Insolvenzanfechtung: Fallgruppenkommentar 9783504381905

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Insolvenzanfechtung: Fallgruppenkommentar
 9783504381905

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Kummer . Schäfer . Wagner Insolvenzanfechtung Fallgruppenkommentar

Insolvenzanfechtung Fallgruppenkommentar von

Dr. Joachim Kummer Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Ettlingen

Berthold Schäfer Rechtsanwalt, Marbach a.N.

Dr. Eberhard Wagner Rechtsanwalt, Karlsruhe

unter Mitarbeit von

Werner Maier Rechtsanwalt, Stuttgart

2012

Zitierempfehlung: K/S/W, Bearbeitet, Rz ....

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Verlag Dt. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38--01, Fax 02 21/9 37 38-943 info®otto-schmidt.de www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-43007-8 ©2.012 by Verlag Dt. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, ObersetzuiJgen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung Wld Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- Wld säurefrei, alterungsbeständig Wld umwelt&ewtdlich.

Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Dtuck: Kösel, Krugzell Printed in Gerrnany

Vorwort Das Recht der Insolvenzanfechtung ist in nur 19 Paragraphen der Insolvenzordnung geregelt. Diese an sich zu begrüßende Selbstbeschränkung des Gesetzgebers wird indes der praktischen Bedeutung dieses Rechtsgebietes und der Komplexität der Fallgestaltungen nicht gerecht. Es kann daher nicht verwundern, dass das Anfechtungsrecht in hohem Maße durch gesetzesauslegendes und gesetzesergänzendes Richterrecht geprägt ist, das vor allem an den Schnittstellen zu anderen Rechtsbereichen immer wieder der übergeordneten Systematisierung und der kritischen Überprüfung bedarf. Insolvenzanfechtungsfälle gelangen zu einem hohen Prozentsatz in die höheren Instanzen. Wer das Anfechtungsrecht gründlich durchdringt, stößt daher – Stand Ende 2011 – auf mehr als 700 höchst- und obergerichtliche Entscheidungen. Dieser Befund ließ es den Autoren des vorliegenden Buches als gerechtfertigt erscheinen, zusätzlich zur Fülle der bereits vorhandenen Werke zum Insolvenzrecht einen Kommentar im klassischen Sinne speziell zum Insolvenzanfechtungsrecht zu verfassen. Dabei wurde der besonderen Bedeutung des Richterrechts und den Schwierigkeiten beim Verständnis der zum Teil komplizierten Sachverhalte durch die Besonderheit Rechnung getragen, dass an zahlreichen Stellen des Buches Fallbeispiele eingebaut wurden, deren Tatbestand und Entscheidungsgründe näher dargelegt und mit erläuternden und übergreifenden Anmerkungen versehen sind. Im Anhang des Buches findet sich ein ausführliches Entscheidungsregister zu den im Kommentierungsteil besprochenen bzw. zitierten Entscheidungen, dem der Leser entnehmen kann, an welcher Stelle des Buches die jeweilige Entscheidung Berücksichtigung gefunden hat. Das ebenfalls sehr ausführliche Stichwortverzeichnis mag mit seinen zum Teil recht langen „Fundstellenketten“ auf den ersten Blick abschreckend wirken. Mit ihm soll jedoch bewusst ein Nachteil der gedruckten Medien ausgeglichen werden, die nicht mit einer Suchfunktion aufwarten können. Besonderer Dank der übrigen Autoren gebührt Herrn Rechtsanwalt Werner Maier, der kurzfristig eingesprungen ist und freundlicherweise die Kommentierung des § 138 InsO übernommen hat. Die Autoren danken ferner den Mitarbeitern des Verlages, die das Werk mit großem Einsatz begleitet und sein Erscheinen ermöglicht haben. Rechtsprechung und Schrifttum konnten im Wesentlichen bis Dezember 2011 berücksichtigt werden.

V

Vorwort

Kritik und Anregungen nehmen die Autoren gerne entgegen – am Ende des Werkes findet der geneigte Leser eine zu diesem Zweck vorgesehene Kontaktkarte. Ettlingen, Karlsruhe, Marbach und Stuttgart, im Dezember 2011

VI

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XIII

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLI

Rz. Seite

A. Einleitung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A1

1

I. Gesetzesentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A1

1

II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . .

A11

4

III. Verhältnis bzw. Konkurrenz der Insolvenzanfechtung zu anderen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A36

13

IV. Internationales Anfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . .

A47

17

B. § 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B1

18

I. Die Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B4

22

II. Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B219 100

III. Anfechtungsanspruch – Rechtsnatur, Entstehung, Abtretbarkeit und Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B506 192

IV. Zeitliche Reichweite des § 129 InsO . . . . . . . . . . . . . . .

B557 208

V. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung . . . . . . . . . . .

B558 209

C. § 130 InsO – Kongruente Deckung (Schäfer) . . . .

C1 211

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C1 212

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C10 215

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C18 218

D. § 131 InsO – Inkongruente Deckung (Schäfer) . .

D1 261

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D1 262

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D12 264

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D29 269 VII

Inhaltsübersicht Rz. Seite

E. § 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E1 302

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E1 303

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E13 306

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E20 308

F. § 133 InsO – Vorsatzanfechtung (Schäfer) . . . . . .

F1 322

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F1 323

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F10 326

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F15 328

G. § 134 InsO – Unentgeltliche Leistung (Schäfer) .

G1 362

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G1 362

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G11 365

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G19 368

H. § 135 InsO – Gesellschafterdarlehen (Schäfer) . . .

H1 405

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

H1 406

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“ . . . . . . . .

H31 419

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

H68 435

I. § 136 InsO – Stille Gesellschaft (Schäfer) . . . . . . .

I1 452

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I1 452

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I6 454

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I15 457

J. § 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen (Wagner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J1 467

I. Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm . . . . . . . .

J1 468

II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO (§ 137 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J4 470

VIII

Inhaltsübersicht Rz. Seite

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner – Anspruch auf Ersatzrückgewähr (§ 137 Abs. 2) . . . . . .

J19 478

IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . .

J30 482

V. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J37 486

K. § 138 InsO – Nahestehende Personen (Maier) . . .

K1 488

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K1 489

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K9 491

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K11 492

L. § 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L1 499

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L1 499

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L5 500

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L10 502

M. § 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M1 510

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M1 511

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO . . . . . . . . .

M5 512

III. § 140 Abs. 2 InsO – Sonderfall des eintragungsbedürftigen Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M97 549

IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M109 554 V. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M134 564

N. § 141 InsO – Vollstreckbarer Titel (Wagner) . . . .

N1 566

I. Entstehung, Zweck und Systematik des Gesetzes . . . . .

N1 566

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N15 575

III. Internationales Recht – EuGVVO und EuInsVO . . . . . .

N25 582

O. § 142 InsO – Bargeschäft (Wagner) . . . . . . . . . . . . .

O1 585

I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift . . . .

O1 587

II. Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O16 596 IX

Inhaltsübersicht Rz. Seite

III. Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O66 624

IV. Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O101 639 V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O110 644 VI. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O119 649 VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . O122 651 VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick . . . . O187 678

P. § 143 InsO – Rechtsfolgen (Kummer) . . . . . . . . . .

P1 692

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P1 693

II. Gesetzesinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P6 694

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P11 695

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs (Primäranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P47 706

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO)

P87 715

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P114 721

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen an eine Gesellschaft (§ 143 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . .

P152 732

VIII. Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P170 736

IX. Prozessführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P172 737

Q. § 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q1 738

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q1 738

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q2 738

X

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners (§ 144 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q5 739

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO) . . . . . . .

Q12 742

R. § 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R1 746

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R1 746

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R2 747

III. Gesamtrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . .

R5 747

IV. Einzelrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . .

R7 748

Inhaltsübersicht Rz. Seite

V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen gegen Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger . . . . . .

R20 751

S. § 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S1 754

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S1 754

II. Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S6 755

III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO) . . . . . . .

S9 756

T. § 147 InsO – Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . .

T1 761

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T1 761

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T2 761

III. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T3 762

IV. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T7 763

Rechtsprechungsregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

765

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

791

XI

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

V

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLI

Rz. Seite

A. Einleitung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A1

1

I. Gesetzesentstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A1

1

II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . .

A11

4

.

A16

6

.

A19

8

.

A21

8

.

A25

9

2. Die allgemeine Insolvenzanfechtung (§§ 133, 134 InsO) a) § 133 InsO – Vorsatzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . b) § 134 InsO – Anfechtbarkeit unentgeltlicher Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A27 A28

10 10

A30

11

3. Die Sonderregelungen der §§ 135, 136 InsO . . . . . . . . .

A33

12

1. Die besondere Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 130 InsO – Anfechtbarkeit einer kongruenten Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 131 InsO – Anfechtbarkeit einer inkongruenten Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 132 InsO – Anfechtbarkeit unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Verhältnis bzw. Konkurrenz der Insolvenzanfechtung zu anderen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A36

13

1. Anfechtungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A36

13

2. Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) und Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A38

14

3. Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . .

A42

15

4. Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A44

16

5. Rückschlagsperre nach § 88 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . .

A45

16

6. Verhältnis zur Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) . . . . . . . .

A46

16

IV. Internationales Anfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

A47

17

B. § 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B1

18

I. Die Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B4

22 XIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

1. Weite Auslegung des Begriffs der Rechtshandlung . . . . a) Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte

B4 B8 B11

22 23 25

. . . .

B14 B15 B17 B23

26 26 26 29

..

B25

29

..

B30

31

..

B30

31

. . . . . . . . .

. . . . . . . . .

B32 B33 B34 B36 B38 B39 B40 B41 B42

32 32 32 33 34 34 34 35 35

4. Einheitliche Rechtshandlung trotz mehrerer Einzelhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B43

35

5. Mehrere Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B45

36

.

B49

37

. . . .

B53 B56 B56 B57

39 40 40 40

. . . . .

B60 B69 B69 B71 B74

42 46 46 47 48

. .

B75 B76

48 49

.

B76

49

2. Handelnde und Handlungsvorausetzungen im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis des selbstbestimmten Verhaltens . . . c) Rechtshandlung des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . d) Rechtshandlung eines Dritten, insbes. des vorläufigen Insolvenzverwalters . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfälle von Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . a) Personenrechtliche Vorgänge; höchstpersönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hoheitliche Rechtsakte, insbesondere Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Prozesshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Dienst- bzw. Arbeitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gebrauchsüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Einlageleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Unternehmensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Aufgabe von Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Verzicht auf Erwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

6. Mehraktige (insbesondere bedingte und befristete) Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übereignung beweglicher Sachen; Eigentumsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Forderungsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abtretung einer bestehenden Forderung . . . . . bb) Vorausabtretung künftiger Forderungen . . . . . cc) Werthaltigmachen vorausabgetretener Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechts- bzw. Forderungsentstehung im Einzelfall . aa) Forderungen aus Dienstverträgen . . . . . . . . . . bb) Miet- und Leasingforderungen . . . . . . . . . . . . cc) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB . . . . . . . dd) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verpfändung und Pfändung von Forderungen . . . . aa) Pfandrecht an bestehenden und künftigen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

bb) Pfandrecht an bestehenden Sachen oder Rechten zur Sicherung künftiger Forderungen . . . . cc) Nachträgliche „Unterlegung“ eines Pfandrechts durch gesicherte Forderung . . . . . . . . . dd) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Versicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B79

50

.

B81

51

. . .

B82 B84 B100

52 53 60

B104

62

B116 B125

66 69

B141

74

B146

76

B158

79

B172

84

B176 B176 B180

85 85 86

7. Rechtshandlungen im Mehrpersonenverhältnis; mittelbare Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Tilgung einer Verbindlichkeit des Schuldners auf dessen Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tilgung einer fremden Schuld durch den Schuldner c) Tilgung einer eigenen und einer fremden Schuld durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Werthaltigmachen einer vorausabgetretenen Forderung durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . e) Abgrenzung der mittelbaren Zuwendung gegenüber der Leistungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Zusammenfassung der Rechtsgrundsätze zur Anfechtung im Mehrpersonenverhältnis . . . . . . . . . 8. Aufrechnungs- und Verrechnungslagen . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Frühere Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . bb) Neuere Rechtsprechung – „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kongruenz oder Inkongruenz der Aufrechnungslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall Kontokorrentverrechnung . . . . . . . . . . . d) Sonderfall Konzernverrechnungsklausel . . . . . . . . .

B183

88

B185 B186 B205 B211

88 89 95 97

9. Unterlassungen nach § 129 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . .

B212

97

II. Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konkrete Schmälerung des Schuldnervermögens b) Erschwerung des Gläubigerzugriffs . . . . . . . . . . . c) Gläubigerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zuwendungen Dritter aus schuldnerfremdem Vermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Umfang der Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . .

. . . .

. . . .

B219 100 B219 B225 B227 B229

100 102 103 104

.. ..

B231 104 B233 105

2. Isolierte Betrachtung der Rechtshandlung; Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B235 106

XV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

3. Arten und Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung . a) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . b) Mittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . c) Mehrfache Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerbenachteiligung im Verhältnis zu mehreren Anfechtungsgegnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B237 107 B239 108 B253 112

.

B260 115

4. Erhaltung des Schuldnervermögens als Haftungsmasse a) Unzureichende Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . b) Unpfändbare Vermögensgegenstände . . . . . . . . . . . aa) Persönlichkeitsrechte; höchstpersönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erbschaft, Pflichtteil und Rückforderungsanspruch des Schenkers nach § 528 BGB . . . . . cc) Arbeitskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Gewerbliche Schutzrechte u.a.; Unternehmensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Kredit, Dispositionskredit und geduldete Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B264 116 B268 118 B271 119

5. Schuldnerfremdes, künftiges und wertausschöpfend belastetes Vermögen; wertlose Gegenstände . . . . . . . a) Aussonderungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Absonderungsrechte, insbesondere Sicherungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Nachträgliche Sicherheitenunterlegung . . . . . bb) Pfandrechtliche Doppelsicherung . . . . . . . . . . c) Fehlende Gläubigerbenachteiligung bei Sicherungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Keine Unterbrechung der Sicherungskette . . . d) Wertausschöpfend belastete Gegenstände . . . . . . . aa) Maßgebender Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidender Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . cc) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . e) Treuhandverhältnisse und Zweckbindungen . . . . aa) Voraussetzungen einer Treuhand; Abgrenzung zur Zweckbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitpunkt der Treugutentstehung . . . . . . . . . . cc) Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung . dd) Lohnsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Andere Fallgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Lebensversicherung, speziell Direktversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Spezialfall verbundenes Geschäft . . . . . . . . . .

XVI

. . .

B272 119 B274 120 B277 121 B279 122 B282 123

. .

B293 128 B300 130

. . .

B301 130 B315 135 B322 137

. . . . . . . .

B325 B326 B335 B348 B351 B356 B359 B360

138 138 141 145 146 148 149 149

. . . . .

B362 B371 B381 B387 B389

151 154 156 158 159

. .

B389 159 B398 162

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

6. Aufrechnung und Verrechnung . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Antezipierte Verrechnungsvereinbarungen

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

B402 B402 B404 B410

163 163 164 166

7. Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . a) Erfüllungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Strafrechtlicher Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vertragsklauseln (Lösungsklauseln) für den Insolvenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sonstige Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung

. . . . . . .

B411 B411 B420 B430 B431 B436 B438

166 166 169 171 171 172 173

. .

B441 173 B442 174

8. Einzelfälle zur fehlenden Gläubigerbenachteiligung . . a) Sicherungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gläubigerwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonstige Fälle fehlender Gläubigerbenachteiligung . 9. Ursachenzusammenhang und hypothetische Geschehensabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ursachenzusammenhang; Maßgeblichkeit des realen Geschehensablaufs . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hypothetische Geschehensabläufe . . . . . . . . . c) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B447 B447 B451 B454

175 175 176 177

....

B467 180

.... .... ....

B467 180 B472 182 B482 185

10. Vorteilsausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B490 187

11. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B495 189

III. Anfechtungsanspruch – Rechtsnatur, Entstehung, Abtretbarkeit und Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . .

B506 192

1. Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . .

B506 192

2. Entstehung und Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B515 195

3. Einschränkungen des Anfechtungsanspruchs; Zurückbehaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Teilbarkeit der Rechtshandlung und Teilanfechtung b) Zurückbehaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B522 197 B525 198 B533 201

4. Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs . a) Anfechtungsberechtigter . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausübung des Anfechtungsrechts . . . . . . . d) Gerichtliche Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

.......

B534 B534 B537 B543

201 201 203 205

B544 205

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

IV. Zeitliche Reichweite des § 129 InsO . . . . . . . . . . . . . .

B557 208

V. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung . . . . . . . . . .

B558 209

C. § 130 InsO – Kongruente Deckung (Schäfer) . . . .

C1 211

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C1 212

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C10 215

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C18 218

1. Gewährung oder Ermöglichung einer Befriedigung bzw. Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Befriedigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bankverrechnungen und Bankaufrechnungen (insbesondere im Kontokorrent) . . . . . . . . . . . (1) Kündigung des Schuldners . . . . . . . . . . . . (2) Kontosperre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Fortsetzung der Giroabrede . . . . . . . . . . . . (4) Eigennützige Verrechnung . . . . . . . . . . . . (5) Sicherheitentausch . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Scheckeinreichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Lastschriftverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Treuhänderische Sicherheitenverwaltung . . . . bb) Bauhandwerkersicherung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gesetzliche Pfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausnahme Margensicherheiten; § 130 Abs. 1 Satz 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zustand der materiellen Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . a) Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Zahlungseinstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Liquiditätslücke; Abgrenzung zur Zahlungsstockung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit . . . . . . dd) Indizien für Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . ee) Ursächlichkeit der Zahlungsunfähigkeit für die Insolvenzeröffnung; späterer Wegfall . . . . b) Eröffnungsantrag; Maßgeblichkeit für Anfechtungsfristen (§ 139 InsO) . . . . . . . . . . . . . c) Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. .

C18 218 C23 219

. . . . . . . . . . . .

C40 C46 C47 C49 C54 C55 C56 C58 C60 C64 C70 C72

225 228 228 229 231 231 232 233 233 234 236 236

.

C73 237

.. .. ..

C76 237 C77 238 C78 238

.. .. ..

C80 239 C82 240 C87 242

..

C91 244

.. C95 245 . . C100 247

3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . C101 248 a) Kenntnis des Gläubigers; Nachweiserleichterung gemäß § 130 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C102 248 aa) Indizien für Gläubigerkenntnis . . . . . . . . . . . . . C107 250

XVIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

bb) Spezialfall Arbeitnehmervergütung . . . . . . . . . C110 251 b) Nachträglicher Wegfall der Gläubigerkenntnis . . . . C115 253 c) Kenntniszurechnung bei Organ- bzw. Vertreterhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C117 254 4. Darlegungs- und Beweislast; Erleichterung gegenüber nahestehenden Personen gemäß § 130 Abs. 3 InsO . . . C127 258

D. § 131 InsO – Inkongruente Deckung (Schäfer) . .

D1 261

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D1 262

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D12 264

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

D29 269

1. Inkongruente Deckungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . D29 269 a) Inkongruente Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D37 273 aa) Nicht zu beanspruchende Befriedigung . . . . . . . D37 273 bb) Spezialfall Aufrechnung bzw. Verrechnung . . . . D45 275 (1) Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D45 275 (2) „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“ D49 276 (3) Aufrechnung bzw. Verrechnung im Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D54 278 cc) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D59 280 dd) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Befriedigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D86 289 b) Inkongruente Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D96 292 aa) Nicht zu beanspruchende Sicherung . . . . . . . . D96 292 bb) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D113 296 cc) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D115 297 2. Sonstige Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . D119 298 3. Darlegungs- und Beweislast; § 131 Abs. 2 InsO . . . . . . D120 299 a) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D120 299 b) Beweiserleichterungen nach § 131 Abs. 2 InsO . . . . D125 300

E. § 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E1 302

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E1 303

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E13 306

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E20 308 XIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

1. Unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte – § 132 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . aa) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch gegenseitige Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch sonstige, insbesondere einseitige Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Teilanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E20 308 E24 310 E32 312 E37 313

E47 316 E49 317

2. Gleichgestellte Rechtshandlungen gemäß § 132 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E50 317 E50 317 E53 318

3. Sonstige Anfechtungsvoraussetzungen; Verweis in § 132 Abs. 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weitere objektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . .

E56 320 E56 320 E57 320

4. Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E58 320

5. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

E59 320

F. § 133 InsO – Vorsatzanfechtung (Schäfer) . . . . . .

F1 322

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F1 323

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F10 326

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

F15 328

1. § 133 Abs. 1 InsO – Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Objektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . aa) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . . . bb) Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . aa) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Interimsrechtsprechung des BGH bis zum Urteil vom 13.8.2009 . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einschränkung der BGH-Rechtsprechung durch Urteil vom 13.8.2009 . . . . . . . . . . . (3) Kongruente Rechtshandlungen . . . . . . . . . (4) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Inkongruente Rechtshandlungen . . . . . . . XX

. . . . . .

F15 F15 F16 F17 F20 F21

328 328 328 329 330 330

.

F22 331

.

F27 333

. . . .

F32 F34 F46 F49

335 336 340 341

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

bb) Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kenntnisvermutung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachträglicher Wegfall der Kenntnis des Anfechtungsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Kenntnis bei Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen . . . c) Mehrpersonenverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . .

.

F62 346

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F65 347 F65 347 F70 349

. .

F86 353 F87 353

. . .

F89 354 F90 354 F99 357

.. ..

F102 358 F105 359

.. .. ..

F110 360 F111 360 F112 361

G. § 134 InsO – Unentgeltliche Leistung (Schäfer) .

G1 362

2. § 133 Abs. 2 InsO – Entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO . . . . . . a) Entgeltlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G1 362

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G11 365

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G19 368

1. Leistung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

G19 368

2. Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners . . . . . a) Zwei-Personen-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gemischte und verdeckte Schenkung; Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Auszahlung von Scheingewinnen . . . . . . . . . . cc) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mehrpersonenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kritik in Rechtsprechung und Schrifttum . . . . c) Sicherheitenbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sicherheit für eigene Verbindlichkeit . . . . . . . bb) Sicherheit für fremde Verbindlichkeit . . . . . . . cc) Kritische Würdigung der Rechtsprechung zur Nachbesicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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G27 371 G32 373

. . . . . . . . .

G39 G43 G46 G55 G66 G70 G84 G85 G90

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G98 394

376 377 378 380 384 385 390 390 392

XXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

3. Leistungsempfänger; Besonderheiten beim Zuwendungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mittelbare Zuwendung über Mittelsperson . . . . . b) Vertrag zugunsten Dritter, insbesondere Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unwiderrufliches Bezugsrecht . . . . . . . . . . . bb) Widerrufliches Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . .

. . G104 396 . . G105 396 . . G107 397 . . G109 398 . . G113 399

4. Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G117 401 5. Ausnahmetatbestand des § 134 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . G120 402 a) Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G121 402 b) Gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk von geringem Wert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G122 402 6. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G124 403

H. § 135 InsO – Gesellschafterdarlehen (Schäfer) . . .

H1 405

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

H1 406

1. Rechtsprechungs- und Novellenregeln zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen – „Altfälle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze der Rechtsprechungsregeln . . . . . . . . b) Zur Umqualifizierung führende Krisensituation . c) Nutzungsüberlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Novellenregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .

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. . . . . .

H1 H2 H10 H13 H16 H19

406 407 410 411 412 414

2. Neuregelungen durch das „MoMiG“ . . . . . . . . . . . . . .

H21 415

3. Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

H28 417

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“ . . . . . . . .

H31 419

1. Grundsätze der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen (§ 135 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . b) Gesellschafterbesichertes Drittdarlehen (§ 135 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Nutzungsüberlassung (§ 135 Abs. 3 InsO) . 2. Rechtsgrund der Neuregelungen a) Auffassungen im Schrifttum . b) Rechtsprechung des BGH . . . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . .

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.......

H34 420

.......

H35 420

....... .......

H38 421 H42 422

. . . .

H45 H46 H48 H49

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. . . .

3. Sachlicher und personeller Anwendungsbereich der Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftlich entsprechende Sachverhalte . . . . . . .

XXII

423 424 425 425

H52 426 H52 426

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

b) Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenzeröffnung? . . . . . . . . . . . . . . . c) Erfasster Personenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kleinbeteiligungs- und Sanierungsprivileg . . . . . . .

H54 427 H56 429 H65 433

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

H68 435

1. Anfechtbare Rechtshandlungen nach § 135 Abs. 1 InsO a) Anfechtbare Sicherung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) . . . b) Anfechtbare Befriedigung (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO) .

H68 435 H70 435 H73 436

2. Anfechtbarkeit der Befriedigung eines gesellschafterbesicherten Drittdarlehens (§ 135 Abs. 2 InsO) . . . . . a) Früheres Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundsätze der Neuregelung in den §§ 44a, 135 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Doppelsicherung durch Gesellschaft und Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter (§ 135 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Systematik und Grundsätze der Neuregelung . . aa) Verhältnis zu den §§ 103 ff. InsO . . . . . . . . bb) Bemessung des Ausgleichs . . . . . . . . . . . . . cc) Anfechtbare Entgeltteile . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorrang von Grundpfandrechten Dritter und Gesellschafterinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beendigung des Nutzungsverhältnisses vor der Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . .

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H77 437 H77 437

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H79 438

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H84 440

. . . . .

H90 H90 H93 H96 H99

442 442 444 445 446

. . . H101 447 . . . H102 448

4. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H106 450 5. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H108 450

I. § 136 InsO – Stille Gesellschaft (Schäfer) . . . . . . .

I1 452

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I1 452

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I6 454

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I15 457

1. § 136 Abs. 1 InsO – Tatbestandliche Voraussetzungen a) Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Besondere Vereinbarung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . c) Jahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anfechtbare Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einlagenrückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Erlass des Verlustanteils . . . . . . . . . . . . . . . . .

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I15 457 I15 457

. . . . .

I18 I21 I23 I24 I29

459 460 461 461 463

XXIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

2. § 136 Abs. 2 InsO – Anfechtungsausschluss . . . . . . . . .

I32 463

3. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I34 464

4. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

I37 465

J. § 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen (Wagner) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J1 467

I. Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm . . . . . . .

J1 468

II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO (§ 137 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J4 470

1. Wechselzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wechselrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . b) Begünstigte Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J4 470 J4 470 J6 471

2. Notgedrungene Zahlungsannahme a) Verlust des Rückgriffsrechts . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine analoge Anwendung . . . .

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J9 J9 J11 J13

473 473 474 475

3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J15 476

4. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 137 InsO ist anwendbar in folgenden Fällen . . . . . b) § 137 InsO ist nicht anwendbar in folgenden Fällen

J17 476 J17 476 J18 477

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner – Anspruch auf Ersatzrückgewähr (§ 137 Abs. 2) . . . . .

J19 478

1. Zweck, Gegenstand und Umfang des Rückgewähranspruchs . . . . . . . . . . . a) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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J19 J19 J21 J22

478 478 479 479

2. Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J24 480

3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . .

J26 481

4. Folgen der Erstattungsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J29 482

IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . .

J30 482

1. Gegenstand und praktische Bedeutung der Verweisung

J30 482

2. Entsprechende Anwendung der Vorschriften für Wechselzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz der bezogenen Bank . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Insolvenz des Ausstellers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J32 484 J32 484 J33 484

3. Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J35 485

V. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

J37 486

XXIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

K. § 138 InsO – Nahestehende Personen (Maier) . . .

K1 488

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K1 489

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K9 491

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

K11 492

1. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 Nr. 1–4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schuldner ist eine natürliche Person . . . . . . . . . aa) Ehegatte des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1 bb) Lebenspartner des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verwandte, § 138 Abs. 1 Nr. 2 . . . . . . . . . . . dd) In häuslicher Gemeinschaft Lebende, § 138 Abs. 1 Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gesellschaftsrechtliche Verbindungen, § 138 Abs. 1 Nr. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... ... ...

K11 492 K11 492 K11 492

... ...

K13 492 K14 492

...

K16 493

...

K18 494

2. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 . . a) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleichbare gesellschaftsrechtliche Stellung bb) Dienstvertragliche Verbindung . . . . . . . . . . . . c) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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K22 495

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K23 495

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K27 497 K27 497 K29 497

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K30 498

L. § 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L1 499

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L1 499

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L5 500

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

L10 502

1. § 139 Abs. 1 InsO – Fristberechnung . . . . . . . . . . . . . . a) Maßgebender Eröffnungsantrag . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berechnung des Anfechtungszeitraums . . . . . . . . . .

L10 502 L10 502 L14 503

2. § 132 Abs. 2 InsO – Mehrere Insolvenzanträge . . . . . a) Mehrere zulässige und begründete Anträge . . . . . b) Frühere, für erledigt erklärte oder zurückgenommene Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO – Abgewiesene Anträge .

.. ..

L16 504 L16 504

.. ..

L20 506 L28 508

XXV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

M. § 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung (Schäfer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M1 510

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M1 511

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO . . . . . . . . .

M5 512

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einaktige Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Mehraktige Rechtshandlungen bzw. gestreckte Erwerbstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

... ...

M6 513 M16 516

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M23 519 M33 522

2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentumsübertragung und Eigentumsvorbehalt . . b) Forderungsabtretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Globalzession . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB . . . . . . . cc) Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ansprüche aus Dienstvertrag . . . . . . . . . . . . . ee) Mietforderungen und Leasingforderungen . . . ff) Werklohnforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vertragliche und gesetzliche Pfandrechte . . . . . . . aa) Vermieterpfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pfandrecht nach AGB-Banken bzw. AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verpfändung von kontokorrentgebundenen Forderungen und Gewinnforderungen aus einer Gesellschaftsbeteiligung . . . . . . . . . . . . dd) Verpfändung eines Versicherungsanspruchs . . ee) Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ff) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Banküberweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Scheckinkasso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Zahlung mittels Wechsels . . . . . . . . . . . . . . . e) Aufrechnung und Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . f) Regressanspruch nach § 774 BGB . . . . . . . . . . . . . g) Versicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht nach § 369 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVI

. . . . .

M34 M34 M36 M40 M44

523 523 523 525 527

. . . . . .

M45 M46 M48 M54 M55 M59

528 528 529 531 532 534

.

M63 536

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M64 537 M68 538 M70 539

. . . . . . . . . .

M73 M74 M74 M75 M87 M88 M89 M91 M92 M93

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M96 549

540 540 540 541 546 546 546 547 548 548

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

III. § 140 Abs. 2 InsO – Sonderfall des eintragungsbedürftigen Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M97 549

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M97 549

2. § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

M99 550

3. § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M107 553 IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M109 554 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M109 554 2. Bedingte Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedingte Übereignung und bedingte Abtretung . . . b) Rückgriffsanspruch nach § 774 BGB . . . . . . . . . . . c) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Versicherungsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . e) Insolvenz als Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. M118 558 . M122 559 . M123 560 . M125 560 . M126 560 . M130 562

3. Befristete Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M131 563 V. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . M134 564

N. § 141 InsO – Vollstreckbarer Titel (Wagner) . . . .

N1 566

I. Entstehung, Zweck und Systematik des Gesetzes . . . .

N1 566

1. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N1 566

2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 141 InsO innerhalb der §§ 129 ff. InsO . . . . . . b) § 141 InsO und § 88 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 141 InsO und die §§ 80, 81, 85, 91 InsO sowie § 240 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N3 567

... ... ...

N6 569 N6 569 N11 572

...

N12 573

II. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N15 575

1. Vollstreckbare Schuldtitel (§ 141 Alt. 1 InsO) . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einzelne Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N15 575 N15 575 N18 577

2. Zwangsvollstreckung – Erwirkte Rechtshandlungen (§ 141 Alt. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwirkte Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abwendungsleistungen des Schuldners . . . . . . . .

N19 N19 N21 N23

. . . .

. . . .

578 578 579 580

III. Internationales Recht – EuGVVO und EuInsVO . . . . .

N25 582

1. Freizügigkeit und Universalität der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N25 582

XXVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

2. Einzelzwangsvollstreckung vor und nach Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

N27 583

O. § 142 InsO – Bargeschäft (Wagner) . . . . . . . . . . . . .

O1 585

I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift . . .

O1 587

1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O1 587

2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O4 588

3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis des § 142 InsO zu § 129 InsO . . . . b) Verhältnis des § 142 InsO zu § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verhältnis des § 142 InsO zu § 131 InsO . . . . d) Verhältnis des § 142 InsO zu § 132 InsO . . . . e) Verhältnis des § 142 InsO zu § 135 InsO und anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

..... .....

O7 590 O7 590

..... ..... .....

O9 591 O10 591 O12 594

.....

O14 595

II. Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O16 596

1. Leistung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . a) Geldleistungen (Bargeld und bargeldlose Zahlungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wechsel- und Scheckzahlungen . . . . . . . c) Sachleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bestellung einer Sicherheit . . . . . . . . . . .

........

O17 597

. . . .

. . . .

. . . .

O18 O20 O21 O23

597 598 599 599

2. Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zuführung in das Aktivvermögen des Schuldners . c) Grenzfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistung an den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . bb) Leistung an Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine erweiternde Auslegung des § 142 InsO . . . .

. . . . . . . .

O24 O24 O26 O29 O31 O34 O36 O39

600 600 601 603 603 605 606 608

3. Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung . . . . . . a) Tatbestandsmerkmal „für die“ Leistung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsgeschäftlicher Zusammenhang . . . . . . bb) Wirtschaftlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . cc) Unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit bei inkongruenter Deckung? . . . . aa) § 142 InsO erfasst nur kongruente Deckungen (heute h.M.) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 142 InsO erfasst auch inkongruente Deckungen (früher h.M.) . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine erweiternde Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . .

.

O43 610

. . . . .

O43 O44 O47 O50 O51

.

O52 615

. .

O60 618 O63 622

XXVIII

. . . .

. . . .

. . . .

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. . . .

610 611 612 614 614

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

III. Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O66 624

1. Enger zeitlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung . . . . .

O66 624 O66 624 O74 627

2. Weiterungen und Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fallbeispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorleistungen bei Dauerschuldverhältnissen . aa) Maßgeblicher Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . bb) Zeitliche oder gegenständliche Teilbarkeit cc) Zeitnahe Teilleistungen . . . . . . . . . . . . . . c) Verzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

O77 O78 O91 O92 O94 O95 O99

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

628 629 635 635 636 636 638

IV. Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O101 639 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O101 639 a) Objektiver Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O101 639 b) Einzelfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O103 640 2. Bewertungszeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O107 643 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O107 643 b) Nachträgliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O108 644 V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O110 644 1. Anfechtungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O110 644 2. Grenze: Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O111 645 a) Benachteiligungsvorsatz des Schuldners . . . . . . . . . O113 646 b) Kenntnis des Anfechtungsgegners . . . . . . . . . . . . . . O116 648 3. Schicksal der Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O118 648 VI. Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O119 649 VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . O122 651 1. Bankgeschäfte I – Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . O122 651 a) Verrechnungen im Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . O122 651 b) Lastschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O129 654 2. Bankgeschäfte II – Kreditsicherung . . . . . . . . . . a) Mobiliarsicherheiten – Sicherungszession, insbesondere Globalzession . . . . . . . . . . . . . b) Immobiliarsicherheiten – Grundpfandrechte c) Personalsicherheiten – Bürgschaft, Garantie, persönliche Haftungsübernahme . . . . . . . . . .

. . . . . O138 658 . . . . . O138 658 . . . . . O141 659 . . . . . O142 660

3. Bankgeschäfte III – Diskontgeschäft, Finanzkommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O144 660 a) Diskontgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O144 660 b) Finanzkommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . O145 661

XXIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

4. Finanzdienstleistungen – Factoring . . . . . . . . . . . . . . . O146 661 a) Echtes Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O146 661 b) Unechtes Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O149 662 5. Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gebrauchsüberlassung (Miete, Pacht, Leasing) c) Energielieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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O150 O150 O152 O155

662 662 663 664

6. Arbeits-, Dienst- und Werkleistungen, Geschäftsbesorgungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lohnzahlungen an Arbeitnehmer . . . . . . . . . cc) Rechtsanwalts- und Steuerberatervergütung . c) Vorschusszahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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O156 O156 O157 O157 O158 O159 O160

664 664 665 665 665 667 667

7. Sanierungsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O162 668 a) Beraterhonorar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O162 668 b) Wertungsfragen und Wertungswidersprüche . . . . . . O170 671 8. Öffentliche Abgaben I – Sozialversicherungsbeiträge . . O172 672 a) Krankenkassenbeiträge – BGHZ 149, 100 . . . . . . . . O172 672 b) Arbeitnehmeranteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag – BGHZ 183, 86 . . . . . . . . . . . . . . . . . O174 673 9. Öffentliche Abgaben II – Lohnsteuer . . . . . . . . a) Gesetzliche Grundlagen der Abführung von Lohnsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bundesfinanzhof: Bargeschäft . . . . . . . . . . . c) Bundesgerichtshof: Kein Bargeschäft . . . . . . d) Kritische Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . . O178 674 . . . .

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O178 O179 O180 O185

674 674 675 677

VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick . . . . O187 678 1. BGH-Urteil vom 30.9.1993 – BGHZ 123, 320 – Kundenschecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O187 678 2. BGH-Urteil vom 7.3.2002 – BGHZ 150, 122 – Verrechnungen im Kontokorrent . . . . . . . . . . . . . . . . . O190 679 3. BGH-Urteil vom 10.6.2008 – BGHZ 177, 69 – Widerspruch des Verwalters im Lastschriftverfahren . . . . . . . O192 679 4. BGH-Urteil vom 20.7.2010 – BGHZ 186, 269 – Lastschrift in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O193 679 5. BGH-Urteil vom 29.11.2007 – BGHZ 174, 297 – Globalzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O195 680 6. BGH-Urteil vom 21.1.2010 – BGHZ 184, 101 – Sicherungszession im Eröffnungsverfahren . . . . . . . . . O196 681

XXX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

7. BGH-Urteil vom 19.3.1998 – BGHZ 138, 291 – Kreditbesicherung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O200 682 8. BGH-Urteil vom 13.4.2006 – BGHZ 167, 190 – Anwaltshonorar (Vorschusszahlungen) . . . . . . . . . . . . O201 683 9. BGH-Urteil vom 5.11.2009 – BGHZ 183, 86 – Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung . . . . . . . . O204 684 10. BGH-Urteil vom 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 – Tankstelleneinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O209 687 11. BGH-Urteil vom 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 – Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . O213 689

P. § 143 InsO – Rechtsfolgen (Kummer) . . . . . . . . . .

P1 692

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P1 693

II. Gesetzesinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P6 694

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P11 695

1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P12 695

2. Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P23 699

3. Verhältnis zu § 64 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P24 699

4. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung . . . . . . . . . .

P32 702

5. Entstehung des Anspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P38 703

6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P40a 704

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs (Primäranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P47 706

1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P47 706

2. Primärer Gegenstand der Rückgewähr . . . . . . . . . . . a) Übereignung von beweglichen Sachen . . . . . . . . b) Übertragung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und beschränkten dinglichen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Abtretung von Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . d) Übertragung von sonstigen Rechten . . . . . . . . . . e) Übertragung eines Unternehmens . . . . . . . . . . . f) Dienstleistungen u.ä. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Barzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Begründung von schuldrechtlichen Beziehungen i) Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Anweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . l) Erfüllung fremder Verbindlichkeiten . . . . . . . . . .

.. ..

P51 707 P52 707

. . . . . . . . . . .

P53 P55 P58 P59 P60 P61 P62 P65 P66 P67 P71

. . . . . . . . . . .

707 708 708 708 709 709 709 710 710 710 711 XXXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

m) n) o) p) q) r)

Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung für Schulden . Prozesshandlungen . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . .

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P72 P73 P77 P78 P79 P85

711 711 713 713 713 715

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P87 715

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P87 715

2. Einzelheiten . . . . . a) Surrogation . . . b) Nutzungen . . . c) Wertersatz . . . . d) Verwendungen

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P90 P90 P99 P108 P113

716 716 718 720 721

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P114 721

1. Unentgeltlichkeit der Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . .

P114 721

2. Besserstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . P120a 723 3. Guter Glaube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P122 724

4. Haftungssystem für den gutgläubigen Empfänger . . . .

P125 724

5. Scheingewinne aus Kapitalanlagen . . . . . . . . . . . . . . . P129a 725 6. Haftungssystem für den bösgläubigen Empfänger . . . .

P149 731

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen an eine Gesellschaft (§ 143 Abs. 3 InsO) . . . . . . .

P152 732

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P152 732

2. Anknüpfung an § 135 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . .

P154 732

3. Anfechtungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P158 733

4. Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P165 735

VIII. Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P170 736

IX. Prozessführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

P172 737

Q. § 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q1 738

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q1 738

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q2 738

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners (§ 144 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Q5 739

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO) . . . . . .

Q12 742

XXXII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

R. § 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R1 746

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R1 746

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R2 747

III. Gesamtrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . .

R5 747

IV. Einzelrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . .

R7 748

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R7 748

2. Kenntnis des Rechtsnachfolgers (§ 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R16 750

3. Nahestehende Personen (§ 145 Abs. 2 Nr. 2 InsO) . . . .

R18 750

4. Unentgeltlicher Erwerb durch den Rechtsnachfolger (§ 145 Abs. 2 Nr. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

R19 751

V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen gegen Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger . . . . . .

R20 751

S. § 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S1 754

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S1 754

1. Konkursordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S1 754

2. InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S2 754

II. Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

S6 755

III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO) . . . . . .

S9 756

T. § 147 InsO – Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung (Kummer) . . . . . . . . . . . . . . .

T1 761

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T1 761

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T2 761

III. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T3 762

IV. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

T7 763

Rechtsprechungsregister. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

765

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

791

XXXIII

Abkürzungsverzeichnis a.A. abl. ABl. EG/EU Abs. ADS a.E. AFG AFRG AG AGB AGG AktG allg.M. Alt. Anh. Anm. AnwBl. AO AP AR-Blattei ArbG ArbGG Art. Aufl.

anderer Ansicht ablehnend Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften/Union Absatz Adler/Düring/Schmaltz am Ende Arbeitsförderungsgesetz Arbeitsförderungs-Reformgesetz Aktiengesellschaft; Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Aktiengesetz allgemeine Meinung Alternative Anhang Anmerkung Anwaltsblatt Abgabenordnung Arbeitsrechtliche Praxis Arbeitsrecht-Blattei Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Artikel Auflage

BA BAG BayObLG BB BC Bd. BdB BdF Begr. BetrAVG

Bundesanstalt für Arbeit Bundesarbeitsgericht Bayerisches Oberstes Landesgericht Der Betriebs-Berater Bilanzbuchhalter und Controller Band Bundesverband deutscher Banken Bundesminister(ium) der Finanzen Begründung Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (= Betriebsrentengesetz) Betriebsverfassungsgesetz Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen

BetrVG BFH BFuP BGB BGBl. BGH BGHSt

XXXV

Abkürzungsverzeichnis

BGHZ BKR BMF BMJ BpO 2000 BR-Drucks. BSG Bsp. BStBl. BT-Drucks. Buchst. BVerfG BZRG bzw.

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bundesministerium der Finanzen Bundesminister der Justiz Betriebsprüfungsordnung Bundesrats-Drucksache Bundessozialgericht Beispiel Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Buchstabe Bundesverfassungsgericht Bundeszentralregistergesetz beziehungsweise

DB DBW DGVZ Diss. DJT DStR DStZ DSWR DVFA

Der Betrieb Die Betriebswirtschaft Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung Dissertation Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung Datenverarbeitung – Steuer – Wirtschaft – Recht Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (ab 1999 Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht)

DZWIR

EG EGInsO EInsO EK EKEG EStG EuGH EWiR EzA f., ff. FamFG FAR IDW FG

XXXVI

Europäische Gemeinschaften; Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung Referentenentwurf für ein Gesetz zur Reform des Insolvenzrechts Eigenkapital Eigenkapitalersatz-Gesetz (Österreich) Einkommensteuergesetz Europäischer Gerichtshof Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Arbeitsrecht folgende (Singular, Plural) Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Fachausschuss Recht des Instituts der Wirtschaftsprüfer Finanzgericht

Abkürzungsverzeichnis

FGG FMStG Fn. FR FS GA GBO gem. GesO GewStG GK GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB GRUR GUG

Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Finanzmarktstabilisierungsgesetz Fußnote Finanz-Rundschau Festschrift

GUV GVG

Goltdammer’s Archiv für Strafrecht Grundbuchordnung gemäß Gesamtvollstreckungsordnung Gewerbesteuergesetz Gemeinschaftskommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betr. die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Der GmbH-Steuer-Berater Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz über die Unterbrechung von Gesamtvollstreckungsverfahren Gewinn- und Verlustrechnung Gerichtsverfassungsgesetz

HGB h.L. h.M. Hrsg.

Handelsgesetzbuch herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber

IAS IASB IASC i.d.F. i.d.R. IDW IDW-HFA InsG-DA InsO InVo

International Accounting Standards International Accounting Standards Board International Accounting Standards Committee in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer Durchführungsanweisungen zum Insolvenzgeld Insolvenzordnung Insolvenz & Vollstreckung

JbFSt. JR JuS JW JZ

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

XXXVII

Abkürzungsverzeichnis

KapAEG KG KO KonTraG KSchG KSI KStG KStR KTS

KWG LAG LAGE LArbG LG LM LöschG MaRisk MBO MDR MoMiG

Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz Kommanditgesellschaft Konkursordnung Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kündigungsschutzgesetz Krisen-, Sanierungs- und Insolvenzberatung Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien Zeitschrift für Insolvenzrecht (vormals Konkurs, Treuhand, Sanierung, davor Zeitschrift für Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen) Gesetz über das Kreditwesen Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Landesarbeitsgericht Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg. von Lindenmaier, Möhring u.a. Löschungsgesetz Mindestanforderungen an das Risikomanagement Management Buy-out Monatsschrift für Deutsches Recht Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts

MünchHdb. GesR MünchKomm. Münchener Kommentar m.w.N./ mit weiteren Nachweisen m.w.Nachw. n.F. NJW NJW-RR Nr. NStZ NWB NZA NZI

neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Neue Wirtschafts-Briefe Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz und Sanierung

OGH öKo OLG OLGZ

(Österreichischer) Oberster Gerichtshof Österreichische Konkursordnung Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen

XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis

PSVaG

Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit

RBerG RdA RegE RG RGBl. RGZ RMS Rpfleger Rz.

Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Regierungsentwurf Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Risikomanagementsystem Der Rechtspfleger Randziffer

s. S. SGB Slg. SolvV SprAuG Stbg. StGB StPO str.

siehe Seite Sozialgesetzbuch Sammlung Solvabilitätsverordnung Sprecherausschussgesetz Die Steuerberatung Strafgesetzbuch Strafprozessordnung streitig

TVG

Tarifvertragsgesetz

UmwG UmwStG URG Urt. UStDV UStG u.U.

Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Unternehmensreorganisationsgesetz (Österreich) Urteil Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung Umsatzsteuergesetz unter Umständen

VerbrKrG Verf. vgl. VglO

Verbraucherkreditgesetz Verfasser vergleiche Vergleichsordnung

WiB WiSt wistra WM WPg WPK-Mitt. WPrax WuB

Wirtschaftsrechtliche Beratung Wirtschaftsstrafgesetz Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wirtschaftprüferkammer-Mitteilungen Wirtschaftsrecht und Praxis Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht XXXIX

Abkürzungsverzeichnis

z.B. ZBB ZfB ZfbF ZfP ZGR ZHR ZInsO ZIP ZPO ZSEG zust. ZVG ZVI

XL

zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Betriebswirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für Planung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung Zeugen- und Sachverständigen-Entschädigungsgesetz zustimmend Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung Zeitschrift für Verbraucher- und Privat-Insolvenzrecht

Literaturverzeichnis Andres/Leithaus, Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2011 Arbeitskreis für Insolvenz- und Schiedsgerichtswesen e.V. Köln (Hrsg.), Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl. 2000 und 3. Aufl. 2009 Baumbach/Hefermehl/Casper (Hrsg.), Wechselgesetz und Scheckgesetz, Recht der elektronischen Zahlungsmittel, 23. Auflage 2008 Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl. 2010 Bitter, Insolvenzanfechtung bei Weggabe unpfändbarer Gegenstände, FS für K. Schmidt, 2009, S. 123 ff. Blersch/Goetsch/Haas (Hrsg.), Berliner Kommentar Insolvenzrecht (Loseblatt) Bork, Doppelbesicherung eines Gesellschaftsdarlehens durch Gesellschaft und Gesellschafter, FS für Ganter, 2010, S. 135 ff. Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, 2006 Bork, Insolvenzanfechtung des „Stehenlassens“, FS für Uhlenbruck, 2000, S. 279 ff. Bork, Kontokorrentverrechnung und Bargeschäft, FS für Kirchhof, 2003, S. 57 ff. Bork, Lastschrift in der Insolvenz des Lastschriftschuldners, FS für W. Gerhardt, 2004, S. 69 ff. Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, 2002 Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 11. Aufl. 2010 Bork/Schäfer, GmbHG, 2010 Bräuer, Ausschluss der Insolvenzanfechtung bei Bargeschäften nach Maßgabe des § 142 InsO, Diss. Kiel 2006 Braun (Hrsg.), Insolvenzordnung, 4. Aufl. 2010 Bülow, Heidelberger Kommentar zum Wechselgesetz, Scheckgesetz, Allgemeine Geschäftsbedingungen, 4. Aufl. 2004 Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Sachen und Rechte, Personen, 7. Aufl. 2007

XLI

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XLIV

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XLV

A. Einleitung Inhaltsübersicht

I. Gesetzesentstehung . . . . . . . . II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . 1. Die besondere Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 130 InsO – Anfechtbarkeit einer kongruenten Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . b) § 131 InsO – Anfechtbarkeit einer inkongruenten Deckung . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 132 InsO – Anfechtbarkeit unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen . . 2. Die allgemeine Insolvenzanfechtung (§§ 133, 134 InsO) . a) § 133 InsO – Vorsatzanfechtung . . . . . . . . . . . . . . b) § 134 InsO – Anfechtbarkeit unentgeltlicher Leistungen . . . . . . . . . . . . . .

Rz.

Rz.

1

3. Die Sonderregelungen der §§ 135, 136 InsO . . . . . . . . . . . . . . . 33

11 16 19 21 25 27 28

III. Verhältnis bzw. Konkurrenz der Insolvenzanfechtung zu anderen Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfechtungsgesetz . . . . . . . . . . . . . 2. Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) und Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . 5. Rückschlagsperre nach § 88 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verhältnis zur Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . .

36 36 38 42 44 45 46

IV. Internationales Anfechtungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

30

I. Gesetzesentstehung § 129 InsO trat als Grundnorm des Insolvenzanfechtungsrechts mit der Insolvenzordnung am 1.1.1999 in Kraft und entspricht inhaltlich der Vorgängerbestimmung des § 29 KO, auch wenn er von dessen Wortlaut abweicht. Durch den Wortlaut des § 129 Abs. 1 InsO wird klargestellt, dass jeder Anfechtungstatbestand eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger voraussetzt.1 Dieses tatbestandliche Erfordernis galt nach damaliger herrschender Auffassung auch schon für § 29 KO, obwohl es dort nicht ausdrücklich erwähnt war.2

A1

Als Kernstück des neuen Rechts der Insolvenzanfechtung wurden die vier Haupttatbestände der früheren Konkursanfechtung im Grundsatz beibe-

A2

1 BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = WM 2006, 490 (491); v. 5.7.2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 ff. = GmbHR 2007, 1146 m. Anm. Blöse = MDR 2007, 1450; v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZInsO 2008, 558 ff. Rz. 13. 2 BGH v. 20.12.1984 – IX ZR 114/83, WM 1985, 364 (365); v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1973, 271 (273); Jaeger/Henckel, 9. Aufl., § 29 Rz. 60; Kilger/K. Schmidt, 17. Aufl., § 29 Anm. 13. Schäfer

1

A Rz. 2

Einleitung

halten.3 Dabei entsprechen die §§ 130 bis 132 InsO der besonderen Konkursanfechtung nach § 30 KO, § 133 InsO entspricht der sogenannten „Absichtsanfechtung“ nach § 31 KO und § 134 InsO entspricht der Schenkungsanfechtung nach § 32 KO. § 135 InsO entspricht schließlich § 32a KO, nach dem die Sicherung oder Befriedigung des Gläubigers eines eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens ebenfalls der Anfechtung unterlag.

A 3 Nach der Gesetzesbegründung zu § 129 InsO hatte das Recht der Konkursanfechtung die ihm vom Gesetzgeber zugedachte Aufgabe nur unvollkommen erfüllt. Es wurden daher wichtige Änderungen des Insolvenzanfechtungsrechts vorgenommen, deren Ziel es ist, das Anfechtungsrecht wirksamer auszugestalten.4 So wurden die Anfechtungszeiträume zum Teil erheblich ausgeweitet, etwa im Bereich der Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) und der Anfechtung unentgeltlicher Zuwendungen (§ 134 InsO). Für die Bestimmung der Anfechtungsfrist wird einheitlich von dem – zulässigen und begründeten – Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgerechnet, und zwar unabhängig davon, ob der Antrag vom Schuldner oder vom Gläubiger gestellt wurde.5 Subjektive Tatbestandsvoraussetzungen wurden zum Teil beseitigt (etwa bei § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO) oder im Interesse erleichterter Anfechtbarkeit dadurch abgeschwächt, dass bereits die Kenntnis von Umständen genügt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag (vgl. § 130 Abs. 2 InsO) bzw. eine Gläubigerbenachteiligung schließen lassen (vgl. § 131 Abs. 2 InsO).

A 4 Gegenüber den dem Schuldner nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO sieht das Gesetz eine Umkehr der Beweislast vor. Von wesentlicher Bedeutung ist ferner die Klarstellung in der Gesetzesbegründung zu § 140 Abs. 1 InsO, wonach die Abtretung einer künftigen Forderung erst mit der Entstehung der Forderung vorgenommen ist.6 Damit ist jedenfalls für den Bereich des Anfechtungsrechts geklärt, dass eine künftige Forderung nicht schon mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages endgültig der künftigen Insolvenzmasse entzogen ist.7

A 5 Wegen der Verschärfung des Anfechtungsrechts, insbesondere im Bereich der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO und der unentgeltlichen Leistungen gemäß § 134 InsO hat der Gesetzgeber die Haftung des Vermögensübernehmers als entbehrlich angesehen; § 419 BGB wurde durch Art. 33 Nr. 16 EGInsO aufgehoben.8

3 4 5 6 7 8

2

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 156. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 156. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 156. Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 3. Schäfer

I. Gesetzesentstehung

Rz. 9 A

Nicht alle Bestrebungen, das Anfechtungsrecht wirksamer zu machen, sind jedoch letztlich auch Gesetz geworden. Während ursprünglich im Bereich der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen die zeitliche Nähe des Erwerbs zur Insolvenzeröffnung es rechtfertigen sollte, die grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von der Krise genügen zu lassen,9 ist nach der endgültigen Gesetzesfassung nur die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, der positiven Kenntnis gleichzuachten (vgl. die §§ 130 Abs. 2, 131 Abs. 2 Satz 1, 132 Abs. 3, 137 Abs. 2 Satz 2 InsO).10

A6

Der Zweck der Insolvenzanfechtung besteht nach wie vor darin, ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, welche die spätere Insolvenzmasse verkürzt haben, rückgängig zu machen.11 Gegenstände, die der Schuldner in den Anfechtungszeiträumen in anfechtbarer Weise veräußert oder belastet hat, können in die Insolvenzmasse zurückgeführt oder von ihrer Belastung befreit werden, um sie als Bestandteile des haftenden Schuldnervermögens zugunsten der Insolvenzgläubiger zu verwerten; Verbindlichkeiten, die der Schuldner vor der Insolvenzeröffnung eingegangen ist, sollen die Insolvenzmasse nicht belasten, wenn einer der Anfechtungstatbestände erfüllt ist.

A7

Die Insolvenzanfechtung dient somit der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger; in anfechtbarer Weise weggegebene Gegenstände müssen zu diesem Zweck gemäß § 143 InsO zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Anders als noch in § 29 KO hat der Gesetzgeber in § 129 Abs. 1 InsO jedoch bewusst nicht angeordnet, dass die von den Anfechtungstatbeständen erfassten Rechtshandlungen „als den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam“ angefochten werden können. Schon unter der Geltung der Konkursordnung habe sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nicht als relative Unwirksamkeit aufzufassen sei, sondern im Regelfall einen obligatorischen Rückgewähranspruch begründe. Eine weitergehende Stellungnahme zum Streit um die dogmatische Einordnung der Anfechtung ergebe sich aus dem Entwurf jedoch nicht.12

A8

Die Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs geht aus dem Gesetz nicht zweifelsfrei hervor, weshalb diese Frage im Schrifttum streitig ist.13 Da dieser Theorienstreit nur die Rechtsfolgen der Insolvenzanfechtung be-

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9 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. 10 Vgl. dazu Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. 12/7302, S. 173; BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 11 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (191); v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 (238) = MDR 2008, 345. 12 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. 13 Vgl. dazu ausführlich Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 3 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 143 Rz. 1 ff. Schäfer

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A Rz. 9

Einleitung

trifft, ist auf ihn erst im Rahmen des § 143 InsO einzugehen. Es ist jedoch schon an dieser Stelle daran zu erinnern, dass in § 7 Abs. 1 AnfG a.F. davon die Rede war, dass dasjenige, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde, „als noch zu demselben gehörig“ vom Empfänger zurückzugewähren sei. Dies dürfte auch ein Grund dafür sein, dass der BGH dem Anfechtungsanspruch nicht nur rein schuldrechtliche Wirkungen beimisst, sondern in entsprechender Anwendung des § 145 Abs. 1 InsO davon ausgeht, dieser gewähre in der Insolvenz des Anfechtungsgegners im Allgemeinen ein Aussonderungsrecht.14 Er ist damit von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, wonach der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch nur eine Konkursforderung darstellen sollte.15 Die neuere Rechtsprechung des BGH wird dem Wesen des Anfechtungsanspruchs eher gerecht; mit ihm soll in den gesetzlich vorgegebenen Grenzen die haftungsmäßige Zuordnung des anfechtbar weggegebenen Gegenstandes zum Schuldnervermögen herbeigeführt werden.16

A 10 § 129 Abs. 2 InsO stellt nunmehr klar, dass eine Unterlassung einer Rechtshandlung gleichsteht. Auch dies entsprach bereits der herrschenden Auffassung zu § 29 KO.17

II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes A 11 Die Insolvenzanfechtung dient der Anreicherung der Insolvenzmasse bzw. der Verringerung der aus ihr zu bestreitenden Verbindlichkeiten. Ungerechtfertigte Veräußerungen und Belastungen von Gegenständen, die der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat und welche die künftigen Insolvenzgläubiger benachteiligen, können unter den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO im Interesse der möglichst weitgehenden und gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger rückgängig gemacht werden.18 Entsprechend dieser Zielsetzung betont der BGH immer wieder die Bedeutung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Bereich des Anfechtungsrechts.19

14 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596 unter Aufgabe von BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = NJW 1990, 990 (992); vgl. dazu ferner BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199 (203 f.) sowie HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 75. 15 Vgl. BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = NJW 1990, 990 (992); v. 10.5.1978 – VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296 (302) zu § 7 AnfG a.F. 16 Vgl. Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 23 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.01 f. 17 Vgl. Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 29 Rz. 5 ff.; Kilger/K. Schmidt, 17. Aufl., § 29 KO Anm. 8; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 29 Rz. 6. 18 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 2. 19 BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 f.; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 17 = MDR 2007, 610.

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II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 14 A

Nach § 129 InsO kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und welche die Insolvenzgläubiger (vgl. die §§ 38 ff. InsO) benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO anfechten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Anfechtung nicht die Rechtshandlung als solche betrifft, sondern deren Wirkungen.20 Dies ist von Bedeutung für die Frage der Anfechtbarkeit der Herbeiführung einer Aufrechnungslage. Macht sich etwa der Gläubiger in der Krise des Schuldners dadurch zu dessen Gläubiger, dass er mit diesem einen Kaufvertrag abschließt, um gegen die daraus resultierende Kaufpreisforderung des Schuldners mit einer ansonsten als Insolvenzforderung zu befriedigenden Gegenforderung aufrechnen zu können, so wird durch die Anfechtung nicht der Abschluss des Kaufvertrages in Frage gestellt. Die Anfechtung erfasst vielmehr nur die Wirkung des Vertragsschlusses, die in der Herbeiführung der Aufrechnungslage zugunsten des Gläubigers besteht.21 Gesetzessystematisch ergibt sich freilich aus § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, dass es in solchen Fällen einer Anfechtung gar nicht bedarf. Denn danach ist die Aufrechnung schon kraft Gesetzes unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat, und zwar auch dann, wenn schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgerechnet wurde.22

A 12

§ 140 InsO regelt die Frage, wann eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO anfechtungsrechtlich als vorgenommen anzusehen ist. § 147 InsO erstreckt die Anfechtbarkeit auf Rechtshandlungen, die wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, des Schiffs- bzw. Schiffsbauregisters und des Luftfahrzeugregisters auch noch nach der Insolvenzeröffnung nach den §§ 81 Abs. 1, 91 Abs. 2 InsO wirksam werden.

A 13

Durch die Anfechtungstatbestände soll nach einem Urteil des BGH vom 25.9.197223 bereits für eine bestimmte Zeit vor der formellen Verfahrenseröffnung dem Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger („par condicio creditorum“) Rechnung getragen werden. Streitig ist jedoch, ob dies im Sinne einer Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger zu verstehen24 und ob insbesondere auch § 133 InsO Ausprägung die-

A 14

20 BGH v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94, MDR 1996, 61 = NJW 1995, 1668 (1670); v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (236) = MDR 2001, 1013; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 14; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 6. 21 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (236) = MDR 2001, 1013; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 – anders zum AnfG jedoch BGH v. 23.10.2008 – IX ZR 202/07, MDR 2009, 167 = ZInsO 2008, 1269; v. 11.3.2010 – IX ZR 104/09, ZIP 2010, 793 = NJW-RR 2010, 980. 22 Vgl. BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 ff. = MDR 2007, 489. 23 BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 (232); MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129 bis 147 Rz. 2 ff.; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 1. 24 So BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, MDR 1995, 1225 = ZIP 1995, 1204 (1206) – anders jedoch BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. Schäfer

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A Rz. 14

Einleitung

ses Grundsatzes ist.25 Richtig dürfte eine vermittelnde Auffassung sein, wonach § 133 InsO nur in einem weiteren Sinne der Gedanke der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger zugrunde liegt: Eine Vorzugsstellung, die jemand durch eine Rechtshandlung des Schuldners erhalten hat, soll ihm genommen werden, wenn sie um der Benachteiligung der anderen Gläubiger willen oder wenigstens unter Inkaufnahme des Nachteils für die anderen gewährt worden ist.26 Nach einem Urteil des BGH vom 10.2.200527 steht § 133 Abs. 1 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz, sondern missbilligt bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners.

A 15 Die Anwendbarkeit des Insolvenzanfechtungsrechts setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus und ist unabhängig davon, ob das Verfahren der Liquidierung des Schuldnervermögens nach den gesetzlichen Bestimmungen dient oder auf der Grundlage eines Insolvenzplanes abgewickelt wird.28 Auch der Schuldner, dessen Unternehmen nach Maßgabe eines Insolvenzplanes in seiner Hand erhalten bleibt, kann daher Vermögensgegenstände zurückerlangen, die der Verwalter im Wege der Anfechtung zur Masse zurückgeholt hat, obwohl normalerweise das Anfechtungsrecht darauf ausgerichtet ist, dass der Ertrag der Anfechtung unmittelbar den Gläubigern zugute kommt.29 Im Schrifttum wird zu Recht auf eine weitere Ungereimtheit hingewiesen. Der Schuldner kann gemäß § 18 InsO schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellen, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Gläubiger ihre Gleichbehandlung noch nicht erzwingen könnten. Es ist indes nicht gerechtfertigt, nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes aber wohl hinzunehmen, dass der Schuldner auf diese Weise für die Rückführung von Gegenständen sorgen kann, die er in unverdächtiger Zeit weggegeben hat.30 Eine drohende Zahlungsunfähigkeit reicht für die Tatbestände der Deckungsanfechtung nicht aus.

1. Die besondere Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO)

A 16 Die Bestimmungen der §§ 130 bis 132 InsO werden deshalb als Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung bezeichnet, weil sie keine Entsprechung in der Einzelgläubigeranfechtung nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) haben.31 Sie regeln die Anfechtbarkeit von Handlungen, die im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners vorgenommen wur25 Vgl. Ganter, WM 2009, 1441 (1443) – a.A. Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 (602): § 133 InsO beruhe nicht auf dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz. 26 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 4. 27 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 20 = MDR 2005, 832. 28 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 156. 29 Vgl. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 814 Rz. 3. 30 Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 829 Rz. 37. 31 Vgl. Graf-Schlicker/Huber, § 130 Rz. 1.

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II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 18 A

den. Weitergehend als nach § 30 Nr. 1 Alt. 2 KO wurden in den §§ 130, 131 InsO auch Rechtshandlungen einbezogen, die eine Deckung „ermöglichen“.32 Dabei stellen die §§ 130 und 131 InsO Spezialtatbestände der Deckungsanfechtung dar, die in ihrem Anwendungsbereich den § 132 InsO verdrängen.33 Der Anwendungsbereich des § 132 InsO ist daher auf Rechtsgeschäfte beschränkt, die dem anderen Teil keine Deckung, also keine Sicherung oder Befriedigung, gewähren. In Betracht kommen vor allem schuldrechtliche Rechtsgeschäfte (insbesondere „Verschleuderungsgeschäfte“), die sich nachteilig auf das Schuldnervermögen auswirken.34 Die §§ 130, 131 InsO erfassen nur Rechtshandlungen, die gegenüber einem Insolvenzgläubiger vorgenommen wurden.35 Umstritten ist die Frage, ob § 132 InsO anwendbar ist, wenn der Empfänger einer Verfügung des Schuldners kein Insolvenzgläubiger ist36 und die §§ 130, 131 InsO somit nicht anwendbar sind.37

A 17

Durch die §§ 130 bis 132 InsO soll bereits für eine bestimmte Zeit vor der Insolvenzeröffnung dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger („par condicio creditorum“) im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners Geltung verschafft werden. Sie bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die materiellen Wirkungen der Insolvenz schon vor der formellen Insolvenzeröffnung eintreten.38 Wer in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder des Eröffnungsantrages noch Sicherung oder Befriedigung erlangt, soll das Erlangte nicht behalten dürfen. Das System der Anfechtungsregeln verdrängt in dem von ihm abgedeckten zeitlichen Bereich das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Dann tritt die Befugnis des Gläubigers zur zwangsweisen Durchsetzung seiner Ansprüche hinter dem Schutz der Gläubigergemeinschaft zurück.39 Die §§ 130 bis 132 InsO erfassen jedoch nur Rechtshandlungen, die im Zeitraum der letzten drei

A 18

32 33 34 35 36 37 38 39

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 834 Rz. 47. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 1; vgl. dazu näher unten Rz. E20 ff. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 (316) = MDR 2008, 341; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 16; Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 7 Rz. 37. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 4 – a.A. Henckel, ZIP 2004, 1671 (1673); Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95; ausführlich dazu unten Rz. E6 ff. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 11 = MDR 2005, 953. Vgl. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 1. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 17 = MDR 2005, 832; BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (353) = MDR 2004, 775; BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 311 ff. Schäfer

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A Rz. 18

Einleitung

Monate vor dem Eingang des Insolvenzantrages und im Eröffnungsverfahren vorgenommen wurden. a) § 130 InsO – Anfechtbarkeit einer kongruenten Deckung

A 19 In § 130 InsO ist die Anfechtung einer dem Gläubiger gebührenden und damit kongruenten Sicherung oder Befriedigung geregelt (sogenannte „kongruente Deckung“). Die Anwendbarkeit der Bestimmung setzt voraus, dass der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Stellung des Insolvenzantrages hatte oder aber sich dieser Erkenntnis verschlossen hat, obwohl Umstände vorlagen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen. Der Eintritt der materiellen Insolvenz allein rechtfertigt somit wegen der bestehenden Schutzwürdigkeit des unwissenden Insolvenzgläubigers nicht die Anwendung des § 130 InsO.

A 20 Zur erforderlichen Kenntnis des Gläubigers weist der BGH in einem Urteil vom 20.11.200140 darauf hin, dass nach den Gesetzesmaterialien41 ein strengerer Maßstab gelten solle als die noch in der Begründung zum Regierungsentwurf als ausreichend angesehene grob fahrlässige Unkenntnis. Vorausgesetzt werde demgemäß, dass der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kenne, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit folge. Dann könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf die Rechtsfolge selbst nicht gezogen habe.42 b) § 131 InsO – Anfechtbarkeit einer inkongruenten Deckung

A 21 § 131 InsO regelt die Anfechtbarkeit einer sogenannten „inkongruenten Deckung“, nämlich einer Befriedigung oder Sicherung, die der Gläubiger nicht, nicht so wie geschehen oder noch nicht zu beanspruchen hatte.43 Ein Gläubiger, der eine ihm nicht zustehende Leistung erhält, erschien dem Gesetzgeber weniger schutzwürdig als ein Gläubiger, dem eine kongruente Deckung gewährt wird. Wegen der besonderen Verdächtigkeit eines inkongruenten Erwerbs sah er es als gerechtfertigt an, für einen Zeitraum von bis zu einem Monat vor der Stellung des Insolvenzantrages auf die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und auf subjektive Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners ganz zu verzichten (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO).44

40 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 41 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 173. 42 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 43 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 1; HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 2. 44 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158.

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II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 25 A

Bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen wurden, erschien dem Gesetzgeber jedoch wegen des größeren zeitlichen Abstands zur Antragstellung eine unwiderlegliche Vermutung der Krise nicht mehr gerechtfertigt. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO hält deshalb daran fest, dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Gewährung der inkongruenten Deckung zahlungsunfähig gewesen sein muss.45

A 22

§ 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO verzichtet bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden, auf die objektive Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit, verlangt dafür aber als subjektive Voraussetzung, dass dem Anfechtungsgegner die Benachteiligung der anderen Gläubiger bekannt war. Nach § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO steht dieser Kenntnis die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung der übrigen Gläubiger schließen ließen.

A 23

Der Anwendungsbereich des § 131 InsO ist dadurch erheblich erweitert, dass nach der Rechtsprechung des BGH eine unter dem Druck der unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung erbrachte Zahlung des Schuldners als inkongruent anzusehen ist.46 Entsprechendes gilt für Zahlungen zur Abwendung eines angedrohten Insolvenzantrages, und zwar in diesem Fall auch außerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 InsO.47

A 24

c) § 132 InsO – Anfechtbarkeit unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen § 132 InsO erfasst sämtliche Rechtsgeschäfte, welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligen und die nicht unter die spezielleren Bestimmungen der §§ 130, 131 InsO fallen.48 Er richtet sich vor allem gegen die Eingehung von „Verschleuderungsgeschäften“ durch den Schuldner.49 § 132 InsO setzt – anders als die §§ 130, 131 InsO – kein Rechtsgeschäft gegenüber einem Insolvenzgläubiger voraus. Streitig ist allerdings die Frage, ob § 132 InsO anwendbar ist, wenn der Empfänger einer Verfügung des Schuldners kein Insolvenzgläubiger ist.50

45 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. 46 BGH v. 15.5.2003 – IX ZR 194/02, MDR 2003, 1199 = ZInsO 2003, 611 ff.; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. = MDR 2004, 775; v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. 47 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. = MDR 2004, 650; Jaeger/ Henckel, § 131 Rz. 63; HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 9. 48 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 49 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 1. 50 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 4 – a.A. Henckel, ZIP 2004, 1671 (1673); Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95; ausführlich dazu unten Rz. E6 ff. Schäfer

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A 25

A Rz. 26

Einleitung

A 26 § 132 Abs. 2 InsO stellt einen Auffangtatbestand für bestimmte Rechtshandlungen dar, die für die Gläubiger nachteilig sind, ohne dass sie von der Deckungsanfechtung oder der Anfechtung unmittelbar benachteiligender Rechtsgeschäfte gemäß § 132 Abs. 1 InsO erfasst werden. Damit sollen vor allem Regelungslücken geschlossen werden, die nach früherem Konkursrecht bei der Anfechtung von Unterlassungen bestanden.51

2. Die allgemeine Insolvenzanfechtung (§§ 133, 134 InsO)

A 27 In den §§ 133, 134 InsO ist die allgemeine Insolvenzanfechtung geregelt, die im Recht der Einzelgläubigeranfechtung ihre Entsprechung in den §§ 3, 4 AnfG findet. § 133 InsO beruht auf dem Rechtsgedanken, dass Rechtshandlungen, die in Kenntnis des Gläubigers vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vorgenommen werden, keinen Schutz verdienen. § 134 InsO ist Ausdruck der allgemeinen Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs, wie sie insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch (vgl. §§ 528, 816 Abs. 1 Satz 2, 822, 988 BGB) zum Ausdruck kommt. a) § 133 InsO – Vorsatzanfechtung

A 28 Die sogenannte „Vorsatzanfechtung“ nach § 133 Abs. 1 InsO ist schon deshalb von erheblicher praktischer Bedeutung, weil nach ihr Rechtshandlungen des Schuldners angefochten werden können, die in den letzten zehn Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen wurden, sofern der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Dabei ist zunächst zu beachten, dass § 133 Abs. 1 InsO kein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger voraussetzt.52 Praktisch bedeutsam ist ferner, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, in aller Regel mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt. Dies ergebe sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet werde, wenn er gewusst habe, es drohe die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, könnten für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten.53 Es ist jedoch zu beachten, dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vom Tatrichter un-

51 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 52 BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZInsO 2003, 850. 53 Vgl. BGH v. 30.6.2011 – IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 ff. Rz. 8; v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 19; v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 32 = MDR 2008, 341; v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 ff. Rz. 14 = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113.

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II. Gesetzessystematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 31 A

ter Würdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles zu prüfen sind.54 Nach der Rechtsprechung des BGH begründet es ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Gläubigers von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und von einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg nicht ausgeglichen werden und diesem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt. Dies ist allerdings nicht im Sinne einer widerleglichen Vermutung zu verstehen. Es handelt sich vielmehr nur um ein Beweisanzeichen im Sinne eines Erfahrungssatzes, das eine Gesamtwürdigung durch den Tatrichter nicht entbehrlich macht.55

A 29

b) § 134 InsO – Anfechtbarkeit unentgeltlicher Leistungen Durch § 134 InsO wird es dem Insolvenzverwalter ermöglicht, unentgeltliche Zuwendungen aus dem Schuldnervermögen auch dann zugunsten der Insolvenzmasse rückgängig zu machen, wenn die Voraussetzungen der §§ 130 bis 133 InsO nicht vorliegen.56 Abweichend von der Vorgängerbestimmung des § 32 KO kann der Insolvenzverwalter nach § 134 InsO unentgeltliche Zuwendungen anfechten, die bis zu vier Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen wurden. Der Anwendungsbereich des § 134 InsO ist ferner dadurch erheblich erweitert, dass die Frage der Unentgeltlichkeit nach der Rechtsprechung des BGH nach objektiven Kriterien zu bestimmen und daher insbesondere keine Einigung bzw. kein Einigsein über die Unentgeltlichkeit erforderlich ist.57

A 30

Im „Zwei-Personen-Verhältnis“ ist eine Zuwendung als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Zuwendenden also keine – dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende – Gegenleistung zufließen soll.58

A 31

54 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. 55 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 18; v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 ff. Rz. 11; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 10; vgl. dazu noch Ganter, WM 2009, 1441 (1445) und ausführlich unten Rz F62 ff. 56 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 2; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 2, 3. 57 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. Rz. 6 = MDR 2009, 350; v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. Rz. 16; v. 28.2.1991 – IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393 (396) = MDR 1991, 645 = FamRZ 1991, 695. 58 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (279) = MDR 2005, 953; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (101) = MDR 1991, 431. Schäfer

11

A Rz. 32

Einleitung

A 32 Wird jedoch eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet, so kommt es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat; maßgebend ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Nach Ansicht des BGH entspricht es der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat.59 Für die Frage, ob der Schuldner eine unentgeltliche Leistung erbracht hat, sind eine entsprechende Leistungsverpflichtung gegenüber einem Dritten oder gegenüber einem Dritten verfolgte wirtschaftliche Interessen oder Vorteile unerheblich.60 Die Leistung des Schuldners ist nicht deshalb entgeltlich, weil der Empfänger zu einem früheren Zeitpunkt seinerseits Leistungen an ihn oder einen Dritten erbracht hat, die eine Gegenleistung für die erfüllte Forderung darstellen.61

3. Die Sonderregelungen der §§ 135, 136 InsO

A 33 Durch § 135 InsO62 hat das frühere Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen eine rein insolvenzrechtliche Regelung erfahren, wobei eine wesentliche Neuerung darin besteht, dass der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich und somit willentlich auf das Merkmal der Krisenfinanzierung verzichtet hat.63 Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, werden im Insolvenzverfahren gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig berichtigt. Rechtshandlungen, durch die in den letzten zehn Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages eine Sicherung oder im letzten Jahr vor der Antragstellung eine Befriedigung gewährt wurde, sind gemäß § 135 Abs. 1, 2 InsO anfechtbar.

A 34 Zum Gebrauch überlassene Gegenstände hat der Gesellschafter der Gesellschaft nach § 135 Abs. 3 InsO während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für ein Jahr ab der Insolvenzeröffnung, gegen Entgelt zu belassen, wenn der Gegenstand für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist.

59 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (279/280) = MDR 2005, 953; v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 10; ausführlich dazu unten Rz. G55 ff. 60 Vgl. BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZInsO 2006, 771 ff. Rz. 14. 61 BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. 62 Vgl. zur Neufassung durch das sogenannte „MoMiG“ mit Wirkung ab dem 1.11.2008 Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, S. 159 ff. 63 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 16/6140, S. 56, 57.

12 Schäfer

III. Insolvenzanfechtung und konkurrierende Bestimmungen

Rz. 37 A

§ 136 InsO enthält schließlich eine Sonderregelung für die stille Beteiligung an einer Gesellschaft. Danach ist eine Rechtshandlung anfechtbar, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen wurde, wenn die zugrundeliegende Vereinbarung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder danach getroffen wurde.

A 35

III. Verhältnis bzw. Konkurrenz der Insolvenzanfechtung zu anderen Bestimmungen 1. Anfechtungsgesetz Das Anfechtungsgesetz dient der Verwirklichung der gesetzlichen Haftungsordnung zugunsten einzelner Gläubiger außerhalb eines Insolvenzverfahrens.64 Nach der Eröffnung des der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung dienenden Insolvenzverfahrens geht daher die Insolvenzanfechtung der Einzelgläubigeranfechtung vor (vgl. dazu die §§ 16–18 AnfG). Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 AnfG geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners die Anfechtungsbefugnis der Insolvenzgläubiger auf den Insolvenzverwalter über. Nach Ansicht des BGH ist die Insolvenzanfechtung jedoch wegen ihres weitergehenden Zwecks, die Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger nach Maßgabe der Insolvenzordnung durchzusetzen, nicht mit der Einzelgläubigeranfechtung identisch.65 Hat der Insolvenzgläubiger vor der Insolvenzeröffnung aufgrund seines Anfechtungsanspruchs eine Sicherung oder Befriedigung erlangt, kann diese gemäß § 16 Abs. 2 AnfG unter den Voraussetzungen des § 130 InsO als kongruente Deckung angefochten werden.

A 36

Ist das Verfahren über den Anfechtungsanspruch eines Gläubigers zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch rechtshängig, so wird es gemäß § 17 Abs. 1 AnfG unterbrochen und kann vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden. Nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens können Anfechtungsansprüche nach dem Anfechtungsgesetz, die der Insolvenzverwalter geltend machen konnte, im Grundsatz weiterverfolgt werden (vgl. § 18 AnfG), sofern nicht dem Anspruch entgegenstehende Einreden gegen den Insolvenzverwalter erlangt sind. Letzteres beinhaltet auch eine Rechtskrafterstreckung, wenn bereits der vom Insolvenzverwalter erhobene Anspruch rechtskräftig abgewiesen wurde.66

A 37

64 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 42. 65 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, ZIP 1995, 1204, 1206; kritisch dazu Henckel, JZ 1996, 531, 532. 66 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 18. Schäfer

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A Rz. 38

Einleitung

2. Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) und Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB)

A 38 Der BGH67 und die herrschende Auffassung im Schrifttum68 gehen davon aus, dass die §§ 129 ff. InsO und die §§ 138, 823 ff. BGB im Verhältnis der Spezialität zueinander stehen. Ein Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung setzt demzufolge voraus, dass über den Anfechtungstatbestand hinaus besondere erschwerende Umstände gegeben sind, die etwa den Vorwurf der Sittenwidrigkeit gemäß §§ 138, 826 BGB rechtfertigen.69 Die Spezialität des Anfechtungsrechts geht allerdings nicht so weit, dass die Sittenwidrigkeit ausschließlich auf anfechtungsfremde Gesichtspunkte gestützt werden dürfte.70 Es genügt jedoch nicht für die Annahme der Sittenwidrigkeit, wenn der Schuldner in der Absicht handelt, einen bestimmten Gläubiger zu schädigen, der Zuwendungsempfänger dies aber nicht erkennt.71 Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB können bestehen, wenn die anfechtbare Rechtshandlung zugleich gegen ein Schutzgesetz verstößt; die §§ 129 ff. InsO sind jedoch selbst keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.72

A 39 Ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB kommt in Betracht, wenn der Schuldner planmäßig mit eingeweihten Helfern zusammenwirkt, um sein wesentliches Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.73 Gegen die guten Sitten verstößt ferner ein Gläubiger, der Ware vom Schuldner kauft, um Befriedigung seiner Forderung aus anderen Geschäften zu erhalten, wenn er damit rechnet, dass die Ware vom Schuldner auf Kredit bezogen wurde und der Kaufpreis aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage des Schuldners von diesem nicht bezahlt werden kann.74 Sittenwidrig ist ferner die Täuschung des Kreditgebers über die Kreditwürdigkeit des Schuldners, um diesem Kredit zu verschaffen.75

A 40 Besichert eine Tochtergesellschaft einen der Muttergesellschaft gewährten Kredit, so ist das Sicherungsgeschäft hingegen nicht schon deshalb sittenwidrig, weil die Tochtergesellschaft danach nicht mehr genügend freies Vermögen hat, um ihre Gläubiger zu befriedigen. Etwas anderes gilt

67 BGH v. 5.7.1971 – II ZR 176/68, BGHZ 56, 339 (355); v. 4.7.2000 – VI ZR 192/99, FamRZ 2001, 86 = MDR 2000, 1315 = ZInsO 2000, 497 f. 68 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 50; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 77; Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Einführung Rz. 18, 25. 69 Vgl. BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 299 f. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342. 70 MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 55. 71 MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 58. 72 Vgl. Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Einführung Rz. 25. 73 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 16 = MDR 2008, 345. 74 BGH v. 15.1.1957 – VIII ZR 36/56, NJW 1957, 587 f. 75 Vgl. RGZ 136, 247, 254.

14 Schäfer

III. Insolvenzanfechtung und konkurrierende Bestimmungen

Rz. 42 A

allerdings dann, wenn die Gläubigergefährdung mit einer Täuschungsabsicht oder einem Schädigungsvorsatz einhergeht.76 Die planmäßige Mitwirkung des Gläubigers an einem Vertragsbruch des Schuldners kann gegen § 138 Abs. 1 BGB verstoßen.77 Gleiches gilt für den Fall, dass sich eine Globalzession vereinbarungsgemäß auf Forderungen erstreckt, die von einem verlängerten Eigentumsvorbehalt erfasst werden, sofern der Abtretungsempfänger nach Lage des Falles nicht davon ausgehen durfte, eine Kollision von Sicherungsrechten sei ausgeschlossen.78 § 826 BGB kann ferner gegeben sein, wenn der Schuldner von einem Gläubiger durch die Gewährung eines offensichtlich unzureichenden Kredites von der Stellung eines Insolvenzantrages abgehalten wird.79 Es kann schließlich gegen die §§ 138, 826 BGB verstoßen, wenn ein Gläubiger den Schuldner dazu veranlasst, keinen Insolvenzantrag zu stellen, um eine Anfechtung innerhalb der gesetzlichen Anfechtungsfristen zu vermeiden.80

A 41

3. Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) Zwischen dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch gemäß § 143 InsO und Ansprüchen aus Bereicherungsrecht gemäß §§ 812 ff. BGB besteht kein Verhältnis von lex specialis zu lex generalis. Beide Anspruchsarten stehen vielmehr selbständig nebeneinander.81 Bestehende Bereicherungsansprüche schließen auch nicht ohne weiteres die stets erforderliche Gläubigerbenachteiligung aus.82 Denn diese ist schon dann zu bejahen, wenn die Durchsetzung eines Anspruchs wesentlich erschwert wurde.83 Eine unwirksame Rechtshandlung des Schuldners benachteiligt die Gläubigergesamtheit allerdings dann nicht, wenn gegen den Empfänger ein Rückforderungsanspruch besteht, der ohne weiteres begründet und ohne Schwierigkeiten durchsetzbar ist.84

76 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342. 77 BGH v. 19.10.1993 – XI ZR 184/92, FamRZ 1994, 156 = NJW 1994, 128 ff. 78 Vgl. BGH v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94, MDR 1996, 61 = NJW 1995, 1668 (1669); v. 12.11.1970 – VII ZR 34/69, BGHZ 55, 34 (36); v. 30.4.1959 – VII ZR 19/58, BGHZ 30, 149 ff. 79 BGH v. 15.6.1962 – VI ZR 268/61, WM 1962, 962 (965). 80 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 156 ff. = MDR 2005, 832. 81 Vgl. BGH v. 29.1.1964 – Ib ZR 197/62, BGHZ 41, 98 (103/104); Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Einführung Rz. 24. 82 MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 86. 83 Vgl. BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 84 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (106) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. Schäfer

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A 42

A Rz. 43

Einleitung

A 43 Bedeutsam für das Verhältnis der Anfechtungstatbestände zum Bereiche-

rungsrecht ist das neuere Urteil des BGH vom 11.12.200885 zur Rückforderung von Scheingewinnen, die im Rahmen eines sogenannten „Schneeballsystems“ an Kapitalanleger ausgezahlt wurden. Danach steht dem Insolvenzverwalter der auf eine Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gestützte Rückgewähranspruch auch dann zu, wenn der daneben bestehende Bereicherungsanspruch der Masse nur an der Kenntnis des Schuldners von der „Nichtschuld der Leistung“ scheitert und dem Anfechtungsgegner „vorkonkursliche“ Schadensersatzansprüche gegen den Schuldner zustehen. § 814 BGB steht dem Anfechtungsanspruch somit nicht entgegen.

4. Gesellschaftsrecht

A 44 Gläubigerschützende Bestimmungen des Gesellschaftsrechts, insbesondere jene über die Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung, stehen der Insolvenzanfechtung grundsätzlich nicht entgegen.86 Umstritten ist die Auffassung des BGH,87 wonach der Insolvenzverwalter im Fall einer gesellschaftsvertraglich vorgesehenen Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche im Wege der Kontenangleichung bei vertragsgerechtem Verhalten der Gesellschafter in der Krise nur die Möglichkeit haben soll, ein etwaiges Auseinandersetzungsguthaben des Schuldners zur Masse zu ziehen.88

5. Rückschlagsperre nach § 88 InsO

A 45 Nach § 88 InsO wird mit der Insolvenzeröffnung eine Sicherung unwirksam, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrages oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. In diesem Fall bedarf es daher keiner Anfechtung.

6. Verhältnis zur Aufrechnung (§§ 387 ff. BGB)

A 46 Zur Aufrechnung des Anfechtungsgegners in der Krise des Schuldners enthält § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine wichtige Neuregelung gegenüber der Konkursordnung. Danach ist die Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Es bedarf somit in diesen Fällen keiner 85 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, MDR 2009, 350 = ZIP 2009, 186 ff.; vgl. dazu noch BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 163/09, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1253 ff. 86 Vgl. BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228 = NJW 1995, 659 (662); Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 34. 87 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 ff. = MDR 2007, 740. 88 Kritisch dazu M. Huber, NZI 2007, 224 f.; Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2007 Anm. 3; vgl. dazu unten Rz. B410.

16 Schäfer

IV. Internationales Anfechtungsrecht

Rz. 48 A

Insolvenzanfechtung; vielmehr wird die Aufrechnungserklärung mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückwirkend unwirksam, wenn die Anfechtungsvoraussetzungen gegeben sind.89 Dies gilt auch dann, wenn die Aufrechnung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt wurde.90 Die Aufrechnungserklärung selbst ist daher als Rechtshandlung anfechtungsrechtlich ohne Bedeutung.91

IV. Internationales Anfechtungsrecht Für den Bereich der EU trat am 31.5.2002 die VO (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren (EUInsVO) in Kraft, die in den Art. 4 Abs. 2m), 13 auch Regelungen zur Frage der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen enthält. Nach Art. 4 Abs. 2m) EUInsVO bestimmt im Grundsatz das Recht des Mitgliedstaates der Verfahrenseröffnung, welche Rechtshandlungen anfechtbar sind, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen. Dies gilt uneingeschränkt für Formen, Fristen und Rechtsfolgen der Anfechtung.92 In der Sache hat eine Anfechtung nach dem Recht der Verfahrenseröffnung indes gemäß Art. 13 EUInsVO nur Erfolg, wenn der Anfechtungsgegner nicht nachweist, dass für die Rechtshandlung das Recht eines anderen Staates maßgebend ist und sie nach diesem Recht in keiner Weise angreifbar ist.93 Mit dieser Regelung soll dem schutzwürdigen Vertrauen des Anfechtungsgegners auf den Bestand seines Erwerbs Rechnung getragen werden.

A 47

Im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten gelten die am 14.3.2003 in Kraft getretenen §§ 335, 339 InsO, die inhaltlich mit den Regelungen in den Art. 4 Abs. 2m), 13 EUInsVO übereinstimmen. § 339 InsO wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich in Anlehnung an Art. 13 EUInsVO ausgestaltet, um Wertungswidersprüche zwischen dem europäischen und dem allgemeinen internationalen Privatrecht zu vermeiden.94

A 48

89 BGH v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZInsO 2003, 1101 Rz. 10; vgl. dazu noch Häsemeyer, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 645 ff. 90 BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158, 161 ff. = MDR 2007, 489. 91 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 33. 92 MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 107. 93 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 97. 94 Vgl. BT-Drucks. 15/16, S. 19; Uhlenbruck/Hirte, § 339 Rz. 2. Schäfer

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B. § 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung § 129 Grundsatz (1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich. Inhaltsübersicht Rz.

I. Die Rechtshandlung . . . . . . . . 1. Weite Auslegung des Begriffs der Rechtshandlung . . . . . . . . a) Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . b) Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte 2. Handelnde und Handlungsvorausetzungen im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO . . . . . . . a) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . b) Erfordernis des selbstbestimmten Verhaltens . . . c) Rechtshandlung des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Rechtshandlung eines Dritten, insbes. des vorläufigen Insolvenzverwalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonderfälle von Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Personenrechtliche Vorgänge; höchstpersönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Hoheitliche Rechtsakte, insbesondere Zwangsvollstreckung. . . . . . . . . . . . c) Prozesshandlungen . . . . . . d) Dienst- bzw. Arbeitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gebrauchsüberlassung . . . f) Einlageleistungen . . . . . . . . g) Unternehmensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Sozialplan . . . . . . . . . . . . . . . i) Aufgabe von Rechten. . . . . j) Verzicht auf Erwerb . . . . . .

18 Schäfer

4 4 8 11 14 15 17 23

25 30 30 32 33 34 36 38 39 40 41 42

Rz.

4. Einheitliche Rechtshandlung trotz mehrerer Einzelhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Mehrere Rechtshandlungen . . . . . 6. Mehraktige (insbesondere bedingte und befristete) Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Übereignung beweglicher Sachen; Eigentumsvorbehalt . . . . b) Forderungsabtretung . . . . . . . . . aa) Abtretung einer bestehenden Forderung . . . . . . . . bb) Vorausabtretung künftiger Forderungen . . . . . . . . . . . . . cc) Werthaltigmachen vorausabgetretener Forderungen . c) Rechts- bzw. Forderungsentstehung im Einzelfall . . . . . . . . aa) Forderungen aus Dienstverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Miet- und Leasingforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB . . . . . . . . . . . . . . . dd) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verpfändung und Pfändung von Forderungen. . . . . . . . . . . . . aa) Pfandrecht an bestehenden und künftigen Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Pfandrecht an bestehenden Sachen oder Rechten zur Sicherung künftiger Forderungen . . . . . . . . . . . . .

43 45 49 53 56 56 57 60 69 69 71 74 75 76 76

79

B

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung Rz.

cc) Nachträgliche „Unterlegung“ eines Pfandrechts durch gesicherte Forderung . . . . . . . . . . . . dd) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung . . . e) Lastschriftverfahren. . . . . . f) Versicherungsrecht . . . . . . 7. Rechtshandlungen im Mehrpersonenverhältnis; mittelbare Zuwendungen . . . . . . . . . a) Tilgung einer Verbindlichkeit des Schuldners auf dessen Anweisung . . . . . . . b) Tilgung einer fremden Schuld durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . c) Tilgung einer eigenen und einer fremden Schuld durch den Schuldner . . . . . d) Werthaltigmachen einer vorausabgetretenen Forderung durch den Schuldner. e) Abgrenzung der mittelbaren Zuwendung gegenüber der Leistungskette. . . f) Zusammenfassung der Rechtsgrundsätze zur Anfechtung im Mehrpersonenverhältnis. . . . . . . 8. Aufrechnungs- und Verrechnungslagen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . aa) Frühere Rechtsprechung des BGH . . . . . . . bb) Neuere Rechtsprechung – „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“. . . . . . . . . . . cc) Kongruenz oder Inkongruenz der Aufrechnungslage . . . . . . . . b) Einzelfälle. . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall Kontokorrentverrechnung . . . . . . . . . . . . . d) Sonderfall Konzernverrechnungsklausel . . . . . . . . 9. Unterlassungen nach § 129 Abs. 2 InsO. . . . . . . . . . .

Rz.

81 82 84 100 2. 104

3.

116 125 141 4. 146 158

172 176 176 180

183 5. 185 186 205 211 212

II. Gläubigerbenachteiligung . . . 219 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 219

a) Konkrete Schmälerung des Schuldnervermögens . . . . . . . . . 225 b) Erschwerung des Gläubigerzugriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 c) Gläubigerwechsel . . . . . . . . . . . 229 d) Zuwendungen Dritter aus schuldnerfremdem Vermögen . 231 e) Umfang der Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . 233 Isolierte Betrachtung der Rechtshandlung; Kompensation . . . . . . . 235 Arten und Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung . . . . . . 237 a) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . 239 b) Mittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 c) Mehrfache Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerbenachteiligung im Verhältnis zu mehreren Anfechtungsgegnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 Erhaltung des Schuldnervermögens als Haftungsmasse. . . . . . 264 a) Unzureichende Insolvenzmasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 b) Unpfändbare Vermögensgegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 aa) Persönlichkeitsrechte; höchstpersönliche Rechte . 272 bb) Erbschaft, Pflichtteil und Rückforderungsanspruch des Schenkers nach § 528 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 cc) Arbeitskraft. . . . . . . . . . . . . . 277 dd) Gewerbliche Schutzrechte u.a.; Unternehmensveräußerung . . . . . . . . . . . . . . . . 279 ee) Kredit, Dispositionskredit und geduldete Kontoüberziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Schuldnerfremdes, künftiges und wertausschöpfend belastetes Vermögen; wertlose Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 a) Aussonderungsrechte . . . . . . . . 300 b) Absonderungsrechte, insbesondere Sicherungsrechte . . 301 aa) Nachträgliche Sicherheitenunterlegung. . . . . . . . . . . 315 bb) Pfandrechtliche Doppelsicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . 322

Schäfer

19

B

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung Rz.

c) Fehlende Gläubigerbenachteiligung bei Sicherungsrechten . . . . . . . . . . . . aa) Sicherheitentausch . . . bb) Keine Unterbrechung der Sicherungskette . . . d) Wertausschöpfend belastete Gegenstände . . . . . . . . . . aa) Maßgebender Wert. . . . bb) Entscheidender Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . cc) Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . e) Treuhandverhältnisse und Zweckbindungen . . . . aa) Voraussetzungen einer Treuhand; Abgrenzung zur Zweckbindung. . . . bb) Zeitpunkt der Treugutentstehung. . . . . . . . cc) Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung dd) Lohnsteuer . . . . . . . . . . f) Andere Fallgestaltungen . . aa) Lebensversicherung, speziell Direktversicherung . . . . . . . . . . . . bb) Spezialfall verbundenes Geschäft . . . . . . . . . 6. Aufrechnung und Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Einzelfälle. . . . . . . . . . . . . . . c) Antezipierte Verrechnungsvereinbarungen . . . . 7. Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . . a) Erfüllungshandlungen . . . . b) Sicherungsrechte . . . . . . . . c) Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaftsrecht . . . . . . . e) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . f) Strafrechtlicher Bereich . . g) Vertragsklauseln (Lösungsklauseln) für den Insolvenzfall . . . . . . . . . . . . . . . . .

325 326

Rz.

8.

335 348 351

9.

356 359 360 362 371 381 387 389 389 398 402 402 404 410 411 411 420 430 431 436 438 441

10. 11.

h) Sonstige Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . 442 Einzelfälle zur fehlenden Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . 447 a) Sicherungsrechte . . . . . . . . . . . . 447 b) Gläubigerwechsel . . . . . . . . . . . 451 c) Sonstige Fälle fehlender Gläubigerbenachteiligung . . . . 454 Ursachenzusammenhang und hypothetische Geschehensabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 a) Ursachenzusammenhang; Maßgeblichkeit des realen Geschehensablaufs . . . . . . . . . . 467 b) Hypothetische Geschehensabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 472 c) Weitere Einzelfälle. . . . . . . . . . . 482 Vorteilsausgleichung . . . . . . . . . . . 490 Beweislast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495

III. Anfechtungsanspruch – Rechtsnatur, Entstehung, Abtretbarkeit und Durchsetzung . . . . . . . . . . . . . 506 1. Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 2. Entstehung und Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs . . . . . . 515 3. Einschränkungen des Anfechtungsanspruchs; Zurückbehaltungsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 a) Teilbarkeit der Rechtshandlung und Teilanfechtung . . . . . 525 b) Zurückbehaltungsrechte . . . . . 533 4. Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . 534 a) Anfechtungsberechtigter . . . . . 534 b) Anfechtungsgegner . . . . . . . . . . 537 c) Ausübung des Anfechtungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 d) Gerichtliche Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 544 IV. Zeitliche Reichweite des § 129 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 V. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558

B 1 Nach § 129 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden und welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach Maßgabe der §§ 130

20 Schäfer

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Rz. 3 B

bis 146 InsO anfechten. Diese Bestimmung ist die Grundnorm des Insolvenzanfechtungsrechts, die bei der Prüfung sämtlicher Anfechtungstatbestände im Auge behalten werden muss. So setzt jede Insolvenzanfechtung eine Rechtshandlung voraus, wobei zu beachten ist, dass sich die Anfechtung nicht gegen die Rechtshandlung als solche, sondern gegen deren gläubigerbenachteiligende Wirkung richtet.1 Die Erkenntnis, dass sich die Anfechtung nur gegen die Wirkung der Rechtshandlung richtet, ist etwa von Bedeutung für die Frage der Anfechtbarkeit der Herbeiführung einer Aufrechnungslage. Dazu hatte der BGH noch in einem Urteil vom 12.11.19982 entschieden, dass der Konkursverwalter die Wirkungen der Anfechtung nicht auf die Herstellung der Aufrechnungslage beschränken und den Kaufpreisanspruch gegen den Gläubiger geltend machen, sondern nur Rückgewähr des Kaufgegenstandes verlangen könne. Von dieser Rechtsprechung ist er später jedoch zu Recht abgerückt. Macht sich der Gläubiger etwa in der Krise seines Schuldners zu dessen Schuldner, um sich im Wege der Aufrechnung Befriedigung für seine Forderungen zu verschaffen, so muss nicht etwa der Abschluss des die Aufrechnung ermöglichenden Vertrages angefochten werden; isoliert anfechtbar ist vielmehr die Herbeiführung der Aufrechnungslage als Wirkung des Vertragsschlusses.3

B2

Dem Abschluss eines Vertrages, der zur Entstehung einer Aufrechnungslage führt, kommt ein zusätzliches Element zu, das über den bloßen Vertragsschluss hinausgeht. Die Verknüpfung der ursprünglichen Gläubigerstellung mit einer eigenen schuldrechtlichen Verpflichtung stellt eine weitere, sichernde und die spätere Erfüllung vorbereitende Rechtsfolge dar. Angefochten wird die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die durch die Rechtshandlung verursacht wird.4 Die Rückgewähr der Aufrechnungslage besteht gerade nicht in der Rückabwicklung des Kaufvertrages selbst, sondern im Gegenteil in der Durchsetzung der Kaufpreisforderung unabhängig von der Gegenforderung.5

B3

1 Vgl. BGH v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94, MDR 1996, 61 = NJW 1995, 1668 (1670); v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 35. 2 BGH v. 12.11.1998 – IX ZR 199/97, NJW 1999, 359 f. 3 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 17. 4 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013; Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 813, 847 Rz. 76. 5 Vgl. dazu noch BGH v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, GmbHR 2004, 799 = MDR 2004, 963 = ZInsO 2004, 548 ff. Schäfer

21

B Rz. 4

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

I. Die Rechtshandlung 1. Weite Auslegung des Begriffs der Rechtshandlung

B 4 Der anfechtungsrechtliche Begriff der „Rechtshandlung“ ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht identisch mit dem bereicherungsrechtlichen Begriff der „Leistung“;6 er ist vielmehr im weitesten Sinne zu verstehen. Er umfasst jedes selbstbestimmte Verhalten, das eine rechtliche Wirkung auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann.7 Als Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO kommt daher jede Handlung in Betracht, die zum (anfechtbaren) Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt. Deshalb stellen auch Rechtshandlungen des Schuldners oder Dritter, die zum Entstehen einer Steuerschuld führen, eine solche Rechtshandlung dar, durch die das Schuldnervermögen belastet wird.8

B 5 Nach Ansicht des BGH ist es nicht entscheidend, dass die Umsatzsteuer unmittelbar kraft Gesetzes entsteht. Denn die Steuertatbestände knüpfen in der Regel ihrerseits an Rechtshandlungen des Steuerpflichtigen oder Dritter an. Der BFH hat zu dieser Frage bis vor kurzem eine andere Auffassung vertreten. Er hat noch durch Urteil vom 16.11.20049 entschieden, § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO hindere nicht die Aufrechnung des Finanzamts mit Steuerforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung gegen den durch einen Vorsteuerüberhang ausgelösten Vergütungsanspruch des Insolvenzschuldners (konkret: aufgrund der Vorsteuer aus dem Vergütungsanspruch eines vorläufigen Insolvenzverwalters), der in „kritischer Zeit“ vor der Insolvenzeröffnung seinen Entstehungsgrund habe. Denn es fehle in einem solchen Fall an einer Rechtshandlung, da die Vergütungspflicht des Schuldners nicht auf vertraglicher Vereinbarung, sondern auf der gerichtlichen Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters beruhe, und die vom vorläufigen Insolvenzverwalter für die Ausführung seiner Leistung zu entrichtende Umsatzsteuer kraft Gesetzes entstehe.

B 6 In seinem neueren Urteil vom 2.11.201010 hat sich der Bundesfinanzhof nunmehr der Auffassung des BGH angeschlossen. Die Umsatzsteuer entstehe zwar von Gesetzes wegen; das Entstehen der Umsatzsteuer bzw. der Vorsteuer setze jedoch voraus, dass eine Leistung erbracht werde. Diese Leistungserbringung sieht der Bundesfinanzhof in Übereinstimmung

6 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff. 7 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, ZInsO 2009, 2334 ff. Rz. 14; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 10 = MDR 2007, 610; v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff.; OLG Dresden v. 3.12.2009 – 8 U 305/09, ZInsO 2010, 598: Verjährungsverzicht. 8 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, ZIP 2010, 90 ff. Rz. 15, 16. 9 BFH v. 16.11.2004 – VII R 75/03, BFHE 208, 296 ff. = UR 2005, 616. 10 BFH v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZIP 2011, 181 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 8 B

mit dem BGH und der auch im Schrifttum allgemein vertretenen Auffassung als Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO an.11 Vom Tatbestandsmerkmal der „Rechtshandlung“ ausgenommen sind lediglich rein tatsächliche Maßnahmen, die keine Rechtswirkung entfalten. Dazu gehören auch rein deklaratorische Bankbuchungen,12 wie etwa die Wertstellung im bankmäßigen Lastschriftverfahren.13 Widerspricht der Insolvenzverwalter einer Lastschrift, weil die Belastung des schuldnerischen Kontos nicht durch eine wirksame Lastschriftermächtigung gedeckt ist, scheidet die Anfechtung der Gutschrift aus, da der Widerspruch rein deklaratorische Wirkung hat. Die Belastung des schuldnerischen Kontos ist dann als nie erfolgt anzusehen, folglich die Gutschrift nur eine Feststellung des wahren Kontostandes, welche nicht anders zu beurteilen ist als eine berechtigte Stornobuchung, die unanfechtbar ist.14 Auch die Grundbucheintragung und der Zuschlag in der Zwangsversteigerung sind für sich genommen keine Rechtshandlungen im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO.15 Zu beachten ist jedoch, dass Realakte schon dann anfechtbare Rechtshandlungen darstellen können, wenn sie Rechtswirkungen entfalten. So stellt etwa das rein tatsächliche Bierbrauen eine anfechtbare Rechtshandlung dar, da es rechtliche Wirkungen zeitigt, nämlich die Entstehung der Sachhaftung des Bieres für die Biersteuer gemäß § 76 AO.16 Nicht zu den Rechtshandlungen gehören Rechtsänderungen kraft Gesetzes, die ohne Zutun des Schuldners oder des Anfechtungsgegners eintreten, wie etwa der Übergang einer Milchreferenzmenge.17

B7

a) Rechtsgeschäfte § 129 Abs. 1 InsO erfasst rechtsgeschäftliche Maßnahmen aller Art, insbesondere Verpflichtungsgeschäfte, wie etwa Kaufverträge,18 Darlehensverträge,19 Abfindungsvereinbarungen,20 Güterrechtsverträge,21 Sicher11 BFH v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZIP 2011, 181 ff. Rz. 25; vgl. ferner BFH v. 24.11.2011 – V R 13/11, ZIP 2011, 2481 ff.: die auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorzunehmende Steuerberechnung gem. § 16 ff. UStG stellt keine anfechtbare Rechtshandlung dar. 12 Vgl. BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 78/07, MDR 2009, 833 = ZIP 2009, 673 ff. Rz. 23 zum Lastschriftverfahren; BGH v. 4.4.1979 – VIII ZR 96/78, BGHZ 74, 129 ff.; OLG Karlsruhe v. 19.5.2009 – 17 U 467/08, ZInsO 2009, 1594 ff. 13 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177 ff. 14 Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 89. 15 Vgl. BGH v. 15.5.1986 – IX ZR 2/85, MDR 1986, 1022 = FamRZ 1986, 978 = ZIP 1986, 926 (927); Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 35. 16 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. 17 Vgl. BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 98/05, ZIP 2006, 2225 ff.; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 10. 18 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 95. 19 BGH v. 21.4.1988 – IX ZR 71/87, MDR 1988, 858 = ZIP 1988, 725 ff. 20 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 67. 21 BGH v. 20.10.1971 – VIII ZR 212/69, BGHZ 57, 123 ff. Schäfer

23

B8

B Rz. 8

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

heitenpoolverträge,22 Verwertungsabsprachen,23 darüber hinaus aber auch mehrseitige Rechtsgeschäfte, beispielsweise Gesellschaftsverträge und Beschlüsse von Gesellschaftsorganen.24 Zu den anfechtbaren Rechtshandlungen gehören schließlich auch sämtliche Willenserklärungen als Teil schuldrechtlicher oder dinglicher Rechtsgeschäfte, insbesondere auch fingierte Willenserklärungen wie etwa die Genehmigungsfiktion gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken.25

B 9 § 129 Abs. 1 InsO erfasst ferner Verfügungsgeschäfte wie die Eigentums-

übertragung, Abtretungen,26 Verpfändungen,27 Erfüllungshandlungen – sofern man sie nicht als rechtsgeschäftsähnliche Handlungen oder Realakte ansieht28 –, etwa die Erfüllung einer Forderung im Wege des Lastschriftverfahrens.29 War die vom Schuldner getilgte Verbindlichkeit durch Sicherheiten Dritter verstärkt, so können diese durch die Erfüllungshandlung frei werden; auch eine solche Wirkung wird der Rechtshandlung zugerechnet.30

B 10 Auch einseitige Rechtsgeschäfte können anfechtbare Rechtshandlungen darstellen, etwa die Kündigung eines für den Schuldner günstigen Vertrages,31 ein einseitiger Verzicht, die Aufrechnung (genauer: die Herbeiführung der Aufrechnungslage),32 die Ausübung eines einseitigen Optionsrechts,33 unbenannte Zuwendungen unter Ehegatten34 und das Einverständnis mit einer für die Insolvenzgläubiger nachteiligen Verwertungsart.35

22 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06, MDR 2008, 646 = ZInsO 2008, 317 f.; v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. 23 BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, MDR 1997, 470 = ZIP 1997, 367 ff.; vgl. dazu Henckel, EWiR 1997, 899 f. 24 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 67. 25 Vgl. BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 ff.; v. 2.4.2009 – IX ZR 171/07, WM 2009, 958 ff.; OLG Karlsruhe v. 18.1.2007 – 12 U 185/06, ZIP 2007, 286 ff.; HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 5b. 26 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. 27 BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04, MDR 2005, 1075 = ZInsO 2005, 535 ff. 28 Vgl. dazu Palandt/Grüneberg, 70. Aufl., § 362 Rz. 1. 29 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, MDR 2008, 1361 = ZInsO 2008, 1076 ff.; v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166; v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff. = MDR 2005, 354; vgl. dazu noch Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 ff.; Nobbe, WM 2009, 1537 ff.; Kirchhof, WM 2009, 337 ff.; G. Fischer, WM 2009, 629 ff.; Ries, ZInsO 2009, 889 ff. 30 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 14. 31 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 32 Vgl. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 f.; v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. 33 BGH v. 15.10.1975 – VIII ZR 62/74, WM 1975, 1182 ff. 34 OLG Oldenburg v. 27.11.2007 – 9 U 43/07, FamRZ 2008, 1852 = ZInsO 2008, 460 f. 35 BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, MDR 1997, 470 = ZIP 1997, 367 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 13 B

b) Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte Anfechtbar sind auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimisst, etwa Erfüllungshandlungen, die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts, die Einbringung der im Eigentum des Mieters stehenden Sachen in die von ihm gemieteten Räume36 oder das Brauen von Bier, das zur Entstehung der Sachhaftung des Bieres für die Biersteuer gemäß § 76 AO führt.37

B 11

Rechtshandlungen sind ferner Kontosperren,38 Verwendungen,39 Verbindungen, Vermischungen und Verarbeitungen gemäß §§ 946 ff. BGB,40 die Herstellung eines Werkes und die Übergabe der Kaufsache41 sowie die Erbringung von Dienstleistungen und die Überlassung von Arbeitskräften.42 Wird etwa durch vom Schuldner veranlasste Maßnahmen die Fälligkeit der Vergütung herbeigeführt oder die Einrede nach § 320 BGB ausgeräumt, so gewinnt eine (voraus-)abgetretene Forderung für den Sicherungsnehmer an Wert. Daher stellen solche tatsächlichen Leistungen selbständige Rechtshandlungen dar, die auch der Insolvenzanfechtung unterliegen können.43 Die bloße Abnahme der Werkleistung stellt allerdings nach der Rechtsprechung des BGH keine Rechtshandlung dar, die unter dem Gesichtspunkt der Wertauffüllung angefochten werden kann.44

B 12

Als anfechtbare Rechtshandlungen kommen auch Handlungen in Betracht, mit denen ein Sicherungsnehmer Sicherungsgut an sich bringt, das der Schuldner im Besitz hatte.45 Eine Rechtshandlung ist ferner gegeben, wenn der Schuldner einen Gläubiger vom bevorstehenden Vollstreckungszugriff eines anderen Gläubigers mit der Aufforderung benachrichtigt, diesem zuvorzukommen, oder wenn er dem Gläubiger vorzeitig oder beschleunigt einen Vollstreckungstitel gewährt.46

B 13

36 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 37 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. 38 BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZInsO 2004, 342. 39 BGH v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, MDR 1980, 575 = NJW 1980, 1580 f. 40 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 22; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 10. 41 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 36 = MDR 2008, 411. 42 Vgl. BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZInsO 2004, 149 ff. 43 BGH v. 29.11.2007 IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 36, 37 = MDR 2008, 411; vgl. dazu noch Gerhardt, Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, S. 169, 178 f.; Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck, S. 269 (277). 44 Vgl. BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 134/00, MDR 2001, 1189 = NJW-RR 2001, 1337 (1338). 45 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 10; Eckardt, ZIP 1999, 1734 (1739). 46 BGH v. 25.11.1964 – VIII ZR 289/62, WM 1965, 14 (15). Schäfer

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B Rz. 14

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

2. Handelnde und Handlungsvorausetzungen im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO

B 14 In § 129 Abs. 1 InsO ist nicht von „Rechtshandlungen des Schuldners“, sondern nur von „Rechtshandlungen“ die Rede. Sofern daher spezialgesetzlich nichts anderes geregelt ist (vgl. die §§ 132 bis 134 InsO), können somit auch Rechtshandlungen eines Gläubigers oder des vorläufigen Insolvenzverwalters47 und sogar Rechtshandlungen Dritter anfechtbar sein. a) Rechtshandlung des Schuldners

B 15 Wird in einem Anfechtungstatbestand eine Rechtshandlung des Schuldners gefordert, so genügt es, wenn der Schuldner in rechtlich relevanter Weise an der angefochtenen Rechtshandlung mitgewirkt hat. Dies ist möglich, solange der Schuldner nicht die Verfügungsmacht über sein Vermögen verloren hat. Sofern daher kein allgemeines Verfügungsverbot verhängt, sondern nur ein sogenannter „schwacher“ vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellt wurde (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO), kann der vorläufige Insolvenzverwalter im Grundsatz nur zusammen mit dem Schuldner rechtsverbindlich handeln. Seine Rechtshandlungen sind daher stets auch Rechtshandlungen des Schuldners.48 Bedeutsam ist dies in jenen Fällen, in denen ein Gläubiger die weitere Belieferung des Schuldners im Eröffnungsverfahren davon abhängig macht, dass auch Altverbindlichkeiten beglichen werden, die ansonsten nur als Insolvenzforderungen hätten geltend gemacht werden können.49

B 16 Eine Rechtshandlung des Schuldners ist auch das Stehenlassen einer Gesellschafterleistung, das zur Umqualifizierung in haftendes Eigenkapital der Gesellschaft nach dem Recht des Eigenkapitalersatzes führt. Der Gesellschafter unterlässt damit nicht etwa nur einen Erwerb, sondern er verliert die Durchsetzbarkeit seiner Forderung und damit ihren wirtschaftlichen Wert.50 b) Erfordernis des selbstbestimmten Verhaltens

B 17 Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO ein selbstbestimmtes, verantwortungsgesteuertes Verhal-

47 BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283 ff. = MDR 2006, 650; v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff. = MDR 2005, 712. 48 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 11; HambKomm-InsO/ Rogge, § 129 Rz. 20. 49 Vgl. BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283 ff. = MDR 2006, 650; v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff. = MDR 2005, 712; vgl. dazu noch unten Rz. E21. 50 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 19 B

ten des Schuldners voraus.51 Nur wer darüber entscheiden kann, ob er eine geforderte Leistung erbringt oder verweigert, nimmt danach eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO vor. Diese Voraussetzung ist gegeben, wenn der Schuldner zur Abwendung einer ihm angedrohten, unmittelbar bevorstehenden Vollstreckung leistet.52 In diesem Fall ist er noch in der Lage, über den geforderten Betrag nach eigenem Belieben zu verfügen. Hat er dagegen nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die sofortige Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden, so ist jede Möglichkeit eines selbstbestimmten Verhaltens ausgeschaltet. Mehrere Oberlandesgerichte sind auch noch nach der in BGHZ 155, 75 ff. veröffentlichten Entscheidung des BGH davon ausgegangen, dass sämtliche Verhaltensweisen des Schuldners im Rahmen einer einmal eingeleiteten Zwangsvollstreckung nicht mehr als selbstbestimmtes Verhalten angesehen werden könnten.53 Dem ist der BGH jedoch nochmals durch Beschluss vom 19.2.200954 entgegengetreten. Danach liegt eine Rechtshandlung des Schuldners auch dann vor, wenn er der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines – mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen – Pfändungsversuchs einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt. Entscheidend ist nach Ansicht des BGH, dass sich die Schuldnerin im konkreten Fall trotz der Anwesenheit der Vollziehungsperson frei entscheiden konnte, einen – voraussichtlich vergeblichen – Vollstreckungsversuch über sich ergehen zu lassen und anschließend weitere Maßnahmen abzuwarten oder aber die Gläubigerin durch Hingabe eines Schecks zu befriedigen. An einer Rechtshandlung des Schuldners fehlt es in diesen Fällen nur, wenn er keine Möglichkeit mehr hatte, der Pfändung zu entgehen.55

B 18

Durch weiteres Urteil vom 10.12.200956 hat der BGH bekräftigt, dass Teilzahlungen, die der Schuldner nach fruchtloser Zwangsvollstreckung im Rahmen einer vom Gerichtsvollzieher herbeigeführten Ratenzahlungsvereinbarung erbringt, wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung anfechtbar sein können. Er stellt in dieser Entscheidung ferner klar, dass die Entscheidungsfreiheit des Schuldners auch nicht dadurch auf-

B 19

51 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f. = MDR 2003, 1256. 52 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 83 f. = MDR 2003, 1256; v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff.; v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. Rz. 3. 53 Vgl. OLG Karlsruhe v. 27.2.2007 – 8 U 201/06, ZIP 2007, 2132 ff.; OLG Frankfurt v. 29.8.2005 – 16 U 11/05, ZInsO 2005, 1110 f.; kritisch dazu zu Recht Henkel, EWiR 2005, 901 f. 54 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. 55 Kritisch dazu Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 5 Rz. 9. 56 BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 128/08, MDR 2010, 522 = ZIP 2010, 191 ff. Schäfer

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B Rz. 19

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

gehoben wird, dass dieser bei fortgesetzter Fruchtlosigkeit die eidesstattliche Versicherung abgeben müsste.

B 20 Eine Rechtshandlung des Schuldners ist schon dann gegeben, wenn dieser aktiv die Vollstreckung durch den Gläubiger fördert. Dafür kann es genügen, wenn er den Gläubiger über den bevorstehenden Zugriff anderer Gläubiger benachrichtigt, wenn er Pfändungsgegenstände verheimlicht, um sie gerade für den Zugriff des zu begünstigenden Gläubigers bereitzuhalten oder wenn er dem Gläubiger beschleunigt einen Vollstreckungstitel verschafft.57 Pfändet ein Gläubiger den Kassenbestand des Schuldners oder wendet der Schuldner eine sonst unvermeidliche Kassenpfändung durch Zahlung an den anwesenden Vollziehungsbeamten ab, so liegt nach dem Urteil des BGH vom 3.2.201158 eine Rechtshandlung des Schuldners vor, wenn er zuvor die Kasse in Erwartung des Vollstreckungsversuchs gezielt aufgefüllt hat, um eine Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen. Zahlt der Schuldner an den ohne richterliche Durchsuchungsanordnung erschienenen Vollziehungsbeamten zur Abwendung der Vollstreckung, so kann ebenfalls eine selbstbestimmte Rechtshandlung des Schuldners vorliegen, auch wenn abgesehen von der fehlenden Durchsuchungsanordnung ein zwangsweiser Zugriff auf die Zahlungsmittel möglich wäre.

B 21 Ein anfechtbares Unterlassen des Schuldners nach § 129 Abs. 2 InsO (wichtig für die Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO) ist insoweit aber nur gegeben, wenn dem Schuldner die Möglichkeit bewusst war, einen sofortigen Vollstreckungszugriff durch die Forderung nach einer richterlichen Durchsuchungsanordnung verhindern zu können. Dabei ist allerdings zu beachten, dass eine Durchsuchung auch ohne richterliche Anordnung erfolgen kann, wenn ihre Einholung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde (vgl. § 287 Abs. 4 Satz 2 AO).59 Ohne das Bewusstsein des Schuldners, durch das Unterlassen einer möglichen Handlung die anstehende Vermögensverlagerung auf den gerade vollstreckenden Gläubiger zu fördern, kann eine Unterlassung nicht Anknüpfungspunkt einer Vorsatzanfechtung sein.

B 22 Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast ist in der Regel davon auszugehen, dass Zahlungen des Schuldners an den Gerichtsvollzieher bzw. an den Vollziehungsbeamten keine selbstbestimmten Rechtshandlungen des Schuldners mehr sind. Der Vortrag von Besonderheiten, die zu einer abweichenden Beurteilung führen können, obliegt dem Insolvenzverwalter, da dieser die anspruchsbegründenden Voraussetzungen und mithin auch die Rechtshandlung des Schuldners darzulegen hat.60

57 58 59 60

Vgl. Gehrlein, BB 2011, 1539 (1550). BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = ZIP 2011, 531 ff. BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = ZIP 2011, 531 ff. Rz. 9 f. BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 128/08, MDR 2010, 522 = ZIP 2010, 191 ff. Rz. 28.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 25 B

c) Rechtshandlung des Gläubigers Rechtshandlungen des Gläubigers, die dieser ohne Mitwirkung des Schuldners vornimmt, können ebenfalls anfechtbar sein, sofern durch den jeweiligen Anfechtungstatbestand nicht eine Rechtshandlung des Schuldners gefordert wird. Bedeutsam ist dies vor allem bei Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers, an denen der Schuldner nicht mitwirkt. In diesem Zusammenhang ist § 141 InsO zu beachten, nach dem die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass für die Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel erlangt oder die Handlung durch Zwangsvollstreckung erwirkt worden ist.

B 23

In § 133 Abs. 1 InsO ist nur von einer Rechtshandlung des Schuldners die Rede. Es wurde jedoch im Schrifttum zum Teil als inkonsequent und korrekturbedürftig empfunden, eine freiwillige Zahlung des Schuldners der Anfechtung nach dieser Bestimmung zu unterwerfen, eine durch Zwangsvollstreckung erzwungene hingegen nicht.61 Es sei nicht gerechtfertigt, denjenigen Gläubiger, der sogleich vollstreckt habe, anfechtungsrechtlich gegenüber demjenigen zu bevorzugen, der den Schuldner nochmals zur Zahlung aufgefordert und daraufhin eine freiwillige Zahlung erhalten habe. Der BGH hat indes durch Urteil vom 10.2.200562 entschieden, dass Zwangsvollstreckungshandlungen des Gläubigers ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sei. Habe der Schuldner nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden, sei also jede Möglichkeit eines selbstbestimmten Verhaltens ausgeschaltet, so fehle es an einer Rechtshandlung des Schuldners im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO.

B 24

d) Rechtshandlung eines Dritten, insbes. des vorläufigen Insolvenzverwalters Auch Rechtshandlungen Dritter können der Anfechtung unterliegen, etwa wenn ein persönlich haftender Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt (vgl. § 171 HGB). Dies führt zu einer Verkürzung des mit der Insolvenzeröffnung zur Masse gehörenden Anspruchs auf Einzahlung des Haftungsbetrages in die Masse und damit zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger, die aus der Masse anteilig zu befriedigen sind, und zu einer die Gleichbehandlung der Gesellschaftsgläubiger durchbrechenden Begünstigung desjenigen, dessen Forderung der haftende Gesellschafter getilgt hat.63

61 Vgl. zum Streitstand Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 18; Smid, JurisPR-InsR 3/2005 Anm. 1. 62 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. 63 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 228. Schäfer

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B 25

B Rz. 26

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 26 Der Anfechtung können ferner die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen der Rechtshandlungen Dritter unterworfen sein, die – wie etwa die Beantragung von Insolvenzausfallgeld – dem Aufrechnenden kraft eines gesetzlichen Forderungsübergangs eine Gläubigerstellung verschaffen.64 Die Aufrechnung der Bundesagentur für Arbeit mit den auf sie nach der Zahlung von Insolvenzausfallgeld gemäß § 187 Abs. 3 SGB III übergegangenen Forderungen ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam, da die Bundesanstalt für Arbeit die zur Aufrechnung gestellten Forderungen nach der Kenntnis von der Stellung des Insolvenzantrages erworben hat.65

B 27 Rechtshandlungen eines vollmachtlosen Vertreters (vgl. die §§ 177, 180 BGB) oder Verfügungen eines Nichtberechtigten (vgl. § 185 BGB) entfalten erst nach der Genehmigung des Schuldners Wirkung zu seinen Lasten, und zwar ohne Rückwirkung gemäß § 184 BGB.66 Eine anfechtbare Rechtshandlung liegt allerdings auch beim Handeln eines vollmachtlosen Vertreters dann vor, wenn der Begünstigte dadurch in die Lage versetzt wurde, den ihm zugewendeten Vermögensgegenstand tatsächlich zu nutzen und weiter zu übertragen.67

B 28 Eine Anfechtung der Rechtshandlungen des „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den gemäß § 22 Abs. 1 InsO die Verfügungsmacht übergegangen ist, ist nicht möglich, da diese ebenso wie die Rechtshandlungen des endgültigen Insolvenzverwalters der Masse zuzurechnen sind. Entsprechendes gilt für den vorläufigen Insolvenzverwalter, dem eine Einzelermächtigung erteilt wurde.68 Das Verwalterhandeln kann jedoch im konkreten Einzelfall wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig sein.69 So ist etwa eine Vereinbarung wegen Insolvenzzweckwidrigkeit nichtig, mit welcher der Insolvenzverwalter dem Inhaber einer nachrangigen, offensichtlich wertlosen Grundschuld für die Erteilung der Löschungsbewilligung eine über die verauslagten Löschungskosten hinausgehende, der teilweisen Durchsetzung der faktisch ungesicherten schuldrechtlichen Forderung gleichkommende Zahlung verspricht („Lästigkeitsprämie“).70 64 BGH v. 24.6.2010 – IX ZR 125/09, ZInsO 2010, 1378 f. Rz. 9. 65 Vgl. BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 215/08, veröffentlicht bei juris; vgl. zum Entstehen einer Umsatzsteuerschuld BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, ZIP 2010, 90 ff. 66 BGH v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 (103). 67 BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 373/98 – „Bundesligalizenz“, ZIP 2001, 889 ff. 68 MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 44; Gottwald/Huber, InsolvenzrechtsHandbuch, § 46 Rz. 32. 69 BGH v. 22.1.2009 – IX ZR 66/07, MDR 2009, 527 = NotBZ 2009, 175 m. Anm. Heckschen = ZInsO 2009, 378 ff.; v. 11.6.1992 – IX ZR 255/91, BGHZ 118, 374 ff. = MDR 1992, 958. 70 Vgl. BGH v. 20.3.2008 – IX ZR 68/06, NotBZ 2008, 234 = MDR 2008, 824 = ZIP 2008, 884 f. Rz. 6; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 34.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 31 B

Rechtshandlungen des unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellten „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) sind dagegen grundsätzlich anfechtbar, und zwar selbst dann, wenn Personengleichheit mit dem (endgültigen) Insolvenzverwalter gegeben ist. Anfechtbar ist daher insbesondere die Genehmigung einer Lastschrift im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens durch den vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalter.71 Eine Anfechtung der unter Mitwirkung des vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommenen Rechtshandlung durch den (endgültigen) Insolvenzverwalter ist nur dann ausgeschlossen, wenn Ersterer durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Gläubiger gesetzt hat und dieser demzufolge nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nicht mehr entziehbares Recht erlangt zu haben. Der Insolvenzverwalter handelt jedoch nicht treuwidrig, wenn der Gläubiger die Zustimmung des vorläufigen Verwalters nur aufgrund seiner wirtschaftlichen Machtstellung durchsetzen konnte.72

B 29

3. Sonderfälle von Rechtshandlungen a) Personenrechtliche Vorgänge; höchstpersönliche Rechte Personenrechtliche Vorgänge unterliegen nicht der Anfechtung, selbst wenn durch sie das Vermögen des Schuldners gemindert wird.73 Unanfechtbar ist der Verzicht des Schenkers auf das Widerrufsrecht nach § 530 BGB. Auch die Umwandlung des Güterstandes selbst ist nicht anfechtbar; dagegen kann die nachfolgende Auseinandersetzung eine anfechtbare Rechtshandlung sein.74 Güterrechtliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten sind anfechtbar, da diese allein deren Vermögen betreffen.75

B 30

Mit der Erbschaftsausschlagung und dem Erb- bzw. Pflichtteilsverzicht ist zwar die Aufgabe einer dem Schuldnervermögen zugewachsenen Rechtsposition verbunden. Dennoch unterliegen diese Rechtshandlungen nicht der Insolvenzanfechtung, selbst wenn sie mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgenommen wurden. Dies folgt aus § 83 Abs. 1 InsO, der zeigt, dass diese Rechtshandlungen der persönlichen Entscheidungsbefugnis des Schuldners unterliegen, die nicht durch Anfechtung unterlaufen werden darf.76

B 31

71 BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 ff. 72 BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283 ff. = MDR 2006, 650; v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff. 73 Vgl. Graf/Wunsch in Runkel, Anwaltshandbuch Insolvenzrecht, § 10 Rz. 28; Bork/Ehricke, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 3 Rz. 6. 74 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 89. 75 BGH v. 20.10.1971 – VIII ZR 212/69, BGHZ 57, 123 (124). 76 Vgl. zum Pflichtteilsverzicht BGH v. 6.5.1997 – IX ZR 147/96, FamRZ 1997, 1001 = MDR 1997, 880 = NJW 1997, 2384 f. Schäfer

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B Rz. 32

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

b) Hoheitliche Rechtsakte, insbesondere Zwangsvollstreckung

B 32 Hoheitliche Rechtsakte können anfechtbare Rechtshandlungen darstellen, wenn der Adressat eines Anfechtungstatbestandes daran mitwirkt. Dies kann etwa bei Grundbucheintragungen77 und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen78 der Fall sein. Nach § 141 InsO wird die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen, dass für die Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel erlangt oder dass die Handlung durch Zwangsvollstreckung erwirkt wurde. Ist allerdings tatbestandliche Voraussetzung eine Rechtshandlung des Schuldners, so ist nach der Rechtsprechung des BGH ein selbstbestimmtes Verhalten des Schuldners erforderlich.79 Der Eigentumserwerb durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung beruht allein auf einem hoheitlichen Rechtsakt, so dass eine Anfechtung in Ermangelung einer Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO ausscheidet.80 Eine zwischen Gläubiger und Schuldner getroffene Vereinbarung über den Übergang einer Milchreferenzmenge unterliegt nicht der Anfechtung, wenn diese bereits kraft Gesetzes übergegangen ist.81 c) Prozesshandlungen

B 33 Prozesshandlungen wie Verzicht, Klage- und Rechtsmittelzurücknahme, Anerkenntnis, Geständnis und Vergleich können ebenfalls anfechtbare Rechtshandlungen darstellen.82 Als anfechtbare Unterlassungen (vgl. § 129 Abs. 2 InsO) kommen in diesem Bereich der bewusste Verzicht auf die Geltendmachung von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, das bewusste Nichterheben prozessualer Einreden, das Unterlassen von Beweisanträgen, das bewusste Nichtbeachten von Fristen mit der Folge der Zurückweisung wegen Verspätung und das Nichteinlegen von Rechtsmitteln in Betracht. Dabei ist zu beachten, dass nach § 141 InsO die Rechtskraft einer Entscheidung der Anfechtung nicht entgegensteht.83 d) Dienst- bzw. Arbeitsleistung

B 34 Die unpfändbare Arbeitskraft des Schuldners (vgl. § 888 Abs. 3 ZPO) fällt nach den §§ 35 ff. InsO nicht in die Insolvenzmasse. Deshalb soll nach einem umstrittenen Urteil des BGH vom 1.12.198684 den Gläubigern kein Anfechtungsrecht zustehen, wenn der Schuldner die „künftige und bedingte“ Forderung auf den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an 77 HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 11. 78 BGH v. 25.11.1964 – VIII ZR 289/62, WM 1965, 14 f. 79 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 (152) = MDR 2005, 832; vgl. dazu noch Rz. B17 ff. 80 BGH v. 15.5.1986 – IX ZR 2/85, MDR 1986, 1022 = FamRZ 1986, 978 = ZIP 1986, 926 (927). 81 BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 98/05, ZIP 2006, 2225 ff. 82 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 12; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 20. 83 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 27. 84 BGH v. 11.12.1986 – IX ZR 78/86, MDR 1987, 494 = ZIP 1987, 305 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 37 B

seine Ehefrau abgetreten hat, da der Abschluss des Arbeitsvertrages sie nicht benachteilige. Die übrigen Gläubiger seien durch den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht benachteiligt worden, da sie ohne dessen Abschluss jedenfalls nicht besser gestellt gewesen wären. Diese Entscheidung wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.85 Zum einen kann von einer bedingten Gehaltsforderung nicht gesprochen werden, wenn das Arbeitsverhältnis noch gar nicht besteht, aus dem sie hervorgehen soll. Zum anderen richtet sich die Anfechtung bei verständiger Würdigung gegen den Eintritt der Rechtswirkung der Abtretung, die erst mit der Entstehung der im Voraus abgetretenen Forderung eintritt.86 Es stellt schließlich eine anfechtungsrechtlich unbeachtliche hypothetische Erwägung dar, wenn der BGH darauf abstellt, dass die übrigen Gläubiger ohne den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht besser gestellt gewesen wären. Die Wirkung der Vorausabtretung hängt zwar von der tatsächlichen Arbeitsleistung des Schuldners ab; erbringt er diese aber, darf die Gläubigerbenachteiligung nicht mit der rein hypothetischen Erwägung verneint werden, dass der Schuldner sich in unanfechtbarer Weise anders hätte verhalten können.87

B 35

e) Gebrauchsüberlassung Die Überlassung einer Sache oder eines sonstigen Gegenstandes kann als Rechtshandlung des Schuldners anfechtbar sein. Die Anfechtung richtet sich in diesem Fall gegen das Besitzrecht des Anfechtungsgegners. Da das Besitzrecht für die Vergangenheit nicht zurückgewährt werden kann, hat der Anfechtungsgegner dessen Wert zu ersetzen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Schuldner die Sache während der Zeit der Gebrauchsüberlassung selbst hätte nutzen können. Andernfalls fehlt es an einer Benachteiligung der späteren Insolvenzmasse.88

B 36

Für den speziellen Bereich der Gebrauchsüberlassung durch einen Gesellschafter ist die mit Wirkung ab dem 1.11.2008 in Kraft getretene Neuregelung des § 135 Abs. 3 InsO zu beachten. Trotz ihrer systematischen Stellung im Anfechtungsrecht handelt es sich dabei nach herrschender Auffassung der Sache nach nicht um einen Anfechtungstatbestand.89 Offen ist die Frage, ob die Rückgewähr des überlassenen Gegenstandes im

B 37

85 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 204; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92; Gottwald/ Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 59. 86 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.; v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = GesR 2006, 418 = MDR 2007, 112. 87 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92. 88 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 55. 89 Vgl. Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, 2009, Rz. 5.40; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732); Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3607); Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 21; HambKomm-InsO/Rogge, § 135 Rz. 55. Schäfer

33

B Rz. 37

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Vorfeld der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Anfechtung nach den §§ 130 ff. InsO unterliegen und ob der Geschäftsführer der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter den Einwand der Anfechtbarkeit erheben kann.90 f) Einlageleistungen

B 38 Die gesetzlichen Bestimmungen über die Kapitalerhaltung (vgl. die §§ 57 AktG, 30 GmbHG) stehen nach der Rechtsprechung des BGH der Anfechtung einer Einlageleistung des Schuldners nicht entgegen.91 Der durch die Kapitalerhaltungsgrundsätze bezweckte Schutz der Gesellschaftsgläubiger müsse hinter den Interessen der Gläubiger des insolventen Schuldners zurückstehen. Ebensowenig wie die Einbringung eines fremden oder dinglich belasteten Gegenstandes in das Gesellschaftsvermögen den Berechtigten hindere, seine Ansprüche gegen die Gesellschaft zu verfolgen, gelte dies auch für die Haftungsunterworfenheit eines Gegenstandes gegenüber einem Anfechtungsgläubiger. Der BGH weist ferner darauf hin, dass ein Vorrang des Grundsatzes der Kapitalerhaltung Schuldner dazu verlocken könnte, ihr Vermögen vor dem Zugriff ihrer Gläubiger durch Einbringung in die Gesellschaft in Sicherheit zu bringen. g) Unternehmensveräußerung

B 39 Eine Unternehmensveräußerung kann nach der umstrittenen Rechtspre-

chung des BGH92 als solche nicht angefochten werden; anfechtbar ist vielmehr nur die Veräußerung der einzelnen, zum Unternehmen gehörenden (pfändbaren) Gegenstände. h) Sozialplan

B 40 Für Sozialpläne enthält § 124 InsO eine Sonderregelung. Danach kann ein Sozialplan, der nicht früher als drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages aufgestellt wurde, widerrufen werden. Eine Anfechtung erübrigt sich somit in diesen Fällen, sofern die Arbeitnehmer noch keine Leistungen erhalten haben. Anwendbar sind die Anfechtungstatbestände jedoch auf ältere Sozialpläne und auf Leistungen, welche die Arbeitnehmer vor der Insolvenzeröffnung erhalten haben. Die Regelung über den Ausschluss von Rückforderungen im Fall des Widerrufs in § 124 Abs. 3 InsO steht der Anfechtung nicht entgegen.93

90 Vgl. dazu B. Schäfer, NZI 2010, 505 ff. m.w.N. 91 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228 = NJW 1995, 659 (662). 92 BGH v. 27.11.1963 – VIII ZR 278/62, WM 1964, 114 ff. – a.A. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 71; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 94; K. Schmidt, BB 1988, 5 ff. 93 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 155; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 18.

34 Schäfer

I. Die Rechtshandlung

Rz. 43 B

i) Aufgabe von Rechten Unter § 129 Abs. 1 InsO fällt auch die Aufgabe eines Rechts, wenn sie zu einem entsprechenden Rechtserwerb des Anfechtungsgegners führt. Dies soll bei einem Verzicht auf ein Patent nicht der Fall sein, da derjenige, der nach dem Verzicht des Schuldners die Erfindung nutze, kein Recht ausübe, das jenem entspreche, welches der Schuldner aufgegeben habe.94 Die Aufgabe des Eigentums an einer Sache ist nur dann anfechtbar, wenn sie geschieht, um einem anderen die Aneignung zu ermöglichen. Die Aufgabe eines Rechts ist schließlich das Stehenlassen eines Gesellschafterdarlehens, das zur Umqualifizierung in haftendes Eigenkapital führt.95

B 41

j) Verzicht auf Erwerb Nimmt der Schuldner eine Erwerbschance nicht wahr, so ist dies in Ermangelung einer Minderung des schuldnerischen Vermögens nicht anfechtbar. Dies zeigt auch § 143 Abs. 1 InsO. Danach muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden, was aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde. Anders liegt es hingegen bei der unterbliebenen Geltendmachung eines Vorkaufsrechts oder einer Option, da in diesen Fällen bereits eine gesicherte Position gegeben war, derer sich der Schuldner durch Untätigkeit begeben hat.96

B 42

4. Einheitliche Rechtshandlung trotz mehrerer Einzelhandlungen Nach der Rechtsprechung des BGH können zwei rechtlich getrennte Geschäfte nach der für die Anfechtung maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise dann als eine einheitliche Rechtshandlung des Schuldners zu werten sein, wenn dessen Wille von Anfang an darauf gerichtet ist, den Leistungsgegenstand aus seinem Vermögen auf dem Umweg über eine Mittelsperson im Ergebnis dem Anfechtungsgegner zuzuwenden (sogenannte „mittelbare Zuwendung“).97 Dies ist von wesentlicher Bedeutung für die Frage, ob die Rechtshandlung innerhalb des jeweiligen Anfechtungszeitraums der Anfechtungstatbestände vorgenommen wurde. Nach der Rechtsprechung des BGH dürfte es für die Anfechtbarkeit ausreichen, dass das letzte Teilstück der mittelbaren Zuwendung innerhalb des Anfechtungszeitraums vorgenommen wurde.98 Die masseschmälernde Wirkung ist jedoch bereits mit der Weggabe an die Mittelsperson ein94 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 25 f. 95 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. 96 Vgl. Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 53. 97 BGH v. 5.12.1991 – IX ZR 271/90, MDR 1992, 408 = NJW 1992, 834 (835); v. 17.7.2008 – IX ZR 245/06, MDR 2008, 1358 = ZIP 2008, 2136 ff. Rz. 11. 98 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 28 = MDR 2008, 345; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 34 – a.A. HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 34. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

getreten.99 In einer solchen Betrachtung muss kein Widerspruch liegen. Es ist vielmehr an die aus dem Strafrecht geläufige Unterscheidung zwischen der Vollendung und der Beendigung einer Handlung zu erinnern.

B 44 Selbst mehrere zeitgleich abgeschlossene Verträge (konkret: Kaufvertrag, Darlehensvertrag und Mietvertrag) können einer Gesamtbetrachtung im Hinblick auf ihre unmittelbar gläubigerbenachteiligende Wirkung zu unterziehen sein, wenn sie einem einheitlichen wirtschaftlichen Zweck dienen.100

5. Mehrere Rechtshandlungen

B 45 Mehrere Rechtshandlungen des Schuldners sind grundsätzlich getrennt auf ihre Anfechtbarkeit hin zu untersuchen. Sie sind selbst dann anfechtungsrechtlich selbständig zu beurteilen, wenn sie gleichzeitig vorgenommen wurden oder sich wirtschaftlich ergänzen.101 Der Eintritt der Gläubigerbenachteiligung wird isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners beurteilt, und eine Vorteilsausgleichung findet nicht statt.102 Dies gilt selbst dann, wenn keine mehraktige, sondern eine einheitliche Rechtshandlung, die mehrere Rechtswirkungen entfaltet, Gegenstand der Insolvenzanfechtung ist.103

B 46 Jeweils für sich genommen anfechtbar sind daher Grundgeschäft und Erfüllungsgeschäft.104 Wird nur das Grundgeschäft angefochten, so verliert es seine Wirkung als rechtlicher Grund, und die erbrachten Leistungen sind gemäß §§ 812 ff. BGB zurückzugewähren. Wird nur das Erfüllungsgeschäft angefochten, so bleibt die Masse gemäß § 144 Abs. 1 InsO aus dem wiederaufgelebten Kausalverhältnis mit einer Insolvenzforderung belastet. Nur wenn beide Geschäfte erfolgreich angefochten wurden, ist der Leistungsgegenstand selbst ohne Ausgleich zurückzugewähren.105

B 47 Auch die Forderungsverpfändung bzw. Forderungspfändung und die Befriedigung sind verschiedene Rechtshandlungen, so dass die Anfechtung 99 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 22; Kuhn, WM 1964, 998 (1004). 100 OLG Frankfurt v. 14.7.2010 – 17 U 239/09, ZIP 2011, 392 ff. 101 BGH v. 11.3.2010 – IX ZR 104/09, MDR 2010, 892 = ZIP 2010, 793 ff. Rz. 10; v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 11; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f. Rz. 20. 102 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 (234) Rz. 18 = MDR 2008, 345; v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZIP 2007, 2084 ff. Rz. 11. 103 BGH v. 11.3.2010 – IX ZR 104/09, MDR 2010, 892 = ZIP 2010, 793 ff. Rz. 10; v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZIP 2009, 1674 ff. Rz. 36 f. 104 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZIP 2007, 1274 ff. Rz. 27; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 109; Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rz. 42. 105 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 57.

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einer Zahlung letztlich nichts nützt, wenn die Verpfändung bzw. Pfändung anfechtungsfest ist.106 Die Anfechtung der Abtretung einer dem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterfallenden künftigen Forderung geht ins Leere, wenn der verlängerte Eigentumsvorbehalt in unkritischer Zeit vereinbart wurde.107 Der Grundsatz, dass bei mehreren Rechtshandlungen jede einzelne von ihnen auf das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen hin zu prüfen ist, bedeutet nicht, dass bei der Prüfung, ob eine bestimmte Rechtshandlung die Gläubiger benachteiligt hat, nur die unmittelbare rechtliche Folge der Handlung berücksichtigt werden dürfte. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Rechtshandlung zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat, ist die durch die Handlung bewirkte Vermögensverschiebung in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung zu erfassen. Durch den Abschluss eines Vertrages werden die Gläubiger daher unmittelbar benachteiligt, wenn der gesamte rechtsgeschäftliche Vorgang die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger verschlechtert.108 Zu beachten ist ferner, dass nach der Rechtsprechung des BGH zwei rechtlich getrennte Geschäfte nach der für die Anfechtung maßgeblichen wirtschaftlichen Betrachtungsweise dann als eine einheitliche Rechtshandlung des Schuldners zu bewerten sind, wenn dessen Wille von Anfang an darauf gerichtet ist, den Leistungsgegenstand in mehreren Akten über eine Mittelsperson dem Anfechtungsgegner zuzuwenden.109

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6. Mehraktige (insbesondere bedingte und befristete) Rechtshandlungen Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Für die Frage der Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen, die aus mehreren Teilakten bestehen, kommt es daher grundsätzlich auf deren Vollendung, also auf den letzten, zur Erfüllung des Tatbestandes bzw. zum Eintritt der Rechtswirkung erforderlichen Teilakt, an.110 Es ist grundsätzlich der letzte Akt maßgebend, durch den die künftige Insolvenzmasse geschmälert und so-

106 BGH v. 21.3.2000 – IX ZR 138/99, MDR 2000, 783 = ZInsO 2000, 333 ff.; v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZIP 2003, 808 ff. 107 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, ZIP 2011, 773 ff.; v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZInsO 2000, 349 ff. 108 BGH v. 21.12.2010 – IX ZA 14/10, WM 2011, 276 Rz. 2; v. 1.7.2010 – IX ZR 58/09, NotBZ 2011, 96 m. Anm. Suppliet = MDR 2010, 1347 = FamRZ 2010, 1548 m. Anm. Bergschneider = ZIP 2010, 1702 ff. Rz. 9. 109 Vgl. BGH v. 19.3.1980 – VIII ZR 195/79, MDR 1980, 751 = NJW 1980, 1795; v. 5.12.1991 – IX ZR 271/90, MDR 1992, 408 = NJW 1992, 834 (835). 110 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166; BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 14 = MDR 2007, 610; HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 3, 4. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

mit die Gläubigerbenachteiligung bewirkt wurde.111 Sämtliche Absätze des § 140 InsO beruhen auf dem Grundgedanken, dass der Zeitpunkt entscheidet, in dem durch die Rechtshandlung eine Rechtsposition begründet wurde, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste.112

B 50 Hängt daher die Wirksamkeit einer Rechtshandlung von einer privatrechtlichen Zustimmung ab, so gilt sie erst zu dem Zeitpunkt als vorgenommen, zu dem die Zustimmung vorliegt, und zwar selbst dann, wenn diese gemäß § 184 Abs. 1 BGB zurückwirkt.113 Der BGH hat inzwischen auch nochmals für die Lastschrift im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens klargestellt, dass für die Vornahme der Rechtshandlung im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt der Genehmigung des Lastschrifteinzugs maßgebend ist und der Bestimmung des § 184 BGB über die Rückwirkung der Genehmigung in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zukommt.114 Bedarf ein Rechtsgeschäft hingegen einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung, so kommt es darauf an, ob die Genehmigung zurückwirken soll und ob das Rechtsgeschäft die Vertragsparteien bereits vor der Genehmigung bindet. So wird etwa die Wirksamkeit des Rechtserwerbs aufgrund eines Rechtsgeschäfts, das der devisenrechtlichen Genehmigung bedarf, nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Genehmigung erst in kritischer Zeit erteilt wird.115

B 51 Hängt das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts von einer Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen ab, so ist § 140 Abs. 2 InsO zu beachten. Danach gilt das Rechtsgeschäft schon dann als vorgenommen, wenn die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat.

B 52 Durch § 140 Abs. 3 InsO wird klargestellt, dass bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht bleibt. Solche Rechtshandlungen gelten daher anfechtungsrechtlich schon vor dem Eintritt der Bedingung oder des Termins als vorgenommen.116

111 BGH v. 26.4.2001 – IX ZR 53/00, MDR 2001, 1190 = ZInsO 2001, 508; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 14 ff. = MDR 2007, 610. 112 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 113 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT- Drucks. 12/2443, S. 166; BGH v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 (103); MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 8. 114 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. Rz. 21; anders jedoch hinsichtlich der Frage, ob ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO gegeben ist. 115 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 8. 116 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (395) = MDR 2005, 51.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 55 B

a) Übereignung beweglicher Sachen; Eigentumsvorbehalt Die Übereignung beweglicher Sachen ist in der Regel mit Einigung und Übergabe bzw. Vereinbarung eines Übergabesurrogats im Sinne der §§ 929 ff. BGB vorgenommen.117 Bei der Übereignung einer künftigen Sache ist der Zeitpunkt ihrer Entstehung maßgebend.118 Sofern der Erwerber schon vor den kritischen Anfechtungszeiträumen eine gesicherte Rechtsposition (Anwartschaftsrecht) erworben hat, ist deren Erwerb maßgebend.119

B 53

Bei der Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt erlangt der Erwerber mit der Übergabe ein Anwartschaftsrecht an der Kaufsache. Wird dem Veräußerer zugleich als Sicherheit für die ihm zustehende Kaufpreisforderung die künftige Forderung aus der Weiterveräußerung abgetreten (verlängerter Eigentumsvorbehalt), so ist die Abtretung gemäß § 140 Abs. 1 InsO erst mit der Entstehung dieser künftigen Forderung vorgenommen.120 Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Forderung aus der Weiterveräußerung an die Stelle des vorbehaltenen Eigentums an der Kaufsache tritt. Sofern daher der Eigentumsvorbehalt in unkritischer Zeit vereinbart wurde, liegt ein bloßer Sicherheitentausch vor, der die übrigen Gläubiger nicht im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt, soweit die Forderung aus der Weiterveräußerung an die Stelle des vorbehaltenen Eigentums getreten ist.121

B 54

Im Schrifttum122 wird unter Berufung auf ein Urteil des BGH vom 14.5.1975123 die Auffassung vertreten, dass die Differenz zwischen dem Wert der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware und dem Wert der vorausabgetretenen Forderung aus der Weiterveräußerung der späteren Insolvenzmasse gebühre. Denn der überschießende Wert sei nicht allein durch die Vorbehaltsware entstanden, sondern gehe auf Leistungen des späteren Insolvenzschuldners zurück. Es wird indes bezweifelt, ob die Entscheidung des BGH vom 14.5.1975 zu dieser Folgerung zwingt.124 Da die Anfechtung nicht weiter greifen könne als die Folgen der Insolvenzeröffnung, könne dem Anfechtungsgegner nicht ein Teil der Forderung entzogen werden, der ihm bei einer Veräußerung durch den Insolvenzverwalter erhalten bliebe. Ein den Wert der Vorbehaltsware übersteigender Wert der Forderung komme also dem Sicherungsnehmer zugute, soweit er den Wert der gesicherten Forderung nicht übersteige.125 In einem wei-

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117 118 119 120 121 122

MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 10. Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 7; Erman/Michalski, 12. Aufl., § 929 Rz. 18. Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 4. Vgl. BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 ff. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band V, § 62 V 3b), S. 379/380. 123 BGH v. 14.5.1975 – VIII ZR 254/73, BGHZ 64, 312 ff. 124 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 208. 125 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 208. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

teren Urteil vom 6.4.2000126 hält der BGH aber offenbar eine Gläubigerbenachteiligung in Höhe des überschießenden Wertes für möglich. Dieser Streit erinnert an die Diskussion um die Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens einer vorausabgetretenen Forderung, die im Rahmen der Forderungsabtretung dargestellt wird.127 Dementsprechend hat der BGH durch Urteil vom 17.3.2011128 entschieden, dass hinsichtlich der vom Vorbehaltskäufer aufgeschlagenen Marge kein Sicherheitentausch gegeben sei. Insoweit habe mit dem Eigentumsvorbehalt noch keine Sicherung vorgelegen; eine solche sei vielmehr erst mit dem Entstehen der abgetretenen Forderung begründet worden. b) Forderungsabtretung aa) Abtretung einer bestehenden Forderung

B 56 Die Abtretung einer bestehenden Forderung ist mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vorgenommen. Dies gilt auch für den Fall, dass eine aufschiebend bedingte Forderung abgetreten wird. Dies folgt allerdings nach zutreffender Auffassung nicht aus § 140 Abs. 3 InsO, da dieser nur bedingte Rechtshandlungen betrifft. Bei der Abtretung einer bedingten Forderung erfolgt die Rechtshandlung selbst, nämlich die Abtretung, jedoch unbedingt. Nur wenn die Abtretung selbst bedingt ist, fällt diese unter § 140 Abs. 3 InsO.129 Wird die Abtretung ausnahmsweise erst mit der Anzeige an einen Drittschuldner wirksam (vgl. etwa § 46 Abs. 2 AO), ist die Abtretung erst mit dem Zugang der Anzeige vorgenommen.130 Erfolgt die Sicherungsabtretung einer bestehenden Forderung aufschiebend bedingt durch die Zahlungsunfähigkeit des Abtretungsempfängers, so ist die Abtretung erst mit dem Eintritt der Bedingung vollendet.131 bb) Vorausabtretung künftiger Forderungen

B 57 Im Gesetz ist nur die Abtretung bestehender Forderungen geregelt (vgl. §§ 398 ff. BGB). Dennoch ist die Abtretbarkeit künftiger Forderungen in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt.132 Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass die Abtretung künftiger Forderungen bereits mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vollendet ist. Der BGH geht zwar davon aus, dass „die Abtretung“ einer künftigen Forderung bereits alle Merkmale enthalte, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe; die Entstehung der abgetretenen Forderung gehöre sogar dann nicht dazu, 126 127 128 129 130 131 132

BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 (934). Vgl. dazu Rz. B60 ff. BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, ZIP 2011, 773 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 13. FK-InsO/Dauernheim, § 140 Rz. 6. BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, NJW-RR 1998, 1057 (1061). Vgl. Staudinger/Busche, Bearbeitung 2005, § 398 Rz. 63 sowie Erman/Westermann, 13. Aufl., § 398 Rz. 11, jeweils m.w.N.

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I. Die Rechtshandlung

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wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei.133 Zugleich betont er jedoch, dass der Rechtsübergang erst mit dem Entstehen der Forderung eintrete; entstehe die im Voraus abgetretene Forderung daher erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, könne der Gläubiger kein Forderungsrecht zu Lasten der Masse mehr erwerben.134 In anfechtungsrechtlicher Hinsicht enthält die Gesetzesbegründung zu § 140 InsO jedenfalls eine klare Aussage: Danach ist die Abtretung einer künftigen Forderung (anfechtungsrechtlich) erst mit der Entstehung der Forderung vorgenommen.135 Dementsprechend ist im Falle der Vorausabtretung einer künftigen Forderung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH das Entstehen der Forderung für die Vollendung der Rechtshandlung – und damit für die Anfechtbarkeit – maßgebend.136 Die Verfügung ist zwar nach Ansicht des BGH bereits mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages beendet;137 der Rechtsübergang tritt aber erst mit dem Entstehen der Forderung ein. Nur wenn der Abtretungsempfänger schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, „bleibt“ die Vorausabtretung insolvenzfest.138 Dies ist gemäß § 140 Abs. 3 InsO etwa bei einer aufschiebend bedingten Forderungsabtretung der Fall, so dass es nicht zur Anfechtbarkeit führt, wenn der Eintritt der Bedingung in den jeweiligen Anfechtungszeitraum fällt, der Abtretungsvertrag selbst jedoch außerhalb des Anfechtungszeitraums abgeschlossen wurde. Es ist jedoch zu beachten, dass eine durch die Zahlungseinstellung des Schuldners als Sicherungsgeber aufschiebend bedingte Forderungsabtretung als inkongruente Deckung anfechtbar ist. Denn in diesem Fall soll die Sicherungsabtretung erst mit der Zahlungseinstellung des Schuldners vollendet sein.139

B 58

Eine Konsequenz aus der Rechtsprechung des BGH besteht darin, dass der Insolvenzverwalter den Abtretungsvertrag (genauer: die Wirkung des

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133 Vgl. BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 (144) = MDR 1997, 557; v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 27 = MDR 2008, 411; v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. Rz. 7; kritisch dazu B. Schäfer, ZInsO 2007, 18 ff.; Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rz. 449 ff.; Eckardt, ZIP 1997, 957 ff.; Gerhardt in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 196 Rz. 9; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 7.38a; Jaeger/Windel, § 91 Rz. 63. 134 Vgl. BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363, 365; v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514. 135 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 136 BGH v. 30.6.1959 – IX ZR 11/59, BGHZ 30, 238 (240); v. 14.5.1975 – VIII ZR 254/73, BGHZ 64, 312 (313); v. 16.3.1995 – IX ZR 72/94, MDR 1996, 61 = ZIP 1995, 630 ff.; v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.; v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = MDR 2007, 112. 137 Vgl. BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 ff. = MDR 1997, 557. 138 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 (365) = MDR 2007, 112. 139 BGH v. 18.2.1993 – IX ZR 129/92, MDR 1993, 437 = NJW 1993, 1640 f. mit kritischer Anmerkung von Paulus, EWiR 1993, 389 f. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Abtretungsvertrages) nicht anfechten kann, wenn dieser in unkritischer Zeit abgeschlossen wurde. Aber der bloße Abschluss des Abtretungsvertrages hat nach der Rechtsprechung des BGH ohnehin noch keine anfechtungsrelevante Wirkung, jedenfalls nicht die, dass schon mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages die künftige Forderung aus dem Vermögen des Schuldners ausscheidet. Der Insolvenzverwalter kann nach Ansicht des BGH nur die weiteren Rechtshandlungen des Schuldners anfechten, mit denen dieser in den Anfechtungszeiträumen die in anfechtungsfreier Zeit im Voraus abgetretene Forderung werthaltig gemacht hat.140 cc) Werthaltigmachen vorausabgetretener Forderungen

B 60 Nach herrschender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum141 kann das „Werthaltigmachen“ vorausabgetretener Forderungen in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände der Anfechtung unterliegen.142 Dabei soll die Anfechtung nicht etwa nur die in der Krise erbrachten Aufwendungen des Schuldners erfassen, sondern darüber hinaus die durch sie bewirkte Wertsteigerung der im Voraus abgetretenen Forderung.143

B 61 Die herrschende Auffassung zur Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens vorausabgetretener Forderungen unterliegt Bedenken. Sie ist maßgeblich auf die Annahme zurückzuführen, dass das Verfügungsgeschäft bereits mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vollendet sei und etwa durch spätere Verfügungsbeschränkungen bzw. den Eintritt der materiellen Insolvenz nicht mehr beeinträchtigt werde, obwohl der Gegenstand der Abtretung noch gar nicht existiert.144 In früheren Entscheidungen145 ist der BGH jedoch noch davon ausgegangen, dass die Verfügungsbefugnis noch beim Eintritt des letzten Tatbestandsmerkmals gegeben sein müsse, sofern das Verfügungsgeschäft außer der Willenserklärung noch weitere 140 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 35 ff. = MDR 2008, 411; v. 17.1.2008 – IX ZR 134/07, DZWIR 2008, 253; v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245, 254 f. = MDR 2001, 152; Gerhardt, Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, S. 169, 178 f.; Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck, S. 269 (277); Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 15 Rz. 5; Piekenbrock, WM 2007, 141 (150); Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl., Rz. 6103 f. 141 Vgl. die Nachweise in der vorigen Fn. 142 Vgl. dazu noch BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, ZIP 2011, 773 ff.; v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245, 254 f. = MDR 2001, 152; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28 (35) = MDR 2001, 1076; v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 ff. 143 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 37 = MDR 2008, 411. 144 Vgl. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff.; HK-InsO/Kayser, § 91 Rz. 19. 145 Vgl. BGH v. 30.5.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360 (366/367); v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 544.

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Wirksamkeitserfordernisse habe, die erst später einträten; bei der Abtretung künftig entstehender Forderungen müsse daher die Verfügungsbefugnis noch zur Zeit der Forderungsentstehung gegeben sein.146 Steht der Wegfall der Verfügungsmacht dem Forderungserwerb entgegen, so erübrigt sich die Anfechtung einer während des Eröffnungsverfahrens entstandenen Forderung. Diese Frage ist auch in anderem Sachzusammenhang von Bedeutung. Der BGH geht auch nach der Abkehr von der sog. „Erlöschenstheorie“147 weiterhin davon aus, dass mit der Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters die Sicherungszession eines Anspruchs des Schuldners aus einem im Eröffnungszeitpunkt beiderseits noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag nach § 103 InsO ihre Wirkung verliere; die erst mit der Erfüllungswahl wieder durchsetzbar gewordenen Ansprüche würden nicht wirksam in die Sicherungszession einbezogen.148 Diese Auffassung wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.149 Der BGH begründe nicht, warum die Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters dazu führen sollte, dass die Sicherungsabtretung an § 91 InsO scheitere. Im Ergebnis dürfte die Auffassung des BGH dennoch zutreffen. Denn der Durchsetzbarkeit der Ansprüche aus einem beiderseits noch nicht vollständig erfüllten gegenseitigen Vertrag steht mit der Insolvenzeröffnung nicht nur die (schuldrechtliche) Einrede des nichterfüllten Vertrages gemäß § 320 BGB, sondern der Verlust der Verfügungsmacht des Schuldners entgegen. § 80 Abs. 1 InsO erfasst nach seinem Sinn und Zweck jeden Rechtsvorgang, der im Ergebnis einer Verfügung über einen Massegegenstand gleichkommt, also auch die Annahme der Leistung des Vertragspartners des Schuldners durch Letzteren, die im Ergebnis den Untergang des Anspruchs des Schuldners zur Folge hätte. Über dessen Schicksal hat aber nach § 80 Abs. 1 InsO allein der Insolvenzverwalter zu entscheiden.150 Kann aber mangels fortbestehender Verfügungsmacht des Schuldners dessen Vertragspartner den Anspruch des Schuldners nicht mehr wirksam erfüllen, so kann andererseits auch der Schuldner nicht von seinem Vertragspartner die Erfüllung des gegenseitigen Vertrages verlangen. Die mangelnde Durchsetzbarkeit des Anspruchs aus einem gegenseitigen Vertrag in der Insolvenz beruht somit in erster Linie auf dem Übergang der

146 Vgl. dazu ausführlich B. Schäfer, ZInsO 2007, 18 ff. und Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rz. 449 ff. 147 BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353, = MDR 2002, 1270 = ZInsO 2002, 577. 148 BGH v. 9.3.2006 – IX ZR 55/04, MDR 2006, 1313 = ZInsO 2006, 429 und v. 5.7.2007 – IX ZR 160/06; v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507. 149 Vgl. etwa Marotzke, Gegenseitige Verträge im neuen Insolvenzrecht, Rz. 4.37; Marotzke in HK-InsO, § 103 Rz. 17a; Henckel in Festschrift für Kirchhof, S. 191, 199 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 20.07. 150 Vgl. dazu RGZ 11, 136, 139. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Verfügungsmacht auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO.151 Vertritt man allerdings die Auffassung, dass die Verfügungsmacht des Schuldners zum Zeitpunkt der Entstehung der im Voraus abgetretenen Forderung nicht mehr gegeben sein müsse, so dürfte diese Begründung nicht mehr greifen.

B 63 Der BGH führt dazu in seinem neueren Urteil vom 22.10.2009152 aus, er halte auch unter der Geltung der Insolvenzordnung an seiner Rechtsprechung fest, wonach die Verfügungsbefugnis beim Abschluss des Verfügungstatbestandes, nicht notwendig jedoch bis zum Eintritt des Verfügungserfolges vorliegen müsse. Es sei anerkannt, dass die Einigkeit über den Rechtsübergang nicht bis zum Entstehen der künftigen Forderung fortbestehen müsse.153 Entsprechendes habe für die Verfügungsmacht zu gelten.

B 64 Diese Argumentation des BGH ist indes weder dogmatisch noch wertungsmäßig abgesichert. Auch er geht jedenfalls davon aus, dass die künftige Forderung noch nicht mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist. Andernfalls könnte er nicht von der Anwendbarkeit des § 91 InsO ausgehen, wenn die Forderung nach der Insolvenzeröffnung entsteht, und im Rahmen des § 140 Abs. 1 InsO darauf abstellen, dass sich die anfechtungsrechtlich entscheidende Gläubigerbenachteiligung erst dann äußere, wenn die Forderung entstanden sei.154 Zumindest haftungsmäßig ist die Forderung demnach mit ihrer Entstehung mindestens für eine logische Sekunde dem Vermögen des Schuldners zuzuordnen. Was aber soll der Grund dafür sein? Dies ist letztlich nur damit zu begründen, dass man über einen Gegenstand erst wirksam verfügen kann, wenn er entstanden ist und nicht erst noch (mit Mitteln der künftigen Insolvenzmasse) geschaffen werden muss. Man muss daher zum Zeitpunkt seiner Entstehung auch noch verfügungsbefugt sein. Auch Serick, auf den sich der BGH in BGHZ 135, 140 ff. bezieht, verbindet seine Ausführungen mit dem Hinweis, man müsse sich stets vor Augen halten, dass das Substrat der Verfügungsmacht, nämlich die Forderung, noch gänzlich fehle.155

B 65 An den Gleichlauf mit dem Recht der beweglichen Sachen ist nochmals

zu erinnern.156 Einigt sich ein Erwerber mit einem Veräußerer über die Übereignung einer erst noch herzustellenden Sache und vereinbart er mit

151 Vgl. dazu B. Schäfer, ZInsO 2007, 18, 19. 152 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. 153 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. Rz. 11 mit Hinweis auf Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., § 398 Rz. 11 und Staudinger/Busche, Bearb. 2005, § 398 Rz. 71. 154 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. Rz. 14. 155 Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band IV, § 49 I 2b). 156 Vgl. B. Schäfer, ZInsO 2007, 18, 20.

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diesem zugleich ein Besitzmittlungsverhältnis hinsichtlich der künftigen Sache, so ist ebenfalls rechtsgeschäftlich alles getan, was zur Herbeiführung des Eigentumsübergangs erforderlich ist. Dennoch erwirbt der Erwerber das Eigentum an der künftigen Sache erst mit deren Entstehung;157 verliert er zwischenzeitlich die Verfügungsmacht, so kann sich der Erwerb nicht mehr vollenden. Nichts anderes kann für den Erwerb einer künftigen Forderung gelten.158 Man kann zwar ohne Zweifel einen Abtretungsvertrag hinsichtlich einer künftigen Forderung (rechtsgeschäftlich bindend) abschließen. Die Verfügungsmacht und die Wirkung des Verfügungsgeschäfts fehlen aber so lange, bis der Gegenstand entsteht, über den verfügt werden soll.159 Die Frage des Einigseins zum Zeitpunkt des Rechtsübergangs kann insoweit nicht entscheidend sein, zumal sie bei der Übereignung beweglicher Sachen ohnehin vielfach auf eine Fiktion hinausläuft. Es erscheint im Übrigen als problematisch, das Verfügungsgeschäft bereits vor dem Entstehen der Forderung als insolvenzfest anzusehen, es aber dennoch dadurch in Frage zu stellen, dass nicht nur der Wert der vom Schuldner in der Krise (zu Lasten der späteren Insolvenzmasse) erbrachten Aufwendungen zur Werthaltigmachung der Forderung, sondern darüber hinaus auch der in der Krise geschaffene Mehrwert der Forderung der Anfechtung unterliegen soll. Der durch die Leistungen des Schuldners in der Krise geschaffene Mehrwert dürfte vielmehr – sofern die Abtretung selbst als anfechtungsfest anzusehen ist – dem Zessionar zugewiesen sein. In dem vom Schuldner geschaffenen Mehrwert sind wirtschaftlich gesehen auch die von ihm zu bestreitenden Finanzierungskosten enthalten, zu deren Sicherung sich der Zessionar die Vorausabtretung in unkritischer Zeit ausbedungen hat. Es unterliegt daher Bedenken, dass anfechtungsrechtlich nicht nur der Aufwand des Schuldners, sondern die weitergehende Wertsteigerung der Forderung von der Anfechtung erfasst werden soll, wenn in der Krise mit geringem Aufwand aus künftigen Massemitteln (etwa bei Mängelbeseitigung) eine hohe Restforderung durchsetzbar gemacht wird.160

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Vorzugswürdig erscheint daher – sofern man nicht den Fortbestand der Verfügungsmacht zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung verlangt – der möglicherweise auch vom BGH vertretene Ansatz,161 die Beseitigung der Einrede des § 320 BGB gemäß § 140 Abs. 1 InsO anfechtungsrechtlich zur Vollendung des Rechtserwerbs an der im Voraus abgetretenen Forderung zu rechnen und die Abtretung anfechtungsrechtlich im Grundsatz

B 67

157 158 159 160 161

Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 7. Vgl. dazu Schwerdtner, NJW 1974, 1785 (1788). Vgl. dazu noch Wallner, ZInsO 2008, 1024 f. Vgl. Eckardt, EWiR 2008, 690. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 37 = MDR 2008, 411. Schäfer

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(vorbehaltlich Teilbarkeit) erst dann als im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO vorgenommen anzusehen, wenn die Einrede nach § 320 BGB insgesamt ausgeräumt ist.162 Andernfalls müsste etwa im Rahmen des § 130 InsO für jede werthaltigmachende Einzelhandlung des Schuldners (bspw. Einmauern von Backsteinen) geprüft werden, ob dem Anfechtungsgegner zum jeweiligen Vornahmezeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt war. Eine solche „Atomisierung“ der rechtlichen Beurteilung ist unpraktikabel und dem geltenden Recht fremd.

B 68 Ein weiteres Problem der Anfechtung des „Werthaltigmachens“ abgetretener Forderungen besteht darin, dass sich die Anfechtung auch gegen den Zessionar richten soll, obwohl etwa durch die in der Krise erbrachten Bauleistungen der Besteller begünstigt wird, mit dem der Werkunternehmer durch eine schuldrechtliche Leistungsbeziehung verbunden ist. Diese Leistungsbeziehung dürfte gegenüber jener zwischen dem Werkunternehmer und dessen Sicherungsnehmer (Kreditgeber) vorrangig sein. Die Anfechtung gegenüber dem Zessionar steht daher im Widerspruch zu dem in ständiger Rechtsprechung des BGH vertretenen Rechtsgrundsatz, dass sich die Ermittlung des „richtigen“ Anfechtungsgegners bei mittelbaren Zuwendungen im Grundsatz nach den Zuordnungskriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs richtet.163 Obwohl danach eine Mehrfachkondiktion grundsätzlich ausgeschlossen ist, geht der BGH davon aus, dass die Anfechtung sowohl gegenüber dem unmittelbaren Leistungsempfänger als auch gegenüber dem Zessionar begründet sein könne.164 c) Rechts- bzw. Forderungsentstehung im Einzelfall aa) Forderungen aus Dienstverträgen

B 69 Nach der Rechtsprechung des BGH und des Bundesarbeitsgerichts entsteht der Anspruch auf Vergütung für geleistete Dienste erst mit der Erbringung der Dienstleistung.165 Dies gilt auch für den Vergütungsanspruch des Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung.166 Wichtig für die Frage des Verhältnisses des § 114 InsO zum Insolvenzanfechtungsrecht ist der Hinweis des BGH, dass § 114 Abs. 1 InsO zwar im Rahmen seines Anwendungsbereichs die Bestimmung des § 91 InsO ver-

162 Vgl. dazu Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 5, 17; Eckardt, EWiR 2008, 689 f.; Wagner, WuB VI A. § 134 InsO 3.08. 163 Vgl. BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98 – „Computeranlage“, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463; v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZInsO 2004, 499 ff. 164 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = ZInsO 2008, 209 ff. 165 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = MDR 2007, 112; v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff. Rz. 13; BAG v. 17.2.1993 – 4 AZR 161/92, BAGE 72, 238 ff. 166 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = MDR 2007, 112.

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dränge, wonach Rechte an den Gegenstände der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht (mehr) wirksam erworben werden könnten. Der Gesetzgeber des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes167 habe jedoch klargestellt, dass nach seiner Auffassung Vorausabtretungen der Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 InsO generell unwirksam wären, wenn es die Bestimmung des § 114 Abs. 1 InsO nicht gäbe. § 114 InsO verdränge daher in seinem Anwendungsbereich nicht die Bestimmungen über die Insolvenzanfechtung. Dementsprechend hat der BGH durch Urteil vom 26.6.2008168 entschieden, dass § 114 Abs. 3 InsO nicht die Anwendbarkeit der Anfechtungsvorschriften auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen hinsichtlich der Bezüge eines Arbeitnehmers ausschließt. Der Umstand, dass § 114 Abs. 3 Satz 3 InsO die Regelung über die Rückschlagsperre (§ 88 InsO) unberührt lasse, erlaube nicht den Gegenschluss, andere Regelungen, welche die Zeit vor der Insolvenzeröffnung beträfen, seien nicht anwendbar.

B 70

bb) Miet- und Leasingforderungen Bei Mietforderungen – und darüber hinaus allgemein bei Dauerschuldverhältnissen – ist nach der Rechtsprechung des BGH entscheidend, ob das Recht auf die Leistung bereits mit dem Abschluss des Vertrages „betagt“ oder gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 BGB erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entsteht, bei Mietverträgen also nicht vor dem Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Gebrauchsüberlassung.169 Jedenfalls bei einem normalen Mietvertrag über Grundstücke hat derjenige, der sich Mietforderungen im Voraus abtreten lässt, keine gesicherte Rechtsposition, bis der Zeitraum, für den die geschuldete Rate geschuldet wird, wenigstens nahe bevorsteht. Dies rechtfertigt es nach Ansicht des BGH, die abgetretenen Ansprüche nicht als betagt, sondern als befristet im Sinne des § 163 BGB anzusehen. Sie entstehen daher nicht vor dem Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Nutzungsüberlassung.170

B 71

Leasingforderungen der Grundmietzeit sind nach Ansicht des BGH „in jeder Weise durch den Leasingvertrag rechtlich festgelegt“; sie sollen daher „regelmäßig“ betagte Forderungen darstellen, die nur noch nicht fällig

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167 Vgl. BT-Drucks. 14/5680, S. 17. 168 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff. 169 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.; v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = ZIP 2007, 1507 (1509) Rz. 17; v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, Rz. 10, NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 170 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. Rz. 14; vgl. zu einem atypischen Mietvertrag allerdings BGH v. 4.11.2009 – XII ZR 170/07, MDR 2010, 195 = ZIP 2010, 332 ff.: betagte Forderungen; kritisch dazu Christiansen, ZInsO 2010, 653 ff. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

sind.171 Für die Anfechtbarkeit der Abtretung von Leasingforderungen ist demnach der Abschluss des Leasingvertrages maßgebend.

B 73 Zu einem atypischen Mietvertrag, bei dem der Vermieter die wesentlichen Gegenleistungspflichten für die monatlich fällig werdenden Mietzinsen bereits zu Beginn des Mietvertrages erbracht hatte, hat der BGH durch Urteil vom 4.11.2009172 entschieden, dass die Mietforderungen als betagte Forderungen anzusehen seien. In dem entschiedenen Fall waren der Mietvertrag für 60 Monate fest abgeschlossen, die Miete abschließend festgelegt, die Sach- und Gegenleistungsgefahr abgewälzt und ein Gewährleistungsausschluss unter Abtretung der Gewährleistungsansprüche des Vermieters vereinbart worden. Es ging in dem entschiedenen Fall allerdings darum, ob der Zessionar der Mietforderungen die zwischen Zedent und Mieter vereinbarte vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages gegen sich gelten lassen muss, wenn der Mieter beim Abschluss der Aufhebungsvereinbarung die Abtretung kannte. cc) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB

B 74 Die Unsicherheit der Rechtsprechung des BGH hinsichtlich der Forderungsentstehung wird besonders am Herausgabeanspruch nach § 667 BGB deutlich. Im Urteil vom 1.6.1978173 ist er noch davon ausgegangen, dass der Anspruch gemäß § 667 BGB „im Kern“ und damit der Sache nach „gesetzlich bedingt“ im Sinne des § 54 KO schon vor der Konkurseröffnung entstanden sei. In einem neueren Urteil vom 14.6.2007174 weist er hingegen unter Aufgabe von BGHZ 71, 380 ff. zu Recht darauf hin, dass der Herausgabeanspruch nicht schon mit der Begründung des Auftragsbzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses, sondern erst mit dem Eingang des Erlangten beim Auftragnehmer entstehe. Die Vertragspflicht aus § 667 BGB treffe den Beauftragten bis zur Einziehung nicht bedingt oder betagt, da die Einziehung weder als Bedingung noch als Zeitbestimmung im Sinne der §§ 158 ff. BGB anzusehen, sondern Inhalt des Rechtsgeschäfts selbst sei. dd) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB

B 75 Obwohl der BGH u.a. im Urteil vom 20.3.2003175 davon ausgegangen ist, dass § 140 Abs. 3 InsO nur Fälle rechtsgeschäftlicher Bedingungen betreffe, sieht er den Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 HGB als aufschiebend bedingt an. Bedingung sei die Ausführung des vom Han171 BGH v. 14.12.1989 – IX ZR 283/88, BGHZ 109, 368 ff. = MDR 1990, 432 = CR 1990, 274; kritisch dazu B. Schäfer, BB 1989, 82 ff.; Tintelnot, JZ 1990, 872 ff.; Eckert, ZIP 1990, 185 ff. 172 BGH v. 4.11.2009 – XII ZR 170/07, MDR 2010, 195 = ZIP 2010, 332 ff. 173 BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380 ff. 174 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = DZWIR 2007, 473 ff. 175 Vgl. BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f.

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delsvertreter abgeschlossenen Geschäfts durch den Unternehmer.176 Diese ist jedoch nicht rechtsgeschäftliche Bedingung, sondern gemäß § 87a HGB tatbestandliche Voraussetzung für die Fälligkeit des Provisionsanspruchs.177 d) Verpfändung und Pfändung von Forderungen aa) Pfandrecht an bestehenden und künftigen Forderungen Die Verpfändung einer bestehenden Forderung setzt gemäß § 1280 BGB eine Anzeige an den Drittschuldner voraus und ist daher erst mit deren Vornahme vollendet.178 Die Pfändung bestehender Forderungen wird nach § 829 Abs. 3 ZPO mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner wirksam.

B 76

Die Frage, wann bei sogenannten „gestreckten“ Verpfändungen bzw. Pfändungen, welche künftige Forderungen betreffen, die Rechtshandlung vorgenommen ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Es ist zunächst gedanklich zu unterscheiden zwischen der Pfändung bzw. Verpfändung einer künftigen Sache oder eines künftigen Rechts („Pfandrecht an künftiger Forderung“) und der Pfändung bzw. Verpfändung einer bestehenden Sache oder eines bestehenden Rechts zur Sicherung einer künftigen Forderung („Pfandrecht für künftige Forderung“).179 Zur anfechtungsrechtlichen Beurteilung der ersten Fallgruppe lässt sich der Gesetzesbegründung zu § 140 Abs. 1 InsO eine Aussage entnehmen. Danach ist die Abtretung einer künftigen Forderung erst mit der Entstehung der Forderung vorgenommen. Konsequenterweise gilt dies auch für die Verpfändung bzw. Pfändung künftiger Forderungen. Davon geht auch der BGH inzwischen zu Recht in ständiger Rechtsprechung aus.180 Soweit sich die Pfändung auf eine künftige Forderung bezieht, wird danach ein Pfandrecht erst mit deren Entstehung „begründet“, so dass auch anfechtungsrechtlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist.181 So entsteht insbesondere das Pfandrecht nach den AGB-Banken erst mit dem (künftigen) Anspruch des Kunden auf Gutschrift.182

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176 177 178 179

BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. = MDR 2005, 51. Vgl. dazu näher unten Rz. M45. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 17. Vgl. dazu BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08 – „Doppelsicherung“, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 180 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. = MDR 2004, 775; v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 Rz. 9. 181 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 9 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 182 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651 ff. Rz. 12; v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, NJW 2003, 2171 f. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 78 Nach dem neueren Urteil des BGH vom 14.1.2010183 kann ein Pfandrecht unter Beachtung aller rechtlichen Voraussetzungen einer Pfandrechtsbestellung einschließlich der Anzeige nach § 1280 BGB in der Weise an einer künftigen Forderung bestellt werden, dass das Pfandrecht zeitgleich mit der Forderung entsteht. Zwar gehöre die Entstehung des Rechts nicht zum Verfügungstatbestand, doch könne die Verpfändung einer künftigen Forderung erst dann Rechtswirkung entfalten, wenn diese selbst entstehe. Von einer gesicherten Rechtsstellung könne nur dann ausgegangen werden, wenn sie dem Erwerber nicht mehr entzogen werden könne und ihr Eintritt nicht von freien Entscheidungen des Schuldners oder eines Dritten abhänge.184 bb) Pfandrecht an bestehenden Sachen oder Rechten zur Sicherung künftiger Forderungen

B 79 Der BGH betont in seinem Urteil vom 17.9.2009185 zur Doppelsicherung durch Grundschuld und Pfändung künftiger Mietforderungen, dass nicht die Fallgestaltung gegeben sei, in der ein (unbedingtes) Sicherungsrecht an einem schon bestehenden Recht eine künftige Forderung besichere, wobei die gesicherte Forderung unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung stehe. Dies trifft zu, da es in dem von ihm entschiedenen Fall um ein Pfandrecht an künftigen Mietforderungen ging. Über die davon zu unterscheidende Fallgruppe des Pfandrechts an einer bestehenden Sache bzw. einem bestehenden Recht zur Sicherung einer künftigen Forderung hat der BGH in einem früheren Urteil vom 14.12.2006186 entschieden. Danach kommt es für die Anfechtbarkeit einer mehraktigen Rechtshandlung auf deren Vollendung, also auf den letzten zur Erfüllung des Tatbestandes erforderlichen Teilakt, an. Im Fall der Vorausabtretung einer künftigen Forderung ist daher auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Forderung entsteht. Der BGH weist in diesem Urteil vom 14.12.2006 auf seine bisherige Rechtsprechung hin, wonach bei rechtsgeschäftlichen Pfandrechten an beweglichen Sachen und an bereits bestehenden Rechten anfechtungsrechtlich der Zeitpunkt ihrer Bestellung maßgebend ist, auch soweit sie der Sicherung künftiger Forderungen dienen. Ob an dieser Rechtsprechung noch festzuhalten sei, könne offenbleiben. Für das Vermieterpfandrecht ergebe sich aus dem Rechtsgedanken des § 140 Abs. 3 InsO, dass anfechtungsrechtlich auf den Zeitpunkt der Pfandrechtsentstehung abzustellen sei. Danach bleibe bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder 183 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, ZIP 2010, 335 ff. Rz. 18. 184 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, ZIP 2010, 335 ff. Rz. 20; v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07, MDR 2009, 412 = ZIP 2009, 228 ff. Rz. 12. 185 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 15 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 186 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 81 B

Befristung außer Betracht. Maßgebend sei dann der Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände. Bei Mietzinsforderungen, die als aufschiebend befristete Ansprüche unter diese Bestimmung fielen, sei dies der Abschluss des Mietvertrages. Die Auffassung, dass das Pfandrecht schon vor der Entstehung der zu sichernden Forderung entstehe und vor allem auch schon Wirkung entfalte, überzeugt nicht.187 Auch hier muss man zwischen der Begründung und der Entstehung eines Pfandrechts unterscheiden. Selbst wenn anzunehmen wäre, dass der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Entstehung (nicht: Begründung) eines forderungslosen Pfandrechts ausging – was keineswegs zwingend erscheint –, so hat doch der spätere Insolvenzschuldner eine Einrede gegen das Pfandrecht, dem noch keine gesicherte Forderung zugrunde liegt. Diese Einrede steht mit der Insolvenzeröffnung der Masse zu. Deshalb kann nach der Insolvenzeröffnung kein Absonderungsrecht mehr zum Nachteil der Masse entstehen, wenn die zu sichernde Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters entsteht (§ 91 InsO). Dementsprechend ist auch für die Anfechtung ausschlaggebend, dass dem Insolvenzschuldner zum Nachteil seiner Gläubiger die Einrede der Nichtvalutierung gegen das Pfandrecht entzogen wird, wenn die gesicherte Forderung erst in der kritischen Zeit entsteht.188

B 80

cc) Nachträgliche „Unterlegung“ eines Pfandrechts durch gesicherte Forderung Im Urteil des BGH vom 19.3.1998189 ging es um ein Pfandrecht der Bank nach Nr. 14 AGB-Banken an der gegen sie selbst gerichteten Forderung auf Auszahlung des Guthabens der Schuldnerin. Das unanfechtbar begründete Pfandrecht war zunächst noch nicht durch eine gesicherte Forderung „unterlegt“ und somit jedenfalls noch nicht verwertbar. Die gesicherte Forderung wurde erst später begründet. Der BGH weist darauf hin, dass die Verfügung im Falle der Vorausverpfändung einer künftigen Forderung zwar schon mit dem Abschluss des Verpfändungsvertrages beendet sei. Das Pfandrecht werde aber erst begründet, wenn die verpfändete Forderung entstehe.190 Die verklagte Bank habe an der gegen sie selbst gerichteten Forderung auf Auszahlung des Guthabens der Schuldnerin ein 187 Vgl. dazu Berger, NZI 2007, 566 ff. und Mitlehner, ZIP 2007, 804 ff. 188 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 17, 18; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 15; kritisch gegenüber der Rechtsprechung des BGH auch HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 4 m. FN 29. 189 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342; vgl. dazu noch BGH v. 13.3.2007 – XI ZR 383/06, MDR 2007, 896 = ZIP 2007, 905 ff. 190 Vgl. dazu noch BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff. Rz. 10 sowie OLG Köln v. 18.2.1987 – 13 U 170/86, ZIP 1987, 907 (908). Schäfer

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B 81

B Rz. 81

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Pfandrecht begründen können. Unerheblich sei hingegen der Zeitpunkt, in dem die zu sichernden Forderungen entstünden, sofern es nur überhaupt dazu komme.191 Mit dem Hinweis, dass es für die Begründung des Pfandrechts unerheblich sei, wann die zu sichernden Forderungen entstünden, verweist der BGH auf die Unterscheidung zwischen dem Pfandrecht (an einer bestehenden Forderung) für eine künftige Forderung und dem Pfandrecht an einer künftigen Forderung. Das Pfandrecht an einer künftigen Forderung wird erst mit der Entstehung der verpfändeten Forderung begründet. Das Pfandrecht für eine künftige (zu sichernde) Forderung soll hingegen schon mit dessen Bestellung wirksam sein. Zu beachten ist allerdings, dass der BGH im Urteil vom 14.12.2006192 offengelassen hat, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. dd) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung

B 82 Bis in die jüngste Zeit war allerdings streitig, ob in den kritischen Anfechtungszeiträumen erbrachte Zahlungen an einen Gläubiger, zu dessen Gunsten in unkritischer Zeit ein Grundpfandrecht bestellt worden war und der später zusätzlich die (künftigen193) Mietforderungen des Schuldners gegen einen Dritten pfändete, der Anfechtung unterliegen. Wäre ein Grundpfandrecht bereits mit seiner Bestellung auch schon hinsichtlich künftiger Mietforderungen entstanden und wirksam, so würden die Insolvenzgläubiger durch die Zahlungen, die aufgrund der späteren Pfändung an den Gläubiger erbracht wurden, nicht mehr benachteiligt. Insoweit hatte der BGH noch durch Urteil vom 9.11.2006194 in einem Fall der späteren Abtretung von Mietforderungen an den durch Grundschuld gesicherten Zessionar entschieden, die Grundschuldhaftung begründe ein gegenwärtiges Pfandrecht an den – auch künftigen – Mietforderungen. Davon ist der BGH in seinem neueren Urteil vom 17.9.2009195 abgerückt. Ist das durch Pfändung der Mietforderung entstandene Pfandrecht anfechtbar, weil der Nutzungszeitraum, für den die Mieten geschuldet sind, in der anfechtungsrelevanten Zeit begonnen hat, führt es nicht zur Annahme eines masseneutralen Sicherheitentauschs, dass die Mietforderung zugleich in den Haftungsverband einer Grundschuld fällt. 191 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff. Rz. 10 mit Hinweis auf BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, BGHZ 86, 340 (347) = MDR 1983, 484 und v. 29.11.1984 – IX ZR 44/84, BGHZ 93, 71 (76) = MDR 1985, 404. 192 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 193 Vgl. dazu BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 (514); v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 12 = MDR 2007, 610. 194 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, MDR 2007, 616 = NotBZ 2007, 17 = ZInsO 2006, 1321 f. 195 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08 – „Dopelsicherung“, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 85 B

Der BGH bestätigt mit seinem Urteil vom 17.9.2009 die Richtigkeit der Auffassung, wonach zwischen der Begründung und der Entstehung bzw. Wirksamkeit von Rechten zu unterscheiden ist. Wenn es etwa in § 1204 Abs. 2 BGB heißt, das Pfandrecht könne auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das Pfandrecht damit nicht nur begründet, sondern auch schon entstanden ist und bereits Wirkung entfaltet. Dagegen dürfte vielmehr die Regelung in § 1209 BGB sprechen, wonach für den Rang des Pfandrechts die Zeit der Bestellung auch dann maßgebend ist, wenn es für eine künftige oder bedingte Forderung bestellt ist. Dieser Regelung hätte es wohl nicht bedurft, wenn nach § 1204 Abs. 2 BGB das Pfandrecht für eine künftige Forderung schon mit der Bestellung als entstanden bzw. wirksam anzusehen sein sollte.196 § 1209 BGB bestimmt lediglich den Rang mehrerer Pfandgläubiger untereinander, sagt aber nichts über das Verhältnis des Pfandgläubigers zu der Insolvenzmasse und zu den Insolvenzgläubigern.197

B 83

e) Lastschriftverfahren Eine mehraktige Rechtshandlung stellt auch der Lastschrifteinzug durch den Gläubiger des späteren Insolvenzschuldners dar. Bei der Zahlung des Schuldners per Lastschrift im sogenannten „Abbuchungsverfahren“ ist dem Gläubiger der ihm von seiner Bank zunächst unter dem Vorbehalt des Eingangs vorläufig gutgeschriebene Einzugsbetrag erst mit wirksamer Einlösung der Lastschrift durch die Zahlstellenbank des Schuldners endgültig zugewandt.198

B 84

Beim „Einziehungsermächtigungsverfahren“ räumt der Schuldner nach der Rechtsprechung des BGH dem Gläubiger mit der Erteilung der Einziehungsermächtigung nicht das Recht ein, über sein Konto zu verfügen. Vielmehr greift der Gläubiger beim Einziehungsermächtigungsverfahren auf das Schuldnerkonto zu, ohne vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben.199 Daher bedarf die Belastungsbuchung der Genehmigung des Schuldners; erst mit deren Erteilung ist die Zahlung des Schuldners im Sinne der §§ 129 Abs. 1, 140 Abs. 1 InsO vorgenommen.200 Bevor der

B 85

196 Vgl. dazu J. Wilhelm, Sachenrecht, 3. Aufl., Rz. 1892; a.A. etwa BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, BGHZ 86, 340 (347) = MDR 1983, 484 und Erman/ Michalski, 13. Aufl., § 1204 Rz. 11. 197 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 17. 198 BGH v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, MDR 2003, 652 = ZInsO 2003, 324 ff. Rz. 18; van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 58 Rz. 164. 199 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. Rz. 10 = MDR 2010, 1199. 200 BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff. = MDR 2005, 354; v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Schäfer

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B Rz. 85

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Schuldner die Genehmigung nicht erklärt hat, ist die einzuziehende Forderung nicht erfüllt (sog. „Genehmigungstheorie“).201

B 86 Wird über das Vermögen des Schuldners eine Verfügungsbeschränkung gemäß §§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 24 Abs. 1, 80, 81 InsO verhängt und hat der Schuldner den Lastschrifteinzug zu diesem Zeitpunkt noch nicht genehmigt, so kann sich die schwebende Verfügung nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats des BGH nicht mehr zu Lasten der künftigen Insolvenzmasse vollenden.202 Hat der Schuldner die Verfügung erst in den kritischen Anfechtungszeiträumen genehmigt, so ist die Genehmigung als Abschluss eines mehraktigen Zahlungsvorgangs anfechtbar. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Insolvenzverwalter bei einem debitorischen Konto lediglich eine Korrektur der ungenehmigten Belastung, nicht aber die Auszahlung des Lastschriftbetrages verlangen kann, wenn er die Genehmigung der Lastschrift verweigert bzw. die Befriedigung des Gläubigers anficht.203

B 87 Trotz teilweiser Kritik im Schrifttum hat der IX. Zivilsenat des BGH sei-

ne Rechtsprechung u.a. durch Urteil vom 25.10.2007204 zunächst bekräftigt. Er ist der Auffassung entgegengetreten, dass der Insolvenzverwalter nicht mehr Rechte haben könne als der Schuldner („Fußstapfentheorie“). Der Insolvenzverwalter dürfe der mangels Genehmigung fortbestehenden und nicht insolvenzgesicherten Forderung keine Vorzugsstellung gegenüber ranggleichen Forderungen einräumen. Eine Genehmigung der Belastungsbuchung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken sei nicht möglich. Dessen Befugnis beschränke sich darauf, die Gläubigergesamtheit vor einer Vermögensminderung der Masse zu schützen. Sofern der endgültige Insolvenzverwalter jedoch das Schuldnerkonto längere Zeit ohne Widerruf der Lastschriften weiterbenutze, genehmige er diese konkludent.

B 88 Der XI. Zivilsenat des BGH ist dieser Auffassung des IX. Zivilsenats zu-

nächst entgegengetreten.205 Dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter stün-

201 BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff. Rz. 14 = MDR 2005, 354; vgl. dazu noch van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 58 Rz. 175 ff.; Kümpel, Bank- u. Kapitalmarktrecht, Rz. 4.425; a.A. Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 636. 202 BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff. = MDR 2005, 354; bestätigt durch BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 173/02, MDR 2007, 361 = ZIP 2006, 2046 und durch BGH v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166. 203 Vgl. BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 78/07, MDR 2009, 833 = ZIP 2009, 673 ff. 204 BGH v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166. 205 Vgl. BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. = MDR 2008, 1361; Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 ff.; Nobbe, WM 2009, 1537 ff.; kritisch Nassall, NJW 2008, 3354 f.; vgl. dazu ferner Kirchhof, WM 2009, 337 ff.; G. Fischer, WM 2009, 629 ff.; Ries, ZInsO 2009, 889 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 90 B

den nicht mehr und keine anderen Rechte zu als dem Schuldner.206 Sofern die neue Rechtsprechung des IX. Zivilsenats insolvenzrechtlich die zwingende Folge der Genehmigungstheorie sein sollte, werde zur Erhaltung der Akzeptanz des Einzugsermächtigungsverfahrens zu überlegen sein, ob für das Valutaverhältnis auch in Zukunft an der Genehmigungstheorie festgehalten werden könne. Im Schrifttum wurde indes zu Recht darauf hingewiesen, dass anerkanntermaßen nicht jeder Widerspruch des Schuldners bei bestehendem Zahlungsanspruch des Gläubigers missbräuchlich sei.207 Sehe der Schuldner im Zustand der Zahlungsunfähigkeit bewusst davon ab, die nicht bevorrechtigte Forderung eines Gläubigers zu befriedigen, handle er in der Regel weder rechts- noch sittenwidrig, da sein Handeln dem in der materiellen Insolvenz geltenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung entspreche. Dies gelte erst recht für den (vorläufigen) Insolvenzverwalter.

B 89

Der IX. und der XI. Zivilsenat des BGH haben sich inzwischen bemüht, in zwei neueren Urteilen vom 20.7.2010208 „einheitliche Rechtsgrundsätze zur Insolvenzfestigkeit einer mittels Einzugsermächtigungslastschrift bewirkten Zahlung“ zu entwickeln und damit die Differenzen in der Rechtsprechung beider Senate beizulegen.209 Für die sich schon nach bisherigem Recht anbietende Annahme einer Vorausermächtigung des Lastschriftschuldners unter der Voraussetzung des einwandfreien (einwendungs-, einrede- und aufrechnungsfreien) Bestehens der Forderung des Lastschriftgläubigers vermochte sich der BGH auch weiterhin nicht zu entscheiden. Er geht für das bisherige Recht nach wie vor davon aus, dass die Schuldnerbank auf der Grundlage der fortgeltenden Genehmigungstheorie ohne girovertragliche Weisung auf das Konto des Schuldners zugreife.210 Lediglich für das auf europäischer Ebene neu eingeführte SEPALastschriftverfahren nimmt er an, dass die Zahlung mittels Lastschrift bereits vorab mit der Erteilung des SEPA-Lastschriftmandats autorisiert werde. Der Zahlungsauftrag an die Schuldnerbank werde dieser durch den Zahlungsempfänger als Erklärungsboten (vgl. § 120 BGB) über sein Kreditinstitut übermittelt.211 Diese letztere Annahme hätte sich im Interesse einer Gesamtlösung des zu Recht als untragbar erkannten pauschalen Widerspruchs der Verwalter gegen schwebende Lastschrifteinzüge im

B 90

206 Vgl. dazu noch BGH v. 6.6.2000 – XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349 = MDR 2000, 1203 m. Anm. Krüger (351). 207 Vgl. HK-InsO/Kayser, 5. Aufl., § 82 Rz. 37; Nassall, NJW 2008, 3354/3355. 208 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff.; v. 20.7.2010 – IX ZR 37/09, FamRZ 2010, 1657 = MDR 2010, 1202 = ZIP 2010, 1552 ff. 209 Vgl. Pressemitteilung des BGH Nr. 152/2010 v. 20.7.2010. 210 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 14. 211 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 17. Schäfer

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B Rz. 90

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Sinne einer „modifizierten Ermächtigungstheorie“ bereits für das bisherige Recht angeboten.212

B 91 Aus anfechtungsrechtlicher Sicht ist bedeutsam, dass der BGH zwar annimmt, die mittels eines SEPA-Lastschriftverfahrens bewirkte Zahlung habe auch dann Bestand, wenn nach der Belastungsbuchung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zahlungspflichtigen eröffnet bzw. im Eröffnungsverfahren Sicherungsmaßnahmen angeordnet würden; er weist jedoch zugleich darauf hin, dass nach der Insolvenzeröffnung (allein) eine Anfechtung in Betracht komme.213

B 92 Der BGH unterscheidet zwischen dem SEPA-Firmenlastschriftverfahren

(vgl. § 675e Abs. 4 BGB) und dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren.214 Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren ist die Forderung des Gläubigers bereits mit vorbehaltsloser Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers erfüllt.215 Aber auch beim SEPA-Basis-Lastschriftverfahren tritt mit der vorbehaltslosen Gutschrift Erfüllung ein, allerdings unter der auflösenden Bedingung des Erstattungsverlangens des Schuldners gemäß § 675x BGB.216 Dabei ist die Zahlung auch dann insolvenzfest, wenn vor dem Ablauf der Acht-Wochen-Frist des § 675x Abs. 4 BGB das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder im Eröffnungsverfahren Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. Denn der Erstattungsanspruch nach dem SEPA-Basislastschriftverfahren fällt nach Ansicht des BGH nicht in die Insolvenzmasse, so dass der Insolvenzverwalter insoweit keine Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO erlangt.217

B 93 Auch wenn der Insolvenzverwalter den Zahlbetrag in entsprechender Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB, wonach das Recht zur Rücknahme (des hinterlegten Gegenstandes) nicht der Pfändung unterworfen ist, nicht durch Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 675x BGB zur Masse ziehen kann, bleibt sein Anfechtungsrecht hiervon unberührt. Der BGH bekräftigt jedoch erneut, dass es für die Frage, ob ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vorliegt, auch beim SEPA-Verfahren auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs – und nicht auf den der späteren Genehmigung – ankommt.218

212 Vgl. zur Ermächtigungstheorie Canaris in WM 1980, 354 ff. und in Bankvertragsrecht, Rz. 531, 532, 543. 213 A.a.O., Rz. 18. 214 A.a.O., Rz. 24. 215 A.a.O., Rz. 21. 216 A.a.O., Rz. 25. 217 A.a.O., Rz., 27, 29. 218 A.a.O., Rz. 34; vgl. dazu noch BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 171/07, WM 2009, 958 ff. Rz. 10; v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. = MDR 2008, 1361 Rz. 47; v. 29.5.2008 – IX ZR 42/07, MDR 2008, 1001 = WM 2008, 1327 ff. Rz. 15.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 95 B

Für das bisherige Recht erhofft sich der BGH durch eine weitergehende Annahme konkludenter Genehmigungen von Lastschrifteinzügen eine „gewisse Entspannung der derzeitigen Situation“.219 Allein aus der bloßen Weiterbenutzung des Kontos kann die kontoführende Bank jedoch nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige den um die Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand.220 Insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen kann aber jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine konkludente Genehmigung vorliegen, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dem Einzug nicht innerhalb einer angemessenen Prüffrist widerspricht und er einen früheren Einzug bereits genehmigt hatte.221 Zu der Frage, welche Prüfungsfrist angemessen sein soll, hat sich der BGH bislang noch nicht geäußert. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München222 soll in bestimmten Fällen eine Prüfungsfrist von drei Bankarbeitstagen als ausreichend anzusehen sein, etwa bei regelmäßig, in gleichen Zeitabständen wiederkehrenden Lastschriften in vergleichbarer Höhe, oder wenn die Lastschriften erkennbar auf eigenen Anmeldungen des Schuldners beruhen.223

B 94

Stellt der Schuldner in Kenntnis der Abbuchungen im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen erst ausreichende Kontodeckung sicher, ohne die die kontoführende Bank die Lastschriften nicht ausgeführt hätte, kann dies für eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten sprechen.224 Auch in diesem Fall ist daher der Insolvenzverwalter auf eine mögliche Anfechtung des Lastschrifteinzugs verwiesen. Zumindest im unternehmerischen Geschäftsverkehr kann ferner die Tatsache, dass ein Kontoinhaber nicht eingelöste Lastschriften durch konkrete, nachträgliche Überweisungen ausgleicht, im Einzelfall für eine konkludente Genehmigung zuvor gebuchter Lastschriften sprechen, durch deren Widerruf er sich auf leichterem Weg hätte Liquidität verschaffen können.225 Werden fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Last-

B 95

219 Vgl. Pressemitteilung Nr. 152/2010 vom 20.7.2010. 220 BGH v. 20.7.2010 – IX ZR 236/07, ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 47; v. 26.10.2010 – XI ZR 562/07, MDR 2011, 57 = ZIP 2010, 2407 ff. Rz. 19. 221 BGH v. 20.7.2010 – IX ZR 236/07, ZIP 2010, 1556 ff. 222 OLG München v. 20.12.2010 – 19 U 2126/09, ZIP 2011, 43 ff.; Revision beim BGH unter dem Az. XI ZR 39/11 anhängig. 223 Dazu zu Recht kritisch Gantenberg/Grochowski, EWiR 2011, 191 f.; Freitag, NZI 2011, 285, 290 f. 224 BGH v. 26.10.2010 – XI ZR 562/07, MDR 2011, 57 = ZIP 2010, 2407 ff. 225 BGH v. 25.1.2011 – XI ZR 171/09, MDR 2011, 616 = ZIP 2011, 482 ff. Schäfer

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B Rz. 95

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

schriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet.226

B 96 Nach dem jüngst ergangenen Urteil des XI. Zivilsenats des BGH vom

3.5.2011227 gilt Gleiches wie im unternehmerischen Geschäftsverkehr im Grundsatz auch bei Verbrauchern. Allerdings kann die kontoführende Bank bei einem Verbraucher nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden. Es muss vielmehr anhand konkreter Anhaltspunkte für die Bank erkennbar sein, dass der Verbraucher die Überprüfung vorgenommen hat. Erst dann und nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist kann sie davon ausgehen, dass er keine Einwendungen gegen die aus dem Kontoauszug ersichtlichen Buchungen erhebt. In der Regel soll die Bank aber spätestens dann, wenn der Verbraucher bei monatlichen und im wesentlichen gleich hohen Lastschriftbuchungen bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen können, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden.

B 97 Wichtig für die Frage des Anwendungsbereichs des Anfechtungsrechts

sind zwei weitere Urteile des IX. Zivilsenats des BGH vom 30.9.2010228 und vom 21.10.2010.229 Nach dem Urteil vom 30.9.2010 gilt eine vom Schuldner im Lastschriftweg veranlasste Zahlung als genehmigt, wenn ihr der danach bestellte, mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter bis zum Ablauf der Sechs-Wochen-Frist nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen a.F. nicht widerspricht. Der IX. Zivilsenat hat sich damit im Ergebnis der Auffassung des XI. Zivilsenats angeschlossen, wonach eine in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute fingierte Genehmigung nicht nur im Rechtsverhältnis zum endgültigen und vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalter, sondern auch gegenüber dem vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalter wirkt. Der BGH stellt jedoch klar, dass für die Vornahme der Rechtshandlung im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt der Genehmigung maßgebend ist und der Bestimmung des § 184 BGB über die Rückwirkung der Genehmigung in diesem Zusammenhang – anders als für die Frage des engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung im Rahmen des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO – keine Bedeutung zukommt.230

226 BGH v. 27.9.2011 – IX ZR 328/09, ZIP 2011, 2400 ff. 227 BGH v. 3.5.2011 – XI ZR 152/09 ZIP 2011, 1252 ff. 228 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. unter Aufgabe von BGHZ 174, 84, 92 ff. Rz. 21 ff. und im Anschluss an BGHZ 177, 60, 81 ff. Rz. 30 ff. 229 BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 ff. 230 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. Rz. 21; vgl. dazu ferner Jacoby, ZIP 2010, 1725 (1729); Werres, ZInsO 2008,

58 Schäfer

I. Die Rechtshandlung

Rz. 99 B

Nach dem Urteil des BGH vom 21.10.2010231 ist im Falle einer Abbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung eine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO in der Genehmigung des Schuldners zu sehen, mit der er einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt. Das Urteil betrifft jedoch nur die Frage der Anfechtbarkeit gegenüber dem Lastschriftgläubiger. Mit der Frage der Anfechtbarkeit gegenüber der Schuldnerbank nach den §§ 130, 132 Abs. 2 InsO hat sich der IX. Zivilsenat nur beiläufig in einem Urteil vom 25.10.2007232 befasst, in dem er darauf hinweist, dass die Anfechtung der Genehmigung nur gegenüber dem Lastschriftgläubiger als Zuwendungsempfänger möglich gewesen wäre, da für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend anzuwenden seien. Insoweit ist jedoch daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung des BGH beim Einziehungsermächtigungsverfahren der Gläubiger auf das Schuldnervermögen zugreift, ohne vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben.233 Es ist daher fraglich, ob die Schuldnerbank als Mittelsperson des Schuldners anzusehen ist, denn nach der Rechtsprechung des BGH zum Einziehungsermächtigungsverfahren dürfte sie eher im Lager des Lastschriftgläubigers als im Lager des Schuldners stehen. Es stellt sich daher die Frage, ob die Anfechtung nach den §§ 130, 132 Abs. 2 InsO gegenüber einer Bank begründet sein kann, die im Wege des Lastschrift-Einziehungsermächtigungsverfahrens in der Krise des Schuldners für den Lastschriftgläubiger auf das für die gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger bestimmte Vermögen des Schuldners zugreift. Die Bank ist wegen ihres künftigen Aufwendungsersatzanspruchs Insolvenzgläubiger im Sinne des § 130 InsO. Letztlich dürften die vorstehenden Ausführungen die Schwäche der Lösung über die erweiterte Annahme konkludenter Genehmigungen bestätigen.

B 98

Praktisch sehr bedeutsam ist ferner das am 30.9.2010 verkündete Urteil des BGH,234 wonach Rechtshandlungen des späteren Insolvenzschuldners, denen der vorläufige Insolvenzverwalter zugestimmt hat, oder des vorläufigen Insolvenzverwalters, der namens und in Vollmacht des späteren Insolvenzschuldners gehandelt hat, angefochten werden können, wenn kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet war. Der vorläufige „schwache“ Insolvenzverwalter kann demnach den Lastschrifteinzug genehmigen und später anfechten. Die Genehmigung muss jedoch gegen-

B 99

231 232 233 234

1065 (1067) – a.A. noch Obermüller/Kuder in Gottwald, InsolvenzrechtsHandbuch, § 99 Rz. 44. BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 ff. Vgl. BGH v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166 Rz. 44. BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. = MDR 2010, 1199 Rz. 10. BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 177/07, ZInsO 2010, 2133 f. Schäfer

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B Rz. 99

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

über dem Schuldner oder der Schuldnerbank erklärt werden, um wirksam zu sein.235 f) Versicherungsrecht

B 100 Bei einer Lebensversicherung mit unwiderruflichem Bezugsrecht soll der

Bezugsberechtigte den künftigen236 Anspruch auf die Versicherungssumme sofort erwerben,237 so dass eine Anfechtung nur in Betracht kommt, wenn das Bezugsrecht in den kritischen Anfechtungszeiträumen eingeräumt wurde.238 Andernfalls soll nur die Prämienzahlung im kritischen Anfechtungszeitraum gegenüber dem Bezugsberechtigten anfechtbar sein.239 Im Falle eines widerruflichen Bezugsrechts tritt der Rechtserwerb des Bezugsberechtigten hingegen erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles ein.240 Der noch vom Reichsgericht vertretenen Auffassung,241 wonach nur die im Anfechtungszeitraum geleisteten Prämienzahlungen zurückzugewähren seien, ist der BGH nicht gefolgt, da sie den Gegenstand des Anfechtungsanspruchs bei einer mittelbaren Zuwendung unzutreffend bestimme. Mittelbare Zuwendungen seien so zu behandeln, als hätte die zwischengeschaltete Person an den Schuldner geleistet und dieser sodann den Dritten befriedigt. Folglich komme es anfechtungsrechtlich grundsätzlich nicht darauf an, welche Mittel der Schuldner als Versprechensempfänger aufgebracht, sondern welche Leistungen der Versprechende nach dem Inhalt seiner Vertragsbeziehung zum Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit habe erbringen müssen, mit anderen Worten, welche Zuwendung an den Dritten der Versprechensempfänger mit den von ihm aufgewendeten Vermögenswerten „erkauft“ habe; dies seien nicht die aufgebrachten Prämien, sondern die Versicherungssumme.

B 101 In einem nicht zum Anfechtungsrecht ergangenen Urteil vom 7.4.2005,242 das eine Rückdeckungsversicherung betraf, weist der BGH darauf hin, dass er bereits zur Konkursordnung entschieden habe, es handle sich bei Ansprüchen auf Altersruhegeld nicht um betagte Ansprüche, sondern um aufschiebend bedingte Ansprüche im Sinne des § 67 KO, wenn die Voraussetzungen für den Bezug des Altersruhegeldes noch nicht eingetreten seien. Unter der Geltung der Insolvenzordnung bleibe die Ausgangslage gleich. Der Insolvenzverwalter musste daher den eingezogenen Rück235 Vgl. BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. 236 Vgl. BGH v. 28.10.2009 – VII ZB 82/09, veröffentlicht bei juris: „künftiger Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme“; v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08, MDR 2009, 105 = WM 2008, 2265 ff. 237 BGH v. 18.6.2003 – IV ZR 59/02, FamRZ 2003, 1264 = NJW 2003, 2679 f. 238 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rz. 27. 239 Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 15. Vgl. dazu noch unten Rz. B394. 240 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. 241 RGZ 51, 404; RGZ 61, 217, 219 f. 242 BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04 – „Rückdeckungsversicherung“, MDR 2005, 1075 = ZInsO 2005, 535 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 102 B

kaufswert der Lebensversicherung hinterlegen, um den GesellschafterGeschäftsführer, dem die Ansprüche aus der zu seinen Gunsten abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung verpfändet worden waren und dem ein widerrufliches Bezugsrecht zustand, bei Fälligkeit der zu sichernden Forderung befriedigen zu können. Dieses Urteil des BGH wirft etliche Fragen auf, die auch von Bedeutung für die anfechtungsrechtliche Beurteilung solcher Fälle sein können. Der BGH hat ohne nähere Begründung angenommen, dass der Insolvenzverwalter vor der Pfandreife zur Einziehung des Rückkaufswerts berechtigt war. Im Schrifttum243 wird jedoch zu Recht geltend gemacht, dass der BGH zunächst die Vorfrage hätte klären müssen, ob der Insolvenzverwalter überhaupt zur Kündigung des Lebensversicherungsvertrages berechtigt war244 oder ob er dafür nach § 1276 Abs. 1 BGB die Zustimmung des Pfandgläubigers benötigte.245 Letzteres dürfte zu verneinen sein, da dem Geschäftsführer keine gesicherte Rechtsposition – kein Anwartschaftsrecht und auch kein Pfandrecht – hinsichtlich des künftigen Anspruchs auf die Versicherungsleistung zustand. Das Bestehen eines insolvenzfesten Pfandrechts an dem künftigen Anspruch auf die Versicherungsleistung (Ablaufleistung) ist zweifelhaft. Denn es fragt sich, ob bereits ein insolvenzfestes Pfandrecht an einer künftigen Forderung bestehen kann, die erst noch wertmäßig „aufgebaut“ werden muss und die dem begünstigten Geschäftsführer etwa durch eine Übertragung des Versicherungsvertrages auf einen Dritten entzogen werden kann. Dies ist in der Konsequenz von BGHZ 88, 205 ff.246 zu verneinen, wonach die Vorausabtretung des Abfindungsanspruchs eines GmbH-Gesellschafters hinfällig wird, wenn dieser seinen Geschäftsanteil an einen Dritten abtritt, bevor in seiner Person ein Abfindunganspruch entstanden ist. Es geht insoweit nicht nur um das „Erleben der Anspruchsvoraussetzungen“ als aufschiebender Bedingung im Sinne des § 67 KO.247 Nur wenn man von der Teilbarkeit der bis zur Insolvenzeröffnung erbrachten Leistungen auf den Versicherungsvertrag ausgeht,248 kann man annehmen, das Pfandrecht des widerruflich Begünstigten erfasse den Teil der Versicherungsleistung, der bis zur Insolvenzeröffnung erkauft war (Rückkaufswert).249 243 Vgl. Elfring, NJW 2005, 2192, 2194. 244 Vgl. zum Kündigungserfordernis, wenn der Insolvenzverwalter den Rückkaufswert für die Masse beanspruchen will: BGH v. 1.12.2011 – IX ZR 79/11. 245 Dafür etwa Nobbe in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, § 1276 Rz. 6; MKBGB/Damrau, § 1276 Rz. 9. 246 BGH v. 19.9.1983 – II ZR 12/83, BGHZ 88, 205 ff. = GmbHR 1984, 101 = MDR 1984, 122. 247 Vgl. dazu BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, BGHZ 136, 220 ff. = GmbHR 1997, 936. 248 Vgl. zum Werkvertrag BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 ff. = MDR 2002, 1270. 249 Vgl. dazu nunmehr BGH v. 1.12.2011 – IX ZR 79/11 Rz. 22: Insolvenzeröffnung führt zu Vertragsaufspaltung. Schäfer

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B 102

B Rz. 103

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 103 In diesem Zusammenhang ist schließlich auf die neuere Rechtsprechung des BGH zur Berechnung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs bei schenkweiser Zuwendung der Todesfallleistung eines Lebensversicherungsvertrages an einen widerruflich bezugsberechtigten Dritten hinzuweisen. Danach richtet sich die Pflichtteilsergänzung weder nach der Versicherungsleistung noch nach der Summe der vom Erblasser gezahlten Prämien, sondern nach dem Wert der Lebensversicherung, den der Erblasser in der letzten juristischen Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können; dies ist in aller Regel der Rückkaufswert.250

7. Rechtshandlungen im Mehrpersonenverhältnis; mittelbare Zuwendungen

B 104 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind solche Rechtshandlungen als mittelbare Zuwendungen anfechtbar, bei denen eine unmittelbare Leistung an den Empfänger, die ohne weiteres anfechtbar wäre, durch Einschalten eines Leistungsmittlers „umgangen“ wird. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Schuldner einen Drittschuldner anweist, die von diesem geschuldete Leistung nicht ihm, sondern einem Gläubiger des Schuldners zu erbringen.251 Dabei ist anerkannt, dass der Leistende gegen die Mittelsperson keinen Anspruch auf den Gegenstand gehabt haben muss, der dem Gläubiger zugewendet wurde; noch weniger muss sich dieser Gegenstand zuvor im Vermögen des Leistenden befunden haben.252 Dies ist etwa von Bedeutung für die Frage der Anfechtbarkeit einer Zuwendung aufgrund einer nur geduldeten Kontoüberziehung.253 Für die Anfechtbarkeit reicht es aus, dass der Gegenwert für das, was über die Mittelsperson an den Gläubiger gelangt ist, aus dem Vermögen des Leistenden stammt.254

B 105 Mittelbare Zuwendungen sind so zu behandeln, als habe der Angewiesene an den Anweisenden geleistet und dieser sodann seinen Gläubiger befriedigt.255 Unerheblich ist es, ob die Mittelsperson sich ihrer Rolle be250 BGH v. 28.4.2010 – IV ZR 73/08, BGHZ 185, 252 ff. = FamRZ 2010, 1248 m. Anm. Walker = MDR 2010, 870 = FamRZ 2010, 1071 = NotBZ 2010, 259 m. Anm. Krause. 251 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“, BGHZ 174, 228 ff., Rz. 25 = MDR 2008, 345; v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = NJW 1995, 1093; v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2599), insoweit in BGHZ 138, 291 ff. nicht abgedruckt. 252 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 253 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet; vgl. dazu unten Rz. B266. 254 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 255 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2599); v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98 – „Computeranlage“, BGHZ

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 106 B

wusst war.256 Für den Zuwendungsempfänger muss allerdings erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners handelte.257 Für den Begriff der „mittelbaren Zuwendung“ macht es keinen Unterschied, ob die Zuwendung durch eine einheitliche Rechtshandlung oder durch mehrere Rechtshandlungen durchgeführt wird, die sich nach dem Willen der Beteiligten als Gesamtvorgang darstellen. Entscheidend sind dabei nicht die wirtschaftlichen oder rechtlichen Grundlagen der einzelnen Zahlungsvorgänge, sondern der vorgefasste und verwirklichte Plan, dem Dritten einen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners zuzuwenden.258 Leistet der Schuldner aufgrund eines Anspruchs oder einer Weisung des Schuldners des Gläubigers (Drittschuldners), stellt sich dies im Verhältnis der Beteiligten als eine Leistung des Schuldners an den Drittschuldner dar, der hierdurch von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger befreit wird. Es liegen in diesen Fällen zwei Leistungsverhältnisse vor, nämlich zwischen Schuldner und Drittschuldner einerseits und zwischen Drittschuldner und Gläubiger andererseits. Wie im Bereicherungsrecht kommt auch im Insolvenzrecht bei derartigen Fallkonstellationen nach der Rechtsprechung des BGH eine Anfechtung grundsätzlich nur im jeweiligen Leistungsverhältnis in Betracht.259 Dies ist nach Ansicht des BGH angemessen, da dadurch die Risiken den Leistungsverhältnissen zugeordnet werden, auf die die Parteien Einfluss haben. Besteht zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger keine Rechtsbeziehung, ist es etwa im Rahmen des § 30 Nr. 2 KO (vgl. jetzt § 131 InsO) nicht gerechtfertigt, dass der Gläubiger das Insolvenzrisiko des Schuldners tragen und den geleisteten Betrag zurückerstatten muss. Der Schuldner kann vielmehr seine Leistung an den Drittschuldner anfechten, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Nur in diesem Verhältnis lässt sich auch beurteilen, ob etwa eine kongruente oder eine inkongruente Deckung vorliegt.260 Die Auffassung, dass sich die Anfechtung auch gegen den Leistungsmittler richten könne, wenn auch er und nicht bloß der Zuwendungsempfänger einen Vorteil erlangt habe,261 dürfte zu weit gehen.262

256 257 258 259 260 261 262

142, 284 ff. = MDR 1999, 1463; v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. BGH v. 19.3.1980 – VIII ZR 195/79, MDR 1980, 751 = WM 1980, 598. BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet Rz. 14; v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff. Rz. 21. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = NJW 2008, 3780 (3781). Vgl. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00 – „Pachtablösung“, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff.; v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06 – „Lastschriftwiderruf (3)“, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 Rz. 19. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 87A; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 93. Vgl. dazu unten Rz. B112 ff. Schäfer

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B 106

B Rz. 107

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 107 Wird der Schuldner seinerseits zahlungsunfähig, verwirklicht sich auch dieses Risiko in dem jeweiligen Leistungsverhältnis. Leistet der Schuldner aufgrund seiner von ihm mitgestalteten Rechtsbeziehung zum Drittschuldner, so ist es angemessen, dass er dessen Insolvenzrisiko trägt. Der Schuldner hätte es auch dann zu tragen, wenn er unmittelbar an den Drittschuldner selbst gezahlt hätte. Im Verhältnis des Drittschuldners zum Gläubiger hat ebenfalls jede Seite das Insolvenzrisiko der anderen zu tragen. Würde man in der Insolvenz des Schuldners eine Anfechtung gegenüber dem Zahlungsempfänger zulassen, träfe diesen ein doppeltes Insolvenzrisiko, nämlich das von Schuldner und Drittschuldner. Dies wäre nach Ansicht des BGH in aller Regel nicht sachgerecht.263

B 108 Bei mittelbaren Zuwendungen des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen einer Anweisung auf Schuld und einer Anweisung auf Kredit zu unterscheiden.264 Im ersten Fall tilgt der Angewiesene mit der Zahlung eine eigene, gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit. Im zweiten Fall nimmt der Angewiesene die Zahlung an den Empfänger ohne eigene Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird.265 Handelt es sich um eine Anweisung auf Schuld, führt die Zahlung durch den Angewiesenen zu einer Gläubigerbenachteiligung, da der anweisende Schuldner mit der Zahlung an den Dritten seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert.266 Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich aus, da es durch die Zahlung lediglich zu einem Gläubigerwechsel in der Person des Angewiesenen kommt. Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld gegenüber dem Zahlungsempfänger ausgeglichen. Anders ist dies nur dann, wenn der neue Kredit zu ungünstigeren Bedingungen gewährt wird als der alte, etwa gegen Stellung weitergehender Sicherheiten.267 Eine solche Anweisung auf Kredit kann etwa gegeben sein, wenn ein nicht persönlich haftender Gesellschafter eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Dritten begleicht.268 Nach der neueren Rechtsprechung des BGH liegt allerdings auch bei einer Anweisung auf Kredit zumindest dann eine Gläubigerbenachteiligung vor, wenn eine geduldete Kontoüberziehung gegeben ist.269

263 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 Rz. 20. 264 Vgl. BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZIP 2008, 2182 f.; Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 11. Aufl., Rz. 75 ff. 265 Vgl. MK-BGB/Hüffer, § 787 Rz. 2. 266 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 144. 267 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 144. 268 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZIP 2008, 2182 f.; vgl. dazu noch unten Rz. B232. 269 Vgl. BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 112 B

Leistet der Schuldner in anfechtbarer Weise an einen vom Gläubiger mit dem Empfang der Leistung beauftragten Dritten, so ist der Gläubiger als Leistungsempfänger anzusehen und anfechtungsrechtlich zur Rückgewähr verpflichtet. Für die Frage der Kenntnis der Krise bzw. des Eröffnungsantrags ist auf die Person des Zuwendungsempfängers abzustellen. Es können aber auch die Kenntnisse der Mittelsperson dem Zuwendungsempfänger gemäß § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen sein.270

B 109

Eine mittelbare Zuwendung kann etwa gegeben sein, wenn der Darlehensgeber die zweckgebundene Darlehensvaluta aufgrund einer Anweisung des Schuldners an einen Dritten auszahlt271 oder wenn eine Konzerngesellschaft einem verbundenen Unternehmen Mittel zur Verfügung stellt, mit denen das verbundene Unternehmen die Verbindlichkeiten des die Mittel überlassenden Unternehmens gegenüber einem Dritten tilgen soll.272 Die auf Anweisung des zahlungsunfähigen Zwischenmieters erfolgte Direktzahlung des Endmieters an den Vermieter gewährt diesem eine inkongruente Deckung im Wege der mittelbaren Zuwendung.273

B 110

Zu beachten ist, dass die Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger nicht als bloße Zahlstelle tätig werden und somit nicht als Mittelsperson einer mittelbaren Zuwendung anzusehen sind. Eine solche Einzugsstelle kann vielmehr auch insoweit Anfechtungsgegnerin sein, als sie fremdnützig eingezogene Beträge an die berechtigten Sozialkassen ausgekehrt hat.274

B 111

Obwohl somit im Grundsatz bei einer mittelbaren Zuwendung nach der Rechtsprechung des BGH nur eine Anfechtung im jeweiligen Leistungsverhältnis in Betracht kommen soll, hält er eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler dann für möglich, wenn nicht nur der Zuwendungsempfänger, sondern auch der Leistungsmittler einen Vorteil erlangt hat.275 Damit ist jedoch eine Abweichung von dem Grundsatz verbunden, dass sich die Bestimmung des Anfechtungsgegners bei mittelbaren Zuwendungen nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leis-

B 112

270 BGH v. 12.3.2009 – IX ZR 85/06, MDR 2009, 767 = ZInsO 2009, 716; v. 19.3.1980 – VIII ZR 195/79, MDR 1980, 751 = NJW 1980, 1795; v. 15.1.1964 – VIII ZR 236/62, BGHZ 41, 17, 21 f. 271 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 195/00, MDR 2001, 1258 = ZIP 2001, 1248 ff. 272 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 273 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 58/10, ZInsO 2011, 421 ff. 274 Vgl. BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 70/03, MDR 2004, 904 = NJW 2004, 2163 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 87A. 275 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, ZInsO 1998, 89 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342, insoweit nicht in BGHZ 138, 291 ff. abgedruckt; v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = NJW 2008, 3780 ff. Rz. 23; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 87A; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 59. Schäfer

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B Rz. 112

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

tungsbegriffs richtet, die in ihrer Tragweite nicht abzuschätzen ist. Dies zeigt das Urteil des BGH vom 19.3.1998:276 BGH-Urteil vom 19.3.1998 – ZInsO 1998, 89 ff.

B 113 Die Schuldnerin hatte auf das debitorische Konto ihrer Muttergesellschaft bei der verklagten Bank ohne entsprechende Verpflichtung 8000 DM überwiesen, „um Zinsen zu sparen“. Nach Ansicht des BGH hatte die Schuldnerin unmittelbar an ihre Muttergesellschaft geleistet. Mit dieser Leistung sei aber zugleich eine Schuld der Muttergesellschaft aus ihrem Kreditverhältnis zur verklagten Bank getilgt worden. Mittelbar habe die Schuldnerin somit auch der verklagten Bank etwas zugewendet. Die Verringerung der Schuld der Muttergesellschaft bei der Beklagten sei sogar der eigentliche Zweck der Leistung gewesen, denn es hätten Zinsen gespart werden sollen. Derartige mittelbare Zuwendungen seien anfechtungsrechtlich so zu betrachten, als ob der Dritte unmittelbar vom Schuldner erworben hätte.

B 114 Dieses Urteil des BGH wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.277 Die Zuwendung der Schuldnerin stellt sich nach den Grundsätzen des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs als Leistung der Schuldnerin an ihre Muttergesellschaft und als Leistung der Muttergesellschaft an die Bank dar. Leistungszweck der Überweisung war die Tilgung der Schuld der Muttergesellschaft; dass diese dadurch Zinsen sparte, war ein Nebeneffekt, der bei jeder Tilgung einer verzinslichen fremden Schuld eintritt.278 Die Schuldnerin hat nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs nicht schon deshalb gegenüber der Bank einen vorrangigen Leistungszweck verfolgt, weil es ihr auch darum ging, Zinsen zu sparen. Der BGH ist mit seinem Urteil vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Leistungsbeziehungen für die Anfechtung bei mittelbaren Zuwendungen abgewichen, ohne die Grenzen solcher Abweichungen aufzuzeigen.

B 115 Bei der weiteren Darstellung der Rechtsprechung des BGH ist daher stets im Blick zu behalten, inwieweit sie mit dem von ihm aufgestellten Grundsatz der Maßgeblichkeit der Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs für die Bestimmung des „richtigen“ Anfechtungsgegners zu vereinbaren ist. a) Tilgung einer Verbindlichkeit des Schuldners auf dessen Anweisung BGH-Urteil vom 16.9.1999 – BGHZ 142, 284 ff.

B 116 Ein Urteil des BGH vom 16.9.1999279 ist von wesentlicher Bedeutung für das Verständnis seiner Rechtsprechung zur Anfechtung in mehrseitigen Rechtsbeziehun-

276 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97 – „Zinsersparnis“, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZInsO 1998, 89 ff. 277 Vgl. Henckel, ZIP 2004, 1671 (1672). 278 Zutr. Henckel, ZIP 2004, 1672. 279 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98 – „Computeranlage“, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463; kritisch dazu Lüke, ZIP 2001, 1 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 119 B

gen. Eine Schuldnerin hatte der Beklagten in der Krise im Zuge einer stillen Liquidation unter anderem eine Computeranlage verkauft. In einer späteren – vom Insolvenzverwalter angefochtenen – Absprache hatten die Vertragsparteien vereinbart, dass die Beklagte bestimmte Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber Dritten unter Verrechnung mit dem Kaufpreisanspruch begleiche, was letztlich auch geschah.

Nach Ansicht des BGH war die Anfechtung des Insolvenzverwalters gegenüber der Beklagten nicht begründet. Habe der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert habe, richte sich die Anfechtung allein gegen den Dritten als Empfänger, wenn es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe. Die Zuordnungskriterien entsprächen denen des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.

B 117

Die Beklagte sei einer Zwischenperson gleichzustellen, die durch eine einheitliche Handlung eine Leistung der Schuldnerin an einen Dritten vollzogen habe. Anfechtungsrechtlich seien mittelbare Zuwendungen im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der befriedigte Gläubiger unmittelbar vom Schuldner erworben.280 Die der Beklagten durch die Verrechnungsabrede zugewachsene Befugnis habe in einer im Wesentlichen formellen Rechtsposition bestanden, die ihr keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil gebracht habe. Wäre die Beklagte trotz vertragsgemäßer Erfüllung ihrer Kaufpreisverpflichtung einem Anfechtungsanspruch ausgesetzt, müsste sie im Ergebnis zweimal zahlen. Die Masse hätte dagegen außer der Leistung der Beklagten auch die anteilige Befreiung von den Gläubigeransprüchen erhalten, welche die Beklagte getilgt habe. Dies stünde nach Ansicht des BGH nicht in Einklang mit § 144 Abs. 2 InsO, der eine Massebereicherung verhindern solle.

B 118

Tilgt der selbst in der Krise befindliche Drittschuldner (des Schuldners) auf entsprechende Anweisung des Schuldners dessen Verbindlichkeit gegenüber einem Gläubiger und wird später das Insolvenzverfahren über das Vermögen des zahlenden Drittschuldners eröffnet, so ist gegenüber dem Schuldner die Deckungsanfechtung begründet. Dabei ist die Befriedigung nicht schon deshalb inkongruent, weil die Zahlung an einen Dritten (im Gegensatz zur Zahlung durch einen Dritten) erfolgte.281 Eine Anfechtung gegenüber dem Gläubiger, der nicht durch eine Leistungsbeziehung mit dem zahlenden Drittschuldner verbunden ist, scheidet im Grundsatz aus.

B 119

280 Vgl. BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = WM 1998, 968 (975). 281 Vgl. Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 89. Schäfer

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B Rz. 120

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 120 Eine Abweichung von dem Grundsatz, wonach die anfechtungsrechtliche Beurteilung den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs folgt, enthält eine spätere Entscheidung des BGH vom 29.11.2007 für den Fall der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO gegenüber dem Angewiesenen.282 BGH-Urteil vom 29.11.2007 – BGHZ 174, 314 ff.

B 121 Die Beklagte schuldete dem Schuldner eine Vergütung für Bewachungsleistungen. Der Schuldner bevollmächtigte seinen Subunternehmer – dem er seinerseits einen bestimmten Betrag für Bewachungsleistungen schuldete – zur Entgegennahme des von der Beklagten zu zahlenden Betrages, da er aufgrund der im Eröffnungsverfahren erlassenen Verfügungsbeschränkung nicht mehr über sein Bankkonto verfügen konnte. Die Beklagte, die Rechnungen normalerweise über eine Muttergesellschaft beglich, zahlte daraufhin den offenstehenden Betrag in bar an den Subunternehmer. Auf die Revision des Klägers verwies der BGH den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht.

B 122 Nach Ansicht des BGH kann der Angewiesene Anfechtungsgegner einer Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO sein. Zahlungen Dritter (des dortigen Schuldners des Insolvenzschuldners an den Subunternehmer als Gläubiger des Insolvenzschuldners) betreffen das Vermögen des Insolvenzschuldners zunächst nicht. Sie können jedoch dann zu einer objektiven Benachteiligung der Gläubiger führen, wenn der Dritte mit der Zahlung eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Insolvenzschuldner tilgt.283 Wurde der Dritte vom Insolvenzschuldner als Zwischenperson angewiesen, an den Gläubiger des Insolvenzschuldners zu leisten, so wird damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert. Denn mittelbare Zuwendungen sind nach der Rechtsprechung des BGH im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der befriedigte Gläubiger (Subunternehmer) unmittelbar vom Schuldner erworben.284

B 123 Anders als in BGHZ 142, 284 ff. geht der BGH davon aus, dass es vom Gesetz gewollt und billig sei, wenn der Angewiesene im Falle der Insolvenz des Zuwendungsempfängers Gefahr laufe, zweimal zahlen zu müssen. Die Anfechtungsansprüche des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Schuldners gegen den Angewiesenen und den Zuwendungsempfänger stehen nach Ansicht des BGH im Verhältnis der Gesamtschuld zueinander.

B 124 Die Annahme einer Gesamtschuld zwischen den möglichen Anfechtungsgegnern ist mit bereicherungsrechtlichen Grundsätzen wohl nicht 282 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06 – „Subunternehmer“, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341; vgl. dazu M. Huber, ZInsO 2010, 977 ff. 283 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff., Rz. 27 = MDR 2008, 341. 284 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff., Rz. 14 = MDR 2008, 341; v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = WM 1998, 968 (975), insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 138, 291 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 126 B

in Einklang zu bringen. Denn danach ist eine sogenannte „Mehrfachkondiktion“ grundsätzlich ausgeschlossen. Sieht man von diesem Punkt ab, so lässt sich die Entscheidung des BGH wohl im Ergebnis mit dem Grundsatz vereinbaren, wonach sich die Bestimmung des Anfechtungsgegners im Grundsatz nach den Kriterien des Bereicherungsrechts richtet. Es ist zu erwägen, ob der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners mit der Anfechtung der Zahlung der Beklagten an den Subunternehmer zugleich die Anweisung des Schuldners gegenüber der Beklagten (und dem Subunternehmer) angefochten hat,285 durch Tilgung der Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber dem Subunternehmer die Verbindlichkeit der Beklagten gegenüber dem Schuldner zu tilgen. Aufgrund der Anfechtung (auch) dieser Anweisung fehlte eine wirksame Anweisung zu Lasten der künftigen Insolvenzgläubiger. Es läge eine Art „Doppelmangel“ in den Leistungsbeziehungen vor, der den „Durchgriff“ gegen die Beklagte rechtfertigen könnte. Hat die Beklagte in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auf dessen Anweisung an den Subunternehmer (der ebenfalls Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hatte) gezahlt, so ist sie in keiner Weise schutzwürdig und muss daher das Risiko tragen, dass sie das Geleistete unter Umständen vom Empfänger – dem Subunternehmer – nicht zurückerhält. Eine Gesamtschuld zwischen der Beklagten als Angewiesener und dem Subunternehmer als Empfänger einer mittelbaren Zuwendung – mit allen damit verbundenen Folgeproblemen – liegt bei dieser Betrachtung allerdings nicht vor. b) Tilgung einer fremden Schuld durch den Schuldner BGH-Urteil vom 5.2.2004 – ZIP 2004, 917 ff. Wichtig für das Verständnis der Rechtsprechung des BGH zur Anfechtung in mehrseitigen Rechtsbeziehungen ist ferner ein Urteil vom 5.2.2004.286 Der Beklagte war Eigentümer eines Betriebsgrundstücks, das er an die Fa. H. verpachtet hatte. Diese hatte es ihrerseits an die Schuldnerin vermietet. Deren Geschäftsführer war auch Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. H. Später veräußerte die in der Krise befindliche Schuldnerin ihr Geschäftsinventar an einen Käufer, der vom Beklagten auch das Grundstück erwarb. Nach der Zahlung des Kaufpreises für das Inventar überwies die Schuldnerin insgesamt 150 000,– DM zur Ablösung von Pachtforderungen an den Beklagten. Der klagende Insolvenzverwalter focht diese Zahlung (ohne Erfolg) an.

B 125

Obwohl der Beklagte kein Insolvenzgläubiger der Schuldnerin war, stellte die Zahlung der Schuldnerin an ihn nach der Würdigung des BGH eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO dar. Denn der Begriff der

B 126

285 Vgl. dazu BAG v. 21.2.1984 – 3 AZR 451/81, KTS 1985, 57; Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 84. 286 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00 – „Pachtablösung“, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff. – mit Besprechung von Henckel, ZIP 2004, 1671 ff. Schäfer

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B Rz. 126

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

„Rechtshandlung“ sei weit auszulegen und nicht identisch mit dem bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff.

B 127 Leiste der Schuldner aufgrund eines Anspruchs oder einer Weisung des Schuldners des Zuwendungsempfängers, stelle sich dies im Verhältnis der Beteiligten als eine Leistung des Schuldners an den Schuldner des Zuwendungsempfängers dar, der dadurch von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger befreit werde. Es lägen in diesen Fällen zwei Leistungsverhältnisse vor, nämlich zwischen dem Schuldner und dem Schuldner des Zuwendungsempfängers einerseits und dem Zuwendungsempfänger und seinem Schuldner andererseits. Wie im Bereicherungsrecht komme auch im Insolvenzrecht bei derartigen Fallkonstellationen eine Anfechtung grundsätzlich nur im jeweiligen Leistungsverhältnis in Betracht. Würde man eine Anfechtung gegenüber dem Zahlungsempfänger zulassen, träfe diesen ein doppeltes Insolvenzrisiko, was nach Ansicht des BGH nicht gerechtfertigt wäre. Anders gelagert ist hingegen ein neueres Urteil des BGH vom 9.10.2008.287 BGH-Urteil vom 9.10.2008 – ZInsO 2008, 1202 ff.

B 128 Mehrere Gesellschafter waren an der Schuldnerin und einer Schwestergesellschaft – der T. Alt GmbH – sowie einer Besitzgesellschaft beteiligt, die der Schuldnerin das Betriebsgrundstück zur Verfügung stellte. Die Beklagte war die Hausbank der Schuldnerin und ihrer Gesellschafter, zu deren Gunsten sich die Schuldnerin selbstschuldnerisch verbürgt hatte. Durch Verschmelzungsvertrag vom 29.4.2002 übertrug die T. Alt GmbH ihr gesamtes Vermögen auf die Schuldnerin. Am selben Tag veräußerte die T. Alt GmbH ihr Sach- und sonstiges Anlagevermögen auf die T. Neu GmbH zum Preis von 409 000,– Euro. Der von der Beklagten finanzierte Kaufpreis wurde auf ein neu eingerichtetes Konto der Schuldnerin bei der Beklagten eingezahlt und von dort sogleich an die Besitzgesellschaft weitergeleitet. Diese überwies den Kaufpreis noch am gleichen Tag auf die negativen Darlehenskonten der Gesellschafter bei der Beklagten.

B 129 Anders als im „Pachtablösungsfall“ war die Beklagte als Zuwendungsempfängerin aufgrund ihrer Bürgschaftsforderung gegen die Schuldnerin Insolvenzgläubigerin, und zwar nach Ansicht des BGH unabhängig davon, ob auf die Hauptschuld oder auf die Bürgschaft gezahlt wurde. Nach dem Grundsatz der „Doppelberücksichtigung“ gemäß § 43 InsO kann der Hauptgläubiger bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft am Insolvenzverfahren des Bürgen teilnehmen. Damit kam die Beklagte als Anfechtungsgegnerin einer Deckungsanfechtung in Betracht.

B 130 Nach Auffassung des BGH lagen im Verhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten die Voraussetzungen einer mittelbaren Zuwendung vor. Als Rechtshandlungen des Schuldners seien auch mittelbare Zuwen287 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07 – „Verschmelzung“, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 134 B

dungen anfechtbar, bei denen der Schuldner Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebe, ohne mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten.288 Für den Dritten müsse dabei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe.289 Diese Voraussetzungen waren in dem entschiedenen Fall gegeben. Die Schuldnerin hatte von Anfang an geplant, den von der T. Neu GmbH gezahlten Kaufpreis über die Besitzgesellschaft auf die Konten der Gesellschafter bei der Beklagten einzuzahlen, was Letzterer auch bekannt war. Leistungsempfänger waren nach Ansicht des BGH nicht nur die Gesellschafter der Schuldnerin als Kontoinhaber, sondern auch die Beklagte als Bürgschaftsgläubigerin. Bei einer Überweisung auf das debitorisch geführte Konto eines anderen könne sich der Anfechtungsanspruch nicht nur gegen diesen, sondern auch gegen die Empfängerbank richten.290

B 131

Es erscheint fraglich, ob die Entscheidung des BGH mit dem Grundsatz in Einklang steht, wonach sich die Bestimmung des „richtigen“ Anfechtungsgegners bei mittelbaren Zuwendungen nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs richtet. Davon wäre wohl auszugehen, wenn (auch) eine Leistung der Schuldnerin auf ihre Bürgschaftsverbindlichkeit gegenüber der Beklagten vorgelegen hätte.291 Eben dies hat der BGH jedoch offengelassen. Der Beklagten bleibt daher nach der Rechtsprechung des BGH nur ein etwaiger Gesamtschuldnerausgleich gemäß § 426 BGB gegenüber den Gesellschaftern.292

B 132

Ein weiteres Urteil des BGH vom 16.11.2007293 betrifft das Konkurrenzverhältnis der „Schenkungsanfechtung“ gemäß § 134 InsO zur Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO im Fall der Doppelinsolvenz von Leistungsmittler und Anweisendem:

B 133

BGH-Urteil vom 16.11.2007 – BGHZ 174, 228 ff. Die Schuldnerin war eine Tochtergesellschaft im Konzern der V-GmbH, dem auch die H-GmbH und die I-GmbH angehörten. Nachdem bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH be288 Vgl. dazu BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, ZInsO 1998, 89 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342, insoweit in BGHZ 138, 291 ff. nicht abgedruckt; v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZInsO 2004, 499 ff. 289 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 (287) = MDR 1999, 1463. 290 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff. Rz. 23 mit Hinweis auf BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZInsO 1998, 89 ff. 291 Vgl. dazu Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts Bd. II/2, § 70 V 4. b), S. 245. 292 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341. 293 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. Schäfer

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B 134

B Rz. 134

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

antragt worden war, hatte die Schuldnerin von ihrem Geschäftskonto ca. 81 000 Euro zur Begleichung fälliger Sozialversicherungsbeiträge, welche die V-GmbH, die H-GmbH und die I-GmbH der Beklagten schuldeten, für diese an die Beklagte überwiesen. Nach der Behauptung der Beklagten stammten die dafür erforderlichen Mittel ursprünglich aus dem Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH. Die Revision des klagenden Insolvenzverwalters über das Vermögen der Schuldnerin gegen das überwiegend klageabweisende Berufungsurteil führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

B 135 Der BGH bekräftigt unter Berufung auf sein früheres Urteil vom

3.3.2005,294 dass bei Zuwendungen im Mehrpersonenverhältnis eine Anfechtung gegenüber dem (unmittelbaren) Zuwendungsempfänger wegen unentgeltlicher Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO in Betracht kommt, wenn dessen Forderung gegen seinen Schuldner (Drittschuldner) wertlos war. Im Mehrpersonenverhältnis ist danach für die Frage der Unentgeltlichkeit maßgebend, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Begleicht der Zuwendende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers, so ist dessen Gegenleistung in der Regel darin zu sehen, dass er eine werthaltige Forderung gegen den Dritten verliert. Ist diese Forderung hingegen wertlos, verliert der Zuwendungsempfänger wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden könnte. Wertlos ist eine Forderung nach Ansicht des BGH schon dann, wenn diese wegen der Insolvenzreife des Schuldners nicht mehr durchgesetzt werden kann.295

B 136 Obwohl somit in diesem Fall die Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 InsO im Verhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten erfüllt waren, konnte der BGH nicht „durcherkennen“. Denn der Insolvenzverwalter über die Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH konnte die Zuwendungen an die Beklagte möglicherweise ebenfalls als mittelbare Zuwendungen unter dem Gesichtspunkt der Deckungsanfechtung (§ 131 InsO) gegenüber der Beklagten anfechten.296 Es lagen somit möglicherweise konkurrierende Anfechtungsansprüche für verschiedene Insolvenzmassen („Doppelinsolvenz“) vor. In einem solchen Fall schließt nach der Rechtsprechung des BGH die Deckungsanfechtung durch den Insolvenzverwalter des Anweisenden die „Schenkungsanfechtung“ durch den Insolvenzverwalter des Angewiesenen aus. Vorrang hat danach die Anfechtung desjenigen Verwalters, aus dessen verwalteter Insolvenzmasse die Mittel für die angefochtene Zahlung stammen.297 Der Anfechtungsgegner hat allerdings darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der kon294 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. = MDR 2005, 953. 295 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZInsO 2009, 2241 ff. 296 Vgl. dazu M. Huber, NZI 2008, 149 ff. 297 Vgl. Kirchhof, WM 2008, Sonderbeilage 1, S. 30 mit Hinweis auf BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 229/06, MDR 2008, 881.

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Rz. 139 B

kurrierende vorrangige Anfechtungsanspruch erhoben ist und dass seine Voraussetzungen erfüllt sind.298 Die Rechtsprechung des BGH zur Anfechtbarkeit wegen unentgeltlicher Leistung gemäß § 134 InsO im Mehrpersonenverhältnis kann für den Gläubiger gravierende Auswirkungen haben, die nicht gerechtfertigt erscheinen. Der Gläubiger kann die Leistung durch ein mit dem Schuldner verbundenes Unternehmen gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht. Da der Gläubiger zunächst befriedigt ist, wird er häufig nichts in dieser Richtung unternehmen. Wird später auch das verbundene Unternehmen insolvent, so kann dessen Insolvenzverwalter gemäß § 134 InsO für den Zeitraum von vier Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages durch das verbundene Unternehmen die Zahlung an den Gläubiger mit der Begründung zurückfordern, dass dessen Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung bereits zahlungsunfähig und somit die Forderung des Gläubigers „wertlos“ gewesen sei.

B 137

Die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung kann indes nur anhand der bestehenden Leistungsbeziehungen sachgerecht beurteilt werden.299 Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass etwa im „CashPool-Fall (1)“300 die Zahlung in der Insolvenz des Zahlenden als unentgeltlich anzusehen sein soll, während es sich in der Insolvenz des Schuldners des Zuwendungsempfängers um eine entgeltliche Leistung an Letzteren handle, obwohl es doch für die Bestimmung der Entgeltlichkeit stets auf die Perspektive des Zahlungsempfängers ankommen solle301 und – so ist zu ergänzen – der Charakter einer Zuwendung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers nur einheitlich beurteilt werden kann.

B 138

Aufgrund der Abkopplung der Frage der Unentgeltlichkeit von den bestehenden Leistungsbeziehungen stellt der BGH letztlich eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise an, die er jedoch nicht konsequent durchführt. So geht er etwa zu Recht davon aus, dass eine Leistung des Schuldners nicht schon deshalb als unentgeltlich angefochten werden kann, weil die Gegenleistung des Gläubigers ausgeblieben ist.302 Vor allem aber kann eine Forderung gegen einen zahlungsunfähigen Schuldner bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht kurzerhand als wertlos angesehen werden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist schon dann von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen, wenn die Liquiditätslücke zehn Prozent oder mehr beträgt und der Schuldner nicht in der Lage ist, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbind-

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298 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 299 Vgl. dazu Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.90 ff.; OLG Koblenz v. 13.5.2004 – 5 U 1539/03, ZIP 2004, 1275 ff. 300 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. = MDR 2005, 953. 301 Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 101. 302 BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, MDR 1999, 430 = NJW 1999, 1033 ff. Schäfer

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B Rz. 139

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

lichkeiten benötigten Mittel zu beschaffen.303 Im günstigen Fall hat der Gläubiger daher durchaus noch eine beträchtliche Quote auf seine Forderung zu erwarten. Der durch den Dritten befriedigte Gläubiger, welcher der Zahlung gemäß § 267 Abs. 2 BGB ohne Mitwirkung des Schuldners gar nicht widersprechen kann, verliert möglicherweise selbst diese Quote, wenn er später vom Insolvenzverwalter über das Vermögen des zahlenden Dritten gemäß § 134 InsO in Anspruch genommen wird. Diese Störung des Leistungsverhältnisses zwischen dem Gläubiger und seinem Schuldner ist auch bei Berücksichtigung der Gesetzeszwecke des § 134 InsO nicht gerechtfertigt.

B 140 Der BGH hat seine Rechtsprechung erneut durch Urteil vom 17.6.2010304 bekräftigt und ergänzend klargestellt, dass werthaltige Außenstände des Schuldners des Zuwendungsempfängers (Drittschuldners) der Unentgeltlichkeit der Zuwendung nur entgegenstehen, wenn der Anfechtungsgegner auf diese trotz der materiellen Insolvenz seines Schuldners insolvenzbeständig hätte zugreifen können; die Darlegungs- und Beweislast dafür trage der Anfechtungsgegner. Eine unentgeltliche Leistung liegt zudem nicht vor, wenn dem Drittschuldner ein werthaltiger Regressanspruch gegen den Schuldner zustand, auf den der Anfechtungsgegner hätte zugreifen können.305 c) Tilgung einer eigenen und einer fremden Schuld durch den Schuldner

B 141 Die Rechtsprechung des BGH zur Unentgeltlichkeit einer Zuwendung in mehrseitigen Rechtsbeziehungen hat zur Folge, dass es der „Schenkungsanfechtung“ gegenüber einem Dritten nicht entgegensteht, wenn der Schuldner zugleich von einer eigenen Verpflichtung befreit wurde, wie ein Urteil vom 4.3.1999306 zeigt. BGH-Urteil vom 4.3.1999 – BGHZ 141, 96 ff.

B 142 Die verstorbenen Eltern der Beklagten hatten ihr das Eigentum an ihrem Hausgrundstück übertragen und sich ein lebenslängliches, unentgeltliches Nießbrauchsrecht vorbehalten. Die Beklagte hatte die Mithaftung für die Forderungen der Grundpfandgläubiger übernommen, zugleich jedoch mit ihren Eltern vereinbart, dass jene im Innenverhältnis die Verbindlichkeiten allein zu tragen hatten. Der klagende Nachlasskonkursverwalter focht die Zahlungen an die Grundpfandgläubiger gegenüber der Beklagten als unentgeltliche Zuwendungen an.

303 Vgl. BGH v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 ff. = GmbHR 2005, 1117 m. Anm. Blöse = MDR 2005, 1248; v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZInsO 2006, 1210 ff. Rz. 27. 304 BGH v. 17.6.2010 – IX ZR 186/08, MDR 2010, 1152 = ZIP 2010, 1402 f. 305 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. 306 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98 – „Nießbrauch“, BGHZ 141, 96 ff. = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 145 B

Der BGH verweist auf seine Rechtsprechung, wonach im Zwei-PersonenVerhältnis eine Verfügung als unentgeltlich anzusehen ist, wenn einer Zuwendung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Gegenleistung gegenübersteht, dem Verfügenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll.307 Diese Begriffsbestimmung erweise sich jedoch dort als zu eng, wo eine dritte Person in den Zuwendungs- oder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet sei. In solchen Fällen komme es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner selbst für die von ihm getätigte Verfügung einen Ausgleich erhalten habe. Zu fragen sei vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung habe erbringen müssen.308 Dies folge aus dem in § 32 KO (vgl. jetzt § 134 InsO) ebenso wie in zahlreichen anderen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken, dass ein Erwerb, für den der Empfänger kein ausgleichendes Vermögensopfer habe erbringen müssen, geringeren rechtlichen Schutz verdiene. Deshalb sei es grundsätzlich gerechtfertigt, dass der Empfänger einer Leistung, für die er nichts habe aufbringen müssen, diese an die Masse zurückgewähren müsse.

B 143

Aus diesen Gründen habe der BGH eine unentgeltliche Zuwendung verneint, wenn der Empfänger sich dem Schuldner gegenüber verpflichtet habe, eine ausgleichende Gegenleistung an einen Dritten zu erbringen.309 Habe der Empfänger dagegen für die vom Schuldner bewirkte Leistung nichts aufwenden müssen, sei diese nicht schon deshalb ohne weiteres als entgeltlich anzusehen, weil der Schuldner etwas von einem Dritten erhalten habe; denn für die Beurteilung, ob eine nach § 32 Nr. 1 KO (vgl. jetzt § 134 Abs. 1 InsO) anfechtbare Rechtshandlung vorliege, sei allein auf das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Schuldner und dem Zuwendungsempfänger abzustellen. Mit der Erfüllung der Verpflichtung, die von dem Erwerber übernommenen Grundpfandrechte abzulösen, ohne dafür einen Ausgleich zu erhalten, vollziehe der Veräußerer eine unentgeltliche Leistung, obwohl er dadurch zugleich von einer Verbindlichkeit gegenüber dem Dritten frei werde.

B 144

Dass diese Betrachtungsweise sachgerecht sei, zeige sich gerade in den Fällen der gemeinsamen Verpflichtung mehrerer gegenüber einem Dritten. Verzichte der spätere Schuldner im Innenverhältnis auf den ihm von Gesetzes wegen zustehenden Ausgleichs- oder Regressanspruch, ohne dass der Begünstigte dafür etwas aufzuwenden habe, werde der Leistende zwar mit der Zahlung von einer eigenen Schuld frei, bewirke damit je-

B 145

307 Vgl. BGH v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (101) = MDR 1991, 431; v. 28.2.1991 – IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393, 395 f. = MDR 1991, 645 = FamRZ 1991, 695. 308 Vgl. BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 4/91, MDR 1992, 1050 = ZIP 1992, 1089 (1091). 309 BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 4/91, MDR 1992, 1050 = ZIP 1992, 1089; v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 (1173). Schäfer

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B Rz. 145

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

doch zugleich eine unentgeltliche Zuwendung gegenüber dem Mithaftenden.310 d) Werthaltigmachen einer vorausabgetretenen Forderung durch den Schuldner

B 146 Ein weiteres Urteil des BGH vom 26.6.2008311 gehört zwar nicht im eigentlichen Sinne zum Bereich der mittelbaren Zuwendungen; es soll aber dennoch in diesem Zusammenhang zur weiteren Veranschaulichung mitberücksichtigt werden. Die Entscheidung betrifft eine Zession, bei der ohne weiteres eine Anweisung des Zedenten, der Schuldner solle an den Zessionar bezahlen, hinzugedacht werden kann. Ohnehin steht die Zession der Anweisung nahe.312 Dabei wird nicht verkannt, dass das Anfechtungsrecht und das Bereicherungsrecht nicht ohne weiteres gleichzusetzen sind. Manche Probleme, die im Bereich des Anfechtungsrechts noch nicht abschließend geklärt sind, werden jedoch bei einer Überprüfung anhand der bereicherungsrechtlichen Grundsätze anschaulicher. BGH-Urteil vom 26.6.2008 – ZInsO 2008, 801 ff.

B 147 Die Schuldnerin hatte durch Globalzession ihre sämtlichen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen an die verklagte Sparkasse abgetreten. Sie hatte von der Stadt H. den Auftrag zur Erschließung eines Gewerbegebietes erhalten. Zum Zeitpunkt der Erbringung der 15. und der 16. Abschlagszahlung wusste die Beklagte, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war. Nach diesen Zahlungen ließ die Beklagte noch in geringem Umfang Belastungen des schuldnerischen Kontos zu. Den Differenzbetrag zwischen diesen Belastungen und den Abschlagszahlungen verlangte der klagende Insolvenzverwalter von der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung.

B 148 Nach Ansicht des BGH musste die Anfechtung des Werthaltigmachens der abgetretenen Forderung nicht gegenüber der Stadt H. geltend gemacht werden. Denn die Erfüllungshandlung der Schuldnerin habe auch gegenüber der Beklagten Rechtswirkungen entfaltet. Einerseits seien damit zwar die vertraglichen Verpflichtungen der Schuldnerin gegenüber der Stadt erfüllt worden. Andererseits habe aber auch die Beklagte eine Wertauffüllung ihrer Sicherheit erhalten. Bei einer derartigen Doppelwirkung einer Leistung habe der Verwalter die Wahl, welchen Leistungsempfänger er in Anspruch nehme. Es könnten, sofern die Voraussetzungen vorlägen, beide in Anspruch genommen werden. Sie hafteten gegebenenfalls als Ge-

310 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (100) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262; vgl. dazu noch BGH v. 10.1.1985 – IX ZR 2/84, MDR 1985, 841 = ZIP 1985, 372 (373). 311 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05 – „Abschlagszahlung“, MDR 2008, 1238 = ZInsO 2008, 801 ff. – vgl. dazu Cranshaw, DZWIR 2008, 397 ff. 312 Vgl. dazu Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II/2, § 70 V. 1. a), S. 237.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 151 B

samtschuldner.313 Der BGH wies die Rechtssache zum Zwecke der Prüfung der Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO an das Berufungsgericht zurück. Anders als im „Subunternehmerfall“ ging es in diesem Fall nicht um eine Konkurrenz zwischen Deckungs- und Vorsatzanfechtung, sondern um die Konkurrenz zweier Deckungsanfechtungen. Mit dem Grundsatz, dass sich die Bestimmung des Anfechtungsgegners nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs richtet, ist diese Entscheidung nicht vereinbar. Denn nach der bereicherungsrechtlichen Rechtsprechung des BGH findet die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung im Falle der Abtretung grundsätzlich zwischen dem Schuldner und dem Zedenten und nicht zwischen dem Schuldner und dem Zessionar statt; eine Direktkondiktion gegenüber dem Zessionar wird nur ausnahmsweise zugelassen.314 Eine Mehrfachkondiktion gibt es grundsätzlich nicht. Es hat durchaus seinen Grund, dass man im Bereicherungsrecht Anspruchskumulationen vermeidet. Die Folgefragen, die mit der Annahme einer Gesamtschuld zwischen den möglichen Anfechtungsgegnern verbunden sind, sind ungeklärt.315 Bliebe die im Voraus abgetretene Forderung hingegen bis zu ihrer Reife bzw. Werthaltigkeit zumindest haftungsmäßig dem Vermögen des Schuldnerin zugeordnet, stellten sich viele Probleme nicht.

