Inszenierung Von Herrschaft Und Macht Im Agyptischen Tempel: Religion Und Politik Im Theben Des Fruhen 1. Jahrtausends V. Chr. 3963270780, 9783963270789

The present study correlates religion and politics in Ancient Egypt by treating them as social and cultural fields that

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English Pages 369 [380] Year 2020

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Titelseite
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
I. Meike Becker: Direkte und indirekte Machtausübung in der Thebais in der Abfassungszeit der Chronik
des Prinzen Osorkon
1 Einleitung
2 Historischer Überblick
3 Konkurrierende „Parteien“
4 Osorkon (B)
4.1 Inszenierung als Herrscher
4.1.1 Scheintitulatur
4.1.2 Politische Legitimation
4.1.3 Religiöse Legitimation
4.1.3.1 Explizite Filiation von den Göttern
4.1.3.2 Erziehung durch Göttinnen
4.1.3.3 Postnatale und puerile Bestimmung
4.1.3.5 Göttliche Unterstützung
4.1.3.4 Wesensähnlichkeit mit einem Gott
4.1.4 Gleichsetzung mit Horus
4.1.5 Neheb-Kau-Fest
4.1.6 Blumenopfer
4.1.7 Königliche Aufgaben
4.1.7.1 Religiöse Ebene
4.1.7.2 Politische Ebene
4.2 Inszenierung von Herrschaft im Elitediskurs
4.3 Inszenierung von Herrschaft durch die Frage der Theodizée
4.4 Machterhaltung durch Gewaltanwendung
4.5 Politisches Einflussgebiet des HPA Osorkon (B)
4.6 Loyalitätserhalt in der thebanischen Elite am Beispiel der Nachtefmut-Familie
4.7 Zusammenfassung: Osorkon (B)
5 Hor (vii/viii/ix/xi)
5.1 Politischer Einfluss
5.1.1 Aufgabenbereich des königlichen Sekretärs
5.1.2 Funktionen von Hor (vii/viii/ix/xi)
5.1.2.1 Administrativer Bereich
5.1.2.2 Exekutiver Bereich
5.1.2.3 Legislativer Bereich
5.1.2.4 Hor (vii/viii/ix/xi) als Diplomat im Norden
5.1.3 Hor (vii/viii/ix/xi) als Königsmacher
5.1.3.1 Loyalität dem König gegenüber
5.1.3.2 Aktive Einflussnahme auf den König
5.1.4 Selbstinszenierung im königlichen Diskurs
5.1.4.1 Theologisches Ideal: Maat aufrechterhalten
5.1.4.2 Politisches Ideal: Vereinigung der beiden Länder
5.2 Religiöser Kompetenzbereich von Hor (vii/viii/ix/xi)
5.3 Gibt es Verflechtungen der religiösen und politischen Ebenen bei Hor (vii/viii/ix/xi)?
5.4 Zusammenfassung: Hor (vii/viii/ix/xi)
6 Religion und Politik in der thebanischen Machtverteilung
6.1 Die einflussreichen Familien
6.2 Interaktion von Religion und Politik
6.3 Gesamtszenario des Ablaufs der im CPO geschilderten Ereignisse
II. Angelika Lohwasser: Herrschaft und Heil – Macht und Mythos. Die politische und religiöse Legitimation der nubischen
Pharaonen Pi(anch)y und Taharqo
1 Einleitung
1.1 Historischer Überblick
1.1.1 Nubien im Neuen Reich und der 3. Zwischenzeit
1.1.2 Nubien im frühen 1. Jahrtausend
1.1.3 Alara und Kaschta
1.1.4 Pi(anch)y und die 25. Dynastie
1.2 Eingrenzung und Fokus
2 Die Legitimation der Herrschaft in der 25. Dynastie
3 Der König Pi(anch)y erobert Ägypten
3.1 Die „Triumphstele“ (Kairo JE 48862, 47086–9)
3.1.1 Die Fundsituation
3.1.2 Kurzer Abriss des Inhalts
3.1.3 Das Giebelfeld und die Aushackungen
3.1.4 Die Pi(anch)y-Stele als literarisches Werk
3.1.5 Politik und Religion in der „Triumphstele“
3.1.5.1 Bisherige Stellungnahmen zur Schnittstelle Religion und Politik in der Stele
3.1.5.2 Eigene Interpretation der Ebenen
3.1.5.2.1 Die militärische Aktion
3.1.5.2.4 Der Mythos vom Sonnenauge
3.1.5.2.2 Die politische Strategie
3.1.5.2.3 Der sakrale Herrscher
3.1.5.3 Zusammenführung der Ebenen: Funktion der Inschrift und Verortung der Stele
3.2 Die Bauten des Pi(anch)y in Kusch
3.2.1 Der Amun-Tempel B 500 am Jebel Barkal
3.2.2 Die Blöcke aus dem Tempel B 900
3.3 Die Baumaßnahmen des Pi(anch)y in Ägypten
3.4 Zusammenfassung
4 Der König Taharqo: Strategien seiner Legitimation
4.1 Der Mythos vom Sonnenauge bei Taharqo
4.1.1 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Kusch
4.1.2 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Ägypten
4.1.3 Taharqos Legitimation über den Mythos vom Sonnenauge
4.2 Die Legitimation durch die Mutter
4.2.1 Die Mutter des Königs, Abalo
4.2.2 Die sakralisierte Mutter Isis
4.2.4 Der legitimatorische Verweis auf die „Mutter“
4.2.3 Die sakralisierte Mutter Mut
4.3 Die Einreihung in die Königsfolge
4.3.1 Die realweltlichen Vorfahren von Taharqo
4.3.2 Der mythische Vorfahr in Ägypten: Osiris
4.3.3 Der mythische Vorfahr in Kusch: Osiris, Dedun?
4.3.4 Taharqo im Kontinuum des Königsamtes
4.4 Die Anerkennung durch die Entscheidungsträger
4.4.1 Die „Auswahl“ des Taharqo
4.4.2 Die Anerkennung durch den „Staatsgott“ Amun-Re
4.4.2.1 Die Anerkennung durch den nubischen Amun-Re
4.4.2.2 Die
Anerkennung durch den ägyptischen Amun-Re
4.4.3 Die Anerkennung des Taharqo durch die göttlichen und irdischen Machthaber
4.5 Andauernde Legitimationsverpflichtung – der Erhalt der Herrschaft
4.5.1 Die Ausübung der Regierungsgewalt und die Legitimation durch Wirksamkeit
4.5.2 Rituelle Regeneration des Königtums in Ägypten und Kusch
4.5.3 Permanente Wirksamkeit und Regeneration
4.6 Zusammenfassung
5 Die Inszenierung der Herrschaftslegitimation von Pi(anch)y und Taharqo
5.1 Die Namensfolge von Pi(anch)y und Taharqo
5.2 „Wasser“ als legitimatorische Metapher
5.4 Die Konzeption des Herrschaftsbereiches
5.3 Die kuschitische Krönungsreise in Ägypten?
6 Herrschaft und Heil – Macht und Mythos
III. Anke Ilona Blöbaum: Monthemhet – Priester des Amun und Gouverneur von Theben: Die Selbstpräsentation eines Lokalherrschers im sakralen Raum
1 Einleitung
1.1 Quellenlage und Forschungsgeschichte
1.2 Selbstpräsentation im Tempel
2 Die Selbstpräsentation Monthemhets im Karnak-Tempel
2.1 Das Statuen-Programm von Monthemhet
2.1.1 M-01 Stehfigur
2.1.1.1 Bild-Ebene: Ikonographie
2.1.1.2 Text-Ebene: Inschriften
2.1.1.3 Komposition und Verortung der Statue
2.1.2 M-07 Sitzfigur
2.1.2.1 Bild-Ebene: Ikonographie
2.1.2.2 Text-Ebene: Inschriften
2.1.2.3 Die Verortung der Statue
2.1.2.4 Der Statuensockel M-15: Ein weiteres Element der Komposition
2.1.2.5 Die Komposition des Ensembles
2.1.3 M-08 Kuboide Statue
2.1.3.1 Bild-Ebene: Ikonographie
2.1.3.2 Text-Ebene: Inschriften
2.1.3.3 Komposition und Verortung der Statue
2.1.4 M-02 Vier Fragmente vom Unterteil einer Stehfigur
2.1.5 M-03 Torso einer Stehfigur
2.1.6 M-04 Torso einer Statue
2.1.7 M-05 Stehfigur, Theophor
2.1.8 M-06 Torso einer Stehfigur, Stelophor
2.1.9 M-09 Kuboide Statue
2.1.10 M-10 Fragment einer Kniefigur
2.1.11 M-11 Kniefigur, Stelophor
2.1.12 M-12 Kniefigur, Stelophor
2.1.13 M-13 Kniefigur, Stelophor
2.1.14 M-14 Oberteil einer Statue
2.1.15 M-15 Sockel einer Statue
2.1.16 M-16 Sockel einer Statue
2.1.17 M-17 Sockel einer Statue
2.1.18 M-18 Fragment einer Statuengruppe
2.1.19 M-19 Fragment einer Statuengruppe
2.2 Die Bautätigkeit im Mut-Bezirk
2.2.1 Die Krypta des Monthemhet bzw. des Taharqo
2.2.1.1 Die Reliefszene auf der Stirnwand
2.2.1.2 Die biographische Inschrift
2.2.2 Der Gegentempel im Mutbezirk
2.2.3 Zwei Kapellen vor dem Pylon des Tempels A im Mutbezirk
2.3 Die Selbstpräsentation im Tempel – ein Überblick
2.3.1 Komposition und Kontext der Statuen von Monthemhet im Karnaktempel
2.3.2 Die Titelsequenzen auf den Rundbildern von Monthemhet
2.3.3 Bautätigkeit und Stiftungspraxis als Mittel der Selbstpräsentation im Tempel
2.3.4 Zusammenfassung
3 Monthemhet in zeitgenössischen Quellen
3.1 Die Annalen des Assurbanipal (Außenpolitische Ebene)
3.2 Monthemhets Stellung in Oberägypten: die Adoptions-Stele der Nitokris
3.2.1 Der Text der Stele
3.2.2 Die Versorgung der Nitokris in Theben (Z. 20–24)
3.2.3 Zusammenfassung
3.3 Monthemhets Stellung im Tempel: der Saitische Orakel-Papyrus
3.3.1 Die Vignette
3.3.2 Die Zeugen
3.3.2.1 Monthemhet und weitere Familienmitglieder
3.3.2.2 Der dritte Priester des Amun
3.3.2.3 Der Hohepriester des Amun
3.3.3 Zusammenfassung
3.4 Ein Mann seiner Zeit: Monthemhet in zeitgenössischen Quellen
4 Die Selbstdarstellung eines Lokalherrschers im sakralen Raum
Literatur
Abkürzungen
Indices
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Inszenierung Von Herrschaft Und Macht Im Agyptischen Tempel: Religion Und Politik Im Theben Des Fruhen 1. Jahrtausends V. Chr.
 3963270780, 9783963270789

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Ägypten und altes TestamenT 95 ÄAT 95 Becker / Blöbaum / Lohwasser • Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel

www.zaphon.de

Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel Religion und Politik im Theben des frühen 1. Jahrtausends v. Chr. Meike Becker, Anke Ilona Blöbaum und Angelika Lohwasser Zaphon

ÄAT-95-Inszenierung----Cover.indd 1

18.09.2020 13:12:26

Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel Religion und Politik im Theben des frühen 1. Jahrtausends v. Chr.

Meike Becker, Anke Ilona Blöbaum und Angelika Lohwasser

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

ÄGYPTEN UND ALTES TESTAMENT Studien zu Geschichte, Kultur und Religion Ägyptens und des Alten Testaments

Band 95

Gegründet von Manfred Görg Herausgegeben von Stefan Jakob Wimmer und Wolfgang Zwickel

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel Religion und Politik im Theben des frühen 1. Jahrtausends v. Chr.

Meike Becker, Anke Ilona Blöbaum und Angelika Lohwasser

Zaphon Münster 2020 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

Illustration auf dem Einband: Die Kolonnade des Taharqo vor dem 2. Pylon von Karnak (Foto: Lohwasser). Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder – EXC 212 „Religion und Politik“.

Ägypten und Altes Testament, Band 95 Meike Becker, Anke Ilona Blöbaum und Angelika Lohwasser: Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel. Religion und Politik im Theben des frühen 1. Jahrtausends v. Chr.

© 2020 Zaphon, Münster (www.zaphon.de) All rights reserved. No part of this publication may be reproduced, stored in a retrieval system, or transmitted, in any form or by any means, electronic, mechanical, photo-copying, recording, or otherwise, without the prior permission of the publisher. Printed in Germany ISBN 978-3-96327-078-9 ISSN 0720-9061 Printed on acid-free paper

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

Inhaltsverzeichnis Vorwort ......................................................................................................................................................... IX Einleitung ........................................................................................................................................................ 1 I. Direkte und indirekte Machtausübung in der Thebais in der Abfassungszeit der Chronik des Prinzen Osorkon (Meike Becker) 1 2 3 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.1.3.1 4.1.3.2 4.1.3.3 4.1.3.4 4.1.3.5 4.1.4 4.1.5 4.1.6 4.1.7 4.1.7.1 4.1.7.2 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 5 5.1 5.1.1 5.1.2 5.1.2.1 5.1.2.2 5.1.2.3 5.1.2.4 5.1.3 5.1.3.1 5.1.3.2 5.1.4 5.1.4.1 5.1.4.2 5.2 5.3 5.4 6 6.1 6.2 6.3

Einleitung ........................................................................................................................................... 9 Historischer Überblick ..................................................................................................................... 11 Konkurrierende „Parteien“ .............................................................................................................. 18 Osorkon (B) ..................................................................................................................................... 22 Inszenierung als Herrscher............................................................................................................... 26 Scheintitulatur .................................................................................................................................. 26 Politische Legitimation .................................................................................................................... 31 Religiöse Legitimation ..................................................................................................................... 32 Explizite Filiation von den Göttern.................................................................................................. 32 Erziehung durch Göttinnen .............................................................................................................. 33 Postnatale und puerile Bestimmung................................................................................................. 34 Wesensähnlichkeit mit einem Gott .................................................................................................. 35 Göttliche Unterstützung ................................................................................................................... 35 Gleichsetzung mit Horus ................................................................................................................. 36 Neheb-Kau-Fest ............................................................................................................................... 37 Blumenopfer .................................................................................................................................... 39 Königliche Aufgaben ....................................................................................................................... 40 Religiöse Ebene ............................................................................................................................... 40 Politische Ebene............................................................................................................................... 43 Inszenierung von Herrschaft im Elitediskurs ................................................................................... 43 Inszenierung von Herrschaft durch die Frage der Theodizée .......................................................... 45 Machterhaltung durch Gewaltanwendung ....................................................................................... 49 Politisches Einflussgebiet des HPA Osorkon (B) ............................................................................ 52 Loyalitätserhalt in der thebanischen Elite am Beispiel der Nachtefmut-Familie ............................. 54 Zusammenfassung: Osorkon (B) ..................................................................................................... 60 Hor (vii/viii/ix/xi) ............................................................................................................................ 65 Politischer Einfluss ..........................................................................................................................66 Aufgabenbereich des königlichen Sekretärs .................................................................................... 68 Funktionen von Hor (vii/viii/ix/xi) .................................................................................................. 70 Administrativer Bereich ................................................................................................................... 70 Exekutiver Bereich .......................................................................................................................... 71 Legislativer Bereich ......................................................................................................................... 72 Hor (vii/viii/ix/xi) als Diplomat im Norden ..................................................................................... 73 Hor (vii/viii/ix/xi) als Königsmacher ............................................................................................... 75 Loyalität dem König gegenüber....................................................................................................... 77 Aktive Einflussnahme auf den König .............................................................................................. 78 Selbstinszenierung im königlichen Diskurs ..................................................................................... 79 Theologisches Ideal: Maat aufrechterhalten .................................................................................... 79 Politisches Ideal: Vereinigung der beiden Länder ........................................................................... 81 Religiöser Kompetenzbereich von Hor (vii/viii/ix/xi) ..................................................................... 82 Gibt es Verflechtungen der religiösen und politischen Ebenen bei Hor (vii/viii/ix/xi)?.................. 85 Zusammenfassung Hor (vii/viii/ix/xi).............................................................................................. 86 Religion und Politik in der thebanischen Machtverteilung .............................................................. 91 Die einflussreichen Familien ........................................................................................................... 91 Interaktion von Religion und Politik................................................................................................ 93 Gesamtszenario des Ablaufs der im CPO geschilderten Ereignisse ................................................ 97 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

VI

INHALTSVERZEICHNIS

II. Herrschaft und Heil – Macht und Mythos. Die politische und religiöse Legitimation der nubischen Pharaonen Pi(anch)y und Taharqo (Angelika Lohwasser) 1 1.1 1.1.1 1.1.2 1.1.3 1.1.4 1.2 2 3 3.1 3.1.1 3.1.2 3.1.3 3.1.4 3.1.5 3.1.5.1 3.1.5.2 3.1.5.2.1 3.1.5.2.2 3.1.5.2.3 3.1.5.2.4 3.1.5.3 3.2 3.2.1 3.2.2 3.3 3.4 4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.1.3 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.2.1 4.4.2.2 4.4.3 4.5 4.5.1 4.5.2

Einleitung .................................................................................................................................... 101 Historischer Überblick ................................................................................................................ 101 Nubien im Neuen Reich und der 3. Zwischenzeit ....................................................................... 102 Nubien im frühen 1. Jahrtausend................................................................................................. 102 Alara und Kaschta ....................................................................................................................... 103 Pi(anch)y und die 25. Dynastie ................................................................................................... 105 Eingrenzung und Fokus............................................................................................................... 109 Die Legitimation der Herrschaft in der 25. Dynastie .................................................................. 110 Der König Pi(anch)y erobert Ägypten ........................................................................................ 111 Die „Triumphstele“ (Kairo JE 48862, 47086–9)......................................................................... 112 Die Fundsituation ........................................................................................................................ 112 Kurzer Abriss des Inhalts ............................................................................................................ 113 Das Giebelfeld und die Aushackungen ....................................................................................... 114 Die Pi(anch)y-Stele als literarisches Werk.................................................................................. 116 Politik und Religion in der „Triumphstele“ ................................................................................ 117 Bisherige Stellungnahmen zur Schnittstelle Religion und Politik in der Stele ........................... 117 Eigene Interpretation der Ebenen ................................................................................................ 119 Die militärische Aktion ............................................................................................................... 119 Die politische Strategie ............................................................................................................... 120 Der sakrale Herrscher.................................................................................................................. 121 Der Mythos vom Sonnenauge ..................................................................................................... 122 Zusammenführung der Ebenen: Funktion der Inschrift und Verortung der Stele ....................... 125 Die Bauten des Pi(anch)y in Kusch............................................................................................. 129 Der Amun-Tempel B 500 am Jebel Barkal ................................................................................. 129 Die Blöcke aus dem Tempel B 900 ............................................................................................. 131 Die Baumaßnahmen des Pi(anch)y in Ägypten .......................................................................... 132 Zusammenfassung ....................................................................................................................... 134 Der König Taharqo: Strategien seiner Legitimation ................................................................... 134 Der Mythos vom Sonnenauge bei Taharqo ................................................................................. 135 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Kusch ................................................................. 135 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Ägypten .............................................................. 142 Taharqos Legitimation über den Mythos vom Sonnenauge ........................................................ 144 Die Legitimation durch die Mutter.............................................................................................. 144 Die Mutter des Königs, Abalo .................................................................................................... 145 Die sakralisierte Mutter Isis ........................................................................................................ 148 Die sakralisierte Mutter Mut ....................................................................................................... 149 Der legitimatorische Verweis auf die „Mutter“ .......................................................................... 150 Die Einreihung in die Königsfolge.............................................................................................. 150 Die realweltlichen Vorfahren von Taharqo ................................................................................. 151 Der mythische Vorfahr in Ägypten: Osiris ................................................................................. 152 Der mythische Vorfahr in Kusch: Osiris, Dedun? ...................................................................... 158 Taharqo im Kontinuum des Königsamtes ................................................................................... 159 Die Anerkennung durch die Entscheidungsträger ....................................................................... 159 Die „Auswahl“ des Taharqo........................................................................................................ 160 Die Anerkennung durch den „Staatsgott“ Amun-Re .................................................................. 163 Die Anerkennung durch den nubischen Amun-Re...................................................................... 163 Die Anerkennung durch den ägyptischen Amun-Re ................................................................... 166 Die Anerkennung des Taharqo durch die göttlichen und irdischen Machthaber ........................ 172 Andauernde Legitimationsverpflichtung – der Erhalt der Herrschaft ......................................... 172 Die Ausübung der Regierungsgewalt und die Legitimation durch Wirksamkeit ........................ 172 Rituelle Regeneration des Königtums in Ägypten und Kusch .................................................... 173

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS

4.5.3 4.6 5 5.1 5.2 5.3 5.4 6.

VII

Permanente Wirksamkeit und Regeneration .................................................................................. 179 Zusammenfassung ........................................................................................................................ 180 Die Inszenierung der Herrschaftslegitimation von Pi(anch)y und Taharqo ................................... 181 Die Namensfolge von Pi(anch)y und Taharqo ............................................................................... 181 „Wasser“ als legitimatorische Metapher ........................................................................................ 185 Die kuschitische Krönungsreise in Ägypten? ................................................................................ 187 Die Konzeption des Herrschaftsbereiches ..................................................................................... 188 Herrschaft und Heil – Macht und Mythos ..................................................................................... 194

III. Monthemhet – Priester des Amun und Gouverneur von Theben: Die Selbstpräsentation eines Lokalherrschers im sakralen Raum (Anke Ilona Blöbaum) 1 1.1 1.2 2 2.1 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.1.3 2.1.2 2.1.2.1 2.1.2.2 2.1.2.3 2.1.2.4 2.1.2.5 2.1.3 2.1.3.1 2.1.3.2 2.1.3.3 2.1.4 2.1.5 2.1.6 2.1.7 2.1.8 2.1.9 2.1.10 2.1.11 2.1.12 2.1.13 2.1.14 2.1.15 2.1.16 2.1.17 2.1.18 2.1.19 2.2 2.2.1 2.2.1.1 2.2.1.2 2.2.2 2.2.3 2.3

Einleitung ....................................................................................................................................... 199 Quellenlage und Forschungsgeschichte ......................................................................................... 201 Selbstpräsentation im Tempel ........................................................................................................ 202 Die Selbstpräsentation Monthemhets im Karnak-Tempel ............................................................. 204 Das Statuen-Programm von Monthemhet ...................................................................................... 205 M-01 Stehfigur............................................................................................................................... 206 Bild-Ebene: Ikonographie .............................................................................................................. 206 Text-Ebene: Inschriften ................................................................................................................. 207 Komposition und Verortung der Statue ......................................................................................... 212 M-07 Sitzfigur ............................................................................................................................... 214 Bild-Ebene: Ikonographie .............................................................................................................. 215 Text-Ebene: Inschriften ................................................................................................................. 219 Die Verortung der Statue ............................................................................................................... 225 Der Statuensockel M-15: Ein weiteres Element der Komposition ................................................ 226 Die Komposition des Ensembles ................................................................................................... 229 M-08 Kuboide Statue ..................................................................................................................... 230 Bild-Ebene: Ikonographie .............................................................................................................. 230 Text-Ebene: Inschriften ................................................................................................................. 231 Komposition und Verortung der Statue ......................................................................................... 238 M-02 Vier Fragmente vom Unterteil einer Stehfigur .................................................................... 239 M-03 Torso einer Stehfigur ........................................................................................................... 240 M-04 Torso einer Statue ................................................................................................................ 241 M-05 Stehfigur, Theophor ............................................................................................................. 242 M-06 Torso einer Stehfigur, Stelophor .......................................................................................... 243 M-09 Kuboide Statue ..................................................................................................................... 244 M-10 Fragment einer Kniefigur ..................................................................................................... 245 M-11 Kniefigur, Stelophor ............................................................................................................ 246 M-12 Kniefigur, Stelophor ............................................................................................................ 247 M-13 Kniefigur, Stelophor ............................................................................................................ 248 M-14 Oberteil einer Statue ............................................................................................................ 250 M-15 Sockel einer Statue ............................................................................................................... 250 M-16 Sockel einer Statue ............................................................................................................... 251 M-17 Sockel einer Statue ............................................................................................................... 252 M-18 Fragment einer Statuengruppe ............................................................................................. 252 M-19 Fragment einer Statuengruppe ............................................................................................. 254 Die Bautätigkeit im Mut-Bezirk .................................................................................................... 255 Die Krypta des Monthemhet bzw. des Taharqo ............................................................................. 255 Die Reliefszene auf der Stirnwand ................................................................................................ 257 Die biographische Inschrift ............................................................................................................ 261 Der Gegentempel im Mutbezirk .................................................................................................... 266 Zwei Kapellen vor dem Pylon des Tempels A im Mutbezirk ........................................................ 268 Die Selbstpräsentation im Tempel – ein Überblick ....................................................................... 269

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

VIII

2.3.1 2.3.2 2.3.3 2.3.4 3 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.2.1 3.3.2.2 3.3.2.3 3.3.3 3.4 4

INHALTSVERZEICHNIS

Komposition und Kontext der Statuen von Monthemhet im Karnaktempel .................................. 269 Die Titelsequenzen auf den Rundbildern von Monthemhet .......................................................... 276 Bautätigkeit und Stiftungspraxis als Mittel der Selbstpräsentation im Tempel ............................. 280 Zusammenfassung ......................................................................................................................... 283 Monthemhet in zeitgenössischen Quellen .................................................................................... 285 Die Annalen des Assurbanipal (Außenpolitische Ebene) .............................................................. 285 Monthemhets Stellung in Oberägypten: die Adoptions-Stele der Nitokris.................................... 287 Der Text der Stele .......................................................................................................................... 288 Die Versorgung der Nitokris in Theben (Z. 20–24)....................................................................... 289 Zusammenfassung ......................................................................................................................... 294 Monthemhets Stellung im Tempel: der Saitische Orakel-Papyrus ................................................ 295 Die Vignette ................................................................................................................................... 295 Die Zeugen..................................................................................................................................... 300 Monthemhet und weitere Familienmitglieder ................................................................................ 300 Der dritte Priester des Amun ......................................................................................................... 304 Der Hohepriester des Amun .......................................................................................................... 304 Zusammenfassung ......................................................................................................................... 305 Ein Mann seiner Zeit: Monthemhet in zeitgenössischen Quellen .................................................. 306 Die Selbstdarstellung eines Lokalherrschers im sakralen Raum ................................................... 307

Literatur....................................................................................................................................................... 313 Abkürzungen ............................................................................................................................................... 353 Indices ......................................................................................................................................................... 357

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

Vorwort Die vorliegende Untersuchung ist innerhalb des Exzellenzclusters „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster entstanden. Dieser Forschungsverbund vereint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die unterschiedlichen geisteswissenschaftlichen Fächern angehören, wie etwa Geschichte, Theologie, Literatur- und Religionswissenschaften, und in diversen archäologischen Arbeitsbereichen tätig sind. In inhaltlich organisierten Arbeitsgruppen konnten viele Facetten dieses breit angelegten Oberthemas diskutiert werden, wobei gerade mit unserem und anderen altertumswissenschaftlichen Projekten eine zeitliche Tiefe erreicht wurde, die oft für das Verständnis späterer Problematiken relevant war. Das Teilprojekt „Inszenierung von Herrschaft und Macht im ägyptischen Tempel – Religion und Politik im Theben des frühen 1. Jt. v. Chr.“ basiert auf drei spezifischen Fallbeispielen, die zeitlich in der 22., 25. und 26. Dynastie situiert sind. Der Fokus liegt auf Theben, wenngleich insbesondere im Kapitel II, das die Könige der 25. Dynastie in den Mittelpunkt stellt, auch andere Regionen, vor allem Kusch, in den Blick genommen werden. Aus sozialer Perspektive sind alle drei Fallbeispiele in der höchsten Elite angesiedelt, wobei Kapitel I das Ringen um die Macht, Kapitel II die Legitimation regierender Könige und Kapitel III den Einfluss eines realen Entscheidungsträgers zum Inhalt hat. Diese drei auch in ihrem Zugang und der jeweiligen Quellenlage unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema können durch weitere Blickwinkel ergänzt werden – z. B. die Betrachtung wirtschaftlicher, juristischer oder kunstgeschichtlicher Zusammenhänge. Im Zuge unseres Teilprojektes wurde eine internationale Tagung zu den „Gottesgemahlinnen“, die ein wesentlicher kultpolitischer Faktor im Theben des 1. Jt. v. Chr. waren, durchgeführt. Die Akten dieser Tagung sind publiziert und als Ergänzung der vorliegenden Studie zu sehen.1 Darüber hinaus sind bereits einzelne Aspekte der drei untersuchten Fallbeispiele detaillierter veröffentlicht, als es die Darstellung in diesem als Synthese angelegten Band erlaubt hätte.2 Zum Gelingen dieser Monographie haben viele Personen beigetragen. Allen voran sind die Kolleginnen und Kollegen des Exzellenzclusters zu nennen, die uns in konstruktiven interdisziplinären Diskussionen für nicht ägyptologische Blickwinkel sensibilisiert haben. Darüber hinaus waren es auch Fachkolleginnen und Fachkollegen, die im Zuge von Tagungen – unserer Gottesgemahlinnen-Tagung, aber auch Kongressen, an denen wir mit unseren Themen teilnehmen konnten – mit Kommentaren, Nachfragen und Hinweisen den Entstehungsprozess begleitet haben. Annik Wüthrich hat dankeswerterweise die mühselige Arbeit des Korrekturlesens übernommen und wir konnten von ihren vielfältigen Kommentaren, kritischen Fragen und konstruktiven Diskussionen sehr profitieren. Finnja Buttermann ist die Vervollständigung und Redaktion der Bibliographie zu verdanken, Frank Joachim brachte unsere Texte, Bilder und Tabellen in ein druckfertiges Layout. Für die Bereitstellung und Publikationserlaubnis von Fotomaterial danken wir folgenden Institutionen und Personen: Ägyptisches Museum Kairo, Beni Suef Museum, Institut français d’archéologie orientale – IFAO Kairo, The British Museum London, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Staatliche Museen zu Berlin, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München, The Brooklyn Museum New York, Ägyptisches Museum der Universität Bonn, Dieter Arnold, Nicolas Grimal, Timothy Kendall. Den Herausgebern Stefan Wimmer und Wolfgang Zwickel verdanken wir die Aufnahme in die Reihe „Ägypten und Altes Testament“, in der bereits der Gottesgemahlinnen-Band erschienen ist. Kai Metzler vom Verlag Zaphon ermöglichte ein zügiges Erscheinen. Nicht zuletzt erlaubte erst die finanzielle Förderung des Exzellenzclusters die Durchführung des Projektes und die Publikation dieser Monographie. Münster, Dezember 2019

Meike Becker – Anke Ilona Blöbaum – Angelika Lohwasser

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Becker/Blöbaum/Lohwasser 2016. Becker 2016; Becker/Blöbaum/Lohwasser 2018; Blöbaum 2016; Blöbaum im Druck a–c; Heindl/Blöbaum, in Vorbereitung; Kuckertz/Lohwasser 2016; Lohwasser 2016; Lohwasser 2018; Lohwasser 2019; Lohwasser im Druck, Lohwasser/Sörgel, in Vorbereitung. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)



© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

Einleitung Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne war der Titel des Exzellenzclusters, in dem diese Monographie entstanden ist. Während es an dieser Stelle keiner Definition der Vormoderne bzw. Moderne bedarf – das alte Ägypten ist unbestreitbar der Vormoderne zuzurechnen – müssen die Begriffe Kultur, Religion und Politik für das in dieser Untersuchung zugrunde gelegte Verständnis näher beschrieben werden. Kultur, weil in der Studie nicht nur die altägyptische, sondern auch die libysche und kuschitische Kultur angesprochen werden und es daher einer Grenzziehung bedarf, und Religion bzw. Politik, weil diese beiden Sphären für die Kulturen der Vormoderne oft als untrennbar vermengt angesehen werden. Dabei soll hier keine umfassende Theoriediskussion angestoßen, sondern diese Begriffe für unser Vorhaben bestimmt werden.1 Die zur Sprache kommenden und für diese Untersuchung relevanten „Kulturen“, die altägyptische, die libysche und die kuschitische, sind nur relational zu erklären. Libyer werden im späten Neuen Reich gezielt im Delta angesiedelt und bewahren trotz teilweiser Assimilierung Züge ihrer eigenen Tradition. Diese ist z. B. am bedeutenden Einfluss erkennbar, den die Frauen der 21.–23. Dynastie hatten, oder auch in der Herrschaftsform von Lokalfürstentümern, die in einer nur lockeren Organisationsform dem König – einem primus inter pares – unterstehen.2 Durch den jahrhundertelangen intensiven Kontakt zwischen Ägypten und Nubien und vor allem durch die Phase der Kolonialisierung im Neuen Reich wurde die spätere kuschitische Kultur stark von der ägyptischen überformt. So ist in die kuschitische Kultur eine Vielzahl an (ursprünglich ägyptischen) kulturellen Merkmalen inkorporiert worden. Darüber hinaus bewirkt während der 25. Dynastie die kuschitische Herrschaft in Ägypten eine noch stärkere Angleichung an die ägyptische Kultur. Eine Unterscheidung ist in dieser Zeit häufig nur in Details zu erkennen, und allein durch eine diachrone Betrachtung, die auch die Phasen vor und nach der 25. Dynastie einbezieht, sind solche Details als Marker unterschiedlicher Kulturen zu bestimmen. Das traditionelle „Libysche“ wie auch „Kuschitische“ ist daher oft nur im Vergleich zu ägyptischen kulturellen Ausdrucksformen zu erkennen. Die Begriffsbestimmung für „Kultur“ wird für diese Untersuchung also sehr konkret für die Grenzziehung zwischen Ägyptischem, Libyschem und Kuschitischem vorgenommen. Kultur ist demnach zu verstehen als ein Merkmalsset oder Zeichensystem, das Identitäten bestimmt und dessen sich die Akteure bei der Bestimmung ihrer Identität bedienen. „Religion“ ist der Ausdruck für eine Vielzahl an unterschiedlichen kulturellen Phänomenen, deren Grundlage der Akt der Transzendierung der diesseitig-alltäglichen Lebenswelt ist. Diese kulturellen Phänomene – Symbole, Handlungen, Normen – beziehen ihrerseits die Lebenswelt ein, indem sie ein Spannungsverhältnis zwischen den Glaubensvorstellungen, dem unkommunizierbaren Transzendenten, und dem Alltag, der persönlichen Identität, der sozialen Gemeinschaft konstituieren.3 Die aus den durch das Gefüge aus Konzepten, sozialen Strukturen und Werten geprägten Handlungen sind für das alte Ägypten dann greifbar, wenn ihre Resultate als Objekte, Bilder oder Texte auf uns gekommen sind. Diese dienen als vielschichtige und oft beredte Quellen für unsere Auseinandersetzung mit Religion – und schränken damit das Bild von Religion in Ägypten auch ein, da nur bestimmte Bevölkerungsgruppen und bestimmte Phasen der über 3000-jährigen pharaonischen Geschichte durch sie zu Wort kommen können. Während „Religion“ ägyptologisch noch im 20. Jh. vor allem textorientiert untersucht wurde und Theologien oder Kulttopographien im Fokus standen, hat sich die Forschung im 21. Jh. nun auch einem kontextualen, vermehrt archäologischen Zugang zugewandt.4 Damit hat auch in der Ägyptologie eine breitere Definition von Religion Einzug gehalten – nicht nur „Gott“ bzw. „Götter“ stehen im Mittelpunkt, sondern Konzepte und deren sichtbare Hinterlassenschaften zur wechselseitigen Beziehung zwischen der Lebenswelt und deren Transzendierung.  1

In der interdisziplinären Auseinandersetzung mit den Phänomenen Religion und Politik im Exzellenzcluster haben sich weit gefasste Begriffsbestimmungen als Diskussionsbasis bewährt. 2 Leahy 1985; Jansen-Winkeln 2007c, Kap. 2–3; Becker 2012, 176–178; Becker 2016. 3 So die im Exzellenzcluster vertretene Definition, siehe Pollack 2016. 4 Siehe dazu Fitzenreiter 2004b, Fitzenreiter 2011. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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„Politik“ ist der Überbegriff für diejenige Dimension menschlichen Handelns, die auf Erzeugung und Durchsetzung kollektiv verbindlicher Entscheidungen bezogen ist. Sie regelt das Zusammenleben von Menschen und basiert auf einer Macht, die die Regeln und Normen durchsetzen kann.5 Das politische Ganze ergibt sich aus verschiedenen Aushandlungsprozessen und findet, wie auch die Religion, Ausdruck in Praktiken und Symbolisierungen. Für Ägypten ist der Repräsentant des politischen Handelns der Pharao, der, basierend auf normativen Grundlagen, zunächst den institutionellen Rahmen für politisches Handeln schafft.6 Seine Aufgaben, die den altägyptischen Staat erhalten, sind dreierlei Natur:7 1. Kult nach oben (Darbringen der Maat, Götterkult) 2. Abwehr nach außen (Erschlagen der Feinde, Rechts- und Sicherheitspolitik) 3. Fürsorge nach innen (Vereinigen der beiden Länder, Sozial- und Wirtschaftspolitik, Rechts- und Kulturpolitik) Im Begriff der Maat sind die Felder von Religion und Politik aufs Engste verknüpft: Maat ist die Weltordnung, deren Allgemeingültigkeit und Sicherung sowohl das Zusammenleben der Menschen als auch das Gleichgewicht in der transzendenten Sphäre ermöglicht.8 Maat stellt das Ziel und zugleich die Handlungsrichtlinie des Lebens dar.9 Sie ist daher bestimmend für das politische Handeln wie auch Kultvollzug und Ritualpraxis. Der Pharao als Repräsentant der Staatsgewalt bedarf der Legitimierung, er muss als Amt und als Person durch das Staatsvolk akzeptiert werden. Das Königsamt selbst ist über die gesamte pharaonische Geschichte Ägyptens unumstritten; der einzelne Vertreter muss jedoch legitimiert werden. Seine Autorität als politischer Handlungsträger wie auch als Kommunikationsmedium zur transzendenten Welt muss zweifach abgesichert werden, durch eine Legitimation in der menschlichen Lebenswelt wie auch in der transzendenten Sphäre.10 So sind im Königsamt – und auch in der Person des jeweiligen Amtsinhabers, des Pharaos – die beiden Ebenen Religion und Politik verflochten, jedoch nie zu einer diffusen Einheit vermengt. Das politische Handeln und das sakrale Handeln, beides auf dem Grundpfeiler des ägyptischen Staates, der Maat, basierend, können durchaus differenziert werden, wie es auch an der politischen und religiösen Legitimation des Pharaos zu erkennen ist. Gerade diesen beiden Aspekten der Legitimation, dem mythologischen und dem politischen, widmet sich der Beitrag von Angelika Lohwasser. Exemplarisch werden die Könige Pi(anch)y und Taharqo betrachtet.11 Pi(anch)y steht am Beginn der kuschitischen Herrschaft in Ägypten, mit Taharqo ist deren Blütezeit erreicht. Neben die religiös-mythologische und die politisch-realweltliche Absicherung der Herrschaft bringen die kuschitischen Herrscher dabei sowohl ägyptische als auch kuschitische Traditionen in Einklang, um nicht nur in Ägypten, sondern auch in ihrer Heimat in Kusch als Herrscher anerkannt zu werden. Besonders bei Taharqo zeigt sich, dass spezifische kulturelle Eigenheiten nur in Kusch Gültigkeit haben – dort aber ein wesentlicher Bestandteil der Legitimation sind. Das Spannungsfeld zwischen königlicher und nicht-königlicher Sphäre stellt einen weiteren Eckpfeiler der vorliegenden Studie dar. Denn in den drei untersuchten Zeitabschnitten rücken unterschiedliche Abstufungen der Ebenen „königlich“ und „nicht-königlich“ in den Fokus. Neben den regierenden Pharaonen gibt es im frühen 1. Jt. auch Privatpersonen, die sich königlicher Ausdrucksformen bedienen und sich als Herrscher inszenieren. Im Beitrag von Meike Becker handelt es sich dabei um den Königssohn und Hohepriester des Amun (HPA) Osorkon (B), der sich im ausgehenden 9. Jh. sowohl politisch als auch religiös als designierter Nachfolger seines Vaters legitimiert, dabei aber Motive verwendet, die eigentlich dem König vorbehalten sind.12 Diese Anmaßung deutet auf eine Schwäche des Königtums zu dieser Zeit hin. Die politische Zweiteilung Ägyptens und die rivalisierenden Potenta-

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Wieder die im Exzellenzcluster gültige Definition, vgl. dazu Almond/Powell/Bingham 1978. Siehe dazu Kootz 2006. 7 Dazu Gundlach 1998, 23–26; Kootz 2006, 94, 201–211. 8 Zu Maat ausführlich Assmann 1990, hier bes. 35–39. 9 Kootz 2006, 95; 213–214. 10 Siehe dazu im Kapitel II.2. 11 Kapitel II. 12 Kapitel I.4.1. 6

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ten in Theben zu dieser Zeit, deren Zwistigkeiten in einem jahrelangen Bürgerkrieg resultieren, untermauern dies. Ein anderer Aspekt der nicht-königlichen Machtinszenierung wird vom Bürgermeister von Theben und Vierter Priester des Amun, Monthemhet, repräsentiert, der von Anke I. Blöbaum in der vorliegenden Studie untersucht wird.13 Monthemhet nimmt eine politische Sonderstellung zwischen den machthabenden Kuschiten, den thebanischen Ägyptern und den saitischen Herrschern der 26. Dynastie, die vermutlich libysche Wurzeln haben, ein. Dies ist eine Situation, die sowohl Distinktion als auch Assimilation hervorrufen kann. Darüber hinaus war er – wie auch HPA Osorkon (B) – ein hoher religiöser Akteur und seine Selbstpräsentation findet hauptsächlich auf sakralem Gebiet – Tempel und Grab – statt. Somit ist eine starke Verflechtung der religiösen und politischen Ebene greifbar. Beide Beispiele von nicht-königlicher Machtdemonstration mit königlichen Ausdrucksformen haben gemein, dass sowohl die kulturellen Rahmenbedingungen als auch die konkrete politische Lage die Anmaßung von königlichen Attributen und Aufgaben ermöglichen. Die Situation in der mittleren 22. Dynastie zeugt nicht von politischer Stabilität. Ägypten ist zu dieser Zeit in zwei Teile zerfallen. Scheschonq III. herrscht in Unterägypten und in der Thebais konkurrieren die beiden Könige Takelot II. und Pedubast I. um die Vorherrschaft.14 Diese Situation spiegelt die libysche Gesellschaftsformation wider, in der zahlreiche gleichberechtigte Anführer nebeneinander existieren.15 In der weiteren Geschichte der Dritten Zwischenzeit resultierte daraus eine immer stärker werdende politische Fragmentierung. Die Situation während des Übergangs von der 25. zur 26. Dynastie stellt sich etwas anders dar. Monthemhet stammt aus einer alteingesessenen Familie in der Thebais, die im Laufe der 25. Dynastie wichtige Beamten und Priesterämter kumulieren kann. Er selbst übernimmt hohe Posten in der Verwaltung und in der Priesterschaft während der Regierungszeit des Taharqo, die er während des Machtvakuums nach der assyrischen Eroberung und vor der Anerkennung von Psametik I. im gesamten Land zu Beginn der 26. Dynastie zur Stellung eines Lokalherrschers im Süden des Landes ausbauen kann. Hier zeigen sich also die Möglichkeiten eines lokalen Potentaten, der ohne eine übergeordnete königliche Instanz agieren konnte bzw. musste. Da Monthemhet als Gouverneur von Theben und Vierter Priester des Amun im Spannungsfeld seiner sowohl administrativ als auch kultisch geprägten Stellung aktiv war, bietet sich hiermit eine besondere Gelegenheit, die vielfältigen Möglichkeiten der Vernetzung von Religion und Politik in seiner Selbstpräsentation auszuloten. Er inszeniert sich im sakralen Raum des Karnak-Tempels sowohl als Mitglied der höchsten intellektuellen Elite und souverän agierender Lokalherrscher als auch als Kleriker höchsten Ranges im Karnak-Tempel. Die Mittel dieser Selbstinszenierung bedienen zum einen das Ideal des Beamten der zeitgenössischen Elite, das sich am Vorbild der souverän agierenden Nomarchen der Ersten Zwischenzeit orientiert, und adaptieren zum anderen immer wieder Elemente der königlichen Ikonographie und Phraseologie. Eine Besonderheit stellt der königliche Sekretär Hor dar, der im Beitrag von Meike Becker thematisiert wird. Er repräsentiert die politische Autorität, die ein hochrangiger Beamter auf das politische Geschehen haben kann.16 Hervorzuheben ist sein Einfluss auf den König, auf den sich im Subtext seiner biographischen Inschriften Andeutungen ausmachen lassen. Zu beobachten ist, dass Hor in den historischen Quellen nicht explizit als bedeutende, handelnde Person erwähnt wird. Aber auch er betont seine Geltung, indem er berichtet, wie er königliche Aufgaben übernimmt. Auch Maat spielt eine Rolle in der Selbstrepräsentation Hors. Doch auch die unterschiedlichen Ebenen der Legitimation der kuschitischen Könige integrieren die nicht-königliche Gesellschaftsschicht. Neben der für den sakralen Bereich wesentlichen Priesterschaft sind es auch weltliche Entscheidungsträger, die eine Bestätigung der Herrschaft, hier wegen der „fremdländischen“ kuschitischen besonders notwendig, untermauern können. Insgesamt liefern alle drei Einzelbeiträge der vorliegenden Publikation Einblicke in die königliche, königsähnliche und nicht-königliche („private“) Inszenierung von Macht in der Thebais. Das Spannungsfeld zwischen diesen Ebenen wird durch ihre Verknüpfung mit der politischen Ereignisgeschichte und ihre Veran-

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Kapitel III. Kapitel I. 15 Ritner 2009b, 33–35. 16 Kapitel I.5. 14

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kerung in der mythologischen und religiösen Welt deutlich. Die Aufrechterhaltung der Maat hat auf allen Ebenen einen hohen Stellenwert. Darüber hinaus sind Anspielungen auf den Osiris-Mythos und den Mythos vom Sonnenauge, zwei wesentliche für die politischen Akteure dieser Zeit ausgedeutete Legenden, in vielen Inschriften und Darstellungen zu finden. Theben im 1. Jahrtausend v. Chr. Die Verflechtung von Religion und Politik ist während des Bestandes des pharaonischen Staates immer gegeben, wenngleich diese Verknüpfung in manchen Phasen besonders eng (z. B. im hohen Alten Reich, in der Amarnazeit) oder eher lose (z. B. in der 1. Zwischenzeit) war. Im frühen 1. Jt. v. Chr., der so genannten 3. Zwischenzeit und frühen Spätzeit, ist es durch die Vielzahl und Komplementarität der Quellen möglich, ein detailreiches Bild der Interaktionen der beiden Felder wahrzunehmen. Politisches Handeln kann durch religiöse Akteure verursacht sein und religiöse Selbstpräsentation kann einen politischen Stimulus haben. Für die vorliegende Untersuchung nehmen wir die Zeit zwischen etwa 850 und 656 v. Chr. in den Fokus, um die Wechselwirkungen, gegenseitige Bedingtheit und Abgrenzungen von Religion und Politik darzustellen. In der kurzen Zeitspanne von etwa 200 Jahren erlebte Ägypten die Abfolge von libyschen, kuschitischen und ägyptischen Pharaonen, und so ist zu den Handlungsebenen „politisch“ und „religiös“ als dritte Komponente die kulturelle Einordnung der Akteure einzubeziehen. Libysche und kuschitische kulturelle Elemente und Traditionen sind ebenso Bestandteil der Selbstpräsentation wie das traditionelle ägyptische Dekorum.17 Daher bietet diese Phase der ägyptischen Kultur ein Kaleidoskop verschiedenartiger Einflusssphären, die auf die Akteure wirken bzw. von ihnen produktiv genutzt werden. Der räumliche Fokus liegt auf Theben als dem sakralen Zentrum, aber auch einem politischen Drehkreuz dieser Zeit. Die Thebais hat im Neuen Reich eine kultpolitische Vorrangstellung erlangt, die maßgeblich mit der Aufwertung von Amun-Re zum Staatsgott der Pharaonen begründet wird. Der Tempel von Karnak, aber auch andere Tempel der Region (z. B. Medinet Habu) sind zu weit überregional bedeutenden Heiligtümern ausgebaut worden, ebenso stieg die Macht der diese Tempel regierenden Priesterschaft. Am Ende des Neuen Reiches konnte sich mit Herihor der erste Hohepriester des Amun von Karnak als Pharao anerkennen lassen – und in seiner Nachfolge ist weiterhin das religiöse Amt des Hohepriesters mit dem politischen Amt des Herrschers von Theben aufs Engste verbunden. Neben den Hohepriestern sind aber auch die regierenden Könige sowie traditionelle (Bürgermeister) und neue (Gottesgemahlinnen) lokale Potentaten Akteure auf der politischen wie auch religiösen Bühne. Theben, und speziell die Tempellandschaft von Theben, zeichnet sich daher als besonders geeigneter Raum für unsere Fragestellung nach der Verflechtung von Religion und Politik in der altägyptischen Kultur aus. Inszenierung von Herrschaft und Macht Herrschaft als Ausübung von Macht sowie Macht als treibende Kraft hinter Herrschaft sind nicht abstrakt vorhanden, sondern bedürfen menschlicher Akteure. Erst mit der aktiven Durchsetzung von Macht und dem ebenso aktiven Herrschen werden diese Begriffe zur Realität. Zugang zu dieser Realität erlangen wir heute mittels der aus dem 1. Jt. v. Chr. erhaltenen Quellen, die jeweils kritisch hinterfragt werden müssen. Die im Fokus stehenden schriftlichen, bildlichen und architektonischen Quellen sind von diesen Akteuren geschaffen worden, um ihre Macht bzw. ihre Herrschaft zu dokumentieren und zu manifestieren.18 Dabei handelt es sich nicht um eine objektive Präsentation von politischen Ereignissen, sakralen Zusammenhängen oder sozialen Konstellationen, sondern um eine gezielte Inszenierung von Elementen, die diese Macht bestätigen bzw. den Herrschaftsanspruch vermitteln. Der aus der Theaterwissenschaft stammende Begriff der „Inszenierung“ wurde von Maria Michela Luiselli für die ägyptologische Forschung adaptiert.19 Den Akt der Inszenierung erklärt sie als „Prozess des intentionalen Auswählens, Arrangierens und Organisie 17

Zu Dekorum in der Ägyptologie siehe Baines 1990. Das Buch „Living Forever. Self-Presentation in Ancient Egypt“, ed. by Hussein Bassir, Kairo 2019, erreichte uns erst nach Drucklegung des Manuskriptes und konnte daher nicht mehr eingearbeitet werden. 19 Luiselli 2011, 72–81; „Der hier vorgeschlagene Begriff der „Bild-Inszenierung“ lehnt sich an Assmanns BildaktTheorie und an die theoretischen Voraussetzungen von Inszenierung und Performanz an; die Absicht ist dabei, das Wirkungsfeld des Bildes als Bühne für den performativ geäußerten Inhalt hervorzuheben.“ (ebd. 75). 18

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rens von Personen, Materialien und/oder Handlungen mit dem Ziel, etwas erscheinen zu lassen und es vor Dritten zu präsentieren“.20 Maßgeblich ist, dass die nur als statische Quellen vorhandenen Bilder, Texte und Bauwerke intentional und in einem Prozess Form angenommen haben. Sie sind bewusst geschaffen und an ausgewählten Stellen positioniert worden, um Botschaften zu manifestieren und durch die Einbeziehung der Rezipienten ihre legitimatorische Wirkmacht zu entfalten. Durch die ausgeklügelte Textstruktur einer Inschrift kann eine königliche Proklamation suggeriert, durch gezielt angelegte Säulenstellungen der Blick (um)gelenkt oder durch eine strategische Platzierung von Statuen in einem Tempel auf diese Selbstdarstellung fokussiert werden. In den drei Fallbeispielen wird diese Inszenierung auf ganz unterschiedlichen Ebenen beobachtet: in Titelfolgen, bildlichen Darstellungen, Textmotiven, architektonischen Ausformungen. Je nach Medium, Größe, Komplexität sowie Ort bzw. Raumbezug der Inszenierung werden unterschiedliche Aspekte von Herrschaft und Macht stimuliert und wirksam gemacht. In ihrer Gesamtheit lassen sie Strategien der Selbstvergewisserung, Präsentation, Verewigung des politischen wie sakralen Führungsanspruches erkennen.   

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Luiselli 2011, 74. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)



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I. Direkte und indirekte Machtausübung in der Thebais in der Abfassungszeit der Chronik des Prinzen Osorkon Meike Becker

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1 Einleitung “In a room sit three great men, a king, a priest, and a rich man with his gold. Between them stands a sellsword, a little man of common birth and no great mind. Each of the great ones bids him slay the other two. ‘Do it,’ says the king, ‘for I am your lawful ruler.’ ‘Do it,’ says the priest, ‘for I command you in the name of the gods.’ ‘Do it,’ says the rich man, ‘and all this gold shall be yours.’ So tell me – who lives and who dies?” George R.R. Martin The Song of Ice and Fire – A Clash of Kings chap. 3

Durch zahlreiche Analysen der archäologischen und epigraphischen Quellen der Dritten Zwischenzeit wird die historische Rekonstruktion dieser Epoche seit Langem gefördert.1 Da jedoch der erste Schritt bei einer solchen Rekonstruktion die Abfolge der politischen Ereignisse sein muss, richtet sich das Hauptaugenmerk der meisten – vor allem älteren – Studien auf die chronologischen Abläufe. Die zahlreichen – sich z.T. widersprechenden – Theorien über die Datierungen von Herrschern und hohen Würdenträgern führen dazu, dass man sich bei der Beschäftigung mit der Dritten Zwischenzeit mit einer Menge an überaus komplexer Literatur auseinandersetzen muss. Dies suggeriert zwar einerseits einen hohen Wissensstand über diese Epoche, andererseits wird dadurch aber auch die große Unsicherheit in Bezug auf die korrekte Interpretation der Quellen gezeigt. Fragestellungen mit kulturwissenschaftlichem, sozial- und gesellschaftspolitischem Stellenwert, die zur Erstellung eines historischen Überblicks unverzichtbar sind, blieben daher bislang immer in den Hintergrund gerückt. Erst in den letzten Jahren wird versucht, auch einzelnen Themen aus diesem Spektrum nachzugehen,2 um ein gesamthistorisches Bild zu entwerfen. Da der Großteil der Quellen dieser Zeit aus Theben stammt, spielt die Thebais eine große Rolle in der ägyptologischen Forschung zur Dritten Zwischenzeit. Fast alle Personen, deren Hinterlassenschaften Aufschluss über den soziokulturellen Hintergrund der Dritten Zwischenzeit geben können, hatten einflussreiche Aufgaben innerhalb der thebanischen Kulte inne. Die Abfolge und Beziehungen zwischen den thebanischen Beamtenfamilien hat das Interesse der Forschung schon seit langem geweckt,3 vor allem aber auch wegen der chronologischen Aussagen und Auswirkungen. Vor diesem Hintergrund soll in der vorliegenden Untersuchung weniger den chronologischen Abläufen Beachtung geschenkt werden,4 sondern es sollen die vielschichtigen Ebenen beleuchtet werden, die religiöse, administrative, politische und ökonomische Strukturen innerhalb der Gesellschaft erzeugen, um das Verständnis der Dritten Zwischenzeit zu verbessern. Das Ziel dieser Herangehensweise ist, herauszufinden, inwiefern die Machtdistribution innerhalb der Thebais funktioniert, und ob und wie Religion und Politik miteinander verflochten sind und interagieren. Der Fokus soll auf die Inszenierung dieser Macht gelegt werden. Der Begriff Inszenierung wird definiert als ein „Prozess des intentionalen Auswählens, Arrangierens und Organisierens von Personen, Materialien und / oder Handlungen mit dem Ziel, etwas erscheinen zu lassen und es vor Dritten zu präsentieren“.5 Auf die Wahrnehmung des Rezipienten soll somit Einfluss genommen werden, da die Inszenierung die Sichtweise des Künstlers bzw. Auftraggebers darstellt.6

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Siehe z. B. Aston 1989; Kitchen 31996; v. Beckerath 1995; Jansen-Winkeln 1995a; v. Beckerath 2003; Aston 2009; Dodson 2012; Payraudeau 2014a. 2 Becker 2012; Payraudeau 2014a. 3 Vgl. Bierbrier 1975; Vittmann 1978; Broekman 2010a; Broekman 2011; Broekman 2012a; Villar Gomez 2015; Villar Gomez 2017. 4 Es wird den Vorschlägen von Aston 1989; Jansen-Winkeln 1995a und Aston 2009 gefolgt. 5 Luiselli 2011, 74 mit Verweis auf weitergehende Literatur. 6 Luiselli 2011, 75. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Dadurch wird sie zur Selbstpräsentation einer einzelnen Persönlichkeit bzw. einer Personengruppe, hauptsächlich der Elite. Die 3. Zwischenzeit bietet sich für eine solche Untersuchung an, da in dieser Zeit in Theben eine Theokratie – ein sogenannter „Gottesstaat“ – existierte,7 bei der die höchste Macht nach außen hin in der Hand des Gottes Amun lag, der seine politischen Entscheidungen durch Orakel verkündete. Inoffiziell wurden diese Orakelentscheidungen zweifellos durch die Priesterschaft des Karnak-Tempels getroffen und kommuniziert.8 Die Theokratie Amuns war der Gipfel einer theologischen Entwicklung, die sich bereits in der 19. und 20. Dynastie anbahnte.9 Die Rolle des Schöpfergottes veränderte sich von einem Beobachter hin zu einem Gott, der Einfluss auf das Leben des Einzelnen und auf die Gesellschaft nahm.10 Auf diese Weise wurde Amun zum König und der König nur noch zu seinem Stellvertreter auf Erden. Die Beamten des Königs wurden somit in der Hierarchie ebenfalls degradiert.11 Die Hohepriester des Amun (HPA) wurden daher kraft ihres Amtes zu den einflussreichsten Menschen in der Thebais. Herihor, der erste HPA in der 21. Dynastie, der sich selbst als König inszenierte, und seine Nachfolger repräsentierten demnach den Gott Amun und übernahmen dessen Regierungsaufgaben auf Erden, die zuvor und auch in späteren Epochen der König übernahm.12 Das enge Zusammenspiel von Religion und Politik in dieser Epoche ist demnach nicht von der Hand zu weisen. Darüber hinaus lag auch die militärische Befehlsgewalt in den Händen des HPA, der gleichzeitig auch den Titel jm.j-rʼ mSa.w wr – „oberster General“ trägt.13 Die ausgeprägte Ausrichtung der Gesellschaft dieser Zeit an militärischen Strukturen basiert wahrscheinlich auf libyschem Kultureinfluss.14 Im Zeitraum der zweiten Hälfte des 9. Jhs. v. Chr. bis ins frühe 8. Jh. v. Chr. spielten sich in Theben politisch äußerst spannende Entwicklungen ab, die eine Analyse hinsichtlich ihrer religiösen und politischen Verzahnung nahelegen. Die Querelen um die Herrschaft und die daraus resultierenden „Bürgerkriege“ zwischen den beiden Potentaten Takelot II. und Pedubast I., die in der Chronik des Königssohns und Hohepriesters des Amun Osorkon (B) beschrieben wurden, zeigen großes Potential, um das Interagieren von Religion und Politik anschaulich zu machen. Beide Könige beanspruchten in dieser Zeit die Herrschaft über Oberägypten für sich und wurden in diesem Zwist von einflussreichen Beamten, Priestern und Familienangehörigen unterstützt. Genau diese beiden „Parteien“ sollen untersucht werden, um zu beobachten, ob eine Trennung zwischen Religion und Politik sichtbar ist. Eine weitere wichtige Frage ist, inwiefern religiöse Ämter benutzt wurden, um politische Entwicklungen durchzusetzen und wie sich die politische Situation in der religiösen Welt widerspiegelte. Um diese Fragen zu erörtern, sollen die Quellen der Mitglieder der beiden politischen Lager im Hinblick auf ihre Aussagekraft in Bezug auf Religion und Politik untersucht werden. Die Protagonisten bedienten sich dabei in ihren Quellen zahlreicher Stilmittel und Anspielungen, um sich im gesellschaftspolitischen Umfeld zu positionieren. Dabei kann es sich um Objekte wie Texte, Reliefs, Rundplastiken oder architektonische Elemente und Gebäude handeln, die die Beziehung zwischen religiös und/oder politisch motivierten Ereignissen, Handlungen und Phänomenen zum Ausdruck bringen.

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Zur Theokratie vgl. Römer 1994; Vernus 1995 und Lull 2006, 315–317, 344. Vernus 1995, 94. 9 Broekman 2012a, 198; vgl. auch Assmann 1994 und Vernus 1995, 91–95. 10 Vgl. Vernus 1995, 82–95. 11 Vernus 1995, 95. 12 Broekman 2010a, 126: “…the theocracy of Amun as a form of government for southern Egypt, actually being a politically concretization of theological ideas about a divine lordship of Amun that had developed already during the Nineteenth and Twentieth Dynasties. This proclamation of Amun’s kingship on earth had a twofold effect: first, it enabled Piankh and Herihor – and their successors – in their capacity as High Priests to represent Amun and execute his oracular decrees, and secondly it gave the Egyptian priests of Amun the opportunity to exercise some influence on political decisions.” 13 So z. B. bei Herihor auf der Stele Leiden V65, Beischrift (Boeser 1913, 13–14, pl. XXVIII, no. 50; Schneider/Raven 1981, 112–113, no. 113; KRI VI, 846–847; Kitchen 31996, 41; Taylor 1998, 1146–1153; Goldberg 2000, 56–58; James/Morkot 2010, 245; Haring 2012, 139–152; Dodson 2012, 21–22) und der Statue CG 42190, Z. 7 (Legrain 1909, 59, pl. LII; Lefebvre 1926, 63–68; Kitchen 31996, 248 § 209, n.31; Ritner 2009a, 81–82). 14 O’Connor 1990, 66–81; Gnirs 1996, 193–194, 207; Becker 2012, 179. 8

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DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

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Die Hauptquelle für die Studie ist die Chronik des HPA Osorkon (B)15 (CPO),16 die einen tiefen Einblick in die Inszenierung von Macht und Einfluss gibt, da die Versuche Osorkons (B) die Macht in der Thebais zu erhalten und behalten, ausführlich beschrieben werden. Damit ist allerdings eine sehr einseitige Berichterstattung gegeben. Um beiden „Bürgerkriegsparteien“17 gerecht zu werden, müssen auch die zahlreichen Privatstatuen der Priester und Beamten, die als Textträger für Biographien dienen, mit in Betracht gezogen werden. Damit kann man auch über die Fraktion um seine Widersacher Pedubast I. und den HPA Horsiese (B) Aussagen treffen. Der zXA.w Sa.t n Pr-aA Hor (vii/viii/ix/xi)18 sticht aus dieser Gruppe sowohl durch die große Anzahl der Quellen als auch durch die Ausdruckskraft seiner Loyalität hervor. Die beiden für die Untersuchung aussagekräftigsten Akteure in der Thebais sind auf der einen Seite der HPA Osorkon (B) und auf der anderen Seite der königliche Sekretär Hor (vii/viii/ix/xi). Denn diese beiden Personen haben die relevantesten Quellen hinterlassen. Andere Würdenträger können ihrer jeweiligen Fraktion nur über geringerwertige Argumente zugeordnet werden (vgl. Kapitel I.3). Es stellt sich die Frage, ob dieser Konflikt zwischen den beiden regierenden Königen oder zwischen den parallel amtierenden HPAs bestand, oder ob vielmehr die thebanische Priesterschaft ihren machtpolitischen Einfluss geltend machte und die einzelnen Familien durch geschickte Manipulation der Mächtigen, durch Ämtervererbung und Begünstigung um die Dominanz in der Thebais konkurrierten. 2 Historischer Überblick Die Übergangszeit von der 20. Dynastie zur Dritten Zwischenzeit war eine Zeitepoche, deren genaue Abläufe immer noch nicht geklärt sind und die zu zahlreichen Theorien veranlasst hat. Am Ende des Neuen Reiches kam es durch eine große Anzahl wechselnder Herrscher mit kurzen Regierungszeiten zu einem königlichen Autoritätsverlust, der kombiniert mit einer ökonomischen Krise und der äußeren Bedrohung durch nomadisierende Libyer in politischer Instabilität kulminierte. Aus dieser „schwankenden Machtbalance ergab sich die immer stärker werdende Bedeutung des Militärs und die Verlagerung des Machtmonopols vom Königtum hin zu den Tempelinstitutionen“19 Gerade der „Gottesstaat“20 in der 21. Dynastie zeigt die eminenten Wechselbeziehungen zwischen Religion und Politik in dieser Zeit. Herihor, der erste „Priesterkönig“ in Theben in der 21. Dynastie, begann seine Karriere als HPA in den letzten Regierungsjahren des Königs Ramses XI. aus der 20. Dynastie.21 Sein Vorgänger Paianch war der

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Zur besseren Unterscheidung wird bei Privatpersonen, die in der gängigen Literatur mit einem Buchstaben gekennzeichnet werden (z. B. Osorkon (B) dieser Buchstabe in Klammern gesetzt. Bei Privatpersonen, die durch Ziffern unterschieden werden (z. B. Hor (vii/viii/ix/xi)) werden die Zahlen im Gegensatz zu den Königsnamen klein geschrieben und ebenfalls in Klammern gesetzt. 16 PM II2, 34–36, pl. IX [2]; RIK III, pl. 16–22; Erman 1908; Kees 1954; Caminos 1958; Leclant 1961aa; Perdu 2003; Payraudeau 2003; Broekman 2008; Ritner 2009a. 17 Mit dem Ausdruck „Bürgerkrieg“ werden in Ermangelung eines besseren Ausdrucks in diesem Zusammenhang Konflikte von zwei oder mehreren Parteien innerhalb eines Staates bzw. in diesem Fall eines Landesteils (der Thebais) beschrieben. Die moderne Vorstellung, bei der die Bevölkerung aktiv die Auseinandersetzung bestreitet, erfüllt sich allerdings nicht, da es sich um einen Kampf um die Vormachtstellung innerhalb der Elite (d.h. der Priester und der Beamten) handelt. Inwiefern die einfache Landbevölkerung unter dem ständigen Wechsel der Machthaber gelitten hat bzw. diesen überhaupt bemerkt hat, muss offenbleiben. Inwiefern der Konflikt bewaffnet bzw. militärisch ausgefochten wurde, kann ebenfalls nicht genau bestimmt werden. Quellen, wie der im Tor des dritten Pylons verbaute Block (Sauneron/Verité 1969, 271–274; Vernus 1980, 215–233; Jansen-Winkeln 1993, 7–18), der von gewaltsamen Übergriffen berichtet, legen dies aber nahe. Der Ausdruck bleibt aber in Anführungszeichen, um dem Bewusstsein, dass er nicht ganz treffend ist, gerecht zu werden. 18 Die unterschiedliche Bezifferung entstammt der Wissenschaftsgeschichte. Nach und nach konnte Hor (vii) mit Hor (viii), Hor (ix) und Hor (xi) gleichgesetzt werden. 19 Vgl. Becker 2012, 228. 20 Zur Umsetzung der Gottesherrschaft durch Orakelwesen, vgl. Römer 1994, 272–283 und s. o. Anm. 7–12. 21 Vgl. die Darstellungen im Hypostylsaal im Chonstempel, die Ramses XI. als König zeigen, Herihor dagegen als HPA. In seinem Standardwerk für die 3. Zwischenzeit stellt Kitchen bereits in den 70er Jahren seine Überlegungen zum Ende der Ramessidenzeit und dem Beginn der 21. Dynastie vor (Kitchen 31996, 248–252). Seinen Ausführungen zufolge ist Herihor zu Beginn der wHm-ms.wt-Zeit, die im 19. Regierungsjahr Ramses XI. eingeführt wurde, HPA. In den Jahren 7 und 10 des wHm-ms.wt ist dagegen der HPA Paianch belegt. Daraus schließt Kitchen, dass Herihor der Vorgänger Paianchs gewesen sein muss. Herihors Amtszeit würde demnach komplett in die Regierungszeit Ramses’ XI. fallen und auch die Darstellungen aus dem Vorhof des Chonstempels in Karnak, die © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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von Ramses XI. eingesetzte HPA und General,22 der den Konflikt zwischen dem HPA Amenhotep und Panehesy im Auftrag des Königs niederschlug, den HPA Panehesy vertrieb und danach dessen Titel annahm.23 Herihors Ehefrau war Nodjmet (A/B), die möglicherweise vorher mit Paianch verheiratet war und damit auch die Mutter des Königs Painedjem I. war.24 Die Eheschließung erfolgte vermutlich, um Herihors Machtanspruch zu rechtfertigen. Herihor war libyscher Abstammung und brachte damit die kulturellen Eigenheiten der libyschen Stammesgesellschaften mit. Diese sind bei Betrachtung des Königtums nicht zu vernachlässigen.25 Nach seinem Tod setzten sich dann aber sowohl in Theben als auch in Tanis die Nachkommen Paianchs durch und traten die Herrschaft an.26  Herihor mit königlicher Titulatur und königlichem Ornat zeigen, müssten noch zu Lebzeiten Ramses’ XI. angefertigt worden sein. Er hält daher das Königtum Herihors für ein nur auf das Tempelareal in Karnak beschränktes „fictitious“ Königtum, das die Tatsache unterstreicht, dass Herihor die königlichen Aufgaben eines inaktiven Ramses XI. übernehmen musste (vgl. Kitchen 2009, 194). 22 Durch einen Vergleich der Priester- und Beamtentitel Herihors und Paianchs, die Dekorationen des Chonstempels und die Belege der beiden HPAs auf administrativen Ostraka schlug Jansen-Winkeln vor, die Abfolge der beiden HPAs Herihor und Paianch umzukehren (Jansen-Winkeln 1992b). Herihor wäre demnach der Schwiegersohn Paianchs durch seine Heirat mit dessen Tochter Nodjmet, einer Schwester des späteren HPAs und Königs Painedjem I. Er regt außerdem an, die zahlreichen Belege von Regierungsjahren ohne Nennung eines regierenden Königs nicht auf den in Tanis herrschenden König in Unterägypten zu beziehen, sondern – im Falle der drei HPAs, die auch Königswürden annehmen (Herihor, Painedjem und Mencheperre) – auf die regierenden und machthabenden HPA zu beziehen (Niwinski 1979; Jansen-Winkeln 1997b, 34–36; Jansen-Winkeln 1997c, 67) Der Interpretation JansenWinkelns schließt sich Broekman an, für den Paianch allerdings auch schon in die Reihe der Herrscher der 21. Dynastie gehört, da beide bereits libysche Potentaten sind, die militärische und religiöse Macht in sich vereinen (Broekman 2012a, 197). Auch Gregory, der sich eingehend mit der Kunst in den Reliefdarstellungen des Chonstempels auseinandergesetzt hat, sieht in Herihor den Nachfolger des Paianch im Amt des HPA (Gregory 2013 und 2014). Im Gegensatz dazu schlägt Thijs einen ganz anderen Weg ein. Er möchte einen großen Teil der 20. Dynastie und der 21. Dynastie parallel zu einander verlaufen lassen und führt zusätzlich einen König Khakheperre Pinuzem ein, der nicht identisch ist mit dem Nachfolger Herihors HPA Painedjem I. Herihor ist seiner Meinung nach der Sohn von Paianch und Nodjmet A, der selbst mit einer Dame namens Nodjmet verheiratet ist. Herere, die von Paianch mehrfach erwähnte Dame, sei die Ehefrau des HPA Amenhotep, der von Panehesy, dem Vorgänger Paianchs, unterdrückt wurde. Diese beiden wiederum seien die Eltern des Königs Khakheperre Pinuzem. Herihor ist demnach HPA unter König Khakheperre Pinuzem, nach dessen Tod wird Herihor selbst König und sein Bruder Painedjem I. wird zum HPA ernannt. Der Konflikt zwischen dem HPA Amenhotep und dem General Panehesy werden von Thijs mit der Maunier-Stele, der sog. „Stele der Verbannten“, in Verbindung gebracht. Seiner Meinung ist HPA Amenhotep der Gegenspieler des HPA Mencheperre in dieser Stele und somit datiert er auch den HPA Mencheperre in die ausgehende 20. Dynastie vor das Hohepriesteramt und das Königtum des Herihor. Das in der Stele erwähnte Jahr 25 möchte er Psusennes I. zuordnen und es wäre demnach parallel zum Beginn der wHm mswtZeit und dem 19. Regierungsjahr Ramses XI. Wie dies mit der Tatsache zu vereinbaren ist, dass HPA Mencheperre der Sohn des HPA/Königs Painedjem I. ist, bleibt allerdings fraglich (vgl. Thijs 2004/2007/2011/2013). Auch Dodson (vgl. Dodson 2012) lässt einen Teil der 20. Dynastie (Ramses IX. – Ramses XI.) parallel zu einander regieren, geht aber bei weitem nicht so weit wie Thijs. Seiner Meinung nach fand die 8–9 Monate andauernde „Unterdrückung“ des HPA Amenhotep kurz vor Beginn der wHm msw.t-Zeit (ca. Jahr 17–18 Ramses XI.) statt. Panehesy, der Vizekönig von Kusch, ist der Opponent Amenhoteps, sein Aufstand wird von Paianch zwar niedergeschlagen, in Nubien kann Panhesy seine Machtposition allerdings weiter ausbauen. Im 7. Jahr der wHm msw.t ist Paianch dann HPA, Generalissimo und Vizekönig von Nubien. Im Gegensatz zu den bisher genannten Theorien setzt Dodson allerdings das Pontifikat Pianchis inmitten der Herrschaft Herihors an, die er als ein richtiges volles Königtum ansieht. 23 S. Jansen-Winkeln 1992b. 24 Zu den genealogischen Zusammenhängen hat Dodson (2012, 34) folgende Einschätzung: Zwischen Herihor und Paianch gibt es keinerlei verwandschaftliche Beziehungen. Nodjmet A, die Frau von Herihor, die sich nicht nur Königin, sondern auch Schwester eines Königs und Königsmutter nennt, ist gleichzeitig die Schwester von Smendes und die Mutter von Amenemnezu. Die Frau Paianchs (Nodjmet B) dagegen ist die Mutter von Painedjem I. (2012, 37). Lull (2006, 109) greift eine Idee von Ursula Rössler-Köhler (1998, 7–8) auf und schlägt vor, von nur einer Nodjmet auszugehen, und diese nicht als Tochter von Paianch anzusehen, sondern als eine Frau, die in erster Ehe mit Paianch verheiratet war und nach seinem Tod seinen Nachfolger Herihor ehelichte (vgl. auch Haring 2012). Doch auch Lull geht davon aus, dass die Hohepriester des Amun keine eigene Jahreszählung hatten. 25 Das Königtum Herihors sieht Broekmann in libyschem Kontext. Die Theokratie Amuns sei der Gipfel einer Entwicklung, die sich bereits in der 19. und 20. Dynastie anbahnt. Herihor – und seine Nachfolger – repräsentieren in ihrer Position als HPA Amun und übernehmen dessen Aufgaben auf Erden, die zuvor und auch in späteren © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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In Theben folgte ihm mit Painedjem I. ein Sohn Paianchs in das Amt des HPA. Painedjem I. inszenierte sich ab dem 15. Jahr als König.27 Wie auch bei Herihor sind die Belege für königliche Titulaturen und Insignien auf den Bereich des Karnak-Tempels beschränkt.28 Ihm folgten seine Söhne Masaharta,29 Djedchonsiufanch30 und Mencheperre31. Auch in der Regierungszeit des Königs und HPA Mencheperre sind innenpolitische Differenzen in der Thebais belegt, die ein militärisches Eingreifen des HPAs zu seinem Machterhalt erforderlich machten. Dies geschah durch die Verbannung der Rebellen in die Oase Charga, die in der sogenannten „Stele der Verbannten“ wieder rückgängig gemacht wurde.32 Auch hier ist eine enge Verzahnung von Religion und Politik zu erkennen. Nach dem HPA Mencheperre waren seine Söhne Smendes (ii), Painedjem (ii) und sein Enkel Psusennes II./(iii) in Theben als HPA tätig. Sie datierten allerdings nach den tanitischen Königen und damit endete die Zeit der unabhängigen Machtausübung über die Thebais durch die HPA. Der Beginn der 22. Dynastie zeichnete sich durch Stabilität aus. Scheschonq I., der in Tanis die Macht ergriff, breitete seine Herrschaft über ganz Ägypten aus und einte das Land wieder.33 Durch geschickt arrangierte Ehen und die Vergabe wichtiger Ämter an Mitglieder seiner eigenen Familie gelang es Scheschonq I., die Bildung von lokalen Beamten- und Priesterdynastien zu unterbinden und die Kontrolle im Süden des Landes nicht aus der Hand zu geben.34 Die Politik Scheschonqs I. wurde unter seinem Nachfolger Osorkon I. fortgesetzt und dieser sicherte sich die innenpolitische Macht durch zahlreiche Schenkungen und Opfergaben an die Tempel Ägyptens.35 Wie auch schon Scheschonq I. setzte Osorkon I. seinen eigenen Sohn in Theben als Hohepriester des Amun ein, um der Entwicklung einer Dynastie von Hohepriestern entgegenzuwirken.36

 Epochen der König übernimmt. Kombiniert mit dem libyschen Grundverständnis, dass der Königstitel nur ein weiterer Titel ist, der „Herihor’s ‘royal’ power“ offenbart, entsteht das veränderte Konzept des Königtums in der Libyerzeit (vgl. Broekman 2012a, 197–198). 26 Jansen-Winkeln 1997b, 35. 27 Vgl. die Dekoration des Pylons des Chonstempels (Kitchen 31996, 259–261; Dodson 2012, 26–27; Dembitz 2014, 34). 28 Dembitz 2014, 86–188. 29 Sphinx im Gebäude Sethos II., Vorhof Amun-Tempel, Karnak; Türpfosten, Torbau östlich des 9. Pylons in Karnak; Graffito Südliche Außenwand des Sedfesttempels Amenhoteps II., zwischen dem 9. und 10. Pylon in Karnak; Falkenstatue Brüssel E.5188; Wiederbestattungsvermerk auf dem Sarg Amenhoteps I.; Bestattung Asetemachbit, Baldachin, JE 26276; Orakelpapyrus pStraßburg 21; Leichenbänder Königin Meritamun (Dynastie 18); CG 61027 Sarg des Masaharta; UC 16824 Stele aus Koptos, Orakel; Graffito Nr. 150-77; CG 61092 Mumie Masaharta (s. Jansen-Winkeln 2007a, 27–29, Dembitz 2014, 189–197); Masaharta amtierte wahrscheinlich aufgrund einer Krankheit mit tödlichem Ausgang nur für eine kurze Zeit (vgl. den Brief aus el-Hibeh pStraßburg 21, Spiegelberg 1917, 13–14; Kitchen 31996, 259, Anm. 91). 30 Dieser HPA ist nur auf einem heute verschollenen Sarg belegt, vgl. Kitchen 31996, 68–69, 260, 424–425. 31 Bei Mencheperre handelt es sich um einen Sohn von Painedjem I. Er ist für 48 Jahre im Amt belegt und auch er legte sich eine königliche Titulatur zu (Zu den zahlreichen Quellen Mencheperres s. Kitchen 31996, 14–16, 269– 271; Jansen-Winkeln 2007a, 72–81; Dembitz 2014, 198–227). 32 „Stele der Verbannten“, Louvre C 256 (Jansen-Winkeln 2007a, 72–74; v. Beckerath 1968, 7–36; Ritner 2009a, 124; Dodson 2012, 56–57; Lull 2009, 244). 33 Dies zeigt sich in seinem Horusnamen KA nxt mr(j) Ra.w sxa(j)=f m nzw r zmA tA.wj, der auf vier Quellen belegt ist: Stele Nr. 100 Gebel-Silsileh (Caminos 1952, 46–61, Tf. 11; Jansen-Winkeln 2007b, 20); Architrav Bubastidenportal (PM II, 36; RIK III, Tf. XII; Jansen-Winkeln 2007b, 19); Bubastidenportal Triumphrelief (PM II, 34–36; RIK III, Tf. III und V; Jansen-Winkeln 2007b, 11–19; Inschrift am nördlichen Perstylhof Karnak, Pylon VI (PM II, 92; Vernus 1975, Text J1, col. 1, S. 11, Abb. 10, S. 13; Ullmann 2002, 564–570; Jansen-Winkeln 2007b, 19–20). 34 Kitchen 31996, 288. 35 Eine Inschriftenreste auf Fragmenten eines Granitpfeilers im Atum-Tempel von Bubastis (Naville, Bubastis, pl. 51– 52; Jansen-Winkeln 2007b, 38–42). 36 Priesterannalen Nr. 34 (Legrain 1900, 62; Kruchten 1989, 129–130, pl. 11, 27; Jansen-Winkeln 2007b, 62). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Die Regierungszeit des Königs Takelot I. wurde vom HPA Iuwelot nicht anerkannt, da Iuwelot weiterhin nur nach Osorkon I. datierte.37 Da außerdem kein einziges königliches Monument Takelots I. überliefert ist, kann man in ihm einen schwächeren König vermuten.38 Der HPA Iuwelot vererbte sein Amt seinem eigenen Sohn und stärkte damit wieder die Unabhängigkeit der thebanischen Priesterschaft vom Königshaus. Während der langen Regierungszeit Osorkons II., der in seinem 22. Regierungsjahr sein Sedfest feierte und dies in Bubastis mit einem monumentalen Tordurchgang dokumentierte,39 manifestierten sich diese Bestrebungen zur Unabhängigkeit der Thebais weiter. In dieser Zeit ernannte sich Horsiese I. in Theben zu einem lokalen Herrscher, der von Osorkon II. akzeptiert wurde.40 Somit kam es wiederum zu einer Zweiteilung des gesamtägyptischen Reiches. Vor diesem historischen Hintergrund müssen die „bürgerkriegsähnlichen“ Ereignisse, die sich in der Regierungszeit des Königs Takelot II., dem Enkel und Nachfolger Osorkons II. in Theben, abspielten, betrachtet werden. Denn die politische Einmischung der religiösen Oberhäupter des thebanischen KarnakTempels und ihre faktische Machtausübung in der Thebais hatte nun eine fast zweihundertjährige Tradition. Die Chroniken des HPA Osorkon (B) wurden im ausgehenden 9. Jh. v. Chr. abgefasst. Osorkon (B) war der Sohn des Königs Takelot II., der, wie von Aston überzeugend nachgewiesen wurde, ein nur in Theben regierender König ist, der sich kurz vor dem Tod Osorkons II. zum König ernannte.41 Hierbei handelte es sich wahrscheinlich um den vormaligen HPA Takelot (F), dessen Amt an Horsiese (B) überging.42 Der Sohn Takelots II., Osorkon (B), scheint offenbar mit dieser Entwicklung im weiteren Verlauf der Geschichte nicht einverstanden gewesen zu sein, denn er strebte selbst das Amt des HPA an: CPO A, 19

CPO A, 20

jsT jr [zA] nzw [jr.j-pa.t] HA.wtj WA-sAjr-k-n

Was aber nun anlangt den Königs[sohn], den [Iripat] und Ersten Osorkon:

n r=f jb=f aoA[w m] nn

jedoch war sein Herz [mit] diesem (dieser Situation) nicht einverst[anden].

nn wn jm=f n Dd=f aA=j jm

Es gab bei ihm keinen Fehler, und er sagte nicht: Ich möchte dadurch größer werden.

20 [Sr] sj m jb=f

20 [Gering] ist es in seinem Herzen.

Dd kA=f nb m r[///]

Sein Ka sagte: Der Herr ist in […]

xft.j wp(j).t(j)=fj43 jAw.t Hm nTr tpj n Jmn nb nHH [jr(j) D.t]

…den Feind, der das Amt des Hohepriesters des Amun, des Herrn der Ewigkeit und [Schöpfers der Unendlichkeit], einnehmen will.

 37

Vgl. Adoptionsstele BM EA 1224 (Jansen-Winkeln 1990a, 215–219; Jansen-Winkeln 2007b, 80–81; Broekman 2010b, 92). 38 Kitchen 31996, 311. 39 Naville 1892; Barta 1978; Uphill 1965; van Siclen 1973. 40 Laut Kitchen (31996, 314) setzte Osorkon II. Horsiese I. als Hohepriester des Amun ein und stärkte damit die thebanische Unabhängigkeit, da er nicht seinen eigenen Sohn, sondern den Sohn des Hohepriesters Scheschonq (II.) unterstützte. Jansen-Winkeln hat mittlerweise nachgewiesen, dass sowohl die Vater-Sohn-Beziehung zwischen Horsiese I. und dem Hohepriester Scheschonq, als auch die tatsächliche Tätigkeit des Horsiese I. als HPA fraglich sind (Jansen-Winkeln 1995a). Für die Belege für den König Horsiese I. s. Jansen-Winkeln 1995a, 133–134. Für die zeitliche Ansetzung in die frühe Regierungszeit Osorkons II. vgl. die Statue des Nachtefmut (A) CG 42208, die die Titulatur Osorkons II. beinhaltet und einen Stiftungsvermerk von Horsiese I. aufweist. 41 Aston 1989, 139−153; Aston 2009, 1−28. 42 Würfelhocker CG 42225, Oberseite rechts. Legrain 1914b, 58–62; Jansen-Winkeln 1985, 117–135; Jansen-Winkeln 2007b, 135–139. 43 Analog zu Wb 1, 301, 11−12; wp(j) s.t – „Platz einnehmen“ wird der Ausdruck wp(j) jAw.t als „ein Amt einnehmen“ verstanden. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Takelot II. hatte zeitgleich mit Scheschonq III. – dem direkten Nachfolger von Osorkon II. in Unterägypten – regiert (s. Tabelle 1).44 Wie auch schon bei Osorkon II. und Horsiese I. scheint die parallele Existenz zweier Könige auch bei Scheschonq III. und Takelot II. ohne Differenzen funktioniert zu haben. Im 11. Jahr Takelots II. (= 8. Regierungsjahr Scheschonq III. = 1. Regierungsjahr Pedubast I.) setzten die Ereignisse ein, die in den Annalen des Hohepriesters Osorkon (B) beschrieben sind.45 Die Erzählung beginnt mit der Niederschlagung einer thebanischen Rebellion, die bis nach Hermopolis reichte,46 durch den in Herakleopolis stationierten Sohn Takelots II., Osorkon (B). Dieses Ereignis stimmt mit der Machtergreifung von Pedubast I. zeitlich überein.47 Tabelle 1: Chronologische Verhältnisse im ausgehenden 9. Jh.

Zeitraum Unter(v. Chr.) ägyptische Linie 864/61831

831793/88

Zeitraum Ober(v. Chr.) ägyptische Linie

HPA

?-834

Horsiese I.

Takelot (F)

834-810

Takelot II. (=Takelot (F))

Horsiese (B)

ZeitGegenraum könige (v. Chr.) Oberägypten

HPA

Osorkon II.

Scheschonq III.

Osorkon (B) 824-801 Pedubast I. Horsiese (B) 810-798

793/788- Scheschonq IV. 793/88HD-xpr-Ra.w 782/79 766/61

Iuput I.

800-794 Scheschonq VI.

Takelot (E)

Osorkon III. Rudamun (=Osorkon (B))

Neben dem von Scheschonq III. repräsentierten Königshaus in Unterägypten gab es nun also auch zwei rivalisierende Könige in Oberägypten. Jede „Partei“ stellte sowohl einen König als auch einen Hohepriester: Osorkon (B), der Sohn Takelots II., wurde nach seinem erfolgreichen Eingreifen als HPA eingesetzt und sein zu Beginn der Annalen implizierter Wunsch (s. o.) wird erfüllt.48 Horsiese (B), der bereits unter Osorkon II. als HPA belegt ist, agierte als Hohepriester auf Seiten Pedubasts I.49 Das Nebeneinander der verschiedenen Herrscher lässt sich mit dem Einfluss der libyschen Gesellschaftsstruktur erklären. Dabei handelte es sich sowohl um Einflüsse der „segmentary lineages“, (d.h. unterschiedlicher nebeneinander gleichberechtigt existierender Dynastien, die verwandschaftlich miteinander verbunden sind) als auch des Prinzips der „paramount chiefs“ (d.h. zahlreiche Lokalpotentaten, die einen Herrscher als Oberherrn akzeptieren).50 Ausschlaggebend ist in diesem Fall nicht die Frage „Wer ist König?“, sondern die nach der regionalen Verortung „Wo ist er König?“. Die Selbstinszenierung als Herrscher erhält damit einen besonderen Stellenwert, da „with each of these segments in constant competition with the others, it was important for each one to establish their significance and status by installing themselves as rulers of a distinct territory”.51

 44

Jansen-Winkeln 2006a, 251; Jansen-Winkeln 1995a, 149. RIK III; Caminos 1958. 46 Da die entscheidenden Kampfhandlungen in der Nähe von Hermopolis stattgefunden haben, vermutet JansenWinkeln (1995a, 142), dass Pedubast I. aus Hermopolis stammen könnte. Zur Bedeutung der Stadt Hermopolis in dieser Zeit vgl. Meffre 2015, 314−316. 47 Nilstandsmarke Nr. 24: der König dessen Jahr 12 mit dem Jahr 5 von Pedubast I. gleichgesetzt ist, muß Scheschonq III. sein; vgl. v. Beckerath 1966, 51. 48 Vgl. RIK III, Taf. 17−18; 1. Teil, Zeile 28ff. 49 Er ist belegt im 5. (= Jahr 12 Scheschonq III. = Jahr 15 Takelot II.; vgl. Nilstandsmarke Nr. 24, v. Beckerath 1966, 51) und im 8. Jahr Pedubasts I. (= Jahr 15 Scheschonq III. = Jahr 18 Takelot II.; vgl. JE 36494, 3; vgl. JansenWinkeln 2007b, 213). 50 Vgl. Cole 2015, 116–120. 51 Cole 2015, 119. 45

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Die vier Jahre später – im 15. Regierungsjahr Takelots II. – erneut ausbrechende Rebellion in Theben, die in einem jahrelangen „Bürgerkrieg“ gipfelte, veranschaulicht diesen Konflikt und das Bedürfnis der Konkurrenten, sich als rechtmäßige Herrscher der Thebais zu inszenieren.52 Diese Zwistigkeiten müssen mit dem Machtzuwachs bzw. der Rückeroberung durch Pedubast I. und seinem Hohepriester Horsiese (B) zusammenhängen. Osorkon (B) verschwand in den nächsten zehn Jahren von der politischen Bildfläche in Theben.53 Da Pedubast I. anscheinend zielstrebig versuchte, auch in Unter- und Mittelägypten Verbündete gegen Takelot II. und Osorkon (B) zu finden,54 wird dies mitunter dadurch begründet, dass Osorkon (B) auch in seinem Heimatgebiet um Herakleopolis Probleme hatte, seine Machtposition zu halten.55 Die Nachfolge Takelots II. scheint darüber hinaus nicht eindeutig geklärt zu sein. Die Abwesenheit Osorkons (B) aus Theben deutet daraufhin, dass er als möglicher Nachfolger in Ungnade gefallen war. Im 24. Regierungsjahr Takelots II. kehrte Osorkon (B) nach Theben zurück. Das könnte bedeuten, dass die Streitigkeiten um die Thronfolge beseitigt worden sind.56 Es folgte ein Herrscher Iuput I., der demnach der Nachfolger Takelots II. sein könnte. In dieser Zeit war Osorkon (B) wieder im Amt des Hohepriesters belegt.57 Doch wird die Chronik nach dem Tod des Vaters nach dem unterägyptischen Herrscher Scheschonq III. datiert, was darauf hindeuten könnte, dass er sich weiterhin als legitimer Thronfolger ansah und die Herrschaft Iuputs I. nicht vollständig unterstützte. Die Lücke in den Aufzeichnungen der Annalen zwischen dem 25. und dem 28. Regierungsjahr von Scheschonq III. kann man mit einer weiteren Revolte von Horsiese (B), die in den Annalen beschrieben ist, in Verbindung bringen.58 In den 21 Jahren, die von der Chronik des Osorkon umfasst werden, sind somit insgesamt drei unterschiedliche Rebellionen belegt (s. Tabelle 2): Tabelle 2: Chronologischer Ablauf der Ereignisse des CPO

Belegtes Regierungsjahr

Chronologische Jahreszählung CPO

Ereignisse

Jahr 11 Takelot II.

CPO Jahr 1

• • • • • • • • • •

Theben erhebt sich. Osorkon (B) kommt aus El-Hibeh nach Hermopolis. Erneuerung der Kultplätze. Reinigung der Tempel. Wiederauferrichtung von allem, was in Oberägypten zerstört wurde. Unterdrückung der Feinde aus dem „Innern“ des Landes (Beamte).59 Verbrennung der Übeltäter. Vergabe der Ämter an die Kinder der Beamten. Osorkon (B) reist weiter nach Theben und wird dort HPA. Kehrt zurück nach El-Hibeh.

 52

Vgl. RIK III, Taf. 21; Teil, Zeile 7ff. Die Annalen setzten erst wieder im Jahr 24 Takelots II. ein. 54 So sind Schenkungsstelen von Pedubast I. in Unterägypten belegt (vgl. Leahy 1990, 182−183); und eine Statue Hors (vii/ix/xi), einem Anhänger von Pedubast I. (vgl. dazu die Inschrift auf CG 42226, Jansen-Winkeln 1985, A11. Zu Hor (vii/viii/ix/xi) s. auch Redford 1986, 6–7 und s. u. Kapitel I. 5 Hor (vii/viii/ix/xi). Eine Statue von Hor (vii/viii/ix/xi) wurde in Mitrahina gefunden (vgl. Jansen-Winkeln 1999, 123−139). Außerdem datiert ein Sohn Scheschonqs III. eine Inschrift am 10. Pylon in Karnak nach Pedubast; s. dazu Legrain 1914a, 14, 39. Vgl. insgesamt zur Bedeutung Mittelägyptens während der zweiten Rebellion Meffre 2015, 316−320. 55 Vgl. Jansen-Winkeln 1995a, 143−145. 56 Caminos 1958, §136, 2. Teil, Zeile 8: „Ihr sollt nicht kämpfen, denn er stirbt.“ 57 Nilstandsmarke Nr. 26; Aston 1989, 149; Jansen-Winkeln 1995a, 140. 58 Caminos 1958, §172; Die gute Nachricht aus Theben „Du hast keine Feinde mehr“ würde dann den Tod Horsieses (B) beschreiben. 59 Payraudeau interpretiert die Schreiber der Verwaltung – hauptsächlich Mitglieder der Neseramun- und NebnetjeruFamilien – als die Verursacher der Rebellion; vgl. Payraudeau 2003a, 176–181. 53

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Belegtes Regierungsjahr

Chronologische Jahreszählung CPO

Ereignisse

Jahr 12 Takelot II.

CPO Jahr 2

• Osorkon (B) kommt dreimal nach Theben, um Feste zu feiern.

Jahr 15 Takelot II.

CPO Jahr 5

Jahr 24/25 Takelot II.

CPO 14/15

Jahr 22 Scheschonq III.

CPO Jahr 15

• „Bürgerkrieg“ bricht aus zwischen Ober- und Unterägyptern. • ohne Vorwarnung durch Mondfinsternis. • Verantwortliche: die „Kinder der Rebellion“.60 • Dauert mehrere Jahre. • Waffenstillstand. • Rückkehr von Osorkon (B) nach Theben. • Tod Takelots II. • Nachfolgeregelung: Kompromiss für beide „Parteien“: Iuput I. • Opfer von Osorkon (B) in Theben.

Jahr 23 Scheschonq III.

CPO Jahr 16

• Opfer von Osorkon (B) in Theben.

Jahr 24 Scheschonq III.

CPO Jahr 17

• Opfer von Osorkon (B) in Theben.

Jahr 25 Scheschonq III.

CPO Jahr 18

Jahr 28 Scheschonq III.

CPO Jahr 20

• Neue Rebellion. • Keine Unterstützung für Osorkon (B): „keine Freunde“. • Opfer von Osorkon (B) in Theben.

Jahr 29 Scheschonq III.

CPO Jahr 21

• Abruptes Ende. • Evtl. erneute Rebellion gegen Osorkon (B).61

Jahr 39 Scheschonq III.

Priesterannalen 7

• Osorkon (B) und Bakenptah triumphieren.

Scheschonq VI. scheint der Nachfolger von Pedubast I. zu sein, in dessen sechsten Regierungsjahr wieder der HPA Takelot (E) in Theben belegt war.62 Osorkon (B) wiederum war im 39. Jahr Scheschonqs III. mit seinem Bruder Bakenptah in Theben bezeugt, „nachdem sie alle, die gegen sie kämpften, niedergeworfen hatten“.63 Als Nachfolger von Iuput I. bestieg Osorkon (B) dann als Osorkon III. kurze Zeit später den Thron.64 Weitere nicht genau datierbare Quellen könnten ebenfalls aus dieser Zeit stammen, da sie Einblicke in Krisenzeiten geben. Eine Stele aus Karnak,65 die Ähnlichkeiten zu einer Stele des HPA Iuwelot unter Take 60

CPO B, 7. Evtl. sind damit die Kinder der Beamten gemeint, die in CPO A, 37 in die Ämter ihrer Väter eingesetzt wurden, nachdem diese für ihre Kollaboration im thebanischen Aufstand des Jahres 11 von Takelot II. bestraft wurden. Für den Ausdruck ms.w bSt.w gibt es keine weiteren Belege. In den Jenseitstexten (u. a. Tb 18; Pfortenbuch, 11. Stunde) werden die ms.w bdS.w – „Kinder der Schwachen“ erwähnt (vgl. bdS „ermatten“, Wb 1, 487). Tarasenko 2017 interpretiert diese als die Finger des Schöpfergottes, die gegen ihn rebelliert haben. Auffallend ist die Nähe zur Rebellion bei beiden ähnlich klingenden Wortverbindungen. 61 Nilstandsmarke Nr. 29; Jahr 30 = Takelot (E). 62 Aston 1989, 151; Jansen-Winkeln 1995a, 142. 63 Fragment aus den Priesterannalen Nr. 7 (JE 36493): Legrain 1900, 55−56; Kruchten 1989, 59−85; Jansen-Winkeln 2007b, 203−204. 64 Möglicherweise existierte zwischen Iuput I. und Osorkon III. noch ein König Scheschonq VII/VIa (vgl. Broekman 2008, 226, Anm. 30. 65 Stele 94 CL 1013; Revez 2003, 535–565. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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lot I. aufweist,66 beschreibt feindliche Auseinandersetzungen,67 die Hinweise auf einen innerägyptischen Konflikt geben.68 Eine engere Einordnung ist nicht möglich, da neben den Ereignissen um HPA Osorkon (B) auch die Auseinandersetzungen zwischen dem HPA Amenhotep und dem Vizekönig von Kusch Panehesy am Ende der 20. Dynastie und die Probleme unter HPA Mencheperre in der 21. Dynastie (Louvre C 256) in Frage kämen.69 Von gewaltsamen Übergriffen auf Landpächter und Tempelbedienstete durch Umlandbewohner berichtet ein Orakel, das auf einem am Tor des dritten Pylons verbauten Block zu finden ist.70 Jansen-Winkeln spekuliert, dass es sich bei den Umlandbewohnern um militärische Truppen handeln könnte, die im Umland von Theben stationiert waren, die bei ihrer Versorgung mit Lebensmitteln in unehrlicher Weise nachgeholfen haben.71 Als verantwortlicher Beamter wird im Text ein xsf n N’.t Horsiese genannt, der sich zeitlich nicht genau einordnen lässt,72 Vernus versucht diesen mit dem HPA Horsiese (B) gleichzusetzen,73 aber auch dies bleibt Spekulation. Doch die „bürgerkriegsähnlichen“ Zustände in der Thebais in dieser Zeit werden deutlich. 3 Konkurrierende „Parteien“ In Theben standen sich zwei rivalisierende „Parteien“ gegenüber, die beide einen König und einen HPA stellten. Jeder Lokalpotentat vereinte hinter sich einen Teil der Beamten- und Priesterschaft. Dadurch wurde die Auseinandersetzung immer weiter befeuert, denn die Elite der Thebais – die hohen Beamten und Priester – konkurrierte wegen ihres politischen und religiösen Einflusses miteinander. So erhielt ein Konflikt, der sich innerhalb der administrativen und religiösen Elite verorten lässt, eine politische Dimension. Takelot II. war wahrscheinlich der Sohn des Generals Nimlot (C) aus Herakleopolis und damit ein Enkel Osorkons II.74 Er agierte in den letzten Jahren Osorkons II. als Hohepriester Takelot (F) in Theben. In den letzten drei Regierungsjahren seines Großvaters ernannte er sich zum König in Theben. Das Epitheton „Sohn der Isis“ unterschied ihn von dem in Tanis belegten „Takelot, Sohn der Bastet“, der mit Takelot I. gleichgesetzt wird.75 Eine Konzentration auf Isis findet sich auch in der Kapelle J in Karnak, deren Reliefs den HPA Takelot (F) und Osorkon II. bei Ritualhandlungen zeigen.76 Die Kapelle ist Osiris-Wep-Isched, Isis vom großen Hügel und dem jugendlichen Horus geweiht.77 Perdu interpretiert die Konzentration auf den jugendlichen Horus, dem Sohn von Isis und Osiris, als einen Akt der Legitimation.78 Demnach wäre die Kapelle kurz vor der Thronbesteigung Takelots errichtet worden. Erbaut wurde die Kapelle durch Hor (vii/viii/ix/xi), der zu diesem Zeitpunkt die Machtergreifung von Takelot II. durchaus unterstützt zu haben scheint. Im weiteren Verlauf seiner Karriere wechselte er allerdings die Seiten (s. u.), doch rühmte er sich in seiner Biographie weiterhin mit seiner Tätigkeit als Baumeister.79 Eine Stele aus Elephantine belegt die Ausdehnung des Herrschaftsgebiets Takelots II. bis nach Assuan.80 Bis heute ist der Bestattungsplatz von Takelot II. nicht entdeckt worden. Aufgrund der Tatsache, dass

 66

Stèle de l’apanage; Kairo JE 31882; Revez 2003, 554–557. Vor allem x+13: jT(j).n=j sn m sor.w-anx… sxr.n=j sby.w jn(j).n=j pH.wj n xrw.yw=j – „Ich ergriff sie als Gefangene … ich vertrieb die Rebellen, ich gab das Ende zu meinen Feinden“. 68 Revez 2003, 560; die Feinde stammen aus dmj pn – „diesem Dorf/Ort“; die Bezeichnung könnte dann für die ganze Region der Thebais stehen. 69 Revez 2003, 561. 70 Sauneron/Vérité 1969, 271–274; Vernus 1980, 215–233; Jansen-Winkeln 1993, 7–18. 71 Jansen-Winkeln 1993, 17. 72 Payraudeau 2014a, 225. 73 Vernus 1980, 223. 74 Jansen-Winkeln 1995a, 138; vgl. auch Meffre 2015, 311. 75 Vgl. Jansen-Winkeln 1987, 253−258. 76 Aston 1989, 147; Perdu 2010, 101−121; Redford, 1986, 9−15. 77 Perdu 2010, 114−115; Redford 1986, 11; Coulon 2005, 334−336. 78 Perdu 2010, 120−121. 79 Vgl. Kapitel I 5.2 Religiöser Kompetenzbereich. 80 Dodson 2012, 118. 67

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er in Theben regiert hat, sollte aber auch sein Grab dort zu finden sein.81 Verheiratet war er mit seiner Schwester Karomama Merymut, der Mutter von Osorkon (B) und Bakenptah. Desweiteren ist seine Frau Tabaketenaset genannt, mit der er die Tochter Isetweret (ii), verheiratet mit Wesir Nachtefmut (C), zeugte. Eine Ehefrau Taschep[...] ist belegt über einen Sohn Nimlot.82 Darüber hinaus sind weitere Kinder Takelots II. bekannt: Djedptahiufanch; Schepensopdet (ii), verheiratet mit dem 4. Priester des Amun Djedchonsiufanch (C)83 und Karomama (E), Sängerin des Amun.84 Über seinen Widersacher Pedubast I. sind wenige Informationen überliefert.85 Seine Thronbesteigung fand im achten Jahr Scheschonqs III. statt. Er regierte nach Manetho (Eusebius) 25 Jahre,86 wobei das Regierungsjahr 23 das höchste belegte Jahr ist.87 Sein Nachfolger war Scheschonq VI. Pedubast I. ist in Theben in einigen Nilstandsmarken88 und einer Inschrift am Tor des 10. Pylons in Karnak,89 das von einem Sohn Scheschonqs III., dem General und Befehlshaber Paschedbast (B), errichtet wurde, belegt. Pedubast I. und Scheschonq III., der zeitgleiche König in Tanis, waren wohl keine politischen Rivalen, denn Paschedbast (B) nennt in diesem Erneuerungsvermerk beide Regenten gemeinsam, datierte aber nach Pedubast I. Dies könnte ein Hinweis für die Unterstützung der „Partei“ Pedubasts I. durch das unterägyptische Königshaus sein. Desweiteren sind Belege aus dem Raum Memphis bekannt, die nach Pedubast I. datieren.90 Außerdem wurde seine Kartusche in Dachla in der Westwüste gefunden.91 Über die Abstammung und Herkunft Pedubasts I. ist nichts bekannt; ebensowenig über die seines HPAs Horsiese (B). Aber beide werden wahrscheinlich auch einem Zweig des libyschen Herrschergeschlechts angehört haben. Während Dodson in ihm einen Sohn des thebanischen Lokalkönigs Horsiese I. zur Zeit Osorkons II. sieht,92 vermutet Broekman, dass es sich bei Pedubast I. um einen Bruder Scheschonqs III. handelte.93 Die Verwendung des Epithetons zA BAst.t für Pedubast I. auf dem Torso einer Bronzestatue dieses Königs, deren Herkunft unbekannt ist,94 und auf drei Schenkungsstelen aus Unterägypten,95 wird ebenfalls als Zugehörigkeitsmerkmal zur unterägyptischen Königsfamilie gesehen.96 Aufgrund der libyschen

 81

Vgl. das Grab des Horsiese I., das sich in Medinet Habu befindet. S. PM I.2, 772; Hölscher 1932, 33, fig. 21–23; Hölscher 1939, 37, 40, 52−53; Hölscher 1954, 8−10, pl. 8−10. S. auch Aston 2014, 18−21. 82 Holzstele Turin 1468/Vatican 329, Jansen-Winkeln 2007b, 229. 83 Vgl. CG 42211. 84 Eventuelle weitere Kinder sind: Tentsepeh (D), verheiratet mit Ptahudjanchef. Während Kitchen sie für eine Tochter von Takelot II. hält, geht Bierbrier davon aus, dass sie eine Tochter von Osorkon II. war. Irbastetudja-tjau/nefu war verheiratet mit Pachuru, dem Bruder des Wesirs Padiamaunet; Diesenesyt war verheiratet mit Nespaqaschuti (B), dem Neffen des Wesirs Padiamaunet. Beide waren entweder Töchter von Takelot II. oder Takelot III. S. dazu Bierbrier 1975 99, chart XXV; Leahy 1979a, 148; Kitchen 31996, 479, tab. 12; 329, Anm. 472. 85 Ihn als Gegenkönig von Takelot II. zu bezeichnen, würde eine legitime Herrscherlinie vorraussetzen „mais c’est considérer comme légitime la branche de Takélot II“ (s. Payraudeau 2014a, 75). 86 Waddell 1940, 163. 87 Nilstandsmarke Nr. 29, v. Beckerath 1966. 88 Nilstandsmarke Nr. 24, 26−29, v. Beckerath 1966. 89 Legrain 1914a, 39−40; PM II, 189; Barguet 1962, 246; Chappaz/Hari 1987, 8; Kitchen 31996, 339; Jansen-Winkeln 2007b, 208. 90 Schenkungsstelen Kairo JE 45530; Florenz 7207; Kopenhagen Ny Carlsberg AEIN 917 und die Statue Sockel Kairo TN 31/5/25/10 und Fragment Châlon-sur-Saône AC 850. 91 Block aus dem Thot-Tempel in Amheida: Kaper/Demarée 2006, 20−21; Jansen-Winkeln 2007b, 209. 92 Dodson 2012, 121. 93 Broekman 2008, 230. 94 Lissabon Gulbenkian Museum, Nr. 52 (Walker 1949, 24, pl. 357; Hill 2004, 155−156; Jansen-Winkeln 2007b, 209). 95 Kairo JE 45530; Florenz 7207; Kopenhagen Ny Carlsberg AEIN 917. 96 Muhs 1998, 222. Das Epitheton zA As.t trägt er nur in Nilstandsmarke Nr. 24. Es wurden verschiedene Versuche unternommen, die Belege für einen Herrscher Pedubast nach den Epitheta zA As.t und zA BAst.t zu trennen und unterschiedlichen Königen zu zuordnen (Schulman 1966, 33−41, von Beckerath 1995, 9−13; Kahn 2006, 23−42). Die unterägyptischen Belege (bis auf die Statue Hors (vii/viii/ix/xi)) wären dann einem König Pedubast II. zuzuordnen, der in der 23. (unterägyptischen) Dynastie regiert hat. Broekman 2008, 230−231 weist auf den Einfluss der libyschen Stammesgesellschaft hin und sieht kein Hindernisgrund in der Identifikation von Pedubast I. und Pedubast zA BAst.t. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Gesellschaftsformation sind parallele Herrschaften von Brüdern und Cousins keine Seltenheit.97 Daher scheint der Konflikt eher auf der Ebene der Hohepriester angesiedelt gewesen zu sein. Im Amt des Hohepriesters und Armeegenerals vereinte sich die exekutive und religiöse Macht in der Thebais. Da der Konflikt wahrscheinlich eher zwischen den Hohepriestern als zwischen den Königen ausgefochten wurde, zeigt dies die tatsächliche Machtausübung, die mit dem Amt verbunden war. Der Sohn Takelots II., der HPA Osorkon (B), brachte seinen Anspruch auf das Amt des Hohepriesters und seinen Herrschaftsanspruch in der am Bubastidentor angebrachten Inschrift (CPO) deutlich zum Ausdruck. Auf Seiten Pedubasts agierte der HPA Horsiese (B) und später der HPA Takelot (E). Von diesen beiden sind kaum Quellen überliefert – bis auf die Nilstandsmarken, die uns ihre Namen und die Regierungsjahre, in denen sie die Thebais beherrschten, belegen.98 Viel eindrucksvoller war in der „Partei“ Pedubasts der oberste königliche Sekretär Hor (vii/viii/ix/xi), von dem zahlreiche Monumente überliefert sind, die auf unterschiedlichen Ebenen die religiöse und politische Einflussnahme Hors bezeugen. Daher erscheint es sinnvoll, die beiden wichtigsten und aussagekräftigsten Akteure im Konflikt um die Vorherrschaft in der Thebais eingehender zu beleuchten und miteinander zu vergleichen. Auf der Verflechtung von Religion und Politik soll dabei das Hauptaugenmerk liegen. Die übrigen „Parteigänger“ (s. u. Tabelle 3) lassen sich den beiden Lagern hauptsächlich durch Verwandschaftsbeziehungen zuordnen. Eine eingehende Analyse dieser Personen erübrigt sich aber, da sie keine expliziten Aussagen zu ihrem Verhältnis zum Herrscher machten und ihr politischer oder religiöser Einfluss sich nicht näher beurteilen lässt. Von Payraudeau sind die Mitglieder der einzelnen Fraktionen zusammengestellt worden.99 Diese Auflistung wurde erweitert und um die Frage, warum sie sich einem der beiden Herrscher zuordnen lassen, ergänzt. Tabelle 3: Konkurrierende Parteien

Takelot II.

Warum „Parteigänger“?

Pedubast

Warum „Parteigänger“?

Osorkon (B)

Sohn, HPA

Horsiese (B)

HPA

Bakenptah

Sohn

Takelot (E)

HPA

Horsiese (C)

Datiert nach Takelot II.100 Sein Sohn (s. u.) ist mit einer Tochter von Takelot II. verheiratet. Zugewinn des Amtes des 2. Priester des Amun gegen Ende seiner Karriere (unter Osorkon III.?)

Hor (vii/viii/ix/xi)

Kartuschen auf der Statue und biographische Aussagen101

Djedchonsiufanch (C)

4. Priester des Amun unter Osorkon III., verheiratet mit einer Tochter von Takelot II.

Nespaqaschuti (A) ?

Bezieht sich auf Scheschonq III. und HPA Horsiese (B)102

 97

Broekman 2008, 231. Kitchen 31996, 196; Broekman, 2008, 229: evtl. Enkel von Horsiese I.; ebenso Kemp/Trigger/O’Connor 1983, 236. 99 Payraudeau 2014a, 393. 100 Vgl. p3048 und die Statue Karnak 94 CL 557 (Jansen-Winkeln 2007b, 171; Payraudeau 2008, 394–399). 101 Vgl. CG 42226. 102 Vgl. CG 42232. Die Statue ist posthum und wurde wahrscheinlich zu Beginn der Regierung Scheschonqs III. aufgestellt, eine Zeit, in der Horsiese (B) als alleiniger HPA in Theben amtierte (vgl. Payraudeau 2014a, 138). Nespaqaschuti (A) war damit sicherlich vor der Thronbesteigung Pedubasts I. und dem Ausbruch des Bürgerkrieges bereits verstorben. Die Tatsache, dass sein Sohn die Statue aber mit den Kartuschen Scheschonqs III. schmücken ließ, kann ein Hinweis sein, dass der Wesir Nespaqaschuti mit dem Regierungsantritt Takelots II. in Theben nicht einverstanden war. 98

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Takelot II.

Warum „Parteigänger“?

Pedubast

Warum „Parteigänger“?

Nachtefmut (C)

Verheiratet mit einer Tochter von Takelot II., aber auch: verheiratet mit Tairbastet, der Tochter von Hor (vii/viii/ix/xi) Kartuschen von Osorkon III. auf der von seinem Sohn gestiftetetn Statue103 Wesir unter Takelot II.104

Horsiese (D)

Sohn von Nespaqaschuti (A) Die Familie hat Beziehungen zu Hermopolis.105 Dort musste Osorkon (B) auf dem Weg nach Theben im 11. Jahr Takelots II. bereits eingreifen.

Hor (x)

Wesir unter Osorkon III.106 Sohn von Nachtefmut (C)

Panetiufanch

Wesir unter Pedubast I.107

Imeneminet (iii)

xsf n N’.t zeitgleich mit Hor (vii/viii/ix/xi)? entstammt Seitenlinie der Neseramun-Familie, bekommt die Ämter der Hauptlinie im „Bürgerkrieg“; favorisiert von der Gegenpartei?108

Neseramun (iv)

Schwiegersohn von Hor (vii/viii/ix/xi) Schreiber der Amunsdomäne; Vorsteher der Tempelschreiber; Rebellion von den Szp-gs.tj angeführt.109

Nebnetjeru (iv)

Wird zusammen mit Osorkon (B) erwähnt110 Titelzugewinn als 3. Priester des Amun unter Osorkon III.

Hor (v)

Vater von Neseramun (iv) s. o.111

Pamiu

Aufstieg unter Osorkon III. Erhält Titel aus der Neseramun-Familie112

Hor (vi)

Sohn von Neseramun (iv) Titel-Verlust unter Osorkon III.113

Horsiese (E) ?

Wesir im 39. Jahr Scheschonqs III.114 mit Beziehungen zu Herakleopolis. Eingesetzt von Osorkon (B) und Bakenptah nach der Eroberung Thebens115

Paschedbast

Sohn Scheschonqs III.; erwähnt Pedubast I.116

 103

CG 42229. Vgl. Payraudeau 2014a, 177. 105 Payraudeau 2014a, 364. 106 Payraudeau 2014a, 178; Broekman 2011, 114. 107 Priesterannalen Nr. 2. 108 Vgl. Payraudeau 2014a, 135, 224. 109 CPO A, 32; vgl. Payraudeau 2003a, 176−181. 110 Louvre, C 258, Jansen-Winkeln 1985, 287–289; Kruchten 1989, 257–263; Jansen-Winkeln 1992a, 249–254; Jansen-Winkeln 2007b, 168–169. 111 Payraudeau 2014a, 135. 112 Payraudeau 2014a, 188. 113 So ist er nur noch Schreiber des Mut-Tempels; vgl. Payraudeau 2003a, 180. 114 Priesterannalen Nr. 7; Kruchten 1989, 79−80. 115 Payraudeau 2014a, 368. 116 Inschrift 10. Pylon; vgl. Jansen-Winkeln 2007b, 208. 104

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22

Bei den weiteren Sympathisanten – neben den beiden hier untersuchten Osorkon (B) und Hor (vii/viii/ix/xi) – lassen sich Unterschiede ausmachen. So stechen diejenigen Unterstützer Osorkons (B), bei denen sich nach seinem Triumph ein deutlicher Titelzugewinn verzeichnen lässt, hervor, denn sie lassen sich seiner Fraktion eindeutig zuordnen. Zu dieser Gruppe gehören z. B. Horsiese (C), Hor (x), Imeneminet (iii), Nebnetjeru (iv), Pamiu und der Wesir Horsiese (E). Panetiufanch dagegen erhielt sein Wesirsamt unter Pedubast I. und seine Loyalität erklärt sich dadurch. Ähnlich verhält es sich mit den Unterstützern von Pedubast, die nach dem Sieg Osorkons (B) ihre Ämter und Titel verloren. Zu dieser Gruppierung gehört z. B. Hor (vi). Eine andere Kategorie der Parteizugehörigkeit stellen die Angehörigen und angeheirateten Angehörigen der königlichen Familie dar. Auf Seiten Takelots II. sind sein Sohn Bakenptah, Horsiese (C), Djedchonsiufanch (C) und Nachtefmut (C) zu nennen. Einen weniger aussagekräftigen Grad der Loyalität stellt die Familienzugehörigkeit zu linientreuen Anhängern dar. So ist z. B. der Wesir Hor (x) ein Sohn von Nachtefmut (C), der ebenfalls ein Unterstützer Takelots II. war. Auch die weitläufigere Verwandtschaft von Hor (vii/viii/ix/xi) – Neseramun (iv), Hor (v) und Hor (vi) – fällt in diese Kategorie. Ihre Loyalität wird ebenfalls auf der Seite Pedubasts I. zu verorten zu sein. Aus dieser Gruppe sticht Nebnetjeru (iv) hervor, da er als Sohn Hors (vii/viii/ix/xi) an dessen Seite zu finden sein müsste. Doch scheint Nebnetjeru (iv) ein eindeutiger Parteigänger von Osorkon (B) gewesen sein. Einen etwas undeutlicheren Loyalitätsbezug lässt sich bei den Sympathisanten ausmachen, die ihre Statuen mit Kartuschen der jeweiligen Herrscher versehen haben bzw. sich in Inschriften auf den einen oder anderen Regenten bezogen haben. In diese Kategorie lassen sich Nespaqaschuti (A) und Paschedbast einordnen. 4 Osorkon (B) Osorkon (B) war ein Sohn des thebanischen Herrschers Takelot II.117 Damit war er ein Enkel von HPA und General Nimlot C aus Herakleopolis und ein Urenkel des letzten Herrschers über Gesamtägypten, Osorkon II.118 Sein Bruder Bakenpath, wie der Großvater, General von Herakleopolis, ist in den Priesterannalen (Priesterannalen Nr. 7) belegt, allerdings erst nach dem Konflikt um die Herrschaft in der Thebais. Daher war er wahrscheinlich jünger als Osorkon (B). Osorkons (B) Titel (s. Tabelle 4) weisen ihn als Hohepriester des Amun, großen General, Befehlshaber (des ganzen Landes), ältesten Sohn des Königs und Iripat aus: Tabelle 4: Titel Osorkon (B)

Titel

Übersetzung

Quellen

Datierung

Hm nTr tpj n Jmn-Raw (nzw nTr.w)

Hohepriester des Amun-Re (König der Götter)

Louvre C 258

Takelot II., Jahr 11

CPO A, Z. 4, 12, 15, 18, 20, 28, 39

Takelot II., Jahr 11

CPO B, pl. 20: 4; pl. 21: 1, 17

Takelot II., Jahr 12−15

Schenkunsstele JE 36159

Takelot II., Jahr 25

CPO C, pl. 22: 10, 12, 18, 20

Scheschonq III., Jahr 28

Nilstandsmarke Nr. 27

Scheschonq III., Jahr 39

Priesterannalen Nr. 7

Scheschonq III., Jahr 39

 117

S. Beischriften zu Osorkon (B) im CPO-Text (RIK III, pl. 16–22; Jansen-Winkeln 2007b, 161–168; 186–196); Louvre C 258 (PM II2, 111; Jansen-Winkeln 1985, 287–289; Kruchten 1989, 257–263; Jansen-Winkeln 1992a, 249–254; Jansen-Winkeln 2007b, 168–169); Priesterannalen Nr. 7 (JE 36493: Legrain 1900, 55–56; Kruchten 1989, 59–85; Jansen-Winkeln 2007b, 203–204). 118 S. Bierbrier 1975, chart XIIIa; Jansen-Winkeln 1995a, 138. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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23

Titel

Übersetzung

Quellen

Datierung

jm.j-rʼ mSa.w wr

General

Louvre C 258

Takelot II., Jahr 11

CPO A, 4, 12, 15, 18

Takelot II., Jahr 11

CPO B, pl. 20: 4; pl. 21: 1

Takelot II., Jahr 12−15

Priesterannalen Nr. 7

Scheschonq III., Jahr 39

Louvre C 258

Takelot II., Jahr 11

CPO A: 5, 12, 16, 18, 19

Takelot II., Jahr 11

CPO B: pl. 21: 16

Takelot II., Jahr 15

CPO C: pl. 22: 12

Scheschonq III., Jahr 28

Priesterannalen Nr. 7

Scheschonq III., Jahr 39

CPO A, 4

Takelot II., Jahr 11

Der Erste

HA.wtj

HA.wtj n tA Dr=f zA nzw

Der Erste des ganzen Landes

CPO A, 18

Königssohn

CPO A, 4, 17, 19,

Takelot II., Jahr 11

CPO B, pl. 20: 6

Takelot II., Jahr 12−15

CPO B, pl. 21: 1

Takelot II., Jahr 12

CPO A, 19

Takelot II., Jahr 11

CPO A, 4

Takelot II., Jahr 11

CPO A, 18; B Beischrift

Takelot II., Jahr 11

Ältester Sohn (des Königs)

zA=f smsw jr.j-pa.t119 jr.j-pa.t HA.tj-a 120

Hr.j-tp tA.wj

Oberhaupt der beiden Länder

In den sogenannten Osorkonannalen (CPO)121 benutzte Osorkon (B) zahlreiche interessante Formulierungen, die sowohl seinen Anspruch auf den Thron als Nachfolger seines Vaters als auch seine reellen Machtansprüche in der Thebais illustrieren. Bei den Annalen handelte es sich um einen aus zwei Abschnitten bestehenden Text, der am Bubastidenportal im ersten Vorhof des Karnak-Tempels angebracht ist (s. Abb. 1 und 2). Die erste Inschrift (Teil A) ist an der südlichen Innenseite des Bubastidenportals hinter der östlichen Säule angebracht und datiert in das elfte Jahr von Takelot II. Sie besteht aus 36 Kolumnen, über denen eine Reliefszene zu sehen ist: Amun-Re umarmt den König Takelot II. Hinter dem König folgt dessen Sohn – der HPA Osorkon (B) – ein Maatopfer durchführend. Die zweite Inschrift (Teile B + C) beinhaltet die Ereignisse der Jahre 12. Takelot II. bis zum 29. Regierungsjahr Scheschonqs III. Die zugehörige Reliefszene zeigt den HPA Osorkon (B) beim Brotopfer an den Gott Amun-Re bzw. Amun-Re-Harachte. Dieser Abschnitt befindet sich hinter der westlichen Säule auf der südlichen Innenwand und auf der Westwand, die an den Tempel Ramses III. angrenzt (s. Abb. 3). Der Abschnitt B, 8−11 des CPO wurde als Königsnovelle identifiziert,122 damit ist bereits auf der medialen Ebene der Gattung eine Nutzung königlicher Elemente erkennbar.

 119

Moje 2014, 64: jr.j-pa.t ohne HA.tj-a weist auf eine tatsächliche Amtsausübung hin. Im Delta ist dies dann der Titel für einen Gebiets-Regenten. Die Funktion des Titels ist unklar. Spätere jr.jw-pa.t sind nicht mehr Königssohn. Moje 2014, 72: Das gemeinsame Vorkommen der Titelfolge deutet auf eine „Realitätslosigkeit“, einzeln dagegen sei er auf ein reales Amt bezogen. 120 Taylor 2001, no. 1678; KRI II, 150.8 als Epitheton des Königs. 121 PM II2, 34–36, pl. IX [2]; RIK III, pl. 16–22; Erman 1908; Kees 1954 Caminos 1958; Leclant 1961a; Perdu 2003; Payraudeau 2003a; Broekman 2008; Ritner 2009a. 122 Perdu 2003, 130−131; Gozzoli 2006, 44. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Abbildung 1: Südhälfte des 1. Vorhofs des Karnak-Tempels (nach PM II2, pl. VII).

Abbildung 2: Bubastidenportal (© Anke I. Blöbaum).

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Abbildung 3: CPO Teil B (© Anke I. Blöbaum).

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4.1

Inszenierung als Herrscher

Im Folgenden wird Osorkons (B) Selbstinszenierung als Herrscher über die Thebais vorgestellt. Osorkon (B), als ältester Sohn des Königs Takelot II. sein designierter Nachfolger, war noch nicht zum König gekrönt worden. Trotzdem suggerierte er in vielschichtiger Weise seinen Herrschaftsanspruch und bediente sich dazu königlicher Stilmittel.

4.1.1 Scheintitulatur Am auffälligsten ist die nachgeahmte Königstitulatur, die Osorkon (B) sich bereits im Jahr 12 seines Vaters Takelot II. zulegt hat.123 CPO B, 2 …mj [ @r.w] pr(j) m [Ax-bjt]

2 … wie [Horus](:), der aus [Chemmis] kommt.

ao m tk[k] tS.w=f n124 zA kA nxt mj Dr.tj m jr.jw-p.t

Einer, der auf die Angreifer seiner Gebiete stür[zt] als der Sohn des starken Stieres wie ein Falke auf die Bewohner des Himmels.

sxm pH.tj

Mächtig an Kraft.

[mj] [n n b.tj]

[Wie] [die beiden Herrinnen(:)]

jwa mnx n sxm.tj

Vortrefflicher Erbe der Doppelkrone;125

mw bjk-nbw

Same des Goldhorus(:)

mAA.Tw m Ha.w=f [Hr] wr(r)y.t mj sbA126 Hr sSd

Man blickt auf seine Glieder [auf] dem Streitwagen, wie ein Stern beim Aufblitzen.127

(3) [@r.w] dwA.t m xbs

(3) [Horus] des Morgens im Sternenfirmament.

znn=f m wr

Sein Ebenbild ist als Großer;

swH.t sbo.t

das verständige Ei,128

[tj.t] n(j).t n zw bjt

[Abbild] des Königs von Ober- und Unterägypten(:)

Hr.w m g(A)w n mAA=f

Die Gesichter sind am Staunen, wenn sie ihn sehen,

xft zA Raw

gemäß dem Sohn des Re(:)

Ha.w anx n zA As.t m [wn-mAa]

Der lebendige Leib des Sohnes der Isis, [wahrhaftig].

aA mA(a-)xrw m gz.jw=f [mj zA Ws]jr

Einer, der groß an Triumph ist, bei den zu seiner Seite gehörigen [wie auch der Sohn des Osi]ris.

 123

Jansen-Winkeln 1985, 290−294; Ritner 2009a, 348. Ergänzungen nach Jansen-Winkeln 2007b, 162–168. Schreibung des m der Identität mit der Wasserlinie, Jansen-Winkeln 1996, 164, 167. 125 Gozzoli 2006, 44, Anm. 69: verweist auf Grimal 1986, 177, n. 527 und dessen Verweis auf KRI II 637, 12−13 (Sethos I./Ramses II.). 126 Geschrieben mit der Zahl 6 (koptisch sooy) und dem Determinativ des Sterns. Dies ist ein Hinweis auf die Aussprache, dass bereits in der 22. Dynastie das b verschluckt wurde, vgl. Caminos 1958, 81, Anm. j. 127 Grimal 1986, 424, Anm 1450: Aspekt des Orion. 128 Grimal 1986, 146, Anm. 424. 124

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Die fünf Elemente der Königstitulatur wurden geschickt in die Eulogie auf Osorkon (B) eingearbeitet und beschreiben Osorkon (B) weiterhin als Abbild des Königs und betonen seine Eigenschaft als Sohn des regierenden Königs. Der Vorschlag von Jansen-Winkeln,129 vor dem Nebtielement ein mj – „wie“ zu ergänzen, ist überzeugend, denn dadurch wird der subtile Charakter der Titulatur unterstrichen. Die einzelnen Namen werden nicht direkt aufgezählt, sondern in den Text der Eulogie verwoben und mit Vergleichen wie mj – „wie“, xft – „gemäß“ bzw. Genitivverbindungen mit tjt – „Abbild“ oder mw – „Same“ eingeleitet, die die Vater-Sohn-Beziehung verdeutlichen. Der Horusname wurde zusätzlich um die Komponente pr(j) m Axbjt erweitert, eine Anspielung auf den jungen Horus, der die Nachfolge seines Vaters noch nicht angetreten hat. Dies betont die Erbansprüche Osorkons (B), dem ältesten Sohn des Königs, denn bei Horus aus Chemmis handelt es sich um den jungen Horus, der von Isis auf Chemmis geboren worden wurde,130 bevor er sich im Kampf um die Nachfolge des Osiris gegen Seth durchsetzen konnte. Trotzdem ist die unterliegende Struktur einer Titulatur erkennbar und impliziert die exekutive Macht Osorkons (B). Das Horuselement „Einer, der auf die Angreifer seiner Gebiete stürzt als der Sohn des starken Stieres wie ein Falke auf die Bewohner des Himmels. Mächtig an Kraft“ greift mehrere Komponenten klassischer Horusnamen auf. So ist z. B. der Ausdruck kA nxt – „starker Stier“ ein im Neuen Reich und der 22. Dynastie beliebter Bestandteil der Königsnamen. In der Dritten Zwischenzeit findet sich dieses Element in den Horusnamen von Painedjem I., Scheschonq I., Osorkon I., Horsiese I., Osorkon II., Scheschonq III. und auch bei Osorkons (B) Vater Takelot II.131 Der Ausdruck sxm pH.tj – „mächtig an Kraft“ wurde im Horusnamen nur von Ramses III. benutzt. Im Goldhorusnamen taucht er bei Thutmosis III., Scheschonq I. und Osorkon II. auf. Im Nebtinamen wurde er von Eje und Smendes verwendet.132 Dieses Element verknüpft die aggressive Politik Osorkons (B) als Angreifer und Beschützer seines Hoheitsgebietes mit der politischen Legitimation als Königssohn. Das Herrinnenelement „Vortrefflicher Erbe der Doppelkrone“ beschreibt Osorkon (B) als legitimen Erben und greift mit der Erwähnung der Doppelkrone die beiden Herrinnen Wadjyt und Nechbet, die beiden Kronengöttinnen auf. Des Weiteren wird ein Herrschaftsanspruch über ganz Ägypten konstatiert, der sich in der Realpolitik so nicht wiederfindet, aber für die religiöse Legitimation als Herrscher über das geeinte Ägypten unabdingbar war. Vor allem das Goldhoruselement „Man blickt auf seine Glieder auf dem Streitwagen, wie ein Stern beim Aufblitzen. Horus des Morgens im Sternenfirmament. Sein Ebenbild ist als Großer, das verständige Ei“ ist ein deutlicher Hinweis auf die Auseinandersetzungen in Theben, die nicht gewaltfrei abliefen. Neben dem solaren Aspekt des Goldhorustitels133 hat dieser ab der 18. Dynastie auch eine kriegerische Konnotation,134 die sich hier widerspiegelt. Der Verweis auf den aufblitzenden Stern kann man mit der Tatsache verknüpfen, dass bedeutende Ereignisse mit dem Auftreten von Himmelserscheinungen verknüpft wurden.135 Darauf baut das nächste Element mit dem morgendlichen Horus am Sternenhimmel auf. Das Element schließt wiederum ab mit Anspielungen auf die Erbansprüche als legitimer Königssohn, der bereits im Ei über diese Erbansprüche verfügte.136 Das nzw bjt-Element betont die Tatsache, dass die Untertanen beeindruckt waren von der Macht und dem Einfluss Osorkons (B). Das zA-Raw-Element spielt auf die Gleichsetzung von König und Horus an, denn Osorkon (B) wird als „lebendiger Leib des Sohnes der Isis“ beschrieben. Der abschließende nachgestellte Satz: „Einer, der groß an Triumph bei den seiner „Partei“ zugehörigen ist, wie auch der Sohn des Osiris“ verknüpft dann noch einmal die wichtigsten Aussagen: Osorkon (B) war Horus und ein triumphierender und erfolgreicher Sieger der Auseinandersetzungen. Die Positionierung dieser Ausdrücke innerhalb der Inschrift eröffnet eine weitere Ebene des Textes (s. Abb. 4 und 9). Der Titel nzw bjt befindet sich fast auf der gleichen Höhe wie das Wort nzw bjt in Kol. 1. Der zA-Raw-Titel ist ebenfalls in unmittelbarer Nähe zum zA Raw in Kol. 1 (s. Abb. 5).  129

Jansen-Winkeln 1985, 292, Anm. 3. S. z. B. Pyr § 1703 c; LGG V, 238; Sandri 2006, 7−13. 131 Vgl. Von Beckerath 1997a, 310−311; Becker 2012, 45−55. 132 Vgl. Von Beckerath 1997a, 308; Becker, 2012, 45−55. 133 Zum solaren und himmlischen Aspekt des Goldhorusnamens s. Leprohon 2013, 16. 134 Spalinger 2015, 341. 135 Wie z. B. die in den Annalen angedeutete nicht stattgefundene Mondfinsternis („obwohl der Himmel den Mond nicht verschlungen hatte...“ CPO B, 7). 136 Blöbaum 2006, 251. 130

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Abbildung 4: CPO Teil B nach RIK III, Taf. 21

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DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

Abbildung 5: CPO Teil B, nach RIK III, Taf. 21.

Abbildung 6: CPO Teil B, nach RIK III, Taf. 21.

Abbildung 7: CPO Teil B, nach RIK III, Taf. 21.

Abbildung 8: CPO Teil B, nach RIK III, Taf. 21.

29

Das Horuselement (Kol. 2) ist eingerahmt von den Ausdrücken mj zA Wsjr (Kol. 3) und xnt.j Jp.t-s.wt (Kol. 1) (s. Abb. 6) und wird mit diesen auf eine Stufe gestellt. Die Gleichsetzung von Horus mit dem Sohn des Osiris erklärt sich durch die göttliche Familiengeschichte von selbst und untermauert die politische Seite mit mythologischen Anspielungen. Das Epitheton xnt.j-Jp.t-s.wt – „der an der Spitze von Karnak ist“, greift die religiöse Seite auf, denn es handelt sich um eine Umschreibung für den Hauptgott des Karnak-Tempels: Amun. Außerdem charakterisiert er aber auch das Tätigkeitsfeld des HPAs als einen, der an der Spitze der Verwaltung des Karnak-Tempels stand. Der nb.tj-Titel wiederum ist parallel zum Titel des HPA Hm nTr tpj n Jmn angebracht (s. Abb. 7) und der Goldhorustitel steht parallel zum Namen Osorkon (s. Abb. 8). Der Bezug der ganzen Titulatur zum HPA Osorkon (B) und seinem Machtanspruch wird mit diesem Hinweis unmissverständlich erklärt.137

 137

Allerdings ist der Parallelismus nicht hundertprozentig erreicht, somit können Zweifel an der im Vorraus geplanten Anbringung an der Wand entstehen. Extra freigelassene Abstände, um eine Parallelstellung zu erreichen, wären wünschenswert und würden die Interpretation absichern. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Abbildung 9: Osorkonannalen CPO Teil B (© Anke I. Blöbaum)

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31

4.1.2 Politische Legitimation Osorkon (B) betonte immer wieder die Tatsache, dass er der Erstgeborene Takelots ist, CPO B, 1−2

jsT r=f wn zA=f smsw ...

Nun aber war sein ältester Sohn ...

CPO B, 3

wp-X[.t]138 jm=f n wr.t Hz.wt

Der Erstgebo[rene] derjenigen, die groß an Gunst ist.

um seinen Herrschaftsanspruch zu legitimieren. Patrifiliation – also „blutmäßige Erbfolge“ – stellte eine wichtige politische Legitimation dar,139 die aber durch die juristische Legitimation der Designation ergänzt und ersetzt werden konnte.140 Außerdem wird er als der „Erstgeborene derjenigen, die groß an Gunst ist“, betitelt, einer gängigen Bezeichnung für eine Königin, in diesem Fall seine Mutter Karomama, die Tochter Nimlots (C) und Enkelin Osorkons II. 141 Das folgende Beispiel verbindet die politische Legitimation als ältester Sohn mit der religiösen Legitimation, die beinhaltet, dass Osorkon (B) von Amun als Thronfolger eingesetzt wurde. Dies passt in die theologische Entwicklung im späten Neuen Reich hin zur Theokratie der 21. Dynastie, da Amun, der König der Götter, in dieser Zeit religiöse und politische Führung in sich vereinte. CPO A, 30

dhn Tw Jmn [m] zA smsw n(j).t wtt=k

Amun hat dich eingesetzt [als] ältesten Sohn deines Erzeugers.

Ebenfalls aus dem königlichen Diskurs stammt der Vergleich mit den Tieren Stier und Falke, die im metaphorischen Sinne immer für den König stehen (CPO B, 2).142 Osorkon (B) wurde als Sohn des starken Stiers bezeichnet, demnach bezeichnet die Metapher seinen Vater Takelot II. Der anschließende Vergleich „wie ein Falke auf die Bewohner des Himmels“ bezieht sich aber auf Osorkon (B). Auch hier wird seine agressive Angriffspolitik betont: „Einer, der auf die Angreifer seiner Gebiete stürzt...“ CPO B, 2

ao m tk[k] tS.w=f n143 zA kA nxt mj Dr.tj m jr.jw-p.t

Einer, der auf die Angreifer seiner Gebiete stür[zt] als der Sohn des starken Stieres wie ein Falke auf die Bewohner des Himmels.144

Der Abschnitt CPO B, 2−7 scheint darüber hinaus eine ganz besondere Bedeutung zu haben, da in dieser Textstelle eine Konzentration von Anspielungen auf das Königsamt zu finden sind. Interessanterweise taucht Takelot II. in den begleitenden Reliefs zu CPO B nicht mehr auf. Er wird zwar im Text erwähnt, aber Osorkon (B) wird als einziger Akteur wahrgenommen und auf diese Weise mit dem Königsamt assoziiert. Das Beispiel aus A, 53 gehört schließlich in den Bereich der Designation, denn der Ka Takelots II. soll jubeln, wenn Osorkon (B) auf seinem Thron sitzt. Dies bedeutet, dass Takelot II. die Nachfolge befürwortet haben muss. CPO A, 52−53

jw jr(j)[.n=j n] Jmn n145 jb mr(j)

Ich [habe] mit liebendem Herzen [für] Amun gehandelt

[Hr]-tp 53 anx wDA snb n jtj=j zA Raw (*-k-r-tj zA As.t mr(j) Jmn)| anx D.t

[zu]gunsten 53 des Lebens, der Gesundheit und des Wohlergehens meines Vaters, des Sohn des Re (Takelot II., Sohn der Isis, geliebt von Amun)|, möge er ewig leben, [um zu veranlassen, dass] sein [Ka jubelt], sobald ich auf seinem Thron bin.

[r D(j).t Ha(j) kA]=f r wnn=j Hr ns.t =f

 138

Wb 3, 356.11−12; LGG II, 354. Gundlach 1997a, 16. 140 Blöbaum 2006, 131, Gundlach 1997a, 16−19. 141 Seipel 1980, Sp. 473. 142 Vgl. die Auflistungen der Metaphern bei Hsu 2017, 438−441 (Falke), 451−457 (Stier). 143 Vgl. Anm. 124. 144 Grimal 1986, 684, Anm. 694. 145 Vgl. Anm. 124. 139

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4.1.3

Religiöse Legitimation

Zahlreiche Zitate bezeugen die Legitimität über das Prinzip der Gottessohnschaft. Dabei handelt es sich um das religiöse Pendant zur politischen Legitimation als rechtmäßiger Erbe.146 Darüber hinaus werden Anspielungen auf das Krönungsritual, die göttliche Bestimmung im Kindesalter und göttlichen Schutz benutzt. 4.1.3.1

Explizite Filiation von den Göttern

Osorkon (B) wird als der älteste Sohn der beiden Zauberreichen – also der beiden Uräusgöttinen Nechbet und Wadjyt – bezeichnet.147 Sein Herrschaftsanspruch wird durch den direkten Bezug zur Königskrone unterstrichen. Darüber hinaus kann die Bezeichnung HkA.t allerdings auch für Isis und Nephthys zutreffen,148 die auch sonst eng mit Nechbet und Wadjyt verknüpft waren und ebenfalls die Uräen bezeichnen können.149 Bereits in den Pyramidentexten findet sich ein Hinweis auf die göttliche Abstammung des Königs, der von Isis empfangen (Szp) und von Nephthys erzeugt (wtT) wurde.150 CPO A, 19

zA [sm]s n Wr.tj-HkA.w

[Ältes]ter Sohn der „beiden-Zauberreichen“,

smj n[=f &A-Smaw]

einer, [dem Oberägypten] berichtet,

spr n=f &A-mHw jw snD{t}=f pXr.T151 j[m=sn]

einer, an den sich Unterägypten bittend wendet, indem die Furcht vor ihm [sie] umgibt.

Diese Textstelle verweist außerdem indirekt auf die Spaltung Ägyptens; denn Osorkon (B) war „einer, dem Oberägypten berichtet und an den sich Unterägypten bittend wendet“. Während Oberägypten durch diesen Satz stark dargestellt wird, erscheint Unterägypten, das allerdings überhaupt nicht im Einflussgebiets Osorkons (B) liegt, schwach und unselbständig. In B, 4 wird die Abstammung von Amun thematisiert, ohne diese direkt anzusprechen,152 da der ganze Satz mit Suffixpronomen gebildet wird. Osorkon (B) ist der Same, der aus Amun hervorgegangen ist und in dessen Auftrag handelt. CPO B, 4−5

Hn(.w)=f m X.t

Er (Osorkon (B)) wurde ausgerüstet mit einem Körper,

r jr(j).t mrr=f

um das zu tun, was er (Amun) liebte;

rx.n=f 5 may n pr(j) -jm=f bz(j).n=f

denn er (Amun) kennt den Samen des Herausgehens aus ihm, den er eingeführt hatte.

Mit dem Epitheton „groß an Vollendung“ ist die Göttin Isis gemeint.153 Die Erwähnung von Isis, als Mutter des Horus, die Osorkon (B) inmitten des großen Palastes erschuf, bestätigt wiederum die Ansprüche Osorkons (B) auf den Königsthron und ist ein Motiv auf mythologischer Ebene. Denn Osorkon (B) wird als Kind göttlicher Eltern dargestellt. Die Lokalisierung im Palast impliziert die Bestimmung, als König zu herrschen. CPO B, 3

[om]A.n [Wr.t]-Hts nfr.w=f m Hrj-jb aH.t wr.t

Die „[groß] an Vollendung“ e[rsch]uf seine Güte inmitten des großen Palastes.

 146

Gundlach 1997a, 19. LGG II, 503. Caminos 1958, 19, Anm. l. 148 LGG V, 556. 149 Vgl. die Darstellungen der Uräen mit den Namen Isis und Nephthys, Radwan 2003, fig. 4−6; Lesko 1999, 74−76. 150 Pyr. 1154a: Bergman 1980, Sp. 187. 151 Pseudopartizip 3.Sg. mit der in der für die 3. Zwischenzeit typischen Schreibung T. Vgl. Jansen-Winkeln 1996, 75. 152 Caminos 1958, 86, Anm. ff. 153 LGG II, 498. 147

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4.1.3.2

33

Erziehung durch Göttinnen

Auch die Erziehung bzw. das Großziehen des Königs durch eine Göttin – meist Isis oder Hathor – ist ein legitimatorisches Motiv.154 Anspielungen auf die Aufzucht durch Göttinnen finden sich in folgenden Textbeispielen: CPO A, 25

CPO B, 3

nwy155 m [Htp]

Zurückkehren auf dem Fluß in [Frieden].

D(j) r tA r [WAs.t] n[x]t

An Land gehen in [Theben]-der St[ark]en.

[ao]=f m Xn[w]=s [m xj] Rpw.t

Er [trat] in ihr Inneres [als Kind] der Repit.

nTr.w jmj.w=s m rSw

Die Götter, die in ihr waren, freuten sich.

Szp[=f mn]D.tj=s n(j).w Dam

[Er] empfing ihre [Brü]ste aus Djam-Gold.

sno=f m jr[T.wt]=s

Er saugte von ihrer Mil[ch].

Sdd.n=s{j} m jrT.t [m] pr-nw

Er ist einer, den sie säugte mit Milch [im] Per-Nu,

rnn.n nzw Hr Snb.t=f m pr-wr pr-nsr

einer, den der König im Per-Wer und im Per-Neser an seiner Brust wiegt,

sDr=f jm.wtj wr- HkA.tj=sn m Xr.t-hrw

damit er sich niederlegt zwischen ihren beiden Kronengöttinnen im Laufe des Tages.

Das Gestilltwerden des Königs durch eine Göttin gehört in das Krönungsritual.156 Es handelt sich dabei um einen Übergangsritus in eine neue Aufgabe und einen neuen Lebensabschnitt, bei dem die Milch, die die Neugeborenen nährt und schützt, ein Symbol für Erneuerung und Wiedergeburt ist.157 Denn der erwachsene König sollte sich verjüngen, indem er die Milch der Göttin trank und dadurch wieder zum Kind wurde.158 Auch Djam-Gold,159 das Material der göttlichen Brust, ist ein Symbol für die Wiedergeburt.160 Die Göttin, die als Stifterin der Milch und damit der Regeneration anzusehen ist, wird in diesem Fall mit Repit angegeben. Hierbei handelt es sich um eine Bezeichnung für Göttinnen, v.a. Hathor und Isis.161 Dies passt sehr gut in das Umfeld der Krönungszeremonie, da auch dort das Stillen von Hathor oder Isis durchgeführt wird. Die Göttin Repit ist seit der Frühzeit als Ritualfigur belegt und steht auch dort im Zusammenhang mit dem Sedfest und der Erneuerung.162 Desweiteren kann der Ausdruck Repit sowohl Statuen von Göttinnen oder Königinnen näher charakterisieren,163 als auch die gleichnamige Göttin benennen,164 die zwar allerdings hauptsächlich in griechisch-römischer Zeit belegt ist,165 aber mit

 154

Blumenthal 1970, 66−67, interpretiert das Wort rnn – ein Kind aufziehen (Wb 2, 436.2−15) als einen Ausdruck der Adoption durch die Göttin zur Legitimation des Herrschaftsanspruches. 155 nw(j) – „zurückkehren“: Faulkner 1962, 127; Allen 1984, 599; Van der Molen 2000, 207. 156 S. Gozzoli 2006, 44−45, Anm. 72. Vgl. auch Grimal 1986, 63, Anm. 90 als Verbindung von Legitimation mit königlichen Vorrechten und göttlicher Geburt. Zur Krönungszeremonie s. Moret 1902, 75−113; Frankfort 1948, 105−109; Bonnet 1952, 395−400; Barta 1975; Barta 1985, 1−13; Liszka 2007, 1151−1161 und unlängst Irsay-Nagy 2012, 127, der die Existenz eines Krönungsrituals verneint. 157 S. Leclant 1961a, 409−410; Budde 2003, 61. 158 Vgl. Feucht, 1984, 403. 159 Harris 1961, 44−50. 160 Leclant 1961a, 409−410. 161 Wb 2, 415.1−6. 162 Kaiser 1983, 281−282, 292−295. 163 Wb 2, 415.11−14; Kaiser 1983, 274−281. 164 Wb 2, 415.7−10; LGG IV, 662. 165 Köhler 1982, Sp. 236. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Mutterschaft, Wiedergeburt, Ehe und dem Sonnenauge assoziiert wird.166 Der Mythos vom Sonnenauge spielte in kuschitischer Zeit eine Rolle in der königlichen Legitimation,167 und auch hier könnte man eine Verschachtelung der mythischen mit der rituellen Ebene postulieren: Einerseits fungierten Isis oder Hathor als Spenderinnen der königlich-göttlichen Kraft und andererseits symbolisierte Repit das personifizierte Sonnenauge. Auch in anderem Kontext ist das Stillen im Zusammenhang mit der Krönungszeremonie belegt.168 Im Tempel Sethos’ I. in Abydos befindet sich im äußeren Hypostyl eine Reliefszene, die den König Ramses II. darstellt, wie er viermal von Hathor und von Isis gestillt wird, und der König aufgrund dessen mit der Königskrone versehen wird.169 Am Bubastidenportal findet sich dieses Motiv ebenfalls im Relief wieder. Osorkon I. wird gleichermaßen von Hathor gestillt und damit zum Herrscher über Ägypten ernannt.170 Darüber hinaus fügt sich das Gestilltwerden durch eine Göttin in die mythologische Verortung des Königtums im Rahmen der göttlichen Geburt ein.171 Das zweite Textbeispiel thematisiert ebenfalls das Stillen Osorkons (B) durch Isis und ist wiederum eine Anspielung auf das Krönungsritual. In diesem Textabschnitt, der das – wie bereits gezeigt wurde – Hauptstück der königlichen Legitimation Osorkons (B) ausmacht, wird allerdings viel deutlicher formuliert als in dem Beispiel aus CPO A. Zusätzlich zum Motiv des Gestilltwerdens werden die Reichsheiligtümer pr-wr172 und pr-nw173, die eine große Rolle im Zusammenhang mit der Krönung und den Sedfesten spielen, sowie das zum pr-nw komplementäre pr-nsr174 erwähnt. Die Verbindung der Reichsheiligtümer, der Kronengöttinen und der Akt des Stillens sind gemeinsam ein deutlicher Hinweis auf die Krönungszeremonie und damit auf das designierte Herrscheramt Osorkons (B). 4.1.3.3

Postnatale und puerile Bestimmung

Während in der ägyptischen Geschichte zahlreiche Könige Epitheta nutzten, die ihnen die Fähigkeit zum Herrschen schon im Mutterleib (m X.t), im Ei (m swH.t) oder vor der Geburt (n msw.t=f) bescheinigten,175 kann man bei Osorkon (B) eine postnatale Bestimmung (m pr(j).t=f m X.t – bei seinem Herauskommen aus dem Leib) erkennen. CPO A, 20

CPO B, 4

mj HD.t [m]w.t=f jm.jwt-r’ jb=f m pr(j)(.t)=f m X.t

Sein großer [Name] war auf seinen beiden Lippen, wie die Milch seiner [M]utter und der Ausspruch seines Herzens bei seiner Geburt.

jw pA(j).n=f176 wp(j) r’=f r Dd Jmn jw=f m nxn

Er hatte schon vorher seinen Mund geöffnet, um „Amun“ zu sagen, als er noch ein Kind war.

[jw rn]-wr=f tp sp.tj=f

 166

Köhler 1982, Sp. 238; Kaiser 1983, 283, 286. Becker/Blöbaum/ Lohwasser 2018 und siehe auch Kapitel II.3.1.5.2.4 und Kapitel II.4.1. 168 Leclant 1961b, 264−267. 169 PM VI, 5 (49); Capart 1912, 17, fig. 1; Leclant 1961ab, 265: “Les déesses déclarent: Je suis ta nourrice. Je t’ai allaité et tu apparais avec la couronne“. 170 RIK III, pl. 14: sanx.n(=j) tw r HoA n Km.t. 171 Zur Geburtslegende s. Brunner 1986. 172 Das Nechbet-Heiligtum von Hierakonpolis ist das Reichsheiligtum von Oberägypten. Bedeutung hat es bei der Krönung und den Sedfesten. Im Djoser-Hof in Saqqara befindet sich ein monumentales Modell in Stein. Es handelt sich eigentlich um eine Konstruktion aus Holzstützen mit Mattenbehang, Stoßzähnen und Masten (vgl. Arnold 1982a, Sp. 934–935; Arnold 1992, 14–15; Verner 2013, 515). 173 Das Wadjyt-Heiligtum von Buto ist das Reichsheiligtum von Unterägypten. Es ist das unterägyptische Gegenstück vom pr-wr und hat ebenfalls eine große Bedeutung bei der Krönung und im Sedfestgeschehen. Wie auch das pr-wr, existiert das pr-nw als Modell in Stein im Hof des Djoser-Komplexes. Ursprünglich handelte es sich auch hier um eine Holz- und Mattenkonstruktion (vgl. Arnold 1982b, Sp. 932–933; Arnold 1992, 14–15; Verner 2013, 515). 174 Das Wadjyt-Heiligtum von Dep, s. Wb 1, 518, 1; Gardiner 1944, 27, Anm. 3. 175 Blöbaum 2006, 251; Bonnet 1952, 382. 176 Wb 1, 494.18−495.2: Vergangenheitshilfsverb pA(w); Konstruktion mit Infinitiv. 167

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Die Intention der Aussage ist aber ähnlich aufzufassen:177 Osorkons (B) Thronbesteigung, die dann kurz nach dem 39. Jahr Scheschonqs III. stattgefunden hatte, war ihm schon als Säugling vorherbestimmt, denn der Ausdruck rn-wr=f (s. u. A, 20) ist mit der Kartusche determiniert und deutet auf die Königstitulatur. Caminos interpretiert diese Stelle als den großen Namen Amuns.178 Doch der anschließende Satz rx.wj sw n aHA Hr jS.t=f r kA Hr (21) bAwy Hr jdr.w=f – „Oh wie begabt ist er beim Kämpfen um seinen Besitz, in Bezug auf einen Stier auf dem Kampfplatz für seine Herde“179 greift königliche Phraseologie auf und vergleicht Osorkon (B) mit einem Stier, der sich für seine Herde einsetzt. Es scheint sich auch bei dieser Stelle um eine vielschichtige Komposition mit verschiedenen Ebenen zu handeln. Wobei auf der offensichtlichen Ebene der Anspruch auf das Amt des HPA angesprochen wird, während es sich auf der unterschwelligen Ebene schon um einen Hinweis zu handeln scheint, dass Osorkon (B) auch für das Königsamt geeignet war und nicht nur für das Hohepriesteramt. Als puerile Bestimmung kann man das zweite Beispiel (CPO B, 4) auffassen. Bereits im Kindesalter war die Beziehung zwischen Amun und Osorkon (B) prädestiniert und der Anspruch auf das Hohepriesteramt wird damit unterstrichen. Da diese Textstelle aber unmittelbar an die Scheintitulatur Osorkons (B) anschließt und sich der komplette Abschnitt CPO B, 2−7 sehr stark aus königlicher Phraseologie zusammensetzt, muss man auch an dieser Stelle wieder von zwei verschiedenen Ebenen ausgehen, die bedient werden. Es kann sich dabei auch um einen Hinweis auf das noch junge Alter Osorkons (B) handeln, als dieser als HPA eingesetzt wird. 4.1.3.4

Wesensähnlichkeit mit einem Gott

Das folgende Beispiel illustriert die Tatsache, dass Osorkon (B) von Amun nach seinem eigenen Vorbild erschaffen wurde: CPO A, 18

jr(j)(.w).{n}n180 Jmn m jb=f Ds=f

Einen, den Amun in/nach/mit seinem eigenen Herzen erschaffen hat.

Dabei wird er allerdings nicht mit dem Gott gleichgesetzt (Gottebenbildlichkeit181 ) und auch nicht mit diesem durch einen Vergleich182 auf eine Ebene gesetzt. Vielmehr hat Amun Osorkon (B) nach seinen eigenen Vorstellungen und seinem eigenen Verstand erschaffen, da das Herz der Sitz des Charakters und des Verstandes eines Menschen ist.183 Allerdings kann man die Präposition m auch instrumental auffassen. Dann hätte Amun Osorkon (B) nicht nach, sondern mit seinem Herzen erschaffen. Auch diese Möglichkeit kann nicht außer Acht gelassen werden, da auch dem Herzen im Akt der Zeugung eine Bedeutung zugemessen werden kann.184 In diesem Fall wäre diese Textstelle ein Beispiel für die explizite Filiation. 4.1.3.5

Göttliche Unterstützung

Des Weiteren wird Osorkon (B) göttlicher Schutz bis zur Thronbesteigung gewährleistet. CPO B, 4

Rr.t nTr.w Hnk.(y)t rs(j)=sn Hr=f

Reret und die Götter des Schlafplatzes wachen über ihn,

SAa wAH rd.wj=f Hr zAT.w m Xnw=s rwd(.t) n s.t wr.t

bis seine beiden Beine auf den Boden gestellt sind in seinem (des Schlafpatzes) Inneren, an den Stufen des Großen Thrones.

 177

Goedicke 1991, 65–70 interpretiert auch den Ausdruck m swH.t als eine Metapher für die frühe Kindheit und verweist auf eine Analogie von der Bedeutung von swH.t als innerster Sarg und Mumientüchern zu sog. Pucktüchern, in die Säuglinge eingewickelt werden können. 178 Caminos 1958, 23, Anm. h. 179 CPO A, 20−21. 180 Relativform, vgl. Caminos 1952, 51 (5). 181 Blöbaum 2006, 205. 182 Blöbaum 2006, 203. 183 Brunner 1954−1955, 140; Piankoff 1930, 14; Junge 2003, 116; Toro Rueda 2003, 4−5. 184 Zur Bedeutung des Herzens im Rahmen der Zeugung als Sitz des Spermas vgl. Müller 1966, 273; s. auch Feucht 2004, 37. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Reret und die Götter des Schlafplatzes beschützen ihn, bis er alt genug ist, den Thron zu besteigen. Reret, die als Sau bzw. als Nilpferdweibchen dargestellt wird,185 gehört – wie auch das Nilpferd Taweret – in den Kontext von Schwangerschaft und Geburt,186 kann aber auch als Bezeichnung für Nut und Isis gelten.187 Ebenso ist Reret belegt als Schutz für den Gott Horus.188 Auch aus der 22. Dynastie gibt es einen weiteren Beleg für diese Göttin, auf der Taweret-Statue Louvre E 25479, die von Vorfahren des Wesirs Nespaqaschuti (A) (s. u.) zur Zeit Osorkons I. gestiftet wurde.189 Es handelt sich damit auch bei dieser Textstelle um eine Anspielung auf das Anrecht des Thronerbes Osorkons (B), über den die Schutzgötter der Geburt wachen, bis er den Thron besteigen kann. Dies lässt sich gut mit den übrigen im Text verwendeten Motiven verknüpfen, denn die Gleichsetzung mit Horus und die Unterstreichung der göttlichen Filiation deuten in die gleiche Richtung. Bergman bringt Reret als oberägyptische Göttin, die an einem unterägyptischen Fest teilnimmt, aufgrund der geographischen Analogie mit dem Mythos vom Sonnenauge in Verbindung, der in der 25. Dynastie eine Rolle in der königlichen Legitimation spielt (s. o. Krönungsritual).190 Beim HPA Osorkon (B), der als Osorkon III. einer der letzten Könige vor der kuschitischen Eroberung war, finden sich nun ebenfalls Hinweise auf diesen Mythos in einem Text, dessen Hauptintention seine Legitimation als königlicher Thronfolger ist. Ein weiterer Bereich, mit dem die Göttin Reret eng verwoben ist, ist das Schicksal,191 und damit ein Hinweis auf die vom Schicksal vorbestimmte Aufgabe Osorkons (B) als designierter Herrscher über die Thebais. 4.1.4 Gleichsetzung mit Horus Mit Horus wird Osorkon (B) im ganzen Text häufig gleichgesetzt. Dies erscheint anmaßend, da normalerweise der regierende König als Horus bezeichnet wird. Aber durch die bereits vorgestellte Titulatur (s. o.) stellt er sich mit diesem auf eine Stufe. Der Vergleich mit Horus aus Chemmis leitet die Titulatur ein und auch im Teil CPO A wird diese Erscheinungsform des Horus eingeführt. Sie betont die Jugendlichkeit des Gottes. Damit wird angedeutet, dass es sich um Horus das Kind handelt, dessen Vater Osiris noch nicht verstorben ist, und der dessen Nachfolge noch nicht angetreten hat. CPO A, 23

pr(j)=f r mHw m [tp(.j) n] [mSa].w=f [mj @r.w pr(j)] m Ax-bjt

Er ging heraus nach Unterägypten als [Erster] seiner [Armee] [wie Horus], der aus Chemmis [herauskommt].

CPO B, 2

[sw] m Hwn192 jor bnr-mr.wt [mj @r.w] pr(j) m [Ax-bjt]

[Er] ist ein vortrefflicher Jugendlicher, süß an Liebe [wie Horus], der aus [Chemmis] kommt.

Auch die anderen Belege für Gleichsetzungen mit Horus betonen immer dessen Eigenschaft als Erbe des Osiris und seine Loyalität zum Vater. CPO B, 5

sbA.n nb=f xpr=f n193 @r.w TmA-a n(j).{t} tA.wj tm.w

Einer, dem sein Herr beibrachte, dass er der Horus mit starkem Arm der beiden Länder und der ganzen Menschheit ist.

 185

LGG IV, 694−695. Nilpferd und Sau gehen ineinander über; rr.t ist auch als Bezeichnung für das weibliche Nilpferd belegt und die beiden sind nur schwer zu unterscheiden (vgl. Bergman 1974, 94). 186 Eine der Gottheiten, die bei der Geburt des Götterkindes unter dem Bett stehen (Wb 2, 438.10; 439.8; Daumas 1959, 8, 14 und Tf. 2; Daumas 1959, 108, 2 und Taf 59; Bergman 1974, 100: rr.t = göttliche Amme, Quaegebeur 1975, 154; te Velde 1992, 577; Gutbub 1973, 327−330; Volokhine 2014, 69−70). 187 Hopfner 1913, 63: Sau /Isis /Fruchtbarkeit; Bergman 1974, 93−94. 188 Metternichstele 79. 189 Jansen-Winkeln 2005a, 140−146. 190 Bergman 1974, 93, mit Verweis auf Säve-Söderbergh. 191 Bergman 1974, 101: „die Sau, die als Amme das Schicksal – die Lebenszeit schenkt“. 192 Zur Bedeutung von Hwn eher als Bezeichnung des jugendlichen Königs statt als Betonung der göttlichen Abstammung s. Grimal 1986, 98, Anm. 244. 193 Vgl. Anm. 124. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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CPO B, 7

mj [@r.w] m xt.w jtj=f

… wie [Horus] im Gefolge seines Vaters.

CPO B, 13

... Hr Aw n mAa-xrw=f m jb=sn mj zA Wsjr

.. im Ausmaß seines Gerechtfertigtseins in ihren Herzen wie der Sohn des Osiris.

…mj @r.w xnt(j) m rk[Hsic194 Hr(j).w j]wa=f m mAa-xrw

… wie Horus, der südwärts fährt zum Reke[hFest], [einer, der sich] auf sein Erbe [vorbereitet hat] im Triumph.

37

Eine Erwähnung direkt im Anschluss an die Scheintitulatur (B, 5) kann man ebenfalls als Anspielung auf die Auseinandersetzungen mit Pedubast I. und Horsiese (B) auffassen: „Einer, dem sein Herr beibrachte, dass er der Horus mit starkem Arm der beiden Länder und der ganzen Menschheit ist“ deutet an, dass Osorkon (B) der siegreiche Herrscher von ganz Ägypten ist. Auch wenn die aktuelle politische Situation Zweifel an seiner tatsächlichen Herrschaft über ganz Ägypten aufkommen lässt, schließlich war das Land mit Scheschonq III. in Unterägypten und Takelot II. in Oberägypten bereits zweigeteilt. Es wird aber dennoch der starke Arm, also die Schlagkraft und damit der Einfluss Osorkons (B) betont. Außerdem wird ideologisch trotz der reellen Zweiteilung immer von einer Herrschaft über das vereinte Land ausgegangen. Eine direkte Analogie zwischen Horus und Osorkon (B) kann man auch in der Erwähnung „wie Horus, der südwärts fährt zum Rekeh-Fest, einer, der sich im Triumph auf sein Erbe vorbereitet hat“ erkennen. Wie Horus am Rekeh-Fest südwärts zieht, wird eine Reise nach Süden nach Theben von Osorkon (B) an dieser Stelle beschrieben, um ein Fest zu feiern und Opfer an Amun darzubringen: CPO B, 14−15

aHa.n jr(j).n=f [Htp.t aA.t n nb=f ] nTr=f Sps

Da machte er ein [großes Opfer für seinen Herrn], seinem edlen Gott,

wr r nTr.w Jmn-Raw nb ns.wt tA.wj

dem größten der Götter, Amun-Re, Herr der Throne der beiden Länder

psD.t jm.jw Jp.t-s.wt nb.[w] p.t [tA]

und der Neunheit, die in Karnak ist, den Herren des Himmels und der [Erde].

S[d]-m-r’ m [Htp.t m] 15 wnDy.wt gHs.w njA.w mA-HD.w r’.w Sd[.w] m Dba.w xA.w Apd.w [SA///]

Umgeben von einem [Opfer bestehend au]s 15 Vieh, Gazellen, Steinböcken, Antilopen und gemästeten Gänsen als 10.000 und 1000 Vögeln [des Marschlands///]

Die mythologische Komponente des Osiris-Mythos spielt im Gesamtkorpus eine große Rolle, und Osorkon bedient sich immer wieder Analogien aus diesem Mythos, um seinen eigenen Herrschaftsanspruch zu untermauern.195 4.1.5 Neheb-Kau-Fest Zu Beginn der Annalen findet sich ein Bericht, der eine Reise Osorkons (B) nach Süden von El-Hibeh nach Theben beschreibt; hier schlug er die erste Rebellion nieder und trat anschließend sein Amt als HPA an.196 In Theben opferte Osorkon (B) zunächst am Neheb-Kau-Fest im 11. Regierungsjahr Takelots II. vor Amun: CPO A, 27−28

jy(j) pw jr(j).n jm.j-r’ Sma.w wA-sA-jr-kn r Hm n nTr pn Sps m HAb=f nfr m nHbkA.w

Osorkon, der Vorsteher von Oberägypten ging zur Majestät dieses edlen Gottes an seinem guten Fest zum Neheb-Kau.

 194

Das Determinativ Gardiner sign list V30 steht anstelle des Zeichens W3. S. Kapitel II.4.3.2. 196 CPO A, 23−25. 195

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28 [...] pr.t 1 sw 1 sxa(j) n nTr pn Sps nb nTr.w Jmn-Raw nzw nTr.w pA nTr Dr- a

28 [...] 1. Peret, 1. Tag: Das Erscheinen lassen dieses edlen Gottes, dem Herrn der Götter, Amun-Re, König der Götter, der Gott seit Anbeginn.

Das Neheb-Kau-Fest findet üblicherweise am 1. Tag des 1. Monats der Peret-Jahreszeit statt und galt im Mittleren Reich als Neujahrsfest.197 Ab der Ramessidenzeit galt es auch als Krönungsfest. So fand die Königskrönung Ramses III. an diesem Tag statt, und Ramses II. ließ sechs Sedfeste in seinen Regierungsjahren 42, 45, 51, 54, 63, 66 an diesem Tag feiern.198 Weiterhin wird das Neheb-Kau-Fest mit dem Empfang im Königshaus199 und einem Fest des Königshauses assoziiert.200 In der griechisch-römischen Zeit ist das Neheb-Kau-Fest das Fest, an dem Horus von Edfu bestätigt, die Herrschaft erhalten zu haben.201 Damit eröffnet das Neheb-Kau-Fest die mythischen Krönungsfeierlichkeiten des Horus von Edfu im dortigen Tempel.202 Die zunehmende Bedeutung des Festes im Krönungszeremoniell kann mit der Interpretation des nHb kA.w – „Würden verleihen“203 zusammenhängen. Die Königswürden werden in diesem Zusammenhang an den jeweiligen regierenden König bzw. in Edfu auf mythologischer Ebene an Horus übergeben. Somit greift der CPO-Text auch in diesem kleinen Detail Anspielungen auf den Horus-Mythos auf. HPA Osorkon (B) lässt sich auch in diesem Fall deutlich königlich darstellen. Er stellt sich mit den Königen der Ramessidenzeit auf eine Ebene, indem er seine Ernennung zum HPA in Theben an dem gleichen Tag zelebriert, der z. B. für Ramses III. als Tag der Königskrönung festgehalten wurde und der für Ramses II. eine Bedeutung in der rituellen Erneuerung der Königswürde hatte. Osorkon (B) impliziert damit wiederum, dass das Amt des HPA in Theben eigentlich ein Herrscheramt war. Er stellt sich nicht offensichtlich als König dar, da dieses Amt sein Vater innehatte, aber er impliziert durch die Inszenierung des Neheb-Kau-Festes, dass die eigentliche Macht in der Thebais beim HPA lag. Die Opfergaben, die Amun an diesem Tage von Osorkon (B) erhielt, bestehen aus der Beute, die Osorkon (B) bei der Niederschlagung der ersten Rebellion gemacht hatte: CPO A, 26

wnn=f jm (...) Hr mz wdn.w jx.wt n nxt=f n Jmn pA nTr aA

Und es geschah, dass er dort war (...) und Opfer und Dinge seines Sieges zu Amun, dem großen Gott brachte.

Dd sw Hnk n=k

Und sagte es: Nimm für dich.

a.wj=f Xr HH m jx.wt Htp.w m bw-nb nfr.wt

Seine beiden Arme waren beladen mit Millionen von Dingen und Opfergaben bestehend aus allen guten Dingen.

Die Verschriftlichung dieser Tatsache sollte eventuell die politischen Gegner – also die Rebellen um Pedubast I. – ähnlich wie die genaue Beschreibung der Strafmaßnahmen204 von einer weiteren Rebellion abschrecken, denn Osorkon (B) teilt ihnen mit, dass ihre Besitztümer, die er ihnen im Rahmen seines Feldzuges abgenommen hatte, in die Domäne Amuns übergehen.

 197

Wb 2, 292.4−5; Barta 1982, 389. Schott 1950, 93–94. 199 Schott 1950, 37. 200 Schott 1950, 71. 201 Leclant 1961aa, 410; Gardiner 1915, 125: accession of Horus. 202 Alliot 1949, 282: „Il est évident, par ailleurs, que les fêtes de nHb-kA sont le prélude de celles du renouvellement du règne d’Horus, au 1er Tybi.“ Der Titel des Festes lautet nach Alliot 1949, 283: „fête de l’Ouverture de l’année (de règne) d’Horus d’Edfou fils de Râ, aimé des hommes“ bzw. „couronnement royal d’Horus d’Edfou fils de Râ, aimé des hommes“. 203 Shorter 1935, 41−42. 204 S. Kapitel I. 4.6. 198

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4.1.6 Blumenopfer Auch das Überreichen von Blumensträußen an den siegreichen Osorkon (B) ist ein Hinweis auf seine anmaßende Selbstdarstellung mit königlichen Attributen. Schon Caminos beobachtete dies und interpretierte die Stiftung der Sträuße als einen Akt von Ehrerbietung an den HPA.205 CPO A, 29

jy(j) pw jn Hm.w jtj.w wab.w Hrj.wHAb.t n(j)w Jmn wnw.t Hw.t-nTr mjod=s Xr anx.w r jm.j-r’ Sma.w

Kommen war es, das die Priester, Gottesväter, Wabpriester, Vorlesepriester des Amun, die Tempelpriesterschaft allesamt machten, mit Blumensträußen zum Vorsteher von Oberägypten.