B 149

Die erheblichen Auswirkungen der Rechtsprechung des BGH verdeutlicht ein weiteres Urteil vom 28.2.2008:316

B 150

BGH-Urteil vom 28.2.2008 – ZIP 2008, 650 ff. Die Schuldnerin hatte der Beklagten durch Globalzessionsvertrag ihre sämtlichen bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen abgetreten. Nachdem es zwischen der Schuldnerin und ihrer Hauptauftraggeberin – der Deutschen Post AG – zu Unstimmigkeiten gekommen war, stellte die Beklagte den der Schuldnerin gewährten Kredit zur sofortigen Rückzahlung fällig. Die Schuldnerin und die DPAG trafen daraufhin eine Vereinbarung, nach der die DPAG zur Abgeltung aller Forderungen der Schuldnerin und mit ihr verbundenen Personen insgesamt 4,5 Mio. DM zu zahlen hatte. Davon waren ca. 2,3 Mio. DM direkt an die Beklagte zu bezahlen, was auch geschah. Der Insolvenzverwalter machte geltend, mit dem Vergleich seien Forderungen und vermögenswerte Rechte in Höhe von insgesamt ca. 33 Mio. DM abgegolten worden. Nach seinem Vorbringen wurden die an die Beklagte abgetretenen Forde313 BGH v. 29.4.1999 – IX ZR 163/98, MDR 1999, 1021 = ZIP 1999, 973 (974); v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = ZInsO 2008, 209 ff. Rz. 17. 314 Vgl. BGH v. 2.11.1988 – IVb ZR 102/87, BGHZ 105, 365 ff. = MDR 1989, 239; v. 10.3.1993 – XII ZR 253/91, BGHZ 122, 46 ff. = MDR 1993, 624; Erman/ Buck-Heeb, 13. Aufl., § 812 Rz. 36; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts Band II/2, § 70 V. 1. a), S. 237. 315 Vgl. dazu Cranshaw, DZWIR 2008, 221, 229 ff. 316 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05 – „Forderungsabgeltung“, MDR 2008, 710 = ZIP 2008, 650 ff. Schäfer

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B 151

B Rz. 151

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

rungen im Vergleich nicht mit ihrem Nominalbetrag angesetzt. Der Wert der einzelnen Positionen sei nicht gesondert ermittelt worden; eine Auslegung des Vergleichs ergebe jedoch, dass auf die an die Beklagte abgetretenen Forderungen nur ein Teilbetrag von ca. 300 000,– DM entfallen sei.

B 152 Der BGH weist zunächst darauf hin, dass sich der klagende Insolvenzverwalter auf die Anfechtbarkeit der Verrechnung der Zahlung der DPAG mit dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Beklagten berufen habe. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO komme es daher darauf an, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis der verrechneten Forderungen begründet worden sei. Dies sei mit dem Eingang der Zahlung der DPAG der Fall gewesen. Eine etwaige, auf dem Vergleich beruhende Gläubigerbenachteiligung sei nicht vorrangig von der DPAG auszugleichen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BGH richte sich die Anfechtung dann, wenn der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet habe, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert habe, jedenfalls auch gegen den Zahlungsempfänger, sofern es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe.317

B 153 Die Beklagte als Zessionarin wird somit der Anfechtung ausgesetzt, obwohl sie die Zahlung der DPAG gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei einem Widerspruch der Schuldnerin hätte zurückweisen können und obwohl sie möglicherweise keinerlei Kenntnis von den zwischen der Schuldnerin und der DPAG bestehenden Rechtsbeziehungen hatte.

B 154 Eine weitere Entscheidung des BGH vom 19.4.2007318 zur Anfechtung im Mehrpersonenverhältnis steht hingegen im Einklang mit den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen: BGH-Urteil vom 19.4.2007 – ZIP 2007, 1118 ff.

B 155 Die Schuldnerin hatte gegenüber der C schon vor dem Vertragsschluss aufgrund einer Absichtserklärung („letter of intent“) Verkabelungsarbeiten in einer Niederlassung erbracht. Nach der Übersendung des Vertragsentwurfs stellte die Schuldnerin eine erhebliche Unterdeckung fest und beschloss daher, dass die Beklagte den Auftrag übernehmen solle, da die Liquiditätsausstattung der Schuldnerin derzeit einen Auftrag dieser Größenordnung nicht zulasse. Die C schloss daraufhin den Vertrag mit der Beklagten, die nach Abschluss des Vorhabens die vereinbarte Vergütung erhielt. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten die Zahlung des Gegenwerts der von der Schuldnerin stornierten Rechnungen.

B 156 Der BGH hat die Beklagte als „richtige Anfechtungsgegnerin“ angesehen. Die Leistungen der Schuldnerin hätten zwar ein Gebäude der C betroffen. Empfänger der Leistung im Sinne des § 134 InsO sei jedoch die Beklagte 317 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05, MDR 2008, 710 = ZIP 2008, 650 ff. Rz. 17. 318 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1118 ff. – „Auftragsübernahme“.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 159 B

gewesen. Diese habe den vollständigen Werklohn erhalten, obwohl sie nach dem Sachvortrag des Klägers nur Teile des Werkes selbst erstellt habe, während sie im Übrigen auf die Vorarbeiten der Schuldnerin habe zurückgreifen können. Damit habe sie auf Kosten der Schuldnerin einen geldwerten Vorteil erlangt. Im Verhältnis zur Beklagten sei die Leistung der Schuldnerin unentgeltlich gewesen. In einem Drei-Personen-Verhältnis komme es für die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung des Schuldners nicht darauf an, ob er selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten habe; maßgebend sei vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung habe erbringen müssen.319 In dem zu entscheidenden Fall habe weder die Schuldnerin einen Gegenwert erhalten noch die Beklagte einen solchen erbracht. Diese Entscheidung steht im Einklang mit den bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Die Beklagte hat sich bei der Erfüllung des Vertrages mit der C die Vorleistungen der Schuldnerin zunutze gemacht, ohne dass der Vertrag mit der C dafür den Rechtsgrund bilden konnte. Sie hat dadurch einen Teil der Gegenleistung auf Kosten der Schuldnerin erlangt, allerdings nicht unentgeltlich, sondern rechtsgrundlos. Es hätte daher nicht der Anfechtung bedurft, vielmehr stand der Masse ein Bereicherungsanspruch aus Nichtleistungskondiktion gegen die Beklagte zu. Die anfechtbare Rechtshandlung kann – anders als nach dem Leitsatz des Urteils – nicht in den Werkleistungen der Schuldnerin gesehen werden. Denn diese hatten einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch der Schuldnerin zur Folge, so dass es bei dessen Werthaltigkeit an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung fehlte. Entscheidend ist vielmehr, dass die Schuldnerin es unterließ, von der Beklagten den Gegenwert für diese Leistungen zu verlangen.320

B 157

e) Abgrenzung der mittelbaren Zuwendung gegenüber der Leistungskette Von einer mittelbaren Zuwendung des Schuldners strikt zu unterscheiden ist eine Zuwendung im Rahmen einer sogenannten „Leistungskette“.321 Im letzteren Fall richtet sich die Ermittlung des „richtigen“ Anfechtungsgegners nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.

B 158

BGH-Urteil vom 19.2.2009 – ZIP 2009, 769 f. Die Beklagte hatte sich gegenüber einer Sparkasse für einen Betriebsmittelkredit der Schuldnerin verbürgt. Die Sparkasse hatte dafür eine Avalprovision zu entrichten, die ihr absprachegemäß von der Schuldnerin zu erstatten war. Die Schuldnerin hatte mit dieser Absprache zugleich die Bürgin ermächtigt, die 319 Vgl. BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96, 99 f. = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 320 Vgl. Wagner, WuB VI A. § 134 InsO 3.08. 321 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 16/08 – „Avalprovision“, MDR 2009, 769 = ZIP 2009, 769 f.; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, MDR 2010, 469 = ZIP 2009, 2301 ff. Schäfer

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B 159

B Rz. 159

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Bürgschaftsentgelte im Lastschriftverfahren über ihr Konto bei der Sparkasse einzuziehen. Die Sparkasse belastete das Betriebskonto der Schuldnerin mit der von der Beklagten angeforderten Avalprovision zugunsten eines Eigenkontos. Von diesem Eigenkonto überwies die Sparkasse die Avalprovision an die Bürgin.

B 160 Der BGH bekräftigt in dieser Entscheidung, dass sich die Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO nur gegen Insolvenzgläubiger richtet,322 zu denen die Beklagte nicht gehörte. Insolvenzgläubiger war allein die Sparkasse als erste Gläubigerin einer Leistungskette. Durch ihren Lastschrifteinzug vom Betriebskonto der Schuldnerin auf ein Eigenkonto wurden die Gläubiger der Schuldnerin objektiv unmittelbar benachteiligt. Von der Einziehungsermächtigung der Schuldnerin hatte die Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr war die von der Sparkasse geschuldete Provisionszahlung erkennbar von einem Eigenkonto der Sparkasse an die Beklagte geflossen. Zu dieser Zahlung war die Sparkasse von der Schuldnerin nicht angewiesen worden. Die Gläubiger der Schuldnerin wurden durch diese Rechtshandlung der Sparkasse nicht benachteiligt. Der Zahlungsfluss zwischen der Schuldnerin und der Bürgin wurde nicht durch ein und dieselbe Rechtshandlung als mittelbare Zuwendung bewirkt, sondern im Rahmen einer „Leistungskette“, deren erstes Glied der Lastschrifteinzug der Sparkasse bei der Schuldnerin bildete, auf den später als zweite Rechtshandlung die aus dem Vermögen der Sparkasse geleistete Überweisung folgte.

B 161 Eine Deckungsanfechtung gegenüber der Beklagten schied im „Avalprovisionsfall“ schon deshalb aus, weil die Beklagte nicht (künftige) Insolvenzgläubigerin der Schuldnerin war. Für einen Rückgriffsanspruch der Bürgin gegenüber der Schuldnerin bestanden offenbar keine Anhaltspunkte. Hätte ein solcher Rückgriffsanspruch bestanden, so wäre allerdings die Anfechtung gegenüber der Beklagten nicht schon wegen deren fehlender Insolvenzgläubigerstellung ausgeschlossen gewesen. Es hätte vielmehr ausgereicht, wenn diese künftige Insolvenzgläubigerin gewesen wäre (vgl. §§ 43, 44 InsO).323

B 162 Ein weiterer Fall einer Leistungskette lag dem Urteil des BGH vom

14.5.2009324 zugrunde. Dort hatte eine Schwestergesellschaft zur Tilgung der bei der Schuldnerin bestehenden Verbindlichkeiten Letzterer Kundenschecks überlassen, welche die Schuldnerin zur Rückführung des ihr eingeräumten Darlehens bei der verklagten Bank eingereicht hatte.

B 163 Die Frage der Abgrenzung zwischen einer Leistungskette und einer mittelbaren Zuwendung hat sich dem BGH ferner in einem Urteil vom 322 Vgl. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff. 323 Vgl. dazu BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, ZInsO 2008, 1202 ff.; v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff.; v. 7.11.1985 – III ZR 142/84, MDR 1986, 385 = NJW 1986, 978 (979); v. 5.3.1981 – III ZR 115/80, NJW 1981, 1666 (1668). 324 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069.

80 Schäfer

I. Die Rechtshandlung

Rz. 166 B

5.11.2009325 im Rahmen der Anfechtung der Zahlung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung und der Fiktion des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV gestellt. BGH-Urteil vom 5.11.2009 – ZIP 2009, 2301 ff. Die verklagte Krankenkasse hatte in der Krise der Schuldnerin wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge deren Anspruch gegen die Bank auf fortlaufende Auszahlung des jeweiligen Guthabens gepfändet. Die Krankenkasse hatte vorprozessual die an sie geleisteten Arbeitgeberbeiträge an den klagenden Insolvenzverwalter zurückgezahlt, so dass die Parteien nur noch darüber stritten, ob § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV, wonach die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gilt, der Anfechtbarkeit entgegenstand.

B 164

Der BGH hat diese Frage verneint. Der Wortlaut des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV bringe keine Klarheit darüber, ob die Zahlung des Arbeitnehmeranteils als unmittelbar oder mittelbar aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht gelten solle und welche Rechtshandlungen dafür maßgeblich sein sollten. Sollte die Zahlung als unmittelbar aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht anzusehen sein, so würde es sich nach Ansicht des BGH um die teilweise Tilgung der Arbeitgeberschuld aus § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV durch Drittzahlung des Arbeitnehmers gemäß § 267 BGB handeln. Diese Zahlung könne nicht als zweiter Teil einer Leistungskette verstanden werden, da eine Rechtshandlung des Arbeitnehmers fehle. Vielmehr würde es sich um eine mittelbare Zuwendung des Arbeitgebers an die Einzugsstelle durch eine fiktiv aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbrachte Zahlung handeln. Jedenfalls durch die Erfüllung des Bruttolohnanspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer erbringe der Arbeitgeber auch bei dieser fingierten Fallgestaltung ein eigenes Vermögensopfer, welches zur Benachteiligung seiner Gläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO führe. Für die fiktive Begründung einer eigennützigen Treuhand des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers fehlten hinreichend deutliche Anhaltspunkte.326 Die Annahme eines Bargeschäfts sei bei der Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung der Arbeitnehmeranteile an die Einzugsstelle durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, da von den Sozialversicherungsträgern keine Leistung in das Vermögen der Arbeitgeber gelange.

B 165

Sollte die Zahlung des Arbeitnehmeranteils als mittelbar aus seinem Vermögen erbracht anzusehen sein, so liefe die mittelbare Zuwendung vom Arbeitnehmer über den Arbeitgeber an die Einzugsstelle. Der unmittelbar zahlende Arbeitgeber wäre als Zahlungsmittler des Arbeitnehmers zu behandeln. In diese Rolle habe die Bundesregierung den Arbeitgeber bei der

B 166

325 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08 – „Arbeitnehmeranteile“, MDR 2010, 469 = ZIP 2009, 2301 ff. 326 A.A. Heydt, ZInsO 178, 183 unter V.; Bräuer, ZInsO 2008, 169 (175); Kreft, Festschrift für Samwer (2008), S. 261, 272. Schäfer

81

B Rz. 166

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Lohnsteuerzahlung trotz eigener Abführungspflicht gemäß § 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG durch ihren mit § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV wortgleichen Vorschlag eines § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG in Art. 3 ihres Gesetzentwurfs vom 9. März 2006327 hineindrängen wollen. Dem habe die fragwürdige Annahme zugrunde gelegen, die Rechtslage sei auf den Rechtsgebieten der Lohnsteuerabführung und Entrichtung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge durch die Arbeitgeber „vergleichbar“ und solle deshalb mit den vorgeschlagenen §§ 38 Abs. 3 Satz 2 EStG, 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV einheitlich geregelt werden. Eine dem genannten Entwurf eines § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG entsprechende Wirkungsweise des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV sei jedoch nicht anzunehmen. Es fehle an einem Beitragsteilschuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Einzugsstelle.

B 167 Zum Problembereich der Anfechtung bei mittelbaren Zuwendungen gehört auch ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.1.2007,328 das die Anfechtung von Prämienzahlungen auf eine vom Arbeitgeber zugunsten eines Arbeitnehmers abgeschlossene Direktversicherung betrifft. OLG Karlsruhe-Urteil vom 18.1.2007 – ZIP 2007, 286 ff.

B 168 Die insolvente GmbH hatte bei der verklagten Lebensversicherung Direktversicherungen zugunsten ihrer Arbeitnehmer abgeschlossen und diesen ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt. Die Prämien wurden im Wege der Gehaltsumwandlung finanziert und von der Versicherung aufgrund einer Einziehungsermächtigung bei der Schuldnerin eingezogen. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten (mit Erfolg) die Rückzahlung der in der Krise der Schuldnerin abgebuchten Prämien.

B 169 Nach dem Grundsatz, wonach der „richtige“ Anfechtungsgegner nach den Zuordnungskriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs zu ermitteln ist,329 erscheint es fraglich, ob der Kläger die Prämienzahlungen anfechten konnte. Denn mit der Zahlung der Versicherungsbeiträge verfolgt der Arbeitgeber vorrangig den Zweck, den entsprechenden Teil der Forderung des Arbeitnehmers auf Zahlung des Arbeitsentgelts zu befriedigen. Er verfolgt damit zwar zugleich auch den Zweck, die gegen ihn gerichtete Forderung der Versicherung auf Prämienzahlung zu erfüllen; dieser Zweck ist jedoch dem gegenüber dem Arbeitnehmer verfolgten Zweck untergeordnet. Die Beteiligten sehen die Direktversicherung als Lebensversicherung des Arbeitnehmers an, die im Wesentlichen aus steuerlichen Gründen direkt zwischen dem Arbeitgeber und der Versicherung abgeschlossen wird. Da die Beiträge zudem aus dem dem Arbeitnehmer zustehenden Arbeitsentgelt geleistet werden, liegt eine Versicherung vor, die einer Versicherung im eigenen Namen für fremde Rechnung (vgl. § 43 Abs. 1 VVG – „Versicherung für fremde Rechnung“) zumindest nahe steht. 327 Vgl. BT-Drucks. 16/886, S. 13. 328 OLG Karlsruhe v. 18.1.2007 – 12 U 185/06 – „Direktversicherung“, ZIP 2007, 286 ff. – vgl. dazu ausführlich B. Schäfer, NZI 2008, 151 ff. 329 Vgl. BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 (287).

82 Schäfer

I. Die Rechtshandlung

Rz. 171 B

Direktansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Versicherer bestehen in diesem Fall nicht (vgl. § 44 Abs. 1 Satz 1 VVG). Dementsprechend kann der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers auch keinen Anfechtungsanspruch gegenüber der Versicherung geltend machen. Eine Insolvenzanfechtung kommt somit allenfalls gegenüber dem Arbeitnehmer in Betracht. Insoweit wird man jedoch nicht an der Erwägung vorbeikommen, dass ein Arbeitnehmer, der einen Teil des ihm zustehenden Arbeitsentgelts durch Entgeltumwandlung im Wege der verkürzten Zahlung für Zwecke der Altersversorgung einsetzt, anfechtungsrechtlich nicht schlechter gestellt sein darf als jener Arbeitnehmer, der sich die entsprechenden Entgeltteile als Arbeitsentgelt ausbezahlen lässt. Im letzteren Fall scheidet eine Anfechtung unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts gem. § 142 InsO aus, da im Gegenzug für das Arbeitsentgelt die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in das Vermögen des Arbeitgebers gelangt ist.

B 170

Von einem solchen Bargeschäft geht der Bundesfinanzhof aus, soweit es um die Abführung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber geht, da die Lohnsteuerabzugsbeträge zum Arbeitslohn gehörten.330 Die Lohnsteuer stelle ein aufgrund der steuerrechtlichen Bestimmungen nicht direkt an die Arbeitnehmer auszuzahlendes Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung dar, sodass die Entrichtung an das Finanzamt ebenso wenig wie die Auszahlung des Nettolohnes an die Arbeitnehmer als eine objektive Benachteiligung der übrigen Gläubiger des Arbeitgebers angesehen werden könne. Im Schrifttum331 wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Regelungen über die Abführung der Lohnsteuer und der Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen an den Fiskus und die Sozialversicherungsträger aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Sicherung des Steuer- und Beitragsaufkommens eine Verkürzung des Zahlungsweges bezweckten, der ohne diese Regelungen vom leistenden Arbeitgeber über den Arbeitnehmer zum Fiskus und zu den Sozialversicherungsträgern führen würde. Dies könnte es nahelegen, unter Heranziehung der Rechtsfigur der mittelbaren Zuwendung mit dem Bundesfinanzhof darauf abzustellen, ob sich der Arbeitnehmer, wenn die Arbeitnehmeranteile (zunächst) unmittelbar an ihn geflossen wären, auf ein Bargeschäft berufen könnte. Davon sei hinsichtlich der laufenden Lohnund Beitragszahlungen auszugehen.

B 171

330 BFH v. 11.8.2005 – VII B 244/04, GmbHR 2005, 1514 = ZInsO 2005, 1105 sowie zuvor schon BFH/NV 1999, 745 – a.A. Kayser, ZIP 2007, 49. 331 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 4. Schäfer

83

B Rz. 172

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

f) Zusammenfassung der Rechtsgrundsätze zur Anfechtung im Mehrpersonenverhältnis

B 172 Fasst man die Rechtsgrundsätze der oben wiedergegebenen Entscheidungen des BGH zur Anfechtbarkeit von Zuwendungen im sogenannten „Dreiecksverhältnis“ zusammen, so gilt Folgendes:

B 173 Bei Zuwendungen im Mehrpersonenverhältnis ist zunächst sorgfältig zu prüfen, ob eine sogenannte „Leistungskette“ oder eine „mittelbare Zuwendung“ gegeben ist. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn der Schuldner durch einen einheitlichen Gesamtvorgang über einen Leistungsmittler das Vermögen des Zuwendungsempfängers vermehrt hat und diesem bewusst war, dass es sich um eine Leistung des Schuldners handelt. Die Funktion des Leistungsmittlers muss sich in der einer Zahl- bzw. Verrechnungsstelle erschöpfen. Ebenso wie bei der Leistungskette richtet sich die Anfechtung bei einer solchen mittelbaren Zuwendung im Grundsatz nach den Zuordnungskriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs. Eine Anfechtung gegenüber dem Leistungsmittler kommt grundsätzlich nicht in Betracht.332

B 174 Anders ist dies zum einen dann, wenn der Leistungsmittler ebenfalls Insolvenzgläubiger des Schuldners ist, etwa als Bürge (vgl. §§ 43, 44 InsO). In diesem Fall kommt nach der Rechtsprechung des BGH auch eine Deckungsanfechtung gegenüber dem Leistungsmittler in Betracht („Verschmelzungsfall“). Eine weitere Ausnahme besteht in dem Fall, dass in der Person des Leistungsmittlers die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO gegeben sind.333

B 175 Eine mittelbare Zuwendung ist nach der Rechtsprechung des BGH auch im Fall der Tilgung einer fremden Schuld durch den Schuldner gegeben. Auch in diesem Fall richtet sich die Anfechtung im Grundsatz nach den Zuordnungskriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs. Die Anfechtung findet im Grundsatz nicht gegenüber dem unmittelbaren Zuwendungsempfänger, sondern nur gegenüber dem von seiner Schuld befreiten Dritten statt.334 Eine Ausnahme macht der BGH von diesem Grundsatz dann, wenn die Forderung des Zahlungsempfängers gegen den Dritten „wertlos“ war. Dann kommt gegenüber dem Zuwendungsempfänger wegen dessen angeblich fehlender Schutzwürdigkeit eine „Schenkungsanfechtung“ nach § 134 InsO in Betracht. Allerdings geht in solchen Fällen eine ebenfalls gegebene Deckungsanfechtung der „Schenkungsanfechtung“ vor.335

332 333 334 335

BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 177 B

8. Aufrechnungs- und Verrechnungslagen a) Allgemeines Die durch Aufrechnung herbeigeführte Befriedigung kann isoliert – also unabhängig von dem die Aufrechnungslage herbeiführenden Rechtsgeschäft – angefochten werden, wenn die Voraussetzungen der Aufrechnung in anfechtbarer Weise geschaffen wurden.336 Die Anfechtung hat zur Folge, dass der Aufrechnung keine Rechtswirkung beigemessen wird und somit der Insolvenzverwalter die Forderung des Schuldners ohne Rücksicht auf die Gegenforderung des Anfechtungsgegners durchsetzen kann.337

B 176

Dabei ist zu beachten, dass es unter der Geltung der Insolvenzordnung keiner Anfechtung der Herbeiführung der Aufrechnungslage – und auch der Verrechnungslage338 – mehr bedarf, selbst wenn die Aufrechnung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärt wurde.339 Denn nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechung unzulässig und damit (insolvenzrechtlich) unwirksam,340 wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat.341 Dies gilt allerdings nur für die Dauer und die Zwecke des Insolvenzverfahrens, wobei hinsichtlich der Geltendmachung der Hauptforderung § 146 Abs. 1 InsO entsprechend anwendbar ist.342 Der Insolvenzverwalter kann die insolvenzrechtliche Wirkung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nur innerhalb der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO durchsetzen; er muss also den Anspruch aus der Hauptforderung vor Ablauf der Verjährungsfrist für den Anfechtungsanspruch durch Klageerhebung gerichtlich geltend machen; wird diese Frist versäumt und beruft sich der Beklagte hierauf, entfaltet § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO insolvenzrechtlich keine Wirkung mehr. Es verbleibt sodann bei dem zivilrechtlichen Erlöschen der Hauptforderung durch die vorgenommene Aufrechnung oder Verrechnung.343

B 177

336 Vgl. BGH v. 4.5.1995 – IX ZR 256/93 – „Rohbauarbeiten“, BGHZ 126, 336 (344) = MDR 1996, 161; v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05, MDR 2007, 740 = NZI 2007, 222 (223); v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 11 = MDR 2008, 411. 337 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (236) = MDR 2001, 1013; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884; anders zum AnfG jedoch BGH v. 23.10.2008 – IX ZR 202/07, MDR 2009, 167 = ZInsO 2008, 1269. 338 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, MDR 2007, 1281 = ZIP 2007, 1467 (1468) Rz. 8; v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, MDR 2008, 1300 = ZInsO 2008, 913 ff. Rz. 9. 339 BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 ff. = MDR 2007, 489. 340 Vgl. dazu Kreft in Festschrift für G. Fischer (2008), S. 297 ff. 341 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (393) = MDR 2005, 51; v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, MDR 2008, 1300 = ZInsO 2008, 913 ff. 342 BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158, 165 f. = MDR 2007, 489. 343 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, MDR 2007, 1281 = ZInsO 2007, 813 f. Rz. 12. Schäfer

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B Rz. 178

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 178 Anfechtbar sind auch die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen der Rechtshandlungen Dritter, die dem Aufrechnenden kraft eines gesetzlichen Forderungsübergangs eine Gläubigerstellung verschaffen, sofern nicht der inzident zu prüfende Anfechtungstatbestand eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt.344 Die Aufrechnung der Bundesagentur für Arbeit gegen eine unstreitige Forderung mit den auf sie nach der Zahlung von Insolvenzausfallgeld gemäß § 187 Abs. 3 SGB III übergegangenen Forderungen ist gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unwirksam, da die Bundesagentur für Arbeit die zur Aufrechnung gestellten Forderungen nach Kenntnis des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners erworben hat.345

B 179 Die Herbeiführung der Aufrechnungslage ist gemäß § 140 Abs. 1 InsO grundsätzlich in dem Moment vorgenommen, in dem die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 387 BGB erfüllt sind. Für die Anfechtbarkeit ist daher maßgebend, wann das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde; dies ist im Grundsatz mit der Entstehung der späteren Forderung der Fall.346 Ist zumindest eine der gegenseitigen, durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen bedingt oder befristet, kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage im Grundsatz auf den Zeitpunkt an, zu dem die spätere Forderung entstanden und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Die mit Abschluss eines Vertrages entstandene Forderung ist aber nach der neueren Rechtsprechung des BGH erst ab dem Zeitpunkt und nur insoweit zu berücksichtigen, als sie – etwa durch Erbringung der versprochenen Leistung – werthaltig geworden ist und dem Gläubiger durch die Aufrechnung eine tatsächliche Befriedigung seiner Forderung ermöglicht.347 aa) Frühere Rechtsprechung des BGH

B 180 Nach der früheren Rechtsprechung des BGH soll bei einem gegenseitig verpflichtenden Vertrag die Aufrechnungslage bereits mit dem Vertragsschluss entstehen. Dass etwa eine Werklohnforderung „betagt“ gewesen sei, stehe der Aufrechnung ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass diese Forderung noch nicht werthaltig gewesen sei.348 Dementsprechend soll es nach einem Urteil des BGH vom 11.11.2004349 anfechtungsrecht344 Vgl. BGH v. 24.6.2010 – IX ZR 97/09, NZI 2010, 903, Rz. 9; v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, WM 2009, 2394 (2395) Rz. 16 ff. 345 BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 215/08, veröffentlicht bei juris. 346 BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZIP 2005, 181 ff. Rz. 15; v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = ZIP 2004, 1558 (1560). 347 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff.; vgl. dazu von Olshausen, ZIP 2010, 2073 ff. 348 Vgl. BGH v. 4.5.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336 (344) = MDR 1996, 161; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 10. 349 BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03 – „Mietnebenkosten“, MDR 2005, 596 = ZInsO 2005, 94 f.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 182 B

lich nicht darauf ankommen, dass der Anspruch der Masse auf Rückzahlung zu viel vorausgezahlter Mietnebenkosten erst mit der Erteilung der Abrechnung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig geworden sei. Denn der Anspruch sei bedingt durch den Ablauf des Abrechnungszeitraums und eine tatsächlich eingetretene Überzahlung gewesen. Gemäß § 140 Abs. 3 InsO bleibe jedoch der Eintritt einer Bedingung außer Betracht. Es sei vielmehr auf den „Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände“ abzustellen; diese hätten mit Abschluss des Mietvertrages vorgelegen.350 Die Auffassung, dass der Anspruch auf Rückzahlung zu viel vorausgezahlter Mietnebenkosten aufschiebend bedingt bereits mit dem Abschluss des Mietvertrages entstehe, vermag nicht zu überzeugen.351 Der BGH ist von dieser Ansicht zu Recht im Urteil vom 17.9.2009352 abgerückt. § 140 Abs. 3 InsO betreffe nur Fälle rechtsgeschäftlicher Bedingungen und setze voraus, dass die Rechtshandlung dem Anfechtungsgegner bereits eine gesicherte Rechtsposition verschafft habe.353 Hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche des Bestellers beim Werkvertrag mit dem später insolvent gewordenen Bauunternehmer weist der BGH im Urteil vom 24.3.1994354 darauf hin, dass die Annahme eines bedingten Anspruchs nur gerechtfertigt sei, wenn ein Element am rechtlichen Entstehen des Anspruchs selbst fehle. Hingegen handle es sich bei der Ungewissheit, ob ein Gewährleistungsanspruch bestehe oder als solcher innerhalb eines künftigen Zeitraums tatsächlich erkannt werde, nicht um eine derartige Bedingung.

B 181

Im Urteil vom 22.9.2005355 hat der BGH entschieden, dass § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO die Aufrechnung des Insolvenzgläubigers mit einem während des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Schadensersatzanspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten gegen den vorher fällig gewordenen Werklohnanspruch des Insolvenzschuldners nicht ausschließt. § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO wolle verhindern, dass der Insolvenzgläubiger mit der Erfüllung seiner Schuld so lange zuwarte, bis er mit einer Gegenforderung aufrechnen könne. Dieser Gesetzeszweck erfordere die Anwendung des § 95 Abs. 1 Satz 3 InsO nicht, wenn die Werklohnforderung des Insolvenzschuldners zwar vor der Schadensersatzforderung fällig werde, dieser sie indes wegen eines auf Mängel gestützten Leistungsverweigerungsrechts

B 182

350 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 167 und BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03 – „Handelsvertreterprovision“, MDR 2005, 51 = ZIP 2004, 1558 (1560). 351 Kritisch zu Recht Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 9. 352 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08 – „Doppelsicherung“, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 353 Vgl. dazu noch BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = NJW 2007, 2640 (2642). 354 BGH v. 24.3.1994 – IX ZR 149/93, MDR 1994, 573 = NJW 1994, 1659 f. 355 BGH v. 22.9.2005 – VII ZR 117/03, BGHZ 164, 159 ff. Schäfer

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B Rz. 182

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

des Gläubigers (§ 320 BGB) nicht hätte durchsetzen können. Entscheidend ist somit, dass der Werklohnanspruch des Insolvenzschuldners aufgrund des aus demselben Vertrag resultierenden Mängeleinwands des Bestellers schon vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in seinem Wert gemindert war.356 bb) Neuere Rechtsprechung – „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“

B 183 Die teilweise Abkehr des BGH von seiner früheren Rechtsprechung wird

in den Urteilen vom 11.2.2010357 und vom 4.10.2001358 deutlich. Er betont nunmehr zu Recht die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung. Allein eine mit dem Abschluss eines Vertrages begündete bzw. entstandene Aufrechnungslage bringe dem Vertragspartner des Schuldners noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet habe, wofür der Gläubiger eine Vergütung schulde, bestehe für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entstehe vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es komme also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden sei.

B 184 Der BGH zieht damit die gebotenen Konsequenzen aus seiner Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens vorausabgetretener bzw. verpfändeter Forderungen, die ihrerseits auf „Aufrechnungsfälle“ zurückgeht.359 Wenn der Erwerb – sei es durch Abtretung oder Verpfändung – der in der Krise des Schuldners werthaltig gemachten Forderung anfechtbar ist, so muss konsequenterweise auch die Aufrechnung des Gläubigers gegenüber einer in der Krise des Schuldners werthaltig gemachten Forderung ausgeschlossen sein. cc) Kongruenz oder Inkongruenz der Aufrechnungslage

B 185 Nach welchem Anfechtungstatbestand die Herbeiführung der Aufrechnungslage anfechtbar ist, hängt nach der Rechtsprechung des BGH maßgeblich davon ab, ob der Gläubiger einen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage geschaffen hat.360 Hatte der Gläubi356 Kritisch dazu Cranshaw, jurisPR-InsR 2/2006 Anm. 1. 357 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff.; vgl. zuvor schon BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 ff.; vgl. dazu ferner von Olshausen, ZIP 2010, 2073 ff. 358 BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355. 359 Vgl. BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 (254 f.) = MDR 2001, 152; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98 – „Lili Marleen“, BGHZ 147, 28 (35) = MDR 2001, 1076. 360 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = NJW 2004, 3118 ff.; HK-InsO/Kayser, § 96 Rz. 37; vgl. dazu ferner HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 8: maßgebend, ob Aufrechnungslage vereinbarungsgemäß hergestellt wurde.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 188 B

ger gegen den Schuldner keinen Anspruch auf eine Begründung gegenseitiger Forderungen, ist die Aufrechnungslage in inkongruenter Weise entstanden. Wird dagegen der Gläubiger, der vom Insolvenzschuldner eine Zahlung zu fordern hat, durch pflichtgemäßes Verhalten seinerseits Schuldner einer Gegenforderung des späteren Insolvenzschuldners, so ist die Aufrechnungslage dem Grunde nach kongruent hergestellt. Dies ist nach Ansicht des BGH zum Beispiel dann der Fall, wenn die Aufrechnungslage durch eine entgeltliche Nutzung von Gegenständen entsteht, welche der Anfechtungsgegner schon vor der kritischen Zeit zu beanspruchen hatte.361 Dagegen fällt die Aufrechnung der Bank mit einer außerhalb des Kontokorrents begründeten Forderung unter § 131 InsO.362 b) Einzelfälle Ein in der Praxis häufig vorkommender Fall besteht darin, dass sich ein Gläubiger des in der Krise befindlichen Schuldners zu dessen Schuldner macht, indem er von diesem Waren bzw. Leistungen bezieht und gegen den Anspruch des Schuldners mit seinen Gegenforderungen aufrechnet, um volle Befriedigung zu erlangen. Dies verdeutlicht ein Urteil des BGH vom 5.4.2001.363

B 186

BGH-Urteil vom 5.4.2001 – BGHZ 147, 233 ff. Die Schuldnerin schuldete der Beklagten für Fleischlieferungen mehr als 200 000 DM. Kurz vor der Stellung des Insolvenzantrages lieferte die Schuldnerin ihrerseits der Beklagten Fleisch im Wert von ca. 141 000 DM. Die Beklagte veräußerte das bezogene Fleisch weiter und rechnete mit ihren aus den früheren Lieferungen an die Schuldnerin stammenden Forderungen gegenüber dem Kaufpreisanspruch der Schuldnerin auf.

B 187

Der Konkursverwalter konnte die anfechtungsrechtlich gesondert zu betrachtende Herstellung der Aufrechnungslage unabhängig von dem Rechtsgeschäft anfechten, durch das sie herbeigeführt wurde.364 Die von der Beklagten geschuldete Rückgewähr bestand nicht in der Rückabwicklung des Kaufvertrages selbst, sondern im Gegenteil in der Durchsetzung der Kaufpreisforderung unabhängig von der Gegenforderung. Durch die Herbeiführung der Aufrechnungslage erlangte die Beklagte volle Befriedigung für ihre Altforderungen, während ihr ohne den Abschluss des Vertrages mit der Schuldnerin nur eine Konkursforderung zugestanden hätte, die erfahrungsgemäß allenfalls quotal befriedigt worden wäre. Zugleich hätte sie den Kaufpreis für die von der Schuldnerin bezogene Ware in vol-

B 188

361 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 27; v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245, 253 ff. = MDR 2001, 152. 362 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 363 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. – „Fleischlieferung“ = MDR 2001, 1013. 364 Vgl. dazu noch BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884. Schäfer

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B Rz. 188

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

ler Höhe zur Konkursmasse zahlen müssen. Durch die Aufrechnung entging daher der Konkursmasse der Unterschied zwischen dem Nennwert der Kaufpreisschuld der Beklagten und der bloßen Quote auf deren Gegenforderung, so dass auf die übrigen Konkursgläubiger eine entsprechend geringere Konkursquote entfiel.

B 189 Entsprechend hat der BGH in einem Fall entschieden, in dem ein Auftraggeber wegen der Arbeitseinstellung durch die Schuldnerin den Werkvertrag gekündigt, deren Geräte weiterbenutzt und gegenüber dem Vergütungsanspruch der Schuldnerin mit den ihm zustehenden Gegenansprüchen aufgerechnet hatte.365 Anders soll jedoch nach einem Urteil des BGH vom 14.12.2006366 die Verrechnung wechselseitiger Leistungen durch Kontenangleichung im Rahmen einer Bau-Arbeitsgemeinschaft zu beurteilen sein. BGH-Urteil vom 14.12.2006 – BGHZ 170, 206 ff.

B 190 Die Schuldnerin und die Beklagten hatten einen Gesellschaftsvertrag (Arbeitsgemeinschaftsvertrag) zur Durchführung eines Stadtbahnbauwerks geschlossen. Die Begleichung von Gesellschafterrechnungen für die jeweils erbrachten Leistungen erfolgte nur im Rahmen der Kontenangleichung. Nach dem Vertrag schied ein Gesellschafter aus der ARGE aus, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Schuldnerin erbrachte nach der Stellung des Insolvenzantrages noch Gesellschafterleistungen an die fortgeführte ARGE. Die Beklagten stellten die dafür abgerechneten Beträge in die Kontenangleichung ein und verrechneten sie in der Auseinandersetzungsbilanz mit anderen Forderungen.

B 191 Nach Ansicht des BGH wird die Verrechnung nicht von § 95 InsO erfasst. § 387 BGB setze zwei selbständige Forderungen voraus und finde auf unselbständige Rechnungsposten, die von Anfang an gebunden und „gelähmt“ seien, keine Anwendung. § 94 InsO sei auf die vereinbarte Abrechnung im Wege der Kontenangleichung ebenfalls nicht anwendbar. Der BGH habe zur Konkursordnung bereits entschieden, dass die Verrechnungslage bei Bau-ARGEN bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages und damit regelmäßig vor der Krise begründet werde.367 Als anfechtbare Rechtshandlung komme in diesen Fällen grundsätzlich nur die Vereinbarung der Lösungsklausel in Betracht, wenn diese anfechtungsrechtlich erheblich sei, weil sie zu einer Gläubigerbenachteiligung führe. Hieran sei auch unter der Geltung der Insolvenzordnung festzuhalten. Der Vorrang der innergesellschaftlichen Abrechnung finde seine Bestätigung in § 84 Abs. 1 InsO, der allerdings nur klarstellende Funktion habe. Ob dies auch für die besondere Fallgestaltung gelte, dass sich der Schuld365 BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 „ARGE (1)“ = MDR 2001, 152; vgl. dazu noch B. Schäfer, ZInsO 2006, 635 ff. 366 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05 – „Stadtbahnbauwerk“, BGHZ 170, 206 ff. = MDR 2007, 740. 367 Vgl. BGH v. 9.3.2000 – IX ZR 355/98, MDR 2000, 725 = ZIP 2000, 757 (759).

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 193 B

ner im Gesellschaftsvertrag verpflichtet habe, der Gesellschaft nach seinem Ausscheiden weiterhin Geräte und Personal gegen Vergütung zu überlassen, könne offen bleiben. Der zu entscheidende Fall gebe auch keine Veranlassung, auf die anfechtungsrechtlichen Folgen einer einseitigen Abforderung von Gesellschafterleistungen des in der Krise befindlichen Mitgesellschafters zu Lasten der späteren Masse einzugehen. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass auch die anderen Gesellschafter ihren gesellschaftsvertraglichen Pflichten zeitgerecht nachgekommen seien. Die Entscheidung des BGH unterliegt erheblichen Zweifeln. Er liefert keinen Nachweis dafür, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Grundsatz „par condicio creditorum“ für den Bereich des Gesellschaftsrechts außer Kraft gesetzt sein soll. Der BGH entzieht mit der von ihm angenommenen „Durchsetzungssperre“ die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Schuldners dem Insolvenzanfechtungsrecht, und zwar weitergehend als beim Bankkontokorrent, bei dem eine Anfechtung im Grundsatz möglich ist. Im Schrifttum wird zwar geltend gemacht, die Rechtsprechung des BGH stehe nicht im Widerspruch zur Anfechtbarkeit kontokorrentmäßiger Verrechnungen, da es auch dort bei einer ungekündigten Kreditlinie entscheidend darauf ankomme, ob die Bank den Kunden weiter in der vereinbarten Weise Verfügungen vornehmen lasse.368 Dieser Vergleich passt jedoch nicht, weil die Rechtsprechung des BGH nur für die uneigennützig als „Zahlstelle“ fungierende Bank gilt. Die kontokorrentmäßige Verrechnung ist im Übrigen nach der Rechtsprechung des BGH anfechtbar, soweit die Bank zu ihrem Vorteil verrechnet. Also müsste der BGH im Fall der gesellschaftsrechtlichen Verrechnung zumindest prüfen, inwieweit der Gesellschafter in der Krise mehr an die Gesellschaft geleistet hat als umgekehrt.

B 192

Die Entscheidung es Bundesgerichtshofes vom 14.12.2006 ist daher im Schrifttum zu Recht nicht ohne Kritik geblieben.369 Unerheblich ist vor allem die Erwägung, dass die Verrechnungslage hinsichtlich der innergesellschaftlichen Ansprüche bei Bau-Argen bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages und damit regelmäßig vor der Krise begründet werde. Für die anfechtungsrechtliche Beurteilung ist es im Grundsatz nicht entscheidend, wann die Verrechnungslage begründet wurde, sondern wann die verrechneten Ansprüche entstanden sind. Im Schrifttum wird es zu Recht als fatal bezeichnet, wenn ein Gesellschafter im Zeitraum des § 130 InsO beträchtliche Leistungen erbracht hat, um seine Pflichten in der ARGE zu erfüllen, sein Abfindungsanspruch aber möglicherweise nach dem Gesellschaftsvertrag auf den Buchwert beschränkt ist.370

B 193

368 G. Fischer, WM 2008, 1 (6). 369 Vgl. M. Huber, NZI 2007, 224 f.; Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2007 Anm. 3. 370 Vgl. Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2007 Anm. 3. Schäfer

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B Rz. 194

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 194 Die Auffassung, wonach der Rechtsgrund für den Abfindungsanspruch des ARGE-Gesellschafters und für die Verrechnung der wechselseitigen Ansprüche bereits (anfechtungsfest) mit dem Wirksamwerden des Gesellschaftsvertrages gelegt sei, findet sich bereits im Urteil des BGH vom 29.6.2004.371 BGH-Urteil vom 29.6.2004 – BGHZ 160, 1 ff.

B 195 Die Schuldnerin (GmbH) war Genossin der verklagten Genossenschaft mit Geschäftsanteilen in Höhe von 15 000 DM. Nach der Satzung endete die Mitgliedschaft bei Auflösung einer juristischen Person oder Personengesellschaft zum Schluss des Kalenderjahres, in dem die Auflösung wirksam wurde (vgl. dazu § 77a GenG). Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (27.4.1999) kündigte der Insolvenzverwalter die Mitgliedschaft mit Wirkung zum 31.12.2000. Das auszuzahlende Guthaben wurde mit 15 000 DM festgestellt; die Beklagte verrechnete dieses Guthaben mit ihren Forderungen aus Warenlieferungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung.

B 196 Der BGH geht davon aus, dass die Beklagte gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO gegenüber dem Abfindungsanspruch der Schuldnerin aufrechnen könne. Die Beklagte sei zwar den Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens erst nach der Insolvenzeröffnung schuldig geworden. Der Abfindungsanspruch habe jedoch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung unter der Rechtsbedingung der Beendigung der Mitgliedschaft der Schuldnerin gestanden. Da dies ohne weiteres Zutun der Schuldnerin geschehen sei, sei dieser Fall wie der einer betagten oder bedingten Forderung zu behandeln. Es sei allerdings erforderlich, dass der Abfindungsanspruch bei Eintritt der Rechtsbedingung ohne weiteres Zutun der Parteien entstehe. Eine vom Insolvenzverwalter ausgesprochene Kündigung könne daher diese Voraussetzung nicht herbeiführen. Die Schuldnerin als GmbH sei jedoch gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst gewesen und nach der Satzung der Genossenschaft bereits zum 31.12.1999 ausgeschieden. Der Abfindungsanspruchder Schuldnerin sei damit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens lediglich von einer Rechtsbedinung abhängig gewesen.

B 197 Der BGH geht in seinem Urteil nicht auf den Umstand ein, dass die insolvente GmbH noch acht Monate nach der Insolvenzeröffnung (27.4.1999) Mitglied der Genossenschaft blieb und dass den Insolvenzverwalter möglicherweise die Verpflichtung treffen konnte, aufgrund der fortbestehenden Mitgliedschaft weitere Gesellschafterleistungen (etwa Dienstleistungen; vgl. §§ 706 Abs. 3 BGB, 8 Abs. 2 GenG) mit Mitteln der Insolvenzmasse erbringen zu müssen. Gesellschaftsverträge sind nach herrschender Auf-

371 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 147/03 – „Genossenschaft (1)“, BGHZ 160, 1 ff. = MDR 2005, 54 – vgl. dazu ferner OLG Frankfurt v. 24.11.2005 – 1 U 19/05, ZIP 2005, 2325 ff. und OLG Köln v. 19.10.2005 – 2 U 28/05, ZIP 2005, 2072 ff.

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I. Die Rechtshandlung

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fassung keine gegenseitigen Verträge im Sinne des § 103 InsO.372 Es erscheint keineswegs als ausgeschlossen, dass der nach Ansicht des BGH „im Kern“ bereits vor der Insolvenzeröffnung begründete Abfindungsanspruch in der Zeit bis zum satzungsgemäßen Ausscheiden der Schuldnerin durch Aufwendungen aus der Insolvenzmasse noch eine Wertsteigerung erfuhr, mit anderen Worten noch weiter „werthaltig“ wurde. Gleichwohl würde der Masse dafür letztlich kein Gegenwert zufließen, wenn die Genossenschaft mit Forderungen gegenüber dem Abfindungsanspruch aufrechnen könnte, die schon vor der Insolvenzeröffnung fällig waren.373 Nur im Ergebnis kam es auf diese Erwägungen in dem vom BGH entschiedenen Fall nicht an, da die Schuldnerin einen Geschäftsanteil an der verklagten Genossenschaft in Höhe von 15 000 DM innegehabt hatte und sich auch ihr Abfindungsanspruch auf 15 000 DM belief, so dass es auf eine etwaige Wertsteigerung zwischen der Insolvenzeröffnung und der Beendigung der Mitgliedschaft nicht ankam. Im Schrifttum wird eine Lösung darin gesehen, dass die Anforderung von Personal oder Gerät als selbständige Rechtshandlung anfechtbar sei, welche erst die Aufrechnungslage herstelle.374 Der BGH hat das oben dargestellte Problem inzwischen erkannt, wie aus einem Urteil vom 8.1.2009375 hervorgeht.

B 198

BGH-Urteil vom 8.1.2009 – ZIP 2009, 380 ff. Nach der Satzung der verklagten Genossenschaft konnte ein Mitglied ausgeschlossen werden, wenn über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Beklagte war ferner berechtigt, bei der Auseinandersetzung die ihr gegen das ausgeschiedene Mitglied zustehenden Forderungen gegen das Auseinandersetzungsguthaben aufzurechnen. Letzteres haftete nach der Satzung für den Ausfall, insbesondere im Insolvenzverfahren des Mitglieds. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 12.1.2004 betrieb die Beklagte den Ausschluss der Schuldnerin zum 31.12.2006 und verrechnete das Auseinandersetzungsguthaben mit ihren Darlehensforderungen.

B 199

Der BGH bekräftigt zunächst seine Rechtsprechung, wonach der Abfindungsanspruch bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages zu den von § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO geschützten Ansprüchen gehöre, sofern er von Rechts wegen ohne weiteres Zutun der Parteien entstehe.376 In dem zu entscheidenden Fall sei der Abfindungsanspruch jedoch nicht ohne Zutun der Parteien entstanden; vielmehr habe der Ausschluss eine Er-

B 200

372 Vgl. HK-InsO/Marotzke, § 103 Rz. 7; Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 103 Rz. 56; MK-InsO/Huber, § 103 Rz. 114. 373 Vgl. dazu BGH v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28 (31) = MDR 2001, 1076. 374 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 51a. 375 BGH v. 8.1.2009 – IX ZR 217/07 – „Genossenschaft (2)“, MDR 2009, 530 = ZIP 2009, 380 ff. 376 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 147/03, BGHZ 160, 1 ff. = MDR 2005, 54. Schäfer

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B Rz. 200

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

messensentscheidung dargestellt. Es habe daher keine lediglich rechtlich bedingte Forderung im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO vorgelegen.

B 201 Der Hinweis des BGH auf die rechtliche Bedingtheit einer Forderung ist kritisch zu betrachten. Die §§ 158 ff. BGB betreffen jedenfalls nur rechtsgeschäftlich vereinbarte Bedingungen. Jede Argumentation mit rechtlichen bzw. gesetzlichen Bedingungen sollte daher zumindest wertungsmäßig abgesichert werden, wenn von anfechtungsrechtlichen Grundsätzen abgewichen werden soll. Der BGH hat in der Vergangenheit immer wieder vorschnell mit der aufschiebenden Bedingtheit von Ansprüchen argumentiert; er ist davon jedoch zu Recht zumindest hinsichtlich des Herausgabeanspruchs gemäß § 667 BGB wieder abgerückt. Für den Bereich der Insolvenzanfechtung ist dies von erheblicher praktischer Bedeutung, wie ein Urteil des BGH vom 14.6.2007377 zeigt. BGH-Urteil vom 14.6.2007 – ZIP 2007, 1507 ff.

B 202 Die Schuldnerin hatte die verklagte Rechtsanwältin in unkritischer Zeit in einer Reihe von Rechtsangelegenheiten mandatiert. Innerhalb der letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages vereinnahmte die Beklagte Gelder von Dritten, die der Schuldnerin zustanden, und erklärte die Aufrechnung mit ihren Honoraransprüchen.

B 203 Nach dem Urteil des BGH entsteht der Anspruch auf Herausgabe der vereinnahmten Beträge nicht schon mit der Begründung des Mandats, sondern erst mit dem Eingang der Fremdgelder auf dem Konto des Beauftragten. Die Vertragspflicht aus § 667 BGB trifft den Beauftragten bis zur Einziehung nicht bedingt oder betagt, weil die Einziehung weder als Bedingung noch als eine Zeitbestimmung anzusehen, sondern Inhalt des Rechtsgeschäfts ist.378 § 140 Abs. 3 InsO setzt voraus, dass die Rechtshandlung des Schuldners, an die angeknüpft werden soll, dem Gläubiger bereits eine gesicherte Rechtsstellung verschafft hat.379 Eine solche gesicherte Rechtsstellung hatte die Beklagte vor dem Eingang der Zahlungen noch nicht inne.

B 204 Der BGH erkennt zutreffend, dass bei der Annahme aufschiebend bedingter Ansprüche im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO Zurückhaltung geboten ist. Dies war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. So wurde im Urteil vom 1.6.1978380 noch darauf abgestellt, dass die Forderung des Auftraggebers auf Herausgabe des Erlangten gemäß § 667 BGB „im Kern“ und damit „der Sache nach gesetzlich bedingt“ im Sinne des § 54 KO schon vor der Vergleichseröffnung entstanden sei. Davon ist der BGH im Urteil 377 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06 – „Honoraraufrechnung“, MDR 2007, 1284 = ZIP 2007, 1507 ff. 378 Vgl. dazu noch BGH v. 1.7.1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 (155) = MDR 1985, 999. 379 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (356) = MDR 2004, 596. 380 BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 207 B

vom 14.6.2007 zu Recht abgerückt. Mit § 140 Abs. 3 InsO können nur bedingte oder befristete Rechtsgeschäfte gemeint sein, da andere Rechtshandlungen nicht bedingt oder befristet sein können.381 c) Sonderfall Kontokorrentverrechnung Auch Verrechnungen der Bank im Kontokorrent können anfechtbare Rechtshandlungen darstellen. Nach dem Grundsatzurteil des BGH vom 7.3.2002382 kann jedoch in dem Umfang ein unanfechtbares Bargeschäft gegeben sein, in dem eine Bank, die weiterhin Zahlungseingänge ins Kontokorrent einstellt, den Schuldner vertragsgemäß wieder über den Gegenwert verfügen lässt und somit als bloße Zahlstelle fungiert. Aufgrund der Giroabrede ist die Bank berechtigt und verpflichtet, für den Kunden bestimmte Geldeingänge entgegenzunehmen und gutzuschreiben. Aus der Giroabrede folgt regelmäßig zugleich das Recht der Bank, bei einem debitorischen Girokonto den Sollsaldo zu verringern. Indem die Bank diese Absprachen einhält und den Giroverkehr fortsetzt, handelt sie vertragsgemäß, also kongruent. Die Bank hat keine Anfechtung zu befürchten, solange sie sich auf ihre Funktion als Zahlstelle beschränkt und die Kontokorrentverrechnung nicht dazu benutzt, sich für ihre Forderungen gegen den Schuldner Befriedigung zu verschaffen.383

B 205

Beschränkt sich die Bank nicht auf die Funktion einer Zahlstelle, sondern verrechnet sie Geldeingänge zu ihren Gunsten so fehlt es im Grundsatz nicht an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung. Denn mit der Erteilung der Gutschrift erlischt der Anspruch des Schuldners auf die Gutschrift; der Anspruch aus der Gutschrift ist der Aufrechnung durch die Bank ausgesetzt. Dieser Nachteil wird nicht dadurch ausgeglichen, dass in Höhe der Aufrechnung auch die Forderung der Bank gegen den Schuldner getilgt wird, da diese Forderung lediglich als Insolvenzforderung zu bedienen gewesen wäre.384

B 206

Hat der Schuldner allerdings seine künftigen Forderungen sicherungshalber rechtswirksam an eine Bank abgetreten, werden die Insolvenzgläubiger in der Regel nicht benachteiligt, wenn die Bank die bei ihr eingehenden Zahlungen der Drittschuldner mit Verbindlichkeiten des Schuldners verrechnet.385 Die Zahlung der Drittschuldner erfolgt nach Ansicht des BGH unmittelbar in das Vermögen der Bank, die den Erlös selbst im Fall

B 207

381 Vgl. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 848/849. 382 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; vgl. zuvor schon BGH v. 25.2.1999 – IX ZR 353/98, MDR 1999, 818 = ZInsO 1999, 289. 383 Vgl. dazu noch BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZInsO 2008, 159 ff. und BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, MDR 2008, 348 = ZInsO 2008, 163 f. 384 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 385 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182 ff. Schäfer

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B Rz. 207

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

einer noch nicht offengelegten Abtretung als wahre Berechtigte erhält. Zwar erlischt damit der als Sicherheit dienende Anspruch der Bank gegen den Einzahlenden; gleichzeitig erwirbt sie jedoch nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken ein Pfandrecht an dem neu entstehenden Anspruch des Schuldners gegen die Bank auf Herausgabe des Erlangten gemäß § 667 BGB. Ein solcher Austausch gleichwertiger Sicherheiten wirkt nicht gläubigerbenachteiligend im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO. Anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Sicherungskette zwischenzeitlich unterbrochen war, etwa weil der Schuldner vorübergehend ein dinglich unbelastetes Recht an dem Zahlungsbetrag innehatte.386

B 208 Bedeutsam für die Frage der Anfechtbarkeit von Kontokorrentverrechnungen sind ferner zwei neuere Entscheidungen des BGH, mit denen er von seiner früheren Rechtsprechung387 abgerückt ist. Nach seinem Urteil vom 25.6.2009388 führt die Vorausabtretung kontokorrentgebundener Forderungen und des kausalen Schlusssaldos aus dem Kontokorrent nicht zum Rechtserwerb des Abtretungsempfängers, wenn die Kontokorrentabrede erst mit der Insolvenzeröffnung erlischt. Es bedarf daher in diesem Fall keiner Anfechtung.

B 209 Im Beschluss vom 18.3.2010389 bekräftigt der BGH, dass die Verpfändung

einer künftigen Forderung – ebenso wie die Vorausabtretung390 – erst mit dem Entstehen der Forderung wirksam werde. Da an den in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen ein Pfandrecht nicht erworben werden könne, komme für den Erwerb des Pfandrechts von vornherein nur der Schlusssaldo in Betracht. Für die Anfechtbarkeit sei deshalb auf diesen abzustellen, nicht auf die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen. Dies habe er bereits für die Vorausabtretung ausdrücklich entschieden;391 für die Vorausverpfändung gelte insoweit nichts anderes.

B 210 Nach dem Urteil des BGH vom 22.10.2009392 ist für die Anfechtung wegen § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt maßgebend, zu dem die Saldoforderung aufgrund des Anerkenntnisses des Saldos entstand und nicht der Zeitpunkt, zu dem die einzelnen, in das Kontokorrent eingestellten (Kausal-)Forderungen entstanden. Jene waren wegen der Kontokorrentbindung

386 BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03, MDR 2006, 1255 = ZIP 2006, 959 ff. 387 Vgl. BGH v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 ff. 388 BGH v. 25.6.2009 – IX ZR 98/08 – „Kontokorrentabtretung“, BGHZ 181, 361 ff. = MDR 2009, 1248. 389 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 111/08, ZIP 2010, 1137. 390 Vgl. BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (354) = MDR 2004, 775; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 (201) Rz. 13 = MDR 2007, 610; BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 (300) = MDR 2008, 411. 391 Vgl. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZIP 2009, 2347 (2350) Rz. 20 ff. 392 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZIP 2009, 2347 ff.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 212 B

nicht selbständig abtretbar.393 Entsteht der vom Schuldner an einen Dritten abgetretene Anspruch auf den Schlusssaldo nach der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung im Eröffnungsverfahren, so steht diese zwar dem Erwerb des Dritten nicht entgegen. Der Erwerb des Anspruchs kann jedoch der Anfechtung unterliegen.394 d) Sonderfall Konzernverrechnungsklausel Obwohl die Befugnis zur Aufrechnung in der Insolvenz im wirtschaftlichen Ergebnis einem Pfandrecht oder einer Sicherungsabtretung und dem dadurch vermittelten Recht zur abgesonderten Befriedigung gleichsteht, hat der BGH die auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützte, nach der Insolvenzeröffnung erklärte Aufrechnung für unwirksam gehalten, soweit sie nicht eigene Forderungen des Vertragspartners „sicherte“, sondern auch die Forderungen Dritter.395 Entsprechendes gilt für die Anfechtbarkeit von Verrechnungen aufgrund einer solchen Klausel, wenn sie in den kritischen Anfechtungszeiträumen vorgenommen werden. Denn eine Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem zwei Forderungen einander aufrechenbar gegenübertreten. Dies ist bei einer auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützten Aufrechnung nicht der Fall, solange die Aufrechnung nicht erklärt worden ist.396

B 211

9. Unterlassungen nach § 129 Abs. 2 InsO Gemäß § 129 Abs. 2 InsO kann die anfechtbare Rechtshandlung auch in einem Unterlassen bestehen. Die Unterlassung muss allerdings auf einer Willensbetätigung beruhen, also bewusst und gewollt erfolgen.397 Bei der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gemäß § 134 InsO reicht es aus, dass die Beteiligten sich über die Unentgeltlichkeit einig sind, etwa im Falle der unterbliebenen Erhebung der Verjährungseinrede bzw. Verjährungshemmung.398 Nicht anfechtbar ist unbewusstes und fahrlässiges Unterlassen. Nötig ist vielmehr das Bewusstsein, dass das Nichthandeln irgendwelche Rechtsfolgen haben wird; auf eine konkrete Rechtsfolge müssen sich die Vorstellungen des Schuldners jedoch nicht richten. Es ge393 BGH v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 (92); v. 7.2.1979 – VIII ZR 279/77 – „Barsortimenter“, BGHZ 73, 259 (263); v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 (213) = MDR 2007, 740. 394 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZIP 2009, 2347 ff. 395 BGH v. 15.7.2004 – IX ZR 224/03, BGHZ 160, 107 ff.- „Konzernverrechnung“, MDR 2005, 115; v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 18; vgl. dazu noch BAG v. 21.1.2010 – 6 AZR 593/07, ZIP 2010, 687 ff. 396 BGH v. 3.6.1981 – VIII ZR 171/80, BGHZ 81, 15, 19 f. = MDR 1981, 1014; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 19.30. 397 BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 64. 398 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 21. Schäfer

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B 212

B Rz. 212

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

nügt, wenn aus einer Situation, die naheliegenderweise materiell-rechtliche Ansprüche auslöst, bewusst keine Konsequenzen gezogen werden.399

B 213 Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn eine GmbH als Schuldnerin es bewusst unterlässt, vor einer Sitzverlegung ins Ausland einen Freistellungs- bzw. Erstattungsanspruch nach den Rechtsgrundsätzen zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen gegen ihren Gesellschafter geltend zu machen.400 Von einem anfechtungsrelevanten Unterlassen ist ferner auszugehen, wenn eine Besicherung belassen wird, nachdem der besicherte Kredit erkennbar eigenkapitalersetzend geworden ist.401 Das Stehenlassen einer Gesellschafterleistung, das zur Umqualifizierung in haftendes Eigenkapital führt, kann in der Insolvenz des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft als unentgeltliche Leistung gemäß § 134 InsO anfechtbar sein. Unterlasse der Schuldner lediglich einen möglichen Erwerb, so sei dieses Unterlassen zwar nicht anfechtbar, weil es nicht zu einer Minderung des Schuldnervermögens führe. Ein solcher Fall sei beim Stehenlassen einer eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung jedoch nicht gegeben. Es gehe vielmehr darum, dass der Gesellschafter als Gläubiger die Durchsetzbarkeit seiner bestehenden Forderung und damit ihren wirtschaftlichen Wert verliere.402 Ein anfechtbares (aktives) Verhalten ist ferner gegeben, wenn der Schuldner Kapital zu einem unter dem marktüblichen Zinssatz liegenden Entgelt zur Nutzung überlässt und es damit unterlässt, den marktüblichen Zins zu fordern.403

B 214 Ein anfechtbares Unterlassen liegt darüber hinaus vor, wenn der Schuldner bewusst davon absieht, den Girovertrag zu kündigen, um seiner Bank die Möglichkeit offenzuhalten, an noch aufzubauenden Guthaben ein Pfandrecht zu erwerben. Hat der Schuldner jedoch eine Kündigung nicht in Betracht gezogen, so kann dieses unbewusste Unterlassen nicht als Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 2 InsO angefochten werden.404

B 215 Unterlassungen sind nur dann anfechtungsrelevant, wenn sie zur Minderung des Schuldnervermögens geführt haben. Nicht erfasst ist daher ein Verhalten des Schuldners, das eine Vermögensmehrung verhindert hat, es sei denn, dem Schuldner stand bereits ein Anwartschaftsrecht auf den Erwerb zu.405 Anders verhält es sich daher auch bei der Nichtaus399 Vgl. BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 400 BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse Rz. 19. 401 Vgl. OLG Hamburg v. 24.7.1987 – 11 U 182/86, AG 1988, 22 = GmbHR 1988, 141 = NJW-RR 1988, 46 (49). 402 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. 403 BGH v. 21.4.1988 – IX ZR 71/87, MDR 1988, 858 = NJW 1989, 1037. 404 BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff. 405 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 99.

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I. Die Rechtshandlung

Rz. 218 B

übung einer Option oder eines Vorkaufsrechts, da in diesen Fällen eine rechtlich gesicherte Rechtsposition gegeben war, derer sich der Schuldner begeben hat.406 Da die Anfechtungstatbestände voraussetzen, dass eine andere Person durch die Rechtshandlung eine Vermögenszuwendung erhalten hat, liegt eine Unterlassung im Sinne des § 129 Abs. 2 InsO nur dann vor, wenn sie ursächlich dafür geworden ist, dass der Empfänger die Vermögenszuwendung behalten konnte. Aus diesem Grund stellt das Unterlassen der Stellung eines Insolvenzantrages mit dem Vorsatz, einen Gläubiger zum Nachteil der übrigen zu begünstigen, keine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 2 InsO dar.407 Auch die Zahlungseinstellung als solche stellt keine Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 2 InsO dar.408 In der Gesetzesbegründung409 zu § 129 Abs. 2 InsO werden folgende Beispiele für ein anfechtungsrelevantes Unterlassen aufgeführt:

B 216

„ein Recht verliert“: Schuldner unterlässt Protest nach Wechselrecht und verliert deshalb Rechte, die den Protest voraussetzen; Schuldner unterlässt Unterbrechung der Ersitzung und verliert deshalb sein Eigentum; „ein Recht nicht mehr geltend machen kann“: Schuldner unterlässt es, Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe (z.B. Einspruch gegen Versäumnisurteil nach § 338 ZPO) einzulegen und verliert deshalb aussichtsreichen Aktivprozess; Schuldner unterlässt Unterbrechung der Verjährung; „ein Anspruch erhalten wird“: Schuldner unterlässt rechtzeitige Irrtumsanfechtung nach den §§ 119 ff. BGB; „ein Anspruch durchsetzbar wird“: Schuldner unterlässt es, in einem Passivprozess die Einrede der Verjährung zu erheben. Als anfechtbare Unterlassungen im prozessrechtlichen Bereich sind zudem das Unterlassen des Widerspruchs gegen einen Mahnbescheid und unterlassener bzw. verspäteter Sachvortrag des Schuldners, der zur Präklusion führt, zu nennen.

B 217

Eine anfechtbare Rechtshandlung kann ferner im Unterlassen des Widerrufs hingegebener Schecks zu sehen sein.410 Ein anfechtbares Unterlassen kann schließlich gegeben sein, wenn der Schuldner, der als Strohmann für den Betreiber eines Imbisses fungiert hat, es unterlässt, diesen als Auftraggeber auf Erstattung der für den Betrieb des Imbisses angefallenen

B 218

406 Vgl. Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 53. 407 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832; HKInsO/Kreft, § 129 Rz. 24. 408 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 65. 409 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 410 OLG Hamm v. 15.1.2009 – 27 U 112/07, veröffentlicht bei juris. Schäfer

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B Rz. 218

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Verbindlichkeiten oder auf Freistellung von den Ansprüchen der Gläubiger in Anspruch zu nehmen.411

II. Gläubigerbenachteiligung 1. Allgemeines

B 219 Tatbestandliche Voraussetzung eines jeden Anfechtungstatbestandes ist nach der Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO die objektive Benachteiligung der Insolvenzgläubiger (vgl. §§ 38, 39 InsO) durch die angefochtene Rechtshandlung.412 Denn die Insolvenzanfechtung dient dazu, ungerechtfertigte Veräußerungen und Belastungen zum Nachteil der künftigen Insolvenzmasse im Interesse der möglichst weitgehenden und gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger rückgängig zu machen. Die erforderliche Gläubigerbenachteiligung ist nicht gegeben, wenn die Insolvenzmasse ausreicht, um alle Gläubiger befriedigen zu können. Wird dies vom Anfechtungsgegner behauptet, trägt er dafür nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Beweislast.413 Bildet die Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzgrund, ist nach der Lebenserfahrung nicht damit zu rechnen, dass das Verfahren mit der vollen Befriedigung aller Gläubiger endet. Daher spricht im Falle der Insolvenzeröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit ein Anscheinsbeweis für die Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse. Der Anfechtungsgegner hat daher Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vollständigen Ausgleichs aller Gläubigeransprüche ergibt.414 Nach allgemeinen Grundsätzen ist es alsdann Sache des Insolvenzverwalters, darzulegen und zu beweisen, dass dies nicht der Fall ist.

B 220 Es ist ferner zu beachten, dass durch Masseunzulänglichkeit eine Gläubigerbenachteiligung nicht ausgeschlossen wird. Andernfalls würde das Ziel des Insolvenzverfahrens (vgl. § 1 InsO), die Gläubiger – und dazu zählen auch die Massegläubiger – zu befriedigen, nicht erreicht und die Anfechtungsgegner erhielten einen nicht gerechtfertigten Vorteil.415 Die Benachteiligung nachrangiger Insolvenzgläubiger (vgl. § 39 InsO) reicht ebenfalls aus. Dies wird freilich praktisch nur bedeutsam, wenn nur die

411 Vgl. OLG Brandenburg v. 10.9.2008 – 7 U 182/07, ZInsO 2009, 330 f. 412 BGH v. 20.12.1984 – IX ZR 114/83, WM 1985, 364 (365); v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 (273); v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 7. 413 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff. Rz. 30; v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, MDR 1986, 1021 = WM 1986, 841. 414 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff. Rz. 30. 415 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, MDR 2008, 770 = ZInsO 2008, 374 f. 14; v. 18.9.2003 – IX ZB 460/02, ZIP 2003, 2036; Pape, ZIP 2001, 901 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 223 B

nachrangigen Insolvenzgläubiger durch die angefochtene Rechtshandlung benachteiligt werden.416 Eine vermögensschmälernde Rechtshandlung des Schuldners kann auch von demjenigen angefochten werden, der zwar zur Zeit ihrer Vornahme noch nicht Gläubiger war, jedoch später durch sie benachteiligt wird.417 Eine Vorsatzanfechtung ist daher nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Schuldner zum Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung noch keine Gläubiger hatte.418 Die Benachteiligung von Massegläubigern im Sinne des § 53 InsO, zum Beispiel durch Begleichung von Masseverbindlichkeiten, begründet allerdings mangels Benachteiligung der Insolvenzgläubiger keine Anfechtbarkeit.419

B 221

Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO ist gegeben, wenn die angefochtene Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt hat,420 wenn sich also mit anderen Worten die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die angefochtene Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten.421 In den Vergleich der Aktiva und Passiva sind auch Insolvenzforderungen einzubeziehen, die noch zur Tabelle festgestellt werden können, weil sich ein Widerspruch als unbegründet erweist.422

B 222

Geht der Schuldner in der Krise weitere Verbindlichkeiten ein, so vermindert er in der Regel die Quote der übrigen Insolvenzgläubiger, wodurch diese benachteiligt werden. Die Begründung einer nachrangigen Verbindlichkeit (vgl. § 39 InsO) benachteiligt allerdings nur die gleichrangigen und die nachrangigen Insolvenzgläubiger und kann daher nur zu ihren Gunsten angefochten werden.423 Die Frage der Gläubigerbenachteiligung ist nicht nach rein bilanziellen Gesichtspunkten zu beantworten. So werden die Gläubiger auch dann benachteiligt, wenn der Schuldner in der Krise einen Gegenstand verliehen hat. Für die Annahme einer Gläubigerbenachteiligung kann es nach der ständigen Rechtsprechung des BGH be-

B 223

416 Vgl. Henckel, Kölner Schrift zur InsO, S. 821 Rz. 20. 417 BGH v. 7.5.1987 – IX ZR 51/86, WM 1987, 881 (882). 418 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. 419 Vgl. BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 ff.; HambKomm-InsO/ Rogge, § 129 Rz. 37. 420 Vgl. BGH v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = ZIP 2002, 489; v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1007 (1011) Rz. 20. 421 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. Rz. 25; v. 20.11.2008 – IX ZR 130/07, MDR 2009, 291 = ZInsO 2009, 31 f. Rz. 9; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76, 78 f. = MDR 1994, 468; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 77; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 37. 422 BGH v. 19.9.1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 (188) = AG 1989, 27 = GmbHR 1989, 19 = MDR 1989, 43; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 62. 423 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 77. Schäfer

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B Rz. 223

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

reits genügen, wenn durch die angefochtene Rechtshandlung der Zugriff auf das Schuldnervermögen erschwert oder verzögert wurde.424

B 224 Eine Beeinträchtigung des Schuldnervermögens ist schon dann gegeben, wenn eine bloße Mitberechtigung des Schuldners an dem weggegebenen Vermögensgegenstand bestand. Anfechtbar ist daher auch eine Überweisung aus dem Guthaben eines als Oder-Konto geführten Girokontos, dessen Mitinhaber der Schuldner ist, ohne dass es darauf ankommt, ob dem Schuldner das Kontoguthaben im Innenverhältnis zustand.425 a) Konkrete Schmälerung des Schuldnervermögens

B 225 An einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger fehlt es bei Vorgängen,

die für das schuldnerische Vermögen wirtschaftlich neutral sind.426 Wurden etwa Zahlungen des Schuldners von einem debitorischen auf ein anderes, bei derselben Bank geführtes, ebenfalls debitorisches Konto umgebucht, liegt eine Gläubigerbenachteiligung nur vor, wenn das Konto, dessen Schuldenstand durch die Umbuchung verringert wurde, über schlechtere Sicherungen verfügte als das Konto, dessen Schuldenstand dadurch erhöht wurde.427 Eine Verkürzung der künftigen Insolvenzmasse ist nicht gegeben, wenn eine Bank einem debitorischen Konto des Schuldners einen Scheckbetrag gutgeschrieben und diese Buchung entsprechend ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen alsbald wieder rückgängig gemacht hat.428 Im Fall des vom Schuldner nicht genehmigten Lastschrifteinzuges des Gläubigers von einem debitorisch geführten Konto des Schuldners kann der Insolvenzverwalter nur eine Korrektur der ungenehmigten Belastungsbuchung, nicht jedoch im Wege der Anfechtung die Auszahlung des Lastschriftbetrages verlangen.429 Denn durch den unautorisierten Lastschrifteinzug wurde das Vermögen des Schuldners nicht geschmälert. Im Fall der Eingehung einer unklagbaren Verbindlichkeit benachteiligt nicht bereits deren Begründung, sondern erst ihre Erfüllung die übrigen Gläubiger.430

B 226 Zu beachten ist ferner, dass der Zweck der Insolvenzanfechtung nicht darin besteht, der Insolvenzmasse Vermögensvorteile zu verschaffen, die sie ohne die anfechtbare Rechtshandlung nicht erlangt hätte.431 Aus diesem Grund ist etwa die verzögerte Stellung des Insolvenzantrages durch den 424 BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02 – „Unternehmensbestattung“, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse v. 5.11.1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318, 328. 425 OLG Hamburg v. 19.10.2007 – 1 U 136/06, ZIP 2008, 88 ff. 426 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 108. 427 BGH v. 10.7.2008 – IX ZR 142/07, WM 2008, 1606. 428 OLG Koblenz v. 10.10.2002 – 5 U 364/02, ZIP 2002, 2091 f. 429 Vgl. BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 78/07, MDR 2009, 833 = ZIP 2009, 673 ff.; v. 1.10.2002 – IX ZR 125/02, MDR 2003, 169 = ZIP 2002, 2184 f. 430 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 108. 431 BGH v. 30.1.1986 – IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87 (96) = MDR 1986, 580.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 228 B

Schuldner nicht anfechtbar, da sich die verzögerte Antragstellung anfechtungsrechtlich allein auf den Fristenlauf auswirkt. Diese Rechtsfolge trifft jedoch alle Gläubiger in gleicher Weise und steht nicht in dem anfechtungsrechtlich gebotenen Zusammenhang mit der konkreten Vermögensverschiebung.432 Ein Schenkungsvertrag über ein Grundstück, in dem zugleich ein durch Vormerkung gesicherter Rückübertragungsanspruch für den Fall des Vermögensverfalls oder der Insolvenz des Begünstigten vereinbart wird, ist nach der Rechtsprechung des BGH im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Begünstigten mangels objektiver Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar. Im Rahmen der Insolvenzanfechtung kann nicht als objektive Gläubigerbenachteiligung geltend gemacht werden, dem Schuldner hätte mehr geschenkt oder ein Geschenk ohne Belastung überlassen werden müssen.433 b) Erschwerung des Gläubigerzugriffs Eine Gläubigerbenachteiligung liegt schon dann vor, wenn durch die Rechtshandlung der Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert wird.434 Es reicht aus, dass der Zugriff der Gläubiger prinzipiell möglich ist. Begegnet ein Vollstreckungszugriff dritter Gläubiger auf den entäußerten Vermögenswert faktischen Hindernissen, steht dies einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen. Vielmehr kann eine Gläubigerbenachteiligung gerade in dem mit der angefochtenen Rechtshandlung verbundenen erschwerten Zugriff auf einen Vermögenswert des Schuldners liegen.435

B 227

Eine Benachteiligung der Gläubiger ist daher bereits gegeben, wenn eine GmbH nach einer Sitzverlegung ins Ausland „bestattet“ werden soll und die Durchführung einer Nachtragsliquidation zumindest erhebliche Schwierigkeiten bereiten würde.436 Da schon die Erschwerung des Zugriffs der Gläubiger zu einer Gläubigerbenachteiligung führt, können auch nichtige Rechtsgeschäfte anfechtbar sein. Nichtige Rechtsgeschäfte, namentlich Scheingeschäfte, führen nicht selten zu einer Änderung der formalen Rechtslage und damit zu Erschwerungen oder Gefährdungen des Gläubigerzugriffs. In diesem Fall kann anstelle oder neben der Nichtigkeit auch die Anfechtung geltend gemacht werden. So kann etwa der Inhaber einer Zwangshypothek die Löschung einer vorrangigen, aufgrund

B 228

432 Vgl. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, MDR 2005, 832 = NJW 2005, 1121 (1124) = BGHZ 162, 143 ff. 433 BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZInsO 2008, 558 ff. 434 Vgl. BGH v. 5.11.1980 – VIII ZR 230/79, BGHZ 78, 318 (328); v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 435 BGH v. 23.10.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 ff. Rz. 22. 436 BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. Schäfer

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B Rz. 228

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

eines nichtigen Rechtsgeschäfts eingetragenen Auflassungsvormerkung verlangen.437 Erteilt der Schuldner in der Krise die Zustimmung zur Bildung eines Poolvertrages, so kann dies zu einer Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger führen, wenn dadurch die Zugriffsmöglichkeit erschwert wird.438 c) Gläubigerwechsel

B 229 An einer Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn ein bloßer, die Gläubiger nicht benachteiligender Gläubigerwechsel gegeben ist. Dies kann beispielsweise bei einer Anweisung auf Kredit der Fall sein. Bei ihr nimmt der Angewiesene die Zahlung an den Zuwendungsempfänger ohne eigene Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er durch die Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird.439 Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Angewiesenen wird hier durch die Befreiung von der Schuld gegenüber dem Zahlungsempfänger ausgeglichen.440 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kredit für den Schuldner belastender ist als die mit seiner Hilfe getilgte Schuld, etwa weil er nur gegen Sicherheiten gewährt wurde.441

B 230 Selbst wenn ein Gläubigerwechsel gegeben ist, können die Gläubiger dennoch benachteiligt sein. Die nachträgliche Besicherung einer Forderung durch Abtretung einer künftigen Kaufpreisforderung ist inkongruent und benachteiligt die Insolvenzgläubiger. Daran ändert es nichts, wenn die gesicherte Forderung an einen Dritten abgetreten und die nachträgliche Sicherheit unmittelbar dem Dritten gewährt wird. Entscheidend für die Inkongruenz ist das Abweichen der Deckungshandlung von dem zwischen dem Insolvenzgläubiger und dem Schuldner bestehenden Schuldverhältnis. Diese Inkongruenz entfällt nicht deshalb, weil gleichzeitig mit der Besicherung ein Gläubigerwechsel stattfindet.442 d) Zuwendungen Dritter aus schuldnerfremdem Vermögen

B 231 Zahlungen Dritter betreffen in der Regel nicht das Vermögen des Schuldners. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Zahlung des Dritten ohne Durchgang durch das Vermögen des Schuldners unmittelbar an den Zahlungsempfänger fließt.443 Ein solcher Durchgang durch das schuldnerische Vermögen ist gegeben, wenn der Schuldner durch Überweisung von 437 438 439 440 441

Vgl. BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, MDR 1997, 52 = ZIP 1996, 1516 ff. Vgl. OLG Köln v. 29.4.1994 – 20 U 168/90, ZIP 1994, 1461 ff. BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZIP 2008, 2182 f. Rz. 9. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 81; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 144. Vgl. BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZIP 2008, 2182 f. Rz. 9; v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. Rz. 10 = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 442 Vgl. BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 ff. 443 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 78a.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 233 B

seinem im Soll geführten Kreditkonto einen Gläubiger befriedigt. Denn der Anspruch des Schuldners auf Auszahlung der Kreditmittel ist ein pfändbarer Aktivposten seines Vermögens; dessen Aufgabe zum Zwecke der Tilgung einer bloßen Insolvenzforderung benachteiligt die übrigen Gläubiger selbst dann, wenn der Kredit zweckgebunden gewährt wurde.444 Aber auch wenn der Dritte den Gläubiger des Schuldners mit Mitteln aus seinem eigenen Vermögen befriedigt, kann eine Gläubigerbenachteiligung gegeben sein, wenn der Dritte mit der Zahlung eine eigene Verbindlichkeit gegenüber dem Schuldner tilgt445 oder wenn er einen Aufwendungsbzw. Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner erwirbt.446 Eine Gläubigerbenachteiligung liegt daher nicht vor, wenn ein nicht persönlich haftender Gesellschafter eine Verbindlichkeit der Gesellschaft auf deren Anweisung unmittelbar gegenüber einem Gläubiger begleicht, sofern der Gesellschafter durch die Zahlung keine eigene Schuld gegenüber der Gesellschaft getilgt und gegen diese auch keinen Erstattungsanspruch erworben hat.447 Befriedigt dagegen ein persönlich haftender Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft einen Gesellschaftsgläubiger, so hat dies eine Verkürzung des mit der Insolvenzeröffnung zur Masse gehörenden Anspruchs der Gesellschaft auf Einzahlung des Haftungsbetrages in die Masse und damit eine Bevorzugung des in vollem Umfang befriedigten Gläubigers zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger zur Folge.448

B 232

e) Umfang der Gläubigerbenachteiligung Die Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs ist nach § 129 Abs. 1 InsO nur Voraussetzung der Anfechtung, bestimmt aber nicht zugleich deren Umfang. Eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung ist daher grundsätzlich insgesamt anfechtbar, auch wenn sie die Gläubiger nicht in vollem Umfang benachteiligt. § 129 InsO gestattet die Anfechtung nicht etwa nur, soweit eine Benachteiligung eintritt. Der Ausgleich wird vielmehr durch § 144 InsO herbeigeführt. Soweit die Gegenleistung – in ihrem nicht beeinträchtigenden Teil – in der Masse zumindest wertmäßig noch vorhanden ist, erhält der Anfechtungsgegner sie zurück; im Übrigen ist er auf eine Insolvenzforderung verwiesen.449

444 BGH v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = NJW 2002, 1574 ff.; v. 7.6.2001 – IX ZR 195/00, MDR 2001, 1258 = ZIP 2001, 1248. 445 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341; v. 17.6.1999 – IX ZR 176/98, MDR 1999, 1153 = WM 1999, 1581 (1582). 446 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZInsO 2007, 658 ff. Rz. 18. 447 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZIP 2008, 2182 f. 448 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 228. 449 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 102; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 85. Schäfer

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B 233

B Rz. 234

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 234 Der BGH hat diesen Grundsatz jedoch nicht stets eingehalten. So hat er etwa in einem Fall, in dem es um ein Sanierungshonorar ging, entschieden, eine Korrektur durch das Anfechtungsrecht sei nur insoweit geboten, als das Honorar überhöht gewesen sei.450 Im Beschluss vom 13.3.2008 führt er aus, die Anfechtung eines Vertrages als Ganzes könne die Wirkung einer Teilanfechtung haben, wenn die anfechtbare Handlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert habe und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar sei.451

2. Isolierte Betrachtung der Rechtshandlung; Kompensation

B 235 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung isoliert mit Bezug auf die konkret bewirkte Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen. Da der Anfechtungsanspruch kein Schadensersatzanspruch ist, findet eine Vorteilsausgleichung nach schadensersatzrechtlichen Grundsätzen nicht statt.452 Es steht daher der Anfechtung nicht entgegen, dass es erst die von der Begleichung von Altforderungen abhängig gemachte Bereitschaft des Anfechtungsgegners zur Auftragsdurchführung dem Schuldner ermöglicht hat, seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber einem Dritten zu erfüllen.453 Entferntere Ereignisse bleiben regelmäßig sogar dann außer Betracht, wenn sie adäquat kausal verursacht wurden.454 Verkauft der spätere Insolvenzschuldner kurz vor der Stellung des Insolvenzantrages an einen Gläubiger Gegenstände, so können die Insolvenzgläubiger durch die zugunsten des Käufers hergestellte Aufrechnungslage auch dann benachteiligt werden, wenn der Käufer vom Schuldner umfangreiche Pflichten gegenüber Dritten übernimmt. Sofern die anfechtbare Rechtshandlung ausschließlich in der Herstellung der Aufrechnungslage besteht, können nur diejenigen Vorteile Berücksichtigung finden, die unmittelbar durch die Herstellung der Aufrechnungslage entstanden sind.455

B 236 Nach Ansicht des BGH soll eine Gläubigerbenachteiligung selbst dann anzunehmen sein, wenn sich durch dieselbe Rechtshandlung die Aktivmasse erhöht hat. Braut etwa der Schuldner Bier und begründet er dadurch eine Sachhaftung gemäß § 76 AO zur Sicherung der anfallenden Biersteuer, soll selbst dann eine objektive Gläubigerbenachteiligung be450 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 ff. = MDR 1980, 843. 451 BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZIP 2008, 1028 ff. Rz. 16; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Breitbandverteilanlage“, BGHZ 124, 76 (84) = MDR 1994, 468. 452 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. Rz. 27; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZIP 2005, 1521 (1523); v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. 453 Vgl. BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02 – „Saudi-Arabien“, BGHZ 154, 190 ff. 454 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. 455 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZIP 2005, 1521 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 238 B

wirkt werden, wenn mit dem Brauvorgang unmittelbar eine übersteigende Wertschöpfung in Form des gebrauten Bieres zugunsten des Schuldnervermögens erzielt wird.456 Dies erscheint fraglich. Denn der BGH geht andererseits davon aus, dass keine Gläubigerbenachteiligung gegeben ist, wenn der Schuldner für das, was er aus seinem Vermögen weggibt, unmittelbar eine vollwertige Gegenleistung erhält; erhält er etwas, das zwar keine Gegenleistung darstellt, sich aber in anderer Weise als zumindest gleichwertiger Vorteil erweist, so kommt es darauf an, ob der Vorteil unmittelbar mit dem Vermögensopfer zusammenhängt.457 Bei Steuerzahlungen, die der Erhaltung des schuldnerischen Unternehmens dienen, soll eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger unter Umständen zu verneinen sein.458

3. Arten und Ermittlung der Gläubigerbenachteiligung Nach dem Gesetz ist zwischen einer unmittelbaren und einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung zu unterscheiden. Es genügt grundsätzlich eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, wenn nicht das Gesetz ausdrücklich eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung verlangt (vgl. § 132 Abs. 1 InsO und § 133 Abs. 2 InsO). Unmittelbar ist eine Benachteiligung, die ohne das Hinzutreten späterer Umstände schon mit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung eintritt. Maßgeblicher Zeitpunkt dafür ist durchweg derjenige der Vollendung der Rechtshandlung (vgl. § 140 InsO).459

B 237

Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung in Verbindung mit einem weiteren Umstand eine Gläubigerbenachteiligung auslöst. Dies kann der Fall sein, wenn die Rechtshandlung selbst die Gläubiger noch nicht benachteiligt, aber die Grundlage für eine weitere, die Gläubiger schädigende Handlung schafft. So kann etwa nach der Gesetzesbegründung die Veräußerung eines Grundstücks auch dann wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein, wenn sie zwar zu einem angemessenen Preis erfolgt, der Schuldner aber die dem anderen Teil bekannte Absicht hat, das Geld dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.460

B 238

456 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. 457 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 2084 ff. Rz. 11; v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190, 195 f. 458 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 121. 459 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 9; v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (190) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 460 Vgl. Begründung zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. Schäfer

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B Rz. 239

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

a) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung

B 239 Nach Sinn und Zweck der Anfechtungsbestimmungen muss bei der Frage, ob die Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden, die Vermögensverschiebung in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung erfasst und deshalb eine mehrteilige Rechtsübertragung als ein einheitliches Ganzes betrachtet werden. Durch den Abschluss eines Vertrages werden die Gläubiger unmittelbar benachteiligt, wenn der gesamte rechtsgeschäftliche Vorgang, der sich aus schuldrechtlichem Verpflichtungs- und dinglichem Erfüllungsgeschäft zusammensetzt, die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger verschlechtert. Verkauft der Schuldner etwa in der Krise eine bewegliche Sache, so werden die Gläubiger unmittelbar benachteiligt, wenn der vereinbarte Kaufpreis hinter dem Wert der verkauften Sache zurückbleibt.461

B 240 Die Verschlechterung muss jedoch schon durch das Rechtsgeschäft selbst eintreten. Der Abschluss eines Vertrages, durch den der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, benachteiligt die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren, nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes entwertet oder verbraucht bzw. zerstört wird oder wenn die Vorleistung des Vertragspartners des Schuldners in dem Zeitpunkt nicht mehr im Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen „herausgeht“.462

B 241 Sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts im Sinne des § 142 InsO gegeben, scheidet eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus, da beim Bargeschäft eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt sein muss. Dabei ist jedoch zu beachten, dass es an einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung auch dann fehlen kann, wenn die engen zeitlichen Anforderungen an die Annahme eines Bargeschäfts nicht erfüllt sind.463 Keine gleichwertige Gegenleistung stellt die Stundung einer Forderung des Gläubigers gegen Abtretung einer Forderung des Schuldners gegen einen Dritten unter Verzicht des Gläubigers auf eine mögliche Aufrechnung dar.464

B 242 Bei einem Austausch von Leistung und Gegenleistung ist eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung gegeben, wenn die dem Schuldner erbrachte Gegenleistung objektiv nicht gleichwertig ist. Dabei ist ausschließlich das Wertverhältnis zwischen den konkret ausgetauschten Leistungen maßgebend. Gewährt der Schuldner einem Dritten ein langfristiges Dar461 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, MDR 1980, 930 = NJW 1980, 1961 f. 462 Vgl. BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, WM 1955, 404 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 118. 463 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 119. 464 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZIP 2007, 2084 ff. Rz. 12, 13.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 244 B

lehen zu einem geringeren als dem marktüblichen Zinssatz, führt dies grundsätzlich zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger, weil ihnen dadurch für die Laufzeit des Darlehens der übliche Zins entgeht.465 Unmittelbar gläubigerbenachteiligend ist auch eine Abrede zwischen dem Schuldner und einem dinglich gesicherten Gläubiger, durch die Letzterem eine Veräußerung von Sicherungsgut unter Wert gestattet wird.466 Es kommt nicht nur darauf an, ob der Schuldner eine für ihn gleichwertige Leistung erhalten hat. Diese Leistung muss auch zugunsten der künftigen Insolvenzgläubiger verwertbar sein. Hat daher der Käufer für ein mit einer Zwangshypothek belastetes Betriebsgrundstück des Schuldners auch unter Berücksichtigung der Übernahme dieser dinglichen Belastung eine nicht annähernd dem Verkehrswert entsprechende Zahlung zu erbringen und räumt er hinsichtlich der Differenz zwischen seiner Zahlungspflicht und dem Verkehrswert dem Verkäufer ein entgeltliches, auf den dem Verkehrswert entsprechenden Kaufpreis angerechnetes Nutzungsrecht höchstpersönlicher, unübertragbarer Art ein, so werden die Gläubiger unmittelbar benachteiligt, da ein solches Nutzungsrecht unpfändbar ist und somit nicht dem Gläubigerzugriff unterliegt.467

B 243

Für die Gläubiger unmittelbar nachteilig ist auch ein Rechtsgeschäft des Schuldners, mit dem er mehr zu leisten verspricht, als der andere Teil fordern kann.468 Veranlasst daher der Gläubiger, der mit seiner „Altforderung“ lediglich Insolvenzgläubiger wäre, durch die Drohung, andernfalls eine für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens notwendige Leistung nicht zu erbringen, den vorläufigen „schwachen“ (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) Insolvenzverwalter dazu, dem Gläubiger nicht nur das Entgelt für die neue Leistung zu zahlen, sondern auch dessen „Altforderungen“ voll zu befriedigen, so ist die Zusage unmittelbar gläubigerbenachteiligend und anfechtbar. Denn der voll befriedigte Gläubiger hätte andernfalls mit seinen Altforderungen nur als Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen können, in dem in der Regel allenfalls eine Quote zu erwarten ist.469 Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist ferner gegeben, wenn der Schuldner eine Verbindlichkeit begleicht, der er eine Einwendung hätte entgegenhalten können.470

B 244

465 BGH v. 21.4.1988 – IX ZR 71/87, MDR 1988, 858 = ZIP 1988, 725 ff.; HambKomm/Rogge, § 129 Rz. 76. 466 BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, MDR 1997, 470 = ZIP 1997, 367 ff. 467 BGH v. 18.12.2008 – IX ZR 79/07, NotBZ 2009, 455 m. Anm. Suppliet = MDR 2009, 713 = ZInsO 2009, 518 ff.; vgl. dazu noch BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, MDR 1986, 1021 = ZIP 1986, 787 ff. 468 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 96. 469 Vgl. BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff.; v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff. = MDR 2005, 712. 470 BGH v. 6.4.1995 – IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236 (255) = AG 1995, 379 = MDR 1995, 918. Schäfer

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B Rz. 245

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 245 Bei einer angefochtenen Grundstücksübereignung tritt eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung bereits in dem Zeitpunkt ein, in dem der Erwerber ein Anwartschaftsrecht auf das Grundeigentum erlangt. Sie wird nicht dadurch beseitigt, dass der Schuldner das Grundstück wertausschöpfend belastet, bevor der Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen wird.471 Treten die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung mit der Eintragung im Grundbuch ein, ist eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung bereits dann gegeben, wenn der Vertragspartner des Schuldners durch Eintragung einer Vormerkung eine geschützte Rechtsposition erlangt hat.472

B 246 Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise unterliegt das Eigentum des Schuldners schon dann nicht mehr dem Gläubigerzugriff, wenn der Erwerber aufgrund eines Anwartschaftsrechts eine geschützte Rechtsstellung erlangt hat, die nicht mehr einseitig durch den anderen Teil zerstört werden kann. Dies ist etwa der Fall bei der Auflassung eines Grundstücks nebst Eintragung einer Vormerkung in Erfüllung einer Einlageschuld. Ein vollwertiger Ausgleich ergibt sich in diesem Fall nicht daraus, dass der Schuldner im Gegenzug einen Gesellschaftsanteil erworben hat. Denn ein solcher Gesellschaftsanteil ist schwieriger zu verwerten als ein Grundstück.473 Im Hinblick auf die Anfechtungszeiträume der einzelnen Anfechtungstatbestände ist in solchen Fällen jedoch zu beachten, dass die Frist auch dann erst mit der Vollendung des Rechtserwerbs beginnt, wenn der Anfechtungsgegner bereits zuvor ein Anwartschaftsrecht erlangt hat und die Gläubiger bereits dadurch benachteiligt wurden.474

B 247 Sichert der spätere Insolvenzschuldner eine fremde Verbindlichkeit, so soll nach einer Auffassung im Schrifttum475 eine Gläubigerbenachteiligung anzunehmen sein, weil der Befreiungsanspruch gegen den Schuldner der fremden Verbindlichkeit regelmäßig weniger sicher sei und deshalb keinen vollausgleichenden Gegenwert darstelle. Dies erscheint jedoch in dieser Allgemeinheit nach dem Inkrafttreten des „MoMiG“ als zweifelhaft.476

B 248 Durch die Übertragung von Vermögensgegenständen auf einen Treuhänder werden die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt. Dies wird insbesondere daraus ersichtlich, dass Gläubiger des Sicherungsgebers ei471 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff. = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 472 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse = ZIP 2006, 578 ff. 473 Vgl. BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (189) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 474 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (193) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 475 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 114; HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 74. 476 Vgl. dazu insbesondere § 30 Abs. 1 Satz 2 GmbHG n.F.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 251 B

nen zum Treugut gehörenden Gegenstand, der zu vollem Recht übertragen ist, nicht aufgrund eines Vollstreckungstitels gegen den Treugeber pfänden können. Die formelle Rechtsstellung des Treuhänders ist ein Rechtsgut, dessen Rückgewähr nach den Anfechtungsbestimmungen verlangt werden kann.477 Erhält der Schuldner für seine Leistung etwas, das zwar keine Gegenleistung darstellt, sich aber in anderer Weise als – zumindest gleichwertiger – Vorteil erweist, so kommt es darauf an, ob der Vorteil unmittelbar mit dem Vermögensopfer zusammenhängt. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn das Vermögensopfer gezielt eingesetzt wurde, um den Vorteil zu erlangen. Vielmehr muss sich der Vorteil unmittelbar in einer – den anderweitigen Nachteil zumindest ausgleichenden – Mehrung des Schuldnervermögens niederschlagen.478

B 249

Ist beispielsweise der Betrieb des Schuldners nur mit Zustimmung eines Lieferanten günstig zu verwerten und macht dieser seine Einwilligung davon abhängig, dass der Schuldner ausstehende Schulden begleicht, so benachteiligt diese Schuldtilgung die anderen Insolvenzgläubiger nicht, wenn der Betrieb ohne die „erkaufte“ Einwilligung weniger wert gewesen wäre als den tatsächlich erzielten Kaufpreis abzüglich der Tilgungsleistung. Hier schlägt sich der Vorteil unmittelbar und gegenständlich in einer Mehrung des Schuldnervermögens nieder.479 Hingegen entfällt die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Bezahlung der Schulden aus Stromlieferungen nicht deshalb, weil sonst die – berechtigte – Einstellung der Stromversorgung im Betrieb des Schuldners zu einem Produktionsausfall geführt hätte. Diese enge Abgrenzung danach, ob sich der Vorteil unmittelbar in einer Mehrung des Schuldnervermögens niederschlägt, ist nach Ansicht des BGH nicht nur aus Gründen der Rechtsklarheit, sondern auch deshalb geboten, weil nur so eine Aushöhlung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung (par condicio creditorum) verhindert werden könne.480

B 250

Dass sich ein Subunternehmer gegen Bewilligung einer Sicherheit für ausstehende Forderungen verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten gegen Entgelt weiterzuführen, gleicht den Verlust der Sicherheit für die Insolvenzgläubiger des Hauptunternehmers nicht aus.481 Es reicht nicht aus, dass der Sicherungsvertrag mit der Verpflichtung des Subunterneh-

B 251

477 BGH v. 4.3.1993 – IX ZR 151/92, MDR 1994, 549 = ZIP 1993, 602 ff. 478 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff.; v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 11. 479 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 (195 ff.); v. 24.11.1959 – VIII ZR 220/57, WM 1960, 377 (379). 480 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 237/91, BGHZ 154, 190 (197) = MDR 1993, 439; v. 25.9.1952 – IV ZR 13/52, BB 1952, 868. 481 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 237/91, BGHZ 154, 190 (196) = MDR 1993, 439; v. 28.6.1984 – IX ZR 21/84, WM 1984, 1194 (1195); v. 28.9.1964 – VIII ZR 21/61, WM 1964, 1166 ff. Schäfer

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B Rz. 251

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

mers zur Fortführung der Arbeiten der Masse auch Vorteile gebracht hat, weil diese keine vollwertige Gegenleistung für die bewirkte Vermögensminderung darstellten.

B 252 Des weiteren ist der Abschluss eines Vertrages, durch den einem Beteiligten für den Fall seiner Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, die über die gesetzlichen Folgen hinausgehen und nicht zur Erreichung des Vertragszwecks geboten sind, gläubigerbenachteiligend, selbst wenn der Beteiligte bei ungestörter Durchführung des Vertrages wirtschaftliche Vorteile erzielt hätte.482 Der entschiedene Fall betraf eine vertragliche „Verfallsklausel“ für den Fall der Insolvenz. Er ist zugleich ein Beispiel für die nach der Rechtsprechung des BGH mögliche Teilbarkeit der anfechtungsrelevanten Wirkungen einer Rechtshandlung. Ist ein Vertrag nur wegen einer einzelnen, gläubigerbenachteiligenden Klausel anfechtbar, so kann Rückgewähr auch so zu leisten sein, wie wenn er ohne Klausel abgeschlossen worden wäre. b) Mittelbare Gläubigerbenachteiligung

B 253 Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die angefochtene Rechtshandlung in Verbindung mit einem weiteren Umstand eine Gläubigerbenachteiligung auslöst.483 Der weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht sein; schon gar nicht muss er deren adäquate Folge sein. Es reicht vielmehr aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde. Für die Ursächlichkeit genügt es, dass die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt. Da es nicht um einen Schadensersatzanspruch geht, der sich unter Umständen auch auf entfernte Folgen einer Handlung erstrecken kann, bedarf es für die Anfechtbarkeit nicht der Einschränkung durch die Adäquanztheorie.484

B 254 Es genügt, wenn der weitere Umstand bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen des Anfechtungsprozesses hinzutritt und sich dadurch die Gläubigerbenachteiligung verwirklicht.485 Auch wenn die Einführung neuer Tatsachen in der Beru482 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 237/91, BGHZ 154, 196 (197) = MDR 1993, 439; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Verfallsklausel“, MDR 1994, 468 = ZIP 1994, 40 (42) – insoweit in BGHZ 124, 76 ff. nicht abgedruckt. 483 Vgl. BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 322 f. = MDR 1994, 158; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76 (79) = MDR 1994, 468; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 121; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 93. 484 BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 (253) = MDR 2000, 352. 485 Vgl. BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 (253) = MDR 2000, 352; v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (323) = MDR 1994, 158; v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (190) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 257 B

fungsinstanz nach neuem Recht nur noch ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO zulässig ist, ist der Zeitpunkt der Berufungsverhandlung nach wie vor jedenfalls insofern maßgebend, als Vorgänge zu bewerten sind, die sich erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zugetragen haben.486 In dem vom BGH durch Urteil vom 30.9.1993487 entschiedenen Fall hatte die Schuldnerin dem Anfechtungsgegner in der Krise Kundenschecks zur Begleichung der offenstehenden Forderungen übersandt, die dieser einlöste. Dadurch wurden die Gläubiger der Schuldnerin zumindest mittelbar benachteiligt, da die Schuldnerin die Kundenschecks – wie üblich – bei ihrer Hausbank eingereicht hätte. Die Bank hätte ihr eine entsprechende Gutschrift erteilt; deren Ausbleiben vereitelte die Zugriffsmöglichkeit von Gläubigern. Ob die Bank gegen das Guthaben möglicherweise mit eigenen Forderungen unanfechtbar hätte aufrechnen können oder ob die Schuldnerin über das Guthaben anderweitig verfügt hätte, war unerheblich. Denn als Ursachen für den Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung sind grundsätzlich nur reale Gegebenheiten zu berücksichtigen.488

B 255

Der klassische Fall einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung besteht darin, dass der dem Schuldner gezahlte Kaufpreis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses nicht mehr in seinem Vermögen vorhanden ist.489 Nach der Gesetzesbegründung kann die Veräußerung eines Grundstücks auch dann wegen vorsätzlicher Benachteiligung anfechtbar sein, wenn sie zwar zu einem angemessenen Preis erfolgt, der Schuldner aber die dem anderen Teil bekannte Absicht hat, das Geld dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.490 Nach einem Urteil des OLG Hamburg vom 26.10.1984491 liegt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung vor, wenn die dem Schuldner zur Verfügung gestellten Kreditmittel zur Finanzierung verlustbringender Geschäfte verwendet wurden und deshalb nicht mehr vorhanden sind. Die Gläubiger werden mittelbar benachteiligt, wenn der Schuldner einen Gegenstand zwar zu einem günstigen Preis veräußert, der Erlös sich aber wegen Zahlungsunfähigkeit des Erwerbers als uneinbringlich erweist.492

B 256

Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ist ferner gegeben, wenn der übertragene Gegenstand eine Wertsteigerung durch den späteren Wegfall

B 257

486 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, MDR 2007, 1222 = NotBZ 2008, 75 = ZIP 2007, 1326 ff. Rz. 17. 487 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 ff. = MDR 1994, 158. 488 Vgl. BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360) = MDR 1988, 858. 489 Vgl. BGH v. 3.3.1988 – IX ZR 11/87, WM 1988, 799 (801). 490 Begründung zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. 491 OLG Hamburg v. 26.10.1984 – 11 U 168/83, ZIP 1984, 1373 ff. 492 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 122. Schäfer

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B Rz. 257

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

vorrangiger Sicherungsrechte Dritter erfährt.493 Gleiches gilt, wenn der Schuldner Wertpapiere zum Zeitwert veräußert, deren Wert später ansteigt,494 oder wenn er zu einem angemessenen Preis einen Gegenstand erworben hat, der später bei ihm zerstört oder entwertet wird.495 Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung soll nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung ferner bei der Zahlung einer angemessenen Vergütung für Sanierungsbemühungen eintreten können, die letztlich die Insolvenz nicht abwenden konnten.496

B 258 Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung liegt schließlich vor, wenn infolge der Begründung einer Forderung des Schuldners gegen einen seiner Gläubiger eine Aufrechnungslage herbeigeführt wurde.497 Zwar erlischt mit der Aufrechnung die Gegenforderung des Gläubigers gegen den Schuldner. Ohne die Herbeiführung der Aufrechnungslage hätte dem Gläubiger jedoch nur eine Insolvenzforderung gegen den Schuldner zugestanden, auf die in der Regel nur eine quotale Befriedigung entfallen wäre. Zugleich hätte er die dem Schuldner geschuldete Leistung in voller Höhe zur Insolvenzmasse erbringen müssen. Durch die Aufrechnung entgeht der Insolvenzmasse somit der Unterschied zwischen dem Nennwert der Forderung des Schuldners und der bloßen Quote auf die Gegenleistung des Gläubigers, so dass auf die übrigen Insolvenzgläubiger rechnerisch eine entsprechend geringere Quote entfällt.498

B 259 Andererseits sind zugunsten des Anfechtungsgegners Wertsteigerungen der vom Schuldner empfangenen Gegenleistung zu berücksichtigen, welche die Gläubigerbenachteiligung ausgleichen, etwa durch den Wegfall vorrangiger Sicherungsrechte Dritter, wenn dies bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen geschehen ist.499 Hat der Schuldner allerdings sein Grundstück gegen Aktien vertauscht, deren Wert bis zur Insolvenzeröffnung hinter dem Grundstückswert zurückblieb, soll eine Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO nicht deshalb entfallen, weil die Aktien nach der Insolvenzeröffnung so stark gestiegen sind, dass ihr Wert inzwischen dem Wert des Grundstücks entspricht.500

493 494 495 496 497 498 499 500

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BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 122. Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 69. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 122, unter Hinweis auf BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1564). Vgl. BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. Vgl. dazu noch BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f. BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 (274); Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 99. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 141. Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 262 B

c) Mehrfache Gläubigerbenachteiligung und Gläubigerbenachteiligung im Verhältnis zu mehreren Anfechtungsgegnern Der „Cash-Pool-Fall (2)“501 hat gezeigt, dass eine einheitliche Rechtshandlung nach der Rechtsprechung des BGH in mehrfacher Hinsicht gläubigerbenachteiligend sein kann. Danach können durch eine einheitliche Rechtshandlung die Gläubiger verschiedener künftiger Insolvenzmassen benachteiligt werden. Nach Ansicht des BGH konnte der Schuldnerin, die Verbindlichkeiten der mit ihr verbundenen Unternehmen tilgte und der nach der Behauptung des Anfechtungsgegners die dazu erforderlichen Mittel aus dem Vermögen der verbundenen Unternehmen überlassen worden waren, ein Anfechtungsanspruch gegen den Zuwendungsempfänger nach § 134 Abs. 1 InsO zustehen. Zugleich kam aber auch ein Anspruch des Insolvenzverwalters über das Vermögen der verbundenen Unternehmen gegen den Zuwendungsempfänger aus Deckungsanfechtung in Betracht. Dieser Anspruch aus Deckungsanfechtung soll nur dann gegenüber dem Anspruch aus „Schenkungsanfechtung“ vorrangig sein, wenn er auch tatsächlich geltend gemacht wurde.

B 260

Werden die vom Schuldner an den Gläubiger zur Sicherheit abgetretenen Forderungen vom Drittschuldner aufgrund eines zwischen ihm und dem Schuldner geschlossenen Vergleichs bezahlt, in dem diese Forderungen nicht mit dem vollen Wert berücksichtigt wurden, der Schuldner aber zusätzliche Leistungen an den Drittschuldner übernommen hat, bewirkt dies auch im Verhältnis zum Sicherungsnehmer eine Gläubigerbenachteiligung:502

B 261

BGH-Urteil vom 28.2.2008 – ZIP 2008, 650 ff. Die Schuldnerin hatte der Beklagten durch Globalzessionsvertrag ihre sämtlichen bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen abgetreten. Nachdem es zwischen der Schuldnerin und ihrer Hauptauftraggeberin – der Deutschen Post AG – zu Unstimmigkeiten gekommen war, stellte die Beklagte den der Schuldnerin gewährten Kredit zur sofortigen Rückzahlung fällig. Die Schuldnerin und die DPAG trafen daraufhin eine Vereinbarung, nach der die DPAG zur Abgeltung aller Forderungen der Schuldnerin und der mit ihr verbundenen Personen insgesamt 4,5 Mio. DM zu zahlen hatte. Davon waren ca. 2,3 Mio. DM direkt an die Beklagte zu bezahlen, was auch geschah. Der Insolvenzverwalter machte geltend, mit dem Vergleich seien Forderungen und vermögenswerte Rechte in Höhe von insgesamt ca. 33 Mio. DM abgegolten worden. Nach seinem Vorbringen wurden die an die Beklagte abgetretenen Forderungen im Vergleich nicht mit ihrem Nominalbetrag angesetzt. Der Wert der einzelnen Positionen sei nicht gesondert ermittelt worden; eine Auslegung des Vergleichs ergebe jedoch, dass auf die an die Beklagte abgetretenen Forderungen nur ein Teilbetrag von ca. 300 000 DM entfallen sei. 501 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345; vgl. dazu oben Rz. B134 ff. 502 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05 – „Forderungsabgeltung“, MDR 2008, 710 = ZIP 2008, 650 ff. Schäfer

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B 262

B Rz. 263

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 263 Hat der Schuldner die Zahlung des Drittschuldners (DPAG) auf die sicherungshalber abgetretenen Forderungen nur dadurch erlangt, dass er eine über die ursprüngliche vertragliche Verpflichtung hinausgehende Zusatzleistung erbracht hat, bewirkt die Tilgung der Verbindlichkeit eine Benachteiligung der Gläubigergesamtheit, weil ihr ein die zedierten Forderungen übersteigendes Vermögen entzogen wurde. Die Gläubiger wurden daher benachteiligt, soweit die Zahlung der DPAG den Betrag überstieg, der nach dem Inhalt des Vergleichs auf die abgetretenen Forderungen entfiel. Soweit die Schuldnerin zur Tilgung der an die Beklagte abgetretenen Forderungen über deren Wert hinausgehendes zusätzliches Vermögen einsetzte, war eine Gläubigerbenachteiligung gegeben. Die nach dem Vorbringen des Insolvenzverwalters auf dem Vergleich beruhende Gläubigerbenachteiligung war nicht vorrangig von der DPAG auszugleichen. Neben einer Anfechtung des mit der DPAG abgeschlossenen Vergleichs war nach Ansicht des BGH eine Anfechtung der Zahlung an die Beklagte nicht ausgeschlossen. Denn Anfechtungsansprüche könnten sowohl gegen den Angewiesenen als auch gegen den Zuwendungsempfänger bestehen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH richte sich die Anfechtung dann, wenn der Schuldner eine Zwischenperson eingeschaltet habe, die für ihn im Wege einer einheitlichen Handlung eine Zuwendung an einen Dritten bewirkt und damit zugleich unmittelbar das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen vermindert habe, jedenfalls auch gegen den Zahlungsempfänger, sofern es sich für diesen erkennbar um eine Leistung des Schuldners handle. Der Angewiesene und der Zuwendungsempfänger hafteten in einem solchen Fall als Gesamtschuldner.503

4. Erhaltung des Schuldnervermögens als Haftungsmasse

B 264 Die Gläubiger des Schuldners werden durch eine Rechtshandlung benachteiligt, wenn durch diese das den Gläubigern haftende Schuldnervermögen verkürzt wurde.504 Denn der Zweck der Insolvenzanfechtung geht dahin, sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen, durch welche die den Gläubigern haftende Insolvenzmasse verkürzt wurde, rückgängig zu machen.505 Dabei geben die §§ 35, 36 InsO Anhaltspunkte dafür, was zu dieser Haftungsmasse gehört.

B 265 Nach der früheren Rechtsprechung des BGH zum Anfechtungsgesetz soll die Anfechtung Gegenstände, welche der Schuldner aus seinem Vermögen weggegeben hat, dem Vollstreckungszugriff des Gläubigers wieder erschließen und die durch die Vermögensverschiebung verhinderte Zwangsvollstreckung durch „Rückgewähr“ wieder ermöglichen. Es soll die Zugriffslage wiederhergestellt werden, die ohne die anfechtbare Handlung 503 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341. 504 BGH v. 12.5.1980 – VIII ZR 170/79, MDR 1980, 930 = NJW 1980, 1964. 505 Vgl. BGH v. 14.6.1978 – VIII ZR 149/77, BGHZ 72, 39 (41); MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 78.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 267 B

bestanden hätte.506 Danach ist eine Anfechtung ausgeschlossen, wenn der veräußerte Gegenstand beim Schuldner nicht der Zwangsvollstreckung unterlag (vgl. dazu § 36 InsO).507 Diese Vorstellung hat auch die frühere Rechtsprechung des BGH zur insolvenzrechtlichen Anfechtbarkeit einer Zahlung im Wege der geduldeten Kontoüberziehung geprägt.508 Von diesem Grundsatz ist der BGH in seinem neueren Urteil vom 6.10.2009509 abgerückt. Eine Benachteiligung der Insolvenzmasse sei nicht nur dann gegeben, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entziehe;510 denn die Insolvenzgläubiger würden auch dann benachteiligt, wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmasse vermehrt werde.511 Anerkannt sei ferner, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssten. Anfechtbar könnten vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebe, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (mittelbare Zuwendungen). Darum handle es sich auch bei der Tilgung einer Verbindlichkeit des Schuldners im Wege der geduldeten Kontoüberziehung. Die mittelbare Zuwendung könne in diesem Fall nur infolge und nach der Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss sei deshalb dem Schuldner zuzurechnen. Der Schuldner habe seine Bonität zugunsten des Anfechtungsgegners „verbraucht“ und somit einen zumindest „potentiellen“ Vermögenswert geopfert. Die Gläubigerbenachteiligung bestehe gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt und dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben seien.512

B 266

Diese Erweiterung der Rechtsprechung des BGH ist in ihrer Tragweite noch nicht abzuschätzen. Mit ihr ist zumindest derzeit klargestellt, dass eine Gläubigerbenachteiligung nicht davon abhängt, dass sich der an-

B 267

506 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183 (185) = MDR 1994, 203 = FamRZ 1993, 1307; v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, BGHZ 90, 207, 211 f. = MDR 1984, 486. 507 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183 (185). 508 BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. = MDR 2007, 861. 509 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 510 Vgl. dazu jedoch die Begründung des Regierungsentwurfs zum Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 24.11.1992, BT-Drucks. 12/3803, S. 55. 511 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228, 233 f. Rz. 18 = MDR 2008, 345. 512 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. Rz. 14; vgl. dazu noch Bitter in Festschrift für K. Schmidt, 2009, S. 123 ff., 127 ff. und eingehend unten Rz. B286 ff. Schäfer

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B Rz. 267

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

fechtbar weggegebene Vermögensgegenstand als pfändbarer Bestandteil im Vermögen des Schuldners befunden hat. a) Unzureichende Insolvenzmasse

B 268 Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger liegt nicht vor, wenn das Vermögen des Schuldners auch ohne die Anfechtung zur Befriedigung aller seiner Gläubiger ausreicht.513 Bei der Prüfung dieser Frage reicht es allerdings nicht aus, dem Aktivvermögen des Schuldners außer Massekosten und Masseschulden nur die Insolvenzforderungen gegenüberzustellen, die gemäß § 178 Abs. 1 InsO als festgestellt gelten, weil ihnen im Prüfungstermin nicht widersprochen wurde oder ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Der Insolvenzverwalter hat vielmehr in Rechnung zu stellen, dass die Gläubiger streitig gebliebener Forderungen diese nach § 179 InsO durch Urteil feststellen lassen. Er muss deshalb auch im Interesse dieser Gläubiger die Masse vervollständigen, indem er zurückholt, was durch anfechtbare Handlung weggegeben worden ist.514

B 269 Eine zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung kann nachträglich dadurch wieder beseitigt werden, dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert in das Vermögen des Schuldners zurückführt. Dies setzt jedoch voraus, dass die entsprechende „Rückgewähr“ eindeutig zu dem Zweck erfolgt, dem Schuldner den entzogenen Vermögenswert wieder zu geben und damit die Verkürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Von der Zweckbestimmung her muss es sich um eine vorweggenommene Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs handeln.515

B 270 Behauptet der Anfechtungsgegner, die Insolvenzmasse reiche zur Befriedigung aller Insolvenzgläubiger aus, trägt er dafür nach der ständigen Rechtsprechung des BGH die Beweislast, wenn das Insolvenzverfahren wegen Überschuldung eröffnet wurde.516 Bildet Zahlungsunfähigkeit den Eröffnungsgrund, ist nach der Lebenserfahrung ebenfalls nicht damit zu rechnen, dass das Insolvenzverfahren mit der vollen Befriedigung aller Gläubiger endet. Daher spricht auch in diesem Fall ein Anscheinsbeweis für die Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse. Der Anfechtungsgegner, der sich darauf beruft, im Streitfall reiche die Insolvenzmasse aus, um alle zur Tabelle festgestellten Forderungen zu decken, hat daher Tatsachen 513 BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, MDR 1986, 1021 = ZIP 1986, 787 ff.; Bork/ Ehricke, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 4 Rz. 5. 514 BGH v. 19.9.1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 (188) = AG 1989, 27 = GmbHR 1989, 19 = MDR 1989, 43. 515 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 19; v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = NJW 1990, 990 (992); MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 178. 516 BGH v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = ZIP 2002, 489 ff.; v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853, 854 f.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 272 B

darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines vollständigen Ausgleichs aller Gläubigeransprüche ergibt.517 b) Unpfändbare Vermögensgegenstände Eine Gläubigerbenachteiligung ist nicht gegeben, wenn durch die Beseitigung der Wirkung der angefochtenen Rechtshandlung die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger nicht verbessert würden.518 Dies ist dann der Fall, wenn Vermögensgegenstände betroffen sind, welche – insbesondere nach den §§ 811 Nr. 1–3, 5–8, 10–13, 850 ff. ZPO – nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, weil sie nicht gepfändet werden können.519 Denn solche Gegenstände gehören nach den §§ 35, 36 InsO nicht zur Insolvenzmasse; sie hätten somit auch ohne die angefochtene Rechtshandlung nicht zur gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger zur Verfügung gestanden. Wird allerdings ein bei der Vornahme der Rechtshandlung unpfändbarer Gegenstand später beschlagnahmefähig, können die Gläubiger mittelbar benachteiligt sein.520

B 271

aa) Persönlichkeitsrechte; höchstpersönliche Rechte Nicht anfechtbar sind Rechtshandlungen, die reine Persönlichkeitsrechte des Schuldners betreffen, da diese nicht Bestandteile seines haftenden Vermögens sind.521 Änderungen im Personenstand sind daher selbst dann nicht anfechtbar, wenn sie wirtschaftliche Nachteile für das Schuldnervermögen zur Folge haben. So können etwa Güterrechtsverträge, durch die Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft aufheben und Gütertrennung vereinbaren, nicht angefochten werden. Vereinbarungen über die Auseinandersetzung der Zugewinngemeinschaft können hingegen anfechtbare Rechtshandlungen darstellen.522 Unpfändbar ist das Recht des Mitglieds eines Versorgungswerks, die Mitgliedschaft zu beenden und die Erstattung gezahlter Beträge zu verlangen.523 Eine nach den Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechts bedingt pfändbare Berufsunfähigkeitsrente fällt im Insolvenzverfahren insoweit in die Insolvenzmasse, als sie im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften für pfändbar erklärt wird.524 517 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff. Rz. 30. 518 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 79; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 84. 519 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 53. 520 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 102. 521 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 88. 522 BGH v. 20.10.1971 – VIII ZR 212/69, BGHZ 57, 123 ff.; HambKomm-InsO/ Rogge, § 129 Rz. 44. 523 BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 94/06, MDR 2008, 469 = BRAK 2008, 80 = ZInsO 2008, 204 ff. 524 BGH v. 3.12.2009 – IX ZR 189/08, ZInsO 2010, 188 ff. Schäfer

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B 272

B Rz. 273

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 273 Die vom Bundesfinanzhof525 angenommene Unübertragbarkeit des Wahlrechts der Ehegatten hinsichtlich der Getrennt- oder Zusammenveranlagung steht der Ausübung durch den Insolvenzverwalter nicht entgegen. Das Veranlagungswahlrecht selbst ist kein Vermögensgegenstand, sondern ein Verwaltungsrecht, welches lediglich vermögensrechtlichen Bezug aufweist. Der vom Veranlagungsergebnis abhängige Lohn- oder Einkommensteuererstattungsanspruch ist nach § 46 Abs. 1 AO pfändbar und gehört zur Insolvenzmasse seines Gläubigers.526 Eine Gläubigerbenachteiligung ist ferner gegeben, wenn der Schuldner in kritischer Zeit eine ungünstigere Lohnsteuerklasse in der Absicht gewählt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen.527 bb) Erbschaft, Pflichtteil und Rückforderungsanspruch des Schenkers nach § 528 BGB

B 274 Die Annahme oder die Ausschlagung einer dem Schuldner vor oder nach der Insolvenzeröffnung angefallenen Erbschaft steht nach § 83 Abs. 1 Satz 1 InsO nur dem Schuldner zu. Daraus folgt, dass die Anfechtung der Ausschlagung der Erbschaft selbst dann ausscheidet, wenn sie mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen wurde.528 Entsprechendes gilt für ein Vermächtnis und gemäß § 83 Abs. 1 Satz 2 InsO für die Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft.

B 275 Der Pflichtteilsanspruch ist nach § 852 Abs. 1 ZPO der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Das Gleiche gilt gemäß § 852 Abs. 2 ZPO für den nach § 528 BGB dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes sowie für den Anspruch eines Ehegatten auf den Ausgleich des Zugewinns. Wird allerdings ein Pflichtteilsanspruch vor der vertraglichen Anerkennung oder der Rechtshängigkeit abgetreten, scheitert die Anfechtbarkeit nicht an fehlender Gläubigerbenachteiligung. Diese wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Pflichtteilsberechtigte ohne die Abtretung die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Pfändbarkeit nicht herbeigeführt hätte. Aufgrund einer teleologischen Reduktion geht der BGH davon aus, dass § 852 Abs. 1 ZPO nur Maßnahmen entgegensteht, durch die die Entscheidungsfreiheit des Berechtigten ausgeschaltet wird. Mit der Zulassung der Abtretung vor dem Eintritt der unbeschränkten Pfändbarkeit habe der Gesetzgeber nicht das Ziel verfolgt, es dem Berechtigten zu ermöglichen, den Pflichtteilsanspruch dem Zugriff seiner Gläubiger zugunsten des Zessionars und dessen Gläubiger zu entziehen. Eine der-

525 BFH v. 29.2.2000 – VII R 109/98, BFHE 191, 311 ff. = FamRZ 2001, 418. 526 Vgl. BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 8/06, FamRZ 2007, 1320 = MDR 2007, 1156 = ZInsO 2007, 656 ff. 527 BGH v. 4.10.2005 – VII ZB 26/05, FamRZ 2006, 37 = MDR 2006, 352 = ZInsO 2005, 1212 f. 528 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 100.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 277 B

artige Annahme wäre durch den Normzweck der §§ 2317 BGB, 852 Abs. 1 ZPO nicht gedeckt.529 Von diesem Sonderfall der Abtretung des Pflichtteilsanspruchs ist jedoch das Unterlassen seiner Geltendmachung strikt zu unterscheiden. Letzteres ist mangels Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nicht anfechtbar. Das Unterlassen der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs unterliegt selbst dann nicht der Anfechtung, wenn der Berechtigte – zusammen mit dem späteren Erben – den Erblasser zum Zwecke der Benachteiligung seiner Gläubiger dazu bewogen hat, einen anderen als Erben einzusetzen und ihm selbst auch das Pflichtteilsrecht grundlos zu entziehen. Die Mitwirkung des Schuldners an der Überleitung des Erblasservermögens auf seine Ehefrau durch deren Erbeinsetzung kann nicht der Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs gleichgesetzt werden.530

B 276

cc) Arbeitskraft Die (unpfändbare) Arbeitskraft des Schuldners unterliegt zwar im Hinblick auf § 888 Abs. 2 ZPO nicht dem Insolvenzbeschlag; die Gläubiger können daher nicht verlangen, dass der Schuldner sie einsetzt. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung ist aber gegeben, wenn der Schuldner Arbeitnehmer zur Erbringung von Leistungen zugunsten eines einzelnen Gläubigers tatsächlich einsetzt und dadurch eine an die Bank abgetretene Forderung auf Entgelt werthaltig macht.531 Eine Gläubigerbenachteiligung ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil der Anspruch auf die Dienste der Arbeitnehmer im Zweifel nicht übertragbar (§ 613 Satz 2 BGB) und damit weder abtretbar noch pfändbar ist (§§ 399, 400 BGB, 851 ZPO). Denn § 613 Satz 2 BGB dient allein dem Schutz des Arbeitnehmers. Stellt daher der Schuldner einem Dritten die Arbeitskraft eines bei ihm angestellten Arbeitnehmers zur Verfügung, ohne dass der Empfänger dafür eine (vollwertige) Gegenleistung zu erbringen hat, so werden die Gläubiger dadurch auch dann benachteiligt, wenn der Schuldner selbst wegen der Aufgabe des Geschäftsbetriebes für den Arbeitnehmer keine Verwendung mehr hat. Denn anfechtungsrechtlich ist nicht darauf abzustellen, wie der Schuldner stünde, wenn die angefochtene Rechtshandlung unterblieben wäre. Ausschließlich maßgebend ist vielmehr der tatsächlich eingetretene Geschehensablauf.532 529 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183 ff. = MDR 1994, 203 = FamRZ 1993, 1307; vgl. dazu noch HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 55. 530 BGH v. 6.5.1997 – IX ZR 147/96, FamRZ 1997, 1001 = MDR 1997, 880 = ZIP 1997, 1302 f. 531 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 144/05, MDR 2008, 1238 = ZInsO 2008, 801 ff.; allgemein zur Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens abgetretener Forderungen BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411; v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = ZIP 2008, 372 ff. 532 BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZInsO 2004, 149 ff.; v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360) = MDR 1988, 858. Schäfer

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B 277

B Rz. 278

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 278 In einem Urteil vom 11.12.1986533 ist der BGH davon ausgegangen, dass den Gläubigern kein Anfechtungsrecht zustehe, wenn der Schuldner die „künftige und bedingte“ Forderung auf den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an seine Ehefrau abgetreten habe, da der Abschluss des Arbeitsvertrages sie nicht benachteilige. Die übrigen Gläubiger seien durch den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht benachteiligt worden, da sie ohne dessen Abschluss jedenfalls nicht besser gestellt gewesen wären. Diese Entscheidung wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.534 Zum einen kann von einer bedingten Gehaltsforderung nicht gesprochen werden, wenn das Arbeitsverhältnis noch gar nicht besteht, aus dem sie hervorgehen soll. Zum anderen richtet sich die Anfechtung bei verständiger Würdigung gegen den Eintritt der Rechtswirkung der Abtretung, die erst mit der Entstehung der vorausabgetretenen Forderung eintritt. Es stellt ferner eine anfechtungsrechtlich unbeachtliche hypothetische Erwägung dar, wenn der BGH darauf abstellt, dass die übrigen Gläubiger ohne den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht besser gestellt gewesen wären. Die Wirkung der Vorausabtretung hängt zwar von der tatsächlichen Arbeitsleistung des Schuldners ab; erbringt er diese aber, darf die Gläubigerbenachteiligung nicht mit der rein hypothetischen Erwägung verneint werden, dass der Schuldner sich unanfechtbar anders hätte verhalten können.535 dd) Gewerbliche Schutzrechte u.a.; Unternehmensveräußerung

B 279 Immaterialgüterrechte, wie Patente, Geschmacks- und Gebrauchsmuster und ausschließliche Lizenzen sind keine höchstpersönlichen Rechte und somit dem Insolvenzbeschlag unterworfen. Verfügungen über derartige Rechte können daher anfechtbar sein. Mit der Werkschöpfung entstehende geschmacksmusterrechtliche Anwartschaftsrechte unterliegen jedenfalls dann dem Insolvenzbeschlag, wenn sie auf einen Dritten übertragen wurden und diesem das Recht eingeräumt wurde, die Anmeldung vorzunehmen.536 Urheberrechte sind gemäß § 113 UrhG allein wegen ihres Nutzungswertes pfändbar. Eine solche Pfändung setzt jedoch die Einwilligung des Urhebers voraus, so dass auch eine Anfechtung nur mit Einwilligung des Urhebers in Betracht kommt. Rechtshandlungen der Inhaber von Nutzungsrechten im Sinne des § 31 UrhG können dagegen in der Insolvenz des Inhabers wie solche über Lizenzen gläubigerbenachteiligend wirken.537 Personengebundene Konzessionsrechte unterliegen nicht der Anfechtung, da sie höchstpersönliche Rechte sind.538 533 BGH v. 11.12.1986 – IX ZR 78/86, MDR 1987, 494 = ZIP 1987, 305 ff. 534 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 204; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 59. 535 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92. 536 BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 ff. 537 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 97, 98. 538 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, 12. Aufl., § 129 Rz. 101.

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Rz. 283 B

II. Gläubigerbenachteiligung

Auf schuldrechtlichen Ansprüchen beruhende Lizenzen gehören zu der dem Insolvenzbeschlag unterliegenden Haftungsmasse.539 Ist das Recht zur Teilnahme mit Mannschaften am sportlichen Wettbewerb einer Bundesliga (Bundesligalizenz) von Rechts wegen übertragbar und wird für die Übertragung üblicherweise ein Entgelt bezahlt, so ist es grundsätzlich pfändbar und unterliegt dem Insolvenzbeschlag.540 Eine „Internet-Domain“ stellt als solche kein pfändbares Vermögen dar. Möglicher Gegenstand einer Pfändung nach § 857 Abs. 1 ZPO ist jedoch die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Inhaber der Domain gegenüber der Vergabestelle zustehen.541

B 280

Nach einem früheren Urteil des BGH vom 27.11.1963542 kann ein Handelsunternehmen nicht als Ganzes gepfändet werden, so dass auch die Veräußerung des Handelsgeschäfts nicht insgesamt anfechtbar sei; vielmehr könne nur die Veräußerung der zu ihm gehörenden pfändbaren Gegenstände angefochten werden. Die herrschende Meinung im Schrifttum geht hingegen davon aus, dass eine Unternehmensveräußerung im Ganzen anfechtbar sei.543

B 281

ee) Kredit, Dispositionskredit und geduldete Kontoüberziehung Vom Schuldner in Anspruch genommene Kreditmittel sind Bestandteil seines Vermögens und damit pfändbar. Sie gehören daher im Sinne des § 35 Abs. 1 InsO zur (künftigen) Insolvenzmasse. Eine Gläubigerbenachteiligung kann nach der Rechtsprechung des BGH etwa gegeben sein, wenn Kreditmittel für eine inkongruente Befriedigung eines einzelnen Gläubigers verbraucht und nicht in anderer Weise zum Nutzen des schuldnerischen Geschäftsbetriebes verwendet werden.544

B 282

Auch der Anspruch des Schuldners aus einem Darlehensvertrag mit der Zweckbindung, den Kreditbetrag einer bestimmten Person zu gewähren, gehört grundsätzlich zur Insolvenzmasse. Daran vermögen schuldrechtliche Zweckbindungen, die nur den Interessen des Schuldners und des Kreditgebers dienen, nichts zu ändern, solange sie nicht aus Gründen treuhänderischer Bindung zur Unpfändbarkeit des Darlehensanspruchs führen.545 An einer Gläubigerbenachteiligung fehlt es zwar, wenn ein Gläubiger des Schuldners nur durch einen anderen, nicht besser gesicher-

B 283

539 Vgl. dazu Hirte/Knof, JZ 2011, 889 ff. 540 BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 373/98 – „Bundesligalizenz“, ZIP 2001, 889 ff. 541 BGH v. 5.7.2005 – VII ZB 5/05 – „Internet-Domain (1)“, CR 2006, 50 = MDR 2005, 1311 = NJW 2005, 3353 f. 542 Vgl. BGH v. 27.11.1963 – VIII ZR 278/62, WM 1964, 114 ff. 543 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 71; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 16; MK-InsO/ Kirchhof, § 129 Rz. 94; K. Schmidt, BB 1988, 5 ff. 544 Vgl. BGH v. 15.2.1990 – IX ZR 149/88, MDR 1990, 915 = ZIP 1990, 459 ff. 545 Vgl. BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 195/00, MDR 2001, 1258 = ZIP 2001, 1248 ff.; v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = ZInsO 2002, 276 ff. Schäfer

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B Rz. 283

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

ten gleichartigen Gläubiger ersetzt wird. Darum geht es jedoch in diesen Fällen nicht. Denn die Kreditmittel gehörten zumindest vorübergehend zum Vermögen des Schuldners. Mit dem Einsatz der Kreditmittel zum Zwecke der Befriedigung eines einzelnen Gläubigers wird der in der Krise des Schuldners zu schützenden Gläubigergemeinschaft haftendes Kapital entzogen.546

B 284 Dies gilt auch dann, wenn der Kredit nicht unmittelbar an den Begünstigten ausgezahlt wird, sondern die Valuta zunächst auf das Fremdgeldkonto eines von Schuldner und Darlehensgeber gemeinsam beauftragten Rechtsanwalts überwiesen und von dort an den Begünstigten weitergeleitet wird.547 Denn in anfechtungsrechtlicher Hinsicht kann eine solche Direktzahlung grundsätzlich nicht anders behandelt werden als wenn Geldmittel, auf die der Schuldner keinen Anspruch hatte, ihm durch ein neu gewährtes Darlehen zunächst überlassen und sodann zur Deckung von Verbindlichkeiten verwendet werden. Für die Anfechtbarkeit reicht es aus, dass der Gegenwert für das, was über die Mittelsperson an den Gläubiger gelangt ist, aus dem Vermögen des Leistenden stammt.548 Die objektive Gläubigerbenachteiligung bei der Direktauszahlung des Kredits soll gerade darin liegen, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt sind.549

B 285 Der Anspruch auf Auszahlung eines zugesagten Darlehens bzw. aus einem vereinbarten Dispositionskredit („offene Kreditlinie“) ist nach der Rechtsprechung des BGH erst mit dem Abruf durch den Schuldner pfändbar und daher erst in diesem Moment vom Insolvenzbeschlag erfasst.550 Der Auffassung, dem Vollstreckungsschuldner werde wegen der Verwendung des Kreditbetrages für einen von ihm nicht bestimmten Zweck ein nicht gewollter Kredit aufgedrängt, es müsse daher die Höchstpersönlichkeit des Rechts zum „Abruf“ des Kredits auch die Bestimmung des Zwecks der Kreditaufnahme einbeziehen,551 ist der BGH nicht gefolgt.

B 286 Die pfändungsrechtliche Betrachtung hat zunächst auch die Rechtsprechung des BGH zur Frage der Gläubigerbenachteiligung im Falle der Befriedigung eines Gläubigers im Wege der geduldeten Kontoüberziehung geprägt. Eine Verfügung des Schuldners über Gegenstände, die aus Rechtsgründen nicht der Zwangsvollstreckung unterlägen, weil sie nicht gepfändet werden könnten, bewirke keine Gläubigerbenachteiligung, da 546 547 548 549 550

BGH v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = ZInsO 2002, 276 ff. BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 166/08, MDR 2011, 818 = ZIP 2011, 824 ff. BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 166/08, MDR 2011, 818 = ZIP 2011, 824 ff. BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 166/08, ZIP 2011, 824 ff. Rz. 11. BGH v. 29.3.2001 – IX ZR 34/00, BGHZ 147, 193, 195 ff. = MDR 2001, 1014 = FamRZ 2001, 1214; v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. = MDR 2007, 861; v. 25.10.2007 – IX ZR 157/06, MDR 2008, 347 = ZInsO 2008, 161. 551 Vgl. Lwowski/Bitter, WM-Festgabe für Thorwald Heller, Sonderheft vom 9.5.1994, S. 57, 70.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 287 B

sie zur Gläubigerbefriedigung von vornherein ungeeignet seien und nicht zur Insolvenzmasse im Sinne der §§ 35 f. InsO gehörten.552 So liege der Fall auch bei der Tilgung von Gläubigerforderungen mit Mitteln aus einer ungenehmigten Kontoüberziehung.553 Eine objektive Gläubigerbenachteiligung konnte nach dieser Rechtsprechung nur dann ausnahmsweise eintreten, wenn der Anspruch des Kreditinstituts auf Darlehensrückzahlung für die Insolvenzmasse ungünstiger war als der Anspruch des befriedigten Gläubigers, etwa weil das Kreditinstitut über freie und werthaltige Sicherheiten verfügte.554 Das Argument im Schrifttum, wonach bei der geduldeten Kontoüberziehung zumindest eine logische Sekunde vor der Ausführung der Zahlungsanweisung durch das Kreditinstitut ein Darlehensvertrag und somit ein pfändbarer Anspruch des Kunden auf Auszahlung der Darlehensvaluta begründet werde,555 ließ der BGH nicht gelten. Dies überzeugte jedoch nicht.556 In dem durch Urteil vom 30.4.1992557 entschiedenen „Scheckinkassofall“ war davon auszugehen, dass der Schecknehmer der bezogenen Bank als Bote des Scheckausstellers ein Angebot auf Abschluss eines Darlehensvertrages – nämlich zusätzliche Kreditgewährung im Rahmen des bestehenden Darlehensvertrages – überbrachte. Die bezogene Bank nahm dieses Angebot spätestens dadurch an, dass sie das Konto des Scheckausstellers mit dem Scheckbetrag belastete. Damit war der Darlehensvertrag zustande gekommen. Mit der Belastungsbuchung realisiert die Bank ihren Aufwendungsersatzanspruch gegen den Scheckaussteller.558 Es muss somit eine Kreditgewährung vorausgegangen sein. Das setzt wiederum begriffsnotwendig voraus, dass der dem Scheckaussteller belastete Betrag zumindest kurzfristig dessen Vermögen und nicht mehr dem Vermögen der Bank zugeordnet war. Damit waren die dem Scheckaussteller darlehensweise überlassenen Mittel vorübergehend auch prinzipiell durch dessen Gläubiger pfändbar. Eine unschädliche Gläubigerauswechslung lag nicht vor, da die Forderung des Gläubigers mit Kreditmitteln getilgt wurde, die – wenn auch nur kurzfristig – dem Vermögen des Schuld-

552 BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. Rz. 13; BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183 = MDR 1994, 203 = FamRZ 1993, 1307 (185); v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (82) = MDR 2003, 1256. 553 BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. Rz. 13. 554 Vgl. BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2009 ff.; v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, MDR 2008, 770 = WM 2008, 704 (705) Rz. 8. 555 Vgl. etwa Grunsky, JZ 1985, 490 (491); Wagner, ZIP 1985, 849 (853); Jungmann, ZInsO 1999, 64, 71 f.; Henkel, ZInsO 2005, 468 (469). 556 Kritisch mit beachtlichen Argumenten auch Marotzke, ZInsO 2007, 897 und Cranshaw, jurisPR-InsR 11/2007 Anm. 2 sowie Kirchhof, WM 2008, Sonderbeilage 1 S. 32. 557 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 ff. = MDR 1992, 766. 558 BGH v. 6.5.1997 – IX ZR 135/96, BGHZ 135, 307 (312). Schäfer

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B Rz. 287

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

ners zugeordnet waren.559 Der BGH begründete nicht, wie auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung der von der Bank „aus Kredit“ geltend gemachte Anspruch zustande gekommen sein sollte. Die Unstimmigkeit seiner Lösung zeigte sich auch dann, wenn die angefochtene Zahlung zum Teil aus einem Guthaben bzw. einer eingeräumten Kreditlinie und zum Teil im Wege der geduldeten Kontoüberziehung vorgenommen wurde.

B 288 Die Aufgabe dieser Rechtsprechung war daher letztlich nur eine Frage der

Zeit. Der BGH hat sie durch Urteil vom 6.10.2009560 vollzogen, wobei allerdings die Begründung nur teilweise zu überzeugen vermag.561 Da dem Anfechtungsgegner – so der BGH – die Unkenntnis von Kontenstand und Kreditlinie des Schuldners sowie der Sicherheiten der kontoführenden Bank regelmäßig nicht widerlegt werden könnten, versagten die Anfechtungstatbestände des § 133 Abs. 1 InsO und des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO typischerweise für den gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr. Eine solche „Verkümmerung“ der Anfechtung liefe nach Ansicht des BGH dem allgemeinen Ziel des Gesetzgebers zuwider, die Masse durch wirksamere Anfechtungsmöglichkeiten zu stärken.562 Vorzugswürdig sei deshalb eine Gesetzesauslegung, die dieses Ergebnis vermeide.

B 289 Aufgrund der Insolvenzanfechtung solle vornehmlich dasjenige, was aus dem Vermögen des Schuldners unter Benachteiligung der Insolvenzmasse veräußert, weggegeben oder aufgegeben worden sei, zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden (§§ 129 Abs. 1, 143 Abs. 1 InsO). Das sei nicht ausschließlich dann der Fall, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entziehe;563 denn die Insolvenzgläubiger würden auch benachteiligt, wenn durch die angefochtene Rechtshandlung die Schuldenmassse vermehrt werde.564 Es sei anerkannt, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssten. Anfechtbar könnten vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebe, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (mittelbare Zu559 Vgl. dazu ferner Blank, ZInsO 2004, 983; Bitter, WM 2001, 889 (890); Felke, WM 2002, 1632 (1634). 560 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05 – „Kontoüberziehung“, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 561 Vgl. dazu Bork, EWiR 2009, 651 f.; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 40. 562 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2009 ff. Rz. 12 mit Hinweis auf Begr. zum Reg.Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 85 rechte Spalte a.E. und S. 156 rechte Spalte oben. 563 Anders jedoch Begründung des Regierungsentwurfs zum Einführungsgesetz zur InsO vom 24.11.1992, BT-Drucks. 12/3803, S. 55. 564 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228, 233 f. = MDR 2008, 345.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 292 B

wendungen). Für den Dritten müsse hierbei erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe.565 Die mittelbare Zuwendung könne nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden. Der unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss sei deshalb dem Schuldner zuzurechnen. Der Schuldner sei der Bank für die Überziehung „gut“ gewesen; er habe seine Bonität, die letztlich auch einen Vermögenswert darstellen könne, teilweise zugunsten des Anfechtungsgegners „verbraucht“ und somit auch einen zumindest „potentiellen“ Vermögenswert geopfert. Die Gläubigerbenachteiligung durch die Direktauszahlung des Überziehungskredits von der Bank an den begünstigten Gläubiger liege gerade darin, dass die Kreditmittel nicht in das Vermögen des Schuldners gelangt und dort für den Zugriff der Gläubigergesamtheit verblieben seien.566

B 290

Der BGH rückt in diesem Urteil vom 6.10.2009 ohne Not von dem Grundsatz ab, dass eine Gläubigerbenachteiligung nur dann gegeben sei, wenn der Schuldner pfändbare Vermögensgegenstände dem Gläubigerzugriff entziehe. Er geht selbst zu Recht davon aus, dass die mittelbare Zuwendung nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden könne. Also hat dem Schuldner zumindest vorübergehend auch die Verfügungsmacht über diese Mittel zugestanden; sie waren zumindest vorübergehend seinem Vermögen dinglich zugeordnet. Der in Gang gesetzte Zahlungsfluss war eine Verfügung des Schuldners. Es trifft somit in rechtlicher Hinsicht nicht zu, dass der Zahlungsfluss unmittelbar aus dem Vermögen der Bank hergerührt habe. Die Argumentation des BGH mit der „Bonität“ des Schuldners als Vermögenswert überzeugt nicht.567 Die möglichen Konsequenzen seiner Auffassung dürfte der BGH nicht hinreichend bedacht haben.

B 291

In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass der II. Zivilsenat des BGH bei seiner Rechtsprechung zu § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. davon ausgeht, dass Zahlungen aus einem debitorisch geführten Bankkonto einer insolvenzreifen GmbH die künftige Insolvenzmasse nicht berührten, sondern allein zum Nachteil der Bank gingen; es liege ein bloßer Gläubigertausch vor.568 Nach Auffassung eines Mitglieds des II. Zivilsenats des BGH569 ist darin kein Widerspruch zur Rechtsprechung des IX. Zivilsenats zu sehen. Zu berücksichtigen sei vielmehr die besondere

B 292

565 Vgl. BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 (287) = MDR 1999, 1463; v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = WM 2008, 2178 f. (2179) Rz. 21. 566 Ebenso OLG Hamburg v. 21.12.2009 – 1 U 10/09, ZInsO 2010, 379 ff. 567 Kritisch zu Recht Bork, EWiR 2009, 651 f. 568 BGH v. 26.3.2007 – II ZR 310/05, GmbHR 2007, 596 = MDR 2007, 963 = NotBZ 2007, 252 = ZInsO 2007, 542 f. 569 Vgl. Strohn, DB 2010, 37 (42). Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Funktion des Anfechtungsrechts, die darin bestehe, möglichst viel Vermögen zur Masse zu ziehen, um diese zu stärken und so einerseits die Quote (der einzelnen Insolvenzgläubiger) zu erhöhen und andererseits die Zahl der masselosen Insolvenzen zu verringern. Die Geschäftsführerhaftung sei insoweit weniger streng als die Haftung des Leistungsempfängers nach den Anfechtungsregeln.

5. Schuldnerfremdes, künftiges und wertausschöpfend belastetes Vermögen; wertlose Gegenstände

B 293 Die Insolvenzanfechtung setzt voraus, dass durch die angefochtene Rechtshandlung das den Insolvenzgläubigern haftende Vermögen des Schuldners verkürzt wurde. Rechtshandlungen, die sich ausschließlich auf schuldnerfremdes Vermögen beziehen, betreffen nicht die den Insolvenzgläubigern zugewiesene Haftungsmasse und beeinträchtigen somit nicht die Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Soweit sie allerdings den Schuldner zum Aufwendungs- oder Schadensersatz verpflichten, kommt eine Gläubigerbenachteiligung durch Vermehrung der Schuldenmasse in Betracht; soweit sie eine Forderung des Schuldners gegen Dritte tilgen, verringert sich die Aktivmasse, wenn dadurch eine bloße (künftige) Insolvenzforderung befriedigt wird und der Masse der vollwertige Anspruch gegen den Zahlenden verlorengeht.570

B 294 Hat der Schuldner auf die unter Eigentumsvorbehalt gelieferte Sache noch nichts bezahlt und veräußert er sie an einen Dritten, so ist diese Veräußerung unanfechtbar, da es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlt.571 Stand dem Schuldner vor der Insolvenzeröffnung allerdings bereits eine gesicherte Rechtsposition – insbesondere ein Anwartschaftsrecht oder ein aufschiebend bedingter Anspruch – zu, so werden die Insolvenzgläubiger durch deren Aufgabe benachteiligt.572 Hat daher der Schuldner eine unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sache veräußert, so ist dies anfechtbar, wenn der Wert der Sache größer war als der noch offene Kaufpreisrest.573

B 295 Wurde zugunsten des Schuldners als Mieter im Mietvertrag ein Verwendungsersatzanspruch wegen Renovierung vereinbart, so soll dies nach einer Auffassung im Schrifttum bereits einen bedingten Anspruch begründen; verzichte der Schuldner auf diesen Anspruch, so würden die Insolvenzgläubiger benachteiligt.574 Nach Ansicht des BGH fehlt es hingegen an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 3 570 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 78; BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZInsO 2007, 658 ff. Rz. 18; v. 17.6.1999 – IX ZR 176/98, MDR 1999, 1153 = WM 1999, 1581 (1582). 571 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 106. 572 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (187 f.) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 573 FK-InsO/Dauernheim, § 129 Rz. 48. 574 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 80.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 299 B

Abs. 1 Nr. 1 AnfG a.F., wenn die Aufhebung des Mietvertrages und der Verzicht auf den Verwendungsersatzanspruch in derselben Vereinbarung enthalten sind.575 Die Vereinbarungen über die Aufhebung des Vertrages und den Anspruchsverzicht bildeten rechtlich eine Einheit, so dass der mit der Klage geltend gemachte Anspruch nicht zur Entstehung gelangt sei. Nicht zum Schuldnervermögen gehören Gegenstände, die gemäß § 47 InsO ausgesondert werden können.576 Dies gilt hingegen nach der Insolvenzordnung nicht ohne weiteres für Absonderungsrechte. Diese gehören nur insoweit nicht zum Schuldnervermögen, als sie für die den Insolvenzgläubigern haftende Masse keinen Vermögenswert verkörpern.577

B 296

Hat der Schuldner eine künftige Forderung sicherungshalber an eine Bank abgetreten und zahlt der Drittschuldner an die Bank, so wird dadurch nach Ansicht des BGH das Schuldnervermögen nicht betroffen. Die Bank erlangt die Zahlung des Drittschuldners als „wahre“ Berechtigte. Zwar ist mit der Zahlung die abgetretene Forderung gemäß §§ 362, 407 Abs. 1 BGB erloschen. Die Bank hat jedoch an deren Stelle ein Pfandrecht gemäß Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken an dem neu entstandenen Anspruch des Schuldners aus § 667 BGB erworben. Der Austausch der einen insolvenzbeständigen Sicherheit gegen eine andere benachteiligt die Gläubiger nicht. Eine Bank ist daher auch in der Krise anfechtungsrechtlich zur Verrechnung von Zahlungseingängen berechtigt, die aus ihr zur Sicherheit abgetretenen Forderungen stammen.578

B 297

Überweist der Geschäftsführer der Schuldnerin einen bestimmten Betrag zum Zwecke der Ablösung einer Grundschuld auf das Konto der Schuldnerin bei der gesicherten Bank, so werden die Gläubiger der Schuldnerin dadurch nicht benachteiligt. Denn in diesem Fall hatten die Gläubiger der Schuldnerin zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das mit der Grundschuld belastete Grundstück und den mit treuhänderischer Zweckbindung gezahlten Betrag.579

B 298

Die Weggabe völlig wertloser Gegenstände aus dem Schuldnervermögen ist anfechtungsrechtlich unerheblich, weil dadurch das Vermögen des Schuldners nicht zum Nachteil der Gläubiger verkürzt wird.580 Für die Frage der Wertlosigkeit des Vermögensgegenstandes kommt es jedoch nicht darauf an, ob er einen Wert für den Schuldner hatte, sondern ob

B 299

575 BGH v. 11.10.1989 – VIII ZR 285/88, MDR 1990, 330 = ZIP 1989, 1611 ff. mit kritischer Anmerkung von Hess, WuB VI D § 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG 1.90. 576 Vgl. dazu unten Rz. B300. 577 Vgl. dazu unten Rz. B301 ff. 578 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05, MDR 2008, 710 = ZInsO 2008, 375 ff. Rz. 12; v. 1.10.1992 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZInsO 2002, 1136 ff. 579 BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, MDR 2004, 1317 = ZIP 2004, 1509 ff. 580 BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZIP 2004, 671 (672). Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

ihm im Geschäftsverkehr ein Wert zukommt. Von Bedeutung ist dies etwa bei der Überlassung von Arbeitskräften durch den Schuldner, für die er selbst keine Verwendung mehr gehabt hätte.581 Die Einräumung einer nachrangigen, wegen vorgehender Belastungen an sich wertlosen Grundschuld kann allerdings die Gläubiger benachteiligen, wenn der Grundschuld im Hinblick auf eine freihändige Verwertung des Grundstücks ein „Lästigkeitswert“ zukommt.582 a) Aussonderungsrechte

B 300 Schuldnerfremde Gegenstände gehören nicht zur Haftungs- bzw. Insolvenzmasse (vgl. § 47 InsO). Rechtshandlungen, die sie betreffen, benachteiligen die Insolvenzgläubiger nicht. Durch die Übertragung von Vermögensgegenständen, die aufgrund anfechtungsfest begründeter Sicherungsrechte einem Gläubiger zustehen und von diesem ausgesondert werden können, werden daher die übrigen Gläubiger nicht im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt.583 Aus denselben Gründen ist die Ablösung eines (anfechtungsfesten) Aussonderungsrechts durch eine dem Wert des Aussonderungsrechts entsprechende Zahlung nicht anfechtbar.584 Hat der Schuldner allerdings eine unter Eigentumsvorbehalt erworbene Sache veräußert, deren Wert größer war als der noch offene Teil des Kaufpreises, so sind die Gläubiger benachteiligt, da der Schuldner in diesem Fall nicht nur über fremdes Eigentum, sondern auch über sein Anwartschaftsrecht verfügt hat.585 b) Absonderungsrechte, insbesondere Sicherungsrechte

B 301 Absonderungsrechte (vgl. §§ 49–51 InsO) vermitteln unter anderem das

Sicherungseigentum586 und die Verlängerungs- bzw. Erweiterungsformen des Eigentumsvorbehalts.587 Der Grund besteht darin, dass diese Sicherungsformen, obgleich ihnen ein Warenkredit vorausgegangen ist, auch wirtschaftlich nur noch die Funktion eines Pfandrechts haben. Überträgt der Vorbehaltsverkäufer das Eigentum an der Kaufsache auf eine Bank, die für den Käufer den Erwerb finanziert, kann die Bank das vorbehaltene Eigentum in der Insolvenz des Käufers nicht aussondern; sie ist vielmehr 581 Vgl. BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZInsO 2004, 149 ff. 582 Vgl. OLG Hamburg v. 9.5.2001 – 8 U 8/01, ZIP 2001, 1332 ff. 583 BGH v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, MDR 1991, 962 = NJW 1992, 624 (626); v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, MDR 2000, 903 = NJW 2000, 3777 (3778); Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 105. 584 Vgl. BGH v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, MDR 1991, 962 = ZIP 1991, 1014 (1017); HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 58. 585 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 106 mit Hinweis auf RGZ 67, 20 ff. 586 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 220/05, BGHZ 176, 86 ff. Rz. 24 = MDR 2008, 821. 587 BGH v. 10.2.1971 – VIII ZR 188/69, NJW 1971, 799; Graf-Schlicker/Huber, § 49 Rz. 10 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 304 B

wie ein Sicherungseigentümer nur zur abgesonderten Befriedigung berechtigt.588 Abgesonderte Befriedigung kann ferner aufgrund vertraglicher und gesetzlicher Pfandrechte, etwa dem Vermieterpfandrecht (vgl. §§ 562 ff. BGB), verlangt werden. Eine – nicht wahrgenommene – Aufrechnungsmöglichkeit des Anfechtungsgegners ist indes anfechtungsrechtlich nicht mit einem Absonderungsrecht vergleichbar, falls tatsächlich die Gegenforderung des Anfechtungsgegners (in für sich anfechtbarer Weise) erfüllt wird.589 Zu beachten ist, dass die im Voraus vereinbarte Sicherungsübereignung eines Lagerbestandes erst von dem Augenblick an wirkt, in dem die einzelnen Sachen in den Besitz des Sicherungsgebers und in den für die Weiterübertragung bestimmten Raum gelangen. Die Sicherungsübereignung eines Warenlagers kann dadurch verlängert werden, dass sich der Sicherungsnehmer die Forderung des Sicherungsgebers aus der Veräußerung des Sicherungsguts im Voraus abtreten lässt. Entsprechendes gilt für Verarbeitungsklauseln gemäß § 950 BGB. Das neu entstehende Sicherungseigentum ist mangels Gläubigerbenachteiligung nicht selbständig anfechtbar, wenn dem Sicherungsnehmer bereits am Ausgangsprodukt insolvenzfestes Eigentum zustand und der Wert der neuen Sache nicht in weitergehendem Umfang ausgeschöpft wird.590

B 302

Unter der Geltung der Konkursordnung war auch die Befriedigung eines absonderungsberechtigten Gläubigers mangels Gläubigerbenachteiligung insoweit nicht anfechtbar, als der Zuwendungsempfänger aus dem Absonderungsgegenstand Befriedigung hätte erlangen können. Denn gemäß § 4 Abs. 2 KO erfolgte die abgesonderte Befriedigung unabhängig vom Konkursverfahren.591 Nach § 166 InsO geht hingegen das Recht zur Verwertung von beweglichen Sachen und sonstigen Gegenständen (insbesondere Forderungen), an denen Absonderungsrechte bestehen, auf den Insolvenzverwalter über. Hat daher der Insolvenzschuldner eine Forderung zur Sicherheit an einen Dritten abgetreten, so kann die Aufrechnung des Forderungsschuldners mit einem Gegenanspruch die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Denn das der Insolvenzmasse gemäß §§ 166 Abs. 2, 170, 171 InsO verbleibende Recht verkörpert durchweg noch einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert.592

B 303

Übereignet der Schuldner einem Dritten eine Sache, die er einem seiner Gläubiger sicherungsübereignet hatte, und war der Dritte dabei gutgläu-

B 304

588 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 220/05, BGHZ 176, 86 ff. 589 Vgl. Kirchhof, WM 2008, Sonderbeilage 1, S. 32 sowie BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. 590 Vgl. Kirchhof, ZInsO 2004, 465 (468/469); BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 ff. 591 Vgl. BGH v. 21.3.2000 – IX ZR 138/99, MDR 2000, 783 = ZIP 2000, 898; Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 817 Rz. 8. 592 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

big, so erwirbt dieser zwar das Eigentum auf Kosten des Sicherungseigentümers und nicht des Schuldners. Gleichwohl werden die Gläubiger des Schuldners dadurch benachteiligt. Denn dem Sicherungseigentümer hätte im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners nur ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zugestanden.593

B 305 Werden Sicherheiten nicht nur für neu begründete, sondern zugleich auch für „Altverbindlichkeiten“ des Schuldners bestellt, so benachteiligt dies die Insolvenzgläubiger insgesamt.594 Bestellt der Schuldner einem Kreditgeber erst nach der Kreditgewährung eine Sicherheit, so kann dies nicht mehr als ausgleichende Gegenleistung für die Kreditgewährung angesehen werden; vielmehr werden die Insolvenzgläubiger durch die nachträgliche Sicherheitengewährung benachteiligt.595 Eine Gläubigerbenachteiligung ist ferner gegeben, wenn sich eine Bank in der Krise des Schuldners von einem anderen Gläubiger eine bis dahin ungesicherte Forderung gegen den Schuldner abtreten lässt, die nach der zwischen der Bank und dem Schuldner bestehenden Sicherungsabrede in den Deckungsbereich der Sicherung fällt.596

B 306 Verkauft der spätere Schuldner ohne vorherige Verpflichtung im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag an einen Insolvenzgläubiger Gegenstände, die er einem anderen Gläubiger zur Sicherheit übereignet hatte und die dieser zur Veräußerung nur an diesen Käufer „freigibt“, so werden die Insolvenzgläubiger im Allgemeinen durch die dadurch zugunsten des Käufers hergestellte Aufrechnungslage benachteiligt.597 Denn die sicherungsübereigneten Gegenstände stellten bei Begründung der Aufrechnungslage trotz des Absonderungsrechts der Bank für die Insolvenzmasse einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert dar.598 Dieser Vermögenswert wurde den Insolvenzgläubigern durch die Veräußerung entzogen. Entsprechendes gilt für Forderungen, die der Schuldner zur Sicherheit abgetreten hat.599 BGH-Urteil vom 2.6.2005 – ZInsO 2005, 932 ff.

B 307 Die verklagte Bank war als Kreditgeberin der Schuldnerin aufgrund eines sogenannten „Sicherheitenpoolvertrages“, den auch die Schuldnerin unterzeichnet hatte, an einem Sicherheitenpool beteiligt. Poolführerin war die D-AG. Diese hatte die in den Poolvertrag einbezogenen, ihr übertragenen Sicherheiten zugleich 593 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 175. 594 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff.; v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. 595 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 151. 596 Vgl. BGH v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, WM 1974, 1218 f.; v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 ff. 597 BGH v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZInsO 2003, 1101 ff. 598 Vgl. BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (239) = MDR 2001, 1013. 599 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03 – „Sicherheitenpool (1)“, ZInsO 2005, 932 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 310 B

treuhänderisch für die übrigen Banken zu verwalten. Am 6.9.1999 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Noch am gleichen Tag kündigte die Beklagte deshalb den Kontokorrentkredit und stellte ihn zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 7.9.1999 ging ein Betrag in Höhe von etwa 31 000 DM auf dem Konto der Schuldnerin bei der Beklagten ein, den die Drittschuldnerin einer zur Sicherheit an die D.-AG abgetretenen Forderung überwiesen hatte. Die Sicherungsabtretung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht offengelegt worden. Die Beklagte schrieb den Betrag dem im Soll stehenden Konto der Schuldnerin gut. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten mit Erfolg die Rückzahlung der empfangenen 31 000 DM nach den §§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO.

Die Forderung der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin war nicht mit der sicherungsweisen Abtretung an die D-AG aus ihrem Vermögen ausgeschieden. Ein Absonderungsrecht entzieht die abgetretene Forderung nicht ihrem Bestand nach der Masse, wie sich auch aus dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nach den §§ 166 Abs. 2, 173 Abs. 2 InsO ergibt.600 Es war daher nicht nur ein anfechtungsrechtlich unschädlicher Austausch gleichwertiger Sicherheiten gegeben.

B 308

Die sicherheitshalber abgetretene Forderung erlosch mit der Zahlung auf das bei der Beklagten geführte Konto nach den §§ 407 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB. An ihre Stelle trat der Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte auf Gutschriftserteilung nach § 667 BGB. Sowohl das im Poolvertrag vereinbarte vertragliche Pfandrecht als auch das Pfandrecht nach Nr. 14 der AGB-Banken entstand erst mit dem Eingang der Zahlung auf dem Konto der Beklagten. Eine pauschale Einigung dahin gehend, dass sämtliche künftig für den Kunden entstehenden Ansprüche gegen die beteiligten Banken verpfändet werden sollten, ist nicht geeignet, eine kongruente Sicherung im Voraus zu begründen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der BGH nur in den Fällen zugelassen, in denen die kontoführende Bank zugleich Inhaberin der zur Sicherheit abgetretenen Forderung gewesen ist, auf die der Drittschuldner gezahlt hat.601 Der Beklagten hatten jedoch keinerlei dingliche Rechte an der fraglichen Forderung zugestanden, auch wenn die D-AG die ihr übertragenen Sicherheiten treuhänderisch für die übrigen Banken verwaltet hatte.

B 309

Da die Beklagte nicht Inhaberin der Forderung gewesen war und ihr auch keine dinglichen Rechte an ihr zugestanden hatten, hatte ihr auch keine Sicherheit zugestanden, die sie als Ausgleich für den Erwerb des Pfandrechts aus dem Poolvertrag und des Pfandrechts nach den AGB-Banken hätte aufgeben können. Mit dem Pfandrecht an dem Anspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte nach § 667 BGB hatte Letztere erstmals eine dingliche Sicherung ihrer Forderung gegen die Schuldnerin aus dem Konto-

B 310

600 Vgl. dazu BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (239) = MDR 2001, 1013 = ZInsO 2001, 464. 601 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182 (2183). Schäfer

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B Rz. 310

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

korrentvertrag erlangt. Ein Austausch gleichwertiger Sicherheiten konnte deshalb nicht stattfinden. Aus einem etwaigen anfechtungsfesten Sicherungsrecht der D-AG an der fraglichen Forderung konnte die Beklagte keine eigenen Rechte herleiten. Der BGH weist schließlich noch darauf hin, dass er bereits in mehreren Entscheidungen ein „Verschieben“ von Sicherheiten zugunsten der Gläubiger nicht gesicherter Forderungen abgelehnt habe.602

B 311 In wesentlicher Hinsicht anders gelagert war hingegen nach Ansicht des BGH ein von ihm durch Urteil vom 21.2.2008603 entschiedener Fall: BGH-Urteil vom 21.2.2008 – ZIP 2008, 703 ff.

B 312 Die Schuldnerin hatte einer Sparkasse eine Grundschuld an einer Eigentumswohnung zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung bestellt. Danach schloss die Schuldnerin mit der verklagten Bausparkasse einen weiteren Darlehensvertrag. Die Darlehensurkunde führte als zu gewährende Sicherheit die Grundschuld der Sparkasse auf. Die Schuldnerin und die Beklagte einigten sich dahingehend, dass die Sparkasse die Grundschuld auf die Beklagte übertragen durfte. Nachdem die Schuldnerin Insolvenzantrag gestellt hatte, kündigte die Sparkasse die von ihr gewährten Darlehen und trat einen mittelrangigen Teil der Grundschuld in Höhe von 21 000 Euro an die Beklagte ab. Mit Schreiben vom 16.9.2003 kündigte die Beklagte das Bauspardarlehen und bezifferte ihre Forderung auf 21 000,70 Euro. Vom Kaufpreis aus der Wohnungsveräußerung erhielt die Beklagte gegen Löschung der Grundschuld ca. 21 800 Euro. Der klagende Insolvenzverwalter hielt die Abtretung der Grundschuld an die Beklagte zumindest für anfechtbar. Er verlangte von der Beklagten Zahlung in Höhe der erlangten Deckung. Das LG wies die Klage ab. Die hiergegen gerichteten Rechtsmittel des Klägers blieben ohne Erfolg.

B 313 Nach der Würdigung des BGH lag kein Fall einer anfechtbaren Unterdeckungnahme des Bauspardarlehens vor. Wird der künftigen Insolvenzmasse durch eine Zession die Einrede der mangelnden Valutierung der Grundschuld abgeschnitten, kann dies zu einer gläubigerbenachteiligenden Vertiefung der Belastung des Grundstücks führen. Dennoch lag in dem entschiedenen Fall keine anfechtbare Unterdeckungnahme des Bauspardarlehens vor. Die Aufnahme der Ansprüche Dritter in den Sicherungszweck der Grundschuld ist rechtlich möglich und setzt nach Ansicht des BGH nicht voraus, dass zwischen dem Grundpfandgläubiger und dem begünstigten Dritten ein Treuhandvertrag abgeschlossen wurde; vielmehr begründe nach allgemeiner Meinung jeder Vertrag über die Bestellung einer nicht akzessorischen fiduziarischen Sicherheit auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein Treuhandverhältnis.604 Entscheidend war somit, dass die Schuldnerin und die Sparkasse die Erweiterung der Si602 Vgl. dazu BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 (234). 603 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06 – „Sicherheitenpool (2)“, MDR 2008, 646 = ZIP 2008, 703 ff. – etwas abgewandelt, da kein Anfechtungsfall. 604 Vgl. BGH v. 14.5.1996 – XI ZR 257/94, BGHZ 133, 25 (30) m.w.N.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 318 B

cherungsvereinbarung in unverdächtiger Zeit vorgenommen hatten. Es fehlte bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO, da die Erweiterung der Treuhandabrede Zug um Zug gegen Auszahlung des Bauspardarlehens gewährt worden war. Den wesentlichen Unterschied dieses Falles zu dem durch Urteil vom 2.6.2005605 entschiedenen Sachverhältnis sieht der BGH darin, dass dort die zur Sicherheit abgetretene Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner mit dessen Zahlung an die Anfechtungsgegnerin erloschen war. Der schuldrechtliche Anspruch der Schuldnerin gegen die Sicherungsnehmerin auf Sicherheitenverwaltung habe keine Absonderungskraft gehabt. In dem nunmehr entschiedenen Fall sei das Sicherungsrecht hingegen nicht untergegangen.

B 314

aa) Nachträgliche Sicherheitenunterlegung Die Gläubiger des Schuldners werden benachteiligt, wenn der Sicherungsnehmer in der Krise des Schuldners eine zuvor ungesicherte Forderung von einem Dritten erwirbt, die nunmehr in den Deckungsbereich einer anfechtungsfesten Sicherung fällt.606

B 315

BGH-Urteil vom 25.9.1972 – BGHZ 59, 230 ff. Die Schuldnerin hatte der verklagten Bank im November 1968 als Sicherheit Grundschulden abgetreten. Im Jahre 1970, als sich bei der Schuldnerin eine Krise zumindest schon abzeichnete, ließ sich die Beklagte von vier ihrer Kunden, die ebenfalls Gläubiger der Schuldnerin waren, deren Forderungen gegen die Schuldnerin abtreten. Der klagende Konkursverwalter und die Beklagte stritten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, sich auch wegen der ihr abgetretenen Forderungen aus den Grundschulden zu befriedigen.

B 316

Nach der Würdigung des BGH wurden die Konkursgläubiger durch die Abtretungen benachteiligt. Der Beklagten habe kein unanfechtbarer Anspruch auf die erlangte Sicherung zugestanden. Ein Anspruch der Beklagten auf Sicherstellung durch die ihr abgetretenen Forderungen sei erst mit der Abtretung im Jahre 1970 entstanden. Dieser Zeitpunkt habe innerhalb der Anfechtungsfrist gelegen. Für die Anfechtung sei es gleichgültig, ob ein Gläubiger sich vom Schuldner Deckung für seine Forderungen erst in der kritischen Phase geben lasse oder ob die Deckung während der kritischen Phase dadurch erlangt werde, dass ein Gläubiger, der über keine Deckung verfüge, die Forderung an einen anderen Gläubiger abtrete, der überschüssige Sicherheiten habe.

B 317

Von dieser Fallkonstellation zu unterscheiden ist der Fall der nachträglichen Unterlegung eines Pfandrechts an einer bestehenden Forderung

B 318

605 BGH – IX ZR 181/03 – „Sicherheitenpool (1)“, ZInsO 2005, 932 ff. 606 BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71 – „Kundenforderungszession“, BGHZ 59, 230 ff. Schäfer

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B Rz. 318

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

durch eine zu sichernde Forderung, die erst in der Krise des Schuldners entstanden ist, wie ein Urteil des BGH vom 19.3.1998607 zeigt: BGH-Urteil vom 19.3.1998 – BGHZ 138, 291 ff.

B 319 Die Schuldnerin hatte der verklagten Bank zur Sicherung der gegen den Konzernverbund bestehenden Forderungen durch Globalzession ihre künftigen Forderungen abgetreten. Am 17.12.1993 kündigte die Beklagte die Kontoverbindung mit dem Konzernverbund, untersagte Verfügungen zu Lasten der Konten, berief sich auf ihr Pfandrecht und verbot den Einzug der abgetretenen Forderungen. Das Konto der Schuldnerin wies zu diesem Zeitpunkt ein Guthaben von ca. 829 000 DM auf. Bis zum 27.12.1993 erhöhte sich dieses Guthaben auf ca. 1,4 Mio. DM, so dass die Beklagte auf Anweisung der Schuldnerin am 28.12.1993 800 000 DM von deren Konto auf ein Konto der Muttergesellschaft überwies, „um Zinsen zu sparen“.

B 320 Soweit das der Beklagten verpfändete Guthaben vor der Zahlungseinstellung angesammelt worden war (in Höhe von ca. 829 000 DM), hatte die Beklagte nach Ansicht des BGH ein – zunächst noch nicht durch eine (gesicherte) Forderung unterlegtes und daher nicht verwertbares – AGBPfandrecht erworben, das nicht der Anfechtung unterlag. Die Beklagte habe an der gegen sie selbst gerichteten Forderung auf Auszahlung des Guthabens der Schuldnerin ein Pfandrecht begründen können. Unerheblich sei hingegen der Zeitpunkt, in dem die zu sichernden Forderungen entstünden. Die persönliche Forderung aus der Überweisung an die Muttergesellschaft, die erst zur Verwertbarkeit des Pfandrechts geführt habe, habe die Beklagte zwar erst nach dem 17.12.1993 erworben. Da das vor diesem Datum unanfechtbar entstandene Pfandrecht die Forderungen der Beklagten aus der gesamten Geschäftsverbindung gesichert habe, habe es aber auch noch durch Forderungen aus dem späteren Zeitraum unterlegt werden können.

B 321 Mit dem Hinweis, dass es für die Begründung des Pfandrechts unerheblich sei, wann die zu sichernden Forderungen entstünden, verweist der BGH auf die Unterscheidung zwischen dem Pfandrecht (an einer bestehenden Forderung) für eine künftige (zu sichernde) Forderung und dem Pfandrecht an einer künftigen Forderung. Das Pfandrecht an einer künftigen Forderung wird erst mit der Entstehung der zu verpfändenden Forderung begründet.608 Das Pfandrecht für eine künftige (zu sichernde) Forderung soll hingegen schon mit dessen Bestellung wirksam sein. Die Berechtigung dieser Unterscheidung wird im Schrifttum jedoch zu Recht

607 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97 – „Konzernverbund“, ZInsO 1998, 89 ff. = BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342; – stark vereinfacht. 608 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f.; v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 323 B

bezweifelt.609 Der BGH hat diese Frage unter anderem610 in einem neueren Urteil vom 17.9.2009611 dahingestellt sein lassen. Er hat mit diesem Urteil jedoch klargestellt, dass eine pfandrechtliche Doppelsicherung durch ein anfechtungsfestes Grundpfandrecht und ein anfechtbares Pfändungspfandrecht an einer künftigen Forderung nicht die Annahme eines masseneutralen Sicherheitentauschs rechtfertigt. bb) Pfandrechtliche Doppelsicherung BGH-Urteil vom 17.9.2009 – BGHZ 182, 264 ff. Die Schuldnerin war Eigentümerin eines Grundstücks, welches im Jahre 1998 zugunsten der verklagten Sparkasse mit einer Buchgrundschuld belastet wurde. Sie unterwarf sich zugleich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das belastete Pfandobjekt. Das Grundstück war an die RS Reifenhandel GmbH vermietet. Auf der Grundlage der Zwangsvollstreckungsunterwerfung erwirkte die Beklagte gegen die Schuldnerin einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, welcher der Drittschuldnerin am 31.8.2005 zugestellt wurde. Durch diesen ließ die Beklagte unter anderem alle künftig fälligen Ansprüche der Schuldnerin aus dem Mietvertrag mit der Drittschuldnerin pfänden. Seit Mai 2006 war die Schuldnerin zahlungsunfähig; am 7.7.2006 stellte sie Insolvenzantrag. Die Beklagte zog die gepfändete Miete für die Monate September und Oktober 2006 ein.

B 322

Der BGH bestätigt zunächst seine Rechtsprechung, wonach sich im Falle der Pfändung einer künftigen Forderung der für die Anfechtung des Pfändungspfandrechts maßgebende Zeitpunkt nach dem Beginn des Nutzungszeitraums richtet, für den die Mietrate geschuldet war.612 Er stellt ferner klar, dass kein masseneutraler Sicherheitentausch gegeben ist, wenn die gepfändete künftige Mietforderung zugleich in den Haftungsverband eines in unkritischer Zeit bestellten Grundpfandrechts fällt. Die künftigen Mietforderungen unterliegen zwar dem Haftungsverband des Grundpfandrechts (vgl. §§ 1123 Abs. 1, 1192 Abs. 1 BGB). Die Haftung ist jedoch nur eine vorläufige, da die Mietansprüche weder der Verfügung durch den Schuldner noch dem wirksamen Zugriff der Insolvenzgläubiger entzogen sind (vgl. §§ 1123 Abs. 2, 1124 BGB). Dieser Zustand der „potentiellen Haftung“ hält so lange an, bis der Grundpfandgläubiger die Beschlagnahme des Grundstücks im Wege der Zwangsverwaltung herbeiführt. Erst durch die Anordnung der Zwangsverwaltung erstarkt diese „potentielle Haftung“ zu einer voll wirksamen (vgl. §§ 146 Abs. 1, 20

B 323

609 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 18; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 15; HK-InsO/ Kreft, § 140 Rz. 4 mit FN 29; Berger, NZI 2007, 566 ff. 610 Siehe dazu bereits BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 611 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08 – „Doppelsicherung“, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 612 Vgl. BGH v. 21.12.2006 – IX ZR 7/06, MDR 2007, 680 = ZIP 2007, 239 ff. Rz. 13; v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.; v. 28.3.1990 – VIII ZR 17/89, BGHZ 111, 84 (93 f.) = MDR 1990, 911 = CR 1990, 654. Schäfer

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B Rz. 323

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Abs. 1, 2, 148 Abs. 1 Satz 1 ZVG), was bewirkt, dass die erfassten Mietforderungen für die Insolvenzgläubiger als Zugriffsobjekt nunmehr endgültig ausscheiden.613

B 324 Die hiervon möglicherweise abzugrenzende Fallgestaltung – so der BGH weiter –, dass ein (unbedingtes) Sicherungsrecht an einem schon bestehenden Recht eine künftige Forderung besichere, wobei die gesicherte Forderung unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung stehe, sei im Streitfall nicht gegeben. Deshalb griffen auch die in BGHZ 170, 196, 202 Rz. 15 ff.614 angeführten Gründe nicht ein, die in dem dort entschiedenen Fall dafür ausschlaggebend gewesen seien, auf den (früheren) Zeitpunkt der Einbringung der Pfandgegenstände durch den Schuldner abzustellen. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 11.11.2004615 – das sich zur Frage der Unwirksamkeit einer Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO verhalte – auf den (früheren) Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages abgestellt und zur Begründung auf § 140 Abs. 3 InsO verwiesen habe, gebe er diese Rechtsprechung auf. c) Fehlende Gläubigerbenachteiligung bei Sicherungsrechten

B 325 Bei Sicherungsrechten ist stets genau darauf zu achten, ob eine Benachteiligung der Gläubiger ausscheidet, weil bereits in unkritischer Zeit eine Sicherheit bestellt worden war, die lediglich später durch eine andere Sicherheit ausgetauscht wurde. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Sicherungskette durchgängig geschlossen war.616 Ein anfechtungsrechtlich neutraler Sicherheitentausch kommt nicht in Betracht, wenn das eine Recht erloschen ist, bevor das andere begründet wird.617 aa) Sicherheitentausch

B 326 Bei der Prüfung der Anfechtbarkeit von Zahlungen an einen dinglich gesicherten Gläubiger ist stets zu beachten, dass die Anfechtung einer späteren Verfügung des Schuldners nichts nützt, wenn dem Gläubiger zuvor bereits eine anfechtungsfeste Sicherheit zustand. Dies hatte das Berufungsgericht in einem vom BGH entschiedenen Fall nicht berücksichtigt, in dem der Schuldner eine künftige Forderung aus der Weiterveräußerung 613 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 17 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 614 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 615 BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03 – „Mietnebenkosten“, MDR 2005, 596 = ZInsO 2005, 94 ff. 616 Vgl. BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03, MDR 2006, 1255 = ZInsO 2006, 493 ff.; v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZIP 2007, 1274 ff.; Jaeger/ Henckel, § 129 Rz. 103; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 58. 617 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZIP 2007, 1274 ff. Rz. 21.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 328 B

einer Sache in der Krise an den Gläubiger abgetreten hatte, der diese Sache zuvor (anfechtungsfest) bereits unter verlängertem Eigentumsvorbehalt geliefert hatte.618 Die spätere Sicherungsabtretung wäre möglicherweise anfechtbar gewesen, weil im Falle der Vorausabtretung einer künftigen Forderung anfechtungsrechtlich nicht auf den Abschluss des Abtretungsvertrages, sondern auf den Zeitpunkt des Entstehens der Forderung abzustellen ist.619 Daneben gab es jedoch den in unkritischer Zeit vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalt. Im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts unterliegt die Vorausabtretung künftiger Forderungen, die sich auf das mit dem Vorbehaltseigentum Erlangte beschränkt, selbst dann nicht der Insolvenzanfechtung, wenn die Forderungen aus der Weiterveräußerung erst in der kritischen Phase entstehen. Denn es wird lediglich das (anfechtungsfest) vorbehaltene Eigentum als Sicherungsrecht durch die Forderung ausgewechselt, die mit dieser Ware erlangt wurde (Sicherheitentausch).620 Fraglich ist allerdings, ob die Gläubiger benachteiligt werden, soweit der Wert der vom verlängerten Eigentumsvorbehalt erfassten Forderung aus der Weiterveräußerung der Vorbehaltssache deren Wert übersteigt. Dies wird im Schrifttum zum Teil mit der Erwägung verneint, dass im Falle einer Veräußerung durch den Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Forderung aus der Veräußerung in voller Höhe auf den Vorbehaltsverkäufer bzw. Sicherungseigentümer übergehe, der sich in Höhe seiner Kaufpreis- bzw. Kreditforderung abgesondert befriedigen dürfe, wenn durch einen darüber hinausgehenden Erlös die Feststellungsund Verwertungskosten gedeckt seien. Die Anfechtung könne nicht weiter greifen als die Folgen der Insolvenzeröffnung.621 Man wird indes darauf abstellen müssen, inwieweit der Mehrwert der Sicherheit in den kritischen Anfechtungszeiträumen durch den Schuldner geschaffen wurde. In diesem Sinne hat der BGH inzwischen durch Urteil vom 17.3.2011622 entschieden. Hinsichtlich der vom Schuldner aufgeschlagenen Marge liege mit der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts noch keine insolvenzfeste Sicherung vor; diese werde vielmehr erst mit dem Entstehen der abgetretenen Forderung begründet.

B 327

Ein bloßer Sicherheitentausch liegt auch dann vor, wenn der Schuldner die von ihm verkaufte Ware bereits an dasselbe Kreditinstitut zur Sicherheit übereignet hatte, dem dann die Kaufpreisforderung ebenfalls abgetreten wurde. Damit wurde dessen Absonderungsrecht an der Ware nur vereinbarungsgemäß durch dasjenige an der Kaufpreisforderung ersetzt. Durch einen solchen Austausch einer insolvenzbeständigen Sicherung

B 328

618 Vgl. BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZInsO 2000, 349. 619 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 620 BGH v. 14.5.1975 – VIII ZR254/73, BGHZ 64, 312 (314). 621 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 208. 622 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, ZIP 2011, 773 ff. Schäfer

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B Rz. 328

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

durch eine andere, jedenfalls nicht höherwertige, werden die Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt.623

B 329 Verkauft der spätere Insolvenzschuldner ohne vorherige Verpflichtung kurz vor der Stellung des Insolvenzantrages an einen Gläubiger Gegenstände, so werden die Insolvenzgläubiger durch die dadurch hergestellte Aufrechnungslage nicht benachteiligt, wenn der Käufer zuvor bereits ein insolvenzbeständiges Sicherungseigentum an den Kaufgegenständen hatte.624

B 330 Zahlen allerdings Schuldner zur Tilgung von Forderungen, die der Insolvenzschuldner abgetreten hatte, vor der Insolvenzeröffnung auf ein Bankkonto des Insolvenzschuldners, so erwirbt der Zessionar weder ein Recht auf Ersatzaussonderung oder Ersatzabsonderung noch einen Anspruch wegen rechtloser Bereicherung der Masse. Denn die sich aus dem Kontokorrentverhältnis mit der Bank ergebenden Forderungen des Insolvenzschuldners sind nicht aufgrund der Vereinbarungen über einen verlängerten Eigentumsvorbehalt abgetreten.625

B 331 Anders ist dies im Falle einer Globalzession des Schuldners zugunsten seiner Bank. Die Einzahlungen der Kunden des Schuldners (Drittschuldner) auf das schuldnerische Konto bei der Bank gelangen nach Ansicht des BGH unmittelbar in deren Vermögen. Zwar erlischt mit der Zahlung die zur Sicherheit abgetretene Forderung gemäß §§ 362, 407 Abs. 1 BGB. Die Bank erwirbt jedoch an deren Stelle ein Pfandrecht nach Nr. 14 AGBBanken an dem neu entstandenen Herausgabeanspruch des Schuldners gemäß § 667 BGB. Ein solcher unmittelbarer Sicherheitentausch benachteiligt die Gläubiger nicht, sofern die Bank aufgrund der Globalabtretung ein anfechtungsfestes Absonderungerecht erworben hat (vgl. § 51 Nr. 1 InsO).626

B 332 Ebenso werden die Insolvenzgläubiger regelmäßig nicht benachteiligt, wenn der Schuldner künftige Forderungen (anfechtungsfest) sicherungshalber rechtswirksam an ein Kreditinstitut abgetreten hat und dieses die bei ihm eingehenden Zahlungen der Drittschuldner gegen Verbindlichkeiten des Schuldners verrechnet.627 In einem Urteil des BGH vom 1.10.2002628 ging es ebenfalls um den Fall der Verrechnung von Drittzahlungen auf das Schuldnerkonto durch die verklagte, durch Globalzession gesicherte Schuldnerbank. Die Forderungen des Schuldners waren aller623 Vgl. BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. Rz. 20 = MDR 2001, 1013; v. 5.12.1985 – IX ZR 165/84, MDR 1986, 404 = ZIP 1986, 452 (454 f.). 624 BGH v. 22.7.2004 – IX ZR 270/03, MDR 2005, 171 = ZIP 2004, 1912 ff. 625 BGH v. 11.5.1989 – IX ZR 222/88, MDR 1989, 908 = ZIP 1989, 785 ff. 626 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 13 = MDR 2008, 411; v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZInsO 2002, 1136 ff. Rz. 22; v. 26.6.2008 – IX ZR 47/05, MDR 2008, 1121 = ZInsO 2008, 803 ff. 627 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZInsO 2002, 1136 ff. 628 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZInsO 2002, 1136 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 335 B

dings zuvor an eine andere Bank abgetreten worden, die erst nach der Einreichung eines Kundenschecks eine Freigabe erklärte. Die Beklagte war daher zum Zeitpunkt der Scheckeinreichung noch nicht an der getilgten Forderung absonderungsberechtigt, so dass die Insolvenzgläubiger benachteiligt wurden. Der Austausch einer insolvenzbeständigen Sicherheit (konkret: Grundschuld) gegen eine andere (konkret: Pfandrecht in Allgemeinen Geschäftsbedingungen an einem Anspruch auf Gutschrift des Kaufpreiserlöses) benachteiligt die Insolvenzgläubiger nicht. Da die Beklagte dem die Veräußerung der Immobilie beurkundenden Notar aufgegeben hatte, über die ihm zu treuen Händen übersandte Löschungsbewilligung nur gegen Zahlung des Kaufpreises auf das bei ihr geführte Konto der Schuldnerin zu verfügen, war die Unmittelbarkeit des Sicherheitentauschs gewährleistet.629

B 333

Werden Zahlungen des Schuldners von einem debitorischen auf ein anderes, bei derselben Bank geführtes, ebenfalls debitorisches Konto umgebucht, liegt eine Gläubigerbenachteiligung nur vor, wenn das Konto, dessen Schuldenstand durch die Umbuchung verringert wurde, über schlechtere Sicherheiten verfügte als das Konto, dessen Schuldenstand dadurch erhöht wurde. Das mit dem umgebuchten Betrag belastete Konto ist nicht wegen der zusätzlich von Dritten übernommenen Bürgschaften besser gesichert, da etwaige Leistungen des Bürgen das Schuldnervermögen nicht berühren. Mit seiner Zahlung erwirbt der Bürge gemäß § 774 BGB die gesicherte Forderung, so dass ein bloßer Gläubigertausch stattfindet. Gehen von dem Schuldner bestellte Sicherungen mit der getilgten Forderung gemäß § 401 BGB auf den Bürgen über, so befindet er sich in derselben wirtschaftlichen Lage wie zuvor gegenüber seiner Bank.630

B 334

bb) Keine Unterbrechung der Sicherungskette Eine geschlossene Sicherungskette, die eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger ausschließt, ist gegeben, wenn ein Drittschuldner direkt an die Bank als Sicherungszessionarin des Schuldners zahlt. In diesem Fall erfolgt die Zahlung nach Ansicht des BGH unmittelbar in das Vermögen der Bank.631 Diese erhalte den Erlös aus der Einziehung der abgetretenen Forderung selbst im Falle einer noch nicht offengelegten Abtretung als wahre Berechtigte. Der Schuldner hatte demnach zu keinem Zeitpunkt unbeschränkten Zugriff auf den Zahlungsbetrag. Zwar erlischt durch die Zahlung des Drittschuldners der als Sicherheit dienende Anspruch der Bank gegen den Drittschuldner, wobei die Bank schuldrechtlich zur Herausgabe des Erlangten verpflichtet ist (§ 667 BGB). Gleich629 Vgl. BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 62/05, NZG 2008, 902. 630 BGH v. 10.7.2008 – IX ZR 142/07, WM 2008, 1606. 631 Vgl. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff.; v. 13.7.1983 – VIII ZR 246/82, MDR 1983, 930 = NJW 1983, 2147 (2149). Schäfer

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B 335

B Rz. 335

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

zeitig erwirbt sie jedoch gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken ein Pfandrecht an dem neu entstehenden Anspruch des Kunden gegen die Bank. Ein solcher Austausch gleichwertiger Sicherheiten wirkt nicht gläubigerbenachteiligend.632

B 336 Dagegen wird im Schrifttum eingewandt, dass der Drittschuldner nicht an die Bank, sondern aufgrund der Einziehungsermächtigung und der Schuldnerschutzbestimmung des § 407 BGB mit schuldbefreiender Wirkung an den Schuldner gezahlt habe. Das nach Ansicht des BGH bestehende Pfandrecht der Bank nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken am Anspruch des Schuldners auf Gutschrift erlösche durch die Gutschrift, mit der die Bank den Debetsaldo reduziere. Folglich verliere sie auch die Ersatzsicherheit, so dass der vom BGH angenommene Sicherheitentausch, der die Gläubigerbenachteiligung ausschließen solle, hinfällig werde. Eine weitere Ersatzsicherheit könne die Bank nicht dadurch erwerben, dass sie ihre erste Ersatzsicherheit aufgebe, indem sie den Anspruch auf Gutschrift, der ihr als Pfand haften solle, erfülle. Ein Ersatzabsonderungsrecht stehe der Bank nur zu, wenn der Insolvenzschuldner nicht mehr zur Einziehung berechtigt gewesen sei.633

B 337 Anders verhält es sich jedoch auch nach Ansicht des BGH, wenn der Drittschuldner zunächst an den Schuldner gezahlt und dieser den Zahlbetrag an die Bank als Sicherungsnehmer weitergeleitet hat. Hat der Sicherungsnehmer die dem Schuldner erteilte Einziehungsermächtigung nicht widerrufen, so benachteiligt die Weiterleitung der auf dem Schuldnerkonto eingegangenen Erlöse der wirksam erfüllten Forderungen an den Sicherungsnehmer die Gesamtheit der Gläubiger. An den eingezogenen Forderungsbeträgen entsteht kein Ersatzabsonderungsrecht, wenn der Schuldner die Einziehung berechtigt vorgenommen hat. Der auf das Absonderungsrecht analog anwendbare § 48 InsO greift nur bei unberechtigter Einziehung ein.634 Dies wird an einem Urteil des BGH vom 8.3.2007635 deutlich: BGH-Urteil vom 8.3.2007 – ZIP 2007, 924 ff.

B 338 Die Schuldnerin hatte bei der klagenden Bank einen Scheck zur Gutschrift auf dem auf Guthabenbasis geführten Girokonto eingereicht. Aufgrund der Scheckeinreichung führte die Bank am 16.4.2003 einen Überweisungsauftrag der Schuldnerin aus. Am 17.4.2003 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Durch 632 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff. 633 Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 87; Braun/de Bra, § 129 Rz. 33; OLG Hamm v. 14.7.1982 – 5 U 192/81, ZIP 1982, 1343 ff. als Vorinstanz zu BGH v. 13.7.1983 – VIII ZR 246/82, MDR 1983, 930 = NJW 1983, 2147 ff. 634 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZInsO 2006, 544 ff. Rz. 18; v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98, BGHZ 144, 192 (198) = MDR 2000, 848; v. 4.12.2003 – IX ZR 222/02, MDR 2004, 594 = ZIP 2004, 326 (328). 635 BGH v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05 – „Scheckrückbelastung“, MDR 2007, 1042 = ZIP 2007, 924 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 341 B

Beschluss vom gleichen Tag wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Am 29.4.2003 wurde der Scheck von der bezogenen Bank wegen eines Formfehlers nicht eingelöst und dem Konto der Schuldnerin rückbelastet. In der Folgezeit übersandte der Drittschuldner einen neuen Scheck, der auf Anweisung des Beklagten über ein Anderkonto eingezogen wurde.

Die Klägerin hatte nach Nr. 15 Abs. 1 AGB-Banken Sicherungseigentum an dem ersten eingereichten Scheck erworben. Nach Nr. 15 Abs. 2 AGBBanken war zugleich die dem Scheck zugrundeliegende Forderung auf sie übergegangen. Durch die Zahlung mittels erneutem Scheck war die zugrundeliegende Forderung gemäß §§ 362 Abs. 1, 407 Abs. 1 BGB auch mit Wirkung gegenüber der Klägerin erloschen, da die Sicherungsabtretung der Forderung dem Drittschuldner nicht bekannt gewesen war. Zugleich war das Entstehen eines (künftigen) Absonderungsrechts der Klägerin verhindert worden.636 Ein Ersatzabsonderungsrecht zugunsten der Klägerin war dadurch jedoch nicht entstanden, denn dies hätte eine unberechtigte Einziehung durch den Beklagten und die fehlende Anfechtbarkeit der Sicherungsabtretung vorausgesetzt.637

B 339

Bei der Einreichung des Schecks wurde von der Schuldnerin keine (neue) schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung der dem konkret eingereichten Scheck zugrundeliegenden Forderung begründet. Der BGH konnte es daher dahingestellt sein lassen, ob eine solche Abtretungsverpflichtung, bezogen auf die konkret individualisierte, dem gleichzeitig eingereichten Scheck zugrundeliegende Forderung, die Kongruenz begründet hätte. Hätte allerdings die Schuldnerin den zweiten Scheck über das Konto der Klägerin eingezogen, so hätte diese die Gutschrift mit dem Negativsaldo verrechnen dürfen, weil ihr ein fälliger Anspruch gegen die Schuldnerin zustand.

B 340

Anzumerken ist, dass auch dann, wenn die Bank die Einziehungsermächtigung widerrufen und der Sicherungsgeber die Forderung dennoch in der Krise eingezogen hat, der Erwerb des Ersatzabsonderungsrechts analog § 48 InsO der Anfechtung nach § 131 InsO unterliegt. Denn das Sicherungsrecht der Bank nach den AGB-Banken, auf das sie keinen hinreichend konkretisierten Anspruch hatte, entsteht erst mit der Hereingabe des Schecks bei der Bank.

B 341

636 Vgl. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff.; v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZInsO 2006, 544 ff. 637 BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98, BGHZ 144, 192 (198) = MDR 2000, 848; v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZIP 1998, 793 (797). Schäfer

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B Rz. 342

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 342 Ein weiteres anschauliches Beispiel zur Unterbrechung der Sicherungskette stellt ein Urteil des BGH vom 19.1.2006638 dar: BGH-Urteil vom 19.1.2006 – ZIP 2006, 959 ff.

B 343 Die Schuldnerin war Kreditnehmerin der verklagten Bank. Sie hatte der Beklagten als Sicherheit eine Werklohnforderung abgetreten und sich zur Anweisung gegenüber dem Drittschuldner verpflichtet, dieser solle Zahlungen nur auf ein von der Bank zu bestimmendes Konto leisten. Der Drittschuldner erbrachte am 25.5.2000 eine Zahlung in Höhe von 150 000 DM, indem er dem Geschäftsführer der Schuldnerin einen Scheck übergab, den dieser auf dem Konto der Schuldnerin bei einer Sparkasse gutschreiben ließ. Die Schuldnerin überwies davon am 26.5.2000 einen Teilbetrag in Höhe von 63 000 DM auf eines der bei der Beklagten geführten Konten, welches am 13.6.2000 aufgelöst wurde. Am 14.6.2000 stellte die Schuldnerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen.

B 344 Der BGH weist zunächst darauf hin, dass die Überweisung auf das bei der Beklagten geführte Kreditkonto in Erfüllung des Anspruchs der Beklagten aus dem Sicherungsabtretungsvertrag geschehen sei. Soweit daher die Überweisung der Beklagten eine Sicherung ermöglicht hatte, war die Zahlung kongruent. Allerdings konnte die spätestens durch die Kontoauflösung eingetretene Befriedigung der Beklagten eine die Gläubiger der Schuldnerin benachteiligende Rechtshandlung darstellen. Diese Verrechnung war inkongruent. Nach dem Sicherungsabtretungsvertrag stand der Beklagten zwar ein Anspruch auf Auszahlung unberechtigt eingezogener Geldbeträge zu. Ein Anspruch, die ausgekehrten Beträge zur Verringerung der Kreditsalden zu verwenden, ergab sich daraus aber nicht. Denn an dem vom Drittschuldner geleisteten Zahlungsbetrag konnte die Beklagte keine weitergehenden Rechte erwerben, als sie an der abgetretenen Forderung innehatte. Da diese der Beklagten nur sicherungshalber zustand, konnte die Beklagte vor dem Eintritt des Sicherungsfalls keine Befriedigung aus dem Erlös beanspruchen.

B 345 Bis zum Eintritt des Sicherungsfalles durfte die Beklagte den Betrag zum Zwecke der Sicherung zurückhalten. Dies galt aber nicht für den Fall der Insolvenz. Der Anspruch der Beklagten stellte eine schuldrechtliche Forderung dar, die in der Insolvenz keine Bevorrechtigung besaß. Aufgrund dieser Forderung war die Beklagte daher auch nicht berechtigt, den erhaltenen Geldbetrag ungeachtet einer zwischenzeitlich eingetretenen Insolvenz zum Zwecke späterer Verrechnung und zum Nachteil der übrigen Gläubiger zurückzuhalten. Dass die Forderung wirtschaftlich an die Stelle der zur Absonderung berechtigenden Sicherungszession getreten war, verlieh ihr keine entsprechenden rechtlichen Wirkungen. Die Verwertungsreife war vor der Insolvenz noch nicht eingetreten.

638 BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03 – „Zahlungsweiterleitung“, MDR 2006, 1255 = ZIP 2006, 959 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 348 B

Die Gläubigerbenachteiligung ließ sich nach Ansicht des BGH nicht unter Hinweis auf dessen Urteil vom 1.10.2002639 verneinen. Dort hatte der Drittschuldner direkt an die Sicherungszessionarin gezahlt. Die Schuldnerin verlor durch die Erfüllung ihren (nach Ansicht des BGH aufschiebend bedingten) Anspruch auf Rückübertragung der Forderung aus dem Sicherungsvertrag und erwarb gleichzeitig einen Anspruch auf Herausgabe der Gutschrift gemäß § 667 BGB, der jedoch durch ein Pfandrecht gemäß Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken belastet war. Einen unbeschränkten Zugriff auf den Zahlungsbetrag hatte die Schuldnerin somit zu keinem Zeitpunkt inne. Der auf Gläubigerseite erfolgt Austausch gleichwertiger Sicherheiten wirkte nicht gläubigerbenachteiligend.

B 346

Anders lag es jedoch im Urteil vom 19.1.2006. Nach dem Vorbringen des Klägers hatte der Drittschuldner keine Kenntnis von der Sicherungsabtretung, so dass die zur Sicherheit abgetretene Forderung der Schuldnerin gemäß §§ 362 Abs. 1, 407 Abs. 1 BGB erlosch. Eine erneute Sicherung erlangte die Beklagte zwar durch das Pfandrecht am Herausgabeanspruch der Schuldnerin. Dieses entstand aber erst mit der Gutschrift des Zahlungsbetrages, da es zuvor an einer hinreichenden Konkretisierung des Pfandgegenstandes fehlte.640 Ein Austausch von Sicherheiten hatte daher nicht stattgefunden. Vielmehr hatte die Schuldnerin in der Zwischenzeit ein dinglich unbelastetes Recht an dem Zahlungsbetrag inne. Das später entstandene Pfandrecht am Herausgabeanspruch der Schuldnerin gegen die Beklagte war seinerseits gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Ein Ersatzabsonderungsrecht analog § 48 InsO hätte vorausgesetzt, dass die Gegenleistung noch unterscheidbar im Schuldnervermögen vorhanden war. Wird diese auf einem Konto gutgeschrieben, so bleibt sie grundsätzlich unterscheidbar, solange sie durch Buchungen belegt und der positive Kontensaldo nicht durch Abbuchungen unter den Betrag der beanspruchten Leistung abgesunken ist.641 Wird das Konto zur Zeit der Gutschrift im Soll geführt, so wird die Gegenleistung in dieser Höhe zur Schuldentilgung verbraucht, mit der Folge, dass insoweit eine gegenständlich fassbare Gegenleistung nicht mehr vorhanden ist.642

B 347

d) Wertausschöpfend belastete Gegenstände Eine Gläubigerbenachteiligung ist nicht gegeben, wenn der Gegenstand, auf den sich die angefochtene Rechtshandlung bezog, wertausschöpfend mit unanfechtbaren Grundpfandrechten belastet war. Denn der belastete Gegenstand hätte im Insolvenzverfahren allein der abgesonderten Befriedigung der gesicherten Gläubiger gedient (vgl. § 49 ff., 165 ff. InsO), so 639 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff. 640 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (126). 641 BGH v. 11.3.1999 – IX ZR 164/98, BGHZ 141, 116 (120 f.) = MDR 1999, 762; v. 18.4.2002 – IX ZR 219/01, BGHZ 150, 326 (328) = MDR 2002, 1150. 642 MK-InsO/Ganter, § 48 Rz. 34. Schäfer

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B 348

B Rz. 348

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

dass im Falle der wertausschöpfenden Belastung für die Insolvenzgläubiger nichts übrig geblieben wäre.643 Die Gläubiger werden durch eine unentgeltliche Verfügung des Schuldners über ein Grundstück jedoch dann benachteiligt, wenn es zwar wertausschöpfend mit Grundschulden belastet ist, diese aber zum Teil keine Forderungen mehr sichern und der Schuldner seine Ansprüche auf Rückgewähr der nicht valutierten Grundpfandrechte mit verschenkt hat.644

B 349 Erfüllt der Schuldner eine Verbindlichkeit, die er einerseits persönlich schuldete und die andererseits als öffentliche Last auf einem ihm gehörenden Grundstück ruhte, ist die Erfüllungshandlung im Insolvenzverfahren nicht anfechtbar, soweit sich der Gläubiger nach § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG aus dem Grundstück hätte befriedigen können.645 Besteht jedoch die Möglichkeit, dass der Inhaber einer Grundschuld aus der bloß formalen, bezogen auf die vorrangigen Grundstücksbelastungen an sich nicht werthaltigen Grundschuldeintragung einen nicht unbeträchtlichen „Lästigkeitswert“ realisiert, weil andere Grundschuldgläubiger bereit sind, ihm seine für eine freihändige Verwertung erforderliche Zustimmung „abzukaufen“, unterliegt die Grundschuldbestellung der Anfechtung.646

B 350 Die wertausschöpfende Belastung eines vom Schuldner auf einen Dritten übertragenen Grundstücks wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich der Schuldner gegenüber dem Dritten verpflichtet hat, die grundbuchlich besicherten Darlehen weiter zurückzuführen. Die Tilgungsleistungen des Schuldners können jedoch eine weitere unentgeltliche und mittelbare Zuwendung darstellen, die selbst wieder der Anfechtung unterliegt.647 aa) Maßgebender Wert

B 351 Ob eine wertausschöpfende Belastung vorliegt, hängt vom Wert des Grundstücks sowie von der tatsächlichen Höhe derjenigen Forderungen ab, welche durch die Grundpfandrechte gesichert werden.648 Dafür ist nicht der nominelle Wert der Grundstücksbelastung entscheidend; maßgebend ist vielmehr, ob die Höhe der (noch) durch das Grundpfandrecht gesicherten Forderungen den Verkehrswert des Grundstücks übersteigt.649 Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der schuldrechtliche Anspruch auf Rückgewähr eines nicht (mehr) valutierten Teils der Sicherheit beim Schuldner verblieben ist und wenn dieser Anspruch zur Gläubigerbefriedigung 643 644 645 646 647

Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 109. BGH v. 10.1.1985 – IX ZR 2/84, MDR 1985, 841 = ZIP 1985, 372 ff. Vgl. BGH v. 28.3.1985 – IX ZR 115/84, MDR 1985, 759 = ZIP 1985, 816 ff. OLG Hamburg v. 9.5.2001 – 8 U 8/01, ZIP 2001, 1332 ff. BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, MDR 2007, 1222 = NotBZ 2008, 75 = ZIP 2007, 1326 ff. 648 Vgl. BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZInsO 2006, 151 f.; v. 24.9.1996 – IX ZR 190/95, ZIP 1996, 1907 (1908). 649 BGH v. 27.3.1984 – IX ZR 49/83, MDR 1984, 1020 = ZIP 1984, 753 (755).

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 354 B

hätte dienen können.650 Handelt es sich um mehrere Grundstücke, ist nicht auf deren Gesamtwert und den Gesamtwert der gesicherten Verbindlichkeiten, sondern auf den Wert der einzelnen Grundstücke und ihre jeweilige Belastung abzustellen.651 Nach einem zum Anfechtungsgesetz ergangenen Urteil des BGH vom 20.10.2005652 kommt eine Gläubigerbenachteiligung nicht in Betracht, wenn ein Grundstück wertausschöpfend belastet ist und eine Zwangsversteigerung nicht zu einer – auch nur teilweisen – Befriedigung des Gläubigers geführt hätte. Die Übertragung eines belasteten Grundstücks kann danach nur dann eine Gläubigerbenachteiligung zur Folge haben, wenn der in der Zwangsvollstreckung erzielbare Wert des Grundstücks die vorrangigen Belastungen und die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens übersteigt.653

B 352

Im Schrifttum wird zum Teil die Auffassung vertreten, dass die auf der Grundlage des Anfechtungsgesetzes entschiedenen Fälle in gleicher Weise Bedeutung für die Insolvenzanfechtung hätten.654 Dies trifft jedoch nicht zu. Der Insolvenzverwalter ist nicht – wie der Gläubiger in der Einzelzwangsvollstreckung – auf einen Zugriff im Wege der Zwangsversteigerung beschränkt. Er ist vielmehr kraft seines Amtes zur freihändigen Verwertung der haftungsmäßig dem Schuldnervermögen zuzuordnenden Gegenstände berechtigt. Es ist daher folgerichtig, bei der Frage der Gläubigerbenachteiligung nach den insolvenzrechtlichen Anfechtungstatbeständen auf den Verkehrswert abzustellen.655

B 353

Hat der Schuldner einen Bausparvertrag abgeschlossen, welcher vereinbarungsgemäß der Tilgung der aufgenommenen Darlehen dienen soll, so ist nicht allein darauf abzustellen, inwieweit zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung die Darlehen valutiert waren. Anfechtungsrechtlich ist vielmehr davon auszugehen, dass die gesicherte Darlehensforderung nur in der um das Sparguthaben geminderten Höhe besteht. Wäre der Umstand, dass der Schuldner ein Bausparguthaben angesammelt hat, für die Bewertung der Grundpfandrechte bedeutungslos,

B 354

650 BGH v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, MDR 2007, 614 = ZInsO 2007, 101 ff. Rz. 21; v. 10.1.1985 – IX ZR 2/84, MDR 1985, 841 = ZIP 1985, 372 (374); Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 46. 651 BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, MDR 1997, 52 = NJW 1996, 3147 (3149). 652 BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZInsO 2006, 151 f.; vgl. zuvor schon BGH v. 17.12.1998 – IX ZR 196/97, MDR 1999, 440 = ZIP 1999, 196 (198). 653 BGH v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, MDR 2007, 614 = ZInsO 2007, 101 ff. Rz. 21. 654 Vgl. Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 11. Aufl., Rz. 104; Bork/Ehricke, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 4 Rz. 14. 655 Ebenso HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 56; HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 65a; OLG Brandenburg v. 19.11.2008 – 7 U 150/06, ZInsO 2009, 240 ff. Schäfer

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B Rz. 354

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

solange das Sparziel noch nicht ganz erreicht ist, so könnten die Anfechtungsbestimmungen leicht umgangen werden.656

B 355 Die Frage, welchen Erlös ein Grundstück bei einer Verwertung voraussichtlich erbringen wird, kann nur aufgrund besonderer Sachkunde beurteilt werden. Ein Gericht kann sich diese grundsätzlich nicht im Wege des Zeugenbeweises verschaffen, sondern in der Regel nur durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens.657 bb) Entscheidender Zeitpunkt

B 356 Hinsichtlich des Zeitpunkts der Wertausschöpfung ist zu unterscheiden. Setzt der Anfechtungstatbestand eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraus (vgl. die §§ 132 Abs. 1, 133 Abs. 2 InsO), ist der Zeitpunkt der Vollendung der Rechtshandlung maßgebend (vgl. § 140 InsO). In den Fällen, in denen eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt, kommt es für die objektive Gläubigerbenachteiligung auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen an.658 Soweit eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht, kann daher auch beim nachträglichen Wegfall einer Belastung angefochten werden. Liegt zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen die bei der Vornahme der Rechtshandlung gegebene wertausschöpfende Belastung nicht mehr vor, so kann sich der Anfechtungsgegner auf die frühere wertausschöpfende Belastung nur berufen, wenn er sie mit eigenen Mitteln beseitigt hat oder eine zwischenzeitlich eingetretene Wertsteigerung auf eigenen werterhöhenden Maßnahmen beruht,659 nicht aber dann, wenn die Wertsteigerung auch beim Schuldner – insbesondere wegen der Entwicklung der allgemeinen Marktlage – eingetreten wäre.

B 357 Hat der Anfechtungsgegner durch den Einsatz eigener Mittel für die Entlastung gesorgt, so hat er zwar einen entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch. Ein solcher eigener Mittelaufwand liegt aber nicht vor, soweit die den Belastungen zugrundeliegenden Verbindlichkeiten aus den Nutzungen des dem Anfechtungsgegner übertragenen Gegenstandes zurückgeführt wurden; denn auch diese Nutzungsmöglichkeit wird von den Anfechtungstatbeständen erfasst.660

656 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, MDR 2007, 1222 = NotBZ 2008, 75 = ZIP 2007, 1326 ff. 657 BGH v. 18.3.1993 – IX ZR 198/92, MDR 1993, 579 = ZIP 1993, 868 ff.; v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZIP 2006, 387 f. Rz. 9, 17. 658 Vgl. BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff. Rz. 29; v. 24.9.1996 – IX ZR 190/95, ZIP 1996, 1907 ff. 659 BGH v. 24.9.1996 – IX ZR 190/95, ZIP 1996, 1907 ff. 660 BGH v. 24.9.1996 – IX ZR 190/95, ZIP 1996, 1907 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 360 B

Eine durch die Erlangung eines Anwartschaftsrechts (konkret: Auflassung und Stellung des Eintragungsantrages) bereits eingetretene unmittelbare Gläubigerbenachteiligung wird nicht dadurch beseitigt, dass der Schuldner das Grundstück wertausschöpfend belastet, bevor der Eigentumswechsel im Grundbuch eingetragen wird.661 Hat der Anfechtungsgegner den anfechtbar erworbenen Gegenstand selbst weiter belastet, bleibt dies bei der Beurteilung der Wertausschöpfung außer Betracht, denn diese Belastungen muss er ohnehin beseitigen.662 Die Übertragung eines wertausschöpfend belasteten Grundstücks durch den Schuldner ist ferner dann objektiv gläubigerbenachteiligend, wenn die bei der Übertragung noch bestehenden Belastungen im Nachhinein vertragsgemäß von ihm beseitigt werden.663

B 358

cc) Darlegungs- und Beweislast Der Insolvenzverwalter ist nach den allgemeinen Beweislastgrundsätzen darlegungs- und beweisbelastet hinsichtlich der wertausschöpfenden Belastung zu dem für die Anfechtung maßgebenden Zeitpunkt. Den Anfechtungsgegner, der sich auf eine wertausschöpfende Belastung des ihm übertragenen Grundstücks beruft, trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Frage, in welcher Höhe zum Zeitpunkt seines Erwerbs Belastungen bestanden und valutierten. Die Frage, welchen Erlös ein Grundstück voraussichtlich erbringen wird oder erbracht hätte, kann in der Regel nur aufgrund besonderer Sachkunde und somit grundsätzlich nur mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens beurteilt werden.664

B 359

e) Treuhandverhältnisse und Zweckbindungen Auch beim Bestehen eines Treuhandverhältnisses kann eine Anfechtung wegen fehlender Gläubigerbenachteiligung ausscheiden. Es muss sich freilich um eine „echte“ Treuhand handeln, wobei streitig ist, wann eine solche gegeben ist.665 Erforderlich ist eine Rechtsposition, die dem Treugeber im Insolvenzverfahren ein Aussonderungsrecht vermittelt hätte (vgl. § 47 InsO).666 Das Aussonderungsrecht des Treugebers im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Treuhänders hat seinen Grund darin, dass das Treugut haftungsrechtlich zum Vermögen des Treugebers gehört. Ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch genügt insoweit unstreitig 661 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff. = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 662 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 62. 663 BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff. 664 Vgl. BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZInsO 2006, 151 f. 665 Instruktiv dazu Ganter in Festschrift für Kreft (2004), S. 251 ff. 666 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 150, 350 ff. Rz. 28 = MDR 2004, 596. Schäfer

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B 360

B Rz. 360

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

nicht.667 Auch durch eine schuldrechtliche Vereinbarung, dass der bisherige Volleigentümer sein Eigentum nunmehr im Interesse eines anderen („Treugeber“) verwaltet, erwirbt dieser kein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Eigentümes („Treuhhänders“). Für eine „echte“ Treuhand ist vielmehr typisch, dass sie neben der schuldrechtlichen eine dingliche Komponente aufweist, indem die Rechte an einem Gegenstand auf den Treuhänder verlagert und ihm zugleich in einer Weise anvertraut werden, dass er seine Befugnisse nur in einer inhaltlich mit dem Treugeber abgestimmten Art und Weise ausüben darf.668 Behandelt allerdings der Treuhänder die auf ein Treuhandkonto eingezahlten Fremdgelder als eigenes Vermögen, kann das bei der Insolvenzeröffnung vorhandene Restguthaben nicht ausgesondert werden.669

B 361 Rechtshandlungen des Schuldners im Rahmen einer „echten“ Treuhänderstellung benachteiligen die Insolvenzgläubiger nicht, da in einem solchen Fall das Treugut haftungsrechtlich nicht dem Vermögen des Schuldners zugeordnet ist. So kann etwa bei einer (echten) Sicherungstreuhand der Treugeber das Treugut in der Insolvenz des Treuhänders aussondern, wenn er die gesicherte Forderung begleicht oder wenn der zwischen den Parteien vereinbarte Sicherungszweck in anderer Weise entfallen ist.670 Es ist ferner allgemein anerkannt, dass bei einer uneigennützigen (Verwaltungs-)Treuhand der Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders das Treugut aussondern kann.671 Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des uneigennützigen (Verwaltungs-)Treuhänders sind daher dessen Verfügungen über das Treugut nicht anfechtbar.672 Zahlt ein Dritter einen bestimmten Betrag zur Ablösung einer Grundschuld auf ein debitorisch geführtes Konto des Schuldners bei der gesicherten Bank ein, werden die Gläubiger des Schuldners wegen der bestehenden treuhänderischen Bindung nicht benachteiligt.673 In welchen weiteren Fällen von einer solchen „echten“ insolvenzbeständigen Treuhand auszugehen ist, ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.674

667 668 669 670 671

Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 189. BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227 ff. = MDR 2003, 1254. BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 49/10, MDR 2011, 821 = ZInsO 2011, 784 ff. Vgl. MK-InsO/Ganter, § 47 Rz. 375; HK-InsO/Lohmann, § 47 Rz. 21. Vgl. BGH v. 19.11.1992 – IX ZR 45/92, MDR 1993, 529 = ZIP 1993, 213 f.; v. 7.4.1959 – VIII ZR 219/57, NJW 1959, 1223 (1224). 672 BGH v. 9.12.1993 – IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298, 301 ff. = MDR 1994, 681; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 189. 673 BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, MDR 2004, 1317 = ZIP 2004, 1509 ff. Rz. 18. 674 Vgl. dazu Ganter in Festschrift für Kreft (2004), S. 251 ff.; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 189 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 365 B

aa) Voraussetzungen einer Treuhand; Abgrenzung zur Zweckbindung In der Rechtsprechung wurde ein Aussonderungsrecht des Treugebers zunächst nur anerkannt, wenn der Treuhänder das Treugut unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers übertragen erhalten hatte. Von diesem Grundsatz der Unmittelbarkeit hat der BGH jedoch eine Ausnahme für den Fall gemacht, dass von dritter Seite Geld auf ein sogenanntes „Anderkonto“ eingezahlt oder überwiesen wird, das offenkundig dem Zweck dient, fremde Gelder zu verwalten (sogenanntes „Offenkundigkeitsprinzip“).675 In einer weiteren Entscheidung hat der BGH die Überweisung von Geldbeträgen auf ein nicht als Anderkonto eingerichtetes Postscheckkonto genügen lassen, sofern die den Zahlungen zugrundeliegenden Forderungen nicht in der Person des Treuhänders, sondern unmittelbar in der Person des Treugebers entstanden waren. Auch in diesem Fall könne man noch sagen, dass die Gelder dem Treuhänder von dem Forderungsinhaber anvertraut seien.676 In diesen Fällen ist von einer sogenannten „Erwerbstreuhand“ auszugehen.677 Eine solche ist etwa bei einem Wohngeldkonto gegeben, auf dem ausschließlich die von den Wohnungseigentümern eingezahlten Wohngelder gesammelt werden.678

B 362

Die Grenzen dieser Treuhandgestaltung werden durch ein Urteil des BGH vom 19.11.1992679 aufgezeigt.

B 363

BGH-Urteil vom 19.11.1992 – ZIP 1993, 213 f. Die Kläger hatten sich zu einem Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen. Sie schlossen mit der späteren Gemeinschuldnerin einen Treuhandvertrag, wonach die Gemeinschuldnerin im eigenen Namen, aber für Rechnung der Kläger ein Erbbaurecht an einem Grundstück erwerben, es bebauen und verwalten sollte. Nach dem Erwerb des Erbbaurechts und der Bebauung übernahm die Gemeinschuldnerin die Verwaltung des Objekts. Sie richtete hierzu verschiedene Konten ein. Über diese Konten wurden ausschließlich Zahlungen abgewickelt, welche die Verwaltung der Häuser betrafen. Der später eingesetzte und von den Klägern verklagte Konkursverwalter zog die Guthaben auf den Konten zur Konkursmasse ein.

B 364

Der BGH weist darauf hin, dass keine der bislang anerkannten Fallgestaltungen einer Treuhand gegeben sei. Die von der Gemeinschuldnerin eingerichteten Konten seien keine offenkundigen Treuhandkonten; sie seien nicht als solche bezeichnet. Die Bezeichnung des Mietkontos habe lediglich auf ein bestimmtes Grundstück verwiesen und nicht erkennen lassen, ob es wirtschaftlich einem anderen gehört habe. Auch die Firmenbe-

B 365

675 BGH v. 19.11.1992 – IX ZR 45/92, MDR 1993, 529 = ZIP 1993, 213 f.; v. 5.11.1953 – IV ZR 95/53, NJW 1954, 190 (191). 676 BGH v. 7.4.1959 – VIII ZR 219/57, NJW 1959, 1225. 677 Vgl. dazu noch Armbrüster, DZWIR 2003, 485 ff. 678 Vgl. Ganter in Festschrift für Kreft (2004), S. 258. 679 BGH v. 19.11.1992 – IX ZR 45/92 – „Objektverwaltung“, MDR 1993, 529 = ZIP 1993, 213 f. Schäfer

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B Rz. 365

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

zeichnung der Gemeinschuldnerin habe nicht mit der nötigen Klarheit auf ein Treuhandkonto hingewiesen. Diese habe eigene, ihr als Vermieterin zustehende Forderungen eingezogen; dass sie dies im wirtschaftlichen Interesse der Kläger getan habe, reiche nicht aus, um den treuhänderischen Charakter des Mietkontos zu begründen.680

B 366 Diese Entscheidung des BGH zeigt, dass eine Gläubigerbenachteiligung nicht schon dann zu verneinen ist, wenn ein auf dem Schuldnerkonto befindlicher Betrag – oder gar das gesamte Konto – einer bestimmten (schuldrechtlichen) Zweckbindung zugunsten eines Dritten unterlag („Sonderkonto“). Ein anfechtungsfestes Aussonderungsrecht ist vielmehr nur dann anzunehmen, wenn ein „echtes“ Treuhandverhältnis bestand.681 Dementsprechend hat der BGH durch Urteil vom 24.6.2003682 entschieden, durch eine schuldrechtliche Vereinbarung, dass der bisherige Volleigentümer sein Eigentum nunmehr im Interesse eines anderen („Treugeber“) verwalte, erwerbe dieser kein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Eigentümers („Treuhänders“). Ein Aussonderungsrecht an einem Grundstück könne durch eine Treuhandvereinbarung ohne Vormerkung des Übereignungsanspruchs des Treugebers nicht begründet werden. Für die echte Treuhand sei es typisch, dass sie neben der schuldrechtlichen eine dingliche Komponente aufweise, indem die Rechte an einem Gegenstand auf den Treuhänder verlagert und ihm zugleich in der Weise anvertraut würden, dass er seine Befugnisse nur in einer inhaltlich mit dem Treugeber abgestimmten Art und Weise ausüben dürfe. Da beide rechtliche Elemente zusammengehörten, sei es verfehlt, das Aussonderungsrecht in Treuhandfällen allein aus der „quasi-dinglichen“ Rechtsstellung des Treugebers oder nur aus der schuldrechtlichen Vereinbarung zwischen ihm und dem Treuhänder herzuleiten.

B 367 Eine solche anfechtungsfeste Treuhand ist selbst im Falle eines treuhänderisch gebundenen Kredits – und erst Recht im Falle eines nur zweckgebundenen Kredits – im Grundsatz nicht gegeben. Nach der Rechtsprechung des BGH können zwar vereinbarte Zweckbindungen gemäß § 851 Abs. 1 ZPO die Unpfändbarkeit der sie betreffenden Forderungen bewirken.683 Darf etwa der Käufer eines Grundstücks den Kaufpreis nur auf ein debitorisch geführtes Konto bei einer Bank einzahlen, so unterliegt der Kaufpreisanspruch einer treuhänderischen Bindung, die sogar ein Gläubiger des Verkäufers gegen sich gelten lassen muss.684 Eine Zuwendung des Schuldners an einen Dritten mittels zweckgebundenen Darlehens unterliegt jedoch der Insolvenzanfechtung, wenn die Zweckbindung nicht dem 680 Vgl. dazu noch BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 132/06, MDR 2008, 470 = ZInsO 2008, 206 (keine Treuhand an Mietkaution). 681 Vgl. Ganter in Festschrift für Kreft (2004), S. 251 ff. 682 BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, BGHZ 155, 227 ff. = MDR 2003, 1254. 683 Vgl. BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 195/00, MDR 2001, 1258 = ZInsO 2001, 661 ff. 684 BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, MDR 2004, 1317 = ZIP 2004, 1509, 1510 f.; v. 20.11.1997 – IX ZR 152/96, MDR 1998, 237 = ZIP 1998, 294, 296 f.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 370 B

Schutz des Schuldners, sondern den Interessen des mit dem Darlehen befriedigten Gläubigers dient.685 Dies veranschaulicht ein Urteil des BGH vom 7.6.2001:686 BGH-Urteil vom 7.6.2001 – ZIP 2001, 1248 ff. Die Schuldnerin hatte bei dem verklagten Gerüstbauunternehmen Gerüstteile, einen Lagerplatz und ein Büro gemietet. Die daraus resultierenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin betrugen Ende September 1996 ca. 260 000 DM. Diese schloss daraufhin am 4.10.1996 einen Darlehensvertrag mit der D-Bank über 115 000 DM, wobei die Beklagte die persönliche Mithaftung für die Darlehensrückzahlung übernahm. Es wurde zudem vereinbart, dass der zu gewährende Kredit ausschließlich zur Rückführung des Schuldsaldos auf dem Konto der Beklagten bei der Bank zu verwenden sei. Das Darlehen wurde auf dem Konto der Beklagten am 18.9.1996 gutgeschrieben. Dieses Konto wies am 18.9.1996 einen Schuldsaldo von ca. 110 000 DM auf. Nach der Verfahrenseröffnung am 9.6.1997 verlangte die Verwalterin die überwiesene Darlehenssumme von der Beklagten zurück.

B 368

Der BGH ist nicht der Würdigung des Berufungsgerichts gefolgt, das eine Gläubigerbenachteiligung wegen der Zweckbindung des Darlehens verneint hatte. Er bestätigt zunächst, dass vereinbarte Zweckbindungen gemäß § 851 Abs. 1 ZPO die Unpfändbarkeit der von ihnen betroffenen Forderungen bewirken könnten. Er hat jedoch offengelassen, ob diese Rechtsfolge ganz allgemein oder nur unter der zusätzlichen Voraussetzung eintritt, dass der Zweckbindung treuhänderischer Charakter zukommt.687 Darauf kam es in dem zu entscheidenden Fall nicht an, da die Masse durch die Leistung der Schuldnerin selbst dann verkürzt wurde, wenn der Darlehensanspruch aufgrund der Zweckbindung nicht pfändbar gewesen war.

B 369

Obwohl Schuldbefreiungsansprüche nur an den Drittgläubiger abgetreten werden könnten (§ 399 Alt. 1 BGB) und deshalb gemäß § 851 Abs. 1 ZPO unpfändbar seien, gehörten sie zur Insolvenzmasse und wandelten sich bei der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Befreiungsgläubigers in einen Zahlungsanspruch um. Die aus der Unabtretbarkeit folgende Unpfändbarkeit des Befreiungsanspruchs diene nicht dem Schutz des Schuldners. Der Anspruch habe auch nicht zum Ziel, dem Drittgläubiger eine insolvenzfeste haftungsrechtliche Zuweisung zu verschaffen. Deshalb müsse der Vermögenswert dieses Anspruchs im Falle der Insolvenz desjenigen, dem der Befreiungsanspruch zustehe, der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehen. Ein infolge der Wirkung des § 851 ZPO nicht allgemein, sondern nur im Rahmen seiner Zweckbestimmung

B 370

685 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, MDR 2008, 770 = ZInsO 2008, 374 f. 686 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 195/00 – „Zweckbindung“, MDR 2001, 1258 = ZIP 2001, 1248 ff. 687 Vgl. BGH v. 20.11.1997 – IX ZR 152/96, MDR 1998, 237 = WM 1998, 40 (41). Schäfer

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B Rz. 370

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

pfändbarer Anspruch bleibe nur dann massefrei, wenn die Unpfändbarkeit gerade dem Schutz des Schuldners diene. bb) Zeitpunkt der Treugutentstehung

B 371 Auch wenn nach den vorstehenden Ausführungen von einer „echten“ Treuhand auszugehen ist, die den Treugeber im Grundsatz zur Aussonderung berechtigt, ist stets zu beachten, dass gleichwohl eine Gläubigerbenachteiligung gegeben sein kann, wenn das Treugut erst in den anfechtungsrelevanten Zeiträumen entstanden ist. Dies zeigt ein Urteil des BGH vom 24.5.2007:688 BGH-Urteil vom 24.5.2007 – ZIP 2007, 1274 ff.

B 372 Nachdem am 24.9.2002 ein Vollstreckungsbescheid über ca. 350 000 Euro gegen die MP ergangen war, erwirkte die MVS als Titelgläubigerin am 14.10.2002 einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich des Geschäftskontos der MP bei einer Sparkasse. Da die MP zwischenzeitlich Einspruch eingelegt hatte, vereinbarten die MP – vertreten durch ihre Rechtsanwälte – und die MVS am 17.10.2002 die Aufhebung der Pfändung gegen eine von MP zu leistende Sicherheit. Zu diesem Zweck sollte die WWF – eine Tochtergesellschaft der MP – eine Forderung gegen das Bundesamt für Finanzen an MVS verpfänden. Das Bundesamt sollte nach dieser Vereinbarung mit befreiender Wirkung auf das Treuhandkonto der Rechtsanwälte zahlen können.

B 373 Die MVS gab das gepfändete Konto noch am 17.10.2002 frei. Am 20. und 22.11.2002 zahlte das Bundesamt insgesamt ca. 270 000 Euro auf das Anderkonto. Am 18.12.2002 beantragte die MP die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am 1.2.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der MVS eröffnet, am 1.3.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der MP. Die Rechtsanwälte weigerten sich, das Guthaben auf dem Treuhandkonto zugunsten von MP freizugeben, solange die Berechtigung der MVS nicht geklärt war.

B 374 Der Kläger begehrte als Insolvenzverwalter über das Vermögen der MP gegenüber dem Beklagten – dem Insolvenzverwalter der MVS – die Feststellung, dass ihm an dem Betrag auf dem Anderkonto keine Rechte zustünden. Hilfsweise beantragte er die Verurteilung des Beklagten zur Freigabe dieses Betrages. Das Berufungsgericht hatte die Klage als unbegründet angesehen. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers führte zur Verurteilung des Beklagten nach dem Hilfsantrag.

B 375 Anders als das Berufungsgericht geht der BGH vom Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO aus. Der Kläger habe unwidersprochen vorgetragen, „die Auszahlung der Forderung“ der WWF habe „unmittelbar auf deren Verbindlichkeiten gegenüber MP angerechnet“ werden sollen. Im Ergebnis habe daher die MP Forderungen gegen die WWF in entsprechender Höhe verloren, welche der Gesamtheit der 688 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05 – „Rechtsanwaltsanderkonto“, MDR 2007, 1157 = ZIP 2007, 1274 ff.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 378 B

Gläubiger nicht mehr zur Verfügung gestanden hätten; dass die Forderungen der MP gegen die WWF von vornherein wertlos gewesen seien, habe der Beklagte nicht behauptet. Eine Gläubigerbenachteiligung scheide auch nicht etwa deshalb aus, weil die in der Treuhand bestehende Sicherheit nur das Pfändungspfandrecht der MVS an dem Bankguthaben der MP abgelöst hätte. Dies gelte unabhängig davon, ob dieses Pfändungspfandrecht anfechtbar begründet worden sei. Wie der Senat bereits entschieden habe,689 komme ein anfechtungsrechtlich neutraler Sicherheitentausch dann nicht in Betracht, wenn das eine Recht erloschen sei, bevor das andere Recht begründet werde. Im vorliegenden Fall habe die MVS das gepfändete Konto am 17.10.2002 freigegeben. Ihre Treuhänderstellung – ihr Anspruch gegen die Rechtsanwälte aus § 667 BGB – sei zwar bereits mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 17.10.2002 begründet gewesen; werthaltig sei ihre Rechtsposition jedoch erst mit der Überweisung der ca. 270 000 Euro auf das Anderkonto am 20. und 22.11.2002 geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ihr nur ein schuldrechtlicher Anspruch gegen MP zugestanden, der Zahlungen auf das Anderkonto in der vereinbarten Höhe zum Gegenstand gehabt habe. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wäre dieser Anspruch nur als Insolvenzforderung durchzusetzen gewesen.

B 376

Die Treuhänderstellung der MVS sei inkongruent gewesen, da schon das Pfändungspfandrecht an dem Girokonto der MP, welches durch die Treuhandvereinbarung habe abgelöst werden sollen, inkongruent gewesen sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sei eine während der kritischen Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung oder Befriedigung als inkongruent anzusehen.690 Das Pfändungspfandrecht sei am 15.10.2002, also etwa zwei Monate vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 18.12.2002, erwirkt worden.

B 377

Die anfechtbare Rechtshandlung – die Begründung der Treuhand zugunsten der MVS – sei im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag vom 18.12.2002 vorgenommen worden (§ 140 Abs. 1 InsO). Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen stellten der Abschluss der Vereinbarung vom 17.10.2002 (einschließlich der Treuhandabrede mit den Rechtsanwälten) einerseits und die Weisung an die WWF, für Zahlung auf das Rechtsanwaltsanderkonto zu sorgen andererseits, nicht Teile eines aus mehreren Akten bestehenden einheitlichen Rechtsgeschäfts dar. Grund- und Erfüllungsgeschäft seien auch anfechtungsrechtlich selbstständige Rechtshandlungen.691 Bei mehreren Rechtshandlungen sei grundsätzlich jede Handlung auf ihre Anfechtbarkeit zu prüfen.

B 378

689 BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03, MDR 2006, 1255 = ZInsO 2006, 493. 690 Vgl. BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff.; v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. 691 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 12. Schäfer

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B Rz. 379

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 379 Eine Rechtshandlung gelte erst in dem Zeitpunkt als vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen einträten. Dies sei der Fall, sobald eine Rechtsposition begründet worden sei, die im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste.692 Erst mit dem Eingang der Zahlungen des Bundesamtes am 20. und 22.11.2002 auf dem Treuhandkonto sei das Treugut entstanden, auf das sich die Treuhandvereinbarung bezogen habe.

B 380 Entscheidend für die Frage der Anfechtung war somit nicht der Zeitpunkt der Begründung des Treuhandverhältnisses, sondern der Moment der Entstehung des Treugutes. Die Treuhänderstellung war zwar bereits zum Zeitpunkt der Freigabe des gepfändeten Kontos begründet worden. Dies genügt jedoch nicht für die Annahme eines die Gläubiger des Schuldners nicht benachteiligenden Sicherheitentauschs. Denn die Rechtsposition aus der Treuhandvereinbarung wurde erst mit der Überweisung der gemäß § 667 BGB herauszugebenden Gelder auf das Anderkonto werthaltig.693 cc) Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung

B 381 Bei der Zahlung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung handelt der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BGH nicht als Treuhänder des Arbeitnehmers.694 Im Urteil vom 18.1.2007695 hat der BGH bekräftigt, dass es in der Regel an einem Treuhandverhältnis des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern fehlt. Den Trägern der Sozialversicherung kommt weder aufgrund der Richtlinie 80/987/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers vom 20.10.1980 noch aufgrund des § 266a StGB eine Sonderstellung im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts zu.696

B 382 In seinem neueren Urteil vom 5.11.2009697 hat der BGH entschieden, dass auch unter der für die nach dem 1.1.2008 eröffneten Insolvenzverfahren geltenden Neufassung des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Ver692 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 693 Anschaulich zu den Voraussetzungen einer echten Treuhand: Ganter in Festschrift für Kreft (2004), S. 251 ff. 694 Vgl. BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 (105 ff.) = MDR 2002, 418; v. 20.11.2001 – IX ZR 159/00, ZIP 2002, 228 ff.; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. Rz. 32 = MDR 2004, 775. 695 BGH v. 18.1.2007 – IX ZR 176/05, MDR 2007, 738 = ZInsO 2007, 541 ff. 696 BGH v. 3.11.2005 – IX ZR 35/05, MDR 2006, 592 = ZInsO 2005, 1268 f.; v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZInsO 2006, 94 ff. 697 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, MDR 2010, 469 = ZInsO 2009, 2293 ff.; bestätigt durch BGH v. 7.4.2011 – IX ZR 118/10, MDR 2011, 693 = ZIP 2011, 966.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 385 B

mögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstellen angefochten werden kann. Nach dieser Bestimmung gilt die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Anteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Der Arbeitgeber sei gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV alleiniger Schuldner der Krankenkasse, der auch im Umfang des Arbeitnehmeranteils gegen den Arbeitgeber nur ein schuldrechtlich wirkender Anspruch zustehe; dieser verschaffe ihr in der Gesamtvollstreckung keine Vorrechte gegenüber den anderen Gläubigern. Der Arbeitgeber zahle die Sozialversicherungsbeiträge aus seinem eigenen Vermögen. Die Begründung eines Treuhandverhältnisses setze mindestens voraus, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Lohnabrechnung vornehme, in der bestimmte Beträge als Abzüge aufgeführt seien, und dass diese als Guthaben des einzelnen Arbeitnehmers in den Buchhaltungsunterlagen des Arbeitgebers ausgewiesen würden sowie tatsächlich vorhanden seien. Sollte die Zahlung nach der Fiktion des Gesetzgebers als unmittelbar aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht gelten, so läge eine Tilgung der Arbeitgeberschuld durch Drittzahlung des Arbeitnehmers vor. Auch bei dieser Fallgestaltung wäre nach Ansicht des BGH ein eigenes Vermögensopfer des Arbeitgebers gegeben, welches zur Benachteiligung seiner Gläubiger führte. Für die fiktive Begründung einer eigennützigen Treuhand des Arbeitgebers zugunsten des Arbeitnehmers fehlten hinreichend deutliche Anhaltspunkte.698

B 383

Erweitere man die Fiktion in der Weise, dass der Zahlungsweg der Arbeitnehmeranteile vom Arbeitgeber zum Arbeitnehmer und von dort infolge einer fiktiven Rechtshandlung des Arbeitnehmers an das Endziel verlaufe, so wäre die Anteilsabführung nur gegenüber dem Arbeitnehmer anfechtbar. Damit würde aber nach Ansicht des BGH der Besitzstand des Arbeitnehmers entgegen der Intention des Gesetzgebers nicht gesichert, sondern im Gegenteil gefährdet.

B 384

Sollte die Zahlung als mittelbar aus dem Vermögen des Arbeitnehmers erbracht gelten, so liefe die mittelbare Zuwendung vom Arbeitnehmer über den Arbeitgeber an die Einzugsstelle. Der unmittelbar zahlende Arbeitgeber wäre daher als Zahlungsmittler des Arbeitnehmers zu behandeln. In diese Rolle habe die Bundesregierung den Arbeitgeber bei der Lohnsteuerzahlung trotz eigener Abführungspflicht gemäß § 41a Abs. 1 Nr. 2 EStG durch ihren mit § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV wortgleichen Vorschlag eines § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG in Art. 3 ihres Gesetzentwurfs vom 9.3.2006699 hineindrängen wollen. Voraussetzung der hier erörterten Rollenverteilung sei es aber, dass nach § 38 Abs. 2 EStG der Arbeitnehmer selbst Schuldner der Lohnsteuer sei, die der Arbeitgeber als Dritter gemäß

B 385

698 A.A. etwa v. d. Heydt, ZInsO 2008, 178 (183); Bräuer, ZInsO 2008, 169 (175); Kreft in Festschrift für Samwer (2008), S. 261, 272 f. 699 Vgl. BT-Drucks. 16/886 S. 13. Schäfer

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B Rz. 385

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

§ 267 BGB erfüllen könne. Es fehle jedoch an einem Beitragsteilschuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Einzugsstelle. Ergebe sich aus einer gesetzlichen Fiktion nicht die Rechtsfolge, auf die es der Gesetzgeber abgesehen habe, könne der Richter ihn nicht vor seinem Rechtsirrtum schützen.

B 386 Der Entscheidung des BGH ist insoweit zuzustimmen, als Vorrechte zugunsten einzelner Gläubigergruppen nicht entgegen der Systematik der Insolvenzordnung durch die Hintertür eingeführt werden dürfen. Die Begründung des Gerichts unterliegt allerdings Bedenken. Der Gesetzgeber wollte die Abführung der Arbeitnehmeranteile ersichtlich auf jedem anfechtungsrechtlich gangbaren Weg „retten“. Dies erscheint unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO als möglich.700 Es ist so anzusehen, als habe der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile mit dem Arbeitslohn an die Arbeitnehmer ausgezahlt. Der Zahlungsweg wird (in Befolgung der gesetzlichen Bestimmungen) dadurch verkürzt, dass der Arbeitgeber die Arbeitnehmeranteile direkt an die Einzugsstelle abführt. dd) Lohnsteuer

B 387 Auch die Abführung der Lohnsteuer an das Finanzamt in den kritischen Anfechtungszeiträumen wirkt nach der Rechtsprechung des BGH regelmäßig gläubigerbenachteiligend.701 Zwar seien – anders als bei den Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV – Schuldner der Lohnsteuer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG allein die Arbeitnehmer. Die entsprechenden Beträge seien ferner Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch habe. Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolge jedoch ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Auch die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten gemäß §§ 41 Abs. 1 EStG, 4 LStDV diene allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirke kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht zugunsten der Arbeitnehmer.

B 388 Der Bundesfinanzhof vertritt insoweit jedoch eine andere Auffassung.702 Seiner Auffassung nach ist ein Bargeschäft gegeben, da die Lohnsteuerabzugsbeträge zum Arbeitslohn gehörten. Die Lohnsteuer stelle ein aufgrund der steuerrechtlichen Bestimmungen nicht direkt an die Arbeitnehmer auszuzahlendes Entgelt für die erbrachte Arbeitsleistung dar, so dass die Entrichtung an das Finanzamt ebenso wenig wie die Auszahlung

700 Ebenso Kreft in Festschrift für Samwer (2008), S. 261, 272 f. 701 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. = MDR 2004, 775; v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 15. 702 Vgl. BFH v. 11.8.2005 – VII B 244/04, GmbHR 2005, 1514 = ZInsO 2005, 1105 ff. sowie zuvor schon BFH/NV 1999, 745 – a.A. Kayser, ZIP 2007, 49 ff.

158

Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 393 B

des Nettolohnes an die Arbeitnehmer als eine objektive Benachteiligung der übrigen Gläubiger des Arbeitgebers angesehen werden könne. f) Andere Fallgestaltungen aa) Lebensversicherung, speziell Direktversicherung Überträgt ein Arbeitgeber die Rechte aus einer Rückdeckungsversicherung, die zur Finanzierung einer Versorgungszusage geschlossen wurde, dem begünstigten Arbeitnehmer unter der aufschiebenden Bedingung, dass ein Vergleichs- oder Konkursantrag gestellt wird, so ist eine solche Forderungsabtretung nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.6.1978703 in der Regel wegen Gläubigerbenachteiligung anfechtbar.

B 389

Räumt der Schuldner als Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung einem Dritten ein widerrufliches Bezugsrecht ein, so wird dieses mit dem Tod des Schuldners unwiderruflich. Die Versicherungssumme fällt nach Ansicht des BGH nicht in den Nachlass. Sie steht vielmehr dem Begünstigten direkt aus dem Vermögen des Versicherers zu.704

B 390

Hat der insolvente Versicherungsnehmer die Ansprüche aus einer Lebensversicherung, die der Versicherte finanziert hat, insolvenzfest an den Versicherten abgetreten, so benachteiligt die Verrechnung der eingezogenen Lebensversicherung mit einem Restdarlehen des Schuldners nicht dessen Insolvenzgläubiger.705

B 391

Da sich der Schuldner durch die Erteilung einer widerruflichen Bezugsberechtigung noch keiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag begeben hat, gilt die Rechtshandlung anfechtungsrechtlich erst dann als vorgenommen (vgl. § 140 Abs. 1 InsO), wenn der Versicherungsfall eingetreten ist. Zuvor hat der Bezugsberechtigte keine insolvenzfeste Rechtsposition inne, sondern nur eine ungesicherte Hoffnung auf die später einmal fällig werdende Versicherungssumme.706

B 392

Der BGH folgt nicht der noch vom Reichsgericht vertretenen und auch im früheren Schrifttum befürworteten Auffassung,707 wonach als gläubigerbenachteiligend nur die im Anfechtungszeitraum des § 134 Abs. 1

B 393

703 BAG v. 16.6.1978 – 3 AZR 783/76, BB 1978, 1363. 704 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596; vgl. dazu noch BGH v. 20.9.1995 – XII ZR 16/94, BGHZ 130, 377 (380) = MDR 1995, 1232 = FamRZ 1995, 1562. 705 Vgl. BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/05, veröffentlicht bei juris; Kirchhof in WM 2008, Sonderbeilage Nr. 1 S. 32. 706 Vgl. BGH v. 22.3.1984 – IX ZR 69/83, MDR 1984, 933 = FamRZ 1984, 666 = NJW 1984, 1611; v. 18.7.2002 – IX ZR 264/01, MDR 2002, 1455 = NJW 2002, 3253 ff. 707 Vgl. RGZ 51, 404; 61, 217, 219 f. sowie Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 32 KO Rz. 9. Schäfer

159

B Rz. 393

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

InsO geleisteten Prämienzahlungen zurückzugewähren seien. Denn diese Ansicht beruhe auf einer unzutreffenden Bestimmung des Gegenstandes des Anfechtungsanspruchs bei einer mittelbaren Zuwendung. Mittelbare Zuwendungen seien so zu behandeln, als hätte die Zwischenperson an den Schuldner geleistet und dieser sodann den Dritten befriedigt. Es komme daher anfechtungsrechtlich nicht darauf an, welche Mittel der Schuldner als Versprechensempfänger aufgebracht, sondern welche Leistungen der Versprechende nach dem Inhalt seiner Vertragsbeziehung zum Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit habe erbringen müssen, mit anderen Worten, welche Zuwendung an den Dritten der Versprechensempfänger mit den von ihm aufgewendeten Vermögenswerten „erkauft“ habe. Diese sei durch die Leistung an den Dritten der Masse entzogen worden. Übertragen auf den Lebensversicherungsvertrag bedeute dies, dass die anfechtbare Leistung nicht in der Summe der vom Versicherungsnehmer aufgebrachten Prämien, sondern in der dem Dritten ausbezahlten Versicherungssumme zu sehen sei.708

B 394 Die Annahme des BGH, die Versicherungssumme stehe dem von Anfang an unwiderruflich Begünstigten direkt aus dem Vermögen des Versicherers zu, unterliegt Bedenken; sie trifft zumindest anfechtungsrechtlich nicht zu.709 Diese Ansicht ist mit denselben Problemen befrachtet, wie die Auffassung, im Falle der (anfechtungsfesten) Vorausabtretung einer künftigen Forderung finde mit dem Entstehen der Forderung ein Direkterwerb des Zessionars statt, zu der sich der BGH zu Recht bis heute nicht bekannt hat.710 Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass die Vorausverfügung über ein Vollrecht durch einen Nichtberechtigten im Sinne des § 185 Abs. 2 BGB sowohl zivil- als auch steuerrechtlich zu einem Durchgangserwerb für eine sogenannte „juristische Sekunde“ führt.711 Es erscheint aber nicht gerechtfertigt, den Erwerb eines Rechts, das es noch gar nicht gibt, hinsichtlich der Frage des Durchgangserwerbs anders zu behandeln als den Erwerb eines Rechts, das bereits existiert und nur nicht dem Verfügenden zusteht. Die Verfügungsmacht ist nicht nur an die Person, sondern jedenfalls auch an den Gegenstand geknüpft. Solange es den Gegenstand (noch) nicht gibt, gibt es auch keine Verfügungsmacht.712 Einen Abtretungsvertrag kann man dennoch schon abschließen; er entfaltet jedoch noch keine Wirkung. Das gedankliche Konstrukt einer Verfügungsmacht über ein noch nicht existierendes Recht, die mit der Vorausverfügung sogleich wieder entfallen, dem Erwerber aber dennoch das künftige Recht trotz zwischenzeitlich angeordneter Verfügungs-

708 709 710 711 712

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BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 52. Vgl. Erman/H. P. Westermann, 13. Aufl., § 398 Rz. 13. BFH v. 16.5.1995 – VIII R 33/94, FR 1995, 865 = NJW 1996, 1079 f. A.A. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. Rz. 11. Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 396 B

beschränkung insolvenzfest verschaffen soll, überzeugt nicht.713 Zumindest anfechtungsrechtlich kommt es aber auch nach Ansicht des BGH darauf an, wann das künftige Recht entstanden ist. Er sieht die anfechtungsrechtlich entscheidende Wirkung bei der Vorausabtretung, der Verpfändung und der Pfändung einer künftigen Forderung nicht schon in der Verfügung, sondern erst in der Entstehung der Forderung.714 Der künftige Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme715 entsteht aber nicht schon mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.1.2007716 stellt die Entgeltumwandlung im Rahmen einer Direktversicherung, die der Arbeitgeber zugunsten seines Arbeitnehmers abgeschlossen hat, kein treuhänderisches Rechtsgeschäft dar. Von einer treuhänderischen Berechtigung des Arbeitgebers an den Prämien könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Zahlungsabkürzung ausgegangen werden, denn zu einer solchen komme es bei der gewählten Form der betrieblichen Altersversorgung gerade nicht. Schuldner der Versicherungsbeiträge sei allein der Arbeitgeber als Vertragspartner des Versicherers; lediglich die Finanzierung der betrieblichen Altersversorgung geschehe in der Weise, dass Teile des Entgeltanspruchs in einen Anspruch auf Zahlung der Versicherungsbeiträge umgewandelt würden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat daher die in der Krise geleisteten Prämienzahlungen als anfechtbar angesehen.

B 395

Die Auffassung des Oberlandesgerichts Karlsruhe überzeugt nicht. Unabhängig von der Frage, ob sich die Annahme eines Treuhandverhältnisses begründen lässt, wird man jedenfalls im Ergebnis nicht an der Erwägung vorbeikommen, dass ein Arbeitnehmer, der einen Teil des ihm zustehenden Arbeitsentgelts durch Entgeltumwandlung im Wege der abgekürzten Zahlung für Zwecke der Altersversorgung einsetzt, anfechtungsrechtlich nicht schlechter gestellt sein darf als jener Arbeitnehmer, der sich die entsprechenden Entgeltteile als Arbeitsentgelt auszahlen lässt. Im letzteren Fall aber scheidet eine Anfechtung unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO aus, da im Gegenzug für das Arbeitsentgelt die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers in das Vermögen des Arbeitgebers gelangt ist.717

B 396

713 Vgl. dazu B. Schäfer, ZInsO 2007, 18 ff.; Eckardt, ZIP 1997, 957 (961); Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 7.38a sowie BGH v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 544 f.; v. 30.5.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360 (366/367). 714 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f.; v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 (2082). 715 Vgl. BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08, MDR 2009, 105 = WM 2008, 2265 ff. Rz. 7. 716 OLG Karlsruhe v. 18.1.2007 – 12 U 185/06, ZIP 2007, 286 ff.; kritisch dazu B. Schäfer, NZI 2008, 151 ff. 717 Vgl. dazu Kreft in Festschrift für Samwer (2008), S. 261 (273) sowie oben Rz. B168 ff. Schäfer

161

B Rz. 397

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 397 Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat durch Urteil vom 6.3.1992718 entschieden, dass der Arbeitnehmer hinsichtlich einer durch Gehaltsumwandlung selbst finanzierten Direktversicherung im Konkurs des Arbeitgebers auch dann ein Aussonderungsrecht habe, wenn abweichend vom Normalfall einer „Gehaltsumwandlungsversicherung“ dem Arbeitnehmer nicht von vornherein ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden sei. Der Arbeitgeber sei als uneigennütziger Treuhänder des Arbeitnehmers anzusehen. Durch den Verzicht auf den Barlohn übertrage der Arbeitnehmer aus seinem Vermögen einen entsprechenden Gegenwert in das Vermögen des Arbeitgebers, und zwar mit der Abrede, dass dieser den übertragenen Vermögensgegenstand in Form von Beitragsleistungen zwar im eigenen Namen, jedoch nicht zu seinem eigenen Vorteil, sondern vielmehr zum Vorteil des Arbeitnehmers verwalten solle. bb) Spezialfall verbundenes Geschäft

B 398 Nachdem der BGH entschieden hat, dass ein Darlehensvertrag und ein Restschuldversicherungsvertrag ein verbundenes Geschäft bilden können, wenn die Voraussetzungen des § 358 Abs. 3 BGB gegeben sind,719 haben die Fälle zugenommen, in denen Verwalter bzw. Treuhänder nach erklärtem Widerruf der Willenserklärung des Schuldners von der Bank bzw. von der Versicherung die Rückzahlung der Restschuldversicherungssumme verlangen. Fraglich ist insoweit (u.a.) das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5.11.2009720 zeigt: Urteil des OLG Düsseldorf vom 5.11.2009 – ZIP 2010, 617 ff. (abgewandelt)

B 399 Der Schuldner nahm durch Vertrag vom 5.7.2004 bei der B-Bank ein Darlehen in Höhe von ca. 29 000 Euro auf und erhielt davon ca. 23 000 Euro ausbezahlt. Die restlichen ca. 6000 Euro dienten als Einmalbetrag für eine am gleichen Tag abgeschlossene Restschuldversicherung bei der Beklagten, die mit der B-Bank beim Vertrieb von Versicherungen systematisch zusammenarbeitete. Am 12.2.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet und der Kläger zum Treuhänder bestellt. Mit Schreiben vom 18.4.2008 focht der Kläger die Zahlung von 6000 Euro an die Beklagte gegenüber dieser gemäß § 133 Abs. 1 InsO mit der Begründung an, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt habe und dies der Beklagten auch bekannt gewesen sei.

718 OLG Düsseldorf v. 6.3.1992 – 17 U 201/91, NJW-RR 1992, 798 ff. 719 Vgl. BGH v. 15.12.2009 – XI ZR 45/09, MDR 2010, 335 = NotBZ 2011, 126 m. Anm. Krause = ZIP 2010, 220 ff. 720 OLG Düsseldorf v. 5.11.2009 – 6 U 27/09 – „Restschuldversicherung“, MDR 2010, 456 = ZIP 2010, 617 ff. – abgewandelt, da kein Anfechtungsfall; vgl. dazu noch OLG Celle v. 19.1.2011 – 3 U 140/10, veröffentlicht bei juris; AG Göttingen v. 26.2.2010 – 21 C 147/09, ZIP 2010, 619 f. und nachfolgend LG Göttingen v. 18.8.2010 – 8 S 3/11, veröffentlicht bei juris.

162

Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 402 B

Eine Rechtshandlung des Schuldners im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO ist gegeben. Denn die B-Bank zahlte auf Veranlassung des Schuldners ca. 6000 Euro an die Beklagte als Vertragspartner des Schuldners. Fraglich könnte sein, ob durch die Rechtshandlung des Schuldners dessen Gläubiger benachteiligt wurden. Dazu hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass dem Schuldner nur ein Anspruch auf Rückerstattung der aus seinem eigenen Vermögen erbrachten Leistungen zustehe. Die gesetzliche Regelung solle nicht zu einer Bereicherung des Verbrauchers um einen Vermögenswert führen, der – wie die unmittelbar von der B-Bank an die Versicherung geflossenen Prämien – nie zu seinem Vermögen gehört habe.721

B 400

Bei der anfechtungsrechtlichen Beurteilung greift diese Erwägung des Oberlandesgerichts Düsseldorf jedoch nicht durch.722 Denn der BGH hat in seinem Urteil vom 6.10.2009723 zur Zahlung im Wege der geduldeten Kontoüberziehung entschieden, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssen. Anfechtbar können vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger „verschiebt“, ohne notwendigerweise mit diesem in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten (mittelbare Zuwendungen). Für den Dritten muss allerdings erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners handelte. Die mittelbare Zuwendung kann aber nur infolge und nach Einräumung des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden.724 Entsprechende Erwägungen dürften in dem in Abwandlung des vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Sachverhältnisses gebildeten Fall gelten.

B 401

6. Aufrechnung und Verrechnung a) Allgemeines Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist die Aufrechnung unzulässig und damit unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Unter der Geltung der Insolvenzordnung bedarf es daher keiner Anfechtung der Herbeiführung der Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage mehr, um die Folgen der Aufrechnung bzw. Verrechnung zu vermeiden, auch wenn die Auf721 Vgl. OLG Düsseldorf v. 5.11.2009 – 6 U 27/09, MDR 2010, 456 = ZIP 2010, 617 ff. Rz. 23. 722 A.A. zu Recht auch im Rahmen des § 358 Abs. 4 BGB: AG Göttingen v. 26.2.2010 – 21 C 147/09, ZIP 2010, 619 f. 723 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 724 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. Schäfer

163

B 402

B Rz. 402

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

rechnung schon vor der Insolvenzeröffnung erklärt wurde.725 Der Insolvenzverwalter kann die massezugehörige Forderung gegen den Insolvenzgläubiger unmittelbar durchsetzen, wobei er jedoch an die für die Anfechtung geltende Verjährungsfrist gemäß § 146 InsO gebunden ist.726

B 403 Allerdings greift § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nur ein, wenn einer der Anfechtungstatbestände verwirklicht ist, und diese setzen gemäß § 129 Abs. 1 InsO allesamt voraus, dass die Insolvenzgläubiger durch den fraglichen Vorgang benachteiligt werden.727 Anfechtbar ist in der Regel nicht die Aufrechnungserklärung als solche, sondern die Herbeiführung der Aufrechnungslage,728 weil die rechtsgestaltende Aufrechnung die Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt, wenn die ihr zugrundeliegende Aufrechnungslage materiell- und insolvenzrechtlich wirksam ist.729 Gläubigerbenachteiligend wirkt im Grundsatz jeder auf einer Rechtshandlung beruhende Forderungserwerb und jede Forderungsbegründung gegen den in der Krise befindlichen künftigen Insolvenzschuldner, wenn der Forderungserwerber seinerseits Schuldner des Insolvenzschuldners ist.730 Denn in diesen Fällen erlangt der Forderungserwerber im Wege der Aufrechnung volle Befriedigung für seine Gegenforderung, während ihm ansonsten nur eine Insolvenzforderung zugestanden hätte. b) Einzelfälle

B 404 Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger ist in dem praktisch bedeutsamen Fall gegeben, dass sich jemand dadurch zum Gläubiger des in der Krise befindlichen Schuldners macht, dass er von diesem Waren ankauft oder Dienstleistungen in Anspruch nimmt, um sich anschließend im Wege der Aufrechnung volle Befriedigung für seine Forderung zu verschaffen, die ansonsten nur als Insolvenzforderung hätte geltend gemacht werden können. Der Insolvenzverwalter ist in diesem Fall nicht darauf verwiesen, den Vertragsschluss des Schuldners mit dem Gläubiger anzufechten; er kann vielmehr die Wirkungen der Anfechtung auf die Herbeiführung der Aufrechnungslage beschränken.731 Die Insolvenzgläubiger werden allerdings in diesen Fällen durch die Herbeiführung der Aufrechnungslage 725 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, MDR 2007, 1281 = ZInsO 2007, 813 f. Rz. 11. 726 Vgl. BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 ff. 727 BGH v. 20.12.1984 – IX ZR 114/83, WM 1985, 364 (365); v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 7. 728 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, ZInsO 2009, 2334 ff. Rz. 11; v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. = MDR 2009, 350 Rz. 12; v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZIP 2003, 2370 (2371). 729 Vgl. BGH v. 4.5.1995 – IX ZR 256/93, BGHZ 129, 336 (344) = MDR 1996, 161; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 148. 730 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 148; Häsemeyer in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 656 Rz. 34. 731 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 409 B

nicht benachteiligt, wenn dem Käufer zuvor bereits insolvenzbeständiges Sicherungseigentum an den Kaufgegenständen zustand.732 Verkauft der spätere Insolvenzschuldner kurz vor dem Eröffnungsantrag an einen Gläubiger Gegenstände, so werden die Insolvenzgläubiger durch die zugunsten des Käufers hergestellte Aufrechnungslage auch dann benachteiligt, wenn der Käufer vom Schuldner umfangreiche Pflichten gegenüber Dritten übernimmt, weil dies nicht allein Folge der anfechtbaren Rechtshandlung in Form der Herstellung der Aufrechnungslage ist.733

B 405

Verkauft der Schuldner in den kritischen Anfechtungszeiträumen an einen Insolvenzgläubiger Gegenstände, die er einem anderen Gläubiger zur Sicherheit übereignet hatte und die dieser zur Veräußerung nur an diesen Käufer „freigibt“, so werden die Insolvenzgläubiger im Allgemeinen durch die dadurch zugunsten des Käufers hergestellte Aufrechnungslage benachteiligt.734

B 406

Eine Gläubigerbenachteiligung ist ferner gegeben, wenn die kreditgewährende Bank Zahlungen Dritter, die auf dem debitorischen Schuldnerkonto eingehen, mit ihren Forderungen gegen den Schuldner verrechnet. Anders ist dies jedoch dann, wenn der Schuldner seine Forderungen gegen den Dritten zuvor insolvenzfest sicherungshalber an die Bank abgetreten hatte oder wenn der Bank andere insolvenzfeste Sicherungsrechte – etwa ein Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken – zustanden.735

B 407

Eine gläubigerbenachteiligende Aufrechnung der Bank ist nicht gegeben, wenn sie den Schuldner unter Fortführung der Giroabrede vereinbarungsgemäß in engem zeitlichem Zusammenhang mit den Geldeingängen wieder über die gutgeschriebenen Beträge verfügen lässt.736 Die Insolvenzgläubiger werden jedoch benachteiligt, wenn die Bank in der Krise des Schuldners mit einer außerhalb des Kontokorrentverhältnisses begründeten Forderung gegenüber dem Anspruch auf Auszahlung des Bankguthabens aufrechnet.737

B 408

Ausgeschlossen ist die Aufrechnung des Gläubigers mit seinen vor der Stellung des Insolvenzantrages begründeten Ansprüchen gegen Forderungen des Schuldners, die auf Werkleistungen beruhen, welche nach der Stellung des Insolvenzantrages erbracht wurden, sofern der Gläubiger

B 409

732 Vgl. BGH v. 22.7.2004 – IX ZR 270/03, MDR 2005, 171 = ZInsO 2004, 1028 ff. 733 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 120. 734 BGH v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZIP 2003, 2370 ff. 735 BGH v. 13.7.1983 – VIII ZR 246/82, MDR 1983, 930 = NJW 1983, 2147 (2149); MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 150. 736 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff. sowie zuvor schon BGH v. 25.2.1999 – IX ZR 353/98, MDR 1999, 818 = ZInsO 1999, 289 ff. 737 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. Schäfer

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B Rz. 409

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Kenntnis vom Eröffnungsantrag hatte. Denn allein die mit dem Abschluss des Werkvertrages entstandene Aufrechnungslage bringt dem Auftraggeber noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Unternehmer nichts geleistet hat, wofür eine Vergütung geschuldet ist, kann sich der Auftraggeber wegen fälliger Gegenforderungen keine Befriedigung im Wege der Aufrechnung verschaffen.738 c) Antezipierte Verrechnungsvereinbarungen

B 410 Nach der umstrittenen739 Rechtsprechung des BGH soll § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht anwendbar und eine Anfechtung ausgeschlossen sein, wenn die Ansprüche der Gesellschafter einer Arbeitsgemeinschaft (ARGE) durch Kontenangleichung verrechnet werden. § 387 BGB setze zwei selbständige Forderungen voraus, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis stünden und gleichartig seien. Dies treffe auf unselbständige Rechnungsposten, die „gebunden und gelähmt“ seien, nicht zu. Der Insolvenzverwalter könne daher bei vertragsgerechtem Verhalten der Gesellschafter in der Krise nur ein etwaiges Auseinandersetzungsguthaben des insolventen Gesellschafters zur Masse ziehen.740 Diese Auffassung des BGH überzeugt nicht. Er behandelt die gesellschaftsrechtlich vereinbarte Verrechnung und die bankrechtlich vereinbarte Kontokorrentverrechnung – bei der eine Insolvenzanfechtung prinzipiell möglich ist – anfechtungsrechtlich unterschiedlich, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund ersichtlich ist.741

7. Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung a) Erfüllungshandlungen

B 411 Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger ist gegeben, wenn der Schuldner einem Gläubiger in der Krise Befriedigung verschafft, dessen Forderung im Insolvenzverfahren nur eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO dargestellt hätte. Der Weggabe der zur Erfüllung eingesetzten Vermögensgegenstände steht kein gleichwertiger Vorteil der künftigen Insolvenzmasse gegenüber, da der Gläubiger auf seine Forderung volle Befriedigung erlangt hat, obwohl er im Insolvenzverfahren allenfalls quotale Befriedigung erlangt hätte.742

B 412 Erfüllt der Schuldner mit darlehensweise in Anspruch genommenen Mitteln die Forderung eines späteren Insolvenzgläubigers, bewirkt dies regelmäßig eine Gläubigerbenachteiligung, wenn das Schuldnervermögen 738 Vgl. BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 ff.; v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. 739 Vgl. M. Huber, NZI 2007, 224 f.; Cranshaw, jurisPR-InsR 10/2007 Anm. 3. 740 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 ff. = MDR 2007, 740. 741 Vgl. dazu noch Rz. B189 ff. 742 Vgl. BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 414 B

nach der Insolvenzeröffnung nicht ausreicht, um alle Forderungen zu befriedigen. Entscheidend ist dabei, dass die als Darlehen in Anspruch genommenen Mittel zumindest vorübergehend dem haftenden Vermögen des Schuldners zugeordnet waren und damit prinzipiell dem Zugriff seiner Gläubiger unterlagen. Daran vermag auch eine schuldrechtliche Zweckbindung des Darlehens nichts zu ändern.743 Schöpft der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung und fließen sie infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu, so kommt die Anfechtung dieser mittelbaren Zuwendung nach der Rechtsprechung des BGH sogar ohne Rücksicht darauf in Betracht, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht.744 Es sei anerkannt, dass die nach § 143 Abs. 1 InsO zurückzugewährenden Werte nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammen müssten. Anfechtbar könnten vielmehr auch solche Rechtshandlungen des Schuldners sein, durch die er Vermögensbestandteile mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger verschiebe, ohne notwendigerweise mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten müsse nur erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt habe.745

B 413

Die Gläubiger werden benachteiligt, wenn der Schuldner Kundenschecks nicht wie üblich bei seiner Hausbank zur Gutschrift einreicht, sondern diese einem Lieferanten zur Tilgung von Verbindlichkeiten übergibt.746 Übersendet ein Kunde des Schuldners diesem einen (Kunden-)Scheck zum Ausgleich einer Verbindlichkeit und leitet dieser den Scheck an den (stillen) Zessionar weiter, so werden die Gläubiger dadurch benachteiligt.747 Reicht der Schuldner den Kundenscheck in der Krise an seine Bank weiter, so stellt die Sicherungsabtretung der dem Scheck zugrundeliegenden Forderung an die den Scheck einziehende Bank zwar grundsätzlich eine inkongruente Sicherung dar.748 Man wird der Bank aber nicht unterstellen können, sie habe damit ihr Sicherungsrecht verwerten wollen. Vielmehr wird man annehmen müssen, dass sie den Scheck für den

B 414

743 BGH v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = ZInsO 2002, 276 ff.; v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. Rz. 12 = MDR 2007, 861. 744 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. unter Aufgabe von BGHZ 170, 276 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 745 Vgl. BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 (287) = MDR 1999, 1463; v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345 Rz. 25; v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZIP 2008, 2183 ff. Rz. 21. 746 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (325) = MDR 1994, 158. 747 OLG Stuttgart v. 8.7.1980 – 11 U 43/80, ZIP 1980, 860 f.; vgl. dazu noch BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03, MDR 2006, 1255 = ZIP 2006, 959 ff. 748 BGH v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05, MDR 2007, 1042 = NJW 2007, 2324 f. Schäfer

167

B Rz. 414

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Kunden eingelöst und deshalb mit der Gutschrift eine kongruente Deckung erhalten hat, wenn sie den Giroverkehr absprachegemäß fortgesetzt hat.749

B 415 Die Gewährung von Kundenschecks bildet im nicht bankmäßigen Geschäftsverkehr im Gegensatz zur Zahlung mit eigenen Schecks regelmäßig eine inkongruente Erfüllungshandlung, weil der Gläubiger auf diese Art der Erfüllung keinen Anspruch hat. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des BGH dann, wenn der Schuldner die Kausalforderung in nicht anfechtbarer Weise an den Gläubiger abgetreten und die unverzügliche Weitergabe von Kundenschecks zugesagt hatte. Dieselben Grundsätze gelten im bankmäßigen Verkehr, wenn mit dem Einzug der Schecks eine gegenüber der Bank bestehende Verbindlichkeit getilgt werden soll. Ob der Fall, dass die Kausalforderung erst mit der Einreichung der Kundenschecks abgetreten wird – wie dies in Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 25 Abs. 2 AGB-Sparkassen vorgesehen ist –, gleich behandelt werden kann, hat der BGH als zweifelhaft bezeichnet, im Ergebnis aber dahingestellt sein lassen.750

B 416 Hat der Sicherungsnehmer die dem Schuldner erteilte Einziehungsermächtigung nicht widerrufen, so benachteiligt die Weiterleitung der auf dem Schuldnerkonto eingegangenen Erlöse der wirksam erfüllten Forderungen an den Sicherungsnehmer die Gesamtheit der Gläubiger, wenn der Schuldner nicht verpflichtet war, vereinnahmte Beträge an den Sicherungsnehmer abzuführen und keine (anfechtungsfeste) Anschlusssicherheit vereinbart war.751

B 417 Macht der Schuldner eine abgetretene Kaufpreisforderung in der Krise dadurch werthaltig, dass er die geschuldete Ware ausliefert, soll dadurch eine Gläubigerbenachteiligung eintreten, weil andernfalls voraussichtlich der Insolvenzverwalter die Auslieferung allein zu Gunsten der Insolvenzmasse hätte vornehmen lassen.752 Die bloße Abnahme der Werkleistung stellt allerdings nach der Rechtsprechung des BGH keine Rechtshandlung dar, die unter dem Gesichtspunkt der Wertauffüllung angefochten werden kann.753

B 418 Die Genehmigung der Belastungsbuchung beim Lastschrifteinzug im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens hat gläubigerbenachteiligende

749 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 16. 750 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11 = MDR 2009, 1069. 751 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. 752 Vgl. Kirchhof, WM Sonderbeilage 1/2008, S. 31 mit Hinweis auf BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = WM 2008, 363, 364 f. 753 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 134/00, MDR 2001, 1189 = NJW-RR 2001, 1337, 1338.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 423 B

Wirkung, da (erst) sie eine Schmälerung des Schuldnervermögens zur Folge hat.754 Eine Gläubigerbenachteiligung entfällt nicht deshalb, weil durch die angefochtene Erfüllungshandlung des Schuldners im Ergebnis die Einstellung der Stromversorgung für den Geschäftsbetrieb des Schuldners verhindert und diesem dadurch die Fortsetzung seiner Produktion ermöglicht wurde.755

B 419

b) Sicherungsrechte Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist gegeben, wenn der Schuldner für einen zusätzlichen Kredit Gegenstände zur Sicherheit übereignet, deren Wert den zusätzlich gewährten Kredit deutlich übersteigt.756

B 420

Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung kann ferner gegeben sein, wenn der Schuldner dem Sicherungsnehmer sein Einverständnis zu einer der künftigen Insolvenzmasse nachteiligen Verwertungsart erklärt.757 Ohne diese Einwilligung hätte sich der Sicherungsnehmer in dem konkret entschiedenen Fall über den Wert der veräußerten Fahrzeuge informieren müssen. Wäre es ihm bei vertragsgemäßem Handeln gelungen, einen höheren Erlös zu erzielen, so bewirkte das Einverständnis zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer, dass Letzterem die Verpflichtung, sich um die Erzielung eines möglichen höheren Erlöses zu bemühen, erlassen und damit zugleich auf alle eventuellen Schadensersatzansprüche aus der Verletzung dieser Pflicht verzichtet wurde.

B 421

Hat der Sicherungsnehmer die dem Schuldner erteilte Einziehungsermächtigung nicht widerrufen, so benachteiligt die Weiterleitung der auf dem Schuldnerkonto eingegangenen Erlöse der wirksam erfüllten Forderungen an den Sicherungsnehmer die Gesamtheit der Gläubiger.758 Anders verhält es sich jedoch dann, wenn dem Sicherungsnehmer ein (anfechtungsfestes) Absonderungsrecht bzw. ein Ersatzabsonderungsrecht zustand.759

B 422

Tritt der Schuldner einem Gläubiger eine nicht mehr (voll) valutierende Grundschuld ab, so werden die Gläubiger benachteiligt.760 Gläubigerbenachteiligend kann ferner die Neuvalutierung einer Sicherheit zugunsten des bisherigen oder eines anderen Sicherungsnehmers sein.761 Wegen

B 423

754 755 756 757 758 759 760

BGH v. 21.10.2010 – IX ZR 240/09, ZInsO 2010, 2293 ff. BGH v. 30.1.1986 – IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87 (95) = MDR 1986, 580. Vgl. BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 ff. BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, MDR 1997, 470 = ZIP 1997, 367 ff. BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZInsO 2006, 544 ff. Vgl. BGH v. 19.1.2006 – IX ZR 154/03, MDR 2006, 1255 = ZIP 2006, 959 ff. BGH v. 17.12.1998 – IX ZR 196/97, MDR 1999, 440 = NJW 1999, 1395 (1397). 761 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.24. Schäfer

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B Rz. 423

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Gläubigerbenachteiligung kann schließlich auch die Gewährung einer Sicherheit anfechtbar sein, die eine Bank dadurch erlangt, dass sie sich während der kritischen Phase von einem anderen Insolvenzgläubiger eine bis dahin ungesicherte Forderung gegen den Schuldner abtreten lässt, die nach der zwischen der Bank und dem Schuldner bestehenden Sicherungsabrede in den Deckungsbereich der Sicherung fällt.762

B 424 Die Gläubiger werden benachteiligt, wenn ein Drittschuldner in der Krise des Schuldners auf das Konto der Hausbank des Schuldners zahlt und diese zuvor die ihr zur Sicherheit abgetretene Forderung gegen den Drittschuldner im Rahmen eines Sicherheiten-Poolvertrages an eine andere Bank als Poolführerin abgetreten hat, welche die Sicherheiten treuhänderisch für die einzelnen Poolmitglieder hält. Denn eine dingliche Sicherung hat die Hausbank erstmals mit dem Pfandrecht nach den AGBBanken an dem Herausgabeanspruch des Schuldners gemäß § 667 BGB erlangt, das ebenfalls erst in der Krise des Schuldners entstanden ist.763

B 425 Erteilt der Schuldner in den kritischen Anfechtungszeiträumen die Zustimmung zu einem Sicherheiten-Poolvertrag, durch den der Sicherungszweck der den einzelnen Gläubigern gewährten Sicherheiten auf alle Poolmitglieder ausgeweitet wird, so kann diese Rechtshandlung der Insolvenzanfechtung unterliegen.764

B 426 Hat der Schuldner eine Forderung sicherungshalber abgetreten, kann die Aufrechnung des Forderungsschuldners mit einem Gegenanspruch dennoch die Insolvenzgläubiger des Schuldners benachteiligen. Denn das der Insolvenzmasse nach den §§ 166 Abs. 2, 170, 171 InsO verbleibende Recht verkörpert einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert.765

B 427 Verfügt der Schuldner nach der Aussetzung der Vollziehung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung der Finanzverwaltung über das gepfändete Konto, werden die Insolvenzgläubiger dadurch – ungeachtet des Bestehenbleibens des Pfandrechts – benachteiligt.766

B 428 Übereignet der Schuldner Bestandteile seines Geschäftsbetriebes zur Sicherheit an einen Darlehensgeber und veräußert er danach den gesamten Geschäftsbetrieb unter Eigentumsvorbehalt an einen Erwerber mit der Weisung, den Kaufpreis direkt an den Darlehensgeber zu zahlen, werden die Gläubiger benachteiligt, wenn die Höhe der Zahlung den Wert des

762 BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 ff. 763 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651 ff.; v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZIP 2008, 1488 ff. Rz. 10. 764 Vgl. OLG Köln v. 29.4.1994 – 20 U 168/90, ZIP 1994, 1461 ff. 765 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. 766 Vgl. BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 130/07, MDR 2009, 291 = ZIP 2009, 83 f.

170

Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 432 B

dem Darlehensgeber insolvenzfest übereigneten Sicherungsguts übersteigt.767 Werden die vom Schuldner an den Gläubiger zur Sicherheit abgetretenen Forderungen vom Drittschuldner aufgrund eines mit dem Schuldner geschlossenen Vergleichs beglichen, in dem diese Forderungen nicht mit dem vollen Wert berücksichtigt worden sind, der Schuldner aber zusätzliche Leistungen an den Drittschuldner übernommen hat, so bewirkt dies auch im Verhältnis zum Sicherungsnehmer eine Gläubigerbenachteiligung.768

B 429

c) Besitz Auch durch die bloße Übertragung des Besitzes können die Gläubiger des Schuldners benachteiligt werden. Dies kann etwa im Hinblick auf die Eigentumsvermutung gemäß § 1006 BGB von Bedeutung sein.769

B 430

d) Gesellschaftsrecht Eine zur Anfechtung berechtigende Gläubigerbenachteiligung kann auch im Fall der Erbringung einer Gesellschaftereinlage durch den Schuldner gegeben sein. Dabei steht der Grundsatz der Kapitalerhaltung einem Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters gegen die Gesellschaft nicht entgegen.770 Vielmehr treten die Kapitalschutzvorschriften des Gesellschaftsrechts hinter den mit der Insolvenzanfechtung bezweckten Schutz der Gläubiger des Gesellschafters zurück, da sie nur Auszahlungen an Gesellschafter, nicht auch solche an deren Gläubiger verbieten.771

B 431

Das Stehenlassen einer Gesellschafterleistung, das nach dem bis zum Inkrafttreten des „MoMiG“ geltenden Recht des Eigenkapitalersatzes zur Umqualifizierung in haftendes Eigenkapital führte, ist gläubigerbenachteiligend und nach der Rechtsprechung des BGH als unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO anfechtbar. Der durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel bewirkte Rangrücktritt des Rückzahlungsanspruchs, der in der Insolvenz der Gesellschaft in der Regel dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, wird ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt. Dadurch werden die Gläubiger des Gesellschafters objektiv zumindest mittelbar benachteiligt.772

B 432

767 768 769 770

BGH v. 19.3.2009 – IX ZR 39/08, MDR 2009, 831 = ZInsO 2009, 828 ff. BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05, MDR 2008, 710 = ZIP 2008, 650 ff. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 151. Vgl. BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228 = NJW 1995, 659 ff. 771 Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 113. 772 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. Schäfer

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B Rz. 433

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 433 Die Gewährung einer Sicherung für ein eigenkapitalersetzendes Darlehen ist nicht gläubigerbenachteiligend, wenn ihr nach dem vereinbarten Rang sämtliche Insolvenzforderungen vorgehen.773

B 434 Eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung hat der BGH ein einem Fall bejaht, in dem eine GmbH es unterließ, einen Freistellungs- bzw. Erstattungsanspruch nach den von der Rechtsprechung in analoger Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG entwickelten sogenannten „Eigenkapitalersatzregeln“ gegen einen Gesellschafter geltend zu machen. Die mittelbare Gläubigerbenachteiligung war bereits in der Erschwerung des Zugriffs durch die Verlegung des Gesellschaftssitzes ins Ausland zum Zwecke der „stillen“ Liquidation zu sehen.774

B 435 Allgemeine Einschränkungen der Gesellschafterrechte im Gesellschaftsvertrag, die auch im Fall der Insolvenz gelten, sollen nach Ansicht des BGH keine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO bewirken. Denn der Gesellschaftsanteil entstehe von vornherein nur mit dieser Beschränkung, und die Gläubiger könnten nicht mehr verlangen, als auch dem Schuldner selbst als Gesellschafter zustehe.775 Werde hingegen im Wesentlichen allein der insolvente Gesellschafter schlechter gestellt, so benachteilige eine derartige Regelung seine Gläubiger und verstoße sogar gegen § 138 Abs. 1 BGB.776 e) Steuerrecht

B 436 Handlungen des Schuldners oder eines Dritten (etwa des Finanzamts), die zum Entstehen einer Steuerschuld führen, können nach der jüngst geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes anfechtbare Rechtshandlungen im Sinne des § 129 InsO darstellen und somit die Insolvenzgläubiger benachteiligen.777 Da der aus einem strafbaren Umsatzsteuerkarussell resultierende Schadensersatzanspruch der Finanzbehörden selbst dann lediglich eine (nicht bevorrechtigte) Insolvenzforderung darstellt, wenn sich die aus den fraglichen Vorgängen stammenden Gelder noch in der Insolvenzmasse befinden, werden die Insolvenzgläubiger durch eine Verfügung über diese Gelder benachteiligt.778

B 437 Eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung kann ferner gegeben sein, wenn der Schuldner durch die Wahl einer für ihn ungünstigen Steu773 BGH v. 2.2.2006 – IX ZB 167/04, MDR 2006, 1012 = ZIP 2006, 483 ff. 774 Vgl. BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 775 Vgl. BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05, BGHZ 170, 206 ff. = MDR 2007, 740; v. 11.5.1959 – II ZR 2/58, WM 1959, 719 (721); vgl. dazu ferner MK-InsO/ Kirchhof, § 129 Rz. 133 und zur Kritik oben Rz. B189 ff. 776 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 133. 777 Vgl. BFH v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZIP 2011, 181 ff.; BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 147/06, ZIP 2010, 90 ff. 778 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 87/06, MDR 2008, 106 = ZInsO 2007, 1223 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 441 B

erklasse sein Vermögen verkürzt.779 Durch eine hälftige Steuererstattung an einen in der Krise befindlichen, selbst nicht erwerbstätigen Ehegatten werden in der Regel die Gläubiger des anderen, mit ihm zusammen veranlagten Ehegatten benachteiligt.780 f) Strafrechtlicher Bereich Auch die Zahlung einer Geldstrafe kann wegen ihrer die Gläubiger benachteiligenden Wirkung anfechtbar sein.781 Für die Geldstrafe gelten die allgemeinen Regelungen der Insolvenzordnung, soweit keine Sondervorschriften bestehen.782 Erfolgt die Zahlung der Geldstrafe durch einen Dritten, dem die erforderlichen Mittel zuvor vom Schuldner zur Verfügung gestellt wurden, so liegt darin eine inkongruente Deckung.783 Die Gläubiger des Schuldners werden ferner in anfechtungsrelevanter Weise benachteiligt, wenn dieser in den kritischen Anfechtungszeiträumen Zahlungen an die Staatskasse erbringt, um eine Auflage nach § 153a StPO zu erfüllen, von der die Einstellung eines Strafverfahrens abhängt.784

B 438

Die strafrechtliche Bestimmung des § 266a StGB vermittelt keine unmittelbare Berechtigung an den für den Arbeitnehmer zu entrichtenden Arbeitnehmeranteilen am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, so dass die Gläubiger des Arbeitgebers nach Ansicht des BGH benachteiligt werden, wenn dieser in der Krise Zahlungen auf Arbeitnehmeranteile an Sozialversicherungsträger leistet.785

B 439

Nach der Rechtsprechung des BGH hat derjenige, der durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung des Schuldners geschädigt wurde, keinen insolvenzfesten Anspruch auf Sicherung.786

B 440

g) Vertragsklauseln (Lösungsklauseln) für den Insolvenzfall Die Frage der Gläubigerbenachteiligung durch Vertragsklauseln, die speziell für den Insolvenzfall eines Vertragspartners vereinbart wurden, soll danach zu beantworten sein, ob auch ohne die Klausel ebenso nachteilige Folgen eingetreten wären oder ob der Vertragspartner des Schuldners in dessen Insolvenz wenigstens kraft Gesetzes dieselbe Rechtsfolge wie ver779 Vgl. BGH v. 4.10.2005 – VII ZB 26/05, FamRZ 2006, 37 = MDR 2006, 352 = ZInsO 2005, 1212 f. 780 Vgl. OLG Oldenburg v. 27.11.2007 – 9 U 43/07, FamRZ 2008, 1852 = ZInsO 2008, 460 f. 781 BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 16/10, MDR 2011, 70 = ZIP 2010, 2358 ff. 782 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 123. 783 BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 16/10, ZIP 2010, 2358 ff. Rz. 8. 784 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = WM 2008, 1412 ff. 785 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 ff. = MDR 2002, 418; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, MDR 2010, 469 = ZInsO 2009, 2293 ff. 786 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 (107); BGH v. 20.1.1959 – VIII ZR 113/58, WM 1959, 470 f. Schäfer

173

B 441

B Rz. 441

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

einbart hätte herbeiführen dürfen. Sei die Gläubigerbenachteiligung weder gesetzlich gerechtfertigt noch bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände zur Erreichung des Vertragszwecks vorrangig geboten, so sei die Regelung nicht als untrennbarer Vertragsbestandteil zu behandeln, sondern ihre Einbeziehung in den Vertrag selbständig anfechtbar.787 Nach diesen Grundsätzen soll insbesondere die Anfechtbarkeit der Einbeziehung des § 8 Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 VOB/B in den Bauvertrag in Betracht kommen.788 h) Sonstige Einzelfälle zur Gläubigerbenachteiligung

B 442 Ist im Rahmen eines sogenannten „Cash-Pools“ von einer unentgeltlichen Zuwendung der Schuldnerin auszugehen, weil die Forderung des Zuwendungsempfängers gegen ein mit der Schuldnerin verbundenes Unternehmen wertlos war, so ist auch dann von einer Gläubigerbenachteiligung auszugehen, wenn auf dem Konto der Schuldnerin auch Geldeingänge für das verbundene Unternehmen verbucht wurden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Geldeingänge in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der unentgeltlichen Leistung der Schuldnerin standen.789

B 443 Erscheint die Realisierbarkeit eines Anspruchs nicht unerheblich erschwert oder hat die Leistung eine formale Rechtsstellung begründet, die den zur Masse gehörenden Anspruch im Hinblick auf Rechte gutgläubiger Dritter gefährden kann, ist bereits darin eine objektive Gläubigerbenachteiligung zu sehen. Eine solche Gefährdung des Anspruchs ist immer zu bejahen, wenn ernsthafte Zweifel an der finanziellen Leistungsfähigkeit des Bereicherungsschuldners bestehen.790

B 444 Gewährt der Schuldner einem Dritten ein langfristiges Darlehen zu einem geringeren als dem marktüblichen Zinssatz, so führt dies grundsätzlich zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger, weil ihnen dadurch für die Laufzeit des Darlehens der marktübliche Zins entgeht.791

B 445 Die Insolvenzgläubiger werden durch eine unentgeltliche Verfügung des Schuldners über ein Grundstück auch dann benachteiligt, wenn es zwar wertausschöpfend mit Grundschulden belastet ist, diese aber zum Teil keine Forderungen mehr sichern und der Schuldner seine Ansprüche auf Rückgewähr der nicht valutierten Grundpfandrechte mitverschenkt hat.792 787 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 130; BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Breitbandverteilanlage“, BGHZ 124, 76 (80 f.) = MDR 1994, 468. 788 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 131; vgl. dazu ferner Fritsche/Kilian, DZWIR 2008, 45 ff. 789 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, MDR 2005, 953 = ZInsO 2005, 431 ff. 790 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (105 f.) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 791 BGH v. 21.4.1988 – IX ZR 71/87, MDR 1988, 858 = ZIP 1988, 725 ff. 792 BGH v. 10.1.1985 – IX ZR 2/84, MDR 1985, 841 = ZIP 1985, 372 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 449 B

Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger liegt vor, wenn ein Kreditinstitut Lohnforderungen von Arbeitnehmern, die deren Arbeitgeber nicht befriedigen kann, den Arbeitnehmern abkauft, damit den schuldnerischen Betrieb fortfinanziert und dadurch erreicht, dass die ihm sicherungsübereigneten Gegenstände zu höherwertigen Waren weiterverarbeitet werden.793

B 446

8. Einzelfälle zur fehlenden Gläubigerbenachteiligung a) Sicherungsrechte Nicht gläubigerbenachteiligend wirken der bloße Austausch gleichwertiger Sicherheiten, die Ablösung eines vollwertigen Pfandrechts, solange der Pfandgegenstand beim Schuldner verbleibt, oder dessen Zahlung auf ein insolvenz- und anfechtungsfestes Pfändungspfandrecht.794 Eine Gläubigerbenachteiligung ist nicht gegeben, wenn der Schuldner vor der Insolvenzeröffnung ein Absonderungsrecht durch Zahlung ablöst, soweit deren Höhe nicht den Erlös überschreitet, den der Absonderungsberechtigte bei der Verwertung des mit dem Absonderungsrecht belasteten Gegenstandes hätte erzielen können.795 Ein anfechtungsrechtlich neutraler Sicherheitentausch kommt allerdings nicht in Betracht, wenn das eine Recht erloschen war, bevor das andere Recht begründet wurde.796

B 447

Hat der Gläubiger für die Begleichung von Altforderungen auf Aus- und Absonderungsrechte verzichtet, fehlt es an einem mit dem Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Sondervorteil, es sei denn, der Wert dieser Rechte ist offenkundig weitaus geringer als jener der befriedigten Altforderungen.797 Hat der Schuldner eine Sache, die er sicherungshalber übereignet hatte, an einen Dritten veräußert, so ist dies nicht anfechtbar, sofern der Wert der gesicherten Forderungen des Sicherungsnehmers den Wert der Sache überstieg.798

B 448

Hat der absonderungsberechtigte Gläubiger schon vor der Insolvenzeröffnung eine Forderung nach Aufdeckung der Abtretung eingezogen, kann diese Rechtshandlung nicht mit der Begründung angefochten werden, der

B 449

793 BAG v. 24.1.1964 – 5 AZR 258/63, BB 1964, 699. 794 Vgl. BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 = ZInsO 2010, 43 ff. Rz. 16; v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05, MDR 2008, 710 = ZIP 2008, 650 ff. Rz. 12; v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (239 f.) = MDR 2001, 1013. 795 BGH v. 19.3.2009 – IX ZR 39/08, MDR 2009, 831 = ZInsO 2009, 828 ff. Rz. 13; v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, MDR 2004, 1317 = ZIP 2004, 1509 (1511); v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, MDR 2007, 616 = NotBZ 2007, 17 = ZInsO 2006, 1321 f. Rz. 8. 796 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, MDR 2007, 1157 = ZIP 2007, 1274 ff. Rz. 21. 797 BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 156/04, BGHZ 165, 283 ff. = MDR 2006, 650. 798 Vgl. BGH v. 5.12.1985 – IX ZR 165/84, MDR 1986, 404 = ZIP 1986, 452 ff. Schäfer

175

B Rz. 449

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Insolvenzmasse sei die Verwertungskostenpauschale nach § 171 Abs. 2 InsO entgangen.799 Entsprechendes gilt für die Feststellungskostenpauschale gemäß § 171 Abs. 1 InsO.800 Die Insolvenzgläubiger können jedoch benachteiligt sein, wenn der Verwalter einen höheren Erlös hätte erzielen können, etwa bei einer Gesamtverwertung, in die das Sicherungsgut hätte einbezogen werden können.801

B 450 Hat der Schuldner künftige Forderungen sicherungshalber rechtwirksam an ein Kreditinstitut abgetreten, so werden die Insolvenzgläubiger in der Regel nicht benachteiligt, wenn das Kreditinstitut die bei ihm eingehenden Zahlungen der Drittschuldner mit Verbindlichkeiten des Schuldners verrechnet.802 Anders ist es hingegen, wenn ein Schuldner des späteren Insolvenzschuldners mit einer Gegenforderung gegenüber einer Hauptforderung des Insolvenzschuldners aufrechnet, die dieser sicherungshalber an eine Bank abgetreten hatte. Denn der Inhaber einer sicherungshalber abgetretenen Forderung hat in der Insolvenz des Zedenten nur ein Recht auf abgesonderte Befriedigung. Dieses Absonderungsrecht entzieht die abgetretene Forderung nicht ihrem Bestand nach der Masse, wie sich auch aus dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß §§ 166 Abs. 2, 173 Abs. 2 InsO ergibt.803 Das der Insolvenzmasse verbleibende Recht verkörpert durchweg noch einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert.804 b) Gläubigerwechsel

B 451 Bei einer Zahlung des Schuldners durch Einschaltung eines Dritten ist zwischen der Anweisung auf Schuld und der Anweisung auf Kredit zu unterscheiden. Im ersteren Fall tilgt der Angewiesene mit der Zahlung eine eigene, gegenüber dem Anweisenden bestehende Verbindlichkeit. Demgegenüber nimmt der Angewiesene im zweiten Fall die Zahlung an den Empfänger ohne eine Verpflichtung gegenüber dem Anweisenden vor, so dass er infolge der Zahlung zum Gläubiger des Anweisenden wird.805 Handelt es sich um eine Anweisung auf Schuld, führt die Zahlung durch den Angewiesenen zu einer Gläubigerbenachteiligung, da der Schuldner mit der Zahlung an den Dritten seine Forderung gegen den Angewiesenen verliert.806 Liegt dagegen eine Anweisung auf Kredit vor, scheidet eine Gläubigerbenachteiligung grundsätzlich aus, da es durch die Zahlung lediglich zu einem Gläubigerwechsel in der Person des Angewiesenen kommt. Die Belastung der Masse mit dem Rückgriffsanspruch des Ange799 800 801 802 803 804 805 806

176

BGH v. 20.11.2003 – IX ZR 259/02, MDR 2004, 413 = ZInsO 2003, 1137 f. BGH v. 23.9.2004 – IX ZR 25/03, MDR 2005, 478 = ZInsO 2005, 148. Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 120. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182, 2183 f. Vgl. BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651 ff. BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. Vgl. MK-BGB/Hüffer, § 787 Rz. 2. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 144. Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 455 B

wiesenen wird durch die Befreiung von der Schuld gegenüber dem Zahlungsempfänger ausgeglichen.807 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Kredit für den Schuldner belastender ist als die mit seiner Hilfe getilgte Schuld, etwa weil er nur gegen Sicherheiten gewährt wurde.808 Ein Gläubigerwechsel, der die Gläubiger des Schuldners nicht benachteiligt, kann ferner gegeben sein, wenn der Hauptunternehmer die Werklohnforderung gegen den Besteller an einen Subunternehmer abtritt809 oder wenn eine dreiseitige Vereinbarung getroffen wird, nach der ein Dritter die Durchführung des Werkvertrages übernimmt.810

B 452

Im Falle der Begleichung einer Gesellschaftsverbindlichkeit durch nicht persönlich haftende Gesellschafter auf Anweisung der Gesellschaft ist keine Gläubigerbenachteiligung gegeben, wenn die Gesellschafter durch die Zahlung keine eigene Schuld gegenüber der Gesellschaft getilgt haben.811 Denn eine Gläubigerbenachteiligung scheidet aus, wenn ein Gläubiger mit Fremdmitteln befriedigt wird, die nicht in das haftende Vermögen des Schuldners gelangt sind. In einem solchen Fall ist aus der Sicht der Gesellschaft ein bloßer Gläubigerwechsel gegeben.

B 453

c) Sonstige Fälle fehlender Gläubigerbenachteiligung An einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn der Schuldner für das, was er aufgibt, eine gleichwertige Gegenleistung erhält.812 Dies ist etwa bei einem Bargeschäft der Fall.813 Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist daher nicht gegeben, wenn der Schuldner für eine Sicherheitenbestellung in der Darlehensgewährung unmittelbar eine vollwertige Gegenleistung erhalten hat.814

B 454

Hat ein Tankstelleninhaber bei der Veräußerung seines Betriebes dem Unternehmen, das ihm Treibstoffe geliefert hat, für eine Darlehensforderung Befriedigung oder Deckung in der Weise gewährt, dass er den Übernehmer veranlasst hat, die Darlehensschuld unter Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmen, so ist eine Anfechtung mangels objektiver Benachteiligung ausgeschlossen, wenn auch der Insolvenzverwalter auf Grund des Zapfstellenvertrages bei einer Veräußerung des Betriebes dem

B 455

807 RGZ 45, 148, 151 f.; RGZ 81, 144, 145 f.; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 81; Uhlenbruck/Hirte, 12. Aufl., § 129 Rz. 84. 808 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZInsO 2008, 1200 f. 809 BGH v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, MDR 2005, 956 = ZInsO 2005, 439 ff. 810 Vgl. BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZIP 2007, 1162 ff. 811 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 147/07, MDR 2009, 106 = ZInsO 2008, 1200 f. 812 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 (190) = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228. 813 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 49. 814 BGH v. 19.3.2009 – IX ZR 39/08, MDR 2009, 831 = ZInsO 2009, 828 ff. Rz. 17. Schäfer

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B Rz. 455

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Unternehmen die gleiche Befriedigung oder Deckung hätte gewähren müssen.815

B 456 Ein ernsthafter Sanierungsversuch kann unter Umständen eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung objektiv sogar dann ausschließen, wenn er letztlich scheitert. Das setzt aber zumindest ein in sich schlüssiges Konzept voraus, das von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgeht und nicht offensichtlich undurchführbar ist.816

B 457 Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger ist nicht gegeben, wenn ein Dritter durch eine anfechtbare Rechtshandlung die Stellung eines uneigennützigen Treuhänders erlangt, diese aber wieder aufgegeben hat und das Treugut ihm wirtschaftlich nicht zugute gekommen ist.817

B 458 Eine Gläubigerbenachteiligung liegt ferner nicht vor, soweit Erwerber von Eigentumswohnungen – die gegenüber dem Schuldner als Veräußerer die Zahlung des Entgelts bis zur Fertigstellung eines Gebäudes verweigern dürfen – ihre Gegenrechte durch eine Vereinbarung ablösen lassen, derzufolge sie die zurückzubehaltenden Teile des Entgelts an einen Treuhänder zahlen, der damit offenstehende Forderungen von Handwerkern begleichen soll, damit diese die Gebäude anstelle des Schuldners ohne Preisaufschlag fertigstellen.818

B 459 Eine Zahlung, die der Auftraggeber an einen Gläubiger des Auftragnehmers ohne Tilgungswirkung diesem gegenüber leistet – etwa weil der Auftraggeber nicht mehr gemäß § 16 Nr. 6 VOB/B mit befreiender Wirkung an einen Subunternehmer des Auftragnehmers zahlen kann, nachdem gegen diesen ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen wurde –, begründet keinen Anfechtungsanspruch gegen den Empfänger.

B 460 Wenn ein Schuldner des Insolvenzschuldners, anstatt dessen Forderung zu erfüllen, sein Geld einem anderen zuwendet, berührt dies die Masse nur unter der Voraussetzung, dass sie dadurch ihre Forderung verliert. Auch wenn die Forderungsdurchsetzung erschwert ist, ist dies ein Nachteil, der als solcher das dem Zugriff der Insolvenzgläubiger unterliegende Massevermögen nicht vermindert. Er beruht nicht darauf, dass der Masse etwas, das vorher zu ihrem Vermögen gehört hätte, entzogen worden wäre. Darin liegt der Unterschied zu den Fällen, in denen ein Anspruch auf Rückgewähr eines durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem

815 BGH v. 24.11.1959 – VIII ZR 220/57, WM 1960, 377 ff. 816 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1563); v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, MDR 1993, 528 = ZIP 1993, 276 (279). 817 Vgl. BGH v. 9.12.1993 – IX ZR 100/93, BGHZ 124, 298 (301 f.) = MDR 1994, 681. 818 BGH v. 24.1.2002 – IX ZR 180/99, MDR 2002, 718 = ZInsO 2002, 278 ff.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 464 B

Massebestand entfernten Vermögensgegenstandes nur mit Schwierigkeiten durchzusetzen ist.819 Wirkt der Schuldner an der Änderung eines für ihn ungünstigen Vertrages mit und wird dieser durch den anderen Vertragsteil erfüllt, so begründet die Möglichkeit, dass andernfalls der Gegner vom Vertrag zurückgetreten wäre, keine objektive Benachteiligung der Insolvenzgläubiger.820 Nur wenn die Beklagte den Gewinn aus dem Grundstückskaufvertrag in dem entschiedenen Fall durch Erklärung des angedrohten Rücktritts vom Vertrag preisgegeben hätte, wäre es für die Schuldnerin günstiger gewesen, den Vertrag scheitern zu lassen. Aus der nur hypothetischen Möglichkeit eines Rücktritts der Beklagten konnte indes nicht gefolgert werden, die angefochtene Mitwirkung der Schuldnerin an der Vertragsänderung habe ihre Gläubiger benachteiligt. So wie nur gedachte Geschehensabläufe die Ursächlichkeit einer Rechtshandlung für die Benachteiligung der Gläubiger grundsätzlich nicht ausschließen,821 können sie im Regelfall auch nicht die Ursächlichkeit einer Rechtshandlung des Schuldners für die Benachteiligung seiner Gläubiger begründen.

B 461

Verweigert der Insolvenzverwalter die Genehmigung einer Lastschrift, so kann er bei einem debitorischen Konto lediglich eine Korrektur der ungenehmigten Belastung, nicht aber im Wege der Anfechtung die Auszahlung des Lastschriftbetrages verlangen, solange das Konto weiterhin im Soll geführt wird. In diesen Fällen liegt daher keine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners vor.822

B 462

Hat die Schuldnerbank den Lastschriftbetrag zunächst dem Girokonto des Schuldners belastet und auf den Widerspruch des Insolvenzverwalters wieder dem Girokonto des Schuldners gutgeschrieben, so kann der Schuldnerbank nach der Rechtsprechung des BGH ein Bereicherungsanspruch gegen den Gläubiger aus Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB zustehen, wenn die sechswöchige Rückgabefrist nach dem Lastschriftabkommen gegenüber der Gläubigerbank bereits verstrichen ist.823 Eine Benachteilung der Insolvenzgläubiger ist in diesem Fall nicht gegeben.

B 463

Eine Gläubigerbenachteiligung ist nicht gegeben, wenn einer Forderung des Schuldners eine dauernde Einrede – etwa die Einrede der ungerechtfertigten Bereicherung – entgegenstand, da in diesem Fall die Forderung

B 464

819 BGH v. 17.6.1999 – IX ZR 176/98, MDR 1999, 1153 = NJW 1999, 2969 f.; vgl. dazu noch BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 820 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 199/03, NotBZ 2007, 248 = ZInsO 2007, 596 ff. 821 Vgl. BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360) = MDR 1988, 858; v. 7.2.2002 – IX ZR 115/99, MDR 2002, 844 = NJW 2002, 1574 (1576); v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = WM 2005, 1712 (1714). 822 Vgl. BGH v. 5.2.2009 – IX ZR 78/07, MDR 2009, 833 = ZIP 2009, 673 ff. 823 BGH v. 11.4.2006 – XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171 ff. = MDR 2006, 1178. Schäfer

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B Rz. 464

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

des Schuldners zu keinem Zeitpunkt den Gläubigern als Zugriffsobjekt zur Verfügung stand.824 Eine Forderungsstundung als solche ist nicht gläubigerbenachteiligend.825

B 465 In einem Urteil vom 17.6.1999826 ist der BGH davon ausgegangen, dass eine Gläubigerbenachteiligung ausscheide, wenn die Schuldnerin in Höhe der von der verklagten Bank vorgenommenen Verrechnung noch vollwertige Ansprüche gegen ihre Gesellschafter habe. Möglicherweise stünden der Schuldnerin noch Ansprüche auf Beibringung der Stammkapitalanteile gegen die Gesellschafter zu. In dem entschiedenen Fall ging es um eine Kapitalerhöhung in einer GmbH, die zur Kredittilgung bei der verklagten Bank verwendet wurde. Dieses Urteil wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.827 Etwaige Ansprüche gegen die Gesellschafter wurden nicht durch die Verrechnung der Bank begründet, sondern bestanden unabhängig davon. Eine Gläubigerbenachteiligung hätte sich wohl nur mit der Erwägung verneinen lassen, dass die Kapitalerhöhung nach dem Willen der Beteiligten – auch der finanzierenden Beklagten – ohne die spätere Verrechnung nicht zustande gekommen wäre. Eine solche hypothetische Betrachtung soll aber nach der Rechtsprechung des BGH grundsätzlich unbeachtlich sein.828

B 466 Die Gewährung einer Sicherung für ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen ist nicht gläubigerbenachteiligend, wenn ihr nach dem vereinbarten Rang sämtliche Insolvenzforderungen vorgehen.829

9. Ursachenzusammenhang und hypothetische Geschehensabläufe a) Ursachenzusammenhang; Maßgeblichkeit des realen Geschehensablaufs

B 467 Zwischen der angefochtenen Rechtshandlung und der Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs muss ein ursächlicher Zusammenhang im Sinne der condicio-sine-qua-non-Formel bestehen. Die anfechtbare Rechtshandlung darf nicht hinweggedacht werden können, ohne dass die Gläubigerbenachteiligung als Erfolg entfiele.830 Es ist mit anderen Worten zu prüfen, ob sich die Befriedigung der Insolvenzgläubiger ohne die angefochtene Rechtshandlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günsti824 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 252/93, MDR 1995, 1134 = NJW 1995, 1484 (1485). 825 BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. Rz. 10 a.E. = MDR 2007, 861. 826 BGH v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = ZInsO 1999, 467 ff. 827 Vgl. Hirte/Groß, WuB VI B. § 30 Nr. 2 KO 1.02; Eckardt, EWiR 1999, 801. 828 BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 ff. = MDR 1988, 858; v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 15. 829 BGH v. 2.2.2006 – IX ZB 167/04, MDR 2006, 1012 = ZInsO 2006, 254 ff. 830 BGH v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, BGHZ 90, 207 (212) = MDR 1984, 486; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 126.

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Schäfer

II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 471 B

ger gestaltet hätte.831 Daran fehlt es etwa, wenn der Schuldner auf dem Grundstück des Anfechtungsgegners Bauleistungen erbracht hat, der für das Grundstück erzielbare Kaufpreis oder Versteigerungserlös dadurch jedoch nicht beeinflusst wurde.832 Es genügt für die Ursächlichkeit, dass die Rechtshandlung im natürlichen Sinne eine Bedingung für die Gläubigerbenachteiligung darstellt.833 Da es nicht um einen Schadensersatzanspruch geht, der sich unter Umständen auch auf entferntere Folgen einer Handlung erstrecken kann, bedarf es für die Anfechtbarkeit nicht der Einschränkung durch die Adäquanztheorie. Vielmehr grenzen die Anfechtungstatbestände mit eigenen Mitteln, insbesondere über die subjektive Voraussetzung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes oder durch die Beschränkung auf unentgeltliche Leistungen (vgl. § 134 InsO) zu weit gehende Folgen von der Haftung aus.834

B 468

Für eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung reicht es aus, dass die angefochtene Rechtshandlung erst in Verbindung mit einem weiteren Umstand eine Benachteiligung der Gläubiger ausgelöst hat. Dieser weitere Umstand muss nicht seinerseits durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht sein; schon gar nicht muss er deren adäquate Folge sein. Es reicht vielmehr aus, dass die Benachteiligung objektiv jedenfalls auch durch die angefochtene Rechtshandlung verursacht wurde.835

B 469

Es genügt daher für die Annahme einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung, dass der vom Schuldner aufgrund der Veräußerung eines Grundstücks erlangte Kaufpreis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses nicht mehr im Schuldnervermögen vorhanden ist, wenn davon auszugehen ist, dass sich das Grundstück selbst ohne die Veräußerung noch im Vermögen des Schuldners befunden hätte.836

B 470

Begründet die Übertragung eines dem Schuldner gehörenden Grundstücks an einen Dritten einen Anspruch des Gläubigers auf Duldung der Zwangsvollstreckung nach dem Anfechtungsrecht, so bleibt dieser Anspruch auch dann bestehen, wenn dem Dritten später das Grundstück in der Zwangsversteigerung zugeschlagen worden ist. Dies folgt daraus, dass im Anfechtungsrecht allein der reale Geschehensablauf maßgebend ist. Das die Anfechtung begründende Handeln kann daher durch nachfolgendes Geschehen in seiner Wirkung grundsätzlich nicht beeinträchtigt wer-

B 471

831 Vgl. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = NJW 2007, 2325 (2326); v. 11.5.1989 – IX ZR 222/88, MDR 1989, 908 = ZIP 1989, 785 (786). 832 Vgl. BGH v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, MDR 1980, 575 = NJW 1980, 1580 (1581); HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 65. 833 Vgl. BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 (253) = MDR 2000, 352; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 169. 834 BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 (253) = MDR 2000, 352. 835 BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 102/97, BGHZ 143, 246 (253) = MDR 2000, 352. 836 Vgl. BGH v. 3.3.1988 – IX ZR 11/87, WM 1988, 799 (801). Schäfer

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B Rz. 471

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

den, solange die Beeinträchtigung des Gläubigerzugriffs auf das Schuldnervermögen fortdauert.837 b) Hypothetische Geschehensabläufe

B 472 In früheren Entscheidungen ist der BGH davon ausgegangen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Rechtshandlung des Schuldners und der Vereitelung der Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger auch dann verneint werden müsse, wenn ohne die angefochtene Rechtshandlung eine Befriedigung aus dem weggegebenen Gegenstand deshalb nicht möglich gewesen wäre, weil der Schuldner selbst nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge anderweitig unanfechtbar über den weggegebenen Gegenstand verfügt hätte, oder wenn das Zugriffsobjekt ohne die anfechtbare Rechtshandlung untergegangen wäre.838

B 473 Davon ist der BGH jedoch später nach und nach abgerückt. In seinen Ur-

teilen vom 7.6.1988839 und vom 21.1.1993840 führt er aus, die gedachte Möglichkeit einer anderweitigen Verfügung des Schuldners über den weggegebenen Gegenstand schließe die Anfechtung nicht zwingend aus. Es sei vielmehr eine Frage wertender Beurteilung, inwieweit der hypothetische Geschehensablauf geeignet sei, eine an sich gegebene Haftung des Anfechtungsgegners zu beeinflussen. Ein entsprechendes Vorbringen könne dann beachtlich sein, wenn sich der anfechtbar erlangte Gegenstand nicht mehr im Vermögen des Anfechtungsgegners befinde und dies auf – realen – Ereignissen beruhe, die in gleicher Weise ohne die angefochtene Rechtshandlung ebenfalls den Verlust der Sache beim Schuldner bewirkt hätten.

B 474 In der neueren Rechtsprechung des BGH ist zumeist nur noch davon die Rede, dass für hypothetische, nur gedachte Geschehensabläufe bei der Prüfung der Gläubigerbenachteiligung kein Raum sei;841 der Ursachenzusammenhang zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung sei vielmehr nur aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen.842 Eine Gläubigerbenachteiligung könne daher nicht mit der Erwägung verneint werden, dass der Gläubiger im Falle des Unterbleibens der angefochtenen Rechtshandlung ebenfalls nicht auf den Gegenstand hätte zugreifen können, weil dann über ihn in nicht anfechtbarer Weise 837 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397 ff. = MDR 2004, 1379. 838 Vgl. BGH v. 23.2.1984 – IX ZR 26/83, BGHZ 90, 207 (212) = MDR 1984, 486; v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, MDR 1980, 575 = NJW 1980, 1580 f.; v. 16.5.1979 – VIII ZR 156/78, MDR 1980, 51 = WM 1979, 776 ff., juris Rz. 22. 839 BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360) = MDR 1988, 858. 840 BGH v. 21.1.1993 – IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179 ff. Rz. 28 = MDR 1993, 526. 841 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 258/02, BGHZ 159, 397 (401) = MDR 2004, 1379; v. 29.9.2005 – IX ZR 184/04, MDR 2006, 414 = WM 2005, 2193 (2194); v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 15. 842 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZIP 2005, 1521 ff. Rz. 22.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 478 B

verfügt worden wäre.843 Hat der Schuldner eine Sache in der dem Verkäufer bekannten Absicht erworben, diese sofort an einen Dritten weiter zu veräußern, kann eine durch die Weiterveräußerung bewirkte Gläubigerbenachteiligung in der Regel nicht mit der Erwägung verneint werden, es habe von Anfang an dem Willen aller Beteiligten entsprochen, dass letztlich der Dritte die Sache erhalten solle.844 Bloß gedachte Geschehensabläufe schließen die Anfechtung jedenfalls so lange nicht aus, als sich der Vermögensgegenstand noch im Vermögen des Anfechtungsgegners befindet.845 Wie weit diese Rechtsprechung geht, zeigt das Urteil des BGH vom 12.7.2007:846

B 475

BGH-Urteil vom 12.7.2007 – ZIP 2007, 2084 ff. Der Beklagte war als Makler für die Schuldnerin – eine Bauträgergesellschaft – tätig und hatte sie außerdem mit der Errichtung eines Rohbaus beauftragt. Da sich die Schuldnerin in erheblichen Finanznöten befand, trat sie dem Beklagten zum Zwecke der Erfüllung seiner Provisionsforderungen eine Kaufpreisforderung gegen Dritte ab. Dieser erhielt daraufhin die Zahlung der Erwerber. Gegen den Vergütungsanspruch der Schuldnerin für die Erstellung des Rohbaus rechnete er mit weiteren Provisionsansprüchen auf. Der klagende Insolvenzverwalter focht die Abtretung und die durch die Zahlung der Erwerber herbeigeführte Befriedigung des Beklagten an.

B 476

Der BGH geht von einer Benachteiligung der Gläubiger aus, obwohl der Beklagte ohne die Abtretung der Forderung der Schuldnerin gegen die Erwerber mit seinen Provisionsforderungen anfechtungsfest hätte aufrechnen können. Wenngleich die Aufrechnungsbefugnis in der Insolvenz im wirtschaftlichen Ergebnis einem Pfandrecht oder einer Sicherungsabtretung ähnele, könnten diese Rechtsinstitute in der Insolvenz nicht vollständig gleich behandelt werden. Da für hypothetische, nur gedachte Kausalverläufe kein Raum sei, könne eine Gläubigerbenachteiligung auch nicht mit der Erwägung verneint werden, dass der Gläubiger im Falle des Unterbleibens der angefochtenen Rechtshandlung auf den Gegenstand ebenfalls hätte zugreifen können, weil dann über ihn in nicht anfechtbarer Weise verfügt worden wäre (konkret: durch Aufrechnung).

B 477

Mit dieser neueren Rechtsprechung dürfte ein älteres Urteil des BGH vom 11.12.1986847 überholt sein, in dem dieser eine Benachteiligung der Gläubiger verneint hat. Er führt in dieser Entscheidung aus, dass den üb-

B 478

843 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 15; v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360 f.) = MDR 1988, 858. 844 BGH v. 18.5.2000 – IX ZR 119/99, MDR 2000, 974 = ZIP 2000, 1550 ff. 845 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 73; MK-InsOKirchhof, § 129 Rz. 180 ff. 846 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03 – „Maklerprovision“, MDR 2008, 46 = ZIP 2007, 2084 ff. 847 BGH v. 11.12.1986 – IX ZR 78/86, MDR 1987, 494 = ZIP 1987, 305 ff. Schäfer

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B Rz. 478

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

rigen Gläubigern kein Anfechtungsrecht zustehe, wenn der Schuldner die „künftige und bedingte“ Forderung auf den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens in nicht anfechtbarer Weise an einen Gläubiger (Ehefrau) abgetreten habe, da der Abschluss des Arbeitsvertrages sie nicht benachteilige. Die übrigen Gläubiger seien durch den späteren Abschluss des Arbeitsvertrages nicht benachteiligt worden, da sie ohne dessen Abschluss jedenfalls nicht besser gestellt gewesen wären.

B 479 Diese Entscheidung wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.848 Zunächst einmal kann von einer bedingten Gehaltsforderung nicht gesprochen werden, wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht besteht, aus dem sie hervorgehen soll. Zum anderen richtet sich die Anfechtung bei verständiger Würdigung gegen den Eintritt der Rechtswirkung der Abtretung, die erst mit der Entstehung der vorausabgetretenen Forderung eintritt.849 Und schließlich dürfte es eine anfechtungsrechtlich unbeachtliche hypothetische Erwägung darstellen,850 wenn der BGH darauf abstellt, dass die übrigen Gläubiger ohne den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht besser gestellt gewesen wären. Die Wirkung der Vorausabtretung hängt zwar vom tatsächlichen Einsatz des Schuldners in der Folgezeit ab; erbringt er ihn aber, darf die Gläubigerbenachteiligung nicht mit der rein hypothetischen Erwägung verneint werden, dass der Schuldner sich unanfechtbar anders hätte verhalten können.851

B 480 So wie nur gedachte Geschehensabläufe die Ursächlichkeit einer Rechtshandlung für die Benachteiligung der Gläubiger nicht ausschließen, können aber andererseits hypothetische Geschehensabläufe auch nicht die Ursächlichkeit einer Rechtshandlung des Schuldners für die Benachteiligung seiner Gläubiger begründen. Wirkt der Schuldner daher an der Änderung eines für ihn wirtschaftlich ungünstigen Vertrages mit und wird dieser durch den anderen Vertragsteil erfüllt, so begründet die Möglichkeit, dass andernfalls der Gegner vom Vertrag zurückgetreten wäre, keine objektive Benachteiligung der Insolvenzgläubiger.852

B 481 Bei der Bestimmung der Wertersatzpflicht gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO können hypothetische Umstände ausnahmsweise zu berücksichtigen sein, da insoweit nicht die engen Begrenzungen der Anfechtungstatbestände eingreifen, sondern der Zurechnungszusammenhang selbständig nach dem Normzweck einzuschränken ist.853 An der ursächlichen Herbeiführung einer Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn bei anfechtbar 848 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 204; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92; Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rz. 59. 849 Vgl. dazu BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = GesR 2006, 418 = MDR 2007, 112. 850 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 199/03, NotBZ 2007, 248 = ZInsO 2007, 596 ff. 851 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 92. 852 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 199/03, NotBZ 2007, 248 = ZInsO 2007, 596 ff. 853 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 183.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 485 B

erbrachten Aufwendungen des Schuldners auf ein im Miteigentum mit dem Anfechtungsgegner stehendes Hausgrundstück feststeht, dass auch dann, wenn die Aufwendungen zugunsten des Anfechtungsgegners unterblieben wären und eine Zwangsversteigerung stattgefunden hätte, dabei kein höherer, über die Grundstücksbelastungen hinausgehender Versteigerungserlös erzielt worden wäre.854 c) Weitere Einzelfälle Im Falle der Direktzahlung eines Auftraggebers gemäß § 16 Nr. 6 VOB/B an einen Nachunternehmer des insolventen Auftragnehmers fehlt es nicht deshalb an einer Gläubigerbenachteiligung, weil bei einer Nichterfüllung erhebliche Schadensersatzansprüche gegen die Schuldnerin bestanden hätten. Die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der Rechtshandlung und der Gläubigerbenachteiligung ist vielmehr allein aufgrund des realen Geschehens zu beurteilen.855

B 482

Verkauft der Schuldner kurz vor der Stellung des Insolvenzantrages an einen seiner Gläubiger Gegenstände seines Anlage- und Umlaufvermögens und soll die Kaufpreisforderung mit den Gegenforderungen des Gläubigers verrechnet werden, so werden die übrigen Gläubiger benachteiligt. Der Einwand des Gläubigers, dass er den Kaufvertrag ohne die Verrechnungsmöglichkeit nicht abgeschlossen hätte, stellt eine hypothetische und deshalb anfechtungsrechtlich unbeachtliche Erwägung dar.856

B 483

Überlässt der Schuldner einem seiner Gläubiger in der Krise Kundenschecks, damit sich dieser daraus befriedige, so werden die übrigen Gläubiger benachteiligt. Denn ohne die Überlassung dieser Schecks hätte der Schuldnerin diese bei seiner Hausbank eingereicht, so dass sie prinzipiell dem Zugriff der übrigen Gläubiger unterlegen hätten. Ob die Schuldnerbank möglicherweise mit eigenen Forderungen unanfechtbar hätte aufrechnen können oder ob die Schuldnerin über das Guthaben anderweitig verfügt hätte, ist unerheblich. Denn als Ursachen für den Eintritt der Gläubigerbenachteiligung sind grundsätzlich nur reale Gegebenheiten zu berücksichtigen.857

B 484

Unerheblich ist der Einwand des Anfechtungsgegners, dass über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren mit möglicherweise ungünstigerem Ausgang eröffnet worden wäre, wenn er sich nicht bereiterklärt hätte, ein Grundstück zur Verwertung einzelner Gläubiger zur

B 485

854 BGH v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, MDR 1980, 575 = NJW 1980, 1580 (1581). 855 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 2/05, MDR 2009, 227 = ZInsO 2008, 1322 f. Rz. 11. 856 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f. 857 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (325 f.) = MDR 1994, 158; v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 (360 f.) = MDR 1988, 858. Schäfer

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B Rz. 485

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Verfügung zu stellen. Ein entsprechendes Vorbringen könne nur dann beachtlich sein, wenn sich der anfechtbar erlangte Gegenstand nicht mehr im Vermögen des Anfechtungsgegners befinde und dies auf realen Ereignissen beruhe, die in gleicher Weise ohne die angefochtene Rechthandlung ebenfalls den Verlust der Sache beim Schuldner bewirkt hätten.858

B 486 Für die Frage der Ursächlichkeit einer verfrühten Leistung an einen Gläubiger des Schuldners ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Zahlung auch nach der Fälligkeit erfolgt wäre. Ob die wenige Tage nach der Zahlung eingetretene Fälligkeit einer Anfechtung entgegensteht, ist nach Ansicht des BGH keine Frage der Ursächlichkeit, sondern der Zurechenbarkeit. Im Wege wertender Betrachtung sei einzuschätzen, ob dieselbe Masseschmälerung durch eine gesetzlich nicht missbilligte Rechtshandlung des Schuldners hätte herbeigeführt werden können. In dem konkret entschiedenen Fall sah es der BGH als entscheidend an, dass die Schuldnerin aufgrund des kurz nach der verfrühten Zahlung angeordneten Zustimmungsvorbehalts nicht mehr die Möglichkeit gehabt hätte, nach Eintritt der Fälligkeit frei über ihr Vermögen zu verfügen.859

B 487 In einem anderen Fall war der Gesellschafter der Schuldnerin berechtigt, das ihr gewährte Gesellschafterdarlehen jederzeit mit einer Frist von einer Woche zum Monatsende zu kündigen. Am 2.3.1993 veranlasste er (möglicherweise) ohne vorausgegangene Kündigung die Überweisung des Darlehensbetrages an sich selbst. Am 15.4.1993 stellte er den Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens. Nach Ansicht des BGH lag der unmittelbare Nachteil für die Schuldnerin höchstens darin, dass sie die Zahlung etwa vier Wochen zu früh erbracht hatte und ihr die Nutzung des Geldes in diesem Zeitraum entgangen war. Mit der Berücksichtigung eines bloß hypothetischen Kausalverlaufs habe dies nichts zu tun.860

B 488 Ob der Insolvenzverwalter einen Kredit, wenn er nicht schon durch die Überweisung an den Anfechtungsgegner „verbraucht“ worden wäre, zugunsten der Masse noch hätte abrufen können, ist unerheblich.861 Bei einer die Gläubiger benachteiligenden unausgewogenen Vertragsklausel kommt es nicht darauf an, ob der Schuldner in anderen Punkten hätte nachgeben müssen, wenn die Vertragsschließenden die Unausgewogenheit erkannt hätten.862

858 Vgl. BGH v. 21.1.1993 – IX ZR 275/91, BGHZ 121, 179 (187) = MDR 1993, 526. 859 Vgl. BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, MDR 2005, 1312 = ZInsO 2005, 766 ff. 860 BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853. 861 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 210/07, MDR 2008, 821 = ZIP 2008, 747 ff. Rz. 5. 862 Vgl. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06 – „Heimfallanspruch“, MDR 2007, 1099 = ZInsO 2007, 600 ff. Rz. 23.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 491 B

Tritt der Schuldner einen Pflichtteilsanspruch vor vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit an einen Dritten ab, scheitert die Anfechtbarkeit nicht wegen Fehlens einer Gläubigerbenachteiligung. Diese wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Schuldner ohne die Abtretung die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Pfändbarkeit nicht herbeigeführt hätte.863

B 489

10. Vorteilsausgleichung Die schadensersatzrechtlichen Grundsätze der Vorteilsausgleichung finden keine Anwendung, da der Anfechtungsanspruch kein deliktsrechtlicher Anspruch ist.864 Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist vielmehr isoliert in Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen.865 Dabei sind lediglich solche Folgen zu berücksichtigen, die an die anzufechtende Rechtshandlung selbst anknüpfen.866 Hingegen bleiben entferntere Ereignisse grundsätzlich selbst dann außer Betracht, wenn sie adäquat kausal verursacht sind. Der Umstand, dass eine die Insolvenzgläubiger benachteiligende Rechtshandlung in adäquatem ursächlichem Zusammenhang mit anderen Ereignissen der Insolvenzmasse auch Vorteile gebracht hat, die jedoch keine Gegenleistung für die durch die Handlung bewirkte Vermögensminderung darstellen, vermag die Entstehung des Anfechtungsrechts nicht zu hindern.867

B 490

Ist beispielsweise der Betrieb des Schuldners nur mit Zustimmung eines Lieferanten günstig zu verwerten und macht dieser seine Einwilligung davon abhängig, dass ihm der Schuldner ausstehende Schulden bezahlt, so benachteiligt diese Schuldtilgung die anderen Insolvenzgläubiger nicht, wenn der Betrieb ohne die „erkaufte“ Einwilligung weniger wert gewesen wäre als den tatsächlich erzielten Kaufpreis abzüglich der Tilgungsleistung. Hier schlägt sich der Vorteil unmittelbar und gegenständlich in einer Mehrung des Schuldnervermögens nieder.868 Hingegen entfällt die gläubigerbenachteiligende Wirkung der Bezahlung der Schulden aus Stromlieferungen nicht deshalb, weil sonst die – berechtigte – Einstellung

B 491

863 BGH v. 8.7.1993 – IX ZR 116/92, BGHZ 123, 183 (190/191) = MDR 1994, 203 = FamRZ 1993, 1307. 864 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZIP 2009, 1674 ff. Rz. 26; v. 15.10.1969 – VIII ZR 136/67, NJW 1970, 44 (46); Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 164; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rz. 71. 865 Vgl. BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZInsO 2009, 1585 ff. Rz. 27; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZIP 2005, 1521 (1523); MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 175. 866 A.a.O., AG Stuttgart-Bad Cannstatt v. 12.4.2005 – 2 C 34/05, ZIP 2005, 1523. 867 BGH v. 25.9.1952 – IV ZR 13/52, BB 1952, 868 f. 868 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 16; v. 24.11.1959 – VIII ZR 220/57, WM 1960, 377 (379). Schäfer

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B Rz. 491

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

der Stromversorgung in dem Betrieb des Schuldners zu einem Produktionsausfall geführt hätte.869

B 492 Dass sich ein Subunternehmer gegen Bewilligung einer Sicherheit für ausstehende Forderungen verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten gegen Entgelt weiterzuführen, gleicht den Verlust der Sicherheit für die Insolvenzgläubiger des Hauptunternehmers nicht aus.870 Des weiteren ist der Abschluss eines Vertrages, durch den einem Beteiligten für den Fall seiner Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, die über die gesetzlichen Folgen hinausgehen und nicht zur Erreichung des Vertragszwecks geboten sind, gläubigerbenachteiligend, selbst wenn der Beteiligte bei ungestörter Durchführung des Vertrages wirtschaftliche Vorteile erzielt hätte. Die durch den Schuldner fortgesetzte Nutzung von gemieteten Räumen gleicht nicht die Beitreibung älterer Mietforderungen durch den Vermieter aus.871

B 493 Ein dem Schuldner zugeflossener Vorteil ist somit nur dann als ausgleichender Umstand zu berücksichtigen, wenn er sich unmittelbar in einer Mehrung seines Vermögens niedergeschlagen hat.872 Dafür soll es jedoch nicht genügen, dass mit dem Bierbrauen, welches die Entstehung der Biersteuer zur Folge hat, zugleich eine diesen Nachteil ausgleichende Wertschöpfung zugunsten des Schuldnervermögens erzielt wurde.873

B 494 Die Unanwendbarkeit der Rechtsgrundsätze zur Vorteilsausgleichung bedeutet jedoch nicht, dass der Anfechtungsgegner nicht die Rückgewähr seiner Gegenleistung aus der Insolvenzmasse verlangen kann, soweit diese noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist.874 Dies kann insbesondere im Anwendungsbereich des § 132 Abs. 1 InsO von Bedeutung sein.875 Der Anfechtungszweck wird unter Umständen schon dann erreicht, wenn der Insolvenzmasse die Wertdifferenz zwischen den wechselsetig versprochenen Leistungen zugeführt wird.876

869 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 16; v. 25.9.1952 – IV ZR 13/52, BB 1952, 868. 870 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 16; v. 28.6.1984 – IX ZR 21/84, WM 1984, 1194 (1195). 871 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 16; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, MDR 1994, 468 = ZIP 1994, 40 (42), insofern in BGHZ 124, 76 ff. nicht abgedruckt. 872 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. 873 BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZIP 2009, 1674 ff. 874 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 143 Rz. 23. 875 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.71. 876 Vgl. BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, ZIP 2008, 558 ff. Rz. 16.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 496 B

11. Beweislast Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Gläubigerbenachteiligung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Insolvenzverwalter.877 Denn die Gläubigerbenachteiligung ist anspruchsbegründende Voraussetzung sämtlicher Anfechtungstatbestände.878 Wird vom Anfechtungsgegner eingewandt, die vorhandene Masse reiche zur Befriedigung sämtlicher Gläubiger aus, ist der Insolvenzverwalter nur dann uneingeschränkt darlegungs- und beweisbelastet, wenn das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners wegen drohender Zahlungsunfähigkeit eröffnet wurde.879 Ist das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eröffnet worden, spricht hingegen ein Anschein dafür, dass die Insolvenzmasse nicht zur Befriedigung aller Gläubigeransprüche ausreicht.880 Behauptet der Anfechtungsgegner, dass der gezahlte Betrag ihm auch ohne die angefochtene Rechtshandlung zugestanden hätte, da die Insolvenzmasse zur Befriedigung aller vor- und gleichrangigen Gläubiger ausreiche, so trägt er dafür die Beweislast.881 Bestrittene Ansprüche, deren Durchsetzung noch ungewiss ist, bleiben bei der Prüfung der Frage, ob die Aktivmasse ausreicht, um alle dem Anfechtungsgegner vor- und gleichrangigen Gläubiger befriedigen zu können, unberücksichtigt.882 Der Insolvenzverwalter muss schließlich nicht nachweisen, dass er sich nicht durch andere Anfechtungsprozesse eine ausreichende Masse zur Befriedigung aller Insolvenzgläubiger verschaffen kann.883

B 495

Den Insolvenzverwalter trifft die Beweislast, dass die angefochtene Rechtshandlung nicht schuldnerfremdes Vermögen betraf.884 Er muss ferner darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Anfechtungsgegner keine bzw. keine vollwertige Gegenleistung erbracht hat.885 Dem Insolvenzverwalter obliegt auch der Nachweis, dass eine vom Anfechtungsgegner erbrachte Gegenleistung in der Insolvenzmasse nicht (mehr) vorhanden

B 496

877 BGH v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, MDR 2000, 903 = ZIP 2000, 1061 (1063); v. 28.2.2008 – IX ZR 177/05, MDR 2008, 710 = ZInsO 2008, 375 ff. Rz. 21; HKInsO/Kreft, § 129 Rz. 64; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 130. 878 BGH v. 20.12.1984 – IX ZR 114/83, WM 1985, 364 (365); v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 7. 879 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 64; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 131. 880 BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853 (854 f.); v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff.; v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, MDR 1986, 1021 = ZIP 1986, 787 ff. 881 BGH v. 11.6.1992 – IX ZR 147/91, MDR 1992, 959 = ZIP 1992, 1008 ff. Rz. 22. 882 BGH v. 11.6.1992 – IX ZR 147/91, MDR 1992, 959 = NJW 1992, 2485 (2486); v. 7.5.1991 – IX ZR 30/90, BGHZ 114, 315, 322 f. = MDR 1991, 860. 883 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rz. 52. 884 BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, MDR 2004, 1317 = ZIP 2004, 1509 (1511). 885 Vgl. BGH v. 17.12.1998 – IX ZR 196/97, MDR 1999, 440 = ZIP 1999, 196 ff.; v. 19.3.2009 – IX ZR 39/08, MDR 2009, 831 = ZInsO 2009, 828 ff. Rz. 16. Schäfer

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B Rz. 496

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

oder vollwertig ist.886 Steht allerdings fest, dass dem Anfechtungsgegner ein Entgelt für Leistungen gewährt wurde, die er unentgeltlich zu erbringen hatte, trifft ihn die Beweislast für die über die Verpflichtung zur unentgeltlichen Leistungserbringung hinausgehenden zusätzlichen Leistungen.887

B 497 Der Insolvenzverwalter genügt seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er vorträgt und im Falle des Bestreitens beweist, dass der Anfechtungsgegner einen Gegenstand aus dem Vermögen des Schuldners ohne (angemessene) Gegenleistung erlangt hat; demgegenüber muss der Anfechtungsgegner im Einzelnen die Tatsachen vortragen, die ihm zum Erwerb des Gegenstandes schon mit einem früheren Vertrag oder die ihm schon zuvor zu einem vorrangigen Sicherungsrecht verholfen haben sollen.888

B 498 Steht fest, dass der Anfechtungsgegner die herausverlangten Zahlungen vom Schuldner ohne Gegenleistung erhalten hat, trifft ihn die sekundäre Darlegungslast dafür, dass er die den Zahlungen zugrundeliegenden Forderungen des Schuldners gegen Dritte zuvor erworben hatte.889

B 499 Beruft sich der Anfechtungsgegner darauf, dass er aufgrund eines früheren insolvenzfesten Erwerbs ohnehin Inhaber des Gegenstandes sei, wird der Anfechtungstatbestand als solcher geleugnet; die dazu vorgetragenen Tatsachen muss daher der Anfechtende ausräumen. Dabei ändert sich an der Beweislastverteilung nichts dadurch, dass sich die Buchhaltungsunterlagen des Schuldners in schlechtem Zustand befinden. Allerdings ist es Sache des Anfechtungsgegners, die Voraussetzungen eines von ihm behaupteten Erwerbstatbestandes aufgrund eines früheren Vertrages darzulegen, denn insoweit hat er genauere Kenntnis vom Geschehen als der erst später mit den Vorgängen befasste Insolvenzverwalter.890

B 500 Hinsichtlich der Gegenrechte, die vom Anfechtungsgegner geltend gemacht werden können, trifft diesen die sekundäre Darlegungslast. Erst wenn der Anfechtungsgegner solche Rechte substantiiert geltend macht, muss der Insolvenzverwalter darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass diese Rechte entweder nicht bestehen oder anfechtbar sind. Dies muss jedoch nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO geschehen, denn diese Bestimmung regelt nur die Verjährung geltend gemachter Anfechtungsansprüche.891

886 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 228a. 887 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = NJW 1995, 1093 (1095). 888 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. Rz. 23; v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, MDR 1991, 962 = NJW 1992, 624 (626). 889 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. Rz. 23. 890 BGH v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, MDR 2000, 903 = ZIP 2000, 1061 ff. 891 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, MDR 2008, 1300 = ZIP 2008, 1593 ff. Rz. 23 f.

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II. Gläubigerbenachteiligung

Rz. 505 B

Setzt der Anfechtungstatbestand eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraus, so hat der Insolvenzverwalter auch diese zu beweisen.892 Genügt für die Anfechtung eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, so hat der Insolvenzverwalter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Gegenleistung des Anfechtungsgegners zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Anfechtungsprozesses nicht mehr vorhanden war.893

B 501

Macht der Anfechtungsgegner geltend, der ihm übertragene Gegenstand sei wertausschöpfend belastet gewesen, so trifft den Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast, dass im Falle der Verwertung des Gegenstandes ein Erlös für die Masse erzielt werden könnte. Den Anfechtungsgegner trifft allerdings eine sekundäre Darlegungslast, inwieweit die Belastungen noch valutierten.894

B 502

Den Insolvenzverwalter trifft ferner die Darlegungs- und Beweislast, dass der weggegebene Gegenstand aus dem pfändbaren Vermögen des Schuldners stammte (vgl. §§ 35, 36 InsO). Die frühere Rechtsprechung des BGH, wonach zur Schlüssigkeit des Vorbringens des Insolvenzverwalters die Darlegung gehörte, dass die Zahlung des Schuldners aus einem Guthaben oder im Rahmen einer eingeräumten Kreditlinie – und nicht etwa im Wege der geduldeten Kontoüberziehung – erbracht wurde,895 ist aufgrund des neueren Urteils vom 6.10.2009896 überholt.

B 503

Macht der Anfechtungsgegner geltend, er habe die zunächst eingetretene Gläubigerbenachteiligung wieder beseitigt, so trägt er die Beweislast.897 Gleiches gilt, wenn er geltend macht, er habe mit dem empfangenen Geld oder in Höhe des Wertes des empfangenen Gegenstandes Gläubiger des Insolvenzschuldners befriedigt, die der Insolvenzverwalter in gleicher Höhe hätte befriedigen müssen.898

B 504

Richtet sich die Anfechtung gegen den Ehegatten des Insolvenzschuldners, so greift die Vermutung des § 1362 BGB auch zugunsten des Insolvenzverwalters ein.899 Die gesetzliche Vermutung des § 1362 BGB ist al-

B 505

892 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 228. 893 BGH v. 3.3.1988 – IX ZR 11/87, WM 1988, 799 (801); HambKomm-InsO/Rogge, § 129 Rz. 118. 894 BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZInsO 2006, 151 f.; v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff. Rz. 34. 895 Vgl. BGH v. 1.2.2007 – IX ZB 248/05, MDR 2007, 858 = ZInsO 2007, 323 f. 896 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 897 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 232. 898 BGH v. 24.10.1962 – VIII ZR 126/61, WM 1962, 1316 (1317). 899 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 229. Schäfer

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B Rz. 505

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

lerdings auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht entsprechend anzuwenden.900

III. Anfechtungsanspruch – Rechtsnatur, Entstehung, Abtretbarkeit und Durchsetzung 1. Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs

B 506 Die Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs ist streitig. Im Wesentlichen werden zu dieser Frage die „Dinglichkeitstheorie“, die „haftungsrechtliche“ und die „schuldrechtliche“ Theorie vertreten, wobei überwiegend betont wird, dass letztlich Wertungsgesichtspunkte entscheidend und deshalb die Unterschiede der Theorien in der Praxis gering seien.901 In den meisten Fällen mag es zwar in der Tat auf den Theorienstreit nicht ankommen; er ist aber – wie noch zu zeigen ist – dennoch nicht nur rein akademischer Natur.902 Vor allem bestimmte, in der Rechtsprechung anerkannte Möglichkeiten der Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs lassen sich nicht auf der Grundlage einer rein schuldrechtlichen Einordnung des Anfechtungsanspruchs erklären.

B 507 Anders als noch in § 29 KO hat der Gesetzgeber in § 129 Abs. 1 InsO bewusst nicht angeordnet, dass die von den Anfechtungstatbeständen erfassten Rechtshandlungen „als den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam“ angefochten werden können. Schon unter der Geltung der Konkursordnung habe sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung nicht als relative Unwirksamkeit aufzufassen sei, sondern im Regelfall einen obligatorischen Rückgewähranspruch begründe. Eine weitergehende Stellungnahme zum Streit um die dogmatische Einordnung der Anfechtung ergebe sich aus dem Entwurf jedoch nicht.903

B 508 Die schuldrechtliche Theorie wird durch den Wortlaut des § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO gestützt. Die Bestimmung des § 145 InsO, wonach die Anfechtbarkeit gegen den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger geltend gemacht werden kann, zeigt jedoch, dass sich die Bedeutung des Anfechtungsanspruchs nicht in einem rein schuldrechtlich wirkenden Anspruch erschöpft.904 Es ist in diesem Zusammenhang ferner an § 7 Abs. 1 AnfG a.F. zu erinnern, in dem davon die Rede war, dass dasjenige, 900 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 92/05, BGHZ 170, 187 ff. = FamRZ 2007, 457 = MDR 2007, 660. 901 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 3 ff.; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.11 ff.; MK-InsO/Kirchhof, vor §§ 129–147 Rz. 11 ff. 902 Zutr. Braun/de Bra, § 129 Rz. 6. 903 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. 904 Vgl. BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.13; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 75.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 511 B

was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben wurde, „als noch zu demselben gehörig“ vom Empfänger zurückzugewähren sei. Der BGH hatte durch Urteil vom 23.10.2003905 über die Frage zu entscheiden, ob der Anfechtungsanspruch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht gewährt. Er ist in dieser Entscheidung von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, wonach der Anfechtungsanspruch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden könne.906 Unabhängig davon, ob man den Anfechtungsanspruch als obligatorischen Rückgewähranspruch verstehe, seien insoweit die Wertungen der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen entscheidend. Danach sei grundsätzlich ein Aussonderungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 47 InsO („dingliches oder persönliches Recht“) in der Insolvenz des Anfechtungsgegners zu bejahen. Auch schuldrechtliche Ansprüche könnten bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuordnung führen. Diese Wertung finde ihre Bestätigung auch in § 145 Abs. 1 InsO. Mit der dort vorgeschriebenen Erstreckung des Anfechtungsrechts auf Gesamtrechtsnachfolger jeglicher Art habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass die Zuordnung zur Haftungsmasse sich im Allgemeinen unabhängig von der Wirksamkeit des Erwerbsvorgangs durchsetzen solle. Es sei auch wertungsmäßig nicht einzusehen, warum die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen sollten profitieren können, die – im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz – als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erschienen.

B 509

Auf der Grundlage einer rein schuldrechtlichen Theorie ließe sich das Ergebnis des BGH wohl kaum begründen. Er konnte sich jedoch neben § 145 Abs. 1 InsO auch auf § 47 InsO (Aussonderung) stützen, wonach nicht nur aufgrund eines dinglichen, sondern unter Umständen auch aufgrund eines persönlichen Rechts geltend gemacht werden kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört.

B 510

Der Theorienstreit ist ferner von Bedeutung für die Frage des Wiederauflebens von Sicherheiten nach der Anfechtung der Tilgung der gesicherten Forderung.907 Nach der schuldrechtlichen Theorie müssten die Sicherheiten jeweils neu begründet werden. Auf der Grundlage der dinglichen und haftungsrechtlichen Theorien wird zum Teil vertreten, dass sowohl akzessorische als auch nichtakzessorische Sicherheiten automatisch wieder

B 511

905 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. 906 BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = NJW 1990, 990 (992). 907 Vgl. Ganter, WM 2006, 1081, 1084 ff. und teilweise abweichend nunmehr in WM 2011, 245 ff. Schäfer

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B Rz. 511

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

auflebten.908 Zum Teil wird nach der Art der Sicherungsrechte differenziert.909 Sicherungsrechte, zu deren Begründung kein Realakt erforderlich ist, leben nach dieser Auffassung ohne weiteres wieder auf, sobald der Sicherungsnehmer den durch die Anfechtung ausgelösten Rückgewähranspruch erfüllt hat.910 Dies gilt insbesondere für Bürgschaften.911 Ist der zur Begründung des Sicherungsrechts erforderliche Realakt (etwa die Übergabe bei einer Verpfändung oder die Eintragung bei einem Grundpfandrecht) bereits rückgängig gemacht worden, muss nach dieser Auffassung das Sicherungsrecht neu begründet werden, mit der Folge, dass zwischenzeitliche Belastungen dem neu zu begründenden Sicherungsrecht vorgehen.912

B 512 Nach der schuldrechtlichen Theorie müsste der Insolvenzverwalter einen Herausgabetitel erstreiten, um einen anfechtbar wegegegebenen Gegenstand wieder der Masse zuzuführen. Es ist jedoch allgemein anerkannt, dass der Insolvenzverwalter den Anfechtungsgegner auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den anfechtbar weggegebenen Gegenstand in Anspruch nehmen kann.913

B 513 Noch nicht endgültig geklärt ist hingegen die Frage, ob der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch im Wege der Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO geltend gemacht werden kann, wenn etwa ein Gläubiger des Anfechtungsgegners in eine anfechtbar weggegebene Sache vollstreckt hat. Der BGH hat dazu noch durch Urteil vom 11.1.1990914 entschieden, dass der auf die Anfechtung gestützte Rückgewähranspruch nach § 37 KO als schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch kein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne des § 771 ZPO sei. Dies dürfte nach dem oben erwähnten Urteil des BGH vom 23.10.2003915 nicht mehr gelten.916 Begründen lässt sich die gegenteilige Auffassung wohl nur auf der Grundlage der dinglichen und der haftungsrechtlichen Theorie.

B 514 Streitig ist ferner, ob Pfändungsgläubiger des Anfechtungsgegners selbst dann gegenüber dem Anfechtungsbegehren des Insolvenzverwalters zurücktreten müssen, wenn sie bei der Pfändung die Umstände nicht kann-

908 OLG Frankfurt v. 25.11.2003 – 9 U 127/02, ZIP 2004, 271 f.; MK-InsO/Kirchhof, § 144 Rz. 10; Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 18. 909 Vgl. Ganter, WM 2006, 1085. 910 HK-InsO/Kreft, § 144 Rz. 3. 911 OLG München v. 19.6.2008 – 24 U 737/07, WM 2008, 2112 f. 912 Ganter, WM 2006, 1085/1086. 913 BGH v. 5.2.1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36 (42) = MDR 1987, 494; v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff.; HK-InsO/Kreft, § 143 Rz. 6; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 16. 914 BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, MDR 1990, 622 = NJW 1990, 990 ff. 915 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. 916 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 143 Rz. 59; Eckardt, KTS 2005, 15 (47 f.).

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Rz. 516 B

III. Anfechtungsanspruch

ten, welche die Anfechtbarkeit begründen.917 Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach herrschender Auffassung auch jener Erwerb als unentgeltlich im Sinne des § 145 Abs. 2 InsO anzusehen ist, der durch Zwangsvollstreckung in den beim Rechtsvorgänger befindlichen, ursprünglich anfechtbar weggegebenen Gegenstand begründet wurde.918

2. Entstehung und Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs Der BGH ist unter der Geltung der Konkursordnung davon ausgegangen, dass das Anfechtungsrecht untrennbar mit dem Amt des Konkursverwalters verbunden sei.919 Im Schrifttum wurde indes zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Auffassung nicht uneingeschränkt aufrecht erhalten werden könne.920 Denn nach der Insolvenzordnung kann das Anfechtungsrecht auch dem Sachwalter bzw. Treuhänder und sogar einem Insolvenzgläubiger zustehen (vgl. §§ 280, 313 Abs. 2 InsO). Als Inhaber des Anfechtungsrechts ist vielmehr die Insolvenzmasse als Sondervermögen anzusehen, dessen Träger der Schuldner ist.921 Nach anderer Auffassung handelt es sich um einen massezugehörigen Anspruch des Schuldners.922 Dagegen wird jedoch eingewandt, dass der Schuldner selbst kraft Gesetzes nie anfechten kann.923 Der BGH hat aber jedenfalls jüngst durch Urteil vom 17.2.2011 entschieden, dass der aus der Insolvenzanfechtung folgende Rückgewähranspruch abgetreten werden kann.924

B 515

Die unterschiedlichen Auffassungen zum Wesen des Anfechtungsanspruchs haben eine gewisse Rolle bei der Kontroverse zwischen dem BGH und dem Bundesarbeitsgericht zu der Frage gespielt, ob die Arbeitsgerichte im Falle der Anfechtung der Zahlung rückständigen Arbeitslohnes an die Arbeitnehmer des insolventen Arbeitgebers zuständig sind. Das Bundesarbeitsgericht geht davon aus, dass der Insolvenzverwalter als Rechtsnachfolger des insolventen Arbeitgebers im Sinne des § 3 ArbGG handle.925 Der BGH hat dagegen in seinem Vorlagebeschluss an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 2.4.2009 betont,926 dass es sich bei dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch um einen originären gesetzlichen Anspruch handle, der mit der Insolvenzeröffnung entstehe und untrennbar mit dem Amt des Insolvenz-

B 516

917 Dafür HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 74; dagegen etwa Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 94. 918 MK-InsO/Kirchhof, § 145 Rz. 30; FK-InsO/Dauernheim, § 145 Rz. 11. 919 BGH v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102 (105) = MDR 1982, 748. 920 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 129 Rz. 84. 921 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 191. 922 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 97. 923 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 190. 924 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, MDR 2011, 820. 925 BAG v. 27.2.2008 – 5 AZB 43/07, ZInsO 2008, 391 f. 926 BGH v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, MDR 2009, 886 = ZInsO 2009, 820 ff. Schäfer

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§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

verwalters verbunden sei.927 Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist im Ergebnis dem Bundesarbeitsgericht gefolgt.928

B 517 Zur Frage der Entstehung des Anfechtungsanspruchs wird im Schrifttum zum Teil die Auffassung vertreten, das Anfechtungsrecht – und mit ihm der Anfechtungsanspruch – entstehe schon mit dem Eintritt der Rechtwirkung der anfechtbaren Handlung, aufschiebend bedingt durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens.929 Diese Auffassung dürfte jedoch auf einer unzureichenden Unterscheidung zwischen der Begründung, Entstehung und Fälligkeit einer Forderung beruhen. Begründet ist der Anfechtungsanspruch bereits mit dem Eintritt der Rechtswirkung der anfechtbaren Handlung.930 Andernfalls wäre es nicht zu erklären, dass gemäß §§ 16 f. AnfG eine Rechtsnachfolge des Insolvenzverwalters in den Anfechtungsanspruch stattfinden kann und dass der Anfechtungsgegner auch für eine von ihm schon vor der Insolvenzeröffnung verursachte Unmöglichkeit der Rückgewähr haftet.931 Entstanden ist der Anfechtungsanspruch allerdings erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Annahme eines aufschiebend bedingten Anspruchs bedarf es jedoch nicht.

B 518 Nach einem neueren Urteil des BGH vom 1.2.2007932 entsteht das Anfechtungsrecht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und wird zugleich fällig, da nach neuerem Verständnis die Insolvenzanfechtung keiner gesonderten Erklärung bedarf. Nach allen genannten Auffassungen steht damit jedenfalls fest, dass das Anfechtungsrecht nicht schon dem vorläufigen Insolvenzverwalter zusteht.

B 519 Gegenüber dem erst mit der Insolvenzeröffnung entstehenden Rückgewähranspruch kann ferner nicht mit einer Insolvenzforderung aufgerechnet werden.933 Dies folgt im Übrigen auch aus dem Wesen des Anfechtungsanspruchs, welcher der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient und somit nicht die Einzelbefriedigung eines Gläubigers durch Aufrechnung zulässt.934

927 BGH v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, MDR 2009, 886 = ZInsO 2009, 820 ff.Rz. 13; vgl. dazu noch unten Rz. B553. 928 GemS-OGB 1/09, 27.9.2010 – ZInsO 2010, 2400 ff.; kritisch dazu Bork, EWiR 2010, 765 f. 929 Vgl. Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 103; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 186; zurückhaltend zur Frage der Bedingtheit offenbar HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 82. 930 Vgl. B. Schäfer, NZI 2010, 505 (507). 931 Vgl. Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 103. 932 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 (44) = MDR 2007, 678. 933 BGH v. 23.11.1981 – VIII ZR 190/80, ZIP 1980, 76 (78); v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, BGHZ 130, 38 (40) = MDR 1995, 1225. 934 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 19.21.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 522 B

Daraus, dass der Anfechtungsanspruch untrennbar mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbunden sei, wird zum Teil gefolgert, dass der Anspruch auch nicht abtretbar sei.935 Die herrschende Auffassung im Schrifttum geht jedoch zu Recht davon aus, dass der Anfechtungsanspruch abtretbar ist.936 Dies hat der BGH nunmehr auch durch Urteil vom 17.2.2011 entschieden.937

B 520

Der Umstand, dass der Anfechtungsanspruch erst mit der Insolvenzeröffnung entsteht, ist unter anderem von Bedeutung für die Verpflichtung des Anfechtungsgegners zur Zinszahlung gemäß §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 291, 288 Abs. 1 BGB. Da die Zinspflicht gemäß § 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB erst mit Fälligkeit der in Rede stehenden Geldschuld beginnt, stehen der Insolvenzmasse für die Zeit vor der Insolvenzeröffnung keine Prozesszinsen zu.938 Gezogene bzw. schuldhaft nicht gezogene Zinsen sind hingegen als Nutzungen bzw. unterlassene Nutzungen ab dem Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung herauszugeben. Die Anknüpfung des Anfechtungsrechts an die Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen der jeweiligen Anfechtungsnorm führt nach der Rechtsprechung des BGH dazu, dass Nutzungen und vorwerfbar nicht gezogene Nutzungen nach den §§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 2, 987 BGB vom Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung an zu erstatten sind, auch wenn der Schuldner selbst sie nicht gezogen hätte.939

B 521

3. Einschränkungen des Anfechtungsanspruchs; Zurückbehaltungsrechte Das OLG München ist in einem Urteil vom 4.8.2009940 im Zusammenhang mit der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen, die im Rahmen eines sogenannten „Schneeballsystems“ erzielt wurden,941 davon ausgegangen, dass der Wert der in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangten Bereicherung gemäß §§ 134, 143 Abs. 2 Satz 1 InsO, 818 BGB nach der Saldotheorie nur im Wert des Erlangten abzüglich der Auf935 Vgl. OLG Zweibrücken v. 22.4.2010 – 4 U 128/09, ZIP 2010, 1505 ff. als Vorinstanz zu BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, MDR 2011, 820 = ZIP 2011, 1114 ff. 936 Eckardt, KTS 1993, 585 ff.; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 92; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 214; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 4. 937 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, MDR 2011, 820 = ZIP 2011, 1114 ff. 938 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 ff. Rz. 19, 20 = MDR 2007, 678. 939 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 ff. Rz. 22; v. 22.9.2005 – IX ZR 271/01, MDR 2006, 416 = ZIP 2005, 1888 (1889); Uhlenbruck/Hirte, § 143 Rz. 35. 940 OLG München v. 4.8.2009 – 5 U 2971/09, ZInsO 2009, 1767 f. 941 Vgl. dazu BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. = MDR 2009, 350; v. 25.6.2009 – IX ZR 157/08, veröffentl. bei juris. Schäfer

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B 522

B Rz. 522

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

wendungen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligung bestehe. Der Anfechtungsgegner sei wegen der Sondervorschrift des § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hinsichtlich seines Anspruchs auf Rückzahlung der Einlage nicht nach § 144 Abs. 1 InsO auf die Anmeldung zur Insolvenztabelle zu verweisen; vielmehr mindere der Betrag der getätigten Aufwendung unmittelbar den Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung, weil der Anfechtungsgegner in dieser Höhe nicht bereichert sei.

B 523 Diese Auffassung des OLG München ist unzutreffend. Zum einen gelten die Grundsätze der Saldotheorie nach der Rechtsprechung des BGH in der Insolvenz nur in abgewandelter Form. Danach bietet die Saldotheorie keine Grundlage dafür, Forderungen, die ohne eine Saldierungsmöglichkeit nur Insolvenzforderungen wären, zu „verdinglichen“ oder gar zu Masseforderungen zu erheben.942 Zum anderen sind allenfalls solche Aufwendungen nach der Saldotheorie zu berücksichtigen, die der Zuwendungsempfänger im Vertrauen auf die Unwiderruflichkeit des vermeintlichen Vermögenszuwachses getätigt hat.943

B 524 Der BGH hat daher das Urteil des OLG München zu Recht durch Urteil

vom 22.4.2010944 aufgehoben. Danach ist der aus der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen resultierende anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch nicht mit den als Einlage des Anlegers erbrachten Zahlungen zu saldieren. Durch ein weiteres Urteil vom 2.4.2009945 hat der BGH klargestellt, dass der Empfänger der Auszahlung nicht mit seinem gegen den Insolvenzschuldner begründeten Schadensersatzanspruch gegen den aus der Anfechtung folgenden Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO aufrechnen kann. Wird dem Anleger in einem Schneeballsystem neben Scheingewinnen auch die Einlage ausgezahlt, kann sich der anfechtende Insolvenzverwalter nicht darauf berufen, die Einlage sei durch Verluste und Verwaltungsgebühren teilweise aufgebraucht.946 Ausschüttungen erfolgen jedoch in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage.947 a) Teilbarkeit der Rechtshandlung und Teilanfechtung

B 525 Eine einheitliche Rechtshandlung ist grundsätzlich nur insgesamt an-

fechtbar.948 Dies gilt auch für den Abschluss von Verträgen, welche die 942 943 944 945

BGH v. 2.12.2004 – IX ZR 200/03, MDR 2005, 713 = NJW 2005, 884 (887). Vgl. dazu BGH v. 23.10.1980 – IVa ZR 45/80, NJW 1981, 277 (278). BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 163/09, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1401 ff. BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 221/07, BRAK 2008, 14 m. Anm. Jungk = GWR 2009, 97. 946 BGH v. 9.12.2010 – IX ZR 60/10, ZIP 2011, 390 ff. 947 BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 18/10, ZIP 2011, 674 ff. 948 Vgl. BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76 (83 f.) = MDR 1994, 468; v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZInsO 2008, 558 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 72.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 528 B

Gläubiger des Schuldners benachteiligen. Die Anfechtung einzelner Bestimmungen eines Vertrages ist im Grundsatz ausgeschlossen.949 Bei Austauschvertägen, bei denen die dem Schuldner zu erbringende Gegenleistung hinter dem Wert seiner Leistung zurückbleibt, kommt eine Teilanfechtung nicht in Betracht.950 Gewährt der Schuldner dem Gläubiger eine Sicherheit, die neben einem neu gewährten Kredit auch sogenannte „Altverbindlichkeiten“ des Schuldners absichern soll, so unterliegt die Sicherheitenbestellung daher im Grundsatz insgesamt der Anfechtung.951 Die Anfechtung eines Vertrages kann allerdings die Wirkung einer Teilanfechtung haben, wenn die anfechtbare Rechtshandlung das Schuldnervermögen nur in begrenztem Umfang geschmälert hat und das Rechtsgeschäft insoweit teilbar ist.952 Teilbar in diesem Sinn ist etwa ein ansonsten ausgewogener Vertrag, der den Schuldner bzw. dessen Gläubiger in Einzelpunkten gezielt für den Fall der Insolvenz benachteiligt. In diesem Fall entfällt für die Rückabwicklung allein die benachteiligende Klausel.953 Eine Gläubigerbenachteiligung kommt in einem solchen Fall in Betracht, wenn dem späteren Insolvenzschuldner gezielt für den Fall der Insolvenz Vermögensnachteile auferlegt werden, welche über die gesetzlichen Folgen hinausgehen und nicht zur Erreichung des Vertragszwecks geboten sind.954

B 526

Der BGH hat dies für einen Vertrag über eine Breitbandverteilanlage entschieden, nach dem die Anlage im Falle des Konkurses der Schuldnerin entschädigungslos in das Eigentum der Stadt übergehen sollte. Entweder hätte der Konkursverwalter selbst erwägen können, die Arbeiten fortzusetzen, oder aber hätte er von der vertraglich vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen können, die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag auf einen Dritten zu übertragen, wie es die verklagte Stadt später getan hatte.955

B 527

Ist die Vereinbarung eines Heimfallanspruchs in einem Erbbaurechtsvertrag gläubigerbenachteiligend und daher anfechtbar, kann der Insolvenz-

B 528

949 BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZIP 2008, 1028 ff. Rz. 16; v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1120 (1123). 950 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 247. 951 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 102; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 238; OLG Hamburg v. 26.10.1984 – 11 U 168/83, ZIP 1984, 1373 ff. 952 BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZIP 2008, 1028 ff. Rz. 16. 953 BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Breitbandverteilanlage“, BGHZ 124, 76 (84) = MDR 1994, 468. 954 BGH v. 13.3.2008 – IX ZB 39/05, MDR 2008, 884 = NotBZ 2008, 266 m. Anm. Suppliet = ZIP 2008, 1028 ff. Rz. 16; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76 (81) = MDR 1994, 468. 955 BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76 ff. = MDR 1994, 468. Schäfer

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B Rz. 528

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

verwalter verlangen, dass die Masse so gestellt wird, wie wenn der Vertrag ohne diese Vereinbarung abgeschlossen worden wäre.956

B 529 Nach einem Urteil des BGH vom 11.6.1980957 soll bei einem unangemessen hohen Sanierungshonorar eine Korrektur durch die Insolvenzanfechtung nur insoweit geboten sein, als die Gläubiger des Schuldners benachteiligt wurden. Sei das vereinbarte Anwaltshonorar nur teilweise unangemessen, so sei jedenfalls dann, wenn das zur Erfüllung Geleistete teilbar sei, nur der nicht angemessene Teil der Vergütung zur Masse zurückzugewähren. Es sei zu prüfen, ob das angefochtene Rechtsgeschäft die Gläubiger nur zum Teil benachteilige, mit der Folge, dass die Anfechtung nur teilweise durchgreife.

B 530 Diese Entscheidung wird im Schrifttum zum Teil kritisiert.958 Es wird zu Recht darauf hingewiesen, dass Verschleuderungsgeschäfte des Schuldners gemäß § 132 Abs. 1 InsO nicht etwa teilweise aufrechterhalten und nur die gegenseitigen Leistungen einander angepasst werden. So ergäbe etwa § 144 Abs. 2 InsO, wonach eine Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zu erstatten ist, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist, keinen Sinn, wenn der Vertrag nur so anzupassen wäre, dass die Gläubigerbenachteiligung entfällt.959 Es ist aber unverkennbar eine Neigung festzustellen, in bestimmten Fällen von einer nur teilweisen Wirkung der Anfechtung auszugehen.960 Zum Teil wird es als ausreichend angesehen, dass die in Erfüllung des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts erbrachte Leistung teilbar ist.961

B 531 Der BGH ist in einer Entscheidung vom 14.5.1975962 zum verlängerten Eigentumsvorbehalt davon ausgegangen, dass der Forderungserwerb aufgrund einer Vorausabtretung nur insoweit angefochten werden kann, als die Forderung den Anteilswert des Vorbehaltsverkäufers an der mit der Vorbehaltsware hergestellten Sache übersteigt.963

B 532 Bestellt der Schuldner durch eine einheitliche Rechtshandlung eine Sicherheit für zwei Forderungen und bestand nur hinsichtlich einer der Forderungen eine in unkritischer Zeit begründete Verpflichtung zur Si956 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = ZInsO 2007, 600 ff. 957 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 ff. = MDR 1980, 843; vgl. dazu noch OLG Düsseldorf v. 13.4.1989 – 12 U 81/88, ZIP 1989, 1072 ff. zu einer Abfindungsvereinbarung. 958 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 14; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 23; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 248. 959 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 247. 960 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 81. 961 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechtshandbuch, § 46 Rz. 41. 962 BGH v. 14.5.1975 – VIII ZR 254/73, BGHZ 64, 312 ff. 963 Vgl. dazu noch BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZInsO 2000, 349.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 534 B

cherheitenbestellung, so ist die Gewährung der Sicherheit nur insoweit anfechtbar, als sie die zweite Forderung betrifft. Ergibt sich aus der getroffenen Vereinbarung keine eindeutige Zuordnung der Sicherheit, so ist § 366 Abs. 2 BGB anzuwenden. Bestand eine fällige Verpflichtung zur Sicherheitenbestellung für eine der Forderungen vor der kritischen Zeit des § 131 InsO, so ist diese als die ältere Schuld im Sinne des § 366 Abs. 2 BGB anzusehen, so dass die Sicherheit in erster Linie als für diese Forderung bestellt anzusehen ist. Sie ist dann nur in dem Umfang nach § 131 InsO anfechtbar, wie ihr Wert diese Forderung übersteigt.964 b) Zurückbehaltungsrechte Ein auf § 273 Abs. 1 BGB gestütztes Zurückbehaltungsrecht hat zugunsten bloßer Insolvenzgläubiger innerhalb der Insolvenz keine Wirkung.965 Der Anfechtungsgegner kann daher zwar wegen eines sich aus § 144 Abs. 2 InsO ergebenden Anspruchs auf Erstattung der Gegenleistung ein Zurückbehaltungsrecht ausüben.966 Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch hat seine Grundlage aber in einem gesetzlichen Tatbestand, der das Ergebnis einer Abwägung der Interessen des Anfechtungsgegners mit denen der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger darstellt und deshalb von den Rechtsbeziehungen zwischen dem Schuldner und dem Anfechtungsgegner losgelöst ist. Er kann deshalb nicht ohne weiteres mit gegen die Masse gerichteten Ansprüchen verknüpft werden, die nicht – wie eine nach § 144 Abs. 2 InsO zu erstattende Gegenleistung – mit dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch in einem besonders engen Zusammenhang stehen. So kann etwa für Aus- oder Absonderungsansprüche wegen anderer Leistungen als derjenigen, deren Absicherung der anfechtbar erlangte Gegenstand dienen sollte, ein solch enger, ein Zurückbehaltungsrecht begründender Zusammenhang nicht bejaht werden. Dem Anfechtungsgegner steht daher gegenüber dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht wegen des Anspruchs auf Auskunft über den Verbleib von Gegenständen zu, an denen ihm ein Aus- oder Absonderungsrecht zusteht.967

B 533

4. Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs a) Anfechtungsberechtigter Im Regelinsolvenzverfahren ist nur der Insolvenzverwalter anfechtungsberechtigt, nicht die einzelnen Insolvenzgläubiger. Bei der Eigenverwaltung (vgl. § 270 InsO) steht das Anfechtungsrecht gemäß § 280 InsO dem 964 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 236, 237. 965 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 457/99, BGHZ 150, 138 (145) = MDR 2002, 907; v. 2.12.2004 – IX ZR 200/03, MDR 2005, 713 = NJW 2005, 884 (886). 966 BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, MDR 1986, 1021 = WM 1986, 841 (842); v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, MDR 2000, 903 = NJW 2000, 3777 (3781). 967 BGH v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, MDR 2000, 903 = NJW 2000, 3777 (3781). Schäfer

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B 534

B Rz. 534

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

Sachwalter zu. Im vereinfachten Insolvenzverfahren (vgl. §§ 311 ff. InsO) ist im Grundsatz nicht der Treuhänder, sondern jeder Insolvenzgläubiger zur Anfechtung berechtigt (§ 313 Abs. 2 Satz 1 InsO). Gemäß § 313 Abs. 2 Satz 3 InsO kann allerdings die Gläubigerversammlung den Treuhänder oder einen Gläubiger mit der Anfechtung beauftragen. Im Schrifttum wird ferner zu Recht eine Anfechtbarkeit nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit im Hinblick auf eine mögliche Nachtragsverteilung (vgl. §§ 203 ff. InsO) befürwortet, selbst wenn es an einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger in diesem Fall fehlt.968

B 535 Zu beachten ist ferner, dass der Anfechtungsgegner nach der Rechtsprechung des BGH einer Anfechtung durch mehrere Anfechtungsberechtigte ausgesetzt sein kann.969 Dies gilt etwa dann, wenn ein Dritter den Schuldner anweist, einen seiner Gläubiger zu befriedigen und die Forderung dieses Gläubigers gegen den Dritten als wertlos anzusehen ist. In diesem Fall kommt sowohl eine Deckungsanfechtung des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Dritten gegen den Zahlungsempfänger als auch eine „Schenkungsanfechtung“ des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Schuldners gegen den Zahlungsempfänger in Betracht. Dabei ist die Deckungsanfechtung allerdings vorrangig gegenüber der „Schenkungsanfechtung“.970 Bestreitet der Anfechtungsgegner die Sachbefugnis des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Angewiesenen unter Hinweis auf einen konkurrierenden Anfechtungsanspruch des Insolvenzverwalters des Anweisenden, so hat er darzulegen und zu beweisen, dass ein vorrangiger Anfechtungsanspruch besteht, der in unverjährter Zeit erhoben wurde.971

B 536 Hat der persönlich haftende Gesellschafter vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft Leistungen an einen Gesellschaftsgläubiger erbracht, ist grundsätzlich der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft zur Anfechtung berechtigt. Bei einer Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter steht das Recht zur Insolvenzanfechtung dem Insolvenzverwalter über das Vermögen des Gesellschafters zu, der von dem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen worden ist. Der Anfechtungszeitraum errechnet sich in diesem Fall nach dem früher gestellten Insolvenzantrag.972 Der Anfechtungsgegner muss den anfechtbar erlangten Gegenstand an den Insolvenzverwalter des Gesellschafters herausgeben und seinen gemäß § 144 Abs. 1 InsO wiederaufgelebten Anspruch im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft anmelden. Deren Insolvenzverwalter macht die persönliche Haftung des Gesellschafters geltend und erhält in dessen Insolvenz968 Pape, ZIP 2001, 901 ff. 969 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 84. 970 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345; kritisch dazu Bork, ZIP 2008, 1048 unter 3.2. 971 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 239 ff. Rz. 49. 972 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 ff. = MDR 2009, 171.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 539 B

verfahren eine aufgrund der erfolgreichen Anfechtung des anderen Insolvenzverwalters erhöhte Quote.973 b) Anfechtungsgegner Anfechtungsgegner ist im Grundsatz derjenige, der die anfechtbare Leistung des Schuldners empfangen hat (vgl. § 144 Abs. 1 InsO). Dazu hat der BGH durch Urteil vom 12.2.2004 klargestellt, dass Anfechtungsgegnerin auch eine tarifvertraglich zur Einziehung von Sozialkassenbeiträgen der Arbeitgeber ermächtigte Einzugsstelle sein kann, soweit sie die fremdnützig eingezogenen Beiträge an die berechtigten Sozialkassen ausgekehrt hat.974 Auch im Bereich des Insolvenzanfechtungsrechts kann eine Rechtsscheinhaftung in Betracht kommen, wenn ein Unternehmen den ihm zurechenbaren Rechtsschein erweckt hat, mit einem anderen Unternehmen identisch zu sein.975 Wurde ein anfechtbares Rechtsgeschäft mit mehreren Personen abgeschlossen, so haften diese nicht schon wegen des gemeinsamen Erwerbsvorgangs als Gesamtschuldner, sondern nur dann, wenn eine unteilbare Leistung zurückzugewähren ist (vgl. § 431 BGB); im Falle einer teilbaren Leistung haftet jeder Erwerber anteilig.976

B 537

Als Anfechtungsgegner einer Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO kommt nur ein Insolvenzgläubiger in Betracht.977 Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Inhaber von Absonderungsrechten aufgrund der Neuregelung des § 52 InsO wegen ihrer gesamten persönlichen Forderung – und nicht nur wegen ihres Ausfalls – Insolvenzgläubiger sind.978 Deshalb betreffen Rechtshandlungen, die nicht nur der Befriedigung des Absonderungsrechts dienen, sondern die durch das Absonderungsrecht gesicherten Forderungen erfüllen, deren Berechtigte in ihrer Eigenschaft als Insolvenzgläubiger. Der absonderungsberechtigte Gläubiger als Inhaber seines Sicherungsrechts ist dagegen insoweit nicht Insolvenzgläubiger.979

B 538

Nach der Rechtsprechung des BGH richtet sich die Bestimmung des Anfechtungsgegners bei mittelbaren Zuwendungen in Mehrpersonenverhältnissen im Grundsatz nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.980 Bei mittelbaren Zuwendungen über eine angewie-

B 539

973 974 975 976 977 978 979 980

Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 3. Vgl. BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 70/03, MDR 2004, 904 = NJW 2004, 2163 f. BGH v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 f. Rz. 7. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 58; MK-InsO/Kirchhof, § 143 Rz. 6. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341 Rz. 14; v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 18; Nerlich in Nerlich/Römermann, § 130 Rz. 44. BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZInsO 2006, 544 ff. Rz. 13, 14. Vgl. BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463; v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZInsO 2004, 499 ff. Schäfer

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B Rz. 539

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

sene Mittelsperson kommt daher im Grundsatz nur der Leistungsempfänger und nicht etwa die Mittelsperson als Anfechtungsgegner in Betracht.981 Eine Ausnahme gilt zum einen dann, wenn in der Person des Angewiesenen die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind.982 Eine weitere Ausnahme soll dann gelten, wenn nicht nur der Leistungsempfänger, sondern auch der Leistungsmittler einen eigenen Vorteil erlangt hat.983

B 540 Eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, wonach sich die Anfechtung nach den bereicherungsrechtlichen Leistungsbeziehungen richtet, gilt nach der Rechtsprechung dann, wenn im Falle der Tilgung einer fremden Schuld durch den Insolvenzschuldner die befriedigte Forderung des Gläubigers gegen dessen Schuldner (Drittschuldner) wertlos war. In diesem Fall kann die „Schenkungsanfechtung“ des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Schuldners mit der Deckungsanfechtung des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Drittschuldners konkurrieren, wobei Letztere vorrangig ist.984

B 541 Macht der Schuldner in der Krise durch Erfüllungshandlungen eine vorausabgetretene Forderung werthaltig, so stellt dies nach der Rechtsprechung des BGH eine Rechtshandlung dar, die gegenüber mehreren Personen Rechtswirkungen entfaltet und somit sowohl gegenüber dem unmittelbaren Leistungsempfänger als auch gegenüber dem Zessionar angefochten werden kann. Beide Gläubiger haften gegebenenfalls als Gesamtschuldner.985

B 542 Erbringt der Schuldner Vorleistungen auf einen beabsichtigten Vertrag und erteilt er später aufgrund finanzieller Schwierigkeiten sein Einverständnis zu einem Vertragsschluss zwischen dem vorgesehenen Auftraggeber und einem Dritten, so kommt der Dritte nach der Rechtsprechung des BGH als Anfechtungsgegner einer unentgeltlichen Leistung im Sinne des § 134 InsO in Betracht, wenn sich der Dritte die Vorarbeiten des Schuldners zunutze gemacht hat.986

981 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463. 982 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341. 983 Vgl. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZIP 2008, 2183 ff. Rz. 23; v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 ff. – insoweit in BGHZ 138, 291 ff. nicht abgedruckt; Uhlenbruck/ Hirte, § 129 Rz. 87a mit Hinweis auf RGZ 117, 86 (88). 984 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345; kritisch dazu Bork, ZIP 2008, 1041 (1048). 985 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = ZIP 2008, 372 ff. Rz. 16 (17); vgl. dazu oben Rz. B146 ff. 986 Vgl. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1118 ff. und ergänzend oben Rz. B154 ff.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 546 B

c) Ausübung des Anfechtungsrechts Für die Ausübung des Anfechtungsrechts genügt jede erkennbare – auch konkludente – Willensäußerung, dass der Insolvenzverwalter eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnimmt, sondern zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder auszugleichen sucht.987 Die Anfechtung muss daher nicht – geschweige denn ausdrücklich – als solche „erklärt“ und insbesondere nicht – wie nach früherem Recht – durch Klage geltend gemacht werden. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Insolvenzverwalter überhaupt auf einen bestimmten Anfechtungstatbestand berufen hat; vielmehr genügt es, dass der dem Gericht unterbreitete Sachverhalt einen Anfechtungstatbestand erfüllt. Das Gericht ist von Amts wegen verpflichtet, den Sachverhalt auch unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung zu prüfen (Grundsatz „jura novit curia“).988

B 543

d) Gerichtliche Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs In der Regel wird der Anspruch auf Rückgewähr des anfechtbar weggegebenen Gegenstandes gemäß § 143 InsO durch Leistungsklage geltend gemacht. Trotz möglicher Leitungsklage ist aber auch ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO für eine Feststellungsklage gegeben, wenn zu erwarten ist, dass ein Feststellungsurteil zu einer endgültigen Streitbeilegung führen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn angenommen werden kann, dass der Beklagte bereits auf ein Feststellungsurteil hin leisten wird.989

B 544

Da der Insolvenzverwalter das Anfechtungsrecht für die Insolvenzmasse ausübt, ist ein Klageantrag, mit dem ein Insolvenzverwalter Leistung an sich begehrt, in der Regel dahingehend auszulegen, dass Leistung an ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter verlangt wird.990

B 545

Der Insolvenzverwalter kann den Anfechtungsgegner durch Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in Anspruch nehmen.991 Auf der Grundlage der neueren Rechtsprechung des BGH992 dürfte ferner eine Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO zulässig sein, wenn etwa ein Gläubiger des Anfechtungsgegners den vom Schuldner anfechtbar erwor-

B 546

987 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 209/06, MDR 2008, 827 = ZInsO 2008, 508 f. 988 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, ZInsO 1999, 640 ff. unter III. 2. – insoweit nicht in BGHZ 142, 284 ff. abgedruckt = MDR 1999, 1463. 989 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610 Rz. 7. 990 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 195. 991 Vgl. BGH v. 5.2.1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36 (42) = MDR 1987, 494; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 16. 992 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. Schäfer

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B Rz. 546

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

benen Gegenstand gepfändet hat.993 Eine Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO kann erhoben werden, wenn das in anfechtbarer Weise erlangte Recht aufgrund eines vor der Insolvenzeröffnung erwirkten Titels geltend gemacht wird. Eine Vollstreckungsabwehrklage kommt etwa in Betracht, wenn der durch eine anfechtbar erlangte Sicherungshypothek gesicherte Gläubiger die Zwangsversteigerung des schuldnerischen Grundstücks betreibt.994

B 547 Die Anfechtungsklage muss den Gegenstand der Anfechtung und die Tatsachen bezeichnen, aus denen die Anfechtungsberechtigung hergeleitet wird.995 Dabei stellt jedoch der Übergang von einem Anfechtungstatbestand zu einem anderen keine Klageänderung dar, sofern der zugrundeliegende Sachverhalt derselbe bleibt. Eine Klageänderung ist indes beim Übergang von einem der Tatbestände der §§ 130 ff. InsO auf einen der Tatbestände des § 145 Abs. 2 InsO (Rechtsnachfolge) sowie dann gegeben, wenn eine zunächst ausschließlich auf Insolvenzanfechtung gestützte Klage auf einen Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB umgestellt wird.996

B 548 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH wahrt die rechtzeitige Geltendmachung eines anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs in Natur zugleich die Frist für einen Wertersatzanspruch.997 Umgekehrt wahrt aber auch die klageweise Geltendmachung des Anspruchs auf Wertersatz die Rechte für den nach Ablauf der Anfechtungsfrist im Berufungsrechtszug verfolgten Primäranspruch.998

B 549 Macht der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch gerichtlich geltend, so kann er zwar bestimmte Sachverhalte von der Anfechtung ausnehmen. Davon ist jedoch nicht schon dann auszugehen, wenn sich sein Vorbringen nur auf eine bestimmte Rechtshandlung bezieht. Verfolgt der Verwalter vor Gericht das Ziel, dass der Gegner einen erworbenen Gegenstand zumindest wertmäßig wieder der Masse zuführt, stützt er sein Begehren auf einen Sachverhalt, der geeignet sein kann, die Voraussetzungen einer Anfechtungsnorm zu erfüllen, und lässt der Vortrag erkennen, welche Rechtshandlungen angefochten werden, so wird die Verjährung bezüglich all dieser Rechtshandlungen gehemmt.999

993 994 995 996

Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 51 Rz. 29. HambKomm-InsO/Rogge, § 143 Rz. 120. BGH v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, MDR 1991, 962 = ZIP 1991, 1014 ff. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 143 Rz. 62; BGH v. 16.9.2008 – IX ZR 172/07, MDR 2008, 1351 = ZIP 2008, 1991 f. 997 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 245/06, MDR 2008, 1358 = ZIP 2008, 2136 ff. Rz. 14; v. 19.10.1983 – VIII ZR 156/82, WM 1983, 1313 (1315). 998 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 245/06, MDR 2008, 1358 = ZIP 2008, 2136 ff. Rz. 14 ff. 999 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 209/06, MDR 2008, 827 = ZInsO 2008, 508 f.

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III. Anfechtungsanspruch

Rz. 553 B

Es ist ferner zu beachten, dass der Insolvenzverwalter, der die Unzulässigkeit einer Aufrechnung oder Verrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO geltend macht, die Anfechtbarkeit von Rechten, die möglicherweise einer objektiven Gläubigerbenachteiligung entgegenstehen, nicht innerhalb der Anfechtungsfrist des § 146 InsO geltend machen muss.1000

B 550

Praktisch bedeutsam für die Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen ist ein Urteil des BGH vom 13.8.2009,1001 wonach kein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber Personen besteht, die lediglich im Verdacht stehen, etwas vom Schuldner in anfechtbarer Weise erworben zu haben. Der Insolvenzverwalter kann zur Vorbereitung einer Insolvenzanfechtungsklage nicht von einem Gläubiger, der Zahlungen des Schuldners erhalten hat, Auskunft darüber verlangen, ob der Schuldner auf Vollstreckungsdruck hin geleistet hat. Erst wenn der Anfechtungsanspruch dem Grunde nach feststeht und es nur noch um die nähere Bestimmung des Anspruchs geht, begründet das Rückgewährschuldverhältnis entsprechende Auskunftspflichten des Anfechtungsgegners.1002 Ob ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes oder der Länder gestützt werden kann, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.1003

B 551

Hinsichtlich der gerichtlichen Zuständigkeit ist als Besonderheit zu beachten, dass zwar in Ausnahmefällen der ausschließliche dingliche Gerichtsstand gemäß 24 ZPO in Betracht kommt, dies aber trotz der haftungsrechtlichen Zuordnung des weggegebenen Gegenstandes zum Schuldnervermögen nicht für den Rückgewähranspruch gemäß § 143 InsO gilt.1004

B 552

Die Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im Falle der Anfechtung der Zahlung rückständigen Arbeitslohns an die Arbeitnehmer des insolventen Arbeitgebers war zwischen dem Bundesarbeitsgericht und dem BGH streitig geworden. Aufgrund der divergierenden Auffassungen hat Letzterer dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob für die Klage des Insolvenzverwalters gegen einen Arbeitnehmer des Schuldners aus Insolvenzanfechtung der ordentliche Rechtsweg auch dann gegeben ist, wenn die Anfechtung eine vom Schuldner geleistete Vergütung betrifft.1005 Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes ist in einem Be-

B 553

1000 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, MDR 2008, 1300 = ZInsO 2008, 913 ff. 1001 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06, ZInsO 2009, 1810 f. sowie zuvor schon BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, MDR 1999, 430 = NJW 1999, 1033 (1034). 1002 BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, NJW 1999, 1034. 1003 Vgl. dazu BVerwG v. 9.11.2010 – 7 B 43.10, ZIP 2011, 41 ff. 1004 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 146 Rz. 33. 1005 Vgl. BGH v. 2.4.2009 – IX ZB 182/08, MDR 2009, 886 = ZInsO 2009, 820 ff. und BAG v. 27.2.2008 – 5 AZB 43/07, ZInsO 2008, 391 f. Schäfer

207

B Rz. 553

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

schluss vom 27.9.20101006 der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt.

B 554 Für insolvenzrechtliche Anfechtungsklagen gegen Sozialversicherungs-

träger hat der BGH aber nunmehr durch Beschluss vom 24.3.20111007 die Eröffnung des Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten bekräftigt.

B 555 Zu beachten ist ferner, dass der vom Insolvenzverwalter erhobene Einwand der Anfechtbarkeit im Falle der Aufrechnung nicht rechtswegbestimmend ist. Ist daher für eine Klage das Sozialgericht zuständig und rechnet der Anfechtungsgegner mit sozialrechtlichen Forderungen gegenüber der Klageforderung auf, so verbleibt es auch im Falle der Anfechtung der Aufrechnung beim Rechtsweg für sozialrechtliche Ansprüche, da die Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig ist, es somit gar keiner Anfechtung bedarf und daher auch kein Anfechtungsanspruch Verfahrensgegenstand ist.1008

B 556 Wesentlich für die Frage der internationalen Zuständigkeit bei Insolvenzanfechtungsklagen ist schließlich ein neueres Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 12.2.2009.1009 Danach ist Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO) dahingehend auszulegen, dass die Gerichte des Mitgliedstaates, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner, der seinen satzungsmäßigen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, zuständig sind. Auch über die Frage der örtlichen Zuständigkeit für Anfechtungsklagen in diesen Fällen hat der BGH inzwischen entschieden. Sind die deutschen Gerichte für eine Insolvenzanfechtungsklage europarechtlich international zuständig, ohne dass nach den allgemeinen deutschen Gerichtsstandsbestimmungen eine örtliche Zuständigkeit begründet wäre, so ist das sachlich zuständige Streitgericht für den Sitz des eröffnenden Insolvenzgerichts ausschließlich örtlich zuständig.1010

IV. Zeitliche Reichweite des § 129 InsO B 557 Nach § 129 InsO sind Rechtshandlungen anfechtbar, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. § 147 InsO erweitert den Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung auf Rechtshandlungen, die noch nach der Insolvenzeröffnung gemäß §§ 81 Abs. 1, 91 Abs. 2 InsO zu einem wirksamen Erwerb kraft guten Glaubens geführt 1006 1007 1008 1009 1010

GemS-OGB 1/09, 27.9.2010 – ZInsO 2010, 2400 ff. BGH v. 24.3.2011 – IX ZB 36/09, MDR 2011, 631 = ZIP 2011, 683 ff. Vgl. BGH v. 2.6.2005 – IX ZB 235/04, MDR 2005, 1304 = ZIP 2005, 1334 f. EuGH v. 13.8.2009 – C-339/07, ZIP 2009, 427 f. BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 39/06, MDR 2009, 1250 = ZInsO 2009, 1270 ff.

208

Schäfer

V. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung

Rz. 560 B

haben. Nach der Insolvenzeröffnung vorgenommene Rechtshandlungen sind im Übrigen nach den §§ 81 Abs. 1 Satz 1, 91 Abs. 1 InsO unwirksam.

V. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung Wird über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, so ist gemäß § 16 Abs. 1 AnfG der Insolvenzverwalter berechtigt, die von den Insolvenzgläubigern erhobenen Anfechtungsansprüche zu verfolgen. Hat ein Gläubiger bereits zuvor einen vollstreckbaren Titel erwirkt, so kann der Insolvenzverwalter als Rechtsnachfolger gemäß §§ 727, 325 ZPO den Titel auf sich umschreiben lassen.1011 Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung das Recht zur Konkursanfechtung nicht schon als vor der Konkurseröffnung aufschiebend bedingt entstanden anzusehen war. Die gegenteilige Auffassung von Henckel1012 berücksichtige zwar im Ergebnis, nicht aber in der Begründung hinreichend den Unterschied zwischen der Einzelgläubigeranfechtung und der Konkursanfechtung. Wegen des weiteren Zwecks der Konkursanfechtung, die Gleichbehandlung aller Gläubiger nach Maßgabe der Konkursordnung durchzusetzen, sei sie mit der Einzelgläubigeranfechtung nicht identisch. Dieser fehle der zusätzliche Zweck; sie diene allein der Verwirklichung der Rechte des Anfechtenden. Auch wenn der Konkursverwalter aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung als Rechtsnachfolger eines einzelnen Gläubigers einen schwebenden Prozess fortführe, könnten daraus keine zwingenden Rückschlüsse auf die inhaltliche oder rechtliche Identität der verschiedenen geltend gemachten Ansprüche gezogen werden.1013

B 558

Der Anspruch eines Einzelgläubigers nach dem Anfechtungsgesetz ist mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr auf Leistung an den Gläubiger gerichtet (vgl. § 11 AnfG), sondern auf Leistung an die Insolvenzmasse.1014 Ist das Verfahren über den Anfechtungsanspruch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtshängig, so wird es unterbrochen und kann vom Insolvenzverwalter aufgenommen werden (vgl. § 17 AnfG).

B 559

Ein Gläubigeranfechtungsprozess wird durch die Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners (vgl. §§ 311 ff. InsO) unterbrochen. Nach der Eröffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens kann ein laufender Gläubigeranfechtungsprozess vom Gläubiger zugunsten der Insolvenzmasse fortgesetzt werden.1015

B 560

1011 1012 1013 1014 1015

Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 202. Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 37 Rz. 84 und 153. BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, BGHZ 130, 38 ff. = MDR 1995, 1225. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 90. BGH v. 3.12.2009 – IX ZR 29/08, MDR 2010, 525 = ZInsO 2010, 230 ff. Schäfer

209

B Rz. 561

§ 129 InsO – Grundtatbestand der Insolvenzanfechtung

B 561 Hat ein Insolvenzgläubiger bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund seines Anfechtungsanspruchs Sicherung oder Befriedigung erlangt, so gilt § 130 InsO entsprechend (§ 16 Abs. 2 AnfG).

B 562 Nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens können die Anfechtungsansprüche im Grundsatz wieder von den einzelnen Gläubigern verfolgt werden (vgl. § 18 AnfG).

210

Schäfer

C. § 130 InsO – Kongruente Deckung § 130 Kongruente Deckung (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, 1. wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder 2. wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Dies gilt nicht, soweit die Rechtshandlung auf einer Sicherungsvereinbarung beruht, die die Verpflichtung enthält, eine Finanzsicherheit, eine andere oder eine zusätzliche Finanzsicherheit im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes zu bestellen, um das in der Sicherungsvereinbarung festgelegte Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der geleisteten Sicherheiten wiederherzustellen (Margensicherheit). (2) Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags steht die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. (3) Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

10

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gewährung oder Ermöglichung einer Befriedigung bzw. Sicherung . . . . . . . . . . . . . a) Befriedigungen . . . . . . . . . . aa) Bankverrechnungen und Bankaufrechnungen (insbesondere im Kontokorrent) . . . . . . . . (1) Kündigung des Schuldners . . . . . . . .

18 18 23

40

Rz.

(2) Kontosperre. . . . . . . . . . . (3) Fortsetzung der Giroabrede. . . . . . . . . . . . (4) Eigennützige Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Sicherheitentausch . . . . bb) Scheckeinreichung . . . . . . . cc) Lastschriftverfahren . . . . . . b) Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Treuhänderische Sicherheitenverwaltung . . . . . . . . bb) Bauhandwerkersicherung . cc) Gesetzliche Pfandrechte . . c) Ausnahme Margensicherheiten; § 130 Abs. 1 Satz 2 InsO . .

47 49 54 55 56 58 60 64 70 72 73

46 Schäfer

211

C

§ 130 InsO – Kongruente Deckung Rz.

2. Zustand der materiellen Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zahlungsunfähigkeit . . . . . aa) Zahlungseinstellung . . bb) Liquiditätslücke; Abgrenzung zur Zahlungsstockung . . . . . . . cc) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit . . . . . dd) Indizien für Zahlungsunfähigkeit . . . . . . . . . . ee) Ursächlichkeit der Zahlungsunfähigkeit für die Insolvenzeröffnung; späterer Wegfall b) Eröffnungsantrag; Maßgeblichkeit für Anfechtungsfristen (§ 139 InsO) . .

76 77 78 80 82 87

91 95

Rz.

c) Anfechtungszeitraum . . . . . . . . 100 3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Kenntnis des Gläubigers; Nachweiserleichterung gemäß § 130 Abs. 2 InsO . . . . . . . 102 aa) Indizien für Gläubigerkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . 107 bb) Spezialfall Arbeitnehmervergütung . . . . . . . . . . . . . . . 110 b) Nachträglicher Wegfall der Gläubigerkenntnis . . . . . . . . . . . 115 c) Kenntniszurechnung bei Organ- bzw. Vertreterhandeln . . . 117 4. Darlegungs- und Beweislast; Erleichterung gegenüber nahestehenden Personen gemäß § 130 Abs. 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes C 1 § 130 InsO ist an die Stelle des § 30 Nr. 1 Alt. 2 KO getreten. Er regelt die Anfechtbarkeit einer dem Gläubiger gebührenden (kongruenten) Sicherung oder Befriedigung (sogenannte „Deckungsanfechtung“) innerhalb des kritischen Dreimonatszeitraums vor der Stellung des Insolvenzantrages und in der Zeit danach, sofern der Gläubiger den Eröffnungsantrag oder die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte. Dabei steht nach § 130 Abs. 2 InsO der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Während im Falle der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungseinstellung nach den §§ 30 Nr. 1 Alt 2, 33 KO Rechtshandlungen anfechtbar sein konnten, die im Zeitraum der letzten sechs Monate vor der Insolvenzeröffnung vorgenommen wurden, lässt § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO dies nur für die letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages zu. In der Regel hat diese Neuregelung eine Erweiterung der Anfechtungsmöglichkeiten zur Folge.1

C 2 Über § 30 Nr. 1 Alt. 2 KO hinaus werden von § 130 InsO auch die nach-

rangigen Gläubiger im Sinne des § 39 InsO einbezogen.2 Es werden weitergehend auch solche Rechtshandlungen erfasst, die eine Deckung „ermöglichen“. Mit dem Merkmal des „Ermöglichens“ sollen Rechtshandlungen erfasst werden, die dem Gläubiger noch keine Deckung gewähren, ihn aber in die Lage versetzen, sich eine Deckung zu verschaffen. 1 Vgl. dazu Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 824 Rz. 26. 2 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157.

212

Schäfer

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 5 C

Als Beispiel wird in der Gesetzesbegründung das Anerkenntnis im Prozess genannt.3 Hierzu zählen ganz allgemein Schuldanerkenntnisse, Schuldversprechen und die Nichteinlegung von Rechtsbehelfen.4 Mit dieser Erweiterung wird nach der Gesetzesbegründung klargestellt, dass eine Anfechtung derartiger Handlungen nicht nur unter den strengeren Voraussetzungen der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 InsO in Betracht kommt.5 § 130 InsO stellt im Gegensatz zu § 30 KO nicht mehr auf die Zahlungseinstellung, sondern auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ab. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass die Zahlungseinstellung zwar die wichtigste Erscheinungsform der Zahlungsunfähigkeit sei; es gebe aber genügend Fälle, in denen die Zahlungsunfähigkeit vorliege, obwohl der Schuldner noch einzelne Gläubiger befriedige. In diesen Fällen solle die Anfechtung unter den gleichen Voraussetzungen möglich sein wie bei einer allgemeinen Einstellung der Zahlungen.6

C3

In der Begründung zum Regierungsentwurf ist zwar davon die Rede, dass die zeitliche Nähe des Erwerbs zur Insolvenzeröffnung es rechtfertige, die grob fahrlässige Unkenntnis der Krise seitens des Anfechtungsgegners genügen zu lassen.7 Die Begründung des Rechtsausschusses des Bundestages8 lässt jedoch nach Ansicht des BGH erkennen, dass mit dem Erfordernis der Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO), ein strengerer Maßstab angelegt werden soll als jener der von der Bundesregierung vorgeschlagenen grob fahrlässigen Unkenntnis.9 Vorausgesetzt werde demgemäß, dass der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kenne, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folge. Dann könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf die Rechtsfolge selbst nicht gezogen habe.10

C4

§ 130 InsO ist im Verhältnis zu den §§ 131, 135 InsO a.F. Auffangtatbestand, wenn die Inkongruenz der Deckungshandlung bzw. die eigenkapitalersetzende Funktion der Forderung des Gläubigers nicht festzustellen ist.11 Sind die sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen des

C5

3 4 5 6 7 8

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 12. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 173. 9 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 10 Vgl. dazu noch BGH v. 15.10.2009 – IX ZR 201/08, MDR 2010, 235 = ZIP 2009, 2306 f. Rz. 11. 11 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 5. Schäfer

213

C Rz. 5

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

§ 130 InsO erfüllt, kann letztlich offen bleiben, ob eine kongruente oder eine inkongruente Deckung im Sinne des § 131 InsO gegeben ist. Es ist kein Fall denkbar, in dem eine möglicherweise inkongruente Deckung zwar § 130 InsO, nicht aber § 131 InsO erfüllt.12

C 6 In seinem Urteil vom 16.9.199913 hat sich der BGH der Auffassung im Schrifttum14 angeschlossen, wonach sich die Tatbestände der Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) und der Tatbestand des § 132 InsO gegenseitig ausschließen. Diese Auffassung werde den schutzwürdigen Belangen aller Beteiligten gerecht. Hat etwa der zahlungsunfähige Schuldner Ware zu einem deutlich überhöhten Preis gekauft, um überhaupt noch Ware zu bekommen, so ist der Abschluss des Kaufvertrages nach § 132 InsO anfechtbar. Die Zahlung des Kaufpreises durch den Schuldner kann nach den §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein. Ein und dieselbe Rechtshandlung kann danach jedoch niemals sowohl den Tatbestand des § 132 InO als auch einen Tatbestand der Deckungsanfechtung erfüllen.15

C 7 Die §§ 130, 131 InsO erfassen allerdings nur Rechtshandlungen, die ge-

genüber einem Insolvenzgläubiger vorgenommen wurden.16 Es ist daher streitig,17 ob § 132 InsO anwendbar ist, wenn der Empfänger einer Verfügung des Schuldners kein Insolvenzgläubiger ist. Von praktischer Bedeutung ist dies im Wesentlichen bei der Zahlung auf fremde Schuld; die Anwendbarkeit des § 132 InsO dürfte in diesem Fall zu verneinen sein.18

C 8 Die Tatbestände der Deckungsanfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO regeln die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen, die im Zustand der materiellen Insolvenz vorgenommen wurden.19 Durch § 130 InsO soll – ebenso wie durch § 131 InsO – bereits für eine bestimmte Zeit vor der Insolvenzeröffnung dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger („par condicio creditorum“) im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners Geltung verschafft werden. Beide Tatbestände der Deckungsanfechtung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die materiellen Wirkungen der Insolvenz schon vor der formellen Insolvenz-

12 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 5; Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 7 Rz. 13. 13 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463. 14 Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 9. 15 Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 9. 16 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 (316) = MDR 2008, 341; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 16; Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 7 Rz. 37. 17 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 4 – a.A. Henckel, ZIP 2004, 1671 (1673); Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95. 18 Siehe dazu unten Rz. E6 ff. 19 Vgl. BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff.

214

Schäfer

II. Allgemeines

Rz. 12 C

eröffnung eintreten.20 Im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung wird den Gläubigern die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt.21 Wer in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder des Eröffnungsantrages noch Sicherung oder Befriedigung erlangt, soll das Erlangte nicht behalten dürfen. Das System der Anfechtungsregeln verdrängt in dem von ihm abgedeckten zeitlichen Bereich das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Dann tritt etwa auch die Befugnis des Gläubigers zur zwangsweisen Durchsetzung seiner Ansprüche hinter dem Schutz der Gläubigergemeinschaft zurück.22

C9

II. Allgemeines Tatbestandliche Voraussetzung des § 130 InsO ist eine anfechtbare Rechtshandlung,23 die jedoch nicht der Schuldner selbst vorgenommen haben muss. Praktisch bedeutsame Beispiele stellen die Herbeiführung einer Aufrechnungslage ohne Zutun des Schuldners sowie speziell die Kontokorrentverrechnung durch die Bank des Schuldners dar.24

C 10

Wie jeder Anfechtungstatbestand setzt § 130 InsO nach der Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO eine Gläubigerbenachteiligung voraus. Eine mittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger genügt jedoch für die Anwendung des § 130 InsO.25

C 11

Anfechtungsgegner der Deckungsanfechtung nach § 130 InsO kann nur ein Insolvenzgläubiger sein (vgl. die §§ 38, 39 InsO) bzw. ein Gläubiger, der ohne die erlangte Deckung im anschließenden Insolvenzverfahren Insolvenzgläubiger gewesen wäre.26 Tilgt daher der Schuldner eine fremde Schuld eines Dritten, so scheitert die Deckungsanfechtung gegenüber dem Zuwendungsempfänger in der Regel daran, dass dieser nicht Insol-

C 12

20 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832; v. 7.12.2006 – IX ZR 157/05, MDR 2007, 612 = ZIP 2007, 136 f. Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 1. 21 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 17 = MDR 2005, 832. 22 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff.; BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (353) = MDR 2004, 775; v. 11.4.2002 – IX ZR 211/01, MDR 2002, 1027 = NJW 2002, 2568; v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 (311 ff.) 23 Siehe dazu die Ausführungen zu § 129 InsO. 24 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZInsO 2009, 1054 ff. 25 BGH v. 11.6.1992 – IX ZR 147/91, MDR 1992, 959 = NJW 1992, 2485 (2486). 26 Vgl. BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. Rz. 12; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 3. Schäfer

215

C Rz. 12

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

venzgläubiger ist.27 Dabei ist jedoch zu beachten, dass mit der Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten zugleich die Tilgung einer Forderung des befriedigten Gläubigers (als künftigem Insolvenzgläubiger) gegenüber dem Schuldner einhergehen kann. So ist etwa der befriedigte Gläubiger, zu dessen Gunsten sich der zahlende Schuldner selbstschuldnerisch verbürgt hat, in der Insolvenz des Schuldners Insolvenzgläubiger, weil er wegen seiner Bürgschaftsforderung am Insolvenzverfahren teilnehmen kann.28 Denn bei einer selbstschuldnerischen Bürgschaft findet der Grundsatz der Doppelberücksichtigung Anwendung.29

C 13 Der Schuldner befriedigt auch dann einen (künftigen) Insolvenzgläubiger, wenn er vor der Insolvenzeröffnung den Freistellungsanspruch eines neben ihm haftenden Gesamtschuldners erfüllt. Ob der Empfänger der Leistung des Schuldners tatsächlich am Verfahren teilnehmen würde, spielt keine Rolle, weil davon die Gläubigerbenachteiligung durch die Rechtshandlung des Schuldners nicht abhängig ist. Ein Anfechtungsanspruch gegen den Gesamtschuldner kommt daher auch dann in Betracht, wenn er gemäß § 44 InsO seinen Ausgleichsanspruch nicht geltend machen kann.30

C 14 Aussonderungsberechtigte im Sinne der §§ 47, 48 InsO sind keine Insolvenzgläubiger. Der absonderungsberechtigte Gläubiger ist zwar als Inhaber eines Sicherungsrechts nicht Insolvenzgläubiger;31 Inhaber von Absonderungsrechten sind aber aufgrund der Neuregelung in § 52 InsO wegen ihrer gesamten persönlichen Forderung, nicht nur wegen ihres Ausfalls, Insolvenzgläubiger. Deshalb betreffen Rechtshandlungen, die nicht nur der Befriedigung des Absonderungsrechts dienen, sondern auch die durch das Absonderungsrecht gesicherten Forderungen erfüllen, deren Berechtigte in ihrer Eigenschaft als Insolvenzgläubiger.32

C 15 Verschafft sich der Absonderungsberechtigte in der kritischen Zeit den Besitz an dem beweglichen Sicherungsgut des Schuldners, handelt er auch im Hinblick auf seine gesicherte Forderung, deren Befriedigung er anstrebt. Dies gilt umso mehr dann, wenn der Absonderungsberechtigte noch keinen fälligen Anspruch auf Verwertung des Sicherungsguts hat, sondern diese lediglich sicherstellen will.33 Das der Insolvenzmasse gemäß §§ 166 Abs. 2, 170, 171 InsO verbleibende Recht verkörpert durch-

27 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZInsO 2004, 499 ff. 28 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = NJW 2008, 3780 (3781). 29 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 124; MK-InsO/Bitter, § 43 Rz. 11. 30 BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. 31 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. Rz. 14; Eckardt, ZIP 1999, 1734 (1741); Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 28. 32 BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, MDR 2006, 1431 = ZIP 2006, 1009 ff. Rz. 13; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 18. 33 Vgl. BGH v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, UR 2007, 583 = MDR 2007, 1101 = ZIP 2007, 1126 ff. Rz. 25.

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II. Allgemeines

Rz. 17 C

weg noch einen selbständigen, im Kern geschützten Vermögenswert.34 Bis zur Verwertung ist der Sicherungsgeber berechtigt, das Sicherungsgut auszulösen. Erst im Zeitpunkt der Veräußerung des Sicherungsgutes durch den Absonderungsberechtigten scheidet das Sicherungsgut wirtschaftlich endgültig aus dem Vermögen des Schuldners oder der Masse aus. Wenn sich eine Handlung des Absonderungsberechtigten somit auf das Sicherungsgut und die persönliche Forderung bezieht, ist eine Anfechtung nach den §§ 130, 131 InsO nicht ausgeschlossen.35 Es kann allerdings im konkreten Fall an der nach § 129 Abs. 1 InsO erforderlichen Gläubigerbenachteiligung fehlen.36 Massegläubiger sind keine Insolvenzgläubiger. Dementsprechend hat der BGH durch Beschluss vom 15.12.200537 entschieden, dass die Anwendung der Vorschrift des § 130 Abs. 1 InsO auf Massegläubiger im Hinblick auf die Legaldefinition des § 38 InsO zu verneinen ist. Die Anfechtung nach § 130 Inso kommt somit nur gegenüber einem Insolvenzgläubiger in Betracht. Davon zu unterscheiden ist jedoch die Frage, ob § 130 InsO nicht dem Schutz der Massegläubiger im Falle der Masselosigkeit oder Masseunzulänglichkeit dient, wovon im Schrifttum zum Teil ausgegangen wird.38 Dagegen wird indes zu Recht eingewandt, man müsse sich von der Vorstellung lösen, dass eine Insolvenzanfechtung während der gesamten Zeit der Durchsetzung des Anfechtungsrechts dazu dienen müsse, die Befriedigungsaussichten (speziell) der Insolvenzgläubiger zu verbessern. Es könne im Einzelfall durchaus auch darum gehen, zunächst die Befriedigung der Masseverbindlichkeiten zu sichern, um sodann eventuell erzielbare Überschüsse wiederum an die Insolvenzgläubiger zu verteilen.39

C 16

Zahlt ein Dritter, der dem Schuldner etwas schuldet (Drittschuldner), auf dessen Anweisung an einen Insolvenzgläubiger des Schuldners, ist im Grundsatz nur die Deckungsanfechtung gegenüber dem Insolvenzgläubiger als Leistungsempfänger und nicht die Anfechtung gegenüber der Mittelsperson begründet.40 Nach der Rechtsprechung des BGH können jedoch zwei konkurrierende Ansprüche aus Deckungsanfechtung in Betracht kommen, wenn die Mittelsperson selbst einen eigenen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hat.41

C 17

34 BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013. 35 BGH v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, UR 2007, 583 = MDR 2007, 1101 = ZIP 2007, 1126 ff. Rz. 26. 36 Vgl. dazu BGH v. 23.9.2004 – IX ZR 25/03, MDR 2005, 478 = ZIP 2005, 40 f.; v. 20.11.2003 – IX ZR 259/02, MDR 2004, 413 = ZIP 2004, 42 ff. 37 BGH v. 15.12.2005 – IX ZA 3/04, FamRZ 2006, 411. 38 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 20. 39 Pape, ZIP 2001, 901 (902/903); Uhlenbruck/Hirte, § 129 Rz. 10. 40 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463; v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345 Rz. 25; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 53. 41 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, ZInsO 1998, 89 ff., insoweit nicht in BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 abgedruckt. Schäfer

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C Rz. 18

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

III. Einzelheiten 1. Gewährung oder Ermöglichung einer Befriedigung bzw. Sicherung

C 18 Mit der Ausdehnung des Tatbestandes auf das „Ermöglichen“ einer Deckung sollen auch Rechtshandlungen erfasst werden, die dem Gläubiger noch keine Deckung gewähren, ihn aber in die Lage versetzen, sich eine Deckung zu verschaffen.42 Beispiele sind etwa das Stehenlassen einer Gutschrift auf einem debitorischen Konto des Schuldners, das der Bank die Möglichkeit der Verrechnung oder Aufrechnung verschafft,43 oder das Werthaltigmachen einer abgetretenen Forderung, das dem Zessionar die Befriedigung durch Aufrechnung ermöglicht.44 Hingegen ist das Unterlassen einer Kündigung keine ermöglichende Rechtshandlung gemäß § 130 InsO, wenn der Schuldner eine Kündigung nicht in Betracht gezogen hat.45 Anfechtungsrelevant ist vielmehr nur ein bewusstes Unterlassen.46

C 19 Zu den Rechtshandlungen, die dem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewähren bzw. ermöglichen, gehört auch das Einbringen einer Sache in die gemieteten Räume, das zu einem Vermieterpfandrecht führt.47 Als Beispiel für eine ermöglichende Rechtshandlung wird ferner die Anweisung des Schuldners an dessen Drittschuldner genannt, dessen Schuld durch Überweisung auf ein bestimmtes Konto zu tilgen, sowie das anschließende freiwillige Stehenlassen des eingezogenen Betrages auf dem Konto, wenn dadurch zugunsten der kontoführenden Bank eine Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage geschaffen wird.48

C 20 § 130 InsO setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der Deckung bereits eine zuvor begründete Forderung bestand. Eine vor der Entstehung der Forderung oder in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dieser gewährte Deckung (Bardeckung) unterliegt nicht der Deckungsanfechtung.49 In einem solchen Fall kommt nur die Anfechtung des Kausalgeschäfts nach § 132 InsO in Betracht.50 Unerheblich ist es hingegen, ob die Forderung des Insolvenzgläubigers erst nach dem Eintritt der Zahlungsfähigkeit des Schuldners entstanden ist.51 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51

Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 157 sowie oben Rz. C2. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 15. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Vgl. BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 24. BGH v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZIP 2009, 1674 ff. Rz. 21; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 (200) = MDR 2007, 610. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 13a. Vgl. dazu BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 ff. = MDR 1994, 158; MK-Kirchhof, § 130 Rz. 21. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 12; Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 7 Rz. 14. Vgl. BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, WM 1955, 404 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 21.

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III. Einzelheiten

Rz. 23 C

Kongruent ist eine Deckung, auf die der Gläubiger in der geschehenen Art und Weise einen hinreichend bestimmten Anspruch hatte. Bestand in unkritischer Zeit nur ein allgemeiner Anspruch auf Sicherheitenbestellung – etwa nach Nr. 14 Abs. 1 AGB- Banken –, so ist die in der Krise erlangte Sicherung inkongruent.52 Die durch die Vorausabtretung im Rahmen einer Globalzession erlangte Sicherung ist dagegen kongruent, wenn bereits beim Abschluss des Globalzessionsvertrages das dingliche Geschäft vollzogen und zugleich die schuldrechtliche Seite in dem vertragsrechtlich möglichen Maße derart konkretisiert wurde, dass die abgetretenen Forderungen zumindest bestimmbar waren.53

C 21

Abweichungen, die nach der Verkehrsanschauung geringfügig und damit unwesentlich sind, stellen die Kongruenz nicht in Frage. Die Begleichung einer Verbindlichkeit durch Scheck oder Wechsel ist daher eine kongruente Deckung, auch wenn ursprünglich eine andere Zahlungsart vereinbart war.54 Bei der Frage, ob eine Deckung noch als kongruent anzusehen ist, legt der BGH allerdings recht strenge Maßstäbe an. So ist etwa eine Zahlung durch Banküberweisung, die beim Gläubiger früher als fünf Tage vor Fälligkeit eingeht, bereits als inkongruent anzusehen.55 Zahlt der Schuldner allerdings vor dem Eintritt der Fälligkeit unter Ausnutzung einer befristet eingeräumten Möglichkeit zum Skontoabzug, ist die dadurch bewirkte Deckung in der Regel nicht inkongruent.56 Erbringt der Schuldner Teilleistungen im Sinne des § 266 BGB und nimmt der Gläubiger diese an, ist keine inkongruente Deckung gegeben.57

C 22

a) Befriedigungen Die Befriedigung im Sinne des § 130 Abs. 1 InsO besteht in der vollständigen oder teilweisen Erfüllung eines Anspruchs (vgl. die §§ 241 Abs. 1, 362 BGB). Sie ist auch durch Leistung an Erfüllungs Statt (§ 364 Abs. 1 BGB) oder durch schuldbefreiende Hinterlegung gemäß §§ 372 f. BGB möglich.58 Für die Wechsel- und Scheckzahlung enthält § 137 InsO einen Ausnahmetatbestand, der dem Umstand Rechnung trägt, dass der Empfänger eine Wechsel- oder Scheckzahlung annehmen muss, um seine wechsel- oder scheckmäßigen Rückgriffsansprüche zu wahren.59 Es kommt jedoch nicht 52 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411 Rz. 17; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff. 53 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411; v. 17.1.2008 – IX ZR 134/07, DZWIR 2008, 253. 54 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse; v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 ff. 55 Vgl. BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, MDR 2005, 1312 = ZIP 2005, 1243 ff. 56 BGH v. 6.5.2010 – IX ZR 114/08, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1188. 57 OLG Saarbrücken v. 24.6.2008 – 4 U 324/07-108, MDR 2009, 52 = ZIP 2008, 2430 ff. 58 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 10; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 8. 59 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 16. Schäfer

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C 23

C Rz. 23

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

darauf an, ob durch die Rechtshandlung auch tatsächlich Befriedigung eintritt. Die Leistung auf eine vermeintliche Schuld genügt daher, wenn die Gläubiger dadurch benachteiligt werden.60 Eine erfüllungshalber erbrachte Leistung ist zunächst nur als Sicherheitsleistung anfechtbar. Eine Anfechtung unter dem Gesichtspunkt der Befriedigung kommt erst in Betracht, wenn tatsächlich Erfüllung eingetreten ist.61 Dies kann für die Frage von Bedeutung sein, ob die Rechtshandlung innerhalb des Anfechtungszeitraums vorgenommen wurde.

C 24 Die Aufrechnung führt die Befriedigung im Wege der „Selbstexekution“62 herbei; die Herbeiführung der Aufrechnungslage ermöglicht sie. Nach neuerer Auffassung kann mangels Gläubigerbenachteiligung niemals die Aufrechnungserklärung, sondern nur die Herbeiführung der Aufrechnungslage angefochten werden. Da die Insolvenzordnung eine Aufrechnung sogar nach der Insolvenzeröffnung zulasse, sofern die Aufrechnungslage schon vor der Verfahrenseröffnung bestanden habe, fehle es an einer Gläubigerbenachteiligung.63

C 25 Aufrechnungen unterliegen nach der Rechtsprechung des BGH im Eröffnungsverfahren im Grundsatz keinen Beschränkungen. So findet etwa § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO auf eine im Eröffnungsverfahren begründete Aufrechnungslage auch dann keine Anwendung, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt und Sicherungsmaßnahmen nach § 21 Abs. 2 InsO getroffen hat.64 Insbesondere die Verbindung der Unwirksamkeit der Aufrechnung mit der anfechtbaren Begründung mache deutlich, dass die §§ 94 bis 96 InsO insgesamt die Frage, wann Aufrechnungen unwirksam seien, insolvenzrechtlich umfassend und abschließend regelten und damit auch für das Eröffnungsverfahren in dieser Hinsicht keinen Raum ließen für von § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 InsO ausgehende zusätzliche Rechtswirkungen.65 Die Insolvenzordnung enthält nach der Rechtsprechung des BGH zum Aufrechnungsausschluss in den §§ 94 ff. InsO eine abschließende Regelung, die nicht über eine entsprechende Anwendung des § 394 BGB erweitert werden kann.66 Aufrechnungen und Verrechnungen im Eröffnungsverfahren unterliegen daher im Grundsatz nur anfechtungsrechtlichen Beschränkungen. Insoweit ist ferner zu beachten, dass § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch die vom Gläubiger vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte Aufrechnung erfasst.67 60 61 62 63 64 65 66 67

MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 7. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 20. Vgl. BGH v. 28.4.1987 – VI ZR 1 und 43/86, NJW 1987, 2997 (2998). Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 11; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 19 mit Fn. 41. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. = MDR 2005, 51. Vgl. dazu noch BGH v. 4.6.1998 – IX ZR 165/97, NJW 1998, 2538 f. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. = MDR 2005, 51. BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 ff. = MDR 2007, 489.

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III. Einzelheiten

Rz. 28 C

Auch im Fall der Aufrechnung ist die Frage, ob eine Befriedigung kongruent oder inkongruent ist, im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO davon abhängig, ob der Gläubiger einen Anspruch auf die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit hatte.68 Die Herstellung der Aufrechnungslage führt zu einer inkongruenten Deckung, wenn der Aufrechnende vorher keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ.69 Die hiermit verbundenen Fragen werden an einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 8.9.200970 deutlich:

C 26

Urteil des OLG München vom 8.9.2009 – ZInsO 2009, 2151 ff. Die Schuldnerin hatte mit dem verklagten Land, vertreten durch das Bauamt in F., deutlich vor dem 17.8.2004 Bauverträge abgeschlossen. Am 3.8.2004 hatte das Finanzamt in F. wegen offenstehender Steuerforderungen gegen die Schuldnerin eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung erlassen. Gegen die Werklohnforderung der Schuldnerin rechnete das verklagte Land auf Veranlassung des Finanzamts in F. mit Steuerforderungen auf. Auf den Insolvenzantrag der Schuldnerin vom 17.11.2004 wurde am 18.1.2005 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter machte geltend, ein Teil der Bauleistungen im Wert von ca. 52 000 Euro sei erst ab dem 17.8.2004 erbracht worden und focht insoweit an.

C 27

Das Landgericht wies die Klage ab. Abzustellen sei auf den Abschluss des Bauvertrages, und eine Zurechnung der Kenntnis des Finanzamts von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin finde nicht statt. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG München das erstinstanzliche Urteil ab und gab der Klage statt. Nach seiner Auffassung hatte das verklagte Land die Leistungen der Schuldnerin im Sinne des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO in anfechtbarer Weise erlangt. Der BGH habe bereits mehrfach entschieden, dass eine durch Wertschöpfung geschaffene Aufrechnungslage anfechtbar sein könne.71 Nach dem Globalzessionsurteil des BGH vom 29.11.200772 sei sowohl die Entstehung als auch das Werthaltigmachen der zukünftigen Forderungen als kongruente Sicherung anzusehen. Gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO sei daher die Aufrechnungslage anfechtbar erworben, denn die vom Kläger verfolgten Ansprüche stammten aus Leistungserbringungen im Krisenzeitraum. Das verklagte Land habe bis zur Entgegennahme der Leistungen der Schuldnerin noch keine unentzieh-

C 28

68 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 69 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = NJW 2004, 3118 (3119) = BGHZ 159, 388 ff. 70 OLG München v. 8.9.2009 – 5 U 2499/09 – „Aufrechnungsersuchen“, ZInsO 2009, 2151 ff. – die Nichtzulassungsbeschwerde des verklagten Landes wurde durch Beschluss des BGH v. 9.6.2011 – IX ZR 183/09 (veröffentlicht bei juris) zurückgewiesen. 71 Vgl. BGH v. 28.9.2000 – IX ZR 372/99, BGH 145, 245, 254 f.; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98 – „Lili Marleen“, BGHZ 147, 28 (35) = MDR 2001, 1076; v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = WM 2001, 2208, 2209 f. 72 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. Schäfer

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C Rz. 28

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

bare Rechtsposition innegehabt, denn bis dahin habe es noch keinen Hauptanspruch gegeben, gegen den das Land hätte aufrechnen können. Das verklagte Land habe aufgrund der durch das Finanzamt ausgebrachten Vollstreckungsmaßnahmen die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gekannt. Da das Finanzamt Initiator der durch die Staatsoberkasse erklärten Aufrechnung gewesen sei, komme es auf die vom verklagten Land problematisierte Kenntniszurechnung zwischen verschiedenen Behörden nicht an.

C 29 In dem vom OLG München entschiedenen Fall war sogar von einer inkongruenten Deckung auszugehen. Denn es genügt nicht, dass das verklagte Land aufgrund des mit der Schuldnerin in unkritischer Zeit abgeschlossenen Werkvertrages Anspruch auf die Werkleistungen hatte.73 Hinzukommen müsste vielmehr das Recht, sich durch die Entgegennahme dieser Werkleistungen in der materiellen Insolvenz der Schuldnerin Befriedigung für die Steuerforderungen zu verschaffen, die ohne die Herbeiführung der Aufrechnungslage als bloße Insolvenzforderungen zu befriedigen gewesen wären. Das verklagte Land hatte aber nur einen Anspruch auf Begleichung der Steuerschulden durch Zahlung, nicht aber auf Befriedigung durch Aufrechnung.74 Für die Annahme einer inkongruenten Deckung sprach bereits ein Beschluss des BGH vom 7.5.2009,75 wonach eine außerhalb eines Kontokorrentverhältnisses begründete Aufrechnungsmöglichkeit nicht zu einer kongruenten Befriedigung führt. Ob eine Sicherung oder Befriedigung kongruent oder inkongruent ist, ist danach auch bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 131 InsO davon abhängig, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit hatte.

C 30 Eine kongruente Deckung kann jedenfalls nicht mit der Erwägung angenommen werden, dass die Aufrechnungslage bereits mit dem Abschluss des Werkvertrages begründet worden sei.76 Der BGH hat zwar früher im Fall der Aufrechnung des Gläubigers gegenüber einem Anspruch des Mieters auf Rückzahlung zuviel gezahlter Mietnebenkosten ähnlich argumentiert; gemäß § 140 Abs. 3 InsO sei auf den Abschluss des Mietvertrages abzustellen.77 Davon ist er jedoch in seinem neueren Urteil vom 17.9.200978 abgerückt. 73 Vgl. BGH v. 9.6.2011 – IX ZR 183/09, veröffentlicht bei juris – a.A. OLG Stuttgart v. 13.10.2005 – 13 U 78/05, veröffentlicht bei juris. 74 BGH v. 9.6.2011 – IX ZR 183/09; vgl. dazu noch BFH v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZIP 2011, 181 ff. Rz. 41. 75 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 76 So aber das OLG Stuttgart v. 13.10.2005 – 13 U 78/05, IBR 2006, 28 m. Anm. Vogel. 77 Vgl. BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZInsO 2005, 94 f. 78 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 = ZIP 2010, 38 ff. Rz. 13.

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III. Einzelheiten

Rz. 35 C

Anders gelagert war hingegen eine Entscheidung des BGH vom 9.2.2006.79 Dort hatte der Geschäftsführer der Beklagten am 10.9.1999 einen Aufwendungsersatzanspruch an die Beklagte abgetreten. Am 27.9.1999 hatte die Schuldnerin aufgrund einer Bestellung vom gleichen Tage Waren an die Beklagte geliefert. Am 6.10.1999 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin rechnete die Beklagte gegenüber dem Kaufpreisanspruch mit dem abgetretenen Aufwendungsersatzanspruch auf. Der BGH hat in diesem Urteil entschieden, dass ein Gläubiger die Aufrechnungslage inkongruent erlangt hat, wenn er gegenüber der Forderung des Schuldners aus einem gegenseitigen Vertrag mit einem abgetretenen Anspruch aufrechnet, der aus einem gegenseitigen Vertrag des Zedenten mit dem Schuldner stammt.

C 31

Ob die Begründung der Aufrechnungslage zu einer kongruenten oder einer inkongruenten Deckung führt, richtet sich nach dem Urteil des BGH danach, ob der Aufrechnende einen Anspruch auf Abschluss der Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ, oder ob dies nicht der Fall war.80 § 131 InsO bezeichnet jede Rechtshandlung als inkongruent, die dem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, auf die er keinen Anspruch hatte. Deshalb ist die Herstellung einer Aufrechnungslage inkongruent, soweit die Aufrechnungsbefugnis sich nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt.

C 32

Dementsprechend gibt ein Anwaltsvertrag keinen Anspruch auf Erfüllung des Vergütungsanspruchs durch Verrechnung mit eingezogenen Mandantenforderungen, so dass eine durch Aufrechnung herbeigeführte Befriedigung ebenfalls inkongruent ist.81

C 33

In diesen Zusammenhang gehört auch der berühmte „Panzerbrückenfall“, über den der BGH durch Urteil vom 14.12.198382 entschieden hat:

C 34

BGH-Urteil vom 14.12.1983 – BGHZ 89, 189 ff. Der klagende Konkursverwalter hatte gegen die Beklagte eine restliche Werklohnforderung für die Herstellung und Lieferung von 7 Panzerbrücken geltend gemacht, die in der Krise der Gemeinschuldnerin ausgeliefert worden waren. Gegen diese Forderung hatte die Beklagte mit einer Forderung auf Rückzahlung einer Überzahlung auf frühere Lieferungen von Panzerbrücken aufgerechnet.

79 BGH v. 9.2.2006 – IX ZR 121/03 – „letter of intent“, MDR 2006, 1314 = ZIP 2006, 818 ff. 80 Vgl. dazu noch BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. = MDR 2001, 1013 (240); v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (395) = MDR 2005, 51; v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = WM 2003, 2458 (2459). 81 Vgl. BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = ZIP 2007, 1507 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 11. 82 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82 – „Panzerbrücken“, BGHZ 89, 189 ff. = MDR 1984, 574 – mit kritischer Anmerkung von Baur, JZ 1984, 422 f. Schäfer

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C 35

C Rz. 36

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

C 36 Der BGH geht davon aus, dass die Aufrechnungslage nicht in anfechtbarer Weise herbeigeführt worden sei. Die Aufrechnungslage sei schon vor dem Ausbruch der Krise der Gemeinschuldnerin geschaffen worden, da es nicht auf die Auslieferung der Panzerbrücken ankomme, sondern auf die Entstehung des Vergütungsanspruchs, der bereits mit dem Abschluss des Werkvertrages entstanden sei. Zu Unrecht sei das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass auch die Übereignung der 7 Panzerbrücken als solche nicht der Anfechtung unterliege. Die Annahme des Gerichts, dass diese Übereignung nicht zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Konkursgläubiger geführt habe, weil diese für das Ausscheiden der Panzerbrücken einen fälligen Vergütungsanspruch gegen die solvente Beklagte erlangt hätten, treffe nicht zu. Mit der Lieferung der 7 Panzerbrücken sei der Beklagten in der Krise der Gemeinschuldnerin Befriedigung ihres Anspruchs aus dem Werkvertrag gewährt worden. Die Benachteiligung der Konkursgläubiger bestehe darin, dass der Weggabe der Vermögenswerte im wirtschaftlichen Ergebnis nicht der Zufluss des Werklohnes, sondern die durch wirksame Aufrechnung erfolgte Tilgung einer Konkursforderung gegenüber gestanden habe.

C 37 Im Schrifttum83 wird indes zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Anfechtung des Konkursverwalters bei verständiger Würdigung nicht gegen die Lieferung der Panzerbrücken gerichtet habe, sondern gegen die Befreiung des Anfechtungsgegners von seiner Schuld gegenüber dem Gemeinschuldner im Wege der Aufrechnung. Die These des BGH, dass eine vor der kritischen Zeit geschaffene Aufrechnungslage nicht der Anfechtung nach § 130 InsO ausgesetzt sein könne, sei nicht uneingeschränkt richtig. Mit der Begründung der Aufrechnungslage habe der Gläubiger lediglich eine Sicherheit für seine Forderung erlangt, weil er nicht auf die Gegenforderung habe zahlen müssen. Hätte er aber gegen die Forderung der Gemeinschuldnerin vor der Lieferung der Panzerbrücken aufgerechnet, so hätte er vorgeleistet. Er hätte durch die Aufrechnung gegen eine mit der Einrede des nichterfüllten Vertrages behaftete Forderung der Gemeinschuldnerin Kredit gewährt und müsste folglich das Insolvenzrisiko tragen. Die Aufrechnungslage habe daher für den Anfechtungsgegner erst dann einen sicheren Wert gehabt, als die Gemeinschuldnerin ihren Anspruch durch Lieferung in der kritischen Zeit einredefrei gemacht habe. Folglich habe der Anfechtungsgegner durch die Lieferung der Panzerbrücken eine werthaltige Aufrechnungsmöglichkeit erhalten, die er zuvor allein aufgrund der Aufrechnungslage nicht gehabt habe.84

C 38 Auch der BGH stellt inzwischen nicht mehr maßgeblich darauf ab, wann die später zur Aufrechnung gestellten Forderungen begründet wurden. Er betont in seiner neuesten Rechtsprechung die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung. 83 Vgl. Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 20. 84 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 20 a.E.

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III. Einzelheiten

Rz. 40 C

Allein eine mit dem Abschluss eines Vertrages begründete bzw. entstandene Aufrechnungslage bringe dem Vertragspartner des Schuldners noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet habe, wofür der Gläubiger eine Vergütung schulde, bestehe für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage entstehe vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es komme also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden sei.85 Allein daraus, dass die Aufrechnung eine rechtlich zulässige Art der Erfüllung darstellt, folgt nicht schon deren Kongruenz im Sinne des § 130 InsO.86 Ob die Begründung der Aufrechnungslage zu einer kongruenten oder einer inkongruenten Deckung führt, richtet sich nach der Rechtsprechung des BGH vielmehr danach, ob der Aufrechnende einen Anspruch auf Abschluss der Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ. § 131 InsO bezeichnet jede Rechtshandlung als inkongruent, die dem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, auf die er keinen Anspruch hatte. Deshalb ist die Herstellung einer Aufrechnungslage inkongruent, soweit sich die Aufrechnungsbefugnis nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt.87 Ein Gläubiger, der gegenüber einer Forderung des Schuldners aus einem gegenseitigen Vertrag mit einem abgetretenen Anspruch aufrechnet, der aus einem gegenseitigen Vertrag des Zedenten mit dem Schuldner stammt, hat daher die Aufrechnungslage inkongruent erlangt.88

C 39

aa) Bankverrechnungen und Bankaufrechnungen (insbesondere im Kontokorrent) Streitig ist, ob mit der Anordnung einer Verfügungsbeschränkung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO im Eröffnungsverfahren die Befugnis der Bank zur Kontokorrentverrechnung erlischt.89 Der BGH dürfte bei seiner Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit von Verrechnungen im Kontokorrent vom Fortbestand der Verrechnungsbefugnis während des Eröffnungsverfahrens ausgehen.90 Unabhängig vom Fortbestand der Verrechnungsabre-

85 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 13. 86 A.A. Häsemeyer in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 645, 657 Rz. 35. 87 BGH v. 9.2.2006 – IX ZR 121/03, MDR 2006, 1314 = ZIP 2006, 818 ff. Rz. 14; vgl. dazu noch BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (395 f.) = MDR 2005, 51; v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, GmbHR 2004, 799 = MDR 2004, 963 = ZIP 2004, 957 ff. 88 BGH v. 9.2.2006 – IX ZR 121/03, MDR 2006, 1314 = ZIP 2006, 818 ff. 89 Vgl. Uhlenbruck/Vallender, § 21 Rz. 20; Gerhardt, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 196 Rz. 9 mit weiteren Nachweisen; Canaris, ZIP 1986, 1225, 1228 ff. 90 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff. Schäfer

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C 40

C Rz. 40

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

de bleibt aber im Eröffnungsverfahren zumindest die Aufrechnung möglich.91

C 41 Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines Kreditkontos des Schuldners zu verrechnen und ihre eigenen Forderungen zu befriedigen – und damit eine kongruente Deckung im Sinne des § 130 InsO –, ist nur dann gegeben, wenn sie zum jeweiligen Zeitpunkt der Verrechnung die Rückzahlung des Kredits verlangen kann.92 Dies ist der Fall, wenn der Verrechnung eine Kündigung der Bank oder eine nur geduldete Kontoüberziehung vorausging.93 Allein die Giro- oder Kontokorrentabrede stellt den eingeräumten Kredit nicht zur Rückzahlung fällig.94 Der BGH hat im Urteil vom 14.5.200995 offen gelassen, ob auch dann von einer kongruenten Deckung auszugehen ist, wenn die Kündigung innerhalb des kritischen Zeitraums erfolgte.96 Die Kündigung kann aber unter Umständen als eine die Befriedigung ermöglichende Rechtshandlung angefochten werden.97

C 42 In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass der BGH in Abkehr von

seiner früheren Rechtsprechung98 nunmehr zu Recht davon ausgeht, dass die mittelbare Zuwendung des Schuldners, die dieser mittels seiner Bank im Wege der geduldeten Kontoüberziehung an einen Gläubiger bewirkt, nur „infolge und nach Einräumung“ des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden kann. Dieser unmittelbar aus dem Vermögen der Bank herrührende Zahlungsfluss ist deshalb dem Schuldner zuzurechnen.99 Unerheblich ist es nach dieser neueren Rechtsprechung, ob mit der geduldeten Kontoüberziehung ein pfändbarer Anspruch des Schuldners gegen die Bank verbunden war. Auch ein bloßer Gläubigertausch ist in diesen Fällen – anders als nach der früheren Rechtsprechung – nicht gegeben.

91 Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 14. 92 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZIP 2009, 1124 f. Rz. 8. 93 Vgl. BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. = MDR 2007, 861; v. 13.1.2005 – IX ZR 457/00, MDR 2005, 834 = ZIP 2005, 585 ff.; v. 22.1.1998 – IX ZR 99/97, BGHZ 138, 40 (47) = MDR 1998, 481. 94 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZIP 2009, 1124 f. Rz. 9. 95 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 13 = MDR 2009, 1069. 96 Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 41a; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/ Bork, § 131 Rz. 69 f. 97 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 69. 98 Vgl. BGH v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 ff. = MDR 2007, 861; dagegen zu Recht kritisch Marotzke, ZInsO 2007, 897 ff.; Bitter in Festschrift für G. Fischer, 2008, S. 15, 24 ff. 99 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95m. Anm. Suppliet Rz. 14.

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III. Einzelheiten

Rz. 45 C

Der BGH hat schon zuvor durch Urteil vom 28.2.2008100 klargestellt, dass ein Darlehensvertrag zustande kommt und die Insolvenzgläubiger benachteiligt werden, wenn ein Kreditinstitut, das für den Schuldner ein überzogenes Konto führt, die Begleichung der einer Kontopfändung zugrunde liegenden Forderung veranlasst. Vereinbare die Bank mit dem Schuldner, ihn das Konto überziehen zu lassen, damit er einen bestimmten Gläubiger befriedigen könne, verschaffe sie dem Kunden einen Anspruch auf Kreditgewährung, noch bevor das Darlehen gewährt werde. Dieser Anspruch sei grundsätzlich für die Gläubiger pfändbar; er falle nach der Insolvenzeröffnung in die Insolvenzmasse (vgl. § 36 Abs. 1 InsO), und die Kontoüberziehung benachteilige die Insolvenzgläubiger.

C 43

Die allein festgestellte mehrfache Duldung einer Kontoüberziehung in wechselnder Höhe reicht jedoch nach dem neueren Urteil des BGH vom 6.10.2009101 nicht für eine konkludente Einigung über eine bestimmte Erweiterung der Kreditlinie aus.102 Die Rückführung einer nur geduldeten Kontoüberziehung setzt daher keine vorausgegangene Kündigung der Bank voraus.103 Eine vertragliche Vereinbarung über die Kontoüberziehung, die – anders als eine nur geduldete Kontoüberziehung – eine Kündigung durch die Bank erforderlich macht, kann allerdings auch konkludent zustande kommen.104 Eine Kreditgewährung und nicht nur eine geduldete Kontoüberziehung ist nach der Rechtsprechung des BGH gegeben, wenn die Bank den Schuldner über Gutschriften unter Vorbehalt verfügen lässt. Denn die Bank gewährt dem Kontoinhaber Kredit, wenn sie ihn verfügen lässt, obwohl der Vorbehalt noch nicht aufgelöst ist.105 Erklärt ein Kreditinstitut, das den Kredit wegen einer finanziellen Krise des Kunden gekündigt und fällig gestellt hat, es werde künftig Kontoüberziehungen dulden, rechtfertigt dies allein noch nicht die Annahme, das Kreditinstitut fordere den Kredit nicht mehr ernsthaft ein.106

C 44

Verrechnungen der Bank sind allerdings auch ohne vorausgegangene Kreditkündigung kongruent, sofern sie ihren Kunden vereinbarungsgemäß im Rahmen eines Bargeschäfts gemäß § 142 InsO als bloße Zahlstelle

C 45

100 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, MDR 2008, 770 = ZInsO 2008, 374 ff. 101 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet Rz. 9. 102 Vgl. dazu noch Bitter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 33 Rz. 85. 103 BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 13, AG 2011, 512 = ZIP 2011, 1111 ff. 104 BGH v. 13.1.2005 – IX ZR 457/00, MDR 2005, 834 = ZIP 2005, 585 ff. Rz. 9; v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 (3781). 105 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 210/07, MDR 2008, 821 = ZIP 2008, 747 ff. Rz. 3; van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechtshandbuch, § 58 Rz. 13. 106 BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, MDR 2001, 761 = NJW 2001, 1650 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 44a. Schäfer

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C Rz. 45

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

über die Geldeingänge wieder verfügen lässt.107 Hat der Schuldner einen ungekündigten Kontokorrentkredit nicht ausgeschöpft, führen die in der kritischen Zeit eingehenden, dem Konto gutgeschriebenen Zahlungen, denen keine Abbuchungen gegenüberstehen, infolge der damit verbundenen Kredittilgung jedoch zu einer inkongruenten Deckung zugunsten der Bank.108 Verrechnet die Bank für den Kunden eingehende Zahlungen mit ihrem noch nicht fälligen Anspruch auf Darlehensrückzahlung, ist die dadurch erlangte Befriedigung hingegen dann nicht inkongruent, wenn die Verrechnung mit dem Kunden vereinbart war.109 (1) Kündigung des Schuldners

C 46 Den Sonderfall einer Kündigung des Kredits durch den Schuldner betrifft

ein Urteil des BGH vom 14.5.2009.110 Dort hatte die Schuldnerin der Bank mitgeteilt, dass sie die Kreditlinie nicht mehr benötige, und um deren Auflösung gegen Rückgabe von Sicherheiten gebeten. Aufgrund späterer Scheckeinreichungen verminderten sich die Forderungen der Bank gegen die Schuldnerin. Der BGH geht von einer inkongruenten Deckung aus, da die verklagte Bank die Zahlung nicht zur Zeit ihrer Bewirkung habe beanspruchen können, sondern sie aufgrund der angefochtenen Kündigung der Schuldnerin früher als geschuldet erhalten habe. Diese Würdigung unterliegt jedoch Bedenken. Da das Darlehen aufgrund einer in unkritischer Zeit getroffenen Vereinbarung von beiden Seiten jederzeit kündbar war, wird man kaum sagen können, die Beklagte habe etwas erlangt, das ihr nicht zugestanden habe; dass die Schuldnerin einer Kündigung der Beklagten zuvorkam, sollte für die Frage der Anfechtbarkeit nicht entscheidend sein. Es erscheint vielmehr zweifelhaft, die Einordnung der Deckung als kongruent oder inkongruent vom Verhalten des Schuldners in der Krise abhängig zu machen. (2) Kontosperre

C 47 In einer weiteren Entscheidung des BGH vom 12.2.2004111 hatte die verklagte Bank die Kreditlinie gekündigt und der Schuldnerin zugleich mitgeteilt, sie habe das nach den AGB-Banken haftende Guthaben auf dem Kontokorrentkonto gesperrt. Nach Eintritt der Fälligkeit des Diskontkredits verrechnete die Beklagte ihre daraus folgende Forderung mit dem Kontoguthaben der Schuldnerin. Nach Ansicht des Berufungsgerichts konnte der klagende Insolvenzverwalter die Kontosperre als inkongruente 107 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 ff.; vgl. dazu unten Rz. C49 ff. 108 Vgl. BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZIP 2009, 1124 f. 109 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 42/08, MDR 2010, 717 = ZIP 2010, 588. 110 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069. 111 BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZIP 2004, 620 ff.; vgl. dazu noch BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 49 C

Deckung anfechten. Dem ist der BGH nicht gefolgt. Die Kontosperre sei nur insoweit inkongruent, als das Pfandrecht der Beklagten inkongruent sei. Der Bank habe am Guthaben der Schuldnerin ein Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken zugestanden. Von diesem Pfandrecht habe sie nach § 1281 Satz 2 Halbs. 1 BGB trotz fehlender Pfandreife in der Weise Gebrauch machen dürfen, dass sie das Konto gesperrt habe. Diese Kontosperre sei noch keine Verwertungsmaßnahme gewesen, sondern habe nur der Sicherstellung der späteren Verwertung gedient.112 Eine Kontosperre ist somit nicht mit einer Kreditkündigung gleichzusetzen. Lässt die Bank es zu, dass der Kunde nach der Kontosperre über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend in den Zeiträumen des § 131 InsO durch Gutschriften der Kontostand, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131 InsO anfechtbar.113 Setzt ein Kreditinstitut eine Frist zur Rückführung eines ausgereichten Kontokorrentkredits, so stellt die Rückführung des Kredits vor Fristablauf allerdings auch dann eine inkongruente Befriedigung dar, wenn das Kreditinstitut gleichzeitig ankündigt, weitere Belastungen schon sofort nicht mehr zuzulassen.114

C 48

(3) Fortsetzung der Giroabrede Verrechnungen der Bank im Kontokorrent sind kongruent, soweit die Bank den späteren Insolvenzschuldner vereinbarungsgemäß wieder über die Eingänge verfügen lässt, insbesondere eine Kreditlinie offenhält.115 Soweit die Bank die girovertraglichen Absprachen einhält und den Giroverkehr fortsetzt, handelt sie vertragsgemäß, also kongruent. Stellt die Bank Zahlungseingänge in das Kontokorrent ein, kann in dem Umfang ein unanfechtbares Bargeschäft gemäß § 142 InsO vorliegen, in dem sie ihren Kunden wieder über den Gegenwert verfügen lässt. Dabei kommt es nach Ansicht des BGH nicht darauf an, ob der Schuldner ohne die Verrechnung die eingeräumte Kreditlinie überschritten hätte. Erst wenn die Bank Verfügungen des Kunden nicht mehr in der vereinbarten Weise zulässt oder soweit sie Zahlungseingänge zur Begleichung ihrer Forderungen gegen den Kunden verwendet, sind die von ihr vorgenommenen Verrechnungen als inkongruent anzusehen.116

112 113 114 115

Vgl. Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rz. 700. BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZIP 2004, 620 ff. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = NJW 2003, 360 ff. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZIP 2008, 235 ff. Rz. 15. 116 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 233/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZIP 2009, 1124 f. Schäfer

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C 49

C Rz. 50

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

C 50 Nach dem Erlass des Grundsatzurteils des BGH zur Anfechtbarkeit von

Bankverrechnungen im Kontokorrent117 war zunächst umstritten, welche Folgerungen aus dieser Entscheidung zu ziehen waren. Zum Teil wurde angenommen, aus der Wechselwirkung zwischen dem Recht des Kontoinhabers, bis zur Ausschöpfung der Kreditlinie Liquidität zu erhalten und den Kredit jederzeit zurückführen zu dürfen (einerseits) und der Pflicht der kontoführenden Bank, eingehende Gelder anzunehmen und im Rahmen der vereinbarten Kreditlinie wieder zur Verfügung zu stellen (andererseits), ergebe sich ein kongruentes Geschäft. Die vertragsgemäße Fortführung der Kontokorrentabsprache werde nicht deshalb inkongruent, weil innerhalb des kritischen Zeitraums die Gutschriften im Ergebnis höher seien als die Belastungen.118

C 51 Im Urteil vom 7.5.2009119 hat der BGH indes bekräftigt, dass die Kongruenz der Kredittilgung nicht schon aus der fortbestehenden Verrechnungsbefugnis der Bank hergeleitet werden könne; dass diese die Kreditlinie offengehalten habe, mache die Verrechnung nicht kongruent, soweit die Kreditlinie tatsächlich nicht mehr in Anspruch genommen worden sei. Selbst wenn neben den Zahlungseingängen vom Schuldner veranlasste Überweisungen in eine Kontoverbindung einzustellen seien, liege insoweit eine durch die Verrechnung bewirkte, nach § 131 InsO anfechtbare Kredittilgung vor, als die Summe der Eingänge die der Ausgänge übersteige.120 Die Saldierungsvereinbarung decke also nicht die endgültige Rückführung des eingeräumten Kredits, sondern lediglich das Offenhalten der Kreditlinie für weitere Verfügungen des Kunden.

C 52 Der BGH hat im Urteil vom 15.11.2007121 klargestellt, dass die Frage der Inkongruenz der Rückführung eines Darlehens für den Zeitraum der Anfechtbarkeit nur einheitlich bestimmt werden könne. Für eine Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wegen inkongruenter Deckung komme es deshalb auf den Betrag an, um den die verrechneten Einzahlungen in diesem Zeitraum die Auszahlungen überstiegen hätten.122 Nach einem weiteren Urteil vom 7.7.2011123 kann die Frage der Inkongruenz von Verrechnungen im debitorischen Bankenkontokorrent bei der Anfechtung von Rechtshandlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor der 117 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 233/01, BGHZ 150, 122 ff. 118 Vgl. OLG Rostock v. 7.3.2005 – 3 U 121/04, WM 2007, 980 ff.; Dörrscheidt, EWiR 2008, 55 f.; Schönfelder, WuB VI A § 131 InsO 2.07. 119 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZInsO 2009, 1054 ff. mit zustimmender Anmerkung von Hofmann/Würdinger, EWiR 2009, 513 f. und Mohrbutter, WuB VI A § 131 InsO 1.09; vgl. zuvor schon BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 107/05, veröffentlicht bei juris. 120 Vgl. dazu noch BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZInsO 2008, 159 ff. Rz. 15. 121 BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZInsO 2008, 159 ff. 122 Vgl. dazu noch OLG Karlsruhe v. 4.9.2007 – 17 U 355/06, ZIP 2007, 2367 ff. 123 BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, ZIP 2011, 1576 f.

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III. Einzelheiten

Rz. 55 C

Insolvenzantragstellung für den gesamten Anfechtungszeitraum nur einheitlich beantwortet werden. Wenn es in der Rechtsprechung des BGH gelegentlich heißt, es komme auf die Reihenfolge von Gutschriften und Belastungsbuchungen nicht an,124 so bezieht sich dies auf das Merkmal der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs. Erforderlich ist jedoch stets, dass die Verrechnung einer Gutschrift nicht der letzte Akt sein darf, bevor die Bank das Konto des Schuldners schließt; es müssen vielmehr weitere Verfügungen zugelassen werden.125

C 53

(4) Eigennützige Verrechnung Die Bank erfüllt nur dann eine gleichwertige Pflicht aus dem Kontokorrentvertrag, wenn die Verfügung des Schuldners fremdnützig wirkt, der finanzielle Vorteil daraus also grundsätzlich allein einem Dritten zufließt. Daher begründet eine Zahlung aus dem Kontokorrent, die mittelbar auch der Bank zugutekommt, etwa weil sie sich für die Verbindlichkeit des Schuldners verbürgt hat, in der Regel kein Bargeschäft, sondern eine inkongruente Deckung.126 Eine kongruente Deckung ist ferner nicht gegeben, wenn die Bank mit einer außerhalb des Kontokorrents stehenden Forderung – etwa mit einem eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner127 – aufrechnet.128

C 54

(5) Sicherheitentausch Die Verrechnung der Bank ist ferner kongruent und mangels Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar, wenn den Geldeingängen auf dem Konto des Schuldners Forderungen zugrundelagen, die ihrerseits anfechtungsfest an die Bank abgetreten worden waren. In diesem Fall erhält die Bank nach Ansicht des BGH die unmittelbar in ihr Vermögen gelangten Beträge auch im Falle der noch nicht offengelegten Abtretung als wahre Berechtigte.129 Zwar erlischt damit der als Sicherheit dienende Anspruch, und die Bank ist gemäß § 667 BGB zur Herausgabe des Erlangten an den Schuldner verpflichtet. Gleichzeitig erwirbt die Bank jedoch nach Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken ein Pfandrecht an diesem neu entstehenden Anspruch des Schuldners. Ein solcher Austausch gleichwertiger Sicher-

124 Vgl. BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 (202) = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113; v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = WM 2007, 1181 f. Rz. 15. 125 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 153/07, veröffentlicht bei juris, Rz. 2. 126 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, MDR 2008, 348 = ZInsO 2008, 163 f. 127 Vgl. OLG Karlsruhe v. 4.1.2008 – 17 U 406/06, ZIP 2008, 1343 ff. 128 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 129 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 47/05, MDR 2008, 1121 = ZInsO 2008, 803 ff. Rz. 20 – kritisch dazu Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 87; Braun/de Bra, § 129 Rz. 33. Schäfer

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C 55

C Rz. 55

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

heiten wirkt nicht gläubigerbenachteiligend im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO.130 bb) Scheckeinreichung

C 56 Im Fall der Scheckeinreichung durch den Schuldner kommt es für die Anwendung des § 130 InsO auf den Zeitpunkt an, in dem die Verrechnungslage entsteht. Der verrechnungsfähige Anspruch des Schuldners nach den §§ 675, 667 BGB auf Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten entsteht erst dann, wenn die Inkassobank buchmäßige Deckung erlangt. Vorher schuldet sie den einzuziehenden Betrag weder bedingt noch betagt.131 Zwar pflegen die Banken dem Scheckeinreicher unabhängig von der Einlösung durch die bezogene Bank unter dem Vorbehalt des Eingangs eine Gutschrift zu erteilen. Diese ist aber nur eine vorläufige; dass der Scheckeinreicher über den Scheckbetrag meist sofort verfügen kann, ändert daran nichts. Erst wenn die bezogene Bank den Scheck durch Belastung des Ausstellerkontos eingelöst hat, sind die in der Girokette erfolgten Gutschriften und Belastungen wirksam geworden. Erst jetzt ist die Buchung endgültig und die Verrechnungslage eingetreten. Es handelt sich deshalb nicht um eine auflösende, sondern um eine aufschiebende Bedingung.132

C 57 Die Gewährung von Kundenschecks bildet im nicht bankmäßigen Geschäftsverkehr im Gegensatz zur Zahlung mit eigenen Schecks in der Regel eine inkongruente Erfüllungshandlung, weil der Gläubiger auf diese Art der Erfüllung keinen Anspruch hat.133 Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Schuldner die Kausalforderung in nicht anfechtbarer Weise an den Gläubiger abgetreten und die unverzügliche Weitergabe von Kundenschecks zugesagt hatte.134 Dieselben Grundsätze gelten im bankmäßigen Verkehr, wenn mit dem Einzug der Schecks und der Verrechnung der Schecksummen eine gegenüber der Bank bestehende Verbindlichkeit getilgt werden soll. Ob der Fall, dass die Kausalforderung erst mit der Einreichung der Kundenschecks abgetreten wird – wie dies in Nr. 15 Abs. 2 AGB- Banken und Nr. 25 Abs. 2 AGB-Sparkassen vorgesehen ist –, gleich behandelt werden kann, hat der BGH im Urteil vom 14.5.2009135 130 Vgl. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182 ff. 131 Vgl. dazu BGH v. 1.7.1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 (155) = MDR 1985, 999. 132 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 ff. = MDR 1992, 766; v. 29.9.1986 – II ZR 283/85, MDR 1987, 293 = CR 1987, 166 = ZIP 1986, 1537 ff. 133 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11 = MDR 2009, 1069; v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (324 f.) = MDR 1994, 158. 134 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11 = MDR 2009, 1069; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 61 Rz. 68. 135 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069 Rz. 11.

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III. Einzelheiten

Rz. 61 C

als zweifelhaft bezeichnet, im Ergebnis aber mangels Entscheidungserheblichkeit dahingestellt sein lassen. cc) Lastschriftverfahren Beim Lastschriftverfahren entsteht die Verrechnungslage mit der Einlösung, wenn die Bank die Kausalforderung nicht erworben hat. Hat die Bank mit der Einreichung der Lastschrift die dieser zugrunde liegende Forderung erworben, so ist maßgebender Zeitpunkt jener der Abtretung, nämlich der Einreichung der Lastschrift.136 Wird einer Bank eine Lastschrift zum Einzug eingereicht, werden ihr nach Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken zugleich die Forderungen, die mit der Lastschrift eingezogen werden, zur Sicherung der Ansprüche abgetreten, die der Bank gegen den Kunden bei der Einreichung aus seinen Kontokorrentkonten zustehen oder infolge der Rückbelastung nicht eingelöster Einzugspapiere oder diskontierter Wechsel entstehen (Nr. 15 Abs. 4 AGB-Banken).137

C 58

Ist der Schuldner aufgrund des Girovertrages berechtigt, seine Verpflichtungen statt durch Barzahlung durch die Hereingabe von Lastschriften zu erfüllen, besteht eine Ersetzungsbefugnis. Darf sich aber ein Schuldner durch eine andere Leistung als die geschuldete von seiner Schuld befreien (facultas alternativa), so fehlt es an einer inkongruenten Deckung. So liegt es ferner, wenn eine Bank verpflichtet ist, Kundenwechsel zur Abdeckung des Kontos hereinzunehmen.138

C 59

b) Sicherheiten Unter einer Sicherung im Sinne des § 130 Abs. 1 InsO ist eine Rechtsposition zu verstehen, die geeignet ist, die Durchsetzung des Anspruchs, für den sie eingeräumt ist, zu erleichtern.139 Darunter fallen alle Arten von Sicherheiten, gleichgültig ob gesetzlich oder vertraglich begründet, also zum Beispiel neben Pfand- und Zurückbehaltungsrechten, Sicherungseigentum oder der Vorausabtretung von Forderungen auch treuhänderische oder Personalsicherheiten, soweit sie die Insolvenzgläubiger benachteiligen, ferner Bürgschaften, Vormerkungen und die Hinterlegung zum Zwecke der Sicherheitsleistung. Dazu zählt ferner die Herbeiführung einer Aufrechnungslage bzw. einer Verrechnungslage.140

C 60

Eine Globalzession erfüllt nach der Rechtsprechung des BGH auch hinsichtlich der künftig entstehenden Forderungen alle Voraussetzungen einer kongruenten Deckung. Hingegen stellen Sicherungen nach den Nr. 13

C 61

136 137 138 139

Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 92. Vgl. Obermüller, ZInsO 1998, 252 (259). BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, NJW 1978, 758 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 8; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 21. 140 Vgl. die Auflistung bei MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 8. Schäfer

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C Rz. 61

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

bis 15 AGB- Banken inkongruente Deckungen dar, weil es dort völlig dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen bleibt, ob und in welchem Umfang die Gläubigerrechte entstehen.141

C 62 Der Anspruch auf Besicherung ist gegenüber dem Anspruch auf Leistung

kein minus, sondern ein aliud.142 Die nicht geschuldete nachträgliche Besicherung stellt daher eine inkongruente Deckung gemäß § 131 Abs. 1 InsO dar.143 Wird hingegen zugleich mit der Krediteinräumung die Stellung einer Sicherheit vereinbart, liegt in deren späterer Gewährung keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand.144

C 63 Das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht nach § 369 HGB vermittelt eine kongruente Deckung, wenn der Gegenstand des Zurückbehaltungsrechts in einer im Hinblick auf die drohende Insolvenz unverdächtigen Weise mit Willen des späteren Verfahrensschuldners in den Besitz des Berechtigten gelangt ist.145 aa) Treuhänderische Sicherheitenverwaltung

C 64 Im Fall einer treuhänderischen Sicherheitenverwaltung durch einen Dritten kann eine kongruente Deckung gegeben sein, wenn dem Anfechtungsgegner schon in unkritischer Zeit ein dingliches Sicherungsrecht zustand und er somit die spätere Befriedigung in den kritischen Anfechtungszeiträumen gegenüber den künftigen Insolvenzgläubigern beanspruchen konnte. Dies erfordert eine genaue Betrachtung der bestehenden Rechtsbeziehungen, wie ein Urteil des BGH vom 2.6.2005146 zeigt: BGH-Urteil vom 2.6.2005 – ZInsO 2005, 932 ff.

C 65 Die D-AG war Poolführerin eines unter Mitwirkung der Schuldnerin gebildeten Sicherheitenpools, dem auch die Beklagte angehörte. Die Sicherheiten der Poolmitglieder waren auf die D-AG übertragen und sollten von ihr treuhänderisch verwaltet werden. Kurz nach der Stellung des Insolvenzantrages ging auf dem Konto der Schuldnerin bei der verklagten Bank ein Betrag von 31 000 DM ein, den die Drittschuldnerin einer an die D-AG abgetretenen Forderung überwiesen 141 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 17 = MDR 2008, 411; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (126). 142 Vgl. BGH v. 21.12.1960 – VIII ZR 204/59, BGHZ 34, 254 (258); Ganter, WM 2006, 1081 (1084). 143 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 ff.; GrafSchlicker/Huber, § 131 Rz. 7; vgl. zur Anfechtbarkeit von Sicherungen allgemein ferner Kirchhof, ZInsO 2004, 465 ff. 144 Vgl. BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 (1061); v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1562 (1563); HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 12. 145 Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 41. 146 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03 – „Sicherheitenpool (1)“, ZInsO 2005, 932 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 69 C

hatte. Die Beklagte schrieb den Betrag dem im Soll geführten Konto der Schuldnerin gut. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte mit Erfolg die Rückzahlung dieser 31 000 DM.

Einen bloßen Austausch gleichwertiger Sicherheiten hat der Bundesgerichthof verneint. Sowohl das Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken als auch das im Poolvertrag vereinbarte Pfandrecht konnten der Beklagten erst mit dem Eingang der Zahlung der Drittschuldnerin auf dem Konto der Schuldnerin eine dingliche Rechtsposition verschaffen. Eine pauschale Einigung dahingehend, dass sämtliche künftig für den Kunden entstehenden Ansprüche gegen die beteiligten Banken verpfändet werden sollten, ist nicht geeignet, eine kongruente Sicherung im Voraus zu begründen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat der BGH nur in den Fällen zugelassen, in denen die kontoführende Bank zugleich Inhaberin der zur Sicherheit abgetretenen Forderung gewesen war, auf die der Drittschuldner zahlte.147 In dem vom BGH entschiedenen Fall hatten der Beklagten vor dem Eingang der Zahlung auf dem Konto der Schuldnerin keinerlei dingliche Rechte an der Forderung gegen die Drittschuldnerin zugestanden, auch wenn die D-AG die ihr übertragenen Sicherheiten treuhänderisch für die übrigen Banken verwaltet hatte.

C 66

Wesentlich anders gelagert war dagegen nach Ansicht des BGH ein Fall, über den er durch Urteil vom 21.2.2008148 entschieden hat:

C 67

BGH-Urteil vom 21.2.2008 – ZInsO 2008, 317 ff. Die verklagte Bausparkasse gewährte der Schuldnerin in anfechtungsfreier Zeit ein Darlehen, das durch eine Grundschuld gesichert werden sollte, welche zugunsten einer Sparkasse bestellt worden war. Es wurde vereinbart, dass die Sparkasse die Grundschuld auf die Beklagte übertragen durfte. Die Sparkasse übertrug daraufhin in kritischer Zeit die Grundschuld in der Höhe, in der das Darlehen noch valutierte, auf die Beklagte. Der klagende Insolvenzverwalter focht die Abtretung (ohne Erfolg) an.

C 68

Der BGH stellt zunächst klar, dass die Neuvalutierung von Grundpfandrechten grundsätzlich unter § 91 Abs. 1 InsO fällt. In einem früheren Urteil vom 30.10.1974149 hatte er bereits entschieden, dass § 15 KO der nachträglichen „Unterlegung“ einer insolvenzfesten Sicherheit mit einer erst nach der Konkurseröffnung erworbenen Forderung entgegenstehe. Eine unwirksame Unterdeckungnahme liegt nach dem neueren Urteil vom 21.2.2008 jedoch nicht vor, wenn in unkritischer Zeit eine (schuldrechtliche) Sicherungsvereinbarung getroffen wurde, wonach die Sicherheit auch die Forderung eines Dritten sichern soll. Den wesentlichen Unter-

C 69

147 Vgl. BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182 ff. 148 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06 – „Bausparkasse“, MDR 2008, 646 = ZInsO 2008, 317 ff. 149 BGH v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, NJW 1975, 122 f. Schäfer

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C Rz. 69

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

schied zum Urteil vom 2.6.2005150 sieht der BGH darin, dass dort die zur Sicherheit abgetretene Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner mit dessen Zahlung an die Anfechtungsgegnerin erloschen sei. Diese habe nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Sicherungsnehmerin gehabt, die ihr übertragenen Sicherheiten auch für sie zu verwalten. Dieser schuldrechtliche Anspruch habe nicht die Absonderungskraft, um im Fall des Sicherheitentauschs den nur schuldrechtlich Berechtigten wie einen ursprünglich Berechtigten an der Ersatzsicherheit teilhaben zu lassen. In dem nunmehr entschiedenen Fall sei das Sicherungsrecht dagegen nicht untergegangen. bb) Bauhandwerkersicherung

C 70 § 648a BGB a.F. – in der Fassung bis zum Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes am 1.1.2009 – gibt dem Unternehmer nur ein Leistungsverweigerungsrecht, jedoch keinen durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer Sicherheit. Eine zwischen den Vertragsparteien nicht vereinbarte Drittzahlung des Auftraggebers des Hauptunternehmers an den Subunternehmer ist daher auch dann inkongruent, wenn diesem ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 648a BGB a.F. zustand.151 § 648a BGB a.F. begründet nicht einmal die Kongruenz einer nachträglichen Vereinbarung über die Abtretung einer Werklohnforderung des Hauptunternehmers gegen den Bauherrn an den Subunternehmer;152 für Direktzahlungen des Bauherrn an den Subunternehmer gilt dies erst recht. Die (vorzeitige) Erfüllung des Werklohnanspruchs durch Dritte ist in § 648a BGB a.F. nicht vorgesehen und daher schon deshalb grundsätzlich inkongruent. Die Kongruenz der Zahlung des Auftraggebers an den Subunternehmer kann aber durch eine dreiseitige Vereinbarung hergestellt werden, sofern zuvor noch keine Leistungen erbracht wurden.153

C 71 Bis zum Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes am 1.1.2009 war auch die Stellung einer Bauhandwerkersicherung aufgrund eines Verlangens nach § 648a Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. inkongruent, weil die Bestimmung nur ein Leistungsverweigerungsrecht gewährte. Dies gilt unter der Neufassung des § 648a BGB nicht mehr, da dem Unternehmer nunmehr ein gesetzlicher Anspruch auf Sicherheitsleistung zusteht.154 cc) Gesetzliche Pfandrechte

C 72 Gesetzliche Pfandrechte (bspw. Vermieter- und Frachtführerpfandrecht) setzen nicht voraus, dass der Begünstigte zuvor einen Sicherungsan150 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03 – „Sicherheitenpoolvertrag (1)“, ZInsO 2005, 932 ff. 151 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZIP 2007, 1162 ff. 152 BGH v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, MDR 2005, 956 = ZInsO 2005, 439 ff. 153 Vgl. BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZIP 2007, 1162 f. 154 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 47 Rz. 53.

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III. Einzelheiten

Rz. 76 C

spruch hatte. Das Fehlen eines solchen Sicherungsanspruchs kann daher nicht schon zur Anfechtbarkeit wegen inkongruenter Deckung führen.155 Kraft Gesetzes entstehenden Pfandrechten fehlt die Verdächtigkeit des Erwerbs, die der inkongruenten Deckung innewohnt.156 Im Fall des Frachtführerpfandrechts gilt dies selbst für inkonnexe Forderungen aus früheren Frachtaufträgen.157 c) Ausnahme Margensicherheiten; § 130 Abs. 1 Satz 2 InsO § 130 Abs. 1 Satz 2 InsO nimmt sogenannte „Margensicherheiten“ von der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 InsO aus. Dies setzt voraus, dass zwischen dem Schuldner als Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer eine Sicherungsvereinbarung über die Bestellung sogenannter „Basissicherheiten“ getroffen wurde. Für deren Bestellung gilt die Privilegierung nicht.158 Ist die Basissicherheit anfechtbar, so entzieht dies auch späteren Nachbesicherungen die Grundlage.159

C 73

§ 130 Abs. 1 Satz 2 InsO schützt die vor allem im Bankverkehr übliche Vereinbarung, wonach der Sicherungsgeber bei Wertschwankungen der geleisteten Sicherheiten bzw. der gesicherten Verbindlichkeiten verpflichtet ist, weitere Sicherheiten zu leisten, um die unbesicherte „Marge“ abzudecken.160 Dies setzt freilich voraus, dass in der Sicherungsvereinbarung das Verhältnis zwischen dem Wert der gesicherten Verbindlichkeiten und dem Wert der Basissicherheiten festgelegt ist, da sich ansonsten eine Verschiebung des Wertverhältnisses zu Lasten des Sicherungsnehmers nicht feststellen lässt.161

C 74

Eine Anfechtung nach den übrigen Anfechtungstatbeständen wird durch § 130 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht ausgeschlossen.162

C 75

2. Zustand der materiellen Insolvenz Die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung bestimmen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang die materiellen Wirkungen der Insolvenz schon vor der formellen Insolvenzeröffnung eintreten.163 Der Zustand der materiellen Insolvenz im Sinne des § 130 InsO 155 BGH v. 18.4.2002 – IX ZR 219/01, BGHZ 150, 326 ff. Rz. 13 f. = MDR 2002, 1150 zum Frachtführerpfandrecht; Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 41. 156 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. 157 BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, MDR 2005, 1133 = ZIP 2005, 992 ff. 158 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 15/1853, S. 32; HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 40. 159 Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 152. 160 Graf-Schlicker/Huber, § 130 Rz. 6. 161 HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 40. 162 Vgl. Obermüller, ZInsO 2004, 187 (190). 163 Vgl. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832; MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 1. Schäfer

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C 76

C Rz. 76

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

ist mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, spätestens aber mit der Stellung des Insolvenzantrages, gegeben. Dies allein begründet freilich nicht die Anfechtbarkeit der in den Zeiträumen des § 130 InsO vorgenommenen Rechtshandlungen. Da der Gläubiger vom Schuldner erhält, was ihm gebührt, muss vielmehr die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit bzw. der Stellung des Insolvenzantrages hinzukommen. Aufgrund der Tatbestandserweiterung in § 130 Abs. 2 InsO steht dieser Kenntnis die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 18 InsO) reicht hingegen für die Anfechtbarkeit ebenso wenig aus wie eine Überschuldung (vgl. § 19 InsO).164 a) Zahlungsunfähigkeit

C 77 § 17 InsO bestimmt auch für den Bereich der Insolvenzanfechtung, was

unter Zahlungsunfähigkeit zu verstehen ist.165 Danach ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht (mehr) in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Diese gesetzliche Vermutung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt auch im Rahmen des § 130 Abs. 1 InsO.166 Überschuldung im Sinne des § 19 InsO ist dagegen nicht mit der Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen. Denn der Schuldner kann trotz bestehender Überschuldung zahlungsfähig bleiben, etwa wenn es ihm gelingt, durch kurzfristige Veräußerung von Aktiva die Mittel zur Befriedigung fälliger Gläubigerforderungen zu beschaffen.167 aa) Zahlungseinstellung

C 78 Die Zahlungseinstellung manifestiert sich durch ein nach außen hervortretendes Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine Zahlungspflichten zu erfüllen. Die unterbliebene Zahlung gegenüber einem einzelnen Gläubiger kann ausreichen, wenn dessen Forderung von insgesamt nicht unerheblicher Höhe ist. Für eine erfolgreiche Anfechtung muss dies allerdings gerade der Anfechtungsgegner sein.168 Die Zahlungseinstellung des Schuldners kann nach der ständigen Rechtsprechung des BGH anhand von Indizien

164 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 18. 165 Vgl. BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (184) = MDR 2002, 416; HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 14; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 68; allgemein zur Zahlungsunfähigkeit Pape, WM 2008, 1949 ff. 166 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (184) = MDR 2002, 416. 167 Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 34. 168 BGH v. 27.4.1995 – IX ZR 147/95, ZIP 1995, 929 (930); v. 10.1.1985 – IX ZR 4/84, MDR 1985, 932 = ZIP 1985, 363 (365).

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III. Einzelheiten

Rz. 81 C

festgestellt werden; eine andauernde Liquiditätslücke muss in einem solchen Fall vom Insolvenzverwalter nicht vorgetragen werden.169 Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind.170 Die Einstellung der Zahlung von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen deutet nach der Rechtsprechung des BGH auf eine Zahlungseinstellung hin.171 Kündigt die Hausbank sämtliche Kredite und kann der Schuldner diese nicht begleichen, ist in der Regel eine Zahlungseinstellung gegeben.172 Die nicht nach außen verlautbarte Willensentschließung der Hausbank des Schuldners, ihm keinen Kredit mehr zu gewähren, reicht für die Annahme der Zahlungseinstellung hingegen nicht aus. Die Zahlungseinstellung kann nicht vorverlegt werden, nur weil sie die sichere Folge einer zu erwartenden Kündigung ist.173

C 79

bb) Liquiditätslücke; Abgrenzung zur Zahlungsstockung Zahlungsunfähigkeit ist der Mangel an aktuell verfügbaren (liquiden) Zahlungsmitteln zur Deckung der fälligen und kurzfristig fällig werdenden Verbindlichkeiten.174 Trotz bestehender Überschuldung kann daher der Schuldner noch zahlungsfähig sein, wenn er die aktuell und kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten begleichen kann. Bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit können daher auf der „Habenseite“ nur kurzfristig verwertbare Vermögensbestandteile angesetzt werden, wozu eine Geschäftseinrichtung in der Regel nicht gehört.175 Wie sich der Schuldner die erforderlichen Mittel beschafft, etwa durch weitere Kreditaufnahme176 oder gar durch eine Straftat,177 ist hingegen unerheblich.

C 80

Ist der Schuldner nicht in der Lage, sich innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten benötigten finanziellen Mittel zu beschaffen, handelt es sich nicht mehr um eine bloße Zah-

C 81

169 Vgl. BGH v. 30.6.2011 – IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 ff.; BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff. Rz. 22. 170 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 15; v. 4.10.2001 – IX ZR 81/99, MDR 2001, 1437 = ZIP 2001, 2097 (2098); HK-InsO/Kirchhof, § 17 Rz. 30. 171 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 ff. = MDR 2009, 650 Rz. 16; v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 24. 172 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 91. 173 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 ff. = MDR 1992, 766. 174 Vgl. BGH v. 19.7.2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 ff. Rz. 30 = MDR 2007, 1395. 175 BGH v. 19.7.2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 f. Rz. 30 = MDR 2007, 1395. 176 BGH v. 12.7.1990 – IX ZR 245/89, MDR 1990, 1109 = WM 1990, 1588 (1590). 177 Vgl. BGH v. 31.3.1982 – 2 StR 744/81, MDR 1982, 686 = NJW 1982, 1952 (1954). Schäfer

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C Rz. 81

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

lungsstockung, vielmehr liegt dann Zahlungsunfähigkeit vor.178 Dies gilt auch dann, wenn die tatsächlich noch geleisteten Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen.179 Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke weniger als 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist in der Regel von der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % betragen wird. Beträgt die Liquiditätslücke 10 % oder mehr, ist dagegen in der Regel von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist.180 cc) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit

C 82 Die Zahlungsunfähigkeit kann durch eine Liquiditätsbilanz nachgewiesen werden. Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten in Beziehung zu setzen.181 Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit182 erfordert jedoch nach der Rechtsprechung des BGH nicht unbedingt die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz. Es genügt vielmehr, wenn anderweitig festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht begleichen konnte.183 Die Vorlage von Listen über die Verbindlichkeiten des Schuldners in Verbindung mit ergänzenden Anlagen, insbesondere den Rechnungen der Gläubiger, kann genügen, wenn sich daraus die notwendigen Informationen über den jeweiligen Anspruch und seine Fälligkeit entnehmen lassen.184 Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Ver178 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 27; v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 (139 f.) = GmbHR 2005, 1117 m. Anm. Blöse = MDR 2005, 1248. 179 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 19; v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, MDR 2001, 761 = ZIP 2001, 524 (525). 180 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 27; v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZIP 2007, 1469 ff. Rz. 37; v. 24.5.2005 – IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 (142 f.) = GmbHR 2005, 1117 m. Anm. Blöse = MDR 2005, 1248. 181 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 28; HK-InsO/Kirchhof, § 17 Rz. 25. 182 Vgl. dazu Nickert/Lamberti, Überschuldungs- und Zahlungsunfähigkeitsprüfung. 183 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 28. 184 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 210/04, MDR 2007, 1450 = ZInsO 2007, 1046 f. Rz. 5.

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III. Einzelheiten

Rz. 85 C

fahrenseröffnung nicht mehr beglichen wurden, ist regelmäßig von der Zahlungsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt auszugehen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn aufgrund konkreter Umstände, die sich nachträglich geändert haben, damals angenommen werden konnte, der Schuldner werde rechtzeitig in der Lage sein, die Verbindlichkeiten zu erfüllen.185 Bei der Prüfung, ob der Schuldner zahlungsunfähig ist, sind alle fälligen Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, die vom jeweiligen Gläubiger ernsthaft eingefordert wurden.186 Dabei dient das Merkmal des „ernsthaften Einforderns“ nur dem Zweck, solche Forderungen auszunehmen, die rein tatsächlich – also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung – gestundet sind.187 Eine Forderung darf nicht berücksichtigt werden, wenn mit dem Gläubiger ein Stillhalteabkommen abgeschlossen wurde, das keine Stundung im Rechtsinne enthalten muss.188 Hat der Gläubiger das Stillhalten an die Erbringung gewisser Leistungen, insbesondere Ratenzahlungen, geknüpft, kann der Schuldner allerdings von Neuem zahlungsunfähig werden, wenn er nicht in der Lage ist, diese Leistungen zu erbringen.189 Als fällige Verbindlichkeiten sind ferner Forderungen zu berücksichtigen, die – wie etwa Vergütungsforderungen von Arbeitnehmern – nur aufgrund einer „erzwungenen Stundung“ nicht eingefordert wurden.190 Bei der Annahme einer solchen „erzwungenen Stundung“ dürfte allerdings Zurückhaltung geboten sein. Denn es kann von einem Geschäftsführer nicht ohne weiteres erwartet werden, einen Insolvenzantrag zu stellen (vgl. § 64 GmbHG), wenn die Frage der Zahlungsunfähigkeit von den Forderungen der Arbeitnehmer abhängt und diese faktisch stillhalten.

C 83

Eine Zahlung, die erst die Zahlungsunfähigkeit auslöst, unterliegt zwar selbst nicht der Anfechtung; eine Forderung, deren Begleichung angefochten wird, muss jedoch bei der Feststellung, ob zu diesem Zeitpunkt bereits eine Zahlungsunfähigkeit bestand, mitberücksichtigt werden.191

C 84

Nur die Nichterfüllung fälliger, einwendungs- und einredefreier Zahlungspflichten kann die Zahlungsunfähigkeit begründen.192 Vom Schuldner bestrittene Forderungen sind nicht zu berücksichtigen, wenn er sie

C 85

185 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 28. 186 BGH v. 19.7.2007 – IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 ff. Rz. 14 = MDR 2007, 1395; v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 (174) = MDR 1992, 766. 187 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, MDR 2009, 1069 = ZIP 2009, 1235 ff. Rz. 22. 188 BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, MDR 2008, 590 = ZInsO 2008, 273 ff.; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 75. 189 BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, MDR 2008, 590 = ZIP 2008, 420 ff. Rz. 26. 190 Vgl. BGH v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, MDR 2008, 711 = ZInsO 2008, 378 ff. 191 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, MDR 2009, 1069 = ZIP 2009, 1235 ff. Rz. 24. 192 HK-InsO/Kirchhof, § 17 Rz. 7, 8. Schäfer

241

C Rz. 85

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

mit Aussicht auf Erfolg bestreitet. Zweifelhafte Verbindlichkeiten sollen gegebenenfalls mit einem Abschlag anzusetzen sein.193 Andere als Geldforderungen sind bei der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nur zu berücksichtigen, wenn sie bereits in eine Geldforderung umgewandelt sind oder dies mit Sicherheit innerhalb der nächsten ca. drei Wochen zu erwarten ist. Dies hängt insbesondere bei der Verpflichtung zu Sachleistungen davon ab, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Schadensersatzpflicht in Geld eingetreten sind. Lieferpflichten, Gewährleistungspflichten, Übereignungsansprüche etc. führen daher grundsätzlich nicht schon dann zur Zahlungsunfähigkeit, wenn der Schuldner sich weigert oder nicht in der Lage ist, diese Ansprüche zu erfüllen.194

C 86 Ob bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit einer GmbH eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen als fällige Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, ist streitig. Der IX. Zivilsenat des BGH hat dies in seinem Urteil vom 14.5.2009 verneint.195 Im Schrifttum wird mit einiger Berechtigung geltend gemacht, die Zahlungsfähigkeit des Schuldners werde nicht beeinträchtigt, wenn er die Erfüllung einer Forderung verweigern könne.196 Im Hinblick auf etwaige Unsicherheiten wird man aber fordern müssen, dass der Eigenkapitalersatzcharakter feststand.197 Die Gegenauffassung198 verweist auf die Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH, nach der Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu passivieren sind, sofern keine Rangrücktrittserklärung für sie abgegeben wurde.199 dd) Indizien für Zahlungsunfähigkeit

C 87 Für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners können Indizien sprechen, die dem Tatrichter im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung gemäß § 286 Abs. 1 ZPO die Überzeugung vermitteln können, dass der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig war.200 Die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit ist im Wesentlichen eine Frage der tatrichterlichen Würdigung und unterliegt daher nur einer eingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung.201 193 Vgl. HK-InsO/Kirchhof, § 17 Rz. 7; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 6. 194 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 71. 195 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, MDR 2009, 1069 = ZIP 2009, 1235 ff. Rz. 20; ebenso Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 72. 196 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 72. 197 Vgl. Haas, NZI 1999, 209, 214. 198 Vgl. Haas, NZI 1999, 209 ff.; Keller, EWiR 2009, 579 f. 199 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 ff. = MDR 2001, 401 = AG 2001, 303 = GmbHR 2001, 190 m. Anm. Felleisen. 200 BGH v. 13.6.2006 – IX ZB 238/05, MDR 2007, 52 = ZIP 2006, 1457 ff. Rz. 6; v. 9.1.2003 – IX ZR 175/02, MDR 2003, 473 = WM 2003, 400 (402). 201 Vgl. BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 34/83, MDR 1984, 934 = ZIP 1984, 809 (810).

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III. Einzelheiten

Rz. 90 C

Beitragsrückstände gegenüber Sozialversicherungsträgern haben nach der Rechtsprechung des BGH im Allgemeinen eine erhebliche Bedeutung für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Denn erfahrungsgemäß sind Unternehmer schon wegen der Strafandrohung des § 266a StGB bestrebt, solche Beitragsrückstände zu vermeiden. Die mindestens halbjährige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann deshalb bereits hinreichend auf eine Zahlungseinstellung hindeuten.202 Auch wenn der Beitragsrückstand geringer ist, können zusätzliche Umstände für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sprechen, etwa das stetige Anwachsen der Rückstände oder ein vertröstendes Verhalten des Schuldners.203

C 88

Auch die schleppende Zahlung von Löhnen und Gehältern ist ein Anzeichen für eine Zahlungseinstellung.204 Durch die Nichtzahlung der Sozialversicherungsbeiträge, der Löhne und der sonstigen Verbindlichkeiten über einen Zeitraum von mehr als drei Wochen nach Fälligkeit wird für die beteiligten Verkehrskreise in der Regel hinreichend erkennbar, dass die Nichtzahlung auf einem objektiven Mangel an Geldmitteln beruht. Gerade Sozialversicherungsbeiträge und Löhne werden typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit bezahlt, wenn die dafür erforderlichen Geldmittel nicht vorhanden sind.205

C 89

Die Einstellung des schuldnerischen Geschäftsbetriebes ist ebenfalls ein gewichtiges Indiz für die Frage der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners.206 Kündigt die Hausbank des Schuldners dessen Kredite und ist dieser nicht in der Lage, sie zurückzuführen, so ist in der Regel von dessen Zahlungsunfähigkeit auszugehen; die nur theoretische Möglichkeit, dass der Schuldner noch irgendwoher Kredit erhält, steht dem nicht entgegen.207 Eigene Erklärungen des Schuldners, eine fällige Verbindlichkeit nicht begleichen zu können, deuten – ebenso wie mehrfache Scheckrückbelastungen208 oder Rücklastschriften209 – auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind.210

C 90

202 203 204 205 206 207 208 209 210

BGH v. 10.7.2003 – IX ZR 89/02, MDR 2003, 1376 = ZInsO 2003, 755 ff. BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416. BGH v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, MDR 2008, 711 = WM 2008, 698 (700). BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 24. Vgl. BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 34/83, MDR 1984, 934 = ZIP 1984, 809, 810 f. BGH v. 27.4.1995 – IX ZR 147/94, MDR 1996, 162 = ZIP 1995, 929. BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 81/99, MDR 2001, 1437 = ZIP 2001, 2097 (2098). BGH v. 1.7.2010 – IX ZR 70/08, ZInsO 2010, 1598 ff. Vgl. BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 15. Schäfer

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C Rz. 91

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

ee) Ursächlichkeit der Zahlungsunfähigkeit für die Insolvenzeröffnung; späterer Wegfall

C 91 Die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners muss vom Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung an bis zur Insolvenzeröffnung ohne Unterbrechung fortbestanden haben; nur dann ist die Vorverlegung der Wirkungen der Insolvenzeröffnung gerechtfertigt.211 Die Kausalität wird aber nicht dadurch unterbrochen, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst mangels Masse abgelehnt oder ein eröffnetes Insolvenzverfahren nach § 207 InsO eingestellt wird, sofern das Insolvenzverfahren anschließend (erneut) eröffnet wird.212 Eine einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit wirkt grundsätzlich fort. Sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen im Allgemeinen wieder aufgenommen werden.

C 92 Eine an den Gläubiger gerichtete harte Patronatserklärung der Muttergesellschaft beseitigt weder die objektive Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesellschaft noch die darauf bezogene Kenntnis des Gläubigers.213 Eine konzernexterne Patronatserklärung vermag für sich genommen mangels Begründung eigener Ansprüche weder eine Zahlungsunfähigkeit noch eine Überschuldung der Tochtergesellschaft zu beseitigen. Dies kommt vielmehr erst in Betracht, wenn die Patronin ihre gegenüber dem Gläubiger eingegangenen Verpflichtungen durch eine Liquiditätsausstattung der Tochtergesellschaft tatsächlich erfüllt.214 Auch bei einer konzerninternen Patronatserklärung ist es erforderlich, dass die Muttergesellschaft ihrer Ausstattungsverpflichtung tatsächlich nachkommt, sofern nicht der Tochtergesellschaft ein ungehinderter Zugriff auf die Mittel eröffnet wird.215

C 93 Die allgemeine Aufnahme der Zahlungen hat grundsätzlich derjenige zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall einer zuvor eingetretenen Zahlungsunfähigkeit beruft. Dies gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn zwischen den angefochtenen Zahlungen und dem Eingang eines erneuten, erfolgreichen Eröffnungsantrages nur ein kurzer Zeitraum liegt.216 Die Bedeutung der zuletzt genannten Einschränkung erweist ein Urteil des Oberlandesgerichts München vom 28.3.2007,217 das zu § 133 InsO erging. Dort hatten in den Jahren 1999 bis 2004 Vollstreckungs211 212 213 214 215 216

Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 30. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 94. BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, AG 2011, 512 = ZIP 2011, 1111 ff. BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 22 = AG 2011, 512. BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 21 = AG 2011, 512. BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. Rz. 35 = MDR 2002, 416; v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 (109) = MDR 2002, 418. 217 OLG München v. 28.3.2007 – 20 U 4101/06, veröffentlicht bei juris; die Nichtzulassungsbeschwerde des verklagten Landes wurde durch Beschluss des BGH vom 17.4.2008 – IX ZR 77/07, veröffentlicht bei juris, zurückgewiesen.

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III. Einzelheiten

Rz. 96 C

beamte des Finanzamts regelmäßig bei der Schuldnerin wegen fälliger Steuerzahlungen vorgesprochen. Infolgedessen war es in diesem Zeitraum zu Steuerzahlungen der Schuldnerin in Höhe von ca. 234 000 Euro gekommen. Am 30.9.1999, am 30.8.2000 und am 22.1.2004 hatte die AOK Insolvenzanträge gestellt. Die Insolvenzeröffnung wurde von der Schuldnerin jeweils durch Zahlungen an die AOK abgewendet. Aufgrund des Insolvenzantrages der Schuldnerin vom 8.10.2004 wurde am 1.12.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte mit Erfolg die gezahlten 234 000 Euro zurück. Der Anfechtungsgegner hatte letztlich ein Vielfaches des Betrages zurückzugewähren, der zu jedem einzelnen Zahlungszeitpunkt zur Befriedigung der Gläubiger benötigt worden wäre. Die Schulderin hatte möglicherweise über längere Zeit einen unbeglichenen „Spitzenbetrag“ vor sich hergeschoben. Dafür spricht der Umstand, dass es ihr immerhin gelang, ihren Geschäftsbetrieb nach der ersten angefochtenen Zahlung noch fast fünf Jahre aufrechtzuerhalten.

C 94

b) Eröffnungsantrag; Maßgeblichkeit für Anfechtungsfristen (§ 139 InsO) Unabhängig von der Frage der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sind nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO Rechtshandlungen anfechtbar, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden, sofern der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag (oder die Zahlungsunfähigkeit) kannte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Insolvenzantrag, der zur Verfahrenseröffnung geführt hat, zulässig und begründet war; unerheblich ist es daher insbesondere, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Eröffnungsgrund gegeben war.218 Der Anfechtungsgegner kann sich somit nicht darauf berufen, dass die Zahlungsunfähigkeit erst nach der Stellung des Insolvenzantrages oder der Vornahme der Rechtshandlung eingetreten sei.219 Dies hat zur Folge, dass der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung auf den Bereich der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausgedehnt wird, wenn der Schuldner aus diesem Grund einen Insolvenzantrag gestellt hat (vgl. § 18 InsO).220

C 95

Bei der Bestimmung des maßgeblichen Insolvenzantrages ist § 139 Abs. 2 InsO zu beachten. Wurden mehrere Anträge gestellt, so ist gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO der erste zulässige und begründete Antrag maßgebend, auch wenn das Verfahren aufgrund eines späteren Antrages eröffnet wurde. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nach § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen wurde. Für die Berechnung der Anfechtungsfrist kommt es allein darauf an, dass der

C 96

218 Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 109; Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 39; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 290 – a.A. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 25. 219 Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 40. 220 Vgl. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 829 Rz. 37. Schäfer

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C Rz. 96

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

Antrag zur Verfahrenseröffnung geführt hätte, wenn er nicht mangels Masse rechtskräftig abgewiesen oder das Verfahren nicht aufgrund eines späteren Antrages eröffnet worden wäre. Durch § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO wird hervorgehoben, dass die Abweisung allein wegen nicht ausreichender Masse erfolgt sein muss. Aus anderen Gründen abgewiesene Anträge bleiben, auch wenn die Abweisung zu Unrecht erfolgte, unberücksichtigt.221 Liegt eine einheitliche Insolvenz vor, ist der erste, mangels Masse abgewiesene Antrag grundsätzlich auch dann maßgebend, wenn zwischen ihm und dem Antrag, der zur Verfahrenseröffnung geführt hat, ein beträchtlicher Zeitraum (konkret: drei Jahre) liegt.222

C 97 Einem Eröffnungsantrag kommt jedoch dann keine Bedeutung für die Anfechtung zu, wenn zwischen dem zunächst zulässigen und begründeten Eröffnungsantrag und dem späteren Antrag, der zur Verfahrenseröffnung führte, der Eröffnungsgrund entfallen war.223 Der BGH geht darüber hinaus in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass auch ein rechtswirksam für erledigt erklärter bzw. zurückgenommener Eröffnungsantrag, der nicht zu einer rechtskräftigen Insolvenzeröffnung geführt hat, auch dann nicht als Anknüpfungspunkt für die Anfechtung in Betracht kommt, wenn der Schuldner nach der Rücknahme des ersten Antrages seine Zahlungsfähigkeit nicht wiedergewonnen hat.224 Diese Auffassung ist jedoch im Schrifttum bis heute umstritten.225 In dem vom BGH durch Urteil vom 20.11.2001226 entschiedenen Fall hatte die Beklagte ihren Insolvenzantrag am 14.10.1999 für erledigt erklärt, nachdem der Schuldner die Beitragsrückstände durch Übersendung von Schecks ausgeglichen hatte. Kurz darauf (am 9.11.1999) stellte ein anderer Gläubiger Insolvenzantrag, der zur Verfahrenseröffnung führte. Die Revision argumentierte wie folgt: Da die Beklagte ihren später für erledigt erklärten Insolvenzantrag selbst auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gestützt habe, käme es auf Feststellungen zur Frage der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht mehr an,227 wenn trotz der Erledigung des ersten Insolvenzantrages darauf abzustellen wäre, dass von der Stellung des ersten bis zur Stellung des weiteren Insolvenzantrages durchgängig eine materielle Insolvenz des Schuldners gegeben war. Der BGH ist dieser Auffassung indes nicht gefolgt. Auch den Einwand möglicher Ma-

221 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT_Drucks. 12/2443, S. 163. 222 BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZIP 2008, 235 ff. 223 BGH v. 14.10.1999 – IX ZR 142/98, NJW 2000, 211 (212); HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 12; Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 847 Rz. 75. 224 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 6; v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416; BGH v. 14.10.1999 – IX ZR 142/98, NJW 2000, 211 (212). 225 Vgl. Biebinger, ZInsO 2008, 1188 ff.; Gundlach/Frenzel, NJW 2009, 228; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 293. 226 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416. 227 Vgl. dazu BGH v. 14.10.1999 – IX ZR 142/98, NJW 2000, 211 (212).

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III. Einzelheiten

Rz. 100 C

nipulationen ließ er nicht gelten; dem sei vielmehr auf andere Weise zu begegnen. In einem neueren Urteil vom 2.4.2009228 hat der BGH jedoch klargestellt, dass ein im Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses zulässiger und begründeter Insolvenzantrag auch dann für die Berechnung der Anfechtungsfristen maßgebend ist, wenn er nach der Verfahrenseröffnung wegen prozessualer Überholung für erledigt erklärt wurde. Der BGH habe die Bestimmung des § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO zwar auch dann (entsprechend) angewandt, wenn der fragliche Eröffnungsantrag für erledigt erklärt oder zurückgenommen worden sei. Diese Rechtsprechung dürfe jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei jeglicher Erledigungserklärung § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechend anzuwenden sei. In dem nunmehr entschiedenen Fall habe sich der Insolvenzantrag wegen prozessualer Überholung und nicht wegen Wegfalls der Antragsvoraussetzungen aufgrund der Befriedigung des Gläubigers erledigt. Nach der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung sollten solche Anträge für die Berechnung der Anfechtungsfristen maßgebend sein, die zur Verfahrenseröffnung geführt hätten, wenn sie nicht mangels Masse rechtskräftig abgewiesen worden wären „oder das Verfahren nicht aufgrund eines späteren Antrags eröffnet worden wäre“.229 Danach sei somit auch ein prozessual überholter Antrag zu berücksichtigen.

C 98

Zu beachten ist schließlich, dass im Falle der Einreichung eines Insolvenzantrages mit der Bitte, das Gericht möge dessen Bearbeitung noch kurzfristig zurückstellen, der Antrag dennoch bereits mit der Einreichung wirksam gestellt ist.230

C 99

c) Anfechtungszeitraum § 130 InsO erfasst jene Rechtshandlungen, die im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners vorgenommen wurden, sofern deren Wirkung innerhalb der letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach eingetreten ist (vgl. § 140 InsO). Die Berechnung des Anfechtungszeitraums bestimmt sich nach § 139 InsO.231 In diesem Zeitraum muss der Anfechtungsgegner ferner Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den zwingend für sie sprechenden Umständen erlangt haben (vgl. § 130 Abs. 2 InsO). Nach der Stellung des Insolvenzantrages muss in der Zeit bis zur Verfahrenseröffnung in subjektiver Hinsicht nur noch die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Insolvenzantrages bzw. der zwingend für sie sprechenden Umstände hinzukommen. 228 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 145/08, MDR 2009, 890 = ZIP 2009, 921 f. 229 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 163. 230 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113 = BRAK 2006, 231 = NJW 2006, 2701. 231 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 139 InsO. Schäfer

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C 100

C Rz. 101

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen

C 101 Da der Anfechtungsgegner im Anwendungsbereich des § 130 InsO erhalten hat, was ihm nach der Rechtsordnung gebührte, rechtfertigt allein der Eintritt der materiellen Insolvenz noch nicht die Anfechtung. Ein Gläubiger, der eine vertraglich geschuldete Leistung erhalten hat, muss grundsätzlich darauf vertrauen können, dass er die ihm zustehende Leistung behalten darf.232 Aus Gründen des Verkehrsschutzes wird der Gläubiger der Deckungsanfechtung nach § 130 InsO erst ausgesetzt, wenn er die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag im maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. § 140 InsO) kennt oder jedenfalls Kenntnis von Umständen hatte, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag schließen ließen (§ 130 Abs. 2 InsO). a) Kenntnis des Gläubigers; Nachweiserleichterung gemäß § 130 Abs. 2 InsO

C 102 Die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners muss zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung (vgl. § 140 InsO) gegeben sein. Entscheidend ist somit der Zeitpunkt, in dem die gläubigerbenachteiligende Wirkung eintritt.233 Eine der Rechtshandlung nachfolgende Kenntnis schadet nicht.234 Ist der Anfechtungsgegner schon vor der Vornahme der Rechtshandlung zutreffend von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ausgegangen, so wirkt diese Kenntnis grundsätzlich fort. Eine einmal eingetretene Zahlungsunfähigkeit wird grundsätzlich erst beseitigt, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden; dies hat grundsätzlich derjenige darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, der sich auf einen nachträglichen Wegfall der Zahlungsunfähigkeit beruft.235 Entsprechendes gilt für einen späteren Wegfall der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Ein Gläubiger, der nach der Kenntniserlangung von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. nach der Stellung eines Insolvenzantrages Zahlungen erhält, darf deswegen allein grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass auch die anderen Gläubiger in vergleichbarer Weise Zahlungen erhalten.236

232 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 16. 233 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 140 InsO. 234 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff. Rz. 13; v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 13 = MDR 2007, 610. 235 Vgl. BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (190) = MDR 2002, 416. 236 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 ff. = MDR 2002, 418; v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416; vgl. dazu näher unten Rz. C108.

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III. Einzelheiten

Rz. 105 C

Die Kenntnis des Gläubigers von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Sinne des § 130 Abs. 1 InsO erfordert „positives“, für sicher gehaltenes Wissen.237 Dieses Wissen ist gegeben, wenn der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen und dem Verhalten des Schuldners bei natürlicher Betrachtungsweise den zutreffenden Schluss gezogen hat, dass der Schuldner wesentliche Teile, nämlich 10 % oder mehr, seiner fälligen Verbindlichkeiten nicht in einem Zeitraum von drei Wochen wird tilgen können.238 Kennt ein im Geschäftsleben nicht unerfahrener Gläubiger alle für das Vorliegen der Zahlungseinstellung wesentlichen Tatsachen, so kennt er die Zahlungseinstellung auch dann, wenn er die aus den Tatsachen zwingend abzuleitenden Schlussfolgerungen nicht zieht; dies gilt regelmäßig auch dann, wenn dieser Gläubiger mit mehr als einmonatiger Verzögerung nach der Stellung eines Insolvenzantrages vollständig befriedigt wird.239 Fordert eine Bank unter Fristsetzung und Androhung von Zwangsmitteln die Rückzahlung eines gekündigten Kredits von erheblicher Höhe, weil sie den Schuldner nicht mehr für kreditwürdig hält, steht die lediglich theoretische Möglichkeit, dass der Schuldner noch irgendwoher Kredit erhält, der Kenntnis der Zahlungseinstellung nicht entgegen.240

C 103

Da der Nachweis der erforderlichen Kenntnis des Gläubigers erfahrungsgemäß häufig schwierig ist, hat der Gesetzgeber in § 130 Abs. 2 InsO eine Regelung geschaffen, die den Nachweis erleichtern soll. Danach steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen.

C 104

Im Regierungsentwurf ist zwar davon die Rede, dass die zeitliche Nähe des Erwerbs zur Verfahrenseröffnung es rechtfertige, die grob fahrlässige Unkenntnis der Krise genügen zu lassen.241 Diese ursprüngliche Vorstellung des Gesetzgebers ist jedoch nicht Gesetz geworden. Der BGH weist im Urteil vom 20.11.2001242 darauf hin, dass nach den Gesetzesmaterialien243 ein strengerer Maßstab angelegt werden solle als grob fahrlässige Unkenntnis. Im Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages heißt es zu der beschlossenen Fassung, im Interesse der Rechtssicherheit dürfe die Anfechtbarkeit von Geschäften, bei denen der Vertragspartner des Schuldners nichts anderes als die geschuldete Leistung erhalte, nicht zu weit ausgedehnt werden; zudem sei der „unscharfe

C 105

237 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff. Rz. 14. 238 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 30. 239 Vgl. BGH v. 10.7.2003 – IX ZR 89/02, MDR 2003, 1376 = ZInsO 2003, 755 ff. 240 BGH v. 27.4.1995 – IX ZR 147/94, MDR 1996, 162 = ZIP 1995, 929. 241 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. 242 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 243 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 173. Schäfer

249

C Rz. 105

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

Begriff“ der groben Fahrlässigkeit zu vermeiden.244 Vorausgesetzt werde demgemäß, dass der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kenne, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folge. Dann könne er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf die Rechtsfolge selbst nicht gezogen habe.245 Bloßes „Kennenmüssen“ reicht somit nicht.

C 106 Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 InsO sind gegeben, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig.246 Die Kenntnis einzelner Tatsachen, die für eine Zahlungsunfähigkeit sprechen, genügt deshalb nicht, wenn sie nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen.247 aa) Indizien für Gläubigerkenntnis

C 107 Nach der Rechtsprechung des BGH kann die mindestens halbjährige Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen angesichts deren Strafbewehrtheit (vgl. § 266a StGB) hinreichend auf eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hindeuten.248 Auch wenn der Beitragsrückstand geringer ist, können zusätzliche Umstände für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sprechen, etwa das stetige Anwachsen der Rückstände oder ein vertröstendes Verhalten des Schuldners.249

C 108 Ein Gläubiger, der nach einem Insolvenzantrag mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung schließt, darf grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass die Forderungen der anderen, zurückhaltenderen Gläubiger in vergleichbarer Weise bedient werden wie seine eigenen. Vielmehr entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner – um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern – unter dem Druck eines Insolvenzantrages Zahlungen bevorzugt an den antragstellenden Gläubiger leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Dies verbietet einen Schluss des antragstellenden Gläubigers dahin, dass – nur weil er selbst Zahlungen erhalten hat – der Schuldner seine Zahlungen auch im Allgemeinen wieder aufgenommen habe.250 Bei gewerblich tätigen Schuldnern liegt 244 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 12/7302, S. 173. 245 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 246 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 ff. = MDR 2009, 650 Rz. 14; HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 29. 247 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08 – „Elektroinstallateur“, BGHZ 180, 63 ff. Rz. 14 = MDR 2009, 650. 248 Vgl. BGH v. 10.7.2003 – IX ZR 89/02, MDR 2003, 1376 = ZInsO 2003, 755 ff. 249 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416; OLG Celle, 30.10.2008 – 13 U 130/08, ZInsO 2009, 386 ff. 250 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (190).

250

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III. Einzelheiten

Rz. 111 C

vielmehr auf der Hand, dass die Verbindlichkeiten gegenüber dem befriedigten Gläubiger nicht die einzigen gewesen waren.251 Fordert der spätere Leistungsempfänger ernsthaft seine Ansprüche ein und ist der Schuldner zur Befriedigung nicht in der Lage, so kann allein schon darin die Zahlungseinstellung liegen. Dafür kann die Nichterfüllung einer einzigen Schuld genügen, wenn diese verhältnismäßig hoch ist.252 Die unterbliebene Einlösung eines Schecks über einen verhältnismäßig geringen Betrag oder mehrfache Scheckrückbelastungen können aus der Sicht des Gläubigers ebenfalls auf die Zahlungseinstellung hindeuten.253 Die Rückgabe von Lastschriften stellt ebenfalls ein erhebliches Beweisanzeichen für eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit dar.254

C 109

bb) Spezialfall Arbeitnehmervergütung Der BGH hat in einem neueren Urteil vom 19.2.2009255 die Anforderungen konkretisiert, die im Fall der Zahlung rückständigen Lohnes an Arbeitnehmer hinsichtlich des subjektiven Erfordernisses auf Seiten des Anfechtungsgegners zu stellen sind. Kennt danach der Gläubiger die Zahlungseinstellung, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO auch seine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Denn die dort formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts. Kenntnis bedeutet im Allgemeinen ein für sicher gehaltenes Wissen. Der Gläubiger kennt die Zahlungsunfähigkeit oder die Zahlungseinstellung als komplexe Rechtsbegriffe nur, wenn er die Liquidität oder das Zahlungsverhalten des Schuldners wenigstens laienhaft bewerten kann.

C 110

Da auch im Rahmen des § 130 Abs. 2 InsO grobe Fahrlässigkeit nach den Gesetzesmotiven nicht genügt,256 reicht die Kenntnis einzelner Tatsachen, die für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit sprechen, nicht aus, wenn diese nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen. Der zwingende Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit kann vielmehr nur gezogen werden, wenn sich ein redlich Denkender, der nicht vom Gedanken auf den eigenen Vorteil beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen nicht der Einsicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig.257 Mischen sich

C 111

251 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 ff. Rz. 23 = MDR 2002, 418. 252 Vgl. BGH v. 25.9.1997 – IX ZR 231/96, NJW 1998, 607 (608). 253 BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 81/99, MDR 2001, 1437 = ZInsO 2001, 1049 (1050). 254 BGH v. 1.7.2010 – IX ZR 70/08, ZInsO 2010, 1598 ff. 255 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08 – „Elektroinstallateur“, BGHZ 180, 63 ff. = MDR 2009, 650. 256 BGHZ 180, 63 ff. Rz. 13 mit Hinweis auf BT-Drucks. 12/7302, S. 173. 257 BGHZ 180, 63 ff. Rz. 14 mit Hinweis auf Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 121; HKInsO/Kreft, § 130 Rz. 29. Schäfer

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C Rz. 111

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

in die Vorstellungen des Gläubigers – wenngleich möglicherweise irrtümlich – Tatsachen, die bei einer Gesamtbetrachtung den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht zwingend nahelegen, fehlt dem Gläubiger die entsprechende Kenntnis. Bewertet er hingegen das ihm vollständig bekannte Tatsachenbild, das objektiv die Annahme der Zahlungsunfähigkeit gebietet, falsch, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen habe.258

C 112 Der BGH stellt klar, dass die Rechtsprechung, wonach die mehrere Monate unterbliebene Zahlung von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen auf die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens hindeuten kann, nur für institutionelle Gläubiger oder Gläubiger mit „Insiderkenntnissen“ gilt. Demgegenüber werde der Überblick eines Arbeitnehmers, insbesondere wenn er weder in der Finanzbuchhaltung des Unternehmens eingesetzt sei noch Leitungsfunktionen im kaufmännischen Bereich wahrzunehmen habe, in aller Regel begrenzt sein und nur Schlussfolgerungen allgemeiner Art wie diejenige auf Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen oder eine Tendenz zum Vermögensverfall zulassen. § 130 Abs. 2 InsO verlange hingegen Kenntnisse von den konkreten Umständen, die ein eindeutiges Urteil über die Liquiditätsgesamtlage des Unternehmens ermöglichten. Weiß ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldig ist, rechtfertigt allein diese Kenntnis nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (1. Leitsatz der Entscheidung vom 19.2.2009).

C 113 Der BGH hat die Geltung dieser Rechtsgrundsätze in einem neueren Ur-

teil vom 15.10.2009 bekräftigt.259 Er ist allerdings in dem konkret entschiedenen Fall davon ausgegangen, dass die Vorinstanz ausreichende Umstände festgestellt habe, welche die Annahme rechtfertigten, ein Bauleiter habe zum Zeitpunkt der angefochtenen Lohnzahlungen Kenntnis von der Zahlungseinstellung seines Arbeitgebers gehabt. Der Schuldner hatte erst kurz nach der Stellung des Insolvenzantrages durch einen anderen Gläubiger nach mehr als sechs Monaten vollständigen Lohnausfalls nicht einmal ein Fünftel der aufgelaufenen Lohnrückstände ausgeglichen.

C 114 Nach einem weiteren Beschluss vom 4.2.2010260 befand sich der Schuldner zum maßgeblichen Zeitpunkt am 5.8.2004 mit der Zahlung von 7 bis 9 Monatslöhnen im Rückstand. Mit der angefochtenen Zahlung wurden

258 BGHZ 180, 63 ff. Rz. 14; vgl. dazu noch BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (185) = MDR 2002, 416. 259 BGH v. 15.10.2009 – IX ZR 201/08 – „Bauleiter“, MDR 2010, 235 = ZIP 2009, 2306 f.; vgl. dazu noch LAG Thüringen v. 12.5.2009 – 7 Sa 413/07, ZInsO 2010, 688: schleppende Lohnzahlungen allein rechtfertigen nicht den Schluss auf Zahlungsunfähigkeit. 260 BGH v. 4.2.2010 – IX ZR 32/09, ZInsO 2010, 714.

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III. Einzelheiten

Rz. 116 C

lediglich restliche Lohnansprüche der Beklagten bis einschließlich Dezember 2003 ausgeglichen. In ähnlichem Ausmaß lagen auch bei einem Großteil der übrigen Arbeitnehmer Lohnrückstände vor. Nach Ansicht des BGH wirkte es sich bei Lohnrückständen von 7 bis 9 Monatslöhnen für den Arbeitnehmer nicht entlastend aus, dass aus seiner Sicht erhebliche Forderungen seines Arbeitgebers offen standen und die Auftragsbücher „im Grunde voll waren“. Derartige Zahlungsrückstände könnten auch unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ersichtlich nicht als bloße Zahlungsstockung eingeordnet werden. In derart krass gelagerten Fällen ist der Arbeitnehmer somit nicht vor einer Anfechtung durch den Insolvenzverwalter geschützt.261 Das Bundesarbeitsgericht hat indes jüngst entschieden, dass nicht schon dann von der Kenntnis von Umständen auszugehen sei, die im Sinne des § 130 Abs. 2 InsO zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hätten schließen lassen, wenn dem Arbeitnehmer bekannt gewesen sei, dass gegenüber einem Großteil der anderen Arbeitnehmer seit mehreren Monaten Lohnrückstände bestanden hätten. Nach Ansicht des Gerichts wären die Lohnzahlungen für die in den vorausgehenden 3 Monaten erbrachten Arbeitsleistungen im Übrigen als unanfechtbares Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO anzusehen.262 b) Nachträglicher Wegfall der Gläubigerkenntnis Nach der Rechtsprechung des BGH kann eine zunächst vorliegende Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nachträglich mit der Folge wegfallen, dass die Anfechtung ausscheidet.263 Es ist danach nicht erforderlich, dass der Anfechtungsgegner zum Zeitpunkt der Rechtshandlung überzeugt war, die Zahlungsunfähigkeit sei behoben; vielmehr genügt es, dass er von dieser Möglichkeit ausgegangen ist. Allerdings muss die Annahme des Anfechtungsgegners, der Schuldner sei nunmehr (möglicherweise) nicht mehr zahlungsunfähig, an eine ihm nachträglich bekannt gewordene Veränderung der Tatsachengrundlage anknüpfen.

C 115

Der Wegfall der Kenntnis ist in zwei Schritten zu prüfen. Als erstes dürfen die früheren Umstände, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen ließen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der die unwiderlegliche Vermutung nach § 130 Abs. 2 InsO begründenden Umstände allein bewirkt jedoch nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr hat der Tatrichter in einem zweiten Schritt anhand der Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die Kenntnis von der Zahlungs-

C 116

261 Vgl. dazu noch Bork, ZIP 2007, 2337 ff. und Huber, NJW 2009, 1928 ff. 262 BAG v. 6.10.2011 – 6 AZR 262/10, ZIP 2011, 2366. 263 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff.; v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 15, AG 2011, 512. Schäfer

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C Rz. 116

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

unfähigkeit bei der Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand.264 Eine an den Gläubiger gerichtete harte Patronatserklärung der Muttergesellschaft beseitigt weder die objektive Zahlungsunfähigkeit der Tochtergesesellschaft noch die darauf bezogene Kennntnis des Gläubigers.265 c) Kenntniszurechnung bei Organ- bzw. Vertreterhandeln

C 117 Das Handeln eines Organs ist Handeln der Gesellschaft; das Wissen eines

Organmitglieds ist somit das Wissen der Rechtsperson.266 Dies gilt auch für ein Organmitglied, das an dem fraglichen Geschäft nicht mitgewirkt hat,267 während die Kenntnis eines nicht geschäftsführenden Gesellschafters der Gesellschaft im Grundsatz nicht zuzurechnen ist.268 Handelt das Organmitglied jedoch nicht im Rahmen des ihm übertragenen Aufgabenkreises, sondern ausschließlich im Eigeninteresse, ist seine Kenntnis nicht der Gesellschaft zuzurechnen. So scheidet die Zurechnung der Kenntnis des Organmitglieds einer Genossenschaft aus, wenn dieses mit der Genossenschaft einen Vertrag abgeschlossen hat, der von einem Gläubiger des Organmitglieds nach § 3 Nr. 1 AnfG a.F. angefochten worden ist.269 Die Konzernverbundenheit allein reicht dagegen für die Zurechnung fremden Wissens nicht aus.270

C 118 Im Fall der Gesamtvertretung genügt die Kenntnis eines Gesamtvertre-

ters, der selbst nicht an dem Geschäft beteiligt war.271 Die im Urteil des BGH vom 31.1.1996272 für eine GmbH & Co. KG enthaltene Einschränkung, dass es sich um „typischerweise aktenmäßig festgehaltenes Wissen“ handeln müsse, ist nicht gerechtfertigt.273

C 119 Handelt für den Anfechtungsgegner ein Stellvertreter, findet § 166 Abs. 1 BGB entsprechende Anwendung. Leistet daher der Schuldner in anfechtbarer Weise an einen vom Gläubiger mit dem Empfang beauftragten Dritten, ist der Gläubiger zur Rückgewähr der Leistung verpflichtet.274 Schließt ein Elternteil mit seinem minderjährigen Kind einen Vertrag, ist der Elternteil Wissensvertreter des Kindes.275 Das Wissen eines Prozess-

264 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff. Rz. 17. 265 BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, AG 2011, 512 = ZIP 2011, 1111 ff. 266 Vgl. BGH v. 17.4.1986 – IX ZR 54/85, MDR 1986, 931 = ZIP 1986, 720; v. 3.3.1956 – IV ZR 314/55, BGHZ 20, 149 (153). 267 BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 34/83, MDR 1984, 934 = NJW 1984, 1953 (1954). 268 Vgl. Staub/Habersack, HGB, § 125 Rz. 26. 269 Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 125 mit Hinweis auf RG JW 1911, 778. 270 Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 126. 271 BGH v. 3.3.1956 – IV ZR 314/55, BGHZ 20, 149 (153). 272 BGH v. 31.1.1996 – VIII ZR 297/94, GmbHR 1996, 294 = MDR 1996, 699 = NJW 1996, 1205 (1206). 273 Kritisch dazu zu Recht K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 286. 274 Vgl. BGH v. 12.3.2009 – IX ZR 85/06, MDR 2009, 767 = ZIP 2009, 726 f. 275 MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 47.

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III. Einzelheiten

Rz. 121 C

bevollmächtigten ist dem Anfechtungsgegner ebenfalls zuzurechnen. Dabei schadet ihm im Fall der Zwangsvollstreckung gemäß § 166 Abs. 2 BGB auch eine eigene Kenntnis, da der Prozessbevollmächtigte nach Weisung seines Auftraggebers handelt.276 Die Kenntnis des Kassierers einer Bank ist dieser auch ohne Unterrichtung ihrer Repräsentanten zuzurechnen.277 Wie die Kenntnis des Bankkassierers dieser zugerechnet wird, sollte ferner auch die Kenntnis eines eigenen Vollstreckungsbeamten der Körperschaft zugerechnet werden.278 Der Gerichtsvollzieher ist hingegen weder Stellvertreter noch Wissensvertreter des Gläubigers.279 Handelt der Stellvertreter nach bestimmten Weisungen des Vertretenen, kann sich dieser gemäß § 166 Abs. 2 BGB in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Der Begriff des „Handelns auf Weisung“ ist weit auszulegen. Nach zutreffender Auffassung genügt es, dass der Vertretene den Vertreter veranlasst hat, mit einem anderen abzuschließen, von dessen anfechtungsrelevanter Vermögenslage er selbst oder sein Wissensvertreter Kenntnis hat.280 Dabei ist es unerheblich, ob der Vertretene auf den genauen Inhalt des Geschäfts Einfluss genommen hat.281 Das Wissen des Schuldners ist dem Gläubiger zuzurechnen, wenn der Schuldner bei einem Insichgeschäft zugleich als Vertreter des Gläubigers gehandelt hat.282

C 120

Da es für die Kenntnis im Sinne des § 130 InsO allein auf Wissenszurechnung und nicht auf rechtsgeschäftliche Wirkungen ankommt, bildet § 166 BGB keine abschließende Schranke für die Zurechnung.283 Eine Wissenszurechnung kommt vielmehr auch nach dem allgemeinen Grundsatz in Betracht, wonach eine am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherstellen muss, dass die den eingesetzten Hilfspersonen bekannt gewordenen, erkennbar rechtserheblichen Informationen an die Entscheidungsträger weitergegeben werden.284 Ist dies nicht der Fall, liegt eine Verletzung der Organisationspflicht vor, so dass sich der Gläubiger aus

C 121

276 277 278 279 280 281 282 283 284

Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 59. BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 34/83, MDR 1984, 934 = NJW 1984, 1953. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 139; FK-InsO/Dauernheim, § 130 Rz. 54. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 51 mit Hinweis (u.a.) auf RGZ 90, 193, 194 f. und RGZ 95, 152, 154. Vgl. Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 146; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 130 Rz. 129. FK-InsO/Dauernheim, § 130 Rz. 51; Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 125. BGH v. 27.9.1990 – IX ZR 67/90, MDR 1991, 331 = ZIP 1990, 1420 ff.; Gehrlein, WM 2009, Sonderbeilage 1, S. 29. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 46. Vgl. BGH v. 30.6.2011 – IX ZR 155/08, ZIP 2011, 1523 ff. Rz. 17; BGH v. 15.12.2005 – IX ZR 227/04, MDR 2006, 951 = ZIP 2006, 138 ff.; v. 12.11.1998 – IX ZR 145/98, BGHZ 140, 54 (62); v. 24.1.1992 – V ZR 262/90, BGHZ 117, 104 (106 f.) = MDR 1992, 480. Schäfer

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C Rz. 121

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

diesem Grund nicht auf die fehlende Kenntnis von der Krise des Schuldners berufen kann.285

C 122 Im Fall des Vollstreckungsersuchens an ein anderes Finanzamt kann

nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 27.4.1992286 auf die Kenntnis des Vollstreckungssachbearbeiters sowohl der ersuchenden Behörde als auch der ersuchten Behörde abgestellt werden. Das vollstreckende Finanzamt muss sich danach die Kenntnis des Sachbearbeiters eines anderen Finanzamts zurechnen lassen, wenn es von diesem um Durchführung der Vollstreckung ersucht wurde.

C 123 Das Oberlandesgericht München hat durch weiteres Urteil vom

8.9.2009287 über einen Fall entschieden, in dem die Staatsoberkasse in einer Stadt des verklagten Landes auf Veranlassung des Finanzamts einer anderen Stadt dieses Landes nach vorausgegangenen fruchtlosen Vollstreckungsmaßnahmen mit Steuerforderungen gegenüber der Werklohnforderung der Schuldnerin aufgerechnet hatte. Der klagende Insolvenzverwalter hatte geltend gemacht, die Herbeiführung der Aufrechnungslage sei teilweise anfechtbar, da die Werklohnforderung zum Teil während der Krise der Schuldnerin werthaltig gemacht worden sei.