Während im Alten Reich und im Mittleren Reich Blumensträuße nur an Gottheiten gespendet werden konnten, bzw. im Totenkult Privatpersonen einander eine Blüte überreichen konnten,206 war im Neuen Reich häufig der König der Rezipient eines Blumenopfers.207 Überreicht wurde ein Blumenstrauß dem König in den meisten Fällen von den Priestern, um ihm „die Anerkennung und den Segen eines Gottes bzw. seiner Priesterschaft auszudrücken“.208 Überreicht werden konnten diese Sträuße zum Regierungsantritt, wie es die Inschrift auf der ebenfalls aus der 22. Dynastie stammenden Statue des Hor (iii) zeigt:209 CG 42230, Rechte Seite: Z.9–10

bz(j).kw r aH.t m xa(j) nzw Xr anx.w nb WAs.t

Ich trat ein in den Palast beim Erscheinen des Königs (Regierungsantritt) mit Blumensträußen des Herrn von Theben

nH=j 10 H(A)b-sd n nb tA.wj

und ich erbat 10 Sedfeste für den Herrn der beiden Länder

Außerdem konnten am Fest des Monatsersten anx-Blumensträuße an den König dargereicht werden.210 Dies ist z. B. im Ritual des vergöttlichten Königs Amenhotep I. belegt,211 und die Tradition lässt sich auch in ptolemäischer Zeit noch greifen.212 Auch nach einem siegreichen Feldzug konnten dem König Blumensträuße gespendet werden.213 So erhält der siegreiche Sethos I. auf einem Relief, das im Karnak-Tempel an der nördlichen Außenwand des Hypostylsaals angebracht ist, Blumensträuße von der Priesterschaft des Karnak-Tempels überreicht.214 Auch in der 25. Dynastie unter Pi(anch)y215 und Tanwetamani216 ist dieser Brauch belegt.

 205

Caminos 1958, 41: „The fact that anx-bouqets were presented to the governor of the South Osorkon is worthy of note; it must have been regarded as a token of very great honour and reverence, since amongst the living only gods and kings appear elsewhere as recipient of this particular kind of floral offering.“ Im gleichen Sinne Broekman 2008, 214; s. auch Erichsen 1924, 273. 206 Dittmar 1986, 67. 207 Schott 1952, 56ff. 115–116. 208 Dittmar 1986, 69. 209 Zur Datierung der Statue unter Takelot II. s. Jansen-Winkeln 1985, 170; Kitchen 31996, 211; Payraudeau 2014a, 224; oder alternativ Aufstellung unter Osorkon III., wenn Jmn-m-jnt (iii) nicht der Enkel von Hor (iii) sondern von Hor (vi) gewesen ist s. Jansen-Winkeln 1985, 193; Bierbrier 1975, 72. Daraus lässt sich folgern, dass der Brauch, den König beim Regierungsantritt mit Sträußen zu begrüßen, zeitgleich zu HPA Osorkon (B) belegt ist. 210 Vgl. Dittmar 1986, 120. 211 Nelson 1949, 333. Die Sprüche erbitten Lebenssträuße von Amun für den König, die Prinzen und die Hofleute. 212 Brief aus Elephantine; pBerlin 13566. Dittmar 1986, 160−161 (Text 7); Spiegelberg/ Otto 1926, 10−11. 213 Vgl. Dittmar 1986, 70: Niederwerfung der Feinde durch den Herrscher (ein Brief aus Elephantine aus ptolemäischer Zeit pBerlin 13565 und ein Priesterdekret anlässlich des Sieges Ptolemaios IV. in der Schlacht von Raphia (s. Dittmar 1986, 160–161 (Texte 6+8); Spiegelberg/ Otto 1926, 4−7; Spiegelberg 1925, 6). 214 PM 2II, 54, (167 III.3) plan X (167). 215 Triumphstele des Pi(anch)y (JE 48862), Z. 103: Bei Ankunft im Re-Tempel von Heliopolis werden Pi(anch)y Blumensträuße des Benbenhauses überreicht; vgl. Grimal 1981a, 132. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Alle drei Faktoren spielen bei Osorkon (B) eine Rolle: Die Darreichung findet im Rahmen der Feierlichkeiten zur Ernennung als HPA am Neheb-Kau-Fest (1. Monat der Peret-Jahreszeit) statt und Osorkon (B) hat die Rebellion in Theben gerade niederschlagen. Für Caminos ist die Blumendarreichung ein Akt der Ehrerweisung an Osorkon (B) durch die Priesterschaft des Amun,217 und für Dittmar ein Beleg dafür, dass in der Spätzeit nicht nur der König der Empfänger von geweihten anx-Sträußen sein kann.218 Doch scheint es sich vielmehr um ein weiteres Beispiel für die Anmaßungen Osorkons (B) zu handeln, der im Ablauf und der Gestaltung des Festtages das königliche Protokoll für sich beansprucht hat. 4.1.7

Königliche Aufgaben

Wie die Gleichsetzung mit Horus gehört auch die Ausübung königlicher Aufgaben zur königlichen Selbstpräsentation. Diese Ebene lässt sich wiederum unterteilen in die politische Ebene und in die religiöse Ebene. Hierbei zeigt sich, dass beide Ebenen stark miteinander verwoben sind, denn durch die Ausübung kultischer Aufgaben, die eigentlich dem König vorbehalten sind, wird die politische Herrschaft gestützt, und der Machtanspruch wird auch vor den Göttern legitimiert. Beschrieben werden können in diesem Fall nur die königlichen Aufgaben, die Osorkon (B) im Text und die Reliefs des CPO-Textes übernimmt. Über die Übernahme königlicher Aufgaben in der Realität können keine Aussagen getroffen werden. 4.1.7.1

Religiöse Ebene

So ist es Osorkon (B), der das Maatopfer durchführte, wie die Darstellung im Begleitrelief zu CPO A illustriert. Er steht zwar hinter seinem Vater Takelot II., doch hält er die Maatfigur in der Hand und reicht sie dem Gott dar.219 Auch die Beischrift zu dieser Szene bezeugt, dass es sich um ein Maatopfer an Amun handelt. Hierbei handelt es sich aber um eine Kulthandlung, die explizit dem König vorbehalten war.220 Die königliche Aufgabe, die Maat im Lande zu erhalten und zu verteidigen und die Isfet zu vertreiben, wird durch das Opfer der Statuette in den Tempelreliefs monumentalisiert. CPO A Beischrift Osorkon (B)

r[D(j).t mA]a.t [n] nb [mA]a.t sHtp=f m mr.tj=f

Das [Geben der Ma]at [an] den Herrn der [Ma]at, damit er zufrieden gestellt wird, mit dem was er lieben wird.221

CPO B Beischrift Osorkon (B)

[rD(j).t mAa.t] Hz(j) wj nTr.w nTr.w[t///]

[Das Geben der Maat], damit die Götter und Göttinnen mich loben […].

Bereits in der 21. Dynastie gibt es im Chons-Tempel zahlreiche Darstellungen von Herihor bei dieser Opferhandlung, die im Zusammenspiel mit den anderen ikonographischen Details aus den Reliefs – königliche Insignien, königliche Tracht – als Hinweise für das reale Königtum des HPA Herihor gelten.222 Die Darbringung der Maat „also functions as a potent expression of the legitimacy of the king“223 und symbolisiert die Fähigkeit des Königs, den Staat zu regieren. Dass vereinzelt auch Privatpersonen diese Opferhandlung durchführen konnten, verleiht diesen „quasi-royal status“.224 Neben dem HPA Osorkon (B)

 216

Traumstele Tanwetamanis, vgl. Breyer 2003, 110. „Das Herz seiner Majestät war glücklich, nachdem … man ihm für diesen Gott einen Stabstrauß gebracht hatte“. 217 Vgl. Caminos 1958, 41. 218 Dittmar 1986, 122. 219 RIK III, pl. 16. 220 Gozzoli 2006, 41. 221 Im Gegensatz zu dem Vorschlag von Caminos 1958, 14 mr.tj=f zu lesen, schlägt Ritner 2009a, 375 vor, die beiden Schnüre entweder als aro – schwören, vollenden oder ar.yt – Buchrolle, Dokument zu lesen. 222 TOK, pl. 15, 36, 40, 45, 49, 51, 62, 71, 74, 82, 97, 99, 104, 141C, 141D. 223 Teeter 1997, 82−83. 224 Teeter 1997, 13−14. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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waren dies in der 22. Dynastie HPA Iuwelot, ein Priester Horsiese auf einer Totenstele,225 und der Wesir und Bürgermeister Nespaqaschuti (A), der auch Priester der Maat ist.226 Nespaqaschuti (A) sympathisierte mit der Gruppe um Horsiese (B) und Pedubast (s. o.). Außerdem war er im judikativen Bereich als Richter vertreten. In den Tempeln der griechisch-römischen Zeit ist beim Ritual des Maatopfers „bei nahezu allen diesen Stellen ein deutlicher Bezug auf richterliche Tätigkeit“ zu finden.227 Nespaqaschutis (A) Maatopfer lässt sich damit erklären. Auch das Abwehren der Isfet – der Gegenpart zum Aufrechterhalten der Maat – wird von Osorkon (B) thematisiert. CPO A, 23

Dr=f jz[f.t]

(...) damit er (Osorkon (B)) das Bö[se] abwehren kann.

Bei diesem mythischen Vorgang, der vom König immer wieder vollbracht werden musste,228 kann es sich natürlich auch um eine Anspielung auf das Abwehren einer realen Bedrohung handeln. Das Niederschlagen einer der Rebellionen der gegnerischen „Partei“ um Pedubast I., Horsiese (B) und den königlichen Sekretär Hor (vii/viii/ix/xi), wäre naheliegend. Die beiden folgenden Zitate weisen auf die Aufgaben des Königs hin, die Götter zufriedenzustellen und zu schützen: CPO A, 30

[mntk nD.]tj on(j) nTr.w nb.w

[Du] bist der starke [Schü]tzer aller Götter.

CPO B, 1–2

jsT r=f wn zA=f smsw

Nun aber war sein ältester Sohn,

Hr.j-tp [tA.wj

der Oberste der [beiden Länder,

Hm nTr tp.j n Jmn-Raw] nzw nTr.w

der Hohepriester des Amun-Re], König der Götter,

jm.j-r’ mSa.w wr

großer General der Armee,

HA.wtj [wA-sA-]jr-k-n mAa xrw

der Erste [Oso]rkon gerechtfertigt

[///] [r] mrr=f

[///] [gemäß] dem, das er liebt,

mj ^w r-gs Raw 2 Hr sHtp jb n WADy.t nb(.t)=f m Xr.t-hrw

wie Schu an der Seite von Re 2 beim Zufriedenstellen des Herzens von Wadjyt, seiner Herrin im Laufe des Tages,

n-mrw.t smnx tAS.[w=f]

damit [seine] Gebiete vollkommen gemacht werden.

Caminos interpretierte, dass diese Stelle “might possibly suggest that our personage was then at his father’s court in the north“. 229 Er ging zu der Zeit noch davon aus, dass Takelot II. über Gesamtägypten regiert hatte und seine Hauptstadt im Delta lag. Die Identifikation Osorkons (B) mit dem Gott Schu an der Seite des Re setzt den Text wieder auf eine mythologische Ebene. Schu, der Sohn des Re, ist das solare Pendant zur „piété filiale“,230 die von Horus in

 225

BM EA 66421; Bierbrier 1987, pl. 6−7. CG 42232; Legrain 1914b, 78−80, pl. 40−41; Jansen-Winkeln 1985, 210−15; 556−560; Jansen-Winkeln 2007b, 205−07. 227 Grieshammer 1979, 83. 228 Grieshammer 1979, 87−90. 229 Caminos 1958, 79, § 115. 226

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Bezug auf Osiris demonstriert wird. Diese Bezeichnung ist demnach für den Thronfolger passend.231 Die Analogien zu Schu und Re weisen den König als „possessor of rays“ aus und finden sich als Bezeichnung des kriegerischen Königs.232 Osorkon (B) stellt in diesem Zusammenhang das Herz der Wadjyt zufrieden, um sein Herrschaftsgebiet und dessen Grenzen zu stärken. Wadjyt, die Landesgöttin Unterägyptens,233 spielt ebenfalls eine Rolle im Mythenkreis um das Sonnenauge bzw. das Horusauge.234 Sie gilt als die Tochter des Sonnengottes,235 die sowohl dessen Stirnschlange236 als auch dessen linkes Auge237 repräsentieren kann. Osorkon (B) stellt somit die Uräusschlange zufrieden und damit ist eine weitere Herrschaftsabsicherung durch mythologische Hintergründe gegeben. Des Weiteren gilt Wadjyt in griechisch-römischer Zeit auch als die Amme des Götterkindes im Papyrusdickicht von Chemmis.238 Diese Anspielung auf den Horus/Osirismythos setzt Osorkon (B) ebenfalls in Relation mit dem jugendlichen Horus von Chemmis, als designiertem Nachfolger seines Vaters Osiris.239 Auch die Aufgabe des Tempelbaus stammt aus dem königlichen Aufgabenbereich und wird von Osorkon (B) ausgeübt: CPO A, 23–24

smAw aHa.t=sn

Ihre Kultstätten waren erneuert,

s[wa]b 24 x[m]=s[n] r D[w].w nb.w

ge[rein]igt 24 waren ihre Heilig[tümer] von allem Bö[sen]

saHa jnbw=[sn] m mA.[t

und [ihre] Mauern waren aufs Neu[e er]richtet.

g]rg xbA.w m n’.t nb n(j).w tA-Sma.w

[Wieder]errichtet wurde das, was zerhackt wurde, in jeder Stadt Oberägyptens.

Die Tatsache, dass hier explizit von Wiederaufbau gesprochen wird, kann ein Hinweis auf die Zerstörungen sein, die im Laufe der Auseinandersetzungen in den oberägyptischen Städten geschahen. Möglich ist allerdings auch, dass es sich dabei um einen literarischen Topos handelt, in dem chaotische Zustände geschildert werden, um den positiven Eindruck des heilsbringenden Herrschers – im ägyptischen Weltbild der Wiederholung der Schöpfung – zu verstärken.240 Da nur wenige Restaurierungsinschriften aus der 22. Dynastie belegt sind,241 stellt sich in diesem Fall die Frage nach der Authentizität der Zerstörungen. Von Takelot II. ist ein Erneuerungsvermerk am sechsten Tor des Ptahtempels in Karnak erhalten,242 doch die Bautätigkeit am Karnak-Tempel beschränkte sich in dieser Zeit auf einzelne Kapellen.243 Es bleibt anzunehmen, dass es sich bei der Textstelle um eine Kombination aus einem literarischen Topos und tatsächlichen Handlungen handelt. Denn mit der Reinigung von allem Bösen kann auch die

 230

Grimal 1986, 427. Grimal 1986, 427. 232 Grimal 1986, 427; Gozzoli 2006, 44, n. 69: ...which parallels the king as possessor of the rays. The Osirian cycle becomes a fundamental part of royal ideology from the Nineteenth Dynasty on (vgl. Grimal 1986, 98, n. 244). 233 Fischer-Elfert 1986, 906−911. 234 Vgl. Kapitel II.4.1. 235 Sauneron 1952, 15, 4−7. 236 Allam 1963, 111. 237 Junker 1917, 160; Goyon 1970, 272, Anm b; s. dazu auch Preys 2009, 477, der die Sonnenscheibe und die Mondscheibe mit dem Auge des Re und dem Auge des Horus in Verbindung setzt und dies dann in Relation zu den beiden Kronengöttinen Nechbet und Wadjyt analysiert. (vgl. S. 484). 238 Blackman/Fairman 1944, 20 (5c); Griffiths 1970, 446. 239 Vgl. Kapitel I. 4.1.4. 240 Popko 2009, 28 stellt diese Frage im Zusammenhang mit den Restaurationsinschriften Tutanchamuns und Hatschepsuts Inschrift am Speos Artemidos. Dazu auch Franke 2008, 43−57. 241 Becker 2012, 130−133. 242 Urk IV 88; Legrain 1902, 66; Grallert 2001, 354−355. 243 Die Kapelle des Osiris Wep-Isched unter Osorkon II. und Takelot II. und die Kapelle des Osiris-Heqa-Djed unter Osorkon III. dem vormaligen HPA Osorkon (B), s. Coulon 2016a, 16−35. 231

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Amtsenthebung der an der Rebellion beteiligten Priester und die Neuorganisation der Tempelbediensteten gemeint sein. 4.1.7.2

Politische Ebene

Während die legitimatorische Ebene und die mythologische Verankerung des Herrschaftsanspruchs von HPA Osorkon (B) immer wieder thematisiert wird, kann man Hinweise auf die politischen Aufgaben eines Herrschers im Text nur an wenigen Stellen ausmachen. Die Aufgaben, die erwähnt werden, sind das Richten (Judikative) und das Regieren (Exekutive), also die Pläne und Bestimmungen des Palastes auszusprechen. CPO B, 4

HA.wtj m wDa md[w ao] m anx.wj=f

Erster beim Richten der Worte, die in seine Ohren [eintreten].

nt-a.w m stp-zA [xp]r(.w) r [sA]r=f Hr=s[n]

Die Bestimmungen im Palast [gesch]ehen gemäß seinem [Wu]nsch ih[nen] gegenüber.

[sxr.w=f ] nb [xpr]=s[n] m X.wt bjt.w

Alle [seine Pläne] [werden geschehen] in Generationen von Königen.

Eine weitere königliche Aufgabe Osorkons (B), die sich allerdings nicht im Text der Chronik widerspiegelt, ist die Tatsache, dass Osorkon (B) Horsiese (E) als Wesir einsetzte.244 Diese Aufgabe – das Einsetzen des Wesirs – gehört in den administrativen Bereich. Somit werden alle drei Bereiche der politischen Herrschaftsausübung in der Hand des HPA Osorkon (B) vereinigt. Diese deutliche Diskrepanz in der Inszenierung von Religion und Politik lässt sich auf das aktuelle politische Geschehen zurückführen. Denn der HPA Osorkon (B) kann immer nur für kurze Perioden als Machthaber in der Thebais nachgewiesen werden. Die Zeitabschnitte, in denen Pedubast I. Theben regierte, werden im CPO-Text geschickt übersprungen und damit überspielt. Eine kontinuierliche Präsenz von Osorkon (B) in Theben wird somit suggeriert. Bei genauerer Betrachtung der Abläufe der militärischen Ereignisse (vgl. Tabelle 2: Chronologischer Ablauf der Ereignisse des CPO), stellt sich die Situation anders dar: Osorkon (B) scheint in den Jahren 11−14 von Takelot II. (= CPO 1−4) in der Thebais dominiert zu haben. Während der folgenden 10 Jahre (5−14 Takelot II = CPO 5−14) ist er in Theben nicht belegt. Dies legt nahe, dass er zu dieser Zeit dort keinen tatsächlichen Einfluss hatte.245 In den Jahren 22−24 von Scheschonq III. (= CPO 15−17) scheint Osorkon (B) seine Gegner aus Theben vertrieben zu haben, doch bereits in den Jahren 25−26 von Scheschonq III. (= CPO 18−19) ist Pedubast I. in Theben belegt. Im Jahr 28 von Scheschonq III. (= CPO 20) ist ein Opfer von Osorkon (B) in Theben belegt und im Jahr 29 Scheschonqs III. (= CPO 21) bricht die Chronik abrupt ab, wiederum ein Hinweis auf eine zeitweilige Niederlage von Osorkon (B). Insgesamt war Osorkon (B) in den 21 dokumentierten Jahren anscheinend nur 9 Jahre an der Macht. Auch nach dem Ende der Chronik dauerte es noch 10 Jahre, bis er seine Widersacher endgültig besiegen konnte. Diese Diskontinuität in der Herrschaft über die Thebais wird selbstverständlich in der Selbstinszenierung im CPO-Text nicht thematisiert, spiegelt sich aber in der Relevanz der politischen Inszenierung innerhalb der Textkomposition wider. 4.2

Inszenierung von Herrschaft im Elitediskurs

Nicht nur der königliche Diskurs, der bereits thematisiert wurde, war grundlegend für die Konzipierung des Textes, sondern auch ein breites Wissen um die Vorlagen und Möglichkeiten des Elitediskurses wird deutlich. Durch die Verflechtung dieser verschiedenen Ebenen wird die Vielschichtigkeit des Textes unterstri-

 244 245

Payraudeau 2014a, 188. Allerdings ist die Abwesenheit von Quellen kein Beleg für die tatsächliche Abwesenheit Osorkons (B) in Theben. Dies kann natürlich auch der Quellenlage geschuldet sein. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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chen. So greift Osorkon (B) direkt im Anschluss an die Scheintitulatur die sogenannte Brot – Kleider – (Schiff) – Formel auf,246 die aus den Idealbiographien der Ersten Zwischenzeit bekannt ist. CPO B, 5–6

XnX[n] n=f Hnmm[.t]

Einer, an den die Menschen herantreten.

mw.t jmA{t}-jb Hr rD(j).t t’.w n Hor

Eine freundliche Mutter, die Brot dem Hungrigen gibt.

Db HA.w jy(j) Hr bgA 6 n mAr

Einer, der den Nackten bekleidet und auf das Geschrei 6 des Elenden hinkommt.

nD.tj SntAy.t

Schützer der Witwen.

Der gesamte Aspekt des Patronats – das in der Ersten Zwischenzeit von den Gaufürsten in ihren Biographien betont wurde und die Loyalität der Untertanen gegenüber ihrem Patron im Gegenzug für Schutz einforderte247 – fand seinen Weg in das Königsbild des Mittleren Reich, in dem der König als Schöpfer, Schützer und Guter Hirte dargestellt wird.248 Die Verwendung dieser Formel ist ein sehr subtiles Beispiel mit zwei interpretativen Ebenen. Auf der ersten offensichtlichen Ebene handelt es sich um Rückgriffe auf Textvorlagen, die von der Elite benutzt wurden und für einen Hohepriester des Amun und Angehörigen des Könighauses einen angemessenen Rahmen darstellen. Auf der zweiten Ebene findet sich allerdings auch hier eine deutliche Anspielung auf den königlichen Diskurs und es lässt sich vermuten, dass auch dort eine bewusste Absicht zu erkennen ist. Osorkon (B) sah sich also offenbar bereits zur Regierungszeit seines Vaters als exekutiven Herrscher der Thebais an. Eine weitere Anlehnung an die Biographien und die Literatur der Ersten Zwischenzeit und des Mittleren Reiches stellt die Verwendung der Schiffsmetaphorik dar.249 Osorkon (B) ist: CPO B, 10

Ax.t Hm.w

Gut an Steuerruder,

nfr HAt.t m a.w jmj-jr.tj on

das vordere Tau in der Hand des siegreichen Kapitäns,

mnx kA.t

vollkommen an Arbeit,

on m jr(j).t s tr nb

siegreich beim es Ausführen zu jeder Zeit.

Wie die Belege der Brot−Kleider−(Schiff)−Formel gehören auch die Schiffsmetaphern in den Bereich der „patronage“, die in der Ersten Zwischenzeit und im Mittleren Reich in den Autobiographien und der Literatur stark betont wird. Und auch die Schiffsmetaphorik findet über das Phänomen des Staatsschiffs Eingang in königliche Texte.250 Das Staatsschiff wurde schon im Alten Reich als Symbol für die Zentralgewalt benutzt.251 Auf dem Staatsschiff ist der König der Kapitän,252 bzw. das ethische, menschliche Verhalten ist als das Steuerruder für das Staatsschiff von Bedeutung.253 Somit können wir auch hier wieder zwei Ebenen postulieren, die die politische Macht Osorkons (B) indirekt wiedergeben können.

 246

Franke 2006a, 177. Campagno 2014, 7: „protection offered by the patron to the client requires in return the latter’s loyalty“. 248 Franke 1997, 175−209; Blumenthal 1970; Blumenthal 2002, 53–61; Janssen 1954, 71–79; zur Verwendung dieses Königsbild in Nubien s. Verhoeven 1998, 1490. 249 Schiffsmetaphorik findet sich in verschiedenen Textgattungen, u. a. in der Geschichte vom Beredten Bauer, den Admonitions, in ramessidischen Schultexten, königlichen und privaten Stelen, Lehren, Biographien; Vgl. Vittmann 1999, 141−145. 250 Moers 2001, 221, Anm. 278−279. 251 Wildung 2010, 187. 252 Herrmann 1954, 106–115, v.a. 109−110 253 Parkinson 2012, 98, 185. 247

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Die Fürsorge für die Untertanen, die von den Gaufürsten der Ersten Zwischenzeit bereits thematisiert wurde, wurde auch in der Spätzeit häufig rezipiert. Als Beispiel sei hier nur der Bürgermeister von Theben Monthemhet genannt.254 4.3

Inszenierung von Herrschaft durch die Frage der Theodizée

Nach dem Tod Takelots II. reiste Osorkon (B) mit einer Expedition wieder nach Theben, wo er freudig empfangen wurde und ein Fest feierte. Es muss sich also um einen Friedensschluss oder „Waffenstillstand“ handeln, der eventuell durch eine beide „Parteien“ zufriedenstellende Nachfolge Takelots II. geregelt wurde: CPO B, 8

m=T r=f wn=Tn m stp.w-r’ nj{.t} wTt [=j ...]

Seht also, ihr seid die Ratgeber (lit. Auserlesen an Sprüchen) [meines] Erzeugers [...]

rk=f pw

Seine Zeit ist es.

gr=sn Hr mHy=f m rk=j

Doch sie hörten auf, ihm loyal zu sein in meiner Zeit.

n aHA=Tn Hr mnj=f pw

Ihr sollt nicht kämpfen, denn es ist so, dass er stirbt.

TA.w m X.t rd.wj Hr Sm.t

Solange noch Wind im Körper ist, laufen die beiden Füße.

Möglicherweise war der Nachfolger der König Iuput I.255 Dass Osorkon (B) diesen Kompromiss nicht akzeptiert hatte und sich wahrscheinlich immer noch als rechtmäßigen Erben ansah, macht die Tatsache deutlich, dass er ab diesem Moment nach dem unterägyptischen König Scheschonq III. datierte und nicht nach Iuput I. Interessanterweise äußert Osorkon (B) genau in diesem Zusammenhang (CPO B, 16 – C, 1) Kritik an Amun in einem wie ein Gebet angelegten Text. Dieser Textabschnitt ist leider stark zerstört und daher ist das Verständnis nicht immer einfach und eindeutig. Der Adressat von Osorkons (B) Ansprache ist zwar Amun, doch scheint er aber auf einer anderen Ebene vielmehr seine Feinde im Blick zu haben. Er wirft Amun Untätigkeit, bzw. die falschen Entscheidungen und Parteilichkeit gegenüber Theben vor, wie bereits von Caminos beobachtet wurde: „In fact, one gains the impression that Amun connived at, or was suspiciously tolerant with the Theban rebels. That was only natural. The remarkable thing is that Osorkon is openly criminating the god.“256 Auch Kitchen bemerkte, dass Osorkon (B) „reproached him over the long conflict.“257 Es handelt sich also hierbei um einen Vorwurf an den Gott. Weit verbreitet ist die Ansicht, dass in den CPO die Frömmigkeit Osorkons (B) gegenüber Amun ausgedrückt werde,258 in diesem Zusammenhang ist ein Vorwurf an den Gott Amun besonders bemerkenswert. Denn Osorkon (B) drückt in diesem Textabschnitt nicht eine besonders innige Beziehung mit Amun aus, sondern macht diesen für zahlreiche Umstände des „Bürgerkrieges“ verantwortlich. Kritik an der göttlichen Welt ist aus den Sargtexten (Zweiwegebuch CT 1130) und der „Bewältigungsliteratur“ der Ersten Zwischenzeit (Admonitions, Lebensmüder, Lehre für Merikare) bekannt.259 Wie auch häufig in den Admonitions wird in dem vorliegenden Abschnitt des Textes der Ausdruck swhA – „Aufruhr,

 254

S. Kapitel III. Jansen-Winkeln 1995a, 141. 256 Caminos 1958, 106 §163. 257 Kitchen 31996, 332. 258 Broekman 2008, 210: „… and above all his deep devotion to Amun“; Gozzoli 2006, 48: „personal relationship between the god and the prince“. 259 Otto 1951; Fecht 1972, 44–48; Blumenthal 1996, 114–116. 255

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Gebrüll“ benutzt,260 ein Abhängigkeitsverhältnis zu den Texten der älteren Tradition lässt sich aber nicht nachweisen. Osorkon (B) fragt Amun, ob es eine Autorität gäbe, die über ihm stünde und die ihn veranlasst hätte zu schweigen, während im Land chaotische Zustände herrschten. Die politische Situation Oberägyptens wird deutlich beschrieben: die Städte und Gaue waren in Aufruhr, es herrschten Spannungen zwischen den Orten und überall ernannten sich Herrscher.261 CPO B, 16

jn-jw wn Hrj-tp=k

Gibt es dein Oberhaupt?

[... k]y m Hr [...]

[... an]derer über […]

gr=k r jw(j).t=f

Du schweigst in Bezug auf sein Kommen,

n’.wt m swh(A) [spA.wt m HAay.t

obwohl die Städte in Aufruhr und die [Gaue im Getümmel waren.

SnT.t]262 [m] wa nb jm

Streit war in] jedem einzeln von ihnen und

[zj] nb jm=sn Hr

jeder Mann unter ihnen sagt:

[jnk] jT(j) tA pn [...]

[Ich] bin der Herrscher dieses Landes [...]

Osorkon (B) wirft Amun Untätigkeit vor. Das Suffixpronomen =f („sein Kommen“) kann sich auf diese unbekannte Autorität beziehen, der Amun untersteht, wahrscheinlicher aber ist, dass es auf einen ungenannten Herrscher der Thebais verweist (Pedubast I./Iuput I.?). Im folgenden Abschnitt wird die Voreingenommenheit Amuns gegenüber Theben thematisiert. CPO B, 17

jn-jw jr(j).n=k r WAs.t mj jr(j).t=k r=sn

Hast du gegen Theben gehandelt wie du auch gegen sie263 gehandelt hast?264

nma=s twt=k jm

Sie (Theben) war parteiisch und du warst einverstanden265 damit,

xpr spA.t=f [...]

so dass es geschah, dass sein Gau [in Schwierigkeiten? …]

Dieser Satz impliziert, dass Amun Theben gegenüber nachsichtiger war als gegenüber den anderen Städten. Durch die Lokalisation des Amun-Tempels in Theben ist dies unumstritten. Osorkon (B) dagegen fordert indessen, dass die Stadt Theben entsprechend ihrer Verfehlungen bestraft wird:266 CPO A, 34

[xpr] sw on r jr(j).t sw

Und es [geschah], dass Böses war bei der, die es (i.e. die Rebellion) getan hatte (=Theben),

Ha.w=k [b]Ao

während dein Körper [un]versehrt ist

 260

CPO B, 16, s. u.; Zur Beleglage in den Admonitions s. Enmarch 2008, 68. Diese Beschreibung lässt sich gut vergleichen mit der Zeit der Eroberung Pi(anch)ys, wo mittelägyptische Lokalregenten in Hermopolis, Herakleopolis und Fürsten des Deltas genannt werden. 262 Ergänzung nach Caminos 1958, 105. 263 Damit sind wahrscheinlich die anderen Städte und Gaue, die in Aufruhr waren, gemeint. 264 Zur Übersetzung „handeln gegen“ s. Wb 1, 111.20. 265 Twt – „gleich, adäquat, vollkommen sein“; Wb 5, 256–257.1 vgl. pAnastasi V 14,4; Caminos 1954, 244. 266 Vgl. Gozzoli 2006 48, Anm. 86. 261

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DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

[… aHa … mj wn=s]

47

[… Lebenszeit … gemäß ihrem Fehler]

Im folgenden Beispiel stellt Osorkon (B) sich wiederum mit Amun auf eine Stufe, indem mit einer Parallelkonstruktion die reziproke Beziehung zwischen dem Auge Res und Osorkon (B) bzw. Amun beschrieben wird.267 CPO B, 19

[jn-j]w psD n=k jr.t Raw Hr=j

Leuchtet das Auge Res für dich meinetwegen [?]

anx=j

So wahr ich lebe

[...] jr(j)=k

[…] was du getan hast.

jn-jw ps[D n=j jr.t Raw Hr=k]

Leuchtet [das Auge Res für mich deinetwegen]?268

Die beiden rhetorischen Fragen sollen mit „ja“ beantwortet werden, und damit wird die Anmaßung Osorkons (B) deutlich. An die erste Frage schließt ein Eid Osorkons (B) an, dessen Inhalt aber weitgehend zerstört ist, es scheint sich aber um eine Reaktion auf eine Handlung Amuns zu handeln (s. o.).269 Im darauffolgenden Satz wird dann allerdings die Allmacht Amuns demonstriert: CPO B, 19

anx mwt tp-r’=k

Leben und Tod sind dein Ausspruch.

n xsf.Tw a.w=k m p.t m tA

Nicht wird man dich im Himmel und auf der Erde abwehren.

Im folgenden Beispiel werden die Veantwortlichkeiten Amuns in Bezug auf Theben deutlich. Das Suffix 3. Sg. fem. =s bezieht sich mit Sicherheit auf Theben und das würde bedeuten, dass Theben vollständig unter dem Einfluss von Amun stand und in dessen Obhut gegeben wurde. Auch dies ist zu erwarten, da es sich bei Amun um den Stadtgott von Theben handelt. CPO B, 17

mAA=sn dAr=s Xr=k n

Sie sehen ihre Unterdrückung unter dich.

sfn[=k Hr ...

Du warst nicht nachlässig [...

... ] nTr.w nb.]w

...] alle Götter

rD(j){t}=s m [a].wj=k r S[w]=s [m …]

Sie wurde in deine Hände gegeben, damit sie frei ist von […]

Osorkon (B) betont im folgenden Abschnitt, dass er selbst die Verantwortung übernehmen wird, um die Thebais zu erobern und Theben wieder erstarken zu lassen (B, 20). Amun, dessen Aufgaben ebenfalls angesprochen wurden, hat diese nicht zur Zufriedenheit Osorkons (B) erfüllt. Der designierte Herrscher, als der Osorkon sich im gesamten Text des CPO darstellt, rechtfertigt dadurch sein militärisches Eingreifen. Damit handelt es sich bei diesem Abschnitt trotz der Verderbtheit um eine der Schlüsselstellen des Textes, da sowohl die politische Situation beschrieben wird als auch die Rechtmäßigkeit der militärischen Aktionen betont wird. CPO B, 19–20

DAm.w m Tnw Sa.w Hr m[nf]y.t

Junge Rekruten in der Zahl von Sand bei den Soldatentruppen

 267

Wenn man die Stelle mit Caminos 1958, 108, Anm. z in Parallelität zum Satzanfang ergänzt. Ergänzung nach Ritner 2009a, 363. 269 Sechs Schriftquadrate. 268

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[...] 20 [...]r=sn m[...

[...] 20 [...] gegen sie in [...]

[pAy]=j x[p]S r snx[t] WAs.t

mein Arm/Schwert wird Theben erstarken lassen

[gm ...]

[... finden].

kA nb Hna [...]

Jeder Stier zusammen mit [...]

n n[b nTr.w]

vom He[rrn der Götter],

mH=j dr msw(.t)=j r mjn(.t)

denn ich war besorgt seit meiner Geburt bis heute.

Caminos spricht zwar von Spekulation, wenn man in dem Suffixpronomen nkn.n=f... – „Er verletzte...“ des abschließenden Satzes dieser kritischen Ansprache (C, 1) den Widersacher Osorkons (B) vermuten möchte,270 doch scheint diese Interpretation naheliegend zu sein, denn auch in B, 17 kann sich das Suffixpronomen auf den gegnerischen Herrscher beziehen. Auch damit würden dann wieder sein Eingreifen und sein Herrschaftsanspruch gerechtfertigt. Da eine negative Handlung beschrieben wird, die von Osorkon (B) nicht gutgeheißen wurde, ist eine Identifizierung mit dem Lager Osorkons (B) äußerst unwahrscheinlich. Denn damit würde er sich selbst anklagen. Amun selbst kann ebenfalls nicht gemeint sein, da er der Angesprochene ist, der sich im Ausdruck kA=k – „deine Ka-Seele“ wiederfindet. CPO C, 1

nkn.n=f HH.w n Dd kA=k [nTr.w] nb.w n(j).w p.t tA

Er hat Millionen verletzt wegen dem, was deine Ka-Seele (=du) und alle [Götter] des Himmels und der Erde gesagt haben.

Laut Assmann wird durch das Prinzip der Theodizee die Herrschaft legitimiert.271 Die Menschheit braucht einen „guten Hirten“, der die Lämmer vor dem Wolf beschützt,272 Osorkon (B) stellt sich selbst als der „gute Hirte“ dar, der seine Stadt vor seinen Gegnern in Schutz bringt. Während der Allherr sich in den früheren Texten rechtfertigt, indem er die Schuld von sich weist und die Menschen verantwortlich macht,273 stimmt Amun Osorkon (B) in diesem Fall zu: CPO C, 1

sTA r=f jy(j) n xrw=f m [Hrj-jb] aSA.wt jn pA nTr aA jw=f hnn tp=f

Sich erheben und hervorkommen zu seiner Stimme [inmitten] einer großen Menge durch den großen Gott, indem er zustimmend seinen Kopf neigte.

Osorkon (B) wirft Amun ganz konkrete Verfehlungen vor, obwohl er im gesamten Text des CPO immer wieder seine enge Beziehung zu Amun in den Vordergrund stellt; u. a. stellt er sich als dessen direkter Abkömmling dar, den Amun nach seinem Vorbild erschaffen hat. Die Punkte der Anklageschrift sind: • Nachsichtigkeit gegenüber Theben • Untätigkeit in Bezug auf die „bürgerkriegsähnlichen“ Zustände • die Tatsache, dass das Schicksal von Millionen von Menschen durch ihn negativ beeinflusst wurde Alles in allem handelt es sich bei dieser Passage um eine äußerst interessante Stelle, die nur schwer zu interpretieren ist. Sie gibt Hinweise auf die exaltierte Stellung Osorkons (B), seine Fähigkeit, die göttliche Sphäre zu kritisieren und seine eigenen Aktionen, um die Situation ohne göttliche Intervention zu klären. Damit stellt Osorkon (B) sich auch in dieser Passage als der einzig wahre Herrscher über die Thebais dar, der dem Gott Amun nicht hierarchisch untergeordnet ist, sondern ihm gleichwertig gegenübersteht.

 270

Caminos 1958, 109, Anm. ff. Assmann 1996, 221. 272 Assmann 1996, 222. 273 Otto 1951, 10 „daß das Böse aus den Menschenherzen entspringe.“ 271

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4.4

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Machterhaltung durch Gewaltanwendung

Wie bereits erwähnt, werden im Text des CPO die politischen Gegner des HPA Osorkon (B) mehrfach angedeutet. Die erste Erwähnung ist bereits am Anfang des Textes, als der Grund für das Eingreifen und den Aufbruch Osorkons (B) nach Hermopolis und Theben genannt wird. CPO A, 20

[…] xftj wp(j).t(j)=fj jAw.t Hm nTr tp.j n Jmn nb nHH [jr(j) D.t]

…den Feind, der das Amt des Hohepriesters des Amun, des Herrn der Ewigkeit und [Schöpfers der Unendlichkeit] einnehmen will.

An dieser Stelle wird zwar der direkte Gegner nicht genannt, aber dahingehend charakterisiert, dass dieser das Amt des Hohepriesters einnehmen wollte. Dabei kann es sich dann nur um den Kontrahenten Osorkons (B) in diesem Amt handeln: Horsiese (B). Wie allerdings schon mehrfach konstatiert wurde,274 war Horsiese (B) bereits zur Regierungszeit Osorkons II. im Amt des HPA. Derjenige, der das Amt des HPA zu diesem Zeitpunkt anstrebte, war der Königssohn Osorkon (B) selbst. Seine eigene „usurpatorische“ Machtaneignung wird nicht erwähnt.275 Von Payraudeau werden die Verantwortlichen der Rebellion überzeugend in der oberen Verwaltungsschicht, im Bereich der Schreiber verortet.276 Hierbei handelt es sich um eine sozial hochrangige Gruppe, die dem inneren Zirkel der Staatsverwaltung angehört. Die nachstehenden Textbeispiele belegen diese Zugehörigkeit zur Schreiberklasse: CPO A, 24

[dr] ro.w=f n(j).w nw tA pn wn [wA(j) X]nnw m rk=f

[Abgewehrt] wurden seine Widersacher, zugehörig zum Inneren dieses Landes, das rebelliert hatte277 in seiner Zeit.

CPO A, 31–32

m=k jn(j)=f [t]w [n=n] r dr mAr=n

Siehe, er hat [di]ch [zu uns] gebracht, um unser Elend zu vertreiben

Hr ws jg[p] m-aoA=n

und um zu beendigen das Unwetter (die Krise), das uns gegenübersteht.

Dr-ntj tA pn wA(j) mHw

Denn dieses Land droht zu Ertrinken.

hp.w=f zbj Xr a.w 32 [sbj.]w r nb=sn m w[n m] sr.w=f

Seine Gesetze sind verdorben durch die Hand 32 [von denjenigen, die rebellieren] gegen ihren Herrn, obwohl sie (doch) seine (des Landes) Beamten waren.

Szp [gs]t nb m r-pr.w[=f

Alle Empfänger der [Palet]te (= die Schreiber) waren in [seinen] Tempeln,

r] HD sxr.w=f

[um] seine Pläne zu zerstören,

wAH nb hdnw r ar.t

die der Herr der hdnw-Pflanze (Thot) auf die Buchrolle gelegt hat,

r sAo nta.w Hw.wt nTr wA(j) r HA[o.t]

und um die Rituale der Tempel, die bloßgelegt waren,278 zu ruinieren.

n A m rx nzw

Doch dies geschah nicht im Wissen des Königs.

 274

Vgl. Kapitel I. 2. Diese Handhabung ist allerdings bei einer ägyptischen Quelle zu erwarten. Vgl. die ägyptische Berichterstattung zur Qadesch-Schlacht Ramses II. in Text und Bildform im Gegensatz zur hethitischen Version in Keilschriftbriefen (von der Way 1984, 8−15). 276 Payraudeau 2003a, 176−180. 277 Das „fern davon war zu rebellieren“, vgl. Quack 1993, 74. 278 Vgl. Quack 1993, 74. 275

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Weitaus interessanter an dieser Stelle ist die Frage der Bestrafung der unterlegenen „Partei“ durch Osorkon (B), da dies einen weiteren Einblick in seine Selbstinszenierung geben kann. Osorkon (B) lässt – laut dem Text der CPO – seine Widersacher fesseln (m sor-anx), niederwerfen (sxr), wie Opfertiere (mj [a]r.[w] grH xt-xAwy) zu den Feuerbecken (ax.w) führen und verbrennen (rkH): CPO A, 35– 36

35 [aHa.n Dd.jn jm.j-r’ Smaw]

35 [Da sprach der Vorsteher von Oberägypten]:

zbj jn(j) n=j th.tw=f nb [a].w n(j).w tp.jw-a

Gehe und bringe mir alle, die gegen ihn (Amun) gefrevelt haben, und die Listen der Vorgänger.

[...] jr.t Raw

[...] Auge des Re.

aHa.n jn(j).tw=sn n=f Hr-[a] m so(r)anx.w mj Htr.w n(j).w [DnH.w

Da brachte man sie ihm sofort als Gefangene wie ein Bündel [Kriegsgefangene.

aHa.]n sx[r]=f n=f st rD(j) m 36 [sb(j)=sn]

Da] warf er sie für ihn nieder, indem veranlasst wurde, 36 [sie zu senden]

mj [a]r.[w] grH xt-xAwy rkH ax.w jm

wie [Ziegen] in der Nacht des Abendopfers, wenn man dort Feuerbecken anfacht

[...] mj ax.w n(j).w pr.t spdt

[...] wie die Feuerbecken zum Fest des Herauskommens des Sothis.

rkH.tw zj nb m Ax.t m s.t btA.w=[f ...

Jeder Mann wurde verbrannt im Feuer an der Stelle seines Verbrechens.

...] WAs.t

[...] Theben.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern politische Feinde im pharaonischen Ägypten üblicherweise behandelt wurden, und ob das Verbrennen darüber hinaus als Todesstrafe belegt ist. Für die Verbrennung als Strafe gibt es in der ägyptischen Geschichte nur wenige Quellen.279 Alle diese Belege haben aber gemeinsam, dass ihre Historizität in Hinblick auf das Verbrennen umstritten ist. In zwei demotischen Texten ist eine besondere Parallele zum CPO-Text belegt, denn auch dort wird berichtet, dass die zu bestrafenden Rebellen auf ein Feuerbecken (ax) gelegt wurden.280 Zudem stellt sich die Frage nach

 279

Vgl. für einen Überblick Matić 2019, 100; 106–108. So gibt es aus dem Mittleren Reich Hinweise in der Inschrift eines Königs Sesostris im Tempel von el-Tôd (Barbotin/Clère 1991, 10; Quack 1992, 128–130; Helck 1985, 48; Redford 1987, 42, 51). Ähnlich wie in der hier besprochenen Stelle werden die zu Bestrafenden in ein Feuerbecken gegeben (D(j).w m ax). Im Neuen Reich scheint das Verbrennen von Feinden nur bei Amenhotep II. (JE 86763; sog. Memphis Stele, die als wiederverwendeter Block im Grab des Hohepriester des Ptah Scheschonq in Mit-Rahina, gefunden wurde. Vgl. Badawi 1943, 1–23; Urk. IV, 1299–1909; Klug 2002, 242–253; Beylage 2002, 119–139. Die Verbrennung der Gegner wird folgendermaßen geschildert: „Man machte aus ihnen ein Bündel Kriegsgefangener und hob zwei Gräben aus und füllte diese mit Feuer.“) und Merenptah (sog. Amada Stele, KRI IV. 1, 15–16: „Der heiße Atem (pA hAhA) seines Mund war gegen das Land Wawat gerichtet ... Feuer (xAa x.t) wurde auf ihre Großen geworfen in Gegenwart derer Gefährten“) belegt zu sein. 280 Zum einen läßt der Pharao in der Lehre des Chacheschonqy einen Erdaltar am Tor seines Palastes errichten und ließ diejenigen, die gegen ihn rebelliert hatten, in ein Feuerbecken geben (pBM EA 10508, 4.4–5). Glanville 1955, 12– 13; Thissen 1991, 254; Hoffmann/Quack 2007, 279. Zum anderen wird in einer Geschichte aus dem Saqqara Archiv ein Priester des Horus von Letopolis zusammen mit seiner Familie in ein Feuerbecken gegeben (Smith/Tait 1983. Text 1. col 14,3 (S. 8, 40). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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dem Feuerbecken und seiner Größe und der Praktikabilität im Falle einer Brandstrafe.281 Osorkon (B) zeitlich am nächsten steht die Verbrennung des saitischen Lokalkönigs Bocchoris aus der 24. Dynastie durch den kuschitischen König Schabaqo. Doch ist diese Episode nur über die Aegyptiaca des Manetho und seine Überlieferungen bezeugt.282 Wenn man die Frage nach der Historizität der Stelle bei Osorkon (B) zunächst zurückstellt und davon ausgeht, dass das Verbrennen der Feinde keine Standardstrafe war,283 kann man zu weiteren Erkenntnissen im Bereich der Machtaneignung Osorkons (B) durch seine Selbstinszenierung als Herrscher kommen. Die „feurige Macht“284 des Königs ist verankert im Verbrennen von Götterfeinden, den Feinden des Königs in der Unterwelt und den Verdammten in der Unterwelt. Diese Thematik spiegelte sich auch in den Unterweltsbüchern des Neuen Reiches wider.285 Das Verbrennen der Feinde führte zu ihrer totalen Annihilierung auch im postmortalen Leben. Dies könnte ein Hinweis dafür sein, dass das Verbrennen keine alltägliche Strafe war, sondern nur in Ausnahmefällen wie dem Hochverrat zum Einsatz kam.286 Wenn man davon ausgeht, dass die feurigen Mächte zum göttlichen Spektrum des Königtums gehörten, dann versuchte der König durch den Vergleich mit Göttern und deren feuriger Kraft seiner eigenen Macht Nachdruck zu verleihen, und sich von seinen Untertanen im Rahmen einer göttlichen Komponente abzusetzen.287 Die politischen Feinde wurden somit behandelt wie Götterfeinde.288 Auch Osorkon (B) hebt sich selbst durch die Benutzung des Motivs des Verbrennens auf die königliche Ebene und bekräftigt seinen Herrschaftsanspruch, der sich durch die gesamte Komposition des Textes zieht. Aufgrund des Verbrennens im Feuerbecken ist ein ritueller Hintergrund dieser Bestrafung vermutet worden,289 ein weiterer Hinweis auf die totale Vernichtung der Aggressoren. Diese Strafmaßnahme wird angeblich nur bei sogenannten Kapitalverbrechen eingesetzt, zu denen Rebellion und Hochverrat zählen. Muhlestein verweist zum Vergleich auf die Strafmaßnahmen der Könige des Neuen Reiches gegenüber ausländischen Feinden, die durchaus rituelle Anleihen im Bereich von Prozessionen und Schlachtopfern haben.290 In diesen Zusammenhang passt auch die hier vorgestellte Szene aus den CPO, denn die Rebellen werden wie Ziegen beim Abendopfer behandelt. Auch hier wird der Aufstand gegen Osorkon (B) durch eine Strafe mit rituellem Charakter geahndet, die die Schwere des Vergehens unterstreichen soll. Da aber die fädenziehenden Hauptakteure wie Hor (vii/viii/ix/xi) auch nach dem 11. Regierungsjahr Takelots II. weiter ihren Ämtern nachgehen, scheint es sich nur um eine rhetorische Übertreibung der aktuellen Tatsachen zu handeln. Die rebellischen Schreiber werden in ihren Ämtern zwar von Osorkon (B) ersetzt, doch bleiben sie auf Seiten des Lagers um Pedubast I. weiter in Amt und Würden. Die tatsächliche politische Situation wird im Text nicht wiedergegeben, sondern nur die Version der Ereignisse, die der HPA Osorkon (B) der thebanischen Priesterschaft für die Ewigkeit präsentieren will. Auch daraus kann man schließen, dass die Priesterschaft des Karnak-Tempels das explizite Auditorium der CPO war, um diesen Priestern, deren Loyalität wahrscheinlich zum großen Teil auf der Seite Pedubasts I. lag, die Folgen einer weiteren Rebellion und die verheerende Reaktion des HPA Osorkons (B) zu illustrieren. Die den ersten Teil der CPO abschließende Drohformel hebt dies ebenso hervor, da eine Metapher aus dem feurig-göttlichen Milieu benutzt wird.

 281

Wb 1, 223.13–16. Leahy 1984, 202−203 interpretiert das Feuerbecken als eine Art Hochofen; Müller-Wollermann 2004, 197, Anm. 9 spricht sich dagegen aus, mit dem Argument, das Feuerbecken sei für einen Menschen zu klein gewesen. 282 Waddell 1940, 166–167. 283 Matić 2019, 115. 284 Matić 2019, 101–103. 285 So. z. B. im Totenbuch, im Pfortenbuch, im Amduat und im Höhlenbuch; auch in den Sargtexten kommt der Feuersee bereits vor; vgl. Matić 2019, 106−110. 286 Müller-Wollermann 2015, 228−229. 287 Vgl. Matić 2019, 101−102. 288 Vgl. Assmann 2000a, 162. 289 Muhlestein 2015, 244−251. Leahy 1984, 201 sieht auch eine theologisches Verbechen an Amun. 290 Z. B. Wasserprozessionen mit der rituellen Zurschaustellung von Feinden, bzw. sprachliche Analogien zu den Opferszenen von Vögeln, vgl. Muhlestein 2015, 250. Vgl. in diesem Zusammenhang auch Leclant 1956, 141−145. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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CPO A, 53

jr pA [ntj] [jw]=f mnmn wD.t tn jr(j).n=j xr=f n Sat n Jmn-Raw

Was den anlangt, [der] diesen Befehl, den ich gemacht habe, umwendet, er wird in das Unheil Amun-Res fallen.

[sxm].n nb(j).t jm=f n(j).wsic Mw.t m nSn=s

Die Flamme Muts soll sich seiner [bemächtigen], wenn sie wütet.

n zA=f r wDb sA=f

Sein Sohn soll ihm nicht nachfolgen,

jw rn=j mn wAH m Aw-[D.t]

während mein Name dauert und fest bleibt für die Dauer der [Ewigkeit].

Die Nennung der Flamme Muts verweist wiederum auf die im Raum stehende Strafe der rituellen Verbrennung für den Hochverrat. Die feurige Konnotation der Göttin Mut deutet einerseits auf ihre enge Verbindung mit der Göttin Sachmet und deren wütendem Auftreten.291 Andererseits ist auch Mut im Bereich der Königstheologie als eine Göttin bekannt, die den König beschützt und rächt.292 Dies zeigt sich z. B. in ptolemäisch-römischen Tempelinschriften, die ebenfalls Rebellen gegen den König in ein Feuerbecken der Mut werfen lassen.293 Auch wenn Osorkon (B) seine politischen Widersacher nicht wirklich mit Verbrennung zum Tode verurteilt haben sollte, ist der Umgang mit den Feinden ein weiteres Beispiel für die Machtbefugnisse, die der HPA Osorkon (B) inne hatte. 4.5

Politisches Einflussgebiet des HPA Osorkon (B)

Die Opferlisten der Annalen geben Aufschluss über den Herrschaftsbereich Osorkons (B) in den jeweiligen Jahren. Aufgezählt werden die Stiftungen des HPA an die lokalen Tempel in Karnak und die Abgaben der einzelnen Domänen an den Karnak-Tempel. Im ersten Teil des Textes (Jahr 11 Takelot II, CPO A, 43–45) werden außerhalb Thebens nur Abgaben der Menschen aus Atfih notiert (s. Tabelle 5). Tabelle 5: Abgaben an den Karnak-Tempel, CPO Teil A

Abgabepflichtig

Lokalisation

Textstelle

die Domäne, die unter der Aufsicht des Oberarchivars ist

Theben

CPO A, 43–45

die Domänen, die] unter den Ältesten (des Portals) [sind], die vor den Händlern sind, und dem Priester der Mut, der unter der Aufsicht des Sekretärs der Mut-Priesterin ist

Theben

CPO A, 43–45

Menschen aus PA-nb-tp-jHw294

Atfih; 22. oberägyptischer Gau

CPO A, 43–45

der Vorsteher des Schatzhauses

Atfih; 22. oberägyptischer Gau295

CPO A, 43–45

Dem […] des Amun … zusätzlich zu dem, was aus dem Haus des Hohepriesters des Amun an den Tempel des Amun geht als jährliche Steuer

Theben

CPO A, 43–45

Die Versorgung mit Rizinusöl für die Lampen (jährlich 1215 hnw, also ca. 607,5 l)296 und Opfergänsen (jährlich 730 Gänse) wurden von der Domäne des HPA veranlasst und die Kosten durch den Besitz des HPAs beglichen.297 Des Weiteren wurde die Umstrukturierung des Tempelpersonals veranlasst, so dass

 291

Zu wütenden Göttinnen s. Köhler 2016, 137–145. Zur Beziehung zwischen Feuer und Wut s. Köhler 2016, 119– 124. 292 Leahy 1984, 201. 293 PM VI, 245–246, vgl. Vernus 1978, 242; Urk VI, 3; Urk. VI, 65: pA ax n Mw.t; Urk VI, 77. 294 GDG IV, 52−53. 295 CPO A, 44: dmD dbn 23 od ½. 296 Ein hnw (Hohlmaß), vgl. Wb 2, 493.2–14 beinhaltet ca. 0,5 Liter, vgl. Pommerening 2005, 201–202. 297 CPO A, 50: r pA pr Hm nTr tpj n Jmn – „zu Lasten der Domäne des HPA“. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

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Monatspriester nicht in den Schreiberdienst versetzt werden konnten.298 Außerdem wird veranlasst, dass alles Personal geschützt ist und nicht von weltlicher Seite – jn zj nb jn HA.tj-a nb sr nb rwD nb n pr-nzw: „seitens irgendeines Mannes, irgendeines Adligen, irgendeines Beamten, irgendeines Inspektors des Königshauses“ – für andere Zwecke als die Arbeit des Tempels herangezogen werden konnte.299 Im zweiten Teil (Jahr 11 Takelot II. bis Jahr 28 Scheschonq III. = 14 Jahre), der einen längeren Zeitraum von Opfern umfasst, werden dementsprechend mehr Abgaben aus unterschiedlichen Gebieten Oberägyptens genannt (s. Tabelle 6): Tabelle 1: Abgaben CPO Teil B

Bezeichnung

Lokalisation

Textstelle

Gau von Hu

Diospolis Parva

CPO C, 10

Südgebiete nA SAsw n pr-nb-tp-jHw

CPO C, 10 300

Der Bürgermeister von Pr-sxm-xpr-Raw301

Atfih, 22. Oberägyptischer Gau

CPO C, 19

am Eingang des Fayums; in der Nähe von Illahun und Hawara

CPO C, 20

Neben den Stiftungen für die thebanischen Gottheiten Amun, Mut, Chons (in verschiedenen Variationen), Month, Maat, Amenemope und Re auf dem Dach des Amuntempels gibt es Neustiftungen für Gottheiten außerhalb Thebens (s. Tabelle 7): Tabelle 2: Stiftungen CPO Teil B

Gottheit

Lokalisation

Textstelle

Herischef

Herakleopolis

CPO C, 7

Osiris, Herr von Abydos

Abydos

CPO C, 15

[Mut(?) von] pA-jw-n-jn(j)mw.t302

in der Nähe von Qaw el-Qebir, im 10. Oberägyptischen Gau303

CPO C, 15

Nemti, Herr von Atft304

12. Oberägyptischer Gau305

CPO C, 15

NHm-awAy.t

Hermopolis306

CPO C, 15

Da die Liste aber am Ende des Textes die gesamten Abgaben zusammenfasst, ist eine Interpretation, wann welche Gebiete unter dem Einfluss Osorkons (B) standen, leider nicht genauer möglich. Explizit werden Stiftungen aus den Jahren 23 und 24 von Scheschonq III. erwähnt. Das Einflussgebiet des HPAs Osorkon (B) erstreckte sich somit vom 22. oberägyptischen Gau – auf Höhe des Fayums – bis in die Gegend südlich von Theben und umfasste damit ganz Oberägypten (s. Abb. 10). In den nach Scheschonq III. datierten Listen werden auch Stiftungen von Edelsteinen, Gold und Myrrhe aus Nubien erwähnt. Dies könnte daraufhin deuten, dass Osorkon (B) in dieser Zeit bereits Kontakt nach Nubien hatte,307 und sich eventuell dort auch militärische Unterstützung gesucht hat.308 Doch scheint diese Interpretation nur auf den oben genannten Stiftungen nubischer Wertobjekte an den Karnak-Tempel und die Tatsache, dass sich der kuschi-

 298

CPO A, 51. CPO A, 42. 300 GDG IV, 52−53. 301 GDG II, 130. 302 Caminos 1958, 140, mm mit Verweis auf Gardiner 1941, 45, 66. 303 Helck 1974, 95−99. 304 Graefe, Studien zu den Göttern und Kulten im 12. und 10. oberägytischen Gau. 305 Helck 1974, 100−102. 306 Caminos 1958, 141, oo mit Verweis auf Kees 1941, 315, Anm. 2 und Roeder 1954, 374, 431−433, 439−441. 307 Török 2009, 290, Anm. 38. 308 Kendall 1999, 57 vermutet, dass Priester aus Theben nach Kusch geflohen sind, dort den Amun-Kult einführten und förderten und eine Allianz mit den Kuschiten eingingen. 299

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tische Einflussbereich bereits unter Kaschta nach Norden ausgeweitet hatte und von thebanischer Seite scheinbar akzeptiert wurde, zu gründen.309 Von Meffre wurde das Hoheitsgebiet Osorkons III. (dem vormaligen HPA Osorkon (B)) auf die Thebais eingeschränkt, da sie mehrere Monumente, die bislang dem Sohn Osorkons III. dem HPA Takelot (G) zugewiesen wurden, dem HPA Takelot (F) – dem späteren Takelot II. – zuschreibt.310 Der nördlichste Ausläufer seines Territoriums läge demnach bei Akoris.311 Die Abgaben aus Atfih und die Tatsache, dass Osorkon (B) seinen Feldzug in Herakleopolis begann, legen eine Oberherrschaft bis ins nördliche Mittelägypten aber nahe. Der Territorialverlust müsste demnach später erfolgt sein, bevor er als Osorkon III. den Thron bestieg.  Mittelägypten war ein im „Bürgerkrieg“ umkämpftes Gebiet, dessen Loyalität immer wieder zwischen den beiden Parteien wechselte.312 4.6

Loyalitätserhalt in der thebanischen Elite am Beispiel der Nachtefmut-Familie

Weiterere Unterstützer Takelots II. und seines Sohnes Osorkon (B) waren Djedchonsiufanch (C) und sein Vater Horsiese (C), ein Sohn von Nachtefmut (A),313 der unter Osorkon II. amtierte und in dieser Zeit den thebanischen Lokalregenten Horsiese I. unterstützte. Horsiese (C) war verheiratet mit Isetweret (i), der Tochter des Königs Horsiese I.314 Die Loyalität Nachtefmuts (A) zu Horsiese I. wurde durch die Heirat seines Sohnes unterstrichen. Obwohl es Vermutungen gibt, dass Pedubast I. und sein HPA Horsiese (B) Nachfahren des Königs Horsiese I. waren,315 lassen sich Horsiese (C) und sein Sohn Djedchonsiufanch (C) eher mit dem gegnerischen Lager um Takelot II. und HPA Osorkon (B) in Verbindung bringen.316 Wenn die Verwandschaftsbeziehungen tatsächlich existierten, hätte die Familie des Nachtefmut (A) ihre Loyalität im Laufe der Zeit gewechselt. Horsiese (C) gehörte zu den einflussreichsten Personen seiner Zeit, da er zunächst 4. Priester des Amun und wahrscheinlich später in seiner Karriere auch 2. Priester des Amun war.317 Darüber hinaus hatte er das Amt des Vorstehers des Schatzhauses des Königs inne und dies gibt ihm Kontrolle über den gesamten finanziellen Rückhalt des Königs.318 Horsiese (C) scheint demnach erst unter Osorkon III. mit einem hohen Priesteramt versehen geworden zu sein. Das Amt des 2. Priesters des Amun ist der höchste Titel, der in der Familie vorkam,319 und damit kann man vermuten, dass der Aufstieg und der hohe Titel Horsieses (C) eine Belohnung für die Loyalität gegenüber Osorkon (B)/Osorkon III. gewesen sein könnte. Ein Statuenfragment seines Vaters Nachtefmut (A) datiert nach Takelot II.320 Damit ließe sich eine loyale Verbindung zwischen der Familie Horsieses (C) und Takelot II. konstatieren die den Titelzuwachs unter Osorkon III. unterstützen würde. Eine weitere Quelle belegt eventuell eine Beziehung zwischen Horsiese (C) und Takelot II. Auf dem Papyrus Berlin p3048 wird in einer Personenliste der 4. Priester des Amun Horsiese, Sohn des Nachtefmut erwähnt.321

 309

Vgl. Dodson 2012, 143−145. Meffre 2016, 47–48. 311 Meffre 2015, 327−329. 312 Vgl. Meffre 2015, 213−222. 313 Bierbrier 1975, 79. 314 S. die Filiation im Stiftungsvermerk seines Sohnes Djedchonsiufanch (C) auf dem Würfelhocker CG 42210 (Jansen-Winkeln 2007b, 234). 315 Payraudeau 2014a, 76. 316 S. Tabelle 3: Konkurrierende Parteien. 317 Statue T35 (JE 91720) Barguet/Leclant 1954, 145−150; Jansen-Winkeln 2007b, 148−151. Zur Datierung unter Osorkon III. und nicht Osorkon II. s. Payraudeau 2008, 398. Alle anderen Quellen, auf denen er den Titel des zweiten Priester des Amun trägt, sind posthum: CG 42210 (Legrain 1914b, 25−28; Jansen-Winkeln 2007b, 234−236); CG 42211 (Legrain 1914b, 28−32; Jansen-Winkeln 2007b, 320−323) und die Stele seiner Enkelin Taditanebethen (Manchester Inv.-Nr. 1898 (Quibell/Spiegelberg 1898, pl. 21.10; Jansen-Winkeln 2007b, 239). 318 S. Tabelle 8: Titel Djedchonsiufanch. 319 Nachtefmut A ist 3. und 4. Priester des Amun; Ansonsten sind alle Familienmitglieder höchstens 4. Priester des Amun. 320 Karnak 94 CL 557. Leider sind auf den Fragmenten nur sehr bruchstückhafte Inschriftenreste. Aber die Statue scheint posthum errichtet worden zu sein und wurde dann von seinem Sohn gestiftet. Payraudeau 2008, 394−399. 321 Vgl. die Anmerkungen von Jansen-Winkeln 2007b, 171: Text 17, Personenliste; 3048 E vso, Z. 5−6. 310

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Abbildung 10: Einflussgebiet HPA Osorkon (B) (© Becker 2017).

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Aufgrund genealogischer Zusammenhänge (Horsiese (C) gehört zur Generation Takelots II.) muss der Papyrus in die Zeit Takelots II. datiert werden.322 Man kann also festhalten, dass Horsiese (C) unter Osorkon III. einen einflussreichen Priestertitel dazu gewann und er zweimal auf Quellen belegt ist, die nach Takelot II. datieren. Darüberhinaus ist eine Tochter Takelots II. (s. u.) als Gemahlin eines Sohnes Horsieses (C) bekannt. Auch wenn er seine Loyalität bzw. „Parteizugehörigkeit“ nicht direkt ausspricht, deuten die genannten Belege daraufhin, dass er den HPA Osorkon (B) unterstützte. Das Hauptargument für die „Parteizugehörigkeit“ seines Sohnes Djedchonsiufanchs (C) ist sein familiärer Anschluss an die Familie Takelots II. durch dessen Tochter Schepensopded (ii).323 Er errichtete die Statue CG 42210324 für Horsiese (C) und sein Sohn Nachtefmut (B) ließ für ihn selbst die Statue CG 42211325 aufstellen, die durch die Kartuschen Osorkons III. und Takelots III. datiert werden kann. Demnach ist Djedchonsiufanch (C) wahrscheinlich in der Koregenz dieser beiden Herrscher verstorben. Zeitlich ähnlich lässt sich eine weitere Statue einordnen.326 Seine hohen Ämter in der Regierungszeit Osorkons III. – dem vormaligen HPA Osorkon (B) – und die eheliche Verbindung mit der Familie Takelots II. legen aber nahe, dass Djedchonsiufanch (C) und sein Vater Horsiese (C) Osorkon (B) im „Bürgerkrieg“ loyal unterstützten und dafür mit Titeln und Ämtern belohnt wurden. Djedchonsiufanch (C) trug neben den Ehrentiteln zahlreiche religiöse Priestertitel, die mit finanziellen Einkünften und Pfründen verbunden sind (s. u.). Der Rangtitel jr.j-pa.t HA.tj-a wird in der Dritten Zwischenzeit außer von den Wesiren selten gebraucht, von den 4. Priestern des Amun trugen ihn neben Djedchonsiufanch (C) allerdings auch sein Vater Horsiese (C) und sein Großvater Nachtefmut (A).327 Von seinem Vater hat Djedchonsiufanch (C) folgende Titel geerbt: jr.j-pa.t HA.tj-a, xtmw bjt, jm.j-r’ xtm.t, anx.wj bjt, jm.j-r’ pr-HD n nb tA.wj, Hm nTr 4-nw n Jmn-(Raw nzw nTr.w)(m Jp.t-s.wt), Hm nTr jmj Abd=f Hr sA 4-nw, Hm nTr nA nTr.w msa, sm %kr nb Jp.t-s.wt und HoA bAt. Mit seinem Großvater stimmen folgende Titel überein: jr.j-pa.t HA.tj-a, xtmw bjt, jr.tj nzw m Jp.t-s.wt, TA(j) xw, Hm nTr 4-nw n Jmn-(Raw nzw nTr.w)(m Jp.t-s.wt), Hm nTr wHm n Jmn, Hm nTr 2-nw (jmj-Abd=f pr.w) #ns.w, sm %kr nb Jp.t-s.wt, Hry sHtp.w HA.t Jmn und HoA bAt.328 Diese Titel scheinen demnach in der Familientradition weitervererbt worden zu sein. In diese Liste gehören u. a. die beiden höchsten Ämter Djedchonsiufanchs (C) als 4. Priester des Amun (beide Vorfahren) und Vorsteher des Schatzhauses des Königs (vom Vater). Die zahlreichen Priestertitel, die sein Vater und Großvater nicht trugen (s. u.), sind ihm im Verlauf seiner Karriere verliehen worden und es liegt nahe, darin eine Belohnung für die Loyalität in der Zeit des „Bürgerkrieges“ zu sehen. Tabelle 8: Titel Djedchonsiufanch (C)

Titel

Übersetzung

Quelle

jr.j-pa.t HA.tj-a

Fürst und Gouverneur

CG 42210329 CG 42211330 JE 37382331

xtmw bjt

Siegler des bjt-Königs

CG 42210 CG 42211 JE 37382

jm.j-r’ xtm.t

Vorsteher des Siegels

JE 37382

 322

Vgl. zur Datierung unter Takelot III. Payraudeau 2004, 82−86. Bierbrier 1975, 79. 324 Legrain 1914b, 25−28; PM II2, 150; Jansen-Winkeln 1985, 63–82, 462–469; Jansen-Winkeln 2007b, 234−236. 325 Legrain 1914b, 28−32; PM II2, 149–150; Jansen-Winkeln 1985, 83–99, 470–481; Jansen-Winkeln 2007b, 320−323. 326 Kairo TN 20/2/25/1 = JE 37382: Jansen-Winkeln 2008a, 54. Payraudeau 2007, 149 versucht die Statue zeitlich noch früher anzusetzen als CG 42211, da Djedchonsiufanch auf der Statue TN 20/2/25/1 = JE 37382 noch nicht den Titel des 2. Priesters innehätte, den er auf CG 42211 tragen würde. Allerdings handelt es sich dabei um den Hm nTr 2-nw jmj Abd=f pr #ns.w und nicht um den Titel des 2. Priesters des Amun. Eine genaue zeitliche Bestimmung ist daher nicht möglich. 327 Jansen-Winkeln 2008a, 54. 328 Vgl. die Titel auf den zahlreichen Statuen Nachtefmuts (A), Jansen-Winkeln 2007b, 141−153. 329 Jansen-Winkeln 2007b, 234−236. 330 Jansen-Winkeln 2007b, 320−323. 331 = TN 20/2/25/1; Statuenfragment aus dem Hypostylsaal Kairo; vgl. Jansen-Winkeln 2007b, 323−324. 323

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Titel

Übersetzung

Quelle

smr wa.tj (r Hw.t-nTr n Jmn)

Einziger Freund (in den Bezug auf den AmunTempel)

CG 42210 CG 42211 JE 37382

jr.tj nzw m Jp.t-s.wt

Augen des Königs in Karnak

CG 42210

anx.wj bjt

Die beiden Ohren des bjt-Königs

CG 42211

HA.t aH.t HA.t sbx.t

Erster des Palastes, Erster des Tores

CG 42211

TA(j) xw

Wedelträger

CG 42211

wr wr.w saH smr.w

Größter der Großen, der würdevollste der Höflinge

CG 42211

sr xnt.j saH saH.w

Vorderster Magistrat, würdevollster der Würdevollen

CG 42211

jm.j-r’ pr-HD n nb tA.wj (anx wDA snb)

Vorsteher des Schatzhauses des Herrn der beiden Länder

CG 42210

jm.j-r’ Hw.wt wr.wt 6 nb snD n mabAyt

Vorsteher der 6 großen Häuser

CG 42211

Herr der Furcht des 30er Kollegiums

CG 42211

jm.j-r’ jm.jw-xnt Hry sStA n Sntj

Vorsteher der Kammerherren und Geheimnishüter der beiden Schwestern

CG 42211

wpw.tj nzw r grg tA.wj

Bote des Königs, um die beiden Länder in Ordnung zu bringen

CG 42211

jm.j-r’ kA.t nb nzw n HD nbw

Vorsteher aller Arbeiten des Königs aus Silber und Gold

CG 42211

Hm nTr 4-nw n Jmn-(Raw nzw nTr.w)(m Jp.t-s.wt)

4. Priester des Amun des Amun-(Re, König der Götter) (in Karnak)

CG 42210 CG 42211 JE 37382 JE 37362332 Uschebti-kasten Nehemsybastet333

jt nTr n pr aA

Gottesvater des Pharaos

CG 42211

jr.y rd.wj n nTr nfr m bw nb mrr kA=f

Begleiter des guten Gottes an alle Orte, die sein Ka liebt

CG 42211

Hpt wDAt n Mw.t nb.t p.t

Priester, der das Udjat-Auge umarmt für Mut, die Herrin des Himmels

CG 42211

Hm nTr wHm n Jmn

Wiederholender Priester des Amun

CG 42211

jm.j-r’ Hm.w nTr ntr.wt nbw Hm nTr jmj Abd=f Hr sA 4-nw

Vorsteher der Priester aller Götter

CG 42211

Monatspriester in der 4. Phyle

CG 42211

sSm Hm.w-nTr

Leiter der Priester

CG 42211

jm.j-r’ zXA.w nzw Hw.t-nTr wAh Htp-nTr n nTr.w nTr.wt

Vorsteher der königlichen Tempelschreiber, die die Opfer den Göttern und Göttinnen darbringen

CG 42211

jm.j-r’ gs.w pr Hm nTr n #ns.w wTz-xaw

Vorsteher der Heiligtümer

CG 42211

Priester des Chons, der die Kronen erhebt

CG 42211

Hm nTr b Jmn-pA-wr (H)kAw

Priester des Amun-der-groß an Zauber ist

CG 42211

Hm nTr nA nTr.w msa

Priester der Götter der Armee

CG 42211

jwn-mw.t=f abw pr-wr m Jp.ts.wt

Iunmutef, der das pr-wr reinigt

CG 42211

 332 333

= CG 48614; Jansen-Winkeln 2009, 507. Jansen-Winkeln 2007b, 406. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Titel

Übersetzung

Quelle

zXA.w Sn n pr Jmn pr +Hwtj mjtt Hm nTr n Jmn-m-Jp.t-pA-wDA

Sn-Schreiber der Amuns- und Thotdomäne

CG 42211

Priester des Amenemope-der-Retter

CG 42211

Hm nTr 2-nw jmj-Abd=f pr.w #ns.w Hm nTr 4-nw n Jmn-waf-xAs.wt

2. Monatspriester der Chonsdomäne

CG 42211

4. Priester des Amun, der die Fremdländer unterwirft

CG 42211

Hm nTr n +Hwtj nb xmnw

Priester des Thot, Herr von Hermopolis

CG 42211

[sHD sm] m Hw.t %kr

Aufseher der Sempriester im Tempel des Sokar

CG 42211

sm %kr nb Jp.t-s.wt

Sempriester des Sokar, Herr von Karnak

JE 37362/ CG 48614

Hry sHtp.w HA.t Jmn

Oberster Weihrauchträger vor Amun

CG 42211

jm.j-r’ Hm.w-nTr m Hw.wt-nTr.w rs.jw sHD Hm.w-nTr [...]

Vorsteher der Priester der südlichen Tempel

CG 42211

Aufseher der Priester [...]

JE 37382

sSm HAb.w [m] Jp.t-s.wt [...]

Leiter der Feste in Karnak […]

JE 37382

sSm m Hw.t-nTr

Leiter der Tempel

CG 42211 CG 42211

HoA bAt

Djedchonsiufanch (C) rühmt sich in seiner Biographie seines Einflusses auf den König. So wird er beschrieben als: CG 42211, Vorderseite, rechts Z. 11 CG 42211, Vorderseite, rechts, Z. 12 CG 42211, Vorderseite, rechts 16

ao Hr aH.t wr.w m rw.t

Einer, der den Palast betritt, während die Großen draußen bleiben.

r’ wa(j) mdt n r’.w {m} m sgr

Einziger sprechender Mund, (während) die anderen Münder schweigen.

wpwtj nzw r grg tA.wj

Bote des Königs, um die beiden Länder zu ordnen, …

Betont werden dabei sein Zutrittsrecht zum Palast und die Tatsache, dass er sich beim König Gehör verschaffen konnte, im Gegensatz zu anderen Beamten. Auch wenn es sich hierbei um stereotype Phrasen und es sich bei der Abgrenzung gegenüber den übrigen Beamten um ein Motiv handelt, das in anderen Biographien ebenfalls oft thematisiert wird,334 betonen diese Epitheta seinen Einfluss auf den König. Da die Statue CG 42211 in die Zeit Osorkons III. und Takelots III. zu datieren ist, aber von seinem Sohn Nachtefmut (B) in Auftrag gegeben wurde, kann man vermuten, dass der König, um den es sich handelt, Osorkon III. ist. Besonders auffällig ist die Phrase, in der er hervorhebt, dass er den König in seinem Wüten beruhigte. CG 42211, Vorderseite, rechts, Z. 13

sgrH jtj m nSn=f

Einer, der den Herrscher in seinem Wüten beruhigt.

 334

Vgl. Auflistung der Epitheta und Phraseologie bei Jansen-Winkeln 1985, Teil II. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Köhler interpretiert Wut als konzeptuelle Metapher der physischen Stärke des Königs.335 Die Belege aus der Dritten Zwischenzeit336 deuten auf eine Interpretation als Wut gegenüber Feinden. Auffallend ist dabei, dass auf der Statue des Horsiese (C), dem Vater des Djedchonsiufanch (C), die von Djedchonsiufanch (C) in Auftrag gegeben wurde, ein ganz ähnliches Epitheton benutzt wird: CG 42210, linke Seite, Z. 6.

jnk sHtp jb=f wA(j) r nSn.y m A.t=f

Ich bin einer, der sein Herz beruhigte, wenn es sich anschickte, in seinem Augenblick zu wüten.

Auf einem Statuenfragment Djedchonsiufanchs (C) aus dem Hypostylsaal findet sich ebenfalls noch einmal ein Hinweis auf die verheerende Macht des Königs. Payraudeau übersetzt die Stelle folgendermaßen: TN 20/2/25/1=JE 37382, linke Seite. Z. 9

[…s]anx Hor.w n spA.t Sfy nTr bA.w nzw tp=Tn ra nb

„[Quant à ceux qui ne nourriraient pas] l’affamé du nome, la crainte du dieu et la colère du roi seront sur vous chaque jour“.337

Da es sich an dieser Stelle um eine Drohformel im Anschluss an einen Anruf an die Lebenden handelt, muss es sich bei bA.w nzw um eine negative Kraft des Königs handeln, die strafend wirkt. Auffälligerweise finden sich diese drei Belege für die Wut des Königs bei Djedchonsiufanch (C), einem Vertrauten Osorkons III. Wut gehört aber nicht nur zur königlichen Sphäre, sondern gilt auch als göttliche Kraft und lässt sich mit zahlreichen Gottheiten in Verbindung bringen.338 Die Verbindung zum wütenden Sonnenauge339 sticht hervor und somit wird auf einer übergeordneten Ebene wiederum ein Anknüpfungspunkt an die 25. Dynastie und die Konzeptualisierung des Königtums geschaffen.340 Außerdem ist Djedchonsiufanch (C) der Fürsprecher der Tempel beim König. CG 42211, Vorderseite, rechts, Z. 14

sxA nfr.w341 n gs.w-pr.w r anx.wj jtj

Einer, der die Ohren des Herrschers an die guten Taten der Tempel erinnert.

Hier findet sich eine Vermischung der religiösen und politischen Kompetenzen. Djedchonsiufanch (C) – in seiner Funktion als Berater des Königs – erinnert diesen an die guten Taten der Tempel. Dieses Epitheton folgt direkt auf das Beruhigen der königlichen Wut und kann damit in Zusammenhang stehen. Dann muss mit nfr.w aber eine positive Eigenschaft der Tempel gemeint sein, da das Wissen darüber benutzt wird, um den König wieder zu beruhigen. Auch militärische Bedeutung kann Djedchonsiufanch (C) beigemessen werden, denn das Verstärken der Grenzen und das Ausheben von Rekruten aus dem Tempelpersonal können als Hinweise auf kriegerische Auseinandersetzungen gewertet werden. CG 42211, Vorderseite, rechts, Z. 8

smnx Dr.w smnx wA{r}sj{m}

Einer, der die Grenzen verbessert und das Verfallene (wieder) vortrefflich macht.

CG 42211, Vorderseite, rechts, Z. 9

T{n} DAm.w m gs.w-pr.w

Einer, der die Rekruten in den Tempeln zusammenzieht.

 335

Vgl. Köhler 2016, 192–193. Bubastidenportal Scheschonq I., Z. 19; pBerlin 3049 8:5; Louvre C 256 („Stele der Verbannten“). 337 Payraudeau 2007, 143. 338 Köhler 2016, 137. 339 Köhler 2016, 146-152. 340 Vgl. Kapitel II.3.1.5.2.4. 341 Wb 2, 260.16. Jansen-Winkeln 1985, 92, Anm. 13 übersetzt nfr.w – „Fehlbetrag“ in Anlehnung an Kees 1958, 216. Doch scheint es sich bei der Schreibung ohne das Determinativ des Sperlings (Gardiner G37) eher um nfr.w – „das Gute/ die guten Taten“ zu handeln. 336

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Auch wenn Djedchonsiufanch (C) seine „Parteizugehörigkeit“ zu Osorkon (B) nicht direkt festhält, kann man aufgrund der genannten Hinweise davon ausgehen, dass er zu dieser Gruppierung gehörte. Er hatte auf jeden Fall Einfluss auf einen nicht näher genannten König – wahrscheinlich Osorkon III. – und kann diesen in seiner Wut beruhigen. Außerdem war er in militärische Auseinandersetzungen indirekt durch Truppenaushebungen und das Verstärken der Grenzen involviert. Die hohe Zahl seiner Ämter unter Osorkon III. ist dann ein Hinweis auf seine Belohnung im Anschluss an die Rebellion. 4.7

Zusammenfassung: Osorkon (B)

Die Unterstützer von Takelot II. lassen sich in den meisten Fällen nur indirekt mit diesem Lager in Verbindung bringen.342 Verwandschaftsbeziehungen, Eheschließungen oder das Datieren nach dem jeweiligen Herrscher sind die ausschlaggebensten Argumente. Bis auf den HPA Osorkon (B), der ja auch zu den Hauptakteuren des „Bürgerkrieges“ zählt, lassen sich nur wenige direkte Argumente für eine Zugehörigkeit zu dieser politischen Allianz aufdecken. Bei Osorkon (B) dagegen zeigt sich ein ganz differenziertes Bild. Der Schwerpunkt in Osorkons (B) Selbstinszenierung liegt im Bereich der Legitimation. Zwar legitimierte er sich – durch die Datierung nach seinem Vater Takelot II. und die Einführung der Titel mit den Präpositionen mj – „wie“, xft – „gemäß“ und Phrasen wie „Abbild des“ oder „Same des“ –,343 deutlich als Thronfolger, trotzdem wird seine designierte Position als Herrscher hervorgehoben. Der zweite Kernpunkt seiner Repräsentation liegt auf den starken Bezügen zum Königtum,344 in denen auf subtile, unterschwellige Weise immer wieder auf Osorkon (B) als Regenten verwiesen wird. Dies kann man zum einen als Hinweis auf die tatsächliche Macht und den Einfluss werten, den Osorkon (B) als Hohepriester des Amun und jm.j-rʼ mSa.w wr hatte; zum anderen als Anhaltspunkt, dass sein Vater Takelot II., der zwar noch im Amt war, ihm königliche Aufgaben bereits übertragen hatte. Dazu passt, dass in den begleitenden Reliefbildern Osorkon (B) in Teil A hinter Takelot II. als der Hauptausführende und in Teil B Osorkon (B) alleine bei der Ritualhandlung dargestellt ist. Mit dem Rückgriff auf die Traditionen der Gaufürsten der Ersten Zwischenzeit bedient sich Osorkon (B) einer weiteren Ebene der Machtinstrumentalisierung,345 indem er das Motiv des Patrons und des guten Hirten, der sich um seine Herde kümmert, für sich aufgreift. In der Theokratie der Dritten Zwischenzeit wird auch dieses Motiv dem herrschenden Gott Amun zugeschrieben.346 Damit suggeriert er die Übernahme von Verantwortung gegenüber der thebanischen Bevölkerung. Eine enge Verflechtung von Religion und Politik findet sich auch in der Ersten Zwischenzeit, da die politisch mächtigen Gaufürsten auch hohe Ämter im Tempelbereich innehatten.347 Mit der ausführlichen Beschreibung der Bestrafung348 der Rebellen wird neben Gerechtigkeit auch Härte und Unnachgiebigkeit demonstriert. Auch dies sind Fähigkeiten, die ein Herrscher haben muss. Mit der Kritik an Amun setzt er sich mit den Göttern auf eine Ebene,349 denn es handelt sich dabei um eine Interaktion auf einer Ebene und nicht von Gott zu Mensch. Es wird aber deutlich, dass durch diese Selbstdarstellung Osorkons (B) der HPA eingehender charakterisiert werden kann: Es handelte sich um einen Hohepriester, der sich selbst als uneingeschränkten Herrscher der Thebais ansah und sich daher in vielerlei Hinsicht königlich präsentierte, obwohl seine Macht immer wieder in Frage gestellt wurde. Dass er nur der desginierte Thronfolger ist, gerät bei der Lektüre des CPO-Textes schnell in den Hintergrund. Unterstrichen wird dies durch die Hinweise aus den Biographien seiner Unterstützer Horsiese (C) und Djedchonsiufanch (C), die beide berichten, dass sie den König in seinem Wüten beruhigen mussten.350 Aus den im CPO-Text beschriebenen Querelen aus dem Jahr 15 scheint Osorkon (B) aber als Unterlegener herausgegangen zu sein, da er für die nächsten zehn Jahre nicht in Theben belegt ist.

 342

Vgl. die Tabelle in Kapitel I.3. Vgl. Kapitel I.4.1.1–3. 344 Vgl. Kapitel I.4.1. 345 Vgl. Kapitel I.4.2. 346 Vernus 1995, 86, 92. 347 Seidlmayer 2000, 128. 348 Vgl. Kapitel I.4.6. 349 Vgl. Kapitel I.4.3. 350 Vgl. Kapitel I.4.8. 343

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61

Horsiese (B), der immer als Hohepriester gemeinsam mit dem König Pedubast belegt ist, ist allerdings schon unter Osorkon II. – ganz zu Ende dessen Regierung – als Nachfolger von Takelot (F), dem späteren Takelot II., als Hohepriester im Amt. Dies bezeugt die Statue CG 42225 vom Sekretär des Pharaos Nebnetjeru (iii), deren Aufstellung von seinem Enkel Hor (vii/viii/ix/xi) veranlasst wird.351 Daraus kann man schließen, dass Osorkon (B) bei der Thronbesteigung Takelots II. eventuell noch zu jung für das Amt des Hohepriesters war. Als er dann elf Jahre später auf – wie wir feststellen konnten, sehr anmaßende Weise – Ansprüche auf das Amt erhebt, formierte sich eine Gegenpartei um den Amtsinhaber Horsiese (B), die den Gegenkönig Pedubast I. unterstützte, um einen Aufstieg Osorkons (B) zu verhindern. Erst mit dem Auftauchen des Thronfolgers Osorkon (B) scheinen sich die politischen Probleme dieser Zeit zu manifestieren. Der Konflikt in Theben spielte sich vermutlich eher auf der Ebene der beiden Hohepriester, bzw. innerhalb der Priesterschaft des Amun-Tempels, ab – es handelte sich also um Unstimmigkeiten innerhalb des Tempelpersonals, die eine politische Dimension annahmen. Osorkon (B), der als Erstgeborener Takelots II. das Amt des Hohepriesters für sich beanspruchte, geriet so mit seinem Widersacher, dem zeitgleichen Amtsinhaber Horsiese (B), in einen direkten Konkurrenzkampf. Der Blick auf die selbstbewusste und anmaßende Selbstinszenierung, der hier unternommen wurde, gibt Einblicke in die Vorgehensweise Osorkons (B), der mit dem Annalentext seine Ansprüche manifestiert. Nicht auszuschließen ist allerdings auch die Möglichkeit, dass die eigentlichen Kontrahenten innerhalb der einflussreichen Familien Thebens zu suchen sind, die ihre jeweiligen Hohepriester und Könige protegierten. Osorkon (B) wurde hauptsächlich von Angehörigen der Nachtefmut-Familie unterstützt, während Horsiese (B) und Pedubast I. die Favoriten der Nebnetjeru-Familie waren.352 Die Fragen nach der Datierung von Abfassung und Anbringung des Annalentextes und nach dem potentiellen Adressatenkreis stellen darüber hinaus weitere interessante Punkte dar, die in die Interpretation des Textes und seiner Wirkung auf die Bevölkerung der Thebais bzw. der thebanischen Priesterschaft miteinfließen müssen. Die Inschrift CPO A, die in das 11. Jahr Takelots II. datiert und die den König Takelot II. im begleitenden Reliefbild zeigt, wurde wahrscheinlich nach dem erfolgreichen Einzug in Theben und der Niederschlagung der ersten Rebellion abgefasst.353 Die dazugehörige Opferliste enthält nur die Opfer aus dem 11. Regierungsjahr. Wahrscheinlich wurde der Text im Karnak-Tempel angebracht, um der örtlichen Priesterschaft die Strafmaßnahmen Osorkons (B) gegenüber den Rebellen immer wieder vor Augen zu führen, um sie von weiteren Aufständen abzuhalten. Sowohl Abfassung als auch Anbringung datieren somit in das 11. Jahr Takelots II. Die Texte CPO B und C beinhalten die Angelegenheiten der nächsten 19 Jahre (zwischen dem 12. Jahr Takelots II. und dem 28. Jahr Scheschonqs III.), denn eine gemeinsame Opferliste für den gesamten Zeitraum schließt sich an die Schilderung der verschiedenen Ereignisse an. Dies deutet auf eine spätere Abfassung hin. Der Text wurde wahrscheinlich zunächst auf einem Papyrus kompiliert und dann erst im Ganzen an der Wand angebracht. Ein weiteres Argument ist die Tatsache, dass nur die positiven Ereignisse, also Siege und die aktive Amtsausführung durch HPA Osorkon (B) in Theben, dokumentiert sind.354 Die Niederlagen und Phasen des Rückzuges dagegen sind durch Lücken und Auslassungen in der Überlieferung gekennzeichnet. Ein Addendum aus dem 29. Jahr Scheschonqs III. legt nahe, dass der Text in dieser Zeit angebracht wurde, kurz bevor Osorkon (B) wieder aus Theben vertrieben wurde.355 Gegen eine Anbringung nach der Thronbesteigung als Osorkon III. spricht, dass die Ereignisse der folgenden zehn Jahre dann sicherlich ebenfalls mitaufgenommen worden wären.

 351

Legrain 1914b, 58–62; Jansen-Winkeln 1985, 117–135, 494-505; Russmann 1990, 159–162; Jansen-Winkeln 2007b, 135–141. 352 Vgl. Kapitel I. 6. 353 Erman 1908, 6 interpretiert Teil CPO A als ein Dekret mit Vorgeschichte, wobei das Datum zu Beginn des Textes das Abfassungsdatum ist. 354 Vgl. Anm. 275. 355 S. o. Tabelle historischer Überblick und dazu Nilstandsmarke Nr. 29; Jahr 30 = HPA Takelot (E). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Um das Auditorium oder die potentielle Leserschaft eines Textes zu ermitteln, hat Bleiberg in Anlehnung an den Kommunikationswissenschaftler Harold Lasswell einen Fragenkatalog erstellt,356 der sich mit folgenden Punkten beschäftigt: • Absender? • Inhalt? • Intention? • Sitz im Leben? Osorkon (B) und die Fraktion der Priesterschaft, die ihn unterstützt hat, sind die Absender des Textes. Thematisiert werden wie oben bereits ausführlich beschrieben die „bürgerkriegsähnlichen“ Zustände in Theben und die Reaktionen des HPA Osorkon (B). Der Sitz im Leben des Textes ist – analog zu den historischen Texten des Neuen Reiches, die von Bleiberg herangezogen wurden – die Bekanntmachung des Triumphes Osorkons (B). Es handelt sich dabei um „part of a conscious propaganda campaign intended to establish the legitimacy of the reigning king in the minds of the government and temple functionaries and the common people“,357 wobei in diesem Fall nicht der König, sondern der HPA die Herrscherfunktion übernahm. Die Intention des Textes wäre somit die Abschreckung der politischen Gegner. Hinzu kommen die Fragen nach der Literarizität der Leser und die des Zugangs zum Text. Wenn man davon ausgeht, dass nur ca. 1% der Bevölkerung Lesen und Schreiben konnte,358 ist die Zahl der Menschen, die den Text selbst lesen konnten, sehr gering. Der Zugang zum Inneren des Tempels war nur dem König und Priestern gestattet. Es ist fraglich, inwieweit Laien Eintritt in den Tempel erhielten.359 Der Vorhof gehörte aber zu den wenigen Bereichen, die den „einfachen“ Menschen zugänglich waren,360 und diesen damit die Möglichkeit bot, den Göttern persönliche Opfergaben wie Statuen, Statuetten, Stelen oder auch nur ein Graffito zu hinterlassen und die Botschaften auf den Tempelwänden zu rezipieren, wenn ihnen der Text laut vorgelesen wurde.361 Vorrausetzung für ein lautes Vorlesen ist die Anbringung an leicht zugänglichen Orten wie Außenwänden, Pylonen oder Stelen in Vorhöfen.362 Auch das Bubastidentor im 1. Hof des Karnak-Tempels erfüllt diese Kriterien. Die Inschrift kann man somit als ein schriftliches Protokoll einer solchen Bekanntmachung auffassen.363 Damit würde sich das Auditorium des CPO-Textes auch auf die Bevölkerung Thebens ausdehnen, die an Festtagen in diesen Bereich des Tempels gelangen konnte. Doch am wahrscheinlichsten richtet sich der Text an die thebanische Priesterschaft, die Osorkon (B) im Konflikt um die Vorherrschaft in Theben gegenüberstand.364 Die Schreiber,365 die an den Aufständen beteiligt waren, sollten an den Triumph Osorkons (B) und an seine Strafmaßnahmen erinnert werden.366

 356

Bleiberg 1985–86, 5−14. Bleiberg 1985–86, 5. 358 Baines 2007, 49; Baines/Eyre 2007, 67 kalkulieren 1% für das Alte Reich. In der Dritten Zwischenzeit gingen die Bevölkerungszahlen zurück, aber die Literarizitätsrate sank wahrscheinlich noch schneller (Baines/ Eyre 2007, 68), denn die Fähigkeit, Lesen und Schreiben zu erlernen, ist zu dieser Zeit noch stärker beschränkt (Baines 2007, 59). Parkinson 2002, 66–67 geht von aus, dass 1–10% der Bevölkerung literat war. 359 In vielen Tempel gab es mit den Gegentempeln Bereiche, zu denen den Gläubigen der Eintritt gewährt wurde. Dazu zählen beispielsweise die Kapellen des Gottes X, der die Bitten erhört, die sich an der hinteren Außenwand eines Tempels befinden, so dass jedermann sie erreichen konnte. Der Amun-Tempel in Karnak besitzt z. B. zwei solcher Kapellen an der östlichen Außenwand, die unter Thutmosis I. bzw. Thutmosis III. und Hatschepsut angelegt wurden. In Medinet Habu gibt es eine Darstellung in Relief von Ptah, der die Bitten erhört; in Memphis befand sich ein Schrein des PtH sDm nHt im Bereich der von Ramses II. erbauten Westhalle des Ptahtempels (Teeter 1993, 31; Lesko 2001, 337; Sadek 1988, 16ff.). 360 Vernus 1977, 145. 361 Vgl. Revez 2003, 565; Baines/Eyre 2007, 73. 362 Bleiberg 1985–1986, 9. Selbst der Hypostylsaal in Karnak war im Neuen Reich ein Ort der Bekanntmachung an die Bevölkerung (vgl. Zivie-Coche 2004, 112). Zur Bekanntmachung im Tempel s. auch von der Way 1984, 38. 363 Bleiberg 1985–1986, 6. Ähnlich auch schon Erman 1908, 6, der den Text als die Bekanntmachung eines Dekrets des HPA Osorkon (B) interpretiert. 364 Baines/Eyre 2007, 73 sehen in den öffentlich angebrachten Texten „propaganda for the elite rather than a broad readership“. 365 Vgl. Payraudeau 2003a. 366 Vgl.Kapitel I. 4.6. 357

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Diese Interpretation wird durch die Drohformel und den Anruf an die Lebenden am Ende von Text CPO A unterstützt: CPO A, 53

jr smnx.t{w}=f wD.t tn […] th wD.n=j n HD(j).n=f sxr=j wnn=f r mwt=f Xr Hzw.t njt Jmn pAy=snsic nb jr pA ntj jw=f mnmn wD.t tn jr(j).n=j xr=f n Sa.t n Jmn-Raw

Was den anlangt, der diesen Befehl vollkommen machen wird […] der rebelliert gegen das, was ich befohlen habe und der meinen Plan nicht zerstört, der wird – bis zu seinem Tod – in der Gunst Amuns, seines(!) Herrn, sein. Was den anlangt, der diesen Befehl, den ich gemacht habe umwendet, er wird fallen in das Unheil/Gemetzel367 Amun-Res.

Der zweite Teil wurde wahrscheinlich aus ähnlichen Gründen im Jahre 29 Scheschonqs III. abgefasst. Der Strafenkatalog wird in diesem Teil nicht mehr thematisiert, vielmehr werden ruhigere Phasen wie der „Waffenstillstand“ betont. Die Verteilung der unterschiedlichen Phrasen und Stilmittel, die zur Inszenierung der Herrschaft Osorkons (B) benutzt werden, unterscheidet sich innerhalb der beiden Abfassungszeiträume (s. Tabelle 9). Während nach der ersten Rebellion im 11. Jahr Takelots II. die Bestrafung der politischen Feinde einen großen Stellenwert hat, wird dieser Aspekt bei der Zusammenfassung des Zeitraums vom 12. Jahr Takelots II. bis zum 29. Jahr Scheschonqs III. (insgesamt 19 Jahre) vernachlässigt. Obwohl die politische und religiöse Legitimation in beiden Abschnitten der Chronik gleichwertig vertreten sind, legt CPO B+C mit der Scheintitulatur und der immer wieder auftretenden Gleichsetzung von Osorkon (B) und Horus ein großes Augenmerk auf die Herrscherlegitimation Osorkons (B). Das Herrscherbild dieses Zeitabschnitts wird ergänzt durch Rückgriffe auf den Elitediskurs der Ersten Zwischenzeit und des Mittleren Reiches, da Osorkon (B) sich ebenfalls als sorgender Patron darstellen lässt, der das Staatsschiff steuert. Auch die offensichtliche Kritik an Amun findet sich nur in diesem Abschnitt. Insgesamt lässt sich damit ein Schwerpunktwechsel innerhalb der Machtinszenierung – vom desginierten Thronfolger, der seine Gegner rücksichslos bestrafen lässt, hin zum sorgenden Herrscher, dessen Ansprüche auf den Thron immer stärker untermauert werden – konstatieren. Tabelle 3: Verteilung der unterschiedlichen Motive der Herrschaft

Inszenierung von Herrschaft

1. Rebellion (CPO A)

Scheintitulatur

2. – 3. Rebellion (CPO B–C) B, 2

Gleichsetzung mit Horus

A, 23

Neheb-Kau-Fest

A, 26

Blumenopfer

A, 29–30

Königliche Aufgaben: Maat/Isfet

Beischriften Teil A A, 23

Königliche Aufgaben: politische Ebene

B, 2 B, 5 B, 7 B, 13 B 14–15

B, 4

Politische Legitimation

A, 30 A, 52–53

B, 1–2 B, 2 B, 3

Filiation von Göttern

A, 19

B, 4–5

 367

S. dazu Wb 4, 416.11–417.7. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Inszenierung von Herrschaft

1. Rebellion (CPO A)

2. – 3. Rebellion (CPO B–C)

Erziehung durch Göttinnen

A, 25

B, 3

Bestimmung im Kindesalter

A, 20

B, 4

Wesensähnlichkeit

A, 18

Göttliche Unterstützung

B,3 B, 4

Rückgriffe auf Elitediskurs Erste Zwischenzeit

B, 5–6

Kritik an Amun

B, 16–20 C, 1

Bestrafung der politischen Feinde

A, 20 A, 24 A, 31–32 A, 35–36 A, 53

Verschiedene Gründe kommen für die unterschiedliche Selbstinszenierung in Frage. Auf der einen Seite war die unnachgiebige, harte Linie gegenüber den politischen Gegnern und Rebellen nicht von Erfolg gekrönt, da bereits ein Jahr später die zweite Rebellion gegen Osorkon (B) belegt ist. Auf der anderen Seite scheint das Bedürfnis Osorkons (B), sich als Herrscher zu präsentieren, noch größer geworden zu sein. Dies lässt sich durch das Szenario erklären, dass die Nachfolgeregelung nach dem Tod Takelots II. – Iuput I. wird als dessen Nachfolger eingesetzt368 – nicht den Wünschen Osorkons (B) entsprach, er sich dem aber aufgrund seiner unterlegenen Position fügen musste. Die Unzufriedenheit über diese Lösung zeigt sich dann nicht nur in der Datierung nach Scheschonq III. ab diesem Datum, sondern auch in dem gesteigerten Bedürfnis, die eigentlichen Herrscherwürden stärker zu betonen. Osorkon (B) selbst war Mitglied der königlichen Familie und hat seinen Sitz in der Nähe von el-Hibeh in Mittelägypten. Er war kein Angehöriger der in Theben ansässigen einflussreichen Familien. Doch wurde er von diesen unterstützt und belohnt sie mit Ämtern z.T. bereits in seiner Zeit als HPA, oder nachdem er als Osorkon III. den Thron bestieg.369 In den zum CPO gehörenden Opferlisten werden auch Zahlungen aus der Domäne des HPA erwähnt. Dies kann als Hinweis gewertet werden, dass der HPA Osorkon (B) sich auch durch finanzielle Aufwendungen und Entschädigungen die Loyalität der Beamten und Priester erkaufte. CPO A, 43

[…] m Xnw pA pr n Hm nTr tp.j n Jmn r pr.w Jmn m jr(j).t n SAw […]

CPO A, 50

jw grg.n=j hrm.w=sn m DD=j HD dbn 16 ½ rmT.w zj 30 tAy=sn wnm.w.t sms r pA pr Hm nTr tp.j n Jmn xrt-rnpt 51 [...]

[…] aus dem Innern des Hauses des HPA zur Domäne des Amun als das, was getan wird in angemessener Weise […] Ich gründete ihre Vogelaufzuchtstellen, indem ich 16,5 Deben Silber und 30 Mann gab. Ihr Futter für die Jungvögel geht zu Lasten des Hauses des Hohepriesters des Amun, jährliche […]

Osorkon (B) unterstützte den Amun-Tempel finanziell mit Mitteln aus dem Haushalt des HPA. Auch die Aufzucht der Gänse als Opfertiere ging zu Lasten seines eigenen Vermögens. Desweiteren sind die Textstellen zu nennen, in denen HPA Osorkon (B) dem Tempelpersonal eine rechtliche Sonderstellung zuspricht und sie vor Übergriffen schützt: CPO A, jr(j).tw wD.t Hr rn=j m Hm nTr tpj n Man machte ein Dekret in meinem Namen als Jmn-Raw nzw nTr.w WA-sA-jr-k-n 40–42 Hohepriester des Amun-Re, König der Götter, Osorkon,

 368 369

Vgl. u. a. Jansen-Winkeln 1995a, 140−141. Vgl. z. B. den Titelzuwachs unter Osorkon III. von Horsiese (C). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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r Hn pr Jmn-Raw nzw nTr.w pr Mw.t wr.t nb.t JSrw pr #ns.w m WAs.t nfr-Htp 40 pr MnT.w nb WAs.t jp.t MAa.t Hw.wt r.w-pr.w sDfA.w=f

um den Tempel des Amun-Re, König der Götter, zu versorgen und den Tempel von Mut, der Großen, der Herrin von Ischeru, den Tempel von Chons in Theben-Neferhotep, 40 den Tempel von Month, Herr von Theben, die jp.t der Maat und alle Tempel und Heiligtümer, die ihm wirtschaftlich angeschlossen sind.

...

...

jw smd.t=sn nb xw(j) mk

wobei ihr ganzes Hilfspersonal behütet und beschützt ist,

65

Diese Schutzzusage muss eine direkte Reaktion auf die Auseinandersetzungen zwischen den beiden „Parteien“ gewesen sein. Osorkon (B) sicherte dem niederrangigen Tempelpersonal zu,370 dass ihnen keine Repressalien durch ihre Vorgesetzten und die einflussreiche Priester- und Beamtenschaft Thebens drohten. Hierbei scheint es sich um eine Vergütung für die Loyalität HPA Osorkon (B) gegenüber zu handeln. Auch auf mythologischer Weise sicherte HPA Osorkon (B) seinen Machtanspruch ab. Die zahlreichen Vergleiche mit Horus sind Anspielungen auf den Osiris-Mythos und auch der Mythos vom Sonnenauge, der gerade in der kuschitischen Zeit eine besondere Rolle in der Königslegitimation spielen wird,371 wurde von ihm aufgegriffen. Abschließend lässt sich konstatieren, dass Osorkon (B) sowohl auf mythologischer und religiöser Ebene als auch auf der realpolitischen Ebene seinen Herrschaftsanspruch untermauerte. Es kommt somit zu einem Zusammenspiel dieser beiden Ebenen, denn er nutzte seine mythologische Legitimation und sein religiöses Amt, um seine Macht zu inszenieren und seine politischen Ambitionen durchzusetzen. Sowohl die mythologisch-religiöse Legitimation als auch der politische Anspruch auf die Herrrschaft über die Thebais sind für seine Legitimation als desginierter Thronfolger unabdingbar. 5 Hor (vii/viii/ix/xi) Hor (vii/viii/ix/xi) war das bedeutendste Mitglied der Nebnetjeru-Familie, die über viele Jahre hinweg sowohl hohe Ämter in der Administration als auch einflussreiche Priesterämter innehatte.372 Zu Beginn seiner Karriere stand er im Dienst des Königs Osorkon II.373 Als einziger seiner Familie genoß er das Privileg, in die königliche Familie einzuheiraten. So ist u. a. Schepensopded (i), eine Enkelin Osorkons II. und Tochter des HPA und Generals Nimlot (C) von Herakleopolis, die damit ebenfalls eine Schwester Takelots II. ist, als seine Gemahlin bekannt.374 Ein Satz aus seiner Biographie kann als Anspielung auf die lange Amtszeit Hors (vii/viii/ix/xi) gewertet werden, denn er sagt: CG 42226, Oberkante untere Zeile

jst zA n zA jr.j-rd.wj=j

…, während der Sohn meines Sohnes mein Gefährte war.

und betont damit, dass er noch zeitgleich mit seinem Enkel im Amt war. Wie auch der HPA Horsiese (B), der in den letzten Regierungsjahren Osorkons II. als HPA und Nachfolger von HPA Takelot (F) belegt ist, scheint Hor (vii/viii/ix/xi) der Thronbesteigung Takelots II. zunächst zuzustimmen. Er war maßgeblich am Bau der Kapelle J (Osiris Wepisched/Isis vom großen Hügel) beteiligt, die die legitimatorischen Absichten

 370

Vgl. smd.t – „Untergebene“, Personal; Wb 4, 147.2–7. S. Kapitel II.3.1.5.2.4 und Kapitel II.4.1. und Kapitel II.4.3.2. 372 Kees 1958, 223−229; Kitchen 31996, 211−213; Bierbrier 1975, 73−78; Payraudeau 2014a, 145−148. 373 Vgl. die Kartuschen auf dem Würfelhocker CG 42225 (Legrain 1914b, 58−62; Jansen-Winkeln 1985, 117−135, 494−505; Russmann 1990, 159−162; Jansen-Winkeln 2007b, 135−139) und der Statue seiner Frau Schepensopded (i) CG 42228 (Legrain 1914b, 67−70, pl. 35; el-Sayed 1983, 111−125, pl. 1–4; Jansen-Winkeln 1985, 156−167, 520–526, Taf. 37−40; Russmann 1990, 157−159; Jansen-Winkeln 2007b, 139−141). 374 Bierbrier 1975, chart XVI. 371

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des Machtübergangs in Theben von Osorkon II. auf Takelot (F) [= II.] illustriert.375 Seine Titel376 bescheinigen ihm zahlreiche Ämter sowohl im religiösen als auch im administrativen Bereich (s. u.). Parallel zur Machtergreifung Pedubasts I. – wahrscheinlich auch schon kurz davor – schlug sich Hor (vii/viii/ix/xi) allerdings deutlich auf dessen Seite und wurde sein einflussreichster Unterstützer.377 Im Folgenden soll seine Machtbefugnis innerhalb des religiös-politischen Spannungsfeldes in Theben näher beleuchtet werden. Dazu werden seine administrativen Titel und die biographischen Inschriften auf den von Hor (vii/viii/ix/xi) überlieferten Statuen auf seinen politischen Einfluss und seine Funktion am Hof hin untersucht. Zur genaueren Betrachtung des religiösen Kompetenzbereiches werden seine priesterlichen Tätigkeiten auf seinen Einfluss im Tempelbereich geprüft. 5.1

Politischer Einfluss

In der Verwaltung und Administration war Hor (vii/viii/ix/xi) mit zahlreichen Ämtern vertreten, die seinen politischen Einfluss in der Zeit zwischen Osorkon II. und Scheschonq VI. dokumentieren. Die Quellen, die durch Osorkon III. datiert werden, sind allesamt posthume Bezeugungen von Hor (vii/viii/ix/xi). Folgende Titel sind belegt:378 Tabelle 10: Administrative Titel Hor (vii/viii/ix/xi).

Titel

Übersetzung

Quelle

Datierung

jr.j-pat HA.tj-a

Fürst und Gouverneur

CG 42225379

Osorkon II.

CG 42228

380

Osorkon II.

CG 42226

381

Pedubast I.

382

Scheschonq VI.

Grabkegel

Berlin 17272383

Osorkon III.

CG 42223

384

Osorkon III.

CG 42227

385

-

Ptah-Statue TN 31/5/25/10 + Châlon AC 850386

-

CG 42045387

-

Kanopen Stockholm MM 15735388

-

Türpfosten JE 29248389

-

 375

Wahrscheinlich war er nicht selbst als Ingenieur und Baumeister tätig, sondern als Beamter, der die Bauarbeiten beaufsichtigt hat. Inschrift CG 42226, CG 42228; vg. Redford 1986; Perdu 2010; Coulon 2005. 376 Auflistung nach Payraudeau 2014a, 541−549. 377 Vgl. die Kartuschen auf den Schultern der Statue CG 42226. 378 Vgl. die Titelsammlung bei Payraudeau 2014a, 541–548. 379 Legrain 1914b, 58−62; Jansen-Winkeln 1985, 117−135, 494−505; Russmann 1990, 159−162; Jansen-Winkeln 2007b, 135−139; Brandl 2008, 149–50. 380 Legrain 1914b, 67−70, pl. 35; el-Sayed 1983, 111−125, pl. 1–4; Jansen-Winkeln 1985, 156−167, 520–526, Taf. 37−40; Russmann 1990, 157−159; Jansen-Winkeln 2007b, 139−141; Brandl 2008, 50–51. 381 Legrain 1914b, 62−63, pl. 33; Jansen-Winkeln 1985, 506−508; Jansen-Winkeln 2007b, 213−216; Brandl 2008, 151−152. 382 Davies/Macadam 1957, no. 25−26; Jansen-Winkeln 2007b, 220−221. 383 Wreszinski 1915, 353−359; Roeder 1924, 73−74; Jansen-Winkeln 2007b, 301−302; Brandl 2008, 101−102. 384 Legrain 1914b, 52−54; Jansen-Winkeln 2007b, 304−305; Brandl 2008, 146. 385 Legrain 1914b, 66−67; Jansen-Winkeln 1985, 515−517; Jansen-Winkeln 2007b, 216−217; Brandl 2008, 153−154. 386 Harlé 1986, 10, DEG 2; Jansen-Winkeln 1999, 123−139; Jansen-Winkeln 2007b, 210−211. 387 Legrain 1906, 27−28; Lauffray/Sauneron/Traunecker 1975, 75; Jansen-Winkeln 2007b, 218. 388 Peterson 1969, 78; Jansen-Winkeln 2007b, 221. 389 Jansen-Winkeln 1985, 527−529; Jansen-Winkeln 2007b, 302−303. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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67

Titel

Übersetzung

Quelle

Datierung

Xtm.w bjt

Siegler der bjt-Königs

CG 42225

Osorkon II.

CG 42228

Osorkon II.

CG 42226

Pedubast I.

Berlin 17272

Osorkon III.

CG 42223

Osorkon III.

CG 42227

-

CG 42045

-

Kanopen Stockholm MM 15735

-

Türpfosten JE 29248

-

CG 42228

Osorkon II.

CG 42226

Pedubast I.

Berlin 17272

Osorkon III.

CG 42227

-

CG 42045

-

Kanopen Stockholm MM 15735

-

CG 42223

Osorkon III.

smr wa.tj

smr aA n mrw.t

Einziger Freund

Großer Freund der Beliebtheit

390

TA(j) xw Hr wnmy n nzw

zXA.w Sa.t nzw / zXA.w sa.t n Pr-aA / zXA.w Sa.t n nb tA.wj

Wedelträger zur Rechten des Königs

Sekretär des Pharaos / Sekretär des Herrn der beiden Länder

Gruppenstatue Karnak

-

CG 42225

Osorkon II.

CG 42226

Pedubast I.

Berlin 17272

Osorkon III.

CG 42227

-

Ptah-Statue TN 31/5/25/10 + Châlon AC 850

-

Türpfosten JE 29248

-

CG 42225

Osorkon II.

CG 42228

Osorkon II.

CG 42226

Pedubast I.

Grabkegel

Scheschonq VI.

Berlin 17272

Osorkon III.

CG 42223

Osorkon III.

CG 42229

391

Osorkon III.

CG 42227

-

Ptah-Statue TN 31/5/25/10 + Châlon AC 850

-

BM EA 23352392

-

CG 42045

-

390

PM II2, 204; Redford 1986, 1−15, pl. 1; Jansen-Winkeln 2007b, 217−218. Legrain 1914b, 70−72, pl. 36−37; Jansen-Winkeln 1985, 551−555; Jansen-Winkeln 2007b, 309−310; Brandl 2008, 60−61. 392 Jansen-Winkeln 2007b, 218; Brandl 2008, 217−218. 391

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68

Titel

Übersetzung

Quelle

Datierung

Kanopen Stockholm MM 15735

-

BM EA 66424393

-

Türpfosten JE 29248

-

CG 42219

394

zXA.w Sa.t a-rsy.t

Sekretär des südlichen Bezirks

TN 20/2/25/2

xsf n N’.t

Vorsteher von Theben

CG 42226

395

Takelot III. Pedubast I.

BM EA 23352 396

-

zAb

Richter

Louvre D 34

sr m HA.t jdb.w

Beamter an der Spitze der beiden Ufer

CG 42226

Pedubast I.

Hrj-tp wr.w

Oberhaupt der Großen

Gruppenstatue Karnak

-

Osorkon III.

Der wichtigste Titel, der auf allen Quellen erwähnt wird, ist der zXA.w Sa.t des Königs (s. u.), der Briefschreiber des Königs, also sein persönlicher Sekretär.397 Den administrativen Titel xsf n N’.t, der in der 22. Dynastie mit dem Bürgermeister in Verbindung gebracht wird,398 trägt er allerdings nur auf zwei Quellen (CG 42226, BM EA 23352). Da die Statue CG 42226 durch die Kartuschen Pedubasts in dessen Regierungszeit datiert werden kann, darf man davon ausgehen, dass Hor (vii/viii/ix/xi) diesen Titel nur unter Pedubast trug, vielleicht zeitgleich mit dem xsf n N’.t Imeneminet (iii),399 der auf Seiten Osorkons (B) vermutet wird.400 Den Richtertitel zAb aus dem Bereich der Jurisdiktion trägt er nur auf einer Quelle,401 die sich durch die Kartuschen Osorkons III. in die Zeit nach dem „Bürgerkrieg“ datieren lässt. Damit ist dieses Objekt wahrscheinlich posthum. Wann er diesen Titel erhalten hat und zu welcher Zeit er aktiv in der Rechtsprechung tätig war, lässt sich damit jedoch nicht feststellen. 5.1.1 Aufgabenbereich des königlichen Sekretärs Bei dem Titel des königlichen Sekretärs (zXA.w Sa.t (nzw) n Pr-aA) handelt es sich um einen der hochrangigsten Titel aus der Verwaltung der königlichen Archive.402 Bereits im Alten Reich und im Mittleren Reich ist der zXA.w a n nzw403 als oberster Beamter der Palastbüros belegt. Ab der Ramessidenzeit trug der königliche Privatsekretär den Titel des zXA.w Sa.t nzw n pr-aA.404 Die Übersetzungsvorschläge rangieren von „Schreiber des Königs“, „Staatsschreiber“ bis hin zu „Minister“, „Kabinettsminister“ oder „secretary of state“,405 und umschreiben damit einerseits ein auf den König persönlich, aber andererseits auch ein auf das ganze Staats-

393

Bierbrier 1993, 13, pl. 10−11; Jansen-Winkeln 2007b, 406. Legrain 1914b, 44−45; Jansen-Winkeln 2007b, 303; Brandl 2008, 137−138. 395 Jansen-Winkeln 2007b, 324–326; Jansen-Winkeln 2008a, 58-62; Brandl 2008, 200–201. 396 Legrain 1908, 171−172; Jansen-Winkeln 2007b, 302. 397 Onasch 1998, 331−343 (bes. 338) beschreibt den Titel „Schreiber des Königs“ in der 18. Dynastie als Rangtitel. Es gebe keine Anhaltspunkte, dass zXA.w nzw ein spezifisches Amt bezeichnete. 398 Der Kombinationstitel rwD aA xsf n N’.t designiert den Bürgermeister Thebens zu dieser Zeit (vgl. Payraudeau 2014a, 223; Bierbrier 1975, 75). Der rwD aA steht für einen Repräsentanten des Königs und konnte von verschiedenen Würdenträgern gleichzeitig getragen werden. Der rwD aA xsf n N’.t ist somit ein „representative of the king in charge of the royal administration“ (vgl. Broekman 2011, 108). Nur der Titel xsf n N’.t kann als Abkürzung für den Kombinationstitel angesehen werden. 399 CG 42230; CG 42231. 400 Payraudeau 2014a, 224. 401 Louvre D 34. 402 Payraudeau 2014a, 197. 403 Jones 2000, 3057. 404 Helck 1958, 277. 405 Onasch 1998, 331. 394

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69

system bezogenes Amt. In der Ramessidenzeit z. B. gehörte der königliche Sekretär dem engsten Rat des Königs (onb.t sDm.yw) an und hatte seinen Wirkungsbereich in der Diplomatie.406 In der 22. Dynastie lag das Amt in den Händen der Nebnetjeru-Familie.407 Diese trugen den Titel zXA.w Sa.t nzw / n Pr-aA oder den Titel zXA.w Sa.t (nzw) n a-rsy.t. Es ist nicht ganz klar, ob damit eine tatsächliche Aufteilung in Ober- und Unterägypten gemeint ist, oder ob diese Bezeichnungen Synonyme für das gleiche Amt sind: zum Einen in der ideologischen Vorstellung Gesamtägyptens und zum Anderen in der reellen Ausübung in Oberägypten.408 Im Neuen Reich gab es wahrscheinlich immer nur einen Amtsinhaber, da der Titel auch ohne Namensnennung erwähnt wird.409 Zwischen Osorkon II. und Osorkon III. sind allerdings sehr viele Amtsinhaber belegt,410 und es stellt sich die Frage, ob es sich dabei um eine hohe Fluktuation im Amt handelt, oder um die parallele Vergabe an zwei Amtsinhaber, die den jeweiligen Königen der Konfliktparteien unterstellt sind. Da die meisten Amtsinhaber nur über Genealogien belegt sind, ist eine Zuweisung an die jeweiligen Herrscher allerdings nur in den seltensten Fällen möglich.411 Der Aufgabenbereich des königlichen Sekretärs in der Dritten Zwischenzeit ist durch die Quellen Hors (vii/viii/ix/xi) genauer zu definieren. Laut Payraudeau hatte der königliche Sekretär in dieser Zeit das wichtigste Amt in der königlichen Verwaltung inne.412 Es erstreckte sich über die Verwaltung der Archive, die Ausführung der königlichen Dekrete und die Verwaltung der Hofbeamten. All dies sind Bereiche, die zuvor dem Wesirat unterstanden.413 Allerdings darf man nicht vergessen, dass Hor (vii/viii/ix/xi) eine ganz besondere Stellung innehatte, und sein persönlicher Aufgabenbereich den des königlichen Privatsekretärs eventuell noch überschritt. Es ist daher sinnvoll, die Biographie seines Großvaters Nebnetjeru (iii) mit in den Blick zu nehmen, der dieses Amt ebenfalls bekleidete. Während Hor (vii/viii/ix/xi) seine Aufgaben am königlichen Hof stark betont,414 liegt die Parallelität zwischen der religiösen Tätigkeit als Amunspriester und der als Hofbeamter im Fokus seines Großvaters Nebnetjeru (iii).415 Aber auch bei Nebnetjeru (iii) werden der Zutritt zum Palast und die Nähe zum König herausgehoben und seine Aufgaben in der Verwaltung des Landes durch folgende Epitetha betont:416 CG 42225, Vorderseite, untere Hälfte, Z. 3

… bz(j).n=f wj r aH.t m Dsr=s mAA=j @r.w m msw.t=f

CG 42225, Rechte Seite, Z. 1–2

… ao m aH.t m Dsr=s

HH=j Ax n n‘.t=j m rk=j …

jr.tj nzw m jdb.w pr(j) Hz(j).w m 2 mnob rA spd mdw(j) m wa(j) HAw417 n tA Smaw m rk=f

…, er führte mich in den Palast in seiner Abgeschiedenheit ein, so dass ich den Horus in seiner Gestalt sah. Ich suchte Gutes für meine Stadt in meiner Zeit … … einer, der den Palast in seiner Abgeschiedenheit betritt. Die beiden Augen des Königs an den Ufern. Einer, der herauskommt, als ein Gelobter im 2 Palast. Ein geschickter Mund beim Reden in Abgeschiedenheit. Überfluß für Oberägypten in seiner Zeit.

 406

Vgl. Onomastikon des Amenemope; Grandet 2013, 867: „to supervise diplomacy, this activity being fundamentally considered a bilateral exchange“. 407 Bierbrier 1975; Kees 1958, 223−229. 408 Payraudeau, 198. 409 pWilbour A, vgl. Helck 1958, 278. 410 Vgl. Tabelle Payraudeau 2014a, 201. 411 Nebnetjeru (iii): Osorkon II.; Hor (vii/viii/ix/xi): Osorkon II. – Pedubast I. – Scheschonq VI.; Nebnetjeru (iv): Osorkon III. 412 Payraudeau 2014a, 203. 413 Payraudeau 2014a, 204. 414 Kees 1958, 226. 415 Jansen-Winkeln 1985, 125, Anm. 8. 416 Vgl. Jansen-Winkeln 1985, 119−123. 417 Fälschlicherweise mit mit dem Determinativ des Fleischstückes (Gardiner sign list F 51) geschrieben; HA.w – Überfluss müsste mit der Buchrolle (Gardiner sign list Y 1) determiniert werden. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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CG 42225, Linke Seite, Z. 1–3

zAA r jy(j)=f m stp-zA sxnt.n sAr(.t)=f kA=f …

Einer, auf dessen Kommen man im Palast wartet; einer, dessen Klugheit seinen Ka befördert hat …

... ao sStA m sbx.t tA pn

… einer, der das Geheime in der „Pforte dieses Landes“ betritt. Der vornehmste Würdenträger, der das Land mit seinen Plänen leitet. Einer, der hoch angesehen ist am Uferrand … 2 ... Ich war auf der Erde, als einer, der beim Gott (König) Zutritt hat, als Augen des Königs in Karnak. Einer, der Vorschriften gab bei allen unbekannten418 Arbeiten, 3 der die Handwerkerschaft zur Richtigkeit leitete. Wissend ist sein Mund beim Sprechen im Palast. Einer, der bei allen Angelegenheiten Schaden abwehrt … … der „Krummes“ abwehrt bei allen Angelegenheiten … 3 ... Der Leiter der Arbeiten an allen Denkmälern der Amundomäne…

sr xnt sSm tA m sxr.w=f Sps aA jmj tA-zmA … 2 ... wnn=j Hr-tp tA m ao Hr nTr m jr.tj nzw m Jp.t-s.wt DD tp-rd m kA.t nb.t 3 m n-rxw sSm Hmw.wt r tp-Hsb rx rA=f Hr mdw(j) m aH.t dr onj.w m (j)x.t nb(.t) ...

CG 42225, Rücken, Z. 2–3

… dr XAb.t m (j)x.t nb(.t) … 3 … jm.j-r’ kA.t m mn.w nb(.w) n pr Jmn

Der Aufgabenbereich Nebnetjerus (iii) scheint weniger umfassend gewesen zu sein als der seines Enkels Hor (vii/viii/ix/xi), der z.T. köngliche Phraseologie aufgreift (s. u.) und seinen aktiven Einfluss auf den König ganz stark hervorhebt. Während bei Hor (vii/viii/ix/xi) auch Tätigkeiten im Bereich der Gesetzgebung erwähnt werden, handelt es sich bei Nebnetjeru (iii) hauptsächlich um eine beratende Funktion, die exekutive Umsetzung der königlichen Dekrete und die Aufsicht über die Arbeiten in der Amunsdomäne. Die exaltierte Stellung Hors (vii/viii/ix/xi) hängt damit eng mit seiner Person und seinem Einfluss auf Pedubast I. und das politische Geschehen der Zeit zusammen und ist nicht zwangsläufig seiner Stellung geschuldet. Denn auch seine Vorgänger und Nachfolger verfügten nicht über diesen außergewöhnlichen Einfluss. 5.1.2

Funktionen von Hor (vii/viii/ix/xi)

5.1.2.1

Administrativer Bereich

Dass Hor (vii/viii/ix/xi) im Auftrag des Königs Pedubast I. bestimmte Aufgaben in der Administration des Landes übernommen hat, zeigt sich im folgenden Beispiel: CG 42226 Rücken Z. 3

smn nmt.wt n saH.w

Einer, der die Schritte (Laufbahnen) der Würdenträger festsetzt.

Dieses Exempel gibt Aufschluss über seine Tätigkeit im Bereich der Organisation und Verwaltung der Beamten. Hor (vii/viii/ix/xi) ist derjenige, der über die Einsetzung der Beamten entscheidet. Der Aufgabenbereich eines königlichen Sekretärs wird damit weiter definiert (s. o.), denn die Einsetzung der Beamten erfolgte normalerweise durch ein königliches Dekret.419 Bei den von ihm eingesetzten Würdenträgern handelte es sich um die saH.w.420 Dieser Titel war – wie auch die Titel sr und wr – nicht mit einem bestimmten Amt verknüpft, scheint aber hierarchisch über die-

 418

Vgl. Jansen-Winkeln 1985, 130, Anm. 50. Helck 1975, 673. 420 Wb 4, 50−51.13. 419

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sen beiden gestanden zu haben.421 Dass Hor (vii/viii/ix/xi) die Träger dieses Titels einsetzen konnte, beweist, dass er diesen im Rang überlegen gewesen sein muss. 5.1.2.2

Exekutiver Bereich

In verschiedenen Textstellen beschreibt Hor (vii/viii/ix/xi) neben seinen administrativen auch seine exekutiven Aufgaben, die er als einflussreicher königlicher Schreiber hatte. Diese Passagen verknüpfen die Aufgaben Hors (vii/viii/ix/xi) und seine bedeutende Position in der Verwaltung des Landes mit seiner Loyalität für den Herrscher Pedubast I. CG 42226 Oberkante Untere Zeile CG 42226 Sockelinschrift

wnn=j js m Hrj-tp n aH.t xrp js n rxy.t antj pw Hr jb n nb=j wnn(=j) dj m Hrj-tp rxy.t n mnx aA n bjt

Myrrhe für das Herz meines Herrn war die Tatsache, dass ich als Oberhaupt im Palast war und als Führer für die Untertanen. Ich war hier als Oberhaupt der Menschen wegen der großen Vollkommenheit für den bjt-König.

Als Oberhaupt der Menschen und Führer für die Untertanen bezeichnet sich Hor (vii/viii/ix/xi) in den ersten beiden Beispielen. Damit beschreibt er die Tatsache, dass sich politische Macht in seinen Händen befand und er von den Untertanen als Anführer anerkannt wurde. Das nächste Beispiel beschreibt ihn als einen, „der den Untertanen Befehle“ erteilte und auch damit wird seine Position als Oberhaupt deutlich gemacht. CG 42226 Rücken, Z.4

4 swr=f wj m-oAb saH.w wnn=j m {n} rA Hrj n tA Hr Aw=f mr n jb n nb=f wD mdw n rxy.t smr.w js m sgr

4 Er beförderte mich unter den Würdenträgern, so dass ich der oberste Mund des ganzen Landes war; ein Freund für das Herz seines Herrn, einer, der den Untertanen Befehle erteilt, während die Höflinge (dagegen) schweigen.

Das Epitheton „oberster Mund“ verweist ebenfalls auf seine Tätigkeit als oberster Verwalter des Landes.422 Hor (vii/viii/ix/xi) ist demnach derjenige, der die Untertanen anführte. Die Tatsache, dass er den Menschen Befehle erteilte, zeigt, dass der König das Ausführen der Regierungsgeschäfte an seinen Sekretär übergeben hatte. Auch die folgenden Beispiele zeigen, dass das Wohl des Landes in seinen Aufgabenbereich gehörte. CG 42226 … r smnx km.t n nb=f Rücken, Z. 3 Gruppen… r jr(j).t Ax n jdb.w statue, Z. 6 mdw(j)=j jm r smnx jdb.w Gruppenstatue, Z. 7

…um Ägypten für seinen Herrn vortrefflich zu machen. … um Nützliches für die Ufer zu tun. Ich spreche dort, um die Ufer vortrefflich zu machen.

Sie betonen, dass Hor (vii/viii/ix/xi) an der Spitze des Landes eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Thebais war. Die beiden Ufer sind als Metapher für Ägypten bzw. die Thebais aufzufassen. Da er aber weiterhin betont, dass er alles im Auftrag des Königs (Pedubast I.) ausführte, ist die Selbstinszenierung als loyaler Beamter deutlich zu erkennen. Diese Hervorhebung findet sich auch in den folgenden Beispielen: CG 42226 Rücken, Z.4–5

wHm nzw Hr 5 bAk jdb.w xrp tA n jr(j)=s

Herold des Königs bei der Arbeit/Steuern423 der Ufer. Der das Land verwaltet424 für den, der es schuf.

 421

Doxey 1998, 163. Wb 2, 390, 6 423 Kees 1958, 227. 422

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CG 42226 Sockel

rD(j) wj nb=j r snh(j) tA.wj r rD(j).t tA Hr aoA=f

Mein Herr setzte mich ein, um die zu beiden Länder zu kontrollieren425 und um das Land wieder in Ordnung zu bringen.

Allerdings ist nicht genau spezifiziert, wer mit der Umschreibung jr(j)=s – „der es schuf“ gemeint ist. Der König oder der Gott Amun? In Anbetracht Hors (vii/viii/ix/xi) administrativer Aufgaben kann man vermuten, dass damit der König gemeint ist. Zu den Aufgaben Hors (vii/viii/ix/xi) gehören xrp tA und snh(j) tA. Beide Ausdrücke umschreiben Tätigkeiten im Rahmen des Beaufsichtigens und Inspizierens des Landes. Diese Ausdrücke müssen aber unterschiedliche Regierungsaufgaben beschreiben. Das Leiten und Führen des Landes im Fall von xrp kann ein direkter Hinweis auf das aktive Regieren sein. Die Tatsache, dass diese Aufgabe hier explizit von Hor (vii/viii/ix/xi) ausgeführt wurde, betont seine Übernahme der königlichen Regierungsgeschäfte. Der Ausdruck snh(j) kann eine Kontrollfunktion implizieren. Der königliche Sekretär stand somit über allen Beamten; setzte sie ein, beaufsichtigte sie und konnte ihnen Anweisungen erteilen. Das folgende Beispiel kann als eine Anspielung auf die militärische Auseinandersetzung interpretiert werden. CG 42226 hd.n=j426 sanx jdb.w Ich drängte zurück, um die Ufer am Leben zu lassen. Oberkante Untere Zeile: Das Verb hd wird hauptsächlich im militärischen Zusammenhang mit dem Abwehren von Feinden verwendet. Bei vielen Belegen wird diese Aktion vom König in Gestalt eines Stieres ausgeführt.427 Der nicht genannte Gegner wäre dann der HPA Osorkon (B) gewesen, der die Macht in Theben zeitweise ergreifen konnte. Da dieser über mehrere Jahre hinweg nicht in Theben belegt ist (s. o.), würde das erfolgreiche Zurückdrängen gut in den historischen Kontext passen. Das Verb hat neben dem militärisch-politischen Kontext aber auch eine starke juristische Komponente, die es erlaubt, dieses Beispiel auch unter dem Gesichtspunkt der legislativen Funktion zu betrachten. 5.1.2.3

Legislativer Bereich

Im juristischen Kontext kann das Verb hd mit „verurteilen, verpflichten zu“ übersetzt werden.428 Der ganze Satz könnte demnach auch lauten: CG 42226 Oberkante Untere Zeile:

hd.n=j sanx jdb.w

Ich verurteilte, um die Ufer am Leben zu lassen.

In diesem Fall werden die Aufgaben des Sprechers in der Rechtsprechung betont. Diese Aussage würde dann mit dem Richtertitel zAb korrespondieren, den Hor (vii/viii/ix/xi) ebenfalls innehatte.429 Auffällig ist aber dennoch, dass er auf der Statue CG 42226 keinen Titel aus dem Bereich der Jurisdiktion trägt. Damit erscheint die militärische Interpretation wahrscheinlicher. Die folgenden Beispiele bezeugen, dass Hor (vii/viii/ix/xi) an der Gesetzgebung beteiligt war. Der legislative Bereich der Herrschaft lag somit auch in seinem Aufgabenbereich.

 424

Wb 3, 326.8−327.5: leiten, beaufsichtigen, Lesko 1982–1990. II, 192; Faulkner 1962, 196: to govern; to control; to administer. 425 snhj – „einen Ort inspizieren“, vgl. Urk. IV, 1834, 14−15 (ganz ähnliche Passage); Urk. IV, 1006, 15 (vgl. auch Varille 1968, 22−23); mustern, registrieren: Wb 4, 167.5–9, Faulkner 1962, 233; Lesko 1982–1990. III, 64. 426 Inversive Schreibung, bei der das Infix für das sDm.n=f zwischen den beiden Phonogrammen der Wurzelradikale von hd steht. 427 Vgl. z. B. die Belege von hd aus den Berichten der Qadesch-Schlacht Ramses II. oder aus den Berichten über die Seevölkerkriege Ramses III. in Medinet Habu. S. dazu die Belegliste im TLA (http://aaew.bbaw.de/tla/ zuletzt eingesehen 18.05.2017). 428 Quack 1994, 94–95 Anm. 36; Malinine 1947, 120–121; Allam 1973, 66; Parant 1982, 31–32. 429 S. o. Louvre D 34. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

CG 42226 Rücken, Z. 1

sr m HA.t jdb.w smnx km.t m hp.w=f r-mn- pdsw.t nt Sj

Ein hoher Beamter an der Spitze der Ufer, der Ägypten durch seine Gesetze vortrefflich macht, bis hin zu den Küstenebenen des Seelandes (Delta).

CG 42226 Rücken, Z. 5

Sf.tw m hp.w n(j).{t} pr nzw tp-rd n jmj.w-HA.t=f

Einer, der angesehen ist bei den Gesetzen des Königshauses und den Vorschriften seiner Vorfahren.

CG 42227 Linke Seite, Z. 6

sanx jb.w grg WAs.t m hp.w mnx.w

Einer, der die Herzen wiederbelebt und Theben mit trefflichen Gesetzen gründet.

73

Das erste Beispiel schließt an die Beispiele xrp tA und snh(j) tA an, die bereits im Kontext der Exekutive besprochen wurden, da sie verschiedene Nuancen des Regierens beschreiben. Mit smnx km.t m hp.w=f wird dann die juristische Komponente hervorgehoben, denn nur mit sachgerechten Gesetzen kann ein Land bestmöglich regiert werden. Bei dem zweiten Beispiel wird betont, dass Hor (vii/viii/ix/xi) mit den Gesetzen, aber auch mit der politischen Geschichte und der Rechtsgeschichte vertraut war. Das dritte Beispiel bezieht sich dann explizit auf Theben und spiegelt politische Realität viel deutlicher wider als die Verweise auf Gesamtägypten in anderen Beispielen. Denn es handelt sich bei Pedubast I. sowie auch bei seinem Gegner Takelot II. um oberägyptische Herrscher und daraus folgt die regionale Beschränkung des aktiven Agierens Hors (vii/viii/ix/xi) auf Theben und die Thebais. 5.1.2.4

Hor (vii/viii/ix/xi) als Diplomat im Norden

Als königlicher Sekretär genoss Hor (vii/viii/ix/xi) das Vertrauen des Königs und wird von diesem mit politischen Aufgaben ausgesandt: Gruppenstatue, Z. 6

[…] n [w]Hm n zb(j) [w(j)] rnp.wt jw(j) r jr(j).t Ax n jdb.w

… dass dem [be]richte, der [mich] ausgesandt hat, während Jahre vergingen, um Nützliches für die Ufer zu tun

Wohin der König ihn ausgesandt hat, schildert er nicht, aber eine Statue des Hor (vii/viii/ix/xi) aus Memphis legt seine Tätigkeit dort nahe.430 Über seine tatsächlichen Aufgaben berichten die Inschriften dieser Statue allerdings nichts. Vielmehr handelt es sich um eine Dankesrede, biographische Aussagen zur Stiftung der Statue, ein Gebet an Ptah-Tatenen und die Antwort des Gottes.431 Über die Aufgaben Hors (vii/viii/ix/xi) in Unterägypten kann man nur spekulieren, es bieten sich aber zwei Optionen an: Zum einen, dass er in Memphis Zuflucht suchte, in einer Zeit, in der Osorkon (B) in Theben zeitweilig den Konflikt für sich entschieden hatte.432 Zum anderen, dass es das Ziel seiner Bemühungen war, Unterstützung für Pedubast I. im Norden zu bekommen. Eine Interpretation als diplomatische Mission wird unterstützt durch verschiedene Schenkungsstelen aus Unterägypten, die Pedubast I. nennen.433 Daher kann man davon ausgehen, dass Pedubast I. Interessen in Unterägypten verfolgte und dort wahrscheinlich als Herrscher Oberägyptens akzeptiert wurde.434 Für eine Vertreibung aus Theben spricht die Tatsache, dass Hor (vii/viii/ix/xi) sich im Text der memphitischen Statue um das Wohlergehen seines Sohnes sorgte und für diesen bittet:

 430

Kairo TN 31/5/25/10 und Châlon sur Saône AC 850, Jansen-Winkeln 2007b, 210−211; Jansen-Winkeln 1999, 123−139. 431 Jansen-Winkeln 1999, 132−133. 432 So auch Broekman 2010a, 134. 433 S. Anm. 54. 434 Für eine Akzeptanz seitens des unterägyptischen Königshauses spricht auch die Inschrift Paschedbasts (B), dem Sohn Scheschonqs III., der in Karnak Pedubast I. nennt (Jansen-Winkeln 2007b, 208). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Sockel TN 31/5/25/10 Abgeschrägte Vorderseite, Z. 4–11

... 4 HH n=j Hm=f r mw[nf] r zbj.tw [TAz] [/// //]

... 4 Ich habe mir seine Majestät ausgesucht als Hel[fer], damit436 [mein Erbe (?)] eingesetzt wird.

5 n(n) (j)ar mw.t r ary.t=f

5 Nicht soll der Tod sein Tor berühren.

n(n) tkn sw 6 sxt.jw

Nicht sollen sich ihm nähern 6 die SechetDämonen.

n(n) jr(j).t mH mH=f jm=f

Nicht soll die Sorge sein Nest in ihm bauen.

n(n) o(A)r(j) j[m(?)]=s 7 HA(.t)-jb

Nicht soll sich Kummer bei seinem Tor aufhalten

mj PtH Htp=k jm=f

7. Komm, Ptah, mögest du mit ihm zufrieden sein.

xw(j)=k mr=k 8 m rmT.w

Mögest du deinen Freund schützen 8 bei den Menschen, den Priester, den Sohn große

Hm nTr zA wab.w aA.w m aH.t=k n 9 Jp.ts.wt

Wab-Priester in deinem Palast in 9 Karnak. Möge er geschützt sein vor Unheil unter der Vollmacht des Schöngesichtigen

wnn=f Xr bAo435 r ab.w Xr s.t-r’ n nfr-Hr 10 apr=k mrt=f m Hw rzf m p11sSt=j n(j.)t Jp.t-s.wt …

10 Mögest Du seine Angehörigen437 versorgen mit Nahrung des Fanges (aus Vögeln und Fischen) aus 11 meinem Anteil von Karnak, ... Erschwert wird die Interpretation aber dadurch, dass sein Sohn Nebnetjeru (iv) HPA Osorkon (B) loyal verpflichtet gewesen zu sein scheint. Die Tatsache, dass Hor (vii/viii/ix/xi) sich um die Versorgung seines Erben und seiner Familie sorgte, ist aber ein Indiz dafür, dass seine Familie zur Zeit der Stiftung der Statue nicht in der thebanischen Herrschergunst stand. Gerade in den Zeiten, in denen Pedubast I. in Theben nicht an der Macht war, erscheint es plausibel, dass seine Mitstreiter versucht haben, Unterstützung in Unterägypten zu bekommen. Ein im Thot-Tempel in der Oase Dachla wiederverwendeter Block nennt ebenfalls Pedubast I. Auch diese Inschrift könnte in einer Phase entstanden sein, als Pedubast I. und seine Anhänger von Osorkon (B) aus Theben vertrieben wurden und Zuflucht in Dachla suchten,438 da auch unter Mencheperre in der 21. Dynastie abtrünnige Rebellen in die Oasen verbannt wurden.439 Es scheint naheliegend zu sein, in den Oasen einen Verbannungsort zu sehen, auch wenn ein göttliches Dekret unter Mencheperre versuchte, dieses für die Zukunft auszuschließen.440

 435

Vgl. bAo bAo.t r jAd.t – „Einer, der Ägypten vor Unheil behütet“, LGG II, 744. Wb 1, 425.12. Vgl. Jansen-Winkeln 1999, 130, Anm. 7; Wb 3, 431.29. 437 Zur Lesung, vgl. Jansen-Winkeln 1995b, 190, Anm. 13; mr.w – „Angehörige“, Wb 2, 98.2–6. 438 Während Osorkon (B) seinen Rückzugsort wahrscheinlich in Herakleopolis hatte (vgl. Abbildung). 439 Louvre C 256; Vgl. v. Beckerath 1968, 7−36, spez. 27, Anm. 1: Z. 11: pAy=j nb nfr tA md.t nAw bAk.w Ttw j.ond=k rr=sn ntj m wHA.t tA ntj smn.tw r=s – „Mein guter Herr, ist es die Angelegenheit der unruhestiftenden (?) Untertanen, gegen die du erzürntest und die (nun) in der Oase sind, nach der man verbannt“; Z. 15-16: m(n)tk Htp [//] r nAw bAk.w Ttw j.xAa=k (16) r wHA.t mtw=w jn(j).tw=w r km.t – „… und willst du [gnädig sein] mit diesen unruhestiftenden (?) Untertanen, die du verbanntest (16) in die Oase, und soll man sie nach Ägypten zurückbringen?“ Z. 17: pAy=j nb nfr jw=k jr(j) wD.t aA.t Hr rn=k r tm rD(j).t [jn(j).tw rmT.w (?)] nb.w n pA tA r tA wA(j).t n wHA.t – „Mein guter Herr, willst du ein großes Dekret erlassen auf deinen Namen, um nicht zuzulassen, dass man (wieder) irgendwelche Leute dieses Landes nach der Oase weg[bringt]“. 440 Vgl. v. Beckerath 1968, Z. 17: pAy=j nb nfr jw=k jr(j) wD.t aA.t Hr rn=k r tm rD(j).t [jn(j).tw rmT.w (?)] nb.w n pA tA r tA wA(j).t n wHA.t – „Mein guter Herr, willst du ein großes Dekret erlassen auf deinen Namen, um nicht zuzulassen, dass man (wieder) irgendwelche Leute dieses Landes nach der Oase weg[bringt]“. 436

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Hor (vii/viii/ix/xi) könnte sich insofern in Memphis befunden haben, als Osorkon (B) in Theben vorerst triumphierte und seine Widersacher vertrieb. Nachdem sich die Machtkonstellation in Theben wieder zugunsten Pedubasts I. verschoben hatte, kehrte Hor (vii/viii/ix/xi) aus Memphis zurück. Auch der Satz sodd=j Hr mw n nTr – „Ich reiste auf dem Wasser des Gottes“ (s. u.) kann ein Hinweis darauf sein, dass Hor (vii/viii/ix/xi) im Auftrag Pedubasts I. durch das Land reiste. Außerdem beschreibt Hor (vii/viii/ix/xi) in der Rückeninschrift der Statue CG 42226 die Grenzen des Einflussgebietes Pedubasts: Bis zu den Küstenebenen des Deltas, also Gesamtägypten (vgl. Abb. 11). Dies kann zwar nur eine Idealvorstellung sein, da lokale Potentaten sich immer der Herrschaft über das gesamt Land rühmten (nb tA.wj), auch, wenn der reelle Herrschaftsbereich nur einen Teil des Landes ausmachte. Aber die Tatsache, dass gerade Pedubast I. nicht nur in Oberägypten, sondern ebenfalls durch unterägyptische Quellen belegt ist, gibt einen Hinweis, dass er versuchte, seinen Machtbereich nach Unterägypten auszudehnen bzw. mit dem unterägyptischen Königshaus zu koalieren. Für diese Verhandlungen benötigt man einen Beamten mit diplomatischem Kalkül und politischem Fingerspitzengefühl. Hor (vii/viii/ix/xi), der der engste Berater des Königs war und die politischen Ziele Pedubasts I. kannte bzw. eventuell der eigentliche Stratege hinter der Politik Pedubasts I. war, scheint genau die richtige Person gewesen zu sein, um politische Unterstützung auszuhandeln. 5.1.3 Hor (vii/viii/ix/xi) als Königsmacher Hor (vii/viii/ix/xi) war „eine nicht unwesentliche Figur in der Politik seiner Epoche.“441 Unter dem Gesichtspunkt des „Königsmachers“ soll dieser politische Einfluss in diesem Kapitel noch einmal rekapituliert und geprüft werden. Den Bau der Kapelle J beaufsichtigte Hor (vii/viii/ix/xi) im Auftrag von Osorkon II.442 In den Reliefs ist der HPA Takelot (F) zusammen mit dem König bei Ritualhandlungen dargestellt.443 Hor (vii/viii/ix/xi) war dem König in dieser Zeit loyal ergeben. Auch die Sitzstatue seiner Ehefrau Schependopded (i) lässt sich durch die Kartuschen ihres Großvaters Osorkon II. datieren.444 Der Würfelhocker seines Großvaters Nebnetjeru (iii),445 der von Hor (vii/viii/ix/xi) gestiftet wurde, trägt die Kartuschen Osorkons II. und lässt sich durch die Erwähnung des HPA Horsiese (B) an das Ende der Regierungszeit Osorkons II. datieren, in die Zeit nach der Thronbesteigung Takelots II. in Theben – dem vormaligen HPA Takelot (F). Interessanterweise datierte Hor (vii/viii/ix/xi) nicht nach Takelot II., sondern er erwähnt weiterhin den König Osorkon II.446 Dies kann ein Indiz dafür sein, dass er das Königtum Takelots II. nicht anerkannt hatte. Auf seiner eigenen Statue, die als königliches Geschenk zu Lebzeiten Hors (vii/viii/ix/xi) gestiftet wur447 de, sind die Kartuschen des Königs Pedubast I. zu finden, als dessen Gunsterweis die Statue somit zu sehen ist. Pedubast I. wurde regelmäßig mit dem HPA Horsiese (B) gemeinsam erwähnt.448

 441

Jansen-Winkeln 1999, 136. CG 42226, Sockelinschrift. 443 Vgl. Perdu 2010. 444 CG 42228: Legrain 1914b, 62−63, pl. 33; Jansen-Winkeln 1985, 506−508; Jansen-Winkeln 2007b, 213−216; Brandl 2008, 151−152. 445 CG 42225: Legrain 1914b, 58−62; Jansen-Winkeln 1985, 117−135, 494−505; Russmann 1990, 159−162; JansenWinkeln 2007b, 135−139; Brandl 2008, 149–150. 446 Die Erwähnung Osorkons II. kann allerdings auch darauf beruhen, dass die Statue für seinen verstorbenen Großvater Nebnetjeru (iii) bestimmt war, der unter Osorkon II. im Amt war. Sie würde damit ein Loyalitätsbekenntnis Nebnetjerus (iii) darstellen. Die Erwähnung des HPA Horsiese (B) gäbe demnach die eigentliche Datierung wieder. 447 Bierbrier 1975, 75. 448 Nilstandsmarke Nr. 24, 27, 28; Priesterannalen 2. 442

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Abbildung 11: Einflussgebiet Pedubast I. (© Becker 2017).

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Es lässt sich hier also ein Wechsel der Loyalität feststellen. Zunächst war Hor (vii/viii/ix/xi) ein loyaler Beamter Osorkons II. Nach der Thronbesteigung Takelots II. scheint er diesen nicht anerkannt zu haben, sondern er erwähnte den HPA Horsiese (B) weiterhin mit Osorkon II.; und später war er ein Unterstützer von König Pedubast I. und HPA Horsiese (B). Er scheint demnach den Aufstieg von Pedubast I. zu protegiert zu haben und ihn als Mentor gefördert zu fördern,449 wie die Beispiele aus dem Kapitel I. 5.1.3.2 Aktive Einflussnahme auf den König zeigen. Hor (vii/viii/ix/xi) war derjenige, der den König leitete, der ihn lehrt, und anhand dessen Vorstellungen der König sein Land regierte. All diese Eigenschaften kennzeichnen einen „elder statesman“450, der seine Macht und sein Wissen nutzte, um das aktuelle Politgeschehen zu beeinflussen. Er war bereits unter Osorkon II. im Amt, somit verfügte er zum Regierungsantritt Pedubasts I. über einen großen politischen und diplomatischen Erfahrungsschatz, auf den sich der neue Herrscher verließ. Daher kann man davon ausgehen, dass Hor (vii/viii/ix/xi) diesen Einfluss auch geltend machte und bei der Thronbesteigung Pedubasts I. eine entscheidende Rolle spielte. Auch wenn es keine direkten Belege dafür gibt, sind die indirekten Hinweise über die Beeinflussung des Königs deutlich. Während sich der politische Einfluss Hors (vii(viii/ix/xi) anhand der Quellen gut erkennen lässt, muss die Frage nach seinen Charaktereigenschaften, die ihm bei der Erlangung seiner Macht geholfen haben, allerdings unbeantwortet bleiben. Nicht von der Hand zu weisen ist, dass er der Einzige seiner Familie ist, auf den auch viele Generationen später noch rekurriert wird.451 5.1.3.1

Loyalität dem König gegenüber

Bei dem Ausdruck Hr mw – „auf dem Wasser von jemandem sein“452 handelt es sich um einen klassischen Terminus für Loyalität.453 Die etymologischen Ursprünge sollen aus der Bewässerung stammen, so dass dem Ausdruck primär ein Verhältnis der Abhängigkeit zugrunde liegen würde und nicht eines der Ergebenheit.454 Ab der 18. Dynastie ist die Phrase dann auch als Ausdruck der Frömmigkeit in Bezug auf eine Gottheit belegt.455 Bei der Beschreibung des Abhängigkeitsverhältnisses zwischen König und Beamten dieser Zeit fand diese Formel keine Verwendung. Vielmehr scheint im Neuen Reich mit der festen Wendung Hr mw die Beziehung zwischen anderen Ländern oder ausländischen Personen charakterisiert worden zu sein.456 Bei einer anderen Herleitung wird die Phrase Hr mw mit den Männern in Verbindung gebracht, die Boote im Uferbereich begleiten, „ready to assist when help is required“.457 Holm-Rasmussen stützt seine Beobachtung auf Darstellungen aus dem Alten Reich sowohl im privaten als auch im königlichen Kontext, bei denen zahlreiche Schiffer neben den Schiffen herlaufend abgebildet sind, und er interpretiert dieses Motiv als bildliche Umsetzung des Terminus. Die religiöse Konnotation ist durch das Begleiten der göttlichen Barken bei Prozessionen gegeben. Hor (vii/viii/ix/xi) verwendet Hr mw in Kombination mit dem Verb sod(j).458 Es könnte sich dabei um eine Anspielung seiner tatsächlichen Reisen im Auftrag des Königs nach Unterägypten handeln (s. o.). CG 42226 Oberkante Untere Zeile:

sodd=j Hr mw n nTr

Ich reiste auf dem Wasser des Gottes.

Da im Kontext der gesamten Passage eher administrative und weltliche Aufgaben beschrieben werden, muss man davon ausgehen, dass mit nTr an dieser Stelle der König gemeint ist,459 denn ansonsten würde es sich um ein religiöses Element handeln, das – eingebettet in den weltlichen Kontext – fehl am Platze wirkt.

 449

Vgl. Redford 1986, 8. Redford 1986, 9. 451 Vgl. Jansen-Winkeln 1999, 136. 452 Wb 2, 52.17–18. 453 Grimal 1981a, 288. 454 Guksch 1994, 70; Westendorf 1974, 47–48. 455 Guksch 1994, 70, Anm. 158. 456 Vgl. Guksch 1994, 70−71. 457 Holm-Rasmussen 1995, 54. 458 Wb 4, 308.7–309.8. 459 So bereits Jansen-Winkeln 1985, 322. 450

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Auch das Suffix-Pronomen =f, das an das den folgenden Satz einleitende Verb anschließt,460 bezieht sich auf das letzte vorhergehende Substantiv (nTr), aber auch hier muss der König gemeint sein. Erstaunlich ist es allerdings, dass Hor (vii/viii/ix/xi) ein Epitheton nutzt, dass eigentlich das Abhängigkeitsverhältnis zwischen einem Untergebenen und einem Patron beschreiben soll.461 Gerade Hor (vii/viii/ix/xi), der seinen eigenen starken Einfluss auf den König immer wieder betonte, würde mit der Metapher Hr mw ein „soziales Verhältnis, das auf der Stärke des einen und der hilfsangewiesenen Schwäche der anderen Seite beruht“462 beschreiben. Das Loyalitätsverhältnis Hors (vii/viii/ix/xi) zu Pedubast I. lässt sich mit der Interpretation HolmRasmussens besser erfassen, denn er beschreibt sich selbst in der Art eines Lotsen, der den König und das Staatsschiff unterstützte und leitete. Dabei handelt es sich also nicht um eine Beziehung, die sich durch Gehorsam und Loyalität im Austausch gegen Stärke und Schutz hervorhebt. 5.1.3.2

Aktive Einflussnahme auf den König

Auf dem Würfelhocker CG 42226 befindet sich an der Oberkante ein zweizeiliges Inschriftenband, das die Statue an den Schultern, Armen und Knien umläuft. In der unteren Zeile, die einen Anruf an die Lebenden enthält, finden sich mehrere Elemente, die die politische Einflussnahme Hors (vii/viii/ix/xi) bezeugen. CG 42226 Oberkante Untere Zeile:

anx=f n sDm m Ssr=j sSm=j nzw r Ax jdb.wj grg=f tA.wj r oj n jb=j

Er lebte wegen des Hörens auf meine Zunge. Ich leitete meinen König zur Herrlichkeit der beiden Ufer. Er regierte die beiden Länder gemäß der Art meines Herzens.

Im obenstehenden Beispiel betont Hor (vii/viii/ix/xi), dass der König463 ohne ihn seine Herrschaft nicht ausführen konnte, und die Entscheidungen des Herrschers ihm von seinem Berater in den Mund gelegt wurden. Daran knüpft der Satz „Er regierte die beiden Länder gemäß der Art meines Herzens“ an. Hor (vii/viii/ix/xi) beschreibt eindeutig, dass er für das „Regierungsprogramm“ des Königs Pedubast I. verantwortlich war. Mit diesen Äußerungen stellt er sich über den König und spricht diesem selbstständiges Handeln ab. Eine vergleichbare Intention wird in der Inschrift der Statue CG 42227 verfolgt, in der Hor (vii/viii/ix/xi) als das Herz und die Zunge des Herrschers bezeichnet wird. CG 42227 linke Seite, Z.4-5

jb n nzw 5 Ssr n bjt mAA @r.w m Xkr.w=f

Das Herz des nzw, 5 die Zunge des bjt, einer, der den Horus in seinem Schmuck sieht

Das Herz – nach ägyptischer Vorstellung der Sitz des Verstandes464 – ist der Ort, an dem die rationalen Entscheidungen getroffen werden. Die Zunge ist für das Sprechen verantwortlich und damit das Organ, das die Entscheidungen kommuniziert. Hor (vii/viii/ix/xi) übernahm beide Aufgaben für den König. Darüberhinaus wird seine exaltierte Stellung dadurch unterstrichen, dass er den König in seinem Schmuck sieht. Dies könnte eine Metapher dafür sein, dass Hor (vii/viii/ix/xi) eventuell im Gegensatz zu den übrigen Höflingen uneingeschränkten Zugang zum König hatte. In eine ähnliche Richtung weist eine Passage aus der Inschrift auf dem Rücken des Würfelhockers CG 42226. CG 42226 Rücken, Z.2-3

jnk jmj-jb n wa-Hr-xw=f465 mH aH.t m 3 sbAy.t=f

Ich war ein „im Herzen befindlicher“ des Einzigen ohne Gleichen, der den Palast füllt mit 3 seiner Lehre.

 460

grg=f tA.wj r oj n jb=j – „Er regierte die beiden Länder gemäß der Art meines Herzens“. S. o. Anm. 454. 462 Guksch 1994, 72. 463 Dass es sich in diesem Fall um Pedubast I. handeln muss, ist aufgrund seiner Kartuschen auf der Statue eindeutig. 464 Brunner 1977, Sp. 1162. 465 Hr-xw – „außer; ohne“, vgl. GEG § 178. 461

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In diesem Satz betont Hor (vii/viii/ix/xi), dass der König ihm großes Vertrauen entgegenbrachte, denn er befand sich in dessen Herzen.466 Während normalerweise die Untertanen dem König vertrauen, ist es in diesem Fall umgekehrt. Darüber hinaus wurde der Palast mit der Lehre Hors (vii/viii/ix/xi) gefüllt. Das bedeutet, dass der König auf seinen Rat gehört hat. Damit handelt es sich um eine ähnliche Aussage wie bereits im vorhergehenden Beispiel. 5.1.4

Selbstinszenierung im königlichen Diskurs

5.1.4.1

Theologisches Ideal: Maat aufrechterhalten

Eine der grundlegenden königlichen Aufgaben ist das Aufrechterhalten der Maat – dem religiösen Sinnbild der universalen Ordnung.467 Dies bedeutet, dass der König dafür verantwortlich war, dass Recht und Ordnung im Land herrschten und die Gesetze befolgt wurden. Eng damit verbunden ist das Darreichen der Maat, eine Ritualhandlung, bei der eine Maat-Statuette einer Gottheit geopfert wurde. Diese Aktivität wurde in der Regel nur vom König ausgeführt. Doch aus der Dritten Zwischenzeit stammen Quellen, die zeigen, dass diese Handlung von einflussreichen Angehörigen der thebanischen Priesterschaft ausgeführt werden konnten.468 Dabei handelt es sich um die Gottesgemahlinnen des Amun und die HPAs Osorkon (B) (s. o.) und Iuwelot469, die als Stellvertreter für den jeweiligen König fungieren sollten. Die folgenden drei Beispiele illustrieren die Tatsache, dass auch Hor (vii/viii/ix/xi) aktiv die Aufgabe übernimmt, Maat im Land aufrechtzuerhalten. Im Gegensatz zu den bereits genannten thebanischen Würdenträgern der 3. Zwischenzeit, die sich beim Maatopfer darstellen ließen, deutet Hor (vii/viii/ix/xi) dies aber nur in seiner biographischen Inschrift an. CG 42226 Rücken, Z. 6

Dj=j mAa wr.T m tA

Ich ließ Maat groß sein im Land.470

Er beschreibt sich selbst als einen, der Maat groß sein lässt und der Kulthandlungen für die Maat durchführen kann: Reinigung, Beweihräucherung, Schutz. Auch das Ausführen von Ritualhandlungen war eigentlich dem König oder seinem Stellvertreter vorbehalten.471 Einen expliziten Titel als Priester der Maat hatte Hor (vii/viii/ix/xi) aber nicht inne.472 CG 42226 Sockel

wnn=j n nTr n mhw.t(=j) ar=sn js n rn=j Dr x(n)ms.n=j mAa hr-tp tA mr.wt=s pXr HA-tp=j jr(j).y ab=s snTr=j sw jm nD.n=j Hr=s m wr.t=s

Ich war wie ein Gott für (meine) Familie. Sie schwuren selbst in meinem Namen, weil ich mit Maat befreundet war auf der Erde, indem ihre Liebe um mich umherging, so dass ich ihre Reinigung durchführte und sie beweihräucherte. Ich schützte sie in ihrer Größe.

Auch das Maatopfer an Amun ist eine königliche Aufgabe,473 die auch von Osorkon (B) für sich in Anspruch genommen wurde (s. o.). Während Hor (vii/viii/ix/xi), diese Aktion aber nur in der Inschrift erwähnt, ließ sich Osorkon (B) – als designierter Thronfolger – im Relief bei der Handlung darstellen (s. o.). Die Reliefs der Statue CG 42226 dagegen zeigen Month und Osiris auf der Vorderseite und auf den Seiten

 466

mH jb – „das Herz füllen“ = „Vertrauen haben“, Wb 2, 118.11,16. Menu 2005, 19; Assmann 1984, 106–107; Assmann 1990, 201−212. 468 Teeter 1997, 13. 469 Vgl. Stèle de l’apanage, JE 31882, Jansen-Winkeln 2007b, 77−80. 470 Normalerweise wäre nach rD(j) der Subjunktiv zu erwarten. Jansen-Winkeln spricht bei den Belegen aus der Dritten Zwischenzeit, bei denen Nominal-, Adjektival und Adverbialsätze als Objekt gebraucht werden, von „zitierten Hauptsätzen (in diesem Fall: Verb + Objekt + prädikativisches Pseudopartizip). Vgl. Jansen-Winkeln 1996, 338 § 540; 466 §727, 476 §742). 471 Spencer 2010a, 260 mit einem Verweis auf den König als Sonnenpriester, vgl. Assmann 1994, 19–20. 472 S. Tabelle 11: Religiöse Titel von Hor (vii/viii/ix/xi). 473 Guglielmi 1980, 23. 467

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die Barke Sokars, zwischen Isis und Nephthys und den Abydosfetisch, begleitet von Horus und Thot.474 Eine Vermischung der beiden Ebenen Text und Bild lässt sich damit nicht feststellen; eine Tatsache, die sich durch das Einbringen einer weiteren Ebene – der des Betrachters – genauer erklären lässt. Die Statue war ursprünglich im Tempel aufgestellt und damit nur einer ausgewählten Gruppe von Rezipienten zugänglich. Innerhalb dieser Gruppe gab es wiederum Unterschiede auf sozialer Ebene. So waren nicht alle Priester, die Zutritt zum Tempel hatten, des Lesens und Schreibens mächtig. Die Gruppe der literaten Priester war die höchste hierarchische Ebene und nur diese waren in der Lage, die zum Teil anmaßende Selbstbeschreibung Hors (vii/viii/ix/xi) zu erkennen. Erstaunlicherweise wird das Wort Maat auf der Statue CG 42226 nicht vollständig geschrieben, da das Götterdeterminativ fehlt. Die Schreibung nur mit dem Thronuntersatz (Gardiner sign list Aa 11), die für den Lautwert mAa steht, kann ein Indiz dafür sein, dass Hor (vii/viii/ix/xi), bzw. dem Verfasser der Inschrift,475 die Anmaßung dieser Übernahme von Ritualhandlungen für die Maat durchaus bewusst war, und er dies möglicherweise durch eine defektive Schreibung zu verschleiern versuchte. In dem Beispiel von der Statue CG 42227 dagegen ist das Wort Maat durch eine mit einer Maatfeder gekrönten sitzenden Göttin geschrieben. CG 42227 Rechte Seite, Z. 8–9

mAA=j Jmn sxm nTr.w ofA.t=f pXr Hr=j Dj=j n=f 9 mAa.t mrr=f

Ich sah Amun, den mächtigsten der Götter, indem sein Ansehen mich umgab. Ich gab ihm Maat, die er liebt.

Auch wird in diesem Beispiel die aktive Ritualhandlung des Maatopfers beschrieben, während es sich bei den vorherigen Beispielen nur um eine Anspielung auf die enge Verbindung mit der Maat und die Tatsache, dass er Maat groß sein lässt, handelt. Dieser Unterschied könnte zwar einerseits unterschiedliche Werkstätten andeuten, aber andererseits auch ein Hinweis auf unterschiedliche Abfassungszeiten sein. So könnte die durch die Kartuschen Pedubasts I. datierte Statue CG 42226 früher entstanden sein als Statue CG 42227, bei der Hor (vii/viii/ix/xi) seine Handlung in Bezug auf Maat nicht mehr schriftlich verschleierte. Damit wäre sein Einfluss auf den König und die tatsächliche Politik der Thebais deutlicher publik geworden. Im Vergleich dazu verweist der Richter und Wesir Nespaqaschuti (A) in den Inschriften seiner Statue (CG 42232) zwar auch mehrmals auf Maat, aber in einem Kontext, der zum Aufgabenbereich des Richters passt. Er beschreibt, wie er Maat als ein Abzeichen im Palast empfängt und sie dann an seiner Brust beschützt.476 Es handelt sich hierbei um die schriftliche Beschreibung der Insignie des Richters, eines Amuletts in Form der Göttin Maat.477 Nespaqaschutis (A) Würfelhocker trägt allerdings ein Pektoral in der Form einer Hathor-Kuh.478 CG 42232, Rechte Seite, Z. 2–3

Szp=j mAa.t m Xkr=s m aH.t

CG 42232, Rückseite, Z. 3–4 CG 42232, Vorderseite, Z. 6

sd.kw Xr mAa.t wn.kw m jm.j-r’ n‘.wt mj +Hwtj m Sny.tt Raw xw(j) mAa.t Hr Snb.t=j

D(j)=j 3 rf n +Hwtj Xr=s Dsr479=j s.t=s jmjw bn.tj=j jmn.t{w} r Hr nb

Ich empfing die Maat in ihrem Schmuck im Palast. Ich gab 3 Thot Muße unter ihr. Ich barg sie schützend zwischen meinen Brustwarzen, indem sie vor jedermann verborgen war. Ich war mit der Maat geschmückt und amtierte als Vorsteher der Städte wie Thot im Hofstaat des Re Ich behütete die Maat auf meiner Brust

 474

Legrain 1914b, 62−65, 33; Jansen-Winkeln 2007b, 214−215. Bei einem schriftkundigen, einflussreichen Menschen wie Hor (vii/viii/ix/xi) kann man davon ausgehen, dass er an der Abfassung der Texte beteiligt war. 476 Vgl. die Zusammenstellung in Jansen-Winkeln 1985, 339–340. 477 Grdseloff 1940, 192. 478 Vgl. Grdseloff 1940, 194–195. Grdseloff erläutert die hathorischen Elemente und ihre enge Verbindung zum Richteramt. 479 Wb 5, 614.8: Dsr – „schützen, schützend im Tempel bergen“. 475

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Bei Nespaqaschuti (A) handelt es sich um einen weiteren loyalen Anhänger von Pedubast I. bzw. seinem HPA Horsiese (B).480 Doch verweist Nespaqaschuti (A) auf die Maat in einem Rahmen, der einem Wesir und Richter angemessen ist, während Hor (vii/viii/ix/xi) sich – wie gezeigt werden konnte – deutlich königlicher Phraseologie bediente. 5.1.4.2

Politisches Ideal: Vereinigung der beiden Länder

Auch das Vereinigen der beiden Länder wird von Hor (vii/viii/ix/xi) für sich in Anspruch genommen. Hierbei handelt es sich wiederum um eine Aufgabe, die grundsätzlich nur vom König ausgeführt werden konnte, denn das Ritual des zmA-tA.wj ist ein Bestandteil der Krönungszeremonie.481 Während die Vereinigung der beiden Länder für die Staatsentstehung in der ägyptischen Frühzeit eine große Rolle spielte,482 wird im weiteren Verlauf der ägyptischen Geschichte anlässlich jeder Thronbesteigung eines Königs sinnbildlich dieser Reichseinigung rituell gedacht.483 Ikonographisch wird das Vereinigen der beiden Länder durch die Verknotung der beiden Wappenpflanzen um das Zeichen Gardiner-List F36 für zmA – „vereinigen“ dargestellt.484 Auch Hor (vii/viii/ix/xi) rühmt sich, die beiden Länder mit seiner Binse vereinigt zu haben. CG 42226 Rücken, Z. 3 Gruppenstatue, Z. 1

dmD.n ar.w=f tA.wj […] jdb.wj n […] r t grg.n hdn.w=f tA.wj jb n nzw

…dessen Schreibbinsen die beiden Länder vereint haben. … die beiden Ufer … einer, dessen Schreibbinsen die beiden Länder gründen, das Herz des Königs

Beide Beispiele verbinden das Tätigkeitsfeld Hors (vii/viii/ix/xi) als königlicher Sekretär mit der königlichen Sphäre. Mit der Metapher der Schreibbinse wird sein Status als Schreiber angemessen ausgedrückt, doch greift er mit dem Vereinigen der beiden Länder in die königliche Phraseologie über. Üblicherweise wird das rituelle Vereinigen der beiden Länder mit zmA tA.wj wiedergegeben.485 Obwohl es sich anbieten würde, in der Benutzung des Verbes dmD einen Hinweis für die Aneignung einer königlichen Aufgabe durch eine Privatperson zu sehen, kann aber auch das Vereinigen Ägyptens, bzw. der beiden Länder, mit dmD umschrieben werden.486 Doch während nur wenige Belege eine sDm=f-Konstruktion (z. B. dmD=f tA.wj) benutzen,487 weist die Mehrheit der Belege eine Pseudopartizip-Konstruktion tA.wj dmD – „die beiden Länder vereint/insgesamt/im Ganzen“ auf.488 Bei dieser Konstruktion wird dadurch nicht die eigentliche Aktion des Vereinigens betont, sondern der bereits erreichte Status des geeinten Staates. Im „Denkmal memphitischer Theologie“ werden die Verben zmA und dmD laut el-Hawary parallel zueinander verwendet.489 Er deutet dmD als das Vereinigen von mehreren Teilen und interpretiert dies als Hin-

 480

S. Tabelle 3: Konkurrierende Parteien. Vgl. Derchain-Uertel 1986, Sp. 974. 482 Vgl. Wilkinson 2000, 377−395; Dualistische Prinzipien spielen in der ägyptischen Weltvorstellung eine große Rolle, s. auch Kahl 2007, 3−28. 483 Vgl. Kahl 2007, 4, 13. So notiert der Palermostein im ersten Jahr eines neuen Königs das zmA tA.wj (vgl. auch Gundlach 1998, 45). Goedicke bringt das zmA tA.wj dagegen nicht mit einer Krönungszeremonie in Verbindung, sondern möchte die Überwindung einer tatsächlichen politischen Bedrohung sehen. Vgl. Goedicke 1985, 310: „In all cases zmA-tAwy is an indicator of past political stress caused by the dissolution of the country’s unity.“; 322: „This was not a ritual or ceremony, but rather a process stretching over a period of time. During it the king „United the Two Lands“, a process which required his formal presence.“ 484 Schäfer 1943, 75. 485 Vgl. die Beispiele bei Schäfer 1943, 73−95; oder auch die Verzierungen an Thronstühlen mit der zmA-Pflanze als bildliche Umsetzung des zmA-tA.wj (z. B. bei Tutanchamun, Eaton-Krauss 2008, pl. XVIII–XXI). 486 Wb 5, 457.7–8. 487 PT 279a, Tb 17 (Urk V, 73.16); Edfu, W-Treppe (Rochemonteix/Chassinat 21984, 531); CG 20514 (MR); pBerlin 3048 4.7–8 als Beiname des Ptah (Sethe 1928, 32). 488 Außer der Pi(anch)y-Stele Z. 3 datieren die übrigen 12 Belege in die griechisch-römische Zeit. Vgl. DZA 31.407.540−DZA 31.407.660. 489 El-Hawary 2010, 123−124: „So stand Horus (als König) da an der Spitze des Landes – Er (d.h. Ptah/Geb) ist (also) der, der dieses Land (aus seinen Teilen) wieder zusammenfügte… Er (Ptah/Geb) ist (damit zugleich) dieser Horus, 481

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weis auf die tatsächliche historische Situation am Anfang der 25. Dynastie.490 Auch zur politischen Situation in Theben zur Zeit des Konflikts zwischen Osorkon (B)/Takelot II. und Pedubast I./Horsiese (B) könnte diese Interpretation passen. Das zweite Beispiel beschreibt nicht direkt die Vereinigung der beiden Länder, aber dort werden explizit die beiden Länder als das Objekt der Tätigkeit Hors (vii/viii/ix/xi) genannt. Da in der Amtszeit Hors (vii/viii/ix/xi) Ägypten politisch keine Einheit war, wird auch damit auf die rituelle Einheit des Landes zur Legitimation des Königtums aufgegriffen. Desweiteren wird Hor (vii/viii/ix/xi) als das Herz des Königs bezeichnet. Hier könnte man wiederum eine Anspielung auf die Tatsache, dass Hor hinter dem politischen Programm Pedubasts stand, erkennen. 5.2

Religiöser Kompetenzbereich von Hor (vii/viii/ix/xi)

Im religiösen Bereich ist Hor (vii/viii/ix/xi) Inhaber von Pfründen an den Haupttempeln in Karnak: Amun, Month, Chons. Darüberhinaus trägt er Priestertitel bei den in Karnak mit einem Gastkult anwesenden Gottheiten: Re-Atum, Ptah Hrj jb wAs.t und Osiris pA sr wr. Außerdem ist er Sempriester im Totentempel Ramses IV.491: Tabelle 11: Religiöse Titel von Hor (vii/viii/ix/xi)

Titel Hm nTr n Jmn

Hm nTr n JmnRaw nzw nTr.w Hm nTr n Jmn m Jp.t-s.wt

Übersetzung Priester des Amun

Priester des Amun-Re, König der Götter Priester des Amun in Karnaktempel

Quelle CG 42225492 CG 42226493 Grabkegel494 CG 42223495 CG 42229496 Kanopen Stockholm MM 15735497 BM EA 66424498 CG 42223 CG 42228 CG 42226 Berlin 17272499 TN 20/2/25/2500 CG 42227501 Ptah-Statue TN 31/5/25/10 + Châlon AC 850502

Datierung Osorkon II. Pedubast I. Scheschonq VI. Osorkon III. Osorkon III. Osorkon III. Osorkon II. Pedubast I. Osorkon III. Takelot III. -

 wenn er als König von Ober- und Unterägypten erscheint (und damit) als Vereiniger beider Länder im memphitischen Gau, an dem Ort, an dem (ja) die beiden Länder vereinigt wurden.“ 490 El-Hawary 2010, 123, Anm. 477. 491 Der sm des Totentempels ist die Bezeichnung des Hohepriesters einer solchen Einrichtung (vgl. Helck 1982, 1090). 492 Legrain 1914b, 58−62; Jansen-Winkeln 1985, 117−35, 494−505; Russmann 1990, 159−162; Jansen-Winkeln 2007b, 135−139; Brandl 2008, 149–150. 493 Legrain 1914b, 62−63, pl. 33; Jansen-Winkeln 1985, 506−508; Jansen-Winkeln 2007b, 213−216; Brandl 2008, 151−152. 494 Davies/Macadam 1957, no. 25−26; Jansen-Winkeln 2007b, 220−221. 495 Legrain 1914b, 52−54; Jansen-Winkeln 2007b, 304−05; Brandl 2008, 146. 496 Legrain 1914b, 70−72, pl. 36−37; Jansen-Winkeln 1985, 551−555; Jansen-Winkeln 2007b, 309−10; Brandl 2008, 60−61. 497 Peterson 1969, 78; Jansen-Winkeln 2007b, 221. 498 Bierbrier 1993, 13, pl. 10−11; Jansen-Winkeln 2007b, 406. 499 Wreszinski 1915, 353−59; Roeder 1924, 73−74; Bosse 1936, 28; Priese 1991, 168–169; Seipel 1992, Nr. 149; Grimm/Schoske/Wildung 1997, 149–150; Jansen-Winkeln 2007b, 301−302; Brandl 2008, 101−102. 500 Jansen-Winkeln 2007b, 324–326; Jansen-Winkeln 2008a, 58–62; Brandl 2008, 200–201. 501 Legrain 1914b, 66−67; Jansen-Winkeln 1985, 515−517; Jansen-Winkeln 2007b, 216−217; Brandl 2008, 153−154. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Titel Hm nTr n MnT.w nb WAs.t

Hm nTr MnT.w jm.j-r’ Hm.w nTr MnT.w wr mAw sHtp jb Raw-Jtmw m WAs.t

Hm nTr n PtH nb WAs.t Hm nTr n PtH Hrjjb WAs.t sm n Hw.t HoAmAa.t-Raw Hm nTr 4-nw n #ns.w m WAs.t nfr-Htp Hm nTr Wsjr pA sr wr wn aA.wj n p.t m Jp.t-s.wt

83

Übersetzung

Quelle

Datierung

Priester des Month, dem Herrn von Theben

CG 42228 CG 42226 CG 42227 Berlin 17272 Kanopen Stockholm MM 15735 Grabkegel JE 29248503

Osorkon II. Pedubast I.

CG 42225 CG 42226 Berlin 17272 CG 42227 CG 42226 CG 42227

Osorkon II. Pedubast I. Osorkon III.

Sem-Priester des Totentempels von Ramses IV. 4. Priester des Chons in Theben, Neferhotep

CG 42226

Pedubast I.

CG 42226

Pedubast I.

Priester des Osiris, des großen Beamten Öffner der beiden Türflügel des Himmels im Karnak-Tempel

CG 42227

-

JE 29248

-

Priester des Month Vorsteher der Month-Priester Großer der Sehenden beim Zufriedenstellen des Herzens von Re-Atum in Theben Priester des Ptah in Theben Priester des Ptah, der zu Gast in Theben ist

Osorkon III.

Scheschonq VI. -

Pedubast I. -

Es fällt auf, dass Hor zahlreiche einfache Hm nTr-Ämter innehatte, aber nur einen hochrangigen Titel aus dem hierarchischen Tempeldienst. Mit dem einfachen Hm nTr-Amt waren wahrscheinlich nur wenige Tage im Jahr mit aktivem Tempeldienst und darausfolgend geringeren Einkünften verbunden.504 Die Hm nTr waren oft Landpächter, die das Tempelland bebauen bzw. verwalten mussten und daraus ihre Einkünfte bezogen, am tatsächlichen Tempeldienst waren sie nur an bestimmten Tagen im Jahr beteiligt.505 Die Häufung der Titel geringerer Bedeutung bei Hor (vii/viii/ix/xi) bei unterschiedlichen Gottheiten deutet auf seine finanzielle Absicherung in verschiedene Richtungen hin.506 Als wn aA.wj p.t hatte Hor (vii/viii/ix/xi) Zugang zum Innersten des Tempels.507 Dieses Amt hatte er von seinem Vater Nebnetjeru (iii) geerbt.508 Hors (vii/viii/ix/xi) einziger hierarchischer Titel stammt aus der Chonspriesterschaft: 4. Priester des Chons-in-Theben-Neferhotep. Diesen Titel hatte er ebenfalls von seinem Vater Nebnetjeru (iii) übernommen. Erst gegen Ende der 21. Dynastie entwickelte sich scheinbar eine Hierarchie innerhalb der Chonspriesterschaft.509 Einen Hm nTr tp.j gab es allerdings nicht, sondern nur 2./3. und 4. Priester des Chons. Villar Gomez sieht in der Ausbildung der Hierarchie im Chons-Tempel eine Reaktion auf den Ein-

 502

Harlé 1986, 10, DEG 2; Jansen-Winkeln 1999, 123−139; Jansen-Winkeln 2007b, 210−211. Jansen-Winkeln 1985, 527−529; Jansen-Winkeln 2007b, 302−303. 504 Helck 1982, 1090. 505 Helck 1982, 1091. 506 Spencer 2010a, 256: „there would, however, have been considerable financial benefits to the accumulation of titles“. 507 Die Frage, inwieweit damit ein tatsächliches Amt verbunden war oder ob es sich nur um ein Epitheton handelt, das dem Träger den Zugang zum Allerheiligsten bescheinigt, muss offenbleiben (vgl. die Diskussion bei Broekman 2011, 93–94, mit Anm. 6). 508 CG 42225. 509 Villar Gomez 2017, 1–22. 503

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fluss und die Machtbefugnisse der Amun-Priesterschaft.510 Hor (vii/viii/ix/xi) – als einflussreicher Offizieller des Chons-Tempels – würde damit auch in diesem Bereich einen Gegenpol zu den Machtansprüchen Osorkons (B) darstellen. Da auch Chons zum Teil mit der Rechtssprechung in Verbindung gebracht wird, könnte man auch hier eine Analogie zu den jurisdiktiven Tätigkeiten Hors (vii/viii/ix/xi) (s. o.) ziehen.511 Die religiöse Hinwendung zu Isis vom „Großen Hügel“512 wird in den biographischen Texten auf der Statue Hors (vii/viii/ix/xi) (CG 42226) und auf der Sitzstatue seiner Frau Schepensopded (CG 42228) bezeugt. CG 42226, Sockel

pD.n=j Sn Hr tA n WAs.t xsr.n=j oa(j).yt jm=s jrj.n=j Hw.t-nTr n HA n jnr HD nfr ntt rn=s r-prw As.t n jA.tt-wr.t Hr tA nTr n WAs.t

CG 42228, rechte Seite, Z. 1–2

1 jy(j).n=j js r wnn=j m Hw.t nTr n As.t n jAtt-wr.t rx.n=j js 2 s.t tn Dsr msxn.t n JTmw …

Ich spannte die Schnur auf der Erde von Theben, nachdem ich die Erhöhung in ihr beseitigt hatte. Ich machte einen „Tempel der Rückseite“ aus Kalkstein, dessen Name ist: Tempel der Isis vom „Großen Hügel“ auf göttlichem Boden Thebens. 1 Nun, ich kam (hierher?), damit ich im Tempel der Isis vom „Großen Hügel“ bin. Ich wusste also, 2 dass dieser heilige Ort der Ruheplatz des Atum ist; …

Der Priestertitel des Hm ntr Wsjr pA sr wr verbindet Hor (vii/viii/ix/xi) ebenfalls mit der Kapelle J (Osiris Wep-Isched; Isis vom „Großen Hügel“; s. Abb. 12). Der Titel pA sr wr wurde Osiris am Choiakfest in Koptos verliehen, und die Rituale scheinen auch in den Osiris-Kapellen in Karnak ausgeübt worden zu sein.513 Auf das Choiak-Ritual verweist auch ein Granitbecken, das aus Koptos stammt und durch die Kartuschen des Königs Horsiese I. datiert wird.514 Pedubast und sein HPA Horsiese (B), die von Hor (vii/viii/ix/xi) unterstützt und protegiert werden, sollen aus dem Familienzweig Horsieses I. entstammen.515 Wenn dies zutreffend sein sollte, wäre neben einer religiösen Verbindung nach Koptos dann auch eine politische postulierbar. Die politische Legitimation Horsieses I. und seiner Nachkommen würde demnach auch durch religiöse Rituale unterstützt. Hors (vii/viii/ix/xi) familiärer Hintergrund ist bekannt; er war Abkömmling einer lange in Theben beheimateten Priesterfamilie (Nebnetjeru-Familie).516 Die Miteinbeziehung Hors (vii/viii/ix/xi) in ursprünglich aus Koptos stammende theologische Konzepte spricht dafür, dass durch gezielte Vergabe von Ämtern an die thebanischen Beamtenfamilien die Loyalität einem Lokalpotentaten gegenüber gesichert wurde. Darüberhinaus hat Hor (vii/viii/ix/xi) den Titel jmj-r‘ Hm.w nTr MnT.w inne.517 Nach Naunton handelt es sich dabei um einen übergeordneten Titel in der Priesteradministration, dessen Träger über einflussreiche Befugnisse verfügt.518

 510

Villar Gomez 2017, 19 spricht von einem: „channel through which the Theban local elite extended their influence and grew in power, in parallel to the HPA’s authority; this development does not seem accidental.“ Villar Gomez 2015, 119: „The giving of high-rank offices could be seen as a political manoeuvre to favourably influence certain families; not only the giving of titles but the emergence of new functions must be analysed within the same context. Conversely, the acquisition of privileges and offices must be perceived as a potential threat to the current authority too. A more independent elite which needed to be under control is a crucial factor, while rises and declines inside the families, hereditary offices, alliances, marriages and so on must also be taken into account when talking about functionaries and temple personnel.“ 511 Villar Gomez 2015, 17. 512 LGG I, 67. 513 Coulon 2005, 336. 514 JE 37516: PM V, 133; Carter 1905, 123–124, Jansen-Winkeln 1994, B/2.2.4; Jansen-Winkeln 2007b, 155 (19.6). Die Zuweisung der Bes-Statue aus Durham zu den Quellen Horsieses I. ist zwar nicht gesichert (Jansen-Winkeln 1995a, 32), aber auch diese Quelle verweist nach Koptos. 515 Dodson 2012, 107, 121. Die Verwandschaftsverhältnisse zwischen Horsiese (B) und Horsiese I. sind aber nicht eindeutig geklärt, vgl. Broekman 2008, 229. 516 Bierbrier 1975, 73−78. 517 JE 29248; s.o. Anm. 503. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Abbildung 12: Kapelle J in Karnak(© Anke I. Blöbaum).

In den Reliefs der Kapelle J in Karnak sind Osorkon II. und sein Enkel der HPA Takelot (F) zu sehen. Takelot (F) ernannte sich bekanntlich in den letzten Regierungsjahren Osorkons II. in Theben zum König Takelot II. Horsiese (B) ist sein Nachfolger im Amt des HPA. Die Dekoration der Kapelle wurde als Legitimation Takelots II. als jugendlicher Horus, Sohn von Osiris und Isis, kurz vor Thronbesteigung interpretiert.519 Horsiese (B) könnte demnach schon als designierter Nachfolger im HPA-Amt festgestanden haben. Es kann spekuliert werden, ob da bereits eine Verbindung zwischen dem einflussreichen königlichen Sekretär und Bauaufseher Hor (vii/viii/ix/xi) zu Horsiese (B) bestand und dass dieser zu diesem Zeitpunkt bereits ein Protégé Hors (vii/viii/ix/xi) war und er für seine Einsetzung als HPA veranwortlich war.520 5.3

Gibt es Verflechtungen der religiösen und politischen Ebenen bei Hor (vii/viii/ix/xi)?

Es stellt sich trotzdem die Frage, ob der religiöse Bereich für den politischen Einfluss Hors (vii/viii/ix/xi) relevant war. Seine Priestertitel gehören nicht zu den höchsten Ämtern in Karnak. Es scheint sich um Pfründe zu handeln, die der Nebnetjeru-Familie schon lange gehörten. Politischen Einfluss spiegeln sie allerdings nicht wider. Einzig die Priesterstelle des Re-Atum in Karnak ist häufig mit dem Amt des 3. Priesters des Amun verbunden.521 Der Titel des 3. Priester des Amun war beim Großvater Hors (vii/viii/ix/xi) noch in der Familie, dann aber für drei Generationen nicht mehr. Es ist zu vermuten, dass das Amt in dieser Zeit von Anhängern der konkurrierenden „Partei“ um Takelot II. eingenommen wurde.522 Ein direktes Zusammenspiel von Religion und Politik scheint es bei Hor (vii/viii/ix/xi) nicht gegeben zu haben. Sein Aufgabenbereich war klar administrativ und politisch ausgerichtet und bezog sich nicht auf die religiöse Ebene. Wie bereits Kees beobachtete, erscheint „sein Priestertum ... als eine selbstverständliche Begleiterscheinung seiner Stellung, beinahe wie die alten inhaltlosen Rangtitel“.523 Nur die Tätigkeit als

 518

Naunton 2011, 98–101. Perdu 2010, 118−119. 520 S. das Kapitel 5.1.3 Hor (vii/viii/ix/xi). als Königsmacher. 521 Kees 1958, 225. 522 S. o. Horsiese (C); vgl. Tabelle Payraudeau 2014a, 243. 523 Kees 1958, 227. 519

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Baumeister der Kapelle J belegt eine Einflussnahme des politisch-aktiven Hors (vii/viii/ix/xi) auf den religiösen Bereich, da er im Auftrag des Königs Osorkon II. in Karnak eine Kapelle errichten ließ. Auch die Übernahme der aktiven Umsetzung des Maatkonzepts aus dem königlichen Bereich ist ein Element, das in beide Bereiche eingreift. Zu guter letzt bezeugen auch die Statuen, die im Tempel von Karnak aufgestellt worden sind, eine Verflechtung von religiös-orientiertem Aufstellungsort und -grund mit den in den biographischen Inschriften beschriebenen Tätigkeiten im politisch-administrativen Bereich. Die Zielgruppe für das Bekunden der politischen Loyalität ist somit im Tempel in der hochrangigen Priesterschaft zu lokalisieren. Die Verflechtung von Religion und Politik ist damit nicht in den Kompetenzen und Aufgaben Hors (vii/viii/ix/xi) zu sehen, sondern in der Demonstration der politischen Agenda innerhalb des Karnak-Tempels. 5.4

Zusammenfassung: Hor (vii/viii/ix/xi)

Hor (vii/viii/ix/xi) rühmt sich auf seinen zahlreichen Statuen, Einfluss auf den König genommen zu haben. Außerdem beschreibt er die Übernahme königlicher Aufgaben und übernimmt in einigen Fällen auch königliche Phraseologie. Allerdings scheint es sich dabei nicht um anmaßendes Verhalten gehandelt zu haben, da Hor (vii/viii/ix/xi) seine Loyalität gegenüber dem König Pedubast I. immer demonstrativ hervorhebt. Vielmehr beschreibt er damit seinen aktiven politischen Wirkungskreis und damit die Macht und den Einfluss, den er innehatte. Dass Hors (vii/viii/ix/xi) politischer Kompetenzbereich außerordentlich war, zeigt auch ein Vergleich mit zeitgleichen Würdenträgern, die ebenfalls Epitheta aus dem Kontext der Verwaltung des Landes aufweisen.524 Während die übrigen Beamten nur vereinzelt eine Phraseologie benutzten, die sich mit den Regierungsgeschäften verbinden lässt, benutzt Hor (vii/viii/ix/xi) zwölf verschiedene Epitheta aus dieser Kategorie (s. Tabelle 12). Tabelle 12: Hor (vii/viii/ix/xi) im Vergleich mit anderen Beamten im Bezug auf die Verwaltung der Stadt

Würdenträger

Anzahl der Epitheta in der Kategorie Leitung/Verwaltung des Landes bzw. der Stadt (Theben)525

Quellen

Datierung

Hor (vii/viii/ix/xi)

12

CG 42226 / CG 42227526

Pedubast I.

Osorkon (B)

4

CPO527

Takelot II., Jahr 11−12

Nebnetjeru (iii)

3

CG 42225

528

Osorkon II.

529

ca. Takelot II.

Horsiese (C)

2

CG 42210

Nespaqaschuti (A)

2

CG 42232 = Luxor J 152530

Scheschonq III./ Horsiese (B)

Nesamenope

1

CG 42252531

Osorkon II.

 524

Anhand der Zusammenstellung der Phraseologie in Jansen-Winkeln 1985, Teil II lässt sich dieser Vergleich gut durchführen. 525 Vgl. Jansen-Winkeln 1985, 335−338. 526 S. Kapitel I. 5 Hor (vii/viii/ix/xi). 527 S. Kapitel I. 4 Osorkon (B). 528 Legrain 1914b, 58−62, pl. 32; Jansen-Winkeln 1985, 117−135, 494−505, Taf. 28−29; Russmann 1990, 159−162; Jansen-Winkeln 2007b, 135−139. 529 Legrain 1914b, 25−28, pl. 18−19; Jansen-Winkeln, 1985, 63−82, 462−469, Taf. 15−17; Jansen-Winkeln 2007b, 234−236; Brandl 2008, O-5.2.12. 530 PM II2, 149; Legrain 1914b, 78−80, pl. 40−41; Jansen-Winkeln 1985, 210−215, 556−560; Jansen-Winkeln 2007b, 205−207. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Würdenträger

Anzahl der Epitheta in der Kategorie Leitung/Verwaltung des Landes bzw. der Stadt (Theben)

Quellen

Datierung

Neseramun (ii)

1

CG 42221532

ca. Takelot II.

Horachbit, gestiftet von Imeneminet (iii)

1

CG 42231533

ca. Takelot II

Panetiufanch

1

Priesterannalen Nr. 2 (JE 36494)534

Pedubast I., Jahr 8

Nebnetjeru (iv) / Hor (vii/viii/ix/xi)

1

JE 29248535

Osorkon III.

Nachtefmut (C)

1

CG 42229536

Osorkon III.

Iutjek

1

JE 37512537

22./23. Dynastie

Der größte Teil der Belege aus dieser Kategorie stammt aus der Zeit des „Bürgerkrieges“ bzw. kurz davor (CG 42225 und CG 42252) und kurz danach (JE 29248 und CG 42229). Dies scheint demnach eine Periode gewesen zu sein, in der die Leitung und Verwaltung Ägyptens bzw. vielmehr der Thebais in den Händen der Beamten lag und dies von den Beamten auch in ihren Biographien betont wurde. Zu Beginn der 22. Dynastie war demnach ein aktives Mitwirken in der Regierung des Landes durch Beamte noch nicht weit verbreitet, oder aber diese hatten nicht das Bedürfnis, ihre Regierungsbeteiligung schriftlich festzuhalten. Hors (vii/viii/ix/xi) direkte Machtausübung wird somit deutlich. Auch die Tatsache, dass er mit der Vereinigung der beiden Länder weitere Aufgaben aus dem königlichen Aufgabenbereich aufgreift, zeigt seine Ambitionen auf herrschaftlicher Ebene. Als Bürgermeister von Theben (xsf n N’.t) ist er – wie der Bürgermeister von Theben in der Übergangszeit der 25. und 26. Dynastie Monthemhet538 – als ein Lokalpotentat mit umfangreicher Befehlsgewalt aufzufassen. Seine hohe politische Bedeutung basierte nicht nur auf seinen Ämtern, sondern manifestierte sich durch die starke Einflussnahme auf den König.539 Die Anspielungen auf die Maat zeigen,540 dass Hor (vii/viii/ix/xi), trotz seiner ausgewiesenen Loyalität Pedubast I. gegenüber, sich des Umfanges seiner Befugnisse bewusst war, und dies für die schriftkundige Priesterschaft des Karnak-Tempels auch auf dort aufgestellten Statuen demonstrierte. Wahrscheinlich in diplomatischer Mission war Hor (vii/viii/ix/xi) in Memphis für Pedubast I. tätig.541 Es ist denkbar, dass er dort Unterstützung für die „Partei“ Pedubasts I. im thebanischen „Bürgerkrieg“ suchte. Unklar bleibt, ob dies in einem Zeitabschnitt geschah, in dem Osorkon (B) in Theben triumphierte und Pedubast I. und seine Gefolgsmänner Zuflucht außerhalb Thebens suchen mussten, oder ob er in einer Phase der Vorherrschaft Pedubasts I. in Memphis verweilte.

 531

PM II2, 148; Legrain 1904a, 282; Maspero 1915, 211, Nr. 873; Jansen-Winkeln 1985, 272−273; Jansen-Winkeln 2004a, 46−50, pl. XI; Jansen-Winkeln 2007b, 133−134; Brandl 2008, O-3-5. 532 PM II2, 149; Legrain 1914b, 47−50, pl. 29; Jansen-Winkeln 1985, 183−192, 536−541, Taf. 47−48; Jansen-Winkeln 2007b, 243−245. 533 PM II2, 150; Legrain 1914b, 75−78, pl. 39; Jansen-Winkeln 1985, 193−204, 542−551, Taf. 49−53; Jansen-Winkeln 2007b, 247−250. 534 Legrain 1900, 52−53; Jansen-Winkeln 1985, 223−228; 567, 569−570; Kruchten 1989, 36−44; Jansen-Winkeln 2007b, 213. 535 PM I2, 682; Jansen-Winkeln 1985, 168−169, 527−529, Taf. 41−43; Jansen-Winkeln 2007b, 302−303. 536 PM II2, 149; Legrain 1914b, 70–72, pl. 36-37; Bosse 1936, 50, Nr. 128, Taf. IV; Jansen-Winkeln 1985, 205–209, 552–555; Taf. 54–57; Jansen-Winkeln 1990b, 180; Jansen-Winkeln 2007b, 309–310; Brandl 2008, O-5.2.19. 537 PM II2, 150; Jansen-Winkeln 1985, 216–222, 561–565, Taf. 58–60; Jansen-Winkeln 2007b, 449–450. 538 S. Kapitel III.4. 539 Vgl. Kapitel I. 5.1.3.2. 540 Vgl. Kapitel I. 5.1.4.1. 541 Vgl. Kapitel I. 5.1.2.4. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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88

Hor (vii/viii/ix/xi) vereinte in sich administrative, exekutive und legislative Aufgaben. Durch den RichterTitel zAb, den er auf einer Quelle innehat,542 nahm er zusätzlich auch noch Aufgaben innerhalb der Jurisdiktion wahr. Hor (vii/viii/ix/xi) hatte eine ablehnende Haltung gegenüber Osorkon (B), der bei Regierungsantritt Takelots II. vermutlich noch zu jung für das Amt des HPA war. Osorkon (B) forderte dieses Amt zehn Jahre später ein und provozierte damit eine Gegenreaktion innerhalb der thebanischen Beamtenschaft. Hor (vii/viii/ix/xi) kann somit als „Königsmacher“ bezeichnet werden (s. o.), der den Aufstieg von Pedubast I. und Horsiese (B) förderte und sich auf dessen Seite stellte, um die Machtverlagerung in der Thebais zu Gunsten des HPA Osorkon (B) zu verhindern. Hors (vii/viii/ix/xi) Familienmitglieder schlossen sich zum größten Teil der „Partei“ um Pedubast I. an. Nur sein Sohn Nebnetjeru (iv) und sein Schwiegersohn Nachtefmut (C) sind eventuell auf Seiten Osorkons (B) zu finden und wurden von diesem mit Ämtern belohnt (s. o.). Nebnetjeru (iv) trägt – wenn es sich bei der Person auf dem beschrifteten Block von einem Fenster aus dem Achmenu Thutmosis III.543 tatsächlich um ihn handelt – den Titel eines königlichen Sekretärs und königlichen Beauftragten (rwD aA). Louvre C 258, Z. 6

… jy(j) jn Hm nTr n Jmn-Raw nzw nTr.w rwD [aA n pr nzw zXA.w Sa.t n nb] tA.wj [nb nTr.w] zA @r.w aHa.n=f …

… Hinzukommen seitens des Priesters des Amun-Re, König der Götter, des großen Inspektors [der Amunsdomäne(?) dem Sekretär des Herrn] der beiden Länder [Nebnetjeru], Sohn des Hor. …

Dieses Fragment der Priesterannalen datiert in das 11. Regierungsjahr des Königs Takelot II. und liegt damit am Anfang des „Bürgerkrieges“. Payraudeau bezweifelt, dass der fragliche Beamte Nebnetjeru (iv) ist, und schlägt dessen Großvater, den Schwiegervater Hors (vii/viii/ix/xi) Nebnetjeru (v) vor.544 Hor (vii/viii/ix/xi) trägt nicht den Titel rwD aA, sondern nur den mit diesem Titel häufig kombinierten xsf n N’.t als Bezeichnung des Bürgermeisters von Theben. Da der genannte Nebnetjeru, Sohn des Hor, allerdings ein königlicher Sekretär ist, könnte man die Textstelle zusammen mit dem ebenfalls im 11. Jahr Takelots II. abgefassten Befehl des HPA Osorkon (B) betrachten, die Kinder der Rebellion in die Ämter ihrer Väter einzusetzen.545 Nebnetjeru (iv) wäre somit seinem Vater Hor (vii/viii/ix/xi) ins Amt gefolgt und würde dieses im Auftrag des HPA Osorkon (B) ausführen. Dazu würde die Passage aus der memphitischen Statue Hors (vii/viii/ix/xi) passen, in der er um die Versorgung seines Sohnes in Theben bat.546 Für eine Deutung als Nebnetjeru (iv) spricht auch die Tatsache, dass ihm unter Osorkon III. Priesterämter zugesprochen wurden, die vorher lange Zeit nicht mehr in der Hand der Nebnetjeru-Familie waren.547 Nach dem Triumph des HPA Osorkon (B) scheint es für Hor (vii/viii/ix/xi) und seine Nachkommen auf den ersten Blick nur zu eingeschränkten Repressalien und negativen Auswirkungen gekommen zu sein, da sein Sohn Nebnetjeru (iv) unter anderem als 3. Priester des Amun, als Vorsteher der Rinder des ReTempels auf dem Dach des Amun-Tempels und als königlicher Sekretär unter Takelot II. und Osorkon III. tätig war.548 Auch entferntere Nachkommen bezogen sich weiterhin auf ihn,549 und auch seine zahlreichen Monumente blieben unangetastet und fielen nicht einer damnatio memoriae anheim. Doch obwohl die Nebnetjeru-Familie in den folgenden Jahren in Theben weiterhin bedeutsam blieb, trugen die Nachkommen

 542

Louvre D 34. Louvre C 258. Kruchten 1989, 257−263; Jansen-Winkeln 1992a, 249−254. Die Lesung ist ungewiss, da die fragliche Stelle zerstört ist. Laut Jansen-Winkeln 1992a, 251, Anm. f−g ist die beste Abschrift die von Pierret 1978, II 89; zur Ergänzung des Namens Nebnetjeru s. auch Bierbrier 1975, 77. 544 Payraudeau 2014a, 146. Wenn man diesen aber mit Broekman 2010a, 134 mit dem Großvater Hors (vii/viii/ix/xi) Nebnetjeru (iii) gleichsetzt, so dass Hor (vii/viii/ix/xi) mit Merutamun seine eigene Tante geheiratet hätte, ist dies zeitlich unmöglich, da Nebnetjeru (iii) am Ende der Regierungszeit Osorkons II. verstarb und im 11. Jahr Takelots II. nicht mehr am Leben war. 545 CPO A, 37 (s. o.). So auch Jansen-Winkeln 1992a, 253. 546 Vgl. das Kapitel 5.1.2.4 Hor (vii/viii/ix/xi) als Diplomat im Norden. 547 Das Amt des 3. Priesters des Amun und des Vorstehers der Rinder des Re-Tempels auf dem Dach des AmunTempels, vgl. Broekman 2011, 101. 548 Vgl. Payraudeau 2014a, 244. 549 So wird er in den Genealogien auf den Statuen CG 42229, CG 42223, CG 42219 in der mütterlichen Linie erwähnt; vgl. Jansen-Winkeln 1999, 136. 543

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DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

89

Hors (vii/viii/ix/xi) weniger einflussreiche Titel als ihre Vorfahren. Hor (vi), der Ehemann Taperets, einer Tochter von Nebnetjeru (iv), hat niedrigere Priesterämter inne (s. Tabelle 13), ist als Tempelschreiber tätig und trägt an einer Stelle den ungewöhnlichen Titel zXA.w mAa nzw – wahrer Schreiber des Königs. Damit versuchte er an die einflussreichen Ämter seiner Vorfahren anzuknüpfen. Tabelle 13: Titel Hor (vi)

Titel Hor (vi) Hm nTr n Jmn(-Raw nzw nTr.w)

Übersetzung Priester des Amun (König der Götter)

jr.tj nzw m Jp.t-s.wt Hm nTr Jmn m Jp.t-s.wt

Augen des Königs in Karnak Priester des Amun in Karnak

zXA.w Hw.t nTr n Mw.t wr.t nb.t JSrw/ nb.t p.t

Schreiber des Tempels der Mut, der Großen, der Herrin von Ascheru / des Himmels

jm.j-s.t-a pr.w Jmn Mw.t #ns.w (pA wAH)

Gehilfe in den Domänen von Amun, Mut und Chons, dem Opfernden

zXA.w xtm.tj nTr (pr Jmn)

Schreiber des göttlichen Siegels der Amunsdomäne Hnk-Priester der Domäne des Chons, des Opfernden Priester der Rattaui von Medamud Priester der göttlichen Erscheinungen des Painedjem I., gerechtfertigt Großer des Throns des Königs, des Herrn der beiden Länder (Ramses III.)│ Priester der Amaunet, die zu Gast in Karnak ist Der Ehrwürdige seiner Stadt

CG 42224 CG 42224

Der Gelobte seines Gottes Ein Loyaler seiner Familie gegenüber Schreiber des Tempels der Amunsdomäne Monatspriester (der Amunsdomäne) in der 1. Phyle wahrer Schreiber des Königs

CG 42224 CG 42224 CG 42223 CG 42223 CG 4376 CG 42223

Hnk pr #ns.w pA wAH Hm nTr Ra{t}-tA.wy n mAd Hm nTr n pA sxa(j)t nTrw n pAynDm mAa-xrw aA on n nzw nb tA.wy (Ra-ms-sw hoA Jwnw)│ Hm nTr Jmnt Hrj.t-jb Jp.t-s.wt jmAx.w n N’.t=f Hz(j).y nTr=f mnx-jb n msichwtjw=f zXA.w Hw.t nTr n pr Jmn Hm nTr jm.j-Abd=f (n pr Jmn) Hr sA 1 zXA.w mAa nzw

Quelle CG 42224550 CG 42223551 CG 4375552 CG 4377553 CG 4378554 CG 42224 CG 42224 CG 4376555 CG 42224 CG 4375 CG 4378 CG 42224 CG 42223 CG 4377 CG 42224 CG 42223 CG 42224 CG 42224 CG 422224 CG 42224

Hors (vii/viii/ix/xi) Schwiegersohn Nachtefmut (C) war als Wesir eine einflussreiche Persönlichkeit in Theben (s. Tabelle 14). Doch gehörte er zu den Familienmitgliedern Hors (vii/viii/ix/xi), die bereits im „Bürgerkrieg“ Sympathisanten des HPA Osorkon (B) waren und dadurch erklärt sich, dass auch sein Sohn Hor (x) unter Osorkon III. noch den Posten des Wesirs bekleidete und seinem Vater eine Statue stiftete.556

 550

PM II2, 149; Legrain 1908, 73−77; Legrain 1914b, 54−57, pl. 31; Maspero 1915, 206; Jansen-Winkeln 1985, B25, Jansen-Winkeln 1992a, 240−259; Jansen-Winkeln 2007b, 306; Brandl 2008, O-5.2.24. 551 PM II2, 149; Legrain 1908, 80−81; Legrain 1914b, 52−54, pl. 30; Kitchen 31996, §166; Jansen-Winkeln 2007b, 304−305. 552 Reisner 1967, 237−240, pl. 45; Jansen-Winkeln 1986, 41−43; Jansen-Winkeln 2007b, 305−306. 553 Reisner 1967, 237−240, pl. 45; Jansen-Winkeln 1986, 41−43; Jansen-Winkeln 2007b, 305−306. 554 Reisner 1967, 237−240, pl. 45; Jansen-Winkeln 1986, 41−43; Jansen-Winkeln 2007b, 305−306. 555 Reisner 1967, 237−240, pl. 45; Jansen-Winkeln 1986, 41−43; Jansen-Winkeln 2007b, 305−306. 556 CG 42229; zu Hor (x) als Wesir, vgl. Payraudeau 2014a, 180. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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90 Tabelle 14: Titel Nachtefmut (C)

Titel Nachtefmut (C) Hm ntr n Jmn-(Raw nzw nTr.w)

Übersetzung Priester des Amun, König der Götter

jr.j-pat HA.tj-a xtmw bjt smr wa.tj tA.tj zAb rʼ nxn

Ehrentitel (unübersetzt) Siegler des Königs Einziger Freund Richter Mund von Nechen

jm.j-rʼ N’.t

Vorsteher der Stadt

TA.tj

Wesir

Hm nTr n MAa.t Hm nTr n Jmn (m Jp.t-s.wt)

Priester der Maat Priester des Amun in Karnak

Quelle CG 42229557 CG 42217558 JE 36733559 Berlin 20132560 Berlin 20134561 Berlin 20135562 Berlin 20136563 CG 42229 CG 42229 CG 42229 CG 42229 CG 42229 CG 42229 JE 37851564 CG 42217 JE 36733 Berlin 20132 Berlin 20134 Berlin 20135 Berlin 20136 CG 42229 JE 37851 CG 42217 JE 36733 Berlin 20132 Berlin 20134 Berlin 20135 Berlin 20136 CG 42229 Berlin 20134 JE 37851

Wenn, wie von Payraudeau und de Meulenaere vorgeschlagen, der Wesir Hor (xxiv)565 ein Sohn von Nebnetjeru (iv) ist,566 dann vereinigten sich die Ämter des Wesirs und des königlichen Sekretärs in einer Familie. Sein Sohn Nebnetjeru-(Month) (x)567 übte neben diesen beiden Ämtern auch noch das des Gouverneurs von Theben (xsf n N’.t) aus. Die Nachfahren Hors (vii/viii/ix/xi) blieben demnach bedeutsame Beamte der Thebais, doch finden sich die einflussreichen Ämter nur noch bei den Nachfahren von Nebnetjeru (iv), der in der Gunst Osorkons III. stand. Bei allen anderen Familienmitgliedern nahm die Bedeutung nach und nach ab.568

 557

Legrain 1914b, 70−72, pl. 36−37; Jansen-Winkeln 1985, 551−555; Jansen-Winkeln 2007b, 309−310; Brandl 2008, 60−61. 558 Legrain 1914b, 41−42; Jansen-Winkeln 2006a, 217−221, Taf. 9−10; Jansen-Winkeln 2009, 413−414. 559 Jansen-Winkeln 2006b, 222−226, Taf. 11-12; Jansen-Winkeln 2009, 412−413. 560 PM I2, 684; Roeder 1924, 541−547, 549−569; Anthes 1943, 37−40, 45−50; Vittmann 1978, 122−123; JansenWinkeln 2007b, 391. 561 Roeder 1924, 553; Jansen-Winkeln 2007b, 391. 562 Roeder 1924, 555; Jansen-Winkeln 2007b, 391−392. 563 Roeder 1924, 548; Anthes 1943, 34−36, Taf. 7; Jansen-Winkeln 2007b, 3909. 564 Jansen-Winkeln 2006b, 228−229, Taf. 15−17; Payraudeau 2006, 249−54; Jansen-Winkeln 2009, 411. 565 Vgl. Payraudeau 2014a, 550, Nr. 191. 566 Payraudeau 2014a, 147; de Meulenaere 1986, 143−149; Broekman 2011, 104−105; Payraudeau 2009. 567 Vgl. Payraudeau 2014a, 488, Nr. 127; Jansen-Winkeln 2007b, 399 (44.40): Kanopen Kairo SR 15912 und Särge; Payraudeau 2003b, 139; Bresciani 1980, 3−4. 568 Payraudeau 2009, 121. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

DIREKTE UND INDIREKTE MACHTAUSÜBUNG

6

Religion und Politik in der thebanischen Machtverteilung

6.1

Die einflussreichen Familien

91

„… die effektive Verbindung weltlicher und geistlicher Gewalt bildete den Grund für die Gegnerschaft; sie ist das Kennzeichen für die innere Zwiegesichtigkeit des angeblichen „Gottesstaates.“ 569 Auch, wenn er die historischen Zusammenhänge noch anders rekonstruiert, erkennt bereits Kees die enge Verflechtung von Religion und Politik und ihre Auswirkungen auf die realpolitischen Entwicklungen in der 22. Dynastie. Die Macht in Theben liegt im 9. Jh. bei einer kleinen Gruppe einflussreicher Familien, die die Priesterämter und die administrativen Ämter in der Thebais unter einander aufteilten. Dies führte zu zahlreichen Konflikten um die tatsächliche Machtverteilung in Theben.570 Die Nachtefmut-Familie hatte zahlreiche bedeutsame religiöse Ämter inne. Während die Vorfahren von Nachtefmut (A) verschiedene Ämter in der Chons-Priesterschaft ausübten, ist Djedchonsiufanch (C), der Vater von Nachtefmut (A), der erste in der Familie, der in das Priesteramt des 4. Priesters des Amun aufstieg.571 Auch in der Month-Priesterschaft war diese Familie vertreten. Darüber hinaus trugen sie Epitetha wie jr.tj nzw oder Ssr nzw,572 und Rangtitel wie jr.j-pat-HA.tj-a, smr wa.tj und xtmw bjt. Dabei handelt es sich um Epitheta, die eine Nähe zum Königshaus und das Vertrauen des Königs ausdrücken und den Träger als Bindeglied zwischen dem König und der Thebais charakterisieren. Damit bezeugen sie den hohen Rang der Familie. Die Nebnetjeru-Familie dagegen war in der Administration tätig. Das Amt des königlichen Sekretärs lag fast während der gesamten 22. Dynastie in den Händen dieser Familie.573 Die Priesterämter der NebnetjeruFamilie beliefen sich auf kleinere Pfründe.574 Die einzigen bedeutsameren Titel waren die des 4. Priesters des Chons und des wn aA.wj p.t.575 Neseramun (vii), der Urgroßvater von Hor (vii/viii/ix/xi), der in der frühen 22. Dynastie lebte, war dagegen auch als 3. Priester des Amun tätig. Dieses Amt, das danach von der Padimut-Familie übernommen wurde,576 kehrte allerdings erst mit Hors (vii/viii/ix/xi) Sohn Nebnetjeru (iv), als Gegenleistung für die Loyalität gegenüber HPA Osorkon (B) und Takelot II., wieder in die Nebnetjeru-Familie zurück. Auch bei der Neseramun-Familie handelte es sich um eine angesehene Schreiberfamilie, die über neun Generationen das Amt des Vorstehers der Schreiber der Amun-Domäne versah.577 Neseramun (i), der dieses Amt unter Scheschonq I. ausfüllte, ist zu dieser Zeit auch Vorsteher von Theben (xsf n N’.t) und damit eine politisch mächtige Persönlichkeit.578 Die Familie Neseramun gehörte zu den Schreibern, deren Rebellion dann unter Takelot II. den „Bürgerkrieg“ auslöste.579 In dieser Zeit wurden Imeneminet (iii), der einer Seitenlinie der Neseramun-Familie entstammte,580 die Ämter seines Großvaters Hor (iii) bzw. seines Cousins Hor (v) übertragen. Im weiteren Verlauf des „Bürgerkrieges“ übernahm er dann auch das Amt des Bürgermeisters (xsf n N’.t), das bereits sein Urgroßvater bekleidete. Durch die Heirat von Hors (v) Sohn Neseramun (iv) mit der Tochter von Hor (vii/viii/ix/xi) war die Neseramun-Familie mit ihren Bundesgenossen, der Nebnetjeru-Familie, verwandt. Die Nespaqaschuti-Familie verfügte über großen militärischen Einfluss. Bereits in der 21. Dynastie waren ihre Mitglieder als Generäle der Armee und als rwD aA in federführenden Ämtern vertreten. Darüber

 569

Kees 1954, 362. In der demotischen Weisheitslehre des Chascheschonqy (5, x+12) wird dieser konfliktreiche Umstand aufgegriffen: „Wenn Re einem Lande zürnt, dann wird er seinen Schreiber zum obersten Verwaltungsbeamten über es machen“ (Übersetzung nach Thissen 1991, 256). 571 Payraudeau 2014a, 140. 572 Vgl. Payraudeau 2014a, 334. 573 Payraudeau 2014a, 147. 574 Vgl. dazu Kapitel I.5.2. 575 Vgl. Anm. 507. 576 Broekman 2011, 114. 577 Payraudeau 2014a, 133. 578 Payraudeau 2014a, 249. 579 Payraudeau 2003a, 180. 580 Payraudeau 2014a, 134. 570

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92

hinaus erhielt die Familie zu Beginn der 22. Dynastie Zugang zu zahlreichen entscheidenden Priesterämtern581 durch den 3. Priester des Amun Djeddjehutiufanch (A), möglicherweise aufgrund dessen Eheschließung mit einer Tochter Scheschonqs I.582 Diese Ämter blieben bis ca. 900 v. Chr. in der Hand der Nespaqaschuti-Familie. Wahrscheinlich in der Regierungszeit Osorkons II. stieg Nespaqaschuti (A) – ein Sohn Djeddjehutiufanchs (A) – in das Amt des Wesirs auf. Sein Sohn Horsiese (D) – ebenfalls Wesir – unterstützte im „Bürgerkrieg“ den HPA Horsiese (B).583 Nespaqaschuti (A) verstarb unter Scheschonq III., denn seine posthume Statue584 datiert in dessen Regierungszeit. Sie nennt den HPA Horsiese (B), der zu dieser Zeit als alleiniger HPA in Theben amtierte, und Scheschonq III.585 Die Tatsache, dass sein Sohn die Statue aber durch die Gunst des Königs Scheschonq III. aufstellen ließ und mit dessen Kartuschen schmücken ließ, kann ein Hinweis sein, dass sowohl Horsiese (D) als auch Nespaqaschuti (A) den Regierungsantritt Takelots II. in Theben nicht unterstützten. Der Einfluss der Familie Nespaqaschuti nahm nach dem „Bürgerkrieg“ deutlich ab.586 Die federführenden Familien Thebens positionierten sich in den Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft in der Thebais für einen der jeweiligen Kandidaten. Die Nachtefmut-Familie unterstützte den HPA Osorkon (B) und König Takelot II. Sein Widersacher Pedubast I. hatte – bis auf Ausnahmen – die Familien Nespaqaschuti, Nebnetjeru und Neseramun vereint hinter sich stehen. In der genealogischen Tafel wurden zur Illustration dieses Phänomens die beiden politischen Lager unterschiedlich markiert (Abb. 13 und 14). In der gesamten 22. Dynastie wurde die Vererbung von Ämtern von den Familien eingesetzt, um die jeweilige gehobene Position innerhalb der Priesterschaft halten und weiter ausbauen zu können.587 Scheschonq I. versuchte zu Beginn der 22. Dynastie, die Ämtererblichkeit aufzubrechen, um die Bildung von Priesterdynastien zu verhindern, indem er die bedeutenden Ämter mit seinen eigenen Familienmitgliedern besetzte. Doch auch Scheschonq I. gelang es nur, die thebanische Priesterschaft für sich einzunehmen, indem er seine Töchter mit einflußreichen Priestern verheiratete.588 Die Siedlungsgebiete der Libyer lagen in erster Linie im Nildelta,589 während die Thebais überwiegend genuin ägyptisch besiedelt war.590 Die indigene Bevölkerung behielt ihren Einfluss, da Theben als religiöses Zentrum von den Priestern und Beamten verwaltet und regiert wurde. Für die libysch-stämmigen Könige ist es daher unabdingbar gewesen, dass die Unterstützung der einflussreichen Familien gesichert war, um die Thebais zu beherrschen. Daher war es auch für Osorkon (B) unabdingbar, die Rückendeckung und Unterstützung der Mitglieder der einflussreichsten Familien zu bekommen, um die Macht in der Thebais zu wahren. Dazu ließ er u. a. die aufrührerischen Beamten nach der ersten Rebellion in ihren Ämtern durch ihre Nachkommen ersetzen. Auf diese Weise versuchte er die Loyalität der jüngeren Generation zu erhalten, indem er sie befördert. CPO A, 36-37

aHa.n [rD(j).n=f jn(j)(37).t]w [n=f] ms(j).w bwA.w [n(j).w Xn]w tA pn [ntj] m rx (j)x.[w]t [r D(j).t aHa=sn] Hr [s.t jt(j).w=sn] m jb mr(j){t} n-mr smnx [tA] r tp=f-a

Da [veranlasste er, daß man ihm] die Kinder der Vornehmen [aus dem Inne]ren dieses Landes [brachte], die die Dinge kennen, [um zu veranlassen, daß sie] auf [den Plätzen ihrer Väter stehen;] mit liebendem Herz, damit [das Land] wiederhergestellt wurde zu seinem früheren (Zustand).

 581

Broekman 2011, 114; u. a. 3. Priester des Amun, 3. Priester des Chons, 4. Priester der Mut; Vorsteher der Rinder des Re-Tempels auf dem Dach des Amun-Tempels, wn aA.wj p.t. 582 Payraudeau 2014a, 137. 583 Vgl. Kapitel I. 3 Konkurrierende. 584 CG 42232. 585 vgl. Anm. 102. 586 Auch wenn eine Statue aus der 25. Dynastie posthum einen königlichen Sekretär Djeddjehutiiufanch (iv), einen Sohn Horsieses (D) nennt (vgl. Kitchen 1994, 163−167), sind weitere einflussreiche Familienmitglieder nicht bekannt. 587 Villar Gomez 2015, 180. 588 So z. B. Djeddjehutiufanch (A) aus der Nespaqaschuti-Familie. 589 Leahy 1985, 55−56. 590 Jansen-Winkeln 2017, 213. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Die Nachtefmut-Familie war Takelot II und Osorkon (B) loyal ergeben (s. Horsiese (C) und Djedchonsiufanch (C)).591 Desweiteren schaffte er es mit Imeneminet (iii) und Nebnetjeru (iv) Nachkommen der Neseramun-Familie und Nebnetjeru-Familie für sich einzunehmen, indem er ihnen die hohen Ämter ihrer Väter bzw. Großväter gab.592 Auch der Wesir Nachtefmut (C) und sein Sohn Hor (x) entstammten wahrscheinlich einer Seitenlinie der Nebnetjeru-Familie.593 Nachtefmut (C) war aufgrund seiner Eheschließung mit Isetweret (ii), einer Tochter Takelots II., ein Rückhalt für seinen Schwiegervater und seinen Schwager Osorkon (B). Die Einführung in das Amt des Wesirs erfolgte wahrscheinlich unter Takelot II. oder in den späteren Jahren des „Bürgerkrieges“, als HPA Osorkon (B) in Theben herrschte und nach Scheschonq III. datierte.594 Die Loyalität der Familie wurde dadurch belohnt, dass auch sein Sohn Hor (x) unter Osorkon III. als Wesir fungierte. Ähnlich verhielt es sich mit dem Wesir und 3. Priester des Amun Pamiu,595 der das Amt des Wesirs ebenfalls unter Osorkon III. ausübte.596 Das Amt des Wesirs und das des Bürgermeisters von Theben blieben in den Händen der Nachkommen von Pamiu bis zur kuschitischen Machtübernahme.597 Danach wurde das Amt des Bürgermeisters von Theben von den Vorfahren Monthemhets (Chamhor (A) und Nesmin (B)) übernommen,598 und neue Familien – neben der Monthemhet-Familie die Besenmut-Familie – übernahmen die wichtigsten Posten in der Thebais. 6.2

Interaktion von Religion und Politik

Da die Macht in der Thebais zum größten Teil in den Händen der Priester lag, sind Religion und Politik nur bedingt zu trennen. Prinzipiell scheint der Konflikt, der in einem innerthebanischen „Bürgerkrieg“ eskalierte, auf der Ebene der Priesterschaft angesiedelt gewesen zu sein. Die Familien konkurrierten untereinander und versuchten, ihre Machtposition und ihre Bedeutsamkeit weiter zu stärken. Darauf deutet die familiäre Loyalität innerhalb der Familiendynastien zu den einzelnen Herrschern und Machthabern hin. Aber auch die Gesamtwirkung der Quellen, die untersucht wurden, unterstützt diese Interpretation. Denn die einzelnen Elemente müssen immer auch unter dem Gesichtspunkt des Aufstellungsortes und des potentiellen Auditoriums betrachtet werden. Sowohl der CPO-Text als auch die privaten Tempelstatuen Hors (vii/viii/ix/xi) stammen aus dem Karnak-Tempel und konnten von der dort ansässigen Priesterschaft wahrgenommen werden. Zahlreiche Anspielungen – wie das Thema Maat bei Hor (vii/viii/ix/xi) oder die versteckte Titulatur bei Osorkon (B) – können allerdings nur von schriftkundigen Priestern erkannt worden sein. Daher ist anzunehmen, dass diese auch die anvisierte Zielgruppe dieser Aussagen waren. Bei HPA Osorkon (B) ließ sich dieses Zusammenspiel von Religion und Politik deutlich erkennen. Da er als ältester Sohn des Königs sich als designierten Thronfolger ansah, versuchte er seine Ansprüche auf den Königsthron mythologisch zu untermauern.599 Dazu zählen die zahlreichen Anspielungen auf Horus und die göttliche Filiation und Erziehung, aber auch die Analogien zum Krönungsritual.

 591

S. Kapitel I.4.8. Zur Sicherung der Loyalität s. auch Villar Gomez 2015, 200: „The de facto control of the most relevant Theban priesthoods by a number of elite families evidences more profound changes regarding the northern sovereigns’ initiatives to consolidate their authority; it may also provide information about their methods of securing the cooperation of existing officials or of ensuring the loyalty of the new ones.“ Villar Gomez untersuchte zwar speziell die Position der Chons-Priesterschaft innerhalb dieses „Macht-Roulettes“, aber das ihre Aussage ist universell für Theben in der Dritten Zwischenzeit gültig. 593 Payraudeau 2014a, 152; Kruchten 1989, 235. Nachtefmut (C) ist ebenfalls verheiratet mit einer Tochter von Hor (vii/viii/ix/xi). 594 Payraudeau 2014a, 153. 595 Pamiu (i) bei Broekman 2011; Pamiu (ii) bei Payraudeau 2014a. 596 Vgl. Broekman, 2011, 114. Die genaue Abfolge der Wesire vom ausgehenden 9. Jh. bis zur kuschitischen Eroberung ist nicht gesichert. Payraudeau 2014a, 180 versucht mindestens vier Wesire unter Osorkon III. zeitlich zu verorten. Dies kann einer hohen Fluktuation im Amt innerhalb der bürgerkriegsähnlichen Zustände sein, aber sich auch dadurch begründen, dass Osorkon III. langjährige Weggefährten am Ende ihrer Karriere in das Amt einsetzte, um ihre Loyalität zu belohnen, das Amt dann aber durch Todesfälle evtl. schneller wieder vakant wurde. 597 Payraudeau 2014a, 155−157. 598 Payraudeau 2003b, 146−147. 599 Vgl. Kapitel I.4.1. 592

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Abbildung 13: Stammbaum thebanischen Familien nach Bierbrier 1975, chart XXV Teil A.

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Abbildung 14: Stammbaum thebanischer Familien nach Bierbrier 1975, chart XXV Teil B.

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MEIKE BECKER

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Religion und Politik sind in bei Osorkon (B) eng miteinander verflochten, denn er nutzte die Mythologie und sein religiöses Amt, um seinen Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Auch auf der Ebene der Rezipierung ist eine Interaktion der Religion und der Politik spürbar, denn sowohl der Anbringungsort des CPOTextes im Karnak-Tempel als auch die Priesterschaft des Amun-Tempels als Auditorium zeigen, dass die Politik den Tempel und seine Bediensteten durchdrungen hatte. Hor (vii/viii/ix/xi) dagegen trennte seinen exekutiven Einfluss deutlich von seinen religiösen Titeln.600 Seine politische Macht manifestierte sich in seinem Amt als königlicher Sekretär und damit als Berater des Königs. Doch auch Hor (vii/viii/ix/xi) hatte Pfründe und Priesterämter inne. Die bedeutendste war die Tätigkeit als 4. Priester des Chons. Dies könnte in Hinblick auf die Idee von Villar Gomez – in der Hierarchiebildung der Chonspriesterschaft einen bewussten Gegenpol zur mächtigen Amunspriesterschaft zu sehen – interpretiert werden.601 Damit würde dann wiederum ein religiöses Amt bzw. eine ganze Priesterschaft benutzt werden, um politischen Einfluss auszuüben. Wie auch bei Osorkon (B) ist die Lokalisierung eine weitere Ebene der Verflechtung, die sich bei Hor (vii/viii/ix/xi) abzeichnet, denn die biographischen Texte, die seine politische Autorität demonstrieren, sind auf Statuen angebracht, die im Karnak-Tempel – also auf sakralem Grund – aufgestellt wurden. Die Texte verorten damit die Inszenierung der politischen Macht innerhalb des Tempels. Zielgruppe dieser Inszenierung war somit wiederum die Priesterschaft im Karnak-Tempel. Somit ist bei beiden untersuchten Würdenträgern eine Verzahnung von Religion und Politik greifbar. Während bei Osorkon (B) dies ganz offensichtlich zu beobachten ist, sind die Verbindungen der beiden Ebenen auf der Seite von Hor (vii/viii/ix/xi) eher subtiler, wie z. B. die Anspielungen auf die Maat. Ansonsten handelt es sich bei Hor (vii/viii/ix/xi) hauptsächlich um die Demonstration politischer Macht auf religiösem Grund und Boden. Die Machtdistribution innerhalb der Thebais basierte auf einem System der einflussreichen Familien, die neben den administrativen Aufgaben auch die Priesterämter unter sich aufteilten. Dieses Gleichgewicht unter den Familien wurde durch die Tatsache gestört, dass Osorkon (B) die Nachtefmut-Familie, die sowohl in der Amun- als auch in der Month-Priesterschaft bedeutsam waren, für sich gewinnen konnte und an Einfluss gewann. In seiner Selbstinszenierung ist eine starke Interaktion von Religion und Politik greifbar. Ihnen gegenüber stehen die Familien Nebnetjeru und Neseramun und Nespaqaschuti, die in der Administration und im Bereich des Militärs bedeutend waren. Auch bei ihrem Vertreter Hor (vii/viii/ix/xi) ist eine Verflechtung von Religion und Politik nur unterschwellig greifbar. Ganz ähnliche Machtverhältnisse haben wahrscheinlich in der 21. Dynastie bereits existiert. Unter dem HPA Mencheperre kam es zu einem Kompromiss zwischen dem HPA und den federführenden Familien, um das Machtgefüge innerhalb der Thebais zu wahren. In der Zeit nach Mencheperre wurden die Ämter des 2., 3. und 4. Priesters des Amun nicht mehr mit Familienmitgliedern des HPA besetzt,602 sondern von anderen thebanischen Familien, die in ihrer Bedeutung von diesem Zeitpunkt an aufsteigen konnten. Auch die Begebenheiten rund um die „Stele der Verbannten“ legen eine solche Deutung nahe. Denn dort geht es, nach der Beilegung eines gewaltsamen Konfliktes,603 um die Rückführung nach Theben von zuvor in die Oasen verbannten Würdenträgern, die der Gegenpartei Mencheperres angehörten. Auch in diesem Fall handelt es sich um einen Kompromiss mit den rebellierenden Familien, denn „(d)en inneren Widerstand der thebanischen Kreise aber vermochte Mencheperrē‘ auch nach dem militärischen Sieg nicht beseitigen. (…) So musste er schließlich unter dem Druck der Verhältnisse die Verbannten zurückholen lassen und begnadigen.“604 Interessantererweise setzten sich die Unruhestifter auch in der 21. Dynastie aus den Angehörigen der Schreiberklasse und den Aufsehern (rwD (aA)) zusammen.605 Dies spricht für eine kontinuierliche Opposition in Theben innerhalb der literaten Elite.606 Die Bitte um Wiedereinsetzung des Priesters Hor im 11.

 600

Inwieweit seine zahlreichen religiösen Ämter und Pfründe ihn aber zu einer einflussreichen Person machen und die Religion die Politik dadurch indirekt beeinflusst, kann nicht genau beantwortet werden. 601 Villar Gomez 2017, 19. 602 Kitchen 31996, 276−77; Villar Gomez 2015, 179. 603 Louvre C 256, Z.6: jy(j)n=f r Sma.w m onj nxt r shr jb Ta dr roy=f - …, dass er nach Süden kommen solle mit siegreicher Kraft, um das Land zu befrieden und seinen Feind zu vertreiben. 604 Von Beckerath 1968, 34. 605 Louvre C 256, Z. 3: aHa jr(j).n=f wA(j).t r nA zXA.w rwD.w rmT.w […] – Da nahm er (der Gott) den Weg zu den Schreibern, den Aufsehern und den Menschen […]. 606 So auch von Beckerath 1968, 32: Von der 21. Dynastie über die 22. Dynastie bishin zur Saitenzeit. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Jahr Takelots II. bei HPA Osorkon (B) legt nahe,607 dass auch während dieses Konfliktes Verbannungen aus Theben zur Regel gehörten.608 6.3

Gesamtszenario des Ablaufs der im CPO geschilderten Ereignisse

In Theben konkurrierten einflussreiche Familien um die Vorherrschaft: Die Familie Nachtefmut auf der einen Seite und die Familen Nebnetjeru, Neseramun und Nespaqaschuti auf der anderen Seite. Der Konflikt scheint sich auf der priesterlichen Ebene abgespielt zu haben und nicht auf königlicher. Die Priesterfamilien schürten den Konflikt, indem sie sowohl eigene Kandidaten für das Amt des HPA unterstützten (Osorkon (B) und Horsiese (B)), als auch jeweils einen eigenen König (Takelot II. und Pedubast I.). Zum Regierungsantritt Takelots II. war sein Sohn Osorkon (B) wahrscheinlich noch zu jung, daher beanspruchte er das Amt des HPA, das sein Vater vor seiner Thronbesteigung ebenfalls innehatte, erst zehn Jahre später für sich. In Theben formierte sich infolgedessen um den Sekretär Hor (vii/viii/ix/xi) eine Gruppe, die versuchte, den Einfluss des herakleopolitanischen Familienzweiges der Königsfamilie (König Takelot II., Sohn des Generals von Herakleopolis Nimlot (C) und Enkel von Osorkon II., und sein Sohn Osorkon (B)) zu mindern und den Aufstieg Osorkons (B) zu verhindern. Hor (vii/viii/ix/xi), der über seine Ehefrau Schepensopded selbst in diesen Familienzweig eingeheiratet hatte, ist einer der größten Befürworter und Unterstützer der Gegenpartei, die die Thronbesteigung von König Pedubast I. ermöglichte. Sein Loyalitätswechsel erfolgte aber erst mit dem Machtergreifung Osorkons (B).609 Dieser war daher wahrscheinlich eine besonders polarisierende Persönlichkeit, die kontroverse Reaktionen auslöst. Während sich also in Theben mit König Pedubast I. – unterstützt vom bereits amtierenden HPA Horsiese (B) – eine einflussreiche Gruppierung erhob, wurde der Militärbefehlshaber Osorkon (B) zum Zeitpunkt der Machtergreifung Pedubasts I. aus seiner Heimatbasis in der Nähe von Herakleopolis nach Theben gerufen. Dies geschah wahrscheinlich durch seine Unterstützer in der thebanischen Priesterschaft aus der Nachtefmut-Familie. Die beiden Gruppierungen konkurrierten über mehrere Jahre in Theben um die Vorherrschaft. Pedubast I. versuchte, Koalitionen mit dem nördlichen Herrscherhaus einzugehen und sandte Hor (vii/viii/ix/xi) als Diplomaten nach Memphis, evtl. in einer Periode, in der Osorkon (B) gerade in Theben an der Macht war (s. o.). Osorkon (B) dagegen versuchte möglicherweise Unterstützung aus dem Süden zu bekommen.610 Dies könnte eine Möglichkeit sein, wie das kuschitische Reich seinen Einfluss in Oberägypten vermehren konnte, so dass (ca. eine Generation später?) die kuschitischen Herrscher Kaschta und danach Pi(anch)y in der Thebais an die Macht kommen konnten.611 Während des Konfliktes gab es verschiedene Waffenstillstände. So wurde der Regierungsantritt Iuputs I. als Nachfolger Takelots II. als ein Kompromiss beider „Parteien“ interpretiert. HPA Osorkon (B) konnte aber erst im Jahre 39 Scheschonqs III. über all seine Gegner triumphieren und als Osorkon III. den Thron besteigen. Die Priesterfamilien, die ihn unterstützt hatten, wurden weiterhin von ihm protegiert und mit hohen Ämtern versehen, doch auch die konkurrierenden Familien (Nebnetjeru/Neseramun) wurden nicht vollständig für ihre Loyalität gegenüber Pedubast I. bestraft, sondern Osorkon (B) zog einzelne Mitglieder dieser Familien durch die geschickte Vergabe von Ämtern auf seine Seite. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Osorkon III. ohne die Unterstützung der vorherrschenden thebanischen Familien die Macht in der Thebais nicht halten konnte. Dass der politische Einfluss der Thebais auch weiterhin in der Hand der mächtigen Priesterdynastien lag, beweist der Bürgermeister Monthemhet,612 der sowohl die politische Autorität in Theben innehatte und als Lokalherrscher angesehen wurde,613 als auch hochrangige Priesterämter (u. a. 4. Priester des Amun) versah.

 607

Louvre C 258 = E 3336: Jansen-Winkeln 2007b, 168−169; Jansen-Winkeln 1985, B21; Jansen-Winkeln 1992a, 249−254; Ritner 2009a, 377−379; Kruchten 1989, 256−258. 608 So interpretiert von Erman 1908, 7. 609 Vgl. Kapitel I.5.4 Zusammenfassung: Hor (vii/viii/ix/xi). 610 Vgl. Opfergaben aus Nubien, die in den Opferlisten von CPO C genannt werden. 611 S. Kapitel II.1.1.3. 612 S. Kapitel III.4. 613 Moje 2014, 412−413. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)



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II. Herrschaft und Heil – Macht und Mythos Die politische und religiöse Legitimation der nubischen Pharaonen Pi(anch)y und Taharqo Angelika Lohwasser

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Abb. 1: Karte mit den wichtigsten Fundplätzen der napatanischen Phase des Reiches von Kusch (A. Lohwasser).

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1 Einleitung Nubien, das südlich an Ägypten angrenzende Gebiet, ist die Herkunftsregion der Pharaonen der 25. Dynastie (Abb. 1). Während die Nordgrenze mit dem 1. Katarakt, der zugleich die traditionelle Südgrenze Ägyptens war, eindeutig ist, liegen für die Demarkation einer Südgrenze Nubiens in der Forschung unterschiedliche Meinungen vor. Sicher ist, dass die Herrscher über Nubien ihre Spuren bis zum Zusammenfluss der beiden Nile in der modernen Hauptstadt des Sudan, Khartoum, hinterließen – ein immenser Raum, der insbesondere während der Herrschaft über Nubien und Ägypten unterschiedliche kulturelle Gruppen beherbergte.1 Während wir die einzelnen im Mittleren Niltal ansässigen Bevölkerungsgruppen bisher kaum kulturell diversifizieren können, ist der Unterschied bei den kulturellen Merkmalen Ägyptens und Nubiens deutlich. Dies wird in der Studie wiederholt zur Sprache kommen. Aufgrund der unterschiedlichen archäologischen Kulturen und verschiedenen Reiche unterteilt die Forschung die Region südlich des 1. Kataraktes traditionell in mehrere Gebiete.2 Unternubien bezeichnet das Niltal zwischen dem 1. und 2. Katarakt, also zwischen Elephantine und Semna/Kumma. Das südlich angrenzende Territorium wird in der älteren Forschung übergreifend Obernubien genannt, heute unterteilt man in der Regel in Obernubien – bis zum 4. Katarakt – und Südnubien (oder Central Sudan, auch Mittleres Niltal) bis zum Zusammenfluss der beiden Nile. Die Hauptorte der 25. Dynastie in Nubien liegen vor allem im Gebiet um den Jebel Barkal: In der Region dieses markanten Tafelberges, der als heilige Stätte gilt, sind sowohl die damalige Hauptstadt Napata wie auch die königlichen Friedhöfe in El Kurru (etwa 14 km stromab des Jebel Barkal) und Nuri (etwa 11 km stromauf des Berges, auf der anderen Nilseite gelegen) zu verorten. Zentrum ist aber die Tempellandschaft am Fuße des Berges: hier wurden Heiligtümer vom Neuen Reich bis in die meroitische Zeit angelegt, ebenso sind Sakralpaläste in verschiedenen Phasen des Reiches von Kusch errichtet worden.3 Gegenüber des Jebel Barkal liegt Sanam, wo sich ein Tempel des Taharqo, ein ausgedehnter Friedhof und eine Stadt aus der 25. Dynastie befinden. Ein weiterer Zentralort dieser Zeit war Kawa mit einem Tempel des Taharqo, weiteren Heiligtümern und einer Ansiedlung.4 Wieweit die spätere Hauptstadt Meroe in der 25. Dynastie bereits von Bedeutung war, ist umstritten.5 1.1

Historischer Überblick

Nubien stand seit den frühesten für uns archäologisch fassbaren Zeiten in Kontakt mit seinem nördlichen Nachbarn, Ägypten. Die Interessen der Ägypter an dem kargen Land waren mannigfaltig: Einerseits konnte man in Nubien begehrte Rohstoffe wie Gold und Hartgestein abbauen, andererseits war Nubien der „Korridor” in den Süden, aus dem Exotica wie Elfenbein, Ebenholz, Tierfelle oder Weihrauch eingehandelt werden konnten. Erste ägyptische Stützpunkte in Nubien sind aus dem Alten Reich (2543–2120 v. Chr.)6 gesichert, so z. B. die Ansiedlung in Buhen.7 Die Pharaonen des Mittleren Reiches (um 1980–1760 v. Chr.) trachteten danach, über den nördlichsten Teil Nubiens, Unternubien, politischen Einfluss auszuüben. Mittels eines dichten Festungsnetzes gelang es, Handel und v.a. Goldabbau zu kontrollieren.

 1

Allgemeine Darstellungen der Kulturen sowie die Geschichte Nubiens sind z. B. Welsby 1996, Török 1997, Edwards 2004 und Wenig/Zibelius-Chen 2013. 2 Diese Einteilung wird jedoch unterschiedlich vorgenommen, auch die Terminologie ist nicht einheitlich. Siehe für ein Modell, das die einzelnen Regionen nach dem jeweiligen Zentrum benennt, Edwards 1989: 6. Zu den unterschiedlichen Bezeichnungen der Regionen Nubiens siehe Kuckertz/Lohwasser 2016, 11–12. 3 Ein Überblick über die Relikte am Jebel Barkal ist Kendall/Mohammed 2016. Siehe auch die Webseite www.jebelbarkal.org [15.11.2018]. 4 Ein guter Überblick über den Fundort Kawa ist Welsby 2014. 5 Dazu Pope 2014, 5–33. 6 Die angegebenen Jahreszahlen beziehen sich auf Hornung/Krauss/Warburton 2006, 490–495.  7 Siehe zu den ägyptischen Gründungen des Alten Reiches in Nubien Török 2009, 57–58. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

ANGELIKA LOHWASSER

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1.1.1 Nubien im Neuen Reich und der 3. Zwischenzeit Im Neuen Reich (1539–1077 v. Chr.) wurde Nubien durch die ägyptischen Pharaonen militärisch erobert und bis zum Jebel Barkal besetzt.8 Durch die permanente Präsenz kam es zu einer Kolonialisierung. Die politische Macht Ägyptens über Nubien basierte auf einem Vizekönig, der einer Verwaltung aus ägyptischen und nubischen Beamten vorstand. Die ägyptische Herrschaft begann mit einem Tempelbauprogramm, dessen Zeugnisse auch heute noch eindrucksvoll sind. Heiligtümer für wichtige ägyptische Götter, insbesondere Amun, entstanden in dieser Zeit.9 Sicher ist, dass das Kultzentrum am Jebel Barkal zu einem Schwerpunkt der ägyptischen Religionspolitik in Nubien wurde. Die kulturelle Durchdringung stellt sich regional unterschiedlich dar. So war Unternubien sehr eng an Ägypten gebunden, die ägyptische Kultur konnte binnen weniger Generationen die indigene Kultur vollständig überlagern.10 In Obernubien waren traditionell nubische Züge noch länger erkennbar, eine indigene Kultur bestand neben der ägyptischpharaonischen Kultur weiter. Doch prägte das ägyptische bauliche Engagement die sakrale Landschaft Ägyptens nachhaltig – die neu errichteten Tempel und damit verbundene Kulte wurden zum integralen Bestandteil des späteren Königreiches von Kusch.11 1.1.2 Nubien im frühen 1. Jahrtausend Die Aufgabe des ägyptischen Vizekönigtums südlich des 2. Kataraktes am Ende des Neuen Reiches und der vermutete Rückgang des Einflusses auch in der Region zwischen dem 1. und 2. Katarakt brachte keine Aufgabe der ägyptischen Tempelstädte mit sich. Die laufenden Ausgrabungen in Amara belegen eine Nutzung der ägyptischen Verwaltungsorte durch die ganze 3. Zwischenzeit hindurch.12 In Qasr Ibrim ist ebenfalls eine Besiedlung in der 3. Zwischenzeit archäologisch nachgewiesen.13 Auch an anderen Städten ist dies zu vermuten, insbesondere dort, wo spätere kuschitische Zentren entstanden, wie z. B. am Jebel Barkal, in Kawa oder auch Dokki Gel.14 Ebenso wird vermutet, dass die indigene Elite, die im Neuen Reich nicht unwesentlich zum Funktionieren der ägyptischen Kolonialverwaltung beigetragen hatte, in lokalen Zentren an der Macht blieb.15 Zwar sind bis jetzt keine Zeugnisse in monumentaler Bauweise und auch keine Belege indigener Schriftlichkeit bekannt, doch blieb Nubien an das Handelsnetz angebunden und stand weiterhin im Kontakt mit Ägypten.16 Die politische Situation in Nubien nach dem Neuen Reich kann nur aus einer extrem spärlichen Quellenlage rekonstruiert werden. In Unternubien ist es allein die Katimala-Inschrift, die in diese Zeit datiert.17 Dieser auf der Fassade des Tempels von Thutmosis III. in Semna sekundär angebrachte hieroglyphische Text ist allerdings aus paläographischen und philologischen Gründen nur schwer verständlich, teilweise schwer zu deuten und daher höchst umstritten.18 Aus der Inschrift geht jedoch hervor, dass Unruhen das Land beherrschten. Offen ist dabei, ob der anonyme König einer der ägyptischen Pharaonen (Ramses XI. oder aus der 3. Zwischenzeit?) war, der die Zustände beklagt und die magische Macht der Katimala anrief, oder ob es sich um einen lokalen Herrscher handelte. Im Zentrum steht die religionspolitische Aussage, dass das Vertrauen in den Gott Amun wesentlich für den Herrschaftserhalt war. Der Grundtenor ist, dass

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Zusammenfassend Török 2009, 157–169. Für den Jebel Barkal siehe Kendall e.a. 2017; allgemein Hein 1991. 10 Dazu mit Literatur Török 2009, 263–283. 11 Es ist anzunehmen, dass einzelne bestehende indigene Kultplätze mit pharaonischen Sakralbauten versehen und somit „ägyptisiert“ wurden.  12 Spencer/Stevens/Binder 2014.  13 Rose 2008.  14 Rose (2008, 207) spricht sich zwar dafür aus, dass nur Qasr Ibrim, Amara und Napata durchgehend genutzt wurden, jedoch kann dies auch ein Problem der Forschungssituation sein. Die Besiedlung von Amara in der 3. Zwischenzeit ist erst in den letzten Jahren erforscht worden. 15 Török 2009, 292.  16 Dies ist z. B. in Qasr Ibrim belegt (Rose 2008, 206), aber auch durch die ägyptischen Funde in den frühen Gräbern von el Kurru (Heidorn 1994). 17 Eine Stele aus Wadi Halfa (heute im British Museum, EA 1045), die lt. PM VII, 141 in die 22. Dynastie zu datieren ist, stellt Chnum und Min dar und ist politisch nicht aussagekräftig.  18 Die neueste Zusammenfassung der Diskussion ist in Török 2009, 294–8. Siehe dazu auch Lohwasser 2018a. 9

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derjenige, der Amun dient, letztendlich erfolgreich sein wird und die Feinde (die Amun nicht dienen) abwehren kann. Aus Obernubien stehen bisher nur archäologische Quellen zur Verfügung, dort ist kein Schriftzeugnis aus dieser Epoche zutage gekommen. Doch gibt es Hinweise auf eine substantielle Weiternutzung der Stadt Amara19 und eine Weiterbelegung des Friedhofes von Tombos.20 Auch die außergewöhnlichen Gräber von Hillat el Arab sind in diese Zeit zu datieren.21 Die frühesten Gräber von El Kurru fallen ebenfalls in die Epoche der 3. Zwischenzeit. Deren Datierung war Gegenstand kontroverser Diskussionen, die bis heute noch nicht befriedigend abgeschlossen ist.22 Plaketten mit hieroglyphisch geschriebenen Namen deuten auf die Existenz von ägyptischen Schreibern, ein Goldanhänger mit dem Namen Amuns legt dessen Herkunft aus der Thebais nahe.23 T. Kendall geht sogar noch weiter, wenn er sagt: „The sudden pervasiveness of the Egyptianizing traits manifested in the tombs even suggests that by this time some of these supposed Egyptian advisors were actually residing at the Kurru court and perhaps has formed a small permanent community. Doubtless this community would have included a small cult station dedicated to Amun.“24 Nach T. Kendall hatten auch die internen ägyptischen Machtkämpfe in der Zeit von Takelot II., der gegen den Willen der thebanischen Priesterschaft seinen Sohn Osorkon (B) als HPA installiert hätte, Auswirkungen auf Nubien.25 In der Chronologie der Gräber von El Kurru nach T. Kendall fiel dieses Ereignis in die Zeit, in der am Friedhof die ägyptischen Einflüsse im funerären Kult sichtbar werden.26 Er geht davon aus, dass ägyptische Priester nach Nubien – an den Jebel Barkal, der als der Geburtsort Amuns interpretiert wurde – flohen und sich dort ansiedelten. Eher ist jedoch anzunehmen, dass sie in Ägypten Widerstand leisteten.27 L. Török, der eine lange Chronologie der Gräber von El Kurru vertritt, nimmt eine innere Entwicklung ohne ägyptische Anwesenheit an: „… this process was gradual and it was not determined by concentrated Egyptian interventions.“28 Die Frage einer ägyptischen Anwesenheit bzw. enger Kontakte zur ägyptischen geistigen Elite ist insofern essentiell, als dadurch ein möglicher Einfluss auf das Selbstverständnis des sich im 8. Jh. v. Chr. ausprägenden kuschitischen Königtums angenommen werden kann, das in der weiteren Entwicklung starke ägyptische Züge erkennen lässt. 1.1.3 Alara und Kaschta Im 8. Jh. v. Chr. setzt die Forschung den Beginn des „Reiches von Kusch“ an, das bis in das 4. Jh. n. Chr. Bestand haben soll.29 Da im Folgenden die Begriffe Nubien und Kusch, bzw. nubisch und kuschitisch verwendet werden, sollen sie hier für diese Studie definiert werden. In Anlehnung an J. Pope soll mit Nubien die geographische Region im Mittleren Niltal und mit nubisch die regionale Herkunft beschrieben werden.30 Kusch ist als Herrschaftsgebiet bzw. kuschitisch als kulturelle Einordnung zu verstehen. Die kuschitischen Pharaonen, die im Mittelpunkt dieser Untersuchung stehen, stammen aus Nubien.

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Binder 2011. Smith 2008. 21 Vincentelli 2006.  Kendall 1999; Török 1999. 23 Siehe dazu Kendall 1999, 53–54. 24 Kendall 1999, 54. 25 Kendall 1999, 57. Siehe dazu im Kap. I.2, I.4. 26 Kendall (1999, 58) nimmt dies an, da es Ähnlichkeiten in Grabform und Keramik zwischen den frühen KurruGräbern und dem Friedhof von Debeira 176 gibt.  27 Siehe dazu im Kap. I.4.6. 28 Török 2008, 154. 29 Zum Reich von Kusch allgemein Welsby 1996; Török 1997; zu den Vorläufern der 25. Dynastie und der 25. Dynastie selbst Morkot 2000.  30 Pope 2014, XIX. 20

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Mit Alara und Kaschta treten in der Mitte des 8. Jhs. Fürsten aus Nubien auf, die namentlich bekannt sind31 und eine intensive Expansionspolitik betrieben. Auch ihre Herrschaft bleibt ereignisgeschichtlich gesehen im Dunkel, doch wird die Beleglage dichter.32 Von Alara haben wir nur eine einzige zeitgenössische Quelle: die Totenstele seiner Tochter Tabiry.33 Dort bezeichnet sich die „große Gemahlin des Königs“ als Tochter des Alara und Tochter der Kasaqa. Interessant ist, dass der Name von Alara in Kartusche geschrieben ist, er jedoch keinen Titel anführt. Während uns direkte Quellen zu einem möglichen Königtum des Alara fehlen, kennen wir vier zentrale posthume Erwähnungen. Zwei nahezu gleichlautende Abschnitte sind in den Stelen Kawa IV (16–19) und Kawa VI (22–25) des Taharqo zu finden.34 Dabei wird die Weihung der weiblichen Vorfahren des Taharqo durch deren älteren Bruder,35 den zA Raw (Sohn des Re) Alara, an den Gott Amun geschildert.36 In der Inschrift des Irikeamanote (Kawa IX) aus dem 5. Jh. v. Chr. wünscht sich der König (Z. 54): „Mögest du mir eine lange Lebenszeit auf Erden gewähren, nachdem (?) du mir gewährt hast, wie du dem nzw (König) Alara [gerechtfertigt] getan hast.“37 Die jüngste Erwähnung findet sich auf der Stele des Königs Nastasen aus dem späten 4. Jh. v. Chr. im Zuge der Schilderung von dessen Krönung (Z. 16): „Amun von Napata, mein guter Vater, verlieh mir das Königtum des Landes Nubien, die Krone des nzw (Königs) Harsiotef und die Macht des nzw (Königs) Pi-Anch-Alara.“38 In allen Belegen steht der Name des Alara in einer Kartusche. Im einzigen zeitgenössischen schriftlichen Beleg trägt er keinen Titel, in den Inschriften des Taharqo allerdings den ägyptischen Königstitel zA Raw und in den spätnapatanischen Königsinschriften nzw. Dies deutet an, dass Alara erst in der Phase als „König“ angesprochen wird, in der das kuschitische Königtum durch ägyptisches kulturelles Vokabular geprägt ist. Die Herkunftsorte der Belege sind El Kurru (Tabiry-Stele), der Amun-Tempel am Jebel Barkal (Nastasen-Stele) und der Amun-Tempel von Kawa (Taharqo-Stelen, Irikeamanote-Inschrift). Daraus schließt R. Morkot, dass die Machtbasis des Alara in Kawa gelegen haben dürfte.39 Möglicherweise ist die lange Tradition der Erwähnung Alaras in Kawa mit dem Nordwärtszug der Fürsten von El Kurru in Richtung Ägypten in Verbindung zu bringen.40  



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Kontrovers diskutiert wird die chronologische Einordnung der Gruppe der so genannten „Neo-Ramessidischen“ Könige in die Zeit vor der 25. Dynastie oder die post-napatanische Zeit (zusammengefasst mit Literatur zuletzt Török 2008, 159). 32 Mein Vortrag „Kushite Kings before the 25th Dynasty“ im Rahmen der Tagung „On the Origins of Kush“ 2019 in Santa Barbara soll in den Proceedings (Hg. St. T. Smith) erscheinen.  33 Gefunden im Grab Ku. 53 in El Kurru (Dunham 1950, 87, fig. 29f, pl. XXX A), heute im Nationalmuseum Khartoum (Inv.-Nr. 1901). Diskussion und Literatur bei Lohwasser 2001, 25–26. 34 Diese Stellen wurden bereits ausführlich diskutiert bei Török (zuletzt 2009, 315–318 mit Verweisen auf frühere Diskussionen des gleichen Autors); Lohwasser 2001, 257–258; Jansen-Winkeln 2003; Vinogradov 1999; Siehe dazu unten Kap. II.4.3.1. 35 Die Doppeldeutigkeit des Zeichens stehender Mann mit Stock (auf den Stelen einmal aufrecht stehend, einmal gebeugt) ist in der Literatur breit diskutiert, zuletzt mit Nennung aller relevanter Literatur Vinogradov 1999. Ich schließe mich der Lesung Vinogradovs an, der nicht wr (Großer) als Titel liest, sondern älterer Bruder. 36 Zur Diskussion der Beziehung zwischen Taharqo und Alara siehe unten Kap. II.4.3.1. 37 Macadam 1949, pl. 24; Übersetzung nach Jansen-Winkeln 2003, 156. 38 Stele des Nastasen, Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin (Inv.-Nr. 2268); Übersetzung nach JansenWinkeln 2003, 156.  39 Morkot 2000, 157. Die Auffassung, dass Alara der König Ary auf einer in Kawa gefundenen Stele sei (Zusammenfassung der Argumente mit Literatur bei Kendall 1999, 64), wird hier nicht geteilt. Gegenargumente bei Peust 1999, 70–71. Siehe dazu auch Pope 2014, 42–46.  40 Der Tempel B in Kawa (Macadam 1955, 17, 20–21) wurde von Kendall (1999, 66) in die Zeit des Alara datiert. Diese Einordnung fußt auf der stilistischen Ähnlichkeit des Tempelreliefs mit dem Giebelfeld der Ary-Stele, die von Kendall als ein Zeugnis des Alara interpretiert wird. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Kaschta ist etwas dichter belegt als sein Vorgänger. Von einigen Objekten, die seinen Namen tragen, ist allerdings keine Herkunft bekannt:41 Eine Bronzeägis zeigt die Göttin Mut, den König Kaschta stillend.42 Über der Königsfigur ist der Name Kaschta – ohne Titel, aber in Kartusche – graviert. J. Leclant nimmt eine thebanische Herkunft des Objekts an, da die Ägis ein Attribut der Gottesgemahlinnen und gerade Mut besonders mit Theben verbunden ist.43 Das Bruchstück des Giebelfeldes einer Stele aus Elephantine – und damit aus Ägypten – zeigt einen Teil des mit der Kuschitenkappe (?) bedeckten Kopfes von Kascha.44 Er trägt einen Uräus. In der Beischrift davor ist er als nzw bjt (Nj-mAa.t-Raw)| zA Raw nb tA.wj (KAStA)| (König von Ober- und Unterägypten, Nimaat-Re, Sohn des Re, Herr der beiden Länder, Kaschta) bezeichnet, wobei beide Namen in Kartusche stehen. Hier sind also das erste Mal beide Kartuschennamen, wesentliche Teile der ägyptischen Königstitulatur, verzeichnet. Dass sich Kaschta als „Herr beider Länder“ bezeichnet, muss jedoch nicht die Herrschaft über das Delta implizieren. K.-H. Priese kann nachweisen, dass die Nennung eines ersten Regierungsjahres eines Königs Nj-mAa.tRaw in den Priesterannalen in Karnak ebenfalls Kaschta zuzuschreiben ist.45 Mittlerweile belegt auch ein Steinfragment mit Inschriftenresten die Anwesenheit Kaschtas in Theben.46 Das impliziert, dass in der Thebais nach diesem König datiert wurde, er also im südlichen Oberägypten anerkannter Herrscher war. Eine posthume Nennung des Kaschta in der Inschrift Kawa IX aus der Zeit des Irikeamanote ähnelt dem Wunsch von Z. 54 derselben Inschrift, der Alara nennt (Z. 117): „Handle für mich, wie du (es) für den nzw Kaschta getan hast, den Gerechtfertigten.“47 Das heißt, dass nicht nur Alara, sondern auch Kaschta – zumindest in Kawa – in der Erinnerung (in Annalen?) präsent war. Wahrscheinlich haben diese beiden Könige beim Vordringen der Nubier nach Ägypten eine führende Rolle gespielt.48 Diese dünne Quellenlage reicht jedoch nicht aus, um ein Bild der historischen Ereignisse in Nubien und Südägypten zeichnen zu können. Wir wissen allerdings, dass sich König Piye bzw. Pianchy49 laut seiner Siegesinschrift bereits auf die Thebais stützen konnte (s.u.), und dies nicht als Bündnispartner, sondern durch Anerkennung der nubischen Vorherrschaft. Doch wie es konkret dazu kam, bleibt im Dunkeln. 1.1.4 Pi(anch)y und die 25. Dynastie Auch wenn Kaschta als erster Herrscher in Ägypten belegt ist, blieb sein Einflussbereich auf den Süden beschränkt. Sein Nachfolger Pi(anch)y war es, der auch Mittel- und Unterägypten einnehmen konnte. Dieses Ereignis ist auf der in der Forschung so genannten „Sieges“- oder „Triumph“-Stele detailliert geschildert.50 Auf dieser Stele wird beschrieben, wie Pi(anch)y von der Thebais aus, die allem Anschein nach die kuschitische Herrschaft anerkannte, mit einem Heer durch Mittelägypten zog und letztendlich auch das Delta unterwerfen konnte. Die meisten Städte ergaben sich kampflos, nur in Hermopolis kam es zu einer langen Belagerung. Doch auch diese Stadt öffnete letztendlich die Tore, wie im Folgenden noch ausführlich besprochen wird. Die alte Hauptstadt Memphis, am Knotenpunkt zwischen Ober- und Unterägypten gelegen, wurde im Kampf genommen. Danach reiste Pi(anch)y in das sakrale Zentrum des Pharaonentums,

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Auf einem Skarabäus im Museum Kairo soll nur der Name von Kaschta, ohne Gottesgemahlin Amenirdis, graviert sein. Leclant (1963, 81) konnte diesen jedoch nicht persönlich sehen, und nachdem bisher kein weiterer bekannt ist, der einzig den Namen Kaschta trägt, ist zu erwarten, dass auch auf diesem die Filiationsangabe der Amenirdis der Grund für die Nennung des Kaschta ist. 42 Im Privatbesitz; Leclant 1963. 43 Leclant 1963, 80. 44 Kairo JE 41013; zu dieser Stele siehe Leclant 1963. 45 Priese 1972. Nach Jansen-Winkeln (2007b, 336) gibt es jedoch auch noch eine andere Möglichkeit der Lesung, so dass die Zuweisung zu Kaschta nicht sicher erscheint.  46 Magazin in Karnak (92CL639), Payraudeau 2014b, 1604–1611. 47 Macadam 1949, pl. 26. Zur Schreibung des Namens Kaschta in dieser Inschrift siehe Vinogradov 2003–2008. 48 Jansen-Winkeln 2003, 156. 49 Lesung „Piye“ siehe Priese 1968, 166–175; Lesung „Pianchy“ siehe Rilly 2001. Um beide Lesungen in einer Schreibung zu ermöglichen, wurde „Pi(anch)y“ gewählt. 50 Siehe dazu im Kap. II.3.1.2. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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nach Heliopolis, und erhielt dort die Anerkennung durch den Sonnengott. Der Widersacher Tefnacht, Fürst des Westdeltas, der einen Eroberungsfeldzug vom Delta ausgehend Richtung Mittelägypten angezettelt hatte, ergab sich zuletzt ebenfalls und so konnte Pi(anch)y durch das geeinte Land wieder zurück nach Theben fahren. Nach der communis opinio zog sich Pi(anch)y nach dem Feldzug wieder in den Süden zurück, auch wenn dies nicht auf der Stele vermerkt ist. Bald nach Pi(anch)ys Abzug nahm der Fürst im Westdelta, Tefnacht, den Königstitel an. Er und sein Sohn Bocchoris werden als 24. Dynastie gezählt. Eine Gesamtherrschaft des Pi(anch)y währte also nur kurz. Doch blieb der Süden Ägyptens unter kuschitischem Einfluss: Nachdem bereits Kaschta seine Tochter Amenirdis I. als Gottesgemahlin des Amun installieren konnte, übergab Pi(anch)y seine Tochter Schepenupet II. ebenfalls in diese Institution, die einen bedeutenden Einfluss auf die Religionspolitik in der Thebais hatte.51 Möglicherweise gingen damit auch Baumaßnahmen im Mut-Bezirk von Karnak einher.52 Die Zeugnisse des Pi(anch)y, die aus Nubien stammen, sind größtenteils ebenfalls mit dem siegreichen Feldzug zu verbinden. Es sind dies der großzügige Ausbau und die Dekoration des Amun-Tempels am Jebel Barkal, die Szenen aus dem Nordwärtszug abbildet. Neben der Darstellung des Feldzuges sind aber auch rituelle Szenen an den Wänden der Höfe des Amuntempels angebracht, die zeigen, dass die ägyptischen Konventionen sowohl in der Motivauswahl als auch der Ikonographie verarbeitet wurden. In den letzten Jahren wurden Blöcke eines weiteren Sakralbaus des Pi(anch)y am Jebel Barkal gefunden, sodass von einem umfangreichen Bauprogramm – allerdings nach den bisher bekannten Zeugnissen beschränkt auf den Jebel Barkal – ausgegangen werden kann.53 Darüber hinaus wird Pi(anch)y eine nur teilweise erhaltene Stele aus Sandstein zugeschrieben, die in das 3. Jahr eines ungenannten Königs datiert ist.54 Jedoch ist die Zuweisung zu Pi(anch)y umstritten und m. E. nicht zutreffend.55 Das Fragment einer weiteren Stele nennt ein 4. Jahr und einen Feldzug, auch hier ist die Zuweisung zu Pi(anch)y unsicher, wenn auch etwas wahrscheinlicher.56 Obwohl Pi(anch)y Ägypten wenigstens kurzzeitig einigen konnte, wird er bei Manetho noch nicht zur 25. Dynastie gezählt. Mit Schabaqo lässt Manetho die 25. Dynastie beginnen, zu der außerdem noch Schebitqo und Taharqo zählen.57 In den letzten Jahren hat die intensive Diskussion um die Reihenfolge der Könige der 25. Dynastie zu dem Ergebnis geführt, dass Schebitqo vor Schabaqo zu setzen ist.58 Als Regierungsdaten können für Taharqo ziemlich sicher die Jahre 690–664 v. Chr. angegeben werden, für seine beiden Vorgänger gibt es verschiedene Datierungsansätze, die derzeit noch in Diskussion sind.59 Schebitqo war nach dem neuesten Kenntnisstand also der König, der zunächst durch die Eliminierung der 24. Dynastie das Land vereinte und seinen Regierungssitz in Theben installierte. Von ihm sind allerdings nur sehr wenige Zeugnisse aus Ägypten bekannt, allen voran eine Nilstandsmarke am Kai von Karnak aus dem 3. Regierungsjahr.60 Insbesondere für den Übergang von der 23. zur 25. Dynastie bedeutsam ist die Kapelle für Osiris Heqa-Djet in Karnak, von Osorkon III. und Takelot III. gemeinsam mit der Gottesgemahlin Schepenupet I. errichtet, die durch Schebitqo und Amenirdis I. erweitert wurde.61 Da die Dekoration aus der 3. Zwischenzeit nicht usurpiert ist, kann man von einer konfliktfreien Nachfolge ausgehen. Dies entspricht auch dem Bild, das wir von der Triumphstele des Pi(anch)y kennen, nämlich dass sich die-

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Siehe zu den kuschitischen Gottesgemahlinnen zuletzt Lohwasser 2016. Siehe dazu im Kap. II.3.3. 53 Zu diesen Blöcken siehe Kap. II.3.2.2.  54 Heute im Nationalmuseum Khartoum (Inv.-Nr. 1851); erste Publikation von Reisner 1931. 55 Lohwasser i. Dr. 56 Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin (Inv.-Nr. 1068), heute verschollen; Priese 1972, 28–30. 57 Zu den Angaben Manethos siehe Banyai 2015, Broekman 2017. 58 Bányai 2013, Bányai 2015, Broekman 2015, Broekman 2017, Jurman 2017.  59 Die absolute Chronologie ist durch die Reinterpretation der Tang-i Var Inschrift weiter umstritten, ebenso wird die Möglichkeit einer Koregenz zwischen Schabaqo und Schebitqo in Betracht gezogen. Siehe dazu Redford 1999, Kahn 2001 (mit Literatur), Dallibor 2001. Knapp dazu Zibelius-Chen 2006a, 290–1, Aufstellung der veränderten absoluten Regierungsdaten in Zibelius-Chen 2006a, 496. Zuletzt dazu unter Beachtung der veränderten Reihenfolge der Könige Broekman 2017. 60 FHN I, 128–129; Jurman 2017. 61 Leclant 1965, 47–54; Koch 2012, 114–120. 52

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ser König bereits auf Theben stützen konnte. Aus Nubien kennen wir von Schebitqo bisher nur seine Grabanlage in El Kurru (Ku. 18).62 Sein Nachfolger Schabaqo begann mit Restaurierungsarbeiten in der Thebais, die erst von Taharqo abgeschlossen wurden. Hier ist besonders Medinet Habu zu nennen, der sakrale Ort am Westufer von Theben, der für die Kuschiten von zentraler Bedeutung war.63 Als Maßnahme ist die Umgestaltung des Kleinen Tempels und der Bau der Kapellen der Gottesgemahlinnen in diesem großen Tempelareal zu nennen. In Karnak errichtete Schabaqo ein Gebäude am Heiligen See, das von Taharqo erneuert bzw. überbaut wurde. Im Tempel von Luxor ist ein Kiosk bekannt, der als Prototyp des späteren von Taharqo in Karnak errichteten monumentalen Säulenbaus gelten kann.64 Das zentrale Zeugnis des Schabaqo ist jedoch das „Denkmal memphitischer Theologie“ oder der Schabaqo-Stein, der den Schöpfungsmythos des Gottes Ptah zum Inhalt hat.65 Dieser theologische Text wurde der intratextuellen Findegeschichte zufolge „von Würmern zerfressen“ entdeckt und um ihn dauerhaft zu erhalten, veranlasste Schabaqo die Abschrift auf Stein.66 Mit diesem Interesse für die altägyptische Theologie ist das Engagement für die Rückbesinnung auf die Vergangenheit und den Erhalt von Traditionen deutlich gemacht, das auch in der Kunst der 25. Dynastie erkennbar ist. Zwar ist der Archaismus bereits vor Schabaqo in der 3. Zwischenzeit ein wichtiger Bereich der altägyptischen Kultur,67 doch ist gerade das Denkmal memphitischer Theologie ein Höhepunkt dieser Besinnung auf die Vergangenheit und ein bedeutender Aspekt der kuschitischen Königsideologie.68 Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Text zeitgenössisch entstanden ist und daher keinen realen Rückgriff auf die Vergangenheit darstellt.69 Die Phrase, einen „alten, von Würmern zerfressenen Papyrus“ abzuschreiben wäre dann ein Topos, der die Wichtigkeit dieses Textes unterstreicht.70 Memphis und der Kult des Ptah erleben in der frühen 25. Dynastie einen Aufschung, was durch den Ausbau des Ptah-Tempels in Karnak unter Schabaqo untermauert wird.71 Die monumentale Manifestation des Textes um die Schöpfung durch Ptah ist ein weiterer deutlicher Hinweis auf die Bedeutung dieser Gottheit. Schabaqo ist in Ägypten zwar häufig belegt, in Nubien jedoch kaum. Allerdings geht der Bau eines Tempels in Dokki Gel auf ihn zurück.72 Sein Grab befindet sich in El Kurru (Ku. 15) und einige Grabbeigaben deuten auf Kontakte in die Levante, besonders nach Phönizien.73 Im späten 8. Jh v. Chr. wurden die Kuschiten immer wieder in Kämpfe mit den Assyrern verwickelt. 701 v. Chr. konnten diese noch zurückgedrängt werden,74 unter Taharqo kam es jedoch zu Kriegen auf ägyptischem Boden.75 Der Regierungssitz wurde wahrscheinlich unter Schabaqo nach Memphis verlegt, was ein weiterer Hinweis auf den Norden als Brennpunkt des Geschehens ist und sicher auch mit der Bedrohung durch die Assyrer zu tun hatte. Trotz der von immer wieder aufflackernden Kämpfen mit den Assyrern gekennzeichneten Regierungszeit des Taharqo konnte dieser König ein immenses Bauprogramm verwirkli-

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Dunham 1950, 67–70. Jacquet 2006. Siehe dazu auch im Kap. II.4.5.2 und Kap. II.5.4.  64 Van Siclen 1990; Hourdin 2018. 65 Zuletzt dazu und mit Literatur El Hawary 2010; Sousa 2017.  66 Dieser wurde jedoch später als Mühlstein verwendet und dabei der Text zu fast 2/3 abgerieben. Heute befindet sich dieses Objekt im British Museum (EA 498). Siehe ausführlich dazu El Hawary 2010.  67 Becker 2012; Jurman 2015. 68 Zu diesem Thema entsteht eine Dissertation von Jessica Bouchard mit dem Titel „Harnessing the power of the past: The role of history in the construction of ideology in the Kingdom of Kush (8th – 3rd cent. BC)“. 69 Junge 1973. 70 Zu diesem Phänomen sprach Pascal Vernus bei der 8th Europaean Egyptological Conference in Lissabon 2017. Diesen Hinweis verdanke ich Anke Ilona Blöbaum. Siehe auch Vernus 2016, bes. 324–327. 71 Siehe dazu schon Leclant 1961b, 280–282. 72 Bonnet/Valbelle 2006, 64. 73 Siehe v.a. die dekorierten Elfenbeineinlagen (Dunham 1950, fig. 20 f–j).  74 Möglicherweise kam es zu einer Pestepedemie im assyrischen Heer, da es nach einem Sieg der Assyrer zu keiner Entscheidungsschlacht kam, sondern der Rückzug gewählt wurde. Zu den Beziehungen zwischen den Assyrern und den Kuschiten siehe Onasch 1994, zuletzt auch Dallibor 2005. 75 Siehe dazu im Kap. II.4.5.1. 63

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chen. Sowohl in Ägypten als auch in Kusch entstanden neue Tempel.76 Wo es keine Neubauten gibt, sind Erweiterungen, Zubauten oder Restaurierungen festzustellen. Das Layout dieser Bauten sowie deren Dekoration sind wichtige Zeugnisse zur Religionspolitik dieses Herrschers. Sie geben uns Auskunft über seine Legitimationsstategien, aber auch über die Zusammensetzung der Götterwelt und die Ausübung von Ritualen. Darüber hinaus sind mehrere aussagekräftige Texte von Taharqo erhalten.77 Hier sind insbesondere die Kawa-Stelen zu nennen, die über den Bau und die Ausstattung dieses Tempels handeln sowie den zentralen Text zum 6. Regierungsjahr enthalten. Dieses 6. Jahr, das für Taharqo immer wieder eine Rolle spielte, ist durch eine außergewöhnlich hohe Nilflut gekennzeichnet. Außerdem werden vier „Wunder“ angesprochen, deren Auslegung in der Forschung jedoch umstritten ist. Diese „Wunder“ können sich auf die Thronbesteigung Taharqos, aber auch die Nilflut und deren Begleiterscheinungen beziehen. Andere Texte aus der Regierungszeit des Taharqo sind im Zusammenhang mit den Kämpfen gegen die Assyrer zu sehen.78 671 v. Chr. konnte der assyrische König Asarhaddon in Unterägypten eindringen und Memphis einnehmen. Dabei nahm er den Harem des Taharqo sowie dessen Sohn gefangen.79 Asarhaddon setzte örtliche Kleinkönige als Vasallen ein. Einer davon war der Bürgermeister von Theben, Monthemhet.80 Die assyrischen Eroberer zogen sich wieder in deren Heimat zurück. Taharqo, der in die Thebais geflohen war, marschierte daraufhin wieder nach Memphis. Der Nachfolger Asarhaddons, Assurbanipal, drang 667/666 v. Chr. in Ägypten ein, eroberte Memphis zurück und folgte Taharqo nach Theben, wohin dieser geflüchtet war. Der kuschitische König zog sich daraufhin wohl in seine Heimat zurück, wo er 664 v. Chr. starb. Taharqo war sicher der ägyptischste der kuschitischen Pharaonen, doch auch er ließ sich in seiner Heimat bestatten. Er gab jedoch den alten Königsfriedhof von El Kurru auf und legte mit seiner Pyramide einen neuen Friedhof in Nuri an, der von den nachfolgenden Königen – mit Ausnahme des Tanwetamani und eines Königs in spätnapatanischer Zeit, die sich wieder in El Kurru bestatten ließen – bis zum Ende der napatanischen Periode als Begräbnisplatz genutzt wurde.81 Taharqos Nachfolger Tanwetamani (664–656 v. Chr.) zog gleich nach seinem Regierungsantritt nach Ägypten.82 Er berief sich auf einen „Traum“, in dem ihm zwei Uräen erschienen seien. Die Deutung des Traumes verhieß ihm (Z. 5): „Das Südland wird dir gehören, nimm dir (auch noch) das Nordland (dazu)!“83 Tanwetamani eroberte Memphis zurück und belagerte die Festungen im Delta, deren Fürsten sich nach langem Harren dem König unterwarfen. Er konnte sich jedoch nicht lange als König im Norden behaupten. Noch im gleichen Jahr zogen Assyrer unter Assurbanipal gegen Memphis und schlugen Tanwetamani in die Flucht. Die Assyrer verfolgten ihn und plünderten Theben.84 Sie setzten in Unterägypten Vasallenkönige, die Saiten (26. Dynastie) ein, die spätestens 656 v. Chr. mit der Einsetzung von Nitokris I. als Gottesgemahlin auch in Theben als Könige anerkannt wurden. In den acht Jahren vor der Einsetzung der Nitokris wurde in der Thebais allerdings noch nach Tanwetamani datiert, auch wenn dieser König nach dem Sieg der Assyrer noch in seinem 1. Regierungsjahr Ägypten Richtung Süden verlassen hatte.85 Von direkten

 76

Für die Bauten in der Thebais siehe Leclant 1965, für Bauten in Kusch Wolf 1990. Allgemein zu Taharqo siehe Dallibor 2005; Zusammenstellung der Hinterlassenschaften von Taharqo bei Dallibor 2005, 203–233 („Taharqoliste“). Übersetzung der Stelen und anderen Inschriften in FHN I. 77 Siehe die Zusammenstellung in der „Taharqo-Liste“ von Dallibor (2005, 203–233). 78 Zu den Beziehungen zwischen Assyrien und Ägypten zur Zeit der 25. Dynastie siehe Onasch 1994.  79 Dies ist belegt in der babylonischen Chronik (Onasch 1994, 18–20). Auf der Sendschirli-Stele ist der Name des Sohnes von Taharqo genannt: Nes-Onuris (Onasch 1994, 19). 80 Siehe dazu im Kap. III.4.1. 81 Die beiden Friedhöfe wurden von G.A. Reisner ausgegraben und abschließend von Dunham 1950 und 1955 publiziert. 82 Dieser Feldzug ist geschildert auf der „Traumstele“, Kairo JE 48863. Edition Grimal 1981b, 3–20, pl. I–IV. Siehe die neueste Bearbeitung von Breyer (2003) mit Literatur. 83 Übersetzung von Breyer 2003, 93, 97. 84 Breyer (2003, 316) spricht sich gegen eine Zerstörung Thebens durch die Assyrer aus. 85 Zum Ende der kuschitischen Herrschaft in Ägypten siehe Zibelius-Chen 1999, Breyer 2003, 327–351. Siehe zu diesem Abschnitt der Geschichte Thebens Kap. III.4. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Auseinandersetzungen zwischen Psametik I. und Tanwetamani wissen wir nichts, jedoch sind Machtkämpfe um die Herrschaft zumindest in Oberägypten nicht unwahrscheinlich.86 Die in Gesamtägypten nur sehr kurze Herrschaft des Tanwetamani beschließt die 25. Dynastie.87 Die nachfolgende 26. Dynastie, aus dem Delta kommend, regierte vom Norden aus. Mit den Saiten war nun wieder eine ägyptische Dynastie an der Macht und mögliche kuschitische Eigenheiten wurden nicht weiter tradiert. Unter Psametik II. (595–589 v. Chr.) kam es zur Verfehmung der 25. Dynastie, die mit einer intensiven damnatio memoriae einherging: Die Namen der kuschitischen Herrscher wurden eliminiert, ebenso ihr distinktes Herrschaftzeichen, der Doppeluräus, durch Aushackung auf einen einzigen reduziert.88 1.2

Eingrenzung und Fokus

Das Ziel der Studie ist die Inszenierung89 der Herrschaft zweier aus Nubien stammender Könige, insbesondere die Präsentation ihrer Legitimation als Pharaonen. Auch wenn der Schwerpunkt der Gesamtuntersuchung zur Inszenierung der Herrschaft im 1. Jt. auf das damalige Zentrum Theben gelegt ist, muss im Falle der Diskussion der nubischen Könige auf Quellen außerhalb der Thebais zurückgegriffen werden. Diese Herrscher sind geprägt von der kuschitischen Kultur, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild zwar stark ägyptisch überformt ist, der jedoch indigene Ideen, Merkmale und Praktiken zugrunde liegen. Dieses Indigene des kuschitischen Königtums spielt auch in der Legitimation in Ägypten eine Rolle, es ist das Spannungsverhältnis zwischen Ägyptischem und Kuschitischem, das die visuellen und textlichen Selbstpräsentationen90 so facettenreich macht. Um diese aber auf all ihren Ebenen verstehen zu können, ist die Erklärung auch aus der kuschitischen Kultur heraus notwendig. Um daher die kuschitischen Grundlagen, auch in der Selbstpräsentation in Theben, einordnen zu können, muss hier neben Theben auch Kusch selbst angesprochen werden. Dabei liegt der Fokus auf jenen Quellen, die eine Interpretation für unsere Fragestellung zulassen und in ihrer Gesamtheit für den jeweiligen König eine Darstellung seiner Legitimation erlauben. Der kurze Überblick über die kuschitische Herrschaft über Ägypten hat gezeigt, dass viele einzelne Aspekte – Datierungen, Herrschaftsbereiche, familiäre Zusammenhänge – noch in Diskussion sind. Ebenso ist auffallend, dass die Quellenlage inhomogen ist. Dies ist sowohl räumlich zu verstehen als auch zeitlich. Belege für die Kuschiten sind aus Ägypten in überwiegendem Maße aus der Thebais bekannt, in Nubien sind außer den Bestattungsanlagen nur Pi(anch)y am Jebel Barkal und Taharqo an mehreren Zentralorten in nennenswertem Umfang belegt. Ebenso ist die chronologische Dimension zu berücksichtigen: hier sind es Pi(anch)y, Schabaqo und Taharqo, von denen auswertbare Quellen auf uns gekommen sind. Die Art der Quellen sowie deren Aussagekraft sind in jeder Hinsicht ungleichgewichtig. Aus diesem Grund kann keine belastbare Untersuchung der schrittweisen Veränderung der Selbstinszenierung aller kuschitischen Könige in Ägypten geleistet werden. Für die Betrachtung der Variation der für das Königtum essentiellen Legitimation zum Pharao bietet sich eine Fokussierung auf Pi(anch)y und Taharqo als zwei Repräsentanten des Beginns bzw. der Blüte der kuschitischen Herrschaft in Ägypten an. Von diesen beiden Königen sind uns hinreichend Denkmäler erhalten, die für unsere Fragestellung ausgewertet werden können. Quellen über sie sind sowohl in Ägypten als auch in Nubien zu finden, die somit einen breit gefächerten Einblick in das Verständnis des Königtums geben können. Pi(anch)y und Taharqo stehen so als zwei Schlaglichter, die den Beginn der Herrschaft über Ägypten und damit das Experimentieren mit dem dafür notwendigen kulturellen Vokabular einerseits sowie den Höhepunkt mit dem Beherrschen der legitimatorischen Strategien und Möglichkeiten der Selbstrepräsentation andererseits veranschaulichen.

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Siehe dazu Heidorn 1991, 206 mit Anm. 26 und der dort gegebenen Literatur, siehe auch Breyer 2003, 330–333. Häufig wird Tanwetamani deshalb auch nicht mehr zur in Ägypten herrschenden 25. Dynastie gezählt.  88 Yoyotte 1951. Dagegen aber Koch (2014), die die Aushackungen nach dem Tod der Nitokris datiert.  89 Unter „Inszenierung“ soll, in Anlehung an Luiselli (2011, 74), die intentionale Auswahl und Organisation von Personen, Materialien sowie Handlungen zum Zweck der Präsentation verstanden werden. Siehe dazu im Kap. III.1.2. 90 Unter „Selbstpräsentation“ sollen hier alle Facetten der Selbstdarstellung, die in Texten, Bildern, Artefakten oder in der Architektur manifestiert sind, verstanden werden. Siehe dazu im Kap. III.1.2. 87

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Mit der Übernahme von ägyptischen Ausdrucksformen passen sich die kuschitischen Herrscher in die ägyptische Tradition ein. Auf diese Weise ist es auch möglich, als Pharaonen anerkannt zu werden. Doch ist hier eine Entwicklung zu erkennen: Während in den Zeugnissen des Pi(anch)y oftmals ungewöhnliche Attribute oder Motive zu erkennen sind, die auf einen eigenwilligen Umgang mit ägyptischen und kuschitischen kulturellen Merkmalen weisen, ist bei Taharqo eine ausgefeilte und feinsinnige Komposition der Präsentation vorherrschend. Auch bei Taharqo ist an ikonographischen Details sichtbar, dass es sich um einen kuschitischen Herrscher handelt. Doch nutzt er das ägyptische kulturelle Vokabular innovativ, um seine Herrschaft auf allen Ebenen zu legitimieren und inszenieren. Mit den Exponenten Pi(anch)y und Taharqo können somit der Anfang und der Höhepunkt kuschitischer königlicher Selbstpräsentation in Ägypten erfasst werden. 2 Die Legitimation der Herrschaft in der 25. Dynastie Jegliche Herrschaft bedarf einer Begründung. Nach J. Assmann betrifft dies sowohl die realpolitische Machtübernahme und deren Erhalt wie auch die von ihm als sakrales Heilsversprechen charakterisierte Bestimmung des Königtums.91 Beide Ebenen der Leitung – in konkreter politischer wie auch übernatürlicher Ebene – müssen initiiert und legitimiert werden. Der ägyptische Pharao in seiner Position zwischen Menschen und Göttern muss in besonderer Weise seine Rechtmäßigkeit vermitteln – weniger in Bezug auf das abstrakte Königsamt, dessen Notwendigkeit kaum diskutiert wird, aber doch in Hinblick auf jeden individuellen Vertreter auf dem Thron, der auf den überzeugenden Nachweis seiner Herrschaftsberechtigung angewiesen bleibt.92 Ziel der Legitimation war, als rechtmäßiger König anerkannt zu werden, der die ihm zugedachten Aufgaben erfolgreich vollziehen kann. Diese Aufgaben betreffen zwei Bereiche: Zum einen ist es die realpolitische Herrschaft, also die Garantie der inneren Stabilität, das Sichern der Grenzen nach außen, die Absicherung der Versorgung der Menschen im Land. Zum anderen ist es aber auch das Heilsversprechen, das der ägyptische Pharao seinen Untertanen gibt: er sichert mit seinen rituellen Handlungen die positive Kommunikation mit der sakralen Sphäre, denn die Gottesferne ist nur durch den Pharao zu überwinden, da er die Verbindung mit den transzendenten Kräften ist.93 Die Grundlage der Herrschaft ist die tatsächliche Macht des Königs, die Grundlage des Heilsversprechen ist die Verankerung des Königs im Mythos. Die Herrschaft ist also die „politisch geformte und institutionalisierte Macht“,94 und dieser Machtnachweis wird im Ritus vollzogen und durch monumentale Darstellungen und Texte vermittelt. Selbst wenn der Pharao seine Macht nicht willkürlich ausüben kann, da er dem Prinzip der Maat untersteht, so hebt er sich durch die zeremonielle wie ikonographisch-textuelle Präsentation seiner für Ägypten positiven Stärke (z. B. Niederwerfen von Feinden) weit über andere juristische oder administrative Autoritäten heraus. Verknüpft mit dieser irdischen Macht ist die Position des Pharao als Repräsentant der Götterwelt, die er durch die „sakrale Ausdeutung“ in den Mythen erlangt. Das Heilsversprechen, das der Gemeinschaft durch diese in Mythen verankerten Stellung gegeben wird, geht dabei weit über den Raum der individuellen Lebenszeit des Einzelnen hinaus.95 Es ist die Versicherung der göttlichen Fürsorge, die der Pharao durch seine Rolle in der Religion Altägyptens geben kann. Beide Bereiche des Pharaonentums, die Herrschaft auf Erden und das Heil des Himmels, sind in der Figur des rechtmäßig regierenden Königs vereint, der für den Nachweis seiner Rechtmäßigkeit der Legitimation bedarf. Die Legitimation einer Herrschaft wird aber nie nur mittels einer einzigen Argumentation besiegelt. Es spielen sowohl realpolitische Erklärungen eine Rolle wie auch sakrale. Eine Systematisierung der altägyptischen königlichen Legitimationsstrategien liegt von E. Otto und R. Rolf Gundlach vor. 96 A.I. Blöbaum erstellte eine Klassifizierung der legitimatorischen Argumentation in der schriftlichen und bildli-

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Siehe dazu ausführlich Assmann 2000b. Blöbaum 2006, 25–26. 93 Assmann 2000b, 32. 94 Assmann 2000b, 33.  95 Assmann 2000b, 151. 96 Otto 1969; Gundlach 1997b. 92

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chen Repräsentation.97 Alle Autoren gehen davon aus, dass die jeweils individuellen Argumente zu Strategien in verschiedene Stoßrichtungen zusammengefasst werden können. Die klassische Dreiteilung von Otto, erweitert ausgearbeitet von Blöbaum, ist dabei für die Erforschung der altägyptischen Legitimation zum Standard geworden: Legitimation durch die Wirksamkeit (erfolgreiches Handeln, politische Legitimation) Legitimation durch das Erbe (Berufung auf den Amtsvorgänger, juristische Legitimation) Legitimation durch den Mythos (Berufung auf die Götterwelt, sakrale Legitimation) Zu verschiedenen Zeiten des 3000jährigen Pharaonentums waren unterschiedliche Mechanismen wirksam, mittels derer die Legitimation von konkreter Herrschaft vermittelt wurde. So ist wahrscheinlich z. B. im Mittleren Reich die Koregentschaft, also die Bestimmung des Nachfolgers bereits zu Lebzeiten des Königs und die gemeinsame Amtsausführung bis zu dessen Tod, eine mehrfach praktizierte Durchsetzung der Anerkennung.98 Es waren aber auch innovative Konstruktionen möglich, wie z. B. die unter Hatschepsut geschaffene Legende der Göttlichen Geburt zeigt.99 Dabei berief sich eine für die zu dieser Zeit gültigen Normen unrechtmäßige Throninhaberin auf ihre göttliche Abstammung, die sie nicht nur stereotyp im Namen (zA Raw) ausdrückte, sondern auch durch innovative Kompositionen plakativ in Bildern und Texten darstellte.100 Hier wurde eine ganz auf den individuellen Fall formulierte Legitimationsstrategie geschaffen. Im Falle der Herrschaft der kuschitischen Pharaonen muss man zunächst auf das in dieser Zeit in Ägypten als gelingend erachtete Modell der Legitimation zurückgreifen. Das im Neuen Reich tragfähige Legitimationsmuster, das vor allem (jedoch nicht ausschließlich) auf der Abstammung beruht, ist in der durch unzureichende Regierungsbehauptungen und Usurpationen turbulenten 3. Zwischenzeit keine Versicherung, eine unangefochtene Herrschaft auszuüben. Maßgeblich war im frühen 1. Jt. v. Chr. die Anerkennung durch Amun (bzw. der thebanischen Amun-Priesterschaft) und der lokalen Potentaten der Thebais wie auch der anderen Zentren. Andererseits muss man aber auch berücksichtigen, dass die nubischen Könige ebenso in Kusch als Herrscher anerkannt werden sollten und auch entsprechend den kulturellen Mustern dieser Kultur legitimiert werden mussten. Dabei ist nicht unbedingt von ägyptischen Modellen auszugehen. Das Königtum des Reiches von Kusch war zwar in der visuellen Repräsentation von der ägyptischen Kultur dominiert, funktionierte gleichwohl aber (auch) nach indigenen Richtlinien. Insofern müssen wir von Legitimationsstrategien ausgehen, die in einer ägyptischen und einer kuschitischen Ausprägung zu identifizieren sind. In beiden Herrschaftsbereichen war die realpolitische Anerkennung durch die jeweiligen Entscheidungsträger wesentlich, genauso aber auch die kultische (religiöse) Anerkennung durch die Götterwelt. Diese Anerkennung musste nach der initialen Machtübernahme dauerhaft abgesichert werden. Dies geschah wiederholt und wurde durch verschiedene Kompositionen in Bauwerk, Wort und Bild präsentiert. Aus diesen Quellen können wir heute versuchen, die Legitimationsstrategien nachzuvollziehen. 3 Der König Pi(anch)y erobert Ägypten Der König Pi(anch)y gilt als der Eroberer Ägyptens, der vom Süden kommend die mittelägyptischen Städte und schließlich auch das Delta einnehmen kann. Dieser Zug durch Ägypten mit der Unterwerfung des pharaonischen Reiches ist uns durch die ausführliche Schilderung auf der Triumphstele gut bekannt. Da Pi(anch)y sich nach der communis opinio nach dem Feldzug wieder nach Nubien zurückzieht, wird die 25. Dynastie in der Tradition Manethos erst ab dessen Nachfolger Schebitqo101 gezählt. Oberägypten war jedoch schon vor Pi(anch)y mindestens bis zur Thebais unter der Kontrolle der kuschitischen Herrscher. Es kann auch ein Einfluss in Mittelägypten angenommen werden, da die dortigen Stadtfürsten an Pi(anch)y um Hilfe senden. Über die lange Inschrift auf der Stele hinaus geben der Bau und die Reliefs des Tempels B 500 Einblick in die Regierung Pi(anch)ys, doch bleiben es nur Schlaglichter auf eben diesen Feldzug im

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Knapp zusammengefasst bei Blöbaum 2006, 27–29. Ausführlich dazu Jansen-Winkeln 1997a. 99 Brunner 1986. 100 Siehe zu verschiedenen Aspekten dieses sehr individuellen Zuganges in den einzelnen Artikeln des Sammelbandes Galan/Bryan/Dorman 2014.  101 Bányai 2013; Bányai 2015; Broekman 2015. 98

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21. Regierungsjahr. Weitere Ereignisse aus seiner Herrschaft sind nicht bekannt, und so bleibt der Großteil der Regierungszeit dieses maßgeblichen Königs im Dunkeln.102 Vor allem die „Triumphstele“ des Königs sowie der Bau und die Reliefs des Amun-Tempels am Jebel Barkal sind für den religionspolitischen Aspekt, der uns hier besonders interessiert, von Bedeutung.103 Darüber hinaus werden die sogenannten Pi(anch)y-Blöcke – einzelne dekorierte Blöcke, die in Karnak gefunden wurden – besprochen.104 Das Grab von Pi(anch)y (Ku. 17) ist für die vorliegende Fragestellung nicht aussagekräftig, ebensowenig wie die Zeugnisse, die nur für die Berechnung der Regierungslänge herangezogen werden können.105 3.1

Die „Triumphstele“ (Kairo JE 48862, 47086–9)

Die monumentale Stele aus schwarzem Granit datiert in das 21. Regierungsjahr des Königs Pi(anch)y. Ihre Maße sind 180 cm Höhe, 139 cm Breite und 43 cm Tiefe.106 Diese große Stele ist bereits aus verschiedenen Blickwinkeln und intensiv diskutiert worden, so dass eine erneute Gesamtuntersuchung nicht angestrebt wird.107 Im Mittelpunkt steht hier die Verbindung von Religion und Politik, die in dieser Stele eindrucksvoll sichtbar gemacht wird. Entsprechend des Schwerpunktes der Betrachtung stehen die legitimatorischen Aspekte im Fokus. 3.1.1 Die Fundsituation Die Stele wurde 1862 von einem anonym gebliebenen ägyptischen Offizier am Jebel Barkal gefunden. Ein genauer Fundort konnte – da keine Dokumentation vorliegt – nie mehr ermittelt werden. Die Grabungen von Reisner haben im Amun-Tempel am Jebel Barkal einige Sockel zu Tage gefördert, auf denen ursprünglich Stelen platziert waren. Keiner davon war jedoch so groß, dass er die 139 cm breite Pi(anch)y-Stele hätte aufnehmen können. So schließt Reisner, dass diese (und auch andere Stelen) „leaning against the N half of Pylon I on top of the casing built by Netekaman.“108 Dies war sicher nicht der ursprüngliche Aufstellungsort, da die Stele auch auf der Rückseite beschriftet ist. Wahrscheinlich wurde sie, wie einige andere Monumente auch, in der meroitischen Zeit umgesetzt. Doch wo war ihre ursprüngliche Position? H. Goedicke schlägt vor, dass sie als Orthostat errichtet war, was keiner ägyptischen Aufstellung entspricht.109 L. Török bestimmt den Hof B 501, der nach dem Feldzug von Pi(anch)y gebaut wurde, als Standort.110 Letztendlich ist ein ursprünglicher Aufstellungsort bisher nicht verifiziert. Das Material dieser Stele stammt vermutlich vom 1. Katarakt.111 Da auch andere Granitstelen am Jebel Barkal gefunden wurden (keine jedoch in dieser außergewöhnlichen Größe), ist von einem nicht ungewöhnlichen Transportunterfangen auszugehen. Gerade unter Pi(anch)y wurde auch Großplastik (Widder von Soleb, möglicherweise auch die Prudhoe-Löwen) an den Jebel Barkal verbracht, der Transport der Stele passt also in die logistischen Unternehmungen dieser Zeit.112

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In der Regel wird auch die Sandsteinstele Khartoum, SNM 1851, dem König Pi(anch)y zugeschrieben. Dies ist jedoch nicht gesichert, m. E. sogar unwahrscheinlich. Eine ausführliche Publikation dieser besonderen Stele ist in Vorbereitung, siehe knapp dazu Lohwasser i. Dr.  103 Zum Amuntempel B 500 am Jebel Barkal siehe Kendall/Mohammed 2016, 47–63. 104 Benson/Gourlay 1899, 257–259, zuletzt dazu Broekman 2012b. 105 Siehe dazu im LÄ IV, 1045–1052, s.v. Pi(anchi), J. Leclant. 106 El Hawary 2010, 212.  107 Grimal 1981a; Török 2002; Goedicke 1998; Assmann 2009; El Hawary 2010; Fitzenreiter 2011a. 108 Reisner 1931, 89. 109 Goedicke 1998, 2. 110 Török 2002, 370. 111 Zur Diskussion des Ortes der Herstellung der Stele siehe Goedicke 1998, 1–2. Seiner Meinung nach wurde der Steinblock (mit für eine ägyptische Stele ungewöhnlichem Maßen) in Aswan gebrochen und an den Jebel Barkal transportiert, wo er von einem ägyptischen Künstler graviert wurde. 112 Reisner 1921, 65. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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3.1.2 Kurzer Abriss des Inhalts Die Schilderung des Feldzuges des Pi(anch)y ist an vielen Stellen sehr detailliert, so dass insbesondere die militärischen Manöver in der Literatur diskutiert wurden.113 In meinem knappen Abriss gebe ich einen sehr abgekürzten Überblick über den Inhalt und hebe dabei diejenigen Details hervor, die ich für meine Argumentation heranziehen werde. So mag die Zusammenfassung ungleichgewichtig erscheinen, vor dem Hintergrund meiner Fragestellung zu Religion und Politik erscheint mir das jedoch gerechtfertigt. Nach der Datierung in das 21. Regierungsjahr und einer kurzen Eulogie auf den König wird von Unruhen in Ägypten berichtet: Dem König wird gesagt, dass ein Fürst namens Tefnacht sich aus seiner Heimat im Delta aufgemacht und ganz Unterägypten hinter sich vereinigt hätte. Daraufhin wendete dieser sich Richtung Süden und stünde bereits vor Herakleopolis in Mittelägypten. Pi(anch)y entscheidet nun, in den Kampf einzugreifen und sendet Truppen nach Ägypten. Er gibt noch Instruktionen – z. B. (Z. 10):114 „kämpft nicht in der Nacht, damit euch eure Feinde sehen können“ – und muntert seine Offiziere auf (Z. 12): „Ihr wisst, Amun ist der Gott, der uns sendet!“ Besonders wichtig ist Pi(anch)y ein richtiges Verhalten in Theben, indem er die Soldaten auffordert, beim Erreichen von Theben Reinigungsriten durchzuführen und die Waffen abzulegen. Sie sollen nicht mit ihrer Stärke prahlen, denn (Z. 13): „es gibt keine Kraft für den Tapferen ohne ihn (Amun)!“ Die Truppen kommen nach Ägypten und müssen kämpfen, sie bleiben dabei siegreich. Sie können nach Herakleopolis vorstoßen und die Stadt einnehmen, viele Rebellen töten und der Rest flieht nach Unterägypten. Dieses Resultat wird Pi(anch)y mitgeteilt. Da einige der Feinde fliehen konnten, wird er (Z. 23–24) „wütend wie ein Panther“. Er beschließt daraufhin, selbst nach Ägypten zu reisen und einen weiteren Feldzug persönlich anzuführen. Der Beginn des Nordwärtszuges des Königs wird mit einem Ritual verbunden (Z. 25–26): Pi(anch)y opfert anlässlich des Neujahrsfestes, bei dem eine Prozession des Gottes Amun am Jebel Barkal durchgeführt wird. Bereits im nächsten Satz wird das Feiern des Opet-Festes erwähnt, das aus den drei Teilen Prozession nach Luxor, Fest „Ipet-Nacht“ und „Festmachen in Theben“ besteht. Zuletzt geleitet Pi(anch)y das Götterbild in einer Prozession in den Tempel von Karnak. Interessant ist, dass in der Inschrift, die das Geschehen teilweise minutiös schildert, die Feste ohne weitere Beschreibung nur erwähnt werden. Dies steht in deutlichem Gegensatz zur späteren Schilderung des „Täglichen Rituals“ in Heliopolis. Nach dem Opet-Fest beginnt die Eroberung von drei Städten, zunächst noch durch die bereits früher nach Ägypten entsandten Truppen, erst später im Beisein des Pi(anch)y. Schließlich greift Pi(anch)y selbst ein, und an dieser Stelle (Z. 29) wiederholt der Text die Tatsache, dass Pi(anch)y knapp nach Neujahr (1. Monat Überschwemmung, Tag 9) Richtung Theben abgereist ist, um dort das Opet-Fest zu feiern. Darauf zieht Pi(anch)y nach Norden. In einer ausführlichen Erzählung werden die Belagerung von Hermopolis und die Kapitulation von Nimlot beschrieben (Z. 29–70). Hier ist die denkwürdige Szene verortet, in der Pi(anch)y den Pferdestall inspiziert und wegen der nachlässigen Behandlung der Tiere wütet. Die „besten Pferde des Stalls“ spielen im Verlauf der Inschrift immer wieder eine Rolle. Pi(anch)y vollzieht das Opfer vor dem Lokalgott Thot von Hermopolis, um dann dessen Vermögen in sein Schatzhaus bzw. seine Ländereien dem Amun von Karnak zu überschreiben. H. Goedicke empfindet die Verteilung ungleichgewichtig, Pi(anch)y schlägt alle wertvollen Güter seinem eigenen Schatzhaus zu, während Amun nur „limited quantities of foodstuff“ erhielte.115 Hier ist allerdings zu bedenken, dass Pi(anch)y für seine Soldaten vor Ort eine Entlohnung sowie eine gefüllte Kriegskasse benötigt, die Ernährung seines Hofstaates in Karnak trotz seiner Abwesenheit aber nicht aus den Augen verliert.

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Z. B. Spalinger 1979. Übersetzungen sind, wenn nicht anders gekennzeichnet, eigene. 115 Goedicke 1998, 70. 114

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Das Heer zieht weiter Richtung Norden und erreicht die Stadt Herakleopolis, die sich unterwirft. Der Fürst Peftjauauibastet tut dies mit den Worten (Z. 74–75): „... Ich werde dienen mit meiner Habe, Herakleopolis schuldet die Unterkunft.“ Dies bedeutet, dass für die Versorgung und Unterbringung der Soldaten in dieser Provinz von Seiten der Stadt Herakleopolis gesorgt ist. Die nächsten Städte, die sich kampflos unterwerfen, sind Illahun, Meidum und Lischt. Hier finden wir das gleiche Vorgehen wie in Hermopolis, nämlich dass das Vermögen an das Schatzhaus des Königs und die Kornspeicher an Amun von Karnak überschrieben wurden. Anders ist es erst in Memphis, das sich nicht kampflos ergibt und für eine längere Belagerung ausgerüstet ist (Z. 87–96). Pi(anch)y kann die Stadt im Sturm nehmen. Memphis ist seit der Frühzeit immer wieder die Hauptstadt des gesamten ägyptischen Reiches und insofern von besonderer – auch propagandistischer – Bedeutung. Nach einem Gemetzel in der Stadt begibt sich Pi(anch)y zum Ptah-Tempel und vollzieht Opferhandlungen. Dies tat Pi(anch)y bereits auch in Hermopolis im Tempel des Thot sowie in Lischt „für die Götter der Stadt“, doch hier wird eigens erwähnt, dass (Z. 98) „jeder Ritus, der für einen König vollzogen werden muss, wenn er den Tempel betritt“ für Pi(anch)y durchgeführt wird. Dies impliziert, dass Pi(anch)y dort nach dem Kampf bereits als König anerkannt ist. Die Städte der Umgebung von Memphis unterwerfen sich darauf hin und in der Inschrift wird vermerkt, dass die Schatzhäuser und Kornspeicher von Memphis den Pfründen Amuns, Ptahs und der Neunheit von Memphis zugeschrieben wurden.116 Im Fall von Memphis ist es das erste Mal, dass ein anderer Gott außer Amun von Karnak etwas vom konfiszierten Einkommen erhält. Möglicherweise werden die im Besitz der Stadtfürsten befindlichen Speicher an die Tempelwirtschaft übergeben, wo Pi(anch)y durch die Priesterschaft als König und oberster Kultherr anerkannt wurde. Dies ist bisher in keinem anderen Fall des Besuches eines Stadttempels geschildert. Nun folgt der rituelle Höhepunkt der Inschrift. Pi(anch)y besucht das Heiligtum des Re in Heliopolis (Z. 101–106). Sehr detailliert werden die Ritualhandlungen geschildert, die die sakrale Investitur als König darstellen. Nun ist Pi(anch)y als zA Raw legitimierter König von Ober- und Unterägypten. Am darauffolgenden Tag reisen Lokalkönige aus dem Delta an, um sich Pi(anch)y zu unterwerfen. Sie überschreiben Pi(anch)y ihr Vermögen sowie die besten der Pferde. Zuletzt sendet selbst Tefnacht, bis dahin Identifikationsfigur des Widerstandes, einen Unterwerfungsbrief an Pi(anch)y. Den schließt er mit den Worten (Z. 137–138): „Lass meine Habe in das Schatzhaus übernehmen, Gold und alle Edelsteine, die besten Pferde und Tribute aller Art“ und bietet an, in Gegenwart eines Boten des Königs im Tempel einen heiligen Eid auf ihn zu schwören. So geschieht es dann auch – Pi(anch)y wohnt diesem Eid nicht selbst bei, sondern sendet einen Vertrauten, den Eid im Tempel zu bezeugen. Nachdem dies geschehen ist, unterwerfen sich auch noch die allerletzten Städte im Delta. In der darauf folgenden Huldigungsszene darf Nimlot als einziger den Palast des Königs betreten, da nur er den Reinheitsvorstellungen Pi(anch)y entspricht (Z. 150–152).117 Danach wurden die Schiffe mit dem gesammelten Vermögen beladen und der König segelt südwärts, während Jubelgesänge erklingen. 3.1.3 Das Giebelfeld und die Aushackungen Über dem Text der Stele ist auf der Vorderseite ein unüblich niedriges, oben abgerundetes Bildfeld angebracht (Abb. 2). Im Zentrum befindet sich eine Sonnenscheibe mit herabhängenden Uräen, darunter rechts der stehende König Pi(anch)y und links der thronende Gott Amun. Pi(anch)y steht – ganz ungewöhnlich für den ägyptischen Kanon – mit dem Rücken zum Gott. Hinter Amun steht Mut. Die ungewöhnliche Kompo-

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Goedicke 1998, 111 ergänzt analog zu den anderen Stellen, dass das Vermögen an das Schatzhaus des Königs und die Kornspeicher an die Kulteinrichtungen überwiesen wurde.  117 Alle anderen Fürsten sind nicht beschnitten und Fischesser – eine in der Literatur oft diskutierte Angabe (siehe dazu ausführlich Fitzenreiter 2011a, 265–268 mit Literatur). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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sition der drei Figuren hat eine Parallele in einer Plakette, die in Tabo gefunden wurde, und in der ebenfalls Amun (dort stehend) in der Mitte zwischen Mut und Chons gezeigt ist.118 Allerdings führt auf der Plakette Mut die Götterreihe an, während im Giebelfeld der Triumphstele Pi(anch)y (als Chons?) an erster Stelle steht. Amun ist menschenköpfig gezeigt und trägt die für ihn typische hohe Zweifederkrone. Die Beischrift bezeichnet ihn als „Amun-Re, Herr der Throne der beiden Länder, von Karnak und vom Jebel Barkal“ (... Jmn(.w)-Raw nb ns.wt tA.wj Jp.t-sw.t … ©w-wab),119 wobei vor der Bezeichnung ©w-wab wegen der Bestoßungen am Rand möglicherweise noch etwas zu ergänzen ist (z. B. Hrj-jb). Hinter Amun steht Mut mit der für sie üblichen Doppelkrone. Sie ist als Mut von Ischeru bezeichnet. Im Gegensatz zu den anderen auf dem Giebelfeld dargestellten Personen ist sie im gesamten Text der Stele nicht erwähnt.120 

Abb. 2: Giebelfeld der Triumphstele des Pi(anch)y (aus: Grimal 1981a, pl. V; © Grimal)

Vor Amun steht Pi(anch)y, den vor ihm in zwei Reihen dargestellten unterworfenen Fürsten zugewandt. Die Gestalt des Königs wurde ausgehackt, ebenso der über ihm in einer Kartusche stehende Name. Letzterer wurde allerdings wieder eingeritzt – zwar ist der obere Teil der Kartusche nicht mehr erhalten, das Doppelschilfblatt aber noch gut sichtbar. Pi(anch)y trägt eine Kappe mit einem Uräusdiadem. Eine Hand des Königs scheint etwas in ihrer leicht vorgestreckten Faust zu halten, wobei aber nicht klar ist, was es ist – möglicherweise ein Szepter. Die andere Hand dürfte im Redegestus waagrecht erhoben sein. Da die Inschrift damit eingeleitet wird, dass es sich um ein wD,121 ein Dekret, handelt, kann die Geste auf die Ansprache hinweisen. Vor dem König ist das Bildfeld in ein höheres oberes und ein niedrigeres unteres geteilt. Oben ist die Gemahlin des Stadtfürsten von Hermopolis, Nimlot, zu sehen, eine Hand zur Rede erhoben, und hinter ihr ihr Mann, ein Sistrum rasselnd und ein Pferd hinter sich führend. Diese Szene ist die bildliche Wiedergabe des in der Inschrift ausführlich geschilderten Ereignisses der Unterwerfung von Hermopolis. Darunter sind die drei unterägyptischen Stadtfürsten Osorkon IV, Iuput II und Peftjauauibastet abgebildet, die zwar in Proskynese auf den Boden gezeigt sind, doch jeweils ein Uräusdiadem tragen. Über ihnen stehen ihre Namen in Kartusche und mit einem nzw eingeleitet – sie sind also trotz Unterwerfung als Könige bezeichnet.122 Hinter der zentralen Szene mit den Gottheiten ist das Bildfeld ebenfalls horizontal geteilt. Hier sind oben zwei und unten drei Deltafürsten in Proskynese gezeigt, bis auf einen alle mit einer Feder im Haar.123 Keiner der Namen über ihnen ist in Kartusche geschrieben. Die unterworfenen Fürsten sind ebenfalls im Text der Stele erwähnt. Die Darstellungen im Giebelfeld – eine piktographische Präsentation der einzelnen Abschnitte des Textes124 – zeigen Pi(anch)y als von Amun gesandten und von Re als sakralen Herrscher

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Sudan National Museum, Inv.-No. 18910; Kormysheva 2006, 139. Ausführlich zur Variation Amun/Amun-Re, Herr des Thrones der beiden Länder/Herr der Throne der beiden Länder und Jp.t-sw.t für Karnak und Jebel Barkal siehe Kendall 2014, 673, 676, und Török 1997, 303–304. Guermeur (2005, 528–538) stellt zwar sämtliche Belege zusammen, diskutiert das Verhältnis der beiden Varianten jedoch nicht. 120 Dass Mut im Giebelfeld abgebildet wurde, obwohl sie im Text keine Rolle spielt, interpretiert Goedicke (Goedicke 1998, 3 in Anm. 1, sowie 200) mit „distinctly matriachal features“. 121 Wb 1, 396.11–23. 122 Siehe zur Möglichkeit der Fortführung des libyschen Herrschaftssystems (Lange 2008 mit Literatur) oder einer frühen Form des Sudanic Kingdoms (Howley 2015 mit Literatur) im Kap. II.5.4. 123 Zur Rangfolge der im Bildfeld gezeigten Fürsten siehe Moje 2014, 127–130. 124 Assmann 2009, 226; El Hawary 2010, 285; Fitzenreiter 2011a. 119

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erhobenen König gemeinsam mit Amun und Mut in der göttlichen Sphäre,125 die unterägyptischen Könige huldigen ihnen. Im Folgenden soll auf die Aushackungen eingegangen werden. Diese betreffen vor allem die Figur und den Namen des Königs. Zwar sind auch Amun, Mut und in geringem Umfang einige der Deltafürsten betroffen, doch dürften diese Zerstörungen nicht intentional gewesen sein.126 Ziel der Ausmeißelung war Pi(anch)y, u. a. seine Darstellung und möglicherweise sein Name. Hintergrund kann aber nicht eine völlige Auslöschung des Königs gewesen sein, da sein Name im Rest der Inschrift nie angetastet wurde – immerhin sieben Vorkommen des Namens Pi(anch)y! Es ist durchaus denkbar, dass, ähnlich den Pickspuren in den Figuren von Amun, Mut und zweier Deltafürsten, der Name als Kollateralschaden bei der gewollten Aushackung der Gestalt des Königs beschädigt und daher wieder eingeritzt wurde. Doch warum sollte die Figur, nicht aber deren Name ausgelöscht werden? Möglicherweise ist es das schon an anderen Stellen im nubischen Kulturraum bemerkte gezielte Ungeschehen machen einer Handlung oder ein als nicht rechtmäßig empfundenes Abbild. Dies betrifft z. B. die Darstellung der Salbung des Pennut in seinem Grab in Unternubien127 oder die Person der Königsmutter im Giebelfeld der Inthronisationsstele des Aspelta.128 Dieses gezielte Ausmeißeln lässt darauf schließen, dass nicht Pi(anch)y als Person ausgelöscht werden sollte, jedoch die unrechtmäßige Darstellung: Ist seine Haltung, dem Gott Amun den Rücken zuwendend, so unerhört, dass sie ungeschehen gemacht werden musste? Im ägyptischen Motivkanon gibt es nur eine Szene, in der der König mit dem Rücken zu Amun platziert ist: Bei der Anerkennung als Pharao durch den Staatsgott. Dabei kniet der designierte König mit dem Rücken zu Amun, der seine Hand an den dessen Kopf hält.129 Eindeutig ist dabei aber der Mensch dem Gott unterstellt: durch den Größenunterschied, durch das Knien und durch die passive Armhaltung. Auf dem Giebelfeld der Triumphstele ist Pi(anch)y allerdings stehend und, wenn man die obere Kopflinie betrachtet, größer als Amun gezeigt. Wenn die Interpretation des Redegestus richtig ist, dann ist Pi(anch)y auch nicht passiv, sondern aktiv handelnd bzw. sprechend.130 Möglicherweise musste diese völlig aus dem Kanon fallende Komposition ausgelöscht werden, da die gebotene Ehrfurcht vor dem Staatsgott nicht erkennbar ist. Hat Pi(anch)y sich, indem seine Figur an die erste Stelle und vor Amun platziert ist, angemaßt, die Götterfamilie anzuführen und damit nicht nur auf eine Ebene mit der Götterwelt, sondern sogar an deren Spitze gestellt? Bereits H. Goedicke hat angemerkt, dass die Stele nicht wie üblich mit dem Himmelsbogen abgeschlossen ist, Pi(anch)y daher gemeinsam mit Amun und Mut „im Himmel“ selbst gezeigt ist. Kann dies als Blasphemie gewertet worden sein? Doch warum wurde die aufwendige Gravur in Granit überhaupt durchgeführt? Wann wurde die Königsfigur ausgehackt – bald nach der Errichtung der Stele oder erst später, nach dem Tod des Königs? Eine von M. Fitzenreiter vorgestellte Idee gründet auf der Aushackung, um die Darstellung des Königs mittels eines Stuckauftrags zu verändern – was aber wegen des fehlenden Stucks nicht überprüft werden kann. Seiner Meinung nach könnte es sich um die Darstellung des Opfers von Maat, Pektoral und Kette gehandelt haben, in die Pi(anch)y nachträglich verändert wurde, um dem dann gängigen Typus der Königsstelen zu entsprechen.131 Derzeit können diese Fragen nicht beantwortet werden. 3.1.4 Die Pi(anch)y-Stele als literarisches Werk Zwar steht eine umfassende literarische Analyse des Textes noch aus, doch haben sich bereits mehrere Autoren mit einzelnen literarischen Aspekten, die in der Stele zu erkennen sind, befasst.132 Der Text wurde nach den Ereignissen als historiographisches Werk geschaffen und es handelt sich augenscheinlich um eine  125 So schon Goedicke 1998, 3.  126

Es besteht auch die Möglichkeit, dass die unterschiedlich ausgeführten Aushackungen zu verschiedenen Zeiten bzw. Anlässen unternommen wurden: zunächst die flächige, die den König völlig gelöscht hat, zu einer anderen Zeit die nur durch einzelne Pickungen zerstörten Bilder von Amun, Mut und einigen Fürsten.  127 Fitzenreiter 2004a, 184. 128 Lohwasser 2005.  129 Z. B. in der Chapelle Rouge der Hatschepsut, siehe Larché/Burgos 2006, pl. 123–127. 130 Ich danke Anke Ilona Blöbaum für die Bemerkung, dass es sich dabei möglicherweise um die Verschmelzung zweier Szenen handeln könnte: die Anerkennung duch Amun und zugleich die Wiedergabe des aktiven, die Herrschaft ausübenden Pi(anch)y.  131 Fitzenreiter 2018, 118. 132 Grimal 1981a, 257–265; Török 2002, 371–395; El Hawary 2010, 210–347; Assmann 2009. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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aus mehreren Ebenen gestaltete Komposition. Den ersten Strang der Erzählung stellt die Eroberung Ägyptens dar. In einer zweiten Ebene ist es die Erzählung der „Krönungsreise“ des Pi(anch)y, der – am Neujahrstag und somit nach der rituellen Wiederholung seiner Krönung aufgebrochen – die wichtigsten Städte Ägyptens besucht und die Anerkennung der Stadtfürsten erfährt. In einigen Orten ist das Opfer für den Stadtgott erwähnt, das mit der intimen Zwiesprache verglichen werden kann, die in den späteren napatanischen Texten Topos ist.133 Weitere Motive der Erzählung stehen mit der „Sage“ um das zornige Sonnenauge in Beziehung, was unten noch ausführlich besprochen wird.134 Neben diesen Aspekten der Gesamtkomposition werden noch einige weitere literarische Details diskutiert, wie z. B. die Zeit und der Raum.135 L. Török stellt zudem dar, dass die Inschrift in Kapiteln einzuteilen sei, die jeweils aus einer militärischpolitischen Aktion und einem zeremoniellen Abschluss bestehen.136 M. Fitzenreiter zeigt, dass in der Stele jeweils ägyptische und kuschitische legitimatorische Abschnitte zu erkennen sind.137 Die einzelnen größeren Kapitel der Stele haben dabei jeweils ein kuschitisches Motiv eingeflochten. 3.1.5 Politik und Religion in der „Triumphstele“ Bereits aus der knappen Darstellung des Inhaltes ist es deutlich geworden, dass in dieser langen Inschrift sowohl „Politik“ – es geht um einen militärischen Akt der Eroberung, der detailreich, spannungsgeladen und mit Varianten in den einzelnen Episoden geschildert ist – als auch „Religion“ – Pi(anch)y handelt als sakraler Herrscher im Namen Amuns und ist die Verkörperung des Sonnenauges – eng miteinander verknüpft und doch als getrennte Felder wahrzunehmen sind. Darüber hinaus verdient die Tatsache Beachtung, dass es sich um einen kuschitischen Herrscher handelt, der König in Ägypten wird. Im Folgenden stehen deshalb Einzelaspekte im Fokus, deren Aussage in dieser Trennung zwischen Politik und Religion, aber auch zwischen den Kulturen „ägyptisch“ und „kuschitisch“ liegen, als auch die Punkte der Verknüpfung dieser unterschiedlichen Sphären. 3.1.5.1

Bisherige Stellungnahmen zur Schnittstelle Religion und Politik in der Stele

Dass sowohl die Religion als auch die Politik in diesem einzigartigen Text eine Rolle spielen, wird von nahezu allen Bearbeitern hervorgehoben.138 Nach N. Grimal war der Feldzug eine croisade, der unter einer religiösen Fassade geführt wurde.139 Der militärische Feldzug hätte sich in einen religiösen „Kreuzzug“ verwandelt, dessen Höhepunkt die königliche Anerkennung war. Vor allem war es auch der göttliche Befehl und der göttliche Schutz, der den Feldzug erfolgreich machte. Pi(anch)y spielte dabei die Rolle des Maat-Erhalters, jedoch verfolgte er vor allem politische Ziele. Es war ein königlicher Krieg, der die Durchsetzung der Herrschaft zum Ziel hatte.140 Andererseits war es auch ein „Heiliger Krieg“, da die göttliche Patronage der Kampagne ganz direkt ausgedrückt wurde und die Legitimation der Herrschaft zum Ziel hatte.141 Trotzdem wäre die Frömmigkeit Pi(anch)ys an zwei Aspekten des Inhalts der Stele deutlich zu erkennen: Es ist die Übergabe der Kornspeicher an (vor allem) Amun sowie die Restaurierung der Kulte in den eroberten Städten, die sich durch eine Opferhandlung durch den König vor dem jeweiligen Stadtgott niederschlägt.142

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Török 2002, 375. Siehe Kap. II.3.1.5.2.4. 135 El Hawary 2010, 335–342. 136 Török 2002, 376–395. 137 Fitzenreiter 2011a, 262. 138 Nicht alle Autoren, die sich mit der Pi(anch)y-Stele beschäftigt haben, beleuchten sämtliche Aspekte. So gibt z. B. Morkot (2000, 167–196) eine historische Rekonstruktion, in der eine sakrale Ebene im Text jedoch keine Rolle spielt.  139 Grimal 1981a, 265–266. 140 So ist der Fortschritt der Inschrift am Legitimationsfortgang orientiert (Grimal 1981a, 261). 141 Grimal 1981a, 266. Siehe auch Assmann 2009, 227. 142 Grimal 1981a, 266f.  134

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Während die politische Anerkennung Pi(anch)y durch die Unterwerfung aller unterägyptischen Fürsten sicher war, suchte er die sakrale Legitimation in Heliopolis. Als Sohn des Re wurde er schließlich als rechtmäßiger König Ober- und Unterägyptens von allen Kleinkönigen anerkannt. H. Goedicke sieht zwei Ebenen der Religiösität: die des Pi(anch)y und die des Autors der Inschrift.143 Dabei fungiert der Befehl Amuns als Beweis für Pi(anch)ys religiösen Enthusiasmus. Das Eingreifen von Pi(anch)y in den Kampf ist durch den Willen zur Teilnahme an religiösen Zeremonien in Theben gekennzeichnet, hingegen werden die von ihm geplanten militärischen Aktionen nur beiläufig erwähnt.144 Das Neujahrsfest kann ein Krönungsfest gewesen sein, weitere Feste schließen sich in Karnak an. Auch machte Pi(anch)y regelmäßig Opfer im Tempel, um sein Recht als König zu manifestieren.145 H. Goedicke vermutet, dass die thebanische Priesterschaft Pi(anch)y aufgefordert hätte, nach Ägypten zu kommen, um Theben gegen den drohenden Einfall aus dem Norden zu verteidigen.146 Dafür wäre ihm die Königswürde versprochen worden. Dass Pi(anch)y zuletzt nicht wie ein König, sondern eher wie ein Plünderer wieder in den Süden reiste, zeige, dass er anscheinend nicht vorhatte, die Konsequenzen der Königswürde zu tragen.147 Die Thebaner stellten ihre Hoffnung, dass die Abwehr des Tefnacht eine endgültige war, im Jubelgesang am Schluss dar (Z. 159): „Deine Stärke/dein Sieg wird ewig dauern, Herrscher, geliebt von Theben.“ Die Enttäuschung, dass Pi(anch)y seine Aufgabe als König nicht wahrnahm, sei in der Bezeichnung HoA anstelle von nzw bjt oder ¡r.w zu erkennen. R. Gozzoli fokussiert auf das Konzept des „holy king“, das er als die wechselseitige Verbindung zwischen Gott und König versteht: der Gott sei der Vater des Königs und der König sei der oberste Priester seines Vaters.148 Pi(anch)y bezeichnete sich wiederholt als der göttliche Sohn, der damit einen Heiligen Krieg führe: „In more detail, the war is a narrative of an epiphany, that of a divine commander of the army.“ 149 L. Török hebt die mehrfache Betonung der göttlichen Sohnschaft des Pi(anch)y hervor.150 Doch insbesondere die Reise des Königs, die am Neujahrstag in Napata begann, sei im Zusammenhang mit der steigenden Nilflut aus dem Süden sakral zu deuten.151 Die drei Stränge der königlichen Reise aus dem Süden (vergleichbar mit der Überschwemmung), der kultischen Pilgerfahrt vom Amun-Tempel von Napata zum ReTempel von Heliopolis und die siegreiche Eroberung seien verknüpft, wobei die königliche Sohnschaft zum Tragen komme: Identifiziert mit der Nilflut brachte Pi(anch)y die Fruchtbarkeit, er wurde durch die Götter des Landes legitimiert und durch Re eingeweiht und nicht zuletzt stellte er die Ordnung (Maat) wieder her. A. El Hawary thematisiert die „Vermischung der königlichen mit den göttlichen Sphären“.152 Als zentrales Bild der Scheidung des Unreinen von der göttlichen Ordnung sieht er das Motiv des unreinen Fischessers, dem verboten wurde, den Palast des Pi(anch)y zu betreten. Doch noch an vielen weiteren Stellen spielte die Reinheit eine besondere Rolle, z. B. im Befehl an die Soldaten, in Theben die Waffen abzulegen und sich im Nil zu reinigen. Auch das Reinigungsritual, das Pi(anch)y im Ptah-Tempel von Memphis und dann in Heliopolis erfuhr, zeige die reine göttliche Sphäre, die Pi(anch)y umgibt. Darüber hinaus sind die Raumvorstellungen teilweise real (die Städte und Tempel, die genannt werden), oft aber ungewiss und metaphorisch gewählt. So sei der Süden der Thronort von Göttern und Königen, der

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Goedicke 1998, 211–212. Goedicke 1998, 183f.  145 Goedicke 1998, 215. 146 Goedicke 1998, 184. 147 So Goedicke 1998, 195.  148 Gozzoli 2001, 59. 149 Gozzoli 2001, 63. 150 Török 2002, 372, 384. 151 Török in FHN I, 115; Török 2002, 374, 385. 152 El Hawary 2010, 304–6. 144

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Norden der Ort, der entweiht wurde und daher Ziel des Feldzuges.153 Der Westen sei der Sitz des Feindes – Tefnachte ist der Fürst des Westens –, „der Osten erscheint im Text in einer mythischen Sprache, mithilfe derer sich die königliche Sphäre mit der göttlichen Sphäre vermischt und die die Handlung der Geschichte in die Ewigkeit versetzt.“154 M. Fitzenreiter stellt dar, dass die Inschrift – zusammen mit den Reliefs am B 500 – ein neues Konzept eines kuschitischen „Pharaonentums“ geschaffen habe.155 Die Spiritualität des ägyptischen Königtums wurde in die Ideologie der kuschitischen Herrschaft integriert, worauf sich der langfristige symbolische Anspruch auf Ober- und Unterägypten begründete. Die „Andersheit“ des kuschitischen Königs wurde an einigen Stellen (v. a. Pferde, Fischesser) dargestellt, um die Vorstellung, dass Pi(anch)y nicht „König der Könige“, sondern ein sakraler König (mit außergewöhnlicher, in Ägypten so nicht bekannter Reinheit etc.) sei. 2018 erweitert er dieses Konzept, indem er die Stele als Prototyp vieler später in der kuschitischen Königsideologie verankerten Motiven erkennt.156 Es sei eine sehr enge Verbindung zwischen historischer Narrative und Mythologie, die die Transformation des Hauptakteurs – innerhalb eines sakral definierten Zeitrahmens – zum Pharao mit all seiner numinosen Macht zum Inhalt hat. Viele Details werden in späteren kuschitischen Königsinschriften aufgegriffen, nicht zuletzt kann die für das kuschitische Herrschaftsverständnis so wichtige Krönungsreise im Nordwärtszug des Pi(anch)y und den genannten Stationen ihren Ursprung haben. In vielen bisherigen Bearbeitungen, deren einflussreichste ich knapp zusammengefasst habe, sind die beiden Ebenen von militärischen Ereignissen und sakralen Handlungen bzw. mythischen Ausdeutungen angesprochen. 3.1.5.2

Eigene Interpretation der Ebenen

Ich sehe den Text ebenfalls als Komposition, in der verschiedene Ebenen miteinander verwoben sind. Diese Ebenen sind verschiedener Natur und auch deren Ziel in der Inkorporierung in den Text ist unterschiedlich. Im Folgenden sollen diese Ebenen jede für sich vorgestellt werden, um im Anschluss eine interpretative Zusammenführung zu versuchen. 3.1.5.2.1 Die militärische Aktion Pi(anch)y als Machthaber, der nicht aus einer ägyptischen Königsfamilie stammt, nicht einmal ägyptische Wurzeln hat, muss seine Herrschaft für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen auf unterschiedliche Weise legitimieren. Die deutlichste Sprache spricht hier das Gesetz des Stärkeren: Indem Pi(anch)y Städte erobert, ist er der starke Mann. Ausdruck findet die Legitimation mittels Stärke durch die Anerkennung und auch physische Unterwerfung aller Fürsten am Ende des Textes und im Giebelfeld. Diese Legitimation ist auch als Wiederherstellung der Maat zu interpretieren. Die Feinde und Unruhestifter werden bezwungen, die Ordnung wieder errichtet. Der „rote Faden“ des Inhalts der Stele ist die militärische Eroberung Ägyptens. Der König schickt zunächst seine Truppen, um das bereits in kuschitischer Hand befindliche Oberägypten gegen die Einfälle der Delta-Koalition zu schützen. Da dies nicht von Erfolg gekrönt ist – nicht erfolgreich sein darf, um das persönliche Eingreifen des Königs zu rechtfertigen – reist Pi(anch)y selbst in den Norden, um seine Streitmacht anzuführen. Ausschlaggebend ist dabei, dass der Gott Amun sie ausgesandt hat (Z. 12): „Amun ist der Gott, der uns den Befehl gibt!“ Auf diese Weise wird der Eroberungsfeldzug zu einem „Kreuzzug“.

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El Hawary 2010, 326–328.  El Hawary 2010, 327. 155 Fitzenreiter 2011a. 156 Fitzenreiter 2018.  154

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Das Vordringen der Truppen ist detailliert geschildert. In vielen Städten wird auf eine Gegenwehr verzichtet, Pi(anch)y werden die Tore geöffnet. Einige Städte leisten jedoch Widerstand, und hier wird entweder auf Belagerung (Hermopolis) oder Ansturm (Memphis) gesetzt. Insbesondere bei der Schlacht von Memphis wird deutlich, dass sich Pi(anch)y im Recht sieht und der Sieg als Wiederherstellung der Ordnung zu verstehen ist. Er sagt (Z. 92f.): „Das ist es, was die Leute der nördlichen und südlichen Provinzen sagen werden: Hätten sie ihm bloß von Ferne geöffnet, aber sie haben Amun nicht in ihr Herz geben wollen/können und wissen (deshalb) nicht, was er befohlen hatte. Er (Amun) hat ihn (Pi(anch)y) geschaffen, um seine Ba-Mächte zu zeigen und damit man sein(e) Ansehen (Autorität) erkennt!“157 Wieder beruft sich Pi(anch)y auf den göttlichen Befehl seines Vaters Amun. Zuletzt steht die Unterwerfung aller Fürsten des Deltas, der Aufständischen, die sich gegen den Befehl Amuns gestellt haben. Pi(anch)ys Sieg über die „Rebellen“ ist damit die Wiederherstellung der Ordnung. Maat ist nicht explizit genannt,158 doch kann der Feldzug gegen die „Feinde“ als Ritual der Feindvernichtung (Vernichtung des Seth) zu den Riten der Herrschaftsausübung gezählt werden.159 Es handelt sich aber nicht um nebulöse „Feinde“ in fernen Orten, sondern ganz konkrete Städte und Personen, die sich gegen Pi(anch)y stellen. Die Legitimation über die militärische Stärke ist also nicht nur ideell, sondern der Unterwerfung von einzelnen Städten und Personen zuzuschreiben. Die Nennung dieser vielen Orts- und Personennamen verortet den Feldzug mit ganz konkreten Ereignissen, die durch die Aufnahme in die Inschrift öffentlich verlautbart werden. 3.1.5.2.2 Die politische Strategie Neben der Darstellung der militärischen Aktion ist jedoch auch noch eine politische Strategie als eine eigene Ebene innerhalb der Komposition zu erkennen. M. E. ist die Stärkung von Theben/Karnak vor allem auch als Wirtschaftsmacht eines der Ziele, die in dieser Stele angesprochen werden. Dies wird besonders deutlich bei der Verteilung der Kriegsbeute. Hier werden jeweils das Schatzhaus (des Königs) mit dem Vermögen sowie Amun von Karnak mit dem Speicherinhalt begünstigt. Der kriegsführende König muss seine Truppen ernähren und entlohnen, und andererseits muss er weiterhin in seinen Hauptstützpunkt Theben mit Gütern bedenken. Die Naturalien erhält fast ausschließlich Amun von Karnak. Nur nach der Schlacht in Memphis werden auch Ptah und die Götter der Neunheit bedacht – dies kann damit zusammenhängen, dass der Kult in Memphis augenscheinlich zusammengebrochen ist, wie folgende Textstelle vermuten lässt (Z. 97): „Seine Majestät veranlasste, dass Leute zu ihr (der Stadt) gingen, um die Tempelbezirke des Gottes für ihn zu schützen und um über die Kultstätte der Götter zu wachen, so dass eine Wasserspende für den Götterkreis von Memphis dargebracht werden konnte und Memphis durch Natron und Weihrauch (rituell) wieder rein wurde, indem man Wab-Priester (wieder) an ihren Standort einsetzte“160 Der Tempel in Karnak ist jedoch Nutznießer aller Siege. Die Speicherinhalte werden einerseits für die Aufrechterhaltung des Kultes (Opfer und Versorgung der Priesterschaft) sowie für Restaurierungs- und Baumaßnahmen gedient haben.161 Neben der (auch politischen) Unterstützung durch die Amunspriesterschaft spielt sicher die Institution der Gottesgemahlin in Karnak eine Rolle. Die Gottesgemahlinnen des Amun, ein im frühen Neuen Reich inauguriertes thebanisches priesterliches Amt, wird spätestens ab der 3. Zwischenzeit mit Töchtern des jeweils herrschenden Königs besetzt.162 Einige dieser Gottesgemahlinnen hatten weitreichende Befugnisse

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Übersetzung paraphrasiert nach El Hawary 2010, 258. Siehe Index in Grimal 1981a, 343. Im Gegensatz zur 22. Dynastie, in der Osorkon B auf Maat rekurriert (siehe Kap. I.4.1.7.1). 159 Barta 1975, 97–104. 160 Übersetzung nach El Hawary 2010, 261. 161 Janssen 1979, 511. 162 Zu den Gottesgemahlinnen des Amun im 1. Jt. v. Chr. siehe Becker/Blöbaum/Lohwasser 2016.  158

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nicht nur im kultischen Bereich und standen einer großen Wirtschaftsinstitution vor. Es ist anzunehmen, dass Pi(anch)y seine Tochter Schepenupet II. in das Amt eingeführt hat. Zwar ist von dieser Adoption durch ihre Vorgängerin Amenirdis I. kein Dokument bekannt, und so können wir nicht mit Sicherheit sagen, dass Pi(anch)y und nicht erst ein Nachfolger sie eingesetzt hat, jedoch ist parallel zu den weiteren Gottesgemahlinnen Amenirdis II., Nitokris und Anchnesneferibre anzunehmen, dass Schepenupet II. durch ihren Vater Pi(anch)y und Amenirdis I. durch deren Vater Kaschta als Gottesgemahlin übergeben wurde.163 Sicherlich hat die Gottesgemahlin, aus der kuschitischen Königsfamilie stammend, eine stabilisierende Rolle für den Machterhalt der Kuschiten in der Thebais. Neben dieser Sicherheit ist es auch die Unterstützung der Amuns-Priesterschaft sowie der Bevölkerung der Thebais, die den erfolgreichen Feldzug von Pi(anch)y ermöglicht. Pi(anch)y wird am Ende der langen Inschrift im Jubelgesang der Bevölkerung (Z. 159) als HoA mrj WAs.t bezeichnet. Nicht als König von Ober- und Unterägypten, sondern als „Herrscher geliebt von Theben“ kehrt er siegreich zurück. Dass Theben das Zentrum aller Handlungen ist, wird an mehreren Stellen deutlich: Z. 12: „Wenn ihr nach Theben kommt, gegenüber von Karnak....“ Pi(anch)y gibt spezielle Instruktionen, wie sich die Soldaten in Theben zu verhalten haben. Theben wird als kultischer Ort angesprochen, an dem Reinheit und Frieden herrschen. Z. 16: Die Truppen fahren nordwärts und erreichen Theben, wo sie all das machen, was Seine Majestät angeordnet hat. Wiederum wird auf den sakralen Ort angespielt. Z. 29: Pi(anch)y erreicht Theben und feiert das Opet-Fest. Hier wird das Fest der Sakralisierung des Königs angesprochen, das ebenfalls in der Thebais beheimatet ist. Z. 159: Pi(anch)y ist der Herrscher, geliebt von Theben. In all den Erwähnungen von Theben wird auf die besondere sakrale Rolle des Ortes angespielt. Dies ist eine Rolle, die man eher von Napata erwarten sollte – doch ist Napata in der gesamten Inschrift nicht erwähnt!164 Theben ist Ausgangspunkt des dann erfolgreichen Feldzuges von Pi(anch)y und zuletzt der Endpunkt seiner Rückreise. Durch die Schenkungen der Beute wird Theben wirtschaftlich gestärkt, durch die Bemerkungen zur Heiligkeit des Ortes rituell erhoben und durch die Situation als ägyptischer Sitz der kuschitischen Herrscher politisch bedeutend. 3.1.5.2.3 Der sakrale Herrscher Pi(anch)y will nicht nur Ägypten als Machthaber beherrschen, sondern sucht die Akzeptanz als Pharao. Für die Legitimation als Pharao – also zwischen Menschen und Göttern stehend bzw. als Mensch mit göttlicher Essenz ausgestattet – muss diese Gottesnähe bestätigt werden. Dieser Strang der Legitimation ist (mindestens) durch drei Stationen abgebildet: Pi(anch)y feiert das Neujahrsfest, das wohl auch in Kusch als Fest der Erneuerung der königlichen Macht und Herrschaft zu interpretieren ist.165 Es kann sich nicht um das Fest der eigentlichen Krönung gehandelt haben, da Pi(anch)y zu dieser Zeit bereits lange König war. Wenn man davon ausgeht, dass das Fest in Napata gefeiert wurde – was aber aus der Inschrift nicht hervorgeht – ist damit die (wiederholte) Krönung vor der kuschitischen Bevölkerung und die (wiederholte) Anerkennung durch Amun vom Gebel Barkal dargestellt. Dies ist im Giebelfeld durch die Beischrift des thronenden Gottes als Jmn(.w)-Raw nb ns.wt tA.wj xnt.j Jp.t-sw.t Hrj-jb ©w-wab gezeigt: es ist Amun von ns.wt-tA.wj, Erster von Karnak, wohnhaft im Jebel Barkal, der Pi(anch)ys Rücken stärkt. Der zweite Schritt ist das Opet-Fest in Luxor und Karnak. Beim Opet-Fest wird der Ka des lebenden Königs erneuert und v. a. mit der „göttlichen Essenz“ gefüllt, die ihn zum Pharao macht.166 Durch die Ritualhandlungen beim Opet-Fest wird die Person des Königs transformiert und erscheint als göttliche Existenzform. Diese Transformation geschieht in Zwiesprache mit Amun von Karnak – wie in der Beischrift zu Amun-Re im Giebelfeld angesprochen.