C 124 Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München kommt es auf die vom verklagten Land problematisierte Zurechnung etwaiger Kenntnis verschiedener Behörden nicht an, da das Finanzamt als Initiator der Aufrechnung Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt habe. Dagegen könnte möglicherweise eingewandt werden, dass das Finanzamt die Aufrechnung erst zu einem Zeitpunkt veranlasst habe, als die Rechtshandlung der Schuldnerin, nämlich das Werthaltigmachen der Werklohnforderung, bereits abgeschlossen gewesen sei. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners müsse aber zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung gegeben sein. Letztlich sollte es darauf jedoch nicht ankommen. Nach der Rechtsprechung des BGH lässt sich zwar die Wissenszurechnung gemäß § 166 BGB nicht mit logisch-begrifflicher Stringenz, sondern nur in wertender Beurteilung entscheiden. Im Grundsatz aber soll der Bürger, der mit einer Rechtsperson mit mehreren Gliedern in Rechtsbeziehung tritt, nicht schlechter gestellt werden, als wenn er es nur mit einer natürlichen Person zu tun hätte.288 Dieser Grundsatz muss zumindest im vorliegenden

285 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 46. 286 OLG München v. 27.4.1992 – 26 U 6853/91, ZIP 1992, 787 ff. 287 OLG München v. 8.9.2009 – 5 U 2499/09, ZInsO 2009, 2151 ff. – die Nichtzulassungsbeschwerde des verklagten Landes wurde durch Beschluss des BGH vom 9.6.2011 (IX ZR 183/09) zurückgewiesen. 288 Vgl. BGH v. 2.2.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30 (36) = GmbHR 1996, 373 = AG 1996, 220 = MDR 1996, 1003; v. 8.12.1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, 327 (330/331) = MDR 1990, 323.

256

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III. Einzelheiten

Rz. 126 C

Sachzusammenhang der Insolvenzanfechtung gelten. Der Umstand, dass die Schuldnerin aus der Sicht des Finanzamts zahlungsunfähig war, stellte eine prinzipiell weiterleitungspflichtige Information dar. Es ist nicht einzusehen, dass es zusätzlich darauf ankommen soll, ob ein Datenaustausch zwischen den Behörden möglich war.289 Der BGH hat jüngst in einem Urteil vom 30.6.2011290 die Rechtsgrundsätze zur Wissenszurechnung beim Tätigwerden mehrerer Behörden präzisiert. Holt eine Behörde von anderen Behörden desselben Landes Informationen ein, um eine Schuld des Landes im Wege der Aufrechnung tilgen zu können, müssen auch die Informationen verlangt und erteilt werden, die der Wirksamkeit einer Aufrechnung insolvenzrechtlich entgegenstehen können. Unterbleibt die vollständige Mitteilung aller bekannten rechtserheblichen Umstände, hat dies zur Folge, dass sich die handelnde Körperschaft auf die Unkenntnis solcher Umstände nicht berufen darf. Der BGH hat zugleich klargestellt, die Kenntnis des Landes könne nicht schon daraus gefolgert werden, dass es sich grundsätzlich das Wissen aller seiner Behörden zurechnen lassen müsse. Im Grundsatz komme es vielmehr auf das Wissen des jeweils zuständigen Bediensteten der zuständigen Behörde an. Die Zuständigkeitsgrenzen der Behörden seien grundsätzlich zu respektieren, da andernfalls in unzulässiger Weise in gesetzliche Zuständigkeitsregelungen eingegriffen würde.

C 125

Bei einer mittelbaren Zuwendung ist die Kenntnis der Mittelsperson jedem Beteiligten zuzurechnen, auf dessen Weisung hin die Mittelsperson tätig geworden ist.291 Unabhängig von der Frage, ob die gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung bereits mit der Weggabe des Vermögensgegenstandes an die Mittelsperson vorgenommen ist,292 wird man wohl davon ausgehen müssen, dass dem Zuwendungsempfänger auch eine zwischen dem Empfang der Mittelsperson und der Weitergabe an ihn erlangte Kenntnis dem Zuwendungsempfänger schadet. Die Rechtshandlung mag zwar mit der Weggabe des Gegenstandes an die Mittelsperson bereits vorgenommen sein; vollbeendet ist sie damit aber noch nicht.

C 126

289 A.A. OLG Frankfurt v. 5.6.2002 – 17 U 146/01, veröffentlicht bei juris: keine Zurechnung des Wissens bei einer unterschiedlichen Zuständigkeit der Finanzämter für verschiedene Steuerarten; vgl. zur „filialübergreifenden Wissenszurechnung“ in anderem Zusammenhang noch BGH v. 1.6.1989 – III ZR 277/87, MDR 1990, 30 = NJW 1989, 2881 f. 290 BGH v. 30.6.2011 – IX ZR 155/08, ZIP 2011, 1523 ff. 291 Vgl. BGH v. 19.3.1980 – VIII ZR 195/79, MDR 1980, 751 = ZIP 1980, 346 (347/348); MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 41. 292 Vgl. dazu oben Rz. B43. Schäfer

257

C Rz. 127

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

4. Darlegungs- und Beweislast; Erleichterung gegenüber nahestehenden Personen gemäß § 130 Abs. 3 InsO

C 127 Im Grundsatz hat der Insolvenzverwalter alle objektiven und subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen des § 130 InsO darzulegen und zu beweisen. Er hat somit nachzuweisen, dass die Gläubiger des Schuldners dadurch unmittelbar oder mittelbar benachteiligt wurden, dass ein Insolvenzgläubiger in der sich ihm zwingend aufdrängenden Krise des Schuldners durch eine Rechtshandlung eine Befriedigung oder Sicherung erlangt hat oder ihm eine solche ermöglicht wurde. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Darlegungs- und Beweisanforderungen nicht zu Lasten des Insolvenzverwalters überspannt werden dürfen. Dem trägt die Rechtsprechung etwa dadurch Rechnung, dass die Zahlungsunfähigkeit nicht zwingend durch eine Liquiditätsbilanz nachgewiesen werden muss. Es genügt vielmehr, wenn anderweitig festgestellt werden kann, dass der Schuldner einen wesentlichen Teil seiner Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen konnte.293

C 128 Bei der Frage, welche Anforderungen an die Darlegungslast des Insolvenzverwalters zu stellen sind, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob sich die vorgetragenen Geschehnisse im Wahrnehmungsbereich der Partei abgespielt haben und wie sich der Gegner dazu eingelassen hat. Dem Insolvenzverwalter stehen häufig zur Begründung einer Anfechtungsklage über die aufgefundenen Unterlagen hinaus nur geringe Möglichkeiten zur Verfügung. Zu hohe Anforderungen an die Substantiierungslast würden daher oft die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage von vornherein vereiteln. Beschränkt sich der Anfechtungsgegner zudem im wesentlichen darauf, die finanzielle Entwicklung des Schuldners und das Verhalten anderer Gläubiger mit Nichtwissen zu bestreiten, kann nach Ansicht des BGH unter Umständen auch ein Vortrag ausreichend sein, der zwar in bestimmten Punkten lückenhaft ist, eine Ergänzung fehlender Tatsachen aber schon auf der Grundlage allgemeiner Erfahrungen und Gebräuche im Geschäftsverkehr zulässt.294 Sofern der Anfechtungsgegner das Bestehen und die Fälligkeit bestimmter Verbindlichkeiten des Schuldners nicht bestreitet, ist in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass die vom Insolvenzverwalter vorgetragenen Verbindlichkeiten bestehen und fällig sind.295

C 129 Von erheblicher praktischer Bedeutung ist die verfahrensrechtliche Möglichkeit, den Schuldner über die Tatsache der Zahlungsunfähigkeit und der entsprechenden Kenntnis des Gläubigers als Zeugen zu vernehmen.

293 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. Rz. 28. 294 BGH v. 8.10.1998 – IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008 (2010). 295 Vgl. BGH v. 17.5.2001 – IX ZR 188/98, MDR 2001, 1259 = ZIP 2001, 1155 (1156).

258

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III. Einzelheiten

Rz. 133 C

Der Anfechtungsgegner kann unter den gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 445 ff. ZPO als Partei vernommen werden.296 Der Insolvenzverwalter muss nicht darlegen, dass der Schuldner keinen Kredit zur Begleichung seiner Verbindlichkeiten mehr erlangen konnte. Denn der Schuldner ist grundsätzlich nicht verpflichtet, weitere Kredite aufzunehmen, um sein Unternehmen fortführen zu können. Hat daher der Schuldner die Zahlungseinstellung nicht durch die Aufnahme weiterer Kredite abgewendet, muss der Insolvenzverwalter nicht die Möglichkeit einer weiteren Kreditaufnahme ausräumen, solange nicht bestimmte tatsächliche Anhaltspunkte für die Bereitschaft und die objektive Aussicht des Schuldners gegeben sind, kurzfristig einen Kredit in einer zur Abwendung der Zahlungseinstellung ausreichenden Höhe zu erlangen.297

C 130

Die Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters wird ferner durch § 130 Abs. 2 InsO erleichert. Denn danach genügt der Nachweis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Rechtsprechung des BGH Indizien für die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sprechen können.298 Die öffentliche Bekanntmachung der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet jedoch keine Vermutung für die Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Stellung eines Insolvenzantrages.299

C 131

Die allgemeine Wiederaufnahme der Zahlungen nach zuvor eingetretener Zahlungsunfähigkeit hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall der Zahlungsunfähigkeit beruft.300 Den späteren Wegfall der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hat der Anfechtungsgegner zu beweisen; der Beweis ist erbracht, wenn feststeht, dass der Anfechtungsgegner infolge neuer (objektiv geeigneter) Tatsachen ernsthafte Zweifel am Fortbestand der Zahlungsunfähigkeit hatte.301

C 132

Gegenüber einer dem Schuldner nahestehenden Person im Sinne des § 138 InsO wird gemäß § 130 Abs. 1 InsO (widerleglich) vermutet, dass sie die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. Diese Regelung ordnet somit eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast an. Die dem Schuldner nahestehende Person muss darlegen und beweisen,

C 133

296 Vgl. BGH v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, MDR 2008, 711 = ZIP 2008, 706 ff. Rz. 17 f.; OLG München v. 8.9.2009 – 5 U 2499/09, ZIP 2010, 638 ff. Rz. 10; Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 66; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 58. 297 Vgl. BGH v. 25.9.1997 – IX ZR 231/96, NJW 1998, 607 (608). 298 Vgl. dazu oben Rz. C87 ff. 299 BGH v. 7.10.2010 – IX ZR 209/09, MDR 2011, 71 = ZIP 2010, 2307 ff. 300 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff. = MDR 2002, 416; v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 (109) = MDR 2002, 418. 301 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff. Schäfer

259

C Rz. 133

§ 130 InsO – Kongruente Deckung

dass sie bei der Vornahme der Rechtshandlung keine Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder von der Stellung des Insolvenzantrages hatte. Selbst wenn der nahestehenden Person der Nachweis ihrer Unkenntnis gelingt, greift nach herrschender Auffassung im Schrifttum die Beweiserleichterung des § 130 Abs. 2 InsO ein, so dass weitergehend zu vermuten ist, die nahestehende Person habe Kenntnis von den Umständen gehabt, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen. Die nahestehende Person muss daher beweisen, dass sie diese Umstände nicht gekannt habe.302 Dieser Nachweis wird naturgemäß nur selten gelingen.

302 HK-InsO/Kreft, § 130 Rz. 38; Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 67; Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 154.

260

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D. § 131 InsO – Inkongruente Deckung § 131 Inkongruente Deckung (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, 1. wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, 2. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war oder 3. wenn die Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und dem Gläubiger zur Zeit der Handlung bekannt war, daß sie die Insolvenzgläubiger benachteiligte. (2) Für die Anwendung des Absatzes 1 Nr. 3 steht der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Handlung nahestand (§ 138), wird vermutet, daß sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

12

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Inkongruente Deckungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inkongruente Befriedigung aa) Nicht zu beanspruchende Befriedigung . . bb) Spezialfall Aufrechnung bzw. Verrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grundsätze . . . . . . . (2) „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“ . . . . . . . . . . . . . (3) Aufrechnung bzw. Verrechnung im Kontokorrent . . . . .

29 29 37 37 45 45 49

Rz.

cc) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Befriedigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 dd) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Befriedigung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Inkongruente Sicherung . . . . . . 96 aa) Nicht zu beanspruchende Sicherung . . . . . . . . . . . . . . . 96 bb) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Sicherung . . 113 cc) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Sicherung . . 115 2. Sonstige Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 3. Darlegungs- und Beweislast; § 131 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Allgemeine Grundsätze . . . . . . 120 b) Beweiserleichterungen nach § 131 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . 125

54 Schäfer

261

D Rz. 1

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes D 1 § 131 InsO löst § 30 Nr. 2 KO ab und regelt die Anfechtbarkeit einer dem Gläubiger nicht oder so nicht gebührenden (inkongruenten) Sicherung oder Befriedigung (Deckung). Ein Gläubiger, der eine ihm nicht zustehende Leistung erhält, erschien dem Gesetzgeber weniger schutzwürdig als ein Gläubiger, der erhält, was ihm gebührt. Er hat es daher wegen der besonderen Verdächtigkeit eines inkongruenten Erwerbs als gerechtfertigt angesehen, für einen Zeitraum von bis zu einem Monat vor dem Eröffnungsantrag auf subjektive Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners ganz zu verzichten.1

D 2 Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind daher die innerhalb des letzten Monats vor dem Eröffnungsantrag gewährten inkongruenten Deckungen ohne Rücksicht auf subjektive Voraussetzungen und den tatsächlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit anfechtbar; die Krise des Schuldners und die erforderliche Kenntnis des Gläubigers werden insoweit unwiderleglich vermutet.2 Dies gilt erst recht für diejenigen inkongruenten Deckungen, die nach dem Eröffnungsantrag, also nach dem offenen Eintritt der Krise erfolgt sind. Dabei wird der Verdachtszeitraum in Abweichung von § 30 Nr. 2 KO allein an den Eröffnungsantrag und nicht auch an die Zahlungseinstellung (Zahlungsunfähigkeit) geknüpft.

D 3 Im Schrifttum3 wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Schuldner gemäß § 18 InsO schon dann einen Insolvenzantrag stellen kann, wenn die Zahlungsunfähigkeit erst droht, während die Gläubiger zu diesem Zeitpunkt noch keinen Insolvenzantrag stellen und somit ihre Gleichbehandlung noch nicht erzwingen könnten; dass der Schuldner auf diese Weise bewirken könne, dass Gegenstände, die er in unverdächtiger Zeit weggegeben habe, seinem Vermögen wieder zugeführt werden könnten, sei nicht zu rechtfertigen und vom Gesetzgeber offenbar nicht bedacht worden. Angesichts der klaren Fassung des Gesetzes wird dies aber wohl hinzunehmen sein.

D 4 Bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor der Insolvenzantragstellung vorgenommen wurden, erschien dem Gesetzgeber wegen des größeren zeitlichen Abstands von der Stellung des Antrages eine unwiderlegliche Vermutung der Krise nicht mehr gerechtfertigt. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO muss deshalb der Schuldner zur Zeit der Deckungshandlung zahlungsunfähig gewesen sein. Die subjektiven Voraussetzungen in der Person des Anfechtungsgegners werden

1 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158; BGH v. 6.5.2010 – IX ZR 114/08, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1188 ff. 2 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. 3 Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 829 Rz. 37.

262

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 7 D

dagegen wegen der besonderen Verdächtigkeit des inkongruenten Erwerbs unwiderleglich vermutet.4 § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO verzichtet bei inkongruenten Deckungen, die innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden, auf die objektive Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit, verlangt dafür aber als subjektive Voraussetzung, dass dem Anfechtungsgegner die Benachteiligung der anderen Gläubiger bekannt war oder dass er zumindest Kenntnis von Umständen hatte, die zwingend auf die Benachteiligung schließen ließen (vgl. § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO).

D5

Die Gesetzesbegründung zu § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO enthält den Hinweis, es handle sich bei dieser Regelung um einen auf inkongruente Deckungen bezogenen Sonderfall der Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung nach § 148 des Gesetzentwurfs (vgl. jetzt § 133 InsO).5 Daraus wird im Schrifttum zum Teil gefolgert, § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO sei gleichsam als § 133 Abs. 1 Satz 3 InsO zu lesen. Da er nicht an eine materielle Insolvenz anknüpfe, seien nur solche Deckungen als inkongruent anzusehen, die auch außerhalb der materiellen Insolvenz als inkongruent zu behandeln seien; dies betreffe vor allem Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die richtigerweise nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO anfechtbar seien.6 Die herrschende Auffassung ist dieser Ansicht jedoch zu Recht nicht gefolgt.7

D6

In den Motiven zu § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO wird ferner auf die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 31 KO verwiesen, die bei der Absichtsanfechtung inkongruenter Deckungen an den Nachweis der Benachteiligungsabsicht des Schuldners geringere Anforderungen als bei kongruenten Deckungen stelle. Bei inkongruenten Deckungen werde Benachteiligungsabsicht schon dann bejaht, wenn der Schuldner die Benachteiligung der anderen Gläubiger als notwendige Folge seines Handelns erkannt habe; schon die Tatsache, dass er eine inkongruente Deckung gewährt habe, werde als „wesentlicher Anhaltspunkt“ für das Vorhandensein eines solchen Bewusstseins angesehen. Bei inkongruenten Deckungen erleichtere die Rechtsprechung auch den Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Benachteiligungsabsicht. Der von ihm erkannte Umstand, dass ihm eine inkongruente Deckung gewährt worden sei, werde als „starkes Beweisanzeichen“ dafür gewertet, dass ihm der Wille des Schuldners bewusst gewesen sei, seine anderen Gläubiger zu benachteiligen. Diese Ausführungen sind zugleich von Bedeutung für die Anfechtbarkeit einer inkongruenten Deckung im Rahmen der Vorsatzanfechtung

D7

4 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 5 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 6 Vgl. Bork/Schoppmeyer, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 8 Rz. 135 ff. und Schoppmeyer, NZI 2005, 185, 187, 191. 7 HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 23; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 49; Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 75. Schäfer

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D Rz. 7

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

nach § 133 Abs. 1 InsO.8 Sie ändern allerdings nichts daran, dass in § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO keine Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung geregelt ist. Die Bestimmung setzt insbesondere keinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners voraus.9

D 8 § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wird ergänzt durch § 88 InsO (sogenannte „Rückschlagsperre“), wonach Sicherungen, die im gleichen Zeitraum durch Zwangsvollstreckung erlangt wurden, ipso jure unwirksam werden. Einer Anfechtung bedarf es daher in einem solchen Fall nicht.

D 9 Der Rechtsgedanke des § 131 InsO beeinflusst nach der Rechtsprechung des BGH auch den Anwendungsbereich des § 142 InsO; danach scheidet die Annahme eines Bargeschäfts bei inkongruenten Deckungen aus.10 Nach seiner Auffassung wird durch die Worte „für die“ in § 142 InsO ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Es bestehe weder rechtlich noch wirtschaftlich ein Anlass, Umsatzgeschäfte in der Krise zu privilegieren, die anders als vereinbart abgewickelt würden.11 Inkongruente Deckungen können daher keine anfechtungsfreien Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO sein.12

D 10 Nach § 131 Abs. 2 Satz 2 InsO wird gegenüber einer Person, die dem Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung nahestand (§ 138 InsO), vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte.

D 11 § 131 InsO kann im Grundsatz mit allen anderen Anfechtungstatbeständen konkurrieren, ausgenommen § 132 InsO. Insoweit ist auf die Ausführungen zu § 130 InsO zu verweisen.13

II. Allgemeines D 12 § 131 InsO liegt ebenso wie § 130 InsO der Gedanke zugrunde, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger schon im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners Wirkung entfalten soll.14 Auch dieser Anfechtungstatbestand beruht auf dem Gedanken, dass vom Offenbarwerden der Krise an das Vermögen des Schuldners der Allge8 Vgl. BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff.; v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff. 9 Henckel, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 831 Rz. 40. 10 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 ff. = MDR 1994, 158; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (130). 11 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 ff. Rz. 30 = MDR 1994, 158. 12 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 5 i.V.m. § 142 Rz. 6–8. 13 Vgl. dazu oben Rz. C6 ff. 14 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 3; BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 17 = MDR 2005, 832.

264

Schäfer

II. Allgemeines

Rz. 15 D

meinheit seiner persönlichen Gläubiger „verfangen“ ist.15 Mit ihm soll ebenfalls verhindert werden, dass sich einzelne Gläubiger noch im Zustand der materiellen Insolvenz des Schuldners eine Deckung verschaffen und dadurch gegen den Grundsatz „par condicio creditorum“ verstoßen.16 Im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung wird den Gläubigern die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt.17 Auch § 131 InsO setzt eine anfechtbare Rechtshandlung voraus, die allerdings nicht vom Schuldner vorgenommen worden sein muss. Damit werden insbesondere Rechtshandlungen des Gläubigers im Rahmen einer Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner erfasst.18

D 13

Wie jeder Anfechtungstatbestand setzt auch § 131 InsO nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO eine Gläubigerbenachteiligung voraus, wobei eine mittelbare Benachteiligung genügt.19

D 14

Als Anfechtungsgegner kommt auch gemäß § 131 InsO nur ein Insolvenzgläubiger in Betracht.20 Die Stellung eines Insolvenzgläubigers hat auch ein absonderungsberechtigter Gläubiger inne, der zugleich persönlicher Gläubiger des Insolvenzschuldners ist (vgl. § 52 InsO).21 Insolvenzgläubiger ist jeder, der diese Eigenschaft ohne die erlangte Deckung hätte, der also seinen vermögensrechtlichen Anspruch nur als Insolvenzforderung hätte geltend machen können.22 Dies trifft auch auf denjenigen zu, der eine Deckung ohne wirksamen Rechtsgrund erlangt hat, obwohl er nicht im eigentlichen Sinne Insolvenzgläubiger ist, da ihm kein als Insolvenzforderung anzumeldender Anspruch zusteht.23 Denn nach seinem Zweck soll § 131 InsO auch dann eingreifen, wenn es an einem Anspruch des Anfechtungsgegners fehlt.24 Insolvenzgläubiger ist schließlich auch jener Gläubiger, der zunächst eine Leistung ohne Rechtsgrund erhalten hat, wenn dieser später in der kritischen Zeit des § 131 InsO geschaffen wurde.25

D 15

15 Vgl. BGH v. 15.3.1972 – VIII ZR 159/70, BGHZ 58, 240 ff. 16 BGH v. 7.12.2006 – IX ZR 157/05, MDR 2007, 612 = ZIP 2007, 136 f. Rz. 6; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (353) = MDR 2004, 775. 17 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 17 = MDR 2005, 832. 18 Vgl. BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff. 19 Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 129 Rz. 11; Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 2. 20 Vgl. dazu oben Rz. C7 und unten Rz. E6 ff. 21 BGH v. 29.3.2007 – IX ZR 27/06, UR 2007, 583 = MDR 2007, 1101 = ZIP 2007, 1126 ff. 22 Vgl. BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. 23 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 6; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 24 – a.A. Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 127. 24 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 6. 25 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 2. Schäfer

265

D Rz. 16

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 16 Die Stellung des Zuwendungsempfängers als Insolvenzgläubiger war in einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 2.12.201026 streitig:

Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 2.12.2010 – ZIP 2010, 2517 ff.

D 17 Zwischen der Schuldnerin (GmbH) und dem Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer (Organträger) bestand eine umsatzsteuerliche Organschaft, wobei der Organträger in der Lage war, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Am 14.10.2008 zog das verklagte Land im Wege der Lastschrift eine Umsatzsteuerzahlung in Höhe von ca. 60 000 Euro vom Konto der Schuldnerin ein. Grundlage dafür war eine Umsatzsteuervoranmeldung für August 2008. Steuerschuldner dieser Forderung war der Organträger, wobei jedoch die Umsatzsteuerlast bei der Schuldnerin verursacht worden war. Auf den Eigenantrag der Schuldnerin vom 19.12.2008 wurde am 1.2.2009 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter erklärte mit Schreiben vom 2.11.2009 die Insolvenzanfechtung wegen des eingezogenen Betrages. Es sei eine inkongruente Deckung gegeben, da mangels Erlasses eines Haftungsbescheides nach § 73 AO keine fällige Verbindlichkeit der Insolvenzschuldnerin vorgelegen habe. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben.

D 18 Der Bundesfinanzhof ist in einem Urteil vom 23.9.200927 in einem vergleichbaren Fall davon ausgegangen, dass das Finanzamt nicht Insolvenzgläubiger gewesen sei. Zwar hafte die Schuldnerin als Organgesellschaft gemäß § 73 AO für die Steuerschulden des Organträgers. § 73 AO gebe jedoch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nur unvollständig wieder; er werde vielmehr ergänzt durch § 191 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 5 AO. Danach setze der Haftungsanspruch voraus, dass die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners bei der gebotenen Ermessensausübung überhaupt in Betracht komme. Dies sei jedoch nicht der Fall, wenn – wie im Streitfall – feststehe, dass der Organträger zur Zahlung in der Lage sei. Aber auch unabhängig davon sei die Anfechtung gegenüber dem Finanzamt nicht gerechtfertigt. Denn der Kläger sei – zumindest auch – zur Anfechtung gegenüber dem Organträger gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO berechtigt, da die Schuldnerin mit der Zahlung an das Finanzamt dessen Ausgleichsanspruch befriedigt habe. Auch der Rechtsprechung des BGH liege ersichtlich die Wertung zugrunde, vorrangig den Vorgang rückabzuwickeln, durch den auf die eigene Schuld des Insolvenzschuldners geleistet worden sei.

D 19 Das Oberlandesgericht Hamm ist – ebenso wie zuvor schon andere Oberlandesgerichte28 – dieser Auffassung des Bundesfinanzhofes zu Recht

26 OLG Hamm v. 2.12.2010 – 27 U 55/10; v. 2.12.2010 – I-27 U 55/10 – „Organschaft“, GmbHR 2011, 258 = ZIP 2010, 2517 ff.; Revision beim BGH unter dem Az. IX ZR 2/11 anhängig; vgl. dazu noch BGH v. 29.9.2011 – IX ZR 202/10. 27 BFH v. 23.9.2009 – VII R 43/08, GmbHR 2010, 108 = UR 2010, 18 = ZIP 2009, 2455 ff. 28 Vgl. OLG Nürnberg v. 11.2.2009 – 4 U 2506/08, ZIP 2009, 1435 ff.; OLG Köln v. 14.12.2005 – 2 U 89/05, ZInsO 2006, 1329 f.

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II. Allgemeines

Rz. 21 D

nicht gefolgt. Der Bundesfinanzhof hat verkannt, dass das verklagte Land zur Anmeldung seines bereits vor der Insolvenzeröffnung begründeten Anspruchs gegen die Schuldnerin im Insolvenzverfahren über deren Vermögen berechtigt gewesen wäre, und zwar aufschiebend bedingt für den Ausfall.29 Die Frage, in welcher Weise das Finanzamt letztlich sein Ermessen ausgeübt hätte, kann für die insolvenzrechtliche Beurteilung nicht maßgebend sein. Auch ein Vorrang der Anfechtung gegenüber dem Organträger besteht nicht. Die Schuldnerin hat nicht nur auf ihre Schuld gegenüber dem Organträger, sondern jedenfalls auch – bei verständiger Würdigung sogar vorrangig – auf ihre Haftungsschuld gegenüber dem verklagten Land geleistet, zumal ja das Land es war, das im Wege des Lastschrifteinzuges auf das Vermögen der Schuldnerin zugegriffen hat. Letztlich entscheidend dürfte die Erwägung sein, dass der in der Krise der Schuldnerin eingezogene Betrag aus deren Vermögen stammte und somit auch dorthin zum Zwecke der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung zurückgewährt werden muss.30 In Mehrpersonenverhältnissen31 ist ein Zuwendungsempfänger nicht schon deshalb der Deckungsanfechtung nach § 131 InsO unterworfen, weil er keinen Anspruch gegen den Schuldner hatte. Insbesondere Leistungen des Schuldners auf eine fremde Schuld sind gegenüber dem Zuwendungsempfänger im Grundsatz nicht nach § 131 InsO anfechtbar.32 Ist Letzteres der Fall, scheitert die Anfechtung vielmehr in der Regel schon an der fehlenden Stellung des Zuwendungsempfängers als Insolvenzgläubiger im Sinne des § 131 InsO. Anders ist dies allerdings dann, wenn dem durch eine Zuwendung des Schuldners befriedigten Gläubiger eines Dritten zugleich auch ein Anspruch gegen den Schuldner (etwa aus Bürgschaft oder Gesamtschuldnerausgleich) zustand. In diesem Fall kommt auch eine Anfechtung gegenüber dem Zuwendungsempfänger nach § 131 InsO in Betracht.33

D 20

Bestehen mehrseitige Rechtsbeziehungen, richtet sich die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners und damit auch der Inkongruenz der Deckungshandlung im Grundsatz nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.34 Inkongruent ist die vom Schuldner durch Anweisung einer Mittelsperson bewirkte mittelbare Zahlung an einen

D 21

29 Vgl. BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff.; MK-InsO/Lwowski/Bitter, § 43 Rz. 11. 30 Vgl. dazu BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345 Rz. 26 – „Cash-Pool (2)“. 31 Vgl. dazu oben Rz. B104 ff. 32 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 29; BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917, 918. 33 Vgl. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff.; v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. 34 Vgl. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZInsO 2004, 499 ff. mit Besprechung von Henckel, ZIP 2004, 1671 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 9. Schäfer

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D Rz. 21

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

seiner Gläubiger, wenn jener Gläubiger keinen Anspruch auf diese Art der Erfüllung hatte.35 Vereinbart der Schuldner mit einer Zwischenperson, diese solle für ihn seine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten begleichen, so bewirkt allein die Mittelbarkeit der Zahlung in der Regel eine inkongruente Deckung.36 Eine inkongruente Deckung ist ferner gegeben, wenn ein Dritter aufgrund einer Schuldübernahme einen Gläubiger des Insolvenzschuldners befriedigt.37

D 22 Nach allgemeinen anfechtungsrechtlichen Grundsätzen sind auch im Rahmen des § 131 InsO hypothetische Geschehensabläufe grundsätzlich unbeachtlich.38 Gleichwohl kann der Einwand des Anfechtungsgegners beachtlich sein, dass eine bestimmte Gläubigerbenachteiligung nicht speziell auf die Inkongruenz einer Deckung zurückzuführen sei. BGH-Urteil vom 13.3.1997 – ZIP 1997, 853 ff.

D 23 Im Urteil des BGH vom 13.3.199739 hatte der verklagte Gesellschafter-Geschäftsführer am 2.3.1993 die Rückzahlung restlicher 90 000 DM auf ein Darlehen veranlasst, das er der Gesellschaft gewährt hatte. Am 15.4.1993 hatte er den Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Zwischen dem klagenden Verwalter und dem Beklagten war streitig, ob Letzterer das Darlehen vor dem 2.3.1993 gekündigt hatte.

D 24 Der BGH weist darauf hin, dass der Beklagte nach der mit der Schuldnerin getroffenen Vereinbarung berechtigt gewesen sei, das Darlehen jederzeit mit einer Frist von einer Woche zum Monatsende zu kündigen. Der unmittelbare Nachteil für die Schuldnerin könne also höchstens darin liegen, dass sie die Zahlung etwa vier Wochen zu früh erbracht habe und ihr die Nutzung des Geldes in diesem Zeitraum entgangen sei. Mit der Berücksichtigung eines bloß hypothetischen Kausalverlaufs habe dies nichts zu tun. Ob die Anfechtung dann den Gesamtanspruch erfassen würde, wenn die Schuldnerin, hätte sie die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs abgewartet, diesen nicht mehr mit Wirkung gegenüber der Masse hätte erfüllen können (etwa wegen der zwischenzeitlichen Anordnung einer Verfügungsbeschränkung), müsse nicht entschieden werden. Denn der Eröffnungsantrag sei erst im April 1993 gestellt worden.

35 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06– „Subunternehmer“, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341; v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZInsO 2007, 662 ff.; v. 8.10.1998 – IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008 (2011); v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92 – BGHZ 123, 320 (324 f.) = MDR 1994, 158 zur Gewährung von Kundenschecks. 36 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZInsO 2006, 94 ff.; v. 9.1.2003 – IX ZR 85/02, MDR 2003, 474 = ZIP 2003, 356 (358). 37 Vgl. BGH v. 5.7.2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 ff. Rz. 50 = GmbHR 2007, 1146 m. Anm. Blöse = MDR 2007, 1450. 38 Vgl. BGH v. 7.6.1988 – IX ZR 144/87, BGHZ 104, 355 ff. = MDR 1988, 858. 39 BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96 – „Kreditvorfälligkeit“, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 29 D

Anders gelagert war hingegen ein durch Urteil vom 9.6.200540 entschiedener Fall:

D 25

BGH-Urteil vom 9.6.2005 – ZIP 2005, 1243 ff. Nach der Satzung der verklagten Krankenversicherung waren die Sozialversicherungsbeiträge spätestens am 15. des Folgemonats fällig. Die Schuldnerin zahlte am 5.4.2000 auf die für März 2000 geschuldeten Beiträge durch Banküberweisung ca. 200 000 DM. Die Schuldnerin stellte am 11.4.2000 Insolvenzantrag; noch am gleichen Tag wurde ein vorläufiger Insolvenzverwalter unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellt.

D 26

Da dem Zahlungspflichtigen – so der BGH – Säumigkeit nicht angesonnen werden könne, müsse eine verfrühte Zahlung als kongruent angesehen werden, wenn die Verfrühung die voraussichtliche Dauer des Zahlungsvorgangs nicht nennenswert überschreite. Einen Anhaltspunkt hierfür biete § 676a Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. (Überweisung im Inlandsverkehr binnen dreier Bankgeschäftstage). Eine Zahlung durch Banküberweisung, die beim Gläubiger früher als fünf Bankgeschäftstage vor Fälligkeit eingehe, sei als inkongruent anzusehen. Ob die wenige Tage nach der Zahlung eingetretene Fälligkeit einer Anfechtung in voller Höhe entgegenstehe, sei keine Frage der Ursächlichkeit, sondern der Zurechenbarkeit. Im Wege wertender Betrachtung sei einzuschätzen, ob dieselbe Masseschmälerung durch eine gesetzlich nicht missbilligte Rechtshandlung der Schuldnerin hätte herbeigeführt werden können. Im konkreten Fall war nach Ansicht des BGH entscheidend, dass die Schuldnerin aufgrund des am 11.4.2000 angeordneten Zustimmungsvorbehalts nicht mehr die Möglichkeit gehabt hätte, nach Eintritt der Fälligkeit frei über ihr Vermögen zu verfügen.

D 27

Wurde hingegen eine Leistung vor der Fälligkeit erbracht und ist diese zwar in der kritischen Zeit, aber noch vor der Verfahrenseröffnung kraft Gesetzes oder aufgrund einer in unkritischer Zeit getroffenen Vereinbarung eingetreten, so ist § 131 InsO nicht anwendbar.41

D 28

III. Einzelheiten 1. Inkongruente Deckungshandlungen Entscheidender Grund für die erleichterte Anfechtung nach § 131 InsO ist der Umstand, dass der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung (Deckung) erlangt hat, die er nicht oder jedenfalls so nicht zu beanspruchen hatte.42 Eine vom Gläubiger nicht zu beanspruchende Deckung ist gege40 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03 – „Vorfälligkeit“, MDR 2005, 1312 = ZIP 2005, 1243 ff. 41 Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 5. 42 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 158. Schäfer

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D 29

D Rz. 29

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

ben, wenn er gegen den Schuldner keinen Anspruch auf die konkret gewährte Leistung hatte oder wenn der Anspruch (noch) nicht durchsetzbar war, etwa weil ihm eine Einwendung oder eine Einrede entgegenstand. Wird die Übereinstimmung zwischen dem Anspruch und der gewährten Deckung erst durch eine in den kritischen Anfechtungszeiträumen des § 131 InsO getroffene Vereinbarung hergestellt, so unterliegt diese ihrerseits der Anfechtung gemäß § 131 InsO.43

D 30 Eine inkongruente Deckung ist in diesem Sinne insbesondere gegeben, wenn die konkrete Deckungshandlung vom Inhalt des (ursprünglichen) Schuldverhältnisses zwischen dem Schuldner und dem Insolvenzgläubiger abweicht.44 Dabei erfordert der Begriff der „Befriedigung oder Sicherung dieser Art“ nach der Rechtsprechung des BGH im Interesse der Insolvenzgläubiger eine enge Auslegung.45 Ein bloßer Gläubigerwechsel genügt allerdings nicht. Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen verdeutlicht ein Urteil des BGH vom 11.3.2004:46 BGH-Urteil vom 11.3.2004 – ZInsO 2004, 616 ff.

D 31 Der Beklagte war an der Schuldnerin (GmbH) und diese wiederum an einer GbR beteiligt. Er gewährte der GbR ein Darlehen in Höhe von 250 000 DM und diese der Schuldnerin ein solches in Höhe von 50 000 DM. Nachdem der Beklagte der GbR später mitgeteilt hatte, dass er einer „Verlängerung“ seines Darlehens nicht zustimme, wies der Geschäftsführer der Schuldnerin die GbR darauf hin, dass eine Rückzahlung des Darlehens nicht möglich sei, da sich die Schuldnerin in einer sehr angespannten finanziellen Lage befinde. Daraufhin trafen die GbR, die Schuldnerin und der Beklagte am 21.4.1998 eine Vereinbarung, wonach die GbR ihre Darlehensforderung gegen die Schuldnerin mit Stichtag zum 1.5.1998 an den Beklagten abtrat. Zugleich wurde als Sicherheit die zukünftige Forderung der Schuldnerin gegen einen Dritten aus einem beabsichtigten Grundstücksverkauf an den Beklagten abgetreten. Die Schuldnerin verkaufte das Grundstück am 1.7.1999.

D 32 Anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO war nach der Würdigung des BGH die am 21.4.1998 vereinbarte Besicherung der „zum 1.5.1998“ abgetretenen Darlehensforderung durch Abtretung der künftigen Kaufpreisforderung. Diese Sicherungsabtretung sei erst am 1.7.1999 wirksam geworden. Es sei zwar unklar, ob die Abtretung sogleich am 21.4.1998 oder erst am 1.5.1998 habe erfolgen sollen. Darauf komme es jedoch nicht an. Die Abtretung stelle unzweifelhaft für den 43 BGH v. 29.9.2005 – IX ZR 184/04, MDR 2006, 414 = ZIP 2005, 2025 f.; Jaeger/ Henckel, § 131 Rz. 4. 44 BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. Rz. 12; v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 (1061); HK-InsO/ Kreft, § 131 Rz. 9. 45 Vgl. BGH v. 9.1.2003 – IX ZR 85/02, MDR 2003, 474 = ZIP 2003, 356 (358); v. 15.11.1960 – V ZR 35/59, BGHZ 33, 389 (393). 46 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZInsO 2004, 616 ff. – Gläubigerwechsel“.

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III. Einzelheiten

Rz. 34 D

Fall eine inkongruente Deckung dar, dass die Schuldnerin sogleich am 21.4.1998 die künftige Kaufpreisforderung an die GbR zur Besicherung der bis Ende April 1998 bei dieser verbleibenden Darlehensforderung abgetreten haben sollte. Die GbR hätte dadurch ein Recht zur abgesonderten Befriedigung erhalten, das ihr zuvor nicht zugestanden hätte und das später an den Beklagten weitergegeben worden wäre. Wären hingegen die Darlehensforderung der GbR und die Kaufpreisforderung der Schuldnerin zeitgleich am 1.5.1998 abgetreten worden, hätte der Beklagte die Sicherung in demselben Zeitpunkt erlangt, in dem ihm die zu sichernde Forderung übertragen worden wäre. Er wäre damit durch ein und denselben Vorgang zugleich Gläubiger und Sicherungsnehmer geworden. Diese Fallgestaltung sei bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Hätte die Schuldnerin am 21.4.1998 die künftige Kaufpreisforderung an die GbR zur Besicherung der bei dieser verbleibenden Darlehensforderung abgetreten, wäre diese Besicherung unzweifelhaft eine inkongruente Deckung gewesen. Die Inkongruenz könne aber nicht deshalb entfallen, weil gleichzeitig mit der Besicherung ein Gläubigerwechsel stattfinde. Denn entscheidend für die Inkongruenz sei das Abweichen der konkreten Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner bestehe. Dieser Inhalt werde durch den Gläubigerwechsel allein nicht verändert. Beide denkbaren Fälle entsprachen somit zumindest wertungsmäßig der nachträglichen Besicherung einer Schuld.

D 33

Die Abweichung der Deckung vom Schuldinhalt ist allein nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen; die subjektiven Vorstellungen der Beteiligten sind aufgrund des Gesetzeszwecks unerheblich. § 131 InsO ist daher nicht anwendbar, wenn Schuldner und Gläubiger irrtümlich annahmen, es bestehe kein Anspruch. Umgekehrt ist die Anfechtung nach § 131 InsO nicht ausgeschlossen, wenn die Beteiligten zu Unrecht von einer kongruenten Deckung ausgingen.47 Unerheblich ist der Grund, der zu der Abweichung von der ursprünglichen Leistungspflicht geführt hat. Es kommt ferner nicht darauf an, ob die erbrachte Leistung denselben Wert hatte wie die ursprünglich vereinbarte Leistung.48 Der entscheidende Zeitpunkt für die Beurteilung der Inkongruenz einer Deckung ist gemäß § 140 InsO derjenige, in dem die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eintreten. Nachträgliche Vertragsänderungen können daher nur dann zu einer kongruenten Deckung führen, wenn sie außerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 InsO vereinbart wurden und nicht ihrerseits (etwa nach § 133 InsO) anfechtbar sind.49 Innerhalb der Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vereinbarte Vertragsänderungen stellen stets

D 34

47 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 7. 48 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 9. 49 Vgl. BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse. Schäfer

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D Rz. 34

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

inkongruente Deckungen dar.50 Während der Dreimonatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO kann eine abändernde Absprache die Kongruenz nur herstellen, wenn der Schuldner bei der Nachtragsvereinbarung weder zahlungsunfähig war noch der Gläubiger die benachteiligende Wirkung kannte.51

D 35 Geringfügige und verkehrsübliche Abweichungen zwischen dem Anspruch des Gläubigers und der ihm gewährten Leistung sind nicht verdächtig und begründen daher keine inkongruente Deckung.52 Dies gilt etwa für die Überweisung und Zahlung mittels (eigener) Schecks sowie der Abbuchung im Lastschriftverfahren aufgrund einer Einziehungsermächtigung statt der Barzahlung.53 Zahlt der Schuldner vor dem Eintritt der Fälligkeit unter Ausnutzung einer befristet eingeräumten Skontoabzugsmöglichkeit, so ist die dadurch bewirkte Deckung in der Regel nicht inkongruent.54 Auch Teilleistungen sind trotz § 266 BGB kongruent, da der Gläubiger zur Entgegennahme von Teilleistungen berechtigt ist.55 Bei der Wahlschuld ist jede der vom Schuldner wahlweise zu erbringenden Leistungen kongruent. Stand dem Schuldner eine Ersetzungsbefugnis zu, so ist jede Leistung kongruent, durch die sich der Schuldner von seiner Pflicht befreien darf.56 Bei einer Gattungsschuld ist die Auslieferung der Sache nicht deswegen nach § 131 InsO anfechtbar, weil der Gläubiger erst innerhalb des kritischen Zeitraums einen Anspruch auf Übereignung dieser bestimmten Sache hat.57 § 131 InsO greift ferner nicht ein, wenn bei einem Anspruch auf Pfandbestellung derselbe Gegenstand zur Sicherheit übereignet oder wenn statt einer Hypothek eine Grundschuld bestellt wird.58 Eine unwesentliche Abweichung ist dagegen nicht in einer Sicherungsabtretung statt einer Grundschuldbestellung59 und in der Gewährung von Kundenschecks60 zu sehen.

50 Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 4; Eckardt, ZIP 1999, 1417 (1418); vgl. zu § 30 Nr. 2 KO: BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 (235). 51 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 10; FK-InsO/Dauernheim, § 131 Rz. 4. 52 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 40, 41. 53 BGH v. 9.1.2003 – IX ZR 85/02, MDR 2003, 474 = ZInsO 2003, 178 ff. Rz. 27; v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse. 54 BGH v. 6.5.2010 – IX ZR 114/08, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1188. 55 OLG Saarbrücken v. 24.6.2008 – 4 U 324/07-108, MDR 2009, 52 = ZIP 2008, 2430 ff. 56 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411 Rz. 30; v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177 (183 f.); MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 12. 57 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 30 = MDR 2008, 411; Piekenbrock, WM 2007, 141, 145. 58 Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 27. 59 BGH v. 13.6.2007 – IV ZR 330/05, MDR 2007, 1070 = ZInsO 2007, 772 ff. Rz. 38. 60 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069.

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III. Einzelheiten

Rz. 39 D

Die Gewährung bzw. Ermöglichung einer inkongruenten Deckung unterliegt im Grundsatz in vollem Umfang der Anfechtung, unabhängig vom Ausmaß der Inkongruenz. Eine Teilanfechtung kommt nur in Betracht, wenn das Deckungsgeschäft teilbar ist.61

D 36

a) Inkongruente Befriedigung aa) Nicht zu beanspruchende Befriedigung Eine Befriedigung ist nicht geschuldet, wenn kein durchsetzbarer Anspruch des Gläubigers gegeben war. Ist dagegen nur ein vorübergehendes Leistungshindernis gegeben, ist die Leistung im Sinne des § 131 Abs. 1 InsO nur nicht „zu der Zeit“ geschuldet.62 Von einer nicht zu beanspruchenden Befriedigung ist ferner eine solche abzugrenzen, die nicht „in der Art“ zu beanspruchen war.

D 37

Zu den vom Gläubiger nicht zu beanspruchenden Befriedigungen gehören etwa die Erfüllung unwirksamer, insbesondere formunwirksamer (vgl. §§ 311b Abs. 1 Satz 2, 766 Satz 3 BGB) und anfechtbarer (vgl. §§ 119 ff. BGB) sowie sittenwidriger Verträge (vgl. § 138 BGB), die Erfüllung unvollkommener Verbindlichkeiten aus Spiel, Wette, Lotterie- oder Ausspielvertrag (vgl. §§ 762 f. BGB) und von Verbindlichkeiten, denen eine Einwendung oder eine dauernde Einrede entgegenstand.63 Dazu zählt nach herrschender Auffassung auch die Erfüllung einer verjährten Forderung.64 Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, einen Gläubiger, der Befriedigung für eine nicht verjährte, aber noch nicht fällige Forderung erhält, schlechter zu stellen als den, dem der Schuldner auf eine verjährte Forderung Zahlung geleistet hat.65

D 38

Inkongruent ist die Erfüllung aufschiebend bedingter Ansprüche vor dem Eintritt der Bedingung. Streitig ist, ob die Deckung kongruent wird, wenn die Bedingung später, etwa nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, eintritt.66 Wird dagegen ein auflösend bedingter Anspruch erfüllt, liegt eine kongruente Deckung vor, da der Gläubiger die Leistung gemäß § 42 InsO auch in der Insolvenz zu beanspruchen hat; tritt die auflösende Bedingung später ein, kann die Leistung als rechtsgrundlos kondiziert werden.67

D 39

61 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 21; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 46. 62 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 48. 63 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 49. 64 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff. Rz. 15; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 14a; HambKomm-InsO/Rogge, § 131 Rz. 4; Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 8 – a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.57. 65 Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 8. 66 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 15 und Schoppmeyer in Kübler/Prütting/ Bork, § 131 Rz. 50 einerseits sowie Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 8 andererseits. 67 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 8. Schäfer

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D Rz. 40

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 40 Überträgt ein Arbeitgeber in den kritischen Zeiträumen des § 131 Abs. 1 InsO seine Rechte aus einer Direktversicherung auf den versicherten Arbeitnehmer, so kann der Insolvenzverwalter im Wege der Anfechtung die Rückgewähr zur Insolvenzmasse verlangen, wenn dem Arbeitnehmer noch keine unverfallbare Anwartschaft im Sinne des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung zustand. Die Abtretung benachteiligt die Insolvenzgläubiger, weil der Schuldner damit sein Vermögen in Höhe des Rückkaufswertes der Versicherung schmälert.68

D 41 Inkongruent ist ferner die Erbringung von Vorschusszahlungen an einen Rechtsanwalt für bereits abgeschlossene Angelegenheiten, da mit Abschluss einer Angelegenheit der Vergütungsanspruch fällig wird und der Vorschussanspruch erlischt. Ein anfechtungsrechtlich privilegiertes Bargeschäft gemäß § 142 InsO liegt insoweit nicht mehr vor, wenn ein Rechtsanwalt Vorleistungen erbracht hat, die der in der Krise befindliche Mandant mehr als 30 Tage später vergütet.69 Wird ein Entgelt für Leistungen versprochen und gezahlt, die aufgrund einer früheren Vereinbarung als unentgeltlich hätten beansprucht werden können, ist eine inkongruente Deckung gegeben.70 Erhält ein Gesellschafter Gewinn ausbezahlt, obwohl nur ein Scheingewinn gegeben war, ist die Auszahlung inkongruent.71

D 42 Ist eine Kündigungsabfindung bei objektiver Betrachtung zu hoch fest-

gesetzt, soll nach Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf72 eine Anfechtung wegen Inkongruenz möglich sein. Dies dürfte jedoch nicht zutreffen. Die Abfindungsvereinbarung ist nicht als nachträgliche Abänderung des Dienstvertrages anzusehen. Da die überhöhte Leistung vielmehr in einem eigenständigen Vertrag vereinbart wurde, kommt nur die Anfechtung nach § 132 InsO in Betracht.73 Vergleichen sich ein Bauunternehmer, der ein nachbesserungsbedürftiges Werk abgeliefert hat, und der Auftraggeber über die Höhe des geschuldeten Werklohns in der Weise, dass dieser unter Verzicht auf eine Nachbesserung ermäßigt wird, kann allerdings in dem Verzicht auf die weiter gehende Forderung ein inkongruentes Deckungsgeschäft liegen.74

D 43 Eine Überweisung des Schuldners ist inkongruent, wenn dem Gläubiger zu dem Zeitpunkt, in dem sein Anspruch gegen das Kreditinstitut auf 68 BAG v. 19.11.2003 – 10 AZR 110/03, BAGE 108, 367 ff. = MDR 2004, 414. 69 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167 (190 ff.) = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113 = BRAK 2006, 231; kritisch dazu Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 23. 70 Vgl. BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = NJW 1995, 1093 (1094). 71 Vgl. BAG v. 21.2.1984 – 3 AZR 451/81, veröffentlicht bei juris. 72 OLG Düsseldorf v. 13.4.1989 – 12 U 81/88, ZIP 1989, 1072 ff. 73 Zutr. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 52. 74 BGH v. 13.5.2004 – IX ZR 128/01, MDR 2004, 1320 = ZInsO 2004, 803 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 46 D

Gutschrift des Geldeingangs entsteht, keine durchsetzbare Forderung gegen den Schuldner zusteht.75 Die auf eine Vormerkung hin erlangte Befriedigung stellt eine inkongruente Deckung dar, wenn der zu sichernde Anspruch in den kritischen Anfechtungszeiträumen des § 131 InsO entstanden ist.76

D 44

bb) Spezialfall Aufrechnung bzw. Verrechnung (1) Grundsätze Die Frage, ob die Befriedigung durch Aufrechnung oder Verrechnung als kongruent oder als inkongruent anzusehen ist, hängt davon ab, ob der Gläubiger einen Anspruch auf die Herbeiführung der Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage hatte.77 Die Herstellung der Aufrechnungslage und die dadurch ermöglichte Befriedigung sind inkongruent, wenn der Aufrechnende zuvor keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ.78 Auch die Art und Weise der Erfüllung kann nach der Rechtsprechung des BGH inkongruent sein, etwa im Fall der Leistung erfüllungshalber oder an Erfüllungs Statt. Es überzeuge daher nicht, die Herstellung der Aufrechnungslage als kongruent anzusehen, weil die Aufrechnung in ihrer Wirkung der Erfüllung gleichstehe.79

D 45

Eine inkongruente Deckung ist gegeben, wenn einem Insolvenzgläubiger durch einen Vertragsschluss in der Krise des Schuldners eine gegen den Schuldner gerichtete Forderung verschafft wird, mit der er gegenüber einer Forderung des Schuldners aufrechnen kann.80 Verkauft daher etwa der spätere Insolvenzschuldner in den Anfechtungszeiträumen des § 131 Abs. 1 InsO ohne vorherige Verpflichtung Ware an einen Gläubiger, so ist die gegenüber der daraus resultierenden Kaufpreisforderung hergestellte Aufrechnungslage inkongruent.81 Erfüllt ein Schuldner des späteren Insolvenzschuldners eine diesem gegenüber bestehende Verpflichtung nicht, um mit einer erst später fällig werdenden Forderung aufrechnen zu können, hat er diese Aufrechnungslage in inkongruenter Weise ermöglicht.82

D 46

75 BGH v. 20.6.2002 – IX ZR 177/99, MDR 2002, 1270 = ZIP 2002, 1408 ff. 76 Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 20. 77 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = NJW 2004, 3118 ff.; Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 18; Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 10; HambKomm-InsO/ Rogge, § 131 Rz. 6. 78 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = NJW 2004, 3118 (3119); v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZInsO 2003, 1101 ff.; v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (240) = MDR 2001, 1013. 79 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, MDR 2005, 51 = NJW 2004, 3118 (3119); a.A. Häsemeyer, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 657 Rz. 35. 80 BGH v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, GmbHR 2004, 799 = MDR 2004, 963 = ZInsO 2004, 548 ff. 81 BGH v. 22.4.2004 – IX ZR 370/00, MDR 2004, 1079 = ZInsO 2004, 739 ff. 82 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 43a. Schäfer

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D Rz. 47

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 47 Entscheidender Zeitpunkt für die Frage der Kongruenz der Aufrechnung bzw. Verrechnung ist der Zeitpunkt, zu dem die Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage eintritt.83 Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage nicht darauf an, wann die Aufrechnung (rechtlich) zulässig wurde, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die spätere Forderung entstand und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde. Dafür ist grundsätzlich der Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände maßgebend.84 Maßgebliche Rechtshandlung für die Möglichkeit der Aufrechnung von Mietzinsansprüchen gegen Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung von Guthaben aus Nebenkostenvorauszahlungen sollte insoweit nach der früheren Rechtsprechung des BGH gemäß § 140 Abs. 3 InsO der Abschluss des Mietvertrages sein. Die Forderung der Masse auf Rückzahlung zuviel vorausgezahlter Nebenkosten sei zwar erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden. Auf diesen Zeitpunkt komme es jedoch anfechtungsrechtlich nicht an. Der Anspruch der Masse sei bedingt durch den Ablauf des Abrechnungszeitraums und eine tatsächlich eingetretene Überzahlung gewesen, so dass gemäß § 140 Abs. 3 InsO auf den Abschluss des Mietvertrages abzustellen sei.85

D 48 Von dieser Rechtsprechung ist der BGH inzwischen jedoch zu Recht abgerückt.86 Er stellt nunmehr maßgeblich auf die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung ab. Allein eine mit Abschluss eines Vertrages entstandene Aufrechnungslage bringe dem Gegner noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet habe, wofür der Gläubiger eine Vergütung schulde, bestehe für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entstehe vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es komme also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden sei. Erst dann seien die rechtlichen Wirkungen eingetreten, die für die Beurteilung der Aufrechnungslage nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgebend seien.87 (2) „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“

D 49 Diese neuere Rechtsprechung des BGH zum „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“ ist die konsequente Fortführung seiner Rechtsprechung 83 Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 16, 43a; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 135 ff. 84 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 13. 85 BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZIP 2005, 181 f. 86 Vgl. BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 13 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 87 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 Rz. 13; vgl. dazu noch BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 (2056).

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III. Einzelheiten

Rz. 50 D

zum Werthaltigmachen vorausabgetretener Forderungen,88 die ihrerseits auf „Aufrechnungsfälle“ zurückgeht.89 Sie ist zugleich von wesentlicher Bedeutung für die Frage der Kongruenz oder Inkongruenz der Herbeiführung der Aufrechnungslage. Ob eine Befriedigung oder Sicherung kongruent oder inkongruent ist, ist auch im Rahmen des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO davon abhängig, ob der Insolvenzgläubiger einen Anspruch auf die Erlangung der Aufrechnungsmöglichkeit hatte.90 Danach ist die im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages herbeigeführte Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage im Grundsatz kongruent.91 Wird der Gläubiger, der vom Insolvenzschuldner eine Zahlung zu fordern hat, durch pflichtgemäßes Verhalten seinerseits Schuldner einer Gegenforderung des späteren Insolvenzschuldners, so ist die Aufrechnungslage dem Grunde nach kongruent hergestellt.92 Kongruent ist nach der Rechtsprechung des BGH ferner die Herbeiführung der Aufrechnungslage durch eine entgeltliche Nutzung von Gegenständen, welche der Anfechtungsgegner schon vor der kritischen Zeit vertraglich zu beanspruchen hatte.93 Hat der Gläubiger die Aufrechnungslage erst durch die Nutzung der auf der Baustelle befindlichen Sachen des in der Krise befindlichen Schuldners hergestellt, so ist nach der Rechtsprechung des BGH eine kongruente Deckung gegeben, wenn ihm schon vor der kritischen Zeit ein schuldrechtlicher Anspruch gerade auf diese Nutzung aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung zustand.94 Dagegen fällt etwa die Aufrechnung mit einer außerhalb des Kontokorrentverhältnisses begründeten Forderung unter § 131 InsO.95 An einem solchen Anspruch auf Herbeiführung der Aufrechnungslage fehlt es auch dann, wenn der Schuldner in der Krise eine Werklohnforderung werthaltig macht, gegenüber der sein Vertragspartner später mit Forderungen aus einem anderen Schuldverhältnis aufrechnet.96 Denn es genügt nicht, dass der Vertragspartner des Schuldners aufgrund des Werkvertrages Anspruch auf die Werkleistungen hatte.97 Hinzukommen müsste vielmehr das Recht, sich durch die Entgegennahme der Werkleistungen Befriedigung durch Aufrechnung für die Forderungen aus einem anderen 88 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. 89 Vgl. BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 (254 f.); v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98 – „Lili Marleen“, BGHZ 147, 28 (35). 90 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294 Rz. 4. 91 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 137 – a.A. G. Fischer, WM 2008, 1, 6; vgl. dazu noch BGH v. 23.6.2005 – VII ZR 197/03, BGHZ 163, 274 ff. = MDR 2005, 1344. 92 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 27. 93 BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 (253 ff.) = MDR 2001, 152. 94 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 194/05 – „ARGE (1)“, BGHZ 170, 206 ff. = MDR 2007, 740; vgl. dazu noch BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 ff. Rz. 26 = MDR 2001, 1013; kritisch dazu oben Rz. B189 ff. 95 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 96 Vgl. OLG München v. 8.9.2009 – 5 U 2499/09, ZInsO 2009, 2151 ff. 97 A.A. OLG Stuttgart v. 13.10.2005 – 13 U 78/05, veröffentlicht bei juris. Schäfer

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D 50

D Rz. 50

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

Schuldverhältnis zu verschaffen, die ohne die Herbeiführung der Aufrechnungslage nur als Insolvenzforderungen hätten geltend gemacht werden können.

D 51 Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch die Entscheidung des

BGH vom 9.2.2006.98 Dort hatte der Geschäftsführer der Beklagten am 10.9.1999 einen Aufwendungsersatzanspruch gegen die Schuldnerin an die Beklagte abgetreten. Am 27.9.1999 hatte die Schuldnerin aufgrund einer Bestellung vom gleichen Tage Waren an die Beklagte geliefert. Am 6.10.1999 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin rechnete die Beklagte gegenüber dem Kaufpreisanspruch mit dem abgetretenen Aufwendungsersatzanspruch auf.

D 52 Ob die Begründung der Aufrechnungslage zu einer kongruenten oder einer inkongruenten Deckung führt, richtet sich nach dem Urteil des BGH danach, ob der Aufrechnende einen Anspruch auf Abschluss der Vereinbarung hatte, welche die Aufrechnungslage entstehen ließ, oder ob dies nicht der Fall war.99 § 131 InsO bezeichnet jede Rechtshandlung als inkongruent, die dem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, auf die er keinen Anspruch hatte. Deshalb ist die Herstellung einer Aufrechnungslage inkongruent, soweit die Aufrechnungsbefugnis sich nicht aus dem zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger zuerst entstandenen Rechtsverhältnis ergibt. Dementsprechend gibt ein Anwaltsvertrag keinen Anspruch auf Erfüllung des Vergütungsanspruchs durch Verrechnung mit eingezogenen Mandantenforderungen, so dass eine durch Aufrechnung herbeigeführte Befriedigung ebenfalls inkongruent ist.100

D 53 Die in der Krise des Schuldners auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützte Aufrechnung ist unwirksam, da die Gegenseitigkeit erst durch die Erklärung der Aufrechnung und somit erst in der Krise hergestellt wurde.101 (3) Aufrechnung bzw. Verrechnung im Kontokorrent

D 54 Die Frage der Kongruenz oder Inkongruenz der von einer Bank im Rahmen des Kontokorrentverhältnisses erlangten Deckung hängt davon ab, ob die Bank einen durchsetzbaren Anspruch auf Rückführung des Kontokorrentkredits hatte. Dies ist im Grundsatz erst nach einer Kündigung 98 BGH v. 9.2.2006 – IX ZR 121/03 – „letter of intent“, MDR 2006, 1314 = ZIP 2006, 818 ff. 99 Vgl. dazu noch BGH v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (240) = MDR 2001, 1013; v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (395 f.) = MDR 2005, 51; v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = WM 2003, 2458 (2459). 100 Vgl. BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 11; vgl. dazu ferner Kirchhof, ZInsO 2005, 340 ff. 101 Vgl. BGH v. 15.7.2004 – IX ZR 224/03, BGHZ 160, 107 ff. = MDR 2005, 115.

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III. Einzelheiten

Rz. 57 D

des Kredits der Fall.102 Eine Kontosperre der Bank beinhaltet für sich genommen noch keine Kündigung des Kreditverhältnisses. Mit ihr sichert die Bank vielmehr nur die Durchsetzung des ihr nach den AGB-Banken zustehenden Pfandrechts.103 Bei einer nur geduldeten Kontoüberziehung des Schuldners kann die Bank ohne vorausgegangene Kündigung Befriedigung verlangen.104 Es ist jedoch stets zu prüfen, ob in der Duldung der Kontoüberziehung eine stillschweigende Erweiterung der Kreditlinie zu sehen ist.105 Die Erklärung der Bank, sie werde einzelne Verfügungen des Schuldners zulassen, beinhaltet im Grundsatz nicht die Zurücknahme einer zuvor ausgesprochenen Kündigung.106 Andererseits soll nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur eine geduldete Kontoüberziehung, sondern eine Kreditgewährung gegeben sein, wenn die Bank den Schuldner einschränkungslos über vorläufig erteilte Gutschriften verfügen lässt.107 Auch der BGH geht inzwischen zu Recht davon aus, dass die mittelbare Zuwendung des Schuldners an seinen Gläubiger im Falle der geduldeten Kontoüberziehung nur „infolge und nach Einräumung“ des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden kann. Die mehrfache Duldung einer Überziehung genüge indes nicht, um von einer konkludenten Erweiterung der Kreditlinie ausgehen zu können.108

D 55

Der BGH hat im Urteil vom 14.5.2009109 offen gelassen, ob auch dann von einer kongruenten Deckung auszugehen ist, wenn die Kündigung der Bank innerhalb des kritischen Zeitraums ausgesprochen wurde.110 Die Kündigung selbst kann allerdings unter Umständen als eine die Befriedigung ermöglichende Rechtshandlung angefochten werden. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn die Kündigung auf einer Pflichtverletzung des Schuldners beruht.111

D 56

Setzt die Bank das Kontokorrentverhältnis in der Krise des Schuldners ohne Kündigung absprachegemäß fort, sind die von ihr vorgenommenen

D 57

102 BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZIP 2004, 620 ff. 103 Vgl. dazu noch BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 9/03, MDR 2004, 649 = ZIP 2004, 324 ff. 104 BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 13 AG 2011, 512; v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 ff. Rz. 9 = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 105 BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 2/01, MDR 2004, 1381 = ZIP 2004, 1464 f. Rz. 15; v. 13.1.2005 – IX ZR 457/00, MDR 2005, 834 = ZIP 2005, 585 ff. 106 BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, MDR 2001, 761 = NJW 2001, 1650 (1651). 107 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 210/07, MDR 2008, 821 = NJW 2008, 1535. 108 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05 – „Kontoüberziehung“, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. 109 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 13 = MDR 2009, 1069. 110 Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 41a; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/ Bork, § 131 Rz. 69 f. 111 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 69 f. Schäfer

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D Rz. 57

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

Verrechnungen kongruent, sofern sie den Debetsaldo nicht zu ihren Gunsten verringert.112 Eine durch die Verrechnung bewirkte, inkongruente Deckung liegt insoweit vor, als die Summe der verrrechneten Eingänge die der Ausgänge übersteigt.113 Die Verrechnung im Rahmen der fortgesetzten Giroabrede ist nur so lange kongruent, wie sie der fremdnützigen Erfüllung von Vertragspflichten gegenüber sachlich betroffenen Auftraggebern (Funktion als Zahlstelle) und nicht der Deckung wegen eigener Forderungen der Bank dient.114 Eine Verrechnung, die mittelbar auch der Bank zugutekommt, etwa weil sie sich für die Verbindlichkeit des Schuldners verbürgt hat, stellt eine inkongruente Deckung dar.115 Auch die Aufrechnung mit einer außerhalb des Kontokorrentverhältnisses begründeten Forderung fällt unter § 131 InsO.116 Die Frage der Inkongruenz von Verrechnungen im debitorischen Bankenkontokorrent kann bei der Anfechtung von Rechtshandlungen innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor der Stellung des Insolvenzantrages für den gesamten Anfechtungszeitraum nur einheitlich beantwortet werden. Wird das Kontokorrent nicht vorher gekündigt, läuft der Anfechtungszeitraum bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens.117

D 58 Werte, die einer Bank mit einer besonderen Zweckbestimmung überlassen wurden, unterliegen im Falle der Ablehnung des Auftrages nicht dem Pfandrecht nach Nr. 19 AGB-Banken und können nicht (kongruent) mit einem bestehenden Debetsaldo verrechnet werden.118 Verrechnet eine Bank die für den Kunden eingehenden Zahlungen mit ihrem noch nicht fälligen Anspruch auf Darlehensrückzahlung, ist die dadurch erlangte Befriedigung indes nicht inkongruent, wenn die Verrechnung mit dem Kunden vereinbart war.119 cc) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Befriedigung

D 59 Eine „nicht in der Art“ zu beanspruchende Befriedigung ist gegeben, wenn die tatsächlich erbrachte Leistung von der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses geschuldeten Leistung abweicht.120 Leistungen an Erfüllungs Statt und erfüllungshalber stellen daher keine Befriedigungen dar, die der Gläubiger in der geschehenen Art zu beanspruchen hat.121 Ei112 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZIP 2009, 1124 f. 113 BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, MDR 2008, 346 = ZIP 2008, 235 ff. Rz. 15. 114 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff. 115 Vgl. BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, MDR 2008, 348 = ZInsO 2008, 163 f. 116 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 22/08, ZInsO 2009, 1294. 117 BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, ZIP 2011, 1576 f. 118 BGH v. 4.4.1979 – VIII ZR 96/76, BGHZ 74, 129 ff. 119 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 42/08, MDR 2010, 717 = ZIP 2010, 588. 120 BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. Rz. 12; v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 (1061). 121 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 9.

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III. Einzelheiten

Rz. 63 D

ne in den kritischen Zeiträumen des § 131 InsO getroffene Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, wonach Letzterer eine andere als die eigentlich geschuldete Leistung erbringen soll, ist ebenfalls inkongruent.122 Leistet der Schuldner aufgrund eines angedrohten oder gestellten und später zurückgenommenen oder für erledigt erklärten Insolvenzantrages, so ist die erlangte Befriedigung stets inkongruent, und zwar unabhängig davon, ob diese Befriedigung innerhalb der Zeiträume des § 131 InsO vorgenommen wurde.123 Denn es ist rechtsmissbräuchlich, einen Insolvenzantrag, welcher der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger dient, zum Zwecke der Durchsetzung der Einzelbefriedigung einzusetzen.

D 60

Inkongruent ist nach der ständigen Rechtsprechung des BGH eine während der kritischen Zeiträume des § 131 InsO unter dem Druck der unmittelbar drohenden bzw. im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung.124 Einer Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung steht es wertungsmäßig gleich, wenn der Schuldner eine bereits in Gang befindliche Zwangsvollstreckung – etwa im Fall der Kontopfändung – durch Überweisung des geschuldeten Betrages an den Gläubiger erledigt. Entscheidend ist, dass der Schuldner über den an den Pfandgläubiger überwiesenen Betrag auch anderweitig hätte verfügen können.125 An einer anfechtbaren Rechtshandlung des Schuldners fehlt es in diesen Fällen nur dann, wenn der Schuldner keine Möglichkeit mehr hatte, sich der Pfändung zu entziehen.126

D 61

Der für eine Inkongruenz notwendige zeitliche Zusammenhang zwischen der Drohung mit einem Insolvenzantrag bzw. mit einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung und der Leistung des Schuldners endet je nach Lage des Einzelfalles nicht mit Ablauf der vom Gläubiger mit der Androhung gesetzten Zahlungsfrist. Rückt der Gläubiger von der Drohung nicht ab und verlangt er vom Schuldner fortlaufend Zahlung, kann der Leistungsdruck über mehrere Monate fortbestehen.127

D 62

Die Zustellung eines Vollstreckungsbescheids stellt indes noch keine Maßnahme im Rahmen einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung, sondern eine die Zwangsvollstreckung erst vorbereitende Maßnahme dar.128 In einem Beschluss vom 23.4.2009129 hat der BGH klar-

D 63

122 BGH v. 29.9.2005 – IX ZR 184/04, MDR 2006, 414 = ZInsO 2005, 1160 ff. 123 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. = MDR 2004, 650. 124 BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff.; v. 11.4.2002 – IX ZR 211/01, ZIP 2002, 1159 ff. 125 BGH v. 28.2.2008 – IX ZR 213/06, MDR 2008, 770 = ZInsO 2008, 374 f. 126 Vgl. BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZInsO 2009, 717 f.; vgl. dazu oben Rz. B17 ff. 127 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. = MDR 2004, 650. 128 BGH v. 7.12.2006 – IX ZR 157/05, MDR 2007, 612 = ZInsO 2007, 99. 129 Vgl. BGH v. 23.4.2009 – IX ZR 82/06, veröffentlicht bei juris. Schäfer

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D Rz. 63

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

gestellt, dass ein auf den Schuldner ausgeübter anderweitiger Druck, der nicht durch Drohung mit der Zwangsvollstreckung oder durch die Androhung eines Insolvenzantrages erfolge, grundsätzlich nicht zur Inkongruenz einer daraufhin vorgenommenen Zahlung des Schuldners führe. Die Drohung mit einem Strafantrag hat daher nach wohl überwiegender Auffassung nicht die Inkongruenz einer dadurch erlangten Deckung zur Folge.130

D 64 Selbst wenn eine Vorpfändung in unkritischer Zeit ausgebracht wurde, ist eine inkongruente Deckung gegeben, wenn die Hauptpfändung erst in den kritischen Zeiträumen des § 131 Abs. 1 InsO bewirkt wurde.131

D 65 Der Auffassung, dass die im Rahmen einer laufenden Zwangsvollstreckung erbrachten Zahlungen des Schuldners nicht als anfechtbare (inkongruente) Deckungen anzusehen seien, ist der BGH nicht gefolgt.132 Eine Leistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung kann auch dann als inkongruente Deckung anfechtbar sein, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung zur umgehenden Leistung aufgefordert hat, ohne eine letzte konkrete Frist zu setzen.133 Hat der Schuldner den Gläubiger allerdings außerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 InsO befriedigt, so stellt seine Leistung nicht schon deshalb eine inkongruente Deckung dar, weil sie zur Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgte.134

D 66 Gegen diese Rechtsprechung wird im Schrifttum eingewandt, eine Rechtshandlung, die außerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 Abs. 1 InsO als kongruente Deckung anzusehen wäre, könne nicht allein deshalb in eine inkongruente Deckung „umgewidmet“ werden, weil sie innerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 Abs. 1 InsO vorgenommen worden sei.135 Diese Erwägung lässt jedoch außer Acht, dass mit dem Beginn der Anfechtungszeiträume des § 131 Abs. 1 InsO der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung Geltung beansprucht. In diesen Zeiträumen soll eine Ungleichbehandlung der Gläubiger nicht mehr durch staatliche Machtmittel erzwungen werden.136 Der unterschiedliche Gesetzeszweck rechtfertigt somit die unterschiedliche Einordnung. Diese Zurücksetzung seiner Sicherungs- bzw. Befriedigungsinteressen muss der Gläubiger aber

130 Vgl. Kirchhof, ZInsO 2004, 1168, 1171; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/ Bork, § 131 Rz. 133 – a.A. Homan, EWiR 2003, 1041, 1042. 131 BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. = MDR 2006, 1129. 132 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. 133 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 ff. 134 BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = NJW 2003, 3560 (3561); v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. = MDR 2003, 1256. 135 Vgl. Sander, ZIP 2003, 613, 615, 616. 136 BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 (313); v. 20.11.2001 – IX ZR 159/00, ZIP 2002, 228 (229).

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 70 D

nur innerhalb der Anfechtungszeiträume des § 131 Abs. 1 InsO hinnehmen.137 Tritt der Schuldner anstelle der Erfüllung dem Gläubiger eine Forderung gegen einen Dritten ab, so ist dies inkongruent.138 Stellt der Schuldner im Wege der Abtretung eine Sicherheit mit der Absicht zur Verfügung, dass der Gläubiger sich daraus befriedige, anstatt einen fälligen Anspruch zu erfüllen, gewährt er damit eine inkongruente Deckung.139 Wird hingegen ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, da von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherheit bestand.

D 67

Gibt der Schuldner, anstatt den Kaufpreis zu zahlen, die gekaufte Ware zurück, die bereits in sein Eigentum übergegangen war, erhält der Verkäufer damit eine inkongruente Deckung. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Rückgabe aufgrund eines vereinbarten oder gesetzlichen Rücktrittsrechts erfolgt, denn dann hatte der Verkäufer die Rückgabe nach § 346 Abs. 1 BGB zu beanspruchen.140

D 68

Die ursprünglich nicht vereinbarte Hingabe eines Wechsels ist inkongruent. War allerdings der Schuldner dem Aussteller des Wechsels bereits aus anderem Rechtsgrund verpflichtet, führt die Wechselbegebung nur zu einer Stundung der ursprünglichen Schuld, die als solche nicht gläubigerbenachteiligend ist.141 Hatte sich die Bank des Schuldners verpflichtet, Kundenwechsel in Zahlung zu nehmen, so stand jenem eine Ersetzungsbefugnis zu, welche die Kongruenz begründet.142

D 69

Die Gewährung von Kundenschecks bildet im nicht bankmäßigen Geschäftsverkehr im Gegensatz zur Zahlung mit eigenen Schecks regelmäßig eine inkongruente Deckung, da der Gläubiger auf diese Art der Erfüllung keinen Anspruch hat.143 Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schuldner die Kausalforderung in nicht anfechtbarer Weise an den Gläubiger abgetreten und die unverzügliche Weitergabe von Kundenschecks zugesagt hatte.144

D 70

137 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 36. 138 BGH v. 3.4.1968 – VIII ZR 23/66, WM 1968, 683 ff. 139 BGH v. 8.10.1998 – IX ZR 337/97, ZInsO 1998, 395 ff.; v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, MDR 2005, 956 = ZInsO 2005, 439 ff. 140 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 12. 141 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 35. 142 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 35. 143 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (324 f.) = MDR 1994, 158. 144 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11 = MDR 2009, 1069; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 61 Rz. 68. Schäfer

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D Rz. 71

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 71 Dieselben Grundsätze gelten auch im bankmäßigen Geschäftsverkehr. Reicht der Schuldner bei seiner Bank zwecks Darlehensrückführung ihm von einem Dritten zur Erfüllung einer Forderung überlassene Kundenschecks ein, erlangt die Bank in der Regel eine inkongruente Deckung, wenn ihr die den Schecks zugrunde liegenden Kausalforderungen nicht abgetreten waren.145 Ob der Fall, dass die Kausalforderung erst mit der Einreichung der Kundenschecks abgetreten wird – wie dies in Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 25 Abs. 2 AGB-Sparkassen vorgesehen ist – der früheren Abtretung gleichzustellen ist, erscheint dem BGH zweifelhaft.146 Nach einer Auffassung im Schrifttum macht die Bank im Falle der Einlösung eines Kundenschecks nicht von ihrem Sicherungsrecht Gebrauch, sondern löst den Scheck für den Kunden ein, weshalb eine kongruente Deckung gegeben sei, wenn die Bank einen Anspruch auf Rückführung des Saldos habe.147

D 72 Diese Frage bedurfte im Urteil vom 14.5.2009148 keiner Vertiefung, da dort die Kausalforderung zuvor an eine andere Bank abgetreten worden war und ein gutgläubiger Erwerb von Forderungen nicht möglich ist. Sie war dagegen in einem früheren Urteil des BGH vom 8.3.2007149 von Bedeutung: BGH-Urteil vom 8.3.2007 – ZIP 2007, 924 ff.

D 73 Die Schuldnerin reichte am 15.4.2003 einen Scheck der Fa. M. über ca. 60 000 Euro zur Gutschrift auf einem bei der klagenden Bank auf Guthabensbasis geführten Konto ein. Aufgrund dieser Scheckeinreichung führte die Klägerin am 16.4.2003 einen Überweisungsauftrag der Schuldnerin über ca. 51 000 Euro aus. Am 17.4.2003 stellte die Schuldnerin Insolvenzantrag, worauf noch am selben Tag der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellt wurde. Am 29.4.2003 wurde der Scheck von der bezogenen Bank wegen eines Formfehlers nicht eingelöst. Es erfolgte eine Rückbelastung auf dem Konto der Schuldnerin, das sich danach wegen der durchgeführten Überweisung mit ca. 51 000 Euro im Soll befand. In der Folgezeit übersandte die Fa. M. der Schuldnerin einen neuen Scheck, der jedoch auf Anweisung des Beklagten über ein Anderkonto eingezogen wurde.

D 74 Der BGH folgt dem Berufungsgericht zunächst darin, dass die Klägerin nach Nr. 15 AGB-Banken das Sicherungseigentum am Scheck und auch die zugrunde liegende Forderung erworben habe. Durch die Zahlung mittels erneutem Scheck sei die abgetretene Forderung nach § 407 Abs. 1 BGB auch mit Wirkung gegenüber der Klägerin erloschen, da der Fa. M die Sicherungsabtretung der Forderung gem. Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken 145 Vgl. BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 ff. = MDR 1992, 766. 146 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11. 147 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 16; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 61. 148 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 11. 149 BGH v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05 – „Scheckrückbelastung“, ZIP 2007, 924 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 76 D

nicht bekannt gewesen sei. Zugleich sei das Entstehen eines (künftigen) Absonderungsrechts der Klägerin verhindert worden.150 Ein Ersatzabsonderungsrecht der Klägerin sei dadurch jedoch nicht entstanden. Dies hätte vorausgesetzt, dass der Beklagte die Einziehung unberechtigt vorgenommen hatte151 und die Sicherungsabtretung nicht wirksam angefochten worden war. Der Beklagte habe die Sicherungsabtretung jedoch nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wirksam angefochten. Schon aus diesem Grund liege ein Ersatzabsonderungsrecht nicht vor. Die mit der Einreichung des ersten Schecks verbundene Sicherungsabtretung der zugrunde liegenden Forderung stelle eine inkongruente Deckung dar. Der schuldrechtliche Anspruch der Bank auf Pfandrechtsbestellung nach Nr. 14 AGB-Banken werde erst in dem Moment auf einen bestimmten Pfandgegenstand konkretisiert, in dem die verpfändete Forderung entstehe.152 Nichts anderes gelte für Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken. Bei der Vorausabtretung einer Forderung trete die Wirkung der Abtretung nach § 140 Abs. 1 InsO frühestens mit dem Entstehen der Forderung ein.153 Da die Abtretung in dem zu entscheidenden Fall erst zum Zeitpunkt der Scheckeinreichung erfolgt sei, sei dieser Zeitpunkt maßgebend. Bei der Einreichung des Schecks sei von der Schuldnerin keine (neue) schuldrechtliche Verpflichtung zur Abtretung der dem Scheck zugrunde liegenden Forderung begründet worden.

D 75

Anzumerken ist, dass der BGH in dieser Entscheidung offen gelassen hat, ob die Befugnis des Schuldners zur Forderungseinziehung auch nach der Stellung eines Insolvenzantrages fortbesteht.154 Im früheren Urteil vom 6.4.2000155 hat er den Fortbestand der Einzugsermächtigung insbesondere deshalb für erforderlich gehalten, weil sonst die im Gesetz vorausgesetzte Fortführung eines Unternehmens durch den vorläufigen Insolvenzverwalter kaum möglich wäre. In seinem neueren Urteil vom 21.1.2010156 führt der BGH aus, dass im Hinblick auf die mit Wirkung vom 1.7.2007 eingeführte Bestimmung des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO, nach der das Insolvenzgericht anordnen könne, dass abgetretene Forderungen nicht vom Gläubiger, sondern vom vorläufigen Insolvenzverwalter eingezogen würden, an eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung gedacht werden könne.

D 76

150 BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, MDR 2003, 352 = ZIP 2002, 2182 (2183). 151 Vgl. BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98, BGHZ 144, 192 (198) = MDR 2000, 848. 152 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff. 153 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372. 154 BGH v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05, MDR 2007, 1042 = ZIP 2007, 924 ff. Rz. 13. 155 BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 422/98, BGHZ 144, 192 (198 ff.) = MDR 2000, 848. 156 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, MDR 2010, 1085 = ZIP 2010, 739 ff. Rz. 20. Schäfer

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D Rz. 77

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 77 Die Entscheidung des BGH bestätigt die Schwäche der Sicherungsrechte nach Nr. 15 AGB-Banken. Ist die Sicherungsabtretung – wie im Regelfall – nicht offengelegt, erlischt die abgetretene Forderung mit der Zahlung des Schuldners. Auch ein Ersatzabsonderungsrecht entsteht in diesem Fall nicht. Selbst wenn die Bank in der kritischen Zeit die Einzugsermächtigung gegenüber der Schuldnerin widerrufen und nach deren unberechtigtem Forderungseinzug ein Ersatzabsonderungsrecht erworben hätte, unterläge dieses ebenfalls der Anfechtung.157

D 78 Im Mehrpersonenverhältnis bewirkt allein schon die Mittelbarkeit einer Zahlung in der Regel wegen ihrer Verdächtigkeit eine inkongruente Deckung, etwa wenn der Schuldner mit einer Zwischenperson vereinbart, diese solle für ihn seine Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten begleichen.158 Dies gilt entsprechend, wenn der Insolvenzschuldner mit seinem Gläubiger vereinbart, dieser solle sich seine Forderung von einem Schuldner des Insolvenzschuldners begleichen lassen.159 Eine inkongruente Deckung ist ferner gegeben, wenn ein Dritter aufgrund einer Schuldübernahme einen Gläubiger des Insolvenzschuldners befriedigt.160 Die Anfechtung nach § 131 InsO kann schließlich begründet sein, wenn ein privater Krankenversicherer nicht an seinen Versicherungsnehmer (Insolvenzschuldner), der eine Arztrechnung bei ihm eingereicht hatte, sondern auf dessen Weisung hin die Versicherungsleistung direkt an den Gläubiger (Arzt) auszahlt.161

D 79 § 648a BGBa.F. war in der bis zum Inkrafttreten des Forderungssicherungsgesetzes am 1.1.2009 geltenden Fassung nicht geeignet, einen Anspruch des Subunternehmers auf Direktzahlung des Bauherrn nach entsprechender Zahlungsanweisung des Schuldners zu begründen, da § 648a BGB a.F. keinen Anspruch, sondern nur ein Leistungsverweigerungsrecht gewährte. § 648a BGB n.F. gewährt nunmehr einen gesetzlichen Anspruch auf Sicherheitsleistung.162 Aufgrund einer dreiseitigen Vereinbarung, die keine Vermögensnachteile für den Schuldner zur Folge hat, kann jedoch auch im Anwendungsbereich des § 648a BGB a.F. unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts von einer kongruenten Deckung auszugehen sein.163 157 Vgl. Nassall, jurisPR-BGHZivilR 21/2007 Anm. 1. 158 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZInsO 2006, 94 ff.; v. 9.1.2003 – IX ZR 85/02, MDR 2003, 474 = ZIP 2003, 356 (358). 159 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 33 = MDR 2008, 341– „Subunternehmer“. 160 BGH v. 5.7.2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 ff. Rz. 50 = GmbHR 2007, 1146 m. Anm. Blöse = MDR 2007, 1450. 161 OLG Karlsruhe v. 10.9.2004 – 1 U 72/04, ZInsO 2004, 1367 f. 162 Vgl. BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 2/05, MDR 2009, 227 = ZIP 2008, 2324 ff.; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 47 Rz. 53. 163 Vgl. BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZInsO 2007, 662 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 82 D

Die Tilgung einer fremden Schuld durch den Insolvenzschuldner, die aus der Sicht des Zuwendungsempfängers eine mittelbare Zuwendung darstellt, unterliegt im Grundsatz nicht der Anfechtung nach § 131 InsO, da der Empfänger in der Regel nicht Insolvenzgläubiger ist.164 Anders ist dies jedoch, wenn dem Zuwendungsempfänger auch gegen den Insolvenzschuldner ein Anspruch (etwa aufgrund Bürgschaft165 oder Gesamtschuldnerausgleich) zusteht. Dies zeigt ein Urteil des BGH vom 20.7.2006:166

D 80

BGH-Urteil vom 20.7.2006 – ZIP 2006, 1591 ff. Die Schuldnerin (GmbH) stand mit der Beklagten (Lieferantin) in ständiger Geschäftsbeziehung. Diese gewährte ihr im Jahr 1998 ein Darlehen i.H.v. 600 000 DM und im Jahr 2001 ein weiteres i.H.v. 100 000 DM, nachdem die Schuldnerin zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war und keine Bankkredite mehr erhielt. Seit Anfang 2001 wickelte die Schuldnerin ihren Zahlungsverkehr aufgrund einer Absprache mit der Beklagten über zwei Geschäftskonten bei der C.- Bank ab. Ein Konto wurde als Guthabenkonto bei der Bankfiliale D geführt, auf dem die Verkaufserlöse eingingen, während von einem anderen Konto bei der Filiale A Verbindlichkeiten beglichen wurden. Auf dieses Konto wurden in unterschiedlichen Abständen Beträge von dem Konto bei der Filiale D überwiesen. Zudem konnte eine der Beklagten eingeräumte Kreditlinie i.H.v. 3 Mio. DM in Anspruch genommen werden. Die Beklagte hatte insoweit die gesamtschuldnerische Haftung übernommen, wobei die Schuldnerin im Innenverhältnis allein die Darlehensschuld tragen sollte. Der Insolvenzverwalter focht die Zahlungen an, die in der kritischen Zeit vom Konto D auf das Konto A überwiesen wurden.

D 81

Nach Auffassung des BGH kann die vorzeitige Befriedigung eines sich aus § 426 BGB ergebenden Freistellungsanspruchs eine inkongruente Rechtshandlung im Sinne des § 131 InsO darstellen. Die Beklagte sei Insolvenzgläubiger im Sinne dieser Bestimmung. Ob der Empfänger der Leistung tatsächlich am Insolvenzverfahren teilnehmen würde, spiele keine Rolle, weil davon die Gläubigerbenachteiligung durch die Rechtshandlung des Schuldners nicht abhänge.167 Ein Anfechtungsanspruch gegen den Gesamtschuldner komme daher auch dann in Betracht, wenn er seinen Ausgleichsanspruch nach § 44 InsO nicht geltend machen könne. Der Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB entstehe nicht erst mit der Befriedigung des Gläubigers, sondern zugleich mit der Entstehung des Gesamtschuldverhältnisses.168 Der mithaftende Gesamtschuldner könne daher schon vor seiner eigenen Leistung an den Gläubiger die Mitwirkung der anderen Gesamtschuldner an dessen Befriedigung verlangen.

D 82

164 Vgl. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 ff. 165 Vgl. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZInsO 2008, 1202 ff. 166 BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05 – „Schwimmbadtechnik“, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. 167 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 17. 168 Vgl. hierzu ferner BGH v. 7.11.1985 – III ZR 142/84, MDR 1986, 385 = NJW 1986, 978 (979). Schäfer

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D Rz. 83

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

D 83 Die Zahlung der Schuldnerin sei inkongruent gewesen, wenn der Beklagten seinerzeit noch kein fälliger Anspruch zugestanden habe. Die sofortige Fälligkeit des Freistellungsanspruchs könne nicht aus einer rechtsähnlichen Anwendung der §§ 257 Satz 2, 738 Abs. 1 Satz 3, 775 Abs. 2 BGB hergeleitet werden. Maßgebend sei die unterschiedliche Interessenlage der Beteiligten, sodass entsprechende Parteiabreden oder die Umstände des Falls für die Lösung der Fälligkeitsfrage vorrangig seien.169 Für eine entsprechende Fälligkeitsvereinbarung bestand nach den tatrichterlichen Feststellungen in dem zu entscheidenden Fall kein Anhaltspunkt.

D 84 Direktzahlungen des Auftraggebers an einen Nachunternehmer gemäß § 16 Nr. 6 VOB/B gewähren diesem eine inkongruente Deckung, entsprechend dem Grundsatz, dass eine inkongruente Befriedigung gegeben ist, wenn ein Dritter auf Anweisung des Schuldners dessen Verbindlichkeit begleicht, ohne dass eine insolvenzfeste Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner vorgelegen hat.170 Solche Direktzahlungen sind deswegen besonders verdächtig, weil sie an einen Zahlungsverzug des Auftragnehmers und damit typischerweise an dessen Liquiditätsschwierigkeiten anknüpfen.171 § 648a BGB a.F. gibt dem Unternehmer nach der Rechtsprechung des BGH zwar ein Leistungsverweigerungsrecht, jedoch keinen durchsetzbaren Anspruch auf Gewährung einer Sicherheit oder gar auf Zahlung durch den Auftraggeber. § 648a BGB a.F. begründe nicht einmal die Kongruenz einer nachträglichen Vereinbarung über die Abtretung einer Werklohnforderung des Hauptunternehmers gegen den Bauherrn an den Subunternehmer; für Direktzahlungen des Bauherrn an den Subunternehmer gelte dies erst recht.172

D 85 Auch die auf Anweisung des zahlungsunfähigen Zwischenmieters erfolgte Direktzahlung des Endmieters an den Vermieter gewährt diesem eine inkongruente Deckung, welche die Gläubiger des Zwischenmieters objektiv benachteiligt. Denn eine Verkürzung der künftigen Insolvenzmasse kann insbesondere dann eintreten, wenn eine dem Schuldner zustehende Forderung durch Zahlung an einen Dritten getilgt wird, weil der Schuldner für die Befriedigung des Zahlungsempfängers einen Vermögensgegenstand aufgibt, der andernfalls den Gläubigern insgesamt zur Verfügung gestanden hätte.173

169 BGH v. 11.4.1984 – VIII ZR 302/82, BGHZ 91, 73 (79) = MDR 1984, 1018. 170 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZInsO 2007, 662 ff.; v. 8.10.1998 – IX ZR 37/97, BRAK 1998, 71 m. Anm. Jungk = FamRZ 1998, 362 = MDR 1998, 245 = ZIP 1998, 2008 ff. 171 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 2/05, MDR 2009, 227 = ZInsO 2008, 1322 f. Rz. 13; v. 6.6.2002 – IX ZR 425/99, ZInsO 2002, 766 f. 172 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZInsO 2007, 662 ff.; v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, MDR 2005, 956 = ZInsO 2005, 439 ff. 173 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 58/10, MDR 2011, 452 = ZInsO 2011, 421 ff.; v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, MDR 2007, 1096 = ZIP 2007, 1162 ff. Rz. 9.

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III. Einzelheiten

Rz. 89 D

dd) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Befriedigung Der Gläubiger hat eine Befriedigung nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchen, wenn die Forderung noch nicht fällig, betagt bzw. aufschiebend bedingt ist oder ihr eine vorübergehende (dilatorische) Einrede entgegensteht.174 Insoweit ist es nach dem Gesetzeszweck des § 131 InsO nicht entscheidend, ob der Schuldner die Leistung bewirken, sondern ob der Gläubiger sie auch bereits verlangen durfte (vgl. § 271 Abs. 2 BGB). Gerade das Recht des Gläubigers, die Leistung einzufordern, unterscheidet kongruente von inkongruenten Rechtshandlungen.175 Wird eine Forderung kraft Gesetzes oder aufgrund einer unanfechtbaren Vereinbarung allerdings noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, so kommt eine Anfechtung nur hinsichtlich der Zwischenzinsen in Betracht.176

D 86

Da dem Zahlungspflichtigen Säumigkeit nicht angesonnen werden kann, ist eine verfrühte Zahlung als kongruent anzusehen, wenn die voraussichtliche Dauer des Zahlungsvorgangs nicht nennenswert überschritten wird. Einen Anhaltspunkt dafür bietet § 676a Abs. 2 Nr. 2 BGB a.F. (Überweisung im Inlandsverkehr binnen dreier Bankgeschäftstage). Eine Zahlung durch Banküberweisung, die beim Gläubiger früher als fünf Bankgeschäftstage vor Fälligkeit eingeht, ist daher inkongruent.177 Zahlt der Schuldner vor Fälligkeit unter Ausnutzung einer befristet eingeräumten Möglichkeit zum Skontoabzug, ist die dadurch bewirkte Deckung regelmäßig nicht inkongruent.178

D 87

Eine verfrühte Leistung unterliegt im Grundsatz als Ganzes – und nicht etwa nur hinsichtlich eines Zwischenzinses – der Anfechtung.179 Die durch die vorzeitige Rückgewähr eines Kredits bewirkte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung bildet allerdings dann keine Grundlage für die anfechtungsrechtliche Rückforderung der Hauptschuld selbst, wenn der Schuldner die Forderung bei Eintritt der Fälligkeit ebenfalls rechtlich wirksam hätte erfüllen können.180

D 88

Die vorzeitige Befriedigung des Freistellungsanspruchs eines mithaftenden Gesamtschuldners ist inkongruent, wobei die sofortige Fälligkeit des Freistellungsanspruchs nicht aus einer rechtsähnlichen Anwendung der §§ 257 Satz 2, 738 Abs. 1 Satz 3, 775 Abs. 2 BGB hergeleitet werden kann. Maßgebend ist vielmehr die unterschiedliche Interessenlage der Beteilig-

D 89

174 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 13; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 62. 175 Vgl. BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, MDR 2005, 1312 = ZIP 2005, 1243 ff. Rz. 11. 176 Vgl. BGH v. 6.4.1995 – IX ZR 61/94, BGHZ 129, 236 (242); HambKomm-InsO/ Rogge, § 131 Rz. 18. 177 BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, MDR 2005, 1312 = ZIP 2005, 1243 ff. 178 BGH v. 6.5.2010 – IX ZR 114/08, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1188. 179 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 42. 180 BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853 ff. Schäfer

289

D Rz. 89

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

ten, so dass entsprechende Parteiabreden oder die Umstände des konkreten Falles für die Lösung der Fälligkeitsfrage vorrangig sind.181

D 90 Steht dem Schuldner eine vorübergehende Einrede zu, ist die dennoch

von ihm erbrachte Leistung inkongruent.182 Eine vorübergehende Einreden in diesem Sinne vermitteln insbesondere Zurückbehaltungsrechte (vgl. §§ 273, 320 BGB) und die Stundung. Eine inkongruente Deckung ist daher beispielsweise gegeben, wenn der Schuldner eine Werklohnforderung erfüllt, obwohl ihr die Mängeleinrede entgegensteht.

D 91 Vorschusszahlungen sind inkongruent, wenn sie nicht vereinbart oder wenn die Voraussetzungen der Vereinbarung nicht gegeben waren.183 Inkongruent ist nach der Rechtsprechung des BGH ferner eine Vorschusszahlung an einen Rechtsanwalt, wenn die Angelegenheit bereits abgeschlossen und somit der Vergütungsanspruch entstanden war.184

D 92 Eine Befriedigung, die sich ein Gläubiger, etwa eine Bank, ohne Einhaltung eines gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungserfordernisses in den kritischen Anfechtungszeiträumen verschafft, stellt eine inkongruente Deckung dar.185 Das Fehlen einer festen Laufzeit führt nicht zur jederzeitigen Fälligkeit eines Kredits ohne vorherige Kündigung.186 Im Falle einer nur geduldeten Kontoüberziehung kann die Bank jedoch ohne vorausgegangene Kündigung vom Schuldner die sofortige Befriedigung verlangen.187 Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine vertraglich vereinbarte Überziehung auch konkludent zustande kommen kann und somit auch in diesem Fall einer Verrechnung der Bank eine Kündigung vorausgehen muss.188 Verrechnet die Bank für den Kunden eingehende Zahlungen mit ihrem noch nicht fälligen Anspruch auf Darlehensrückzahlung, ist die dadurch erlangte Befriedigung dann nicht inkongruent, wenn die Verrechnung mit dem Kunden vereinbart war.189

181 182 183 184 185 186 187 188 189

290

BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 44/05, MDR 2007, 300 = ZIP 2006, 1591 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 40. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 64. BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167 (190 ff.) = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113 = BRAK 2006, 231; kritisch dazu Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 23. Vgl. BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZInsO 2004, 342 ff.; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 (3781). MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 44; BGH v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 (3781); OLG Düsseldorf v. 13.11.2003 – I-12 U 43/03, ZIP 2004, 1008 (1010). BGH v. 17.6.2004 – IX ZR 2/01, MDR 2004, 1381 = ZInsO 2004, 854 ff.; v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10 Rz. 13, AG 2011, 512 = ZIP 2011, 1111 ff. BGH v. 13.1.2005 – IX ZR 457/00, MDR 2005, 834 = ZIP 2005, 585 ff.; v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 (3781). BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 42/08, MDR 2010, 717 = ZIP 2010, 588. Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 95 D

Beruht die Fälligkeit eines Kredits auf einer Kündigung durch den Gläubiger, so liegt in der Befriedigung seiner Forderung grundsätzlich eine kongruente Deckung, wenn der Kündigung ein wirksamer Kündigungsgrund zugrunde liegt und – so ist zu ergänzen – das Kündigungsrecht anfechtungsfest begründet wurde.190 Die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Kündigung innerhalb des kritischen Zeitraums erfolgte, hat der BGH offen gelassen. Dies ist mit der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum für den Fall zu bejahen, dass der Kündigungsgrund nicht in anfechtbarer Weise herbeigeführt wurde, sondern etwa auf einer Pflichtverletzung des Schuldners beruht.191

D 93

Im Urteil des BGH vom 14.5.2009192 hatte der Schuldner selbst die Fälligkeit des Darlehens dadurch herbeigeführt, dass er der Bank mitgeteilt hatte, er benötige die Kreditlinie nicht mehr. Nach Ansicht des BGH hatte dies eine inkongruente Deckung zur Folge, da der Schuldner dem Gläubiger dadurch mehr Rechte eingeräumt habe, als diesem kraft seiner eigenen Rechtsstellung gebührt hätten. Dies ist jedoch nicht unproblematisch, da der Schuldner einer möglichen Kündigung der Bank zuvorgekommen ist. Man sollte dem Schuldner nicht das Recht einräumen, mit seinem Verhalten darüber bestimmen zu können, ob eine kongruente oder eine inkongruente Deckung gegeben ist.

D 94

Wenn die Bank den Giroverkehr in der Krise des Schuldners nicht kündigt, sondern absprachegemäß – und damit kongruent – fortsetzt, ist eine inkongruente Verrechnung gegeben, soweit die Summe der Eingänge im Anfechtungszeitraum die der Ausgänge überstiegen und die Bank die Eingänge zur Befriedigung ihrer Forderungen gegen den Schuldner verwendet hat.193 Die Kongruenz der Kredittilgung folgt nicht schon aus der fortbestehenden Verrechnungsbefugnis der Bank. Die Saldierungsvereinbarung deckt nicht die endgültige Rückführung des eingeräumten Kredits, sondern nur das Offenhalten der Kreditlinie für weitere Verfügungen des Kunden.194 Eine bloße Kontosperre ist noch keine inkongruente Verwertungsmaßnahme, sondern dient nur der Sicherstellung der späteren Verwertung. Sie ist nur dann inkongruent, wenn auch die Befriedigung inkongruent wäre, etwa weil das Pfandrecht der Bank noch nicht entstanden ist.195

D 95

190 Vgl. BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. Rz. 13 = MDR 2009, 1069. 191 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 41a; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 69 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 13. 192 BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. 193 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZInsO 2009, 1054 ff.; v. 11.7.2007 – IX ZR 195/04, MDR 2008, 348 = ZInsO 2008, 163 f. 194 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, NotBZ 2009, 458 = MDR 2009, 1005 = ZInsO 2009, 1054 ff. 195 BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, ZInsO 2004, 342 ff. Schäfer

291

D Rz. 96

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

b) Inkongruente Sicherung aa) Nicht zu beanspruchende Sicherung

D 96 Der Begriff der Sicherung ist weit zu verstehen. Er umfasst insbesondere Personal-, Real-, akzessorische, abstrakte oder fiduziarische Sicherheiten, seien sie durch Vertrag begründet oder unmittelbar durch das Gesetz, wie etwa das Pfandrecht des Vermieters (§ 562 BGB), des Werkunternehmers (§ 647 BGB), des Kommissionärs (§ 397 HGB) und des Frachtführers (§ 441 HGB).196

D 97 Ein (kongruenter) Anspruch auf Sicherung setzt voraus, dass nach Gesetz oder Vertrag ein hinreichend konkretisierter Anspruch auf Sicherstellung besteht. Einen gesetzlichen Sicherungsanspruch gewährt insbesondere § 648 BGB, während § 648a BGB a.F. nur ein Leistungsverweigerungsrecht hinsichtlich der vom Werkunternehmer zu erbringenden Vorleistungen vorsieht, solange die geforderte Sicherheit nicht geleistet wurde.197 Weitere gesetzliche Sicherungsansprüche begründen die §§ 775 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, 1039 Abs. 1 Satz 2, 1051, 1067 Abs. 2, 2128 BGB.198

D 98 Ein Anspruch auf Befriedigung gibt keinen Anspruch auf Sicherung. Die Sicherung stellt im Verhältnis zur Befriedigung kein minus, sondern ein aliud dar.199 Wer durch eine unerlaubte Handlung des Schuldners geschädigt wurde, hat daher nicht schon deshalb einen Anspruch auf Sicherung.200 Aus demselben Grund kann die Erwirkung einer Arresthypothek oder einer Sicherungshypothek und die Pfändung überhaupt der Anfechtung unterliegen.201

D 99 Wird ein Anspruch auf Sicherung in demselben Vertrag eingeräumt, durch den der gesicherte Anspruch selbst entsteht, liegt in der späteren Gewährung der Sicherheit keine inkongruente Deckung, weil von Anfang an ein Anspruch auf die Sicherung bestand.202 Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass der vertragliche Sicherungsanspruch bereits hinreichend konkretisiert ist. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, welche konkrete Sicherheit erfasst wird, sind nicht geeignet, die Besserstellung einzelner Gläubiger in der Insolvenz zu rechtfertigen.203 196 197 198 199 200 201 202 203

292

Vgl. HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 11. Vgl. dazu Rz. D79. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 23. Vgl. BGH v. 21.12.1960 – VIII ZR 204/59, BGHZ 34, 254 (258); Ganter, WM 2006, 1081 (1084). BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff.; v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100 (106 f.) = MDR 2002, 418. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 20. Vgl. BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1563); v. 11.3.204 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 ff. Rz. 19. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 15 = MDR 2008, 411; v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZIP 2005, 1651 ff. Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 103 D

Wird hingegen eine bereits bestehende Verbindlichkeit nachträglich besichert, kann darin eine inkongruente Rechtshandlung zu sehen sein.204 So lag es in einem vom BGH durch Urteil vom 25.9.1972205 entschiedenen Fall. Die ursprünglich ungesicherten Forderungen wurden in der kritischen Zeit dadurch nachträglich besichert, dass sie an die verklagte Bank abgetreten wurden und damit in den Deckungsbereich einer in anfechtungsfreier Zeit bestellten Grundschuld fielen. Für die Anfechtung ist es gleichgültig, ob ein Gläubiger sich vom Schuldner erst in der kritischen Phase Deckung für seine Forderung geben lässt oder ob die Deckung dadurch erlangt wird, dass ein Gläubiger, der über keine Sicherheit verfügt, seine Forderung an einen anderen Gläubiger abtritt, der überschüssige Sicherheiten hat.

D 100

Die nachträgliche Besicherung wird auch nicht dadurch kongruent, dass der Anspruch an einen Dritten abgetreten und die Sicherung zeitgleich mit der Abtretung unmittelbar zugunsten des Dritten vereinbart wird. Denn es handelt sich dabei nur um einen Gläubigerwechsel, der an dem Inhalt des Schuldverhältnisses nichts zu ändern vermag.206

D 101

Eine inkongruente Deckung ist indes nicht gegeben, wenn eine vor dem Eintritt der Krise zugunsten eines Gläubigers bestellte Sicherheit aufgrund einer in unkritischer Zeit getroffenen Sicherungsabrede auch das Darlehen eines Dritten sichern soll und die (durchgängig fortbestehende) Sicherheit in den kritischen Zeiträumen des § 131 InsO an diesen Dritten abgetreten wird.207

D 102

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ergibt sich aus den AGBBanken und den AGB-Sparkassen kein hinreichend konkretisierter Sicherungsanspruch. Selbst wenn man diese Bestimmungen dahingehend auslegt, dass die Bank und der Kunde sich nicht nur über die Pfandrechtsbestellung dinglich einig sind, sondern zugleich einen schuldrechtlichen Anspruch darauf begründen, wird dieser erst in demjenigen Zeitpunkt auf einen bestimmten Pfandgegenstand konkretisiert, in dem dieser entsteht. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, welche konkrete Sicherheit erfasst wird, rechtfertigen nicht die Besserstellung einzelner Gläubiger unter Durchbrechung des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Das in diesen allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelte Pfandrecht führt daher in

D 103

204 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZInsO 2004, 616 ff. Rz. 19; v. 30.10.1974 – VIII ZR 81/73, WM 1974, 1218 f. 205 BGH v. 25.9.1972 – VIII ZR 216/71, BGHZ 59, 230 ff. 206 Vgl. BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 ff. Rz. 23; Uhlenbruck/Hirte, § 131 Rz. 15. 207 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 255/06 – „Bausparkasse“, MDR 2008, 646 = ZInsO 2008, 317 ff.; vgl. dazu oben Rz. B312 ff. Schäfer

293

D Rz. 103

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

den kritischen Zeiträumen des § 131 InsO nur zu einer inkongruenten Deckung.208

D 104 Die durch eine Globalzession erlangte Sicherung ist hingegen nach der Rechtsprechung des BGH kongruent, wenn bereits beim Abschluss des Globalzessionsvertrages das dingliche Geschäft vollzogen und zugleich die schuldrechtliche Seite in dem vertragsrechtlich möglichen Maße derart konkretisiert wird, dass die abgetretenen Forderungen zumindest bestimmbar sind. Dafür genügt die Abtretung „sämtlicher bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen gegen Kunden mit den Anfangsbuchstaben A–Z“. Diese Grundsätze gelten entsprechend für Raumsicherungsverträge.209 Auch das Werthaltigmachen der durch Globalzession im Voraus abgetretenen Forderungen in den kritischen Anfechtungszeiträumen ist auf der Grundlage einer solchen Sicherungsabsprache kongruent.210

D 105 Reicht der Schuldner Kundenschecks bei seiner Bank ein, erlangt die Bank mit dem Sicherungseigentum am Scheck gemäß Nr. 15 AGB-Banken eine kongruente Sicherung, wenn ihr die Kausalforderung schon zuvor abgetreten war. Ob der Fall, dass die Kausalforderung erst mit der Einreichung der Kundenschecks abgetreten wird – wie es in Nr. 15 Abs. 2 AGB-Banken und in Nr. 25 Abs. 2 AGB-Sparkassen vorgesehen ist – gleich behandelt werden kann, hat der BGH im Urteil vom 14.5.2009211 als zweifelhaft bezeichnet, im Ergebnis aber mangels Entscheidungserheblichkeit offen gelassen.212

D 106 Eine auf das Pfandrecht der Bank gestützte Kontosperre ist inkongruent, wenn die Befriedigung aus dem Pfandrecht inkongruent wäre. Die fehlende Pfandreife begründet noch keine Inkongruenz, da die Kontosperre noch keine Verwertungsmaßnahme darstellt, sondern nur der Sicherstellung der Verwertung dienen soll. Lässt die Bank es zu, dass der Kunde über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrages durch Gutschriften der Kontostand, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar.213

D 107 Soll das Pfandrecht dagegen nur künftige Ansprüche sichern, ist eine frü-

here Ausübung inkongruent.214 Eine Kontosperre ist daher inkongruent, 208 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 12 f.; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (126). 209 Vgl. BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 ff. 210 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. 211 Vgl. BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069. 212 Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 18; Bork, Zahlungsverkehr in der Insolvenz, 2002, Rz. 366, 467. 213 BGH v. 12.2.2004 – IX ZR 98/03, NJW 2004, 1660 ff. 214 BGH v. 5.11.1998 – IX ZR 246/97, ZIP 1999, 79 f.; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 40.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 110 D

wenn das Pfandrecht der Bank etwaige Ansprüche aus übernommenen Bürgschaften erst ab deren Fälligkeit sichern sollte. Dies führt jedoch nur dann zur Anfechtbarkeit späterer Zahlungen von dem gesperrten Konto an die Bank, wenn das Guthaben auf dem gesperrten Konto ohne die Kontosperre anderweitig verwendet worden wäre.215 Die Übertragung einer Sicherheit nur für den Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers ist als inkongruente Deckung anfechtbar.216 Wird für einen Kredit eine Sicherung gegeben, die das ausbezahlte Darlehen und zugleich auch sogenannte „Altverbindlichkeiten“ des Schuldners gegenüber dem Gläubiger abdecken soll, handelt es sich um ein insgesamt inkongruentes, in vollem Umfang anfechtbares Deckungsgeschäft, wenn nicht festgestellt werden kann, ob und in welchem Umfang sich die Sicherungen auf bestimmte Ansprüche beziehen.217 Eine Anfechtung scheidet jedoch aus, wenn die Sicherheit in erster Linie den neu gewährten Kredit sichern soll und wertmäßig nur diesen abdeckt.218

D 108

Eine im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrages erlangte Sicherung wird gemäß § 88 InsO mit der Insolvenzeröffnung ipso jure unwirksam. Einer Anfechtung bedarf es in diesem Fall somit nicht. Sie kann aber dann geboten sein, wenn die durch Zwangsvollstreckung erlangte Sicherung bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verwertet wurde.219

D 109

Ein erst während des Dreimonatszeitraums vor dem Eröffnungsantrag wirksam gewordenes Pfandrecht begründet in der Insolvenz des Schuldners kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht gemäß § 50 Abs. 1 InsO, wenn der Schuldner zur Zeit der Rechtshandlung zahlungsunfähig war (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Sofern das Pfandrecht dagegen vorher entstanden und auch aus sonstigen Gründen nicht anfechtbar ist, kann die anschließende Befriedigung durch Zahlung nicht angefochten werden, weil sie die Gläubiger nicht benachteiligt.220 Die Entstehung des Pfandrechts bestimmt sich nach § 140 InsO. Gemäß § 140 Abs. 1 InsO kommt es auf den Zeitpunkt an, in dem die rechtlichen Wirkungen der Handlung eintreten. Diese Bestimmung bringt den Rechtsgedanken zum Ausdruck, dass der Zeitpunkt entscheiden soll, in dem durch die Handlung eine Rechtsposition begründet wurde, die bei der Eröffnung des Insolvenzver-

D 110

215 216 217 218

Vgl. BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 9/03, MDR 2004, 649 = ZIP 2004, 324 (325). BGH v. 18.2.1993 – IX ZR 129/92, MDR 1993, 437 = ZIP 1993, 521 f. BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, MDR 1993, 528 = ZIP 1993, 276 ff. Vgl. BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 (273 f.). 219 HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 18. 220 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 (353) = MDR 2004, 775; v. 21.3.2000 – IX ZR 138/99, MDR 2000, 783 = ZIP 2000, 898; v. 11.7.1991 – IX ZR 20/90, MDR 1991, 962 = ZIP 1991, 1014 (1017). Schäfer

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D Rz. 110

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

fahrens ohne die Anfechtung beachtet werden müsste.221 Eine Forderungspfändung ist grundsätzlich in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem der Pfändungsbeschluss dem Drittschuldner zugestellt wird, weil damit ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (vgl. §§ 829 Abs. 3 ZPO, 309 Abs. 2 Satz 1 AO). Soweit sich die Pfändung jedoch auf eine künftige Forderung bezieht, wird ein Pfandrecht erst mit deren Entstehung „begründet“, so dass auch anfechtungsrechtlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist.222

D 111 Eine Übersicherung allein begründet hingegen noch keine inkongruente Sicherung, solange die zugrunde liegende schuldrechtliche Verpflichtung nicht mit Erfolg angefochten wurde.223

D 112 Ein Frachtführerpfandrecht begründet auch hinsichtlich sogenannter „inkonnexer“ Forderungen aus früheren Frachtaufträgen eine kongruente Sicherung. Dies gilt selbst dann, wenn der Frachtführer den neuen Transportauftrag auch wegen der ihm bewussten Gefahr übernommen hat, der Absender könnte zahlungsunfähig werden, für diesen Fall ein zusätzliches Sicherungsmittel für seine Altforderungen erwerben wollte und den Weitertransport von einer Regelung über die Begleichung der Altforderungen abhängig gemacht hat.224 bb) Nicht „in der Art“ zu beanspruchende Sicherung

D 113 Eine nicht „in der Art“ zu beanspruchende Sicherung liegt in Abgrenzung zu einer nicht zu beanspruchenden Sicherung nur vor, wenn die dem Gläubiger gewährte Sicherheit von der nach der ursprünglichen Vereinbarung hinreichend bestimmt geschuldeten Sicherheit abweicht. Wegen des Sachzusammenhangs mit den (von vornherein) nicht zu beanspruchenden Sicherungen sind die in Betracht kommenden Fallgestaltungen im vorigen Abschnitt abgehandelt. Gewährt der Schuldner dem Gläubiger eine in diesem Sinne „andere“ Sicherheit in den kritischen Zeiträumen des § 131 Abs. 1 InsO, ist diese Deckung in der Regel inkongruent, und zwar unabhängig davon, welchen Wert die ersatzweise gestellte Sicherheit für den Gläubiger oder für den Schuldner hat.225

D 114 Geringfügige Abweichungen sind allerdings auch in diesem Zusammenhang unerheblich, sofern sie unverdächtig sind. So ist in der Regel die Bestellung einer Grundschuld statt einer Hypothek für die Gläubiger nicht 221 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353; vgl. dazu noch Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 222 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353; BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = WM 2003, 896 (897); v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZIP 1998, 793 (798); v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 (2082). 223 BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 407/98, MDR 2001, 956 = ZIP 2001, 893 (897). 224 BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 ff. 225 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 38.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 117 D

nachteiliger. Entsprechendes gilt für den Fall, dass der Schuldner statt einer Verpfändung eine Sicherungsabtretung vornimmt oder dem Gläubiger eine Sache zur Sicherheit übereignet, denn auch diese Rechte begründen in der Insolvenz des Sicherungsgebers nur ein Absonderungsrecht. Die Verpfändung oder Sicherungsabtretung eines Teils des Versteigerungserlöses kann einen kongruenten Ersatz für die Bestellung eines Grundpfandrechts darstellen.226 Streitig ist, ob eine von der ursprünglich vereinbarten Sicherungsabtretung von Forderungen abweichende Sicherungsabtretung anderer Forderungen stets als inkongruent anzusehen ist.227 cc) Nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchende Sicherung Eine Sicherung ist nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchen, wenn sie noch nicht verlangt werden kann, etwa weil der Anspruch auf ihre Bestellung noch nicht fällig oder aufschiebend bedingt oder befristet ist.228 Insoweit gelten die Grundsätze zu einer nicht „zu der Zeit“ zu beanspruchenden Befriedigung entsprechend.229 Insbesondere die Kontosperre einer Bank ist inkongruent, wenn ihr Pfandrecht nur künftige Ansprüche sichert.230 Fehlt es zunächst an einem hinreichend bestimmten Anspruch auf Sicherung und wird dieser erst nachträglich konkretisiert, besteht die Inkongruenz der Sicherung nicht darin, dass sie nicht „zu der Zeit“, sondern dass sie „überhaupt nicht“ zu beanspruchen war.231

D 115

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob der Inhaber einer Sicherheit diese erst dann beanspruchen kann, wenn ihr auch eine zu sichernde Forderung zugrundeliegt, ob also etwa eine bereits bestellte Grundschuld eine „nicht zu der Zeit“ zu beanspruchende Sicherung darstellt, wenn die zu sichernde Schuld fehlt.232 Im Urteil vom 19.3.1998233 ist der BGH davon ausgegangen, dass das unanfechtbar entstandene Pfandrecht auch noch durch Forderungen aus dem kritischen Zeitraum habe unterlegt werden können.

D 116

In seinem Urteil vom 14.12.2006234 weist der BGH darauf hin, dass nach der bisherigen Rechtsprechung bei rechtsgeschäftlichen Pfandrechten an bereits bestehenden Sachen und Rechten anfechtungsrechtlich der Zeit-

D 117

226 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 37. 227 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 115; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 37. 228 Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 48. 229 Vgl. dazu oben Rz. D86 ff. 230 Vgl. dazu oben Rz. D106. 231 Zutr. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 116. 232 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 43; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 117. 233 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342. 234 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. Schäfer

297

D Rz. 117

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

punkt ihrer Bestellung maßgebend sei, auch soweit sie der Sicherung künftiger Forderungen dienten. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, auf die er in jüngerer Zeit verstärkt abgestellt habe, bewirke die Begründung eines Pfandrechts an Vermögensgegenständen des Schuldners zur Sicherung künftiger Forderungen erst im Entstehungszeitpunkt der gesicherten Forderung die Schmälerung des Schuldnervermögens und somit die Gläubigerbenachteiligung. Ebenso wie eine noch nicht fällige Werklohnforderung des Schuldners einen Vermögenswert erst nach der Ausführung der geschuldeten Werkleistung darstelle,235 werde auch ein Pfandrecht zur Sicherung einer künftigen Forderung erst mit deren Entstehung für den Gläubiger werthaltig.

D 118 Ob an der früheren Rechtsprechung noch festzuhalten oder ob bei rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Pfandrechten allgemein auf den Zeitpunkt der Entstehung der gesicherten Forderung abzustellen sei, könne in dem zu entscheidenden Fall offen bleiben. Für das Vermieterpfandrecht ergebe sich jedenfalls aus dem Rechtsgedanken des § 140 Abs. 3 InsO, dass anfechtungsrechtlich auf den Zeitpunkt der Pfandrechtsentstehung abzustellen sei. Nach dieser Bestimmung bleibe bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder der Befristung außer Betracht. Maßgebend sei dann der Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände. Bei Mietzinsforderungen, die als aufschiebend befristete Ansprüche unter diese Bestimmung fielen, sei dies der Abschluss des Mietvertrages.236

2. Sonstige Tatbestandsvoraussetzungen

D 119 § 131 Abs. 1 InsO stimmt hinsichtlich der sonstigen tatbestandlichen Voraussetzungen im Wesentlichen mit § 130 InsO überein, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Zu den Anfechtungszeiträumen der einzelnen Tatbestandsalternativen des § 131 Abs. 1 InsO wurde das Wesentliche bereits oben unter I. unter Einbeziehung der Gesetzesmotive ausgeführt. Zu § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist nochmals anzumerken, dass zwar in der Gesetzesbegründung der Hinweis enthalten ist, es handle sich dabei um einen Sonderfall der Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung im Sinne des § 144 des Gesetzentwurfs (vgl. jetzt § 133 InsO);237 insoweit ist jedoch zu beachten, dass in § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO kein Fall der Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung geregelt ist. Neben der Kenntnis des Insolvenzgläubigers von der Benachteiligung der übrigen Gläubiger ist daher kein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners erforderlich.238 235 Vgl. dazu BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. 236 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 18. 237 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 238 Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 831 Rz. 40.

298

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 123 D

3. Darlegungs- und Beweislast; § 131 Abs. 2 InsO a) Allgemeine Grundsätze Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher tatbestandlicher Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 InsO obliegt nach allgemeinen Grundsätzen dem Insolvenzverwalter.239

D 120

Im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO hat der Insolvenzverwalter darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag oder danach eine inkongruente Deckungshandlung vorgenommen wurde. Dabei können ihm Darlegungserleichterungen zugute kommen, sofern er zur Frage der Inkongruenz nichts aus eigener Kenntnis vortragen kann. Ist dies der Fall, so obliegt es zunächst dem Anfechtungsgegner, im Rahmen der sogenannten „sekundären Darlegungslast“ einen Anspruch auf Sicherung oder Befriedigung vorzutragen. Es ist sodann Sache des Insolvenzverwalters, den behaupteten Anspruch zu widerlegen.240 Ist eine Leistung nach dem ursprünglichen Schuldverhältnis inkongruent, obliegt dem Anfechtungsgegner die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer behaupteten nachträglichen Änderungsvereinbarung.241

D 121

Im Rahmen des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO muss der Insolvenzverwalter zusätzlich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig war.242

D 122

Nach § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO obliegt dem Insolvenzverwalter auch die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Benachteiligung der Gläubiger.243 Dabei kommt ihm jedoch die Beweiserleichterung in § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO zugute, wonach es genügt, wenn er Umstände darlegt und beweist, die zwingend auf die Benachteiligung der Gläubiger schließen ließen. Die Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung kann allerdings nicht schon aufgrund der Inkongruenz der Deckungshandlung bejaht werden. Da die Inkongruenz bereits tatbestandsmäßige Voraussetzung der Bestimmung ist, kann sie nicht zugleich als selbständige, zusätzliche Beweislastregel innerhalb dieser Norm dienen. Dies zeigt auch der Umkehrschluss aus § 131 Abs. 2 Satz 2 InsO.244 Dennoch kann es ein Beweisanzeichen dafür begründen, dass der Gläubiger Kenntnis von der Benachteiligung der übrigen Gläubiger hatte,

D 123

239 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 25; MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 57. 240 Vgl. Jaeger/Henckel, § 131 Rz. 78. 241 Vgl. BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (330) = MDR 1994, 158. 242 Vgl. dazu oben Rz. C77 ff. 243 MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 62. 244 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 (250) = MDR 2004, 650. Schäfer

299

D Rz. 123

§ 131 InsO – Inkongruente Deckung

wenn er sich im Bewusstsein einer kritischen wirtschaftlichen Situation des Schuldners eine inkongruente Deckung gewähren ließ.245

D 124 Die Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung ist – als innere Tatsache – praktisch nur anhand objektiver Tatsachen nachzuweisen. Je mehr Einblick der Gläubiger daher in die finanziellen Verhältnisse des Schuldners hat, desto eher wird sich diese Kenntnis nachweisen lassen.246 Eine weitere Beweiserleichterung folgt insoweit aus der ständigen Rechtsprechung des BGH, wonach eine inkongruente Deckung in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die entsprechende Kenntnis des Gläubigers bildet.247 Voraussetzung ist allerdings, dass die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln.248 Ist das Ausmaß der Inkongruenz indes gering, so verliert sie in der Regel als Beweisanzeichen für die Gläubigerbenachteiligung an Bedeutung.249 b) Beweiserleichterungen nach § 131 Abs. 2 InsO

D 125 Um dem Insolvenzverwalter bei dem schwierigen Nachweis der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Benachteiligung der übrigen Insolvenzgläubiger im Sinne des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegenzukommen, sieht § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO eine Beweiserleichterung vor. Danach steht für die Anwendung des § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO der Kenntnis der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Benachteiligung schließen lassen. Es genügt insoweit der Nachweis der Kenntnis von Tatsachen, aus denen sich bei zutreffender rechtlicher Beurteilung zweifelsfrei ergibt, dass der Schuldner infolge seiner Liquiditäts- und Vermögenslage in absehbarer Zeit seine Zahlungspflichten nicht mehr in vollem Umfang erfüllen kann und dass dann Insolvenzgläubiger wenigstens teilweise leer ausgehen.250 Die Kenntnis solcher Umstände ist zu bejahen, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen konnte, der

245 Vgl. BGH v. 3.12.1998 – IX ZR 313/97, ZIP 1999, 76 (77); v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, NJW 2004, 1385 (1387) = BGHZ 157, 242 ff. 246 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 131 Rz. 158. 247 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 (250 ff.); v. 18.6.2009 – IX ZR 7/07, ZIP 2009, 1434 f. Rz. 5; v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 21. 248 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 (250 ff.); v. 21.1.1999 – IX ZR 329/97, MDR 1999, 503 = ZIP 1999, 406 (407). 249 BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853 (855). 250 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 (250 ff.) = MDR 2004, 650 (250).

300

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 126 D

Schuldner werde in absehbarer Zeit nicht in der Lage sein, seine sämtlichen Gläubiger zu befriedigen.251 § 131 Abs. 2 Satz 2 InsO kehrt die Darlegungs- und Beweislast um, wenn sich die Anfechtung gegen eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO richtet. Nach dieser Bestimmung wird gegenüber einer nahstehenden Person vermutet, dass sie die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kannte. Da auch gegenüber einer nahestehenden Person § 131 Abs. 2 Satz 1 InsO anwendbar ist, obliegt ihr auch der – praktisch schwer zu führende – Beweis, sie habe keine Umstände gekannt, die zwingend auf die Benachteiligung der Gläubiger schließen ließen.252

251 HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 24. 252 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 27. Schäfer

301

D 126

E. § 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen § 132 Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (1) Anfechtbar ist ein Rechtsgeschäft des Schuldners, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, 1. wenn es in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit des Rechtsgeschäfts der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte oder 2. wenn es nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der andere Teil zur Zeit des Rechtsgeschäfts die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte. (2) Einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, steht eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die der Schuldner ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. (3) § 130 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

13

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte – § 132 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsgeschäft . . . . . . . . . . b) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . aa) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch gegenseitige Verträge . . . . . . . . . . . . . bb) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch sonstige, insbesondere einseitige Rechtsgeschäfte . . . . . .

20

302

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Rz.

2.

3.

20 24 32 4. 5. 37

47

c) Teilanfechtung . . . . . . . . . . . . . . Gleichgestellte Rechtshandlungen gemäß § 132 Abs. 2 InsO . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtshandlung . . . . . . . . . . . . . Sonstige Anfechtungsvoraussetzungen; Verweis in § 132 Abs. 3 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Weitere objektive Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen. . . . . . . . . . . . . Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . Darlegungs- und Beweislast . . . . .

49 50 50 53 56 56 57 58 59

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 4 E

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes Nach § 132 Abs. 1 InsO sind Rechtsgeschäfte anfechtbar, die in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, wenn der Schuldner bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts zahlungsunfähig war und wenn der andere Teil zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte (Nr. 1), bzw. Rechtsgeschäfte, die nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen wurden, sofern der andere Teil bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag kannte (Nr. 2). Dabei ist zu beachten, dass nach § 132 Abs. 3 InsO die Regelungen in § 130 Abs. 2 und 3 InsO entsprechend gelten. Auch hier reicht daher die Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen.

E1

§ 132 Abs. 1 InsO erfasst in Anlehnung an § 30 Nr. 1 Fall 1 KO Rechtsgeschäfte des Schuldners, durch deren Vornahme die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Da im Unterschied zur Vorgängerregelung nicht mehr von einem „eingegangenen“, sondern von einem „vorgenommenen“ Rechtsgeschäft die Rede ist, werden nunmehr auch einseitige Rechtsgeschäfte wie die Kündigung erfasst.1

E2

Im Gegensatz zu den §§ 130, 131 InsO ist § 132 Abs. 1 InsO nur im Falle einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung anwendbar. Nach der Gesetzesbegründung genügt es für § 132 Abs. 1 InsO nicht, dass zwischen der Vornahme des Rechtsgeschäfts und der Gläubigerbenachteiligung irgendein ursächlicher Zusammenhang besteht; die Benachteiligung muss vielmehr unmittelbar durch die Vornahme des Rechtsgeschäfts eingetreten sein.2 Dies dient der erforderlichen Begrenzung des Tatbestandes und soll es dem Schuldner ermöglichen, auch in der Krise über den engen Bereich des Bargeschäfts im Sinne des § 142 InsO hinaus am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilzunehmen. Es ist daher anfechtungsrechtlich unschädlich, wenn eine beim Abschluss eines gegenseitigen Vertrages gleichwertige Gegenleistung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr im Schuldnervermögen vorhanden ist oder an Wert verloren hat.3

E3

§ 132 InsO dient ebenso wie die §§ 130 und 131 InsO der Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger.4 Der das Insolvenzverfahren bestimmende Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung („par condicio creditorum“) wird auf einen Zeitpunkt vor der formellen Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorverlegt. Derjenige Gläubiger, der in diesem Stadium zu Lasten der übrigen Gläubiger begünstigt wird, soll das Erlangte nicht behalten dürfen.

E4

1 2 3 4

Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 10. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 1. Schäfer

303

E Rz. 5

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

E 5 Nicht zu den Rechtsgeschäften im Sinne des § 132 InsO gehören nach der Gesetzesbegründung Rechtshandlungen, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen; für sie gelten die besonderen Vorschriften der §§ 130, 131 InsO.5 Damit ist klargestellt, dass die §§ 130, 131 InsO als lex specialis § 132 InsO vorgehen, soweit einem Insolvenzgläubiger eine Deckung gewährt oder ermöglicht wurde.6

E 6 Die §§ 130, 131 InsO erfassen indes nur Rechtshandlungen, die gegenüber einem Insolvenzgläubiger vorgenommen wurden.7 Umstritten ist daher die Frage, ob § 132 InsO anwendbar ist, wenn der Empfänger einer Verfügung kein Insolvenzgläubiger ist und die §§ 130, 131 InsO somit nicht anwendbar sind.8 Von praktischer Bedeutung ist dies im Fall der Zahlung auf fremde Schuld. Eine unmittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger kommt insoweit in Betracht, wenn der Zahlende zugleich eine gegen ihn gerichtete, nicht vollwertige Forderung des Schuldners des Zahlungsempfängers tilgt oder gegen den Letzteren einen nicht vollwertigen Rückgriffsanspruch erwirbt, ansonsten fehlt es in der Regel an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung.

E 7 Im Kern geht es insoweit um die Frage, ob es in diesen Fällen gerechtfertigt ist, den Zahlungsempfänger dem der besonderen Insolvenzanfechtung zugrundeliegenden Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zu unterwerfen, obwohl er kein Insolvenzgläubiger ist.9 Dies dürfte zu verneinen sein. Der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zwingt jene, die mit dem Schuldner durch ein Rechtsverhältnis verbunden sind, in eine „Schicksalsgemeinschaft“.10 An einem solchen Rechtsverhältnis fehlt es aber bei der Zahlung auf fremde Schuld im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zahlungsempfänger. Es ist daher nicht gerechtfertigt, den Zahlungsempfänger, der in keiner Rechtsbeziehung zum Schuldner gestanden hat, dem insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu unterwerfen.11 Der Zahlungsempfänger wäre einem doppelten Anfechtungsrisiko (in der Insolvenz des Zahlenden und in jener seines Schuldners) ausgesetzt, nur weil er die ihm gebührende Leis-

5 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 6 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 288 ff. = MDR 1999, 1463; MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5; HambKomm-InsO/Rogge, § 132 Rz. 1; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.67. 7 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 (316) = MDR 2008, 341. 8 Bejahend MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5; mit Einschränkung auch Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 4 – a.A. Henckel, ZIP 2004, 1671, 1673; Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95 – offen lassend für die Tilgung fremder Schuld BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, MDR 1980, 930 = NJW 1980, 1961 (1962). 9 Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95. 10 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 2.26. 11 Zutr. Henckel, ZIP 2004, 1671, 1673.

304

Schäfer

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 11 E

tung nicht von seinem Schuldner, sondern von einem Dritten erhalten hat.12 Der BGH hat diese Frage im Urteil vom 5.2.200413 offen gelassen. Sie wäre nach seiner Auffassung – sofern überhaupt das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts im Sinne des § 30 Nr. 1 Fall 1 KO anzunehmen wäre – wie bei § 30 Nr. 2 KO aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu entscheiden.

E8

Entrichtet der Schuldner als Arbeitgeber Beiträge für freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherte Arbeitnehmer, sind diese Zahlungen im sogenannten „Dreipersonenverhältnis“ nicht nach § 132 InsO anfechtbar. Da Beitragsschuldner nur der freiwillig Versicherte ist, sind die Sozialversicherungsträger hinsichtlich ihrer Ansprüche zwar keine Insolvenzgläubiger; der Schuldner erfüllt aber nur vereinbarungsgemäß seine Verpflichtungen gegenüber den Arbeitnehmern, so dass allenfalls eine Deckungsanfechtung gegenüber den Arbeitnehmern in Betracht käme.14

E9

Nach § 132 Abs. 2 InsO steht einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die dieser ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. § 132 Abs. 2 InsO stellt einen Auffangtatbestand für bestimmte Rechtshandlungen dar, die für die Gläubiger nachteilig sind, ohne dass sie von der Deckungsanfechtung oder der Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtsgeschäfte gemäß § 132 Abs. 1 InsO erfasst werden.

E 10

Mit § 132 Abs. 2 InsO soll erreicht werden, dass solche Rechtshandlungen nicht nur wegen vorsätzlicher Benachteiligung unter den strengen Voraussetzungen des § 133 InsO anfechtbar sind, soweit nicht eine erleichterte (objektivierte) Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht kommt. Damit soll die Bestimmung vor allem Regelungslücken schließen, die nach früherem Konkursrecht bei der Anfechtung von Unterlassungen bestanden.15 Als Beispiele nennt die Gesetzesbegründung die Fälle, dass der Schuldner einen Protest nach Wechselrecht oder die Unterbrechung der Ersitzung unterlässt bzw. davon absieht, Rechtsbehelfe einzulegen, die Irrtumsanfechtung zu erklären oder die Einrede der Verjährung zu erheben.16

E 11

12 Vgl. Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 95. 13 BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 (919). 14 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 8 – a.A. OLG Hamburg v. 19.10.2007 – 1 U 136/06, ZIP 2008, 88 (90). 15 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 16 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. Schäfer

305

E Rz. 12

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

E 12 Zu beachten ist, dass das nach der Gesetzesbegründung von § 132 Abs. 2 InsO miterfasste Unterlassen des Schuldners ein bewusstes Unterlassen sein muss, das unmittelbar zu einem Rechtsverlust geführt hat. Es reicht daher nicht, dass der Vermieter aufgrund eines Zahlungsverzuges des Schuldners den Mietvertrag fristlos gekündigt hat. Die Folgen einer solchen Kündigung können nicht durch Anfechtung beseitigt werden.17 Das bloße Unterlassen der Stellung eines Insolvenzantrages genügt ebenfalls nicht.18

II. Allgemeines E 13 § 132 InsO erfasst im Gegensatz zur Deckungsanfechtung in seinem Absatz 1 nur Rechtsgeschäfte des Schuldners und in Absatz 2 nur bestimmte, den Rechtsgeschäften gleichgestellte Rechtshandlungen des Schuldners oder eines für ihn handelnden Vertreters.19 Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO unterfallen nicht § 132 InsO.20 Eine unter dem Gesichtspunkt der Gläubigerbefriedigung gleichwertige Gegenleistung schließt die Anfechtung des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts nach § 132 InsO aus, wobei – anders als nach § 142 InsO – ein enger zeitlicher Zusammenhang des Leistungsaustauschs im Rahmen des § 132 InsO nicht gefordert wird.21 Rechtshandlungen, die einem Gläubiger durch Verfügung eine Befriedigung oder Sicherung verschaffen, werden nur von den §§ 130, 131 InsO erfasst. Wird allerdings eine im Anfechtungszeitraum des § 132 InsO begründete oder verstärkte Verbindlichkeit später, jedoch noch vor der Insolvenzeröffnung, erfüllt, liegen zwei getrennte Rechtshandlungen vor, die jeweils selbständig – die schuldrechtliche Verbindlichkeit nach § 132 InsO, die Deckungshandlung nach § 130 InsO oder § 131 InsO – anfechtbar sein können.22

E 14 Nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO erfordert auch § 132 InsO eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger. Dabei ist § 132 Abs. 1 InsO nach seinem ausdrücklichen Wortlaut nur bei einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung erfüllt. Dies setzt voraus, dass die unmittelbare Benachteiligung der Gläubiger bereits durch die Vornahme des Rechtsgeschäfts und nicht erst durch das Hinzutreten weiterer Umstände verursacht wurde.23 Es muss somit gerade zwischen dem

17 18 19 20

MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 22. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 11. Vgl. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 834 Rz. 47; HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 6. 21 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 9. 22 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 5. 23 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 16.

306

Schäfer

II. Allgemeines

Rz. 18 E

Rechtsgeschäft und der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung ein Kausalzusammenhang bestehen.24 Nach herrschender Auffassung genügt dagegen für § 132 Abs. 2 InsO trotz der anderslautenden Gesetzesüberschrift eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung.25 In der Begründung zum Regierungsentwurf wird dazu nur ausgeführt, das Erfordernis der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung werde in den Fällen des Absatzes 2 unterstellt.26 In der Kommissionsbegründung zu LS 5.2.5 Abs. 3, der § 132 Abs. 2 InsO entspricht, wurde indes ausdrücklich betont, das Erfordernis der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung gelte nicht, weil „diese in der Regel nicht unmittelbar aufgrund der Unterlassung, sondern erst durch später hinzutretende Umstände eintritt“.27

E 15

Da § 132 Abs. 1 InsO eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch das Rechtsgeschäft selbst voraussetzt, genügt es im Grundsatz nicht, dass ein Vertrag mit einem Sanierungsberater dem Schuldner im Endeffekt keinen Nutzen gebracht hat.28 § 132 Abs. 1 InsO kann allerdings dann anwendbar sein, wenn die Sanierungsbemühungen bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbar aussichtslos waren und deshalb die Leistungen des Sanierungsberaters keine gleichwertige Gegenleistung darstellten.29

E 16

Ist der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Rechtsgeschäft und der unmittelbaren Benachteiligung der Gläubiger gegeben, so ist nach herrschender Auffassung das ganze Rechtsgeschäft nach § 132 Abs. 1 InsO anfechtbar und die Anfechtungswirkung nicht etwa auf den Wertunterschied zwischen Leistung und Gegenleistung beschränkt; eine Saldierung findet nicht statt.30 Der Anfechtungsgegner hat die empfangene Leistung insgesamt herauszugeben und kann seine Gegenleistung nur nach Maßgabe des § 144 InsO geltend machen.

E 17

Der BGH hat den Grundsatz der Unteilbarkeit der Anfechtungswirkung jedoch nicht strikt durchgehalten. In einem Urteil vom 11.6.198031 ist er von der Teilbarkeit eines unangemessen hohen Sanierungshonorars ausgegangen. In einem weiteren Urteil vom 15.12.1994 führt er noch allge-

E 18

24 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 13. 25 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 37; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 14; Graf-Schlicker/ Huber, § 132 Rz. 11 – a.A. Braun/de Bra, § 132 Rz. 20; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.72. 26 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 27 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 9. 28 Graf/Wunsch in Runkel, Insolvenzrecht, § 10 Rz. 155. 29 Vgl. BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 (253, 255) = MDR 1980, 843. 30 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 13; MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 29 – a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.71. 31 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 ff. = MDR 1980, 843. Schäfer

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E Rz. 18

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

meiner aus, dass in dem Umfang, in welchem dem Beklagten ein angemessenes Honorar gewährt worden sei, die Konkursgläubiger nicht benachteiligt worden seien; dass ein Pauschalhonorar vereinbart und gezahlt worden sei, erschwere zwar die tatrichterliche Überprüfung dieser Frage, habe ansonsten jedoch keine rechtliche Bedeutung.32 Dies wird im Schrifttum zu Recht kritisiert.33 Lehnt man eine Teilbarkeit im sonstigen Anwendungsbereich der besonderen Insolvenzanfechtung ab, so kann man sie konsequenterweise auch nicht im Rahmen des § 132 InsO zulassen. Eine Beschränkung auf die Leistungsdifferenz ist auch nicht geboten, weil die erforderliche Kenntnis der wirtschaftlichen Krise des Schuldners hinreichend vor unausgewogenen Rechtsgeschäften mit diesem warnt.34 Ein angemessener Ausgleich wird vielmehr über § 144 Abs. 2 InsO durchgeführt. Die Fortführung des schuldnerischen Geschäftsbetriebs in der Krise wird im Übrigen über die Rechtsfigur des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO ermöglicht.

E 19 Eine Ausnahme von der Unteilbarkeit ist nur dann anzunehmen, wenn die Gläubiger durch eine vertragliche Regelung benachteiligt werden, die sich von dem übrigen Vertragswerk abtrennen lässt.35

III. Einzelheiten 1. Unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte – § 132 Abs. 1 InsO

E 20 Gemäß § 132 Abs. 1 InsO muss das Rechtsgeschäft als solches die künftigen Insolvenzgläubiger (unmittelbar) benachteiligen. An der von § 132 Abs. 1 InsO vorausgesetzten unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlt es nicht nur dann, wenn die Gegenleistung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch mit ihrem vollen Wert in der Insolvenzmasse vorhanden ist, sondern auch dann, wenn die ursprünglich gleichwertige Gegenleistung zur Zeit der Verfahrenseröffnung nicht mehr vorhanden ist oder an Wert verloren hat.36 § 132 Abs. 1 InsO richtet sich vor allem gegen die Eingehung von Verbindlichkeiten durch den in der Krise befindlichen Schuldner, für die ihm kein ausgleichender Gegenwert zufließen soll (sogenannte „Verschleuderungsgeschäfte“).37 Bedeutsam ist dies etwa in den Fällen, in denen der Schuldner im Zustand der materiellen 32 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = NJW 1995, 1093 (1094). 33 Vgl. Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 23; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 248; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 14. 34 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 29 – a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.71. 35 BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Breitbandverteilanlage“, BGHZ 124, 76 ff. = MDR 1994, 468; v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06 – „Heimfallanspruch“, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1120 ff.; vgl. dazu noch MK-InsO/Kirchhof, § 143 Rz. 18. 36 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 10. 37 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 1.

308

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 23 E

Insolvenz Vermögensgegenstände unter Wert veräußert, um möglichst rasch zu Geld zu kommen. Praktische Bedeutung kommt § 132 Abs. 1 InsO ferner bei Rechtsgeschäften des Schuldners oder des vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) mit Gläubigern zu, mit denen im Rahmen eines Austauschgeschäftes die Verpflichtung zur Begleichung von Altverbindlichkeiten gegenüber dem Gläubiger übernommen wird, die ansonsten nur als Insolvenzforderungen zu bedienen gewesen wären. Solche Rechtsgeschäfte können im Grundsatz selbst bei Personenidentität zwischen vorläufigem und endgültigem Insolvenzverwalter angefochten werden, sofern nicht beim Anfechtungsgegner ein schutzwürdiges Vertrauen hinsichtlich der Beständigkeit seines Erwerbs begründet wurde.38

E 21

Bei nicht erfüllten Verträgen und allgemein bei der Begründung von Ansprüchen durch ein Rechtsgeschäft des Schuldners dient die Anfechtung in erster Linie dazu, durch einen darauf gestützten Widerspruch des Insolvenzverwalters eine Feststellung der aus dem Rechtsgeschäft resultierenden Gläubigerforderungen zur Tabelle (vgl. § 178 Abs. 1 InsO) zu verhindern.39 Im Falle eines gegenseitigen, zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch von keiner Seite vollständig erfüllten Vertrages, kann der Insolvenzverwalter auch gemäß § 103 InsO die Erfüllung ablehnen.40 Jedoch wird dadurch die Anfechtung nicht stets überflüssig. Denn etwaigen Schadensersatzansprüchen des Vertragspartners des Schuldners muss der Insolvenzverwalter mit dem Einwand der Anfechtbarkeit begegnen.41 Hat der Insolvenzverwalter bereits die Erfüllung gewählt, kann er den Vertrag allerdings nicht mehr anfechten, da dies einem unzulässigen Widerruf der Erfüllungswahl gleichkäme.42

E 22

Eine Anfechtung nach § 132 InsO dürfte dagegen auch dann möglich sein, wenn der Schuldner den gegenseitigen Vertrag bereits voll erfüllt hat. Die Erfüllung des Vertrages unterliegt zwar der Deckungsanfechtung, doch kommt daneben auch die Anfechtung des schuldrechtlichen Vertrages mit der Folge in Betracht, dass die gewährte Deckung als inkongruent anzusehen ist.43

E 23

38 Vgl. BGH v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff.; v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. 39 HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 6; Gehrlein, WM 2009, Sonderbeilage 1, S. 38. 40 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 47 Rz. 69. 41 Vgl. Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 18. 42 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 12. 43 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 20 – a.A. Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 4. Schäfer

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E Rz. 24

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

a) Rechtsgeschäft

E 24 § 132 InsO meint Rechtgeschäfte im Sinne des Zivilrechts und setzt somit

im Grundsatz mindestens eine Willenserklärung, etwa eine Kündigung,44 voraus, die – gegebenenfalls im Zusammenwirken mit weiteren Umständen – auf die Herbeiführung einer Rechtsfolge gerichtet ist.45 Die Bestimmung erfasst somit zum einen schuldrechtliche Verträge jeglicher Art, wie etwa die Hingabe oder Aufnahme von Darlehen zu ungünstigen Bedingungen, die Einräumung langfristiger Rechte, etwa durch Miet- oder Pachtvertrag, die Übernahme von Bürgschaften, den Abschluss von Tausch- und Schenkungsverträgen und von Verträgen zugunsten Dritter.46 § 132 Abs. 1 InsO unterfallen ferner Vertragsänderungen, Vergleiche, die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, güterrechtliche Auseinandersetzungsverträge und Betriebsvereinbarungen gemäß § 88 BetrVG.47

E 25 Für Sozialpläne enthält § 124 InsO eine Sonderregelung. Danach kann ein Sozialplan, der nicht früher als drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages aufgestellt wurde, widerrufen werden. Eine Anfechtung erübrigt sich somit, wenn die Arbeitnehmer noch keine Leistungen erhalten haben. Zahlungen auf Sozialpläne können gemäß §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein; dass nach § 124 Abs. 3 Satz 1 InsO Leistungen, die ein Arbeitnehmer vor der Eröffnung des Verfahrens auf seine Forderung aus dem widerrufenen Sozialplan erhalten hat, nicht wegen des Widerrufs zurückgefordert werden können, steht der Anfehtbarkeit nicht entgegen.48

E 26 Verfügungsgeschäfte werden von § 132 Abs. 1 InsO ebenfalls erfasst, sofern sie nicht einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewähren und deshalb der vorrangigen Deckungsanfechtung unterliegen. In Betracht kommen insbesondere Abtretungen, die Bestellung überhöhter Sicherheiten gegen gleichzeitige Kreditgewährung und Erlassverträge gemäß § 397 Abs. 1 BGB.49

E 27 Auch Erfüllungshandlungen unterfallen im Grundsatz § 132 InsO, wobei letztlich offen bleiben kann, ob Absatz 1 oder Absatz 2 der Bestimmung einschlägig ist. Im Schrifttum50 wird etwa die Zahlung des Schuldners zum Zwecke der Ablösung eines Pfandes (vgl. § 1223 Abs. 2 BGB) erwähnt. Erfolge die Zahlung nicht auch auf die gesicherte Forderung, fehle es an der für die Anfechtung nach den §§ 130, 131 InsO erforderlichen Befriedigung eines Insolvenzgläubigers. Allerdings werde durch eine solche Zahlung das Absonderungsrecht des Pfandgläubigers beseitigt, so dass es 44 45 46 47 48

Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 19. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 2. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 7. Vgl. dazu Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 155; HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 18. 49 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 8. 50 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 3.

310

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 29 E

in der Regel am Erfordernis der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehle; die Kostenbeiträge nach den §§ 170 Abs. 1, 171 Abs. 1 InsO dienten nicht der Masseanreicherung, weshalb ihr Entfallen keine Masseschmälerung bewirke.51 Es bleibt indes die Frage, ob es gerechtfertigt ist, den Zahlungsempfänger, der kein Insolvenzgläubiger ist, dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung zu unterwerfen, welcher den Tatbeständen der besonderen Insolvenzanfechtung zugrunde liegt.52 Den Willen zur Einbeziehung einseitiger Rechtsgeschäfte in § 132 Abs. 1 InsO hat der Gesetzgeber durch die Formulierung „vorgenommenes“ statt „eingegangenes“ (so noch § 30 Nr. 1 Fall 1 KO) verdeutlicht.53 Tatbestandlich erfasst ist daher insbesondere die Ausübung von Gestaltungsrechten, etwa die Kündigung eines für den Schuldner günstigen Vertrages ohne ausgleichende Gegenleistung.54 Ein einseitiges Rechtsgeschäft in diesem Sinne stellt ferner das prozessuale Anerkenntnis einer nicht bestehenden Forderung dar.55 Auch die Einverständniserklärung des Schuldners zur Verwertung von Sicherungsgut, welches er dem Gläubiger zur Sicherheit überlassen hat, kann der Anfechtung nach § 132 Abs. 1 InsO unterliegen, wenn die Verwertung unter Wert vorgenommen wurde. Der Anfechtungsgegner muss sich in diesem Fall so behandeln lassen, als wäre die Zustimmung nicht erteilt worden.56 Aufrechnungserklärungen fallen dagegen nicht unter § 132 Abs. 1 InsO, da die Aufrechnungserklärung selbst für die Anfechtung ohne Bedeutung ist und § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO für die insoweit maßgebliche Herstellung der Aufrechnungslage eine Sonderregelung enthält.57

E 28

Auch im Rahmen des § 132 InsO ist zu beachten, dass Rechtshandlungen des unter Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bestellten „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) als Rechtshandlungen des Schuldners anzusehen sind.58 Damit ist es etwa möglich, die Genehmigung eines Lastschrifteinzuges anzufechten, die im Eröffnungsverfahren (ausdrücklich oder konkludent) erteilt wurde, sofern beim Empfänger kein schutzwürdiges Vertrauen geschaffen wurde, den empfangenen Betrag behalten zu dürfen.59

E 29

51 Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 3. 52 Vgl. dazu Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 7 Rz. 95. 53 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 54 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 55 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 9. 56 Vgl. BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, ZIP 1997, 367 ff. zu einer vertraglichen Abrede. 57 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 9. 58 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 (194). 59 Vgl. BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 (194); v. 9.12.2004 – IX ZR 108/04, BGHZ 161, 315 ff. = MDR 2005, 712. Schäfer

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E Rz. 30

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

E 30 Soweit ausnahmsweise an das bloße Schweigen rechtsgeschäftliche Fol-

gen geknüpft werden, genügt auch dies für § 132 Abs. 1 InsO.60 Praktisch bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Regelung in Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen über die Genehmigung von Belastungen aus Lastschriften. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH kann jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen, wie etwa aus Dauerschuldverhältnissen, ständigen Geschäftsbeziehungen oder wiederkehrenden Steuervorauszahlungen, eine konkludente Genehmigung anzunehmen sein, wenn der Lastschriftschuldner dem Einzug in Kenntnis der Belastung nicht innerhalb einer angemessenen Prüffrist widerspricht und bereits zuvor einen früheren Einzug genehmigt hatte.61 In einer solchen Situation sind nach der neueren Rechtsprechung des BGH an eine Genehmigung durch schlüssiges Verhalten keine zu hohen Anforderungen zu stellen.62

E 31 Einer entsprechenden Anwendung des § 132 Abs. 1 InsO auf rechtsgeschäftsähnliche Handlungen (bspw. Mahnungen), Realakte und Unterlassungen bedarf es nicht, da diese dem Auffangtatbestand des § 132 Abs. 2 InsO unterfallen.63 b) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung

E 32 Der Eintritt der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung ist im Rahmen des § 132 Abs. 1 InsO ausschließlich mit Bezug auf das Wertverhältnis zwischen den konkret ausgetauschten Leistungen zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind lediglich solche Folgen, die an die anzufechtende Rechtshandlung selbst anknüpfen. Erhält der Schuldner für das, was er aus seinem Vermögen weggibt, unmittelbar eine vollwertige Gegenleistung, liegt keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung vor.64 Entferntere Vorteile sind dagegen in der Regel selbst dann unbeachtlich, wenn sie adäquat kausal verursacht wurden.65

E 33 An einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger fehlt es nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht nur dann, wenn der Schuldner eine vollwertige Gegenleistung erhält. Erhält er etwas, das zwar keine Gegenleistung darstellt, sich aber in anderer Weise als – zumindest gleichwertiger – Vorteil erweist, kommt es darauf an, ob der Vor60 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 19; MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 6 – a.A. Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 13: Fall des § 132 Abs. 2 InsO. 61 Vgl. dazu BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. = MDR 2010, 1199; v. 26.10.2010 – XI ZR 562/07, MDR 2011, 57 = ZIP 2010, 2407 ff. 62 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. Rz. 48 = MDR 2010, 1199; v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. Rz. 20 = MDR 2008, 166. 63 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 9. 64 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02 – „Saudi-Arabien“, BGHZ 154, 190 ff. 65 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZInsO 2007, 1107 ff. Rz. 11.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 37 E

teil unmittelbar mit dem Vermögensopfer zusammenhängt. Dies ist indes nicht schon dann der Fall, wenn das Vermögensopfer gezielt eingesetzt wird, um den Vorteil zu erreichen. Vielmehr muss sich der Vorteil unmittelbar in einer – den anderweitigen Nachteil zumindest ausgleichenden – Mehrung des Schuldnervermögens niederschlagen.66 Ist daher der Betrieb des Schuldners nur mit Zustimmung eines Lieferanten günstig zu verwerten und macht dieser seine Einwilligung davon abhängig, dass der Schuldner noch offen stehende Verbindlichkeiten begleicht, benachteiligt diese Schuldtilgung die anderen Insolvenzgläubiger nicht, wenn der Betrieb ohne die „erkaufte“ Einwilligung weniger wert gewesen wäre als der tatsächlich erzielte Kaufpreis abzüglich der Tilgungsleistung.67

E 34

Ist die ursprünglich vollwertige Gegenleistung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr vorhanden oder in ihrem Wert gemindert, so fehlt es an der nach § 132 Abs. 1 InsO erforderlichen unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Die Insolvenzgläubiger tragen somit die Gefahr des Untergangs und der Verschlechterung der Gegenleistung.68 Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung ist auch dann nicht gegeben, wenn der Insolvenzverwalter die ursprünglich vollwertigen Waren oder Rohstoffe, soweit sie sich noch in der Masse befinden, nicht mehr zum Einkaufspreis verwerten kann.69

E 35

Weicht ein Kreditinstitut eigenmächtig von einem Überweisungsvertrag ab, indem es den zu überweisenden Geldbetrag nicht unmittelbar auf dem vereinbarten Empfängerkonto, sondern zunächst auf einem Konto des späteren Insolvenzschuldners gutschreibt, so beruht die anschließende Umbuchung auf das Empfängerkonto weder auf einer nach § 132 InsO anfechtbaren Rechtshandlung des Schuldners noch führt sie zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gemäß § 129 Abs. 1 InsO.70

E 36

aa) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch gegenseitige Verträge Der hauptsächliche Anwendungsbereich des § 132 Abs. 1 InsO sind gegenseitige Kausalverträge. Wurden diese vor der Insolvenzeröffnung noch nicht erfüllt, dient die Anfechtung nach § 132 Abs. 1 InsO in erster Linie dazu, eine Feststellung der aus dem Vertrag resultierenden Forderung des Gläubigers zur Tabelle zu verhindern.71

66 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 15. 67 BGH v. 24.11.1959 – VIII ZR 220/57, WM 1960, 377 (379); zu Recht kritisch gegenüber dieser Begründung Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 11. 68 Vgl. Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 10. 69 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 13. 70 OLG Karlsruhe v. 19.5.2009 – 17 U 467/08, ZInsO 2009, 1594 ff. 71 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 6. Schäfer

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E 37

E Rz. 38

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

E 38 Bei gegenseitigen Verträgen ist im Grundsatz der objektiv zu ermittelnde Marktpreis entscheidend für die Frage, ob die Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden.72 An einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung fehlt es, wenn der Schuldner nach dem Eintritt der Krise Waren oder Rohstoffe zu angemessenen Preisen kauft und sogleich bezahlt.73 In solchen Fällen sind in der Regel die Voraussetzungen eines unanfechtbaren Bargeschäfts im Sinne des § 142 InsO gegeben.

E 39 Eine unmittelbare Benachteiligung der Gläubiger ist gegeben, wenn der Schuldner Waren oder Rohstoffe unter dem Marktwert verkauft oder über dem Marktwert ankauft.74 Lässt sich ein objektiver Marktwert nicht zweifelsfrei ermitteln, ist den Vertragsparteien ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen.75 Der vereinbarte Preis ist noch marktüblich und somit nicht unangemessen, wenn der Schuldner Waren als „Sonderangebot“ verkauft. Ein Verkauf zu „Sonderpreisen wegen Geschäftsaufgabe“ ist hingegen anfechtbar, da durch § 132 Abs. 1 InsO krisenbedingte „Verschleuderungsgeschäfte“ gerade verhindert werden sollen.76 Im Rahmen des § 134 InsO geht allerdings die wohl herrschende Auffassung im Schrifttum dahin, einen Notverkauf unter dem Verkehrswert im Grundsatz noch als entgeltlich anzusehen.77

E 40 Die Gläubiger werden ferner unmittelbar benachteiligt, wenn der Schuldner ein Darlehen zu einem überhöhten Zinssatz aufnimmt oder einem Dritten ein Darlehen zu einem niedrigeren als dem marktüblichen Zinssatz gewährt.78 Auch bei Sanierungskrediten ist allein die Angemessenheit der Kreditbedingungen entscheidend, wobei das besondere Risiko berücksichtigt werden kann.79

E 41 Vergütungsansprüche für Dienstleistungen und Geschäftsbesorgungen, die dem Schuldner im Rahmen von Sanierungsbemühungen in angemessener Weise erbracht werden, benachteiligen dessen Insolvenzgläubiger nicht schon deswegen unmittelbar, weil die Insolvenz letztlich nicht abgewendet werden konnte; dies wäre allenfalls eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung. Anders verhält es sich hingegen dann, wenn die zu vergütenden Dienste dem Schuldner von vornherein keinen gleichwertigen

72 Vgl. BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 56/02, ZIP 2003, 855 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 9. 73 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 13. 74 HambKomm-InsO/Rogge, § 132 Rz. 10. 75 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 29. 76 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 13. 77 Dafür FK-InsO/Dauernheim, § 134 Rz. 13; HambKomm-InsO/Rogge, § 134 Rz. 17 – einschränkend MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 41 i.V.m. Rz. 23: soweit nicht der „große Bewertungsspielraum“ überschritten wurde. 78 BGH v. 21.4.1988 – IX ZR 71/87, MDR 1988, 858 = ZIP 1988, 725 ff. 79 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 31.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 46 E

Nutzen bringen konnten, etwa weil die Sanierungsbemühungen von Beginn an erkennbar aussichtslos waren.80 Eine Vereinbarung über die Bestellung überhöhter Sicherheiten gegen gleichzeitige Kreditgewährung kann gemäß § 132 Abs. 1 InsO anfechtbar sein.81 Auch dabei ist den Vertragsparteien ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzubilligen, da der Marktwert des Sicherungsguts vielfach nicht sicher einzuschätzen ist.82 Der Anfechtung nach § 132 Abs. 1 InsO kann ferner eine Vereinbarung zwischen dem Schuldner und dem Sicherungsnehmer über die Verwertung von Sicherungsgut unterliegen, wenn der Sicherungsnehmer damit von der vertraglichen Verpflichtung befreit wird, sich um die Erzielung eines möglichst hohen Erlöses zu bemühen und durch die Verwertung auch tatsächlich ein unter dem Verkehrswert liegender Erlös erzielt wird.83

E 42

Kaufverträge mit ausgewogenen Leistungsverpflichtungen, die dem Käufer die Aufrechnung mit einer Insolvenzforderung ermöglichen, können zwar zu einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger führen; diese Benachteiligung wird jedoch nicht unmittelbar durch den Vertragsschluss, sondern erst durch die Herbeiführung der Aufrechnungslage verursacht. Die Herbeiführung der Aufrechnungslage kann gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO aufgrund der Anfechtbarkeit nach den §§ 130, 131 InsO insolvenzrechtlich unbeachtlich sein. Die Begründung einer nicht einklagbaren Verbindlichkeit benachteiligt die Insolvenzgläubiger ebenfalls noch nicht unmittelbar; ihre Erfüllung kann allerdings die Anfechtbarkeit gemäß § 131 InsO zur Folge haben.84

E 43

Ein anschauliches Beispiel zur Aufrechnung stellt der zu § 30 Nr. 1 KO – der Vorgängerbestimmung des § 132 InsO – ergangene „Panzerbrückenfall“85 dar:

E 44

BGH-Urteil vom 14.12.1983 – BGHZ 89, 189 ff. Der klagende Insolvenzverwalter hatte gegen die Beklagte eine restliche Werklohnforderung für die Herstellung und Lieferung von 7 Panzerbrücken geltend gemacht, die in der Krise der Gemeinschuldnerin ausgeliefert worden waren. Gegen diese Forderung hatte die Beklagte mit einer Forderung auf Rückzahlung einer Überzahlung auf frühere Lieferungen von Panzerbrücken aufgerechnet.

E 45

Der BGH geht zu Unrecht davon aus, dass die vor der kritischen Zeit begründete Aufrechnungslage nicht der Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Halb-

E 46

80 Vgl. BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 (251); MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 14. 81 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 8. 82 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 (251). 83 BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 1/96, MDR 1997, 470 = ZIP 1997, 367 ff. 84 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 13. 85 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82 – „Panzerbrücken“; BGHZ 89, 189 ff. = MDR 1984, 574 mit kritischer Anmerkung von Baur, JZ 1984, 422 f. Schäfer

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E Rz. 46

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

satz 2 KO unterliege. Er stellt stattdessen auf die Lieferung der Panzerbrücken ab und meint, diese sei anfechtbar, da mit ihr der Beklagten die Befriedigung (durch Aufrechnung) gewährt worden sei. Dies wird jedoch im Schrifttum zu Recht kritisiert. Die Benachteiligung der Gläubiger sei nicht durch die Lieferung der Panzerbrücken eingetreten, sondern durch die Aufrechnung.86 Richtigerweise ist vielmehr darauf abzustellen, dass die Aufrechnungslage für den Anfechtungsgegner erst durch die Lieferung der Panzerbrücken werthaltig wurde, die den Anspruch der Gemeinschuldnerin einredefrei machte. Allein die mit Abschluss eines Vertrages entstandene Aufrechnungslage bringt dem Anfechtungsgegner noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet hat, wofür der Gläubiger eine Vergütung schuldet, besteht für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entsteht vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es kommt also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig wurde.87 Im „Panzerbrückenfall“ wurde daher bei verständiger Würdigung das „Werthaltigmachen“ der Aufrechnungslage durch Lieferung der Panzerbrücken angefochten.88 bb) Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung durch sonstige, insbesondere einseitige Rechtsgeschäfte

E 47 Von § 132 Abs. 1 InsO werden darüber hinaus etwa die Übernahme einer

Bürgschaft, einer Wechselverbindlichkeit,89 die Abgabe eines negativen Schuldanerkenntnisses gemäß § 397 Abs. 2 BGB oder die Verleihung einer Sache (vgl. §§ 598 ff. BGB) erfasst, die gegen Entgelt hätte vermietet werden können. Auch Verträge zugunsten Dritter (vgl. §§ 328 ff. BGB) führen in der Regel zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung, da der Schuldner für seine Leistung keine Gegenleistung erhält, die dem Zugriff der Gläubiger unterliegt.90

E 48 Die Abtretung einer Forderung des Schuldners gegen einen Dritten an einen Insolvenzgläubiger, den der Schuldner zum Zeitpunkt der Abtretung nicht durch Zahlung befriedigen kann, unterfällt ebenfalls § 132 Abs. 1 InsO.91 Das Erlöschen des Anspruchs des Insolvenzgläubigers stellt schon deshalb keinen Ausgleich dar, weil die gegen den in der Krise befindlichen Schuldner gerichtete Forderung des Insolvenzgläubigers nicht mehr vollwertig war.

86 Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 20. 87 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 13 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 88 Vgl. Jaeger/Henckel, § 132 Rz. 20. 89 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 7. 90 Vgl. Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 36. 91 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZIP 2007, 2084 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 51 E

c) Teilanfechtung Sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 132 Abs. 1 InsO erfüllt, so ist das Rechtsgeschäft im Grundsatz insgesamt anfechtbar und nicht etwa nur in dem Umfang, in dem die übrigen Gläubiger bei wirtschaftlicher Betrachtung benachteiligt wurden.92 Dies folgt insbesondere aus § 144 Abs. 2 InsO, der den Anspruch des Anfechtungsgegners auf Rückgewähr der von ihm erbrachten Leistung regelt. Diese Bestimmung ergäbe keinen Sinn, wenn sich die Anfechtung darauf beschränkte, den Vertrag so anzupassen, dass die Gläubigerbenachteiligung entfällt.93 Der BGH hat diesen Grundsatz jedoch nicht strikt durchgehalten. Er ist wiederholt davon ausgegangen, dass der Anfechtungsgegner nur den nicht angemessenen Teil einer Vergütung zurückgewähren müsse, wenn die vereinbarte Vergütung nur teilweise überhöht sei.94

E 49

2. Gleichgestellte Rechtshandlungen gemäß § 132 Abs. 2 InsO a) Allgemeines Nach § 132 Abs. 2 InsO steht einem Rechtsgeschäft, das die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt, eine andere Rechtshandlung des Schuldners gleich, durch die dieser ein Recht verliert oder nicht mehr geltend machen kann oder durch die ein vermögensrechtlicher Anspruch gegen ihn erhalten oder durchsetzbar wird. Die Rechtshandlung des Schuldners muss somit entweder zu einer Verringerung der Aktivmasse oder aber zu einer Vermehrung der Schuldenmasse geführt haben. Dabei ist die Aufzählung in § 132 Abs. 2 InsO als abschließend anzusehen, um einer uferlosen Ausweitung des Anfechtungsrechts vorzubeugen.95

E 50

Nach der Gesetzesbegründung stellt § 132 Abs. 2 InsO einen Auffangtatbestand für bestimmte Rechtshandlungen dar, die für die Gläubiger nachteilig sind, ohne dass sie von der Deckungsanfechtung oder der Anfechtung unmittelbar nachteiliger Rechtshandlungen gemäß § 132 Abs. 1 InsO erfasst werden. Die Bestimmung soll vor allem Lücken schließen, die nach der Konkursordnung bei der Anfechtung von Unterlassungen bestanden.96 Den in der Gesetzesbegründung aufgeführten Beispielen ist allerdings zu entnehmen, dass nicht jedes Unterlassen des Schuldners genügt, das eine Schmälerung des schuldnerischen Vermögens zur Folge

E 51

92 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 29; HambKomm-InsO/Rogge, § 132 Rz. 13. 93 Vgl. Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 247. 94 BGH v. 11.6.1980 – VIII ZR 62/79, BGHZ 77, 250 ff. = MDR 1980, 843; v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = NJW 1995, 1093 (1094) – kritisch dazu zu Recht Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 14; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 23. 95 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 22. 96 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. Schäfer

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E Rz. 51

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

hatte; das Unterlassen des Schuldners muss vielmehr unmittelbar ohne das Eingreifen anderer Personen zu einem Rechtsverlust geführt haben. Es reicht daher nicht, dass der Vermieter aufgrund eines Zahlungsverzuges des Schuldners den Mietvertrag fristlos gekündigt hat. Die Folgen einer solchen Kündigung können nicht durch Anfechtung beseitigt werden.97

E 52 Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass § 132 Abs. 2 InsO im Grunde genommen einen selbständigen Anfechtungstatbestand darstellt, da er einen anderen Regelungsgegenstand als § 132 Abs. 1 InsO hat und in den Voraussetzungen nur teilweise mit ihm übereinstimmt.98 So entspricht es der ganz herrschenden Auffassung und auch der Intention des Gesetzgebers,99 dass für § 132 Abs. 2 InsO eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt.100 Die Überschrift des § 132 InsO ist daher – bezogen auf § 132 Abs. 2 InsO – irreführend und stimmt nicht mit dessen Inhalt überein. b) Rechtshandlung

E 53 § 132 Abs. 2 InsO betrifft nur Rechtshandlungen des Schuldners bzw. des

für ihn handelnden Vertreters.101 Erfasst werden zum einen Rechtshandlungen, durch die der Schuldner ein Recht verliert. Als Beispiele erwähnt die Gesetzesbegründung das Unterlassen eines Protests nach Wechselrecht und das Unterlassen der Unterbrechung einer Eigentumsersitzung.102 Lässt der Schuldner als Gesellschafter ein von ihm gewährtes Gesellschafterdarlehen in der Krise der Gesellschaft stehen, so dass dieses in haftendes Eigenkapital umqualifiziert wird, so kann dies nach § 132 Abs. 2 InsO anfechtbar sein.103

E 54 Die bewusste Überlassung des Besitzes an Absonderungsgut im Sinne des § 166 InsO an den Sicherungsnehmer führt zum Verlust der Ansprüche aus § 171 InsO und schmälert somit im Grundsatz die künftige Insolvenzmasse. Allerdings erfasst § 132 Abs. 2 InsO nur die Herausgabe des Sicherungsgutes durch den Schuldner bzw. dessen bewusstes Dulden der Wegnahme durch den Sicherungsnehmer, nicht aber dessen eigenmächti-

97 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 22. 98 Jaeger/Henckel, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 833 Rz. 45; Uhlenbruck/ Hirte, § 132 Rz. 12. 99 Vgl. Kommissionsbegründung zu LS 5.2.5 Abs. 3 und Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. 100 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 9; MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 27; HambKomm-InsO/Rogge, § 132 Rz. 14; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 14. 101 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 21. 102 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 103 Vgl. Bork in Festschrift für Uhlenbruck, S. 279, 294; Schoppmeyer in Kübler/ Prütting/Bork, § 132 Rz. 47.

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III. Einzelheiten

Rz. 55 E

ge Besitzergreifung.104 In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass es keine insolvenzrechtliche – insbesondere keine anfechtungsrechtliche – Norm gibt, die den Sicherungsnehmer bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens an der Ausübung seiner Rechte hindert.105 Deshalb sind insoweit Ansprüche der Masse auf eine Feststellungs- oder Verwertungspauschale zu verneinen.106 Diese Ausgestaltung der Rechte des Sicherungsnehmers in der Insolvenz des Sicherungsgebers schließt es aus, vor der Eröffnung des Verfahrens Forderungseinziehungen, die auch aus insolvenzrechtlicher Betrachtung rechtmäßig vorgenommen wurden, mit Blick auf die nur für die Verwertung nach der Verfahrenseröffnung geltenden Regelungen der §§ 170, 171 InsO den Anfechtungsregeln der §§ 129 ff. InsO zu unterwerfen. Darüber hinaus hat der BGH die Anwendung der Anfechtungsregeln auch deshalb abgelehnt, weil der Umstand, dass der Masse etwa durch die Einziehung der Forderung im Eröffnungsverfahren der Anspruch auf die Verwertungspauschale entgeht, keine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 InsO darstellt. Dies folgt aus dem Kostenerstattungsprinzip107 und gilt auch dann, wenn der Gläubiger vom Schuldner die Herausgabe sicherungsübereigneter Gegenstände verlangen kann und diese vor der Insolvenzeröffnung verwertet.108 Die Bestimmung erfasst zum anderen Rechtshandlungen, die zur Folge haben, dass der Schuldner ein Recht nicht mehr geltend machen kann, indem er es etwa unterlässt, Rechtsmittel bzw. Rechtsbehelfe einzulegen oder die Verjährung zu unterbrechen.109 Als Beispiel für die Erhaltung eines gegen den Schuldner gerichteten Anspruchs ist in der Gesetzesbegründung das Unterlassen der rechtzeitigen Irrtumsanfechtung gemäß §§ 119 ff. BGB aufgeführt; als Beispiel für ein Unterlassen, durch das ein Anspruch durchsetzbar wird, wird die unterbliebene Erhebung der Verjährungseinrede in einem Passivprozess genannt.110 Darunter fallen ferner die unterlassene Kündigung eines ungünstigen Vertrages durch den Schuldner und die Herbeiführung bzw. Vereitelung des Eintritts einer sich nachteilig bzw. vorteilhaft auf die Vermögenslage des Schuldners auswirkenden Bedingung im Sinne des § 158 BGB.111

104 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 23 i.V.m. Rz. 21 – a.A. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 820 Rz. 17; vgl. dazu noch BGH v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZInsO 2003, 1101 ff. 105 BGH v. 23.9.2004 – IX ZR 25/03, MDR 2005, 478 = ZIP 2005, 40 f. 106 Vgl. BGH v. 20.2.2003 – IX ZR 81/02, BGHZ 154, 72 ff. 107 Vgl. BGH v. 9.10.2003 – IX ZR 28/03, MDR 2004, 353 = ZIP 2003, 2370 (2372). 108 BGH v. 23.9.2004 – IX ZR 25/03, MDR 2005, 478 = ZIP 2005, 40 f. Rz. 12. 109 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 110 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 111 Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 13. Schäfer

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E 55

E Rz. 56

§ 132 InsO – Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen

3. Sonstige Anfechtungsvoraussetzungen; Verweis in § 132 Abs. 3 InsO a) Weitere objektive Voraussetzungen

E 56 Ebenso wie § 130 Abs. 1 InsO stellt auch § 132 Abs. 1 InsO auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und den Eröffnungsantrag ab. Insoweit kann wegen der näheren Einzelheiten auf die Ausführungen zu § 130 Abs. 1 InsO verwiesen werden. b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen

E 57 In subjektiver Hinsicht entsprechen die Anfechtungsvoraussetzungen jenen des § 130 Abs. 1 InsO, so dass ebenfalls auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Aufgrund des Verweises in § 132 Abs. 3 InsO gilt auch hier § 130 Abs. 2 InsO entsprechend, wonach der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages die Kenntnis von Umständen gleichsteht, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen ließen. Zu beachten ist ferner, dass dem Schuldner und dem Anfechtungsgegner die Unausgewogenheit des Rechtsgeschäfts nicht bewusst gewesen sein muss.112

4. Anfechtungszeitraum

E 58 § 132 InsO erfasst den Zeitraum der letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages sowie die Zeit danach bis zur Insolvenzeröffnung; er stimmt daher hinsichtlich des Anfechtungszeitraums mit § 130 InsO überein. Seine nähere Bestimmung richtet sich nach § 139 InsO.113

5. Darlegungs- und Beweislast

E 59 Im Grundsatz obliegt dem Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich sämtlicher tatbestandlicher Voraussetzungen des § 132 InsO. Dazu gehört im Rahmen des § 132 Abs. 1 InsO insbesondere die Vornahme eines Rechtsgeschäfts des Schuldners und die hierdurch verursachte unmittelbare Gläubigerbenachteiligung und bei § 132 Abs. 2 InsO die Verringerung der Aktivmassse bzw. die Erhöhung der Passiva durch eine Rechtshandlung des Schuldners.114 Dem Insolvenzverwalter obliegt ferner bei gegenseitigen Verträgen der Nachweis, dass der Leistung des Schuldners keine gleichwertige Gegenleistung des Anfechtungsgegners gegenübersteht. Dabei ist jedoch der den Vertragsparteien zukommende Beurteilungsspielraum zu beachten. 112 MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 18. 113 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 139 InsO. 114 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 30; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 132 Rz. 52, 53.

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Rz. 61 E

III. Einzelheiten

Bei § 132 Abs. 2 InsO hat der Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass die für die künftige Insolvenzmasse nachteilige Wirkung eine unmittelbare Folge der schuldnerischen Rechtshandlung ohne Hinzutreten des Verhaltens anderer Personen war,115 wobei jedoch die unmittelbare Gläubigerbenachteiligung in den Fällen des § 132 Abs. 2 InsO unterstellt wird.116 Insoweit wird aus den Gesetzesmaterialien gefolgert, dass für § 132 Abs. 2 InsO eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt.117

E 60

Sowohl nach Absatz 1 als auch nach Absatz 2 des § 132 InsO hat der Insolvenzverwalter ferner die Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung innerhalb der kritischen Zeit als auch die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt der Vollendung der Rechtshandlung (vgl. § 140 InsO) zu beweisen. Darüber hinaus obliegt ihm die Darlegungsund Beweislast hinsichtlich der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. vom Eröffnungsantrag, wobei es gemäß §§ 132 Abs. 3, 130 Abs. 2 InsO auch hier genügt, wenn der Insolvenzverwalter Umstände darlegt und gegebenenfalls beweist, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag hindeuteten.118

E 61

115 116 117 118

MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 22; Uhlenbruck/Hirte, § 132 Rz. 14. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 159. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 132 Rz. 9; Uhlenbruck/HIrte, § 132 Rz. 14. MK-InsO/Kirchhof, § 132 Rz. 31. Schäfer

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F. § 133 InsO – Vorsatzanfechtung § 133 Vorsätzliche Benachteiligung (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte. (2) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

10

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 133 Abs. 1 InsO – Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung . . . a) Objektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . aa) Rechtshandlung des Schuldners . . . . . . . . . . . bb) Gläubigerbenachteiligung . . . . . . . . . . . . . cc) Anfechtungszeitraum . b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . aa) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners . . . . . . . . . . . (1) Interimsrechtsprechung des BGH bis zum Urteil vom 13.8.2009 . . . . . . . . .

15

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15 15 16 17 20 21 22

27

Rz.

(2) Einschränkung der BGHRechtsprechung durch Urteil vom 13.8.2009 . . . . . . (3) Kongruente Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Weitere Einzelfälle . . . . . . . . (5) Inkongruente Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Kenntnisvermutung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO . . . . . . . (1) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Nachträglicher Wegfall der Kenntnis des Anfechtungsgegners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Kenntnis bei Vertretung. . . . . . . ff) Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . .

32 34 46 49

62 65 65 70 86 87

89

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 2 F

Rz.

Rz.

c) Mehrpersonenverhältnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 d) Darlegungs- und Beweislast. . . . . . . . . . . . . . . 99 2. § 133 Abs. 2 InsO – Entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

a) Entgeltlicher Vertrag . . . . . . . . . 105 b) Unmittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger . . 110 c) Anfechtungszeitraum . . . . . . . . 111 d) Darlegungs- und Beweislast. . . 112

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes Nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO ist eine Rechtshandlung des Schuldners anfechtbar, die dieser in den letzten zehn Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach mit dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung vorgenommen hat, wenn der andere Teil zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kannte. Dieser Anfechtungstatbestand hat sich aus der actio pauliana des römischen Rechts entwickelt, die fraudulöses Handeln sanktionierte.1 Von diesen Ursprüngen hat sich der Gesetzeszweck des § 133 InsO jedoch im Lauf der Zeit gelöst. Ein unlauteres Zusammenwirken zwischen Schuldner und Gläubiger wird durch die Bestimmung nicht vorausgesetzt.2

F1

§ 133 Abs. 1 Satz 1 InsO entspricht im Grundsatz § 31 KO, dem früheren Tatbestand der „Absichtsanfechtung“. Der Umstand, dass der nach Ansicht des Gesetzgebers irreführende Ausdruck der „Absicht“ in § 31 KO durch den Begriff „Vorsatz“ ersetzt wurde, bedeutet keine Veränderung gegenüber der früheren Rechtslage.3 Es entsprach schon unter der Geltung der Konkursordnung der ganz herrschenden Auffassung, dass der Begriff der „Absicht“ weit ausgelegt werden musste.4 Die Gläubigerbenachteiligung musste nicht Beweggrund oder überwiegender Zweck der Handlung des Schuldners sein. Entscheidend war vielmehr das Bewusstsein und der Wille, die Gläubiger zu benachteiligen; eine dem bedingten Vorsatz des Strafrechts entsprechende „bedingte Benachteiligungsabsicht“ wurde dabei als ausreichend erachtet.5 Die Rechtsprechung des BGH zu § 31 KO kann daher auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO herangezogen werden.

F2

1 Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 2. 2 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 20; v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799 ff. 3 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160; BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 183/06, MDR 2009, 404 = ZInsO 2009, 87 ff. Rz. 45. 4 BGH v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92, BGHZ 124, 76 (81 f.) = MDR 1994, 468; v. 23.5.1985 – IX ZR 124/84, ZIP 1985, 1008 ff.; Kilger/K. Schmidt, 17. Aufl., § 31 KO Anm. 4. 5 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. Schäfer

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F Rz. 3

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

F 3 Verkürzt wurde der ursprüngliche Anfechtungszeitraum von 30 Jahren ab der Vornahme der Rechtshandlung bis zur gerichtlichen Geltendmachung des Anfechtungsrechts auf nunmehr 10 Jahre ab der Vornahme der Rechtshandlung bis zur Stellung des Insolvenzantrages. Eine längere Frist hat der Gesetzgeber als nicht mehr zeitgemäß angesehen.6 Wegen der gleichwohl noch weiten zeitlichen Erstreckung der Anfechtbarkeit erschien es ihm zugleich geboten, die engen materiellen Voraussetzungen des § 31 Nr. 1 KO und die damit verbundene Verteilung der Darlegungs- und Beweislast beizubehalten. § 133 Abs. 1 InsO belässt es daher insbesondere dabei, dass der Insolvenzverwalter den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu beweisen hat. Die Kenntnis des Anfechtungsgegners von diesem Benachteiligungsvorsatz wird jedoch gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, also die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigte. Gelingt dem Insolvenzverwalter der Beweis dieser die Vermutung rechtfertigenden Tatsachen, so hat der Anfechtungsgegner, um diese Vermutung zu widerlegen, den Beweis des Gegenteils zu führen.7

F 4 § 133 Abs. 1 InsO ist trotz seines prägenden Tatbestandselements der vor-

sätzlichen Gläubigerbenachteiligung kein Deliktstatbestand8 und damit insbesondere kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, auf den Schadensersatzansprüche gestützt werden können. Die Geltendmachung von Schadensersatz setzt vielmehr voraus, dass über den Tatbestand des § 133 Abs. 1 InsO hinaus besondere erschwerende Umstände gegeben sind, die etwa den Vorwurf der Sittenwidrigkeit gemäß §§ 138, 826 BGB rechtfertigen.9

F 5 Dem Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO liegt der Rechtsgedanke zugrunde, dass die Geltung des Prioritätsprinzips bei der Befriedigung der Gläubiger des Schuldners nicht mehr gerechtfertigt ist, wenn der Schuldner vorsätzlich einen einzelnen Gläubiger unter Benachteiligung der übrigen Gläubiger bevorzugt und dies dem begünstigten Gläubiger bekannt war.10

F 6 Ob § 133 InsO darüber hinaus auch – wie die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130–132 InsO) – Ausprägung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung („par condicio creditorum“) ist, ist streitig.11 Nach einer vermittelnden Auffassung liegt § 133 InsO nur in einem weiteren Sinne der Gedanke der Gleichbehandlung der Insolvenzgläubiger zugrunde. Eine Vorzugsstellung, die jemand durch eine Rechtshand6 7 8 9 10 11

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 3. Vgl. dazu oben Rz. A38 ff. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 1; Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 2. Vgl. Ganter, WM 2009, 1441, 1443; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 602.

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 8 F

lung des Schuldners erhalten hat, soll ihm genommen werden, wenn sie um der Benachteiligung der anderen Gläubiger willen oder wenigstens unter billigender Inkaufnahme des Nachteils für die anderen gewährt worden ist.12 Nach der Rechtsprechung des BGH beruht § 133 Abs. 1 InsO auf einem vom Schutzzweck der §§ 130 bis 132 InsO ganz verschiedenen Ansatzpunkt. Danach steht er nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz, sondern missbilligt bestimmte Verhaltensweisen des Schuldners. Die Bestimmung ist Ausdruck des Rechtsgedankens, dass ein Schuldner nicht berechtigt ist, vorsätzlich einen Gläubiger gegenüber anderen zu bevorzugen, soweit die ihnen gegenüber bestehenden Verpflichtungen gleichrangig sind.13 § 133 Abs. 1 InsO schützt danach also das Interesse der Gläubiger daran, dass der Schuldner ihre prinzipiell gleichen Befriedigungschancen nicht beeinträchtigt. Zentraler Anknüpfungspunkt der gesetzlichen Regelung ist der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen.14 Der Grundsatz, dass das Befriedigungsinteresse des Gläubigers hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurücktritt, gilt danach nur für den von den §§ 130 bis 132 InsO erfassten Zeitraum.15 Die Geltung des Prioritätsprinzips wird daher durch § 133 InsO im Grundsatz nicht eingeschränkt.16

F7

Die Erkenntnis, dass § 133 Abs. 1 InsO nicht in gleicher Weise wie die Tatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) der Verwirklichung des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung dient, ist zugleich von Bedeutung für das Konkurrenzverhältnis der Anfechtungstatbestände. § 133 Abs. 1 InsO konkurriert uneingeschränkt mit den übrigen Anfechtungstatbeständen. Im Hinblick auf den erweiterten Anwendungsbereich der Bestimmung infolge der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ist jedoch zu beachten, dass § 133 Abs. 1 InsO tatbestandlich mehr voraussetzt als die Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO, da ansonsten die Deckungsanfechtung über § 133 Abs. 1 InsO eine Ausdehnung über die relativ kurzen Anfechtungszeiträume des § 130 InsO hinaus erführe.17 Der BGH ist daher zu Recht von seiner zwischenzeitlichen Rechtsprechung wieder abgerückt,18 wonach bei einem Gläubiger,

F8

12 Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 4; einschränkend Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 2. 13 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 20 = MDR 2005, 832. 14 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 20 = MDR 2005, 832; vgl. dazu noch Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160; MK-InsO/ Kirchhof, § 133 Rz. 12 f. 15 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 19 = MDR 2005, 832; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (80). 16 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. Rz. 23 = MDR 2005, 832. 17 Vgl. dazu Schoppmeyer, ZIP 2009, 603, 604; Foerste in Festschrift für Picker (2010), S. 227, 241 ff. 18 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff.; v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff. Schäfer

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F Rz. 8

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

der Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hindeuteten, widerleglich zu vermuten sein sollte, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Benachteiligung der Gläubiger kannte.19

F 9 Sind die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben, so ist gemäß § 142 InsO auch ein Rechtsgeschäft anfechtbar, durch das der Schuldner vereinbarungsgemäß eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat.20 Die Annahme eines Bargeschäfts scheidet in diesem Fall aus. Insoweit ist jedoch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BGH der subjektive Tatbestand des § 133 Abs. 1 InsO entfallen kann, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der Rechtshandlung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Leistung des Schuldners unter den Voraussetzungen eines Bargeschäfts erbracht wurde.21

II. Allgemeines F 10 Der Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO setzt nach seinem Wortlaut eine Rechtshandlung des Schuldners voraus. Hierfür genügt es, dass der Schuldner an der Rechtshandlung einer anderen Person mitgewirkt hat.22 Diese Voraussetzung ist etwa gegeben, wenn ein Schuldner des späteren Insolvenzschuldners auf dessen Weisung eine Zahlung an dessen Gläubiger erbringt.23 Rechtshandlungen des vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalters sind stets auch Rechtshandlungen des Schuldners, da dieser nur zusammen mit dem Schuldner rechtsverbindlich handeln kann.24

F 11 Eine Rechtshandlung des Schuldners liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch dann vor, wenn dieser im Rahmen einer laufenden oder unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung einen Gläubiger befriedigt („Druckzahlung“).25 Dies gilt auch in dem Fall, dass der Schuld19 Vgl. BGH v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, MDR 2004, 1318 = ZInsO 2004, 859 ff.; v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZInsO 2004, 385 (386); HambKomm-InsO/Rogge, § 133 Rz. 21, 28; vgl. dazu näher unten Rz. F32 ff. 20 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 ff. = MDR 1994, 158; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 2. 21 Vgl. BGH v. 24.9.2007 – IX ZR 178/07, veröffentlicht bei juris; BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87. 22 BGH v. 18.6.2009 – IX ZR 7/07, ZIP 2009, 1434 f.; MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 7, 9a. 23 Vgl. BGH v. 5.7.2007 – IX ZR 256/06, BGHZ 173, 129 ff. = GmbHR 2007, 1146 m. Anm. Blöse = MDR 2007, 1450 Rz. 50. 24 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff. Rz. 11. 25 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f.; v. 25.10.2007 – IX ZR 157/06, MDR 2008, 347 = ZIP 2008, 131 f.; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (79 f.) = MDR 2003, 1256.

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II. Allgemeines

Rz. 13 F

ner der anwesenden Vollziehungsperson zur Vermeidung eines – mangels pfändbarer Gegenstände voraussichtlich erfolglosen – Pfändungsversuchs einen Scheck über den geforderten Betrag übergibt.26 Eine Rechtshandlung des Schuldners ist schließlich auch dann noch gegeben, wenn er in Erwartung des Vollstreckungsversuchs des Gläubigers den Kassenbestand gezielt aufgefüllt hat, um eine Befriedigung des Gläubigers zu ermöglichen.27 An einer Rechtshandlung des Schuldners fehlt es nur dann, wenn nach Lage des Falles jede Möglichkeit eines selbstbestimmten Handelns des Schuldners ausgeschlossen war, dieser also keine Möglichkeit hatte, der Zwangsvollstreckung zu entgehen.28 Hat der Schuldner allein die Wahl, den Gläubiger über gepfändetes Guthaben nach § 836 Abs. 1 ZPO selbst verfügen zu lassen oder die geleisteten Beträge an ihn zu überweisen, fehlt es an einer Rechtshandlung im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO.29 Übergibt ein Schuldner dem vollstreckungsbereit anwesenden Gerichtsvollzieher Bargeld, auf das dieser andernfalls sogleich zugreifen könnte, liegt kein freier Willensentschluss zur Leistung mehr vor; vielmehr kommt der Schuldner in einer solchen Situation nur dem sonst unabwendbaren Zugriff des Gerichtsvollziehers zuvor. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dessen Zugriff mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächliche Hindernisse – etwa die Verwahrung in einer „schwarzen Kasse“ oder in einem Versteck – entgegengestanden hätten. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich derartiger Besonderheiten obliegt dem Insolvenzverwalter, da er als Kläger die anspruchsbegründenden Voraussetzungen und somit auch die Rechtshandlung des Schuldners darzulegen hat.30 An einer selbstbestimmten Rechtshandlung des Schuldners fehlt es hingegen nicht, wenn der Schuldner der anwesenden Vollziehungsperson einen Scheck übergibt.31

F 12

Im Schrifttum wurde zu Recht geltend gemacht, dass es wertungsmäßig nicht einzusehen sei, dass der Gläubiger, der ohne Handlungsalternative des Schuldners im Wege der Zwangsvollstreckung auf dessen Vermögen zugreife und somit mangels einer Rechtshandlung des Schuldners nicht der Anfechtung nach § 133 InsO unterliege, anfechtungsrechtlich besser gestellt sei als jener Gläubiger, den der Schuldner freiwillig befriedige. Es wurde daher erwogen, im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO im Wege teleologischer Reduktion auf das Erfordernis einer Rechtshandlung des Schuldners zu verzichten und auch eine solche des Gläubigers genügen zu lassen.32 Der BGH ist dieser Auffassung jedoch nicht gefolgt. Nach dessen

F 13

26 27 28 29 30 31 32

BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = ZIP 2011, 531. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 27. BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 128/08, MDR 2010, 522 = ZIP 2010, 191 ff. Rz. 28. BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 22/07, MDR 2009, 712 = ZIP 2009, 728 f. Vgl. Kreft, KTS 2004, 205, 218; Marotzke, DZWIR 2007, 265, 274 ff. Schäfer

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F Rz. 13

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

Urteil vom 10.2.200533 sind Zwangsvollstreckungshandlungen eines Gläubigers ohne eine vorsätzliche Rechtshandlung oder eine ihr gleichstehende Unterlassung des Schuldners nicht nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar. Der Grundsatz, dass die Befugnis des Gläubigers, sich im Wege hoheitlichen Zwangs eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung für eine Forderung zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurücktrete, gelte nach dem System der Anfechtungsregeln nur für den von den §§ 130 bis 132 InsO erfassten Zeitraum. Mit dieser Entscheidung wird somit bestätigt, dass die Geltung des Prioritätsprinzips durch § 133 InsO – anders als nach den Tatbeständen der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130–132 InsO) – im Grundsatz nicht eingeschränkt wird.

F 14 Die Anfechtung nach § 133 InsO kann auch nicht darauf gestützt werden, dass der Schuldner den Insolvenzantrag vorsätzlich verspätet gestellt und dadurch bewirkt hat, dass die Rechtshandlung des Gläubigers nicht in den von den §§ 130 bis 132 InsO geschützten zeitlichen Bereich fällt. Veranlasst der Gläubiger den Schuldner, den Insolvenzantrag bewusst hinauszuzögern, um eine Anfechtung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme nach § 131 InsO zu verhindern, kommt allerdings eine Haftung gegenüber der Masse nach den §§ 826, 823 Abs. 2 BGB in Betracht.34

III. Einzelheiten 1. § 133 Abs. 1 InsO – Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung a) Objektive Anfechtungsvoraussetzungen

F 15 Der objektive Tatbestand des § 133 Abs. 1 InsO setzt eine Rechtshandlung des Schuldners in den letzten zehn Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach voraus, durch welche die Gläubiger objektiv benachteiligt wurden. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass es sich bei dem durch die Rechtshandlung Begünstigten um einen Insolvenzgläubiger handelt. aa) Rechtshandlung des Schuldners

F 16 Zum Begriff der Rechtshandlung kann auf die Ausführungen im Rahmen des § 129 Abs. 1 InsO verwiesen werden. Für § 133 Abs. 1 InsO ergeben sich insoweit keine Abweichungen. Soweit der Tatbestand der Vorsatzanfechtung nach seinem Wortlaut speziell eine Rechtshandlung des Schuldners voraussetzt, gelten die obigen Ausführungen. 33 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. 34 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832.

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III. Einzelheiten

Rz. 19 F

bb) Gläubigerbenachteiligung Wie jeder Anfechtungstatbestand setzt auch § 133 Abs. 1 InsO nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO eine Gläubigerbenachteiligung voraus. Dies ist der Fall, wenn die Insolvenzmasse durch die anfechtbare Rechtshandlung verkürzt wurde, so dass sich die Befriedigungsmöglichketen der Gläubiger ohne die fragliche Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten. Davon ist bei einer Verkürzung der Aktivmasse oder einer Vermehrung der Schuldenmasse auszugehen, die den Gläubigerzugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert.35 Die Benachteiligung der Gläubiger muss objektiv eingetreten sein; die darauf gerichtete Absicht allein reicht nicht aus, wenn sie nicht zu diesem Erfolg geführt hat.36 Nicht erforderlich ist es hingegen, dass sich die tatsächlich eingetretene Benachteiligung mit der vom Vorsatz des Schuldners umfassten Benachteiligung deckt.37

F 17

Für § 133 Abs. 1 InsO genügt eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung, bei welcher der Nachteil erst nach dem Abschluss der Rechtshandlung durch das Hinzutreten weiterer Umstände eintritt.38 Es ist daher nicht erforderlich, dass schon zum Zeitpunkt der Rechtshandlung des Schuldners Gläubiger vorhanden waren, die durch diese benachteiligt wurden.39 § 133 Abs. 2 InsO, der die Anfechtbarkeit des Abschlusses eines entgeltlichen Vertrages mit einer nahestehenden Person im Sinne des § 138 InsO regelt, setzt hingegen eine unmittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger voraus.

F 18

Aufgrund der praktischen Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ferner zu erwähnen, dass der BGH inzwischen unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung davon ausgeht, dass bei einer Zahlung im Wege der geduldeten Kontoüberziehung die erforderliche Gläubigerbenachteiligung gegeben ist. Er erkennt nunmehr an, dass die mittelbare Zuwendung des Schuldners, die dieser mittels seiner Bank an seinen Gläubiger bewirke, nur „infolge und nach Einräumung“ des vom Schuldner beantragten Überziehungskredits bewirkt werden könne.40 Zuvor hatte er bereits entschieden, dass eine Verkürzung der künftigen Masse grundsätzlich auch in den Fällen zu bejahen ist, in denen der Schuldner mit den Mitteln ei-

F 19

35 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, MDR 2010, 1487 = ZIP 2010, 2009 ff. Rz. 19; v. 9.7.2009 – IX ZR 86/08, MDR 2009, 1306 = ZIP 2009, 1674 ff. Rz. 25. 36 Vgl. Nerlich in Nerlich/Römermann, § 133 Rz. 15. 37 MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 11. 38 Vgl. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = NJW 2007, 2325 ff. Rz. 15. 39 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 5; v. 7.5.1987 – IX ZR 51/86, WM 1987, 881 (882). 40 BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05 – „Kontoüberziehung“, BGHZ 182, 317 ff. = MDR 2009, 1357 = NotBZ 2010, 95 m. Anm. Suppliet. Schäfer

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F Rz. 19

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

nes ihm zuvor zur Disposition gestellten Kredits einen Gläubiger befriedigt hat.41 cc) Anfechtungszeitraum

F 20 Nach § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung des Schuldners anfechtbar, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach vorgenommen wurde. Zu welchem Zeitpunkt die Rechtshandlung als vorgenommen anzusehen ist, bestimmt sich nach § 140 InsO und damit im Grundsatz danach, wann die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eingetreten sind.42 Zur genaueren Fristberechnung wird auf die Ausführungen zu § 130 InsO43 und zu § 139 InsO verwiesen. b) Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen

F 21 Das Schwergewicht der Fallprüfung bei der Anwendung des § 133 Abs. 1 InsO liegt auf dessen subjektivem Tatbestand, der zum Teil schwierige Fragen aufwirft. Unstreitig ist, dass – anders als nach dem Wortlaut der Vorgängerbestimmung des § 31 KO – im Grundsatz der Vorsatz des Schuldners zur Gläubigerbenachteiligung – und zwar auch in der Form des bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) ausreicht.44 Dabei handelt nach der Rechtsprechung des BGH derjenige mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, der bei der Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der anderen Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt.45 Dies liegt in dem Fall nahe, dass der Schuldner die Rechtshandlung in Kenntnis seiner Überschuldung und einer drohenden Insolvenz vorgenommen hat. Auf der anderen Seite aber soll nach der Rechtsprechung des BGH ein Schuldner, der Kenntnis von seiner Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit hat, dem es aber mehr auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als auf die Schädigung der übrigen Gläubiger ankommt, nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handeln.46 Damit sind die Abgrenzungsprobleme im Zusammenhang mit dem subjektiven Tatbestand des § 133 Abs. 1 InsO bereits angedeutet, auf die später noch im Einzelnen zurückzukommen ist. 41 BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 33/07, MDR 2008, 589 = ZIP 2008, 467 ff. Rz. 12; v. 11.1.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276 (280). 42 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 140 InsO. 43 Siehe oben Rz. C95 ff. 44 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, MDR 2009, 952 = ZIP 2009, 922 ff. Rz. 10; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 13; Graf-Schlicker/Huber, § 133 Rz. 12. 45 BGH v. 18.2.1993 – IX ZR 129/92, MDR 1993, 437 = WM 1993, 738, 739; v. 18.4.1991 – IX ZR 149/90, MDR 1991, 622 = ZIP 1991, 807 (808). 46 Vgl. BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, MDR 1997, 958 = NJW 1997, 3028 (3029); v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZInsO 1998, 89 ff.; v. 14.7.1969 – VIII ZR 109/67, NJW 1969, 1719 zur Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens.

330

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III. Einzelheiten

Rz. 24 F

aa) Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz setzt kein unlauteres Zusammenwirken zwischen Gläubiger und Schuldner voraus.47 Für den erforderlichen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners genügt vielmehr nach der Gesetzesbegründung48 – wie schon für § 31 KO – eine dem bedingten Vorsatz des Strafrechts entsprechende „bedingte Benachteiligungsabsicht“, so dass insoweit die Kommentierungen zu § 276 BGB herangezogen werden können. Dem Schuldner muss somit bei der Vornahme der Rechtshandlung bewusst sein, dass diese die übrigen Gläubiger benachteiligt. Dieses Bewusstsein reicht aber allein nicht aus. Der Schuldner muss zudem die Benachteiligung der übrigen Gläubiger billigend in Kauf genommen haben,49 sei es auch als unvermeidliche Folge eines an sich erstrebten anderen Vorteils.50

F 22

Der Schuldner handelt mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt.51 Davon ist etwa auszugehen, wenn der Schuldner eine die Gläubiger benachteiligende Vereinbarung gezielt für den Fall seiner Insolvenz abschließt.52 Der Benachteiligungswille wird daher nicht schon dadurch ausgeschlossen, dass es dem Schuldner allein darauf angekommen sein mag, mit der Erfüllung einer Einstellungsauflage gemäß § 153a StPO einer Bestrafung zu entgehen.53

F 23

Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners muss zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung gegeben sein. Dies bestimmt sich nach § 140 InsO. Handelt der Schuldner zum Zeitpunkt der Eingehung einer Verpflichtung mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, so stellt dies allerdings ein wesentliches Beweisanzeichen dafür dar, dass der Vorsatz auch zum Zeitpunkt der Erfüllung noch fortbesteht. So erstreckt sich etwa der aus der Inkongruenz der Wechselbegebung folgende Benachteiligungsvorsatz auf die Erfüllung der ihr zugrundeliegenden Verbindlichkeit, wenn beide Vorgänge in einem engen rechtlichen Zusammenhang stehen.54

F 24

47 BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZIP 2003, 1799 ff.; HambKomm-InsO/Rogge, § 133 Rz. 13. 48 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 49 BGH v. 23.5.1985 – IX ZR 124/84, ZIP 1985, 1008 ff.; v. 18.12.2008 – IX ZR 79/07 – „Großküchenbetrieb“ NotBZ 2009, 455 m. Anm. Suppliet = MDR 2009, 713 = ZIP 2009, 573 ff. Rz. 13. 50 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 183/06, MDR 2009, 404 = ZIP 2009, 91 ff. Rz. 45. 51 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, MDR 2009, 952 = ZIP 2009, 922 ff. Rz. 10; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (84) = MDR 2003, 1256. 52 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1120 ff. Rz. 27. 53 Vgl. BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZInsO 2008, 738 ff. Rz. 19; Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 23. 54 Vgl. BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 33/07, MDR 2008, 589 = ZIP 2008, 467 ff. Schäfer

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F Rz. 25

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

F 25 Eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO ist gegeben, wenn das Vermögen des Schuldners infolge der angefochtenen Rechtshandlung nicht mehr ausreicht, um auch die übrigen Gläubiger befriedigen zu können. Im Rahmen des subjektiven Tatbestandes des § 133 Abs. 1 InsO muss der Schuldner daher wissen, dass er neben dem Anfechtungsgegner nicht alle Gläubiger innerhalb angemessener Zeit befriedigen kann, oder sich diese Folge zumindest als möglich vorstellen, aber in Kauf nehmen, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen.55 Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz muss sich aber nicht auf die konkrete Benachteiligung beziehen, die tatsächlich eingetreten ist.56 Hatte der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung noch keine Gläubiger, wird es in der Regel am Gläubigerbenachteiligungsvorsatz fehlen. Gleichwohl kann in einem solchen Fall der Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gegeben sein, wenn der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung die Absicht hatte, seine künftigen Gläubiger zu benachteiligen.57

F 26 Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können – weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt – meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie etwa die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis zudem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden.58 Der BGH hat daher im Laufe der Zeit Beweiserleichterungen zugelassen, um dem Insolvenzverwalter den Nachweis des Benachteiligungsvorsatzes zu erleichtern.59 Hat etwa der Schuldner dem Gläubiger eine inkongruente Deckung gewährt, so ist darin in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu sehen, das der Anfechtungsgegner entkräften muss.60 Im Schrifttum wird zutreffend darauf hingewiesen, dass schon dies eine Verschärfung gegenüber der früheren Rechtsprechung war, wonach die Umstände, die eine Inkongruenz begründeten, auf eine Benachteiligungsabsicht hindeuteten.61

55 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, MDR 2009, 952 = ZIP 2009, 922 ff. Rz. 10; v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, MDR 2007, 1221 = ZIP 2007, 1511 ff. Rz. 8. 56 BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 33/07, MDR 2008, 589 = ZInsO 2008, 271 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 11, 16. 57 BGH v. 23.5.1985 – IX ZR 124/84, ZIP 1985, 1008 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 24. 58 Vgl. BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 8. 59 Vgl. BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZIP 2003, 1799 ff. Rz. 10. 60 BGH v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZInsO 2004, 616 ff.; v. 20.6.2002 – IX ZR 177/99, MDR 2002, 1270 = ZIP 2002, 1408 ff. Rz. 32; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 17. 61 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 38.

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III. Einzelheiten

Rz. 28 F

(1) Interimsrechtsprechung des BGH bis zum Urteil vom 13.8.2009 Der BGH ist zumindest bis zu den grundlegenden, eine Einschränkung der früheren Rechtsprechung vollziehenden Urteilen vom 13.8.200962 und vom 8.10.200963 davon ausgegangen, dass ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kenne, in aller Regel mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handle; dessen Vorliegen sei darüber hinaus schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kenne.64 Er hat dies aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gefolgert. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet werde, wenn er gewusst habe, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, könnten für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten.65 Der BGH hat diese Rechtsprechung jüngst erneut durch Urteil vom 30.6.201166 bekräftigt.

F 27

Diese weite Auslegung des BGH wurde im Schrifttum zu Recht kritisiert.67 § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bezieht sich nur auf die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, nicht aber auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz selbst als Anfechtungsvoraussetzung auf Seiten des Schuldners.68 Da der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners „positiv“ festzustellen ist, kann bei der Frage der entsprechenden Kenntnis des Anfechtungsgegners nicht auf die Feststellung entsprechender Umstände verzichtet werden.69 Das Bewusstsein schon vorhandener Zahlungsunfähigkeit oder Vermögensunzulänglichkeit genügt daher nach zutreffender Auffassung nicht; es kann allenfalls ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sein. Schon gar nicht lässt sich aus der objektiven Gläubigerbenachteiligung auf den Benachteiligungswillen des Schuldners schließen.70

F 28

62 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. 63 BGH v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff. 64 Vgl. BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, MDR 2008, 590 = ZIP 2008, 420 ff. Rz. 19; v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 32 = MDR 2008, 341; v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 ff. Rz. 14 = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113 = BRAK 2006, 231; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 (153) = MDR 2005, 832; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (83 f.) = MDR 2003, 1256. 65 Vgl. BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 ff. Rz. 14 = FamRZ 2006, 1196 = MDR 2007, 113 = BRAK 2006, 231; v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 32 = MDR 2008, 341; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 10 – kritisch dazu zu Recht schon Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 22 f. 66 BGH v. 30.6.2011 – IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 ff. 67 Vgl. Bork, ZIP 2008, 1041 ff.; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 ff.; Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 53. 68 Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 53. 69 Vgl. Schönfelder, WuB VI A. § 133 InsO 1.09. 70 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 22; BGH v. 6.12.1984 – IX ZR 119/83, WM 1985, 295. Schäfer

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F Rz. 29

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

F 29 Mit seiner zwischenzeitlichen Rechtsprechung lief der BGH Gefahr, für die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO letztlich nicht mehr zu fordern als im Rahmen der Deckungsanfechtung nach § 130 InsO, die nur den Zeitraum der letzten drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages erfasst, während die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO bis zu zehn Jahre zurückreicht. Die Deckungsanfechtung drohte daher zum Unterfall der Vorsatzanfechtung zu werden.71 In den Gesetzesmotiven ist ausdrücklich festgehalten, dass eine gesetzliche Vermutung auch noch für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners die Gefahr eines Ungleichgewichts zu Lasten der Rechtssicherheit mit sich brächte. Es solle nach wie vor der gerichtlichen Praxis überlassen bleiben, im Einzelfall, gegebenenfalls anhand von Indizien, festzustellen, ob ein Benachteiligungsvorsatz des Schuldners vorgelegen habe.72

F 30 In der Gesetzesbegründung ist allerdings auch davon die Rede, dass die Gläubigerbenachteiligung nicht Beweggrund oder überwiegender Zweck der Handlung des Schuldners sein müsse. Entscheidend seien das Bewusstsein und der Wille, die Gläubiger zu benachteiligen; eine dem bedingten Vorsatz des Strafrechts entsprechende „bedingte Benachteiligungsabsicht“ werde dabei als ausreichend erachtet.73 Der Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt und gleichwohl noch Rechtshandlungen zugunsten einzelner Gläubiger vornimmt, dürfte demnach in der Regel mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handeln.74

F 31 Man wird indes die gebotene Einschränkung des § 133 Abs. 1 InsO über das Merkmal des „billigenden Inkaufnehmens“ der Benachteiligung der übrigen Gläubiger vornehmen und dabei berücksichtigen müssen, dass außerhalb der Anfechtungszeiträume der Deckungsanfechtung im Grundsatz das Prioritätsprinzip gilt. Leistet der Schuldner nur an den im Moment vorrangig Befriedigung suchenden Gläubiger, erscheint die Bejahung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes als zweifelhaft.75 Insoweit wird im Schrifttum vielmehr zu Recht darauf hingewiesen, dass § 133 Abs. 1 InsO zwar Chancengleichheit zwischen den Gläubigern in der Krise des Schuldners bezwecke, nicht aber wie die Deckungsanfechtung die gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger;76 der Schuldner dürfe allerdings nicht zwischen seinen Gläubigern „selektieren“.77 Zu erwähnen ist in diesem

71 Vgl. Schoppmeyer, ZIP 2009, 603, 604. 72 Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 265, 266. 73 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 74 Vgl. dazu Ganter, WM 2009, 1441 (1443); Foerste, Festschrift für Picker (2010), S. 227 (234/235). 75 Zweifelnd für den Fall der schlichten Leistung zur Abwendung einer drohenden Zwangsvollstreckung auch Ganter, WM 2009, 1441 (1443/1444). 76 Vgl. Schoppmeyer, ZIP 2009, 600, 602. 77 Kirchhof in Festschrift für G. Fischer (2008), S. 285, 292.

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III. Einzelheiten

Rz. 33 F

Zusammenhang ferner ein Beschluss des BGH vom 23.4.2009,78 wonach ein auf den Schuldner ausgeübter Druck, der nicht durch Drohung mit einer Zwangsvollstreckung oder durch Androhung der Stellung eines Insolvenzantrages erfolgte, eine daraufhin vorgenommene Zahlung des Schuldners grundsätzlich nicht inkongruent macht. Konsequenterweise wird man daher auch einen Gläubiger, der außerhalb der Anfechtungszeiträume der Deckungsanfechtung gegen den in der Krise befindlichen Schuldner „schlicht“ im Wege der Zwangsvollstreckung vorgeht, nicht der Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO aussetzen dürfen. Trotz der Kenntnis des Schuldners von der Zahlungsunfähigkeit kann schließlich nicht ohne weiteres auf den (bedingten) Benachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden, wenn es sich (objektiv) um ein Bargeschäft handelt.79 (2) Einschränkung der BGH-Rechtsprechung durch Urteil vom 13.8.2009 Mit seinem Urteil vom 13.8.200980 hat der BGH der Kritik im Schrifttum Rechnung getragen und seine Interimsrechtsprechung wieder eingeschränkt. Diese Einschränkung betrifft zwar nicht unmittelbar die Rechtsprechung zur Ermittlung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes, sondern zur Kenntnis des Anfechtungsgegners. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sie sich auch darauf auswirkt. Fraglich ist etwa, ob ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners schon dann anzunehmen ist, wenn der Schuldner die Schädigung anderer Gläubiger als notwendige Folge der einem Gläubiger gewährten Befriedigung oder Sicherung vorausgesehen hat.81

F 32

Der BGH hat jedenfalls zur erforderlichen Kenntnis des Anfechtungsgegners klargestellt, dass es zwar genüge, wenn der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kenne, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folge; dabei dürfe aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen, die für die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners sprächen, nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellten, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machten und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürf-

F 33

78 BGH v. 23.4.2009 – IX ZR 82/06, veröffentlicht bei juris; vgl. dazu ferner OLG Köln v. 30.11.2006 – 2 U 86/06, ZIP 2007, 137 f.: Abwendung einer Versorgungssperre. 79 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 12; Ganter, WM 2009, 1441, 1444. 80 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff.; bestätigt durch Urteile v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff. und v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. 81 Vgl. BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 183/06, MDR 2009, 404 = ZInsO 2009, 87 ff. Rz. 45; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 13 – a.A. noch BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83, AG 1984, 181 = GmbHR 1984, 343 = MDR 1984, 736 = NJW 1984, 1893 (1898). Schäfer

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F Rz. 33

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

ten. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung habe der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen. Soweit frühere Entscheidungen anders verstanden werden könnten, werde daran nicht festgehalten.82 (3) Kongruente Rechtshandlungen

F 34 Auch im Falle einer kongruenten Rechtshandlung genügt im Grundsatz bedingter Vorsatz für den erforderlichen Benachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO.83 Dabei ist jedoch die Rechtsprechung des BGH zu beachten, wonach ein Schuldner, dem es mehr auf die Erfüllung seiner Vertragspflichten als auf die Schädigung der übrigen Gläubiger ankommt, nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelt.84 Außerhalb der Anfechtungstatbestände der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) trifft den Schuldner keine Pflicht zu einer nur noch anteilsmäßigen Befriedigung seiner Gläubiger.85 Der Wille des Schuldners darf sich daher nicht in der Erfüllung seiner Verbindlichkeit erschöpfen, vielmehr muss eine darüber hinausgehende Motivation des Schuldners dazukommen. Andernfalls wäre jede Vertragserfüllung eines an sich redlichen Schuldners über die Vorsatzanfechtung zehn Jahre lang rückgängig zu machen. Das wäre für den Gläubiger unzumutbar.86 Der BGH spricht daher in ständiger Rechtsprechung davon, dass im Falle einer kongruenten Deckung, bei welcher der Schuldner dem Gläubiger nur das gewähre, worauf dieser einen Anspruch habe, erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes zu stellen seien.87

F 35 Wusste der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung, dass er zahlungsunfähig war oder dass seine Zahlungsunfähigkeit drohte, so liegt zwar der Schluss nahe, er habe ernsthaft mit der Benachteiligung seiner übrigen Gläubiger gerechnet und diese billigend in Kauf genommen. Diese pauschale Schlussfolgerung geht aber zumindest im Fall einer kongruenten Deckung zu weit.88 Die Kenntnis von der eigenen Krise 82 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 8; vgl. dazu noch BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 18. 83 Vgl. BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZIP 2003, 1799 ff. Rz. 12; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. = MDR 2003, 1256. 84 BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, MDR 1997, 958 = NJW 1997, 3028 (3029); v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZInsO 1998, 89 ff. 85 MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 33. 86 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 25. 87 BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, MDR 2007, 1221 = ZIP 2007, 1511 f. Rz. 19; v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, MDR 2004, 1318 = ZIP 2004, 1512 ff.Rz. 14. 88 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 46.

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III. Einzelheiten

Rz. 37 F

kann bei einer kongruenten Deckung allein für die Annahme des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners nicht ausreichen, vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Schuldners nicht als bloße Erfüllung seiner Vertragspflichten erscheinen lassen. Andernfalls träte ein Wertungswiderspruch zu § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ein.89 Wären kongruente Deckungen gemäß § 133 Abs. 1 InsO bereits dann anfechtbar, wenn der Gläubiger und der Schuldner Kenntnis von der Krise des Letzteren hatten, so würden die zeitlichen Schranken des § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO unterlaufen.90 Eine Anfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO kommt bei kongruenten Rechtshandlungen dann in Betracht, wenn es dem Schuldner weniger auf die Erfüllung seiner Pflichten als vielmehr auf die Vereitelung der Ansprüche anderer Gläubiger oder die Bevorzugung einzelner Gläubiger ankommt.91 Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung eines Insolvenzantrages abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen billigend in Kauf.92 Als anschauliches Beispiel wird im Schrifttum93 ferner der Fall angeführt, dass der Schuldner in der Krise seine Gläubiger in solche eingeteilt hat, die für die Fortführung des Unternehmens besonders wichtig waren, und solche, die als weniger wichtig auf sogenannte „Schiebelisten“ gesetzt wurden.94

F 36

Ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann bei kongruenten Deckungen ferner gegeben sein, wenn dieser mit der Befriedigung gerade dieses Gläubigers Vorteile für sich erlangen oder Nachteile von sich abwenden will. Dies kann etwa bei massiver Druckausübung durch den Gläubiger der Fall sein.95 Verlangt eine Bank in Kenntnis der Krise des Schuldners nicht nur Sicherheiten für einen neu gewährten Kredit, sondern auch für die bestehenden Altverbindlichkeiten, so kann dies für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen, denn hinsichtlich der Altverbindlichkeiten liegt eine inkongruente Deckung

F 37

89 Vgl. Jacoby, KTS 2009, 3 ff.; Schoppmeyer, ZIP 2009, 600 ff.; Foerste in Festschrift für Picker (2010), S. 227 (241/242). 90 Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 46. 91 BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267 (284); MK-InsO/KIrchhof, § 133 Rz. 33a; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 14; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 19. 92 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. = MDR 2003, 1256. 93 Kirchhof in Festschrift für G. Fischer (2008), S. 285 (292). 94 Vgl. BGH v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, MDR 2003, 652 = ZInsO 2003, 324 ff. 95 BGH v. 28.9.2004 – IX ZR 155/03, MDR 2005, 235 = ZIP 2004, 2194 (2197) = BGHZ 160, 259 ff.; v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZIP 2003, 1799 ff. Rz. 15. Schäfer

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§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

vor.96 Gläubigerbenachteiligungsvorsatz kann ferner anzunehmen sein, wenn es dem Schuldner nicht so sehr auf die Erfüllung seiner Pflichten als vielmehr darauf ankam, seinen übrigen Gläubigern Zugriffsobjekte zugunsten eines bestimmten Gläubigers zu entziehen.97

F 38 Ein Schuldner handelt dagegen in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, welche zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Schuldner und der Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben.98 Befriedigt der Schuldner den Gläubiger früher als drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages, so stellt dies auch dann eine kongruente Rechtshandlung dar, wenn sie unter dem Druck der Zwangsvollstreckung vorgenommen wurde.99 Dennoch kann bei solchen „Druckzahlungen“ im Einzelfall ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gegeben sein.100

F 39 Besondere Sorgfalt bei der Prüfung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes ist im Falle von Sanierungsbemühungen zur Rettung des schuldnerischen Unternehmens angezeigt.101 Beauftragt etwa der Schuldner in Kenntnis der drohenden Insolvenz einen Dritten mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Stellung eines Insolvenzantrages gegeben sind, so ist die Anfechtbarkeit von Honorarzahlungen an den Dritten unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung nicht schon dann zu bejahen, wenn der Schuldner ernsthaft mit der Insolvenzreife gerechnet hat. Stellt man in solchen Fällen zu geringe Anforderungen an den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, so ist auch über § 142 InsO keine Abhilfe möglich. Denn ein Bargeschäft scheidet nach dieser Bestimmung aus, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind. Verschärft wird die Problematik ferner dadurch, dass für § 133 Abs. 1 InsO eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht.

F 40 Entsprechendes gilt für Deckungshandlungen, die zugunsten eines zur Teilnahme an Sanierungsmaßnahmen bereiten Gläubigers oder Dritten vorgenommen werden. Das Anfechtungsrecht soll aussichtsreiche Sanierungsversuche, die vor den kritischen Zeiträumen der §§ 130, 131 InsO

96 Vgl. BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 ff. 97 Vgl. BGH v. 20.6.1996 – IX ZR 314/95, ZIP 1996, 1475 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 13. 98 BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, ZInsO 2010, 87; v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, MDR 1997, 958 = ZIP 1997, 1551 (1553). 99 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. = MDR 2003, 1256. 100 Vgl. BGH v. 17.7.2003 – IX ZR 272/02, MDR 2004, 174 = ZIP 2003, 1799 ff. Rz. 15. 101 Vgl. dazu Gehrlein, WM 2011, 577 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 43 F

vorgenommen werden, nicht mit einem unkalkulierbaren Anfechtungsrisiko belasten und damit von vornherein unmöglich machen.102 Nach der Rechtsprechung des BGH103 kann selbst der Schluss von der Gewährung einer inkongruenten Deckung – und damit erst recht bei einer kongruenten Deckung – darauf, dass der Schuldner eine Benachteiligung seiner Gläubiger billigend in Kauf genommen hat, ausgeschlossen sein, wenn die Gewährung der inkongruenten Deckung den Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs bildete. Die Hoffnung des Schuldners, auf diese Weise sein Unternehmen retten zu können, genügt allerdings grundsätzlich nicht, wenn die dazu erforderlichen Bemühungen über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen sind. Zu fordern ist vielmehr ein in sich schlüssiges Konzept, das jedenfalls in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt ist und infolgedessen auf der Seite des Schuldners bei der Vornahme der Rechtshandlung ernsthafte und begründete Aussichten auf Erfolg rechtfertigt.104

F 41

Ein solches Sanierungskonzept muss von den erkannten und erkennbaren tatsächlichen Gegebenheiten ausgehen und darf nicht offensichtlich undurchführbar sein. Sowohl für die Frage der Erkennbarkeit der Ausgangslage als auch für die Prognose der Durchführbarkeit ist auf die Beurteilung eines unvoreingenommenen – nicht notwendigerweise unbeteiligten –, branchenkundigen Fachmanns abzustellen, dem die vorgeschriebenen oder üblichen Buchhaltungsunterlagen zeitnah vorliegen. Eine solche Prüfung muss ferner die wirtschaftliche Lage des Schuldners im Rahmen seiner Wirtschaftsbranche analysieren und die Krisenursachen sowie die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage erfassen.105

F 42

Zu beachten ist jedoch, dass nach der Rechtsprechung des BGH der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht nur im Falle eines solchen schlüssigen Sanierungskonzepts ausgeschlossen sein kann. Am Benachteiligungsvorsatz des Schuldners – und der entsprechenden Kenntnis des Anfechtungsgegners – kann es vielmehr auch dann fehlen, wenn lediglich ein Überbrückungskredit gewährt wurde, der nicht die Qualität eines Sanierungsversuchs erreicht hat.106 Die subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO dürfen nicht schon deshalb bejaht werden, weil ein Sanierungsversuch objektiv nicht hinreichend fachgerecht vorbereitet wurde. Denn Fahrlässigkeit genügt nicht für die Anwen-

F 43

102 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 29. 103 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, MDR 1993, 528 = ZIP 1993, 276 ff. Rz. 30; v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 ff. Rz. 28. 104 Vgl. BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83, AG 1984, 181 = GmbHR 1984, 343 = MDR 1984, 736 = ZIP 1984, 572 (580). 105 Vgl. BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, MDR 1995, 919 = ZIP 1995, 297 (299); v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1564). 106 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1564). Schäfer

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F Rz. 43

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

dung der Bestimmung. Beteiligte, die ernsthaft und mit aus ihrer Sicht tauglichen Mitteln die Sanierung anstreben, handeln subjektiv redlich. Sie wollen typischerweise den Eintritt der Gläubigerbenachteiligung gerade vermeiden, nehmen sie also durchweg nicht in Kauf.107

F 44 Selbst wenn der Schuldner eine gläubigerbenachteiligende Wirkung der Sanierungsmaßnahme erkannt und sogar billigend in Kauf genommen hat, kann der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz dennoch ausgeschlossen sein, wenn der Schuldner aufgrund konkreter Vorstellungen davon überzeugt war, in absehbarer Zeit alle seine Gläubiger befriedigen zu können.108 Die Vorstellung des Schuldners muss sich allerdings nach der neueren Rechtsprechung des BGH auf konkrete Tatsachen gründen. Die bloße Hoffnung des Schuldners, er werde in absehbarer Zeit von seinem in wirtschaftliche Nöte geratenen Hauptauftraggeber noch ausstehende Zahlungen oder sonstige Zuwendungen von dritter Seite erhalten, schließt den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht aus.109

F 45 Die in der Rechtsprechung des BGH für die anfechtungsrechtliche Beurteilung von Sanierungskrediten entwickelten Grundsätze sind nach dessen Urteil vom 5.3.2009110 auf die Anschubfinanzierung im Rahmen einer Unternehmensneugründung nicht übertragbar. Überträgt der Gründer eines Unternehmens der finanzierenden Bank zur Sicherung ihrer Kredite nahezu das gesamte Unternehmensvermögen, so handelt er selbst dann nicht mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn seine Hoffnung, die Gründung werde erfolgreich sein, objektiv unberechtigt ist. Die diesem Urteil vorausgegangene Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden vom 29.3.2007111 beruhte auf einer unzutreffenden Abgrenzung zwischen Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Ein Unternehmensgründer, der in beträchtlichem Umfang Eigenkapital in das neu gegründete Unternehmen einbringt, vertraut in der Regel – wenngleich eventuell grob fahrlässig – darauf, dass schon alles gut gehen werde und nimmt das Scheitern des Vorhabens nicht billigend in Kauf. (4) Weitere Einzelfälle

F 46 Der Schuldner handelt mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er als Mitglied einer Bau-Arbeitsgemeinschaft dem Bauherrn noch kurz vor der Stellung des Insolvenzantrages speziell angefertigte Baufertigteile lie107 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1564). 108 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, NJW 1998, 1561 (1564); vgl. dazu noch BGH v. 12.7.1990 – IX ZR 245/89, MDR 1990, 1109 = NJW 1990, 2626 (2627); v. 26.3.1984 – II ZR 171/83, AG 1984, 181 = GmbHR 1984, 343 = MDR 1984, 736 = NJW 1984, 1893 (1898) – a.A. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 31: allenfalls Beweisanzeichen gegen Benachteiligungsvorsatz. 109 Vgl. BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. Rz. 22 = MDR 2003, 1256; v. 21.1.1999 – IX ZR 329/97, MDR 1999, 503 = ZIP 1999, 406 (408). 110 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, MDR 2009, 952 = NJW 2009, 1601 ff. 111 OLG Dresden v. 29.3.2007 – 13 U 1132/06, ZInsO 2007, 497 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 49 F

fert.112 Auch wenn der Schuldner Gegenstände seines Vermögens zu angemessenem Preis verkauft, kann ein Handeln mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorliegen, wenn er den Veräußerungserlös seinen Gläubigern entziehen will.113 Soll eine Gesellschaft ohne ordnungsgemäße Liquidation durch Sitzverlegung ins Ausland „bestattet“ werden, ist vom Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes auszugehen.114 Wird eine gläubigerbenachteiligende Vereinbarung gezielt für den Insolvenzfall abgeschlossen, so wird damit dem Vertragspartner des Schuldners einseitig ein Sondervorteil eingeräumt, der zwangsläufig die Rechte anderer Gläubiger schmälern muss. Dies trägt nach allgemeiner Erfahrung den Schluss auf einen entsprechenden Willen, solange keine erheblichen gegenteiligen Umstände dargetan sind.115 Ist ein Sicherungsgeschäft aufschiebend bedingt für den Fall des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung des Schuldners vereinbart, so ist unabhängig von der Kongruenz oder der Inkongruenz der Vereinbarung von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen.116

F 47

Ein Beweisanzeichen für das Vorliegen des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes ist nach der Rechtsprechung des BGH ferner gegeben, wenn der Schuldner die Befriedigung seiner Gläubiger davon abhängig macht, welcher Gläubiger ihm am gefährlichsten ist („ich habe immer dort bezahlt, wo es am dringendsten war“).117

F 48

(5) Inkongruente Rechtshandlungen Der BGH ging in ständiger Rechtsprechung zu § 31 Nr. 1 KO davon aus, dass eine inkongruente Deckung in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners bilde.118 Dem lag die Erwägung zugrunde, dass Schuldner nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr regelmäßig nicht bereit sind, anderes oder gar mehr zu leisten als sie schulden. Tun sie dies dennoch, so müssen dafür im Allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Dies weiß in der Regel auch der Leistungsempfänger; eine solche Begünstigung muss in ihm einen entsprechenden Verdacht wecken. Zugleich lag es nach Ansicht 112 BGH v. 23.9.1981 – VIII ZR 245/80, ZIP 1981, 1229 (1231). 113 Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 26. 114 BGH v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02 – „Unternehmensbestattung“, BGHZ 165, 343 ff. = MDR 2006, 950 = GmbHR 2006, 316 m. Anm. Blöse. 115 Vgl. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, MDR 2007, 1099 = NJW 2007, 2325 ff. Rz. 27; v. 11.11.1993 – IX ZR 257/92 – „Breitbandverteilanlage“, BGHZ 124, 76 (82) = MDR 1994, 468. 116 BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 (835). 117 Vgl. BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (84) = MDR 2003, 1256; Ganter, WM 2009, 1441 (1443). 118 BGH v. 26.6.1997 – IX ZR 203/96, MDR 1997, 959 = ZIP 1997, 1509 (1510); v. 11.5.1995 – IX ZR 170/94, MDR 1996, 135 = WM 1995, 1394 (1397); v. 30.3.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (326). Schäfer

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F 49

F Rz. 49

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

des BGH auf der Hand, dass wegen der Bevorzugung einzelner Gläubiger über das Maß des ihnen von Rechts wegen Zustehenden hinaus für andere Gläubiger entsprechend weniger übrig blieb. Von einer Liquiditätskrise des Schuldners sollte diese Beweiserleichterung nicht abhängen.119

F 50 Der BGH geht von der Fortgeltung dieser Rechtsgrundsätze im Anwendungsbereich des § 133 Abs. 1 InsO aus. Danach bildet etwa die durch die Androhung eines Insolvenzantrages bewirkte inkongruente Deckung auch bei Anfechtungen nach § 133 Abs. 1 InsO in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und eine Kenntnis des Gläubigers hiervon.120 Das Eingreifen dieses Beweisanzeichens setzt allerdings voraus, dass die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Leistungsempfängers Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln.121

F 51 Die Berücksichtigung der mit einer inkongruenten Deckung verbundenen Indizwirkung wird durch die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht verdrängt. Es ist vielmehr ein wesentliches Anliegen der Insolvenzordnung, das Anfechtungsrecht gegenüber den Anfechtungstatbeständen der Konkursordnung zu verschärfen. Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte als Ausgleich für die weiter gefassten Anfechtungstatbestände zu Lasten der Masse in das System des zivilprozessualen Beweisrechts eingreifen wollen, liefert die Entstehungsgeschichte nach Ansicht des BGH keinen Anhalt.122

F 52 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zu § 131 InsO ist auch eine während der kritischen Zeiträume des § 131 Abs. 1 InsO unter dem Druck der unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung bzw. im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Deckung als inkongruent anzusehen.123 Denn das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip wird durch das System der insolvenzrechtlichen Anfechtungsregeln eingeschränkt, wenn für die Gesamtheit der Gläubiger nicht mehr die Aussicht besteht, aus dem Vermögen des Schuldners volle Deckung zu erhalten. Dann tritt die Befugnis des Gläubigers, sich mit Hilfe hoheit119 Vgl. BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 (515); v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 (835); v. 2.12.1999 – IX ZR 412/98, MDR 2000, 354 = NJW 2000, 957 (958). 120 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. = MDR 2004, 650; v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 (137) = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse. 121 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841; v. 2.2.2006 – IX ZR 82/02, ZInsO 2006, 371 ff. Rz. 31; v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. Rz. 37 = MDR 2004, 650. 122 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 251 f. = MDR 2004, 650 mit Hinweis auf die Begr. zum Reg.-Entw. 123 BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309 ff.; v. 20.11.2001 – IX ZR 159/00, ZIP 2002, 228 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 55 F

licher Zwangsmittel eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung der eigenen fälligen Forderungen zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurück. § 131 InsO verdrängt in den letzten drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag und in der Zeit danach bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Prioritätsgrundsatz zugunsten der Gleichbehandlung der Gläubiger.124 Außerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Deckungsanfechtung gilt diese Rechtsprechung jedoch nicht. Hat der Schuldner den Gläubiger schon früher als drei Monate vor der Stellung des Insolvenzantrages befriedigt, so stellt seine Leistung nicht schon deshalb eine inkongruente Deckung dar, weil sie zur Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung erfolgte.125

F 53

Auch außerhalb des Dreimonatszeitraums vor der Stellung des Insolvenzantrages kann allerdings die Indizwirkung der Inkongruenz eingreifen, wenn der Pfändungsdruck von der Androhung der Stellung eines Insolvenzantrages überlagert wird.126 Die durch die Androhung eines Insolvenzantrages erlangte Befriedigung ist stets inkongruent, denn es ist rechtsmissbräuchlich, einen Insolvenzantrag, welcher der Herbeiführung der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung dient, zum Zwecke der Durchsetzung der Einzelbefriedigung einzusetzen.127 Dabei endet der für eine Inkongruenz notwendige zeitliche Zusammenhang zwischen der Drohung mit einem Insolvenzantrag und der Leistung des Schuldners nicht ohne weiteres mit Ablauf der vom Gläubiger mit der Androhung gesetzten Zahlungsfrist. Rückt der Gläubiger von der Drohung mit dem Insolvenzantrag nicht ab und verlangt er vom Schuldner fortlaufend Zahlung, kann der Leistungsdruck über mehrere Monate fortbestehen.128

F 54

Zu beachten ist jedoch, dass aus der Inkongruenz einer Deckung nicht unbesehen auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners geschlossen werden darf.129 Die Bedeutung der Inkongruenz als Beweisanzeichen hängt vielmehr von deren Art und Ausmaß ab.130 Die Indizwirkung nimmt ab, je größer der zeitliche Abstand zur Krise wird.131 Das

F 55

124 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZIP 2008, 1488 ff. Rz. 8; v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. Rz. 9 = MDR 2006, 1129. 125 Vgl. BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. = MDR 2003, 1256; v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 27. 126 BGH v. 18.6.2009 – IX ZR 7/07, ZIP 2009, 1434 f.; vgl. zum umgekehrten Fall BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. Rz. 40 = MDR 2004, 650. 127 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 41. 128 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff., 2. Leitsatz = MDR 2004, 650. 129 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 18. 130 BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242 ff. Rz. 30 = MDR 2004, 650. 131 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 48 Rz. 20. Schäfer

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F Rz. 55

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

Beweisanzeichen ist in seiner Bedeutung ferner wesentlich herabgesetzt, wenn die Inkongruenz nur gering ist. Es ist entkräftet, wenn Umstände feststehen, welche den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners in Frage stellen,132 etwa wenn die angefochtene Rechtshandlung in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Sanierungskonzept stand, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt war und eine ernsthafte Aussicht auf Erfolg begründete.133 Der Schluss von der Inkongruenz auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann ungerechtfertigt sein, wenn die Gewährung der inkongruenten Deckung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich allerdings fehlgeschlagenen Sanierungsversuchs ist.134

F 56 Das in der Inkongruenz einer gewährten Deckung zu sehende Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann schließlich entkräftet sein, wenn der Schuldner aufgrund konkreter Anhaltspunkte davon ausging, mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen zu können.135 Die bloße Hoffnung des Schuldners, seine Verbindlichkeiten alsbald begleichen zu können, vermag den Benachteiligungsvorsatz jedoch nicht auszuschließen.136

F 57 Vergleichen sich ein Bauunternehmer, der ein nachbesserungsbedürftiges Werk abgeliefert hat, und der Autraggeber über die Höhe des geschuldeten Werklohns in der Weise, dass dieser unter Verzicht auf eine Nachbesserung ermäßigt wird, kann anfechtungsrechtlich in dem Verzicht auf die weitergehende Forderung ein inkongruentes Deckungsgeschäft liegen. Die Inkongruenz des Geschäfts kann jedoch ihre indizielle Wirkung für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Verzichtenden verlieren, wenn der objektiv erforderliche Nachbesserungsaufwand in etwa dem Betrag entspricht, auf den der Unternehmer gegenüber dem Autraggeber verzichtet. Die Kenntnis des Auftraggebers von einem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Verzichtenden ist regelmäßig ausgeschlossen, wenn der Auftraggeber die vorhandenen Mängel als derart gravierend einschätzt, dass aus seiner Sicht die mangelhafte Werkleistung durch die vereinbarte Zahlung in etwa angemessen entlohnt ist.137

132 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 ff. Rz. 17 = MDR 2009, 952; v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00, MDR 2005, 956 = ZIP 2005, 769 (771). 133 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 183/06, MDR 2009, 404 = ZIP 2009, 91 ff. Rz. 52; v. 12.11.1992 – IX ZR 236/91, MDR 1993, 528 = ZIP 1993, 276 (279); v. 4.12.1997 IX ZR 47/97, WM 1998, 248 (250). 134 BGH v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, BGHZ 180, 98 ff. Rz. 17 = MDR 2009, 952; v. 1.4.2004 – IX ZR 205/00, ZIP 2004, 957 (959); v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZIP 2007, 1469 ff. Rz. 18. 135 Vgl. BGH v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, ZIP 2004, 957 ff.; v. 2.12.1999 – IX ZR 412/98, MDR 2000, 354 = NJW 2000, 957 (958); Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 11. Aufl., Rz. 545. 136 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = ZIP 2006, 290 ff. Rz. 26. 137 Vgl. BGH v. 13.5.2004 – IX ZR 128/01, MDR 2004, 1320 = ZIP 2004, 1370 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 61 F

Die praktische Bedeutung dieser Abschwächung des Beweisanzeichens einer inkongruenten Deckung verdeutlicht ferner ein Urteil des BGH vom 18.11.2004:138

F 58

BGH-Urteil vom 18.11.2004 – ZIP 2005, 769 ff. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Beklagte als Subunternehmer der Schuldnerin im Rahmen einer Gebäudemodernisierung Elektroarbeiten für die AOK erbracht. Die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Schuldnerin trat einen Teil ihrer Werklohnforderung gegen die AOK erfüllungshalber an den Beklagten ab. Die AOK stimmte der Abtretung zu und überwies einen entsprechenden Betrag an den Beklagten. Der klagende Insolvenzverwalter focht die Abtretungsvereinbarung an.

F 59

Das Berufungsgericht war von einer kongruenten Deckung ausgegangen, da der Beklagte aufgrund seiner Absprachen mit der Schuldnerin einen Anspruch auf die angefochtene Abtretung gehabt habe. Diese Betrachtung war jedoch zu ungenau, da die angeblich geschuldete Abtretung dem Beklagten erst im Sicherungsfall ein Befriedigungsrecht gewährt hätte. Der Sicherungsfall war jedoch erst mit der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens eingetreten. Die danach allenfalls in Frage kommende Inkongruenz der Abtretung war aber so schwach, dass daraus – anders als in den Regelfällen der Inkongruenz – kein starkes Beweisanzeichen für eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin abgeleitet werden konnte.139 Die Erfahrung, dass ein Schuldner im Geschäftsverkehr regelmäßig nicht bereit ist, etwas anderes oder mehr zu gewähren als das, wozu er verpflichtet ist, traf nicht zu, wenn die Schuldnerin den Beklagten ohnehin durch die fragliche Abtretung sichern musste.

F 60

Nach Ansicht des BGH konnte ferner dahingestellt bleiben, ob ein inkongruentes Deckungsgeschäft deshalb vorlag, weil die Vereinbarung über die künftige Abtretung eines Teils der Werklohnforderung erst im Zusammenhang mit Nachtragsaufträgen zustande gekommen war und auch den Stammwerklohn sichern sollte. Wenn der Bauhauptunternehmer dem Sicherungsverlangen eines Subunternehmers nach § 648a BGB a.F. nachkommt, indem er sich gegenüber Letzterem zur Abtretung eines Teils der Werklohnforderung verpflichtet, ist die Inkongruenz der Sicherungsvereinbarung ebenfalls so schwach, dass daraus kein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners abgeleitet werden kann. § 648a BGB a.F. konnte zwar mangels hinreichend konkretisierter Sicherungspflicht noch nicht bewirken, dass eine anlässlich von Nachtragsaufträgen zustande gekommene und von der Schuldnerin später erfüllte Abtretungsvereinbarung als kongruente Sicherungs-

F 61

138 BGH v. 18.11.2004 – IX ZR 299/00 – „Gebäudemodernisierung“, MDR 2005, 956 = ZIP 2005, 769 ff. 139 Vgl. zu dieser Abhängigkeit BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (327) = MDR 1994, 158; v. 11.12.1997 – IX ZR 341/95, BGHZ 137, 267 (284). Schäfer

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F Rz. 61

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

handlung erschien. Die Schuldnerin hatte aber nur die Wahl des Sicherungsmittels gehabt. Diese schwache Inkongruenz genügte nach der Würdigung des BGH nicht, um von der Sicherheitenbestellung auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin zu schließen. bb) Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners

F 62 § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO erfordert ferner die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Diese Kenntnis muss bei der Vornahme der Rechtshandlung gegeben sein, somit gemäß § 140 Abs. 1 InsO zu dem Zeitpunkt, zu dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Da § 133 Abs. 1 InsO kein Deliktstatbestand ist, ist kein Schädigungsvorsatz des Anfechtungsgegners erforderlich, vielmehr reicht die schlichte Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Da auch diese Kenntnis in der Regel nur aus äußeren Umständen gefolgert werden kann, erleichtert § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO den Nachweis. Danach wird die Kenntnis des Gläubigers vermutet, wenn er wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Es ist nicht erforderlich, dass der Gläubiger selbst mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt hat.140 Vielmehr genügt es, wenn der Anfechtungsgegner im Allgemeinen um den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners gewusst hat; alle Einzelheiten braucht er nicht zu kennen.141 Es reicht andererseits nicht, dass der Anfechtungsgegner die Benachteiligung anderer Gläubiger gewollt bzw. gekannt hat; vielmehr muss der Schuldner selbst die Benachteiligung der übrigen Gläubiger billigend in Kauf genommen haben.142

F 63 Die Kenntnis des Anfechtungsgegners ist nach der Rechtsprechung des BGH und nach der herrschenden Auffassung im Schrifttum spiegelbildlich zum Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu beurteilen.143 Es gelten daher dieselben Beweiserleichterungen, wie sie im Hinblick auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners entwickelt wurden. Sind dem Gläubiger die Beweisanzeichen bewusst, die einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners begründen, so kann von seiner Kenntnis ausgegangen werden.144 So ist etwa die Kenntnis der Inkongruenz ein wesentliches Beweisanzeichen auch dafür, dass der Anfechtungsgegner den 140 BGH v. 23.5.1985 – IX ZR 124/84, ZIP 1985, 1008 ff. 141 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06, MDR 2008, 341 = ZIP 2008, 190 ff. Rz. 34. 142 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 47. 143 BGH v. 4.12.1997 – IX ZR 47/97, ZIP 1998, 248 (253); v. 29.4.1999 – IX ZR 163/98, MDR 1999, 1021 = NJW 1999, 3046 (3047); HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 21; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 25. 144 Vgl. Bork/Gehrlein, Aktuelle Probleme der Insolvenzanfechtung, 11. Aufl., Rz. 563.

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III. Einzelheiten

Rz. 66 F

Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners gekannt hat.145 Die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung kann allerdings entfallen, wenn sie bereits zu einer Zeit vereinbart wurde, in welcher der Schuldner zweifelsfrei liquide war oder – aus der Sicht des Gläubigers – zu sein schien. Verdächtig wird die Inkongruenz aber schon, sobald erste ernsthafte Zweifel an der Zahlungsfähigkeit des Schuldners auftreten.146 Bei Rechtshandlungen im Rahmen von Sanierungen ist auch beim Anfechtungsgegner im Grundsatz nur dann die erforderliche Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners zu verneinen, wenn sie aus damaliger Sicht erfolgversprechend waren.147 Dass die Gesellschafter einer insolvenzreifen GmbH eine namhafte Kapitalerhöhung durchführen, ohne damit die Insolvenz abwenden zu wollen, ist allerdings derart ungewöhnlich, dass damit im Allgemeinen nicht zu rechnen ist.148

F 64

cc) Kenntnisvermutung gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (1) Grundsatz Um dem Insolvenzverwalter die schwierige Beweisführung und damit die praktische Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs zu erleichtern, wird die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn dieser wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte, also die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigte. Gelingt dem Insolvenzverwalter der Beweis dieser die Vermutung rechtfertigenden Tatsachen, so hat der Anfechtungsgegner den Beweis des Gegenteils zu führen, um diese Vermutung zu widerlegen.149

F 65

Der BGH hat diesem Vermutungstatbestand eine weitere Beweiserleichterung hinzugefügt. Nach seiner inzwischen bereits gefestigten Rechtsprechung steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen.150 Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Be-

F 66

145 Vgl. BGH v. 2.12.1999 – IX ZR 412/98, MDR 2000, 354 = NJW 2000, 957 (958). 146 BGH v. 25.5.2007 – IX ZR 125/04, veröffentlicht bei juris; v. 11.3.2004 – IX ZR 160/02, MDR 2004, 964 = ZIP 2004, 1060 ff. Rz. 24; v. 21.1.1999 – IX ZR 329/97, MDR 1999, 503 = ZIP 1999, 406 (407). 147 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 25. 148 BGH v. 17.6.1999 – IX ZR 62/98, MDR 1999, 1154 = NJW 1999, 3780 (3782). 149 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 150 BGH v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 ff. Rz. 10; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1909 ff. Rz. 8; v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, MDR 2007, 1221 = ZIP 2007, 1511 ff. Rz. 25. Schäfer

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F Rz. 66

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

wertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zweifelsfrei folgt.151 Im Schrifttum wird in diesem Zusammenhang jedoch zu Recht zu bedenken gegeben, dass die Kenntnis des Gläubigers von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners für den einen Zeitraum von zehn Jahren erfassenden Tatbestand des § 133 Abs. 1 InsO nicht ausreichen könne, wenn § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO den Nachweis der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit fordere.152

F 67 Es ist ferner zu beachten, dass nach der neuesten Rechtsprechung des BGH solche Tatsachen, die auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hindeuten, nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen.153 Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen.154

F 68 Bei Kenntnis der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zum Zeitpunkt des Erhalts der schuldnerischen Leistung – so der BGH – kann von einer Kenntnis des Gläubigers von der Gläubigerbenachteiligung nur ausgegangen werden, wenn er Kenntnis von weiteren ungedeckten Verbindlichkeiten des Schuldners hatte oder wenn er mit dem Entstehen solcher Verbindlichkeiten rechnete. Von der Begründung solcher Verbindlichkeiten kann regelmäßig nur bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner ausgegangen werden.155 Für die Zahlung rückständigen Arbeitslohns an Arbeitnehmer gilt dies nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nicht.156 Weiß ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldet, rechtfertigt allein diese Kenntnis nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung des Arbeitgebers.157

151 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 8. 152 M. Schönfelder, WuB VI. A. § 133 InsO 1.09. 153 BGH v. 1.7.2010 – IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 f. Rz. 9; v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 18; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 8. 154 BGH v. 1.7.2010 – IX ZR 70/08, WM 2010, 1756 f. Rz. 9; v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff.; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 8. 155 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 21; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 14. 156 Vgl. dazu Rz. C110 ff. 157 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 ff. = MDR 2009, 650.

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III. Einzelheiten

Rz. 72 F

Redaktionelle Presseberichte, die keine amtlichen Verlautbarungen enthalten, können nach der Rechtsprechung des BGH Umstände sein, die den Verdacht der Zahlungsunfähigkeit begründen und für einen Großgläubiger wie das Finanzamt oder die Sozialkasse eine Beobachtungs- und Erkundigungspflicht auslösen können.158

F 69

(2) Einzelfälle Von der erforderlichen Kenntnis des Gläubigers vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners kann beispielsweise auszugehen sein, wenn der Schuldner über einen längeren Zeitraum hinweg Verbindlichkeiten in beträchtlichem Umfang nicht beglichen, sondern etwa nur Teilleistungen erbracht hat, und wenn der Gläubiger den Umständen nach damit rechnen musste, dass weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen vorhanden waren.159 Die Rückgabe von Lastschriften stellt ein erhebliches Beweisanzeichen für drohende Zahlungsunfähigkeit dar.160 Entsprechendes gilt für Scheckrückbelastungen.161

F 70

Nimmt eine Bank Ratenzahlungen des Schuldners entgegen, die sie mit diesem in einem Stillhalteabkommen vereinbart hat, so ist zu vermuten, dass sie die Absicht des Schuldners kennt, die Gläubiger zu benachteiligen, wenn sie weiß, dass der Schuldner noch weitere Gläubiger hat, die erfolglos zu vollstrecken versucht haben, und die Raten auch nur unregelmäßig gezahlt werden.162 Die in einem Darlehensvertrag enthaltene Bestimmung, wonach die an den späteren Insolvenzschuldner ausgereichte Darlehensvaluta mittelbar an den Darlehensgeber zurückfließen soll, kann den Schluss auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz rechtfertigen.163

F 71

Ein Gläubiger, der nach einem Insolvenzantrag mit dem Schuldner eine Ratenzahlungsvereinbarung abschließt, darf grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass die Forderungen der anderen, zurückhaltenderen Gläubiger in vergleichbarer Weise bedient werden wie seine eigenen. Vielmehr entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner – um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern – unter dem Druck eines Insolvenzantrages Zahlungen bevorzugt an den antragstellenden Gläubiger leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen.

F 72

158 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63 ff. Rz. 21 = MDR 2009, 650; v. 19.7.2001 – IX ZR 36/99, MDR 2002, 172 = ZIP 2001, 1641 ff. 159 Vgl. BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 188/07 – „Pizzeria“, MDR 2009, 352 = ZInsO 2009, 145 ff. Rz. 10; v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, MDR 2008, 590 = ZIP 2008, 420 ff. Rz. 36; v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, MDR 2007, 1221 = ZInsO 2007, 819 ff. Rz. 24. 160 BGH v. 1.7.2010 – IX ZR 70/08, ZInsO 2010, 1598 ff. Rz. 10. 161 Vgl. BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 81/99, MDR 2001, 1437 = ZIP 2001, 2097 (2098). 162 BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 ff. 163 BGH v. 14.2.2008 – IX ZR 38/04, ZIP 2008, 706 ff. Schäfer

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F Rz. 73

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

F 73 Die Kenntnis der Überschuldung einer juristischen Person oder einer ihr gleichgestellten Gesellschaft gemäß § 19 InsO genügt zwar für sich genommen nicht, legt aber als deren Folge oft zugleich die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit nahe.164

F 74 In einem Urteil des BGH vom 13.8.2009165 sprachen verschiedene Umstände für die Kenntnis der verklagten Berufsgenossenschaft von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin. Deren Zahlungen waren zunehmend nur unter dem Druck der bevorstehenden und der später auch eingeleiteten Zwangsvollstreckung erfolgt. Auf beträchtliche Rückstände hatte die Schuldnerin nur kleinere und unregelmäßige Teilzahlungen geleistet. Da die Beklagte trotz der Titulierung ihrer Forderungen und der Entfaltung erheblichen Vollstreckungsdrucks nur schleppend geringe Teilzahlungen auf ihre Gesamtforderungen erhalten hatte, lag es nach Ansicht des BGH aus deren Sicht fern, dass andere Gläubiger, die keinen Titel hatten, pünktlich und vollständig befriedigt wurden.

F 75 Nach einem Urteil des BGH vom 17.2.2004166 hatte die Schuldnerin schon seit geraumer Zeit erhebliche Steuerrückstände, als sie die Leistung an das Finanzamt erbrachte. Höhe und Dauer der Rückstände hatten dieses veranlasst, gegen zwei Drittschuldner gerichtete Pfändungs- und Einziehungsverfügungen zu erlassen, von denen es nur Teilzahlungen erhielt. Die Zahlungen der Schuldnerin tilgten die fälligen Steuerforderungen ebenfalls nur teilweise. Darüber hinaus hatte das Finanzamt eine umfangreiche Betriebsprüfung abgeschlossen, die ihm zusätzliche Einblicke in das Unternehmen der Schuldnerin verschafft hatte. Damit kannte das Finanzamt nach Ansicht des BGH eine Reihe von Tatsachen, die in ihrer Gesamtheit zumindest die Schlussfolgerung geboten, der Schuldnerin drohe die Zahlungsunfähigkeit.

F 76 Leistet der Schuldner, der mit seinen laufenden steuerlichen Verbindlichkeiten seit mehreren Monaten zunehmend in Rückstand geraten ist, lediglich eine Teilzahlung und bestehen keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass er in Zukunft die fälligen Forderungen alsbald erfüllt, so kennt die Finanzverwaltung in der Regel Umstände, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen.167

F 77 Die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners kann ferner anzunehmen sein, wenn der Schuldner dem Gläubiger gegen Stundung der Gläubigerforderung eine erst später fällig werdende Forderung gegen einen Dritten erfüllungshalber abtritt, nach164 Vgl. BGH v. 13.5.2004 -IX ZR 190/03, NZI 2005, 692 (693); MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 24c. 165 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = ZIP 2009, 1966 ff. Rz. 11. 166 BGH v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669 f. Rz. 23. 167 BGH v. 9.1.2003 – IX ZR 175/02, MDR 2003, 473 = ZIP 2003, 410 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 82 F

dem er zuvor zu verstehen gegeben hat, die Forderung des Gläubigers nicht erfüllen zu können.168 Wird eine Sicherheit aus dem Schuldnervermögen unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Insolvenz bestellt, handeln die Vertragsschließenden mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz. Der Insolvenzfall ist keine zulässige Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO. Insolvenzbezogene vertragliche Lösungsklauseln sollen hingegen nach einer Auffassung im Schrifttum keine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO begründen.169

F 78

Das Nachbesicherungsverlangen eines Kreditinstituts wegen Vermögensverschlechterung (vgl. Nr. 13 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 22 Abs. 1 AGBSparkassen) deutet wegen seiner geringeren Voraussetzungen für sich genommen noch nicht hinreichend auf die Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hin.170 Der Umstand allein, dass die Verpfändung als Sicherheit vor allem bei Zahlungsschwierigkeiten des Verpfänders wirtschaftlich bedeutsam wird, begründet noch nicht ohne weiteres die Vermutung, dass Gläubigerbenachteiligungsvorsatz vorgelegen und der Gläubiger dies gewusst habe.171

F 79

Der unter Beweis gestellte Sachvortrag des Anfechtungsgegners, wonach der Schuldner ihm erklärt habe, sowohl sein Anwalt als auch sein Steuerberater hätten ihm geraten, sämtliche anderen Gläubiger vor ihm zu befriedigen, da er als Vermieter mindestens ein Jahr benötige, um eine Räumung durchzusetzen, kann im Hinblick auf die erforderliche Kenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners erheblich sein.172

F 80

Fragen des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der Kenntnis des anderen Teils bei Teilzahlungen auf rückständige Sozialversicherungsbeiträge verdeutlicht beispielhaft ein Urteil des BGH vom 27.5.2003:173

F 81

BGH-Urteil vom 27.5.2003 – „Teilzahlungen“ (BGHZ 155, 75 ff.) Wegen der aufgelaufenen Beitragsrückstände des Schuldners bei der verklagten Krankenkasse erteilte diese am 12.8.1999 einen ersten Vollstreckungsauftrag über ca. 28 000 DM. Nachdem ein vom Schuldner begebener Scheck über 12 000 DM wegen fehlender Deckung nicht eingelöst worden war, forderte die Beklagte den Schuldner mit Schreiben vom 15. und vom 24.9.1999 erneut zur 168 Vgl. BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 235/03, MDR 2008, 46 = ZIP 2007, 2084 f. – „Maklerprovision“. 169 MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 28, 28a. 170 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 24a. 171 BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, GmbHR 1997, 936 = ZIP 1997, 1596 (1600) = BGHZ 136, 220 ff. 172 BGH v. 20.11.2008 – IX ZR 188/07, MDR 2009, 352 = ZIP 2009, 189 f. Rz. 13 f. 173 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 ff. Schäfer

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F 82

F Rz. 82

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

Begleichung der sich mittlerweile auf ca. 31 000 DM belaufenden Beitragsrückstände auf. Am 8.10.1999 leistete der Schuldner 12 600 DM in bar an den Gerichtsvollzieher, um Zwangsvollstreckungsmaßnahmen abzuwenden. Von dieser Zahlung wurden ca. 9800 DM an die Beklagte abgeführt, der Rest ging an einen anderen Sozialversicherungsträger. Am 26.10.1999 erbrachte der Schuldner eine weitere Barzahlung i.H.v. 10 000 DM an den Gerichtsvollzieher.

F 83 Mit Schreiben v. 22.11.1999 forderte die Beklagte die Rückführung der zwischenzeitlich aufgelaufenen Rückstände in Höhe von erneut ca. 31 000 DM. Am 23.11.1999 zahlte der Schuldner wiederum 9000 DM an den Gerichtsvollzieher, von denen ca. 2300 DM der Beklagten am 28.12.1999 gutgeschrieben wurden. Laut Mahnschreiben der Beklagten vom 17.12.1999 standen ca. 35 000 DM offen. Am 24.1.2000 leistete der Schuldner eine weitere Zahlung in Höhe von ca. 15 000 DM an den Gerichtsvollzieher, die der Beklagten am 27.1.2000 gutgeschrieben wurde. Am 18.4.2000 beantragte die Beklagte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten mit Erfolg die Rückgewähr der gezahlten ca. 37 100 DM unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung.