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Zuletzt dazu Lohwasser 2016. Dies ist bereits Priese (1972, 32) aufgefallen, der daher – wie viele Forscher nach ihm – von einer thebanischen Autorschaft ausgeht. 165 Siehe ausführlich Lohwasser 2014. 166 Bell 1985.  164

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Die dritte Station ist schließlich zunächst Memphis und dann Heliopolis.167 In Memphis wird Pi(anch)y den Reinigungsriten unterzogen, „die für einen König, wenn der das Allerheiligste betritt, gemacht werden“ (Z. 98) und opfert dann Ptah. Durch das „Tägliche Ritual“ in Heliopolis wird Pi(anch)y zum obersten Priester des Landes,168 er versiegelt den Schrein mit der Auflage, dass kein anderer König ihn öffnen dürfe. Pi(anch)y ist nun der zA Raw, sakral legitimiert durch Re und vor der Priesterschaft von Heliopolis. Auch dies ist im Giebelfeld dargestellt, es ist die mit den beiden Uräen gekrönte Sonnenscheibe. Bereits H. Goedicke hat darauf hingewiesen, dass es sich nicht um die übliche Darstellung des Himmelsbogens handelt, dass also „Pi(ankh)y was in the company of the gods, and thus in heaven.“169 Dies würde aber bedeuten, dass nicht nur Pi(anch)y, sondern auch die gesamte Szene der Unterwerfung der Deltakönige außerhalb der irdischen Welt zu situieren ist. Auch an einigen anderen kuschitischen Stelen ist kein Himmelsbogen zu erkennen.170 Bedeutender erscheint mir aber das Detail, dass es sich nicht um die geflügelte Sonnenscheibe handelt. Die Szene ist nicht unter deren Schutz gestellt, sondern bei der Sonnenscheibe mit den herabhängenden Uräen handelt sich m.E. um die Darstellung des Re, unter dem die Beischrift zu lesen ist: „ich gebe dir ... das Land (?)171 wie dein Vater Re“. Amun nennt also als Vater von Pi(anch)y den Gott Re – Pi(anch)y ist damit der zA Raw, der er im Ritual von Heliopolis wird. In der Mitte des Giebelfeldes ist also die Legitimation als Pharao zu sehen: Amun-Re von Karnak und Jebel Barkal, verschmolzen in einer Figur, darüber der Gott Re. Durch die Anerkennung des Gottes Re wird Pi(anch)y zum Pharao, der nicht nur als politischer Herrscher regiert, sondern sakral legitimiert als Pharao wirken kann. Interessant ist, dass in der Inthronsationsstele des Aspelta, nach dem Ende der 25. Dynastie in Nubien entstanden, zunächst Re als der Gott angesprochen wird, der seinen Sohn als König auswählt und an die Spitze des Landes setzt. Da dieses Ansinnen jedoch nicht von Erfolg gekrönt ist, wird sehr bald Amun-Re angerufen, um dem Volk einen neuen König zu bestimmen.172 Aus dem Vergleich der beiden Textabschnitte von Pi(anch)y und von Aspelta kann erkannt werden, dass Amun die politische Macht übergibt, während Re die sakrale Macht des Königs garantieren kann. Einen weiteren sakralen Aspekt hat L. Török hervorgehoben. Er hat die Reise des Pi(anch)y mit dem Fortschreiten der Überschwemmung in Zusammenhang gebracht.173 Der Beginn im Süden genau zu Neujahr, dem (rituellen) Ansteigen der Nilflut, und die Eroberung von Memphis beim Höchststand sind Argumente dafür. Damit würde der König zum Bringer der Überschwemmung, zum Fruchtbarkeitsgaranten. Dies ist ein Konzept, das später insbesondere Taharqo auch für sich beansprucht.174 Dieser Vergleich ist stichhaltig, wenn auch Überschwemmung und Fruchtbarkeit darüber hinaus im Text keine Rolle spielen. 3.1.5.2.4 Der Mythos vom Sonnenauge175 Schon M. Fitzenreiter hat festgestellt, dass Motive des Mythos vom Sonnenauge eine bedeutende Rolle in der Komposition der Inschrift spielen.176 Dieser Mythos wird zu einer wichtigen Komponente im späteren

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Knapp dazu Grimal 1981a, 268. Assmann (2009, 230) bescheinigt damit Pi(anch)y eine „liturgische Kompetenz, die wie den berufenen und befugten Priester kennzeichnet.“ 169 Goedicke 1998, 3. 170 Z. B. Inthronisationsstele, Exkommunikationsstele, Khaliutstele. Siehe Grimal 1981b, pl. V, VIII; sowie Reisner 1934, 38, Abb. 1.  171 So Grallert zur Stelle Grimal, C.2: Vs 3 mit knapper Diskussion in TLA (Version Okt. 2014).  172 Dies ist ausführlich dargelegt in Revez 2014.  173 Török 2002, 374. 174 Siehe hierzu die Texte, die die außergewöhnliche Überschwemmung im 6. Regierungsjahr beinhalten. Zuletzt dazu mit älterer Literatur Gozzoli 2010, 190–195. 175 Zur Sage vom Sonnenauge und der Onuris-Legende immer noch grundsätzlich Junker 1917, siehe auch de Cénival 1988; Inconnu-Bocquillon 2001; Hoffmann/Quack 2007, 195–229.  176 Fitzenreiter 2011a, 264. 168

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kuschitischen Königtum, da dort wesentliche Gottheiten in Tempeln auch noch der meroitischen Zeit eine große Rolle spielen. Als Text ist der Mythos in Ägypten zwar erst spät ausformuliert belegt, doch deuten einzelne Motive und Elemente in Dokumenten ab der 3. Zwischenzeit, vielleicht auch schon früher, auf damit verbundene Erzählstränge und Rituale hin.177 Der Mythos handelt von der Heimkehr des „Auges des Re“, das auch als die Tochter des Sonnengottes bezeichnet wird. Das Sonnenauge, mit einer weiblichen Gottheit (meist Tefnut, Sachmet, Hathor oder Mut) assoziiert, entfernt sich in Wut Richtung Süden.178 Was der Ursprung dieser Wut war, bleibt unbekannt, ebenso das genaue Ziel: es liegt im Süden, und wird mit Nubien, ebenso Punt bezeichnet.179 Diese zornige Göttin, die dann oft in ihrer Gestalt als Löwin erscheint, wird durch bestimmte männliche Götter – es erscheinen Thot, Onuris, Schu – besänftigt und wieder nach Ägypten geholt. Dabei spielen Musik und Tanz, aber auch Alkohol eine Rolle. Die Heimkehr der beruhigten Göttin wird mit einem Fest gefeiert.180 Ein weiterer Strang dieser Sage erzählt davon, dass dem Sonnengott in Abwesenheit des Sonnenauges ein neues Auge gewachsen sei. Bei der Rückkehr wäre das eigentliche Sonnenauge erzürnt, zur Besänftigung hätte es Re als Uräus an seine Stirn gesetzt. Auch der Uräus ist somit eine Verkörperung des Sonnenauges.181 Verschiedene Mytheme aus dem Kreis der Augensagen (oder auch der „Gefährlichen Göttin“) werden in der textlichen bzw. bildlichen Repräsentation des kuschitischen Königtums aufgenommen. Nach K. Goebs sind Mytheme durch ihre stabile strukturelle Beziehung zwischen Personen bzw. Objekten bei gleichzeitiger flexibler Ausformung gekennzeichnet.182 Sie gibt dabei selbst auch das Beispiel des „Mythos der Fernen Göttin“, der ein wesentlicher Bestandteil der Augensagen ist und stellt beispielhaft die strukturelle Beziehung folgendermaßen dar: 183 Gott benötigt Helfer (Re benötigt die Hilfe von Thot, Onuris, Schu) Gott verliert/benötigt Objekt/Körperteil (Re verliert Sonnenauge) Objekt/Körperteil ist weit entfernt von Gott (Sonnenauge ist weit entfernt von Re) Helfer bringt Objekt/Körperteil zurück (Thot, Onuris, Schu bringen Sonnenauge zurück) Grundmuster ist also, dass „Etwas“ aus dem Süden kommt, zornig ist, nach Ägypten „heimgeholt“ und dabei befriedet wird. Die Personen bzw. Götter können dabei wechseln, ebenso variieren Nebenschauplätze, Ergänzungen und Detailreichtum.184 Die späteren kuschitischen Könige bedienen sich aus diesen Möglichkeiten, um – neben anderen Konzepten – daraus einen Legitimationsstrang zu bilden.185 Die Motive aus der Augensage, die in der Triumphstele auftreten, sind die Wut, die Reise aus dem Süden in den Norden, das Besänftigen und schließlich das Vereinen mit Re in Heliopolis. Pi(anch)y wird an mehreren Stellen – teilweise ohne eindeutiges Motiv – als „rasend wie ein Panther“ oder „wutentbrannt“ geschildert. Es ist naheliegend, dass er – wenn man die weiteren Anspielungen auf den Mythos in der Stele berücksichtigt – ihn damit als die Verkörperung des Sonnenauges identifiziert.186 Die Reise aus dem Süden muss daher in diesem Zusammenhang als die Heimkehr verstanden werden: Pi(anch)y ist zwar als realer König ein Fremdherrscher, doch in seiner mythischen Ausdeutung als „Auge des Re“ ist seine Heimat Ägypten. So wird er aus der Ferne geholt, um seinen rechtmäßigen Platz an der Stirn des Re einzunehmen. Die Beruhigung wird insbesondere in der Szene in Hermopolis geschildert, wo ihn Nimlot, aber vor allem auch die Frauen des Harems beruhigen. Dies kann die konkrete und individuelle Anpassung der Augensage auf ein männliches Sonnenauge sein: Das erzürnte Auge, durch eine weibliche Gottheit verkörpert, wird durch männliche Götter besänftigt. Auf der Stele wird der männliche König durch die Frauen seines Ha 177 Von Lieven 2003, 47. Dies vermutet auch schon te Velde 1988, 398–399. 178 Siehe zu diesen Göttinnen im Zusammenhang mit Wut Köhler 2016, 140–147. Speziell zu Mut te Velde 1988.  179 Inconnu-Bocquillon 2001, 197–203; von Lieven 2003, 47. 180 Dazu von Lieven 2003.  181 Te Velde 1988, 398; von Lieven 2003, 47. 182 Goebs 2003, 42–44. 183 Goebs 2003, 55–58.  184

Dies hängt oft mit dem Kontext der Überlieferung zusammen; für Philae und die unternubischen Tempel der griechisch-römischen Zeit siehe Inconnu-Bocquillon 2001. 185 Für Taharqo siehe unter Kap. II.4.1. Siehe auch in Kuckertz/Lohwasser 2016, 62–65. 186 Über den Zusammenhang zwischen „Wut“ und dem Sonneauge siehe Köhler 2016, 140–152. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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rems, die wiederum von den weiblichen Angehörigen des Palastes von Hermopolis angefleht wurden, befriedet. Die Situierung in der Stadt des Thot, einem in der Augensage besonders wichtigen männlichen Gott, dem der König dann auch opfert, kann ebenfalls gezielt für diesen Zusammenhang gewählt worden sein. Memphis ist der Zielpunkt der Heimreise der gefährlichen Göttin 187 – und Memphis ist schließlich auch der letzte Ort, der erobert wird. Zuletzt wird das Sonnenauge mit Re vereint: Pi(anch)y hält intime Zwiesprache mit Re im Tempel von Heliopolis, wie es eine lange Passage der Stele ausführlich erzählt. Durch dieses Ritual wird Pi(anch)y dann zum sakralen Pharao – ab diesem Moment ist er der zA Raw, der Sohn des Re. Damit ist er nun auch der Uräus, der als Stirnschlange den Pharao auszeichnet. Einen Zusammenhang gibt es wahrscheinlich auch zwischen der Sage vom Sonnenauge und der Überschwemmung. Bereits in den Pyramidentexten wird das Sonnenauge mit Hathor und dem Jahreslauf in Verbindung gebracht.188 Hathor ist zugleich mit Sirius identifiziert, der Stern, dessen Frühaufgang mit rötlichem Licht die kommende Nilüberschwemmung anzeigt. Mit der Überschwemmung kommen Ungeziefer und Seuchen, bald jedoch – durch die „Befriedung“ – ist Freude im ganzen Land. Durch die Verbindung des Sonnenauges mit der Überschwemmung – der Frühaufgang des Sirius in der Zeit des Einsetzens der Nilflut189 – ist Pi(anch)y als das Sonnenauge zugleich die Überschwemmung, wie L. Török dies dargestellt hat. Pi(anch)y nimmt Memphis als Flutwelle, wie ein Regensturm ein – immer wieder ist die Konnotation des Königs mit Wasser gegeben.190 Pi(anch)y verkörpert damit die sich vom Süden in den Norden ausbreitende Überschwemmung, ist zugleich das Sonnenauge, das diese Überschwemmung verheißt. Dass der Mythos vom Sonnenauge auch im Tempelkult – wenigstens der Kuschiten – eine Rolle gespielt hat, zeigen die Blöcke aus der Kapelle von Schepenupet II. in Medamud.191 Hier sind augenscheinlich Szenen aus der Augensage und traditionelle Kultszenen in engem Zusammenhang angebracht.192 Auf zwei Blöcken werden anstelle von menschlichen Akteuren Tiere in Ritualszenen gezeigt, wobei der Rest der erhaltenen Dekoration aber konventionelle Motive zum Inhalt hat. Die einzige bekannte religiöse Komposition mit Tierfabeln ist der Mythos vom Sonnenauge.193 Die Kapelle ist von Schepenupet II. errichtet worden, ebenso ist ihre Vorgängerin Amenirdis I. genannt. Die Assoziation der Gottesgemahlin mit der Göttin Tefnut ist, so die Interpretation von von Lieven, mitbestimmend für die Darstellung der Motive aus dem Mythos.194 Dabei scheint insbesondere die Beziehung zu Medamud eine Rolle zu spielen, da dies als ein weiterer Ort der Heimkehr des Sonnenauges gilt.195 Ein weiterer wesentlicher Tempelkult, der in der 25. Dynastie mit diesem Mythos zu verbinden ist, lässt sich in Karnak-Süd, im Mut-Bezirk verorten.196 Hier ist es Mut von Ischeru, die befriedet zurückkehrt. Taharqo lässt im Mut-Areal Baumaßnahmen durchführen, die auf eine Weiterführung bzw. neue Blüte des Festes anlässlich der Rückkehr der Göttin aus dem Süden hindeuten.197 Mit dem Mythos vom Sonnenauge bzw. der „gefährlichen Göttin“ werden in der Triumphstele des Pi(anch)y kosmische und irdische Phänomene miteinander vereint, genauso wie sakrales und realpolitisches Handeln des Königs verbunden werden. Pi(anch)y, als das Sonnenauge aus dem Süden kommend, wird in Ägypten besänftigt und schließlich durch den Sonnengott Re als Pharao sakralisiert.

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Von Lieven 2003, 48 Siehe dazu knapp Richter 2010, 161, mit Literatur. 189 Von Lieven 2003, 47–48. 190 Török 2002, 374. Siehe auch Grimal 1981a, 285. Siehe dazu auch im Kap. II.5.2.  191 Bisson de la Roque 1931, 70–76. 192 Von Lieven 2009. 193 Von Lieven 2009, 179. 194 Von Lieven 2009, 179. 195 Von Lieven (2009, 179) möchte die Kapelle in Medamud als eine (sakrale) Bühne für die Aufführung des Rituals interpretieren.  196 Gessler-Löhr 1983, 401–402, 412–416; Fazzini 2010, 97. Siehe im Kap. II.4.1.2. 197 Siehe dazu te Velde 1988.  188

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Zusammenführung der Ebenen: Funktion der Inschrift und Verortung der Stele

Eine Stele dieser Größe und eine Inschrift dieser Komplexität erfüllte eine besondere Funktion, die im Kontext des Aufstellungsortes erörtert werden soll. Die besprochenen Ebenen der Komposition sind vor allem in ihrer Verbindung mit dem Ziel – für wen wurde der Text geschaffen? was soll er bewirken? – aufschlussreich. H. Goedicke nimmt an, dass die Komposition der Inschrift von der thebanischen Amun-Priesterschaft vorgenommen wurde.198 Er beruft sich dabei v.a. auf den literarischen Aspekt und die Sprache. So interpretiert er den Text dann auch als Propaganda der thebanischen Amun-Priesterschaft, im Gegensatz zu N. Grimal, der ihn als königliche Propaganda versteht.199 Doch auch H. Goedicke nimmt an, dass zur Zeit am Jebel Barkal niemand die literarischen Anspielungen verstand: „The more likely situation would be that the stela was set up by Pi(ankh)y for reasons different from influencing an audience by his achievements in Egypt.“200 Daher geht er davon aus, dass der Aufstellungsort vor allem mit der am Berg verehrten Gottheit zu tun hat: Amun. Er meint daher, dass die Stele ein Report an Amun über die königlichen Errungenschaften ist.201 Da im Giebelfeld Pi(anch)y mit dem Rücken zu Amun – und somit nicht an ihn berichtend – gezeigt ist, fungiere er als der Stellvertreter des Gottes. N. Grimal interpretiert die Stele als königliches Dekret politischen Inhalts, das die Eroberung Ägyptens, aber auch die Grundlagen seiner Macht beschreibt.202 Es beschreibt auch Handlungen, die die Priesterschaft in Memphis zufriedenstellen, einerseits um zukünftige Gefährdungen zu vermeiden und andererseits, um seine Legitimation zu festigen. Pi(anch)y erscheint völlig ägyptisiert, sogar ägyptischer als die Ägypter. Entstanden sei der Text aber am Jebel Barkal, seit der 18. Dynastie eine ägyptische Heimstatt der Hochkultur. Der Text ist in seiner Struktur und Phraseologie ein Zeugnis einer perfekt assimilierten Ausdrucksform und wird zum Vorbild der späteren napatanischen Königsinschriften, die ebenfalls am Jebel Barkal entstanden sind. L. Török sieht eine Ebene des Textes als historische Darstellung, die einzelne Episoden aneinanderreiht und auf die Taten des Königs fokussiert ist.203 Eine übergeordnete Ebene präsentiert einen Diskurs über das Königtum, der auf die Funktion des Königs blickt und eine philosophische Erklärung der historischen Zusammenhänge gibt. Es sei zugleich ein Eroberungszug wie auch eine kultische Pilgerfahrt vom AmunTempel in Napata zum Re-Tempel in Heliopolis. Die Stele wurde im Amun-Tempel am Jebel Barkal gefunden, aus diesem Grund wird sie in der Literatur als Ausdruck des Königtums des Pi(anch)y interpretiert. Um die Intention der Präsentation dieses monumentalen Dokuments zu erschließen, soll zunächst ein potenzieller Aufstellungsort erwogen werden. Denn m. E. sind einige Merkwürdigkeiten im Text zu konstatieren, die in ihrer Gesamtheit nur schwierig damit zu vereinen sind, dass das Denkmal in Napata errichtet wurde.204 1. Die Stele wurde am Jebel Barkal gefunden, jedoch fällt auf, dass Napata oder der Jebel Barkal nicht genannt werden.205 Dass Pi(anch)y am Beginn des Berichtes in Napata weilt, wird stillschweigend angenommen, in der Inschrift allerdings nicht ausgedrückt. Auch dass Pi(anch)y nach dem Feldzug nach Napata zurückkehrt, wird nicht erwähnt. In der Forschung ist dies communis opinio, da keine Baumaßnahmen von Pi(anch)y in Ägypten bekannt sind.206 Nicht nur Napata bzw. der Jebel Barkal, auch sonst

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Goedicke 1998, 197. Grimal 1981a, 301. 200 Goedicke 1998, 198. 201 Goedicke 1998, 199. 202 Grimal 1981a, 301. 203 Török 2002, 384. 204 Contra Goedicke 1998, 198, der annimmt, dass mit dieser Stele die bereits am Jebel Barkal befindliche des Thutmosis III. überflügelt werden sollte.  205 So schon Priese 1972, 31. 206 Zu den so genannten Pi(anch)y-Blöcken mit den Schiffsdarstellungen siehe Kap. II.3.3.  199

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werden kein kuschitischer Ort oder das Reich von Kusch genannt. Wie die politischen Verhältnisse zwischen Ägypten und Kusch zu dieser Zeit waren, bleibt nebulös. Erobert Pi(anch)y Ägypten und vereint es mit seinem angestammten Herrschaftsbereich – der allerdings nie erwähnt wird?207 Der im Giebelfeld gezeigte Gott ist Amun, der zugleich als „Amun von Karnak und Amun vom Jebel Barkal“ bezeichnet wird. Ikonographisch handelt es sich jedoch allein um den menschenköpfigen Amun von Karnak, da der Amun vom Jebel Barkal immer widderköpfig dargestellt wird. Wenn also Amun in der Beischrift auch allumfassend Amun von Karnak und vom Jebel Barkal genannt ist, wird die visuelle Aussage alleine auf Amun von Karnak zugespitzt. Auch ist es Mut von Ischeru (also konkret Mut von Karnak), die im Giebelfeld gezeigt ist. Somit ist Mut ebenfalls mit Karnak, nicht jedoch mit dem Jebel Barkal verbunden. Des Weiteren sind alle im Text erwähnten Gottheiten ausschließlich in ihren ägyptischen (Lokal-)Formen genannt – weder sind kuschtitische Epitheta noch Kultplätze erwähnt. Die vielen in der Stele vorkommenden Namen von Personen und Orten sind alle in Ägypten zu verorten.208 Beginnend mit Theben werden in allen Abschnitten der Kampagne Orts- und Personennamen aufgeführt. Es handelt sich dabei tlw. um kleinere Städte und auch um weniger bedeutende Personen, die kaum in Kusch bekannt gewesen sind. Warum sind sie aber dann so zahlreich aufgeführt? Für die Thebaner waren dies sicherlich bekannte Persönlichkeiten oder doch wenigstens bekannte Umstände, die dann mit konkreten Namen verbunden werden konnten. Den Inhalt aller eroberten Schatzhäuser ließ Pi(anch)y an den Tempel des Amun von Karnak senden. Sicherlich benötigte er Vorräte zur Versorgung seiner Truppen beim Feldzug, doch alles, was sich darüber hinaus noch in den Schatzhäusern befand, wurde nach Karnak transportiert. Nur der Inhalt der Schatzhäuser in Memphis geht an Amun, Ptah und die Neunheit – als einzige Ausnahme. Theben ist als Zielpunkt am Abschluss der Inschrift genannt. Das Volk jubelt dem „Herrscher, geliebt von Theben“ zu, eine Weiterreise nach Napata hat – zumindest nach dem Text der Stele – nicht stattgefunden. Sicherlich ist Pi(anch)y nach Napata gereist, die Dekoration am Tempel B 500 mit Szenen aus den Kämpfen zeugt davon – oder wurden nur Handwerker entsandt, die die Reliefierung ausführen sollten? Wann eine Rückkehr Pi(anch)ys stattgefunden hat, wissen wir nicht. In der Komposition werden viele Zitate aus bedeutenden ägyptischen Literaturwerken verwendet. Diese hat N. Grimal 1981 zusammengestellt. Das deutet darauf hin, dass der Autor (oder die Autoren) ein umfangreiches Wissen über diesen Bereich verfügen – hochgebildete Schreiber, möglicherweise aus dem Tempel, können Zugang zu all diesen Werken gehabt haben. Doch nicht nur für die Komposition, auch für das (intellektuelle) Verständnis ist die Kenntnis dieser Literatur wichtig, und so kann als Publikum viel eher die thebanische Bevölkerung als die kuschitische angenommen werden.

Aus all diesen Gründen nehme ich an, dass der geplante Aufstellungsort der Stele Karnak war, bzw. dass der Text für die Thebais geschaffen wurde.209 Die Verwendung von ausschließlich ägyptischen Formen von Gottheiten, die Nennung von vielen Orts- und Personennamen aus Ägypten, die Übergabe aller eroberten Schatzhäuser an den Tempel des Amun von Karnak und das Fehlen jeglichen Bezugs zu Napata oder dem Jebel Barkal sind meine Argumente. Dass es sich um eine Komposition der Priesterschaft von Karnak handelt, wird in der Forschung schon seit langem angenommen. Doch m. E. ist auch der Rezipientenkreis in Karnak zu suchen: der Text ist nicht nur von Thebanern geschaffen, sondern auch für die Thebais. Nur die Bevölkerung Thebens konnte die vielen Anspielungen auf ägyptische Literatur oder die Nennung von ägyptischen Orts- und Personennamen verstehen. Selbst das ausführlich beschriebene „Tägliche Ritual“ in Heliopolis wird für Ägypter, wohl kaum aber für Kuschiten dieser Zeit in seiner kultischen wie spirituellen Komplexität begreiflich gewesen sein. An dieser Stelle soll nochmals auf den Mythos vom Sonnenauge zurückgekommen werden. Im Text der Stele wird Pi(anch)y auf subtile Weise mit dem Sonnenauge identifiziert: er ist es, der zornig im Süden ist, dann befriedet wird und in den Norden reist, um zuletzt in Heliopolis mit Re vereint zu werden und den Uräus zu erhalten. Im Unterschied zu den Verweisen auf den Mythos des Sonnenauges in den Inschriften

 207

Siehe dazu auch im Kap. II.5.4. Dabei ist hervorzuheben, dass keine Namen von Thebanern zu lesen sind, sondern alle Orte und Personen aus Mittel- und Unterägypten stammen.  209 So schon Becker/Blöbaum/Lohwasser 2018. 208

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der späteren kuschitischen Könige, in denen diese die Rolle des Befrieders und Heimholers einnehmen – bevorzugt Onuris – ist Pi(anch)y das Sonnenauge selbst. Er ist es, der letztendlich mit Re vereint und damit zum zA Raw, aber auch zum Uräus wird (den Uräus erhält). Wenn die Komposition das Werk der Priester aus Karnak ist, sind sie es, die Pi(anch)y als Sonnenauge präsentieren. Pi(anch)y wird damit als Pharao von und für Ägypten legitimiert: er kommt wütend aus Nubien, wird befriedet und zuletzt zum sakralen Herrscher transformiert. Der Mythos wird damit als sakrale Erklärung einer realen politischen Situation verwendet. Er dient der Legitimation des Eroberers, ist der Weg für die anerkannte Herrschaft eines Nubiers in Ägypten. Die politische Wirklichkeit wird sakral ausgedeutet und mit diesem für die historische Situation passenden Mythos verbunden, umgekehrt wiederum ist über den Mythos vom Sonnenauge die Legitimation der Herrschaft Pi(anch)ys erreicht. Es handelt sich um einen ägyptischen Mythos, der für das ägyptische Publikum als Erklärung eingesetzt wird – und der später von den kuschitischen Königen weiterhin als legitimatorischer Verweis auf die sakrale Sphäre konzipiert wird.210 Wenn die Stele nicht kuschitische, sondern ägyptische Herrschaftsideologie widerspiegelt, ist auch das Fehlen der Nennung von Napata oder Nubien verständlich. Es geht darum, dass Pi(anch)y Ägypten vereinigt, aber nicht darum, mit Kusch ein Doppelkönigtum zu installieren.211 Auch werden nicht „die Grenzen Ägyptens“ erweitert, wie es in der Phraseologie der ägyptischen Eroberer üblich ist – eine Herrschaft über Nubien wird nicht angesprochen. Auch das ist ein Hinweis darauf, dass die ägyptische Vorstellung des Königtums reflektiert wird und kein kuschitischer Staatsmythos diesem Text zugrunde liegt.212 Alle bisher genannten Aspekte deuten m. E. auf eine rein ägyptische Komposition für ein ägyptisches (thebanisches!) Publikum hin. Doch war bereits die Rede von einzelnen Einschüben, die wohl nichtägyptischen Ursprungs sind, vor allem die Stelle mit den Pferden in Hermopolis und die Erwähnung der nicht beschnittenen Fischesser.213 Vielleicht sind auch noch weitere, bisher nicht entdeckte Sequenzen enthalten, die eher auf die kuschitische als die ägyptische Kultur deuten.214 Wie kann das mit einer Komposition für die Thebais in Einklang gebracht werden? Hier können zwei Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass bereits vor dem Feldzug des Pi(anch)y Kuschiten in der Thebais lebten. Wir kennen Dokumente des Kaschta aus Elephantine und Theben,215 und so wäre es durchaus denkbar, dass sich Kuschiten in der Thebais befanden, als Pi(anch)y hier seinen Feldzug begann. Auch war Amenirdis I. als designierte Gottesgemahlin, möglicherweise mit Angehörigen, in Karnak verankert. Diese Personen verstanden die kuschitischen Anspielungen, und es ist möglich, dass sie es waren, die diese in den Text eingebracht haben.216 Vielleicht sind es aber auch allgemein bekannte „typisch nubische“ Elemente, die hier explizit erwähnt werden, eben weil sie bekannt waren.217 Die zweite Möglichkeit betrifft die Funktion des Textes selbst. Es ist die legitimierende Manifestation für einen Pharao Ägyptens, sollte aber zugleich auch für die Herrschaft über Kusch funktionieren. Um passend für beide Ideologien zu sein, sind kuschitische Eigenheiten in jeden einzelnen Schritt der Legitimation eingewoben.218 Bei allen entscheidenden Momenten in Pi(anch)ys Fortschreiten zur Erlangung der Herrschaft sind diese Ausdrücke oder Erzählungen eingeflochten, um das Königtum auch in einem spezifisch kuschitischen Weg zu erlangen. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass m. E. der Text in Theben bzw. Karnak nicht nur komponiert, sondern auch zur Aufstellung vorgesehen wurde. Letztendlich bleibt aber zu konstatieren, dass die Stele am  210 Siehe dazu im Kap. II.4.1. 211 Siehe dazu im Kap. II.5.4. 212

Contra Gozzoli (2010, 189): „The text of the Triumphal stela with its vision of kingship could never have been within temple walls in ancient Egypt.” 213 Dazu ausführlich Fitzenreiter 2011a. 214 Siehe z. B. Spalinger 2016, 268–9, der hervorhebt, dass die Vermeidung von Erzählungen über die Kämpfe selbst nicht ägyptisch sei.  215 Payraudeau 2014b. 216 Nubischer Einfluss in ägyptische Texte ist in der späteren 25. Dynastie nachweisbar (Wüthrich 2010, 131–135), und es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies ebenso schon für die frühe 25. Dynastie gelten kann. Diesen Hinweis verdanke ich A. Wüthrich.  217 Ähnlich manche meroitisch anmutenden Worte in den Zaubersprüchen, siehe Wüthrich 2009. 218 Dazu Fitzenreiter 2011a.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Jebel Barkal gefunden wurde. Möglicherweise wurde die Stele von Karnak an den Jebel Barkal transportiert – vielleicht von Pi(anch)y selbst, der den Amun-Tempel B 500 großzügig ausbaute und mit Reliefs versah. Vielleicht erst von einem späteren König, z. B. Taharqo, der sich intensiv um den Import von ägyptischer Kultur nach Kusch bemühte – wie z. B. die Heranziehung von memphitischen Handwerkern zur Dekoration des Tempels von Kawa. Es könnte auch Tanwetamani gewesen sein, der seine (letztendlich gescheiterte) Wiedereroberung Ägyptens in ähnlichen Schritten wie auf der Triumphstele des Pi(anch)y gestaltete. Einige Merkmale weisen aber darauf hin, dass dieses spezielle Objekt wahrscheinlich tatsächlich in Nubien positioniert wurde. Es könnte sich dabei um einen in mehreren Kopien vorhandenen Text handeln, der an unterschiedlichen Orten veröffentlicht wurde.219 Es war zu dieser Zeit durchaus üblich, dass bedeutende Texte an mehr als einem Platz aufgestellt wurden. So ist z. B. die Inschrift des Taharqo mit der Schilderung der Nilflut im 6. Regierungsjahr in Kawa, Koptos, Tanis und Matana auf Stelen veröffentlicht worden.220 Kopien der Stele des Psametik II. wurden in Karnak, Shellal und Tanis gefunden.221 Ähnlich kann es auch mit der Triumphstele des Pi(anch)y gewesen sein.222 In der Regel ist es so, dass auf allen Textzeugen der genannten mehrfach errichteten Denkmäler leichte Varianten zu finden sind, die möglicherweise lokalspezifisch zu deuten sind. Ein Hinweis in der Triumphstele darauf ist die Darstellung im Giebelfeld: Amun ist als menschenköpfiger Amun von Karnak gezeigt, der als Nutznießer des gesamten Feldzuges zu betrachten ist. Doch im Giebelfeld (und nur hier!) ist er als Amun von Karnak und vom Jebel Barkal bezeichnet. Das kann ein Zeichen der lokalen Anpassung sein. Auch die einzelnen kuschitischen Einschübe in den Text können auf die Spezifizierung für die Aufstellung des ursprünglich für Karnak geschaffenen Textes in Kusch hinweisen. Sie wären dann nur in der Kopie des Textes, die am Jebel Barkal aufgestellt wurde, vorhanden.223 Wenn es sich also bei der am Jebel Barkal gefundenen Stele tatsächlich um eine Abschrift handelt, dann wäre das Originalwerk in Karnak zu erwarten.224 Dass dort bisher keine diesbezüglichen Spuren gefunden wurden, kann mit einer Zerstörung in der 26. Dynastie zusammenhängen – unter Psametik II. kam es zur Aushackung der Namen auf kuschitischen Denkmälern, und da die Stele maßgeblich die Eroberung Unterägyptens und die Unterwerfung der Vorgänger der saitischen Könige zum Inhalt hat, kann sie auch gänzlich zerstört worden sein. Auf der gesamten Stele ist Pi(anch)y nur mit diesem einen Namen in der Kartusche genannt. Trotz der geschilderten Sakralisierung zum Pharao in Heliopolis übernahm er keine fünfteilige Titulatur, im letzten Satz der Stele ist er nur als HoA bezeichnet.225 Das widerspricht dem Statement von L. Török: „The significance of the traditional Egyptian five-part royal titulary as one of the insignia of kingship, attribute of royal authority over humankind and means of the acting of the king as mediator between god and men was perfectly understood by the priestly experts who composed Piye’s titular as well as by the king who adopted it and must have personally participated in the composition of its individual parts.“226 Die Titulatur ist zwar in den Reliefs des B 500 mehrfach belegt, jedoch gerade nicht in der Inschrift, die die Legitimation zum ägyptischen Pharao zum Thema hat. Möglicherweise fand die rituelle Krönung mit der Annahme der Titulatur erst nach dem Feldzug in Theben statt. Im B 500, dessen Dekoration den siegreichen Zug darstellt, sind neben dem Eigennamen Pi(anch)y noch sein Thronname %nfr-Raw und der Horusname #aj-m-WAs.t erhalten. Andererseits ist die Triumphstele auf das 21. Regierungsjahr dieses Königs datiert. Hierbei ist anzunehmen, dass die Regierungsjahre nach dem Tod seines Vorgängers Kaschta gezählt wurden, auch wenn zu

 219

Diese Strategie gab es auch im Neuen Reich, in dem z. B. die Feldzugsberichte von Amenophis II. auf Stelen in Elephantine und Amada veröffentlicht wurden, bzw. sein Feldzug nach Syrien auf den Stelen in Karnak und Memphis (Der Manuelian 1987).  220 Vikentiev 1930¸ Dallibor 2005, 58–63.  221 Gozzoli 1995, zu den Unterschieden in den Stelen bes. 47–48. 222 Erstmals so angedeutet bei Grimal (1981a, 301) und Gozzoli (2001, 65). In beiden Fällen bleibt es aber bei der vagen Vermutung.  223 Auch in den Stelen von Taharqo und Psametik II., die in mehreren Kopien vorhanden sind, sind kleine Varianten zu bemerken (diese Beobachtung verdanke ich A. I. Blöbaum).  224 Wenn man von mehreren Kopien ausgeht, wären weitere Stelen in Heliopolis, möglicherweise auch in Hermopolis zu erwarten. 225 Dies steht im Gegensatz zu Osorkon B, der sich eine Titulatur anmaßt, ohne König zu sein (siehe dazu im Kap. I.4.1.1). 226 Török 1997, 153. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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diesem Zeitpunkt keine formale (ägyptische) Krönung mit der Annahme einer fünfteiligen Titulatur stattgefunden hat. Das heute zerstörte Fragment einer Stele, die ein Jahr 4 eines Königs enthält, der mit Pi(anch)y identifiziert wird, lässt darauf schließen, dass die Regierungsjahre auch vor einer Herrschaft über Gesamtägypten gezählt wurden.227 Zuletzt ist auch das eigenwillige Format der Stele bemerkenswert: Eine an allen vier Seiten beschriftete Stele ist aus Ägypten sonst nicht bekannt, in Nubien ist die Stele des Harsiotef vom Jebel Barkal eine Parallele.228 Auch das ist ein Hinweis darauf, dass dieses Exemplar der Inschrift nicht in Karnak zur Aufstellung kam. 3.2

Die Bauten des Pi(anch)y in Kusch

Der König Pi(anch)y unternahm umfangreiche Baumaßnahmen im Tempelgebiet am Jebel Barkal. Dort waren bereits zur Zeit des Neuen Reiches mehrere Heiligtümer errichtet worden, und der Jebel Barkal, der „Reine Berg“, gilt als das sakrale Zentrum des Reiches von Kusch.229 Das Gelände östlich und südöstlich des Berges wurde bis in meroitische Zeit durch Tempelneu- und -ausbauten, Zeremonialpaläste und Pyramidenfriedhöfe bebaut. Soweit bisher bekannt – die Ausgrabungen dauern noch an – ist Pi(anch)y der König mit dem größten Bauvolumen an diesem heiligen Ort. 3.2.1 Der Amun-Tempel B 500 am Jebel Barkal (Abb. 3) Der Tempel B 500 war am Ende des Neuen Reiches aufgegeben worden und ist rasch verfallen. Restaurierungsmaßnahmen bzw. der Neubau sind nach den Angaben des Ausgräbers Reisner für die frühe 25. Dynastie belegt. Der Name des Pi(anch)y ist bezeugt, L. Török geht jedoch davon aus, dass bereits Alara oder Kaschta erste Arbeiten zur Revitalisierung des Tempels unternommen haben.230 Die Baumaßnahmen und Reliefs im Amuntempel am Jebel Barkal sind noch unpubliziert und werden derzeit von A. Spalinger und T. Kendall umfassend erforscht. Aus diesem Grund kann keine ausführliche Einbeziehung in die vorliegende Untersuchung geschehen und nur bereits durch Veröffentlichungen zugängliche Details werden angesprochen. Die Bauarbeiten beginnen im Bereich des früheren Tempels aus dem Neuen Reich, dort wird die Kapelle B 520, als Re-Harachte-Kapelle oder auch als Krönungsraum interpretiert, angebaut.231 Vor diesen Nucleus lässt Pi(anch)y eine Säulenhalle setzen (B 502), vor deren Pylon (2. Pylon) dann einen offenen Hof. Mit dieser immensen Erweiterung des Amun-Tempel am Jebel Barkal zementiert er die Position als südliches Karnak. Während der Jebel Barkal schon im Neuen Reich als Geburtsort des Amun interpretiert und damit der wichtigste Kultort in Kusch war,232 wird der Tempel mit dem Ausbau durch Pi(anch)y zu einem Spiegelbild des Amun-Tempels von Karnak. Nach den Erkenntnissen von Reisner wurde der ursprünglich mit 72 Säulen errichtete Saal B 502 noch in der frühen Regierungszeit des Pi(anch)y zu einer Halle mit 46 Säulen umgebaut.233 Die Dekoration sowohl der Säulenhalle B 502 als auch des Hofes B 501 ist nach dem Ägyptenfeldzug zu datieren.234 Dies zeigen sowohl die Inhalte der heute stark zerstörten Reliefs als auch die Titulatur von Pi(anch)y.235

 227

Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Berlin (Inv.-Nr. 1068), heute verschollen; Priese 1972, 28–29. Goedicke 1998, 199–200; Gozzoli 2010, 188.  229 Siehe dazu ausführlich Kendall e. a. 2017, bes. 162–163.  230 Török 2002, 54; Kendall/Mohammed 2016, 47 geht von „early in the reign of Piankhy“ aus. 231 Re-Harachte-Kapelle: Török 2002, 55; Krönungsraum: Ali Hakem 1988, 110–113; Kormysheva 1994, 206 und Abb. 2. 232 Kendall e. a. 2017, 158. 233 Török 2002, 55. 234 Kendall/Mohammed 2016, 51. Török (2002, 56) nimmt an, dass auch die Reliefgestaltung vor den großen Ägyptenfeldzug Pi(anch)ys zu setzen ist, da er dies als Darstellung eines Nordwärtszuges, wie in der Stele des 4. Jahres erwähnt, interpretiert. Die Ikonographie weise auf Vorbilder von Reliefs aus dem Neuen Reich in unternubischen Tempeln. 235 Die ausführlichste Publikation der Reliefs bisher ist Kendall/Mohammed 2016, 53–63. 228

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Abb. 3: Plan des Tempel B 500 am Jebel Barkal in der Regierungszeit des Königs Pi(anch)y (Plan: T. Kendall & G. Kornfeld)

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Die Dekoration der Innenwände der Säulenhalle B 502 zeigt zwei unterschiedliche Szenarien: Auf der Südseite und der Innenseite des 2. Pylons sieht man Kampfszenen, auf der Nordseite eine Barkenprozession. Im Osten, am Tor zum Opfertischsaal B 503, steht Pi(anch)y beidseitig vor jeweils einer Amunsform (wohl Amun von Napata und Amun von Karnak), die von Mut begleitet wird. Die Kriegsszenen beinhalten das Speeren von Gegnern und das Abführen von Gefangenen, auch Streitwagen sind zu sehen. Möglicherweise sind einzelne Szenen ganz konkreten Ereignissen nachempfunden, wie z. B. die Flucht eines Mannes, der von T. Kendall mit Tefnacht identifiziert wurde.236 In der Dekoration der Halle B 502 sind also die bei einem Tempel ägyptischen Stils zu erwartenden Motive von Kulthandlungen als auch (historische) Schlachtenszenen vorhanden.237 Die Reliefs des Hofes B 501 sind, soweit erhalten, ebenfalls dem Feldzug nach Ägypten gewidmet. Zu sehen sind z. B. unterworfene Gegner in Proskynese. Auffallend ist, dass lange Reihen mit Pferden gezeigt werden. Pferde werden in der Triumphstele im Zusammenhang mit der Belagerung und Einnahme von Hermopolis erwähnt und daraus geht hervor, dass Pferde für Pi(anch)y eine außergewöhnliche Rolle spielen. Dass diese Tiere auf den Tempelwänden in langen Reihen jeweils paarweise durch eine Person geführt werden, wie es aus ägyptischen Vorbildern solcher Kriegsszenen nicht bekannt ist, zeigt nochmals deren Bedeutung. Hier lässt sich fragen, ob eine Andeutung auf einen kuschitischen Mythos versteckt ist, wie das auch für die Episode mit den Pferden in der Triumphstele vermutet wird.238 Neben den Unterwerfungs- und Pferdeszenen sind Abschnitte der Tempelgründung sowie der Hebsedfeierlichkeiten dargestellt.239 Auch in diesem Hof sind also sowohl der Feldzug nach Ägypten als auch religiöse Rituale Thema. Was in der Gesamtkomposition offensichtlich gezeigt ist, lässt sich mit „Legitimation durch Wirksamkeit“ beschreiben. Pi(anch)y stellt seinen militärischen Erfolg dar, die Unterwerfung von Gegnern und zeigt damit, dass er als machtvoller Herrscher handeln kann. Die vielen Pferdeszenen unterstreichen den kuschitischen Aspekt innerhalb des Dekorationsprogrammes. Die Szenen, die eine Barkenprozession bzw. andere Kulthandlungen zeigen, präsentieren Pi(anch)y als obersten Priester. Die Dekoration der Höfe des Amuntempels am Jebel Barkal und die Inhalte der Triumphstele, beide jeweils mit dem Reichstempel verbunden, ergänzen einander: Während der Text Pi(anch)y vielschichtig als König über Ägypten legitimiert, zeigen die erhaltenen Tempelreliefs den Kuschiten vor Ort, dass Pi(anch)y militärisch wie auch kultisch ausgewiesen ist. Die visuelle Präsentation des siegreichen Feldzuges und des geglückten Ritualvollzugs festigen die Legitimation und die Herrschaft Pi(anch)ys im sakralen Zentrum von Kusch. 3.2.2 Die Blöcke aus dem Tempel B 900 In den letzten Jahren wurden die lose im Gebiet des Tempels B 900 liegenden Blöcke von T. Kendall systematisch erfasst und erstmalig publiziert.240 Es handelt sich um dekorierte Steinblöcke, die von einem Heiligtum des Pi(anch)y stammen. Aus erhaltenen Inschriftenresten ist zu ersehen, dass er „Amun, Herr des Thrones der beiden Länder, der im Jebel Barkal ist“241 geweiht ist. Da in der topographischen Situation in der Tempellandschaft und auch im Relief Parallelen zum Edifice des Taharqo am Heiligen See in Karnak zu erkennen sind, geht T. Kendall davon aus, dass der Tempel B 900 einem ähnlichen Zweck gedient habe, nämlich „for periodic rejuvenation ceremonies of Amun and the king … their ritual solar/royal transformations, and circumambulations, from 'sunset' (old age, wearness, and decline) to 'sunrise' (birth, renewed strenghth, and coronation) [which] could take place through the agency of Osiris.“242 Falls dies zutrifft, muss Pi(anch)y die im Dekadenfest manifestierten theologischen Ideen aus Ägypten nach Kusch transportiert haben. Dass die Vorstellungen einer Regeneration des Königs als Person und des Königsamtes, in der

 236

Kendall 1986, 15. Heinz 2001, bes. 19–23, 76. 238 Fitzenreiter 2011a, 263–265.  239 Kendall/Mohammed 2016, 62. 240 Kendall 2014. 241 Kendall 2014, 672. 242 Kendall 2014, 672–675. Dieser Aspekt wird in Karnak auch durch die Osiris-Kapellen ausgedrückt (Coulon 2005). 237

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Osiris eine bedeutende Position innehat, in Kusch später eine Rolle spielten, ist durch den Hymnus und Darstellungen im westlich gelegenen Tempel B 700 belegt.243 Insofern kann eine Inkorporierung dieser Vorstellungen schon unter Pi(anch)y stattgefunden haben, wenn auch die erhaltenen Reliefs und Inschriftfragmente auf den Blöcken des B 900 sehr spärlich sind. Ein eindeutiges Argument für diese Interpretation wäre die Darstellung des Osiris als Lebender, also in nicht mumifizierter Gestalt, wie sie auf den Blöcken Nr. 37 und 19 rekonstruiert wird.244 Allerdings ist die Zusammensetzung der einzelnen Blöcke nicht gesichert: Der Block 19, der Osiris als eine aktive Person zeigt, ist ohne sichere Zusammenhänge und könnte auch in einer anderen Götterreihe, in der ein männlicher Gott vor einer weiblichen Göttin steht, positioniert werden. Somit bleibt die Funktionsbestimmung des ursprünglichen Tempels B 900 unsicher. 3.3

Die Baumaßnahmen des Pi(anch)y in Ägypten

1896/7 wurden im Mut-Bezirk in Karnak einige dekorierte Blöcke entdeckt, auf denen der Name des Pi(anch)y erhalten ist (Abb. 4).245 Diese Blöcke sind heute im Ägyptischen Museum Kairo untergebracht (JE 31886), jedoch nicht ausgestellt. Daher kann jede Interpretation zu diesen fünf Blöcken nur aufgrund alter Fotos geleistet werden – wegen der Überarbeitung der Dekoration bzw. Beischriften ein schwieriges Unterfangen. Es handelt sich um beidseitig dekorierte Blöcke, die im inneren Hof des Mut-Tempels entdeckt wurden.246 Dargestellt sind Schiffe, sowohl wsx-Boote als auch Daj-Schiffe, ein Kai mit einem Heiligtum und Personen sowie Beischriften. Die Schiffsnamen sind: „Schiff des Amun“, „Großes Schiff von Sais“, „Boot des Königs Pi(anch)y“, „Boot der Gottesgemahlin des Amun“ und „Boot des Harems des Amun“. Als Personenname ist Somtutefnacht genannt, der aus der Adoptionsstele der Nitokris bekannt ist und zeitgleich mit Psametik I. anzusetzen ist. Die Probleme, die sich für die Interpretation dieser Szenen ergeben, resultieren vor allem aus der Tatsache, dass nicht die gesamte Dekoration zugleich geschaffen wurde, sondern nachträgliche Zusätze und Umarbeitungen erkennbar sind.247 Des Weiteren ist unklar, ob es sich bei dem „Boot des Königs Pi(anch)y“ um den Schiffsnamen handelt – das dargestellte Ereignis muss dann nicht unbedingt zur Zeit des Pi(anch)y stattgefunden haben – oder ob es tatsächlich das Boot dieses Königs zeigt, damit also ein zeitlicher Zusammenhang mit der Regierungszeit des Pi(anch)y gegeben ist. Die vielen verschiedenen Interpretationen, die seit dem Fund dieser Blöcke vor über 100 Jahren geäußert wurden, hat G. Broekman zusammengestellt und ausführlich diskutiert.248 Auf einige wichtige Beobachtungen von G. Broekman sowie seine Schlussfolgerung möchte ich hinweisen: Die Schiffe werden gerudert, nicht gesegelt, kommen daher aus dem Süden nach Theben. Am Kai steht eine weibliche Figur, die die Schiffe empfängt, diese ist höchstwahrscheinlich mit der Gottesgemahlin zu identifizieren. G. Broekman: „What is depicted here is a fleet peacefully arriving from a voyage from Nubia at the quay of Karnak. The wsx-boats making part of the fleet, loaded with all sorts of Nubian products, were sent by order of various individuals and institutions, amongst them the Divine Votaress of Amun and the Harem of Amun, and last but not least king Piankhy himself. … From this it is fairly probable that the female figure depicted on the quay belongs to the original composition, possibly representing a God’s Wife/Votaress of Amun who ruled in Thebes in the period Piankhy was in control of Upper-Egypt. So she might be identical as well with Shepenupet I as with Amenirdis I. … In that case only the adoption of Piankhy’s daughter Shepenupet II by Amenirdis I might be taken into consideration, on the assumption that this adoption did take place during Piankhy’s reign.“249 Die unter Pi(anch)y angefertigte Dekoration wurde später verändert, indem der Name des Kapitäns Somtutefnacht sowie andere Inschriften ergänzt wurden. Hier ist davon auszugehen, dass die vorhandene Darstellung der Ankunft der nubischen Gottesgemahlin für die Präsentation der Adoption der Nitokris adaptiert wurde.250 



243

Priese 2005; Kendall 2014, 675–678. Siehe dazu auch im Kap. II.4.5.2. Kendall 2014, 70, pl. 11. 245 Primärpublikation Benson/Gourlay 1899, 257–259; zuletzt ausführlich dazu Perdu 2011; Broekman 2012b.  246 Broekman 2012b, 249. 247 Dies ist für einen Block von Perdu (2011, 228–232) minutiös herausgearbeitet worden. 248 Broekman 2012b. 249 Broekmann 2012b, 250–251. 250 Broekman 2012b, 252. 244

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Abb. 4: Block 1 mit Nennung des Namens Pi(anch)y und Block 5 mit der Darstellung der wartenden Gottesgemahlin der so genannten „Pi(anch)y-Blöcke“ aus dem Mutbezirk von Karnak (aus: Benson/Gourlay 1899, pl. XX und XXII)



 Derzeit scheint mir die Interpretation von G. Broekman plausibel, dass die Originaldekoration unter Pi(anch)y angebracht wurde und die Ankunft von Schepenupet II. in Theben zeigt. Dies bedeutet, dass im Tempel der Mut in Karnak unter Pi(anch)y Baumaßnahmen stattgefunden haben.251 Die beidseitig dekorierten Blöcke lassen darauf schließen, dass sie von einem Porticus vor dem Tor zum Hypostyl stammen. Es sind bisher die einzigen Zeugnisse von baulichen Aktivitäten von Pi(anch)y in Karnak, doch dass diese gerade im Mut-Tempel verortet sind und im Zusammenhang mit den Gottesgemahlinnen stehen, weist auf die religionspolitische Bedeutung dieser Institution in der 25. Dynastie.252 Ein Hinweis auf die Legitimation Pi(anch)ys oder ein spezifisches Engagement dieses Königs für Karnak kann aber daraus nicht abgelesen werden. Eine offene Frage bleibt, was die Schiffe geladen haben. Die Schiffe kommen aus dem Süden, tragen aber Namen, die mit Karnak zu verbinden sind. Haben sie die Gottesgemahlin geholt und sind mit ihrer Ausstattung beladen? Trägt das „Boot des Königs Pi(anch)y“ nur dessen Namen oder reist der König darauf? Letzteres scheint unwahrscheinlich, da der Pharao in diesem Fall sicher deutlich dargestellt worden wäre. Vielmehr ist anzunehmen, dass er sein königliches Schiff sowie die Flotte der Institution der Gottesgemahlin ausgesandt hat, um seine Tochter, die uns nur unter ihrem ägyptischen Namen Schepenupet bekannt ist, nach Ägypten zu bringen.

 251

Leahy (2011, 211) geht davon aus, dass Monthemhet der Initiator des Baus war, der erst unter Psametik I. geschaffen wurde. 252 Siehe dazu zuletzt Lohwasser 2016. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Wenngleich die Blöcke in Karnak-Süd keine direkten Rückschlüsse auf die Herrschaftslegitimation des Pi(anch)y zulassen, geben sie doch einen Hinweis auf ein bauliches Engagement in Theben und somit auf eine Anwesenheit des Königs, die nicht allein dem Feldzug gewidmet war. Mit der Weihung der Tochter Schepenupet II. ist die Fortführung und gezielte Unterstützung der Institution der Gottesgemahlinnen des Amun demonstriert. 3.4

Zusammenfassung

Die aussagekräftigste Quelle für das Königtum des Pi(anch)y ist die Triumphstele. Wenn auch der Bau und die Reliefs am Amuntempel B 500 am Jebel Barkal wesentlich für die Deutung der legitimatorischen Selbstpräsentation sind, so verbietet die nur rudimentäre Publikationslage derzeit weiterreichende Schlüsse. Pi(anch)y wird durch die Amun-Priesterschaft von Karnak als Pharao Ägyptens legitimiert, indem er als irdische Verkörperung des Sonnenauges aus dem Süden kommend zuletzt mit dem Sonnengott vereint wird. So wie die beiden Ebenen Religion und Politik auf der Stele geschildert werden, so sind sie auch in der Reliefdekoration des Amuntempels am Jebel Barkal bildlich präsentiert, wobei die religiöse Ebene unterschiedlich ausgestaltet ist. Während auf der Stele die Teilnahme an Festen konstatiert, aber nicht ausgebreitet wird, so sind die Barkenprozessionen ein wesentliches Thema im Tempelrelief. Das „Tägliche Ritual“ in Heliopolis hingegen wird auf der Stele minutiös geschildert, ist in der Tempeldekoration aber nicht erhalten – wenngleich in den inneren Räumen von einem entsprechenden Bildprogramm auszugehen ist. Die mythologische Einbettung der Herrschaft des Pi(anch)y in den Mythos vom Sonnenauge ist, soweit bekannt, in den Tempelreliefs nicht thematisiert. Die politische Ebene hat in der Stele wie auch im Relief die Kämpfe bzw. Siege zum Thema, wobei die als indigen kuschitisch zu wertenden Motive (Pferde) in den Darstellungen am Jebel Barkal deutlich präsenter sind. Eindeutig ist aber sowohl im Text der Stele als auch im Bild des Reliefs jeweils sowohl die politische wie auch die religiöse Ebene zu erkennen, deren Zusammenwirken der Legitimation Pi(anch)ys in Ägypten (Stele) und Kusch (Tempel) rechtfertigt. 4

Der König Taharqo: Strategien seiner Legitimation

Die Thronbesteigung Taharqos zeigt sich nach den vorhandenen Quellen nicht als unumstritten. In der Forschung wird häufig davon ausgegangen, dass er nicht rechtmäßig die königliche Würde erlangt hat.253 Die ausschweifende Zitierung des „Paktes“ zwischen seinem Vorfahr Alara und Amun auf den Stelen Kawa IV und Kawa VI kann als Rechtfertigung einer illegitimen Thronübernahme gewertet werden.254 Auch der „eigenartige Hinweis auf die Auszeichnungen durch Schebitqo weckt … den Verdacht, irgendein Makel bei der Thronübernahme sollte … ausgemerzt werden.“255 Wenn im Folgenden gezeigt wird, wie viele unterschiedliche Strategien einer Legitimation von Taharqo thematisiert werden, so lässt auch dies den Gedanken keimen, dass es wegen einer nicht eindeutigen Sachlage notwendig war, eine mehrlagige Vorgehensweise heranzuziehen. Der große Eroberer Pi(anch)y ist als das Sonnenauge dargestellt, das befriedet nach Ägypten zurückkehrt. Dieser für Pi(anch)y wirksam verarbeitete Mythos bleibt ein Bestandteil der kuschitischen Königsideologie und wird – allerdings in anderer Weise – auch von Taharqo fruchtbar gemacht. Doch Taharqo stützt seine Legitimation auch auf andere Aspekte: wir finden den Verweis auf die göttliche bzw. irdische Mutter, die Einordnung in die Reihe der rechtmäßigen Könige und somit als Nachweis der die Kontinuität des Königtums sowie die Propagierung der Anerkennung durch den Reichsgott und der Entscheidungsträger. Neben diesen einmalig notwendigen Legitimationsstrategien ist es die dauerhafte bzw. wiederholte Regeneration des Königsamtes und des Königs, die dem Machterhalt dient. All die genannten legitimatorischen Verweise sind sowohl realpolitisch wie auch in der sakralen Sphäre notwendig, um Machtausübung und Heilsversprechen zu manifestieren. Außerdem müssen die legitimatorischen Verweise sowohl in Ägypten als auch in Kusch in der jeweiligen tragfähigen Form ihren Ausdruck finden. Taharqo als kuschitischer König sucht die Bestätigung seiner Herrschaft in Kusch mittels der dort akzeptierten We-

 253

So schon Macadam 1949, 128; siehe besonders Jansen-Winkeln 2003, 153–158. Jansen-Winkeln 2003.  255 Dallibor 2005, 34. 254

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ge, zugleich war er der „ägyptischste“ der kuschitischen Pharaonen und bezeugt sein Pharaonentum durch eine starke Versicherung in gültigen ägyptischen Legitimationsverweisen. Wir sehen uns also mit der Aufgabe konfrontiert, sehr unterschiedlichen Wegen nachzugehen, um das komplexe Bild der Legitimation der Herrschaft des kuschitischen Königs Taharqo nachzuzeichnen. Dass dieses komplexe Bild zugleich ein äußerst geschicktes ist, bei dem wir auf Mehrdeutigkeiten bzw. Vielschichtigkeiten stoßen, zeigen die vielfältigen Möglichkeiten der Zeichennutzung in der ägyptischen Kultur. 4.1

Der Mythos vom Sonnenauge bei Taharqo

Der Mythos vom Sonnenauge spielt, wie wir bereits bei der Diskussion der Triumphstele des Pi(anch)y erkennen konnten, in der Zeit der 25. Dynastie eine bedeutende Rolle. Mit der Gleichsetzung dieses kuschitischen Königs mit der gefährlichen Göttin war ein Modus gefunden, die Eroberung Ägyptens mythologisch zu erklären. Es ist nun naheliegend, auch für die folgenden Herrscher der 25. Dynastie zu untersuchen, wie dieses starke Symbol von den Kuschiten aufgenommen und für Legitimationszwecke eingesetzt wurde. Wir konzentrieren uns dabei auf Taharqo, von dem eine dichte Quellenlage dazu erhalten ist. 4.1.1 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Kusch Auch wenn Theben im Zentrum der Untersuchung steht, muss man sich hier zunächst nach Nubien wenden, denn am Jebel Barkal finden wir die eindrücklichsten Zeugnisse dafür, dass Taharqo diesen Mythos nicht nur rezipiert, sondern ihn zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Überformung der Kultlandschaft in diesem sakralen Zentrum gemacht hat. Hervorzuheben sind zunächst zwei Tempelbauten, die beiden Hemispeoi B 200 und B 300, die direkt nebeneinander unterhalb des Pinnacle teilweise in den Fels gehauen wurden. In seiner Bauinschrift im B 300 berichtet Taharqo, dass er den Tempel „für seine Mutter Mut“ ... „aus schönem weißen Sandstein“ errichtet habe, um einen von den Ahnen gebauten Tempel in schlechter Qualität zu ersetzen.256 G. A. Reisner fand bei seinen Ausgrabungen tatsächlich einen kleinen Vorgängerbau unterhalb von B 300, der aus Talatat-Blöcken errichtet war. Dies deutet auf die Amarna- bzw. unmittelbare Post-Amarna-Periode.257 Welcher Gottheit dieser frühere Tempel geweiht war, wissen wir nicht, doch lässt die Positionierung direkt am Fuß des Pinnacle darauf schließen, dass auch dieser Vorgängerbau etwas mit der Ausdeutung dieser Felsnadel zu tun hatte. Ob B 300-sub tatsächlich bereits dem Sonnenauge (bzw. mit diesem verbundenen Göttinnen) geweiht war, wie T. Kendall annimmt, oder einer anderen schlangenförmigen Repräsentation, muss derzeit offen bleiben.258 Bevor nun das Augenmerk auf die Dekoration der beiden Tempel B 200 und B 300 gelegt wird, soll zunächst die markante Positionierung der Felsheiligtümer erwähnt werden (Abb. 5). Denn auch diese ist auf den Mythos zurückzuführen – sie befinden sich direkt unterhalb des Pinnacle, der als sich aufbäumende Uräusschlange zu interpretieren ist. Diese Schlange hat mehrere Aspekte, die auch gleichzeitig wirken können:259 Der Jebel Barkal wird als Urhügel interpretiert und gilt als Geburtsort des Amun.260 Der schaffende Aspekt des Amun, Amun-Kamutef, kann auch als Schlange dargestellt werden. In dieser Form ist dieser z. B. in einer in der Cachette in Luxor gefundenen Statue dargestellt: eine monumentale, sich aufbäumende Uräusschlange. Diese Statue wurde von Taharqo gestiftet, der darauf als „geliebt von Amun-ReKamutef“ bezeichnet wird.261 Die Schlange kann aber auch als Stirnschlange an der Kuschitenkappe und damit Symbol des Königtums gesehen werden. Und nicht zuletzt ist die Uräus-Schlange auch die Verkörperung des Sonnenauges.262 So ist der monumentale Uräus am Jebel Barkal auch als Abbild des Sonnenauges zu verstehen.263

 256

Siehe Bauinschrift; Robisek 1989, 10–11. Kendall/Mohammed 2016, 23 nimmt als Bauherren Tutanchamun oder spätestens Haremhab an.  258 Kendall/Mohammed 2016, 23. 259 Siehe dazu Kendall/Mohammed 2016, 4–7. Ausführlich zur Vielgestaltigkeit des Pinnacle Kendall 2008, 127–134. 260 Kendall/Mohammed 2016, 3. 261 El Saghir 1991, 52–54. 262 Siehe dazu Cabrol 2001, 685–691; Köhler 2016, 147–151. 263 Siehe dazu Kendall 2004, 39–41; Kendall 2008, 126. 257

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Abb. 5: Die Tempel B 200 und B 300 unter dem Pinnacle (Foto: A. Lohwasser).

Da die beiden unterhalb des Pinnacle befindlichen Tempel, B 200 und B 300, weiblichen Gottheiten geweiht sind, die mit dem Sonnenauge verbunden werden können, ist die Platzierung gerade an diesem Punkt der sakralen Landschaft sicher bewusst gewählt. Dass es sich dann noch dazu um Hemispeoi handelt, also das Sanktuar und damit das Kultbild im Inneren des Pinnacles zu verorten ist – sozusagen im Inneren der Schlange – ist ein weiteres Indiz für die sorgfältige Planung des Arrangements. Taharqo errichtete mit den beiden Tempeln die Heimstatt des Sonnenauges in der Fremde, das sich direkt darüber aufbäumt. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Der deutlich besser erhaltene Tempel B 300 (Abb. 6) ist der Göttin Mut geweiht, und zwar in der Bauinschrift im Raum 303 der „Mut, Herrin von Napata“ bzw. „Mut, Herrin des Himmels und Herrin von Nubien“, in der Bauinschrift im Raum 307 aber „Mut, Auge des Re, Herrin des Himmels, Herrin der Götter, in Napata“.264 Damit ist bereits explizit ausgesprochen, dass der Tempel einer Form des Sonnenauges gewidmet ist. Auch in der Dekoration finden wir Anspielungen auf diesen Mythos.265 Zunächst ist – nach der erhaltenen Dekoration – Onuris der nach dem Reichsgott Amun häufigste im Tempel dargestellte Gott (Abb. 7). Onuris ist einer der Götter, dem im ägyptischen Mythos die Befriedung des Sonnenauges und die Heimholung zugeschrieben werden. Das typische Merkmal dieses vollkommen menschenförmigen Gottes ist die Vierfederkrone. Wir finden ihn auf der „West“-Wand266 des Raumes 303, dem König gegenüber, der ihm Weihrauch opfert.267 Hinter Onuris steht Tefnut, ihrerseits eine Verkörperung des Sonnenauges. Sie ist löwenköpfig dargestellt und in der Beischrift als &fn.t zA.t Raw (Tefnut, Tochter des Re) bezeichnet. Onuris ist außerdem auf der „West“-Wand des Barkenraumes 305 als einer der beiden den Eingang flankierenden Götter gezeigt. Der andere Türpfosten wird von Nefertem bewacht, kein Gott der Augensage. Doch trägt er nach seinem Namen den Zusatz xw(j) tA.wj, was an den Thronnamen des Königs Taharqo anklingt, der Nfrtm(.w)-xw(j)-Raw lautet. Es kann sich auch um eine Anspielung handeln: Taharqo ist als Pharao einer, der die beiden Länder schützt. Sein Name wiederum beginnt mit Nfrtm-xw(j)… So könnte hier eine Verschmelzung von Nefertem und Taharqo angedeutet sein. Soll vielleicht hier, an der Position des Gottes, eigentlich Taharqo gemeint sein? Dann stünden einander Onuris und Taharqo gegenüber. Genau dieses Paar finden wir im Raum 307 („Nord“-Wand), wo Taharqo mit der Vierfederkrone des Onuris eben diesem Gott wiederum Weihrauch opfert. Taharqo trägt die Krone des Onuris in diesem Raum noch ein zweites Mal, an der gegenüberliegenden Wand vor dem widderköpfigen Amun von Kawa.

Abb. 6: Grundriss des Tempels B 300 (aus: Dunham 1970, pl. IV).

 264

Siehe die Bauinschriften in Robisek 1989, 10–11; 41. Siehe zur Widmung an das Sonnenauge auch Kendall 2008, 125. 265 Dies bereits aufgezählt bei Robisek 1989, 77.  266 Die Bezeichnung der Himmelsrichtungen entspricht denen der Publikation Robisek 1989, die dem Nilnorden (und nicht dem magnetischen Norden) folgt. Da der Nil am Jebel Barkal von (magnetisch) NO nach SW fließt, ist die hier genannte „West“-Wand magnetisch in etwa im Osten.  267 Ob das Opfer gerade von Weihrauch, der aus dem fernen Punt und damit selbst aus der Sicht des Jebel Barkal vom „fernen Süden“ stammt, eine weitere Anspielung auf die Augensage ist, mag ich nicht entscheiden.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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 Abb. 7: Darstellungen des Gottes Onuris im Tempel B 300: 303-Westwand, 305-Westwand (aus: Robisek 1989, 112, 116), des Königs als Onuris im gleichen Tempel: 303-Südwand, 307-Südwand (aus: Robisek 1989, 114, 121) und des Königs als Onuris vor Onuris: 307-Nordwand (aus: Robisek 1989, 120).

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Abb. 8: Rückwand des Sanktuars des Tempel B 300 (Ostwand in Raum B 305; Foto: B. Whitney)

Taharqo ist, durch die Vierfederkrone des Onuris mit diesem in Verbindung gebracht, also mehrmals in dieser Form im B 300 dargestellt. Noch ein weiteres Mal ist dies der Fall, und hier ist die Aussage möglicherweise noch vielschichtiger: Auf der „Süd“-Wand des Raumes 303 steht Taharqo mit der OnurisKrone vor dem thronenden widderköpfigen Amun vom Jebel Barkal, hinter dem Mut steht. Das Besondere an dieser Darstellung ist die Tatsache, dass Amun und Mut unter einem Baldachin sitzen, an dessen vorderem Ende eine sich aufbäumende Uräusschlange herabhängt. Diese Darstellung ist mit dem Pinnacle gleichzusetzen,268 Amun und Mut sitzen also im Berg, wie es das Heiligtum des B 300 ja auch abbildet. Taharqo, und hinter ihm seine Mutter Abalo, stehen opfernd vor dem Götterpaar. Zugleich stehen sie aber auch opfernd vor dem Sonnenauge selbst, das als großer Uräus vor diesem herabhängt. So ist zugleich die mythische Ebene angesprochen, in der Taharqo als Onuris das als feuerspeiende Schlange dargestellte Sonnenauge befriedet. Mut wird in dieser Szene als Mw.t nb.t &A-stj angesprochen – Mut, Herrin von Nubien. Vielleicht ist das ebenso ein Indiz dafür, dass das Sonnenauge hier bereits als Uräus dargestellt ist und an dieser Stelle nicht durch Mut verkörpert wird. In einer anderen Szene ist Mut jedoch mit dem Sonnenauge zu identifizieren, wenn sie an der „Ost“-Wand des Raumes 305, und somit an der Stelle des Kultbildes, löwenköpfig gezeigt ist. Dieses erst kürzlich publizierte Relief269 zeigt nochmals deutlich, wie sehr der Tempel B 300 mit dem Sonnenauge verbunden ist (Abb. 8). Es handelt sich um eine antithetische Szene, in der der König Taharqo, in beiden Fällen mit der Onuris-Krone als der Befrieder des Sonnenauges gekennzeichnet, vor Amun und Mut opfert. Amun ist auf einer Seite widderköpfig als Amun des Jebel Barkal präsentiert, dort wird er von der löwenköpfigen Mut begleitet, die eine große Sonnenscheibe mit Uräus auf dem Kopf trägt. Sie ist hier also in ihrem Aspekt des Sonnenauges, den südlichen Reichsgott begleitend, dargestellt.270

 268

Siehe dazu ausführlich Kendall 2008, 127–129. Kendall/Mohammed 2016, 14, fig.3.  270 So auch Kendall/Mohammed 2016, 14. 269

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Auf der anderen Hälfte der Szene steht Taharqo als Onuris vor dem menschenköpfigen Amun von Karnak und der menschenköpfigen, mit ihrer typischen Doppelkrone bekrönten Mut. Ein dreidimensionales Kultbild ist nicht erhalten, vielleicht ist dies aber der Pinnacle selbst, der, wie die Rekonstruktion des Tempels in der Landschaft zeigt, direkt über dieser Szene aus dem Boden wächst.271 M. E. können auch Bespfeiler und Hathorsäulen ein Hinweis auf das Sonnenauge sein. Bes spielt im Mythos ebenfalls eine Rolle als Befrieder, und als solcher ist er in der meroitischen Zeit auch im Relief dargestellt.272 Die beiden Bespfeiler im Raum 303, in dem auch das Relief mit dem Sonnenauge als von Baldachin herabhängenden Uräus angebracht ist, sind eine Anspielung darauf. Da Hathor ebenfalls als gefährliche Göttin eingestuft wird, könnten die mit Hathorsistren verzierten Kapitelle im Hof 302 einen Bezug zum Sonnenauge darstellen. In späterer (meroitischer) Zeit sind Tempel, in denen Bespfeiler und/oder Hathorsäulen zu finden sind, immer für weibliche Gottheiten geweiht. Möglicherweise ist dieser Zusammenhang jedoch erst sekundär daraus entstanden, da das frühste Beispiel, der B 300, Mut und damit einer weiblichen Gottheit gewidmet ist.  Neben dem B 300 ist der Tempel B 200 ebenfalls zur Hälfte in den Fels gehauen.273 Leider ist dieses etwas kleinere Heiligtum heute fast gänzlich verschwunden. Es wird jedoch angenommen, dass auch dieses Bespfeiler und Säulen mit Hathorsistrumkapitellen hatte.274 Erhalten sind heute nur noch Reste des dreiteiligen Sanktuars, doch auch dort ist das Relief beschädigt. Erkennbar ist aber, dass im Zentralsanktuar die menschengestaltige Göttin Hathor (?) mit Kuhgehörn und Sonnenscheibe steht, hinter ihr ihr löwengestaltiges Alter Ego, gekrönt mit dem Uräus. Im rechten Sanktuar ist eine löwenköpfige Göttin zu sehen, möglicherweise Tefnut. Das Relief im linken Sanktuar ist gänzlich zerstört. Trotz dieser wenigen Spuren können wir auch hier einen deutlichen Bezug zum Mythos des Sonnenauges erkennen und daher interpretieren, dass mit Hathor-Tefnut eine weitere Göttin des Sonnenauges direkt unterhalb des monumentalen Uräus eine Verehrungsstelle erhalten hat.  Taharqo ist in der Dekoration des Tempels 300 mehrfach mit der Onuris-Krone gezeigt.275 Ein wesentliches Motiv in der Sage ist das „Zurückbringen“, das von Junker als das Heimbringen der Beute des Jägers und Helden gedeutet wird.276 Das Zurückbringen (jn.tw=s) ist mit dem Namen des Onuris277 zu verbinden, der als Jäger zugleich auch eine vorrangige Rolle in dem Mythos spielt. Taharqo mit der Onuriskrone schlüpft damit in die Rolle des Gottes, der die gefährliche Göttin beruhigen und letztendlich nach Hause bringen kann. In dieser Form ist er auch rundplastisch dargestellt: die in der Cachette im B 500 gefundene Monumentalstatue des Taharqo zeigt den König mit der Vierfederkrone (Abb. 9).278 Die Inschrift auf der Rückseite bezeichnet ihn zwar als „geliebt von Amun von Napata, der sich im Reinen Berg befindet“ und verweist damit ganz klar auf den Reichsgott.279 Gezeigt ist er aber als Onuris. Monumentalstatuen von kuschitischen Königen, die den Onuris vertreten, gibt es noch zwei weitere, ebenfalls aus der Cachette des

 271

Kendall/Mohammed 2016, 19, fig. 9–10. Siehe dazu Kormysheva 2015. 273 Heute ist auch der hintere Teil des Tempels außerhalb des eigentlichen Felsens, dies könnte durch die immer wieder vorkommenden Felsstürze und die Erosion bedingt sein. In der neuesten Rekonstruktion geht Kendall davon aus, dass dieser Tempelteil zwar in den Fels gehauen, aber nicht als Höhle konzipiert war. Die hinteren Räume wären mit Holzbalken und Matten gedeckt gewesen (Kendall/Mohammed 2016, 18, fig. 8 und 21, fig. 14). 274 Kendall/Mohammed 2016, 21, fig. 14. 275 Siehe dazu zuletzt Kendall/Mohammed 2016, 13–14, die aber Taharqo als Verkörperung des Schu interpretieren. 276 Junker 1917, 4. 277 Der ägyptische Name Onuris ist jn(j)-Hr.t, „der die Ferne bringt“ (LGG I, 378b).  278 Heute Sudan National Museum Khartoum (SNM 1841, Dunham 1970, pl. VII).  279 Das kopflose Fragment einer Statue mit paralleler Inschrift wurde in der Cachette in Karnak entdeckt (http://www.ifao.egnet.net/bases/cachette/[15.11.2018]; CG 42202, Jansen-Winkeln 2009, 102), dort ist Taharqo „geliebt von Amun-Re, König der Götter“. Es gibt einige kleine Fragmente einer weiteren, bisher unpublizierten Statue aus Tanis, jedoch lässt der fragmentarische Zustand nicht zu, auch diese Statue als Parallele anzusprechen (JansenWinkeln 2009, 55). Es scheint mir jedoch plausibel zu sein, dass Taharqo in allen (religions-)politisch wesentlichen Orten ein Abbild von ihm aufstellen ließ, ähnlich wie auch Stelen gleichen Inhalts an unterschiedlichen Orten errichtet wurden – auch hier gehört Tanis dazu.  272

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Jebel Barkal: Anlamani und Aspelta.280 Das bezeugt, dass der König als Verkörperung des Onuris auch nach der 25. Dynastie noch eine Rolle spielte.281

Abb. 9: Statue des Taharqo im National Museum in Khartoum (SNM 1841; Foto: A. Lohwasser).

 280 281

Heute beide im Museum of Fine Arts Boston (MFA 23.732 und 23.730); Dunham 1970, pl. XIX, XXI.  Siehe dazu auch Kuckertz/Lohwasser 2016, 62–65.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Dieser Verweis auf Onuris und damit der Zusammenhang mit dem Mythos vom Sonnenauge ist aber explizit auf den Jebel Barkal beschränkt. In der Cachette von Dokki Gel, in der Statuen derselben Könige wie am Jebel Barkal gefunden wurden, taucht die Vierfederkrone nie auf.282 Der kuschitische König ist als Befrieder des Sonnenauges auf den Jebel Barkal, dem „Exil“ des Sonnenauges beschränkt. Dort errichtet Taharqo der gefährlichen Göttin eine Heimstatt, dort besänftigte er sie als Onuris – und von dort führte er sie befriedet wieder heim nach Ägypten. Er fungierte also in Nubien als Verkörperung des Gottes, der die wütende Göttin nach Ägypten bringt, und es ist durchaus vorstellbar, dass in den am Jebel Barkal dafür geschaffenen Heiligtümern diesbezügliche Riten durchgeführt wurden. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Anlage der Heimstatt des Sonnenauges am Jebel Barkal ist der Pinnacle. Die natürliche Felsnadel wurde künstlich überformt, um die Figur eines überdimensionalen Uräus darzustellen.283 Taharqo hat direkt auf dem Pinnacle eine vergoldete Inschrift anbringen lassen. Weit oben auf der Felsnadel, knapp unterhalb der Spitze, ist ein Paneel mit einer Inschrift zu sehen, die ursprünglich mit einer Goldfolie überzogen gegen Osten gestrahlt hat.284 Die wenigen Reste der Inschrift nennen den Namen von Taharqo und einige wenige Worte, deren Inhalt mit dem Triumph über Feinde in Beziehung steht. Warum ist nun dieser Sieg über Fremdvölker auf dem Pinnacle präsentiert? Gibt es einen Bezug zwischen der Form der Felsnadel und all ihren Aspekten zum Feinde bezwingenden König? Der Uräus, eines der Sinnbilder des Sonnenauges, ist oft als „feuerspeiend“ oder „mit Gluthauch“ die Feinde niederwerfend beschrieben.285 Es ist eine Eigenschaft der gefährlichen Göttin, die Feinde zu vernichten – und als monumentale aufgebäumte Uräusschlange ist sie dann der Feindvernichter par excellence. Möglicherweise spielte dieser Aspekt des Pinnacle schon in der Inschrift der Stele von Thutmosis III. eine Rolle, wenn er im Zusammenhang mit dem Sternenwunder, das in Napata gerade vor dem Kampf geschehen ist, schreibt (Z. 35): „Aber die Feuerschlange (nsr.t) war hinter ihnen, mit Glut gegen ihre Gesichter.“286 Ob die Feuerschlange der an der Stirn des Königs befindliche Uräus ist oder im Falle der Schlacht bei Napata der Pinnacle, oder ob beide Facetten gemeint sind, mag dahingestellt bleiben. Ein Zusammenhang zwischen dem Sonnenauge und dem Vernichten von Feinden kann vielleicht auch eine Rolle für die Statue des Taharqo im Mut-Tempel von Karnak gespielt haben. Von der Statue ist nur noch der Sockel mit dem Namen des Taharqo, „geliebt von Mut, der Großen, Herrin von Ischeru“ erhalten, umlaufend um den Sockel ist allerdings eine Fremdvölkerliste, die 14 asiatische und 14 südliche Feinde auflistet.287 Auch wenn die Liste eine Kopie ist und kaum Anspruch auf historische Realität erheben kann, so ist die Tatsache, dass die Dekoration eine Liste der geschlagenen Völker ist und Taharqo darauf einen Verweis auf Mut, Herrin des Ischeru – und damit einem Aspekt der Mut, der sie als eine der Göttinnen des Sonnenauges kennzeichnet – bemerkenswert.288 So besteht die Möglichkeit, dass auch die Inschrift auf dem Pinnacle einen Bezug zum Mythos des Sonnenauges hat, hier in seinem Aspekt als Feindvernichter. 4.1.2 Taharqo und der Mythos vom Sonnenauge in Ägypten Wie stellt Taharqo diese seine Rolle aber in Ägypten dar? Ist der Mythos vom Sonnenauge für seine Legitimation dort ebenso relevant, wie dies für Pi(anch)y postuliert wurde? Zunächst muss konstatiert werden, dass wir aus Heliopolis, dem Ort der Kulmination bei der Rückführung des Sonnenauges und sicherlich zentrales Heiligtum dafür, bisher keine Hinterlassenschaften des Taharqo kennen. Dies mag jedoch dem Umstand geschuldet sein, dass wir von der antiken Kultstätte in Heliopolis heute noch wenig wissen. So wenden wir nun den Blick nach Karnak, dem zentralen Heiligtum dieser Zeit und Ort massiver Bautätigkeit durch Taharqo. Der große Tempel in Karnak-Süd ist der Göttin Mut geweiht, Mut von Ischeru. Ischeru

 282

Siehe die Beschreibungen und Bilder in Bonnet/Valbelle 2006, 85–137. Zur Untersuchung der Spuren dieser Überformung ausführlich Kendall 2004. Wann diese Überformung durchgeführt wurde, ist allerdings ungeklärt. 284 Ausführlich dazu Kendall 2004. 285 Cabrol 2001, 686–688; von Lieven 2003, 47. 286 Urk. IV, 1238. 287 Jansen-Winkeln 2009, 112.  288 Gessler-Löhr 1983, 401–402. Siehe zur Mut von Ischeru als eine der Göttinnen des Sonnenauges im Folgenden.  283

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heißen die halbmondförmigen Tempelseen, die den Göttinnen des Sonnenauges vorbehalten sind,289 und so wären Baumaßnahmen gerade hier anzunehmen. Tatsächlich errichtet Taharqo den Tempel A im MutBezirk neu, der jedoch ein eigenständiges Bauwerk ist und dessen Dekoration auf ganz andere Zwecke deutet.290 Im Mut-Tempel selbst ist der kleine Gegentempel in die Zeit des Taharqo zu datieren.291 Allerdings dürfte hier nicht der König selbst, sondern Monthemhet der eigentliche Stifter gewesen sein.292 Möglich ist jedoch auch, dass Taharqo in einem großen Baukonzept, das mehrere Tempel in Ägypten und Nubien umspannte, diesen Tempel in Karnak-Süd geplant hatte, die Ausführung jedoch erst zu einem Zeitpunkt stattfand, in dem Monthemhet als Statthalter des Königs in der Thebais fungierte. Die Dekoration des Kontratempels im Mut-Bezirk ist größtenteils in die 30. Dynastie und Ptolemäerzeit zu datieren, jedoch stammt der Bau selbst sowie einige Blöcke, die in und um das kleine Heiligtum gefunden wurden, aus der 25. Dynastie.293 Teile der auf den losen Blöcken gefundenen Textfragmente sind Parallelen zur berühmten biographischen Inschrift des Monthemhet in der „Krypta“ im Mut-Tempel. Auf einem Block ist das Sonnenauge genannt, das als eine Form der Mut zu verstehen ist.294 Auch ist im MutBezirk eine Statue des Monthemhet gefunden worden, deren Inschrift „Mut, Herrin des Himmels, Auge des Re“ nennt.295 Der Kontratempel kann eine Rolle bei einem Prozessionsfest gespielt haben, wenn das Sonnenauge – die befriedete Mut – wieder zu ihrem Ischeru und ihrem Tempel zurückkehrt.296 Nach R. Fazzini: „In the case of Mut’s Contra-Temple it would seem that soon after its rear-wall graffito was finished it expanded into a structure that both housed a sort of cult for Mentuemhat and came to celebrate the Theban triad and various processions of Mut, including those related to the return of the angry goddess and her pacification.” 297 In diesem Zusammenhang müssen nun auch die Gottesgemahlinnen des Amun erwähnt werden. Da sie die irdischen Verkörperungen von Mut sind, stellt sich die Frage, ob dies auch für die Mut von Ischeru gilt. R. Fazzini kann zeigen, dass in den inneren Türpfosten des Kontratempels jeweils ein zum Tempeleingang gewandter männlicher Gott (erkennbar an dem in einem Fall noch erhaltenen Anch) sich einer das Heiligtum betretenden weiblichen Figur zuwendet.298 Dies kann entweder die Gottesgemahlin oder eine Göttin (Mut) sein. R. Fazzini hält die Göttin Mut für wahrscheinlicher.299 M. E. ist jedoch eine Interpretation als Gottesgemahlin durch den Umstand gestützt, dass die Gottesgemahlinnen im Mut-Bezirk von Karnak ebenfalls kultische Aufgaben hatten, wie wir aus dem spärlichen Relief der so genannten Pi(anch)y-Blöcke vermuten können.300 Darüber hinaus lassen einige Formulierungen in den Osiris-Kapellen von Karnak eine Beziehung zu den Göttinnen des Sonnenauges erkennen: So sollen sie „auf dem Thron der Tefnut“ bzw. „auf dem Thron der Wadjit“ erscheinen.301 Wir haben einen weiteren Hinweis auf die Bedeutung dieses Mythos´ für Taharqo auch in Ägypten: zwei seiner Söhne sind uns namentlich bekannt, nämlich Nes-Onuris und Nes-Schu-Tefnut.302 Beide theophore Namen sind mit Gottheiten aus diesem Mythos gebildet. Dass die Namen der Söhne Taharqos diese Protagonisten inkorporieren, mag nochmals auf das Bestreben des kuschitischen Pharaos verweisen, den Mythos vom Sonnenauge für sich und seine Legitimation auszudeuten. Zuletzt soll noch ein Beleg angeführt werden, der m. E. dafür spricht, dass Taharqo auch in Ägypten als Onuris fungierte bzw. sich als solcher darstellen ließ: Der Kopf einer etwa lebensgroßen Granitstatue303

 289

Gessler-Löhr 1983, 401–402, 412–416; Fazzini 2010, 97; Richter 2010, 159.  Siehe dazu im Kap. II.4.2.3. 291 Fazzini/O‘Rourke 2008; Fazzini 2010.  292 Siehe dazu im Kap. III.2.3. 293 Fazzini/O‘Rourke 2008, 140, 142.  294 Fazzini/O‘Rourke 2008, 144.  295 Kairo JE 31883, siehe dazu im Kap. III.2.1.1.3.2. 296 Fazzini 2010, 98. 297 Fazzini 2010, 101. 298 Fazzini 2010, 97. 299 Fazzini 2010, 98. 300 Zuletzt zu den Pi(anch)y-Blöcken Broekmann 2012 (mit älterer Literatur), siehe auch Kap. II.3.3.  301 Jansen-Winklen 2009, 79, 80. 302 Leclant im LÄ VI, 166 und Anm. 232–232, s.v. Taharqa; Onasch 1994, 19–20; Dallibor 2005, 33–34. 303 Kairo, CG 560 (Russmann 1974, 16–17, 47; Wenig 1978, 167).  290

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trug ursprünglich die Vierfederkrone.304 Heute ist nur noch die Kappe und ein Teil des Kronenuntersatzes erhalten, doch entspricht dies genau der Form der Krone seiner in der Cachette am Jebel Barkal gefundenen Statue. Dieses qualitätvolle Statuenfragment wurde im Kunsthandel in Luxor erworben, eine Herkunft ist daher nicht mehr festzustellen. Doch kann man die Thebais annehmen, und ich möchte sogar weitergehen und den Tempel der Mut von Ischeru als ursprünglichen Aufstellungsort vermuten. 4.1.3 Taharqos Legitimation über den Mythos vom Sonnenauge Der Mythos der gefährlichen Göttin, die in die Ferne ging und befriedet zurückgeholt wurde und zugleich das Sonnenauge – der Uräus – ist, spielte für die Kuschiten spätestens seit Pi(anch)y eine wichtige Rolle. Für die Legitimierung der Herrschaft von Pi(anch)y fruchtbar gemacht, flossen einzelne Teile dieses Mythos in die kuschitische Königsideologie ein. Für uns erkennbar ist das am deutlichsten bei Taharqo, der dem Sonnenauge mit dem Tempel B 300 eine Heimstatt in der Ferne errichtete und es in der Rolle des Gottes Onuris befriedete. Nachfolgende Könige übernehmen diesen Aspekt, und so spielt der Mythos bis in die meroitische Zeit eine wesentliche Rolle.305 In Ägypten lässt sich der Rekurs auf die Sage von der fernen Göttin weniger gut nachvollziehen, obwohl auch hier einzelne Spuren, insbesondere im Tempel der Mut in Karnak, zu finden sind. Über die produktive Einsetzung des Mythos vom Sonnenauge zeigt sich Taharqo weniger als der Vereiniger von Ägypten und Kusch als vielmehr als diejenige Kraft, die Kusch nach Ägypten „heimgeholt“ hat. Während in den anderen legitimatorischen Verweisen keine Aussagen über eine Verbindung zwischen Ägypten und Kusch gemacht werden – in der Regel sind jeweils kulturell unterschiedliche Ausdeutungen der einzelnen Verweiskategorien zu erkennen –, so ist über die Befriedung und Rückführung des Sonnenauges auf einer mythischen Ebene versinnbildlicht, dass Kusch damit integraler Bestandteil des ägyptischen Großreiches ist. Derjenige, der diese Heimholung personifiziert, ist Taharqo in seiner Rolle als Onuris. 4.2

Die Legitimation durch die Mutter

In der kuschitischen Königsideologie spielt das weibliche Element eine wesentliche Rolle.306 Der König bedarf eines femininen Komplements, um den Thron zu besteigen und regieren zu können. Dieses feminine Komplement wird sowohl in der Figur der Mutter – also generationenübergreifend – als auch in der Figur der Gemahlin bzw. Begleiterin in Texten und Bildern sichtbar gemacht. Sie sind damit deutlich präsenter als im ägyptischen Königtum und integraler Bestandteil der Vorstellungen vom Funktionieren von Herrschaft in Kusch. Über Frauen wird zunächst die Möglichkeit vererbt, in den Kreis der Thronprätendenten zu kommen.307 Es ist die Abstammung von einer Frau, die den Titel sn.t nzw trägt, die einen männlichen Nachkommen zu einem möglichen Kandidaten macht. Frauen sind auch bei der rituellen Krönung des Königs in maßgeblichen Rollen anwesend.308 Hier ist es insbesondere die Mutter des Königs, die vor Amun um das Amt für ihren Sohn bittet, und sie ist bei der Krönung anwesend bzw. reist danach zu ihm.309 Und Frauen sind es, die durch die Begleitung auch im Kultvollzug den männlichen Herrscher mit dem femininen Komplement ergänzen, um den Fortbestand des Königsamtes zu sichern. Das feminine Komplement ist also sowohl die Verbindung zu den Vorfahren, indem die Mutter des Königs ihn in die Genealogie der Herrscher einbindet, als auch in die Zukunft, denn die Gemahlin garantiert das Fortbestehen des Königtums. An anderer Stelle habe ich diese Prinzipien, auf denen die kuschitische Königsideologie basiert, als „Dynamik der Generatio-

 304

Jüngst ist diese auf den Statuenkopf passende Vierfederkrone in Luxor in einem Magazin entdeckt worden. Ich danke Jeremy Hourdin für die freundliche Mitteilung. 305 Siehe dazu Kormysheva 2015.  306 Ausführlich dazu Lohwasser 2001, bes. 334–349. 307 Lohwasser 2001, 249–256. Gemeint ist damit nicht eine matrilineare Erbfolge, wie sie z. B. von Priese (1981) angenommen wurde, sondern eine matrilineare Komponente, um in den Pool von Thronanwärtern zu kommen. Die mehrfach bezeugte „Auswahl“ eines Herrschers geschah aus Kandidaten in diesem Kreis (siehe zur Wahl des Königs von Kusch Lohwasser 2000).  308 Lohwasser 2001, 266–282. 309 Dies ist bezeugt bei Taharqo, Anlamani und Irikeamanote; siehe dazu Lohwasser 2001, 277–280. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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nen“ und „Komplementarität der Geschlechter“ diskutiert.310 Das Queenship ist wesentlich für das „König werden“ und das „König sein“ in Kusch und findet Ausdruck in unterschiedlicher Form, vor allem aber in den beiden Exponenten Mutter und Gemahlin des Königs. Diese wesentlichen Funktionen von Frauen im kuschitischen Königtum sind erst mit Taharqo in den schriftlichen und bildlichen Quellen in Nubien selbst greifbar. Für die Zeit davor können wir aus den archäologischen Quellen, vor allem den Gräbern der Königsfriedhöfe, auf eine maßgebliche Rolle der königlichen Frauen schließen, waren sie doch – anders als ägyptische Königinnen – ebenfalls auf diesen Friedhöfen bestattet.311 Allerdings sind daraus keine genaueren Zuweisungen von Funktionen oder Einflussnahmen auf das Königtum zu tätigen. Die Quellenlage nach Taharqo bestätigt aber das aus den Dokumenten dieser Zeit gewonnene Bild und differenziert es an manchen Stellen. Insbesondere durch die großen Königsstelen, die im Tempel B 500 am Jebel Barkal gefunden wurden, wird die besondere Bedeutung des femininen Komplements im kuschitischen Königtum ausgedrückt. Dieses feminine Komplement ist dabei sowohl auf der realen (politischen) wie auf der sakralen (religiösen) Ebene zu fassen. Da dieses Prinzip auch noch in der meroitischen Phase des Reiches von Kusch zu greifen ist, halte ich es für ein wesentliches Element des Verständnisses von Königtum in der Kultur von Kusch.312 M. E. ist es nicht wahrscheinlich, dass Taharqo zum Zwecke seiner Legitimation diese Konstruktion entworfen hat, vielmehr ist, bedingt durch die Quellenlage, erst unter Taharqo auch in den Bild- und Schriftquellen das Queenship für uns präsent. 4.2.1 Die Mutter des Königs, Abalo Mehrmals wird Abalo, die den Titel „Mutter des Königs“ trägt, von Taharqo erwähnt und dargestellt.313 Sie begleitet den König bei Kulthandlungen vor Amun prominent im Giebelfeld der Stele Kawa V. Dort steht sie in der antithetischen Darstellung beide Male Sistrum rasselnd hinter dem König, der dem widderköpfigen Amun von Kawa bzw. dem menschenköpfigen Amun von Karnak opfert. Parallel zur Gemahlin Tekehatamani ist sie im Raum 303 im Mut-Tempel B 300 am Jebel Barkal gezeigt: hier begleitet sie ebenfalls Taharqo vor den widderköpfigen Amun vom Jebel Barkal, und hinter ihr ist der Beginn der „Rede an Amun“ mit der Bitte um das Königsamt für Taharqo angebracht (Abb. 10).314 Unsichere Belege sind Darstellungen im Tempel von Sanam und im Tempel von Kawa, hier ist beide Male kein Name mehr erhalten.315 Von Abalo haben wir auch das erste Mal ein Zeugnis der Sakralisierung der Beziehung des Königs zu seiner Mutter, indem Taharqo mit Horus und Abalo mit Isis gleichgesetzt sind.316 Taharqo ließ in Kawa, einem Zentralort oberhalb des 3. Kataraktes, in dem bereits ein Tempel des Neuen Reiches stand, einen neuen und großen Tempelbau errichten. Dieses Werk schien für ihn von besonderer Bedeutung zu sein, da er die Idee zum Neubau sowie die Etappen der Ausstattung auf mehreren großen Stelen verewigte.317 Die Inhalte der Stelen sind aber auch aus Gründen der Legitimation der Herrschaft des Taharqo interessant und geben Aufschluss über verschiedene Stränge des Nachweises seiner Herrschaftsberechtigung. Auf der Stele Kawa V (Z. 16–22) heißt es:318 „Nun war sie in Nubien, die Schwester des Königs, angenehm und lieblich, Mutter des Königs, Abalo, sie möge leben. Ich ging weg von ihr als ein Jugendlicher von 20 Jahren, als ich mit Seiner Majestät nach Unterägypten kam. Dann kam sie in den Norden, um mich nach einigen Jahren zu sehen. Sie fand mich, indem ich erschienen war auf dem Thron des Horus, nachdem ich die Kronen des Re erhalten hatte, nachdem die beiden Schlangen auf meinem Kopf vereinigt waren…. Sie war in großer Freude, nach-

 310

Siehe ausführlich Lohwasser 2001, 334–349.  Lohwasser 2001, 58–138, bes. 86. 312 Lohwasser 2001, 341–344. 313 Zu Abalo und den Quellen zu ihr siehe Lohwasser 2001, 141–143. 314 Zur „Rede“ siehe Lohwasser 2001, 270–274. 315 Siehe zu diesen Darstellungen Lohwasser 2001, 39–41, jeweils mit Literatur.  316 Siehe dazu im Kap. II.4.2.2. 317 Publikation der Stelen in Macadam 1949, Publikation des Tempels in Macadam 1955.  318 Edition des Textes siehe Macadam 1949, 28, pl. 8, 10; Jansen-Winkeln 2009, 137–139 ; zu dieser Stelle Lohwasser 2001, 36–37 mit älterer Literatur.  311

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dem sie die Schönheiten Seiner Majestät gesehen hatte. Wie Isis ihren Sohn Horus sah, als er erschienen war auf dem Thron seines Vaters Osiris, nachdem er als Jugendlicher im Nest von Chemmis war. Oberägypten und Unterägypten und alle Fremdländer lagen auf dem Boden vor dieser Mutter des Königs und waren in großer Festlichkeit. Ihre Alten in Begleitung ihrer Jungen, sie bejubelten diese Mutter des Königs, indem sie sagten: ‚Isis, als Horus sie empfing, war wie die Mutter des Königs nun, da sie wieder vereint ist mit ihrem Sohn! Oh, König von Ober- und Unterägypten, Taharqo, er lebe ewig, geliebt von den Göttern, du sollst ewig leben durch den Befehl deines Vaters Amun, der treffliche Gott, der den liebt, der ihn liebt, der den erkennt, der ihm treu ist, der deine Mutter veranlasste, in Frieden zurückzukehren zu dir, damit sie die Schönheiten sieht, die er für dich erschaffen hat!“

Abb. 10: Darstellung der Abalo im Tempel B 300 (Südwand Raum B 303; aus: LD V, 5).

Für Taharqo ist die Mutter des Königs, Abalo, die Person, die seinen Thronanspruch begründet. Die Stele Kawa V ist eine ausführliche Schilderung von Ereignissen aus dem Jahr 6 der Regierung des Taharqo, parallele Inschriften wurden in Tanis, Koptos und Matana gefunden. Allerdings handelt es sich dort um abgekürzte Fassungen, und der Abschnitt mit der Reise der Abalo zu ihrem Sohn ist nur noch auf der Stele aus Tanis enthalten.319 Taharqo wurde als erster König der 25. Dynastie in Memphis, der damaligen Hauptstadt Ägyptens, gekrönt,320 daher ist anzunehmen, dass Abalo nach Ägypten gereist ist. Im Zusammenhang mit diesem Besuch wird ein großes Fest ausgerichtet und die (ägyptische) Bevölkerung zeugt ihr Ehrerbietung. Die Tatsache dieser Reise – die ein knappes Jahrhundert später noch von mindestens einer Königsmutter ebenso geschildert ist321 – wird in einer monumentalen Inschrift manifestiert.

 319

Lohwasser 2001, 37–38. So schreibt es Taharqo selbst auf der Stele Kawa V, Z. 15 (Macadam 1949, 28).  321 Die Mutter des Königs, Nasalsa, reist zum gekrönten Anlamani (Stele Kawa VIII, Z. 22–25, Macadam 1949, pl. 15–16).  320

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Ein Problem der Chronologie bleibt aber die Datierung der Stelen in das Regierungsjahr 6. Ist damit gemeint, dass Abalo erst sechs Jahre nach der Krönung zu ihm gereist ist? Oder muss man mit Bányai annehmen, dass Taharqo erst nachträglich in Memphis gekrönt wurde?322 Wenn man von einer sechsjährigen Doppelherrschaft von Schabaqo und Taharqo ausgeht, die weniger als eine Koregentschaft sondern vielmehr als zwei rivalisierende Ansprüche auf den Thron zu werten ist, dann wäre im Jahr 6 des Taharqo dessen Alleinherrschaft mit der rituellen Krönung im vorher in den Machtbereich des Schabaqo fallenden Memphis besiegelt worden.323 Taharqo wäre nach diesem Modell zuvor nur der Herrscher über Nubien und Oberägypten gewesen, Schabaqo der über die memphitische Region und Unterägypten.324 Die bildlichen Darstellungen zeigen Abalo den König begleitend vor Amun, sowohl in Kawa als auch am Jebel Barkal. Dabei können wir sie als das notwendige feminine Komplement verstehen. Eine Darstellung verdient jedoch besondere Aufmerksamkeit: Im Raum D des Tempels von Kawa ist der König – in der Eulogie hinter der Szene ist Taharqo genannt – und hinter ihm eine Frau gezeigt. Leider ist kein Name der Frau erhalten, doch ist anzunehmen, dass es sich dabei um Abalo handelt. Beide Personen sind hier nicht in der üblicherweise in einer Tempeldarstellung zu erwartenden Tracht gezeigt, sondern in einer Kleidung, die an das spätere meroitische Staatsornat erinnert. Auch die Königin ist in ein Pantherfell mit Quastenschnur gekleidet, und besonders hervorgehoben werden muss ihre Leibesfülle, die ebenfalls ein Spezifikum der meroitischen Königinnendarstellungen ist. Der Anbringungsort dieser Szene kann ein Hinweis für diese vor der meroitischen Periode einmalige Darstellungsweise sein: der Doppelraum D/E gehört zu dem Bereich im Tempel T von Kawa, in dem die rituelle Krönung gezeigt ist. Dabei ist im Raum H, nördlich des Sanktuars gelegen, die ägyptische Version mit einzelnen Motiven aus dem Krönungsablauf gezeigt, auf der Südwand dieses Raumes allerdings die „Kurzversion“ der kuschitischen Krönung, das Opfer von Maat, Pektoral und Kette.325 Im Doppelraum D/E ist diese für das kuschitische Königtum sehr spezifische Szene sowie die Umarmung durch Amun als Teil des kuschitischen Krönungsrituals nochmals ausgeführt, und in diesem Zusammenhang findet sich auch die Darstellung von König und Königin im (späteren) meroitischen Staatsornat. Dass in der Inschrift hinter dem Paar das Übergeben der beiden Federn und des Uräus sowie das „Erscheinen als König“, also die Krönung, erwähnt sind, bestärkt noch den Zusammenhang all dieser Szenen mit der kuschitischen Krönung.326 Aufgrund der Darstellungen und textlichen Erwähnungen der Mutter des Königs, Abalo, können wir darauf schließen, dass Taharqo sich auf sie und ihre Funktion innerhalb des kuschitischen Königtums beruft. Sie vermag als sn.t nzw ihrem Sohn die Zugehörigkeit zum Kreis der möglichen Thronfolger garantieren, und sie unternimmt die „Reise zum gekrönten Sohn“. Abalo ist es auch, der die Rede an Amun mit der Bitte um den Thron für Taharqo in den Mund gelegt wird. Sie wird als konkrete Person mit Titel und Namen angesprochen und in ihrem Ornat als Königin dargestellt, wir können sie als real existierende Funktionsträgerin annehmen. Abalo ist daher auf der politischen Ebene in Kusch ein entscheidender Faktor der Legitimation Taharqos. Neben der konkreten Person der Abalo ist die Gruppe der weiblichen Vorfahren insgesamt ein Bezugspunkt für Taharqo. In zwei Stelen aus Kawa berichtet Taharqo, dass sein Vorfahr Alara die „Mütter meiner Mutter“ (Kawa IV, Z. 16) bzw. die „Mutter meiner Mutter“ (Kawa VI, Z. 22) dem Gott Amun anvertraut hätte. Diese wären dann als Priesterinnen von ihrem Bruder Alara eingesetzt worden, um das Bündnis mit Amun zu besiegeln – das Bündnis, auf das sich Taharqo als Nachfahre berufen kann.327 Die Grundlage der Verbindung des kuschitischen Königshauses zu Amun wird hier mittels der königlichen Frauen geschaffen.328 Indem sie in einer sakralen Institution eingesetzt sind, können sie komplementär zu Abalo, die als realpolitischer Legitimationsfaktor fungiert, auf der religiösen Ebene wirken. Ihre Einsetzung als Prieste-

 322

Bányai 2013, 65.  Dazu ausführlich Bányai 2013, 59–78. 324 Siehe dazu auch unter Kap. II.4.4.1. 325 Dazu ausführlich Lohwasser 1995. 326 Siehe dazu ausführlicher Lohwasser 1995, 169–170.  327 Zu diesem Bündnis siehe z. B. Török 1995, 99–102; Jansen-Winkeln 2003, 151–155; Dallibor 2005, 56–58. 328 Jansen-Winkeln (2003, 152) geht jedoch davon aus, dass es diese Beziehung schon vorher gab und diese erst ein Orakel ermöglicht hätte. 323

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rinnen interpretiert Alara und darauf verweisend Taharqo als Anbeginn der Protektion durch Amun, die den Thronanspruch in diesem Zweig der Familie halten soll. Dieser auch für die kuschitische Königsideologie329 außergewöhnliche Verweis auf die weiblichen Vorfahren dient der Bestätigung des Anspruches von Taharqo auf den Thron. Am Ende der Stele Kawa VI heißt es (Z. 25): „… um seinen Namen leben zu lassen, seine Denkmäler zu befestigen, seine Statuen zu erhalten, seinen Namen in den Tempel einzuschreiben, die Namen seiner weiblichen Vorfahren (mw.wt tp.jw-a) auszusprechen, Totenopfer für sie einzurichten und ihnen viele gut ausgestattete Ka-Priester bereitzustellen.“330 Die hier erwähnten weiblichen Vorfahren sind diejenigen, die durch Alara an Amun übergeben wurden. Auch hier ist die Beziehung explizit zu den weiblichen Vorfahren und nicht den Vorfahren insgesamt, die an anderer Stelle zur Sprache kommen.331 Nach L. Török vereinigt Taharqo den maskulinen und femininen Aspekt des Ursprunges der königlichen Macht, indem er zugleich auf Alara und die mütterlichen Vorfahren verweist.332 Unklar ist aber, warum die Schwester des Alara nicht mit ihrem Namen genannt wird, sondern nur ihre Beziehung zu Alara (er ist ihr Bruder) und Taharqo (sie ist die Mutter der Mutter) verzeichnet ist. Wäre eine solch wichtige Verbindung, die nichts weniger als die Herrschaft dieser Familie sichern soll, nicht eindeutig benannt worden? Der Name des Vorfahren Alara ist auf beiden Stelen genannt – warum jedoch nicht der der Ahnin? Dass die Namen der Frauen so wie die der Könige in Archiven tradiert wurden, ist aus der Aufzählung in der Inthronisationsstele des Aspelta bekannt. Die Namen der sieben Generationen der Mütter wurden in Kartuschen eingeschrieben. Sie sind später getilgt worden und uns daher unbekannt, ursprünglich jedoch eingesetzt gewesen. M. E. ist aber im Fall der Legitimation des Taharqo nicht nur die Großmutter des Taharqo gemeint, sondern tatsächlich die rechtmäßige Abfolge von weiblichen Vorfahren. Insofern ist nicht die Stelle in Kawa VI, die die „Mutter meiner Mutter“ nennt, der gewünschte legitimatorische Verweis – in diesem Fall wäre die Nennung der Großmutter von Taharqo sicher vorgenommen worden. Vielmehr waren es die Vorfahren mütterlicherseits insgesamt, also die Linie der „Mütter der Mutter“ (Kawa IV), die die Rechtmäßigkeit der Abstammung belegen. In diesem das Kollektiv der legitimen Ahninnen gemeinten Fall sind keine Namensnennungen zu erwarten. Sowohl die konkrete Mutter Abalo wie auch die weiblichen Vorfahren (oder die Vorfahren mütterlicherseits) dienen Taharqo als Legitimation für seinen Thronanspruch. Dieser legitimatorische Verweis kann aber nur für Kusch wirksam umgesetzt worden sein, denn in Ägypten sind Hinweise des Königs auf seine weiblichen Vorfahren nicht bekannt. 4.2.2 Die sakralisierte Mutter Isis Der oben zitierte Abschnitt in der Stele Kawa V stellt die Bedeutung von Abalo für Taharqo heraus. Ebenso bemerkenswert ist der Vergleich der Königsmutter mit Isis, den Taharqo hier anführt. Er selbst ist gemäß der ägyptischen Königsideologie der „lebende Horus“. Der König als irdische Verkörperung des Horus ist bereits seit dem Alten Reich ein gängiges Motiv und wird auch von den Kuschiten übernommen.333 Für die ägyptische Königsideologie ist es vorrangig die Verbindung zwischen Osiris und Horus, also dem

 329

Ein anderer Verweis auf die Vorfahren in mütterlicher Linie ist auf der Inthronisationsstele des Aspelta zu finden (Kairo JE 48866, Grimal 1981b, pl. V–VII). Auch dieser König scheint Schwierigkeiten mit seiner Legitimation gehabt zu haben und beruft sich auf sieben Generationen weiblicher Ahnen (zusammenfassend dazu Lohwasser 2005). 330 Macadam 1949, 36, pl. 11–12; siehe Lohwasser 2001, 38. 331 Siehe dazu im Kap. II.4.3.1. 332 Török 1995, 99. 333 Siehe z. B. die Phrase in der Stele Kawa V, 15: „ich erhielt die Krone in Memphis, nachdem der Falke in den Himmel geflogen ist“ (Macadam 1949, pl. 10). © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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verstorbenen Vorgängerkönig und seinem lebenden Nachfolger, die als mythische Ausdeutung angesprochen wird.334 In bestimmten Fällen liegt der Fokus auf dem Verhältnis zwischen Horus und Seth, den beiden Brüdern, die um das Erbe ihres Vaters kämpfen. Dieses wird jedoch in der kuschitischen Königsideologie nicht thematisiert. Die Hauptrolle dieser Szene auf der Kawa-Stele spielt aber Isis, die Muttergottheit par excellence: sie war es ja, die Horus versteckt aufgezogen und ihm letztendlich zur Herrschaft verholfen hat.335 Im Isis-Horus-Mythos wird die enge Verbindung zwischen Mutter und Sohn ins Zentrum gestellt. Interessant ist, dass in Ägypten die Königsmutter nie mit Isis gleichgesetzt wird,336 der Isis-Horus-Mythos überhaupt für die ägyptische Königsideologie keinen besonderen Stellenwert hat.337 Doch in Kusch wird die legitimatorisch relevante Beziehung zwischen der Mutter des Königs und dem König sakramental ausgedeutet und mit dem Isis-Horus-Mythos ausgedrückt.338 Die reale Situation wird in die Ideenwelt projiziert, denn die besondere Funktion der Mutter des Königs in der kuschitischen Königsideologie findet in diesem Mythos seine Entsprechung.339 Dabei wird die Königsmutter nicht grundsätzlich mit Isis gleichgesetzt, sie ist also nicht die „lebende Isis“, sondern es geschieht nur im Vergleich zur Beziehung zwischen Isis und Horus. Die politische Verbindung zwischen der Königsmutter und ihrem Sohn wird sakral ausgedeutet und in die religiöse Ebene gespiegelt. Doch auch außerhalb der Verknüpfung mit der Königsmutter als Isis wird Taharqo als Sohn der Isis angesprochen. Auf dem Pylon des Tempels T von Kawa wird er einmal als msj.n As.t (geboren von Isis) tituliert, ein anderes Mal ist mw.t=f As.t (seine Mutter ist Isis) genannt.340 Der König verbindet sich damit explizit mit der göttlichen Mutter, wobei – soweit erhalten – dann auch sein göttlicher Vater Osiris genannt ist. Taharqo bindet sich also auch hier, am Pylontor des Tempels für Amun von Kawa, als Sohn von Osiris und Isis in diesen Mythos ein. 4.2.3 Die sakralisierte Mutter Mut Während die Belege, die die Königsmutter als Isis ansprechen, auf Nubien beschränkt sind – mit der Ausnahme der Stele in Tanis, die die Abschrift der Stele Kawa V enthält – bezeichnet sich Taharqo sowohl in Ägypten als auch in Kusch ebenfalls als Sohn der Göttin Mut. In Kusch ist dies ganz prominent im Tempel B 300, den er „seiner Mutter Mut“ weiht. Doch auch in Kawa deklariert er sich als msj=n Mw.t (geboren von Mut).341 Die Sohnschaft von Mut wird dort aber nicht mit einem Mythos verbunden, d.h. das wesentliche Element, nämlich die Sohnschaft, wird nicht sakramental ausgedeutet. Möglicherweise spielt Mut aber als sakralisierte Mutter in Ägypten eine Rolle für Taharqo. Im MutAreal von Karnak sind an mehreren Stellen Nachweise einer Bautätigkeit unter dem König Taharqo zu Tage gekommen. Im Mut-Tempel selbst sind das der Kontratempel und die „Krypta“.342 Außerdem ist ein Torbau, dessen Funktion aber noch unklar ist, von Taharqo errichtet worden – eindeutig ist nur, dass er auf den Tempel A weist und mit diesem durch eine Prozessionsstraße verbunden ist.343 Für unsere Frage besonders aufschlussreich ist jedoch die Umgestaltung und Dekoration des Tempels A, nordöstlich des Muttempels und im rechten Winkel zu diesem gelegen. Dieser Tempel A wurde von R. Fazzini und W. Peck als Mammisi angesprochen.344 Ein Mammisi oder „Geburtshaus“ ist dem Götterkind geweiht und zeigt in der

 334

Revez 2010, 47–50, mit Nennung der wesentlichen Literatur. Siehe dazu auch im Kap. II.4.3.2. Ein Kompendium zu Isis ist Münster 1968. Knapp auch Forgeau 2010, 54–56. 336 Während in der Phraseologie Ägyptens der König sehr oft mit Horus als Sohn des Osiris verbunden ist (Grimal 1986, 61–62), scheint die Gleichsetzung der Königsmutter mit Isis nicht gleichermaßen in die offiziellen Texte aufgenommen worden zu sein. Zumindest führt Grimal 1986, 65–66, 99 Anm. 244 dafür nur Belege von kuschitischen Königen an.  337 Der Mythos Osiris – Horus – Seth ist im Gegensatz dazu geradezu prädestiniert für das ägyptische Königtum: Der König (Horus) übernimmt sein Amt vom Vater (Osiris) und triumphiert über das Chaos (Seth). 338 Siehe dazu auch Lohwasser 2001, 325–327. 339 Siehe dazu Revez 2010, 60–67. 340 Macadam 1955, pl. XXIIIa, XXIV c,d. 341 Sowohl auf der Stele Kawa V (Z. 1) als auch auf einer Criosphinx und einer Szenebeischrift im Tempel, siehe die Tabelle der Belege (mit Literatur) in Lohwasser 2001, 330. 342 Siehe dazu im Kap. II.4.1.2 und in Kap. III.3.1.2. 343 Fazzini/Peck 1981, 119.  344 Fazzini/Peck 1981, 122–126. 335

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ptolemäischen Zeit dessen Geburt, sein Heranwachsen und die Inthronisation als Nachfolger. Interessant ist, dass die – allerdings sehr schlecht erhaltenen – Szenen im Tempel A wahrscheinlich eher die Geburt eines Königs als die eines Gottes zeigen.345 Zugleich hat der Tempel A aber viele Elemente, die ihn als Geburtshaus für ein Götterkind ausweisen. „Whether Temple A was a mammisi or a temple dedicated to a form of Khonsu, its rebuilding and decoration with scenes of his birth could be viewed as an important political-religious statement by a king of Dynasty XXV, a foreigner whose claim to the throne might be visibly enhanced by having his own birth depicted in a temple somehow dedicated to the truely divine offspring of Mut and Amun.”346 Es wird hier also auch die Gottessohnschaft des Königs angesprochen, wobei die Präsenz der Göttin Mut in Darstellungen und Inschriften darauf schließen lässt, dass es sich um ein prms der Mut handelt.347 Das bedeutet, dass der König explizit Mut als seine göttliche Mutter betont, während Amun als göttlicher Vater bereits in den Geburtslegenden des Neuen Reiches eingeführt war. Im Tempel A wirkt daher Mut als Muttergöttin, wobei die Sohnschaft auf Taharqo ausgerichtet ist, der sich damit als „Götterkind“ identifizieren lässt. Dieser Ausdruck der Sohnschaft ist jedoch eine Neuerung, denn in der Geburtslegende des Neuen Reiches ist nur die Beziehung zum göttlichen Vater postuliert. Man könnte als Parallele die Kapelle J (für Osiris wp jSd) in Karnak anführen, in der die Geburt des Horus als Götterkind im Mittelpunkt des westlichen Raumes steht. Der östliche Raum dient dem Kult seines Vaters Osiris. Zugleich ist dies die mythologische Ausdeutung der Legitimation des Takelot II., der das Amt von seinem Großvater Osorkon II. übernimmt – beide sind auf der Fassade dargestellt.348 4.2.4 Der legitimatorische Verweis auf die „Mutter“ Wir wissen, dass die „Mutter“ im kuschitischen Königtum eine bedeutende Funktion ausübt. Sie ist sowohl als reale Person für die (politische) Legitimation relevant als auch in ihrer sakralisierten Ausdeutung als Muttergöttin. Taharqo verweist daher auf die königliche Mutter, Abalo, um damit seine Herrschaft über die Abstammung von ihr abzusichern. Die sakralisierte Ausdeutung wird in Kusch durch Isis wahrgenommen, die über den Isis-Horus-Mythos mit der Königsmutter gleichgesetzt wird. In Ägypten ist es Mut, die als Gemahlin des Reichsgottes Amun zugleich als göttliche Mutter des Königs fungiert. Der für einen kuschitischen König notwendige legitimatorische Verweis auf die Mutterrolle ist also im politischen Bereich mit der Mutter des Königs Abalo verknüpft, auf der sakralen Ebene in Kusch mit der Göttin Isis und in Ägypten mit der Göttin Mut. 4.3

Die Einreihung in die Königsfolge

Der neue Pharao wird in die Reihe der rechtmäßigen Könige eingeordnet.349 Damit wird der Verweis auf die Dauerhaftigkeit des Königtums, vom Anbeginn aller Herrschaft an, gegeben. Solche Königsfolgen sind aus Ägypten schriftlich als „Königslisten“ niedergelegt worden. Diese Königslisten sind nicht nur als Archiv für Namen und Taten, sondern vor allem als Beleg der Kontinuität von rechtmäßiger Herrschaft zu verstehen. Nicht als rechtmäßig akzeptierte Könige – wie z. B. Hatschepsut oder Echnaton – werden in den Königslisten nicht genannt. Während die meisten dieser Königslisten als monumentale Kompositionen an Tempel- und Grabwänden erhalten sind, ist mit dem Turiner Königspapyrus konkretes Archivmaterial erhalten.350 Das Besondere gerade am Turiner Königspapyrus ist, dass vor die ersten ägyptischen Könige noch eine Dynastie von Göttern und eine Dynastie von Ahnen gesetzt sind. Die Verbindung zu den Vorgängern und darüber hinaus zu den Ahnen weist dem regierenden König einen Platz im Kontinuum des Königsamtes zu. Neben der Einreihung in die realweltliche Königsabfolge ist daher der Bezug zu den mythologischen Vorfahren ebenso von Bedeutung. Dabei geht es um seine Verbindung zum Vorfahr – einem mythischen

 345

Fazzini/Peck 1981, 122. Fazzini/Peck 1981, 125. 347 Fazzini/Peck 1981, 124. 348 Perdu 2010. 349 Knapp von Beckerath 1997b, 23. 350 Zu den Königslisten siehe Beckerath 1997b, 13–31.  346

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Vater oder Ahn. Denn nicht nur auf der politischen Ebene, auch in der religiösen Sphäre ist der konkrete König in die legitimierte und wirksame Königsfolge eingebunden. 4.3.1 Die realweltlichen Vorfahren von Taharqo Auf den Stelen Kawa IV und VI beschreibt Taharqo ein Bündnis, das Alara, ein Vorfahr der 25. Dynastie, mit dem Gott Amun eingegangen ist. Alara hat dabei seine Schwerster(n)351 dem Gott anbefohlen; die Worte der Überantwortung sind dabei als direkte Reden zitiert. Kawa IV, Z. 17–18: „Mögest du mir achten auf den Leib meiner Angehörigen. Mögest du ihre Kinder dauern lassen auf Erden und für sie handeln, wie du für mich gehandelt hast, mögest du sie zu Gutem gelangen lassen“352 Kawa VI, Z. 23–24: „Mögest du mir achten auf meine Schwester-Gemahlin (?), die mit mir aus einem einzigen Leib geboren wurde. Mögest du für sie handeln wie du gehandelt hast für den, der für die handelt, in einem Wunder, das niemand geahnt hatte und auf das nicht gebaut worden war von Vorausplanenden (?), indem du zu meinen Gunsten denjenigen zurückgewiesen hast, der Böses gegen mich im Schilde führte: Du hast mich als König eingesetzt. Mögest du ebenso für meine Schwester handeln, erhöhe (auch) ihre Kinder in diesem Land, mögest du (!) sie (!) zu einem guten Ende gelangen lassen, (nämlich) zum Erscheinen als König, wie du es für mich getan hast.“353 Mit dem Akt der Übergabe wird ein Bündnis mit Amun geschlossen, dessen Nutznießer nun Taharqo ist: Er wurde vom Gott als König eingesetzt, wie Alara es von Amun erbeten hatte. Taharqo beruft sich für seine Installation als Herrscher auf den Vorfahren Alara, der wiederum über ein Orakel veranlasst, dass seine Familie thronberechtigt bleibt.354 Jansen-Winkeln interpretiert diese ausführliche Darstellung der Rückführung der Legitimation als Rechtfertigung für die Usurpation des Thrones durch Taharqo – Alara sei selbst ein Usurpator (bzw. er musste sich gegen einen anderen Thronprätendenten durchsetzen) gewesen und zugleich der älteste Vorgänger des Familienzweiges des Taharqo.355 Wenn auch die Ereignisse um den Herrschaftsantritt des Alara unbekannt bleiben, so ist doch bemerkenswert, dass gerade Alara noch in späteren Quellen immer wieder als Autorität genannt wird: In der Inschrift des Irikeamanote (Kawa IX) aus dem 5. Jh. v. Chr. wünscht sich der König (Z. 54):356 „ein langes Leben auf Erden, und handle für mich, wie du für den nzw Alara gehandelt hast.“ Auf der Stele des Königs Nastasen aus dem späten 4. Jh. v. Chr. wird Alara im Zuge der Schilderung der Krönung Nastasens genannt (Z. 16):357 „Mein guter Vater, Amun von Napata, verlieh mir die Königsherrschaft über Nubien und schenkte mir die Krone des nzw Harsiotef sowie die Macht des nzw Pi-Anch-Alara.“ Harsiotef war der Vor-Vorgänger von Nastasen, Pi-Anch-Alara wird mit dem Urvater Alara identifiziert. Das innerhalb der Kartusche geschrieben Pi-Anch (oder Piye-), „der Lebende“, wird als ein Titel oder Epitheton aufgefasst.358 König Alara wird auch schon in Z. 8 derselben Stele erwähnt, als der Garten von Teqet erwähnt wird, in dem schon „der nzw Pi-Anch-Alara gepflanzt hat / geboren wurde.“ Gegenüber den posthumen Erwähnungen ist die zeitgenössische Evidenz spärlich: Alara ist nur auf der Totenstele seiner Tochter Tabiry in ihrer Filiation genannt.359  351

Kawa IV (Z. 16) spricht von den „Müttern meiner Mutter“, Kawa VI (Z. 22) von der „Mutter seiner Mutter“. Siehe dazu Lohwasser 2001, 35–38; Jansen-Winkeln 2003, 151. Siehe ausführlich im Kap. II.4.2.1. 352 Stele Kawa IV, Z. 17–18; Macadam 1949, pl. 7–8; Übersetzung nach Jansen-Winkeln 2003, 143. 353 Kawa VI, Z. 23–24; Macadam 1949, pl. 11–12; Übersetzung nach Jansen-Winkeln 2003, 144. 354 Siehe Jansen-Winkeln 2003, 152.  355 Jansen-Winkeln 2003, 155. 356 Macadam 1949, 58. 357 Urk. III, 146. 358 Peust 1999, 218; dagegen Rilly 2001 (aber ohne Diskussion dieses spezifischen Namens). 359 Primärpublikation Dunham 1950, 87, fig. 29f; Diskussion und Literatur bei Lohwasser 2001, 25–26. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Taharqo beruft sich auf Alara und dessen Bündnis mit Amun, das der Familie die dynastische Herrschaftsabfolge sichert. So stellt sich Taharqo in die Reihe der Könige, indem er den „Urahn“ Alara360 als Referenz anführt. Im Text der Stele wird Alara zwar nicht explizit nzw genannt, doch ist ihm dieser Rang retrospektiv zugeschrieben worden.361 Doch nicht nur Alara als namentlich bekannter Vorfahr wird als legitimatorischer Verweis zitiert. Es sind ganz allgemein die tp.jw-a, die Taharqo als Referenz anführt.362 In der Inschrift im Tempel von Sanam ist der Zusammenhang nicht klar, da der Abschnitt vor dem Wort tp.jw-a.wt fehlt. J. Pope stellt zwei Möglichkeiten der Interpretation zur Auswahl, nämlich dass es einen Vorgängerbau gab, der von Taharqo erneuert wurde, oder dass sich Taharqo damit brüstete, mehr als alle seine Vorgänger getan zu haben.363 In der Bauinschrift des Mut-Tempels am Jebel Barkal, dem B 300, heißt es: „Seine Majestät fand diesen Tempel als geringe Arbeit aus Stein gebaut durch die Ahnen. Da veranlasste Seine Majestät, dass man diesen Tempel baut als treffliche Arbeit für die Ewigkeit.“364 Daraus geht hervor, dass es einen Vorgängerbau gegeben hat, und dass dieser von Taharqo durch eine qualitätvollere Arbeit ersetzt werden sollte. Auch der Bau des Tempels in Semna könnte in dieser Absicht geplant worden sein. Taharqo widmete den Tempel nach seiner Bauinschrift „seinem geliebten Vater, dem guten Gott, Sesostris III.“365 Auch wenn Sesostris III. bereits im Neuen Reich in Semna vergöttlicht wurde – Thutmosis III. errichtete den Tempel für Dedun und Sesostris III. – ist anzunehmen, dass er als bedeutender Pharao der Vergangenheit in Erinnerung geblieben ist. Taharqo band sich damit auch durch die Verehrung von Sesostris III. in die Königsfolge ein. Die Erwähnung der tp.jw-a bildet einen Bezug zu den (königlichen) Ahnen und damit eine Einreihung in die abstrakte Königsfolge. Es ist aber auch der Ausdruck für die Überhöhung der eigenen Leistung – mehr getan zu haben als die Vorgänger. Damit zeichnet sich Taharqo über die Einzigartigkeit seines Schaffens als individueller König in dieser Reihe aus.366 Ein Verweis auf realweltliche Vorfahren des Taharqo ist aus dem ägyptischen Territorium bisher allerdings nicht bekannt. 4.3.2 Der mythische Vorfahr in Ägypten: Osiris Die Beziehung zu den Ahnen, den realen Vorgängern in Amt oder Familie wie auch der mythischen Ausdeutung von Vorfahren, ist in der ägyptischen Kultur allgegenwärtig. In Theben war die Verbindung zu den Vorfahren durch das „Schöne Fest vom Wüstental“ gewährleistet. Seit dem Mittleren Reich ist ein großes Prozessionsfest auf dem Westufer von Theben belegt, dessen Ziel Deir el Bahari war. Aus dem Neuen Reich sind die einzelnen Abschnitte des Festes aus Darstellungen und Beischriften in den Gräbern der Elite bekannt.367 Darüber hinaus zeugen die Millionenjahrhäuser, Tempel der Königsverehrung, davon.368 Amun von Karnak besuchte dabei die verschiedenen Millionenjahrhäuser, der Zielpunkt der Prozession war dann der Tempel der Hatschepsut in Deir el Bahari. In dieses Fest, das auch der Erneuerung des Königtums dient, war die Verehrung der göttlichen Ahnen eingebunden: die große Götterneunheit hatte (neben dem König selbst und Amun als Hauptgott der Thebais) in jedem der Millionenjahrhäuser einen Kultplatz.369 Das Schöne Fest vom Wüstental war ein königliches Fest, doch war es auch zugleich das Ahnenfest der

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Die Interpretationen des Alara sind vielschichtig. War er Urahn der Familie, Begründer der Königswürde oder die Personifikation eines Gründungsmythos?  361 Ausführlich dazu Vinogradov 1999.  362 Über die Bedeutung der Vergangenheit in der kuschitischen Königsideologie ist derzeit eine Dissertation von Jessica Bouchard mit dem Titel „Harnessing the power of the past: The role of history in the construction of ideology in the Kingdom of Kush (8th – 3rd cent. BC)“ in Vorbereitung.  363 Pope 2014, 96. 364 Siehe dazu Robisek 1989, 10–11. 365 Siehe Dunham/Janssen 1960, pl. 37B. Pope (2014, 176, n. 128) stellt zur Diskussion, dass die Weihung nicht an Sesostris III. ging. 366 Siehe zum Rückbezug auf anonyme Vorfahren Blöbaum 2006, 156–163, zu den tp.jw-a besonders 158–159. 367 Schott 1952. 368 Ullmann 2002, 665. 369 Ullmann 2002, 663. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Lokalbevölkerung: Im Zusammenhang mit der königlichen Prozession besuchte man die Gräber der Vorfahren. Man feierte direkt am Grab und bezog damit die Ahnen in das Festgeschehen ein. Die Errichtung von Millionenjahrhäusern endete bald nach dem Neuen Reich,370 das Zentrum des Landes und damit der Bau der königlichen Gräber verlagerten sich in der 3. Zwischenzeit in den Norden. Auch das Schöne Fest vom Wüstental ist in dieser Zeit kaum mehr belegt – wobei anzunehmen ist, dass es als lokales Ahnenfest weiterhin durchgeführt wurde.371 Ab der 25. Dynastie wurden im Asasif, dem Gebiet vor dem Talkessel von Deir el Bahari, die monumentalen Grabbauten der Elite angelegt. Die Eingänge sind so ausgerichtet – bzw. es wurden zusätzliche Eingänge so errichtet – dass sie auf die Prozessionsstraße blicken. Das Schöne Fest vom Wüstental wurde in dieser Zeit wieder belebt.372 Es ist allerdings anzunehmen, dass es seinen Charakter verändert hat, da aus dieser Zeit – außer den Verehrungsstätten der Gottesgemahlinnen in Medinet Habu – keine Millionenjahrhäuser existieren. Auch gibt es kein königliches Engagement in Deir el Bahari, das auf eine staatliche Basis dieses Festes in der 25. Dynastie verweisen würde.373 Das lokale Ahnenfest erlebte eine neue Blüte, ob es allerdings mit einem königlichen Besuch der göttlichen Vorfahren in Form der Götterneunheit verbunden war, ist nicht zu belegen. Dies mag in der Veränderung der Theologie des Amun im 1. Jt. v. Chr. begründet sein, die eine Verbindung zu Osiris und dem Kult in Djeme beinhaltet. Mit dem Aufblühen des Dekadenfestes, bei dem Amun die heilige Stätte von Djeme in Medinet Habu besuchte, wurde das Schöne Fest vom Wüstental in das Dekadenfest einbezogen, denn beide Feste verbindet der Aspekt der Regeneration des Königtums.374 Wenden wir uns nun einem anderen Platz der Verehrung der Vorfahren zu: Abydos. In Abydos wurde seit dem Mittleren Reich das frühzeitliche Grab des Djer mit dem mythischen Grab des Osiris identifiziert.375 Die sakrale Landschaft erfuhr durch die Könige des Mittleren und Neuen Reiches eine Ausgestaltung, die durch Tempel, Kenotaphe und Prozessionsstraßen für die jeweils gültigen Verehrungsformen geschaffen wurde. Zentral waren die Prozessionen zum Osirisgrab, in denen die Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tod und Regeneration zum Ausdruck gebracht wurden. Von diesem alten heiligen Ort ist eine Fülle von Hinterlassenschaften aus der 25. Dynastie erhalten.376 Hintergrund ist neben dem allgemeinen Aufschwung des Osiris-Kultes im 1. Jt. v. Chr. ein „eigenes, besonderes Interesse an Abydos, begründet im Osirismythos und der Bezugnahme auf den königlichen Ahnenkult.“377 Mit dem königlichen Ahnenkult zu verbinden sind sowohl die Gräber der Könige der Frühzeit als auch die Tatsache, dass Osiris als der tote König Vorgänger eines jeden lebenden Horus ist.378 Die enge Beziehung der Kuschiten zu Abydos ist auf drei Spuren zu verfolgen: schon lange bekannt sind einige Gräber von Angehörigen der kuschitischen Königsfamilie sowie weitere Denkmäler, die Familienmitglieder des kuschitischen Königs in Abydos belegen.379 Des Weiteren – und für den Aspekt der Verehrung von göttlichen Ahnen maßgeblicher – sind die zahlreichen Hinterlassenschaften eines Rituals am Osirisgrab. Dabei handelt es sich um Tausende von spezifischen Gefäßen, die um das mythische Osirisgrab abgelegt wurden.380 In der 25. Dynastie tritt ein neuer Gefäßtyp auf, der als Massenware lokal hergestellt wurde. Die Form selbst geht auf sehr alte Vorbilder aus den Königsgräbern der Frühzeit zurück, knüpfte also direkt an die weit zurückliegenden Vorfahren an.381 Doch ging es hier nicht um die realen Vorfahren, um die leiblichen Repräsentanten des Königtums.  370 Ullmann 2002, 675. 371

Morkot 2014, 10. Zum Schönen Fest vom Wüstental in der Spätzeit siehe Traunecker/Le Saout/Masson 1981, 134– 137.  372 Bietak/Reiser-Haslauer 1978, 29; Pischikova 2015, 149–150 373 Leclant (1965, 173–174) vermerkt, dass in älterer Literatur Restaurierungsarbeiten von Taharqo genannt sind, die jedoch nicht verifiziert werden konnten.  374 Traunecker/Le Saout/Masson 1981, 134–135.  375 Dazu zusammenfassend Effland/Effland 2013, 14–20.  376 Budka 2012; Effland/Effland 2013, 78–79; Leahy 2014; Budka 2017. 377 Budka 2012, 31; vgl. Effland/Effland 2013, 78–79. 378 Die Königsrolle des Osiris wird z. B. auch dadurch ausgedrückt, dass sein Name in Kartusche geschrieben wird (Coulon 2010, 16). 379 Zuletzt dazu Budka 2012; Leahy 2014.  380 Budka/Effland/Effland 2010, 35–69, bes. 57–58; Budka 2017; Budka 2018, 364–366. 381 Budka/Effland/Effland 2010, 60.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Abb. 11a: Die Pyramide des Taharqo in Nuri (Nu. 1; Foto: A. Lohwasser).

Abb. 11b: Grundriss der Pyramide des Taharqo (aus: Dunham 1955, fig. 1).

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Vielmehr diente alles einem Ritual für den mythischen Vorfahr, den Gott Osiris. Der König war in dieses Ritual als der Sohn und Erbe des Amtes einbezogen.382 Das besondere Engagement der Könige der 25. Dynastie in Abydos lässt sich mit Bekräftigen des Kultes für den Vorfahr auf der göttlichen Ebene, für die überweltlichen Ahnen, beschreiben. Es ist nicht Osiris als Gott der Toten, der hier eine besondere Verehrung erfuhr,383 sondern Osiris als die Verkörperung des Amtsvorgängers als König. Ein Hinweis zu der besonderen Verbindung der Kuschiten zu den Ritualen in Abydos sind auch die Scherben von bestimmter figürlich dekorierter Keramik, die in El Kurru gefunden wurden. Sie erfuhren in der Forschung hohe Aufmerksamkeit und unterschiedliche Deutungen.384 In der Regel wurden sie mit dem ägyptischen Ritual „Zerbrechen der roten Töpfe“ aus dem Neuen Reich verbunden. Gefäße des gleichen Typs, die ebenfalls in einem Ritual zerstört wurden, sind jüngst in Abydos gefunden worden. Sie sind in die gleiche Zeit wie die Scherben aus El Kurru zu datieren, so dass Budka sie als Belege für ein „specific ritual in connection with ancestor/funerary cult: innovative adaption to Kushite funerary practice with possible Egyptian influence“ interpretiert.385 Eine weitere Spur des Engagements der Kuschiten in Abydos führt direkt zu Taharqo: Er ließ sich sein Grab in Nuri, den Unterbau der Pyramide Nu. 1, in der Form des Osireion von Abydos errichten (Abb. 11).386 Taharqo gründete in Nuri einen neuen Platz als Königsfriedhof, der dann bis auf wenige Ausnahmen bis zum Ende der napatanischen Phase des Reiches von Kusch als solcher genutzt wurde. Er verband sich aber gerade nicht mit seinen realweltlichen Amtsvorgängern, deren Bestattungsanlagen in El Kurru zu finden sind,387 sondern inaugurierte ein völlig jungfräuliches Gebiet als späteren Friedhof. Nicht nur die Ortslage, auch der Grabbau selbst unterscheidet sich maßgeblich von dem aller anderen kuschitischen Könige. Zwar ist auch hier der Oberbau eine Pyramide – die wohl erst nach seinem Tod nochmals deutlich vergrößert wurde388 – der Unterbau aber besteht nicht aus der damals üblichen Abfolge von Vor- und Grabkammer, sondern ist dem Osireion des Sethos I. in Abydos nachempfunden. Dies führte dazu, in Nu. 1 nicht das Grab, sondern einen Kenotaph des Taharqo zu sehen.389 Dass Taharqo aber tatsächlich in Nu. 1 begraben wurde, ist durch dort gefundene Bestattungsreste inzwischen gesichert, auch wenn die Position eines Sarges nicht auf einer Erhöhung wie im Osireion, sondern in einer Vertiefung und somit im Wasser erklärungsbedürftig ist.390 Taharqo verschmolz in seiner als Osirisgrab gestalteten Begräbnisstätte mit diesem Gott: „Even though all kings (and all mortals) were thought to unite with Osiris in death, Nuri I – like Seti’s Osireion – seems to have been designed to assert that Taharqa had truly and literally become the god, and that primeval kingship, fertility, and the continuity of the state emanated from the sainted being of this king, who had become the eternal king.“391 M. E. geht Taharqo mit der Planung seines Grabes noch weiter: Indem er einen Ort für das Osireion auswählt, der weder durch einen bestehenden Königsfriedhof noch Tempelbauten bereits als Sakralort vorbestimmt ist, schafft er damit einen neuen Heiligen Ort, der als „südliches Abydos“ gelten kann. Wir wissen nicht, ob es die Intention dieses Königs war, einen neuen Königsfriedhof anzulegen – dass sein Nachfolger Tanwetamani wieder in El Kurru bestattet ist, spricht dagegen. Möglicherweise sollte Nuri die Funktion einer Osiriskultstelle erhalten, mit Nu. 1 am höchsten Punkt des Gebiets als mythisches Osirisgrab. T. Kendall legt viele Gründe dar, warum Taharqo seine Pyramide genau an diesem Ort errichtet hat und verbindet es insbesondere mit der Überschwemmung, die die Geburt und den Tod des Osiris symbolisiert.392 Vielleicht lässt sich hier auch noch eine topographische Begründung  382 Kucharek 2006, 56–57. 383

Einaudi (2007, 485) argeumentiert bezüglich der Nachbildung des mythischen Grabes des Osiris an verschiedenen Orten, so auch im Osireion in Abydos und in Nu. 1, dass die Verstorbenen das Schicksal des Gottes teilen und somit im Jenseits wiedergeborden werden sollen. M. E. greift diese Interpretation insbesondere bei den königlichen Bauten zu kurz, hier ist sicher auch die Anbindung an den mythischen Vorgänger zu bedenken.  384 Zusammenstellung der Deutungen bei Budka 2014, 645, Tab. 1. 385 Budka 2014, 645. 386 Dunham 1955, 6–16; Eigner 1984, 183; Einaudi 2007, 483. 387 Schebitqo ist im Grab Ku. 18, Schabaqo in Ku. 15 begraben (Dunham 1950, 55–59, 67–71).  388 Dazu Kendall 2008, 118–119. 389 Die Literatur zur heute abgelehnten These ist zusammengefasst in Kendall 2008, 120. 390 Zu all diesen Problemen Kendall 2008, 120. 391 Kendall 2008, 120. 392 Siehe dazu konkret Kendall 2008, 140. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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anschließen: Die Pyramide (somit das Osireion) liegt direkt an einem breiten Wadi, das aus dem Hinterland, der Bayuda, Richtung Nil fließt. Zwar ist das Gebirge deutlich weiter entfernt als in Umm el Qaab und auch weniger hoch (und damit weniger markant), doch eine landschaftliche Ähnlichkeit ist vorhanden. Es gibt noch weitere Elemente, die Nuri mit dem Osiriskult in Abydos verbinden: wie in Abydos wurden auch in Nuri so genannte Qaab-Gefäße gefunden.393 Diese besonders geformten kleinen Keramiktöpfe wurden im Ritual für Osiris verwendet und sind in großen Mengen in Abydos belegt. Das einzige Vorkommen außerhalb von Abydos ist aus Nuri bekannt.394 In Nuri wurden sie in den Gründungsdepositen von Pyramiden entdeckt, können da also nicht den gleichen Zweck erfüllt haben. Da diese Pyramiden jedoch erst nach Taharqo datieren, besteht die Möglichkeit, dass es sich um sekundäre Deponierungen handelt und die Gefäße zunächst ebenfalls in einem Ritual eingesetzt wurden. Noch eine weitere Beobachtung soll angesprochen werden. Taharqo war der erste König, bei dem Steinuschebtis in großer Zahl gefunden wurden. Die Begräbnisse in El Kurru – auch der nach Taharqo regierende Tanwetamani – enthielten Uschebtis aus Fayence.395 Diese Fayenceuschebtis entsprechen der Tradition der 3. Zwischenzeit in Ägypten, sie sind in Modeln gepresst und mit einem kurzen Spruch versehen.396 Sie können als Übernahme von ägyptischen Vorbildern im zeitgleichen Bestattungswesen verstanden werden. Anders ist aber die Verwendung von Uschebtis aus Stein zu sehen, die in Nubien nur in Nuri und erstmalig bei Taharqo belegt sind. Mindestens 1070 Uschebtis in unterschiedlicher Größe und aus verschiedenem Gestein lagen zwar größtenteils verstreut im Raum B der unterirdischen Anlage, ursprünglich aber wahrscheinlich „ranged standing in at least three rows around the walls of the main chamber B.“397 In Abydos wurden ebenfalls Steinuschebtis gefunden, darunter solche, die mit dem Namen der Gottesgemahlin Amenirdis I. beschriftet sind.398 Die Bestattung der Amenirdis I. hat jedoch sicher in der Thebais stattgefunden, solche Uschebtis können daher als ein Zeugnis „von komplexen rituellen Handlungen in Zusammenhang mit Feierlichkeiten im Rahmen der Osirismysterien“399 interpretiert werden. Uschebtis sind als Abbilder Substitute von Verstorbenen, die ihn punktuell vertreten können und ihn damit (z. B. bei den Osirismysterien) anwesend sein lassen.400 Ebenso könnten die Steinuschebtis des Taharqo in Nuri zunächst nicht als persönliche Begleiter in einem Grab, sondern als Ritualrelikte an einem Heiligen Ort gedient haben.401 Ob Taharqo mit seinem Grab eine Osiriskultstätte und damit verbundene Prozessionsfeste in Nuri schaffen – und damit ähnlich zum Jebel Barkal als „südliches Karnak“ ein „südliches Abydos“ konzeptualisieren wollte?402 Die Vergrößerung der Pyramide wohl nach seinem Tod, die die Kapelle im Osten überbaute, nahm der Grabanlage ihre Verehrungsstelle: an der größeren Pyramide wurde keine Kultstelle für den Verstorbenen errichtet.403 Zwar ist der Oberbau das größte je in Nubien gebaute Grabmonument, ein Platz für eine Erinnerung an den Grabherrn gibt es jedoch nicht. Es bleibt als Osirisgrab die Stätte der ewigen Regeneration auch des Königsamtes, und insbesondere der Verweis auf den mythischen Vater des jeweils lebenden Horus-Königs.

 393

Siehe Budka 2018, 364 mit n. 45, fig. 7.  Budka 2018, 364. 395 Siehe für Schabaqo Dunham 1950, 57, für Schebitqo Dunham 1950, 69 und für Tanwetamani Dunham 1950, 61.  396 Knapp dazu Schneider 1977, 235–236. 397 Dunham 1955, 10.  398 Effland 2006, 135 verzeichnet ein steinernes Uschebtifragment, das Reste einer Kartusche von Amenirdis trägt. Darüber hinaus wurden Fragmente von weiteren, stilistisch gleichen, Steinuschebtis gefunden, die wohl ebenso Amenirdis I. zuzuweisen sind (mündl. Mitteilung A. Effland). Siehe auch Effland/Effland 2013, 79–80, Abb. 6. 399 Budka 2012, 32. 400 Pumpenmeier1998, 76–78. 401 Dass die Uschebtis in Kusch neben ihrer Funktion als Substitut des Verstorbenen auch als Wächter gedient haben, zeigt Balander 2014.  402 Siehe dazu im Kap. II.5.4. 403 Dunham (1955, 7 mit n. 1) schreibt „... to allow ample space for a small chapel. Whether this chapel was actually built and may still exist beneath the later structure can only be proved by further excavation.” Kendall hingegen geht von einer Kapelle aus, da Reisner „several carved relief blocks and an offering stand“ gefunden hat (Kendall 2008, 118).  394

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Neben dem besonderen Augenmerk der Kuschiten auf die Osiris-Kultstelle in Abydos fällt auch das Engagement für Osiris in Karnak auf.404 Hier wurden bereits am Ende der 3. Zwischenzeit kleine, dem Osiris geweihte Kapellen errichtet. Gerade in der 25. Dynastie sind Kapellen für verschiedene Osiris-Formen gestiftet worden. Diese Kapellen, lange unpubliziert und kaum beachtet, sind gerade in den letzten Jahren in den Fokus des wissenschaftlichen Interesses geraten.405 Jede der Kapellen ist einer besonderen Form des Osiris gewidmet. In die Regierungszeit des Taharqo datiert die Kapelle für Osiris nb-anx pA-wSb-jAd,406 die aber hier nicht in extenso vorgestellt werden soll. Ich möchte nur das für unsere Fragestellung Wesentliche bemerken und ziehe dazu die Formulierung von M. Fitzenreiter heran: „Sieht man Osiris in dieser Konstellation nicht als den Gott der Toten, sondern als einen Gott des Königtums, so fällt ihm in der Konstellation mit dem Horus-König die Rolle des mythischen Vaters oder Urahn zu. Setzt man diese nun wieder ins Verhältnis zur Funktion des gesamten Osiris-Kultbereiches als einem Ort der festlichen Regeneration und Transformation, so wird durch die Anerkennung des Königs durch den königlichen Ahn gewissermaßen die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Amun ihn zum Pharao erhebt.“407 Allerdings dürfte die Initiative für die Anlage der Kapellen aus der Institution der Gottesgemahlin gekommen sein, da diese in all diesen Heiligtümern prominent dargestellt werden.408 Sicherlich ist auch der König im Relief präsent, doch dies mag dem Umstand geschuldet sein, dass die Errichtung von Heiligtümern und der Ritualvollzug grundsätzlich königliches Monopol waren. Dieses wurde nun gerade von den Gottesgemahlinnen der Spätzeit aufgeweicht, und so gibt es auch Osiris-Kapellen, die keine Darstellung des Königs beinhalten.409 Die Kapellen, die wohl mit einer Osirisprozession in Verbindung standen,410 verdeutlichen die Prominenz des Osiris auch in Karnak zu dieser Zeit. Sie können auch eine Rolle in der Legitimation des Taharqo gespielt haben, der sich in der Kapelle des Osiris Heqa-Djet als Nachfolger und Erbe des Gottes präsentiert.411 Der Prototyp der königlichen Legitimation mittels einer Osiris-Kapelle könnte die Kapelle J (für Osiris wp jSd) sein.412 Darin wird die „Göttliche Geburt“ des Horus und dessen Nachfolge auf dem Thron des Osiris thematisiert. Möglicherweise ist es hier auch das erste Mal, dass in der Dekoration eine Gottesgemahlin einbezogen ist und sie damit „into symbolic strategies meant to enhance royal legitimacy“413 integriert wird. Möglicherweise ist auch die Tatsache, dass die Gottesgemahlin in Theben als Stellvertreterin des Königs wirken konnte414 ausschlaggebend für die Integration in die Dekoration der Kapellen, denn damit musste auch sie in das legtimatorische Konzept einbezogen werden. Unter der Prämisse des gemeinsamen kultpolitischen Agierens von König und Gottesgemahlin ist die Kommunikation mit Osiris als königlichen Ahn zu sehen – der König als lebender Horus übernimmt das Amt von seinem Vater und die Gottesgemahlin als seine Stellvertreterin ist in dieses Handeln einbezogen. Unterstrichen wird diese Einbindung in die Legitimation auch durch die beiden Kapellen von Schepenupet II., die auf eine königliche Präsenz in der Dekoration völlig verzichten: Schepenupet II. ist diejenige Gottesgemahlin, die sich der königlichen Vorrechte in höchstem Maße bedient.415 In den beiden Kapellen ist Amenirdis I. als ihre verstorbene Vorgängerin prominent vertreten, Schepenupet II. folgt ihr in ihrem Amt als Gottesgemahlin nach. Sie unterstreicht ihren königlichen Anspruch aber auch durch den Kult an Osiris als königlichen Vorgänger.

 404

Zum Osiris-Grab in Karnak siehe Coulon 2005. Eine Zusammenstellung der Osiris-Kapellen in Karnak ist Coulon/ Hallmann/Payraudeau 2018.  405 Überblick über die Lage und Namen der Kapellen bei Coulon 2010, 18–19; Literatur bei Coulon 2010, 14 (n. 98– 100); siehe auch Coulon 2016a; zuletzt Coulon/Hallmann/Payraudeau 2018.  406 Karnak Nord; zuletzt Jansen-Winkeln 2009, 87–92 mit Literatur. 407 Fitzenreiter 2014, 115. 408 Ayad 2009, 75–86. 409 Schepenupet II. mit Amenirdis I.: Kapelle für Osiris Hrj-jb-pA-jSd und Kapelle für Osiris pA-dd-anx (Koch 2012, 121–123 und 128–129).  410 Kucharek 2006; siehe auch unter II.4.5.2. 411 Fitzenreiter 2014, 114–117. 412 Perdu 2010. 413 Jurman 2016, 81. 414 Ayad 2016. 415 Aufderhaar 2016, 144–145.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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4.3.3 Der mythische Vorfahr in Kusch: Osiris, Dedun? Derzeit ist es schwierig, einen mythologischen Vorfahren als Legitimation in Kusch zu identifizieren. Auch dort spielt Osiris die Rolle des Amtsvorgängers, als solcher ist er z. B. in Kawa dargestellt: höchstwahrscheinlich ist es Osiris, der den König am Tor als seinen Nachfolger empfängt.416 Auch auf den Stelen in Kawa lesen wir, dass Osiris als der Amtsvorgänger angesprochen wird, so z. B. Stele Kawa V (Z. 19): „erschienen auf dem Thron seines Vaters Osiris“.417 Osiris ist also der göttliche Vater und zugleich der Vorgänger im Königsamt, der dieses an seinen Sohn, den lebenden Horus, weitergibt (Abb. 12). Taharqo bindet sich also auch in Kusch durch Osiris in die Königsfolge ein, der deutlichste Hinweis mag hier wieder das Osireion in Nuri sein.

Abb. 12: Türpfosten mit der Darstellung von Taharqo und Osiris (?) (Bonn, Ägyptisches Museum der Universität, Leihgabe der Stadt Grevenbroich, Inv.-Nr. GV/86000575; Zeichnung: V. Hoops)

 416 417

Fitzenreiter 2014, 117. Macadam 1949, 28, pl. 9, 10. 

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In Kusch gibt es jedoch auch eine eigentümliche Verbindung zwischen Osiris und dem Gott Dedun. Während Dedun in Ägypten als Konzeptgottheit des „Südens“ zu interpretieren ist,418 tritt er in Nubien sowohl als Gott Nubiens („Erster von Nubien“ in der Beischrift zur Szene in B 307, „Gott von Kusch“ auf der Inthronisationsstele des Aspelta, Z. 2) als auch als Äquivalent zu Osiris auf.419 Letzterer ist die verehrte Gottheit im Tempel B 700: In einem dort erhaltenen Hymnus erfahren wir, dass „Osiris-Dedun“420 angebetet wurde. Dedun wäre hier also eine Erscheinungsform des Osiris.421 Der Tempel selbst ist allerdings für Amun errichtet worden,422 die Position des Osiris-Dedun-Hymnus innerhalb der Tempeldekoration – es sind nur verworfene bzw. sekundär verbaute Blöcke gefunden worden – ist unsicher. Während T. Kendall ihn zentral an einer Scheintür, die in den Berg führt, positioniert sehen möchte, nimmt Priese ein „unvollendet gebliebenes, längst im Verfall begriffenes Bauwerk, aus dem in meroitischer Zeit Blöcke für die Reparaturen in B 703 und für die Nische B 704 entnommen wurden.“423 Wie auch immer diese Dekorationselemente zu Ehren des Osiris-Dedun aber angebracht waren, maßgeblich ist der Hinweis auf die schöpferische Kraft dieses Gottes. T. Kendall geht daher davon aus, dass Dedun bei der Erneuerung des Königsamtes eine wichtige Rolle spielte.424 Insbesondere nach der 25. Dynastie wird Dedun als „Vorsteher von Nubien“ mehrfach genannt, auch Osiris-Dedun ist erwähnt.425 Die Beziehungen zwischen Osiris und Dedun sind vielfältig und es ist denkbar, dass Dedun in Kusch die Rolle des aktiven, das Königsamt vererbenden Osiris einnimmt. Die Quellen dazu sind allerdings alle erst nach Taharqo zu datieren. Dies lässt den Schluss zu, dass unter Taharqo auch in Kusch Osiris als der Gott des immerwährenden Königtums, des mythischen Ahn im Amt fungierte und diese Rolle erst danach mit Dedun verbunden wurde. 4.3.4 Taharqo im Kontinuum des Königsamtes Durch die Beziehung auf Vorgänger, seien es namentlich genannte wie Alara oder allgemeine Formulierungen wie die tp.jw-a, reiht sich Taharqo in die Folge von Herrschern ein, die tatsächlich an der Macht waren. Taharqo band sich damit in das Kontinuum der Abfolge von rechtmäßigen Königen ein und stellte sich als ein Glied in dieser Kette dar. Auf der mythischen Ebene verwies er, wie es im 1. Jt. v. Chr. in Ägypten die Regel war, auf Osiris in seiner Funktion als göttlicher Vater des „lebenden Horus“. Es ist erstaunlich, dass direkte Bezüge in der Phraseologie der Herrscherlegitimation der Spätzeit nur selten zu greifen sind,426 in Baumaßnahmen und Kulthandlungen diese Hinwendung zu Osiris als mythischer Amtsvorgänger jedoch große Bedeutung erlangt. 4.4

Die Anerkennung durch die Entscheidungsträger

Der designierte König bedarf der Anerkennung durch irdische wie auch sakrale Entscheidungsträger.427 Erst wenn er sich auf diese Autoritäten berufen kann, ist eine reibungslose Herrschaftsübernahme möglich. Die Autorität im sakralen Bereich ist der Reichsgott Amun, wobei wir hier wieder zwischen der ägyptischen Form des Amun-Re von Karnak und dem kuschitischen Amun-Re vom Jebel Barkal bzw. von Napata unterscheiden müssen. Doch auch in der realen Situation muss Taharqo Anerkennung finden, um sich den Einfluss auf politisches Handeln zu sichern.

 418

Thissen 2013, 500–501. Zu Dedun siehe Kuckertz/Lohwasser 2016, 61–62.  420 Zu Osiris-Dedun siehe auch Kormysheva 2010, 229. 421 So Priese 2005, 145. 422 Priese 2005, 139: „Der gesamte inschriftliche Befund macht es sicher, dass der Tempel für Amun gebaut wurde.“ 423 Priese 2005, 142. 424 Kendall 2014, 677–678. 425 Quellen bei Kormysheva 2010, 226–229.  426 Blöbaum 2006, 196–197. 427 Török 1997, 217. 419

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4.4.1 Die „Auswahl“ des Taharqo Aus verschiedenen, allerdings etwas späteren Quellen aus Kusch haben wir überliefert, dass der neue König aus einer Gruppe von Thronanwärtern ausgewählt wurde.428 Diese Auswahl ist durch eine Gruppe von Angehörigen des Militärs, der zivilen Verwaltung und der Priesterschaft getätigt worden. Am ausführlichsten ist sie auf der Stele des Aspelta, etwa ein halbes Jh. nach Taharqo, überliefert.429 Doch auch für spätere Könige können wir aus Bemerkungen in deren Regierungsinschriften erkennen, dass sie für das Königsamt ausgewählt wurden. Für die Thronbesteigung Taharqos ist eine solche Quelle nicht erhalten, wir können daher keine Auswahl wie in etwas späterer Zeit postulieren. Überhaupt ist das früheste überlieferte Datum der Herrschaft Taharqos dessen Jahr 2, mit dem die Stele Kawa III, die die Stiftungen an den Tempel von Kawa der Jahre 2–8 abdeckt, beginnt.430 Wir haben daher kein über Texte gesichertes Wissen über seinen Regierungsantritt. An verschiedener Stelle wurden bereits Zweifel geäußert, dass der Herrschaftsantritt des Taharqo problemlos verlaufen sei.431 Es ist hier nicht der Ort, diesen Zweifeln nachzugehen, vielmehr soll die Rechtfertigung des Taharqo in den Mittelpunkt gestellt werden. Seine erfolgreiche Herrschaft fußte nicht zuletzt auf der Anerkennung der Entscheidungsträger, die ihm damit die Führungsgewalt zugebilligt hatten. Als Quellen können uns nur die inschriftlichen Dokumente dienen, die uns Taharqo selbst hinterlassen hat, und hier sind es eher versteckte Hinweise als offensichtliche Statements. Dies mag damit zu tun haben, dass wir von Taharqo keine Regierungsinschrift kennen, wie sie von manchen anderen Königen im zentralen Heiligtum am Jebel Barkal positioniert wurden. Doch hinterließ Taharqo in Kawa, wo er den Tempel T für Amun von Kawa erneuern ließ, mehrere Stelen, die etwas Einblick in unsere Thematik geben. Auf der Stele Kawa IV heißt es (Z. 7–13):432 „Nun war Seine Majestät in Nubien als Jüngling, ein ‚Königsbruder‘ (sn nzw), süß an Liebe. Dann kam er nordwärts fahrend nach Theben, inmitten der Jünglinge, denn Seine Majestät König Schebitqo, selig, hatte geschickt nach ihnen nach Nubien, damit er (Taharqo) bei ihm (Schebitqo) sei, weil er (Schebitqo) ihn mehr liebte als alle seine Brüder (sn.w). … Seine Majestät wurde gekrönt als König von Ober- und Unterägypten, die ‚beiden Herrinnen‘ (Doppelkrone) auf seinem Haupt befestigt und sein Horus-Name ‚Hoch an Erscheinungen‘ gemacht. Er erinnerte sich an diesen Tempel, den er gesehen hatte als Jüngling im ersten Jahr seines Erscheinens (als König).“ Diese Textstelle endet mit dem Hinweis, dass Taharqo im Jahr seiner Thronbesteigung den verfallenen Tempel von Kawa gesehen hatte – bei seiner Reise in den Norden, als er vom regierenden König Schebitqo gerufen wurde. Zugleich wissen wir aber aus anderen Stelen aus Kawa, dass die Baumaßnahmen nicht vor dem Jahr 6 seiner Regierung begonnen haben – dem gleichen Jahr, in dem die Mutter des Taharqo, Abalo, diesen als „gekrönten Sohn“ besucht. Auf der Stele Kawa V ist ein ähnlicher Textabschnitt erhalten (Z. 13–15): „Ich kam aus Nubien mit den ‚Königsbrüdern‘ (sn.w nzw), die Seine Majestät gerufen hatte, damit ich mit ihm bin, denn er liebte mich mehr als alle seine Brüder und mehr als alle seine Kinder, indem ich ausgezeichnet wurde vor ihnen durch Seine Majestät. Die Herzen der Pat-Menschen wandten sich mir zu und die Liebe zu mir war mit allen Menschen. Ich erhielt die Krone in Memphis, nachdem der Falke in den Himmel gestiegen ist.“433 Problematisch ist die Tatsache, dass die Reise der Abalo zum gekrönten Sohn im Jahr 6 stattfand, ebenso der Bau des Tempels in diesem Jahr begann. Die Lösung dieses chronologischen Problems könnte sein, dass es in den ersten Jahren des Taharqo eine parallele Herrschaft gab: Im Norden regierte Schabaqo, im

 428

Ausführlich dazu mit Quellen Lohwasser 2000.  FHN I, 232–252 mit Literatur. 430 Macadam 1949, 4–14; Dallibor 2005, 203. 431 Macadam 1949, 128; Dallibor 2005, 34–35 mit Literatur.  432 Macadam 1949, 15, 17–19; FHN I, 139–140; Dallibor 2005, 41. 433 Mit „der Falke“ ist hier der direkte Vorgänger Taharqos, Schabaqo, gemeint. Dies steht in einem gewissen Widerspruch zur Stele Kawa V, wo nur von Schebitqo die Rede ist. Die Lösung kann ein „Urtext“ sein, aus dem anlassbezogen Motive für die konkreten Stelen ausgewählt wurden. Eine lange Diskussion dazu (auch mit Gegenargumenten) findet sich bei Bányai 2015, 141–147. 429

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Süden und in Nubien Taharqo.434 Tatsächlich ist es so, dass Taharqo nicht vor seinem 6. Regierungsjahr nördlich der Thebais belegt ist. Von Schabaqo kennen wir Baumaßnahmen in Karnak, Luxor und Medinet Habu, die einzige Datierung ist allerdings eine Nilstandsmarke aus dem 2. Regierungsjahr. Man kann also annehmen, dass Taharqo zu einem bestimmten Zeitpunkt (sechs Jahre vor dem Tod Schabaqos?) Oberägypten bis mindestens zur Thebais einnehmen konnte.435 Dies bedeutet, dass es keine zentrale Regierung unter einem Pharao gab, und Taharqo zählte seine Regierungsjahre zwar ab seinem Regierungsantritt, jedoch waren die Krönung in Memphis und die Entsendung von Handwerkern aus Memphis für den Bau des Tempels von Kawa erst nach der Übernahme der Gesamtherrschaft möglich. Unsere Frage hier ist aber die nach der Legitimation mittels der Anerkennung durch die Entscheidungsträger. Auf den Stelen Kawa IV und V berief sich Taharqo darauf, dass ihn der regierende König Schebitqo in den Norden geholt hätte. Er wäre von ihm vor den anderen sn.w nzw, also den anderen Thronanwärtern, bevorzugt worden, Taharqo war es, den er „mehr liebte als alle seine Brüder und alle seine Kinder.“ Taharqo verwies also darauf, dass der Machinhaber ihn als Thronkandidaten an die Spitze gestellt habe, es damit der Wunsch eines Vorgängers war, dass er der neue König sein sollte. Wenn wir von einer parallelen Herrschaft von zwei Königen, Schabaqo und Taharqo für wenigstens eine gewisse Zeit ausgehen, so sind die Textabschnitte dahingehend zu verstehen, dass Taharqo sich als von einem davor regierenden König als Nachfolger ausgewählt verstand. Eine solche Stellungnahme ist einzigartig in den kuschitischen Texten zum Königtum, an keiner anderen Stelle erfahren wir, dass ein Vorgänger seinen Nachfolger ausgewählt hätte. Zwar wird das Konzept der Koregentschaft in Ägypten zu gewissen Zeiten vermutlich praktiziert, wobei der Vorgänger und der von ihm erwählte Nachfolger gemeinsam regieren, doch kennen wir das aus Kusch nicht. Hier ist es eine Gruppe von Kandidaten, aus denen eine „Kommission“ auswählt.436 Taharqos legitimatorischer Verweis zielt entgegen der üblichen Regelung auf den im Amt befindlichen König, die höchste Autorität, dem – zumindest für die Thronbesteigung des Taharqo – die Entscheidung für den zukünftigen König in den Mund gelegt wurde. Die Inschriften mit diesen Textstellen sind in Kawa gefunden worden, sie haben ihre Funktion also im kuschitischen Kulturraum. Der Textabschnitt von Kawa V ist auch noch auf der parallelen Stele in Tanis erhalten, so dass diese Rechtfertigung der Herrschaft auch in Ägypten – und hier konkret in Unterägypten, wo Taharqo erst ab seinem 6. Regierungsjahr belegt ist – postuliert wurde.437 Der Textabschnitt in Kawa V, 13–15 und Tanis, 5–8, lautet: „Ich kam von Ta-Sety zusammen mit den königlichen Brüdern, die seine Majestät von dort bringen ließ, damit ich bei ihm sein konnte, denn er liebte mich mehr als seine (anderen) Bruder und all seine Kinder. Ich wurde ihnen von seiner Majestät vorgezogen, damit das Herz aller Pat-Leute mir diente und Liebe zu mir bei allen Leuten war. Ich empfing die Krone in Memphis, nachdem der Falke zum Himmel geflogen war…“438 Die Berufung auf einen Vorgänger, die Anknüpfung an den davor regierenden König, ist eines der Standbeine der ägyptischen Legitimationsstrategie.439 Die Designation durch einen Vorgänger – auch wenn es in diesem Fall wahrscheinlich nicht der direkte Vorgänger war – ist allerdings in der Spätzeit nur von Taharqo bekannt.440 Insofern stellt sich die Frage, wieweit die Designation bzw. Anerkennung durch den zu der Zeit

 434

Diese Konstruktion ist nur mit der umgekehrten Reihenfolge zweier Könige möglich: traditionell wird Schabaqo vor Schebitqo gesetzt, die Diskussionen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass eine Umkehrung zu Schebitqo – Schabaqo sehr viel wahrscheinlicher ist (Bányai 2013; Bányai 2015; Broekman 2015; Jurman 2017). Ich selbst hatte mich zunächst gegen diese Umkehrung ausgesprochen (Kommentare zu Bányai 2015), bin mittlerweile aber auch von dieser Lösung überzeugt. 435 Anders Bányai (2013, 77), der annimmt, dass Taharqo mit Schabaqos Billigung die Herrschaft über Oberägypten hatte, Schabaqo selbst aber seine nominelle Oberhoheit über ganz Ägypten behalten hatte.  436 Lohwasser 2000. 437 Die beiden anderen parallelen Stelen von Koptos und Matana geben nur Teile des Gesamttextes von Kawa V wieder und beinhalten nicht den Abschnitt mit der Auswahl durch Schebitqo. 438 Übersetzung nach Bányai 2015, 141. 439 Blöbaum 2006, 131. Ich verstehe die Berufung auf Schebitqo allerdings weniger als Anknüpfung an den Vorgänger und damit Einreihung in die Königsfolge als vielmehr als durchaus politische Anerkennung durch den Machthaber. 440 Blöbaum 2006, 133–134. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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aktuellen Herrscher auch in Ägypten als Sicherung der Legitimation von Taharqo herangezogen werden konnte. Neben dem ungewöhnlichen Verweis auf die Anerkennung durch den (Vor-)Vorgänger ist aber auch, insbesondere in der Thebais, die Anerkennung durch die dortigen Autoritäten notwendig. Die kuschitischen Könige hatten die bestehenden Strukturen und einflussreichen Personen akzeptiert und konnten sich ihrerseits auf diese Autoritäten stützen.441 Zu Beginn der Regierungszeit des Taharqo war die Gottesgemahlin Amenirdis I., Tochter des Kaschta, als höchste Priesterin von Karnak im Amt.442 Mit Schepenupet II., Tochter von Pi(anch)y, wurde bereits ihre spätere Nachfolgerin als (Adoptiv-)Tochter in die Institution eingeführt. Taharqo kann sich also wie seine Vorgänger auf Mitglieder der kuschitischen Königsfamilie in Theben stützen. Zu dieser Zeit waren neben der Gottesgemahlin die Obervermögensverwalter dieser Institution sowie die Bürgermeister von Theben, zugleich 4. Priester des Amun, die höchsten Autoritäten der Thebais. Mit Harwa als Obervermögensverwalter kennen wir einen einflussreichen Funktionär, von dem neben seinem außergewöhnlichen Grab im Asasif (TT 37) eine Reihe von Statuen und Inschriften erhalten sind.443 Harwas Einflussbereich geht so weit, dass er sich weit im Süden auf Elephantine in einer Felsinschrift verewigt hat. Wer der ebenfalls sehr einflussreiche Bürgermeister von Theben und 4. Priester des Amun von Karnak bei Regierungsantritt des Taharqo war, können wir nicht mit Sicherheit sagen, da eine genaue Datierung der Einsetzung von Monthemhet noch aussteht – wenn dies überhaupt je möglich sein sollte. Sein Vorgänger als Bürgermeister von Theben und 4. Priester des Amun von Karnak war Karabasken. Er entstammt dem Namen nach einer kuschitischen Familie, sein im südlichen Asasif angelegtes monumentales Tempelgrab (TT 391) ist zusammen mit dem des Karachamun (TT 223) das erste in diesem innovativen, die 25. Dynastie und frühe 26. Dynastie beherrschenden Bautyp.444 Der zweite Protagonist ist Monthemhet, der später – in der Zeit der assyrischen Invasion und des Herrscherwechsels zwischen Taharqo, Tanwetamani und Psametik I. – den Status eines Lokalherrschers einnimmt.445 Er ist auf vielen Denkmälern so eng mit Taharqo verbunden und scheint die „rechte Hand“ des Königs in Theben gewesen zu sein, dass man fast annehmen kann, dass der Anfang dieser politischen Beziehung mit einer gegenseitigen Unterstützungserklärung beim Machtantritt Taharqos lag. Leider wissen wir aber nicht, wann Monthemhet seine Ämter übernommen hat, einzig sein Todesjahr 649/8 v. Chr. ist uns bekannt.446 Es ist möglich, dass Monthemhet entweder gerade in das Amt eingeführt wurde oder aber auch mit Taharqos Unterstützung das Amt übernommen hatte. Der Vater von Monthemhet, Nesptah (A), trug im Gegensatz zu den posthumen Quellen, die ihn als HA.ty-a n N’.t bezeichnen, auf den zeitgenössischen Quellen die in der 22. Dynastie geläufige Bezeichnung rwD aA xsf n N’.t.447 Möglicherweise wurde bereits Nesptah (A) durch Taharqo (wieder) in dieses Amt eingesetzt und damit die Autorität über Theben in die Monthemhet-Familie zurückgegeben.448 In der Regel bleiben diese einflussreichen Ämter im Theben der Spätzeit in einer Familie, so war der Sohn von Monthemhet, Nesptah (B), auch dessen Nachfolger als Bürgermeister von Theben und 4. Priester des Amun. In zweiter Ehe war Monthemhet mit Udjarenes, Enkelin des Königs Pi(anch)y verheiratet, die auf vielen seiner Quellen, nicht zuletzt in seinem Grab, eine Vorrangstellung einnimmt.449 Damit war Monthemhet sogar in die kuschitische Königsfamilie eingebunden. Sein Grab TT 34 gehört zu den größten Privatgräbern Ägyptens und spiegelt auch auf dieser Ebene die wirtschaftliche und politische Potenz dieses Mannes wider.

 441

So Exell/Naunton 2007, 104. Siehe dazu zuletzt Lohwasser 2016, 125. 443 Zu Harwa siehe http://www.harwa.it/index.php [31.08.2018] mit der Zusammenstellung der bekannten Quellen und Literatur. Siehe auch Einaudi/Tiradritti 2004. 444 Zu diesen Gräbern Pischikova 2014. 445 Siehe dazu im Kap. III.4.1, zur Beziehung zum König Kap. III.3.2. 446 Zusammenfassend Herrmann 2011, 94. 447 Siehe dazu Payraudeau 2003b; Naunton 2011, 21–24, 111–112.  448 Falls die These mit der rivalisierenden Herrschaft von Schabaqo und Taharqo richtig ist, könnte die WiederEinsetzung der Monthemhet-Familie in diese Ämter als Gegenmaßnahme zu möglichen Schabaqo-treuen Amtsinhabern verstanden werden. Derzeit ist dieses Szenario jedoch durch keinerlei Belege abgesichert.  449 Russmann 1997. 442

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Eine noch unklare Rolle nimmt Pedamenope ein. Er trug keine politischen oder administrativen Titel, war jedoch als Ritualist mit religiösen Texten und Handlungen bestens vertraut – eindrucksvolles Zeugnis ist sein monumentales Grab TT 33 im Asasif, das als „Museum“ oder „Archiv“ religiöser Texte bezeichnet werden kann.450 Sein Einfluss auf die Grabbauten der beiden Könige, unter denen er diente – Taharqos Grab Nuri 1 und Tanwetamanis Grab El Kurru 16 – ist unübersehbar.451 Wie immer die tatsächlichen politischen Verbindungen waren, Taharqo und Pedamenope standen einander nahe452 und, wie an Größe und Komplexität des Grabpalastes TT 33 zu erkennen, ist auch hier eine gegenseitige Unterstützung und Anerkennung anzunehmen. Taharqo konnte sich auf den Einfluss von bedeutenden Persönlichkeiten in der Thebais stützen, die seine Herrschaft – sei es als konkurrierende Herrschaft zu Schabaqo und damit als Usurpator, sei es als Alleinherrscher – befürworteten. Ohne die Machtbasis in den traditionellen Strukturen hätte Taharqo nicht als Pharao wirken können. 4.4.2

Die Anerkennung durch den „Staatsgott“ Amun-Re

Neben der realpolitischen Anerkennung, die das Handeln als Militärführer und Landesherr erst möglich machte, war in Ägypten sowie in Kusch die sakrale Anerkennung durch den höchsten Gott Voraussetzung für das Agieren im kultischen Bereich. Im Neuen Reich hat Amun-Re die Vormachtstellung in der ägyptischen Götterwelt erlangt, materielles Zeugnis davon ist das immense Tempelgelände von Karnak.453 Hier hat nahezu jeder Pharao Baumaßnahmen unternommen – das Errichten von Heiligtümern und das Ermöglichen des Götterkultes gehörten zu den herrschaftserhaltenden Pflichten ägyptischer Könige. An erster Stelle stand jedoch die Bestätigung des neuen Königs durch Amun-Re. Bildlich ist dies vor allem bei den Szenen der Krönung ausgedrückt, wenn Amun-Re seine Hand über den Kopf des neu gekrönten Königs hält, wie es ab der Zeit von Hatschepsut immer wieder im Relief zu finden ist.454 4.4.2.1

Die Anerkennung durch den nubischen Amun-Re

Amun-Re war auch für die Kuschiten der Reichsgott.455 In der Zeit der Kolonie, also in der 18. und 19. Dynastie, errichteten die ägyptischen Pharaonen in Nubien mehrere Tempel für Amun.456 Wir wissen zwar kaum etwas über deren Schicksal nach dem Rückzug der Ägypter, doch blieben die steinernen Bauwerke Zeugnis des Kultes. In der 25. Dynastie wurden einige dieser Tempel erneuert, wie vor allem der Amuntempel am Jebel Barkal (B 500) durch Pi(anch)y.457 Taharqo wiederum ließ den Amuntempel von Kawa neu bauen, daneben war er Bauherr des Amuntempels von Sanam, für den es wahrscheinlich ebenso einen Vorgängerbau aus dem Neuen Reich gab,458 sowie vermutlich für den Tempel von Tabo (Abb. 13).459 Auch aus den Inschriften wissen wir, dass Amun-Re als Staatsgott der Kuschiten galt. Es ist die Inthronisationsstele des Aspelta, die dazu am ausführlichsten Stellung nimmt (Z. 11–13):460 „Da ist dieser Gott Amun-Re, Herr der Throne der beiden Länder, der sich im Jebel Barkal befindet. Er ist der Gott von Kusch. Kommt, lasst uns zu ihm gehen. Wir können nicht etwas beenden ohne ihn,

 450

Traunecker 2014; Traunecker 2018. Traunecker 2018, 138, 145.  452 So Traunecker 2018, 146. 453 Zur Entwicklung und dem Ausbau des Tempels von Karnak siehe Blyth 2006.  454 Das Krönungsritual ist uns bildlich zwar erst seit dem Neuen Reich erhalten, jedoch sicherlich älter und inschriftlich auch schon davor belegt, siehe Barta 1975, 46 mit Literatur.  455 Siehe dazu Török 1997, 263–264, 303–309. 456 Für die Tempel unter Ramses II. mit Nennung von Vorgängerbauten siehe Hein 1991.  457 Reisner 1917, 224–226; Kendall/Mohammed 2016, 47–48.  458 Griffith 1922; zu einem möglichen Vorgängerbau Lohwasser 2012, 299.  459 Es ist kein Name des Bauherrn des Tempels von Tabo erhalten. Aufgrund der Ähnlichkeiten im Grundriss und ikonographischer Details wird er aber in der Regel Taharqo zugeschrieben (Zusammenfassung der Argumente und Literatur bei Wolf 1990, 116–117).  460 Kairo JE 48866; Edition Grimal 1981b, pl. V–VII; Übersetzung in FHN I, 237.  451

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denn eine Sache, die ohne ihn gemacht wird, ist nicht gut, während ein Ereignis in der Hand des Gottes erfolgreich ist. Er war der Gott der Könige von Kusch seit der Zeit des Re. Er ist es, der uns leitet. Die Könige von Kusch waren immer in seiner Hand. Er hat es immer an seinen Sohn gegeben, den er liebt.“461

Abb. 13: Karte der Amuntempel in Nubien, die unter Taharqo funktionstüchtig waren. Der Tempelherr von Qasr Ibrim ist allerdings ungewiss (A. Lohwasser).