F 84 Der BGH weist zunächst darauf hin, dass keine inkongruenten Deckungen vorlägen, da die Zahlungen außerhalb des Dreimonatszeitraums des § 131 Abs. 1 Nr. 2 und 3 InsO erbracht worden seien. Aber auch ohne das Beweisanzeichen der inkongruenten Deckung sei nach den Feststellungen des Berufungsgerichts vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners auszugehen, da diesem bewusst gewesen sei, dass sein Vermögen nicht ausgereicht habe, um über Teilzahlungen hinaus alle Gläubiger befriedigen zu können. Nach seinen Angaben habe er in dem fraglichen Zeitraum von Oktober bis Dezember 1999 „immer dort bezahlt …, wo es am dringendsten war“. Einem Schuldner, der Forderungen eines Gläubigers vorwiegend deshalb zumindest teilweise erfülle, um diesen dadurch von der Stellung eines Insolvenzantrages abzuhalten, komme es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten, sondern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an. Damit nehme er die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen in Kauf. Für den Benachteiligungsvorsatz reiche auch bei kongruenten Deckungsgeschäften die Feststellung aus, dass der Schuldner sich eine Benachteiligung nur als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen habe, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen.174 Die bloße Hoffnung des Schuldners, er werde von seinem in wirtschaftliche Nöte geratenen Hauptauftraggeber die in erheblichem Umfang noch ausstehenden Zahlungen erhalten, schließe den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz nicht aus.

F 85 Die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners habe das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei bejaht. Bereits aus der Scheckrücklastschrift und den schleppenden Teilzahlungen des Schuldners nach dem ersten Besuch des Gerichtsvollziehers habe die Beklagte entnehmen 174 Vgl. dazu noch BGH v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 (835).

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Rz. 87 F

III. Einzelheiten

können, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gedroht habe. Es sei offensichtlich gewesen, dass die Verbindlichkeiten des gewerblich tätigen Schuldners gegenüber der Beklagten und anderen Sozialversicherungsträgern nicht annähernd die einzigen gewesen seien. Angesichts der partiellen Strafbewehrtheit seiner Forderungen nach § 266a StGB müsse sich gerade einem Sozialversicherungsträger die allgemeine Erfahrung aufdrängen, dass seine Ansprüche oft vorrangig vor anderen befriedigt würden, deren Nichterfüllung für den insolvenzreifen Schuldner weniger gefährlich sei. Nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bestehe somit eine Vermutung für die Kenntnis der Beklagten vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Die Hoffnung des Schuldners, er werde demnächst die Außenstände gegenüber seinem Hauptauftraggeber realisieren und dann die Beitragsrückstände begleichen können, schließe seinen Benachteiligungsvorsatz nicht aus. dd) Nachträglicher Wegfall der Kenntnis des Anfechtungsgegners Eine einmal eingetretene Zahlungseinstellung wirkt grundsätzlich fort; sie kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass der Schuldner seine Zahlungen allgemein wieder aufnimmt. Dies hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich auf den nachträglichen Wegfall einer zuvor eingetretenen Zahlungseinstellung beruft.175 Ebenso wie eine der Rechtshandlung nachfolgende Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist eine zuvor gegebene Kenntnis des Anfechtungsgegners unschädlich, wenn er im Zeitpunkt der Rechtshandlung nicht mehr bösgläubig ist. Jedoch muss die Schlussfolgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht mehr gegeben ist, von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage getragen sein.176 Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründet haben, nicht mehr gegeben sein. Jedoch bewirkt der Fortfall dieser Umstände allein nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr hat der Tatrichter als zweiten Schritt aufgrund aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalles zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei der Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestanden hat.177

F 86

ee) Kenntnis bei Vertretung Ist die benachteiligende Rechtshandlung von einem Vertreter des Erwerbers vorgenommen worden, so kommt es für die Kenntnis auf die Person des Vertreters an.178 Das ergibt sich unmittelbar aus § 166 Abs. 1 BGB, 175 Vgl. BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, MDR 2008, 590 = ZIP 2008, 420 ff. Rz. 36; v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (188) = MDR 2002, 416. 176 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 98/07, MDR 2008, 822 = ZIP 2008, 930 ff. Rz. 15; v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, ZIP 2011, 1111 Rz. 15, AG 2011, 512. 177 BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, AG 2011, 512. 178 Vgl. dazu näher oben Rz. C117 ff. Schäfer

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F 87

F Rz. 87

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

soweit der Vertreter rechtsgeschäftliche Willenserklärungen abgegeben hat, die zum Abschluss des angefochtenen Rechtsgeschäfts notwendig waren.179 Auf andere Erwerbsvorgänge, beispielsweise durch Zwangsvollstreckung, ist § 166 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden;180 die Kenntnis des Gerichtsvollziehers wird jedoch nicht zugerechnet.181

F 88 Im Falle der Leistung des Schuldners an einen vom Gläubiger mit dem Empfang beauftragten Dritten, ist daher der Gläubiger zur Rückgewähr der Leistung verpflichtet.182 Handelt der Stellvertreter nach bestimmten Weisungen des Vertretenen, kann sich dieser gemäß § 166 Abs. 2 BGB in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. ff) Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen

F 89 Sowohl der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch die Kenntnis des Anfechtungsgegners müssen zum Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung gegeben sein. Nach § 140 Abs. 1 InsO ist dies im Grundsatz der Zeitpunkt, in dem die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eintreten. Bei Grundstückgeschäften kommt es darauf an, wann der Erwerber eine insolvenzrechtlich gesicherte Rechtsposition erlangt hatte (vgl. § 140 Abs. 2 InsO).183 Bei bedingten oder befristeten Rechtshandlungen bleibt gemäß § 140 Abs. 3 InsO der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht. c) Mehrpersonenverhältnisse

F 90 Der BGH hat sich erstmals in einem grundlegenden Urteil vom

29.11.2007184 mit der Frage befasst, ob bei einer mittelbaren Zuwendung der Angewiesene als Anfechtungsgegner einer Vorsatzanfechtung in Betracht kommt. Nach dem vorausgegangenen Urteil vom 16.9.1999185 konnte der Eindruck entstehen, dies sei nur dann der Fall, wenn der Angewiesene über die Schuldbefreiung gegenüber dem Anweisenden hinaus einen eigenen Vorteil erlangt hat. Denn er führt in diesem Urteil aus, die dem Angewiesenen durch die Verrechnungsabrede zugewachsene Befugnis habe in einer im Wesentlichen formalen Rechtsposition bestanden, die ihm keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil gebracht habe. Im

179 180 181 182 183 184

BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 34/83, MDR 1984, 934 = NJW 1984, 1953 (1954). Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 49; vgl. dazu näher oben Rz. C121 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 130 Rz. 51. Vgl. BGH v. 12.3.2009 – IX ZR 85/06, MDR 2009, 767 = ZIP 2009, 726 f. Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 50. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06 – „Subunternehmer“, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341. 185 BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98 – „Computeranlage“, BGHZ 142, 284 ff. = MDR 1999, 1463.

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III. Einzelheiten

Rz. 93 F

Urteil vom 29.11.2007 bejaht der BGH jedoch die Möglichkeit der Vorsatzanfechtung gegenüber dem Angewiesenen, die zu der ebenfalls möglichen Vorsatzanfechtung gegenüber dem Zuwendungsempfänger im Verhältnis der Gesamtschuld steht: BGH-Urteil vom 29.11.2007 – BGHZ 174, 314 ff. Die Beklagte schuldete dem Schuldner eine Vergütung für Bewachungsleistungen. Der Schuldner bevollmächtigte seinen Subunternehmer – dem er seinerseits einen bestimmten Betrag für Bewachungsleistungen schuldete – zur Entgegennahme des von der Beklagten zu zahlenden Betrages, da er aufgrund einer nach der Stellung eines Insolvenzantrages erlassenen Verfügungsbeschränkung nicht mehr über sein Bankkonto verfügen konnte. Die Beklagte, die Rechnungen normalerweise über eine Muttergesellschaft beglich, zahlte daraufhin den offenstehenden Betrag in bar an den Subunternehmer. Auf die Revision des Klägers verwies der BGH den Rechtsstreit zurück an das Berufungsgericht.

F 91

Nach der Grundsatzentscheidung des BGH kann auch der Angewiesene Anfechtungsgegner im Rahmen einer Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO sein. Die nach § 133 Abs. 1 InsO erforderliche Rechtshandlung des Schuldners war gegeben, obwohl nicht der Schuldner, sondern dessen Schuldner an den Gläubiger des Schuldners gezahlt hatte. Es lag jedoch eine mittelbare Zuwendung vor, bei welcher der Wille des Schuldners darauf gerichtet ist, den Leistungsgegenstand dem Zuwendungsempfänger auf dem Umweg über eine Mittelsperson zukommen zu lassen.186 Die Rechtshandlung des Schuldners lag nach Ansicht des BGH im konkreten Fall in der mit der Bevollmächtigung des Subunternehmers zur Entgegennahme der ihm gebührenden Zahlung einhergehenden Verrechnungsabrede; diese habe zu einer unmittelbaren Benachteiligung der Insolvenzgläubiger geführt.187 Die zwischen dem Schuldner und seinem Subunternehmer vereinbarte Mittelbarkeit der Zahlung begründete daher eine inkongruente Deckung mit dem ihr innewohnenden erheblichen Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners.188

F 92

Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners ist in solchen Fällen im Deckungsverhältnis (Schuldner – Beklagte) und im Valutaverhältnis (Schuldner – Subunternehmer) einheitlich zu bestimmen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die vom Schuldner bewirkte Vermögensverschiebung auf einem einheitlichen Vorgang beruht; der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bezieht sich auf die spätere Masse, deren Schmälerung

F 93

186 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 25 = MDR 2008, 345. 187 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 28 = MDR 2008, 345; vgl. dazu noch BGH v. 16.9.1999 – IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284 (287). 188 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 33 = MDR 2008, 345; v. 20.6.2002 – IX ZR 177/99, MDR 2002, 1270 = ZIP 2002, 1408 (1412). Schäfer

355

F Rz. 93

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

sich aus der Perspektive des Valutaverhältnisses nicht anders darstellt als aus der des Deckungsverhältnisses.189

F 94 Anders verhält es sich jedoch hinsichtlich der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners. Dessen Kenntnis von der Inkongruenz der Deckung (im Valutaverhältnis) kommt in diesem Zusammenhang nach Ansicht des BGH nicht die ihr sonst innewohnende Indizwirkung zu. Diese Beweiswirkung ist vielmehr im Deckungs- und Valutaverhältnis gesondert zu beurteilen. Wenn sich der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners – wie in dem entschiedenen Fall – aus einer Inkongruenz im Valutaverhältnis ergibt, reicht es nicht aus, dass der Angewiesene von den sie begründenden Umständen weiß; die an die Inkongruenz anknüpfenden Beweiswirkungen muss er sich nicht anrechnen lassen.190 Wenn der spätere Insolvenzschuldner – so der BGH – seine Bank anweise, an einen Dritten zu zahlen, kenne die Bank den Grund dieser Anweisung, das Valutaverhältnis, regelmäßig nicht. Solche Anweisungsfälle seien aus der Sicht des Angewiesenen übliche Geschäftsvorgänge, denen für sich genommen ein Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht zu entnehmen sei.191

F 95 Im Verhältnis zum Subunternehmer ließen sich die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung leichter dartun, wie sich an einem weiteren Urteil des BGH vom 8.12.2005192 zeigen lässt: BGH-Urteil vom 8.12.2005 – „Zahlungsanweisungsfall“ (NJW 2006, 1348 ff.)

F 96 Der verklagte Sozialversicherungsträger hatte bereits am 6.4.1999 einen ersten Insolvenzantrag gestellt und diesen nach einer Zahlung der Schuldnerin vom 21.4.1999 in Höhe von 70 000 DM auf die bestehenden Rückstände und der Zusage von Ratenzahlungen zurückgenommen. Im Juni 1999 blieben Zahlungen auf die Beitragsschuld aus, weshalb die Beklagte am 9.7.1999 ein Bankkonto der Schuldnerin pfändete. Die Pfändung wurde nach einer Scheckzahlung vom 12.7.1999 in Höhe von 38 000 DM wieder aufgehoben, doch hatte die Bank am Tag der Pfändung die Kreditlinie per 16.8.1999 fällig gestellt. Nach erneuter Pfändung der Beklagten überwies die Schuldnerin dieser am 20.8.1999 weitere 1500 DM. Eine weitere Kontopfändung vom 28.9.1999 blieb aufrechterhalten. Am 14.10.1999 und 30.11.1999 überwies eine Auftraggeberin auf Anweisung der Schuldnerin an die Beklagte letztmalig ca. 30 000 DM und 6000 DM. Auf den Insolvenzantrag eines Dritten hin wurde am 16.12.1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet.

189 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 33 = MDR 2008, 345. 190 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 35 = MDR 2008, 345. 191 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 314 ff. Rz. 37 = MDR 2008, 345. 192 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, MDR 2006, 953 = NJW 2006, 1348 ff.

356

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 100 F

Der BGH hat die innerhalb des Dreimonatszeitraums der §§ 130, 131 InsO vorgenommenen Zahlungen der Schuldnerin vom 14.10. und 30.11.1999 als inkongruente Deckungen angesehen. Er verweist auf seine Rechtsprechung, wonach in dem Fall, dass der Schuldner mit einer Zwischenperson vereinbart, diese solle für ihn fällige Beiträge an einen Sozialversicherungsträger entrichten, allein die Mittelbarkeit dieser Zahlung in der Regel eine inkongruente Deckung bewirkt.193

F 97

Hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners bestätigt der BGH seine frühere Rechtsprechung194 auch für den Anwendungsbereich der Insolvenzordnung. Danach stellt die Gewährung einer inkongruenten Deckung in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für einen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners dar.195 Die Kenntnis der Beklagten von der Inkongruenz der Zahlungen war ferner ein wesentliches Beweisanzeichen dafür, dass diese die Gläubigerbenachteiligungsabsicht der Schuldnerin gekannt hatte.

F 98

d) Darlegungs- und Beweislast Der Insolvenzverwalter hat die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO nachzuweisen. Er hat somit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Gläubiger durch eine Rechtshandlung des Schuldners, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach vorgenommen wurde (vgl. § 140 InsO), unmittelbar oder mittelbar benachteiligt wurden. Gegebenenfalls obliegt ihm auch der Nachweis der Kausalität zwischen der Rechtshandlung des Schuldners und der Benachteiligung der Gläubiger.196 Dem Insolvenzverwalter obliegt ferner die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der entsprechenden Kenntnis des Anfechtungsgegners zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung.

F 99

Aufgrund der Beweisschwierigkeiten kommen dem Insolvenzverwalter dabei die bereits oben erwähnten Beweiserleichterungen zugute. Diese ergeben sich insbesondere aus den in der Rechtsprechung entwickelten Beweisanzeichen, die für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners sprechen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH die Tatsachen, aus denen die subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Vorsatzanfechtung gefolgert werden können, keine Vermutung begründen, sondern nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstel-

F 100

193 BGH v. 9.1.2003 – IX ZR 85/02, MDR 2003, 474 = ZIP 2003, 356 (358). 194 Vgl. etwa BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 (308) = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342. 195 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 (326) = MDR 1994, 158. 196 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 29. Schäfer

357

F Rz. 100

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

len, die eine Gesamtwürdigung durch den Tatrichter nicht entbehrlich machen.197

F 101 Der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO hat allerdings eine Umkehr der Beweislast zur Folge. Beweist der Insolvenzverwalter, dass der andere Teil tatsächliche Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinwiesen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass er auch die (drohende) Zahlungsunfähigkeit kannte. Zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO muss der Anfechtungsgegner alsdann konkrete Umstände darlegen und beweisen, die es naheliegend erscheinen lassen, dass ihm der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners nicht bekannt war.198

2. § 133 Abs. 2 InsO – Entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO

F 102 § 133 Abs. 2 InsO sieht für die – früher in § 31 Nr. 2 KO geregelte – Anfechtbarkeit entgeltlicher, die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligender Verträge des Schuldners mit nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO weitere Verschärfungen vor. Die Beweislast wird nicht nur hinsichtlich der Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners, sondern auch hinsichtlich des Zeitpunkts umgekehrt, zu dem der Vertrag abgeschlossen wurde; dadurch soll der Gefahr betrügerischer Rückdatierungen begegnet werden.199 Wegen der besonderen Verdächtigkeit der von § 133 Abs. 2 InsO erfassten Verträge erschien es dem Gesetzgeber ferner gerechtfertigt, den ebenfalls vom Zeitpunkt des Eröffnungsantrags an zurückzurechnenden Anfechtungszeitraum auf zwei Jahre auszudehnen.200

F 103 Der Kreis der beweisbelasteten Personen wurde gegenüber dem Konkursrecht erheblich erweitert. Denn der Verdacht, dass der Schuldner mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt und der Vertragspartner davon Kenntnis gehabt hat, besteht nicht nur gegenüber nahen Angehörigen im Sinne des § 31 Nr. 2 KO, sondern gegenüber all denjenigen Personen, die dem Schuldner aus den in § 138 InsO genannten – persönlichen, gesellschaftsrechtlichen oder sonstigen – Gründen zur Zeit des Vertragsabschlusses nahestanden.201

F 104 § 133 Abs. 2 InsO enthält nach herrschender Auffassung keinen selbständigen Anfechtungstatbestand, sondern eine Erweiterung des § 133 Abs. 1

197 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, ZIP 2009, 526 ff.; v. 8.10.2009 – IX ZR 173/07, ZInsO 2009, 2148 ff. 198 Vgl. BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 97/06, MDR 2007, 1221 = ZIP 2007, 1511 ff. 199 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 200 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. 201 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160.

358

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 109 F

InsO.202 Entgeltliche Verträge mit nahestehenden Personen können daher auch nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar sein.203 Mit der Umkehr der Beweislast erleichtert die Bestimmung den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners und der Kenntnis des Anfechtungsgegners. Die Beweislastumkehr bezieht sich nicht nur auf die Kenntnis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes, sondern auch auf diesen selbst.204 a) Entgeltlicher Vertrag § 133 Abs. 2 InsO setzt den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages zwischen dem Schuldner und der ihm nahestehenden Person voraus. Ist ein unentgeltlicher Vertrag gegeben, kommt die Anfechtung nach § 134 InsO in Betracht.

F 105

Der Vertragsbegriff im Sinne des § 133 Abs. 2 InsO ist – ebenso wie jener im Sinne des § 31 Nr. 2 KO – weit auszulegen. Es genügt auch ein nicht rechtsgeschäftlicher, auf wechselseitiger Willensübereinstimmung beruhender Erwerbsvorgang. Die Bestimmung erfasst daher bei einverständlichem Zusammenwirken zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.205

F 106

Entgeltlich im Sinne des § 133 Abs. 2 InsO sind Verträge, bei denen der Leistung des Schuldners eine ausgleichende Zuwendung der ihm nahestehenden Person gegenübersteht und beide rechtlich voneinander abhängen. Entgeltlich ist nach herrschender Auffassung auch die Erfüllung einer Verbindlichkeit, die durch einen entgeltlichen Vertrag begründet wurde, weil der Schuldner damit von der getilgten Schuld frei wird.206

F 107

Von Entgeltlichkeit ist immer dann auszugehen, wenn der Schuldner irgendeine Gegenleistung im weiteren Sinne erhält, wofür eine Zahlungserleichterung, Stundung, Kreditgewährung, Herabsetzung des Zinsfußes oder der Verzicht auf die Rechte aus einer Kündigung genügt; ein rein wirtschaftlicher Vorteil reicht hingegen nicht.207

F 108

Die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit ist ebenfalls entgeltlich; gleiches gilt für die

F 109

202 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 55; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 33; MK-InsO/ Kirchhof, § 133 Rz. 39. 203 Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 33. 204 Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 55. 205 Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 55; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 25. 206 BGH v. 12.7.1990 – IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136 (138) = MDR 1990, 1109; MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 41; HambKomm-InsO/Rogge, § 133 Rz. 45; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 37. 207 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 35. Schäfer

359

F Rz. 109

§ 133 InsO – Vorsatzanfechtung

Verstärkung des Anspruchs durch Schuldanerkenntnis.208 Die Besicherung einer fremden Schuld ist nach einem neueren Urteil des BGH vom 1.6.2006209 hingegen nicht schon deswegen entgeltlich, weil der Sicherungsgeber mit der Gewährung der Sicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt. Im früheren Urteil vom 19.3.1998210 hatte er noch angenommen, dass die Sicherstellung einer fremden Schuld auch dann entgeltlich sei, wenn dem Sicherungsgeber für seine Leistung die Kreditgewährung an den Dritten versprochen werde, an der er ein wirtschaftliches Interesse habe. Er meint dazu im Urteil vom 1.6.2006, dass er in späteren Entscheidungen auf dieses Merkmal verzichtet habe.211 Es komme nur darauf an, ob der Sicherungsnehmer zugunsten des Sicherungsgebers oder eines Dritten ein Vermögensopfer erbringe.212 b) Unmittelbare Benachteiligung der Insolvenzgläubiger

F 110 Die Insolvenzgläubiger des Schuldners müssen durch den Abschluss des entgeltlichen Vertrages benachteiligt worden sein, und zwar – anders als bei § 133 Abs. 1 InsO – unmittelbar. Erst später eingetretene Umstände bleiben daher unberücksichtigt. Bei gegenseitigen schuldrechtlichen Verträgen ist daher eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nur gegeben, wenn der Schuldner eine höherwertige Leistung versprochen hat als sein Vertragspartner.213 Die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger muss objektiv auch tatsächlich eingetreten sein; es reicht nicht, dass sie von den Beteiligten nur gewollt war. c) Anfechtungszeitraum

F 111 Die Anfechtung nach § 133 Abs. 2 InsO kommt nach dessen Satz 2 nur in Betracht, wenn der entgeltliche Vertrag innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde. Bei Deckungshandlungen, die Sicherung oder Befriedigung gewähren, ist stets darauf zu achten, ob der Anfechtungsgegner bereits außerhalb des Anfechtungszeitraums eine insolvenzfeste Rechtsposition erlangt hatte.214

208 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZInsO 2010, 807 ff.; v. 22.7.2004 – IX ZR 183/03, NotBZ 2004, 388 = MDR 2005, 172 = ZInsO 2004, 967 ff.; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 4. 209 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. 210 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2599). 211 Vgl. etwa BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (99) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 212 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. Rz. 14. 213 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 65. 214 Vgl. Jaeger/Henckel, § 133 Rz. 63.

360

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 114 F

d) Darlegungs- und Beweislast Hat der Insolvenzverwalter den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages mit einer nahestehenden Person sowie die dadurch verursachte unmittelbare Benachteiligung der Gläubiger dargelegt und bewiesen, so werden sowohl der Benachteiligungsvorsatz des Schuldners als auch die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon gemäß § 133 Abs. 2 InsO gesetzlich vermutet.215

F 112

Der Insolvenzverwalter muss nicht darlegen und beweisen, dass der entgeltliche Vertrag mit der dem Schuldner nahestehenden Person innerhalb des Zeitraums von zwei Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde. Dies ergibt sich nach neuem Recht ebenso wie für den Nachweis der fehlenden Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes seitens des anderen Teils aus der Formulierung des § 133 Abs. 2 Satz 2 InsO.216 Es obliegt somit dem Anfechtungsgegner, etwa durch Zeugenbeweis den Nachweis zu erbringen, dass der Vertrag früher als zwei vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde. Der Anfechtungsgegner kann sich ferner dadurch entlasten, dass er den fehlenden Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners oder seine fehlende Kenntnis nachweist,217 wobei Letzteres freilich schwierig ist.

F 113

Gelingt dem Anfechtungsgegner nur der Beweis, dass der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde, so bleibt eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO möglich. Es kann daher auch ein früher abgeschlossener Vertrag mit einer nahestehenden Person, durch den die Insolvenzgläubiger mittelbar benachteiligt werden, der Anfechtung unterliegen.218

F 114

215 BGH v. 20.10.2005 – IX ZR 276/02, NotBZ 2006, 173 = MDR 2006, 594 = ZIP 2006, 387 ff. 216 Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 44. 217 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 133 Rz. 60. 218 HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 28. Schäfer

361

G. § 134 InsO – Unentgeltliche Leistung § 134 Unentgeltliche Leistung (1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

11

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistung des Schuldners . . . . 2. Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners . . . . . . . . a) Zwei-Personen-Verhältnis aa) Gemischte und verdeckte Schenkung; Teilbarkeit . . . . . . . . . . . bb) Auszahlung von Scheingewinnen . . . . . . cc) Weitere Einzelfälle. . . . b) Mehrpersonenverhältnis. . aa) Weitere Einzelfälle. . . . bb) Kritik in Rechtsprechung und Schrifttum. c) Sicherheitenbestellung . . . aa) Sicherheit für eigene Verbindlichkeit. . . . . . . bb) Sicherheit für fremde Verbindlichkeit. . . . . . .

19 19

Rz.

3.

27 32 39 43 46 55 66

4. 5.

70 84 6.

cc) Kritische Würdigung der Rechtsprechung zur Nachbesicherung. . . . . . . . . . . . . . 98 Leistungsempfänger; Besonderheiten beim Zuwendungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Mittelbare Zuwendung über Mittelsperson . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Vertrag zugunsten Dritter, insbesondere Lebensversicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 aa) Unwiderrufliches Bezugsrecht. . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Widerrufliches Bezugsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Anfechtungszeitraum . . . . . . . . . . 117 Ausnahmetatbestand des § 134 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . 121 b) Gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk von geringem Wert . 122 Darlegungs- und Beweislast . . . . . 124

85 90

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes G 1 § 134 InsO befasst sich mit der früher in § 32 KO geregelten sogenannten „Schenkungsanfechtung“, wobei jedoch in der Überschrift zu § 134 InsO zu Recht von der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen die Rede ist. Auf den Begriff „Schenkungsanfechtung“ hat der Gesetzgeber bewusst verzichtet, weil der Begriff „unentgeltliche Leistung“ weiter zu verstehen

362

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 4 G

ist als jener der „Schenkung“ im Sinne des § 516 BGB.1 Gleichwohl entspricht § 134 InsO inhaltlich § 32 Nr. 1 KO in der Auslegung durch den BGH,2 so dass die frühere Rechtsprechung auch im Rahmen des § 134 InsO herangezogen werden kann. § 134 InsO bezweckt nicht die Durchsetzung des Prinzips der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger, sondern ist Ausdruck der im bürgerlichen Recht an verschiedenen Stellen zum Ausdruck kommenden Schwäche der Rechtsstellung des Erwerbers einer unentgeltlichen Leistung (vgl. §§ 528, 816 Abs. 1 Satz 2, 822, 988, 2287, 2325, 2329 BGB).3 Die Insolvenzordnung betont in noch stärkerem Maße als die Konkursordnung die geringe Bestandskraft des unentgeltlichen Erwerbs. In den Gesetzesmaterialien wird dieser Umstand als Grund für die Erweiterung des Anfechtungszeitraums auf vier Jahre und die in § 134 Abs. 1 InsO zum Ausdruck kommende Umkehr der Beweislast („es sei denn, …“) für den Zeitpunkt des Rechtserwerbs genannt.4 Die Beweislast für den Zeitpunkt des Rechtserwerbs wurde umgekehrt, um betrügerische Rückdatierungen unschädlich zu machen.5

G2

Der Gebrauch der Worte „unentgeltliche Leistung“ statt „unentgeltliche Verfügungen“ (vgl. § 32 Nr. 1 und Nr. 2 KO) soll nach der Gesetzesbegründung in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtsauffassung deutlich machen, dass der Tatbestand nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engen materiell-rechtlichen Sinne erfasst. Unter § 134 InsO fällt daher auch der Abschluss von Schenkungs- und sonstigen unentgeltlichen Verträgen.6 Insoweit ist jedoch zu beachten, dass Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO im Insolvenzverfahren nur nachrangig geltend gemacht werden können und es somit an der erforderlichen Gläubigerbenachteiligung fehlen kann. Es können insbesondere auch unentgeltlich übernommene Bürgschaften und abstrakte Schuldanerkenntnisse der Anfechtung nach § 134 InsO unterliegen.7 Als unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO kommt schließlich auch die Überlassung von Personal durch den Schuldner in Betracht.8

G3

Im Schrifttum wird auch die neue Begriffsbildung zu Recht als wenig glücklich bezeichnet. Denn die Anfechtbarkeit nach § 134 InsO hängt

G4

1 2 3 4 5 6 7 8

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160/161. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 2. Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rz. 2. Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161; BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. Rz. 16 = MDR 2009, 350. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161. HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 6; HambKomm-InsO/ Rogge, § 134 Rz. 3 – a.A. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 37–39. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 6. Vgl. BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZIP 2004, 671 ff. Schäfer

363

G Rz. 4

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

nicht davon ab, dass ein Schuldverhältnis über die Zuwendung zwischen dem Schuldner und dem Zuwendungsempfänger begründet wurde. Andererseits kann auch die unentgeltliche Begründung eines Schuldverhältnisses selbst der Anfechtung nach § 134 InsO unterliegen, obwohl dort nur von einer unentgeltlichen Leistung die Rede ist.9

G 5 Nach der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung erfasst § 32 KO sowohl das Grund- als auch das Erfüllungsgeschäft; Schenkungsversprechen und Vollzug der Schenkung bilden danach zusammen die unentgeltliche Verfügung, so dass es ausreicht, wenn der Vollzug der Schenkung innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt.10 Im Schrifttum ist streitig, ob auch im Rahmen des § 134 InsO von der Fortgeltung dieser Rechtsprechung auszugehen ist.11 Nach der diese Frage bejahenden Auffassung muss nur ein Schenkungsversprechen, dessen Erfüllung erzwungen wurde, selbst innerhalb der Vierjahresfrist erteilt worden sein, während es ansonsten genügt, dass die Erfüllungshandlung innerhalb des Vierjahreszeitraums vorgenommen wurde.12

G 6 § 134 InsO kann mit allen sonstigen Anfechtungstatbeständen konkurrieren, mit Ausnahme des § 133 Abs. 2 InsO, der einen entgeltlichen Vertrag voraussetzt. Dabei kann die Anfechtung nach den anderen Anfechtungstatbeständen für den Insolvenzverwalter günstiger sein, da sich der Anfechtungsgegner gegenüber dem Anspruch aus § 134 InsO auf den Wegfall der Bereicherung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO berufen kann, sofern er nicht wusste oder den Umständen nach wissen musste, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligte.13 Insbesondere die Erfüllung einer unentgeltlich begründeten Verpflichtung kann sowohl nach den §§ 130 ff. InsO als auch nach § 134 InsO angefochten werden. Dies ergibt sich bereits aus den unterschiedlichen Gesetzeszwecken, die mit der Deckungsanfechtung und der Anfechtung nach § 134 InsO verfolgt werden.14

G 7 Der BGH ist allerdings in einem Urteil vom 15.3.197215 für den Fall der Gewährung einer Sicherheit innerhalb der Anfechtungszeiträume der Deckungsanfechtung von deren Vorrang gegenüber § 32 KO (Schenkungs9 Vgl. Henckel, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 840 Rz. 55; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.89. 10 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (103) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 11 Dafür etwa Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rz. 16; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 44 – a.A. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 7; HambKommInsO/Rogge, § 134 Rz. 36. 12 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 44. 13 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 5; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 3. 14 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 3. 15 BGH v. 15.3.1972 – VIII ZR 159/70, BGHZ 58, 240 ff.; offenlassend BGH v. 12.7.1990 – IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136 (139) = MDR 1990, 1109.

364

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II. Allgemeines

Rz. 11 G

anfechtung) ausgegangen. Das Schrifttum ist jedoch überwiegend anderer Auffassung.16 Nach dieser Ansicht kann die Gewährung einer unentgeltlichen Sicherung auch dann nach § 134 InsO anfechtbar sein, wenn der Anfechtungsgegner hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen der §§ 130, 131 InsO entlastet ist.17 Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO ist auch bei unentgeltlichen Leistungen möglich, die nicht innerhalb des Vierjahreszeitraums des § 134 Abs. 1 InsO erfolgt sind.18 Neben der Anfechtung gemäß § 136 InsO ist auch die Anfechtung nach § 134 InsO möglich. Die Anfechtung des in den letzten vier Jahren vor dem Eröffnungsantrag unentgeltlich gewährten Erlasses des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils ist daher nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Eröffnungsgrund erst nach der Vereinbarung eingetreten ist (vgl. § 136 Abs. 2 InsO).19

G8

Im Mehrpersonenverhältnis ist hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses zwischen § 134 InsO und den Tatbeständen der Deckungsanfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO zu beachten, dass die auf eine mittelbare Zuwendung gestützte Deckungsanfechtung des Insolvenzverwalters über das Vermögen des Schuldners, der die Zuwendung veranlasst hat, eine „Schenkungsanfechtung“ durch den Insolvenzverwalter des Leistungsmittlers ausschließt (Stichwort „Doppelinsolvenz“). Der Anfechtungsbeklagte der „Schenkungsanfechtung“, der unter Hinweis auf den konkurrierenden Anfechtungsanspruch aus Deckungsanfechtung die Sachbefugnis des Anfechtungsklägers bestreitet, hat allerdings die Voraussetzungen des konkurrierenden Anfechtungsanspruchs darzulegen und zu beweisen.20

G9

Die in § 32 KO vorgesehene Ausnahme für gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke wurde von der Rechtsprechung zum Teil sehr weit ausgelegt. Um dem für die Zukunft vorzubeugen, hat der Gesetzgeber diese Ausnahme in § 132 Abs. 2 InsO ausdrücklich auf Gegenstände „geringen Werts“ beschränkt.21

G 10

II. Allgemeines Alleinige tatbestandliche Voraussetzung für die Anfechtung nach § 134 InsO ist – neben der ungeschriebenen, bei allen Anfechtungstatbeständen erforderlichen Gläubigerbenachteiligung (vgl. § 129 Abs. 1 InsO) – eine 16 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 3; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 3. 17 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 11. 18 Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 10. 19 Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 3. 20 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 21 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161. Schäfer

365

G 11

G Rz. 11

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

unentgeltliche Leistung des Schuldners im Zeitraum von vier Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach. Zusätzlicher subjektiver Tatbestandsvoraussetzungen beim Schuldner oder beim Anfechtungsgegner bedarf es wegen der geringen Schutzwürdigkeit eines unentgeltlichen Erwerbs nicht. Zu beachten ist, dass § 134 InsO eine Leistung gerade des Schuldners erfordert und somit eine Gläubigerhandlung oder die Handlung eines Dritten nicht genügt.

G 12 Zwischen dem BGH und einem Teil des Schrifttums sowie der obergerichtlichen Rechtsprechung bestehen Meinungsverschiedenheiten über das Grundverständnis von § 134 InsO, die von wesentlicher Bedeutung für dessen Anwendungsbereich sind. Der BGH stellt im Mehrpersonenverhältnis bei der Frage, ob eine unentgeltliche Leistung des Schuldners gegeben ist, nicht auf die zwischen den Beteiligten bestehenden Kausalbeziehungen, sondern auf die Wirkung der Leistung ab22 So soll die Gegenleistung des Empfängers, dessen gegen einen Dritten gerichtete Forderung beglichen wird, in der Regel darin bestehen, dass er mit der Leistung des Schuldners seine (werthaltige) Forderung gegen den Dritten verliert. Ist die Forderung des Empfängers gegen den Dritten zum Zeitpunkt der Leistung des Schuldners nicht mehr werthaltig, ist nach Ansicht des BGH eine unentgeltliche Leistung gegeben.23

G 13 Eine gewisse Brisanz liegt darin, dass der BGH diesen Grundsatz (wohl unbewusst) auch auf das Zwei-Personen-Verhältnis ausgedehnt hat. Denn er geht davon aus, dass auch der durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel seitens des Gesellschafters bewirkte Rangrücktritt des Rückzahlungsanspruchs (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), der in der Insolvenz der Gesellschaft in aller Regel dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt wird und deshalb eine unentgeltliche Leistung des Gesellschafters gegeben ist.24 Dieser Rangrücktritt tritt aber kraft gesetzlicher Anordnung ein. Dieser Umstand ändert nichts daran, dass die Überlassung der Darlehensmittel durch den Gesellschafter auf einem gegenseitigen entgeltlichen Vertrag (Darlehensvertrag) mit der Gesellschaft beruht, der in der Regel auch keineswegs nichtig ist, so dass es insoweit nicht um die Problematik der Gleichstellung des rechtsgrundlosen Erwerbs mit dem unentgeltlichen Erwerb geht. Die vom BGH angestellte, von den Kausalbeziehungen losgelöste wirtschaftliche Betrachtung hätte letztlich zur Folge, dass auch die Leistung des auf einen gegenseitigen entgeltlichen Vertrag vorleistenden Vertragspartners des Schuldners als unentgeltliche Leistung anzusehen wäre, wenn dessen Anspruch gegen den Schuldner 22 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3. 23 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 13, 17 = MDR 2005, 953; v. 27.4.2010 – IX ZR 122/09, ZInsO 2010, 1091 ff. 24 Vgl. BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. Rz. 16.

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Schäfer

II. Allgemeines

Rz. 16 G

wegen dessen zum Leistungszeitpunkt bestehenden Insolvenzreife „wertlos“ war.25 Auch der BGH geht aber davon aus, dass eine Leistung nicht schon deshalb unentgeltlich ist, weil die vereinbarte Gegenleistung ausgeblieben ist.26 Problematisch ist die weite Auslegung des Tatbestandes vor allem wegen der Rechtsprechung des BGH zur Unentgeltlichkeit der Leistung bei einer mittelbaren Zuwendung (Mehrpersonenverhältnis). Denn auch in dem Fall, dass der Schuldner einem Dritten, der nicht mit ihm durch eine Leistungsbeziehung verbunden ist, über eine Mittelsperson etwas zuwendet, kann eine Leistung des Schuldners an den Dritten im Sinne des § 134 InsO vorliegen.27 So ist eine Leistung, die der spätere Insolvenzschuldner zur Tilgung einer Forderung des Leistungsempfängers gegen einen Dritten erbringt, nach der Rechtsprechung des BGH unentgeltlich, wenn der Empfänger keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat, etwa weil die Forderung gegen seinen Schuldner „wertlos“ war.28 Dazu wird auf die Ausführungen bei Rz. G55 ff. verwiesen.

G 14

Im Schrifttum und zum Teil auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wird gegen diese Rechtsprechung des BGH eingewandt, eine Leistung als solche sei weder entgeltlich noch unentgeltlich. Es könne daher nicht darauf abgestellt werden, ob die Leistung selbst eine unentgeltliche Rechtshandlung sei, sondern ob sie auf ein unentgeltliches Kausalverhältnis bezogen werden könne.29 Diese Auffassung erscheint zutreffend; auf sie ist später noch näher einzugehen.30

G 15

Nach dem anfechtungsrechtlichen Grundtatbestand des § 129 Abs. 1 InsO setzt auch § 134 InsO eine Gläubigerbenachteiligung durch die unentgeltliche Leistung des Schuldners voraus, wobei eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt.31 Es ist daher unerheblich, ob der Schuldner schon zum Zeitpunkt der Zuwendung Gläubiger hatte, die benachteiligt wurden, oder ob die Mittel seinerzeit zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger ausreichten.32 Die Gläubigerbenachteiligung entfällt ferner

G 16

25 Vgl. dazu BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. 26 BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, NJW 1999, 1033 ff.; vgl. dazu noch unten Rz. G30 f. 27 Vgl. dazu unten Rz. G55 ff. 28 Vgl. BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. 29 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3; Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 6 Rz. 47; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.90 ff.; OLG Koblenz v. 13.5.2004 – 5 U 1539/03, ZInsO 2004, 552 ff. 30 Vgl. dazu unten Rz. G70 ff. 31 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 14; v. 13.8.2009 – IX ZR 159/06, MDR 2009, 1359 = NotBZ 2009, 493 = WM 2009, 1943 Rz. 5. 32 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 6. Schäfer

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G Rz. 16

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

nicht schon dann, wenn zugleich ein Widerruf der Schenkung gemäß §§ 528, 530 BGB möglich ist.33

G 17 Die Benachteiligung der übrigen Gläubiger folgt in der Regel schon aus der Unentgeltlichkeit, sofern die Verfügung des Schuldners das den Gläubigern haftende Vermögen betrifft.34 Hinsichtlich des schuldrechtlichen Versprechens einer unentgeltlichen Leistung ist allerdings zu beachten, dass dieses gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO im Insolvenzverfahren nur eine nachrangige Insolvenzforderung vermittelt, weshalb es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlt, wenn es keine weiteren nachrangigen Insolvenzgläubiger gibt oder wenn die Insolvenzmasse schon nicht zur Befriedigung der vorrangigen Insolvenzgläubiger ausreicht.35

G 18 Für die Berechnung des Vierjahreszeitraums des § 134 InsO, der ebenfalls von der Stellung des Insolvenzantrages an zurückzurechnen ist, gilt § 139 Abs. 1 InsO. Nach § 140 InsO bestimmt sich, ob die Rechtshandlung innerhalb des Vierjahreszeitraums vorgenommen wurde. Bei mehreren Insolvenzanträgen ist gemäß § 139 Abs. 2 InsO auf den ersten zulässigen und begründeten Antrag abzustellen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Ausführungen zu § 139 InsO verwiesen.

III. Einzelheiten 1. Leistung des Schuldners

G 19 Das Tatbestandsmerkmal der „Leistung“ ist an die Stelle des Begriffs der „Verfügung“ in § 32 KO getreten. Damit soll nach der Gesetzesbegründung deutlich gemacht werden, dass der Tatbestand nicht nur rechtsgeschäftliche Verfügungen im engen materiell-rechtlichen Sinne erfasst.36 Der Begriff der „Leistung“ ist nach der Rechtsprechung des BGH aber auch nicht im Sinne des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs, sondern weit zu verstehen.37 Er unterscheidet sich letztlich nicht vom Begriff der „Rechtshandlung“ im Sinne des § 129 InsO.38 Es ist insbesondere keine Einigung über die Erbringung einer (unentgeltlichen) Leistung erforderlich, vielmehr genügt es, wenn der Empfänger – auch ohne zugrundeliegendes (wirksames) Rechtsgeschäft – tatsächlich in die Lage ver-

33 34 35 36 37

MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 43. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 43. Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 17. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00 – „Cash-Pool (1)“, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 14 = MDR 2005, 953. 38 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 15.

368

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 23 G

setzt wurde, den empfangenen Vermögensgegenstand zu nutzen oder weiter zu übertragen.39 Auch nicht geschuldete Leistungen, die der Schuldner in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat, sind als unentgeltliche Leistungen im Sinne des § 134 InsO anfechtbar. Der Leistende, der gewusst hat, dass die Verbindlichkeit nicht besteht, hat nicht den Erfolg der Schuldtilgung gewollt, sondern etwas anderes, nämlich schenkungshalber, zur Erfüllung einer Anstandspflicht oder um einer verdeckten Gegenleistung willen zu leisten.40

G 20

§ 134 InsO erfasst somit auch jegliche einseitige Vermögensentäußerung, und zwar auch durch Unterlassen, wie etwa den Verzicht auf ein Pfandrecht, den Verzicht auf die Geltendmachung einer Forderung, auf die Einlegung eines Rechtsmittels, auf die Erhebung der Verjährungseinrede sowie die Überlassung von Personal.41 Auch der vom Schuldner veranlasste gesetzliche Eigentumserwerb gemäß §§ 946 ff. BGB kommt als Leistung im Sinne des § 134 InsO in Betracht.42

G 21

Eine Begünstigung des Zuwendungsempfängers gehört nicht zum Leistungsbegriff. Vielmehr genügt nach dem Gesetzeszweck des § 134 InsO, wonach vermögensmindernde Zuwendungen im Interesse der Insolvenzgläubiger verhindert werden sollen, schon die vermögensschmälernde Rechtshandlung des Schuldners.43

G 22

Leistungen im Sinne des § 134 InsO sind vor allem Erfüllungshandlungen zur Tilgung unentgeltlicher Verbindlichkeiten des Schuldners einschließlich der Leistungen an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber.44 Aber auch das Versprechen einer unentgeltlichen Leistung kann eine nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners darstellen, auch wenn dies im Wortlaut des Tatbestandes nur unzureichend zum Ausdruck kommt.45 Da Ansprüche auf eine unentgeltliche Leistung allerdings gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO nachrangige Insolvenzforderungen sind, ist eine Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nur gegeben, wenn weitere nachrangige Gläubiger vorhanden sind.46

G 23

39 BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 373/98 – „Bundesligalizenz“, ZIP 2001, 889 ff. Rz. 22. 40 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 13. 41 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 6; HambKomm-InsO/Rogge, § 134 Rz. 3, 4; BGH v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, MDR 2004, 650 = ZIP 2004, 671 ff. 42 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 9. 43 Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 18. 44 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 7. 45 Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 840 Rz. 55. 46 Vgl. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 17. Schäfer

369

G Rz. 24

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

G 24 Selbst Maßnahmen der Zwangsvollstreckung können § 134 InsO unter-

fallen, wenn der Schuldner in irgendeiner Weise daran mitgewirkt hat.47 Streitig ist, ob § 134 InsO auch dann eingreift, wenn der Schuldner mehr als vier Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages eine Schenkung versprochen hat und diese innerhalb des Vierjahreszeitraums ohne seine Mitwirkung zwangsweise durchgesetzt wurde.48 Dies wird zum Teil mit der Erwägung bejaht, dass kein Grund ersichtlich sei, warum der Gläubiger eines Schenkungsversprechens, der dieses zwangsweise durchgesetzt habe, besser behandelt werden solle als jener, dessen Anspruch der Schuldner ohne Vollstreckung erfüllt habe; nicht das Schenkungsversprechen benachteilige die Gläubiger, sondern erst dessen Vollzug.49 Bei der ähnlichen Fragestellung im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO ist der BGH dieser Argumentation allerdings nicht gefolgt.50

G 25 Auch wenn die Leistung des Schuldners auf einem nichtigen Rechtsgeschäft beruht, ist die Anfechtung nach § 134 InsO nicht ohne weiteres ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann anstelle oder neben der Nichtigkeit auch die Anfechtung geltend gemacht werden.51 Allerdings benachteiligt eine unwirksame Rechtshandlung des Schuldners die Gläubigergesamtheit nicht, wenn deshalb gegen den Empfänger ein Rückforderungsanspruch ohne weiteres begründet und durchsetzbar ist. Erscheint die Realisierbarkeit dieses Anspruchs dagegen nicht unerheblich erschwert oder hat die Leistung eine formale Rechtsstellung begründet, die den zur Masse gehörenden Anspruch im Hinblick auf Rechte gutgläubiger Dritter gefährden kann, ist bereits darin eine objektive Gläubigerbenachteiligung zu sehen.52

G 26 Auch Unterlassungen im Sinne der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 2 InsO kommen als Leistung des Schuldners im Sinne des § 134 InsO in Betracht. Die Unterlassung steht einer aktiven Leistung insofern gleich, als sie die Geltendmachung eines zum haftenden Vermögen des Schuldners gehörenden Rechts ausschließt oder dieses Vermögen einer nicht mehr abzuwehrenden Haftung aussetzt.53 Das Unterlassen des Schuldners muss allerdings auf einer Willensbetätigung beruhen, also be-

47 Vgl. BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 7; HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 6. 48 Dafür Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 38; HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 6; Uhlenbruck/ Hirte, § 134 Rz. 38 – dagegen MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 11. 49 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 38 – a.A. Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 34. 50 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143 ff. = MDR 2005, 832. 51 BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, MDR 1997, 52 = ZIP 1996, 1516 (1518); v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (106) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 52 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (106) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 53 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 41.

370

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III. Einzelheiten

Rz. 28 G

wusst und gewollt erfolgen.54 Sieht der Schuldner etwa davon ab, das erzielbare Entgelt für die Dienste eines Arbeitnehmers zu verlangen, den er einem Dritten überlassen hat, vermindert er dadurch in anfechtungsrelevanter Weise die Haftungsmasse, aus der die Gläubigergesamtheit befriedigt werden soll.55 Er hat insoweit nicht nur einen möglichen Erwerb unterlassen, sondern einen Vermögenswert weggegeben.

2. Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners Der Begriff der „unentgeltlichen Leistung“ im Sinne des § 134 InsO ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff der „Schenkung“ im Sinne des § 516 BGB. Dies galt schon unter der Konkursordnung und wurde vom Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zu § 134 InsO nochmals ausdrücklich klargestellt.56 Der anfechtungsrechtliche Begriff der „unentgeltlichen Leistung“ ist wegen der Belange des Gläubigerschutzes weit auszulegen. Er setzt nach der ständigen Rechtsprechung des BGH weder eine Einigung über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung noch eine Bereicherung des anderen Teils voraus.57 Es können daher etwa auch sogenannte „unbenannte Zuwendungen“ unter Ehegatten selbst dann, wenn sie nicht als Schenkungen im Sinne des § 516 BGB anzusehen sind, der Anfechtung gemäß § 134 InsO unterliegen, wenn ihnen keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht.58

G 27

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH zu den §§ 32 KO, 134 InsO ist eine Leistung dann als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung des Empfängers gegenübersteht, die dem aufgegebenen Vermögenswert entspricht; hierüber entscheidet grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte.59 Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können deren Entgeltlichkeit nicht begründen.60 Vereinbart daher der

G 28

54 55 56 57

BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff. BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, ZIP 2007, 1118 ff. – „letter of intent“. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 160/161. BGH v. 13.3.1978 – VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61 ff.; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (103) = MDR 1991, 431; v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 ff.; v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 14 = MDR 2005, 953. 58 Vgl. OLG Oldenburg v. 27.11.2007 – 9 U 43/07, FamRZ 2008, 1852 = ZInsO 2008, 460 ff.; BGH v. 13.3.1978 – VIII ZR 241/76, NJW 1978, 1326 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 37. 59 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. Rz. 8; v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1292 ff. Rz. 11; v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, MDR 2007, 546 = ZIP 2006, 2391 ff. Rz. 15; v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2008, 331 ff.; v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff.; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (102 f.) = MDR 1991, 431. 60 BGH v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 (1173). Schäfer

371

G Rz. 28

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

Schuldner mit seinem Vertragspartner, dass eine von diesem verdiente Belohnung zur Hälfte an dessen Ehegatten gezahlt wird, um insoweit den Schenkungsfreibetrag auszunutzen, so ist die Zahlung an den Ehegatten auch dann unentgeltlich, wenn der beabsichtigte steuerliche Erfolg aus Rechtsgründen nicht eintritt.61

G 29 Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO ist nach einer anderen Formulierung des BGH gegeben, wenn der Anfechtungsgegner als Empfänger der Leistung für sie vereinbarungsgemäß keine ausgleichende Gegenleistung – sei es an den Schuldner, sei es an einen Dritten – zu erbringen hat.62 Dabei muss die Leistung des Empfängers der Zuwendung des Schuldners allerdings keine echte Gegenleistung im Sinne der §§ 320 ff. BGB sein, vielmehr genügt jeder gleichwertige Vermögensvorteil, den der Schuldner oder ein Dritter aufgrund der Rechtshandlung erlangt, beispielsweise in Gestalt einer Stundung.63

G 30 Mit den Formulierungen „nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts“ und „vereinbarungsgemäß“ scheint der BGH zumindest im Zwei-PersonenVerhältnis bei der Beurteilung der Unentgeltlichkeit einer Leistung an die bestehenden Kausalbeziehungen anzuknüpfen. Bei genauer Betrachtung sind jedoch auch im Zwei-Personen-Verhältnis für den BGH offenbar nicht die zwischen den Beteiligten bestehenden Kausalbeziehungen das entscheidende Kriterium für die Frage der Unentgeltlichkeit. So wird aus seiner Sicht der durch die Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel seitens des Gesellschafters bewirkte Rangrücktritt des Anspruchs auf Rückzahlung (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO), der in der Insolvenz der Gesellschaft in aller Regel dessen wirtschaftliche Wertlosigkeit zur Folge hat, ohne ausgleichende Gegenleistung der Gesellschaft gewährt. Nach seiner Auffassung kann bei einer Leistung, die der Gesellschafter an die Gesellschaft erbringt und die sofort nach dem Eingang bei der Gesellschaft eigenkapitalersetzend wird, die Anfechtbarkeit nach § 134 InsO nicht zweifelhaft sein.64

G 31 Für den BGH ist somit entscheidend, dass der Anspruch des Schuldners gegen die in der Krise befindliche Gesellschaft wegen des gesetzlich angeordneten Rangrücktritts wirtschaftlich wertlos ist, selbst wenn er auf einem entgeltlichen Vertrag mit der Gesellschaft beruht und keine Einigkeit zwischen der Gesellschaft und dem Schuldner über die Unentgelt61 Vgl. BGH v. 20.7.2006 – IX ZR 226/03, MDR 2007, 240 = FamRZ 2006, 1441 = ZIP 2006, 1639 ff. 62 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. Rz. 16; v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 11. 63 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 14; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 17a. 64 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 236/07, GmbHR 2009, 763 m. Anm. Blöse = NotBZ 2009, 272 m. Anm. Heckschen = MDR 2009, 1008 = ZIP 2009, 1080 ff. Rz. 16.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 32 G

lichkeit der Leistung festzustellen ist. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dies nicht in letzter Konsequenz dazu führen müsste, dass bei jedem Leistungsaustausch auf der Grundlage eines gegenseitigen Vertrages von einer unentgeltlichen Leistung auszugehen wäre, wenn der Anspruch des vorleistenden Teils wegen der bereits eingetretenen Insolvenz seines Vertragspartners nicht mehr (voll) durchsetzbar und somit nach Ansicht des BGH objektiv wertlos ist.65 Auch in diesem Fall beruht die Undurchsetzbarkeit auf gesetzlicher Anordnung. Der Umstand, dass der Anspruch des Gesellschafters kraft Gesetzes wegen der Umqualifizierung der Gesellschafterleistung in haftendes Eigenkapital nicht mehr durchgesetzt werden kann, ändert indes nichts daran, dass er auf einem entgeltlichen Vertrag beruht. Auch die Problematik, ob der rechtsgrundlose Erwerb einem unentgeltlichen Erwerb gleichgesetzt werden kann, spielt insoweit keine Rolle. Es ist im Übrigen daran zu erinnern, dass der Darlehensanspruch des Gesellschafters bei einer finanziellen Erholung der Gesellschaft auch nach den früheren Eigenkapitalersatzregeln wieder „entsperrt“ werden konnte.66 Auch dies steht der Annahme einer unentgeltlichen Zuwendung entgegen. a) Zwei-Personen-Verhältnis Im Zwei-Personen-Verhältnis ist nach der Rechtsprechung des BGH eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO gegeben, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht67 oder – nach einer anderen Formulierung – wenn ein Vermögenswert des Leistenden zugunsten des anderen Teils aufgegeben wird, ohne dass dem Leistenden ein entsprechender Gegenwert zufließen soll.68 Die Frage der Unentgeltlichkeit der Leistung bestimmt sich nach Ansicht des BGH in erster Linie nach objektiven Kriterien und nicht etwa (vorrangig) nach der subjektiven Vorstellung des Schuldners oder der übrigen, an dem Zuwendungsvorgang beteiligten Personen.69 Maßgebend ist in erster Linie der objektive Sachverhalt, also ob sich Leistung und Gegenleistung in ihrem jeweils objektiv zu ermittelnden Wert entsprechen.70 Erhält der Zuwendungsempfänger objektiv eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, so steht es der Anfechtung nach § 134 InsO nicht entgegen, dass der Empfänger irrtümlich annahm, eine entgeltliche Leistung erlangt zu haben; 65 Vgl. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. 66 Vgl. BGH v. 30.1.2006 – II ZR 357/03, MDR 2006, 936 = NotBZ 2006, 131 = GmbHR 2006, 421 m. Anm. Blöse = ZIP 2006, 466 f. Rz. 7. 67 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 13 = MDR 2005, 953. 68 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1118 ff. Rz. 16; v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, MDR 2007, 546 = ZIP 2006, 2391 ff. 69 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. = MDR 2005, 953; v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, MDR 2007, 546 = ZIP 2006, 2391 ff. Rz. 15; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (102 f.) = MDR 1991, 431. 70 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 11. Schäfer

373

G 32

G Rz. 32

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

sein guter Glaube wird allein im Rahmen des § 143 Abs. 2 InsO geschützt.71

G 33 Im Zwei-Personen-Verhältnis hängt die Entgeltlichkeit einer Leistung nicht davon ab, ob die Gegenleistung dem Vermögen des Leistenden zufließt, wenn sie ihm in anderer Weise zugute kommt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Schuldner Geld aufwendet, um sich eigene Rechtsgüter zu erhalten, etwa in der Absicht, die Verurteilung zu einer Freiheits- oder Geldstrafe durch die Zahlung einer Geldauflage als Voraussetzung für die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a Abs. 2 StGB abzuwenden.72 Der Staat verzichtet in diesem Fall auf die Durchsetzung seines Strafanspruchs. Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen rechtsgeschäftlich vereinbarten Leistungsaustausch, sondern um eine Rechtsfolge des gerichtlichen Einstellungsbeschlusses. Leistung und Gegenleistung müssen aber, um die Anwendung des § 134 InsO auszuschalten, nicht durch ein vertragliches Synallagma verknüpft sein.73 Es genügt für die Entgeltlichkeit auch eine freiwillige Leistung, die „aufschiebende Rechtsbedingung“ einer Gegenleistung, etwa der endgültigen Einstellung des Strafverfahrens, ist. Denn nur der Empfänger einer freigebigen Zuwendung ist nach § 134 InsO weniger schutzwürdig als derjenige, der für die erhaltene Leistung oder durch diese eine eigene Rechtsposition aufgibt.74

G 34 Da der BGH die Frage der Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 InsO nicht in erster Linie nach den zwischen den Beteiligten bestehenden Kausalbeziehungen, sondern vorrangig nach objektiven Kriterien bestimmt, verneint er die Unentgeltlichkeit der Zuwendung des Schuldners unabhängig von den bestehenden Kausalbeziehungen schon dann, wenn der Zuwendungsempfänger aufgrund der Zuwendung des Schuldners einen vermögenswerten Gegenstand weggibt. Im Verzicht des Staates auf die Durchsetzung des Strafanspruchs ist aber jedenfalls nicht stets der Verzicht auf einen vermögenswerten Gegenstand zu sehen, etwa wenn es nur um eine Freiheitsstrafe geht.

G 35 Auch in anderer Hinsicht kann der BGH seine von den Kausalbeziehungen losgelöste objektive Betrachtungsweise nicht konsequent durchhalten. Denn selbstverständlich kann eine unentgeltliche Leistung des Schuldners nicht schon dann angenommen werden, wenn die Gegenleistung seines Vertragspartners ausgeblieben ist. Davon geht auch der BGH zu Recht aus.75 Schon dies zeigt, dass die Frage der Unentgeltlichkeit nur 71 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 (140) = MDR 2009, 350; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 17. 72 Vgl. BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 14; HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 7. 73 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 17a. 74 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, MDR 2008, 1064 = ZIP 2008, 1291 ff. Rz. 13. 75 BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, MDR 1999, 430 = NJW 1999, 1033 ff.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 38 G

mit Blick auf die zwischen dem Schuldner und dem Zuwendungsempfänger bestehende Rechtsbeziehung beantwortet werden kann.76 Eine Leistung kann aus sich heraus weder entgeltlich noch unentgeltlich sein.77 Auch wenn der BGH bei der Prüfung der Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners im Grundsatz eine objektive Betrachtung anstellt, bedeutet dies nicht, dass die subjektiven Vorstellungen der Parteien für § 134 InsO keine Rolle spielen.78 In früheren Entscheidungen des BGH ist davon die Rede, dass eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 32 KO nicht vorliege, wenn der (spätere) Gemeinschuldner etwas erhalte, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung sei oder jedenfalls nach dem Willen der Beteiligten subjektiv sein solle.79

G 36

Sind Leistung und Gegenleistung objektiv nicht gleichwertig, so kann dennoch im Hinblick auf die Vorstellungen der Beteiligten eine entgeltliche Leistung anzunehmen sein, wenn die Beteiligten von einem entgeltlichen Leistungsaustausch ausgegangen sind. Bei dieser Einschätzung steht den Beteiligten ein Bewertungsspielraum zu. Eine teilweise unentgeltliche Leistung unterliegt der Anfechtung insoweit, als deren Wert den der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben.80 Nach der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum soll den Vertragsparteien auch bei Notverkäufen ein erweiterter Beurteilungsspielraum zustehen.81

G 37

Hat der Schuldner einen Vergleich abgeschlossen, so lässt dies vermuten, dass die vereinbarte Regelung die beiderseitigen Interessen ausgewogen berücksichtigt hat. Das vergleichsweise Nachgeben kann erst dann als unentgeltliche Leistung gewertet werden, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann. Findet sich jedoch der Schuldner ohne Ungewissheit der Sach- und Rechtslage aufgrund eines Liquiditätsengpasses oder aus sonstigem Grund bereit, vergleichsweise einen Teil seiner Forderung(en) aufzugeben, so ist

G 38

76 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3; Bork in Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 6 Rz. 47. 77 Bork in Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 6 Rz. 47; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3. 78 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 21; Gerhardt, ZIP 1991, 273 (280). 79 Vgl. BGH v. 13.3.1978 – VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61 (66). 80 BGH v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, GmbHR 2004, 799 = MDR 2004, 963 = ZIP 2004, 957 ff. Rz. 39; v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 (836) zur Sicherungsübertragung; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 = MDR 1991, 431 (102); v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 (1173); v. 2.4.1998 – IX ZR 232/96, ZIP 1998, 830 (836). 81 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 41 i.V.m. Rz. 23; FK-InsO/Dauernheim, § 134 Rz. 13; Braun/de Bra, § 134 Rz. 13; Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 40. Schäfer

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G Rz. 38

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

ein solcher Vergleich in der Regel nach § 134 InsO anfechtbar, sofern seine Vorteile das Nachgeben des Schuldners nicht aufwiegen.82 aa) Gemischte und verdeckte Schenkung; Teilbarkeit

G 39 Es ist höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt, unter welchen Voraussetzungen von einer gemischten Schenkung und damit von einer zumindest teilweise unentgeltlichen Leistung auszugehen ist. Eine gemischte Schenkung ist nach einem früheren Urteil des BGH vom 20.10.197183 gegeben, wenn der Hauptzweck des Rechtsgeschäfts auf Freigebigkeit gerichtet ist, insbesondere Leistung und Gegenleistung in einem krassen Missverhältnis zueinander stehen. Dabei sei die Frage der Gleichwertigkeit nicht allein nach objektiven Bewertungsmaßstäben, sondern vor allem vom Standpunkt der Beteiligten zu beurteilen. Nur wenn die ausgetauschten Leistungen in einem groben Missverhältnis zueinander stünden und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum missbräuchlich überschritten hätten, sei für die Annahme einer insgesamt unentgeltlichen und damit anfechtbaren Zuwendung Raum.84 Nach einem Urteil vom 1.4.200485 soll eine teilweise unentgeltliche Leistung insoweit der Anfechtung unterliegen, als deren Wert den der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben.

G 40 Ebenfalls noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob bzw. inwieweit auch bei einem Notverkauf unter dem Verkehrswert noch von einer entgeltlichen Leistung auszugehen ist.86 Geht man von der Teilbarkeit der Leistungen aus, so dürfte unverkennbar eine Neigung bestehen, eine unentgeltliche Leistung anzunehmen, soweit die Gegenleistung des Vertragspartners des Schuldners deutlich hinter dem Verkehrswert der Leistung des Schuldners zurückbleibt.

G 41 Im Schrifttum wird zu Recht geltend gemacht, dass die uneingeschränkte Anwendung des § 134 InsO nicht immer zu angemessenen Ergebnissen führe. Es wird daher vorgeschlagen, dem anderen Teil auch bei einer unteilbaren Leistung des Schuldners das Recht einzuräumen, durch Zahlung des Differenzbetrages den Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters abzuwenden. Denn die Rückgewähr des ganzen Gegenstandes könne den 82 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, MDR 2007, 546 = ZIP 2006, 2391 ff. Rz. 16 ff.; v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 ff.; vgl. dazu noch BGH v. 24.10.1990 – IV ZR 296/89, MDR 1991, 419 = FamRZ 1991, 188 = NJW 1991, 842 f. 83 BGH v. 20.10.1971 – VIII ZR 212/69, BGHZ 57, 123 ff. 84 BGH v. 20.10.1971 – VIII ZR 212/69, BGHZ 57, 123 (127). 85 BGH v. 1.4.2004 – IX ZR 305/00, GmbHR 2004, 799 = MDR 2004, 963 = ZIP 2004, 957 (960). 86 Dafür FK-InsO/Dauernheim, § 134 Rz. 13; HambKomm-InsO/Rogge, § 134 Rz. 41; MK-InsO-Kirchhof, § 134 Rz. 41.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 44 G

Insolvenzverwalter in Verlegenheit bringen, da er dann gezwungen sei, die Gegenleistung Zug um Zug zurückzugewähren.87 Eine verschleierte bzw. verdeckte Schenkung erweckt dagegen nur den Anschein der Entgeltlichkeit, um die tatsächlich gewollte Freigebigkeit zu verdecken. Sie ist daher uneingeschränkt gemäß § 134 InsO anfechtbar, während das nur vorgespiegelte entgeltliche Geschäft nach § 117 Abs. 2 BGB nichtig ist.88

G 42

bb) Auszahlung von Scheingewinnen Auf der Grundlage der von ihm vertretenen Auffassung geht der BGH ohne weiteres davon aus, dass der Insolvenzverwalter die Auszahlung der im Rahmen eines „Schneeballsystems“ erzielten Scheingewinne durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten könne.89 Er stellt darauf ab, dass eine Leistung, die der Schuldner in Kenntnis aller Umstände ohne Gegenleistung erbracht habe, auch dann als unentgeltliche Leistung anzusehen sei, wenn der Leistungsempfänger sie aufgrund eines vom Schuldner hervorgerufenen Irrtums für entgeltlich gehalten habe.90 Im Schrifttum wird es als entscheidend angesehen, dass der Leistende, der gewusst habe, dass die Verbindlichkeit nicht bestehe, in Wahrheit nicht den Erfolg der Schuldtilgung gewollt habe, sondern etwas anderes, nämlich eine unentgeltliche Zuwendung.91 Der Empfänger erscheint jedenfalls in den Scheingewinnfällen als nicht schutzwürdig, da die Kapitalüberlassung allein noch keinen Anspruch auf Gewinn gibt.92 Nach einem weiteren Urteil des BGH vom 22.4.201093 findet eine Saldierung des aus der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen resultierenden Rückgewähranspruchs des Insolvenzverwalters mit den Einlageleistungen des Anlegers nicht statt.

G 43

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in einem Urteil vom 11.3.201094 offen gelassen, ob eine Rechtsgrundlosigkeit nach Bereicherungsrecht in jedem Fall einer Unentgeltlichkeit nach Anfechtungsrecht gleichsteht. Der Schuldner, der eine Nichtschuld in Kenntnis ihres Nichtbestehens erfülle, leiste unentgeltlich. Die Zahlung einer Vermittlungsprovision sei als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit sie auf

G 44

87 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 29; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 39. 88 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 41a. 89 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. = MDR 2009, 350; v. 22.4.2010 – IX ZR 163/09, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1253 ff. 90 Vgl. BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. Rz. 6 = MDR 2009, 350; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 ff. = MDR 1991, 431; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.90. 91 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 13. 92 Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 22. 93 BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 163/09, MDR 2010, 956 = ZIP 2010, 1253 ff. 94 OLG Frankfurt v. 11.3.2010 – 16 U 129/09, ZIP 2010, 938 ff.; vgl. ferner Smid/ Zeuner, § 134 Rz. 19. Schäfer

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G Rz. 44

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

Scheingewinnen beruhe, die den vermittelten Anlegern gutgeschrieben worden seien. Der BGH hat das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt im Ergebnis bestätigt.95 Danach unterligen Provisionszahlungen für den Vertrieb eines Anlagemodells als objektiv unentgeltliche Leistung der Anfechtung nach § 134 InsO, wenn der Betrag der an den Anleger ausgezahlten Scheingewinne ihre Berechnungsgrundlage bildet. Da die Auszahlung der Scheingewinne der Anfechtung nach § 134 InsO unterliege, könnten diese Gewinne auch nicht bei der Berechnung der Folgeprovisionen berücksichtigt werden. Bei der Zahlung auf eine Nichtschuld fehle es, selbst wenn einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch § 814 BGB entgegenstehe, an der Entgeltlichkeit der Leistung.96

G 45 In diesem Zusammenhang ist ferner zu beachten, dass sich der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems resultierende Rückgewähranspruch mangels Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen erstreckt, mit denen – etwa nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft – vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt wurden.97 Ausschüttungen im Rahmen eines solchen Schneeballsystems erfolgen allerdings in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage. Ein Auszahlungsauftrag ist in der Regel dahingehend auszulegen, dass in erster Linie eine Auszahlung der erzielten Gewinne erfolgen sollte und nur dann eine Auszahlung eines Teils oder des Gesamtbetrages der Einlage, wenn das aus den Gewinnen resultierende Guthaben für die beantragte Auszahlung nicht ausreichte.98 Bei der Bestimmung der unentgeltlich ausgezahlten Scheingewinne ist die ursprüngliche Einzahlung in voller Höhe von den Auszahlungen abzuziehen und nicht etwa nur der nach Ansicht des Insolvenzverwalters – nach Abzug von Verlusten und Verwaltungsgebühren – noch vorhandene Teil der Einlage.99 cc) Weitere Einzelfälle

G 46 Die Leistung auf eine aufschiebend bedingte Verpflichtung ist unentgeltlich, solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist, da die Schuld noch nicht besteht.100 Die Leistung kann in diesem Fall auch nach Bereicherungsrecht kondiziert werden.101

G 47 Der Verzicht auf den Pflichtteil ist in aller Regel keine Gegenleistung, welche die Verfügung des Schuldners zu einer entgeltlichen macht, denn

95 96 97 98 99 100 101

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BGH v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, MDR 2011, 570 = ZIP 2011, 484 f. BGH v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, MDR 2011, 570 = ZIP 2011, 484 f. Rz. 12. BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 225/09, MDR 2010, 1153 = ZIP 2010, 1455 ff. BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 18/10, MDR 2011, 634 = ZIP 2011, 674 ff. BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 18/10, MDR 2011, 634 = ZIP 2011, 674 ff. Rz. 14. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 26. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 11. Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 52 G

der Pflichtteilsverzicht eröffnet den Gläubigern des Schuldners keine Zugriffsmöglichkeiten.102 Ein dem Schuldner eingeräumtes unübertragbares Nutzungsrecht ist nicht als Gegenleistung zu berücksichtigen, da ein solches Recht gemäß §§ 851, 857 ZPO nicht der Pfändung unterliegt.103 Im Falle einer Grundstücksschenkung stellt daher die Einräumung eines Nießbrauchs zugunsten des Schenkers keine ausgleichende Gegenleistung dar.104

G 48

Wird der Grundstückseigentümer vom Schuldner aus der Grundschuldhaftung entlassen, obwohl die zu sichernde Forderung fortbesteht, kann der Insolvenzverwalter die Freistellung gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechten.105

G 49

Noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, inwieweit der Ausschluss oder die Beschränkung des Abfindungsanspruchs eines Gesellschafters – etwa auf den Buchwert – der Anfechtung nach § 134 InsO unterliegen kann.106

G 50

Leistungen, die lediglich in Erwartung einer Gegenleistung erbracht werden, ohne dass die Verpflichtung zu einer solchen begründet wird, sind ebenfalls unentgeltliche Zuwendungen. Überlässt daher der Schuldner ohne ausdrückliche Vereinbarung seinem Ehegatten Vermögenswerte ohne Gegenleistung, handelt es sich um unbenannte Zuwendungen, die aus Gründen des Gläubigerschutzes der Anfechtung unterliegen.107

G 51

Entgeltlich ist die Erfüllung eines nicht einklagbaren bzw. verjährten Anspruchs aus einem entgeltlichen Vertrag, da in diesem Fall eine Verbindlichkeit bestanden hat, sowie die Erfüllung eines Anspruchs aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis.108 Gleiches gilt für die Erfüllung eines entgeltlich begründeten, unerkannt unwirksamen Vertrages durch den Schuldner.109 Wer auf eine nicht bestehende, aber als entgeltlich gewollte Schuld zahlt, leistet nicht schon deshalb unentgeltlich, weil die Schuld nicht besteht.110

G 52

102 BGH v. 28.2.1991 – IX ZR 74/90, MDR 1991, 645 = FamRZ 1991, 695 = NJW 1991, 1610 f. 103 BGH v. 18.12.2008 – IX ZR 79/07 – „Großküchenbetrieb“, NotBZ 2009, 455 m. Anm. Suppliet = MDR 2009, 713 = ZIP 2009, 573 ff. Rz. 11. 104 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262 = ZIP 1999, 628 (630). 105 OLG Hamburg v. 12.6.1987 – 1 U 64/80, ZIP 1989, 777 ff.; vgl. dazu noch OLG Hamburg v. 8.1.1987 – 6 U 49/86, KTS 1987, 727 (730). 106 Vgl. BGH v. 12.6.1975 – II ZB 12/73, NJW 1975, 1835 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 39. 107 Vgl. OLG Celle v. 17.10.1989 – 20 U 25/89, NJW 1980, 720 f. 108 Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 134 Rz. 81; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 12. 109 Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 220; HambKomm-InsO/Rogge, § 134 Rz. 22; Gerhardt, ZIP 1991, 273, 280. 110 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 12. Schäfer

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G Rz. 53

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

G 53 Bei der vorzeitigen Erfüllung einer Schuld kann eine unentgeltliche Leistung hinsichtlich des Zwischenzinses gegeben sein.111

G 54 Auch Prozesshandlungen können nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar sein, wenn sie eine verfügungsähnliche Wirkung zu Lasten des schuldnerischen Vermögens herbeiführen, wie zum Beispiel der Klageverzicht oder ein Anerkenntnis des Schuldners hinsichtlich eines nicht bestehenden Rechts.112 b) Mehrpersonenverhältnis

G 55 Die Rechtsgrundsätze zur Unentgeltlichkeit einer Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis erweisen sich nach Ansicht des BGH dort als zu eng, wo eine dritte Person in den Zuwendungsvorgang eingeschaltet wird.113 In solchen Fällen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner selbst für die von ihm erbrachte Leistung einen Ausgleich erhalten hat. Maßgebend ist vielmehr, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hat. Denn es entspricht der Wertung des § 134 InsO, dass der Empfänger einer Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat.114 Es ist für die Frage der Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners an den Zuwendungsempfänger ferner nicht entscheidend, ob der Schuldner gegenüber einem Dritten zur Leistung verpflichtet war oder mit der Leistung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte oder Vorteile erzielte.115

G 56 Lässt man mit dem BGH in Drei-Personen-Verhältnissen in der Insolvenz des Zuwendenden die Anfechtung nach § 134 InsO auch im Verhältnis zu einem Zuwendungsempfänger zu, der nicht durch eine kausale Rechtsbeziehung mit dem Schuldner verbunden ist, kann selbstverständlich auf eine Vereinbarung, aus der sich die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit ergeben kann, von vornherein nicht abgestellt werden. Im Zwei-Personen-Verhältnis soll daher die „vereinbarte Unentgeltlichkeit“, im DreiPersonen-Verhältnis hingegen das „ausbleibende Vermögensopfer“ maßgebend sein.116

111 Vgl. BGH v. 13.3.1997 – IX ZR 93/96, MDR 1997, 767 = ZIP 1997, 853 ff. 112 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 40. 113 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (99 f.) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262; v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. Rz. 8. 114 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 99 f. = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262; v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 13 = MDR 2005, 953; v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 11. 115 BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 14; v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 11 = MDR 2008, 345; HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 12. 116 Vgl. Kayser, WM 2007, 1, 4.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 59 G

Begleicht der Verfügende die gegen einen Dritten gerichtete Forderung des Zuwendungsempfängers (Tilgung fremder Schuld), liegt dessen Gegenleistung nach Ansicht des BGH darin, dass er mit der Leistung, die er gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur bei einem Widerspruch seines Schuldners ablehnen kann, eine werthaltige Forderung gegen diesen verliert. In diesem Fall ist nicht der Leistungsempfänger, sondern dessen Schuldner der richtige Beklagte für eine Anfechtung wegen unentgeltlicher Zuwendung.117

G 57

Ist hingegen die Forderung des Zuwendungsempfängers wertlos, verliert dieser nach Ansicht des BGH wirtschaftlich nichts, was als Gegenleistung für die Zuwendung angesehen werden kann. In solchen Fällen ist die Tilgung einer fremden Schuld als unentgeltliche Leistung anfechtbar. Der Zuwendungsempfänger ist gegenüber den Insolvenzgläubigern des Verfügenden (Zuwendenden) nicht schutzwürdig; denn er hätte ohne diese Leistung, auf die er keinen Anspruch hatte, seine Forderung nicht mehr durchsetzen können.118 Die Werthaltigkeit der beglichenen Forderung kann insbesondere nicht damit begründet werden, dass es dem insolvenzreifen Drittschuldner gelungen ist, für einen Ausgleich des gegen ihn gerichteten Anspruchs zu sorgen.119 Die Leistung des Schuldners ist auch nicht deshalb entgeltlich, weil er sich gegenüber dem Drittschuldner zu deren Tilgung verpflichtet hat. Maßgebend ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem verfügenden Schuldner und dem Zuwendungsempfänger.120 Auch eine Cash-Pool-Abrede zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner vermag daher keine Entgeltlichkeit im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Zuwendungsempfänger zu begründen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner einen Anspruch auf Erfüllung hatte, etwa aufgrund Schuldübernahme oder Schuldbeitritts.121 Dafür genügt eine zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner vereinbarte Erfüllungsübernahme nicht, denn diese verschafft dem Gläubiger kein Forderungsrecht (vgl. § 329 BGB).122

G 58

Soweit in früheren Entscheidungen des BGH davon die Rede ist, dass die Sicherstellung einer fremden Schuld auch dann entgeltlich ist, wenn dem Sicherungsgeber dafür die Kreditgewährung an den Dritten versprochen wird, an der er ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, und dass ein derartiges Interesse im Verhältnis zwischen Tochter- und Muttergesell-

G 59

117 Vgl. BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. Rz. 8; v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 10; v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, MDR 2004, 904 = ZIP 2004, 917 (918). 118 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 13; v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 11. 119 Vgl. BGH v. 27.4.2010 – IX ZR 122/09, ZInsO 2010, 1091 ff. Rz. 6. 120 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00 – „Cash-Pool (1)“, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 18. 121 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 20 = MDR 2005, 953; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 18. 122 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 19 = MDR 2005, 953. Schäfer

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G Rz. 59

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

schaft regelmäßig vorhanden sei,123 ist der BGH davon später abgerückt. Die Besicherung einer fremden Forderung ist nicht deswegen entgeltlich, weil der Sicherungsgeber mit der Gewährung der Sicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt.124 Selbst wenn der Schuldner gegenüber einem Dritten zur Leistung verpflichtet war oder mit der Leistung eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte oder Vorteile erzielte, macht dies den Zuwendungsempfänger nach Ansicht des BGH gegenüber den Insolvenzgläubigern des Schuldners nicht schutzwürdig und lässt die Unentgeltlichkeit der Leistung im Verhältnis zum Empfänger nicht entfallen.125

G 60 Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob im Sinne der Rechtsprechung des BGH Unentgeltlichkeit vorliegt, ist der Zeitpunkt des Rechtserwerbs des Anfechtungsgegners infolge der Leistung des Schuldners, also zum Beispiel der Erhalt der Zahlung.126 Entscheidend ist grundsätzlich das objektive Verhältnis der ausgetauschten Werte.127 Hat der Leistungsempfänger bereits zu einem früheren Zeitpunkt seinem Schuldner eine Leistung erbracht, kann deshalb nicht auf ihren damaligen objektiven Wert abgestellt werden. In diesem Fall kann die Unentgeltlichkeit nur nach dem Wert der Forderung bemessen werden, die dem Zuwendungsempfänger im Zeitpunkt des Rechtserwerbs gegen seinen Schuldner zusteht. Ob der Leistungsempfänger Kenntnis von der Wertlosigkeit seiner Forderung gegen den Drittschuldner hatte, ist nach der Rechtsprechung des BGH unerheblich.128

G 61 Der BGH hatte zunächst noch offen gelassen, ob auch dann von einer wertlosen Forderung im Sinne dieser Rechtsprechung auszugehen ist, wenn der Zuwendungsempfänger in der Insolvenz seines Schuldners eine Quote zu erwarten hat.129 Er hat jedoch später durch Urteil vom 22.10.2009130 entschieden, dass eine Drittzahlung unentgeltlich ist, wenn der Schuldner des Leistungsempfängers zum Zeitpunkt der Bewirkung der Leistung insolvenzreif war. Im Fall der Insolvenzreife des Drittschuldners könne die Forderung nicht mehr durchgesetzt werden, weil nunmehr eine gemeinschaftliche Befriedigung aller (Insolvenz-)Gläubiger in dem dafür vorge123 Vgl. BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2599). 124 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. 125 BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 14; v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. Rz. 19 = MDR 2005, 953. 126 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 12; v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (281) = MDR 2005, 953. 127 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 12; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (102 f.) = MDR 1991, 431. 128 BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 12. 129 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 14. 130 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 64 G

sehenen Verfahren stattzufinden habe. Die Wertlosigkeit und fehlende Durchsetzbarkeit der Forderung im Zeitpunkt ihrer Tilgung werde durch das spätere Ergebnis einer Gesamtbefriedigung und eine etwaige, auf den Gläubiger entfallende Quote nicht berührt. Könne der Gläubiger seine durch die Insolvenzreife entwertete Forderung nicht mehr isoliert durchsetzen, könne ihr auch im Falle einer Dritteistung kein eigenständiger wirtschaftlicher Wert beigemessen werden. Dem Gläubiger bleibe nach der Anfechtung der von dem Dritten erbrachten Leistung nur die Möglichkeit, den Restwert seiner Forderung durch Anmeldung im Insolvenzverfahren seines Schuldners zu realisieren.131 Zu beachten ist jedoch, dass im Falle der Tilgung einer fremden Schuld durch den künftigen Insolvenzschuldner trotz der Wertlosigkeit der getilgten Forderung des Gläubigers gegen den Drittschuldner keine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO vorliegt, wenn dem Drittschuldner ein auf die Tilgung der Verbindlichkeit gerichteter werthaltiger Regressanspruch gegen den Schuldner zustand, auf den der Anfechtungsgegner hätte zugreifen können:132

G 62

BGH-Urteil vom 19.11.2009 – ZIP 2010, 36 ff. Die Beklagte gewährte dem Ehemann der Schuldnerin am 18.10.2004 ein Darlehen in Höhe von 50 000 Euro. Diesen Betrag leitete der Ehemann an das Finanzamt weiter, das die Zahlung mit Steuerforderungen gegen die Schuldnerin verrechnete. Anschließend entrichtete die Schuldnerin in der Zeit von November 2004 bis Oktober 2005 ratenweise Zahlungen in Höhe von ca. 41 000 Euro an die Beklagte. Der Ehemann der Schuldnerin war während des gesamten Zahlungszeitraums zahlungsunfähig. Auf den Eigenantrag der Schuldnerin vom 30.11.2005 wurde am 23.1.2006 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter verlangte von der Beklagten die Rückgewähr der empfangenen Ratenzahlungen.

G 63

Der BGH führt zunächst aus, dass die Zahlungen der Schuldnerin an die Beklagte wegen der Wertlosigkeit der Darlehensforderung der Beklagten gegen den Ehemann grundsätzlich der Anfechtung gemäß § 134 Abs. 1 InsO unterliege. Allerdings sei die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Ehemann die von der Beklagten erhaltenen Darlehensmittel zur Begleichung von Abgabenforderungen verwendet habe, die gegen die Schuldnerin gerichtet gewesen seien. Dadurch könne er gegen die Schuldnerin einen Regressanspruch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach Bereicherungsrecht erworben haben. Den Rückgriffsanspruch habe die Schuldnerin entsprechend der Weisung ihres Ehemannes durch Zahlung auf die gegen ihn gerichtete Forderung der Beklagten erfüllen können. Die Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO wäre daher un-

G 64

131 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. Rz. 9. 132 BGH v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08 – „Ehegattenregress“, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. Schäfer

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G Rz. 64

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

begründet gewesen, wenn der Rückgriffsanspruch des Ehemannes gegen die Schuldnerin werthaltig gewesen wäre und somit folgerichtig wegen der Möglichkeit seiner insolvenzbeständigen vollstreckungsweisen Realisierbarkeit nicht von der Wertlosigkeit der gegen ihn bestehenden Darlehensforderung der Beklagten auszugehen gewesen wäre. Die Werthaltigkeit der gegen die Schuldnerin gerichteten Rückgriffsforderung bestimme sich indes ebenfalls danach, ob die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Leistungserbringung insolvenzreif gewesen sei. Die Werthaltigkeit der Forderung folge nicht schon aus ihrer tatsächlichen Begleichung, da Schuldner in der Krise erfahrungsgemäß aus verschiedensten Gründen noch einzelne Gläubiger bevorzugt befriedigten.133

G 65 Auch werthaltige Außenstände des Drittschuldners stehen der Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO gegenüber dem Gläubiger nur dann entgegen, wenn dieser auf die Außenstände trotz der materiellen Insolvenz des Drittschuldners insolvenzbeständig hätte zugreifen können; die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Anfechtungsgegner.134 aa) Weitere Einzelfälle

G 66 Erfüllt eine GmbH & Co. KG die Gehaltsansprüche des Geschäftsführers ihrer Komplementär-GmbH aus einem mit der GmbH abgeschlossenen Anstellungsvertrag, liegt darin keine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO, wenn die im Übrigen vermögenslose GmbH einen vollwertigen Erstattungsanspruch gegen die Kommanditgesellschaft hat.135

G 67 Für die Unentgeltlichkeit der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen kann es sprechen, dass für Anteile an ein und derselben Gesellschaft, deren Wert nur gleichmäßig gestiegen oder gefallen sein kann, unterschiedlich hohe Preise vereinbart wurden.136

G 68 Eine unentgeltliche Leistung ist ferner gegeben, wenn der spätere Insolvenzschuldner die durch eine Grundschuld gesicherte Forderung tilgt und den dinglich haftenden Dritten vom Regress freistellt.137

G 69 Erbringt der Schuldner aufgrund eines „letter of intent“ einem Auftraggeber Werkleistungen, überlässt er den Auftrag jedoch einem Dritten, der den vollen Werklohn erhält, können die vom Schuldner erbrachten Werk-

133 Vgl. BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (84) = MDR 2003, 1256. 134 BGH v. 17.6.2010 – IX ZR 186/08, MDR 2010, 1152 = ZIP 2010, 1402 f.; v. 19.11.2009 – IX ZR 9/08, MDR 2010, 288 = ZIP 2010, 36 ff. Rz. 11, 14. 135 OLG Hamm v. 25.8.2010 – I-8 U 129/09, ZIP 2010, 2058 ff. 136 Vgl. BGH v. 24.6.1993 – IX ZR 96/92, MDR 1993, 1119 = ZIP 1993, 1170 ff. 137 BGH v. 3.5.2007 – IX ZR 16/06, MDR 2007, 1222 = NotBZ 2008, 75 = ZIP 2007, 1326 ff.; Graf-Schlicker/Huber, § 134 Rz. 13.

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III. Einzelheiten

Rz. 72 G

leistungen im Verhältnis zum Dritten als unentgeltliche Leistung anfechtbar sein.138 bb) Kritik in Rechtsprechung und Schrifttum Der BGH stellt im Mehrpersonenverhältnis nicht auf die zwischen den Beteiligten bestehenden schuldrechtlichen Leistungsbeziehungen ab und verneint die Anfechtbarkeit nach § 134 Abs. 1 InsO daher nicht schon dann, wenn der Zuwendungsempfänger mit dem Schuldner der getilgten Forderung (Drittschuldner) durch eine entgeltliche Rechtsbeziehung verbunden ist. Praktisch gesehen bedeutet dies, dass der Empfänger einer Drittzahlung, der diese Zahlung gemäß § 267 Abs. 2 BGB nur dann zurückweisen kann, wenn der Drittschuldner widerspricht, noch lange Zeit nach der Zahlung einer Anfechtung nach § 134 InsO ausgesetzt sein kann. Dies gilt sogar in den Fällen, in denen die Zahlung von einem nicht persönlich haftenden Gesellschafter oder einem verbundenen Unternehmen des Schuldners kommt und der Empfänger somit kaum Anlass hat, hinsichtlich des Behaltendürfens Zweifel zu hegen.

G 70

Die Rechtsprechung des BGH wird im Schrifttum und zum Teil auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung zu Recht kritisiert.139 Es ist nicht möglich, die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung nach deren Wirkung zu bestimmen, indem etwa das „Entgelt“ des Zuwendungsempfängers im Erlöschen seiner (werthaltigen) Forderung gegen den Drittschuldner gesehen wird.140 Auch die Erfüllung eines Schenkungsversprechens, die ja gerade von § 134 InsO erfasst werden soll, bringt die Forderung des Empfängers zum Erlöschen. Die Erfüllung des Schenkungsversprechens wäre demnach keine unentgeltliche Leistung. Man versucht diesem Einwand durch die Einschränkung auf Fälle zu begegnen, in denen die Forderung nicht durch unentgeltlichen Vertrag begründet wurde.141 Damit wird aber letztlich eingeräumt, dass die Frage der Entgeltlichkeit nicht allein davon abhängig sein kann, ob eine Verbindlichkeit erfüllt wird.142

G 71

Die Frage der Unentgeltlichkeit einer Leistung kann nur anhand der zwischen den Beteiligten bestehenden Leistungsbeziehungen beurteilt werden.143 Eine unentgeltliche Leistung setzt nach üblichem Verständnis Ei-

G 72

138 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 79/05, MDR 2007, 1099 = ZIP 2007, 1118 ff. 139 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3 ff., 25; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.92; Wittig, NZI 2005, 606 ff.; M. Huber, NZI 2008, 149 ff.; Gundlach/Frenzel, NZI 2006, 400 f.; Schulz/Schröder, DZWIR 2008, 419 f.; OLG Koblenz v. 13.5.2004 – 5 U 1539/03, ZIP 2004, 1275 ff. 140 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.90; Berger, ZIP 2010, 2078. 141 Vgl. Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 32 Rz. 6; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz, Rz. 220. 142 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 3. 143 Vgl. Jaeger/Henckel, ZIP 2004, 1671, 1674; OLG Koblenz v. 13.5.2004 – 5 U 1539/03, ZIP 2004, 1275 ff. Schäfer

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G Rz. 72

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

nigkeit über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung voraus, an der es in den fraglichen Fällen im Verhältnis zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger in der Regel fehlt.144 Nach der Rechtsprechung des BGH muss weder dem Schuldner noch dem Zuwendungsempfänger die Wertlosigkeit der Forderung des Zuwendungsempfängers gegen den Drittschuldner bewusst gewesen sein.145 Gerade wenn man mit dem BGH eine wirtschaftliche Betrachtungsweise anstellt,146 kann aus der bloßen Insolvenzreife des Drittschuldners nicht die Wertlosigkeit der gegen ihn gerichteten Forderung des Gläubigers gefolgert werden. Nach der Rechtsprechung des BGH ist Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 InsO bereits gegeben, wenn die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr beträgt und er nicht in der Lage ist, innerhalb von drei Wochen die zur Begleichung der fälligen Verbindlichkeiten benötigten Mittel zu beschaffen.147 Der Gläubiger hat daher unter Umständen in der Insolvenz des Drittschuldners eine durchaus beträchtliche Quote zu erwarten. Er kann seine Forderung aber nicht im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Drittschuldners anmelden, da er durch die Zahlung des Schuldners befriedigt ist. Es kann daher ohne weiteres sein, dass ihm im Falle einer späteren Anfechtung der Drittzuwendung nach § 134 InsO die ansonsten zu erwartende Quote entgeht. Dies ist ein Eingriff in die zwischen dem Zuwendungsempfänger und dessen Schuldner bestehende Leistungsbeziehung, die auch bei Berücksichtigung des Zwecks des § 134 InsO nicht gerechtfertigt erscheint. Dies veranschaulicht das Urteil des BGH vom 5.6.2008:148 BGH-Urteil vom 5.6.2008 – ZIP 2008, 1385 ff.

G 73 Die Schuldnerin überwies am 5.3.2004 als Dritte im Sinne des § 267 BGB ca. 1600 Euro und ca. 1500 Euro als Kraftfahrzeugversicherungsbeitrag für das Jahr 2004 an die verklagte Versicherung. Vertragspartner der Beklagten war die S. GmbH & Co. KG, die zum Zeitpunkt der Zahlungen bereits kurz vor der Insolvenzeröffnung stand. Der Insolvenzantrag wurde am 11.3.2004 gestellt und am 27.5.2004 mangels Masse abgewiesen. Auf Antrag der Schuldnerin vom 21.4.2004 wurde am 1.10.2004 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Die Fahrzeuge wurden am 29.6.2004 und am 12.7.2004 abgemeldet. Die Beklagte erstattete der klagenden Insolvenzverwalterin über das Vermögen der Schuldnerin die Prämienanteile für die Zeit von der Abmeldung bis zum Jahresende und zahlte auch die anteiligen Prämien für den Zeitraum vom 1.1.2004 bis zum Zahlungszeitpunkt am 5.3.2004 zurück. Die auf Rückzahlung der Prämien-

144 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 25. 145 BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 12. 146 BGH v. 17.6.2010 – IX ZR 186/08, MDR 2010, 1152 = ZIP 2010, 1402 f. Rz. 7; v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. Rz. 8. 147 BGH v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, MDR 2007, 488 = ZIP 2006, 2222 ff. 148 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07 – „Kraftfahrzeugversicherung“, ZIP 2008, 1385 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 77 G

anteile für die Zeit vom 6.3.2004 bis zum jeweiligen Abmeldedatum gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.

Die verklagte Versicherung hat in dem entschiedenen Fall durchgängig nichts anderes getan, als der S. GmbH & Co. KG die vertraglich geschuldete entgeltliche Leistung zu erbringen. Diese Leistungserbringung spaltet der BGH anfechtungsrechtlich auf in eine teilweise unentgeltliche (1.1.2004 bis 5.3.2004) und eine teilweise entgeltliche (6.3.2004 bis 29.6.204 bzw. 12.7.2004) Leistung, obwohl die Beklagte die Leistung der Schuldnerin nicht zurückweisen kann und sie die Leistungs- bzw. Rechtsbeziehungen zwischen der Schuldnerin und der S. GmbH & Co. KG nicht kennt. Nicht zu folgen ist auch der Erwägung im Schrifttum,149 wonach sich die Rechtsprechung des BGH damit rechtfertigen lasse, dass der Zuwendungsempfänger mit seiner Leistung an den Dritten vorgeleistet habe. Die Fragen der Unentgeltlichkeit und des Vorleistungsrisikos haben nichts miteinander zu tun.

G 74

Die Bedenken gegenüber der Rechtsprechung des BGH werden schließlich an einem weiteren Urteil vom 16.11.2007150 deutlich:

G 75

BGH-Urteil vom 16.11.2007 – BGHZ 174, 228 ff. Die Schuldnerin war eine Tochtergesellschaft im Konzern der V-GmbH, dem auch die H-GmbH und die I-GmbH angehörten. Nachdem bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über die Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH beantragt worden war, hatte die Schuldnerin von ihrem Geschäftskonto ca. 81 000 Euro zur Begleichung fälliger Sozialversicherungsbeiträge, welche die V-GmbH, die H-GmbH und die I-GmbH der Beklagten schuldeten, für diese an die Beklagte überwiesen. Nach der Behauptung der Beklagten stammten die dafür erforderlichen Mittel ursprünglich aus dem Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH. Die Revision des klagenden Insolvenzverwalters über das Vermögen der Schuldnerin gegen das überwiegend klageabweisende Berufungsurteil führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

G 76

Der BGH bekräftigt zunächst seine Rechtsprechung,151 wonach bei Zuwendungen im Mehrpersonenverhältnis für die Frage der Unentgeltlichkeit maßgebend sei, ob der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen habe. Dies sei nicht der Fall, wenn seine Forderung gegen den Drittschuldner wertlos sei. In dem zu entscheidenden Fall seien die Beitragsforderungen der Beklagten gegen die V-GmbH und die H-GmbH wirtschaftlich wertlos gewesen, da bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen beantragt gewesen sei.

G 77

149 Vgl. Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 6 Rz. 63. 150 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345. 151 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00 – „Cash-Pool (1)“, BGHZ 162, 276 ff. = MDR 2005, 953. Schäfer

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G Rz. 78

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

G 78 Der BGH konnte gleichwohl nicht „durcherkennen“. Denn auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten kam nach seiner Ansicht auch eine Deckungsanfechtung gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter über die Vermögen der V-GmbH und der H-GmbH (Streithelfer) gegenüber der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Zuwendung in Betracht. Dieser Deckungsanfechtung gebühre der Vorrang gegenüber der „Schenkungsanfechtung“ des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Schuldnerin. Die Beklagte, die unter Hinweis auf den konkurrierenden Anfechtungsanspruch des Streithelfers die Sachbefugnis des Klägers bestreite, habe darzulegen und zu beweisen, dass der konkurrierende, vorrangige Anfechtungsanspruch erhoben sei und dass seine Voraussetzungen erfüllt seien.

G 79 Die Entscheidung des BGH zeigt, dass die von den zwischen den Beteiligten bestehenden Leistungsbeziehungen losgelöste Bestimmung der Unentgeltlichkeit einer Zuwendung erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Es ist schon im Ansatz zweifelhaft, von einer unentgeltlichen Zuwendung der Schuldnerin an die Beklagte auszugehen, wenn die Schuldnerin nach ihren Absprachen mit der V-GmbH und der H-GmbH einen Anspruch auf Entgelt hatte. Im Schrifttum wird ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass etwa im „Cash-Pool-Fall (1)“152 die Zahlung in der Insolvenz des Zahlenden als unentgeltliche Zuwendung an den Empfänger anzusehen sein soll, während es sich in der Insolvenz des Schuldners des Zuwendungsempfängers um eine entgeltliche Leistung an Letzteren handle, obwohl es doch für die Bestimmung der Entgeltlichkeit stets auf die Perspektive des Zahlungsempfängers ankommen solle153 und – so ist zu ergänzen – der Charakter einer Zuwendung aus der Sicht des Zuwendungsempfängers nur einheitlich beurteilt werden kann.

G 80 Der BGH ist im Urteil vom 16.11.2007 denn auch gezwungen, die „Schenkungsanfechtung“ des Klägers gegenüber einer möglichen Deckungsanfechtung des Streithelfers der Beklagten zurücktreten zu lassen. Dies ist jedoch nicht ohne Schwierigkeiten möglich. Hat der Streithelfer noch nicht gegenüber der Beklagten angefochten, kann auch der klagende Insolvenzverwalter nicht verlässlich anfechten. Ob etwa die Beklagte zum Zeitpunkt der Zuwendung die Zahlungsunfähigkeit der V-GmbH kannte, weiß der Kläger in der Regel nicht. Die Beklagte muss auf die Schenkungsanfechtung des Klägers hin an diesen zahlen, obwohl sie nicht weiß, ob sie auch vom Streithelfer noch im Wege der vorrangigen Deckungsanfechtung in Anspruch genommen wird. Die Erwägung des BGH, wonach die Beklagte darzulegen und zu beweisen habe, dass der konkurrierende, vorrangige Anfechtungsanspruch des Streithelfers erho-

152 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 ff. = MDR 2005, 953. 153 Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 101.

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III. Einzelheiten

Rz. 83 G

ben sei und dass dessen Voraussetzungen erfüllt seien, löst die durch seine Rechtsprechung aufgeworfenen Probleme nicht. Darüber hinaus gilt es Folgendes zu bedenken: Auch der BGH hält im Urteil vom 16.11.2007 noch einen weiteren Anfechtungsanspruch für denkbar, nämlich einen solchen des Insolvenzverwalters der V-GmbH und der H-GmbH als Anweisenden gegenüber der Schuldnerin als Angewiesener.154 Ein solcher Anfechtungsanspruch kommt jedenfalls dann in Betracht, wenn in der Person der Schuldnerin als Angewiesener die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO gegeben waren.155 Diesem Anfechtungsanspruch des Verwalters der verbundenen Unternehmen kommt in der Insolvenz der Schuldnerin Aussonderungskraft zu.156 Aufgrund dieser Anfechtbarkeit sind die – unterstellt – von der V-GmbH und der H-GmbH überlassenen Mittel haftungsrechtlich gerade nicht als Vermögen der Schuldnerin anzusehen, obwohl sie mangels treuhänderischer Bindung zunächst in das Vermögen der Schuldnerin übergegangen waren.157 Dies könnte anfechtungsrechtlich dazu zwingen, die Möglichkeit der „Schenkungsanfechtung“ im Verhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten mangels Gläubigerbenachteiligung zu verneinen, da die von der V-GmbH und der H-GmbH überlassenen Mittel zu keinem Zeitpunkt haftungsrechtlich dem Vermögen der Schuldnerin zugeordnet waren.

G 81

Im Urteil des BGH vom 16.11.2007 ist offen geblieben, ob die zur Befriedigung der Beklagten erforderlichen Mittel der Schuldnerin zuvor von den verbundenen Unternehmen überlassen worden waren. Traf dies zu, so dürfte es sich um den Fall einer Leistungskette gehandelt haben,158 bei der sich das vom BGH erörterte Konkurrenzproblem nicht stellt.159 In einem solchen Fall richtet sich die anfechtungsrechtliche Beurteilung vielmehr nach den Kriterien des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs.

G 82

Es stellt sich daher die Frage, ob nicht für die Rechtssicherheit und letztlich auch für alle als Anfechtungsberechtigte und Anfechtungsgegner in Betracht kommenden Beteiligten mehr gewonnen wäre, wenn die Anfechtungsmöglichkeiten in solchen Fällen nicht vervielfältigt, sondern den Insolvenzverwaltern klare Richtlinien vorgegeben würden, wer (allein) bei einer solchen Zuwendung, wie sie dem Urteil des BGH vom

G 83

154 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 44 = MDR 2008, 345. 155 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 121/06 – „Subunternehmer“, BGHZ 174, 314 ff. = MDR 2008, 341. 156 Vgl. BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01 – „Witweninsolvenz“, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. 157 BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. Rz. 21 = MDR 2008, 345. 158 Vgl. BGH v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 ff. = MDR 2009, 1069; v. 19.2.2009 – IX ZR 16/08, MDR 2009, 769 = ZIP 2009, 769 f. Rz. 8. 159 Vgl. Blum, WuB VI A. § 134 InsO 2.08. Schäfer

389

G Rz. 83

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

16.11.2007 zugrundelag, zur Anfechtung berechtigt ist. Solche Richtlinien stellen in Ermangelung einer sonstigen Regelung die Rechtsgrundsätze zum bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriff und ein weniger extensives Verständnis vom Begriff der „unentgeltlichen Leistung“ im Sinne des § 134 InsO dar. c) Sicherheitenbestellung

G 84 Bei der Bestellung einer Sicherheit durch den Schuldner ist nach der Rechtsprechung des BGH danach zu differenzieren, ob die Sicherheit für eine eigene Verbindlichkeit des Schuldners oder für eine fremde Verbindlichkeit gewährt wird. aa) Sicherheit für eigene Verbindlichkeit

G 85 Nach der Rechtsprechung des BGH ist sowohl die ursprüngliche als auch die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit für eine durch einen entgeltlichen Vertrag begründete eigene Verbindlichkeit als entgeltliche Leistung anzusehen und somit nicht nach § 134 InsO anfechtbar.160 Dies hat der BGH durch Urteil vom 12.7.1990161 rechtsgrundsätzlich entschieden: BGH-Urteil vom 12.7.1990 – BGHZ 112, 136 ff.

G 86 Der Vater der Beklagten betrieb eine Gärtnerei unter Inanspruchnahme von Bankkrediten. Durch Vertrag vom 28.7.1987 trat er die spätestens 1996 fälligen Ansprüche aus einer Kapitalversicherung über eine Summe von 135 000 DM zur Sicherung von Darlehensansprüchen der Beklagten anteilig an die Beklagten ab. Nachdem im September 1987 ein Sachverständiger der Bank den Betrieb des Vaters als überaltert und verhältnismäßig geringwertig eingeschätzt hatte, stellte die Bank die Finanzierung ein. Am 7.10.1987 wurde über das Vermögen des Vaters das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Konkursverwalter bestellt. Dieser focht die Abtretung der Versicherungsansprüche (letztlich ohne Erfolg) an.

G 87 Der BGH führt unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien zur Konkursordnung aus, dass die Sicherung einer eigenen Verbindlichkeit begrifflich stets entgeltlich sei, weil sie nur die Befriedigung vorbereite. Es bestehe Einigkeit darin, dass die Erfüllung einer eigenen rechtsbeständigen, infolge einer entgeltlichen Gegenleistung begründeten Verbindlichkeit eine entgeltliche Verfügung im Sinne des § 32 KO darstelle, weil der Schuldner damit von der getilgten Schuld frei werde. Die bloße Sicherung einer bestehenden Forderung könne nicht in weitergehendem Umfang gemäß § 32 KO angefochten werden als die Erfüllung selbst. Die Schenkungs160 BGH v. 22.7.2004 – IX ZR 183/03, NotBZ 2004, 388 = MDR 2005, 172 = ZIP 2004, 1819 ff.; v. 17.9.2009 – IX ZR 222/07, veröffentlicht bei juris. 161 BGH v. 12.7.1990 – IX ZR 245/89 – „Gärtnerei“, BGHZ 112, 136 ff. = MDR 1990, 1109, bestätigt unter der Geltung der InsO durch BGH v. 22.7.2004 – IX ZR 183/03, NotBZ 2004, 388 = MDR 2005, 172 = ZIP 2004, 1819 ff.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 89 G

anfechtung bezwecke nämlich nicht die verselbständigte Rückabwicklung bloßer Hilfsgeschäfte wie Zahlung, Anerkennung oder Sicherstellung, die nur der Verstärkung oder Abwicklung anderweitiger Rechtsverhältnisse dienten. Als unentgeltlich anfechtbar könnten solche Hilfsgeschäfte allenfalls zusammen mit Hauptgeschäften sein, die ihrerseits den Rechtsgrund für eine Übertragung von Vermögensgütern bildeten. Deren Rechtsnatur bestimme zugleich die Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Hilfsgeschäfte mit. Das Argument, die Sicherstellung sei ein bloßes Hilfsgeschäft, hat der BGH allerdings später selbst aufgegeben.162 Im Schrifttum163 wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass eine unentgeltliche Leistung gegeben sei, wenn ein ungekündigter Kredit nachträglich besichert werde, ohne dass dem eine vereinbarte Gegenleistung des Sicherungsnehmers gegenüberstehe. Dem könne nicht entgegengehalten werden, dass der Sicherungsnehmer doch Anspruch auf Erfüllung habe, also mehr als nur Sicherstellung verlangen könne. Denn der Anspruch auf Besicherung sei gegenüber dem Anspruch auf Leistung kein minus, sondern ein aliud.164 Die Erfüllung einer eigenen Schuld sei entgeltlich, weil der Gläubiger seine Forderung verliere; darin liege seine „Gegenleistung“; Demgegenüber verliere der Gläubiger (Sicherungsnehmer) bei der nachträglichen Besicherung nichts, er gewinne nur.165 Der Auffassung des BGH ist dennoch im Ergebnis zuzustimmen. Die nachträgliche Bestellung der Sicherheit kann nicht völlig losgelöst von den zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer bestehenden Kausalbeziehungen gesehen werden. Dies ist der Bereich der besonderen und nicht der allgemeinen Insolvenzanfechtung. Mit der Anwendung des § 134 InsO würde letztlich der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger entgegen der Gesetzessystematik des Insolvenzanfechtungsrechts auf den Zeitraum von vier Jahren ausgedehnt. Die Gleichbehandlung der Gläubiger soll jedoch nur auf die kritische Zeit der materiellen Insolvenz im Sinne der §§ 130, 131 und 132 InsO vorgezogen werden. Nur in diesem Zeitraum wird im Rahmen der besonderen Insolvenzanfechtung den Gläubigern die Pflicht zur wechselseitigen Rücksichtnahme auferlegt.166

G 88

Die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit durch den Schuldner für eine Verbindlichkeit aus einer von ihm begangenen unerlaubten Handlung stellt eine entgeltliche Leistung dar; gleiches gilt für die Verstärkung des Anspruchs durch Schuldanerkenntnis.167

G 89

162 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04 – „Internet-Domain“, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. Rz. 9. 163 Vgl. Ganter, WM 2006, 1081 ff. und WM 2011, 245 ff. 164 Vgl. dazu BGH v. 18.10.2010 – IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 ff. Rz. 16. 165 Ganter, WM 2006, 1084. 166 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 4; ebenso BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Rz. 10. 167 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 57/09, MDR 2010, 1019 = ZIP 2010, 841 ff. Schäfer

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G Rz. 90

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

bb) Sicherheit für fremde Verbindlichkeit

G 90 Der BGH hatte noch in einem Urteil vom 19.3.1998 entschieden, dass die Sicherstellung einer fremden Schuld entgeltlich sei, wenn dem Sicherungsgeber dafür die Kreditgewährung an einen Dritten versprochen werde, an der er ein eigenes wirtschaftliches Interesse habe; ein derartiges Interesse sei im Verhältnis zwischen Tochter- und Muttergesellschaft regelmäßig vorhanden.168 Nach dem Leitsatz seines späteren Urteils vom 1.6.2006169 ist jedoch die Besicherung einer fremden Forderung nicht deshalb als entgeltlich anzusehen, weil der Sicherungsgeber mit der Gewährung der Sicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt. Die Besicherung einer fremden Schuld sei grundsätzlich unentgeltlich, wenn der Sicherungsgeber nicht aufgrund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung zur Bestellung der Sicherheit gehalten gewesen sei.170 Es komme nur darauf an, ob der Sicherungsnehmer zugunsten des Sicherungsgebers oder eines Dritten ein Vermögensopfer erbringe. Maßgebend sei dabei in erster Linie der objektive Sachverhalt.171 Das eigene wirtschaftliche Interesse des Schuldners an der Zuwendung für den Dritten könne deshalb allenfalls ein Indiz für die Entgeltlichkeit sein, etwa dann, wenn der Schuldner gerade durch die von ihm gewährte Sicherheit den Sicherungsnehmer dazu veranlassen wolle, an den Dritten eine Gegenleistung zu erbringen. Voraussetzung sei jedoch auch hier, dass es sich um eine werthaltige Gegenleistung handle.172

G 91 Im Urteil vom 1.6.2006173 hatte der BGH über die nachträgliche Besicherung einer fremden Schuld im Konzernverbund zu entscheiden. Er führt aus, dass von der „Schenkungsanfechtung“ ein Empfänger freigestellt sei, der für die Zuwendung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung an diesen oder einen Dritten erbringe. In Rechtsprechung und Schrifttum werde die Ansicht vertreten, dass das Stehenlassen einer gekündigten oder kündbaren Forderung ein ausgleichender Gegenwert für die Besicherung sein könne, wenn der Gläubiger zu dieser Zeit noch die Rückzahlung hätte verlangen können.174 Diese Frage könne in dem zu entscheidenden Fall dahingestellt bleiben, da das Berufungsgericht festgestellt habe, dass der Darlehensanspruch nicht ohne weiteres hätte durchgesetzt werden können, wenn er mangels Besicherung fällig gestellt worden wäre. Sei aber der Darlehensrückzahlungsanspruch im Zeitpunkt der Besi168 BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342. 169 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. – „Internet-Domain“. 170 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. Rz. 7. 171 Vgl. BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (281) = MDR 2005, 953. 172 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. Rz. 14. 173 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. – „Internet-Domain“. 174 Vgl. Ganter, WM 1998, 2081 (2084); Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 4.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 95 G

cherung nicht durchsetzbar, also wirtschaftlich wertlos gewesen, habe die Klägerin mit dem Stehenlassen des Darlehens kein Vermögensopfer erbracht. In einem weiteren Urteil vom 7.5.2009175 stand hingegen nicht fest, dass die stehengelassene Forderung des Gläubiges nicht (mehr) durchsetzbar war, so dass der BGH seine Rechtsprechung fortentwickeln musste:

G 92

BGH-Urteil vom 7.5.2009 – ZIP 2009, 1122 ff. Die Schuldnerin (GmbH) vertrieb vornehmlich Produkte eines bestimmten Einzelunternehmens, das diese Produkte zuvor selbst vertrieben hatte. Dieses Einzelunternehmen und die Schuldnerin unterhielten bei der verklagten Sparkasse Girokonten. Im Januar 2003 wies das Konto der Schuldnerin ein Guthaben aus, während die Konten des Einzelunternehmens debitorisch geführt wurden. Die Beklagte sah die dem Einzelunternehmen gewährten Kredite zunehmend als gefährdet an, da die unter anderem als Sicherheit vereinbarte Globalzession durch die Zwischenschaltung der Schuldnerin entwertet war und ein Kontenausgleich zugunsten des Einzelunternehmens ausblieb. Die Schuldnerin verpfändete daher der Beklagten am 14.2.2003 ihr derzeitiges und künftiges Guthaben auf dem Geschäftskonto zur Sicherung der bankmäßigen Ansprüche der Beklagten gegen das Einzelunternehmen.

G 93

Am 15.9.2004 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter focht die Verpfändung als unentgeltliche Leistung an und verlangte (mit Erfolg) die Auszahlung des Guthabens der Schuldnerin bei der Beklagten.

G 94

Der BGH bekräftigt seine ständige Rechtsprechung, wonach es bei der Einschaltung einer dritten Person in einen Zuwendungsvorgang nicht darauf ankommt, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für seine Leistung erhalten hat, sondern darauf, ob der Zuwendungsempfänger ein Vermögensopfer erbracht hat.176 Nach dem Vorbringen der Beklagten habe sich die Sicherheitenlage in Bezug auf das Einzelunternehmen durch die Gründung der Schuldnerin deutlich verschlechtert. Da dieses selbst keine Sicherheiten habe erbringen können, habe der Beklagten das Recht zur Kündigung der Kredite zugestanden, wobei eine Kreditkündigung auch für die GmbH das Ende bedeutet hätte. Es sei daher davon auszugehen, dass der mögliche Anspruch der Beklagten gegen das Einzelunternehmen auf Nachbesicherung nicht werthaltig gewesen sei. Die Beklagte habe deshalb dadurch, dass der Nachbesicherungsanspruch durch Verpfändung erloschen sei, wirtschaftlich nichts verloren, was als Gegenleistung für die Zuwendung der Schuldnerin angesehen werden könnte.

G 95

175 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08 – „Gartenbaubetrieb“, MDR 2009, 1006 = ZIP 2009, 1122 ff. 176 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345 Rz. 8; v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, WM 2006, 1156 (1157). Schäfer

393

G Rz. 96

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

G 96 Der Senat habe allerdings in seinem ebenfalls eine Nachbesicherung be-

treffenden Urteil vom 1.6.2006177 noch offen gelassen, wie das Stehenlassen einer durchsetzbaren Forderung zu bewerten sei, wenn ein Dritter dafür eine Sicherheit stelle, da in dem seinerzeit entschiedenen Fall der Darlehensrückzahlungsanspruch gegen den Drittschuldner nicht mehr durchsetzbar und somit wirtschaftlich wertlos gewesen sei. Dies liege zwar auch in dem jetzigen Fall nahe, doch komme es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Denn nach der neueren Rechtsprechung des Senats zu § 142 InsO enthalte das Stehenlassen einer Darlehensforderung keine ausgleichende Gegenleistung, weil allein damit dem Schuldner kein neuer Vermögenswert zugeführt werde. Der Schuldner habe ihn vielmehr bereits durch die Darlehensgewährung erhalten; das bloße Unterlassen der Rückforderung bedeute keine Zuführung eines neuen Vermögenswertes.178 Diese Rechtsprechung finde im Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 InsO ebenfalls Anwendung, wenn ein ungekündigter Kredit eines Drittschuldners nachträglich besichert werde, ohne dass dem eine vereinbarte Gegenleistung des Sicherungsnehmers gegenüberstehe. In diesem Fall sei das Sicherungsgeschäft unentgeltlich, und zwar unabhängig davon, ob die Rückführung des stehengelassenen Kredits des Drittschuldners hätte durchgesetzt werden können oder nicht.179

G 97 Nach der Rechtsprechung des BGH ist somit die nachträgliche Besicherung einer fremden Verbindlichkeit stets als unentgeltliche Leistung nach § 134 InsO anfechtbar, unabhängig davon, ob die besicherte Forderung werthaltig war oder nicht.180 cc) Kritische Würdigung der Rechtsprechung zur Nachbesicherung

G 98 Es mag sein, dass der BGH von einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO nur dann ausgeht, wenn für die Leistung des Schuldners vereinbarungsgemäß eine gleichwertige Gegenleistung in dessen Vermögen gelangt. Im Rahmen des § 134 Abs. 1 InsO stellt der BGH jedoch in ständiger Rechtsprechung nur auf den objektiven Wert der „Leistung“ des Zuwendungsempfängers ab.181

G 99 Gerade auf der Grundlage der Auffassung des BGH, wonach die Frage der Unentgeltlichkeit nach dem objektiven Wert der „Leistung“ des Zuwen177 BGH v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04 – „Internet-Domain“, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. 178 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Rz. 41 ff. = MDR 2008, 411; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 13c; Mitlehner, ZIP 2007, 1925, 1930. 179 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 33; Ganter, WM 2006, 1081 (1084). 180 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, MDR 2009, 1006 = ZIP 2009, 1122 ff. Rz. 12 a.E.; Berger, ZIP 2010, 2081. 181 Zu Recht kritisch gegenüber den Erwägungen des BGH zum Bargeschäft Berger, ZIP 2009, 2081: Das Merkmal des „Zufließens neuer Werte“ schütze im Ergebnis die Gläubiger des Drittschuldners und nicht die Gläubiger des Insolvenzschuldners.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 101 G

dungsempfängers zu bestimmen sein soll, ist es dem Gläubiger, der für seine Forderung gegen den Drittschuldner eine Nachbesicherung durch den Schuldner erhält, schwer zu vermitteln, dass dies eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO sein soll.182 Ohne die Nachbesicherung durch den Dritten würde der Kreditgeber möglicherweise den dem Dritten gewährten Kredit kündigen und alsbald Insolvenzantrag stellen. Aufgrund der Nachbesicherung hält er indes still und verschlechtert in dem Fall, dass der Schuldner trotz der Nachbesicherung später dennoch insolvent wird, erfahrungsgemäß seine Aussicht auf zumindest quotale Befriedigung. Dem Sicherungsnehmer ist die Möglichkeit eines solchen wirtschaftlichen Nachteils in der Regel durchaus bewusst. Er nimmt diese Möglichkeit jedoch im Interesse einer Fortsetzung der entgeltlichen Geschäftsbeziehung mit dem Schuldner in Kauf, was freilich auch im Interesse des Schuldners liegt. Tritt der Nachteil letztlich ein, kann keine Rede davon sein, dass der Gläubiger durch die Nachbesicherung vom Schuldner etwas unentgeltlich erhalten habe. Die Verschlechterung seiner im Insolvenzverfahren zu erwartenden Quote geht häufig sogar über den Wert der nachträglichen Sicherheitsleistung hinaus. Dass die Inkaufnahme des möglichen Nachteils gegen Nachbesicherung nicht auf einer Vereinbarung mit dem Schuldner beruht, kann nicht entscheidend sein, da der BGH in ständiger Rechtsprechung betont, dass bei der Entscheidung der Frage, ob eine Anfechtung durchgreift und welchen Inhalt der auf ihr beruhende Rückgewähranspruch hat, die zugrundeliegenden Vorgänge mehr unter wirtschaftlichen als formalrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sind.183 Weshalb dieser Grundsatz nicht auch zugunsten des Gläubigers gelten soll, ist nicht ersichtlich.

G 100

Der Grund für die Nachbesicherung ist das zwischen dem Schuldner der gesicherten Forderung (Drittschuldner) und dem Sicherungsnehmer bestehende Kausalverhältnis, und dieses ist in der Regel entgeltlich. Den Rechtsgrund für die Nachbesicherung bildet in aller Regel eine – zumeist ebenfalls entgeltliche – Kausalbeziehung zwischen dem Drittschuldner und dem die Sicherheit gewährenden Schuldner, die nach den Rechtsgrundsätzen des bereicherungsrechtlichen Leistungsbegriffs eine „Schenkungsanfechtung“ im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Sicherungsnehmer ausschließt. Im Schrifttum wird ferner zu Recht geltend gemacht, dass selbst dann keine unentgeltliche Leistung zugunsten des Sicherungsnehmers angenommen werden dürfe, wenn die Bestellung der Sicherheit dem Schuldner der gesicherten Forderung als unentgeltliche Zuwendung versprochen worden sei. Denn eine unentgeltliche Zuwen-

G 101

182 Kritisch zu Recht auch Herrlich/Merkel, WM 2010, 2343 (2345). 183 Vgl. BGH v. 28.3.1985 – IX ZR 115/84, MDR 1985, 759 = ZIP 1985, 816 (817 f.); v. 23.9.1981 – VIII ZR 245/80, ZIP 1981, 1229 (1230 f.). Schäfer

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G Rz. 101

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

dung an den Schuldner der gesicherten Forderung könne nicht zugleich eine unentgeltliche Leistung zugunsten des Sicherungsnehmers sein.184

G 102 Die Beteiligten gehen daher in der Regel zu Recht davon aus, dass die Nachbesicherung keine unentgeltliche Zuwendung darstelle. Dies wäre allenfalls dann anders, wenn sich Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer bewusst wären, dass die gesicherte Forderung (völlig) wertlos ist.185

G 103 Die Entgeltlichkeit der Nachbesicherung kann sich aber auch nach der Rechtsprechung des BGH daraus ergeben, dass der Sicherungsnehmer einen entgeltlich begründeten und werthaltigen Nachbesicherungsanspruch gegen den Sicherungsgeber oder einen Dritten hatte.186 Im Schrifttum wird ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass bei der nachträglichen Besicherung einer wertlosen Forderung des Gläubigers gegen einen Drittschuldner häufig eine Vorsatzanfechtung gemäß § 133 Abs. 1 InsO in Betracht kommen dürfte.187

3. Leistungsempfänger; Besonderheiten beim Zuwendungsgegenstand

G 104 Die Anfechtung nach § 134 InsO richtet sich gegen denjenigen, der eine unentgeltliche Leistung aus dem Vermögen des Schuldners empfangen hat. Dies bereitet bei direkten Zuwendungen des Schuldners keine Schwierigkeiten. Zu beachten ist jedoch, dass eine unentgeltliche Leistung des Schuldners auch im Wege der Zuwendung über eine dritte Person erbracht werden kann. a) Mittelbare Zuwendung über Mittelsperson

G 105 Wie im Bereich der Deckungsanfechtung ist auch im Rahmen des § 134 Abs. 1 InsO zu beachten, dass der Schuldner einem Dritten eine Zuwendung unter Einschaltung einer Mittelsperson erbracht haben kann. Als Rechtshandlungen des Schuldners sind auch mittelbare Zuwendungen anfechtbar, bei denen der Schuldner Bestandteile seines Vermögens mit Hilfe einer Mittelsperson an den gewünschten Empfänger „verschiebt“, ohne mit diesem äußerlich in unmittelbare Rechtsbeziehungen zu treten. Für den Dritten muss dabei allerdings erkennbar gewesen sein, dass es sich um eine Leistung des Schuldners gehandelt hat.188 Solche mittel184 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 26. 185 Vgl. Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 26. 186 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, MDR 2009, 1006 = ZIP 2009, 1122 ff. Rz. 9; v. 1.6.2006 – IX ZR 159/04, MDR 2007, 109 = ZIP 2006, 1362 ff. Rz. 7; Bork in Kübler/Prütting/Bork, § 147 Anh. I Rz. 45. 187 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.92; Bork/Brinkmann, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 17 Rz. 121. 188 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 16/08, MDR 2009, 769 = ZIP 2009, 769 f. Rz. 7; v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, MDR 2009, 170 = ZIP 2008, 2183 ff. Rz. 21.

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Rz. 108 G

III. Einzelheiten

baren Zuwendungen sind anfechtungsrechtlich im Allgemeinen so zu behandeln, als habe der Zuwendungsempfänger die Leistung unmittelbar vom Schuldner erhalten, der den Leistungsmittler zur Leistung angewiesen hat.189 Die mittelbare Leistung steht insoweit der unmittelbaren gleich.190 Hat der Zuwendungsempfänger für die Leistung keine ausgleichende Gegenleistung – sei es an den Schuldner oder einen Dritten – erbracht, so greift § 134 InsO gegen ihn ein, auch wenn die Zuwendung nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Schuldners stammt. An einer ausgleichenden Gegenleistung des Zuwendungsempfängers fehlt es nach der Rechtsprechung des BGH auch dann, wenn die vom Schuldner getilgte Forderung des Gläubigers gegen den Drittschuldner wegen dessen Insolvenzreife wertlos war.191

G 106

b) Vertrag zugunsten Dritter, insbesondere Lebensversicherung Die mittelbare Zuwendung des Versprechensempfängers an den Dritten beim Vertrag zugunsten Dritter wird anfechtungsrechtlich genauso behandelt wie die mittelbare Zuwendung des Anweisenden an den Empfänger.192 Ein praktisch wichtiges Beispiel ist der Lebensversicherungsvertrag. Dieser Vertrag ist im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer (Deckungsverhältnis) stets entgeltlich. Unentgeltlichkeit kommt jedoch nach allgemeinen Grundsätzen im Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und einem im Versicherungsvertrag benannten Bezugsberechtigten (Valutaverhältnis) in Betracht, wenn Letzterer für die Einräumung des Bezugsrechts (vgl. § 159 VVG) keine Gegenleistung zu erbringen hat.

G 107

Bei einer Direktversicherung, die von einem Arbeitgeber zugunsten eines Arbeitnehmers abgeschlossen wird, ist keine Unentgeltlichkeit im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO gegeben, da die Leistungen des Arbeitgebers als Teil des Arbeitsentgelts anzusehen sind.193 Es kommt daher in der Regel nur eine Anfechtung nach § 130 InsO in Betracht. Insoweit geht das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Urteil vom 18.1.2007194 davon aus, dass bei einer durch Entgeltumwandlung nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 BetrAVG finanzierten Direktversicherung die in der Krise des Arbeitgebers geleisteten Prämienzahlungen gemäß § 130 InsO angefochten werden könnten. Dies

G 108

189 Vgl. BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04 – „Cash-Pool (2)“; BGHZ 174, 228 ff. Rz. 37 = MDR 2008, 345; v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. Rz. 12. 190 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 14; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 42. 191 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 163/07, MDR 2008, 1124 = ZIP 2008, 1385 ff. Rz. 13. 192 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 14; MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 52. 193 Kayser, ZInsO 2004, 1321, 1325. 194 OLG Karlsruhe v. 18.1.2007 – 12 U 185/06, ZIP 2007, 286 ff. Schäfer

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G Rz. 108

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

dürfte jedoch nicht zutreffen. Es ist vielmehr von einem Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO auszugehen.195 aa) Unwiderrufliches Bezugsrecht

G 109 Wurde dem Dritten schon im Versicherungsvertrag oder später ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt, so ist nach der Rechtsprechung des BGH für die Anfechtbarkeit nach § 134 InsO im Grundsatz auf den Zeitpunkt der Einräumung des Bezugsrechts abzustellen. Ist dies länger als vier Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages geschehen, scheidet daher die Anfechtung der Bezugsrechtseinräumung aus.196 Wurde dem begünstigten Dritten somit ein unwiderrufliches Bezugsrecht unentgeltlich eingeräumt, kann der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Versicherungsnehmers vom Bezugsberechtigten nicht dessen Berechtigung oder die Versicherungssumme verlangen, wenn der Versicherungsvertrag außerhalb des Anfechtungszeitraums des § 134 InsO abgeschlossen und auch das Bezugsrecht außerhalb dieses Zeitraums unwiderruflich wurde. Er kann dann nur – vorbehaltlich des § 143 Abs. 2 InsO – die in der kritischen Zeit gezahlten Prämien vom Begünstigten verlangen.197 Im Schrifttum wird darauf hingewiesen, dass der Bezugsberechtigte schon mit dem Vertragsschluss das bedingte Recht auf die Versicherungssumme erlangt habe; dass der Versicherungsnehmer die Versicherung vor dem Eintritt des Versicherungsfalles noch hätte kündigen können, stehe nicht entgegen, da die Kündigung sein Vermögen nicht vermehrt, der Anspruch auf den Rückkaufswert vielmehr dem Bezugsberechtigten zugestanden hätte.198

G 110 Diese Auffassung unterliegt Bedenken. Handelt es sich bei dem Anspruch

auf die Versicherungsleistung um einen künftigen,199 unteilbaren und nicht aufschiebend bedingten Anspruch,200 so ist anfechtungsrechtlich der Zeitpunkt der Entstehung dieses Anspruchs maßgebend.201 Ein künftiger Anspruch ist nicht schon mit dem Abschluss des ihn begründenden Vertrages, sondern erst mit seiner Entstehung der Anfechtung entzogen. Daran kann auch die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts nichts ändern. Das Recht, die Leistung zu fordern (vgl. § 328 Abs. 1 BGB), erwirbt auch der Dritte erst mit der Entstehung des Anspruchs des Ver-

195 Vgl. dazu B. Schäfer, NZI 2008, 151 ff.; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 4. 196 Vgl. BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596; v. 20.9.1995 – XII ZR 16/94, BGHZ 130, 377 (380) = MDR 1995, 1232. 197 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 16. 198 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 47. 199 Vgl. dazu BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08, MDR 2009, 105 = WM 2008, 2265 ff.; v. 11.11.2010 – VII ZB 87/09, MDR 2011, 67 = ZIP 2011, 350 ff. 200 Vgl. dazu oben Rz. B102. 201 Vgl. BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96 – „Wirtschaftsberater“, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 113 G

sicherungsnehmers gegen den Versicherer. Ob ein Durchgangs- oder Direkterwerb stattfindet, ist anfechtungsrechtlich unerheblich. Die formale Begründung, dass der bereits beim Abschluss des Versicherungsvertrages benannte Bezugsberechtigte das Bezugsrecht nicht aus dem Vermögen des Versprechensempfängers (Insolvenzschuldners), sondern originär in eigener Person erhalte,202 ist für die anfechtungsrechtliche Beurteilung nicht maßgebend.203 Entscheidend ist vielmehr, dass der künftige Anspruch auf die Versicherungsleistung erst noch wertmäßig „aufgebaut“ werden muss und der Versicherungsvertrag vom Insolvenzschuldner gekündigt werden kann, so dass dem Bezugsberechtigten bis zur Entstehung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung noch keine gesicherte Rechtsposition – vorbehaltlich einer etwaigen rechtlichen Teilbarkeit des Anspruchs – zusteht. Die Erwägung, die Versorgung des Begünstigten solle geschützt werden, rechtfertigt es nicht, den Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung in der Insolvenz zu durchbrechen.204

G 111

Zu beachten ist, dass die Unverfallbarkeit nach § 1b Abs. 2 BetrAVG kein unwiderrufliches Bezugsrecht begründet.205 Entscheidend ist, ob dem Bezugsberechtigten im Deckungsverhältnis (Versicherungsvertrag) ein unwiderrufliches Bezugsrecht zusteht; auf das Valutaverhältnis zwischen dem Schuldner und dem Bezugsberechtigten kommt es nicht an.206

G 112

bb) Widerrufliches Bezugsrecht In einem neueren Beschluss vom 27.4.2010207 führt der BGH zum widerruflichen Bezugsrecht aus, es entspreche ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der Begünstigte eines Lebensversicherungsvertrages den Anspruch auf die Versicherungssumme mit dem Eintritt des Versicherungsfalles originär selbst erwerbe.208 Deshalb könne selbst § 91 Abs. 1 InsO den Anspruchserwerb der Witwe des Erblassers nicht hindern. Das widerrufliche „Bezugsrecht“ gemäß § 159 VVG sei nicht mehr als eine ungesicherte Hoffnung auf den Erwerb eines künftigen Anspruchs, mithin rechtlich ein Nullum. Dieses erstarke auch nicht mit dem Eintritt des Versicherungsfalles zum unwiderruflichen Vollrecht, 202 BGH v. 27.4.2010 – IX ZR 245/09, ZIP 2010, 1964 mit weiteren Nachweisen. 203 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 52 zur originären Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts in einem innerhalb des Vierjahreszeitraums abgeschlossenen Versicherungsvertrag. 204 MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 52. 205 Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 15; Kayser, ZInsO 2004, 1321, 1323. 206 Vgl. Kayser, ZInsO 2004, 1323; BAG v. 15.6.2010 – 3 AZR 334/06, ZIP 2010, 1915 ff. 207 BGH v. 27.4.2010 – IX ZR 245/09, ZIP 2010, 1964. 208 Vgl. BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (353) = MDR 2004, 596; v. 20.9.1995 – XII ZR 16/94, BGHZ 130, 377 (380 f.) = MDR 1995, 1232 = FamRZ 1995, 1562. Schäfer

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G 113

G Rz. 113

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

sondern es entfalle vollständig. Die in ihm verkörperte bloße tatsächliche Hoffnung verwirkliche sich, indem der Bezugsberechtigte den neu entstandenen Anspruch gegen die Versicherung auf die Versicherungssumme erwerbe. Die Anfechtbarkeit des Anspruchserwerbs nach § 134 InsO ändere nichts daran, dass die Witwe bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils mit den Wirkungen des § 894 ZPO Inhaberin des Anspruchs gewesen sei.209

G 114 Im Fall der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts hat sich der Versicherungsnehmer noch keiner Rechte aus dem Versicherungsvertrag endgültig begeben. Der widerruflich Bezugsberechtigte verfügt vor dem Eintritt des Versicherungsfalles über keine gesicherte Rechtsposition; ihm steht nur eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines zukünftigen Anspruchs zu. Demzufolge ist bei lediglich widerruflicher Benennung des Dritten als Bezugsberechtigter anfechtungsrechtlich auf den Eintritt des Versicherungsfalles abzustellen. Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten, sie also die Gläubigerbenachteiligung bewirkt. Da der Versicherungsnehmer die widerrufliche Bezugsberechtigung jederzeit beseitigen kann, treten die Rechtswirkungen seiner Verfügung erst mit seinem den Versicherungsfall auslösenden Tod ein.210

G 115 Ist der Versicherungsfall vor der Bestellung eines Insolvenzverwalters noch nicht eingetreten, ist dieser bei einer widerruflichen Bezugsberechtigung berechtigt, das Bezugsrecht zu widerrufen. Es bedarf in diesem Fall daher keiner Anfechtung. Das gegenüber § 103 InsO vorrangige Eintrittsrecht des Bezugsberechtigten gemäß § 170 VVG gibt ihm jedoch die Möglichkeit, im Falle der Insolvenz des Versicherungsnehmers in den Versicherungsvertrag einzutreten, sofern er den Rückkaufswert der Versicherung zur Masse zahlt. Die hierzu erforderliche Zustimmung des Versicherungsnehmers unterliegt nicht der Anfechtung.211

G 116 Die anfechtbare Leistung des insolventen Versicherungsnehmers besteht nach der Rechtsprechung des BGH im Falle eines widerruflichen Bezugsrechts in der in den kritischen Anfechtungszeiträumen ausbezahlten Versicherungssumme und nicht etwa nur in den in der Krise erbrachten Prämienzahlungen.212 Der noch vom Reichsgericht und auch im früheren Schrifttum vertretenen Auffassung,213 wonach nur die im Anfechtungs209 BGH v. 27.4.2010 – IX ZR 245/09, ZIP 2010, 1964 Rz. 3 f. 210 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596; v. 27.4.2010 – IX ZR 245/09, ZIP 2010, 1964. 211 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 15; Armbrüster/Pilz, KTS 2004, 481, 487, 502 f. 212 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. 213 Vgl. RGZ 51, 404; 61, 217 (219 f.) sowie Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 32 KO Rz. 9.

400

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III. Einzelheiten

Rz. 118 G

zeitraum geleisteten Prämienzahlungen zurückzugewähren seien, ist der BGH nicht gefolgt, da sie den Gegenstand des Anfechtungsanspruchs bei einer mittelbaren Zuwendung unzutreffend bestimme. Mittelbare Zuwendungen seien so zu behandeln, als hätte die zwischengeschaltete Person an den Schuldner geleistet und dieser sodann den Dritten befriedigt. Folglich komme es anfechtungsrechtlich grundsätzlich nicht darauf an, welche Mittel der Schuldner als Versprechensempfänger aufgebracht, sondern welche Leistungen der Versprechende nach dem Inhalt seiner Vertragsbeziehung zum Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit habe erbringen müssen, mit anderen Worten, welche Zuwendung an den Dritten der Versprechensempfänger mit den von ihm aufgewendeten Vermögenswerten „erkauft“ habe. Diese sei durch die Leistung an den Dritten der Masse entzogen worden.214

4. Anfechtungszeitraum Unentgeltliche Leistungen des Schuldners sind nur dann gemäß § 134 InsO anfechtbar, wenn sie nicht früher als vier Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen wurden. Aufgrund dieser zeitlichen Ausdehnung gegenüber dem früheren Recht hat der Gesetzgeber es als entbehrlich angesehen, eine Sonderregelung für den Ehegatten des Schuldners oder für nahestehende Personen vorzusehen.215 Hinsichtlich der Fristberechnung ist auf die Ausführungen zu § 139 InsO zu verweisen. Zu beachten ist, dass bei mehreren Insolvenzanträgen gemäß § 139 Abs. 2 InsO auf den ersten zulässigen und begründeten Antrag abzustellen ist. Bei einer Erfüllung in mehreren Teilleistungen ist die Anfechtungsfrist für jede Teilleistung gesondert zu bestimmen.216

G 117

Nach der Rechtsprechung des BGH zur Konkursordnung bilden das Schenkungsversprechen und der Vollzug der Schenkung zusammen die unentgeltliche Verfügung, so dass es ausreicht, wenn der Vollzug der Schenkung innerhalb der Anfechtungsfrist erfolgt ist.217 Im Schrifttum ist streitig, ob auch im Rahmen des § 134 InsO von der Fortgeltung dieser Rechtsprechung auszugehen ist.218 Verneint man dies, ist zwar das Erfüllungsgeschäft, nicht aber das außerhalb der Anfechtungsfrist abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft anfechtbar, so dass die §§ 144, 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO gelten.219 Ein Schenkungsversprechen, dessen Erfüllung erzwungen worden ist, muss allerdings mangels einer Rechtshandlung des Schuldners

G 118

214 215 216 217

BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161. OLG Karlsruhe v. 17.9.2003 – 1 U 167/02, ZInsO 2003, 999 (1000). BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96 (103) = MDR 1999, 764 = FamRZ 1999, 1262. 218 Dafür etwa Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rz. 16; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 44 – a.A. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 7; HambKommInsO/Rogge, § 134 Rz. 36. 219 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 7. Schäfer

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G Rz. 118

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

selbst innerhalb der Frist des § 134 Abs. 1 InsO erteilt worden sein, um der Anfechtung zu unterliegen.220

G 119 Streitig ist ferner, ob eine Anfechtung nach § 134 InsO möglich ist, wenn außerhalb des Vierjahreszeitraums eine Vormerkung zugunsten des Beschenkten eingetragen wurde, die Eigentumsumschreibung aber erst innerhalb des Anfechtungszeitraums vorgenommen wurde.221 Nach zutreffender Auffassung kann § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO für die Vormerkung eines Anspruchs auf eine unentgeltliche Leistung, die keine verfahrensfeste Rechtsposition gewährt sondern nur eine gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO nachrangige Insolvenzforderung sichert, nicht gelten.222 Auch der BGH ist unter der Geltung der Konkursordnung davon ausgegangen, dass die außerhalb des Anfechtungszeitraums bewilligte Vormerkung die Anfechtung nicht hindert; er hat allerdings darauf abgestellt, dass das Schenkungsversprechen und der Schenkungsvollzug zusammen die unentgeltliche Verfügung des Gemeinschuldners bildeten.223

5. Ausnahmetatbestand des § 134 Abs. 2 InsO

G 120 Richtet sich die Leistung des Schuldners auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Wertes, so ist sie gemäß § 134 Abs. 2 InsO nicht anfechtbar. a) Gesetzeszweck

G 121 Nach § 32 Nr. 1 KO waren gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke von der Schenkungsanfechtung ausgenommen. Da diese Ausnahme von der Rechtsprechung zum Teil sehr weit ausgelegt worden war, hat der Gesetzgeber diese Ausnahme in § 134 Abs. 2 InsO auf Gegenstände „geringen Wertes“ beschränkt.224 b) Gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk von geringem Wert

G 122 Unter gebräuchlichen Gelegenheitsgeschenken sind unentgeltliche Zuwendungen zu verstehen, die der Verkehrssitte gemäß aus bestimmten Anlässen (Feiertag, Geburts- und Namenstag, Besuch, Jubiläum, Taufe, Kommunion, Konfirmation, Verlobung, Hochzeit) üblich sind oder zu wohltätigen bzw. gemeinnützigen Zwecken gewährt werden. Darunter können auch Spenden an politische Parteien fallen, wobei die Unentgelt-

220 Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 44. 221 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 46 i.V.m. § 129 Rz. 61; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 46; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 65. 222 Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 65. 223 BGH v. 24.3.1988 – IX ZR 118/87, MDR 1988, 773 = ZIP 1988, 585 f. 224 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161.

402

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III. Einzelheiten

Rz. 125 G

lichkeit nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass der Schuldner für die Spende eine steuerrechtlich relevante Spendenbescheinigung erhält.225 „Gebräuchlich“ sind nur solche Geschenke, die nicht das den Verhältnissen des Schuldners entsprechende, bei solchen Anlässen übliche Maß überschreiten. Dabei stellt das „übliche Maß“ einen relativen Begriff dar, der im Verhältnis zu den Vermögensverhältnissen des Zuwendenden zu sehen ist.226 Zumindest mit der Beschränkung auf geringwertige Gegenstände ist inzwischen auch klargestellt, dass der Wert der Zuwendung in einem vertretbaren Verhältnis zum Schenkungsanlass und dem Zweck des § 134 InsO stehen muss, übertriebene Zuwendungen zu Lasten der künftigen Insolvenzmasse zu verhindern.227

G 123

6. Darlegungs- und Beweislast Der Insolvenzverwalter hat darzulegen und zu beweisen, dass der Schuldner dem in Anspruch genommenen Anfechtungsgegner eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO erbracht hat.228 Bei einer Anfechtung gegen den Ehegatten des Schuldners kann dem Insolvenzverwalter die Vermutung des § 1362 Abs. 1 BGB zugute kommen, wenn der Ehegatte des Schuldners behauptet, es liege keine unentgeltliche Leistung vor, weil er als Entgelt bewegliche Sachen hingegeben habe, die zuvor in seinem (Mit-)Eigentum gestanden hätten.229 Dies gilt gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 3 InsO entsprechend für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Weist eine notarielle Urkunde keine Gegenleistung aus, so spricht die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunde dafür, dass eine unentgeltliche Leistung vorliegt.230 Wie bei allen Anfechtungstatbeständen hat der Insolvenzverwalter ferner den Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung zu beweisen.231

G 124

Durch den Gesetzeswortlaut des § 134 Abs. 1 InsO („… es sei denn, …“) hat der Gesetzgeber klargestellt, dass der Insolvenzverwalter nicht darzulegen und zu beweisen hat, der Schuldner habe die unentgeltliche Leistung innerhalb des Vierjahreszeitraums vor der Stellung des Insolvenzantrages vorgenommen. Damit sollen nach der Gesetzesbegründung betrügerische Rückdatierungen unschädlich gemacht werden.232

G 125

225 226 227 228 229 230 231 232

Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 47; Jaeger/Henckel, § 134 Rz. 60. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 48. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 18; Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 48. BGH v. 25.6.1992 – IX ZR 4/91, MDR 1992, 1050 = NJW 1992, 2421 (2423). Uhlenbruck/Hirte, § 134 Rz. 52; HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 14. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 49 Rz. 8. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 49. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 161. Schäfer

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G Rz. 126

§ 134 InsO – Unentgeltliche Leistung

G 126 Der Anfechtungsgegner einer unentgeltlichen Leistung hat darzulegen und zu beweisen, dass er nicht mehr bereichert ist.233

G 127 Bei der Anfechtung im Drei-Personen-Verhältnis hat der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die Forderung des Gläubigers gegen den Drittschuldner wertlos war.234 Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass dem Drittschuldner werthaltige Außenstände zustanden, auf die der Anfechtungsgegner insolvenzbeständig hätte zugreifen können, trägt der Anfechtungsgegner.235 Der Leistungsempfänger, der sich bei einer Doppelinsolvenz unter Hinweis auf eine vorrangige Deckungsanfechtung gegen eine „Schenkungsanfechtung“ wendet, hat im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass eine Deckungsanfechtung tatsächlich durchgreift.236

G 128 Auch hinsichtlich des Ausnahmetatbestandes des § 134 Abs. 2 InsO trägt der Anfechtungsgegner die Darlegungs- und Beweislast.237

233 234 235 236

BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 16/09, ZInsO 2010, 521 ff. BGH v. 30.3.2006 – IX ZR 84/05, ZIP 2006, 957 ff. Rz. 15. BGH v. 17.6.2010 – IX ZR 186/08, MDR 2010, 1152 = ZIP 2010, 1402 f. Vgl. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, MDR 2010, 290 = NotBZ 2010, 48 m. Anm. Suppliet = ZIP 2009, 2303 ff. Rz. 12; v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 ff. = MDR 2008, 345 Rz. 49. 237 MK-InsO/Kirchhof, § 134 Rz. 50.

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H. § 135 InsO – Gesellschafterdarlehen § 135 Gesellschafterdarlehen (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung 1. Sicherung gewährt hat, wenn die Handlung in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist, oder 2. Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. (2) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen. (3) Wurde dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen, so kann der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich; bei der Berechnung ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen, bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend. (4) § 39 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsprechungs- und Novellenregeln zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen – „Altfälle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsätze der Rechtsprechungsregeln . . . . . . . .

1

1 2

Rz.

b) Zur Umqualifizierung führende Krisensituation . . . . . . . . c) Nutzungsüberlassung . . . . . . . . d) Novellenregeln . . . . . . . . . . . . . . e) Darlegungs- und Beweislast. . . 2. Neuregelungen durch das „MoMiG“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übergangsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

10 13 16 19 21 28

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“ . . . . . . . . . . . . . . . . 31

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405

H

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

1. Grundsätze der Neuregelung a) Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen (§ 135 Abs. 1 InsO) b) Gesellschafterbesichertes Drittdarlehen (§ 135 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . c) Nutzungsüberlassung (§ 135 Abs. 3 InsO) . . . . . . . 2. Rechtsgrund der Neuregelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auffassungen im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsprechung des BGH . c) Stellungnahme . . . . . . . . . . 3. Sachlicher und personeller Anwendungsbereich der Neuregelungen . . . . . . . . . . . . a) Wirtschaftlich entsprechende Sachverhalte . . . . . b) Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenzeröffnung?. . . . . . . . . . . . . . . c) Erfasster Personenkreis . . . d) Kleinbeteiligungs- und Sanierungsprivileg . . . . . . . III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfechtbare Rechtshandlungen nach § 135 Abs. 1 InsO . .

Rz.

Rz.

34

a) Anfechtbare Sicherung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO). . . . . . . . . . . . 70 b) Anfechtbare Befriedigung (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO). . . . . . 73 Anfechtbarkeit der Befriedigung eines gesellschafterbesicherten Drittdarlehens (§ 135 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Früheres Recht . . . . . . . . . . . . . . 77 b) Grundsätze der Neuregelung in den §§ 44a, 135 Abs. 2 InsO 79 c) Doppelsicherung durch Gesellschaft und Gesellschafter . 84 Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter (§ 135 Abs. 3 InsO) . . 90 a) Systematik und Grundsätze der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Verhältnis zu den §§ 103 ff. InsO . . . . . . . . . . . 93 bb) Bemessung des Ausgleichs 96 cc) Anfechtbare Entgeltteile . . 99 b) Vorrang von Grundpfandrechten Dritter und Gesellschafterinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Beendigung des Nutzungsverhältnisses vor der Insolvenzeröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Darlegungs- und Beweislast . . . . . 106 Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

35 2. 38 42 45 46 48 49

3.

52 52

54 56 65 68

4. 5.

68

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes 1. Rechtsprechungs- und Novellenregeln zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen – „Altfälle“

H 1 Der BGH hat schon früh den Risiken, die mit der Gewährung von Fremdkapital durch Gesellschafter zugunsten der in der Krise befindlichen Gesellschaft für den Rechtsverkehr verbunden waren, durch eine analoge Anwendung der §§ 30, 31 GmbHG a.F. Rechnung getragen.1 Denn häufig verbanden die Gesellschafter, die den Weg der Fremdfinanzierung statt der weiteren Eigenkapitalausstattung wählten, damit zugleich die Hoffnung, im Fall der Krise der Gesellschaft ihre Mittel noch rechtzeitig abziehen zu können.2 Die Rechtsprechung begegnete diesem Problem zu Recht nicht mit einem nach dem Gesetz nicht begründbaren Gebot der 1 BGH v. 14.12.1959 – II ZR 187/57, BGHZ 31, 258, 272; v. 11.7.1994 – II ZR 162/92, BGHZ 127, 17 ff. 2 Vgl. Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Kap. 6 Rz. 54.

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 4 H

Zuführung haftenden Eigenkapitals anstelle von Fremdkapital, vielmehr wurden die Gesellschafter für die Dauer der Krise nach Art einer gesetzlich angeordneten Stundung im Sinne einer Finanzierungsfolgenverantwortung an ihrem Finanzierungsverhalten festgehalten.3 a) Grundsätze der Rechtsprechungsregeln Nach Ansicht des BGH ist es die Verantwortung des Gesellschafters für eine ordnungsgemäße Unternehmensfinanzierung, die ihn in der Krise zwar nicht „positiv“ verpflichtet, fehlendes Kapital aus seinem Vermögen nachzuschießen, der er sich aber nicht in der Weise zum Nachteil der Gläubiger entziehen kann, dass er bei einer tatsächlich beabsichtigten Finanzhilfe, anstatt sie durch die objektiv gebotene Einbringung haftenden Kapitals zu leisten, auf eine andere, ihm weniger riskant erscheindende Finanzierungsform ausweicht.4

H2

Der tragende Grund für die eigenkapitalähnliche Bindung kapitalersetzender Gesellschafterleistungen wird in der Verantwortung der Gesellschafter für die Folgen ihrer in der Krise getroffenen Entscheidung gesehen, die liquidationsreife Gesellschaft fortzuführen und über das satzungsmäßige Eigenkapital hinaus weiterzufinanzieren, anstatt die in dieser Situation aus eigener Kraft nicht mehr überlebensfähige Gesellschaft – wie an sich nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Unternehmensführung geboten –, entweder unmittelbar oder mittelbar durch Verweigerung weiterer oder den Abzug bereits gewährter Gesellschafterhilfen zu liquidieren.5 Mit dem Abstellen auf die objektiv gebotene Einbringung haftenden Kapitals in der Krise der Gesellschaft hat die Rechtsprechung zu Recht den schutzwürdigen Interessen der außenstehenden Gesellschaftsgläubiger Rechnung getragen, die Gesellschafter vor die Wahl zu stellen, entweder die Liquidation der in der Krise befindlichen Gesellschaft herbeizuführen oder aber die überlassenen Mittel als das zu behandeln, was sie geworden waren („Umqualifizierung“), nämlich unentbehrlich für die Fortführung des Unternehmens und somit funktionales Eigenkapital.6

H3

Hat der Gesellschafter die finanzielle Hilfe anstelle der dringend benötigten Eigenmittel gegeben, um der Gesellschaft das Überleben zu ermöglichen, und hat er so den Anschein ausreichender Kapitalausstattung hervorgerufen, so setzt er sich entgegen Treu und Glauben und dem Zweck der gesetzlichen Kapitalerhaltungsvorschriften in Widerspruch zu seinem Verhalten, wenn er der Gesellschaft die Finanzhilfe wieder entzieht, be-

H4

3 BGH v. 7.12.1998 – II ZR 382/96, BGHZ 140, 147, 154 f.; Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 2. 4 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83 – „BuM“, BGHZ 90, 381 (389). 5 BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344/345; v. 19.9.1988 – II ZR 255/87, BGHZ 105, 168 ff. 6 BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344/345. Schäfer

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§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

vor der mit ihrer Hingabe verfolgte Zweck nachhaltig errreicht ist.7 In späteren Entscheidungen hat der BGH allerdings nicht mehr entscheidend auf den Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens, sondern auf das Kriterium der Finanzierungsfolgenverantwortung abgestellt.8

H 5 Entsprechende Erwägungen gelten für noch unter wirtschaftlich gesunden Verhältnissen gegebene Darlehen oder sonstige Forderungen, welche die Gesellschafter bei Eintritt der Kreditunwürdigkeit stehen lassen („Stehenlassen“), so dass die ansonsten notwendige Liquidation unterbleibt.9 Ein solches Stehenlassen kann schon dann gegeben sein, wenn ein Gesellschafter es zulässt, dass die Gesellschaft Forderungen, die ihm aus Warenlieferungen zustehen, fortlaufend verspätet begleicht. In diesem Fall kann zwar nicht in Höhe jeder einzelnen zu spät beglichenen Forderung, wohl aber in Höhe des durchschnittlichen offenen Forderungssaldos eine nach den Eigenkapitalersatzregeln zu beurteilende Kreditgewährung vorliegen.10 Unter dem Gesichtspunkt des „kurzfristigen Überbrückungskredits“ ist eine Ausnahme von den Grundsätzen des Eigenkapitalersatzrechts allenfalls dann gerechtfertigt, wenn aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft mit einer Rückzahlung nach längstens drei Wochen objektiv gerechnet werden kann.11

H 6 Mit dem Eintritt der Krise muss der jeweilige Gesellschafter, dem eine Forderung gegen die Gesellschaft zusteht, prüfen, ob er die Gesellschaft fortführen will oder nicht; entscheidet er sich für die Fortführung, so müsste er – gemessen an den Maßstäben eines ordentlichen Geschäftsmannes – neues Kapital zuführen. Unterlässt er dies, so kann er den Folgen seiner Entscheidung nicht dadurch ausweichen, dass er die Gesellschaft fortführt und verlangt, hinsichtlich seiner Gesellschafterleistung weiter wie ein „normaler“ Gesellschaftsgläubiger behandelt zu werden. Vielmehr führt der Gesichtspunkt der Finanzierungsfolgenverantwortung auch im Fall des Stehenlassens zur Umqualifizierung seiner Hilfe in funktionales Eigenkapital.12

H 7 Im Zusamenhang mit dem Stehenlassen von Gesellschafterleistungen ist unter der Geltung der Eigenkapitalersatzregeln umstritten, ob die Umqualifizierung in haftendes (Eigen-)Kapital die Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter bzw. eine bewusste Finanzierungsentscheidung oder gar eine Finanzierungsabrede zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft voraussetzt.13 Der BGH läßt es in ständiger Rechtsprechung ge7 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 171/83 – „BuM“, BGHZ 90, 381, 388 f. 8 BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344; v. 26.6.2000 – II ZR 21/99, ZIP 2000, 1489 f.; v. 9.5.2005 – II ZR 66/03, ZIP 2005, 1316 ff. 9 BGH v. 24.3.1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 (330/331). 10 BGH v. 28.11.1994 – II ZR 77/93, ZIP 1995, 23 ff. 11 BGH v. 26.4.2010 – II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443 ff. 12 Vgl. Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 60. 13 Vgl. dazu Ulmer/Habersack, GmbHG, §§ 32a, 32b Rz. 41 m.w.N.

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nügen, dass der Gesellschafter die wirtschaftlichen Umstände, welche die Umqualifizierung seiner Hilfe in funktionales Eigenkapital begründeten, kannte oder jedenfalls kennen konnte.14 Dabei trägt der Gesellschafter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er ausnahmsweise von der Krisensituation der Gesellschaft keine Kentnis haben konnte.15 Es wurde aber auch schon zum alten Recht im Schrifttum die Auffassung vertreten, dass es für die Anwendbarkeit der Eigenkapitalersatzregeln nicht auf die Erkennbarkeit der Krise für den Gesellschafter zum Zeitpunkt der Umqualifizierung seiner Finanzhilfe ankomme.16 Der Gesellschafter habe alles Erforderliche und Zumutbare zu tun, dass sich die bereits durch die Gewährung von Gesellschafterdarlehen geschaffene Risikolage einer Erhöhung der Finanzausstattung der Gesellschaft und die damit verbundene Ausweitung der Geschäftstätigkeit unter regelmäßigem Verzicht auf marktübliche Sicherheitengewährung nicht zum Nachteil des Rechtsverkehrs auswirken könne. Wenn die Gesellschaft zur Begleichung aller Schulden auch noch nach der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens eben noch in der Lage und auch das satzungsmäßige Stammkapital noch gedeckt sei, sei daher der letzte Zeitpunkt gegeben, in dem man noch von einer Berechtigung des Gesellschafters ausgehen könne, die überlassenen Mittel abzuziehen. Nach dieser Ansicht reicht es aus, dass der Gesellschafter diesen Moment verpasst hat, ohne dass es zusätzlich auf eine Finanzierungsentscheidung oder auf die Erkennbarkeit des Eintritts der Krisensituation ankommt.17 Der Gesellschafter ist daher nach dieser Auffassung im Eigeninteresse gehalten, sich fortlaufend über die finanzielle Situation der Gesellschaft zu informieren.

H8

Der Gesellschafter hat der Gesellschaft die zum haftenden Eigenkapital umqualifizierte Finanzhilfe so lange zu belassen, bis das verlorene Stammkapital und eine etwaige, darüber hinausgehende Überschuldung wieder auf andere Weise gedeckt ist.18 Solange eine Stammkapitalunterdeckung besteht, verstoßen Rückzahlungen an den Gesellschafter nach altem Recht gegen die §§ 30, 31 GmbHG a.F. analog und verpflichten den Gesellschafter zur Rückzahlung, einschließlich etwaiger erhaltener Zinszahlungen auf die „verstrickte“ Forderung. Der Eigenkapitalersatzcharakter steht jedoch dem Zinslauf auch während der Rückzahlungssperre

H9

14 BGH v. 26.6.2000 – II ZR 370/98, NJW 2000, 3565; v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 346. 15 BGH v. 15.6.1998 – II ZR 17/97, NJW 1998, 3200 (3201); v. 11.12.1995 – II ZR 128/94, ZIP 1996, 273 (275). 16 Vgl. Wiedemann, ZIP 1986, 1293, 1297; Hill/B. Schäfer, BB 1989, 458 ff.; Altmeppen, ZIP 1994, 1939, 1941. 17 Vgl. Hill/B. Schäfer, BB 1989, 461. 18 BGH v. 8.11.2004 – II ZR 300/02, ZIP 2005, 82 ff.; v. 5.2.1990 – II ZR 114/89, NJW 1990, 1730, 1731; v. 26.11.1979 – II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337. Schäfer

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nicht entgegen, denn ein Gesellschafterdarlehen bleibt für die Gesellschaft trotz der Umqualifizierung Fremdkapital.19 b) Zur Umqualifizierung führende Krisensituation

H 10 Nach den Rechtsprechungsregeln können Gesellschafterdarlehen und ihnen gleichgestellte Leistungen schon dann als Eigenkapital zu betrachten sein, wenn die Gesellschaft bei ihrer Hergabe weder überschuldet war noch ihr Stammkapital eingebüßt hatte, aber von dritter Seite keinen Kredit mehr zu marktüblichen Bedingungen hätte erhalten können („Kreditunwürdigkeit“).20 Jedoch greift das Auszahlungsverbot des § 30 Abs. 1 GmbHG a.F. nur ein, wenn und soweit die Leistung verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdeckt.21 Für die Feststellung der Kreditunwürdigkeit können Indizien von Bedeutung sein, wie etwa ungewöhnlich günstige Kreditbedingungen zugunsten der Gesellschaft.22 Ein Indiz für die Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft kann es ferner darstellen, wenn diese nicht mehr in der Lage ist, aus ihrem Vermögen ausreichende Sicherheiten zu stellen.23

H 11 Sofern die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist, kommt es indes auf die Frage der Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit nicht mehr an.24 Die in diesem Zusammenhang bedeutsame Frage, ob Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen, für die keine Rangrücktrittserklärung abgegeben wurde, trotz ihrer Undurchsetzbarkeit in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu passivieren sind, hat der BGH im Grundsatzurteil vom 8.1.200125 bejaht. Diese Entscheidung soll für Altfälle aus der Zeit vor dem 1.11.2008 auch weiterhin maßgebend sein.26 Für das neue Recht ist diese Frage gesetzlich geklärt. Nach dem am 1.11.2008 im Zuge des „MoMiG“ in Kraft getretenen § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO sind Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 InsO zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart wurde, bei der Feststellung der Überschuldung nicht zu berücksichtigen. 19 Vgl. BGH v. 15.2.1996 – II ZR 245/94, NJW 1996, 1341, 1343. 20 Vgl. BGH v. 24.3.1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 330; v. 21.9.1981 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311 ff.; Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 39 ff. 21 BGH v. 24.3.1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326 ff.; v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 210, 206 f. 22 Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a a.F. Rz. 23. 23 Vgl. BGH v. 4.12.1995 – II ZR 281/94, NJW 1996, 720 f. 24 BGH v. 14.6.1993 – II ZR 252/92, NJW 1993, 2179 ff.; v. 28.11.1994 – II ZR 77/93, NJW 1995, 457 (459). 25 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 ff. 26 So Uhlenbruck/Uhlenbruck, § 19 Rz. 117.

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

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Die Annahme einer Krise der Gesellschaft, in der ein ihr gewährtes Gesellschafterdarlehen die Funktion von Eigenkapitalersatz erlangt, kann nicht allein auf das Vorliegen einer Unterbilanz (nach fortgeführten Buchwerten) gestützt werden. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten unter Einbeziehung der stillen Reserven die bestehenden Verbindlichkeiten nicht deckt (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft nach überwiegender Wahrscheinlichkeit mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (negative Fortbestehensprognose).27 Das Fortbestehen einer Unterbilanz ist jedoch für die Dauer und den Umfang der Rückzahlungssperre nach den Rechtsprechungsregeln maßgebend.28

H 12

c) Nutzungsüberlassung Es war im Grundsatz durchaus konsequent, dass der BGH auch die Überlassung von Gegenständen des Gesellschafters zur Nutzung durch die Gesellschaft in einer Reihe von Grundsatzentscheidungen (Lagergrundstück (1) bis (4)) den Eigenkapitalersatzregeln unterwarf. Denn auch eine Gebrauchsüberlassung kann es der insolvenzreifen oder ohne Unterstützung des Gesellschafters nicht mehr lebensfähigen Gesellschaft ermöglichen, ihren Geschäftsberieb fortzusetzen.29 Entscheidendes Tatbestandsmerkmal ist insoweit das Kriterium der Überlassungsunwürdigkeit.30 Es ist darauf abzustellen, ob ein vernünftig handelnder Vermieter oder Verpächter, der nicht an der Gesellschaft beteiligt ist und sich auch nicht an ihr beteiligen will, der Gesellschaft die Gegenstände unter denselben Verhältnissen und zu denselben Bedingungen überlassen hätte.31 Überlassungsunwürdig ist eine Gesellschaft, wenn sie nach ihren finanziellen Verhältnissen außerstande ist, den auf ihre besonderen Bedürfnisse zugeschnittenen Gegenstand anzuschaffen und deshalb kein außenstehender Dritter zur Gebrauchsüberlassung bereit gewesen wäre; bei Standardwirtschaftsgütern ist hingegen darauf abzustellen, ob die Gesellschaft zur Aufbringung der laufenden Miete imstande ist.32

H 13

Die Umqualifizierung führt in diesen Fällen dazu, dass der vermietende Gesellschafter den Mietzins nicht verlangen kann, soweit und solange

H 14

27 BGH v. 12.7.1999 – II ZR 87/98, NJW 1999, 3120 (3121); vgl. zum zwischenzeitlich geltenden abweichenden Überschuldungsbegriff Bitter, ZInsO 2008, 1097. 28 BGH v. 12.7.1999 – II ZR 87/98, NJW 1999, 3120 (3121). 29 Vgl. BGH v. 16.10.1989 – II ZR 307/88 – „Lagergrundstück (1)“, BGHZ 109, 55 ff.; v. 14.12.1992 – II ZR 298/91 – „Lagergrundstück (2)“, BGHZ 121, 31 ff.; v. 11.7.1994 – II ZR 146/92 – „Lagergrundstück (3)“, BGHZ 127, 1 ff.; v. 11.7.1994 – II ZR 162/92 – „Lagergrundstück (4)“, BGHZ 127, 17 ff. 30 BGH v. 16.10.1989 – II ZR 307/88 – „Lagergrundstück (1)“, BGHZ 109, 55, 62 f. 31 BGH v. 14.12.1992 – II ZR 298/91 – „Lagergrundstück (2)“, BGHZ 121, 31, 38 f. 32 Vgl. BGH v. 16.10.1989 – II ZR 307/88, BGHZ 109, 55, 62 ff. Schäfer

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dieser nicht aus dem über das Stammkapital hinaus vorhandenen Vermögen der Gesellschaft befriedigt werden kann.33 Darüber hinaus ist zwar nicht der Nutzungsgegenstand selbst oder sein Wert, wohl aber das Nutzungsrecht den Eigenkapitalersatzregeln unterworfen.34 Der Insolvenzverwalter hat daher das Recht, den überlassenen Gegenstand für den vertraglich vereinbarten Zeitraum – bei einer mißbräuchlichen Zeitbestimmung für den angemessenen Zeitraum – unentgeltlich zu nutzen.35 Wird die weitere Nutzungsüberlassung dadurch unmöglich, dass der Gesellschafter den überlassenen Gegenstand gegen den Willen der Gesellschaft oder des Insolvenzverwalters veräußert, schuldet er Wertersatz.36 Der Ersatzanspruch setzt aber voraus, dass der Insolvenzverwalter das Grundstück tatsächlich hätte nutzen können, etwa im Wege der Untervermietung.37 Soweit der Gesellschafter nach dem Gebrauchsüberlassungsvertrag die Versorgung eines Grundstücks – etwa mit Wärme, Wasser oder Strom – schuldet, hat er infolge der Umqualifizierung auch die dafür während der Krise entstehenden Kosten zu tragen.38

H 15 Das Nutzungsrecht der Gesellschaft endet jedoch in dem Moment, in dem durch Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung oder durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters auf das überlassene Grundstück zugegriffen wird.39 Hat der Gesellschafter Ansprüche abgetreten, die mit dem Einwand des Eigenkapitalersatzes belastet sind, kann dieser Einwand zwar auch dem Rechtsnachfolger gemäß § 404 BGB entgegengehalten werden; der Eigenkapitalersatzeinwand besteht aber nicht gegenüber dem Erwerber des Grundstücks fort, der kraft Gesetzes in das Mietverhältnis eintritt. Denn der Erwerber tritt nach § 566 BGB nur in solche Rechte und Pflichten ein, die sich aus dem Mietverhältnis ergeben.40 d) Novellenregeln

H 16 Die durch Gesetz vom 4.7.1980 geschaffenen sogenannten „Novellenregeln“ der §§ 32a, 32b GmbHG, 32a KO (mit Inkraftreten der InsO: § 135 InsO a.F.) sollten nach der Vorstellung des Gesetzgebers an die Stelle der sogenanten „Rechtsprechungsregeln“ treten.41 Entscheidendes Kriterium war nunmehr auch nach dem Gesetz die Kreditunwürdigkeit der 33 34 35 36 37 38 39

Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 137. Vgl. K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1728. BGH v. 31.1.2005 – II ZR 240/02, ZIP 2005, 484 ff. BGH v. 11.7.1994 – II ZR 146/92 – „Lagergrundstück (3)“, BGHZ 127, 1 ff. BGH v. 31.1.2005 – II ZR 240/02, ZIP 2005, 484 ff. BGH v. 26.6.2000 – II ZR 370/98, NJW 2000, 3565 f. Vgl. BGH v. 31.1.2000 – II ZR 309/98, ZIP 2000, 455 f.; v. 28.2.2005 – II ZR 103/02, ZIP 2005, 660 ff.; v. 28.4.2008 – II ZR 207/06, ZIP 2008, 1176 ff. 40 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33, 43; v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. Rz. 12 ff. 41 Vgl. BT-Drucksache 8/1347, S. 39.

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Gesellschaft.42 Weitergehend als nach den Rechtsprechungsregeln unterliegt diesen gesetzlichen Regelungen auch der Teil eines anstelle notwendiger Eigenmittel gegebenen Gesellschafterdarlehens, der über den Nennbetrag des Stammkapitals hinausgeht.43 Die §§ 32a, b GmbHG erfassen somit in vollem Umfang die im Zustand der Kreditunwürdigkeit gewährten Finanzierungshilfen, selbst wenn das Stammkapital durch einen Entzug der Finanzierungshilfe nicht berührt wird.44 Die Frist der §§ 32b GmbHG, 32a Satz 2 KO, 135 Nr. 2 InsO a.F. begründet die unwiderlegbare Vermutung, dass ein Gesellschafterdarlehen, welches bei der Hingabe Eigenkapital ersetzte, diese Funktion auch noch zum Zeitpunkt der Rückzahlung hatte.45 Die Novellenregeln entfalten jedoch ihre Wirkungen erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.46 Da somit nach den Novellenregeln nicht hinnehmbare Regelungslücken drohten, hielt der BGH in ständiger Rechtsprechung an der Fortgeltung der Rechtsprechungsregeln fest.47 Der BGH hat inzwischen durch Urteil vom 21.7.201148 klargestellt, dass die Novellenregeln insolvenzrechtlicher Natur sind, da sie nach ihrem materiellen Gehalt insolvenzrechtliche Regelungen enthalten und nur im Fall der Insolvenzeröffnung Rechtsfolgen zeitigen. Dementsprechend finden die Regelungen über die Nachrangigkeit kapitalersetzender Gesellschafterdarlehen nach den §§ 32a GmbHG a.F., 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO a.F. auf Kapitalgesellschaften, über deren Vermögen in Deutschland das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet wurde, auch dann Anwendung, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union gegründet wurden. Die §§ 32a, 32b GmbHG sind in besonderer Weise auf die Situation der Insolvenz der Gesellschaft zugeschnitten und gelten wegen dieser Beschränkung als eine hinter dem bis dahin errreichten Stand der Rechtsentwicklung zurückbleibende und dem Prinzip der Kapitalerhaltung nicht genügende Regelung.49 Dies betraf vor allem die kurze Anfechtungsfrist des § 135 Nr. 2 InsO a.F., die mit der Dauer von nur einem Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages deutlich hinter der fünfjährigen und im Zuge der Schuldrechtsmodernisierung auf zehn Jahre verlänger-

42 BGH v. 13.7.1992 – II ZR 269/91, BGHZ 119, 201, 207; Goette, Kapitalaufbringung und Kapitalschutz in der GmbH, S. 92 ff. 43 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 372, 381; kritisch dazu Roth/Altmeppen, § 32a GmbHG a.F. Rz. 84. 44 BGH v. 14.12.1992 – II ZR 298/91, BGHZ 121, 31, 42; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 135 Rz. 6. 45 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370 (380 f.); v. 30.1.2006 – II ZR 357/03, ZIP 2006, 466 f. 46 Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, Anh. zu § 64 Rz. 96. 47 Vgl. BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 381; v. 8.11.2004 – II ZR 300/02, ZIP 2005, 82 ff. 48 BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 185/10 – „PIN“, ZIP 2011, 1775 ff. 49 Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 9. Schäfer

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ten Frist des analog angewandten § 31 Abs. 5 GmbHG zurückblieb.50 Mit den Novellenregeln hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, den Schutz der Gesellschaftsgläubiger zu verbessern. Mit diesem Gesetzeszweck wäre es unvereinbar gewesen, die Rechtsprechungsregeln nicht mehr anzuwenden. Denn ein Wille des Gesetzgebers, hinter dem von der Rechtsprechung erreichten Stand zurückzubleiben, war nicht erkennbar.51

H 18 Im Schrifttum wird zwar vereinzelt geltend gemacht, der BGH habe keine materielle Begründung dafür gegeben, weshalb ordentliche Kaufleute in der Krise Eigenkapital und nicht etwa nur Fremdkapital zur Verfügung stellten.52 Dieser Einwand ist jedoch nicht berechtigt. Die Lösung des BGH ist sachlich zum Schutz der Gläubiger geboten, um eine Abwälzung des Finanzierungsrisikos durch den in der Regel über bessere Einblicke in die finanzielle Situation der Gesellschaft verfügenden Gesellschafter zu verhindern.53 Dabei bildet freilich die Tatsache allein, dass ein Gesellschafter-Gläubiger dem Unternehmen gewöhnlich „näher steht“ als ein außenstehender Kapitalgeber, keinen ausreichenden Grund für die Schlechterstellung des Gesellschafters gegenüber einem Fremdgläubiger, der unter Umständen über die Lage der Gesellschaft ebenso gut informiert ist.54 Es treten vielmehr die Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensfinanzierung hinzu, die es gebieten, die vom Gesellschafter gewährten Fremdmittel zum Schutz der außenstehenden Gläubiger als das zu behandeln, was sie in der Krise der Gesellschaft geworden sind, nämlich unentbehrlich für die Fortführung des Unternehmens.55 e) Darlegungs- und Beweislast

H 19 Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Kredit- bzw. Überlassungsunwürdigkeit der Gesellschaft obliegt nach allgemeinen Grundsätzen dem Insolvenzverwalter. Zur Darlegung der Überschuldung der Gesellschaft genügt nicht die Vorlage der Handelsbilanz. Vielmehr bedarf es im Grundsatz der Aufstellung einer Überschuldungsbilanz, in der die Vermögenswerte der Gesellschaft mit ihren aktuellen Verkehrs- oder Liquidationswerten auszuweisen sind.56 Darüber hinaus kann aber eine Überschuldung bzw. Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft auch anhand monatlicher betrieblicher Auswertungen oder anhand von Indizien darge-

50 Vgl. Gehrlein, BB 2011, 3, 4 und zur Verjährung des Anspruchs auf Erstattung des Wertes einer Gesellschaftersicherheit nach den Rechtsprechungsregeln neuerdings BGH v. 31.5.2011 – II ZR 106/10, ZIP 2011, 1410 f. 51 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 379/380. 52 Vgl. Eidenmüller, ZGR 2007, 168, 192 f.; Bitter, ZIP 2010, 1, 9. 53 Ulmer/Habersack, GmbHG, §§ 32a, 32b Rz. 13. 54 BGH v. 24.3.1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 330; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 III 4. b, S. 533. 55 Vgl. BGH v. 7.11.1994 – II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, 344 ff. 56 BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 268.

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tan werden.57 Insoweit kann bereits der Umstand, dass die Gesellschaft mehr als die Hälfte ihres Stammkapitals verloren hat oder Löhne und Sozialabgaben nicht begleichen konnte, ein gewisses Indiz dafür bilden, dass diese den zur Fortführung des Geschäftsbetriebes notwendigen Kreditbedarf nicht mehr ohne die Hilfe ihrer Gesellschafter hätte decken können.58 Der Insolvenzverwalter muss zum (Negativ-)Beweis der Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft nicht alle denkbaren, sondern nur die von den Gesellschaftern substantiiert behaupteten Möglichkeiten einer Kreditsicherung mit gesellschaftseigenen Mitteln widerlegen.59 Anders ist dies jedoch dann, wenn sich aus den Büchern der Gesellschaft Anhaltspunkte für das Vorhandensein stiller Reserven ergeben.60 Ist indes für einen bestimmten Zeitpunkt der Nachweis des Eigenkapitalersatzes geführt, obliegt es dem Gesellschafter, darzulegen und gegebenfalls zu beweisen, dass dieser später wieder entfallen ist.61 Der Gesellschafter trägt ferner die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er keine Kenntnis von der Krise haben konnte.62

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2. Neuregelungen durch das „MoMiG“ Durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen („MoMiG“) wurde das oben beschriebene Recht der eigenkpitalersetzenden Gesellschafterleistungen grundlegend geändert. Das von der Rechtsprechung im Wege der analogen Anwendung des § 30 Abs. 1 GmbHG entwickelte und partiell in den Novellenregeln der §§ 32a, 32b GmbHG, 129a, 172a HGB, 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO, 6 AnfG a.F. geregelte Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen wurde auf eine rein insolvenz- und anfechtungsrechtliche Grundlage gestellt.63 Im Hinblick auf die auch nach dem Inkrafttreten der sogenannten „Novellenregeln“ der §§ 32a, 32b GmbHG aufrechterhaltene Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 30 GmbHG a.F. hat der Gesetzgeber vorsorglich in § 30 Abs. 1 GmbHG einen Satz 3 eingefügt, wonach Satz 1 nicht anzuwenden ist auf die Rückgewähr eines Gesell-

57 Vgl. Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 45 ff.; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 59. 58 BGH v. 4.12.1995 – II ZR 281/94, NJW 1996, 720 (721); Roth/Altmeppen, GmbHG, § 32a a.F. Rz. 53. 59 BGH v. 2.6.1997 – II ZR 211/95, NJW 1997, 3171 (3172); v. 17.11.1997 – II ZR 224/96, ZIP 1998, 243 ff. 60 BGH v. 12.7.1999 – II ZR 87/98, NJW 1999, 3120 f. 61 BGH v. 14.11.1988 – II ZR 115/88, NJW 1989, 1219 (1220). 62 BGH v. 15.6.1998 – II ZR 17/97, NJW 1998, 3200, 3201; v. 11.12.1995 – II ZR 128/94, ZIP 1996, 273 ff. 63 Vgl. Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.1. Schäfer

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§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

schafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

H 22 In der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber zudem ausdrücklich festgehalten, dass auf das Tatbestandsmerkmal „kapitalersetzend“ verzichtet und damit jedes Gesellschafterdarlehen in der Insolvenz nachrangig gestellt werden solle (vgl. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – sogenannte „Subordination“);64 nach dem neuen Konzept gebe es keine kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen mehr.65 Der Gesetzgeber hat ferner betont, dass die Neuregelungen „durchgängig nicht mehr an einen ‚eigenkapitalersetzenden‘ Charakter der Leistung anknüpfen“.66 Damit wurde die Rechtsfigur der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistung abgeschafft.67 Dies ist bei der Auslegung der neuen Bestimmungen strikt zu beachten. Tilgungsleistungen auf Gesellschafterdarlehen stellen daher nach der Gesetzesbegründung auch keine im Sinne des § 30 Abs. 1 GmbHG verbotenen Auszahlungen mehr dar.68 § 135 Abs. 1 InsO sieht nur noch die Anfechtbarkeit von Sicherheitsleistungen und Befriedigungshandlungen in der Insolvenz der Gesellschaft vor. Ob die Geschäftsführung der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenzeröffnung berechtigt ist, dem die Rückzahlung fordernden Gesellschafter den Einwand der Anfechtbarkeit entgegenzuhalten, wird noch zu klären sein.69

H 23 Die §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO betreffen gesellschafterbesicherte Drittdarlehen. Sie ergänzen § 44a InsO, der den Gläubiger auf die Inanspruchnahme der vom Gesellschafter gestellten Sicherheit verweist, für den Fall, dass der Dritte im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages aus dem Gesellschaftsvermögen befriedigt und der Gesellschafter dadurch frei wurde. Ob im Fall der Doppelsicherung durch Gesellschaft und Gesellschafter der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren gemäß § 44a InsO vorrangig die Gesellschaftersicherheit in Anspruch zu nehmen hat, wird der BGH in einem bereits anhängigen Verfahren zu entscheiden haben.70

H 24 Im Bereich der Nutzungsüberlassung sieht das Gesetz in § 135 Abs. 3 InsO nur noch einen Anspruch auf entgeltliche Überlassung betriebsnotwendiger Gegenstände im eröffneten Insolvenzverfahren für höchstens

64 65 66 67

Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 2. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56. Vgl. BGH v. 26.4.2010 – II ZR 60/09, ZIP 2010, 1443 ff.; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 1. 68 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 42; OLG München v. 5.5.2010 – 7 U 4134/09, veröffentlicht bei juris. 69 Vgl. dazu B. Schäfer, ZInsO 2010, 1311 ff. sowie unten Rz. H54 f. 70 Dafür OLG Hamm v. 29.12.2010 – 8 U 85/10, ZIP 2011, 343 ff.; Revision beim BGH unter dem Az. IX ZR 11/11 anhängig – a.A. OLG Hamm v. 7.4.2011 – 27 U 94/10, ZIP 2011, 1226 ff.; vgl. dazu unten Rz. H84 ff.

416

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 28 H

ein Jahr vor. Denn als Folge des Wegfalls des Merkmals „kapitalersetzend“ als Anknüpfungspunkt für die Regelungen zu Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen ist die dogmatische Grundlage der früheren Rechtsprechung zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung entfallen.71 Nach herrschender Auffassung ist daher kein Raum mehr für ein Recht der Gesellschaft auf unentgeltliche Weiternutzung des überlassenen Gegenstandes in der Krise und für ein Verbot, der Gesellschaft in der Krise die Nutzung zu entziehen oder ein Entgelt für die Nutzung entgegenzunehmen.72 Inwieweit im Vorfeld der Insolvenzeröffnung eine Anwendung der Tatbestände der allgemeinen und der besonderen Insolvenzanfechtung in Betracht kommt, wird die Rechtsprechung klären müssen.73 Zu beachten ist ferner die prozessuale Neuregelung im Rahmen des besonderen Gerichtsstandes der Mitgliedschaft in § 22 ZPO. Danach ist das Gericht, bei dem Gesellschaften ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, auch für Klagen zuständig, die vom Insolvenzverwalter gegen die Mitglieder als solche erhoben werden. Der Insolvenzverwalter kann daher Ansprüche gegen Gesellschafter nach § 135 InsO bei dem für die Gesellschaft zuständigen Gericht geltend machen.

H 25

Außerhalb des Insolvenzverfahrens – etwa im Fall der Abweisung des Insolvenzantrages mangels Masse – kann der einzelne Gläubiger die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens nach § 6 AnfG n.F. anfechten. Die Anfechtungsfristen sind dieselben wie bei § 135 Abs. 1 InsO. Der Lauf der Frist beginnt mit der Erlangung des vollstreckbaren Schuldtitels (§ 6 Abs. 1 AnfG); wurde zuvor ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen, beginnt die Anfechtungsfrist mit dem Insolvenzantrag zu laufen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 AnfG).

H 26

Da die Neuregelungen nicht mehr gesellschaftsrechtlich ausgestaltet sind, sondern auf eine rein insolvenzrechtliche Grundlage gestellt wurden, gelten sie auch in Insolvenzverfahren über ausländische Gesellschaften mit tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland, wenn über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren nach deutschem Recht eröffnet wird.74

H 27

3. Übergangsrecht Die Neuregelungen sind nach Art. 103d Satz 1 EGInsO auf Insolvenzverfahren anwendbar, die nach dem Inkrafttreten des „MoMiG“ am 1.11.2008 71 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BTDrucksache 16/9737, S. 59. 72 Vgl. K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1731); Gehrlein, BB 2008, 846 (851); Noack, DB 2007, 1395 (1398); a.A. Haas, ZInsO 2007, 617 (622 f.). 73 Vgl. dazu unten Rz. H102 ff. 74 Vgl. AG Hamburg v. 26.11.2008 – 67g IN 352/08, ZInsO 2008, 1332 f.; Gehrlein, BB 2008, 846 (849); Hirte, WM 2008, 1429 (1432). Schäfer

417

H 28

H Rz. 28

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

eröffnet wurden. Auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1.11.2008 eröffnet wurden, sind die bis dahin geltenden Bestimmungen (also sowohl Rechtsprechungs- als auch Novellenregeln) weiterhin anzuwenden. Nach dem Urteil des BGH vom 26.1.2009 folgt dies bereits aus den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts, wonach ein Schuldverhältnis nach seinen Voraussetzungen, seinem Inhalt und seinen Wirkungen dem Recht untersteht, das zur Zeit seiner Entstehung galt.75 Sofern daher die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs gemäß §§ 30, 31 GmbHG a.F. bereits vor dem 1.11.2008 erfüllt wurden, soll ein solcher Anspruch auch in einem nach diesem Zeitpunkt eröffneten Insolvenzverfahren bestehen bleiben.76 Dem steht es jedoch entgegen, dass in der Gesetzesbegründung zur Änderung des § 30 GmbHG davon die Rede ist, Tilgungsleistungen auf eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen könnten keine nach § 30 Abs. 1 GmbHG verbotenen Auszahlungen des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens (mehr) sein.77 Ein vor dem Inkrafttreten des „MoMiG“ nach dem früheren Eigenkapitalersatzrecht entstandenes Recht zur unentgeltlichen Weiternutzung kann für die Zeit nach dem 1.11.2008 nicht mehr anerkannt werden.78 Dem alten Recht kommt somit auch weiterhin ein erheblicher Anwendungsbereich zu. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die fünfjährige Verjährungsfrist des § 31 Abs. 5 GmbHG a.F. von Bedeutung, die in bestimmten Fällen weit über die Zeiträume der Neuregelungen hinausreicht.

H 29 Im Rahmen der nach dem 1.11.2008 eröffneten Insolvenzverfahren sind gemäß Art. 103d Satz 2 EGInsO auf die vor dem 1.11.2008 vorgenommenen Rechtshandlungen die bis dahin geltenden Bestimmungen der Insolvenzordnung über die Anfechtung von Rechtshandlungen anzuwenden, soweit die Rechtshandlungen nach dem bisherigen Recht der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen sind. Damit wird das Vertrauen des Anfechtungsgegners auf die Geltung der Rechtslage zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung geschützt.79

H 30 Art. 103d Satz 2 EGInsO gilt indes nicht für die Nutzungsüberlassung durch einen Gesellschafter gemäß § 135 Abs. 3 InsO, da diese Bestimmung nach herrschender Auffassung keinen Anfechtungstatbestand darstellt.80 § 135 Abs. 3 InsO gilt daher ab dem 1.11.2008 unabhängig davon,

75 BGH v. 26.1.2009 – II ZR 260/07 – „Gut Buschow“, BGHZ 179, 249 f. 76 Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 41; Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 331 – a.A. Hirte, WM 2008, 1429 (1435). 77 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 42. 78 Vgl. Goette/Kleindiek, Gesellschafterfinanzierung nach MoMiG, 6. Aufl., Rz. 227. 79 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 3. 80 Vgl. K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732); Bitter, ZIP 2010, 1 (2); Marotzke, ZInsO 2008, 1281 (1283).

418

Schäfer

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

Rz. 33 H

ob zu diesem Zeitpunkt bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet war oder sich das Verfahren noch im Stadium des Eröffnungsverfahrens befand.81

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“ Die Absätze 1 und 2 des § 135 InsO setzen ebenso wie alle übrigen Anfechtungstatbestände nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO eine objektive Gläubigerbenachteiligung voraus,82 wobei eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung genügt. Daran kann es fehlen, wenn der Gesellschafter voll gesichert war; in diesem Fall ist jedoch zu prüfen, ob die Sicherheitengewährung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar ist.83 Die Vereinbarung einer Sicherung für ein subordiniertes Darlehen gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO ist nicht gläubigerbenachteiligend, wenn ihm nach dem vereinbarten Rang sämtliche Insolvenzforderungen vorgehen.84

H 31

Eine wesentliche Änderung gegenüber dem früheren Recht enthält § 19 Abs. 2 Satz 2 InsO. Danach sind nachrangige Forderungen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, für die gemäß § 39 Abs. 2 InsO zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 InsO bezeichneten Forderungen vereinbart wurde, im Überschuldungsstatus der Gesellschaft nicht mehr bei den Verbindlichkeiten zu berücksichtigen und damit nicht mehr zu passivieren.85 Nach früherem Recht setzte dies einen „qualifizierten Rangrücktritt“ voraus.86 Danach musste der Gesellschafter nicht nur hinter alle Gesellschaftsgläubiger zurücktreten, sondern zusätzlich erklären, dass seine Darlehensforderung nur gleichrangig mit den Einlagenrückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt werden solle, als handle es sich bei seiner Leistung um statutarisches Kapital.87

H 32

Im Fall der Vereinbarung eines qualifizierten Rangrücktritts sind die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO nicht anwendbar. Da die Forderung aber nachrangige Insolvenzforderung bleibt, kommt eine Anfechtung nach den sonstigen Anfechtungstatbeständen in Betracht. Die Anfechtung greift jedoch im Er-

H 33

81 Holzer, ZIP 2009, 206, 208; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 3. 82 BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Rz. 7; v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, ZIP 1993, 271 (273). 83 BGH v. 19.9.1996 – IX ZR 249/95, BGHZ 133, 298 (306); Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 10. 84 Vgl. BGH v. 2.2.2006 – IX ZB 167/04, ZIP 2006, 483 ff. 85 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2151); Gehrlein, BB 2008, 846, 847. 86 Vgl. BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 269 ff.; Goette, Die GmbH, § 4 Rz. 37. 87 Vgl. BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264 (271); Thiessen in Bork/ Schäfer, GmbHG, Anh. zu § 30 Rz. 53 m. Fn. 160. Schäfer

419

H Rz. 33

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

gebnis nur dann durch, wenn es um die Verhinderung einer Benachteiligung der nachrangigen Insolvenzgläubiger geht.

1. Grundsätze der Neuregelung

H 34 Da Gesellschafterdarlehen nach der Neukonzeption nicht mehr in haftendes Eigenkapital umqualifiziert werden, ist deren „Verstrickung“ rein insolvenzrechtlicher Natur. Sie stellen in keinem Fall mehr funktionales Eigenkapital dar, sondern Fremdkapital mit erhöhtem Insolvenzrisiko.88 Rückzahlungen im Vorfeld der Insolvenzeröffnung verstoßen nicht gegen § 30 GmbHG. Der Gesellschafter ist – anders als nach altem Recht – nicht mehr von der Teilnahme am Insolvenzverfahren ausgeschlossen. Er kann vielmehr seinen Rückforderungsanspruch gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO als nachrangiger Insolvenzgläubiger geltend machen und somit auch einen Insolvenzantrag stellen (vgl. § 13 Abs. 1 InsO).89 In der Praxis bedeutet dies freilich in der Regel, dass der Gesellschafter mit seiner nachrangigen Forderung ausfällt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers sind sämtliche Sicherungen oder Befriedigungen innerhalb der Anfechtungszeiträume des § 135 InsO anfechtbar, selbst wenn die Insolvenz im Einzelfall durch ein plötzliches externes Ereignis verursacht wurde.90 Vorschläge, die darin liegende Härte durch eine Regelung nach dem Vorbild des § 136 Abs. 2 InsO zu vermeiden, sind nicht Gesetz geworden,91 so dass in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke eine analoge Anwendung des § 136 Abs. 2 InsO ausscheiden dürfte. Die Gesellschafter müssen daher ein „Frühwarnsystem“ einrichten, wenn sie ihre Darlehen noch rechtzeitig abziehen wollen.92 a) Gesellschafterdarlehen und gleichgestellte Forderungen (§ 135 Abs. 1 InsO)

H 35 § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – an den wiederum § 135 InsO anknüpft – betrifft Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Damit sollten nach dem Willen des Gesetzgebers die unter der Geltung des § 32a GmbHG entwickelten personellen und sachlichen Erweiterungen vom neuen Recht übernommen werden.93 § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gilt für alle Gesellschaften, bei denen keine natürliche

88 Vgl. K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009 (1010); Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 3. 89 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 5. 90 Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Rz. 58. 91 Haas, ZInsO 2007, 617 (621 f.); Hirte, WM 2008, 1429 (1433). 92 Vgl. Kallmeyer, DB 2007, 2755, 2758. 93 Uhlenbruck/Hirte, § 39 Rz. 36; Bork, ZGR 2007, 250, 254; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2148; vgl. dazu unten Rz. H52 ff.

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Schäfer

Rz. 38 H

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

Person als persönlich haftender Gesellschafter fungiert (vgl. § 39 Abs. 4 InsO).94 Der Neukonzeption entsprechend verweist auch § 135 InsO nicht mehr auf Tatbestände des Gesellschaftsrechts, sondern auf die Regelung über den gesetzlichen Rangrücktritt in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Die haftungsmäßige Verstrickung des Gesellschafterdarlehens hat allein zur Voraussetzung, dass der Gesellschafter das Darlehen der Gesellschaft bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens belassen hat. Wurde es im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages zurückgezahlt, ist die Befriedigung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar.95 Die Forderung des Gesellschafters lebt in diesem Fall nach § 144 Abs. 1 InsO als nachrangige Insolvenzforderung gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO wieder auf. Da der Gesellschafter eine solche Befriedigung auf seine kraft Gesetzes nachrangige Forderung nicht beanspruchen konnte, kann man die Bestimmung des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO als Sonderfall einer inkongruenten Deckung auffassen.96

H 36

Der durch § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO angeordnete Nachrang des Anspruchs auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder gleichgestellter Forderungen wird bereits im Vorfeld der Insolvenzeröffnung ferner dadurch gesichert, dass eine Sicherung, die für einen solchen Anspruch in den letzten zehn Jahren vor der Stellung des Insolvenzantrages gewährt wurde, der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO unterliegt.

H 37

b) Gesellschafterbesichertes Drittdarlehen (§ 135 Abs. 2 InsO) § 135 Abs. 2 InsO enthält die insolvenzrechtliche Ausgestaltung der früher in § 32b GmbHG enthaltenen Regelung, die trotz ihrer systematischen Stellung der Sache nach ebenfalls einen Anfechtungstatbestand darstellt.97 Danach hat der Gesellschafter, der eine Sicherung bestellt oder eine Bürgschaft übernommen hatte, der Gesellschaft den zurückgezahlten Betrag zu erstatten, wenn die Gesellschaft im Fall des § 32a Abs. 2, 3 GmbHG das Darlehen im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach zurückgezahlt hatte. Nach dem neu gefassten § 135 Abs. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens innerhalb der in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO genannten Fristen Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Forderung eine Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete; dies gilt sinngemäß für Leistungen auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen.

94 95 96 97

Vgl. Bork, ZGR 2007, 250, 253; Gehrlein, BB 2011, 3, 5. Gehrlein, BB 2008, 846 (852); Jaeger/Henckel, § 129 Rz. 6. Vgl. Krolop, ZIP 2007, 1738 (1739). K. Schmidt, ZIP 1999, 1821 (1822); Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 15. Schäfer

421

H 38

H Rz. 39

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

H 39 § 135 Abs. 2 InsO ergänzt § 44a InsO. Nach dieser Bestimmung kann ein Gläubiger nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung, für die ein Gesellschafter eine Sicherheit bestellt oder für die er sich verbürgt hat, im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur anteilsmäßige Befriedigung verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit oder des Bürgen ausgefallen ist. § 135 Abs. 2 InsO greift ergänzend ein, wenn die Gesellschaft ein solches gesellschafterbesichertes Drittdarlehen im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach zurückgezahlt hat, und unterwirft die Zahlung der Anfechtung.

H 40 Der Wortlaut des § 135 Abs. 2 InsO kann für sich genommen Missverständnisse hervorrufen. Er erweckt bei erster Betrachtung den Anschein, die darin angeordnete Anfechtbarkeit richte sich gegen den Dritten. Die Bestimmung ist jedoch im Zusammenhang mit § 143 Abs. 3 InsO zu sehen. Nach dessen Satz 1 hat im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Gegenstand der Anfechtung ist somit die Befreiung des sichernden Gesellschafters; allein gegen ihn richtet sich daher die Anfechtung.98

H 41 Da die Befreiung des Gesellschafters von der Haftung des Sicherungsgegenstandes bzw. von der Bürgschaftsverpflichtung mit der Anfechtung rückgängig gemacht werden soll, besteht die Erstattungsverpflichtung des Gesellschafters gemäß § 143 Abs. 3 Satz 2 InsO nur bis zur Höhe des Betrages, der dem Wert der von ihm gestellten Sicherheit zum Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht.99 Nach § 143 Abs. 3 Satz 3 InsO wird der Gesellschafter von der Verpflichtung frei, wenn er die Sicherungsgegenstände der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt. c) Nutzungsüberlassung (§ 135 Abs. 3 InsO)

H 42 In § 135 Abs. 3 InsO sind die Rechtsfolgen der Überlassung eines Gegenstandes seitens des Gesellschafters zum Gebrauch oder zur Ausübung durch die Gesellschaft geregelt. Die Bestimmung wurde erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages in das Gesetz eingefügt,100 nachdem im Regierungsentwurf eine Fortgeltung der Rechtsprechung zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung abgelehnt worden war.101 Da die Neuregelungen nach der Gesetzesbegrün98 Vgl. K. Schmidt, BB 2008, 1966, 1969; Gottwald/Huber, InsolvenzrechtsHandbuch, § 50 Rz. 35. 99 Vgl. Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 23. 100 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 101 Vgl. BT-Drucksache 16/6140, S. 56.

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II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

Rz. 45 H

dung durchgängig nicht mehr an einen „eigenkapitalersetzenden“ Charakter der Leistung anknüpfen, wurde selbst eine Klarstellung im Sinne des § 3 Abs. 3 des österreichischen Eigenkapitalersatzgesetzes (EKEG) als entbehrlich angesehen, wonach im Falle der Gebrauchsüberlassung eine Kreditgewährung nur das Entgelt betreffen, nicht aber in der Nutzungsüberlassung selbst liegen kann.102 Einem Anspruch auf unentgeltliche Nutzungsüberlassung, wie er nach altem Recht unter dem Gesichtspunkt des Eigenkapitalersatzes bestehen konnte, ist damit nach herrschender Auffassung die Grundlage entzogen.103 Nach dem letztlich Gesetz gewordenen § 135 Abs. 3 InsO kann in dem Fall, dass dem Schuldner von einem Gesellschafter ein Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen wurde, der Aussonderungsanspruch während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Verfahrenseröffnung nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens des Schuldners von erheblicher Bedeutung ist. Dem Gesellschafter steht in diesem Fall ein Ausgleich zu, der sich nach dem Durchschnitt der im letzten Jahr vor der Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung bemisst (vgl. § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO). Der Anspruch des Gesellschafters auf Ausgleich ist im Insolvenzverfahren als Masseverbindlichkeit zu begleichen.104

H 43

Nach der herrschenden Auffassung im Schrifttum stellt § 135 Abs. 3 InsO trotz seiner Stellung im Insolvenzanfechtungsrecht der Sache nach keinen Anfechtungstatbestand dar, sondern ist sowohl systematisch als auch inhaltlich den §§ 103 ff. InsO zuzuordnen.105 Dies ist von Bedeutung für die Frage des Konkurrenzverhältnisses des § 135 Abs. 3 InsO zu den „übrigen“ Anfechtungstatbeständen. Da § 135 Abs. 3 InsO keinen Anfechtungstatbestand darstellt, kann er im Grundsatz uneingeschränkt mit den sonstigen Tatbeständen der §§ 129 ff. InsO konkurrieren.106

H 44

2. Rechtsgrund der Neuregelungen Der Gesetzesbegründung lässt sich nicht entnehmen, worin nach der Aufgabe des „Krisenfinanzierungsgedankens“ der tragende Grund für die 102 BT-Drucksache 16/6140, S. 56. 103 Vgl. Gehrlein, BB 2008, 846, 851; Habersack, ZIP 2007, 2145, 2150; K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3607; Noack, DB 2007, 1395, 1398. 104 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 105 Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.40; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732); Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 30 Rz. 80; HambKomm-InsO/Schröder, § 135 Rz. 55. 106 Vgl. dazu unten Rz. H108 f. Schäfer

423

H 45

H Rz. 45

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

Neuregelung zu sehen sein soll.107 Diese Frage ist nicht etwa nur akademischer Natur; die Rechtsprechung wird sich ihr vielmehr künftig bei bestimmten Fallgestaltungen stellen müssen.108 Dies gilt insbesondere für die personelle Reichweite der neu geschaffenen Bestimmungen. Man wird sich daher bei der künftigen Rechtsanwendung nicht mit dem Hinweis begnügen können, es sei nicht Aufgabe des Gesetzes, die ihm zugrunde liegende Dogmatik und Wertung zu verkünden.109 a) Auffassungen im Schrifttum

H 46 Im Schrifttum wird bei der Suche nach der ratio legis zum Teil die Ansicht vertreten, die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehens ergäben sich aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG, dessen missbräuchlicher Ausnutzung durch die Gesellschafter begegnet werden solle.110 Nach anderer Auffassung soll der Rechtsgrund für die Neuregelung in erster Linie im Näheverhältnis des Gesellschafters zu „seiner“ Gesellschaft zu sehen sein.111 Diese Erwägung stellt jedoch nach zutreffender Ansicht keine ausreichende Begründung für die weitreichenden Rechtsfolgen nach dem MoMiG dar,112 das den Gesellschafter etwa ohne weitere tatbestandliche Voraussetzung der Anfechtung einer Befriedigung aussetzt, die er im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach auf eine Darlehensforderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erlangt hat. Der BGH hat vielmehr bereits zum alten Recht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Argument, ein Gesellschafter-Gläubiger stehe dem Unternehmen gewöhnlich näher als ein außenstehender Kreditgeber, keinen ausreichenden Grund dafür bilde, ihn schlechter als einen Fremdgläubiger zu stellen, der über die Lage der Gesellschaft unter Umständen ebenso gut informiert sei.113

107 Vgl. dazu K. Schmidt, ZIP 2006, 1925 ff.; Krolop, GmbHR 2009, 397 ff.; B. Schäfer, ZInsO 2010, 1311 ff. 108 Zutr. K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009; Thiessen in Bork/Schäfer, GmbHG, Anh. zu § 30 Rz. 5. 109 So Noack, DB 2007, 1395, 1398: „lex moneat, non doceat“ – dagegen zu Recht K. Schmidt, ZIP 2006, 1925, 1932, 1934; Kleindiek, ZGR 2006, 335, 358; Bork, ZGR 2007, 250, 256/257; Roth/Altmeppen, GmbHG, Anh. §§ 32a, b Rz. 6 f. 110 Vgl. U. Huber, Festschrift für Priester (2007), S. 259, 275 ff.; Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.13; Hirte, WM 2008, 1429, 1430: „unwiderlegliche Vermutung des missbräuchlichen Charakters der Darlehensgewährung“. 111 Gehrlein, BB 2008, 846, 849; Haas, ZInsO 2007, 617, 618; Noack, DB 2007, 1395, 1398; Mylich, ZGR 2009, 474, 488. 112 Vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, 19. Aufl., Anh. zu § 30 Rz. 6; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3603; vgl. zum alten Recht ferner K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 III 4. b), S. 533. 113 BGH v. 24.3.1980 – II ZR 213/77, BGHZ 76, 326, 330.

424

Schäfer

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

Rz. 50 H

Nach einer weiteren Auffassung liegt auch den Neuregelungen zumindest in abgeschwächter Form der Gesichtspunkt der Finanzierungs(folgen)verantwortung zugrunde,114 wobei zum Teil angenommen wird, die Krisenfinanzierung werde unwiderleglich vermutet.115

H 47

b) Rechtsprechung des BGH Der BGH hat sich bislang erst in einem Urteil vom 17.2.2011116 zu der Grundsatzfrage geäußert, allerdings nicht abschließend, da es darauf mangels Entscheidungserheblichkeit nicht ankam. Er hat aber zumindest klargestellt, dass jedenfalls nicht der typischerweise gegebene Informationsvorsprung des Gesellschafters der maßgebende Grund für den gesetzlich angeordneten Nachrang des von ihm gewährten Darlehens sei.

H 48

c) Stellungnahme Zutreffend erscheint der Hinweis im Schrifttum auf die Haftungsbeschränkung gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG zumindest insoweit, als der Gesetzgeber aus wohlerwogenen Gründen Regelungen zum Schutz des Rechtsverkehrs geschaffen hat, die eingehalten werden müssen, um das Privileg der beschränkten Haftung zu erlangen. Dazu gehören insbesondere die Publizitätsbestimmungen zur Stammkapitalausstattung und die Regelungen zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung. Gleichwohl kann an die Wahl der Fremdfinanzierung statt der gesetzlich vorgesehenen Eigenkapitalausstattung nicht auch nur der bloße Verdacht einer missbräuchlichen Ausnutzung der Haftungsbeschränkung geknüpft werden, der es mit den Neuregelungen zu begegnen gelte.117 Es muss vielmehr etwas anderes sein, das es legitimiert, den Gesellschafter etwa innerhalb des letzten Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrages ohne weitere Voraussetzung der Anfechtung nach § § 135 Abs. 2 Nr. 2 InsO zu unterwerfen, wenn er Befriedigung auf seinen Anspruch auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens erlangt hat.118 Insoweit dürften abstrakte Missbrauchserwägungen nicht genügen, um die Neuregelungen als gerechtfertigt ansehen zu können.

H 49

Mit der Überlassung von Fremdkapital ermöglicht es der Gesellschafter seiner Gesellschaft, ihre Geschäftstätigkeit über das registerrechtlich ver-

H 50

114 Vgl. Bork, ZGR 2007, 250 ff.; Altmeppen, NJW 2008, 3601 ff.; Hirte, WM 2008, 1429 ff.; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 145, 153; Krolop, GmbHR 2009, 397 ff.; im Ergebnis wohl auch Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 30 Rz. 6. 115 Bork, ZGR 2007, 250 ff.; Altmeppen, NJW 2008, 3601 ff.; Hirte, WM 2008, 1429 (1430). 116 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, ZIP 2011, 575 ff. 117 Vgl. K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009 (1014). 118 Vgl. dazu Marotzke, ZInsO 2009, 2073, 2078, der sogar verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber der Neuregelung äußert; Altmeppen, NJW 2008, 3601, 3602. Schäfer

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H Rz. 50

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

lautbarte Eigenkapital hinaus ohne die ansonsten übliche Stellung von Sicherheiten aus dem Gesellschaftsvermögen auszuweiten; dass damit erhebliche Ausfallrisiken für die Gesellschaftsgläubiger im Fall einer späteren Insolvenz der Gesellschaft verbunden sind, steht außer Zweifel. Es erscheint daher als vertretbar, wenn der Gesetzgeber dem Gesellschafter, der mit seiner Fremdkapitalausstattung ein Ausfallrisiko für die Gesellschaftsgläubiger geschaffen hat, dieses Risiko – bezogen auf die gewährte Gesellschafterhilfe – für den Fall aufbürdet, dass es später zur Insolvenz der Gesellschaft kommt. Dies bedeutet aber zugleich, dass auch den Neuregelungen noch ein Restbestand des Grundgedankens der Finanzierungs(folgen)verantwortung zugrundeliegt. Wie anders als mit einem Restbestand an Finanzierungsverantwortung wollte man auch begründen, dass die Neuregelungen nur Darlehensforderungen und wirtschaftlich gleichgestellte Forderungen, nicht aber sonstige Forderungen des Gesellschafters erfassen?119

H 51 Dieser Restbestand an Finanzierungs(folgen)verantwortung basiert indes

nicht auf einer Krisenfinanzierungsentscheidung des Gesellschafters,120 sondern auf der vom Gesetz zum Schutz des Rechtsverkehrs angeordneten Einstufung der vom Gesellschafter überlassenen Fremdmittel als haftendes Risikokapital, das in der Insolvenz der Gesellschaft für die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung stehen muss. Das Gesetz knüpft dabei allein an den Umstand an, dass der Gesellschafter der Gesellschaft Kredit gewährt hat. Es bedarf daher nicht der Annahme, die Neuregelungen beruhten auf einer unwiderlegbar vermuteten Krisenfinanzierung.121

3. Sachlicher und personeller Anwendungsbereich der Neuregelungen a) Wirtschaftlich entsprechende Sachverhalte

H 52 Hinsichtlich des personellen und sachlichen Anwendungsbereichs des § 135 InsO sollte mit der in Bezug genommenen Formulierung „Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen“ in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nach der Gesetzesbegründung im Grundsatz § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG übernommen werden.122 Ebenso wie das frühere Recht beziehen daher die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO, 135 InsO neben Darlehensforderungen auch Rechtshandlungen ein, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen. Die Neuregelungen erfassen damit 119 Bork, ZGR 2007, 250 (257); K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009, 1016. 120 Vgl. Bork, ZGR 2007, 250 (257): „Zukünftig gehört nur noch die Darlehensgewährung und damit die Finanzierungsentscheidung, nicht aber die Krise zum Tatbestand der Norm“. 121 So Roth/Altmeppen, §§ 32a, b GmbHG Rz. 9; Bork, ZGR 2007, 250, 268. 122 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56; Gehrlein, BB 2011, 3, 6; Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148); Uhlenbruck/Hirte, § 39 Rz. 36.

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II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

insbesondere Gesellschafterbürgschaften und auch Forderungsstundungen, da jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Kreditierung darstellt;123 einer ausdrücklichen Stundungsabrede bedarf es nicht.124 Jegliche Kreditierung durch den Gesellschafter beinhaltet die „Finanzierungsentscheidung“, die in der Insolvenz der Gesellschaft zur Behandlung der überlassenen Mittel als haftendes Risikokapital führt. Für den Anwendungsbereich des § 135 InsO bedeutet dies, dass die Anfechtung in diesen Fällen nicht am Vorliegen eines Bargeschäfts scheitert, da jede Kreditgewährung durch verzögerte Geschäftsabwicklung nach dem Normzweck des § 142 InsO die Annahme eines Bargeschäfts ausschließt.125 Auch eine harte Patronatserklärung kann nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 22.7.2004126 wegen ihrer aufschiebend bedingten Rechtsnatur eine gleichgestellte Forderung im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 und 2 InsO sein. Die Überlassung von Gegenständen zum Gebrauch oder zur Ausübung als solche ist dagegen kein der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechender Vorgang im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO; vielmehr enthält § 135 Abs. 3 InsO für die Nutzungsüberlassung eine Sonderregelung, die sich auf die Anordnung einer Aussonderungssperre im Insolvenzverfahren gegen finanziellen Ausgleich beschränkt.127 Nach einer abweichenden Auffassung sollen Ansprüche des Gesellschafters aus einer Nutzungsüberlassung wirtschaftlich den Ansprüchen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens entsprechen und deshalb auch unter der Geltung des „MoMiG“ in der Insolvenz der Gesellschaft nachrangige Insolvenzforderungen im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO darstellen.128

H 53

b) Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft im Vorfeld der Insolvenzeröffnung? Zu § 135 InsO n.F. wird zum Teil die Auffassung vertreten, der Geschäftsführer der Gesellschaft sei im Vorfeld der Insolvenz nicht mehr berechtigt, die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens zu verweigern, da das Auszahlungsverbot des § 30 GmbHG keine Anwendung mehr finde.129 Nur in Ausnahmefällen werde die damit verbundene Rückstufung der Gläubigerbelange durch die Neuregelung des § 64 Satz 3 GmbHG kompen123 Habersack, ZIP 2007, 2145, 2150; Gehrlein, BB 2011, 3, 6. 124 Vgl. Gehrlein, WM 2009, Sonderbeilage 1, S. 50. 125 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 167; BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05 – „Honorarvorschuss“, ZIP 2006, 1261 ff. Rz. 33. 126 OLG München v. 22.7.2004 – 19 U 1867/04, ZIP 2004, 2102 ff. 127 Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 13; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732). 128 Vgl. LG Kiel v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968 f.; Marotzke, JZ 2010, 592 ff. 129 OLG München v. 6.5.2010 – 23 U 1564/10, ZIP 2010, 1236 ff.; Gehrlein, BB 2011, 3, 6; Roth/Altmeppen, Anh. §§ 32a, b GmbHG, Rz. 50; Haas in Baumbach/Hueck, 19. Aufl., § 64 GmbHG, Rz. 107. Schäfer

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H Rz. 54

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

siert, die dem Geschäftsführer eine Darlehenstilgung gegenüber einem Gesellschafter verbiete, welche die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft auslösen würde.130 Diese Auffassung unterliegt Bedenken. In der Gesetzesbegründung zum „MoMiG“ ist nur davon die Rede, dass die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens künftig nicht mehr unter Berufung auf eine analoge Anwendung des § 30 GmbHG verweigert werden könne. Es wird jedoch zugleich darauf hingewiesen, dass dadurch keine ernstzunehmenden Schutzlücken entstünden oder aber diese durch flankierende Regelungen im Anfechtungsrecht geschlossen würden.131 Ernstzunehmende Schutzlücken wären jedoch die Folge, wenn an die Finanzierungsentscheidung des Gesellschafters in jedem Fall erst im Insolvenzverfahren Rechtsfolgen geknüpft werden könnten. Gibt daher das sonstige Recht eine Handhabe, den für das eröffnete Insolvenzverfahren angeordneten Beschränkungen der Gesellschafterrechte bereits im Zustand der (drohenden) materiellen Insolvenz Geltung zu verschaffen, so ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber daran nichts ändern wollte.

H 55 Der Gesetzgeber hat dem Geschäftsführer der GmbH im Zustand der (drohenden) materiellen Insolvenz eine Sicherungsfunktion zugewiesen, die mit der eines vorläufigen Insolvenzverwalters durchaus vergleichbar ist. So ist § 64 Satz 1 GmbHG nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH seiner Natur nach darauf gerichtet, das Gesellschaftsvermögen wieder aufzufüllen, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht.132 Sinn und Zweck des Zahlungsverbots des § 64 GmbHG ist es, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.133 In der Gesetzesbegründung zu § 64 GmbHG n.F. führt der Gesetzgeber aus, es solle mit dessen Änderung der Gefahr vorgebeugt werden, dass bei sich abzeichnender Zahlungsunfähigkeit von den Gesellschaftern Mittel entnommen würden.134 Gemäß § 18 InsO ist die Gesellschaft darüber hinaus bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit zur Stellung eines Eigenantrages berechtigt. § 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG ist hingegen gesellschaftsrechtlicher Natur und betrifft die Frage, ob die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens als Verstoß gegen den Kapitalerhaltungsgrundsatz angesehen werden kann. Es erscheint daher zum Schutz der Gläubiger- und Gesellschaftsbelange geboten und nach der Gesetzeslage auch möglich, dem Geschäftsführer im Zustand der (drohenden) materiellen Insolvenz der Gesellschaft den Einwand (nicht: Ein-

130 131 132 133 134

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Gehrlein, BB 2011, 3, 6. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 42. BGH v. 8.1.2001 – II ZR 88/99, BGHZ 146, 264, 278 f. BGH v. 25.1.2010 – II ZR 258/08, ZIP 2010, 470 f. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 46. Schäfer

II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

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rede) der Anfechtbarkeit der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens zu gewähren.135 Der BGH ist von seiner früheren Auffassung, wonach das Anfechtungsrecht untrennbar mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbunden sei, in seinem jüngst ergangenen Urteil vom 17.2.2011136 zur Abtretbarkeit des Anfechtungsanspruchs zu Recht abgerückt. Damit erscheint die Erhebung des Einwands der Anfechtbarkeit durch den Geschäftsführer der Gesellschaft als möglich. Nur ein eingeschränkter Gesellschafts- und Gläubigerschutz wird durch die Neuregelung des § 64 Satz 3 GmbHG erreicht, die es dem Geschäftsführer nach herrschender Meinung untersagt, ein Gesellschafterdarlehen zu befriedigen, wenn dadurch die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft ausgelöst würde.137 c) Erfasster Personenkreis Die §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO gelten gemäß § 39 Abs. 4 Satz 1 InsO nur für Gesellschaften, die weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft, bei der eine natürliche Person persönlich haftender Gesellschafter ist, als persönlich haftenden Gesellschafter haben.138 In personeller Hinsicht wird in § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht auf die Regelung in § 138 InsO über nahestehende Personen Bezug genommen.139 Die Forderung aus der Rechtshandlung eines Dritten entspricht daher nicht schon deshalb einem Gesellschafterdarlehen, weil es sich bei dem Dritten um eine nahestehende Person im Sinne des § 138 InsO handelt. Gewährt eine nahestehende Person dem Schuldner ein ungesichertes Darlehen, so begründet dies keinen ersten Anschein für eine wirtschaftliche Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen.140 Nach der Gesetzesbegründung sollte jedoch mit den Neuregelungen im Grundsatz § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG a.F. in personeller und sachlicher Hinsicht übernommen werden.141 Gleichwohl vertritt ein Teil des Schrifttums für den Bereich der Nutzungsüberlassung im Sinne des § 135 Abs. 3 InsO die Auffassung, diese Bestimmung sei nicht auf Dritte anzuwenden, zumal in der Gesetzesbegründung auf die gesellschafterliche Treuepflicht hingewiesen werde.142 Die Gegenauffassung verweist jedoch zu Recht darauf, dass der Hinweis auf die gesellschafterliche Treuepflicht in der Gesetzesbegrün-

135 Vgl. B. Schäfer, NZI 2010, 505, 508 zu § 135 Abs. 3 InsO; für ein Leistungsverweigerungsrecht auch Scholz/K. Schmidt, 10. Aufl., § 64 Rz. 91; Spliedt, ZIP 2009, 149, 169. 136 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 ff. 137 Vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 64 Rz. 91; Gehrlein, BB 2011, 3 (6) – a.A. OLG München v. 6.5.2010 – 23 U 1564/10, ZIP 2010, 1236 ff. 138 Vgl. dazu die Aufzählung in der Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56 f. 139 Vgl. Hirte, WM 2008, 1429 (1431). 140 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, ZIP 2011, 575 ff. 141 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56. 142 Vgl. Spliedt, ZIP 2009, 149 (156); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325 (329). Schäfer

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H Rz. 56

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

dung der Einbeziehung Dritter nicht entgegenstehe, wenn sie Gesellschaftern gleichstünden.143

H 57 Erfasst sind daher insbesondere Mittelspersonen bzw. Hintermänner eines Gesellschafters, die der Gesellschaft mit Mitteln oder auf Rechnung des Gesellschafters Kredit gewähren.144 Der BGH hat in seiner Rechtsprechung zum alten Recht die an sich nur die Gesellschafter treffende Haftung nach § 31 GmbHG auf Dritte ausgedehnt, wenn diese von der Gesellschaft mit Rücksicht auf ihr Verhältnis zu einem Gesellschafter eine Leistung erhalten hatten, die aufgrund besonderer Umstände – auch – ihnen zuzurechnen war. Dazu gehören im Grundsatz auch verbundene Unternehmen und deren maßgeblich beteiligte Gesellschafter jedenfalls dann, wenn sie an der Gesellschaft in dem Sinne maßgeblich beteiligt sind, dass sie deren Geschicke bestimmen bzw. auf die Gewährung oder den Abzug der Kredithilfe bestimmenden Einfluss ausüben, insbesondere der Geschäftsführung entsprechende Weisung erteilen können.145

H 58 Vor allem in diesem Zusammenhang kommt der Frage praktische Bedeutung zu, worin der Rechtsgrund für die Neuregelungen zu sehen ist. So wird von jenen Autoren, nach deren Auffassung die Rechtsfolgen des Gesellschafterdarlehens aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung resultieren, dessen missbräuchlicher Ausnutzung begegnet werden solle, zum Teil die Auffassung vertreten, die Verknüpfung der Neukonzeption mit dem Prinzip der Haftungsbeschränkung lege eine eher restriktive Handhabung hinsichtlich der einem Gesellschafter gleichzustellenden Dritten nahe.146 Es müsse ein dem mitgliedschaftlichen Interesse vergleichbares Interesse an der Finanzierung der Gesellschaft hinzukommen, so dass ein Pfandgläubiger bzw. ein durch „Covenants“ gesicherter Gläubiger selbst dann nicht einem Gesellschafter gleichgestellt werden könne, wenn er über besondere Kontroll- und Mitspracherechte verfüge.147 Aber auch die bloße Mehrheitsbeteiligung an einem Gesellschafter oder an einer die Gesellschaft finanzierenden Gesellschaft soll die Anwendung der Regeln über Gesellschafterdarlehen nicht mehr legitimieren können. Der Kreis der von der Generalklausel des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfassten Darlehen Dritter müsse vielmehr neu definiert werden.148

143 HK-InsO/Kleindiek, § 135 Rz. 30; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 21. 144 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148); Gehrlein, BB 2011, 3 (6). 145 BGH v. 21.9.1981 – II ZR 104/80, BGHZ 81, 311 (315 f.); v. 18.2.1991 – II ZR 259/89, ZIP 1991, 366 f.; v. 27.11.2000 – II ZR 179/99, NJW 2001, 1490, 1491; v. 5.5.2008 – II ZR 108/07, ZIP 2008, 1230 ff. 146 Vgl. Habersack, ZIP 2007, 2145 (2147); U. Huber in Festschrift für Priester (2007), S. 259, 279 f. 147 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148/2149). 148 Habersack, ZIP 2008, 2385 (2392).

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II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

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Derartige Erwägungen zum mitgliedschaftlichen Finanzierungsinteresse führen aber möglicherweise doch wieder auf den Gedanken der Finanzierungs(folgen)verantwortung der Gesellschafter zurück. Geht man davon aus, dass auch den Neuregelungen noch ein Restbestand des Gedankens der Finanzierungs(folgen)verantwortung zugrundeliegt, so dürfte im Grundsatz etwa ein atypischer stiller Gesellschafter, den der BGH unter der Geltung des alten Rechts wiederholt einem Gesellschafter gleichgestellt hat,149 auch weiterhin in den Geltungsbereich der Neuregelungen einzubeziehen sein.150 Der typische stille Gesellschafter ist hingegen einem außenstehenden Kreditgeber gleichzustellen.151

H 59

Den Eigenkapitalersatzregeln des alten Rechts unterliegt auch ein Pfandgläubiger am Geschäftsanteil des Gesellschafters, wenn er sich durch Nebenabreden eine Rechtsposition hat einräumen lassen, die nach ihrer konkreten Ausgestaltung im wirtschaftlichen Ergebnis der Stellung eines Gesellschafters gleich- oder doch jedenfalls nahekommt.152 Es ist fraglich, ob daran unter der Geltung des neuen Rechts unverändert festgehalten werden kann. Möglicherweise ist darauf abzustellen, ob ein dem mitgliedschaftlichen Interesse vergleichbares Interesse an der Finanzierung der Gesellschaft – unter Umständen ergänzt durch unternehmerischen Einfluss – gegeben ist.153 Von der Neuregelung erfasst sind ferner Treuhandverhältnisse sowohl in Bezug auf den Treuhänder als auch den Treugeber sowie Nießbraucher des Geschäftsanteils.154

H 60

Im Fall der Abtretung der Darlehensforderung muss sich der Zessionar zwar nach dem alten Recht eine zum Zeitpunkt der Abtretung gegebene „Verstrickung“ des Darlehens nach den §§ 404, 412 BGB entgegenhalten lassen; eine bei der Abtretung noch nicht verstrickte Forderung unterliegt dagegen nur dann den Eigenkapitalersatzregeln, wenn der Zessionar selbst in der Krise eine Finanzierungsentscheidung getroffen hat. Durch die Abtretung an einen Nichtgesellschafter konnte daher die noch nicht verstrickte Forderung dauerhaft den Eigenkapitalersatzregeln entzogen werden.155

H 61

149 BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (345); v. 7.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, 7 (9/10); Gehrlein, BB 2008, 846 (850). 150 So OLG Köln, 27.10.2011 – I – 18 U 34/11, ZIP 2011, 2208 ff. 151 K. Schmidt, ZIP 2010, Beilage 2 zu Heft 39, S. 22. 152 BGH v. 13.7.1992 – II ZR 251/91, BGHZ 119, 191 (195). 153 Vgl. Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.24; K. Schmidt, GmbHR 2009, 1009 (1019). 154 Vgl. Gehrlein, BB 2011, 3 (6). 155 BGH v. 21.3.1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33 (43); v. 26.6.2006 – II ZR 133/05, ZIP 2006, 2272 f.; Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.25. Schäfer

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H Rz. 62

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

H 62 Nach den Neuregelungen muss sich der Zessionar im Grundsatz den Nachrang unabhängig von einer Finanzierungsentscheidung entgegenhalten lassen.156 Erwirbt der Zessionar die Darlehensforderung des Gesellschafters früher als ein Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages und erlangt er innerhalb der Jahresfrist Befriedigung auf diese Forderung, so soll diese der Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO unterliegen; auf eine „Verstrickung“ der Forderung innerhalb der Jahresfrist soll es nicht ankommen.157 Es versteht sich indes nicht von selbst, dass ein außenstehender Zessionar, der die Forderung des Gesellschafters zu einem Zeitpunkt erworben hat, zu dem selbst der Gesellschafter die Leistung der Gesellschaft noch anfechtungsfest hätte entgegennehmen können, der Anfechtung ausgesetzt ist, wenn er innerhalb des letzten Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrages befriedigt wurde. Dies gilt jedenfalls für jene Auffassung, welche den Rechtsgrund der Neuregelungen nur noch im Prinzip der Haftungsbeschränkung sieht, dessen missbräuchlicher Ausnutzung begegnet werden solle.158 Es dürfte vielmehr einer zusätzlichen Begründung dafür bedürfen, dass die Beschränkungen nach den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 Abs. 1 InsO dem Gesellschafterdarlehen als bleibendes Merkmal von vornherein anhaften, wann und wo immer die Gesellschafterposition und die Gläubigerposition zusammentreffen, und dass eine spätere Trennung daran nichts mehr ändern könne.159 Sieht man den Rechtsgrund der Neuregelungen auch weiterhin in der Schaffung einer Risikolage für den Rechtsverkehr durch die Gewährung von Fremdkapital, so lässt sich aber möglicherweise auch die Einbeziehung eines solchen Zessionars noch rechtfertigen.160

H 63 Von der Nachrangigkeit der Forderung ist schließlich auch dann auszugehen, wenn der Gesellschafter seine Mitgliedschaft auf einen Dritten überträgt und seine Stellung als Darlehensgeber behält.161 Für den Fall, dass eine „verstrickte“ Forderung an einen Dritten abgetreten wird, wird allerdings im Schrifttum erwogen, dies als Befriedigung im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anzusehen, so dass der Zessionar eine gewöhnliche Insolvenzforderung erwerben könnte.162

156 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2149). 157 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2149) – a.A. Altmeppen, NJW NJW 2008, 3601 (3604); HK-InsO/Kleindiek, § 39 Rz. 38. 158 So Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.13; Gehrlein, BB 2011, S. 3 (7). 159 Vgl. U. Huber, ZIP 2010, Beilage 2 zu Heft 39, S. 8/9. 160 Dies erwägt auch K. Schmidt, ZIP 2010, Beilage 2 zu Heft 39, S. 23. 161 Ebenso wohl Haas, ZInsO 2007, 617 (619); vgl. zum alten Recht BGH v. 8.11.2004 – II ZR 300/02, WM 2005, 78 ff. – a.A. Gehrlein, BB 2008, 846 (850): Nachrang nur bei Veräußerung innerhalb der Jahresfrist; ebenso nunmehr BGH v. 15.11.2011 – II ZR 6/11 (Juris). 162 Vgl. Habersack, ZIP 2007, 2145 (2149); Hirte, WM 2008, 1429 (1431).

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II. Allgemeines zur Rechtslage nach „MoMiG“

Rz. 65 H

Im Schrifttum wurde auch bereits eine Lösung des vom Bundesgerichtshof durch Urteil vom 28.9.1981163 entschiedenen Falles skizziert. Dessen Leitsatz lautet wie folgt: „Erbringt eine GmbH auf Veranlassung ihres Gesellschafters in Erfüllung einer diesem gegenüber bestehenden, aber gemäß § 30 GmbHG einredebehafteten Darlehensforderung dem minderjährigen Sohn des Gesellschafters eine Leistung, so ist der Sohn in entsprechender Anwendung der §§ 89 Abs. 3, 115 Abs. 2 AktG, 31 Abs. 1 GmbHG zur Rückgewähr zumindest dann verpflichtet, wenn er oder sein gesetzlicher Vertreter den Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot gekannt hat oder hätte kennen müssen“. Erwogen wird insoweit die analoge Anwendung des § 145 Abs. 2 InsO über die Anfechtung gegenüber einem Einzelrechtsnachfolger. Hätte der Gesellschafter die unter Anfechtungsbedingungen zurückgeflossene Liquidität an den Empfänger weitergereicht, so wäre dies ein Anwendungsfall dieser Bestimmung. Es könne aber nichts anderes gelten, wenn direkt an den Dritten gezahlt worden sei.164

H 64

d) Kleinbeteiligungs- und Sanierungsprivileg Gemäß § 135 Abs. 4 Satz 1 InsO gilt die Neuregelung der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO für Gesellschaften, bei denen keine natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter fungiert.165 Ausgenommen sind nach § 39 Abs. 5 InsO nicht geschäftsführende Gesellschafter, die mit zehn Prozent oder weniger am Haftkapital beteiligt sind („Kleinbeteiligungsprivileg“). Entscheidend ist dafür der Zeitpunkt der Darlehensgewährung. § 39 Abs. 5 InsO greift daher nicht ein, wenn nachträglich die Geschäftsführerstellung aufgegeben oder die Beteiligung verringert wird. Bei späterem Überschreiten der Schwelle fällt das Privileg weg.166 Es genügt daher, wenn der Gesellschafter in dem durch § 135 InsO festgelegten Zeitraum irgendwann mit mehr als zehn Prozent beteiligt war.167 Während nach dem früheren Recht der eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen die Beteiligungsquote zum Zeitpunkt der Krisenfinanzierung entscheidend war, ist nunmehr entscheidend, ob der kreditgewährende Gesellschafter innerhalb der relevanten Fristen die Schwelle von zehn Prozent überschritten hat.168 Auch der einflusslose Gesellschafter, der über keinerlei Stimmrecht verfügt, unterliegt den Regeln über Gesellschafterdarlehen, wenn er über eine hinreichende Kapitalbeteiligung verfügt.169 Bei gemeinsamer Darlehensgewährung von Gesellschaftern, die zu zehn Prozent oder weniger an der Gesellschaft beteiligt sind, sind die 163 164 165 166 167 168 169

BGH v. 28.9.1981 – II ZR 223/80, BGHZ 81, 365 ff. Vgl. K. Schmidt, ZIP 2010, Beilage 2 zu Heft 39, S. 23. K. Schmidt, ZIP 2006, 1925 (1928); Gehrlein, BB 2011, 3 (5). Uhlenbruck/Hirte, § 39 Rz. 73. Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 21. Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3604/3605). Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.32. Schäfer

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H Rz. 65

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

Beteiligungen zusammenzurechnen170 Eine im Einzelfall koordinierte Kreditvergabe steht wie ein entsprechendes koordiniertes Stehenlassen in der Krise einer Anwendung des Kleinbeteiligungsprivilegs entgegen.171

H 66 Das Kleinbeteiligungsprivileg ließ sich zwar unter der Geltung des früheren Eigenkapitalersatzrechts mit gutem Willen noch unter dem Gesichtspunkt eines relativen Desinteresses der betroffenen Gesellschafter am Schicksal ihrer Gesellschaft und einer hieran anknüpfenden Verneinung der Finanzierungsfolgenverantwortung rechtfertigen.172 Geht man davon aus, dass der Gesichtspunkt der Finanzierungs(folgen)verantwortung auch nach dem Inkrafttreten des „MoMiG“ nicht vollständig weggefallen ist, so erscheint die Beibehaltung des Kleinbeteiligungsprivilegs konsequent. Nimmt man jedoch an, dass der Gedanke der Finanzierungs(folgen)verantwortung mit den Neuregelungen vollständig aufgegeben worden sei und und diese nur noch auf das Privileg der Haftungsbeschränkung zurückzuführen seien, ist die Fortgeltung des Kleinbeteiligungsprivilegs unverständlich; sie ist indes als geltendes Recht gleichwohl zu respektieren.

H 67 In § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO ist das sogenannte „Sanierungsprivileg“ für den Fall geregelt, dass ein Gläubiger bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung der Gesellschaft Anteile zum Zweck ihrer Sanierung erwirbt. Es gilt nach herrschender Auffassung nicht für den Gesellschafter, der bereits zuvor mit mehr als zehn Prozent beteiligt war, sondern nur für jenen, der zuvor noch nicht Gesellschafter oder nur „Kleinbeteiligter“ war.173 Nach der Gegenauffassung ist die Vergünstigung nicht nur auf Kleinbeteiligte anzuwenden, sondern auf sämtliche Altgesellschafter zu erstrecken, die ihre bestehende Beteiligung im Zuge der Darlehensgewährung durch einen Anteilskauf aufstocken.174 In der Gesetzesbegründung ist allerdings festgehalten, dass das Sanierungsprivileg auch zukünftig für Personen gelte, die vor dem Anteilserwerb aus dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO herausgefallen seien, also weder Gesellschafter noch gleichgestellte Personen gewesen oder vor dem Hinzuerwerb weiterer Anteile dem Kleinbeteiligtenprivileg nach § 39 Abs. 5 InsO unterfallen seien.175 Das Privileg gilt nach dem Wortlaut des § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO nur bis zur nachhaltigen Sanierung. Lässt daher der Gesellschafter sein Darlehen über diesen Zeitpunkt hinaus stehen

170 Uhlenbruck/Hirte, § 39 Rz. 73; offenlassend BGH v. 9.5.2005 – II ZR 66/03, ZIP 2005, 1316 (1317). 171 BGH v. 19.3.2007 – II ZR 106/06, ZIP 2007, 1407. 172 Vgl. Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Kap. 6 Rz. 58. 173 Scholz/K. Schmidt, 10. Aufl., §§ 32a, b GmbHG Rz. 214; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, 19. Aufl., Anh. § 30 Rz. 74; Lutter/Hommelhoff, 16. Aufl., §§ 32a, b GmbHG Rz. 39. 174 Gehrlein, BB 2008, 846 (851); Haas, ZInsO 2007, 617 (624/625); Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3605). 175 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 57.

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III. Einzelheiten

und wird die Gesellschaft insolvent, so unterfällt das Darlehen den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO.

III. Einzelheiten 1. Anfechtbare Rechtshandlungen nach § 135 Abs. 1 InsO Als anfechtbare Rechtshandlungen kommen auch im Rahmen des § 135 InsO im Grundsatz alle Rechtshandlungen im Sinne des § 129 InsO in Betracht.176 Der Begriff der „Rechtshandlung“ ist auch im Rahmen des § 135 InsO im weitesten Sinne zu verstehen. Er umfasst jedes (selbstbestimmte) Handeln, das eine rechtliche Wirkung auslöst und das Vermögen des Schuldners zum Nachteil der Insolvenzgläubiger verändern kann.177 Wegen der Einzelheiten ist auf die Ausführungen zu § 129 InsO zu verweisen. Anfechtbar sind nach § 135 Abs. 1 Nr 1 und Nr. 2 Rechtshandlungen, mit denen dem Gesellschafter innerhalb der dort genannten Zeiträume eine Sicherung oder Befriedigung für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung gewährt wurde.

H 68

Die Rechtshandlung muss nicht vom Schuldner vorgenommen worden sein. Rechtshandlungen Dritter können ebenfalls von § 135 InsO erfasst sein, auch wenn sie in den §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO nicht ausdrücklich erwähnt werden. Denn nach der Gesetzesbegründung sollte der Anwendungsbereich des § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbHG auch in personeller Hinsicht übernommen werden.178 Es kommen daher auch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen als anfechtbare Rechtshandlungen in Betracht (vgl. § 141 InsO).

H 69

a) Anfechtbare Sicherung (§ 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO) § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasst Sicherungen, die einem Gesellschafter in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag für eine Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gewährt wurde. Der Begriff der „Sicherung“ ist ebenfalls weit zu verstehen. Er umfasst jede Rechtsposition, die den Anfechtungsgegner besser stellt als einen „normalen“ Insolvenzgläubiger, ihm also insbesondere ein Absonderungsrecht nach den §§ 49 bis 51 InsO gewährt,179 wie etwa (Grund-)Pfandrechte, fiduziarische Sicherungsrechte (etwa Sicherungsübereignung, Sicherungszession), Zwangshypotheken und Pfändungspfandrechte.180 Dazu gehören auch Sicherungs176 177 178 179 180

Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 3. BGH v. 5.2.2004 – IX ZR 473/00, ZIP 2004, 917 ff. Rz. 11. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56. Vgl. Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 10; Graf-Schlicker/Huber, § 135 Rz. 10. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 16. Schäfer

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H 70

H Rz. 70

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

rechte für einen Regressanspruch des Gesellschafters, der einen von ihm besicherten Darlehensgeber der Gesellschaft befriedigt hat oder befriedigen muss.181

H 71 Hinsichtlich des Anfechtungszeitraums von zehn Jahren ist zu beachten, dass die Rechtshandlung der Sicherheitengewährung erst in dem Zeitpunkt vorgenommen ist, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten (§ 140 Abs. 1 InsO).182 Bei der Verpfändung künftiger Forderungen ist dies erst mit dem Entstehen der Forderung der Fall.183

H 72 Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die praktische Be-

deutung dieses Anfechtungstatbestandes gering ist.184 Bei akzessorischen Sicherheiten muss der Insolvenzverwalter nicht anfechten, vielmehr kann er dem Sicherungsnehmer entgegenhalten, dass er nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO die Forderung nur als nachrangige geltend machen und deshalb nicht auf die Sicherheit zugreifen kann. Aber auch bei nichtakzessorischen Sicherheiten kann der Insolvenzverwalter aufgrund der Sicherungsabrede wegen der Nachrangigkeit der Forderung in der Regel die Freigabe der Sicherheit fordern.185 b) Anfechtbare Befriedigung (§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO)

H 73 Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO sind Rechtshandlungen anfechtbar, mit denen im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages Befriedigung auf eine Forderung im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gewährt wurde. Dazu zählen sämtliche Erfüllungssurrogate wie die Leistung an Erfüllungs Statt oder erfüllungshalber, die Hinterlegung, Aufrechnung oder Verrechnung, wobei es in den zuletzt genannten Fällen gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht der Anfechtung bedarf.186 Erfasst sind darüber hinaus aber auch die Befriedigung durch Zwangsvollstreckung und die Befriedigung aus einer von der Gesellschaft gestellten, nicht insolvenzfesten Sicherheit.187 Die Anfechtbarkeit ist nicht auf die Befriedigung der Hauptforderung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Tilgung von Nebenforderungen, insbesondere auf Zinszahlungen, die auf die Hauptforderung geleistet wurden.188

181 BGH v. 27.11.1989 – II ZR 310/88, ZIP 1990, 95 ff.; Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 10. 182 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, ZIP 2010, 335 ff. Rz. 30 f. 183 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808 ff. 184 Vgl. Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 10; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 11. 185 Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 10; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 11. 186 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 11. 187 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 135 Rz. 76; Preuß in Kübler/Prütting/ Bork, § 135 Rz. 17. 188 BGH v. 27.9.1976 – II ZR 162/75, BGHZ 67, 171, 179.

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III. Einzelheiten

Rz. 77 H

§ 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO konkurriert im Falle der Befriedigung aus einer von der Gesellschaft gestellten Sicherheit mit dem Wertersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Rückgewähr der nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbaren Sicherheit, der nicht durch die Jahresfrist der Nr. 2 begrenzt ist und höher sein kann als der Anspruch auf Rückgewähr der Befriedigung, wenn das Sicherungsgut unter Wert verwertet wurde.189

H 74

Auch die Aufhebung einer „harten“ Patronatserklärung stellt eine anfechtbare Befriedigung im Sinne des § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar.190 Eine anfechtbare Befriedigung erlangt der Gesellschafter ferner in dem Fall, dass das Darlehen auf seine Anweisung einem Dritten zurückgezahlt wird. Daneben kommt eine Anfechtung der Darlehensrückzahlung gegenüber dem Dritten nach den §§ 130, 131 und 133 InsO in Betracht.191 § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist darüber hinaus anwendbar, wenn die Gesellschaft eine Sicherung abgelöst hat, die sie für einen Kredit des Gesellschafters gestellt hatte, sofern sie auf den Rückgriffsanspruch gegen den Gesellschafter verzichtet hat.192

H 75

Stand dem Gesellschafter zum Zeitpunkt der Befriedigung eine anfechtungsfest begründete Sicherheit zu, die früher als zehn Jahre vor der Stellung des Insolvenzantrages bestellt wurde, so werden die Gläubiger durch die Befriedung des Darlehensrückzahlungsanspruchs nicht benachteiligt.193

H 76

2. Anfechtbarkeit der Befriedigung eines gesellschafterbesicherten Drittdarlehens (§ 135 Abs. 2 InsO) a) Früheres Recht Schon nach § 32a Abs. 2 GmbHG konnte ein Dritter, welcher der kreditunwürdigen Gesellschaft ein Darlehen unter Besicherung durch den Gesellschafter gewährt hatte, im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft nur für den Betrag verhältnismäßige Befriedigung verlangen, mit dem er bei der Inanspruchnahme der Sicherung oder des Bürgen ausgefallen war. Beide Formen der Fremdfinanzierung – Hingabe eines Darlehens oder Stellung einer Sicherheit für ein von der Gesellschaft aufgenommenes Fremddarlehen – wurden zu Recht unter dem Blickwinkel der Erhaltung der Lebensfähigkeit der Gesellschaft als wirtschaftlich austauschbar angesehen. Für die Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der Gesellschaftsgläubiger machte es im Ergebnis keinen Unter189 Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 11. 190 Vgl. OLG München v. 22.7.2004 – 19 U 1867/04, ZIP 2004, 2102 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 11. 191 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 12. 192 Jaeger/Henckel, § 135 Rz. 11. 193 Vgl. BGH v. 19.3.2009 – IX ZR 39/08, ZIP 2009, 817 f.; v. 17.6.2004 – IX ZR 124/03, ZIP 2004, 1509 (1511). Schäfer

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H Rz. 77

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

schied, ob die Gesellschaft das ihr anstelle von Eigenkapital gewährte Darlehen an den Gesellschafter oder aber an einen außenstehenden Dritten zurückzahlte und damit zugleich den Gesellschafter von seiner Haftung mit der von ihm für dieses Darlehen gestellten Sicherheit befreite.194

H 78 Hatte die Gesellschaft das Darlehen im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages zurückgezahlt, so hatte der Gesellschafter der Gesellschaft den zurückgezahlten Betrag gemäß § 32b GmbHG zu erstatten bzw. der Gesellschaft den Sicherungsgegenstand zum Zwecke der Befriedigung zur Verfügung zu stellen. Dabei wurde § 32b GmbHG trotz seiner systematischen Stellung im Gesellschaftsrecht schon immer der Sache nach als Anfechtungstatbestand angesehen.195 Diese Rechtsgrundsätze des früheren Eigenkapitalersatzrechts werden im Wesentlichen durch die §§ 44a, 135 Abs. 2 InsO fortgeführt. b) Grundsätze der Neuregelung in den §§ 44a, 135 Abs. 2 InsO

H 79 Nach § 44a InsO muss sich der durch eine Sicherheit des Gesellschafters gesicherte Gläubiger im Insolvenzverfahren vorrangig aus der Gesellschaftersicherheit befriedigen, denn die Besicherung durch den Gesellschafter stellt ebenfalls ein wirtschaftlich der Darlehensgewährung vergleichbares Verhalten dar.196 Das Gesellschaftsvermögen soll daher möglichst von vornherein vor dem Zugriff des Gläubigers verschont werden; die Gesellschaftersicherheit wird abwicklungstechnisch wie Vermögen der Gesellschaft behandelt.197 Der Gläubiger kann daher nur anteilsmäßige Befriedigung aus der Insolvenzmasse verlangen, soweit er bei der Inanspruchnahme der Sicherheit bzw. der Bürgschaft des Gesellschafters ausgefallen ist.

H 80 § 135 Abs. 2 InsO ergänzt § 44a InsO im Hinblick auf Tilgungsvorgänge im Vorfeld der Insolvenzeröffnung. Die Bestimmung führt die früher in § 32b GmbHG enthaltene Regelung fort, die trotz ihrer Stellung im Gesellschaftsrecht schon immer der Sache nach als Anfechtungstatbestand angesehen wurde.198 Wurde das vom Gesellschafter besicherte Drittdarlehen im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages zurückgezahlt und der sichernde Gesellschafter dadurch frei, so ist dieser Vorgang gemäß § 135 Abs. 2 InsO anfechtbar. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Anfechtung nicht etwa gegen den Gläubiger richtet, der Befriedigung für seine gesicherte Forderung erlangt hat, wofür der Wortlaut des § 135 Abs. 2 InsO für sich genommen sprechen könnte. § 135 Abs. 2 InsO wird vielmehr durch § 143 Abs. 3 InsO ergänzt. Danach hat der Gesellschafter, 194 195 196 197 198

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BGH v. 20.9.1993 – II ZR 151/92, BGHZ 123, 289 (292). K. Schmidt, ZIP 1999, 1821, 1822; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 15. Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 15. Vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 19. Vgl. K. Schmidt, ZIP 1999, 1821, 1822; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 15. Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 83 H

der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung bis zur Höhe des Wertes der von ihm bestellten Sicherheit zur Insolvenzmasse zu erstatten. Durch § 143 Abs. 3 Satz 3 InsO wird dem Gesellschafter eine Ersetzungsbefugnis eingeräumt.199 Danach wir er von seiner Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt. Als Gesellschaftersicherheiten kommen neben den in § 135 Abs. 2 InsO ausdrücklich genannten Bürgschaften sämtliche Personalsicherheiten, insbesondere Schuldbeitritte, Schuldversprechen und harte Patronatserklärungen, Mobiliar- und Immobiliarsicherheiten, insbesondere Sicherungseigentum, Kautionen und Grundpfandrechte, in Betracht.200

H 81

Auch im Rahmen des § 135 Abs. 2 InsO ist der Begriff der „Rechtshandlung“ weit zu verstehen. Er umfasst jede wirtschaftlich zu Lasten der Gesellschaft gehende Befriedigung des Kreditgebers.201 Die zur Befriedigung des Dritten führende Rechtshandlung muss nicht von der Gesellschaft vorgenommen worden sein. Erfasst sind daher auch die Aufrechnung bzw. Verrechnung, die zwangsweise Tilgung im Wege der Zwangsvollstreckung und im Fall der Doppelsicherung die vorrangige Verwertung der von der Gesellschaft gewährten Sicherheit durch den Dritten.202 Nach altem Recht war der Gesellschafter verpflichtet, die Gesellschaft von ihrer Rückzahlungspflicht bei deren Fälligkeit freizustellen, um eine Inanspruchnahme der Gesellschaftssicherheit zu vermeiden.203

H 82

Eine Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO scheidet jedoch aus, wenn der Dritte vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Sicherheit des Gesellschafters verzichtet hat. Anders als nach früherem Recht begründet ein solcher Verzicht auch keinen Erstattungsanspruch der Gesellschaft gegen den Gesellschafter, da darin kein einer Kapitalrückzahlung vergleichbarer Vorgang mehr zu sehen ist.204 Auch eine Anfechtung nach den Tatbeständen der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) scheidet dem Wortlaut nach mangels Sicherung bzw. Befriedigung des Gläubigers aus. § 133 Abs. 1 InsO ist in Ermangelung einer Rechtshandlung des Schuldners ebenfalls nicht anwendbar. Dies kann in Einzelfällen durchaus unangemessene Ergebnisse zur Folge haben.

H 83

199 200 201 202

Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 27. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 22. Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 17. Vgl. Graf-Schlicker/Huber, § 135 Rz. 28; BGH v. 19.11.1984 – II ZR 84/84, NJW 1985, 858 f. 203 BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108 f. 204 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 18. Schäfer

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H Rz. 84

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

c) Doppelsicherung durch Gesellschaft und Gesellschafter

H 84 Wurde der Gesellschafter im Fall einer Doppelsicherung durch ihn und die Gesellschaft vor der Insolvenzeröffnung teilweise oder ganz von der Haftung frei, so wird dies zweifellos von den §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO erfasst. Streitig ist jedoch, was gilt, wenn die Doppelsicherung noch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung fortbestanden hat und der Insovenzverwalter vor der Frage steht, welche Sicherheit er verwerten soll. Verwertet der Insolvenzverwalter vorrangig die Gesellschaftssicherheit, so greifen die §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO bei gesetzessystematischer Betrachtung nicht ein, denn nach der Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO erfasst die Anfechtung nur Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden. Nur für eng begrenzte und im vorliegenden Zusammenhang nicht einschlägige Fälle sieht § 147 InsO insoweit eine Ausnahme vor. Das Oberlandesgericht Hamm hat durch ein Urteil vom 29.12.2010205 über einen Fall entschieden, der die hiermit verbundenen Rechtsfragen und deren praktische Bedeutung verdeutlicht: Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 29.12.2010 – ZIP 2011, 343 ff.

H 85 Der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH hatte in einem nach dem Stichtag des 1.11.2008 eröffneten Insolvenzverfahren von der GmbH zur Sicherheit übereignete Kraftfahreuge zum Zwecke der Tilgung einer Verbindlichkeit gegenüber einer Sparkasse verwertet. Der Insolvenzverwalter hatte gegen einen Gesellschafter geklagt, der ebenfalls Sicherheiten gestellt hatte und durch die Verwertung der Gesellschaftssicherheiten freigeworden war.

H 86 Das Oberlandesgericht Hamm hat die Klage als unbegründet angesehen. Eine analoge Anwendung der Anfechtungsregeln der §§ 135 Abs. 2, 143 Abs. 3 InsO komme nicht in Betracht. Die Beschränkung des Anfechtungsrechts auf solche Rechtshandlungen, die vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen worden seien, sei ein Strukturmerkmal des Insolvenzrechts, dessen Abänderung auch im Falle etwaiger Schutzlücken dem Gesetzgeber vorbehalten sei.206

H 87 Die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm traf nicht zu, wie der Bun-

desgerichtshof nunmehr durch Urteil vom 1.12.2011207 entschieden hat. Danach ist der Gesellschafter in analoger Anwendung des § 143 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Erstattung des an den Gläubiger ausgekehrten Betrages zur Insolvenzmasse verpflichtet, wenn die am Gesellschaftsvermögen und am Vermögen eines Gesellschafters gesicherte Forderung eines Darlehensgläubigers nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das

205 OLG Hamm v. 29.12.2010 – 8 U 85/10, ZIP 2011, 343 ff.; – anders hingegen OLG Hamm v. 7.4.2011 – 27 U 94/10, ZIP 2011, 1226 ff. 206 OLG Hamm v. 29.12.2010 – 8 U 85/10, ZIP 2011, 343 ff. Rz. 36. 207 BGH v. 1.12.2011 – IX ZR 11/11.

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III. Einzelheiten

Rz. 89 H

Vermögen der Gesellschaft durch Verwertung der Gesellschaftssicherheit befriedigt wurde. Die herrschende Meinung im Schrifttum ging zu Recht davon aus, dass § 44a InsO den Gläubiger – und auch den Insolvenzverwalter – nicht dazu zwingt, vorrangig die Gesellschaftersicherheit in Anspruch zu nehmen. Denn der Drittgläubiger ist nicht Adressat der Bestimmungen über Gesellschafterdarlehen, und es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber an dem unter der Geltung des alten Rechts anerkannten Wahlrecht des Sicherungsnehmers etwas ändern wollte.208 § 44a InsO ist eine reine Verfahrensvorschrift, der keine materiellrechtliche Bedeutung zukommt. Nach herrschender Auffassung kann daher der Drittgläubiger seine Forderung in voller Höhe zur Tabelle anmelden (vgl. § 43 InsO). Seine Quote berechnet sich aus der ungekürzten Forderung; sie wird allerdings nur bis zur Höhe des nachgewiesenen Ausfalls ausgezahlt.209 Die Quote des Drittgläubigers ist somit nicht nur aus dem Ausfallbetrag zu berechnen.210 Den Neuregelungen nach dem „MoMiG“ ist auch weiterhin der klare Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, dass vorrangig der Sicherheit gewährende Gesellschafter in Anspruch genommen werden soll. Auch die Neuregelungen beruhen auf einem Restbestand des Gedankens der Finanzierungs(folgen)verantwortung. Dem Gesellschafter ist es nicht gestattet, das mit der Fremdfinanzierung geschaffene Risiko in der Insolvenz der Gesellschaft auf die Gesellschaftsgläubiger abzuwälzen.211 Nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers soll der Regress beim Gesellschafter nicht davon abhängen, ob die Verwertung der Gesellschaftssicherheit schon vor oder erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgte.212 Dies gebietet die analoge Anwendung des § 143 Abs. 3 InsO, ohne dass dieser Annahme rechtssystematische Gründe zwingend entgegenstünden.213

H 88

Selbst wenn aber die Vorausetzungen für eine analoge Anwendung des § 143 Abs. 3 InsO nicht gegeben gewesen wären, wäre zumindest eine Anfechtung nach den §§ 130 ff. InsO in Betracht gekommen. Der im Urteil des Oberlandesgerichts Hamm verklagte alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer war auch nach dem erkennbaren Willen des „MoMiG“-Ge-

H 89

208 Vgl. Altmeppen, ZIP 2011, 741 (742); Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 44a Rz. 13; Uhlenbruck/Hirte, § 44a Rz. 7; Graf-Schlicker/Neußner, § 44a Rz. 10; Spliedt, ZIP 2009, 149, 154/155; zum Aktienrecht Drygala in Kölner Kommentar, § 57 Rz. 186 – a.A. Gundlach/Frenzel/Strandmann, DZWIR 2010, 232 ff.; wohl auch K. Schmidt, BB 2008, 1966, 1970. 209 Altmeppen, ZIP 2011, 741 (743); Gehrlein, BB 2008, 846, 852; Scholz/K. Schmidt, 10. Aufl., Band III, Nachtrag zum MoMiG, §§ 32a/b a.F. Rz. 57; HambKomm-InsO/Lüdtke, § 44a Rz. 19. 210 So Hirte, ZInsO 2008, 689, 696. 211 Altmeppen, ZIP 2011, 741 (747); B. Schäfer, ZInsO 2010, 1311 ff. 212 Altmeppen, ZIP 2011, 741 (745). 213 Vgl. OLG Hamm v. 7.4.2011 – 27 U 94/10, ZIP 2011, 1226 ff.; Spliedt, ZIP 2009, 149, 154/155; Graf-Schlicker/Neußner, § 44a Rz. 10; Drygala in Kölner Kommentar zum Aktienrecht, § 57 Rz. 187. Schäfer

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§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

setzgebers verpflichtet, rechtzeitig vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dafür Sorge zu tragen, dass nicht die von der Gesellschaft gestellte Sicherheit, sondern vorrangig die von ihm gestellte Sicherheit in Anspruch genommen wurde.214 Die Erfüllung dieser Rechtspflicht zum Handeln ist dem Beklagten mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mit der Folge unmöglich geworden, dass eine vorrangige Inanspruchnahme der Gesellschaftersicherheit nicht mehr möglich ist. Dieses Unterlassen ist gemäß § 131 InsO und wohl auch nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar, da der alleinige Gesellschafter-Geschäftsführer die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft kennt.215

3. Nutzungsüberlassung durch Gesellschafter (§ 135 Abs. 3 InsO) a) Systematik und Grundsätze der Neuregelung

H 90 Ursprünglich hatte der Gesetzgeber des „MoMiG“ nicht beabsichtigt, die Rechte eines Gesellschafters, der seiner Gesellschaft einen Gegenstand zur Nutzung oder zur Ausübung überlassen hat, in der Insolvenz zu beschränken. In der Gesetzesbegründung ist dazu festgehalten, dass die Begründung für die Einbeziehung der Nutzungsüberlassung in die Eigenkapitalersatzregeln in den Neuregelungen keine Grundlage mehr finde, da diese nach ihrer Systematik durchgängig nicht mehr an einen eigenkapitalersetzenden Charakter der Leistung anknüpften und die Insolvenz selbstverständlich auch weiterhin keine Auswirkung auf die Eigentümerstellung des Gesellschafters hinsichtlich des überlassenen Gegenstandes habe. Eine ausdrückliche gesetzliche Klarstellung in dem etwa in § 3 Abs. 3 des österreichischen Eigenkapitalersatz-Gesetzes (EKEG) enthaltenen Sinne, dass im Falle einer Nutzungsüberlassung die „Kreditgewährung nur das Entgelt betreffen“, nicht aber in der Nutzungsüberlassung selbst liegen könne, erschien dem Gesetzgeber entbehrlich.216 Damit dürfte feststehen, dass einerseits die laufende Zahlung des Nutzungsentgelts in der Krise der Gesellschaft (schon unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO) nicht der Anfechtung unterliegt,217 dass andererseits aber das Stehenlassen von Ansprüchen auf Nutzungsentgelt bis in das eröffnete Insolvenzverfahren hinein unter dem Gesichtspunkt einer der Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechenden Rechtshandlung zur Subordination gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO führt.218 Es 214 Vgl. zum alten Recht BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, NJW 1992, 1166 f.; v. 26.1.2009 – II ZR 260/07 – „Gut Buschow“, BGHZ 179, 249 ff. Rz. 10 f. 215 Vgl. dazu noch Bork, Festschrift für Ganter (2010), S. 135 (150 f.); Regressanspruch des Insolvenzverwalters gegen den Gesellschafter analog § 426 Abs. 1 BGB. 216 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 16/6140, S. 56. 217 A.A. LG Kiel v. 25.3.2011 – 17 O 229/10, ZIP 2011, 968 f.; Marotzke, JZ 2010, 592 ff. 218 Vgl. K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732; Hirte, WM 2008, 1429, 1432; Bitter, ZIP 2010, 1 ff.; Koutsos, ZInsO 2011, 1626, 1629/1630.

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III. Einzelheiten

Rz. 92 H

kommt allerdings auch bei pünktlicher Entgeltzahlung durch die Gesellschaft eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO in Betracht, wenn in der gleichen Zeit andere Gläubiger nicht pünktlich bedient wurden. Erst aufgrund der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages wurde § 135 Abs. 3 InsO in das Gesetz eingefügt.219 Danach kann der Aussonderungsanspruch eines Gesellschafters, welcher der insolventen Gesellschaft einen Gegenstand zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassen hat, während der Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Verfahrenseröffnung nicht geltend gemacht werden, wenn der Gegenstand für die Fortführung des Unternehmens der Gesellschaft von erheblicher Bedeutung ist. Für den Gebrauch oder die Ausübung des Gegenstandes gebührt dem Gesellschafter ein Ausgleich. Bei der Berechnung dieses Ausgleichs ist der Durchschnitt der im letzten Jahr vor der Verfahrenseröffnung geleisteten Vergütung in Ansatz zu bringen; bei kürzerer Dauer der Überlassung ist der Durchschnitt während dieses Zeitraums maßgebend. Der Ausgleichsanspruch des Gesellschafters ist als Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 InsO zu begleichen.220 Da § 135 Abs. 3 InsO zu einer endgültigen Engeltminderung führt, ist der Gesellschafter gehindert, das vereinbarte Entgelt, soweit es die nur noch geschuldete Durchschnittsvergütung übersteigt, als nachrangige Forderung anzumelden.221

H 91

Nach der Gesetzesbegründung zu § 135 Abs. 3 InsO ist infolge des Wegfalls des Merkmals „eigenkapitalersetzend“ als Anknüpfungspunkt für die Regelungen zu Gesellschafterdarlehen und gleichgestellten Forderungen die dogmatische Grundlage der bisherigen Rechtsprechung zur eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung entfallen; es bestehe die Gefahr, dass dem Unternehmen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die für eine Betriebsfortführung notwendigen Gegenstände, nämlich bewegliche und unbewegliche Sachen sowie Rechte, nicht mehr zur Verfügung stünden. Es würde aber nach Ansicht des Gesetzgebers der Zweckbestimmung des Insolvenzverfahrens sowie der Treuepflicht der Gesellschafter widersprechen, wenn zum Gebrauch oder zur Ausübung überlassene Gegenstände nach der Insolvenzeröffnung jederzeit zurückverlangt werden könnten, obwohl diese zur Betriebsfortführung von erheblicher Bedeutung seien (ähnlich § 26a der österreichischen KO). Selbst wenn der Gesellschafter keinen wesentlichen Beitrag zur Sanierung der Gesellschaft leisten wolle, ergebe sich aus seiner gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht, dass er alles zu unterlassen habe, was die Interessen der Gesellschaft nachhaltig schädige. Der Gesellschafter solle dieselbe Vergütung erhalten, die ihm bis zur Verfahrenseröffnung zugeflossen sei;

H 92

219 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 220 BT-Drucksache 16/9737, S. 59; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 27. 221 Gehrlein, BB 2011, 3 (9); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 329. Schäfer

443

H Rz. 92

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

ihm solle hingegen kein darüber hinausgehendes Sonderopfer abverlangt werden.222 aa) Verhältnis zu den §§ 103 ff. InsO

H 93 Zur Frage des Verhältnisses des § 135 Abs. 3 InsO zu den §§ 103 ff. InsO gibt die Gesetzesbegründung keine Hinweise. Sofern der Gesellschafter der Gesellschaft vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Grundstück überlassen hat, besteht das Miet- bzw. Pachtverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 InsO auch mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Der Insolvenzverwalter kann daher nicht nach § 103 InsO die Erfüllung verweigern, sondern nur gemäß § 109 Abs. 1 Satz 1 InsO das Vertragsverhältnis – ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer – unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen. Es ist jedoch streitig, ob der Insolvenzverwalter gezwungen ist, das vertragliche Nutzungsverhältnis zu beenden, um sich auf § 135 Abs. 3 InsO berufen zu können. Besteht das Nutzungsverhältnis im Insolvenzverfahren fort, ist § 135 Abs. 3 InsO bei gesetzessystematischer Betrachtung nicht anwendbar, weil es dann an einem Aussonderungsrecht fehlt. Bei dieser Betrachtung regelt die Bestimmung nicht die Konditionen eines fortgeltenden Nutzungsverhältnisses, sondern die Konditionen der Nutzung im Nicht-Fortsetzungsfall.223 Nach anderer Auffassung ist § 135 Abs. 3 InsO ungeachtet des Tatbestandsmerkmals „Aussonderungsrecht“ als Modifikation der §§ 103 ff. InsO zu begreifen, die es dem Insolvenzverwalter erlaubt, den Vertrag zu den dort genannten Konditionen fortzusetzen.224 Nach dem Gesetzeszweck wird man dem Insolvenzverwalter auch im Fall der Fortsetzung des Mietverhältnisses das Recht geben müssen, sich auf die für die Masse günstige Regelung des § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO zu berufen, denn sonst wäre er unter Umständen zur Erfüllungsablehnung gezwungen, ohne zu wissen, ob die Jahresfrist des § 135 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Sanierung des Unternehmens ausreichen wird.225 Dies dürfte der Gesetzgeber kaum gewollt haben. Die Formulierung in der Gesetzesbegründung,226 dürfte eine solche Auslegung zulassen. Mit dieser Auffassung wird zugleich vermieden, dass der Insolvenzverwalter noch im Insolvenzverfahren überhöhte Entgelte zu entrichten hat, weil das weitere Schicksal des schuldnerischen Betriebs noch nicht abzusehen war und es versäumt wurde, das Nutzungsverhältnis zu kündigen. Nach Ablauf eines Jahres hat der Insolvenzverwalter dann allerdings wieder das vertraglich vereinbarte Nutzungsentgelt zu entrichten.227 222 BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 223 So K. Schmidt, DB 2008, 1727, 1732. 224 Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 329; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 35. 225 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 51. 226 Vgl. Bericht und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 16/9737, S. 59. 227 Vgl. dazu noch Bitter, ZIP 2010, 1 (15).

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 97 H

Betrifft das Nutzungsverhältnis bewegliche Sachen oder Rechte, so gilt § 103 InsO. Wählt der Verwalter daher die Erfüllung, so können die Ansprüche aus dem Nutzungsverhältnis gegenüber der Masse geltend gemacht werden. Lehnt der Insolvenzverwalter die Erfüllung ab, so kann der Gesellschafter einen etwaigen Schadensersatzanspruch nach § 103 Abs. 2 Satz 1 InsO nur als Insolvenzforderung geltend machen.

H 94

Der Insolvenzverwalter kann somit jedenfalls das fortbestehende Nutzungsverhältnis über eine unbewegliche Sache kündigen, wenn er die für die Masse günstigere Rechtsfolge eines nach § 135 Abs. 3 Satz 2 InsO reduzierten Nutzungsentgelts wahrnehmen will. Auch bei Nutzungsverhältnissen über bewegliche Sachen kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnen und auf die Rechte aus § 135 Abs. 3 InsO zurückgreifen. In diesen Fällen tritt ein gesetzliches Schuldverhältnis an die Stelle des Vertrages.228 Dabei zwingt das Gesetz den Insolvenzverwalter nicht, die auf ein Jahr begrenzte Nutzungsdauer auszuschöpfen oder sich auch nur bei der Ausübung des Optionsrechts auf eine bestimmte Nutzungsdauer festzulegen. Er wird jedoch das Nutzungsverhältnis nicht aus heiterem Himmel beenden können; in § 135 Abs. 3 InsO ist dies freilich nicht geregelt.229

H 95

bb) Bemessung des Ausgleichs Im Schrifttum230 wird zu Recht auf eine weitere Ungereimtheit des § 135 Abs. 3 InsO hingewiesen: Da das Gesetz als zeitlichen Anknüpfungspunkt die Verfahrenseröffnung gewählt hat, erscheint es nach dem Wortlaut als möglich, durch Nichtzahlung der Vergütung während des Eröffnungsverfahrens den später kraft Gesetzes geschuldeten Ausgleich zu reduzieren. Da dies wohl kaum dem Willen des Gesetzgebers entsprechen kann, wird vorgeschlagen, für die Berechnung des Ausgleichs nicht auf den Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung, sondern jenen der Antragstellung abzustellen.231

H 96

Es erscheint jedoch als fraglich, ob eine solche Verschiebung des nach dem Gesetz maßgeblichen Zeitpunkts in Betracht kommt.232 Sie dürfte nicht geboten sein, da nach Sinn und Zweck des Gesetzes auf die geschuldete Vergütung abzustellen ist. Die Vergütung bleibt im Grundsatz auch dann geschuldet, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter die Zahlungen im Eröffnungsverfahren eigenmächtig oder aufgrund einer gerichtlichen

H 97

228 229 230 231

Vgl. Gehrlein, BB 2011, 3, 11; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1733). K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1733). Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 23. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 23; Spliedt, ZIP 2009, 149 (157); Dahl/ Schmitz, NZG 2009, 325 (330); Gehrlein, BB 2011, 3 (9). 232 Ablehnend HK-InsO/Kleindiek, § 135 Rz. 32; zweifelnd auch Bitter, ZIP 2010, 1 (12). Schäfer

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H Rz. 97

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

Anordnung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 InsO einstellt.233 In der Gesetzesbegründung ist allerdings davon die Rede, dass der Gesellschafter dieselbe Vergütung erhalten solle, die ihm bis zur Verfahrenseröffnung tatsächlich zugeflossen sei.234 Sei etwa für eine Gebrauchsüberlassung eine bestimmte Vergütung vereinbart gewesen, diese jedoch nicht entrichtet worden, so bestimme sich die Höhe des Ausgleichs nach dem im letzten Jahr vor der Verfahrenseröffnung tatsächlich vom Schuldner Geleisteten. Auch nach der hier vertretenen Auffassung hat der Gesellschafter den überlassenen Gegenstand der Gesellschaft weiterhin unentgeltlich zu belassen, wenn er die vertraglich geschuldete Vergütung vor der Insolvenzeröffnung tatsächlich nicht verlangt hat.235 Dies folgt indes schon daraus, dass das Stehenlassen der Vergütung anfechtbar ist und die anfechtbare Vergütung nicht zur geschuldeten Vergütung zu rechnen ist.

H 98 Auch wegen eines vermeintlichen Widerspruchs in dem Sinne, dass vor der Insolvenzeröffnung gezahlte Nutzungsentgelte grundsätzlich der Anfechtung durch den Insolvenzverwalter unterliegen, dieser aber nach der Eröffnung für die Nutzung ein Entgelt zu entrichten hat,236 bedarf es nicht der Korrektur des Gesetzes.237 Insoweit ist vielmehr an die Rechtsprechung des BGH zum Verhältnis des § 114 Abs. 3 InsO zum Anfechtungsrecht zu erinnern. Danach erlauben die Regelungen in § 114 Abs. 3 InsO nicht den Gegenschluss, dass andere Regelungen, welche die Zeit vor der Verfahrenseröffnung beträfen, nicht anwendbar seien.238 cc) Anfechtbare Entgeltteile

H 99 Höchstrichterlich noch nicht geklärt ist ferner die Frage, ob bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Gesellschafters auch solche Nutzungsentgelte zu berücksichtigen sind, die in anfechtbarer Weise geleistet wurden. Die herrschende Meinung im Schrifttum geht zu Recht davon aus, dass anfechtbar geleistete Nutzungsentgelte bei der Bemessung des Ausgleichs nicht zu berücksichtigen sind.239 Eine Anfechtung nach den Tatbeständen der besonderen Insolvenzanfechtung (§§ 130 bis 132 InsO) scheidet zwar nach herrschender Auffassung unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts gemäß § 142 InsO aus, wenn das Entgelt für die Nut-

233 Vgl. dazu Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325 (330) und BGH v. 3.12.2009 – IX ZR 7/09, BGHZ 183, 269 ff. zu § 169 Satz 2 InsO. 234 Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 235 Vgl. Hirte, ZInsO 2008, 689, 693. 236 Vgl. K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1734); Gehrlein, BB 2011, 3 (9); Wälzholz, GmbHR 2008, 841 (848). 237 Vgl. Bitter, ZIP 2010, 1 (12). 238 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, ZIP 2008, 1488 ff. 239 Marotzke, ZInsO 2008, 1281 (1287); Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 330; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 135 Rz. 40.

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Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 101 H

zungsüberlassung vertragsgemäß bei Fälligkeit bezahlt wurde.240 Verspätete Zahlungen unterliegen hingegen der Anfechtung, da das Stehenlassen der Vergütungsforderung einer Kreditierung gleichkommt und jegliche Kreditgewährung nach dem Normzweck des § 142 InsO die Annahme eines Bargeschäfts ausschließt.241 Aber auch bei fristgerechter Zahlung des Nutzungsentgelts kommt der Anfechtung eine erhebliche praktische Bedeutung zu. Denn die weiterhin pünktliche Zahlung des Nutzungsentgelts trotz bestehender bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit kann ein Indiz für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Gesellschaft im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO sein, der zumindest einem Gesellschafter-Geschäftsführer häufig auch bekannt sein dürfte.242 Nach § 142 InsO scheidet die Annahme eines Bargeschäfts aus, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO gegeben sind.

H 100

b) Vorrang von Grundpfandrechten Dritter und Gesellschafterinsolvenz Ist das vom Gesellschafter zur Nutzung überlassenes Grundstück mit Grundpfandrechten belastet, endet das Recht der Gesellschaft zur Nutzung des Grundstücks gemäß § 135 Abs. 3 InsO in entsprechender Anwendung der §§ 146 ff. (148, 152 Abs. 2) ZVG, 1123, 1124 Abs. 2 BGB mit dem Wirksamwerden des im Wege der Zwangsverwaltung erlassenen Beschlagnahmebeschlusses, ohne dass es eines weiteren Tätigwerdens des Zwangsverwalters bedarf.243 Entsprechendes gilt, wenn über das Vermögen des Gesellschafters das Insolvenzverfahren eröffnet wird.244 Die Gesellschaft kann daher das Grundstück nur noch in den Grenzen des § 1124 Abs. 2 BGB unentgeltlich nutzen. Danach muss sie die Miete bzw. Pacht an den Zwangsverwalter bezahlen, wenn sie das Grundstück weiter nutzen will.245 Da aber der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft weiterhin zur Gebrauchsüberlassung verpflichtet ist, muss er dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft die Differenz zwischen der Vergütung nach § 135 Abs. 3 InsO und der zu zahlenden Miete bzw. Pacht erstatten.246

240 Vgl. Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 48; Gehrlein, BB 2011, 3 (9) – a.A. Haas, ZInsO 2007, 617 (624). 241 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15; BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 ff. Rz. 33; v. 18.7.2002 – IX ZR 480/00, ZIP 2002, 1540 ff. 242 Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325 (330). 243 BGH v. 7.12.1998 – II ZR 382/96, BGHZ 140, 147 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 22. 244 BGH v. 28.4.2008 – II ZR 207/06, ZIP 2008, 1176 ff. 245 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 22. 246 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 22 – a.A. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 331; vgl. zum alten Recht BGH v. 31.1.2005 – II ZR 240/02, ZIP 2005, 484 ff. Schäfer

447

H 101

H Rz. 102

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

c) Beendigung des Nutzungsverhältnisses vor der Insolvenzeröffnung

H 102 In § 135 Abs. 3 InsO ist nur geregelt, dass der Aussonderungsanspruch des Gesellschafters, der einen Gegenstand zur Nutzung überlassen hat, während der Dauer des Insolvenzverfahrens höchstens ein Jahr lang nicht geltend gemacht werden kann, wenn der Gegenstand für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist. Es drängt sich daher die Frage auf, ob der Aussonderungsanspruch vor der Insolvenzeröffnung keinerlei rechtlichen Beschränkungen unterliegt. Dies ist von erheblicher praktischer Bedeutung, etwa wenn die Gesellschaft und der Gesellschafter das Nutzungsverhältnis im Vorfeld der Insolvenzeröffnung einvernehmlich beendet haben oder der Gesellschafter das Nutzungsverhältnis im Zustand der materiellen Insolvenz der Gesellschaft gekündigt hat.

H 103 Diese Frage ist im Schrifttum streitig. Teilweise wird die Anfechtbarkeit nach den §§ 130, 131 InsO erwogen, wenn das Nutzungsverhältnis in den dort genannten kritischen Anfechtungszeiträumen beendet wurde.247 Zum Teil wird dies im insolvenzrechtlichen Schrifttum bereits bejaht,248 wobei jedoch vereinzelt auf die (angeblich) praktisch geringe Bedeutung einer solchen Anfechtung hingewiesen wird.249 Ist die Kündigung des Gesellschafters nach den „übrigen“ Anfechtungstatbeständen anfechtbar, entfällt das Aussonderungsrecht.250 Nach einer weiteren Auffassung ergibt sich die Anfechtbarkeit aus § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO da die Rückgewähr des überlassenen Gegenstandes auch weiterhin der Rückgewähr eines Darlehens entspreche.251 Es wird ferner die Ansicht vertreten, dass die insolvenzbedingte Überlassungspflicht zwingender Inhalt eines Nutzungsvertrages sei, der ihm schon seit dem Abschluss anhafte.252 Schließlich gibt es noch die Auffassung, dass eine Anfechtung der Beendigung des Nutzungsverhältnisses bzw. der Herausgabe des Gegenstandes im Vorfeld der Insolvenzeröffnung nicht in Betracht komme.253

H 104 Richtig erscheint die Auffassung, die von der Anwendbarkeit der Anfechtungstatbestände ausgeht. Da § 135 Abs. 3 InsO der Sache nach keinen

247 K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1734). 248 Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 23; HambKomm-InsO/Schröder, § 135 Rz. 55; Marotzke, ZInsO 2008, 1281, 1285. 249 Vgl. Dahl/Schmitz, NZG 2009, 325, 330; Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 23. 250 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 49. 251 Marotzke, ZInsO 2008, 1281 (1285); Koutsos, ZInsO 2011, 1626 (1629); wohl auch Haas, ZInsO 2007, 617 (623). 252 Spliedt, ZIP 2009, 149 (159). 253 Vgl. Rühle, ZIP 2009, 1358 (1359 f.); Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.43 mit der Ausnahme, dass das Überlassungsverhältnis zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zwar bereits beendet, der überlassene Gegenstand jedoch noch nicht herausgegeben wurde.

448

Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 105 H

Anfechtungstatbestand darstellt,254 wird die Anwendbarkeit der §§ 130 ff. InsO nicht durch ein spezifisch anfechtungsrechtliches Konkurrenzverhältnis zu § 135 Abs. 3 InsO ausgeschlossen. Weder dem Gesetz noch den Gesetzesmotiven ist der Wille des Gesetzgebers zu entnehmen, dass § 135 Abs. 3 InsO die §§ 130 ff. InsO verdrängt. § 135 Abs. 3 InsO kann kein privilegierender Zweck in dem Sinne entnommen werden, dass eine Rechtshandlung, die an sich die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllt, dennoch nicht anfechtbar sein soll.255 Es dürfte sogar noch weitergehend zu erwägen sein, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft berechtigt ist, gegenüber einem Herausgabeverlangen des Gesellschafters im Vorfeld der Insolvenz den Einwand (nicht: Einrede) der (künftigen) Anfechtbarkeit zu erheben. Denn nach der Rechtsprechung entsteht der Anfechtungsanspruch zwar erst mit der Insolvenzeröffnung.256 Begründet ist der Anfechtungsanspruch jedoch schon mit dem Eintritt der Wirkung der anfechtbaren Rechtshandlung. Anders ist es nicht zu erklären, dass der Anfechtungsgegner auch für eine von ihm schon vor der Insolvenzeröffnung verursachte Unmöglichkeit der Rückgewähr des anfechtbar weggegebenen Gegenstandes haftet.257 Der Gesetzgeber hat dem Geschäftsführer der GmbH im Zustand der materiellen Insolvenz der Gesellschaft eine dem vorläufigen Insolvenzverwalter vergleichbare Sicherungsfunktion zugewiesen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist es Sinn und Zweck des Zahlungsverbots des § 64 GmbHG, die verteilungsfähige Vermögensmasse der insolvenzreifen Gesellschaft im Interesse der Gesamtheit ihrer Gläubiger zu erhalten und und eine zu ihrem Nachteil gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern.258 Der Gesellschafter würde zudem gegen die in der Gesetzesbegründung259 erwähnte Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft verstoßen, wenn er die Herausgabe des überlassenen Gegenstandes in der materiellen Insolvenz der Gesellschaft verlangte, obwohl diese die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes erfüllen würde und der Gegenstand im Sinne des § 135 Abs. 3 Satz 1 InsO für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist.260

254 Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.40; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732); Hueck/Fastrich in Baumbach/ Hueck, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 30 Rz. 80; Altmeppen, NJW 2008, 3601 (3607). 255 Vgl. dazu B. Schäfer, NZI 2010, 505 ff. 256 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 (44). 257 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 103. 258 BGH v. 25.1.2010 – II ZR 258/08, ZIP 2010, 470 ff.; v. 5.2.2007 – II ZR 51/06, ZIP 2007, 1501 ff. 259 Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 16/9737, S. 59. 260 Vgl. dazu B. Schäfer, NZI 2010, 505, 508. Schäfer

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H 105

H Rz. 106

§ 135 InsO – Gesellschafterdarlehen

4. Darlegungs- und Beweislast

H 106 Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hat der Insolvenzverwalter im Rahmen des § 135 Abs. 1 InsO das Vorliegen eines Gesellschafterdarlehens bzw. einer (wirtschaftlich) gleichgestellten Forderung sowie die darauf gewährte Sicherung oder Befriedigung innerhalb der kritischen Zeiträume darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Bei § 135 Abs. 2 InsO obliegt ihm der Nachweis, dass die Gesellschaft einem Dritten auf dessen Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens oder einer gleichgestellten Forderung, für die der Gesellschafter Sicherheit geleistet hatte, innerhalb des letzten Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach Befriedigung gewährt hat.

H 107 Nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO obliegt dem Insolvenzverwalter ferner der Nachweis der bei jeder Anfechtung erforderlichen objektiven Gläubigerbenachteiligung.261 Der Anfechtungsgegner trägt dagegen die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen des Sanierungs- bzw. Kleinbeteiligungsprivilegs gemäß §§ 39 Abs. 4 Satz 2, Abs. 5, 135 Abs. 4 InsO.

5. Konkurrenzen

H 108 Die Regelungen in § 135 Abs. 1 und 2 InsO können im Grundsatz unein-

geschränkt mit den übrigen Anfechtungstatbeständen konkurrieren,262 insbesondere also mit dem zehn Jahre zurückreichenden § 133 Abs. 1 InsO und mit dem zwei Jahre zurückreichenden § 133 Abs. 2 InsO.263 Letztere Bestimmung ist im Anwendungsbereich des § 135 InsO von besonderer Bedeutung, da nach § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO Gesellschafter, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind, als nahestehende Personen anzusehen sind. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach der Rechtsprechung des BGH auch Erfüllungsgeschäfte zu den entgeltlichen Verträgen im Sinne des § 31 Nr. 2 KO (vgl. jetzt § 133 Abs. 2 InsO) zu rechnen sind, wobei das Entgelt in der Befreiung von der Schuld zu sehen sein soll.264 Allerdings geht nach wohl herrschender Auffassung im Schrifttum § 135 InsO der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO vor, soweit einem Gesellschafter auf seine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO Befriedigung oder Sicherung gewährt wurde.265

H 109 Die Regelung über die Gebrauchsüberlassung in § 135 Abs. 3 InsO stellt nach herrschender Auffassung trotz ihrer systematischen Stellung im An261 262 263 264 265

450

BGH v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, ZIP 2000, 1061 (1063). Vgl. BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 82/02, ZInsO 2006, 371 ff. Rz. 29. Gehrlein, BB 2008, 846 (853). BGH v. 15.2.1990 – IX ZR 149/88, NJW 1990, 2687, 2688. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 813, 822 Rz. 22; Uhlenbruck/ Hirte, § 135 Rz. 6; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 29. Schäfer

III. Einzelheiten

Rz. 109 H

fechtungsrecht der Sache nach keinen Anfechtungstatbestand dar.266 Dies trifft zu, da es nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO zum Wesen der Anfechtungstatbestände gehört, dass durch eine vor der Insolvenzeröffnung vorgenommene Rechtshandlung das schuldnerische Vermögen geschmälert wurde. Eine solche Regelung enthält § 135 Abs. 3 InsO nicht. Die Anwendbarkeit der §§ 130 ff. InsO wird daher weder durch ein spezifisch anfechtungsrechtliches Konkurrenzverhältnis zu § 135 Abs. 3 InsO noch durch sonstige Gründe ausgeschlossen.267 Ein Umkehrschluss in dem Sinne, dass eine Anfechtung ausscheide, weil § 135 Abs. 3 InsO nur eine Beschränkung des Aussonderungsrechts des Gesellschafters für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung vorsehe, ist weder geboten noch angemessen. Es ist vielmehr an die Rechtsprechung des BGH zu § 114 Abs. 3 InsO zu erinnern, wonach diese Bestimmung die Anwendbarkeit des Anfechtungsrechts nicht ausschließt.268

266 Vgl. Habersack in Goette/Habersack, Das MoMiG in Wissenschaft und Praxis, Rz. 5.40; K. Schmidt, DB 2008, 1727 (1732); Uhlenbruck/Hirte, § 135 Rz. 21; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl., Anh. zu § 30 Rz. 80. 267 Vgl. dazu B. Schäfer, NZI 2010, 505 ff. 268 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, ZIP 2008, 1488 ff. Schäfer

451

I. § 136 InsO – Stille Gesellschaft § 136 Stille Gesellschaft (1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, durch die einem stillen Gesellschafter die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil an dem entstandenen Verlust ganz oder teilweise erlassen wird, wenn die zugrundeliegende Vereinbarung im letzten Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts oder nach diesem Antrag getroffen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn im Zusammenhang mit der Vereinbarung die stille Gesellschaft aufgelöst worden ist. (2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn ein Eröffnungsgrund erst nach der Vereinbarung eingetreten ist. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

6

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 136 Abs. 1 InsO – Tatbestandliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stille Gesellschaft . . . . . . . b) Besondere Vereinbarung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . .

15

Rz.

c) Jahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anfechtbare Rechtshandlung . aa) Einlagenrückgewähr . . . . . . bb) Erlass des Verlustanteils . . 2. § 136 Abs. 2 InsO – Anfechtungsausschluss . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beweislast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . .

21 23 24 29 32 34 37

15 15

18

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes I 1 § 136 InsO wurde durch das „MoMiG“ nicht geändert. Er regelt in Anlehnung an den früheren § 237 HGB die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung, durch die einem stillen Gesellschafter aufgrund einer besonderen Vereinbarung zwischen ihm und dem Inhaber des Handelsgeschäfts im Vorfeld der Insolvenzeröffnung die Einlage ganz oder teilweise zurückgewährt oder sein Anteil am Verlust ganz oder teilweise erlassen wurde. § 237 HGB wurde bereits bei der Schaffung der Insolvenzordnung aus rechtssystematischen Gründen in § 136 InsO überführt, da es sich auch bei dieser Regelung um einen „echten“ Anfechtungstabestand handelt.1 1 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 161.

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I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 3 I

Ebenso wie in allen anderen Anfechtungstatbeständen wird bei der Jahresfrist, innerhalb derer die besondere Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter zustande gekommen sein muss, nicht mehr an die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern an die Stellung des Insolvenzantrages angeknüpft. Es genügt ein Eigenantrag des Schuldners (Geschäftsinhabers), der auf drohende Zahlungsunfähigkeit gestützt wird (vgl. § 18 Abs. 1 InsO).2 § 136 InsO hat im Recht der Einzelgläubigeranfechtung (AnfG) keine Entsprechung. Nach § 236 Abs. 1 HGB kann der stille Gesellschafter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts seinen Anspruch auf Rückgewähr der Einlage als Insolvenzgläubiger geltend machen, soweit der Wert seiner Einlage den Betrag des auf ihn entfallenden Anteils am Verlust übersteigt. Da aber nach der Lebenserfahrung wegen des drohenden (teilweisen) Ausfalls in der Insolvenz begünstigende Zahlungen an den stillen Gesellschafter im Vorfeld der Insolvenzeröffnung nicht auszuschließen sind, ermöglicht § 136 Abs. 1 InsO die Anfechtung unter erleichterten Voraussetzungen. Die besonderen gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter rechtfertigen es nach Ansicht des Gesetzgebers, die Anfechtung von „rein objektiven“ Voraussetzungen abhängig zu machen.3 Im Schrifttum wird daher zum Teil die Auffassung vertreten, § 136 InsO enthalte einen Anfechtungstatbestand für eine besondere Gruppe von „Insidern“.4

I2

Nach dem aufgehobenen § 237 Abs. 2 HGB war die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Konkurs seinen Grund in Umständen hatte, die erst nach der Vereinbarung der Einlagenrückgewähr oder des Verlusterlasses eingetreten waren. Nach der Gesetzesbegründung wurde diese Regelung in § 136 Abs. 2 InsO dahingehend „präzisiert“, dass die Anfechtung ausgeschlossen ist, wenn erst nach der Vereinbarung ein Eröffnungsgrund (drohende Zahlungsunfähigkeit, Zahlungsunfähigkeit, bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne persönliche Haftung einer natürlichen Person auch Überschuldung) eingetreten ist. Damit werde § 136 Abs. 2 InsO für die Praxis handhabbar.5 Im Schrifttum wird jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dieser Auffassung eine Einschränkung der Anfechtbarkeit gegenüber dem früheren Rechtszustand verbunden ist. Denn danach scheiterte die Anfechtung nicht daran, dass der Geschäftsinhaber zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung nicht zahlungsunfähig oder überschuldet war.6

I3

2 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 50 Rz. 58. 3 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 161. 4 Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1; Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 236 Rz. 6. 5 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 161. 6 HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 3 mit Hinweis auf BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 (346). Schäfer

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I Rz. 4

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

I 4 Nach herrschender Auffassung stellt § 136 Abs. 1 InsO einen besonderen Fall einer inkongruenten Deckung dar, da er – wie § 136 Abs. 2 InsO zeigt – auf eine zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter im Zustand der materiellen Insolvenz getroffene Vereinbarung abstellt.7 Damit soll auch § 136 InsO – ebenso wie die Tatbestände der Deckungsanfechtung (§§ 130, 131 InsO) – die Gleichbehandlung der Gläubiger bei bestehender materieller Insolvenz des Schuldners gewährleisten; er ist aufgrund dieses gläubigerschützenden Zwecks nicht vertraglich abdingbar.8 § 136 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass zum Zeitpunkt der tatbestandlich vorausgesetzten, im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages oder danach getroffenen besonderen Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem Stillen über die Einlagenrückgewähr bzw. den Erlass des Verlustanteils ein Insolvenzgrund (vgl. §§ 16 ff. InsO) gegeben war, dessen Vorliegen jedoch gemäß § 136 Abs. 2 InsO vermutet wird.9

I 5 Nach der Sonderregelung in § 18 Abs. 1 des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes (FMStErgG) können Rechtshandlungen, die im Zusammenhang mit Stabilisierungsmaßnahmen stehen, nicht zu Lasten des Fonds, des Bundes und der von ihnen errichteten Körperschaften, Anstalten und Sondervermögen sowie der ihnen nahestehenden Personen oder sonstiger von ihnen mittelbar oder unmittelbar abhängigen Unternehmen angefochten werden.

II. Allgemeines I 6 Gemäß § 236 Abs. 1 HGB kann der stille Gesellschafter seinen Anspruch auf Rückgewähr der Einlage als Insolvenzgläubiger geltend machen, soweit der Wert seiner Einlage zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht durch Verluste geschmälert ist. Dabei ist zu beachten, dass § 39 InsO dem stillen Gesellschafter im Grundsatz nicht die Position eines nachrangigen Insolvenzgläubigers zuweist, da nach herrschender Auffassung die Forderung des typischen stillen Gesellschafters auf Rückgewähr seiner Einlage nicht einer Forderung aus Rechtshandlungen gleichzustellen ist, die der Gewährung eines Gesellschafterdarlehens wirtschaftlich entsprechen.10 Die Einlage des stillen Gesellschafters wird vom Gesetz im Grundsatz als Fremdkapital behandelt.11 Dies ist zu berücksichtigen, 7 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1; Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 13; HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 2. 8 Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1; Preuß in Kübler/Prütting/ Bork, § 136 Rz. 2. 9 Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1. 10 Vgl. K. Schmidt, ZIP 2010, Beilage 2 zu Heft 39, S. 22; HK-InsO/Kleindiek, § 39 Rz. 44; Graf-Schlicker/Neußner, § 39 Rz. 27. 11 Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 3; HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 3.

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II. Allgemeines

Rz. 9 I

wenn es in einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 24.2.196912 heißt, die Einlage des Stillen sei kein Leihkapital, sondern „verantwortliches Kapital“. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte daher nicht von einem Eigenkapitalcharakter der Einlage des stillen Gesellschafters gesprochen werden.13 Diese lässt sich vielmehr eher als „qualifizierter Kredit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage“ beschreiben.14 Es ist stets zu beachten, dass der Einlage oder dem Darlehen eines stillen Gesellschafters Eigenkapitalfunktion zukommen kann, wenn er gleichzeitig einen Geschäftsanteil an der Gesellschaft hält (Stichwort „Finanzplankredit“)15 oder wenn ihm Einflussnahme- bzw. Mitspracherechte zustehen, die ihm eine gesellschafterähnliche Stellung vermitteln (atypische stille Gesellschaft).16 In einem solchen Fall ist § 236 Abs. 1 HGB, wonach der stille Gesellschafter die Forderung auf Rückzahlung seiner nicht durch Verluste aufgezehrten Einlage als (gleichrangiger) Insolvenzgläubiger geltend machen kann, nicht anwendbar.17 Hat die Einlage eines stillen Gesellschafters Eigenkapitalfunktion, steht sie in der Insolvenz des Unternehmensträgers den Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung.18

I7

Aber auch wenn die Einlage des stillen Gesellschafters – oder ein von ihm gewährtes Darlehen – nicht als Eigenkapital, sondern im Grundsatz als Fremdkapital anzusehen ist, kann sie bzw. ein aus ihr resultierender Anspruch (etwa ein stehengelassener Gewinnanspruch) dennoch als haftendes Risikokapital im Sinne der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO anzusehen sein. Die Forderung des stillen Gesellschafters bleibt zwar in diesem Fall Insolvenzforderung; sie wird jedoch in der Insolvenz des Geschäftsinhabers gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO – abweichend von § 236 HGB – nur nachrangig berücksichtigt.19

I8

Eine analoge Anwendung des § 136 InsO auf die Unterbeteiligung und auf sonstige längerfristige Fremdfinanzierungen dürfte daher wegen des gesellschaftsrechtlichen Charakters der stillen Beteiligung im Grundsatz nicht möglich sein,20 auch wenn man davon ausgeht, dass der Gedanke

I9

12 13 14 15 16 17 18 19 20

BGH v. 24.2.1969 – II ZR 123/67, BGHZ 51, 350 (353). So Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 1. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V. 2. a), S. 1862. Vgl. BGH v. 5.11.1979 – II ZR 145/78, NJW 1980, 1522 f.; v. 21.3.1988 – II ZR 238/87, BGHZ 104, 33 ff. Vgl. BGH v. 13.2.2006 – II ZR 62/04, ZIP 2006, 703 ff. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 135 Rz. 66; Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 236 Rz. 16. MK-HGB/K. Schmidt, § 236 Rz. 6; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 5. Vgl. MK-HGB/K. Schmidt, § 236 Rz. 7; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 6. So die herrschende Meinung – vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 6 ff.; Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 20; HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 2 – a.A. Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 5; Krolop, ZIP 2007, 1738, 1741 ff.; offen gelassen in BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 ff. Schäfer

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I Rz. 9

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

der Finanzierungs(folgen)verantwortung des Gesellschafters seit dem Inkrafttreten des „MoMiG“ keine Rolle mehr spiele. Denn auch das neue Recht knüpft jedenfalls an die „Doppelrolle“ als Gesellschafter und Kreditgeber an.21 Es genügt daher nicht, dass auch bei einem partiarischen Darlehen Informations- und Einflussnahmemöglichkeiten bestehen können, wie sie im Grundsatz nur einem Gesellschafter zukommen. Für die Abgrenzung der stillen Gesellschaft vom partiarischen Darlehen ist entscheidend, ob die Vertragspartner einen gemeinsamen Zweck verfolgen oder ob ihre Beziehungen ausschließlich durch die Verfolgung unterschiedlicher eigener Interessen bestimmt werden. Diese Abgrenzung ist durch Abwägung aller nach dem Vertragsinhalt maßgebenden Umstände vorzunehmen.22

I 10 Es ist nicht Vorausetzung für die Anwendbarkeit des § 136 Abs. 1 InsO, dass die stille Gesellschaft noch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestanden hat.23 Dies zeigt § 136 Abs. 1 Satz 2 InsO. Nach dieser Bestimmung gilt die Regelung in Satz 1 auch dann, wenn die stille Gesellschaft im Zusammenhang mit der Vereinbarung zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter aufgelöst wurde; die Auflösung darf nur nicht bereits zuvor vertraglich vereinbart gewesen sein.24

I 11 Da § 136 InsO einen besonderen Fall einer inkongruenten Deckung darstellt, ist die Einlagenrückgewähr nicht anfechtbar, wenn deren Rechtsgrund schon vor dem kritischen Zeitraum des § 136 Abs. 1 InsO bestanden hat.25 Dies ist zum einen dann der Fall, wenn die Rückgewähr der Einlage aufgrund einer Regelung im Gesellschaftsvertrag erfolgt, und zwar auch dann, wenn dieser erst im letzten Jahr vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde.26 Dabei muss sich der stille Gesellschafter nicht ausdrücklich auf ein ihm zustehendes vertragliches Kündigungsrecht berufen; es genügt vielmehr, dass ihm ein Recht zur Kündigung zustand.27 Die Anfechtung der Einlagenrückgewähr ist auch dann ausgeschlossen, wenn es nach der Kündigung zu einer Auflösungsvereinbarung kommt, die nur das konkretisiert, was der Stille auch ohne sie aufgrund der Kündigungsregelung im ursprünglichen Vertrag verlangen konnte.28

21 22 23 24 25 26

HK-InsO/Kleindiek, § 39 Rz. 40. Vgl. BGH v. 10.10.1994 – II ZR 32/94, BGHZ 127, 176 ff. MK-HGB/K. Schmidt, Anh. zu § 236 Rz. 9. Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 7. Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 14. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 9; Uhlenbruck/Hirte, Rz. 8. 27 Vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 14. 28 BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 (1272).

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§ 136

III. Einzelheiten

Rz. 15 I

Zum anderen ist die Anfechtung nach § 136 Abs. 1 InsO ausgeschlossen, wenn dem stillen Gesellschafter ein gesetzlicher Kündigungsgrund zustand. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Stille die Gesellschaft zu Recht aus wichtigem Grund – etwa wegen arglistiger Täuschung – gekündigt hat.29 Ein solches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund kann jedoch nach dem Zweck der Bestimmung nicht im Vermögensverfall des Geschäftsinhabers gesehen werden, da sonst § 136 InsO weitgehend leer laufen würde.30 Nach anderer Auffassung soll der Insolvenzverwalter die Einlagenrückgewähr auch dann anfechten können, wenn der wichtige Grund erst im kritischen Zeitraum des § 136 Abs. 1 InsO eingetreten ist. Denn erst wenn der wichtige Grund eingetreten sei, bestehe das Recht zur Kündigung.31

I 12

Wie alle anderen Anfechtungstatbestände setzt auch § 136 InsO nach der anfechtungsrechtlichen Grundnorm des § 129 Abs. 1 InsO eine Gläubigerbenachteiligung voraus, wobei eine mittelbare Gläubigerbenachteiligung ausreicht.32 Rechtsfolge der Anfechtbarkeit ist – wie auch sonst – nicht die Nichtigkeit der Einlagenrückgewähr, sondern die Entstehung eines schuldrechtlichen Rückgewähranspruchs gemäß § 143 InsO. Nach erfolgter Rückgewähr kann der typische stille Gesellschafter seinen Einlagerückgewähranspruch gemäß § 236 Abs. 1 HGB zur Tabelle anmelden; bei der atypischen stillen Gesellschaft mit Eigenkapitalcharakter der Einlage ist die Anwendung des § 236 Abs. 1 InsO hingegen ausgeschlossen.33

I 13

Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass der besondere Gerichtsstand der Mitgliedschaft nach § 22 ZPO in Anfechtungsfällen gemäß § 136 InsO nicht gegeben ist.34

I 14

III. Einzelheiten 1. § 136 Abs. 1 InsO – Tatbestandliche Voraussetzungen a) Stille Gesellschaft § 136 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem Anfechtungsgegner eine stille Gesellschaft bestanden hat, die – wie § 136 Abs. 1 Satz 2 InsO zeigt – zum Zeitpunkt der Insol29 Vgl. BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, NJW 1971, 375 ff.; OLG München v. 23.6.1999 – 15 U 2827/99, NZI 2000, 180 f. 30 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 12; vgl. dazu noch OLG Hamm v. 2.3.1999 – 27 U 237/98, ZIP 1999, 1530 ff. 31 Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 14. 32 Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 4; MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 12. 33 Vgl. von Gerkan/Mock in Röhricht/von Westphalen, § 236 Rz. 13 f.; Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 4. 34 Zöller/Vollkommer, ZPO, § 22 Rz. 2; HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 16. Schäfer

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I 15

I Rz. 15

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

venzeröffnung nicht mehr bestanden haben muss.35 Das Anfechtungsrecht ist daher im Grundsatz auch dann gegeben, wenn die stille Gesellschaft im Zusammenhang mit der besonderen Vereinbarung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter aufgelöst wurde.36 Die stille Gesellschaft ist eine Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 705 ff. BGB, bei der ein Gesellschafter am Unternehmen eines anderen mit einer Einlage beteiligt ist und eine Gewinnbeteiligung innehat.37 Nach außen hin tritt nur der Inhaber des Handelsgeschäfts in Erscheinung; er allein wird aus den im Rahmen des Geschäftsbetriebes abgeschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet. Die Einlage des stillen Gesellschafters geht gemäß § 230 Abs. 1 HGB in das Vermögen des Geschäftsinhabers über; den Gläubigern haftet allein dessen Vermögen.

I 16 Da im Rahmen einer stillen Gesellschaft kein Gesamthandsvermögen gebildet wird, ist sie selbst nicht insolvenzfähig. Nur über das Vermögen des Geschäftsinhabers kann ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, das gemäß § 728 Abs. 2 BGB die Auflösung der stillen Gesellschaft zur Folge hat.38 Zu beachten ist, dass die Einlage des stillen Gesellschafters in der Insolvenz des Geschäftsinhabers im Grundsatz nicht als dessen „haftendes Eigenkapital“ mit der Folge behandelt wird, dass es für den Stillen verloren ist. Dies zeigt der Umstand, dass der stille Gesellschafter in der Insolvenz des Geschäftsinhabers mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der nicht durch Verluste geminderten Einlage grundsätzlich als nicht nachrangiger Insolvenzgläubiger am Insolvenzverfahren teilnimmt (vgl. §§ 236 Abs. 1 HGB, 39 Abs. 1 InsO). Von praktischer Bedeutung ist dies vor allem für den stillen Gesellschafter, der nicht am Verlust der Gesellschaft beteiligt ist.39 Eigenkapitalcharakter kann der Einlage des Stillen jedoch ausnahmsweise beim Vorliegen einer atypischen stillen Beteiligung zukommen, etwa im Falle der Vereinbarung einer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, einer Rangrücktrittserklärung40 oder unter dem Gesichtspunkt des „Finanzplankredits“.41

I 17 § 136 InsO gilt auch bei einer fehlerhaften stillen Gesellschaft, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Rechtsgrundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft auch auf die – typische und atypische – stille Gesellschaft anzuwenden sind.42 Deren Anwendung scheidet ausnahms35 36 37 38 39 40 41

Vgl. MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 9. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 3. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II. 1., S. 1840. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 4. Vgl. BGH v. 21.3.1983 – II ZR 139/82, NJW 1983, 1855 f. Vgl. dazu BGH v. 1.3.1982 – II ZR 23/81, BGHZ 83, 341 ff. Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 V. 2. a), S. 1863; OLG Hamm v. 3.5.1993 – 8 U 184/92, ZIP 1993, 1321 ff. 42 BGH v. 29.6.1970 – II ZR 158/69, BGHZ 55, 5 ff.; v. 22.10.1990 – II ZR 247/89, NJW-RR 1991, 613 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 19 I

weise dann aus, wenn die rechtliche Anerkennung des von den Beteiligten gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustandes aufgrund gewichtiger Belange der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar wäre.43 Ein aus sonstigen Gründen fehlerhafter – etwa wegen arglistiger Täuschung anfechtbarer – Gesellschaftsvertrag wird als wirksam behandelt, bis er durch Kündigung mit Wirkung für die Zukunft beseitigt wird, so dass § 136 InsO im Grundsatz anwendbar ist. § 136 InsO ist hingegen nicht anwendbar, wenn das Gesellschaftsverhältnis im Zusammenhang mit der Einlagenrückgewähr oder dem Erlass des Verlustanteils aufgrund der Fehlerhaftigkeit der Gesellschaft aufgelöst wird, denn in diesem Fall fehlt es an der vorausgesetzten Inkongruenz der Leistung.44 b) Besondere Vereinbarung zwischen Geschäftsinhaber und stillem Gesellschafter § 136 Abs. 1 InsO setzt eine besondere Vereinbarung zwischen dem Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesellschafter voraus, aufgrund derer es zur Einlagenrückgewähr oder zum Erlass des Verlustanteils gekommen ist. Nur dann ist der tatbestandlich vorausgesetzte Fall einer inkongruenten Deckung gegeben.45 Eine solche Vereinbarung liegt auch dann vor, wenn der Geschäftsinhaber eine an sich unwirksame Kündigung des stillen Gesellschafters akzeptiert und als wirksam behandelt.46 Wird die Einlagenrückgewähr durch Zwangsvollstreckung durchgesetzt, greift § 136 InsO ein, wenn der Titel auf einer besonderen Vereinbarung beruht.47

I 18

Nicht anfechtbar sind dagegen Rechtshandlungen, auf die der stille Gesellschafter ohnehin einen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch hat. Eine Gewinnentnahme, eine Einlagenrückgewähr oder eine (dingliche) Sicherung, die bereits von vornherein im Gesellschaftsvertrag zugesagt und fällig war, unterliegt in keinem Fall der Anfechtung nach § 136 Abs. 1 InsO.48 Eine Anfechtung scheidet ferner aus, wenn die Rückgewähr der Einlage auf einer berechtigten ordentlichen bzw. außerordentlichen Kündigung oder einem gesetzlichen Auflösungsgrund beruht.49 Nur soweit der stille Gesellschafter in diesen Fällen mehr erhält, als ihm ohne

I 19

43 Vgl. BGH v. 17.2.1992 – II ZR 100/91, NJW 1992, 1503 (1504); Wiedemann, Gesellschaftsrecht, Band II, S. 155/156. 44 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 5; MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 9. 45 Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 13. 46 Braun/Riggert, § 136 Rz. 9; Bork/Preuß, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 11 Rz. 14. 47 Gehrlein, WM 2009, Sonderbeilage 1, S. 52. 48 MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 18. 49 Gehrlein in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 237 Rz. 7. Schäfer

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I Rz. 19

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

die Vereinbarung zustünde, greift die Anfechtung durch.50 Die dem ursprünglichen Vertrag entsprechende Rückgewähr der Einlage ist daher nur unter den Voraussetzungen des § 130 InsO anfechtbar, die vorzeitige als inkongruente Deckung einer Insolvenzforderung nach § 131 InsO. Dies gilt auch dann, wenn der Gesellschaftsvertrag innerhalb der Jahresfrist des § 136 Abs. 1 InsO abgeschlossen wurde.51 Eine Anfechtung nach § 136 Abs. 1 InsO kommt dagegen in Betracht, wenn das Kündigungsrecht selbst auf einer besonderen, innerhalb der Jahresfrist getroffenen Vereinbarung im Sinne des § 136 Abs. 1 InsO beruht.52

I 20 § 136 Abs. 1 Satz 2 InsO stellt klar, dass die Anfechtung nicht nur bei fortbestehendem Gesellschaftsverhältnis, sondern auch dann durchgreift, wenn die besondere Vereinbarung im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft getroffen wurde. Damit ist eine Auflösung gemeint, die nicht schon im Gesellschaftsvertrag vorgesehen wurde, sondern eine vorzeitige Auflösung aufgrund einer besonderen Vereinbarung.53 c) Jahresfrist

I 21 Anders als bei den übrigen Anfechtungstatbeständen ist im Rahmen des § 136 InsO nicht der Zeitpunkt der Vornahme der masseschmälernden Rechtshandlung, sondern jener des Abschlusses der ihr zugrundeliegenden Vereinbarung maßgebend. Eine Rechtshandlung, die auf einer Vereinbarung beruht, welche vor der Jahresfrist rechtsverbindlich wurde, ist daher nicht nach § 136 InsO anfechtbar.54 Aber auch eine im kritischen Zeitraum des § 136 Abs. 1 InsO abgeschlossene Vereinbarung ist nicht anfechtbar, wenn dem stillen Gesellschafter nur das gewährt wird, was er aufgrund seines Kündigungsrechts hätte beanspruchen können.55

I 22 Die Jahresfrist ist gemäß § 139 InsO zu berechnen, der § 136 InsO ausdrücklich erwähnt. Verjährungsrechtliche Bestimmungen sind nicht entsprechend anwendbar.56 Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter vorgenommen wurde, bestimmt sich nach § 140 InsO. Auch in diesem Zusammenhang ist daher entscheidend, wann die Wirkungen der Vereinbarung eingetreten sind. Es kommt hingegen nicht darauf an, wann die Wirkung der angefochtenen Rechtshandlung (Einlagenrückgewähr oder Erlass des Verlustanteils) eingetreten ist. So kann etwa eine Einlagenrückgewähr, die außerhalb der Jahresfrist vereinbart, aber innerhalb die50 51 52 53 54 55

MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 10. Vgl. Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 13 f. Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 10. Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 16. FK-InsO/Dauernheim, § 136 Rz. 9. BGH v. 27.11.2000 – II ZR 218/00, NJW 2001, 1270 ff.; MK-InsO/Stodolkowitz/ Bergmann, § 136 Rz. 11. 56 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 14.

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III. Einzelheiten

Rz. 24 I

ses Zeitraums vollzogen wurde, nicht nach § 136 Abs. 1 InsO, sondern allenfalls nach den übrigen Anfechtungstatbeständen angefochten werden.57 d) Anfechtbare Rechtshandlung Gegenstand der Anfechtung ist die Rechtshandlung, mit der dem stillen Gesellschafter die Einlage zurückgewährt oder die Verlustbeteiligung erlassen wurde.58 Die Rechtshandlung muss nicht vom Schuldner (Geschäftsinhaber) vorgenommen worden sein und kann auch in einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme oder einem Unterlassen bestehen.59 Zu beachten ist, dass es für die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung nicht ausreicht, wenn diese selbst innerhalb der Jahresfrist des § 136 Abs. 1 InsO vorgenommen wurde; vielmehr muss die Vereinbarung, die der angefochtenen Rechtshandlung zugrundeliegt, innerhalb der Jahresfrist zustande gekommen sein. War die Vereinbarung zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht erfüllt, bedarf es keiner Anfechtung. Da die stille Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst wird (vgl. § 728 Abs. 2 BGB), werden die Ansprüche des (typischen) stillen Gesellschafters gemäß § 236 HGB zu Insolvenzforderungen; ein anderes Ergebnis könnte auch durch die Anfechtung der Vereinbarung nicht erreicht werden.60

I 23

aa) Einlagenrückgewähr Dem Tatbestandsmerkmal der Einlagenrückgewähr unterfallen alle Rechtshandlungen, die dem stillen Gesellschafter eine Deckung für die von ihm erbrachte Einlage gewähren.61 Erfasst werden sämtliche Arten von Erfüllungshandlungen, einschließlich der Erfüllungssurrogate, der Aufrechnung und der Leistung an Dritte.62 Auch in diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es im Falle der Aufrechnung gemäß § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO keiner Anfechtung bedarf. Eine Rückgewähr der Einlage ist ferner in der (nachträglichen) Bestellung einer Sicherheit zu sehen, die dem stillen Gesellschafter ein Aus- oder Absonderungsrecht vermittelt.63 Die nachträgliche Besicherung des Rückzahlungsanspruchs wird somit erst nach Jahresfrist unangreifbar, wobei eine rechzeitige schuldrechtliche Sicherungsabrede genügt.64

57 58 59 60 61 62 63 64

MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 14. Bork/Preuß, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 11 Rz. 19. HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 6. Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 15. HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 9. Vgl. Bork/Preuß, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 11 Rz. 20. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 9. MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 13. Schäfer

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I 24

I Rz. 25

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

I 25 Die Umwandlung der Einlage des stillen Gesellschafters in ein Darlehen stellt keine Rückgewähr der Einlage dar, da ihm auch in diesem Fall – wie schon zuvor – nur eine Insolvenzforderung in der Insolvenz des Geschäftsinhabers zusteht. Eine die Gläubiger benachteiligende Schmälerung des Schuldnervermögens tritt erst mit der Auszahlung ein.65 Erst wenn das umgewandelte Darlehen noch vor der Insolvenzeröffnung zurückgezahlt wird, ist die erforderliche Schmälerung der künftigen Insolvenzmasse gegeben. Soll durch die Umwandlung auch ein bereits durch Verluste verbrauchter Teil der Einlage zu einem Darlehensanspruch erstarken, liegt darin ein Erlass des Verlustanteils, der als solcher anfechtbar ist.66 Fand die Umwandlung der Einlage in ein Darlehen außerhalb der Jahresfrist des § 136 Abs. 1 InsO statt, ist keine Anfechtbarkeit gegeben.67

I 26 Eine Rückgewähr der Einlage liegt dagegen nicht vor, wenn dem stillen

Gesellschafter eine noch nicht geleistete Einlage erlassen wird.68 Dies folgt bereits aus § 236 Abs. 2 HGB, wonach der stille Gesellschafter auch im Insolvenzverfahren die rückständige Einlage nur insoweit zur Masse einzuzahlen hat, als diese zur Deckung seines Anteils am Verlust benötigt wird.69 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Einlage des Stillen rückständig ist und zu seinen Lasten Verluste angefallen sind, weil ihm dann zugleich sein Verlustanteil erlassen wird.70

I 27 Die Rückgabe von Gegenständen, die der stille Gesellschafter dem Unternehmen lediglich zum Gebrauch überlassen hat, stellt keine Einlagenrückgewähr dar, denn dieser hätte die Gegenstände im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Geschäftsinhabers ohnehin aussondern können.71 Auch in diesem Zusammenhang wird jedoch noch zu klären sein, ob die im Vorfeld der Insolvenzeröffnung erfolgte Herausgabe eines von einem atypischen stillen Gesellschafter überlassenen Gegenstandes anfechtbar sein kann, wenn dieser für die Fortführung des Unternehmens von erheblicher Bedeutung ist.72

I 28 Die Rückgewähr der Einlage ist in vollem Umfang anfechtbar und nicht etwa nur in Höhe des auf den stillen Gesellschafter entfallenden Verlustanteils. Eine solche Beschränkung der Anfechtbarkeit auf den Verlustanteil war schon im Gesetzgebungsverfahren zum Allgemeinen Deut-

65 66 67 68 69 70

Bork/Preuß, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 11 Rz. 21. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 17. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 19. Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 6; FK-InsO/Dauernheim, § 136 Rz. 10. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 20. Vgl. Bork/Preuß, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 11 Rz. 23; FK-InsO/Dauernheim, § 136 Rz. 10. 71 MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 14. 72 Vgl. dazu die Ausführungen zu § 135 Abs. 3 InsO.

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III. Einzelheiten

Rz. 32 I

schen Handelsgesetzbuch nicht durchsetzbar.73 Deshalb hindert auch der Ausschluss des Gesellschafters vom Verlust nicht die Anfechtung der Einlagenrückgewähr gemäß § 136 Abs. 1 InsO.74 bb) Erlass des Verlustanteils Anfechtbar ist ferner der Erlass der Verlustbeteiligung des stillen Gesellschafters, allerdings nur insoweit, als die Einlage zur Deckung eines entstandenen Verlusts benötigt wird (vgl. § 236 Abs. 2 HGB). Für die Anfechtbarkeit kommt es nicht darauf an, ob der Erlass vor oder bei der Auflösung der stillen Gesellschaft stattgefunden hat.75 Der Erlass des Anteils an künftigen Verlusten kann jedoch nach den sonstigen Anfechtungsbestimmungen anfechtbar sein.76

I 29

Streitig ist, ob zur Ermittlung des Verlustanteils ein Zwischenabschluss zu erstellen ist oder ob – insbesondere, wenn die Ermittlung des Verlustanteils nur mit unzumutbarem Aufwand möglich ist – eine zeitanteilige Aufteilung auf der Grundlage des nächsten Jahresabschlusses zulässig ist.77 Dagegen dürfte es nicht möglich sein, das Anfechtungsrecht auf die bis zum nächsten Bilanzstichtag entstandenen Verluste zu erstrecken, falls die Beteiligten keine Zwischenbilanz auf den Tag des Erlasses aufstellen.78

I 30

Die Anfechtung führt zur haftungsrechtlichen Unwirksamkeit des Erlasses.79 Meldet der stille Gesellschafter seinen Einlagenrückgewähranspruch zur Tabelle an, kann der Insolvenzverwalter der Forderung in Höhe des vom Stillen zu tragenden Verlusts widersprechen (vgl. § 236 Abs. 1 HGB). Ist die Einlage rückständig, muss der stille Gesellschafter sie bis zu dem Betrag, der zur Deckung seines Verlustanteils benötigt wird, zur Insolvenzmasse einzahlen (vgl. § 236 Abs. 2 InsO).80

I 31

2. § 136 Abs. 2 InsO – Anfechtungsausschluss Nach § 136 Abs. 2 InsO ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der Eröffnungsgrund erst nach dem Abschluss der Vereinbarung zwischen dem 73 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 16; K. Schmidt, KTS 1977, 65, 71. 74 MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 12. 75 Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 7. 76 Vgl. HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 11; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 22. 77 Im letzteren Sinne MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 21; HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 11; HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 10 – a.A. MKHGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 17; FK-InsO/Dauernheim, § 136 Rz. 11. 78 Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 21; Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 11. 79 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 42. 80 Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 12. Schäfer

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I 32

I Rz. 32

§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter eingetreten ist. § 136 Abs. 1 InsO soll die Gleichbehandlung der Gläubiger in der materiellen Insolvenz des Geschäftsinhabers gewährleisten.81 Also muss die besondere Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter im Zustand der materiellen Insolvenz getroffen worden sein, der freilich gemäß § 136 Abs. 2 InsO zu Lasten des Stillen vermutet wird.82 Durch die Neufassung des § 136 Abs. 2 InsO soll die Bestimmung nach der Gesetzesbegründung im Vergleich zur früheren Rechtslage „für die Praxis handhabbar“ werden.83 Im Schrifttum wird indes zu Recht darauf hingewiesen, dass dies eine Einschränkung der Anfechtbarkeit gegenüber der früheren Rechtslage zur Folge hat, da nunmehr beim Ausschluss der Anfechtbarkeit an einen früheren Zeitpunkt angeknüpft wird. Denn zum Eröffnungsgrund, der erst nach dem Abschluss der Vereinbarung eingetreten sein darf, um eine Anfechtung auszuschließen, gehört nach neuem Recht auch die drohende Zahlungsunfähigkeit (vgl. § 18 InsO).84

I 33 Da im Anwendungsbereich des § 135 InsO Sicherungen und Befriedigungen, die einem Gesellschafter innerhalb der dort genannten Zeiträume für die Forderung auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens im Sinne des § 39 InsO gewährt werden, auch dann anfechtbar sind, wenn die Insolvenz der Gesellschaft durch ein plötzliches Ereignis verursacht wurde,85 drängt sich die Frage einer analogen Anwendbarkeit des § 136 Abs. 2 InsO im Rahmen des § 135 InsO auf. Entsprechende Vorschläge sind jedoch bei der Schaffung des „MoMiG“ nicht Gesetz geworden, so dass in Ermangelung einer planwidrigen Regelungslücke eine solche analoge Anwendung des § 136 Abs. 2 InsO ausscheiden dürfte.86

3. Beweislast

I 34 Der Insolvenzverwalter trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 136 Abs. 1 InsO. Dies gilt insbesondere für die Einlagenrückgewähr bzw. den Erlass des Verlustanteils als anzufechtender Rechtshandlung.87 Wurde der stille Gesellschafter während des laufenden Geschäftsjahres von der Verpflichtung zur Verlusttragung befreit, muss der Insolvenzverwalter nach herrschender Auffassung nicht die exakte Höhe des Verlusterlasses nachweisen, vielmehr kann er eine zeitanteilige

81 82 83 84 85 86 87

Vgl. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1. MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 1. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 161. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 136 Rz. 11; HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 3. Goette, Einführung in das neue GmbH-Recht, Rz. 58. Vgl. Haas, ZInsO 2007, 617 (621 f.); Hirte, WM 2008, 1429 (1433). MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 23; HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 17.

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III. Einzelheiten

Rz. 37 I

Aufteilung auf der Grundlage des nächsten Jahresabschlusses vornehmen.88 Streitig ist allerdings die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Frage, ob die besondere Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter innerhalb des letzten Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrages abgeschlossen wurde. Die herrschende Auffassung weist zu Recht darauf hin, dass dem Gesetz und den Gesetzesmotiven keine Anhaltspunkte für eine Umkehr der Darlegungsund Beweislast zu entnehmen sind.89 Nachweisschwierigkeiten für den Insolvenzverwalter, die insbesondere dann bestehen können, wenn vom stillen Gesellschafter eine außerhalb der Jahresfrist abgeschlossene mündliche Vereinbarung behauptet wird, ist im Rahmen der Rechtsgrundsätze zur sekundären Darlegungslast des Anfechtungsgegners und durch Beweiserleichterungen im Einzelfall Rechnung zu tragen. Dementsprechend hat der stille Gesellschafter substantiiert vorzutragen, wann und unter welchen Umständen die Vereinbarung über die Einlagenrückgewähr oder den Erlass des Verlustanteils getroffen worden sein soll; alsdann ist es Sache des Insolvenzverwalters, die Darstellung des stillen Gesellschafters zu widerlegen.

I 35

Eine Beweislastumkehr zugunsten des Insolvenzverwalters enthält allerdings § 136 Abs. 2 InsO. Dies folgt aus dessen Fassung als Ausnahmetatbestand. Da der Eintritt eines Insolvenzgrundes zum Zeitpunkt der Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und dem stillen Gesellschafter für den Insolvenzverwalter nur unter erheblichen Schwierigkeiten nachzuweisen ist, wird das Risiko, dass sich der Zeitpunkt des Eintritts der Insolvenzreife nicht genau feststellen lässt, dem stillen Gesellschafter auferlegt.90 Der stille Gesellschafter muss somit darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses der besonderen Vereinbarung eine Zahlungsunfähigkeit des Geschäftsinhabers weder drohte noch eingetreten war, noch in den Fällen des § 19 InsO eine Überschuldung vorlag.91

I 36

4. Konkurrenzen Zur Frage der Konkurrenz mit anderen Anfechtungstatbeständen wird in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen, dass die Anfechtbarkeit als unmittelbar nachteiliges Rechtsgeschäft (§ 132 InsO) oder als unentgeltliche Leistung (§ 134 InsO) unberührt bleibe, da allgemein alle Anfech88 Vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, § 136 Rz. 27 sowie oben Rz. I29. 89 Jaeger/Henckel, § 136 Rz. 19; MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 23; HambKomm-InsO/Schröder, § 136 Rz. 17; HK-InsO/Kreft, § 136 Rz. 11 – a.A. MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 24; FK-InsO/Dauernheim, § 136 Rz. 14. 90 MK-InsO/Stodolkowitz/Bergmann, § 136 Rz. 24. 91 MK-HGB/K. Schmidt, Anh. § 236 Rz. 25. Schäfer

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§ 136 InsO – Stille Gesellschaft

tungstatbestände miteinander konkurrierten.92 Häufig wird auch eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO in Betracht kommen, wenn in Kenntnis der Krise Leistungen an einen stillen Gesellschafter erbracht wurden. Im Falle einer atypischen stillen Beteiligung ist ferner die Anwendbarkeit des § 135 InsO zu prüfen.

92 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 161.

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J. § 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen § 137 Wechsel- und Scheckzahlungen (1) Wechselzahlungen des Schuldners können nicht auf Grund des § 130 vom Empfänger zurückgefordert werden, wenn nach Wechselrecht der Empfänger bei einer Verweigerung der Annahme der Zahlung den Wechselanspruch gegen andere Wechselverpflichtete verloren hätte. (2) Die gezahlte Wechselsumme ist jedoch vom letzten Rückgriffsverpflichteten oder, wenn dieser den Wechsel für Rechnung eines Dritten begeben hatte, von dem Dritten zu erstatten, wenn der letzte Rückgriffsverpflichtete oder der Dritte zu der Zeit, als er den Wechsel begab oder begeben ließ, die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag kannte. § 130 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Scheckzahlungen des Schuldners. Inhaltsübersicht Rz.

I. Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm . . . . . . . II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO (§ 137 Abs. 1) . . . . . 1. Wechselzahlungen . . . . . . . . . a) Wechselrechtlicher Hintergrund . . . . . . . . . . . . . b) Begünstigte Zahlungen . . . 2. Notgedrungene Zahlungsannahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verlust des Rückgriffsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grenzen . . . . . . . . . . . . . . . . c) Keine analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen. . . . . . . . . . . . . . . 4. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 137 InsO ist anwendbar in folgenden Fällen . . . . . . . b) § 137 InsO ist nicht anwendbar in folgenden Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

4 4 4 6 9 9 11 13 15 17 17 18

Rz.

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner – Anspruch auf Ersatzrückgewähr (§ 137 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zweck, Gegenstand und Umfang des Rückgewähranspruchs . . . . . . a) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Umfang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtungsgegner. . . . . . . . . . . . . 3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Folgen der Erstattungsleistung . . IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gegenstand und praktische Bedeutung der Verweisung . . . . . . . . 2. Entsprechende Anwendung der Vorschriften für Wechselzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Insolvenz der bezogenen Bank b) Insolvenz des Ausstellers . . . . . 3. Grenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19 19 19 21 22 24 26 29 30 30 32 32 33 35

V. Darlegungs- und Beweislast . . . . . 37

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J Rz. 1

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

I. Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm J 1 Die Vorschrift normiert in Abs. 1 und 3 für Wechsel- und Scheckzahlungen des Schuldners eine Ausnahme von der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO, lässt aber die Anfechtung aus anderen Gründen (§§ 131, 133 ff. InsO) unberührt, so insbesondere die Vorsatzanfechtung gem. § 133 InsO.1 § 137 InsO passt die Anfechtung nach § 130 InsO und ggf. nach § 132 InsO an die Besonderheiten des Wechsel- und Scheckrechts an, indem sie dem Umstand Rechnung trägt, dass der Empfänger eine Wechsel- oder Scheckzahlung annehmen muss, um eigene wechseloder scheckrechtliche Rückgriffsansprüche nicht zu verlieren.2 Stattdessen gibt Abs. 2 einen selbständigen Anfechtungsanspruch gegen den letzten Rückgriffsverpflichteten. Damit wird gewissermaßen eine Ausnahme von der Ausnahme normiert, um eine unbillige Entlastung des letzten Regressschuldners zu verhindern, die durch die Unanfechtbarkeit der Wechsel- oder Scheckzahlung gegenüber dem Zahlungsempfänger einträte. Ob die Vorschrift darüber hinaus einer missbräuchlichen Umgehung des § 130 InsO vorbeugen soll, ist strittig.3 Auch Abs. 2 betrifft nur Scheck- und Wechselzahlungen und erfasst lediglich die Anfechtung in Fällen kongruenter Deckung; er ist also nicht entsprechend anwendbar auf sonstige Sicherheiten, insbesondere auf die Befreiung von einer Bürgschaftsschuld bei nicht anfechtbarer Befriedigung des Gläubigers durch den Hauptschuldner.4 § 137 InsO ist jedoch nach herrschender Lehre sinngemäß anzuwenden auf Erfüllungshandlungen, die ausnahmsweise nicht von § 130 InsO, aber von der Auffangnorm des § 132 InsO erfasst werden.5 § 137 Abs. 3 InsO erstreckt die für Wechselzahlungen formulierten Vorschriften der Absätze 1 und 2 auf Scheckzahlungen.

J 2 § 137 InsO entspricht der Sache nach § 34 KO,6 enthält aber Abweichungen für Fälle des Abs. 2 hinsichtlich der subjektiven Anfechtungsvoraus1 Siehe den Fall OLG Koblenz v. 25.6.2010 – 10 U 924/09, UV-Recht Aktuell 2010, 851, dazu unten Rz. J36. Vgl. bereits BGH v. 24.10.1973 – VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354 = NJW 1974, 57 zu §§ 31, 34 KO. Zu § 131 InsO bei Kundenschecks s. Rz. O52 ff. 2 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 1 sowie Rz. 3 zur Einbeziehung des § 132 InsO. 3 Dafür die hM im Schrifttum im Anschluss an die Motive zur KO, s. Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. IV, 1881, S. 140 f. zu § 27; vgl. etwa FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 1; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 1, 3; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 3; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 9; Gehrlein, WM 2009, SBeil. 1 S. 53 vor B. – Dagegen Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 6. 4 BGH v. 24.10.1973 – VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354 = NJW 1974, 57 zu § 40 Abs. 2 KO. 5 Vgl. FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 1; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 1, 3; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 4; Gehrlein, WM 2009, SBeil. 1 S. 53. Zu notwendigen Differenzierungen s. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 6. 6 Diese Bestimmung war in ihren ersten beiden Absätzen wortgleich mit § 27 KO i.d.F. vom 10.2.1877 (RGBl. S. 351, 357), der noch Gegenstand der Entschei-

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I. Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm

Rz. 3 J

setzungen durch Gleichstellung grob fahrlässiger Unkenntnis und der Beweislastumkehr gegenüber nahe stehenden Personen (s. Rz. J26, J37).7 § 137 ist aus § 152 RegE hervorgegangen. Während Abs. 1 und Abs. 3 (von der Verweisungsnorm abgesehen) wörtlich übereinstimmen, hat Abs. 2 seine endgültige Fassung erst im weiteren Gesetzgebungsverfahren erhalten. Der RegE hatte hinsichtlich der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen – abweichend von § 34 KO – der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die grob fahrlässige Unkenntnis gleichgestellt. Aufgrund der Beratungen im Rechtsausschuss wurde in § 145 Abs. 2 RegE (§ 130 Abs. 2 InsO) der Begriff grob fahrlässige Unkenntnis durch die Wendung Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen ersetzt: Dem wurde § 152 RegE durch Streichung des Begriffs der grob fahrlässigen Unkenntnis und Erweiterung der Verweisung angepasst.8 Die Vorschrift ist rechtspolitisch umstritten. So moniert Häsemeyer eine unberechtigte Bevorzugung von Wechsel- oder Scheckinhabern nebst potentiellen Regresspflichtigen, während die gegen Missbräuche vorgesehene Regelung des Abs. 2 die „Gläubigergleichbehandlung nur in singulären Fällen“ schütze.9 Er schlägt stattdessen vor, die Protesterhebung (Art. 43, 44 WG, Art. 40 ScheckG) nach Eintritt der Anfechtungsvoraussetzungen für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens trotz Zahlung des Insolvenzschuldners zuzulassen.10 Dem kann jedoch, ungeachtet der geringen praktischen Bedeutung der Vorschrift, nicht zugestimmt werden. Durch Zahlung des Primärschuldners erlischt der Anspruch aus dem Wechsel durch Erfüllung und kann deshalb nicht mehr zu Protest gehen.11 Ein dennoch mögliches Protestverfahren hätte einen systemfremden Rücklauf und damit eine gesetzlich nicht vorgesehene Inanspruchnahme sekundärer Wechselschuldner zur Folge, die der Funktionsfähigkeit des Wechsels als Zahlungs- und Kreditmittel unvertretbar schaden würden. Dies ließe sich m.E. mit dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nicht rechtfertigen. Hinzu kommt, dass WechselG und ScheckG internationales Einheitsrecht sind.12

7 8 9 10 11 12

dung RGZ 40, 40 war. Beide Fassungen enthielten eine dem zeitgenössischen Duktus verhaftete, nur sprachlich abweichende Formulierung der Ausschlussvoraussetzung in Abs. 1 („…, wenn nach Wechselrecht der Empfänger bei Verlust des Wechselanspruchs gegen andere Wechselverpflichtete zur Annahme der Zahlung verbunden war“). Abs. 3 wurde durch Art. 9 EGScheckG vom 14.8.1933 (RGBl. I S. 605) hinzugefügt. BT-Drucks. 12/2443, S. 161 zu § 152. BT-Drucks.12/7302, S. 57, 173 zu § 152; § 130 Abs. 2 InsO entspricht § 145 Abs. 2 RegE in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses. Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54. Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54. Vgl. Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 28 WG Rz. 6, Art. 43 WG Rz. 9. Darauf weist Hirte zu Recht hin, s. Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. Wagner

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§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO (§ 137 Abs. 1) 1. Wechselzahlungen a) Wechselrechtlicher Hintergrund

J 4 Um den Anwendungsbereich der Vorschrift richtig zu erfassen, ist zunächst zwischen Zahlungen durch Wechsel, d.h. mittels Hingabe eines Wechsels, und Zahlungen auf Wechsel zwecks Erfüllung der Wechselverbindlichkeit, zu unterscheiden.13 Nur letztere, also Zahlungen des Schuldners auf einen ihm vorgelegten Wechsel, meint § 137 InsO.14 Die Vorschrift erfasst dagegen weder die Eingehung von Wechselverbindlichkeiten noch deren Besicherung.15 Besteht eine Verpflichtung des Gläubigers, Wechsel des Schuldners in Zahlung zu nehmen, so stellt die Hingabe des Wechsels zwar eine kongruente Deckung i.S.d. § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO dar: Als eine Sicherung oder Befriedigung, die der Gläubiger zu beanspruchen hat, gilt ggf. auch eine solche, die durch die Hingabe von Wechseln erfolgt.16 Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Bank verpflichtet ist, Kundenwechsel zur Abdeckung des Kontos hereinzunehmen.17 Um relevante Wechselzahlungen des Schuldners im Sinne des § 137 InsO handelt es sich dabei aber nicht. Die Vorschrift erfasst dagegen die Einlösung des Wechsels durch Auszahlung der Wechselsumme, sei es in bar, sei es durch Gutschrift auf dem Konto des Remittenten, ggf. nach Diskontierung durch die Gläubigerbank.18

J 5 Wechselprotest und Regressansprüche gibt es nur, wenn die Wechselforderung nicht erfüllt wird (Art. 43, 44 WG). Leistet der Akzeptant mit befreiender Wirkung, so erlischt die Primärschuld aus Art. 28 WG. Regressansprüche gegen Sekundärschuldner (Aussteller, Indossanten, Wechselbürgen und Ehrenannehmer) gem. Art. 47 WG i.V.m. Art. 9, 15, 32, 58 WG können nicht entstehen, ein Protest mangels Zahlung findet nicht 13 Siehe hierzu die den Entscheidungen des BGH v. 29.4.1974 – VIII ZR 200/72, WM 1974, 570 = NJW 1974, 1336 (ohne SV); v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = NZI 2007, 517 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469 zugrunde liegenden Sachverhalte; auch OLG Stuttgart v. 15.7.2008 – 10 U 147/07, ZInsO 2011, 232 = 2. Berufungsurteil in der Sache BGH IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 (NZB zurückgewiesen durch BGH v. 16.12.2010 – XI ZR 150/08); vgl. auch Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 4. Vgl. zum Wechselregress allg. Peters in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 64 Rz. 42 ff. 14 Vgl. etwa Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. 15 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 4; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 6; Kübler/Prütting/ Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5. 16 BGHZ 70, 177, 183 mit Verweis auf RGZ 71, 89, 90; BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = NZI 2007, 517 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469. 17 BGHZ 70, 177, 183: ebenso bei Verpflichtung der Geschäftsbank zur Gutschrift einzuziehender Kundenforderungen aufgrund Inkassovereinbarung. 18 BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 Tz. 25.

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II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO

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statt (Art. 43, 44 WG).19 Bei verspäteter Leistung erlöschen bereits entstandene Regressforderungen.20 Zahlt der Akzeptant trotz fristgerechter Vorlage des Wechsels bei Verfall hingegen nicht, ist zur Erhaltung des Rückgriffs gegen sekundäre Wechselschuldner Protest mangels Zahlung gem. Art. 43 ff. WG zu erheben.21 Ist allerdings über das Vermögen des Bezogenen das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so genügt zur Ausübung des Rückgriffsrechts die Vorlage des Eröffnungsbeschlusses (Art. 44 Abs. 6 WG). Dasselbe gilt bei einer so genannten nicht akzeptablen Tratte, d.h. bei einem Vorlegungsverbot i.S.d. Art. 22 Abs. 2 WG, wenn über das Vermögen des Ausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet wird (Art. 44 Abs. 6 WG).22 b) Begünstigte Zahlungen Vor diesem wechselrechtlichen Hintergrund begünstigt § 137 Abs. 1 InsO Zahlungen des Schuldners als Wechselverpflichteter, insbesondere als Akzeptant eines gezogenen Wechsels (Art. 28 WG) oder als Aussteller eines eigenen Wechsels (Art. 78 WG), ferner als Ehrenannehmer (Art. 58 WG) sowie als Bezogener, wenn er durch die nicht geschuldete Wechselzahlung (vgl. Art. 28 Abs. 1 WG) zugleich eine Verpflichtung aus dem Kausalgeschäft erfüllt.23 Darüber hinaus folgt aus der Bezugnahme des § 137 Abs. 1 InsO auf § 130 InsO, mithin aus der Voraussetzung einer an sich gegebenen Anfechtbarkeit wegen kongruenter Deckung, dass der Schuldner als Verpflichteter die Forderung eines Insolvenzgläubigers erfüllen muss.24

J6

Aus der weiteren, spezifisch wechselrechtlichen Voraussetzung des § 137 Abs. 1 InsO, dass ein Regressverlust möglich sein muss (s. unten J9), ergibt sich, dass der Schuldner den Wechsel nicht als einziger Wechselschuldner25 oder nur als selbständig Rückgriffsberechtigter eingelöst haben darf.26 Wechselzahlungen des Ausstellers eines gezogenen Wechsels oder des Indossanten fallen daher nicht unter § 137 Abs. 1 InsO, weil die Ablehnung der Zahlungsannahme durch den Empfänger keine wechselrechtlichen Nachteile für diesen hat.27 Für diese Erkenntnis kann aller-

J7

19 Vgl. Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 40 WG Rz. 8. 20 Vgl. Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 40 WG Rz. 8. 21 Vgl. Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 38 WG Rz. 8, Art. 43 WG Rz. 9 ff.; dort auch zum Protest vor Verfall, wenn also der Wechsel schon mangels Akzept oder mangels Sicherheit notleidend geworden ist. 22 Vgl. im Einzelnen Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 43 WG Rz. 14, 19, Art. 44 WG Rz. 12. 23 FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 3; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 6. 24 Zutreffend MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 5. 25 HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7 mit nur im Ergebnis zutreffendem Hinweis auf BGH v. 21.6.2007, s. dazu sogleich im Text. 26 MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 5 mit nur im Ergebnis zutreffendem Hinweis auf BGH v. 21.6.2007, s. dazu sogleich im Text. 27 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 6 a.E., 9. Wagner

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§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

dings nur im Ergebnis, nicht aber in der Sache auf das Urteil des BGH v. 21.6.200728 verwiesen werden.29 Denn in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt hatte die Schuldnerin als Akzeptantin den vom Aussteller an eigene Order gestellten und zum Diskont gegebenen Wechsel über ihre Bank am Verfallstag eingelöst. Eine Anwendung des § 137 InsO schied in diesem Fall also deshalb aus, weil die Zahlungsempfängerin als Ausstellerin des Wechsels an eigene Order durch Verweigerung der Annahme der Wechselzahlung mangels Vormänner (vgl. Art. 47, 49 WG) keinen Wechselanspruch gegen andere Wechselverpflichtete verlieren konnte,30 nicht dagegen, weil die Schuldnerin als Zahlende die einzige Wechselschuldnerin gewesen wäre.31

J 8 Die Anwendung des § 137 InsO kommt nicht nur bei Einlösung durch Barzahlung in Betracht, sondern grundsätzlich bei allen verkehrsüblichen, einer Barzahlung gleichstehenden Zahlungsweisen, sei es durch Überweisung, sei es durch Gutschrift auf dem Empfängerkonto im Regelfall des Wechseldiskonts32, ferner durch Erfüllungssurrogate, insbesondere durch Aufrechnung des Schuldners mit einer Gegenforderung gegen die Wechselforderung des Wechselinhabers ab Verfall des Wechsels (Art. 33 WG).33 Handelt es sich bei der Wechselforderung um die Gegenforderung des aufrechnenden Wechselgläubigers, ergibt sich das Fälligkeitserfordernis bereits aus § 387 BGB. Anders verhält es sich bei der Aufrechnung des Wechselschuldners, für die nach allgemeinen Regeln die Erfüllbarkeit der Hauptforderung genügen würde.34 Für Wechselforderungen folgt das Fälligkeits- oder Verfallserfordernis jedoch aus Art. 40 Abs. 1 WG, mithin daraus, dass der Wechselinhaber nicht verpflichtet ist, eine Zahlung vor Verfall anzunehmen.35 Dies gilt ungeachtet dessen, dass eine vorzeitige Zahlung resp. Aufrechnung eine inkongruente Deckung darstellen, ggf. zur Anfechtung nach § 131 InsO berechtigen und deshalb nicht unter § 137 InsO fallen würde. Schließlich kommen auch Teilzahlungen in Betracht, da der Empfänger diese als Wechselinhaber annehmen

28 BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469 m. Anm. Kreft, WuB VI A. § 130 InsO 1.08. 29 So aber MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 5 mit Fn 10. 30 Zutreffend BGH, a.a.O., Tz. 5, 21. 31 Vgl. zu den Rechtsbeziehungen beim Wechseldiskont Baumbach/Hefermehl/ Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen, 23. Aufl., Anh. Art. 11 WG Rz. 16 ff.; auch Peters in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 64 Rz. 42 ff. (Regress), § 65 Rz. 12 f., 16 ff. 32 So im Fall BGH v. 21.6.2007, a.a.O. 33 Allg.M., vgl. etwa MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 6; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 5 m.V.a. BGH NJW 1970, 41, 42; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 2; Leonhardt/ Smid/Zeuner, § 137 Rz. 6, jew. m.w.N. 34 Vgl. statt vieler Erman/Wagner, BGB, 13. Aufl., § 387 Rz. 21. 35 BGH v. 29.9.1969 – II ZR 51/67, NJW 1970, 41, 42; BGH v. 11.10.1990 – I ZR 6/89, MDR 1991, 319 = WM 1991, 76, 78.

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II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO

Rz. 10 J

muss (vgl. Art. 39 Abs. 2 WG), um nicht den Regress hinsichtlich des angebotenen Betrages zu verlieren.36

2. Notgedrungene Zahlungsannahme a) Verlust des Rückgriffsrechts Nach § 137 Abs. 1 InsO privilegiert ist nur die wechselrechtlich erforderliche, d.h. notgedrungene Zahlungsannahme, um einen Verlust von Regressansprüchen zu vermeiden. Abs. 1 formuliert diese objektive Voraussetzung mit den Worten: „…, wenn nach Wechselrecht der Empfänger bei einer Verweigerung der Annahme der Zahlung den Wechselanspruch gegen andere Wechselverpflichtete verloren hätte.“ Nimmt der Wechselgläubiger die angebotene Zahlung an und wird diese nach § 130 Abs. 1 InsO erfolgreich angefochten, sind die nach § 144 InsO wieder auflebenden Wechselansprüche wertlos, weil der Wechselprotest unterblieben und wegen Versäumung der Ausschlussfrist des Art. 44 WG nicht nachholbar ist.37 Nimmt der Zahlungsempfänger die Leistung des Schuldners aber nicht gleichsam von Gesetzes wegen (Henckel) an, sondern aufgrund einer besonderen Vereinbarung, so fehlt es an der erforderlichen Zwangslage mit der Folge, dass eine Anfechtung nicht nach § 137 Abs. 1 InsO ausgeschlossen ist.38

J9

Der rechtzeitige Protest ist eine notwendige Voraussetzung des Rückgriffs; er begründet zwar nicht den Rückgriffsanspruch selbst, erhält aber das insbesondere nach Art. 9, 15, 32, 58 WG bereits bestehende Rückgriffsrecht gegen Aussteller, Indossanten etc.39 Mit der Versäumung der Ausschlussfristen für die Erhebung des Protestes mangels Zahlung verliert der Wechselinhaber nach Art. 53 Abs. 1 WG seine Rechte gegen alle Rückgriffsschuldner. Ein eigener Wechsel, bei dem der Aussteller sich selbst zur Zahlung der Wechselsumme verpflichtet hat (Art. 75), ist zur Vermeidung des Verlustes des Rückgriffsrechts gegen den Indossanten dem Aussteller vorzulegen und mangels Zahlung zu protestieren (Art. 38 Abs. 1, 44 Abs. 3, 53, 77 Abs. 1, 78 WG).40 Rückgriffsschuldner sind die Indossanten, der Aussteller und die anderen Wechselverpflichteten (Art. 43 WG), namentlich Wechselbürgen (Art. 32), die sich für Indossan-

J 10

36 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 13. 37 Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 3 a.E. 38 RG LZ 1914, 1374 Nr. 9; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 7; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 8; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 3. 39 BGHZ 21, 155, 166 f.; Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützen Zahlungen, 23. Aufl., Art. 44 WG Rz. 2; vgl. auch Peters in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 64 Rz. 42 ff. 40 BGHZ 21, 155, 163. Wagner

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§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

ten oder Aussteller verbürgt haben, und Ehrenannehmer (Art. 58).41 Dagegen haben der Akzeptant als Primärschuldner und sein Wechselbürge dem Aussteller und allen späteren Inhabern für die Wechselschuld unmittelbar einzustehen, d.h. den Wechsel bei Verfall einzulösen (Art. 28, 32). b) Grenzen

J 11 Wechselgläubiger verlieren ihre Rückgriffsansprüche, wenn sie eine rechtzeitig angebotene Wechselzahlung ablehnen und deshalb nicht Protest erheben können (vgl. Art. 43 f., 47 WG). Von dieser Nichtannahme der Zahlung begrifflich zu unterscheiden ist die nach Art. 43 Abs. 2 Nr. 1 WG zum Protest mangels Annahme vor Verfall berechtigende Nichtannahme des Wechsels durch den Bezogenen (vgl. Art. 28 WG). § 137 InsO koordiniert die an die Nichtannahme der Zahlung anknüpfenden Besonderheiten des wechselrechtlichen Regresses mit dem Recht der Insolvenzanfechtung, insbesondere mit dem Grundsatz, dass die Benachteiligung der Insolvenzgläubiger von demjenigen ausgeglichen werden muss, der aufgrund der benachteiligenden Handlung (hier der Begebung des Wechsels) etwas erlangt hat (hier Deckung für die Wechselforderung).42 § 137 InsO steht einer Rückforderung aufgrund einer Anfechtung nach § 130 InsO nicht entgegen, wenn der Zahlungsempfänger als Aussteller eines auf den Schuldner gezogenen und von diesem akzeptierten Wechsels keinen wechselrechtlichen Rückgriffsanspruch gegen andere Wechselverpflichtete durch Verweigerung der Annahme der Wechselzahlung verlieren konnte, weil es keine anderen Vorleute gab.43

J 12 Demnach ist eine Zahlungsannahme nicht erforderlich, § 137 InsO also unanwendbar, wenn der Wechselinhaber nach Art. 46 Abs. 1 und 3 Satz 1 Hs. 1 WG von der Protesterhebung wirksam befreit ist (Protesterlass).44 Dabei ist zu beachten, dass der Erlass nur dann gegenüber allen Wechselverpflichteten wirkt, wenn der Befreiungsvermerk vom Aussteller beigefügt worden ist (Art. 46 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 WG); stammt er von einem Indossanten oder von einem Wechselbürgen, so wirkt er nur diesen gegenüber (Art. 46 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 WG). § 137 InsO ist also anwendbar, wenn Regresspflichtige vorhanden sind, gegen die der Protesterlass nicht wirkt.45 Die Zahlungsannahme ist dagegen nicht mehr erforderlich, wenn Protest bereits wirksam erhoben ist, weil dann die Rückgriffsrechte 41 Vgl. näher Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützen Zahlungen, 23. Aufl., Art. 43 WG Rz. 5; Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 43 WG Rz. 1. 42 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18. 43 BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469, 1470 Tz. 21 mit Anm. Kreft, WuB VI A § 130 InsO 1.08. 44 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 8; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. 45 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 8.

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II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO

Rz. 14 J

bereits gesichert sind.46 Desgleichen, allerdings mit gegenteiligen Folgen, wenn die Frist zur rechtzeitigen Protesterhebung versäumt worden ist.47 c) Keine analoge Anwendung § 137 InsO ist auf andere Wertpapiere als Wechsel und Scheck nicht entsprechend anwendbar,48 mögen sie auch wie kaufmännische Orderpapiere des § 363 HGB durch Indossament übertragbar sein. Denn ihnen fehlt die Garantiefunktion49 und damit die für § 137 InsO notwendige Möglichkeit eines Verlusts des Rückgriffsanspruchs bei Nichtannahme der angebotenen Zahlung. Es fehlt mit anderen Worten an einem vergleichbaren Dilemma des Gläubigers.50

J 13

§ 137 InsO ist auch nicht entsprechend anwendbar auf andere Sicherheiten, insbesondere bei einer durch Bürgschaft gesicherten Forderung, genauer: auf die Befreiung von einer Bürgschaftsschuld bei nicht anfechtbarer Befriedigung des Gläubigers durch den Hauptschuldner.51 Die Vorschrift lässt sich nicht erstrecken auf Gläubiger, die im Falle der Nichtzahlung der Hauptforderung eine (Ersatz- oder Sicherungs-)Forderung gegen einen Dritten, insbesondere gegen einen Bürgen haben. Auch solche Regressgläubiger befinden sich nicht in einer vergleichbaren Zwangslage; die verlieren nicht ihren Rückgriffsanspruch, falls sie die angebotene Zahlung nicht annehmen.52 Nichts anderes gilt für den Fall, dass der Wechselgläubiger die Zwangsvollstreckung aus dem Wechsel betreibt und sich auf diesem Wege eine (inkongruente) Deckung verschafft. Ungeachtet deren Inkongruenz und Anfechtbarkeit nach § 131 InsO kommt § 137 InsO auch deshalb nicht zur Anwendung, weil der Gläubiger keinen Rückgriffsanspruch verliert, wenn er die Zwangsvollstreckung unterlässt, nachdem er den Wechsel hat protestieren lassen.53

J 14

46 RGZ 40, 40, 43; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 9, 10; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. 47 MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 9; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. 48 BGH v. 24.10.1973 – VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354 = NJW 1974, 57, jurisRz. 13. 49 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 17; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 4; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 2; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5. 50 Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5. 51 BGH v. 24.10.1973 – VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354 = NJW 1974, 57 zu § 40 Abs. 2 KO. 52 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 17; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5; FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 2 a.E. 53 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 17. Wagner

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J Rz. 15

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

3. Rechtsfolgen

J 15 Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 137 Abs. 1 InsO erfüllt, kann die Zahlung des Schuldners nicht nach § 130 InsO angefochten werden, auch nicht nach § 132 InsO, soweit dieser Anfechtungsgrund einschlägig ist (s. Rz. E24, E47, E53). Ausgeschlossen ist lediglich die Anfechtung des Erfüllungsgeschäfts, genauer: der Zahlung als Erfüllungshandlung, nicht dagegen die Anfechtung des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts und auch nicht die Eingehung der Wechselschuld durch Akzeptleistung (Art. 28 WG). Wird die (Eingehung) der Wechselverpflichtung nach §§ 130, 131 InsO wirksam angefochten, ist der Zahlungsempfänger nicht durch § 137 Abs. 1 InsO geschützt. Er hat die Wechselsumme vielmehr nach § 143 InsO zurückzugewähren.54 Nicht gehindert ist auch eine Anfechtung nach § 131 InsO. Eine inkongruente Deckung ist z.B. anzunehmen, wenn der Schuldner vor Verfall zahlt, weil der Empfänger die vorzeitige Zahlung nicht annehmen muss, um etwaige Rückgriffsrechte zu erhalten; ferner dann, wenn der Wechselgläubiger die Wechselsumme im Wege der Zwangsvollstreckung beitreibt, ohne vorher Protest erhoben zu haben.55 Unberührt bleiben weitere Anfechtungstatbestände, insbesondere Vorsatz- und Schenkungsanfechtung (§§ 133, 134 InsO).

J 16 Kommt § 137 Abs. 1 InsO nicht zur Anwendung mit der Folge, dass eine Wechselzahlung zurückzugewähren ist, so sind wiederum wechselrechtliche Besonderheiten zu beachten. Hatte der Schuldner einen bereits mangels Zahlung zu Protest gegangenen als regresspflichtiger Indossant eingelöst, muss der Zahlungsempfänger den erhaltenen Betrag nur gegen Rückgabe des quittierten Wechsels nebst Protesturkunde zur Insolvenzmasse zurückgewähren, damit er selbst Rückgriff suchen kann.56

4. Fallgruppen a) § 137 InsO ist anwendbar in folgenden Fällen

J 17 – Schuldner zahlt als Akzeptant eines gezogenen Wechsels, Art. 28 WG – Schuldner zahlt als Aussteller eines eigenen Wechsels, Art. 78 WG – Schuldner zahlt als Vollmachtsindossatar, Art. 18 WG – Schuldner zahlt als Domiziliat, Art. 27 WG57 54 HM (Einheitstheorie), vgl. nur MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 10; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 8; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 12; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5. Nach aA folgt die Rückzahlungspflicht aus §§ 812 ff. BGB, vgl. dafür Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 14. 55 Vgl. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 15. 56 Vgl. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 16. 57 FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 3; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1; Zeuner, Anfechtung, Rz. 108. Zu notwendigen Differenzierungen s. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 6: nur in der Insolvenz des Bezogenen; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 6:

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II. Ausschluss der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 132 InsO

Rz. 18 J

– Schuldner zahlt als Ehrenannehmer, Art. 61 WG – alle verkehrüblichen Zahlungsweisen (Barzahlung, Überweisung und dgl.)58 – Aufrechnung des Schuldners gegen die Wechselforderung ab Verfall59 b) § 137 InsO ist nicht anwendbar in folgenden Fällen

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– (andere, nicht indossable) Wertpapiere ohne Garantiefunktion60 – Zahlungsempfänger ist kein

Insolvenzgläubiger61

– Zahlungsempfänger ist Aussteller und zugleich Remittent des Wechsels, Art. 3 Abs. 1 WG62 – Zahlungsempfänger ist letzter oder einziger Rückgriffsberechtigter (Rückgriffsrecht kann mangels Vormänner nicht entstehen)63 – Schuldner (Zahlender) ist einziger Rückgriffsverpflichteter (Rückgriffsrecht kann nicht entstehen)64 – Zahlung nach rechtzeitiger Protesterhebung (Rückgriffsrecht schon gesichert)65 – Zahlung nach Ablauf der Protestfrist (Rückgriffsrecht bereits verloren)66

58 59 60 61 62

63

64

65 66

nicht im Regelfall der Zahlung für fremde Rechnung; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 5. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 6; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. RGZ 58, 105, 109; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 5; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 4; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZIP 2007, 1469 mit Anm. Kreft, WuB VI A § 130 InsO 1.08; OLG Stuttgart v. 15.7.2008 – 10 U 147/07, ZInsO 2011, 232 (= 2. Berufungsurteil in der Sache BGH IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344). RGZ 40, 40, 41; BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469, 1470 Tz. 21 mit Anm. Kreft, WuB VI A § 130 InsO 1.08; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 9, 11; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 7; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 3; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. RGZ 40, 40, 41; BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 = ZIP 2007, 1469, 1470 Tz. 21 mit Anm. Kreft, WuB VI A § 130 InsO 1.08; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 9, 11; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. RGZ 40, 40, 43; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 9; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 8; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 9; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 8; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. Wagner

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J Rz. 18

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

– Wirksamer Protesterlass, Art. 46 WG (keine Zwangslage, Inhaber kann Zahlung zurückweisen)67 – das Kausalgeschäft ist wirksam angefochten68

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner – Anspruch auf Ersatzrückgewähr (§ 137 Abs. 2) 1. Zweck, Gegenstand und Umfang des Rückgewähranspruchs a) Zweck

J 19 Nach hM hat der durch Abs. 2 normierte Anfechtungsanspruch gegen den letzten Regressschuldner, der nicht mit dem Empfänger der Zahlung identisch ist, den Zweck, die Insolvenzmasse vor einer missbräuchlichen Umgehung der Insolvenzanfechtung zu schützen. Die Vorschrift verdankt ihre Entstehung mit anderen Worten der Regelung des Abs. 1. Dahinter steht die Vorstellung, ein Gläubiger könne die Anfechtung umgehen, indem er trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrages einen Wechsel auf den Schuldner zieht und verkauft, oder sich einen Scheck ausstellen lässt und diesen weitergibt.69 Handelt der letzte Rückgriffsverpflichtete für einen Dritten, ist dieser zum Ausgleich verpflichtet.70

J 20 Führt man die ratio legis hingegen auf allgemeine Billigkeitserwägungen und den Grundsatz zurück, dass der letzte „Bereicherte“ die Gläubigerbenachteiligung auszugleichen habe,71 so bedarf es keiner Legitimation des Erstattungsanspruchs aus dem Gedanken der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) oder dem der Gesetzesumgehung (§§ 134, 138 BGB). Dezidiert wendet sich daher Henckel gegen die Annahme, § 137 Abs. 2 InsO diene der Abwehr eines Missbrauchs oder von „Schleichhändeln“; die Vorschrift enthalte vielmehr eine zweckgerechte Anpassung der besonderen Insolvenzanfechtung an das Wechselrecht, die auch dann greife, wenn der letzte Regresspflichtige nicht in böser Absicht, sondern lediglich in Kenntnis der Krise gehandelt hat.72 Soll die Vorschrift verhindern, dass der letzte Regressschuldner in Kenntnis der Krise das Risiko

67 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 8; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 8; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 7; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 2. 68 MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 10; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 5. 69 Hahn, Mot. KO, S. 140 zu § 27; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 5; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 3. 70 Hahn, Mot. KO, S. 141 zu § 27; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 3. 71 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 1; Kübler/Prütting/ Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 9. 72 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18 mit Fn. 24.

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Wagner

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner

Rz. 22 J

der Insolvenz des Wechselschuldners auf einen anderen verlagert,73 so liegt darin wiederum eine Annäherung an den Missbrauchsgedanken der hM. Überwiegend wird daher mit Recht eine Kombination beider Regelungsziele zur Bestimmung des Norminhalts herangezogen.74 b) Gegenstand § 137 Abs. 2 InsO bezeichnet als Erstattungsgegenstand die gezahlte Wechselsumme. Der Anfechtungsanspruch entspricht demjenigen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO; sein Umfang bestimmt sich nach der herrschenden Einheitstheorie gem. § 143 InsO.75 Danach muss der Anfechtungsgegner zur Insolvenzmasse alles zurückgewähren, was dem Vermögen des Schuldners durch die anfechtbare Handlung entzogen worden ist (s. Rz. P47, P51). Der Schuldner hat aus seinem Vermögen nicht nur die Wechselsumme weggegeben, sondern auch die gezahlten Nebenleistungen. Der Ersatzanspruch geht somit auf Rückgewähr der gezahlten Wechselsumme, einschließlich Zinsen und Kosten. Die Anspruch ist also weder auf die reine Wechselsumme beschränkt, wie der Gesetzestext vermuten lassen könnte, noch auf das, was der letzte Rückgriffsschuldner durch die Begebung des Wechsels erlangt hat.76 Auch in diesem Zusammenhang zeigt sich die Funktion der Vorschrift als Wiederherstellung der von § 137 Abs. 1 InsO suspendierten Deckungsanfechtung der Wechselzahlung des Schuldners.

J 21

c) Umfang Die Quasi-Akzessorietät der Ausnahmebestimmung des § 137 InsO gilt auch für den ersatzweisen Anspruch gegen den letzten Rückgriffsverpflichteten. Aus dieser in der Bezugnahme auf § 130 InsO zum Ausdruck gebrachten Funktion des § 137 InsO folgt für den zeitlichen Anwendungsbereich des Abs. 2, dass der Erstattungsanspruchs nur besteht, soweit die Wechselzahlung als kongruente Deckung anfechtbar wäre. Ist der Tatbestand des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO nicht erfüllt, weil der Wechsel früher als drei Monate vor der Stellung des Eröffnungsantrags eingelöst wurde,77 oder scheidet die Deckungsanfechtung aus einem anderen Grund aus, so ist auch für einen Erstattungsanspruch nach § 137 Abs. 2 InsO kein Raum.

73 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18 a.E.; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 4, der aber letztlich für eine Kombination beider Zwecke eintritt. 74 Vgl. etwa Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 4, 5; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 10; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 9. 75 Vgl. etwa MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 18; HK-InsO/Kreft, § 137 § 143 Rz. 1, 4 ff.; HambK-InsO/Rogge, § 137 Rz. 12; anders Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 14: §§ 812 ff. BGB. 76 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 22; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 18. 77 Zeuner, Anfechtung, Rz. 109. Wagner

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J 22

J Rz. 23

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

J 23 Die Vorschrift soll eine unbillige Entlastung des letzten Regressschuldners verhindern, die dann einträte, wenn er infolge der Unanfechtbarkeit der Wechselzahlung nach Abs. 1 und dem mit der Zahlung verbundenen Ausschluss des Rückgriffs (Art. 43 Abs. 1 WG) im Genuss des Betrages bliebe, der ihm durch die Begebung des Wechsels zugeflossen ist.78 Die Vorschrift greift daher in teleologischer Anwendung nur ein, wenn dies tatsächlich der Fall ist. Hat der Wechselgläubiger den Wechsel in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners an einen Dritten verkauft,79 der vom Schuldner bei Fälligkeit und Vorlage bezahlt wird, so kann er nicht auf Kosten der Insolvenzgläubiger begünstigt werden. Hat der Regresspflichtige dagegen tatsächlich nichts erlangt, weil ihm die Eingehung der Wechselverpflichtung keinen adäquaten Vermögensvorteil verschafft hat oder wie bei der schenkweisen Hingabe des Wechsels keine entsprechende Ersparnis,80 so scheidet eine ersatzweise Haftung nach § 137 Abs. 2 InsO aus. Denn die Insolvenzanfechtung hat nicht die Aufgabe, der Insolvenzmasse Vorteile zu verschaffen, die sie ohne die anfechtbare Handlung nicht erlangt hätte.81 Das muss auch für die Ersatzanfechtung nach § 137 Abs. 2 InsO gelten.

2. Anfechtungsgegner

J 24 Die Anfechtung ist gegen den letzten Rückgriffsverpflichteten zu richten, also gegen denjenigen, in dessen Person die Reihe der Wechselverpflichteten (Garanten) beim Rücklauf des Wechsels (Regressschuldner) endet. Das ist derjenige, der bei wirksamem Protest mangels Zahlung letztlich hätte zahlen müssen,82 mit anderen Worten derjenige, der durch die Zahlung des Schuldners von seiner Rückgriffspflicht frei geworden ist. Bei einem vom Schuldner ausgestellten eigenen Wechsel also der erste Indossant, bei einem auf den Schuldner gezogenen Wechsel der Aussteller.83 Ist der Wechsel für Rechnung eines Dritten gezogen worden (sog. Kommissionswechsel, Art. 3 Abs. 3 WG), so ist dieser Dritte Schuldner des Erstattungsanspruchs.84 Das trifft z.B. auf den Kommittenten eines Kommissionswechsels zu, für dessen Rechnung der Wechsel.85 Die Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegners hängt also von den konkreten Umständen des zu beurteilenden Einzelfalls ab.86 78 79 80 81 82 83 84 85 86

Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 3. BK-InsO/Breutigam, § 137 Rz. 3; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 5. Vgl. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18. BGH v. 30.1.1986 – IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 96 = MDR 1986, 580; BGH v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228, 237 f. Rz. 25, 29; s. aber auch HK-InsO/Kreft, § 137 § 143 Rz. 19 f. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 9; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 6. HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 9; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 6; eingehend MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13 mwN. BK-InsO/Breutigam, § 137 Rz. 3 a.E. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13; eingehend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 21. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 20.

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Wagner

III. Anfechtung gegenüber dem letzten Regressschuldner

Rz. 26 J

Hat anstelle des Regresspflichtigen ein Nichtberechtigter wirksam über den Wechsel verfügt (Art. 16 Abs. 2 WG), kann gegen den Rückgriffsschuldner nur unter Rechtsscheingesichtspunkten angefochten werden.87 Das setzt voraus, dass die Regressverbindlichkeit des letzten Regressschuldners durch einen von ihm zurechenbar gesetzten Rechtsschein begründet worden ist.88 Im Anfechtungsprozeß kann der Insolvenzverwalter verpflichtet sein, dem Dritten oder dem an sich Rückgewährpflichtigen den Streit zu verkünden (vgl. §§ 72 ff. ZPO, § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB).89 Im Verfahren gegen den Aussteller hat dieser zu beweisen, dass die Wechselbegebung für Rechnung eines konkret zu bezeichnenden Dritten erfolgte.90 – Ist der letzte Regressschuldner oder der Dritte außerstande, die gezahlte Wechselsumme zu erstatten, so geht der Ausfall zu Lasten der Insolvenzmasse; der Insolvenzverwalter kann sich bei Zahlungsunfähigkeit des letzten Regressschuldners nicht an andere, nachrangige Rückgriffsverpflichtete, d.h. diesem vorangehende Garanten halten.91

J 25

3. Subjektive Anfechtungsvoraussetzungen Liegen die objektiven Anfechtungsvoraussetzungen vor, ist der Erstattungsanspruch dennoch nur begründet, wenn auch der subjektive Tatbestand erfüllt ist. Das ist nur der Fall, wenn der letzte Regressschuldner oder der Dritte zum Zeitpunkt der Wechselbegebung (nicht der Wechselzahlung) die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag kannte (Abs. 2 Satz 1). Der Regresspflichtige soll mithin nicht in jedem Fall, in dem eine Anfechtung der Wechselzahlung gegenüber dem Zahlungsempfänger an sich, gäbe es den Anfechtungsausschluss nach Abs. 1 nicht, möglich wäre, auch zur Erstattung verpflichtet sein.92 Selbst wenn der Zahlungsempfänger die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsbeschluss bei Empfang der Wechselsumme kannte und damit eine Anfechtung der Zahlung nach § 130 Abs. 1 InsO möglich wäre, aber durch § 137 Abs. 1 InsO ausgeschlossen ist, geht die Insolvenzmasse leer aus, wenn der Regresspflichtige bei Begebung des Wechsels davon nichts wusste. Darin liegt ein Grund für die geringe praktische Bedeutung der Vorschrift.93

87 MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13; eingehend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 21. 88 MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 18; Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützen Zahlungen, 23. Aufl., Einl. WG Rz. 30. 89 Zurückhaltender MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 13. 90 Vgl. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 21. 91 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 20; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 14; HK-InsO/Kreft, § 137 Rz. 9; Braun/Riggert, § 137 Rz. 11. 92 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 23. 93 Vgl. Braun/Riggert, § 137 Rz. 15, der darauf hinweist, dass Zahlungsempfänger und letzter Regressschuldner häufig Außenstehende sind, die von der wirtschaftlichen Krise des Schuldners keine Kenntnis haben. Wagner

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J Rz. 27

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

J 27 Maßgeblich ist nicht die Kenntnis des Zahlungsempfängers, sondern die Kenntnis des Anfechtungsgegners i.S.d. § 137 Abs. 2 InsO. Das Gesetz erstreckt also keineswegs die subjektiven Voraussetzungen der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO auf den surrogierenden Anspruch aus § 137 Abs. 2 InsO, sondern formuliert sie der Regelung des selbständigen Anfechtungsanspruchs gemäß neu. Dagegen konnte sich der Gesetzgeber für die Gleichstellung der Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen, mit einer Verweisung auf die entsprechende Regelung des § 130 Abs. 2 InsO begnügen (§ 137 Abs. 2 Satz 2 InsO).

J 28 Richtet sich der Anspruch gegen den Dritten, für dessen Rechnung der letzte Rückgriffsverpflichtete den Wechsel begeben hatte (vgl. Art. 3 Abs. 3 WG), so kommt es auf die Kenntnis des Dritten zur Zeit der Begebung an.94 Die Kenntnis seines Stellvertreters im maßgeblichen Zeitpunkt ist dem Anfechtungsgegner nach dem Rechtsgedanken des § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.95 Für die Wissenszurechnung gelten auch bei der Insolvenzanfechtung die allgemeinen Regeln.96

4. Folgen der Erstattungsleistung

J 29 Ansprüche des letzten Rückgriffsverpflichteten gegen seine Vorleute leben nach § 144 Abs. 1 InsO wieder auf, wenn er den Erstattungsanspruch erfüllt.97 Hat der Aussteller den Wechsel auf den Schuldner gezogen und indossiert, und hat der Schuldner wegen Abs. 1 anfechtungsfrei an den Indossatar gezahlt, so hat die Ersatzleistung des Ausstellers als letzter Regressverpflichteter zur Folge, dass seine Forderung gegen den Schuldner wieder auflebt und als Insolvenzforderung geltend gemacht werden kann.98

IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO) 1. Gegenstand und praktische Bedeutung der Verweisung

J 30 Abs. 3 sieht für Scheckzahlungen die entsprechende Anwendung der für Wechselzahlungen geltenden Absätze 1 und 2 des § 137 InsO vor. Denn Scheckgläubiger verlieren wie Wechselgläubiger ihre Rückgriffsansprüche gegen Aussteller und Indossanten, wenn sie eine ordnungsgemäß angebotene Scheckzahlung ablehnen und deshalb nicht Protest erheben 94 95 96 97

MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 17; eingehend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 21, 23. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 17; eingehend Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 23. Eingehend Zeuner, Anfechtung, Rz. 113 ff. MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 18; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 24; Uhlenbruck/ Hirte, § 137 Rz. 6 a.E. 98 Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 24.

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IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO)

Rz. 31 J

können (Art. 40 ScheckG). Wie beim Wechsel ist zwischen der Ausstellung und Begebung des Schecks durch den Schuldner und der Einlösung des Schecks durch den Schecknehmer, also zwischen der Zahlung mit Scheck und der Zahlung auf Scheck, zu unterscheiden, die jeweils selbständig anfechtbar sein können.99 Die Hingabe eines Schecks stellt eine Leistung erfüllungshalber (§ 364 Abs. 2 BGB) dar, mit der der Schuldner zur Befriedigung des Gläubigers eine neue Verbindlichkeit eingeht.100 Gleichwohl stellt die verkehrsübliche Bezahlung einer Schuld durch Hingabe eigener Schecks eine kongruente Deckung i.S.d. § 130 Abs. 1 InsO dar.101 Die (analoge) Anwendbarkeit des § 137 InsO auf Scheckzahlungen ist dennoch umstritten.102 Die Vorschrift betrifft nach hM nur Scheckzahlungen durch den Bezogenen. Da nach Art. 3 ScheckG der Scheck nur auf ein Kreditinstitut (Bank oder Sparkasse) gezogen werden darf (Art. 54 ScheckG), bei welcher der Aussteller ein Guthaben unterhält, ist die Vorschrift nach hM auf Bankinsolvenzen zugeschnitten.103 Dementsprechend kommt ihr – jedenfalls in wirtschaftlich ruhigeren Zeiten – nur geringe praktische Bedeutung zu.104 Nach einer verbreiteten, namentlich von Canaris vertretenen Gegenansicht ist die Vorschrift darüber hinaus auch im Insolvenzverfahren des Ausstellers anzuwenden.105 Dem sind in der konkursrechtlichen Literatur namentlich Uhlenbruck und Häsemeyer gefolgt.106 Dafür spricht bereits der Umstand, dass es sich bei dem Bankiersvorbehalt nach Art. 3 Satz 1, 54 ScheckG nur um eine das Deckungsverhältnis betreffende Sollvorschrift handelt, die der Wirksamkeit eines nicht auf eine Bank gezogenen Schecks nicht entgegensteht.107 Denn ob der Scheckinhaber Ansprüche aus dem Scheck erlangt, ob also eine Scheckverpflichtung wirksam 99 Vgl. BGH v. 11.7.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276, 278 Rz. 9 m. Anm. Kreft, WuB VI A. § 129 InsO 1.07 = MDR 2007, 861; Nobbe in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 60 Rz. 307 m.w.N. 100 BGH v. 11.7.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276, 278 f. Rz. 10 m.w.N. = MDR 2007, 861. 101 Vgl. BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 (139); v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45 = MDR 2008, 1361; Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 60 Rz. 308. 102 Vgl. etwa Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. 103 FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 7; Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 25; Uhlenbruck/ Hirte, § 137 Rz. 8; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 19; Braun/Riggert, § 137 Rz. 13; Kübler/Prütting/Bork/Schoppmeyer, § 137 Rz. 8; auch bereits Kilger/K. Schmidt, § 34 KO Anm. 3. 104 Kilger/K. Schmidt, § 34 KO Anm. 3; vgl. auch die Vorgenannten. 105 Canaris, BankvertragsR, 4. Aufl., Rz. 819. 106 Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl., § 34 Rz. 3; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54; tendenziell wohl auch Zeuner, Anfechtung, Rz. 110; Leonhardt/ Smid/Zeuner, § 137 Rz. 8. 107 Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützen Zahlungen, 23. Aufl., Art. 3 ScheckG Rz. 1; Bülow, WechselG, ScheckG, AGB, 4. Aufl., Art. 3 ScheckG Rz. 1. Wagner

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J 31

J Rz. 31

§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

begründet wurde, ist eine Frage des Valutaverhältnisses zwischen Inhaber und Aussteller.108 Dies folgt unmittelbar aus Art. 3 Satz 2 ScheckG, wonach die Nichtbeachtung der Vorschriften des Art. 3 Satz 1 ScheckG die Gültigkeit der Urkunde als Scheck nicht berührt.

2. Entsprechende Anwendung der Vorschriften für Wechselzahlungen a) Insolvenz der bezogenen Bank

J 32 Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn über das Vermögen der bezogenen Bank nach Zahlung das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Denn der Inhaber hat in diesem Fall keinen Rückgriffsanspruch mehr gegen den Aussteller (Art. 40 ScheckG).109 Als Zahlung des Schuldners gilt dabei auch die Gutschrift auf dem Konto des Empfängers, und zwar beim Barscheck, bei dem die Gutschrift eine kongruente Deckung darstellt, weil sie nach der Verkehrsanschauung der Barzahlung gleichsteht,110 wie beim Verrechnungsscheck, bei dem die Gutschrift der Barzahlung kraft Gesetzes gleichgestellt ist (Art. 39 Abs. 2 Satz 2 ScheckG).111 Eine Anfechtung nach § 130 InsO scheidet indessen schon deshalb aus, weil der Scheckinhaber Gläubiger der Bank sein muss.112 Angesichts des Akzeptverbotes nach Art. 4 ScheckG ist dies jedoch nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen einer Garantiehaftung der Bank vorliegen, wie beim früheren Scheckkartenscheck und bei dem bestätigten Scheck der Bundesbank (vgl. § 23 BBankG).113 In Betracht kommt ggf. eine Anfechtung nach § 132 InsO,114 die wiederum nach § 137 ausgeschlossen sein kann. – In der Insolvenz des ersten Schecknehmers ist der zweite Schecknehmer durch § 137 Abs. 3 InsO geschützt, wenn er den Scheck vor Eintritt der Insolvenz erhalten hat, da er bei Nichtannahme oder Nichtvorlage den Rückgriffsanspruch gegen den Aussteller verlieren würde.115 b) Insolvenz des Ausstellers116

J 33 Wird über das Vermögen des Ausstellers das Insolvenzverfahren eröffnet, nachdem die Bank gezahlt hat, und ist der Inhaber durch wirksames In108 109 110 111 112 113 114 115

Bülow, a.a.O., Art. 3 ScheckG Rz. 1. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 25; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 26; MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 20 m.z.N. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 25; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54. FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 7. FK-InsO/Dauernheim, § 137 Rz. 7 a.E. Zutreffend MK-InsO/Kirchhof, § 137 Rz. 20. Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 8; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.355; Zeuner, Anfechtung, Rz. 110; Leonhardt/Smid/Zeuner, § 137 Rz. 8. 116 Ausf. dazu Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 60 Rz. 301 ff.; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.351 ff.

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IV. Scheckzahlungen (§ 137 Abs. 3 InsO)

Rz. 35 J

dossament legitimiert, so ist die Vorschrift nach zutreffender Ansicht anzuwenden, die Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO also ausgeschlossen. Denn der Inhaber verliert durch die Zahlung der Bank den sonst bestehenden Rückgriff gegen den Indossanten (Art. 18, 40 ScheckG) und wird deshalb gegen die Anfechtung geschützt.117 Dies gilt unabhängig davon, ob die Bank mangels Guthabens des Ausstellers bei ihr (Art. 3 ScheckG) oder aufgrund des scheckrechtlichen Akzeptverbots (Art. 4 ScheckG) nicht zur Zahlung verpflichtet war und deshalb die Zahlung gegenüber dem Vorlegenden hätte verweigern können.118 Die Vorschrift erfasst dagegen nicht die Hingabe eigener Schecks (vgl. zunächst Rz. C56 f.). In der Erfüllung einer Geldschuld durch Begebung eines eigenen Schecks liegt zwar eine kongruente Deckung i.S.d. § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO.119 Für eine Anwendung des § 137 InsO fehlt es aber einem (weiteren) Rückgriffsverpflichteten, so dass der Verlust eines Rückgriffsrechts im Falle der Verweigerung der Zahlungsannahme nicht zu besorgen ist. Diese Ausnahmevorschrift erfasst erst recht nicht die Hingabe von Schecks Dritter (Kundenschecks), die dem Gläubiger nur eine inkongruente Deckung verschaffen könnte120 und damit schon tatbestandlich nicht unter § 137 InsO fiele (vgl. oben Rz. J1).

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3. Grenzen Wie bei Wechselzahlungen nach § 137 Abs. 1 InsO setzt ein Anfechtungsausschluss nach Abs. 3 auch bei Scheckzahlungen deren Anfechtbarkeit als kongruente Deckung i.S.d. § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO, ggf. nach § 132 InsO voraus (vgl. oben J1). Die Einlösung eigener Schecks durch die Bank kann daher ihr gegenüber schon mangels Gläubigerbenachteiligung nicht angefochten werden (§ 142 InsO, vgl. Rz. O20, O51).121 Gegenüber dem Schecknehmer ist danach zu unterscheiden, ob das Konto des Schuldners bei Einlösung (Gutschrift) debitorisch oder kreditorisch geführt wurde.122 Ein Anfechtungsausschluss kommt nur bei geduldeter 117 Vgl. Canaris, BankvertragsR, 4. Aufl., Rz. 819; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54. A.A. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 25. 118 Vgl. Canaris, BankvertragsR, 4. Aufl., Rz. 819; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.54; Uhlenbruck/Hirte, § 137 Rz. 1. A.A. Jaeger/Henckel, § 137 Rz. 25. 119 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 139 Rz. 46 = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse; v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45; v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, ZInsO 2007, 816 = MDR 2007, 1344 = ZIP 2007, 1469, 1470 Tz. 20 ff.; Nobbe in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 308 m.w.N. 120 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 324 = MDR 1994, 158; v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132, 136 Rz. 11; vgl. Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 309. 121 Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 313; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.355. 122 Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 313 ff.; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.355 ff. Wagner

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§ 137 InsO – Wechsel- und Scheckzahlungen

Überziehung in Betracht.123 Greift dagegen ein spezieller Anfechtungstatbestand ein, scheidet § 137 InsO aus. Dies wird verkannt, wenn z.B. eine Vorsatzanfechtung der Scheckzahlung nach § 133 InsO bejaht und zugleich § 137 InsO als Rechtsgrundlage herangezogen wird.124 So bewirkt die Hingabe eines Schecks des späteren Insolvenzschuldners innerhalb der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag zur Abwendung einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung regelmäßig eine inkongruente Deckung i.S.d. § 131 InsO.125

J 36 Instruktiv hierzu ist ein Urteil des OLG Koblenz vom 25.6.2010, das den Insolvenzverwalter für berechtigt hält, die durch mehrere Scheckübergaben gezahlten Beträge gemäß §§ 133, 137, 129 InsO zurückzufordern, weil die Scheckübergaben nach § 133 InsO anfechtbar waren. Im entschiedenen Fall hatte die Schuldnerin Schecks an den Gerichtsvollzieher übergeben, um die drohende Zwangsvollstreckung abzuwenden. Darin hat das Gericht zu Recht eine nach § 133 InsO anfechtbare selbstbestimmte Rechtshandlung gesehen.126 Die zutreffend bejahte Anfechtbarkeit der Zahlungen mittels Scheck hat aber nichts mit § 137 InsO zu tun. Denn diese Vorschrift erfasst schon nicht die Begebung eigener Schecks zur Bezahlung von Verbindlichkeiten und steht einer Anfechtung der Scheckeinlösung gegenüber dem Schecknehmer nicht entgegen.127 Sie greift vielmehr nur ein, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt sind, soweit es also um eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO geht. Die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO ist keinesfalls ausgeschlossen (vgl. oben Rz. J1).

V. Darlegungs- und Beweislast J 37 Die Beweislast für sämtliche Voraussetzungen der Anfechtung nach § 130 InsO und damit auch für die an ihre Stelle tretende Anfechtung nach § 137 Abs. 2 InsO (vgl. oben J1), einschließlich der Zahlungsunfähigkeit und des Eröffnungsantrags und deren Kenntnis seitens des Anfech123 Vgl. Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 315 mit heftiger Kritik („dogmatisch unhaltbar“) an BGH v. 6.10.2009 – IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317, 321 ff. Tz. 12 ff. = MDR 2009, 1357 = NJW 2009, 3362 = WM 2009, 2046; s. dazu auch Bitter, FS K. Schmidt, 2009, S. 123, 127 ff. 124 So aber OLG Koblenz v. 25.6.2010 – 10 U 924/09, UV-Recht Aktuell 2010, 851, juris-Rz. 30. 125 BGH v. 11.7.2007 – IX ZR 31/05, BGHZ 170, 276, 277 f. Rz. 7 m.w.N. = MDR 2007, 861. 126 OLG Koblenz v. 25.6.2010 – 10 U 924/09, UV-Recht Aktuell 2010, 851, jurisRz. 32 f. mit BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 128/08, MDR 2010, 522 = NJW 2010, 1671 = ZIP 2010, 191 m. Anm. Huber, EWiR 2010, 189. 127 Vgl. Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 316.

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V. Darlegungs- und Beweislast

Rz. 37 J

tungsgegners trägt der Insolvenzverwalter.128 Eine Ausnahme gilt auch hier, wenn der Anfechtungsgegner eine dem Schuldner nahe stehende Person i.S.d. § 138 InsO ist. Dieser gegenüber gilt auch hier kraft Verweisung die als tatsächliche Vermutung formulierte Umkehrung der Beweislast nach § 130 Abs. 3 InsO.129

128 BT-Drucks. 12/2443, S. 158 zu § 145; BGH v. 7.10.2010 – IX ZR 209/09, MDR 2011, 71 = ZInsO 2010, 2296 = ZIP 2010, 2307 Tz. 24. 129 Vgl. zu deren Problematik HK-InsO/Kreft, § 137 § 130 Rz. 35 ff. Wagner

487

K. § 138 InsO – Nahestehende Personen § 138 Nahestehende Personen (1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sind nahestehende Personen: 1. der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist; 1a. der Lebenspartner des Schuldners, auch wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Rechtshandlung eingegangen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist; 2. Verwandte des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners in aufund absteigender Linie und voll- und halbbürtige Geschwister des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners sowie die Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen; 3. Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner gelebt haben sowie Personen, die sich auf Grund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner über dessen wirtschaftliche Verhältnisse unterrichten können; 4. eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, wenn der Schuldner oder eine der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen Mitglied des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, persönlich haftender Gesellschafter oder zu mehr als einem Viertel an deren Kapital beteiligt ist oder auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung die Möglichkeit hat, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten. (2) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind nahestehende Personen: 1. die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind; 2. eine Person oder eine Gesellschaft, die auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten; 3. eine Person, die zu einer der in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen in einer in Abs. 1 bezeichneten persönlichen Verbindung steht; 488

Maier

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 2 K

dies gilt nicht, soweit die in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen kraft Gesetzes in den Angelegenheiten des Schuldners zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

9

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 Nr. 1–4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schuldner ist eine natürliche Person . . . . . . . . . . . . . aa) Ehegatte des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1 bb) Lebenspartner des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1a . . . . . . . . . cc) Verwandte, § 138 Abs. 1 Nr. 2 . . . . . . . . . . dd) In häuslicher Gemeinschaft Lebende, § 138 Abs. 1 Nr. 3 . . . . . . . . . .

11 11 11 11 13 14

Rz.

b) Gesellschaftsrechtliche Verbindungen, § 138 Abs. 1 Nr. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 . . . . . . . . . . . . a) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vergleichbare gesellschaftsrechtliche Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Dienstvertragliche Verbindung . . . . . . . . . . . . . . c) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 22 23 27 27 29 30

16

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes Die Vorschrift beruht tatbestandsmäßig auf den §§ 153 bis 155 des Regierungsentwurfs (RegE InsO 1992)1. Nach der Begründung zum Regierungsentwurf, der im § 153 von persönlich nahestehenden Personen spricht, soll die Vorschrift den Begriff „nahen Angehörigen“ im Sinne von § 31 Nr. 2 KO, § 4 Abs. 2, § 108 Abs. 2 VerglO ersetzen, erweitern und ergänzen. Im Zusammenhang damit steht die Vorschrift § 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GesO. Erweitert wird nach dem ursprünglichen Regierungsentwurf die Vorschrift § 31 Nr. 2 KO auch um den „früheren Ehegatten des Schuldners“, um somit eine Schlechterstellung von Verwandten im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 31 Nr. 2 KO auszuschließen.

K1

Aus dem Regierungsentwurf, der in § 153 RegE persönlich nahestehende Personen regelte sowie in § 154 gesellschaftsrechtlich nahestehende Personen und zudem in § 155 eine Definition für sonstige nahestehende Personen enthielt, wurde im Zusammenhang mit der später verabschiedeten Insolvenzordnung eine Vorschrift. § 138 Abs. 1 InsO regelt die Fälle, in

K2

1 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 161. Maier

489

K Rz. 2

§ 138 InsO – Nahestehende Personen

denen der Schuldner eine natürliche Person ist, Abs. 2 der Norm regelt all die Fälle, in denen der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft als Rechtspersönlichkeit ist.

K 3 Der Gesetzeswortlaut wurde hinsichtlich des Begriffes Lebenspartner im Sinne der Nr. 1a durch Gesetz vom 16.2.2001 erweitert2.

K 4 Eine weitere Ergänzung erfuhr die Vorschrift durch Gesetz vom

15.12.20043 sowie hinsichtlich Abs. 1 Nr. 3 und 4 durch das Gesetz vom 13.4.20074

K 5 Der Begriff der nahestehenden Person wird von der Insolvenzordnung als Beweislastregel an verschiedenen Stellen der Anfechtungsvorschriften erwähnt, vgl. § 130 Abs. 3, § 131 Abs. 2 Satz 2, § 132 Abs. 3, § 133 Abs. 2 sowie § 137 Abs. 2 Satz 2 InsO. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der Anfechtungsvorschriften eine Vermutungs-Beweislastregel gegenüber nahestehenden Personen im Sinne des § 138 InsO aufgestellt. Personen, juristische Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die die Tatbestandsvoraussetzungen des § 138 InsO erfüllen, haben aufgrund ihres Näheverhältnisses zum Schuldner, das entweder auf wirtschaftlichen Interessen oder familienrechtlicher Verbundenheit beruht, ein anfechtungsrelevantes Näheverhältnis zum Schuldner, das ihnen bestimmte Informationsmöglichkeiten einräumt. Aufgrund dieses Näheverhältnisses im Sinne des § 138 InsO sah sich der Gesetzgeber zur Erhaltung der Insolvenzmasse gehalten, den Begriff der nahestehenden Person im Sinne des § 138 InsO möglichst weit tatbestandsmäßig auszulegen und zudem eine Vermutungs-Beweislastregel bei Rechtsgeschäften des Schuldners mit nahestehenden Personen aufzustellen. Gerade die enge Beziehung des Schuldners zu nahestehenden Angehörigen wie auch Gesellschaften indiziert, dass Rechtsgeschäfte innerhalb der Krise des Schuldners makelbehaftet sind und dem Grundsatz par conditio creditorum zuwider laufen.

K 6 Der Begriff einer nahestehenden Person wird auch in § 162 Abs. 1 Ziffer 1 InsO genannt. Die Gläubigerversammlung soll beim Verkauf von Insolvenzmasse durch den Verwalter an eine nahestehende Person zustimmen. Will der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb des schuldnerischen Unternehmens oder Betriebsteile an nahestehende Personen übertragen, hat der Insolvenzverwalter die Zustimmung der Gläubigerversammlung einzuholen. Im Außenverhältnis ist allerdings jeglicher Verkauf an nahestehende Personen durch den Insolvenzverwalter auch bei fehlender Zustimmung der Gläubigerversammlung wirksam, vgl. § 164 InsO. 2 Gesetz v. 16.2.2001, BGBl. I, 266, 275 (LPartG). 3 Gesetz v. 15.12.2004, BGBl. I, 3396, 3404 (Gesetz zur Überarbeitung des LPartG). 4 Gesetz v. 13.4.2007, BGBl. I, 509, 510 (Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens).

490

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II. Allgemeines

Rz. 10 K

Das AnfG, dessen Anwendung nur außerhalb eines laufenden Insolvenzverfahrens möglich ist, vgl. § 1 AnfG, verweist in § 3 Abs 2 AnfG auf § 138 InsO. Allerdings gilt diese Verweisung nur im Zusammenhang mit entgeltlichen Verträgen.

K7

Systematisch ist die Vorschrift des § 138 InsO in zwei Alternativen unterteilt:

K8

Die Vorschrift des Absatzes 1 regelt die Fälle, in denen der Schuldner eine natürliche Person ist, Abs. 2 erfasst alle die Varianten, bei denen der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft oder Rechtspersönlichkeit ist, vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 InsO.

II. Allgemeines Der Gesetzgeber hat sich bemüht, durch Schaffung zahlreicher Tatbestandsmerkmale eine Vielzahl der in der Praxis auftretendem Sachverhaltskonstellationen zu erfassen. Es handelt sich um eine Norm des Anfechtungsrechts, die dazu dienen soll, unberechtigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen. Da die Vorschrift des § 138 InsO im Zusammenhang mit dem Insolvenzanfechtungsrecht zu sehen ist, begegnet eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Sachverhalte außerhalb der Anfechtungsvorschriften Bedenken. So hat beispielsweise die Rechtsprechung eine analoge Anwendung des § 138 InsO im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 39 InsO abgelehnt5. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der „Insidergedanke“ nicht herangezogen werden, den Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO über eine Anwendung des § 138 InsO zu erweitern. Die Vorschrift des § 138 InsO, so die Ausführungen des Bundesgerichtshofes, ist eine Umkehr der Beweislast zum Nachteil der nahestehenden Person. Gewährt allerdings eine nahestehende Person der Gesellschaft ein Darlehen, ist dies für sich genommen unverdächtig.

K9

Bei einer Zurechnung allein über § 138 InsO ist somit das unverdächtige Darlehen eines Dritten so behandelt, als stamme es aus dem Vermögen des Gesellschafters. Wie bereits bei der Vorgängervorschrift zum Konkursordnung wird die Rechtsprechung sicherlich vergleichbare Fälle in analoger Anwendung der Vorschrift zu lösen versuchen. Rechtsdogmatisch wird in jedem Einzelfall zu prüfen sein, ob eine planwidrige Gesetzeslücke vorliegt und schlussendlich, ob eine vergleichbare Interessenlage vorliegt.

K 10

5 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 131/10, DStR 2011, 681. Maier

491

K Rz. 11

§ 138 InsO – Nahestehende Personen

III. Einzelheiten 1. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 Nr. 1–4 a) Schuldner ist eine natürliche Person aa) Ehegatte des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1

K 11 Vom Wortlaut der Vorschrift ist es ausreichend, dass die Ehe vor Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung und ggfls. nach der anfechtbaren Rechtshandlung geschlossen wurde. Umfasst wird vom Wortlaut darüber hinaus auch der frühere Ehegatte des Schuldners, wenn die Ehe nicht früher als 1 Jahr vor der anfechtbaren Rechtshandlung aufgelöst wurde. Als Auflösungstatbestände kommen die Scheidung gem. § 1564 Abs. 1 BGB sowie die Aufhebung nach den Vorschriften der §§ 1313 ff. BGB, § 29 ff. 1 EheG in Betracht.

K 12 Nach dem Wortlaut der Vorschrift wurde der Widerspruch zu § 31 Nr. 2 KO, wonach Verwandte schlechter gestellt wurden als der frühere Ehegatte, beseitigt. Nach dem Regierungsentwurf soll die Fortdauer der durch die Ehe begründeten Angehörigeneigenschaft erst recht für den früheren Ehegatten selbst gelten. Allerdings sei geboten, die erleichterte Anfechtbarkeit sowohl gegenüber dem Ehegatten als auch gegenüber dessen Verwandten auf einen Zeitraum von einem Jahr Auflösung der Ehe zu begrenzen, weil bei einem noch längeren Zeitablauf eine besondere Informationsmöglichkeit nicht mehr unterstellt werden kann6. bb) Lebenspartner des Schuldners, § 138 Abs. 1 Nr. 1a

K 13 Die Einfügung der Lebenspartner in Nr. 1a erfolgte durch das Lebenspartnergesetz7 und schafft eine Gleichstellung der Ehe zur gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Erfasst von dieser Vorschrift sind nur gleichgeschlechtliche Gemeinschaften, die in der gesetzlich vorgeschriebenen Form eingegangen wurden. Auch beim Lebenspartner gilt bei Auflösung der Gemeinschaft die Jahresfrist, was aus der gesetzlichen Gleichstellung folgt. cc) Verwandte, § 138 Abs. 1 Nr. 2

K 14 Tatbestandsmäßig ist der Verwandtenbegriff in § 1589 BGB heranzuziehen, der eine Legaldefinition enthält. Der Begriff der Verwandtschaft orientiert sich damit grundsätzlich an der Abstammung. Das Verwandtschaftsverhältnis kann auch durch Adoption – gesetzlich als Annahme bezeichnet –, vgl. § 1754 BGB, begründet werden. Der Wortlaut der Vorschrift erfasst sowohl [Verwandte des Schuldners] [des in Nr. 1 bezeichne6 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 161. 7 Gesetz v. 16.2.2001, BGBl. I, 266, 275 (LPartG).

492

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III. Einzelheiten

Rz. 16 K

ten Ehegatten] oder [des in 1 Nr. a bezeichneten Lebenspartners in aufund absteigender Linie] und [voll- und halbbürtige Geschwister des Schuldners], [eines Ehegatten] oder [Lebenspartners] sowie die [Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen]. Eine eheähnliche Lebensgemeinschaft stellt keine Lebenspartnerschaft im Sinne dieser Vorschrift dar8. Nach richtiger Auffassung des Bundesgerichtshofes setzt der Wortlaut des § 138 Abs. 1 Nr. 1a InsO voraus, dass eine rechtsverbindliche Lebenspartnerschaft vorliegt und eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf faktische Lebensgemeinschaften abzulehnen ist. Aus Sicht des Bundesgerichtshofes begegnet die Differenzierung des Gesetzgebers zwischen rechtsverbindlichen und lediglich faktischen Lebensgemeinschaften keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Erfasst werden diese faktischen Lebensgemeinschaften regelmäßig über die Vorschrift des § 138 I Nr. 3 InsO dann, wenn eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Partnern vorliegt. Da die Vorschrift auf die Nummer 1 bzw. 1a verweist, ist die Jahresfrist nach Auflösung zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen gilt vom Wortlaut her die Jahresfrist der Nummer 1, 1a nicht, so dass deren Ehe im Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung des § 140 InsO bestanden haben muss9. Halbbürtig im Sinne des Gesetzes meint, dass Kinder bzw. Geschwister nur den Vater oder die Mutter „gemeinsam“ haben.

K 15

dd) In häuslicher Gemeinschaft Lebende, § 138 Abs. 1 Nr. 3 Mit dieser Vorschrift trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass in der Vergangenheit vor allem Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft von der Vorschrift des § 31 Nr. 2 KO nicht erfasst wurden10. Gleichwohl hat der Gesetzgeber die bereits in § 138 Abs. 1 Nr. 1 InsO normierte Jahresfrist in diese Vorschrift mit übernommen. Der Gesetzgeber wollte damit die bisherige planwidrige Lücke schließen. Da der Gesetzgeber die Lebenspartner bereits dem § 138 Abs. 1 Nr. 1a InsO eingefügt hat, unterfallen damit sämtliche Lebensgemeinschaften von Partnern verschiedenen Geschlechts regelmäßig der Nr. 311. Der unbestimmte Begriff der häuslichen Gemeinschaft12 ist anhand des Zwecks der Vorschrift auszulegen. Ausreichend ist diesbezüglich, dass eine Hausund Lebensgemeinschaft vorliegt, die den Umständen des Einzelfalls entsprechend zu einer persönlichen Nähe zum Schuldner führt. Zu fordern ist deshalb eine persönliche und räumliche Nähe13. Dieses „Näheverhältnis“ muss als Grundlage dienen können, Informationen auszutauschen. 8 9 10 11 12 13

Vgl. BGH v. 17.3.2011 – IX ZA 3/11, ZInsO 2011, 784. HK-Kreft, § 138 Rz. 9 InsO. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 161. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 138 Nr. 11. Vgl. § 2028 Abs. BGB. Palandt, § 2028, Rz. 1. Maier

493

K 16

K Rz. 16

§ 138 InsO – Nahestehende Personen

Ob tatsächlich Informationen vom Schuldner an die nahestehende Person gelangt sind, ist unbeachtlich. Ausreichend ist insofern, ob eine Information über wirtschaftliche Verhältnisse des Schuldners geflossen sein kann. Die bloße Informationsmöglichkeit wirkt nach dem Gesetz für den Zeitraum nach Ablauf eines Jahres, vgl. § 138 Abs. 1 Nr. 1. Zweckgemeinschaften wie Wohngemeinschaften sollen von dem Begriff der häuslichen Gemeinschaft nicht erfasst sein14.

K 17 Gleichfalls von Nr. 3 werden erfasst Personen, die sich aufgrund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner über dessen wirtschaftlichen Verhältnisse unterrichten können. Die Vorschrift hat Anfechtungsfälle im Auge, in denen der Schuldner Vermögen auf Dritte überträgt, zu denen ein dienstvertragliches Verhältnis besteht. Die bisherige Regelungslücke soll durch diese Vorschrift geschlossen werden15. Bisher waren dienstvertragliche Verbindungen im Zusammenhang mit Gesellschaften, nicht jedoch mit natürlichen Personen als Nähebeziehung im Gesetz ausgestaltet. Ob der Schuldner Dienstherr oder Dienstverpflichteter ist, spielt für den Tatbestand keine Rolle. Ausreichend ist das sich aus der Verbindung heraus ergebende Näheverhältnis. b) Gesellschaftsrechtliche Verbindungen, § 138 Abs. 1 Nr. 4

K 18 Auch diese Vorschrift soll nach der Intention des Gesetzgebers die bisherige Regelungslücke schließen. Bis zur Einführung dieser Vorschrift war nur geregelt, wer im Verhältnis zu einer Gesellschaft als nahestehende Person zu gelten hat. Ungeregelt war, wenn eine natürliche Person Vermögen an eine Gesellschaft überträgt, an der sie oder Personen der Nr. 1–3 beteiligt sind. Bis zur Einführung dieser Vorschrift behalf sich die Rechtsprechung mit einer Analogie16.

K 19 Die Vorschrift findet Anwendung auf alle juristischen Personen oder Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit. Voraussetzung ist, dass der Schuldner oder eine der in Nrn. 1 bis 3 genannten Personen entweder Organmitglied oder persönlich haftender Gesellschafter ist. Ist der Schuldner oder Personen der Nr. 1–3 dagegen am Unternehmen beteiligt, besteht bei einer 25 %igen Beteiligung die unwiderlegliche Vermutung über den Austausch oder die Möglichkeit zur Beschaffung von Informationen über die wirtschaftliche Lage des Schuldners. Wie bereits in § 138 Abs. 2 Nr. 2 dieser Vorschrift erfasst, ist nunmehr auch für die Nr. 4 ausreichend, wenn eine vergleichbare gesellschaftsrechtliche oder dienstvertragliche Verbindung besteht, die die Möglichkeit verschafft, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten. Dieser Fall soll nach dem schwer verständlichen Wortlaut nur einen Unterfall 14 Vgl. Hess, InsO, § 138 Rz. 32. 15 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 16/3227, 20. 16 Vgl. BGH v. 12.12.1985 – IX ZR 1/85, BGHZ 96, 352 = MDR 1986, 405.

494

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III. Einzelheiten

Rz. 23 K

der Beteiligungsquote sein, wenn also keine 25 %ige Beteiligung vorliegt, erfassen. Damit erfasst die Vorschrift auch Gesellschaften, an denen die nahe stehende Person des Schuldners (1 bis 3 dieser Vorschrift) zumindest mit 25 % beteiligt ist oder in einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung mit dieser Gesellschaft steht. Unerheblich ist zudem auch, ob die natürliche Person aufgrund ihrer Stellung die Möglichkeit hat, Einfluss auf die Geschäftsführung zu nehmen17. Auf die Wirksamkeit der Bestellung kommt es nicht an. Ausreichend ist insoweit, dass die betreffende Person das Unternehmen tatsächlich wie ein faktischer Geschäftsführer leitet18.

K 20

Aufsichtsorgan ist wie bei § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO auch jedes andere Aufsichtsgremium wie Beirat oder Verwaltungsrat19.

K 21

2. Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Handelt es sich beim Schuldner um eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeiten, so sind nahestehende Personen die in Nr. 1, 2 und 3 von § 138 Abs. 2 InsO der Vorschrift erfassten Personen bzw. Gesellschaften. Als juristische Personen gelten die Aktiengesellschaft, die GmbH, die eingetragene Genossenschaft und der eingetragene Verein sowie in der Praxis nicht all zu oft antreffende Kommanditgesellschaft auf Aktien. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 InsO ist der nicht rechtsfähige Verein insolvenzrechtlich einer juristischen Person gleichgestellt. Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit sind nach Maßgabe des § 11 Abs. 2 InsO die OHG, die KG, die Partnerschaftsgesellschaft, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Partnerreederei sowie die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung. Die Innengesellschaften sind nach dem Regierungsentwurf zur Insolvenzordnung deshalb vom Zweck der Vorschrift auszunehmen, da diese keine Rechtsbeziehungen zu Dritten begründen und deshalb ein Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht eintreten kann20.

K 22

a) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 1 Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans sowie persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners (Komplementär GmbH) gelten als nahestehende Personen. Vertretungsorgane sind insbesondere der Vorstand der Aktiengesellschaft sowie von Vereinen und Geschäftsführer der GmbH. Ausreichend ist, wenn eine fakultative Bestellung durch Gesell-

17 18 19 20

Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 138 InsO Rz. 12c. Vgl. Hamburger Kommentar – Rogge, § 138 InsO Rz. 10. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 138 InsO Rz. 14. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 112. Maier

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K 23

K Rz. 23

§ 138 InsO – Nahestehende Personen

schaftvertrag erfolgt ist21. Dies gilt insbesondere für Beiräte und Verwaltungsräte. Die gesellschaftsrechtliche Befugnis sowie die Aufgabenstellung dieser Personen begründen die Nähe zum Schuldner und belegen, dass diese aufgrund ihrer Stellung die Geschicke des Schuldners beeinflussen oder beeinflussen können. Damit wird unterstellt, dass sie entweder über umfassende und hinreichende Kenntnisse über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners verfügen oder aber sich diese beschaffen zu können. Das Näheverhältnis gilt unmittelbar nur zum Organmitglied. Auf andere Personen ist die Vorschrift nach Sinn und Zweck nicht anwendbar.

K 24 Vom Tatbestand Nr. 1 werden ebenfalls erfasst Personen, die zu mehr als am Kapital des Schuldners beteiligt sind. Zu § 31 Nr. 2 KO wurde die Ansicht vertreten, dass alle Gesellschafter und deren Angehörige grundsätzlich als nahe Angehörige des Gemeinschuldners im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 KO anzusehen sind22. Unerheblich hierbei war die Höhe der Beteiligung, so dass auch Minderheitsgesellschafter nahe Angehörige des Schuldners waren. Im Regierungsentwurf war demgegenüber im Hinblick auf die mit einem 25 %igen Anteil am Grundkapital bestehende Sperrminorität geschlossen worden, dass insoweit eine besondere Informationsmöglichkeit vorliegt. Insoweit wird der Gesellschafter nur dann als nahestehende Person angesehen, der mindestens mit 1/4 am Kapital des Schuldners beteiligt ist23. Da nach dem Gesetz der Anteil am Kapital gemeint ist, sind Gesellschafterdarlehen oder vergleichbare Gesellschafterleistungen nicht zu berücksichtigen. 1/4

K 25 Im Hinblick auf § 39 Abs. 5 InsO, der die Voraussetzungen einer nachrangigen Insolvenzgläubigereigenschaft bei einer 10 %igen Beteiligung am Kapital regelt, hat der Gesetzgeber in § 138 InsO eine mehr als 25 %ige Beteiligung vorausgesetzt. Der Hinweis im Regierungsentwurf auf die Möglichkeit der Sperrminorität vermag diesen Widerspruch nicht zu erklären. Ausschlaggebend ist nach den Motiven des Gesetzgebers die bloße Möglichkeit zur Informationsbeschaffung. Nach den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften ist grundsätzlich jeder Gesellschafter berechtigt, Auskünfte zu verlangen und beispielsweise auch bei einer Beteiligung von 10 % am Stammkapital die Einberufung der Gesellschafterversammlung zu verlangen, vgl. § 50 Abs. 1 GmbHG. Zurecht weist Hirte24 auf die gesellschaftsrechtliche Entwicklung hin und plädiert für eine generelle Absenkung der in § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO genannten Kapitalschwelle.

21 22 23 24

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 162. Vgl. BGHZ 58, 24. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 162. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 138 Rz. 28.

496

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Rz. 29 K

III. Einzelheiten

Erfasst wird darüber hinaus auch über den Wortlaut jede mittelbare Beteiligung am Kapital des Schuldners. Bereits im Regierungsentwurf25 wurde darauf hingewiesen, dass sowohl mittelbare als auch unmittelbare Kapitalbeteiligungen erfasst sein sollen, so dass Treuhandstellungen wie auch Zwischenschaltungen nach dem Zweck der Vorschrift erfasst sind. Gleiches dürfte im übrigen dann gelten, wenn mehrere nahe Angehörige (Familienverbund) an der Gesellschaft beteiligt sind26.

K 26

b) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 2 aa) Vergleichbare gesellschaftsrechtliche Stellung Eine vergleichbare gesellschaftsrechtliche oder dienstvertragliche Verbindung besteht nach dem Gesetzesmaterialien dann, wenn die nahestehende Personen herrschendes oder abhängiges Unternehmen ist. Die Abhängigkeit bestimmt sich anhand der Kriterien des § 17 Aktiengesetz27. Im Regierungsentwurf wurde noch auf § 17 Aktiengesetz ausdrücklich verwiesen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Vermutungsregelung des § 17 Abs. 2 Aktiengesetz.

K 27

Nach den Gesetzesmaterialien sind Schwestergesellschaften untereinander nicht als nahestehend anzusehen. Diese sind ggfls. ihrerseits von einem gemeinsamen Unternehmen abhängig, es kann jedoch nicht unterstellt werden, dass sie besondere Informationsmöglichkeiten in Bezug auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des jeweils anderen Unternehmens haben28. Ob hinsichtlich der Eigenschaft einer „nahestehenden Person“ auf die Vorschrift des § 18 Satz 1 Aktiengesetz rekurriert werden darf, ist zweifelhaft29.

K 28

bb) Dienstvertragliche Verbindung Eine dienstvertragliche Verbindung zum Schuldner besteht insbesondere dann, wenn der Schuldner im Unternehmen eine Position begleitet, die mit Informations- und Unterrichtungsmöglichkeiten einhergeht. Regelmäßig wird dies auf einen Prokuristen zutreffen30. Wirtschaftsberater, Rechtsberater und Steuerberater sind regelmäßig keine nahestehenden Personen im Sinne dieser Vorschrift31. Unter Satz 2 Nr. 2 fallen auch Sachverhaltskonstellationen bei denen Personen zwischen dem Schuldner und dem Anfechtungsgegner stehen und jeweils gegenüber diesen ein

25 26 27 28 29 30 31

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 162. Vgl. Münchener Kommentar, § 138 InsO Rz. 25. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 161. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 163. Vgl. Münchener Kommentar, § 138 InsO Rz. 32. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 162. BGH v. 11.12.1997 – IX ZR 278/96, MDR 1998, 426 = ZIP 1998, 247. Maier

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K 29

K Rz. 29

§ 138 InsO – Nahestehende Personen

Näheverhältnis begründen32. Verneint wurde das Näheverhältnis bei einem selbständig tätigen Wirtschaftsberater. c) Tatbestandliche Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Nr. 3

K 30 Personen, die zu einer der in Nr. 1 oder Nr. 2 des Absatzes 2 bezeichneten Personen in einem Führungs- oder Leitungsverhältnis stehen und eine nahestehende Person im Sinne des § 138 Abs. 1 InsO sind, werden unter Vorschrift der Nr. 3 erfasst. Eine Ausnahme macht das Gesetz für Angehörige, die Kraft Gesetzes zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Nach Ansicht des Gesetzgebers darf diesen Personen nicht unterstellt, dass sie ihre Verschwiegenheitsverpflichtung durch Weitergabe von Kenntnissen verletzt haben. Erfasst werden von dieser Vorschrift insbesondere Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, Geschäftsführer einer GmbH, Liquidatoren33. Die Anfechtung soll auch gegenüber allen Personen, die mit Gesellschaftern oder Organmitgliedern des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 verheiratet oder verwandt sind oder in häuslicher Lebensgemeinschaft stehen, ermöglicht werden.

32 BGHZ 129, 246, ZIP 1995, 1025. 33 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443, S. 163.

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L. § 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag § 139 Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag (1) Die in den §§ 88, 130 bis 136 bestimmten Fristen beginnen mit dem Anfang des Tages, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens beim Insolvenzgericht eingegangen ist. Fehlt ein solcher Tag, so beginnt die Frist mit dem Anfang des folgenden Tages. (2) Sind mehrere Eröffnungsanträge gestellt worden, so ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgeblich, auch wenn das Verfahren auf Grund eines späteren Antrags eröffnet worden ist. Ein rechtskräftig abgewiesener Antrag wird nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen worden ist. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

5

III. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 1. § 139 Abs. 1 InsO – Fristberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Maßgebender Eröffnungsantrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Berechnung des Anfechtungszeitraums . . . . . . . . . .

10 10

Rz.

2. § 132 Abs. 2 InsO – Mehrere Insolvenzanträge . . . . . . . . . . . . . . . a) Mehrere zulässige und begründete Anträge . . . . . . . . . . b) Frühere, für erledigt erklärte oder zurückgenommene Anträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO – Abgewiesene Anträge . . . . . . . .

16 16 20 28

10 14

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes Die Konkursordnung hatte keine Regelung über die Berechnung der Anfechtungsfristen enthalten. Man behalf sich vielmehr mit einer analogen Anwendung der §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 BGB.1 Im Zuge der Schaffung der Insolvenzordnung wurde mit § 139 Abs. 1 InsO eine Bestimmung über die Rückrechnung des für die Anfechtbarkeit maßgebenden Anfechtungszeitraums der jeweiligen Anfechtungstatbestände in das Gesetz eingefügt, die sich ebenfalls an die §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 und 3 BGB anlehnt.

1 Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 1. Schäfer

499

L1

L Rz. 2

§ 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag

L 2 Nach § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO ist der Anfechtungszeitraum nach dem ersten zulässigen und begründeten Antrag zu berechnen, wenn mehrere Eröffnungsanträge nacheinander gestellt wurden. Es ist nicht erforderlich, dass das Insolvenzverfahren aufgrund dieses Antrages eröffnet wurde, vielmehr ist allein entscheidend, dass der Antrag zur Verfahrenseröffnung geführt hätte, wenn er nicht mangels Masse rechtskräftig abgewiesen oder das Verfahren nicht aufgrund eines späteren Antrages eröffnet worden wäre. Durch § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO wird klargestellt, dass die Abweisung allein wegen unzureichender Masse erfolgt sein muss; aus anderen Gründen abgewiesene Anträge bleiben unberücksichtigt, auch wenn die Abweisung zu Unrecht erfolgte.2 Es kann somit im Anfechtungsprozess nicht geltend gemacht werden, ein früher abgewiesener Antrag sei zulässig und begründet gewesen und deshalb bei der Fristberechnung zu berücksichtigen, es sei denn, der Antrag wurde mangels Masse abgewiesen.3

L 3 § 139 Abs. 2 InsO geht nach der Gesetzesbegründung4 von folgenden beiden Fallgestaltungen aus: – Das Insolvenzverfahren wird unverzüglich aufgrund eines späteren Antrags eröffnet, weil dieser Antrag im Gegensatz zu den früheren Anträgen ohne weitere Ermittlungen entscheidungsreif ist. – Ein an sich zulässiger und begründeter Antrag ist allein wegen nicht ausreichender Masse (§ 26 Abs. 1 InsO) abgewiesen worden. Aufgrund eines späteren Antrages wird das Verfahren doch noch eröffnet, nachdem ein Kostenvorschuss eingezahlt wurde.

L 4 Die Anknüpfung an den ersten zulässigen und begründeten Insolvenzantrag bietet nach der Gesetzesbegründung den Vorteil der zeitlichen Vorverlegung der Anfechtbarkeit. Es werden insbesondere auch solche Deckungshandlungen von der besonderen Insolvenzanfechtung (vgl. §§ 130, 131 InsO) erfasst, die der Schuldner in den letzten drei Monaten vor einem zunächst mangels kostendeckender Masse abgewiesenen Antrag noch vorgenommen hat.5

II. Allgemeines L 5 § 139 InsO soll Zweifel bei der Ermittlung des für die einzelnen Anfechtungstatbestände der §§ 130–136 InsO maßgebenden Anfechtungszeitraums klären,6 für dessen Bestimmung seit dem Inkrafftreten der In2 3 4 5 6

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163. Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 2. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163. MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 1.

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II. Allgemeines

Rz. 9 L

solvenzordnung einheitlich auf die Stellung des Insolvenzantrages abzustellen ist.7 Im Fall der Insolvenz eines Kreditinstituts sind die Anfechtungsfristen allerdings nicht vom Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages, sondern gemäß § 46c KWG vom Tage des Erlasses sichernder Maßnahmen im Sinne des § 46a Abs. 1 KWG an zurückzurechnen.8 Bei der Prüfung der Frage, ob eine Rechtshandlung innerhalb des nach § 139 InsO zu berechnenden Anfechtungszeitraums vorgenommen wurde, ist zu beachten, dass es gemäß § 140 InsO genügt, wenn die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung innerhalb des Anfechtungszeiraums eingetreten sind. Erfordert die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts etwa eine Grundbucheintragung, so ist es nach § 140 Abs. 2 InsO erst vorgenommen, wenn die übrigen Voraussetzungen des Wirksamwerdens erfüllt sind, die Willenserklärung für den Schuldner bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins gemäß § 140 Abs. 3 InsO außer Betracht.9

L6

Die in § 139 Abs. 1 InsO in Bezug genommenen Fristen der einzelnen Anfechtungstatbestände sind materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anfechtbarkeit und haben somit nichts mit prozessualen Fristen oder Verjährungsfristen zu tun. Es kommt somit weder eine Hemmung noch eine Wiedereinsetzung entsprechend den §§ 233 ff. ZPO in Betracht.10 Auch § 193 BGB findet keine Anwendung, so dass es unerheblich ist, ob der Fristbeginn auf einen Sonnabend, Sonntag oder Feiertag fällt.11

L7

§ 139 InsO gilt auch außerhalb des Kapitels der Insolvenzanfechtung für die Berechnung des für die Rückschlagsperre gemäß § 88 InsO maßgebenden Zeitraums.12 Er gilt ferner im Rahmen des die Aufrechnung betreffenden § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, der die Unwirksamkeit der Aufrechnung in der Insolvenz nicht mehr von einer Anfechtung abhängig macht.13

L8

Für den Fall der Doppelinsolvenz von Gesellschaft und Gesellschafter ist zu beachten, dass sich die Berechnung des Anfechtungszeitraums im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Gesellschafters in analoger Anwendung des § 139 InsO nach dem früher gestellten Insolvenzantrag der Gesellschaft richtet.14 Da im Regelfall der Insolvenzantrag für die Gesell-

L9

7 8 9 10 11 12 13 14

Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 156. MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 3. Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 9. Vgl. BGH v. 7.4.1982 – VIII ZR 130/81, NJW 1982, 2003; Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 2. MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 7. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163. Vgl. BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, BGHZ 169, 158 ff. Vgl. BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 ff. – „KG-Doppelinsolvenz“. Schäfer

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L Rz. 9

§ 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag

schaft zu einem früheren Zeitpunkt gestellt wird als derjenige für den Gesellschafter, weil dieser gerade als Folge der sich anschließenden persönlichen Inanspruchnahme insolvent werden wird, bestünde die Gefahr von Regelungslücken, wenn gemäß § 139 Abs. 1 InsO auf die Stellung des Insolvenzantrages über das Vermögen des Gesellschafters abgestellt werden würde. Selbst wenn ein aus § 93 InsO i.V.m. den §§ 130, 131 InsO analog hergeleiteter Anspruch des Insolvenzverwalters der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Eröffnung der Gesellschafterinsolvenz ohne weiteres begründet wäre, könnte dem Rückgewähranspruch durch das über das Vermögen des Gesellschafters eröffnete Insolvenzverfahren nachträglich der Boden entzogen werden, falls der Antrag nach Ablauf der Fristen der §§ 130, 131 InsO gestellt werden würde. Aus der Bündelungsfunktion des § 93 InsO folgt deshalb, dass sich in der Gesellschafterinsolvenz in Bezug auf die Haftungsansprüche die kritische Zeit nach dem gemäß § 139 InsO maßgeblichen Insolvenzantrag der Gesellschaft berechnet, falls ein solcher Antrag demjenigen über das Vermögen des Gesellschafters vorausgegangen ist.15

III. Einzelheiten 1. § 139 Abs. 1 InsO – Fristberechnung a) Maßgebender Eröffnungsantrag

L 10 § 139 Abs. 1 InsO betrifft den Fall, dass ein Insolvenzantrag gestellt wurde, der auch zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens geführt hat. Ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens rechtskräftig, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Insolvenzantrag zulässig und begründet war, als er gestellt wurde.16 Eine zunächst fehlende Glaubhaftmachung schadet daher nur, wenn das Verfahren aufgrund eines späteren Insolvenzantrages eröffnet wurde (vgl. § 139 Abs. 2 InsO).17 Aber auch in dem Fall, dass die Verfahrenseröffnung noch nicht rechtskräftig ist, ist für die Fristberechnung auf den Eingang des Antrages bei einem unzuständigen Gericht abzustellen, wenn dieses das Verfahren auf entsprechenden Antrag des Gläubigers an das zuständige Gericht verweist, welches das Insolvenzverfahren eröffnet.18

L 11 Das Prozessgericht des Anfechtungsstreits ist nach herrschender Meinung im Grundsatz nur an den rechtskräftigen Beschluss des Insolvenz-

15 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 138/06, BGHZ 178, 171 ff. Rz. 20 f. 16 BGH v. 22.1.1998 – IX ZR 99/97, BGHZ 138, 40 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 9; Jaeger/Henckel, § 130 Rz. 109. 17 Uhlenbruck/Hirte, § 130 Rz. 39. 18 HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 6; Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 4.

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III. Einzelheiten

Rz. 14 L

gerichts über die Verfahrenseröffnung gebunden.19 Die Unzulässigkeit der Verfahrenseröffnung kann deshalb im Falle eines rechtskräftigen Eröffnungsbeschlusses im Anfechtungsprozess nur geltend gemacht werden, wenn ein Mangel (etwa fehlende Unterschrift des Richters)20 vorliegt, der zur Nichtigkeit des Eröffnungsbeschlusses führt.21 Nach anderer Auffassung soll das Prozessgericht im Anfechtungsprozess auch dann an den Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts gebunden sein, wenn dieser noch nicht rechtskräftig ist.22 Das Prozessgericht ist allerdings nach beiden Auffassungen nur dann an den Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts gebunden, wenn der frühere Antrag derjenige war, der zur Verfahrenseröffnung geführt hat; die Zulässigkeit und Begründetheit früherer Anträge, die nicht zur Verfahrenseröffnung geführt haben, hat das Prozessgericht gemäß § 139 Abs. 2 InsO selbst zu prüfen.23 Wurde ein Insolvenzverfahren aufgehoben oder eingestellt und danach ein neues Insolvenverfahren eröffnet, sind die zu dem beendeten Verfahren führenden Anträge überholt und bei der Berechnung der Anfechtungsfristen nicht zu berücksichtigen; maßgebend sind allein die das jeweils letzte Insolvenzverfahren betreffenden Anträge.24 Dies gilt jedoch nicht im Falle der Anordnung einer Nachtragsverteilung gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO, weil damit nur das frühere Verfahren fortgesetzt wird, so dass dafür auch die früheren Insolvenzanträge maßgebend bleiben.25

L 12

Ein im Ausland gestellter Insolvenzantrag, der zur Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens mit universellem Geltungsanspruch geführt hat, ist maßgebend, wenn es nach § 343 InsO anerkennungsfähig ist bzw. nach den Art. 16, 26 EuInsVO automatisch anerkannt wird.26

L 13

b) Berechnung des Anfechtungszeitraums Da es sich bei den Fristen der in § 139 Abs. 1 Satz 1 InsO genannten Anfechtungstatbestände um Monats- und Jahresfristen handelt, stellt die Bestimmung für die Fristberechnung im Grundsatz auf den Tag ab, der durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem der Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht einging. § 187 Abs. 1 BGB gilt nicht, so dass die Frist nicht schon vom Tag vor dem Eingang des Antrages, sondern erst vom Tag des Eingangs an zurückzurechnen ist.27 Ging der Insolvenzantrag 19 MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 10; HambKomm-InsO/Rogge, § 139 Rz. 5. 20 BGH v. 23.10.1997 – IX ZR 249/96, BGHZ 137, 49 ff. 21 BGH v. 22.1.1998 – IX ZR 99/97, BGHZ 138, 40 ff.; FK-InsO/Dauernheim, § 139 Rz. 3. 22 Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 3. 23 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 4; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 8, 10; Jaeger/ Henckel, § 139 Rz. 11. 24 Vgl. HambKomm-InsO/Rogge, § 139 Rz. 5; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 5. 25 MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 5. 26 Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 4; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 5. 27 MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 6. Schäfer

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L 14

L Rz. 14

§ 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag

etwa am 15. Tag eines Monats ein, so beginnen die Fristen ebenfalls am 15. Tag des Monats zu laufen, der sich bei einer Zurückrechnung um den entsprechenden Anfechtungszeitraum ergibt.28 Fehlt ein solcher Tag, so ist die Frist gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 InsO mit dem Beginn des folgenden Tages zurückzurechnen, um sicherzustellen, dass der maßgebende Anfechtungszeitraum möglichst volle Monate bzw. Jahre umfasst.29 Ging daher der Insolvenzantrag am 30. oder 31.3 ein, beginnt die Monatsfrist am 1.3., so dass im Ergebnis nur eine geringfügige Verkürzung der Monatsfrist eintritt, die hinzunehmen ist.30

L 15 Wird ein Insolvenzantrag mit der Bitte beim Insolvenzgericht eingereicht, dieses möge dessen Bearbeitung noch kurzfristig zurückstellen, ist der Antrag gleichwohl bereits mit der Einreichung als wirksam gestellt anzusehen31

2. § 132 Abs. 2 InsO – Mehrere Insolvenzanträge a) Mehrere zulässige und begründete Anträge

L 16 Wurden mehrere Insolvenzanträge gestellt, ist § 132 Abs. 2 InsO zu beachten. Nach dessen Satz 1 ist der erste zulässige und begründete Antrag maßgebend, auch wenn das Insolvenzverfahren aufgrund eines späteren Antrages eröffnet wurde. Die Beweislast für die Zulässigkeit und Begründetheit des früheren Antrages trägt der Insolvenzverwalter.32 Nach Satz 2 der Bestimmung wird ein rechtskräftig abgewiesener Antrag nur berücksichtigt, wenn er mangels Masse abgewiesen wurde.

L 17 Die Regelung in § 139 Abs. 2 InsO ist praktisch bedeutsam, da Insolvenzverfahren vielfach aufgrund eines späteren Insolvenzantrages eröffnet werden, wenn dieser ohne weitere Ermittlungen entscheidungsreif ist.33 Für die Verfahrenseröffnung kommt es nicht darauf an, ob früher gestellte Anträge zulässig und begründet waren. Anders ist dies jedoch im Bereich des Insolvenzanfechtungsrechts. Gäbe es die Bestimmung des § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht, so hätte die oben beschriebene Praxis eine erhebliche Einschränkung der Anfechtbarkeit zur Folge, da die herrschende Auffassung als „Eröffnungsantrag“ im Sinne der Anfechtungstatbestände im Grundsatz nur jenen Antrag ansieht, der auch letztlich zur Verfahrenseröffnung geführt hat.34 Wäre dagegen das Verfahren schon aufgrund 28 29 30 31 32

Vgl. HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 7. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 8. Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 3; HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 8. BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 ff. OLG Schleswig-Holstein v. 3.11.2006 – 1 U 120/06, ZInsO 2006, 1224 ff.; HambKomm-InsO/Rogge, § 139 Rz. 16; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 139 Rz. 9. 33 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163. 34 Vgl. BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290 ff. Rz. 6; Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 5.

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III. Einzelheiten

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eines früheren zulässigen und begründeten Insolvenzantrages eröffnet worden, so hätte auch die Anfechtbarkeit weiter zurückgereicht. Um diese zeitliche Vorverlegung der Anfechtbarkeit zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber § 139 Abs. 2 InsO geschaffen.35 Es genügt nach herrschender Meinung für die Anwendbarkeit des § 139 Abs. 2 Satz 1 InsO, wenn ein früherer Insolvenzantrag erst zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zulässig und begründet war.36 Nach anderer Auffassung soll dies nur dann hinnehmbar sein, wenn die Anfechtbarkeit von der Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung abhängt. Etwas anderes gelte jedoch dann, wenn die Anfechtung allein davon abhänge, ob die Rechtshandlung in einem bestimmten Zeitraum vor der Antragstellung vorgenommen worden sei. So dürfe etwa eine Rechtshandlung, die ein noch zahlungsfähiger Schuldner vornehme, nicht nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar sein, wenn innerhalb eines Monats ein Insolvenzantrag bei Gericht eingehe, der erst nach weiteren drei Monaten begründet sei, weil erst zu diesem Zeitpunkt ein Eröffnungsgrund vorgelegen habe.37 Die Krise werde nicht durch den Insolvenzantrag markiert oder bewirkt, sondern durch die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung.38 Die herrschende Auffassung sieht es im Übrigen als ausreichend an, dass jeder Insolvenzantrag unabhängig davon, auf welchen Insolvenzgrund er gestützt sei, hinreichend vor einer möglichen Insolvenz des Schuldners warne.39

L 18

Ein früher gestellter, zulässiger und begründeter Insolvenzantrag ist allerdings dann nicht für die Fristberechnung maßgebend, wenn zwischen diesem Antrag und dem zur Verfahrenseröffnung führenden Antrag der Eröffnungsgrund entfallen war.40 Bei wortlautgemäßer Anwendung des § 139 Abs. 2 InsO wäre der frühere Antrag zu berücksichtigen, ohne dass es auf eine „einheitliche Insolvenz“ oder einen näher zu bestimmenden zeitlichen Zusammenhang ankäme. Die Bestimmung ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einschränkend auszulegen; sie gilt nur innerhalb derselben (materiellen) Insolvenz des Schuldners. Ist nach der Abweisung eines Antrages mangels zureichender Masse (§ 26

L 19

35 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163; Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 10. 36 HambKomm-InsO/Rogge, § 139 Rz. 11; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 9; HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 37 Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 13; zweifelnd auch HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 10. 38 Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 6. 39 MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 9; HambKomm-InsO/Rogge, § 139 Rz. 11. 40 Vgl. BGH v. 14.10.1999 – IX ZR 142/98, NJW 2000, 211, 212; v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235 ff.; v. 2.4.2009 – IX ZR 145/08, ZIP 2009, 921 f. Rz. 7; Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 813 (847) Rz. 75; Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 139 Rz. 10. Schäfer

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L Rz. 19

§ 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag

InsO) der Insolvenzgrund behoben worden und später erneut eingetreten, kann der frühere Antrag nicht mehr ausschlaggebend sein.41 b) Frühere, für erledigt erklärte oder zurückgenommene Anträge

L 20 Der Bundesgerichtshof wendet § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechend an, wenn der frühere Eröffnungsantrag für erledigt erklärt oder zurückgenommen wurde. Ein wirksam für erledigt erklärter oder zurückgenommener Insolvenzantrag könne keine Grundlage für eine Anfechtung nach den §§ 130–136 InsO bilden, da auf einen solchen Antrag hin das Insolvenzverfahren ebenso wenig eröffnet werden könne wie auf einen rechtskräftig abgewiesenen Antrag hin.42 Dies gelte auch dann, wenn der Schuldner nach der Zurücknahme des ersten Antrages seine Zahlungsfähigkeit nicht wiedergewonnen habe.43 Aufgrund eines Umkehrschlusses aus § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO und aus Gründen der Rechtsklarheit soll dies auch dann gelten, wenn ein Insolvenzgrund ununterbrochen bis zur Insolvenzeröffnung fortbestanden hat.44

L 21 In einem Urteil vom 2.4.2009 hat der Bundesgerichtshof jedoch klargestellt, diese Rechtsprechung dürfe nicht dahingehend missverstanden werden, dass § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO bei jeglicher Erledigungserklärung entsprechend anzuwenden sei45: BGH-Urteil vom 2.4.2009 – ZIP 2009, 921 f.

L 22 Ein Gläubiger hatte am 24.8.2005 einen Insolvenzantrag gestellt. Im November 2006 wies das Gericht den Antragsteller auf das bei einem anderen Gericht laufende, auf einem Insolvenzantrag vom 20.9.2006 beruhende Eröffnungsverfahren hin und stellte einen Verweisungsantrag anheim. Auf Antrag des Gläubigers wurde das Verfahren durch Beschluss vom 3.1.2007 an das andere Gericht verwiesen. Nachdem der Gläubiger auf die zwischenzeitlich erfolgte Eröffnung des Insolvenzverfahrens hingewiesen worden war, erklärte er seinen Antrag am 14.6.2007 für erledigt. Die Parteien stritten um die Frage, ob für die Berechnung der Anfechtungsfristen der Insolvenzantrag vom 24.8.2005 oder jener vom 20.9.2006 maßgebend war.

L 23 Der Bundesgerichtshof weist zunächst auf seine Rechtsprechung hin, wonach § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO auch dann entsprechend anwendbar ist, wenn der fragliche Eröffnungsantrag für erledigt erklärt oder zurückgenommen wurde. Diese Rechtsprechung dürfe jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass bei jeglicher Erledigungserklärung § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO entsprechend anzuwenden sei. Denn dieser Rechtspre41 BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235 ff. Rz. 11. 42 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 145/08, ZIP 2009, 921 f. Rz. 10; v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290 ff. Rz. 6; v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 (180 ff.); v. 14.10.1999 – IX ZR 142/98, NJW 2000, 211 f. 43 BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290 ff. Rz. 6. 44 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 9a. 45 BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 145/08, ZIP 2009, 921 f.

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III. Einzelheiten

Rz. 26 L

chung hätten Fälle zugrundegelegen, in denen der Antragsteller später vom Schuldner befriedigt worden sei und aufgrund dessen seinen Antrag für erledigt erklärt oder zurückgenommen habe. In dem nunmehr entschiedenen Fall gehe es hingegen um einen Antrag, der durchaus eine Grundlage für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hätte bilden können, denn er sei noch zum Zeitpunkt des Eröffnungsbeschlusses zulässig und begründet gewesen. Ein solcher Eröffnungsantrag sei auch dann für die Berechnung der Anfechtungsfristen maßgebend, wenn er nach der Insolvenzeröffnung wegen prozessualer Überholung für erledigt erklärt worden sei. Es ist somit für das Verständnis der Regelungen in § 139 Abs. 2 InsO festzuhalten, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht genügt, wenn ein erster zulässiger und begründeter Insolvenzantrag gestellt wurde und bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund eines späteren Antrages eine ununterbrochene materielle Insolvenz des Schuldners bestanden hat. Es muss vielmehr der erste Insolvenzantrag auch formal bis zur Verfahrenseröffnung fortbestanden haben und ebenfalls geeignet gewesen sein, zur Verfahrenseröffnung zu führen.46

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Es liegt jedoch auf der Hand, dass Insolvenzgläubiger etwa im Falle der Stellung von „Kettenanträgen“ zum Zwecke der Druckausübung auf den Schuldner geneigt sein können, einen früheren Insolvenzantrag für erledigt zu erklären oder zurückzunehmen, um die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen – etwa bei unter Druck erbrachten Teilleistungen des Schuldners – zu vermeiden. Um missbräuchlichen Vorgehensweisen vorzubeugen, wird daher im Schrifttum eine Ausnahme gemäß § 242 BGB für den Fall erwogen, dass ein Insolvenzantrag zurückgenommen oder für erledigt erklärt wurde, um eine Rechtshandlung der Anfechtung zu entziehen.47 Es ist allerdings fraglich, ob in allen denkbaren Problemfällen wirksam mit § 242 BGB abgeholfen werden kann. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofes kann Missbräuchen in Einzelfällen durch die §§ 133 InsO, 826 BGB begegnet werden.48

L 25

Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des § 139 Abs. 2 InsO nicht zu der restriktiven Auslegung des Bundesgerichtshofes zwingen dürfte. Er fordere nur, dass ein gestellter Insolvenzantrag (zu irgendeinem Zeitpunkt) zulässig und begründet gewesen sein müsse. Wenn das Verfahren aber erst einmal eröffnet sei, komme es für die Maßgeblichkeit eines Eröffnungsantrages, auf den sich der Insolvenzverwalter für die Berechnung der Anfechtungsfrist stützen wolle, nicht mehr auf dessen Eigenschaft an, zu einer Verfahrenseröffnung führen zu können, sofern durchgängig eine materielle Insolvenz des Schuldners ge-

L 26

46 Kritisch dazu Gundlach/Frenzel, NJW 2009, 228; Biebinger, ZInsO 2008, 1188 ff.; Wienberg, EWiR 2001, 635 (636). 47 Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 14; HK-InsO/Kreft, § 139 Rz. 12. 48 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 182. Schäfer

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L Rz. 26

§ 139 InsO – Berechnung der Fristen vor dem Eröffnungsantrag

geben gewesen sei.49 Auch in diesem Zusammenhang sollten nicht formale Gesichtspunkte entscheidend sein, sondern die Erwägung, dass mögliche Anfechtungsgegner nicht davon profitieren sollten, dass ein früherer, zulässiger und begründeter Insolvenzantrag nur aus verfahrensrechtlichen Gründen trotz fortbestehender materieller Insolvenz des Schuldners nicht zur Verfahrenseröffnung geführt hat.50

L 27 In dem vom Bundesgerichtshof durch Urteil vom 20.11.200151 entschiedenen Fall hatte die Beklagte ihren Insolvenzantrag vom 26.7.1999 am 14.10.1999 für erledigt erklärt, nachdem der Schuldner die Beitragsrückstände durch Teilzahlungen vom 29.9.1999 und vom 7.10.1999 ausgeglichen hatte. Kurz darauf stellte am 9.11.1999 ein anderer Gläubiger Insolvenzantrag, der zur Verfahrenseröffnung führte. Die Revision hatte dahingehend argumentiert, dass es auf Feststellungen zur Frage der Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht mehr ankäme, wenn trotz der Erledigung des ersten Insolvenzantrages darauf abzustellen wäre, dass von der Stellung des ersten bis zur Stellung des zur Verfahrenseröffnung führenden Antrages durchgängig eine materielle Insolvenz des Schuldners gegeben war. Ohnehin sei die gängige Praxis der (übereinstimmenden) Erledigungserklärung nach (Teil-)Befriedigung des antragstellenden Gläubigers kritisch zu sehen. Eine übereinstimmende Erledigungserklärung scheide im Insolvenzeröffnungsverfahren aus, weil insoweit kein kontradiktorisches Verfahren mit Verfügungsbefugnis der Parteien über den Verfahrensgegenstand vorliege. Unabhängig von der befriedigten Forderung des Gläubigers könne weiterhin die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gegeben sein. Wäre dies dem Insolvenzgericht bekannt, käme eine übereinstimmende Erledigung durch den Schuldner und den antragstellenden Gläubiger nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof ist dieser Auffassung nicht gefolgt. Das Eröffnungsverfahren werde – im Gegensatz zum eröffneten Verfahren – als Parteienstreit geführt. Nur in dem durch den gestellten Antrag gesteckten Rahmen gelte die gerichtliche Amtsermittlungspflicht des § 5 Abs. 1 InsO. c) § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO – Abgewiesene Anträge

L 28 Nach § 139 Abs. 2 Satz 2 InsO ist ein rechtskräftig abgewiesener Insolvenzantrag bei der Berechnung der Anfechtungsfristen nur dann zu berücksichtigen, wenn er mangels Masse abgewiesen wurde. Aus anderen Gründen rechtskräftig abgewiesene Anträge sind daher bei der Fristberechnung grundsätzlich auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie

49 Vgl. Biebinger, ZInsO 2008, 1188 (1192/1193). 50 Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 11. 51 BGH v. 20.11.2001 – IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 ff.

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III. Einzelheiten

Rz. 29 L

zu Unrecht oder erst in höherer Instanz abgewiesen wurden.52 Der Umstand, dass ein nach § 26 InsO mangels Masse abgewiesener Insolvenzantrag für die Fristberechnung maßgebend bleibt, lässt sich damit erklären, dass die Unzulänglichkeit der Masse mindestens in gleicher Weise eine Vermögenskrise indiziert wie die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung.53 Liegt eine einheitliche (materielle) Insolvenz vor, so ist der erste, mangels Masse abgewiesene Insolvenzantrag auch dann maßgebend, wenn zwischen ihm und dem Antrag, der zur Verfahrenseröffnung geführt hat, ein beträchtlicher Zeitraum (im konkret entschiedenen Fall drei Jahre) liegt.54 In Zweifelsfällen kann der Anfechtungsgegner den ihm obliegenden Beweis führen, dass der Eröffnungsgrund zwischenzeitlich weggefallen war.55 Die Zulässigkeit und Begründetheit des nach § 26 InsO abgewiesenen Antrags ist im Grundsatz vom Prozessgericht zu prüfen56. Zwar ist bei feststehender Masseunzulänglichkeit das Vorliegen eines Eröffnungsgrundes nicht zweifelhaft; die Zulässigkeit des Antrages ist jedoch zu prüfen, da ein unzulässiger Antrag nicht die Insolvenzanfechtung rechtfertigt.57

52 Vgl. Begr zum Reg.-Entw., BT-Drucksache 12/2443, S. 163; BGH v. 27.7.2006 – IX ZB 204/04, BGHZ 169, 17 ff. Rz. 28; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 11. 53 Vgl. Jaeger/Henckel, § 139 Rz. 11. 54 BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, ZIP 2008, 235 ff. 55 OLG Schleswig-Holstein v. 3.11.2006 – 1 U 120/06, ZInsO 2006, 1224, 1227; MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 12. 56 Uhlenbruck/Hirte, § 139 Rz. 13. 57 MK-InsO/Kirchhof, § 139 Rz. 12. Schäfer

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L 29

M. § 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung § 140 Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung (1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. (2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt. (3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . a) Einaktige Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mehraktige Rechtshandlungen bzw. gestreckte Erwerbstatbestände . . . . . . c) Unterlassungen . . . . . . . . . . 2. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigentumsübertragung und Eigentumsvorbehalt. . b) Forderungsabtretung . . . . . aa) Globalzession . . . . . . . . bb) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB . . . . . . cc) Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 HGB . . . . . . . dd) Ansprüche aus Dienstvertrag. . . . . . . . . . . . . . .

510

Schäfer

1 5 6 16 23 33 34 34 36 40 44 45 46

Rz.

ee) Mietforderungen und Leasingforderungen . . . . . . . . . . ff) Werklohnforderungen . . . . c) Vertragliche und gesetzliche Pfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Vermieterpfandrecht. . . . . . bb) Pfandrecht nach AGBBanken bzw. AGB-Sparkassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verpfändung von kontokorrentgebundenen Forderungen und Gewinnforderungen aus einer Gesellschaftsbeteiligung . . dd) Verpfändung eines Versicherungsanspruchs . . . . . ee) Zwangsvollstreckung . . . . . ff) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zahlungsverkehr . . . . . . . . . . . . aa) Banküberweisung . . . . . . . . bb) Lastschrift . . . . . . . . . . . . . . . cc) Scheckinkasso . . . . . . . . . . . dd) Zahlung mittels Wechsels.

48 54 55 59 63

64 68 70 73 74 74 75 87 88

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes

Rz. 2 M

Rz.

e) Aufrechnung und Verrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Regressanspruch nach § 774 BGB . . . . . . . . . . . . . . . g) Versicherungsrecht . . . . . . h) Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . i) Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht nach § 369 HGB . . . . . . . . . . . . . .

89 91 92 93 96

III. § 140 Abs. 2 InsO – Sonderfall des eintragungsbedürftigen Rechtsgeschäfts . . . . . . . 97 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 97 2. § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO. . . . . 99 3. § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO. . . . . 107

Rz.

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Bedingte Rechtshandlung . . . . . . . 118 a) Bedingte Übereignung und bedingte Abtretung . . . . . . 122 b) Rückgriffsanspruch nach § 774 BGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 d) Versicherungsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 e) Insolvenz als Bedingung . . . . . . 130 3. Befristete Rechtshandlung . . . . . . 131 V. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

I. Gesetzesentstehung, Systematik und Zweck des Gesetzes § 140 InsO ergänzt § 129 InsO, indem er festlegt, wann eine Rechtshandlung im anfechtungsrechtlichen Sinne vorgenommen ist. Sein Anwendungsbereich ist gegenüber § 147 InsO abzugrenzen, der die Anfechtbarkeit auf Rechtshandlungen ausdehnt, die wegen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs, des Schiffsregisters und des Luftfahrzeugregisters noch nach der Insolvenzeröffnung gemäß §§ 81 Abs. 1, 91 Abs. 2 InsO wirksam werden.1 Die Bestimmung wurde mit der Insolvenzordnung neu geschaffen. Eine entsprechende Regelung gab es unter der Geltung der Konkursordnung nicht. Anerkannt war zwar der nunmehr in Absatz 1 verankerte Grundsatz, wonach eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen gilt, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.2 Im Falle des Erwerbs von Rechten an Grundstücken, welche der Eintragung im Grundbuch bedurften, wurde jedoch auf den Zeitpunkt der Eintragung abgestellt.3 Davon ist der Gesetzgeber nunmehr in § 140 Abs. 2 InsO abgerückt.

M1

Nach § 140 Abs. 2 InsO ist bei der Frage, ob eine Rechtshandlung bereits vorgenommen ist, unter bestimmten Voraussetzungen auf die Stellung des Eintragungsantrages abzustellen. Nach Ansicht des Gesetzgebers widersprach die frühere herrschende Auffassung dem Schutzzweck des § 15

M2

1 Vgl. Jaeger/Henckel, § 147 Rz. 2. 2 BGH v. 30.6.1959 – VIII ZR 11/59, BGHZ 30, 238 (240); v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 f. 3 Vgl. etwa BGH v. 18.12.1986 – IX ZR 11/86, BGHZ 99, 274 ff. = MDR 1987, 402; v. 24.3.1988 – IX ZR 118/87, MDR 1988, 773 = WM 1988, 798 f. Schäfer

511

M Rz. 2

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

Satz 2 KO, der in § 102 Abs. 3 des Entwurfs (vgl. jetzt § 91 InsO) übernommen wurde. Danach wird die Wirksamkeit eines Grundstücksgeschäfts nicht dadurch berührt, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, nachdem die Erklärung des bisherigen Berechtigten bindend geworden und der Eintragungsantrag gestellt ist (vgl. § 878 BGB). Es ist somit unschädlich, wenn der Erwerber im Zeitpunkt der Eintragung Kenntnis von der Verfahrenseröffnung hat. In gleicher Weise darf nach Ansicht des Gesetzgebers auch die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen, bei denen eine Eintragung zu erfolgen hat, nicht vom Zeitpunkt der Eintragung abhängig sein. Verzögerungen der Eintragung dürfen sich auch hier nicht zum Nachteil der Erwerber auswirken.4

M 3 In der Gesetzesbegründung wird zu Recht darauf hingewiesen, dass der Zeitpunkt, zu dem eine Rechtshandlung als „vorgenommen“ gelte, im Rahmen der Anfechtungstatbestände von besonderer Bedeutung sei. Der gemeinsame Grundgedanke der Regelungen in den verschiedenen Absätzen bestehe darin, dass der Zeitpunkt entscheide, in dem durch die Rechtshandlung eine Rechtsposition begründet worden sei, die im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beachtet werden müsste.5 Die Bestimmung soll somit vor allem der Rechtssicherheit dienen.6 Dieses Ziel wird jedoch – vor allem im Bereich der bedingten Rechtshandlungen gemäß § 140 Abs. 3 InsO – nur unvollkommen erreicht.

M 4 § 140 InsO ist von wesentlicher Bedeutung für die anfechtungsrechtlichen Fristen der §§ 130 Abs. 1, 131 Abs. 1, 132 Abs. 1, 133, 134 Abs. 1, 135 und 136 Abs. 1 InsO. Er ist ferner von Bedeutung für die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. die Kenntnis des Gläubigers hiervon oder von der Stellung des Insolvenzantrages (§§ 130, 131, 132 InsO) oder aber der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die entsprechende Kenntnis des Gläubigers vorgelegen haben müssen (§ 133 InsO). Der Zeitpunkt des § 140 InsO ist schließlich entscheidend für das Vorliegen einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung (nicht: mittelbaren Gläubigerbenachteiligung) und für den Beginn der Verjährung des Anfechtungsanspruchs gemäß § 147 InsO (vgl. §§ 147 Abs. 2, 146 InsO).7

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO M 5 In § 140 Abs. 1 InsO ist geregelt, zu welchem Zeitpunkt eine Rechtshandlung im Sinne des § 129 InsO im Grundsatz als vorgenommen anzusehen ist. Er stellt daher eine wichtige Ergänzung des anfechtungsrechtlichen 4 5 6 7

Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166/167. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 2. Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 4.

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Schäfer

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 9 M

Grundtatbestandes dar, die bei der Anwendung der einzelnen Anfechtungstatbestände stets im Blick zu behalten ist.

1. Allgemeines Nach § 140 Abs. 1 InsO gilt eine Rechtshandlung als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten. Im Grundsatz müssen daher alle tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sein, von denen das Gesetz die Entstehung, Aufhebung oder Änderung von Rechten abhängig macht. Es kommt somit nicht darauf an, wann eine Rechtshandlung vorgenommen wurde, die zu einer Schmälerung des Schuldnervermögens führte, sondern darauf, wann die vermögensschmälernde Wirkung aufgrund der angefochtenen Rechtshandlung eingetreten ist.

M6

Wichtig ist diese Unterscheidung bei mehraktigen Rechtshandlungen bzw. gestreckten Erwerbstatbeständen, etwa im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung. Zumindest anfechtungsrechtlich ist insoweit nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Abtretungsvertrages, sondern auf den Zeitpunkt der Entstehung der künftigen Forderung abzustellen. In der Gesetzesbegründung ist dazu erfreulich klar festgehalten, dass die Abtretung einer künftigen Forderung erst mit der Entstehung der Forderung vorgenommen ist.8

M7

Der BGH beschränkt diese Erkenntnis auf den Bereich des Anfechtungsrechts und geht davon aus, dass die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren den Erwerb einer zuvor abgetretenen, erst nach der Anordnung der Verfügungsbeschränkung entstandenen Forderung des Schuldners nicht hindere.9 Die Verfügungsbefugnis des Zedenten müsse zum Zeitpunkt des Entstehens der Forderung nicht mehr vorliegen. Die Abtretung einer künftigen Forderung enthalte bereits selbst alle Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe; das Entstehen der Forderung gehöre sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei. Daran halte er auch unter der Geltung der Insolvenzordnung fest.10

M8

Die Auffassung des BGH ist von Bedeutung für den Anwendungsbereich der Insolvenzanfechtung. Hindert eine Verfügungsbeschränkung im Eröffnungsverfahren den Erwerb einer künftigen Forderung, so bedarf es nicht der Anfechtung mit ihren weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen. Es

M9

8 Vgl. Begr. z. Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166 sowie BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = GesR 2006, 418 = MDR 2007, 112 und v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. 9 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. mit Hinweis auf BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 ff. = MDR 1997, 557. 10 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. Rz. 7, 9. Schäfer

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M Rz. 9

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

stellt daher eine erstaunliche Problemverkürzung dar, wenn im Schrifttum davon die Rede ist, ein besonderes Bedürfnis, derartige Rechtshandlungen der Vorschrift des § 81 InsO zu unterstellen, sei nicht erkennbar, da eine Anfechtung der nach dem Eröffnungsantrag vorgenommenen Rechtshandlungen unter den erleichterten Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO möglich sei.11

M 10 Der BGH folgt nicht der Auffassung, dass die Verfügungsmacht kein personen-, sondern ein gegenstandsbezogenes Recht sei und es somit der Entstehung des Gegenstandes bedürfe, um von einer Verfügungsmacht über den Gegenstand ausgehen zu können.12 Er meint vielmehr, da das Gesetz die Vorauszession zulasse, müsse man in Kauf nehmen, dass sich sowohl die Einigung als auch die Verfügungsmacht auf ein zukünftiges, gegenwärtig noch nicht bestehendes Recht bezögen. Es sei anerkannt, dass die Einigkeit über den Rechtsübergang – anders als beim Erwerb beweglicher Sachen – nicht bis zum Entstehen der Forderung fortbestehen müsse.13 Entsprechendes habe für die Verfügungsmacht zu gelten.14

M 11 Diese Argumentation des BGH ist ergebnisorientiert und nicht wertungsmäßig abgesichert. Die Frage der Einigkeit des Schuldners und des Zessionars über den Rechtsübergang und die Frage der Bedeutung des Fortbestands der Verfügungsmacht für den Rechtserwerb sind verschiedene Dinge. Auch der BGH geht jedenfalls davon aus, dass die künftige Forderung noch nicht mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vollständig aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden ist. Andernfalls könnte er nicht annehmen, dass ein Gläubiger gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht mehr zu Lasten der Masse erwerben könne, wenn die im Voraus abgetretene Forderung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehe.15 Und andernfalls könnte er nicht im Rahmen des § 140 Abs. 1 InsO darauf abstellen, dass sich die anfechtungsrechtlich entscheidende Gläubigerbenachteiligung erst dann äußere, wenn die Forderung entstanden sei.16 Zumindest haftungsmäßig ist die Forderung demnach mit ihrer Entstehung für eine logische Sekunde dem Vermögen des Schuldners zuzuordnen. Wertungsmäßig ist dies nur mit der Erwägung überzeugend zu erklären, dass man über einen Gegenstand erst wirksam verfügen kann, wenn er entstanden ist und nicht erst noch mit Mitteln der Masse hergestellt werden muss. Man muss daher zum Zeitpunkt seiner Entstehung auch noch verfügungsbefugt sein. Henckel weist zutreffend darauf hin, dass das haftende Vermögen des Schuldners durch den Abschluss des Ab11 HK-InsO/Kayser, § 91 Rz. 19. 12 Vgl. Eckardt, ZIP 1997, 597, 600. 13 Vgl. Palandt/Grüneberg, 70. Aufl., § 398 Rz. 11; Staudinger/Busche, Neubearbeitung 2005, § 398 Rz. 71. 14 BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. Rz. 11. 15 Vgl. BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 8/07, ZInsO 2010, 1001 ff. Rz. 9. 16 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. Rz. 14.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 14 M

tretungsvertrages über eine künftige Forderung noch nicht geschmälert werde, da die abgetretene Forderung als Vermögenswert zur Zeit des Vertragsschlusses noch gar nicht existiere.17 Der BGH hätte daher allen Anlass gehabt, sich mit seiner früheren Rechtsprechung auseinanderzusetzen. In seinem früheren Urteil vom 5.1.195518 hat er entschieden, es könne nicht davon gesprochen werden, dass die im Voraus abgetretene künftige Forderung bereits vor ihrer Entstehung aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sei. Ein Recht „erwirke“ der Zessionar vielmehr erst, wenn die Forderung existent werde. Im Urteil vom 30.5.195819 hat er noch entschieden, die Verfügungsbefugnis müsse zur Zeit des Eintritts des letzten Tatbestandsmerkmals gegeben sein, sofern das Verfügungsgeschäft außer der Willenserklärung noch weitere Wirksamkeitserfordernisse habe, die erst später einträten; bei der Abtretung künftig entstehender Forderungen müsse daher die Verfügungsbefugnis noch zur Zeit der Forderungsentstehung gegeben sein. Der BGH sollte daher die erforderliche Problemerörterung nachholen. In der von ihm in Bezug genommenen Entscheidung vom 20.3.199720 hat er sich lediglich auf Serick21 gestützt, ohne sich mit seiner früheren Rechtsprechung und abweichenden Stimmen im Schrifttum auseinanderzusetzen.

M 12

Der Eintritt der rechtlichen Wirkungen der angefochtenen Rechtshandlung im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO ist nach der Rechtsprechung des BGH in der Regel deckungsgleich mit dem Eintritt der Gläubigerbenachteiligung gemäß § 129 Abs. 1 InsO.22 Genügt allerdings das Vorliegen einer mittelbaren Gläubigerbenachteiligung für die Erfüllung des Anfechtungstatbestandes, so reicht es aus, wenn die Gläubigerbenachteiligung zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz des Anfechtungsprozesses gegeben ist.23

M 13

Ist das schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft anfechtbar – etwa im Falle des Abschlusses sogenannter „Verschleuderungsgeschäfte“ gemäß § 132 InsO – so ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts maßgebend.24 Wird allerdings ein Vertrag zugunsten eines zu-

M 14

17 18 19 20 21 22

Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 5. BGH v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 544. BGH v. 30.5.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360 (366/367). BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 (144) = MDR 1997, 557. Vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Bd. IV § 49 I 2b). BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (357) = MDR 2004, 596; v. 8.10.1998 – IX ZR 337/97, ZIP 1998, 2008, 2009. 23 BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff. Rz. 29; v. 23.11.2006 – IX ZR 126/03, MDR 2007, 614 = ZInsO 2007, 101 ff., Rz. 19; v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, MDR 1993, 439 = ZIP 1993, 271 (273). 24 BGH v. 13.3.2003 – IX ZR 64/02, BGHZ 154, 190 ff.; Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 5. Schäfer

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M Rz. 14

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

nächst unbestimmten Dritten abgeschlossen, wird dieser erst mit seiner individuellen Festlegung berechtigt.25

M 15 Im Bereich der Deckungsanfechtung nach den §§ 130, 131 InsO (Einräumung einer Sicherheit oder Befriedigung) ist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Erwerbstatbestand vollendet wurde.26 Im Fall der Verfügung über eine künftige Sache ist dies der Zeitpunkt ihrer Entstehung.27 Bei der Frage des Pfandrechtserwerbs ist zwischen dem Pfandrecht an einer künftigen Forderung und dem Pfandrecht für eine künftige Forderung zu unterscheiden. Das Pfandrecht an einer künftigen Forderung entsteht erst mit deren Entstehung.28 Das Pfandrecht für eine künftige (zu sichernde) Forderung entsteht nach der umstrittenen Rechtsprechung des BGH zumindest dann schon mit der Pfandrechtsbestellung, wenn der Pfandgegenstand bereits besteht.29 a) Einaktige Rechtshandlungen

M 16 Rechtshandlungen, die sich in einem einzigen Akt erschöpfen, sind mit dessen Vornahme abgeschlossen. Gestaltungserklärungen sind auch dann erst mit ihrer Abgabe vorgenommen, wenn sie Rückwirkung entfalten (vgl. etwa § 142 BGB zur Anfechtung und § 184 BGB zur Genehmigung). Nach der Rechtsprechung des BGH stellt sich die Frage, ob auch die Vorausabtretung einer künftigen Forderung als einaktige Rechtshandlung anzusehen ist. Danach soll die Abtretung der künftigen Forderung bereits alle Merkmale enthalten, aus denen der Übertragungstatbestand besteht. Die Entstehung der abgetretenen Forderung gehöre sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei.30 Richtig erscheint jedoch die Auffassung, dass die Vorausabtretung einer künftigen Forderung als Rechtsgeschäft erst mit deren Entstehung vollendet ist.31 Im vorliegenden Zusammenhang wird daher die Vorausabtretung künftiger Forderungen unter dem Stichwort „mehraktige Rechtshandlungen“ bzw. „gestreckte Erwerbstatbestände“ abgehandelt.

M 17 Setzt ein Rechtsgeschäft die Genehmigung eines Dritten voraus, so ist dieses erst mit der Erteilung der Genehmigung vorgenommen. Es ist so25 26 27 28

MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 9. Vgl. BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 7. BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372; HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 4; Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 3, 20. 29 BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, BGHZ 86, 340 ff. = MDR 1983, 484 ff.; zweifelnd neuerdings BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610; kritisch auch MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 15; HK-InsO/Kreft, § 140, Rz. 4 m. FN 22; Mitlehner, ZIP 2007, 804 ff.; Berger, NZI 2007, 566 ff. – vgl. dazu näher unten Rz. M56 ff. 30 BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 (144) = MDR 1997, 557; v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 27 = MDR 2008, 411. 31 Vgl. dazu Rz. M7 ff.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 19 M

mit eine mehraktige Rechtshandlung gegeben. Die in § 184 Abs. 1 BGB angeordnete Rückwirkung der Genehmigung hat nicht zur Folge, dass das Rechtsgeschäft schon vor der Genehmigung als vorgenommen gilt.32 Allerdings soll nach der Rechtsprechung des BGH im Falle der Genehmigung der Belastungsbuchung beim Lastschrifteinzug im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens durch den Schuldner für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Sinne des § 142 InsO (Bargeschäft) nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, sondern der des Lastschrifteinzugs maßgebend sein. Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gelte die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs als erbracht.33 Es soll also offenbar dem Rechtserwerb des Gläubigers nicht entgegenstehen, dass zwischenzeitlich insolvenzrechtliche Verfügungsbeschränkungen ergangen sind (vgl. § 184 Abs. 2 BGB).34 Der BGH hat jedoch in einem neueren Urteil vom 30.9.201035 klargestellt, dass diese Rechtsprechung allein das Bargeschäft gemäß § 142 InsO betrifft, nicht aber die für den Zeitpunkt der Rechtshandlung im Sinne der Anfechtungsbestimmungen maßgebende Vorschrift des § 140 InsO. Einaktige Rechtshandlung ist ferner die Aufrechnungserklärung. Insoweit ist jedoch § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO zu entnehmen, dass anfechtungsrechtlich nicht der Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung, sondern jener der Herstellung der Aufrechnungslage maßgebend ist.36 Die Aufrechnungserklärung selbst ist für die Anfechtung unbedeutend. Die Herstellung der Aufrechnungslage kann wiederum einen mehraktigen Vorgang darstellen.37 Eine Aufrechnungslage entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem zwei Forderungen einander aufrechenbar gegenübertreten. Dies ist bei einer auf eine Konzernverrechnungsklausel gestützten Aufrechnung nicht der Fall, solange die Aufrechnung nicht erklärt worden ist.38

M 18

Beim Scheckinkasso kommt es für die Anfechtbarkeit der Verrechnung ebenfalls auf den Zeitpunkt der Entstehung der Verrechnungslage an. Zu

M 19

32 Vgl. BGH v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 (103). 33 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. Rz. 47, = MDR 2008, 1361; v. 29.5.2008 IX ZR 42/07, MDR 2008, 1001 = ZInsO 2008, 749 f., Rz. 16. 34 Vgl. dazu jedoch BGH v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 (103); v. 23.5.1989 – IX ZR 135/88, BGHZ 107, 340 ff. = MDR 1989, 907; Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 33; HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 4. 35 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. Rz. 21. 36 Vgl. BGH v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZInsO 2005, 884 f.; Häsemeyer in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 645 ff. 37 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 13; vgl. dazu unten Rz. M89 f. 38 BGH v. 15.7.2004 – IX ZR 224/03, BGHZ 160, 107 ff. Rz. 14 = MDR 2005, 115; v. 3.6.1981 – VIII ZR 171/80, BGHZ 81, 15 = MDR 1981, 1014 (19 f.); OLG Köln v. 28.4.1995 – 25 U 17/94, ZIP 1995, 850 (851); Lüke in Kübler/Prütting/Bork, § 94 Rz. 77. Schäfer

517

M Rz. 19

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

beachten ist jedoch, dass bereits der Zeitpunkt der Scheckhereinnahme maßgebend sein kann, wenn die Bank unanfechtbares Sicherungseigentum am Scheck erlangt hat.39

M 20 Für die Verrechnung im Kontokorrent ist zu beachten, dass die Schlusssaldoforderung erst mit der automatischen Beendigung des Kontokorrentvertrages gemäß § 116 InsO40 und somit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht.41 In einem früheren Urteil vom 7.12.197742 hat der BGH noch die Auffassung vertreten, dass es sich bei der kausalen Schlusssaldoforderung nicht um einen erst mit oder nach der Insolvenzeröffnung entstehenden künftigen Anspruch handle, da dieser „dem Grunde nach“ bzw. „im Kern“ bereits zuvor entstanden sei.43 § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO stünde nach dieser Ansicht der Aufrechnung der Bank nicht entgegen, wenn der verrechnete Gutschriftsbetrag zwar noch vor der Insolvenzeröffnung bei der Schuldnerbank eingegangen war, diese ihn aber erst nach der Insolvenzeröffnung dem Schuldner gutgeschrieben und mit den ihr zustehenden Forderungen verrechnet hat.44

M 21 Zumindest die Begründung des BGH im Urteil vom 7.12.1977 wurde im

Schrifttum indes zu Recht kritisiert.45 Mit einer bedingten Berechtigung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO ist die Stellung der Bank nicht vergleichbar. Denn der Schuldner kann sie jederzeit und somit bis zuletzt hinfällig machen, indem er den Saldo zu Lasten der Bank auf Null reduziert. Die Herbeiführung der Aufrechnungslage kann allenfalls deshalb als einheitlicher, wertungsmäßig noch vor der Insolvenzeröffnung abgeschlossener Vorgang angesehen werden, weil interne Buchungsvorgänge bei der Bank für die rechtliche Zuordnung nicht entscheidend sein sollten, sofern zwingend ausgeschlossen ist, dass die erst nach der Insolvenzeröffnung vorgenommene Verrechnung eine weitere Schmälerung des schuldnerischen Vermögens zur Folge hat. Der bei der Bank eingegangene Betrag war von vornherein für den Schuldner bestimmt und von vornherein mit der Verrechnungsbefugnis der Bank belastet. Im Schrifttum wird zu bedenken gegeben, dass es begründungsbedürftig sei, weshalb die Insolvenzmasse durch die Einstellung der Einzelforderungen in ein Kontokorrent begünstigt werden sollte. Es bestehe kein Grund, die Insolvenzgläubiger deshalb besser zu stellen als bei der Vorausabtretung nicht kontokorrentgebundener Forderungen, weil im Interesse des Kontokorrentpartners die Abtretung nur den Schlusssaldo erfassen könne und deshalb erst mit der

39 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 (177) = MDR 1992, 766. 40 Vgl. dazu BGH v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 (93) – „Barsortimenter“. 41 BGH v. 25.6.2009 – IX ZR 98/08, BGHZ 181, 361 ff. = MDR 2009, 1248. 42 BGH v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 (93). 43 BGH v. 7.12.1977 – VIII ZR 164/76, BGHZ 70, 86 (93). 44 Vgl. BGH v. 28.11.1977 – II ZR 110/76, NJW 1978, 699 f. 45 Canaris, Großkommentar zum HGB, § 355 Rz. 4.

518

Schäfer

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 23 M

Insolvenzeröffnung wirksam werde.46 Die Argumentation mit „im Kern“ bereits entstandenen bzw. „gesetzlich bedingten“ Ansprüchen ist aber jedenfalls gefährlich und sollte stets wertungsmäßig untermauert werden. In seinem neueren Urteil vom 25.6.200947 ist der BGH nunmehr ausdrücklich von BGHZ 70, 86 ff. abgerückt. Danach führt die Vorausabtretung kontokorrentgebundener Forderungen und des kausalen Schlusssaldos aus dem Kontokorrent nicht zum Rechtserwerb des Abtretungsempfängers, wenn die Kontokorrentabrede erst mit der Insolvenzeröffnung erlischt. Allerdings betrafen beide Urteile Vorausabtretungen kontokorrentgebundener Forderungen. Inwieweit der BGH daraus auch Folgerungen für den anfechtungsrechtlich entscheidenden Zeitpunkt der Herstellung der Aufrechnungslage zieht, bleibt abzuwarten.48 Kündigt die Bank das Kontokorrentverhältnis in der Krise des Schuldners und wird diese Kündigung erfolgreich angefochten, so hat das zur Folge, dass das Kontokorrentverhältnis als ungekündigt gilt und der Saldoanspruch als erst nach der Verfahrenseröffnung entstanden anzusehen ist.49

M 22

b) Mehraktige Rechtshandlungen bzw. gestreckte Erwerbstatbestände Mehraktige Rechtshandlungen bestehen aus mehreren Teilakten, die sich zu einer einheitlichen Rechtshandlung ergänzen. Sie sind somit strikt zu unterscheiden von mehreren selbständig anfechtbaren Rechtshandlungen. Selbständige Rechtshandlungen sind insbesondere die Pfändung und die anschließende Zahlung durch den Schuldner oder Drittschuldner. Die Anfechtung der Befriedigung ist daher nicht erfolgversprechend, wenn die Pfändung wirksam und insolvenzbeständig ist.50 Selbständig anfechtbar ist ferner die Herbeiführung einer Aufrechnungslage, unabhängig von dem Rechtsgeschäft, auf dem sie beruht.51 Aufgrund der nach der Rechtsprechung des BGH für das Anfechtungsrecht maßgebenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist ein mehraktig gestalteter Zuwendungsvorgang, der auf einem einheitlichen Plan beruht, hingegen als Einheit zu behandeln.52 Dies ist etwa bei mittelbaren Zuwendungen mittels einer Zwischenperson der Fall.53

46 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 8. 47 BGH v. 25.6.2009 – IX ZR 98/08 – „Kontokorrentabtretung“, BGHZ 181, 361 ff. = MDR 2009, 1248. 48 Vgl. dazu de Bra/Ganninger, NZI 2009, 600 f.; Obermüller, ZInsO 2009, 1527 ff.; Junghans, EWiR 2009, 777 f. 49 Obermüller, ZInsO 2009, 1527 (1528). 50 BGH v. 21.3.2000 – IX ZR 138/99, MDR 2000, 783 = ZInsO 2000, 333 f.; v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, ZInsO 2003, 372 f. 51 Vgl. BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 ff. = MDR 2009, 350; v. 2.6.2005 – IX ZR 263/03, MDR 2006, 53 = ZIP 2005, 1521 (1523). 52 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 245/06, MDR 2008, 1358 = ZInsO 2008, 910 ff. Rz. 11; v. 5.12.1991 – IX ZR 270/90, BGHZ 116, 222 (226) = MDR 1992, 294. 53 Vgl. BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 16/08, MDR 2009, 769 = ZIP 2009, 769 f. Rz. 8. Schäfer

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M 23

M Rz. 24

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

M 24 Schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte sind erst mit der Annahme des Vertragsangebotes vorgenommen. Dabei sind § 151 BGB und ein etwaiges Genehmigungserfordernis zu beachten. Im Grundsatz ist das Verpflichtungsgeschäft erst mit der Genehmigung vorgenommen. Eine Ausnahme kann im Falle des Erfordernisses einer öffentlich-rechtlichen Genehmigung anzunehmen sein. So wird nach einem Urteil des BGH vom 9.10.195854 die Wirksamkeit des Rechtserwerbs aufgrund eines der devisenrechtlichen Genehmigung bedürftigen Rechtsgeschäfts nicht dadurch beeinträchtigt, dass das Geschäft erst nach der Konkurseröffnung devisenrechtlich genehmigt wird. Dementsprechend ist es auch anfechtungsrechtlich unschädlich, wenn die devisenrechtliche Genehmigung erst in den kritischen Anfechtungszeiträumen erteilt wird.

M 25 Erfüllungsgeschäfte sind mit dem letzten Teilakt vorgenommen, der für die Herbeiführung des Rechtsübergangs erforderlich ist. Die Verfügung über eine bewegliche Sache ist eine mehraktige Rechtshandlung, die erst mit der Übergabe der Sache bzw. der Vereinbarung eines Übergabesurrogats vorgenommen ist. Zu beachten ist jedoch, dass dem Erwerber schon vor dem Eigentumsübergang eine gesicherte Rechtsposition zugestanden haben kann, so dass die Anfechtung des Eigentumsübergangs letztlich ins Leere geht. Dies ist etwa der Fall, wenn dem Erwerber ein in unkritischer Zeit begründetes Anwartschaftsrecht zustand.55 Der Erwerb künftiger Sachen ist frühestens mit deren Entstehung vollendet. Wurde ein Raumsicherungsvertrag abgeschlossen, so erfolgt der Eigentumsübergang erst mit der Einbringung der jeweiligen Sachen in die Räumlichkeiten.56

M 26 Die Übertragung des Eigentums an Grundstücken und die Bestellung dinglicher Rechte an Grundstücken sind erst mit der Eintragung im Grundbuch vollendet.57 § 140 Abs. 2 InsO verlegt jedoch den anfechtungsrechtlich maßgebenden Zeitpunkt nach vorne, wenn die sonstigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden des Rechtsgeschäfts erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Das Eigentum des Schuldners unterliegt nicht mehr dem Gläubigerzugriff, sobald der Erwerber aufgrund eines Anwartschaftsrechts eine geschützte Rechtsstellung erlangt hat, die durch den anderen Teil nicht mehr einseitig zerstört werden kann.58

54 BGH v. 9.10.1958 – II ZR 229/57, WM 1958, 1417. 55 Vgl. BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 ff. 56 BGH v. 2.7.1959 – VIII ZR 194/58, BGHZ 30, 248 ff.; v. 18.4.1991 – IX ZR 149/90, MDR 1991, 622 = ZIP 1991, 807 ff. 57 Vgl. BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 129/06, MDR 2009, 1068 = NotBZ 2009, 493 = ZInsO 2009, 1249 ff. Rz. 21; v. 15.11.2007 – IX ZR 232/03, JurBüro 2008, 269; v. 10.12.1998 – IX ZR 302/97, MDR 1999, 308 = ZInsO 1999, 105 f. 58 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff. = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 30 M

Die Abtretung des künftigen Anspruchs auf Rückübertragung einer Sicherheit entspricht der nachträglichen Valutierung einer Sicherheit und ist daher anfechtbar, wenn der Rückübertragungsanspruch in der Krise des Schuldners entstanden ist.59 Hat der Schuldner als Grundstückserwerber einem Gläubiger eine dem vorgemerkten Rückübertragungsanspruch des Grundstücksverkäufers nachrangige Grundschuld bewilligt und dem Gläubiger auch den Kaufpreisrückzahlungsanspruch abgetreten, so beurteilt sich die Anfechtbarkeit dieser Rechtshandlungen hingegen nach dem Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung, nicht nach dem des Rücktritts vom Kaufvertrag.60

M 27

BGH-Urteil vom 11.12.2008 – ZIP 2009, 228 ff. Der Schuldner kaufte Ende 1997 von der B. GmbH ein Forstgut zum Preis von ca. 1,6 Mio. DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm er ein Privatdarlehen auf. Der Darlehensgeber hatte seinerseits der klagenden Bank ein Angebot auf Abschluss eines Refinanzierungsdarlehens unterbreitet. Darin enthalten war die Verpflichtung des Darlehensgebers, der Klägerin zur Sicherung des Refinanzierungsdarlehens eine vollstreckbare Grundschuld an dem Forstgut zu verschaffen. Der Schuldner trat der Klägerin ferner als Sicherheit sämtliche Ansprüche gegen die B. GmbH aus einer etwaigen Rückabwicklung des Grundstückkaufvertrages ab. Der Schuldner und die Klägerin vereinbarten zudem, dass die Grundschuld der Klägerin deren Anspruch aus dem Refinanzierungsdarlehen sichern sollte.

M 28

Die Grundschuld wurde im Zuge der Gewährung des Refinanzierungsdarlehens zugunsten der Klägerin bestellt. Dieser ging eine Rückauflassungsvormerkung zugunsten der B. GmbH im Rang vor. Die B. GmbH trat später vom Kaufvertrag zurück. Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin und der Bestellung des Beklagten zum Insolvenzverwalter zahlte die B. GmbH aufgrund einer Rückabwicklungsvereinbarung mit dem Beklagten ca. 688 000 Euro an diesen aus. Die Klägerin verlangte von ihm diesen Betrag unter Abzug der Feststellungs- und Verwertungspauschalen gemäß § 171 InsO heraus.

M 29

Nach Ansicht des BGH hatte die Klägerin über eine gesicherte Rechtsposition im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO verfügt. Die Insolvenzgläubiger hätten wegen der Grundschuld bis zur Höhe des Kaufpreises nicht auf das Grundstück zugreifen können. Im Falle des Rücktritts habe der Rückauflassungsanspruch der B. GmbH wegen seiner rangbesseren Vormerkung die Grundschuld der Klägerin verdrängt. Der rangbesser vorgemerkte Rückübertragungsanspruch der B. GmbH habe beide Sicherheiten der Klägerin so miteinander verklammert, dass der berechtigte Rücktritt der B. GmbH sowohl die relative Unwirksamkeit der Grundschuld bewirkt (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB) als auch den im Voraus zur Sicherung ihrer Darlehen an die Klägerin abgetretenen bedingten Anspruch auf Kaufpreis-

M 30

59 Vgl. Jaeger/Windel, § 91 Rz. 58. 60 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07 – „Forstgut“, MDR 2009, 412 = ZIP 2009, 228 ff. Schäfer

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M Rz. 30

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

rückzahlung habe entstehen lassen. Aufgrund der gebotenen Gesamtbetrachtung sei es nicht von Belang, dass sich die Entscheidung zwischen den beiden exklusiv konkurrierenden Sicherheiten außerhalb des Einflusses der Klägerin vollzogen habe, sie mithin bei isolierter Betrachtung des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs noch keine gesicherte Rechtsposition innegehabt habe.

M 31 Die Verpfändung einer bestehenden Forderung ist erst mit der Anzeige gegenüber dem Schuldner gemäß § 1280 BGB vollendet.61 Die Forderungspfändung ist erst mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner bewirkt (vgl. § 829 Abs. 2 ZPO). Die Verfügung über eine künftige Forderung ist anfechtungsrechtlich nicht schon mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vorgenommen. Dies ist vielmehr erst mit der Entstehung der künftigen Forderung der Fall.62 Entsprechendes gilt für die Pfändung und Verpfändung künftiger Forderungen. Das Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken bzw. nach Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen entsteht erst in dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch des Kunden auf Gutschrift entsteht.63

M 32 Eine mehraktige Rechtshandlung bilden auch Vorpfändung und Hauptpfändung. Wird daher die Vorpfändung früher als drei Monate vor dem Eingang des Insolvenzantrages ausgebracht, fällt die Hauptpfändung dagegen in den von § 131 InsO erfassten Bereich, so richtet sich die Anfechtung insgesamt nach der Bestimmung des § 131 InsO.64 c) Unterlassungen

M 33 Nach der Gesetzesbegründung zu § 140 InsO65 treten die rechtlichen Wirkungen einer Unterlassung frühestens in dem Zeitpunkt ein, in dem die Rechtsfolgen der Unterlassung nicht mehr durch eine Handlung abgewendet werden können; vor diesem Zeitpunkt ist die Unterlassung noch nicht „vorgenommen“. Hätte daher etwa der Schuldner die nachteiligen Wirkungen einer Gerichtsentscheidung durch die Einlegung eines Rechtsmittels abwenden können, so ist für die Frage der Anfechtbarkeit der Ablauf der Rechtsmittelfrist maßgebend. Hatte der Schuldner die Möglichkeit, die Verjährung einer Forderung zu unterbrechen oder eine Willenserklärung anzufechten, so ist die Unterlassung mit dem Ablauf der Verjährungsfrist bzw. der Anfechtungsfrist vorgenommen.66 61 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 8. 62 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166 sowie BGH v. 30.6.1959 – VIII ZR 11/59, BGHZ 30, 238 ff.; v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, ZInsO 2003, 372 f. 63 BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff. 64 BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. = MDR 2006, 1129; HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 4. 65 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 66 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 19.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 36 M

2. Einzelfälle a) Eigentumsübertragung und Eigentumsvorbehalt Die Verfügung über das Eigentum an einer beweglichen Sache ist erst mit der Einigung über den Rechtsübergang und der Übergabe bzw. der Vereinbarung eines Übergabesurrogats vorgenommen. Hat der Erwerber jedoch schon vor den kritischen Anfechtungszeiträumen eine gesicherte Rechtsposition (Anwartschaftsrecht) erworben, so ist deren Erwerb maßgebend.67

M 34

Überträgt der Veräußerer das Eigentum an der Kaufsache unter Vorbehalt des Eigentums bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung, so erlangt der Erwerber ein Anwartschaftsrecht an der Kaufsache. Die Einräumung dieses Anwartschaftsrechts ist mit der Übergabe der Kaufsache vorgenommen. Lässt sich der Veräußerer als Sicherheit für die ihm zustehende Kaufpreisforderung die Forderung des Erwerbers aus der Weiterveräußerung abtreten, so ist diese Abtretung einer künftigen Forderung erst mit deren Entstehung im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO vorgenommen. Zu beachten ist jedoch, dass die Forderung aus der Weiterveräußerung an die Stelle des vorbehaltenen Eigentums als Sicherungsmittel tritt. Wurde daher der Eigentumsvorbehalt in unkritischer Zeit vereinbart, so tritt die Forderung aus der Weiterveräußerung an dessen Stelle, weshalb der Forderungserwerb unter dem Gesichtspunkt des Sicherheitentauschs wegen fehlender Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 129 Abs. 1 InsO nicht angefochten werden kann, soweit die Forderung an die Stelle des vorbehaltenen Eigentums getreten ist.68

M 35

b) Forderungsabtretung Die Abtretung einer bestehenden Forderung ist mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages vorgenommen (§ 398 BGB). Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält nur Regelungen über die Abtretung einer bereits bestehenden Forderung. Dies kommt unter anderem in § 398 Satz 2 BGB zum Ausdruck. Danach tritt mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers. Die Möglichkeit der Abtretung künftig entstehender Forderungen ist jedoch in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt.69

67 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 4. 68 Vgl. BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 ff.; vgl. zur „Marge“ des Vorbehaltskäufers BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, ZIP 2011, 773 ff. Rz. 33. 69 Vgl. BGH v. 30.4.1959 – VII ZR 19/58, BGHZ 30, 149 (151); v. 21.11.1969 – V ZR 149/66, BGHZ 53, 60 (63); Erman/H. P. Westermann, 13. Aufl., § 398 Rz. 11; Staudinger/Busche, Bearb. 2005, § 398 Rz. 63. Schäfer

523

M 36

M Rz. 37

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

M 37 Zur Frage des Zeitpunkts des Wirksamwerdens der Vorausabtretung

künftiger Forderungen wies der BGH in früheren Entscheidungen70 darauf hin, dass die Verfügungsbefugnis zur Zeit des Eintritts des letzten Tatbestandsmerkmals des Rechtserwerbs gegeben sein müsse, sofern das Verfügungsgeschäft außer der Willenserklärung noch weitere Wirksamkeitserfordernisse habe, die erst später einträten; bei der Abtretung künftig entstehender Forderungen müsse daher die Verfügungsbefugnis noch zur Zeit der Forderungsentstehung gegeben sein. In einer späteren Entscheidung vom 20.3.199771 führt er jedoch aus, dass die Aussage, die Verfügungsmacht müsse im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verfügung vorliegen, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffe. Richtig sei nur, dass die Verfügungsbefugnis beim letzten Teilstück der Verfügung gegeben sein müsse. Bei der Übereignung einer beweglichen Sache sei dies die Übergabe, weil diese zum Verfügungstatbestand gehöre. Dagegen enthalte die Abtretung einer zukünftigen Forderung bereits selbst alle Merkmale, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe; die Entstehung der abgetretenen Forderung gehöre sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei. Deshalb werde die Rechtsstellung des Zessionars dadurch, dass der Zedent nach der Abtretung, aber vor der Entstehung der abgetretenen Forderung die Verfügungsmacht verliere, nicht berührt.72 Erstaunlich ist dabei, dass sich der BGH in dieser umstrittenen Frage nur auf Serick73 bezieht, der zudem selbst darauf hinweist, man müsse sich stets vor Augen halten, dass das Substrat der Verfügungsmacht, nämlich die Forderung, noch gänzlich fehle.

M 38 Die im Rahmen der §§ 81, 91 InsO streitig diskutierte Frage, ob die Vorausverfügung über eine künftige Forderung erst mit deren Entstehung insolvenzfest vollendet ist und durch die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren in Frage gestellt werden kann, ist aus der Sicht des BGH aber jedenfalls anfechtungsrechtlich geklärt. Er betont in einem Urteil vom 20.3.200374 unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung,75 dass er die anfechtungsrechtlich entscheidende Wirkung bei der Vorausabtretung, der Vorausverpfändung und der Pfändung einer künftigen Forderung nicht schon in der Verfügung, sondern erst in der Entstehung der Forderung gesehen habe. Denn die anfechtungsrechtlich entscheidende Gläubigerbenachteiligung könne sich nur und erst dann äußern, wenn die Forderung entstanden sei, über die der Schuldner rechtsgeschäftlich oder im Wege der Zwangsvollstreckung vorausverfügt 70 BGH v. 30.5.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360 (366/367); v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 544. 71 BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 (144) = MDR 1997, 557. 72 Kritisch dazu B. Schäfer, ZInsO 2007, 18 ff.; Häsemeyer, ZZP 111, 83 ff.; Eckardt, ZIP 1997, 957 ff. 73 Vgl. Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, Band IV, § 49 I 2b). 74 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 ff. 75 BGH v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 (2082).

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 41 M

habe. Anzumerken ist, dass der Gesetzgeber der Insolvenzordnung insoweit seinen Willen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Nach der Gesetzesbegründung zu § 140 Abs. 1 InsO ist die Abtretung einer künftigen Forderung erst mit der Entstehung der Forderung vorgenommen.76 Im Falle der Abtretung laufender Rentenbezüge durch einen Rentenberechtigten, der das Rentenalter bereits erreicht hat, gilt die Abtretung anfechtungsrechtlich bereits mit dem Wirksamwerden der Abtretung als vorgenommen; auf die späteren einzelnen Bezugszeitpunkte kommt es für die Anfechtbarkeit nicht mehr an.77 Dies beruht jedoch darauf, dass die Zahlung der Altersbezüge nach dem Eintritt ins Rentenalter nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig ist,78 das Rentenstammrecht79 somit bereits vollständig „verdient“ ist.

M 39

aa) Globalzession In seinem Grundsatzurteil zur Globalzession80 hat der BGH bekräftigt, dass die Abtretung der zukünftigen Forderungen des Sicherungsgebers bereits alle Merkmale enthalte, aus denen der Übertragungstatbestand bestehe. Die Entstehung der abgetretenen Forderungen gehöre sogar dann nicht dazu, wenn noch nicht einmal der Rechtsgrund für sie gelegt sei. Die berechtigten Interessen der Gläubigergesamtheit würden bei Globalverträgen bereits dadurch angemessen berücksichtigt, dass hinsichtlich der Abtretung zukünftiger Rechte gemäß § 140 Abs. 1 InsO der Zeitpunkt, zu dem deren rechtliche Wirkungen einträten, maßgebend sei. Auch in diesem Urteil setzt sich der BGH erstaunlicherweise nicht mit seiner früheren Rechtsprechung auseinander, wonach die Abtretung der künftigen Forderung (nicht nur anfechtungsrechtlich) erst mit deren Entstehung vollendet sei.81

M 40

Für die Anfechtbarkeit der Vorausabtretung künftiger Forderungen bedeutet dies: Wurde der Abtretungsvertrag in unkritischer Zeit abgeschlossen, kann die Abtretung selbst nicht angefochten werden. Anfechtbar ist vielmehr nur das Werthaltigmachen der im Voraus abgetretenen Forderung

M 41

76 Vgl. Begründung zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 77 BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 37/06, MDR 2009, 1309 = ZInsO 2009, 1395 ff. 78 BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 37/06, MDR 2009, 1309 = ZInsO 2009, 1395 ff. Rz. 24. 79 Vgl. dazu BGH v. 10.1.2008 – IX ZR 94/06, MDR 2008, 469 = ZIP 2008, 417 ff. Rz. 17. 80 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07– „Globalzession (1)“, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411. 81 Vgl. BGH v. 30.5.1958 – V ZR 295/56, BGHZ 27, 360 (366/367); v. 5.1.1955 – IV ZR 154/54, NJW 1955, 544; vgl. dazu ausführlich B. Schäfer, ZInsO 2007, 18 ff. Schäfer

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M Rz. 41

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

in den nach den Anfechtungstatbeständen relevanten Zeiträumen.82 Der BGH weist in seinem Globalzessionsurteil vom 29.11.2007 darauf hin, dass er bereits mehrfach entschieden habe, eine durch Wertschöpfung geschaffene Aufrechnungslage könne anfechtbar sein.83 In der neueren Literatur würden allgemein Rechtshandlungen, die zur Werthaltigkeit der abgetretenen Forderung führten, als selbständig anfechtbar angesehen.84 Anfechtbar seien danach Erfüllungshandlungen wie die Herstellung eines Werkes, die Übergabe der Kaufsache oder die Erbringung von Dienstleistungen. Dieser Ansicht sei zuzustimmen. Anfechtbar seien nicht nur Rechtsgeschäfte, sondern auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und selbst Realakte, denen das Gesetz Rechtswirkungen beimesse. Werde durch vom Schuldner veranlasste Maßnahmen die Fälligkeit der Vergütung herbeigeführt oder die Einrede nach § 320 BGB ausgeräumt, gewinne die Forderung für den Sicherungsnehmer an Wert. Daher seien solche tatsächlichen Leistungen als gegenüber einem vorausgegangenen Vertragsschluss des Schuldners mit seinen Kunden selbständige Rechtshandlungen ebenfalls insolvenzrechtlich anfechtbar.

M 42 Der BGH meint offenbar, mit der Lösung des Problems auf der zurückgezogenen Linie des Anfechtungsrechts eine Art „Königsweg“ gefunden zu haben. Dies ist jedoch trügerisch. Die Auffassung, es sei kein besonderes Bedürfnis erkennbar, die Vorausabtretung künftiger Forderungen der Bestimmung des § 81 InsO zu unterstellen, da eine Anfechtung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO möglich sei,85 umgeht dieses grundlegende Problem in nicht überzeugender Weise. Die Ansicht, dass die Anfechtung des „Werthaltigmachens“ einer im Voraus abgetretenen Forderung nicht nur die in der Krise aus dem Schuldnervermögen erbrachten vermögenswerten Leistungen erfasse, sondern sich auf die Erhöhung des Wertes der vorausabgetretenen Forderung erstrecke, unterliegt Bedenken.86 Es erscheint problematisch, die Vorausabtretung selbst als anfechtungsfest anzusehen, sie zugleich aber dadurch in Frage zu stellen, dass auch der über den Wert der vom Schuldner anfechtbar erbrachten Leistungen hinausgehende Mehrwert der Abtretung 82 Vgl. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411; v. 29.11.2007 – IX ZR 165/05, MDR 2008, 531 = ZInsO 2008, 209 ff. 83 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. = MDR 2008, 411 mit Hinweis auf BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 (254 f.) = MDR 2001, 152; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98 – „Lili Marleen“, BGHZ 147, 28 (35) = MDR 2001, 1076. 84 Gerhardt, Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, S. 169, 178 f.; Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck, S. 269, 277; HambKomm-InsO/Rogge, § 131 Rz. 21; Streit/Jordan, DZWIR 2004, 441 (447); Leiner, ZInsO 2006, 460, 463; Piekenbrock, WM 2007, 141 (150); Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 15 Rz. 5; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl. Rz. 6.103 f. 85 Vgl. HK-InsO/Kayser, § 91 Rz. 19. 86 Vgl. dazu Cranshaw, DZWIR 2008, 397, 402 ff.; Eckardt, EwiR 2008, 689 f.; Wagner, WuB VI A. § 134 InsO 3.08.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 44 M

anfechtbar sein soll. Dieser Mehrwert dürfte vielmehr – auf der Grundlage der Auffassung des BGH – kraft anfechtungsfester Abtretung dem Zessionar zugewiesen sein. Dieser Mehrwert enthält ja auch den Gegenwert für die Kreditierungsleistung, zu deren Sicherung sich der Zessionar die Vorausabtretung ausbedungen hat. Inkonsequent wäre es ferner, in Fällen eines sogenannten „Übermaßaufwandes“ des Schuldners die Anfechtung auf die objektive Wertsteigerung der im Voraus abgetretenen Forderung zu beschränken. Denn Gegenstand der Anfechtung sind die Realakte des Schuldners, die eine Schmälerung seines Vermögens zum Nachteil seiner späteren Insolvenzgläubiger zur Folge haben. Auf der anderen Seite ist zu fragen, ob die Anfechtung selbst dann die Wertsteigerung der abgetretenen Forderung erfassen soll, wenn in der Krise mit ganz geringfügigen Mitteln (Mängelbeseitigung) eine hohe Restforderung durchsetzbar gemacht wird.87 Der BGH stellt in seinem „Globalzessionsurteil“ vom 29.11.200788 auch darauf ab, dass durch die vom Schuldner in der Krise veranlassten Maßnahmen die Einrede nach § 320 BGB ausgeräumt werde. Sollte dies dahingehend zu verstehen sein, dass die Vorausabtretung der künftigen Forderung im Grundsatz (vorbehaltlich der Teilbarkeit) insgesamt anfechtbar sei, wenn die Einrede nach § 320 BGB erst in der Krise des Schuldners vollends ausgeräumt werde, so wäre der Unterschied zu der Auffassung, wonach die Verfügungsmacht noch zum Zeitpunkt der Forderungsentstehung gegeben sein muss, freilich nicht mehr allzu groß.

M 43

bb) Herausgabeanspruch nach § 667 BGB Der Herausgabeanspruch des Auftraggebers gemäß § 667 BGB entsteht nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht schon mit der Begründung des Auftrags- bzw. Geschäftsbesorgungsverhältnisses, sondern nach seinem Urteil vom 14.6.2007 erst mit dem Eingang des Erlangten beim Auftragnehmer.89 Damit ist der BGH zu Recht von seiner früheren Rechtsprechung abgerückt, wonach der Herausgabeanspruch „im Kern“ und damit der Sache nach „gesetzlich bedingt“ im Sinne des § 54 KO schon vor der Konkurseröffnung entstanden sein sollte.90 Im neueren Urteil vom 14.6.2007 betont der BGH, dass zu den im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO bedingten Ansprüchen nicht der Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn nach § 667 BGB gehöre. Die Vertragspflicht aus § 667 BGB, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlange, herauszugeben, treffe den Beauftragten bis zur Einziehung nicht bedingt oder betagt, da die Einziehung weder als Bedingung noch als Zeitbestim87 88 89 90

Vgl. dazu Eckardt, EwiR 2008, 690. BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 37 = MDR 2008, 411. BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = ZIP 2007, 1507 ff. Vgl. BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380 ff.; kritisch zur „Kerntheorie“ B. Schäfer, ZInsO 2006, 635 ff. Schäfer

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M 44

M Rz. 44

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

mung anzusehen, sondern Inhalt des Rechtsgeschäfts selbst sei.91 § 140 Abs. 3 InsO setze voraus, dass die Rechtshandlung des Schuldners, an die angeknüpft werden solle, dem Gläubiger bereits eine gesicherte Rechtsstellung verschafft habe.92 Eine solche gesicherte Rechtsposition habe der Beauftragte vor dem Eingang des im Rahmen des Auftragsverhältnisses Erlangten noch nicht inne. cc) Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 HGB

M 45 Die Provisionsforderung des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB entsteht nach Ansicht des BGH bereits mit dem Abschluss des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dem Dritten. Die Provision sei gleichwohl nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB „erst verdient“, sobald das Geschäft ausgeführt sei. Bis dahin stehe sie unter einer aufschiebenden Bedingung.93 Diese Argumentation unterliegt jedoch Bedenken. Denn der BGH hat u.a. im Urteil vom 20.3.200394 darauf hingewiesen, dass § 140 Abs. 3 InsO nur Fälle rechtsgeschäftlicher Bedingungen betreffe. Die Ausführung des vom Handelsvertreter abgeschlossenen Geschäfts ist gemäß § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB tatbestandliche Voraussetzung für die Fälligkeit des Provisionsanspruchs. Die Auffassung des BGH muss daher wertungsmäßig abgesichert werden. Insoweit mag man darauf abstellen, dass die Schuldnerin im Urteil vom 29.6.200495 in unkritischer Zeit alles getan hatte, was nach dem Vertrag für die Entstehung des Provisionsanspruchs erforderlich war und somit die künftige Insolvenzmasse in den kritischen Anfechtungszeiträumen nicht weiter geschmälert worden sein konnte. dd) Ansprüche aus Dienstvertrag

M 46 Hinsichtlich der Vergütungsansprüche aus Dienstvertrag bekräftigt der

BGH in einem Urteil vom 11.5.200696 den allgemeinen Grundsatz, dass der Anspruch auf Vergütung für geleistete Dienste nicht vor der Dienstleistung entstehe.97 § 114 Abs. 1 InsO verdränge zwar im Rahmen seines Anwendungsbereichs die Bestimmung des § 91 Abs. 1 InsO, wonach Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht (mehr) wirksam erworben werden könnten.

91 Vgl. dazu noch BGH v. 1.7.1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 (155) = MDR 1985, 999. 92 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (356) = MDR 2004, 596. 93 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. Rz. 22 = MDR 2005, 51; v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, MDR 1990, 620 = NJW 1990, 1665. 94 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. 95 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. = MDR 2005, 51. 96 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = GesR 2006, 418 = MDR 2007, 112. 97 Vgl. BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. unter II. 1. a) aa).

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 49 M

Der Gesetzgeber des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes98 habe jedoch klargestellt, dass nach seiner Auffassung Vorausabtretungen der Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß § 91 Abs. 1 InsO generell unwirksam wären, wenn es die Bestimmung des § 114 Abs. 1 InsO nicht gäbe. Nach einem weiteren Urteil des BGH vom 26.6.200899 schließt die Regelung des § 114 Abs. 3 InsO die Anfechtung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus. Die Vorschrift bestimme als Ausnahme zu § 91 Abs. 1 InsO lediglich, inwieweit die Zwangsvollstreckung in künftige Bezüge nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch wirksam sei. Eine weitergehende, auch andere Vorschriften der Insolvenzordnung überlagernde Gültigkeitsanordnung sei daraus nicht zu entnehmen. Der Umstand, dass § 114 Abs. 3 Satz 3 InsO die Regelung der Rückschlagsperre (§ 88 InsO) unberührt lasse, erlaube nicht den Gegenschluss, andere Regelungen, welche die Zeit vor der Verfahrenseröffnung beträfen, seien nicht anwendbar.100

M 47

ee) Mietforderungen und Leasingforderungen Mietzinsansprüche sind nach der Rechtsprechung des BGH künftige Ansprüche; sie entstehen danach für jeden Monat (oder sonstigen Bemessungszeitraum) neu.101 Nach dem Leitsatz eines Urteils des BGH vom 30.1.1997102 ist die Abtretung einer Forderung auf Zahlung künftigen Grundstücksmietzinses erst mit dem Beginn des jeweiligen Nutzungszeitraums beendet. Jedenfalls bei einem normalen Mietvertrag über Grundstücke habe derjenige, der sich Mietzinsansprüche im Voraus abtreten lasse, keine gesicherte Rechtsposition, bis der Zeitraum, für den die jeweilige „Rate“ geschuldet werde, wenigstens nahe bevorstehe. Abgesehen davon, dass ein solcher Vertrag im Regelfall mit einer bestimmten Frist gekündigt werden könne, sei gerade die Wirkung von Vorausverfügungen über den Mietzins zeitlich beschränkt. Nach § 573 Abs. 1 BGB sei sie im Falle des Eigentumswechsels grundsätzlich insoweit unwirksam, als sie sich auf den Mietzins für Kalendermonate nach dem Eigentumsübergang beziehe.

M 48

Soweit daher die im Voraus abgetretene Forderung auf Mietzahlung in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände entstanden ist,

M 49

98 Vgl. dazu BT-Drucks. 14/5680, S. 17. 99 BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff.; vgl. dazu Koza, EwiR 2008, 569 f. 100 A.A. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 13: was der Zessionar nach der Verfahrenseröffnung behalten könne, müsse er auch davor behalten dürfen. 101 BGH v. 16.7.2003 – VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 (387) = MDR 2003, 1103; v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 = ZInsO 2010, 43 ff. 102 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513. Schäfer

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M Rz. 49

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

kann die Abtretung grundsätzlich angefochten werden. Daran ändert auch § 140 Abs. 3 InsO nichts, wonach bei einer befristeten Rechtshandlung der Eintritt des Termins außer Betracht bleibt. Denn eine befristete Abtretung und die Abtretung eines befristeten Rechts sind zweierlei Dinge.103 Die Abtretung eines befristeten Rechts stellt keine befristete Rechtshandlung dar.

M 50 Im Schrifttum104 wird die Auffassung vertreten, § 110 Abs. 1 InsO schließe die Anfechtung der Vorausverfügung über die Mietzinsforderung aus. Wenn das Gesetz dem Zessionar die Miete für eine Zeit nach der Verfahrenseröffnung belasse, wolle es sie ihm nicht für die Zeit davor nehmen. Dies entspricht jedoch nicht der Auffassung des BGH. Dieser hat in einem Urteil vom 26.6.2008105 zu § 114 Abs. 3 InsO entschieden, diese Bestimmung schließe die Anfechtung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für die Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aus.106

M 51 Für die Möglichkeit der Aufrechnung von Mietzinsansprüchen gegen Ansprüche auf Auszahlung von Guthaben aus Mietnebenkostenvorauszahlungen ist nach einem früheren Urteil des BGH vom 11.11.2004107 der Abschluss des Mietvertrages maßgebend. Der Anspruch auf Rückzahlung zuviel vorausbezahlter Mietnebenkosten sei bedingt durch den Ablauf des Abrechnungszeitraums und eine tatsächlich eingetretene Überzahlung. Im Regelfall gelte zwar eine Rechtshandlung erst dann als vorgenommen, wenn ihre rechtlichen Wirkungen eingetreten seien (§ 140 Abs. 1 InsO). Gemäß § 140 Abs. 3 InsO bleibe jedoch der Eintritt einer Bedingung außer Betracht. Maßgebend sei dann vielmehr auf den „Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände“ abzustellen.108 Nach Ansicht des BGH ist dies der Abschluss des Mietvertrages. Zu diesem Urteil ist jedoch kritisch anzumerken, dass der Anspruch auf Rückzahlung zuviel vorausbezahlter Mietnebenkosten nicht schon für alle Zukunft bedingt mit dem Abschluss des Mietvertrages begründet wird. Denn es ist zunächst völlig unbestimmt, in welcher Höhe eine Überzahlung eintreten wird. § 140 Abs. 3 InsO betrifft nicht gesetzliche Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs, sondern nur rechtsgeschäftliche Bedingungen.109 Der BGH ist daher im Urteil vom 17.9.2009110 zu Recht von der im Urteil vom 11.11.2004 vertretenen Auffassung abgerückt.

103 104 105 106 107 108

Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 9. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 9. Vgl. BGH v. 26.6.2008 – IX ZR 87/07, MDR 2008, 1239 = ZInsO 2008, 806 ff. Vgl. dazu noch Rz. M47. BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZInsO 2005, 94 f. BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZInsO 2005, 95 mit Hinweis auf Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 109 Vgl. BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. 110 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08 – „Doppelsicherung“, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 54 M

Nach Ansicht des BGH entsteht der Anspruch auf Zahlung sämtlicher Mietzinsen als betagte Forderung jedoch schon dann mit Beginn des Mietvertrages, wenn ein (atypischer) befristeter Mietvertrag über bewegliche Sachen so ausgestaltet ist, dass der Vermieter die wesentlichen Gegenleistungspflichten für die monatlich fällig werdenden Mietzinsen bereits zu Beginn des Mietvertrages erbracht hat. In diesem Fall seien die Ansprüche auf künftigen Mietzins keine befristeten Forderungen.111 In dem entschiedenen Fall waren der Mietvertrag für 60 Monate fest abgeschlossen, die Miete abschließend festgelegt, die Sach- und Gegenleistungsgefahr abgewälzt und ein Gewährleistungsausschluss unter Abtretung der Gewährleistungsansprüche des Vermieters vereinbart worden. Es ging in dem entschiedenen Fall zudem darum, ob der Zessionar der Mietforderungen die zwischen Zedent und Mieter vereinbarte vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages gegen sich gelten lassen muss, wenn der Mieter beim Abschluss der Aufhebungsvereinbarung die Abtretung kannte.

M 52

Leasingforderungen sollen nach der Rechtsprechung des BGH während der Grundmietzeit regelmäßig betagte Forderungen darstellen, die nur noch nicht fällig sind.112 Die Leasingraten der Grundmietzeit seien „in jeder Weise durch den Leasingvertrag rechtlich festgelegt“ und auch Kündigungsmöglichkeiten seien vor dem Ablauf der Grundmietzeit in der Regel ausgeschlossen. Für die Anfechtbarkeit der Abtretung von Leasingforderungen ist demnach der Abschluss des Leasingvertrages maßgebend.113

M 53

ff) Werklohnforderungen Eine Werklohnforderung entsteht nach Ansicht des BGH nicht erst mit der Vollendung des Werkes oder der Abnahme der Werkleistung gemäß § 641 BGB, sondern bereits mit dem Abschluss des Werkvertrages.114 Wurde daher die Abtretung eines in diesem Sinne bereits entstandenen Werklohnanspruchs in unkritischer Zeit vorgenommen, so kann nicht die Abtretung selbst, sondern allenfalls das „Werthaltigmachen“ der Werklohnforderung angefochten werden.115 Zu beachten ist ferner, dass nach der Rechtsprechung des BGH die bloße Abnahme der Werkleistung keine Rechtshandlung darstellt, die unter dem Gesichtspunkt der Wertauffüllung angefochten werden kann.116 111 BGH v. 4.11.2009 – XII ZR 170/07, MDR 2010, 195 = ZIP 2010, 332 ff. 112 Vgl. BGH v. 14.12.1989 – IX ZR 283/88, BGHZ 109, 368 ff. = MDR 1990, 432 = CR 1990, 274. 113 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 5A. 114 BGH v. 6.4.2000 – IX ZR 122/99, MDR 2000, 907 = ZIP 2000, 932 ff. 115 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 ff. Rz. 36 = MDR 2008, 411; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98, BGHZ 147, 28 ff. = MDR 2001, 1076; vgl. dazu noch Gerhardt, Gedächtnisschrift für Knobbe-Keuk, S. 169, 178 f.; Kirchhof, Festschrift für Uhlenbruck, S. 269 (277); Bork, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 15 Rz. 5; HambKomm-InsO/Rogge, § 130 Rz. 40. 116 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 134/00, MDR 2001, 1189 = NJW-RR 2001, 1337 (1338). Schäfer

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M 54

M Rz. 55

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

c) Vertragliche und gesetzliche Pfandrechte

M 55 Die Verpfändung einer bestehenden Forderung wird nach § 1280 BGB erst mit der Anzeige gegenüber dem Drittschuldner wirksam. Die Verpfändung einer künftigen Forderung ist erst mit deren Entstehung vorgenommen.117 Im Falle der Vorausverpfändung einer künftigen Forderung ist die Verfügung zwar nach der Rechtsprechung des BGH schon mit dem Abschluss des Verpfändungsvertrages beendet; das Pfandrecht wird aber erst „begründet“, wenn die verpfändete Forderung entsteht.118 Entsteht die verpfändete Forderung daher in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände, so ist die Verpfändung anfechtbar.119 Wichtig ist der Hinweis im Urteil des BGH vom 20.3.2003,120 wonach die Entstehung der im Voraus gepfändeten oder verpfändeten Forderung nicht als Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB angesehen werden könne, da § 140 Abs. 3 InsO nur Fälle rechtsgeschäftlicher Bedingungen betreffe, also nicht Fälle, in denen gesetzliche Voraussetzungen für das Entstehen eines Rechts fehlten. Die Pfändung einer künftigen Forderung geschieht in der Tat in jeder Hinsicht bedingungslos. Bei der Pfändung in eine offene Kreditlinie entsteht das Pfändungspfandrecht erst mit dem Abruf des Kredits durch den Schuldner.121

M 56 Das in der vorstehenden Randnummer angesprochene Pfandrecht an einer künftigen Forderung ist zu unterscheiden von dem Pfandrecht (an einer bestehenden Sache oder einem bestehenden Recht) für eine künftige (zu sichernde) Forderung. Der BGH hat dieser Unterscheidung in seiner früheren Rechtsprechung wesentliche Bedeutung für die anfechtungsrechtliche Beurteilung beigemessen. Danach soll eine Pfandrechtsbestellung für eine künftige Forderung – ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt des Entstehens der gesicherten Forderung – schon mit der Einigung und Übergabe der Pfandsache an den Gläubiger wirksam sein. Die Pfandrechtsbestellung ist danach nur dann anfechtbar, wenn Einigung und Übergabe der Pfandsache in der Krise erfolgten.122

M 57 Die Frage, ob an dieser Maßgeblichkeit der Pfandrechtsbestellung festzuhalten sei, hat der BGH in seinem „Vermieterpfandrechtsurteil“ vom

117 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 ff. 118 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 (201) = MDR 2007, 610 Rz. 14; v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2597), insoweit nicht in BGHZ 138, 291 ff. abgedruckt. 119 Vgl. dazu noch Mitlehner, Mobiliarsicherheiten im Insolvenzverfahren, Rz. 689. 120 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372. 121 BGH v. 9.6.2011 – IX ZR 179/08, ZIP 2011, 1324 ff.; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. = MDR 2004, 775; v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZIP 2004, 669 ff. 122 Vgl. BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, BGHZ 86, 340 ff. = MDR 1983, 484; v. 5.11.1998 – IX ZR 246/97, ZIP 1999, 79 f.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 58 M

14.12.2006123 offengelassen. Im Schrifttum werde zum Teil die Auffassung vertreten, dass die Rechtshandlung bei den rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Pfandrechten mit der Entstehung des Pfandrechts auch insoweit vorgenommen sei, als damit künftige Forderungen aus dem Mietverhältnis gesichert würden.124 Nach anderer Auffassung habe der spätere Insolvenzschuldner gegen das nicht valutierte Pfandrecht eine Einrede, die mit der Verfahrenseröffnung zur Masse gehöre. Entstehe die Forderung in der kritischen Zeit, werde dem Schuldner zum Nachteil seiner Gläubiger die Einrede entzogen, weshalb jedenfalls anfechtungsrechtlich auf diesen Zeitpunkt abzustellen sei.125 In ähnlicher Weise werde die Frage erörtert, ob die vorinsolvenzliche Begründung von Pfandrechten für künftige Forderungen nach § 91 InsO (§ 15 KO) insolvenzfest sei, wenn diese erst nach der Verfahrenseröffnung entstünden oder auf den Sicherungsnehmer übergingen. Während ein Teil der Literatur dies bejahe,126 lehnten andere einen Rechtserwerb ab und begründeten dies ebenfalls mit dem Wegfall der Einrede der Nichtvalutierung.127 Für die Anwendung des § 91 InsO sei entscheidend, ob ein Vermögensgegenstand bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ganz oder teilweise aus dem Vermögen des Schuldners ausgeschieden sei, ohne dass für ihn die Möglichkeit bestanden habe, diesen aufgrund alleiniger Entscheidung wieder zurückzuerlangen.128 Dieser Grundsatz habe auch bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Vornahme einer Rechtshandlung nach § 140 Abs. 1 InsO Bedeutung. Bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, auf die der Senat in jüngerer Zeit verstärkt abgestellt habe, bewirke die Begründung eines rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Pfandrechts an Vermögensgegenständen des Schuldners zur Sicherung künftiger Forderungen erst im Entstehungszeitpunkt der gesicherten Forderung die Schmälerung des Schuldnervermögens und somit die Gläubigerbenachteiligung. Aus ähnlichen Erwägungen heraus habe der Senat bereits früher entschieden, dass im Gesamtvollstreckungsverfahren § 2 Abs. 4 GesO i.V.m. § 394 BGB die Aufrechnung mit einer vor dem Eingang des Eröffnungsantrages begründeten Forderung gegen eine Werklohnforderung des Schuldners ausschließe, die gemäß § 631 Abs. 1 BGB zwar schon vor der Antragstellung begründet worden sei, die aber auf Werkleistungen beru123 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 124 Vgl. MK-InsO/Ganter, vor §§ 49 bis 52 Rz. 35; Uhlenbruck/Hirte, 12. Aufl., § 140 Rz. 7. 125 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 17; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 15. 126 MK-InsO/Ganter, vor §§ 49 bis 52 Rz. 35; Palandt/Bassenge, 68. Aufl., § 1204 Rz. 11. 127 Blersch/v. Olshausen in BK-InsO, § 91 Rz. 10; Häsemeyer, Insolvenzrecht Rz. 10.28; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, § 91 Rz. 40; Kilger/K. Schmidt, 17. Aufl., Insolvenzgesetze, § 15 Anm. 4d. 128 Vgl. BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 (145) = MDR 1997, 557; BGH v. 17.11.2005 – IX ZR 162/04, WM 2006, 144 (145). Schäfer

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M Rz. 58

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

he, die erst nach diesem Zeitpunkt erbracht worden seien.129 Ebenso wie eine solche – noch nicht fällige – Forderung des Schuldners einen Vermögenswert erst nach der Ausführung der geschuldeten Werkleistung darstelle, werde auch ein Pfandrecht zur Sicherung einer künftigen Forderung erst mit deren Entstehung für den Gläubiger werthaltig.130 aa) Vermieterpfandrecht

M 59 Der BGH hat es in der Entscheidung vom 14.12.2006131 offen gelassen, ob aus den in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Gründen bei rechtsgeschäftlichen und gesetzlichen Pfandrechten nach § 140 Abs. 1 InsO allgemein auf den Zeitpunkt der Entstehung der gesicherten Forderung abzustellen ist. Denn im Falle des gesetzlichen Vermieterpfandrechts sei vorrangig § 140 Abs. 3 InsO zu beachten. Nach dieser Bestimmung bleibe bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht. Maßgebender Zeitpunkt sei dann der Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände.132 Bei Mietzinsforderungen, die als aufschiebend befristete Ansprüche unter diese Bestimmung fielen, sei das der Abschluss des Mietvertrages.133 Auf das Vermieterpfandrecht sei § 140 Abs. 3 InsO zwar nicht unmittelbar anwendbar. Die Bestimmung betreffe nur Rechtsgeschäfte, da andere Rechtshandlungen – so auch das zur Entstehung des Vermieterpfandrechts führende Einbringen von Gegenständen – nicht bedingt oder befristet sein könnten.134 Dennoch könne die Tatsache, dass die Zahlung des Mietzinses unter den vorstehend genannten Voraussetzungen insolvenzfest sei, für die Frage der Anfechtbarkeit des Vermieterpfandrechts nicht unberücksichtigt bleiben. Das der Sicherung des Mietzinsanspruchs dienende Vermieterpfandrecht könne nicht in weiterem Umfang der Insolvenzanfechtung unterliegen als die Erfüllung der Mietzinsforderungen durch den Mieter. Dem Vermieter müsse deshalb bei ausbleibender Mietzahlung vor der Insolvenzeröffnung in den Grenzen des § 50 Abs. 2 InsO auch ein anfechtungsfestes Absonderungsrecht eingeräumt werden, soweit die von dem Pfandrecht erfassten Gegenstände bereits vor der Krise eingebracht worden seien.

M 60 Dem BGH ist zwar zuzugeben, dass im Unterschied zur Vorausabtretung und Vorausverpfändung künftiger Mietforderungen – deren Entstehung möglicherweise noch weitere Vermögensaufwendungen des Schuldners 129 Vgl. BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = WM 2001, 2208 ff. 130 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 17 = MDR 2007, 610. 131 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03 – „Vermieterpfandrecht“, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 132 BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 (395) = MDR 2005, 51. 133 Vgl. BGH v. 11.11.2004 – IX ZR 237/03, MDR 2005, 596 = ZIP 2005, 181 ff. 134 Vgl. Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 813 (848/849) Rz. 80; MKInsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50a.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 61 M

bzw. der künftigen Insolvenzmasse erfordert – das Vermieterpfandrecht schon vor dem Eintritt der Krise an den bereits bestehenden und in die Mieträume eingebrachten Sachen des Mieters begründet wurde. Ob es damit auch bereits entstanden ist bzw. bereits Wirkung entfaltet und dem Vermieter eine insolvenzfeste Rechtsposition auch hinsichtlich erst künftig entstehender Mietforderungen vermittelt, ist damit jedoch noch nicht gesagt. Nach Kilger/K. Schmidt135 entsteht die Absonderungsberechtigung allemal erst mit der Valutierung des Pfandrechts. Das „Vermieterpfandrechtsurteil“ des BGH ist unverkennbar geprägt durch das kurz zuvor ergangene Urteil zum anfechtungsfesten Absonderungsrecht des Grundschuldgläubigers, dem zugleich die dem Haftungsverband des Grundpfandrechts unterliegenden (künftigen) Mietforderungen abgetreten wurden.136 Die dort vertretene Auffassung, dass das Grundpfandrecht schon mit seiner Bestellung auch im Hinblich auf künftige Mietforderungen entstanden sei und bereits Wirkung entfalte, lässt sich durchaus anzweifeln. Wenn es in § 1204 Abs. 2 BGB heißt, das Pfandrecht könne auch für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass das Pfandrecht damit nicht nur begründet, sondern bereits entstanden ist und vor allem bereits insolvenzfeste Wirkung auch im Hinblick auf erst künftig zu sichernde Forderungen entfaltet. Dagegen spricht vielmehr die Regelung in § 1209 BGB, wonach für den Rang (nicht: die Entstehung oder gar Wirksamkeit bzw. Insolvenzfestigkeit)137 des Pfandrechts die Zeit der Bestellung auch dann maßgebend ist, wenn es für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt ist. Dieser Regelung hätte es nicht bedurft, wenn nach § 1204 Abs. 2 BGB das Pfandrecht für eine künftige Forderung schon mit der Bestellung als entstanden bzw. bereits wirksam anzusehen sein sollte.138 Bei der Frage der Anfechtbarkeit der Vorausabtretung, der Verpfändung und der Pfändung künftiger Mietforderungen stellt der BGH nicht darauf ab, wann der Mietvertrag abgeschlossen wurde, sondern darauf, wann die vorausabgetretene Forderung entstanden ist.139 Es ist daher unter Wertungsgesichtspunkten nicht einzusehen, weshalb es für die Frage der Anfechtbarkeit des Grundpfandrechts oder des Vermieterpfandrechts zur Sicherung künftiger Mietforderungen nicht auch auf den Zeitpunkt der Entstehung der gesicherten Forderung ankommen sollte, sondern auf den Zeitpunkt der Bestellung des Pfandrechts. Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die zu einer unterschiedlichen anfechtungs135 Kilger/K. Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl., § 15 KO Anm. 4d. 136 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, MDR 2007, 616 = NotBZ 2007, 17 = ZInsO 2006, 1321 f. 137 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht Rz. 10.28 m. FN 109. 138 Vgl. dazu Wilhelm, Sachenrecht Rz. 1892 und MK-BGB/Damrau, § 1204 Rz. 22 – a.A. etwa BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 257/81, BGHZ 86, 340 = MDR 1983, 484 (347); v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = NJW 1998, 2592 (2597) und Erman/Michalski, 13. Aufl., § 1204 Rz. 11. 139 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. Schäfer

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M 61

M Rz. 61

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

rechtlichen Beurteilung führende Unterscheidung zwischen der Verpfändung einer künftigen Forderung und der Bestellung eines Pfandrechts an einem bereits bestehenden Recht zur Sicherung einer möglichen künftigen Forderung wertungsmäßig nicht überzeuge.140 Am Beispiel der Hypothek wird dies im Grunde genommen deutlich. Solange die zu sichernde Forderung noch nicht besteht, ist die Hypothek gemäß § 1163 Abs. 1 BGB als Eigentümergrundschuld dem Schuldnervermögen zugeordnet. Erst die Entstehung der zu sichernden Forderung hat die Entstehung einer Fremdhypothek zur Folge.

M 62 In seinem neueren Urteil vom 17.9.2009141 hat der BGH entschieden, dass es dann, wenn das durch Pfändung der Mietforderung entstandene Pfandrecht anfechtbar ist, weil der Nutzungszeitraum, für den die Mieten geschuldet sind, in der anfechtungsrelevanten Zeit begonnen hat, nicht zur Annahme eines masseneutralen Sicherheitentauschs führt, dass die Mietforderung zugleich in den Haftungsverband einer Grundschuld fällt. Er hat jedoch zugleich betont, die möglicherweise hiervon abzugrenzende Fallgestaltung, dass ein (unbedingtes) Sicherungsrecht an einem schon bestehenden Recht eine künftige Forderung besichere, wobei die gesicherte Forderung unter einer aufschiebenden Bedingung oder Befristung stehe, sei in dem zu entscheidenden Fall nicht gegeben.142 bb) Pfandrecht nach AGB-Banken bzw. AGB-Sparkassen

M 63 Das Pfandrecht nach Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken bzw. Nr. 21 Abs. 1 AGBSparkassen wird erst in demjenigen Zeitpunkt auf einen bestimmten Pfandgegenstand konkretisiert, in dem die Sache in den Besitz der Bank gelangt oder die verpfändete Forderung entsteht.143 Nimmt daher eine Bank aufgrund einer Pfandklausel im Girovertrag ein Pfandrecht an einem Guthaben des Kunden in Anspruch, so kommt es für die Anfechtbarkeit der Verpfändung auf den Zeitpunkt an, in dem der Anspruch des Kunden auf Gutschrift entstanden ist.144 Erlangt die Bank in unkritischer Zeit ein noch nicht durch eine zu sichernde Forderung unterlegtes Pfandrecht an Gegenständen oder Rechten des Schuldners und entsteht die zu sichernde Forderung erst in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände, so ist das Pfandrecht nach der früheren Rechtsprechung des BGH nicht anfechtbar. Denn das Pfandrecht könne auch noch in den kri140 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 15; Berger, NZI 2007, 566 ff.; im Ergebnis ebenso Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 17. 141 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 142 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 15 = NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290. 143 Vgl. BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 ff.; v. 2.6.2005 – IX ZR 181/03, ZInsO 2005, 932 ff. 144 BGH v. 8.3.2007 – IX ZR 127/05, MDR 2007, 1042 = ZIP 2007, 924 ff. Rz. 16; v. 24.10.1996 – IX ZR 284/95, MDR 1997, 153 = ZIP 1996, 2080 ff.