 461

Übersetzung nach Revez 2014, 213. Ausführlich zu diesem Abschnitt der Stele Revez 2014. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Dass Amun-Re diejenige Gottheit war, die für die sakrale Anerkennung der kuschitischen Könige zuständig ist, lesen wir aber auch an anderen Stellen. So heißt es z. B. in der Stele des Harsiotef (Z. 10):462 „Amun von Napata versprach mir: ‚Ich will dir die Krone von Nubien geben…‘“, oder auf der Stele des Nastasen (Z. 6–7):463 „Du bist doch sein ‚Sohn‘, Amun, dein guter Vater, zieht dich vor!“464 Diese Inschriften sind zwar deutlich später (4. Jh. v. Chr.), doch zeigt die wiederholte Berufung auf die Auswahl durch Amun, dass diese Art der Legitimation in Kusch eine Tradition hatte. Auch wenn wir kein explizites Zeugnis von Taharqo haben, ist anzunehmen, dass auch ihm die „Krone von Nubien“ durch Amun-Re zuerkannt wurde, dass also die sakrale Anerkennung durch den Reichsgott erfolgte. Der neue König unternahm nach seiner Krönung eine Reise durch sein nubisches Herrschaftsgebiet und besuchte dort die zentralen Heiligtümer, die in der Regel Amuntempel waren.465 Dort hielt er jeweils „Zwiesprache mit dem Gott“, der ihm daraufhin die Herrschaft übergab. So heißt es z. B. in der Nastasenstele Z. 23/24: „Ich ließ Amun von Per-Gematon erscheinen und aus dem Haupttempel herauskommen. Dann führte ich mein erfreuliches Gespräch mit Re, und er erklärte mich zum König über Nubien …“ Z. 25: „Darauf fuhr ich weiter zu meinem guten Vater Amun von Pnubs. Auch Amun von Pnubs erschien, kam aus seinem Haupttempel heraus und gab mir die Herrschaft über Nubien …“.466 Taharqo hat keine große Regierungsinschrift am Jebel Barkal hinterlassen, das früheste dieser Textzeugnisse datiert unter Tanwetamani, dem letzten König der 25. Dynastie, der kurze Zeit noch Ägypten beherrschte.467 Es ist nicht wahrscheinlich, dass eine solche Regierungsinschrift des Taharqo noch nicht gefunden ist, da alle diese Stelen teilweise bereits 1862 zufällig von einem ägyptischen Offizier entdeckt wurden, die andere Gruppe während der Grabungen von G. A. Reisner im Hof B 501 zu Tage gekommen sind.468 So bleibt, dass Taharqo (wie auch Schebitqo und Schabaqo) entweder keine Stele aufstellen ließ oder eine solche verschleppt bzw. zerstört wurde. Das außergewöhnliche Schicksal der Nastasenstele, die nicht erst 1862 mit der Gruppe der anderen großen Königsstelen am Jebel Barkal gefunden, sondern bereits zehn Jahre früher in Dongola gesichtet wurde – wobei sie ebenfalls sicherlich vom Jebel Barkal stammte – zeigt allerdings, dass es noch weitere Möglichkeiten gibt.469 Wir müssen uns daher auf die hauptsächliche Textquelle des Taharqo, die schon mehrfach herangezogene Gruppe von Stelen aus dem Amuntempel von Kawa stützen.470 Auf zwei Stelen können wir Hinweise auf die Auswahl durch Amun-Re erkennen. Auf Stele Kawa VI heißt es (Z. 24): „Er gab für ihn seinen Sohn als Gleichen/Ebenbild (sn.w), den Sohn des Re Taharqo …“, und auf Kawa Stele VII (Z. 6), leider nur fragmentarisch erhalten: „Sein Vater Amun wählte ihn aus…“.471

 462

Kairo JE 48864; Edition Grimal 1981b, pl. XI–XII, neueste Übersetzung mit Kommentar Peust 1999. Ägyptisches Museum und Papyrussammlung Inv.-Nr. 2268; Edition Schäfer 1901; neueste Übersetzung mit Kommentar Peust 1999. 464 Beide Übersetzungen aus Peust 1999, 55, 61. 465 Zu dieser Krönungsreise siehe Török 1992, 113–115; Kormysheva 1994, 197–201. In der spätnapatanischen Zeit, unter Harsiotef und Nastasen, ist der letzte Tempel, der besucht wird, der der Bastet von Tar – was wiederum die Legitimation durch die „göttliche Mutter“ unterstreicht (siehe dazu Lohwasser 2001, 319–322). 466 Übersetzung nach Peust 1999, 63. 467 Traumstele des Tanwetamani (Breyer 2003). 468 Leider gibt es keinerlei Dokumentation der Fundumstände von 1862, sodass wir nicht wissen, wo in der Tempellandschaft des Jebel Barkal diese entdeckt wurden – wenn auch der B 500 plausibel ist. 469 Wenig 1997.  470 Die Stelen Kawa III–VII sind publiziert in Macadam 1949.  471 Madacam 1949, 36, 42; FHN I, 174, 179.  463

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Im Relief des Tempels T sind in den hinteren Räumen Szenen erhalten, die Abschnitte aus dem Krönungsritual zeigen.472 Wesentlich ist dabei die Umarmung durch Amun-Re – in späterer, meroitischer Zeit wird dieses Motiv zum zentralen Moment der Thronübernahme, zur „Erwählung“ durch die Gottheit.473 Ebenfalls gezeigt ist das traditionelle ägyptische Motiv der Anerkennung, indem Amun-Re seine Hand über den vor ihm knieenden König hält.474 Taharqo berief sich nach der heute zugänglichen Quellenlage auf die Auswahl und Anerkennung durch Amun-Re von Kawa. In Sanam sind nur wenige Reste der Dekoration erhalten, der Tempel von Tabo ist bis auf die Grundmauern zerstört, sodass wir von diesen beiden Tempeln keine Parallelen anführen können. Der Haupttempel für Amun-Re ist allerdings der große Tempel am Jebel Barkal, B 500. Dieser wurde von Pi(anch)y mit für kuschitische Verhältnisse immensen Ausmaßen neu gebaut. Von Taharqo gibt es hier bisher keine Zeugnisse von Baumaßnahmen.475 Allerdings verdanken wir ihm einen großen Barkenuntersatz aus grauem Granit, der in höchster Qualität reliefiert wurde. Der Barkenuntersatz, der im zentralen Barkenraum B 506 positioniert war, ist geweiht für „Amun-Re, Herr des Throns der beiden Länder, großer Gott, wohnhaft in Nubien und im Jebel Barkal“.476 Durch die Ausstattung des Tempels mit einem so exquisiten Barkenuntersatz hat Taharqo zwar nicht in die Baustruktur, doch in den Ritualvollzug investiert. Möglicherweise hat dieser Untersatz eine Rolle in Prozessionsfesten gespielt, denkbar ist z. B. eine Prozession zum Mut-Tempel B 300 oder aber auch auf die gegenüberliegende Nilseite nach Sanam.477 Trotzdem bleibt es irritierend, dass Taharqo, der größte Bauherr Nubiens der napatanischen Zeit, am Jebel Barkal zwar zwei Tempel für das Sonnenauge bzw. Mut und Hathor bauen ließ, sich am zentralen Heiligtum für den Staatsgott jedoch nicht verewigte. 4.4.2.2

'LHAnerkennung durch den ägyptischen Amun-Re

In Ägypten ist zu erwarten, dass Taharqo sich ebenfalls auf den zu dieser Zeit höchsten Gott, Amun-Re von Karnak, berief. Aus einem Text vom Ende seiner Regierungszeit erfahren wir, dass Amun-Re Taharqo das Königsamt übergeben hat. Es handelt sich dabei um eine Inschrift im Hof hinter dem 6. Pylon von Karnak, deren Urheber zwar anonym bleibt – alle Kartuschen sind ausgehackt –, eine Zuweisung an Taharqo ist jedoch sehr wahrscheinlich.478 Nach einer Eulogie auf Amun heißt es in dem fragmentarischen Text: „… du hast mir die beiden Länder gegeben, du hast mich unter ihnen ausgewählt… du hast gemacht, dass sie sagen, wie auch meine beiden Länder: ‚Amun macht einen König, so wie er es will.‘ Du hast veranlasst, dass ich dies finde und feststelle: derjenige, den du eintreten lässt … die Menschen, obwohl sie es nicht kannten im Bezug auf mich.“ Es folgt darauf eine ganz ungewöhnliche Klage des Königs, deren Inhalt an dieser Stelle jedoch nicht diskutiert wird.479 Für die Frage der Anerkennung durch Amun wichtig ist der Hinweis, dass dieser Gott es war, der Taharqo ausgewählt hat, dass Amun ihn zum König gemacht hat. Die Auswahl durch Amun ist in diesem Text als Rückblick beschrieben, sie dient als Grundlage für die folgende Klage. Für uns interessant ist die Erinnerung, dass es doch Amun-Re gewesen sei, der Taharqo das Königsamt anvertraut hat, der kuschitische König sich in Ägypten also auf den dortigen Reichsgott gestützt hat.

 472

Macadam 1955, pl. XXII. Wenig 1993, 211–212. 474 Macadam 1955, pl. XXII.C. 475 Die Ausgrabungen am B 500 dauern allerdings noch an und jährlich liefern sie überraschende Ergebnisse. Insofern können wir nicht sicher davon ausgehen, dass Taharqo sich hier nicht engagiert hat.  476 Dunham 1970, pl. XXIX. 477 Siehe dazu im Kap. II.5.4.  478 Grundlegend dazu Vernus 1975, 26–66. 479 Siehe dazu mit Literatur Dallibor 2005, 99–104. 473

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Abb. 14: Der Tempel von Karnak (Bearbeitung des Grundplanes nach: Aufrère u. a. 1991, 84-85; grau gekennzeichnet sind die von Taharqo errichteten Kolonnaden)



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Taharqo machte diesen Bezug zu Amun auch durch seine Baumaßnahmen in Karnak deutlich. Er ließ das so genannte Edifice am Heiligen See errichten,480 berühmt ist auch der monumentale Kiosk vor dem damaligen Haupteingang des Tempels, dem 2. Pylon. Darüber hinaus ließ er vor alle großen Tempel, und damit zugleich in alle Himmelsrichtungen, Kolonnaden vor die Pylone bauen (Abb. 14).481 Kolonnaden mit vier parallelen Säulenstellungen waren eine Innovation in der 25. Dynastie, und sie können direkt mit dem Namen Taharqo verbunden werden. Er ließ folgende Kolonnaden errichten: -

Eine vierreihige Kolonnade vor dem Ramses-Heiligtum im Osten482 Eine vierreihige Kolonnade vor dem Pylon des Chonstempel im Südwesten483 Eine vierreihige Kolonnade vor dem Pylon des Monthtempels in Karnak-Nord484 Eine vierreihige Kolonnade vor dem Pylon des Muttempels in Karnak-Süd, wobei Taharqo den Mut-Tempel maßgeblich umgestaltet und erweitert hat.485

Der monumentale Säulenvorbau vor den 2. Pylon und damit vor den Amuntempel ist anders gestaltet, da es nur zwei Säulenstellungen sind und diese auch nicht an den Tempel angebaut wurden.486 Auch sind hier zwei Achsen, die im rechten Winkel aufeinander stehen, vorhanden. Es handelt sich dabei also um einen freistehenden Kiosk und nicht um einen Säulenvorbau wie bei den anderen Tempeln. Diese vierreihigen Kolonnaden sind insofern für die „Anerkennung durch Amun“ interessant, als Taharqo mit diesen Vorbauten die verschiedenen Tempel zu seinen eigenen gemacht hat. Gerade in Karnak, dem zentralen Heiligtum des Landes, haben sich viele ägyptische Pharaonen durch Bauten verewigt,487 und so inkorporiert sich Taharqo mit den Kolonnaden in die Tradition der Pharaonen als Bauherren am zentralen Heiligtum. Doch ist die gewählte Bauform des Säulenvorbaues sehr gezielt: Die Säulenstellungen, die fast die gesamte Tempelbreite einnehmen und wahrscheinlich überdacht waren, haben damit die Sicht auf die Pylontürme verhindert (Abb. 15). Damit war auch der Blick auf die Darstellungen am Pylon versperrt, wo in der Regel der Tempelstifter beim Erschlagen der Feinde oder beim Kultvollzug gezeigt ist. Diese Projektionsflächen der Selbstinszenierung und Propaganda konnten durch die Vorbauten nicht mehr wirken, da der Wald von Säulen die Pylonwände verstellte. Dass das Ziel des Baus der Kolonnaden die Verhinderung der Sicht auf den Pylon war, scheint wenig plausibel zu sein. Viel wahrscheinlicher ist die mediale Realisierung der für den neuen König Taharqo wichtigen Inkorporation in den Tempel und dessen rituellen Kontext. Dies wurde durch die mehrfache Darstellung von Taharqo und vor allem die wiederholte Nennung seines Namens auf den Säulen gemeistert.488 Die Offizianten, die sich auf den Tempel zubewegen, sahen dadurch Namen und Figur des Taharqo – nicht der auf dem Pylon gezeigte Pharao wurde dadurch als Tempelstifter wahrgenommen, sondern allein Taharqo trat auf und übernahm damit die Rolle des Tempelstifters. Dass es tatsächlich um die einzelnen Tempel in Karnak geht, dafür spricht, dass vor dem 10. Pylon keine Säulenstellung vorgebaut ist: hinter diesem Pylon verbirgt sich kein Tempel, sondern es ist die monumentale Einfassung einer Prozessionsstraße. Mit diesem Kunstgriff hat sich der kuschitische Pharao also die verschiedenen Tempel von Karnak angeeignet und sich ebenfalls als Stifter dieser Tempels konstituiert.

 480

Zum Edifice am Heiligen See siehe im Kap. II.4.5.2. Dies hat schon Leclant (1965, 200–201) so beschrieben, ohne jedoch auf mögliche Beweggründe einzugehen.  482 Leclant 1953. 483 Diese ist nahezu vollständig zerstört, Laroche-Traunecker 1982, 313–337, bes. 319. 484 Barguet/Leclant 1954, 68–105. 485 Es handelt sich dabei um eine ptolemäische Restaurierung einer ursprünglich Taharqo zuzuschreibenden Kolonnade (Peck 2010, 258). Siehe für eine erste Darstellung der Aktivitäten des Taharqo in Karnak-Süd Fazzini/Peck 1981. 486 Leclant 1965, 7–13; Lauffray 1970, 111–164. Siehe zu diesem Kiosk, seiner Dekoration und seinem möglichen Vorbild, dem Kiosk des Schabaqo in Luxor, Hourdin 2018. 487 Ein guter Überblick ist Blyth 2006. Zu Karnak im Mittleren Reich siehe jetzt Gabolde 2018a. 488 Zum Dekorationsschema und den Höhen der Säulen der Kolonnaden siehe Laroche-Traunecker 2017, 291 und fig. 5. 481

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Abb. 15: Die Ost-Kolonnade des Taharqo vor dem „Gegentempel“ in Karnak (Foto: A. Lohwasser), sowie Plan mit den Richtungen der Zugänge (nach: Leclant 1953, pl. I).

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Das Medium der Kolonnaden wird dafür eingesetzt, sich in den Tempel einzuprägen. Taharqo präsentierte sich als Bauherr der bedeutendsten Tempel in Karnak. Doch er geht noch weiter. Auf den Interkolumnen, die mit einer Höhe von 1,75 m wiederum die Sicht einschränken, sind Reliefs angebracht. Die Interkolumnien zwischen den Säulen sind vor allem von den Kolonnaden in Karnak-Ost und Karnak-Nord erhalten, alle anderen sind zerstört bzw. vollkommen überarbeitet worden. Die Darstellungen können zwei inhaltlichen Kategorien zugeordnet werden: es handelt sich um Opferszenen sowie um Motive, die mit der Krönung zu tun haben.489 In Karnak-Nord ist fast die gesamte Dekoration der Interkolumnien den Riten der Krönung des Königs gewidmet. Es sind dies das Ausziehen aus dem Palast, die Reinigung durch Horus und Thot, die Präsentation vor den Seelen von Pe und Nechen durch die Kronengöttinnen, das Aufsetzen der Kronen, das Treiben der Vier Kälber und vor allem die Inthronisation vor Amun-Re. All diese Motive sind Abschnitte der aus anderen Darstellungen bekannten Krönungsriten, und damit wurde Taharqo als Pharao sakralisiert. Darüber hinaus sind einige wenige Szenen mit typischen Opferhandlungen in Karnak-Nord abgebildet bzw. erhalten.490 In Karnak-Ost war der mittlere Weg diesen Opferhandlungen vorbehalten, die Szenen mit den Riten der Krönung sind vor allem auf den Wänden der beiden äußeren Gänge gezeigt.491 So sind die beiden Kolonnaden in ihrem Bildprogramm zwar vergleichbar, wenn auch die Positionierung von einzelnen Szenen unterschiedlich ist. Die Bilder auf den Interkolumnien präsentieren Taharqo damit als legitimen Pharao: an ihm werden die Riten der Krönung vollzogen, er wird vor Amun-Re inthronisiert und durch ihn anerkannt. Er hat durch die Aneignung mittels des Vorbaus das Hauptheiligtum des Landes zu seinem Heiligtum gemacht, und er hat durch die Darstellung der Krönungsszenen, jedoch auch der Zwiesprache mit und den Opfern vor AmunRe, sich als Pharao – und damit als sakraler Herrscher – legitimiert. Wie können die Kolonnaden aber funktional interpretiert werden? Es scheint eindeutig zu sein, dass der monumentale Kiosk vor dem 2. Pylon als Ruhestation für die Barke während eines Prozessionsfestes gedient hat.492 Seine Funktion erfüllt er bei einer bestimmten Kulthandlung, nämlich dem Auszug des Götterbildes aus dem Tempel und den damit verbundenen architektonischen Installationen. Dieser Kiosk ist daher wie der ganze Tempel von innen heraus nach dem Weg des Götterbildes konzipiert und kann als monumentale Variante einer Barkenstation interpretiert werden. Anders sind jedoch die vierreihigen Kolonnaden gestaltet. Sie sind sämtlich direkt an den Pylon angebaut und nicht als Station davor gesetzt. Von den drei Achsen, die durch die vier Säulenstellungen geformt werden, konnte nur die mittlere, die zum Tempeltor führt, auch tatsächlich als Weg genutzt werden. Die beiden anderen durch die Interkolumnien gesäumten Bereiche sind Sackgassen.493 Es scheint deutlich zu sein, dass die Anlage der vierreihigen Kolonnaden nicht vom Inneren des Tempels heraus und einer möglichen Prozession des Kultbildes folgend konzipiert wurden. Vielmehr ist der Zugang zumindest zu den beiden äußeren Achsen (eigentlich Räumen) nur von außen möglich. Insbesondere der Gegentempel in Karnak Ost ist in seinem Ursprung für eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen Amun und der Bevölkerung errichtet worden, unter Rames II. wurde er Tempel für „Amun, der die Gebete erhört“, bezeichnet.494 Tempeltore waren einerseits die Barrieren zwischen der sakralen und profanen Welt, zwischen der im Tempel herrschenden Maat (Weltordnung) und der außen herrschenden Isfet (Chaos), andererseits aber auch die Übergangsstellen zwischen diesen Sphären. So waren sie auch der geeignete Platz für die Rechtssprechung, da dabei Maat und Isfet geschieden wurden. Die Kolonnaden, als Vorbauten von Toren, wären damit ebenfalls als Orte der Justiz anzusehen, wie Leclant bereits angedeutet hat.495 Hier wäre also eine besondere Sphäre der Maat gegeben; und dies unterstreicht den legitimatorischen Akt des Königs.

 489

Auf den jeweiligen Außenflächen sind Prozessionen von Nilgöttern angebracht, die als Personifikationen der Provinzen mit der jeweils spezifischen Standarte auf dem Kopf gezeigt sind (Ost: Leclant 1953, fig. 23–27; Nord: Barguet/Leclant 1954, pl. LXXXI–LXXXVII).  490 Zusammenstellung aller Szenen mit Angabe der Positionierung bei Barguet/Leclant 1954, 91. 491 Überblick bei Leclant 1953, pl. I; Barguet/Leclant 1954, 91. 492 Hourdin 2018; Hinterhuber i. Vorb. 493 In Karnak-Ost ist jeweils die erste Interkolumnie vom mittleren Weg zu den beiden äußeren direkt am Pylon durchbrochen, hier ist also ein Durchgang möglich. Dieser Durchgang ist mit 88 cm Breite eher als Durchschlupf zu bezeichnen und kann nicht als Ritualarchitektur angesprochen werden.  494 Bell 1998, 181 und 300–301, n. 172. 495 Leclant 1957, 44. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Der mittlere (und einzige) Weg zeigt – zumindest in Karnak-Ost – vorrangig Opferszenen. Hier ist der Bezug zum Tempel selbst und einem den Tempel verlassenden Götterbild eindeutig herzustellen. Die beiden Sackgassen jedoch, die wohl nicht von einem ausziehenden Götterbild, sondern nur von sich möglichst nahe an den Tempel begebenden Ägyptern besucht wurden, zeigen den König, der die Kronen erhält und von Amun-Re legitimiert wird. Ich interpretiere die Platzierung dieser konkreten Szenen als Akt politischer Medialisierung: Sie sind geschaffen, um gesehen zu werden. Mit dem Akt der Herstellung der Bilder (des Entwurfes, der Vorzeichnung, dem Ausmeißeln, der Bemalung) ging eine Phase der Manifestation des ideologischen Programms einher, mit dem Ansehen der Bilder durch die Kultgemeinschaft und darüber hinaus eine Phase der breiten Legitimation des Taharqo als gotterwählter Pharao. Die Gestaltung konstruierte einen besonderen Weg der Legitimation des Kuschiten, diente aber auch der Selbstvergewisserung der an dieser Produktion beteiligten Akteure. Die kommunikative Dimension der Bilder, die Perpetuierung der Aussage und ihrer Distribution durch Personen, die den Tempelvorplatz als Adoranten, Bittsteller oder im Zuge eines Justizverfahrens besuchten, lässt eine breite Streuung der Botschaft erwarten. Während der Ritualweg in der Mitte, der dem Auszug des Götterbildes diente, auch die üblichen religiösen Darstellungen des Opfers vor Amun-Re zeigen, so sind die nicht in eine kultische Funktion einzubindenden Seitenwege der vorrangig ideologischen Dimension für die Legitimation des Königs vorbehalten (Abb. 16). Durch diese Kombination von Architektur – Selbstpräsentation als Tempelstifter – und Dekoration – Kulthandlung und Krönung – nahm Taharqo die Rolle des anerkannten sakralen Herrschers ein. 

Abb. 16: Plan der Nord-Kolonnade mit den Richtungen der Zugänge (nach: Barguet/Leclant 1954, pl. XXXVII.B)

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4.4.3 Die Anerkennung des Taharqo durch die göttlichen und irdischen Machthaber Taharqo ließ sich als durch den Staatsgott Amun-Re als rechtmäßig anerkannter Pharao darstellen. Dies geschah in Kusch durch die dem jeweiligen Tempel vorstehenden Amunsformen (Kawa, Jebel Barkal, Sanam?) und in Ägypten durch Amun-Re von Karnak. Der höchste Gott, der seit Hatschepsut für die Legitimation der ägyptischen Könige eine besondere Rolle spielte, wurde auch von Taharqo für seine Legitimation in Anspruch genommen. Auf realer, politischer Ebene war es die Anerkennung durch die herrschenden Autoritäten – durch den Vorgänger Schebitqo in Kusch und durch die Potentaten der Thebais in Ägypten, die Taharqo herausstellte. Er stützte sich also sowohl in der sakralen wie auch in der realen Legitimation auf die jeweils führenden Entscheidungsträger, um seinen Machtanspruch durchzusetzen. 4.5

Andauernde Legitimationsverpflichtung – der Erhalt der Herrschaft

Die Herrschaft des Königs – real politisch wie auch spirituell religiös – bedurfte der wiederholten Bestätigung und Absicherung.496 Potentieller Widerstand auf allen Ebenen ist eine ständige Gefahr, und so musste sich der Pharao immer wieder der Gunst der Götter wie auch der Menschen versichern. Aus diesem Grund sind zyklisch wiederkehrende Riten für den Erhalt des Königtums an sich und des konkreten Königs im Speziellen zu erwarten. Der Herrschaftserhalt auf der weltlichen Ebene musste durch Effizienz und Behauptung der Vormachtstellung gewährleistet werden. 4.5.1 Die Ausübung der Regierungsgewalt und die Legitimation durch Wirksamkeit Während Pi(anch)y das Delta zumindest zeitweise nominell unter seine Herrschaft bringen konnte, scheint es in den frühen Regierungsjahren von Taharqo vom Kernreich teilweise wieder abzufallen.497 Allerdings kann – unterstützt durch die Nennungen auf der Triumphstele – auch angenommen werden, dass im Delta weiterhin nzw-Könige als Lokalherrscher eingesetzt blieben, die nicht unbedingt Anspruch auf die Pharaonenwürde erhoben hatten.498 Insbesondere die Heiratsbeziehungen zwischen unterägyptischen Lokalfürsten und der kuschitischen Königsfamilie kann als Strategie der Einflussnahme und Machterhaltung gesehen werden.499 J. Pope schlussfolgert, dass Machterhalt durch militärische und politische Stärke sowie lokale Kooperationen nicht als einander ausschließende Alternativen, sondern als Wechselspiel die Kuschitenherrschaft definieren.500 Insgesamt stand die Regierungszeit des Taharqo unter der dauernden Gefahr eines assyrischen Einfalls. Das Großreich im Osten dehnte sich unter den Königen Tiglat-Pileser III. und Sargon II. aus und bereits vor dem Regierungsantritt des Taharqo kam es zum Kampf um die Vormachtstellung in der Levante.501 Dort konnten sich die Assyrer unter Sennacherib schließlich behaupten – 701 v. Chr. kam es zur Schlacht bei Eltekeh, bei der angenommen wird, dass Taharqo noch als Kronprinz als militärischer Führer fungierte.502 Die Eroberung von Jerusalem durch die Assyrer konnte allerdings noch abgewehrt werden. Ein Vorstoß nach Ägypten war aber nur noch eine Frage der Zeit. Zwar ist ein Krieg auf ägyptischem Boden erst für 674 v. Chr. (erfolglos) und 671 v. Chr. (erfolgreich) belegt, als Asarhaddon Unterägypten eroberte, 503 doch bestimmte die drohende Gefahr auch schon die ersten zwei Jahrzehnte der Regierung des Taharqo. Möglicherweise steht damit die Dahschurstele im Zusammenhang, in der der Lauf der Elitetruppe geschildert wird.504 Die Datumsangabe ist leider zerstört, im Allgemeinen werden jedoch die frühen Jahre der Regierungszeit des Taharqo angenommen.505 Der Einschätzung, dass Taharqo alles „untertan (ist), weit und

 496

Dazu grundlegend und mit älterer Literatur Blöbaum 2006, 78–129. Perdu 2004, 108. Dagegen wendet sich Kahn (1999), der eine friedliche erste Regierungshälfte annimmt. 498 Moje 2014, 44. 499 So Pope 2014, 273. 500 Pope 2014, 274. 501 Onasch 1994, 5–7, 169. 502 Ausführlich dazu Kahn 2014. 503 Onasch 1994, 16–29. 504 Altenmüller/Moussa 1981; FHN I, 158–163. 505 Dallibor 2005, 96 mit Literatur.  497

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breit kein Feind zu sehen“506 kann ich jedoch nicht zustimmen – es konnte sich durchaus um das Training für den erwarteten Zusammenstoß mit den Assyrern handeln. Taharqo begleitete die Truppe auf dem Pferd und belohnte sie mit einem Mahl. Die Anwesenheit Taharqos bei diesem Trainingslauf und die für einen ägyptischen Pharao unübliche Vergesellschaftung mit den Soldaten kann als Loyalitätsversicherung verstanden werden. Die Aufstellung der Stele an der Straße nach Dahschur spricht auch dafür: Sicherlich ist die Nähe zu einem möglichen Kriegsschauplatz in Erwägung zu ziehen, jedoch auch eine Botschaft in Richtung der unterägyptischen Stadtfürsten, deren Verhältnis zum kuschitischen Königshaus immer zwiespältig war. Nach dem Sieg des Asarhaddon 671 v. Chr. wurde der Fürst von Sais, Necho, als Statthalter Assyriens eingesetzt507 – ein Hinweis darauf, dass die Unterstützung des Fürsten des Westdeltas den Assyrern und nicht den Kuschiten gegolten hat. Nach dem Tod Asarhaddons konnte Taharqo 669 v. Chr. Unterägypten und vor allem Memphis zurückerobern. Der Krieg war damit jedoch nicht zu Ende, denn um 667/666 v. Chr. eroberte schließlich Assurbanipal, der Nachfolger Asarhaddons, Memphis zurück und bestätigte Necho I. als König.508 Taharqo floh zunächst von Memphis nach Theben; als das verstärkte assyrische Heer aber in den Süden zog, ist Taharqo in Ägypten nicht mehr belegt. Es wird davon ausgegangen, dass er nach Nubien geflohen sei – doch auch dafür gibt es keinen expliziten Beleg. In assyrischen Quellen heißt es: „Taharqo, der König von Kusch, befiel der Schrecken und die Furcht vor meiner Herrschaft und er ging zugrunde.“509 Sicher ist jedenfalls, dass in dieser Periode Monthemhet in Theben (und wohl in ganz Oberägypten) herrschaftlich agierte.510 Nach seinen eigenen Worten im Auftrag des Taharqo: „… Er setzte mich an die Spitze der Vornehmen des Königs, an die Spitze seines Hofstaates… Der König selbst öffnete sein Zelt und rief mich zu seinem [Hofs]taat, er nahm mich zu sich unter seinen Sonnenschirm, ohne dass es einen Anderen gab,…“511. Seine spätere Bestätigung als Herr über Theben durch die Assyrer lässt allerdings darauf schließen, dass er hier weniger seinem kuschitischen Pharao die Treue gehalten als vielmehr sein eigenes Fortkommen gesichert hat.512 Wie immer die Beweggründe des Monthemhet auch waren, für unseren Aspekt der Legitimation durch Machterhaltung muss konstatiert werden, dass dies Taharqo mindestens seit 667 v. Chr. nicht mehr gelang. Er konnte seinen Herrschaftsanspruch auf der realpolitischen Ebene nicht mehr durchsetzen und verlor dadurch sehr schnell jeglichen Rückhalt. Die politische Machterhaltung und damit die andauernde „Legitimation durch Effizienz“ und Leistung als Pharao sicherte Taharqo für viele Jahre die Herrschaft. Im Krieg gegen Assyrien musste sich der Pharao behaupten – es gelang ihm nicht und so blieb nichts anderes als der politische und tatsächlich auch physische Rückzug. Im Moment seiner Flucht (zunächst nach Theben, schließlich nach Nubien) war jegliche Legitimation durch Effizienz und Leistung verloren, und sofort wurde die Ausübung von Herrschaft von anderer Seite übernommen: Im Norden von den Assyrern bzw. den von ihnen eingesetzten Statthaltern, in Theben vom ebenfalls durch die Assyrer eingesetzten bzw. bestätigten Monthemhet und in Nubien nach dem Tod Taharqos von Tanwetamani. Eine Erneuerung der Herrschaft mittels Machterhalt war Taharqo in den turbulenten Zeiten der Assyrerkriege nicht mehr möglich. 4.5.2 Rituelle Regeneration des Königtums in Ägypten und Kusch Neben der politischen Machterhaltung durch andauernde Leistungsfähigkeit war auch die wiederholte rituelle Erneuerung des Königs in seinem Amt notwendig. Die Gottheit, die für Erneuerung und Regeneration steht, war Osiris. Während oben Osiris als mythischer Vorfahr, der sein Königsamt dem lebenden Horus

 506

Dallibor 2005, 95. Onasch 1994, 36. 508 Onasch 1994, 147–151. 509 Large Egyptian Tablets, Z. 70‘. Onasch 1994, 109.  510 Siehe dazu im Kap. III.2.3–4, III.3.1. 511 Übersetzung nach Gamer-Wallert 2013, 193. 512 Monthemhet wird in den Assurbanipalannalen als „König von Theben“ bezeichnet (Onasch 1994, 36). 507

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weitergab, thematisiert wurde,513 so sollen hier die Regenerationsriten des Königtums an sich im Fokus stehen. Osiris wurde in Theben des 1. Jt. v. Chr. nicht nur als der Totengott (Gott der Toten), sondern der zunächst tote, aber dann wiederbelebte Gott verehrt, dessen Transformation die Regeneration und Verjüngung der gesamten Schöpfung beinhaltete. 514 Ausdruck fand dieser für das Königtum so bedeutende Aspekt in der Thebais an vielen Stellen, insbesondere im Ausbau von Heiligtümern, die mit dem Dekadenfest im Zusammenhang standen, vor allem aber auch in der Anlage von kleinen Osiriskapellen im Amun-Bezirk von Karnak. Es war die theologische Fusion von Amun und Osiris, die sich hier manifestierte.515 Das direkt sichtbare verbindende Element war der König: Amun bestimmte als Reichsgott seit dem Neuen Reich die Geschicke der Pharaonen, und Osiris verkörperte die Rolle des königlichen Vorfahr, also des Vaters des lebenden Horus-Königs.516 Diese beiden Gottheiten wurden insbesondere beim Dekadenfest miteinander verbunden, verschmolzen sogar und waren die Verkörperung des jeweils andern. Der solare Aspekt des Osiris517 und die Riten in Djeme für den urzeitlichen Amun sowie dessen Rolle als Fruchtbarkeitsgott, der die Nilüberschwemmung bringt, die zugleich aber die Leichenflüssigkeit des Osiris war, zeigen die Wesensverschmelzung der beiden Gottheiten.518 Die Könige der 25. Dynastie verewigten sich in der Thebais mit Baumaßnahmen, die sich in diese in der 21. Dynastie beginnende theologische Veränderung einfügten. In der 3. Zwischenzeit wurde im Osten des Amun-Tempels von Karnak ein Areal für die jährliche Bestattung einer Osiris-Figur als Osirisgrab angelegt, das dann wahrscheinlich ab der 26. Dynastie als Katakombe aus Lehmziegeln ausgebaut wurde.519 Dieses Osirisgrab war der Zielpunkt von Festprozessionen, und entlang des Prozessionswegs sind – ebenfalls seit der 3. Zwischenzeit – kleine Kapellen errichtet worden. Es ist eine Eigenheit dieser Kapellen, dass sie zwar in der Regel auch Darstellungen des jeweils regierenden Königs sowie seinen Namen enthalten, jedoch parallel zu ihm die Gottesgemahlin beim Kultvollzug gezeigt ist. Es ist tatsächlich so, dass von 18 bekannten Osiriskapellen mindestens 11 den Gottesgemahlinnen zugeschrieben werden können.520 „Thus, one has to reckon with a certain affinity between the institution of the Divine Consorts of Amun and the worship of Osiris from the start, no matter whether the implications of this rest more on the religious or on the political side.“521 Dass neben den Gottesgemahlinnen auch nicht-königliche Personen, in der Regel hochrangige Funktionäre der Thebais, im Relief dieser Heiligtümer auftreten, ist ebenso bemerkenswert, für uns hier aber nicht von Belang.522 Wichtig ist, dass der König in die Riten dieser osirianischen Prozessionsfeste einbezogen wurde und die Dauerhaftigkeit dieses Kultes in Form von oft sehr kleinen Kapellen manifestiert wurde. Diese besondere Form der Manifestation ist aber nur von der späten 22. bis zur 26. Dynastie belegt. Das lässt darauf schließen, dass die OsirisVerehrung danach in einer anderen Art stattgefunden hat – denn die Präsenz des Osiris im pharaonischen Kultgeschehen nahm weiterhin zu. Ob die Kapellen vorrangig der Einreihung in die Königsfolge über den Königsgott Osiris oder der dauerhaften Erneuerung der Herrschaft dienten, mag dahingestellt sein. Viel wahrscheinlicher ist, dass beide Aspekte der pharaonischen Herrscherlegitimierung hier eine Rolle spielten – die einmalige und initiale Positionierung als „lebender Horus“, der auf dem Thron des Osiris folgte, und die perpetuierte Regeneration dieser Herrschaft.

 513

Siehe Kap. II.4.3.2. Coulon 2010. 515 Coulon 2010, 14.  516 Siehe zu Osiris als Vater des lebenden Königs unter II.4.3.2.  517 Siehe dazu Darnell 2004. 518 Zu Amun und Osiris in der Spätzeit siehe Jurman 2006, 114–116; Cooney 2000, passim, bes. 24; Coulon 2010, bes. 14–17, mit weiterführender Literatur.  519 Coulon 2005.  520 Siehe die Auflistung bei Coulon/Defernez 2004, 137–138.  521 Jurman 2006, 112.  522 Siehe dazu ausführlich Spencer 2010b.  514

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Abb. 17: Thebanische Prozessionsfeste (aus: Arnold 1992, 110).

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Sehr viel konkreter können wir den königlichen kuschitischen Einsatz im Bezug auf das Dekadenfest feststellen. Mit dem Bauwerk des so genannten Edifice am Heiligen See in Karnak hat Taharqo einen für ihn wesentlichen Teil der rituellen Landschaft architektonisch manifestiert.523 Es diente als Schlusspunkt des Dekadenfestes, ein Prozessionsfest, das alle 10 Tage die Tempel von Karnak, Luxor und Medinet Habu verband (Abb. 17).  Das Dekadenfest im in der 25. Dynastie belegten Kultablauf beginnt in Karnak, von wo aus Amun zunächst zum Luxor-Tempel zog.524 Danach setzte er über den Nil und machte Station im Kleinen Tempel von Medinet Habu sowie einem weiteren Ort in Medinet Habu, der „Jat-Stätte des Osiris“. Danach reiste Amun wieder über den Nil zum Mut-Tempel von Karnak und schließlich in das Edifice am Heiligen See. Das Dekadenfest ist seit der 21. Dynastie sicher belegt, es gibt aber Hinweise, dass es bereits im Neuen Reich eine gewisse Rolle spielte und dafür der Kleine Tempel in Medinet Habu angelegt wurde.525 Taharqo maß dieser Prozession große Bedeutung zu, indem er mindestens im Amun-Bezirk von Karnak, im Mut-Bezirk von Karnak und am Kleinen Tempel in Medinet Habu dafür Baumaßnahmen durchführen ließ. Im AmunBezirk von Karnak war dies das Edifice, auf das unten eingegangen wird. Im Mut-Bezirk kennen wir mehrere Baumaßnahmen, neben dem Tempel A sind das der Contratempel hinter dem Mut-Tempel, die Krypta im Mut-Tempel, eine Kolonnade und der Torbau. Möglicherweise ist es der Tempel A, der für das Dekadenfest eine Rolle spielte.526 Im Kleinen Tempel in Medinet Habu begann bereits der Vorgänger von Taharqo, Schabaqo, mit Restaurierungen und der Erweiterung nach Osten.527 Taharqo stellte diese Maßnahmen fertig, und so sind beide Königsnamen in der Dekoration erhalten.528 Der vor den Pylon gesetzte Säulenvorbau datiert nach Hölscher in die 26. Dynastie.529 Wenn auch die Reliefdekoration sicher erst nach der Kuschitenzeit angebracht wurde, besteht die Möglichkeit, dass dieser kiosk-artige Vorbau, ähnlich wie der große Kiosk in Karnak, bereits von Taharqo angelegt wurde. Auch in Luxor ist bereits unter Schabaqo ein ähnlicher aus zwei Säulenstellungen bestehender Kiosk errichtet worden.530 Taharqo ließ für Luxor mindestens die Skulptur einer großen sich aufbäumenden Uräusschlange herstellen, die in der Cachette gefunden wurde.531 Diese stellt Amun-Kamutef dar, der seinerseits mit dem Dekadenfest verbunden ist.532 Das Edifice am Heiligen See in Karnak ist eine der wesentlichen Quellen für den Ablauf des Dekadenfestes.533 Der Oberbau ist jedoch größtenteils zerstört, nur der Unterbau sowie der Zugang zum Heiligen See bzw. das Nilometer sind noch erhalten. Auch hier gibt es einen Vorgängerbau des Schabaqo, ein Indiz dafür, dass nicht erst Taharqo, sondern bereits der davor regierende König Schabaqo das Dekadenfest als bedeutende Prozession in das kultische Geschehen der Thebais monumental integrierte. Taharqo usurpierte, überformte, oder ersetzte diese Baumaßnahmen und tritt uns daher heute als derjenige entgegen, der das Dekadenfest für die rituelle Erneuerung der Schöpfung, vor allem aber auch seines Königtums, fruchtbar

 523

Parker/Leclant/Goyon 1979. Die Abfolge des Dekadenfestes ist zusammengefasst in Demuß 2010, 165, 175–177, mit Literatur.  525 Demuß 2010, 233–235. 526 Siehe dazu unten. 527 Hölscher 1939, 26–27; zusammenfassend dazu Demuß 2010, 25. Siehe auch Jacquet 2006. 528 Blöbaum (2006, 136–139) verdeutlicht, dass Schabaqo den Bau plante und in Grundzügen ausführen ließ, denn in der Bauinschrift ist der Horusname des Schabaqo noch lesbar. Taharqo veranlasste später die Dekoration. Sein Name wurde so wie der von Schabaqo in der 26. Dynastie ausgehackt, in ptolemäischer Zeit jedoch restauriert. Siehe auch Hourdin 2018, 267–268 mit n. 54. 529 Hölscher 1939, 28. 530 Van Siclen 1990. 531 Es ist allerdings erstaunlich, dass kein mit dem Dekadenfest verbundenes Bauwerk in Luxor entstanden ist. Die einzige Maßnahme Taharqos an diesem Ort ist eine Hathor-Kapelle. Cooney (2000, 37) nimmt daher an, dass unter Taharqo das Edifice die Station des Prozessionsfestes in Luxor ersetzen sollte. Jedoch war mit dem Kiosk des Schabaqo in Luxor bereits eine zeitgenössische Station für das Dekadenfest vorhanden (Hourdin 2018).  532 Ein anderer monumentaler Uräus, der wahrscheinlich in die 25. Dynastie zu datieren ist, wurde in Karnak gefunden. Dieser ist jedoch von einem anderen Typ und kann nicht ein ursprüngliches Pendant gebildet haben. Die dort erwähnten Gottheiten sind Mut von Ischeru und Chons Neferhotep, auf dem Rückenpfeiler wahrscheinlich AmunRe. Siehe dazu mit Literatur Cabrol 2001, 673–675. 533 Cooney 2000, 26 mit Anm. 86; Demuß 2010, 175–177.  524

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machte. Die Reliefs im Edifice und der genaue Ablauf des Dekadenfestes sollen hier nicht besprochen werden, es wird nur versucht, einen Einblick in die Motivation von Taharqo (oder Schabaqo?) zu bieten.534 Kultischer Inhalt des Dekadenfestes war die Regeneration von Gott, Schöpfung und Königtum. Amun regenerierte sich, indem er wöchentlich im Kleinen Tempel von Medinet Habu mit seiner eigenen Urform verschmolz und als Sonnengott wiedergeboren wurde. Er besuchte seine göttlichen Vorfahren, die Achtheit von Hermopolis,535 vor allem sind aber auch die Riten am mythischen Grab des Osiris, Djeme, zu nennen. Osiris wurde hier nicht der Totengott, sondern als zunächst toter und sich dann erneuernder Gott angesprochen. Die Transformation vom toten Vorfahr zum erneut lebenden Gott – und damit die regelmäßige Regeneration des mythischen Königsahn – ist parallel zur Regeneration des Urgottes Amun zu sehen. In den Darstellungen und Texten im Edifice sind daher folgerichtig die Szenen des Festes in Djeme mit Szenen des solaren Zyklus von Tod und Wiedergeburt verknüpft. Diese Erneuerung wurde im Edifice als die Wiedergeburt der Sonne/Götter/König manifestiert. Die Nachtfahrt der Sonne führte durch die unterirdischen Räume des Edifice, mit dem Urhügel und zugleich Grab des Osiris als Kulminationspunkt. Die rituelle Verschmelzung von Osiris, Amun und dem König gipfelte in ihrer Wiedergeburt und Erneuerung. Es ist aber nicht allein die Erneuerung des Sonnengottes und der Schöpfung, die als regelmäßiges Kontinuum gefeiert wurde. Vielmehr war es auch die Erneuerung des (göttlichen) Königtums, die dauerhaft gesichert werden sollte, und zugleich die Bestätigung der Herrschermacht des jeweiligen Königs: „Die Teilhabe des Königs an dem Kult für die Götter in jA.t-DAm.t [in Medinet Habu] erfolgte über den ‚königlichen Ka‘, also den ‚göttlichen Aspekt des Königs‘, durch den dieser mit den Göttern und mit seinen königlichen Ahnen verbunden war und durch den seine Herrschaft legitimiert wurde.“536 Möglicherweise ist diese Wiedergeburt des Königtums, und damit des konkreten Königs in seinem Amt, Inhalt der Reliefs im Tempel A im Mut-Bezirk. In diesem von Taharqo umgebauten Tempel sind Szenen erhalten, die die „göttliche Geburt“ zeigen. Ursprünglich für die Legitimation von Hatschepsut geschaffen, sind auch von Amenhotep III. und Ramses II. Darstellungen der Geburt des Königs als göttlicher Sohn bekannt.537 Hier ist es jeweils der König selbst, dessen Geburt gezeigt wird. R. Fazzini interpretiert den Tempel A als eine frühe Form eines Mammisi: „If so, and admitting that ideas of divine and royal rebirth/justification are also known in the Lake Edifice and other Theban structures in Dynasty XXV, it seems reasonable to see Temple A, apparently just brought into the Mut Precinct at the beginning of Dynasty XXV, as a structure devoted to mammisiac royal renewal/justification that served as a counterpoint to the Lake Edifice, site of solarOsirian royal renewal/justification.“538 In der 3. Zwischenzeit, vielleicht schon im späten Neuen Reich, begann der Aufstieg der Kindgötter.539 Die „Kindgötter“ wurden in einer besonderen Tempelform, den Mammisi, verehrt und garantierten Legitimation, Fortbestand, Erneuerung und Fruchtbarkeit. Im Tempel A wird nicht die Geburt eines Götterkindes, sondern die des Königs Taharqo gezeigt. Die königliche Erneuerung steht damit im Mittelpunkt. M. E. spielt noch ein weiterer Grund für die Anbringung solcher Szenen gerade im Mut-Bereich eine Rolle, nämlich die Bedeutung der Mutter – sozial wie sakral – im Königtum von Kusch.540 Welcher Schluss ist nun aus der überaus komplexen Situation des vorgestellten baulichen Engagements zu ziehen? Taharqo (bzw. schon sein Vorgänger Schabaqo) finden in Theben eine sich in der 3. Zwischenzeit entwickelte theologische Situation vor, in der neben dem Reichsgott Amun, dessen Vorrangstellung auch in der politischen Macht der Hohepriester des Amun zum Ausdruck kam, der Kult um Osiris zu einem zentralen königlichen Anliegen geworden ist. Dabei sind diese beiden Exponenten die sakralen Ausdeutungen der beiden auch für das kuschitische Königtum wichtigsten Faktoren, denn der kuschitische König berief sich auf seine Auswahl durch Amun und führt die „Ahnen“ ins Feld. Dass diese Bezugspunkte nicht explizit für Taharqo eine Rolle spielten, sondern für die Kuschiten insgesamt funktionierten, zeigen die jeweiligen

 534

Die Primärpublikation ist Parker/Leclant/Goyon 1979; ausführliche Untersuchungen sind Cooney 2000 und Demuß 2010, 216–224.  535 Siehe dazu knapp Bommas 2005, bes. 260; Zivie-Coche 2009, 174. 536 Demuß 2010, 209–210.  537 Brunner 1986. 538 Fazzini 2009, 5.  539 Budde/Sandri/Verhoeven 2003; Forgeau 2010. 540 Siehe dazu im Kap. II.4.2. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Vorgängerbauten des Schabaqo, der in genau diese Ideen baulich investiert hat. Einzigartigen Ausdruck findet dies im Edifice am Heiligen See: die Könige „created a cult center for the national kingship dedicated to its recreation throughout eternity with the solemn favor of Amen-Re, in much the same way as past kings did by building temples at Abydos.“541 Mit den sehr gezielten Maßnahmen in der Thebais, an den jeweils für die sakrale Legitimation des Königtums relevanten Stellen, wiederholte Taharqo die Erneuerung seines Königsamtes dauerhaft. Dabei spielten nicht nur die nach der zeitgenössischen Theologie verlangten Riten eine Rolle, sondern er schuf mit dem Edifice die bauliche Umsetzung eines die gesamte sakrale Landschaft des Thebais verbindenden Festes an einem Ort. Taharqo ging sogar noch weiter, indem er sich vollständig mit Osiris identifizierte: in seinem Grab Nuri 1, dessen unterirdische Struktur dem Osireion in Abydos nachempfunden ist.542 Hier verschmolz Taharqo mit Osiris, jedoch nicht wie jeder Verstorbene als „Osiris NN“, sondern in seinem Aspekt als auferstandener Gott, als Wiederholung der Schöpfung – es ist der Ort der Wiedergeburt, der nachgebaut wurde: „… Nuri I – like Seti’s Osireion – seems to have been designed to assert that Taharqa had truly and literally become the god, and that the primeval kingship, fertility, and the continuity of the state emanated from the sainted being of that king, who had become the eternal king“.543 Diese Form der Bestattungsanlage bleibt aber einmalig in Kusch, die architektonische Ausformung der Verschmelzung des Königs mit dem wiederbelebten Osiris, so perfekt sie in Nu. 1 ist, fand keinen Eingang in die Tradition.544 T. Kendall argumentiert, dass der Jebel Barkal als der Geburtsort des Amun gegolten hat.545 Insofern war der Ausbau von Riten, die dem Ur-Amun galten, folgerichtig – damit wäre auch in Ägypten ein rituelles Zugeständnis an den Jebel Barkal gemacht, ohne explizit den Amun vom Jebel Barkal erwähnen zu müssen. Ein Blick auf die Kultlandschaft am Jebel Barkal zeigt uns aber, dass die Rituale, die in Ägypten in der Thebais zur Zeit der 25. Dynastie so maßgeblich gefördert wurden, auch dort nicht unbekannt waren (Abb. 18). In den letzten Jahren wurden im und um den Tempel B 900 am Jebel Barkal reliefierte Blöcke entdeckt, die von einem von Pi(anch)y gestifteten Heiligtum stammen.546 Der Tempel ist laut der fragmentarischen Bauinschrift dem Amun vom Jebel Barkal geweiht, dieser ist auch, so die plausible Rekonstruktion von T. Kendall, als erster einer Reihe von Gottheiten dargestellt.547 Ihm folgen Osiris, Isis und eine männliche Gottheit, wahrscheinlich Horus.548 Zwei Beobachtungen sind bemerkenswert: Osiris ist hier nicht mumiengestaltig, sondern als schreitende Person mit Atef-Krone gezeigt. Dies zeichnet ihn als diesseitigen, aktiven Gott aus.549 Die zweite Beobachtung T. Kendalls ist, dass die – zugegeben wenigen – reliefierten Blöcke aus dem B 900 sehr nahe Parallelen in der Dekoration des Edifices haben. Doch nicht nur die Götterdarstellungen, auch die Position des Bauwerkes ist mit Taharqos Edifice vergleichbar, insbesondere auch in seiner Verbindung zu einer den Urozean versinnbildlichenden Wasserstelle, dem „Brunnen“ B 1000.550 T. Kendall kommt zu dem Schluss, dass Pi(anch)y den Tempel B 900 zur Durchführung von Ritualen der Erneuerung anlegen ließ, eingeschlossen der Erneuerung des Königsamtes zu Neujahr. Schabaqo und Taharqo ließen mit dem Edifice am Heiligen See einen vergleichbaren Bau in Karnak errichten, dies verdeutlicht die Beziehung zwischen Karnak und dem Jebel Barkal als „südliches Karnak“. Nach dem Ende der 25. Dynastie ließ Atlanersa den B 700 bauen, der möglicherweise als Substitut für den Kleinen Tempel in Medinet Habu gedient hat.551 Der exquisite Barkenuntersatz, den Atlanersa in diesen Tempel stiftete, ist für die Barke des Amun von Napata gedacht, der im B 500 residiert und im B 700 während einer Prozession zu Gast war.552 Im Tempel B 700 ist allerdings auch ein Hymnus an Osiris-Dedun zu le 541 Conney 2000, 40. 542 Dunham 1955, 8–9, fig. 2b.  543 Kendall 2008, 120. 544 Siehe dazu auch im Kap. II.4.3.2.  545

Kendall 2014, 673. Diese von Kendall mehrfach geäußerte Ansicht (z. B. auch in Kendall/Mohammed 2016, 4–5) ist allerdings nicht unumstritten. Gabolde (2018a, 410) führt aus, dass die Kuschiten Amun in Nubien mythologisch verorten, der Ur-Amun jedoch nicht thematisiert wird. 546 Siehe dazu Kendall 2014, 666–671; siehe dazu auch im Kap. II.3.2.2.  547 Kendall 2014, 669, pl. 9. 548 Kendall 2014, 670, pl. 11. 549 Siehe dazu Kendall 2014, 670. Zu dieser Form des Osiris siehe auch Fitzenreiter 2014. 550 Die Parallelen zu Edifice sind in Kendall 2014, 673 zusammengefasst.  551 Zu all diesen Vorstellungen ausführlich Kendall 2014, 675–678. Siehe dazu auch Kap. II.5.4. 552 Dunham 1970, 32, pl. XXIX–XXXI. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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sen,553 der millionenfach wiedergeboren wird und in dem auch der verjüngte König eine Rolle spielt. An der Rückwand des Sanktuars war laut T. Kendall eine Scheintür angebracht, die quasi den Zugang in den Berg – den Urhügel, Djeme? – gestattete.554 So wären dann die Rituale, die der Wiedergeburt der Schöpfung, der Götter und des Königtums dienten, dauerhaft auch am Jebel Barkal verankert.555 Dies lässt nun annehmen, dass sie so eng mit dem Verständnis des Königtums verbunden waren, dass die Fortführung mit einer Adaption an die gegebene topographische Situation und Weiterentwicklung bis in die meroitische Zeit gesichert wurde.

Abb. 18: Karte der Tempel und Paläste um den Jebel Barkal (Plan: P. Wolf & T. Kendall).

Diese besondere Rolle des Osiris als Medium der Erneuerung, die in Ägypten zur Zeit der 25. Dynastie auch durch Bauten, Bilder und Texte sichtbar wird, rezipierten die kuschitischen Könige also auch in ihrem nationalen sakralen Zentrum, am Jebel Barkal. Da wir vor Pi(anch)y keinen formalisierten Ausdruck der ideenweltlichen Vorstellungen kennen, ist eine konkrete Anbindung an mögliche parallele indigene Konzepte derzeit ausgeschlossen. Es muss jedoch ebenso darauf hingewiesen werden, dass wir gerade von Taharqo keine Baumaßnahmen für Osiris am Jebel Barkal kennen. Die mit den Regenerationsriten zu verbindenden Sakralstätten am Jebel Barkal sind entweder vor (Tempel B 900 von Pi(anch)y) oder nach (Tempel B 700 von Atlanersa/Senkamanisken) Taharqo errichtet worden. 4.5.3 Permanente Wirksamkeit und Regeneration Taharqo bezeugte mit seinen wiederholt durchgeführten Handlungen in der Herrschaftssicherung nach innen und nach außen seine Macht. Diese Handlungen betrafen sowohl politische und militärische Aktionen wie auch den dauerhaften Kultvollzug und das Errichten von Heiligtümern. Seine pharaonische Essenz bedurfte jedoch ebenso der Regeneration und Verjüngung, diese wurde durch bestimmte Rituale erlangt.

 553

Priese 2005. Anders jedoch Priese, der einen Vorgängerbau vermutete, in dem der Osiris-Hymnus angebracht war (Priese 2005, 142). 555 Kendall 2008, 135–137; ebenso ausführlich dazu, inklusive möglichem Verlauf der Prozession, Kendall 2014. 554

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Insbesondere das Dekadenfest scheint hierbei eine Rolle gespielt zu haben. Taharqo verschmolz dabei mit Amun und unternimmt die „Nachtfahrt“ gleich dem Sonnengott, um verjüngt wieder als potenter Herrscher zu erscheinen. 4.6

Zusammenfassung

Legitimatorischer Verweis

Realpolitik

Mytholog. Deutung Ägypten

Mytholog. Deutung Kusch

Mutterrolle

Abalo (Königsmutter)

Mut

Isis

Königsfolge

Alara, tp.jw-a

Osiris

Dedun, Osiris

Amun von Karnak

Amun von Napata

Anerkennung durch Entschei- Schebitqo, Auswahl, dungsträger Thebanische Elite Regeneration des Königsamtes

Militärischer und Dekadenfest politischer Machterhalt

Prozession zum B 900? Nach Sanam?



Tabelle der Legitimationsstategien von Taharqo

Taharqo ist der sowohl in Nubien als auch Ägypten am dichtesten belegte kuschitische Pharao. Tempelbauten wie auch Inschriften ermöglichen, ein umfassendes Bild seiner Herrschaft zu präsentieren. Im Fokus standen hier die verschiedenen Wege, die Taharqo zur Darstellung seiner Rechtmäßigkeit genutzt hat – seine Legitimation war nicht unumstritten, dem versuchte er, mit unterschiedlichen Strategien zu begegnen. So wie Pi(anch)y machte auch Taharqo den Mythos vom Sonnenauge für seine Legitimation fruchtbar – nicht jedoch wie sein Vorfahr als Verkörperung des Sonnenauges, sondern als Befrieder der wütenden Göttin, der das Sonnenauge wieder nach Ägypten holte. Taharqo demonstrierte so, dass er als ägyptischer Pharao Kusch mit Ägypten verbindet. Die in der kuschitischen Königsideologie so wichtige Rolle der Frau, insbesondere der Mutter des Königs, wurde von Taharqo sowohl hinsichtlich seiner realen Abstammung wie auch der mythischen Ausdeutung betont. Während die mw.t nzw Abalo als für die Krönung wesentliche Person mehrfach genannt ist, wurden in der sakralen Ebene Isis und Mut hervorgehoben. Taharqo war bemüht, sich in die rechtmäßige Königsfolge einzuordnen und leistete dies, indem er auf seinen Vorfahr Alara und die „Ahnen“ (tp.jw-a) verweist. Auf der sakralen Ebene verband er sich mit Osiris (bzw. Osiris-Dedun), der als mythischer Vorfahr der Inbegriff des pharaonischen Vorgängers war. Grundlage für die Erlangung der Herrschaft war die Anerkennung durch die führenden Entscheidungsträger – die Elite in Theben sowie Amun-Re von Karnak bzw. von Napata. Während die beiden Staatsgötter die Zustimmung gaben, Taharqo auf der überweltlichen Ebene als Pharao einzusetzen, waren es die lokalen Potentaten der Thebais, die ihm den notwendigen Rückhalt in der Realpolitik gaben. Zuvor wurde Taharqo jedoch durch Schebitqo, einem vor ihm regierenden König, als engster Begleiter ausgewählt. Damit konnte Taharqo auch in Kusch als anerkannter Nachfolger regieren. Neben der Legitimation in das Königsamt, die einmalig für die Erlangung der Herrscherwürde notwendig war und die von Taharqo auf mehreren Ebenen geleistet wurde, war die dauerhafte Sicherung dieser Herrschaft ebenso eine Voraussetzung. Realpolitisch war es der militärische und politische Machterhalt, der jedoch durch die Kriege gegen die Assyrer und die damit verbundene Schwächung und zuletzt Niederlage nicht gesichert werden konnte. Auf der sakralen Ebene war es das Dekadenfest und dessen mögliche Adaption in Nubien, die die Regeneration des Königsamtes an sich garantieren sollte. Die baulichen Investitionen in der Thebais deuten darauf hin, dass dieses regelmäßige Erneuerungsfest einen hohen Stellenwert hatte. Dieses komplexe Geflecht aus Legitimationen und Maßnahmen zur Herrschaftssicherung machte es Taharqo möglich, etwa 25 Jahre über Ägypten und Kusch zu herrschen. Einige dieser erstmalig auf den Denkmälern des Taharqo bezeugten Motive gingen in die kuschitische Königsideologie ein und hatten, mit Umformungen und Neudeutungen, lange Bestand.

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Die Inszenierung der Herrschaftslegitimation von Pi(anch)y und Taharqo

Mit den Legitimationen der kuschitischen Könige Pi(anch)y und Taharqo wurden zwei unterschiedlich geartete Wege der Herrschaftssicherung beleuchtet. Pi(anch)y als derjenige König, dem sich die Tore Mittelägyptens öffneten und der zuletzt auch die Fürsten Unterägyptens unterwerfen konnte, wurde als der Heilsbringer aus dem Süden inszeniert. Die kuschitische Herrschaft ist unter Taharqo konsolidiert, die Präsentation seiner Legitimation breit ausgearbeitet. Er bediente damit die unterschiedlichen Ebenen der pharaonischen Herrschaft, die einer sichtbaren Manifestation bedurften. Die Veränderung der Inszenierung ist einerseits durch die geänderte machtpolitische und religionspolitische Situation gegeben, sicher aber auch in der Quellenlage begründet. Insofern konnten im Vorangegangenen nur fallweise Vergleiche vorgenommen werden. Daher stehen im Folgenden Befunde, die für beide Könige gleichermaßen erhoben werden können, im Mittelpunkt, um diese aus einer übergeordneten Perspektive darzustellen. 5.1

Die Namensfolge von Pi(anch)y und Taharqo

In die Untersuchung der politischen und religiösen Legitimation ist es sinnvoll, die jeweils bei der Krönung angenommene Titulatur einzubeziehen, da sie Auskunft über das Regierungsprogramm bzw. über die Vorstellungen der Herrschaft gibt.556 Gerade im Hinblick auf die Titulatur ist ein großer Unterschied zwischen Pi(anch)y und Taharqo zu erkennen. Während von Taharqo eine klassisch-ägyptische fünfteilige Namensfolge auf mehreren Denkmälern bezeugt ist, liegt von Pi(anch)y nur in einem einzigen Denkmal, dem LettiObelisk, die gesamte Abfolge einer Titulatur vor.557 Es ist bemerkenswert, dass gerade auf der Triumphstele, die die Machtübernahme Pi(anch)ys thematisiert, keine pharaonische Titulatur genannt ist, sondern nur der (gleichlautende) Thron- und Eigenname.558 Sowohl nzw bjt als auch zA Raw Pi(anch)y, der Name jeweils in Kartusche geschrieben, sind auf diesem Denkmal belegt. In einigen Fällen ist innerhalb der Kartusche zusätzlich zum Namen Pi(anch)y die Erweiterung mrj-Jmn(.w) zu lesen. Reisner bemerkt dazu in seiner umfassenden Untersuchung der Namen Pi(anch)ys: „The use of the personal name as a throne name is the greatest departure from custom which the list shows.“559 Fakt ist, dass auf der Triumphstele allein der Name Pi(anch)y belegt ist, obwohl man hier mit der Übernahme des Pharaonenamtes eine Proklamation der gesamten Abfolge der Königsnamen erwarten sollte. Möglicherweise ist eine Krönung mit der Erstellung einer Titulatur erst später erfolgt, darüber gibt es jedoch keine Zeugnisse. Auf den Wänden des Tempels B 500, deren Dekoration sicherlich nach dem Feldzug angebracht wurde, ist für Pi(anch)y außer Thron- und Eigenname noch der Horus-Name KA nxt #a(j)-m-WAs.t belegt. Derselbe Name ist auch auf den Blöcken des Pi(anch)y im Tempel B 900 zu Tage gekommen.560 Dieser Name spielt auf die Krönung Pi(anch)ys in Theben an – hier ist er der „lebende Horus“ geworden, der in der sakralen Hauptstadt Ägyptens „erschienen“, also gekrönt wurde. Damit ist ein wesentliches Merkmal des Herrschers bestimmt: Pi(anch)y wurde in Theben in das Pharaonenamt eingesetzt und hat dabei – zusätzlich zu seinem Eigennamen und dem gleichlautenden Thronnamen – den Horus-Namen als erste programmatische Titulatur angenommen. Im Tempel B 500 ist jedoch noch ein weiterer Thronname von Pi(anch)y belegt: Wsr-MAa.t-Raw („Stark ist die Maat des Re“561 oder „Machtvoll an Maat ist Re“562). Er ist sowohl an den Wänden des inneren Ho-

556

Gundlach 1997a, 5–6; Blöbaum 2006, 21. Publikation des Letti-Obelisken in Kormysheva 2006, 36–38. Die Sandsteinstele (Khartoum, SNM 1851) kann m. E. gerade wegen der dort auftretenden Namen, die für Pi(anch)y sonst nicht belegt sind, nicht diesem König zugeschrieben werden. Dazu knapp Lohwasser i. Dr.; ausführlich Lohwasser/Sörgel i. Vorb. 558 Reisner (1931, 96) bemerkt dazu: „It is significant of Piankhy’s mental outlook that in this account of his greatest exploit he uses only his personal name.“ In FHN I, 48 wird ein Horusname „der in seiner Stadt ruht” erwähnt, doch die relevante Stelle in der Triumphstele (Z. 60/61) ist die Rede der Soldaten des Hasengaues, die einen Jubelgesang anstimmen: „Wie schön ist der Horus, der in seiner Stadt ruht, der Sohn des Re, Pi(anch)y!“ Es ist hier also kein Horusname genannt, sondern Pi(anch)y als der lebende Horus angesprochen. 559 Reisner 1931, 95. 560 Kendall 2014, 666. 561 FHN I, 48. 562 Blöbaum 2006, 213. 557

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fes B 502 als auch auf den Säulenabaci zu finden. 563 Pi(anch)y übernahm damit einen von Rames II., dann aber auch von weiteren Ramessiden und einigen Königen der 3. Zwischenzeit geführten Namen. L. Török564 geht davon aus, dass Pi(anch)y den Namen von Takelot III. kopiert hätte, da nur dieser König kein zusätzliches Epitheton trug. Reisner führt aus, dass Pi(anch)y sich direkt vor Ort, am Jebel Barkal, inspirieren ließ, war doch seine Erweiterung des Tempels B 500 an das noch stehende kleine Heiligtum von Ramses II. angebaut.565 Da es sich beim Hof 502 um den ersten Bauabschnitt handelt, erscheint auch mir eine Kopie eines im gleichen Tempel vorhandenen Namens wahrscheinlicher als eine Übernahme des Namens eines auch in Ägypten wenig belegten Königs. Im Hof B 501 ist neben dem Thronnamen Pi(anch)y noch ein weiterer Thronname angeführt, der auch noch von den Blöcken aus dem Tempel B 900 und auf zwei weiteren Zeugnissen bekannt ist:566 %nfr-Raw („Den Re schön macht“567 oder „Der Wohltäter ist Re“568 ). Ob er damit einen Rückgriff auf Vorbilder des Alten Reiches tätigt569 oder ob es sich um eine Anspielung auf den Kulminationspunkt des Zuges durch Ägypten, die Anerkennung durch Re in Heliopolis handelt, ist schwierig zu entscheiden. Da auch der Horusname auf die Ereignisse in Ägypten anspielt, ist die treffsichere Konzeption dieses Thronnamens anhand der individuellen Erfahrung Pi(anch)ys plausibel. Selbst in der Dekoration der von Pi(anch)y am Jebel Barkal errichteten Tempel ist (bisher) keine vollständige Titulatur überliefert. Es sind der Horus-Name, drei unterschiedliche Thronnamen und der Eigenname belegt. Bei den Thronnamen dürfte Wsr-MAa.t-Raw früher, %nfr-Raw später angenommen worden sein. Pi(anch)y als Thronname ist jeweils parallel zu den beiden anderen angeführt. Auf dem monumentalen Thronuntersatz, der im Raum B 520 gefunden wurde, ist der Horusname %Htp-tA.wj=f(j) („Der seine beiden Länder befriedet“) gegeben, ein Hinweis auf die Errichtung nach dem erfolgreichen Ägyptenfeldzug. 570 Da der Horusname von Teti getragen wurde, kann es sich aber auch um einen Rückgriff auf das Alte Reich handeln.571 Eine vollständige fünfteilige Titulatur ist, wie erwähnt, nur auf dem so genannten Letti-Obelisken erhalten (Abb. 19).572 Dieser kleine Obelisk aus schwarzem Granit, sekundär zu einer Säule umgearbeitet, wurde in der Nähe von Kadakol im Letti-Becken südlich von Kawa gefunden. Ein Tempel, in dem er ursprünglich aufgestellt war, konnte bisher nicht identifiziert werden. Auf zwei Seiten des Obelisken ist die Abfolge von fünf Namen Pi(anch)ys gegeben. Neben dem bereits bekannten Horus-Namen #a(j)-m-WAs.t ist hier noch ein weiterer Horusname geschrieben, nämlich [… ]kA tA.wj=f(j), „Stier seiner beiden Länder“. In der Kolumne folgt sehr ungewöhnlich der Titel nzw bjt, jedoch ohne folgenden Namen.573 Der Herrinnen-Name ist auf der einen Seite mit KA („Stier“), und auf der anderen mit @oA-Km.t („Herrscher von Ägypten“) angegeben. @oA ist die Bezeichnung für Pi(anch)y, mit der die Triumphstele schließt. Nur auf einer Seite des Letti-Obelisks ist der Titel des Gold(Horus) geschrieben, jedoch ohne expliziten Namen, direkt darauf folgt der Titel zA Raw. Auf beiden Seiten fehlt die Nennung des Thronnamens, doch ist der Titel nzw bjt jeweils nach dem Horus-Namen aufgezeichnet. Doch ist nur zA Raw Pi(anch)y in der Kartusche geschrieben. Obwohl wir auf dem Letti-Obelisk also den Nachweis einer pharaonischen Namensabfolge haben, bleibt sie ungewöhnlich und rätselhaft: Warum ist kein Thronname angegeben? Welche Bewandtnis hat es mit den beiden unterschiedlichen Horus- und Herrinnennamen auf ein und demselben Denkmal? Warum ist nur in einer Abfolge der Gold(Horus) Titel genannt, dann jedoch ohne Namen versehen?

563

Zu allen Belegen siehe Reisner 1931, 94–95. In FHN I, 51. 565 Reisner 1931, 96. 566 Kendall 2014, 666; Reisner 1931, 95. 567 FHN I, 50. 568 Blöbaum 2006, 213. 569 So Török in FHN I, 51. Siehe auch Jurman 2015, 205. 570 LD V, 14 h–k. 571 Jurman 2015, 205; mit noch weiteren Hinweisen auf Archaismus bei Pi(anch)y. 572 Kormysheva 2006, 36–38. 573 Jurman (2015, 203–205) interpretiert diese für die Zeit eigentümliche Schreibung mit einem Rückgriff auf das Alte Reich: In der Zeit von Snofru – dessen Namen Pi(anch)y dann auch annimmt – ist die Gruppe nzw bjt vor die nb.tjGruppe geschrieben und leitet diese gewissermaßen ein. 564

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Insgesamt ist für die Königsnamen von Pi(anch)y zu bemerken, dass die programmatischen Teile im Zusammenhang mit der Eroberung Ägyptens stehen. Die Horusnamen „Erschienen in Theben“, „Der seine beiden Länder befriedet“, „Stier seiner beiden Länder“ sowie der Herrinnenname „Herrscher von Ägypten“ sind als Hinweis auf die konkreten Ereignisse zu sehen, so wie wahrscheinlich auch der Thronname „Den Re schön macht“ bzw. „Der Wohltäter ist Re“, eine Anspielung auf die Zwiesprache mit dem Sonnengott in Heliopolis. Der ebenfalls belegte Thronname Wsr-MAa.t-Raw ist möglicherweise eine Kopie des vor Ort vorhandenen Namens von Ramses II.

Abb. 19: Die Namen des Königs Pi(anch)y auf dem Letti-Obelisken.

Im Gegensatz zu Pi(anch)y ist für Taharqo auf vielen Denkmälern eine vollständige fünfteilige und unveränderliche Titulatur belegt:574 Horusname sowie Herrinnenname: OA(j)-xa.w „Erhaben an Erscheinungen“575 bzw. „Erhaben an Kronen“576 Gold(Horus)name: #w(j)-tA.wj „Schützer der beiden Länder“ Thonname: #w(j)-Nfrtm-Raw „Der den Nefertem schützt ist Re“577 bzw. Nefertem und Re schützen mich“, „Nefertem schützt Re“, „Schützling des Nefertem, ein Re“, „Den Nefertem und Re schützen“578 Eigenname: Thrq.579 Der Eigenname ist wie der der anderen Könige der 25. Dynastie meroitisch. Die hieroglyphische Gruppe t+h ist im späteren meroitischen Alphabet ein te-, das r könnte als r oder l gelesen werden. Sicher steht das letzte Zeichen für die Silbe -qo, das häufig am Ende von meroitischen Königsnamen zu finden ist.580 So könnte der Name Telqo oder Terqo gelautet haben. Genauso ist aber auch eine ägyptische Lesung T-h-r-qo möglich.

574

Siehe dazu die Zusammenstellung und Diskussion bei Dallibor 2005, 29–32. Dallibor 2005, 29. 576 Blöbaum 2006, 374. 577 Blöbaum 2006, 376. 578 Zusammenstellung der Übersetzungen mit Literatur bei Dallibor 2005, 29. 579 Siehe dazu Dallibor 2005, 30–31. 580 Macadam 1949, 9, n. 3. 575

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Auf einem Block in Sanam ist als Herrinnenname genannt: ¤anx-tA.wj, gefolgt vom Gold(Horus)namen #w(j)-tA.wj.581 Da es sich beim Gold(Horus)namen um den Namen von Taharqo handelt, ist es möglich, dass mit ¤anx-tA.wj ein weiterer Herrinnenname für diesen König vorliegt.

 Abb. 20: Die Namen der Könige Pi(anch)y und Taharqo. 

Während die ersten Namen allgemein auf das Pharaonenamt anspielen – der König als rechtmäßig Gekrönter bzw. als Landesvater – fällt der Thronname aus dem Rahmen. Die Nennung des Gottes Nefertem innerhalb der Königstitulatur ist in der ägyptischen Geschichte nur ein einziges weiteres Mal belegt, nämlich für einen weiter nicht bekannten König der 14. Dynastie, dessen Name im Turiner Königspapyrus erwähnt ist.582 Es ist nicht wahrscheinlich, dass Taharqo von diesem ephemeren Königsnamen inspiriert wurde, vielmehr ist ein intentionaler Bezug zu Memphis zu vermuten. Leclant weist darauf hin, dass Nefertem das Epitheton „Schützer der beiden Länder“ trägt – der Gold(Horus)name von Taharqo, womit auch hier ein Bezug zu Memphis gegeben ist.583 Dallibor vermutet, dass Taharqo sich mit Nefertem identifiziert, der als Schwertträger auch einen kriegerischen Aspekt hat und somit auf die Fürsorge des Landes und die kriegerische Ausbildung des Taharqo anspielt.584 Sicherlich ist in der Nennung des Nefertem ein Hinweis auf Memphis, der Stadt, in der Taharqo gekrönt wurde und schließlich die Herrschaft über das Gesamtreich antrat, zu sehen. Zugleich ist es mit Nefertem ein Götterkind, somit eine Identifikationsfigur des Königs, der eine göttliche Abstammung für sich beansprucht.

 581

FHN I, 130 mit Literatur. Beckerath 1997a, 75, verweist darauf, dass viele im Turiner Königspapyrus verzeichnete Namen dieser Dynastie auf freier Erfindung beruhen.  583 Leclant 1961b, 279–280; Leclant 1965, 343–4. 584 Dallibor 2005, 30. 582

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Zuletzt muss angemerkt werden, dass eine vollständige Titulatur des Taharqo erst ab dem Jahr 6 belegt ist. Die in das Jahr 3 datierten Stelen aus Medinet Habu sowie die Urkunde eines Sklavenverkaufes aus demselben Jahr nennen nur die Kartuschennamen.585 Die Stele Kawa III listet die Stiftungen vom Jahr 2 bis 8 auf, wurde also erst nach Jahr 8 als Abschrift auf Stein verfasst. Im Giebelfeld ist neben den beiden Kartuschennamen der Horusname angegeben.586 Das Fehlen von Nebti- und Goldname vor dem 6. Jahr kann der dünnen Beleglage der ersten Regierungsjahre geschuldet sein, es kann aber auch ein Hinweis darauf sein, dass Taharqo eine vollständige Titulatur erst im 6. Jahr erhielt.587 Die Könige Pi(anch)y und Taharqo nahmen im Laufe ihrer Regierung eine fünfteilige pharaonische Titulatur an, deren programmatischer Teil auf die jeweils relevanten (religions-)politischen Aspekte oder Ereignisse anspielen (Abb. 20). Der Eigenname, mit dem Titel zA Raw versehen, ist jedoch meroitisch und auch in der Zeit der Regierung über Ägypten beibehalten worden.588 Vergleicht man die Titulaturen, dann wird deutlich, dass bei Pi(anch)y ein Variantenreichtum und zugleich eine gewisse Unbestimmtheit festzustellen ist, die Titulatur wurde möglicherweise in Kusch entworfen. Taharqos Namen sind dagegen in der ägyptischen Tradition stehend und damit an der Namensgebung der Pharaonen angelehnt. Nur der Thronname mit seinem Bezug zu Memphis deutet auf eine besondere Intention Taharqos. L. Török meint explizit: „The titulary is broadly archaizing and reflects the milieu in which it was created: Taharqo was crowned in Memphis.“589 5.2

„Wasser“ als legitimatorische Metapher

In der ägyptischen Königsideologie war die Rolle des Fürsorgers für die Bewohner Ägyptens gut verankert.590 Der König war der Lebensspender, der durch seine schöpferische Kraft die Fruchtbarkeit Ägyptens sicherte. Dieser Aspekt ist sowohl bei Pi(anch)y als auch bei Taharqo auf die Rolle des Wassers fokussiert. In der Triumphstele ist der Nordwärtszug des Königs als Parallele zur Nilüberschwemmung zu interpretieren.591 Nach dem Neujahrsfest startete Pi(anch)y Richtung Norden, wie auch die ideale Nilüberschwemmung zu Neujahr einsetzte. In der Inschrift werden immer wieder Bezüge zum Wasser hergestellt: Z. 12–13 (Instruktion für das Verhalten der Soldaten in Theben): „Geht ins Wasser, reinigt euch im Fluss! … besprengt euch mit Wasser von seinem Altar!“ Z. 27/93/96 (Einnahme von Per-medjed bzw. Memphis): „[einnehmen] wie ein Wolkenbruch“592 Z. 52 (in Hermopolis): „Soll der Himmel mit Pfeilen regnen?“593 Z. 89 (in Memphis): „Er fand das Wasser erhoben bis zu seinen Mauern.“ Das Wasser ist hier in zwei unterschiedlichen Aspekten thematisiert: einerseits als reinigendes Elixier und andererseits als unheilbringende und zerstörerische Kraft.594 Dies entspricht der Darstellung von Pi(anch)y: er ist einerseits der wütende und rasende Kriegsherr, der die revoltierenden Städte bezwingt, andererseits der mit Sakralität ausgestattete Pharao, der als einziger mit Re in Kontakt treten kann. Pi(anch)y wird im Text der Triumphstele mit der Überschwemmung und dem Wolkenbruch assoziiert und damit auf beiden Ebenen, der religiösen wie der politischen, mit Wasser als lebensspendendem und zerstörendem Element verglichen.

 585

Zu diesen Quellen mit Literatur siehe Dallibor 2005, 203–4.  Macadam 1949, pl. 5–6. 587 Siehe zur Möglichkeit einer konkurrierenden Herrschaft zwischen Schabaqo und Taharqo im Kap. II.4.4.1.  588 Zum Namen Piye/Pi(anch)y siehe Priese 1968 und Rilly 2001 sowie Zibelius-Chen 2006b; zum Namen Taharqo siehe Dallibor 2005, 31.  589 Török in FHN I, 130. 590 Blöbaum 2006, 94–96. 591 So Török 2002, 374, 385.  592 Zu diesem Ausdruck und dessen Vorlagen siehe Grimal 1981a, 285.  593 Siehe dazu Grimal 1981a, 65, n. 155. 594 Zur kreativen und zerstörerischen Kraft des Wassers siehe Bickel 2005.  586

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Für Taharqo ist die große Überschwemmung in seinem 6. Regierungsjahr ein „Wunder“, das die kreative Kraft des Königs unter Beweis stellt.595 Diese außergewöhnlich hohe Flut war unvergleichlich (Z. 8):596 „Da ließ Seine Majestät die Annalen der Vorfahren zu sich bringen, um zu sehen, welche Überschwemmung zu ihrer Zeit geschehen waren, und etwas Ähnliches war nicht darin.“ Im Gegensatz zur Überschwemmung in der Regierungszeit des Osorkon III.597 wird sie nicht als zerstörerisch beschrieben, wenn hier auch möglicherweise eine Katastrophe als positive Erinnerung zementiert wird, da Wasser an sich segensspendend ist.598 Durch das „Wunder“ dieser hohen Flut wurde Taharqo mit einem lebensspendenden Gott verglichen, der die Fruchtbarkeit des Landes garantieren konnte.599 In Ägypten war diese Überschwemmung Anlass für ein Fest, das wiederum die Verbindung zwischen dem König und Gott bestärkte.600 Der Text, der über die Überschwemmung berichtet, ist in Kusch (Kawa V), aber auch an mehreren Orten in Ägypten (Tanis, Koptos, Matana) auf Stelen veröffentlicht worden.601 Während die sakrale Begründung der außergewöhnlichen Überschwemmung die Bitte Taharqos an Amun-Re war, so wird auch eine realweltliche Erklärung gegeben, die Kusch einbezog (Z. 9): „Der Himmel regnete im Bogenland und ließ alle Berge erglänzen.“ Somit waren nicht nur die Bewohner Ägyptens, sondern auch diejenigen Nubiens in den Genuss der überbordenden Fruchtbarkeit gekommen. Neben den auf den Stelen veröffentlichten Schilderungen der Flut ließ Taharqo Skarabäen anfertigen, die seinen Namen in Verbindung mit dem Nilgott Hapi zeigen.602 Taharqo war also daran gelegen, dieses Wunder und damit seine schöpferische Macht wirksam zu inszenieren. Doch die Verbindung zu Wasser ist nicht auf das einmalige Ereignis der Überschwemmung beschränkt. Gerade einige Baumaßnahmen in Karnak haben einen Bezug zu Wasserriten: Neben den Kaiinschriften aus den Jahren 6–9 sind es die Rampeninschrift, das Edifice am Heiligen See mit dem Nilometer sowie die Anlage der Heiligen Seen im Month- und Mutbezirk.603 In der Rampeninschrift wird das Füllen von Ritualkrügen, so genannten Nemset-Gefäßen, mit Wasser aus dem Nil angesprochen, die bei einer Prozession anlässlich des Neujahrsfestes zum Einsatz kamen.604 Das Nemset-Gefäß “symbolizes the offering of the sacred water of the inundation to Amun-Re, which was part of the ritual of regeneration at Karnak.“605 Taharqo investierte in rituelle wasserbauliche Maßnahmen und wertete das mit Amun verbundene Element innerhalb des Kultes in der Thebais auf.606 Während Pi(anch)y textlich direkt mit den Eigenschaften von Wasser identifiziert wurde, nutzte Taharqo Wasser als Verbindung zwischen ihm und Amun – einerseits, indem ihm das Wunder der Überschwemmung gewährt wurde, und andererseits, indem er über Wasserriten mit Amun in Kontakt trat. „Wasser“ spielte also als legitimatorische Metapher bei beiden kuschitischen Pharaonen eine Rolle. Sowohl in der Triumphstele des Pi(anch)y als auch in Texten und Bauwerken des Taharqo ist die Verbindung zwischen den kuschitischen Pharaonen und dem Wasser als Lebens- und Todesbringer zu sehen. Bemerkenswert ist dabei, dass sich diese Hinweise auf ägyptische Denkmäler beschränken. In der Dekoration des Tempels B 500 am Jebel Barkal sind keine Hinweise auf Wasser erhalten, ebenso nicht in den Denkmälern

 595

Grimal 1986, 508–508.  Die Zeilenzählung folgt der Stele Kawa V. Siehe für eine Gegenüberstellung aller Textzeugen Macadam 1949, 24– 26.  597 Bickel 2009.  598 So Bickel 2005, 195–196. 599 Grimal 1986, 264–5. 600 So Gozzoli 2010, 193. 601 Zusammenfassend mit Literatur Dallibor 2005, 58–63. 602 Dazu mit Literatur Dallibor 2005, 53. 603 Ausführlich dazu Traunecker 1972. 604 Traunecker 1972, 195, 211.  605 Aufderhaar 2016, 144.  606 Amun als mit dem Wasser verbundener Gott: Zusammenstellung von Belegen und Diskussion bei Török 2002, 12–14. 596

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des Taharqo. Einzige Ausnahme ist die Schilderung auf der Stele Kawa V; doch ist gerade der Abschnitt mit dem Wunder der Überschwemmung (im Gegensatz zu anderen, vor allem die kuschitische Legitimation betreffenden Teilen) auf den in Ägypten errichteten Stelen dupliziert, sodass man davon ausgehen kann, dass es genau dieser Erzählstrang war, der insbesondere den ägyptischen Vorstellungen entsprach. Während bei Pi(anch)y die Ambivalenz der Auswirkungen von Wasser durchaus deutlich gemacht wurde, war bei Taharqo nur die positive, Fruchtbarkeit bringende Rolle thematisiert, obwohl in den Andeutungen Z. 7/8: „Das Land war wie der Urozean beim Überschwemmen, man konnte das Festland nicht vom Fluss unterscheiden“ Z. 11: „Die Überschwemmung kam als Viehdieb und überflutete das ganze Land“ durchaus auch die negative Seite der Wassermassen mitgedacht werden können. Bei beiden Königen war das Wasser in die Legitimation eingebunden. Es sind die Qualitäten der dadurch gewonnenen sakralen Reinheit, des Königs als Feindvernichter und als Garant der Fruchtbarkeit, die mittels der Metapher „Wasser“ ausgedrückt wurden. 5.3

Die kuschitische Krönungsreise in Ägypten?

Von den napatanischen Königen sind Reisen zu den wichtigsten Heiligtümern des Amun in Nubien bekannt, die im Anschluss an die Krönung in Napata unternommen werden. Diese „Krönungsreisen“ waren schon mehrfach im Fokus von Betrachtungen zum Königtum von Kusch.607 Sie werden als zentral für die Ideologie des kuschitischen Königtums interpretiert – der König muss nach seiner Krönung sowohl in religiöser Hinsicht von den verschiedenen Amuns-Formen anerkannt, sowie in politischer Hinsicht von den jeweiligen lokalen Entscheidungsträgern akzeptiert werden. Da wir Berichte dieser Krönungsreisen erst in den Regierungsinschriften der Könige nach der 25. Dynastie überliefert haben, stellt sich die Frage, wieweit diese besondere Reise auch davor schon integraler Bestandteil der Königsideologie war. L. Török beschreibt die Reise des Pi(anch)y vom Süden über Theben in das Delta als Verbindung zwischen einer militärischen Kampagne, dem Fortschreiten der Überschwemmung und einer religiösen Pilgerreise.608 M. Fitzenreiter sieht die Reise des Pi(anch)y als Inspiration für die späteren Krönungsreisen.609 Mit der Beschreibung des Nordwärtszuges sei ein Vorbild geschaffen, das als Konzept des kuschitischen Königtums weiter verarbeitet wird. Dieser Nordwärtszug wird ähnlich nochmals von Tanwetamani wiederholt – hier vielleicht bereits als feststehendes Motiv nach dem Regierungsantritt. Von Taharqo ist keine religiös motivierte Reise aus seinen Inschriften bekannt. Er zieht von Nubien in den Norden, weil ihn der König gerufen hat. Eine Pilgerfahrt oder Krönungsreise kann man daraus nicht erlesen – wenngleich Taharqo schließlich in Memphis gekrönt wurde. Die Inschrift des Pi(anch)y ist auf mehreren Ebenen zu lesen, und bei jeder dieser Ebenen ist die gerichtete Bewegung ein bestimmendes Merkmal, wie dies L. Török bereits gezeigt hat, zu erkennen. Die Krönungsreise in der Ausformung, wie wir sie aus den napatanischen Regierungsinschriften kennen, ist weder von Pi(anch)y noch von Taharqo bekannt, nämlich als eine Reise, die nach der Krönung zu verschiedenen Heiligtümern unternommen wurde. Sowohl Pi(anch)y als auch Taharqo setzen sich vor ihrer Krönung in Bewegung. Insofern kann das Reise-Motiv bei diesen beiden Herrschern nicht als das der kuschitischen Krönungsreise verstanden werden. Sehr wohl kann es aber als Inspiration für die nachfolgenden Könige gewirkt haben. Tanwetamani, dessen Traumstele die wesentlichen Motive der Triumphstele verarbeitet, zog nach seiner Krönung in den Norden. Spätere Könige schilderten die Reise zu den Amun-Tempeln von Kawa, Pnubs und – bei Harsiotef und Nastasen – zur Bastet von Tar.610 So ist das von Pi(anch)y eingeführte Reise-Motiv zu einem bedeutenden Bestandteil des Inthronisationsritual kuschitischer Könige geworden, das allerdings von Taharqo noch nicht verarbeitet wurde.611

 607

Török 1992; Kormysheva 1994.  Török 2002, 364. Ähnlich interpretiert er den Zug von Tanwetamani. 609 Fitzenreiter 2011a, 262; ausführlich Fitzenreiter 2018, 113–114. 610 Török 1997, 221, 230–234. 611 Török (2002, 99–104) geht allerdings von einer Krönungsreise schon unter Taharqo aus, da in Kawa die zwei Barkenprozessionen mit dem Verlesen eines Orakels gezeigt werden, die er als Handlungen während der Krönungsreise interpretiert. 608

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5.4

Die Konzeption des Herrschaftsbereiches612

Beide hier in den Mittelpunkt gestellten kuschitischen Könige herrschten – zumindest zeitweise – sowohl über Kusch als auch über Ägypten. Es stellt sich nun die Frage, wieweit der Herrschaftsbereich im Selbstverständnis der Pharaonen der 25. Dynastie als „Doppelkönigtum“ verstanden wurde, und zwar als Doppelkönigtum von Ägypten und Nubien.613 Der Begriff „Doppelkönigtum“ für die Herrschaft der 25. Dynastie wurde erstmals von Gaston Maspero am Anfang des 20. Jh. verwendet.614 Diese Bezeichnung ist jüngst als Buchtitel „The Double Kingdom under Taharqo“ aufgenommen worden.615 J. Pope richtet den Fokus seiner Untersuchung auf die Umsetzung der Herrschaft in dem großen Reich, das von den Savannen südlich des 6. Kataraktes bis an das Mittelmeer reicht.616 Sein Ziel ist, die in der Forschung häufig vorgenommene Separierung von Nubischem und Ägyptischem – in der Kultur, in der Ideologie des Königtums, in der Selbstpräsentation – zu überwinden und das gesamte Großreich mit den Mechanismen der Machtdurchsetzung zu beleuchten. Er wählt dafür die Begriffe „Doppelkönigtum“ für das Herrschaftsgebiet und „Kuschitenherrschaft“ für die spezifische Umsetzung der Regierungsgewalt.617 „Kuschitenherrschaft“ ist dabei der Ausdruck für die Durchsetzung der Macht mittels verstärkter Beziehungen zu lokalen Machthabern. Dies konnte durch Heiraten zwischen dem kuschitischen Königshaus und den regional jeweils führenden Familien geschehen,618 eine Bindung erfolgte aber auch dadurch, dass die jeweiligen Amtsinhaber in ihren Funktionen belassen wurden.619 Während eine „Kuschitenherrschaft“ möglicherweise für die gesamte Periode der 25. Dynastie angenommen werden kann, hält das „Doppelkönigtum“ m.E. einer diachronen Betrachtung nicht stand. Auch wenn J. Pope den Fokus auf die Regierungszeit des Taharqo legt, impliziert er mit „the inaugural phases of the Double kingdom – the Kurru chieftains and the fragmented regimes of Pi(ankh)y, Shabaqo and Shebitqo“,620 dass das Konzept „Doppelkönigtum“ die ganze Zeit der Herrschaft über Kusch und Ägypten prägend war. Mir scheinen aber deutliche Unterschiede im Selbstverständnis des Herrschaftsgebietes zwischen den Regierungen des Pi(anch)y und des Taharqo sichtbar zu sein, wie im Folgenden ausgeführt werden soll. In den letzten Jahren ist über das Herrschaftsverständnis des Pi(anch)y bereits mehrfach geforscht worden. Pi(anch)y wird in der Nachfolge der Könige der 3. Zwischenzeit mit ihrer besonderen libyschen Herrschaftsstruktur621 gesehen oder als „sudanic king, dominating a segmentary state“ bezeichnet.622 Diese Einschätzung beruht auf der Beobachtung, dass er sich in der Triumphstele nicht als der einzige König, sondern als der Oberherr über Kleinkönige präsentiert – sehr anschaulich im Giebelfeld dargestellt. Die libysche Herrschaft der 3. Zwischenzeit basierte auf dem libyschen Stammessystem, in dem mehrere Anführer gleichen Ranges nebeneinander existieren konnten, während einer der primus inter pares war.623 Wenn man nun die späteren kuschitischen Texte, die Regierungsinschriften der napatanischen Periode betrachtet, ist die Krönungsreise ein wesentlicher Bestandteil: Der neugekrönte König besuchte die bedeutendsten Zentren seines Landes, um dort von den sakralen wie auch politischen Autoritäten akzeptiert zu werden. Für die noch spätere meroitische Periode wird die Ideologie des Königtums als „segmentary state“ rekonstruiert.624 Es koexistieren mehrere politische Zentren, und der König als Oberherr benötigt die Anerkennung und Loyalität all dieser lokalen Oberhäupter. Er bindet sie durch die gezielte Distribution von Luxusgütern an sich. Möglicherweise ist die zugrunde liegende Idee, dass nicht ein König alleine das im-

 612

Dieser Abschnitt ist ausführlicher in Lohwasser 2019 ausgearbeitet.  Ägypten selbst ist als Doppelkönigtum gedacht, indem mit jedem Regierungsantritt ideell Ober- und Unterägypten vereinigt werden.  614 So zitiert in Pope 2014, 1, Anm. 4. 615 Pope 2014. 616 Pope 2014. 617 Pope 2014, 1–3, passim. 618 So ist z. B. der Bürgermeister von Theben mit der Enkelin von Pi(anch)y, Udjarenes, verheiratet, oder der „Große der Maa“, Akanosh, der ebenfalls eine kuschitische Frau hatte (siehe dazu Pope 2014, 202, 272–273).  619 So z. B. die nzw auf der Pi(anch)y-Stele (Moje 2014, 44). 620 Pope 2014, 2. 621 Leahy 1985; Lange 2008; für die Triumphstele siehe auch Moje 2014, 44. 622 Howley 2015. 623 Lange 2008. 624 Edwards 1996. 613

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mense Territorium beherrschte, sondern lokale Fürsten Teilgebiete regierten, auch für die Herrschaft des Pi(anch)y anzunehmen. In diesem Sinne wäre seine Regierungsform einerseits die Fortsetzung der libyschen 3. Zwischenzeit, andererseits die kuschitische, uns erst aus den napatanischen Texten bekannte Form des Königtums. Pi(anch)y wäre somit nicht der exklusive Pharao über ganz Ägypten und Kusch, sondern als Oberherr anerkannt. Die verschiedenen Kleinkönigtümer wurden in ihrer lokalen Machtausübung akzeptiert. In der Schilderung des Feldzuges nach Ägypten auf der Triumphstele wird Kusch nicht erwähnt. Weder der Ort, an dem sich Pi(anch)y selbst befand, während seine Truppen Richtung Mittelägypten zogen, noch ein südlich von Theben gelegener Zielpunkt seiner Rückreise werden genannt. Des Weiteren gibt es keine Andeutung, dass Pi(anch)y Kusch und Ägypten vereint oder ein Doppelkönigtum errichtet hätte. Die politische Situation von Kusch im Verhältnis zu Ägypten wird nicht thematisiert, Pi(anch)y überschreitet keine Grenze nach Ägypten. Oberägypten war wahrscheinlich bereits seit Kaschta in kuschitischer Hand und augenscheinlich nicht als eigener Herrschaftsbereich der frühen kuschitischen Könige angesehen. Kusch und Ägypten sind auch in der Triumphstele nicht als eigenständige politische Einheiten zu erkennen, die durch Pi(anch)y zusammengeschlossen worden wären. Das politische Verhältnis zwischen Ägypten und Kusch bleibt ungewiss. In der Ikonographie der Könige der 25. Dynastie kann der Doppeluräus als Hinweis auf das Doppelkönigtum angesehen werden, wenngleich auch eine Interpretation als Zeichen der Herrschaft über Ober- und Unterägypten möglich ist.625 Russmann sieht ihn als Merkmal der Vereinigung der beiden ägyptischen Landeshälften: „For the symbolism of the Kushite double uraeus is the representation of Upper and Lower Egypt. This conclusion is unavoidable from the fact that, in many cases, the two cobras wear the Red and White Crowns, just as had the uraei of Egyptian queens.”626 Für ein Zeichen der Herrschaft über Ägypten und Kusch spricht allerdings, dass einer der beiden Uräen im Zuge der Zerstörungen des Andenkens an die kuschitischen Pharaonen unter Psametik II. ausgehackt wurde – die Herrschaft über das Doppelkönigtum wurde ihnen abgesprochen.627 Ein weiterer Hinweis kann die Erwähnung auf der Traumstele des Tanwetamani sein (Z. 4/5): „Eines Nachts hatte Seine Majestät einen Traum: Zwei Schlangen, eine zu seiner Rechten, eine zu seiner Linken. … Das Südland wird dir gehören, nimm dir (auch noch) das Nordland (dazu)!“628 Nach Breyer ist das „Südland“ durch die Wahl des Gardiner-Zeichens M 23 doppeldeutig geschrieben, es kann sowohl für Sma (Oberägypten) als auch für rsj (Nubien) stehen. Russmann hingegen sagt sehr deutlich, dass auch in dieser Textstelle kein Doppelkönigtum angesprochen wurde, denn: „There was no double kingship in that sense, and we must take care not to blur a distinction that the Kushites themselves kept clear.“629 Die Symbolik des Doppeluräus kann nicht eindeutig geklärt werden. Vielleicht ist auch bewusst eine Mehrdeutigkeit impliziert: der Doppeluräus als Zeichen für Ägypten und Kusch – denn nur die kuschitischen Könige tragen ihn – und als Zeichen für Ober- und Unterägypten – als solcher kann er in der ägyptischen Herrschaftsideologie akzeptiert werden. Für Pi(anch)y können wir hier bisher keine Darstellung anführen, die seinen Kopf zeigt: auf der Triumphstele ist sein Abbild ausgehackt, sowohl auf den Blöcken des Tempels B 900 als auch im Relief des Tempels B 500 ist kein Relief bis zur Höhe des königlichen Kopfes erhalten. So kann die Frage nach einem möglichen Doppeluräus bei Pi(anch)y, der auf ein ägypto-kuschitisches Doppelkönigtum bereits zur Zeit seiner Herrschaft hinweisen könnte, derzeit nicht beantwortet werden. In den aus seiner Regierungszeit erhaltenen Texten und Bildern lässt nichts darauf schließen, dass der Herrschaftsbereich als aus zwei Teilreichen bestehend gedacht war. Die einzige bisher bekannte Darstellung des Kopfes des Kaschta, auf dem

 625

Zum Doppeluräus siehe Russmann 1974, 35–44.  Russmann 1979, 51–52. 627 Russmann (1979, 52) hingegen meint, dass die Aushackung wegen der Identifizierung von Königsdarstellungen mit Doppeluräus als Kuschiten geschehen sei.  628 Übersetzung von Breyer 2003, 93, 97. 629 Breyer 2003, 97. 626

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Stelenfragment aus Elephantine,630 ist durch mehrere kleine Ausbrüche verunklärt. Ein auf dem Kopf aufliegender Uräus ist erkennbar; ob ein oder zwei Schlangenköpfe vor der Stirn sind, bleibt offen. M. E. hat allerdings im Laufe der 25. Dynastie eine Änderung des Verständnisses des Regierungsraumes stattgefunden. Während es für Pi(anch)y (bzw. die Autoren des Textes der Triumphstele) tatsächlich nur eine politische Einheit gab, so stellt sich die Situation unter Taharqo anders dar. Für die Regierungszeit des Taharqo kann das Herrschaftsverständnis als Doppelkönigtum, das aus den beiden Teilen Ägypten und Kusch besteht, hingegen sicher postuliert werden.631 Nicht nur, dass Taharqo (wie auch schon Schebitqo und Schabaqo vor ihm) auf seinen Bildnissen einen Doppeluräus trägt, auch in seinen Inschriften wird immer wieder Nubien in Parallelität zu Ägypten erwähnt. So heißt es z. B. im Text zur großen Überschwemmung (Stele Kawa V, Z. 9): „Jedermann in Nubien hatte Überfluss an allem, Ägypten war in einem schönen Fest.“ In der Erzählung seiner Designation als König hält sich Taharqo zunächst in Nubien auf, während der Pharao ihn nach Ägypten rief. Umgekehrt weilte Taharqo als gekrönter König in Memphis und holte die Königsmutter Abalo aus Nubien zu sich: „Nun war sie in Nubien, die Schwester des Königs, angenehm und lieblich, die Mutter des Königs, Abalo, sie möge leben. Ich ging weg von ihr als Jugendlicher von 20 Jahren, als ich mit Seiner Majestät nach Unterägypten kam. Dann kam sie in den Norden, um mich nach einigen Jahren zu sehen.“632 Aus diesen Stellen geht deutlich hervor, dass Ägypten und Nubien als zwei unterschiedliche Gebiete gegolten haben, auch wenn Taharqo nie explizit von einem Doppelkönigtum spricht. In derselben Erzählung heißt es: „Oberägypten und Unterägypten und alle Fremdländer lagen auf dem Boden vor dieser Königsmutter…“633 Die beiden Landeshälften Ägyptens werden angesprochen jedoch Nubien nicht eigens erwähnt, sondern unter die Fremdländer subsummiert. Taharqo spielt in seinen Texten immer wieder auf die beiden Länder an, da Ägypten und Nubien als Landesbezeichnungen genannt werden. Doch noch deutlicher ist sein Verständnis als Doppelkönigtum in seinen Bauvorhaben in Kusch zu erkennen. Die von ihm errichteten Heiligtümer duplizieren die ägyptische sakrale Landschaft, die für die ägyptische Königsideologie wesentlichen Heiligen Orte werden als kuschitische Variante in Nubien gegründet. Taharqo war der ägyptischste der kuschitischen Pharaonen, und durch seine Gründungen von Heiligtümern in Kusch transferiert er ägyptische Rituale und Aspekte der Königsideologie nach Kusch. Taharqo spielte in seinen Texten immer wieder auf die beiden Länder an, da Ägypten und Nubien als Landesbezeichnungen genannt werden. In beiden Ländern verwirklicht er ein enormes Bauvorhaben, die bei näherer Betrachtung zueinander in Beziehung zu setzen sind. Das religiöse Zentrum der Zeit in Ägypten war Karnak, und das spiegelt sich in den Bauten am Jebel Barkal als das „südliche Karnak“ wider.634 Die gewichtige Rolle des sakralen Geländes des Jebel Barkal wurde schon von den Ägyptern des Neuen Reiches implementiert, die den Berg als den Geburtsort des Gottes Amun interpretierten.635 Der ägyptische Name für den sakralen Ort ist Jp.t sw.t, derselbe Name, den auch das Tempelareal von Karnak trägt. So wie in Karnak haben auch hier mehrere Pharaonen des Neuen Reiches Heiligtümer errichtet. Und wie in Karnak, so ist auch am Jebel Barkal der größte Bau Amun gewidmet. Nach der Aufgabe der ägyptischen Oberhoheit über Nubien und der darauffolgenden für uns noch

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Kairo JE 41013, Leclant 1963. Ausführlich dazu Lohwasser 2019. 632 Stele Kawa V, Z. 16–18, siehe Lohwasser 2001, 36.  633 Kawa V, Z. 20, siehe Lohwasser 2001, 37. 634 Ausführlich dazu Kendall e. a. 2017, 161. Tanis fungierte in der 3. Zwischenzeit als das „nödliche Theben“ (siehe Guermeur 2005, 298).  635 So Kendall e. a. 2017, 158. Kritisch dazu Gablolde 2018a, 408–410. Guermeur (2005, 538) nimmt an, dass der markante Tafelberg schon vor der Präsenz der Ägypter verehrt wurde.  631

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dunklen Jahrhunderte war es dieser Tempel, der als erster wieder hergestellt wurde. Pi(anch)y erneuerte nicht nur, sondern vergrößerte den Tempel B 500 immens. Während der große Amun-Tempel B 500 zur Zeit von Taharqo somit voll funktionstüchtig war und es keines Neubaus bedurfte, ließ er den Tempel B 300 für Mut anlegen. Im Mut-Bezirk von Karnak sind ebenfalls Baumaßnahmen von Taharqo belegt, insbesondere der Tempel A, das (seine?) göttliche Geburt zeigt, sowie Projekte im Mut-Tempel selbst. Diese weisen sowohl auf die Rolle von femininen Aspekten für das kuschitische Königshaus hin als auch – und das trifft im Besondern auf Mw.t jSr.w in Karnak zu – auf die Rolle des Mythos vom Sonnenauge. Der Tempel B 300 am Jebel Barkal ist Mut, Auge des Re geweiht, und direkt daneben ließ Taharqo noch einen zweiten kleinen Tempel für Hathor-Tefnut errichten: beide Göttinnen sind Verkörperungen des Sonnenauges.636 Indem Taharqo zusätzlich zu dem gerade fertiggestellten Amun-Tempel einen Mut-Tempel schaffen ließ, erweiterte er die Parallele zu Karnak.637 Er manifestierte damit – über den Gedanken, dass Amun von Karnak und Amun vom Jebel Barkal zwei Aspekte desselben Gottes sind – auch baulich das Tempelareal als südliches Karnak. Bereits im frühen Neuen Reich gilt Karnak als das „Südliche Heliopolis“, und so kann auch das Tempelareal um den Jebel Barkal mit Heliopolis verbunden werden.638 Vieles deutet darauf hin, dass Echnaton ein Heiligtum für Re-Harachte am Jebel Barkal errichtet hat.639 Nach T. Kendall kann der Pinncale auch als Benben, als Urhügel der Schöpfung, gesehen werden.640 Auf der Stele des Sethos I., die am Jebel Barkal gefunden wurde, ist das Hw.t bnbn von Heliopolis erwähnt – da die gesamte Stele jedoch sehr zerstört ist, bleibt der Zusammenhang mit dem Jebel Barkal offen.641 Ein kleiner Schrein unter dem späteren B 700 beherbergte jedoch einen einzelnen großen Stein; es könnte sich dabei um das Hw.t-bnbn mit dem BenbenStein handeln.642 Von Taharqo kennen wir kein bauliches Engagement, das sich mit dem Verständnis des Jebel Barkal als ein weiteres „Südliches Heliopolis“ verbinden ließe. Lediglich die Anwesenheit von ReHarachte im Mut-Tempel, Raum B 307, der von Taharqo Maat empfängt, deutet auf Heliopolis. Die Gleichsetzung von Karnak mit Heliopolis, und die Gleichsetzung des Jebel Barkal mit Karnak, weist darauf hin, dass auch der ©w-wab als heliopolitanischer Ort interpretiert wurde. Auf der gegenüberliegenden Nilseite befindet sich Sanam. Möglicherweise befand sich auch hier schon ein Tempel aus dem Neuen Reich.643 Dort errichtete Taharqo einen Tempel für „Amun, Stier von Nubien“.644 Die Situation dieses Tempels auf der anderen Nilseite – und tatsächlich ist es der einzige bisher bekannte kuschitische Tempel auf dem linken Nilufer – erinnert an das Verhältnis zwischen Karnak und Medinet Habu. Dies veranlasste L. Török, den Tempel von Sanam mit dem Kleinen Tempel von Medinet Habu in seiner kultischen Funktion zu vergleichen.645 Er begründet dies mit der Tatsache, dass Sanam Amun als Stier geweiht ist, der Kleine Tempel in Medinet Habu dem Ritual des Amun Kamutef, „Stier seiner Mutter“ dient. Der Kleine Tempel in Medinet Habu war besonders mit der Ideologie des Königtums verbunden. Anlässlich des Dekadenfests verschmolzen Amun, der König und Osiris, um das Königtum zu regenerieren. Taharqo hat, insbesondere mit dem Bau des Edfices am Heiligen See und der Fertigstellung der Renovierung des Kleinen Tempel in Medinet Habu, das Dekadenfest gefördert. Ein ähnliches Engagement wäre in Kusch vorstellbar. Sicherlich sind die Reliefs in Sanam zu wenig erhalten, um hier eindeutige Befunde

 636

Denkbar ist auch, dass hier es sich ebenfalls um eine Anspielung auf die beiden Kronengöttinnen handelt. Nechbet wird wie Mut durch einen Geier verkörpert, und Wadjit hat als Uräusschlange die gleiche Form, die Hathor annehmen kann. Die von Kendall bereits mehrfach angesprochene Visualisierung der Weißen bzw. Roten Krone als oberster Teil des Pinnacle und damit als Verkörperung der beiden Kronengöttinnen hätte dann in den beiden Tempeln darunter eine Entsprechung. Ausführlich Kendall in: http://www.jebelbarkal.org/index.php?option=com_content&view=article&id=70&Itemid=63 [12.12.2018]. 637 Möglicherweise kann man auch einen Chons-Tempel am Jebel Barkal annehmen, siehe dazu Lohwasser 2015. 638 Kendall 2008, 125 und n. 16; zu Karnak als das ‚südliche Heliopolis‘ siehe Gabolde 2018a, 487.  639 Kendall e.a. 2017, 165–168.  640 Kendall 2008, 125. 641 Reisner/Reisner 1933, 77. 642 Kendall 2009, 15. 643 Siehe dazu Lohwasser 2012, 299. 644 Diskussion des Namens bei Pope 2014, 90–91, n. 289. Siehe zu „Horus, Stier von Nubien“ Gabolde 2018b, 99–100. 645 Török 2002, 35–39. Guermeur (2005, 524) schließt sich dem an. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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zu erwarten646. Allein die topographische Situation und die Widmung für Amun, Stier von Nubien, lassen an eine Parallelität zum Kleinen Tempel in Medinet Habu und damit auch zum Verhältnis zu Karnak/Jebel Barkal denken.647 In Kawa, einem ebenfalls seit dem Neuen Reich etablierten Kultareal, ließ Taharqo den Tempel T für Amun von Kawa errichten. Da in diesem Zusammenhang fünf Stelen des Taharqo mit ausführlichen Texten entdeckt wurden, wissen wir über den Bau und die Ausstattung dieses Tempels besonders gut Bescheid. Kawa wird als wichtiger Ort für die frühen Kuschiten interpretiert, möglicherweise war es die Machtbasis, von der aus die Ausbreitung der Macht Richtung Ägypten gestützt wurde.648 Taharqo baute den dortigen Tempel aus Stein, nachdem der Vorgängerbau verfallen war. Im Zuge seiner Reise nach Ägypten hatte er den verfallenen Platz besucht und nach seiner Thronbesteigung erinnerte er sich des Versprechens, den Amun-Tempel zu erneuern – so geschildert auf den Stelen Kawa IV (Z. 13–15, 20–27) und Kawa VI (Z. 15–21). Er veranlasste den Bau mit folgenden Worten: „Seine Majestät sandte das Heer nach Kawa, zusammen mit vielen Arbeitern und guten Handwerkern, unzählige. Ein Aufseher aller Arbeiten (Architekt) war mit ihnen, um die Arbeiten an dem Tempel zu leiten, während Seine Majestät in Memphis war.“649 Auch wenn hier nicht explizit erwähnt ist, dass Taharqo memphitische Handwerker aussandte, kann man es annehmen, da einige Reliefs sehr nahe Kopien von Szenen aus der memphitischen Region sind.650 Besonders bekannt ist die Szene des trampelnden Sphinx (oder des Greifes?). Die Komposition insgesamt wie auch einzelne ikonographische Details, z. B. die Körperhaltungen der Feinde, sind exakte Nachbilder aus den Aufwegen der Pyramidentempel von Niuserre und Sahure. Manche Motive sind ausgespart, möglicherweise aus Platzmangel in Kawa, bei anderen ist die interne Anordnung verändert, wie z. B. bei der „Libyschen Familie“ und der Göttin des Westens.651 Doch ist die Vergleichbarkeit mit Reliefs des Alten Reiches so stark, dass von direkten Vorlagen ausgegangen werden muss. Nicht nur Handwerker kamen möglicherweise aus Memphis, die Ansiedlung von Menschen aus dem Norden, die als Priesterinnen und Tempelbedienstete in Kawa für einen angemessenen Kultvollzug sorgten, verdeutlichen nochmals den Bezug zu Memphis – dem Krönungsort der Pharaonen – bei diesem Heiligtum.652 Darüber hinaus ist der Tempel T von Kawa der bisher einzige Tempel, der einen Kult für Ptah integriert.653 Dieser Hauptgott von Memphis ist auf dem westlichen Torpfosten des Pylons über den beiden Amunsformen von Kawa und Napata gezeigt.654 Auch wenn der Tempel dem Amun geweiht war, der hier in den zwei Formen „Amun von Napata“ und „Amun von Kawa“ verehrt wurde, so ist doch Ptah die Gottheit, die in deren Gemeinschaft den König am Tempeleingang empfängt. Auf dem Schrein des Taharqo im Hof des Tempels ist es die ungewöhnliche Form des PtH-nwn wr, Ptah-Nun der Große,655 der zusammen mit seiner memphitischen Götterfamilie Sachmet und Nefertem gezeigt ist.656

 646

Török (2002, 37–38 mit n. 159) verweist auf die Darstellung von Schiffen, die Amun von Napata nach Sanam bringen. 647 Kendall (2014, 677) interpretiert den Tempel B 700 als lokale Variante des Kleinen Tempels von Medinet Habu. Dieser wurde allerdings von Atlanersa und Senkamanisken, also erst nach Taharqo, erbaut. Selbst wenn der B 700 dann diese Funktion übernommen hat, kann für die Zeit davor der Tempel von Sanam als Ziel eines kuschitischen Dekadenfestes gedient haben.  648 Morkot 2000, 157. Pope (2014, 51) hingegen meint, dass erst mit dem Engagement von Taharqo der Kult in Kawa eine größere Bedeutung bekam. 649 Kawa IV, 20–22; Macadam 1949, 16, pl. 7, 8. 650 Ich danke Frau Dr. Sara Bock für die Übersendung ihrer unpublizierten Magisterarbeit „Ägyptische Vorbilder und kuschitische Innovationen am Tempel T von Kawa“ Humboldt-Universität Berlin, 2006.  651 In Kawa: Macadam 1955, pl. IX; im Aufweg des Sahure: Borchardt 1913, pl. 1; im Aufweg des Niuserre: Borchardt 1907, pl. 8–11. Siehe auch Leclant 1980. 652 Siehe dazu die Diskussion bei Pope 2014, 273. 653 Zur Bedeutung des Ptah in Kawa siehe Török 2002, 89–92. Ptah ist auf Säulenabaki im B 500 als „Erster von Nubien“ bezeichnet (Dunham 1970, 55, Fig. 40). 654 Macadam 1955, pl. XXIIIa.  655 LGG III, 173. Ptah-Nun der Große ist belegt vom Neuen Reich bis in die griechisch-römische Zeit. 656 Macadam 1955, pl. XVII b, c. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Taharqo etablierte eine enge Verbindung zu Memphis, das der Ort seiner Krönung war.657 In Memphis befand sich die königliche Residenz, von dort startete der berühmte Lauf der Elitesoldaten nach Dahschur658 und dort befand sich die königliche Familie, die während der Kriege gegen die Assyrer gefangen genommen und verschleppt wurde.659 Diese enge Verbindung manifestierte Taharqo sogar in seinem Namen, den er – ganz ungewöhnlich für die altägyptische Titulatur – mit Nefertem bildete: Nftm-xwj-Raw. Dieser Bezug zu Memphis ist im Tempel von Kawa gespiegelt: durch die Kopie der Reliefs, durch den Einsatz von memphitischen Personal, durch die Integration von Ptah in die Reihe der Tempelherren. Somit kann man Kawa als das „südliche Memphis“ interpretieren. Neben einigen weiteren Sakralbauten, von denen jedoch nur noch Fundamente oder Fragmente erhalten sind,660 ist noch die Pyramide in Nuri als größeres Bauvorhaben zu nennen. Die unterirdische Anlage entspricht nicht der Tradition der kuschitischen Begräbnisse, sondern dem Osireion von Sethos I. in Abydos. Erklären kann man dies mit der Verschmelzung des Taharqo mit Osiris, der nach seinem Tod dann zum Osiris-Taharqo wird.661 M. E. spielt aber die Parallelität mit Abydos eine Rolle:662 Abydos, gerade in der 25. Dynastie Kultplatz für Rituale der Erneuerung des Königtums, wird durch die unterirdische Anlage von Nu. 1 gespiegelt.663 Nicht nur die Architektur der unterirdischen Anlage, auch Artefakte deuten auf eine Parallelität zu Abydos hin: Die insbesondere für die 25. Dynastie belegten qaab-Gefäße, Ritualrelikte in Abydos, sind zwar in der Pyramide des Taharqo selbst nicht belegt, jedoch in den Gründungsbeigaben der späteren Pyramiden – möglicherweise wurden sie ursprünglich außerhalb der Anlage des Taharqo deponiert. Und auch die Verwendung von Steinuschebtis, erstmalig bei Taharqo, kann auf Abydos verweisen.664 Selbst die topopgraphische Lage lässt eine Assoziation zu Abydos zu. Die unterirdische Anlage in Nuri wurde letztendlich der Begräbnisplatz von Taharqo, kann aber in der ursprünglichen Strategie des Königs als Osiriskultstätte und „südliches Abydos“ konzipiert worden sein.665 Die von Taharqo errichteten Heiligtümer duplizieren demnach die ägyptische sakrale Landschaft, die für die ägyptische Königsideologie wesentlichen Heiligen Orte wurden als kuschitische Variante in Nubien gegründet. In den heiligen Stätten am Jebel Barkal, in Sanam, Kawa und Nuri können wir die nubischen Versionen von Karnak (und durch die Gleichsetzung mit Karnak auch Heliopolis), Medinet Habu, Memphis und Abydos sehen. Taharqo hat damit die bedeutendsten ägyptischen Kultorte seiner Zeit in Nubien gespiegelt. Die wichtigsten Gottheiten des ägyptischen Königtums sind an ihre Hauptheiligtümer gebunden, nämlich Amun und Mut in Karnak, Amun in Medinet Habu, Ptah in Memphis und Osiris in Abydos. Amun von Karnak war der Staatsgott, der mit dem König zu Erneuerungsritualen nach Medinet Habu reiste. Er war verantwortlich für die Krönung des Königs. Mut hat in der 25. Dynastie eine Doppelrolle: sie ist die göttliche Begleiterin des Amun, während weibliche Mitglieder des Königshauses als menschliche Gottesgemahlinnen des Amun fungieren. Sie war aber auch eine der Göttinnen des Sonnenauges, deren Mythos Nubien und Ägypten eng verband. Ptah, dessen Rolle im Königtum des frühen 1. Jt. erst näher definiert werden muss, war durch den Schabaqo-Stein, dem „Denkmal memphitischer Theologie“, und die Bauvorhaben der 25. Dynastie am Ptah-Tempel in Karnak sicherlich ebenso bedeutend.666 Osiris war schließlich der göttliche Vorfahr aller Könige und der Gott, der das Königtum regenerierte.

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Zur den kuschitischen Aktivitäten in Memphis siehe Leclant 1961b, 280–282. „Laufstele“ aus Dahschur (Altenmüller/Moussa 1981). 659 Assurbanipal, Prisma E (Onasch 1994, 97) and Large Egyptian Tablets (Onasch 1994, 105).  660 Z. B. Qasr Ibrim oder Tabo; siehe Wolf 1990. 661 Ausführlich dazu Kendall 2008.  662 Siehe dazu mit ausführlicher Argumentation unter II.4.3.2. 663 Traunecker (2018, 145) sieht eine Verschmelzung des abydenischen Ober- und Unterbaus in der Anlage Nu. 1: Der für die Prozession wichtige Umgang, in Abydos um den Oberbau zu rekonstruieren, ist in Nu. 1 in den Unterbau verlegt.  664 Siehe Budka 2012, 32 (mit Fn. 19); Budka 2017; Budka 2018, 364 (mit n. 45). Siehe auch dazu im Kap. II.4.3.2. 665 Anders Török (2002, 39), der das Verhältnis zwischen dem Jebel Barkal und El Kurru in der Situation zwischen Sanam und Nuri widergespiegelt findet. 666 Zum Denkmal memphitischer Theologie siehe El Hawary 2010; jüngst dazu Sousa 2017. 658

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ANGELIKA LOHWASSER

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Alle diese Gottheiten erfuhren Verehrung und bauliches Engagement durch Taharqo in Ägypten. Diese Gottheiten und ihr topographischer Anker in der Landschaft waren die Pfeiler der Ideologie des Königtums, und sie wurden von Taharqo nach Kusch transferiert, um eine nubische Version des ägyptischen Königtums zu etablieren. Er postulierte damit als erster kuschitischer Herrscher ein an den wesentlichen ägyptischen Grundzügen orientiertes Königtum. Im Vergleich zwischen Pi(anch)y und Taharqo zeigt sich, dass die Wahrnehmung des Herrschaftsbereiches unterschiedlich war. Pi(anch)y dürfte Kusch in die ägyptische geistige Karte integriert haben. Sein Herrschaftsverständnis, soweit es durch die Triumphstele überhaupt greifbar ist, können wir als ägyptozentrisch bezeichnen. Wenn auch die Durchführung der Herrschaft ähnlich den libyschen Königen auf dem Prinzip des segmentären Staates mit lokalen Fürsten beruht, so ist doch Kusch nie als eigenständiges Teilreich genannt. Taharqo separierte die beiden Territorien in zwei unterschiedliche Länder, die er Km.t und &A-stj bezeichnete. Seine Herrschaft dehnte sich also über zwei Einheiten aus, die im pharaonischen Reich verbunden waren. Zugleich spiegelte er die sakrale Landschaft Ägyptens in Kusch und integrierte die wesentlichen ägyptischen königlichen Kulte in die kuschitische Königsideologie. Er implementierte diese ägyptischen Kulte, indem er an spezifischen Orten Sakralbauten für ihre Durchführung errichtete, die größtenteils in der gesamten napatanischen Periode weiterbetrieben wurden. Auch wenn die Rituale adaptiert und immer wieder modifiziert wurden, das Osireion schließlich sogar als Grab umgewidmet wurde, das ägyptische Konzept zu einem kuschitischen wurde, war es Taharqo, der mit der Verdopplung der staatstragenden sakralen Landschaft tatsächlich ein „Doppelkönigtum“ schuf. 6 Herrschaft und Heil – Macht und Mythos Der ägyptische Pharao übte realpolitische Herrschaft verbunden mit der Aufgabe als Heilsbringer aus.667 Er konnte diese Herrschaft durchsetzen, solange er die Macht in Händen hatte – also von den Entscheidungsträgern anerkannt und unangefochten war. Die Erwartungen an den Pharao als Heilsbringer waren im Mythos verankert. Indem er durch die sakramentale Ausdeutung in den Mythos eingebunden wurde, konnte er die in ihn gesetzten mit Religion verbundenen Vorstellungen erfüllen. Der König musste sich beider Bereiche versichern, indem er sich sowohl politisch als auch religiös legitimieren ließ.668 Diese Legitimation war zunächst wesentlich beim Herrschaftsantritt. Erst die Versicherung seiner Rechtmäßigkeit vor Mensch und Gott verhalf, die Königswürde zu erlangen. Die Legitimation musste jedoch auch wiederholt bestätigt werden, um das Königsamt tatsächlich ausüben zu können. Beide Bereiche, die realpolitische Herrschaft und die übernatürliche Heilserwartung, waren nicht statisch, sondern prozessual gestaltet. Dies betraf jeden einzelnen Pharao, der sich wiederholt bestätigen musste. Dies betraf aber auch eine diachrone Veränderung solcher Bestätigungsmechanismen, denn durch den Wandel von politischen Umständen wie auch kultischen Entwicklungen waren immer wieder Anpassungen der Legitimationsstrategien erforderlich. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung standen die beiden Könige Pi(anch)y und Taharqo, die als Nubier die Herrschaft über Ägypten ausübten. In beiden Fällen ist das Spannungsverhältnis zwischen ägyptischen und kuschitischen Vorstellungen des Königtums sichtbar, und in beiden Fällen waren jeweils individuelle Konstruktionen der Legitimation notwendig, um mit diesem Spannungsverhältnis umzugehen. Die Veränderung der Inszenierung der Legitimation von Pi(anch)y, dem nubischen Eroberer Ägyptens, zu Taharqo, dem ägyptischen Nubier, ist trotz der kurzen Zeitspanne von wenigen Jahrzehnten immens. Wir können nicht sicher sein, dass es für Pi(anch)y selbst eine spezifische Legitimationsstrategie in Ägypten gegeben hat. Das ihn als Pharao bestätigende Denkmal, die Triumphstele, ist von der geistigen Elite in Karnak geschaffen worden. Wir können es also weniger als Selbstpräsentation des kuschitischen Eroberers als vielmehr als Rechtfertigung des thebanischen Klerus verstehen. Pi(anch)y wurde dabei als das im Süden weilende Sonnenauge beschrieben, das befriedet nach Ägypten zurückkam und in Heliopolis mit dem Sonnengott vereint wurde. Diesen Mythos, der Pi(anch)y in die religiösen Vorstellungen einband, nahm Taharqo auf, interpretierte seine Rolle darin jedoch anders: Taharqo war dabei der ägyptische Gott,

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Assmann 2000b, 32–33. Blöbaum 2006, 27–29.

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HERRSCHAFT UND HEIL – MACHT UND MYTHOS

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der das Sonnenauge nach Ägypten zurückholte, er stellte sich somit als der ägyptische Heilsbringer dar. Dass Taharqo sich vor allem als ägyptischer Pharao verstand, wird durch seine Konzeption als Onuris in Kusch verdeutlicht. Er inszenierte sich nicht als kuschitischer Herrscher, sondern als ägyptischer Pharao, der durch die Befriedung und vor allem Heimholung des Sonnenauges Nubien mit Ägypten vereinigte und damit ein ägypto-kuschitisches Doppelkönigtum schuf. Dieses Doppelkönigtum fand Ausdruck in der Konstruktion einer sakralen Landschaft in Nubien, die die wesentlichen Heiligtümer Ägyptens duplizierte. Taharqo inszenierte sich in Ägypten als Vereiniger nicht nur Ober- und Unterägyptens, sondern auch von Ägypten und Kusch; in Nubien selbst inaugurierte er eine ägyptische pharaonische Herrschaft. Sicherlich blieben indigene Merkmale in der Legitimation – die Mutter des Königs ist von besonderer Bedeutung – und in der materiellen Manifestation sichtbar. Beispiele für letzteres sind in der Ikonographie die Kordel mit Widderamuletten oder der Doppeluräus, in der Architektur der offene Raum im hinteren Teil des Tempels,669 in den Texten die im Vergleich mit Ägypten unterschiedliche Phraseologie.670 Doch war die Selbstdarstellung in Ägypten ausschließlich die eines ägyptischen Pharaos, während Pi(anch)y noch als Fremder mit eigentümlichen Vorlieben präsentiert wurde.671 Über einen Wandel in der Herrschaftsausübung können wir mangels Quellen zu Pi(anch)y in Ägypten keine Aussagen treffen. Da Pi(anch)y in Ägypten kaum belegt ist, geht die Fachwelt davon aus, dass er nach dem Feldzug wieder in den Süden heimgekehrt wäre – doch auch das ist nicht sicher. Von Taharqo wissen wir, dass er seinen Regierungssitz in Memphis hatte und von Ägypten aus herrschte. Durch die sich verändernde politische Situation im östlichen Mittelmeerraum war auch aus strategischen Gründen eine Präsenz des Königs im Norden geboten. Die Bedrohung durch die Assyrer und die damit einhergehende Fokussierung des ägyptischen Königs auf die Sicherung der Grenzen im Nordosten verlangte nach einer speziellen Form des Machterhalts, der möglicherweise durch die Versicherung der Loyalität von lokalen Potentaten (Monthemhet), aber auch durch Aufrüstung (Training der Elitetruppe in Dahschur) gesichert werden sollte. Der Rolle als übernatürlicher Heilsbringer, die durch die Verknüpfung des Königs in Mythen und Rituale gesichert wurde, konnte Taharqo durch seine Baumaßnahmen an Tempeln und der Durchführung von Kult und Fest entsprechen. Das in Theben unter Taharqo realisierte Bauprogramm zeigt, dass er sich eine wohldurchdachte Bühne seiner Selbstpräsentation geschaffen hatte. Die Errichtung der Kolonnaden und damit Vereinnahmung des Tempels von Karnak, dem Ausbau der Stationen des Dekadenfestes für die rituelle Erneuerung der Schöpfung und des Königtums, die wasserbaulichen Installationen als Kultplätze für Wasserriten, die Taharqo mit Amun verbinden – dieser gezielte Ausbau der Sakrallandschaft Thebens weist auf seine Legitimation als Heilsbringer hin. Dass Pi(anch)y hier ähnlich agiert hat, kann aus seinen Bauten am Jebel Barkal geschlossen werden, mit denen er vor allem in den Amun-Kult investiert hat. Auch hier standen die Anbindung des Königs an Amun und die Perpetuierung der Regeneration des Königsamtes im Mittelpunkt. Beide Könige fanden für die jeweilige historische Situation und die religiösen Erfordernisse spezifische Wege, ihre Herrschaft zu legitimieren und die in sie gesetzte Heilserwartung zu garantieren.  



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Ob es sich dabei um einen Sonnenhof oder einen Thronraum handelt, ist umstritten; siehe dazu Török 2002, 109– 113; Ali Hakem 1988, 112–119. 670 Blöbaum 2006, 280.  671 Zu den eigentümlichen Vorlieben gehören seine Sympathie zu Pferden oder seine außergewöhnliche Reinheit; siehe dazu Fitzenreiter 2011a.  © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)



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III. Monthemhet – Priester des Amun und Gouverneur von Theben: Die Selbstpräsentation eines Lokalherrschers im sakralen Raum Anke Ilona Blöbaum

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1 Einleitung Die dritte und letzte Fallstudie1 der hier vorgelegten Untersuchung widmet sich dem Vierten Priester des Amun und Gouverneur der Stadt Theben, Monthemhet2. Diese wichtige Persönlichkeit im Machtgefüge der Thebais während des Übergangs von der 25. zur 26. Dynastie bietet eine reichhaltige Quellenbasis, deren Analyse im Hinblick auf die hier zugrundliegende Fragestellung sehr vielversprechend erscheint. Monthemhet, der unter anderem die Titel des Gouverneurs von Theben und Vorstehers von Oberägypten trägt, agiert in der Zeit nach der assyrischen Eroberung bis zum 9. Regierungsjahr Psametiks I. als souveräner Lokalherrscher im Süden des Landes. Zudem ist er als Vierter Priester des Amun in die Priesterschaft des Amun-Tempels in Karnak integriert. Insofern bieten die für Monthemhet überlieferten Quellen eine gute Ausgangsbasis, um das Spannungsfeld von Religion3 und Politik4 aus einer weiteren Perspektive heraus zu betrachten. Nachdem Meike Becker erarbeitet hat, „inwiefern religiöse Ämter benutzt wurden, um politische Entwicklungen durchzusetzen“ und „wie sich politische Situationen in der religiösen Welt widerspiegeln können“,5 und Angelika Lohwasser die Inszenierung der kuschitischen Könige während der 25. Dynastie insbesondere hinsichtlich der Legitimation als Pharaonen im Spannungsverhältnis von kuschitischägyptischer Königsideologie untersucht hat,6 wird mit diesem letzten Kapitel nunmehr eine Privatperson in den Blick genommen, die ihre Machtposition als ägyptischer Lokalherrscher im Spannungsfeld ihrer sowohl administrativ als auch kultisch geprägten Stellung innerhalb der thebanischen Elite ausgeübt hat. Zugleich ist mit Monthemhet eine der mächtigsten Personen während der Übergangszeit von der 25. zur 26. Dynastie in Theben greifbar, bevor sich mit der Herrschaft von Psametik I. über das wieder vereinte Ägypten die Machtkonstellationen in der thebanischen Priester- und Beamten-Elite grundlegend verändern.7 Monthemhet stammt aus einer alteingesessenen Familie in der Thebais, die für seinen Zweig um drei Generationen zurückverfolgt werden kann.8 Das Amt des Gouverneurs bzw. Bürgermeisters von Theben (HA.tj-a(.w) n(.j) n’.t)9, das seit Generationen in der Familie ist,10 übernimmt er von seinem Vater Nesptah (A)11 vermutlich schon vor oder zu Beginn der Regierungszeit von Taharqo.12 Ebenfalls ist er als Vorsteher 1

Mein besonderer Dank gilt Annik Wüthrich, die als Kollegin und Freundin den Arbeitsprozess begleitet hat, stets für Fragen und Diskussionen offen war und von deren hilfreichen Hinweisen und Anmerkungen ich sehr profitieren konnte. 2 MnT.w-m-HA.t: Ranke 1935, 154,7. 3 Ausdruck für eine Vielzahl an unterschiedlichen kulturellen Phänomenen, deren Grundlage der Akt der Transzendierung der diesseitig-alltäglichen Lebenswelt ist. Diese kulturellen Phänomene (wie etwa Symbole, Handlungen oder Normen) beziehen ihrerseits die Lebenswelt ein, indem sie ein Spannungsverhältnis konstituieren, das die Glaubensvorstellungen als das nicht kommunizierbare Transzendente, und den Alltag, der persönliche Identität sowie soziale Gemeinschaft mit einbezieht, miteinander in Beziehung setzt; vgl. Einleitung. 4 Als Überbegriff für diejenige Dimension menschlichen Handelns aufgefasst, die auf Erzeugung und Durchsetzung kollektiv verbindlicher Entscheidungen bezogen ist, um das Zusammenleben von Menschen zu regeln und die auf jener Macht basiert, die die Regeln und Normen durchsetzen kann; vgl. Einleitung. 5 Siehe Kap. I. 6 Siehe Kap. II. 7 Pressl 1999, 124–127; Naunton 2011, xvi–xxiv; Broekman 2012c; Naunton 2016; Jansen-Winkeln 2018, 134–135; Forshaw 2019, 70–73. 8 Bierbrier 1979, 116–118, insbesondere Chart I; mit Korrekturen von Taylor 1987, 229–230; Jansen-Winkeln 2018, 134. 9 Wb 3, 25.21; Taylor 2001, 143 [1393]; zum Titel und den Amtsträgern während der 25. und 26. Dynastie, s. Vittmann 1978, 170–189, bes. 172–173; Naunton 2011, 17–38. 10 Der Großvater Chaemhor sowie dessen Vater Horsiese hatten ebenfalls das Amt des Gouverneurs von Theben inne, vgl. Vittmann 1978, 171; Hegazy/Weilittner 1990/91, 55. 11 Vittmann 1978, 171 [6.3]. 12 Der Torso (M-03) Nr. 127 der Ägyptischen Staatssammlung München ist sowohl mit der Königstitulatur von Taharqo als auch mit Monthemhets Namen sowie seinen beiden Standardtiteln „Vierter Priester des Amun“ und „Gouverneur von Theben“ beschriftet; vgl. Rößler-Köhler 1991, 172. Allerdings ist Nesptah (A) zusammen mit Monthemhet und dessen Sohn hinter Taharqo auf dem Relief in der Krypta im Mutbezirk dargestellt und Nesptah (A) trägt in den Beischriften den Titel, für Monthemhet ist er zumindest zu rekonstruieren, s. Kap. III.2.2.1.1; vgl. Naunton 2011, 22–24. © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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ANKE ILONA BLÖBAUM

von Oberägypten (jm.j-r’ ^ma.t)13 eingesetzt, was – nach seiner eigenen Aussage – bedeutet, dass ihm das Gebiet von Elephantine bis Hermopolis unterstellt war.14 Dieser Titel geht nach Monthemhets Tod auf dessen erstgeborenen Sohn Nesptah (B) über, dem er bereits zu seinen Lebzeiten das Amt des Gouverneurs von Theben übergeben hatte.15 Monthemhets wichtigstes kultisches Amt ist das des Vierten Priesters des Amun (Hm nTr 4nw n(.j) Jmn)16, das nach seinem Tod ebenfalls an seinen Sohn und Nachfolger Nesptah (B) übergeht.17 Er unterhält gute Beziehungen zum kuschitischen Königshaus, mit dem über seine zweite Ehefrau, Udjarenes,18 darüber hinaus auch eine familiäre Verbindung besteht. Während der assyrischen Eroberung ist er als Vasall in Oberägypten eingesetzt: die Annalen des Assurbanipal nennen ihn als šarru von Theben.19 Offenbar spielt Monthemhet auch eine Rolle bei der Machtübernahme von Psametik I. in Oberägypten, die diesem in seinem 9. Regierungsjahr die Herrschaft über das gesamte Land sichert. Das zumindest lässt sich aus der Erwähnung von Monthemhet und seinen Familienmitgliedern auf der Adoptions-Stele der Nitokris schließen.20 Welcher Art diese Beteiligung sein könnte, lässt sich nur vermuten. Sicher ist allerdings, dass Monthemhet seine machtvolle Stellung in Theben auch während der Regierungszeit von Psametik I. bis zu seinem Tod behält, der vermutlich im oder kurz nach dem 16. Jahr des Königs anzusetzen ist.21 Mit seinem Sohn und Amtsnachfolger, Nesptah (B), ist jedoch der Einfluss der Familie schnell beendet.22 Er überlebt seinen Vater um lediglich acht Jahre.23 Für Monthemhet sind keine Titel, die in ein militärisches Umfeld gehören, nachgewiesen. Ferner ist bemerkenswert, dass Monthemhet keine Titel trägt, die eine Verbindung zur amtierenden Gottesgemahlin des Amun aufweisen. Hier gibt es offenbar eine klare Trennung der Machtbefugnisse in den unterschiedlichen Priestergruppen im Tempel.24 13

Wb 4, 474.4; Jones 2000, 246–247 [895–896]; zum Titel in der 25. Dynastie, s. Naunton 2011, 105–108; zu den Amtsträgern während der 25. und 26. Dynastie, s. Vittmann 1978, 189–200. 14 So wird der Machtbereich auf der Sitzstatue M-07 (Berlin ÄMP 17271; PM II2, 163–164) von Monthemhet selbst angegeben. Ähnliche Angaben zum gleichen Amtsbereich gibt auch Padihorresnet im Zusammenhang mit diesem Titel in seinem Grab (TT 196) an, so dass es sich offenbar um eine ernst zu nehmende Information bzw. eine mit dem Titel verknüpfte Tradition handeln dürfte, s. Vittmann 1978, 198; Graefe 1971b, 244–245; Graefe 1981, II, 86– 87; Graefe 2003, 188, [Abb. 115: T 283,2], 193, [Abb. 120: T 293,3, T 294,3], 204, [Abb. 131: T 313,2], 215 [Abb. 142: T 341,2], 229 [Abb. 156: T 349, 123]; 234 [Abb. 161: T 353,5–6]; Jansen-Winkeln 2014, II, 683; vgl. auch Moje 2014, 74–75. Interessanterweise findet sich für Padihorresnet ebenfalls die Angabe tS=f rsj r WAs.t mHj=f r Wnw.t „seine Südgrenze bis Theben, seine nördliche bis Hermopolis“, (Graefe 2003, 184 [Abb. 111: T 276,2]; Jansen-Winkeln 2014, 683). Leider sind allerdings die entsprechenden Titel vor dieser Angabe nicht mehr erhalten. 15 Vittmann, 1978, 195; zur Person von Nesptah (B), vgl. de Meulenaere 2008. 16 Wb 3, 89.15; Taylor 2001, 148 [1445]; Naunton 2011, 60–66; Zur Amun-Priesterschaft im Karnak-Tempel während der 25. und 26. Dynastie, vgl. Vittmann 1978, 61–100; bes. 96–100; Kees 1962, 60–66. 17 Auf der Gruppenstatue M-18 tragen sowohl Vater als auch Sohn diesen Titel und Monthemhet ist mit dem Epitheton mAa xrw bezeichnet, vgl. Kap. III.2.1.18. Eine Inschrift im Wadi Hammamat nennt Nesptah (B) als Träger des Titels, doch ist Monthemhet in der Filiationsangabe als snb bezeichnet, s. Leclant 1961c, 188–189. Die früheste datierte Quelle, die Nesptah (B) mit dem Titel nennt, ist Papyrus Wien D 12003 aus dem Jahr 17 von Psametik I., s. Malinine 1973, 192–208; vgl. zusammenfassend de Meulenaere 2008. 18 Als Tochter des Prinzen (zA nzw) Pianchi-Har war sie eine Enkelin von Pi(anch)y, s. Russmann 1997, 24; vgl. ferner Leclant 1961c, passim; Collombert 1995, 76; Lohwasser 2001, 42–45, 190–191; Jansen-Winkeln 2009, 483; Lohwasser 2016, 130. 19 Prisma A (London British Museum BM 91026), Kol. I, 1.90–190, vgl. Onasch 1994, I, 36–37; Moje 2014, 237, Abb. 47; s. hierzu Kap. III.3.1. 20 Adoptions-Stele der Nitokris: JE 36327; PM II2, 27; siehe hierzu Kap. III.3.2 mit ausführlicher Bibliographie zu der Stele; zu der entsprechenden Textpassage, vgl. ebenfalls Blöbaum 2016, 190–194. 21 Dies ist aus zwei Quellen zu erschließen: Monthemhet ist im Jahr 16 von Psametik I. in einer Inschrift nahe dem Wadi Gasus nachgewiesen (Vikentiev 1956, 179–186; Jurman 2017, 134–135), war also zu diesem Zeitpunkt noch am Leben, s. Leclant 1961c, 191–192 [43]. Da Nesptah (B) im Papyrus Wien D 12003 aus dem folgenden Jahr mit dem Titel „Vierter Priester des Amun“ genannt ist (Malinine 1973, 192–208), ist Monthemhet offenbar in der Zwischenzeit verstorben, vgl. Naunton 2011, 24. 22 De Meulenaere 2008, 107; Naunton 2011, xx. 23 Im Papyrus Wien D 12002 aus dem Jahr 24 von Psametik I. ist Nesptah (B) als mAa xrw bezeichnet, s. Menu 1994, 293–294; vgl. de Meulenaere 2008, 102. 24 Siehe eine vergleichende Übersicht der Titel von Monthemhet einerseits und den Obervermögensverwaltern der Gottesgemahlin Ibi, Pabasa sowie Padihorresnet andererseits in Vittmann 1977, 252–253.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

1.1

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Quellenlage und Forschungsgeschichte

Im Vordergrund der Untersuchung stehen diejenigen Quellen, die wir von Monthemhet im Umfeld des Karnak-Tempels verorten können. Im Rahmen der übergreifenden Fragestellung zum Verhältnis von Religion und Politik wird zu erörtern sein, inwieweit die Quellen Schwerpunkte in der einen oder anderen Sphäre dokumentieren und auf welche Weise sich solche Schwerpunkte feststellen lassen. Nach einer Vorstellung des zur Verfügung stehenden Quellenmaterials und einer kurzen Einführung in die für die Untersuchung maßgeblichen methodischen Grundlagen werden zunächst in einem auf Übersicht angelegtem Kapitel Muster und Strategien der Darstellung in Monthemhets Quellenmaterial zusammengestellt und hinsichtlich der oben genannten Fragestellung betrachtet (Kap. III.2.1–2.2). Im Anschluss daran werden an ausgewählten Beispielen Verschränkungen und Vernetzungen der einzelnen Darstellungskonventionen und Themenschwerpunkte vorgestellt (Kap. III.2.3). Darüber hinaus steht den Quellen, die wir der Person des Monthemhet zuschreiben können, noch weiteres Quellenmaterial gegenüber, das uns Hinweise auf die zeitgenössische „Fremdwahrnehmung“ seiner Person bereitstellt (Kap. III.3). Die an beiden Gruppen erarbeiteten Ergebnisse werden dann in einem zusammenfassenden Fazit gegenübergestellt und bewertet (Kap. III.4). Zur Person von Monthemhet steht uns eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen zur Verfügung. Neben seiner Grabanlage25 im Asasif-Tal auf der Westseite von Theben und verschiedenen inschriftlichen Zeugnissen26 sind etwa 20 Statuen in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand Monthemhet zuzuordnen.27 Eine grundlegende und umfassende Übersicht über die gesamte Quellenlage bietet Jean Leclants Monographie zur Person von Monthemhet.28 Der Fokus dieses umfangreichen Werks liegt allerdings auf der Zusammenstellung der Quellen und der Deskriptive, der analytische Anteil fällt im Vergleich recht überschaubar aus.29 So bemerkte Leclant selbst: „En dépit de la masse des documents recueillis, il reste même bien difficile de préciser la nature des pouvoirs et le rôle de Montouemhat“.30 Darüber hinaus wurden bisher keine weiteren übergreifenden Betrachtungen vorgenommen, doch ist das Material im Hinblick auf verschiedene Einzelaspekte in unterschiedlichsten Untersuchungen verarbeitet worden.31 Obschon die überaus qualitätvollen Statuen von Monthemhet in Studien zur spätzeitlichen Rundplastik Erwähnung finden32 und seit Leclants Arbeit noch weitere Stücke identifiziert werden konnten,33 wurde bisher noch keine umfassende Untersuchung dieses Materials vorgelegt.34 Eine erneute Beschäftigung erscheint daher vielversprechend, zumal mit der Publikation des dritten Teils der „Inschriften der Spätzeit“ von Karl Jansen-Winkeln nun eine neue, kollationierte Edition sämtlicher Inschriften vorliegt.35 25

TT 34: PM I,12, 56–61; Leclant 1961c, 171–186; Müller 1975, 12–34; Kuhlmann/Schenkel 1983, Taf. 159–60, 162– 163; Eigner 1984, 44–46 [36k]; Nasr 1997; Herrmann 2011; Gamer-Wallert 2013; Gestermann/Gomaà 2014, 201– 203; Gestermann/Gomaà 2018, 152–161. Zur Reliefdekoration des Grabes s. Manuelian 1982; 1984; 1985; Russmann 1994; 1995; 1997. Die ältere Literatur ist insbesondere durch Leclant zu erschließen. 26 Übersicht bei Leclant 1961c, 113–170 [Kap. II] u. 187–240 [Kap. IV]; aktuelle Textausgabe Jansen-Winkeln 2009, 204, 451–456, 475–477. Die Semna-Stele eines Monthemhet wird Jeremy Pope folgend als Denkmal aus dem Mittleren Reich angesehen, s. Pope 2014, 154–180. 27 Für eine Zusammenstellung, s. Leclant 1961c, 1–111 [Kap. I]; vgl. Kapitel III.2.1. 28 Jean Leclant, Montouemhat, quatrième prophète d’Amon, BdE 35, Kairo 1961. Eine Zusammenstellung älterer Literatur zur Person von Monthemhet findet sich dort auf Seite IX. 29 Leclant 1961c, 259–280, also nur etwa 20 Seiten bei einem Gesamtumfang von 309 Seiten. 30 Leclant 1961c, 259. 31 Zur Familie: Bierbrier 1979; Taylor 1987; zur Person: Hegazy/Weilittner 1990/91; Rößler-Köhler 1991, 171–188; Herrmann 2011; zu den Titeln: Vittmann 1977, 1978, passim; Naunton 2011, passim; zu den biographischen Inschriften: Otto 1954, 157–161; Lichtheim 1980, 30–33; Heise 2007, 54–89 (vgl. hierzu de Meulenaere 2007; Jansen-Winkeln 2008b; Vittmann 2008; Guermeur 2010) zu den hymnischen Texten der Stelophoren: Knigge 2006, 224–225, 248–249; zur Bautätigkeit: Fazzini/Peck 1981; Fazzini/O’Rourke 2008; Fazzini 2010; Spencer 2010b, 478–483; Fazzini 2011; zur Inschrift in der Taharqo-Krypta: Jansen-Winkeln 2009, 197–202 [142], 495–496 [260]; Heise 2007, 80–89; Grallert 2001, 357–359; Fazzini/O’Rourke 2008, 144–146. 32 So u. a. Bothmer 1960, 14–17; Pirelli 1999, 359; Russmann 2010, 954–957; Josephson 2015, 74–75. 33 Von Beckerath 1962; Fay 2002; Fazzini 2010, 96 mit Anm. 44. 34 Es liegen Publikationen zu einzelnen Stücken oder Gruppen vor: Müller 1975, 7–12; Clère 1995, 153–157; Josephson 2002; Josephson 2003; de Meulenaere 2008; Perdu 2012b; Coulon 2016; Heindl 2018. 35 Jansen-Winkeln 2009, 451–490.

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ANKE ILONA BLÖBAUM

202

1.2

Selbstpräsentation im Tempel

Der Begriff „Selbstpräsentation“, der von Ludwig Morenz in erster Linie für funeräre (auto)biographisch geprägte Inschriften in den ägyptologischen Diskurs eingeführt wurde,36 wird hier in einem erweiterten Bedeutungsspektrum benutzt, das alle monumentalen Formen der (Selbst)-Darstellung der altägyptischen Elite umfasst. Und insbesondere richtet sich der Fokus in dieser Untersuchung auf die Mittel der Selbstpräsentation im Tempel, wobei der Karnak-Tempel in der Hauptsache in den Blick genommen werden wird. Bereits seit dem Ende des Neuen Reichs ist zu beobachten, dass das Grab als Stätte des Totenkults an Bedeutung verliert und sich im Zuge dessen der Totenkult auf die Tempelstatue verlagert.37 Dies führt dazu, dass funeräre Textarten wie (auto)biographisch geprägte Texte, Anrufe an die Lebenden oder Totenopferformeln in der Spätzeit zunehmend auf Tempelstatuen bezeugt sind,38 und somit die Tempelstatue sich zu einem wichtigen Mittel der Selbstpräsentation mit dem Tempel als Ort der Inszenierung entwickelt.39 Der aus der Theaterwissenschaft stammende Begriff der „Inszenierung“ wurde von Maria Michela Luiselli für die ägyptologische Forschung adaptiert.40 Den Akt der Inszenierung erklärt sie als „Prozess des intentionalen Auswählens, Arrangierens und Organisierens von Personen, Materialien und/oder Handlungen mit dem Ziel, etwas erscheinen zu lassen und es vor Dritten zu präsentieren“,41 so dass sich der Begriff insbesondere zur Beschreibung von Wirkungsmechanismen in der Selbstpräsentation durch Tempelstatuen bestens eignet. Denn der Tempel ist als öffentlicher Raum zu verstehen, in dem auch die monumentale Dokumentation („Publikation“) von Titelsequenzen und Filiationsangaben Ansprüche auf Priesterämter oder die Sicherung von Nachfolgeregelungen legitimieren konnte.42 Große Teile des Elitediskurses finden somit im Tempel statt, der nun zum wichtigsten Ort wird, in dem sich die Mitglieder der Elite im öffentlichen Raum präsentieren (z. B. durch Aufstellung von Statuen), ihr Wirken und Streben vor den Göttern dokumentieren sowie im Kontext ihrer peergroup verankern. Die Selbstpräsentation durch eine Tempelstatue ist daher als zielgerichtete Darstellung bzw. als Inszenierung einer spezifisch auf den Kontext abgestimmten Identität zu verstehen, die eine bestimmte Wirkung beim Rezipienten hervorrufen sollte. „Zur Problematik der BildInszenierung gehört daher auch die Dimension der angewandten Strategien. Diese betreffen sowohl den Inhalt als auch die Form und das mediale Instrumentarium mit gleicher Gewichtung; nur das Zusammenspiel dieser drei Ebenen garantiert die Wirksamkeit – und die Wirkung – des Bildes auf den Rezipienten.“43 Als Adressaten sind sowohl die Mitglieder der Priesterschaft als auch die Götterwelt angesprochen; es entsteht ein produktiver Prozess, durch den der Sakralraum (mit)gestaltet wird. Denn eine Tempelstatue ist 36

Morenz 2006, 390: „Die von dem Soziologen E. Goffman mit Bezug auf den Alltag zur Deutung von Umgangs- und Verhaltensformen geprägte Wendung presentation of self habe ich für eine spezifische textliche Gattung adaptiert, denn die von reichlich 40 Jahren erschienene Arbeit Goffmans (The Presentation of Self in Everyday Life, New York 1959) erweist sich nützlich für unser Verständnis ägyptischer funerärer Inszenierungen.“ 37 Jansen-Winkeln 2016, 408–410. 38 Jansen-Winkeln 2016, 407; es entwickelt sich sogar eine wechselseitige Traditionslinie: „während ursprünglich Textsorten aus Gräbern sekundär auf Tempelstatuen übertragen wurden, gewinnt nun die Phraseologie der Statuen Einfluß auf die der Gräber“ (ebd. 408). 39 Vgl. Kjølby 2009, 39: „Serving as a body and a materialization of its personal and social identity a statue was an essential part of the distributed person of an individual, extending his presence in the world of the living beyond its own physical boundary and beyond death. In this material form the person manifested in a temple statue could participate in the activities of the temple and interact with the living in a temple context. In such interactions this statue functioned as a recognized social other in the world of the Egyptians, permitting physical interactions between the living and the (animated) statue“. 40 Luiselli 2011, 72–81; „Der hier vorgeschlagene Begriff der „Bild-Inszenierung“ lehnt sich an Assmanns BildaktTheorie und an die theoretischen Voraussetzungen von Inszenierung und Performanz an; die Absicht ist dabei, das Wirkungsfeld des Bildes als Bühne für den performativ geäußerten Inhalt hervorzuheben.“ (ebd. 75). 41 Luiselli 2011, 74. 42 Die Aufstellung von Statuen oder anderen Denkmälern zur Legitimierung von Priesterämtern wird im p.Rylands beschrieben, s. Kol. XII, 14–19, Vittmann 1998, 136–137; vgl. ebenfalls Jansen-Winkeln 2016, 405. 43 Luiselli 2011, 75–76.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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nicht nur Ort des Totenkults und Mittel, um den Dargestellten in das Opferritual des Tempels einzubinden, sondern stellt als Objekt der Selbstpräsentation durch verschiedene mediale Komponenten (Materialität, Bild, Text) Relationen zu unterschiedlichen Bereichen des Wirkens der dargestellten Person her und korrespondiert darüber hinaus mit dem umgebenden Raum sowie den dort verkehrenden Menschen und Göttern. „Anders gesagt: ohne die magische Affirmation über kulturell geläufige Medien wäre die Statuserhöhung nicht (oder schlecht) kommunizierbar, wäre damit aber auch un(an)erkannt, praktisch inexistent. Über die ʻSepulkrale Selbstthematisierungʼ wird eine soziale Position nicht nur präsentiert, sondern konzeptualisiert, auf kultureller Ebene verwirklicht und geschaffen.“44 Eine Bewertung der Selbstpräsentation im Tempel sollte daher jede dieser Komponenten miteinbeziehen, ähnlich einem Ansatz, den John Baines im Rahmen einer Untersuchung zur Selbstpräsentation der Elite in der ptolemäischen Zeit verfolgt: „[…] they encompassed visual media at least as much as textual ones and because the visual and the textual existed in a social context that must have included ceremonies and performances in which a person’s self was presented“45. Bei der Analyse des Statuen-Programms ermöglicht dieser kombinierte Ansatz nicht nur Ikonographie und Inschriften als sich einander ergänzende Elemente zu betrachten,46 sondern auch dessen jeweiligen kulturellen Kontext miteinzubeziehen sowie durch eine Rekonstruktion des Funktionskontextes den damit verknüpften Wirkungsmechanismen auf die Spur zu kommen.47 Das einzelne Artefakt zeichnet sich in dieser Hinsicht durch eine multimediale Komposition aus, die – neben Materialität – Bild- und Textkomponenten miteinander verknüpft und darüber hinaus in der ursprünglichen Aufstellungssituation ebenfalls eine räumliche Komponente miteinbezieht.48 Bei einer Aufstellung im Tempel ist hierbei zu beachten, dass der Tempel als solcher bereits als ein komplexes multi-mediales Gefüge zu betrachten ist, bei dem „alle beteiligten Medien (Architektur, Bild und Text) im Dienst der dem jeweiligen Tempel zugrundeliegenden Konzeptionsidee standen“49. Es ist daher mit vielfältigen Bezügen unterschiedlichster Art zu rechnen.50 Leider ist diese räumliche Komponente durch den Erhaltungszustand bzw. bereits in der Antike vorgenommene Umbauarbeiten nur schwer zu erschließen. Zudem stehen uns in den meisten Fällen keine Hinweise auf den Primärstandort zur Verfügung oder durch Störungen im Fundkontext liegen nur unzureichende Informationen darüber vor. Nichtsdestotrotz ist es nicht nur sinnvoll, sondern unabdingbar, auch diese Dimension im Auge zu behalten, da davon auszugehen ist, dass die verschiedenen Komponenten inhaltlich in Bezug zueinander stehen.51 Durch die Verschränkungen zwischen den einzelnen Komponenten entsteht ein mehr oder weniger kunstvolles Gewebe, das eine eigene Aussage transportiert, und daher bei der Analyse berücksichtigt werden soll, entsprechend der Auffassung von John Baines, nach der „Komposition“ ein integratives Präsentationselement darstellt: „The act of composition was part of the self-presentation.“52 Das bedeutet, dass die zielgerichtete Verknüpfung einzelner Elemente, also die Komposition, nicht nur die den einzelnen Elementen innewohnende Aussage verstärken, sondern ebenfalls eine – zusätzliche – eigene Nachricht 44

Fitzenreiter 2008, 106. Baines 2004, 34–35. 46 Im Folgenden werden nur diejenigen Textabschnitte übersetzt, die für die Auswertung im Sinne der hier angestrebten Fragestellung von Bedeutung sind. Eine umfassende kommentierte Neubearbeitung der Inschriften auf den Statuen des Monthemhet ist in Vorbereitung und wird von mir an anderer Stelle publiziert werden. 47 Vgl. Price 2017, 396: „It is most profitable to explore the interactions between individuals and works of ʽartʼ, such as elite sculpture, by evaluating the evidence of the monuments themselves – their forms and in particular their texts. These two traditionally separate approaches can be effectively combined to give a significant insight into the intentions of archaism in Egyptian visual culture.“ 48 Der zugrundeliegende Medienbegriff muss daher entsprechend weit und flexibel sein, dass in bestimmten Funktionszusammenhängen neben Text, Bild und Ton auch Objekt, Körper oder eben auch Räume u. ä. zum Medium werden können, s. Balke 2008, 26. 49 Reiche 2006, 191. 50 Vgl. Frood 2007, 7: „Monumental contexts weave image, text, and architecture into complex visual, verbal, and sensory experiences“. 51 Vgl. hierzu Schulz 2014, 39: „(…) so ist die Funktion des Bildes als Ziel kultischer bzw. ritueller Handlungen und die Bestimmung des/der Rezipienten ohne Berücksichtigung des räumlichen Umfelds sowie des kulturhistorischen Kontexts der Statue nicht möglich.“ 52 Baines 2004, 35. 45

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ANKE ILONA BLÖBAUM

übermitteln kann, die sich nur in der Zusammenschau, d. h. vor allem in der originären Aufstellungssituation, identifizieren lässt. Insofern ist die Komposition nicht nur Teil der Selbstpräsentation, sondern ebenfalls als zusätzliches Mittel der Inszenierung aufzufassen. Dass eine vollständige Erfassung der Komposition durch mehr oder weniger großen Verlust des Funktionskontextes eines Objekts sowie durch die uns nur in vermutlich sehr geringen Anteilen zur Verfügung stehende kulturelle Kompetenz versagt bleiben wird, soll jedoch nicht davon abhalten, jede zur Verfügung stehende Information zur Kontextualisierung zu nutzen.53 2 Die Selbstpräsentation Monthemhets im Karnak-Tempel Schwerpunkt der folgenden Analyse wird die Beschäftigung mit denjenigen Quellen von Monthemhet darstellen, für die eine Verortung im Karnak-Tempel anzunehmen bzw. nachweisbar ist. Hierbei sind zunächst die zahlreichen rundplastischen Darstellungen von Monthemhet in den Blick zu nehmen. Eine umfassende kunstwissenschaftliche Analyse des Materials kann und will diese Untersuchung nicht leisten,54 vielmehr soll für diejenigen Darstellungen, für die eine Aufstellung im Karnak-Tempel anzunehmen ist, die zugrundeliegende Intention hinterfragt und vor dem Hintergrund zeitgenössischer Konventionen insbesondere im Hinblick auf das Zusammenspiel von Religion und Politik bewertet werden. An ausgewählten Beispielen sollen darüber hinaus Spezifika, die die Darstellung von Monthemhet ausmachen, verdeutlicht und illustriert werden. Die Untersuchung des Materials kombiniert kunst- bzw. bildanalytische Methodik, die auf einem semiotischen Ansatz basiert sowie einer hermeneutischen Herangehensweise verpflichtet ist,55 und – falls möglich – die Bewertung des archäologischen Kontextes mit einer philologischen, ebenfalls auf hermeneutischen Grundsätzen fundierten Analyse der Inschriften. Alle so gewonnenen Teilaspekte werden als gleichwertige Elemente einer Gesamtkomposition betrachtet, deren Erschließung und Kontextualisierung nur in der Zusammenschau möglich ist.56 Es wird erwartet, dass sich Muster in der Selbstpräsentation ergeben, die schwertpunktmäßig in unterschiedlichem Maße entweder auf Monthemhets administrativ-politische Machtbefugnisse oder seine Stellung in der Priesterschaft und im Tempel rekurrieren. Maßgebliches Ziel ist es, diese Muster aufzudecken, zu entschlüsseln, ihre Intention zu klären und – falls dies möglich sein sollte – einer Entwicklungslinie zuzuordnen. Da diejenigen Statuen, die im Tempelbezirk aufgestellt waren, im Fokus stehen, wird darüber hinaus zu fragen sein, ob und wenn ja auf welche Weise eine Wechselwirkung mit dem sakralen Raum, in dem die Objekte errichtet waren, stattgefunden haben könnte. In diesem Rahmen muss auch die Bautätigkeit betrachtet werden, die Monthemhet zugeschrieben wird. Dies stellt einen weiteren Schwerpunkt der Auswertung dar. Monthemhet war nicht nur mit Bauarbeiten für Taharqo im Mut-Bezirk in Karnak betraut, sondern hat dort ebenfalls eigenverantwortlich gewirkt.57 Die Arbeiten Monthemhets im Tempel der Mut in Karnak sind einerseits archäologisch zu fassen;58 und andererseits auch von Monthemhet selbst in einer großen Inschrift, die in der sogenannten Taharqo-Krypta im Mut-Bezirk angebracht ist, thematisiert.59

53

Hierzu verweise ich auf die Überlegungen von Claus Jurman zur Verwendung des ethnologischen Konzepts der „Dichten Beschreibung“ (thick description, s. Geertz 1973, 3–30), Jurman 2012, 119–122: „Unter den Gegebenheiten der ägyptologischen Praxis könnte man die Dichte Beschreibung vielleicht als eine in Bezug auf die jeweilige Fragestellung hinreichende Kontextualisierung verstehen, die als solche kaum jemals zu erreichen ist, aber zumindest die Stoßrichtung definiert.“ (ebd. 120). 54 Eine solche Arbeit wird derzeit von Patrizia Heindl (München) im Rahmen ihres Dissertationsvorhabens vorbereitet, vgl. Heindl 2018, 45–64. 55 Einführend zur Semiotik und Hermeneutik in der Ägyptologie mit weiterführender Literatur Angenot 2015; vgl. zum methodischen Ansatz der Hermeneutik, Angenot 2011. 56 Siehe hierzu Kap. III.2.3. 57 Übergreifend zur Bautätigkeit von Monthemhet, s. Spencer 2010b, 478–483. 58 PM II2, 58–59; Fazzini/Peck 1981; Fazzini/O’Rourke 2008; Fazzini 2010; Fazzini 2011. 59 PM II2, 258: Mariette 1875, 42–44, 64–66; Dümichen 1869, 48; Wreszinski 1910; Leclant 1961c, 193–238, Taf. 66– 70; Grallert 2001, 357–359; Heise 2007, 80–89; Fazzini/O’Rourke 2008, 144–146; Jansen-Winkeln 2009, 197–202 [142], 495–496 [260].

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

2.1

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Das Statuen-Programm von Monthemhet

Von Monthemhet sind eine Reihe von Statuen überliefert. Insgesamt können ihm ca. 20 Objekte sicher zugeschrieben werden.60 Der Erhaltungszustand ist sehr unterschiedlich und reicht von vollständig erhaltenen Stücken bis hin zu äußerst fragmentarisch überlieferten. Ein derart umfangreiches StatuenProgramm zeugt von den mächtigen Ressourcen, auf die Monthemhet zurückgreifen konnte.61 Die Stücke sind von ausgesuchter Qualität und zeigen große Vielfältigkeit in der Auswahl der Typen. Da nicht nachweisbar ist, dass die Stücke als Ensemble bzw. Gruppe geplant wurden, und daher von einer Serie von Einzelstücken auszugehen ist, die über einen langen Zeitraum hinweg angefertigt worden sind, ist selbstverständlich der Begriff „Programm“ bzw. „Statuen-Programm“ mit einer gewissen Sorgfalt zu verwenden.62 Hinzu kommt noch, dass wir bei dem Versuch einer auf programmatischen Schwerpunkten fokussierten Analyse mit Informationslücken unterschiedlichster Art konfrontiert sind.63 Dennoch bin ich der Meinung, dass mit aller gebotenen Vorsicht und trotz der nicht vollständig zur Verfügung stehenden Quellen eine übergreifende Betrachtung sowie ein Fokus auf Aspekte, die als programmatisch einzuschätzen sind, durchaus zu einem Erkenntnisgewinn führen dürften. Im Folgenden werden alle Statuen(fragmente), die Monthemhet zweifelsfrei zugeschrieben werden können, in jeweils einem kurzen Beitrag vorgestellt. Vorab sollen darüber hinaus an drei ausgewählten Beispielen (M-01; M-07; M-08)64 Schwerpunkte der Selbst-Inszenierung von Monthemhet herausgestellt sowie das Ineinandergreifen von Komposition und Kontext näher untersucht werden.65 Die Auswahl der drei Statuen erfolgte anhand verschiedener Kriterien. Bei der Stehfigur M-01 sowie der Sitzfigur M-08 handelt es sich um vollständig erhaltene Statuen, die zudem durch die Ausführlichkeit der Inschriften eine gute Ausgangsbasis für eine detaillierte Analyse bieten. Dies trifft ebenfalls, wenn auch in etwas abgeschwächter Form aufgrund der teilweisen Zerstörung des Stückes, auf den Kuboiden M-18 (CG 364) zu. Während es sich bei der Sitzfgur M-07 sowie der Stehfigur M-01 quasi um die „Paradestücke“ des Monthemhet handelt, die oft und regelmäßig zitiert werden, ist dem Kuboid bisher weniger Aufmerksamkeit gezollt worden. Interessanterweise bietet aber dieses Stück umfangreiche und detaillierte Titelsequenzen, die in dieser Ausführlichkeit nicht häufig im Korpus belegt sind. Allen drei Stücken gemeinsam ist, dass sie intertextuelle Bezüge unterschiedlicher Art in den Inschriften aufweisen, die ermöglichen, einerseits die Strategien der Selbstdarstellung Monthemhets sowie andererseits die einzelnen Statuen in ihrer Verortung und/oder Funktion zu erfassen.

60

Zusammenstellung bei Leclant 1961c, 3–170, mit Ausnahme von Dokument Nr. 8 (Brooklyn 16.580.185), das dem Sohn Nesptah zuzuordnen ist, s. de Meulenaere 2008, 102 [3]; dazu: Von Beckerath 1962; Fay 2002; Fazzini 2010, 96 mit Anm. 44; Neuedition der Texte bei Jansen-Winkeln 2009, 204, 451–456, 475–477. 61 Für den Vorlesepriester Padiamenope beispielsweise, Zeitgenosse von Monthemhet und Inhaber des Grabes TT 33, das sich in unmittelbarer Nähe der Grabanlage von Monthemhet (TT 34) befindet, haben sich insgesamt 12 Statuen erhalten (Coulon 2016c, 92). 62 In diesem Punkt schärfte ein Hinweis von Ludwig Morenz meine Aufmerksamkeit; pers. Kommunikation im Rahmen eines Vortrags während der „Neuen Forschungen der Ägyptologie in NRW“ am 7. Mai 2015 in Münster. In dieser Untersuchung werden die Begriffe „Programm“ bzw. „Ensemble“ gleichwertig immer dann benutzt, wenn die gesamte für Monthemhet überlieferte Rundplastik angesprochen wird. 63 Es sind noch weitere, nicht publizierte Statuenfragmente aus dem Mut-Bezirk bekannt, die eventuell zu bereits veröffentlichten Fragmenten passen, oder aber zu einer neuen Statue gehören (Coulon 2016c, 114, Anm. 60; Fazzini/McKercher 2015, 109; Fazzini 2010, 96; Fay 2002, 29), ebenso wie Fragmente des bekannten Ensembles zusammengehören können, (Heindl/Blöbaum in Vorbereitung), vgl. Kap. III.2.1.2.4; 2.1.15. Mit dem Zufall der Überlieferung muss ohnehin immer gerechnet werden, so dass nicht auszuschließen ist, dass das gesamte Ensemble möglicherweise noch deutlich größer war. Dazu kommt der fragmentarische Zustand einzelner Stücke und der traurige Umstand, dass ein Statuensockel (M-17; vgl. Kap. III.2.1.17) gestohlen wurde, noch bevor er vollständig aufgenommen und dokumentiert werden konnte, s. Legrain 1904b, 39–40. 64 Die hier verwendeten Siglen dienen einzig zur Orientierung innerhalb dieser Publikation. 65 Selbstverständlich wäre es sinnvoll, jedes der Stücke so detailliert wie möglich zu analysieren. Aus Zeitgründen konnte dies im Rahmen dieser Untersuchung leider nicht geleistet werden. Hier bleibt noch Raum für zukünftige Forschung.