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Rz. 67 M

II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

tischen Anfechtungszeiträumen durch eine zu sichernde Forderung „unterlegt“ werden.145 cc) Verpfändung von kontokorrentgebundenen Forderungen und Gewinnforderungen aus einer Gesellschaftsbeteiligung Nach einem Beschluss des BGH vom 18.3.2010146 entsteht das Pfandrecht an globalverpfändeten Kontokorrentforderungen erst mit der Erstellung des Abschlusssaldos. Für die Anfechtbarkeit der Globalverpfändung ist daher auf diesen abzustellen, nicht auf die in das Kontokorrent eingestellten Einzelforderungen, an denen ein Pfandrecht nicht erworben werden kann.

M 64

Verpfändet der Schuldner einem Gläubiger sowohl den Geschäftsanteil an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als auch das daraus folgende Gewinnbezugsrecht, so ist nach einem neueren Urteil des BGH vom 14.1.2010 für die Anfechtung des Pfandrechts der Zeitpunkt des Entstehens der verpfändeten Gewinnforderungen maßgebend.147

M 65

Der BGH bekräftigt mit diesem Urteil zunächst seine Rechtsprechung, wonach die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen im Eröffnungsverfahren nicht den Erwerb einer zuvor abgetretenen, erst nach der Anordnung entstandenen Forderung des Insolvenzschuldners hindert,148 für den Bereich der Verpfändung künftiger Forderungen. Entsteht die verpfändete künftige Forderung im Eröffnungsverfahren, so scheitert die Entstehung des Pfandrechts nicht an § 91 Abs. 1 InsO.149

M 66

Das Pfandrecht kann jedoch nach den §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein, wenn die verpfändete Forderung in den kritischen Anfechtungszeiträumen entsteht. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass in den Fällen der Vorausabtretung einer künftigen Forderung, deren Verpfändung oder Pfändung anfechtungsrechtlich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Forderung entsteht.150 Der Zessionar oder Pfandgläubiger erwirbt grundsätzlich keine gesicherte Rechtsposition an künftig entstehenden gesellschaftsrechtlichen Gewinnbezugsrechten.151 Bei dem Anspruch des Gesellschafters auf die Abfindung oder auf das Auseinandersetzungsguthaben handelt es sich nicht um einen bereits bestehenden, nur noch

M 67

145 Vgl. BGH v. 19.3.1998 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291 ff. = GmbHR 1998, 935 = AG 1998, 342 = ZInsO 1998, 89 ff. 146 BGH v. 18.3.2010 – IX ZR 111/08, ZIP 2010, 1137. 147 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, MDR 2010, 774 = ZIP 2010, 335 ff. 148 Vgl. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 90/08, MDR 2010, 289 = ZInsO 2009, 2336 ff. 149 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, ZIP 2010, 335 ff. Rz. 29. 150 Vgl. BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 (201) Rz. 14 = MDR 2007, 610; v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 = ZInsO 2010, 43 ff. 151 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, ZIP 2010, 335 ff. Rz. 24. Schäfer

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M Rz. 67

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

nicht fälligen, also betagten, sondern um einen künftigen Anspruch, der erst mit dem Ausscheiden des Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft entsteht. Diese Würdigung beruht auf der Erwägung, dass der Gesellschafter im Falle der Veräußerung seiner Beteiligung an einen Dritten den – mithin zugunsten eines Zessionars oder Pfandgläubigers nicht rechtlich gesicherten – Abfindungsanspruch verliert.152 Nicht anders verhält es sich bei dem Anspruch auf periodisch entstehende Gewinnbezugsrechte, der ebenfalls bei einer Veräußerung der Beteiligung in der Person des Zessionars oder Pfandgläubigers nicht zum Entstehen gelangt. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Schuldner in dem durch Urteil vom 14.1.2010 entschiedenen Fall über den Gewinnanspruch hinaus auch seinen Geschäftsanteil verpfändet hatte. Denn die notwendige Zwangsvollstreckung (vgl. § 1277 BGB) war nicht in die Wege geleitet. Der Inhaber eines Pfandrechts an einem Gesellschaftsanteil erwirbt vor der Einleitung der Zwangsvollstreckung an künftig entstehenden Gewinnansprüchen schon wegen der Möglichkeit der Abtretung des Gesellschaftsanteils keine gesicherte Rechtsposition.153 dd) Verpfändung eines Versicherungsanspruchs

M 68 Der Anspruch auf die Versicherungsleistung wird ohne Zweifel mit dem Abschluss des Versicherungsvertrages begründet. Ob damit etwa bei der Lebensversicherung der Anspruch auf die Versicherungsleistung auch bereits entstanden ist, erscheint hingegen fraglich. Verneint man dies, so muss man wohl von einem künftigen Anspruch ausgehen. Entsteht der Anspruch erst nach der Insolvenzeröffnung, etwa aufgrund einer Kündigung des Insolvenzverwalters, so könnte der Pfandgläubiger kein Pfandrecht mehr mit Wirkung zu Lasten der Insolvenzmasse erwerben. Der BGH geht im Urteil vom 7.4.2005154 offenbar von einem bereits vor der Insolvenzeröffnung entstandenen Anspruch aus, obwohl der Versicherungsfall noch nicht eingetreten war. Er weist darauf hin, dass der Insolvenzverwalter den Versicherungsvertrag gekündigt habe, und nimmt an, dieser sei nach den §§ 191 Abs. 1, 198 InsO zur Einziehung des aufschiebend bedingten Anspruchs und zur Hinterlegung verpflichtet, bis die zu sichernde Forderung (konkret: aus Pensionszusage) fällig werde oder die Bedingung ausfalle.

M 69 Der BGH dürfte dabei jedoch einen wichtigen Punkt übersehen haben. Geht man davon aus, dass schon vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ein insolvenzfestes Pfandrecht an dem aufschiebend bedingten Anspruch auf die Versicherungsleistung bestehe, so bedürfte die Kündigung des Ver152 Vgl. BGH v. 19.9.1983 – II ZR 12/83, BGHZ 88, 205 (206) = GmbHR 1984, 101 = MDR 1984, 122; v. 16.5.1988 – II ZR 375/87, BGHZ 104, 351, 352 f. = GmbHR 1989, 71 = MDR 1989, 143. 153 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, MDR 2010, 774 = ZIP 2010, 335 ff. Rz. 26. 154 BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04, MDR 2005, 1075 = ZIP 2005, 909 ff.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 72 M

sicherungsvertrages nach herrschender Auffassung gemäß § 1276 Abs. 1 BGB der Zustimmung des Pfandgläubigers.155 Der Versicherungsvertrag erlischt nicht automatisch mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dem Urteil des BGH lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Zustimmung des Pfandgläubigers vorgelegen hätte.156 ee) Zwangsvollstreckung Die Pfändung einer beweglichen Sache ist vorgenommen, wenn der Gerichtsvollzieher sie gemäß § 808 ZPO in Besitz genommen hat. Die Pfändung einer bestehenden Forderung ist zwar erst mit der Auskehrung des Verwertungserlöses an den Gläubiger vollendet. Jedoch ist zu beachten, dass die Anfechtung der Befriedigung des Gläubigers ins Leere geht, wenn dieser in unkritischer Zeit ein anfechtungsfestes Pfandrecht erlangt hat. Dies ist der Fall, wenn die Pfändung dem Schuldner gemäß § 857 Abs. 2 ZPO bzw. dem Drittschuldner gemäß § 829 Abs. 3 ZPO in unkritischer Zeit zugestellt wurde. Die Pfändung einer künftigen Forderung ist anfechtungsrechtlich hingegen erst mit deren Entstehung vorgenommen.157 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind keine bedingten Rechtshandlungen; sie unterfallen daher nicht § 140 Abs. 3 InsO.158 Bei Grundstücken ist die Pfändung nach der Rechtsprechung des BGH mit der Eintragung einer Zwangshypothek gemäß §§ 866, 867 ZPO auch hinsichtlich der erst künftig zu sichernden Forderungen vorgenommen. Die Beschlagnahme, die das Absonderungsrecht eines persönlichen Gläubigers erst entstehen lasse (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO), leite beim dinglichen Gläubiger lediglich die Befriedigung aus dem belasteten Recht ein.159 Von dieser Auffassung ist der BGH inzwischen jedoch abgerückt.160

M 70

Im Falle der Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen ein Kreditinstitut aus einem vereinbarten Dispositionskredit („offene Kreditlinie“) ist die Rechtshandlung vorgenommen, sobald und soweit der Schuldner den ihm zur Verfügung stehenden Kreditbetrag abgerufen hat.161

M 71

Vorpfändung und Hauptpfändung bilden eine einheitliche mehraktige Rechtshandlung. Die Vorpfändung allein vermittelt daher noch kein anfechtungsfestes Absonderungsrecht in der Insolvenz.162

M 72

155 Vgl. Nobbe in: Prütting/Wegen/Weinreich, § 1276 Rz. 6; MK-BGB/Damrau, § 1276 Rz. 9; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 165 Rz. 2; Elfring, NJW 2005, 2192, 2193. 156 Siehe dazu näher unten Rz. M126 ff. 157 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. 158 Vgl. BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 (17) = MDR 2006, 1129. 159 Vgl. BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, MDR 2007, 616 = NotBZ 2007, 17 = ZInsO 2006, 1321 f. Rz. 11. 160 Vgl. BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff. Rz. 18. 161 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350 ff. = MDR 2004, 775. 162 BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. = MDR 2006, 1129. Schäfer

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M Rz. 73

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

ff) Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung

M 73 Bis in die jüngste Zeit war streitig, zu welchem Zeitpunkt das Pfandrecht im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO entstanden ist, wenn der Gläubiger, dem in unkritischer Zeit ein Grundpfandrecht bestellt worden war, später die in den Haftungsverband des Grundpfandrechts fallenden Mietforderungen seines Schuldners gegen einen Dritten gepfändet hat. Dazu hatte der BGH noch durch Urteil vom 9.11.2006163 in einem Fall der späteren Abtretung von Mietforderungen zugunsten des durch Grundschuld gesicherten Zessionars entschieden, die Grundschuldhaftung begründe ein gegenwärtiges Pfandrecht an den – auch künftigen – Mietforderungen. Daher bewirke die mit Beginn des jeweiligen Monats wirksam werdende Vorausabtretung164 keine Gläubigerbenachteiligung. Davon ist der BGH in seinem neueren Urteil vom 17.9.2009165 zu Recht abgerückt. Ist das durch Pfändung der Mietforderung entstandene Pfandrecht anfechtbar, weil der Nutzungszeitraum, für den die Mieten geschuldet sind, in der anfechtungsrelevanten Zeit begonnen hat, führt es nicht zur Annahme eines masseneutralen Sicherheitentauschs, dass die Mietforderung zugleich in den Haftungsverband einer Grundschuld fällt. d) Zahlungsverkehr aa) Banküberweisung

M 74 Eine Banküberweisung ist im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO in dem Zeitpunkt vollendet, in dem der Anspruch des Überweisungsempfängers auf Gutschrift gegen die Empfängerbank entsteht. Der Anspruch auf Gutschrift entsteht, sobald die Empfängerbank den Überweisungsbetrag erhalten hat bzw. bei der innerbetrieblichen Überweisung bereits mit der Belastungsbuchung auf dem Konto des Auftraggebers.166 Bei der Überweisung durch Online-Banking steht die Abbuchung unter dem Vorbehalt der Nachdisposition durch die Bank und setzt daher eine über das Zustandekommen des Überweisungsvertrages hinausgehende konkludente Äußerung des Kreditinstituts voraus, die Kontobelastung zuzulassen.167

163 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 133/05, MDR 2007, 616 = NotBZ 2007, 17 = ZInsO 2006, 1321 f. 164 Vgl. BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 (514). 165 BGH v. 17.9.2009 – IX ZR 106/08, BGHZ 182, 264 ff., NotBZ 2010, 343 = MDR 2010, 290 = ZInsO 2010, 43 ff. 166 BGH v. 20.6.2002 – IX ZR 177/99, MDR 2002, 1270 = ZIP 2002, 1408 ff.; Schimansky in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. I § 47 Rz. 6. 167 BGH v. 15.3.2005 – XI ZR 338/03, MDR 2005, 1003 = ZIP 2005, 894 ff. Rz. 21; Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 5B.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 77 M

bb) Lastschrift Bei der Lastschrift im Abbuchungsverfahren erteilt der Schuldner seiner Bank den Auftrag, Lastschriften seines Gläubigers von seinem Girokonto abzubuchen. Dieses Abbuchungsverfahren ist noch nicht mit der Gutschrift der Gläubigerbank, sondern erst mit der Einlösung durch die Schuldnerbank abgeschlossen.168 Die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute (vgl. Nr. 9 Abs. 2 Satz 1 AGB-Banken und Nr. 9 Abs. 2 AGB-Sparkassen) sehen vor, dass Lastschriften eingelöst sind, wenn die Belastungsbuchung nicht spätestens am zweiten Bankarbeitstag nach ihrer Vornahme rückgängig gemacht wird. Damit wird aber lediglich der (früheste) Zeitpunkt der Einlösung festgelegt.169 Als weitere Voraussetzung der Einlösung muss ein Einlösungswille der Schuldnerbank gegeben sein, der sich beispielsweise im Bereitstellen des Kontoauszuges äußern kann.170

M 75

Bei der Lastschrift im Einziehungsermächtigungsverfahren ermächtigt der Schuldner den Gläubiger, den geschuldeten Betrag von seinem Girokonto im Wege der Lastschrift einzuziehen. Die Besonderheit dieses Verfahrens besteht nach der Rechtsprechung des BGH171 darin, dass der Gläubiger die Initiative zur Begleichung seiner Forderung ergreift, indem er seine Bank beauftragt, den Geldbetrag einzuziehen. Diese leitet den Auftrag an die Schuldnerbank weiter, die den Betrag vom Schuldnerkonto abbucht und der Gläubigerbank zuleitet, ohne dazu vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben. Wegen dieser weisungslosen Belastung seines Kontos steht dem Schuldner gegenüber der Schuldnerbank aus dem Girovertrag bis zu seiner Genehmigung ein Widerspruchsrecht zu. Widerspricht der Schuldner, ohne zuvor genehmigt zu haben, muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen und die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurückgeben.

M 76

Es fragt sich, wann dieses Einziehungsgsermächtigungsverfahren anfechtungsrechtlich vollendet ist. Nach der vom BGH vertretenen „Genehmigungstheorie“ ist die für die Belastung des Schuldnerkontos im Deckungsverhältnis zu dessen Bank erforderliche Genehmigung des Schuldners auch maßgeblich für die Erfüllung im Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger.172 Vor der Genehmigung des Schuldners ist somit die Verfügung zugunsten des Gläubigers noch nicht vollendet. Wird daher die Verfügungsmacht des Schuldners vor dessen Genehmigung beschränkt, etwa durch Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung, so kann

M 77

168 Vgl. BGH v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, MDR 2003, 652 = ZInsO 2003, 324 ff.; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 11. 169 Vgl. BGH v. 15.12.1980 – II ZR 53/80, BGHZ 79, 381 (387) = MDR 1981, 648. 170 BGH v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, MDR 2003, 652 = ZInsO 2003, 324 ff. 171 Vgl. BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. = MDR 2008, 1361. 172 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. Rz. 15 = MDR 2008, 1361. Schäfer

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M Rz. 77

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

sich die Verfügung nicht mehr zu Lasten der künftigen Insolvenzmasse vollenden.173 Darüber konnten nach der früheren Rechtsprechung des IX. Zivilsenates des BGH auch etwaige schuldrechtliche Bindungen des Schuldners nicht hinweghelfen; an sie sei der „schwache“ vorläufige Insolvenzverwalter nicht gebunden, da er die Interessen der künftigen Insolvenzgläubiger zu vertreten habe und anders als der vorläufige Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist (vgl. § 22 Abs. 1 InsO), keine Masseverbindlichkeiten begründen könne.174

M 78 Der XI. Zivilsenat des BGH hat der Auffassung des IX. Zivilsenats über die fehlende Bindung des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters im Urteil vom 10.6.2008 widersprochen.175 Dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter stünden innerhalb von Vertragsverhältnissen nicht mehr und keine anderen Rechte zu als dem Schuldner.176 Sofern die neuere Rechtsprechung des IX. Zivilsenats insolvenzrechtlich die zwingende Folge der Genehmigungstheorie sein sollte, werde zur Erhaltung der Akzeptanz des Einzugsermächtigungsverfahrens zu überlegen sein, ob für das Valutaverhältnis an der Genehmigungstheorie auch in Zukunft noch festgehalten werden könne. Für eine Aufgabe dieser Theorie – zugunsten der Geltung der „Erfüllungstheorie“ im Valutaverhältnis – könnten alsdann gewichtige Gründe sprechen.177

M 79 Im Schrifttum wurde jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass anerkanntermaßen nicht jeder Widerspruch des Schuldners bei bestehendem Zahlungsanspruch missbräuchlich ist. Vielmehr ist danach zu differenzieren, ob der Schuldner anerkennenswerte Gründe für den Widerspruch hat oder nicht.178 Sieht der Schuldner im Zustand der Zahlungsunfähigkeit bewusst davon ab, die nicht bevorrechtigte Forderung des Gläubigers noch zu befriedigen, so handelt er in der Regel weder rechts- noch sittenwidrig, da sein Handeln dem in der materiellen Insolvenz geltenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung entspricht.179 Auch über die Annahme einer schuldrechtlichen Bindung des „schwachen“ vorläufigen Insolvenzverwalters lässt sich die mangels vollendeter Verfügung als bloße Insol173 Vgl. BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 = MDR 2005, 354 ff.; bestätigt durch BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 173/02, MDR 2007, 361 = ZIP 2006, 2046 f. und durch BGH v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 ff. = MDR 2008, 166. 174 BGH v. 4.11.2004 – IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff. = MDR 2005, 354. 175 Vgl. BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. = MDR 2008, 1361 und Nobbe/Ellenberger, WM 2006, 1885 ff.; kritisch dazu G. Fischer, WM 2009, 629 ff.; Nassall, NJW 2008, 3354 f. 176 Vgl. dazu BGH v. 6.6.2000 – XI ZR 258/99, BGHZ 144, 349 (351) = MDR 2000, 1203 m. Anm. Krüger. 177 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. Rz. 20. 178 van Gelder, Bankrechts-Handbuch, § 58 Rz. 90; HK-InsO/Kayser, § 82 Rz. 40. 179 Vgl. HK-InsO/Kayser, § 82 Rz. 40.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 81 M

venzforderung anzusehende Gläubigerforderung nicht in den Rang einer Masseverbindlichkeit heben.180 Mit der Befürwortung der „Erfüllungstheorie“ allein im Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger wurde kein gangbarer Weg aufgezeigt.181 Der IX. und der XI. Zivilsenat des BGH haben sich inzwischen bemüht, in zwei neueren Urteilen vom 20.7.2010182 „einheitliche Rechtsgrundsätze zur Insolvenzfestigkeit einer mittels Einzugsermächtigungslastschrift bewirkten Zahlung“ zu entwickeln und damit die Differenzen in der Rechtsprechung beider Senate beizulegen.183 Für die sich schon nach bisherigem Recht anbietende Annahme einer Vorausermächtigung des Lastschriftschuldners unter der Voraussetzung des einwandfreien (einwendungs-, einrede- und aufrechnungsfreien) Bestehens der Forderung des Lastschriftgläubigers zum Zeitpunkt der Einziehung vermochte sich der BGH auch weiterhin nicht zu entscheiden. Er geht für das bisherige Recht nach wie vor davon aus, dass die Schuldnerbank auf der Grundlage der Genehmigungstheorie ohne girovertragliche Weisung auf das Konto des Schuldners zugreife.184 Lediglich für das auf europäischer Ebene neu eingeführte SEPA-Lastschriftverfahren nimmt er an, dass die Zahlung mittels Lastschrift bereits vorab mit der Erteilung des SEPA-Lastschriftmandats autorisiert werde. Der Zahlungsauftrag an die Schuldnerbank werde dieser durch den Zahlungsempfänger als Erklärungsboten (vgl. § 120 BGB) über sein Kreditinstitut übermittelt.185 Diese letztere Annahme hätte sich im Interesse einer Gesamtlösung des zu Recht als untragbar erkannten pauschalen Widerspruchs der Verwalter gegen schwebende Lastschrifteinzüge im Sinne einer „modifizierten Ermächtigungstheorie“ bereits für das bisherige Recht angeboten.186

M 80

Aus anfechtungsrechtlicher Sicht ist bedeutsam, dass der BGH zwar annimmt, die mittels eines SEPA-Lastschriftverfahrens bewirkte Zahlung habe auch dann Bestand, wenn nach der Belastungsbuchung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zahlungspflichtigen eröffnet bzw. im Eröffnungsverfahren Sicherungsmaßnahmen angeordnet würden; er

M 81

180 Vgl. dazu noch OLG Köln v. 5.11.2008 – 2 U 78/08, ZInsO 2009, 93 ff. und OLG München v. 13.1.2009 – 5 U 2379/08, ZInsO 2009, 341 ff. 181 Kritisch dazu HambKomm-InsO/Kuleisa, § 82 Rz. 20e; Haas, ZIP 1985, 1985 f. 182 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff.; v. 20.7.2010 – IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 ff., FamRZ 2010, 1657 = MDR 2010, 1202 = ZIP 2010, 1552 ff. 183 Vgl. Pressemitteilung des BGH Nr. 152/2010 vom 20.7.2010. 184 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 14. 185 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff., Rz. 17. 186 Vgl. zur Ermächtigungstheorie Canaris in WM 1980, 354 ff. und in Bankvertragsrecht, Rz. 531, 532, 543. Schäfer

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M Rz. 81

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

weist jedoch zugleich darauf hin, dass nach der Insolvenzeröffnung (allein) eine Anfechtung in Betracht komme.187

M 82 Der BGH unterscheidet zwischen dem SEPA-Firmenlastschriftverfahren

(vgl. § 675e Abs. 4 BGB) und dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren.188 Im SEPA-Firmenlastschriftverfahren ist die Forderung des Gläubigers bereits mit vorbehaltsloser Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers erfüllt.189 Aber auch beim SEPA-Basis-Lastschriftverfahren tritt mit der vorbehaltslosen Gutschrift Erfüllung ein, allerdings unter der auflösenden Bedingung des Erstattungsverlangens des Schuldners gemäß § 675x BGB.190 Dabei ist die Zahlung auch dann insolvenzfest, wenn vor dem Ablauf der Acht-Wochen-Frist des § 675x Abs. 4 BGB das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder im Eröffnungsverfahren Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden. Denn der Erstattungsanspruch nach dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren fällt nach Ansicht des BGH nicht in die Insolvenzmasse, so dass der Insolvenzverwalter insoweit keine Verfügungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 1 InsO erlangt.191

M 83 Auch wenn der Insolvenzverwalter den Zahlbetrag in entsprechender Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB nicht durch Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 675x BGB zur Masse ziehen kann, bleibt sein Anfechtungsrecht hiervon unberührt. Der BGH bekräftigt jedoch erneut, dass es für die Frage, ob ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vorliegt, auch beim SEPA-Lastschriftverfahren auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs – und nicht auf den der späteren Genehmigung – ankommt.192

M 84 Für das bisherige Recht erhofft sich der BGH durch eine weitergehende Annahme konkludenter Genehmigungen von Lastschrifteinzügen eine „gewisse Entspannung der derzeitigen Situation“.193 Insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen kann aus seiner Sicht jedenfalls im unternehmerischen Geschäftsverkehr eine konkludente Genehmigung vorliegen, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dem Einzug nicht innerhalb einer angemessenen Prüffrist widerspricht

187 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 18. 188 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. Rz. 24. 189 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. Rz. 21. 190 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff. Rz. 25. 191 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 27, 29. 192 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff. Rz. 34; vgl. dazu noch BGH v. 2.4.2009 – IX ZR 171/07, WM 2009, 958 ff. Rz. 10; v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. = MDR 2008, 1361 Rz. 47; v. 29.5.2008 – IX ZR 42/07, MDR 2008, 1001 = WM 2008, 1327 ff. Rz. 15. 193 Vgl. Pressemitteilung Nr. 152/2010 vom 20.7.2010.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 86 M

und er einen früheren Einzug bereits genehmigt hatte.194 Auch in diesem Fall ist daher der Insolvenzverwalter auf eine mögliche Anfechtung des Lastschrifteinzugs verwiesen. Der IX. Zivilsenat des BGH hat sich inzwischen auch der Auffassung des XI. Zivilsenats angeschlossen, wonach eine in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute fingierte Genehmigung nicht nur im Rechtsverhältnis zum endgültigen und vorläufigen „starken“ Insolvenzverwalter, sondern auch gegenüber dem vorläufigen „schwachen“ Insolvenzverwalter wirkt. Eine vom Schuldner im Lastschriftweg veranlasste Zahlung gilt daher als genehmigt, wenn ihr der danach bestellte, mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter bis zum Ablauf der Sechs-Wochen-Frist nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen a.F. nicht widerspricht.195

M 85

Zur Frage der Vollendung der Verfügung beim Lastschrifteinzug ist noch Folgendes anzumerken: Der XI. Zivilsenat des BGH nimmt an, kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion nach § 184 Abs. 1 BGB sei für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Rahmen der Regelung über das Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, sondern der des Lastschrifteinzuges maßgebend.196 Dies erscheint jedoch als zweifelhaft. Ergeht während des schwebenden Lastschrifteinzugs eine insolvenzrechtliche Verfügungsbeschränkung, so kann sich die Verfügung des Schuldners nicht mehr vollenden, und zwar auch nicht kraft der Rückwirkung einer erst nach der Verfügungsbeschränkung erteilten Genehmigung (vgl. § 184 Abs. 2 BGB).197 Die Genehmigung ist auch keine Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO.198 Es ist fraglich, ob insoweit für das Bargeschäft etwas anderes gelten kann. Der BGH hat jedenfalls durch Urteil vom 30.9.2010199 klargestellt, dass für § 140 Abs. 1 InsO die Erwägungen zum Bargeschäft keine Geltung beanspruchen können, sondern erst der Zeitpunkt der Genehmigung für die Vollendung der Rechtshandlung maßgebend ist.

M 86

194 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 ff., MDR 2010, 1199 = ZIP 2010, 1556 ff.; v. 27.9.2011 – XI ZR 328/09; zum Geschäftsverkehr mit Verbrauchern BGH v. 3.5.2011 – XI ZR 152/09, ZIP 2011, 1252 ff. 195 Vgl. BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. 196 BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 ff. Rz. 47 = MDR 2008, 1361. 197 Vgl. BGH v. 1.2.1978 – VIII ZR 232/75, BGHZ 70, 299 ff.; v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 102 (103). 198 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 28; Fischer, ZIP 2004, 1679, 1681 f. 199 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. Rz. 21. Schäfer

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M Rz. 87

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

cc) Scheckinkasso

M 87 Beim Scheckinkasso kommt es für die Anfechtbarkeit auf den Zeitpunkt

an, in dem die Verrechnungslage entsteht.200 Der verrechnungsfähige Anspruch des Schuldners nach den §§ 675, 667 BGB auf Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten entsteht erst dann, wenn die Inkassobank buchmäßige Deckung erlangt. Vorher schuldet sie den einzuziehenden Betrag weder bedingt noch betagt.201 Zwar pflegen die Banken dem Scheckeinreicher unabhängig von der Einlösung durch die bezogene Bank unter dem Vorbehalt des Eingangs eine Gutschrift zu erteilen. Diese ist jedoch nur vorläufig; dass der Scheckeinreicher über den Scheckbetrag meist sofort verfügen kann, ändert daran nichts. Erst wenn die bezogene Bank den Scheck durch Belastung des Ausstellerkontos eingelöst hat, sind die in der Girokette erfolgten Gutschriften und Belastungen wirksam geworden.202 dd) Zahlung mittels Wechsels

M 88 Ein Wechselakzept erfolgt nach herrschender Auffassung nur erfüllungshalber. Erfüllung tritt daher erst mit der Begleichung der Wechselschuld ein, so dass gemäß § 140 Abs. 1 InsO auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist.203 Die Zahlung des Angewiesenen auf die angenommene Anweisung oder die des Akzeptanten auf den akzeptierten Wechsel benachteiligt die Insolvenzgläubiger nicht, wenn die Annahme anfechtungsfrei erfolgt ist.204 e) Aufrechnung und Verrechnung

M 89 Die Herbeiführung einer Aufrechnungs- bzw. Verrechnungslage stellt insbesondere dann eine mehraktige Rechtshandlung dar, wenn die Hauptforderung des Schuldners, gegen die der Insolvenzgläubiger aufgerechnet hat, erst in den kritischen Anfechtungszeiträumen werthaltig gemacht wurde. Insoweit ist ein Urteil des BGH vom 11.2.2010205 von grundlegender Bedeutung für das Verständnis seiner neueren Rechtsprechung. Er weist zunächst darauf hin, dass es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage nicht darauf ankomme, wann die Aufrechnung zulässig geworden sei, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem die spätere Forderung entstanden und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden 200 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171 (177) = MDR 1992, 766. 201 BGH v. 1.7.1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 (155) = MDR 1985, 999. 202 BGH v. 29.9.1986 – II ZR 283/85, MDR 1987, 293 = CR 1987, 166 = NJW 1987, 317 ff. 203 Vgl. BGH v. 30.10.1985 – VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182 (186) = MDR 1986, 402; v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, MDR 2007, 1344 = ZInsO 2007, 816 ff. 204 Vgl. Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 30 Rz. 157; Canaris, Bankvertragsrecht, Rz. 819; BGH v. 29.4.1974 – VIII ZR 200/72, WM 1974, 570 (571). 205 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff.; vgl. dazu von Olshausen, ZIP 2010, 2073 ff.

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II. Der Grundtatbestand des § 140 Abs. 1 InsO

Rz. 91 M

sei. Abzustellen sei grundsätzlich auf den „Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände“.206 Der BGH betont in diesem Urteil, insolvenzrechtlich seien die im wirtschaftlichen Ergebnis einer Vollstreckung gleichkommenden Rechtsfolgen der Aufrechnung von Bedeutung. Allein eine mit dem Abschluss eines Vertrages entstandene Aufrechnungslage bringe dem Gegner noch keinen unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen. Solange der Schuldner nichts geleistet habe, wofür der Gläubiger eine Vergütung schulde, bestehe für ihn keine Befriedigungsmöglichkeit im Wege der Aufrechnung. Die Aufrechnungslage als Befriedigungsmöglichkeit entstehe vielmehr erst durch die Inanspruchnahme der Leistung des Schuldners. Es komme also darauf an, wann dessen Forderung werthaltig geworden sei. Erst dann seien die rechtlichen Wirkungen eingetreten, die für die Beurteilung der Aufrechnungslage nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO maßgebend seien.207 Diese neuere Rechtsprechung des BGH zum „Werthaltigmachen der Aufrechnungslage“ ist letztlich die konsequente Fortführung seiner Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit des Werthaltigmachens vorausabgetretener Forderungen, die ihrerseits auf „Aufrechnungsfälle“ zurückgeht.208 Wenn der Erwerb der in der Krise des Schuldners werthaltig gemachten Forderung anfechtbar ist, so muss konsequenterweise auch die Aufrechnung des Gläubigers gegenüber einer in der Krise des Schuldners werthaltig gemachten Forderung ausgeschlossen sein. Andernfalls könnte sich der Gläubiger gleichsam eine abgesonderte Befriedigung für seine Insolvenzforderung verschaffen.

M 90

f) Regressanspruch nach § 774 BGB Nach der Rechtsprechung des BGH entsteht der Rechtsgrund des Regressanspruchs gemäß § 774 BGB bereits mit der Übernahme der Bürgschaft; er werde insoweit „aufschiebend bedingt begründet“.209 Befriedigt daher der Bürge den Gläubiger in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände, so kann der Übergang der Gläubigerforderung gemäß § 774 BGB nicht angefochten werden. Die Annahme eines aufschiebend bedingten Anspruchs ist jedoch nicht unbedenklich und sollte zumindest wertungsmäßig abgesichert werden. Entscheidend ist, dass der Schuldner die 206 Vgl. dazu Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 207 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. Rz. 13; vgl. dazu ferner BGH v. 4.10.2001 – IX ZR 207/00, MDR 2002, 355 = ZIP 2001, 2055 (2056). Vgl. für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung ferner BGH v. 20.10.2011 – IX ZR 10/11. 208 Vgl. BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245, 254 f. = MDR 2001, 152; v. 22.2.2001 – IX ZR 191/98 – „Lili Marleen“, BGHZ 147, 28 (35) = MDR 2001, 1076. 209 BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZInsO 2008, 452 f. Rz. 11; v. 6.11.1989 – II ZR 62/89, MDR 1990, 517 = ZIP 1990, 53 (55); v. 9.5.1960 – II ZR 95/58, WM 1960, 720 f. Schäfer

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M 91

M Rz. 91

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

weitere Entwicklung des Regressanspruchs nicht mehr beeinflussen konnte und dessen Entstehung keine weiteren Leistungen des Schuldners zu Lasten der künftigen Insolvenzmasse mehr erforderte. Die Entstehung des Regressanspruchs hing vielmehr nur noch vom Eintritt des Sicherungsfalles ab, so dass der Entscheidung des BGH vom 13.3.2008210 im Ergebnis zugestimmt werden kann. g) Versicherungsrecht

M 92 Ob der Anspruch auf die Versicherungsleistung mit dem Versicherungsvertrag nicht nur begründet wird, sondern auch bereits entstanden ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Der BGH hat aber bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme um einen künftigen Anspruch handle.211 Zur widerruflichen Bezugsberechtigung hat der BGH entschieden, dass der Begünstigte durch deren Einräumung weder einen Anspruch aus dem Versicherungsvertrag noch eine sonstige gesicherte Rechtsposition – etwa ein Anwartschaftsrecht – erwerbe; vielmehr besitze er nur eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines zukünftigen Anspruchs.212 Die Verfügung des Schuldners zugunsten des Bezugsberechtigten wird daher erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalles oder der Unwiderruflichkeit der Bezugsberechtigung wirksam.213 h) Steuerrecht

M 93 Die Abtretung eines Anspruchs auf Erstattung von Steuern, Haftungsbeträgen, steuerlichen Nebenleistungen und Steuervergütungen wird erst wirksam, wenn der Gläubiger sie in vorgeschriebener Form der zuständigen Finanzbehörde nach der Entstehung des Anspruchs anzeigt.214

M 94 Bei steuerrechtlichen Erstattungsansprüchen nach § 37 Abs. 2 AO ist

nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes215 die für die Frage der Anfechtbarkeit maßgebliche Herbeiführung der Aufrechnungslage nicht erst mit der Entstehung des Steuererstattungsanspruchs im Sinne des § 140 Abs. 1 InsO vollendet. Es ist vielmehr darauf abzustellen, wann der Rechtsgrund für den Erstattungsanspruch gelegt wurde. Bei Steuervorauszahlungen erlange der Steuerpflichtige bereits mit der Zahlung einen Er210 BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZInsO 2008, 452 f. 211 BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08, MDR 2009, 105 = WM 2008, 2265 (2266); v. 28.10.2009 – VII ZB 82/09, veröffentlicht bei juris. 212 BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04, MDR 2005, 1075 = ZIP 2005, 909 ff. 213 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 ff. = MDR 2004, 596; vgl. dazu oben Rz. B100 ff. 214 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 15. 215 Vgl. BFH v. 9.2.1993 – VII R 12/92, BFHE 170, 300 ff. = UR 1994, 230 m. Anm. Weiss; unter der Geltung der InsO bestätigt durch BFH v. 16.11.2004 – VII R 62/03, BFHE 207, 371 ff.; vgl. zum Vorsteuervergütungsanspruch BFH v. 2.11.2010 – VII R 6/10, ZIP 2011, 181 ff.

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III. § 140 Abs. 2 InsO – Eintragungsbedürftige Rechtsgeschäfte

Rz. 97 M

stattungsanspruch unter der aufschiebenden Bedingung, dass die nach Ablauf des Veranlagungs- oder Entrichtungszeitraums geschuldete Steuer geringer sei als die Summe der geleisteten Vorauszahlungen. Die Begründung des Bundesfinanzhofes unterliegt rechtlichen Bedenken. Bei der Annahme aufschiebend bedingter Ansprüche ist ganz allgemein Zurückhaltung geboten. Die Frage, ob und inwieweit dem Schuldner künftig ein Steuererstattungsanspruch zustehen wird, ist zum Zeitpunkt der Steuervorauszahlung noch nicht in jeder Hinsicht bereits rechtlich bindend festgelegt. Die Entstehung des Steuererstattungsanspruchs ist keine Bedingung im Sinne der §§ 158 ff. BGB. § 140 Abs. 3 InsO, wonach bei einer bedingten Rechtshandlung der Eintritt der Bedingung außer Betracht bleibt, betrifft nur rechtsgeschäftliche Bedingungen.216 Die Auffassung des Bundesfinanzhofes sollte vielmehr wertungsmäßig begründet werden. Die Aufrechnung des Finanzamts mit den vor der Insolvenzeröffnung begründeten Steuerforderungen gegenüber einem Steuererstattungsanspruch des Schuldners, der erst in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände entstanden ist, ist allenfalls dann anfechtungsrechtlich unschädlich, wenn zwingend auszuschließen ist, dass der Steuererstattungsanspruch auf Leistungen des Schuldners beruht, die erst in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände erbracht wurden. Dies ist der Fall, wenn die Steuervorauszahlungen selbst in unkritischer Zeit erbracht wurden.

M 95

i) Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht nach § 369 HGB Das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht, das im Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht begründet (vgl. § 51 Nr. 3 InsO), entsteht mit der Erlangung der Verfügungsmacht im Sinne des § 369 HGB, sofern die zu sichernde Forderung zu dieser Zeit schon besteht. Entsteht diese erst später, so ist dieser Zeitpunkt maßgebend.217

M 96

III. § 140 Abs. 2 InsO – Sonderfall des eintragungsbedürftigen Rechtsgeschäfts 1. Allgemeines Durch § 140 Abs. 2 InsO wird der für die Anfechtung maßgebende Zeitpunkt für den Fall vorverlegt, dass für das Wirksamwerden eines mehraktigen Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch oder einem vergleichbaren Register erforderlich ist. Der Bestimmung liegt die gesetzgeberische Erwägung zugrunde, dass sich Verzögerungen bei der Eintragung nicht

216 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f. 217 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 24. Schäfer

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M 97

M Rz. 97

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

zum Nachteil der Beteiligten auswirken sollen.218 Das Gesetz berücksichtigt bei eintragungsbedürftigen Rechtsgeschäften den Schutz, den § 878 BGB dem Erwerber des Rechts gewährt. Allerdings wird dieser Schutz nach dem Gesetzeswortlaut nur gewährt, wenn der Eintragungsantrag vom Anfechtungsgegner gestellt wurde.219 Damit ist der Gesetzgeber bewusst von der zuvor geltenden herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum abgewichen, wonach der Zeitpunkt der Eintragung für die Anfechtung entscheidend sein sollte.220

M 98 § 140 Abs. 2 InsO gilt nach seinem Wortlaut nur für Rechtsgeschäfte; eine Vorverlegung des Zeitpunkts der Vornahme des Rechtsgeschäfts scheidet daher bei Maßnahmen der Zwangsvollstreckung (z.B. Eintragung einer Zwangshypothek gemäß § 867 ZPO) oder bei einem Erwerb kraft Gesetzes, etwa im Wege der Erbfolge, aus.221 Die Einbeziehung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen widerspräche der Systematik der in Bezug genommenen sachenrechtlichen Bestimmungen, die ebenfalls nur Rechtsgeschäfte betreffen. § 878 BGB ist nach herrschender Auffassung nicht auf Eintragungen anwendbar, die zwangsweise herbeigeführt werden.222 Daran ändert auch § 141 InsO nichts, wonach die Anfechtung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die Handlung des Schuldners durch Zwangsvollstreckung erwirkt wurde.

2. § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO

M 99 Nach § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO gilt das Rechtsgeschäft bereits dann als vorgenommen, wenn die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Einigungserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist (vgl. § 873 Abs. 2 BGB, § 3 Abs. 2 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken, § 5 Abs. 2 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen) und der andere Teil den Eintragungsantrag gestellt hat, so dass der Schuldner diesen Antrag nicht zurücknehmen kann. Beim Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der andere Teil (unrichtig die Gesetzesbegründung: „der Schuldner“) bereits eine gesicherte Rechtsposition erlangt, die auch durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beeinträchtigt werden kann.223 Voraussetzung für eine solche gesicherte Rechtsposition ist es, dass alle sonstigen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts gegeben sind. Es 218 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166/167. 219 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 41. 220 BGH v. 15.1.1964 – VIII ZR 236/62, BGHZ 41, 17 ff.; v. 15.12.1994 – IX ZR 153/93, BGHZ 128, 184 ff. = GmbHR 1995, 221 = MDR 1995, 1228 mit weiteren Nachweisen. 221 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 8; Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 47; Uhlenbruck/ Hirte, § 140 Rz. 13; a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 21.49. 222 Vgl. BGH v. 17.4.1953 – V ZB 5/53, BGHZ 9, 250 ff.; Palandt/Bassenge, 70. Aufl., § 878 Rz. 4; Erman/A. Lorenz, 13. Aufl., § 878 Rz. 5. 223 Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166.

550

Schäfer

III. § 140 Abs. 2 InsO – Eintragungsbedürftige Rechtsgeschäfte

Rz. 103 M

müssen daher insbesondere die dingliche Einigung wirksam erklärt und die Willenserklärung des Schuldners für diesen bindend geworden sein (vgl. § 873 BGB). Folgt die dingliche Einigung ausnahmsweise der Eintragung nach, ist der Zeitpunkt der Einigung maßgebend.224 Entsprechendes wie für die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück und für die Belastung eines Grundstücks mit einem Recht gilt gemäß § 877 BGB für Änderungen des Inhalts eines Rechts an einem Grundstück. Im Falle der Aufhebung eines Rechts ist der Schuldner gemäß § 875 BGB gebunden, wenn er die Erklärung über die Aufgabe des Rechts gegenüber dem Grundbuchamt abgegeben oder dem Begünstigten eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Löschungsbewilligung ausgehändigt hat.

M 100

Kann dem Eintragungsantrag zunächst aus formell-rechtlichen Gründen nicht stattgegeben werden, so steht dies der Anwendung des § 140 Abs. 2 InsO nicht entgegen, sofern das Hindernis beseitigt werden kann. Anders ist es, wenn eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Vorwirkung gemäß § 878 BGB fehlt; deren spätere Herbeiführung wirkt nicht zurück. Erfolgt daher etwa eine wirksame Einigung erst nach der Eintragung, so greift § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht ein.

M 101

Als Eintragungsantrag des anderen Teils gilt nach der Gesetzesbegründung auch der Antrag, den der Notar im Namen des anderen Teils – oder im Namen beider Beteiligter – stellt, denn auch nach einer solchen Antragstellung kann die Eintragung nicht mehr einseitig vom Schuldner oder von dessen Insolvenzverwalter verhindert werden.225 Im Schrifttum wird zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Erwägung des Gesetzgebers nur zutrifft, wenn der Antrag des Notars nicht nur nach § 15 GBO, sondern zumindest auch im Namen des anderen Teils derart gestellt wird, dass er seine Wirksamkeit behält, wenn der andere Teil ihn nicht zurücknimmt.226 Denn der Notar kann den von ihm gestellten Antrag gemäß § 24 Abs. 3 BNotO auch ohne Zustimmung des Antragsberechtigten wirksam zurücknehmen. Die in der Gesetzesbegründung vorausgesetzte gesicherte Rechtsstellung des anderen Teils besteht in diesem Fall nicht.227

M 102

Hat nicht der andere Teil, sondern nur der Schuldner einen Eintragungsantrag gestellt, so ist § 140 Abs. 2 InsO nicht anwendbar; der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung wird nicht vorverlegt.228 Dies ist un-

M 103

224 225 226 227

Ehricke in Kübler/Prütting/Bork, § 140 Rz. 12. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 166. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 10; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 41. Vgl. dazu BGH v. 26.4.2001, ZInsO 2001, 508 ff. und BGH v. 9.1.1997 – IX ZR 47/96, MDR 1997, 567 = ZIP 1997, 423 ff. zur GesO. 228 Vgl. BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 ff. = MDR 2006, 1191 = GmbHR 2006, 487 m. Anm. Blöse Rz. 23. Schäfer

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M Rz. 103

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

problematisch für den Fall, dass die Eintragung noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt ist.

M 104 Abgrenzungsprobleme gegenüber § 147 InsO entstehen dann, wenn die Eintragung erst nach der Insolvenzeröffnung erfolgt. Eine Abhilfe im Wege der Rücknahme des Eintragungsantrages durch den Insolvenzverwalter ist nicht immer möglich.229 In der Gesetzesbegründung zu § 147 InsO230 wird darauf hingewiesen, dass bewusst darauf verzichtet werde, neben den §§ 892, 893 BGB auch § 878 BGB zu erwähnen. Damit solle zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Erwerb, der aufgrund des § 91 Abs. 2 InsO in Verbindung mit den §§ 878, 873 Abs. 2 BGB nach der Insolvenzeröffnung wirksam vollendet werde, nicht nach den Grundsätzen über die Anfechtung von Rechtshandlungen nach der Verfahrenseröffnung anfechtbar sei. Ein Grundstücksgeschäft, zu dessen Wirksamwerden zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nur noch die Eintragung fehle, gelte im Sinne des § 140 Abs. 2 InsO als vor der Verfahrenseröffnung vorgenommen.

M 105 Im Schrifttum wird jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gesetzesbegründung nicht mit der letztlich Gesetz gewordenen Fassung des § 140 Abs. 2 InsO vereinbar ist.231 Der in den Motiven angesprochene Schutz des nach § 878 BGB eingeleiteten Erwerbs, der als vor der Insolvenzeröffnung vorgenommen anzusehen sein sollte, geht in einem Punkt zu weit.232 Denn nach herrschender Auffassung genügt es für § 878 BGB, dass der Eintragungsantrag vom Verfügenden gestellt wurde.233 Eine Anfechtung wäre somit auch dann ausgeschlossen, wenn nur der Schuldner den Eintragungsantrag gestellt hat. Eine Anfechtung nach § 140 Abs. 2 InsO wäre nicht möglich, da er nach seinem Wortlaut nur auf solche Rechtserwerbe anwendbar ist, in denen nicht der Schuldner, sondern der andere Teil den Eintragungsantrag gestellt hat. Damit würde der auf dem alleinigen Antrag des Schuldners beruhende Rechtserwerb besser behandelt als der auf einem Antrag des Erwerbers beruhende Erwerb,234 der vom Notar in seinem Namen gestellt wurde und der nach § 24 Abs. 3 BNotO jederzeit wieder zurückgenommen werden kann.

M 106 Dies wird zu Recht als unstimmig und korrekturbedürftig angesehen.235 Im Schrifttum wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass eine berichtigende Auslegung des § 140 Abs. 2 InsO, nach der ein Eintragungs229 230 231 232 233

Vgl. dazu Raebel, ZInsO 2002, 954 ff. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 169. MK-InsO/Kirchhof, § 147 Rz. 7. Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 147 Rz. 9. Vgl. Palandt/Bassenge, 70. Aufl., § 878 Rz. 14; Staudinger/Gursky, Bearb. 2007, § 878 Rz. 48, 51. 234 Uhlenbruck/Hirte, § 147 Rz. 9. 235 Vgl. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 42; HK-InsO/Kreft, § 147 Rz. 5; Uhlenbruck/ Hirte, § 147 Rz. 9.

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III. § 140 Abs. 2 InsO – Eintragungsbedürftige Rechtsgeschäfte

Rz. 107 M

antrag des Schuldners genügt, damit das Rechtsgeschäft als vorgenommen gilt, nicht nur wegen des Wortlauts, sondern auch aus Gründen des Schutzes der Insolvenzgläubiger ausscheide.236 Die Lösung ist nach dieser Ansicht über eine berichtigende Auslegung des § 147 InsO zu suchen.237 Hätte der Gesetzgeber alle Fälle des § 878 BGB von der Anfechtbarkeit ausnehmen wollen, so hätte es der Beschränkung auf Anträge des anderen Teils in § 140 Abs. 2 InsO nicht bedurft.238 § 878 BGB wird daher in § 147 Satz 1 InsO „hineingelesen“.239 Nach der Auffassung von Henckel240 ist die mit der Eintragung bewirkte Benachteiligung der Insolvenzgläubiger dadurch entstanden, dass der Schuldner seinen Eintragungsantrag in der kritischen Zeit nicht zurückgenommen hat. Diese Unterlassung sei die anfechtbare Rechtshandlung im Sinne des § 129 Abs. 2 InsO. Sie sei nicht erst mit der Eintragung als vorgenommen anzusehen, sondern mit der Verfahrenseröffnung, also nicht im Verfahren, da der Schuldner ab der Verfahrenseröffnung auf den Fortgang des Grundbuchverfahrens keinen Einfluss mehr nehmen könne. Diese Lösung hilft jedoch nur dann, wenn der Schuldner die Rücknahme seines Eintragungsantrages bewusst und gewollt unterlassen hat.241 Im Ergebnis geht die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum davon aus, dass die offenkundig unsorgfältige Gesetzesfassung im Sinne der Anfechtbarkeit des Rechtserwerbs bei einem nur vom Schuldner gestellten Eintragungsantrag korrigiert werden muss.

3. § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO Nach § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO ist schon der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung maßgebend für die Vorverlegung des Vornahmezeitpunkts, da schon die Vormerkung eine im Insolvenzverfahren zu beachtende Rechtsposition begründet (vgl. § 106 InsO). Auf den Zeitpunkt der Eintragung selbst kommt es auch hier nicht an.242 Die nach § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO zu fordernden Voraussetzungen entsprechen jenen des Satzes 1. Erforderlich ist insbesondere ein bestehender schuldrechtlicher Anspruch auf dingliche Rechtsänderung hinsichtlich eines Grundstücks oder Grundstücksrechts. § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO ist nur auf eine vom Schuldner freiwillig eingeräumte Vormerkung anwendbar.243 Wurde die Vormerkung durch einstweilige Verfügung gemäß § 885 Abs. 1 Satz 1 BGB erwirkt, so ist die Rechtshandlung erst mit der Grundbucheintragung 236 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 147 Rz. 5; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 147 Rz. 7; HambKomm/Rogge, § 147 Rz. 6. 237 Ebenso Uhlenbruck/Hirte, § 147 Rz. 10; MK-InsO/Kirchhof, § 147 Rz. 8; HambKomm-InsO/Rogge, § 147 Rz. 6. 238 Vgl. Braun/Riggert, § 147 Rz. 5. 239 MK-InsO/Kirchhof, § 147 Rz. 7 mit Fn. 15. 240 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 45. 241 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 147 Rz. 5. 242 BT-Drucks. 12/2443, S. 166. 243 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 47. Schäfer

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M 107

M Rz. 107

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

vorgenommen. Entsprechendes gilt für die nach § 895 ZPO als bewilligt anzusehende Eintragung einer Vormerkung.244 Als freiwillig abgegeben ist hingegen die nach § 894 Abs. 1 ZPO fingierte Bewilligung einer Vormerkung anzusehen.245

M 108 Hat der andere Teil den Antrag auf Eintragung einer ihm bewilligten Auflassungsvormerkung zu seinen Gunsten gestellt, so gilt das Rechtsgeschäft – auch ohne Auflassung – nach § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO als vorgenommen, wenn die Bewilligungserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden und der vorgemerkte Anspruch entstanden ist.246 Für die Sicherheit und Durchsetzbarkeit der Auflassungsvormerkung ist die Auflassung, die in der Grundstückspraxis nicht selten – namentlich beim Verkauf noch nicht vermessener Teilflächen – erst später bindend erklärt wird oder erklärt werden kann, ohne Bedeutung.247

IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen 1. Allgemeines

M 109 In der Gesetzesbegründung zu § 140 Abs. 3 InsO ist nur knapp davon die Rede, dass es bei einer Bedingung oder Befristung nicht auf den Eintritt der Bedingung oder des Termins ankomme, sondern auf den Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände. Dies entspreche der Regelung, dass bedingte und befristete Forderungen im Insolvenzverfahren schon vor dem Eintritt der Bedingung oder des Termins geltend gemacht werden könnten (vgl. §§ 41, 191 InsO). Als befristete Rechtshandlung sei auch die Kündigung zu einem zukünftigen Termin anzusehen.248 Hat daher die Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist eine Schmälerung des Schuldnervermögens zur Folge, so ist sie nur anfechtbar, wenn sie in den kritischen Zeiträumen der Anfechtungstatbestände ausgesprochen wurde.

M 110 § 140 Abs. 3 InsO knüpft nach einem Urteil des BGH vom 14.6.2007249 an den Rechtszustand an, dass aufschiebend und auflösend bedingte oder befristete, das heißt mit einem Anfangs- oder Endtermin versehene 244 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 47. 245 Vgl. Palandt/Bassenge, 70. Aufl., § 878 Rz. 4; Erman/A. Lorenz, 13. Aufl., § 878 Rz. 2. 246 BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 203/06, MDR 2010, 466 = NotBZ 2011, 219 = ZIP 2010, 339 ff. 247 BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 203/06, MDR 2010, 466 = NotBZ 2011, 219 = ZIP 2010, 339 ff. Rz. 10. 248 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 249 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff. Rz. 17.

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Schäfer

IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen

Rz. 112 M

Rechtsgeschäfte (§§ 158 ff. BGB) gemäß §§ 161 Abs. 1, 2, 163 BGB während des Schwebezustandes gegen Verfügungen, auch gegen solche des Insolvenzverwalters, geschützt sind. Sie werden deshalb unabhängig von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Eintritt der Bedingung oder des Termins wirksam oder unwirksam. § 91 Abs. 1 InsO findet insoweit keine Anwendung. Die Bestimmung des § 140 Abs. 3 InsO stellt in diesem Zusammenhang klar, dass die genannten Rechtshandlungen ohne Rücksicht auf den Eintritt der Bedingung oder des Termins schon mit dem Abschluss der rechtsbegründenden Tatsachen als vorgenommen gelten. Sie setzt somit voraus, dass die Rechtshandlung des Schuldners, an die angeknüpft werden soll, dem Gläubiger bereits eine gesicherte Rechtsstellung verschafft hat.250 Eine solche gesicherte Rechtsstellung hat der Anfechtungsgegner erlangt, wenn sie ihm nicht mehr entzogen werden kann und ihr Eintritt nicht von freien Entscheidungen des Schuldners oder eines Dritten abhängt.251 Ein solches enges Verständnis von einer bedingten bzw. befristeten Rechtshandlung lag der Rechtsprechung des BGH nicht immer zugrunde. Sein Urteil vom 14.6.2007 betraf den Anspruch des Auftraggebers auf Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten gemäß § 667 BGB. Er geht zu Recht davon aus, dass der Beauftragte die Herausgabe des Erlangten gemäß § 667 BGB bis zur Einziehung weder bedingt noch betagt schulde; die erforderliche gesicherte Rechtsposition habe der Geschäftsbesorger vor dem Eingang der an den Geschäftsherrn herauszugebenden Zahlungen nicht innegehabt. Die Schuldnerin hätte den Auftrag zur Einziehung jederzeit ändern und Zahlung an sich selbst verlangen können.252 In einem früheren, in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Urteil vom 1.6.1978253 hatte der BGH insoweit noch die Auffassung vertreten, dass die Forderung des Auftraggebers auf Herausgabe des Erlangten gemäß § 667 BGB „im Kern“ und damit „der Sache nach gesetzlich bedingt“ im Sinne des § 54 KO schon vor der Vergleichseröffnung entstanden sei.

M 111

Die sogenannte „Kerntheorie“ ist mit Nachdruck abzulehnen.254 Ihr Ausgangspunkt war möglicherweise ein vom BGH durch Urteil vom 28.11.1977255 entschiedener Fall, in dem zwischen der Entstehung des Anspruchs auf Gutschrift und der Entstehung des Anspruchs aus Gutschrift das Konkursverfahren eröffnet worden war. In einem solchen Fall

M 112

250 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff. Rz. 17. 251 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 194/07, MDR 2009, 412 = ZInsO 2009, 143 ff. Rz. 12. 252 Vgl. dazu noch BGH v. 1.7.1985 – II ZR 155/84, BGHZ 95, 149 (155) = MDR 1985, 999; v. 23.2.1989 – IX ZR 143/88, BGHZ 107, 88 (90) = MDR 1989, 632. 253 BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380 ff. 254 Vgl. dazu B. Schäfer, ZInsO 2006, 635 ff. 255 BGH v. 28.11.1977 – II ZR 110/76, NJW 1978, 699 f. Schäfer

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M Rz. 112

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

lässt sie sich zumindest wertungsmäßig rechtfertigen. Dies gilt auch noch für den Fall, dass das Finanzamt gegenüber einem Steuererstattungsanspruch, der aufgrund des Rücktritts von einem vom Schuldner abgeschlossenen Vertrag nach der Insolvenzeröffnung entstanden ist, mit Steuerforderungen aufrechnet, die vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind.256 Bei wertender Betrachtung kann man möglicherweise darauf abstellen, dass der Steuererstattungsanspruch auf der Geltendmachung des schon vor der Insolvenzeröffnung begründeten Rücktrittsrechts des anderen Teils beruhte und die künftige Insolvenzmasse somit mit diesem Recht sowie der Aufrechnungsmöglichkeit des Finanzamts „belastet“ war.

M 113 Es geht jedoch zu weit, wenn der BGH in einem Fall, in dem eine Genossenschaft gegenüber dem nach der Insolvenzeröffnung entstandenen Abfindungsanspruch eines Genossen mit ihren vor der Insolvenzeröffnung entstandenen Forderungen aus Warenlieferungen aufrechnete, darauf abstellt, der Abfindungsanspruch sei „im Kern“ bereits mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages entstanden; schon der Abschluss des Gesellschaftsvertrages verschaffe dem Gesellschafter eine gesicherte Position in Form einer bestimmten Erwerbsaussicht, die ohne weiteres Zutun des Gesellschafters zu einem vollwertigen Anspruch erstarke.257 Der BGH hat dabei nicht berücksichtigt, dass die insolvente GmbH noch acht Monate nach der Insolvenzeröffnung Mitglied der Genossenschaft blieb und nicht ausgeschlossen war, dass der nach Ansicht des BGH „im Kern“ bereits vor der Insolvenzeröffnung begründete Abfindungsanspruch in der Zeit bis zum Ausscheiden durch Aufwendungen aus der Insolvenzmasse noch eine Wertsteigerung erfuhr, mit anderen Worten noch weiter „werthaltig“ wurde. Gleichwohl würde der Masse dafür letztlich kein Gegenwert zufließen, wenn die Genossenschaft mit Forderungen gegenüber dem Abfindungsanspruch aufrechnen könnte, die schon vor der Insolvenzeröffnung fällig waren. Es erscheint jedoch als möglich, dass der BGH diesen Fall heute auf der Grundlage seiner Rechtsprechung zur Anfechtbarkeit des „Werthaltigmachens der Aufrechnungslage“258 anders beurteilen würde.

M 114 Der BGH hat nunmehr in einem neueren Urteil vom 8.1.2009259 entschieden, dass eine Genossenschaft am Abfindungsanspruch eines Genossen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Pfandrecht mehr erwerben könne, wenn die Entstehung des verpfändeten Anspruchs von

256 Vgl. BFH v. 17.4.2007 – VII R 27/06, BFHE 217, 8 ff.; zu Recht kritisch gegenüber der Begründung des BFH Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rz. 19.24 mit FN 99; vgl. dazu noch Canaris, Großkommentar zum HGB, § 355 Rz. 247. 257 Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 147/03, BGHZ 160, 1 ff. = MDR 2005, 54; v. 11.7.1988 – II ZR 281/87, MDR 1989, 144 = NJW 1989, 453. 258 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, MDR 2010, 837 = ZIP 2010, 682 ff. 259 BGH v. 8.1.2009 – IX ZR 217/07, MDR 2009, 530 = ZIP 2009, 380 ff.

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Schäfer

IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen

Rz. 117 M

rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Beteiligten abhänge. Nur wenn der Zessionar oder Pfandrechtsgläubiger bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen oder verpfändeten Forderung erlangt habe, sei die Abtretung oder Verpfändung insolvenzfest. Diese Klarstellung, dass von einem bedingten Anspruch bzw. von einer „gesicherten Rechtsposition“ jedenfalls dann nicht gesprochen werden kann, wenn der Anspruch des Schuldners nicht automatisch mit der Insolvenzeröffnung entstanden ist, ist zu begrüßen. Die obigen Ausführungen zeigen, dass bei der Annahme einer bedingten oder befristeten260 Rechtshandlung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO Zurückhaltung geboten ist und eine solche Annahme stets wertungsmäßig im Hinblick auf den Schutzzweck der insolvenzrechtlichen Bestimmungen abgesichert werden sollte. Der Anfechtungsgegner muss mit der fraglichen Rechtshandlung bereits eine gesicherte Rechtsstellung erlangt haben, die ihm nicht mehr genommen werden kann und die keine weiteren Aufwendungen der künftigen Insolvenzmasse erfordert. Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es darauf an, ob sie bereits mit Abschluss des zugrundeliegenden Vertrages „betagt“, also nur in ihrer Durchsetzbarkeit vom Beginn oder vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängig sind, oder ob sie gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 BGB erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entstehen. Im letztgenannten Fall hat der Abtretungsempfänger keine gesicherte Rechtsposition.261

M 115

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht bereits mit dem Abschluss eines Quartals und der Vorlage der Leistungsabrechnungen ein „genereller“ Anspruch des Arztes auf Teilhabe an der Honorarverteilung und insofern schon dem Grunde nach ein Vergütungsanspruch des Arztes; der Erlass des Honorarbescheids steht danach dem Eintritt einer Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO gleich.262

M 116

Die rechtsgeschäftliche Bedingung darf jedoch nicht im Eintritt des Insolvenzfalles bestehen. Denn die Anerkennung des Insolvenzfalles als Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO würde die gezielte Vermeidung jeder Anfechtbarkeit ermöglichen.263

M 117

260 Vgl. dazu unten Rz. M131 ff. 261 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = GesR 2006, 418 = MDR 2007, 112 zum Dienstvertrag; v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. zum Mietvertrag. 262 BSG v. 3.2.2010 – B 6 KA 30/08 R, ZIP 2010, 2309 ff. 263 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 52; BAG v. 19.1.2006 – 6 AZR 529/04, NZI 2007, 58 ff. Rz. 36. Schäfer

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M Rz. 118

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

2. Bedingte Rechtshandlung

M 118 § 140 Abs. 3 InsO betrifft nur rechtsgeschäftliche Bedingungen,264 mit Ausnahme sogenannter „Potestativbedingungen“, bei denen der Eintritt der Bedingung allein vom Willen des Schuldners abhängt.265 Mit dieser Bestimmung können nur bedingte oder befristete Rechtsgeschäfte gemeint sein, weil andere Rechtshandlungen nicht bedingt oder befristet sein können.266 Im Falle der Abtretung oder Pfändung einer künftigen Forderung ist die Entstehung der künftigen Forderung keine Bedingung der Abtretung oder Pfändung.267 Auch auf das Vermieterpfandrecht gemäß § 562 BGB ist § 140 Abs. 3 InsO daher zumindest nicht unmittelbar anwendbar, da das zur Entstehung des Vermieterpfandrechts führende Einbringen von Sachen des Mieters nicht bedingt oder befristet sein kann.268

M 119 Zu beachten ist ferner, dass sich die Anfechtung der (unbedingten) Abtretung einer bedingten oder befristeten Forderung nach § 140 Abs. 1 InsO richtet, da § 140 Abs. 3 InsO nur eingreift, wenn die anzufechtende Rechtshandlung selbst bedingt oder befristet ist.269 Eine bedingte Abtretung kann in dem Fall, dass die abgetretene Forderung erst künftig entsteht, nicht stärker wirken als die sofort wirksame Abtretung; sie unterliegt daher § 140 Abs. 1 InsO.270

M 120 Zu § 54 KO hat der BGH allerdings entschieden, eine Forderung sei nicht nur dann bedingt im Sinne dieser Bestimmung, wenn sie unter einer rechtsgeschäftlichen Bedingung im Sinne des § 158 BGB stehe. Vielmehr sei der Begriff der Bedingung nach dem Zweck der Vorschrift weit auszulegen und könne auch gesetzliche Voraussetzungen für das Entstehen der Forderung umfassen.271 Unter diesem Gesichtspunkt seien als bedingt angesehen worden: Ersatzansprüche gemäß §§ 17, 26 KO für den Fall der Konkurseröffnung,272 Rückgriffsansprüche des Bürgen oder Hypothekenbestellers nach den §§ 774, 1143 BGB durch den Fall der erfolgreichen In264 Vgl. BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. Rz. 14 = MDR 2006, 1129; v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = ZInsO 2003, 372 f.; HK-InsO/Kreft, § 140 Rz. 13; MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50a; HambKommInsO/Rogge, § 140 Rz. 33. 265 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 51. 266 Zutr. Henckel in Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, 2. Aufl., S. 848/849 Rz. 80. 267 BGH v. 20.3.2003 – IX ZR 166/02, MDR 2003, 833 = NJW 2003, 2171 f.; BFH v. 12.4.2005 – VII R 7/03, BFHE 209, 34 ff. 268 Vgl. BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. = MDR 2007, 610. 269 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50b; Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 6. 270 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50a. 271 BGH v. 24.3.1994 – IX ZR 149/93, MDR 1994, 573 = ZIP 1994, 714 f. 272 BGH v. 3.12.1954 – V ZR 96/53, BGHZ 15, 333 (335); vgl. aber auch BGH v. 21.11.1991 – IX ZR 290/90, BGHZ 116, 156, 158 f. = MDR 1992, 150.

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IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen

Rz. 122 M

anspruchnahme,273 künftige Ansprüche des Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben274 sowie die Verpflichtung des Beauftragten nach § 667 BGB für den Fall, dass er aus der Geschäftsbesorgung etwas erlangt.275 Er hat jedoch betont, es müsse stets „ein Element am rechtlichen Entstehen des Anspruchs selbst“ fehlen. Hingegen handle es sich bei der Ungewissheit, ob ein Gewährleistungsanspruch bestehe und als solcher innerhalb eines bestimmten zukünftigen Zeitraums tatsächlich erkannt werde, nicht um eine derartige Bedingung.276 Das Fehlen einer gesetzlichen Voraussetzung für das Entstehen eines Anspruchs kann jedoch nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht als Bedingung im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO angesehen werden.277 Da § 140 Abs. 3 InsO eine unentziehbare Rechtsposition des Gläubigers voraussetzt, ist es nicht angängig, die dort formulierten Ausnahmen auf Rechtsbedingungen oder künftige Forderungen zu erstrecken.278 So ist etwa ein Rechtsgeschäft nicht schon mit der Abgabe eines Angebotes bedingt durch dessen Annahme zustande gekommen.279 Keine Bedingungen im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO sind ferner Rechtsfolgen, die infolge tatsächlicher Veränderungen eintreten. Der Anspruch auf Rückgewähr einer nicht akzessorischen, treuhänderisch gestellten Sicherheit entsteht daher erst mit dem Wegfall des Sicherungszwecks und nicht schon mit dem Abschluss der Sicherungsvereinbarung; dazu wäre vielmehr eine auflösend bedingte Bestellung der Sicherheit nötig.280

M 121

a) Bedingte Übereignung und bedingte Abtretung Unter § 140 Abs. 3 InsO fallen unzweifelhaft die bedingte Übereignung und die bedingte Abtretung bestehender Sachen und Rechte. Insolvenzfest ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht nur die uneingeschränkte Übertragung eines bedingten Rechts, sondern auch die unter einer Bedingung erfolgte Übertragung eines unbedingten Rechts.281 Klassisches Beispiel ist die aufschiebend bedingte Übereignung der Kaufsache an den Vorbehaltskäufer, der dadurch ein echtes Anwartschaftsrecht erwirbt, welches ihm nach den §§ 161 Abs. 1 BGB, 107 InsO nicht mehr genom-

273 274 275 276 277 278 279 280 281

Vgl. BGH v. 9.5.1960 – II ZR 95/58, WM 1960, 720 f. BGH v. 11.7.1988 – II ZR 281/87, MDR 1989, 144 = ZIP 1988, 1545 (1546). BGH v. 1.6.1978 – III ZR 44/77, BGHZ 71, 380, 384 f. BGH v. 24.3.1994 – IX ZR 149/93, MDR 1994, 573 = ZIP 1994, 714 f. Vgl. BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff. zu § 667 BGB. BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = BRAK 2007, 230 = ZIP 2007, 1507 ff. Rz. 18. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50a. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 50a. Vgl. BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZInsO 2008, 452 f. Rz. 9; v. 27.5.2003 – IX ZR 51/02, BGHZ 155, 87, 92 f. = MDR 2003, 1136. Schäfer

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M 122

M Rz. 122

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

men werden kann und mit der vollständigen Zahlung des Kaufpreises zum Vollrecht erstarkt. b) Rückgriffsanspruch nach § 774 BGB

M 123 Der BGH nimmt auch weiterhin an, dass der Rechtsgrund des Rückgriffsanspruchs nach § 774 BGB „bereits mit der Übernahme der Bürgschaft entsteht und insoweit aufschiebend bedingt begründet wird“.282 Dies kann nur wertungsmäßig überzeugen. Der Schuldner konnte die weitere Entwicklung des Regressanspruchs nicht mehr beeinflussen und hatte auch keine weiteren Leistungen aus der künftigen Insolvenzmasse zu erbringen. Die Entstehung des Regressanspruchs hing vielmehr nur noch vom Eintritt des Sicherungsfalles ab, so dass der Entscheidung des BGH im Ergebnis zuzustimmen ist.

M 124 Es ist daher wertungsmäßig auch vertretbar, dass der BGH durch Urteil

vom 13.3.2008283 entschieden hat, dem Kautionsversicherer stehe bei der Inanspruchnahme aus einer von ihm erteilten Bürgschaft in der Insolvenz des Versicherungsnehmers ein Absonderungsrecht an einem ihm vor der Insolvenzeröffnung sicherungshalber abgetretenen Festgeldguthaben auch dann zu, wenn er den gesicherten Anspruch erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erworben habe. Er weist jedoch ergänzend darauf hin, dass dem Schuldner keine nach § 91 InsO beachtliche Rechtsposition, wie etwa die Einrede der fehlenden Valutierung des zur Verfügung gestellten Sicherheitsgegenstandes, verblieben sei.284 c) Provisionsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 87 HGB

M 125 Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters nach § 87 Abs. 1 HGB entsteht nach der Rechtsprechung des BGH bereits mit dem Abschluss des Vertrages zwischen dem Unternehmer und dessen Vertragspartner. Die Provision sei jedoch nach § 87a Abs. 1 Satz 1 HGB erst verdient, sobald das Geschäft ausgeführt sei; bis dahin stehe sie unter einer aufschiebenden Bedingung.285 d) Versicherungsrechtliche Ansprüche

M 126 Zur Lebensversicherung (Rückdeckungsversicherung) hat der BGH ent-

schieden,286 dass der Bezugsberechtigte durch die Erteilung einer lediglich widerruflichen Bezugsberechtigung weder einen Anspruch aus dem 282 283 284 285

BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZIP 2008, 885 f. BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZIP 2008, 885 f. BGH v. 13.3.2008 – IX ZR 14/07, MDR 2008, 768 = ZIP 2008, 885 f. Rz. 11. Vgl. BGH v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388 ff. = MDR 2005, 51; v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, MDR 1990, 620 = NJW 1990, 1665. 286 BGH v. 7.4.2005 – IX ZR 138/04 – „Rückdeckungsversicherung“, MDR 2005, 1075 = ZIP 2005, 909 ff.

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IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen

Rz. 128 M

Versicherungsvertrag noch eine sonstige gesicherte Rechtsposition – etwa ein Anwartschaftsrecht – erworben habe. Vielmehr besitze er nur eine mehr oder weniger starke tatsächliche Aussicht auf den Erwerb eines zukünftigen Anspruchs. In dem entschiedenen Fall hatte der Versicherungsnehmer jedoch zugleich dem begünstigten Geschäftsführer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verpfändet. Nach der Insolvenzeröffnung hatte der Insolvenzverwalter die Lebensversicherungen gekündigt und von der Versicherung die Zahlung der Rückkaufswerte verlangt. Der BGH weist auf seine frühere Rechtsprechung hin, wonach es sich bei Ansprüchen auf Altersruhegeld, Berufsunfähigkeitsrente und Hinterbliebenenrente nicht um betagte Ansprüche, sondern um aufschiebend bedingte Ansprüche im Sinne des § 67 KO handle, wenn die Bezugsvoraussetzungen noch nicht eingetreten seien. Unter der Geltung der Insolvenzordnung bleibe die insolvenzrechtliche Ausgangslage gleich. Diese Rechtsprechung des BGH unterliegt erheblichen Bedenken. Spätestens nach der Aufgabe der „Erlöschenstheorie“287 steht fest, dass der Versicherungsvertrag und damit auch die aus ihm resultierenden Ansprüche nicht automatisch mit der Insolvenzeröffnung erlöschen. Der Insolvenzverwalter muss daher den Versicherungsvertrag kündigen, wenn er sich gehindert sieht, ihn fortzuführen. Die erste Frage geht somit dahin, ob er zu einer solchen Kündigung der Zustimmung des Geschäftsführers als Pfandgläubiger bedarf.288 In seinem Urteil vom 7.4.2005 hat sich der BGH nicht mit dieser Frage befasst. Nach § 1276 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein verpfändetes Recht nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers aufgehoben werden. „Verpfändetes Recht“ war der künftige Anspruch auf die Versicherungssumme. Der BGH ist in mehreren Entscheidungen davon ausgegangen, dass es sich bei dem Anspruch auf die Auszahlung der Versicherungssumme um einen künftigen Anspruch handle.289 Das Pfandrecht an einem künftigen Anspruch entsteht aber erst mit der Entstehung dieses Anspruchs. Zwar gehört die Entstehung des Anspruchs nach Ansicht des BGH nicht zum Verfügungstatbestand; Rechtswirksamkeit kann die Verpfändung einer künftigen Forderung aber erst entfalten, wenn diese selbst entsteht.290

M 127

Entsteht die im Voraus verpfändete Forderung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so kann der Pfandgläubiger daran gemäß § 91 Abs. 1 InsO grundsätzlich kein Pfandrecht zu Lasten der Insolvenzmasse erwerben. An einer künftigen Forderung auf die Versicherungssumme, die erst

M 128

287 Vgl. BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 ff. = MDR 2002, 1270. 288 Vgl. dazu Elfring, NJW 2005, 2192 ff. 289 BGH v. 23.10.2008 – VII ZB 16/08, MDR 2009, 105 = WM 2008, 2265 ff.; v. 28.10.2009 – VII ZB 82/09, veröffentlicht bei juris. 290 BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 78/09, MDR 2010, 774 = ZIP 2010, 335 ff. Rz. 18; v. 19.9.1983 – II ZR 12/83, BGHZ 88, 205, 206 f. = GmbHR 1984, 101 = MDR 1984, 122. Schäfer

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M Rz. 128

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

noch wertmäßig „aufgebaut“ werden muss – und zwar nach der Insolvenzeröffnung mit Mitteln der Masse – und die einseitig durch den Willensentschluss des Versicherungsnehmers entzogen werden kann, etwa durch Übertragung des Versicherungsvertrages auf einen Dritten, besteht noch kein insolvenzfestes Pfandrecht. Ein aufschiebend bedingter Anspruch auf die Versicherungssumme, bei dem es etwa nur noch um das „Erleben der Anspruchsvoraussetzungen“ ginge,291 ist ebenfalls nicht gegeben. Der Insolvenzverwalter bedarf daher zur Kündigung nicht der Zustimmung des wideruflich begünstigten Geschäftsführers. Die Insolvenzeröffnung und die auf diesen Umstand zurückzuführende Kündigung des Insolvenzverwalters stellen keine Aufhebung des verpfändeten Rechts im Sinne des § 1276 Abs. 1 InsO dar.292 Der Geschäftsführer hat jedoch die Möglichkeit, von seinem Eintrittsrecht gemäß § 170 VVG Gebrauch zu machen.

M 129 Es kommt daher allenfalls in Betracht, entsprechend der Rechtsprechung

des BGH zur Teilbarkeit der Leistungen auf einen Werkvertrag293 von einer Teilbarkeit des Anspruchs auf die Versicherungsleistung in dem Sinne auszugehen, dass das zugunsten des Geschäftsführers bestellte Pfandrecht den Teil der Versicherungsleistung erfasst, der bis zur Insolvenzeröffnung durch Prämienzahlungen der GmbH „erkauft“ war (Rückkaufswert). e) Insolvenz als Bedingung

M 130 Auf den Insolvenzfall bedingte Rechtshandlungen werden nach herrschender Auffassung von § 140 Abs. 3 InsO nicht erfasst.294 Es ist in der Tat nicht Zweck des § 140 Abs. 3 InsO, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, im Voraus bedingt für den Fall der Insolvenz über Vermögensgegenstände zu verfügen und sie damit der künftigen Insolvenzmasse zu entziehen.295 Vielmehr verbleibt es in diesen Fällen beim Grundsatz des § 140 Abs. 1 InsO, wonach die Rechtshandlung erst in dem Zeitpunkt vorgenommen ist, in dem ihre Wirkung eintritt. Dies ist der Zeitpunkt des Bedingungseintritts.

291 Vgl. dazu BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 161/96, BGHZ 136, 220 ff. = GmbHR 1997, 936. 292 Vgl. Fröhling, ZInsO 2006, 249, 250. 293 Vgl. dazu BGH v. 25.4.2002 – IX ZR 313/99, BGHZ 150, 353 ff. = MDR 2002, 1270. 294 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 52; Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 51; HK-InsO/ Kreft, § 140 Rz. 14 a.E.; BAG v. 19.1.2006 – 6 AZR 529/04, BAGE 117, 1 ff. Rz. 36; OLG Koblenz v. 18.9.2003 – 5 U 520/03, ZInsO 2003, 951 f. – a.A. HambKomm-InsO/Rogge, § 140 Rz. 34. 295 Zutr. Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 51.

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IV. § 140 Abs. 3 InsO – bedingte und befristete Rechtshandlungen

Rz. 133 M

3. Befristete Rechtshandlung Befristete Rechtshandlungen im Sinne des § 140 Abs. 3 InsO sind solche gemäß § 163 BGB. Es muss somit für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin bestimmt worden sein. Nach der Gesetzesbegründung trifft dies etwa auf die Kündigung zu einem zukünftigen Termin zu.296

M 131

Mietzinsansprüche entstehen nach der Rechtsprechung des BGH gemäß § 163 BGB aufschiebend befristet erst zum Anfangstermin des jeweiligen Zeitraums der Nutzungsüberlassung.297 Er weist darauf hin, dass Rechtsprechung und Rechtslehre davon ausgingen, Mietzinsraten entstünden als Entgelt für die periodische Gebrauchsüberlassung im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 KO jeweils neu.298 Auch hinsichtlich des Zinses für Kapitalüberlassung liege § 63 Nr. 1 KO die Vorstellung des Gesetzgebers zugrunde, dass derartige Forderungen nicht im Sinne des § 3 Abs. 1 KO schon zur Zeit der Verfahrenseröffnung begründet gewesen seien.299 Der Anspruch auf Mietzahlung für einen bestimmten künftigen Überlassungszeitraum ist somit kein betagter, sondern ein künftiger Anspruch.300

M 132

Die Auffassung des BGH, Mietforderungen seine aufschiebend befristete Forderungen, sollte überdacht werden. Ebenso wie § 140 Abs. 3 InsO nur rechtsgeschäftliche Bedingungen betrifft,301 werden von ihm auch nur rechtsgeschäftlich vereinbarte Befristungen im Sinne des § 163 BGB erfasst. Eine solche rechtsgeschäftliche Vereinbarung über den Zeitpunkt, zu dem die Miete zu zahlen ist, ist jedoch nicht stets gegeben. Deshalb ist in § 556b Abs. 1 BGB gesetzlich geregelt, dass die Miete zu Beginn, spätestens bis zum dritten Werktag der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten ist, nach denen sie bemessen ist. Der BGH sollte begründen, inwieweit es gerechtfertigt ist, Mietansprüche und Ansprüche auf dienstvertragliche Vergütung – beides Ansprüche aus einem Dauerschuldverhältnis – unterschiedlich zu behandeln. Er geht zu Recht davon aus, dass auch Ansprüche auf Vergütung für geleistete Dienste nicht vor der Dienstleistung entstehen, also künftige Ansprüche darstellen.302 Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass er diese künftigen Ansprüche ebenfalls als aufschiebend befristete Ansprüche ansieht. Davon geht wohl auch das

M 133

296 Vgl. Begr. zum Reg.-Entw., BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 297 BGH v. 14.12.2006 – IX ZR 102/03, BGHZ 170, 196 ff. Rz. 1 = MDR 2007, 610; v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. 298 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. mit Hinweis auf RGZ 40, 120 (125) und Jaeger/Lent, KO, 8. Aufl., § 55 Rz. 6. 299 BGH v. 30.1.1997 – IX ZR 89/96, MDR 1997, 562 = ZIP 1997, 513 ff. mit Hinweis auf die Materialien zur Konkursordnung. 300 Vgl. dazu noch BGH v. 16.7.2003 – VIII ZR 274/02, BGHZ 155, 380 (387) = MDR 2003, 1103. 301 Vgl. BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11 ff. Rz. 14 = MDR 2006, 1129. 302 BGH v. 11.5.2006 – IX ZR 247/03, BGHZ 167, 363 ff. = MDR 2007, 112. Schäfer

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M Rz. 133

§ 140 InsO – Zeitpunkt der Vornahme einer Rechtshandlung

Bundesarbeitsgericht nicht aus, das Ansprüche auf Vergütung aus Dienstvertrag ebenfalls als künftige Ansprüche betrachtet.303 Das Bundesarbeitsgericht weist vielmehr darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses bei bereits fälligen Forderungen feststellbar sei, ob die Forderung bestehe und wer Forderungsinhaber sei. Bei künftigen Arbeitseinkommen sei dies gerade nicht der Fall. Es stehe zum Zeitpunkt der Pfändung nicht fest, ob die künftig fälligen Beträge des Arbeitseinkommens entstünden und in welcher Person sie entstünden. Das Arbeitsverhältnis könne wirksam gekündigt werden, und der Schuldner könne den Untergang seines Gehaltsanspruchs durch rechtswidrige Nichterfüllung seiner Arbeitspflicht herbeiführen.304 All das klingt so, als gehe das Bundesarbeitsgericht nicht von einer gesicherten Rechtsposition bzw. von einem Anwartschaftsrecht im Hinblick auf die künftigen Vergütungsansprüche aus. Wenn aber § 163 BGB anordnet, dass im Falle der Bestimmung eines Anfangstermins für die Wirkung eines Rechtsgeschäfts die für die aufschiebende Bedingung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung finden, so wird ebenso wie dort eine gesicherte Rechtsposition vorausgesetzt. Dies ist aber auch im Hinblick auf künftige Mietforderungen nicht der Fall, da der Mietvertrag etwa durch Kündigung sein Ende finden kann. Nur wenn dem Berechtigten eine gesicherte Rechtsposition zusteht, ist der Zeitpunkt der Geschäftsvornahme und nicht erst der des Bedingungs- bzw. Befristungseintritts maßgebend. Davon geht auch der BGH zu Recht in einem Urteil vom 14.6.2007 aus.305

V. Beweislast M 134 § 140 Abs. 1 InsO stellt den Grundtatbestand dar, während die Absätze 2 und 3 Ausnahmen vorsehen. Entsprechend diesem Regel-Ausnahme-Verhältnis hat der Insolvenzverwalter im Grundsatz als anspruchsbegründende Voraussetzung darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die rechtlichen Wirkungen einer Rechtshandlung gemäß § 140 Abs. 1 InsO innerhalb der Anfechtungszeiträume eingetreten sind.306 Hingegen hat derjenige, der im Falle einer Anfechtung Vorteile daraus ableiten will, dass die angefochtene Rechtshandlung nicht erst im Zeitpunkt des Eintritts ihrer rechtlichen Wirkungen, sondern bereits früher vorgenommen worden sei, die Voraussetzungen hierfür darzutun und erforderlichenfalls zu beweisen.307 303 Vgl. BAG v. 17.2.1993 – 4 AZR 161/92, NJW 1993, 2699 ff. 304 BAG v. 17.2.1993 – 4 AZR 161/92, NJW 1993, 2700. 305 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, MDR 2007, 1284 = ZIP 2007, 1507 ff. Rz. 17. 306 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 140 Rz. 10; Bork/Ehricke, Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts, Kap. 3 Rz. 38. 307 BGH v. 5.2.1998 – IX ZR 43/97, MDR 1998, 548 = ZIP 1998, 513 ff.

564

Schäfer

V. Beweislast

Rz. 136 M

Waren bei der Stellung des Eintragungsantrages gemäß § 140 Abs. 2 InsO noch nicht alle wesentlichen Eintragungsvoraussetzungen erfüllt, so hat der Anfechtungsgegner auch deren Eintritt zu beweisen, wenn sich daraus ein früherer als der nach § 140 Abs. 1 InsO maßgebende Zeitpunkt ergeben soll.308

M 135

Der Pfandgläubiger hat den Zugang der Verpfändungsanzeige beim Drittschuldner außerhalb des kritischen Anfechtungszeitraums nachzuweisen, da der Zugang unabdingbare Wirksamkeitsvoraussetzung einer Forderungsverpfändung ist.309

M 136

308 MK-InsO/Kirchhof, § 140 Rz. 55. 309 OLG München v. 11.3.2008 – 5 U 3897/07, ZIP 2009, 330 ff. Schäfer

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N. § 141 InsO – Vollstreckbarer Titel § 141 Vollstreckbarer Titel Die Anfechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass für die Rechtshandlung ein vollstreckbarer Schuldtitel erlangt oder dass die Handlung durch Zwangsvollstreckung erwirkt worden ist. Inhaltsübersicht Rz.

I. Entstehung, Zweck und Systematik des Gesetzes . . . . 1. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 141 InsO innerhalb der §§ 129 ff. InsO . . . . . . . . . . . b) § 141 InsO und § 88 InsO . c) § 141 InsO und die §§ 80, 81, 85, 91 InsO sowie § 240 ZPO. . . . . . . . . . . . . . . II. Anwendungsbereich . . . . . . . . 1. Vollstreckbare Schuldtitel (§ 141 Alt. 1 InsO) . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 3 6 6 11 12 15 15 15

Rz.

b) Einzelne Vollstreckungstitel . . 2. Zwangsvollstreckung – Erwirkte Rechtshandlungen (§ 141 Alt. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erwirkte Rechtshandlungen . . c) Abwendungsleistungen des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18 19 19 21 23

III. Internationales Recht – EuGVVO und EuInsVO . . . . . . . . 25 1. Freizügigkeit und Universalität der Zwangsvollstreckung . . . . . . . 25 2. Einzelzwangsvollstreckung vor und nach Insolvenzeröffnung. . . . 27

I. Entstehung, Zweck und Systematik des Gesetzes 1. Entstehung

N 1 Die Vorschrift ist unverändert aus § 160 RegE hervorgegangen und ent-

spricht inhaltlich § 35 KO.1 Dessen Wortlaut enthielt allerdings eine Differenzierung der Vollstreckungsarten, die zu Recht beseitigt wurde: Während § 141 Alt. 2 InsO systematisch korrekt nur die Erwirkung der anzufechtenden Rechtshandlung durch Zwangsvollstreckung bezeichnet, hatte § 35 Fall 3 KO hinzugefügt, dass die Handlung auch durch Vollziehung eines Arrestes erwirkt worden sein kann. Die Neufassung erübrigt die (zu verneinende) Frage, ob die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung nicht erfasst sei. In der Begründung des Regierungsentwurfs der InsO wird unter Verweis auf § 12 des Entwurfs klargestellt, dass als Zwangsvollstreckung im Sinne des § 160 RegE auch die Vollziehung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung anzusehen ist. Der Rechtsausschuss des Bundestags hat die Erläuterung als überflüssig ge1 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 160. Vgl. HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 1.

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Wagner

I. Entstehung, Zweck und Systematik des Gesetzes

Rz. 3 N

strichen; in den Wortlaut des § 141 InsO hat sie gesetzestechnisch einwandfrei keinen Eingang gefunden, da mit der Verwendung des Oberbegriffs „Zwangsvollstreckung“ implizit auf das 8. Buch der Zivilprozessordnung Bezug genommen wird, die beide Formen des einstweiligen Rechtsschutzes umfasst (vgl. §§ 916 ff., 935 ff. ZPO). – Die GesO enthielt keine gesonderte, dem § 141 InsO vergleichbare Regelung. § 10 AnfG sieht eine übereinstimmende Regelung für die Individualanfechtung vor. Die Väter der Konkursordnung hatten die Bestimmung des § 35 KO (§ 28 des Entwurfs der Konkursordnung) mit der Erwägung motiviert: „Wenn eine Handlung nach den Bestimmungen des Gesetzes anfechtbar ist, so darf deren Anfechtung nicht dadurch verhindert oder erschwert werden, dass der Gemeinschuldner im Wege der Zwangsvollstreckung zur Vornahme der Handlung sich hatte zwingen lassen, oder dass ein Vollstreckungstitel erwirkt ist, auf Grund dessen er sich dazu hätte zwingen lassen können.“2 Diese apodiktisch anmutende Umschreibung hat sich deutlich im Gesetzeswortlaut niedergeschlagen; Aufschluss über die zugrunde liegende ratio legis gibt sie jedoch nicht. Die Motive zur Konkursordnung bringen den Regelungsgehalt des § 35 InsO auf den Punkt mit der prägnanten Paraphrase: „Die Vollstreckbarkeit der Handlung schließt das Anfechtungsrecht nicht aus.“ Die hierzu gegebene Begründung, dieser Satz sei „eine nothwendige Ergänzung der bisherigen Vorschriften …“ (scil. der §§ 22 ff. KO-Entw., §§ 129 ff. InsO), vermag die hinter ihr stehende Wertung, die „Kardinalfrage“ des Vollstreckungsrechts,3 ebenso wenig zu erklären. Dasselbe gilt für die Überlegung der Gesetzesväter, der Vollstreckungstitel wirke nur inter partes, berühre also die Gläubiger nicht und brauche deshalb „nicht erst angefochten zu werden.“4 Auch die sprachlich modernere, inhaltlich aber übereinstimmende Begründung des Regierungsentwurfs zu § 141 InsO (§ 160 RegE) setzt den Zweck der Norm voraus.5

N2

2. Normzweck Die Vorschrift ist jedoch keine notwendige Ergänzung, sondern eine zweckmäßige Klarstellung, dass eine anzufechtende Rechtshandlung (unter den Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO) nicht deshalb der Anfechtung entzogen ist, weil sie im Wege der Zwangsvollstreckung, also durch Hoheitsakt mit Hilfe staatlicher oder staatlich berufener Organe erwirkt werden könnte oder erwirkt worden ist (Primat der Anfechtung). Die Ti2 Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. IV, 1881, S. 148 zu § 28 (Mot. KO, S. 143 f.); im Wesentlichen wortgleich Begr. Entw. GemeinschuldO, Bd. 1, S. 184. 3 Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 154; eingehend zu den haftungsrechtlichen Verteilungsprinzipien an der Schnittstelle von Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz auch Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407 ff. 4 Hahn, Bd. IV, S. 148 unten (Mot. KO, S. 143 f.). 5 Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 160. Wagner

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tulierung des Anspruchs auf die Rechtshandlung und deren zwangsweise Durchsetzung sind gleichgestellt. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Schuldner die anzufechtende Handlung erst vorgenommen hat, nachdem der Gläubiger seinen Anspruch auf diese Rechtshandlung hatte titulieren lassen. Entscheidend ist die Kernaussage, dass selbst eine rechtskräftige Feststellung des Gläubigerrechts (durch ein Leistungsurteil) oder dessen mit staatlicher Autorität legitimierte Durchsetzung die Rückgängigmachung der bewirkten Vermögensverschiebung nicht hindern kann, wenn die Voraussetzungen der §§ 129 ff. InsO erfüllt sind. Damit bringt der Gesetzgeber konsequent die für das Recht der Insolvenzanfechtung charakteristische zeitliche Erstreckung der materiellen Rechtswirkungen der späteren Insolvenzeröffnung, mithin den Vorrang der Gesamtvollstreckung (par conditio creditorum) vor der am Prioritätsprinzip orientierten Individualvollstreckung (Primat der Gesamtvollstreckung),6 wie er den §§ 1, 35, 80, 81, 91 InsO zugrunde liegt, zum Ausdruck.7 Diese Durchbrechung des Prioritätsprinzips (vgl. § 804 Abs. 3 ZPO) wird besonders deutlich bei der von § 141 Alt. 2 InsO erfassten Kollision von Anfechtung und Zwangsvollstreckung.8

N 4 Strittig ist, ob § 141 InsO darüber hinaus den Begriff der Rechtshandlung

ergänzt (dazu Rz. N5)9 oder sogar den Anfechtungsgegenstand gesondert regelt.10 Zutreffend ist weder das eine noch das andere; keine dieser Interpretationen lässt sich auf die Entstehungsgeschichte der Norm zurückführen oder mit ihrem Wortlaut (Rz. N15, N16, N19) und ihrer Systematik (Rz. N6 ff.) vereinbaren. Die Vorschrift enthält keine eigenständige Regelung des Anfechtungsgegenstandes,11 sie nimmt vielmehr implizit Bezug auf die Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO. Die Streitfragen, ob der in Alt. 1 bezeichnete Vollstreckungstitel selbst oder zumindest dessen Erlangung der Insolvenzanfechtung unterliegen und ob die von Alt. 2 erfasste Vollstreckungsmaßnahme anfechtbar ist, sind ausschließlich nach Maßgabe der §§ 130 ff. InsO zu beantworten. § 141 InsO 6 Vgl. national BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 312 ff.; v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 353; international BGH v. 11.7.1985 – IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 264 = MDR 1985, 1021 (Auslandskonkurs); v. 14.11.1996 – IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 82 oben (ausländischer Zwangsvergleich), jeweils zu § 237 Abs. 1 KO = MDR 1997, 251. 7 Kritisch zum Vorrang des Gleichbehandlungsgrundsatzes etwa Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407, 415 ff., 426 unter VI 1 („keineswegs das gerechtere Verteilungsmodell“). 8 Zutreffend MK-InsO/Kirchhof § 141 Rz. 1. Vgl. auch § 804 Abs. 2 Hs. 2 ZPO und dazu Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 165 ff. 9 Dafür Cranshaw/Paulus/Michel/von Danckelmann, § 141 Rz. 1; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 141 InsO Rz. 1; BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 2; MK-InsO/ Kirchhof § 141 Rz. 3. 10 Dafür BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 2. 11 Ebenso die wohl hM, vgl. Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 7; MK-InsO/Kirchhof § 141 Rz. 3; Braun/Riggert, § 141 InsO Rz. 1; Zeuner, Anfechtung, Rz. 26, 28 f. Zur Gegenansicht s. die Nachw. in der vorigen Fußnote.

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Rz. 6 N

postuliert weder die Anfechtbarkeit des vollstreckbaren Titels noch die der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahme. Er stellt lediglich klar, dass eine Anfechtung der titulierten oder vollstreckten Handlung nicht deshalb ausgeschlossen ist, weil sie mittels staatlichen Zwangs erwirkt werden könnte oder bereits erwirkt worden ist, mit anderen Worten: weil sie tituliert oder vollstreckt worden ist. Diese Vorstellung liegt auch den oben wiedergegebenen Erwägungen im jeweiligen Gesetzgebungsverfahren zugrunde (Rz. N2). § 141 InsO normiert daher auch keine erweiternde Ergänzung des Handlungsbegriffs des § 129 InsO.12 Die Generalklausel des § 129 Abs. 1 InsO setzt zwar ebenfalls den Inhalt des verwendeten Begriffs der Rechtshandlung voraus; definitorischen Gehalt hat nur die Gleichstellung von Unterlassungen in § 129 Abs. 2 InsO. Die Vorschrift des § 141 InsO nimmt mit den Begriffen Rechtshandlung in Alt. 1 und (abgekürzt) Handlung in Alt. 2 jedoch lediglich Bezug auf diesen allgemeinen, für das gesamte Recht der Insolvenzanfechtung maßgeblichen Begriff des § 129 InsO und meint synonym die anzufechtende Rechtshandlung des Schuldners oder eines Dritten (s. dazu Rz. B4 ff.).13 § 141 InsO hat somit nur eine Klarstellungsfunktion für das Verhältnis der Insolvenzanfechtung zur Individualvollstreckung (s. Rz. N3). Mit anderen Worten: die Norm regelt nichts, was nicht auch ohne sie gälte. Gegenstand der Deckungsanfechtung ist die erzwungene Vermögensverschiebung, zu deren Anfechtbarkeit der Vollstreckungstitel nichts aussagen kann.14 Immerhin folgt daraus, worauf Haas mit Recht hinweist, dass der Anfechtungsgegner im Anfechtungsprozess nicht einwenden kann, die anfechtbare Handlung sei tituliert oder rechtmäßig vollstreckt.15 Seine Umschreibung der Klarstellungsfunktion dahin, „dass trotz Mitwirkung eines staatlichen Organs (Gerichts, Behörde oder Notar) an einer Rechtshandlung deren Anfechtbarkeit nicht ausgeschlossen ist“,16 trifft jedoch nur auf die zweite Tatbestandsvariante der Vorschrift zu; auf Alt. 1 bezogen, käme unzulässigerweise auch der Schuldtitel selbst als anfechtbare Rechtshandlung in Betracht (s. unten Rz. N15).

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3. Systematik a) § 141 InsO innerhalb der §§ 129 ff. InsO Die Vorschrift verursacht systematische Friktionen und Abgrenzungserfordernisse, die in Wissenschaft und Praxis nur ansatzweise erkannt 12 Ebenso die wohl hM, vgl. etwa Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 2; Braun/Riggert, § 141 InsO Rz. 3; Leonhardt/Smid/Zeuner, § 141 InsO Rz. 7 a.E. Zur Gegenansicht s. oben Rz. N4 mit Fn. 4. 13 Ausführlich z.B. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 11 ff., § 130 Rz. 9, 11. 14 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 2; zur Begründung von Alt. 1 s. aber im Text bei Rz. N15–17. 15 BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 3 a.E. 16 BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 3 oben. Wagner

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und bewältigt sind. Das äußert sich bereits in der oben erwähnten Unsicherheit, ob § 141 InsO eine eigenständige Regelung des Anfechtungsgegenstandes und/oder gar eine Ergänzung des Handlungsbegriffs in § 129 InsO normiert (Rz. N4 f.). Aufschlussreich ist zunächst eine notwendige Bestimmung der Stellung des § 141 InsO im Recht der Insolvenzanfechtung. Hierzu muss nach dem denkbaren Anfechtungsgegenstand zwischen der titulierten bzw. vollstreckten Handlung einerseits und dem Vollstreckungstitel und der Vollstreckungsmaßnahme andererseits unterschieden werden. § 141 InsO betrifft nur die beiden letztgenannten und stellt insoweit den Vorrang einer möglichen Anfechtung klar (Rz. N3). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Titel selbst bzw. dessen Erwerb und/oder die Vollstreckungsmaßnahme anfechtbar sind, bestimmt sich dagegen ebenso wie die Anfechtbarkeit der titulierten oder bereits vollstreckten Rechtshandlung nach den Vorschriften der §§ 130 ff. InsO.

N 7 § 141 InsO berührt somit nicht die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anfechtung von Maßnahmen der Zwangsvollstreckung in Vermögensgegenstände des späteren Insolvenzschuldners. Von zentraler Bedeutung ist deshalb die nach dem Urheber der Rechtshandlung und dem relevanten Zeitraum ihrer Vornahme differenzierende Unterscheidung zwischen der sog. besonderen Insolvenzanfechtung der §§ 130 bis 132 InsO einerseits und derjenigen der (allgemeinen) Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO andererseits.17 Während die §§ 130, 131 InsO lediglich allgemein eine Rechtshandlung verlangen, diese also auch von einem Dritten ausgehen kann,18 sind nach § 133 Abs. 1 InsO nur solche Rechtshandlungen anfechtbar, die der Schuldner mit dem sei es auch nur bedingten Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat. Die Tatbestände der §§ 130 bis 132 InsO regeln die Anfechtbarkeit von Handlungen, die in der wirtschaftlichen Krise des Schuldners vorgenommen werden. In dem von ihnen bestimmten Zeitraum verdrängen sie das die Einzelzwangsvollstreckung beherrschende Prioritätsprinzip, wenn die Gläubiger aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht mehr mit einer vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen können. Die Freiheit des einzelnen Gläubigers, seine Ansprüche zwangsweise durchzusetzen, tritt unter den besonderen Voraussetzungen dieser Vorschriften hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurück.19 Dabei hat der Gesetzgeber den Anwendungsbereich dieser Vorschriften im Interesse der Rechtssicherheit auf den Zeitraum

17 Grundlegend BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff. = MDR 2005, 832. Instruktiv dazu Schoppmeyer, NZI 2005, 185, 186 ff. 18 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 unter 2a mit MK-InsO/Kirchhof, § 129 Rz. 35 m.w.N. = MDR 2005, 832. 19 BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 311 ff.; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 = MDR 2003, 1256; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 148 f. = MDR 2005, 832 m.w.N.

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von längstens drei Monaten vor dem Eröffnungsantrag beschränkt.20 Der insoweit geltende Vorrang des Gleichbehandlungsgrundsatzes hat zugleich zur Folge, dass eine Deckung (Befriedigung oder Sicherung) im Wege der Zwangsvollstreckung, die nicht früher als drei Monate vor Antragstellung erlangt wurde, inkongruent ist.21 Der Grundsatz, dass die Befugnis des Gläubigers, sich im Wege hoheitlichen Zwangs eine rechtsbeständige Sicherung oder Befriedigung für eine Forderung zu verschaffen, hinter dem Schutz der Gläubigergesamtheit zurücktritt, gilt jedoch nach dem System der Anfechtungsregeln nur für den von §§ 130 bis 132 InsO erfaßten Zeitraum.22 Aus dieser zeitlichen Eingrenzung folgt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass der einzelne Gläubiger außerhalb des von der besonderen Insolvenzanfechtung geschützten Zeitraums bei der Verfolgung seiner Rechte gegen den Schuldner grundsätzlich keinen vom Anfechtungsrecht ausgehenden Beschränkungen unterliegt.23 Der Einzelne braucht insoweit die Belange der Gesamtheit nicht zu beachten und kann daher seine Ansprüche gegen den Schuldner selbst dann zwangsweise durchzusetzen, wenn er ahnt oder weiß, dass dessen Vermögen nicht mehr zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht.

N8

Dagegen steht § 133 Abs. 1 InsO nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der materiellen Insolvenz des Schuldners, sondern beruht auf der Wertung, dass ein Schuldner nicht berechtigt sein kann, einzelne Gläubiger gegenüber den anderen trotz gleichrangiger Verpflichtungen zu begünstigen. Entscheidend ist hier also der in einer Rechtshandlung zum Ausdruck gekommene, vom Gesetzgeber missbilligte Wille des Schuldners, den Anfechtungsgegner zum Nachteil anderer Gläubiger zu bevorzugen.24 Eine Vorsatzanfechtung greift jedoch nur, wenn der Anfechtungsgegner den (bedingten) Vorsatz des Schuldners kennt, wobei die Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Gläubigerbenach-

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20 BT-Drucks. 12/2443, S. 157 f. Vgl. näher zu den unterschiedlichen haftungsrechtlichen Verteilungsprinzipien Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407 ff. und bereits Gaul, ZZP 112 (1999), 135, 153 ff. 21 BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 311 ff.; v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 = MDR 2003, 1256; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 149 = MDR 2005, 832; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 88 f. m.w.N. 22 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 80 = MDR 2003, 1256; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147, 149 unten m.w.N. = MDR 2005, 832; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 88 f. 23 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147, 149 f. = MDR 2005, 832 entgegen der Ansicht von Kreft, KTS 2004, 205, 218. 24 BT-Drucks. 12/2443, S. 160 zu § 148 („Entscheidend sind das Bewusstsein und der Wille, die Gläubiger zu benachteiligen“); BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147, 149 = MDR 2005, 832 mit Jaeger/Henckel, § 31 KO Rz. 11; Uhlenbruck/Hirte, § 133 Rz. 12; MK-InsO/Kirchhof, § 133 Rz. 12. Vgl. ausf. dazu Kirchhof, FS G. Fischer, 2008, S. 285 ff. und bereits Schoppmeyer, NZI 2005, 185 ff. Wagner

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teiligung eine vom Schuldner zu widerlegende Vermutung dafür begründet (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Allerdings ist nicht erforderlich, dass die Initiative vom Schuldner ausgeht. Ein unredlicher Gläubiger, der den Schuldner zu einer nach § 133 InsO missbilligten Rechtshandlung veranlasst, wird vom Schutzbereich der Norm ebenfalls erfasst. Daher sind auch Leistungen, die der Schuldner in Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung zur Abwendung der ihm angekündigten Zwangsvollstreckung innerhalb oder außerhalb einer ihm gesetzten Frist erbringt, grundsätzlich nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar (s. dazu Rz. N24).25

N 10 Der Bundesgerichtshof hat die durch eine (extensive) Anwendung des § 133 InsO auf Vollstreckungshandlungen des Gläubigers erzeugte Gefahr einer gesetzwidrigen Ausdehnung der Deckungsanfechtung über den Dreimonatszeitraum hinaus und die damit verbundene Entwertung der Zwangsvollstreckung als Grundproblem erkannt.26 Ein Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung beruht folglich nur dann auf einem Unterlassen des Schuldners i.S.d. § 129 Abs. 2 InsO, wenn der Gläubiger bei Vornahme der dem Schuldner möglichen und von ihm bewusst vermiedenen Rechtshandlung, insbesondere der Einlegung eines Rechtsbehelfs, den zwangsweise erworbenen Gegenstand nicht erlangt hätte oder ihn vor Insolvenzeröffnung hätte zurückgewähren müssen. Ohne diese ursächliche Verbindung zwischen der Unterlassung und der Gläubigerbenachteiligung fehlt es an der von § 133 InsO geforderten Rechtshandlung des Schuldners.27 b) § 141 InsO und § 88 InsO

N 11 Die Folgen des Insolvenzverfahrens für die Zwangsvollstreckung gegen

den Schuldner sind durch die §§ 88 ff. InsO speziell geregelt.28 Nach § 88 InsO wird eine Sicherung, die ein Insolvenzgläubiger im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt hat, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens (kraft Gesetzes) unwirksam. Für das auf Antrag des Schuldners eröffnete vereinfachte Verfahren sieht § 312 Abs. 1 Satz 3 InsO eine Frist von drei Monaten vor. Soweit diese sog. Rückschlagsperre greift, bedarf es also keiner Anfechtung.29 Die Problematik dieser Vorschrift liegt in ihrer nur begrenzten Eignung des § 88 InsO, den Grundsatz der par conditio creditorum umzusetzen. Denn sie betrifft nur Sicherungen, und zwar nur vollstreckungsrechtliche, nicht 25 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 = MDR 2003, 1256; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147, 150 f. = MDR 2005, 832. 26 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 152 f. = MDR 2005, 832. 27 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 155 = MDR 2005, 832 mit Bork, ZIP 2004, 1684, 1685. 28 Vgl. BGH v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, 19 Rz. 10 = MDR 2007, 908. 29 BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 4; MK-InsO/Kirchhof, § 141 Rz. 9; HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 4; HambK-InsO/Rogge, § 141 Rz. 6.

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auch rechtsgeschäftliche; außerdem erfasst sie nur den letzten Monat des von den §§ 130 bis 132 InsO abgedeckten Dreimonatszeitraums.30 Vollstreckungsbedingte Befriedigungen sind dagegen als inkongruente Deckung ohnehin nach § 131 Abs. 1 InsO anzufechten. Da § 141 InsO keine Regelung über die Anfechtung von Vollstreckungshandlungen trifft, konkurriert sie auch nicht mit § 88 InsO; streng genommen erübrigt sich insoweit eine Normabgrenzung. c) § 141 InsO und die §§ 80, 81, 85, 91 InsO sowie § 240 ZPO Bei Insolvenzeröffnung anhängige Erkenntnisverfahren (vgl. §§ 253, 261 ZPO) über einen Gegenstand der Insolvenzmasse werden nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, unabhängig davon, in welchem Verfahrensstadium, in welcher Instanz sie sich befinden. Entsprechendes gilt nach § 240 Satz 2 ZPO im Eröffnungsverfahren mit Bestellung eines sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalters (vgl. § 22 Abs. 1 InsO). Gem. § 240 ZPO unterbrochen werden auch die Verfahren aufgrund prozessualer Gestaltungsklagen nach §§ 767, 768, 771 ZPO, soweit sie die (zu sichernde) Insolvenzmasse betreffen. Gleiches gilt für Arrest- und Verfügungsverfahren. – Dagegen werden das Zwangsvollstreckungsverfahren und die sie vorbereitenden, erst ermöglichenden Maßnahmen, wie das ihm vorausgehende Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel, grundsätzlich nicht unterbrochen.31 Hier hat der Insolvenzverwalter aber die Möglichkeit, inbesondere im Wege der Erinnerung nach § 732 ZPO der Klauselerteilung entgegenzuwirken oder nach § 766 ZPO die Aufhebung rechtswidriger Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu erreichen. Deren Anfechtung wird dadurch nicht ausgeschlossen, möglicherweise aber obsolet.32 Die Frist des § 146 InsO wird durch die Geltendmachung vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelfe allerdings nicht gewahrt.33 Um die Frist des § 146 InsO zu wahren, kann der Verwalter hierzu allerdings neben der Geltendmachung vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelfe gezwungen sein.34 Gegebenenfalls wird er versuchen, den (potentiellen) Anfechtungsgegner in Verhandlungen zu

30 Vgl. im Einzelnen HK-InsO/Kreft, § 88 Rz. 2, 17 ff. 31 Vgl. BGH v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, 18 f. (Pfändungsmaßnahmen) = MDR 2007, 908; v. 12.12.2007 – VII ZB 108/06, MDR 2008, 410 = NJW 2008, 918, 919; im Einzelnen Uhlenbruck/Uhlenbruck, § 85 InsO Rz. 17 ff., 33; HK-InsO/Kreft, § 85 Rz. 9 ff., 26 ff. 32 Vgl. zur Konkurrenz der Anfechtung mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen zutreffend etwa Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 9, missverständlich Gehrlein, WM 2009, SBeil. Nr. 1 S. 61 a.E.: der Insolvenzverwalter könne neben der Wahrnehmung verfahrensrechtlicher Rechtsbehelfe nicht zugleich im Wege der Anfechtung vorgehen. Im Gegenteil: zur Wahrung der Frist des § 146 InsO, muss er dies gegebenenfalls sogar tun. 33 BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 3; MK-InsO/Kirchhof, § 141 Rz. 4; HambK-InsO/Rogge, § 141 Rz. 5. 34 BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 3; MK-InsO/Kirchhof, § 141 Rz. 4; HambK-InsO/Rogge, § 141 Rz. 5. Wagner

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ziehen (vgl. § 203 BGB) oder ihn zu einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung zu bewegen.

N 13 Zu Pfändungsmaßnahmen im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, für die Anwendung des § 240 ZPO bestehe neben den §§ 88 ff. InsO kein Raum. Pfändungsmaßnahmen würden nach den genannten Vorschriften der Insolvenzordnung überwiegend unzulässig, was von Amts wegen zu berücksichtigen sei. Soweit Vollstreckungsmaßnahmen noch vorgenommen werden können (von Massegläubigern, Aussonderungs- oder Absonderungsberechtigten), bestehe unter Abwägung der beiderseitigen Interessen kein Bedürfnis für eine Unterbrechung des Verfahrens.35 Aufschlussreich für das Verständnis des Verhältnisses von Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenzverfahren sind die weiteren Ausführungen des Gerichts. Danach sei § 240 ZPO vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Insolvenzordnung gesondert geregelt habe, wie Forderungen gegen den Schuldner im Insolvenzverfahren geltend zu machen sind, nämlich vorrangig durch Anmeldung zur Tabelle (§ 174 InsO) und erst bei Bestreiten des Verwalters oder des Schuldners durch Klage auf Feststellung zur Tabelle (§ 179 InsO). Die Unterbrechung eines bereits gegen den Schuldner anhängigen Passivprozesses sei schon deshalb sinnvoll, weil die Klageforderung zunächst nicht mehr auf diesem Weg verfolgt, der Rechtsstreit aber gegebenenfalls wieder aufgenommen werden könne. Demgegenüber führten die §§ 88, 89, 90 InsO unmittelbar zur Unwirksamkeit bzw. Unzulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahme, was mit dem statthaften Rechtsbehelf geltend gemacht werden könne. Eine Wiederaufnahme der begonnenen Vollstreckung sei dagegen nicht vorgesehen.36

N 14 Zu klären bleibt das Verhältnis des § 141 InsO zu den materiellen Wirkungen der Insolvenzeröffnung gemäß §§ 80, 81 InsO einerseits, § 91 InsO andererseits. Auch insoweit handelt es sich jedoch nur um eine scheinbare Abgrenzungsaufgabe. Denn der Übergang der Verwaltungsund Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den Insolvenzverwalter und der Ausschluss des Erwerbs von Rechten daran nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens spielen für die Insolvenzanfechtung keine Rolle. Diese erfasst den „kritischen“ Erwerb von Gegenständen aus dem Schuldnervermögen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens (vgl. § 129 Abs. 1 InsO), jene etwaigen Erwerb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Unabhängig davon bringt § 141 InsO lediglich den systemimmanenten Vorrang der Anfechtung vor der Individualvollstreckung zum Ausdruck, ohne ihn vorzugeben (s. oben Rz. N3).

35 Eingehend BGH v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, 19 Rz. 10, 11 = MDR 2007, 908. 36 BGH v. 28.3.2007 – VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, 19 f. Rz. 12 = MDR 2007, 908.

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II. Anwendungsbereich

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II. Anwendungsbereich 1. Vollstreckbare Schuldtitel (§ 141 Alt. 1 InsO) a) Überblick Der Wortlaut des § 141 InsO gibt keinen Anhaltspunkt für die Möglichkeit einer Anfechtung des Vollstreckungstitels selbst37 oder auch nur die seines Erwerbs.38 Die Formulierung der ersten Tatbestandsalternative bezeichnet ausdrücklich und ausschließlich die Anfechtung der titulierten Handlung, die nicht deshalb ausgeschlossen sei, weil die Rechtshandlung tituliert ist; sie besagt aber nichts über eine etwaige Anfechtbarkeit des Titels (vgl. bereits oben Rz. N4). Zumindest ungenau ist daher die Charakterisierung von Henckel, „ein vollstreckbarer Schuldtitel, der für eine anfechtbar erworbene Forderung erwirkt worden ist“, sage „über deren Anfechtbarkeit im Insolvenzverfahren nichts aus.“39 Denn es geht nicht um den Erwerb der titulierten Forderung, sondern um die geschuldete Handlung selbst, sie ist Vollstreckungsgegenstand, auf ihre Vornahme lautet der Vollstreckungstitel. Um bei dem Wortlaut des § 141 Alt. 1 InsO zu bleiben: es geht bei dieser Vorschrift um den – die Anfechtung nicht ausschließenden – Erwerb des Titels, nicht um den der zugrunde liegenden Forderung. Richtig ist dagegen die Aussage, dass „die staatliche Autorität, die hinter dem Vollstreckungstitel steht, anfechtungsrechtlich unerheblich ist“ (vgl. oben Rz. N3).40

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Darüber hinaus sollte unstreitig sein, dass das Insolvenzanfechtungsrecht nicht zur Begründung eines Rechtsbehelfs oder Rechtmittels im titelschaffenden Verfahren taugt; die Anfechtungsgründe der §§ 130 ff. InsO sind (überspitzt formuliert) weder Berufungs- noch Revisionsgründe (§§ 513, 545 ff. ZPO) und liefern erst recht keinen Grund zur Wiederaufnahme rechtskräftig abgeschlossener Verfahren (§§ 578 ff. ZPO).41 Hiervon zu unterscheiden sind die Fortführung aufgenommener Verfahren oder die Wahrnehmung vollstreckungsrechtlicher Rechtsbehelfe durch den Insolvenzverwalter anstelle des Schuldners (§§ 80, 81 InsO), mit denen zwar die materielle oder formelle Berechtigung des Gläubigerbegehrens bestritten, nicht aber die insolvenzrechtliche Zuweisung des Ver-

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37 A.A. Leonhardt/Smid/Zeuner, § 141 InsO Rz. 4; Zeuner, Anfechtung, Rz. 26 a.E. Dagegen insoweit wie hier HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 2; Uhlenbruck/Hirte, § 141 InsO Rz. 3. 38 A.A. HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 2; MK-InsO/Kirchhof § 141 Rz. 5; Uhlenbruck/ Hirte, § 141 InsO Rz. 3, jew. m.w.N. 39 Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 2. 40 Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 4. Vgl. aber BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 313 f. 41 Vgl. ausführlich zur „Rechtsnatur“ des Anfechtungsrechts Jaeger/Henckel, § 143 InsO Rz. 3 ff.; MK-InsO/Kirchhof, Vor §§ 129–147 Rz. 11 ff., 37; HK-InsO/ Kreft, § 129 Rz. 67 ff., 72 ff.; m.w.N. Wagner

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mögensgegenstands an die Gläubigergesamtheit geltend gemacht wird.42 Die zur Beschreibung ihres Anwendungsbereichs verwendete Formulierung von Kreft, nach dem Wortlaut der Vorschrift seien „nicht die durch einen staatlichen Hoheitsakt erlangten Schuldtitel selbst, sondern nur die sie erwirkenden oder ausnutzenden Rechtshandlungen des Titelgläubigers und fördernde Rechtshandlungen des Schuldners“43 anfechtbar, trifft nur in ihrem ersten Teil zu. Darüber, ob die den Schuldtitel erwirkenden oder ausnutzenden Rechtshandlungen des Titelgläubigers und fördernde Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar sind, besagt § 141 InsO nichts. Daher ist hier nicht auf den Meinungsstreit einzugehen, ob der Erwerb eines vollstreckbaren Titels grundsätzlich nicht (so zutreffend Henckel, Hirte, Kreft), nur zusammen mit der anfechtbaren Vollstreckungsmaßnahme (dafür etwa Dauernheim, Nerlich) oder prinzipiell doch als Rechtshandlung, die eine Sicherung oder Befriedigung eines Insolvenzgläubigers ermöglichen kann, der Insolvenzanfechtung unterliegt (dafür Zeuner).44

N 17 Der Vollstreckungstitel muss „für die anzufechtende Rechtshandlung erlangt“ worden sein. Ist das Rechtgeschäft selbst, insbesondere die Eingehung eines Verpflichtungsgeschäfts als unmittelbar benachteiligende Rechtshandlung i.S.d. § 132 InsO anfechtbar, so schließt die Verurteilung dazu (scil. zur Abgabe der Verpflichtungserklärung) die Anfechtung nicht aus. Hiervon zu unterscheiden ist die Erwirkung des Vollstreckungstitels als solche, mithin dessen Erwerb, der für sich genommen das Vermögen des Schuldners nicht schmälert und daher mangels Gläubigerbenachteiligung der Anfechtung entzogen ist.45 Dagegen soll nach wohl hM das Erwirken des Titels selbst jedenfalls dann anfechtbar sein, wenn ihm nach materiellem Recht keine wirksame Forderung zugrunde liegt.46 Geradezu idealtypisch von § 141 Alt. 1 InsO erfasst wird ferner die Verurteilung zur

42 Vgl. zu diesem Konkurrenzverhältnis oben Rz. N12, N13. 43 HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 2. 44 Vgl. Leonhardt/Smid/Zeuner, § 141 InsO Rz. 5 mit Nachw. – Soweit die §§ 130, 131 InsO auch Rechtshandlungen erfassen, die eine Deckung „ermöglichen“, sind damit vor allem Prozesshandlungen gemeint, die wie etwa ein Anerkenntnis (§ 307 ZPO) zwar keine Deckung gewähren, aber zu einer solchen führen können, vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 157 zu RegE § 145 (§ 130 InsO). Weder daraus noch aus der Konvention weiter Auslegung des Handlungsbegriffs lässt sich m.E. eine Anfechtbarkeit von Schuldtiteln herleiten. 45 Vgl. BGH v. 11.7.1991 – IX ZR 230/90, MDR 1991, 962 = NJW 1992, 624, 626 zum Erwirken eines Arrestbefehls, der dem Gläubiger freilich, anders als Leistungsverfügungen i.S.d. § 935 ZPO, nur eine anfechtungsrelevante Sicherung verschaffen könnte; vgl. auch HambK-InsO/Rogge, § 141 Rz. 6; Uhlenbruck/ Hirte, § 141 InsO Rz. 3, der aber zwischen Erwirkung und Erwerb des Titels differenziert. 46 Vgl. Gehrlein, WM 2009, SBeil. Nr. 1 S. 61 f.; BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 10; Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 6; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 141 InsO Rz. 2; MK-InsO/Kirchhof § 141 Rz. 7; HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 2.

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Erfüllung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts.47 Andernfalls wäre die Deckungsanfechtung von Befriedigungen einzelner Gläubiger gegenstandslos. Anfechtungsgegenstand im Sinne der §§ 130 f., 133 ff. InsO ist insbesondere die Erfüllungshandlung des Schuldners. Der Leistungstitel (andere scheiden von vornherein aus) ist daher gegebenenfalls für die anzufechtende Rechtshandlung i.S.d. § 141 Alt. 1 InsO erlangt. Diese Tatbestandsvariante betrifft somit alle anfechtbaren Leistungen auf eine titulierte Forderung, mögen sie auch zur Abwendung der zwangsweisen Durchsetzung des Titels erfolgt sein (s. dazu unten Rz. N23, N24).48 b) Einzelne Vollstreckungstitel „Die Anfechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass die anzufechtende Rechtshandlung durch einen Vollstreckungstitel, der sogar in einem rechtskräftigen Urteil bestehen kann, gedeckt wird“; mit diesen Worten wird in der Begründung des Regierungsentwurfs der InsO die erste Tatbestandsalternative des § 141 InsO umschrieben.49 Die Vorschrift erfasst also zunächst alle formell rechtskräftigen oder vorläufig vollstreckbaren Endurteile (§ 704 Abs. 1 ZPO), mithin den Grundtypus der in der Zivilprozessordnung anerkannten Vollstreckungstitel.50 Darüber hinaus kommen alle übrigen bundes- oder landesrechtlichen Schuldtitel (§§ 794 bis 801 ZPO) in Betracht, soweit sie die anzufechtende Rechtshandlung zum Gegenstand haben. Vollstreckbare Schuldtitel i.S.d. § 141 Alt. 1 InsO sind also neben Endurteilen und diesen gleichstehenden Gerichtsentscheidungen und im Verwaltungsweg vollziehbaren Verwaltungsakte des Allgemeinen und Besonderen Verwaltungsrechts, insbesondere des Abgaben- und Sozialversicherungswesens (vgl. §§ 249 ff. AO, §§ 150 ff. FGO, § 199 SGG, §§ 1 ff., 5, 6 ff. VwVG),51 vor allem Prozessvergleiche, Kostenfestsetzungsbeschlüsse, beschwerdefähige Entscheidungen, Vollstreckungsbescheide, für vollstreckbar erklärte Schiedssprüche und Anwaltsvergleiche, gerichtliche oder notarielle vollstreckbare Urkunden sowie für vollstreckbar erklärte Europäische Zahlungsbefehle. Darüber hinaus sind die in Familiensachen ergangenen gerichtlichen Beschlüsse (§ 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG) und gerichtlich gebilligten Vergleiche (§§ 86 Abs. 1 Nr. 2, 156 Abs. 2 FamFG) zu nennen, soweit sie überhaupt eine anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners zum Gegenstand haben; ferner sind durch Urteil ergangene Arrestbefehle und einstweilige Verfügungen (§§ 928 ff., 936 ff. ZPO) zu erwähnen sowie vollstreckbar ausgefertigte Eintragungen in die Insolvenztabelle, der sog. Tabellenauszug 47 48 49 50 51

A.M. Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 5. Zutreffend Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 6. BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 160. Vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 704 Rz. 1 ff. Vgl. nur etwa die Fälle BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 24/94, BGHZ 128, 196 = MDR 1995, 811; 162, 143; 170, 276; 182, 317; s. auch BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = ZInsO 2011, 584 und dazu unten Rz. N23. Wagner

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über eine festgestellte Forderung (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO), Zuschlagsbeschlüsse in Verfahren der Zwangsversteigerung (§§ 93, 162, 171a ZVG) und nicht zuletzt mit Vollstreckungsklausel versehene Notarkostenrechnungen (§§ 155, 157 Abs. 2 KostO) und Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse für Rechtsanwälte (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 RVG, früher: § 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO).52

2. Zwangsvollstreckung – Erwirkte Rechtshandlungen (§ 141 Alt. 2 InsO) a) Überblick

N 19 Umstritten ist auch bei der zweiten Tatbestandsvariante, was Anfechtungsgegenstand im Sinne des § 141 InsO ist. Wurde die anfechtbare Rechtshandlung durch Vollziehung des Vollstreckungstitels erwirkt, so richtet sich die Anfechtung nach herrschender Meinung gegen die Vollstreckungshandlung selbst.53 Nach der Gegenansicht soll daneben auch der Vollstreckungstitel, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben wird, zusammen mit der Vollstreckungshandlung anfechtbar sein.54 Darauf kommt es jedoch bei § 141 Alt. 2 InsO nicht an. Dem Wortlaut des § 141 InsO mag entnommen werden, dass der Gesetzgeber von der grundsätzlichen Anfechtbarkeit der Vollstreckungsmaßnahme ausgegangen ist. Das entspricht der wohl herrschenden Auslegung der Vorschrift. Zutreffend ist hingegen auch in den von der zweiten Alternative erfassten Fällen davon auszugehen, dass die Anfechtung nicht gegen die Vollstreckungshandlung selbst, sondern gegen die durch sie erwirkte Vermögensverschiebung55 zu richten ist, mithin gegen die Wirkungen der Zwangsvollstreckung und nicht gegen diese selbst.56 Ebendies dürfte regelmäßig gemeint sein, wenn davon die Rede ist, dass die Pfändung, Überweisung etc. (vgl. §§ 803, 808, 829 ff., 835 ff., 846 ff., 857 ff., 883 ff. ZPO; §§ 864 ff., 866 ZPO i.V.m. §§ 20 Abs. 1, 93, 146, 151 ZVG), mithin die Vollstreckungsmaßnahme selbst (als inkongruente Deckung) anzufechten sei. 52 Vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 794 Rz. 3 ff., 136 sowie zu § 801 ZPO; Prütting/Gehrlein/Scheuch, ZPO, 3. Aufl., § 794 Rz. 2 ff. 53 Gehrlein, WM 2009, SBeil. Nr. 1 S. 62; Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 8; MK-InsO/Kirchhof, § 141 Rz. 5; Leonhardt/Smid/Zeuner, § 141 InsO Rz. 6; Zeuner, Anfechtung, Rz. 29. 54 RGZ 126, 307; Uhlenbruck/Hirte, § 141 InsO Rz. 3; Kilger/K. Schmidt, § 35 KO Anm. 2. Zutreffend dagegen Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 8. 55 Vgl. BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 Tz. 5, 6: Vermögensverlagerung; v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, WM 2011, 1080, 1081 = ZIP 2011, 1114 Tz. 7: Zurückzugewähren „ist dasjenige, was durch eine anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist“. 56 Hahn (Fn. 2), S. 122 (= Mot. KO, S. 111 unten), BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, NJW-RR 2011, 1272 Tz. 7; Henckel, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 855 Rz. 98; vgl. auch Uhlenbruck/Hirte, § 141 InsO Rz. 6; BK-InsO/Haas, § 141 Rz. 12; HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 4.

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Das ergibt sich jedoch nicht erst aus der Vorschrift des § 141 InsO, zumal sie nicht den Anfechtungsgegenstand regelt, sondern die Unschädlichkeit der Titulierung und Vollstreckung einer Rechtshandlung für ihre Anfechtung. Zumindest missverständlich ist daher die Beschreibung des Regelungsgehalts mit den Worten, eine im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebene Leistung des Schuldners, sei „genau so zu behandeln …, als hätte sie der Schuldner freiwillig gewährt.“57 Träfe diese Umschreibung zu, wäre der Vorsatzanfechtung Tür und Tor geöffnet (vgl. Rz. N9, N10, N22). Richtig ist vielmehr die Erkenntnis, dass § 141 Alt. 2 InsO nicht die Anfechtbarkeit auch auf Zwangsvollstreckungshandlungen (Vollstreckungsakte) ausdehnt.58 Anders formuliert: die Anfechtung greift selbstverständlich nicht die behördliche Vollstreckungsmaßnahme selbst an. Ein Rechtsbehelf z.B. nach den §§ 732, 766 ff. ZPO lässt sich grundsätzlich nicht aus dem Anfechtungsrecht begründen, wie sich ohne weiteres aus § 143 InsO ergibt. Die Wirksamkeit der Vollstreckungsmaßnahme bleibt insoweit unberührt (vgl. oben Rz. N16). Der Insolvenzverwalter hat vielmehr nach § 143 InsO den Anfechtungsgegner, mithin den Titelbzw. Vollstreckungsgläubiger auf Rückgewähr in Anspruch nehmen und so die Vollstreckungsfolgen zu beseitigen.59

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b) Erwirkte Rechtshandlungen Durch Vollstreckungsmaßnahmen erwirkte Sicherungen oder Befriedigungen sind als kongruente Deckung nach § 130 InsO und vor allem als inkongruente Deckung nach § 131 Abs. 1 InsO anzufechten. Anfechtungsgegenstand sind insoweit Rechtshandlungen des Gläubigers, weil die Zwangsvollstreckung durch oder aufgrund einseitiger Rechtshandlungen des Gläubigers erfolgt. Für die Einzelheiten anfechtbarer Maßnahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Schuldners (§§ 803 ff., 829 ff., 864 ff. ZPO), zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen oder anderer Handlungen (§§ 883 ff. ZPO), auf die § 141 Alt. 2 InsO nach seinem Wortlaut zugeschnitten zu sein scheint, sowie der Vollziehungsmaßnahmen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (§§ 916 ff., 935 ff. ZPO) ist auf die Kommentierung der einzelnen Anfechtungsgründe zu verweisen (vgl. oben Rz. B23, B32, D59 ff.).

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Darüber hinaus kommt auch eine Anfechtung nach den Vorschriften der §§ 133, 134 InsO, die jedoch ausschließlich auf Rechtshandlungen des Schuldners abstellen, in Betracht. Da Vollstreckungsmaßnahmen als ein-

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57 So aber MK-InsO/Kirchhof § 141 Rz. 1; Andres/Leithaus, § 141 InsO Rz. 4; Braun/Riggert, § 141 InsO Rz. 4. 58 Henckel, Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl., S. 849 Rz. 81; Jaeger/Henckel, § 141 InsO Rz. 7; HK-InsO/Kreft, § 141 Rz. 4; Andres/Leithaus, § 141 InsO Rz. 4; Braun/Riggert, § 141 InsO Rz. 4. 59 Vgl. HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 72, 74. Wagner

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seitige Rechtshandlungen des Gläubigers meist gegen, zumindest aber ohne den Willen des Schuldners erfolgen, scheidet die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO als reine Gläubigerhandlung in der Regel aus.60 Anders verhält es sich aber, wenn die Vollstreckungsmaßnahme zugleich als Rechtshandlung des Schuldners gewertet werden kann. Das ist möglich, wenn der Schuldner mit dem Gläubiger kollusiv zusammengewirkt oder auf andere Weise dessen Vollstreckungsmaßnahme aktiv gefördert hat, insbesondere indem er die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vollstreckungshandlung geschaffen hat.61 So etwa, wenn er vor Erscheinen des Gerichtsvollziehers oder Vollziehungsbeamten gezielt die Kasse aufgefüllt hat,62 ferner wenn er den Gläubiger von dem bevorstehenden Zugriff anderer Gläubiger mit der Aufforderung, diesen zuvorzukommen, benachrichtigt, wenn er Pfändungsgegenstände verheimlicht, um sie gerade für den Zugriff des zu begünstigenden Gläubigers bereitzuhalten, oder wenn er Schuldner dem Gläubiger vorzeitig oder beschleunigt einen Vollstreckungstitel gewährt.63 Noch weiter gehend wird eine willensgetragene Förderungshandlung auch durch Unterlassen für möglich gehalten (vgl. § 129 Abs. 2 InsO), so z.B. wenn der Schuldner erfolgversprechende Rechtsbehelfe nicht ergreift, um so die Vollstreckung zu ermöglichen. Ferner ist eine Anfechtung der zwangsweisen Durchsetzung von Leistungen des Schuldners aufgrund von Schenkungsverträgen oder anderen unentgeltlichen Rechtsverhältnissen nach § 134 InsO möglich,64 jedenfalls wenn der Schuldner daran mitgewirkt hat.65 – Freilich stößt hier wie dort die Insolvenzanfechtung an ihre praktischen Grenzen, weil der vom darlegungsund beweisbelasteten Insolvenzverwalter zu führende Nachweis der subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen nicht ohne weiteres gelingt. c) Abwendungsleistungen des Schuldners

N 23 Abwendungsleistungen des Schuldners fallen genau genommen nicht unter § 141 Alt. 2 InsO, sondern unter die erste Alternative der Vorschrift (s. oben Rz. N17). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine inkongruente Deckung i.S.d. § 131 Abs. 1 InsO auch dann vor, wenn der Schuldner in der Krise zur Vermeidung einer unmittelbar bevor-

60 Grundlegend BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147, 152 f. = MDR 2005, 832. 61 BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 Tz. 12 m.z.N., zustimmend Huber, EWiR 2011, 289; Kummer, jurisPRBGHZivilR 9/2011 Anm. 3. 62 So im Fall BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 (Tz. 13). 63 Aufzählung bei BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 Tz. 12 mit Nachw. 64 HK-InsO/Kreft, § 134 Rz. 6 m.w.N. A.A. Zeuner, Anfechtung, Rz. 26; Leonhardt/Smid/Zeuner, § 141 InsO Rz. 5, jew. ohne Begründung. 65 Kübler/Prütting/Bork, § 134 InsO Rz. 34.

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stehenden Zwangsvollstreckung geleistet hat.66 Der Schuldner leistet danach regelmäßig unter dem Druck einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung, wenn der Gläubiger – sei es eine Privatperson oder die öffentliche Hand, vor allem der Fiskus und Träger der Sozialversicherung – zum Ausdruck gebracht hat, dass er alsbald vollstrecken werde, falls der Schuldner die Forderung nicht erfülle; dabei kommt es maßgeblich auf die objektivierte Sicht des Schuldners an.67 Daher bedarf es nicht notwendig einer letzten konkreten Frist, wenn der Gläubiger unter Ankündigung der Zwangsvollstreckung den Schuldner zur umgehenden Leistung aufgefordert hat und dieser daraufhin zahlt.68 Ein die Inkongruenz begründender Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung besteht aber z.B. noch nicht, wenn der Schuldner nach Zustellung eines Vollstreckungsbescheides die titulierte Forderung erfüllt, ohne dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zuvor eingeleitet oder angedroht hat.69 Demgegenüber ist die Zustellung einer über ein erstes Mahnschreiben hinausgehenden formularmäßigen „Mahnung mit Ankündigung der Zwangsvollstreckung“ grundsätzlich geeignet, einen Inkongruenz begründenden Vollstreckungsdruck zu entfalten.70 Ist eine entsprechende Ankündigung außerhalb des Drei-Monats-Zeitraums ergangen, so führt eine daraufhin erfolgte Zahlung nicht (mehr) zur Inkongruenz.71 In Betracht kommt dann nur eine Anfechtung wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung nach § 133 InsO. Hier kann aber der Vollstreckungsdruck einer Abwendungsleistung des Schuldners die Qualität einer Rechtshandlung nehmen, wenn er keine andere Wahl hatte. Denn nur wer darüber entscheiden kann, ob er die angeforderte Leistung erbringt oder verweigert, nimmt eine Rechtshandlung i.S.d. § 129 InsO vor.72 Diese Voraussetzung ist zu bejahen, wenn der Schuldner zur Abwendung einer ihm angedrohten, demnächst zu erwartenden Vollstreckung leistet.73 In diesem Fall ist er noch in der Lage, über den angeforderten Betrag nach eigenem Belieben zu verfügen. Er könnte diesen auch selbst verbrauchen 66 BGH v. 9.9.1997 – IX ZR 14/97, BGHZ 136, 309, 311 ff.; v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Tz. 6 m. zust. Anm. Schoppmeyer, WuB VI A. § 131 InsO 1.11. 67 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Tz. 7 m.w.N. 68 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Leits. und Tz. 10 m. zust. Anm. Schoppmeyer, WuB VI A. § 131 InsO 1.11.; in Ergänzung zu BGH v. 15.5.2003 – IX ZR 194/02, MDR 2003, 1199 = ZInsO 2003, 611 m. Anm. Paulus, WuB VI C. § 131 InsO 3.03, wo es auf den kurz bevorstehenden Ablauf einer letzten Zahlungsfrist ankam; vgl. ausf. Huber, JuS 2006, 1078 ff. 69 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Tz. 8 m.w.N. 70 BGH v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Tz. 9 ff. m.w.N. 71 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 = MDR 2003, 1256; v. 20.1.2011 – IX ZR 8/10, MDR 2011, 512 = ZIP 2011, 385 Tz. 13 m.w.N. 72 BGH v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 152. = MDR 2005, 832. 73 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f. = MDR 2003, 1256; v. 10.2.2005 – IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 152. = MDR 2005, 832. Wagner

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oder Dritten zuwenden und Insolvenzantrag stellen und den Gläubiger davon in Kenntnis setzen (BGH a.a.O.). Hat der Schuldner dagegen nur noch die Wahl, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder die Vollstreckung durch die bereits anwesende Vollziehungsperson zu dulden, ist jede Möglichkeit zu einem selbstbestimmten Handeln ausgeschlossen. Dann fehlt es an einer willensgeleiteten Rechtshandlung des Schuldners, wie sie § 133 Abs. 1 InsO voraussetzt. Es fehlt dann an einer für die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO erforderlichen willensgeleiteten Handlung des Schuldners.74 Zahlungen des Schuldners an den anwesenden, vollstreckungsbereiten Vollziehungsbeamten erfüllen also im Regelfall nicht die Voraussetzungen einer eigenen Rechtshandlung des Schuldners i.S.d. § 133 Abs. 1 InsO. Eine gegenteilige Beurteilung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur möglich, wenn der Schuldner wegen der Besonderheiten des Falles erwarten konnte, ein zwangsweiser Zugriff des Vollziehungsbeamten werde nicht sogleich möglich sein. Solche Besonderheiten hat der Insolvenzverwalter als Kläger im Rahmen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen, zu denen auch die Rechtshandlung des Schuldners gehört, darzulegen und falls erforderlich zu beweisen.75

III. Internationales Recht – EuGVVO und EuInsVO 1. Freizügigkeit und Universalität der Zwangsvollstreckung

N 25 Ein einheitliches internationales oder auch „nur“ europäisches Gesamtvollstreckungs- und Insolvenzanfechtungsrecht gibt es ebenso wenig wie eine „Europäische Zwangsvollstreckung“. Die Durchführung der Zwangsvollstreckung erfolgt vielmehr – wie die des titelschaffenden Erkenntnisverfahrens – nach dem autonomen Recht des Mitgliedstaates, in dem die Vollstreckung stattfinden soll (Vollstreckungsstaates) respektive das zum Titel führende Verfahren stattgefunden hat (Erkenntnisstaates).76 Allerdings werden Vollstreckungstitel, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, innerhalb Europas nach den Vorschriften der EuGVVO prinzipiell anerkannt. Insolvenzverfahren erfassen nach dem inzwischen auch hierzulande maßgeblichen Universalitätsprinzip das gesamte Vermögen des Schuldners, wo immer es auch belegen sein mag.77 Daher wird die wirk74 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 79 = MDR 2003, 1256; v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 Tz. 5 m.w.N. 75 BGH v. 3.2.2011 – IX ZR 213/09, MDR 2011, 511 = WM 2011, 501 = ZIP 2011, 531 Tz. 5 m.w.N. 76 Kropholler, Europäisches ZivilprozessR, 8. Aufl., Art. 38 Rz. 3; Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407, 424. 77 Grundlegend BGH v. 11.7.1985 – IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 263 ff. = MDR 1985, 1021; v. 14.11.1996 – IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 86, 90 = MDR 1997, 251; vgl. ausf. dazu und zum Folgenden MK-InsO/Reinhart, Vor §§ 335 ff.

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III. Internationales Recht – EuGVVO und EuInsVO

Rz. 27 N

same Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens auch im Inland grundsätzlich anerkannt (§ 343 InsO). Nicht anders verhält es sich für in Deutschland eröffnete Insolvenzverfahren mit grenzüberschreitenden Sachverhalten. Die in einem Mitgliedstaat wirksame Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird von allen anderen Mitgliedstaaten anerkannt (Art. 16 EuInsVO). Der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung (par conditio creditorum) entspricht einem international anerkannten Grundgedanken des Insolvenzrechts.78 Angesichts übergreifender Geschäftsbeziehungen zeige sich immer mehr, wie der Bundesgerichtshof bereits in seinem Grundsatzurteil vom 11. Juli 1985 für den Bereich der Europäischen Gemeinschaft ausgeführt hat und was im Zeichen der Globalisierung der Märkte verstärkt Geltung beansprucht, „die dringende Notwendigkeit, aus Gründen der Gerechtigkeit, Gleichheit und Rechtssicherheit hinsichtlich der Durchsetzung von Ansprüchen und bei der Haftung für Schulden in- und ausländische Gläubiger gleichzusetzen.“ Deshalb müsse es einem Gemeinschuldner verwehrt sein, durch Verschiebung seines Vermögens oder durch Verlagerung seiner Geschäftstätigkeit in ein anderes Land sich seinen inländischen Verpflichtungen zu entziehen. Bei zunehmender internationaler wirtschaftlicher Verflechtung werde auch die Kreditwürdigkeit eines Schuldners nicht mehr (allein) an seinem Inlandsvermögen gemessen.79

N 26

2. Einzelzwangsvollstreckung vor und nach Insolvenzeröffnung Diese Erkenntnis hat sich z.B. auch in Art. 20 Abs. 1 EuInsVO niedergeschlagen, wonach ein Gläubiger das, was er nach Verfahrenseröffnung in einem anderen Mitgliedsstaat im Wege der Einzelzwangsvollstreckung erlangt, an den Insolvenzverwalter herausgeben muss. Anders ist die Rechtslage dagegen bei Vollstreckungsmaßnahmen vor Verfahrenseröffnung. Haben diese ein dingliches Recht im Sinne von Art. 5 EuInsVO an einem Gegenstand des Schuldners begründet, so bleibt dieses unberüht. Ein Pfändungspfandrecht nach deutschem Recht verleiht daher dem Gläubiger ein Vorzugsrecht, das aber grundsätzlich ebenfalls unter dem Vorbehalt der Anfechtung steht.80

Rz. 1 ff. und im Überblick etwa HK-InsO/Stephan, Vor §§ 335 ff. Rz. 6 ff., Art. 4 EuInsVO. 78 BGH v. 11.7.1985 – IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 264 = MDR 1985, 1021 (Auslandskonkurs); v. 14.11.1996 – IX ZR 339/95, BGHZ 134, 79, 82 (ausländischer Zwangsvergleich) = MDR 1997, 251, jeweils zu § 237 Abs. 1 KO. 79 Grundlegend BGH v. 11.7.1985 – IX ZR 178/84, BGHZ 95, 256, 266 = MDR 1985, 1021; s. dazu Häsemeyer, ZZP 107 (1994), 111, 116 f. 80 Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407, 425. Vgl. dazu HK-InsO/Kreft, Art. 5 EuInsVO Rz. 1 mit dem zutreffenden Hinweis, dass die Kreditsicherungsrechte in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ausgestaltet sind. Wagner

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N 27

N Rz. 28

§ 141 InsO – Vollstreckbarer Titel

N 28 Nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 lit. m EuInsVO, die unmittelbar geltendes Recht ist, bestimmt das Recht des Staates der Verfahrenseröffnung (lex fori concursus), „welche Rechtshandlungen nichtig, anfechtbar oder relativ unwirksam sind, weil sie die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligen.“ Entsprechendes gilt nach § 339 Halbs. 1 InsO sowie nach der Grundregel des § 335 InsO generell für das (deutsche) internationale Insolvenzrecht.81 Eine Ausnahme von dieser lex rei concursus gilt nach Art. 13 EuInsVO und inhaltlich übereinstimmend § 339 Halbs. 2 InsO, die eine Sonderanknüpfung nach der lex causae ermöglichen, wenn der Anfechtungsgegner die Unangreifbarkeit der Rechtshandlung nach einem für sie maßgebenden anderen Recht nachweist. Diese „Einrede des Wirkungsstatuts“, die – ein Gelingen des geforderten Nachweises vorausgesetzt – das prioritätsfreundlichere und deshalb anfechtungsfeindlichere Recht zum Nachteil der Gläubigergesamtheit bevorzugt,82 stellt jedoch das Prinzip der par conditio creditorum nicht in Frage, wie schon das übereinstimmende Bekenntnis zu ihm zeigt.83

81 Zur Zuständigkeit der Gerichte des Eröffnungsstaates für Anfechtungsklagen s. EuGH v. 12.2.2009 – Rs. C-339/07, EuZW 2009, 179 = NJW 2009, 2189 m. Anm. Thole, ZEuP 2010, 907 ff.; BGH v. 19.5.2009 – IX ZR 39/06, MDR 2009, 1250 = NJW 2009, 2215. 82 Daher mit Recht kritisch G. Wagner, ZEuP 2008, 6, 27 f. 83 Chr. Berger, ZZP 121 (2008), 407, 425 weist allerdings zu Recht auf die insoweit feststellbare Ambivalenz der EuInsVO hin.

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O. § 142 InsO – Bargeschäft § 142 Bargeschäft Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 gegeben sind. Inhaltsübersicht Rz.

I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift . . . . . . 1. Entstehungsgeschichte . . . . . 2. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 3. Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verhältnis des § 142 InsO zu § 129 InsO . . . . . . . . . . . . b) Verhältnis des § 142 InsO zu § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO c) Verhältnis des § 142 InsO zu § 131 InsO . . . . . . . . . . . . d) Verhältnis des § 142 InsO zu § 132 InsO . . . . . . . . . . . . e) Verhältnis des § 142 InsO zu § 135 InsO und anderen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . II. Leistung und Gegenleistung . 1. Leistung des Schuldners . . . . a) Geldleistungen (Bargeld und bargeldlose Zahlungen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wechsel- und Scheckzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . c) Sachleistungen . . . . . . . . . . d) Bestellung einer Sicherheit . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . b) Zuführung in das Aktivvermögen des Schuldners . c) Grenzfälle . . . . . . . . . . . . . . . aa) Leistung an den Schuldner . . . . . . . . . . . . bb) Leistung an Dritte . . . . cc) Aufrechnung . . . . . . . . . d) Keine erweiternde Auslegung des § 142 InsO . . . . 3. Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . .

1 1 4 7 7 9 10 12 14 16 17 18 20 21 23 24 24 26 29 31 34 36 39 43

Rz.

a) Tatbestandsmerkmal „für die“ Leistung des Schuldners . aa) Rechtsgeschäftlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . bb) Wirtschaftlicher Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unentgeltliche Leistungen . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendbarkeit bei inkongruenter Deckung? . . . . . . . . . . aa) § 142 InsO erfasst nur kongruente Deckungen (heute h.M.). . . . . . . . . . . . . . bb) § 142 InsO erfasst auch inkongruente Deckungen (früher h.M.) . . . . . . . . . . . . . c) Keine erweiternde Auslegung . III. Unmittelbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . 1. Enger zeitlicher Zusammenhang a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weiterungen und Grenzen . . . . . . a) Fallbeispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorleistungen bei Dauerschuldverhältnissen . . . . . . . . . aa) Maßgeblicher Bezugspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zeitliche oder gegenständliche Teilbarkeit . . . . . . . . . cc) Zeitnahe Teilleistungen. . . c) Verzögerungen . . . . . . . . . . . . . .

43 44 47 50 51 52 60 63 66 66 66 74 77 78 91 92 94 95 99

IV. Gleichwertigkeit. . . . . . . . . . . . . . . 101 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 a) Objektiver Maßstab . . . . . . . . . . 101 b) Einzelfragen. . . . . . . . . . . . . . . . . 103 2. Bewertungszeitpunkt. . . . . . . . . . . 107 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 b) Nachträgliche Änderungen . . . 108

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§ 142 InsO – Bargeschäft Rz.

V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anfechtungsausschluss . . . . . 2. Grenze: Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. . . . . . . . . . . b) Kenntnis des Anfechtungsgegners . . . . . . . . . . . . 3. Schicksal der Gegenleistung.

110 110 111 113 116 118

VI. Darlegungs- und Beweislast . 119 VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bankgeschäfte I – Zahlungsverkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verrechnungen im Kontokorrent . . . . . . . . . . . . b) Lastschriften . . . . . . . . . . . . 2. Bankgeschäfte II – Kreditsicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Mobiliarsicherheiten – Sicherungszession, insbesondere Globalzession . . . . b) Immobiliarsicherheiten – Grundpfandrechte . . . . . . . c) Personalsicherheiten – Bürgschaft, Garantie, persönliche Haftungsübernahme . . . . . . . . . . . . . . 3. Bankgeschäfte III – Diskontgeschäft, Finanzkommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . a) Diskontgeschäft . . . . . . . . . b) Finanzkommissionsgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Finanzdienstleistungen – Factoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Echtes Factoring . . . . . . . . . b) Unechtes Factoring . . . . . . 5. Dauerschuldverhältnisse. . . . a) Grundsätzliches . . . . . . . . . b) Gebrauchsüberlassung (Miete, Pacht, Leasing) . . . c) Energielieferung . . . . . . . . . 6. Arbeits-, Dienst- und Werkleistungen, Geschäftsbesorgungen . . . . . . . . . . . . . . . a) Sachleistung . . . . . . . . . . . . b) Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsatz . . . . . . . . . . . bb) Lohnzahlungen an Arbeitnehmer . . . . . . . .

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122 122 122 129 138 138 141

142 144 144 145 146 146 149 150 150 152 155 156 156 157 157 158

Rz.

cc) Rechtsanwalts- und Steuerberatervergütung . . . . . . . 159 c) Vorschusszahlungen . . . . . . . . . 160 7. Sanierungsleistungen. . . . . . . . . . . 162 a) Beraterhonorar . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Wertungsfragen und Wertungswidersprüche . . . . . . . . . . 170 8. Öffentliche Abgaben I – Sozialversicherungsbeiträge . . . . . . . . . . 172 a) Krankenkassenbeiträge – BGHZ 149, 100 . . . . . . . . . . . . . . 172 b) Arbeitnehmeranteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag – BGHZ 183, 86 . . . . . . . . . 174 9. Öffentliche Abgaben II – Lohnsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 a) Gesetzliche Grundlagen der Abführung von Lohnsteuer . . . 178 b) Bundesfinanzhof: Bargeschäft . 179 c) Bundesgerichtshof: Kein Bargeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 d) Kritische Stellungnahme . . . . . 185 VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick . . . . . . . . . . . 187 1. BGH-Urteil vom 30.9.1993 – BGHZ 123, 320 – Kundenschecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 2. BGH-Urteil vom 7.3.2002 – BGHZ 150, 122 – Verrechnungen im Kontokorrent . . . . . . . . . . . 190 3. BGH-Urteil vom 10.6.2008 – BGHZ 177, 69 – Widerspruch des Verwalters im Lastschriftverfahren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 4. BGH-Urteil vom 20.7.2010 – BGHZ 186, 269 – Lastschrift in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5. BGH-Urteil vom 29.11.2007 – BGHZ 174, 297 – Globalzessionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 6. BGH-Urteil vom 21.1.2010 – BGHZ 184, 101 – Sicherungszession im Eröffnungsverfahren . . . . 196 7. BGH-Urteil vom 19.3.1998 – BGHZ 138, 291 – Kreditbesicherung im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . 200 8. BGH-Urteil vom 13.4.2006 – BGHZ 167, 190 – Anwaltshonorar (Vorschusszahlungen) . . . . . . . 201 9. BGH-Urteil vom 5.11.2009 – BGHZ 183, 86 – Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. . . 204

I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift

Rz. 2 O

Rz.

Rz.

10. BGH-Urteil vom 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 – Tankstelleneinnahmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

11. BGH-Urteil vom 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 – Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift 1. Entstehungsgeschichte Die Konkursordnung enthielt keine dem § 142 InsO vergleichbare Bestimmung. Die Vorschrift entspricht aber, so die wörtliche Begründung des Regierungsentwurfs, dem Grundsatz des Konkursrechts, dass Bargeschäfte nicht der Anfechtung wegen kongruenter oder inkongruenter Deckung unterliegen und dass auch eine unmittelbar nachteilige Rechtshandlung im Sinne des § 132 InsO nicht gegeben ist, wenn der Schuldner für seine Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhält.1 Nach den zur sog. Bardeckung entwickelten Grundsätzen schied eine Konkursanfechtung mangels Benachteiligung der Konkursgläubiger aus, wenn – wie dies für Bargeschäfte typisch ist – dem Vermögen des Gemeinschuldners ein entsprechender Gegenwert zufließt. Auf eine vor oder bei der Begründung der Konkursforderung gewährte Sicherung oder Befriedigung war daher nach allgemeiner Meinung weder § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 InsO) noch § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) anwendbar.2

O1

In den Motiven zur Konkursordnung wird die zugrunde liegende Wertung wie folgt beschrieben: „Hinzuzufügen ist nur eine Beschränkung (scil. des zuvor begründeten „allgemeinsten Anfechtungsgrundes“, des § 23 Nr. 1 KO-E, § 30 Nr. 1 KO, §§ 130 Abs. 1 Nr. 1, 132 Abs. 1 InsO). Ein Rechtsgeschäft, welches keinerlei Betrug und keinerlei Freigebigkeit enthält, verletzt den zu Tage getretenen Konkursanspruch der Gläubiger nicht schon dadurch, daß es nach Eintritt des letzteren vorgenommen ist, vielmehr nur dann, wenn es zugleich an sich den Stand der Masse beeinträchtigt. Der Kontrahent des Gemeinschuldners, welcher dessen Lage für sich ausbeutet, begeht eine Unredlichkeit gegen die Gläubiger; wer aber ein völlig angemessenes Entgelt giebt, wer mit dem an sich noch verfügungsfähigen Gemeinschuldner kontrahirt, ohne dessen Vermögen zu verringern, kann nicht verantwortlich dafür gemacht werden, daß der Erfolg vielleicht das Geschäft zu einem nachtheiligen stempelt. Hier können zufällige Verschlechterungen, Sinken der Preise, Fahrlässigkeiten, Böswilligkeiten des Gemeinschuldners u.s.w. nicht dem Kontrahenten

O2

1 BT-Drucks. 12/2443 S. 167 zu § 161, wo ausdrücklich auf § 147 RegE (§ 132 InsO) betreffend unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen Bezug genommen wird. 2 Vgl. BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 184 f.; v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 1, jew. m.w.N. Wagner

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O Rz. 2

§ 142 InsO – Bargeschäft

zur Last fallen. Er würde sonst der Ausbeutung durch den Konkursverwalter ausgesetzt sein, und Niemand könnte bei vollster Uneigennützigkeit einem wankenden Geschäftsfreunde oder Verwandten helfen.“3

O 3 Solche praktischen Konsequenzen einer Anfechtbarkeit sogenannter Bar-

geschäfte4 des späteren Schuldners vor Augen haben die Väter der Konkursordnung den Gesichtspunkt eines notwendigen Schutzes redlicher Verkehrsteilnehmer mit ihrer Überzeugung verknüpft, dass es dem Gemeinschuldner möglich sein muss, aus einer (nur vorübergehenden) Krise auch wieder herauszukommen, so dass sich eine Gesamtvollstreckung und damit eine in der Regel existenz-, zumindest aber wertvernichtende Zerschlagung des schuldnerischen Vermögens erübrigt, und dies mit folgenden Worten zusammengefasst: „Würde jedes, selbst für die Gläubiger vortheilhafte Geschäft die Gefahr der Anfechtung laufen, so würde es dem redlichsten und gewandtesten Schuldner unmöglich gemacht werden, eine Zahlungseinstellung wieder zu beseitigen. Jede Zahlungseinstellung, jeder Konkursantrag führte zur Konkurseröffnung. Der Entwurf verlangt deshalb hier den Nachweis, daß das Rechtsgeschäft zur Zeit der Vornahme für die Gläubiger nachtheilig war, den Werth des Vermögens verringert hat, – gleichviel in welcher Weise, ob durch die Höhe oder durch die Art des Entgelts.“5

2. Normzweck

O 4 Die Vorschrift privilegiert den Austausch wirtschaftlich gleichwertiger Leistungen bis zur Grenze vorsätzlicher Benachteiligung i.S.d. § 133 InsO.6 Ihr liegt die wirtschaftliche Überlegung zugrunde, dass ein Schuldner in der Krise „praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen.“7 Findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zulasten des Schuldners statt, sondern eine bloße Vermögensumschichtung (BGHZ 123, 320, 323; Karsten Schmidt),8 so fehlt es an einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger und damit an der notwendigen, ungeschriebenen Voraussetzung einer je3 Hahn, Die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. IV, 1881, S. 127 zu § 23 (Mot. KO, S. 117). 4 Beiläufig, aber völlig zu Recht kritisiert Karsten Schmidt, JuS 1977, 475 zu BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 diesen Begriff als „wohl eher irreführend als klärend“, zumal mit ihm z.B. auch die Kreditgewährung gegen Sicherheit erfasst werde. 5 Hahn, Bd. IV, S. 127 unten (Mot. KO, S. 117 f.). 6 BT-Drucks. 12/2443 S. 167 zu § 161 RegE. 7 BT-Drucks. 12/2443 S. 167 zu § 161 RegE; vgl. BGHZ 167, 190, 199 Rz. 30 = NJW 2006, 2701; BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 Tz. 24; HK-InsO/Kreft Rz. 2 m.w.N. 8 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 323; Karsten Schmidt, JuS 1977, 475 zu BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718; Karsten

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I. Entstehung, Zweck und Systematik der Vorschrift

Rz. 5 O

den Insolvenzanfechtung.9 So gesehen, enthielte § 142 InsO nur eine Klarstellung jener allgemeinen Anfechtungsvoraussetzung, hätte also nur deklaratorische Funktion. Tatsächlich ist die Bestimmung jedoch als Ausnahmetatbestand konzipiert; sie gibt dem Anfechtungsgegner im Prozess eine rechtshindernde Einwendung10 mit der Folge einer abweichenden Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für deren Voraussetzungen. Nach Kirchhof stellt die Bargeschäftsausnahme einen Ausgleich dafür dar, dass die Deckungsanfechtung kongruenter Leistungen keine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraussetzt, dass vielmehr auch eine mittelbare Benachteiligung ausreicht.11 Nichts anderes meint Henckel, wenn er die Funktion des § 142 InsO in einer Ergänzung des § 132 InsO sieht (s. unten Rz. O12).12 Dahinter steht die an sich zutreffende Erwägung, dass es dem Schuldner, der vor Beginn der Krise eine Leistung sich hat versprechen lassen, möglich sein muss, die Rückforderung des ihm geleisteten Gegenstandes abzuwehren, indem er die ihm obliegende Gegenleistung anfechtungsfrei erbringt, weshalb es auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht ankommen könne.13 Dennoch trifft diese Erklärung nicht die ratio legis. Zum einen übersieht sie, dass es entscheidend auf die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen und nicht auf den Zeitpunkt ihrer Vereinbarung ankommt; träfe sie zu, müssten auch nicht wertäquivalente Leistungen anfechtungsfrei sein, wenn sie zwar im kritischen Zeitraum erbracht, aber in „vorkritischer“ Zeit versprochen worden sind. Zum anderen greift sie zu kurz, weil sie lediglich gegenseitige Verträge als Grundlage des Leistungsaustauschs in den Blick nimmt. Der den Motiven ohne weiteres zu entnehmende Zweck der Vorschrift14 würde aber verfehlt, wenn die Leistung des anderen Teils eine andere Rechtsgrundlage hat als die des Schuldners, aber gleichwohl beide darüber einig sind, dass die eine durch die andere ausgeglichen werden soll. Hierauf ist bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „für die“ im Sinne einer notwendigen rechtsgeschäftlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung zurückzukommen.

9 10 11 12 13 14

Schmidt, WM 1983, 490, 493. Kritisch dazu Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 27 ff., der diesem „Argument“ oder „Lösungsansatz“ zu Unrecht eine alles erklärende Funktion abverlangt. BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, WM 2005, 1474, 1476; v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 Tz. 24. H.M., vgl. Raschke, Diss. Hamburg 1999, S. 127 f.; Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 103 f. Kirchhof, WM 1996, SBeil. Nr. 2, S. 24 zu § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 InsO) mit Nachw. zur älteren Rechtsprechung des BGH in Fn. 346. Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 2. Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 3. Vgl. BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 = ZIP 2010, 2009, 2012 Tz. 24 m.w.N. Wagner

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O Rz. 6

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 6 Thole führt in seiner 2010 erschienenen Habilitationsschrift zum Thema „Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht“ bestehende Unklarheiten über die normativen Grundlagen des § 142 InsO und die Reichweite der Bargeschäftsausnahme „zu einem Gutteil auf fehlende systematische Distinktion“ zurück.15 Diesem Befund ist mit der Einschränkung zuzustimmen, dass die teleologische Interpretation einer Norm sich stets der Gefahr bloßer Scheinbegründung (petitio principii) bewusst sein muss. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass vorhandene Deutungsspielräume, insbesondere bei den Tatbestandsmerkmalen der Unmittelbarkeit und der Gleichwertigkeit der Gegenleistung, zu unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Auslegungsergebnissen führen, je nachdem, welcher Sinn der Vorschrift zugeschrieben wird. Daher ist es im Interesse der Rechtsklarheit und Voraussehbarkeit der Rechtsanwendung unerlässlich, die dogmatischen Grundlagen der Vorschrift herauszuarbeiten und deren Zielrichtung und Reichweite offen zu legen. Die systematische Einordnung des § 142 InsO ist indes strittig.

3. Systematik a) Verhältnis des § 142 InsO zu § 129 InsO

O 7 Die dogmatische Abgrenzung zwischen dem Erfordernis einer objektiven Gläubigerbenachteiligung als dem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal aller Anfechtungstatbestände und den Voraussetzungen eines Bargeschäfts als Einwendungstatbestand im Anfechtungsprozess ist schon deshalb wesentlich, weil damit gegensätzliche Beweislastregeln zur Anwendung kommen. Während der Insolvenzverwalter die Beweislast für die Gläubigerbenachteiligung als Voraussetzung des Anfechtungstatbestandes, insbesondere im Rahmen der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO trägt, hat der Anfechtungsgegner die Einwendungsvoraussetzungen darzulegen und zu beweisen (s. Rz. O121).

O 8 Daher ist die notwendige Bestimmung des Verhältnisses der Bargeschäftsausnahme zu § 129 InsO gleichsam der Dollpunkt für das systematische Verständnis der Insolvenzanfechtung, insbesondere der Deckungsanfechtung. Die gesetzlich bestimmte Aufspaltung in Anfechtungsgrund und Anfechtungsausschluss ermöglicht eine differenzierende Betrachtung der Leistung des Schuldners als Anfechtungsgegenstand i.S.d. §§ 130 ff. InsO einerseits und der kompensierenden Gegenleistung als Einwendungstatbestand andererseits. Sie erzwingt im Rahmen der Anspruchsprüfung zugleich eine bestimmte Reihenfolge der Prüfungsschritte, die den durch § 142 InsO vorgeschriebenen Wertvergleich von Leistung und Gegenleistung erst im zweiten Schritt, nämlich bei den Ausschlussvoraussetzungen erlaubt (s. Rz. O9, O50, O120). Zutreffend ist deshalb die Formulie-

15 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 372.

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Rz. 10 O

rung von Kreft, es gehe nicht an, das Bargeschäft allgemein durch das Fehlen einer Gläubigerbenachteiligung zu charakterisieren.16 Aus den (oben Rz. O5) bereits genannten Gründen nicht hinreichend ist dagegen seine weitere Beschreibung, die Besonderheit des Bargeschäfts liege allein in der zeitnahen kongruenten Erfüllung eines nach § 132 Abs. 1 InsO unanfechtbaren Rechtsgeschäfts, sofern es an den Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO fehlt. b) Verhältnis des § 142 InsO zu § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO Nach herrschender Meinung stellt das sog. Bargeschäftsprivileg eine Ausnahme von der Anfechtbarkeit wegen kongruenter Deckung dar, also von Rechtshandlungen des Schuldners oder eines Dritten in kritischer Zeit, die einem Gläubiger, der die Lage des Schuldners (Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnungsantrag) bei Vornahme der Handlung kennt oder kennen muss, eine ihm geschuldete Befriedigung oder Sicherung gewähren oder ermöglichen.

O9

Für die Kongruenzbeurteilung spielt die Frage des Bargeschäfts allerdings keine Rolle. Der Bundesgerichtshof hat dies jüngst in seinem Urteil vom 7.7.2011 im Zusammenhang mit der Beurteilung der Inkongruenz von Verrechnungen im debitorischen Bankenkontokorrent erneut ausgesprochen und dabei klargestellt, dass das Bargeschäft erst zu prüfen ist, wenn es auf die Gläubigerbenachteiligung einer kongruenten Deckung ankommt.17 Diese Feststellung impliziert das systematische Verständnis der Insolvenzanfechtung in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Danach beurteilt sich die Frage der Gläubigerbenachteiligung zunächst ausschließlich in Bezug auf die anzufechtende Rechtshandlung. Das bedeutet, dass Leistung und Gegenleistung zwar im Rahmen des § 142 InsO einer Gesamtbetrachtung bezüglich der Frage ihrer Verknüpfung, ihrer Unmittelbarkeit und Gleichwertigkeit unterliegen, die aber für die zunächst zu klärende Frage der Anfechtbarkeit der Leistung (Rechtshandlung) des Schuldners zu unterbleiben hat. Das ist auch gemeint, wenn Kreft formuliert, es gehe nicht an, das Bargeschäft allgemein durch das Fehlen einer Gläubigerbenachteiligung zu charakterisieren.18 c) Verhältnis des § 142 InsO zu § 131 InsO Ob § 142 InsO auch inkongruente Deckungshandlungen erfasst, ist umstritten.19 Nach heute herrschender Meinung ist der Bargeschäftseinwand 16 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 50. 17 BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, NZI 2011, 675 m. Anm. Leithaus = WM 2011, 1523 = ZIP 2011, 1576, 1577 Tz. 8. Für die umgekehrte Prüfungsreihenfolge Wazlawik, DZWIR 2009, 418 unter I. Vgl. dazu Rz. O50, O120. 18 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 50. 19 Vgl. zum Meinungsstand ausführlich Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 50 ff. mit zahlr. Nachw. BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, ZInsO 2009, 1054, 1056 Tz. 13; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 92 Rz. 14; s. Rz. O51 ff., O60 ff. Wagner

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im Rahmen der Anfechtung wegen inkongruenter Deckung (§ 131 InsO), insbesondere in Fällen der Einzelzwangsvollstreckung innerhalb des Dreimonatszeitraums,20 ausgeschlossen.21 Eine Auseinandersetzung mit kritischen Stimmen, die sich immerhin auf eine gegenteilige Äußerung in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 161 RegE berufen können (s. oben Rz. O1) sowie auf die bis dahin gängige Formulierung des Bundesgerichtshofs zur Konkursordnung, findet meist nicht statt.22 Der Paradigmenwechsel wurde mit dem Kundenscheck-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.9.1993 (BGHZ 123, 320) eingeläutet, demzufolge eine Anfechtung nach § 31 Nr. 1 KO (§ 133 InsO) auch in Betracht kommt, wenn eine Bardeckung vorliegt. Auf diese Entscheidung und die wesentlichen Argumente der widerstreitenden Ansichten ist im Zusammenhang mit der erforderlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, mithin bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „für die“ zurückzukommen (s. Rz. O52 ff.). Vorweg sei erwähnt, dass die restriktive Auslegung des Bundesgerichtshofs sich an der ratio legis des § 142 InsO messen lassen muss, dem Schuldner weiterhin die verkehrsübliche Teilnahme am Rechts- und Geschäftsverkehr zu ermöglichen und damit die Chance zu geben, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen abzuwenden.23

O 11 Anfechtbar sind nach § 131 Abs. 1 InsO Rechtshandlungen in kritischer Zeit, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung (Deckung) gewähren oder ermöglichen, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Zumindest bei der letzten Variante („nicht zu der Zeit“) lässt sich ein Anwendungsbereich für § 142 InsO nicht von vornherein leugnen. Dagegen scheinen die beiden erstgenannten Fälle nicht mit § 142 InsO zu harmonieren, weil dem Leistungsaustausch eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung zugrunde liegen muss. Eine Deckung, die der Anfechtungsgegner nicht oder nicht wie geleistet verlangen konnte, scheint dem zu widersprechen.24 Das ist aber bei näherer Betrachtung nicht der Fall. Denn § 131 InsO betrifft ausschließlich die anfechtbare Deckungshandlung des Schuldners oder eines Dritten, wie in Fällen der Pfändung eines zum Vermögen des Schuldners gehörenden Gegenstandes. Dass der Anfechtungsgegner keinen Anspruch darauf hatte, spielt nur für § 131 InsO und dessen Abgrenzung von § 130 InsO eine Rolle, nicht dagegen für den Einwendungstatbestand des § 142 20 Vgl. zur Inkongruenz der Zwangsvollstreckung etwa BGHZ 136, 309, 311 ff.; 157, 350, 353; 162, 143, 149. S. auch Rz. D65 f. 21 Vgl. BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, ZInsO 2009, 1054, 1056 Tz. 13; v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 92 Rz. 14; v. 24.10.2011 – IX ZR 244/09, Rz. 15, jew. m.w.N. 22 Eine Ausnahme bildet die Dissertation von Bräuer, a.a.O. 23 S. dazu Rz. O3, O11 f., O61b mit BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2. 24 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328 f.; Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 157.

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Rz. 11 O

InsO (Trennung von Anfechtungsgrund und Anfechtungsausschluss). Die hierfür entscheidende Frage, ob die Gegenleistung des anderen Teils (Anfechtungsgegners) dem Schuldnervermögen einen gleichwertigen Ausgleich zugeführt hat,25 so dass deshalb eine Benachteiligung der Gläubigergesamtheit ausgeschlossen ist, ist jedenfalls unabhängig von der Feststellung des konkreten Anfechtungsgrundes zu prüfen.26 Das von der inzwischen herrschenden Gegenansicht vorausgesetzte systematische Verständnis der §§ 130 ff., 142 InsO ist daher dogmatisch nicht haltbar. Es beruht der Sache nach auf der mit Inkrafttreten des § 142 InsO überholten Annahme einer Einheit von Anfechtungsgrund und Anfechtungsausschluss, die der zutreffenden höchstrichterlichen Erkenntnis von der Notwendigkeit einer strikten Trennung beider Aspekte des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs widerspricht (s. Rz. O9). Darüber hinaus steht auch der Wortlaut des § 142 InsO seiner Anwendung in Fällen inkongruenter Deckung keineswegs entgegen. Die konditionale Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung, die mit den Worten „für die“ vorgegeben ist, zwingt nicht zu der Annahme, der Anfechtungsgegner müsse einen synallagmatisch oder ähnlich verknüpften Anspruch auf die Leistung des Schuldners haben, wie dies von der heute herrschenden Meinung vorausgesetzt wird.27 Eine berichtigende Auslegung im restriktiven Sinne dieser Rechtsprechung und der ihr überwiegend folgenden Literatur scheidet daher meines Erachtens aus.28 Soweit die Gegenansicht inkongruente Deckungen wegen ihrer „Verdächtigkeit“ dem Anwendungsbereich des § 142 InsO entziehen will,29 verkennt sie einerseits die ausdrücklich und eindeutig erst bei § 133 InsO gezogene Grenze des Bargeschäftsprivilegs und andererseits, dass § 131 InsO im Wesentlichen wie § 130 InsO an den Eintritt der materiellen Insolvenz mit einem kritischen Zeitraum von bis zu drei Monaten vor dem Insolvenzantrag anknüpft, wobei § 131 Abs. 1 Nr. 3 InsO sich nicht kumulativ, sondern alternativ zum objektiven Tatbestand in Nr. 2 verhält und allein aus der Inkongruenz der Deckung eine Kenntnis des Anfechtungsgegners nicht gefolgert werden darf.30 Eine Gleichstellung der Fälle des 25 Zutreffend Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2. Aufl. (2010), Kap. 33 Rz. 36. Vgl. Rz. O101. 26 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs erst im Anschluss an die Feststellung der Voraussetzungen des § 130 InsO. Siehe dazu Rz. O9, O50 f., O120. 27 S. dazu Rz. O52 ff. 28 Im Ergebnis ebenso Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1421 ff. sowie die zu Rz. O61 bis O61b genannten Kritiker. A.A. HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 9, der darin zu Unrecht eine teleologische Extension des § 142 InsO sieht; das Gegenteil ist jedoch der Fall, da mit der Anfechtbarkeit gleichwertiger Leistungen nach § 131 InsO der Anwendungsbereich des § 142 InsO restringiert wird. 29 Vgl. etwa BGH v. 18.4.2002 – IX ZR 219/01, BGHZ 150, 326 (330) zu § 441 Abs. 1 HGB; v. 20.1.2011 – IX ZR 58/10, ZInsO 2011, 423 Rz. 17 (Direktzahlungen des Endmieters); HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 9. 30 Vgl. BGH v. 18.12.2003 – IX ZR 199/02, BGHZ 157, 242, 250; HK-InsO/Kreft, § 131 Rz. 26 m.w.N. Wagner

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§ 131 InsO mit jenen der vorsätzlichen Gläubigerbenachteiligung im Rahmen des § 142 InsO scheidet deshalb grundsätzlich aus.31 d) Verhältnis des § 142 InsO zu § 132 InsO

O 12 Nach Ansicht von Henckel ist die Vorschrift bloße Ergänzung zu § 132

InsO.32 Das entspricht der Sache nach dem im Kundenscheckurteil vom 30.9.1993 zur Konkursanfechtung formulierten systematischen Verständnis des Bundesgerichtshofs, der die Bedeutung der Bardeckung darin sah, die Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 InsO) in einem für erforderlich gehaltenen Maße einzuschränken und damit an § 30 Nr. 1 Fall 1 KO (§ 132 InsO) anzupassen. Dahinter steht die Erwägung, dass Rechtsgeschäfte, die unanfechtbar abgeschlossen werden dürfen, auch erfüllbar bleiben müssen. Insbesondere sollte ihre kongruente Deckung nicht der Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 InsO) unterliegen.33 Dieser Auffassung, die einen Kompromiss zwischen überkommener Dogmatik und positivem Recht sucht,34 kann jedoch nicht gefolgt werden, weil sie die Funktion des § 142 InsO und damit den Spielraum teleologischer Auslegung unnötig verkürzt. Zwar ergibt sich aus dem Zweck des § 132 InsO eine Einschränkung der Deckungsanfechtung.35 Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, § 142 InsO sei lediglich ein Annex jener Vorschrift. Vielmehr liegt der Schluss auf einen abweichenden Regelungsgedanken nahe. Wenn in dieser Bestimmung ausdrücklich der dem § 132 InsO zugrunde liegende Rechtsgedanke normiert sein soll, wie Henckel meint, so bleibt unklar, warum dies erst in § 142 InsO und nicht bereits in § 132 InsO selbst hinreichend geschehen sein soll. Allein die gesonderte Regelung und die systematische Stellung des § 142 InsO sprechen vielmehr für einen damit verbundenen weitergehenden Regelungszweck.

O 13 Jedenfalls für § 142 InsO nicht überzeugend ist daher die konkursanfechtungsrechtliche Überlegung des Bundesgerichtshofs, die Erfüllbarkeit unanfechtbar geschlossener Verträge werde dadurch sichergestellt, dass „durch die Herausnahme von Bardeckungen aus dem Anwendungsbereich des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 InsO) eine dem Erfordernis der unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung in § 30 Nr. 1 Fall 1 KO (§ 132 InsO) vergleichbare Voraussetzung geschaffen wird.“36 Zu klären bleibt 31 A.A. ausdrücklich BGH v. 30.3.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 323 f.; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130; v. 24.10.2011 – IX ZR 244/09, Rz. 15 m.w.N. 32 Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 2. 33 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 323. 34 Vgl. eingehend zur dogmengeschichtlichen Entwicklung Raschke, Diss. Hamburg 1999, S. 14 ff. (zur älteren) und Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 12 ff. (zur jüngeren) sowie Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1421 ff. und Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 144 ff. (umfassend), jew. m.z.N. 35 Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 12. 36 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 323.

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allerdings, ob das einem Austausch gleichwertiger Leistungen zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft nach § 132 InsO überhaupt wirksam angefochten werden kann oder ob auch insoweit der Bargeschäftseinwand entgegensteht.37 Letzteres ist zu bejahen, wenngleich § 142 InsO auf den Leistungsaustausch abstellt und nicht auf den Zeitpunkt oder auf den (Fort-)Bestand der zugrunde liegenden Schuldverhältnisse. Die Vorschrift impliziert, dass Verpflichtungsverträge im kritischen Zeitraum nicht nur erfüllt, sondern auch geschlossen werden können: Abschluss und Erfüllung eines Bargeschäfts sind gleichsam anfechtungsneutral.38 Unabhängig vom Vorrang der spezielleren Anfechtungstatbestände ist ein Gleichlauf zwischen den beiderseitigen Leistungen und den ihnen zugrunde liegenden Ansprüchen geboten, weil andernfalls Sinn und Zweck der Bargeschäftsausnahme verfehlt würden. Nach herrschender Ansicht spielt § 142 InsO dagegen von vornherein weder für § 132 InsO noch für § 133 Abs. 2 InsO eine Rolle, weil diese Vorschriften eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung voraussetzen und damit ein Bargeschäft begrifflich ausschließen.39 Festzuhalten bleibt demgegenüber die zutreffende in Anlehnung an die Begründung des Regierungsentwurfs formulierte Beschreibung des Anwendungsbereichs des § 142 InsO von Pape und Uhlenbruck: „Nach dieser Vorschrift sind Rechtshandlungen, die dem Anfechtungsgegner eine kongruente oder inkongruente Deckung verschaffen oder auch eine unmittelbar benachteiligende Wirkung haben (scil. in Fällen der §§ 130 bis 132 InsO), nicht anfechtbar, wenn im Gegenzug eine gleichwertige Leistung in die Insolvenzmasse fließt.“40 e) Verhältnis des § 142 InsO zu § 135 InsO und anderen Vorschriften Aus der Tatsache, dass § 142 InsO die Vorsatzanfechtung gemäß § 133 InsO ausdrücklich ausnimmt,41 könnte e contrario geschlossen werden, der Bargeschäftseinwand sei bei allen anderen Anfechtungsgründen anwendbar. Das trifft auch grundsätzlich zu, soweit sich die Anwendungsvoraussetzungen der konkurrierenden Vorschriften nicht gegenseitig ausschließen. So ist von vornherein kein Raum für eine Anwendung des Bargeschäftsprivilegs im Rahmen der Schenkungsanfechtung im Sinne des § 134 InsO, weil diese gerade auf der Unentgeltlichkeit der Schuldnerleistung, also der unausgeglichenen Schmälerung des seinen Gläubigern haftenden Vermögens beruht. Zwingend ist jedoch auch diese Erkenntnis nicht, wenn man die notwendige Unterscheidung zwischen Anfechtungs-

37 Für die Anfechtbarkeit etwa Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 31 mit Fn. 146; Jaeger/ Henckel, § 142 Rz. 19 a.E., jedoch ohne Begründung. 38 Zutreffend Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 5; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 3. 39 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 22; Gottwald/Huber, § 46 Rz. 80 a.E.; HK-InsO/ Kreft, § 132 Rz. 6 a.E., anders aber § 142 Rz. 12 a.E. zu § 133 Abs. 2 InsO. 40 Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2. Aufl. (2010), Kap. 33 Rz. 35 (Hervorhebung im Original); BT-Drucks. 12/2443 S. 167 zu § 161, s. Rz. O1. 41 S. dazu Rz. O111 ff., O121. Wagner

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grund und Anfechtungshindernis ernst nimmt. Danach darf die zunächst (vorrangig) zu prüfende Unentgeltlichkeit der Schuldnerleistung nicht vermengt werden mit der erst nach Feststellung der Voraussetzungen des § 134 InsO aufzuwerfenden, gleichsam nachrangigen Frage, ob eine gleichwertige (Gegen-)Leistung in das Schuldnervermögen gelangt ist (vgl. Rz. O9, O11). Da aber die Gegenleistung „für die“ Leistung des Schuldners erbracht sein muss, steht zumindest diese konditionale Verknüpfung einer Anwendung des § 142 InsO in Fällen des § 134 InsO entgegen.42

O 15 Umstritten ist, ob § 142 InsO auch im Anwendungsbereich des § 135

InsO anzuwenden sein kann. Die herrschende Lehre bejaht das.43 Nach der namentlich von Haas und Henkel vertretenen Gegenansicht findet das Bargeschäftsprivileg keine Anwendung im Rahmen des § 135 InsO.44 Der Gesetzgeber habe, so lautet ihre These, mit dem Gesetz zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts (MoMiG) die Anfechtung von Gesellschafterdarlehen in der Krise der Gesellschaft verschärft, so dass für eine Anwendung des § 142 InsO kein Raum bleibe. Dem kann jedoch aus den von Thole eingehend dargelegten Gründen nicht zugestimmt werden,45 zumal die Entstehungsgeschichte des MoMiG ausweislich der Gesetzesmaterialien keinen Beleg für die Gegenansicht liefert; der Gesetzgeber hat sich zu dieser Frage nicht geäußert. Das Thema erlangt praktische Bedeutung bei Mietzahlungen an den Gesellschafter oder bei der Bestellung anfänglicher Sicherheiten, nicht dagegen – insoweit herrscht Konsens – bei der Rückführung von Darlehen. Darauf ist im Rahmen der einschlägigen Tatbestandsvoraussetzungen zurückzukommen.

II. Leistung und Gegenleistung O 16 Für das Recht der Konkursordnung entsprach es ganz herrschender Meinung, dass Bargeschäfte des Gemeinschuldners, bei denen gleichwertige Leistungen Zug um Zug ausgetauscht werden, weder nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO) noch nach § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) angefochten werden konnten, auch wenn sie erst nach der Zahlungseinstel-

42 Im Ergebnis ebenso HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 4; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 21; Gottwald/Huber, § 47 Rz. 64. 43 Vgl. etwa HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 13; Koutsós, Die rechtliche Behandlung von (eigenkapitalersetzenden) Gesellschafterleistungen, 2011 (= Diss. Bremen 2010), S. 80, 245, 247 m.w.N.; zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG etwa Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 19; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 22. 44 Haas, ZInsO 2007, 617, 624; A. Henkel, ZInsO 2009, 1577 ff. m.w.N. zur h.M. in Fn. 12. S. auch Hölzle, ZIP 2010, 913, 915: kein Bargeschäft bei Leistung causa societatis. 45 Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 371 ff.; Thole, ZInsO 2011, 1425, 1430 f.; s. auch Koutsós a.a.O.

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II. Leistung und Gegenleistung

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lung vorgenommen wurden.46 Ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO ist nur anzunehmen, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. Diese den Wortlaut der Vorschrift entwickelnde Formel der höchstrichterlichen Rechtsprechung47 ist nach ihren Tatbestandselementen gesondert zu konkretisieren.

1. Leistung des Schuldners Als Leistung des Schuldners i.S.d. § 142 InsO kommen vermögenswerte Leistungen jeder Art in Betracht, die der Schuldner aus seinem haftenden Vermögen erbringt (§ 35 InsO). Daher scheiden treuhänderisch gehaltene Gegenstände, deren Weggabe nicht zu einer Verminderung des Schuldnervermögens führen, von vornherein aus.48 Zur Besonderheit einer Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger zur Ablösung eines Pfandrechts s. Rz. O35. Die Leistung kann nach zutreffender, aber bestrittener Ansicht auch unentgeltlich erfolgt sein.49 Dem steht keineswegs schon der Wortlaut der Vorschrift, wonach dem Schuldnervermögen eine gleichwertige Gegenleistung zufließen muss, entgegen (vgl. Rz. O14). Auf die Streitfrage ist jedoch im (systematischen) Zusammenhang mit einem Blick auf die erforderliche Qualität der den Leistungsaustausch verknüpfenden Vereinbarung einzugehen (s. Rz. O101 ff.).

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a) Geldleistungen (Bargeld und bargeldlose Zahlungen) Unter den Leistungsbegriff des § 142 InsO fallen selbstverständlich alle Formen der Zahlung von Geldschulden, die Barzahlung ebenso wie die bargeldlose Zahlung durch Überweisung vom Girokonto; dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob das Konto kreditorisch (im Haben) oder debitorisch (im Soll) geführt wird.50 Wird eine fällige Schuld bar oder per Überweisung, Scheck oder Lastschrift gezahlt, so liegt darin eine nach

46 Vgl. RGZ 100, 62, 64; 136, 152, 158; BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = NJW 1955, 709 = WM 1955, 404 Leitsatz 2; v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 (II 1a). Vgl. zur Entwicklung ausf. Raschke, Diss. Hamburg 1999, S. 8 ff.; Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 147 ff. 47 Vgl. etwa BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 311 Rz. 41 = NJW 2008, 430; v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 Tz. 24. 48 Vgl. BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, ZInsO 2006, 94, 95; obiter BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 91; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 3. 49 Wie hier Kübler/Prütting/Paulus, § 142 Rz. 12. Dezidiert a.A. etwa Lwowski/ Wunderlich, FS Kirchhof, S. 302; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4 m.w.N. zum Streitstand. 50 Vgl. zum Fall eines kreditorisch geführten Kontos BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 = ZInsO 2010, 1929. Zu der hiervon zu unterscheidenden Verrechnungsproblematik s. Rz. O122 ff., O190 ff. Wagner

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§ 130 InsO anfechtbare kongruente Deckung.51 Im Falle einer Abbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung ist anzufechtende Rechtshandlung die Genehmigung des Schuldners, die einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt.52 Genehmigt der Schuldner die Belastungsbuchung, ist für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Rahmen von § 142 InsO nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, sondern der des Lastschrifteinzugs maßgeblich. Denn im Fall der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Zahlungspflichtigen steht die Zahlung per Lastschrift der Barzahlung wirtschaftlich gleich.53

O 19 Die Leistung des Schuldners kann im Rahmen einer Verrechnung im Kontokorrent auch darin liegen, dass zum Beispiel seine Kreditverbindlichkeit gegenüber der kontoführenden Bank zurückgeführt wird durch Verrechnung eingehender Beträge (Gutschriften) mit einem Sollsaldo.54 Der Bundesgerichtshof hat hierzu in seinem Grundsatzurteil vom 7.3.2002, das eine auf Rückzahlung verrechneter Gutschriftbeträge gerichtete Anfechtungsklage gegen die kontoführende Bank zum Gegenstand hat, ausgeführt, die angefochtenen, von der beklagten Bank ins Kontokorrent eingestellten Gutschriften, die vorübergehend ihre Forderung gegen die Schuldnerin gemäß dem jeweiligen Tagessaldo verringerten, hätten im anfechtungsrechtlichen Sinne die Erfüllungsleistung der Schuldnerin infolge der späteren Verrechnung ermöglicht.55 b) Wechsel- und Scheckzahlungen

O 20 Eine nach § 130 InsO anfechtbare kongruente Deckung liegt ferner in der

Bezahlung einer fälligen Schuld durch Hingabe eines eigenen Schecks.56 Die Anfechtung kann daher ausgeschlossen sein, wenn die weiteren Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllt sind. Entsprechendes gilt für Zahlungen mittels Wechsel, sofern sich die darin angelegte Verstärkung der Schuld nicht ausgewirkt hat.57

51 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45 mit Nobbe, KTS 2007, 397, 416 m.w.N. 52 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 = ZInsO 2010, 2089 = ZIP 2010, 2105 Tz. 11 m.w.N. zur Anfechtbarkeit nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO. 53 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 87 Rz. 47 m.z.N. 54 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Tz. 6 ff. m. Anm. Bitter/ Rauch, WuB VI A § 142 InsO 1.08; vgl. dazu Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1861. 55 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130 unter Hinweis auf § 130 Abs. 1 InsO (gemeint ist die Handlungsvariante „Deckung ermöglichen“ statt „Deckung verschaffen“). Ausführlich Kayser, FS G. Fischer, 2008, 267, 275 ff.; dazu Rz. O122 ff. 56 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 139 Rz. 46; v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45 mit Nobbe, KTS 2007, 397, 416 m.w.N. 57 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 138, 139 Rz. 48; s. auch den Fall BGH v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, ZIP 2004, 1512 zu § 133 InsO (Scheckzahlungen an Finanzamt); ausführlich Nobbe in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 312, § 61 Rz. 76 ff. m.z.N.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 23 O

c) Sachleistungen Als Leistung des Schuldners werden von § 142 InsO aber nicht nur Zahlungen erfasst. Vielmehr kann der andere Teil seinerseits als Geldschuldner, insbesondere als Käufer, Auftraggeber oder Besteller etc. in den Genuss des Bargeschäftsprivilegs kommen. Dies geht bereits aus der Begründung des Regierungsentwurfs hervor, in der erläuternd darauf hingewiesen wird, dass es an der Gleichwertigkeit „nicht schon deshalb (fehlt), weil die Leistung an den Schuldner in Bargeld erfolgt, das leicht dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden kann.“58 Dem Gesetzgeber standen also keineswegs nur Geldleistungen des Schuldners im Rahmen des Erwerbs dringend benötigter Lieferungen und Leistungen vor Augen. Vielmehr sind auch Sachleistungen des Schuldners vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst.59

O 21

Daher kommen als Erfüllungshandlungen des Schuldners insbesondere die Übergabe verkaufter Gegenstände, die Übertragung von Forderungen und anderen Rechten, die Erbringung von Dienstleistungen oder die Herstellung eines geschuldeten Werkes, sind grundsätzlich als Rechtshandlungen i.S.d. § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar.60 Die selbständige Anfechtbarkeit „wertschöpfender“ Erfüllungshandlungen gilt nicht nur, soweit diese zur Werthaltigkeit einer Aufrechnungslage oder einer abgetretenen Forderung führen,61 sondern generell.

O 22

d) Bestellung einer Sicherheit Eine Anfechtung nach § 130 InsO ist ausgeschlossen, wenn die Sicherung oder Befriedigung sich als Bardeckung darstellt. Das gilt selbst dann, wenn die Forderung, für die Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist, erst begründet wurde, nachdem der Gemeinschuldner seine Zahlungen eingestellt hatte.62 Der Bundesgerichtshof hatte im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts63 bereits im Jahre 1955 entschieden, um eine Bardeckung könne es sich auch dann handeln, wenn der Anfechtungsgegner dem späteren Gemeinschuldner einen Darlehensbetrag ausgehändigt hat in der Erwartung, dass dieser unverzüglich die Bestellung einer Hypothek in die Wege leiten werde, der Gemeinschuldner sich dementsprechend verhalten hat und die Eintragung der Hypothek darauf-

58 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 161. 59 Das ist soweit ersichtlich nicht strittig; vgl. etwa BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 zum Warenkauf; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4 m.w.N. 60 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 309 Rz. 36 m.z.N. 61 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 309 Rz. 36 m.z.N. 62 Vgl. bereits BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = NJW 1955, 709 = WM 1955, 404 Leitsatz 2. 63 Vgl. dazu die Auswertung bei Raschke, Diss. Hamburg 1999, S. 19 ff. Wagner

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O 23

O Rz. 23

§ 142 InsO – Bargeschäft

hin ungefähr einen Monat später erfolgt ist.64 Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof zwanzig Jahre später im Zusammenhang mit der Bestellung einer Grundschuld in kritischer Zeit fortgeführt. Auf sein Urteil vom 26.1.1977 ist bei dem Tatbestandesmerkmal der Unmittelbarkeit von Leistung und Gegenleistung zurückzukommen. Als Leistung des späteren Schuldners im Rahmen eines Bargeschäfts kommt auch eine Sicherungszession in Betracht, bei der die Abtretung im Gegenzug zur Gewährung eines Darlehens erfolgt. In dem der Grundsatzentscheidung vom 21.1.2010 zugrunde liegenden Fall war die nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO mögliche Anfechtung gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, der Abtretung standen Vereinbarungen über die Gewährung von Darlehen in entsprechender Höhe gegenüber.65

2. Gegenleistung a) Allgemeines

O 24 Als Gegenleistung kommt grundsätzlich jede vermögenswerte Leistung des anderen Teils (Anfechtungsgegners) in Betracht, die Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung sein kann. Das sind vornehmlich Erfüllungsleistungen aus zwei- oder mehrseitigen Rechtsgeschäften, insbesondere aus gegenseitig verpflichtenden Schuldverhältnissen. Die Leistung besteht regelmäßig in einer aktiven Handlung, kann aber auch in einem Unterlassen bestehen, soweit damit ein Vermögenszuwachs auf seiten des Schuldners verbunden ist. Das kommt etwa bei aufschiebend bedingten Übertragungsgeschäften in Betracht, wenn als Bedingung ein Unterlassen, zum Beispiel der Nichtausübung eines Gestaltungsrechts, einer Option oder dergleichen vereinbart ist.66

O 25 Entgegen einer im Schrifttum und in der instanzgerichtlichen Rechtspre-

chung teilweise vertretenen Auffassung67 stellt das sog. Stehenlassen einer Darlehensforderung nach zutreffender Ansicht des Bundesgerichtshofs keine gleichwertige Gegenleistung dar, weil dem Schuldner dadurch kein neuer Vermögenswert zugeführt wird. Der Schuldner hat den Vermögensvorteil, der in der Kapitalüberlassung zur Nutzung auf Zeit liegt, bereits durch die Darlehensgewährung erhalten. Das Stehenlassen eines valutierten Darlehens stellt anfechtungsrechtlich ein bloßes Unterlassen der Rückforderung dar und bedeutet somit keine Zuführung eines neuen

64 BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = NJW 1955, 709 = WM 1955, 404 Leitsatz 2. 65 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 f., 106. S. dazu Rz. O138 ff., O196 ff. 66 Vgl. zur Abgrenzung Rz. O97. 67 LG Chemnitz WM 2007, 397, 398; Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 27 O

Vermögenswertes in das Schuldnervermögen.68 Dies soll nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gleichermaßen für Kreditverlängerungen gelten.69 b) Zuführung in das Aktivvermögen des Schuldners Ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO setzt begrifflich voraus, dass die Gegenleistung Bestandteil des Aktivvermögens des Schuldners geworden ist.70 Dieses Erfordernis ergibt sich ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vorschrift, wonach die Gegenleistung „in sein Vermögen gelangt“ sein muss. Das ist in der Regel erst dann der Fall, wenn der spätere Schuldner den Leistungsgegenstand (zu eigener Verfügung) erhalten hat und frei darüber verfügen kann. Dies kann zum Beispiel auch dadurch geschehen, dass der Schuldner einen Dispositionskredit erneut in Anspruch nimmt. Hierzu hat der Bundesgerichtshof in dem bereits erwähnten Grundsatzurteil vom 7.3.2002 ausgeführt, die angefochtenen, von der beklagten Bank ins Kontokorrent eingestellten Gutschriften seien jeweils dadurch ausgeglichen worden, dass die Bank es der Schuldnerin allgemein gestattet habe, Kredit wieder in Anspruch zu nehmen. Diese erneute Kreditgewährung stelle die Gegenleistung dar, die in das Vermögen der Schuldnerin gelangt sei.71 Der gegen die kontoführende Bank gerichteten (Rück-)Zahlungsklage des Insolvenzverwalters kann gegebenenfalls mit dem Bargeschäftseinwand begegnet werden.

O 26

Muss die Leistung des anderen Teils tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt sein, so reicht die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht aus.72 Der Bundesgerichtshof verweist hierzu mit Recht auf die insoweit vergleichbare Situation bei einer bloßen Verringerung der Verbindlichkeiten des Schuldners durch Erlöschen der befriedigten Forderung, wodurch ebenso wenig eine Gegenleistung im Sinne des § 142 InsO erbracht wird.73 Fraglich ist allerdings, ob der Bargeschäftseinwand in Fällen der Aufrechnung des Anfechtungsgeg-

O 27

68 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 311 Rz. 41; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 13c; Mitlehner, ZIP 2007, 1925, 1930; im Ergebnis ebenso bereits BGH v. 3.12.1998 – IX ZR 313/97, WM 1999, 12, 14. 69 BGH v. 6.10.2011 – IX ZR 24/11, Rz. 3. Aus diesem Beschluss geht der maßgebliche Sachverhalt allerdings nicht hervor. Zu Recht kritisch bereits Riggert, FS Braun, 2007, S. 139 (155, 158). 70 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130. 71 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130. 72 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 36. Hiervon zu unterscheiden ist die Verrechnung im ungekündigten Kontokorrent, die ein echtes Bargeschäft darstellt, vgl. Kayser, FS G. Fischer, 2008, 257, 275 ff.; s. ausführlich Rz. O122 ff. 73 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 36 mit MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4a; v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 311; v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rz. 12. Wagner

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O Rz. 27

§ 142 InsO – Bargeschäft

ners nicht bereits am Fehlen einer Leistung des Schuldners scheitert, da die Aufrechnung durch einseitige Gestaltungserklärung des Gläubigers erfolgt mit der (gesetzlichen) Folge eines Erlöschens der beiderseitigen Forderungen (vgl. § 389 BGB). Mit anderen Worten: die Leistung wird in diesen Fällen nicht bewirkt i.S.d. § 362 Abs. 1 BGB, die Verbindlichkeit des Schuldners also nicht erfüllt, sondern aufgrund eines gesetzlich anerkannten Erfüllungssurrogats getilgt.74 Dieser Vorgang ist für die Parteien vermögensmäßig neutral (vgl. § 389 BGB: „soweit sie sich decken“), falls die nominell übereinstimmenden Geldforderungen auch tatsächlich gleichwertig sind. Im Hinblick auf die materielle Insolvenz trifft dies natürlich nicht mehr zu. Der Anreiz für den Gläubiger zur Aufrechnung besteht dann gerade darin, sich trotz einer entwerteten Gegenforderung voll bezahlt zu machen.

O 28 Instruktiv für das Verständnis dieses Tatbestandsmerkmals ist das bereits zu § 23 Satz 1 KO a.F. ergangene Urteil des Reichsgerichts vom 12.10.1894.75 Im entschiedenen Fall hatte der spätere Gemeinschuldner nach Zahlungseinstellung eine ihm zustehende Hypothekenforderung an den späteren Anfechtungsgegner abgetreten, der im Gegenzug die einige Tage später erfüllte Verpflichtung übernahm, in gleicher Höhe zwei Gläubiger des Gemeinschuldners zu befriedigen. Das Reichsgericht hat dies trotz Gleichwertigkeit der Gegenleistung als nicht ausreichend angesehen und zutreffend ausgeführt, um eine Gläubigerbenachteiligung auszuschließen, sei erforderlich, dass die Gläubiger „eine ebenso große Aktivmasse vorfinden wie vorher“; dies sei aber nicht der Fall, wenn durch die Gegenleistung einzelne Gläubiger befriedigt werden, „da hierdurch bei sonst unveränderter Vermögenslage die Aktivmasse vermindert wird“ und dadurch die „Befriedigungsmittel allen anderen Gläubigern entzogen“ werden. – Hat der Schuldner dagegen zum Beispiel Geld nur treuhänderisch für einen Dritten entgegengenommen und nicht mit seinem eigenen vermischt,76 oder ist er als Handelsvertreter nicht Eigentümer der verkauften Handelsware geworden,77 so scheidet die Annahme eines Bargeschäfts mangels Gegenleistung aus. Als aktuelles Beispiel aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist der hier sog. Tankstellenbetreiber-Fall zu nennen, der dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23.9.2010 zugrunde liegt und im Folgenden näher zu betrachten ist.78

74 Vgl. zu dieser Unterscheidung Erman/Wagner, BGB, 13. Aufl., Vor § 387 Rz. 3. 75 JW 1894, 546 f. (Nr. 14). 76 Vgl. zur Eigentumslage bei Vermengung von Bargeld, insb. zu den Eigentumsverhältnissen bei einer Kasse mit wechselndem Bestand Gehrlein, NJW 2010, 3543 ff. 77 So im Fall BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 = ZIP 2010, 2009. 78 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 = ZIP 2010, 2009 mit zust. Anm. Freudenberg, EWiR 2010, 825 sowie Blum, WuB VI A. § 129 InsO 1.11. Vgl. unten Rz. O30 ff., O209 ff.

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Rz. 31 O

II. Leistung und Gegenleistung

c) Grenzfälle Seine Lösung durch die in drei Instanzen befassten Kollegialgerichte gibt zugleich ein beredetes Beispiel dafür, wie schwierig die rechtlichen Zusammenhänge und wie unsicher und unvorhersehbar die Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften sein können. Das betrifft insbesondere die gegensätzliche Beurteilung der Voraussetzungen einer Gläubigerbenachteiligung durch die befassten Gerichte. Denn in erster Instanz hatte die Anfechtungsklage Erfolg, dagegen wurde sie vom Berufungsgericht abgewiesen, auf die Revision des Insolvenzverwalters hat der Bundesgerichthof das landgerichtliche Urteil wieder hergestellt und damit die Verurteilung der Mineralölgesellschaft zur Rückgewähr der an sie abgeführten Erlöse aus dem Verkauf ihrer Kraftstoffe und Mineralöle durch die Schuldnerin gebilligt (s. dagegen Rz. O39, O211 f.

O 29

BGH-Urteil vom 23.9.2010 – NJW 2010, 3578 (Tankstellenbetreiber) Eine Tankstellenbetreiberin, die spätere Schuldnerin, hatte in kritischer Zeit (drei Monate vor dem Eigenantrag der Schuldnerin) ihre täglichen Einnahmen aus dem Verkauf von Kraftstoffen und Motoröl auf ihr Geschäftskonto eingezahlt und per Lastschrift an das Mineralölunternehmen überwiesen, in dessen Namen und für dessen Rechnung sie die Kraftstoffe verkauft und die Barerlöse vereinnahmt hatte.

O 30

aa) Leistung an den Schuldner Im entschiedenen Fall war das Mineralölunternehmen der Ansicht, es handele sich bei der Abwicklung des Kraftstoffvertriebs um eine dem Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vergleichbare Sachlage, so dass schon aus diesem Grund eine Anfechtung ausscheide. Zum einen könne von einer Kreditierung aufgrund der kurzen Lieferintervalle von Kraftstoffen und der täglichen Abführung der Verkaufserlöse (Agenturerlöse) an sie nicht gesprochen werden, zum anderen stünden sich Leistung und Gegenleistung einander gleichwertig gegenüber.79 Das OLG Hamburg ließ die Anfechtung mangels Gläubigerbenachteiligung sowie aufgrund einer „Parallelwertung zu § 142 InsO“ nicht durchgreifen. Hierzu führte es aus, zur Fortsetzung ihres Geschäftsbetriebs sei es für die Schuldnerin unabdingbar gewesen, von der Beklagten weiter beliefert zu werden. Das beklagte Mineralölunternehmen habe jedoch die Fortsetzung der Belieferung davon abhängig machen können, dass die Schuldnerin täglich die vereinnahmten Erlöse abführe. Selbst wenn insoweit ein Zeitraum von mehr als einer Woche zwischen der angefochtenen Handlung und der Gegenleistung liege, sei eine äquivalente Gegenleistung in der Einräumung der Verfügungsbefugnis zu erkennen, welche die Schuldnerin in unmittel-

79 Aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils LG Hamburg v. 4.1.2008 – 302 O 374/05, juris-Rz. 45. Wagner

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O 31

O Rz. 31

§ 142 InsO – Bargeschäft

barem Zusammenhang mit den Verkaufsvorgängen in Anspruch genommen habe.80

O 32 Dieser Beurteilung ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Die Zahlungsklage des Verwalters sei aus § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet; die nach § 129 InsO erforderliche Gläubigerbenachteiligung sei gegeben, § 142 InsO stehe nicht entgegen. Zur Begründung hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, die Annahme eines Bargeschäfts scheitere bereits an einer dem unmittelbaren Leistungsaustausch zugrunde liegenden Parteivereinbarung (s. dazu Rz. O43), jedenfalls an einer die Zahlungen der Schuldnerin ausgleichenden Gegenleistung des beklagten Mineralölunternehmens. Den von der Schuldnerin aus ihrem Vermögen an das beklagte Unternehmen bewirkten Zahlungen stünden keine gleichwertigen Leistungen an die Schuldnerin gegenüber.81 Die an sie gelieferten Kraftstoffe und Motoröle seien nicht in ihre „Vermögenssphäre“ übergegangen, sondern von der Schuldnerin im Namen und für Rechnung des Mineralölunternehmens unmittelbar an Tankstellenkunden („Endabnehmer“) veräußert worden. Um ein Bargeschäft annehmen zu können, muss die Gegenleistung jedoch Bestandteil des schuldnerischen Aktivvermögens werden.82

O 33 Die Schuldnerin habe von der Beklagten auch keine anderen durch die

Überweisungen vergüteten Leistungen empfangen83 Die Beklagte sei zwar verpflichtet gewesen, an die Schuldnerin als ihre Handelsvertreterin Provisionen zu zahlen (§ 87 Abs. 1 HGB), und diese habe die fraglichen Beträge vereinbarungsgemäß von den vereinnahmten Verkaufserlösen abgezogen. Die Provisionen seien jedoch die Gegenleistung für die Mitwirkung des Handelsvertreters beim Abschluss von Geschäften (§ 86 Abs. 1 HGB) und nicht für die abgeführten Verkaufserlöse.84 Da die Schuldnerin die Kraftstoffe als von der Beklagten vergütete Handelsvertreterin in deren Namen an die Endkunden veräußert habe, hätten den Überweisungen ausschließlich die von der Schuldnerin bei dem Verkauf der Kraftstoffe eingenommenen, rechtlich der Beklagten zustehenden Entgelte zugrunde gelegen. Ihnen stehen als Gegenleistung allein die von der Beklagten an die Endkunden und nicht an die Schuldnerin übereigneten Kraftstofflieferungen gegenüber. Die – dem Vertrag des Jahres 1992 widersprechende –

80 Aus den Gründen des BGH-Urteils v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 Tz. 7. 81 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 Tz. 25, 3581 Tz. 30. 82 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 30 mit BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711, 715 Tz. 36; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 12. 83 Zu deren Beachtlichkeit verweist der BGH v. 23.9.2010, Tz. 31 auf MK-InsO/ Kirchhof, § 142 Rz. 4; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 3; HambK-InsO/ Rogge, § 142 Rz. 2. 84 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 32.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 34 O

vorübergehende Einverleibung der Erlöse in das Vermögen der Schuldnerin zwecks Überweisung an die Beklagte führt nicht zu einem Bargeschäft zwischen der Schuldnerin und der Beklagten. Soweit die Schuldnerin mit den Überweisungen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses einschließlich der Weiterbelieferung durch die Beklagte sicherzustellen suchte, liege darin keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt wurden.85 Folglich sei ebenso wie bei der gesetzlichen Pflicht zur Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen auch bei der hier gegebenen Abführung der im Rahmen eines Handelsvertreterverhältnisses erlangten Zahlungen (§ 667 BGB) kein diesen Zahlungen entsprechender Wert auf Veranlassung der Beklagten in das Vermögen der Schuldnerin gelangt.86 bb) Leistung an Dritte In dem vorgenannten Tankstellenbetreiber-Fall hat der Bundesgerichtshof auch die Frage geprüft, ob eine Gegenleistung des Anfechtungsgegners im Sinne des § 142 InsO auch dann in Betracht kommt, wenn der Anfechtungsgegner (im entschiedenen Fall das verklagte Mineralölunternehmen) den betreffenden Leistungsgegenstand – vermittelt durch den Schuldner – einem Dritten (Tankstellenkunden als Endabnehmer) zugewendet hat. Das Gericht hat diese Frage eindeutig verneint und hierzu ausgeführt, die Zuwendung an einen Dritten sei nicht als Gegenleistung anzuerkennen und rechtfertige daher nicht die Annahme eines Bargeschäfts.87 Dies habe insbesondere dann zu gelten, wenn es sich bei dem Dritten um einen Gläubiger des Schuldners handelt, dessen Forderung durch die Zahlung – zum Nachteil der Gläubigergesamtheit – erfüllt werden soll.88 Erst recht bleibt eine Gegenleistung unberücksichtigt, die – wie hier bei den Tankkunden – an dem Schuldner rechtlich nicht verbundene Dritte erbracht wird und dem Schuldner nicht einmal mittelbar zugute kommt.89 Da die von der Beklagten gelieferten Kraftstoffe in deren Namen unmittelbar an Abnehmer übereignet wurden, ist eine dem Zugriff der übrigen Gläubiger offenstehende gleichwertige Gegenleistung der Beklagten nicht in das Vermögen der Schuldnerin gelangt.90 Eine

85 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 33 mit BGHZ 97, 87, 94; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5. 86 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 33 mit BGHZ 157, 350, 360; BGH v. 9.6.2005 – IX ZR 152/03, WM 2005, 1474, 1476. Vgl. kritisch dazu Rz. O185, O211 f. 87 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 mit Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 92. 88 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 mit RGZ 53, 234, 235 f.; RG JW 1894, 546 Nr. 14, MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4a. 89 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 mit Raschke, S. 119. 90 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 m.w.N. Wagner

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§ 142 InsO – Bargeschäft

wirtschaftlich neutrale,91 von einer „Vermögensverschiebung“ zu unterscheidende bloße „Vermögensumschichtung“ (BGHZ 123, 320, 323) hat bei der Schuldnerin nicht stattgefunden, weil es mangels einer Übereignung der Kraftstoffe an einem die Überweisungen ausgleichenden Vermögenswert fehlt.92

O 35 Weiterführende Abgrenzungsfragen wirft auch der zum Problemkreis der Anfechtung im Mehrpersonenverhältnis (s. Rz. B104 ff.) zählende Frachtführerpfandrechtsfall der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.4.2005 auf. Danach kann eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger über die Ablösung eines Pfandrechts des Gläubigers an einem Gegenstand des Schuldners durch Zahlung eines anderen Gläubigers als unanfechtbares Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO anzusehen sein, wenn der Wert des Pfandrechts dem Wert der abgetretenen oder verpfändeten Forderung entspricht (s. Rz. O102).93 cc) Aufrechnung

O 36 Insolvenzrechtliches Aufrechnungsverbot und Insolvenzanfechtung als Mittel, einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung nach Ausbruch und in Kenntnis der Krise zu verwehren, stehen selbständig nebeneinander.94 Eine durch Aufrechnung herbeigeführte Befriedigung konnte schon unter der Konkursordnung als kongruente Deckung gem. § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO) angefochten werden, wenn die Voraussetzungen für die Aufrechnung in anfechtbarer Weise geschaffen worden sind.95 Voraussetzung ist nach der prägnanten Faustformel des seinerzeit für das Insolvenzrecht zuständigen VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, dass der Anfechtungsgegner sich in Kenntnis der Krise zum Schuldner des späteren Gemeinschuldners gemacht oder eine Sicherheit erlangt hat.96 War die Aufrechnungslage schon vor Ausbruch der Krise geschaffen worden, weil die Hauptforderung bereits mit dem zeitlich früher liegenden Vertragsschluss entstanden war, wie etwa ein Vergütungsanspruch des späteren Schuldners mit dem früher erfolgten Abschluss des Werkvertrags, schied eine Anfechtung der Aufrechnung grundsätzlich aus.97 Nach 91 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 mit BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, WM 2008, 222, 223 Rz. 9. 92 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 2581 Tz. 30 mit BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, WM 2008, 222, 223 Rz. 9. 93 Vgl. zum Frachtführerpfandrecht BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 m. Anm. Gerhardt, EWiR 2005, 545. 94 Vgl. bereits zur Konkursanfechtung BGH v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 113; v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81, BGHZ 86, 190, 194; v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189, 192. 95 BGH v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 113; v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81, BGHZ 86, 190, 194; v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189, 193. 96 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189, 193. 97 So im Fall BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189, 193.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 38 O

den §§ 94 ff., 129 ff. InsO gilt, von der Frage des Werthaltigmachens der Hauptforderung abgesehen, im Wesentlichen dasselbe (s. Rz. C24 ff.). Die Frage einer Gläubigerbenachteiligung und damit die nach der Anwendung des Bargeschäftsprivilegs stellt sich aber dann, wenn die Aufrechnungslage nach Maßgabe des § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar herbeigeführt worden ist, wenn § 142 InsO also nicht von vornherein wegen inkongruenter Deckung ausscheidet.98 Das für die Annahme eines Bargeschäfts unverzichtbare Erfordernis, dass die Leistung des anderen Teils (Gegenleistung) tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt sein muss, schließt es aus, auch eine Aufrechnung des anderen Teils mit einer Gegenforderung als anfechtungshindernde Gegenleistung im Sinne von § 142 InsO anzuerkennen. Ebenso wenig wie eine bloße Verringerung der Verbindlichkeiten des Schuldners durch Erlöschen der befriedigten Forderung (vgl. Rz. O27) genügt die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung.99 Das Bargeschäft setzt voraus, dass die Leistung des anderen Teils tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt ist. Daher reicht – ebenso wenig wie eine bloße Verringerung der Verbindlichkeiten durch Erlöschen der befriedigten Forderung – die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht aus.100

O 37

Bereits in seinem als Panzerbrücken-Fall bekannt gewordenen Urteil vom 14.12.1983 hatte der Bundesgerichtshof eine für die Deckungsanfechtung nach § 30 Nr. 1 Fall 2 KO ausreichende (mittelbare) Benachteiligung der Konkursgläubiger darin gesehen, dass der erfolgten Weggabe von Vermögenswerten des Gemeinschuldners im wirtschaftlichen Ergebnis nicht der Werklohn, sondern eine durch wirksame Aufrechnung des Bestellers erfolgte Tilgung einer (potentiellen) Konkursforderung gegenüberstand. Die Entscheidung wäre anders ausgefallen, wenn der Schuldnerin für die Lieferung der Panzerbrücken der vereinbarte Werklohn tatsächlich zugeflossen wäre.101

O 38

98 Vgl. zur Konkursanfechtung BGH v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108, 113; v. 22.12.1982 – VIII ZR 214/81, BGHZ 86, 190, 194; zur Insolvenzanfechtung ausführlich Rz. C26 ff. 99 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711, 715 Tz. 36 mit insoweit unzutreffendem Verweis auf BGHZ 174, 297, 311, wo es um die Auffüllung einer Globalzession ging. 100 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 36 m.w.N. Hiervon zu unterscheiden ist die Verrechnung im ungekündigten Kontokorrent, die ein echtes Bargeschäft darstellt, vgl. Kayser, FS G. Fischer, 2008, 257, 275 ff.; s. ausführlich Rz. O122 ff. 101 BGH v. 14.12.1983 – VIII ZR 352/82, BGHZ 89, 189, 195 lit. bb. Vgl. dazu Rz. C34 ff. Wagner

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O Rz. 39

§ 142 InsO – Bargeschäft

d) Keine erweiternde Auslegung des § 142 InsO

O 39 Der Bundesgerichtshof ist in jüngerer Zeit im Anschluss an die Darlegun-

gen von Kayser102 wiederholt einer erweiternden Auslegung des § 142 InsO entgegengetreten. So auch in dem vorerwähnten Tankstellenbetreiber-Fall (oben Rz. O30). Zur Begründung verweist der Gerichtshof auf den methodischen Grundsatz singularia non sunt extendenda.103 Die Vorschrift des § 142 InsO stelle eine Ausnahmeregelung dar, weil sie an sich anfechtbare Vorgänge unter den Voraussetzungen eines Bargeschäfts der Anfechtung entzieht. Für eine erweiternde Auslegung einer Ausnahmevorschrift sei jedoch kein Raum.104 Diese Begründung trägt jedoch nicht den propagierten Auslegungsverzicht. Zum einen sind gesetzliche Ausnahmeregelungen wegen ihres Ausnahmecharakters keineswegs generell einer teleologischen Interpretation entzogen. Eine erweiternde oder gar analoge Anwendung hängt vielmehr von den allgemeinen methodischen Voraussetzungen, nicht zuletzt von Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmung ab.105 Dies gilt für das Bargeschäftsprivileg im Besonderen, da sich die Funktion des § 142 InsO nicht etwa in seiner unbestrittenen Ausnahmestellung im Verhältnis zu § 130 InsO erschöpft.

O 40 Der Bundesgerichtshof hat daher gut daran getan, seine Entscheidung unabhängig von seiner restriktiven Haltung in der Methodenfrage abzusichern. Im Tankstellenbetreiberfall hat er ergänzend ausgeführt, das auf Zahlung an den Insolvenzverwalter verklagte Mineralölunternehmen könne nicht verlangen, rechtlich so gestellt zu werden, als hätte es die Kraftstoffe an die Schuldnerin verkauft, so dass diese sie in eigenem Namen und auf eigene Rechnung hätte weiter veräußern und den Kaufpreis im Rahmen eines Bargeschäfts i.S.d. § 142 InsO an das Unternehmen hätte entrichten können. Für eine derartige hypothetische Betrachtungsweise sei aber, so der Bundesgerichtshof, im Anfechtungsrecht kein Raum.106 102 Dezidiert gegen Aufweichungstendenzen, insbesondere gegen „weichere Regeln“, eine „Bargeschäftslage mit ‚fließenden Grenzen‘“ oder bargeschäftsähnliche Rechtshandlungen Kayser, FS G. Fischer, 2008, 257, 275 ff. anders bei Verrechnungen im Kontokorrent, s. dazu ausführlich Rz. O122 ff.; ferner Kayser, ZIP 1997, 49 ff. zu Sanierungsleistungen, Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen durch Arbeitgeber. 103 S. dazu D. Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 5. Aufl., Rz. S 40; zur methodischen Frage s. etwa MK-BGB/Säcker, Einl. Rz. 112 ff. 104 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 36 unter Berufung auf Kayser, ZIP 2007, 49, 50 im Anschluss an BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 313 Rz. 43. Vgl. für das überwiegende Schrifttum Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 42 ff., 46 und öfter m.w.N. auch zur Gegenansicht. 105 Vgl. etwa BGHZ 26, 78, 83; 79, 163, 168; BGH v. 9.7.2008 – VIII ZR 280/07, NJW 2008, 2773 Tz. 12 zu § 566 BGB; v. 25.9.2009 – V ZR 36/09, NJW 2009, 3644 Tz. 16 zu § 556 Abs. 3 BGB; v. 11.8.2010 – XII ZR 60/08, FamRZ 2010, 1723 Tz. 26 zu § 15 Abs. 5 Satz 2 RVG; grundsätzlich Schneider, Logik für Juristen, 5. Aufl., § 34 a.E. mit Heck, AcP 112 (1914), 186 ff. 106 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 35 m.w.N.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 41 O

Überdies habe das Mineralölunternehmen ausdrücklich eine abweichende rechtliche Gestaltung gewählt, die ihm infolge der Stellung der Schuldnerin als (Handels-)Vertreterin unmittelbar das Eigentum an den Erlösen verschafft habe. Die gewählte Vertragsgestaltung habe dem Unternehmen ermöglicht, ohne rechtliche Einbindung der Schuldnerin in die Geschäftsabwicklung unmittelbar auf die Erlöse zuzugreifen. Der Tatbestand eines Bargeschäfts sei aber definitiv nicht erfüllt, wenn „gerade der Übergang von Werten in das Vermögen der Schuldnerin verhindert werden sollte“; für eine Anwendung des § 142 InsO sei dann kein Raum. Vielmehr hätte das beklagte Mineralölunternehmen, so lautet die Quintessenz des Tankstellenurteils, in seinem eigenen Interesse dafür Sorge tragen müssen, dass sein an den Tageseinnahmen bestehendes Aussonderungsrecht nicht durch eine Weiterleitung der in seinem Eigentum stehenden Gelder über das allgemeine Geschäftskonto der Schuldnerin untergeht.107 Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der Sicherungs-Globalzession lapidar festgestellt, ein ausreichender Schutz des Sicherungsnehmers sei dadurch gewährleistet, dass die Anfechtung zukünftiger Forderungen nur unter den Voraussetzungen des § 130 InsO Erfolg habe.108 Die damit eingetretene Gefahr einer bloßen Scheinbegründung (petitio principii) tritt freilich hinter das selbst von betroffener Seite konsentierte Ergebnis zurück. In seinem Urteil vom 17.3.2011 hat der IX. Zivilsenat seine Rechtsprechung zur Sicherungszession durch Globalzessionsverträge als kongruente Sicherheit bestätigt und auf den verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalt erstreckt.109 Für die Anwendung der Bargeschäftsausnahme sieht er auch in diesem Zusammenhang keinen Raum. Der hierin liegende Zielkonflikt ist offenbar.110 Damit nimmt er eine vorzeitige Kündigung von zur Betriebsfortführung notwendigen Krediten im Hinblick auf eine frühzeitige (vermeintlich) geregelte Sanierung gem. § 1 Abs. 1 Alt. 2 InsO bewusst in Kauf.111 Etwa bestehende Chancen des Kreditnehmers, seine wirtschaftliche Krise durch weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr zu überwinden, werden so entgegen dem Rechtsgedanken des § 142 InsO regelmäßig vereitelt, zumal Kreditgeber sich selten in der Lage sehen, (wenngleich insolvenzfest) neuen Kredit – gegen dann insolvenzfeste Sicherheit – auszureichen,112 also gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen, wenn sie mit dem bereits gegebenen 107 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3581 Tz. 36. 108 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 43. 109 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506, 1508 Tz. 36 ff. (z.V.b. in BGHZ). 110 Vgl. zur Globalzession zutreffend bereits Cranshaw, DZWIR 2008, 221, 231; Jacoby, ZIP 2008, 385, 389 f.; auch de lege ferenda Hirte, FS Hopt, 2010, S. 141 ff. Vgl. auch Ganter, NZI 2011, 551, 553 f. 111 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506, 1508 Tz. 36 ff. (z.V.b. in BGHZ). 112 So das Fazit von Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1866. Wagner

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O Rz. 41

§ 142 InsO – Bargeschäft

allenfalls Aussicht auf die Insolvenzquote haben. Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Sicherungsgeber ist Sache der Sicherungsnehmer (Waren- oder Geldkreditgeber), die Auslegung des § 142 InsO sollte sich ihr gegenüber hilfreich, zumindest aber neutral verhalten.

O 42 Demgegenüber scheidet der Bargeschäftseinwand beim AGB-Pfandrecht der Banken und Sparkassen von vornherein aus, weil es sich bei diesen um eine inkongruente Sicherheit handele, auf die § 142 InsO nach herrschender Auslegung nicht anwendbar ist (s. Rz. O9 ff., O51 ff.). In seinem Grundsatzurteil vom 7.3.2002 hatte der Bundesgerichtshof dazu klargestellt, dass ein auf Nr. 14 Abs. 1 Satz 2 AGB-Banken (Nr. 21 Abs. 1 AGBSparkassen) zu stützendes Pfandrecht der Bank an dem Anspruch ihrer Kundin aus den Gutschriften aufgrund von Zahlungseingängen (hinsichtlich der Eingänge im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag) ohne weiteres gem. § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO als inkongruente Sicherung anfechtbar sei.113 Der IX. Zivilsenat hat seine Auffassung (betreffend die Sicherheiten nach Nr. 13 bis 15 AGB-Banken) in seinem Grundsatzurteil vom 17.3.2011 als Kontrast zur Rechtslage bei Globalzessionsverträgen (s. Rz. O41) dahin zusammengefasst, dass nur solche Vereinbarungen die insolvenzrechtliche Kongruenz herstellen können, welche auf bestimmte, sogleich wenigstens identifizierbare Gegenstände gerichtet sind. Absprachen, die es dem Ermessen der Beteiligten oder dem Zufall überlassen, welche konkreten Sicherheiten erfasst werden, sind grundsätzlich nicht geeignet, die Besserstellung einzelner Gläubiger in der Insolvenz zu rechtfertigen.114 – Bemerkenswert ist auch die FrachtführerpfandrechtsEntscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.4.2005, die zu dem anfechtungsrechtlichen Problemkreis der Mehrpersonenverhältnisse gehört. Eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger über die Ablösung eines Pfandrechts des Gläubigers an einem Gegenstand des Schuldners durch Zahlung eines anderen Gläubigers als unanfechtbares Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO anzusehen sein.115

3. Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung a) Tatbestandsmerkmal „für die“ Leistung des Schuldners

O 43 § 142 InsO kommt nach der Begründung des Regierungsentwurfs nur zur Anwendung, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Das werde durch die Worte „für die“ zum Ausdruck gebracht.116 Der Gesetzeswortlaut ist aber keineswegs eindeu113 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 125 f. zur Verrechnung im Kontokorrent, s. Rz. O122 ff., O190. 114 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506, 1508 Tz. 35 m.w.N. (z.V.b. in BGHZ). 115 Vgl. zum Frachtführerpfandrecht BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 m. Anm. Gerhardt, EWiR 2005, 545. 116 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 161.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 46 O

tig und deshalb nicht zwingend im Sinne der herrschenden Auslegung zu verstehen. Denn die Präpositionalwortgruppe „für die“ Leistung des Schuldners bezeichnet die Leistung des Schuldners allein als Grund für die Gegenleistung des anderen Teils, sie besagt aber nichts über die Art ihrer Rechtsgrundlage und auch nichts über die Qualität ihrer Verknüpfung. Gleichwohl wird sie der gesetzgeberischen Absicht entsprechend in herrschender Lesart als rechtsgeschäftliche Verbindung von Leistung und Gegenleistung interpretiert.117 aa) Rechtsgeschäftlicher Zusammenhang Die Annahme eines Bargeschäfts setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und herrschender Lehre eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung voraus.118 Dies folgt bereits aus den gesetzgeberischen Motiven zu § 142 InsO. Danach muss die konditionale Verknüpfung durch eine Parteivereinbarung hergestellt worden sein, mithin durch eine vertragliche Übereinkunft der Beteiligten (vgl. Rz. O1). Zwar könnte auf den ersten Blick bereits der Ausdruck „Gegenleistung“ für das Erfordernis eines gegenseitigen Vertrages sprechen. Dafür könnte auch das Regelungsziel, den Schuldner auch in kritischer Zeit nicht vom Geschäftsverkehr auszuschließen, angeführt werden. Aber weder der Ausdruck „Gegenleistung“ noch die Worte „für die“ beschränken die Anwendung der Vorschrift auf einen derart engen synallagmatischen Zusammenhang der beiderseitigen Leistungen.

O 44

Unzweifelhaft ist ein rechtsgeschäftlicher Zusammenhang beim Austausch von Leistung und Gegenleistung aufgrund eines gegenseitigen Vertrages gegeben. Das trifft idealtypisch auf Kauf-, Miet- und Werkverträge, aber auch auf Dienst- und Geschäftsbesorgungsverträge zu. § 142 InsO setzt bei länger dauernden Vertragsbeziehungen allerdings voraus, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden.119 So ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft gegeben.120

O 45

Der Anwendungsbereich des § 142 InsO ist aber keineswegs auf Austauschverträge im Sinne der §§ 320 ff. BGB beschränkt. Vielmehr können unter die Bargeschäftsausnahme nach zutreffender, bereits auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts zurückführbarer herrschender Ansicht auch Kreditgewährungen gegen Sicherheit, insbesondere bei grundpfandrecht-

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117 Vgl. eingehend zum Meinungsstand Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 49 ff. m.z.N. 118 BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42. 119 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 83 f. Rz. 43. Siehe Rz. O94 ff. 120 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 mit BGHZ 151, 353, 370. Wagner

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§ 142 InsO – Bargeschäft

lich gesicherten Darlehen, fallen. Die notwendige rechtsgeschäftliche Verknüpfung besteht dabei in einer sog. Sicherungsabrede, dem jeweiligen Sicherungsvertrag.121 Desgleichen bei Verrechnungen aufgrund einer Kontokorrentabrede.122 Dass die Vereinbarung im Deckungs- oder im Valutaverhältnis Teil eines Mehrpersonenverhältnisses ist, steht ebenso wenig entgegen, wie beim Vertrag zugunsten Dritter.123 Dementsprechend kann die für § 142 InsO notwendige Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung auch auf Vereinbarungen im Rahmen der Konzernfinanzierung sowie der Durchführung des Leistungs- und Zahlungsverkehrs im Konzern beruhen.124 Erfolgt der Leistungsaustausch aufgrund von Vereinbarungen in einem Dreiecksverhältnis, so kommt es für die Annahme eines Bargeschäfts darauf an, ob die vom Schuldner im Deckungsverhältnis erbrachte Leistung und die an ihn von dem Dritten erbrachte Gegenleistung wirtschaftlich gleichwertig sind.125 Dies gilt nach Ansicht des Kammergerichts auch dann, wenn auf Kreditnehmerseite mehrere Personen (Konzernunternehmen) stehen, von denen die eine den Kredit vorzeitig zurückführt, während die andere ihn weiter in Anspruch nimmt. Ein Bargeschäft liege gegebenenfalls nur vor, wenn der den Kredit vorzeitig zurückführende spätere Insolvenzschuldner von dem den Kredit weiter in Anspruch nehmenden Mitschuldner vereinbarungsgemäß eine wirtschaftlich gleichwertige Gegenleistung für die Rückführung des Kredits erhält. Ein bloßes wirtschaftliches Eigeninteresse des Insolvenzschuldners an der Kreditinanspruchnahme durch den Dritten reiche insoweit nicht aus.126 bb) Wirtschaftlicher Zusammenhang

O 47 Ein lediglich wirtschaftlicher Zusammenhang genügt dagegen nicht. Als Beispiel dafür nennt der Bundesgerichtshof das Stehenlassen einer Forderung, insbesondere einer ungekündigten, aber kündbaren Darlehensforde121 Vgl. dazu allgemein Ganter in: Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch, 4. Aufl. (2011), § 90 Rz. 173 ff., § 96 Rz. 24 ff.; zur Bestellung von Sicherheiten im Besonderen s. Rz. O138 ff., O195 ff. 122 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5 m.w.N. 123 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5, 9a m.w.N. 124 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 9a; zur Verrechnung Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1517 f. einerseits, Obermüller, FS Kirchhof, 2003, 355, 358 ff. andererseits, jew. m.w.N. Vgl. Rz. O200. 125 KG v. 15.11.2010 – 24 103/09, WM 2011, 1184 = ZIP 2011, 535 Tz. 43 mit MKInsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5 und 9a; FK-InsO/Dauernheim, § 142 Rz. 2. Ablehnend zur Frage einer konzernweiten Ausdehnung des § 142 InsO Lwowski/ Wunderlich, WM 2004, 1511, 1517 f. 126 KG v. 15.11.2010 – 24 103/09, WM 2011, 1184 = ZIP 2011, 535 Tz. 43 m.w.N. Zum Vorrang der Deckungsanfechtung des Forderungsschuldners vor der Schenkungsanfechtung des Zuwendenden bei Drittleistung und Wertlosigkeit der Forderung des Zuwendungsempfängers s. BGH v. 22.10.2009 – IX ZR 182/08, WM 2010, 2283 Tz. 12 mit BGHZ 174, 228, 239 ff.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 49 O

rung.127 Zwingend ist jedoch auch das nicht. Denn der Fortbestand eines Schuldverhältnisses (i.e.S.) kann als Verzicht auf die Ausübung eines Gestaltungsrechts des Gläubigers durchaus rechtliche Qualität haben. Das gilt erst recht, wenn das Schuldverhältnis mangels Vereinbarung über dessen Fortbestand beendet ist, wie etwa bei Annuitätendarlehen, wenn keine Umschuldungsvereinbarung zustande kommt, oder in Fällen der sog. unechten Abschnittsfinanzierung. Dabei handelt es sich um Kredite, bei denen dem Verbraucher ein langfristiges Kapitalnutzungsrecht eingeräumt, die Zinsvereinbarung jedoch nicht für den gesamten Zeitraum, sondern zunächst nur für eine bestimmte Festzinsperiode getroffen wird; das Darlehen wird in solchen Fällen zum Ende eines Finanzierungsabschnitts nicht ohne weiteres fällig, sondern nur dann, wenn der Darlehensnehmer der vom Kreditinstitut vereinbarungsgemäß vorgeschlagenen Änderung der Konditionen widerspricht.128 Im Zusammenhang mit Verrechnungen im Kontokorrent: In seinem zur Verrechnung von Gutschriften im Kontokorrent ergangenen Grundsatzurteil vom 7.3.2002 hat der Bundesgerichtshof angenommen, die Verrechnung der Gutschriften und die erneuten Auszahlungen auf debitorischer Basis seien aufgrund der Kontokorrentabrede, also vertragsgemäß und in kongruenter Weise erfolgt. Zwar hatte die beklagte Bank die Kreditgewährung bis zur festgesetzten Obergrenze angeboten oder schuldrechtlich vereinbart; dennoch sei sogar die Erfüllung eines Zahlungsversprechens eine gesonderte Leistung im anfechtungsrechtlichen Sinne. Der Senat hatte bereits entschieden, dass eine besondere, zweiseitige Absprache über jede einzelne Gut- oder Lastschrift nicht erforderlich ist.129

O 48

Im Zusammenhang mit der Sicherungs-Globalzession: Die von § 142 InsO vorausgesetzte rechtsgeschäftliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung ist hier nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hinsichtlich der ausscheidenden und der hinzukommenden Forderungen nicht gegeben; denn der Erwerb neuer Forderungen erfolgt bei der Globalzession unabhängig davon, was aus den dem Schuldner zur Einziehung überlassenen Forderungen geworden, insbesondere welcher Wert ihm daraus zugeflossen ist. Damit fehle es insoweit schon im Ansatz an einer auf einen gleichwertigen Leistungsaustausch ausgerichteten vertraglichen Vereinbarung.130 Diese Begründung überzeugt jedoch nicht. Rechtsgrundlage für die Einbeziehung neuer Kundenforderungen ist die der Globalzession zugrundeliegende Sicherungsabrede; diese genügt als rechtsgeschäftliche Verknüpfung im Sinne des „für die“ gemäß § 142 InsO (vgl.

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127 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 311 Rz. 41; v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, NJW 2009, 2065 = ZIP 2009, 1122, 1123 Rz. 12 zu § 134 InsO m. Anm. Henkel, EWiR 2009, 487; Bograkos, DZWIR 2009, 462 f. 128 Vgl. z.B. BGH v. 1.3.2011 – XI ZR 135/10, WM 2011, 656 Tz. 17 m.w.N. 129 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130. 130 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42. Wagner

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O Rz. 49

§ 142 InsO – Bargeschäft

Rz. O41) und sollte einer atomisierenden anfechtungsrechtlichen Sonderbeurteilung widerstehen. cc) Unentgeltliche Leistungen

O 50 Ob auch unentgeltliche Leistungen des Schuldners unter § 142 InsO fal-

len, ist strittig, aber nach zutreffender Ansicht zu bejahen.131 Die Frage stellt gewissermaßen die Nagelprobe für die Tauglichkeit des eigenen systematischen Verständnisses der Insolvenzanfechtung im Allgemeinen, des Bargeschäftsprivilegs im Besonderen dar. Klarheit gewinnt, wer zwischen dem der Leistung des Schuldners zugrunde liegenden Rechtsgeschäft und dem der Gegenleistung des anderen Teils sowie ihrer Verknüpfung unterscheidet und dabei die höchstrichterliche Erkenntnis beherzigt, für die Kongruenzbeurteilung spiele der Bargeschäftseinwand keine Rolle.132 Daraus folgt jedoch entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs keine bestimmte Prüfungsreihenfolge, sondern lediglich die weitere Erkenntnis, dass Anfechtungsgrund und Einwendungstatbestand gesondert zu prüfen sind. Der Tatrichter ist daher nicht gehindert, zunächst den Bargeschäftseinwand zu prüfen. Dies kann zweckmäßig sein, weil sich dadurch gegebenenfalls eine aufwendige oder schwierige Prüfung des Anfechtungstatbestandes erübrigt. Dies gilt jedenfalls nach der hier vertretenen Auffassung, dass § 142 InsO auch in Fällen inkongruenter Deckung des § 131 InsO anwendbar sein kann.133 b) Anwendbarkeit bei inkongruenter Deckung?

O 51 Auf die Streitfrage ob ein Bargeschäft im Rahmen des § 131 InsO erheblich ist, kommt es nur an, wenn überhaupt eine inkongruente Deckung vorliegt. So stellt die Hingabe von Kundenschecks – anders als die eigener Schecks – regelmäßig, d.h. ohne entsprechende Vereinbarung, eine inkongruente Erfüllungshandlung dar.134 Aufschlussreich ist hierzu das BGHUrteil vom 21.12.1977. Dort hatte die kontoführende Bank (Anfechtungsgegnerin) einen Anspruch auf Ausgleich des Kontos bzw. auf Zahlung, soweit der gewährte Barkredit überschritten war. Aufgrund der Inkassovereinbarung mit dem späteren Schuldner war sie zur Hereinnahme von Lastschriften statt Barzahlung verpflichtet. Der Schuldner hatte also eine Ersetzungsbefugnis. In diesem Fall erlangt die Bank durch die Gutschrift der 131 Vgl. oben B I 1 vor a. Wie hier Kübler/Prütting/Paulus, § 142 Rz. 12. Dezidiert a.A. etwa Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof, S. 302; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4 m.w.N. zum Streitstand. 132 Vgl. dazu BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, NZI 2011, 675 = WM 2011, 1523 = ZIP 2011, 1576, 1577 Tz. 8. Vgl. bereits oben Rz. O9. 133 Auch unabhängig davon in Fällen der Verrechnung im ungekündigten Kontokorrent Wazlawik, DZWIR 2009, 418 unter I. Vgl. dazu Rz. O9, O120. 134 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 324 a.E.; v. 14.5.2009 – IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132, 136 Rz. 11; Nobbe in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 60 Rz. 309, 313.

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Rz. 53 O

II. Leistung und Gegenleistung

eingezogenen Lastschriftbeträge keine Sicherung oder Befriedigung, die sie nicht oder nicht in der Art oder in der Zeit zu beanspruchen hatte. Darf sich ein Schuldner durch eine andere Leistung als die geschuldete von seiner Schuld befreien (facultas alternativa), so fehlt es an einer inkongruenten Deckung.135 So liegt es beispielsweise, wenn eine Bank verpflichtet ist, Kundenwechsel zur Abdeckung des Kontos hereinzunehmen. Bestand nämlich eine Verpflichtung des Gläubigers, Wechsel des Schuldners in Zahlung zu nehmen, so muss als eine Sicherung oder Befriedigung, die der Gläubiger zu beanspruchen hat, auch eine solche gelten, die durch die Hingabe von Wechseln erfolgt.136 Nicht anders ist es, wenn die beklagte Bank zur Gutschrift der einzuziehenden Forderungen verpflichtet war. Die strenge Behandlung des Gläubigers gemäß § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) ist dann nicht gerechtfertigt, weil er diese Leistung annehmen musste (vgl. § 137 InsO, s. Rz. J9).137 Daran ändert sich mangels abweichender Vereinbarung nichts, wenn die Bank mehrere Konten des Schuldners führt.138 aa) § 142 InsO erfasst nur kongruente Deckungen (heute h.M.) Ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung und herrschender Lehre nur bei vereinbarungsgemäß erfolgten, also kongruenten Deckungshandlungen (Befriedigung oder Sicherung) möglich.139 Als Leitentscheidung dieser Ansicht gilt das sog. Kundenscheck-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 30.9.1993. Danach liegt eine Bardeckung selbst dann nicht vor, wenn der Gemeinschuldner eine zwar gleichwertige, aber andersartige Leistung erbringt als vereinbart.140

O 52

BGH-Urteil vom 30.9.1993 – BGHZ 123, 320 – Kundenschecks Der Kläger war Verwalter im Konkurs über das Vermögen der S. (Gemeinschuldnerin), die einen Großhandel mit Obst und Gemüse betrieb. Die Beklagte war im selben Gewerbe tätig und lieferte der S. Waren. Zur Tilgung der Kaufpreisforderungen übersandte die S. in der Zeit vom 1. bis 9.12.1988 acht bei dieser eingegangene Kundenschecks über insgesamt 74 000 DM an die Beklagte. Diese löste die Schecks ein. Am 19.12.1988 wurde gegen die Gemeinschuldnerin Konkursantrag gestellt. Das Konkursverfahren wurde am 23.3.1989 eröffnet. Mit der Klage verlangt der Kläger noch Erstattung des Betrages von 74 000 DM im Wege der Konkursanfechtung. Das Berufungsgericht hat die Klage, die in erster Instanz insoweit Erfolg hatte, abgewiesen. 135 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 183. 136 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, RGZ 71, 89, 90. 137 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 183 f. mit Nachw. zur Kommentarliteratur. 138 Offen gelassen BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 183 f. 139 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328 f.; v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 130; v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, ZInsO 2010, 673 Tz. 29; v. 24.10.2011 – IX ZR 244/09, Rz. 15 m.w.N.; Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.40 mit Fn. 199; Gottwald/Huber, InsR-HdB, § 46 Rz. 78; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5. 140 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320 Leitsatz a. Wagner

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O Rz. 54

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 54 Das Berufungsgericht hatte ausgeführt, die Hingabe der Kundenschecks könne nicht nach § 31 Nr. 2 KO (§§ 133, 138 InsO) angefochten werden, weil der Kläger eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht dargetan habe; die Gemeinschuldnerin habe für die weggegebenen Schecks eine vollwertige Gegenleistung erhalten. Und eine Anfechtung gemäß § 30 Nr. 1 KO (§§ 130, 132 InsO) sei nicht möglich, weil der Kläger nichts für eine Zahlungseinstellung der späteren Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der Hingabe der Schecks vorgetragen habe. Auch aufgrund des § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) scheide eine Anfechtung sogar insoweit aus, als die Beklagte noch am 9.12.1988 einen Scheck über 1109 DM empfangen habe. Zwar falle diese Leistung in die Zehntagesfrist vor Eingang des ersten Konkursantrages. Die Beklagte behaupte jedoch eine Bardeckung im Sinne eines aufeinander abgestimmten Leistungsaustauschs, bei dem die Befriedigung des Gläubigers vor oder bei Begründung seiner Forderung vereinbart sei. Die Entgelte für die Lieferung seien sofort fällig gewesen. Dass die Schecks kurz nach oder vor den Lieferungen übergeben worden seien, schade nicht, weil der zeitliche Abstand nicht 14 Tage erreicht habe. Damit liege zugleich eine kongruente Erfüllung vor. Das habe der Kläger nicht widerlegt.

O 55 Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Der Kläger habe ein Anfechtungsrecht gemäß § 31 Nr. 1 KO (§ 133 InsO) schlüssig dargetan. Für dessen Tatbestand komme es nicht entscheidend auf die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Vorliegen eines Bargeschäfts an.141 Die Vorschrift sei nach allgemeiner Meinung schon bei Vorliegen einer nur mittelbaren Gläubigerbenachteiligung anzuwenden, setze also anders als § 30 Nr. 1 Fall 1 KO (§ 132 InsO) und § 31 Nr. 2 KO (§§ 133, 138 InsO) nicht voraus, dass die Benachteiligung gerade durch den Abschluss des Rechtsgeschäfts selbst eintritt. Vielmehr genüge es, wenn diese sich durch das Hinzukommen weiterer Umstände bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung verwirklicht.142 Da die Beklagte sowohl die Zahlungseinstellung der S. bis zum 9.12.1988 bestritten als auch eine Benachteiligungsabsicht und ihre eigene Kenntnis davon geleugnet hatte, mussten die hierfür erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden. Hinsichtlich des Schecks über 1109 DM, den die Beklagte am 9.12.1988 erhielt, kam eine Hingabe in kritischer Zeit (damals innerhalb der Zehntagesfrist des § 30 Nr. 2 KO, anders insoweit § 131 InsO) in Betracht, so dass es auf die Frage ankam, ob der von der Beklagten geltend gemachte Bargeschäftseinwand durchgreifen konnte. Nach Maßgabe der Monatsfrist des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wären freilich alle (neun) streitgegenständlichen Schecks von der Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs betroffen.

141 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 322 f. unter Verweis auf § 161 i.V.m. § 148 Abs. 1 E-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 32, 35. 142 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 322 f.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 58 O

Das Oberlandesgericht München war im Anschluss an die seinerzeit herrschende Meinung der Ansicht, § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) sei keinesfalls anzuwenden (vgl. unten bb); denn der Scheck sei im Wege einer Bardeckung gegeben worden. Dem ist der Bundesgerichtshof nunmehr entgegengetreten. Für die Neuverhandlung hat er unter Bezugnahme auf die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs darauf hingewiesen, durch die Worte „für die“ werde ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Eine Leistung, die nicht der Parteivereinbarung entspricht, stelle keine Bardeckung dar, weil weder rechtlich noch wirtschaftlich ein Anlass bestehe, Umsatzgeschäfte des Schuldners in der Krise zu begünstigen, soweit sie anders abgewickelt werden als vereinbart.143 Auch der Gesichtspunkt der Vermögensumschichtung betreffe nur das zugrunde liegende Rechtsgeschäft, nicht die davon abweichende Art der Erfüllung oder Sicherung: Im Hinblick auf den Zweck des § 30 KO, die Gleichbehandlung aller Gläubiger während der wirtschaftlichen Krise des Gemeinschuldners zu verwirklichen, sei es nicht gleichgültig, ob eine Deckung vereinbarungsgemäß gewährt wird oder nicht. Im Gegenteil stelle der Erwerb desjenigen Gläubigers, der etwas anderes erhält als vereinbart, anfechtungsrechtlich auch dann eine einseitige Begünstigung dar, wenn der Gläubiger seinerseits eine Gegenleistung von gleichem Wert erbracht hat.144

O 56

Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen einer Bardeckung in diesem Sinne ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs derjenige, in dem die zeitlich erste Leistung eines Vertragsteils erbracht wird. Bis dahin können die Beteiligten den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden. Hat hingegen eine Seite schon vorgeleistet, dann erscheine jede nachträgliche Änderung allein mit Bezug auf die Art der Gegenleistung im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Gläubiger insoweit als verdächtig. Dies treffe unabhängig davon zu, ob der Gemeinschuldner oder der Gläubiger vorgeleistet hat.145

O 57

Nur eine solche Wertung entspreche der Systematik des § 30 KO im Hinblick auf die Bardeckung. Mit Bezug auf diese schränke § 30 Nr. 1 Fall 1 KO die Anfechtung von Deckungsgeschäften ein.146 Dies vermöge die Vorschrift aber nur, soweit die Deckungshandlung vereinbarungsgemäß erfolgt. Die – durch die Annahme einer Bardeckung gegebenenfalls auszuschließende – objektive Gläubigerbenachteiligung müsse also in dem

O 58

143 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328 mit Jaeger/Henckel, § 30 Rz. 110 sowie BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171, 173. 144 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328. 145 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 328 f. entgegen Kilger, KO, 15. Aufl., § 30 Anm. 8. 146 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329 unter Bezugnahme auf Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 30 Rz. 8. Wagner

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O Rz. 58

§ 142 InsO – Bargeschäft

Rechtsgeschäft als solchem liegen, nicht erst in der Zahlung.147 Werde hingegen die Vereinbarung geändert, nachdem ein Partner schon vorgeleistet hat, so beziehe sich der Abänderungsvertrag im Ergebnis nur noch auf die Art, wie die vom Umfang her unveränderte Gegenleistung zu erbringen ist. Eine solche Nachtragsvereinbarung betreffe gerade nicht das – von § 30 Nr. 1 Fall 1 KO erfasste – Verpflichtungsgeschäft, sondern isoliert die (abweichende) Art der Deckungshandlung, die selbständig unter § 30 Nr. 2 KO falle.148 Diese Einschränkung auf vereinbarungsgemäß erfolgende Leistungen hat allerdings praktisch zur Folge, dass eine der Art nach inkongruente Deckungshandlung in aller Regel keine Bardeckung darstellt.149

O 59 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs gibt unumwunden zu, dass dieses Ergebnis der seinerzeit herrschenden Lehre widerspricht. Diese war – wie auch der Erste Bericht der Kommission für Insolvenzrecht150 – davon ausgegangen, dass Bargeschäfte allgemein nicht der Anfechtung als inkongruente Deckungen unterliegen.151 Der Senat distanziert sich außerdem von früheren Entscheidungen des Bundesgerichtshofs. Soweit das (scil. die damals herrschende Auffassung) auch in der Rechtsprechung vereinzelt pauschal ausgesprochen worden sei, habe dies jeweils nur beiläufige Bedeutung gehabt.152 Keine jener Entscheidungen beruhe auf einer solchen Ansicht. Ausdrücklich fügt er hinzu: „Nach Prüfung der Tragweite der Rechtsfrage gibt der Senat – dem nunmehr die Rechtsstreitigkeiten über Konkurse allein zur Entscheidung zugewiesen sind – die frühere gegenteilige Auffassung für andersartige als die vereinbarten Leistungen auf.“153 bb) § 142 InsO erfasst auch inkongruente Deckungen (früher h.M.)

O 60 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte noch im KundenscheckUrteil vom 30.4.1992 in einem ähnlich gelagerten Fall ausgeführt: Zutreffend ist allerdings, daß die angefochtenen, Sicherung und Befriedigung gewährenden Rechtshandlungen nicht auf den alsbaldigen Austausch gleichwertiger Leistungen gerichtet waren. Ein derartiges „Bargeschäft“, 147 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329 unter Bezugnahme auf Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl., § 30 Rz. 23a. 148 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329. 149 Kritisch etwa Bork, FS Kirchhof, 2003, S. 57, 67; Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1421 ff.; Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof, 2003, S. 301, 305; dies., WM 2004, 1511 ff.; Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 157 f.; s. zum Meinungsstand auch Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 50 ff. m.w.N. 150 S. 410 zu Leitsatz 5.2.4. 151 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329 entgegen Kilger, KO, 15. Aufl., § 30 Anm. 20 a.E.; Hess/Kropshofer, KO, 4. Aufl., § 30 Rz. 26. 152 Der Senat nennt die Entscheidungen BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 184 f.; BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171, 173. 153 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 61 O

das einer Anfechtung nach § 30 Nr. 1 Halbsatz 2 und Nr. 2 KO entgegenstünde,154 setze voraus, dass die Sicherung oder Befriedigung des Gläubigers vor oder bei der Begründung seiner Forderung vereinbart worden ist, wobei ein geringer zeitlicher Abstand zwischen Leistung und Gegenleistung nicht schade. Im Streitfall sei der erforderliche Zusammenhang zwischen der Leistung der Beklagten (Zurverfügungstellung zusätzlichen Kredits) und der Leistung des Schuldners (Einreichung von Kundenschecks bei der Beklagten) aber – wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt habe – weder in zeitlicher noch in sachlicher Hinsicht dargetan. Dass die Beklagte – in der Absicht, dem Schuldner bei der Sanierung behilflich zu sein – ständig Kreditüberziehungen in nicht exakt festgelegter Höhe „toleriert“ hatte, solange ihr nur (ohne Absprache) Kundenschecks, in welcher Höhe auch immer, „avisiert“ und dann auch bei ihr eingereicht wurden, genüge nicht. Zu einem aufeinander abgestimmten Leistungsaustausch könne es zumindest in der letzten Zeit nicht mehr gekommen sein, weil es dem Schuldner nicht einmal mehr annähernd gelungen sei, den Schuldsaldo auf die vereinbarte Kreditlinie von 350 000 DM zurückzuführen.155 Die Abkehr des Bundesgerichtshofs von der damals herrschenden Dogmatik ist jedoch weder mit der den §§ 129 ff., 142 InsO zugrunde liegenden systematischen Trennung von Anfechtungsgrund und Anfechtungsausschluss zu vereinbaren noch mit dem erklärten Ziel des Gesetzgebers, dem Schuldner eine effektive Teilnahme am Rechtsverkehr auch in der wirtschaftlichen Krise und damit deren Überwindung zu ermöglichen (s. Rz. O4, O10). Ein zeitgemäß entwickeltes Verständnis des Bargeschäfts im Lichte des Sanierungsgedankens, der auch in § 1 InsO als Alternative zur allfälligen Liquidation normative Gestalt gewonnen hat, beruht auf der zutreffenden Erkenntnis des Bundesgerichtshofs, dass Kongruenz und Bargeschäft grundsätzlich gesondert zu beurteilen sind. Eine Beschränkung des Bargeschäftseinwands auf Fälle kongruenter Deckung im Sinne des § 130 InsO ist daher weder dem Wortlaut des § 142 InsO noch dessen Systematik geschuldet, geschweige denn der ratio legis. Die Bargeschäftsausnahme ist aus Sicht der Gläubiger deshalb gerechtfertigt, weil deren Benachteiligung ausgeschlossen ist, soweit dem Schuldnervermögen eine gleichwertige Gegenleistung zufließt.156 Darüber hinaus liegt es im allseitigen Interesse, wenn der Schuldner seinen Betrieb fortsetzen und so

154 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171, 173 mit BGH v. 5.11.1964 – VII ZR 2/63, WM 1965, 84, 87; v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 184 f.; v. 27.9.1984 – IX ZR 3/84, WM 1984, 1430; Jaeger/Henckel, KO, 9. Aufl., § 30 Rz. 110; Kuhn/Uhlenbruck, KO, 10. Aufl., § 30 Rz. 23; Kilger, KO, 15. Aufl., § 30 Anm. 14, 20 a.E. 155 BGH v. 30.4.1992 – IX ZR 176/91, BGHZ 118, 171, 173. 156 Vgl. BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 – Tiefkühlkost; s. Rz. O85. Zur Gleichwertigkeit als entscheidendem Gesichtspunkt s. auch Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2. Aufl. (2010), Kap. 33 Rz. 36; vgl. Rz. O101. Wagner

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O Rz. 61

§ 142 InsO – Bargeschäft

seine Krise überwinden kann.157 Das ist aber von vornherein erschwert, soweit mögliche Geschäftspartner des Schuldners mit anfechtungsbedingten Rückgewähransprüchen rechnen müssen.