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2.1.1 M-01 Stehfigur Ägyptisches Museum Kairo, CG 42236; grauer, feinkörniger Granit (Granodiorit?); H: 135 cm. Lit: PM II2, 151; B-CK 69; Legrain 1914b, 85–87, Taf. 44–45; Leclant 1961c, 3–20 [1], Taf. 1–2; de Meulenaere 1962, 469; Otto 1954, 157–158 [19,1]; Russmann 1989, 170–172; Heise 2007, 54–61; Jansen-Winkeln 2009, 454–456 [198]; Coulon 2016.

Diese Stand/Schreitstatue – eines der berühmtesten Denkmäler von Monthemhet – wurde aus feinkörnigem, grauem Granit (Granodiorit?) mit großer handwerklicher Kompetenz hergestellt und mit einer Höhe von 135 cm ist sie fast lebensgroß. Die Statue wurde in zwei Bruchstücken am 3. März und am 2. April 1904 in der Karnak-Cachette gefunden.66 Der Bruch verläuft oberhalb der Knie. Beide Bruchstücke passen direkt aneinander und wurden zusammengefügt. Auch vorne am Sockel wurde ein weiteres kleines Bruchstück angefügt. 2.1.1.1

Bild-Ebene: Ikonographie

Es handelt sich um eine Steh- bzw. Standschreitfigur (Abb. 1). Monthemhet ist schreitend mit unbekleideten Füßen dargestellt, das linke Bein steht in Vorstellung. Er ist mit einem SchenditSchurz bekleidet, der Oberkörper ist nackt und muskulös jugendlich gearbeitet. Die Arme hängen seitlich herab und halten jeweils einen Stoffstreifen. Das Gesicht ist nicht idealisierend gearbeitet, sondern steht mit einer breiten Nase und deutlich ausgearbeiteten Nasolabialfalten eher in kuschitischer Tradition.67 Er trägt eine schulterlange, zweigeteilte, radial geordnete Strähnenperücke mit gewellten, eingeritzten Strähnen und zu Zöpfen gedrehten Enden im Oberschnitt und gelocktem Unter-schnitt, die Vorbilder im Neuen Reich findet.68 Eine vergleichbare Statue, die mit einer Höhe von 51 cm deutlich kleiner ist, hat sich für den erstgeborenen Sohn Monthemhets, Nesptah (B), erhalten.69 Ein weiterer Sohn, Pascherienmut, ist ebenfalls ähnlich dargestellt: seine Statue zeigt ihn in gleicher Haltung und Bekleidung jedoch mit kahl geschorenem Schädel.70 Abb. 1: Stehfigur M-01 (Kairo CG 42236, Leclant 1961c, Taf. 1). 66

Leclant 1961c, 4; Josephsons Angabe (2019, 87), dass diese Statue aus dem Mut-Bezirk stamme, beruht auf einer Verwechselung. 67 Russmann 1989, 171–172; Josephson 2002, 623. 68 Russmann 2010, 954. 69 CG 48609, JE 38606, B-CK 672: Jansen-Winkeln 2009, 490 [252]; De Meulenaere 2008, 102; El Sabban 2005, 33– 41; Josephson/Eldamaty 1999, 19–20, pl. 9. 70 CG 42243; JE 42243; B-CK 105: PM II2, 152; Jansen-Winkeln 2014, 153–154 [278]; Ramadan 2004, 73–86; Legrain 1914b, 95–96, pl. 49. Die Statue ist mit 124 cm Größe mehr als doppelt so groß wie die von Nesptah (B) und nur unwesentlich kleiner als die seines Vaters.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Die Statue von Monthemhet wird allgemein als Beleg für seine exzeptionnelle Position heran-gezogen, vor allem aufgrund der Qualität der Handwerkskunst, aber auch in Bezug auf die archaisierende Ikonographie, die sich an Königsdarstellungen aus dem Alten Reich orientiert, und damit eng an die der thebanischen Statuen Taharqos anlehnt.71 So schreibt Edda Russmann über die Statue: „The body is so similar to those of the Kushite kings that this statue may well have been made in a royal sculpture workshop as a mark of the king’s favor.“72 Die Einschätzung von Jack Josephson geht noch weiter: „It [the statue] was arguably intended as a political device, a propagandizing image designed to prepare the populace for his future accession to the throne of Upper Egypt“, bzw. „As demonstrated by the earlier of the two statues cited above, his ambitions led him to become persuaded that he would eventually be crowned Pharaoh in his domain“.73 Durch die Fragmente einer Statue des Padiamenope, die von Laurent Coulon publiziert wurden,74 ist diese Einschätzung der Monthemhet-Statue zu überdenken. Denn die Statue des Padiamenope ist ikonographisch so ähnlich angelegt, dass man von einer Parallele sprechen kann. Sie unterscheidet sich vermutlich lediglich durch die Armhaltung, soweit der nicht sehr gute Erhaltungszustand der Statue eine Beurteilung zulässt, sowie in der Größe, was für die Beurteilung der Statue von Monthemhet insbesondere bedeutsam ist. Mit einer rekonstruierten Höhe von ca. 1,90 m ist die Statue von Padiamenope mindestens lebensgroß und übertrifft die Statue von Monthemhet in ihrer Monumentalität bei weitem.75 Es ist davon auszugehen, dass Padiamenope und Monthemhet etwa zeitgleich in Theben agiert haben, und vor allem, dass die beiden Statuen in einem Zusammenhang zu sehen sind.76 Der Typ der Schreitfigur bekleidet mit dem Schendit-Schurz wird bereits in einzelnen Exemplaren ab der Zeit Takelots III. in der privaten Rundplastik von hohen Beamten wieder aufgenommen, bevor er in der 25. und 26. Dynastie für die Elite wieder mehr an Bedeutung gewinnt.77 Insofern ist insbesondere die Josephson’sche Deutung zu relativieren. Die Deutung von Edda Russmann könnte auch auf die Statue von Padiamenope übertragen werden, doch trägt – soweit der Erhaltungszustand eine Beurteilung zulässt – keines der beiden Rundbilder einen Gnadenvermerk, der normalerweise die Gunst der königlichen Zuwendung dokumentiert.78 Beide Statuen sind auch in ihrem Textrepertoire als zusammengehörig anzusehen, wie im folgenden Kapitel deutlich wird. 2.1.1.2

Text-Ebene: Inschriften

Die Statue des Monthemhet weist eine Reihe von Inschriften auf: der Sockel und die Seitenstege zwischen Rückenpfeiler und Beinen sowie zwischen den beiden Beinen sind beschriftet, ebenso wie der Gürtel und der Rückenpfeiler. Auf dem Gürtel (Abb. 2) sind in einer Zeile von rechts nach links Name und Titel von Monthemhet angebracht. Diese Beschriftung steht insbesondere im Fokus bei der Beurteilung der Statue im Hinblick auf die herrschaftliche Position Monthemhets, da Inschrif- Abb. 2: M-01: Inschrift auf dem Gürtel (Kairo CG 42236, ten auf dem Gürtel vor der 25. Dynastie der Foto: A. Blöbaum). 71

Vgl. z. B. CG 42202 (Karnak, Cachette: PM II2, 135; B-CK/ 473); Morkot 2003, 90–92; Coulon 2016c, 113: „(…) les commentateurs se sont généralement accordés à reconnaître la proximité de la statue de Montouemhat, chef d’œuvre d’archaïsme, avec la statuaire kouchite et plus précisément avec les statues thébaines de Taharqa“. 72 Russmann 2010, 954. 73 Josephson 2002, 625; 2019, 86. 74 RT 27/1/21/1 + Sydney University Museums NMR11 + frag. coll. Porret: Coulon 2016c. 75 Coulon 2016c, 98. 76 Coulon 2016c, 113: „De toute évidence, les deux statues, se elles ne sont pas identiques, participent d’un projet commun“. 77 Brandl 2008, 293–294. 78 Zur Frage der Datierung beider Statuen s. Kap. III.2.1.1.3.

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königlichen Ikonographie vorbehalten waren. Hermann Ranke vermutete, dass Monthemhet der Erste gewesen sein könnte, der dieses Element verwendet habe.79 Leider hat sich die Statue des Padiamenope nicht so gut erhalten, dass ein Vergleich der Gürtelbeschriftung vorgenommen werden kann. Es gibt andere zeitgenössische Beispiele von allerdings deutlich kleineren Standschreitstatuen mit ähnlicher Ikonographie und ebenfalls einer Beschriftung des Gürtels, doch diese Stücke in eine chronologische Abfolge zu bringen, ist zum Teil schwierig.80 Die Statue von Pascherienmut weist ebenfalls eine Gürtelbeschriftung auf, der Gürtel der kleinen Statue von Nesptah (B) ist unbeschriftet.81 Interessanterweise ist Monthemhet auf der Gürtel-Inschrift und auch in den weiteren Inschriften der Statue überall dort, wo der zur Verfügung stehende Platz es zulässt, als mAa xrw „gerechtfertigt/selig“82 bezeichnet. Dies ist im überlieferten Gesamt-Ensemble seiner Rundplastik als Ausnahme zu bewerten.83 Auch wenn die Verwendung des Epithetons keinesfalls nur auf die Bezeichnung von Toten beschränkt war, es sogar zumindest im Mittleren Reich eine spezifische Verwendung als Beiwort für Lebende Personen gegeben hat,84 ist das Epitheton deutlich mit dem Leben nach dem Tod zu verbinden.85 Daher muss man sich auch hier die Frage stellen, ob bei der Fertigstellung der Statue Monthemhet noch am Leben war oder nicht. Selbstverständlich könnte dies auch bedeuten, dass diese Statue spezifisch für ein Weiterleben nach dem Tod konzipiert wurde und daher bereits zu Lebzeiten Monthemhets und somit nach seinem Wunsch mit dem Epitheton versehen worden ist.86 Auffällig bleibt aber dennoch, dass Monthemhet auf vielen anderen Statuen mit dem Epitheton snb „gesund“ gekennzeichnet ist, was als Antonym zu mAa xrw aufgefasst werden kann.87 Eine strikte Interpretation der Verwendung des Epithetons spräche gegen die oben genannten früheren Auffassungen, die gemeinhin für diese Statue eine frühe Datierung innerhalb des Monthemhet-Ensembles annehmen. Der Rückenpfeiler ist in einer Kolumne mit der saitischen Formel beschriftet. Dem Namen von Monthemhet folgt hier kein weiteres Epitheton. 79

Ranke 1953, 196: „The custom of representing high private officials with the ancient royal kilt goes back to the Middle Kingdom and is found throughout the ʽlateʼ period, but the custom of inscribing the belt of this kilt with the person’s name and titles does not occur until the end of the 25th dynasty and is first known from a statue of the Theban prince and ruler Mentemhêt, who may have been the first one to usurp this royal privilege.“, vgl. Josephson 2003, 43. Josephson (2003, 44) gibt diesem Argument viel Gewicht bei der Einschätzung der Statue (s. o.), was von Fazzini/O’Rourke (2008, 141) kritisch beurteilt wurde. 80 Die 45 cm große Statue des Chonsuiraa, Sohn von Djedchonsiuefanch, CG 48610, die in der Karnak Cachette gefunden wurde (B-CK 148; Josephson/Eldamaty 1999, 21–23, pl. 10), ist schwierig zu Monthemhet chronologisch in Beziehung zu setzen, s. Bothmer 1960, 11: „Since Khonsu-ir-aa was his contemporary, there is no absolute proof that Mentuemhat was the innovator, but there seems to be little doubt that this royal custom was first applied to private sculpture in the course of Dynasty XXV“. Zwei weitere Beispiele sind später als Monthemhet anzusetzen: Die 49,5 cm große Statue des Nespamedu, die in der Karnak Cachette gefunden wurde (CG 48608; B-CK 384; Josephson/Eldamaty 1999, 16–18, pl. 8), zeigt den Sohn des Wesirs Nespaqaschuti, eines Zeitgenossen Monthemhets, wie aus den Zeugenunterschriften (Zeuge Nr. 4) des Saitischen Orakelpapyrus hervorgeht, s. Parker 1962, 15. Die 36,5 cm große Statue des Horsiese aus Mendes ist zweifelsfrei in die 26. Dynastie zu datieren, da sie Kartuschen von Psametik I. auf beiden Schultern aufweist (CG 48610; Josephson/Eldamaty 1999, 100–101, pl. 43); vgl. hierzu auch Fazzini/O’Rourke 2008, 141, Anm. 16. 81 Pascherienmut: Ramadan 2004, 73 u. 76; Nesptah: El Sabban 2005, 36–39. 82 Wb 2, 15–18. 83 Dies ist nur noch bei der Gruppenstatue M-18 der Fall, die Monthemhet zusammen mit seinem ältesten Sohn Nesptah (B) dargestellt und sowohl aus inhaltlichen Gründen aber auch aufgrund der Titel von Nesptah (B) sehr wahrscheinlich als posthume Stiftung zu betrachten ist (Rößler-Köhler 1991, 173), s. Kap. III.2.1.18. 84 Zu einem Beispiel, s. von Pilgrim 1996, 250–252. 85 Zur Genese und Verwendung des Epithetons im Mittleren Reich, s. Doxey 1998, 91–93. 86 So die Auffassung von Rößler-Köhler 1991, 174; Ob die Verwendung des Epithetons mit dem Ableben der so bezeichneten Person zu korrelieren ist, ist vor allem bei der Verwendung auf Statuen in Frage gestellt worden, s. Graefe 1978, 46; vgl. Koch 2012, 46–47. Brandl (2008, 287) geht für die Steinstatuen der Dritten Zwischenzeit generell von einer Aufstellung nach dem Tod aus, während Price (2017, 397) in Bezug auf Padiamenope und eine Gruppe von hohen Beamten überzeugend für eine Aufstellung zu Lebzeiten der dargestellten Person plädiert, was ganz grundsätzlich für das Monthemhet-Ensemble ebenfalls anzunehmen ist, s. Kap. III.2.3.1. 87 Price 2016, 488–489; Montagno Leahy 1983, 55; Vittmann 1978, 193; Graefe 1981, 94; Otto 1977, 9–10 Leclant 1961c, 247–248; vgl. hierzu die Diskussion in Kap. III.2.3.1.

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Die Inschriften auf dem Sockel Auch der Sockel ist mit verschiedenen Inschriften versehen. Auf der Oberseite befinden sich zwei parallel aufgebaute Texte, die in Zeilen angeordnet sind, die jeweils vorn in der Mitte beginnen und um die rechte bzw. linke Seite laufen. Sie geben jeweils eine Rede der Isis (rechts) und eine Rede der Nephtys (links) sowie Namen und Titel von Monthemhet wieder. Die Reden sind inhaltlich eindeutig im funerären Kontext zu verorten. Hier folgt dem Namen kein Zusatz, doch fehlt hierfür auch der Platz. Zusätzlich befinden sich auf der rechten Seite noch zwei weitere Zeilen oberhalb der Hauptzeile, mit genealogischen Angaben zum Vater Nesptah (A) und dem Großvater Chaemhor.88 Die Vorderseite des Sockels ist in jeweils zwei Zeilen mit zwei Opferformeln beschriftet, die antithetisch angeordnet sind und mit einer schmalen Kolumne begrenzt sind, die jeweils das Ende der Formel n kA n(.j) Hm nTr 4nw MnT(.w)-m-HA.t wiedergibt.89 Die Zeichengruppe Htp D(j) nzw ist emblematisch in der Mitte für beide Formeln so angeordnet, dass das Htp-Zeichen (Y 1) in Höhe des Zeilentrenners zu liegen kommt. Darüber befinden sich in der oberen Zeile zwei gegengleich angeordnete Binsen (M 23: ) und in der unteren Zeile das Spitzbrot (X 8). In der oberen Zeile stehen sich Month, der Herr von Theben (rechts vom Betrachter aus gesehen) und Amun, Herr der Throne Beider Länder gegenüber. In der unteren Zeile sind es Atum (rechts vom Betrachter aus gesehen) und Ptah. Die Verkürzung des PriesterTitels in der Kolumne erfolgte aus Platzmangel. Auf den Sockelseiten sind jeweils zwei Zeilen angebracht, die von der vorderen Ecke bis zur Rückseite des Sockels verlaufen und auf der Rückseite durch eine Kolumne getrennt werden. Diese schmale Kolumne ist nicht in die beiden Texte integriert und gibt nochmal Namen und Titel von Monthemhet wieder. Bei den Texten handelt es jeweils um einen Anruf an die Lebenden in zwei unterschiedlichen Varianten. Die verwendete Titelsequenz ist auf beiden Seiten die gleiche. Die Gestaltung des Sockels mit der Anordnung der Kolumnen findet eine Parallele bei einer Statue des Vaters Nesptah (A), die Textauswahl ist jedoch unterschiedlich.90 Die Texte auf dem Seitensteg Auf dem Seitensteg befinden sich noch drei weitere Texte: auf der rechten Seite ist die Seite des Rückenpfeilers hinter dem rechten Bein mit einer Kolumne Text beschriftet. Es handelt sich um eine Totenopferformel, die an den Gott Anubis gerichtet ist. Auf der rechten Seite auf dem Steg zwischen den beiden Beinen ist ein Textfeld aus drei Kolumnen angebracht. Bei dem Text handelt es sich um den Spruch 56 aus dem Totenbuch, der zu einer Gruppe von Sprüchen gehört, die die ausreichende Versorgung mit Atemluft im Jenseits zum Thema haben.91 Die Textauswahl erscheint für die Anbringung auf einer Statue zunächst außergewöhnlich, doch findet sich ein Beispiel hierfür bereits im Mittleren Reich,92 während im Neuen Reich einige Statuen mit diesem Text belegt sind, u. a. Darstellungen von Senenmut und Chaemwaset.93 Und auch auf der Statue von Padiamenope ist an der gleichen Stelle dieser Text angebracht, wobei seine Version durch den Namen, ergänzt durch eine kurze Titulatur und in einem Fall auch durch genealogische Angaben, personalisiert ist,94 was bei der Version auf der Statue des Monthemhet nicht der Fall ist. Der bei weitem interessanteste Text befindet sich aber auf der linken Seite: Auf dem Seitensteg zwischen dem linken Bein bzw. dem Oberkörper und dem Rückenpfeiler sind insgesamt acht Kolumnen 88

Zur Anordnung der Zeilen siehe die Fotos IFAO NU_2006_8278 und NU_2006_8274 (B-CK 69). Zur Anordnung der Zeichen siehe das Foto IFAO NU_2006_8291 (B-CK 69). 90 Payraudeau 2017, 319–326. 91 Vgl. z. B. pNu (pLondon BM EA 10477), Lapp 1997, pl. 33; dt. Übersetzung s. Backes, in: TLA (Okt. 2014); vgl. Hornung 1979, 447. 92 Eine Statue und ein Naos aus dem Heiligtum des Heqaib zeigen die Sargtextsprüche 222–223, den Vorläufer von Tb 56, s. Franke 1994, 241–243; vgl. Coulon 2016c, 110. 93 Senenmut (Berlin ÄM 2296: Roeder 1924, 38; Dorman 1988, 123–126, 188; JE 47278 + Karnak-Nord Nr. KNH817 u. Nr. A3740: Jacquet-Gordon 1972, 139–150; Jacquet-Gordon 1999, 73 [39]; Dorman 1988, 124–126, 192– 193); Chaemwaset (BM EA 947: Bierbrier 1982, 18, pl. 33–35); sowie zwei weitere Statuen aus Theben (Kairo JE 37355: Abdelrahiem 2011, 43; Brooklyn 37.30E: James 1974, 86–87 [199], pl. I); vgl. Coulon 2016c, 110. 94 Durch die Größe der Statue steht Platz für vier Kolumnen zur Verfügung, s. Coulon 2016c, 109–110. 89

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angeordnet, deren Höhe sich jeweils aus dem zur Verfügung stehenden Platz ergibt. Es handelt sich um biographische Phrasen mit einem Anruf an die Lebenden sowie einer anschließenden Totenopferformel. Wichtig ist nun, dass sich auch dieser Text an entsprechender Stelle auf der Statue des Padiamenope befindet.95 Und dies ist nicht der einzige Beleg; weitere – und zum Teil ausführlichere – Versionen des Textes finden sich ebenfalls in den Gräbern von Monthemhet (TT 34)96 und Ibi (TT 36).97 Der autobiographische Teil auf der Statue des Monthemhet ist die kürzeste Version des Textes, zweifelsohne aufgrund des zur Verfügung stehenden Platzes. Er gliedert sich in zwei Teile, von denen der erste eine durch Epitheta erweiterte Titulatur darstellt und der zweite Abschnitt dem Ideal des Beamten gewidmet ist. Daran schließt sich ein Anruf an die Lebenden an. Der Text auf dem linken Seitensteg: erweiterte Titulatur und Beamtenideal 1

| (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w)

(1) Nobler, Gouverneur,

xtm.w bjt smr wA.tj

Siegler des bjt-Königs, einziger Freund,

| wr Hzw.t aA mrw.t

(2) groß an Gunst, reich an Beliebtheit,

2

dr nSn(.j) m pr nzw

der Unheil (Wut) im Königshaus vertreibt,98

ao 3| Xr nfr.t r b(w) Xr nzw r shr(w) m n’.wt spA.wt

der mit Gutem eintritt (3) am Ort, wo der König ist, um Städte und Bezirke zu beruhigen,

s:Htp ¡r.w m pr=f

der den Horus in seinem Haus zufriedenstellt,

mAA m n-m-xt 4| rx Hn.tj

der auf das Bevorstehende schaut, (4) (und) die Zukunft erkennt,

rs-tp Hr wa(j) nb m pr=f

der achtsam umgeht mit einem jeden, der in seinem Haus ist,

Hr.j-sStA nzw m s.t=f nb

königlicher Geheimrat auf all seinen „Sitzen“,

jar n nTr mar s.t-Dba.w

der aufsteigt zu Gott, ausgezeichnet an Fingerfertigkeit,

5

| Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

(5) der vierte Priester des Amun, der Gouverneur der Stadt (Theben),

MnT(.w)-m-HA.t mAa xr.w Dd mdw

Monthemhet, selig:

jw s:anx.n(=j) Hor m spA.t=j

Ich erhielt den Hungernden am Leben in meinem Bezirk (und)

nxm.n=j sDr Hor

ich rettete den, der hungrig einschlafen musste (und)

6

| D(j).n=j t’ n Hor mw n jb(.w) Hbs n HA(w)

(6) ich gab dem Hungrigen Brot, dem Durstigen Wasser, dem Nackten Kleidung.

Aufgrund ihrer Genese sind die Texte auf den Seitenstegen nur bedingt in die Analyse einzubeziehen. Sie sind in jedem Fall Bestandteil der Selbst-Inszenierung, doch von einer Auswertung im Hinblick auf realbiographische Daten muss abgesehen werden. Zunächst ist die Titelsequenz zu Beginn des Textes kritisch zu hinterfragen. Nach der Sequenz (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) xtm.w bjt smr wA.tj „Nobler, Gouverneur,

95

Coulon 2016c, 102–104. Ein Text von 17 Kolumnen in der Vorhalle vor dem großen Hof, Westwand rechts (neben der Tür zum großen Hof), s. Kuhlmann/Schenkel 1983, 73, Anm. 254. 97 Eine Synopse des Textes bietet Coulon 2016c, 105–109. 98 Vgl. sgrH jtj m nSn=f „Einer, der den Herrscher in seinem Wüten beruhigt.“ auf der Statue CG 42211 (Vorderseite rechts, Z. 13) des Beamten Djedchonsiuefanch (C), s. Legrain 1914b, 28−32; PM II2, 149–150; Jansen-Winkeln 1985, 83–99, 470–481; Jansen-Winkeln 2007b, 320−323. Die Statue ist durch die Kartuschen von Osorkon III. und Takelot III. eindeutig datiert. Der inhaltliche Kontext ist allerdings anders als bei Monthemhet stark durch einen Bezug zum König geprägt, s. Kap. I.4.8. 96

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Siegler des bjt-Königs, einziger Freund“, die als Ehrentitulatur die Zugehörigkeit zur thebanischen Elite anzeigt,99 folgen einige weitere Titel und Epitheta, die u. a. das Verhältnis zum Königshaus thematisieren. Die durch ideal-biographische Eptiheta erweiterte Titulatur ist neben einer längeren Version im Grab des Monthemhet ebenfalls auf der Statue des Padiamenope erhalten. Während auf der Statue des Padiamenope ebenfalls die längere Version wie im Grab des Monthemhet bezeugt ist, wurde auf der Statue von Monthemhet – aufgrund des zur Verfügung stehenden Platzes – eine kürzere Version verwendet. Ausgewählt wurde etwa ein Drittel der Gesamtsequenz vom Beginn des Textes ohne weitere Veränderungen außer, dass die Standardtitulatur von Monthemhet am Ende ergänzt wurde. Außerhalb dieser Sequenz findet sich kein weiterer Beleg für die Verwendung einzelner Formulierungen auf den Denkmälern von Monthemhet.100 Die Auswahl erfolgte also nicht nach inhaltlichen Kriterien, sondern der Text als Ganzes fungierte als Element der Kompositon. In den idealbiographischen Phrasen im Anschluss an die Titulatur liegt der Fokus sehr deutlich auf dem Bild des fürsorgenden Patrons, der sich insbesondere der Hilfsbedürftigen annimmt. Dieses Ideal fand bereits im Alten Reich mit sehr ähnlichem Wortlaut Eingang in entsprechende biographisch geprägte Texte,101 bevor es vor allem während der Ersten Zwischenzeit und des Mittleren Reichs weiter entwickelt wurde.102 Die Verantwortung für die Hungrigen im Bezirk ist beispielsweise in Grabinschriften der Nomarchen in Siut (Siut I, 228) belegt.103 Die Angabe D(j).n=j t’ n hor mw n jb(.w) Hbs n HA(w) gehört in der Spätzeit zum Standardvokabular wie zahlreiche Belege zeigen.104 Die Titulatursequenzen mit Ausnahme der eben besprochenen zu Beginn des Textes sind spezifisch für Monthemhet und daher von größerer Bedeutung für eine individuell geprägte Selbstpräsentation. Die Übersicht (Tab. 1) zeigt alle Titelsequenzen der Statue mit den dazugehörigen Anbringungsorten; die Sequenz aus dem überlieferten Text wurde grau unterlegt. Tab. 1: Titelsequenzen auf der Statue M-01 S VS R/L 3

Hm nTr 4nw

SSt L 8 S OS 1 S LS 2 S RS

Hm nTr 4nw Jmn

G SSt L 5,8 SSt R 1 RP RS

Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

RP

Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t rx nzw mAa

S RS/LS 1

Hm nTr 4nw Jmn zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn

SSt L 1

(j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) xtm.w bjt smr wa.tj

Sockel; OberSeite; VorderSeite; RückSeite; Linke Seite; Rechte Seite; Gürtel, SeitenSteg; RückenPfeiler, Rechts, Links

99

Die Sequenz findet sich ebenfalls auf der Gruppenstatue CG 42241 (M-18), auf dem Sockel CG 42239 (M-15) sowie in den Beischriften im Relief auf der Ostwand der Krypta im Mutbezirk; vgl. Kap. III.2.2.1.2. 100 Siehe Leclant 1961c, 258. 101 Kloth 2002, 77–78. 102 Kloth 2002, 78, Anm. 129; Doxey 1998, 196–201; sowie ausführlich Franke 2006b. 103 Kahl 1999, 239; Doxey 1998, 198. 104 Statue der Amenirdis (CG 565: Jansen-Winkeln 2009, 258 [51.1, Rückenpfeiler, links]); Statuen des Harwa (Berlin 8163: Jansen-Winkeln 2009, 289 [51.41, rechte Seite, Z. 69]; Louvre A 84: Jansen-Winkeln 2009, 287 [51.40, rechte Seite, Z. 7]; Stele des Chaliut (Gebel Barkal in situ, Z. 8); Götterstatue (CG 38236: Jansen-Winkeln 2009, 258 [51.1 Rückenpfeiler links]); Grab der Mutirdis (TT 410, T5, Z. 4), vgl. Coulon 2016c, 105–108; Heise 2007, 318; Otto 1954, 150–153.

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Anders als bei der Sitzstatue (M-07: vgl. Kap. III.2.1.2) oder der großen kuboiden Statue (M-08: vgl. Kap. III.2.1.3) sind die Titel nicht parallel angeordnet. Es ist auffallend, dass die Titelsequenzen auf dieser Statue kaum variieren und bis auf zwei Ausnahmen (auf dem Rückenpfeiler und den Seiten des Sockels) auf die Standardsequenz „Vierter Priester des Amun“ und „Gouverneur der Stadt (Theben)“ beschränkt sind. Rechts und links auf dem Sockel wurde eine Sequenz verwendet, die sich schwerpunktmäßig auf Monthemhets Tätigkeit im Tempel bezieht. Der Standard-Titel „Vierter Priester des Amun“ wird ergänzt durch den Titel des Tempelschreibers. Dieser Titel ist für Monthemhet auf mehreren Statuen bezeugt, zumeist – wenn nicht eine ausführliche Sequenz vorliegt – direkt auf den Priestertitel folgend bzw. zwischen Priester- und Stadtgouverneurstitel plaziert.105 Auf dem Rückenpfeiler folgt der Standardsequenz ein Rangtitel, rx nzw mAa „Wahrer Bekannter des Königs“. Dies ist recht ungewöhnlich, zum einen in Bezug auf die Stellung des Titels innerhalb der Sequenz und zum anderen ist dieser Titel für Monthemhet nur selten bezeugt.106 Der Titel wurde während der 25. Dynastie wiederbelebt, nachdem der Gebrauch im Laufe des Mittleren Reiches seltener wurde, und ist vor allem in der 26. Dynastie sehr häufig nicht nur in der klassischen Rangtitelfolge jr.j-pa.t Ha.tj-a.w rx nzw mAa mr(j).y=f bezeugt, sondern auch – der Sequenz von Monthemhet entsprechend – mit Priester- oder Verwaltungstiteln kombiniert.107 2.1.1.3

Komposition und Verortung der Statue

Die Komposition der Statue des Monthemhet kann nicht ohne die Zusammenschau mit derjenigen des Padiamenope erschlossen werden. Die Parallelität der beiden Rundbilder in Bezug auf ihre Ikonographie und das Textrepertoire zeigt die enge Zusammengehörigkeit der bildlichen und der textlichen Komponenten. Dies führt dazu, dass frühere Interpretationen der Statue des Monthemhet, die sich vornehmlich auf die Ikonographie stützten, zu korrigieren bzw. zu relativieren sind. Gleichzeitig wird deutlich, dass die inhaltlichen Aussagen der biographisch geprägten Phrasen auf dieser Statue nicht auf historische Wirklichkeit sondern auf einem dem Zeitgeist unterliegenden Beamtenideal basieren. Hier unterscheidet sich die Selbstpräsentation, die in diesem Text entfaltet wird, von der Darstellung auf anderen Statuen des Ensembles, bei denen sich die biographisch geprägten Textelemente auf Monthemhets tatsächliches Wirken beziehen. Die idealisierende Ikonographie der beiden Statuen korrespondiert in dieser Hinsicht mit dem in den Texten entwickelten Idealbild des Beamten. Hier nun stellt sich die Frage nach der Zuweisung der Textkompilation und der Gesamtkomposition der Statuen. Die Textversionen der beiden Statuen sowie die Version im Grab von Monthemhet stehen sich sehr nahe, wohingegen die Kopie im Grab des Ibi einige Fehler zeigt, die die Abhängigkeit verdeutlicht, sowie umformulierte Passagen aufweist, die den Text an die Position des Ibi in Bezug auf die Gottesgemahlin anpassen.108 Die biographischen Phrasen stehen deutlich in der Tradition älterer Beamtenbiographien und zeigen ein Beamtenideal, das sich vornehmlich an den unabhängig agierenden Nomarchen der Ersten Zwischenzeit orientiert. Dies entspricht dem Zeitgeist der kuschitischen und saïtischen Zeit, wie zahlreiche weitere Beispiele zeigen.109 Doch nicht nur die biographisch geprägten Textteile sind archaisierend. Auch die Verwendung des Totenbuchspruchs 56 auf einer Statue findet ältere Vorbilder und zieht eine Verbindung zu Darstellungen von Senenmut und Chaemwaset,110 die möglicherweise, da sie aus dem thebanischen Umfeld stammen, in entsprechenden Kreisen bekannt waren. Laurent Coulon vermutet in dem Text ein von älteren Inschriften inspiriertes aber in der Spätzeit neu arrangiertes Werk, und argmumentiert überzeugend für Padiamenope als Autor des Textes bzw. der 105

In einer ausführlichen Sequenz: Kuboid M-08; Stelophor M-12; Sockel M-15; kurze Version: Kuboid M-09; Stelophor M-13; Gruppenstatue M-018. 106 Im Textfeld der Stele des Stelophors M-12 (vgl. Kap. III.2.1.12) sowie auf dem Libationsbecken BM EA 1292, s. Jansen-Winkeln 2009, 481–482 [232]; Leclant 1961c, 140–141 [29]; https://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=119784&partId =1&searchText=1292&page=1 (24.07.2019). 107 Vittmann 2007, 146; vgl. Kap. III.2.3.2. 108 Coulon 2016c, 117–118, s. insb. Anm. 77. 109 Kahl 1999, 241–247; vgl. Coulon 2016c, 117. 110 Coulon 2016c, 110; vgl. Kap. III.2.1.1.2: Texte auf dem Seitensteg mit Anm. 90–91.

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Kompilation.111 Wann die beiden Statuen hergestellt wurden, ist schwer zu bestimmen. Coulon bietet ausreichende Argumente sowohl für die späte 25. Dynastie als auch für die frühe 26. Dynastie.112 Zudem besteht auch noch die Möglichkeit, dass die beiden Statuen unabhängig voneinander hergestellt worden sind, wobei dann davon auszugehen ist, dass die Statue des Monthemhet, der Padiamenope überlebt haben dürfte, nach derjenigen von Padiamenope angefertigt worden sein dürfte. Letztendlich ist keine definitive Entscheidung zu fällen. Die Tatsache, dass eine ausführliche Textversion im Grab des Monthemhet eher in dem Teil des Grabes angebracht war, der in die Saïtenzeit zu datieren ist, spricht für eine spätere Datierung der Statue.113 Auch die regelmäßige Verwendung des Epithetons mAa xrw würde eher zu einem Stück aus einer späteren Lebensphase sprechen, gesetzt den Fall, dass die Verwendung des Epithetons gerade nicht als konventionell einzuschätzen wäre. Die auf der Statue angegebenen Titelsequenzen sprechen allerdings eher für eine Anfertigung zu einem frühen Zeitpunkt der Karriere des Monthemhet, was ebenfalls zu dem bemerkenswerten Größenunterschied der beiden Statuen passen würde. Eine klare Aussage ist daher nicht zu machen und so muss letzendlich diese Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt offen bleiben.114 Unabhängig von der Verbindung der beiden Statuen und dem Zeitpunkt der Herstellung hat der Besitz eines solchen Statuentyps, der ganz offensichtlich eng mit dem Textrepertoire verknüpft zu sein scheint, zum Status eines einflussreichen Priesters und Beamten gehört. Die Statuen bieten sowohl in Bezug auf die Ikonographie als auch im Textrepertoire ein gutes Beispiel für die archaisierenden Tendenzen in der Kunst und der Textproduktion der 25. und 26. Dynastie. Dadurch, dass Ikonographie und Textprogramm der Statue nicht mehr als Alleinstellungsmerkmal für Monthemhet betrachtet werden können, manifestiert sich hierdurch eben gerade kein königlicher Herrschaftsanspruch, sondern die Unabhängigkeit einer hoch einflussreichen und intellektuellen Elite.115 Die Gesamtkomposition der Statue des Monthemhet zeigt den Dargestellten nicht nur als Mitglied der zeitgenössischen Elite, die sich in ihrem Selbstverständnis am Nomarchentum der Ersten Zwischenzeit orientiert, sondern schafft ebenfalls Verbindungen zu Persönlichkeiten wie Senenmut und Chaemwaset. Durch die Parallelität der Statuen von Padiamenope und Monthemhet manifestiert sich auch im sakralen Raum eine offenbar enge Verbindung dieser beiden Zeitgenossen, auf die bereits sowohl die räumliche Nähe der beiden Grabanlagen (TT 33 und TT 34) als auch gewisse Bezüge in deren Dekorationsprogramm hinweisen.116 Darüberhinaus ist durch die Gestaltung des Sockels der Statue von Monthemhet, die sich an eine Statue des Vaters Nesptah (A) anlehnt, sowie die ausführliche Genealogie auf der Oberseite des Sockels, die auf den Großvater Chaemhor und das Wesirsamt verweist, Monthemhet in die Traditionslinie und Erfolgsgeschichte seiner Familie eingebunden. Die ursprüngliche Aufstellungssituation der Statue ist schwer zu rekonstruieren. Und auch die Fragmente der Statue des Padiamenope liefern keine sicheren Anhaltspunkte außer, dass seine Statue offenbar im Areal des Karnak-Tempels bzw. in dessen Nähe zu verorten ist.117 Da die Statue des Monthemhet in zwei Teilen in der Cachette im Karnak-Tempel gefunden wurde,118 ist dies ebenso für diese Statue anzunehmen. Ob beide Statuen ursprünglich in einem korrespondierenden Zusammenhang aufgestellt gewesen sein könnten, ist leider nicht mehr festzustellen, auch wenn der Gedanke nahe liegt.

111

Inhaltlich sind die Passagen, die Nähe zum König ausdrücken, eher auf die Position von Padiamenope zu beziehen. Zudem zeugt das Textprogramm in seinem Grab von der Interellektualität und der Belesenheit des Obersten Vorlesepriesters, s. Coulon 2016c, 117–118; zu weiteren Statuen von Padiamenope mit ähnlichen Kompositionselementen, s. Price 2017, 397–399. 112 Coulon 2016c, 111–115. 113 Coulon 2016c, 115. 114 Vgl. hierzu auch Régen 2018, 169. 115 Kahl 2010, 5: „Theban officials copied texts from the First Intermediate Period and Middle Kingdom, harking back to a time period when officials were relatively independent and powerful“. 116 Régen 2018; zu TT 33, s. zusammenfassend Traunecker/Régen 2018; Taunecker/Régen 2015; Traunecker 2014; eine vollständige Bibliographie ist über die Homepage der Grabungsmission zu erschließen: Carnet de la mission épigraphique française dans la tombe de Padiaménopé (https://tombett33.hypotheses.org/bibliographie, 29.11.2019). 117 Coulon 2016c, 99. 118 B-CK 69.

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Aus den Inschriften der Monthemhet-Statue sind keine Hinweise zu entnehmen, die auf einen konkreten Aufstellungsort innerhalb des Tempelareals deuten. Die jüngsten Statuen, die in der Cachette gefunden wurden, datieren in die späte ptolemäische Zeit. Dies ist also als terminus post quem für den Zeitraum der Abräumung zu werten. Da drei Fragmente von zwei unterschiedlichen Statuen, die ursprünglich vermutlich im Mut-Bezirk aufgestellt waren, verbaut in der ptolemäischen Umfassungsmauer gefunden wurden, könnte man davon ausgehen, dass die Standstatue eben nicht ursprünglich im Mut-Bezirk aufgestellt gewesen sein dürfte. Denn dann wäre sie vermutlich ebenfalls in der Umfassungsmauer geendet. Möglicherweise war es aber auch so, dass diese Stauenfragmente als Baumaterial verwendet wurden, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits zerstört waren. Insofern führt diese Überlegung auch nicht zu einem ausschlagkräftigen Indiz, das auf einen möglichen Aufstellungsort deutet, gibt uns jedoch den Anhaltspunkt, dass die Statue eher im Bereich den Haupttempels bzw. im Monthbezirk aufgestellt gewesen sein könnte. Dies korrespondiert auch mit den auf der Statue genannten Göttern: Neben denjenigen Göttern, die eindeutig einem jenseitigen Kontext zuzuordnen sind, wie Isis, Nephtis, Atum, Osiris-Chontamenti, der große Gott, der Herr von Abydos sowie Anubis, der auf seinem Berg ist, werden in den Opferformeln auf dem Sockel Amun-Re, Herr der Throne Beider Länder zusammen mit Ptah und Month, dem Herrn von Theben, und mit Atum genannt. Diese Auswahl der Götter, die Mut ausschließt, spricht recht deutlich gegen eine Aufstellung im Mutbezirk. Geht man davon aus, dass in den Anrufen an die Lebenden die Ansprache der Personen an den Aufstellungsort angepasst worden ist, so ist die Tatsache, dass neben Priestern und Schriftkundigen auch „jeder Lebende jeder Stadt“ (anx nb n(.j) n’.t nb(.t)) sowie „die Lebenden auf der Erde“ (anx.w tp.jw tA) gehören, so spräche dies für einen eher öffentlicheren Aufstellungsort, der nicht nur exklusiv vom Tempelpersonal betreten werden durfte.119 Hier wäre an einen der Höfe oder Prozessionswege zu denken. Auch zu der Komposition der Statue würde ein repräsentativer und öffentlicher Aufstellungsort gut passen. 2.1.2 M-07 Sitzfigur120 Ägyptisches Museum Berlin, 17271; grauer, feinkörniger Granit; H: 49 cm. Lit: PM II2, 163–164; B-CK 711; Leclant 1961c, 58–64 [9]; Gander 2006; Heise 2007, 65–68; Jansen-Winkeln 2009, 459–460 [203]; Perdu, 2012b, 44–45 [5]; Blöbaum i. Dr. a; Blöbaum i. Dr. b; Heindl/Blöbaum in Vorbereitung.

Das Stück wurde im Jahr 1906 angekauft.121 Jean Leclant vermutet, dass es aus der Karnak Cachette stammt.122 Doch Laurent Coulon und Emmanuel Jambon geben zu bedenken, dass sich keinerlei Angaben darüber bei Georges Legrain finden.123 Nach Olivier Perdu stammen Sitzfiguren eher aus funerärem Kontext,124 doch wurde nachweislich eine Statue des Bakenptah125, die ikonographisch mit der Statue des Monthemhet vergleichbar und auch zeitlich ähnlich einzuordnen ist, in der Cachette in Karnak gefunden. Die folgende ausführliche Analyse konzentriert sich auf die Komposition der Statue. Aufbauend auf den Ergebnissen wird versucht, die ursprüngliche Aufstellungssituation im Tempel zu rekonstruieren.

119

Da es sich bei diesen Angaben allerdings um Standardformulierungen handelt, ist dies nicht als ausschlagkräftiges Argument zu bewerten. 120 Das Kapitel basiert in Teilen auf einem Beitrag, der 2016 im Rahmen der interdisziplinären Arbeitsgruppe des Clusters „Mediale Figuration“ entstanden ist: Blöbaum i. Dr. a; weitere Überlegungen wurden während des CECE 8 in Lissabon 2017 international zur Diskussion gestellt: Blöbaum i. Dr. b. Viele von meinen Gedanken konnte ich mit Patrizia Heindl austauschen, bei der ich mich sehr herzlich für die anregenden und fruchtbaren Diskussionen und Gespräche bedanken möchte, von denen ich sehr profitiert habe. 121 Finneiser 1991. 122 Leclant 1961c, 58 sowie 1965, 124 bzw. 122, Anm. 1: Hier wird diese Vermutung auf eine Aussage Bernhard Bothmers zurückgeführt. 123 B-CK 711. 124 Perdu 2012b, 45. 125 Kairo JE 37866: B-CK/553; PM II2, 152; Leclant 1954a, 3–12, pl. 1–4; Leclant 1954b, 162–166 [Doc. XI], pl. 11– 13; Jansen-Winkeln 2009, 528–529 [52.325].

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2.1.2.1

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Bild-Ebene: Ikonographie

Die nur 50 cm große Sitzfigur (Abb. 3) ist eine der kleinsten Statuen im Ensemble von Monthemhet. Sie ist aus grauem Grano-Diorit hergestellt. Die Statue besitzt einen flachen Sockel, auf dem auch Monthemhets Füße aufliegen, die mit Sandalen bekleidet dargestellt sind. Auf dem Sockel steht der kuboide Hocker, auf dem Monthemhet sitzend dargestellt ist. Er hat eine kurze Rückenlehne, die auf der Rückseite direkt in einen Rückenpfeiler übergeht. Monthemhet ist in einen langen Umhang oder Mantel gekleidet, der seinen Körper von den Schultern bis zu den Fußknöcheln vollkommen einhüllt. Die linke Hand liegt offen mit der Handfläche nach unten auf seiner Brust, die rechte liegt über der Hüfte und hält den Saum des Mantels, eine für Mantelstatuen126 in allen Zeiten gängige Pose, die mit Würde und Rang sowie mit der Bereitschaft, Opfer zu empfangen, verbunden wird. Am oberen Rand bzw. Saum ist eine Zierkante dargestellt, für die sich Parallelen aus dem Mittleren Reich erhalten haben.127 Die Gesichtszüge sind zeitlos dargestellt, der Blick ist nach vorn gerichtet. Den Mund umspielt die Andeutung eines Lächelns. Monthemhet trägt eine schulterlange, einteilige Strähnenperücke, die die Ohren frei lässt, und die ebenfalls ikonographisch in das Mittlere Reich zurück weist,128 und einen kurzen Kinnbart, der seit dem Alten Reich insbesondere in funerärem Kontext belegt ist.129 Im Ausschnitt des Mantels und um den Hals verlaufend ist ein Band erhaben ausgearbeitet, das entweder als Kette bzw. Band für ein Pektoral oder als Träger für ein Untergewand beschrieben wird.130 Im Falle eines Pektorals ist dieses selbst nicht zu bestimmen, da die linke Hand bzw. der Mantel über dem Anhänger zu liegen kommt, was als recht außergewöhnliche Darstellung einzuschätzen ist.131 Eine Parallele findet sich bei der traditionellen Tracht des Wesirs:132 hier wird ein ebenso gestaltetes Band entweder als Träger eines Untergewands oder aber als Band für das Amtssiegel oder ein Maat-Amulett gedeutet, das nicht dargestellt wird.133

126

Der Typ der Mantelstatue wird im Mittleren Reich entwickelt und bis zum Neuen Reich wenn auch nicht häufig aber doch regelmäßig verwendet, danach finden sich – wie auch für die Sitzstatue allgemein – nur noch selten Belege, vgl. Schulz 1992, 5; Perdu 2012a, 251–252. Ab der 22. Dynastie findet man gelegentlich wieder Beispiele für diesen Typ, der nun ebenfalls im Tempel aufgestellt wird, s. Brandl 2008, 302–303. 127 Mantelstatue des Rechuanch: London BM EA 1785 (12. Dyn.); Stand-Schreitstatue mit Mantel: New York MMA 66.123.1 (12. Dyn. oder später). 128 Auch hier kann die Statue des Rechuanch aus London (BM EA 1785) als Parallele herangezogen werden, entgegen Gander 2006, 12–14, die die Perücke als Verweis auf die 22. Dynastie auffasst; Ein Stelophor (CG 42237; M-11), der Theophor (CG 42238; M-05) sowie die Gruppenstatue mit seinem Sohn Nesptah (CG 42241 M-18) weisen ähnliche Perücken auf. Diese drei Stücke wurden alle in der Cachette in Karnak gefunden. 129 So zum Beispiel im Grab von Nianchkhnum und Khnumhotep (5. Dyn.), s. Harpur/Scremin 2010, 305, pl. 322. Zwei Stelophoren (M-12, M-13) des Monthemhet weisen einen ähnlichen kurzen Kinnbart auf. Zeitgenössisch zeigt eine Sitzstatue des Padiamunnebnesuttaui D (B-CK/729 (RT 7/6/24/5): Jansen-Winkeln 2014, 1055–1056 [552]; 2006b, 231–240, Taf. 18–19; zur Person s. Kap. III.3.22 und III.4.3.2.2) einen kleinen Kinnbart. In Verbindung mit dem Typ der Mantelstatue findet sich eine Parallele aus dem Mittleren Reich, wobei es sich bei diesem Objekt nicht um eine Sitzstatue, sondern um einen Stehenden im Mantel handelt, s. Fay 2015, 89–91; Russmann, 2001, 100–101 [28]. Und auch im Neuen Reich findet sich die Kombination des kurzen Kinnbartes mit dem Typ der Mantelstatue, so z. B. bei der Gruppenstatue KHM Wien No. 48 (Meriptah, Kafi und Sa-Isis, 19. Dyn., vermutlich aus TT 387), s. Hofmann 2004, 181, Abb. 165. 130 Beispielsweise Finneiser 1991 (Pektoral); Gander 2006, 12 (Gewandträger). 131 Für anregende Diskussion und ihre Bemerkungen in Bezug auf diesen Punkt bedanke ich mich herzlich bei Elke Blumenthal. 132 So beispielsweise bei der Sitzstatue Beni Suef Inv. Nr. 1632 (ex. CG 42206: 22. Dyn., Osorkon II.; B-CK 729). Die Statue stammt aus der Cachette in Karnak. Es handelt sich um eine wieder verwendete und überarbeitete Statue aus dem Mittleren Reich (13. Dyn.), s. Brandl 2008, 228–229; Jansen-Winkeln 2007b, 144–146 [79]; Verbovsek 2004, 438–429 [K 32]. 133 Raedler 2004, 299–301.

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Abb. 3: Sitzfigur M-07 (Berlin ÄMP 12721, Foto: Sandra Steiß © Ägyptisches Museum und Papyrussammlung, Staatliche Museen zu Berlin).

Die sitzende Haltung repräsentiert seit frühester Zeit den Verstorbenen im Kontext des Totenkults und ist daher aufs engste mit Typen der Grabstatue verknüpft, wobei das Sitzen auf einem Stuhl oder Sitz auf den hohen sozialen Rang des Statueninhabers verweist.134 Das charakteristische Gewand, in dem sich Monthemhet darstellt, ordnet das Stück dem Typ der sog. Mantelstatue zu. Dass dieser Typ eher selten bezeugt ist, kann als Zeichen von Exklusivität gewertet werden. Die Aussage der Bildkomponente konzentriert sich auf zwei zentrale Aspekte: Zugehörigkeit zur Elite und damit hoher Status sowie der Wunsch der kultischen Einbindung und damit Regeneration nach dem Tod. Weder Typ noch Haltung sind auf die administrative oder kultische Funktion von Monthemhet im Amt bezogen. Die Haltung der Statue ist eine passiv rezipierende, der Funktion von privaten Tempelstatuen entsprechend. Die Auswahl des Typs (thronend auf dem Sitz) ist auf den hohen sozialen Rang des Statuenbesitzers fokussiert. Sehr ungewöhnlich für Statuen dieser Art ist Monthemhet zudem mit Sandalen bekleidet dargestellt (Abb. 4),135 was nochmal mehr seinen hohen sozialen Status anzeigt. Bemerkenswert ist hierbei, dass die statusunterstreichenden Attribute in keiner Abb. 4: Sitzfigur M-07: Die Sandalen (Berlin ÄMP 12721, Weise auf seine Titel und Ämter rekurrieren. Foto: A. Blöbaum). 134 135

Perdu 2012a, 251; Brandl 2008, 301; Fitzenreiter 2006, 37–38 (für das Alte Reich). Perdu 2012b, 5.

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Der lange den Körper umhüllende Mantel ist zwar auch als Kleidung eines Priesters aus verschiedenen Darstellungen bekannt,136 doch im Kontext privater Rundplastik verknüpft das Gewand verschiedene Aspekte: Als Kleidungsstück der Elite verweist es ebenso wie die Sandalen auf den hohen sozialen Rang des Dargestellten und zeigt ebenfalls an, dass der Träger den Status hat, an Ritualen und Prozessionen teilzunehmen.137 In diesem Sinne hat der Mantel eine den hiermit Bekleideten ehrende Funktion.138 Gleichzeitig ist die eingehüllte Gestalt von Göttern und Königen aus Zusammenhängen bekannt, die eindeutig jenseitsorientiert und regenerativ zu deuten sind,139 und kann somit als Attribut einer privaten Tempelstatue den Wunsch nach Regeneration des Verstorbenen plastisch darstellen.140 Auf ein Detail muss in diesem Zusammenhang nochmals hingewiesen werden. Durch das erhaben gearbeitete Band, das entweder als Träger oder aber eventuell zu einem Amtsiegel oder Amulett gehörend gedeutet werden kann, präsentiert sich Monthemhet mit einem Detail der traditionellen Tracht eines Wesirs, ohne selbst das Amt inne zu haben.141 Das zumindest ist bemerkenswert und kann als Anmaßung gewertet werden. In diesem Zusammenhang ist nun zu diskutieren, ob es sich bei der Statue eventuell um ein wiederverwendetes Stück handeln könnte, dessen ursprünglicher Besitzer ein Wesir gewesen sein könnte. Beispiele für die Wiederverwendung und Umarbeitung älterer Statuen in der Dritten Zwischenzeit sind bekannt.142 Die Statue des Monthemhet zeigt ikonographisch eine starke Anlehnung an Darstellungen aus dem Mittleren Reich. Zusätzlich weist sie aber auch Elemente auf, die erst ab dem Neuen Reich oder später belegt sind. Hier sind insbesondere die Sandalen zu nennen, oder das angedeutete „saitische Lächeln“.143 Des Weiteren gehört der lange Mantel nicht zur traditionellen Wesirs-Tracht, was bedeutet, dass im Falle einer Umarbeitung nicht nur die Inschriften, sondern auch die Statue eine starke Überformung erfahren haben müsste, was eher unwahrscheinlich ist. Daher halte ich die Statue für eine zeitgenössische Neuanfertigung, die sich zwar ikonographisch an ältere Vorbilder anlehnt,144 im Detail aber eine kreative Neuschöpfung darstellt, in der unterschiedliche Elemente zu einer eigenen Komposition zusammengestellt worden sind.145

136

Fay 2015, 85–88. Schulz 2011, 6. 138 Connor 2015, 58. 139 Riggs 2014, 143–145. 140 Schulz 1992, 728–734. 141 Der Urgroßvater Horemachet war Wesir, doch ging das Amt in der Generation darauf an die Familie des Nespaqaschuti (C), s. Naunton 2016, 5–8; vgl. hierzu auch Kap. III.4.3.2.1. 142 Zum Beispiel: Beni Suef Museum, Inv.-Nr. 1632 (CK 80); die in der 22. Dynastie wiederverwendete Statue aus dem Mittleren Reich wurde in der Cachette gefunden, vgl. Brandl 2008, 228–229 [U-2.20]. 143 Sandalen: Gander 2006, 12; ein angedeutetes Lächeln ist in Oberägypten bereits ab der Zeit Osorkons I. und in Unterägypten ab der Zeit Osorkons II. belegt, s. Brandl 2008, 395. 144 Vgl. Price 2017, 395: „Much of the elite visual culture produced during the First Millenium BC is characterised by a combination of styles derived from a range of older models. This mixture formed a new style in its own right, something distinctively modern, but one which required knowledge of older styles from producer and viewer.“ 145 Vgl. hierzu auch Gander 2006, 1. Ich denke hier an das Konzept von intericonicity wie es Dimitri Laboury für die Altägyptische Kunst beschrieben hat: „So, both Ancient Egyptian practices (notably in art) and discourses plainly establish an inextricable link between innovation, on the one hand, and the reuse, study and (re)interpretation of previous forms of expression, i.e. tradition(s), on the other hand. They hence converge to define creativity as a process of creative copy or creation through (at least partial) imitation and (re)interpretation. And, since creativity operates within such a procedure of reinterpreting earlier works and their tradition, the copying phenomenon was actually integral to the creative process itself in Ancient Egyptian Art, just like in so many – actually most of – other artistic traditions.“ Laboury 2017, 253. 137

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Abb. 5: Die Sitzstatue M-07 im Vergleich. Links: Nachtefmut (A), 22. Dynastie (Beni Suef Inv.-Nr. 1632, Foto: ts_2015_00161 © Ägyptisches Museum Kairo/Beni Suef Museum. Fonds Karl Jansen-Winkeln). Mitte: Monthemhet, 25. Dynastie (Berlin ÄMP 12721, Foto: S. Steiß, © ÄMP). Rechts: Rechuanch, 12. Dynastie (London BM EA 1785, © Courtesy of the British Museum).

Mögliche Vorbilder (vgl. Abb. 5), die verschiedene ikonographische Details zeigen, wie beispielsweise die Perücke, den kurzen Kinnbart, die gestaltete Zierkante des Mantels, die als Stilisierung einer Webkante mit Abschlussschlaufen interpretiert werden kann,146 oder die Träger/das Band der Wesirs-Tracht, wären beispielsweise die Statue des Nachtefmut (A) aus der 22. Dynastie und die Mantelstatue des Bürgermeisters von Abydos, Rechuanch.147 Die Statue des Nachtefmut (A) wurde in der Cachette von Karnak gefunden. Sie stammt ursprünglich aus der 13. Dynastie und wurde in der 22. Dynastie wiederverwendet. Die Statue von Rechuanch stammt aus dem Kunsthandel, kann aber mit einiger Sicherheit einer der Grabkapellen in Abydos zugeordnet werden und ist somit in die 12. Dynastie zu datieren.148 Selbstverständlich kann in keiner Weise nachgewiesen werden, dass die benannten Stücke in irgendeiner Form tatsächlich als Vorbild gedient haben.149 Dennoch ist es ein interessantes Gedankenspiel, insbesondere, was die Darstellung von Rechuanch angeht: Er war Bürgermeister von Abydos. Durch die Aufstellung in einer der Grabkapellen wäre der Zugang zu der Statue vermutlich möglich gewesen, und wir wissen, dass Monthemhet nachweislich in Abydos gewirkt hat.150 Zudem findet sich im Text auf dem Sitz der Statue, der generell auf Theben fokussiert ist, ein Hinweis auf Abydos, der auf diese Weise sinnvoll in die Gesamtkomposition integriert wäre. 146

Raedler 2014, 299. B-CK 80; Beni Suef Inv.-Nr. 1632 (ex CG 42206); London BM EA 1785. 148 Marée 2006, 106–107. 149 Vgl. Laboury 2017, 247–251; zu Tradierung von stilistischen und ikonographischen Elementen, s. Woods 2017, 16–18; einen Einblick in die aktuelle Diskussion der Thematik bieten die Tagungsakten „(Re)productive Traditions in Ancient Egypt“ (Gillen 2017): hier spezifisch zum Archaismus bei Statuen der 25. und 26. Dynastie, s. Price 2017, 395–410. 150 Name und Titel von Monthemhet sind in zwei Felsinschriften nachgewiesen, von der eine von seinem Sohn stammen dürfte, da Monthemhet als mAa xr.w bezeichnet ist, s. Leclant 1961c, 187; Effland/Effland 2013, 81–82, Abb. 9. Des weiteren konnte Isabelle Régen eine Verbindung von Monthemhet und Padiamenope nach Abydos anhand der Grabdekoration nachweisen, s. Régen 2018, 168–169 (vgl. Kap. III.2.1.1.3). 147

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2.1.2.2 Text-Ebene: Inschriften Die Statue ist an verschiedenen Stellen mit Inschriften versehen. Zentral auf der Vorderseite befindet sich eine lange Kolumne. Der Sitz ist mit jeweils einer Kolumne auf der Vorderseite neben den Beinen beschrieben, auf den Seiten befinden sich jeweils fünf Kolumnen, auf der Rückseite sechs Kolumnen. Oberhalb des Sitzes schließt sich ein Rückenpfeiler an, der mit zwei Kolumnen beschriftet ist. Die zentrale Kolumne Zentral auf der Vorderseite befindet sich eine lange Kolumne, die unterhalb des rechten Arms beginnt und am Gewandsaum endet:151 pr(j) nb Hr wdH.w Jmn-Raw nb ns.wt tA.wj psD.t=f n kA n(.j) (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm-nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ¥ma.w MnT(.w)-m-HA.t

Alles, was umläuft vom Opfertisch des Amun-Re, Herr der Throne Beider Länder, (und) seiner Neunheit für den Ka des Noblen, Gouverneurs, Vierten Priesters des Amun, Gouverneurs von Theben (und) Vorstehers von Oberägypten, Monthemhet.

Die Inschrift orientiert sich an zeitgenössischen Standardformulierungen. Es handelt sich um eine unpersönliche Fürbitte, die – ähnlich wie eine Opferformel – auf Statuen regelmäßig angebracht ist.152 Der Gott Amun ist hier mit seinem wichtigsten Epitheton bezeichnet nb ns.wt tA.wj153 „Herr der Throne Beider Länder“, das ihn als Hauptgott des Karnak-Tempels ausweist und seinen herrschaftlichen Aspekt betont. Die Erwähnung der Neunheit im Anschluss an den Götternamen, vor allem in Verbindung mit dem Possessivpronomen ist etwas ungewöhnlich. Jean Leclant überlegt, ob hier xnt.j ausgefallen und das Epitheton xnt.j psD.t=f 154 „Vorsteher seiner Neunheit“ gemeint sein könnte;155 entscheidet sich letztendlich aber für eine wörtliche Übersetzung „l’autel d’Amon-Rê, maître des Trônes du Double-Pays, et de son Ennéade divine“156, die meiner Ansicht nach deutlich überzeugender ist. Denn die Inschriften auf der Statue sind insgesamt sehr präzise geschrieben und das Layout präsentiert sich als sehr gut durchdacht. Zudem sind die Zeichen gerade an dieser Stelle der Kolumne durchaus großzügig gesetzt, so dass eine fehlerhafte Auslassung eher unwahrscheinlich ist. Der Text ist also ernst zu nehmen und stellt den Gott Amun-Re und die ihm zugeordnete Götterneunheit nebeneinander.157 Hier könnte sich eine Vorstellung widerspiegeln, die Amun-Re an seiner Kultstätte umgeben von seinem Gefolge sieht, ähnlich wie es in Spruch 10 des Amun-Rituals heißt: „Erhaben ist Amun-Re, der Herr der Throne Beider Länder, auf seinem hohen Thron! Erhaben ist die große Götterneunheit auf ihrem Thron!“158 Die zentrale Position der Inschrift auf der Statue verweist auf deren Hauptfunktion, nämlich die Einbindung in den Opferumlauf im Tempel und damit die Gewährleistung der Versorgung des Dargestellten im Jenseits. Zudem ist Monthemhet durch Nennung von Namen und Titel eindeutig und gut sichtbar als Inhaber der Statue identifiziert.

151

Text nach Jansen-Winkeln 2009, 459 [203a]; Leclant 1961c, 59–60; Heise 2007, 65. Vgl. Jansen-Winkeln 1994, 128–130. 153 LGG III, 672–673. 154 LGG V, 813c–814a; vgl. Amunshymnus, P.Boulaq 17, VIII.6: Luiselli 2004, 26. 155 Leclant 1961c, 60 [b]. 156 Leclant 1961c, 59; ebenso Heise 2007, 65: „und seiner Götterneunheit“. 157 Die Koordination der beiden Begriffe ist unproblematisch, erfolgt sie doch in der Regel in derartigen Texten asyndetisch, vgl. Jansen-Winkeln 1996, 252–255. Die Zuweisung der Neunheit zu einer spezifischen Gottheit begegnet auch in Segenswünschen am Beginn von Briefen, z. B. – um nur auf Belege aus Theben hinzuweisen – im Briefwechsel des Djehutimesu: LRL 8 (p.Geneva D 407) Z. 3–4: (…) n Jmn nb [ns.wt tA.wj] (4) [xnt.j] Jp.t-s.wt n Jmn wsr HA.t Hna psDt=f (…) oder LRL 45 (P.BN 198.I) Z. 2–3: (…) n Jmn Xnm.t nHH n psD.t=f (…), s. Hafemann, in: TLA (Oktober 2014); Černý 1939 (LRL), 14, 66; Wente 1967, 33, 78; Wente 1990, 187, 198. 158 P.Berlin 3055, IV, Z. 4–5: oA Jmn-Ra nb ns.wt tA.wj Hr s.t=f wr.t oA (4) psD.t aA.t Hr s.t=sn, Braun 2013, 114. 152

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Die Inschrift auf dem Rückenpfeiler Die Inschrift auf dem Rückenpfeiler ist in zwei Kolumnen oberhalb des Sitzes angebracht. Es handelt sich um die sog. saitische Formel, und zwar in der von Karl Jansen-Winkeln als „Standardform“ bezeichneten Variante.159 1

| nTr n’.tj n(.j) (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ¥ma.w 2| MnT(.w)-m-HA.t D(j).tw HA=f xft kA=f m-bAH=f jwn.y pw

Der Stadtgott des Noblen und Gouverneurs, des 4. Priesters des Amun, des Stadt-Gouverneurs und Vorstehers von Oberägypten, Monthemhet, ist hinter ihn gesetzt, angesichts seines Kas in seiner Gegenwart. Einer mit Pfeiler ist er.

Name und Titelsequenz entsprechen den Angaben in der Zentralkolumne. Der kurze formelartige Text, der in der Regel auf dem Rückenpfeiler angebracht ist, gehört während der 25. und 26. Dynastie zum Standardtextrepertoire auf Rundbildern. Eine besondere Bedeutung im Rahmen der Selbstpräsentation der Elite ist nicht zu beobachten. Die Inschriften auf dem Sitz Die zweifellos interessantesten Inschriften des Objekts befinden sich auf dem Sitz (Abb. 6):

Definition des Territoriums

Indirekte Ansprache an ungenannte Untertanen

5’

6’

12

11

10

9

8

7

6

5

4

A B S C H L U S S D ←

C ←

B Rede (M.) ←

Name und Titel

C’ → Rede (M.)

4’

Rechte Seite VS R 3 2 1 Direkte Ansprache an vorübergehende Priester Verortung der Statue im sakralen Raum

A’ →

Rückseite

Bericht über Kultfürsorge und Tempelbautätigkeit

Name und Titel

VS Linke Seite L 1’ 2’ 3’

A ←

Abb. 6: Mantelstatue M-07, Layout der Beschriftung und Struktur des Textes.

Auf der Vorderseite neben den Beinen befindet sich jeweils eine Kolumne, die wiederum Namen und Titel des Monthemhet wiedergibt. Die Seiten des Sitzes sind mit insgesamt 16 Kolumnen beschriftet, je fünf Kolumnen auf den beiden Seiten und sechs auf der Rückseite. Das Layout der Inschrift sowie die Komposition des Textes sind fein aufeinander abgestimmt. Die Inschrift besteht aus zwei Teilen, die jeweils mit einer der Kolumnen auf der Vorderseite beginnen und dann rechts bzw. links um den Sitz herum verlaufen. Der Text, der auf der rechten Seite beginnt, setzt sich auf der Rückseite fort, während der entsprechend kürzere Text sich auf die linke Seite beschränkt. Beide Texte sind in ihrer Grundstruktur parallel aufgebaut. Die erste Kolumne auf der Vorderseite zeigt jeweils den Namen mit verschiedenen Titeln des Monthemhet. Die Auswahl der Titel ist auf den folgenden Inhalt des Textes abgestimmt, wie später noch ausführlicher gezeigt werden wird. Die folgenden Texte sind als wörtliche Rede des Dargestellten konzipiert und so beginnt die jeweils zweite Kolumne (2 und 2’) mit der entsprechenden Einleitung Dd=f („er sagt“). Der generelle Aufbau der Texte ist parallel aufgebaut. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen: Zum einen ist auf der rechten Seite ein ausführlich formulierter Anruf an die Lebenden dem Text vorangestellt, dem auf der linken Seite lediglich eine indirekt formulierte kurze Ansprache an ungenannte Untertanen gegenübersteht. Und zum anderen kehrt der Text auf der rechten 159

Vgl. Jansen-Winkeln 2000, 83; zur Deutung und Übersetzung, s. 84–107.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

221

Seite mit Kolumne 12 auf die übergeordnete Textebene der ersten Kolumne zurück. Das Ende der wörtlichen Rede des Statuenbesitzers wird zwar nicht direkt thematisiert, aber durch den Wechsel der verwendeten Personalpronomen indirekt angezeigt: jr(j) mr(j) Jmn nb p.t Dd rn n(.j) HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ Hw.t-nTr MnT(.w)-m-HA.t m Hw.t-nTr=f „Einer, der tut, was Amun, der Herr des Himmels wünscht, ist der, der den Namen des Noblen und Tempelvorstehers, Monthemhet, in seinem Tempel ausspricht.“ Die Kolumne gehört durch das Layout und Orientierung der Hieroglyphen eindeutig zum rechten Text, könnte aber inhaltlich ebenso gut den Abschluss des linken Textes bilden. Sie fungiert hier also quasi als eine Art Bindeglied zwischen den Texten und bildet zusammen mit den beiden Kolumnen auf der Vorderseite des Sitzes einen Rahmen, in den die Ansprachen Monthemhets eingebettet sind. Inhaltlich werden hier der Dargestellte (Titel und Name auf der Vorderseite) und die in den Reden angesprochenen Betrachter der Statue einander gegenüber gestellt. Zugleich wird eine weitere wichtige Funktion der Statue explizit ausgedrückt: als Memorandum den Namen des Dargestellten im Tempel lebendig zu erhalten. Der Text auf der linken Seite thematisiert das Wirken Monthemhets als souveräner Lokalherrscher: Die linke Seite (Kol. 1’–6’)160 1

| (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn jm(.j)-r’ ¥ma.w mj od=s MnT(.w)-m-HA.t 2 | Dd=f

Der Fürst und Gouverneur, Vierter Priester des Amun, Vorsteher von Oberägypten in seiner Gesamtheit, Monthemhet, er sagt:

jr(j).y n=Tn jr(j).n(=j) m Hz.w(t)

Was getan wurde für Euch, tat ich als etwas zu Lobendes.

D(j)=j SsA=Tn 3| m mnx=j

Ich möchte Euch meine Vortrefflichkeit erfahren lassen:

wnn=j HA.t(j)-a(.w) n(.j) WAs.t ¥ma.w r Dr=s 4| Xr s.t Hr(=j) tAS rsj r Abw mHtj r Wn.t

Ich bin/war Gouverneur von Theben (und) Oberägypten in seiner Gesamtheit war unter meiner Aufsicht, die Südgrenze bis Elephantine, die nördliche bis Hermopolis.

rD(j).n(=j) 5| mnx=j n ¥ma.w mr.wt=j n ¦A-mHw

Ich gab meine Vortrefflichkeit für Oberägypten (und) meine Loyalität (wörtlich: Liebe) für Unterägypten.

n’.tjw nH=sn 6| mAA=j mj Raw D(j)=f sw

Die Städter (= die Thebaner) wünschten mich zu sehen wie Re, wenn er sich zeigt, wegen der Größe (meiner) Brillianz (und) der Großartigkeit (meiner) Exzellenz.

n wr Axw(=j) n aA n(.j) jor.w(=j)

Eingeleitet wird die Inschrift nicht durch die für Monthemhet belegte Standard-Titulatur, die den Bürgermeister-Titel und den Priestertitel umfasst, sondern durch eine Sequenz, die auf seinen Elite-Status ((j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w)) sowie seine souveräne Herrschaft in Oberägypten (jm(.j)-r’ ¥ma.w mj od=s) rekurriert. Dennoch ist wichtig zu beobachten, dass der Priestertitel noch vor dem Titel „Vorsteher von Oberägypten in seiner Gesamtheit“ genannt ist. Die Inschrift ist wohl komponiert und gibt eine zusammenfassende Selbsteinschätzung Monthemhets wieder, die sich auf seine lokale Herrschaftsposition bezieht. Mittel der Darstellung ist die wörtliche Rede des in der Statue Dargestellten, eingeleitet durch Dd=f „er sagt“. Kernpunkt dieser Einschätzung ist die Qualität mnx „vortrefflich sein, trefflich machen“161. Ausgehend von der Grundbedeutung „meißeln“ bzw. „Meißel“ ist mit dem Wort eine Fähigkeit, das bestmögliche Ergebnis zu erreichen, beschrieben. Hier tut jemand genau das, was nötig und richtig ist, und zwar auf genau die passende Weise. In der Einleitung zum Thema beschreibt Monthemhet, dass er denen, die diese Inschrift lesen, diese Kompetenz darlegen möchte

160 161

Text nach Jansen-Winkeln 2009, 459 [203c]; Leclant 1961c, 63–64; Heise 2007, 66–67. Wb 2, 86.3–12; Westendorf 1973, 137–139.

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222

(Kol. 2–3).162 Dann folgen drei Aussagen: die erste gibt den Herrschaftsbereich präzise an. Die Betonung liegt darauf, dass dieser ganz Oberägypten umfasst. Die zweite Aussage bezieht sich auf das gesamte Land, aufgeteilt in Ober- und Unteräypten. Hier verweist Monthemhet noch einmal auf seine besondere Kompentenz (mnx), die er für Oberägypten eingesetzt hat, parallel hierzu aber auch auf seine Liebe (mrw.t), d. h. seine Loyalität, zu Unterägypten. Unterägypten ist hier als Verweis auf den dort verorteten König zu verstehen. Dies könnte ganz generell während der kuschitischen Zeit auf die Hauptstadt Memphis und Taharqo bezogen sein, doch wäre es ebenfalls möglich, hier einen Bezug zur Zeit der assyrischen Besatzung zu vermuten, in der Monthemhet als Oberhaupt von Theben eingesetzt war. Sollte seine Macht sich auch auf ganz Oberägypten erstreckt haben, so waren aber nachweislich in dem hier angeführten Machtbereich noch zwei weitere Vasallen eingesetzt.163 Sollte es sich hier auf einen Verweis auf den König Psametik I. handeln, wäre zu fragen, warum der König weder namentlich noch als Institution genannt ist. Monthemhet präsentiert sich hier herrschaftlich und zwar als souveräner Lokalherrscher, dem die Hälfte des Landes (d. h. Oberägypten) untersteht. Die Mittel der Inszenierung, die er wählt, sind der königlichen Phraseologie entlehnt, daher ist ein konkreter Hinweis auf das saitische Königtum nicht zu erwarten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die folgende Aussage bemerkenswert. „Die Stadtbewohner wünschten mich zu sehen mj Raw dj=f sw wie Re, wenn er sich zeigt (d. h. bei seinem Aufgang), wegen der Größe meiner Brillanz und der Großartigkeit meiner Exzellenz“. Hier liegt noch deutlicher eine Adaption königlicher Phraseologie vor.164 Und auch wenn Eberhard Otto in seiner Untersuchung der spätzeitlichen Inschriften wenige andere Beispiele für einen Vergleich einer Privatperson mit einem Gott aufführt,165 so bezieht sich keiner der Belege auf den Gott Re und keine andere Formulierung adaptiert so wörtlich königliche Phraseologie. Ähnlich, jedoch sprachlich viel subtiler und unauffälliger, inszenieren sich zwei hohe Würdenträger der Zweiten Zwischenzeit in Edfu, wenn sie sich in ihren Inschriften als mrr Hr-nb wbn=f „beliebt bei jedermann, wenn er sich zeigt“ bezeichnen.166 In der Inschrift des Monthemhet wird hingegen unmissverständlich und direkt auf die Sonnengottrolle des Köngs angespielt, was in der Selbstpräsentation einer Privatperson als Ausnahme zu bewerten ist. Hierzu findet sich lediglich eine Parallele, und zwar interessanterweise bei einem Nomarchen der Ersten Zwischenzeit: In den Texten im Grab des Anchtifi von Moalla werden zwar sprachlich andere Mittel eingesetzt, doch inszeniert sich der Grabherr – nach Ludwig Morenz – deutlich in der Sonnengottrolle.167 Der Text auf der rechten Seite ist dem Wirken Monthemhets im Tempel gewidmet. Seine Bau- und Stiftungstätigkeit wird thematisiert. Die Auswahl der Titel auf der Vorderseite des Sitzes orientiert sich an der Thematik des Textes. Hier ist Monthemhet mit seiner geläufigsten Titelsequenz bestehend aus den Rangtiteln (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) und seinen beiden Haupttiteln Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t bezeichnet. Die rechte Seite (Kol. 1–12)168 1

| (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t MnT(.w)-m-HA.t 2| Dd=f

Nobler und Gouverneur, der Vierte Priester des Amun und Gouverneur der Stadt (Theben), Monthemhet, er sagt:

162

Möglicherweise wird mit dem Satz D(j)=j SsA=Tn m mnx=j auf die Geschichte vom Schiffbrüchigen angespielt: vgl. P.Petersburg 1115, Z. 139–140: D(j)=j sSA=f |140 m aA=k „Ich will dafür sorgen, dass er von deiner Größe erfährt.“ (Dils/Felber, in: TLA (Okt. 2014); vgl. Allen 2014, 37; Golenischeff 1913, 6, pl. VI. 163 Vgl. Kap. III.3.1. 164 Eine Zusammenstellung entsprechender Formulierungen aus königlichem Kontext findet sich bei Blöbaum 2006, 223–224. 165 Otto 1954, 40–42. 166 Stele des ¡r-aA, Z. 7 (13. Dynastie, Sobekhotep, Jahr 8): Kubisch 2008, 182–183; Stele des Jb-jaw, Z. 4–5 (13./17. Dynastie, Chicago Field Museum of Natural History 31664): Kubisch 2008, 207. Das Verb wbn „aufgehen, sich zeigen“ (Wb 1, 292.9–294.3) ist für gewöhnlich auf Götter oder Könige bezogen, s. Kubisch 2008, 183. 167 Dies wurde von Ludwig Morenz in einem Vortrag vorgestellt: „ʽIch bin ein Manns-Kerl ohne seinesgleichenʼ. Hieroglyphische Kodierungen von Maskulinität“, (Probevortrag im Rahmen der Ausschreibung zur Wiederbesetzung der Professur Ägyptologie an der Universität Leipzig am 17. Januar 2020). 168 Text nach Jansen-Winkeln 2009, 459–460 [203b]; Leclant 1961c, 59–63; Heise 2007, 66–67.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

223

j Hm nTr jt(j) nTr nb ao=sn r wn-Hr m bw pn Hz(j) Tn 3| Jmn wr

„Oh alle Priester (und) Gottesväter, die ihr eintretet, um das Gesicht zu öffnen an diesem Ort, möge euch Amun, der Große, loben.

s:wAH=f Tn m msw.t=Tn mj njs=Tn rn=j 4| Xr.t hrw m-m Hzz.wt n nTr n’.t jr(j).wt m s.t tn

Möge er euch dauern lassen in euren Kindern, wenn ihr täglich meinen Namen ruft beim Kultvollzug für den Stadtgott, der an dieser Stelle gemacht wird.

Hr ntt jnk saH 5| n jr(j).t(w) n=f Sps mAa mr(j) nb=f

Denn ich bin ein Edler, für den man handeln soll, ein wahrer Vornehmer (und) Liebling seines Herrn.

smAw(j).n(=j) Hw.t-nTr n.t Mw.t wr.t nb(.t) 6| JSrw

Ich erneuerte den Tempel von Mut, der Großen, der Herrin von Ischeru.

nfr s(j) r jmj=s r-HA.t

Schöner ist er als zuvor!

smnx.n(=j) sSm=s m Dam 7 | tjt.w=f nb m jnr mAa

Ich stellte ihre Barke wieder her aus Djam-Gold, (und) alle seine Statuen aus echtem Stein.

smAw(j).n(=j) sSm n(.j) #ns.w-pA-Xrd sSm n(.j) BAst.t 8| Hr(.t)-jb WAs.t

Ich erneuerte die Barke von Chons-dem-Kind (und) die Barke von Bastet, befindlich in Theben.169

sHtp(=j) Hm.t=s m (j)x.t jb=s

Ich machte ihre Majestät(scil. Mut) zufrieden mit dem, was sie wünschte.

smAw(j).n(=j) sSm.w 3 n(.w) pA 3 #ns.w 9 | sSm n(.j) #ns.w-Hsb-aHa.w sSm n(.j) Jmn nb ns.wt tA.wj nj pA arar

Ich erneuerte die drei Barken der Drei Chons, die Barke von Chons, der die Lebenszeit zählt (und) die Barke von Amun, Herr der Throne Beider Länder, der von Arar (?)170.

10

|saHa.n(=j) dp.t nTr n(.j) Wsjr m AbDw m-xt gm(j).n(=j) wA(j) r wAs(j)

Ich stellte das Gottes-Schiff des Osiris in Abydos wieder auf, nachdem ich (es) verfallen vorgefunden hatte.

11

| n wrD jb(=j) n fx.n a.wj=j r smAw(j).n(=j) gm(j).n(=j) wAsj

Nicht war mein Herz müde, noch standen meine Arme still bis ich erneuert hatte, was ich verfallen vorgefunden hatte.

12

Einer, der tut, was Amun, der Herr des Himmels wünscht, ist derjenige, der den Namen des Noblen und Vorstehers des Tempels, Monthemhet, in seinem Tempel ausspricht.

| jr(j) mr(j) Jmn nb p.t Dd rn n(.j) HA.t(j)a(.w) jm(.j)-r’ Hw.t-nTr MnT(.w)-m-HA.t m Hw.t-nTr=f

Die Inschrift gibt eine Auswahl der Bau- und Stiftungsarbeiten, die Monthemhet entweder im Auftrag von Taharqo oder als souveräner Bauherr durchgeführt hat. Da diese Aussagen nicht nur auf dieser Statue, sondern sowohl auf weiteren Statuen als auch im Tempel der Mut in einer großen biographischen Inschrift (Inschrift B und A) überliefert sind, ist davon auszugehen, dass sie sich auf reale Unternehmungen des

169

#ns.w-pA-Xrd „Chons, das Kind“, LGG V, 769c–770c; zum Epitheton Hr.j-jb mit einer Ortsangabe, s. Eaton 2012, 113–115. 170 Eine Gruppe von drei Chonsgöttern ist sonst nicht belegt, s. #ns.w-xmt „Die drei Chonsgötter“, LGG V, 772c; #ns.w-Hsb-aHa.w „Chons, der die Lebenszeit berechnet“, LGG V, 484b–c; nj pA arar: unklare Bezeichnung (LGG II, 178), die möglicherweise mit einem anderen obskuren Namen für Amun-Re, der in der Saitenzeit in Theben belegt ist, zusammenhängt: arar-pr-m-sjn „Das Arar-Tier, das aus dem Ton hervorgekommen ist“, LGG II, 178c; Leclant verweist auf arar als späte Bezeichnung für Überschwemmungswasser (Wb 1, 210.2–3; Wilson 1997, 166), s. Leclant 1961c, 63. Das Wort ist mit dem Holz (M3) klassifiziert und könnte daher auch ein Teil der Konstruktion meinen, die in diesen Text aus Versehen mit kopiert wurde. In der Inschrift A der Krypta im Mutbezirk folgen für gewöhnlich Details zur Ausstattung oder Materialangaben, leider ist die entsprechende Stelle (A, 19) zerstört.

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Monthemhet beziehen.171 Die Formulierungen sind der königlichen Phraseologie entlehnt, wobei deren Verwendung in der Spätzeit auch von Privatpersonen bezeugt ist.172 Die in der Inschrift aufgeführten Arbeiten (Tab. 2) beziehen sich bis auf eine Ausnahme auf Theben, bzw. den Karnak-Tempel. Tab. 2: Bericht über Stiftungs- und Bautätigkeit auf der Statue Karnak, Mut-Tempel

Erneuerung des Tempels

vgl. A, 10–13

Wiederherstellung der Barke (Djam-Gold)

Karnak (?)

Abydos

Wiederherstellung der Statuen (echter Stein) Erneuerung der Barke von Chons, dem Kind Erneuerung der Barke von Bastet, befindlich in Theben Erneuerung der Drei Barken der Drei Chons Erneuerung der Barke von Chons, der die Lebenszeit zählt Erneuerung der Barke von Amunrasonther, Der von Arar Wiederaufstellung des Gottesschiffes von Osiris

vgl. A, 7 vgl. A, 17 vgl. A, 19 vgl. 19–20 vgl. A, 33

Die Restaurierung des Mut-Tempels wird allgemein angegeben, detailliert werden noch Stiftungen bzw. Erneuerungen von Statuen und Kultbarken genannt. Insgesamt liegt der Schwerpunkt der hier aufgeführten Arbeiten bei der Stiftung von Kultbarken für verschiedene Götter. An letzter Stelle wird die Wiederaufstellung des Gottesschiffes von Osiris in Abydos thematisiert. Dieser Eintrag ist als einziger nicht in Theben zu verorten. Die Verbindung nach Abydos erfährt allerdings durch den in der Bild-Ebene ausgedrückten regenerativen Aspekt eine gute Ergänzung. In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals auf die Statue des Rechuanch aus Abydos zu sprechen kommen. Für die Bild-Ebene habe ich seine Mantel-Statue als mögliches Vorbild in Erwägung gezogen. Interessant ist nun, dass Rechuanch in der Inschrift auf der Statue seine Verantwortung für den Tempel in Abydos und dessen Ausstattung betont und sich u. a. als „Siegler des Gottes in der Neschmet-Barke“ bezeichnet,173 was ihn explizit mit der Kultbarke in Abydos verbindet. Ich halte es für durchaus wahrscheinlich, dass Monthemhet die Statue gekannt haben könnte, da davon auszugehen ist, dass sie in einer der Grabkapellen aufgestellt war. Die Erwähnung der Wiederaufstellung des Gottesschiffes in Abydos in dem Text erfährt dadurch einen sinnstiftenden Kontext, der Monthemhet in der Tradition von einer verantwortungsvoll für ihren Amtsbereich handelnden Elite verortet. Durch die Kenntnis um diese lange Tradition und ihre Zeugnisse präsentiert sich Monthemhet zudem als Mann von umfassender Bildung und Erfahrung. Etwas genauer soll nun noch auf den Beginn des Textes eingegangen werden: Im Anruf an die Lebenden werden verschiedene Priester, die an der Statue vorübergehen, angesprochen. Hier folgt der Text einem gängigen Muster dieser oft belegten Formel.174 Doch die Situation, in der die Priester angesprochen werden, ist im Vergleich zu anderen, ähnlichen Texten sehr genau beschrieben: Sie befinden sich auf dem Weg, um „das Gesicht (des Gottes) zu öffnen (wn-Hr)175“. Diese Handlung kennt man aus dem täglichen Kultbild-Ritual.176 Nach vorgeschriebenen Reinigungsriten und Morgengesängen begibt sich der Ritualist zum Sanktuar, entzündet Fackeln, reinigt das Sanktuar durch Räuchern und entriegelt den Schrein; die Türflügel werden geöffnet und das Tuch, das die Kultstatue bedeckt, gelüftet. Dies ist das „Öffnen des Gesichts“, der Priester schaut den Gott. Tatsächlich zitiert der Text an dieser Stelle den entsprechenden Schlüsselbegriff des Rituals wn-Hr: Der Titel des entsprechenden Spruchs (Nr. 10) des Amunrituals lautet: r’ n wn Hr nTr „Spruch zum Öffnen des 171

Eine Auswertung aller Text zu diesem Thema findet sich in Kap. III.2.2.1 und III.2.3.3. Heise 2007, 345–346; Spencer 2010b, 482. Betrachtet man allerdings den zeitlichen Rahmen, so sind – zumindest in der Auswahl von Jens Heise – in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu Monthemhet nur noch Harwa und Nespaqaschuti zu nennen, die in ähnlicher Phraseologie von Baumaßnahmen berichten. 173 Marée 2006, 106–107. 174 Allgemein zum Anruf an die Lebenden, Desclaux 2017 (Syntax); Shubert 2007 (AR–NR); Perdu 2000 (Spätzeit). 175 Lohwasser 1991, bes. 28–35. 176 Braun 2013, 114–116; Eaton 2013, 62–63. 172

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Gesichts des Gottes“177. Im Text begegnen wir noch dem Zusatz m bw pn „an diesem Ort“; semantisch ist diese Phrase tatsächlich sehr konkret zu verstehen, und dies kann dementsprechend nur bedeuten, dass die Statue in der Nähe eines Sanktuars aufgestellt gewesen sein muss. Dies wird durch den weiteren Text noch bestätigt, denn um den Kultvollzug zu beschreiben, wird wiederum ein Schlüsselbegriff aus dem Kultbildritual verwendet: jr(j) Hzz.t „das zu Lobende tun“. Dieses Mal findet sich die entsprechende Stelle im Kultbildritual im Text von Spruch 12: (…) jrr=j Hzzw.t n Jmn-Ra nb ns.wt tA.wj (…) „Ich bin dabei, den Kult für Amun-Re, den Herrn der Throne Beider Länder, zu vollziehen.“178 Und wieder wird auf den Ort den Geschehens explizit verwiesen: jrj.wt m s.t tn „der an dieser Stelle gemacht wird“. Auch diese Angabe ist sehr konkret auf den Aufstellungsort der Statue zu beziehen und bestätigt einen ursprünglichen Aufstellungsort in der Nähe eines Sanktuars. Die Inschriften der Statue weisen eine elaborierte Struktur auf, die nicht nur auf der Textebene verschränkte Bezüge aufweist, sondern den Text ebenfalls im religiösen sowie elitären Diskurs kontextualisiert. 2.1.2.3

Die Verortung der Statue

Da der Text der Statue Hinweise auf den ursprünglichen Standort gibt, soll im Folgenden versucht werden, einem möglichen Aufstellungsort noch etwas näher zu kommen. Wie bereits erwähnt, wurde das Stück 1906 angekauft und befindet sich heute im Ägyptischen Museum in Berlin.179 Jean Leclant vermutet eine Herkunft aus der Cachette in Karnak,180 doch Laurent Coulon und Emmanuel Jambon geben zu bedenken, dass sich keine Angaben zu dem Stück in den Aufzeichnungen von Georges Legrain finden.181 Die Erwähnung des Gottes Amun macht es recht wahrscheinlich, dass das Stück entweder aus der Cachette stammt, oder aber im Umfeld des Karnak-Tempels gefunden wurde. Es ist demnach zu prüfen, ob es einen Bereich des Tempels gibt, der als Standort für die kleine Statue vorrangig in Frage kommen könnte. Durch den Fokus auf das Kultbildritual im Text wäre hier zunächst der Bereich des Achmenu von Thutmosis III. zu nennen, da sich dort an verschiedenen Stellen bildliche Darstellungen des täglichen Kultbildrituals erhalten haben, so beispielsweise im sog. Achsensanktuar (SX3)182 sowie in einer Kapelle des Sokarbezirks (SK4)183. Die Anlage des Achmenu diente neben einem Kult für Amun-Re vor allem dem Kult für den königlichen Ka Thutmosisʼ III., mit der Neunheit als Verkörperung der königlichen Ahnen.184 Die etwas spezielle Formulierung „Amun-Re, Herr der Throne Beider Länder (und) seine Neunheit“ auf der zentralen Kolumne der Statue passt sehr gut zu dieser Umgebung und bekäme somit eine zusätzliche Bedeutung. Im Hauptsanktuar des Achmenu (JB2), das während der Dritten Zwischenzeit als Hauptkultstätte für die Amunverehrung diente,185 war die Kultstatue des Amun vermutlich umgeben von rundbildlichen Darstellungen der Neunheit, die in Wandnischen aufgestellt waren.186 Im Korridor MS10– 11 finden sich Sed-Fest-Darstellungen, u. a auch eine, die den König während des Sed-Festes sitzend vor der Neunheit darstellt.187 Und auch in den Inschriften auf den Architraven des Säulensaals ist die Neunheit neben Amun-Re erwähnt.188 Es ist ebenfalls mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass die Neunheit

177

P.Berlin 3055, IV, 3, s. Braun 2013, 114–116. P.Berlin 3055, IV, 7–8, s. Braun 2013, 117–118. 179 ÄM 17271: Finneiser 1991. 180 Leclant 1961c, 58 sowie 1965, 124 bzw. 122, Anm. 1: Hier wird diese Vermutung auf eine Aussage Bernhard Bothmers zurückgeführt. 181 B-CK 711. 182 Braun 2013, 62–64; Bezeichnungen der Räume nach Azim/Le Saout 1998, 150–158 mit pl. 3; übersichtlicher ist der „Plan de repérage des salles et des élements d’architecture“ in Carlotti 2001 (Falttafel in Bd. 1). 183 Masquelier-Loorius 2017, 396. 184 Braun 2013, 62; Blyth 2006, 73–76. 185 Coulon 2018, 208. 186 Barguet 1962, 200; Ullmann 2002, 64; zur Architektur der Nischen, s. Beaux 1993, 101–107. 187 Barguet 1962, 163–164; Ullmann 2002, 64; Blyth 2006, 71. 188 Ullmann 2002, 63: psD.t (jmj.t Ax-mnw). 178

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ursprünglich in der zentralen Widmungsinschrift zusammen mit Amun-Re genannt war.189 Zwar wurde die Inschrift in der Ramessidenzeit restauriert und der Text geändert, doch ist es gut vorstellbar, dass vor allem durch die erhalten gebliebene bildliche Präsenz das Wissen um die besondere Rolle der Neunheit in diesem Tempelbezirk in der Priesterschaft bewahrt wurde. Der spezielle Fokus, der in den Inschriften der Statue sowohl im Hinblick auf eine besondere Verbindung des Gottes Amun mit der Neunheit als auch in Bezug auf das Kultbildritual explizit ausgedrückt wird, passt meines Erachtens hervorragend zu einer ursprünglichen Aufstellungssituation im Bereich der Räume oder Hofanlagen des Achmenu. Das relativ kleine Format der Statue mit einer Höhe von ca. 50 cm passt ebenfalls eher zu einem Aufstellungsort mit eingeschränktem Platzangebot.190 Selbstverständlich kann ein gänzlich anderer Aufstellungsort nicht ausgeschlossen werden, vor allem vor dem Hintergrund, dass das genaue Layout der Tempelanlage zur Zeit Monthemhets nicht in allen Details erschlossen werden kann. Doch die Verortung in den Bereich des Achmenu gründet sich auf genügend überzeugende Indizien, die derzeit für einen anderen möglichen Aufstellungsort nicht zur Verfügung stehen. 2.1.2.4

Der Statuensockel M-15: Ein weiteres Element der Komposition

Form und Größe des Sockelfragments M-15191 entsprechen den Sockelmaßen der Berliner Statue und auch hinsichtlich der Komposition passen diese beiden Objekte gut zusammen.192 Die Tatsache, dass das Sockelfragment sicher aus der Cachette im Karnak-Tempel stammt,193 stellt ein gewichtiges Indiz dar, dass die Sitzstatue ebenfalls in der Cachette gefunden worden sein dürfte und stärkt daher die oben beschriebene Verortung der Statue. Der Sockel ist leider nicht vollständig erhalten, der hintere Teil sowie ein kleiner Teil der linken Seite sind abgebrochen. Ausgehend von der Größe des (inneren) Sockels der Berliner Mantelstatue ist etwas weniger als die Hälfte des (Haupt)-Sockels erhalten. Er ist mit einer Reihe von Darstellungen und Inschriften versehen. Auf der Oberseite haben sich Reste von vier Zeilen einer Inschrift erhalten, die ursprünglich die gesamte Breite des Sockels bedeckten. Rechts auf der Oberseite ist der Rest einer Kolumne erhalten, die inhaltlich offenbar den Zeilen vorausgeht. Links dürfte sich eine parallele bzw. ergänzende Kolumne befunden haben. Auch die Vorderseite ist mit vier Kolumnen versehen, die ausgehend von der Mitte nach rechts bzw. links zu lesen sind. Die Seiten des Sockels waren zum Teil mit Inschriften und zum Teil mit Darstellungen im versenkten Relief dekoriert (Abb. 7). Auf der rechten Seite haben sich Reste von drei Bildfeldern erhalten, die jeweils die Darstellung eines Mannes zeigen und durch eine Kolumne Text voneinander getrennt sind. Die kahlköpfig dargestellten Männer sind nach vorn orientiert und tragen Priestertracht. Der erste ist gut erkennbar mit Sandalen bekleidet, für die anderen Personen kann dies nicht eindeutig festgestellt werden. Beide Personen tragen das Felidenfell, wobei die Tracht im Detail individualisiert dargestellt ist. So ist bei der ersten Person eine zusätzliche Schärpe zu erkennen, die um die Taille gelegt ist. Die zweite Person ist mit einem Amulett dargestellt. Auch die Darstellung des langen Schurzes variiert. Leider lässt der Erhaltungszustand des Reliefs keine tiefere Beurteilung der Details zu. Der rechte Arm hängt seitlich herab, der linke Arm ist 189

Ullmann 2002, 62–63: die Inschrift wurde in der Ramessidenzeit restauriert und im Text geändert. Durch Vergleiche mit der ursprünglichen Dekoration im Festsaal, wo sich eine wortgleiche, ramessidische Restaurierung befindet, ist feststellbar, dass der neue Text offenbar die ursprünglich erwähnte Neunheit ersetzt. 190 Das Format ist nicht an den Statuentyp gekoppelt, wie deutlich größere Vergleichsstücke zeigen: vgl. z. B. Beni Suef Museum Inv.-Nr. 1632 (Brandl 2008, 228–229 [U-2.2], B-CK 80): die Statue ist mit einer Höhe von 102,7 cm doppelt so groß wie diejenige des Monthemhet. 191 Ägyptisches Museum Kairo(?), CG 42239, JE 37990/46198(?); grauer Granit; H: 12,5 cm; erh. L: 22 cm; B: 21,5 cm; PM II2, 151; B-CK 526; Legrain 1914b, 89–90; Leclant 1961c, 89–93 [14], Taf. 25–28; Jansen-Winkeln 2009, 456–457 [201]; Heindl/Blöbaum in Vorbereitung. 192 Die Maße des Sockels der Berliner Statue wurden konkret auf diese Idee hin von Patrizia Heindl überprüft. Die Zuweisung wird in einem Artikel detailliert diskutiert und begründet; dort finden sich auch Übersetzung und Kommentar zu den Inschriften, s. Heindl/Blöbaum in Vorbereitung. 193 Der Sockel wurde am 5. April 1905 gefunden. Das Datum ist durch Legrain bestätigt, s. Legrain 1914b, 89; B-CK 526.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

227

erhoben und trägt einen Blumenstrauß, bei dem es sich um ein anx–Bukett handelt, wie aus der Inschrift hervorgeht. Von der dritten Figur ist nicht mehr als die linke Hand und der linke Fuß und ein kleines Stück eines langen Schurzes erhalten. Ursprünglich dürfte es sich um vier bis fünf Darstellungen dieser Art gehandelt haben. Die linke Seite war ebenso dekoriert, wie die Reste von zwei Bildfeldern und einer Zwischenkolumne zeigen. Hier sind von den dargestellten Personen lediglich die Beine erhalten, doch ist noch zu erkennen, dass zumindest die erste Person ebenfalls mit dem Felidenfell bekleidet war. Sandalen sind an beiden Personen nicht zu erkennen. Nach den Texten auf der Vorderseite des Sockels handelt es sich bei den dargestellten Männern auf der rechten Seite um Brüder des Statueninhabers und auf der linken Seite um Söhne desselben.

Abb. 7: Der Sockel M-015, rechte und linke Seite (Kairo, CG 42239, Fotos: NU_2006_8319, NU_2006_8322, © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO.

Von den auf den Seiten dargestellten Personen haben sich folgende erhalten (Tab. 3): Tab. 3: Dargestellte Personen auf dem Sockel M-15 L R

Nesmin Nesptah Pacherienmut Djedchonsiuefanch

[…] […] des Amun, Obmann der Priesterphyle Priester des Amun, Verwalter des Gottes Priester des Amun, Königsbekannter

Stellt man sich nun die Sitzstatue in den Sockel eingelassen vor, so befindet sich der sitzende Monthemhet im Kreise seiner Brüder und Söhne. Die Darstellungen zeigen die Familienmitglieder im Kultgeschehen, bekleidet mit dem Felidenfell beim Darbringen von Blumengebinden des Gottes Amun, der einmal als jmnrn=f „der seinen Namen verbirgt“ und einmal als nb nTr.w „König der Götter“ bezeichnet ist. Die Beischriften, vor allem die acht Kolumnen auf der Vorderseite setzen die Szene in einen funerären Kontext. Als Rede der dargestellten Brüder bzw. Söhne bieten sie eine Phraseologie, die ab dem Neuen Reich für das Darbringen von Blumen für den Verstorbenen bzw. für Blumenopfer, die der Verstorbene dem König bringt, gut belegt ist.194 Dies korrespondiert gut mit dem durch die Ikonographie der Statue ausgedrückten regenerativen Aspekt. Zudem ist der Empfänger der Blumengebinde, bei dem es sich ja zweifelsohne um Monthemhet handeln muss, als jmAx.w pn „dieser Versorgte“ bezeichnet. Die Rede der Söhne wird eingeleitet durch den Satz: mAA n(.j) hb m-xt jr(j).t Hzz(.t)

Sehen des Festes nach dem Ausführen des Kultes.

Auf welches Festgeschehen angespielt ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Die Formulierung m-xt jr(j).t Hzz.t nimmt den Begriff jr(j) Hzz.t „Kultvollzug“, der auch im Anruf an die Lebenden verwendet wird, wieder auf (vgl. Kap. 2.1.3.2). Ein wichtiges Element der Texte ist die elaborierte Titulatur des Monthemhet, die – gut sichtbar – auf der Sockeloberseite angebracht ist. Sie nimmt in ihrer Ausführlichkeit als auch in der Auswahl der Titel eine besondere Stellung innerhalb der Quellen ein (vgl. Kap. 3.1).

194

Dittmar 1986, 74–75, 158–161.

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ANKE ILONA BLÖBAUM

228

Text auf der Sockeloberseite [jr.j-pa.t HA.tj-a.w xtm.]w195 [bj.t]

(2) [Nobler, Gouverneur], Siegler des [bjt-Königs],

smr wa.tj wr wr.w sab sab.w

Einziger Freund, Großer der Großen, Edler der Edlen,

sHD196 [Hm.w nTr n pr.w Jmn(.w)/ m Hw.wt nTr/ m gs-pr.w]197

Koordinator [der Priester der Domäne des Amun/ im Tempel],

jm(j)-r’ Hm.w [nTr] m Hw.wt nTr

Vorsteher der Priester in den Tempeln,

Hm nTr 4nw Jmn Hm nTr wHm

Vierter Priester des Amun, Stellvertretungspriester,198

zXA.w Hw.t-nTr pr.w Jmn

Tempelschreiber der Amundomäne,

[Hm nTr Ḫnsw]199 m WAs.t-Nfr-Htp

[Priester des Chons] in Theben-Neferhotep,

Hm nTr Zkr Hr.j-jb Jp.t-s.wt

Priester des Sokar befindlich in Ipet-sut,

HA.t(j)-a(.w) n(.j) WAs.t jm(j)-r’ ¥ma.t [mj od=s]200

Gouverneur von Theben, Vorsteher von Oberägypten [(in seiner Gesamtheit)]

[MnT.w-m-HA.t]201 snb zA Hm nTr Jmn(.w) HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Ns-PtH mAa xr.w

[Monthemhet], er sei gesund, Sohn des Priesters des Amun, Gouverneur der Stadt (Theben) Nesptah, selig.

Die Titelsequenzen auf der Sitzstatue zeigen dagegen die Standardfolge der meist genannten Titel von Monthemhet, wie die Übersicht (Tab. 4) verdeutlicht: Tab. 4: Titelsequenzen auf der Statue M-07 (Berlin ÄM 17271) (j)r(.j)-pA.t Ha.t(j)-a(.w)

Hm nTr 4nw Jmn

HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

jm(.j)-r’ ¥mA.w mj od=s

MK

x

x

x

VSR

x

x

x

VSL

x

x

x

x

RP

x

x

x

x

HA.t(j)-a(.w)

jm(.j)-r’ Hw.t-nTr

S RS 12

x

x

MittelKolumne; VorderSeite Rechts/Links; RückenPfeiler; Sitz RückSeite

195

Die Größe der Lücke sowie die zu erwartende Reihenfolge der Titel sprechen für diese Ergänzung, vgl. die Titelabfolge auf CG 42241 und CG 42236. 196 Jansen-Winkeln (2009, 456) gibt mit Verweis auf Legrain (1914, 89–90) saA an, doch bereits Leclant (1961, 256) plädierte für eine Lesung sHD. Auf dem Foto NU_2006_8312 (http://www.ifao.egnet.net/ bases/cachette/?id=526 (16.10.2014)) ist deutlich die HD-Keule (T 4) zu erkennen. 197 Auf den Denkmälern des Monthemhet sind verschiedene Versionen des Titels belegt, vgl. Leclant 1961c, 256; Eine dieser drei Varianten könnte gut in die Lücke passen. 198 Nach Leclant 1961c, 90–91: „prophète suppléant“, wobei er ebenfalls darauf hinweist, dass dies nach Wb 3, 89.16 eine andere Schreibung für den „Zweiten Priester“ sein kann. Die Reihenfolge in diesem Beleg wäre dann aber erklärungsbedürftig. Naunton (2011, 153) äußert sich nicht zu diesem Titel. 199 Ergänzung nach Leclant 1961c, 256. 200 Die Lücke ist ein wenig groß für den Namen allein, so dass die Ergänzung des Zusatzes mj od=s zum vorhergehenden Titel, der auf der Sitzstatue und häufig auch auf anderen Denkmälern (z. B. CG 646) belegt ist, sehr wahrscheinlich ist. 201 Die Ergänzung des Names ist zum Einen durch die genannten Titel und zum Anderen durch den Bruder und die aufgeführten Söhne des Monthemhet, die alle auch aus anderen Quellen bekannt sind, gesichert.

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Vermutlich gründet sich die Konzentration auf die wichtigsten Titel auf dieser Statue auf das eingeschränkte Platzangebot, die das Objekt bereithält. Insofern ergibt sich durch den zusätzlichen Sockel die Möglichkeit einer umfassenderen Präsentation von Ämtern. Die Titulatur wird durch eine ausführliche Auswahl an Rangtiteln eingeleitet. Daraufhin folgen übergeordente Priestertitel sowie weitere Priestertitel. Die administrativen Titel „Gouverneur von Theben“ sowie „Vorsteher von Oberägypten“ bilden den Abschluss. Auffallend ist allerdings, dass in der Titulatur von Monthemhet dieser Titel tatsächlich WAs.t „Theben“ nennt, wo in der Standardform Theben schlicht als „die Stadt“ (n’.t) bezeichnet ist. Der Schwerpunkt in der Titulatur liegt zweifelsohne im kultisch-sakralen Bereich, da Monthemhet durch seine übergeordneten Priestertitel in der höchsten Ebene des Klerus’ verortet wird. Ferner nennt Monthemhet seinen Vater Nesptah ebenfalls mit dem Titel „Gouverneur von Theben“. Er ist durch das Epitheton mAa xr.w als verstorben gekennzeichnet, wohingegen Monthemhet als snb „er sei gesund“ bezeichnet ist. Dies steht in gewisser Weise im Gegensatz zu dem Totenkult-Charakter, den die Beischriften der Darstellungen zeigen, da dieses Epitheton für gewöhnlich als Gegenpart von mAa xr.w aufgefasst wird, und dementsprechend auf die lebende Person bezogen wird.202 Auf der Statue findet sich kein Stiftungsvemerk, und die umfassende und elaborierte Präsentation von Monthemhet spricht mehr für die Anfertigung in seinem Auftrag als im Auftrag seines Sohnes, der seinen Vater ja nur um wenige Jahre überlebt hat und als sein Nachfolger offenbar nicht die gleiche prominente Position erreichen konnte. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass der Sockel zu einem späteren Zeitpunkt ergänzt worden sein könnte. Doch die Irritiation durch die Bezeichnung mit snb wird dadurch nicht gelöst, sondern vielmehr noch verstärkt. Ich gehe daher davon aus, dass Statue und Sockel als zusammengehörendes Ensemble von Monthemhet selbst in Auftrag gegeben worden sein dürften. 2.1.2.5

Die Komposition des Ensembles

Die Komposition des Ensembles bezieht alle zur Verfügung stehenden Medien mit ein, und spannt so ein dicht gewebtes Netz von intermedialen Bezügen, das Monthemhet sowohl als Mitglied der höchsten Elite des Landes sowie des Klerus’ vom Karnak-Tempel, aber auch als souverän agierenden (Lokal)herrscher darstellt und diese Position und den damit verbundenen Status über seinen Tod hinaus konserviert und für die Ewigkeit festhält. Auffallend ist, dass sich Monthemhets Selbstpräsentation gleichermaßen auf seine politischen d. h. administrativen Aufgaben als auch auf seine kultische Funktion sowie seinen Status im Klerus bezieht. Die Mittel der Inszenierung sind zum Teil aus der königlichen Sphäre entlehnt, werden jedoch so subtil eingesetzt, dass zu keiner Zeit die Darstellungskonventionen, die ihm als Privatperson zur Verfügung stehen, außer Kraft gesetzt werden. Insbesondere im Verbund mit dem separat gearbeiteten Sockel ergibt sich eine Gesamtaussage, die einem Vermächtnis gleich kommt. Hierzu passt, dass in den Inschriften des Sockels der Wunsch ausgesprochen wird, dass Amun das, was Monthemhet gemacht hat, bestehen lassen möge,203 und das sein ältester Sohn, Nesptah (B), als „sein vortrefflicher Erbe (und) Besitzer aller seiner Dinge“ beschrieben wird.204 Die Aufstellung der Statue im Tempel ist insofern auch als offizielle Publikation dieser Nachlassregelung aufzufassen.205 Des Weiteren ist anzumerken, dass der Typ der Mantelstatue ikonographisch den Darstellungen des Königs im Sed-Fest-Mantel sehr ähnlich ist.206 Es ist also durchaus denkbar, dass mit der Auswahl dieses speziellen Statuentyps visuell auf königliche Sed-Fest-Darstellungen im Allgemeinen, eventuell aber sogar ganz spezifisch auf die Sed-Fest-Reliefs von Thutmosis III., die sich beispielsweise in einer der Kapellen

202

Price 2016, 488–489; Montagno Leahy 1983, 55; Vittmann 1978, 193; Graefe 1981, 94; Otto 1977, 9–10 Leclant 1961c, 247–248; vgl. hierzu die Diskussion in Kap. III.2.3.1. 203 Vorderseite des Sockels, rechts, Kol. 2: […] D(j)=f wn jr(j).n=k „Möge er (scil. der Gott) bestehen lassen, was du (scil. Monthemhet) gemacht hast.“ Vgl. Leclant 1961c, 91: „qu’il fasse que sibsiste ce que tu as fais“. 204 Rechte Seite des Sockels, Beischrift zur Darstellung des Nesptah: zA=f wr.w jwa.w=f jor nb n(.j) (j)x.t=f nb(.t). 205 Jansen-Winkeln 2016, 405. 206 „One might be tempted to see an analogy between this coat and the heb-sed royal costume. Nothing permits to affirm that the jubilee dress constituted a direct inspiration for the private one. However, the same idea of dignity and sacredness appears through this association between the mantle and the gesture of the hand on the chest.“ Connor 2015, 58.

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im Sokarbezirk (SK6)207 oder im Korridor MS10–11208 des Achmenu befinden, angespielt wird. Hier sitzt der König im Sed-Fest-Mantel vor der Neunheit, die als Verkörperung der königlichen Ahnen aufzufassen ist. Durch die Auswahl des Typs der Mantelstatue ist eine Annäherung an königliche Ikonographie möglich, die dennoch den Rahmen der für die Elite festgelegten Darstellungskonventionen nicht überschreitet. Die Interpretation wird durch die Kombination von Ikonographie, Inschriften und intermedialen Bezügen innerhalb der ursprünglichen Raumsituation hergestellt, d. h. die letztendlich angestrebte Gesamtaussage erschließt sich erst in der Komposition aller verfügbaren Komponenten und vor allem auf der Basis des kulturellen Kontextes im Wissen des anvisierten Betrachters. 2.1.3

M-08 Kuboide Statue

Ägyptisches Museum Kairo, JE 31883, CG 646; schwarzer Granit; erh. H: ca. 90 cm. Lit: PM II2, 269; Leclant 1961c, 65–76 [10]; Heise 2007, 69–74; Jansen-Winkeln 2009, 460–462 [206].

Zwei Fragmente dieser Statue wurden während der Ausgrabungen unter der Leitung von Margaret Benson und Janet Gourlay im Mut-Bezirk in Karnak gefunden. Beide Teile waren verbaut in der ptolemäischen Ziegelumfassungsmauer. Sie befanden sich in der südlichen Ecke der Mauer; der obere Teil wurde 1896, der untere Teil 1897 gefunden.209 2.1.3.1

Bild-Ebene: Ikonographie

Die beiden Bruchstücke (Abb. 8) passen direkt aneinander und wurden zusammengefügt. Der Bruch verläuft schräg durch das Stück und teilt es in eine obere und eine untere Hälfte. Auf der linken Seite und auf der Rückseite sind um den Bruch auch große Teile der Oberfläche abgebrochen. Der Kopf fehlt, nur der untere Teil der Perücke und ein kleines Stück vom Hals und vom Bart sind erhalten. Die Statue hat einen Rückenpfeiler, von dem nur ein sehr kleiner Teil im mittleren Bereich erhalten ist. Monthemhet ist in streng kubischer Form mit gerader Körperkubus-Oberseite dargestellt. An der Vorderseite befindet sich leicht plastisch hervorgehoben ein Naos-Sistrum. Die Ausführung des Sistrums entspricht dem normalen Aufbau:210 Auf dem Stab befindet sich ein Menschengesicht mit einer langen glatten gescheitelten Perücke und Kuhohren. Darüber sind ein Kalathos und der Kronenaufbau angebracht. Der Kronenaufbau zeigt einen Naos mit Hohlkehle als Abschluss und zwei flankierenden nach innen gedrehten Spiralen. Im Eingang ist ein Uräus dargestellt. Die Fläche des Naos ist nicht dekoriert. Monthemhet ist in einen Mantel gehüllt, der die Füße vollständig bedeckt und die Hände frei lässt. Beide Hände liegen flach auf. Reste vom Hals und einem Bart aus horizontalen Strähnen sind erhalten, sowie der Rest einer schulterlangen, einteiligen, radial geordneten Strähnenperücke mit gewellten eingeritzten Haarsträhnen und zu Zöpfen gedrehten Enden. Mit einer Höhe von 90 cm gehört das Stück zu den eher größeren kuboiden Statuen, was als StatusAbb. 8: Die Kuboide Statue M-08 (Kairo CG 646, Foto: A. Blöbaum). 207

Masquelier-Loorius 2017, 397. Barguet 1962, 163–164; Ullmann 2002, 64; Blyth 2006, 71. 209 Gourlay/Newberry 1898, 188; Benson/Gourlay 1899, 65, 350–356, Taf. 23; Leclant 1961c, 97. 210 Zur Bezeichnung der einzelnen Elemente des Sistrums, siehe Bernhauer 2005, 6–7. 208

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Anzeichen gewertet werden kann.211 Ebenso wie bei der Sitzfigur M-07 ist der Mantel, in den die gesamte Gestalt gehüllt ist, als Attribut zu verstehen, das den Wunsch des Verstorbenen nach Regeneration plastisch ausdrückt.212 Kuboide Statuen gehören vom Mittleren Reich bis in die Römische Zeit zur beliebtesten Form der Darstellung von in erster Linie männlichen Privatpersonen.213 Vor allem im Karnak-Tempel muss eine enorme Anzahl dieser Statuen aufgestellt gewesen sein. Allein etwa 350 Kuboide wurden in der Karnak Cachette gefunden, was mehr als ein Drittel der insgesamt dort gefundenen Rundbilder ausmacht.214 „Der Typus der kuboiden Statue erlebt in Theben in der Dritten Zwischenzeit eine Blüte, die in der Spätzeit und Ptolemäerzeit fortwirkt.“215 Regine Schulz verbindet diese Entwicklung u. a. mit dem sich entwickelnden Inschriftenrepertoire auf den Statuen, vor allem mit dem sog. Hzjw-Vermerk, der als Einleitung von Ehrentiteln belegt ist.216 Dies führt die Entwicklung des Statuentyps zum Medium der Selbstpräsentation fort, die sie bereits für das Neue Reich feststellen konnte, so dass ein exponierter Aufstellungsort als Privileg zu werten ist.217 Ikonographisch fügt sich die Statue von Monthemhet in den zeitgenössischen Trend, wobei diejenigen Statuen, die die Darstellung eines Sistrums in Form eines Bat-Symbols auf der Vorderseite zeigen, eine spezifische Gruppe bilden.218 Die Selbstpräsentation des Statueninhabers entwickelt sich in der Hauptsache über den Inhalt der Inschriften. 2.1.3.2

Text-Ebene: Inschriften

Das Stück trägt eine Reihe von Inschriften:219 je eine Zeile jeweils rechts und links auf der Oberseite des Sockels; eine umlaufende Zeile auf dem Sockel, die links auf der Vorderseite beginnt; eine Kolumne auf dem Stab des Sistrums; eine Zeile auf der Oberseite des Körperkubus’ zwischen den Händen; jeweils 11 Zeilen auf den beiden Seiten beginnend auf der Vorderseite; Reste von drei Kolumnen auf dem Rückenpfeiler. Teile der Seiteninschriften, der umlaufenden Sockelzeile und der Inschrift auf dem Rückenpfeiler sind zerstört. Zentral und auf den ersten Blick sichtbar fassen die folgenden beiden Abb. 9: M-08: Inschrift Inschriften den Hauptaspekt der in den Texten dargestellten Themen zusammen. Oberseite (Kairo CG 646, Auf der Oberseite zwischen den Händen ist folgende Kolumne zu lesen (Abb. 9): Foto: A. Blöbaum). HA.t(j)-a(.w) sjp od Hw.t Mw.t MnT(.w)-m-HA.t220

Gouverneur, Inspektor der Bauarbeiten am Mut-Tempel

Die Identität des Statueninhabers ist durch die Nennung des Namens geklärt und zugleich ist mit dem Rang-Titel HA.t(j)-a(.w) seine Zugehörigkeit zur Elite ausgedrückt.221 Daran schließt sich nicht eine für Monthemhet übliche Titulatur-Sequenz an, sondern ein Epitheton, das direkt auf das Hauptthema der 211

Schulz 2011, 2: im Durchschnitt sind die Stücke 20 bis 60 cm hoch, wobei das bisher größte bekannte Exemplar eine (rekonstruierte) Höhe von 1,5 m aufweist (Museum Kairo, CG 42137 (18. Dynastie): Schulz 1992, 254 [139]). 212 Schulz 1992, 728–734; vgl. Kap. III.2.1.2.1. 213 Schulz 2011, 1. 214 Schulz 2011, 1. 215 Brandl 2008, 314. 216 „Als Kuboid vermittelt die Statue ihrem Besitzer die kontinuierliche Teilnahme am Kult der im Tempel verehrten Gottheit, woraus ihre Versorgung resultiert; als Kuboid mit dem Hsjw-Vermerk ist sie selber zur eigenen, wenn auch vom Hauptkult abhängigen, Kulteinrichtung geworden, durch welche die mit ihr verbundenen Personen ebenfalls Versorgung und Sicherheit genießen.“, Schulz 1992, 771. 217 Schulz 1992, 766. 218 Brandl 2008, 315. 219 Nach Jansen-Winkeln 2009, 460–462 [206]; vgl. Leclant 1961c, 65–76; Heise 2007, 69–74. 220 Kryptographische Schreibung des Namens, s. Drioton 1943, 177–181. 221 Grajetzki 2010, 189–190; nur in der erweiterten Form „Gouverneur von X“ liegt ein Funktionstitel vor; s. Wb 3, 25.7–26.2; Jones 2000, no. 1858.

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Inschriften fokussiert, nämlich die leitende Funktion Monthemhets bei Bauaktivitäten im Mut-Bezirk in Karnak. Der folgende Name ist kryptographisch geschrieben: der sitzende falkenköpfige Gott Month mit Doppelfederkrone auf dem Kopf ist mit einem Segel in den Händen dargestellt: MnT.w m HtA.w, d. h. „Month mit Segel“, wobei das Wort für Segel (HtA.w) lautlich nahe bei HA.t liegt.222 Dazu kommt die sehr spezielle Titelkombination HA.t(j)-a(.w) sjp od Hw.t Mw.t „Gouverneur, Inspektor der Bauarbeiten am MutTempel“. Der Begriff sjp223 als Verb bezeichnet eine kontrollierende Tätigkeit in der Tempelverwaltung, und zwar in einem übergeordneten Kontext im Sinne einer Überprüfung und Bestandsaufnahme.224 Die Tätigkeit umfasst vermutlich auch die Buchführung von Tempelbesitz. Entsprechende Bücher – als sjp.tjwr bezeichnet – sind inschriftlich erwähnt.225 Der hier verwendete Titel besagt daher sicherlich auch, dass Monthemhet nicht nur in leitender Funktion für die Bauarbeiten zuständig war, sondern auch, dass er Zugang zu diesem Buch bzw. diesen Büchern hatte. Dies wird bestätigt durch die Inschrift im Mut-Bezirk, in der der Zugang zu dem Buch bzw. den Büchern und auch das Respektieren der darin enthaltenen Vorschriften mehrfach erwähnt sind.226 Die Inschrift füllt den zur Verfügung stehenden Platz gut aus, daher könnte die kryptographische Schreibung des Namens aus Platzgründen gewählt worden sein. Allerdings beträgt die erhaltene Höhe des Stücks ca. 90 cm. Das bedeutet, dass – selbst wenn das Stück auf einem zusätzlichen Sockel aufgestellt gewesen wäre – die Kubusoberseite im direkten Blickfeld eines Betrachters liegt. Es ist also gut vorstellbar, dass die kryptographische Schreibung des Namens gezielt ausgewählt wurde, um als eyecatcher zu dienen und damit die Aufmerksamkeit eines vorbeigehenden Besuchers auf die Bauaktivitäten von Monthemhet zu lenken.227 Eine weitere, zentrale Kolumne des Stücks ist auf dem Stab des Sistrums auf der Vorderseite angebracht: Mw.t nb.t p.t D(j)=s anx nfr DD m Hw.t=s n HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ ¥ma.w MnT(.w)-m-HA.t

Mut, die Herrin des Himmels, möge sie ein schönes Leben und Dauer in ihrem Tempel geben dem Gouverneur und Vorsteher von Oberägypten, Monthemhet.

Der Inhalt ergänzt den oben auf der Statue aufgebrachten Text, da mit dieser Kolumne die Zufriedenheit der Göttin zum Ausdruck gebracht wird. Die Titulatur ist parallel zur oben genannten formuliert: der Einleitung durch HA.t(j)-a(.w) folgt allerdings hier der Titel jm(.j)-r’ ¥ma.w – „Vorsteher von Oberägypten“.228 Es ist interessant, dass an dieser Stelle – im Kontext von Monthemhets sakral-kultischem Engagement – ein Titel ausgewählt wurde, der sich auf territoriale Administration bezieht. Möglicherweise liegt hier der Schwerpunkt der Selbstdarstellung auf der eines verantwortlich handelndem Landesoberhaupts und Patrons. Die Inschrift, die in drei Kolumnen auf dem Rückenpfeiler angebracht ist, bezieht sich ebenfalls auf die Bautätigkeit im Mut-Bezirk. Dies ist aus den wenigen Resten, die sich erhalten haben, ersichtlich. Für eine detailliertere Betrachtung ist allerdings die Zerstörung zu umfangreich.

222

Drioton 1943, 177–181. Eventuell ist auch an mHy.t „Nordwind“ (Wb 2, 125.6–8; GEG 499) zu denken, das mit dem Zeichen „Segel“ (P5) klassifiziert wird. Auf diese Möglichkeit machte mich freundlicherweise Peter Dils aufmerksam. 223 Wb 4, 35.2–16; Wilson 1997, 798. 224 Kubisch 2008, 76–77. 225 Eine Übersicht über die Belege bietet Wilson 1997, 799; vgl. Kahl 1999, 278. 226 Einer Beschreibung der angefertigten bzw. gestifteten Kultgegenstände folgt gelegentlich mj n.tt r sjp.tj-wr „dem Inventarbuch entsprechend“, vgl. Kap. III.2.2.1.2. 227 Aus der Zeit Osorkons II. sind zwei Statuen belegt, die den Namen des Statueninhabers in Rebus-Schreibung zeigen, s. Brandl 2008, 456–457. Beiden ist gemeinsam, dass die Schreibung isoliert und an prominenter Stelle eingraviert ist. Dies passt sehr gut zu dem hier disskutierten Befund. Zu kryptographischen Inschriften auf Kuboiden vor der Spätzeit, s. Schulz 1992, 651. 228 Wb 4, 474.4; Ward 1982, no. 374; Quirke 2004, 115; Jones 2000, nos. 895–896; vgl. Kap. III .2.3.2.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

233

Die Inschriften auf dem Sockel Auch der Sockel ist mit Inschriften versehen. Auf der Oberseite verlaufen zwei Inschriftenzeilen gegengleich, jeweils an der rechten bzw. linken vorderen Ecke beginnend bis zur Rückseite. Es handelt sich um Texte, die als Rede des Statueninhabers verfasst sind. Auch hier korrespondieren die verwendeten Titel, wie die folgende Übersicht (Tab. 5) zeigt. Eine Opferformel beginnt an der linken Seite der Sockelfront und verläuft an den Seiten um den Sockel herum. Die verwendete Titelfolge fasst die Schwerpunkte der Selbstpräsentation, die in den Texten auf den Seiten der Statue thematisiert sind, zusammen. Tab. 5: Vollständig erhaltene Titelsequenzen des Kuboiden M-08 OS-VS

HA.t(j)-a(.w) sjp od Hw.t Mw.t

S R/L

HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ aA xAs.wt

SO

(j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ Hm.w nTr nTr.w nb ¥ma.w MH.w HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ ¥ma.w

LS

hA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ Hm.w nTr

HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’¥ma.w HA.t(j)-a(.w) HoA xAsw.t

OberSeite; VorderSeite; Sockel Rechts Links Oben; Linke Seite Die beiden Titel, die rechts und links auf dem Sockel verwendet wurden, sind für Monthemhet recht außergewöhnlich. Wiederum werden beide Sequenzen durch HA.t(j)-a(.w) „Gouverneur“ eingeleitet. Auf der rechten Seite folgt jm(.j)-r’ aA xAs.wt „Vorsteher des Tores der Fremdländer“,229 auf der linken Seite HoA xAsw.t „Herrscher der Fremdländer“.230 Diese beiden Titel sind außer auf dieser Statue nur noch ein weiteres Mal für Monthemhet belegt, nämlich auf einem runden Täfelchen von ungeklärter Provenienz, das sich heute in einer Privatsammlung befindet.231 Die Belege für Monthemhet sowie weitere spätzeitlichen Belege der 26. Dynastie zeigen, dass die beiden Titel offenbar eine Einheit bilden. Die Deutung der Titel ist nicht geklärt. Während Jean Leclant mit ihnen die Kontrolle der südlich angrenzenden Wüstengebiete sowie eine Art Führungsposition bei der Grenzpatrouille in Verbindung brachte,232 sah Erhart Graefe basierend auf Titelsequenzen von Ibi und Padihorresnet einen Zusammenhang mit dem Titel eines Vorstehers der Priester,233 und Diana Pressl erkennt zumindest in dem Titel „Herrscher der Fremdländer“ ein eulogisches Epitheton, das in der 26. Dynastie mit keiner funktionalen Aufgabe mehr verknüpft ist.234 Eine genauere Deutung ist nicht möglich, doch lässt sich feststellen, dass auf der kuboiden Statue der Titel „Vorsteher der Priester“ ebenfalls exponiert in den Titelsequenzen aufgeführt ist. Die Statue ist ebenfalls auf beiden Seiten mit umfangreichen Texten versehen. Es handelt sich jeweils um 11 Zeilen, die auf der Vorderseite beginnen und rechts bzw. links über die Seite bis zum Rückenpfeiler verlaufen. Durch die Zerstörung der Statue im hinteren Teil ist auch ein Teil der Textinhalte, vor allem auf der linken Seite, verloren gegangen. Im Rahmen dieser Texte, die im Folgenden in Teilen noch detaillierter untersucht werden sollen, sind unterschiedliche Titulaturfolgen belegt, von denen sich allerdings nur eine (am Ende des Textes auf der linken Seite) vollständig erhalten hat. Die Übersicht verdeutlicht, dass auf der Statue durch die verwendeten Titulatursequenzen vor allem auf die exponierte Machtposition Monthemhets verwiesen wird; und zwar sowohl in Bezug auf das Territorium (Oberägypten) aus politischer Sicht, aber auch in Bezug auf seine Vorrangstellung in der Priesterschaft. Und dies bezieht sich offenbar nicht nur auf die Priesterschaft im Karnaktempel, wie der Titel „Vorsteher der Priester von allen Göttern in Ober- und Unterägypten“ (jm(.j)-r’ Hm.w nTr nTr.w nb ¥ma.w MH.w) suggeriert. Es ist schwer vorstellbar, dass mit dieser Formulierung alle Kulte in Ägypten gemeint sind,

229

Ward 1982, no. 56–57; Graefe 1990, 47, Abb. 40. Wb 3, 171.28–29. 231 Plaquette Wallis, s. Leclant 1961c, 153 [Doc. 34]; Jansen-Winkeln 2009, 482 [235]. 232 Leclant 1961c, 272–274. 233 Graefe 1981, 109–110. Graefe vermutet aufgrund der belegten Titelsequenzen eine Verbindung des Titels „Vorstehers der Priester von Thinis“ mit dem Titel „Vorsteher der Tore zum Fremdland“ sowie eine Verbindung des Titels „Vorsteher der Priester von Theben“ mit dem Titel „Herrscher der Fremdländer“. Diese Verbindung lässt sich allerdings in weiteren Belegen nicht wiederfinden, s. Pressl 1998, 74–75. 234 Pressl 1998, 73–75. 230

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234

vielmehr werden vermutlich alle Kulte in seinem Amtsbereich darunter zu verstehen sein.235 Diese Variante des Titels ist nur auf einem weiteren Monument für Monthemhet überliefert.236 Die Texte auf den Seiten Die Texte auf den Seiten sind in ihrer Grundstruktur parallel aufgebaut und ergänzen sich thematisch. Beide Texte beginnen mit einer Opferformel, an die sich ein Anruf an die Lebenden anschließt. Am Ende folgen biographisch geprägte Phrasen der Selbstpräsentation. Kernstück der Texte ist jeweils eine elaborierte Titulatursequenz zur Überleitung von der Opferformel zum Anruf an die Lebenden, die allerdings leider in beiden Fällen nicht vollständig erhalten ist. Interessanterweise wird die Sequenz auf beiden Seiten jeweils durch einen Einschub von Selbstdarstellungs-Epitheta ergänzt. Trotz der Zerstörung ist deutlich, dass sich auch in diesen Texten die in den anderen Inschriften erkennbare Fokussierung auf Monthemhets Vormachtstellung sowohl in Oberägypten als auch im Tempel wiederfindet. Anders als auf der Sitzstatue, wo sich in den Texten auf dem Sitz eine klare Dichotomie der administrativ-politischen und der sakral-religiösen Sphäre zeigt, findet in den beiden Texten auf den Seiten des Kuboiden eine Vermischung beider Sphären statt. Der Fokus der in den Texten präsentierten Rollen von Monthemhet liegt zum einen auf seiner Bau- und Stiftungstätigkeit im Mut-Bezirk und zum anderen auf seiner Verantwortung als Gouverneur von Theben und Oberägypten. Wie bereits erwähnt, kann als Kernstück der Texte jeweils eine elaborierte Titulatur, die durch Epitheta ergänzt wurde, angesprochen werden. Die Tabelle (Tab. 6) bietet eine Übersicht über die erhaltenen Teile beider Titulatursequenzen. Die Reihenfolge der Zeilen entspricht der Sequenz, die grau unterlegten Bereiche zeigen die eingeschobenen Epitheta an. Auf der linken Seite ist die Sequenz relativ kurz. Nach der traditionellen Rangtitelsequenz (j)r(.j)-pa.t hA.t(j)-a(.w) xtm.w bjt „Nobler und Gouverneur, Siegler des bjt-Königs“, die vermutlich in der Lücke mit smr wa.tj (nj mrw.t) „einziger (beliebter) Freund“ zu ergänzen ist, sind vor den folgenden beiden Priestertiteln zwei ebenfalls traditionelle Epitheta, die Monthemhet ähnlich wie die Rangtitel in der Elite des Landes verorten, eingeschoben. Die Bezeichnung Hz(j).y n(.j) nb=f „Gelobter seines Herrn“ ist bereits seit dem Alten Reich bekannt und zielte in der urspünglichen Bedeutung auf die Elite am Königshof,237 dürfte aber in der Spätzeit ähnlich wie die vorangehende Rangtitelfolge in mehr allgemeiner Form auf hohen Status verweisen.238 Die Bezeichnung Htp-jb „Einer, der erfreut (wörtlich: einer, der das Herz zufriedenstellt“ ist ebenfalls mit Bezug auf den König in Grabinschriften von Nomarchen der 12. Dynastie bekannt.239 Für Monthemhet tritt anstatt des Königs der eigene Herrschaftsbereich ein, was zum einen seine Verantwortung betont, aber auch die Leerstelle einer übergeordneten weltlichen Instanz deutlich hervorhebt. Die rechte Seite ist trotz des verlorenen Anfangs der Sequenz aufschlussreicher, insbesondere in Bezug auf die Reihenfolge der Titel. Dem Priestertitel „Vierter Priester des Amun-Re“ sind zwei, oder eventuell drei Titel vorgeschaltet, die auf übergeordnete Verwaltungsaufgaben im Tempel verweisen. Nach dem Priestertitel schließt sich der Titel des Tempelschreibers an. Diese Reihenfolge ist bereits vom Sockel M-019 bekannt, wobei die Reihenfolge der beiden ersten Titel offenbar nicht festgelegt war. Dort beginnt nach einer Reihe von Rangtiteln die Sequenz der funktionalen Priestertitel mit sHD Hm.w nTr „Inspektor/Aufseher der Priester“240. Im Anschluss an den Schreibertitel beginnt die Sequenz der Epitheta, die thematisch an das Tätigkeitsfeld des Schreibers anschließen. Das Epitheton aA mn.w m gs.w-pr „Reich an Denkmälern in der Tempel(verwaltung)“241 ist vermutlich sehr konkret auf die Präsenz Monthemhets im 235

Naunton 2011, 98. Auf einer Opfertafel aus dem Grab des Monthemhet, s. Leclant 1961c, 135–137 [Doc. 26]. In der Inschrift im Mutbezirk hat sich zu Beginn der Inschrift B nTr.w nb erhalten. Der Beginn der Kolumne ist verloren und auch nach dieser Stelle gibt es einen Ausbruch, der allerdings nicht genug Raum bietet, um noch einen Ortsnamen sowie den Beginn des folgenden Titels zu ergänzen. Leclant (1961c, 257) verweist noch auf zwei Belege im Grab des Monthemhet, wo der Titel durch „alle Götter von Oberägypten“ ergänzt ist. 237 Jones 2000, 660 [2413]; Doxey 1998, 138–139, 350. 238 Naunton 2014, 103, vgl. hierzu Kap. III.2.3.2. Der Fehler bei dem Suffixpronomen an dieser Stelle deutet ebenfalls auf eine Abschwächung der ursprünglichen Bedeutung. 239 Doxey 1989, 144, 352. 240 Wb 4, 227.8–15. 241 Wb 5, 198.2–16: gs-pr; zu einer präziseren Deutung des Begriffs, s. Moreno García 1999, 116–131. 236

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235

Tempel zu beziehen. Nach einer Lücke folgt mit Tz stp ein bekanntes Epitheton,242 das die Bildung und intellektuelle Kompetenz thematisiert, indem auf Eloquenz und Schriftkundigkeit verwiesen wird. Tab. 6: Titelsequenzen der Inschriften auf den Seiten (M-08: CG 646) Linke Seite

Rechte Seite

(j)r(.j)-pa(.t)

Übersetzung Nobler

HA.t(j)-a(.w)

[HA.tj]-a(.w)

Gouverneur

xtm.w bjt

[… … …]

Siegler des bjt-Königs

[... ... ...]

Elite

3

| Hz(j).y n(.j) nb={s}243

Gelobter seines Herrn

Htp jb n ¥ma.(t) r Aw=s

Einer, der gütig ist für Oberägypten in seiner Länge 3

Hm nTr 4nw Jmn

| Hr.j-tp aA n(.j) Hw.t-nTr

Großes Oberhaupt des Tempels

sHD Hm.w-nTr m [gs.w]-pr

Vorsteher der Priester in der (Tempel)verwaltung

[...]w xnt.j244

[...] vorne (?)

Hm nTr 4nw Jmn

Vierter Priester des Amun

Stadt/Land

Tempel

sHD Hm.w nTr [...]

Vorsteher der Priester […] zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn

Tempelschreiber der Amun-Domäne

aA mn.w m gs.w-pr

Reich an Denkmälern in den (Tempel)verwaltung

[… … …] 4

| Tz stp

Dessen Ausspruch ausgewählt ist,

mH gm(j) wS xt spA.wt ¥ma.(t) r-Dr=s

Der zerstört Vorgefundenes überall in den Bezirken von ganz Oberägypten wiederherstellt

HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Gouverneur der Stadt (Theben)

jm(j)-r’ ¥ma.w mj od=f

Vorsteher von Oberägypten in seiner Gesamtheit

Mit dem folgenden Epitheton mH gm(j) wS xt spA.wt ¥ma.(t) r-Dr=s „Der zerstört Vorgefundenes überall in den Bezirken von ganz Oberägypten wiederherstellt“245 bildet einen Übergang, da sich der Begriff

242

Weitere Belege für das Epitethon: Stele des Horaa, Z. 5 (13. Dynastie, Sobekhotep, Jahr 8): Kubisch 2008, 182– 183; kuboide Statue des Bakenchons (B-CK 130; CG 42213; 22. Dynastie, Osorkon II): Jansen-Winkeln 1985, 482–487; Jansen-Winkeln 2007b, 134–135 [74]; Brandl 2008, 129–130, Taf. 63; Schreiberstatue des Nespaqaschuti (B-CK 83; CG 48634, JE 36665; 26. Dynastie): PM II2, 153; Jansen-Winkeln 1989, 203–206, bes. 205; Josephson/Eldamaty 1999, 79–82, pl. 34; Jansen-Winkeln 2014, 179–180 [315]; vgl. Heise 2007, 70; 161; 305. 243 Doxey 1998, 137–140, 350. 244 Leclant (1961, 69) ist unsicher, ob xnt.j an den vorhergehenden Titel angehängt oder dem folgenden vorgeschaltet werden sollte. Da es sich bei dem folgenden Titel um den hauptsächlich gebrauchten Priestertitel „Vierter Priester des Amun“ handelt, ergibt sich mit dem Zusatz xnt.j „Erster, Vorderster“ kein zufrieden stellender Sinn. Die Gruppe sollte also entweder einen zusätzlichen weiteren Titel darstellen oder zum vorhergehenden Titel gehören, wie es Heise (2007, 70) annimmt. Er liest sHD Hm.w-nTr m [gs]-pr[.w] xnt.j „Untervorsteher der Priester des Tempels (erster Ordnung)“, was definitiv nicht richtig ist, da die Lücke nach gs-pr mindestens ein Schriftquadrat umfasst und vor xnt.j noch ein Sitzender Mann (A1) sowie Pluralstriche deutlich zu erkennen sind.

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mH gm(j) wS sowohl auf Texte oder Kultobjekte246 aber auch auf Bauwerke247 beziehen kann. Durch die Ergänzung des Machtbereichs beschreibt es Mobilität und Verantwortungsbewußtsein in der Administration des Landes und bildet somit den Übergang zum politisch-administrativen Titelkomplex, der aus den beiden Haupt-Titeln dieses Bereichs „Gouverneur der Stadt (Theben)“ und Vorsteher von Oberägypten in seiner Gesamtheit“ besteht. Dass es sich bei den Epitheta um allgemeine Ideale der Elite und nicht um spezifisch für Monthemhet formulierte Texte handelt, zeigen die angeführten Parallelen. Des Weiteren schließen beide Texte auf den Seiten mit biographischen Phrasen, die wiederum in eine kurze Titulatur münden. Diese ist allerdings auf der rechten Seite nicht erhalten. Biographische Phrasen auf der rechten Seite 9

| j nk saH jor n jr(j)(.tw) n=f

Ich bin ein vortrefflicher Edler, für den man handeln soll,

jmAx.w mAa xr nTr.w WAs.t

ein wahrhaftig Versorgter durch die Götter Thebens,

smnx n’.t=f n nHH

einer, der seine Stadt verschönerte für die Ewigkeit,

jr(j) (j)x.t n wHm Snw=s

einer, der den Kult zur Regeneration vollzieht.248

jnk sHb WAs[.t ...] HA.w-Hr jr(j).t jz.w

Ich bin der, der Theben festlich macht [...] mehr als das, was die Alten (= die Vorzeitigen) taten.

jnk saHa Hw.t-nTr Mw.t nb.t p.t m jnr HD nfr n rwD m kA.t mnx.t n.t nHH

Ich bin der, der den Tempel der Mut, der Herrin des Himmels, wieder aufgebaut hat aus Sandstein als treffliche Arbeit der Ewigkeit,

[...] 11| HA.t

[...] an der Spitze,

sHb wdH.w=s m (j)x.t nb(.t) pr.w=s jm(j).w=f xr=f

einer, der ihre Opfertische festlich macht mit jeder Sache (und) ihren Tempel seinem Inhalt von ihm (Monthemhet?).249

jnk jr(j) n=Tn nfr Xr.t hrw

Ich bin der, der für euch täglich vollkommen handelt,

tm sX(j) Hr saH.w

einer, der nicht taub ist vor den Edlen.

jw jr(j).t n(=j) jr(j) n=f

Was man für mich tut, wird für ihn getan.

[...]

[...]

245

So aufgefasst von Spencer (2010b, 481); Heise (2007, 70) hingegen trennt die beiden Bestandteile: „der wiederherstellte, was er zerstört vorgefunden hatte, der die gesamten Bezirke Oberägypten durchzog“; der Unterschied besteht in der Auffassung von xt als Präposition „durch (ein Land), überallhin“ (Wb 3, 343.9–22) bzw. als Verb xt(j) „umherziehen“ (Wb 3, 343.5), die sich in der Orthographie nicht unterscheiden. Bei der Trennung der beiden Bestandteile vermisst man allerdings ein Ziel bzw. einen Grund für die Aktivität. 246 So beispielsweise auf der Schreiberstatue des Nespaqaschuti (B-CK 83; CG 48634, JE 36665; 26. Dynastie, s. o. Anm. 239): mH gm(j) wS r ar.wt n r’-pr pn „der zerstört aufgefundenes wiederherstellte gemäß der Bücher dieses Tempels“. 247 So bespielsweise in der biographischen Inschrift von Chnumhotep II., 161–163 (Grab Nr. 3 in Beni Hassan, 12. Dynastie, Le Guilloux 2005: (161) sanx.n=j rn n(.j) jt(j)=j (163) gm(j).n=j wS (163) Hr sbA.w rx m tj.t mtj m Sd(j).t nn D(j).t ky m-ab ky „Ich habe die Namen meiner Vorfahren wieder aufleben lassen, die ich zerstört vorgefunden habe auf den Türen (= Grabeingängen), (die) bekannt (waren) durch (Schrift)zeichen und zuverlässig zu lesen, (und zwar) ohne den einen (Namen) mit dem anderen zusammen zu setzen (d.h. an der falschen Stelle).“, s. Dils, in: TLA (Okt. 2014). 248 Wilson 1997, 253: wHm Snw „to repeat the circuit = to renew“; Wb 4, 491.11: „vom Mond, der den Kreis (die Mondscheibe) wieder voll macht, übertragend: sich verjüngen“, vgl. Altmann-Wendelin 2019, 959–960: Kreislauf der Lunation bzw. Erreichen der kreisförmigen Gestalt. Dies könnte auf ein spezifisches Ritual bezogen sein, oder aber einen Bezug zum Statuentyp herstellen, der durch den Mantel als Attribut die regenerierende Funktion der Statue auch plastisch darstellt. 249 Der Bezug der beiden letzten Präpositionen ist unklar.

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237

Die Inschrift besteht aus Nominalphrasen, die zumeist in bekannter idealbiographischer Phraseologie zu verorten sind.250 Strukturiert und thematisch gegliedert wird der Text durch die Setzung des selbstständigen Personalpronomens in der Ersten Person Singular als satzeinleitendes Subjekt. Die erste Einheit kann als allgemeine Überschrift verstanden werden, die eng mit der Funktion der Statue als Versorgungs- und Regenerationsträger verknüpft ist. Durch allgemeine, nicht-individualisierte Phrasen wird der Wunsch ausgedrückt, durch die Statue in den Kult und den Opferumlauf eingebunden zu werden. Dies ändert sich mit dem zweiten Abschnitt, der auf Theben bezogen ist. Hier stellt Monthemhet seine Stiftungstätigkeit im Festgeschehen in den Vordergrund. Im nächsten Abschnitt wird er noch konkreter und verweist explizit auf seine Bautätigkeit im Mut-Bezirk sowie seine Großzügigkeit in der Versorgung der Opfer. Hier schließt sich der Kreis, denn mit dem nächsten Abschnitt verweist er auf seine Aufmerksamkeit den Kultstatuen anderer gegenüber, die er sich entsprechend für seine Kultstatue ebenfalls wünscht. Die folgende Titulatursequenz ist nicht erhalten, so dass nicht überprüft werden kann, ob die ausgewählten Titel der Thematik des Textes entsprechen. Biographische Phrasen auf der linken Seite [...] 9| mnx.t n.t nHH

[...] Vortrefflichkeit der Ewigkeit.

saA wdH.w=s zS ax.w=s

Einer, der ihre Opfertische vergrößert hat (und) Brandopferbecken aufgestellt hat.

sHb pr=s m (j)x.t nb(.t) [...]

Einer der ihren Tempel festlich gemacht hat mit allen Dingen [...].

10

Großartig an Denkmälern in Theben.

| aA mnw m WAs.t251

aA Ax.w m spA.wt ¥ma.w wDA n(.j) zA

252

Großartig an Wirksamkeit in den Bezirken Oberägyptens.

n ¥ma.w [...]

Ein Schutzamulett (?) für Oberägypten [...].

11

| jn(j) Hnw.t=f m bjA(j) r smnx wAs(j) n kA=s

Einer, den seine Gebieterin als „wunder(baren Experten)“253 gebracht hat, um das, was verfallen war, wieder herzurichten für ihren Ka,

HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ Hm.w nTr MnT(.w)-mHA.t [...]

der Gouverneur, Vorsteher der Priesterschaft, Monthemhet [...].

Auf der linken Seite ist der Anfang des Textes nicht erhalten, so dass keine Aussage zur Struktur oder Gliederung des Abschnitts möglich ist. Eine deutliche Strukturierung durch das selbstständige Personalpronomen jnk ist im erhaltenen Text nicht zu beobachten. Er setzt in einem Abschnitt ein, der wiederum die Bautätigkeit im Mut-Bezirk thematisiert. Das erhaltene Ende des Satzes legt nahe, die gleiche oder mindestens eine parallele Formulierung wie auf der rechten Seite zu erwarten. Auch die sich anschließenden Themen sind ähnlich wie auf der anderen Seite. Monthemhets Stiftungstätigkeit für den Tempel steht im Vordergrund, sowohl was die täglichen Opfer angeht, aber auch im Festgeschehen. In diesem Punkt ergänzen sich die Aussagen auf den beiden Seiten, indem auf der rechten Seite Theben und auf der linken Seite der Mut-Bezirk genannt ist. Die Thematik des Festes wird zudem in der Opferformel auf der linken Seite durch eine ausführliche Festliste ergänzt.254 Es folgen zwei Epitheta, die ganz allgemein Monthemhets Wirken in Theben und in Oberägypten zum Ausdruck bringen. Die Formulierungen weisen keine Besonderheiten auf. Doch der folgende Text ist ungewöhnlich. Zunächst bezeichnet sich Monthemhet als „Schutzamulett“ für Oberägypten. Leider ist am Ende des Satzes eine Lücke, die den Kontext zum folgenden Satz verunklart, in dem ausgesagt wird, dass 250

Zu Parallelen, vgl. Heise 2007, 71–72. Vgl. die Variante aA mnw n Hw.t-nTr im Mittleren Reich, s. Doxey 1998, 276. 252 Wb 1, 401.10–11. 253 Die Idee, dass bjA(j) hier auf Expertentum und hervorragende Qualifikation verweisen könnte, verdanke ich Erhart Graefe. 254 Siehe hierzu Spalinger 1996, 79. 251

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„seine Gebieterin ihn als bjA(j) gebracht hat, um das, was verfallen war, wieder herzurichten“. Erwählung und Gunst der Göttin Mut werden hierdurch ausgedrückt. Tatsächlich ist leider Monthemhet nicht ausdrücklich genannt, aber die Konstruktion sowie der Inhalt des Satzes lassen keinen anderen Schluss zu. Insbesondere die Tatsache, dass er als Person mit bjA(j) bezeichnet ist, könnte indirekt auf königliche Phraseologie verweisen, da auch der König als bjA(j) bezeichnet werden kann.255 Doch ist der Begriff hier wohl eher auf die außerordentliche Qualifikation von Monthemhet als „wunder(baren Experten)“ sowie auf die Größe der Gunst der Göttin Mut bezogen.256 Diese beiden letzten Epitheta fassen nochmals in ungewöhnlicher Formulierung und deutlicher Überhöhung die exponierte Stellung Monthemhets sowohl in der administrativ-politischen als auch in der kultisch-sakralen Sphäre zusammen. Auf der Statue sind eine Reihe von Göttern genannt, in deren Zentrum die Göttin Mut steht, deren Epitetha „Herrin von Ischeru“ sowie „Auge des Re“ sie eindeutig im Mut-Bezirk von Karnak verorten. Die folgende Zusammenstellung (Tab. 7) bietet eine Übersicht: Tab. 7: Auf der Statue M-08 (CG 364) angesprochene Gottheiten Vorne:

Mut, Herrin des Himmels

Sockel:

Amun-Re, der Urzeitliche Month, der Starke, Herr von Theben Atum, Herr Beider Länder, der Heliopolitaner, Re-Harachte Mut, Herrin des Himmels, Auge des Re die Neunheit, die im Tempel der Mut wohnt

Rechte Seite: [...] Month, der Starke, Herr von Theben Mut, Herrin des Himmels, Auge des Re Chons [...] [...] befindlich in Theben Linke Seite:

Mut, die Große, Herrin von Ischeru, Herrin des Himmels, Gebieterin der Götter

Auch die weiteren genannten Götter sind mit dem Mut-Bezirk in Karnak gut zu verbinden, so dass sich der thematische Fokus der Inschriften ebenfalls in den angesprochenen Göttern ausdrückt. 2.1.3.3

Komposition und Verortung der Statue

Die Statue stellt ikonographisch keine Besonderheit dar, bietet allerdings durch den ausgewählten Typ die Möglichkeit, eine verhältnismäßig große Menge an Text aufzubringen. Insofern greifen auch hier die Bildund die Textebene ineinander. Sowohl durch die Größe als auch durch die Aufschrift auf der Kubusoberseite wird die Statue aus der Masse herausgehoben, was im Angesicht der Popularität dieses Statuentyps für den Inhaber der Statue von einiger Bedeutsamkeit gewesen sein dürfte. Ganz besonders bemerkenswert ist in diesem Hinblick die eben genannte Textkolumne, die durch eine ungewöhnliche 255

Beispiele bietet Graefe 1971a, 76–78. Könnte diese Formulierung auf die „Wunder“ des/für Taharqo angespielen? Zu den diesbezüglichen Texten, s. Lohwasser, in Kap. II.5.2. Zum Begriff allgemein, s. Graefe 1971a; vgl. Römer 1994, 153; Vernus 1995, 69–95. 256 Wenn es eine Verbindung dieser beiden Epitheta gegeben hat, könnte es sich möglicherweise auch um eine Spielerei mit assoziativen Begriffen handeln, die auf mythologische Themen verweist: Im pLondon BM EA 10059 (Spruch 60, 14,8–14,13) findet sich der Auszug einer Göttergeschichte um Isis und Osiris, bei der ein im Tempel aufgefundenes Amulett (wDA.w) als Wunder(zeichen) (bjA.yt) zum König gebracht wird. Das Amulett wird mit Horus bzw. Harendotes in Verbindung gebracht. Der Papyrus datiert in die späte 18. Dynastie, doch ist davon auszugehen, dass in gebildeten Priesterkreisen solche Geschichten gut bekannt waren bzw. Schriftversionen im Tempelarchiv aufbewahrt und vermutlich auch über einen langen Zeitraum rezipiert wurden. Einschränkend ist zu bemerken, dass wir im Papyrus London nur den einfachen Ausdruck wDA.w überliefert haben.

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Titelangabe sowie den kryptographisch geschriebenen Namen vermutlich die Aufmerksamkeit der Passanten auf die Statue und damit auf die Selbstinszenierung Monthemhets als Bauherrn und Stifter im Mutbezirk lenken sollte. Der ursprüngliche Aufstellungsort ist mit einiger Sicherheit im Mut-Bezirk zu suchen, da beide Fragmente dieser Statue dort verbaut in der ptolemäischen Ziegelumfassungsmauer gefunden wurden. Durch die auf der Statue angesprochenen Götter ist diese Verortung noch zusätzlich abgesichert, ebenso wie durch den Inhalt der Inschriften, da die Texte sich thematisch insbesondere auf die Rolle Monthemhets als Bauherrn und Stifter im Mut-Bezirk konzentrieren. Eine nähere Eingrenzung lässt sich allerdings schwerlich vornehmen. Denkbar wäre ein gut zugänglicher Ort – wie beispielsweise ein Durchgang o. ä. – möglicherweise in der Nähe der von Monthemhet betreuten Bauaktivitäten. In der Selbstdarstellung Monthemhets dominieren die Aspekte der Verwaltung und Leitung sowohl im Tempel wie auch als Gouverneur von Theben und Vorsteher von Oberägypten. Dies spiegelt sich in den Titelsequenzen ebenso wie in den ausgewählten Epitheta. Hier sind neben gut bekannten Phrasen auch außergewöhnliche Formulierungen wie beispielsweise die Bezeichnung Monthemhets als „Schutzamulett“ (wDA(.w) n(.j) zA) und „wunder(baren Experten)“ (bjA(j)) bezeugt. So zeigt sich auch im Hinblick auf die Komposition der Inschrift die Vermischung von traditionellen und innovativen Elementen. Auf seine Leitungsbefugnisse im Tempel wird mehrfach und detailliert durch entsprechende Titelfolgen verwiesen. Als Ausdruck seiner Machtbefugnisse im Tempel steht seine Bau- und Stiftungstätigkeit im Mut-Bezirk, zweifelsohne der wichtigste Aspekt in Bezug auf diese Statue. Auf diese Arbeiten verweisen übergreifende und zusammenfassende Formulierungen; detaillierte Angaben zu Stiftungen, wie sie z. B. auf der Sitzstatue vermerkt sind, finden sich hier nicht. 2.1.4 M-02 Vier Fragmente vom Unterteil einer Stehfigur Ägyptisches Museum Kairo, CG 42240 (2 Teile) u. TN 12/3/36/1; Mahsan el-Makina el-nûr: Nr. 110 (Karnak); roter Quarzit; erh. H: 26,5 cm, Sockel: erh. H: 15,5 cm, erh. L: 69,5 cm, erh. T: 38 cm. Lit: PM II2, 34; B-CK 799; Legrain 1914b, 90–92; Leclant 1961c, 20–23 [2], 105–107 [A]; de Meulenaere 2008, 98– 99 [3], 100 [fig. 1]; Jansen-Winkeln 2009, 452–453 [195]; Heindl 2018.

Abb. 10: Die Stehfigur M-02, vier Fragmente (De Meulenaere 2008, 100, Abb. 1 (Mitte); Leclant 1961c, 105–107, Taf. 31 (Rechts), CG 42240, Foto: NU _2009_0385 (Sockel, 2 Frgm.); © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO; Fotomontage: A. Blöbaum).

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Insgesamt sind vier Fragmente erhalten (Abb. 10). Sie wurden im Tempel Ramses’ III. in Karnak, rechts der Nordseite des kleinen Türdurchgangs in der Ostmauer zum Karyatiden-Hof gefunden.257 CG 42240 besteht aus zwei Fragmenten des Sockels mit Resten des Rückenpfeilers und der Füße.258 TN 12/3/36/1 dürfte direkt anpassen und zeigt ein weiteres Stück des linken Beines mit Teilen der Inschriften auf beiden Seiten im Zwischenraum zwischen den beiden Beinen.259 Ein weiteres Fragment, das Bernhard Bothmer zuweisen konnte, war als Nr. 110 im Magazin (Mahsan el-Makina el-nûr) in Karnak eingelagert.260 Es zeigt ein weiteres Stück des Rückenpfeilers und des linken Beins. Die zwei Bruckstücke, die zu CG 42240 gehören, wurden zusammengefügt. Der Verbleib der beiden anderen Bruchstücke ist unbekannt. Es handelt sich um die Reste einer Stehfigur, die ähnlich wie M-01 schreitend mit dem linken Bein in Vorstellung dargestellt ist. Auffallend ist allerdings, dass diese Statue aus rotem Quarzit angefertigt wurde. Auf dem Rückenpfeiler finden sich Reste einer Kolumne Text, die ursprünglich mit der saitischen Formel beschriftet war. Der Sockel ist mit jeweils einer Zeile Text rechts und links antithetisch herumlaufend dekoriert, die Schutztexte der Isis (rechts) und Nephtys (links) beinhalten, die mit den Inschriften auf der Oberseite des Sockels der Standfigur M-01 vergleichbar sind. Auf der Oberseite finden sich noch zwei weitere Texte: eine Opferformel sowie die Reste eines Textes, der aufgrund des Erhaltungszustands nicht weiter identifiziert werden kann. Der Seitensteg zwischen den Beinen ist auf jeder Seite mit Darstellungen der Söhne Monthemhets und mit mehreren Kolumenen Text versehen. Auf der rechten Seite ist der älteste Sohn Nesptah und auf der linken Seite der Sohn Pascherienmut abgebildet. Die Texte zeigen Namen, Titel und Filiation der Söhne, auf der linken Seite hat sich noch in Teilen ein Text mit Titeln und Filiation von Monthemhet selbst erhalten. Auf dem Rückenpfeiler finden sich Reste einer Kolumne Text, die ursprünglich mit der saitischen Formel beschriftet war. Erhaltene Titelsequenzen: Hm nTr 4nw […] Jmn Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t […] […] Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’[.t …] HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Sockel, rechts Sockel, rechts Sockel, oben, rechts Sockel, oben, links Seitensteg, links Sockel, links

2.1.5 M-03 Torso einer Stehfigur Ägyptische Staatssammlung München GL 127 (Erwerbung Nr. 536, Leihgabe der Glyptothek); roter Quarzit (Gebel Aḥmar, Heliopolis)261; erh. H: 52 cm. Lit: PM I2, 791; von Beckerath 1962, 18; Jansen-Winkeln 2009, 204 [143]; Heindl 2018.

Es handelt sich um zwei Fragmente (Abb. 11) ohne präzise Informationen zu ihrer Herkunft. Eine Lokalisierung im Umfeld des Karnak-Tempels ist jedoch plausibel.262 Das Stück wurde in Luxor von Friedrich Wilhelm von Bissing angekauft.263 Die beiden Fragmente passen direkt an. Die linke Schulter einer Stehfigur ist erhalten; Kopf und Hals fehlen, der Oberkörper ist etwa zur Hälfte erhalten. Der linke Arm, der seitlich herabhängend dargestellt ist, 257

Legrain 1914b, 90–92. Leclant 1961c, 20–23 [2], Taf. 3. 259 De Meulenaere 2008, 100, Abb. 1. 260 Leclant 1961c, 105–107, Taf. 31. 261 Von Beckerath 1962, 1 mit Anm. 4. 262 Aufgrund des Materials ist eine Zugehörigkeit zu dem Unterteil der Standstatue M-02 zu erwägen, was selbstverständlich durch eine Analyse des Gesteins überprüft werden müsste. Eine Herkunft aus dem Tempel von Ramses III. in Karnak wäre dann sehr wahrscheinlich. Allerdings wurden auch im Mutbezirk nahe der ptolemäischen Ost-Pforte Fragmente einer ähnlichen Statue gefunden, s. Fazzini 2010, 96 mit Anm. 44. 263 Von Beckerath 1962, 1. 258

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ist oberhalb des Ellbogens abgebrochen. Monthemhet trägt ein Felidenfell264 über der linken Schulter, eine Pranke und der Kopf hängen auf der linken Vorderseite des Körpers herab; die Fellzeichnung ist durch erhaben gearbeitete Rosetten dargestellt (vgl. M-04 und M-18). Reste eines Bat-Amuletts265 an einer Röhrenperlen-Kette in halb erhabenem Relief gearbeitet und eines Schulterbands sind erhalten (vgl. M-04, M-18, M-19). Spuren einer Perücke sind nicht erkennbar, daher hatte die dargestellte Person entweder eine kurze Haartracht oder eine Priestertonsur.266 Weitere Details sind aufgrund des Erhaltungszustands nicht zu erkennen. Amulett und Schulterband sind beschriftet: eine Kolumne auf dem Bat-Amulett mit Titel und Namen des Monthemhet und eine weitere auf dem erhaltenen Schulterband mit einer Königstitulatur. Die Namen sind ausgehackt, können aber anhand der noch erkennbaren Spuren Taharqo zugewiesen werden, da der Nebti-Name erhalten geblieben ist. Es gibt keine Spuren einer Überarbeitung, nur die Namen in den Kartuschen sind ausgelöscht. Erhaltene Titelsequenz: Bat-Anhänger

[Hm nTr 4nw] Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Abb. 11: Die Stehfigur M-03, Torso (München GL 127, © Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, München, Foto M. Franke).

Abb. 12: Die Statue M-04, Torso (Privatbesitz, Fay 2002, fig. 1).

2.1.6 M-04 Torso einer Statue Privatbesitz: Dr. John L. Haer, Los Angeles/California; rotbrauner Quarzit; H 23 cm, B 25 cm, T 10 cm; B (Schulterband) 4,8 cm, D (Kette des Bat-Anhängers) 1,01 cm. Lit: Fay 2002, 23–31; Jansen-Winkeln 2009, 204 [144]; Heindl 2018.

Die Herkunft dieses Stücks (Abb. 12) ist nicht bekannt; es wurde im Kunsthandel erworben. Ebenso wie bei dem vorhergehenden Torso ist eine Herkunft aus Theben sehr wahrscheinlich.267 264

Zum Felidenfell s. Rummel 2007, 109–152; Rummel 2010, 24–37; Gregory 2014, 132–136; Hallmann 2016, 367– 381; vgl. ebenfalls Kap. III.2.3.1. 265 Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360, sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67. 266 Heindl 2018, 48. 267 Ebenso wie bei dem Münchener Fragment wäre zu überlegen, ob dieses Stück zu dem Statuenunterteil M-02 gehören könnte. Dann wäre eine Herkunft aus dem Tempel von Ramses III. naheliegend, des Weiteren könnte

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Erhalten ist ein Teil der linken Seite, wobei der eigentliche Schulterbereich fehlt. Was die Höhe angeht, so ist etwa ein Drittel des Oberkörpers erhalten. Die untere Bruchkante entspricht etwa der des oberen Fragments von M-03. Aufgrund von Vergleichen mit dem Münchener Stück (M-03) sowie Fragmenten einer weiteren Statue mit ähnlicher Ikonographie und aus ähnlichem Material dürfte es sich bei dieser Statue ebenfalls urspünglich um eine Stehfigur gehandelt haben.268 Reste eines Felidenfells269 sind zu erkennen. Die Fellzeichnung ist durch erhaben gearbeitete Rosetten dargestellt (vgl. M-03 und M-18). Ebenfalls ähnlich wie bei M-03, M-18 und M-19 sind Reste eines Schulterbandes und eines Bat-Anhängers270 an einer Kette erhalten. Das Schulterband ist ein wenig aufwendiger gestaltet als das von M-03. Rechts und links an den Seiten ist eine zusätzliche Linie eingemeißelt. Während die Kette, an der der Bat-Anhänger hängt, bei M-03 als Röhrenperlenkette dargestellt ist, ist sie hier als durchgehendes Band (vgl. M-18) gearbeitet. Der Anhänger hingegen ist ähnlich gestaltet. Ebenso wie bei dem Münchener Stück (M-03) ist das Schulterband mit einer Königstitulatur beschriftet: die Namen sind ausgehackt, können aber anhand der erhaltenen Spuren ebenfalls Taharqo zugewiesen werden. Es gibt keine Spuren einer Überarbeitung, nur die Namen wurden ausgelöscht (vgl. M-03). Die Zuweisung zu Monthemhet ist inschriftlich nicht abgesichert, aber durch die Ähnlichkeit mit dem Statuentorso M-03 höchst wahrscheinlich. 2.1.7 M-05 Stehfigur, Theophor Ägyptisches Museum Kairo, CG 42238; grüne Breccia; erh. H: 31cm. Lit: PM II2, 151; B-CK 354; Legrain 1914b, 89, Taf. 47; Leclant 1961c, 23–24 [3]; Jansen-Winkeln 2009, 456 [200].

Abb. 13: Der Theophor M-05, Torso (Kairo CG 1098, Fotos: NU_2006_8298, NU_2006_8299, NU_2006_8307 © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO).

Das Stück (Abb. 13) wurde in Karnak in der Statuen-Cachette (K 393, B-CK 354) gefunden. Füße und Sockel sind abgebrochen, der Rest der Statuette ist intakt. Monthemhet ist schreitend dargestellt. Das linke Bein ist in Vorstellung. Er trägt einen langen plissierten Schurz, der Oberkörper ist unbekleidet. Die Modellierung der Muskeln ist eher schematisch. Die Arme hängen seitlich herab und sind leicht angewinkelt, um eine vor Monthemhet stehende Götterfigur des Osiris an den Oberarmen zu halten. Die dieses Fragment auch zu den bisher noch unpublizierten Stücken aus dem Mutbezirk stammen, die Fazzini erwähnt hat (2010, 96 mit Anm. 44). Dies wird auch schon von Fay (2002, 29 mit Anm. 13) geäußert, wobei Fazzini (ebd.) deutlich von zwei unterschiedlichen Statuen ausgeht. 268 Heindl 2018, 48, Anm. 17; Fazzini 2010, 96, n. 44. 269 Zum Felidenfell s. Rummel 2007, 109–152; Rummel 2010, 24–37; Gregory 2014, 132–136; Hallmann 2016, 365– 381; vgl. ebenfalls Kap. III.2.3.1. 270 Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360, sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67.

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Hände sind dabei ausgestreckt und nur die Fingerspitzen berühren die Götterfigur. Monthemhet trägt ein Amulett an einer Kette/Schnur, wobei allerdings nicht zu erkennen ist, um welches Amulett es sich handelt, da die Götterfigur den Anhänger verdeckt. Der Gott Osiris ist stehend dargestellt, er trägt einen langen Mantel, die weiße Krone mit Uräus sowie ein Flagellum in der linken und einen Krummstab in der rechten Hand.271 Das Gesicht des Gottes ist ähnlich gearbeitet wie das von Monthemhet, dessen Gesicht jugendlich dargestellt ist, aber dennoch Ähnlichkeiten mit der Altersdarstellung des Gesichts der Stehfigur M-01 aufweist. Nase und Mundpartie sind ähnlich gestaltet. Die einteilige glatte Perücke ist schulterlang. Der Rückenpfeiler ist mit einer Opferformel beschriftet. Erhaltene Titelsequenz: (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn jm(.j)-r’ ^ma.w

Rückenpfeiler

2.1.8 M-06 Torso einer Stehfigur, Stelophor Ägyptisches Museum Kairo, CG 1098; grauer Granit; erh. H: 42 cm. Lit: PM II2, 359; Borchardt 1934, 55–56; Leclant 1961c, 24–131 [4], Taf. 5; Jansen-Winkeln 2009, 463–464 [209]; Knigge 2006, 248–249.

Die Fragmente dieser Kniefigur (Abb. 14) wurden auf der oberen Terrasse des Tempels in Deir el-Bahari gefunden und kamen im Jahr 1889 nach Kairo in das Ägyptische Museum.272 Insgesamt handelt es sich um sechs Fragmente aus der Mitte der Figur. Der Körper ist oberhalb der Taille und ab der Mitte der Unterschenkel abgebrochen, ebenso Teile der Stele. Insgesamt fünf Stücke konnten zusammengefügt werden. Ein sechstes Stück, der untere Teil der Stele, konnte von Jean Leclant im Museum nicht mehr aufgefunden werden.273

Abb. 14: Der Stelophor M-06, Torso (Kairo CG 1098, Leclant 1961c, Taf. 5).

Monthemhet ist schreitend mit dem linken Bein in Vorhaltung dargestellt. Der Sockel und der untere Teil der Beine mit den Füßen sowie Oberkörper und Kopf sind nicht erhalten. Vor der Figur ist eine Stele dargestellt, die von Monthemhet gehalten wird. Die Arme sind bis auf einen Ellenbogen allerdings nicht erhalten, doch werden die Hände wohl oben auf dem Rand der Stele aufgelegen haben. Die Stele ist nur zum Teil erhalten. Monthemhet ist mit einem glatten trapezförmigen knielangen Schurz bekleidet. Die Statue hat einen Rückenpfeiler, der ebenfalls nur zum Teil erhalten ist. 271

Zur Darstellung des Osiris, siehe Coulon 2016b, 512–515. Leclant 1961c, 25. 273 Leclant 1961c, 25. 272

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Auf der Stele sind Reste von 14 Zeilen sowie von zwei Kolumnen erhalten, die im mittleren Bereich des Textfeldes in der Höhe von fünf Zeilen eingeschoben sind. Ursprünglich bestand der Text aus insgesamt 20 Zeilen, wobei die beiden Kolumnen den Text von Zeile 8 bis 17 als zwei parallel angeordnete Abschnitte gestalten, die jeweils einer der Kolumnen zugeordnet sind. Bei dem Text handelt es sich um einen Hymnus auf den Sonnengott.274 Zwei weitere Inschriften mit Titulatur und Namen von Monthemhet befinden sich rechts und links auf dem Gürtel. Der Rückenpfeiler ist mit einer Kolumne Text, die die saitische Formel beinhaltet, beschriftet. Erhaltene Titelsequenzen: [Hm nTr 4nw] Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t (j)r(.j)-pa(.t) HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw [Jmn] [ …] […] HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ ^ma.w […] jm(.j)-r’ ^ma.w

Rückenpfeiler Gürtel, links Stele, Textfeld, Z. 1 Gürtel, rechts

2.1.9 M-09 Kuboide Statue Karnak-Nord, Karnak T40; grauer Granit; erh. H: ca. 50 cm. Lit: PM II2, 8; Leclant 1961c, 65–76 [10]; Barguet/Leclant 1954, 153–4, Abb. 151–153, Taf. 132–133; JansenWinkeln 2009, 451–452 [194].

Abb. 15: Die kuboide Statue M-09 (Karnak T40, Barguet/Leclant 1954, Taf. 132–133).

Das Stück (Abb. 15) stammt aus Karnak-Nord, aus dem Tempel des Amun-Re-Month. Es wurde 1951 bei Grabungen des IFAO gefunden, verbaut in einem Depot im Norden des Eingangs-Portals.275 Der Kopf und ein Teil des Rückenpfeilers sind abgebrochen, ansonsten ist die Statue intakt. Der Sockel ist auf der Vorderseite halbrund dem Verlauf der Füße folgend gearbeitet. Monthemhet ist in kubischer Form mit schwach erkennbaren Körperformen und gerader Oberseite des Körperkubus’ dargestellt. Er ist in einen Mantel gehüllt, der die Füße vollständig bedeckt und die Hände frei lässt. Beide Hände liegen flach auf. Auf der Vorderseite befindet sich plastisch hervorgehoben ein Bat-Anhänger.276 Die dazu gehörende Kette bzw. Schnur ist leicht plastisch auf der Oberseite dargestellt. Neben dem Anhänger sind im vertieften Relief zwei stehende Götter dargestellt, die dem Anhänger zugewandt sind. Auf der rechten Seite steht Amun mit der Doppelfederkrone, auf der linken Seite ist ein falkenköpfiger Month mit Doppelfederkrone, Sonnenscheibe und Uräus dargestellt. Beide halten in der einen Hand ein Anch-Zeichen und in der anderen ein Was-Szepter. Der Sockel ist mit zwei Inschriften versehen, die in jeweils einer Zeile rechts und links von der Mitte der Vorderseite bis zur Mitte der Rückseite verlaufen. Entsprechend der Götterdarstellungen auf der 274

Knigge 2006, 248–249. Barguet/Leclant 1954, Taf. 32 zeigt das Stück in situ. 276 Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360, sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67. 275

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Vorderseite handelt es sich jeweils um eine Opferformel, bei der auf der rechten Seite Amun, Herr der Throne Beider Länder, und auf der linken Seite Month, Herr von Theben, genannt sind. Weitere Inschriften (vier Zeilen) finden sich auf der Vorderseite unterhalb der Götterdarstellung und des Bat-Anhängers. Hierbei handelt es sich um eine jmAx.w-xr-Formel, in der Monthemhet als Versorgter durch Month, den Herrn von Theben beschrieben ist. Jeweils eine Kolumne mit Namen und Titeln von Monthemhet verläuft rechts und links der Darstellung, die auf der Körperoberseite beginnt. Der Rückenfeiler ist in zwei Kolumnen mit der saitischen Formel beschriftet. Bis auf die rechte Kolumne auf der Ober- und Vorderseite und die beiden Kolumnen auf dem Rückenpfeiler, bei denen jeweils der Anfang zerstört ist, sind alle Inschriften intakt. Erhaltene Titelsequenzen: Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Hm nTr 4nw Jmn zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Hm nTr 4nw Jmn-Raw nzw nTr.w zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

2.1.10

Sockel, rechts Sockel, links Rückenpfeiler277 Oberseite, links Oberseite, rechts278 Vorderseite, BatAnhänger

M-10 Fragment einer Kniefigur

Museum Kairo, CG 647, JE 31884, Ausstellungsnr. 1184; schwarzer Granit, erh. H 50 cm. Lit: PM II2, 269; Leclant 1961c, 97–104 [16], Taf. 25–28; Terrace/Fischer 1970, 161–164 [37]; Clère 1995, 153–157; Heise 2007, 78–79; Jansen-Winkeln 2009, 462–463 [207]; Russmann 2010, 954–955; Fazzini 2010, 96.

Das Stück (Abb. 16) stammt aus dem Mut-Bezirk in Karnak. Verbaut im hinteren Teil der ptolemäischen Ziegelumfassungsmauer in der südlichen Ecke der Mauer, wurde es zusammen mit einem Fragment des Kuboiden M-08 im Jahr 1897 bei den Ausgrabungen unter der Leitung von Margaret Benson und Janet Gourlay gefunden.279 Richard Fazzini vermutet, dass diese Statue ursprünglich in dem Monthemhet zugeschriebenen kleinen Gegentempel an der Rückfront des Mut-Tempels aufgestellt gewesen sein könnte.280

277

Teilweise zerstört: [Hm nTr 4]nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t. Teilweise zerstört: [Hm nTr 4nw Jmn] zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t. 279 Benson/Gourlay 1899,65–66, 357–358, Taf. 24; Leclant 1961c, 97. 280 Fazzini 2010, 96. 278

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Von der Statue ist ein Fragment erhalten, das direkt unterhalb der Schulterrundung schräg nach hinten abgebrochen ist. Der Kopf und der obere Teil eines Rückenpfeilers sind erhalten. Unterhalb des Kinns befindet sich ebenfalls eine Bruchkante. Ein Teil der Nase ist ebenfalls abgebrochen. Es handelt sich um die Reste einer Kniefigur,281 von der nur der Kopf und die Schulterpartie erhalten sind. Die Schultern sind unbekleidet. Das Gesicht wirkt älter als das von M-01 und ist auch deutlich anders proportioniert. Die Nasolabialfalten sind stark ausgeprägt. Am Kinn befindet sich eine Bruchstelle, wo ursprünglich ein Bart sowie die linke Hand im Bittgestus unterhalb des Kinns dargestellt waren. Diese Haltung findet Parallelen bei Statuen, die eine Verbindung zum Kult der Göttin Hathor aufweisen.282 Monthemhet trägt keine Perücke, sondern eine Priestertonsur: der Oberkopf und die Stirn sind kahl, an den Seiten und hinten sind die Haare stilisiert in kompakter Weise dargestellt. Sie verdecken die obere Hälfte der Ohren und stehen vorn mit einem gewissen Schwung, seitlich und hinten helmartig vom Kopf ab. Diese Frisur findet sich seit dem Neuen Reich bei Statuen, die einen Bezug zum Kult von Göttinnen aufweisen.283 Anders als bei verschiedenen anderen Beispielen gibt es hier keine Detailstruktur als Andeutung von einzelnen Haaren. Der Rückenpfeiler ist an den Seiten mit jeweils einer Kolumne und hinten mit vier Kolumnen Text beschriftet. Der Text beginnt in der ersten Kolumne mit einer ausführlichen Titulatur von Monthemhet. Leider ist die Sequenz teilweise zerstört. Im weiteren Textverlauf wird auf Bautätigkeiten im Tempel hingewiesen. Um welchen Tempel es sich handelt, ist nicht erhalten, doch ist aufgrund des Fundortes davon auszugehen, dass es sich auch hier um die Bautätigkeit im Mutbezirk handeln dürfte. Der nicht zerstörte Teil in der zweiten Kolumne zeigt die für Bauinschriften üblichen Formulierungen. Ob hierauf noch detaillierte Angaben gemacht wurden, ist aufgrund der Zerstörung nicht mehr nachzuvollziehen. Mit der dritten Kolumne ist ein weiterer Teil des Textes erhalten, der thematisch auf den Typ der Statue Bezug nimmt. Hier bezeichnet sich Monthemhet explizit als js „Kahlkopf“284 . Es handelt sich um einen Priester der Hathor, dessen Funktion insbesondere mit Musik und Tanz verknüpft ist.285 Erhaltene Titelsequenz: (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) wr wr.w saH smr.w Hr.j-tp aA n(.j) tA Dr=f Hm nTr 4nw Jmn hA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ^ma.w [… 2.1.11

Rückenpfeiler, K. 1

M-11 Kniefigur, Stelophor

Ägyptisches Museum Kairo, CG 42237; Breccia, grau (Kniefigur); Granit, schwarz (Sockel); H: 40 cm; B: 16,5 cm; T: 32,5 cm. Lit: PM II2, 151; B-CK 522; Legrain 1914b, 88–89, Taf. 46–47; Leclant 1961c, 97–104 [16], Taf. 25–28; Heise 2007, 62–64; Jansen-Winkeln 2009, 456 [199]; Bojowald 2015, 327–329.

Das Stück (Abb. 17) wurde in der Statuen-Cachette in Karnak gefunden (B-CK 522). Monthemhet ist in knieender Haltung dargestellt. Die Figur kniet auf einem flachen Sockel, auf dem ebenfalls eine kleine Stele steht. Der Sockel ist einen zweiten größeren Sockel aus schwarzem Granit eingelassen. Die beiden Stücke sind nicht miteinander verbunden, gehören aber zusammen. Die Füße sind aufgestellt, die gespreizten Zehen sind auf den Boden aufgestützt. Monthemhet trägt einen plissierten Schurz. Die flach ausgestreckten Hände liegen mit den Fingerspitzen auf der oberen Kante der Stele auf. Um den Hals trägt er ein Bat-Amulett.286 Die Muskulatur des unbekleideten Oberkörpers ist weich konturiert dargestellt, die Brustwarzen sind in vertieftem Relief gearbeitet. Der Anhänger ist aufwendiger gestaltet als die von anderen Darstellungen bekannten Bat-Embleme. Auf dem Kopf ist ein naosförmiger Aufbau dargestellt, der in eine Schlaufe übergeht. Eine dreiteilige Kette aus länglich ovalen Perlen hält den Anhänger.

281

Clère 1995, 153, zum Statuentyp vgl z. B. Turin 3018 (Leclant 1961c, 110 u. Taf. 30) sowie Fitzwilliam Museum, Cambridge E. 31-1973 (Clère 1995, 141–145 [K]). 282 Russmann 2010, 954; eine Zusammenstellung bietet Clère 1995, 73–215. 283 Clère 1995, 1–11; von Lieven 2003, 52–54. 284 Wb 1, 131.1 mit der Bedeutung „der Alte (?) (Priester der Hathor), zu Übersetzung „Kahlkopf“, s. Clère 1995, 1– 70, bes. 12–14; zur Funktion dieser Priester, s. von Lieven 2003, 52–54. 285 Clère 1995, 12–14. 286 Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360, sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

247

Abb. 17: Der Stelophor M-11 (Kairo CG 42237, Foto: cg_0164_42237 Ägyptisches Museum Kairo, © CGC Legrain; NU_2010_06110, © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO).

Die Gesichtszüge sind jugendlich dargestellt ohne große Ähnlichkeit mit anderen Darstellungen von Monthemhet aufzuweisen. Er trägt eine schulterlange, einteilige Strähnenperücke, die die Ohren frei lässt. Die Stele bietet 13 Zeilen Text mit einem Hymnus an Amun.287 Die Figur hat einen Rückenpfeiler, der in einer Kolumne mit der saitischen Formel beschriftet ist. Erhaltene Titelsequenzen: […] Jmn Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ ^ma.w 2.1.12

Rückenpfeiler Stele, Textfeld, 13 Stele, Textfeld, Z. 1

M-12 Kniefigur, Stelophor

Ägyptisches Museum Kairo (?), keine Inventarnummer bekannt; schwarzer Granit; H (gesamt): 70 cm; H (Sockel): 23 cm; H (Stele): 51 cm; B (Sockel): 42 cm; B (Stele): 28 cm. Lit: Leclant 1961c, 40–47 [6], Taf. 7–8; Knigge 2006, 225; Jansen-Winkeln 2009, 475–476 [215].

Das Stück (Abb. 18) wurde vermutlich von illegalen Ausgräbern des Grabes von Monthemhet in Luxor in einem Antikengeschäft verkauft.288 Die Figur ist in der Mitte durchgebrochen, links und unten an der Stele sind einige Partien abgebrochen, ebenso am Rückenpfeiler oberhalb und unterhalb der Bruchlinie.

Abb. 18: Der Stelophor M-12 (Ägyptisches Museum Kairo (?), Inventarnummer unbekannt, Leclant 1961b, Taf. 7). 287 288

Bojowald 2015, 327–329. Leclant 1961c, 40 mit Anm. 1.

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Monthemhet ist in kniender Haltung dargestellt. Die Figur kniet auf einem flachen Sockel, auf dem ebenfalls eine oben abgerundete Stele steht. Die Füße sind aufgestellt und stützen sich auf die leicht gespreizten Zehen. Monthemhet trägt einen glatten kurzen Schurz, die Muskulatur des unbekleideten Oberkörpers ist weich konturiert dargestellt. Die flach ausgestreckten Hände liegen mit den Fingerspitzen auf der oberen Kante der Stele auf. Diese ist in ein Bildfeld und ein Textfeld gegliedert. Im Bildfeld befindet sich zentriert unter einer geflügelten Sonnenscheibe die Darstellung eines Opfertisches. Vom Betrachter aus auf der linken Seite ist der Gott Re-Harachte, stehend mit Falkenkopf und Sonnenscheibe dargestellt. Vor ihm befinden sich drei Kolumnen Text mit seinem Namen und Epitheta. Auf der anderen Seite ist Monthemhet kniend in Adorantenhaltung dargestellt. Vor ihm und über ihm verteilen sich insgesamt sechs Kolumnen mit einer Beischrift zu der Szene. Die Gesichtszüge sind zeitlos dargestellt. Monthemhet trägt einen kurzen eckigen Kinnbart und der Mund zeigt ein kleines Lächeln, das für ihn sonst nicht oft belegt ist.289 Die schulterlange, zweiteilige glatte Perücke verdeckt den oberen Teil der Ohren. Die Figur hat einen Rückenpfeiler, der in zwei Kolumnen mit der saitischen Formel beschriftet ist. Das Textfeld der Stele ist mit insgesamt 12 Zeilen beschriftet, die einen Hymnus an Re-Harachte-Chepri enthalten.290 Die beiden Statuen M-12 und M-13 sind als Paar anzusehen. Dies ist ersichtlich aus der exakt gleichen Höhe der beiden Objekte sowie an dem jeweils gegengleich aufgebauten Bildfeld der Stelen, das zum einen Re-Harachte-Chepri und zum anderen Atum-Chepri zeigt. Es ist also davon auszugehen, dass die Statuen so angeordnet waren, dass sich die Darstellung des Re-Harachte-Chepri im Osten und diejenige des AtumChepri im Westen befunden haben. Das Paar diente somit zur Huldigung des Auf- und Untergangs der Sonne. Erhaltene Titelsequenzen: Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt zXA.w Hw.t-[nTr] pr Jmn Hm nTr Zkr Hr(.j)-jb Jp.t-s.wt Hm nTr […] Jmn mtj n zA HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t rx nzw mAa mr(j).y=f

Stele, Textfeld, Z. 7–11

Hm nTr 4nw Jmn mtj n zA HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t[-s.wt zXA.w Hw.t-nTr] pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Stele, Bildfeld, K. 3–5

2.1.13

Rückenpfeiler

M-13 Kniefigur, Stelophor

British Museum London, BM EA 1643; Granodiorit; H (gesamt): 76 cm; H (Sockel): 17 cm; B (Sockel): 31 cm; T (Sockel): 43 cm; H (Stele): 45,5 cm; B (Stele): 28,5 cm. Lit: Leclant 1961c, 47–56 [7], Taf. 9–10; Heise 2005, 75–77; Knigge 2006, 224–225; Jansen-Winkeln 2009, 476–477 [216]; vgl. British Museum Collection Database „EA1643“: www.britishmuseum.org/collection. British Museum Online (01.06.2015).

Das Stück (Abb. 19) wurde 1914 in Kairo bei dem Antikenhändler Mohamed Mohassib erworben. Die genaue Herkunft ist nicht bekannt, aber Jean Leclant vermutet aufgrund der Tatsache, dass die beiden Stelophoren M-12 und M-13 ein Paar bilden und ursprünglich sicherlich gemeinsam aufgestellt waren, dass die Figur ebenfalls aus dem Umfeld des Grabes stammen muss.291 Die Figur ist fast vollständig erhalten. Die rechte obere Ecke der Stele ist abgebrochen. Die abgebrochene Ecke der Stele wurde ergänzt und bereits mehrfach erneuert, weitere Details finden sich in der Datenbank des British Museum.292 Monthemhet ist in kniender Haltung dargestellt. Die Figur kniet auf einem flachen Sockel, auf dem auch die Stele steht. Die Füße sind aufgestellt und stützen sich auf die leicht gespreizten Zehen. Monthemhet trägt einen glatten kurzen Schurz. Die Muskulatur des unbekleideten Oberkörpers ist weich konturiert dargestellt. Die Hände sind angewinkelt und liegen flach auf der Rückseite der Stele auf. Die 289

Einen ähnlichen Kinnbart und die Andeutung eines Lächelns findet sich auch bei der Sitzfigur M-07, s. Kap. III.2.1.2.1. 290 Knigge 2006, 225. 291 Leclant 1961c, 39. 292 British Museum Collection Database „1914,0509.1“, www.britishmuseum.org/collection. British Museum Online (01.06.2015).

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Fingerspitzen reichen an den oberen Rand der Stele. Diese ist ähnlich gestaltet wie diejenige von M-12. Im Bildfeld befindet sich unterhalb einer geflügelten Sonnenscheibe mit herab hängenden Uräen zentriert ein Opfertisch. Anders als bei M-12 ist aber hier Monthemhet kniend in Adorantenhaltung auf der linken Seite (vom Betrachter aus gesehen) dargestellt. Die Figur des Monthemhet ist durch Zerstörungen der Oberfläche nur zum Teil erhalten. Insgesamt drei Kolumnen Text mit einer Beischrift zu der Szene haben sich erhalten. Auf der anderen Seite ist der Gott Atum-Chepri stehend mit Falkenkopf und Sonnenscheibe dargestellt. Vor ihm befindet sich eine Kolumne mit Namen und Epitheta. Ähnlich wie M-12 trägt Monthemhet einen kurzen Kinnbart und der Mund zeigt ein kleines Lächeln.293 Die Gesichtszüge sind zeitlos dargestellt. Die schulterlange, zweiteilige glatte Perücke verdeckt den oberen Teil der Ohren.

Abb. 19: Der Stelophor M-13 (British Museum BM EA 1643, © Courtesy of the British Museum).

Die Figur hat einen Rückenpfeiler, der in zwei Kolumnen mit der saitischen Formel beschriftet ist. Das Textfeld der Stele zeigt in 11 Zeilen einen Hymnus an Atum.294 Die beiden Statuen M-12 und M-13 sind als Paar anzusehen. Dies ist ersichtlich aus der exakt gleichen Höhe der beiden Objekte sowie an dem jeweils gegengleich aufgebauten Bildfeld der Stelen, das zum einen Re-Harachte-Chepri und zum anderen Atum-Chepri zeigt. Es ist also davon auszugehen, dass die Statuen so angeordnet waren, dass sich die Darstellung des Re-Harachte-Chepri im Osten und diejenige des AtumChepri im Westen befunden haben. Das Paar diente somit zur Huldigung des Auf- und Untergangs der Sonne. Erhaltene Titelsequenzen: Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn mtj n zA HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

Stele, Bildfeld, links Stele, Textfeld, 9–10 Rückenpfeiler

293

Einen ähnlichen Kinnbart und die Andeutung eines Lächelns findet sich auch bei der Sitzfigur M-07, s. Kap. III.2.1.2.1. 294 Knigge 2006, 224–225.

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250

2.1.14

M-14 Oberteil einer Statue

Karnak, Magazin „Karakol“ Nr. 105; grauer Granit mit weißen Einschlüssen; erh. H: 25,2 cm; B (Schulter): 23,5 cm; T (Bruch): 12 cm; B (Bruch): 22,3 cm; T (Arm, Bruch): 5 cm; B (Rückenpfeiler, Bruch): 8,4 cm; B (Kolumne): 5,3 cm; Karnak, genauere Angaben sind nicht bekannt. Lit: PM II2, 293; Leclant 1961c, 107 [C], Taf. 33; Jansen-Winkeln 2009, 460 [204].

Abb. 20: Oberteil der Statue M-14 (Karnak, Magazin Karakol Nr. 105, Leclant 1961c, Taf. 33 [A, C]).

Es handelt sich um den Torso einer Statuette (Abb. 20), vermutlich ursprünglich eine Stehfigur. Das Fragment wurde von Bernhard Bothmer im sog. „Karakol“-Magazin in Karnak aufgefunden.295 Wo genau sich das Fragment im Karnak-Tempel ursprünglich befunden hat bzw. wo es aufgefunden wurde, ist nicht bekannt. Der untere Teil etwa ab Höhe der Ellbogen ist abgebrochen. Der Oberkörper ist unbekleidet dargestellt, die Muskulatur weich konturiert. Ein Herzamulett ist eingraviert,296 ebenso wie die Brustwarzen. Das Gesicht weist Zerstörungen im Nasen- und Mundbereich auf. Das Gesicht ist jugendlich und bartlos gestaltet. Monthemhet trägt eine schulterlange, zweiteilige glatte Perücke, die die obere Hälfte der Ohren bedeckt. Die Statuette hat einen Rückenpfeiler, der in einer Kolumne mit der saitischen Formel beschriftet ist, von der sich nur der obere Teil erhalten hat. Erhaltene Titelsequenz: (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw [Jmn … 2.1.15

Rückenpfeiler

M-15 Sockel einer Statue

Ägyptisches Museum Kairo (?), CG 42239, JE 37990/46198 (?)297; grauer Granit; H: 12,5 cm; erh. L: 22 cm; B: 21,5 cm. Lit: PM II2, 151; CK-526; Legrain 1914b, 89–90; Leclant 1961c, 89–93 [14], Taf. 25–28; Jansen-Winkeln 2009, 456– 457 [201]; Heindl/Blöbaum, in Vorbereitung.

Das Stück wurde in der Cachette im Karnak-Tempel gefunden (B-CK 526). Es handelt sich um das Fragment eines Sockels, der hinten und links abgebrochen ist. Der Sockel weist eine Aussparung auf, in die eine Statuette eingesetzt werden kann. Ein Name ist nicht erhalten, aber die Titelsequenz auf der Oberseite deutet auf Monthemhet. Diese Zuweisung wird abgesichert, da auf den Seiten Personen dargestellt sind, die durch ihre Namen, die bereits aus anderen Denkmälern bekannt sind, als Söhne von Monthemhet zu 295

Leclant 1961c, 107. Zum Herzamulett, vgl. Leahy 2010, 64–68. 297 Angabe nach Coulon/Jambon (B-CK 526); das Stück ist nicht mehr aufzufinden. 296

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identifizieren sind. Aufgrund der Form sowie der Maße der Aussparung ist davon auszugehen, dass dieser Sockel ursprünglich zur Sitzstatue M-07 gehört hat. Eine ausführliche Beschreibung des Sockelfragments sowie die Analyse des Ensembles finden sich in den Kapiteln III.2.1.2.4 und III.2.1.2.5. Erhaltene Titelsequenz: [jr.j-pa.t HA.tj-a(.w) xtm.]w298 [bj.t] smr wa.tj wr wr.w sab sab.w sHD299 [Hm.w nTr n pr Jmn/m Hw.wt nTr/m gs.w-pr]300 jm(.j)-r’ Hm.w [nTr] m Hw.wt nTr Hm nTr 4nw Jmn Hm nTr wHm zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn [Hm nTr ¢ns.w]301 m WAs.t Nfr-Htp Hm nTr Zkr Hr(.j)-jb Jp.t-s.wt HA.t(j)-a(.w) n(.j) WAs.t jm(.j)-r’ ¥ma.t [m od=s]302 2.1.16

Oberseite, Sockel

M-16 Sockel einer Statue

Karnak, Magazin (Generator, Nr. 53); grauer Granit; H (vorn): 18,1 cm; H (hinten): 18,7 cm; B: 14,8 cm; T: 27,5 cm; Zeilenbreite vorn: 4,3 – 4,4 cm; Zeilenbreite oben: (1) 2,6 cm (2) 2,4 cm.303 Lit: PM II2, 293; Leclant 1961c, 106 [B], Taf. 32; Jansen-Winkeln 2009, 460 [205].

Abb. 21: Der Sockel M-16 (Generator-Magazin Nr. 53, Leclant 1961b, Taf. 32).

Das Stück (Abb. 21) wurde im Karnak-Tempel gefunden, jedoch gibt es keine detaillierten Angaben zum Fundort. Es wurde von Bernard Bothmer identifiziert.304 Von der Statue selbst ist nichts erhalten geblieben, vom eigentlichen Sockel aber etwa ein Viertel, und zwar die linke Seite und ein Teil der Front. Die erhaltene Bruchfläche erlaubt keine Rückschlüsse auf die Form der zerstörten Statue. Oben auf dem Sockel und auf der Frontseite befinden sich Reste von Inschriften, die Opferformeln sowie einen Teil der Titulatur und den Namen von Monthemhet zeigen. Erhaltene Titelsequenz: Hm nTr 4nw

Sockel, vorne

298

Die Größe der Lücke sowie die zu erwartende Reihenfolge der Titel sprechen für diese Ergänzung, vgl. die Titelabfolge auf M-01 und M-18. 299 Jansen-Winkeln (2009, 456) gibt mit Verweis auf Legrain sAa an, doch bereits Leclant (1961, 256) plädierte für eine Lesung sHD. Auf dem Foto NU_2006_8312 (http://www.ifao.egnet.net/bases/ cachette/?id=526, 16.10.2014) ist deutlich die HD-Keule (T 4) zu erkennen. 300 Auf den Denkmälern des Monthemhet sind verschiedene Versionen des Titels belegt, vgl. Leclant 1961c, 256. Eine dieser drei Varianten könnte gut in die Lücke passen. 301 Ergänzung nach Leclant 1961c, 256. 302 Die Lücke ist ein wenig groß für den Namen allein, so dass die Ergänzung des Zusatzes mj od=s zum vorhergehenden Titel, der häufig auch auf anderen Denkmälern (z. B. M-08) belegt ist, sehr wahrscheinlich ist. Die Zusammenstellung der Titel weist so dringlich auf Monthemhet als Besitzer des Statuensockels hin, dass diese Ergänzung als sicher anzunehmen ist. 303 Maße nach Angaben von Bernard Bothmer, siehe Leclant 1961c, 106, Anm. 1. 304 Leclant 1961b, 106.

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252

2.1.17

M-17 Sockel einer Statue

Verbleib unbekannt, da das Stück noch während der Grabung gestohlen (1902/03) wurde; roter Granit; H: 30 cm; B: 40 cm; L: 60 cm. Lit: PM II2, 97; Legrain 1904b, 39–40; Leclant 1961c, 93–96 [15]; Jansen-Winkeln 1997d, 109; Jansen-Winkeln 2009, 453 [197].

Das Stück wurde im Amun-Tempel in Karnak gefunden, und zwar im Hof südlich des Barkensanktuars neben einer Gruppenstatue von Thutmosis IV. und Tija. Der Sockel scheint ziemlich vollständig erhalten gewesen zu sein, zu der dazu gehörenden Statue fehlt jede Beschreibung. Das Stück wurde in der Nacht nach der Entdeckung gestohlen, daher existieren keine Fotos und die vom Ausgräber, Georges Legrain, angefertigte Beschreibung ist unvollständig. Der Sockel ist mindestens auf einer Seite und auf der Vorderseite beschriftet. Auf einer der Seiten befindet sich in sechs Zeilen ein Anruf an die Lebenden. Die Vorderseite ist durch ein Arrangement aus zehn Kolumnen, die in der Mitte durch eine Zeile getrennt sind. Die oberen Kolumnen sind durch zehn kurze Opferformeln mit zehn verschiedenen Gottheiten beschriftet. In der Zeile beginnt eine ausführliche Opferformel, die sich in den untern zehn Kolumnen fortsetzt. Diese Kolumnen haben – laut Georges Legrain – eine ausführliche Titulatur zum Inhalt, die er leider nicht dokumentieren konnte, und enden mit dem Namen von Monthemhet, gefolgt von dem Eptitheton snb „möge er gesund sein“.305 Weitere Angaben zu machen ist leider nicht möglich. Erhaltene Titelsequenz: Hm nTr 4nw Jmn jm(.j)-r’ ^ma.w 2.1.18

Sockel, Seite

M-18 Fragment einer Statuengruppe

Ägyptisches Museum Kairo, CG 42241; schwarzer Granit (Granodiorit?); H: 34 cm; B: 44 cm; Karnak, Cachette, gefunden am 10.04.1904. Lit: PM II2, 152; CK-155; Legrain 1914b, 92–94, Taf. 48; Leclant 1961c, 79–86 [12], Taf. 21–22; de Meulenaere 2008, 104 [6]; Jansen-Winkeln 2009, 457–459 [202]; Heindl 2018.

Das Fragment einer Statuengruppe (Abb. 22) wurde in der Cachette im Karnak-Tempel gefunden. Erhalten sind die Oberkörper von Monthemhet und seinem Sohn, die nebeneinander mit dem Rücken vor einer Stele sitzen. Die untere Hälfte der Figuren ist abgebrochen. Der Bruch befindet sich etwa in Höhe der Ellbogen.

Abb. 22: Die Statuengruppe M-18, Fragment (Kairo CG 42241, Vorderseite: NU_2006_8324 © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO; Rückseite: NU_2006_8329 © Ägyptisches Museum Kairo/IFAO).

Monthemhet befindet sich auf der linken Seite. Der Ellbogen seines linken Armes ist noch erhalten und man kann erkennen, dass er ursprünglich in einem 90°-Winkel angewinkelt dargestellt war. Der linke Arm ist weiter oben abgebrochen, ebenso wie die beiden Arme von Nesptah. Beide Personen tragen ein Felidenfell über der linken Schulter, das die rechte Schulter frei lässt (vgl. M-03, M-04 und M-19). Eine Pranke und der Kopf des Tieres hängen jeweils auf der linken Vorderseite des Körpers herab, sind jedoch 305

Legrain 1914b, 39–40.

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nicht mehr erhalten; die Fellzeichnung ist durch erhaben gearbeitete Rosetten realisiert. Interessant ist, dass die Ausführung der Rosetten sich bei den beiden Figuren unterscheidet: bei Nesptah dominiert die runde Außenform, die einzelnen Rosetten sind deutlich voneinander abgesetzt. Bei Monthemhet verliert sich optisch die runde Form, da in der Bearbeitung die Segmente der Rosette deutlicher hervorhoben wurden. Die einzelnen Rosetten sind unregelmäßiger angeordnet als bei Nesptah und berühren sich gelegentlich. Auch der obere Saum der Gewänder ist unterschiedlich gearbeitet. Bei Nesptah verläuft der Saum des Kleidungsstückes gerade von der linken Halsseite herunter auf die rechte Seite des Oberkörpers. Der Saum ist durchgehend als kleiner Rand erhaben dargestellt. Bei Monthemhet verläuft der Saum eher in einer geschwungenen Linie und endet höher eher im Bereich der Achsel. Der Saum ist auf der rechten Seite deutlich breiter und verjüngt sich zur anderen Seite. Am Hals ist kein Saum erkennbar, da die Kette des Anhängers ihn verdeckt. Beide tragen jeweils ein Bat-Amulett306 (vgl. M-04) an einer glatt gearbeiteten Kette. Das Amulett von Nesptah ist etwas größer. Ebenso tragen beide ein einfaches, mit ihren jeweiligen Namen und Titeln beschriftetes Schulterband (vgl. M-03). Die Muskulatur der Oberkörper ist weich konturiert dargestellt. Bei Monthemhet ist die Brustwarze in vertieftem Relief angegeben. Die Gesichtszüge sind zeitlos und sehr ähnlich gearbeitet, wobei die Mundpartie von Monthemhet deutlich schmaler als die von Nesptah ist. Sie unterscheidet sich von denen, seiner anderen Darstellungen deutlich. Die Nase von Monthemhet ist oberflächlich beschädigt. Beide tragen eine schulterlange, einteilige Strähnenperücke, die die Ohren frei lässt. Die oben abgerundete Stele ist in ein Bildfeld und ein Textfeld mit insgesamt 20 Kolumnen aufgeteilt. Im Bildfeld sind unter einem Himmelszeichen und einer geflügelten Sonnenscheibe antithetisch zwei Opfertischszenen angeordnet. Vom Betrachter aus gesehen links und somit hinter der Darstellung des Monthemhet ist er selbst als Adorant stehend vor dem Opfertisch dargestellt. Dahinter sind drei stehende Gottheiten ausgeführt: hinter Amun mit der Doppelfederkrone, der die Reihe anführt, steht Re, falkenköpfig und mit einer Sonnenscheibe auf dem Kopf. Ihm folgt Atum mit der Doppelkrone. Auf der anderen Seite befindet sich entsprechend Nesptah in Adorantenhaltung stehend vor dem Opfertisch. Hinter dem Opfertisch stehen Osiris, der mumienfömig sowie mit Krummstab und Flagellum dargestellt ist, sowie die Göttin Isis. Hinter den beiden, an der Position des Horus, befindet sich Monthemhet, der mit dem Felidenfell bekleidet ist. Oberhalb der Szene sind Beischriften zu den dargestellten Personen in 26 Kolumnen angeordnet. Die Kolumnen der adorierenden Priester sind durch einen doppelten Kolumnentrennstrich von den Beischriften der hinter dem Opfertisch stehenden Götter getrennt. Die 20 Kolumnen des Textfeldes verteilen sich gleichmäßig auf zwei Texte, die antithetisch angeordnet sind und entsprechend von rechts bzw. links zu lesen sind. Es handelt sich um funeräre Texte, die in Teilen Anklänge an Verklärungssprüche aus dem Neuen Reich aufweisen.307 Die Seitenstege der Stele sind jeweils mit der saitischen Formel für Monthemhet sowie für Nesptah beschriftet. Erhaltene Titelsequenzen:308 Hm nTr 4nw Jmn jm(.j)-r’ ^ma.w

Stele, Bildfeld, K. 12

(j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) xtm.w bjt smr wa.tj n mrw.t Hm nTr 4nw Jmn m WAs.t jm(.j)-r’ ^ma.t

Stele, Bildfeld, links

(j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) jm(.j)-r’ ^ma.w (j)r(.j)-pa.t HA.t(j)-a(.w) Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn jm(.j)-r’ ^ma.w

Schulterband, links

…] m WAs.t zXA.w Hw.t-nTr Jmn HA.t(j)-a(.w) […

Stele, Textfeld, K. 10

…] jm(.j)-r’ ^ma.w r Ds=f

Stele, Textfeld, K. 6

Seitensteg, links

306

Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360, sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67. Heindl 2018, 48–49, mit Anm. 20. 308 Es sind nur diejenigen von Monthemhet angegeben. 307

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254

2.1.19

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M-19 Fragment einer Statuengruppe

Zwei Fragmente: Chicago Field Museum 31723 (Kopf) und Brooklyn Museum 16.580.186 (Torso); Schwarzer Granit; Kopf: H: 13,5 cm; B: 19,2 cm; Torso: H: 14 cm; B: 16 cm; Gesamthöhe: 27,5 cm; Fundort nicht bekannt. Lit: PM II2, Cooney 1957, 13–18; Leclant 1961c, 87–88 [13], Taf. 23–24; Spanel 1995, 86–87; Jansen-Winkeln 2009, 481 [231]; Heindl 2018.

Der Fundort beider Fragmente ist unbekannt. Der Torso wurde von Charles Edwin Wilbour zwischen 1880 und 1890 in Ägypten angekauft und im Jahr 1916 von der Familie Wilbour dem Brooklyn Museum gestiftet,309 der Kopf befindet sich seit 1899 in Chicago. Vermutlich stammen die beiden Fragmente aus Theben, doch ist dies nicht mit Sicherheit zu sagen. 310

Abb. 23: Die Statuengruppe M-19, Fragment (Chicago 31723/Brooklyn 16.580.1886, Leclant 1961b, Taf. 22–23).

Erhalten sind ein Teil des Oberkörpers und der Kopf von Monthemhet (vgl. Abb. 23). Auf der Rückseite unterhalb der Schulter hat sich noch die linke Hand einer zweiten Figur, die sich zur Rechten von Monthemhat befunden haben muss, erhalten. Es handelt sich also um das Fragment einer Gruppenstatue. Während Jean Leclant und Donald Spanel von einer Stehfigur ausgehen und entweder den Sohn Nesptah (B) oder eine Gottheit als zweite Figur vermuten,311 geht Patrizia Heindl aufgrund der Handhaltung von einer Sitzgruppe mit einer der Ehefrauen, vermutlich Udjarenes, als zweite Figur aus.312 Monthemhet trägt ein Felidenfell, bei dem die Rosetten eingraviert worden sind. Der Saum des Gewands ist als schmaler Rand erhaben gestaltet und verläuft in einem geschwungenen Bogen bis zur Achsel. Er trägt ein Bat-Amulett313 (vgl. M-04; M-18) an einer glatt gearbeiteten Kette. Reste eines beschrifteten Schulterbands sind erhalten, in das Titel und Name von Monthemhet eingraviert sind. 309

Lelcant 1961, 67; Spanel 1995, 87. In den Briefen von Charles Edwin Wilbour (Capart 1936) findet sich leider kein eindeutiger Hinweis auf das Objekt. Im Eintrag vom 3. März 1882 aus Luxor findet sich folgende Angabe: „Wednesday, March 1st, I worked over a granite statue which has an interesting but much injured inscription. It is Aly Moorad’s and I gave him some surplus Museums bronzes and figurines for it;“ Ganz grundsätzlich könnte diese Angabe zu dem Torsofragment passen, doch ist sie leider derart unspezifisch, dass es nicht für eine Bestimmung ausreicht. 311 Leclant 1961c, 87; Spanel 1995, 87. 312 Heindl 2018, 47 mit Anm. 13. 313 Zum Bat-Anhänger siehe Pieke 2013, 341–360; sowie de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67. 310

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Die Gesichtszüge sind zeitlos dargestellt und unterscheiden sich von denen der anderen Statuen. Die Perücke ähnelt denjenigen der Standschreitstatue M-01: es handelt sich um eine schulterlange, zweigeteilte, radial angeordnete Strähnenperücke mit gewellten, eingeritzten Strähnen und zu Zöpfen gedrehten Enden im Oberschnitt und gelocktem Unterschnitt, die Vorbilder im Neuen Reich findet.314 Es finden sich noch Reste von drei Kolumnen Text auf dem oberen Teil des Rückenpfeilers. Die wenigen erhaltenen Worte deuten darauf, dass der Text sich thematisch auf die Bau- und Stiftungspraxis von Monthemhet bezieht. Erhaltene Titelsequenz: Hm nTr 4nw n(.j) [Jmn] HA.t(j)-a.w n(.j) n’.t 2.2

Schulterband

Die Bautätigkeit im Mut-Bezirk

Nach den erhaltenen Zeugnissen ist der Tempel der Mut in Karnak als eine der Hauptwirkungsstätten von Monthemhet zu betrachten. Zunächst im Auftrag von Taharqo mit der Ausführung von umfangreichen Umbauten im Tempel der Mut betraut, entwickelte Monthemhet nach dem Ende der 25. Dynastie eine Baupolitik in seinem eigenen Namen. Dies ist für hohe Funktionäre der Priester- und Beamtenschaft kein Einzelfall, doch im Ausmaß der für Monthemhet vorliegenden Befunde außergewöhnlich.315 Im Folgenden werden die ihm zugeschriebenen Bauten kurz vorgestellt und auf Mechanismen der Selbstpräsentation überprüft. Interessant wird sein, das Bild, das sich durch sein Statuenprogramm vermittelt, mit dem der Bautätigkeit in Beziehung zu setzen und zu vergleichen. Die wichtigste Quelle für die Bautätigkeit ist zweifelsohne eine lange, biographisch geprägte Inschrift, die Monthemhet in der sog. Krypta des Monthemhet (bzw. Krypta des Taharqo, s. Kap. III.2.2.1) hat anbringen lassen. Dies ist ebenfalls kein Einzelfall, doch gilt auch hier ebenso wie in Bezug auf die Bauarbeiten, dass Qualität, Umfang und Anbringungsort der Inschrift als besonderes Privileg zu werten sind.316 In der Inschrift findet die Selbsteinschätzung Monthemhets als Bauherr und Stifter im Tempel ihren genuinen Ausdruck. Des Weiteren lassen sich bestimmte Arbeiten im Mut-Bezirk auch archäologisch Monthemhet zuweisen. Hierbei handelt es sich um den Bau des sog. Gegentempels (Kap. III.2.2.2) sowie die Anlage von zwei Ka-Kapellen vor dem ersten Pylon (Kap. III.2.2.3). 2.2.1 Die Krypta des Monthemhet bzw. des Taharqo Als „Krypta des Monthemhet“ bzw. „Krypta des Taharqo“ wird eine kleine Kammer im mittleren Bereich des Tempels A bezeichnet, die über den hinteren der östlichen Seitenräume der Säulenhalle zugänglich ist (Abb. 24–25). Die Anlage der Kammer macht deutlich, dass sie nachträglich in die Struktur eingebaut wurde, denn sie blockiert den Zugang zu der Säulenhalle durch einen Seitengang im Osten des Tempels. Es ist erkennbar, dass im Rahmen der kuschitischen Bautätigkeit die Binnenstruktur des Tempels grundlegend umgebaut wurde, doch welches Ausmaß die Arbeiten hatten und ob die Kammer im Zuge dessen oder erst später angelegt wurde, bleibt noch zu klären.317

314

Russmann 2010, 954. Spencer 2010b, 478. 316 Inschriftliche Vermerke von hochrangigen Priestern finden sich bereits seit der Ramessidenzeit im Karnak-Tempel und sie werden im Verlauf der Dritten Zwischenzeit zunehmend häufiger, s. Frood 2010, 116–124; dabei handelt es sich aber im überwiegenden Maße um sekundäre Inschriften, was auf die Inschriften des Monthemhet nicht zutrifft, und daher nochmals auf seine herausragende Stellung verweist. 317 Fazzini/Peck 1981, 115–116, mit Verweis auf Haeny 1970, 25. 315

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Abb. 24: Die Krypta des Monthemhet im Tempel der Mut in Karnak-Süd (Plan: W.H. Peck, Zeichnung: A. Blöbaum, nach Peck 2010, 254, fig. 1.

Abb. 25: Die Krypta des Monthemhet, Links: Blick von Westen, Rechts: Detail der Nordwand (Fotos: A. Blöbaum).

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2.2.1.1

257

Die Reliefszene auf der Stirnwand

Auf der Stirnwand (Ostwand) der kleinen Kammer befindet sich eine Reliefdarstellung, die Seitenwände sowie die vorderen Wände bis zur Tür sind mit je einer Inschrift in Kolumnen dekoriert, die jeweils auf den Eingang hin orientiert sind.318 Die Darstellung ist leider ebenso wie die Inschrift selbst nur im unteren Teil der Wand erhalten, der etwa zu drei Viertel der ursprünglichen Höhe heute noch ansteht.319 Die Oberfläche der Wand ist sehr stark angegriffen, so dass selbst die erhaltenen Teile der Darstellung äußerst schlecht zu rekonstruieren sind (Abb. 26). Die nach wie vor beste Wiedergabe der Szene stellt daher eine Umzeichnung dar, die Auguste Mariette im Jahr 1875 publiziert hat (Abb. 27).320

Abb. 26: Der Erhaltungszustand der Reliefszene auf der Stirnwand (Foto: A. Blöbaum).

Reste von insgesamt vier horizontalen Registern, die die gesamte Breite der Wand einnehmen, sind erhalten. Das untere Register ist doppelt so hoch wie die drei darüber liegenden angelegt. Hier finden wir eine Opfertischszene, in der König Taharqo im Anbetungsgestus vor einem Opfertisch dargestellt ist, hinter dem sich die Göttin Mut befindet. Sie ist stehend dargestellt und mit Doppelkrone und Geierhaube bekrönt. Die zu ihr gehörende Beischrift in zwei Kolumnen ist nicht sehr gut erhalten. Außer dem Titel nb.t p.t „Herrin des Himmels“321 am unteren Ende der ersten Kolumne ist nichts mehr zu erkennen. Taharqo trägt einen einfachen, kurzen Schurz und eine Beutelperücke mit einem (!) Uräus.322 Er ist durch die Beischrift, die seinen Thron- und Eigennamen in Kartuschen zeigt, eindeutig identifiziert. Die königlichen Titel zu Beginn der Kolumnen sind heute verloren. In einer dritten Kolumne sind die Reste der Dedikationsformel [D(j) anx] mj Raw D.t „begabt mit Leben wie Re ewiglich“323 erhalten. Die Namen sowie auch die Darstellung des Königs weisen keinerlei Spuren einer Tilgung auf, was vermutlich damit zu 318

PM II2, 258; Leclant 1962, 193–238, Taf. 66–70; Jansen-Winkeln 2009, 197–202 [152]; Grallert 2001, 357–359; Heise 2007, 80–89; Spencer 2010b, 479. 319 Maximal vier Steinsetzungen sind noch erhalten; das Mauerwerk steht ca. 1,50 hoch an, s. Leclant 1961c, 196. 320 Mariette 1875, Taf. 42: die Tafel ist dort seitenverkehrt; so auch in: Fazzini 2018, 248 fig. 3; richtige Orientierung: Fazzini 1988, pl. XXX; Abklatsche (richtig orientiert): Leclant 1961c, Taf. LXX. 321 Wb 1, 491.1–3; LGG IV, 49. 322 Wenn es sich nicht um eine Ungenauigkeit in der Umzeichnung handelt, vgl. Leclant (1961, 232). 323 Zur Dedikationsformel, vgl. Blöbaum 2006, 257–263.

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erklären ist, dass die Kammer auch noch während der späteren 26. Dynastie nur für eine kleine Gruppe von Personen zugänglich war. Interessanterweise folgt die Darstellung des Königs, die die königlichen Insignien auf das Nötigste reduziert, rein ägyptischen Konventionen und verzichtet auf jedes spezifisch kuschitische Element im Ornat sowie vermutlich ebenfalls auf den Doppeluräus.324

Abb. 27: Die Reliefszene auf der Stirnwand (Mariette 1875, Taf. 42).

Hinter Taharqo sind drei weitere Personen dargestellt, die durch ihre leicht vorgebeugte, pietätvolle Haltung mit herunter hängenden Armen als Privatpersonen zu erkennen sind. Es handelt sich um Nesptah (A), Monthemhet sowie dessen Sohn Nesptah (B). Ausführliche Beischriften, die Namen und Titel nennen, identifizieren die drei Personen. Sie sind mit kurz geschorenen Haaren und einem langen Schurz – also im einfachen Priestergewand – dargestellt. Leider sind die Beischriften nicht sehr gut erhalten, so dass wir die gesamte Titelabfolge für alle drei Personen nur erschließen können. Nach Mariettes Abschrift stellen sich die Beischriften folgendermaßen dar:325 Nesptah (A):

|[Hm nTr Jmn] m Jp.t-s.wt 2|zXA.w [nTr] m pr Jmn 3|HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t Ns-PtH (1) [Priester des Amun] im Ipet-sut (2) [Gottes]-Schreiber im AmunTempel, (3) Gouverneur der Stadt (Theben), Nesptah.

Monthemhet:

1

324 325

1

|zA=f (j)r(.j)-pa(.t) HA.t(j)-a(.w) Xtm.w bjt [smr wa.tj n(.j)] 2|[m]rw.t Hm-nTr […]psic Jmn m [Jp.t-s.wt?] 3|nTr aA Hm nTr Jmn m [] [jm(.j)-r’] 4|^mA.t MnT(.w)-m-HA.t

Belege für kuschitische Könige mit einfachem Uräus, s. Russmann 1974, 35, Anm. 3. Text nach Jansen-Winkeln 2009, 203. Der Text gibt die von Mariette gesichteten Spuren der Inschrift wieder. Das Relief ist mittlerweile gerade im unteren Bereich so schwer abgerieben, dass heute fast nichts mehr erhalten ist.

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(1) Dessen Sohn, Nobler (und) Gourverneur, Siegler des bjt-Königs, beliebter Einziger Freund, 4. ? Priester des Amun im [Ipet-sut?], (3) des Großen Gottes, Priester des Amun in […], [Vorsteher] von Oberägypten, Monthemhet Nesptah (B):

1

|zA HA.t(j)-a(.w) pn Hm-nTr [4?]nw 2|Jmn m Jp.t-sw.t mtj n zA 3|Ns-PtH jr(j).n nb.t pr 4|Ns-#nsw mAa(.t) [xr.w]

(1) Sohn dieses Gouverneurs (und) 4. Priesters des Amun im Ipet-sut, (der) Phylenvorsteher Nesptah, den die Herrin des Hauses, Neschons, selig, geboren hat. Die Inschriften zeigen für Monthemhet und seinem Sohn Nesptah (B) eine ungewöhnliche Titelabfolge wie die Übersicht (Tab. 8) nochmals verdeutlicht. Tab. 8: Übersicht zu den Titelsequenzen in den Beischriften auf der Ostwand. Nesptah (A)

Monthemhet

Nesptah (B)

Beischriften im Relief auf der Ostwand der Krypta im Mutbezirk [Hm nTr Jmn] m Jp.t-s.wt zXA [nTr] m pr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t (j)r(.j)-pa(.t) Ha.t(j)-a(.w) Xtm.w bjt [smr wa.tj n(.j) m]rw.t Hm-nTr […]psic Jmn m [Jp.t-s.wt?] nTr aA Hm-nTr Jmn m [ …] [jm(.j)-r’] ^mA.t Ha.t(j)-a(.w) Hm-nTr [4?]nw Jmn m Jp.t-s.wt mtj n zA

Der Vater, Nesptah (A) trägt drei Titel, die für ihn auch aus anderen Denkmälern bekannt sind.326 Er ist einfacher Priester des Amun, Tempelschreiber und Gouverneur der Stadt Theben. Die Titulatur von Monthemhet beginnt mit einer etablierten Folge von Rangtiteln. Daran schließen sich drei Titel an, von denen der letzte sicherlich zu [jm(.j)-r’] ^mA.t „Vorsteher von Oberägypten“ zu ergänzen ist.327 Die beiden vorausgehenden Titel sind leider an den entscheidenden Stellen nicht wirklich gut erhalten. Nach der Abschrift von Mariette wäre zweimal „Priester des Amun“ zu lesen. Bei dem ersten Titel scheint es sich um den Standardtitel „Vierter Priester des Amun im Ipet-sut“ zu handeln, wenn auch der Platz nach Hm nTr ein wenig zu groß ist für die übliche Schreibung 4nw mit dem nw-Topf (W24) und vier Strichen. Mariette gibt zudem ein p an, das in der Kolumne etwas zu weit rechts steht. Allerdings mag die Inschrift auch damals schon ziemlich lädiert gewesen sein, so dass man hier ohne Schwierigkeiten zu [4]nw emendieren dürfte.328 Nach Amun wird vermutlich Jp.t-s.wt zu lesen sein, auch wenn die von Mariette angegebenen Zeichen nicht dazu passen; immerhin sind Position und Größe des von ihm angegebenen Wachtelküken (G 43) dem Sitz (Q 1), den man dort erwartet, einigermaßen ähnlich. Der Verlauf der von Mariette angegebenen Zerstörung ist auch heute gut als Kante zu erkennen, was den heutigen Zustand des Reliefs näher an den damaligen heranrückt als dies zuvor den Anschein hatte. Das bedeutet aber auch, dass die Mariette’sche Lesung gerade im unteren Bereich der Kolumnen nicht über jeden Zweifel erhaben sein wird. Mit der nächsten Kolumne ergibt sich ein weiteres Problem: Zu Beginn gibt Mariette nTr aA an. Darauf folgt Hm nTr Jmn m und noch einige Zeichen, die offenbar nicht gut zu erkennen waren. Er dachte offenbar wieder an Jmn m Jp.t-s.wt. Sollte hier wirklich „der große Gott“ zu lesen sein, kann dies nur sinnvoll als Epitheton des Amun an den vorausgehenden Titel angehängt werden. Eine solche Variante des Titels ist allerdings für Monthemhet bisher nicht belegt.329 Zudem ist es problematisch, dass Monthemhet in keinem anderen Zusammenhang sowohl als „Vierter Priester des Amun“ als auch als einfacher Amun-Priester bezeichnet ist. Wäre es möglich, hier einen weiteren Beleg für 326

Payraudeau 2017, 319–326. Anders bei Leclant 1961c, 256, der ^mA.t zum vorhergehenden Priestertitel zieht. Zur Schreibung von jm(.j)-r’ ^mA.t, siehe eine Parallele in der Inschrift B, K. 1. 328 Vgl. Leclant 1961c, 256; de Meulenaere 2008, 101. 329 Vgl. Leclant 1961c, 255–256; Naunton 2011, 299–305. 327

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seine Doppelfunktion als Zweiter und Vierter Amun-Priester zu sehen? Auf dem Libationsbecken BM EA 1292, dem bisher einzigen Beleg, in dem für Monthemhet der Titel „Zweiter Priester des Amun“ bezeugt ist, lautet diese Sequenz allerdings Hm nTr 2nw Hm nTr 4nw Jmn. Entsprechend wäre hier ebenfalls zu erwarten, dass der höher rangige Titel vorangestellt wird. Das würde bedeuten, dass der zweite Titel hm nTr 4nw Jmn gelesen werden müsste, doch ist hier kein Platz zwischen Hm nTr und Jmn angegeben. Diese Möglichkeit ist daher wohl auszuschließen. Ich möchte daher vorschlagen, zu Beginn der Kolumne anstelle von nTr aA besser sHD zu lesen, was von Form und Stellung der Zeichen sehr ähnlich wäre. Mit den von Mariette angegebenen Zeichen in der Zerstörung kommt man dann zwar in Konflikt, da man vor dem Gottesnamen auf jeden Fall noch ein m oder n bräuchte und nach dem Gottesnamen ein pr.w anstelle eines m, aber mit einem Verweis auf den schlechten Erhaltungszustand wäre dies immerhin erklärbar. Im Grunde wäre dann sogar am Ende der Kolumne noch ausreichend Platz für HA.tj-a(.w) n(.j) n’.t. Die Titelsequenz könnte dann folgendermaßen rekonstruiert werden: 1 3

|zA=f (j)r(.j)-pa(.t) HA.t(j)-a(.w) Xtm.w bjt [smr wa.tj n(.j)] 2|[m]rw.t Hm-nTr [4]psic Jmn m [Jp.t-s.wt?] |sHD? Hm(.w) nTr pr Jmn [HA.tj-a(.w) n(.j) n’.t] [jm(.j)-r’] 4|^mA.t MnT(.w)-m-HA.t

Auf diese Weise käme man zu einer für Monthemhet bekannten Titelsequenz, die keine Schwierigkeiten bereiten würde.330 Die Beischrift für Nesptah (B) ist (auch heute noch) deutlich besser erhalten und zu erkennen. Er trägt lediglich den Titel „Phylenvorsteher“, der für ihn gut belegt ist.331 Der Titel „Vierter Priester des Amun“, der von der Stellung her auch auf Nesptah bezogen sein könnte, ist sicherlich noch Bestandteil der Bezeichnung des Vaters zA HA.t(j)-a(.w) pn Hm nTr 4nw Jmn m Jp.t-s.wt „Sohn dieses Gouverneurs (und) Vierten Priesters des Amun im Ipet-sut“. Ansonsten würde die Angabe auf eine späte Dekoration der Reliefdarstellung hinweisen, da wir wissen, dass Nesptah (B) den Titel zwischen Jahr 14 und 17 unter Psametik I. von seinem Vater übernommen hat.332 Das geht aber nicht mit der Darstellung von Taharqo zusammen, die deutlich früher anzusetzen ist. Herman de Meulenaere hingegen geht davon aus, dass die Kammer als Ort dem Angedenken an Monthemhet gewidmet war und von Nesptah (B) angelegt wurde, der aus Pietät den Vater mit vollständiger Titulatur darstellen ließ und auch selbst den Titel „Vierter Priester des Amun“ führte.333 Bemerkenswert ist dann allerdings, dass weder der Großvater Nesptah (A) noch Monthemhet mit dem Epitheton mAa xrw bezeichnet sind. Daher geht Jean Leclant davon aus, dass tatsächlich Nesptah (A) noch am Leben war, was bedeuten würde, dass sein Enkel Nesptah (B) noch ein relativ junger Mann gewesen sein dürfte, der noch am Anfang seiner Karriere stand und daher mit nur einem Titel bezeichnet wurde. Dann verwundert es auch nicht, dass Nesptah (B) lediglich den Priestertitel, aber nicht seine vollständige Titulatur führt, die ebenfalls „Gouverneur der Stadt (Theben)“ sowie „Vorsteher von Oberägypten“ beinhalten müsste. Das Amt des Gouverneurs von Theben hatte er ja bereits vor dem Tod von Monthemhet übernommen. Auf der Doppelstatue M-18 haben wir eine ähnliche Situation: Sowohl Monthemhet als auch sein Sohn führen den Titel „Vierter Priester des Amun“. Allerdings führt Nesptah (B) ebenfalls den Titel „Vorsteher von Oberägypten“, wobei für keinen der beiden eine Sequenz mit dem Titel des Gouverneurs von Theben erhalten ist.334 Aber Monthemhet ist auf diesem Rundbild durchgängig als mAa xrw bezeichnet. Insofern vermittelt die Titelverteilung in den Beischriften doch eher den Eindruck einer früheren Datierung, die zudem insbesondere in Bezug auf die Darstellung des Königs Taharqo keine Schwierigkeiten bereitet. 330

Bei einer ersten Autopsie im Jahr 2015 sowie einer weiteren Konsultation im Oktober 2019 konnte ich keine ausreichenden Zeichenspuren zur Absicherung der Lesung ausmachen. Die Oberfläche ist derart abgetragen, dass nichts mehr zu erkennen ist. Auch aktuelle Fotos bieten selbst nach aufwendiger Bearbeitung keine weitere Hilfe. Es bleibt abzuwarten, welche Erkenntnisse die erneute Abschrift und Kollation des Brooklyn Museum Teams der Inschrift noch abgewinnen konnte, vgl. Fazzini/McKercher 2016, 20. 331 Naunton 2011, 308–309. 332 Auf der Gruppenstatue M-18 tragen sowohl Vater als auch Sohn diesen Titel und Monthemhet ist mit dem Epitheton mAa xrw bezeichnet, vgl. Kap. III.2.3.1, Tab. 11. Eine Inschrift im Wadi Hammamat nennt Nesptah (B) als Träger des Titels, doch ist Monthemhet in der Filiationsangabe als snb bezeichnet, s. Leclant 1961c, 188–189. Die früheste datierte Quelle, die Nesptah (B) mit dem Titel nennt, ist Papyrus Wien D 12003 aus dem Jahr 17 von Psametik I., s. Malinine 1973, 192–208; vgl. zusammenfassend de Meulenaere 2008; vgl. auch Kap. III.1. 333 De Meulenaere 2008, 99–102; Payraudeau 2017, 322, Anm. 11. 334 Vgl. Kap. III.2.1.18.

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Die drei darüber liegenden Register zeigen Darstellungen verschiedener Kultbilder sowie weiterer Kultgegenstände. Die Darstellungen mögen ein visuelles Pendant zu der Vielzahl von Kultgegenständen darstellen, die Monthemhet als seine Stiftungen in der Inschrift erwähnt. Ähnliche Zusammenstellungen – als sogenanntes „Großes Kultinventar“ bezeichnet – finden sich ebenfalls in anderen Tempeln in unterschiedlichen Varianten.335 Die Bedeutsamkeit der Szene erschließt sich auf den ersten Blick. Mit dieser Darstellung ist die priveligierte Stellung der Familie des Monthemhet und zwar auch schon in der Generation des Vaters, Nesptah (A), im sakralen Raum durch den König Taharqo in Anwesenheit der Göttin Mut öffentlich dokumentiert. Bemerkenswert ist, dass Monthemhet, der hier in die Hierarchie eingebunden dargestellt ist, sich in der biographischen Inschrift der Krypta sowie in einigen seiner rundbildlichen Darstellungen in der Rolle als souverän agierender Ritualist präsentiert. Die Orientierung der Szene muss kurz angesprochen werden: Taharqo sowie seine drei Begleiter sind nach links in Richtung des Tempeleingangs orientiert. Entsprechend steht die Göttin Mut nach rechts orientiert und blickt somit in den Tempel hinein. Auch das in den oberen Registern dargestellte Kultinventar ist in Richtung des Tempels orientiert. Es könnte sich also um die Darstellung der Übergabe des renovierten Tempels sowie des wieder hergestellten Kultinventars an die Göttin Mut handeln. So wäre zumindest die Orientierung zu erklären. Allerdings findet sich in den erhaltenen Beischriften kein Hinweis, der die dargestellte Situation näher beschreibt. Wie bereits oben kurz angesprochen, ist der Zeitpunkt, an dem die Dekoration der Stirnwand vorgenommen worden ist, schwer zu bestimmen. Generell werden sowohl Bau als auch Dekoration der Kammer in die Zeit der 25. Dynastie datiert.336 Keine der drei dargestellten Personen ist mit dem Epitheton mAa xrw bezeichnet, anders als Neschons, die Nesptah (B) als seine Mutter nennt. Man erwartet das Epitheton an sich auch beim Großvater Nesptah (A), wobei das Fehlen auf den Erhaltungszustand bzw. Platzmangel zurückzuführen sein könnte oder aber auf einen Datierungszeitraum, an dem der Großvater Nesptah (A) noch am Leben war, wie Jean Leclant es vermutet.337 Auf der Grundlage der Titulatursequenzen wäre es auch möglich, einen späteren Zeitpunkt anzunehmen, so wie Herman de Meulenaere es vorgeschlagen hat.338 Doch ist aufgrund des schlechten Erhaltungs-zustands der Befund alles andere als sicher. Die sehr unkuschitische Ikonographie der Königsdarstellung könnte hierzu passen. Dennoch stellt sich die Frage, ob noch nach der Machtübernahme von Psametik I. über ganz Ägypten eine Darstellung von Taharqo im Tempelbezirk von Karnak möglich gewesen wäre. War der Zugang zur Krypta eventuell auf Mitglieder der Monthemhet-Familie beschränkt? Neal Spencer interpretiert die Darstellung anders: für ihn transportiert das Relief visuell ein Bild des königstreuen Beamten, wo hingegen in der Inschrift die Beschreibung der Bau- und Stiftungsaktivität allein auf Monthemhet als souverän agierenden Lokalherrscher rekurriert.339 Dies setzt eine Datierung mindestens des Reliefs in die späte 25. Dynastie bzw. in die Zeit während der assyrischen Eroberung voraus. 2.2.1.2

Die biographische Inschrift

Die zugehörige Inschrift340 bedeckt die Seitenwände der Kammer (Nord- und Südwand) sowie die Westwand rechts und links des Eingangs vollständig. Erste Abschriften des Reliefs sowie eines Teils der Inschriften liegen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts von Johannes Dümichen und Auguste Mariette vor.341 Die erste Bearbeitung lieferte im Jahr 1910 Walter Wreszinski, der eine neue Abschrift sowie eine deutsche Übersetzung publizierte.342 Einen kritischen Apparat zum damaligen Erhaltungszustand im Vergleich zu den alten Abschriften sowie eine Neubearbeitung und französische Übersetzung findet man in der Monographie von Jean Leclant, der zusätzlich Abbildungen der ihm zugänglichen Abklatsche der 335

Fazzini 2018, 247; Redford 1981, 94. Leclant 1961c, 235–238; Fazzini/Peck 1981, 115. 337 Leclant 1961c, 237. 338 De Meulenaere 2008, 99–102. 339 Spencer 2010b, 479. 340 PM II2, 258. 341 Dümichen 1869, Taf. 48; Mariette 1875, 64–66, Taf. 42–44. 342 Wreszinski 1910; der Text wurde in Teilen auch von Otto (1977, 159–161) übersetzt. 336

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Inschrift publizierte.343 Die aktuellste Version des Textes bietet Karl Jansen-Winkeln,344 weitere Übersetzungen liegen mitterweile ebenfalls vor.345 Im Jahr 2016 schließlich wurden Relief und Inschrift vom Team des Brooklyn Museum kollationiert sowie für eine zukünftige Publikation fotografiert.346 Reste von insgesamt 68 Kolumnen haben sich erhalten, die sich auf beide Seitenwände sowie die schmalen Wandstücke rechts und links des Eingangs in der Westwand gleichmäßig verteilen. Die Inschrift A auf der Südwand ist von rechts nach links, also vom Eingang in Richtung auf das Relief hin, orientiert. Auf der gegenüberliegenden Nordwand sind die Kolumnen (Inschrift B) ebenfalls von rechts nach links, also vom Relief in Richtung Eingang, orientiert. Da im Rahmen der hier zu bearbeitenden Fragestellung der genaue Wortlaut der Inschrift von eher untergeordneter Wichtigkeit ist, wurde auf eine neue philologische Bearbeitung und vollständige Übersetzung der Inschrift an dieser Stelle vor allem aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet.347 Stattdessen sollen einzelne wörtliche Zitate des umfangreichen Textes herangezogen werden, um die Argumentation zu unterstützen. Der Text ist als wörtliche Rede von Monthemhet konzipiert beginnend, mit Text B auf der Nordwand. Dieser erste Text enthält nur wenige konkrete Angaben zu Monthemhets Bau- und/oder Stiftungstätigkeit. Er ist geprägt von idealbiographischen Phrasen, die seine Pflichterfüllung im Bereich der Kultfürsorge ebenso thematisieren wie seine Qualitäten in der Administration von Oberägypten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Beteiligung seines ältesten Sohnes Nesptah (B), der mehrfach im Text als Erbe und Nachfolger erwähnt wird. Text A hingegen ist deutlich anders strukturiert. Hier finden wir eine konkrekte Aufzählung verschiedenster Bauprojekte und Stiftungen, die sich in erster Linie auf den Karnaktempel konzentrieren, aber zum Teil auch Tempel der Region betreffen. Hier wird ebenfalls am Ende des Textes die Beteiligung des Sohnes Nesptah (B) lobend herausgestellt. Monthemhet ist – soweit sich das aufgrund des Erhaltungszustands der Inschrift feststellen lässt – mit seiner Standardtitelsequenz bezeichnet, die zudem ergänzt wird durch den Titel des Vorstehers von Oberägypten in seiner Gesamtheit. Dies korrespondiert mit dem Befund auf der Sitzstatue M-07, die ja in der autobiographisch geprägten Inschrift auf der dem Sitz ebenfalls gleichermaßen auf die Bautätigkeit und die Pflichterfüllung in der Administration der Stadt Theben und Oberägyptens Bezug nimmt. Die folgende Tabelle (Tab. 9) gibt eine Übersicht: Tab. 9: Titelsequenzen in den Inschriften A und B der Krypta im Muttempel. Nesptah (A) Monthemhet

Nesptah (B)

Erhaltene Titelsequenzen in den Inschriften A und B der Krypta Hm nTr Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t B, 1 Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ¥mA.t [….] B, 1 [Hm nTr] 4nw Jmn m Jp.t-s.wt […] jm(.j)-r’ ¥mA.t mj [od]=s B, 30 [Hm nTr] 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ¥mA.t mj [od]=s B, 32 mtj n zA […] A, 1 sHD Hm nTr […] m WAs.t mtj n zA B, 17 jm(.j)-r’ […] B, 21

Sowohl Monthemhet als auch Nesptah (B) sind in der Inschrift einmal mit dem Epithetion snb bezeichnet (B, 1/17), während der Vater Nesptah (A) das Epitheton mAa xrw (B, 1) trägt. Wie bereits oben in Bezug auf das Relief erwähnt, wird die Datierung der Reliefdarstellung und der Inschrift kontrovers diskutiert.348 Grundsätzlich ist es auch denkbar, dass Relief und Inschrift zu unterschiedlichen Zeiten angebracht worden sind. So deutet der Befund daraufhin, dass die Reliefdarstellung vor der Inschrift angebracht worden sein könnte. Eine spätere Datierung würde das Problem aufwerfen, dass im Relief der kuschitische 343

Leclant 1960, 193–238, Taf. 66–70 [44] mit ausführlicher Bibliographie der älteren Literatur. Jansen-Winkeln 2009, 197–202 [142]. 345 Heise 2007, 80–89; Grallert 2001, 357–359. 346 Fazzini/McKercher 2016, 20. 347 Eine aktuelle Bearbeitung aller inschriftlichen Dokumente des Monthemhet aus nicht-funerärem Kontext soll an anderer Stelle publiziert werden. 348 Kap. III.2.2.1.1. 344

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König zum Beginn der 26. Dynastie dargestellt worden wäre, was doch recht unwahrscheinlich ist. Des Weiteren weisen die in der Inschrift verwendeten Titelsequenzen nur teilweise Übereinstimmungen mit denen in den Beischriften auf. Hieraus sind aber leider keine weiteren Schlüsse zu gewinnen. Inhaltlich finden sich Hinweise darauf, dass die Inschrift nach der assyrischen Eroberung konzipiert worden ist. 349 [Ich] ließ Oberägypten auf seinem Gottes-Weg B, 11–12 jw D(j)[=j] ¥mA.w Hr wA(j).t-nTr=s tA r-Dr=f m [rA-a(.w)] pna (…) gehen, als sich das Land in seiner Gesamtheit im Zustand des Umstürzens befand (…). Diese Passage könnte sich gut auf die Umbruchzeit nach der assyrischen Eroberung beziehen.350 Etwas später im Text berichtet Monthemhet von Gegnern, die er vertrieben habe: B, 14

dr[.n=j] btn.w m spA.wt ¥mA.w […]

[Ich habe] die Frevler aus den Provinzen Oberägyptens vertrieben […].

Auch diese Stelle könnte sich auf diese Zeit beziehen. Im Zusammenhang ist noch von jemandem die Rede, „der aus dem Süden kam“ (B, 12), was eventuell auf einen der kuschitischen Könige zu beziehen sein könnte. Der Kontext der Stelle ist allerdings so lückenhaft, dass keine konkrete Aussage zu gewinnen ist. Allerdings ist gerade dieser Teil der Inschrift stark von Texten des frühen Mittleren Reiches beeinflusst.351 Möglicherweise werden hier also Topoi bedient, die seit jeher zum Idealbild des altägyptischen Beamten gehörten. Dies schließt allerdings nicht aus, dass diese Passagen genau deshalb ausgewählt wurden, weil man in ihnen einen Bezug zur realweltlichen Lebenssituation erkannt hat. Außer dieser Textstelle ist nichts im Text erhalten, was auf die Erwähnung eines Königs, sei es Taharqo oder Psametik I., hindeuten würde. Dies steht im Gegensatz zu den biographischen Texten von Monthemhet aus dem zweiten Lichthof seines Grabes, die sehr konkret die Gunst und das Vertrauen des Königs Taharqo sowie auch die privilegierte Stellung Monthemhets in seinem königlichen Gefolge zum Thema haben.352 Insofern unterscheidet sich in dieser Hinsicht die Selbstpräsentation Monthemhets im Tempel deutlich von der in seiner Grabstätte. Während Inschrift B sich mehr auf allgemeine Aussagen zur Kultfürsorge und (ideal)biographische Phrasen konzentriert, stellt Inschrift A eine umfangreiche Aufzählung von spezifischen Bauvorhaben und Stiftungen für verschiedene Götter sowohl in Karnak als auch in anderen Orten dar. Nach eigener Aussage in Inschrift B sind diese Berichte wahrheitsgemäß: „Keine Lüge war in meinen Äußerungen“ (B, 5). Dies lässt sich in einem Punkt tatsächlich archäologisch nachweisen. In Inschrift A (Kol. 12) findet sich folgende Aussage: (Ich) habe für sie einen Säulensaal mit 24 A, 12 jw saHa.n(=j) n=s hAy.t m wAD(.w) 24 m jnr HD nfr n rwD.t Säulen aus Sandstein errichtet. Hierbei handelt es sich um den Säulenportikus vor dem Mut-Tempel, der zu Taharqos Bauprogramm im Karnak-Tempel zu zählen ist.353 Bei archäologischen Untersuchungen des Areals wurden 24 Säulenbasen gefunden,354 so dass diese Aussage bestätigt ist. Interessanterweise ist nun gerade für diesen Bau nachgewiesen, dass Monthemhet im Auftrag von Taharqo gehandelt haben muss, was in der Inschrift von Monthemhet keine Erwähnung findet. Im 349

Am Gebrauch des femininen Suffixpronomens ist zu erkennen, dass hier ¥mA.w trotz der Schreibung als Femininum aufgefasst wurde. 350 Ähnlich Herrmann 2011, 91. 351 Otto 1954, 160. 352 Herrmann 2011, 92–94; Herrmann, in: Gamer-Wallert 2013, 193. 353 Kap. II.4.4.2.2. 354 „When the Brooklyn team excavated the area north of the gate, it uncovered two porches of 12 columns each, just as Montuemhat had said. While the Ptolemies had rebuilt the southern end of the porches, they seem to have been content simply to repair the rest of the columns.“ (https://www.brooklynmuseum.org/features/mut, 27.11.2019). Einen aktuellen Plan bieten Fazzini/Van Djk 2015, Taf. 1; vgl. auch Kap. III.2.2.3.

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Gegenteil, die Beschreibungen der Stiftungen und Bauvorhaben bedienen sich bekannter Topoi wie beispielsweise „Das Suchen nach Nützlichem für den Gott“ (B, 18) oder „Das Vorfinden im zerstörten/kläglichen Zustand und Übertreffen der Vorgängerbauten“ (A, 24, 25, 27, 32) sowie weiterer Phraseologie königlicher Bauinschriften.355 Dies wurzelt zwar bereits in den Inschriften der Nomarchen im Mittleren Reich und lässt sich auch vereinzelt konkret in privaten Bauinschriften von Hohepriestern der späten Ramessidenzeit belegen,356 findet aber vor allem Vorbilder in den Bauinschriften der Hohepriester der 21. und 22. Dynastie, wobei diese die Königswürde für sich beanspruchen, was für Monthemhet nicht zutrifft.357 Monthemhet berichtet nicht nur von Arbeiten und Stiftungen im Mutbezirk (Säulenportikus, Heiliger See, Wirtschaftsanlagen, Opfer), sondern auch in anderen Bereichen des Karnaktempels (wie z. B. im Monthbezirk oder im Chons-Tempel), sowie ebenfalls außerhalb von Theben, wie beispielsweise in Abydos. Als „Vorsteher von Oberägypten“ sieht Monthemhet sich auch für die Kultanlagen außerhalb von Theben verantwortlich und die in der Inschriften genannten Arbeiten sind daher in diesem Zusammenhang zu sehen. In diesem Kontext ist folgender Textabschnitt von Wichtigkeit: B, 3

jw swab.n(=j) Hw.wt-nTr nb.w Xt (?) spA.wt ¥mA.t r Dr=s mj n.tt r swab-r’-pr […]

(Ich) reinigte alle Tempel überall in (?) den Bezirken Oberägyptens in seiner Gesamtheit entsprechend dem (Ritual) „Reinigung der Tempel […]“.

Monthemhet legitimiert hier sein Handeln durch den Verweis auf das Einhalten und Beachten von bestehenden Regeln und Vorschriften. Ähnliche Angaben finden sich immer wieder im Text, so zum Beispiel auch in Bezug auf die Erneuerung einer Götterbarke des Osiris in Abydos: A, 33 jw ms(j).n(=j) dp.t-nTr n(.t) Wsjr m spA.t tn m mH […] m aS mAa mj n.t-a(.w)=s mtr m[-xt] gm(j).n(=j) m Snd […]

(Ich) stellte die Götterbarke des Osiris in ihrem Bezirk von [?] Ellen aus echtem Tannenholz her, entsprechend ihrer richtigen Bestimmung/gemäß ihres richtigen Rituals, nachdem ich sie aus Akazienholz gefunden hatte […].

Die Herstellung und Stiftung der Götterbarke ist ebenfalls im Text auf dem Sitz der Statue Berlin 17271 (M-07) erwähnt. Es dürfte sich also um eine zuverlässige Angabe handeln.358 Auch verweist Monthemhet auf entsprechende Vorschriften, hier als n.t-a(.w) „Bestimmung, Ritual“ bezeichnet.359 Auch allgemein in Bezug auf die (Wieder)herstellung von Tempeln und Kultgerät liegt der Fokus auf der Tatsache, dass die Arbeiten in Übereinstimmung mit den jeweils geltenden Regelwerken vorgenommen worden sind. Das in dieser Hinsicht geltende allgemeine Referenzwerk wird als sjp.tj-wr „Großes (Tempel)inventar“360 bezeichnet. Wörtlich bedeutet es „Große Zusammenstellung“, das eventuell auch als „Großer Katalog“ zu interpretieren ist. Es handelt sich vermutlich um eine Art Bestandskatalog oder Inventarbuch, oder evenutell auch um einen Musterkatalog.361 Die Bestätigung, dass die Arbeiten nach den gültigen Regeln ausgeführt worden sind, sowie der Zugang zum Tempelinventar sind offenbar für 355

So findet sich z. B. eine vergleichbare Formulierung wie wrS=j Hr HH sDr=j [Hr] Dar Hr HH […] „Ich verbrachte den Tag mit Suchen und die Nacht mit Suchen und Forschen (…)“ (B, 18) auch auf der Stele Kawa V (Ny Carlsberg Glyptotek Æ.I.N. 1712) von Taharqo, Z. 2: wrS=f m hrw.w sDr=f m grx Hr HH (…) „Er verbrachte den Tag und durchwachte die Nacht mit Suchen (…)“, s. Jansen-Winkeln 2009, 135; Macadam 1949, 24, Taf. 10; vgl. Leclant 1961c, 211. Nach Grimal (1986, 583–4; 383–4) geht diese Formulierung auf Ramses III. zurück, vgl. Gozzoli 2009, 238 [d]. 356 Römer 1994, 92–93. 357 Römer 1994, 3–6, 93; Grallert 2001, 577–578; vgl. Kap. I.2. 358 Kap. III. 2.1.2.2: Inschrift auf der rechten Seite (Kol. 1–12). 359 Wb 2, 156.14. 360 Wb 4, 36.11; Wilson 1997, 798. 361 Redford 1981, 9294; Kahl 1999, 278. Die Wichtigkeit dieses Buches macht folgende Textstelle aus der Stele Kairo JE 6307 von Neferhotep I. klar. Der König spricht zu seinem Hofstaat (Z. 2–3): jw Ab(j).n jb=j mAA zXA.w pAw.t [tp](.j).t [Z. 3] n(.jt) tm pgA. n=j r sjp.tj-wr „Mein Herz hat verlangt, Schriften über die älteste (lit. erste) Urzeit des Atum zu sehen. Breitet (sie) aus für mich bis hin zum großen Tempelinventarbuch.“, Brose, in: TLA (Okt. 14).

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Monthemhet von großer Wichtigkeit, da der entsprechende Passus mj n.tt sjp.tj-wr „dem großen (Tempel)inventar entsprechend“ insgesamt mindestens vier Mal (A, 4, 6–7, 10, 18) in der Inschrift erwähnt wird. Auf der kuboiden Statue M-08 bezeichnet sich Monthemhet als HA.t(j)-a(.w) sjp od Hw.t Mw.t „Gouverneur, Inspektor der Bauarbeiten am Mut-Tempel“. Der Titel befindet sich in auffälliger Weise auf der Oberseite der Statue und ist daher gut lesbar.362 Dieser Titel bezeichnet eine übergeordnete kontrollierende Position in dem Bereich der Tempelverwaltung, die für die Inventarbücher zuständig ist. Hierdurch sind nochmals der Zugang zu den Schriften und das Wissen um die Bücher besonders betont. Die Formulierung mj wn.n(=f/s) (Xr-)HA.t „wie es früher war“, die ebenfalls vier Mal (A, 15, 16, 20, 21) belegt ist, kann als Ausdruck eines Traditionalismus verstanden werden, der nach einer chaotischen Zeit durch den Weg zurück zum Althergebrachten und in der Tradition Verankertem Sicherheit bietet.363 Monthemhet präsentiert sich hierdurch als Bewahrer der Tradition, als jemand, der – kraft seines Amtes – die Ordnung aufrechterhält und der die in diesem Zusammenhang wichtigen Vorschriften und Regeln kennt. Gleichwohl findet sich in den Inschriften keine Formulierung, die Monthemhet in irgendeiner Form in ein Verhältnis zur Maat setzt. Hierin unterscheidet sich seine Selbstpräsentation von derjenigen der Hohepriester oder von Beamten wie Hor (vii, viii, ix, xi) aus der 22. Dynastie.364 Die Inschrift A findet eine Parallele im sogenannten Gegentempel, dessen Bau ebenfalls Monthemhet zuzuschreiben ist.365 Es ist zu vermuten, dass der gesamte Text bzw. eine spezifische Redaktion des Textes im Gegentempel angebracht war. Auch hier lässt sich nicht abschließend klären, wann die Inschrift in der Kammer angelegt worden ist. Letztendlich passen sehr viele Indizien zu einer Anbringung im Rahmen der Umbauarbeiten im Mutbezirk vermutlich in einem Zeitraum nach der assyrischen Eroberung und noch vor der Machtübernahme Psametiks I. in Oberägypten. Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Selbstpräsentation von Monthemhet in den Inschriften der Krypta sich durch großes Selbstbewußtsein und Souveränität auszeichnet, was auf den ersten Blick ein Widerspruch zu der Reliefdarstellung auf der Stirnwand zu sein scheint. Gleichzeitig ist dieses autarke Handeln aber durch den Verweis auf die Einhaltung von bestehenden Vorschriften und Regeln eingebunden in den traditionellen Wertekanon seiner Lebenswelt. Monthemhet präsentiert sich als Bewahrer und Kenner dieser Traditionen. Die Referenz, der er sich verpflichtet, liegt in der götterweltlichen Sphäre. Er handelt für die Götter, wobei er weiß, was zu tun ist. Er hat Zugang zu den wichtigen Schriften und weiß diese anzuwenden. Dass sich die biographischen Phrasen der Inschrift zum Teil an Texten aus der Ersten Zwischenzeit und dem Mittleren Reich orientieren und die Beschreibungen der Bauarbeiten entsprechende königliche Phraseologie aufgreifen, passt sowohl zu dem allgemein bekannten, zeitgenössischen Trend als auch zu dem Selbstbild, dass in den Inschriften präsentiert wird. Es stellt sich die Frage, an welche Adressaten sich die Inschrift richtet. Die Zugänglichkeit der Krypta ist hierbei ein wichtiger Aspekt. Da es recht unwahrscheinlich ist, dass die Kammer für eine Vielzahl von Priestern zugänglich gewesen sein dürfte, ist das Ziel der Inschrift in erster Linie bei den Göttern zu suchen,366 obschon sich am Ende von Inschrift B auch ein kurzer Anruf an die Lebenden befindet. Der genaue Wortlaut ist leider aufgrund des Erhaltungszustands nicht sehr klar. Hierzu passt der dem Anruf an die Lebenden vorausgehende Abschnitt in Inschrift B, in dem Monthemhet und sein Sohn sich als Lohn (jsw nn) von den Göttern ein gutes Leben sowie die Beständigkeit der Erinnerung ihres Namens im Tempel wünschen. Das Herausstellen der Beteiligung des Sohnes, Nesptah (B), und die Betonung seiner Position als Erbe sind in diesem Zusammenhang ebenfalls bedeutsam. Diese Position ist mit der Inschrift vor den Göttern sowie vor denjenigen Priestern, die Zugang zu der Krypta hatten, quasi publiziert und dadurch wirksam.

362

Siehe Kap. III.2.1.3.2. Leclant 1961c, 236, Anm. 1. 364 Siehe Kap. I.5.1.4.1. 365 Siehe Kap. III.2.2.2. 366 Zur Frage von Zugänglichkeit bzw. Unzugänglichkeit von (auto)biographischen Inschriften, s. von Lieven 2010. 363

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2.2.2 Der Gegentempel im Mutbezirk An die Rückwand des Mut-Tempels ist außen zum Heiligen See hin eine Kapelle angebaut. Sie besteht aus zwei hintereinanderliegenden etwa gleich großen Kammern sowie einem dahinter liegenden, deutlich kleineren Raum in der Art einer Nische, als dessen rückwärtige Wand die Außenmauer des Tempels dient. Hier befinden sich die Reste einer Reliefszene, die sich leider nur schlecht erhalten hat. Die Anlage war bis zum Ende des 19. Jahrhunderts unbekannt, da sie vollständig mit Sand bedeckt war,367 bis sie im Jahr 1890 während der Ausgrabungsarbeiten von Janet Benson und Margaret Gourley entdeckt, ausgegraben und aufgenommen wurde.368 Die beiden Ausgräberinnen datierten den Bau aufgrund erhaltener Reliefdekoration in die ptolemäische Zeit.369 Im Jahr 1982 fanden im Rahmen der Arbeiten der Mut Expedition (Brooklyn Museum) Nachgrabungen im Gegentempel und seiner näheren Umgebung statt,370 und im Jahr 1990 wurden umfangreiche Restaurierungsarbeiten an dem Gebäude durchgeführt, die zum weiteren Verständnis der Anlage und zur Verbesserung des Plans (Abb. 28) führten.

Abb. 28: Der Gegentempel im Mut-Bezirk (Fazzini/O’Rourke 2008, 147, fig. 1b).

Während Teile der Dekoration in die 30. Dynastie und die ptolemäische Zeit zu datieren sind, konnte die Anlage als solche der 25./26. Dynastie und eindeutig Monthemhet zugewiesen werden. Zwar ist die Zuweisung nicht durch die Nennung eines Namens abgesichert, aber Paul O’Rourke konnte unter verschiedenen Blöcken mit Inschriften-Resten, die in der Umgebung aufgefunden wurden, eine Parallele der biographischen Inschrift von Monthemhet aus der Krypta im Mut-Bezirk identifizieren und durch ihr Format und die Außendekoration zweifelsfrei im zweiten Raum des Gegentempels relokalisieren.371 Mit der Reliefszene auf der rückwärtigen Wand in der hinteren Nische, bei der es sich um die Außenmauer des Tempels handelt, und den Inschriftenresten, die zum Eingang orientiert sind, im Raum davor ergibt sich zudem ein Dekorationsschema, das dem der Krypta sehr ähnlich ist. Fazzini vermutet, dass die antithetisch aufgebaute Reliefszene, bei der es sich ursprünglich um ein Graffito handeln dürfte, um Monthemhet sowie seinen Sohn Nesptah (B) in Anbetung vor einer thronenden Gottheit, vermutlich der Göttin Mut handeln könnte.372 Leider lässt der Erhaltungszustand der Szene weder eine Absicherung noch weitere Schlüsse zu. 367

Benson/Gourlay 1899, 60, Taf. V. Benson/Gourlay 1899, 70–71; vgl. Fazzini/O’Rourke 2008, 139–140, 147, Abb. 1a. 369 Benson/Gourlay 1899, 70–71. König beim Opfern eines Feldes auf dem Türpfosten zwischen dem ersten und zweiten Raum (PM II2, 259 [18]), s. Fazzini/O’Rourke 2008, 140, Anm. 7. 370 Fazzini/O’Rourke 2008, 140; Fazzini/Peck 1982, 41–42; Fazzini/1984/85, 293. 371 Fazzini/O’Rourke 2008, 142–146; 149–150, Abb. 3a–c u. 4a–c; Jansen-Winkeln 2009, 495–496 [260]. 372 Fazzini/O’Rourke 2008, 142. 368

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Der Zugang zu der Kapelle erfolgte mit einiger Sicherheit über eine Treppe, die heute nicht mehr erhalten ist, vom Heiligen See aus (Abb. 29–30).373

Abb. 29: Blick vom Heiligen See auf die Front des Gegentempels (Foto: A. Blöbaum).

Abb. 30: Blick über die rückwärtige Mauer (Rückwand des Tempels) in den Gegentempel (Foto: A. Blöbaum). 373

Benson/Gourlay (1899, 70–71) bemerkten, dass sie Reste der Treppe in der Nähe der Anlage gefunden und replatziert hätten, s. Fazzini/O’Rourke 2008, 142.

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Auf der Basis einer Analyse der Dekoration des Gegentempels kommt Richard Fazzini zu dem Schluss, dass das Gebäude im Zusammenhang mit dem Graffito auf der Rückwand des Tempels angelegt wurde und ursprünglich sowohl einen Kult für Monthemhet beherbergte, aber vermutlich auch im Rahmen von Prozessionen oder anderen Festgelegenheiten in das Kultgeschehen der thebanischen Triade eingebunden war, insbesondere auch im Rahmen der Rückkehr der wütenden Göttin und ihrer Besänftigung.374 In diesem Zusammenhang vermutet er, dass die Monthemhet zugeschriebene Statue M-10, von der nur der Kopf und ein Teil der Schulter erhalten ist, eventuell ursprünglich in diesem Tempel aufgestellt gewesen sein könnte. Monthemhet ist in der Tracht eines js n(.j) ¡w.t-¡r.w „Glatzkopfes der Hathor“ dargestellt, und Reste eines Textes auf dem Rückenpfeiler identifizieren ihn eindeutig mit dieser Priestergruppe, die insbesondere im Kult der Besänftigung der wütenden Göttin eine wichtige Rolle spielten.375 Die Tatsache, dass das Fragment im Mutbezirk gefunden wurde und auf dem Rückenpfeiler offenbar auch Bezug auf die Bauarbeiten von Monthemhet nimmmt, unterstützt diese These.376 2.2.3 Zwei Kapellen vor dem Pylon des Tempels A im Mutbezirk Diese Kapellen sind in der Sekundärliteratur erwähnt, jedoch bisher noch nicht vollständig publiziert.377 Die Zuweisung zu Monthemhet ist durch Inschriften gesichert.378 Eine der beiden Kapellen ist als KaKapelle für den erstgeborenen Sohn Nesptah (B) anzusehen.379 Sie befindet sich am südlichen Ende der westlichen Säulenreihe vor dem ersten Pylon im Mutbezirk. Je zwei Reihen mit sechs Säulen östlich und westlich des Durchgangs bilden den Säulenvorbau, der Taharqo (und Monthemhet) zuzuschreiben ist.380 Nähere Angaben und weitere Schlüsse in Bezug auf die Selbstdarstellung von Monthemhet im Tempel sind leider nicht zu gewinnen, solange nicht eine ausführliche Publikation der Kapellen vorliegt. Festzustellen bleibt, dass die Möglichkeit, eigene Kapellen im Tempelareal zu errichten, als besonderes hohes Privileg anzusehen ist. Dieses Privileg ist allerdings nicht als Alleinstellungsmerkmal für Monthemhet zu werten, wie die Reste einer anderen Kapelle zeigen, die ebenfalls vor dem ersten Pylon im Mutbezirk gefunden wurden, allerdings einem Horudja aus der Zeit Psametiks I. zuzuordnen sind, so dass Monthemhet eventuell hier als Wegbereiter für eine solche Präsenz im Tempelbezirk angesehen werden kann.381 Hinweise liefert in diesem Zusammenhang ebenfalls eine Statue des Beamten Hor (vii, viii, ix, xi) aus der 22. Dynastie, die als Gunstvermerk den Namen des Königs Pedubast I. trägt.382 Dennoch berichtet Hor in den (auto)biographischen Inschriften auf der kuboiden Statue von der Errichtung einer Osiris-Kapelle in seinem eigenen Auftrag.383 Ein Zusammenhang besteht vermutlich mit der Darstellung von hohen Funktionären der Gottesgemahlin, die zusammen mit ihrer Herrin in den Osiris-Kapellen in Karnak dargestellt sind.384 „Für fast jeden Obervermögensverwalter der 25. und 26. Dynastie ist eine Beteiligung an einer Osiriskapelle nachzuweisen. In erheblicher Ausweitung des alten Privilegs der Tempelstatue erobern diese hohen Beamten den sakralen Raum, um dadurch göttliche Gunst und weltliches Prestige zu erlangen.“385 374

Fazzini 2010; vgl. auch Kap. II.4.1.2. Von Lieven 2003, 52–54. 376 Fazzini 2010, 96–99; mit Verweis auf von Lieven, ebd.; vgl. hierzu auch Frood 2013, 182–183. 377 Fazzini 2010, 96: hier spricht der Autor sogar von „at least two chapels of Mentuemhat (…) in addition to the longknown ʽcryptʼ in the Mut Temple“; Fazzini 2011: „two small chapels in front of Temple A“. 378 https://www.brooklynmuseum.org/features/mut (27.05.2019). 379 Fazzini/McKercher 2015, 106. Ein Foto der Anlage findet sich auf der Homepage der Brooklyn Museum Archaeological Expedition to the Precinct of Mut: https://embed.culturalspot.org/embed/exhibit/brooklyn-museumand-the-precinct-of-mut/QQ4KslNP?position=64%2C0# (20.08.2019). 380 Ein aktueller Plan findet sich bei Fazzini/Van Djk 2015, pl. 1. Dass sich hierdurch die Angaben zum Bau einer 24Säulen-Halle in der Inschrift der Monthemhet-Krypta archäologisch bestätigt haben, wurde bereits in Kap. III.2.2.1.2 ausgeführt. 381 Fazzini/Peck 1981, 120. 382 CG 42226: Coulon 2005, 334–336; vgl. Kap. I.5.1.3. 383 Kucharek 2006b, 10; die Kapelle wurde in der Zeit Osorkons II. errichtet. 384 Dieses Privileg war auf den amtierenden Obervermögensverwalter beschränkt, s. Kucharek 2006b, 10–12; vgl. hierzu ebenso Jurman 2006, 119–120. 385 Kucharek 2006b, 12. 375

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In den Kapellen von Monthemhet und Nesptah (B) manifestiert sich dieses gleiche Phänomen. Doch anders als die Obervermögensverwalter der Gottesgemahlin agiert Monthemhet ohne übergeordnete Instanz. Die kleinen Kapellen vor dem Tempel A, bzw. der Bereich der Säulenvorhalle, kommen auch als mögliche Aufstellungsorte für Teile des Statuenensembles von Monthemhet in Betracht.386 Diese Annahme wird unterstützt durch die Tatsache, dass Fragmente einer der größten Statuen, die Monthemhet zuzuschreiben ist, vor dem Pylon von Tempel A gefunden wurden. Es handelt sich um Fragmente einer Standstatue aus rotem Sandstein,387 die Monthemhet bekleidet mit dem Felidenfell darstellt.388 Da auch diese Fragmente noch nicht publiziert sind, kann diese Statue nur bedingt in die Analyse einbezogen werden.389 Auch diese Bauten präsentieren die außerordentlich einflussreiche und privilegierte Stellung Monthemhets und seiner Familie. 2.3

Die Selbstpräsentation im Tempel – ein Überblick

Nach der Darstellung des Befunds soll nun im Folgenden in einem Fazit die Selbstpräsentation Monthemhets im Karnaktempel zusammenfassend dargestellt werden. Hierbei wird sich die Auswertung auf spezifische Elemente der Inszenierung konzentrieren. Nach einem Überblick über Komposition und Kontext der Statuen, die auch die Verortung im Tempelbezirk miteinbezieht, folgen zwei weitere Kapitel, die den Gebrauch der Titelsequenzen auf den Statuen sowie die Bautätigkeit Monthemhets als Element der Selbstinszenierung beleuchten. In einem abschließenden Kapitel werden die Befunde gegenübergestellt und zusammengefasst. 2.3.1 Komposition und Kontext der Statuen von Monthemhet im Karnaktempel Die rundplastische Präsenz von Monthemhet im Karnaktempel ist einerseits durch die Quantität, aber andererseits vor allem durch die Qualität der einzelnen Stücke bemerkenswert. Die tabellarische Übersicht (Tab. 10) verdeutlicht die Vielfalt der Monthemhet zugeschriebenen rundbildlichen Darstellungen, aber auch die Kohärenz in Bezug auf bestimmte Elemente innerhalb des Ensembles. Da die folgenden Überlegungen auf Monthemhets Präsenz im Karnak-Tempel fokussiert sind, liegen der tabellarischen Übersicht die Möglichkeiten einer Verortung der Objekte als strukturierende Basis zugrunde. Es werden insgesamt vier Gruppen unterschieden: (1) (2) (3) (4)

Das Objekt ist durch seinen Fundort einem Bereich des Karnak-Tempels zuzuweisen. Das Objekt stammt aus der Cachette im Karnak-Tempel. Das Objekt stammt aus dem Kunsthandel, kann aber durch bestimmte Indizien im Bereich des Karnak-Tempels verortet werden. Das Objekt stammt aus dem Kunsthandel und kann nicht durch andere Hinweise mit dem Karnak-Tempel in Verbindung gebracht werden, oder das Objekt ist durch seinen Fundort auf jeden Fall woanders als in Karnak zu verorten.

Insgesamt ist lediglich für drei Objekte (Gruppe 4: M-06, M-12, M-13) eine Herkunft aus Karnak unwahrscheinlich bzw. auszuschließen. Der Stelophor M-06 wurde auf der oberen Terrasse im Tempel der Hatschepsut in Deir el-Bahari gefunden. Während Carsten Knigge davon ausgeht, dass die Statue verworfen ist und ursprünglich aus dem Umfeld der Grabanlage des Monthemhet stammen dürfte,390 könnte es sich aber ebenso gut auch um den ursprünglichen Fundort handeln. Denn auf der oberen Terrasse des Tempels konnte eine Nekropole mit Schachtgräbern der Elite aus der 23. bis 25. Dynastie lokalisiert werden, wobei auch inschriftliches Material der Ehefrauen von Monthemhet in der sekundären Verfüllung der Schächte aufgefunden wurde.391 386

Die Statue von Hor war ebenfalls in unmittelbarem Zusammenhang mit der Kapelle aufgestellt, s. Kuchareck 2006b, 10–11. 387 Fazzini/McKercher 2015, 109; siehe hierzu auch Kap. III.2.1.5–2.1.6; 2.3.1, 2.3.5. 388 Fazzini 2010, 96; Fay 2002, 29. 389 Die Publikation ist angekündigt in R. Fazzini, Aspects of the Art, Iconography and Architecture of Late Dynasty XX – Early Dynasty XXVI (with Special Emphasis on the Temple Precinct of the Goddess Mut at Karnak), s. Fazzini 2010, 96–97, Anm. 44. 390 Knigge 2006, 248–249. 391 Überblick mit Verweis auf ältere Literatur bei Szafrański 2015, 183–201, insb. 185.

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270

Es ist davon auszugehen, dass es sich um eine Familiengrabstätte handelt, in der auch Nesptah (A), der Vater von Monthemhet, zusammen mit seiner Frau bestattet worden ist.392 Die Inschrift der Stele stellt einen sonst nicht belegten Hymnus an den Sonnengott in seiner Funktion als Lebenserhalter dar, der im Kontext der Bestattung Verwendung gefunden haben dürfte.393 Insofern wäre eine Lokalisierung im Umfeld des Grabes von Monthemhet, aber auch einer möglichen Familienbegräbnisstätte auf der oberen Terrasse des Hatschepsut-Tempels plausibel.

Gruppe (4)

Gruppe (3)

Gruppe (2)

Gruppe (1)

Tab. 10: Die rundplastischen Darstellungen des Monthemhet – Übersicht. Typ

Fundort/Herkunft

Höhe

Material

Sigle

Stehfigur, Frgm.

Karnak, Tempel Ramses III., Ostmauer zum Karyatidenhof, Nordseite des Durchgangs

26,5 cm

roter Quarzit

M-02

Kuboid

Karnak-Nord, Month-Tempel, verbaut im Norden des Eingangstors

ca. 50 cm grauer Granit

M-09

Karnak, Mut-Bezirk, verbaut in der südl. Ecke der ptol. Ziegelumfassungsmauer Kniefigur, Kopf Karnak, Mut-Bezirk, verbaut in der südl. Ecke der ptol. Ziegelumfassungsmauer Frgm., Oberkörper Karnak Sockel Karnak Sockel Karnak, Amun-Tempel, südl. des Barkensanktuars Stehfigur Karnak, Cachette Stehfigur, Theophor Karnak, Cachette Kniefigur, Stelophor Karnak, Cachette

ca. 90 cm schwarzer Granit 50 cm schwarzer Granit 25,2 cm grauer Granit 18,7 cm grauer Granit 30 cm roter Granit

M-08

M-14 M-16 M-17

135 cm 31 cm 40 cm

M-01 M-05 M-11

Sockel Gruppe

Karnak, Cachette Karnak, Cachette

12,5 cm 34 cm

Stehfigur, Torso Stehfigur, Torso Sitzfigur Gruppe, Frgm.

In Luxor angekauft: Karnak? Kunsthandel: Mut-Bezirk/Karnak? Kunsthandel/Karnak Cachette?: Karnak In Ägypten angekauft: Karnak?

52 cm 23 cm 49 cm 14 cm

Kuboid

Stehfigur, Stelophor

Deir el-Bahari, obere Terrasse im Tempel der Hatschepsut Kniefigur, Stelophor Kunsthandel (?)

42 cm

Kniefigur, Stelophor Kunsthandel Kairo

76 cm

70 cm

grauer Granit grüne Breccie graue Breccie, schwarzer Granit grauer Granit schwarzer Granit roter Quarzit roter Quarzit grauer Granit schwarzer Granit grauer Granit schwarzer Granit Granodiorit

M-10

M-15 M-18 M-03 M-04 M-07 M-19 M-06 M-12 M-13

Die beiden Stelophoren M-12 und M-13 sind mit großer Wahrscheinlichkeit als Paar anzusehen und werden von Jean Leclant der Grabanlage (TT 34) von Monthemhet zugeschrieben.394 Wenngleich diese Zuweisung mit den Inschriften der Stelen, die jeweils einen Sonnenhymnus, der funktional dem Totenkult zuzurechnen ist, inhaltlich gut korrespondiert, schließt Carsten Knigge eine Aufstellung im Tempel nicht grundsätzlich aus.395 392

Payreaudeau 2017, 323, mit Verweis auf PM I.2, 645. Knigge 2006, 248–249. 394 Leclant 1961c, 40 u. 48. 395 Knigge 2006, 224–225. Ein wenngleich im Format deutlich kleinerer Stelophor von Monthemhet (M-11) wurde in der Cachette in Karnak gefunden, vgl. Kap. III.2.1.11. Bei dem Text auf der Stele handelt es sich um einen Hymnus 393

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

271

Für die hier vorgelegte Untersuchung wird der Zuweisung von Jean Leclant mehr Gewicht eingeräumt, zumal eine Zuordnung zu einem spezifischen Tempel aufgrund der unbestimmbaren Herkunft nicht möglich ist. In allen drei Fällen ist Karnak als ursprünglicher Aufstellungsort denkbar unwahrscheinlich und daher auszuschließen. Anders verhält es sich mit den Stücken der Gruppe 3 (M-03, M-04, M-07, M-19), die zwar aus dem Kunsthandel stammen, aber durch ihre Inschriften bzw. andere Indizien dem Tempelbezirk von Karnak zugeordnet werden können. Für die Sitzstatue M-07 konnte aufgrund ihrer Komposition der Tempelbereich des Achmenu als möglicher Aufstellungsort erschlossen werden (vgl. Kap. III.2.1.2.3). Zudem ist durch die Zugehörigkeit zu dem Sockel M-15, der in der Cachette von Karnak gefunden wurde, ganz grundsätzlich eine Verortung im Tempelbezirk von Karnak abgesichert (vgl. Kap. III.2.1.2.4). Die Reste der Inschrift auf dem Rückenpfeiler der leider nur fragmentarisch erhaltenen Familiengruppe M-19 beziehen sich auf die Bautätigkeit von Monthemhet. Da sich diese Bautätigkeit auf den KarnakTempel und insbesondere auf den Mut-Bezirk konzentriert, ist davon auszugehen, dass auch diese Statue ursprünglich im Tempel von Karnak aufgestellt gewesen sein dürfte. Bei den beiden fragmentarisch erhaltenen Standschreitstatuen M-03 und M-04 handelt es sich in beiden Fällen um ursprünglich annähernd lebensgroß dargestellte Felidenfellträger, die in beiden Fällen aus rotem Quarzit angefertigt worden sind. Der untere Teil einer Standfigur aus rotem Quarzit (M-02) wurde im Tempel von Ramses III. gefunden. Zudem wurden weitere Fragmente einer lebensgroßen Statue des Monthemhet, die ihn im Felidenfell zeigt, im Mutbezirk gefunden.396 Ob überhaupt und wie diese Fragmente zusammengehören, bleibt ungeklärt. Rein theoretisch ist mindestens von zwei Felidenträgerstatuen für Monthemhet auszugehen, die vermutlich im Tempel Ramses III. und im Mutbezirk zu verorten sind.397 Da die Zugehörigkeit der Fragmente nicht geklärt ist, könnte es sich aber auch um eine größere Anzahl dieser Statuen handeln.398 Festzuhalten bleibt, dass Motiv und Material der Statuen M-02 und M-03 für den Tempelbezirk von Karnak sprechen, wobei vorsichtig eine nähere Eingrenzung auf den Tempel von Ramses III. und den Mut-Bezirk erwogen werden könnte, ohne dass man allerdings eines der beiden Statuenfragmente konkret zuordnen könnte. Die Gruppen 1 und 2 sind durch ihren Fundort entweder in der Cachette von Karnak oder im Tempelbezirk eindeutig zugeordnet. Die folgende Übersicht (Abb. 31) zeigt eine mögliche Rekonstruktion der Präsenz Monthemhets im Tempelbezirk von Karnak.399 Auffallend ist die Verteilung der Stücke im gesamten Tempelbezirk, wobei mit aller gebotenen Vorsicht eine Konzentration auf gut zugängliche bzw. wichtige Durchgangswege festzustellen ist.400 Gleichfalls bedeutsam ist eine Verdichtung der Präsenz im Mut-Bezirk, der als sakraler Hauptwirkungsort von Monthemhet anzusehen ist. Dies spiegelt sich in den dort erhaltenen Inschriften sowie in der archäologisch nachweisbaren Bautätigkeit Monthemhets, auf die in den folgenden beiden Kapiteln (Kap. III.2.3.2 u. Kap. III.2.3.3) detaillierter eingegangen werden wird.

an Amun, der dort insbesondere als Retter vor Krankheit und Not angesprochen wird, s. Knigge 2006, 228–229; Bojowald 2015. 396 Fazzini 2010, 96 mit Anm. 44. 397 Nähere Erkenntnisse sind sicherlich durch die Publikation der zusätzlichen Fragmente aus dem Mutbezirk zu erwarten, da die Darstellung des Felidenfells bei allen Stücken individuell gestaltet ist, vgl. hierzu die Beschreibungen in Kap. III.2.1.5–6. 398 Zumindest schreibt Fazzini (2010, 96, Anm. 44) deutlich von zwei verschiedenen Statuen in Bezug auf die unpublizierten Fragmente aus dem Mut-Bezirk sowie den von Biri Fay (2002, 23–31) publizierten Torso (M-04). 399 Die Abbildungen der Statuen sind nicht maßstabsgetreu; graue Siglen = mutmaßliche Zuweisung; Plan (A. Blöbaum) nach Dodson 2011, 22–23 und Peck 2010, 254, Abb. 1. 400 Falls Stücke im Tempelbezirk gefunden wurden, die nicht verbaut worden sind, so wurde ein Aufstellungsort in der Nähe des Fundortes angenommen.

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Abb. 31: Die rundbildliche Präsenz von Monthemhet im Karnak-Tempel.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Alle Stücke sind aus Hartgestein in ausgesuchter Qualität hergestellt, wie es für einen Beamten der höchsten Elite im spätzeitlichen Theben zu erwarten ist. Dass auch die Auswahl des Materials ein Element der Gesamtkomposition darstellt, hat Patrizia Heindl in ihrer Studie zu den Felidenfellträgerstatuen im Ensemble von Monthemhet sehr überzeugend dargelegt.401 Zwei kleinformatige Gruppenstatuen aus dunklem Gestein (M-18 u. M-19) sowie mindestens zwei Standstatuen (M-03 u. M-04), die aus roten Quarzit angefertigt wurden, zeigen Monthemhet mit dem Felidenfell. Heindl unterscheidet hier zwei unterschiedliche Motivgruppen: „einerseits aktive (stehende) Darstellungen, die durch das rote Gestein solare Bezüge und die damit verbundene feindvernichtende und lebensspendende Kraft aufweisen, andererseits passive (sitzende) Personen, die mit der im Jenseits stattfindenden Regeneration und der Nutzbarmachung der Dämonen konnotiert wurden“.402 Das Motiv des Felidenfells ist in Bezug auf beide Gruppen auch in anderen Kontexten nachgewiesen.403 Aktivität kann u. a. durch die Haltung ausgedrückt sein, in diesem Fall durch Schreiten bzw. Stehen, im Gegensatz zur sitzenden Haltung, die hier eher als eine rezipierende, passive zu verstehen ist. Die Stand-Schreit-Figuren weisen – nach Heindl – einen solaren Bezug auf und stellen den handelnden Priester bei der Feindüberwindung dar. Die beiden Gruppenstatuen (M-18 u. M-19) fokussieren vordergründig auf die Einbindung des Dargestellten in den Opferumlauf und die damit verbundene Versorgung im Jenseits, andererseits finden sich bei den beiden Gruppen aber auch Hinweise auf eine aktive Kultausübung, die dort allerdings auf der Rückseite der Statue verortet ist und somit die Aktivität ins Jenseits verlagert.404 Auf dem Rückenpfeiler der Familiengruppe M-19 wird inschriftlich auf die Bautätigkeit Monthemhets verwiesen, im Falle der Gruppenstatue M-18 zeigt das Relief im oberen Teil der rückwärtigen Stele Monthemhet im Felidenfell zum Einen in Kultausübung vor Amun-Re, Re-Harachte und Atum und zum anderen eingebunden in den Kult an der Stelle des Horus hinter Osiris und Isis (Abb. 32). Die Darstellung ist antithetisch aufgebaut, der vom Betrachter aus linke Teil befindet sich hinter der Darstellung von Monthemhet, der rechte Teil hinter derjenigen von Nesptah, der dementsprechend als Priester in Kultausübung dargestellt ist. Bemerkenswert ist zweifelsohne die Position von Monthemhet: er ist in der göttlichen Sphäre nach Osiris und Isis an der Stelle des Horus dargestellt. Mit dieser Adaption königlicher Ikonographie wird Monthemhet als verstorbener Herrscher inszeniert. Leider ist die Statue nicht vollständig erhalten, so dass nicht eindeutig geklärt werden kann, ob es sich um eine posthume Stiftung des Sohns Nesptah (B) handelt, oder ob dieses Stück bereits zu Lebzeiten von Monthemhet in Auftrag gegeben und im Tempel aufgestellt wurde. Die gesamte Anlage der Statue sowie die Tatsache, dass Monthemhet fast durchgänig als mAa xrw „gerechtfertig/selig“405 bezeichnet ist, deutet eher auf eine posthume Stiftung, doch könnte die Statue ebenso gut auf die Installation von Nesptah (B) als Nachfolger von Monthemhet abzielen.

Abb. 32: Die Stele auf der Rückseite der Statuengruppe M-18 (Kairo, CG 42241, Foto: NU_2006_8329 © Museum Kairo/IFAO). 401

Heindl 2018. Heindl 2018, 51. 403 Rummel 2007, 109–152; Rummel 2010, 25–32; Heindl 2018, 51–56. 404 Heindl 2018, 56–57. 405 Wb 2, 15–18. 402

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Interessanterweise gibt es nur eine weitere Statue im erhaltenen Ensemble, auf der Monthemhet, dort wo der Platz es zulässt, durchgehend mit dem Epitheton mAa xrw bezeichnet ist, und dies ist die StandSchreitstatue M-01.406 Ob die Verwendung des Epithetons auf Statuen mit einer Aufstellung derselben nach dem Tod der dargestellten Person zu korrelieren ist, ist ganz allgemein für die Spätzeit in Frage gestellt worden,407 doch die Betrachtung des Gesamtensembles der erhaltenen Statuen von Monthemhet zeigt m. E. eine gewisse Systematik, wie folgende Übersicht verdeutlicht (Tab. 11).

2 4

4 2

1 2

M-06: Stelophor

M-19: Gruppe, Frgm.

M-18: Gruppe, Frgm.

M-17: Sockel

M-16: Sockelfrgm.

1

1 1

1

1 1

1 1

4 1

M-13: Stelophor, Kniefigur

5

M:15: Sockelfrgm.

M-14: Oberteil einer Statue

M-11: Stelophor, Kniefigur

M-10: Kniefigur, Frgm.

M-09: Kuboide Statue

M-08: Kuboide Statue

3

1

1

2 1

2

5 1

1a 1a 1

M-07: Sitzfigur

M-05: Theophor

M-04: Stehfigur, Torso

M-03: Stehfigur, Torso

1a 1 1 1 8a 3 1 3 5 1b

M-12: Stelophor, Kniefigur

Chaemhor Nesptah (A) mAa xrw Isisemchemmis mAa xrw Monthemhet Monthemhet snb Monthemhet mAa xrw Monthemhet […] Neschons mAa xrw Udjarenes Nesptah (A) Nesptah (A) […] Pascherienmut Djedchonsiuefanch

M-02: Stehfigur, Frgm.

a: Platzmangel b: Sekundär?

M-01: Stehfigur

Tab. 11: Übersicht: Das Epitheton mAa xrw auf den Statuen von Monthemhet.

3

1

1

1

1

2a 1 1

1

1 1

Die Übersicht ist in Generationen angelegt beginnend mit derjenigen des Großvaters, Chaemhor, und mit denjenigen Söhnen von Monthemhet endend, die auf den Statuen ihres Vaters Erwähnung finden. Die drei Statuen, die nicht in Karnak zu verorten sind, wurden der Vollständigkeit halber mit aufgenommen, aber von den anderen separiert (rechts außen). Es fällt auf, dass die Eltern- und Großelterngeneration, wenn es der zur Verfügung stehende Platz zulässt, mit dem Epitheton mAa xrw gekennzeichnet sind. Dies gilt ebenso für seine erste Ehefrau Neschons, während Udjarenes auf derselben Statue wie Neschons (M-02) ohne Epitheton genannt ist. Hier ist nicht auszuschließen, dass auch hier aufgrund von Platzmangel das Epitheton fehlt. Für Monthemhet zeigt sich folgender Befund: der Name kann ganz ohne Epitheton, mit dem Epitheton snb „gesund“408 oder mit dem Epitheton mAa xrw „gerechtfertigt/selig“ genannt sein. Das Epitheton snb als Zusatz nach Personennamen findet sich ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. gelegentlich auf Monumenten, vor 406

Siehe Kap. III.2.1.1. Zur Genese, Bedeutung und Verwendung des Epithetons im Mittleren Reich, s. Doxey 1998, 91–93. Ob die Verwendung des Epithetons mit dem Ableben der so bezeichneten Person zu korrelieren ist, ist vor allem bei der Verwendung auf Statuen in Frage gestellt worden, s. Graefe 1978, 46; vgl. Koch 2012, 46–47. Brandl (2008, 287) geht für die Steinstatuen der Dritten Zwischenzeit generell von einer Aufstellung nach dem Tod aus, während Price (2017, 397) in Bezug auf Padiamenope und eine Gruppe von hohen Beamten überzeugend für eine Aufstellung zu Lebzeiten der dargestellten Person plädiert, was ganz grundsätzlich für das Monthemhet-Ensemble ebenfalls anzunehmen ist, s. Kap. III.2.1.1.2. 408 Wb 4, 158.8. 407

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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allem während der Regierungszeit von Psametik I., aber auch noch bis in die Ptolemäische Zeit und wird generell als Antonym zu mAa xrw aufgefasst.409 Auffallend im Befund von Monthemhet ist, dass nur auf der Statue M-02 alle drei Möglichkeiten belegt sind. Doch ist hierbei folgendes zu beachten: An jeder Stelle, wo der Platz dies zulässt und der Name vollständig erhalten ist, ist auf den erhaltenen Fragmenten dieser Statue dem Namen von Monthemhet das Epitheton snb beigeschrieben. Auf der rechten Seite des Rückenpfeilers hinter dem rechten Bein sind die Reste einer Kolumne erhalten, die mit dem Namen von Monthemhet endet. Unterhalb des Namens sind zwei untereinander geschriebene senkrechte Zeichen zu erkennen, die weder im Duktus noch von der Anordnung her so recht zu der Kolumne passen. Dies ist die einzige Stelle, an der auf dieser Statue das Epitheton mAa xrw gelesen wird.410 Ohne die Lesung generell in Frage stellen zu wollen, möchte ich hier sehr vorsichtig die Vermutung äußern, dass – wenn tatsächlich das betreffende Epitheton zu lesen ist – es sich möglicherweise um eine nachträglichen Zusatz handeln könnte.411 Deutlich ist die Schreibung auf jeden Fall nicht. Von diesem – als unsicher einzustufendem – Beleg abgesehen, zeigen die Statuen entweder die Kombination Name plus snb bzw. Name plus mAa xrw kombiniert mit dem Namen ohne eine Beischrift, oder aber der Name hat generell keine Beischrift. Insgesamt betrachtet stellt der Befund somit durchaus einen reflektierten Gebrauch des Epithetons dar, wobei nicht auszuschließen ist, dass die Schreibung des Epithetons mAa xrw auch aus konzeptionellen Gründen bereits vor dem Ableben der dargestellten Person auf Statuen angebracht worden sein könnte.412 Bemerkenswert bleibt, dass nur die Gruppenstatue M-18 und die Standstatue M-01 deutlich und mehrfach das Epitheton mAa xrw aufweisen. Beide Statuen sind hinsichtlich ihres Textrepertoires auf die Versorgung des Dargestellten nach dem Tod ausgerichtet und bei beiden Statuen fokussiert ein Element der Komposition deutlich auf die herrschaftliche Stellung Monthemhets. Bei der Standstatue M-01 sind dies die Ikonographie, die sich deutlich an königliche Vorbilder anlehnt, sowie die Beschriftung des Gürtels, die möglicherweise erstmals für eine Privatstatue adaptiert wurde, wobei die Gesamtkomposition vornehmlich auf das Idealbild des souverän handelnden Normachen der Ersten Zwischenzeit rekurriert, wie die archaisierenden Elemente in der Ikonographie und vor allem im Textrepertoire deutlich machen.413 Im Stelenrund auf der Rückseite der Gruppenstatue M-18 ist Monthemhet als Empfänger von Opfern hinter Osiris und Isis stehend, also in der Position des Horus, dargestellt. Ob sich hieraus ein Zusammenhang der beiden Statuen ableiten lässt, der ebenfalls in einer korrespondierenden Aufstellungssituation Ausdruck gefunden haben könnte, ist ungewiss und heute nicht mehr feststellbar. Dass beide Stücke in der Cachette des Karnak-Tempels gefunden wurden, schließt diese Möglichkeit aber auch nicht aus. Nur in einer weiteren Statue, der Sitzfigur M-07,414 lässt sich in der Selbstpräsentation von Monthemhet deutlich ein Fokus auf seine politisch-administravie Position und die damit verbundene Macht feststellen. Auch hier findet sich das Ideal des souverän und verantwortungsvollen (Lokal)herrschers wieder, das mit Mitteln inszeniert wird, die zum Teil aus der königlichen Sphäre entlehnt sind. Allerdings wird die Gesamtkomposition dieser Statue ergänzt durch Elemente, die Monthemhet als Ritualisten und Mitglied der höchsten Priesterschaft des Karnak-Tempels präsentiert. In dieser Statue verdichtet sich die Selbstpräsentation Monthemhets wie in keiner anderen seiner rundbildlichen Darstellungen. Hierzu gehört auch der Verweis auf die von Monthemhet eigenständig ausgeführte sakrale Bautätigkeit, die sich vornehmlich auf den Mut-Bezirk konzentrierte, sowie seine Kultfürsorge, die sich in der Stiftung und Erneuerung von kultischem Gerät wiederspiegelt.

409

Price 2016, 488–489. Leclant 1961c, 105; Jansen-Winkeln 2009, 53 [i]. Es ist davon auszugehen, dass Leclant das Stück selbst in Augenschein hat nehmen können. Ob Jansen-Winkeln das Stück selbst hat kollationieren können, ist nicht erwähnt. 411 Um ganz sicher zu gehen, wäre auf jeden Fall eine erneute Autopsie des Originals notwendig, was im Rahmen der hier vorliegenden Untersuchung leider nicht möglich war. 412 Price 2016, 489; s. hierzu auch Kap. III.2.1.1.2, vgl. Rößler-Köhler 1991, 174. 413 Vgl. Kap. III.2.1.1. 414 Vgl. Kap. III.2.1.2. 410

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Die Thematik der Bautätigkeit und Kultfürsorge findet sich bei insgesamt vier Statuen (M-07, M-08, M-10 und M-18) in unterschiedlicher Ausführlichkeit wieder.415 Hervorzuheben ist in dieser Hinsicht die kuboide Statue M-08, die in ihren Inschriften sehr ausführlich auf Monthemhets Bautätigkeit verweist. Die Verortung der Statuen mit dieser Thematik im Mut-Bezirk ist in zwei Fällen (M-08 u. M-10) durch den Fundort gesichert, während für die Sitzfigur M-07 durch die Gesamtkomposition eine Verortung im Bereich des Achmenu erschlossen werden kann und für die Familiengruppe M-18 zu wenig Anhaltspunkte für eine sichere Verortung vorliegen. Alle Rundbilder, die Monthemhet mit dem Felidenfell bekleidet darstellen, sowie beide kuboiden Statuen und ein Stelophor weisen ein Bat-Emblem auf. Während Valérie Selve das Bat-Emblem mit dem Richteramt in Verbindung bringt,416 sieht Mohamed Gamal Rashed eine Verbindung zur Amunpriesterschaft und wertet die Zunahme der Darstellungen von hohen Beamten bzw. Priestern mit dem Emblem vor allem während der 25. und 26. Dynastie als Indiz für mehr Einfluss der Amunpriesterschaft.417 Letztendlich ist die genaue Bedeutung des Bat-Emblems als Bestandteil der Tracht in der Dritten Zwischenzeit und der Spätzeit noch nicht abschließend geklärt.418 Insgesamt betrachtet zeigt sich eine große Auswahl unterschiedlicher Statuentypen, die – mit Ausnahme der Sitzfigur im Mantel, die relativ selten im spätzeitlichen Tempelstatuenrepertoire belegt ist – den Traditionen der spätzeitlichen Elite folgt. Allen gemeinsam ist die große Qualität der Ausführung sowie die sorgfältige Komposition, die zeitgenössischen Konventionen folgt und dabei archaisierende Elemente einbindet sowie mit innovativen Details verknüpft.419 2.3.2 Die Titelsequenzen auf den Rundbildern von Monthemhet Die detaillierte Analyse der drei Statuen M-01, M-07 sowie M-08 hat bereits eindrücklich gezeigt, dass sowohl Auswahl als auch Layout der Titelsequenzen auf den Statuen sorgfältig in die Gesamtkomposition des einzelnen Stückes eingebunden und entsprechend gestaltet wurde. Im Folgenden soll diesem Befund eine auf allgemeine Parameter rekurrierende Übersicht an die Seite gestellt werden. Hierbei stehen das gesamte Ensemble und die Tempelinschriften sowie alle in den entsprechenden Texten belegten Einzeltitel im Fokus. Eine Studie zum grundsätzlichen Gebrauch von Titeln in der 25. und 26. Dynastie liegt mit der Arbeit von Christopher Hugh Naunton vor.420 Zu spezifischen Aspekten liegen darüber hinaus Einzeluntersuchungen vor.421 Ausgehend von den Ergebnissen, die Naunton auf der Basis der gesamten Quellenlage für Monthemhet präsentiert, soll hier für das gesamte Statuen-Ensemble überprüft werden, ob sich etwa ein spezifischer Gebrauch einzelner Titel bzw. Titelsequenzen oder bestimmte Muster in der Auswahl feststellen lassen. Naunton ordnet die für Monthemhet belegten Titel fünf verschiedenen Einflussbereichen zu: Priesterschaft, Tempel, Schreiber, Machtbereich und König.422 Eine Übersicht (Tab. 12) verdeutlicht die Verwendung einzelner Titel auf den Statuen. Die Rundbilder, für die eine Aufstellung im Karnaktempel ausgeschlossen wurde (M-06, 12 und 13) wurden zwar mit aufgenommen, aber am rechten Rand der Tabelle von den anderen separiert dargestellt. Nicht berücksichtigt werden konnte die Frage der unterschiedlichen Sequenzen. Hierzu sei im Einzelfall auf die Auswertungen der Inschriften im Detail verwiesen. Die Reihenfolge der einzelnen Titel orientiert sich allerdings grob an ihrer gewöhnlichen Stellung innerhalb einer Sequenz. Zum Teil wurden hierbei auch Inkonsequenzen in Kauf genommen, um Titel, die dem gleichen Einflussbereich angehören, zu gruppieren. 415

Eine detaillierte Zusammenfassung bietet Kap. III.2.3.2. Selve 2000, 91–93. 417 Rashed 2010, 426. 418 Zur Entwicklung und Bedeutung im Alten und Mittleren Reich, s. Pieke 2013; für die Spätzeit, s. de Meulenaere/Vanlathem 2010, 64–67. 419 Die durchdachte Verbindung von Rückgriffen auf verschiedene Zeithorizonte hat Jurman (2015, 177–214, insb. 212–214) bereits als Mittel der Inszenierung im Rahmen der Selbstpräsentation von Beamten und Priestern, aber auch als Strategie royaler Legitimierung beschrieben. 420 Naunton 2011: Christopher Hugh Naunton, Regime Change and The Administration of Thebes during the Twentyfifth Dynasty, Swansea University 2011. 421 Naunton 2014; Broekman 2012a; 2012b; Jamen 2011; Pressl 1998; Kitchen 1996; Graefe 1981; Vittmann 1978. 422 Naunton 2011, 96. 416

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Tab. 12: Übersicht zur Verwendung von Titeln auf den Statuen von Monthemhet.

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Die Markierung zeigt Häufungen: zum einen in Bezug auf die Verwendung eines einzelnen Titels, aber auch in Bezug auf die Verwendung verschiedener Titel auf einem Denkmal. Kommen wir zunächst zur Beleglage der einzelnen Titel: Aus der Übersicht geht deutlich hervor, dass erwartungsgemäß die beiden Standardtitel „Vierter Priester des Amun“ und „Gouverneur von Theben“ diejenigen sind, die auf den meisten Denkmälern benutzt wurde, wobei der Priestertitel nochmals deutlich häufiger belegt ist. Hierdurch sind die beiden Haupttätigkeitsfelder von Monthemhet definiert und darüber scheint er sich auch in erster Linie zu identifizieren. Den Priestertitel benutzt er gelegentlich auch allein, für den Stadtgouverneurstitel ist dies allerdings nicht belegt. Das zeigt, dass er sich im Kontext der Selbstpräsentation im Tempel vornehmlich als Mitglied der Priesterschaft inszeniert. Allerdings kann sein Einfluss im Tempel nicht mit diesem Priestertitel erklärt werden, muss daher mit weiteren Ämtern, die er bekleidet hat, zusammenhängen.423 Der Titel des Zweiten Priesters des Amun, der auf einem Libationsbecken für Monthemhet belegt ist,424 findet sich nicht auf den Statuen und auch in den Inschriften im Tempel kann der Titel nicht eindeutig nachgewiesen werden.425 Über den Amunpriestertitel hinaus sind noch drei weitere Priestertitel belegt, und zwar alle auf dem Sockel M-15, der zur Sitzstatue M07 gehört. Die beiden Titel Hm nTr Zkr Hr-jb Jp.t-s.wt „Priester des Sokar, befindlich im Ipet-sut“ sowie Hm nTr ¢ns.w m WAs.t Nfr-Htp „Priester des Chons in Theben-Neferhotep“ sind sonst nicht für Monthemhet bezeugt.426 Für den Titel Hm nTr wHm „Vertretungspriester“ findet sich nur auf einer kleinen Plakette, die im Muttempel gefunden wurde, ein weiterer Beleg, der aber eine wohl vollständigere Version des Titels überliefert: Hm nTr wHm n(.j) Jmn n Jp.t-s.wt „Vertretungspriester des Amun im Ipet-sut“.427 Der Titel ist auch sonst nicht gut belegt und daher schwer zu verstehen.428 Monthemhets Verantwortung in der lokalen Verwaltung ist in erster Linie durch den Posten des Gouverneurs von Theben (HA.tj-a(.w) n(.j) n’.t) bezeugt.429 Der Titel jm(.j)-r’ ¥mA.w „Vorsteher von Oberägypten“ erweitert den Machtbereich auf Oberägypten.430 Neben dem Rangtitel jr.j-pa.t hA.tj-a(.w) „Nobler und Gouverneur“ ist er ebenfalls gut auf den Denkmälern von Monthemhet bezeugt. Auf der Sitzstatue M-07 gibt Monthemhet den mit diesem Titel verknüpften Machtbereich als „von Elephantine bis Hermopolis“ an.431 Die Rangtitelfolge jr.j-pa.t hA.tj-a(.w) xtm.w bjt smr wa.tj (n.j mrw.t) „Nobler und Gouverneur, Siegler des bjt-Königs, einziger (beliebter) Freund“ ist für Monthemhet zwar selten, aber zum Teil auch in der vollständigen Sequenz auf den Statuen belegt. Diese Rangtitelfolge war im Alten und Mittleren Reich den höchsten Beamten am Königshof vorbehalten,432 ist aber im spätzeitlichen Theben nicht mehr mit einer bestimmten Funktion und auch nicht mit einer Position am Hof verknüpft, sondern bezeichnet einen 423

Naunton 2011, 97. BM EA 1292: Jansen-Winkeln 2009, 481–482 [232]; Leclant 1961c, 140–141 [29]; https://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=119784&partId =1&searchText=1292&page=1 (24.07.2019). 425 Vgl. Kap. III.2.2.1.1. Es sei denn man geht bei den eher enigmatischen Titel Hm nTr wHm mit Wb 3, 89.16 von einer Schreibung für den „Zweiten Priester“ aus (s.u. Anm. 428). 426 Leclant 1961c, 256. 427 Leclant 1961c, 153 [33]; Jansen-Winkeln 2009, 463 [208]. 428 Nach Leclant 1961c, 90–91: „prophète suppléant“, wobei er ebenfalls darauf hinweist, dass dies nach Wb 3, 89.16 eine andere Schreibung für den „Zweiten Priester“ sein kann. Die Reihenfolge in diesem Beleg wäre dann aber erklärungsbedürftig; vgl. Kap. III.2.1.2.4. 429 Naunton 2011, 17–38. 430 Naunton 2011, 104–107. 431 Vgl. Kap. III.2.1.2.2; Ähnliche Angaben zum gleichen Amtsbereich gibt auch Padihorresnet im Zusammenhang mit diesem Titel in seinem Grab (TT 196) an, so dass es sich offenbar um eine ernst zu nehmende Information bzw. eine mit dem Titel verknüpfte Tradition handeln dürfte, s. Vittmann 1978, 198; Graefe 1971b, 244–245; Graefe 1981, II, 86–87; Graefe 2003, 188, [Abb. 115: T283,2], 193, [Abb. 120: T 293,3, T294,3], 204, [Abb. 131: T313,2], 215 [Abb. 142: T 341,2], 229 [Abb. 156: T 349, 123]; 234 [Abb. 161: T 353,5–6]; Jansen-Winkeln 2014, II, 683; vgl. auch Moje 2014, 74–75. Interessanterweise findet sich für Padihorresnet ebenfalls die Angabe tS=f rsj r WAs.t mHj=f r Wnw.t „seine Südgrenze bis Theben, seine nördliche bis Hermopolis“, (Graefe 2003, 184 [Abb. 111: T 276,2]; Jansen-Winkeln 2014, 683). Leider sind allerdings die entsprechenden Titel vor dieser Angabe nicht mehr erhalten. 432 Grajetzki 2010, 189–190. 424

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gewissen Status und verortet den Titelträger in einer kleinen Gruppe der höchsten Elite in Theben.433 Weitere Rangtitel, wie bespielsweise der Titel rx nzw mAa „Wahrer Bekannter des Königs“434 sind ebenfalls nicht mehr zwingend mit einer Nähe zum Königshof verknüpft. Im spätzeitlichen Theben ist dieser Titel nur für wenige hochrangige Priester des Karnaktempels belegt, und eventuell mit bestimmten Privilegien für die Titelträger als Repräsentaten des Königs in der lokalen Verwaltung verknüpft.435 Diese Titel sind als Standardsequenz in unterschiedlicher Kombination und Ausführlichkeit auf den Rundbildern belegt. Monthemhet präsentiert sich hiermit also in erster Instanz als Mitglied der AmunPriesterschaft des Karnaktempels, aber auch als Mitglied der höchsten thebanischen Elite und (Lokal)herrscher mit einem Machtbereich, der ganz Oberägypten umfasst. Weitere – spezifische – Titel sind in erster Linie mit zwei Denkmälern des Monthemhet zu verbinden. Es handelt sich zum einen um die große kuboide Statue M-08 sowie zum anderen um den extra gearbeiteten Sockel M-15, der mit der Sitzfigur M-07 ein Ensemble darstellt. Beide Stücke sind aufgrund ihrer Komposition und dem mutmaßlichen Kontext ihrer Aufstellung als wichtige Repräsentationen in der Selbstinszenierung von Monthemhet zu werten. Beide Statuen stellen gleichsam ein Kondensat von Monthemhets Schaffen dar, die kuboide Statue mit speziellem Fokus auf der Bau- und Stiftungstätigkeit, die Sitzstatue im Hinblick auf sein gesamtes Lebenswerk. Daher ist die Ausführlichkeit in der Angabe von Ämtern und Titeln naheliegend. Neben den bereits oben erwähnten zusätzlichen Priesterämtern auf dem Sockel M-15 liegt der Schwerpunkt auf Ämtern in der Tempelverwaltung. Das Amt des Sekretärs bzw. Schreibers im Amun-Tempel (zXA.w Hw.t-nTr pr Jmn)436 ist auch auf anderen Rundbildern belegt und somit derjeinige Titel aus dem Bereich der Tempelverwaltung, der offenbar innerhalb der Selbstpräsentation einen gewissen Stellenwert hatte. Das Amt hat Monthemhet von seinem Vater Nesptah (A) übernommen.437 In verschiedenen Varianten ist das Amt des Vorstehers der Priester bzw. der Tempel (jm.j-r’ Hm.w nTr (m Hw.wt-nTr) bzw. jm.j-r’ Hw.wt-nTr)438 belegt. Das Amt des Tempelvorstehers war für gewöhnlich verknüpft mit dem des Bürgermeisters bzw. des Gouverneurs derjenigen Stadt, in der sich der bzw. die Tempel befanden.439 Insofern war Monthemhet nicht nur für den Karnak-Tempel, sondern für alle thebanischen Tempel verantwortlich, woraus sich vermutlich die Formulierungsvarianten ergeben haben. Der dem Tempelvorsteher zumindest nominell übergeordnete Titel jm.j-r’ Hm.w nTr (n.w) nTr.w nb wurde seit dem Ende der 18. Dynastie von den Hohepriestern des Amun getragen und daher wohl nur auf Karnak bezogen.440 Unter Hatschepsut ist der Titel jm.j-r’ Hm.w nTr ^ma.w MH.w zum ersten Mal für einen Hohepriester des Amun belegt und gehört seitdem bis zum Ende der 20. Dynastie zu dessen Ressorts.441 Umso bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Monthemhet offenbar mit jm.j-r’ Hm.w nTr (n.w) nTr.w nb ^ma.w MH.w diese beiden Titel miteinander kombiniert. Die Angabe „Vorsteher der Priester aller Götter von Ober- und Unterägypten“ erscheint anmaßend, wenn auch das Amt des Vorstehers von Oberägypten sowie die über Theben hinausreichende Bau- und Stiftungstätigkeit seine Fürsorge und Verantwortlichkeit zumindest für die oberägyptischen Tempel belegt.442 Mit diesem Amt verschränken sich die Sphären der 433

Naunton 2014, 103. Wb 2, 446.9–447.3; Schreibung und Bedeutung des Titels werden diskutiert: er kann entweder als jr(j)-jx.t-nzw „Verwalter des Königs(vermögens)“ oder als rx nzw „Königsbekannter“ aufgelöst werden. Es wird allgemein angenommen, dass der Titel ursprünglich ein konkretes Amt in der Verwaltung am Königshof bezeichnete, sich aber bereits ab dem Ende des Alten Reichs zu einem Rangtitel entwickelte, der dann auch zu einer Umdeutung der hieroglyphischen Schreibung führte, s. Jones 2000, 327–328 [1206]. 435 „The title may simply be an extension to the notion that these individuals were part of the king’s circle, but also suggests that they acted as representatives of the king, perhaps as part of a network of trusted individuals with a brief to monitor the local situation on behalf of the pharaoh.“ (Naunton 2014, 104). 436 Ward 1982, 162 [1398]. 437 Naunton 2011, 104. 438 Ward 1982, 34–35 [250, 259]; Naunton 2011, 99–100. 439 Quirke 2004, 121. 440 Koch 2006, 9, Anm. 77; Bierbrier 1977, 1241. 441 Bierbrier 1977, 1241. 442 In der Inschrift im Mut-Bezirk sind nicht nur umfangreiche Arbeiten an verschiedenen Tempeln im thebanischen Raum, sondern auch im 5. oäg. Nomos, sowie in Medamud und Abydos bezeugt, s. Jansen-Winkeln 2009, 197–202 [142]; Heise 2007, 80–89; Grallert 2001, 357–359; vgl. Kap. III.2.2.1.2. 434

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administrativen und der kultischen Eingebundenheit, da er in dieser Funktion – die zuvor dem Hohepriester vorbehalten war – vermutlich mit allen organisatorischen und finanziellen Belangen des Karnak-Tempels und auch aller anderen Tempel der Region betraut war, was seinen Einfluss und auch die Ressourcen erklärt, auf die er Zugriff hatte.443 Dass dieses Ressort nur selten Element der Selbst-präsentation ist, lässt sich durch die Verbindung mit dem Stadtgouverneurstitel erklären, der diese leitende Funktion im Tempel offenbar zumindest in Teilen mit beinhaltete. Den Titel des sHD Hm.w nTr m gs.w-pr „Inspektor/Aufseher der Priester in der (Tempel)verwaltung“444 sieht Christopher Naunton als Variante des vorgehenden Titels an.445 Da aber die Tätigkeit eines sHD vermutlich auch eine Kontrollfunktion beinhaltete,446 könnten die Titel auch unterschiedliche Verantwortlichkeiten bezeichnen. Beiden gemeinsam ist allerdings Weisungsbefugnis und Authorität über das Tempelpersonal nicht nur des Karnak-Tempels, sondern aller thebanischer Tempel. Der sehr spezifische Titel „Kontrolleur der Bauarbeiten des Mut-Tempels“ verweist auf Monthemhets Leitungs-funktion in dieser Sache.447 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Authorität, die Monthemhet offenbar kraft seines Amtes als Gouverneur von Theben innerhalb der Tempeladministration ausübte, nur selten Teil seiner Selbstpräsentation war. Nur auf zwei Denkmälern, der Sitzfigur M-07 und auf dem zugehörigen Sockel M-15 sowie auf der großen kuboiden Statue aus dem Mutbezirk, wird auf diese Stellung explizit hingewiesen. Dies erklärt sich durch die oben bereits beschriebene exzeptionelle Komposition beider Stücke. Dies könnte auch ein Hinweis darauf sein, dass sein standing im Tempel unangefochten und anerkannt war, wie er es selbst in seiner Inschrift in der Krypta im Mutbezirk formuliert hat: Hm.w nTr rx s.t-rd[.wj=j] „Die Priester kannten [meine] Stellung“.448 2.3.3 Bautätigkeit und Stiftungspraxis als Mittel der Selbstpräsentation im Tempel Die Bau- und Stiftungstätigkeit vor allem im Mut-Bezirk aber auch in anderen Bereichen des KarnakTempels hat einen bedeutsamen Platz in der Selbstpräsentation des Monthemhet. Neben Restaurierungsarbeiten und Umbauten im Tempelbezirk, mit denen Monthemhet zunächst im Auftrag von Taharqo betraut war, sowie zahlreichen Stiftungen von Kultgerät sind Monthemhet bzw. seinem Sohn Nesptah (B) insgesamt vier Kapellen im Bereich des Mut-Bezirks zuzuschreiben (die Krypta des Monthemhet/Taharqo, der Gegentempel, eine Hw.t-kA-Kapelle für Nesptah (B) sowie eine weitere Kapelle vor dem Pylon von Tempel A), was als außergewöhnliches Privileg für einen Beamten und Priester zu gelten hat.449 Des Weiteren stellt die Beschreibung seiner Bautätigkeit auf vier von seinen Statuen sowie als Inschrift in der Krypta und im Gegentempel ein bedeutsames Element seiner Selbstinszenierung dar. Die Schwerpunkte der Darstellung variieren und sind der Gesamtkomposition des jeweiligen Stücks bzw. der Raumsituation angepasst. Die Inschrift in der Krypta stellt als Hauptquelle die umfangreichsten Informationen zu den Erneuerungen und Stiftungen zusammen.450 Es ist davon auszugehen, dass die Inschrift im Gegentempel ursprünglich ein Pendant zu dieser Inschrift dargestellt haben dürfte.451 Möglicherweise hat man aber auch mit ursprünglich zwei verschiedenen Redaktionen des Textes zu rechnen. Durch den schlechten Erhaltungszustand der Inschrift im Gegentempel ist hierzu leider keine Aussage zu treffen. Die Raumkonzeption der beiden Kammern weist allerdings deutliche Gemeinsamkeiten auf, mit den Inschriften auf den Längswänden sowie je einer bildlichen Darstellung auf der Stirnseite, die sich aber deutlich voneinander unterschieden haben dürften. Während in der Krypta der König Taharqo im Opfer vor Mut dargestellt ist, gefolgt von drei Generationen der Monthemhet-Familie, scheint sich die Darstellung im Gegentempel, die Richard Fazzini als ein Graffito auf der Außenmauer des Tempels deutet, eher auf 443

Naunton 2011, 98–99. Wb 4, 227.8–15: sHD; Wb 5, 198.2–16: gs-pr; zu einer präziseren Deutung des Begriffs, s. Moreno García 1999, 116–131. 445 Naunton 2011, 99; ebenso wie der einmal belegte Titel Hr.j-tp aA n(.j) Hw.t-nTr. 446 Quirke 2004, 90. 447 Vgl. Kap.III.2.3.3 und 2.1.3.2. 448 B 18: Jansen-Winkeln 2009, 199; Leclant 1961c, 211 [ay]. 449 Jurman 2006, 119–120; vgl. Kap. III.2.2.3. 450 Vgl. Kap. III.2.2.1.2. 451 Vgl. Kap.III.2.2.2. 444

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Monthemhet und seinen Sohn Nesptah (B) zu konzentrieren, wie der antithetische Aufbau der Szene, der heute noch im unteren Bereich der Darstellung erkennbar ist, nahelegt.452 Dies verweist zum einen auf einen späteren Zeitpunkt der Reliefdarstellung sowie der Anlage des Gegentempels, kann aber zum anderen auch der unterschiedlichen räumlichen Situation geschuldet sein. Durch den schlechten Erhaltungszustand der Reliefdarstellung ist leider auch hier kaum eine sichere Aussage zu treffen. Der markante Unterschied besteht darin, dass das Relief vermutlich Monthemhet und Nesptah (B) als Ritualisten vor einer Gottheit, vermutlich der Göttin Mut, darstellt. Insofern würde im Gegentempel anders als in der Krypta die visuelle Präsentation derjenigen der Inschrift entsprechen. Wenn man Fazzini’s Idee folgt, dass die Darstellung ursprünglich als Graffito auf der Rückwand des Tempels angebracht worden ist, ist anzunehmen, dass der Bau des Gegentempels sich eben auf diese Darstellung bezieht, bzw. das Ziel des Baus darstellt, was zeigt, wie außergewöhnlich eine solche Darstellung für einen Priester und Beamten gewesen sein muss. Während die Selbstpräsentation in der Krypta vermutlich in erster Linie auf die Götter bezogen war, da die Zugänglichkeit der kleinen Kammer eher eingeschränkt gewesen sein dürfte, bietet sich im Gegentempel ein anderes Bild. Eingebunden in die Götterprozessionen der Tempelanlage war die Anlage sicherlich öffentlich zugänglich. Eine Darstellung von Monthemhet als autark handelndem Ritualist entspricht dem Bild, das er unter anderem insbesondere in der Sitzstatue M-07 vermittelt. Es ist zudem davon auszugehen, dass die beiden Kammern sowie das Statuenensemble bzw. Teile hiervon als einzelne Elemente einer Gesamtinszenierung anzusehen sind, die sich durch intermediale Bezüge zwischen den Elementen auszeichnet.453 Gerade in Bezug auf das Thema der Bautätigkeit lässt sich dies gut demonstrieren. Insgesamt vier der Statuen (M-07, M-08, M-10, M-19) nehmen in den Inschriften das Thema der Bautätigkeit wieder auf. In Bezug auf die Beterstatue M-10 sowie die Gruppenstatue M-19 kann aufgrund des Erhaltungszustands kein spezifischer Befund erhoben werden. Auf beiden Statuen wird die Bautätigkeit in den Inschriften auf dem Rückenpfeiler in eher allgemeinen, zusammenfassenden Formulierungen erwähnt. Da die Beterstatue M-10 zudem im Mutbezirk gefunden wurde, geht Richard Fazzini davon aus, dass sie im Gegentempel aufgestellt gewesen sein könnte.454 So stellte sich auch in der räumlichen Situation ein weiteres Element der Gesamtinszenierung dar. Ähnliches wäre auch für die Gruppenstatue M-19 denkbar, doch ergeben sich weder aus dem erhaltenen Teilstück des Rundbildes, noch aus den Informationen, die uns zur Herkunft vorliegen, sichere Anhaltspunkte zu einem ursprünglichen Aufstellungsort. Anders verhält es sich mit der kuboiden Statue M-08, die in ihren Inschriften zwar auch eher allgemein aber doch in großer Breite auf die Bautätigkeit Monthemhets sowohl im Mutbezirk aber auch auf weitere Arbeiten Bezug nimmt. Dazu kommt der oben auf der Statue angebrachte Titel sjp od Hw.t Mw.t „Inspektor der Bauarbeiten des Mut-Tempels“,455 der an keiner anderen Stelle für Monthemhet bezeugt ist, auf der Statue zudem mit einer kryptographischen Schreibung des Namens kombiniert wird, die die Aufmerksamkeit auf die Inschrift lenken sollte. Der Titel setzt Monthemhet direkt mit den in der Inschrift mehrfach als Referenzwerk erwähnten Tempelinventarbüchern (sjp.tj-wr)456 in Verbindung. Der Kuboid stellt somit eine Art allgemeines Konzentrat der Inschrifteninhalte dar und ist darüber hinaus auch durch seinen Fundort im Mutbezirk mit den Inschriften zu verbinden. Es ist gut vorstellbar, dass die Statue in räumlicher Nähe aufgestellt gewesen sein könnte. Für die Sitzstatue stellt sich die Situation etwas anders dar. Die Gesamtkomposition deutet auf einen ursprünglichen Aufstellungsort im Achmenu hin.457 Des Weiteren ist insbesondere in der Zusammenschau mit dem Sockel M-15 eine Gesamtaussage rekonstruierbar, die einem Vermächtnis gleichkommt.458 Monthemhet ist sowohl als Mitglied der höchsten Elite des Landes sowie der Priesterschaft des KarnakTempels, aber auch als souverän agierender (Lokal)herrscher dargestellt. Die Selbstpräsentation bezieht 452

Fazzini/O’Rourke 2008, 142. Vgl. Frood 2010, 123. 454 Fazzini 2010, 96–99, vgl. Kap. III.2.2.2. 455 Wb 4, 35.2–16; Wilson 1997, 799. 456 Wb 4, 36.11; Wilson 1997, 798, vgl. Kap. III.2.2.1.2. 457 Vgl. Kap. III.2.1.2.3. 458 Vgl. Kap. III.2.1.2.5. 453

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sich gleichermaßen auf seine politischen bzw. administrativen Aufgaben als auch auf seine kultische Funktion sowie seinen Status in der Priesterschaft. Hierbei ist in den Inschriften die Beschreibung seiner Bautätigkeit ein wichtiges Element. Auch auf diesem Stück findet man eine zusammenfassende Beschreibung seiner Arbeiten. Dies gebietet schon der zur Verfügung stehende Platz auf der nur rund 50 cm großen Statue. Doch anders als bei dem Kuboiden, bei dem die Wiederholung von allgemeinen Phrasen zu diesen Arbeiten zu beobachten ist, findet sich auf dem Sitz der Statue eine komprimierte Darstellung seiner Bau- und Stiftungstätigkeit, die einzelne Punkte der Inschrift aufgreift und zu einem neuen Text zusammenstellt. Außer der Tatsache, dass die Restaurierung des Mut-Tempels in einem zusammen-fassenden Satz Erwähnung findet, liegt der Fokus auf Stiftungen von Prozessions- und Götterbarken. Den Beginn macht die zum Tempel der Mut gehörende Barke. Ferner werden Barken aufgezählt für Chons das Kind, Bastet in Theben, Chons, der die Lebenszeit zählt, Amun, dem Herrn des Thrones Beider Länder sowie drei Barken der drei Chons, die nicht näher spezifiziert werden. Darüber hinaus wird auf die Wiederherstellung des Gottesschiffes für Osiris in Abydos verwiesen. Fast alle Objekte finden einen entsprechenden Eintrag in der Liste, mit Ausnahme der drei Barken der drei Chons. Diese Formulierung könnte eine Zusammenfassung darstellen, da noch mindestens zwei weitere Barken für Chons von Theben-Neferhotep sowie Chons, der die Kronen aufsetzt (A, 14) in der Inschrift erwähnt werden. Interessanterweise ist die Reihenfolge der Objekte mit Ausnahme der drei Chonsbarken, die ich nicht konkret zuordnen kann, und auch mit Ausnahme der Barke der Mut, die im Zusammenhang mit der Tempelrestaurierung außerhalb der Aufzählung erwähnt wird, dieselbe wie in der Inschrift in der Krypta, wie die folgende Tabelle (Tab. 13) verdeutlicht. Tab. 13: Vergleich des Textes der Sitzstatue M-07 mit Inschrift A in der Krypta. Inschrift auf dem Sitz der Statue M-07 R 6–7 R7

smnx.n(=j) sSm=s (scil. Mut) m Dam 7 | tjt.w=f nb m jnr mAa smAw(j).n(=j) sSm n(.j) #ns.w-pA-Xrd 8

R 7–8

sSm n(.j) BAst.t | Hr(.t)-jb WAs.t

R8

smAw(j).n(=j) sSm.w 3 n(.w) pA 3 #ns.w

R9

9

| sSm n(.j) #ns.w-Hsb-aHa.w

R9

sSm n(.j) Jmn nb ns.wt tA.wj nj pA arar(?)

R 10

saHa.n(=j) dp.t nTr n(.t) Wsjr m AbDw m-xt gm(j).n(=j) wA(j) r wAs(j)

Inschrift A auf der Südwand der Krypta

jw msj.n(=j) sSm-xw n(.j) #ns.w-pA-Xrd

7

jw msj.n(=j) sSm-xw n(.j) BAst.t Hr(.t)-jb WAs.t nbA.w m Dam aA.t nb mAa

17

jw msj.n(=j) (…) sSm-xw n(.j) #ns.w-Hsb-aHa.w sSm-xw n(.j) Jmn nb ns.t tA.wj […] jw msj.n(=j) dp.t-nTr n(.t) Wsjr m spA.t tn m mH 27? m aS mAa mj n.t-a(.w)=s mtr m-xt gmj.n(=j) n m Snd […]

19 19–20 33

R = Sitz, rechts Selbstverständlich finden sich in der Inschrift zwischen den für die Sitzstatue ausgewählten Objekten noch weitere Beschreibungen oder weitere Objekte und Arbeiten, doch ist die Abhängigkeit des Textes der Sitzstatue von dem in der Krypta offensichtlich, auch wenn in den Formulierungen die Verben verändert wurden. Man kann also davon auszugehen, dass der Text für die Sitzstatue erst nach dem Text für die Krypta als Exzerpt aus diesem konzipiert wurde. Dies passt zu der oben bereits beschriebenen Gesamtkomposition der Statue als Vermächtnis, in der alles, was für Monthemhets Selbstpräsentation von Belang war, aufs Dichteste komprimiert Ausdruck gefunden hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die inschriftlichen Belege zur Bautätigkeit Monthemhet als souverän und autark agierender (Lokal)herrscher darstellen. Weder ein königlicher Auftrag noch die Nähe zum König sind thematisch von Bedeutung. Die Phraseologie in den Inschriften steht derjenigen königlicher Weiheinschriften nahe, und schließt sich in dieser Hinsicht an Bauinschriften der Hohepriester der 19. Dynastie, der 21. Dynastie, wie beispielsweise Herihor, sowie der 22. Dynastie, wie eine Textpassage aus der Chronik des Osorkon zeigt.459 459

Römer 1994, 3–6, 93; Grallert 2001, 577–578; CPO A, 23–24, s. Kap. I.4.1.7.1.

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2.3.4 Zusammenfassung Die Selbstpräsentation Monthemhets, die sich in seinem Statuenensemble und den von ihm durchgeführten Bauten und Stiftungen darlegt, ist von Selbstbewußtsein und Autorität geprägt. Ganz grundsätzlich lässt sich zu den Statuen sagen, dass einigen mehr oder weniger konventionellen Statuentypen andere gegenüberstehen, bei denen sich durch ihre durchdachte Komposition ein guter Einblick in die Mechanismen der Selbstinszenierung dieses außergewöhnlichen Zeitgenossens bietet. Allerdings ist es schwierig, die Statuen chronologisch verschiedenen Phasen in der Karriere von Monthemhet zuzuordnen. Die durchgehend hohe Qualität der Stücke weist bereits allgemein auf eine einflussreiche und gut situierte Postion des Dargestellten bzw. seiner Familie. Wie bereits ausgeführt wurde (in Kap. III.2.3.1), ist davon auszugehen, dass das Statuenensemble von Monthemhet zumindest in großen Teilen zu seinen Lebzeiten von ihm selbst in Auftrag gegeben und im Tempel aufgestellt wurde. Dies entspricht zwar nicht der allgemeinen Praxis seiner Zeit.460 Doch ist dies insbesondere in den Kreisen der höchsten Elite auch kein Einzelfall.461 Keine seiner Statuen weist (im vorliegenden Erhaltungszustand) einen Stiftungsvermerk auf. Jedoch sind auf dem Statuenfragment M-02 zwei seiner Söhne, Nesptah (B) sowie Pascherienmut, auf den Seitenstegen zwischen den Beinen des schreitenden Monthemhets abgebildet. Die jeweils zugehörige Beischrift nennt Namen und Titel sowie die Mutter des jeweils Dargestellten, jedoch keinen Stiftungsvermerk. Herman de Meulenaere geht aufgrund der Darstellung davon aus, dass diese Statue von den beiden Söhnen gestiftet worden sein muss.462 Gerade bei diesem Statuenfragment handelt es sich aber um dasjenige, das Monthemhet in der Regel als snb und lediglich an einer sehr unsicher einzustufenden Stelle als mAa xrw bezeichnet. Dazu kommt, dass Einfluss und Ressourcen der Familie unter seinem Sohn und Nachfolger Nesptah (B) vermutlich deutlich eingeschränkt waren, zumal dieser seinen Vater nur um wenige Jahre überlebt hat.463 Sollte dieses Fragment aus rotem Quarzit zu einem der beiden Torsi gehören,464 die Monthemhet mit dem Felidenfell bekleidet darstellen, so ist diese Schlussfolgerung noch unwahrscheinlicher, da beide Stücke mit den Königsnamen von Taharqo beschriftet sind. Diese beiden Statuen (M-03 u. M-04) können aufgrund des Königsnamens sicher der 25. Dynastie zugeordnet werden und markieren somit einen möglichen Anfangspunkt innerhalb des Ensembles. Die Reste der Titulatur befinden sich jeweils auf dem Band, das über die linke Schulter gelegt ist. Der Name von Taharqo wurde ausgehackt, ist aber dennoch einwandfrei zu identifizieren. Zeitlich ähnlich einzuorden ist das Relief in der Krypta im Mutbezirk. Dies ist wohl der eindrücklichste Beleg für die Loyalität und Nähe zu König Taharqo in der Selbstpräsentation im Tempel. Der König opfert der Göttin Mut, hinter ihm – deutlich kleiner dargestellt und zudem in pietätvoll gebeugter Haltung – ist Monthemhet mit seinem Vater und seinem Sohn dargestellt.465 Weder die Namen noch die Darstellung des Königs sind beschädigt, was darauf hindeutet, dass der Zugang zu der kleinen Kammer vermutlich nur wenigen Priestern gestattet war. Außer den bereits genannten beiden Stücken, die die Kartuschen des Taharqo tragen, weist keine seiner Statuen einen Gunstvermerk auf, mit dem für gewöhnlich das vom König gewährte Privileg, eine Statue im Tempelbezirk aufzustellen, öffentlich gemacht wird. Auch finden sich keine weiteren Anhaltspunkte in seiner Selbstpräsentation, die auf das Verhältnis zum König oder zum Königshaus hinweisen. Hierin unterscheidet sich die Selbstpräsentation im sakralen Raum sehr deutlich von derjenigen im Grab des Monthemhet, wo ausführliche autobiographische Inschriften das Verhältnis zum König und die bevorzugte Stellung Monthemhets im Königshaus thematisieren.466 Die Inschriften in der Krypta nehmen Bezug auf die umfangreiche Bautätigkeit, die Monthemhet zunächst im Auftrag von Taharqo und dann wohl zunehmend eigenständig verantwortete. Hier präsentiert er sich königliche Phraseologie rezipierend als kultisch verantwortungsvoll handelnder (Lokal)herrscher. 460

Brandl 2008, 287. Price 2017, 397; vgl. auch die Diskussion hierzu in Kap. III.2.1.1.2. 462 De Meulenaere 2008, 98–99. 463 Im Papyrus Wien D 12002 aus dem Jahr 24 von Psametik I. ist Nesptah (B) als mAa xrw bezeichnet, s. Menu 1994, 293–294; vgl. de Meulenaere 2008, 102. 464 Eine Zuweisung ist nicht gesichert und fusst lediglich auf einer Ähnlichkeit des Materials und dem Erhaltungszustand, der eine Zugehörigkeit zumindest nicht ausschließt. 465 Vgl. Kap. III.2.2.1.1. 466 Herrmann 2011, 92–94; Herrmann, in: Gamer-Wallert 2013, 193. 461

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Die Übernahme von königlichen Phraseologismen insbesondere in der Beschreibung von Bautätigkeit ist allerdings nicht allein für Monthemhet belegt. Hier zeigt sich eine Entwicklung, deren Beginn bei den Nomarchen im Mittleren Reich bereits zu fassen ist, und über vereinzelte Belege von Hohepriestern der späten Ramessidenzeit zu den Hohepriestern der 21. und 22. Dynastie führt.467 Ob die Inschriften zum gleichen Zeitpunkt wie die Reliefdarstellung in der Kammer angebracht worden sind, ist schwer zu entscheiden, und wird kontrovers diskutiert. Wenn es eine zeitliche Diskrepanz gegeben haben sollte, so sind die Inschriften tendenziell nach dem Relief anzusetzten. Dafür sprechen auch die verwendeten Titelsequenzen von Monthemhet und Nesptah (B). Auf vier Statuen (M-07, 08, 10 und 19) wird die Bautätigkeit in den Inschriften thematisiert, so dass davon ausgegangen werden kann, dass diese Stücke im Zuge der Umbauten oder kurz danach hergestellt worden sein könnten. Insbesondere die große kuboide Statue M-08 aus dem Mutbezirkt sowie die Sitzfigur M-07 stellen in dieser Hinsicht eine Besonderheit dar, da in ihnen zusammenfassend und ausführlich auf die Bau- und Stiftungstätigkeit verwiesen wird. Insbesondere die kuboide Statue war offenbar eine Art Verweis im öffentlichen Raum und daher vermutlich an einer gut zugänglichen Stelle im Mutbezirk aufgestellt. Die Sitzfigur M-07 hingegen kann aufgrund ihrer Komposition im Achmenu replatziert werden. Ihre Inschriften zitieren die Inschrift A in der Krypta und so ist deutlich, dass zumindest der Textenwurf für diese Statue nach dem Textentwurf der Inschrift A erfolgt sein muss. Die gesamte Komposition der Statue und des dazugehörigen Sockels macht eine zeitliche Einordnung des Stücks in eine spätere Lebensphase von Monthemhet wahrscheinlich. Sie bietet eine Rückschau des Schaffens von Monthemhet, die sowohl sein administratives als auch sein kultisches Wirken repräsentativ in Szene setzt, wobei es keine Anzeichen dafür gibt, dass das Stück posthum gestiftet worden sein könnte. Auf dem Sockel beispielsweise, der vom Textrepertoire zwar deutlich auf die Versorgung des Dargestellten im Jenseits ausgerichtet ist, wird Monthemhet mit dem Epithetion snb bezeichnet. Dies ist anders bei der Stehfigur M-01 und der Gruppenstatue M-18. Auf diesen Statuen ist Monthemhet, wo immer der Platz es zulässt, mit dem Epithetion mAa xrw bezeichnet. Die Komposition und das Textrepertoire der Gruppenstatue lässt kaum eine andere Interpretation zu, als dass der Gebrauch des Epithetons hier ernst zu nehmen ist. Zusammenfassend ist zunächst auf die enorme Präsenz dieses Mannes im Karnak-Tempel zu verweisen. Hierbei fällt auf, dass trotzdem jeweils beide Sphären seines Wirkens, die adminstrativ-politische wie die kultisch-religiöse, gleichermaßen bedient werden, ein besonderer Punkt in der Selbstpräsentation von Monthemhet seine Darstellung als Ritualist ist. Hier verdichten sich einzelne Hinweise zu einem konkreten Bild. Trotz seines eher bescheidenen Rangs als Vierter Priester des Amun stellt sich Monthemhet sowohl in seinen Inschriften als auch in seinen rundplastischen Darstellungen als Ritualist dar. Es ist davon auszugehen, dass der politische Einfluss dieses Mannes als Bürgermeister bzw. Gouverneur von Theben und Vorsteher von Oberägypten sowie die souveräne Ausübung dieser Machtbefugnisse seine Position innerhalb der Priesterschaft nachhaltig beeinflusst hat, zumal mit dieser Position eine leitende Funktion in der Tempelverwaltung einherging, die ihm offenbar die entsprechende Autorität wie auch die notwendigen Ressourcen sicherte. Er betont seine Rolle als Ritualist und Mitglied des Klerus’, d. h. dass seine politische Macht und der Einfluss der Familie für ihn die Möglichkeit bieten, sich auch im Priesteramt weiter zu profililieren, als es für einen Vierten Priester des Amun zu erwarten wäre. Die inszenatorischen Mittel, derer er sich bedient, sind angelehnt an königliche Legitimationsstrategien, ohne jedoch jemals einen königlichen Herrschaftsanspruch zu formulieren. Die Selbstpräsentation Monthemhets folgt den Konventionen privater Selbstthematisierung, sowohl in Bezug auf die inschriftliche als auch auf die rundplastische Darstellung. In allen Bereichen gibt es allerdings auch Hinweise auf die Übernahme königlicher Phraseologie und Ikonographie. Hier muss differenziert werden, denn der Befund ist nicht immer mit einer direkten Übernahme zu koppeln. Vielmehr zeigt sich, dass Monthemhet als Mitglied der thebanischen Priester- und Beamten-Elite in zeitgenössische Entwicklungstrends eingebunden ist, die das Bild des Beamten aus Traditionen der souveränen Nomarchen in der Ersten Zwischenzeit und im Mittleren Reich übernehmen und weiterentwickeln. Inwiefern während 467

Römer 1994, 3–6, 93; Grallert 2001, 577–578; vgl. Kap. I.4.2.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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der 25. und 26. Dynastie tatsächlich auf ein rolemodell des Mittleren Reichs zurückgegriffen wird, oder ob – was viel überzeugender sein dürfte – hier eine Tradition weitergeführt wird, die sich ähnlich wie in Bezug auf die Bauinschriften bereits im Laufe der Dritten Zwischenzeit etabliert hat, bedarf noch weiterer Überprüfung.468 3

Monthemhet in zeitgenössischen Quellen

Als Gegenfolie zur Selbstpräsentation des Monthemhet sollen nun – soweit dies möglich ist – Beispiele für eine Fremdwahrnehmung von Monthemhet dargestellt und den oben vorgestellten Beispielen entgegengesetzt werden. Monthemhet ist ebenfalls aus zeitgenössischen Quellen bekannt. Diese Quellen stammen aus unterschiedlichen Kontexten und so gibt uns dieser Umstand die Möglichkeit, die öffentliche Person Monthemhet aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Zunächst ist mit den Annalen von Assurbanipal eine höchst offizielle Quelle erhalten, die Monthemhet auch in einem „außenpolitischen“ Rahmen präsentiert. Ebenfalls höchst offiziell, allerdings von „innenpolitischer“ Brisanz, zeigt sich die Adoptionsstele der Nitokris, auf der Monthemhet und Mitglieder seiner Familie sowie noch weitere Personen der Amun-Priesterschaft erwähnt sind. Und mit der dritten und letzten Quelle, dem sogenannten Saitischen Orakelpapyrus, gewinnen wir einen Einblick in die Hierarchie der Priesterschaft des AmunTempels in Karnak. 3.1

Die Annalen des Assurbanipal (Außenpolitische Ebene)

In den Wirren des assyrisch-kuschitischen Konflikts um Ägypten und vor allem während des Machtvakuums nach dem zweiten Ägyptenfeldzugs durch Assurbanipal469 (664 v. Chr.) tritt Monthemhet offenbar als souveräner, lokaler Machthaber im thebanischen Umfeld auf. Sein Name ist auf einer Liste von Lokalherrschern belegt, die von Asarhaddon in den wichtigsten Verwaltungszentren eingesetzt worden waren. Überliefert ist diese Liste in zwei Editionen der Annalen seines Nachfolgers Assurbanipal, Edition A und C, wobei die letztere nur die ersten sechs Namen der Liste wiedergibt, zu denen Monthemhet nicht gehört. Haupttextzeuge für die Edition A ist der sogenannte Rassam-Zylinder.470 Die Liste dürfte ein recht realistisches Bild der Machtverteilung in Ägypten um das Jahr 671 v. Chr. herum darstellen, da Assurbanipal sich in beiden Texten bei der Reorganisation des Landes auf seinen Vater Assarhadon bezieht und es Indizien dafür gibt, dass die Listen auf älteren Exemplaren dieser Zeit beruhen dürften.471 Es sind insgesamt 20 ägyptische Lokalherrscher mit den ihnen unterstellten Herrschaftsgebieten in der Liste des Prisma A aufgeführt,472 darunter an der letzten Position „Mantimeanḫê šar Neʾ“473 , also Monthemhet, König von Ne (d. h. n’.t „Stadt“, also Theben). Die Liste beginnt mit „Necho, König von Memphis und Sais“, dann folgen eine Reihe weiterer Delta-Fürsten und Lokalregenten im Niltal in einer Orientierung von Norden nach Süden, die allerdings nicht immer konsequent eingehalten ist.474 Alle in der Liste aufgeführten Lokalherrscher sind einheitlich mit dem Akkadischen Wort šarru „König“ bezeichnet, ungeachtet ihrer vermutlich recht unterschiedlichen realpolitischen Machtposition,475 wobei die Bezeichnung in Bezug auf ausländische Fürsten durchaus weiter gefasst sein kann und hier deshalb vielleicht

468

Überhaupt wäre eine Untersuchung der Selbstpräsentation einer repräsentativen Gruppe von Beamten aus dem thebanischen Umfeld ein lohnenswertes Unterfangen. 469 Eine zusammenfassende Rekonstruktion der Ereignisse im assyrisch-kuschitischen Konflikt bietet Onasch 1994, 167–169; ausführlich ebd. 147–166; vgl. Spalinger 1974. 470 London, BM 91026: Onasch 1994, 236; Moje 2014, 135–140; British Museum, Online Collection: (https://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=297677&partId=;Zugr iff am 05.03.2019). 471 Onasch 1994, 37. 472 BM 91026, Kol. I, Z. 90–109. 473 Onasch 1994, 36, 118–119. 474 Aus ägyptischer Perspektive wäre eine Orientierung von Süden nach Norden zu erwarten, s. Quack 2008; vgl. Blöbaum 2016, 190. 475 Ganz im Gegensatz zu der Unterscheidung von nzw, wr, wr (aA) n(j) Ma oder HA.tj-a(.w) u. a. in der Stele des Pi(anch)i (Kairo JE 48862), s. Grimal 1981a, 247–251.

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besser mit „Herrscher“ übersetzt werden sollte.476 Der Namensliste folgt der Satz: „Diese Herrscher, Statthalter und Kommissare, die in Ägypten vom Vater, meinem Erzeuger, beauftragt worden waren, die vor dem Angriff Taharqas ihren Verwaltungsbereich verlassen hatten und die Steppe anfüllten, brachte ich an den Ort ihres Verwaltungsbereichs zurück und betraute sie mit ihrem Posten“.477 Es ist also klar ersichtlich, dass die Assyrer nicht in die ägyptischen machtpolitischen Strukturen eingegriffen haben, sich aber der Hierarchie innerhalb der Gruppe dieser Vasallen durchaus bewusst waren. Vor Monthemhet sind in der Liste noch drei weitere Lokalherrscher im Süden des Landes aufgeführt:478 Ṣiḫâ šar Šiautu Lamintu šar Ḫimuni Išpimâṭu šar Tajjani

©d-¡r.w NmrT Ns-pA-mdw

Teos, der König von Siut Lamartu, der König von Hermopolis Nespamedu, der König von Thinis479

Diese Angaben sind äußerst interessant, da sich hier eine Diskrepanz zu der Selbstpräsentation des Monthemhet ergibt. Monthemhet gibt an, dass sein Machtbereich von Elephantine bis Hermopolis reicht (Kap. III.2.1.2.2). Hier nun haben wir drei weitere Potentaten, die in diesem Machtbereich Befugnisse gehabt haben dürften. Während Teos uns aus anderen Quellen nicht weiter bekannt ist, und für Larmartu nur angenommen werden kann, dass es sich höchstwahrscheinlich um den Enkel des in der Pi(anch)i-Stele genannten Fürsten mit gleichem Namen handeln dürfte,480 stehen uns für Nespamedu eine Reihe anderer Quellen zur Verfügung.481 Er gehört zur Nespaqaschuti/Nespamedu-Familie, die aus Abydos und Theben bekannt ist, und die eine Generation zuvor das Amt des Wesirs von der Monthemhet-Familie übernommen hatte.482 Wie sich die Verteilung der Verantwortlichkeiten in diesem geographischen Raum gestaltet haben mag, entzieht sich unserer Kenntnis, ebenso wie eine mögliche Hierarchie innerhalb dieser Personengruppe. Die Angaben auf dem Rassam-Zylinder und die des Monthemhet könnten insofern miteinander zu verbinden sein, wenn möglicherweise unterschiedliche Zuständigkeiten für das West- und Ostufer bestanden haben könnten, allerdings ist doch wohl eher davon auszugehen, dass – zumindest für den hier anvisierten Zeitraum – die politische Realität und die Selbstdarstellung von Monthemhet auseinanderzuklaffen scheinen.483 Monthemhet generiert sich als Bewahrer und Erneuerer von Tempeln in seinem Machtbereich (siehe Kap. III.2.2.1.2 und III.2.3.3) und von seinen Schilderungen lässt sich auf eine ziemlich starke Zerstörung der Tempelanlagen durch die Assyrer, vor allem in Theben, aber auch im nahe gelegenen Umfeld schließen, die mit der sogenannten Plünderung von Theben einhergegangen sein muss.484 Tatsächlich haben aber diese assyrischen Attacken offenbar keine politischen Umwälzungen in der Stadt zur Folge.485 Die Plünderung der Tempel ist durch die assyrischen Berichte historisch glaubhaft belegt.486 Von einer massiven Zerstörung innerhalb der Stadt auszugehen scheint allerdings eher unwahrscheinlich. Assyrische Reliefdarstellungen der Eroberung Ägyptens sind im Thronsaal M (M15–26, M17, M19) des sogenannten Nord-Palastes von Assurbanipal in Ninive erhalten.487 Sie zeigen vermutlich auch die Eroberung von Theben, wobei auf den Darstellungen der Fokus auf die Eroberung, Plünderung und Deportation von

476

CAD 17, 78: „king (when referring to foreigns, often petty king, tribal chief)“; 79: „as title of foreign rulers (in official documents or royal inscriptions originating outside Mesopotamia)“. 477 Übersetzung nach Onasch 1994, 37. 478 Transliteration nach Onasch 1994, 36. 479 Thinis ist nicht sicher lokalisiert, dürfte aber in der Nähe von Abydos gelegen haben; s. eine Zusammenfassung der Diskussion bei Moje 2014, 56–57. 480 Onasch 1994, 56: Stele des Pi(anch)i (Kairo JE 48862), Z. 17. 481 Leahy 1979b; Onasch 1994, 56–57; vgl. Moje 2014, 419 [Thi/01/ORe/01]. 482 Leahy 1979b, 34–35. 483 „What is clear, however, is that, for at least part of the time, Montuemhat’s claim to rule the whole of Upper Egypt did not correspond to political reality.“, Leahy 1979b, 36. 484 Eine Zusammenstellung und kritische Auswertung der Belege zur Plünderung von Theben finden sich bei Gestermann 2000. 485 Gestermann 2000, 79. 486 Onasch 1994, 147–158. 487 Bleibtreu 2013, 21.

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Menschen gelegt ist.488 Das Stadtbild ist weitesgehend intakt dargestellt. Von einer Plünderung der Tempel ist eher auszugehen und das passt insofern zur Darstellung von Monthemhet, da dieser vor allem von der Wiederherstellung von Teilen der Tempelausstattung, vor allem auch von Kultbildern berichtet (vgl. Kap. III.2.2.1.2 und III.2.3.3). 3.2

Monthemhets Stellung in Oberägypten: die Adoptions-Stele der Nitokris489

Die sogenannte „Adoptionsstele der Nitokris“490 ist eines der wichtigsten Dokumente für die politische Geschichte zu Beginn der 26. Dynastie. Der Text der Stele memoriert die Ankunft der zukünftigen Gottesgemahlin Nitokris in Theben sowie deren Adoption durch die amtierende Gottesgemahlin Schepenupet II.491 Mit der Einsetzung seiner Tochter Nitokris in dieses wichtigste thebanische Priesteramt kann Psametik I. seinen Einfluss in Oberägypten festigen und die Herrschaft über das nun wieder vereinte Land übernehmen. Diese Ereignisse werden auf der Stele in das 9. Regierungsjahr von Psametik I. (656 v. Chr.) datiert. Der ursprüngliche Aufstellungsort der Stele ist nicht sicher zu bestimmen. Georges Legrain entdeckte die Stele im Jahr 1897 während Reinigungsarbeiten im Vorhof zwischen dem Ersten und Zweiten Pylon des Karnak-Tempels; sie lag umgestürzt auf der Vorderseite in der Nordwestecke des Hofes unweit des Tripelschreins Sethos’ II.492 Indizien, wie beispielsweise das enorme Gewicht493 des Stelenfragments oder der Umstand, dass noch andere saitische Stelenfragmente im ersten Hof gefunden worden sind,494 sprechen durchaus dafür, dass der Fundort auch dem ursprünglichen Aufstellungsort entspricht.495 Zur originalen Aufstellungssituation gibt es allerdings unterschiedliche Auffassungen: Legrain beschreibt das Stück aufgund einer auf der linken Seite der Stele befindlichen Aushöhlung von ca. 12,5 cm Tiefe und 10 cm Durchmesser als „montant gauche d’une porte monumentale“.496 Caminos hingegen, der die genauen Abmessungen der Aushöhlung aufgenommen hat, bemerkt dazu: „The function of this obviously manmade hole is obscure to me“.497 Aufgrund der Tatsache, dass die Stele an Seiten und Rückwand nicht geglättet worden ist, kommt er zu dem Schluss, dass die Stele nicht frei aufgestellt war, sondern als Element in einer Wand eingepasst gewesen sein müsste.498 Sowohl Legrains als auch Caminos’ Vorschlag setzen einen architktonischen Zusammenhang voraus, für den es im ersten Hof bisher keine archäologischen Hinweise gibt. Daher vermutet Leahy: „the stela of Nitocris was originally a free-standing, roundtopped stela of the conventional type characteristic of the period“.499 Tatsächlich wäre es auch möglich, dass die Stele in einen architektonischen Zusammenhang eingebunden gewesen sein könnte, der außerhalb des 1. Hofs gelegen sein könnte. Doch gibt es bisher keine plausiblen Gründe für eine andere Lokalisierung. Trotz der Unsicherheit in der präzisen Bestimmung des originären Präsentations-Kontextes steht ganz grundsätzlich eine Aufstellung im Bezirk des Karnak-Tempels nicht in Frage. Und da Monthemhet sowie 488

Bleibtreu 2013, 27–29. Dieses Kapitel basiert in Teilen auf Ergebnissen, die im Rahmen der Tagung „Prayer and Power. The God’s Wives of Amun in Egypt during the First Millenium BC“ in Münster vorgestellt wurden: Blöbaum 2016, 190–194. 490 Kairo JE 36327: feinkörniger roter Granit; H: 179,8 bis 188,4 cm, B: 145,5 cm; D: 83 bis 85 cm; PM II2, 27; Jansen-Winkeln 2014, 16–19 [28]; eine vollständige Bibliographie ist über folgende Sekundärliteratur zu erschließen: Caminos 1964; Manuelian 1994, 297–321; Perdu 2002, 17–26; Gozzoli 2006, 87–92; Blöbaum 2011, 38, Anm. 8; Blöbaum 2016. 491 Einen Bericht über den tatsächlichen Amtsantritt der Nitokris überliefert ein autobiographischer Text des Obervermögensverwalters der Gottesgemahlin Nitokris, Ibi. Leider ist das Datum der Amtseinführung zerstört. Ibi selbst wurde im 26. Jahr von Psametik I. ins Amt eingesetzt. Möglicherweise könnte ein zeitlicher Zusammenhang beider Ereignisse bestanden haben, da sie im Text direkt aufeinander folgen, s. Graefe 1994, 89–90, 96–97. 492 Legrain 1897, 12; Caminos 1964, 71; Manuelian 1994, 297. 493 Das Gewicht beträgt 6007,5 kg, s. Caminos 1964, 71. 494 Es handelt sich um Stelenfragmente von Psametik II. und vermutlich von Necho II., s. Leahy 1996, 153 mit Anm. 16. 495 Leahy 1996, 153. 496 Legrain 1897, 16. 497 Caminos 1964, 72. 498 Caminos 1964, 72. 499 Leahy 1996, 153–154. 489

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weitere Mitglieder der Amun-Priesterschaft im Text namentlich erwähnt sind, ist davon auszugehen, dass eben diese Priester als wichtigste Vertreter des gesamten Klerus anzusehen sind. 3.2.1 Der Text der Stele Die Stele ist nicht vollständig erhalten; das Bildfeld sowie der Beginn des Textfeldes fehlen.500 Der Text beginnt mit einer Narrative, die die Reise der Nitokris vom Delta nilaufwärts in den Süden des Landes sowie die daran anschließende Ankunft in Theben beschreibt (Z. 1–16).501 Daran schließt sich die Zusammenfassung einer jmj.t pr-Urkunde an (Z. 16–17),502 welche die Erbfolge nach der Adoption der Nitokris durch die amtierende Gottesgemahlin Schepenupet II. sowie den Amtsantritt in der Folge nach Amenirdis II., die zu der Zeit bereits als Amtsanwärterin eingesetzt war, regelt. Es ist davon auszugehen, dass ein solches Dokument tatsächlich existiert haben dürfte, denn bei dem Text auf der Stele handelt es sich lediglich um eine zusammenfassende Abschrift und keinesfalls um die Urkunde als solche.503 Die Publikation relevanter Auszüge einer solchen Urkunde auf einer Stein-Stele fokussiert auf die Legalität der im Text beschriebenen Ereignisse und sichert die Gültigkeit der Vereinbarung für die Zukunft; gleichzeitig kann der Text als offizielle Publikation sowohl im öffentlichen Raum als auch vor den Göttern gewertet werden.504 Der verbleibende Rest des Textes (Z. 17–31) besteht aus einer Liste, die unterschiedlichste Zuwendungen aus verschiedenen Landesteilen zugunsten von Nitokris aufführt. Diese sichern sowohl ihre Versorgung während der Reise in den Süden als auch ihren Lebensunterhalt in Theben. Auch ist es wahrscheinlich, dass diese Besitztümer bis zur tatsächlichen Amtseinsetzung von Nitokris durch die amtierende Gottesgemahlin Schepenupet II. verwaltet worden sein dürften. In diesem Fall würde der auf der Stele ausgewiesene Besitz von Nitokris eine ähnliche Funktion aufweisen wie eine Mitgift.505 Nach ägyptischem Eherecht wären die in der Liste aufgeführten Gaben am ehesten mit der als sanx bezeichneten Gabe zu vergleichen, die die Braut dem Bräutigam zur Sicherstellung ihrer Versorgung übergibt.506 Ebenso wie die Zusammenfassung der Urkunde garantiert die offizielle Publikation dieser Liste die Anerkennung und Gewährleistung der Ansprüche für die Zukunft. Die Versorgung der Nitokris – so wie sie die Liste darstellt – ruht auf fünf verschiedenen Pfeilern:507 (A) (B) (C) (D) (E)

Ländereien bzw. Erträge dieser Ländereien in Oberägypten werden ihr von Psametik I. überwiesen. Tägliche und monatliche Zuwendung in den Amun-Tempel von Karnak werden durch Mitglieder der Priesterschaft, die namentlich genannt werden, sichergestellt. Psametik I. übernimmt ein tägliches Gottesopfer im oder vom Tempel des Re-Atum in Heliopolis. Brotlieferungen von verschiedenen Tempeln im Delta sind vermutlich als Reiseproviant zu verstehen. Ländereien bzw. Erträge dieser Ländereien in Unterägypten.

Die Liste weist eine ausgesprochen durchdachte und elaborierte Struktur auf, die auf die besondere Bedeutung des Monumentes als Memorandum der saitischen Wiedervereinigung des Landes genauestens abgestimmt ist. Auf verschiedenen Ebenen des Textes sowie mit unterschiedlichen bedeutungstragenden 500

Durch Größenvergleiche mit anderen saitischen Stelen kam Anthony Leahy (1996, 153 mit Anm. 14) zu dem Schluss, dass kaum mehr als eine Zeile des Textes verloren gegangen sein dürfte. In dieser Zeile würde man eine Datierung und/oder eine ausführliche Titulatur des Königs sowie einleitende Worte zum setting der folgenden Redesituation erwarten. Er rekonstruiert für die Stele eine ursprüngliche Höhe von ca. 290 cm. 501 Zur Grundstruktur des narrativen Teils des Textes, s. Gozzoli 2006, 87. 502 Für eine Analyse der Struktur dieses Textabschnitts, s. Blöbaum 2016, 183–184. 503 Der Text gibt lediglich Auszüge des entsprechenden Dokuments, so fehlen beispielsweise die Datumsangabe sowie Teile des Formulars, s. Blöbaum 2006, 184. 504 Logan 2000, 66; Ayad 2009, 140; Ayad 2016, 94. 505 Bryan 2003, 12. 506 Vgl. Pestman 1961, 104–108. Zur Analyse der zugrundeliegenden Semantik des Verbums sanx, s. Rizzo 2015, insb. 83–88. 507 Vgl. Blöbaum 2016, 185, Abb. 2.

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Elementen, die ebenfalls das Layout der Hieroglyhen mit einbeziehen, wird ein sorgfältig komponiertes Netz von Sinnbezügen hergestellt, das auf die Legitimation Psametiks I. fokussiert und die Anerkennung des Königs durch die wichtigsten Priesterschaften des Landes konstatiert.508 Da die Familie des Monthemhet im Rahmen der Versorgung im Amun-Tempel eine exponierte Stellung aufweist, konzentrieren sich die folgenden Ausführungen auf den Abschnitt B. 3.2.2 Die Versorgung der Nitokris in Theben (Z. 20–24) Adoptionsstele der Nitokris, Abschnitt B: Z. 20–24509 t’ H(n)o.t rd(j).t n=s r Hw.t-nTr n.t Jmn

Brot (und) Bier, das ihr gegeben werden soll zum Tempel des Amun.

rD(j).t n=s Das, was ihr geben soll Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t 21| der Vierte Priester des Amun, der Gouverneur von Theben jm(.j)-r’ ^ma.w mj od=s MnT(.w)-m-HA.t s(nb) (und) Vorsteher von Oberägypten in seiner Gesamtheit, Monthemhet, möge er gesund sein: t’ jrT.t Sa(w.t) sm Htp.t

Brot: Milch: Gebäck: Gemüse:

dbn 200 hnw 5 1 1

200 deben 5 hin ein (Stück/Rationen) ein Bund

Xr.t hrw.w n.t raw nb

(als) Tagesbedarf eines jeden Tages;

Xr.t Abd

Monatsbedarf:

jHj Apd

3 5

Rind: Geflügel:

rD(j).t n=s zA=f wr sHD Hm.w nTr m WAs.t Ns-Ptx

t’ jrT.t sm

Das, was ihr geben soll dessen ältester Sohn, der Inspektor der Priester von Theben, Nesptah: Brot: Milch: Gemüse:

dbn 100 hnw510 2 Htp.t 1

3 (Stück/Rationen) 4 (Stück/Rationen)

100 deben 2 hin ein Bund

Xr.t hrw.w n.t raw nb

(als) Tagesbedarf eines jeden Tages;

Hr.t Abd

Monatsbedarf:

22

| Sa(w.t) 15 H(n)o.t hbn.t 10 AH.wt n(.j) tA oaH.t *b.wj sTA.t 100

rD(j).t n=s Hm.t Hm nTr 4nw Jmn MnT(.w)-m-HA.t WdA-

Gebäck: 15 (Stück/Rationen) Bier: 10 hebenet 511 Felder des Distriktes Tjebui :100 Aruren Das, was ihr geben soll die Ehefrau des 4. Priesters des Amun, Monthemhet,

508

Eine detaillierte Analyse und Auswertung der Komposition findet sich bei Blöbaum 2016, 184–199. Caminos 1964, 75 (Faksimile); Jansen-Winkeln 2014, 18; Perdu 2002, 23–24. 510 Manuelian (1994, 303 u. 319, Anm. 89) fasst die Schreibung an dieser Stelle als Hohlmaß ds auf (Wb 5, 485.3–15); alle im Text vorkommenden Mengenangaben für Milch (Z. 21 [2x], 22, 23 [2x]) sind aber hnw (Wb 2, 493.2–14; Pommerening 2005, 201–223) zu lesen, da sonst die Summenangabe nicht plausibel wäre. 511 Antaiopolis, Hauptstadt im 10. oäg. Nomos, das heutige Qaw el-Kebir, Caminos 1964, 90; Manuelian 1994, 319– 320 [90]; Beinlich 1984, 48; Gomaà 1986, 239; Grajetzki 2012; als monatliche Gabe kommt nur der Ertrag der Felder in Betracht. Zum 10. oäg. Nomos s. Helck 1974, 25–26; Gomaà 1987, 85–97; zur regionalen Mythologie nach den späten Quellen, s. Leitz 2017, Bd. 1, 203–217. 509

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ANKE ILONA BLÖBAUM

290

Udjarenes, selig:

rn=s mAa(.t) xrw

Brot:

t’ dbn 100

100 deben

Xr.t hrw.w n.t raw nb

(als) Tagesbedarf eines jeden Tages.

rD(j).t n=s Hm nTr tp.j Jmn @r.w-xb

Das, was ihr geben soll der Hohepriester des Amun, Horchebi:

Xr.t hrw.w

Tagesbedarf:

t’ jrT.t

Brot: Milch:

dbn 100 hnw 2

Xr.t Abd

100 deben 5 hin

Monatsbedarf:

Sa(w.t) 10 | H(n)o.t hbn.t 5 sm Htp.t 10

Gebäck: 10 (Stück/Rationen) Bier: 5 hebenet Gemüse: 10 Bund

23

rD(j).t n=s Hm nTr 3nw Jmn PA-d(j)-Jmn-nb-ns.wt-tA.wj

Das, was ihr geben soll der 3. Priester des Amun, Padiamunnebnesuttaui:

Xr.t hrw.w

Tagesbedarf:

t’ jrT.t

dbn 100 hnw 2

Xr.t Abd H(n)o.t Sa(w.t) sm

Brot: Milch:

100 deben 5 hin

Monatsbedarf: hbn.t 5 10 Htp.t 10

Bier: 5 hebenet Gebäck: 10 (Stück/Rationen) Gemüse: 10 Bund

dmD-zmA

Gesamtsumme

Xr.t hrw.w

Tagesbedarf:

t’ jrT.t Sa(.w.t) sm

dbn 600 hnw 11 2 1/6 Htp.t 2 ½

Xr.t Abd jHj Apd H(n)o.t AH.wt

Brot: Milch: Gebäck: Gemüse:

600 deben 11 hin 2 1/6 (Stück/Rationen) 2 1/2 Bund

Monatsbedarf: 3 5 hbn.t 20 sTA.t 100

Rind: 3 (Stück/Rationen) Geflügel: 5 (Stück/Rationen) Bier: 20 hebenet Felder: 100 Aruren.

Ebenso wie die Liste als solche wird jeder einzelne Abschnitt (A bis E) in der Gesamtliste durch einen Titel eingeleitet, der neben Nitokris als Nutznießerin der Zuwendungen weitere Informationen bereit hält, die den Stifter, den Herkunfts- bzw. Zielort der jeweiligen Zuwendungen oder allgemeine Angaben betreffen können. Die Syntax dieser Titel ist sehr ähnlich:

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

291

Tab. 14: Syntax der zentralen Überschrift sowie der Abschnittstitel in der Liste. rxt n(.j) Gaben rD(j).t n=s rD(j).t n=s Stifter

A B

m Definition m Herkunft m Herkunft

Gaben rD(j).t n=s

r

Ziel

C

rD(j).t n=s Stifter

m Herkunft m Ziel/Herkunft (?) m

D

rD(j).t n=s

m Herkunft

E

rD(j).t n=s

m Herkunft

Definition

Wie die Tabelle (Tab. 14) verdeutlicht, folgt die Syntax der Titel einem System, in das unterschiedliche Elemente aufgenommen werden können. Bei der Verbform handelt es sich entweder um eine Relativform (bei namentlicher Nennung des Stifters in A und C) oder um ein passives Partizip. Die Form ist entweder substantiviert oder bei vorausgehender Nennung der Gaben (Überschrift, A) attributiv verwendet. Die Gaben können durch eine mit der Präposition m eingeleitete Phrase näher bestimmt werden (Überschrift, C). Hierbei variiert die Stellung: in der Überschrift übernimmt diese Phrase den zweiten Platz, im Titel von Abschnitt C bildet diese Information die letzte von insgesamt vier Präpositionalphrasen. Im hier zu besprechenden Teil der Inschrift (B) kann man – wie die Übersicht verdeutlicht – eine Variation in der Syntax beobachten. Mit der zweiten Präpositionalphrase, die bei allen anderen Abschnittstiteln die Herkunft der Zuwendungen bestimmt, wird in Abschnitt B das Ziel der Zuwendungen notiert. Da sich die Stifter in diesem Fall aus der Priesterschaft des Amun-Tempels zusammensetzten, unterscheiden sich – anders als in den anderen Abschnitten der Liste – Ziel und Herkunft der Zuwendungen nicht. Offenbar ist daher die Angabe der Herkunft ausgelassen worden. Denn die Verwendung der AllativPräposition r ist eindeutig richtungsweisend und verschiebt den Fokus auf das Ziel.512 Zudem wird durch die Namen der Stifter eine Art persönliche Verbindung zur Priesterschaft des Tempels hergestellt. Die Grundstruktur in diesem Abschnitt (B) wird in erster Linie durch die genannten Personen bestimmt. Jeder Eintrag wird durch eine Relativform rD(j).t n=s „das, was ihr (sc. Nitokris) NN geben soll“ eingeleitet, daran schließen sich jeweils Titel und Name des Stifters sowie die Zuwendungen an. Bei den Zuwendungen werden tägliche und monatliche Lieferungen unterschieden. Wie die schematische Darstellung der Syntax des Abschnitts (Tab. 15) zeigt, variieren hier die Formulierungen. Tab. 15: Syntax von Abschnitt B. rD(j).t

n=s Titel

Monthemhet

Gaben

Xr.t hrw.w n.t raw nb

Xr.t Abd Gaben

rD(j).t

n=s

Nesptah

Gaben

Xr.t hrw.w n.t raw nb

Xr.t Abd Gaben

rD(j).t

n=s Ehefrau

Udjarenes

Gaben

Xr.t hrw.w n.t raw nb

Xr.t Abd Gaben

rD(j).t

n=s Titel

Horchebi

Xr.t hrw.w Gaben

Xr.t Abd Gaben

rD(j).t

n=s Titel

Padiamun

Xr.t hrw.w Gaben

Xr.t Abd Gaben

Gesamtsumme Xr.t hrw.w Gaben

Xr.t Abd Gaben

Sohn + Titel

Bei den drei Mitgliedern der Monthemhet-Familie wird die ausführlichere Formulierung des Tagesbedarfs Xr.t hrw.w n.t raw nb den Gaben nachgestellt, wohingegen die Angaben bei den beiden anderen Personen analog zu der des Monatsbedarfs, die durch Xr.t Abd eingeleitet wird, den Gaben Xr.t hrw.w voranstellen. Ganz unabhängig davon, ob diese Variation intentional als Mittel der Komposition eingesetzt worden ist, oder lediglich mangelndem Platz oder einer spontanen Laune des Autors bzw. Schreibers geschuldet ist; sie bewirkt in jedem Fall eine formale Abgrenzung der Familie von den beiden anderen Personen.

512

Zur Verwendung des Verbums rDj mit der Präposition r siehe Stauder-Porchet 2009, 181–186, insb. 185; vgl. ebenfalls Nyord 2010, 39.

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292

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Der Abschnitt endet mit der Angabe einer Gesamtsumme sowohl für die täglichen als auch die monatlichen Lieferungen. Interessanterweise wurden hierbei die monatlichen Lieferungen von zwei Posten (sm „Gemüse“ und Sa.t „Gebäck“) auf einen Tagesbedarf umgerechnet, wobei ein Posten (Gemüse) von 0,6 auf 0,5 (=1/2) abgerundet wurde. Eine weitere Tabelle (Tab. 16) bietet nun eine Übersicht über Art und Menge der Zuwendungen sowie die als Stifter genannten Personen.513 Die aufgelisteten Gaben decken eine umfassende Versorgung ab. Es handelt sich um Brot, Milch, Bier, Rind- und Geflügelfleisch, um Gemüse bzw. Salat o. ä. (sm), um ein spezielles Gebäck (Saw.t) sowie um Erträge von 100 Aruren Ackerland. Eine näherere Bestimmung des sm-Gemüses bzw. der sm-Kräuter vorzunehmen ist nicht leicht. Der Begriff wird sehr übergreifend für pflanzliche Nahrungsmittel verwendet, die wir entweder als Kräuter, Salat oder Gemüse bezeichnen würden.514 Das Gebäck Saw.t ist vornehmlich aus Opferlisten bekannt,515 diente aber auch der Ernährung.516 Es handelt sich offenbar um ein eher schweres, süßes Gebäck, das auch Gänsefett enthalten kann.517 Tab. 16: Zuwendungen der Priesterschaft des Amun-Tempels für Nitokris.

Hinweis: 1 dbn = 90–95 g518 1 hnw = 0,473 l519 1 hbn.t = 8 hnw = 3,784 l520 1 sTA.t = 0,2735 ha521 513

Die Übersicht basiert auf einem Auszug einer Tabelle von Ricardo A. Caminos (1964, 101, tab. 2), der für die hier vorliegende Argumentation ergänzt und modifiziert wurde, vgl. Blöbaum 2016, 191, fig. 7, wobei dort die Angabe zur monatlichen Bierlieferung des Nesptah fälschlicherweise mit 1 anstatt 10 hebenet angegeben ist. 514 Vgl. Popko 2018, Eb. 294, Anm. 1: „sm.w ist eine sehr allgemeine Bezeichnung für Pflanzen mit einem variablen Bedeutungsspektrum: Es kann den Bäumen gegenübergestellt sein und damit nicht-verholzte Pflanzen bezeichnen; es kann Viehfutter bezeichnen; es kommt sowohl in wilder wie auch in kultivierter Form vor; es kann Gemüse oder selten auch ein Fruchtlieferant sein. Es handelt sich um keinen botanisch eindeutig klassifizierbaren Terminus; die oft verwendete ägyptologische Grundübersetzung ʽKrautʼ meint das Kraut im weitesten und ursprünglichen Sinne der nutzbaren Pflanzen, die eben nicht Unkraut sind.“. 515 Wb 4, 421.3–8. 516 Zum Beispiel in den Anweisungen für einen Königsaufenthalt im pAnastasi IV (pBM EA 10249), rto 14.2. 517 Im Grab des Rechmire ist eine Reliefszene mit der Herstellung von Saw.t-Gebäck erhalten. Da in unmittelbarer Nähe Datteln und Honig dargestellt sind, könnte es sich um die Zutaten für das Gebäck handeln, s. Peters-Destéract 2005, 146–147. In einer Eulogie auf Theben (oGardiner 25, rto, 6) findet sich zudem der Ausdruck Saw.t n aD srj „Gänsefett-Gebäck“, s. Ragazzoli 2008, 31–33; vgl. ebenfalls eine Rekonstruktion des Rezepts in Tallet 2003, 51. 518 Cour-Marty 1990, 24 setzt während der 25. und 26. Dynastie ein Gewicht von 90 bis 95 g für ein deben an, siehe hierzu ebenfalls Pommerening 2005, 208 mit Anm. 30. 519 Pommerening 2005, 204. 520 Pommerening 2005, 95, Anm. 35. 521 Leitz 2006, 411.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

293

Interessant ist insbesondere die Reihenfolge der Stifter. Als erster ist Monthemhet genannt, darauf folgen sein ältester Sohn Nesptah sowie seine Frau Udjarenes. Erst dann wird der amtierende Hohepriester Horchebi522 – ein Enkel von Schabaqo – aufgeführt. Den Abschnitt beschließt der dritte Priester des Amun Padiamunnebnesuttaui523. Ein zeitgenössischer zweiter Priester des Amun ist nicht bekannt, und dass hier kein Priester mit dieser Position aufgeführt ist, spricht dafür, dass es zu dieser Zeit tatsächlich keinen zweiten Priester des Amun gegeben hat.524 Tab. 17: Übersicht zu den Titeln der erwähnten Personen. Monthemhet Nesptah Horchebi Padiamun

Adoptions-Stele der Nitokris Hm nTr 4nw Jmn HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t jm(.j)-r’ ^ma.w mj od=s Hm nTr 4nw Jmn

(U)

sHD Hm.w nTr m WAs.t Hm nTr tp.j Jmn Hm nTr 3nw Jmn Hinweis: (U) = Nennung von Udjarenes

Der Abschnitt führt also die wichtigsten Priester im Tempel des Amun in Karnak auf (vgl. Tab. 17), wobei einzig für Monthemhet auch Familienmitglieder mit benannt werden. Die beiden Familienmitglieder bilden eine untergeordnete Einheit. Nesptah ist explizit als ältester Sohn (Z. 21: zA=f wr) bezeichnet. Er trägt den Titel sHD Hm.w nTr m WAs.t „Inspektor der Priester in Theben“, mit dem er auf weiteren Denkmälern belegt ist.525 Im Verhältnis zu seinen weiteren Titeln handelt es sich hierbei um eine übergeordnete Priesterfunktion, die er vermutlich von seinem Vater übernommen hat.526 Es ist also davon auszugehen, dass die Auswahl dieses Titels durch die machtvollere und dadurch prestigeträchtigere gehobene Priesterfunktion begründet ist. Udjarenes, die zweite Ehefrau von Monthemhet, war zur Zeit der Abfassung der Inschrift bereits verstorben.527 Dass sie dennoch an dieser Stelle genannt wird, hängt sicherlich mit ihrer Herkunft aus dem kuschitischen Königshaus zusammen, da Psametik I. zu Beginn seiner Herrschaft sehr deutlich eine Anknüpfungspolitik an die kuschitischen Herrscher verfolgte.528 Es ist davon auszugehen, dass die Brotlieferungen zugunsten von Nitokris von der Totenstiftung der Udjarenes übernommen worden sein dürften.

522

@r.w-m-Axbjt: Ranke 1935, 247, 15; Forgeau 1994, 213–222; vgl. Parker 1962, 29; Vittmann 1978, 62–63. PA-d(j)-Jmn-nb-ns.wt-tA.wj: Ranke 1935, 122, 6; vgl. Vittmann 1978, 81; Jansen-Winkeln 2006b, 231–240; JansenWinkeln 2009, 503–505. 524 Ein Beleg ist bekannt, der Monthemhet sowohl als vierten als auch als zweiten Priester des Amun nennt. Es handelt sich um ein Libationsbecken aus Granodiorit (BM 1292): PM I.2, 841–842; Jansen-Winkeln 2009, 481 [232]; vgl. Kitchen 1996, 481; Vittmann 1978, 64–66; Kap. III.2.2.1.1. 525 In der Vignette des Saitischen Orakelpapyrus (Pap. Brooklyn 47.218.3), der in das 14. Jahr von Psametik I. zu datieren ist, Parker 1962, 5 fig. 2b; vgl. hierzu das folgende Kapitel, insb. Tab. 18; in der Inschrift in der Krypta des Monthemhet im Mutbezirk (Nordwand, Inschrift B, K. 17), Jansen-Winkeln 2009 199; de Meulenaere 2008, 99– 102; vgl. Kap. III.2.2.1.1; auf einem Statuensockel (BM EA 133): PM VIII, 918–919; Jansen-Winkeln 2009, 490 [253]; de Meulenaere 2008, 102–104; auf seinem Sarkophag: Jansen-Winkeln 2014, 150; Awadallah/El-Sawy 1990, 34. 526 Naunton 2011, 99. Die Belege dieses Titels von Vater und Sohn zeigen Varianten in Bezug auf den Ort zu dem die unterstellten Priester gehören (m WAs.t „in Theben“, m pr Jmn „im Amun-Tempel“, m Hw.wt „in den Tempeln“). Naunton vermutet, dass es sich nicht um unterschiedliche Ressorts handeln dürfte, sondern die Bezeichnung vom Kontext abhängt. 527 Sie ist als mAa(.t) xr.w bezeichnet; Russmann (1997, 24) nimmt an, dass Udjarenes bis zum Beginn der Saitenzeit am Leben war. Allerdings handelt es sich nach damaligem Stand bei Schepenmut um die zweite und bei Udjarenes um Monthemhets dritte Ehefrau; mittlerweile geht man aufgrund der Anordnung von verschiedenen Söhnen auf einem Relief im Grab des Monthemhet von der umgekehrten Reihenfolge aus, s. Gamer-Wallert 2013, 49–50; 123, Abb. 15; 155, Foto 15. 528 Dies ändert sich im Laufe seiner Amtszeit und ist naturgemäß im Süden des Landes eher zu fassen als im Delta, s. Blöbaum 2006, 142–144. 523

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294

Anders als Nesptah ist Udjarenes nicht mit einem der für sie belegten Titel benannt, sondern wird bezeichnet als: Hm.t Hm nTr 4nw Jmn MnT(.w)-m-HA.t WDA-rn=s mAa(.t) xrw „Ehefrau des 4. Amun-Priesters, Monthemhet, Udjarenes, selig“. Offenbar wurde diese ausführliche Formulierung des üblicherweise an dieser Stelle zu erwartenden Hm.t=f benutzt, da der Name des Monthemhet nicht direkt vorausgeht, und bei der einfachen Form mit Personalpronomen dieses auch auf Nesptah bezogen sein könnte. Eine solche ausführliche Formulierung im Rahmen von Titulaturen ist ungewöhnlich und nur selten belegt.529 Eine Entsprechung in der Bezeichnung einer privaten Frau ist mir nicht bekannt, doch drei Belege der Königin Kiya weisen eine ähnliche Struktur auf, in der Titulatur und Name des Königs genannt sind: Hm.t mrr.tj(t) aA.t n KN kjA „geliebte, große Ehefrau des KN, Kiya“.530 Interessanterweise ist Monthemhet an dieser Stelle nur mit seinem Priestertitel genannt; so steht seine Zugehörigkeit zur Priesterschaft des Amun im Vordergrund. Abgesehen von der auf der Stele dokumentierten Unterstützung und Versorgung der Nitokris hat Monthemhet keine direkten Berührungspunkte mit der Institution der Gottesgemahlin des Amun. Keiner seiner zahlreichen Titel steht im Zusammenhang mit diesem Amtsbereich.531 Allerdings gibt es über seine Schwester Diasehebsed532 eine indirekte Anbindung der Familie an die Institution der Gottesgemahlin. Diasehebsed war Sängerin im Inneren des Amun-Tempels. Da sie mehrmals in der Kapelle des Osiris Wennefer im Persea-Baum hinter einer Gottesgemahlin dargestellt ist, bei der es sich vermutlich um Amenirdis I. handeln dürfte,533 bekleidete sie also offenbar eine wichtige Position im Gefolge dieser Gottesgemahlin. 3.2.3 Zusammenfassung Im Listenteil der Adoptionsstele der Nitokris ist der höchste Klerus des Karnak-Tempels als Unterstützer der zukünftigen Gottesgemahlin genannt. Diese Personen gewährleisten die Versorgung der Nitokris in Theben. Bereits auf den ersten Blick verwundert die Reihenfolge der genannten Personen. Denn man erwartet naturgemäß den Hohepriester des Amun, Horchebi, an erster Postion, zumal die genannten Personen doch offensichtlich den gesamten Klerus des Tempels repräsentieren. Offenbar ist hier Monthemhets Funktion als Herrscher von Oberägypten – also seine „politische“ Position – ausschlaggebend. Die öffentliche Nennung der Namen auf der Stele ist zudem als Loyalitätsnachweis für Psametik I. zu werten. Dies gilt selbstverständlich nicht nur für Monthemhet, sondern für alle genannten Priester. Es ist auch vorstellbar, dass Psametik I. vor der Machtübernahme Verhandlungen mit Monthemhet und den wichtigsten Vertretern der Priesterschaft angestrengt haben könnte. Überlegungen, wie ein solches Szenario ausgesehen haben mag, gibt es einige; und die Spannbreite der Interpretationen ist gewaltig: Sie reicht von einem als Reise der Nitokris getarnten militärischen Handstreich, mit dem Psametik I. den Süden unter seine Kontrolle gebracht haben soll,534 bis hin zur Idee, 529

In der Dritten Zwischenzeit wird auf Monumenten von Frauen gelegentlich, wenn auch eher selten, der Ehemann erwähnt, s. Li 2017, 45: z. B. auf der Holzstele BM 27332 (Saleh 2007, 175) oder MFA 04.1763 (Onstine 2005, 110). 530 BM EA 65901, MMA 20.2.11 (zwei Steingefäße), UC 24382 (Fragment einer Schreibpalette bzw. einer Kiste für Schreibutensilien), s. Murnane 1995, 90 [45A–B]. Erhart Graefe wies mich auf zwei Beispiele einer vergleichbaren Konstruktion auf privaten Totenstelen hin, wo in der Titulatur der Frau der Name des Ehemannes denen von Vater und Mutter folgt: nb(.t) pr &Ay=s-Sps.t hr.tj zA.t PN mw.t=s PN tA Hbs.t PN (Florenz 2516, s. Bosticco 1972, 29–30 [17]; Munro 1973, 191) sowie nb(.t) pr jHj.t n.t Jmn-Raw ©d-MnT.w-sj-anx.t zA.t PN ms(j.w) PN (tA) H[b]s.t PN (Berlin 829, s. Roeder 1924, 353–4; im zweiten Weltkrieg zerstört). In beiden Fällen gehen den Namen von Vater, Mutter und Ehemann Titel voran. 531 Leclant 1961c, 261; Nauton 2011, 110. 532 _j-As.t-Hb-sd, Ranke 396, 9; vgl. Teeter, 1995; Jansen-Winkeln 2009, 285–286; Koch 2012, 248–249; Corsi 2013. Sie war im Hof des Tempels in Medinet Habu bestattet, wie das Fragment eines Türsturzes (OIM 14681) sowie mehrere Uschebtis (OIM 14142–50, 14155–90, JE 57620, 57622–3) zeigen, vgl. Hölscher 1934, pls. 5–6; 1954, 30, pl. 19 C; Hölscher 1954, 30, pl. 21 B–C; Teeter 1995, 199–200; Koch 2012, 248. 533 Koch 2012, 188, 248; Corsi 2013. 534 Helck 1990, 7–8: „Nehmen wir jedoch andere Reiseangaben, so erkennen wir, daß etwa ein Reiter einen königlichen Brief aus der Ramsesstadt (oder aus Memphis) bis Theben in 24 Tagen überbringt oder die Meldung des Todes Sethos’ II. aus dem Norden nach Theben 21 Tage braucht. Vergleicht man damit die 16 Tage der Fahrt der Nitokris, so liegt die Wirklichkeit offen: Es ist nicht eine feierliche Prozession den Nil hinauf gewesen, sondern

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

295

dass die Adoption der Nitokris Ergebnis von intensiven Verhandlungen zwischen Psametik I. und Monthemhet gewesen sein könnte.535 Letztendlich bleibt jedes der vorgeschlagenen Szenarien, sei es auch noch so überzeugend, ein Gedankenexperiment, da uns leider (bisher) keine ausreichenden Quellen zur Absicherung zur Verfügung stehen. Festzuhalten bleibt, dass ein Großteil der Versorgung der zukünftigen Gottesgemahlin offenbar von der Monthemhet-Familie sichergestellt wird. Die Position in der Aufzählung, die Einbeziehung seiner Familie sowie der Umfang der zur Verfügung gestellten Rationen, zeigen nicht nur die Gewichtigkeit der politischen Position Monthemhets in der Thebais und seine durch diesen Einfluss begründete spezifische Position in der Priesterschaft. Sie sind ebenfalls beredtes Zeugnis des enormen Reichtums der Familie. Die Adoptionsstele ist eines der wichtigsten Denkmäler zur Herrschaftsübernahme von Psametik I. Der neue König inszeniert sich als legitimer Nachfolger der kuschitischen Dynastie und Reichseiniger: Er begründet seinen Herrschaftsanspruch, definiert das ihm unterstellte Territorium und bezeichnet seine Allianzen.536 Die Tatsache, dass die Amunspriesterschaft auf diesem Denkmal namentlich in unterstützender Funktion genannt ist, ist als öffentliches Bekenntnis zum saitischen Königshaus zu bewerten. Auf welche Weise diese Position der Priesterschaft entstanden ist, entzieht sich leider unserer Kenntnis. 3.3

Monthemhets Stellung im Tempel: der Saitische Orakel-Papyrus

Eine weitere wichtige Quelle, der sogenannte saitische Orakelpapyrus,537 erlaubt einen Einblick in die Priesterschaft des Tempelbezirks von Karnak. Der Papyrus, der in das 14. Regierungsjahr von Psametik I. datiert (4. Oktober 651 v. Chr.),538 protokolliert einen Orakelentscheid bezüglich der Anfrage eines Priesters: Während des Auszugs des Gottes Amun-Re bei der Prozession zum Neumond-Fest wendet sich Pami, Sohn von Horsiese, und Enkel von Peftjau mit einem Gesuch im Namen seines Vaters an den Gott. Sein Vater möchte von der Priesterschaft des Amun in die des Month-Re-Harachte wechseln, und da die Priester dem Gott unterstellt sind, erfordert ein solcher Wechsel göttliche Zustimmung. Diese wird im Verlauf des Orakels gewährt. Der Papyrus dokumentiert das Ereignis, und zwar in zweifacher Hinsicht: Zum einen ist die Prozession bzw. der Orakelentscheid in einer Vignette bildlich dargestellt. Und zum anderen sind im Anschluss an den Text insgesamt 50 Priester als Zeugen des Beschlusses aufgeführt, die mit eigener Hand den Ausgang des Orakels bestätigen. So bietet der Papyrus auf zwei unterschiedlichen Ebenen Informationen über interne Strukturen in der Priesterschaft. Die Reihenfolge der dargestellten Personen in der Vignette, aber auch in der Zeugenliste sowie die verwendeten Titel der Priester können weitere Aufschlüsse zur Position von Monthemhet innerhalb des Tempels geben. 3.3.1 Die Vignette Das Foto lässt erkennen, dass die Vignette539 leider nicht sehr gut erhalten ist (Abb. 33). Auf der linken Seite ist der Schrein des Amun-Re dargestellt. Er wird von zwanzig Trägern, die in weißes Leinen gekleidet sind, mit Hilfe von zwei Tragstangen getragen und von zwei Wedelträgern begleitet. Vom Schrein selbst ist nur die linke obere Ecke erhalten. Interessanterweise ist hier eine Inschrift dargestellt, die die Titulatur von Taharqo zeigt. Man erkennt die Reste einer Kolumne: nTr nfr nb tA.wj (#w(j)-Nfr-tm-Raw)| zA Raw […]. Dies weist darauf hin, dass offenbar die Barke, die tatsächlich im Kultbetrieb in Gebrauch war,

ein militärischer Überfall, bei dem die nördliche Flotte Tag und Nacht gefahren sein muß, um die Thebaner zu überraschen“. 535 Broekmann 2012c, 114: „years of cautious negotiations between Psammetik and Monutemhat brought about the adoption of Psammetik’s young daughter Nitocris“. 536 Blöbaum 2016, insb. 198–199. 537 Papyrus Brooklyn 47.218.3: Der Papyrus wurde zwischen 1881 und 1896 von Charles Edwin Wilbour erworben. Der Fundort ist nicht bekannt, doch aufgrund des Inhaltes ist der Papyrus zweifelsfrei nach Theben zu orientieren. Die editio princeps wurde von Richard A. Parker im Jahr 1962 vorgelegt: A Saite Oracle Papyrus from Thebes in the Brooklyn Museum [Papyrus Brooklyn 47.218.3]. BES IV. Providence 1962; vgl. ferner die Anmerkungen von de Meulenaere (1997, 243–249). 538 Jahr 14, 5. Tag des ersten Monats der Schemu-Jahreszeit: 4. Oktober 651 v. u. Z., s. Parker 1962, 1. 539 Parker 1962, Taf. 1.

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abgebildet ist; es sich also bei der Darstellung des Schreins um eine authentische Wiedergabe der realen Szene handeln dürfte.

Abb. 33: Der saitische Orakel-Papyrus: Vignette (The Brooklyn Oracle Papyrus, October 4, 651 B.C.E. Papyrus, pigment, ink, Overall: 10 15/16 × 210 5/16 in. (27.8 × 534.2 cm). Brooklyn Museum, Bequest of Theodora Wilbour from the collection of her father, Charles Edwin Wilbour, 47.218.3a-j).

Vor dem Schrein und ihm zugewandt waren ursprünglich mindestens acht Personen hintereinander stehend dargestellt. Von zwei Personen sind kaum noch mehr als wenige Fragmente erhalten; eine Identifizierung ist daher schwierig bis unmöglich. Ganz grundsätzlich können zwei Gruppen unterschieden werden: die ersten vier Personen sind mit dem Felidenfell bekleidet und ebenfalls durch die Darstellung der Hautfarbe von der zweiten Gruppe abgehoben. Die hinteren vier Personen sind alle in weißes Leinen gekleidet und mit der gleichen hellen Hautfarbe dargestellt, die sich auch bei den Trägern des Schreins findet. Betrachtet man die gesamte Szene, so fällt – trotz des schlechten Erhaltungszustands – eine Bildkomposition aus fünf etwa gleich großen Segmenten auf, die sich in erster Linie durch ihre Farbigkeit voneinander unterscheiden. Diejenigen Personen, die in weißes Leinen gekleidet sind, können in drei Gruppen aufgeteilt werden: die hinteren und die vorderen Träger des Schreins sowie die zweite Gruppe von vier Personen, die vor dem Schrein ihm zugewandt dargestellt sind. Eingebettet in diese drei Gruppen bzw. Segmente befinden sich zwei Segmente, die sich auf den ersten Blick durch eine andere Farbigkeit von den drei erstgenannten Gruppen unterscheiden: es handelt sich auf der linken Seite um die Darstellung des Schreins und auf der rechten Seite um die Gruppe der vier Felidenfell-Träger. Diese beiden Gruppen fallen optisch direkt ins Auge und binden die Aufmerksamkeit des Betrachters. Der Bildaufbau stellt somit den im Schrein befindlichen Gott Amun sowie die ihm gegenüberstehende Kultpriesterschaft als Hauptelemente der Szene heraus. Der Fokus auf den Schrein wird – sowohl optisch als auch kompositorisch – durch die zwei auf ihn ausgerichteten Straußenfeder-Wedel zusätzlich unterstützt. Während die Träger des Schreins nicht weiter differenziert werden, waren ursprünglich alle Personen, die vor dem Schrein dargestellt sind, durch Beischriften identifiziert. Die erste Gruppe beginnt mit Monthemhet, der direkt vor dem Schrein von Amun-Re steht. Er ist ohne Zweifel durch die Reste einer Aufschrift auf einer Schärpe, die schräg über seinen Oberkörper drapiert ist, identifiziert.540 Er ist als Ritualist dargestellt, der ein Weihrauchopfer darbringt. Bekleidet mit dem Felidenfell und hellen Sandalen, hält er den Räucherarm in der linken, nach vorn ausgestreckten Hand und ein Anch-Zeichen in der rechten Hand. Sein Kopf ist kahl rasiert. Ebenfalls kann Monthemhet noch ein Fragment mit Resten von zwei Kolumnen einer Beischrift zugeordnet werden, in der zusätzlich noch einmal sein Name und weitere Titel genannt sind.541 Aus den erhaltenen Resten der Aufschrift auf der Schärpe sowie dem unteren Ende einer zugehörigen Kolumne der Beischrift lässt sich die Identität der Person, die an zweiter Postion dargestellt ist, sicher erschließen. Auf der Schärpe ist der Titel sHD Hm.w nTr m WA[s.t] „Inspektor/Aufseher der Priester in Theben“ zu erkennen und die Reste der zugehörigen Kolumne oberhalb der Darstellung zeigen eindeutig 540

Tatsächlich ist die Aufschrift nicht sehr gut erhalten, bietet aber ausreichend Informationen für eine Identifizierung: […] nw [… …] j[… …] ¥ma.w MnT(.w)-m-HA[.t], s. Parker 1962, 5, Abb. 2a. 541 Reste von zwei Kolumnen: (1) […] Hw.t-nTr Jmn [H]m nTr wHm n(.j) (2) [… … … r D]r=s MnT(.w)-m-HA[.t], s. Parker 1962, Taf. 1.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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nochmals den Namen „Monthemhet“.542 In der Zeugenliste ist kein Priester mit dem Titel eines Inspektors aufgeführt, doch in der Adoptionsstele der Nitokris führt Nesptah, der älteste Sohn von Monthemhet, ebenfalls diesen Titel (vgl. Tab. 17).543 Er ist auch in der Zeugenliste vertreten (Nr. 33), und zwar mit dem Titel eines einfachen Amun-Priesters ([Hm nTr] Jmn-Raw [nzw nTr.w]). Die Indizien sind so eindeutig, dass niemand anderes als er in der zweiten Position dargestellt sein kann. Nesptah ist ebenfalls in das Felidenfell gekleidet, seine Füße sind nicht erhalten. Auch er ist mit kahl rasiertem Schädel dargestellt. Beide Arme hängen herunter, seine rechte Hand ist leer, die linke nicht erhalten. Hinter Nesptah – wiederum vergleichbar mit der Reihenfolge auf der Adoptionsstele der Nitokris – ist der Hohepriester Horchebi dargestellt. Die Inschrift auf seiner Schärpe ist vollständig erhalten.544 Wie die beiden anderen ist auch er mit dem Felidenfell und hellen Sandalen bekleidet. Zudem trägt er gut erkennbar ein Herz-Amulett. Der rechte Arm ist nicht erhalten, in der linken Hand hält er eine Art Strauß. Seine Haut ist dunkelbraun dargestellt, was auf seine kuschitische Herkunft verweist. Die Hautfarbe von Monthemhet und Nesptah ist ebenfalls ein wenig dunkler dargestellt als die der anderen Personen, doch deutlich heller als die von Horchebi. Hier stellt sich nun die Frage, ob der Zeichner mit der unterschiedlichen Darstellung der Hauttönungen versucht hat, die Personen in ihrem tatsächlichen Phänotyp authentisch abzubilden, oder ob hier allgemeines Wissen um die Familiengeschichte und Verbindungen ins kuschitische Königshaus mit in die Darstellung eingeflossen ist. Günther Vittmann vermutet, dass bereits in der Generation des Großvaters Chaemhor durch eine Heirat Verbindungen ins kuschitische Königshaus etabliert wurden, und es sich bei den Darstellungen daher um die Angabe des tatsächlichen Phänotypes handeln könnte.545 Dies wird allerdings von Jeremy Pope bezweifelt, der die in Frage kommende Dame für eine Libyerin hält, und darauf hinweist, dass sich die Darstellungen von Privatpersonen oftmals am Kanon der zeitgenössischen Königsdarstellungen orientieren.546 Dies trifft für die rundplastischen Objekte zu, doch ist in Frage zu stellen, ob es auch für die Darstellung in der Vignette heranzuziehen ist, da es die unterschiedliche Angabe der Hautfarbe von Horchebi sowie Monthemhet und Nesptah (B) nicht erklärt. Bei der vierten Person, die mit dem Felidenfell bekleidet ist, handelt es sich mit einiger Sicherheit um den dritten Amun-Priester, Hor. Padiamunnebnesuttaui, der dritte Amun-Priester in der Liste der Adoptions-Stele, ist mittlerweile verstorben. Sein Sohn, Hor, hat das Amt übernommen, wie aus der Zeugen-Liste des Orakel-Papyrus hervorgeht, in der er den Titel des dritten Amun-Priesters führt und der Name des Vaters in der Filiation genannt ist.547 Die Hautfarbe dieser Person ist aufgrund des Erhaltungszustands nur an wenigen Stellen zu erkennen, und zwar bei dem vorgestellten rechten Bein, an einem kleinen Teil der linken Schulter sowie an der linken Hand. Die Hautfarbe ähnelt keiner anderen der dargestellten Personen. Es handelt sich um einen Farbton, der sehr hell ist, nur geringfügig heller als der des Papyrus, aber gar nicht mit dem eher rosigen Hautton der anderen Priester korrespondiert. Mit einem ähnlichen Farbton sind die Schärpen der drei anderen Felidenfellträger dargestellt. Da alle drei Bereiche, bei der die Haut des vierten Priesters erkennbar ist, den gleichen Farbton aufweisen, ist es eher unwahrscheinlich, dass es sich um eine Verfärbung des Papyrus handeln könnte. Auch hier stellt sich die Frage, ob es sich um den Versuch einer authentischen Wiedergabe der Person handeln könnte, oder ob sich dieser Farbton anders erklären lassen kann.548 Die zweite Personengruppe – ebenfalls aus vier hintereinanderstehenden Personen bestehend – hebt sich durch die andersartige Farbigkeit sehr deutlich von der ersten Gruppe ab und korrespondiert in dieser 542

Parker, 5, Abb. 2b u. Taf. 1; zum Titel s. Parker 1962, 33; Naunton 2011, 99. Kairo JE 36327, Z. 21; zu weiteren Belegen, s. Anm. 525. 544 Parker 1962, 5, Abb. 2c: Hm nTr tp.j Jmn m Jp.t-s.wt ¡r.w-Ax-bj.t. 545 Vittmann 2007, 151. 546 Pope 2014, 197. 547 Parker 1962, 22 [29a]. 548 In Fremdvölkerdarstellungen beispielsweise sind Asiaten mit hellerer Haut dargestellt, ein gelber Hautton ist Frauendarstellungen vorbehalten, wie Jan Assmann (1975, 308) es für das Neue Reich formulierte: „Gelb bedeutete als Hautfarbe »weiblich« in Opposition zu Rot, »männlich«, und dies in vollständiger Abstraktion von den unendlichen Zwischentönen der Realität. In der Folgezeit werden meist nur noch die Göttinnen mit gelber Hautfarbe dargestellt, während das Inkarnat sterblicher Frauen in den verschiedensten Zwischentönen von Rosa bis Hellbraun den Ton wirklicher Hautfarbe zu treffen sucht“. Möglicherweise hat auch hier der Künstler versucht, den realistischen Hautton zu treffen. 543

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Hinsicht mit den Trägern des Schreins. Alle Personen sind mit der gleichen rosig wirkenden, hellen Hautfarbe dargestellt; sie sind in weißes Leinen gekleidet und tragen – ebenso wie die ersten vier Priester – helle Sandalen. Die erste Person ist deutlich von den drei anderen unterschieden. Der Priester trägt eine ausgerollte Papyrusrolle vor sich, sein kahl geschorener Schädel ist durch zwei weiße Federn geschmückt, die mit einem Band am Kopf fest gebunden sind. Aufgrund des Kopfschmucks und der Papyrusrolle ist er als Vorlesepriester zu identifizieren.549 Die Reste einer Kolumne der Beischrift weisen ihn als Padiamunnebnesuttaui aus. Er trägt hier den Titel zXA mDA.t-nTr „Schreiber des Gottesbuches“550 und auch für seinen Vater hat sich dieser Titel erhalten. Unter den Zeugen gibt es insgesamt drei Personen mit Namen Padiamunnebnesuttaui (Nr. 3, 21 und 36). Parker schließt Nr. 36 aus, lässt aber eine Entscheidung zugunsten von Nr. 3 oder 21 offen.551 Verhoeven spricht sich nach Analyse der Handschriften für den Zeugen Nr. 21 aus, der in der Liste lediglich mit dem einfachen Kult-Titel Hm nTr Jmn-Raw nzw nTr.w „Priester des Aumunrasonther“ erscheint, da dieser der deutlich „kalligraphischere Schreiber“ sei und „seine Schrift stärker an die ‚Gottesbücher‘ der Berliner Takelothis-Gruppe erinnert als die [Handschrift] von Nr. 3“.552 Von der zweiten Person ist lediglich ein Fuß erhalten. Parker beschreibt die Hauttönung des Fußes als dunkel und derjenigen von Monthemhet und Nesptah (B) entsprechend. Auch hat sich ein weiteres Fragment einer Inschriftenkolumne erhalten, die Teile des Namens von Monthemhet bezeugt. Daraus folgert Parker, dass ein weiteres Mitglied der Familie in der Vignette dargestellt sein muss und geht von Monthemhets gleichnamigen Enkel aus.553 Tatsächlich ist aber auf der Farbtafel in der Publikation von einer dunkleren Hauttönung des Fußes nichts zu erkennen. Hier gleicht die Farbe dem eher rosigen Hauttyp der anderen Personen in der zweiten Gruppe. Auf älteren schwarz-weiß-Aufnahmen sieht tatsächlich der Fuß etwas dunkler aus, allerdings nicht nur der Fuß allein, sondern alle Bereiche der am rechten Rand erhaltenen Fragmente.554 Gleichwohl ist allerdings die erhaltene Kolumne mit dem Namen von Monthemhet ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes Indiz. Möglicherweise war hier also tatsächlich ein weiteres Mitglied der Monthemhet-Familie dargestellt. Die dritte Person der zweiten Gruppe ist auch nur teilweise erhalten. Aufgrund des charakteristischen Gewands, das mit zwei dünnen Trägern gehalten wird, ist sie eindeutig als Wesir, und damit als Nespaqaschuti (Zeuge Nr. 4) zu identifizieren. 555 Die letzte Person in der Reihe ist – nach Parker – mit großer Wahrscheinlichkeit mit dem Bittsteller Pami, der die Orakelanfrage im Auftrag seines Vaters gestellt hat, zu identifizieren.556 Er ist deutlich kleiner als die anderen Priester in der Gruppe dargestellt; auch kleiner als die Träger des Schreins, die ebenso groß wie die vor dem Schrein stehenden Priester sind. Laut Parker sei dies Ausdruck seiner bescheidenen Position bzw. Haltung, die noch dadurch verstärkt werde, dass er sich leicht nach vorn neige.557 Dies ist allerdings mit dem Verlauf der Rückenlinie dieser Person im Vergleich zu derjenigen der anderen Personen nicht zu vereinbaren. Die Rückenlinie verläuft exakt im gleichen Schwung, wie man in der Zusammenschau der erhaltenen Linien in der Umzeichnung (Abb. 34) sehr gut erkennen kann.558

549

Parker 1962, 6; zusammenfassend zum Titel, s. Theis 2014, 47–49. Wb 2, 188.3; Jones 2000, 857–858 [3132]; Quirke 2004, 38–39. 551 Parker 1962, 6. 552 Verhoeven 2001, 56. 553 Parker 1962, 6. 554 https://d1lfxha3ugu3d4.cloudfront.net/images/opencollection/objects/size2/47.218.3_bw_IMLS.jpg (Zugriff am 23.12.2018); es ist schwierig zu entscheiden, welche Angabe zuverlässiger ist. Geht man davon aus, dass Parkers Beobachtung auf einer Autopsie des Originals beruht, ist dies selbstverständlich als zuverlässiger zu erachten, falls nicht evenuell noch nach seiner Bearbeitung Restaurierungs- oder Reinigungsmaßnahmen an dem Objekt vorgenommen worden sind. Eine erneute Autopsie am Original stellt die einzige Möglichkeit dar, diese Frage zu klären. Im Rahmen der hier vorliegenen Untersuchung konnte dies allerdings nicht vorgenommen werden. 555 Parker 1962, 15–16; zum Wesirsgewand siehe Raedler 2004, 299–301. 556 Parker 1962, 6. 557 Parker 1962, 6. 558 Die Umzeichnung gibt aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht die gesamte Darstellung wieder, sondern konzentriert sich auf die erhaltenen Partien des Kopf- und Nackenbereichs sowie der Rückenlinie. 550

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Abb. 34: Kopf- und Rückenhaltung der Personen in der Vignette (Zeichnung: A. Blöbaum, nach Parker 1962, Taf. 1).

Auch die Kopfhaltung unterscheidet sich nicht von derjenigen der drei vorausgehenden Priester. Einzig der Vorlesepriester hat eine etwas andere Kopfhaltung, denn sein Kopf ist leicht angehoben dargestellt, was in seinem Fall einer Lesehaltung entspricht. Insofern kann die geringere Größe der letzten Person zwar auf einen geringeren Status zurückzuführen sein, aber ebenfalls zum Ausdruck bringen, dass Pami noch sehr jung ist, was ich für wahrscheinlicher halte. Letztlich ist aber keine eindeutige Aussage möglich, da der Grad der Zerstörung der Vignette dies nicht zulässt. Günther Vittmann konnte Pami mit dem Inhaber des Grabes TT 243 identifizieren, das in die frühsaitische Zeit zu datieren ist.559 Die genealogischen Angaben stimmen überein und der Vater Horsiese ist als Month-Priester bezeichnet. Pami selbst, der im OrakelPapyrus ohne Titel erscheint, verfügt über eine Reihe von bedeutenden Titeln, darunter eventuell auch den des Gouverneurs von Theben, was ein weiteres Indiz für ein eher junges Alter zur Zeit der Orakelanfrage darstellt, da er diesen Titel erst nach dem Tod von Monthemhet von dessen Sohn Nesptah (B) oder sogar von einem weiteren Nachfolger übernommen haben kann.560 Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Amun-Priester der ersten Gruppe durch die Komposition des Bildes eindeutig mehr im Fokus stehen als die weiteren Teilnehmer des Orakelentscheids. Innerhalb dieser Gruppe ist trotz seines niedrigeren Priestertitels Monthemhet als ausführender Ritualist dargestellt, der die Gruppe der Priester anführt. Diese Position wird zumeist vom Hohepriester eingenommen, kann aber auch delegiert werden,561 doch ist der Hohepriester ebenfalls anwesend und hinter Monthemhet und seinem Sohn dargestellt. Es ist also warscheinlich, dass hierdurch ein Machtgefälle innerhalb der Gruppe visuellen Ausdruck gefunden hat.562 Monthemhet wird ebenso wie in der Adoptions-Stele der Nitokris von seinem ältesten Sohn und Nachfolger Nesptah (B) begleitet. Sollte es tatsächlich so sein, dass mit dem Enkel Monthemhet (B) noch ein weiteres Familienmitglied in der Vignette dargestellt war, so weist dies nochmals verstärkt auf den großen Einfluss der Familie des Monthemhet.

559

Vittmann 1979. Vittmann, 1979, 77; Vittmann 1978, 187–189, 170–189. 561 Bierbrier 1977, 1242. 562 Ganz ähnlich wird die Darstellung des Orakels aus dem Jahr 7 wHm msw.t (Nims 1948, 157–162, Taf. VIII) interpretiert, in der der Zweite Amun-Priester Nesamun als Riualist dargestellt ist, währned der Hohepriester Paianch daneben steht, s. Thijs 2009. 560

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3.3.2

Die Zeugen

Der Orakel-Schreiber des Amun-Tempels, Amenemhet, der gemäß seines Amtes das Protokoll verfasst hat, ist gleichzeitig der erste Zeuge. Ihm folgen weitere 49 Priester, die das Protokoll mit eigener Hand unterschrieben haben.563 Darunter finden sich auch alle in der Vignette dargestellten Personen, mit Ausnahme des vermutlichen Bittstellers Pami, den Parker in der letzten, etwas kleiner dargestellten Person vermutet (s. o). Einige der Priester (insgesamt 17)564 schreiben Hieratisch, während der überwiegende Teil (insgesamt 565 27) das „modernere“ Kursivhieratisch verwendet,566 und weitere sechs567 benutzen eine Mischform beider Schriften. Parker vermutet, dass die Verwendung des Kursivhieratischen mit der Priesterposition zu korrelieren ist, da der überwiegende Teil derjenigen Priester, die die Kursive benutzen, den Titel jt(j) nTr führen, während diejenigen, die den Hm-nTr-Titel tragen, das traditionelle Hieratisch bevorzugen.568 Helck hingegen ist der Ansicht, dass die Verwendung von Hieratisch bzw. Kursivhieratisch primär mit der Schulbzw. Ausbildung zusammenhängen dürfte, was Rückschlüsse auf Status und Einfluss der Familie zulässt.569 Die von Ursula Verhoeven vorgelegte detaillierte Analyse der Paläographie der hieratischen Zeugenschriften,570 die auch eine Untersuchung der persönlichen Schreibgewohnheiten sowie der beruflichen Stellung der einzelnen Zeugen einbezieht, zeigt ein differenzierteres Bild, zumindest für diejenigen Personen, die hieratisch schreiben. Sie bringt die bevorzugte Schrift mit dem aktuellen Tätigkeitsprofil der Schreiber in Verbindung, da sie feststellen konnte, dass diejenigen Schreiber, die hieratisch schreiben, entweder professionelle Hieratiker (z. B. Orakelschreiber, Vorlesepriester etc.) sind bzw. mindestens einen Tempelschreibertitel führen, während diejenigen, die die modernere Variante bevorzugen, eher in administrativen Kontexten beschäftigt sind.571 Die Reihenfolge der Unterschriften scheint nicht vollständig willkürlich oder zufällig zu sein, denn manche Priestergruppen sind im Verbund und offenbar in einer hierarchischen Abfolge genannt.572 Im Folgenden liegt der Fokus ausschließlich auf denjenigen Personen, die auch auf der Adoptions-Stele der Nitokris genannt sind: es sind dies der erste bis vierte Priester des Amun sowie deren direkte Familienangehörigen.573 Die Reihenfolge richtet sich der Einfachheit halber nach der Zeugenliste. 3.3.2.1

Monthemhet und weitere Familienmitglieder

Zunächst fällt auf, dass der Name von Monthemhet als Zeuge nicht erhalten ist. Parker schlägt vor, Monthemhet an zweiter Stelle der Zeugenliste zu positionieren, wo zwar der Zeugentext erhalten, aber die gesamte Namenszeile leider verloren ist. Denn nur hier im Papyrus gibt es eine Lücke mit ausreichend Platz für den Namen von Monthemhet sowie seine Genealogie.574

563

Bereits Parker hat die Zeugen durchnummeriert. Diese Nummern werden hier auch verwendet, beigeschriebene Kleinbuchstaben beziehen sich auf Generationen in den Filiationsangaben: a = Vater, b = Großvater usw. 564 Die Zeugen Nr. 1–3, 6, 21–23, 29, 31–35, 45–47 und 50; Zeuge Nr. 32 in in der Liste bei Verhoeven (1999, 57) nicht aufgenommen. 565 Die Zeugen Nr. 5, 7–18, 24–28, 30, 36–39, 41, 43–44 und 48. 566 Grundsätzlich zur Einordnung von Kursivhieratisch (bzw. abnormal hieratic) gegenüber dem „normalen“ Hieratisch s., Vittmann 2015, 383–433; Donker van Heel 2015, 371–381. 567 Die Zeugen Nr. 4, 19–20, 40, 42 und 49. 568 Nur insgesamt vier Personen, bei denen sich der Titel jt(j) nTr erhalten hat bzw. zweifelsfrei rekonstruieren lässt, schreiben Hieratisch (Nr. 22, 32, 45, 46), zwei weitere benutzen eine Mischform (Nr. 40 und 49); eine Korelation des Titels mit den Schreibgewohnheiten lässt sich allerdings nicht feststellen, vgl. Blöbaum i. Dr. c. 569 Helck 1984, 71–74. Hierzu bemerkt Vittmann (2015, 385), dass dies trotz großer Plausibilität durch die Einzelstellung des saitischen Orakelpapyrus als Dokument nur schwer nachzuprüfen sein dürfte. 570 Verhoeven 1999, 54–60. 571 Verhoeven 2001, 59–60. 572 Siehe hierzu Blöbaum i. Dr. c; vgl. ebenfalls Helck 1984, 71–74. 573 Hier beschränke ich mich auf Nachkommen in der direkten Linie, also Söhne und Enkel, da vor allem die Informationen in den genealogischen Abschnitten im Sinne der Thematik auswertbar sind. 574 Parker 1962, 15 u. Taf. 2.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Sein Name wird aber darüber hinaus mehrfach in Filiationen genannt. Mindestens zwei seiner Söhne sowie ein Enkelsohn sind unter den Zeugen.575 Parker identifiziert den Zeugen in Position Nr. 49 ebenfalls als einen Sohn von Monthemhet.576 Der Text ist nicht einfach zu lesen. Parker liest u. a. S-mw.t mw.t=f sowie den Titel Hm nTr 4nw Jmn und interpretiert den Text als Filiation, in der außergewöhnlicherweise nicht der Vater, sondern die Mutter namentlich genannt ist. Er nimmt an, dass es sich bei dem Zeugen mit Namen Nesptah um einen weiteren Sohn von Monthemhet handeln müsse, der, um ihn von dem erstgeborenen Nesptah (B), dessen Mutter Neschons war, zu unterscheiden, den Namen seiner Mutter, Schepenmut, nennt aber auf den Vater lediglich mit dem Titel verweist.577 De Meulenaere schlägt stattdessen vor, die Filiation auf einen vierten Priester des Amun, Nachtefmut (Nxt-tAy=f-Mw.t) zu beziehen, der aus anderen Denkmälern bekannt ist und bei dem es sich vermutlich um einen Enkel eines gleichnamigen Nachtef(en)mut aus der Zeit Osorkons III. handelt.578 Es ist zwar sehr ungewöhnlich, dass in einem Dokument wie dem saitischen Orakelpapyrus die Filiationsangabe für einen Sohn durch die Angabe der Mutter erfolgt. Doch ist dies gut erklärbar, wenn man von zwei Brüdern gleichen Namens mit demselben Vater, aber unterschiedlichen Müttern ausgeht.579 Und tatsächlich gibt es eindeutige Hinweise, dass Monthemhet nicht nur zwei Söhne, sondern sogar drei mit dem Namen Nesptah gehabt hat.580 Ungewöhnlich erscheint es mir dennoch, dass der Vater lediglich durch den Titel repräsentiert sein soll. Ist hier der Name vielleicht einfach vergessen worden? Natürlich könnte auch eine solche Angabe vor dem Hintergrund familiärer Streitigkeiten (zumindest aus unserer modernen Sicht) durchaus Sinn ergeben.Viel wahrscheinlicher ist allerdings, dass der Status, also der Titel, als wichtiger erachtet wurde als die Person als solche, zumal in einem Fall, in dem der Titel den Träger eindeutig identifiziert.581 Dennoch wäre sie in jeder Hinsicht als Ausnahme zu bewerten. Die Lesung des Texts an den Schlüsselstellen ist recht schwierig, so dass hier noch Klärungsbedarf besteht. Durch die Belege im Grab des Monthemhet, die die Existenz von insgesamt drei Söhnen mit Namen Nesptah bestätigen, wird im Folgenden dieser Nesptah als Nesptah (B3) bezeichnet und für den Befund mit einbezogen.582 Die Übersicht (Tab. 18) stellt die Personen mit ihren im Dokument genannten Titeln zusammen. Es wurden alle Generationen berücksichtigt, auch wenn sie zur Zeit der Abfassung des Papyrus’ nicht mehr am Leben waren. Diese sind zur besseren Übersicht in der Darstellung grau unterlegt. 575

Die Zeugen Nr. 22, 33 und 47. Parker 1962, 28–29; Helck 1984, 73; Naunton (2011, 112) sieht im Zeugen Nr. 49 keinen Sohn von Monthemhet, geht allerdings auch davon aus, dass Nesptah (B) der einzige Sohn Monthemhets unter den Zeugen wäre. 577 Ns-PtH zA Hm nTr 4nw Jmn mw.t=f ¥(p-n)-Mw.t; Helck (1984, 73) und Verhoeven (1999, 55) folgen dieser Auffassung. 578 De Meulenaere 1997, 247–248. 579 Dass Brüder mit gleichem Namen in derselben Familie auftreten können, ist auch aus anderen Beispielen bekannt: z. B. hat der ebenfalls hier diskutierte Dritte Amun-Priester Padiamunnebnesuttaui einen gleichnamigen Bruder, s. Jansen-Winkeln 2006b, 218. 580 In den Inschriften im Tempel sowie auf den Statuen von Monthemhet haben sich diesbezüglich keine Hinweise erhalten, doch Fazzini (2010, 83, Anm. 3) verweist auf einen Vortrag von Farouk Gomaa in Luxor (Winter 2006/2007), in dem dieser von zwei Söhnen mit dem Namen Nesptah aufgrund von Befunden im Grab des Monthemhet (TT 34) berichtet. Diese Angabe wurde mir von Louise Gestermann bestätigt (Email vom 11.07.2019): Sogar zwei weitere Söhne mit dem Namen Nesptah sind in den Inschriften im Grab belegt, s. GamerWallert 2013, 49–50; 123, Abb. 15; 155, Foto 15. In der südlichen Pfeilerhalle sind in drei Registern insgesamt sechs Personen hinter dem Grabherrn, Monthemhet, abgebildet. Die Beischriften im unteren Register identifizieren die beiden Personen mit Nesptah (B) und Djedchonsiuefanch; der Name der Mutter, Neschons, ist beim letzteren erhalten. Das mittlere Register zeigt Pascherienmut sowie einen zweiten Nesptah mit der Angabe der Udjarenes als Mutter. Im dritten Register ist nur der Name der ersten Person erhalten: wiederum Nesptah. Es liegt nahe, in diesem Register die Söhne der dritten Ehefrau, Schepenmut, zu erkennen. 581 Generell wird die väterliche Linie bevorzugt, vor allem im sakralen Umfeld, in dem ein bedeutender Titel in der Familie das Renomee der Person aufwertet, s. Jansen-Winkeln 2005b, 138; im hier vorliegenden Fall ist die Identifikation nur durch die Mutter möglich, aber der Status ist mit dem Titel des Vaters verbunden. Insofern, und weil der Titel eindeutig auf die Person, also Monthemhet, verweist, könnte hier dem Titel der Vorzug gegeben worden sein. Tatsächlich gibt es aber auch seltene Fälle, in denen in der Genealogie nur auf die Mutter verwiesen wird, wie z. B. Padiamenope, der seinen Vater niemals nennt, s. Jansen-Winkeln 2004b, 359, Anm. 11; Traunecker/Régen 2018, 60. 582 Nesptah, geboren von Udjarenes, wäre dann mit B2 zu bezeichnen. 576

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Djedhor, ein Sohn von Monthemhet, der keiner der drei Ehefrauen sicher zugeordnet werden kann,583 unterschreibt an Position 22 und ist damit in der Zeugenliste das erste Mitglied der Familie nach Monthemhet. Er ist einer von nur insgesamt vier Zeugen, die den Titel jt(j) nTr führen, aber traditionelles Hieratisch schreiben. Er hat außer dem Titel jt(j) nTr n(.j) Jmn-Raw nzw nTr.w keinen weiteren angegeben. In der Filiation verweist er auf seinen Vater Monthemhet und nennt dabei den Priestertitel mit ausführlichem Gottesnamen „Amun-Re, König der Götter“ sowie den Titel „Gouverneur von Oberägypten“. Tab. 18: Übersicht zu Personen und Titeln der Monthemhet-Familie.584 Chaemhor

Nesptah (A) Monthemhet

Djedhor Nesptah (B) Pascherienmut Monthemhet (B)

Nesptah (B3)

Die Monthemhet-Familie im Saitischen Orakel Papyrus Hm nTr Jmn-Raw [nzw] nTr.w jm(.j)-r’ n’.t TAty [Hm nTr Jmn m] Jp.t-s.wt HA.tj-a(.w) n(.j) n’.t […] […] Hm nTr 4nw n(.j) Jmn nzw nTr.w Hm nTr 4nw n(.j) J[mn m Jp.t-s.wt]585 Hm nTr 4nw Jmn jm(.j)-r’ ^ma.w jt(j) nTr n(.j) Jmn-Raw nzw nTr.w sHD Hm.w nTr m WA[s.t] Hm [nTr] Jmn-Raw [nzw nTr.w] [Hm] nTr [J]mn wart nTr Hm nTr Jmn-Raw nzw nTr.w Hm nTr 3nw MnT.w nb WAs.t wart nTr jt(j) nTr Jmn-Raw nzw nTr.w Hinweis: (v) = Vignette, (z) = Zeuge, (f) = Filiation Zeuge

(f)

33c

(f)

33b

(v) (z) (f) (f) (f) (f) (z) (v) (z) (f) (f) (z)

(z)

2 22a 33a 47b/49b 22a/33a/4 7b 22 33 47a 47a 47

49

An Position 33 folgt Nesptah, der älteste Sohn und Nachfolger von Monthemhet. In der Vignette direkt hinter seinem Vater und noch vor dem Hohepriester dargestellt, hätte man ihn auch in der Zeugenliste direkt im Anschluss an die Unterschrift von Monthemhet vermuten können. Sein Titel ist zum größten Teil nicht erhalten, kann aber aufgrund der Spuren sowie des zur Verfügung stehenden Platzes zu [Hm nTr] JmnRaw [nzw nTr.w] ergänzt werden.586 Er ist einer von insgesamt nur drei Personen, die eine ausführliche Filiation bis in die dritte Generation angeben,587 und der einzige, der jeden Vorfahren mit mindestens zwei Titeln aufführt. Letztlich ist es für uns nicht möglich die Intention dieser Ausführlichkeit zu ergründen, doch drängt sich der Gedanke auf, dass der Wesirstitel des Urgroßvaters Chaemhor das Ziel dieser – immerhin drei Zeilen umfassenden – Filiationsangabe gewesen sein könnte. Auch ein Enkel des Monthemhet, der nach seinem Großvater benannt ist, ist als Zeuge vertreten. Er unterzeichnet den Beschluss an Position 47 unter Nennung seines Vaters, Pascherienmut, und seines 583

Parker (1962, 28) hält ihn für einen Sohn der Schepenmut oder der Asetemachbit, die er noch als Ehefrau von Monthemhet akzeptiert, was allerdings nicht haltbar ist, s. Leclant 1961, 163; Russmann 1997, 21. 584 Die in der rechten Spalte angegebenen Nummern beziehen sich auf die Ordnungsnummern, die Parker den in der Zeugenliste genannten Personen gegeben hat. Die kleinen Buchstaben geben die Generation bezogen auf den genannten Zeugen an (a=Vater, b=Großvater etc.). 585 Ergänzung nach Parker (1962, Taf. 11) auf der Basis der Größe der Lücke. 586 Parker 1962, 24, Taf. 11. 587 Die Zeugen Nr. 36 und Nr. 40, wobei Nr. 36 nur den Vater und Nr. 40 keinen seiner Vorfahren mit Titeln benennt.

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Großvaters. Er selbst ist Amun-Priester sowie Dritter Month-Priester, für seine Vorfahren gibt er jeweils zwei Titel in der kürzest möglichen Form an. Alle Mitglieder der Monthemhet-Familie schreiben Hieratisch. Der noch erhaltene Text, der Monthemhet zuzuweisen ist, zeigt keine Besonderheiten, mit Ausnahme der Tatsache, dass das Gotteszeichen (G7) in traditioneller Form ohne Punkt geschrieben ist.588 Dies ist nicht als auffällig zu werten, da Monthemhet zum diesem Zeitpunkt bereits ein relativ alter Mann gewesen sein dürfte. Die Handschrift von Djedhor (Zeuge Nr. 22) „ist nicht sehr gleichmäßig, und sie enthält in ganz besonderem Maße ausgefallene Zeichenformen, die bei keinem anderen Schreiber Parallelen haben“, wohingegen Nesptah (B) „über ein sehr gleichmäßiges, gestochenes Buchhieratisch verfügt“ und der Enkel Monthemhet (B) „ebenfalls kalligraphische Zeichenformen“ schreibt.589 Der jüngere Nesptah (B3) hingegen „schreibt Hieratisch mit eingestreuten abnormen Zeichenformen“.590 Sehr auffällig bei den Filiationsangaben der Monthemhet-Familie ist die Verwendung des Personenklassifikators in den Personennamen und in Einzelfällen auch in Titelangaben. Es fällt auf, dass die Namen von Monthemhet sowie diejenigen seines Vaters, Nesptah (A), und des Großvaters, Chaemhor, mit dem knienden Mann mit Wedel (A 52) klassifiziert sind, anstelle des einfachen sitzenden Mannes (A1). Eine Zusammenstellung der erhaltenen Belege, in denen A52 benutzt wurde (Abb. 35), zeigt, dass eine gewisse Systematik zugrunde liegt.

Abb. 35: Die Verwendung des Personen-Klassifikators A52 (Mann mit Wedel) bei den Mitgliedern der MonthemhetFamilie (Zeichnung: A. Blöbaum, nach Parker 1963, pls. 8, 11, 14).

Die Zeugen selbst klassifizieren sich in jedem Fall mit dem einfachen sitzenden Mann (A1).591 Djedhor schreibt den Namen seines Vaters, Monthemhet, mit dem Mann mit Wedel, ebenso auch Nesptah (B), der allen Personennamen seiner Ahnen den Mann mit Wedel hinzufügt. Besonders aufschlussreich ist die Filiationsangabe von Monthemhet (B), der den Namen seines Vaters, Pascherienmut, mit dem einfachen sitzenden Mann, den seines Großvaters Monthemhet aber mit dem Mann mit Wedel schreibt. Die Textstelle ist leider nicht gut erhalten, doch die Reste der Zeichen sind gerade, was das Ende der Namen angeht, eindeutig. Der jüngere Nesptah (B3) erwähnt den Namen des Vaters nicht, so dass hier auch kein Befund zu erwarten ist.

588

Verhoeven 2001, 55. Verhoeven 2001, 56. 590 Verhoeven 2001, 56. 591 Diese Belege sind nicht in die Übersicht integriert; vgl. ©d-¡r.w (G.6); [Ns]-P[t]H (J.1); [MnT]w-m-HA.t (M.17); NsPtH (N.5). 589

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Auch werden gelegentlich verschiedene Titel mit A1 klassifiziert. Nesptah (B) allerdings fügt interessanterweise dem Wesirs-Titel (TA.tj) ebenfalls den Mann mit dem Wedel hinzu,592 während er den Priestertitel mit dem einfachen sitzenden Mann schreibt. Dies spricht für die oben geäußerte Idee, dass die Erwähnung des Wesirs-Titels das Ziel seiner ausführlichen Filiation gewesen sein dürfte. Bemerkenswert ist, dass sowohl der amtierende Wesir, Nespaqaschuti, den Titel sowohl für sich selbst als auch für seinen Großvater, Nespamedu, mit einfachem A1 schreibt.593 Ebenso verfährt sein Bruder Djedinheretiuefanch bei der Nennung des Vaters, Nespamedu.594 In der gesamten Liste benutzt sonst niemand den Mann mit Wedel (A52) als Personenklassifikator, weder bei Personennamen noch bei Titelangaben.595 Dies gilt auch für den Monthemhet-Sohn, Nesptah (B2), den Zeugen Nr. 49. Aus dieser Perspektive betrachtet wird die Tatsache, dass Monthemhet lediglich durch den Titel repräsentiert sein soll, noch erklärungsbedüftiger. Der Gebrauch des Zeichens im saitischen Orakelpapyrus ist exklusiv für die Familie des Monthemhet belegt und kann daher als Indiz für die renommierte Stellung, insbesondere natürlich für Monthemhet, aber auch für seine Vorfahren gewertet werden. Nespath (B3) löst die gemeinsamen familiären Spezifika nur zum Teil ein. So schreibt er zwar Hieratisch, aber mit eingestreuten abnormen Zeichenformen und in seiner Filiation ist Monthemhet lediglich mit seinem Titel genannt. Dies könnte für ein eher junges Alter sprechen. 3.3.2.2

Der dritte Priester des Amun

Der amtierende dritte Priester des Amun ist Hor, der Sohn von Padiamunnebnesuttaui (C). Dieser ist zur Zeit der Orakelabfrage bereits verstorben und sein Sohn hat den Posten übernommen. Ein weiterer Sohn von Padiamunnebnesuttaui hat an Position 35 unterzeichnet.596 Eine Übersicht (Tab. 19) zeigt die genannten Titel: Tab. 19: Übersicht zu Personen und Titeln der Familie des dritten Amun-Priesters. Die Familie des 3. Amun-Priesters im Saitischen Orakel Papyrus [Hm nTr J]mn m Jp.t-[s.wt] Padiamunnebnesuttaui f Hm nTr 3nw Jmn m Jp.t-s.wt f [Hm nTr] 3nw J[mn m J]p.t-s.wt Hor z z zxA [Hw.t-nTr n(.j) Mw].t wr.t [nb.t JSr.w…] Hm-nTr Jmn-Raw nzw [nT]r.w Irethorru z rx nzw

29a 35a 29 29 35

Der amtierende Dritte Priester des Amun sowie sein Bruder Irethorru schreiben ebenfalls beide traditionelles Hieratisch. 3.3.2.3

Der Hohepriester des Amun

Der Hohepriester des Amun, Horchebi, unterschreibt als 50. und damit letzter Zeuge. Dies ist sicherlich auch als Ehrenplatz in der Liste zu bewerten. Er gibt für sich insgesamt vier Titel in seiner Unterschrift an (vgl. Tab. 20), was nur noch durch den Wesir Nespaqaschuti, der sechs Titel angibt, übertroffen wird, und er unterschreibt „in a hand fully twice as large as anyone else“.597 Offenbar ist er einer der mächtigsten Priester im Tempel, doch scheint sein Einfluss auf den sakralen Bereich beschränkt zu sein.598 Sein Sohn, Ipi, hat die Liste als Nr. 11 unterzeichnet. Er schreibt Abnormal-Hieratisch. Seinen Vater nennt er nur beim Namen, auf die Angabe eines Titels verzichtet er. 592

Zeile J.3: Parker 1962, Taf. 11; zu Parallelen, s. Vittmann 1998, 511 mit Anm. 1354 u. 1354a. Kol. B.11 [4]; Parker 1962, Taf. 2. 594 Kol. L.12 [42]; Parker 1962, Taf. 13. 595 A 51 wird in der Schreibung Spss verwendet, s. Verhoeven 2001, 32–33. 596 Zur weiteren Familie, s. Parker 1962, 23, Abb. 5; Vittmann 1978, 66–95; Naunton 2011, 53. 597 Parker 1962, 1, 29. 598 Die politischen und militärischen Funktionen, die seit der 20. Dynastie mit dem Hohepriester-Titel verbunden waren, wurden im Verlauf der 25. Dynastie – beginnend mit dem Hohepriester Hormachet – immer weiter reduziert, s. Koch 2012, 10–11. 593

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305

Tab. 20: Übersicht zu Personen und Titeln der Familie des Hohepriesters. Die Familie des Hohepriesters im Saitischen Orakel Papyrus Schabaqo [Horemachet]

Hm nTr tp.j [n(.j) Jmn-Raw] nzw [nTr.w…] Hm nTr tp.j Jmn m Jp.t-s.wt Hm nTr tp.j n(.j) Jmn m Jp.t-s.wt Hm nTr #ns.w pA Xrd aA wr tp.j n(.j) Jmn Hm nTr Jmn.t aA.t wr.t nb(.t) tA.wj Hr.t-jb Jp.t-s.wt Hm nTr Mwt xw(j) n’.t=s

Horchebi

Ipi

jt(j) nTr Jmn m Jp.t-s.wt pA jm(.j)-r’ Sn Pr-Jmn-zA-tp.j

f v z z z z f z z

50b 50a 50

11a 11 11

3.3.3 Zusammenfassung Sowohl aus der Vignette als auch aus den Zeugenunterschriften ist die prominente Position der AmunPriesterschaft zu ersehen. Und innerhalb dieser Gruppe ist es wieder Monthemhet, der dominiert. Insbesondere der Darstellung auf der Vignette ist in diesem Zusammenhang Bedeutung zuzumessen, da diese Szene eine Fremdwahrnehmung auf die Position von Monthemhet darstellt, die sich durchaus mit seiner Selbstpräsentation deckt. Die Zeugenunterschriften hingegen sind als Bestandteil der Selbstpräsentation zu werten, da jeder der Schreiber eigenhändig unterzeichnet hat und die Ausführlichkeit seiner Genealogie selbst bestimmt hat. Hier fehlt uns ein Bild für Monthemhet, doch zeigt sich in der Unterschrift von seinem Sohn Nesptah (B), dass dieser offenbar seine Person bzw. Position aufzuwerten versuchte durch eine besonders ausführliche Genealogie bis in die vierte Generation, eben bis zu jenem Vorfahren, der noch das Wesirsamt inne hatte. Man hat den Eindruck, dass dies ebenfalls für den Hohepriester Horchebi zutreffen mag. Wobei hier natürlich der Großvater, König Schabaqo, das Ziel der Geneaologie darstellt. Des Weiteren ist zu bemerken, dass die Familie des Monthemhet mit mindestens drei, eventuell sogar vier weiteren Mitgliedern unter den Zeugen gut vertreten ist. Wenn man der Rekonstruktion der Vignette von Parker folgt und auch den Enkel des Monthemhet in der Darstellung verortet, so ist auch hier die Familie des Monthemhet prominent vertreten. Dies zeugt von der besonderen Bedeutung der Familie innerhalb der thebanischen Elite. Und die große Bedeutung von Monthemhet als Patriarch dieser Familie wird durch die in der Familie nachgewiesene Schreibgewohnheit deutlich, die den Namen von Monthemhet als einzigem noch lebenden Vorfahren mit dem Schriftzeichen des knieenden Mannes mit dem Wedel (A52) an Stelle des einfachen sitzenden Mannes (A1) versieht. Mit Monthemhet an zweiter Position der Zeugenliste, nach dem Verfasser des Textes, der naturgemäß an erster Stelle unterschreibt, und dem Hohepriester Horchebi am Schluss, was als Ehrenposition gewertet werden muss, rahmen diese beiden Persönlichkeiten die gesamte Gruppe der Zeugen. Wie aus den Titeln erschlossen werden kann, handelt es sich um repräsentative Gruppen aus der Amun- und der Monthpriesterschaft.599 Der dritte Amunpriester, Hor, befindet sich mit seiner Position Nr. 29 im Mittelfeld der Zeugen. Es dürfte sich hierbei eher nicht um eine signifikante Position handeln. Monthemhet ist der einzige in der Gruppe, der neben dem Priestertitel seinen Verwaltungstitel jm(.j)r’^ma.w „Vorsteher von Oberägypten“ aufführt (vgl. Tab. 21), wobei die beiden anderen Personen ohnehin schwerpunktmäßig mit ihrem Haupttätigkeitsfeld im Priesterdienst und der Tempelverwaltung anzusetzen sind.600 Auch in diesem Dokument ist kein Zweiter Amun-Priester belegt, ein weiteres Argument für die Tatsache, dass es während dieser Zeit keinen Vertreter dieses Titels in Theben gab.

599 600

Vgl. Blöbaum i. Dr. c. Vittmann 1978, 62–63; 76–80.

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Tab. 21: Die Amun-Priester im Saitischen Orakel-Papyrus. Saitischer Orakel Papyrus Monthemhet

[…] […] Hm nTr 4nw n(.j) Jmn (nzw nTr.w/Jmn m Jp.t) jm(.j)-r’ ^ma.w

(v) (z) 2 (f) 22a/33a/47b/49a (f) 22a/33a/47b

Horchebi

Hm nTr tp.j Jmn m Jp.t-s.wt Hm nTr tp.j n(.j) Jmn m Jp.t-s.wt Hm nTr #ns.w pA-xrd aA-wr tp.j n(.j) Jmn Hm nTr Jmn.t aA.t wr.t nb(.t) tA.wj Hr(.t)-jb Jp.t-s.wt Hm nTr Mw.t xw(j.t) n’.t=s

Hor

(v) (z) (z) (z) (z) (z) 29 (z) 29

[Hm nTr] 3nw J[mn m Jp].t-s.wt zXA [Hw.t-nTr n.t Mw].t wr.t [nb.t JSr.w] Hinweis: (v) = Vignette, (z) = Zeuge, (f) = Filiation Zeuge

3.4

Ein Mann seiner Zeit: Monthemhet in zeitgenössischen Quellen

Die drei in diesem Kapitel vorgestellten Quellen zeigen Monthemhet aus verschiedenen Perspektiven, jedes Mal jedoch aus einem anderen Bereich seiner offiziellen Amtsausübung. Mit dem Rassam-Zylinder steht uns ein Einblick in die Macht- und Verwaltungsstrukturen des Landes nach der Assyrischen Eroberung zur Verfügung. Die wichtigste Erkenntnis ergibt sich aus der Diskrepanz der Angaben zu Monthemhets Machtbereich (Elephantine bis Hermopolis) in einer biographischen Inschrift auf der Sitzstatue M-07 mit den auf dem Zylinder aufgeführten insgesamt vier Lokalherrschern in dieser Region. Ein Vergleich des Rassam-Zylinders mit den beiden anderen Quellen erweist sich als schwierig, da der Kontext jeweils ein vollständig anderer ist und es zudem nur eine geringe Überschneidung der aufgeführten Personen gibt. Ein direkter Vergleich der Befunde für die Adoptions-Stele der Nitokris sowie den Saitischen OrakelPapyrus erscheint ergiebiger, da es eine Reihe von Gemeinsamkeiten in beiden Quellen gibt. Beide Befunde zeigen die besondere Stellung Monthemhets und seiner Familie im Umfeld des Klerus’ in Karnak. Und in beiden Dokumenten repräsentiert Monthemhet zusammen mit dem Hohepriester sowie dem Dritten Amun-Priester die höchste Amun-Priesterschaft. Es ist immer wieder Monthemhet, der in der Hierarchie klar vor den anderen rangiert. Dies zeigt sich in der Reihenfolge der Liste auf der Stele der Nitokris ebenso wie auch in der bildlichen Darstellung der Vignette des Orakelpapyrusʼ, die Monthemhet als ausführenden Ritualisten darstellt. Auch die rekonsturierte Position der Zeugenunterschrift von Monthemhet im Orakelpapyrus deutet in diese Richtung. Die Priviliegien des Monthemhet zeigen sich ebenfalls in der Tatsache, dass er in jeder Situation seinen erstgeborenen Sohn, Nesptah (B), als seinen Nachfolger im Amt, an seiner Seite hat. Für die anderen Amun-Priester ist dieses Privileg auf den beschriebenen Denkmälern nicht nachgewiesen, obschon der Dritte Amun-Priester Padiamunnebnesuttaui im Zeitraum zwischen der Abfassung der Nitokris-Stele und der des Orakelpapyrusʼ verstorben ist und das Amt von seinem Sohn Hor übernommen wurde. Eine Erwähnung von Hor auf der Nitokris-Stele wäre also ebenso plausibel wie die des Nesptah (B). Möglicherweise zeigt sich in der Vorgehensweise des Monthemhet aber auch eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf die zukünftige Stellung der Familie unter Psametik I. als König. Die besondere Stellung von Monthemhet insbesondere in seiner Familie drückt sich zusätzlich in der spezifischen Benutzung des Zeichens A52, dem Mann mit dem Wedel, in den Filiationsangaben der Zeugenunterschriften der Nachkommen von Monthemhet im Orakelpapyrus aus. Monthemhet ist hier als einziger lebender Vorfahr mit diesem Zeichen klassifiziert. Dass sich dies klar auf seine Person bezieht und nicht als grundsätzliche Pietät den Ahnen gegenüber zu erklären ist, macht die Zeugenunterschrift von Monthemhet (B), dem Enkel, sehr deutlich, denn er schreibt den Namen seines Vaters, Pascherienmut, mit dem sitzenden Mann (A1), den seines Großvaters aber mit dem Mann mit Wedel (A52). Die folgende Tabelle (Tab. 22) stellt diejenigen thebanischen Priester, die sowohl in der AdoptionsStele der Nitokris als auch im Saitischen Orakel Papyrus belegt sind, zusammen und gibt eine Übersicht über die verwendeten Titel der Personen.

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Nesptah (B) erscheint in der Vignette ebenso wie in der Inschrift auf der Nitokris-Stele direkt hinter seinem Vater und damit als sein zukünftiger Nachfolger. Insofern profitiert er von der Machtstellung der Familie bzw. insbesondere von der seines Vaters. Betrachtet man nun seine Stellung in der Priesterschaft unabhängig von seiner Nachfolgerposition, so zeigt sich ein anderes Bild. Denn in der Liste der Zeugen erscheint er erst an Position 33, wobei der Dritte Priester des Amun, Hor, der Sohn von Padiamunnebnesuttaui, vor ihm an Position 29 den Bescheid bezeugt.601 Dies steht der Reihenfolge in der Vignette als auch der auf der Adoptions-Stele der Nitokris entgegen. Tab. 22: Der thebanische Klerus in der Adoptions-Stele und im Saitischen Orakel Papyrus. Adoptions-Stele der Nitokris Monthemhet

Saitischer Orakel Papyrus

Hm nTr 4nw Jmn

Hm nTr 4nw Jmn/Jmn nzw nTr.w/J[mn m Jp.t]

(f)

HA.t(j)-a(.w) n(.j) n’.t

jm(.j)-r’ ¥ma.w

(f)

sHD Hm.w nTr m WA[s.t]

(v)

Hm [nTr] Jmn-Raw [nzw nTr.w]

(z)

Hm nTr tp.j Jmn m Jp.t-s.wt

(v)

Hm nTr tp.j n(.j) Jmn m Jp.t-s.wt

(z)

jm(.j)-r’ ¥ma.w mj od=s Nesptah

Horchebi

sHD Hm.w nTr m WAs.t

Hm nTr tp.j Jmn

Hm nTr #ns.w pA-xrd aA-wr tp.j n(.j) Jmn Hm nTr Mw.t xw(j.t) n’.t=s Padiamun Hor

Hm nTr 3nw Jmn

(z) (z)

[Hm nTr 3nw J]mn m Jp.t-s.wt

(f)

[Hm nTr] 3nw J[mn m Jp].t-s.wt

(z)

zXA [Hw.t-nTr n.t Mw].t wr.t [nb.t JSr.w]

(z)

Hinweis: (v) = Vignette, (z) = Zeuge (f) = Zeuge, Filiation Die prominente Stellung Monthemhets innerhalb der Priesterschaft dürfte am ehesten mit seiner prominenten Position in der Stadt- und Landesverwaltung zusammenhängen. Immerhin führt er zumindest auf der Nitokris-Stele die beiden diesbezüglich wichtigsten Titel, „Gouverneur von Theben“ sowie „Vorsteher von Oberägypten (in seiner Gesamtheit)“. Im Orakelpapyrus geben immerhin seine Söhne und der Enkel neben dem Priestertitel ebenfalls den Titel „Vorsteher von Oberägypten“ an. Insofern würde hier seine Position auf der politisch-administrativen Ebene diejenige auf der kultisch-religiösen Ebene beeinflussen. 4 Die Selbstdarstellung eines Lokalherrschers im sakralen Raum Mit Monthemhet, dem Vierten Priester des Amun und Gouverneur der Stadt Theben, präsentiert sich uns ein hoher Beamter, der seine Machtposition als ägyptischer Lokalherrscher im Spannungsfeld einer sowohl administrativen als auch kultisch geprägten Stellung innerhalb der thebanischen Elite ausgeübt hat. Zugleich ist mit ihm eine der mächtigsten Personen während der Übergangszeit von der 25. zur 26. Dynastie in Theben greifbar,602 bevor sich mit der Herrschaft von Psametik I., dem ersten König der 26. Dynastie, über das wieder vereinte Ägypten die Machtkonstellationen in der thebanischen Priester- und Beamten-Elite grundlegend veränderten. 601 602

Parker 1962, 22 u. 24. „His skill in maintaining good relations with the Assyrians and Saites, and perhaps also with the Kushites and local Theban dignitaries in-between times, was probably what brought the success and wealth to which his numerous monuments attest.“ (Naunton 2016, 402).

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Zur Person von Monthemhet steht uns eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen zur Verfügung. Er war nicht nur mit Bauarbeiten für Taharqo im Mut-Bezirk in Karnak betraut, sondern hat dort ebenfalls eigenverantwortlich gewirkt.603 Seine Aktivitäten im Tempel der Mut in Karnak sind einerseits archäologisch zu fassen;604 und andererseits auch von ihm selbst in einer großen Inschrift, die in der sogenannten Monthemhet bzw.Taharqo-Krypta im Mut-Bezirk angebracht ist, thematisiert.605 Darüber hinaus sind ihm neben verschiedenen weiteren inschriftlichen Zeugnissen sowie seiner monumentalen Grabanlage in Theben-West etwa 20 Statuen in sehr unterschiedlichem Erhaltungszustand zuzuordnen. Bereits seit dem Ende des Neuen Reichs ist zu beobachten, dass das Grab als Stätte des Totenkults an Bedeutung verliert und sich im Zuge dessen der Totenkult auf die Tempelstatue verlagert. Dies führt dazu, dass funeräre Textarten sowie (auto)biographisch geprägte Texte in der Spätzeit zunehmend auf Tempelstatuen bezeugt sind, und somit die Tempelstatue sich zu einem wichtigen Mittel der Selbstpräsentation mit dem Tempel als Ort der Inszenierung entwickelt. Durch die Aufstellung der Statuen im Tempel wird sakraler Raum (mit)gestaltet, nicht von königlicher Seite, sondern durch Mitglieder der Elite, die sich hierdurch gleichzeitig im öffentlichen Raum inszenieren, ihr Wirken und Streben vor den Göttern präsentieren sowie im Kontext ihrer peer-group verankern. Insofern figurieren die unterschiedlichen Statuen verschiedene Aspekte der Selbstvorstellung der dargestellten Person im Rahmen eines komplexen Beziehungsgeflechts aus sozialen, rituellen und kulturellen Handlungszusammenhängen und Konventionen. Das einzelne Artefakt zeichnet sich in dieser Hinsicht durch eine multimediale Komposition aus, die – neben Materialität – Bild- und Textkomponenten miteinander verknüpft und darüber hinaus in der ursprünglichen Aufstellungssituation ebenfalls eine räumliche Komponente miteinbezieht. Allein schon durch die Vielzahl der Stücke, aber auch durch die exzellente Qualität jeder einzelnen Darstellung muss Monthemhet eine eindrückliche Präsenz im Karnak-Tempel entwickelt haben. Im Statuenensemble finden sich sowohl konventionell und in Bezug auf die Selbstpräsentation wenig aussagekräftige Stücke, neben anderen Beispielen, die durch eng verknüpfte intermediale Bezüge sowie eine wohl durchdachte Komposition einen bewegenden Einblick in die Selbstinszenierung dieses berühmten Mannes geben. So bietet die Stehfigur M-01606 (Kairo CG 42236) sowohl in Bezug auf die Ikonographie als auch im Textrepertoire ein gutes Beispiel für die archaisierenden Tendenzen in der Kunst und der Textproduktion der 25. und 26. Dynastie. Sie steht ikonographisch als auch in Bezug auf das Textrepertoire in Abhängigkeit zur Statue Kairo CG 42202 des Vorlesepriesters und Zeitgenossen Padiamenope, was eine neue Interpretation dieser Statue nahelegt, die bislang in der Forschung vor allem als visuelle Darstellung eines königlichen Herrschaftsanspruchs seitens Monthemhets angesehen wurde. Vielmehr zeigt aber die Gesamtkomposition der Statue den Dargestellten nicht nur als Mitglied der zeitgenössischen Elite, die sich in ihrem Selbstverständnis am Nomarchentum der Ersten Zwischenzeit orientiert, sondern schafft ebenfalls Verbindungen zu intellektuellen Persönlichkeiten des Neuen Reichs wie Senenmut und Chaemwaset. Die Ikonographie orientiert sich zwar am zeitgenössischen Königsbild, ohne jedoch die Darstellungskonventionen privater Tempelstatuen zu strapazieren. Einzig die Beschriftung des Gürtels mit dem Namen lässt sich als Detail einer spezifisch königlichen Ikonographie zuordnen, doch ist die erstmalige Übernahme nicht eindeutig Monthemhet zuzuordnen. Die große Bedeutung, die diesem Detail zugemessen wurde, wird durch die Parallelität der Statue von Padiamenope relativiert. Hier wird man also eher keinen königlichen Herrschaftsanspruch erkennen wollen, sondern vielmehr das Selbstbewusstsein einer hoch einflussreichen und intellektuellen Elite. Des Weiteren konnte für die Sitzstatue M-07607 (Berlin ÄMP 12721) durch die Analyse der Gesamtkomposition eine ursprüngliche Aufstellung im Bereich des Achmenu im Tempelbezirk erschlossen werden. Zudem konnte das Sockelfragment M-15 (Kairo CG 42239) der Statue zweifelsfrei zugeordnet werden.608 Die Gesamtkomposition des Ensembles (Statue plus zusätzlicher Sockel) bezieht alle zur 603

Vgl. Kap. III.2.2. Vgl. Kap. III.2.2.3. 605 Vgl. Kap. III.2.2.1.2. 606 Vgl. Kap. III.2.1.1. 607 Vgl. Kap. III.2.1.2. 608 Zur Zuordnung der beiden Stücke, s. Heindl/Blöbaum in Vorbereitung. 604

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MONTHEMHET – PRIESTER DES AMUN UND GOUVERNEUR VON THEBEN

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Verfügung stehenden Medien mit ein und spannt so ein dicht gewebtes Netz von intermedialen Bezügen, das Monthemhet sowohl als Mitglied der höchsten Elite des Landes sowie des Klerus’ vom KarnakTempel, aber auch als souverän agierenden (Lokal)herrscher darstellt und diese Position und den damit verbundenen Status über seinen Tod hinaus konserviert und für die Ewigkeit festhält. Auffallend ist, dass sich Monthemhets Selbstpräsentation gleichermaßen auf seine politischen d. h. administrativen Aufgaben als auch auf seine kultische Funktion sowie seinen Status im Klerus bezieht. Die Mittel der Inszenierung sind zum Teil aus der königlichen Sphäre entlehnt, werden jedoch so subtil eingesetzt, dass zu keiner Zeit die Darstellungskonventionen, die ihm als Privatperson zur Verfügung stehen, außer Kraft gesetzt werden. Die kuboide Statue M-08609 (Kairo CG 646) ist sowohl durch ihre Größe als auch durch eine Aufschrift mit eyecatcher-Charakter auf der Kubusoberseite aus der Masse herausgehoben, was im Angesicht der Popularität dieses Statuentyps für den Inhaber der Statue von Bedeutsamkeit gewesen sein dürfte. Der ursprüngliche Aufstellungsort ist mit einiger Sicherheit im Mut-Bezirk zu suchen, da beide Fragmente dieser Statue dort verbaut in der ptolemäischen Ziegelumfassungsmauer gefunden wurden und verschiedene Details der Komposition ebenfalls auf diesen Bereich des Tempels deuten. In der Selbstdarstellung Monthemhets dominieren die Aspekte der Verwaltung und Leitung sowohl im Tempel wie auch als Gouverneur von Theben und Vorsteher von Oberägypten. Dies spiegelt sich in den Titelsequenzen ebenso wie in den ausgewählten Epitheta. Auf seine Leitungsbefugnisse im Tempel wird mehrfach und detailliert durch entsprechende Titelfolgen verwiesen. Als Ausdruck seiner Machtbefugnisse im Tempel steht seine Bau- und Stiftungstätigkeit im Mut-Bezirk, zweifelsohne der wichtigste Aspekt in Bezug auf diese Statue. Insgesamt betrachtet zeigt sich eine große Auswahl unterschiedlicher Statuentypen, die – mit Ausnahme der Sitzfigur im Mantel, die relativ selten im spätzeitlichen Tempelstatuenrepertoire belegt ist – den Traditionen der spätzeitlichen Elite folgt. Allen gemeinsam ist die große Qualität der Ausführung sowie die sorgfältige Komposition, die zeitgenössischen Konventionen folgt und dabei archaisierende Elemente einbindet sowie mit innovativen Details verknüpft. Die Bau- und Stiftungstätigkeit vor allem im Mut-Bezirk aber auch in anderen Bereichen des KarnakTempels hat einen bedeutsamen Platz in der Selbstpräsentation des Monthemhet. Neben Restaurierungsarbeiten und Umbauten im Tempelbezirk sowie zahlreichen Stiftungen von Kultgerät sind Monthemhet bzw. seinem Sohn Nesptah (B) insgesamt vier Kapellen im Bereich den Mut-Bezirks zuzuschreiben (die Krypta des Monthemhet/Taharqo, der Gegentempel, eine Hw.t-kA-Kapelle für Nesptah (B) sowie eine weitere Kapelle vor dem Pylon von Tempel A), was als außergewöhnliches Privileg für einen Beamten und Priester zu gelten hat. Des Weiteren stellt die Beschreibung seiner Bautätigkeit auf vier von seinen Statuen sowie als Inschrift in der Krypta und im Gegentempel ein bedeutsames Element seiner Selbstinszenierung dar. Der Anbringungsort der Inschriften sowie die Qualtität der Ausführung legen Zeugnis von seinem Einfluss und seinen Privilegien ab. Die inschriftlichen Belege zeichnen sich hierbei durch eine Selbstdarstellung als souverän und autark agierender (Lokal)herrscher aus, in denen weder ein königlicher Auftrag noch die Nähe zum König thematisch von Bedeutung sind. Die Phraseologie in den Inschriften steht derjenigen königlicher Weiheinschriften nahe und schließt sich in dieser Hinsicht an Bauinschriften der Hohepriester der 19. Dynastie sowie vor allem aber der 21. Dynastie, wie beispielsweise Herihor, an. In den Inschriften zeigt sich deutlich, dass der Selbstpräsentation im Tempel andere Strategien zugrunde liegen als derjenigen im funerären Kontext, denn in den biographischen Inschriften im Grab des Monthemhet (T 34) sind Laufbahn und Nähe zum König durchaus thematisiert.610 Drei zeitgenössische offizielle Quellen zeigen Monthemhet aus einer Fremdperspektive, jedes Mal jedoch mit einem Bezug zu einem anderen Bereich seiner Amtsausübung. Mit dem Rassam-Zylinder steht uns ein Einblick in die Macht- und Verwaltungsstrukturen des Landes nach der Assyrischen Eroberung zur Verfügung. Die wichtigste Erkenntnis ergibt sich aus der Diskrepanz der Angaben zu Monthemhets Machtbereich (Elephantine bis Hermopolis) in einer biographischen Inschrift auf der Sitzstatue M-07 (Berlin ÄMP 12721) mit den auf dem Zylinder aufgeführten insgesamt vier Lokalherrschern in dieser Region, unter denen sich auch der Wesir Nespamedu befindet. Ob Monthemhet eine übergeordnete 609 610

Vgl. Kap. III.2.1.3. Herrmann 2011, 92–94; Herrmann, in: Gamer-Wallert 2013, 193.

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Funktion in dieser Gruppe innehatte, wie es seine Selbstdarstellung nahe legt, ist nicht eindeutig festzustellen, aber doch eher unwahrscheinlich.611 Die beiden anderen Quellen, die Adoptions-Stele der Nitokris sowie der Saitische Orakel-Papyrus, zeigen die besondere Stellung Monthemhets und seiner Familie im Umfeld des Klerus’ in Karnak. In beiden Dokumenten repräsentiert Monthemhet zusammen mit dem Hohepriester sowie dem Dritten AmunPriester die höchste Amun-Priesterschaft. Es ist aber immer wieder Monthemhet, der in der Hierarchie klar vor den anderen rangiert. Dies zeigt sich in der Reihenfolge der Liste auf der Stele der Nitokris ebenso wie auch in der bildlichen Darstellung der Vignette des Orakelpapyrusʼ, die Monthemhet als ausführenden Ritualisten darstellt. Auch die rekonstruierte Position seiner Unterschrift zu Beginn der Zeugenliste im Orakelpapyrus deutet in diese Richtung. Die prominente Stellung Monthemhets innerhalb der Priesterschaft dürfte am ehesten mit seiner Führungsposition in der Stadt- und Landesverwaltung zusammenhängen. Auf der Nitokris-Stele führt er die beiden diesbezüglich wichtigsten Titel, „Gouverneur von Theben“ sowie „Vorsteher von Oberägypten (in seiner Gesamtheit)“. Im Orakelpapyrus geben immerhin seine Söhne und der Enkel in der Genealogie für ihn neben dem Priestertitel ebenfalls den Titel „Vorsteher von Oberägypten“ an. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in allen Quellen der Selbstpräsentation von Monthemhet seine privilegierte Stellung und sein immenser Einfluss im Tempel von Karnak deutlich ausgedrückt sind. Die Mittel der Selbstinszenierung bedienen zum einen das Ideal des Beamten der zeitgenössischen Elite, das sich am Vorbild der souverän agierenden Nomarchen der Ersten Zwischenzeit orientiert. Dies zeigt sich insbesondere in den Texten durch die Verwendung entsprechender Phraseologie. Ikonographisch zeichnet sich das Statuenensemble durch die kreative Verbindung von Rückgriffen auf verschiedene Zeithorizonte aus, was Claus Jurman bereits als Mittel der Inszenierung im Rahmen der Selbstpräsentation von Beamten und Priestern, aber auch als Strategie royaler Legitimierung beschrieben hat.612 Hier bedient Monthemhet also den zeitgenössischen Trend, herausragend bleibt jedoch die Qualität seines Statuenensembles, die von den immensen Ressourcen der Familie zeugt. Insbesondere bemerkenswert ist auch die sorgfältige Gesamtkomposition der Statuen, die in der Zusammenstellung der verschiedenen Elemente einen neuen, innovativen Standard ausprägt. Ein weiteres Mittel der Inszenierung ist die Adaption von Elementen der königlichen Ikonographie bzw. Phraseologie, allerdings in einer Art und Weise, dass die Grenzen der privaten Darstellungskonventionen nicht überschritten werden. Das bedeutet, dass niemals der allgemeine Charakter seiner Darstellungen anders als der einer Privatperson ist. Ikonographische Details, wie die Darstellung von Monthemhet in der Position des Horus im Bildfeld der Stele M-18, oder beispielsweise die Beschriftung des Gürtels bei der Stand-Schreitfigur M-01, aber auch spezifisch königliche Phraseologismen, wie die Anspielung auf die Sonnengottrolle im Text der Sitzfigur M-07, werden raffiniert in die Gesamtkomposition eingebunden. Es vermittelt sich vielmehr das Bild eines verantwortungsvoll agierenden Lokalherrschers, der in mancher Hinsicht dem König vergleichbare Aufgaben und Pflichten übernommen hat, aber niemals das Königsamt als solches anstrebt. So findet sich kein Beleg, in dem Monthemhet mit offensichtlichen Regalia ausgestattet dargestellt ist, noch findet sich ein Hinweis auf eine königliche Titulatur. Hierdurch unterscheidet sich Monthemhets Selbstpräsentation deutlich von derjenigen der Hohepriester der 21. Dynastie, die sich zumindest im Karnaktempel ausdrücklich als Könige inszenierten.613 Zudem ist im Unterschied zu diesen Hohepriestern für Monthemhet – weder über seine Titel noch in irgendeiner anderen Form – eine Verbindung zum Militär nachzuweisen. Auch hatte er – außer über seine zweite Ehefrau Udjarenes – keine direkte familiäre Bindung an das kuschitische Königshaus, was zu Beginn der Herrschaft von Psametik I. vermutlich für den Erhalt seiner Position von Vorteil war. Seine Laufbahn scheint von großer Stabilität gekennzeichnet gewesen zu sein, da wir keine Kenntnis darüber haben, dass seine Position in der Thebais jemals angefochten oder gefährdet war. Insofern sind die Mittel seiner Selbstinszenierung in einen deutlich anderen Kontext zu stellen, als beispielsweise diejenigen

611

Für eine weitergehende Untersuchung bietet sich ein Vergleich auf der Basis einer entsprechenden Analyse der Quellen und Denkmäler von Nespamedu an. 612 Jurman 2015, 177–214, insb. 212–214. 613 Vgl. Kap. I.2.

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des Hohepriesters Osorkon (B) in der 22. Dynastie, der durch die politische Situation in seiner Zeit einem deutlich größerem Legitimationsdruck ausgesetzt war.614 Thematisch steht bei Monthemhet nicht nur das Ideal des selbstbewusst und souverän agierenden Beamten im Mittelpunkt der Selbstpräsentation, sondern auch das des Ritualisten, der kultisch wirksam agiert. Dies spiegelt ebenfalls das Bild in den offiziellen Quellen wieder, in denen eine Verschiebung in der Hierarchie des Kultpersonals im Tempel offensichtlich ist: Monthemhet nimmt als Vierter Priester des Amun die Position des Hohepriesters ein, und dies in Anwesenheit des amtierenden Hohepriesters. Diese privilegierte Stellung im Kultbetrieb lässt sich einerseits mit der Machtposition Monthemhets im administrativ-kultischen Bereich erklären und ist möglicherweise andererseits auch mit seiner offenbar höchst einflussreichen Stellung innerhalb der Tempelverwaltung zu verbinden. Dieser Bereich seiner Tätigkeit ist nur selten und dann durch entsprechende Titelsequenzen in der Selbstpräsentation thematisiert. Da die diesbezüglichen Quellen in die Zeit von Psametik I. datieren, könnte dies auch als Indiz für einen Machtverlust des amtierenden Hohepriesters Horchebi, der aus dem kuschitischen Königshaus stammt, gewertet werden. Die Stellung von Monthemhet innerhalb der thebanischen Elite sowie im Klerus des Karnak-Tempels ist jedenfalls während der 26. Dynastie unangefochten, seine prominente Stellung behält er bis zu seinem Tod. Die Strukturen und Hierarchien der thebanischen Beamtenschaft und des Klerusʼ im Karnak-Tempel sind nur schwer zu durchdringen, doch scheint Monthemhet zumindest zu dem Vorlesepriester Padiamenope eine besondere Verbindung gehabt zu haben, was sich durch die Parallelität zweier Statuen (M-01/CG 42236 und RT 27/1/21/1 + Sydney University Museums NMR11 + frag. coll. Porret) aber auch durch die räumliche Nähe der beiden Grabanlagen (TT 33 und TT 34) und gewissen Bezügen in deren Dekorationsprogramm ausdrückt.615 Ob eine ähnliche Allianz auch mit den beiden anderen Zeitgenossen, Harwa und Achamenru, bestanden haben mag, deren Grabanlagen sich ebenfalls in unmittelbarer Nähe befinden, wird zumindest von Jeremy Pope befürwortet.616 Diese vier herausragenden Persönlichkeiten im spätzeitlichen Theben waren – soweit die Quellenlage eine Beurteilung zulässt – offenbar keine Konkurrenz für einander. Während Harwa und Achamenru außerhalb ihres eigenen Ressorts, der Institution der Gottesgemahlin, offenbar keinerlei Befugnisse und Ämter innhatten, hielt Monthemhet keinen einzigen Titel mit einer Verbindung zur dieser Institution,617 ebenso wie Padiamenope, der als Vorlesepriester, Intellektueller und Gelehrter, offenbar eine enge Bindung zum kuschitischen Königshaus innehatte, obschon in seinem Grab nicht ein einziges Mal ein Königsname erwähnt ist.618 Die Kontinuität, mit der er seine Führungsposition im thebanischen Raum ausführen konnte, deutet auch darauf hin, dass Monthemhet ganz grundsätzlich dem ägyptischen Königtum loyal gegenüberstand, unabhängig vom gerade regierenden Herrscherhaus. In seiner Selbstpräsentation im Tempel spielt allerdings – anders als in den biographischen Inschriften in seinem Grab – das Verhältnis zum König eine deutlich untergeordnete Rolle. Dies ist offenbar ein explizites Mittel seiner Strategie und durchaus bemerkenswert, denn es gibt andere Strategien, wie beispielsweise diejenige des Königsbeamten Hor (vii/viii/ix/xi) während der 22. Dynastie, der seinen Einfluss und seine Macht innerhalb des Tempels gerade aus der Nähe zum König generiert.619 Monthemhet inszeniert sich als Mann seiner Zeit, als ein Beamter, der während der assyrischen Eroberung und des darauf folgenden Machtvakuums eine souveräne, lokale Herrscherpersönlichkeit entwickelte und sich mit dieser Rolle identifizierte. Die Orientierung an den Nomarchen der Ersten Zwischenzeit und des 614

Vgl. Kap. I.4. Vgl. Kap. III.2.1.1; Coulon 2016; Régen 2018, insb. 168–169. 616 Pope 2014, 203: „(…) despite the comparable scale and chronological and topographic proximity of their tombs, no familial relation is attested between these men, and no single office was held by all four. Their similar wealth and evident desire to be associated with one another must therefore be explained by some factor beyond strict genealogical or official succession“. 617 Naunton 2011, 128. 618 Traunecker 2014, 209–211; „According to his titles in connection with the cult of the regalia, he was a scholar specialising in royal rituals. In my opinion he was a kind of ʽconsultant Egyptologistʼ, employed by the Kushite and perhaps Saite rulers.“ (211). 619 Vgl. Kap. I.5. 615

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Mittleren Reiches bot hierfür aufgrund einer ähnlichen politischen Lage und Herausforderung ein geeignetes Identifizierungspotenzial, aus dem sich insgesamt das selbstbewusste Bild der thebanischen Elite entwickelte. Die enge Verflechtung von Religion und Politik dieser Zeit spiegelt sich in den Mitteln der Selbstinszenierung der Beamtenschaft. Und insbesondere die gegenseitige Beeinflussung dieser beiden Sphären zeigt sich bei Monthemhet, dem Vierten Priester des Amun und Gouverneur von Theben, dessen außergewöhnliche Position in der Amunpriesterschaft offenbar durch seine weltliche Macht begünstigt wurde. Dementsprechend bedienen die Mittel seiner Selbstinszenierung beide Bereiche gleichermaßen: Er generiert sich als Ritualist, ohne hierdurch einen königlichen Herrschaftsanspruch abzuleiten, sondern das Selbstbewusstsein einer hoch einflussreichen und intellektuellen Elite demonstrierend. Durch die Vielzahl seiner Statuen sowie seine umfangreichen Baumaßen und darüber hinaus durch seine Stiftungen von Kultgerät, die wir nur durch seine inschriftlichen Zeugnisse erschließen können, hat Monthemhet einen bedeutenden Beitrag zur Gestaltung des sakralen Raums in Theben geleistet. Wir haben keine Hinweise darauf, auf welche Weise Monthemhets Zeitgenossen diese Präsenz wahrgenommen und bewertet haben. Doch dass seine Inszenierung einen Eindruck hinterlassen haben muss, davon zeugen Rundbilder von thebanischen Priestern aus der ptolemäischen Zeit, die ikonographisch an diejenigen Statuen von Monthemhet anknüpfen, die ihn mit dem Felidenfell und dem Bat-Anhänger darstellen (M-03, M-04, M-18, M-19).620 In dieser Zeit ist diese spezifische Ikonographie an den Titel HA.tj-a(.w) wr m WAs.t „Großer Gouverneur von Theben“ geknüpft, der ebenfalls, wenn auch nur in einem einzigen Beleg, für Monthemhet belegt ist.621 Dies zeigt, dass sowohl Monthemhets Stellung in der Priester- und Beamtenschaft als auch seine wahrnehmbare Präsenz im Karnak-Tempel mehr als 400 Jahre überdauert haben muss. Ob sich diese Erinnerung an Monthemhets Taten knüpft oder an seine erfolgreiche Selbstinszenierung im Karnak-Tempel entzieht sich unserer Kenntnis. Doch mit Sicherheit können wir bestätigen, dass sein Wunsch, den er im Text auf einer seiner Statuen (M-11) an den Gott Amun richtet, in Erfüllung gegangen ist:622 wAH=f rn=j mj sbA.w n.w p.t „Möge er (Amun) meinen Namen dauern lassen wie die Sterne am Himmel.“

620

Birk 2014, 87. Auf einer Opfertafel, s. Leclant 1961c, 252; Naunton 2011, 150; Birk 2014, 87. 622 M-11: Textfeld der Stele, Z. 9 (Jansen-Winkeln 2009, 456). 621

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Wildung 2010 D. Wildung. Die Berliner Reliefs aus der Pyramidenanlage des Sahure. In: V. Brinkmann (Hg.). Sahure. Tod und Leben eines großen Pharao. Eine Ausstellung der Liebighaus Skulpturensammlung, Frankfurt am Main, 24. Juni bis 28. November 2010. Frankfurt am Main 2010, 183−195. Wilkinson 2000 T.H. Wilkinson. Political Unification: towards a reconstruction. In: MDAIK 56 (2000), 377−395. Wilson 1997 P. Wilson. A Ptolemaic Lexikon. A Lexicographical Study of the Texts in the Temple of Edfu. OLA 78. Leuven 1997. Wolf 1990 P.M. Wolf. Die archäologischen Quellen der Taharqozeit im nubischen Niltal. Dissertation Humboldt-Universität zu Berlin 1990. Woods 2017 A. Woods. Agency, Legitimation or an Act of Rememberance? Artistic Continuity and Uses of the Past in the Twelfth Dynasty Tomb of Wekh-hotep III (B4) at Meir. In: C. Di Biase-Dyson/L. Donovan (Hgg.). The Cultural Manifestations of Religious Experience. Studies in Honour of Boyo G. Ockinga. ÄAT 85. Münster 2017, 15–30. Wreszinski 1915 W. Wreszinski. Eine Statue aus der 22. Dynastie. In: OLZ 18 (1915), 353−359. Wüthrich 2009 A. Wüthrich. Abracadabras méroïtiques dans le Livre des Morts? In: Studien zum Altägyptischen Totenbuch 14 (2009), 267−282. 2010 A. Wüthrich. Eléments de théologie thébaine: Les chapitres supplémentaires du Livre des Morts. Studien zum Altägyptischen Totenbuch 16. Wiesbaden 2010. Yoyotte 1951 J. Yoyotte. Le martelage des noms royaux éthiopiens par Psammétique II. In: RdE 8 (1951), 115−139. Zibelius-Chen 1999 K. Zibelius-Chen. Zu Entstehung und Ende eines Großreiches: Die 25. Dynastie in Ägypten. Studien zum antiken Sudan. Akten der 7. Internationalen Tagung für meroitistische Forschungen vom 14. bis 19. September 1992 in Gosen/bei Berlin. Meroitica 15. Wiesbaden 1999, 700−718. 2006a K. Zibelius-Chen. The Chronology of the Nubian Kingdoms from Dynasty 25 to the End of the Kingdom of Meroe. In: E. Hornung/R. Krauss/D.A. Warburton (Hgg.). Ancient Egyptian Chronology. HdO 1,83. Leiden/Boston 2006, 284−303. 2006b K. Zibelius-Chen. Zur Problematik der Lesung des Königsnamens Pi(anch)i. In: Der Antike Sudan. MittSAG 17 (2006), 127−133. Zivie-Coche 2004 C. Zivie-Coche. Pharaonic Egypt. In: F. Dunand/C. Zivie-Coche (Hgg.). Gods and Men in Egypt. 3000 BCE to 395 CE. Ithaca 2004, 5–191. 2009 C. Zivie-Coche. LʼOgdoade thébaine à lʼépoque ptolémaïque et ses antécédents. In: C. Thiers (Hg.). Documents de Théologies Thébaines Tardives (D3T 1), CENiM 3. Montpellier 2009, 167−225.

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Abkürzungen AAA AAWLM AcOr ADAIK ÄA ÄAT ÄF AegMon AfO AH ANM AnOr ASAE ASAW AV BAe BAR Int. Ser. B-CK BdE BEHE BES BIFAO BiOr BMPES BOREAS BSAE BSEG BSFE BTAVO Reihe B BzÄ BzS-Beiheft BzS CAD CAENL CASAE CdE CENiM Cairo CG/CGC CHANE CNI Publications CNMAL CRAIBL CRE CRIPEL

Annals of Archaeology and Anthropology (Liverpool). Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz (Mainz/Wiesbaden). Acta Orientalia (Leiden, Kopenhagen). Abhandlungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo (Glückstadt/Hamburg/New York). Ägyptologische Abhandlungen (Wiesbaden). Ägypten und Altes Testament (Wiesbaden). Ägyptologische Forschungen (Glückstadt/Hamburg/New York). Aegyptiaca Monasteriensia (Aachen). Archiv für Orientforschung (Berlin, Graz). Aegyptiaca Helvetica (Basel, Genève). Archéologie du Nil Moyen (Lille). Analecta Orientalia (Rom). Annales du Service des Antiquités de l’Égypte (Kairo). Abhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Leipzig). Archäologische Veröffentlichungen (Berlin/Mainz). Bibliotheca Aegyptiaca (Brüssel). British Archaeological Reports, International Series (London). L. Coulon/C. Jambon. Karnak Cachette Database: http://www.ifao.egnet/bases/cachette/ (27.12.2019). Bibliothèque d’Étúde. Institut Français d’Archéologie Orientale (Kairo). Bibliothèque de l’École pratique des Hautes Études (Paris). Bulletin of the Egyptological Seminar (New York). Bulletin de l’Institut Français d’Archéologie Orientale (Kairo). Bibliotheca orientalis. Viermaandelijks recenserend en bibliografisch tijdschrift op het gebied van het Nabije Oosten. Uitgegeven vanwege het Nederlands Instituut voor het Nabije Oosten (Leiden/Leuven). British Museum Publications on Egypt and Sudan (London). Boreas. Uppsala Studies in Ancient Mediterranean and Near Eastern Civilizations (Uppsala). British School of Archaeology in Egypt (London). Bulletin de la Société d’Égyptologie de Genève (Genf). Bulletin de la Société Française d’Égyptologie (Paris). Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients. Reihe B – Geisteswissenschaften (Wiesbaden). Beiträge zur Ägyptologie der Institute für Afrikanistik und Ägyptologie der Universität Wien (Wien). Beiträge zur Sudanforschung Beiheft (Wien). Beiträge zur Sudanforschung (Wien). Assyrian Dictionary of the Oriental Institute of the University of Chicago. 1964– 2010 (Chicago); https://oi.uchicago.edu/research/publications/assyrian-dictionaryoriental-institute-university-chicago-cad/ (12.04.2018). Contributions to the Archaeology of Egypt, Nubia and the Levant (Wien). Cahier. Supplément aux Annales du Service des Antiquités de l’Égypte (Kairo) Chronique d’Égypte. Fondation égyptologique Reine Élisabeth (Brüssel). Cahiers „Égypte Nilotique et Méditerranéenne“ (Montpellier). Catalogue Général du Musée du Caire (Kairo). Culture and History of the Ancient Near East (Leiden/Boston). Carsten Niebuhr Institute Publications (Chicago). Collections of the National Museum of Antiquities Leiden (Leiden). Comptes Rendus de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres (Paris). Current Research in Egyptology (Oxford). Cahiers de Recherches de l’Institut de Papyrologie et Égyptologie de Lille. Univ. de Lille (Lille).

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DAIKS DAWW DE Dem. Stud. EAO EGU EM ENiM EQÄ EVO FHN FIFAO GDG GEG GHPE GM GM Beihefte GOF IV HÄB HdO IBAES IEA Isched JACF JAEI JANER JAOS JARCE JEA JEgH JEOL JESHO JNES JSSEA KÄT Karnak Kêmi KMT KRI KSG Kush LÄ LD LGG LingAeg LRL MÄS MENES Meroitica MIFAO MIO

ABKÜRZUNGEN

Deutsches Archäologisches Institut, Abteilung Kairo Sonderschriften (Mainz). Denkschriften der Akademie der Wissenschaften in Wien (Wien); ab 1950 DÖAW. Discussions in Egyptology (Oxford). Demotische Studien (Leipzig). Égypte – Afrique et Orient (Avignon). Egyptologische Uitgaven (Leuven). Egyptological Memoirs (Leiden/Köln). Égypte Nilotique et Méditerranéenne (Montpellier). Einführungen und Quellentexte zur Ägyptologie (Berlin/Münster/Wien/Zürich, London). Egitto e Vicino Oriente (Pisa). T. Eide/et al. (Hgg.). Fontes Historiae Nubiorum. 4 Bde. 1994–2001 (Bergen). Fouilles de l’Institut Français d’Archéologie Orientale (Kairo). H. Gauthier. Dictionnaire des noms géographiques contenus dans les textes hiéroglyphiques. 7 Bde. Kairo 1925−1931. A.H. Gardiner. Egyptian Grammar. Being an Introduction to the Study of Hieroglyphs. London 31957. Golden House Publications. Egyptology (London). Göttinger Miszellen. Beiträge zur ägyptologischen Diskussion (Göttingen). Göttinger Miszellen. Beihefte (Göttingen). Göttinger Orientforschungen. IV. Reihe. Ägypten (Wiesbaden). Hildesheimer Ägyptologische Beiträge (Hildesheim). Handbuch der Orientalistik (Leiden/Köln). Internet-Beiträge zur Ägyptologie und Sudanarchäologie (Berlin). Les institutions dans l’Égypte ancienne (Paris). Isched. Journal des Aegypten Forum Berlin e.V. (Berlin). Journal of the Ancient Chronology Forum (Orpington). Journal of Ancient Egyptian Interconnections (Arizona). Journal of Ancient Near Eastern Religions (Boston/Leiden). Journal of the American Oriental Society (Ann Arbor). Journal of the American Research Center in Egypt (Boston/New York). Journal of Egyptian Archaeology (London). Journal of Egyptian History (Leiden). Jaarbericht van het Vooraziat-Egypt. Genootschap Ex Oriente Lux (Leiden). Journal of the Economic and Social History of the Orient (Leiden). Journal of Near Eastern Studies (Chicago). Journal of the Society of the Studies of Egyptian Antiquities (Toronto). Kleine Ägyptische Texte (Wiesbaden). Cahiers de Karnak (Kairo). Kêmi. Revue de philologie et d’archéologie égyptiennes et coptes (Paris). K.M.T. A Modern Journal of Ancient Egypt (San Fransisco). K.A. Kitchen. Ramesside Inscriptions. Historical and Biographical. 8 Bde. 1969– 1990 (Oxford). Königtum, Staat und Gesellschaft früher Hochkulturen (Wiesbaden). Kush. Journal of the Sudan Antiquities Service (Khartum). Lexikon der Ägyptologie. 7 Bde. 1975–1992 (Wiesbaden). K. R. Lepsius. Denkmaeler aus Aegypten und Aethiopien. 1850-1913 (Berlin). C. Leitz (Hg.). Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen. 8 Bde. OLA 110–116. 2002 (Leuven). Lingua Aegyptia. Journal of Egyptian Language Studies (Göttingen). J. Černý, Late Ramesside Letters. Bibliotheca Aegyptiaca 9. 1939 (Brüssel). Münchener Ägyptologische Studien (Berlin, München). Menes. Studien zur Kultur und Sprache der ägyptischen Frühzeit und des Alten Reichs (Wiesbaden). Meroitica. Schriften zur altsudanesischen Geschichte and Archäologie (Berlin). Mémoires publiés par les membres de l’Institut Français d’Archéologie Orientale (Kairo). Mitteilungen des Instituts für Orientforschung (Berlin).

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MittSAG MKS MDAIK MittSAG MMAF MonAeg MRE MVAeG OBO OEEM OIC OIP OLA OLZ Or ORA PÄ PAM Philippika PM RAPH RdE Rec Trav RIK Saeculum SAGA SAK SAKB SAOC SNR Sokar SRaT SSR StudMon Sudan & Nubia SBAW TLA TOK TUAT UGAÄ UÖAI Urk. VA VIO Wb WdO

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Mitteilungen der Sudanarchäologischen Gesellschaft zu Berlin (Berlin). Middle Kingdom Studies (London). Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Abteilung Kairo (Wiesbaden/Mainz). Mitteilungen der Sudanarchäologischen Gesellschaft zu Berlin (Berlin). Mémoires publiés par les Membres de l’Institut Français d’Archéologie Orientale au Caire (Kairo). Monumenta Aegyptiaca (Brüssel). Monographies Reine Elisabeth (Brüssel). Mitteilungen der Vorderasiatisch(-Ägyptisch)en Gesellschaft (Leipzig/Berlin). Orbis Biblicus et Orientalis (Freiburg/Göttingen). Oxford Expedition – Egypt in Miniature Series (Oxford). Oriental Institute Communications (Chicago). Oriental Institute Publications (Chicago). Orientalia Lovaniensia Analecta (Leuven). Orientalische Literaturzeitung (Berlin, Leipzig). Orientalia. Nova Series (Rom). Orientalische Religionen in der Antike (Tübingen). Probleme der Ägyptologie (Leiden). Polish Archaeology in the Mediterranean (Warschau). Philippika. Marburger altertumskundliche Abhandlungen (Marburg). B. Porter/R.L.B. Moss. Topographical Bibliography of Ancient Egyptian Hieroglyphic Texts, Reliefs and Paintings. 7 Bde. 1927–1995 (Oxford). Recherches d’Archéologie, de Philologie et d’Histoire. IFAO (Kairo). Revue d’Égyptologie (Kairo/Paris). Recueil de Travaux Relatifs à la Philologie et à l’Archéologie Égyptiennes et Assyriennes (Paris). The Epigraphic Survey. Reliefs and Inscriptions at Karnak. 4 Bde. 1936–1986 (Chicago). Saeculum. Jahrbuch für Universalgeschichte (Freiburg, München). Studien zur Archäologie und Geschichte Altägyptens (Heidelberg). Studien zur Altägyptischen Kultur (Hamburg). Studien zur Altägyptischen Kultur. Beihefte (Hamburg). Studies in Ancient Oriental Civilizations (Chicago). Sudan Notes and Records (Khartum). Sokar. Die Welt der Pyramiden (Berlin). Studien zu den Ritualszenen Altägyptischer Tempel (Dettelbach). Studien zur Spätägyptischen Religion (Wiesbaden). Lingua Aegyptia Studia Monographica (Hamburg). Sudan & Nubia. The Sudan Archaeological Research Society Bulletin (London). Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. Abt. (München). Thesaurus Linguae Aegyptiae. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. http://aaew.bbaw.de/tla/index.html (Berlin). The Epigraphic Survey. Temple of Khonsu. 3 Bde. 1979–2003 (Chicago). O. Kaiser (Hg.). Texte aus der Umwelt des Alten Testaments (Gütersloh). Untersuchungen zur Geschichte und Altertumskunde Ägyptens (Leipzig/Berlin/Hildesheim). Untersuchungen der Zweigstelle Kairo des Österreichischen Archäologischen Instituts der Akademie der Wissenschaften (Wien). Urkunden des ägyptischen Altertums (Leipzig/Berlin). Varia Aegyptiaca (San Antonio). Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für Orientforschung, Veröffentlichungen (Berlin). A. Erman/ H. Grapow (Hgg.). Wörterbuch der ägyptischen Sprache. 7 Bde. 1926– 1963 (Berlin). Die Welt des Orients. Wissenschaftliche Beiträge zur Kunde des Morgenlandes (Wuppertal/Stuttgart/Göttingen).

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WVDOG ZÄS

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Wissenschaftliche Veröffentlichungen der deutschen Orient-Gesellschaft (Berlin/Leipzig). Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde (Leipzig/Berlin).

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Indices Personen Achamenru: 311 Akanosh: 188 Alara: 103, 104, 105, 129, 134, 147, 148, 151, 152, 159, 180 Amenhotep (HPA): 12, 18 Amenhotep I.: 13, 39 Amenhotep II.: 13, 50 Amenhotep III.: 177 Amenirdis I.: 105, 106, 121, 124, 127, 132, 156, 157, 162, 211, 294 Amenirdis II.: 121, 288 Anchnesneferibre: 121 Anchtifi: 222 Anlamani: 141, 143, 146 Ary: 104 Asarhaddon: 285 Aspelta: 116, 122, 141, 148, 159, 160, 163 Assurbanipal: 108, 173, 193, 200, 285, 286 Bakenchons: 235 Bakenptah: 17, 19, 20, 21, 22, 214 Besenmut: 93 Bocchoris: 51, 106 Chacheschonqy: 50 Chaemhor: 199, 209, 213, 274, 297, 302, 303 Chaemwaset: 209, 212, 213, 308 Chaliut: 211 Chamhor (A): 93 Chnumhotep II.: 236 Chonsuiraa: 208 Diasehebsed: 294 Diesenesyt: 19 Djedchonsiufanch: 208 Djedchonsiuefanch (Sohn von Monthemhet): 227, 274, 302 Djedchonsiufanch (HPA, Sohn von Painedjem I.): 13 Djedchonsiufanch (C): 19, 20, 22, 54, 56, 58, 59, 60, 91, 93, 210 Djeddjehutiiufanch (A): 92 Djedhor: 302, 303 Djedinheretiuefanch: 304 Djedptahiufanch: 19 Djehutimesu: 219 Djer: 153 Djoser: 34 Echnaton: 150, 191 Eje: 27 Eusebius: 19 Haremhab: 135 Harsiotef: 104, 129151, 165, 187 Harwa: 162, 211, 224, 311 Hatschepsut: 42, 62, 111, 116, 150, 152, 163, 172, 177, 269, 270, 279 Herihor: 4, 10, 11, 12, 13, 40, 282, 309 Hor (Sohn von Padiamunnebnesuttaui): 297, 304, 307 Hor (iii): 39, 91

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Hor (v): 21, 22, 39, 93 Hor (vi): 21, 22, 39, 89 Hor (vii/viii/ix/xi): 11, 16, 18, 20, 21, 22, 41, 51, 61, 65-97 passim, 265, 268, 311 Hor (x): 21, 22, 89, 93 Hor (xxiv): 90 Horaa: 235 Horachbit: 87 Horchebi: 290 291, 293, 294, 297, 304, 305, 306, 307, 311 Horemachet: 217, 305 Horsiese: 208, 295, 299 Horsiese (Urgroßvater von Monthemhet): 199 Horsiese (B): 11, 14, 15, 16, 18, 19, 20, 37, 41, 49, 54, 61, 65, 75, 77, 81, 82, 84, 85, 86, 88, 92, 97 Horsiese (C): 20, 22, 54, 56, 59, 60, 64, 85, 86, 93 Horsiese (D): 21, 92 Horsiese (E): 21, 22, 43 Horsiese I.: 14, 15, 19, 20, 27, 54, 84 Ibi: 200, 210, 212, 233, 268, 287 Imeneminet (iii): 21, 22, 68, 87, 91 Ipi: 304, 305 Irbastetudjatjau/nefu: 19 Irethorru: 304 Irikeamanote: 104, 105, 144, 151 Isetweret (i): 54 Isetweret (ii): 19, 93 Isisemchemmis: 274 Iuput I.: 15, 16, 17, 45, 46, 64 Iuput II.: 115 Iutjek: 87 Iuwelot: 14, 17, 41, 79 Kafi: 215 Karabasken: 162 Karachamun: 162 Karomama: 19, 31 Kasaqa: 104 Kaschta: 54, 97, 103, 104, 105, 106, 121, 127, 128, 129, 162, 189 Katimala: 102 Khnumhotep: 215 Kiya: 294 Lamartu: 286 Manetho: 19, 51, 106, 111 Masaharta: 13 Mencheperre: 12, 13, 18, 74, 75, 96 Merenptah: 50 Meriptah: 215 Merutamun: 88 Monthemhet (auch: Montouemhat, Mentemhêt, Mentuemhat): 3, 45, 93, 97, 108, 133, 143, 162, 173, 195, 199 passim Monthemhet (B): 299, 302, 303 Monthemhet (Mittleres Reich): 201 Mutirdis: 211 Nachtefmut: 54, 61, 91, 92, 93, 96, 97, 301 Nachtefmut (A): 14, 54, 56, 91, 218 Nachtefmut (B): 56, 58 Nachtefmut (C): 19, 21, 22, 87, 88, 89, 90, 93 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Nastasen: 104, 151, 165, 187 Nebnetjeru (iii): 61, 69, 70, 75, 83, 86, 88 Nebnetjeru (iv): 21, 22, 69, 74, 87, 88, 89, 90, 91, 93 Nebnetjeru-(Month) (x): 90 Necho: 173, 285 Necho II.: 287 Nehemsybastet: 57 Nesamenemope: 86 Neschons: 259, 261, 274, 301 Neseramun (ii): 87 Neseramun (iv): 21, 22, 91 Neseramun (vii): 91 Nesmin: 227 Nesmin (B): 93 Nes-Onuris: 108, 143 Nespamedu: 208, 286, 304, 309, 310 Nespaqaschuti: 96, 97, 235, 298, 304, 208, 224, 236, 286 Nespaqaschuti (A): 20, 21, 22, 36, 41, 80, 81, 86, 92 Nespaqaschuti (C): 217 Nespaqaschuti (B): 19 Nesptah (A): 162, 199, 209, 213, 228, 229, 258, 259, 260, 261, 262, 270, 274, 279, 302, 303 Nesptah (B): 162, 206, 208, 215, 227, 229, 252, 253, 254, 258, 259, 260, 262, 262, 265, 266, 268, 269, 273, 280, 281, 283, 284, 289, 291, 292, 293, 294, 297, 298, 299, 301, 302, 303, 304, 305, 306, 307, 309 Nesptah (B3): 301, 302, 303 Nes-Schu-Tefnut: 143 Nianchkhnum: 215 Nimlot (Sohn von Takelot II.): 19 Nimlot (Hermopolis): 113, 114, 115, 123 Nimlot (C): 18, 22, 31, 65, 97 Nitokris I.: 108, 109, 121, 132, 200, 285, 287, 288, 289, 290, 291, 292, 293, 294, 295, 299, 300, 306, 307, 310 Nodjmet: 12 Osorkon (B): 2, 3, 10-65 passim, 72, 73, 74, 75, 79, 82, 86, 87, 88, 89, 91-97 passim, 103, 311 Osorkon I.: 13, 14, 27, 34 Osorkon II.; 14, 15, 18, 19, 22, 27, 42, 54, 61, 65, 66, 67, 69, 75, 77, 82, 83, 85, 86, 97, 150, 215 Osorkon III.: 15, 17, 20, 21, 36, 39, 42, 54, 56, 58, 60, 61, 64, 66, 67, 68, 69, 82, 83, 87, 88, 89, 93, 97, 106, 186, 210 Osorkon IV.: 115 Pabasa: 200 Pachuru: 19 Padiamaunet: 19 Padiamenope: 205, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 218, 274, 301, 308, 311 Padiamunnebnesuttaui: 290, 297, 298, 301, 306, 307 Padiamunnebnesuttaui (C): 304 Padiamunnebnesuttaui (D): 215 Padihorresnet: 233, 278, 200 Paianch: 11, 12, 13, 299 Painedjem (ii): 13 Painedjem I.: 12, 13, 27, 89 Pami: 295, 298, 299, 300 Pamiu: 21, 22, 93 Panehesy: 12, 18 Panetiufanch: 21, 22, 87 Paschedbast (B): 19, 21, 22, 73 Pascherienmut: 206, 208, 240, 274, 283, 301, 302, 303, 306 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Pedamenope: 163 Pedubast I.: 3, 10, 11, 15, 16, 17, 19, 21, 22, 37, 38, 41, 43, 46, 51, 54, 61, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 81, 82, 83, 86, 87, 88, 92, 97, 268 Pedubast II.: 19 Peftjauauibastet: 114, 115 Pi(anch)y: 2, 39, 46, 81, 97, 105, 106, 109, 110, 111-134 passim, 135, 142, 143, 144, 162, 163, 166, 172, 178, 179, 180, 181-190 passim, 191, 194, 195, 200 Pianchi-Har: 200 Psametik I.: 3, 109, 132, 133, 162, 199, 200, 208, 222, 260, 261, 263, 275, 283, 287, 288, 293, 294, 295, 306, 307, 310, 311 Psametik II.: 109, 128, 189 Psusennes I.: 12 Psusennes II./(iii): 12, 13 Ptahudjanchef: 19 Ramses II.: 26, 34, 38, 49, 62, 72, 163, 177, 182, 183 Ramses III.: 23, 27, 38, 72, 89, 239, 240, 241, 264, 270, 271 Ramses IV.: 82, 83 Ramses IX.: 12 Ramses XI.: 11, 12, 102 Rechuanch: 215, 218, 224 Sa-Isis: 215 Sargon II.: 172 Schabaqo: 51, 106, 107, 109, 147, 155, 156, 160, 161, 162, 163, 165, 168, 176, 177, 178, 185, 190, 193, 293, 305 Schebitqo: 106, 107, 111, 134, 155, 156, 160, 161, 165, 172, 180, 190 Schepenmut: 293, 301, 302 Schepensopded (i): 65 Schepensopded (ii): 56 Schepenupet I.: 106 Schepenupet II.: 106, 121, 124, 133, 134, 157, 162, 287, 288 Scheschonq I.: 13, 27, 59, 91, 92 Scheschonq III.: 3, 15, 16, 17, 19, 20, 22, 23, 27, 37, 43, 45, 53, 64, 86, 92, 93 Scheschonq IV: 15 Scheschonq VI.: 15, 17, 19, 66, 67, 69, 82, 83 Scheschonq VII (VIa): 16 Senenmut: 209, 212, 213, 308 Sennacherib: 172 Sesostris III.: 152 Sethos I.: 26, 34, 39, 155, 191, 195 Sethos II.: 13, 287, 294 Smendes: 12, 27 Smendes (ii): 13 Sobekhotep: 222, 235 Somtufefnacht: 132 Tabaketenaset: 19 Tabiry: 104, 151 Taditanebethen: 54 Taharqo (auch: Taharqa): 2, 3, 101, 104, 106, 107, 108, 109, 110, 122, 124, 128, 131, 134-195 passim, 199, 201, 204, 207, 222, 223, 238, 241, 242, 255, 257, 258, 260, 261, 263, 264, 268, 280, 283, 295, 308, 309 Takelot (E): 15, 17, 20, 61 Takelot (F): 14, 15, 18, 54, 61, 65, 66, 75, 85 Takelot I.: 14, 18 Takelot II.: 3, 10, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 26, 27, 31, 37, 39, 41, 42, 43, 53, 54, 56, 60, 61, 73, 82, 85, 86, 87, 88, 91, 92, 93, 97 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Takelot III.: 19, 56, 68, 82, 106, 182 Tanwetamani: 39, 40, 108, 109, 128, 155, 156, 162, 163, 165, 173, 187, 189 Taschep[…]: 19 Tefnacht: 106, 113, 114, 118, 119, 131 Tentsepeh (D): 19 Teos: 286 Teti: 182 Thutmosis I.: 62 Thutmosis III.: 27, 62, 88, 102, 125, 142, 152, 225, 229 Thutmosis IV.: 252 Tiglat-Pileser III.: 172 Tija: 252 Tutanchamun: 42, 81, 135 Udjarenes: 162, 188, 200, 254, 274, 290, 291, 293, 294, 301, 310 Jb-jaw: 222 Wsr-MAa.t-Raw: 181, 182, 183 PA-d(j)-Jmn-nb-ns.wt-tA.wj: 290, 293 MnT.w-m-HA.t (MnT(.w)-m-HA.t): 199, 209, 228, 210, 219, 220, 221, 222, 223, 231, 232, 237, 258, 260, 289, 294 NmrT: 286 Ns-¢ns.w: 259 Ns-pA-mdw: 286 Ns-PtH: 228, 258, 259, 289, 301, 303 Nxt-tAy=f-Mw.t: 301 ¡oA-Km.t: 182 ¢a(j)-m-WAs.t: 128, 181, 182 ¢w(j)-Nfrtm-Raw: 137, 183 ¢w(j)-tA.wj: 183, 184 ¡r-aA: 222 ¤anx-tA.wj: 184 %Htp-tA.wj=f(j): 182 %nfr-Raw: 128, 182 ^(p-n)-Mw.t: 301 KA: 182 OA(j)-xa.w: 183 ¦Ay=s-Sps.t: 294 &hro: 183 _j-As.t-Hb-sd: 294 ©d-MnT.w-sj-anx.t: 294 …kA-tA.wj: 182 Orte und Regionen 5. oäg. Nomos: 259 10. oäg. Nomos: 289 Abydos: 34, 53, 80, 153, 155, 156, 157, 178, 193, 214, 218, 219, 223, 224, 264, 279, 282, 286 Amada: 50, 128 Amara: 102, 103 Amheida: 19 Asasif: 153, 162, 163, 201 Atfih: 52, 53, 54 Beni Suef: 215, 217, 218, 226 Berlin: 39, 54, 59, 66, 67, 81, 82, 83, 90, 104, 106, 129, 192, 200, 209, 211, 214, 216, 218, 219, 225, 226, 228, 264, 294, 298, 308, 309 Brooklyn: 205, 209, 254, 260, 262, 263, 266, 268, 293, 295, 296 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Buto: 34 California: 141 Cambridge: 246 Charga: 13 Chemmis: 26, 27, 36, 42, 146 Chicago: 254 Dahschur: 172, 173, 193, 195 Deir el-Bahari: 152, 153, 243, 269, 270 Delta: 1, 23, 41, 46, 73, 75, 92, 105, 106, 108, 109, 111, 113, 114, 115, 116, 119, 120, 122, 172, 173, 187, 285, 288, 293 Dep: 34 Diospolis Parva: 53 Djeme: 153, 174, 177, 179 Dokki Gel: 102, 107, 142 Edfu: 38, 81, 222 El Kurru: 101, 102, 103, 104, 107, 108, 155, 156, 163, 193 Elephantine: 18, 39, 101, 105, 1027, 128, 162, 190, 200, 221, 278, 286, 306, 309 el-Hibeh: 13, 16, 37, 64 el-Tôd: 50, Fayum: 53 Gebel Aḥmar: 240 Hawara: 53 Heliopolis: 39, 106, 113, 114, 118, 122, 123, 124, 125, 126, 128, 134, 142, 182, 183, 191, 193, 194, 240, 288 Herakleopolis: 46, 53, 54, 65, 74, 97, 113, 114, 15, 16, 18, 21, 22 Hermopolis: 15, 16, 21, 46, 49, 53, 58, 105, 113, 114, 115, 120, 123, 124, 127, 128, 131, 177, 185, 200, 221, 278, 286, 306, 309 Hierakonpolis: 34 Hillat el Arab: 103 Illahun: 53, 114 Ipet-sut: 228, 258, 259, 260, 278 Ischeru: 65, 115, 124, 126, 142, 143, 144, 176, 223, 238 Jebel Barkal: 101, 102, 103, 104, 106, 109, 112, 113, 115, 121, 122, 125, 126, 128, 129, 130, 131, 134, 135, 137, 139, 141, 142, 144, 145, 147, 152, 156, 159, 160, 163, 165, 166, 172, 178, 179, 182, 186, 190, 191, 192, 193, 195, 211 B 1000: 178 B 200: 135, 136, 140 B 300: 135, 136, 137, 138, 139, 140, 144, 145, 146, 149, 152, 159, 166, 191 B 500: 111, 112, 119, 126, 128, 129, 130, 134, 140, 145, 163, 165, 166, 178, 181, 182, 186, 189, 191, 192 B 700: 132, 159, 178, 179, 191, 192 B 900: 131, 132, 178, 179, 180, 181, 182, 189 Cachette Jebel Barkal: 140, 144 Jerusalem: 172 Kadakol: 182 Kairo: 4, 18, 19, 56, 73, 90, 105, 108, 112, 132, 143, 148, 163, 165, 190, 201, 206, 207, 209, 214, 218, 226, 227, 230, 231, 239, 242, 243, 245, 246, 247, 248, 250, 252, 264, 270, 273, 285, 286, 287, 297, 308, 309 Karnak: passim Achmenu: 88, 225, 226, 230, 271, 276, 281, 284, 308 Achsensanktuar: 225 Bubastidenportal: 13, 20, 23, 24, 34, 59, 62 Cachette: 140, 206, 207, 208, 213, 214, 215, 217, 218, 225, 226, 228, 231, 242, 246, 250, 251, 252, 269, 270, 271, 275 Chons-Tempel: 40, 83, 84, 191, 264, 11, 12, 13, 168 Edifice am Heiligen See: 131, 168, 176, 177, 178, 186 Gegentempel, Rückfront des Mut-Tempels: 143, 245, 255, 265, 266, 267, 268, 280, 282, 309 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Ka-Kapelle von Nesptah (B), Mutbezirk: 268, 269, 280, 309 Kapelle Osiris Heqa-Djed: 42, 106, 157 Kapelle J (Osiris Wep Isched): 18, 42, 65, 75, 84, 85, 86, 150, 157 Kapelle Osiris nb-anx-pA-wSb-jAd:157 Kiosk vor 2. Pylon: 168, 170, 176 Kolonnade im Osten: 168, 169, 170. Kolonnade vor Chons-Tempel: 168 Kolonnade vor Month-Tempel: 168, 170, 171 Kolonnade vor Mut-Tempel: 168, 176 Krypta im Mut-Bezirk: 143, 149, 176, 199, 201, 204, 211, 223, 255, 256, 259, 261, 262, 265, 266, 268, 280, 281, 282, 283, 284, 293, 308, 309 Month-Bezirk (= Karnak-Nord): 186, 214, 264 Mut-Bezirk, Mut-Tempel (= Karnak-Süd): 133, 186, 199, 211, 214, 223, 231, 232, 234, 239, 240, 241, 245, 246, 255, 256, 259, 263, 264, 265, 266, 268, 271, 280, 281, 282, 283, 284, 293, 308 Osiris-Kapellen: 84, 131, 143, 157, 174, 168 Ptolemäische Umfassungsmauer im Mut-Bezirk: 214 Sokarbezirk: 225, 230 Tempel von Ramses III., Karyatiden-Hof: 239, 270 Kawa: 101, 102, 104, 105, 108, 128, 134, 137, 145, 146, 147, 148, 149, 151, 158, 160, 161, 163, 165, 166, 172, 182, 185, 186, 187, 190, 192, 193, 264 Koptos: 13, 84, 128, 146, 161, 186 Kusch: 2, 12, 18, 53, 101, 102, 103, 108, 109, 111, 121, 126, 127, 128, 129, 131, 132, 134, 135, 144, 145, 147, 148, 149, 150, 155, 156, 158, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 172, 173, 177, 178, 180, 185, 186, 187, 188, 189, 190, 191, 194, 195 Letti: 181, 182, 183 Levante: 107, 172 Lischt: 114 Lissabon: 18, 107, 214 London: 200, 209, 215, 218 238. 248. 285 Los Angeles: 241 Luxor: 144, 161, 168, 176, 240, 247, 254, 270, 301, 86, 107, 113, 121, 135, Mahsan el-Makina el-nûr: 239, 240 Matana: 128, 146, 161, 186 Medamud: 89, 124, 279 Medinet Habu: 153, 161, 176, 177, 178, 185, 191, 192, 193, 194, 4, 19, 62, 72, 107, Meidum: 114 Memphis: 114, 118, 120, 122, 124, 125, 126, 128, 146, 147, 148, 160, 161, 173, 184, 185, 187, 190, 192, 193, 195, 222, 285, 294, 19, 50, 62, 73, 75, 87, 97, 105, 107, 108 Mendes: 208 Meroe: 101 Mit-Rahina: 50 Mittelägypten: 16, 54, 64, 105, 106, 111, 113, 181, 189 Moalla: 222 München: 199, 204, 240, 241, 242, Napata: 101, 102, 104, 118, 121, 125, 126, 127, 131, 137, 140, 142, 151, 159, 165, 178, 180, 187, 192, Nechen: 90, 170 New York: 202, 215 Ninive: 286 Nubien: 1, 12, 44, 53, 97, 101-109 passim, 111, 122, 123, 127, 128, 129, 135, 137, 139, 142, 143, 145, 147, 149, 151, 156, 159, 160, 161, 163, 164, 165, 166, 173, 178, 180, 187, 188, 189, 190, 191, 192, 193, 195 Nuri: 101, 108, 154, 155, 156, 158, 163, 178, 193 Oberägypten: 10,15, 16, 32, 34, 37, 39, 50, 53, 69, 75, 97, 105, 109, 111, 119, 146, 1417, 161, 173, 189, 190, 199, 200, 217, 219, 220, 221, 222, 228, 229, 232, 233, 234, 235, 236, 237, 239, 259, 260, 262, 263, 264, 265, 278, 279, 284, 287, 288, 289, 294, 302, 305, 307, 309, 310 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Obernubien: 101, 102, 103 Qasr Ibrim: 102, 164, 193 Ramsesstadt: 294 Sais: 132, 173, 285 Sanam: 101, 145, 152, 163, 166, 172, 180, 184, 191, 192, 193 Saqqara: 34, 50 Semna: 101, 102, 152, 201 Shellal: 128 Siut: 211, 286 Südnubien: 101 Sydney: 207, 311 Tabo: 115, 163, 166, 193 Tanis: 12, 13, 18, 19, 128, 140, 146, 149, 161, 186, 190 Thebais: 3, 4, 9, 10, 11, 13, 14, 16, 18, 20, 22, 23, 26, 36, 38, 43, 44, 46, 47, 48, 59, 60, 61, 65, 71, 73, 80, 87, 88, 90, 91, 92, 93, 96, 97, 103, 105, 106, 107, 108, 109, 111, 121, 126, 127, 143, 144, 152, 156, 161, 162, 163, 172, 174, 176, 178, 180, 186, 199, 295, 310 Theben: passim Thebanische Gräber: Grab des Harwa (TT 37): 162 Grab des Karabasken (TT 391): 162 Grab des Karachamun (TT 223): 162 Grab des Ibi (TT 36): 210 Grab des Monthemhet (TT 33): 163, 205, 213, 311 Grab der Mutirdis (TT 410): 211 Grab des Padiamenope (TT 34): 162, 201, 205, 210, 213, 270, 301, 311 Grab des Padihorresnet (TT 196): 200, 278 Grab des Pami (TT 243): 299 Thinis: 233, 286 Tombos: 103 Unterägypten: 3, 12, 15, 16, 19, 26, 32, 34, 36, 37, 69, 73, 74, 75, 77, 82, 105, 108, 113, 114, 119, 121, 126, 145, 146, 147, 160, 161, 172, 173, 188, 189, 190, 217, 221, 222, 233, 279, 288 Unternubien: 101, 102 Wadi Gasus: 200 Wien: 200, 215, 260, 283 Abw: 221 AbDw: 223, 282 Atft: 53 Arar: 23, 282 JSr.w: 191, 304, 306, 307 WAs.t: 33, 39, 46, 48, 50, 65, 73, 83, 84, 121, 128, 181, 182, 200, 221, 223, 228, 229, 236, 237, 251, 253, 262, 278, 282, 289, 293, 302, 307, 312 Wn.t: 221 pA nb tp jHw: 52, 53 pA-jw-n-jn(j)-mw.t: 53 pr sxm xpr Raw: 53 n’.t: 18, 21, 42, 68, 69, 87, 88, 89, 90, 91, 162, 199, 210, 211, 214, 219, 220, 221, 222, 223, 228, 229, 235, 236, 240, 241, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 255, 258, 259, 260, 262, 278, 285, 289, 293, 302, 305, 306, 307 rsj: 189, 200, 221, 278 ^ma.w: 37, 39, 42, 96, 189 Km.t: 34, 71, 73, 74, 182, 194 ¦A-mHw: 32, 36, 221 &A-stj: 139, 161, 194 ©w-wab: 115, 121, 191 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Götter Amenemope: 53, 58 Amun: passim Amunrasonther: 224 Amun-Re: 4, 22, 23, 37, 38, 41, 42, 63, 64, 65, 82, 88, 115, 121, 122, 135, 140, 159, 163, 165, 166, 170, 171, 172, 176, 180, 186, 214, 219, 223, 225, 226, 234, 238, 244, 273, 295, 296, 302 Amun-Re-Harachte: 23 Anubis: 209, 214 Atum: 13, 84, 209, 214, 238, 249, 253, 264, 273 Atum-Chepri: 248, 249 Bastet: 18, 165, 187, 223, 224, 282 Chons: 53, 57, 82, 83, 84, 89, 91, 92, 93, 96 115, 176, 238, 283 Chons in Theben-Neferhotep: 65, 83, 228, 278, 282 Chons, das Kind: 223, 224, 282 Chons, der die Lebenszeit zählt: 223, 224, 282 Dedun: 152, 158, 159, 179, 180 Die drei Chons: 223, 224, 282 Harendotes: 238, 268 Hathor: 33, 34, 80, 123, 124, 140, 166, 176, 191, 246, 268 Herischef: 53 Horus: 18, 26, 27, 29, 32, 36, 37, 38, 40, 41, 42, 50, 63, 65, 69, 78, 80, 81, 85, 93, 145, 146, 148, 149, 150, 153, 156, 157, 158, 159, 160, 170, 173, 174, 178, 181, 182, 191, 210, 238, 253, 254, 275, 310 Isis: 18, 26, 27, 31, 32, 33, 34, 36, 65, 80, 84, 85, 145, 146, 148, 149, 150, 178, 180, 209, 214, 215, 238, 240, 253, 273, 275 Kamutef: 135, 176, 191 Maat: 2, 3, 4, 23, 40, 41, 53, 63, 65, 79, 80, 81, 86, 87, 90, 93, 96, 110, 116, 117, 118, 119, 120, 147, 170, 181, 191, 215, 165 Month: 53, 65, 79, 82, 83, 90, 91, 96, 186, 209, 214, 232, 238, 244, 245, 270, 295, 299, 303 Mut: 52, 53, 57, 65, 89, 92, 105, 11, 115, 116, 123, 124 126, 131, 133, 135, 137, 139, 140, 142, 143, 144, 145, 149, 150, 152, 166, 168, 176, 177, 180, 191, 193, 204, 214, 223, 232, 236, 238, 257, 261, 266, 280, 281, 282, 283 Nechbet: 27, 32, 34, 42, 191 Nemti: 53 Nephthys (Nephtys): 32, 80, 209, 214, 240 Neunheit: 37, 114, 120, 26, 152, 153, 219, 225, 226, 230, 238 Nut: 36 Onuris: 123, 127, 137, 138, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 195 Osiris: 4, 18, 27, 29, 36, 37, 42, 53, 65, 79, 82, 83, 84, 85, 131, 132, 146, 148, 149, 152, 153, 155, 156, 157, 158, 159, 173, 174, 176, 177, 178, 179, 180, 191, 193, 214, 223, 224, 238, 242, 243, 253, 264, 268, 273, 275, 282 Osiris Wennefer im Perseabaum: 294 Osirs Wep Isched: 18, 42, 65, 84, 150, 157 Osiris Heqa Djet: 42, 106, 157 Ptah: 50, 62, 66 67, 74, 81, 82, 83, 107, 114, 118, 20, 122, 126, 192, 193, 209, 214 Ptah-Nun: 192 Ptah-Tatenen: 73 Rattaui: 89 Re: 26, 31, 39, 41, 42, 50, 53, 80, 88, 91, 92, 104, 105, 114, 115, 118, 122, 123, 124, 125, 126, 127, 137, 143, 145, 164, 165, 170, 176, 181, 182, 183, 185, 191, 218, 221, 222, 238, 253, 257 Re-Atum: 82, 83, 85, 288 Re-Harachte: 129, 191, 238, 248, 273, 295 Re-Harachte-Chepri: 248, 249 Repit: 33, 34 Reret: 35, 36 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Sachmet: 52, 123, 192 Schu: 41, 42, 123, 140 Sokar: 58, 80, 225, 228, 230 Stadtgott: 47, 117, 220, 223 Taweret: 36 Tefnut: 123, 124, 137, 140, 143, 191 Thot: 19, 49, 58, 74, 80, 113, 114, 123, 124, 170 Wadjyt: 27, 32, 34, 41, 42, 143, 191 arar-pr-m-sjn: 223 Jmn: 14, 29, 31, 34, 35, 38, 39, 49, 56, 57, 58, 63, 64, 70, 80, 82, 89, 90, 181, 200, 210, 211, 219, 221, 222, 223, 228, 235, 240, 241, 243, 244, 245, 246, 247, 248, 249, 250, 251, 252, 253, 255, 258, 259, 260, 262, 278, 279, 282, 289, 290, 293, 294, 296, 297, 301, 302, 304, 305, 306, 307 Jmn-Raw: 22, 37, 38, 41, 52, 56, 57, 63, 64, 65, 82, 88, 89, 90, 115, 121, 219, 220, 225, 245, 294, 297, 298, 302, 304, 305, 307 Wsjr: 29, 37, 83, 84, 223, 264, 282 PA 3 ¢ns.w: 223, PtH: 74, 83, 228 PtH-nwn: 192, PtH Hrj-jb WAs.t: 83 PtH sDm nHt: 62 BAst.t: 19, 223, 282, Mw.t JSr.w: 65, 89, 223, 304, 306, 307 NHm-awAy.t: 53 NTr n’.t: 220, 223 Raw: 26, 27, 31, 41, 47, 50, 80, 83, 104, 105, 111, 114, 122, 124, 127, 137, 181, 182, 185, 221, 222, 257, 295 ¢ns.w: 56, 57, 58, 89, 282 ¢ns.w-pA-Xrd: 223, 282, 305, 306, 307 ¢ns.w-Hsb-aHa.w: 223, 282 ¢ns.w m WAs.t-Nfr-Htp: 65, 83 Zkr: 228, 248, 251, 278 Belegstellen Beni Hassan, Grab Nr. 3, Biographische Inschrift von Chnumhotep II., 161–163: 236 Berlin, ÄMP 2268 (Nastasenstele) Z. 6–7: 165 Z. 8: 151 Z. 16: 104, 151 Z. 23–24: 165 Z. 25: 165 Berlin ÄMP 12721 (Sitzfigur) Rückenpfeiler: 220 Sitz, linke Seite, K. 1ʼ–6ʼ: 221 Sitz, rechte Seite/Rückseite, Kol. 1–12: 222f. Vorderseite, zentrale Kolumne: 219 Boston MFA 23.733 (Stele Thutmosis III. vom Jebel Barkal), Z. 35: 142 Chicago Field Museum of Natural History 31664 (Stele des Jb-jaw), Z. 4–5: 222 Chroniken des Prinzen Osorkon CPO A, Beischrift Osorkon: 52, 63 CPO A, 18: 35 CPO A, 19: 14, 32 CPO A, 20: 14, 34, 49 CPO A, 23: 36, 41 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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CPO A, 23–24: 42 CPO A, 24: 49 CPO A, 25: 33 CPO A, 26: 38 CPO A, 27–28: 37f. CPO A, 29: 39 CPO A, 30: 31, 41 CPO A, 31–32: 49 CPO A, 34: 46 CPO A, 35–36: 50 CPO A, 36–37: 92 CPO A, 40–42: 64f. CPO A, 43: 64 CPO A, 50: 64 CPO A, 52–53: 31 CPO A, 53: 52, 63 CPO B, Beischrift Osorkon: 40 CPO B, 1–2: 31, 41 CPO B, 2: 31, 36 CPO B, 2–3: 26 CPO B, 3: 31, 32, 33 CPO B, 4: 34, 35, 43 CPO B, 4-5: 32 CPO B, 5: 36 CPO B, 5–6: 44 CPO B, 7: 37 CPO B, 8: 45 CPO B, 10: 44 CPO B, 13: 37 CPO B, 14–15: 37 CPO B, 16: 46 CPO B, 17: 46, 47 CPO B, 19: 47 CPO B, 19–20: 47f. CPO C, 1: 48 Kairo CG 646 (Kuboide Statue) linke Seite, Z. 9–11: 237 Oberseite: 231 rechte Seite, Z. 9–11: 236 zentrale Kolumne, Stab des Sistrums: 232 Kairo CG 42210 (Kuboide Statue), linke Seite, Z. 6: 59 Kairo CG 42211 (Kuboide Statue) Vorderseite, Z. 8–9: 59 Vorderseite, Z. 11–13: 58 Vorderseite, Z. 14: 59 Vorderseite, Z. 16: 58 Kairo CG 42225 (Kuboide Statue) linke Seite, Z. 1–3: 70 rechte Seite, Z. 1–2: 69f. Rücken, Z. 3: 70 Vorderseite, untere Hälfte, Z. 3: 69 Kairo CG 42226 (Kuboide Statue) Oberkante, untere Zeile: 65, 71, 72, 77, 78 Rücken, Z. 1: 73 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Rücken, Z. 2–3: 78 Rücken, Z. 3: 70, 71, 81 Rücken, Z. 4: 71 Rücken, Z. 4–5: 71 Rücken, Z. 5: 73 Rücken, Z. 6: 79 Sockel: 71, 72, 79, 84 Kairo CG 42227 (Kuboide Statue) linke Seite, Z. 4–5: 78 linke Seite, Z. 6: 73 rechte Seite, Z. 8–9: 80 Kairo CG 42228 (Sitzfigur), rechte Seite, Z. 1–2: 84 Kairo CG 42230 (Kuboide Statue), rechte Seite, Z. 9–10: 39 Kairo CG 42232 (Kuboide Statue) rechte Seite, Z. 2–3: 80 Vorderseite, Z. 6: 80 Rückseite, Z. 3–4: 80 Kairo CG 42236 (Stehfigur), Linker Seitensteg, Kol. 1–6: 210 Kairo CG 42239 (Sockelfragment) Oberseite: 228 Vorderseite rechts, Kol. 2: 227 Kairo JE 6307 (Stele des Neferhotep I.), Z. 2–3: 264 Kairo JE 36327 (Adoptionsstele der Nitokris), Z. 20–24: 289 Kairo JE 37382 (TN 20/2/25/1) (Kuboide Statue), linke Seite, Z. 9: 59 Kairo JE 37488 (Stele des Taharqo aus Tanis), Z. 5–8: 161 Kairo JE 41013 (Stele Elephantine): 105 Kairo JE 48862 (Triumphstele des Pi(anch)y) Z. 10: 113 Z. 12: 113, 121, 185 Z. 13: 113 Z. 16: 121 Z. 27: 185 Z. 29: 121 Z. 52: 185 Z. 74–78: 114 Z. 89: 185 Z. 92–93: 120, 185 Z. 96: 185 Z. 97: 120 Z. 98: 114 Z. 137–138: 114 Z. 159: 118, 121 Kairo JE 48863 (Traumstele Tanwetamani), Z. 4-5: 108, 189 Kairo JE 48864 (Stele des Harsiotef), Z. 10: 165 Kairo JE 48866 (Inthronisationsstele des Aspelta,), Z. 11–13: 163 Kairo TN 31/5/25/10 (Götterfigur: Ptah), Sockel, Z. 4–11: 74 Karnak, Gruppenstatue des Hor (vii/viii/ix/xi) Z. 1: 81 Z. 6: 71, 73 Z. 7: 71 Karnak, Inschrift des Taharqo im Hof hinter dem 6. Pylon: 166 Kawa IX (Inschrift im Tempel T): K. 54: 105, 151 Khartum SNM 2678 (Stele Kawa IV) Z. 7–13: 160 © 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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Z. 13–15: 192 Z. 17–18: 151 Z. 20–27: 192 Khartum SNM 2679 (Stele Kawa VI) Z. 15–21: 192 Z. 23–24: 151 Z. 24: 165 Z. 25: 148 Krypta, Mut-Bezirk Karnak Inschrift A, 12: 263 Inschrift A, 33: 264 Inschrift B, 3: 264 Inschrift B, 11–12: 263 Inschrift B, 14: 263 Ostwand, Beischriften: 259 LRL 8 (Papyrus Geneva D 407), Z. 3–4: 219 LRL 45 (Papyrus BN 198.I), Z. 2–3: 219 NCG Kopenhagen, AEIN 1712 (Stele Kawa V) Z. 2: 264 Z. 7–8: 187 Z. 8: 151, 186 Z. 9: 186, 190 Z. 11: 187 Z. 13–15: 160, 161 Z. 16–22: 145, 190 Z. 19: 158 NCG Kopenhagen, AEIN 1713 (Stele Kawa VII,), Z. 6: 165 Ostrakon Gardiner 25, rto, 6: 292 Papyrus Berlin 3055 IV, 3: 225 IV, 4–5: 219 IV, 7–8: 225 Papyrus Petersburg 1115, Z. 139–140: 222 Paris, Louvre C 256 (Stele der Verbannten) Z. 3: 96 Z. 6: 96 Z. 11: 74 Z. 15–16: 74 Z. 17: 74 Paris, Louvre C 258 (Inschriftenblock aus Karnak/Achmenu), Z. 6: 88 Prisma A London BM 91026, Kol. I, Z. 90–109: 285f. Saitischer Orakelpapyrus, Papyrus Brooklyn 47.218.3 G.7: 303 J.2–3: 303 M.18: 303 Stele des ¡r-aA, Z. 7: 222 Tempel B 300, Bauinschrift: 137, 152

© 2020, Zaphon, Münster ISBN 978-3-96327-078-9 (Buch) / ISBN 978-3-96327-079-6 (E-Book)

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