O 61a Die ratio decidendi des zur Absichtsanfechtung ergangenen Kundenscheck-Urteils vom 30.9.1993 (BGHZ 123, 320) ist darin zu sehen, dass eine ungerechtfertigte Bevorzugung einzelner Gläubiger durch Bargeschäfte, die insbesondere in kollusivem Zusammenwirken mit dem Schuldner vorgenommen und erfüllt werden, anfechtbar sein müssen. Dem hat der Gesetzgeber mit § 142 InsO gezielt Rechnung getragen. Die Argumente des Bundesgerichtshofs zum weitergehenden Ausschluss des Bargeschäftseinwands auch in Fällen des § 30 Nr. 1 Fall 2 KO (§ 131 InsO) überzeugen dagegen nicht. Der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger verdient bei wertender Betrachtung, wie der Gerichtshof selbst ausführt, keinen Vorrang vor dem Sicherungs- oder Befriedigungsinteresse des einzelnen Gläubigers, der seinerseits in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der empfangenen Leistung dem Gemeinschuldner eine gleichwertige Gegenleistung vereinbarungsgemäß erbracht hat.158 In § 142 InsO ist die Grenze der Bargeschäftsausnahme bei § 133 InsO gezogen. Diese Grenze darf im Hinblick auf Sinn und Zweck der Vorschrift nicht verschoben werden, indem auch Deckungsgeschäfte im Sinne des § 131 InsO unter Generalverdacht und der Vorsatzanfechtung gleich gestellt werden. Soweit sich inkongruente Deckungshandlungen als verdächtig erweisen, stellt § 133 InsO die durch § 142 InsO beseitigte Anfechtbarkeit bzw. Anfechtungswirkung wieder her. Demgegenüber ist das Schrifttum der neuen Linie des Bundesgerichtshofs überwiegend gefolgt; das Urteil hat aber auch fundierten Widerspruch erfahren, vereinzelt auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung.159

O 61b Darüber hinaus erübrigt ein Verzicht auf die selbstgewählte Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 142 InsO auf Fälle des § 130 InsO insoweit die nicht immer überzeugende oder stringent durchführbare Unterscheidung zwischen kongruenter und inkongruenter Deckung. Diese Unterscheidung zwischen § 130 InsO und § 131 InsO darf nicht mit derjenigen zwischen § 131 InsO und § 133 InsO, also zwischen inkongruenten Handlungen und vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung vermengt werden. So mögen sich typische „Krisengeschäfte“ als verdächtig im Sinne 157 Vgl. BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2 mit BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553. 158 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 323 a.E. Vgl. dazu die Nachw. bei Rz. O61b. 159 Vgl. Bork, FS Kirchhof, 2003, S. 57, 67 und FS G. Fischer, 2008, 37, 41 ff.; Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1421 ff.; Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof, 2003, S. 301, 305 und WM 2004, 1511 ff.; eingehend zum Meinungsstand Bräuer, Diss. Kiel 2006, S. 50 ff. m.w.N. Speziell zum Stehenlassen von Darlehensforderungen LG Chemnitz WM 2007, 397, 398; Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; siehe Rz. O25.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 62 O

einer Inkongruenz erweisen, ohne jedoch die Schwelle zu § 133 InsO überschritten zu haben. So handelt ein Schuldner nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, die zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt,160 und zwar auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben.161 Weshalb z.B. verkehrsübliche und zur Betriebsfortführung nötige Zahlungsziele (Stundungen), Verrechnungen konnexer Kosten, Direktzahlungen in Fällen des abgekürzten Leistungsweges, Kreditverlängerungen oder die Wiederauffüllung wirksam bestellter Globalsicherheiten dem Anwendungsbereich des § 142 InsO von vornherein entzogen sein sollen, lässt sich weder generell noch im konkreten Fall überzeugend begründen. Insbesondere im Zusammenhang mit Verrechnungen im Kontokorrent wurden die Schwächen der höchstrichterlichen Dogmatik aufgezeigt. So hat namentlich Bork in vorbildlicher Klarheit herausgearbeitet, dass der Bundesgerichtshof sich mit seiner These, Bargeschäfte seien nur bei kongruenten Deckungen beachtlich, selbst in Begründungsschwierigkeiten gebracht hat. Da die Verrechnung im ungekündigten Kontokorrent inkongruent ist (weil die Bank keinen fälligen Rückführungsanspruch hat), kann der IX. Zivilsenat die (zutreffend) als richtig erkannte Anwendung des § 142 InsO auf die dennoch erfolgte Verrechnung von Ein- und Auszahlungen in kritischer Zeit nicht stringent begründen.162 § 142 InsO kommt nach der Begründung des Regierungsentwurfs nur zur Anwendung, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Das soll mit den Worten „für die“ zum Ausdruck gebracht werden.163 Das Tatbestandsmerkmal „für die“ Leistung des Schuldners hat jedoch keinen eindeutigen Begriffsinhalt, es ist vielmehr ambivalent und bedarf der am Gesetzeszweck orientierten Auslegung. So hatte der Gesetzgeber nur das Zweipersonenverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger vor Augen. Die Vorschrift ist aber grundsätzlich auch in Mehrpersonenverhältnissen anwendbar, wobei der Aufwand für die Darlegung der einwendungsbegründenden Umstände in der Regel ungleich höher ausfällt.164 Dabei ist in Dreiecksverhältnissen die maßgebliche Parteivereinbarung dem jeweiligen Deckungs- oder Valutaverhältnis 160 Vgl. BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2 mit BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553. 161 Vgl. BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2; s. dazu Chr. Kaufmann, ZInsO 2010, 65 ff. 162 Bork, FS G. Fischer, 2008, S. 37, 41 ff.; s. auch Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1516 ff., jeweils m.w.N. Vgl. dagegen Kayser, FS G. Fischer, 2008, S. 267, 275 ff. 163 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 161. 164 Vgl. Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 11; vgl. Rz. O30 ff., O35, O70, O174 ff. Wagner

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O Rz. 62

§ 142 InsO – Bargeschäft

zu entnehmen.165 Im Schrifttum weist namentlich Hirte zu Recht darauf hin, dass die Verknüpfung nicht notwendig in einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung bestehen muss, dass vielmehr auch gesetzliche Schuldverhältnisse in Betracht kommen, die eine Abwicklung Zug-um-Zug vorsehen.166 Dagegen genüge die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Abführung von Lohnsteuer oder Sozialversicherungsbeiträgen für den Arbeitnehmer nicht, ebenso wenig wie ein lediglich ursächlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung.167 c) Keine erweiternde Auslegung

O 63 Eine wesentliche Grenze für die Anwendung des § 142 InsO bildet bereits das Erfordernis einer rechtsgeschäftlichen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung mit der Folge, dass ein lediglich wirtschaftlicher Zusammenhang grundsätzlich nicht genügt.168 Ein praktisches Bedürfnis für eine Anwendung des Bargeschäftseinwands und damit die Zulässigkeit einer teleologisch korrekten (vgl. Rz. O51, O60 ff.) nach heute herrschender Meinung (vgl. Rz. O52 ff.) extensiven Interpretation der Norm stellt sich aber insbesondere im Zusammenhang mit Globalzessionen, Sanierungsleistungen, in Fällen fortbestehender Kreditgewährung gegen Sicherheit oder des abgekürzten Leistungsweges bei sog. Direktzahlungen. Sie zeigen, dass die rechtsgeschäftliche Verknüpfung keineswegs in einem gegenseitigen Austauschvertrag wie bei Kauf, Miete, Geschäftsbesorgung bestehen muss, sondern zum Beispiel auch in einem mehr oder minder komplexen Sicherungsvertrag wie bei grundpfandrechtlicher Besicherung von Darlehen bestehen kann, in einer Kontokorrentabrede oder in einer schlichten Tilgungsvereinbarung wie bei Scheck- und Wechselzahlungen.169

O 64 Entgegen einiger Stimmen im bankrechtlichen Schrifttum170 sieht der Bundesgerichtshof auch bei Globalzessionen „keine Veranlassung, den Tatbestand des § 142 InsO über den von der Senatsrechtsprechung bisher

165 Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5 m.w.N. 166 Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 6. 167 Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 11; BK-InsO/Haas, § 142 Rz. 16; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 5. Siehe dazu Rz. O172 ff. 168 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 30. Vgl. zum Stehenlassen einer Forderung BGHZ 174, 297, 311 Rz. 41; v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rz. 12. 169 Vgl. die Nachw. zu Rz. O58 a.E., O61a, O62. 170 Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 7. Aufl., Rz. 6.102p; Kuder, ZInsO 2006, 1065, 1069; Molitor, ZInsO 2006, 23, 25; vgl. auch Zeller/Edelmann, BB 2007, 1461, 1463; LG Chemnitz, WM 2007, 397, 398 zum Stehenlassen von Forderungen. Vgl. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. (2011), Rz. 6.347 ff. m.w.N. zur Streitfrage sowie de lege ferenda Hirte, FS Hopt, 2010, S. 141 ff.

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II. Leistung und Gegenleistung

Rz. 65 O

abgesteckten Bereich hinaus zu erweitern“.171 Zur Begründung führt er aus, der Sicherungsnehmer sei bereits dadurch hinreichend geschützt, dass die Anfechtung zukünftiger Forderungen nur unter den Voraussetzungen des § 130 InsO Erfolg hat. Damit erwerbe dieser ein insolvenzfestes Absonderungsrecht an allen Forderungen, die werthaltig geworden sind, bevor er Umstände erfahren hat, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder den Eröffnungsantrag schließen lassen (§ 130 Abs. 2 InsO). Würden solche Rechte auch noch an später entstandenen Forderungen wirksam begründet, „könnte dies für den Sicherungsnehmer einen Anreiz bilden, den Kreditvertrag mit dem insolventen Schuldner noch eine Zeitlang bis zu dem von seinem persönlichen Befriedigungsinteresse her gesehen günstigsten Zeitpunkt fortzusetzen.“ Dies widerspräche jedoch dem erklärten Ziel der Insolvenzordnung, die Beteiligten zu einer frühzeitigen Einleitung des Insolvenzverfahrens zu veranlassen, um eventuelle Sanierungsaussichten zu wahren und eine möglichst effektive Befriedigung der Gläubiger zu bewirken (vgl. § 1 Satz 1 InsO). Deren berechtigte Interessen wären, so der Bundesgerichtshof, in nicht hinnehmbarer Weise beeinträchtigt, wenn eine Globalzession dem Sicherungsnehmer die Möglichkeit gäbe, das Kreditverhältnis mit einem als insolvent erkannten Schuldner zum Nachteil der Masse fortzusetzen.172 Während der Bundesgerichtshof den Erwerb künftiger Forderungen aufgrund von Globalzessionsverträgen immerhin als kongruente Sicherheiten i.S.d. § 130 InsO qualifiziert, vermitteln Globalpfandrechte allenfalls inkongruente Sicherheiten i.S.d. § 131 InsO, so dass die Bargeschäftsausnahme von vornherein ausscheidet. Aufschlussreich ist hierzu die Argumentation des Gerichts gegenüber kritischen Stimmen. Sogar wenn man Nr. 14 Abs. 1 AGB-Banken (Nr. 21 Abs. 1 AGB-Sparkassen) dahin auslege, dass die Bank und der Kunde sich nicht nur über die Pfandrechtsbestellung dinglich einig sind, sondern zugleich einen schuldrechtlichen Anspruch darauf begründen, werde dieser erst in demjenigen Zeitpunkt auf einen bestimmten Pfandgegenstand konkretisiert, in dem die Sache in den Besitz der Bank gelangt oder die verpfändete Forderung entsteht. Eine frühere pauschale Einigung dahin, dass sämtliche künftig in den Besitz der Bank kommenden Sachen oder für den Kunden entstehenden Ansprüche gegen sie verpfändet sein sollen, genüge jedenfalls nicht, um im Voraus eine kongruente Sicherung im Sinne des § 130 InsO zu begründen.173 Die Gegenmeinung verkenne, dass nur solche Vereinbarungen die insolvenzrechtliche Kongruenz herstellen können, welche auf bestimmte, so-

171 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 313 Rz. 43. 172 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 313 Rz. 43. 173 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 126 mit MK-InsO/Kirchhof, § 131 Rz. 39 u.w.N. Wagner

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O 65

O Rz. 65

§ 142 InsO – Bargeschäft

gleich wenigstens identifizierbare Gegenstände gerichtet sind.174 Eine Vorverlagerung der anfechtungsrechtlichen Wirkung von dem Zeitpunkt der Konkretisierung auf denjenigen der früheren, allumfassenden Vereinbarung scheide aus.175 Dagegen kann ein länger zurückliegender Abschluss eines Globalzessionsvertrags durchaus Grundlage des Übergangs „zukünftiger“ Forderungen, mithin einer kongruenten Sicherheit sein (vgl. Rz. O41).

III. Unmittelbarkeit 1. Enger zeitlicher Zusammenhang a) Grundsatz

O 66 Unerlässliche Voraussetzung einer Privilegierung nach § 142 InsO ist, dass das Vermögen des Schuldners unmittelbar für dessen Leistung einen Zuwachs erfährt. Dieses Erfordernis folgt bereits aus dem Gesetzeswortlaut. Nach herrschender Meinung ist der Begriff „unmittelbar“ i.S.d. § 142 InsO in zeitlicher Hinsicht zu verstehen, und zwar im Sinne eines engen zeitlichen Zusammenhangs.176 Dieses Kriterium ist jedoch auslegungsbedürftig und gibt damit Raum für eine gewisse Flexibilität auf dem Weg zu einer interessengerechten Lösung des Einzelfalls. Dabei kann auch die allgemeine Vorschrift des § 184 BGB zur Rückwirkung der Genehmigung anwendbar sein, anders als bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Vornahme der Rechtshandlung des Schuldners gemäß § 140 InsO.177

O 67 Die Begründung des Regierungsentwurfs beschränkt sich auf den knappen Hinweis, das Wort „unmittelbar“ besage, dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen muss, wobei eine „gewisse Zeitspanne“ zwischen den beiden Leistungen nicht schade. Sie dürfe „aber nicht so lang sein, daß das Rechtsgeschäft unter Berücksichtigung der üblichen Zahlungsbräuche den Charakter eines Kreditgeschäfts annimmt.“178 Weitere Ausführungen enthalten die Motive nicht. 174 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 126 entgegen Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1419 f.; Huth, Kreditsicherungsrecht im Lichte der neuen Insolvenzordnung, 2000, S. 65; Wischemeyer, Die Insolvenzanfechtung der Rückführung debitorischer Konten durch Einstellung von Gutschriften in der Krise, 2002, S. 31 ff. Vgl. bereits oben Rz. O42 m.w.N. 175 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122, 125 f. zur Verrechnung im Kontokorrent, s. Rz. O122 ff., O190. 176 Vgl. BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578, 3580 Tz. 24. 177 Vgl. BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, MDR 2010, 1420 = ZIP 2010, 2105 ff. Rz. 21 zur Genehmigung einer vom Schuldner veranlassten Lastschrift. S. auch Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1865 m.w.N. 178 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 161.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 70 O

Entgegen der früher herrschenden engen Auslegung müssen Leistung und Gegenleistung nach heute herrschender Meinung nicht mehr Zug um Zug erbracht werden. Es genügt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich freilich nicht allgemein festlegen. Seine Bemessung hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht.179 Demgegenüber haben sich kritische Stimmen im Schrifttum (zu Recht) nicht durchgesetzt. Das betrifft einmal die namentlich von Häsemeyer vertretene Auffassung, es komme zur Bestimmung der Unmittelbarkeit auf die Vorleistung des Gläubigers an.180 Ihr ist zwar zuzugeben, dass das in § 142 InsO verwendete Kriterium der Unmittelbarkeit „unpräzise“ ist; indessen schränkt ihre eigene Interpretation den Anwendungsbereich der Bargeschäftsausnahme unnötig ein, was dem Normzweck nicht entspricht. Entsprechendes gilt gegenüber der im bankrechtlichen Schrifttum gegebenen Anregung, die durch die herrschende Auslegung des Unmittelbarkeitskriteriums hervorgerufenen Unsicherheiten durch einen Verzicht „auf den geforderten zeitlichen Zusammenhang“ zu beseitigen. Ihr Gegenvorschlag, „allein darauf abzustellen, ob von vornherein ein einheitlicher Leistungsaustausch vereinbart worden war“,181 ist eher kontraproduktiv, weil die damit verbundene Deflexibilisierung den möglichen Gewinn an Rechtssicherheit kompensieren dürfte.

O 68

In seiner zur Aufrechnung ergangen Entscheidung vom 11.2.2010 hat der Bundesgerichtshof auch das Unmittelbarkeitserfordernis verneint, weil der Anfechtungsgegner nicht mit Ansprüchen aufgerechnet hatte, die aus denselben technischen Vorgängen herrührten wie die Hauptforderungen der Schuldnerin, sondern zunächst mit Zinsen und sodann mit den ältesten Forderungen gemäß gesonderter Aufstellung (das erinnert an § 396 BGB).182 Hiervon zu unterscheiden ist die Verrechnung im ungekündigten Kontokorrent, die ein echtes Bargeschäft darstellt.183

O 69

Lohn- und Gehaltszahlungen erfolgen vertragsgemäß nach Erbringung der geschuldeten Arbeits- oder Dienstleistung pro rata temporis. Verkehrsüblich sind monatliche Zahlungen, je nach Tätigkeit und Branche

O 70

179 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 199 Rz. 31; v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 31; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 16; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 5; Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof, S. 308; jew. m.w.N. 180 Vgl. dafür Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.40 mit Fn. 198 m.w.N.; Häsemeyer, JuS 1986, 851, 855. 181 Federlin in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rz. 12.160 im Anschluss an Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 6.101 mit Harm Peter Westermann, KTS 1982, 165. 182 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 35. 183 Vgl. Kayser, FS G. Fischer, 2008, 257, 275 ff.; ausführlich zu dieser Fallgruppe s. Rz. O122 ff. Wagner

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O Rz. 70

§ 142 InsO – Bargeschäft

aber auch kürzere oder längere Phasen. Für die Einhaltung des Unmittelbarkeitserfordernisses kommt es nicht auf den Abstand zwischen Vertragsschluss und Leistung an, sondern auf die zeitnahe Leistung zum vereinbarten Termin.184 Der von § 142 InsO geforderte zeitliche Zusammenhang von Arbeitsleistung und Vergütung ist bei einem Monat in der Regel noch gewahrt, während zwei Monate mangels dahingehender Fälligkeitsbestimmung zu lang sind.185 Liegen zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage, ist ein Bargeschäft nach Ansicht des Bundesgerichtshofs zu verneinen.186 Praktisch besonders bedeutsam ist die Anfechtung rückständiger Lohnzahlungen, die sich häufig außerhalb des von § 142 InsO geforderten zeitlichen Zusammenhangs bewegen; zuweilen kann hier mittels subjektiver Kriterien nach Maßgabe des § 130 Abs. 2 InsO geholfen werden (s. Rz. O158).

O 71 Zur Annahme eines Bargeschäfts genügt es aber nicht, wenn nur die den Leistungen zu Grunde liegenden wechselseitigen Ansprüche in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Vielmehr muss der zeitliche Zusammenhang zwischen den Leistungen selbst gewahrt bleiben.187 Diese Erkenntnis folgt unmittelbar aus dem Wortlaut des § 142 InsO, der ausdrücklich auf die Leistung des Schuldners und die Gegenleistung des anderen Teils (Anfechtungsgegners) abstellt, aber nichts über die zugrunde liegenden Schuldverhältnisse (Ansprüche) sagt.

O 72 Im Zusammenhang mit der Abbuchung von Leasingraten vom Schuldnerkonto hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft gegeben ist.188 Gleiches gilt für die Zahlung von Leasingraten, die Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar sind.189 Nach Ziffer IV. 1. des Leasingvertrages in dem der Grundsatzentscheidung vom 10.6.2008 zugrunde liegenden Fall waren von der Schuldnerin monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen. Es lag daher eine Rechtslage vor, die der bei

184 Vgl. BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 370 f. zu § 112 InsO; v. 18.7.2002 – IX ZR 480/00, NJW 2002, 3252 f. zu §§ 614, 675 BGB (zwei Monate); v. 12.10.2006 – IX ZR 228/03, ZInsO 2006, 1210, 1211 zu § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO (drei Wochen); detailliert Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 14; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 19, jew. m.w.N. 185 Vgl. BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 480/00, NJW 2002, 3252 f. zu §§ 614, 675 BGB (zwei Monate); v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 (30 Tage); Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 14 a.E. 186 Vgl. BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 = ZIP 2011, 232 Tz. 20; s. im Einzelnen Rz. O157, O159 ff. 187 Vgl. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 34; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15. 188 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 mit BGHZ 151, 353, 370. 189 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 m.z.N.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 74 O

Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar ist190 und das Unmittelbarkeitskriterium nach Übung und Auffassung des Rechtsverkehrs unproblematisch erfüllt. Im Zusammenhang mit der Rückführung eines Überziehungskredits durch Gutschriften von im Lastschriftverfahren eingezogener Beträge hatte der Bundesgerichtshof den Fall zu beurteilen, dass die Beklagte (Anfechtungsgegnerin) die Gemeinschuldnerin etwa zur gleichen Zeit erhebliche Beträge zur Verfügung stellte, indem sie die Schuldnerin alsbald wieder über die gutgeschriebenen Beträge verfügen ließ, wobei die von der Beklagten beanspruchten geringer waren. Ein Anspruch auf Sicherung, so der Bundesgerichtshof, hindert die Anwendbarkeit des § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) dann, wenn er zwar in der kritischen Zeit, aber gleichzeitig mit der Forderung – Kredit gegen Sicherung – begründet wurde.191 Insoweit greift gleichfalls der Grundsatz der Bardeckung auch dann ein, wenn zwischen der Begründung der Forderung gegen den späteren Gemeinschuldner und der Gewährung von Sicherheiten eine kurze Zeitspanne liegt.192

O 73

b) Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung Auf die Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung kommt es grundsätzlich nicht an.193 Auch eine etwaige Vorleistungspflicht des Schuldners schließt daher die Annahme eines Bargeschäfts nicht aus.194 Die Begründung des Regierungsentwurfs hat zwar nur die umgekehrte Konstellation im Blick, indem sie eine gewisse Zeitspanne „zwischen der Leistung des Vertragspartners und der Gegenleistung des Schuldners“ als unschädlich bezeichnet. Erfasst sind damit Vorleistungen des Gläubigers, etwa als Mieter, Arbeitnehmer, Auftragnehmer oder Dienstleister. Der Gesetzeswortlaut des § 142 InsO ist jedoch entgegengesetzt formuliert, 190 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44. 191 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 186 mit BGH v. 5.11.1964 – VII ZR 2/63, WM 1965, 84, 87; Mentzel/Kuhn, KO, 8. Aufl., § 30 Rz. 55 m.w.N. 192 BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 186 mit VI 2c (richtig b) S. 183 f. 193 BGH v. 30.9.1993 – IX ZR 227/92, BGHZ 123, 320, 329; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 16; vgl. aber BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 153/07, DZWIR 2010, 290. Vgl. zusammenfassend BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 4 mit BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 691 zur kontokorrentmäßigen Verrechnung und allgemein zu § 142 InsO: BGHZ 167, 190, 202 (inkongruente Leistung bei Vorschusszahlung an den Anwalt nach Fälligkeit der Anwaltsgebühr in einer abgeschlossenen Angelegenheit); BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182 (Direktzahlung des Bauherrn an den Subunternehmer nach Ablauf der dem insolventen Unternehmer gesetzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit; unanfechtbares Bargeschäft trotz Vertragsänderung durch die Beteiligten). 194 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 31. Zur Gegenansicht im Schrifttum vgl. oben lit. a Rz. O68. Wagner

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O 74

O Rz. 74

§ 142 InsO – Bargeschäft

so dass Vorleistungen des Schuldners geradezu als der Normalfall erscheinen, wie etwa als Verkäufer, Auftragnehmer oder vorschussleistender Auftraggeber.195

O 75 Die Feststellung, dass es für die Beurteilung als Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO nicht auf die Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung ankommt, hat besondere Relevanz bei Verrechnungen im Kontokorrent. Die in der Rechtsprechung wiederholt getroffene Aussage, es komme auf die Reihenfolge von Gutschriften und Belastungsbuchungen nicht an,196 bezieht sich – wie der Senat in einem Hinweisbeschluss vom 14.1.2010 klarstellt – auf das Merkmal der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs.197 Bei genauerer Betrachtung ist dieser Gesichtspunkt jedoch vorbehaltlich abweichender gesetzlicher (z.B. § 133 InsO i.V.m. § 142 InsO) oder vertraglicher Regelungen weder für die Unmittelbarkeit noch für die Gleichwertigkeit des Leistungsaustausches im Rahmen des § 142 InsO von Bedeutung. Entscheidend ist vielmehr, ob die Gesamtheit der Insolvenzgläubiger per saldo benachteiligt wird. Dafür ist die bloße Abfolge der beiderseitigen Leistungen regelmäßig ohne Belang.

O 76 Dementsprechend hat der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshof in dem genannten Hinweisbeschluss vom 14.1.2010 klargestellt, dass „unabhängig davon stets gefordert (wurde), dass die Verrechnung einer Gutschrift nicht der letzte Akt sein darf, bevor das Kreditinstitut das Konto des Schuldners schließt.“ Es müssten vielmehr weitere Verfügungen zugelassen werden, woran es in dem dort zugrunde liegenden Sachverhalt gefehlt habe.198 Der Einwand, in Höhe der Rückführung des höchsten Sollstandes habe die beklagte Bank gerade keine erneuten Verfügungen zugelassen, berücksichtige nicht, dass es im Rahmen eines Bargeschäfts nicht auf die Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung ankommt.

2. Weiterungen und Grenzen

O 77 Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die kontokorrentmäßige Verrech-

nung,199 sondern zum Beispiel auch im Zusammenhang mit der Annahme einer inkongruenten Leistung bei Vorschusszahlung an einen Rechtsanwalt nach Fälligkeit der Anwaltsgebühr in einer abgeschlossenen Angelegenheit;200 ferner bei Direktzahlungen des Bauherrn an den

195 Vgl. zum systematischen Hintergrund bereits Eckardt, ZIP 1999, 1417, 1423. 196 Vgl. BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 202 Rz. 39; v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 691; v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182 Rz. 15. 197 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Rz. 2; v. 14.1.2010 – IX ZR 104/07, DZWIR 2010, 290. 198 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Tz. 2; v. 14.1.2010 – IX ZR 104/07, DZWIR 2010, 290. Vgl. im Einzelnen unten Rz. O122 ff., O128. 199 Vgl. bereits BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 691. 200 Vgl. allgemein zu § 142 InsO BGHZ 167, 190, 202.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 78 O

Subunternehmer nach Ablauf der dem insolventen Unternehmer gesetzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit.201 Ein unanfechtbares Bargeschäft kann selbst bei einer Vertragsänderung durch die Beteiligten gegeben sein.202 Der besondere Schutz des funktionellen Synallagmas, den die Vorschrift bezweckt,203 kann eben auch durch eine nachträgliche, d.h. im Anschluss an die (Vor-)Leistung des Schuldners getroffene Vereinbarung hergestellt worden, solange die (zeitliche) Grenze zum inäquivalenten Kreditgeschäft nicht überschritten wird. Bei wertäquivalenten Gegenleistungen ist die Gläubigergesamtheit durch § 133 InsO ausreichend geschützt (vgl. Rz. O61). a) Fallbeispiele Das Reichsgericht hatte zunächst solche Geschäfte als Bargeschäfte angesehen, bei denen Leistungen Zug um Zug ausgetauscht wurden (RGZ 100, 62, 64), aber bereits ausgesprochen, dass ein Rechtsgeschäft den Charakter eines Bargeschäfts nicht verliert, wenn zwischen Vertragsschluss und Zahlung eine kurze Zeitspanne liegt (RGZ 136, 152, 159). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung fortgesetzt.204 Ob ein Bargeschäft vorliegt, soll sich nach der Verkehrsauffassung richten.205 In einem besonders gelagerten Fall, in dem ein Auftrag zur Fertigung von Unterlagen für den Antrag auf Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens erteilt worden war, hat der Bundesgerichtshof angenommen, ein zeitlicher Abstand von etwa drei Wochen zwischen der Auftragserteilung und einer Forderungsabtretung zur Vergütung des Auftrags schließe die Annahme eines Bargeschäfts nicht aus.206 In Fällen der Darlehensgewährung gegen Bestellung einer Hypothek oder Grundschuld als Sicherung für die Darlehensforderung steht der Annahme eines Bargeschäfts nicht entgegen, wenn die Eintragung der Hypothek oder Grundschuld einen Monat oder gar zweieinhalb Monate nach der Darlehensgewährung erfolgt. Denn in diesen Fällen muss berücksichtigt werden, dass zur Eintragung der Hypothek oder Grundschuld die Mitwirkung eines Notars und des Grundbuchamtes erforderlich ist.207 Bemerkenswert ist hierzu folgender Umschuldungs-Fall. 201 Vgl. BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182. 202 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Rz. 4; BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 104/07, DZWIR 2010, 290. 203 Häsemeyer, InsR, 4. Aufl., Rz. 21.40 a.E. 204 Vgl. zusammenfassend BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 – Tiefkühlkost – unter III 2 m.w.N. 205 BGH v. 9.2.1955 – IV 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = WM 1955, 404 (Hypothekenbestellung); v. 21.5.1980, a.a.O. 206 BGH v. 17.11.1958 – II ZR 224/57, BGHZ 28, 344, 347 – Vergütung für Vergleichsantrag. 207 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 = WM 1977, 254 (Grundschuld) mit BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/74, WM 1955, 404 = LM KO § 30 Nr. 2 (Hypothek). Wagner

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O 78

O Rz. 79

§ 142 InsO – Bargeschäft

BGH-Urteil vom 26.1.1977 – NJW 1977, 718 (Grundschuldbestellung)

O 79 Der spätere Gemeinschuldner und seine Ehefrau hatten zur Sicherung eines Darlehens der B. Bank AG eine Grundschuld bestellt und bei der Umschuldung dieses Darlehens von der B. Bank AG auf die Beklagte die Übertragung der Grundschuld auf die Beklagte veranlasst. Das Grundbuchamt hatte den Antrag auf Eintragung der Grundschuld am 24.11.1971 zunächst zurückgewiesen, weil der Gemeinschuldner und seine Ehefrau zu dieser Zeit noch nicht als Eigentümer des Grundstücks eingetragen waren. Dieses Hindernis haben sie durch ihren Antrag vom 23.12.1971 auf Umschreibung des Eigentums am Grundstück ausgeräumt, so dass dem am 27.12.1971 von der Beklagten gestellten neuerlichen Antrag auf Eintragung der Grundschuld stattgegeben wurde.

O 80 Das Berufungsgericht hatte im Gegensatz zum Landgericht ein anfechtbares Bargeschäft bejaht, weil der Gemeinschuldner nicht unverzüglich alles getan habe, um der Beklagten die für ihre Darlehensgewährung vereinbarte grundpfandrechtliche Sicherung zu verschaffen. Dagegen hatte die Revision gerügt, dass die Abtretung der Grundschuld an die Beklagte Zug um Zug mit der Darlehensgewährung an den Gemeinschuldner und der Ablösung seines Kredits bei der B. Bank AG erfolgt und als einheitliches Ganzes gewollt gewesen sei. Dem (übereinstimmenden) Willen der Beklagten und des Gemeinschuldners habe es daher entsprochen, die Grundschuldbestellung und Darlehenshingabe als einheitlichen Vorgang – als Bardeckung – durchzuführen. Der Umstand, dass infolge der zunächst noch fehlenden Eintragung des Gemeinschuldners und seiner Ehefrau als Eigentümer und durch die Arbeitsbelastung des Grundbuchamtes eine Verzögerung der Grundschuldbestellung um zweieinhalb Monate eingetreten sei, habe die Eigenschaft der Vereinbarung als Bargeschäft nicht aufgehoben.

O 81 Der Bundesgerichtshof teilt diese Ansicht. Dagegen habe das Berufungsgericht den Begriff des Bargeschäfts zu eng ausgelegt, indem es das Vorliegen eines solchen im Hinblick darauf verneint habe, dass der erste Antrag auf Eintragung der Grundschuld zurückgewiesen wurde mit der Folge, dass zwischen Antrag und Eintragung ein Zeitraum von zweieinhalb Monaten lag. Der Bundesgerichtshof hat zunächst unter Bezugnahme auf das bereits erwähnte Hypotheken-Urteil vom 9.2.1955 klargestellt, dass es sich um eine der Anfechtung nicht unterliegende Bardeckung auch dann handeln kann, wenn der Anfechtungsgegner dem späteren Gemeinschuldner einen Darlehensbetrag ausgehändigt hat in der Erwartung, dass dieser unverzüglich die vereinbarte Bestellung einer Hypothek als Sicherheit für die Darlehensforderung in die Wege leiten werde, und wenn der Gemeinschuldner sich dementsprechend verhalten hat und die Eintragung der Hypothek daraufhin ungefähr einen Monat später erfolgt ist.208 Übliche

208 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 = WM 1977, 254 (II 1b) mit BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/74, WM 1955, 404 = LM KO § 30 Nr. 2.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 83 O

Bearbeitungszeiten hindern die Unmittelbarkeit des Leistungsaustausch generell nicht.209 Bezogen auf den entschiedenen Fall führt der Bundesgerichtshof aus: Der Gemeinschuldner hatte hier zusammen mit seiner Ehefrau zur Sicherung des Darlehens der B. Bank AG eine Grundschuld bestellt und bei der Umschuldung dieses Darlehens von der B. Bank AG auf die Beklagte die Übertragung der Grundschuld auf die Beklagte veranlasst. Mit dem dazu gestellten Eintragungsantrag beim Grundbuchamt waren von seiten des Gemeinschuldners die Voraussetzungen für das Entstehen der Grundschuld durch Eintragung geschaffen (§§ 1192, 1116, 873 Abs. 2 BGB). Der Gemeinschuldner und seine Ehefrau waren an ihre Einigung über die Grundschuldbestellung und deren Übertragung auf die Beklagte gebunden (§§ 1192, 1154 Abs. 3, 873 Abs. 2 BGB). Sie hatten der Beklagten eine den Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung ausgehändigt, was daraus hervorgeht, dass die Beklagte unstreitig selbst am 27.12.1971 den Antrag stellte, der zur Eintragung der Grundschuld führte. Damit, so der VIII. Zivilsenat, habe die Übertragung des Rechts auf die künftig entstehende Grundschuld auf die Beklagte gegen die Darlehensgewährung an den Gemeinschuldner alle Merkmale eines Bargeschäfts, auch wenn die Grundschuld ohne Brief erst mit der Eintragung im Grundbuch zur Entstehung kam. Dass bis zur Eintragung der Grundschuld zwangsläufig noch eine Zeitspanne verging, zerstöre den Charakter einer Bardeckung im entschiedenen Fall nicht, nachdem der Gemeinschuldner und seine Ehefrau entsprechend der Vereinbarung mit der Beklagten zunächst die für die Grundschuldbestellung notwendigen Maßnahmen in die Wege geleitet hatten.210

O 82

Verallgemeinerungsfähig führt der Bundesgerichtshof weiter aus, ein zeitlicher Abstand zwischen den einzelnen Akten eines Leistungsaustausches stehe der Annahme eines Bargeschäfts nicht notwendig entgegen.211 Eine feste Zeitspanne, innerhalb derer die Abwicklung eines Rechtsgeschäfts dessen Charakter als Bargeschäft nicht beeinträchtigt, lasse sich vor allem dann nicht bestimmen, wenn die vom Gemeinschuldner zu erbringende Leistung in der Bestellung eines Grundpfandrechts besteht. In casu hätten der Gemeinschuldner und seine Ehefrau der Beklagten vereinbarungsgemäß die unwiderrufliche Eintragungsbewilligung für die Grundschuld als Gegenleistung für deren Darlehensgewährung verschafft. Der Umstand, dass der entsprechende Eintragungsantrag beim Grundbuchamt zunächst an der fehlenden Voreintragung der Grundschuldbesteller als Eigentümer des Grundstücks gescheitert war,

O 83

209 Vgl. näher zu den praktischen Ausprägungen der Verkehrsanschauung Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 6.96 ff. m.w.N. 210 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 = WM 1977, 254 (II 2a). 211 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 = WM 1977, 254 (II 2a) mit BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/74, WM 1955, 404 = LM KO § 30 Nr. 2 (Hypothek) und RGZ 136, 152, 159. Wagner

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O Rz. 83

§ 142 InsO – Bargeschäft

sei unerheblich, weil dieses Eintragungshindernis einen Monat später beseitigt und sodann unverzüglich die Eintragung der Grundschuld erneut beantragt und vorgenommen worden sei. Von der bis zur Eintragung verstrichen Zeit von zweieinhalb Monaten habe das Grundbuchamt allein einen Monat für den Vollzug des Eintragungsantrags (27.12.1971 bis 27.1.1972) in Anspruch genommen. Die bis zur Abwicklung des Geschäfts verflossene Zeit sei nicht geeignet, den von den Parteien gewollten und durch ihr Verhalten angestrebten Zusammenhang zwischen der Kreditgewährung und der Grundschuldbestellung zu beseitigen. Es seien tatsächlich gleichwertige Leistungen, nämlich die Kreditgewährung der Beklagten gegen die Grundschuldbewilligung, Zug um Zug ausgetauscht worden. Eine Benachteiligung der Gläubiger des Gemeinschuldners sei deshalb nicht eingetreten, so daß die Anfechtungsklage keinen Erfolg haben könne.212

O 84 Im Mittelpunkt der für die Anwendung des § 142 InsO auf Honorarzahlungen maßgebenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 13.4.2006 und vom 6.12.2007 steht die Abgrenzung zwischen kongruenter und inkongruenter Erfüllung anwaltlicher Honorarforderungen.213 Hierzu hat Pape mit Recht hervorgehoben, dass es sich dabei regelmäßig um eine „Gratwanderung“ zwischen der Befriedigung berechtigter Ansprüche und einer Ausplünderung im Vorfeld des Insolvenzverfahrens handelt, zumal den Beteiligten die wirtschaftliche Krise des Mandanten nicht verborgen geblieben sein kann.214 Dabei spielt für § 142 InsO auch die Gleichwertigkeit eine Rolle (s. Rz. O105 f., O162 ff.).

O 85 Ein weiteres Beispiel in anderem Zusammenhang stellt der TiefkühlkostFall aus dem Jahre 1980 dar. BGH-Urteil vom 21.5.1980 – NJW 1980, 1961 – Tiefkühlkost Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen einer Warenhauskette (Gemeinschuldnerin), die von der Beklagten in der Zeit vom 14. bis 22.7.1976 mit Waren beliefert wurde. Hierfür erteilte sie der Gemeinschuldnerin unter dem 27. bis 30.7.1976 Einzelrechnungen und in dem gleichen Zeitraum der der Gemeinschuldnerin angeschlossenen Einkaufsgesellschaft D. Sammelrechnungen, in denen die Einzelrechnungen zusammengefasst waren. Am 6.8.1976 erhielt die Beklagte zum Ausgleich der Rechnungen von der Gemeinschuldnerin einen Scheck über 104 414,28 DM. Dieser Betrag wurde dem debitorisch geführten Konto der Gemeinschuldnerin bei der bezogenen Bank am 9.8.1976 belastet.

212 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 f. = WM 1977, 254 (II 2b). 213 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 (Leitsatz a) m. Anm. Pape, EWiR 2007, 117 = BGH-Report 2006, 1133 m. Anm. Ringstmeier; v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 = NZI 2008, 173 = ZInsO 2008, 101 m. Anm. Gundlach, BGH-Report 2008, 304; Freudenberg, EWiR 2008, 409. S. dazu Rz. O91 ff., O201 ff. 214 Pape, EWiR 2007, 117 unter 1. S. dazu unten Rz. O171.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 86 O

Auf den Konkursantrag der Gemeinschuldnerin vom 6.8.1976 wurde am 13.9.1976 das Konkursverfahren über deren Vermögen eröffnet. Der Kläger macht geltend, die Einkaufsgesellschaft, nicht die Beklagte, sei Vertragspartnerin und Gläubigerin der Gemeinschuldnerin gewesen. Er nimmt die Beklagte aus ungerechtfertigter Bereicherung und infolge Konkursanfechtung auf Zahlung von 104 414,28 DM nebst Zinsen in Anspruch.

Die Beklagte behauptete, zwischen den Parteien hätten unmittelbare Vertragsbeziehungen bestanden, sie bestritt die angeblichen Ansprüche des Klägers und beantragte Klagabweisung. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung über den geltend gemachten Bereicherungsanspruch zurück. Unter Geltung der Konkursordnung war allgemein anerkannt, daß Bargeschäfte, bei denen gleichwertige Leistungen ausgetauscht werden, der Anfechtung weder nach § 30 Nr. 1 KO (§§ 130, 132 InsO) noch nach § 30 Nr. 2 KO (§ 131 InsO) unterliegen, weil die Konkursgläubiger nicht benachteiligt werden, wenn dem Vermögen des Gemeinschuldners alsbald ein entsprechender Gegenwert zufließt.215 Was für die genannten Fälle gilt, lasse sich allerdings nicht ohne weiteres auf einen Kaufvertrag über bewegliche Sachen übertragen. Der Bundesgerichtshof teilt die Ansicht der Revision, daß bei einem derartigen Belieferungsvertrag engere Grenzen gezogen werden müssen. Dennoch sei nach der Verkehrsauffassung im entschiedenen Fall ein Bargeschäft anzunehmen.216 Obgleich auch bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen der Zeitraum, innerhalb dessen die Abwicklung des Geschäfts der Annahme eines Bargeschäfts nicht entgegensteht, nicht generell bestimmt werden kann, ist jedenfalls unter den gegebenen Umständen eine Zeitspanne von je einer Woche zwischen Lieferung und Rechnungsstellung und zwischen Rechnungsstellung und Scheckbegebung nicht zu lang, um ein Bargeschäft anzunehmen.217 Der Bundesgerichtshof hat im Tiefkühlkostfall unter den gegebenen Umständen eines Großunternehmens mit Filialbetrieb jedenfalls eine Zeitspanne von jeweils rund einer Woche zwischen Lieferung und Rechnungsstellung und zwischen Rechnungsstellung und Scheckbegebung als nicht zu lang angesehen, um ein Bargeschäft anzunehmen.218 Obgleich auch bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen der für die Annahme eines Bargeschäfts unschädliche Zeitraum nicht generell bestimmt werden kann, erscheint heute ungeachtet des Einsatzes moderner Datenverarbeitungssysteme eine Zahlungsfrist von nur einer Woche gerade unter den Umständen des entschiedenen Falles als sehr knapp bemessen. Verkehrsüb-

215 Vgl. RGZ 100, 62, 64 und 136, 152, 158 f.; BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 – Tiefkühlkost – unter III 1 m.w.N. 216 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 3. 217 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 3b. 218 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 3b. Wagner

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O 86

O Rz. 86

§ 142 InsO – Bargeschäft

lich sind im kaufmännischen Geschäftsverkehr Zahlungsziele von zwei bis vier Wochen oder 30 Tage (vgl. § 286 Abs. 3 BGB), bei Verbraucherverträgen von zumindest 14 Tagen in Anlehnung an die gesetzliche Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 2 BGB).

O 87 Entgegen der Ansicht der Revision sei der Zeitraum zwischen den Lieferungen der Beklagten und der Scheckbegebung durch die Gemeinschuldnerin nicht zu lang, um ein Bargeschäft annehmen zu können. – Maßgeblich für die Bemessung des zeitlichen Zusammenhang ist dabei die Begebung und nicht die Gutschrift des Schecks, weil und soweit der Scheckgeber auf letztere keinen Einfluss hat. – Im normalen Geschäftsverkehr werden derartige Geschäfte, insbesondere wenn es sich um Großbetriebe handelt, nicht in wenigen Tagen abgewickelt. In Großbetrieben wie demjenigen der Beklagten des entschiedenen Falles werden die Rechnungen im allgemeinen nicht mit der Lieferung oder sofort danach erteilt, weil mit der Lieferung und der Rechnungsstellung verschiedene Abteilungen befasst sind. Die Bezahlung einer Lieferung erfolgt auch und gerade im kaufmännischen Verkehr in der Regel erst nach Rechnungserteilung. So lagen auch im Großbetrieb der Gemeinschuldnerin zwischen dem Eingang der Rechnungen und deren Bezahlung „etliche Tage, weil für die Bezahlung eine andere Abteilung zuständig war als diejenige, die die Lieferung entgegennahm.“ Diese Konstellation liegt erst recht vor, wenn die Lieferung wie im entschiedenen Fall an Filialen des Unternehmens erfolgte, die Zahlung aber von der Zentrale vorgenommen wird. Eine sofortige Bezahlung der Lieferungen der Beklagten war somit schon aus organisatorischen Gründen nicht möglich.219

O 88 Es würde im Ergebnis auch dann nichts anderes gelten, wenn, wie der Kläger im entschiedenen Fall behauptet hatte, vertragliche Beziehungen nicht zwischen der Gemeinschuldnerin und der Beklagten, sondern zwischen der Gemeinschuldnerin und der Einkaufsgesellschaft einerseits und der Einkaufsgesellschaft und der Beklagten andererseits bestanden hätten. Angesichts der dargestellten Umstände und des festgestellten Zeitablaufs wäre auch dann ein Bargeschäft anzunehmen, so dass der Bundesgerichtshof offen lassen konnte, ob bei jener Fallgestaltung die Konkursanfechtung nicht gegen die Einkaufsgesellschaft hätte gerichtet werden müssen.220

O 89 Einstweilen frei O 90 Einstweilen frei

219 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 3a. 220 BGH v. 21.5.1980 – VIII ZR 40/79, NJW 1980, 1961 unter III 3c.

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Rz. 92 O

III. Unmittelbarkeit

b) Vorleistungen bei Dauerschuldverhältnissen BGH-Urteil vom 13.4.2006 – BGHZ 167, 190 – Anwaltshonorar (Vorschusszahlungen) Der Beklagte war seit Anfang/Mitte Oktober 2001 für die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche A. GmbH (Schuldnerin) anwaltlich tätig. Als Honorar erhielt er von der Schuldnerin zunächst – jeweils in bar – am 1.11.2001 5000 DM und am 8.11.2001 10 000 DM. Am 9.11.2001 stellte der Geschäftsführer der Schuldnerin im Beisein des Beklagten beim Amtsgericht – Insolvenzgericht – einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Nach dem Vortrag des Beklagten geschah dies mit dem Ersuchen, den Antrag erst zu bearbeiten, wenn bis zum 12.11.2001 eine erwartete Kapitaleinlage der französischen Muttergesellschaft ausbleiben sollte. Am 12.11.2001 erhielt der Beklagte – wiederum in bar – von der Schuldnerin eine weitere Zahlung von 35 764,62 DM. Über den Gesamtbetrag von 50 764,62 DM existiert eine auf den 12.11.2001 datierte Rechnung des Beklagten. Zu der Kapitaleinlage kam es nicht. Das Insolvenzverfahren wurde am 1.2.2002 eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung des erhaltenen Honorars in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Auf die Revision des Insolvenzverwalters hat der Bundesgerichtshof das landgerichtliche Urteil teilweise wieder hergestellt.

O 91

aa) Maßgeblicher Bezugspunkt Besonders bei längerfristig angelegten Schuldverhältnissen ist die Begriffsbestimmung des Tatbestandsmerkmals „unmittelbar“ von besonderer Bedeutung. So können sich zum Beispiel anwaltliche Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum hinziehen; selbst wenn es sich dabei nicht um Dauermandate handelt, sind Zeitspannen von Monaten oder Jahren nicht selten.221 Dies wäre unter dem Gesichtspunkt des engen zeitlichen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung nicht problematisch, wenn auf den Zeitraum zwischen der Beendigung der Dienstleistung und der Zahlung des Honorars abzustellen wäre. Den dahingehenden Auslegungsvorschlag von Lwowski/Wunderlich222 hält der Bundesgerichtshof jedoch für unzutreffend. Zwar habe der Rechtsanwalt, der von dem Mandanten alsbald nach Fälligkeit der Vergütung bezahlt wird, dem Mandanten keinen „Kredit durch Stundung“ gewährt. Dass im Falle einer Kreditgewährung ein Bargeschäft nicht in Betracht komme, rechtfertige aber nicht den Umkehrschluss, ein Bargeschäft sei immer dann anzunehmen, wenn kein Kredit gewährt werde. Vielmehr erbringe der Dienstleistende eine Vorleistung, wenn seine Vergütung erst nach Beendigung seiner Dienste fällig werde.223

221 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 Rz. 32 a.E. 222 FS Kirchhof S. 312; ähnlich Kirchhof, ZInsO 2005, 340, 344. 223 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 Rz. 33. Wagner

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O 92

O Rz. 93

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 93 Wer an den Schuldner Vorleistungen erbracht hat, hat wegen seines Anspruchs auf die Gegenleistung grundsätzlich nur eine Insolvenzforderung.224 Die dem § 142 InsO zugrunde liegende gesetzgeberische Erwägung, dass dem in der Krise befindlichen Schuldner eine weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr ermöglicht werden soll, falls dies die Gläubigergesamtheit nicht beeinträchtigt, betreffe, so der Bundesgerichtshof in seiner Grundsatzentscheidung vom 13.4.2006, nicht Fälle, in denen über längere Zeit vorgeleistet wird. Wer zum Beispiel für den Schuldner ein Gebäude errichtet und sich darauf einlässt, dass der Werklohn insgesamt erst nach Abschluss der Bauarbeiten zu entrichten ist, könne sich, wenn der Schuldner ihn in der Krise bezahlt, nicht darauf berufen, der Bauvertrag sei ein Bargeschäft gewesen. Mit Dienstverträgen verhalte es sich nicht anders. Dementsprechend habe der Bundesgerichtshof bei der Prüfung, ob der Vertrag über die Dienstleistung eines anwaltlichen oder steuerlichen Beraters ein privilegiertes Bargeschäft darstellt, grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen der Annahme des Auftrags oder dem Beginn der Tätigkeit und der Gegenleistung abgestellt.225 bb) Zeitliche oder gegenständliche Teilbarkeit

O 94 Deshalb verlangt der Bundesgerichtshof bei länger währenden Vertragsbeziehungen für die Annahme eines Bargeschäfts, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden.226 Das ist in praktisch besonders bedeutsamen Wirtschaftsbereichen der Fall, wie etwa im Rahmen der Durchführung von Bauverträgen, des Zahlungsverkehrs nach Maßgabe von Girovertrag und Kontokorrentabrede und nicht zuletzt für die vorschussweise Vergütung bei Dienstleistungs- und Geschäftsbesorgungsverhältnissen. cc) Zeitnahe Teilleistungen

O 95 Demnach können zum Beispiel Zahlungen, mit denen ein Bauunternehmer nach Baufortschritt entlohnt wird, Bargeschäfte sein, falls der Abstand zwischen den einzelnen Raten nicht zu groß wird. Entsprechendes gilt für die Saldierung von Soll- und Habenbuchungen im Rahmen eines debitorisch geführten Kontos; hier ist der erforderliche unmittelbare Leistungsaustausch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn zwischen den Buchungen weniger als zwei Wochen vergehen; die Abrechnungsperiode des Kontokorrents wäre dagegen zu lang.227

224 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 Rz. 33 mit BGHZ 135, 25, 27. 225 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 f. Rz. 33 mit Nachw. 226 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 Rz. 34. 227 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 Rz. 34.

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III. Unmittelbarkeit

Rz. 98 O

Angewandt auf Vorschussleistungen zieht der Bundesgerichtshof in dem der Grundsatzentscheidung vom 13.4.2006 zugrunde liegenden Anwaltshonorarfall die zeitliche Grenze bei 30 Tagen: Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, handelt es sich somit nicht mehr um ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO. Diese Grenze entspricht der gesetzlichen Verzugsfrist (§ 286 Abs. 3 BGB), die in Ermangelung anderer Anhaltspunkte als Maßstab für einen unmittelbaren Leistungsaustausch dienen könne. Rechtsanwälte werden dadurch nach Ansicht des auch für das Haftungsrecht der Rechtsanwälte und Steuerberater zuständigen IX. Zivilsenats nicht unangemessen benachteiligt, da sie jederzeit Vorschüsse verlangen können.228

O 96

In diesem Zusammenhang erteilt der Bundesgerichtshof der im Schrifttum kontrovers diskutierten Ansicht von Kirchhof, der Maßstab des engen zeitlichen Zusammenhangs sei weniger streng, wenn der Schuldner (wie im entschiedenen Fall durch die Gewährung von Vorschüssen) vorgeleistet hat,229 eine Absage.230 Deren Argument, anders als bei einer Vorleistung des Gegners, der damit dem Schuldner Kredit gewährt, treffe dies bei einer Vorleistung des Schuldners nicht zu, lässt er nicht gelten. Die Annahme, wegen des Normzwecks könne der Zeitraum zwischen Leistung und Gegenleistung größer sein, wenn der Schuldner selbst vorleiste, treffe nicht zu. Für eine Privilegierung des Gegners bestehe kein Anlass, wenn der Schuldner vorgeleistet hat. Denn dies sei für die künftige Masse sogar nachteiliger als der umgekehrte Fall. Außerdem könne eine anfechtungsrechtliche Privilegierung der Kreditgewährung durch den Schuldner für einen Geschäftspartner, der einen Anspruch auf Vorschuss hat (andernfalls komme ein Bargeschäft ohnehin nicht in Betracht), Anreiz bieten, möglichst frühzeitig auf einem solchen zu bestehen. Dies läge jedoch nicht im Interesse der Gläubigergesamtheit.231 Zumindest das letztgenannte Gegenargument überzeugt nicht, zumal auch die vom Senat gezogene Zeitgrenze für die Geltendmachung des Vorschussanspruchs zwar keinen Anreiz, wohl aber einen gewissen Zwang dazu entfaltet.

O 97

Allerdings ist zu beachten, dass die Voraussetzungen eines Bargeschäfts wiederum nicht erfüllt sind, wenn die geltend gemachte Höhe des Vorschusses die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Dies gilt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ungeachtet des Umstands, dass die Gebührentatbestände möglicherweise bereits verwirklicht sind. Es sei einem Rechtsanwalt, der in den Genuss der Bar-

O 98

228 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 Rz. 35. 229 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 16. 230 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 202 f. Rz. 39 im Anschluss an HK-InsO/Kreft, 4. Aufl., § 142 Rz. 6; Uhlenbruck//Hirte, InsO, 12. Aufl., § 142 Rz. 15; Kübler/Prütting/Paulus, § 142 Rz. 7. 231 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 202 f. Rz. 39. Wagner

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O Rz. 98

§ 142 InsO – Bargeschäft

geschäftsausnahme kommen will, möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. Außerdem könne vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütung zu erbringen.232 c) Verzögerungen

O 99 Unschädlich sind Verzögerungen des Leistungsaustauschs bis zur Grenze

der Kreditgewährung.233 Daher kann ein nennenswerter Zahlungsaufschub durch Stundung den notwendigen Zusammenhang unterbrechen.234 Der Bundesgerichtshof hat dies im Zusammenhang mit der Vergütung einer Anwaltstätigkeit auf die prägnante Formel gebracht: Zwar habe der Rechtsanwalt, der von dem Mandanten alsbald nach Fälligkeit der Vergütung bezahlt wird, dem Mandanten keinen Kredit durch Stundung gewährt. Dass im Falle einer Kreditgewährung ein Bargeschäft nicht in Betracht kommt, rechtfertige jedoch nicht den Umkehrschluss, ein Bargeschäft liege immer dann vor, wenn kein Kredit gewährt werde.235

O 100 Die Praxis verfährt in diesem Zusammenhang meist großzügig und wird damit den Verkehrsbedürfnissen sowie den speziellen Gegebenheiten in der wirtschaftlichen Krise des Schuldners regelmäßig gerecht.236 Dabei vermag sie durchaus diverse Erscheinungsformen der Krediterschleichung ebenso zu erkennen wie schuldhaft dilatorisches Verhalten eines Gläubigers.237 Strittig ist, ob für die Bargeschäftsschädlichkeit von Verzögerungen danach zu differenzieren ist, wer die Verzögerung verursacht hat.238 Zwar ist Kirchhof zuzugeben, dass es nach dem Zweck des § 142 InsO grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob und wer die Verzögerung zu vertreten hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Leistungsverzögerung die Gleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen zu Lasten der Gläubi232 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 f. Rz. 36. – Aus berufspraktischer Sicht kann damit ein tatsächlicher, insbesondere personeller Mehraufwand verbunden sein, der die Grenze des Zweckmäßigen und Zumutbaren überschreitet. Dies steht freilich auf einem anderen Blatt. 233 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 Rz. 33; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 6; Uhlenbruck//Hirte, § 142 Rz. 13; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 13; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15, jew. m.w.N. 234 BGH v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 6; Uhlenbruck//Hirte, § 142 Rz. 13, jew. m.w.N. 235 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 200 Rz. 33; zu weiteren Einzelheiten s. etwa die in der vorigen Fußnote Genannten, jew. jew. m.w.N. 236 Vgl. im Einzelnen MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15 mit Nachw. 237 Vgl. dazu Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1514 f. 238 Dafür Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof, 2003, S. 301, 312 ff. und zusammenfassend in WM 2004, 1511, 1514 f. Dagegen MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15.

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IV. Gleichwertigkeit

Rz. 102 O

gergesamtheit erheblich beeinträchtigt. Unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes ist aber auch die Erwägung von Lwowski und Wunderlich beachtenswert, dass Verzögerungen des Schuldners, soweit sie als sog. Krediterschleichung die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, nicht zu Lasten des Gläubigers gehen dürfen. Hat der Gläubiger vorgeleistet, ist dies den Gläubigern nur günstig.

IV. Gleichwertigkeit 1. Begriff a) Objektiver Maßstab Die Gesetzesmaterialien zu § 142 InsO enthalten zu diesem für die Unanfechtbarkeit von Bargeschäften entscheidenden239 Kriterium lediglich die Aussage, die Gleichwertigkeit sei nach objektiven Maßstäben zu beurteilen, weil die Benachteiligung ein objektives Erfordernis darstelle. Ergänzt wird dies durch den Hinweis, an der Gleichwertigkeit fehle es „nicht schon deshalb, weil die Leistung an den Schuldner in Bargeld erfolgt, das leicht dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden kann.“240 Diesem Negativbeispiel kann, wie gezeigt, immerhin entnommen werden, dass der Gesetzgeber nicht nur Geldleistungen des Schuldners im Rahmen des Erwerbs von Waren und Lieferungen vor Augen hatte, sondern auch Sachleistungen des Schuldners vom Anwendungsbereich des Bargeschäftsprivilegs erfasst sah (vgl. Rz. O21). – Zu beachten ist jedenfalls, dass die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung nicht genügt, um den Bargeschäftseinwand zu begründen. Vielmehr handelt es sich um ein kumulatives Erfordernis, das zusätzlich zu der Feststellung einer das Aktivvermögen des Schuldners erhöhenden Gegenleistung erfüllt sein muss (s. Rz. O28).

O 101

Für die Gleichwertigkeit – möglich, aber nicht erforderlich ist Gleichartigkeit241 – kommt es entscheidend auf die wirtschaftliche Neutralität von Leistung und Gegenleistung für die Insolvenzmasse an. Das kann auch bei erneuter Gewährung von Kredit der Fall sein, indem die kontoführende Bank ihren Kunden (Schuldner) erneut verfügen lässt und die Auszahlung ausschließlich einem Dritten zugute kommt;242 das ist nicht der Fall, wenn mit der erneuten Inanspruchnahme eines Dispositionskredits eine Forderung getilgt wird, für die sich die kreditgewährende Bank verbürgt hat, wenn die Auszahlung also, sei es auch nur mittelbar ihr

O 102

239 Zutreffend Pape/Uhlenbruck, Insolvenzrecht, 2. Aufl. (2010), Kap. 33 Rz. 36. 240 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 zu § 161. 241 Braun/Riggert, § 142 Rz. 3; näher Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1513 f., jew. m.w.N. 242 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Tz. 6 ff. m. Anm. Bitter/ Rauch, WuB VI A § 142 InsO 1.08; Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1861. Wagner

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O Rz. 102

§ 142 InsO – Bargeschäft

selbst zugute kommt.243 Eine Vereinbarung zur Ablösung eines Pfandrechts des Gläubigers an einem Gegenstand des Schuldners durch Zahlung eines anderen Gläubigers kann als unanfechtbares Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO anzusehen sein.244 In dem höchstrichterlich entschiedenen Fall ging es um ein Frachtführerpfandrecht. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs hatten die Schuldnerin und die beklagte Frachtführerin in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang gleichwertige Gegenleistungen ausgetauscht, so dass es an einer Gläubigerbenachteiligung fehlte. Der Wert des Pfandes, das abgelöst worden ist, hat denjenigen der Forderung, welche die Schuldnerin übertragen oder verpfändet hatte, zumindest erreicht.245 Geringfügige Wertschwankungen sind unschädlich. Der Wert der aus dem Schuldnervermögen abfließenden Leistung darf aber nicht wesentlich höher sein, als der Wert der zufließenden Gegenleistung. Die Bemessung orientiert sich an dem Preis, der bei freihändiger Veräußerung zu erzielen ist,246 es kommt also regelmäßig auf den Marktwert an, soweit ein solcher vorhanden ist. Subjektive Bewertungen, etwa aus einem Affektionsinteresse, sind unbeachtlich.247 Unschädlich ist, wenn die Vorleistung des Anfechtungsgegners im Zeitpunkt der Leistung des Schuldners nicht mehr vorhanden ist.248 Unerheblich ist auch, ob die Gegenleistung an den Schuldner der Pfändung unterliegt, da andernfalls Lieferanten unpfändbarer Gegenstände zunächst als Anfechtungsgegner benachteiligt würden.249 – Eine Teilanfechtung wird ausnahmsweise für möglich gehalten in Fällen, in denen eine Sicherungsabrede auch Altverbindlichkeiten erfasst, beschränkt auf diese, im Übrigen nur, wenn das anzufechtende Rechtsgeschäft selbst teilbar ist.250 b) Einzelfragen

O 103 Eine objektive Benachteiligung der Konkursgläubiger kann ausgeschlossen sein, wenn ein Lieferant sich zwar in Kenntnis der Zahlungseinstellung des Gemeinschuldners befriedigen lässt, dafür aber auf die Geltendmachung eines Vorbehaltseigentums im Werte der empfangenen Leistung an den gelieferten Sachen verzichtet. Das überzeugt nicht ohne 243 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Tz. 9 m. Anm. Bitter/ Rauch, WuB VI A § 142 InsO 1.08; Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1861. 244 Vgl. zum Frachtführerpfandrecht BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 m. Anm. Gerhardt, EWiR 2005, 545. 245 BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 (II 3) m. Anm. Gerhardt, EWiR 2005, 545. 246 BGH v. 21.4.2005 – IX ZR 24/04, ZIP 2005, 992 (II 3) m. Anm. Gerhardt, EWiR 2005, 545; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 9. 247 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 9 m.w.N. 248 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 7 m.z.N.; ferner MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4a; HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 2. 249 Str., wie hier HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 2; BK-InsO/Haas, § 142 Rz. 27; a.A. Bork/Ehricke, Handbuch, Kap. H Rz. 43. 250 Vgl. MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 12; BK-InsO/Haas, § 142 Rz. 31; Cranshaw/ Paulus/Michel, § 142 Rz. 37; Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1513 f.

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IV. Gleichwertigkeit

Rz. 104 O

weiteres, da der Eigentumsvorbehalt vertragsgemäß mit Zahlung des Kaufpreises erlischt und dies als aufschiebende Bedingung für den Eigentumsübergang vereinbart ist. Zur Beurteilung, ob eine Schädigung der Konkursgläubiger eingetreten ist, müssen die in Frage stehenden Vermögensverschiebungen in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung erfasst werden.251 Im Zusammenhang mit der Sicherungs-Globalzession hat der Bundesgerichtshof zur Gleichwertigkeit (im Anschluss an die Ablehnung einer rechtsgeschäftlichen Verknüpfung zwischen den ausscheidenden und den hinzukommenden Forderung beim Auffüllen einer Globalsicherheit) ausgeführt, das Entstehen neuer Forderungen könne allenfalls dann eine gleichwertige Sicherheit darstellen, wenn diese nicht nur betragsmäßig, sondern auch in ihrem wirtschaftlichen Wert den untergegangenen Forderungen gleichkämen, so dass bei vergleichender Betrachtung eine Schmälerung des Schuldnervermögens ausgeschlossen wäre.252 Diese Voraussetzungen seien bei Globalzessionen typischerweise nicht gegeben, weil der Sicherungswert von vielen Faktoren, insbesondere der Qualität der Leistung des Schuldners sowie der Vertragstreue und finanziellen Leistungsfähigkeit seines Kunden abhängt und deshalb nicht generell, sondern nur bezogen auf die jeweilige Einzelforderung bestimmt werden kann. Die dem Schuldner überlassenen Altforderungen können nicht nur durch Erfüllung, sondern auch durch Verzicht, Vergleich, Klageabweisung, Verjährung oder Insolvenz des Drittschuldners wertlos geworden sein. Der für die Voraussetzungen eines Bargeschäfts darlegungs- und beweispflichtige Sicherungsnehmer253 sei zudem in den weitaus meisten Fällen nicht einmal ansatzweise in der Lage, die Tatsachen vorzutragen, die zur Beurteilung des Wertverhältnisses zwischen untergegangenen und neu entstandenen Forderungen notwendig sind. Schon aus diesen Gründen sei es nicht möglich, das Untergehen und Neuentstehen gesicherter Forderungen aus Globalzessionen bei der Prüfung von § 142 InsO rechtlich ebenso einzuordnen wie die kontokorrentmäßige Verrechnung vereinnahmter Zahlungseingänge mit erneuten vertragsmäßigen Verfügungen des Schuldners, die ohne weiteres die Feststellung ermöglichen, in welchem Umfang ein gegenseitiger Leistungsaustausch in engem zeitlichem Zusammenhang erfolgt ist.254 Freilich könnte der darlegungs- und beweisbelasteten Partei in Beweisnot nach allgemeinen Regeln geholfen werden, ohne ihm von vornherein den Bargeschäftseinwand zu nehmen.

251 BGH v. 3.3.1960 – VIII ZR 86/59, LM Nr. 8 zu § 30 KO = WM 1960, 381 f. (Verzicht auf Eigentumsvorbehalt) mit BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = WM 1955, 404. 252 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42. 253 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42 mit BGH v. 1.10.2002 – IX ZR 360/99, WM 2002, 2369, 2372; v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182. 254 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42. Wagner

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O 104

O Rz. 105

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 105 Besonders heikle Abgrenzungsfragen werfen die sog. Sanierungsberatungsfälle auch im Zusammenhang mit der Frage der Gleichwertigkeit der Gegenleistung auf. Paradigmatisch hierfür ist das Beraterhonorar-Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6.12.2007 (s. Rz. O167 ff.).255 Der Bundesgerichtshof hält den Berater in casu für verpflichtet, die geleisteten Zahlungen in voller Höhe zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Zwar hält er daran fest, dass die Zahlung eines angemessenen Honorars für ernsthafte und nicht von vornherein als aussichtslos erscheinende Sanierungsbemühungen ein Bargeschäft sein kann, und zwar selbst dann, wenn diese gescheitert sind.256 Dazu müsse die Masse jedoch zumindest teilweise eine gleichwertige Gegenleistung erhalten haben. Hierfür komme nach den zeitlichen Grenzen des Bargeschäfts nur derjenige Teil der Leistungen in Frage, den der Beklagte innerhalb von 30 Tagen nach dem Erhalt der Vergütungen erbracht hat.257 Das von dem Beklagten in dieser Zeit vorgelegte Konzeptpapier eines künftigen Sanierungsplanes hatte nach der Feststellung des Landgerichts keinen praktischen Nutzen. Ein solcher Nutzen habe ungeachtet der Gründe, aus denen die Verträge mit dem Beklagten von den Auftraggeberinnen gekündigt wurden, von vornherein erst in Aussicht gestanden, wenn ein aus dem Konzept weiter zu entwickelnder Insolvenzplan die Zustimmung der Gläubiger habe erwarten lassen. Bis dahin hätten sich die Möglichkeiten der Gläubigerbefriedigung durch die Leistung des Beklagten noch nicht so verbessert, dass dadurch auch nur ein Teil des abgeflossenen Honorars wertgleich in das Schuldnervermögen zurückgelangt gewesen wäre.258 Damit sind freilich hohe, im Einzelfall unüberwindliche Hürden aufgestellt.

O 106 Auch die Stellung der Insolvenzanträge durch den Beklagten habe das Vermögen seiner Auftraggeberinnen nicht angereichert. Insoweit kommt es nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht auf den Vergütungsanspruch des Beklagten an, sondern darauf, ob die Schuldnerin durch die Leistung des Beklagten Aufwendungen erspart hatte, um deren Wert die Masse noch nach § 144 Abs. 2 InsO bereichert ist. Der Bundesgerichtshof hat dies im entschiedenen Fall verneint. Zur Begründung führt er aus, dass die Schuldnerin und die GmbH die Insolvenzanträge auf der Grundlage der eingeholten Gutachten auch ohne Hinzuziehung eines anwalt-

255 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 = NZI 2008, 173 = ZInsO 2008, 101 m. Anm. Gundlach, BGH-Report 2008, 304; Freudenberg, EWiR 2008, 409. Bestätigt durch BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 80/08, Rz. 4. 256 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Tz. 23 mit BGH v. 18.7.2002 – IX ZR 480/00, WM 2002, 1808; im Erg. zust. Meyer, DZWIR 2003, 6 ff.; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 14; FK-InsO/Dauernheim, aaO § 142 Rz. 3; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 8; Kübler/Prütting/Paulus, § 142 Rz. 10. 257 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Tz. 23. Vgl. Rz. O159, O162 ff. 258 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Tz. 24.

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IV. Gleichwertigkeit

Rz. 107 O

lichen Beraters hätten stellen können.259 Unter solchen Umständen könne nicht darauf verwiesen werden, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Konkursordnung die objektiv angemessene Vergütung bar erbrachter teilbarer Leistungen eines Sanierungsberaters der Anfechtung entzogen war.260 Er konnte deshalb offen lassen, inwieweit an dieser Rechtsprechung festzuhalten sei.261

2. Bewertungszeitpunkt a) Grundsatz Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Gleichwertigkeit ist der des Leistungsaustauschs.262 Bei unschädlichem zeitlichem Auseinanderfallen von Leistung und Gegenleistung kommt es nach herrschender Ansicht auf den Zeitpunkt an, zu dem die erste Vertragsleistung erbracht worden ist.263 Nach anderer Ansicht soll grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen sein.264 Die beiden letztgenannten Ansichten führen indes zu einer Vermengung der Bewertungsfrage mit der hiervon zu unterscheidenden Frage nach der Möglichkeit einer nachträglichen Änderung der dem Leistungsaustausch zugrunde liegenden Vereinbarung (s. dazu Rz. O109). Beachtet man, dass die Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt sein muss, beachtet man weiter, dass die Bargeschäftsausnahme deshalb greift, weil dem Schuldner ein äquivalenter Vermögenswert zugeflossen ist, so müsste der Wertvergleich eigentlich in dem Zeitpunkt vorgenommen werden, in welchem der Ausgleich stattgefunden hat, mithin bei Zugang der Gegenleistung im Schuldnervermögen. Erst ab diesem Zeitpunkt können nämlich zwischenzeitliche, zwischen Vereinbarung und Vollzug des Leistungsaustauschs eingetretene Wertveränderungen der beiderseitigen Leistungen festgestellt werden.265 259 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 Tz. 25. 260 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 Tz. 26 mit BGHZ 77, 250, 255 f.; bestätigt durch BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 80/08, Rz. 4; s. auch BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, NJW 1995, 1093, 1094 f.; zustimmend MK-InsO/ Kirchhof, § 142 Rz. 14; Kübler/Prütting/Paulus, § 142 Rz. 8; HambK-InsO/ Rogge, § 142 Rz. 22. 261 Abschließend weist der BGH a.a.O. Rz. 27 m.w.N. unter Bezugnahme auf die sachlich übereinstimmende Rechtsprechung des BGH zu § 55 Nr. 1 KO darauf hin, dass eine Aufrechnung des Beklagten mit einem etwaigen Teilvergütungsanspruch aus § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Rückgewähranspruch aus § 143 InsO bereits nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO unzulässig wäre. 262 Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 6. 263 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, BauR 2007, 1412 Tz. 14; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 10; HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 12; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 6. 264 Leonhardt/Smid/Zeuner, § 142 Rz. 2; Zeuner, Anfechtung, Rz. 53. 265 Vgl. dazu MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 10. Wagner

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O 107

O Rz. 108

§ 142 InsO – Bargeschäft

b) Nachträgliche Änderungen

O 108 Unschädlich für die Annahme eines Bargeschäfts sind auch unter dem Aspekt der Gleichwertigkeit solche Änderungen der versprochenen Leistung oder Gegenleistung, die aufgrund der ursprünglich getroffenen Vereinbarung der Parteien erfolgen. Das betrifft Fälle, in denen von einer Ersetzungsbefugnis (facultas alternativa) Gebrauch gemacht wird.266 Das trifft aber auch auf die Ausübung eines Optionsrechts zu, bei dessen Vereinbarung die Parteien typischerweise von einer Änderung des Wertes der Gegenleistung ausgehen. Die Gläubiger werden dadurch nicht benachteiligt.

O 109 Wird ein Vertrag geändert, bevor Leistungen erbracht worden sind, steht

die Änderung allein der Annahme einer Bardeckung nicht entgegen.267 Maßgeblicher Zeitpunkt für das Vorliegen eines Bargeschäfts ist nach herrschender Meinung wie gezeigt derjenige, in dem die zeitlich erste Leistung eines Vertragsteils erbracht wird. Bis dahin können die Beteiligten den Inhalt ihrer Vereinbarungen noch abändern, ohne den Charakter der Bardeckung zu gefährden.268 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ermöglicht dies in den praktisch bedeutsamen Fällen einer Direktzahlung des Auftraggebers an den Subunternehmer seines „kriselnden“ Auftragnehmers eine rettende dreiseitige Vereinbarung, vorausgesetzt, dass noch kein Vertragsteil geleistet hat.269 Mit anderen Worten eine mögliche zeitliche Inkongruenz („nicht zu der Zeit“ in § 131 Abs. 1 InsO), deren grundsätzliche Schädlichkeit für § 142 InsO vorausgesetzt, kann durch nachträgliche Vereinbarung der Parteien beseitigt werden, etwa durch Abänderung der Reihenfolge der zu erbringenden Leistungen.270

V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts 1. Anfechtungsausschluss

O 110 Die Rechtsfolgenbestimmung des § 142 InsO ist irreführend,271 weil sie nach dem Gesetzeswortlaut den Weg zu allen Anfechtungstatbeständen öffnet, ausgenommen den zu § 133 InsO. Es herrscht jedoch Einigkeit darüber, dass § 142 InsO keine Anwendung finden kann, soweit sich seine 266 Vgl. BGH v. 21.12.1977 – VIII ZR 255/76, BGHZ 70, 177, 183 (Lastschriften); RGZ 71, 89, 90 f. (Wechsel); MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 7. 267 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, BauR 2007, 1412 Tz. 14 = ZInsO 2007, 662 m. Anm. Huber, EWiR 2008, 471 zur Inkongruenz einer Direktzahlung des Auftraggebers an den Subunternehmer. 268 BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, BauR 2007, 1412 Tz. 14 = ZInsO 2007, 662 m. Anm. Huber, EWiR 2008, 471; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 8 m.w.N. 269 So im Fall BGH v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, BauR 2007, 1412 Tz. 14; vgl. Huber, EWiR 2008, 471, 472 unter 3.2. 270 Zutreffend MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 8. 271 Zutreffend MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 21.

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V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts

Rz. 112 O

Tatbestandsvoraussetzungen und diejenigen der §§ 130 ff. InsO gegenseitig ausschließen. Konsens besteht auch insoweit, als das Hauptanwendungsgebiet der Bargeschäftsausnahme das der Anfechtung wegen kongruenter Deckung i.S.d. § 130 InsO darstellt. Im Übrigen fällt die Einzelabgrenzung im Schrifttum recht uneinheitlich aus, worin zum Ausdruck kommen mag, dass die erheblichen Auslegungsunterschiede auf disparaten rechtsdogmatischen Ausgangspunkten beruhen. Deshalb wurde hier eine Einzelabgrenzung im Rahmen der systematischen Einordnung des § 142 InsO in das System der §§ 129 ff. InsO zu Beginn vorgenommen (Rz. O7 ff.).

2. Grenze: Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung (§ 133 InsO) Sind die genannten Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllt, ist im Anfechtungsprozess der Bargeschäftseinwand also begründet, so ist damit noch nicht über die Anfechtbarkeit der Rechtshandlung (Leistung) des Schuldners entschieden. Vielmehr verweist § 142 InsO auf § 133 InsO als Schranke. Dabei handelt es sich nicht um eine bloße Rechtsfolgenverweisung, sondern – wie sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut ergibt („wenn die Voraussetzungen des …“) – um eine Rechtsgrundverweisung. Liegt ein Bargeschäft vor, so muss geprüft werden, ob darüber hinaus auch die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung i.S.d. § 133 InsO erfüllt sind.272 Ist diese Frage zu bejahen, so unterliegt die betreffende Schuldnerleistung ungeachtet der in die Masse gelangten äquivalenten Gegenleistung der Rückabwicklung im Rahmen der §§ 143 ff. InsO.

O 111

Sehr strittig ist die Frage, ob auch unmittelbar benachteiligende entgeltliche Verträge des Schuldners mit nahen Angehörigen nach Maßgabe des § 133 Abs. 2 InsO anfechtbar sind, obwohl die Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllt sind. Folgte man der Regel singularia non sunt extendenda (vgl. Rz. O39), wäre die Frage zu verneinen. Zum gleichen Ergebnis gelangt, wer § 142 InsO wörtlich auslegt und so die Gegenausnahme auf Äquivalenzgeschäfte mit Nichtangehörigen (§ 133 Abs. 1 InsO) beschränkt,273 ebenso wer unmittelbare Gläubigerbenachteiligung und Bargeschäft als begrifflichen Gegensatz begreift.274 Die überwiegende Ansicht im Schrifttum befürwortet dagegen zu Recht die Anwendbarkeit

O 112

272 Vgl. zum subjektiven Tatbestand der Vorsatzanfechtung BGH v. 30.6.2011 – XI ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Tz. 8 m.w.N.; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 9 ff.; eingehend Gehrlein, FS Ganter 2010, S. 169, 177 ff. 273 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 22; HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 13; Gottwald/Huber, § 46 Rz. 80 entgegen Nerlich/Römermann, § 142 Rz. 14. 274 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 22; Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 7 (anders aber Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl. (2000), Rz. 47); Gottwald/Huber, § 46 Rz. 80 a.E.; Andres/Leithaus, § 142 Rz. 8; Cranshaw/Paulus/Michel, § 142 Rz. 38; wohl auch BK-InsO/Haas, § 142 Rz. 37 (regelmäßig). Wagner

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O Rz. 112

§ 142 InsO – Bargeschäft

des § 133 Abs. 2 InsO auch im Rahmen des § 142 InsO.275 Das gilt ohne weiteres für diejenigen, die § 133 Abs. 2 InsO (dies allerdings zu Unrecht) nur als Beweislastregel verstehen.276 Auch unter Berücksichtigung des Normzwecks des § 142 InsO ist nicht ersichtlich, weshalb die im Vergleich zu anderen Rechtshandlungen des Schuldners im Sinne des § 133 Abs. 1 InsO bereits nach § 133 Abs. 2 InsO privilegierten entgeltlichen Verträge mit nahen Angehörigen bei Bargeschäften erneut, insgesamt also doppelt, zu begünstigen und der Anfechtung ganz entzogen sein sollen. Die Gegenausnahme zu § 142 InsO knüpft vielmehr an die insoweit einheitliche, de lege lata jedenfalls zu beachtende gesetzliche Diskriminierung vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung an. a) Benachteiligungsvorsatz des Schuldners

O 113 Das Vorliegen einer kongruenten Deckung schließt eine Prüfung ihrer Anfechtbarkeit wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung gemäß § 133 Abs. 1 InsO nicht aus.277 Der hierfür notwendige Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, setzt jedoch kein unlauteres Zusammenwirken von Schuldner und Gläubiger voraus; nach ständiger Rechtsprechung genügt auch bei kongruenter Deckung bedingter Vorsatz (dolus eventualis).278 Danach reicht an sich die Feststellung aus, der Schuldner habe sich eine Benachteiligung nur als möglich vorgestellt, sie aber in Kauf genommen, ohne sich durch die Vorstellung dieser Möglichkeit von seinem Handeln abhalten zu lassen.279 Einem Schuldner, der weiß, dass er nicht alle seine Gläubiger befriedigen kann, und der Forderungen eines einzelnen Gläubigers vorwiegend deshalb erfüllt, um diesen von der Stellung eines Insolvenzantrages abzuhalten, kommt es nicht in erster Linie auf die Erfüllung seiner gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten, son-

275 FK-InsO/Dauernheim, § 142 Rz. 1; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 12 a.E.; Kübler/ Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 19, 22; Braun/Riggert, § 142 Rz. 17 (Redaktionsversehen); Nerlich/Römermann, § 142 Rz. 14 (Redaktionsversehen). 276 Vgl. dafür Henckel in Kölner Schrift zur InsO, 2. Aufl. (2000), Rz. 47; Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1515; Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 22; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 17; Cranshaw/Paulus/Michel, § 142 Rz. 72, jew. m.w.N. Gegen die Annahme einer Beweislastregel zutreffend Gottwald/Huber, § 46 Rz. 80; Andres/Leithaus, § 142 Rz. 8 m.w.N. 277 BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 18; v. 10.1.2008 – IX ZR 33/07, ZIP 2008, 467, 468 Rz. 13; BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 = ZInsO 2010, 673 Tz. 28 – Aufrechnung – m.w.N. 278 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (Leits. c), 84 – Zahlung zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen; ergänzend zu § 802b ZPO (§ 806b ZPO a.F.) BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 128/08, NJW 2010, 1671 Tz. 10, 26 m.w.N.; vgl. auch BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 18. 279 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (Leits. c), 84; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 10, jew. m.w.N. Vgl. auch BGH v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 18.

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V. Rechtsfolgen des Bargeschäfts

Rz. 115 O

dern auf die Bevorzugung dieses einzelnen Gläubigers an; damit nimmt er die Benachteiligung der Gläubiger im allgemeinen in Kauf.280 Bei einem kongruenten Deckungsgeschäft, bei dem der Schuldner mit der anfechtbaren Rechtshandlung dem Gläubiger nur das gewährt, worauf dieser einen Anspruch hatte, sind im Anfechtungsprozess nach zutreffender Ansicht des Bundesgerichtshofs allerdings erhöhte Anforderungen an die Darlegung und den Beweis des Benachteiligungsvorsatzes zu stellen.281 Dem Insolvenzverwalter kommt dabei eine – von der Vermutung der spiegelbildlichen Vorsatzkenntnis des Anfechtungsgegners nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu unterscheidende – zusätzliche Beweiserleichterung zugute. Danach ist der Benachteiligungsvorsatz zu vermuten, wenn der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung (vgl. § 140 InsO) zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt.282 Ein Benachteilungsvorsatz des anderen Teils, des Anfechtungsgegners, ist dagegen nicht erforderlich.283

O 114

Der subjektive Tatbestand einer Vorsatzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO kann somit entfallen, wenn im unmittelbaren Zusammenhang mit der potentiell anfechtbaren Rechtshandlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen des Schuldners gelangt. Dies gilt vor allem dann, wenn der Schuldner seine Leistungen unter den Voraussetzungen des § 142 InsO erbracht hat.284 So handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringt, die zur Fortführung seines eigenen Unternehmens nötig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt.285 Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn Schuldner und Anfechtungsgegner Vorkasse für die von diesem erbrachten Leistungen vereinbart haben.286 Diese Wertung ist auch im Rahmen des § 133 Abs. 2 InsO287 zu berücksichtigen (s. Rz. O121).

O 115

280 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75 (Leits. d), 84. 281 BGH v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, ZIP 2004, 1512 (II 3b) m. Anm. Pape, EWiR 2005, 85 – Scheckzahlungen; v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 19. 282 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f.; v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 19; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 14, jew. m.w.N. 283 BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 83 f.; v. 20.12.2007 – IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 421 Rz. 19; HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 14, jew. m.w.N. 284 Vgl. BGH v. 24.9.2007 – IX ZR 178/07, Rz. 4 mit BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2; s. dazu Chr. Kaufmann, ZInsO 2010, 65 ff. 285 Vgl. BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2 mit BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553. 286 Vgl. BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rz. 2; s. dazu Chr. Kaufmann, ZInsO 2010, 65 ff. 287 Zu dessen Anwendbarkeit im Rahmen des § 142 InsO s. Rz. O112. Wagner

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O Rz. 116

§ 142 InsO – Bargeschäft

b) Kenntnis des Anfechtungsgegners

O 116 Eine Rechtshandlung des Schuldners wegen vorsätzlicher Benachteiligung seiner Gläubiger setzt nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO weiter voraus, dass der andere Teil (Anfechtungsgegner), zur Zeit der Handlung (§ 140 InsO) den Vorsatz des Schuldners kannte. Allerdings streitet zugunsten des Insolvenzverwalters auch insoweit eine Beweiserleichterung (vgl. Rz. F62 ff.). Denn nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird die Vorsatzkenntnis des Anfechtungsgegners vermutet, wenn er – bezogen auf § 142 InsO bei Vornahme der Leistung des Schuldners, genauer: bei Eintritt des Leistungserfolgs – wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte (§ 18 Abs. 2 InsO) und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Näherer Feststellungen zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes bedarf es nur dann nicht, wenn die Voraussetzungen der Beweisregel in § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben sind und dem Beklagten der Beweis des Gegenteils nicht gelingt.

O 117 Diese Voraussetzungen können schon dann gegeben sein, wenn die Verbindlichkeiten des Schuldners bei dem späteren Anfechtungsgegner über einen längeren Zeitraum hinweg ständig in beträchtlichem Umfang nicht ausgeglichen wurden und jenem den Umständen nach bewusst ist, dass es noch weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen gibt.288 Beweist der Insolvenzverwalter, dass der Anfechtungsgegner Umstände kannte, die zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit hindeuteten, greift § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO ebenfalls ein. Von einem Gläubiger, der solche Umstände kennt, ist widerleglich zu vermuten, dass er auch die drohende Zahlungsunfähigkeit und die Benachteiligung der Gläubiger kennt.289

3. Schicksal der Gegenleistung

O 118 Die Vorschrift des § 142 InsO enthält dazu keine Regelung, so wenig wie die der Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO, insbesondere die der Verweisungsnorm des § 133 InsO. Die Auswirkungen auf die Forderung des Anfechtungsgegners sind vielmehr der allgemeinen Anfechtungsfolgenregelung des § 144 InsO zu entnehmen. Danach hat der Insolvenzverwalter die Gegenleistung aus der Masse zu erstatten, Unterscheidbarkeit oder Wertbereicherung vorausgesetzt. Eine weitergehende Geltendmachung kommt nur als Insolvenzforderung in Frage (§ 144 Abs. 2 InsO).290

288 Zur schlüssigen Darlegung dieser Voraussetzungen s. BGH v. 27.5.2003 – IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 85 f.; v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, ZIP 2004, 1512 a.E. zu § 133 InsO (Scheckzahlungen an Finanzamt); HK-InsO/Kreft, § 133 Rz. 21 ff., jew. m.w.N. 289 BGH v. 17.2.2004 – IX ZR 318/01, ZInsO 2004, 385, 386; v. 13.5.2004 – IX ZR 190/03, ZIP 2004, 1512 a.E. zu § 133 InsO (Scheckzahlungen an Finanzamt). 290 Vgl. zu den Einzelheiten die einschlägigen Kommentare, etwa HK-InsO/Kreft, § 144 Rz. 5, auch zur Abgrenzung von Abs. 1 und Abs. 2; ferner Eckhardt,

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Wagner

VI. Darlegungs- und Beweislast

Rz. 120 O

Zu § 144 InsO ist anerkannt, dass der Anfechtungsgegner daneben auch Ausgleichs- oder Regressansprüche aus anderen Rechtsgründen haben kann.291

VI. Darlegungs- und Beweislast Entsprechend der allgemeinen Beweisregel, dass jede Partei die ihr günstigen Tatsachen darzulegen und falls erforderlich zu beweisen hat, trägt der Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für alle Anfechtungsvoraussetzungen.292 § 142 InsO normiert eine Einschränkung der Insolvenzanfechtung, indem Leistungen des Schuldners, für die er unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat, der Deckungsanfechtung entzogen werden, obwohl deren Voraussetzung erfüllt sind. Aufgrund dieses Ausnahmecharakters der Vorschrift hat nach allgemeiner Meinung der Anfechtungsgegner ihre Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen.293 Das ist jedoch keineswegs selbstverständlich, wenn man den Blick nicht auf das Regel-Ausnahme-Verhältnis der §§ 130, 142 InsO beschränkt. Bezieht man auch das Verhältnis zwischen § 129 InsO und § 142 InsO, insbesondere den Gedanken der Vermögensumschichtung (s. Rz. O4), in die Betrachtung mit ein, so handelte es sich eigentlich nicht um einen Ausnahmetatbestand, sondern um eine Abgrenzung des Anfechtungstatbestandes. Das widerspräche indes der gesetzgeberischen Konzeption (s. Rz. O8 ff.).

O 119

Bezogen auf den dem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 21.1.2010 zur Sicherungszession zugrunde liegenden Fall, kam es auf die von der Revision des Insolvenzverwalters geltend gemachten Voraussetzungen des Anfechtungstatbestandes an, die der Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen hat. Tatsächlichen Vortrag zum Werthaltigmachen der abgetretenen Forderungen, das eine eigene Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO darstellt und folglich selbständig anfechtbar ist, hatte der Beklagte in den Tatsacheninstanzen jedoch nicht gehalten,294 so dass es insoweit nicht einmal auf den Bargeschäftseinwand ankam, dessen Voraussetzungen erst zu prüfen sind, wenn ein Anfechtungsgrund nachgewiesen ist.295 – Aus der zutreffenden Erkenntnis, dass der Barge-

O 120

291 292 293 294 295

ZInsO 2004, 892 ff. zu der Konstellation, dass die Anwendung des § 142 InsO an fehlender Gleichwertigkeit scheitert. Vgl. dazu Köhn, NZI 2008, 412 ff.; HK-InsO/Kreft, § 144 Rz. 1. Vgl. etwa BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42 – Globalzession; v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 15 – Sicherungszession; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 11, jew. m.w.N. BGHZ 174, 297 Rz. 42; 184, 101 Rz. 15; BGH v. 6.4.2006 – IX ZR 185/04, ZIP 2006, 1009 Tz. 29; Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 46; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 11; Kayser, ZIP 2007, 49 (50). BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 15. Vgl. BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, NZI 2011, 675 Rz. 8. Wagner

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O Rz. 120

§ 142 InsO – Bargeschäft

schäftseinwand für die Kongruenzbeurteilung unerheblich ist (s. Rz. O9), folgt jedoch entgegen der Ansicht des Bundesgerichtshofs keine bestimmte Prüfungsreihenfolge, sondern lediglich die weitere Erkenntnis, dass Anfechtungsgrund und Einwendungstatbestand gesondert zu prüfen sind. Der Tatrichter ist daher nicht gehindert, zunächst den Bargeschäftseinwand zu prüfen. Dies kann zweckmäßig sein, wenn sich dadurch eine aufwendige oder schwierige Prüfung des Anfechtungstatbestandes und damit die häufig komplizierte und nicht immer widerspruchsfrei durchführbare Abgrenzung von kongruenter und inkongruenter Deckung im Sinne der §§ 130, 131 InsO erübrigt. Dies gilt jedenfalls nach der hier vertretenen Auffassung, die § 142 InsO auch in Fällen inkongruenter Deckung des § 131 InsO für grundsätzlich anwendbar hält.296

O 121 Im Rahmen der Deckungsanfechtung nach § 130 InsO hat der Insolvenzverwalter unbeschadet der Beweislastumkehr gem. § 138 InsO alle Anfechtungsvoraussetzungen darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, insbesondere auch die Gläubigerbenachteiligung.297 Im Anfechtungsrechtsstreit trägt der Insolvenzverwalter die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands. Hat der Anfechtungsgegner die spezifischen Kriterien des Bargeschäfts nachgewiesen, ist also der Bargeschäftseinwand begründet, muss wiederum der Insolvenzverwalter die Voraussetzungen der Absichtsanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO darlegen und beweisen.298 Dabei hat er erhöhte Anforderungen zu bestehen, weil die Bardeckung gleichermaßen gegen das Vorliegen eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners wie gegen eine Kenntnis des Anfechtungsgegners spricht.299 Dies gilt auch im Rahmen des § 133 Abs. 2 InsO, sofern man § 142 InsO nicht wörtlich auslegt und jene Vorschrift bei Bargeschäften für unanwendbar hält (s. Rz. O112). Daher kann nicht ohne weiteres angenommen werden, der Insolvenzverwalter sei in diesem Zusammenhang seiner Beweislast hinsichtlich der subjektiven Voraussetzungen der Gegenausnahme enthoben,300 dies unabhängig davon, dass die verbreitete Einordnung dieser 296 Rz. O10 f., O51 ff., O60 ff. Auch unabhängig davon bei Verrechnungen im ungekündigten Kontokorrent Wazlawik, DZWIR 2009, 418 unter I. Vgl. dazu Rz. O9, O120. 297 BGH v. 11.5.2000 – IX ZR 262/98, NJW 2000, 3777 = ZInsO 2000, 410 = ZIP 2000, 1061; OLG Stuttgart v. 15.7.2008 – 10 U 147/07, ZInsO 2011, 232 ff. (= 2. Berufungsurteil in der Sache BGH v. 21.6.2007 – IX ZR 231/04, s. bei § 137 InsO), NZB zurückgewiesen durch BGH v. 16.12.2010 – XI ZR 150/08; Jaeger/ Henckel, § 130 Rz. 153 f. 298 Vgl. etwa BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 153/07, DZWIR 2010, 290; Schäfer, Insolvenzanfechtung, 3. Aufl., Rz. 884 m.w.N. 299 Vgl. BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029 unter 3; zutreffend MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 26; HR-InsO/Kreft, § 133 Rz. 14, jew. m.w.N. 300 A.A. Kübler/Prütting/Bork/Ehricke, § 142 Rz. 22; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 17; Cranshaw/Paulus/Michel, § 142 Rz. 75; HambK-InsO/Rogge, § 142 Rz. 13; Lwowski/Wunderlich, WM 2004, 1511, 1515, jew. m.w.N. Gegen die

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Wagner

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 124 O

Bestimmung als bloßer Beweislastregelung nicht zutrifft (vgl. Rz. O112). Angesichts der Funktion der Vorschrift, das Erfordernis einer Benachteiligung der Insolvenzgläubiger (s. oben Rz. O1) für bestimmte Fälle zu konkretisieren, gelangt man zumindest zu der Erkenntnis, dass eine differenzierende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast möglich ist.

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle 1. Bankgeschäfte I – Zahlungsverkehr a) Verrechnungen im Kontokorrent Eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen betrifft Verrechnungen von Ein- und Auszahlungen im Kontokorrent. Hinsichtlich der Bargeschäftsausnahme berühren sie sämtliche Einwendungsvoraussetzungen des § 142 InsO, insbesondere Fragen der Unmittelbarkeit und Gleichwertigkeit der fraglichen Leistungen und deren Verknüpfung. Diese Fallgruppe verdeutlicht die enorme wirtschaftliche Bedeutung des Girokontos, sei es als Geschäfts- oder als Privatkonto, gerade in der wirtschaftlichen Krise des späteren Insolvenzschuldners. Den rechtlichen Ausgangspunkt bildet das Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs vom 7.3.2002 (BGHZ 150, 122): „Stellt eine Bank Zahlungseingänge ins Kontokorrent ein, kann in dem Umfang ein unanfechtbares Bargeschäft vorliegen, in dem sie ihren Kunden (Schuldner) wieder über den Gegenwert verfügen läßt. Ob der Schuldner den vereinbarten Kreditrahmen voll ausnutzt, ist grundsätzlich unerheblich.“301

O 122

Ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO kommt nach heute herrschender Meinung nur in Betracht, soweit es um die Anfechtung einer kongruenten Deckung geht (vgl. Rz. O52). Als rechtshindernder Einwand ist es daher im Anfechtungsprozess nur relevant und nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (Rz. O9) auch erst zu prüfen, nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen dafür festgestellt sind, insbesondere also eine Rechtshandlung des Schuldners oder eines Dritten im kritischen Zeitraum, die einem Insolvenzgläubiger in Kenntnis der Zahlungseinstellung oder des Insolvenzantrags die ihm geschuldete Befriedigung oder Sicherung verschafft oder ermöglicht hat (vgl. § 130 Abs. 1 InsO).

O 123

Verrechnungen im Kontokorrent, welche die kontoführende Bank zur unberechtigten Befriedigung ihrer eigenen Forderungen gegen den Kunden nutzt, sind nach Maßgabe des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO inkongruent und daher anfechtbar, ohne dass der Bargeschäftseinwand aus § 142 InsO entgegengehalten werden könnte. Soweit die Verrechnungen dagegen eine

O 124

Annahme einer Beweislastregel zutreffend Gottwald/Huber, § 46 Rz. 80; Andres/Leithaus, § 142 Rz. 8 m.w.N. 301 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 Leitsatz 4. Wagner

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O Rz. 124

§ 142 InsO – Bargeschäft

kongruente Erfüllung eigener Forderungen der Bank i.S.d. § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO darstellen, scheidet eine Anfechtung nach dieser Vorschrift aus, wenn die Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllt sind.302 Ein Anspruch der Bank, Gutschriften mit dem Saldo eines debitorisch geführten Girokontos zur Befriedigung eigener Forderungen zu verrechnen, besteht jedenfalls insoweit, wie sie im Zeitpunkt der Verrechnung Zahlung kontobezogener Zinsen und Gebühren303 oder Rückzahlung des (gekündigten) Kredits verlangen kann.304 Handelt es sich um eine lediglich geduldete Überziehung, die dem Kunden kein Recht zur Inanspruchnahme der Kreditsumme gibt, kann die Bank Rückzahlung verlangen, ohne zuvor kündigen zu müssen.305 Die bankmäßige Verrechnung von Gutschriften im ungekündigten Kontokorrent mit Überziehungskredit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit kongruent, als die Bank erneute Verfügungen des Schuldners über diese Deckungsmasse zugelassen hat. Die Kongruenzfrage kann hierbei innerhalb des Anfechtungszeitraums für den gleichen Betrag nur einheitlich beantwortet werden.306 Dagegen führt die Verrechnung in kritischer Zeit eingehender Zahlungen, denen keine Belastungsbuchungen gegenüberstehen, bei ungekündigtem Überziehungskredit wegen der damit verbundenen Kredittilgung zu einer inkongruenten Deckung, weil die Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs noch nicht verlangt werden kann.307

O 125 Instruktiv zusammenfassend und für das forensische Vorgehen des Insolvenzverwalters wie für die Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gem. § 543 Abs. 2 ZPO bedeutsam ist hierzu der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27.3.2008, mit dem auf die beabsichtigte Zurückweisung der zugelassenen Revision gem. § 552a ZPO hingewiesen wird mit der Bemerkung, die Zulassung dürfte auf einem Missverständnis beruhen. Soweit der Bundesgerichtshof „Verrechnungen, mit denen eigene Forderungen der Gläubigerbank getilgt wurden, im Ergebnis der Anfechtung unterstellt“ hat, gehe es nicht um die Darlehensforderung aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB, sondern um die Forderung, welche der Belastung zugrunde lag. Wenn die Bank das Konto des Schuldners etwa mit Gebühren oder mit Kreditraten belastet, fehle es an einer Verfügung des Schuldners.308 302 Vgl. im Einzelnen hierzu Rz. O46, O48, O61, O75 f. 303 Vgl. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.184 m.w.N. 304 BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 = ZIP 2011, 1111 Rz. 13. 305 BGH v. 13.1.2005 – IX ZR 457/00, WM 2005, 319, 320; v. 19.5.2011 – IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 = ZIP 2011, 1111 Rz. 13. 306 BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, WM 2011, 1523 = ZIP 2011, 1576 = NZI 2011, 675 m. Anm. Leithaus. 307 Vgl. im Einzelnen hierzu Rz. C45, C49, C51 ff.; umfassend Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 3.141 ff., 3.170 ff. m.w.N. 308 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 5 mit Nachw. – Die Revision wurde daraufhin zurückgenommen.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 128 O

BGH-Beschluss vom 27.3.2008 – IX ZR 29/07 Der klagende Insolvenzverwalter verlangt von der beklagten Bank gem. §§ 675, 667 BGB die Auszahlung von Gutschriftsbeträgen, deren Verrechnung seiner Ansicht nach anfechtbar ist (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Die Forderung ergibt sich seiner Ansicht nach aus der Differenz zwischen dem niedrigsten Kontostand (dem höchsten Sollstand) im Anfechtungszeitraum des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO und dem Sollstand im Zeitpunkt des Eröffnungsantrags. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil unklar sei, „wie der Betrag, durch den eigene Forderungen der Gläubigerbank getilgt wurden, zu berechnen sei“.309

O 126

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil als im Ergebnis zutreffend gehalten. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers hätten die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht vorgelegen. Der Bundesgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Bank, welche den Kunden weiter in der vereinbarten Weise Verfügungen vornehmen lässt und ihm den vertraglich eingeräumten Kreditrahmen offen hält, vertragsgerecht und damit kongruent handelt. Inkongruent sind Verrechnungen nur insoweit, als durch sie im Ergebnis innerhalb des Anfechtungszeitraums der Kredit zurückgeführt worden ist. Der von § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfasste Zeitraum beginnt, wie sich aus dem Gesetz ergibt, einen Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und endet im Zeitpunkt der Antragstellung. Innerhalb dieses Zeitraums zurückgeführt wird ein Kredit dann, wenn der Sollstand zu Beginn des Anfechtungszeitraums höher war als an dessen Ende. Diese Voraussetzung war im entschiedenen Fall nur bei einem der fraglichen Konten erfüllt; die Beklagte hatte den Differenzbetrag vorprozessual gezahlt.310

O 127

Entgegen der Ansicht des Klägers komme es auf den höchsten Sollstand im Anfechtungszeitraum nicht an. Auch das hatte der Bundesgerichtshof bereits entschieden.311 Der Einwand der Revision, in Höhe der Rückführung des höchsten Sollstandes habe die beklagte Bank gerade keine erneuten Verfügungen zugelassen, berücksichtige nicht, dass es im Rahmen eines Bargeschäfts nicht auf die Reihenfolge von Leistung und Gegenleistung ankommt.312 Der Senat hält nach erneuter Prüfung an seiner bishe-

O 128

309 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 1. 310 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 1. Zu § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO s. BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/00, a.a.O. (oben Rz. O124). 311 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 4 mit BGHZ 150, 122, 130 ff. (Abgrenzung kongruenter und inkongruenter); BGH v. 15.11.2007 – IX ZR 212/06, WM 2008, 169 (Inkongruenz der Rückführung eines Kontokorrentkredits). 312 Vgl. Rz. O74 ff.; zusammenfassend BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 4 mit BGH v. 25.1.2001 – IX ZR 6/00, WM 2001, 689, 691 zur kontokorrentmäßigen Verrechnung und allgemein zu § 142 InsO: BGHZ 167, 190, 202 (inkongruente Leistung bei Vorschusszahlung an den Anwalt nach Fälligkeit der Anwaltsgebühr in einer abgeschlossenen Angelegenheit); BGH v. Wagner

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O Rz. 128

§ 142 InsO – Bargeschäft

rigen Rechtsprechung fest.313 – Vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat Persch überzeugend herausgearbeitet, dass Banken Kontokorrentkredite in der Krise ihres Kunden nicht voreilig kündigen sollten; bestehe die Aussicht, dessen Insolvenz noch abzuwenden, empfehle es sich, die Kreditlinie offenzuhalten bzw. die Zahlungsunfähigkeit des Kunden durch zusätzliche Kreditgewährung zu beseitigen. Dies im Hinblick auf die Befugnis der Bank, Zahlungseingänge bei der Zahlung auf sicherungszedierte Forderungen sowie im Rahmen von Bargeschäften insolvenzfest zu verrechnen.314 Hiervon zu unterscheiden ist die Rechtslage in Fällen der Konzernverrechnung, insbesondere beim Cash-Pool-Verfahren, dem sog. Cash-Pooling. Hier ist der meist taggleich durchgeführte Ausgleich auf dem Zielkonto der Konzernmutter nach zutreffender Ansicht als Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO zu qualifizieren.315 b) Lastschriften

O 129 Der Bundesgerichtshof hatte sich bis in die jüngste Zeit wiederholt mit der Anfechtung von Lastschriftabbuchungen auf dem Schuldnerkonto zu befassen. Ausgangspunkt im Zusammenhang mit der Bargeschäftsausnahme ist das Grundsatzurteil des XI. Zivilsenats vom 10.6.2008. BGH-Urteil vom 10.6.2008 – BGHZ 177, 69 (Widerspruch des Insolvenzverwalters)

O 130 Der Insolvenzverwalter nimmt die beklagte Bank auf Rückzahlung eines im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbetrages in Anspruch. Die Schuldnerin hatte dem beklagten Leasingunternehmen für ihr Girokonto bei der Sparkasse eine Einzugsermächtigung für die fälligen Leasingraten erteilt. Am 20.9.2005 wurde die fällige Leasingrate für Oktober 2005 in Höhe von 566,08 Euro von dem – debitorisch geführten – Konto der Schuldnerin bei ihrer Bank (Schuldnerbank) abgebucht und der Beklagten kurz danach vorbehaltlos gutgeschrieben. Das geleaste Fahrzeug wurde von der Schuldnerin im Monat Oktober vertragsgemäß genutzt. Mit Beschluss vom 31.10.2005 wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Er widersprach mit Telefax vom 11.11.2005 gegenüber der Beklagten dem Lastschrifteinzug vom Sep10.5.2007 – IX ZR 146/05, WM 2007, 1181, 1182 (Direktzahlung des Bauherrn an den Subunternehmer nach Ablauf der dem insolventen Unternehmer gesetzten Frist zur Beibringung einer Sicherheit; unanfechtbares Bargeschäft trotz Vertragsänderung durch die Beteiligten). 313 BGH v. 27.3.2008 – IX ZR 29/07, Umdruck Rz. 4 mit Nachw.; s. auch BGH v. 14.1.2010 – IX ZR 104/07, a.a.O. (oben Rz. O76). 314 Persch, Die Insolvenzanfechtung von Kontokorrentverrechnungen, 2008 (= Diss. Berlin 2007), S. 134 ff. zum Bargeschäft, S. 164 Resümee. In der Sache ebenso, im Fazit zurückhaltender meint Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1866, Banken könnten ihre Interessen am ehesten durch die Bestellung insolvenzfester Sicherungen wahren. 315 Vgl. Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. (2011), Rz. 3.1106 ff.; a.A. Zahrte, NZI 2010, 596 (597 f.), jew. m.w.N.

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Wagner

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 133 O

tember 2005 und forderte Rückzahlung. Gegenüber der Schuldnerbank wurde weder von der Schuldnerin noch von dem Kläger ein Widerspruch erklärt, weil dies wegen des negativen Kontosaldos nicht zu einem Auszahlungsanspruch zugunsten der Masse geführt hätte. Am 27.1.2006 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. In der Folgezeit lehnte er die Erfüllung des Leasingvertrages gemäß § 103 InsO ab. Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 566,08 Euro nebst Zinsen abgewiesen. Berufung und Revision des Klägers blieben ohne Erfolg.

Zum Verständnis des zu § 142 InsO ergangenen Leitsatzes dieses Urteils – auch im Falle der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ist für die Frage der Bardeckung im Rahmen des § 142 InsO der Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs maßgebend –316 ist zunächst wichtig zu wissen, dass im Falle einer Abbuchung aufgrund einer Einziehungsermächtigung die anzufechtende Rechtshandlung in der Genehmigung des Schuldners liegt, die einen mehraktigen Zahlungsvorgang abschließt.317

O 131

Eine im Einziehungsermächtigungsverfahren über das Konto des Schuldners mittels Lastschrift bewirkte Zahlung wird wirksam genehmigt, wenn der mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter eine nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen a.F. fingierte Genehmigung des Schuldners entweder nach Ablauf der dort bestimmten Sechs-Wochen-Frist genehmigt oder ihr vor dem Ablauf der Frist zustimmt. Eine solche Erklärung ist gegenüber dem Schuldner oder der Schuldnerbank (Zahlstelle), nicht aber gegenüber dem Zahlungsempfänger abzugeben.318 Eine vom Schuldner im Lastschriftweg veranlasste Zahlung gilt als genehmigt, wenn ihr der danach bestellte, mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter bis zum Ablauf der Sechs-Wochen-Frist nach Nr. 7 Abs. 4 AGB-Sparkassen a.F. nicht widerspricht.319 Wenngleich ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt Belastungsbuchungen nicht aus eigenem Recht genehmigen kann, so ist er doch in der Lage, die Genehmigung des Schuldners und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er – wie der Kläger im entschiedenen Fall am 11.11.2005 – solchen Belastungsbuchungen widerspricht.320

O 132

Allerdings ist auch die Möglichkeit einer vorherigen, auch konkludenten Genehmigung der Abbuchung durch den Schuldner möglich. Jedenfalls

O 133

316 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69 f. Leitsatz d. 317 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 = ZInsO 2010, 2089 = ZIP 2010, 2105 Tz. 11 m.w.N. zur Anfechtbarkeit nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO. 318 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 = ZInsO 2010, 2089 = ZIP 2010, 2105 Tz. 16 f. m.w.N. 319 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 = ZInsO 2010, 2089 = ZIP 2010, 2105 Tz. 19 unter Aufgabe von BGH v. 25.10.2007 – IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84, 92 ff. Rz. 21 ff. im Anschluss an BGH v. 10.6.2008 – XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 81 ff. Rz. 30 ff. 320 BGH v. 25.1.2011 – XI ZR 172/09, BKR 2011, 127 Tz. 11 m.w.N. Wagner

655

O Rz. 133

§ 142 InsO – Bargeschäft

im unternehmerischen Geschäftsverkehr, in dem Lastschriftbuchungen von dem Kontoinhaber im Allgemeinen zeitnah nachvollzogen werden, besteht bei regelmäßigen Lastschriften aus laufenden Geschäftsbeziehungen, denen der Schuldner niemals widersprochen hat, mit dessen Kenntnis von einem neuen in der Höhe nicht wesentlich abweichenden Lastschrifteinzug nach einer angemessenen Überlegungsfrist bei der kontoführenden Bank die berechtigte Erwartung, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben.321

O 134 Vor diesem bankrechtlichen Hintergrund hat der Bundesgerichtshof wie schon das Landgericht in der Berufungsinstanz den Bargeschäftseinwand durchgreifen lassen und hierzu im Einzelnen ausgeführt, dass unabhängig von der für das Valutaverhältnis maßgeblichen Rechtsauffassung kein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO vorliegt. Nach der Erfüllungstheorie sei dies der Fall, weil mit vorbehaltlos gewordener Gutschrift der dem Konto der Schuldnerin am 20.9.2005 belasteten fälligen Leasingrate für Oktober 2005 erfüllt worden ist, die das angemessene Entgelt für die von der Schuldnerin gezogene Nutzung des Fahrzeugs für denselben Zeitraum darstellt.322 Entgegen der Ansicht der Revision sei die Anwendung von § 142 InsO nicht deswegen ausgeschlossen, weil Leistung und Gegenleistung von der Schuldnerin und der Beklagten nicht zeitabschnittsweise ausgetauscht worden seien. Bei einer länger dauernden Vertragsbeziehung setzt § 142 InsO voraus, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden.323 Das ist hier der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft gegeben.324 Gleiches gilt für die Zahlung von Leasingraten, die Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar sind.325 Nach Ziffer IV. 1. des Leasingvertrages waren von der Schuldnerin monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen. Es liegt daher eine Rechtslage vor, die der bei Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar ist.326

O 135 Nach der (nunmehr maßgeblichen) Genehmigungstheorie ändert sich an diesem Ergebnis nichts.327 Im Falle der gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung der Belastungsbuchung vom 20.9.2005 ist der Leistungsaustausch bereits mit der vorbehaltlosen Gutschrift der fälligen Leasingrate erfolgt. Genehmigt der Schuldner die Belastungsbuchung, ist

321 So in Fortführung auch des Urteils vom 30.9.2010 BGH v. 25.1.2011 – XI ZR 172/09, BKR 2011, 127 Tz. 20 m.w.N. 322 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 85 f. Rz. 42 ff. 323 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 83 f. Rz. 43. 324 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 mit BGHZ 151, 353, 370. 325 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 m.z.N. 326 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44. 327 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 87 f. Rz. 46 ff.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 137 O

für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Rahmen von § 142 InsO nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung, sondern der des Lastschrifteinzugs maßgeblich.328 Denn im Fall der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Zahlungspflichtigen steht die Zahlung per Lastschrift der Barzahlung wirtschaftlich gleich. Der Beklagten, die hier sowohl erste Inkassostelle also auch Zahlungsempfängerin war, stand der Betrag ab Einlösung der Lastschrift zur Verfügung, und das Vermögen der Schuldnerin als Zahlungspflichtigen ist bereits mit der Belastungsbuchung, hier also seit dem 20. September 2005, vermindert, weil die Zahlstelle wegen der nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Belastungsbuchung rückwirkenden Genehmigung einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Schuldner aus § 670 BGB erwirbt.329 Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gilt die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs als erbracht. War der Leistungsaustausch danach mit dem Lastschrifteinzug rechtsverbindlich abgeschlossen, ist folgerichtig auch im Rahmen des § 142 InsO eine Bardeckung erfolgt.330 Für den entschiedenen Fall bedeutete dies, dass es sich bei der am 20.9.2005 abgebuchten Leasingrate um eine kongruente Befriedigung der Beklagten handelte. Eine kongruente Deckung ist auch dann anzunehmen, wenn eine fällige Schuld nicht bar, sondern per Überweisung, Scheck oder Lastschrift gezahlt wird.331 Der Anspruch der Beklagten aus dem Leasingvertrag auf Zahlung der hier streitgegenständlichen Leasingrate für Oktober 2005 war am 20.9.2005 fällig, wovon beide Parteien auch in der Revisionsinstanz ausgingen. Das entsprach der Regelung in Ziffer V. 1. des Leasingvertrages. Da die Rate bei Fälligkeit mit Erfüllungswirkung eingezogen worden war und der Beklagten auch für die tatsächlich gewährte Nutzung des Fahrzeuges zugestanden hatte, liegt eine kongruente Leistung vor, die gemäß § 142 InsO nicht angefochten werden kann.332

O 136

Dabei ist zu beachten, dass die Rechtsprechung zu der Frage, auf welchen Zeitpunkt für den engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung abzustellen ist,333 allein die Auslegung von § 142 InsO betrifft, nicht aber die für den Zeitpunkt der Rechtshandlung im Sinne der Anfechtungsvorschriften maßgebliche Vorschrift des § 140 InsO.334

O 137

328 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 87 Rz. 47 m.z.N. 329 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 87 Rz. 47 m.z.N. 330 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 87 f. Rz. 47 mit BGH v. 29.5.2008 – IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 16 m. Anm. Keller, WuB VI A § 142 InsO 1.09; Bork, FS Gerhardt S. 69, 73. 331 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45 mit Nobbe, KTS 2007, 397, 416 m.w.N. 332 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 45. 333 BGH v. 29.5.2008, aaO Rz. 16. 334 BGH v. 30.9.2010 – IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 = ZInsO 2010, 2089 = ZIP 2010, 2105 Tz. 21 im Anschluss an Uhlenbruck/Hirte, § 140 InsO Rz. 5b. Wagner

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O Rz. 138

§ 142 InsO – Bargeschäft

2. Bankgeschäfte II – Kreditsicherung a) Mobiliarsicherheiten – Sicherungszession, insbesondere Globalzession

O 138 Die Bargeschäftsausnahme kann grundsätzlich auch bei einer Sicherungszession zu beachten sein. In dem der Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.1.2010 zugrunde liegenden Fall ging es um eine mögliche Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die Abtretung war nach dem Insolvenzantrag vom 25.9.2002 erfolgt, und der Zessionarin (Klägerin) war bekannt, dass der Sicherungsgeber (Schuldner) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt hatte. Die Anfechtung war jedoch gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichem Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. Das hat der Bundesgerichtshof im entschiedenen Fall bejaht, da der Abtretung der Forderungen die Vereinbarungen über die Gewährung von Darlehen in Höhe von 500 000 Euro und bis zu 650 000 Euro gegenüber standen.335 Unter Wahrung der Voraussetzungen im Übrigen kann nicht nur bei der Kreditgewährung gegen Sicherheit, sondern auch beim Tausch gleichwertiger Sicherheiten ein Bargeschäft vorliegen.336 Das kommt insbesondere bei Verlängerungs- und Erweiterungsformen der Sicherungsübereignung sowie des Eigentumsvorbehalts in Betracht, soweit der Vorbehaltseigentümer anstatt des Eigentums an den gelieferten Waren die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen aus deren bedingungsgemäßem Weiterverkauf in entsprechender Höhe erhalten hat.337 Auch in der Krise von Unternehmen ist die Bestellung von Sicherheiten für Kredite, die dem Unternehmen neu gewährt werden (Sanierungskredite) die Anfechtung unter den Voraussetzungen des § 142 InsO regelmäßig ausgeschlossen.338 Dabei weist Kirchhof mit Recht darauf hin, ein Sanierungsversuch sei für sich anfechtungsrechtlich nicht schlechter zu behandeln als jede neutrale Kreditgewährung.339 Die Einbeziehung bereits bestehender Kredite in den Sicherungszweck (Nachbesicherung) steht dagegen der Annahme eines Bargeschäfts in aller Regel entgegen.340

O 139 Die Insolvenzanfechtung von global abgetretenen, zukünftig entstehenden Forderungen scheitert grundsätzlich nicht am Vorliegen eines Barge335 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 f. 336 Vgl. Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 90 Rz. 491. 337 Vgl. zum Eigentumsvorbehalt BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506 Tz. 31 ff. m.w.N. 338 Vgl. Häuser in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 85 Rz. 87b m.w.N. 339 MK-InsO/Kirchhof, § 142 InsO Rz. 13f sowie Rz. 14 mit zutreffender Abgrenzung gegenüber der Rechtslage für Sanierungsberatungsleistungen. 340 Vgl. eingehend Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl., Rz. 6.88 ff. m.w.N. Diff. Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 155, 157 f.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 141 O

schäfts. Denn, so die Begründung des Bundesgerichtshofs, die Voraussetzungen eines Bargeschäfts sind bezüglich künftiger von der Globalzession erfasster Forderungen in aller Regel nicht gegeben: dem Schuldner fließe insoweit kein feststellbarer neuer Vermögenswert zu, das Stehenlassen der Darlehensforderung genüge nicht, außerdem stelle weder die Einziehungsermächtigung des Zedenten noch das Wiederauffüllungsrecht der Zessionarin eine ausreichende rechtsgeschäftliche Verknüpfung dar.341 Auf die damit zusammenhängenden Fragen der Unmittelbarkeit der Gegenleistung und ihrer (vertraglichen) Verknüpfung mit der Leistung des Schuldners aufgrund einer Parteivereinbarung ist an parater Stelle einzugehen (s. Rz. O63 ff.). Hinsichtlich des Anfechtungsgrundes ist zu beachten, dass das Werthaltigmachen zukünftiger Forderungen aus Globalzessionen grundsätzlich als selbständige Rechtshandlung anfechtbar ist, wenn es dem Vertragsschluss zeitlich nachfolgt; insoweit handelt es sich aber ebenfalls um eine kongruente Deckung, wenn dies für das Entstehen der Forderung zutrifft. Was für das Entstehen zukünftiger Forderungen aus einer Globalzession gilt, trifft für das Werthaltigmachen dieser Forderungen in gleicher Weise zu. Auch dieses ist nach § 130 InsO anfechtbar.342 Dasselbe gilt für die „einfache“ Sicherungszession.343 Zu beachten ist ferner, dass der Bundesgerichtshof in Fortführung dieser Entscheidung durch Urteil vom 17.3.2011 ausgesprochen hat, dass auch erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalte hinsichtlich der abgetretenen zukünftig entstehenden oder zukünftig werthaltig gemachten Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung anfechtbar sind.344

O 140

b) Immobiliarsicherheiten – Grundpfandrechte Ein Bargeschäft kommt auch im Rahmen einer Grundschuldbestellung in Betracht, wenn diese für die Masse nicht nachteilig ist.345 Eine Anfechtung nach § 130 InsO ist ausgeschlossen, wenn die Sicherung oder Befriedigung sich als Bardeckung darstellt. Das gilt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung selbst dann, wenn die Forderung, für die Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist, erst begründet wurde, nachdem der Gemeinschuldner seine Zahlungen eingestellt hatte.346 Leitentscheidung 341 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 313 Rz. 43; vgl. zusammenfassend Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1862. S. dazu oben Rz. O41, O49. 342 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 Leitsatz b, 309 Rz. 35. 343 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 14. 344 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506 Tz. 31, 36 (Fortführung von BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 302 Rz. 18 ff., 304 Rz. 25 ff.). 345 Epp in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 94 Rz. 500. 346 Vgl. bereits BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = NJW 1955, 709 = WM 1955, 404 Leitsatz 2. Wagner

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O 141

O Rz. 141

§ 142 InsO – Bargeschäft

hierzu ist das zur Umschuldung und Besicherung eines Kredits ergangene BGH-Urteil vom 26.11.1977, das bei einer Grundschuldbewilligung gegen Krediteinräumung die Annahme eines unanfechtbaren Bargeschäfts bestätigt.347 Für die Bestellung einer Hypothek gilt dasselbe.348 In dem häufigen Fall der Bestellung eines Grundpfandrechts auf dem mit Hilfe des zu sichernden Kredits erworbenen Grundstück wird also regelmäßig der zur Annahme eines Bargeschäfts notwendige Zusammenhang gegeben sein.349 Gleichwohl ist auch hier das Unmittelbarkeitskriterium nicht völlig unbeachtlich; die für § 142 InsO unschädliche Zeitspanne zwischen Darlehensgewährung und Besicherung kann im Einzelfall auch mehrere Monate dauern, wenn dies auf Gründen beruht, die wie Bearbeitungsfristen von den Parteien nicht beeinflussbar sind.350 c) Personalsicherheiten – Bürgschaft, Garantie, persönliche Haftungsübernahme

O 142 Auch die Übernahme einer Bürgschaft durch die Bank kann ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO sein, wenn sie daraus in Anspruch genommen wird.351 Eine gleichwertige Gegenleistung im Sinne dieser Vorschrift scheidet jedoch aus, wenn die Bank stattdessen einen Kredit zur Ablösung der gesicherten Forderung gewährt.352 Dasselbe gilt, wenn sie nach erfolgter Inanspruchnahme ihren Regressanspruch im Kontokorrent verrechnet.353

O 143 Einstweilen frei 3. Bankgeschäfte III – Diskontgeschäft, Finanzkommissionsgeschäft a) Diskontgeschäft

O 144 Einstweilen frei

347 BGH v. 26.1.1977 – VIII ZR 122/75, NJW 1977, 718 – Grundschuldbestellung. 348 Vgl. bereits BGH v. 9.2.1955 – IV ZR 173/54, LM Nr. 2 zu § 30 KO = NJW 1955, 709 = WM 1955, 404. 349 Vgl. Ganter in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 90 Rz. 491. 350 Vgl. oben Rz. O78 ff. OLG Brandenburg ZIP 2002, 1902, 1906 hält einen Zeitraum von sechs Monaten für zu lang; zustimmend MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 18. 351 Vgl. Gehrlein, ZInsO 2010, 1857, 1862 mit Nachw. 352 BGH v. 11.10.2007 – IX ZR 195/04, ZInsO 2008, 163 Tz. 10 m. krit. Anm. Bitter/Rauch, WuB VI A § 142 InsO 1.08. 353 BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 140/08, ZInsO 2009, 1054 Tz. 13.

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Wagner

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 147 O

b) Finanzkommissionsgeschäft

O 145

Einstweilen frei

4. Finanzdienstleistungen – Factoring a) Echtes Factoring Elementare Grundlage des Factoringgeschäfts ist die Globalzession und deren Insolvenzfestigkeit. Hierzu ist der Bundesgerichtshof, wie gezeigt, der Ansicht, dass die Insolvenzanfechtung von global abgetretenen, zukünftig entstehenden Forderungen grundsätzlich nicht am Vorliegen eines Bargeschäfts scheitert.354 Erweiterte und verlängerte Eigentumsvorbehalte sind hinsichtlich der abgetretenen zukünftig entstehenden oder zukünftig werthaltig gemachten Forderungen grundsätzlich nur als kongruente Deckung anfechtbar.355 Besondere Aufmerksamkeit kommt in diesem Rahmen der Frage der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 142 InsO zu.

O 146

Nach herrschender Meinung stellt das echte Factoring ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO dar.356 Strittig ist jedoch, ob dies nur eingeschränkt gelten kann, nämlich nur insoweit, als der Gegenwert der angekauften Kundenforderungen „dem Kunden voll gutgebracht und nicht dem ‚Sperrkonto‘ zugeführt worden ist“,357 was regelmäßig in Höhe von 10 % der Forderungen der Fall ist.358 Die namentlich von Hirte angeführte Replik, dieser „Sicherheitseinbehalt“ werde banküblich verzinst,359 erscheint angesichts der Delkrederefunktion des echten Factoring problematisch. Denn insoweit kommt nicht der Kaufaspekt, sondern ein Finanzierungscharakter des Geschäfts zum Ausdruck. Insoweit wird gerade nicht der volle Gegenwert der angekauften Forderungen vergütet, wenn man diese einzeln betrachtet. Berücksichtigt man dagegen die Funktionsweise des

O 147

354 BGHZ 174, 297, 311 ff. Rz. 40 ff. Vgl. Rz. O41, O49, O63 ff., O104, O138 ff., O195. 355 BGH v. 17.3.2011 – IX ZR 63/10, NJW 2011, 1506 Tz. 31, 36 (Fortführung von BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 302 Rz. 18 ff., 304 Rz. 25 ff.). 356 Vgl. Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 11 m.w.N.; E. Wagner in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Bankrecht, Rz. V 30; Martinek in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 102 Rz. 138 mit dem zutreffenden Hinweis, es komme maßgeblich darauf an, „wie streng oder großzügig die Rechtsprechung den Begriff der Gleichwertigkeit in § 142 InsO auslegt.“. 357 So etwa Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 20 im Anschluss an Canaris, Bankrecht, 3. Aufl., Rz. 1676. 358 Vgl. zur Funktionsweise des Factoring etwa E. Wagner in Ebenroth/Boujong/ Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Bankrecht, Rz. V 2, V 16 ff.; instruktiv im Zusammenhang mit dem Eröffnungsverfahren BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 1/09, WM 2010, 222 Tz. 24. 359 Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 11. Wagner

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O Rz. 147

§ 142 InsO – Bargeschäft

Factoring und das hierfür konstitutive Siloprinzip, so kommt – bezogen auf das dingliche Rechtsgeschäft – eine dem Ausscheiden und Auffüllen bei Globalzessionen vergleichbare Bewertung in Betracht.360

O 148 Einstweilen frei b) Unechtes Factoring

O 149 Der Ankauf von Forderungen im Rahmen des unechten Factoring ist nach herrschender Meinung ein Darlehensgeschäft. Gleichwohl soll die Finanzierungsleistung des Factoringunternehmens wie beim echten Factoring als Bardeckung unanfechtbar sein, jedenfalls soweit dies unter marktüblichen Bedingungen geschieht.361 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen, soweit die nach richtiger Ansicht als Kaufpreiszahlung zu verstehende Leistung des Factors und die angekaufte Forderung gleichwertig sind.362

5. Dauerschuldverhältnisse a) Grundsätzliches

O 150 Unter die Bargeschäftsausnahme können gegenseitige Verträge jeder Art

bzw. deren Erfüllung fallen.363 Auch länger dauernde Vertragsbeziehungen scheiden nicht von vornherein als Bargeschäft aus, weil sie an dem Unmittelbarkeitserfordernis scheiterten. So kommen zum Beispiel auch Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts als Bargeschäfte i.S.d. § 142 InsO in Betracht.364 Anwaltliche Dienstleistungen etwa ziehen sich nicht selten über einen längeren Zeitraum hin. Selbst wenn es sich nicht um Dauermandate handelt, sind Zeitspannen von Monaten oder Jahren nicht selten, § 142 InsO erfordert jedoch zwischenzeitliche Abrechnungen (s. dazu Rz. O151, O201 ff.).365 Aber auch Gebrauchsüberlassungsverträge wie Miete, Pacht und Leasing oder langfristige und unbefristete Lieferverträge, insbesondere zur Energieversorgung, unterfallen grundsätzlich dem Anwendungsbereich des § 142 InsO.

O 151 Wichtig für die betreffenden Wirtschaftsbereiche sowie für die Rechtspraxis sind dabei die Vorgaben des Bundesgerichtshofs für länger dauernden 360 Vgl. näher Martinek in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 102 Rz. 136 ff. mit der notwendigen Differenzierung zwischen der Insolvenz des Factoringunternehmen und der des Anschlusskunden. 361 MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 13d; BK-InsO/Haas, § 142 Rz. 32, jew. w.N. 362 Vgl. E. Wagner in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Bankrecht, Rz. V 8, V 30; anders für die h.M. 138, 142, der insoweit auf die Anfechtung nicht eingeht. Martinek in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 102 Rz. 136 ff. 363 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 199 f. Rz. 32 mit MK-InsO/ Kirchhof, § 142 Rz. 4; HK-InsO/Kreft, § 142 Rz. 3. 364 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 199 f. Rz. 32. 365 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 199 f. Rz. 32.

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Wagner

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 153 O

Vertragsbeziehungen im Hinblick auf die Voraussetzungen des Bargeschäfts i.S.d. § 142 InsO. Danach müssen die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sein und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden (s. Rz. O70, O94 ff.).366 Das trifft paradigmatisch auf Miet-, Pacht- und Leasingsverhältnisse zu.367 b) Gebrauchsüberlassung (Miete, Pacht, Leasing) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft gegeben (s. Rz. O72).368 Gleiches gilt für die Zahlung von Leasingraten, die Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar sind.369 Nach Ziffer IV. 1. des Leasingvertrages in dem der Grundsatzentscheidung vom 10.6.2008 zugrunde liegenden Fall waren von der Schuldnerin monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen. Es lag daher eine Rechtslage vor, die der bei Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar ist.370 Nichts anderes kann für die korrespondierende Leistung der Gegenseite, d.h. die Gebrauchsüberlassung, gelten.

O 152

Im Zusammenhang mit der Problematik einer eigenkapitalersetzenden Nutzungsüberlassung im Konzern hat der Bundesgerichtshof in seinem dazu ergangenen Grundsatzurteil vom 2.2.2006 ausgeführt: Die Voraussetzungen einer Anfechtung (scil. der Mietzinszahlung durch Hingabe eigener Schecks) als kongruente Deckung nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO seien nicht festgestellt. Sie scheitere im Übrigen schon deshalb, weil es sich um ein Bargeschäft handelte (§ 142 InsO). Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Mietzinszahlung gewährte die Klägerin der Schuldnerin weiterhin den Mietgebrauch. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die für den relevanten Monat Oktober 1999 auf etwa ein Drittel des vertraglichen Mietzinses geminderte Mietzahlung nicht dem Wert der Gebrauchsüberlassung entsprach. Da die Scheckzahlung zu Beginn des Nutzungszeitraums erfolgte (der Scheck wurde am 21.9.1999 ausgestellt), habe der für § 142 InsO erforderliche enge zeitliche Zusammenhang vorgelegen. Der zwischen Klägerin und Schuldnerin vorgenommene Leistungsaustausch – Mietzahlung gegen Gebrauchsüberlassung –

O 153

366 BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 1134/05, NZG 2008, 902 m.w.N. Für Miet-, Pachtund Leasingsverhältnisse s. BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 83 f. Rz. 43. 367 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 mit BGHZ 151, 353, 370. 368 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 mit BGHZ 151, 353, 370. 369 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44 m.z.N. 370 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69, 86 Rz. 44. Wagner

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O Rz. 153

§ 142 InsO – Bargeschäft

habe sich in zeitlicher und tatsächlicher Hinsicht im Rahmen des Mietvertrages vollzogen.371

O 154 Einstweilen frei c) Energielieferung

O 155 Die oben wiedergegebenen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung für die Annahme eines Bargeschäfts im Sinne des § 142 InsO sind im Bereich der betreffenden Versorgungsverträge regelmäßig erfüllt, soweit die Versorgungsunternehmen – wie allgemein üblich – wiederkehrende, nach kürzeren Zeiträumen berechnete (monatliche) Abschlagszahlungen erheben, die sich am Verbrauch im zurückliegenden Bezugszeitraum orientieren, oder von der Möglichkeit Gebrauch machen, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen (Abschlagszahlungen) zu erbringen. Vgl. dazu § 25 AVB Fernwärme, § 13 GasGW, § 13 StromGVV, § 25 AVBWasser. Bei Bezahlung rückständiger Stromlieferungen durch den Schuldner fehlt die Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung.372

6. Arbeits-, Dienst- und Werkleistungen, Geschäftsbesorgungen a) Sachleistung

O 156 Erfüllungshandlungen des Schuldners wie die Übergabe der Kaufsache, aber auch die Erbringung von Dienstleistungen oder die Herstellung eines geschuldeten Werkes, sind grundsätzlich als Rechtshandlungen i.S.d. § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar (vgl. Rz. O21 ff. zur Leistung des Schuldners).373 Die selbständige Anfechtbarkeit „wertschöpfender“ Erfüllungshandlungen gilt nicht nur, soweit diese zur Werthaltigkeit einer Aufrechnungslage oder einer abgetretenen Forderung führen,374 sondern darüber hinaus generell. So sind zum Beispiel Werkleistungen, die der spätere Schuldner – gegebenenfalls im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters – vornimmt, um sein Unternehmen aufrechtzuerhalten, unter den übrigen Voraussetzungen des § 142 InsO als Bargeschäfte regelmäßig der Anfechtung entzogen.375

371 BGH v. 2.2.2006 – IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125, 139 Rz. 48 (Nutzungsüberlassung im Konzern) m. Anm. Servatius, WuB VI A § 135 InsO 2.06. 372 BGH v. 30.1.1986 – IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94 = NJW 1986, 1496, 1498; Uhlenbruck/Hirte, § 142 Rz. 7. 373 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 309 Rz. 36 m.z.N. 374 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297, 309 Rz. 36 m.z.N. 375 Vgl. zu Zahlungen eines Werftunternehmers an Subunternehmer BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029 unter 3.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 158 O

b) Vergütung aa) Grundsatz Als Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO werden Leistungen des Schuldners privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei längerwährenden Vertragsbeziehungen für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen.376 Außerdem können die Vertragsparteien vereinbaren, dass Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen sind.377 So sind Zahlungen des späteren Schuldners – gegebenenfalls im Eröffnungsverfahren mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters – zur Aufrechterhaltung seines Unternehmens unter den übrigen Voraussetzungen des § 142 InsO als Bargeschäfte regelmäßig der Anfechtung entzogen.378

O 157

bb) Lohnzahlungen an Arbeitnehmer Eine wirtschaftlich wie anfechtungsrechtlich besonders bedeutsame Frage ist die nach der Insolvenzfestigkeit von Lohnzahlungen in der Insolvenz des Arbeitgebers und besonders im Vorfeld der wirtschaftlichen Krise. Eine besondere Rolle spielt dabei die Insolvenzanfechtung rückständiger Lohnzahlungen an Arbeitnehmer.379 Geradezu idealtypisch ist der Sachverhalt des BGH-Urteil vom 19.2.2009 – BGHZ 180, 63 – Elektroinstallateur Der Schuldner betrieb ein Bauunternehmen mit 40 Arbeitnehmern. Der Beklagte war bei ihm bis Mitte August 2004 als Elektroinstallateur beschäftigt. Ab Herbst 2003 geriet der Schuldner mit den Lohn- und Gehaltszahlungen zunehmend in Rückstand. Spätestens ab Mai 2004 war er zahlungsunfähig. Der Beklagte erhielt restlichen Lohn für Februar 2004 sowie anteiligen Lohn für März 2004 376 BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 1134/05, NZG 2008, 902. 377 BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 1134/05, NZG 2008, 902 mit BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 Rz. 36; v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Rz. 20. 378 Vgl. BGH v. 10.7.1997 – IX ZR 234/96, NJW 1997, 3028, 3029 unter 3 (Werft). 379 Eingehend dazu Huber, NJW 2009, 1928 ff.; Vollrath, ZInsO 2011, 1665 ff. Zur Kenntnis des Arbeitnehmers von der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers s. BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63, 66 ff. m. zust. Anm. Bork, EWiR 2009, 275 f.; Siegmann, WuB VI A § 130 InsO 1.09, S. 558 f.; kritisch Huber, NJW 2009, 1928, 1932; kritisch Smid, DZWIR 2010, 45, 53 f. (die Entscheidung hinterlasse einen üblen Nachgeschmack). S. dazu im Folgeverfahren BGH v. 15.10.2009 – IX ZR 201/08, ZInsO 2009, 2244 Rz. 10 ff. m.w.N. Wagner

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O 158

O Rz. 158

§ 142 InsO – Bargeschäft

(1500 a) am 14.5.2004, den restlichen Lohn für März 2004 sowie Lohn für April 2004 (2350 a) am 27.7.2004. Das Insolvenzverfahren wurde auf Gläubigerantrag vom 2.8.2004 am 14.10.2004 eröffnet. Der Insolvenzverwalter hat beide Zahlungen vor dem Arbeitsgericht als kongruente Deckung angefochten. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen. Das Amtsgericht hat die Anfechtung der Zahlung aus Mai 2004 als unbegründet angesehen, der Klage hinsichtlich der Zahlung vom 27.7.2004 hingegen stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seine Klage ergänzend auf die Vorsatzanfechtung gestützt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

In dem entschiedenen Fall ging es ausschließlich um den subjektiven Anfechtungstatbestand, den das Berufungsgericht nach Maßgabe des § 130 Abs. 2 InsO verneint hat. Danach kommt es entscheidend darauf an, ob der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Gegebenenfalls kann sich der Insolvenzgläubiger nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf den Rechtsbegriff der Zahlungsunfähigkeit selbst nicht gezogen hat.380 Der Bundesgerichtshof teilt die Ansicht des Berufungsgerichts und hält die tatrichterliche Würdigung auch hinsichtlich der zweiten Zahlung für noch vertretbar; zu § 130 Abs. 2 InsO unterscheidet er zwischen institutionellen, typischerweise informierten Gläubigern einerseits und den „in der Informationshierarchie auf unterster Ebene“ stehenden Arbeitnehmern wie dem Anfechtungsgegner andererseits.381 Wäre es hingegen auf den Bargeschäftseinwand angekommen, hätte der Beklagte weder bezüglich der ersten noch der zweiten Zahlung Erfolg gehabt, da keine der beiden Zahlungen noch als unmittelbar i.S.d. § 142 InsO hätte angesehen werden können (vgl. Rz. O70). Zur Abgrenzung bot sich ein Parallelfall aus demselben Insolvenzverfahren an, welcher der Folgeentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2009 zugrunde lag; hier hatte die Anfechtungsklage Erfolg. Der Beklagte war bis Mitte August 2004 als Projekt- und Bauleiter beschäftigt. Er erhielt in dem Zeitraum vom 1.2.2004 bis zum 4.8.2004 keinerlei Lohn. Am 5.8.2004 zahlte der Schuldner den restlichen Lohn für den Monat Dezember 2003 in Höhe von 1514,63 a sowie den restlichen Lohn für den Monat Januar 2004 in Höhe von 1556,02 a, insgesamt 3070,65 a. Für den Zeitraum ab dem 1.2.2004 meldete der Beklagte Lohnforderungen in Höhe von 7356,84 a zur Tabelle an. Die Anfechtungsklage hatte Erfolg.

380 BGH v. 15.10.2009 – IX ZR 201/08, ZInsO 2009, 2244 Rz. 11 m. Bspr. Ries, S. 2367 ff. und Anm. Stiller, EWiR 2009, 779 f. 381 BGH v. 19.2.2009 – IX ZR 62/08, BGHZ 180, 63, 66 ff. Zur Abgrenzung in einem Folgeverfahren gegen den Bau- und Projektleiter des Schuldners derselben Insolvenz, in dem die Anfechtungsklage Erfolg hatte, s. BGH v. 15.10.2009 – IX ZR 201/08, ZInsO 2009, 2244 Rz. 10 ff., 14.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 161 O

Der Arbeitnehmer, ein langjähriger Bauleiter des Schuldners, kannte nicht nur seinen eigenen Lohnrückstand von mehr als sechs Monaten, sondern auch betriebliche Hintergründe und Interna. Der Bargeschäftseinwand wäre – falls erhoben – wiederum unbegründet gewesen, da der zeitliche Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Vergütung eindeutig zu groß war. cc) Rechtsanwalts- und Steuerberatervergütung Auch Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts Bargeschäfte sein. Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, sei ein Bargeschäft aber zu verneinen. Rechtsanwälte werden dadurch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht unangemessen benachteiligt, da sie jederzeit Vorschüsse verlangen können. Allerdings sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts nicht erfüllt, wenn der Rechtsanwalt einen Vorschuss in einer Höhe geltend macht, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Einem Rechtsanwalt, der in den Genuss der anfechtungsrechtlichen Bargeschäftsausnahme kommen wolle, sei es möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. Außerdem könne vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütung zu erbringen.382

O 159

c) Vorschusszahlungen Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme nur dann anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.383

O 160

Bereits in seiner Grundsatzentscheidung vom 13.4.2006 hat der Bundesgerichtshof zur Insolvenzfestigkeit von Vorleistungen und Vorschusszahlungen im Rahmen anwaltlicher Mandatsverhältnisse eingehend Stellung genommen384 und hierzu folgende Leitsätze entwickelt: Für Rechtsanwaltsgebühren ist von deren Fälligkeit auszugehen, sobald die betreffende Angelegenheit beendet ist, selbst wenn der Auftrag – der auch noch andere Angelegenheiten umfassen kann – insgesamt noch nicht erledigt sein

O 161

382 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 = ZInsO 2008, 101 Tz. 19 (Sanierungsberatung) mit BGHZ 167, 190, 199 ff. 383 BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 1134/05, NZG 2008, 902 mit BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190, 201 Rz. 36; v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, WM 2008, 229, 230 Rz. 20. 384 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 (Leitsatz a) m. Anm. Pape, EWiR 2007, 117 = BGH-Report 2006, 1133 m. Anm. Ringstmeier. Wagner

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O Rz. 161

§ 142 InsO – Bargeschäft

mag. Ein Vorschussanspruch besteht insoweit jedenfalls nicht mehr.385 Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Leitsätze des Urteils lauten:386 Soweit an einen Rechtsanwalt Vorschusszahlungen in einer abgeschlossenen Angelegenheit erfolgen, für die bereits der Vergütungsanspruch fällig geworden, jedoch nicht geltend gemacht ist, sind die Leistungen inkongruent. Erbringt ein Rechtsanwalt Vorleistungen, die der inzwischen in der Krise befindliche Mandant mehr als 30 Tage später vergütet, handelt es sich nicht mehr um ein anfechtungsrechtlich privilegiertes Bargeschäft. Hat der insolvente Mandant durch die Gewährung von Vorschüssen vorgeleistet, gilt für das Vorliegen eines Bargeschäfts derselbe Maßstab wie bei einer Vorleistung des Rechtsanwalts.

7. Sanierungsleistungen a) Beraterhonorar

O 162 In diesem Zusammenhang sind eine jüngere und eine ältere Entscheidung des Bundesgerichtshofs von Interesse, die jeweils Vergütungszahlungen für Beratungsleistungen im Vorfeld eines möglichen Insolvenzverfahrens zum Gegenstand haben, einmal an einen mit der Erstellung eines Insolvenzplans beauftragten Rechtsanwalt (s. unten Rz. O169), zum anderen an einen Wirtschaftsprüfer, der mit der Anfertigung eines Antrags auf Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens befasst war. BGH-Urteil vom 17.11.1958 – BGHZ 28, 344 – Vergütung für Vergleichsantrag

O 163 Die Firma S. erstrebte ein gerichtliches Vergleichsverfahren und beauftragte einen Wirtschaftsprüfer mit den vorbereitenden Arbeiten, insbesondere mit der Anfertigung des Antrages auf Eröffnung des Verfahrens nebst Anlagen und den Verhandlungen mit den Gläubigern zwecks Zustimmung zu einem Vergleichsvorschlag. Nachdem S. die Zahlungen eingestellt hatte, trat sie zur „Sicherung der Honoraransprüche“ eine Forderung gegen die W. GmbH an den Auftragnehmer ab. Das Amtsgericht lehnte den Vergleichsantrag ab und eröffnete das Anschlusskonkursverfahren. Der Konkursverwalter hat die Abtretung angefochten und den beklagten Wirtschaftsprüfer auf Rückabtretung in Anspruch genommen mit der Begründung, diesem sei durch die Abtretung nach Zahlungseinstellung eine Sicherheit gewährt worden, die er nicht zu beanspruchen gehabt habe. Der Masse entstehe aus der Arbeit des Beklagten kein Vorteil.

O 164 Dem Urteil des Bundesgerichtshofs ist folgender Leitsatz vorangestellt: Hat der Gemeinschuldner eine geeignete Persönlichkeit (z.B. einen Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer) beauftragt, den Antrag auf Eröff385 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 (Leitsatz a) m. Anm. Pape, EWiR 2007, 117 = BGH-Report 2006, 1133 m. Anm. Ringstmeier. 386 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Leitsatz b – d.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 166 O

nung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens nebst den nötigen Unterlagen anzufertigen, so benachteiligt die nach der Zahlungseinstellung erfolgte Leistung der angemessenen Vergütung für diese Arbeiten die Konkursgläubiger auch dann nicht in anfechtbarer Weise, wenn der Antrag alsbald abgelehnt wird und die Arbeiten für das Anschlusskonkursverfahren keinen Nutzen bringen. Auch in diesem Fall hatte der Konkursverwalter die auftragsgemäß erfolgten Leistungen als für die Masse wertlos qualifiziert. Dagegen war nach Ansicht des Berufungsgerichts die in Rechnung gestellte Vergütungsforderung des Wirtschaftsprüfers der Höhe nach nicht zu beanstanden. Auch der Konkursverwalter hatte als Kläger im Anfechtungsprozess die Rechnung des beklagten Anwalts im einzelnen nicht beanstandet, sondern nur geltend gemacht, der Aufwand sei im Ergebnis nutzlos gewesen.387 Dies hat der Bundesgerichtshof jedoch als nicht entscheidend angesehen und hierzu im Einzelnen ausgeführt: Die Konkursgläubiger seien nicht bereits deshalb benachteiligt, weil in der Masse kein greifbarer Ausgleich für die an den Beklagten abgetretene Forderung vorhanden ist. Das Reichsgericht (RGZ 162, 292, 295) habe bezüglich der Anfechtung der Vergütung für einen vom Gemeinschuldner beauftragten Abwickler nach § 31 KO die Ansicht vertreten, es komme für die Frage, ob die Gläubiger durch die Honorarzahlung benachteiligt seien, nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Abwicklers rückschauend gewürdigt für die Masse einen bleibenden Wert hinterlassen habe und sich ein ihm zu erstattender Gegenwert (§ 38 KO) darin befinde. Es sei vielmehr darauf abzustellen, ob die Leistungen des Abwicklers im Rahmen einer zweckmäßigen Sacherledigung zu erbringen und deshalb von Wert gewesen seien.388

O 165

Der Bundesgerichtshof hat diesen Gesichtspunkt im Einklang mit dem Schrifttum herangezogen, um die Anfechtbarkeit (nach § 30 KO) von Verträgen oder Leistungen des späteren Gemeinschuldners bezüglich einer Tätigkeit der streitgegenständlichen Art zu beurteilen.389 Die sachgemäße Vorbereitung des Versuches, den Konkurs durch ein gerichtliches Vergleichsverfahren abzuwenden, liege im wohlverstandenen Interesse der Gläubiger und könne vom Schuldner allein nicht geleistet werden. Der angemessene Kostenaufwand stelle selbst dann keine zur Anfechtung nach § 30 KO berechtigende Benachteiligung der Gläubiger dar, wenn der Antrag später abgelehnt und das Anschlusskonkursverfahren eröffnet wird. Diese Auffassung sei unabhängig davon gerechtfertigt, ob die Vorarbeiten ganz oder teilweise vom späteren Konkursverwalter verwertet werden können und ob durch sie der Masse Kosten erspart werden. Eine andere Beurteilung hält das Gericht allerdings dann für geboten, wenn der Antrag auf Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens von

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387 BGH v. 17.11.1958 – II ZR 224/57, BGHZ 28, 344, 347. 388 BGH v. 17.11.1958 – II ZR 224/57, BGHZ 28, 344, 347 f. 389 BGH v. 17.11.1958 – II ZR 224/57, BGHZ 28, 344, 347 f. Wagner

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§ 142 InsO – Bargeschäft

vornherein als aussichtslos hätte erkannt werden müssen. Dafür fehlte im entschiedenen Fall aber jeder Anhaltspunkt.390 BGH-Urteil vom 6.12.2007 – NJW 2008, 659 – Anwaltshonorar (Sanierungsberatung)391

O 167 Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main als Berufungsgericht hatte angenommen, der Kläger könne Rückzahlung des gesamten an den Beklagten gezahlten Honorars unter dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung wegen inkongruenter Deckung verlangen.392 Zur Begründung hat es ausgeführt, der Grundgedanke des Insolvenzrechts, eine Benachteiligung von Gläubigern durch einseitige Begünstigungen im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Insolvenz zu vermeiden, erlaube lediglich eine leistungskongruente Bezahlung von Sanierungsberatungen, weil ansonsten eine Bevorzugung dieser Berater auf Kosten der Insolvenzmasse erfolgen würde (juris-Rz. 38). Die Zahlung des vereinbarten Honorars drei Tage vor Stellung des Insolvenzantrags des Auftragnehmers für die Auftraggeber (Schuldner) habe die Insolvenzgläubiger benachteiligt. Der Beklagte habe dadurch im letzten Monat vor dem Eröffnungsantrag eine Befriedigung erlangt, die er nicht in der Art und auch nicht zu der Zeit zu beanspruchen gehabt habe. Das Gericht hat die Voraussetzungen des § 142 InsO geprüft und verneint. Eine Bargeschäftsausnahme scheide bei inkongruenter Deckung bereits begrifflich aus, da es an einer „unmittelbaren gleichwertigen Gegenleistung“ fehle.

O 168 Der Bundesgerichtshof hielt die Klage hinsichtlich der von der Schuldnerin auf eigene Schuld geleisteten Zahlung über 116 000 Euro jedenfalls nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO für begründet. Dabei hat er zugunsten des Beklagten unterstellt, dass ein Vertragsverhältnis mit der Schuldnerin bereits vor dem Zeitpunkt der Zahlung bestand und die Schuldnerin hiernach vorleistungspflichtig war. Die Voraussetzungen eines Bargeschäfts seien nicht erfüllt, auch bei einer vereinbarten Vorleistungspflicht der Schuldnerin. Auf die in den Vorinstanzen umstrittene Frage, ob die Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens von vornherein aussichtslos war, komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Leistung des Schuldners und die bare Gegenleistung bestünden zwar vielfach in der Erfüllung gegenseitiger Verträge. Der Zahlung der Schuldnerin stehe in casu jedoch keine Gegenleistung gegenüber. Das bloße Versprechen, eine Leistung zu erbringen, stelle entgegen der Auffassung der Revision noch keine Gegenleistung dar.393

O 169 Der Bundesgerichtshof hat an seinen zur Anwaltsvergütung entwickelten Grundsätzen auch in sog. Sanierungsfällen trotz kritischer Stimmen in 390 BGH v. 17.11.1958 – II ZR 224/57, BGHZ 28, 344, 348. 391 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 = NZI 2008, 173 = ZInsO 2008, 101 m. Anm. Gundlach, BGH-Report 2008, 304; Freudenberg, EWiR 2008, 409. 392 OLG Frankfurt v. 19.5.2006 – 24 U 203/05, juris-Rz. 38; zusammengefasst in NJW 2008, 659, 660 Tz. 10 f. 393 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 660 f. = ZInsO 2008, 101 Tz. 17, 19.

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der Literatur394 und nach nochmaliger Überprüfung festgehalten.395 Beauftragt der Schuldner in der Krise auf eigene Kosten einen Rechtsanwalt mit der Ausarbeitung eines Insolvenzplans, um diesen in Verbindung mit der Antragstellung dem Insolvenzgericht vorzulegen, so kann der Anwalt seinen Honoraranspruch dadurch absichern, dass er jeweils Vorschüsse in Höhe der wertäquivalenten Vergütung für die nächsten 30 Tage seiner Arbeit verlangt.396 Der Bundesgerichtshof sieht durchaus, dass bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren und anschließender Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weitere Vorschussanforderungen für die Vertretung des Schuldners in diesen Verfahrensabschnitten möglicherweise ohne Erfolg bleiben. Der Rechtsanwalt könne sich gegen einen Ausfall aber schützen, indem er seine Tätigkeit einstellt und gegebenenfalls – wenn das Mandat nicht bereits durch den Auftraggeber oder den (vorläufigen) Verwalter beendet wird – nach § 627 Abs. 2 BGB kündigt. Gehe der Auftrag des Schuldners dahin, einen Insolvenzplan erst nach Antragstellung bzw. Verfahrenseröffnung auszuarbeiten, könne der Rechtsanwalt genauso vorgehen. Er müsse in diesem Fall von vornherein damit rechnen, seine Tätigkeit nicht fortführen zu können, wenn die Zustimmung des (vorläufigen) Verwalters und der Organe der Gläubiger zu dem Plan ausbleibt.397 b) Wertungsfragen und Wertungswidersprüche Dieser Problemkreis hat in jüngster Zeit besondere Aufmerksamkeit gefunden. Die hiermit zusammenhängenden anfechtungsrechtlichen Fragen sind noch nicht befriedigend beantwortet. Den durchaus nachvollziehbaren Interessen auf Beraterseite, komplexe und aufwendige Beratungsleistungen nur gegen adäquate Vergütung leisten zu müssen, steht eine tendenziell restriktive Auslegung des § 142 InsO durch die höchstricherliche Rechtsprechung gegenüber. Die auf von ihr befürchtete Aufweichung398 stringenter Rechtsbegriffe und klarer Anwendungsgrundsätze sind im Interesse der Rechtssicherheit, insbesondere der Voraussehbarkeit justizieller Beurteilungen disparater Sach- und Rechtslagen ebenfalls ohne weiteres nachvollziehbar. Im Interesse einer allseits akzeptablen praktischen Konkordanz der konkurrierenden Belange verbietet sich aber ein höchstrichterlicher Auslegungsverzicht. Das gilt umso mehr, als die praktische Anwendung der relevanten Tatbestandsmerkmale der Unmittelbarkeit und Gleichwertigkeit des Leistungsaustausch sowie der Krite394 Vgl. de Bra, LMK 2006, 36; Lwowski/Wunderlich, FS Kirchhof S. 314 ff. 395 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Tz. 20 mit BGHZ 167, 190, 199 ff. 396 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659, 661 Tz. 22 mit BGHZ 167, 190, 201. 397 BGH v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, NJW 2008, 659 Tz. 22. 398 Dezidiert Kayser, FS G. Fischer, 2008, S. 267 ff. insb. zu Sanierungsberatungsleistungen; Kayser, ZIP 2007, 49 ff. im Zusammenhang mit der Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen durch Arbeitgeber. Wagner

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rien ihrer rechtlichen Verknüpfung nicht frei von Wertungswidersprüchen ist und angesichts der Aufgabe, den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls gerecht zu werden, auch gar nicht sein kann.

O 171 Die Frage, wie Personen, die sich professionell um die Rettung notleidender Unternehmen bemühen, gegen eine anfechtungsbedingte Rückgewähr ihrer Vergütung zur Haftungsmasse sichern können, ist so alt wie die Konkursordnung.399 Dass es sich dabei zuweilen um eine „Gratwanderung“ zwischen der Befriedigung berechtigter Ansprüche und einer Ausplünderung im Vorfeld des Insolvenzverfahrens400 handeln kann, rechtfertigt keine Schlechterstellung der Sanierer gegenüber den Liquidatoren.

8. Öffentliche Abgaben I – Sozialversicherungsbeiträge a) Krankenkassenbeiträge – BGHZ 149, 100401

O 172 Zahlungen der Gesamtvollstreckungsschuldnerin haben deren Gläubiger auch insoweit objektiv benachteiligt, als sie auf Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung entfallen. Die von der Schuldnerin überwiesenen Beträge gehörten in vollem Umfang zu ihrem eigenen Vermögen. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist der Arbeitgeber alleiniger Schuldner der Krankenkasse. Diese gesetzliche Zahlungspflicht gehört auch hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge zu den Hauptpflichten des Arbeitgebers und gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seiner arbeitsrechtlichen Lohnzahlungspflicht an den Arbeitnehmer bereits nachgekommen ist oder nicht. Die Krankenkasse erlangt damit auch im Umfang des Arbeitnehmeranteils zum Beitrag gegen den Arbeitgeber nur einen schuldrechtlich wirkenden Anspruch, der in dessen Gesamtvollstreckung keine Vorrechte gegenüber allen anderen Gläubigern verschafft. Genauso wie der Arbeitnehmer selbst unterliegt der Sozialversicherer im Insolvenzverfahren dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Gläubiger.402

O 173 Das Interesse der Arbeitnehmer daran, dass die auf sie entfallenden vom Arbeitgeber einzubehaltenden Sozialversicherungsanteile tatsächlich an den Sozialversicherer abgeführt werden, begründe in der Insolvenz des Arbeitgebers, so der Bundesgerichtshof, nicht ohne weiteres eine rechtlich geschützte Position. Eine solche wäre seiner Ansicht nach nur im Wege eines Treuhandverhältnisses gerade mit Bezug auf bestimmte, abzuführende Vermögenswerte möglich. Dafür müssten aber besondere Voraus399 Vgl. Jaeger, JW 1915, 1253 ff. zur anwaltlichen „Ausgleichsvergütung“ und dagegen RGZ 136, 152, 159. 400 Pape, EWiR 2007, 117; vgl. Riggert, FS Braun, 2007, S. 139, 150 ff. 401 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 105 f. = NJW 2002, 512 = ZInsO 2001, 1150 m. weitgehend zust. Anm. Gundlach/Frenzel, DZWIR 2002, 89 ff.; v. 10.7.2003 – IX ZR 89/02, ZIP 2003, 1666, 1667 f. In Bezug genommen von BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 m.w.N. 402 BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 104 f.

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Rz. 175 O

VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

setzungen erfüllt sein, die im Regelfall nicht vorliegen. Denn der Arbeitgeber zahlt die Sozialversicherungsbeiträge – genauso wie den Lohn – aus seinem gesamten eigenen Vermögen. Daran bestehe aber keine treuhänderische Mitberechtigung Dritter.403 Gundlach/Frenzel führen dazu aus, der Bundesgerichtshof habe eine treuhänderische Bindung bezüglich der Arbeitnehmeranteile an den Sozialversicherungsbeiträgen überzeugend verneint, zu widersprechen sei ihm lediglich darin, dass eine haftungsrechtlich relevante Vermögenstrennung durch die entsprechende Buchung der Sozialversicherungsbeiträge als Arbeitnehmerguthaben bewirkt werden könne.404 b) Arbeitnehmeranteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag – BGHZ 183, 86 Mit diesem Grundsatzurteil bestätigt der Bundesgerichtshof erneut die wiederholt und in seiner Entscheidung vom 22.1.2004 zur Darstellung eines Gleichlaufs von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen (s. unten Rz. O181) beiläufig ausgesprochene Ansicht, dass Beitragszahlungen des Schuldners an einen Sozialversicherungsträger die Gläubigergesamtheit auch insoweit benachteiligen, als sie die Arbeitnehmeranteile betreffen. Auch diesen Teil der Sozialversicherungsbeiträge leiste der Arbeitgeber aus seinem Vermögen. Das Interesse der Arbeitnehmer an der Abführung der Beiträge begründe keine in der Insolvenz des Arbeitgebers geschützte Rechtsposition. Eine solche ließe sich nur im Wege eines Treuhandverhältnisses begründen, das aber nicht allein durch die gesetzlichen und vertraglichen Pflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis begründet werde.405

O 174

In seinem Grundsatzurteil vom 5.11.2009 hat der Bundesgerichtshof erneut entschieden, dass die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstellen angefochten werden kann.406 Dabei stellt er zunächst klar, dass auch solche Vermögensverschiebungen, welche die gesetzlichen Einzugsstellen der Sozialversicherung im Vollstreckungswege erzwingen, Zahlungen im Sinne des § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV darstellen. Zu dieser am 1.1.2008 in Kraft getretenen Neuregelung weist der Senat auf die bestehende Unklarheit hin, ob die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als unmittelbar oder mittelbar aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht gelten und welche Rechtshandlung hierfür maßgeblich sein soll. Daraus und

O 175

403 404 405 406

BGH v. 25.10.2001 – IX ZR 17/01, BGHZ 149, 100, 105. DZWIR 2002, 89 ff. BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 m.w.N. BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86 Leitsatz, 88 Rz. 6. Wagner

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O Rz. 175

§ 142 InsO – Bargeschäft

aus weiteren Umständen könnten sich erhebliche insolvenzrechtliche Unterschiede ergeben.407

O 176 Bei Annahme einer unmittelbaren Zahlung aus dem Vermögen des Beschäftigten führt der Bundesgerichtshof zu § 142 InsO aus, dass ein Bargeschäft bei der Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung der Arbeitnehmeranteile an die Einzugsstelle durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist. Da von den Sozialversicherungsträgern in das Vermögen der Arbeitgeber keine Leistung gelangt, kommt ein Bargeschäft nur für das Deckungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betracht. Der Anfechtungsgegner hat jedoch bei einer mittelbaren Zuwendung so zu stehen, als habe er den Leistungsgegenstand vom Insolvenzschuldner erworben. Selbst wenn man dies im Grundsatz anders sehen wollte, so wäre hier der Bargeschäftseinwand durch die Inkongruenz der Einzelzwangsvollstreckung innerhalb des Dreimonatszeitraums ausgeschlossen.408

O 177 Einstweilen frei 9. Öffentliche Abgaben II – Lohnsteuer a) Gesetzliche Grundlagen der Abführung von Lohnsteuer

O 178 Anders als bei den Sozialversicherungsbeiträgen gemäß § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV sind Schuldner der (Lohn-)Steuer allein die Arbeitnehmer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG). Diese Steuer hat der Arbeitgeber für Rechnung der Arbeitnehmer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und sie spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums – in der Regel ist das der Kalendermonat – an das Finanzamt weiterzuleiten (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese Beträge sind nach bürgerlichem Recht (§ 611 BGB) Teil des dem Arbeitnehmer zustehenden Lohns, auf den er einen arbeitsvertraglichen Anspruch hat.409 b) Bundesfinanzhof: Bargeschäft

O 179 Der Bundesfinanzhof vertritt in seinem Beschluss vom 11.8.2005 im Anschluss an einen ebenfalls im summarischen Verfahren ergangenen Beschluss vom 21. Dezember 1998 die Auffassung, dass die Abführung von Lohnsteuer durch den Arbeitgeber nur unter den Voraussetzungen des § 133 InsO im Falle vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung angefochten werden kann.410 Der Bundesfinanzhof lehnt eine Unterscheidung danach, 407 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 90 f. Vgl. Rz. O204 ff. 408 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 92 Rz. 14 m.w.N. 409 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 a.E. mit BFH v. 21.12.1998 – VII B 175/98, NV 1999, 745, 747. 410 BFH v. 11.8.2005 – VII B 244/04, NJW 2005, 3807, 3808 = ZIP 2005, 1797 mit BFH v. 21.12.1998 – VII B 175/98, NV 1999, 745.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 182 O

ob die Steuerzahlung ihren Weg über das Vermögen des steuerpflichtigen Arbeitnehmers erfolgt oder direkt vom Arbeitgeber abgeführt wird ab. Die Abzugsbeträge, mithin der entsprechende Bruttolohnanteil, gehöre zum Arbeitslohn, auf die Arbeitnehmer einen arbeitsvertraglichen Anspruch haben. Die Lohnsteuer stelle daher ein – aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften – nicht an den Arbeitnehmer auszuzahlendes (vertragliche) Entgelt für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung dar. Deshalb stelle die gesetzlich vorgeschriebene Abführung an das Finanzamt wie die Auszahlung des Nettolohns keine objektive Benachteiligung der übrigen Gläubiger des Arbeitgebers (späteren Insolvenzschuldners) dar. Vielmehr sei die Abführung der entsprechenden Beträge Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.411 c) Bundesgerichtshof: Kein Bargeschäft Demgegenüber nimmt der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an, die Abführung von Lohnsteuer an das Finanzamt wirke in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubigerbenachteiligend, auch soweit die von seinen Arbeitnehmern geschuldete Lohnsteuer betroffen sei.412

O 180

BGH-Urteil vom 22.1.2004 – BGHZ 157, 350413 Das Grundsatzurteil vom 22.1.2004 betrifft eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts für rückständige Ansprüche des Schuldners auf Lohnsteuer, Lohnkirchensteuer und Solidaritätszuschlag, mit der das beklagte Land alle Ansprüche des Schuldners gegen seine Bank aus dem mit dieser bestehenden Kontokorrentkreditvertrag pfändete. Die Verfügung wurde der Drittschuldnerin am 17.11.1998 zugestellt. Einen am 18.11.1998 eingegangenen Überweisungsauftrag des Schuldners zugunsten der Beklagten in Höhe von 5652,29 DM führte die Bank am 20.11.1998 aus. Durch zwei spätere Überweisungen wurde die Forderung des Beklagten bis zum 27.11.1998 vollständig getilgt. Die Klägerin verlangt als Verwalterin in dem Insolvenzverfahren über den Nachlass des am 6.5.1999 verstorbenen Schuldners Rückgewähr der bezeichneten Zahlungen. Die Klage hatte erst in letzter Instanz Erfolg.

O 181

Ausgehend von seiner Rechtsprechung zu den Beitragszahlungen des Arbeitgebers (Schuldners) an einen Sozialversicherungsträger, welche die Gläubigergesamtheit auch insoweit benachteiligen, als sie die Arbeitneh-

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411 BFH v. 11.8.2005 – VII B 244/04, NJW 2005, 3807, 3808 = ZIP 2005, 1797 mit BFH v. 21.12.1998 – VII B 175/98, NV 1999, 745. 412 Für die Rechtslage vor dem 1.1.2008: BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 357 ff. Vgl. dazu eingehend Kayser, ZIP 2007, 49 ff. m.w.N. Überwiegend zustimmend die Kommentarliteratur zu § 142 InsO, vgl. etwa MK-InsO/ Kirchhof, § 142 Rz. 5b. 413 Urt. v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 360 = NJW 2004, 1444 = WM 2004, 669 zum Zeitpunkt der Entstehung des Pfandrechts bei Pfändung der Ansprüche aus einem Dispositionskredit („offene Kreditlinie“). Wagner

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O Rz. 182

§ 142 InsO – Bargeschäft

meranteile betreffen,414 hat der Bundesgerichtshof ausführlich dargelegt, dass die Leistung der von den Arbeitnehmern geschuldeten Lohnsteuer anfechtungsrechtlich nicht anders zu beurteilen als die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung. Die Leistung der Lohnanteile an das Finanzamt erfolge ebenso wie die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge aus dem Vermögen des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer habe lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Leistung des ihm rechtlich zustehenden Arbeitslohns sowie auf Abführung des gesetzlich vorgeschriebenen Anteils an das Finanzamt. An diesen Lohnanteilen sei vor deren Zahlung an das Finanzamt keine treuhänderische Berechtigung des Arbeitnehmers und somit kein Aussonderungsrecht in der Insolvenz des Arbeitgebers begründet worden. Die steuerrechtliche Verpflichtung zur Führung von Lohnkonten (§ 41 Abs. 1 EStG, § 4 LStDV) diene allein dem Zweck, die Erfüllung der Einbehaltungs- und Abführungspflicht zu belegen und dadurch die Nachprüfung zu erleichtern. Sie bewirke zugunsten der Arbeitnehmer kein in der Insolvenz zu beachtendes Aussonderungsrecht. Sonstige Tatsachen, die geeignet wären, eine Treuhandstellung der Arbeitnehmer zu begründen, habe die Beklagte nicht vorgetragen.415

O 183 Außerdem, so führt der Bundesgerichtshof ergänzend aus, habe der Schuldner die angefochtene Zahlung zur Erfüllung einer eigenen Haftungsschuld erbracht.416 Hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer einbehalten, so kann der Arbeitnehmer vom Finanzamt nicht mehr in Anspruch genommen werden, sofern die in § 42d Abs. 3 Satz 4 EStG normierten Ausnahmetatbestände nicht erfüllt sind. Der Arbeitgeber muss jedoch für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer einstehen. Dieser Haftungsanspruch des Beklagten war vor Insolvenzeröffnung entstanden, als der Schuldner die Lohnsteuer nicht binnen der gesetzlich vorgeschriebenen Frist abgeführt hatte (§ 41a Abs. 1 und 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG). Mitentscheidend ist die Erwägung, dass das beklagte Land ohne die erhaltene Befriedigung die Haftungsschuld nur als Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO hätte geltend machen können. Die Vorschrift des § 41 Abs. 1 EStG sei auch nicht geeignet, für ihn ein Vorzugsrecht in der Insolvenz des Schuldners zu begründen (vgl. vorige Rz.). Die angefochtene Zahlung habe daher in jedem Falle die der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehende Masse gemindert. Dies entspreche der schon bis der bisherigen Rechtsprechung des Senats, die im Schrifttum Zustimmung gefunden habe.417

O 184 Der gegenteiligen Auffassung des Bundesfinanzhofs zu § 142 InsO, die Abführung der Lohnanteile sei Teil eines Bargeschäfts zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und deshalb nicht gläubigerbenachteiligend, ver414 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 m.w.N. 415 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 359. 416 Vgl. dazu und zum Folgenden BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 f. mit Nachw. 417 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 359 f. mit Nachw.

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VII. Wichtige Fallgruppen und Einzelfälle

Rz. 186 O

mochte der Senat nicht zuzustimmen. Der Bundesfinanzhof habe insoweit nicht beachtet, dass nur Leistungen des Schuldners, für die dieser aufgrund einer Parteivereinbarung mit dem anderen Teil, also dem Anfechtungsgegner, eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen erhalten hat, als Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO gelten. Der Schuldner habe mit dem beklagten Land weder eine Vereinbarung getroffen noch von ihm eine Gegenleistung erhalten. Im übrigen würde es selbst in der – hier nicht maßgeblichen – Rechtsbeziehung zum Arbeitnehmer an dem erforderlichen engen zeitlichen Zusammenhang fehlen, wenn eine Arbeitsleistung erst Monate später vergütet wird.418 d) Kritische Stellungnahme Entscheidend gegen die Anwendung des § 142 InsO spricht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, dass der Arbeitgeber keine Treuhandstellung an den Bruttolohnbeträgen innehat, dass keine vertragliche Verknüpfung zwischen Leistung und Gegenleistung erkennbar sei und dass die zur anfechtungsrechtlichen Behandlung von Mehrpersonenverhältnissen entwickelten Grundsätze des Bundesgerichtshofs durchbrochen wären. Dagegen unterbleibt eine Gesamtabwägung der beteiligten Interessen und eine sozialverträgliche Würdigung der praktischen Folgen dieser Ansicht. Denn es ist nicht zu verkennen, dass sich die Auslegung des Bundesgerichtshofs zu Lasten des Arbeitnehmers auswirkt. Das ließe sich jedenfalls nicht rechtfertigen, wenn der Arbeitnehmer eine quasidingliche Rechtsposition an den einbehaltenen und abgeführten Lohnsteuerbeträgen im Verhältnis zu Arbeitgeber und Fiskus erworben hätte. Aber auch unterhalb dieser Schwelle ist die Zuordnung zum Vermögen des Arbeitnehmers zu beachten.419 Die hier im Zusammenhang mit den Einnahmen eines Tankstellenbetreibers aus dem Verkauf von Mineralölprodukten im Namen und auf Rechnung des Mineralölunternehmens vorgeschlagene Annahme einer treuhänderischen Zweckgebundenheit der betreffenden Mittel könnte zur Lösung der komplexen Problematik beitragen (s. Rz. O29, O33, O211 f.).

O 185

Andererseits hat jeder Teilnehmer am Rechtsverkehr das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners zu tragen. Ordnet der Gesetzgeber Vorwirkungen der materiellen Insolvenz an, wie dies mit den Regeln des Insolvenzanfechtungsrechts in dem festgelegten zeitlichen Rahmen geschehen ist, so muss dies selbstverständlich auch innerhalb des jeweiligen Schuldverhältnisses gelten, und zwar grundsätzlich mit allen Einschränkungen und Erweiterungen. Das betrifft also nicht nur den Regeltatbestand, hier das Anfechtungsrisiko nach § 130 Abs. 1 InsO,420 sondern auch den Aus-

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418 BGH v. 22.1.2004 – IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 360. 419 Zu Recht kritisch Schäfer, NZI 2008, 151, 152 f. im Zusammenhang mit Prämienzahlungen an eine Direktversicherung. 420 Vgl. die Herleitung bei Kayser, ZIP 2007, 49. Wagner

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§ 142 InsO – Bargeschäft

nahmetatbestand des § 142 InsO. Demnach ist zu klären, ob dem Arbeitnehmer das Bargeschäftsprivileg zugute gekommen wäre, wenn nicht der Fiskus respektive der Sozialversicherungsträger die jeweiligen Bruttolohnanteile erhalten hätte, sondern der Arbeitnehmer als Vertragspartner des Schuldners (Arbeitgebers), wenn man also den Dritten (Zuwendungsempfänger) hinweg denkt.421

VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick 1. BGH-Urteil vom 30.9.1993 – BGHZ 123, 320 – Kundenschecks

O 187 Die Leitsätze lauten: a) Eine Bardeckung liegt nicht vor, wenn der Gemeinschuldner eine zwar gleichwertige, aber andersartige Leistung erbringt als vereinbart. b) Eine Anfechtung nach § 31 Nr. 1 KO (§ 133 InsO) kommt auch in Betracht, wenn eine Bardeckung vorliegt.

O 188 Diese Entscheidung stellt, wie bereits gezeigt, eine wichtige Zäsur dar für die Auslegung des § 142 InsO, weil sie in Abkehr von der bis dahin herrschenden Auslegung die Vorschrift nur bei kongruenten Leistungen für anwendbar hält, nicht auch bei inkongruenter Deckung, also im Rahmen des § 131 InsO. Hierzu ist auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung zu verweisen (oben Rz. O51 ff.).

O 189 Das Urteil vom 30.9.1993 hat im Schrifttum zunächst ein geteiltes Echo gefunden. In der Folge hat sie aber zu einem Meinungsumschwung geführt, der als Paradigmenwechsel bezeichnet werden darf: Die früher herrschende Meinung ist heute Minderheit und umgekehrt. Kritische Stimmen sind zwar deutlich in der Minderzahl, aber nie ganz verstummt. Dagegen hat sich namentlich die Kommentarliteratur heute fast einhellig der neuen Linie des Bundesgerichtshofs angeschlossen. Stellvertretend für die heute herrschende Lehre sei die Urteilsanmerkung von Henckel erwähnt, der es früh unternommen hat, der neuen, restriktiven Auslegung des § 142 InsO eine dogmatisch vertretbare Grundlage zu geben.422 Zu nennen ist auch die teilweise kritische Anmerkung von Marotzke und Kick, die mit Recht dafür plädieren, dem Schuldner auch in der Krise ein „Mindestmaß an Flexibilität bei der Geschäftsführung“ zuzugestehen, und im übrigen den Schutz der Gläubiger durch die §§ 30 Nr. 2, 31 Nr. 1 KO (§§ 131, 133 InsO) für ausreichend erachten.423

421 Vgl. näher Huber, ZInsO 2010, 977 ff.; unten Rz. O206 ff. 422 Henckel, EWiR 1994, 325; Jaeger/Henckel, § 142 Rz. 8 f. 423 Marotzke/Kick, JR 1995, 106, 108.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 193 O

2. BGH-Urteil vom 7.3.2002 – BGHZ 150, 122 – Verrechnungen im Kontokorrent Stellt eine Bank Zahlungseingänge ins Kontokorrent ein, kann in dem Umfang ein unanfechtbares Bargeschäft vorliegen, in dem sie ihren Kunden (Schuldner) wieder über den Gegenwert verfügen läßt. Ob der Schuldner den vereinbarten Kreditrahmen voll ausnutzt, ist grundsätzlich unerheblich.424

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Diese Grundsatzentscheidung bildet den Ausgangspunkt für zahlreiche weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Verrechnungen im (debitorischen) Bankenkontokorrent.425 Sie hat elementare Bedeutung im Rahmen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs des Schuldners und damit für seine Handlungsfähigkeit in der Krise. Dies betrifft wiederum den Kernbereich des Bargeschäftsprivilegs. Soweit Verrechnungen zu einer inkongruenten Deckung führen, ist für dessen Anwendung dagegen kein Raum.426 Für die Einzelheiten ist auf die Ausführungen zu den betreffenden Tatbestandsmerkmalen zu verweisen (vgl. Rz. O122 ff.).

O 191

3. BGH-Urteil vom 10.6.2008 – BGHZ 177, 69 – Widerspruch des Verwalters im Lastschriftverfahren Das Urteil vom 10.6.2008 ist Ausgangspunkt für eine ganze Reihe weiterer Entscheidungen des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Anfechtung von Lastschriftabbuchungen auf dem Schuldnerkonto. Der Insolvenzverwalter nimmt die beklagte Bank auf Rückzahlung eines im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbetrages in Anspruch. Der zu § 142 InsO ergangene Leitsatz des Urteils lautet: Auch im Falle der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ist für die Frage der Bardeckung im Rahmen des § 142 InsO der Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs maßgebend.427 Hierzu ist auf die Ausführungen im Zusammenhang mit der Fallgruppe Bankgeschäfte I – Zahlungsverkehr zu verweisen (s. Rz. O129 ff.).

O 192

4. BGH-Urteil vom 20.7.2010 – BGHZ 186, 269 – Lastschrift in der Insolvenz Das Urteil stellt klar, dass Zahlungen, die mittels des im November 2009 neu eingeführten SEPA-Lastschriftverfahrens bewirkt werden, insolvenzfest sind und dass dies auch für Zahlungen gilt, die im Einzugsermächti424 BGH v. 7.3.2002 – IX ZR 223/01, BGHZ 150, 122 (Leitsatz 4) = NJW 2002, 1722 m. Bespr. Bruckhoff, S. 3304 ff.; Ringstmeier/Rigol, EWiR 2002, 685; Rigol/Homann, ZIP 2003, 17 ff.; Stiller, ZInsO 2002, 651 ff. 425 Vgl. etwa BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, NZI 2011, 675 m. Anm. Leithaus = ZIP 2011, 1576 f. m.z.N. 426 Vgl. nur BGH v. 7.7.2011 – IX ZR 100/10, NZI 2011, 675 m. Anm. Leithaus = ZIP 2011, 1576 f. m.z.N. 427 BGH v. 10.6.2008 – IX ZR 283/07, BGHZ 177, 69 f. Leitsatz d. Wagner

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O Rz. 193

§ 142 InsO – Bargeschäft

gungslastschriftverfahren erfolgen, das rechtswirksam in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem SEPA-Basis-Lastschriftverfahren nachgebildet worden ist (vgl. § 675j Abs. 1, § 675x Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 BGB).428 Für die Beurteilung der streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen im Jahr 2004 war jedoch im Deckungsverhältnis weiterhin die Genehmigungstheorie zugrunde zu legen. Entscheidungserheblich war daher, ob die Schuldnerin die zunächst unberechtigte Belastung ihres Kontos nachträglich genehmigt hat. Wäre eine solche Genehmigung zeitlich vor Anordnung des Zustimmungsvorbehalts i.S.d. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO erfolgt, wäre der vom Kläger einen Tag später erklärte Widerspruch wirkungslos gewesen. Der Bundesgerichtshof tritt jedoch der Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Genehmigung der Schuldnerin durch schlüssiges Verhalten abgelehnt hat, entgegen.429

O 194 Für § 142 InsO von Interesse ist die Feststellung relevant, dass die Insolvenzfestigkeit der Zahlungen – auch in dem Fall, dass vor Ablauf der Acht-Wochen-Frist des § 675x Abs. 4 BGB das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Zahlungspflichtigen eröffnet wird oder in einem Eröffnungsverfahren entsprechende Sicherungsmaßnahmen angeordnet werden – nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung der Insolvenzgläubiger führt. Selbst wenn der Insolvenzverwalter den Zahlbetrag in entsprechender Anwendung des § 377 Abs. 1 BGB nicht durch Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach § 675x BGB zur Masse ziehen kann, bleibt doch sein Anfechtungsrecht nach §§ 129 ff. InsO hiervon unberührt. Für die Frage, ob ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vorliegt, weil der Zahlung eine auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbare Gegenleistung des Zahlungsempfängers gegenübersteht, kommt es auch im SEPA-Verfahren auf den Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs an.430

5. BGH-Urteil vom 29.11.2007 – BGHZ 174, 297 – Globalzessionen

O 195 Diese zur Anfechtbarkeit von Globalzessionsverträgen als kongruente Deckung, zum Werthaltigmachen von Forderungen und zur Anfechtung global zedierter künftiger Forderungen ergangene Entscheidung ist hier verschiedentlich Gegenstand einschlägiger Fragen der Insolvenzanfechtung. Ihre Kernaussage zu § 142 InsO lautet: Die Insolvenzanfechtung von global abgetretenen, zukünftig entstehenden Forderungen scheitert grundsätzlich nicht am Vorliegen eines Bargeschäfts, die Voraussetzungen eines Bargeschäfts sind bezüglich künftiger von der Globalzession erfasster Forderungen in aller Regel nicht gegeben. Hierfür fehle es sowohl

428 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Leitsatz a und b, 287 Rz. 37 ff. 429 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269, 289 ff. Rz. 41 ff. 430 BGH v. 20.7.2010 – XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269, 285 Rz. 34.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 198 O

an einem Austausch gleichwertiger Leistungen als auch an einer darauf gerichteten vertraglichen Vereinbarung.431

6. BGH-Urteil vom 21.1.2010 – BGHZ 184, 101 – Sicherungszession im Eröffnungsverfahren Der Beklagte des entschiedenen Rechtsstreits war im Eröffnungsverfahren bereits zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt und unter anderem ermächtigt worden, Bankguthaben und sonstige Forderungen des Schuldners einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen; die Drittschuldner sollten nur noch unter Beachtung dieser Anordnung leisten. Die Parteien stritten um den Erlös aus sicherungshalber abgetretenen Forderungen, die während des Eröffnungsverfahrens eingezogen wurden.432

O 196

Die Abtretung war nicht nach den Vorschriften der §§ 129 ff. InsO anfechtbar. In Betracht kam insoweit nur eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Die Abtretung erfolgte nach dem Insolvenzantrag vom 25.9.2002, und der Klägerin war bekannt, dass der Schuldner die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt hatte. Die Anfechtung war jedoch gemäß § 142 InsO ausgeschlossen. Ein Bargeschäft liegt dann vor, wenn der Schuldner aufgrund einer Vereinbarung mit dem Anfechtungsgegner in engem zeitlichen Zusammenhang mit seiner Leistung eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. Der Abtretung der Forderungen standen die Vereinbarungen über die Gewährung von Darlehen in Höhe von 500 000 Euro und bis zu 650 000 Euro gegenüber.433

O 197

Die Revision zog nicht in Zweifel, dass der erforderliche zeitliche, rechtliche und wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der Abtretung der Forderung und den Darlehensverträgen bestand, sie rügte aber, es komme nicht auf die Abtretung der Forderung, sondern auf deren Werthaltigmachung an. Dass diese im zeitlichen Zusammenhang mit der Darlehensgewährung erfolgt sei, habe die Klägerin nicht einmal behauptet. Ihr (unbestrittener) Vortrag dazu, dass die Darlehen zwischen dem 9.10. und dem 18.12.2002 ausgereicht worden seien, reiche insoweit nicht aus. Zu fordern sei eine Gegenüberstellung der einzelnen Valutierungsakte einerseits, der Zeitpunkte der Werthaltigmachung der einzelnen Forderungen andererseits.434 Deren Voraussetzung waren aber nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht nachgewiesen.

O 198

431 BGH v. 29.11.2007 – IX ZR 30/07, BGHZ 174, 297 (Leitsatz c), 311 Rz. 40 ff. 432 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 105 Rz. 13 mit ausf. Bspr. von Gundlach/Frenzel/Jahn, NZI 2010, 336 ff.; Smid, DZWIR 2010, 309 ff. 433 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101 f. 434 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 14. Wagner

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O Rz. 199

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 199 Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen

eines Bargeschäfts ist der Anfechtungsgegner.435 Die Voraussetzungen eines Anfechtungstatbestandes sind demgegenüber vom Insolvenzverwalter darzulegen und zu beweisen. Tatsächlichen Vortrag zum Werthaltigmachen der abgetretenen Forderungen, das eine eigene Rechtshandlung im Sinne von § 129 InsO darstellt und folglich selbständig anfechtbar ist, hat der Beklagte in den Tatsacheninstanzen jedoch nicht gehalten. Die Revision hat keinen entsprechenden Vortrag nachgewiesen.436

7. BGH-Urteil vom 19.3.1998 – BGHZ 138, 291 – Kreditbesicherung im Konzern

O 200 Diese Entscheidung betrifft (schlagwortartig verkürzt) die Besicherung im Konzern. Der dritte Leitsatz lautet: Tritt ein selbständiges Unternehmen einem Sicherheitenpoolvertrag erst bei, nachdem einem anderen Poolmitglied der Kredit, der durch den Poolvertrag gesichert werden sollte, bereits ausgereicht war, kann der Beitritt gleichwohl anfechtungsrechtlich ein Bargeschäft darstellen, wenn das beitretende Unternehmen keine Wahl hatte, ob es dem Pool beitrat, weil es vom Kreditnehmer beherrscht wurde und der Poolvertrag den Beitritt voraussetzte.437 Als Kontrast hierzu ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.11.1992 von Interesse.438 Dort hatten die Gläubigerbanken mit der Gemeinschuldnerin einen Sicherheiten-Poolvertrag geschlossen, der sämtliche Maschinen sowie die gesamte Betriebs- und Geschäftsausstattung der Betriebsstätte Britanniahütte erfasste. Die auf Freigabe der Sicherheiten verklagten Kreditinstitute waren der Ansicht, bei der Sicherungsübereignung der Geschäftsausstattung habe es sich um ein Bargeschäft gehandelt. Dem ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt, weil es seiner Ansicht nach an der hierfür erforderlichen Gleichwertigkeit der Gegenleistung fehlte, selbst wenn der Wert der sicherungsübereigneten Sachen denjenigen des ausgezahlten Darlehens nicht nennenswert überstiegen hätte. Die gegenseitig erbrachten Leistungen seien nicht gleichwertig, weil aufgrund des Poolvertrages die übertragene Geschäftsausstattung nicht nur den Rückzahlungsanspruch aus dem neu gewährten Darlehen, sondern zugleich 435 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 15 mit BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42. 436 BGH v. 21.1.2010 – IX ZR 65/09, BGHZ 184, 101, 106 Rz. 15. 437 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 22/97, BGHZ 138, 291, 292, 304 ff., 310 f. = NJW 1998, 2592, 2599 m. Anm. Eckardt, EWiR 1998, 699 f. und eingehend BeckerEberhard, DZWiR 1998, 376 ff. Vgl. dazu sowie zur möglichen Vereitelung konkurrierender Gläubigerrechte durch Poolbildung s. Martinek in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 97 Rz. 49, 52 ff., 54 und ausführlich Burgermeister, Der Sicherheiten-Pool im Insolvenzrecht, 2. Aufl., S. 211 ff. sowie Zahrte, NZI 2010, 596 ff. 438 BGH v. 12.11.1992 – IX ZR 237/91, WM 1993, 265 ff. (II 5b) m. Anm. Smid, WuB VI B § 30 Nr. 2 KO 1.93 = ZIP 1993, 271 m. Anm. Gerhardt, EWiR 1993, 61 f.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 202 O

alle übrigen Forderungen der teilnehmenden Gläubigerbanken – unabhängig davon, wann und aus welchem Anlass sie entstanden waren – absichern sollte. Da der Sicherungsübereignung insoweit keine Gegenleistung entsprach, stellte die Einbeziehung der an die Poolführerin übereigneten Gegenstände in den Poolvertrag insgesamt kein Bargeschäft dar. Diese Entscheidung ist im Lichte der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Insolvenzfestigkeit des verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts zu würdigen; auch sie berücksichtigt die Bargeschäftsausnahme nicht (s. Rz. O41).

8. BGH-Urteil vom 13.4.2006 – BGHZ 167, 190 – Anwaltshonorar (Vorschusszahlungen) Im Mittelpunkt dieser für die Anwendung des § 142 InsO auf Honorarzahlungen grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs steht die Abgrenzung zwischen kongruenter und inkongruenter Erfüllung anwaltlicher Honorarforderungen. Wie Pape mit Recht hervorhebt, handelt es sich dabei regelmäßig um eine „Gratwanderung“ zwischen der Befriedigung berechtigter Ansprüche und einer Ausplünderung im Vorfeld des Insolvenzverfahrens, zumal den Beteiligten die wirtschaftliche Krise des Mandanten in Fällen der Sanierungsberatung nicht verborgen geblieben sein kann.439 Für Rechtsanwaltsgebühren ist dabei von deren Fälligkeit auszugehen, sobald die betreffende Angelegenheit beendet ist, selbst wenn der Auftrag – der auch noch andere Angelegenheiten umfassen kann – insgesamt noch nicht erledigt sein mag. Ein Vorschussanspruch besteht insoweit jedenfalls nicht mehr.440

O 201

Das Urteil ist von zentraler Bedeutung für die Bestimmung der Unmittelbarkeit der Gegenleistung im Sinne des § 142 InsO (s. Rz. O91 ff.). Die insoweit relevanten Leitsätze lauten:441

O 202

Soweit an einen Rechtsanwalt Vorschusszahlungen in einer abgeschlossenen Angelegenheit erfolgen, für die bereits der Vergütungsanspruch fällig geworden, jedoch nicht geltend gemacht ist, sind die Leistungen inkongruent. Erbringt ein Rechtsanwalt Vorleistungen, die der inzwischen in der Krise befindliche Mandant mehr als 30 Tage später vergütet, handelt es sich nicht mehr um ein anfechtungsrechtlich privilegiertes Bargeschäft. Hat der insolvente Mandant durch die Gewährung von Vorschüssen vorgeleistet, gilt für das Vorliegen eines Bargeschäfts derselbe Maßstab wie bei einer Vorleistung des Rechtsanwalts.

439 Pape, EWiR 2007, 117 unter 1. 440 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 (Leitsatz a) m. Anm. Pape, EWiR 2007, 117 = BGH-Report 2006, 1133 m. Anm. Ringstmeier. 441 BGH v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Leitsatz b – d. Wagner

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O Rz. 203

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 203 Die Vergütung einer anwaltlichen Dienstleistung kann die Voraussetzungen eines Bargeschäfts erfüllen, so dass ein Rechtsanwalt auch eine in der wirtschaftlichen Krise eines Mandanten, des späteren Schuldners, erhaltene Vergütung nicht an die Masse zurückgewähren muss. Dieser Grundsatz gilt auch im Anwendungsbereich des RVG.442 Anfechtungsrechtlich bedeutsam ist dabei die vergütungsrechtliche Unterscheidung zwischen dem (umfassenden) Auftrag und einer einzelnen Angelegenheit. Der Rechtsanwalt kann erst nach Beendigung der Angelegenheit und Mitteilung einer unterzeichneten Berechnung die Vergütung verlangen, andernfalls ist eine gleichwohl geleistete Zahlung inkongruent. Der Anwalt kann daher nach Erteilung des Auftrages, aber vor Beendigung einer Angelegenheit als kongruente Befriedigung nur einen Vorschuss verlangen kann. Bei mehreren Angelegenheiten innerhalb eines Auftrages, muss er jeweils gesondert Vorschuss anfordern. Ein zur Annahme einer Bardeckung notwendiger enger zeitlicher Zusammenhang ist nicht mehr gegeben, wenn zwischen Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und Erbringung der Gegenleistung mehr als 30 Kalendertage liegen. Um anfechtungsfest abzurechnen, muss der Anwalt daher spätestens nach 30 Tagen eine Zwischenabrechnung zu erstellen.443

9. BGH-Urteil vom 5.11.2009 – BGHZ 183, 86 – Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung

O 204 Der Insolvenzverwalter verlangt von der Beklagten, einer gesetzlichen Krankenkasse, Rückzahlung des Arbeitnehmeranteils an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen. Die Parteien streiten darüber, ob insoweit der seit 1.1.2008 geltende § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV entgegensteht. Am 17.1.2008 hatte die Beklagte wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5333,43 Euro eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegen die Schuldnerin erlassen, mit der sie auch deren Anspruch auf fortlaufende Auszahlung eines Bankguthabens pfändete. Die Schuldnerin beantragte am 28.1.2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Die Bank der Schuldnerin überwies am 7.2.2008 von dem gepfändeten, damals kreditorisch geführten Konto den rückständigen Betrag in voller Höhe. Am 22.2.2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Verwalter ernannt. Der Kläger hat die Rechtshandlung der Beklagten unter Berufung auf § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten. Die Beklagte ist der Anfechtung nicht entgegengetreten, soweit sie den auf die Schuldnerin entfallenden Arbeitgeberanteil an den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen betrifft, und hat deshalb schon vorprozessual die Hälfte des erlangten Betrages an den Kläger zurücküberwiesen.

442 Zutreffend Ringstmeier, BGH-Report 2006, 1135 f. 443 Vgl. BGH v. 18.9.2008 – IX ZR 1134/05, NZG 2008, 902; Ringstmeier, BGHReport 2006, 1135 f.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 207 O

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landgericht hat sie abgewiesen.444 Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Krankenkasse zurückgewiesen. Der Leitsatz seiner Entscheidung lautet: Die Zahlung der Arbeitnehmeranteile zu den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen kann als Rechtshandlung des Arbeitgebers im Insolvenzverfahren über dessen Vermögen als mittelbare Zuwendung an die Einzugsstellen angefochten werden. Zur Begründung hat er zunächst den rechtlichen Ausgangspunkt des Landgerichts bestätigt, dass die Pfändung und Einziehung des Bankguthabens der Schuldnerin nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO angefochten werden konnte. Die Beklagte hatte ihre Pfändungs- und Überweisungsverfügung elf Tage vor Einreichung des Insolvenzantrags erlassen und der Bank als Drittschuldnerin zugestellt; sie erhielt das Guthaben zehn Tage nach Antragstellung ausgezahlt. Die während der kritischen Zeit im Wege der Zwangsvollstreckung erlangte Befriedigung ist inkongruent; weitere Voraussetzungen einer erfolgreichen Anfechtung verlangt § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht.445

O 205

Danach war im entschiedenen Fall für eine Anwendung des § 142 InsO von vornherein kein Raum, da diese Vorschrift nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur bei Anfechtungen wegen kongruenter Deckung in Betracht kommt (s. Rz. O52). Im Hinblick auf den Rechtsstandpunkt der beklagten Krankenkasse, wonach der Einzug von Sozialversicherungsbeiträgen, soweit es sich um die Arbeitnehmeranteile handelt, seit dem 1.1.2008 gemäß § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV der Insolvenzanfechtung entzogen sei, geht der IX. Zivilsenat gleichwohl ausführlich auf diese von ihm bis dahin offen gelassene und nunmehr verneinte Frage ein. Dabei stellt er den Unterschied zur alten, vor dem 1.1.2008 bestehenden Rechtslage heraus, wonach die Insolvenzanfechtung von Zahlungen der Arbeitgeber an die Einzugsstellen des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als Rückgewähr (§ 143 InsO) im Zweipersonenverhältnis aufzufassen war und es nicht darauf ankam, ob dem in der Leistungskette ein Lohnabzug gemäß § 28g SGB IV vorausging.446 Selbst wenn man darin eine Leistung des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber sehen würde, käme es darauf anfechtungsrechtlich gegenüber den Einzugsstellen der Sozialversicherungsträger nicht an. Denn in der Leistungskette vollziehe sich die Anfechtung für jede Leistungshandlung der Kette getrennt.

O 206

In der Insolvenz des Arbeitgebers kann die Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages – zur Hälfte als mittelbare Zuwendung – gegenüber den Einzugsstellen im Ergebnis so angefochten werden wie bisher, falls § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Zahlung unmittelbar aus dem Vermögen des Arbeitnehmers fingiert. Denn durch die Erfüllung des Bruttolohn-

O 207

444 LG Schwerin v. 11.7.2008, NZI 2009, 185. 445 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 88 f. Rz. 7 m.w.N. 446 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 89 Rz. 9; zusammengefasst in BGH v. 8.12.2005 – IX ZR 182/01, ZIP 2006, 290 ff. m.w.N. Wagner

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O Rz. 207

§ 142 InsO – Bargeschäft

anspruchs gegenüber dem Arbeitnehmer erbringe der Arbeitgeber auch bei dieser fingierten Fallgestaltung ein eigenes Vermögensopfer, das seine Gläubiger i.S.d. § 129 Abs. 1 InsO benachteilige.447 Zu § 142 InsO führt der Senat sodann aus, ein Bargeschäft im Sinne dieser Vorschrift sei bei der Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung der Arbeitnehmeranteile an die Einzugsstelle durch den Arbeitgeber ausgeschlossen. Da von den Sozialversicherungsträgern in das Vermögen der Arbeitgeber keine Leistung gelangt, komme ein Bargeschäft nur für das Deckungsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Betracht. Der Anfechtungsgegner stehe jedoch bei einer mittelbaren Zuwendung so, als habe er den Leistungsgegenstand vom Insolvenzschuldner erworben. Der Bargeschäftseinwand wäre jedenfalls durch die Inkongruenz der Einzelzwangsvollstreckung innerhalb des Dreimonatszeitraums ausgeschlossen.448

O 208 Der Bargeschäftseinwand wäre allerdings, seine Entscheidungserheblichkeit vorausgesetzt (also im Rahmen einer kongruenten Deckung bei regelmäßiger Abführung des jeweiligen Arbeitnehmeranteils durch den Arbeitgeber), auch dann nicht anders zu beurteilen, wenn die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als mittelbar aus seinem Vermögen erbracht gelten soll. Denn dann liefe die mittelbare Zuwendung vom Arbeitnehmer über den Arbeitgeber an die Einzugsstelle; der unmittelbar zahlende Arbeitgeber wäre als Zahlungsmittler des Arbeitnehmers zu behandeln. Die Anfechtung dieser Leistungen fände dann innerhalb der einzelnen Teilstücke der Leistungskette statt. Erhielte die Einzugsstelle den Arbeitnehmeranteil – wie das Finanzamt die Lohnsteuer nach dem Entwurf eines § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG – durch mittelbare Zuwendung aus dem Vermögen des Arbeitnehmers, durch die zugleich die Beitragsschuld (Steuerschuld) des Arbeitnehmers getilgt und sein Bruttolohnanspruch erfüllt wird, so würde die Anfechtung der Beitragszahlungen (Lohnsteuerzahlungen) nicht mehr in der Arbeitgeberinsolvenz, sondern in der Insolvenz des Arbeitnehmers stattfinden müssen. Allerdings wäre, wie der IX. Zivilsenat zutreffend hervorhebt, auch diese Verlagerung nur um den Preis einer nicht stets unanfechtbaren Bruttolohnzahlung an den Arbeitnehmer im Falle der Arbeitgeberinsolvenz möglich. Eine dem Entwurf eines § 38 Abs. 3 Satz 2 EStG entsprechende Wirkungsweise von § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV sei jedoch abzulehnen, weil es an einem Beitragsteilschuldverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Einzugsstelle fehle. Dieses könne, so der Bundesgerichtshof, durch die Fiktion einer (mittelbaren) Zahlung aus dem Vermögen des Arbeitnehmers nicht ersetzt werden.449 In der Insolvenz des Arbeitgebers bleibt indessen die Erfüllung des Bruttolohnanspruchs als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung eine nach § 130 Abs. 1

447 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 91 Rz. 13. 448 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 92 Rz. 14. 449 BGH v. 5.11.2009 – IX ZR 233/08, BGHZ 183, 86, 93 f. Rz. 16 ff.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 210 O

InsO anfechtbare Deckung, deren Anfechtung gegenüber dem Arbeitnehmer dieser mit dem Bargeschäftseinwand begegnen kann.

10. BGH-Urteil vom 23.9.2010 – IX ZR 212/09, NJW 2010, 3578 – Tankstelleneinnahmen450 Diese Entscheidung ist hier bereits unter dem Aspekt der Gegenleistung sowie deren rechtsgeschäftlichen Verknüpfung mit der angefochtenen Leistung des Schuldners eingehend erörtert worden (s. Rz. O31 ff.); ihre Leitsätze lauten:

O 209

1. Begegnet ein Vollstreckungszugriff dritter Gläubiger auf den entäußerten Vermögenswert faktischen Hindernissen, steht das einer Gläubigerbenachteiligung nicht entgegen. 2. Veräußert ein Tankstellenbetreiber im Namen und für Rechnung eines Mineralölunternehmens in dessen Eigentum stehende Kraftstoffe an Endkunden und überweist er die zunächst für fremde Rechnung vereinnahmten Barerlöse nach Einzahlung auf seinem allgemeinen Geschäftskonto an das Mineralölunternehmen, so scheidet ein Bargeschäft aus.

Im Hinblick auf das bereits Ausgeführte soll an dieser Stelle nur eine zusammenfassende Würdigung erfolgen. Die Entscheidung wurde im Schrifttum kontrovers aufgenommen, wobei sich die Stellungnahmen auf kurze Anmerkungen oder Darstellungen beschränken.451 Hervorzuheben ist die kritische Besprechung von Blum, der das „dogmatisch feinsinnige“ Urteil sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung, soweit sie unser Thema betrifft, beanstandet.452 Anders als der Bundesgerichtshof ist Blum der Ansicht, dass im entschiedenen Fall die Abführung der Bareinnahmen an das Mineralölunternehmen keine Gläubigerbenachteiligung darstellt, weil diese den Insolvenzgläubigern unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nur zu einem geringen Bruchteil zugestanden hätten; außerdem seien die Voraussetzungen eines Bargeschäfts in direkter Anwendung des § 142 InsO erfüllt.453 Die Urteilsbegründung ist aber, was den Bargeschäftseinwand angeht, entgegen der Ansicht von Blum nicht zu beanstanden (s. oben Rz. O31 ff.). Im Ergebnis und hinsichtlich der Frage der Gläubigerbenachteiligung, darin ist Blum zuzustimmen, überzeugt sie jedoch nicht.

450 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, MDR 2010, 1487 = NJW 2010, 3578 = NZI 2010, 897 = WM 2010, 1986 m. abl. Anm. Blum, WuB VI A. § 129 InsO 1.11 = ZInsO 2010, 1929 = ZIP 2010, 2009 mit zust. Anm. Freudenberg, EWiR 2010, 825. 451 Zustimmend Biehl, NJ 2011, 33, 34; Freudenberg, EWiR 2010, 825. Ablehnend Blum, WuB VI A. § 129 InsO 1.11. 452 Blum, WuB VI A. § 129 InsO 1.11 unter 1 a.E. 453 Blum, WuB VI A. § 129 InsO 1.11 unter 2 und 3. Wagner

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O 210

O Rz. 211

§ 142 InsO – Bargeschäft

O 211 Der Bundesgerichtshof hat zwar den Bargeschäftseinwand, wie gezeigt, mit zutreffender Begründung zurückgewiesen (s. Rz. O32 f.). Sein Ergebnis widerspricht jedoch dem Grundsatz, dass die Insolvenzgläubiger im Wege der Insolvenzanfechtung nur auf das ihnen haftende Vermögen des Schuldners zugreifen können (§§ 1, 35 InsO). Der Insolvenzverwalter darf mit anderen Worten nichts zur Masse holen, was ihr und damit den Gläubigern nicht zusteht. Die Anfechtung dient ausschließlich der Rückholung dessen, was in kritischer Zeit aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben worden ist. Sie legitimiert dagegen keinesfalls eine ungerechtfertigte Bereicherung der Masse. Darauf läuft jedoch das Tankstellenbetreiber-Urteil vom 23.9.2010 hinaus. Die von der Schuldnerin als Handelsvertreterin erzielten Tageseinnahmen aus dem Verkauf der im Eigentum des Mineralölunternehmens stehenden Produkte standen unstreitig dem beklagten Unternehmen zu und waren nach Abzug von Aufwendungen und Provisionen der Schuldnerin unmittelbar an das Unternehmen abzuführen. Die Weiterleitung der Einnahmen erfolgte vereinbarungsgemäß vom Geschäftskonto der (späteren) Schuldnerin durch Lastschriftabbuchungen zugunsten des Unternehmens. Die mit der Einzahlung auf das Geschäftskonto verbundene kurzzeitige Umwandlung des Bargeldes in eine Forderung der Schuldnerin gegen die kontoführende Bank vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass die Deckung nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch nach dem übereinstimmenden Willen der Beteiligten nicht der Schuldnerin, sondern der Beklagten zustand.

O 212 Daher hätte entweder eine analoge Anwendung des § 392 Abs. 2 HGB nahe gelegen oder eine (fortbestehende) treuhänderische Zweckgebundenheit der betreffenden Mittel abzüglich Aufwendungen und Provision. Eine Benachteiligung der Insolvenzgläubiger ist somit zu verneinen. Dies wäre zumindest zu erwägen gewesen. Denn wertungsmäßig überzeugt die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht, wohl aber die Abweisung der Zahlungsklage des Insolvenzverwalters durch das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg in der Vorinstanz. Zu Recht wird im Schrifttum darauf hingewiesen, diese Rechtsprechung lege der Praxis weitreichende Sorgfaltspflichten zur Sicherung anfechtungsfester interner Zahlungsströme auf und zwinge den Prinzipal „zur tatsächlichen Durchsetzung aufwändiger Auskunftsmodelle und Anderkontenlösungen“, wenn er nicht Gefahr laufen wolle, durch eine praxisübliche Vermischung der Einnahmen seines Aussonderungsrechts verlustig zu gehen.454 Daher mag die Entscheidung, hätte sie nicht lediglich eine Zahlungsklage zum Gegenstand, an die Parömie summum ius, summa iniuria erinnern.455

454 Zutreffend Biehl, NJ 2011, 33, 34. 455 S. dazu D. Liebs, Lateinische Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, 5. Aufl., Rz. S 79.

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VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 215 O

11. BGH-Urteil vom 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 – Aufrechnung456 Amtl. Leitsatz: Ist zumindest eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen bedingt oder befristet, kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage auf den Zeitpunkt an, zu dem die spätere Forderung entstanden und damit das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Die mit Abschluss eines Vertrages entstandene Forderung ist erst ab dem Zeitpunkt und nur insoweit zu berücksichtigen, als sie – etwa durch Erbringung der versprochenen Leistung – werthaltig geworden ist und dem Gläubiger durch die Aufrechnung eine tatsächliche Befriedigung seiner Forderung ermöglicht.

O 213

Der Kläger war Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 2.4.2001 am 1.6.2001 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte erbrachte Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation; ihr wurde der Eröffnungsantrag der Schuldnerin noch am 2.4.2001 bekannt. Die Schuldnerin bot ebenfalls die Möglichkeit an, Telefongespräche zu führen. Nach einem Fakturierungs- und Inkassovertrag war die Beklagte verpflichtet, die ihr von der Schuldnerin gemeldeten Kommunikationsfälle den Kunden der Schuldnerin in Rechnung zu stellen, das Entgelt zu kassieren und den Erlös an die Schuldnerin abzuführen. Der Schuldnerin standen gegen die Beklagte unstreitig Forderungen in Höhe von 17 516 283,96 Euro aus Telefongesprächen im „Call-by-Call-Verfahren“ zu. In der Folgezeit rechnete die Beklagte gegen die Ansprüche der Schuldnerin mit Gegenforderungen auf, die ihr gegen die Schuldnerin aus der Nutzung ihres Telefonnetzes zustanden und die sie auf knapp 100 Mio. DM bezifferte, wovon sie gut 71 Mio. DM zur Tabelle anmeldete. Der Kläger hält die Aufrechnung für unzulässig und hat die Beklagte auf Auszahlung der Erlöse von 17 516 283,96 Euro nebst Zinsen verklagt. Das Berufungsgericht hat im zweiten Durchgang dem Kläger erneut – über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 10 268 204,02 Euro hinaus – den Betrag von 7 248 079,94 Euro nebst Zinsen zugesprochen. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

O 214

Der Bundesgerichtshof hält die Aufrechnung für insolvenzrechtlich unzulässig, wenn die Voraussetzungen einer anfechtbaren Rechtshandlung im Zeitpunkt des Werthaltigwerdens der Forderungen der Schuldnerin gegeben waren. Diese Forderungen sind nach den Bestimmungen des Inkassound Fakturierungsvertrages im Zeitpunkt der Bestätigung der Kommunikationsfälle durch die Beklagte werthaltig geworden. Zur Feststellung der maßgeblichen Zeitpunkte hat er die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die weitere Beurteilung hat der IX. Zivilsenat auf die anfechtungsrechtlich relevanten Gesichtspunkte hingewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Das Berufungsgericht sei im Ausgangspunkt zutreffend von der Anfechtung wegen kongruenter Deckung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 InsO) ausgegangen. Die Herstellung der Aufrechnungslage

O 215

456 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 m. Anm. Nassall, WuB VI A. § 96 InsO 2.10 = ZInsO 2010, 673 = ZIP 2010, 682 m. Anm. Siepmann/Knapp, EWiR 2010, 497; Bspr. v. Olshausen, ZIP 2010, 2073 ff. Wagner

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O Rz. 215

§ 142 InsO – Bargeschäft

hätte zu einer inkongruenten Deckung geführt, wenn der Aufrechnende vorher keinen Anspruch auf die Vereinbarung hatte, die die Aufrechnungslage entstehen ließ.457 Die Prüfung einer Anfechtbarkeit wegen vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung sei dadurch nicht ausgeschlossen.458 Das Berufungsgericht habe das Vorliegen eines – nur bei kongruenten Rechtshandlungen möglichen – Bargeschäfts i.S.d. § 142 InsO mit Recht verneint. Die Voraussetzungen dafür seien in mehreren Punkten nicht erfüllt.459

O 216 Für die Annahme eines Bargeschäfts sei eine rechtsgeschäftliche Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung erforderlich, ein lediglich wirtschaftlicher Zusammenhang genüge nicht.460 Daran fehle es im entschiedenen Fall. Wie das Berufungsgericht richtig ausgeführt habe, könne die Beklagte eine Gegenleistung im Sinne von § 142 InsO nicht durch Aufrechnung ihrer Entgeltforderung aus der Zusammenschaltungsvereinbarung gegen die an sie gerichtete Forderung der Schuldnerin bewirken.461 Entgegen der Ansicht der Revision seien die Forderungen der Schuldnerin und die Gegenforderungen der Beklagten weder aus demselben Rechtsverhältnis noch zeitgleich entstanden. Der Fakturierungs- und Inkassovertrag einerseits und die Zusammenschaltungsvereinbarung, aus der die Beklagte ihre Gegenforderungen herleitete, andererseits stellten zwei getrennte Verträge dar. Diese stünden zwar in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang, jedoch ohne die rechtliche Verknüpfung im Sinne von Leistung und Gegenleistung. Beide Ansprüche hätten vielmehr rechtlich selbständig nebeneinander gestanden.462

O 217 Darüber hinaus fehle es an der Unmittelbarkeit des Leistungsaustauschs. Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Es genügt, wenn Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden. Der hierfür unschädliche Zeitraum lasse sich aber nicht allgemein festlegen, sondern hänge wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht. Auf die Reihenfolge der Leistungen kommt es aber grundsätzlich nicht an. Folglich schließt auch eine etwaige Vorleistungspflicht des Schuldners ein Bargeschäft nicht aus.463

457 458 459 460

BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 27. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 28. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 29 ff. BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 30 mit BGHZ 174, 297, 312 Rz. 42 und für das Stehenlassen einer Forderung BGHZ 174, 297, 311 Rz. 41; v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rz. 12. 461 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 32. 462 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 33. 463 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 31 m.w.N.

690

Wagner

VIII. Wichtige Grundsatzentscheidungen im Überblick

Rz. 219 O

Dabei stellt der Bundesgerichtshof klar, dass es für § 142 InsO nicht genügt, wenn nur die den Leistungen zu Grunde liegenden wechselseitigen Ansprüche in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Vielmehr muss der zeitliche Zusammenhang zwischen den Leistungen selbst gewahrt bleiben.464 Im entschiedenen Fall habe es an diesem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der beiden Leistungen gefehlt, weil die Beklagte keineswegs mit den aus demselben technischen Vorgang herrührenden Ansprüchen aufgerechnet hatte, sondern zunächst mit Zinsen aus einer Anmeldung in Höhe von 603 307,88 Euro und sodann mit den jeweils ältesten Forderungen, deren Belegdaten sich für die Verzugszinsen vom 4.5.1999 bis 24.4.2001 und für die ältesten Forderungen der Beklagten vom 10.11.1999 bis 12.4.2001 erstreckten.465

O 218

Schließlich stehe der Annahme eines Bargeschäfts entgegen, dass die Leistung des anderen Teils nicht tatsächlich in das Aktivvermögen des Schuldners gelangt ist. Ebenso wenig wie eine bloße Verringerung der Verbindlichkeiten des Schuldners durch Erlöschen der befriedigten Forderung reiche die Aufrechnung oder Verrechnung mit einem schon bestehenden Anspruch gegen einen neuen Anspruch des Schuldners als Gegenleistung nicht aus.466

O 219

464 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 34 mit MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 15. 465 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 35. 466 BGH v. 11.2.2010 – IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Tz. 36 mit BGHZ 174, 297, 311; BGH v. 7.5.2009 – IX ZR 71/08, ZIP 2009, 1122, 1123 Rz. 12; MK-InsO/Kirchhof, § 142 Rz. 4a. Wagner

691

P. § 143 InsO – Rechtsfolgen § 143 Rechtsfolgen (1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. (2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt. (3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzgebungsgeschichte . . .

1

II. Gesetzesinhalt . . . . . . . . . . . . .

6

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anfechtungsgegner . . . . . . . . . 3. Verhältnis zu § 64 GmbHG . 4. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung . . . . . . . . . . . . . 5. Entstehung des Anspruchs . . 6. Sonstiges . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs (Primäranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO) 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Primärer Gegenstand der Rückgewähr . . . . . . . . . . . . . . . a) Übereignung von beweglichen Sachen . . . . . . . . . . .

692

Kummer

11 12 23 24 32 38 40a

47 47 51 52

Rz.

b) Übertragung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und beschränkten dinglichen Rechten . . . . . . . . . . c) Abtretung von Forderungen. . . d) Übertragung von sonstigen Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Übertragung eines Unternehmens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Dienstleistungen u.ä. . . . . . . . . g) Barzahlungen . . . . . . . . . . . . . . . h) Begründung von schuldrechtlichen Beziehungen . . . . . . . . . . i) Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Anweisung. . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Vertrag zugunsten Dritter . . . . l) Erfüllung fremder Verbindlichkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . m) Hinterlegung . . . . . . . . . . . . . . . . n) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . o) Sicherheitsleistung für Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53 55 58 59 60 61 62 65 66 67 71 72 73 77

Rz. 3 P

I. Gesetzgebungsgeschichte

p) Prozesshandlungen . . . . . . q) Zwangsvollstreckung . . . . r) Unterlassungen . . . . . . . . . .

Rz.

Rz.

78 79 85

4. Haftungssystem für den gutgläubigen Empfänger . . . . . . . . 125 5. Scheingewinne aus Kapitalanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129a 6. Haftungssystem für den bösgläubigen Empfänger . . . . . . . . 149

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO). . . . . . . . . . . . . . . . 87 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 87 2. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . 90 a) Surrogation. . . . . . . . . . . . . . 90 b) Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . 99 c) Wertersatz . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Verwendungen . . . . . . . . . . 113

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen an eine Gesellschaft (§ 143 Abs. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Anknüpfung an § 135 Abs. 2 InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3. Anfechtungsanspruch . . . . . . . . . . 158 4. Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . 165

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Unentgeltlichkeit der VIII. Auskunftsanspruch . . . . . . . . . . . . 170 Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . 114 IX. Prozessführung . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Besserstellung . . . . . . . . . . . . 120a 3. Guter Glaube . . . . . . . . . . . . . . 122

I. Gesetzgebungsgeschichte § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO entspricht wörtlich § 37 Abs. 1 KO.

P1

§ 143 Abs. 1 Satz 2 enthält eine Rechtsfolgenverweisung1 auf § 819 BGB und ist neu. Die Verweisung bezweckt für den Fall, dass der Anfechtungsgegner zur Rückgewähr außerstande ist oder sich der anfechtbar erworbene Gegenstand verschlechtert hat, die Zufallshaftung des Anfechtungsgegners auszuschließen.2 Er haftet nur für die schuldhafte Unmöglichkeit der Herausgabe oder die schuldhafte Verschlechterung (§§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB).

P2

§ 143 Abs. 2 InsO ist an die Stelle von § 37 Abs. 2 KO getreten. Die Neufassung sucht erstmals den bösen Glauben des Anfechtungsgegners zu definieren (dazu unten bei VI. 3). Im Gegensatz zu § 37 Abs. 2 KO, wonach sich der Anfechtungsgegner insoweit zu entlasten hatte, erlegt § 143 Abs. 2 InsO die Beweislast für diesen bösen Glauben dem Insolvenzverwalter auf. Der Gesetzgeber begründet dies mit der Überlegung, dass der Zuwendungsempfänger vielfach einen Negativbeweis führen müsste, was ihn zu hart träfe und den Verlust der ihm „aus überzeugenden Gründen zuerkannten Begünstigungen“ bewirken würde.3

P3

1 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 14. 2 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/2443, S. 167. 3 Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/2443, S. 167. Kummer

693

P Rz. 4

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

P 4 § 143 Abs. 3 InsO ist durch das MoMiG vom 23.10.20084 mit Wirkung ab 1.11.2008 in das Gesetz eingefügt worden. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 103d EGInsO sind auf Insolvenzverfahren, die vor dem 1.11.2008 eröffnet worden sind, die bis dahin geltenden Vorschriften weiter anzuwenden. Auch wenn das Insolvenzverfahren ab 1.11.2008 eröffnet worden ist, sind auf die vorher vorgenommenen Rechtshandlungen die bis dahin geltenden Vorschriften der InsO über die Anfechtung von Rechtshandlungen anzuwenden, soweit diese nach dem bisherigen Recht der Anfechtung entzogen oder in geringerem Umfang unterworfen sind; es handelt sich um einen Anwendungsfall des Vertrauensschutzes wie in der grundlegenden Vorschrift bei Art. 106 EGInsO.

P 5 § 143 Abs. 3 InsO regelt die Folgen einer Anfechtung nach § 135 Abs. 2 InsO. Die Vorschrift entspricht weitgehend § 32b GmbHG a.F., welcher die Folgen aus der insolvenznahen Rückzahlung eines gesellschaftergesicherten Gesellschaftsdarlehens (§ 32a Abs. 2 und 3 GmbHG a.F.) normiert hatte; diese Rückzahlung ist ihrerseits zum Anfechtungstatbestand in § 135 Abs. 2 InsO geworden. Damit ist die Materie der sogenannten mittelbaren Kreditierungen5 insgesamt dort geregelt, wo sie hingehört, nämlich im Insolvenzrecht.

II. Gesetzesinhalt P 6 § 143 InsO regelt die wichtigste Rechtsfolge aus einer nach §§ 129 bis 142 InsO begründeten Anfechtung, nämlich die Rückgewährpflicht des Anfechtungsgegners.

P 7 Für den Regelfall, bei dem der Empfänger eine entgeltliche Leistung erhalten hat, statuiert Abs. 1 Satz 1 seine Pflicht, dasjenige zur Masse zurück zu geben, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist. Dabei deutet letzteres Wort an, dass die Minderung des Schuldnervermögens nicht auf einer „Leistungsbewegung“ beruhen muss. Die Abgrenzung im Einzelfall zwischen den drei genannten Varianten ist jedoch unerheblich. Die Vorschrift will alles erfassen, was dem Schuldnervermögen entzogen worden ist.6 Der Gegensatz zu Abs. 1 Satz 2 ergibt, dass das Entzogene grundsätzlich in natura zurück zu gewähren ist.

P 8 Demgemäß greift Abs. 1 Satz 2 ein, wenn der Empfänger den erlangten Gegenstand nicht mehr in natura zurückgeben kann oder wenn dieser sich wesentlich verschlechtert hat. Für diese Fälle erklärt Abs. 1 Satz 2 die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereiche4 BGBl. 2008 I 2026. 5 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 135 Rz. 19. 6 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 1.

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Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 12 P

rung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, für entsprechend anwendbar. Diese Rechtsfolgenverweisung macht aber den Anfechtungsanspruch nicht zu einem Bereicherungsanspruch.7 Abs. 2 enthält eine Ausnahmeregelung für den Empfänger unentgeltlicher Leistungen. Er kann sich, solange er gutgläubig ist, auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen, was dem Empfänger einer entgeltlichen Leistung wegen der Verweisung in § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO auf § 819 Abs. 1 und § 818 Abs. 4 BGB verwehrt ist. Allerdings endet dieses Privileg des Empfängers unentgeltlicher Leistungen, sobald er seinen guten Glauben verliert; von da an haftet er wie der Empfänger einer entgeltlichen Leistung nach § 143 Abs. 1 InsO i.V.m. § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB.

P9

Abs. 3 enthält eine Sonderregelung für eine erfolgreiche Anfechtung aus § 135 Abs. 2 InsO. Es handelt sich um eine Konsequenz aus der überfälligen Überführung der §§ 32a und 32b GmbHG a.F. in das Insolvenzrecht. In diesen Fällen ist die zu erstattende Leistung keinesfalls in natura im Vermögen des Anfechtungsgegner vorhanden, da sie dem Vertragspartner der Gesellschaft gewährt worden ist und der Gesellschafter als Anfechtungsgegner nur seine Enthaftung ausgleichen muss. Hierfür gelten von vornherein über § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO die §§ 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB, etwa für die Verzinsung (§§ 818 Abs. 4, 291 BGB).

P 10

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs Hier darf zunächst auf die Erläuterungen bei Rz. A36 ff. vor § 129 InsO und B506 ff. zu § 129 InsO verwiesen werden. Es handelt sich um einen originären gesetzlichen Anspruch, wobei die Möglichkeit der Rückforderung nur dem Insolvenzverwalter eingeräumt, nach materiellem Recht aber dem Verfügenden selbst verwehrt ist.8

P 11

1. Rechtsnatur Seiner Rechtsnatur nach ist es ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch.9 Er ist auf die Rückführung des weggegebenen Gegenstandes zur Masse gerichtet.10 Zur Darstellung bei § 129 InsO ist zu ergänzen, dass die schuldrechtliche Theorie auch durch § 146 Abs. 1 und 2 InsO ge-

7 8 9 10

Siehe unten Rz. P14. BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rz. 15. BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rz. 14 ff. BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 Rz. 7. Kummer

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P 12

P Rz. 12

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

stützt wird.11 Dort ist an die Stelle der Ausschlussfrist nach § 41 Abs. 1 KO die Verjährungsfrist für schuldrechtliche Ansprüche getreten.

P 13 Aus der Rechtsnatur des Anspruchs als eines schuldrechtlichen Verschaffungsanspruchs folgt auch, dass er die Vollstreckungsabwehrklage nicht begründet.12 Diese schuldrechtliche Natur des Anspruchs wird aber in der Rechtsprechung des BGH nicht konsequent durchgehalten, insbesondere nicht in der Insolvenz des Anfechtungsgegners: Wird auch der Anfechtungsgegner insolvent, so begründet nur der Wertersatzanspruch dort eine Insolvenzforderung;13 der Anspruch auf Rückgewähr in natura hat dagegen Aussonderungskraft.14

P 14 Gleichwohl ist der Anfechtungsanspruch weder ein Bereicherungs-15 noch ein Deliktsanspruch. Vielmehr soll er der Vermehrung der Masse dienen,16 nach späterer Diktion17 ihrer Erhaltung mit der aus § 38 KO = § 144 InsO abgeleiteten Maßgabe, dass ihr durch die Anfechtung kein unberechtigter Vorteil zufließen, sondern nur der Nachteil ausgeglichen werden soll, der den Gläubigern durch die anfechtbare Handlung entstanden ist. Zwar sind im Regelfall aufgrund der Rechtsfolgenverweisung in § 143 Abs. 1 Satz 2 BGB die §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB anwendbar. Unanwendbar ist hingegen die bereicherungsrechtliche Saldotheorie, soweit sie insolvenzrechtlichen Grundsätzen, insbesondere den Vorschriften über die Aufrechnung, widerspricht.18 Erst Recht ist kein Raum für die Anwendung der §§ 814 und 817 Satz 2 BGB,19 die nicht die Rechtsfolgen, sondern die Voraussetzungen eines Bereicherungsanspruchs betreffen.

P 15 Die §§ 823 ff. BGB sind nicht einmal analog anwendbar.20 Insbesondere unanwendbar sind die zum Vorteilsausgleich einschließlich der Berücksichtigung der Möglichkeit zum Vorsteuerabzug entwickelten Regeln;21 mithin umfasst der Rückgewähranspruch die in der gewährten Leistung 11 BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rz. 16. 12 BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, NJW 1990, 990 (992). 13 BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199 (202); v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228 Rz. 44. 14 BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (358); zur Problematik Haas/Müller, ZIP 2003, 49; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 129 InsO Rz. 74 und § 145 InsO Rz. 12: Vorrang vor dem Pfändungspfandrecht eines Gläubigers des Anfechtungsgegners. 15 BGH v. 29.1.1964 – Ib ZR 197/62, BGHZ 41, 98 (103). 16 BGH v. 3.12.1954 – V ZR 96/53, BGHZ 15, 333 (337). 17 BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, NJW 1990, 990 (991). 18 BGH v. 20.12.2001 – IX ZR 401/99, BGHZ 149, 326 (333) = ZIP 2002, 309 (mit Anm. Ringstmeier/Hermann EWiR 2002, 397); v. 2.12.2004 – IX ZR 200/03, ZIP 2005, 126 (mit krit. Anm. Naraschewski EWiR 2005, 565. 19 BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 53/08, ZIP 2009, 2073 LS; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 InsO Rz. 10. 20 BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, NJW 1990, 990 (991). 21 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, NJW 1995, 1093 (1095).

696

Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 17 P

enthaltene Mehrwertsteuer unabhängig davon, ob das Finanzamt dem Insolvenzschuldner die Vorsteuer erstattet hat. Indessen können Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB bestehen, wenn die anfechtbare Rechtshandlung zugleich gegen ein Schutzgesetz verstößt.22 BGH-Urteil vom 24.6.2003 – BGHZ 155, 199 Der Kläger war Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Bauunternehmung. Diese führte ein Bauvorhaben für eine Bauherrin aus und bezog zu diesem Zweck Baustoffe von einer Lieferantin. Zahlungen auf derartige Lieferungen erhielt die Lieferantin unmittelbar von der Bauherrin. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Bauunternehmung nahm der Verwalter die Lieferantin auf Zahlung empfangener Geldbeträge mit der Begründung in Anspruch, zur Zeit der angefochtenen Leistungen der Bauherrin sei die Bauunternehmung schon zahlungsunfähig gewesen und die Lieferantin habe das gewusst. Der Rechtsstreit endete mit einem Prozessvergleich, wonach sich die Lieferantin verpflichtete, an den Kläger 50 000 DM in fünf monatlichen Raten zu zahlen. Nachdem die Lieferantin eine Rate von 10 000 DM gezahlt hatte, wurde auch über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger verlangte daraufhin vom Insolvenzverwalter über das Vermögen der Lieferantin die restlichen 40 000 DM aus der Insolvenzmasse. Das LG hatte die Klage mit der Begründung abgewiesen, der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch sei nur ein schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch, der in der Insolvenz des Anfechtungsgegners nur eine Insolvenzforderung begründe. Das OLG hat den Beklagten aufgrund der sogenannten haftungsrechtlichen Theorie nach dem Klageantrag verurteilt.

P 16

Der BGH hat das Urteil des LG wieder hergestellt. Er vermochte dem OLG wegen der besonderen Gestaltung des Streitfalles nicht zu folgen. Diese sah er darin, dass die Lieferantin von vornherein nur auf Wertersatz gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO haftete. Die Wirkung eines solchen Wertersatzanspruchs in der Insolvenz des Anfechtungsgegners sei gesetzlich nicht besonders geregelt, in Rechtsprechung und Literatur nicht besonders untersucht, und könne nicht unmittelbar aus einzelnen Theorien abgeleitet werden. Stattdessen sei auf die Wertungen abzustellen, die den einschlägigen Gesetzesnormen erkennbar zugrunde liegen. Dies betreffe vor allem § 145 Abs. 1 InsO. Es möge zwar viel für eine mindestens entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf den Insolvenzverwalter eines Anfechtungsgegners sprechen, der die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für den Anfechtungsgegner über dessen gesamtes pfändbares Vermögen zugunsten der Gläubigergemeinschaft ausübt. Jede Rechtsnachfolge im Sinne von § 145 InsO setze jedoch voraus, dass der Nachfolger den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangt. Die Norm sei insgesamt nicht anwendbar, wenn schon dem Ersterwerber die Rückgewähr in Natur vor Eintritt der „Rechtsnachfolge“ unmöglich geworden war. Andere Vorschriften der InsO sähen eine

22 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., vor § 129 InsO Rz. 87. Kummer

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P 17

P Rz. 17

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

Haftung der Insolvenzmasse für solche Schulden aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung ebenfalls nicht vor. BGH-Urteil vom 23.10.2003 – BGHZ 156, 350 (dieselbe Entscheidung wie unten bei Rz. P68 ff.)

P 18 Danach gewährt der Anfechtungsanspruch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners im Allgemeinen ein Aussonderungsrecht. Der Insolvenzverwalter hatte dort die Bezugsberechtigung der Ehefrau hinsichtlich einer Lebensversicherung angefochten und von ihr die Freigabe der hinterlegten Lebensversicherungssumme verlangt. Über das Vermögen der beklagten Witwe wurde ebenfalls das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat dann den Klageantrag auf Aussonderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der bisherigen Beklagten umgestellt.

P 19 Der BGH hat dem anfechtenden Insolvenzverwalter ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zuerkannt. Zur Begründung heißt es, der Senat habe zwar früher23 bei der Prüfung, ob der Anfechtungsanspruch ein die Veräußerung hinderndes Recht im Sinne von § 771 ZPO gewährt, ausgeführt, der entsprechende Rückgewähranspruch könne in der Insolvenz des Anfechtungsgegners nur als Konkursforderung geltend gemacht werden. Entsprechend habe der VIII. Zivilsenat angenommen, der Anspruch aus § 7 AnfG a.F. stelle nur eine Konkursforderung dar.24 Diese Auffassung sei hauptsächlich mit der schuldrechtlichen Natur der Anfechtungsansprüche begründet worden. Dies habe in der Literatur Zustimmung gefunden, sei jedoch in neuerer Zeit verstärkt auf Kritik gestoßen. Nach einer in der Literatur zunehmend vertretenen Ansicht setze sich der Anfechtungsanspruch auch in der Insolvenz des Anfechtungsgegners durch. Überwiegend werde dem Insolvenzverwalter ein Aussonderungsrecht gemäß § 47 InsO zugebilligt. Teilweise gelange man unter Berufung auf den Rechtsgedanken des § 145 Abs. 1 InsO zu diesem Ergebnis.

P 20 Die Rechtsfrage könne aber, wie bereits früher zum Ausdruck gebracht,25 mit dem Hinweis auf die Rechtsnatur des Anfechtungsanspruchs nicht hinreichend beantwortet werden; vielmehr sei auf die Wertungen abzustellen, die den einschlägigen Gesetzesnormen zugrunde liegen. Danach müsse man unabhängig davon, ob man den Anfechtungsanspruch als obligatorischen Rückgewähranspruch versteht, grundsätzlich ein Aussonderungsrecht des Insolvenzverwalters in der Insolvenz des Anfechtungsgegners annehmen.

P 21 Auch schuldrechtliche Ansprüche könnten bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer vom dinglichen Recht abweichenden Vermögenszuweisung führen,26 etwa zu einem Aussonderungsrecht 23 24 25 26

BGH v. 11.1.1990 – IX ZR 27/89, NJW 1990, 990 (991). BGH v. 10.5.1978 – VIII ZR 32/77, BGHZ 71, 296 (302). BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199. BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199.

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Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 24 P

des Treugebers in der Insolvenz des Treuhänders.27 Das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters bewirke ebenfalls eine solche Änderung der Vermögenszuordnung. Die ihr unterliegenden Gegenstände würden als ein dem Zugriff der Gläubigergesamtheit zur Verfügung stehendes Objekt der Vermögensmasse des insolventen Schuldners behandelt, obwohl sie schuld- und sachenrechtlich wirksam in das Eigentum des Anfechtungsgegners übergegangen sind. Auch in § 145 Abs. 1 InsO komme zum Ausdruck, dass sich die Zuordnung zur Haftungsmasse im allgemeinen unabhängig von der Wirksamkeit des Erwerbs durch den Gesamtrechtsnachfolger durchsetzen soll. Schließlich sei nicht einzusehen, warum die Gläubiger des insolvent gewordenen Anfechtungsgegners von Rechtshandlungen sollten profitieren können, die im Hinblick auf die beiderseitige Insolvenz als ungerechtfertigte Vermehrung der Vermögensmasse des Empfängers erscheinen. Bei dieser Argumentation überzeugen die Überlegung, dass auch schuldrechtliche Beziehungen die Vermögenszuordnung beeinflussen können, und der Hinweis auf potentiell ungerechtfertigte Vorteile für die Gläubiger im zweiten Insolvenzverfahren. Weniger einsichtig ist die Heranziehung von § 145 Abs. 1 InsO. Alle diese Überlegungen beschränken sich aber auf das Verhältnis zwischen den beiden Insolvenzmassen. Der Grundsatz, dass der anfechtungsrechtlich begründete Rückgewähranspruch ein schuldrechtlicher ist, steht nicht zur Diskussion. Es sollte auch dabei verbleiben, dass er die Vollstreckungsabwehrklage nicht begründet.

P 22

2. Anfechtungsgegner Hinsichtlich der Anfechtungsgegner sind die Ausführungen bei § 129 InsO (vgl. Rz. B537 ff.) dahin zu ergänzen, dass im Fall des § 143 Abs. 3 InsO zwangsläufig der Leistungsempfänger nicht Anfechtungsgegner ist. Die Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf den Anfechtungstatbestand des § 135 Abs. 2 InsO, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Gesellschaft ein gesellschaftergesichertes Darlehen aus ihrem Vermögen an den dritten Darlehensgeber zurückzahlt. Anfechtbar ist nicht diese Darlehensrückzahlung, sondern die dadurch mittelbar bewirkte Befreiung des Gesellschafters von der möglichen Inanspruchnahme der Sicherheit, die er gestellt hat.

P 23

3. Verhältnis zu § 64 GmbHG In der Insolvenz der GmbH ist der Schadensersatzanspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. = § 64 GmbHG n.F. nicht subsidiär gegenüber der Insolvenzanfechtung. Der Insolvenzverwalter kann den Geschäftsführer vielmehr auf Schadensersatz für die in der Krise bewirkten Leistungen 27 BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 75/01, ZIP 2003, 1613. Kummer

699

P 24

P Rz. 24

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

von vornherein in Anspruch nehmen und muss nicht erst versuchen, diese anzufechten.28 Der Geschäftsführer kann dann seinerseits den Anfechtungsanspruch gegen den Empfänger weiter verfolgen. Die Anwendung von § 255 BGB zugunsten des Geschäftsführers sollte insoweit keine Schwierigkeiten mehr machen, seit der BGH den Anfechtungsanspruch für abtretbar erklärt hat;29 ansonsten müsste der Insolvenzverwalter den Geschäftsführer entsprechend ermächtigen.30 BGH-Urteil vom 18.12.1995 – BGHZ 131, 325

P 25 Der Kläger hat dort als Konkursverwalter vom Beklagten Schadensersatz nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. verlangt, weil er als Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft nach der Gesellschafterversammlung, worin er auf die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hingewiesen und mit der Stellung eines Konkursantrags beauftragt worden war, noch weitere Zahlungen verfügt hatte. Das OLG hatte die Klage in Höhe von 12 357,62 DM mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe es als Konkursverwalter unterlassen, diesen Betrag im Wege der Anfechtung innerhalb der Jahresfrist des § 41 Abs. 1 KO von den Empfängern zurück zu fordern.

P 26 Dies hat der BGH missbilligt. Danach läuft diese Auffassung zu Lasten der Konkursgläubiger auf eine im Gesetz nicht vorgesehene und vor allem nicht interessengerechte Subsidiarität des Ersatzanspruchs gegen den Geschäftsführer gegenüber der Konkursanfechtung hinaus. Vielmehr dienten alle diese Ansprüche gleichermaßen ausschließlich dem Zweck, eine vor Konkurseröffnung eingetretene Schmälerung der Konkursmasse zugunsten der Konkursgläubiger auszugleichen. Allein von ihrem Interesse habe sich deshalb der Konkursverwalter bei seiner Entscheidung, ob er mögliche Anfechtungsrechte ausüben will, leiten zu lassen. Infolge dessen dürfe er auch Zweckmäßigkeitserwägungen Raum geben, die sich zu Lasten des Geschäftsführers auswirken. Entscheidet er sich dabei gegen die Konkursanfechtung, indem er die dafür gesetzlich vorgesehene Frist ungenutzt verstreichen lässt, so verletze er damit allenfalls die Befriedigungsaussichten der Gläubigergemeinschaft, nicht aber rechtlich geschützte, ihm anvertraute Interessen des Geschäftsführers.

P 27 Im Übrigen würden die Anfechtungsmöglichkeiten der Masse vom Gesetz ausschließlich im Interesse ihrer Gläubiger zugebilligt. Diesem gesetzgeberischen Anliegen widerspräche es, den der Masse eingeräumten Vorteil nicht ihren Gläubigern, sondern stattdessen einem ihrer weiteren Schuldner, nämlich dem ihr nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. haftenden Geschäftsführer zugute kommen zu lassen. Dies gelte umso mehr, als dieser gerade die Person ist, die die Verantwortung für die anfechtbare Fortgabe von Vermögenswerten der anschließend in Konkurs gefallenen Gesellschaft trägt. 28 BGH v. 18.12.1995 – II ZR 277/94, BGHZ 131, 325 (328). 29 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114. 30 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 InsO Rz. 15.

700

Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 31 P

Auch im Verhältnis zur Masse bestehe kein Anspruch des Geschäftsführers auf vorrangige Anfechtung. Mit der Haftung des Geschäftsführers nach § 64 Abs. 2 GmbHG habe der Gesetzgeber der Masse vielmehr ein zusätzliches Mittel zur rationellen Wiederauffüllung der ihr vorher entzogenen Vermögenswerte zur Verfügung gestellt. Anstatt eine unter Umständen erhebliche Vielzahl von Prozessen gegen verschiedene Anfechtungsgegner führen zu müssen, brauche der Konkursverwalter bei Durchsetzung des Ersatzanspruchs gegen den Geschäftsführer nur einen einzigen Rechtsstreit gegen nur einen Prozessgegner zu führen. Darüber hinaus seien Anfechtungsprozesse vielfach mit erheblichen, im Voraus nur schwer abwägbaren Prozessrisiken belastet, die vor allem darauf beruhen, dass die Tatbestände der §§ 30 ff. KO zu einem großen Teil subjektive, auf die Person des Anfechtungsgegners bezügliche Merkmale enthalten, welche eine verlässliche Beurteilung der Erfolgsaussichten selbst dort erschweren, wo das Gesetz eine Umkehr der Beweislast vorsieht.

P 28

Dies alles betrifft die Rechtslage nach dem Ende der Ausschlussfrist des § 41 KO, dem nunmehr der Ablauf der Verjährungsfrist aus § 146 Abs. 1 InsO gleichzustellen ist. Nach Anpassung dieser Verjährungsfrist an die allgemeine, auch für den Anspruch aus § 64 GmbH n.F. geltende Verjährungsfrist wird sich künftig häufiger die Frage nach der Rechtslage während des Fristenlaufes stellen. Dazu hat sich der BGH nur kurz geäußert. Er zitiert die Vertreter der herrschenden Auffassung in der Literatur, die dem Geschäftsführer der GmbH ein aufschiebendes Leistungsverweigerungsrecht zubilligt, solange die Masse neben dem Ersatzanspruch gegen ihn noch realisierbare und erfolgversprechende Anfechtungsmöglichkeiten gegenüber den Leistungsempfängern besitzt. Diese Rechtsauffassung möge zutreffen, vor allem deshalb, weil es zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse führte, wenn sie neben der Rückgewähr der anfechtbar weggegebenen Vermögenswerte zusätzlich Ersatz für deren Weggabe von dem dafür verantwortlichen Geschäftsführer erhielte.

P 29

Für den Fall, dass tatsächlich schuldhafte Versäumnisse oder Fehleinschätzungen des Verwalters zur Unterlassung der Anfechtung geführt haben, wird abschließend ausgeführt, dass der Geschäftsführer die Konkursgläubiger auch nicht auf den Ersatzanspruch aus § 82 KO (= § 60 Abs. 1 InsO) gegen den Verwalter verweisen könne. Vielmehr bestehe insoweit Anspruchskonkurrenz.

P 30

Für den Insolvenzverwalter bedeutet dies in der Praxis insbesondere nach Verlängerung der Verjährungsfrist in § 146 Abs. 1 KO, dass er sich bei der Klage gegen den Geschäftsführer auf das oben dargestellte zeitlich befristete Leistungsverweigerungsrecht einstellen muss, darüber hinaus aber vom Geschäftsführer nicht auf die Anfechtung verwiesen werden kann.

P 31

Kummer

701

P Rz. 32

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

4. Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung

P 32 Der Rückgewähranspruch nach Insolvenzanfechtung unterscheidet sich von den Rechtsfolgen einer Einzelgläubigeranfechtung nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG. Bei letzterer muss dasjenige, was aus dem Schuldnervermögen veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, dem Gläubiger „zur Verfügung gestellt“ werden. Der Anfechtungsgegner schuldet bei der Einzelanfechtung also nicht etwa die Rückgewähr an den Schuldner, die mangels einer vom Schuldnerwillen unabhängigen Verwaltungsperson auch kontraproduktiv wäre. Er schuldet vielmehr ausschließlich die Duldung der Zwangsvollstreckung, wie wenn sich der Gegenstand noch im Schuldnervermögen befände. Der Anspruch geht auf Wiederherstellung der Zugriffslage; der Anfechtungsgegner muss den Gegenstand zum zwangsweisen Zugriff durch den Gläubiger zur Verfügung stellen.31

P 33 Hat also etwa der Schuldner ein Grundstück anfechtbar veräußert, so muss es der Anfechtungsgegner nicht auf den Schuldner zurück übertragen, sondern die Zwangsvollstreckung durch den anfechtenden Gläubiger in das Grundstück über sich ergehen lassen. Daraus folgen weitere Sonderheiten für den Anspruch des anfechtenden Einzelgläubigers, etwa die Unzulässigkeit einer Vormerkung zu seinen Gunsten32 und die Pflicht des Erwerbers, den anfechtbaren Erwerb eines beschränkten dinglichen Rechts an einem Grundstück oder den anfechtbaren Erwerb einer Vormerkung durch eine Vorrangerklärung zugunsten des anfechtenden Gläubigers (§ 880 BGB) auszugleichen.33 BGH-Urteil vom 13.7.1995 – BGHZ 130, 314

P 34 Die Klägerin hatte gegen die Beklagten Vollstreckungstitel über Zahlungsansprüche erwirkt; Vollstreckungsversuche blieben zunächst erfolglos. Den Beklagten gehörte eine Eigentumswohnung, die sie in anfechtbarer Zeit an ihre Tochter aufließen. Diese räumte den Beklagten ein lebenslängliches, unentgeltliches Wohnungsrecht ein. Weiter verpflichtete sich die Tochter, die Immobilie zu Lebzeiten der Beklagten nicht ohne deren Zustimmung zu veräußern oder zu belasten; im Falle eines Verstoßes sollten die Beklagten von ihr die Rückübereignung verlangen dürfen; zur Sicherung dieses Rückauflassungsanspruchs wurde eine Vormerkung eingetragen. Die Klägerin erwirkte alsdann gegen die Tochter gemäß dem Anfechtungsgesetz Urteile auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Wohnungseigentum.

31 Huber, AnfG, 10. Aufl., § 11 Rz. 8. 32 BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 219/05, BGHZ 172, 360; RGZ 60, 423; statt dessen ist nach RGZ 67, 39, 42 eine Sicherung durch allgemeines Verfügungsverbot möglich. 33 BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (322 ff.); danach ginge der Löschungsantrag zu weit.

702

Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 38 P

In einem weiteren Rechtsstreit verlangte die Klägerin von den Beklagten, die Löschung des Wohnungsrechts und der Rückauflassungsvormerkung zu bewilligen.

Der BGH hat zunächst festgestellt, dass eine Sonderrechtsnachfolge im Sinne von § 11 Abs. 2 AnfG (entsprechend § 145 Abs. 2 InsO) schon vorliegen kann, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird. Er hat weiter ausgesprochen, Rechtsnachfolger müsse nicht ein Dritter sein; vielmehr könne auch der Schuldner des Anfechtungsgläubigers selbst Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden (vgl. dazu unten bei § 145 InsO Rz. R10).

P 35

Alsdann wird ausgeführt: Die Klägerin könne als Anfechtungsfolge allerdings nicht die Löschung des eingetragenen Wohnungsrechts oder der Auflassungsvormerkung verlangen. Nach § 7 Abs. 1 AnfG habe der Empfänger das anfechtbar Erlangte „als noch zu demselben (d.h. zu dem Vermögen des Schuldners) gehörig“ zurück zu gewähren. Es sei also zugunsten des Anfechtungsgläubigers die Zugriffslage so wieder herzustellen, wie sie ohne die anfechtbare Weggabe bestehen würde. Dagegen könne der Gläubiger nicht die tatsächliche Rückgabe oder Rückübertragung des veräußerten Gegenstandes beanspruchen. Regelmäßig sei in der Weise zurück zu gewähren, dass der Anfechtungsgegner dem Gläubiger die Zwangsvollstreckung gemäß §§ 803 ff. ZPO in das anfechtbar verkürzte Vermögensgut uneingeschränkt ermöglicht.

P 36

An die Stelle von § 7 Abs. 1 AnfG a.F. ist seit 1.1.1999 nunmehr § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG n.F. getreten. Diese Vorschrift drückt dieselbe Rechtsfolge noch klarer aus, indem sie anordnet, was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, müsse „dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden“, soweit es zu dessen Befriedigung erforderlich ist. Nach der InsO kommt dieser Duldungsanspruch nur dann in Betracht, wenn der Verwalter ausnahmsweise darauf rekurriert; regelmäßig aber wird er die Rückgewähr zur Masse verlangen (siehe unten Rz. P52 und P53).

P 37

5. Entstehung des Anspruchs Das Anfechtungsrecht entsteht erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die es tatbestandsmäßig voraussetzt.34 Dies gilt auch dann, wenn zuvor aufgrund desselben Sachverhalts eine Einzelgläubigeranfechtung möglich gewesen wäre.35

34 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04 – BGHZ 171, 38 Rz. 20; v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (105); v. 3.12.1954 – V ZR 96, 53, BGHZ 15, 333 (337). 35 BGH v. 18.5.1995 – IX ZR 189/94, ZIP 1995, 1204. Kummer

703

P 38

P Rz. 39

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

P 39 Gleichzeitig wird damit der Rückgewähranspruch fällig,36 denn nach neuerer Rechtsprechung bedarf die Insolvenzanfechtung keiner gesonderten Erklärung.37

P 40 Gleichzeitig beginnt die Pflicht des Anfechtungsgegners zur Zahlung von

Prozesszinsen.38 Die frühere Rechtsprechung, wonach der Zinsanspruch der Masse bereits mit Vornahme der Rechtshandlung entstehen sollte,39 ist aufgegeben.40

6. Sonstiges

P 40a Der Rückgewähranspruch unterliegt dem Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters (§ 80 InsO). Dieser kann einen Vergleich darüber schließen oder ihn erlassen. Er kann auch den Schuldner ermächtigen, ihn als Prozessstandschafter einzuklagen.41 Entgegen einer früher vielfach und auch vom BGH42 vertretenen Ansicht kann er ihn auch abtreten.43 Die Abtretung widerspricht nicht dem Zweck des Anfechtungsrechts, sofern eine gleichwertige Gegenleistung zur Masse gelangt.44 Offen ist, ob auch im Fall der Abtretung das Anfechtungsrecht mit dem Ende des Insolvenzverfahrens erlischt.45

P 41 Im Rechtsstreit ist ein Grundurteil über den Anfechtungsgrund möglich, wenn der Verwalter die Zahlung eines Geldbetrages verlangt.46 BGH-Urteil vom 17.2.2011 – ZIP 2011, 1114

P 42 Der aus Insolvenzanfechtung folgende Rückgewähranspruch kann abgetreten werden.

P 43 Nach Auffassung des BGH widerspricht die Rückgewähr des Vermögensgegenstandes an einen Dritten nicht dem Zweck des Anfechtungsrechts. Aufgabe der Insolvenzanfechtung sei es, den Bestand des den Gläubigern haftenden Schuldnervermögens dadurch wieder herzustellen, dass bestimmte Vermögensverschiebungen rückgängig gemacht werden. Dieser Zweck könne auch dann erreicht werden, wenn der Insolvenzverwalter 36 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 20. 37 Grundlegend BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 gegen BGH v. 12.10.1989 – IX ZR 184/88, BGHZ 109, 47 (54). 38 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 20. 39 BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11. 40 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 20. 41 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 Rz. 7; v. 19.3.1987 – III ZR 2/86, BGHZ 100, 217 (218). 42 BGH v. 10.2.1982 – VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102 (105). 43 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114 (mit vorsichtig zust. Anm. Huber EWiR 2011, 433). 44 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114, Rz. 9. 45 BGH v. 17.2.2011 – IX ZR 91/10, ZIP 2011, 1114, Rz. 12/13. 46 BGH v. 15.12.1994 – IX ZR 18/94, NJW 1995, 1093 (1095).

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Kummer

III. Rechtsnatur, Entstehung und Durchsetzung des Anfechtungsanspruchs

Rz. 46 P

nicht den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand zurück erlange, sondern den Rückgewähranspruch verwertet. Voraussetzung sei nur, dass eine gleichwertige Gegenleistung zur Masse gelangt. Die dem Insolvenzverwalter obliegende Verwertung der Masse könne – etwa dann, wenn die Masse die Prozesskosten nicht aufbringen kann, die Gläubiger keinen Prozesskostenvorschuss leisten oder der Anfechtungsprozess schwierig und langwierig zu werden verspricht – durch die Abtretung des Anfechtungsanspruchs sogar erleichtert und beschleunigt werden. Das Reichsgericht habe die Abtretung (auch) deshalb für unzulässig gehalten, weil die Valuta der Abtretung, also die zur Masse zu zahlende Gegenleistung, regelmäßig hinter dem Wert des Anspruchs zurückbleiben müsse. Dieses Argument spricht jedoch nicht gegen eine Abtretung schlechthin, sondern nur gegen eine Abtretung ohne hinreichende Gegenleistung. Eine Abtretung ohne Gegenleistung werde in der Regel insolvenzzweckwidrig und damit nichtig sein; eine „Verschleuderung“ zu einem in Anbetracht aller Umstände (Kosten der Rechtsverfolgung; Prozessrisiko) unangemessen niedrigen Preis eröffnet den Anwendungsbereich des § 60 InsO.

P 44

Das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters erlösche mit der vorbehaltlosen Aufhebung oder Einstellung des Insolvenzverfahrens. Ob dies auch nach einer Abtretung gelte, werde in der Literatur unterschiedlich beurteilt. Im vorliegenden Fall bedürfe diese Frage keiner Entscheidung, da die Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht vorgetragen sei.

P 45

Diese Entscheidung löst das Problem sehr pragmatisch unter dem Aspekt einer schnelleren und einfacheren Verwertung der Masse. Sie lässt auch ersehen, dass die Gegenleistung auch dann gleichwertig ist, wenn sie nicht dem Nennbetrag der zurück zu gewährenden Zahlung bzw. dem Verkehrswert der zurück zu gewährenden Leistung entspricht, sondern einen Abschlag im Hinblick auf das Risiko berücksichtigt, das mit dem Prozess gegen den Anfechtungsgegner verbunden ist. Unklar bleibt aber, ob die Abtretung auch dann wirksam ist, wenn die Gegenleistung dieses Niveau unterschreitet. Für die Wirksamkeit der Abtretung auch in diesem Fall könnte aber der Hinweis sprechen, dass dann der Verwalter nach § 60 InsO haftbar ist. Auch Gesichtspunkte der Rechtssicherheit können hierfür herangezogen werden: Die Aktivlegitimation des Zessionars braucht nicht unter den unsicheren Gesichtspunkten der Werthaltigkeit der Gegenleistung nachgeprüft zu werden; Missgriffe des Verwalters lösen hier wie auch sonst bei Verwertung der Masse einen Schadensersatzanspruch aus.

P 46

Kummer

705

P Rz. 47

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs (Primäranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO) 1. Grundsatz

P 47 Zurück zu gewähren ist, was weggegeben usw. ist (§ 143 Abs. 1 Satz 1 InsO). Dies muss aber auch außerhalb des § 145 Abs. 3 InsO nicht identisch mit dem sein, was der Anfechtungsgegner aus dem Vermögen des Schuldners erlangt hat.47 Dies gilt etwa für Aufwendungen des späteren Insolvenzschuldners für einen Hausbau auf dem Grundstück des Anfechtungsgegners;48 soweit das Vermögen des Insolvenzschuldners vermindert ist, ohne dass der Anfechtungsgegner etwas erlangt hätte, schuldet dieser Wertersatz.49 Dagegen sind mittelbare Zuwendungen so zu behandeln, als habe die zwischengeschaltete Person an den Schuldner geleistet und dieser sodann den Anfechtungsgegner befriedigt; bei Zuwendung des Bezugsrechts für eine Lebensversicherung schuldet der Anfechtungsgegner folglich nicht Rückgewähr der vom Insolvenzschuldner geleisteten Prämie, sondern die Auszahlung der Versicherungssumme (siehe unten Rz. P67 ff.).

P 48 Ob der Anfechtungsgegner noch bereichert ist, ist zunächst einmal unerheblich.50 Kann er den erlangten Gegenstand nicht in natura herausgeben und hat dieser sich wesentlich verschlechtert, so löst dies die Sekundäransprüche aus (siehe unten Rz. P87 ff.).

P 49 Der Wegfall der Bereicherung ist nur für den Empfänger einer unentgeltlichen Leistung relevant (§ 143 Abs. 2 Satz 1 InsO), und dies auch nur, solange er seinerseits nicht bösgläubig ist (§ 143 Abs. 2 Satz 2 InsO). Für den „Normalfall“ des Empfangs einer entgeltlichen Leistung ist auch das Verschulden des Empfängers unerheblich; fehlendes Verschulden kann nur die Sekundäransprüche beschränken.51

P 50 Gemeint ist stets die Rückübertragung an den Insolvenzschuldner als Rechtsträger der Masse, nicht an den Insolvenzverwalter. Mit der Rückübereignung an den Schuldner unterliegt der Gegenstand aber als Massegegenstand der Verwaltung und der Verfügungsbefugnis des Verwalters.52

47 BGH v. 11.11.1954 – IV ZR 64/54, WM 1955, 407 (410); v. 15.10.1969 – VIII 136/07, NJW 1970, 44 (46); v. 13.3.1978 – VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61 (63). 48 BGH v. 11.11.1954 – IV ZR 64/54, WM 1955, 407 (410); v. 13.3.1978 – VIII 241/76, BGHZ 71, 61 (63). 49 BGH v. 11.11.1954 – IV ZR 64/54, WM 1955, 407 (410); v. 15.10.1969 – VIII 136/07, NJW 1970, 44 (46). 50 BGH v. 29.1.1964 – Ib ZR 197/62, BGHZ 41, 98 (103); v. 15.10.1969 – VIII 136/67, NJW 1970, 44 (46). 51 Siehe unten Rz. P87 ff. 52 BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787 (789).

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Kummer

ZR ZR ZR ZR

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs

Rz. 54 P

2. Primärer Gegenstand der Rückgewähr Dies ist der erlangte Gegenstand in natura. Angesichts einer Vielzahl anfechtbarer Rechtshandlungen53 sind die Rückgewähransprüche in der Praxis entsprechend vielgestaltig.

P 51

a) Übereignung von beweglichen Sachen Der Anfechtungsanspruch geht, da schuldrechtlich ausgestaltet, auf Rückübereignung dieser Sachen; es handelt sich nicht um einen Herausgabeanspruch. Stattdessen ist eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung möglich, wenn der Insolvenzverwalter den Gegenstand nicht selbst, sondern durch ein Staatsorgan verwerten lassen möchte.54

P 52

b) Übertragung von Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten und beschränkten dinglichen Rechten Der Anfechtungsanspruch geht auf Rückübertragung durch Rückauflassung (bzw. Einigung über diese Rückübertragung) und Eintragung,55 nicht auf Grundbuchberichtigung.56 Auch hier ist stattdessen eine Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung möglich. Die Rückübertragung kann durch Vormerkung gesichert werden,57 die auch Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein kann (§ 885 Abs. 1 BGB). Die Löschung von beschränkten dinglichen Rechten kann nur verlangt werden, wenn keine nachrangigen Belastungen eingetragen sind; andernfalls kommt nur die Abtretung des Rechts an die Masse oder – bei Grundpfandrechten – ein rangwahrender Verzicht nach §§ 1168, 1177, 1192 Abs. 1 BGB in Betracht.58

P 53

Eine anfechtbar begründete Vormerkung hindert die Zwangsvollstreckung in das Grundstück nicht. Der Klageantrag auf deren Duldung enthält das Begehren, dass der Anfechtungsgegner von der Vormerkung keinen Gebrauch machen darf.59

P 54

53 Siehe auch oben Rz. B30 ff. zu § 129. 54 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 20 und 26; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 53, 16, 28, 29; RGZ 56, 142; RGZ 67, 20, 22; nur so bei der Einzelanfechtung nach dem AnfG. 55 BGH v. 22.3.1982 – VIII ZR 42/81, ZIP 1982, 856; v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787 (789). 56 MK-InsO/Kirchhof, § 143 Rz. 31. 57 HK-InsO/Kreft, § 129 Rz. 107 und § 143 Rz. 9; MK-InsO/Kirchhof, § 146 Rz. 44; anders als nach dem AnfG, das nur einen Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung gewährt: BGH v. 14.6.2007 – IX ZR 219/05, BGHZ 172, 360 (363). 58 BGH v. 3.12.1998 – IX ZR 113/97, NJW 1999, 645 (646); HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 14. 59 BGH v. 11.7.1996 – IX ZR 226/94, NJW 1996, 3147 zum AnfG. Kummer

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P Rz. 55

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

c) Abtretung von Forderungen

P 55 Der Anfechtungsanspruch geht auf Rückabtretung.60 Vorher darf der Insolvenzverwalter die Forderung nicht verwerten; vielmehr bleibt der Anfechtungsgegner bis zur Rückabtretung Gläubiger der Forderung.61 Das stattgebende Urteil wird den Anfechtungsgegner verpflichten, die Rückabtretung zu erklären; für die Vollstreckung gilt dann § 894 ZPO.

P 56 Hatte ein Gläubiger zuvor die Forderung gepfändet und war die Pfändung wegen der Abtretung unwirksam, so wird sie nicht durch die Anfechtung wirksam, denn der Insolvenzverwalter ficht nicht im Interesse dieses einzelnen Gläubigers an, sondern zwecks Vermehrung der Masse.62 Bei bloßer Sicherungszession kann der Insolvenzverwalter die Forderung auch ohne Anfechtung nach § 166 Abs. 2 InsO verwerten und den Anspruch des Sicherungsnehmers auf den Erlös mit der Anfechtungseinrede (§ 146 Abs. 2 InsO) abwehren.63

P 57 Ist die Forderung in einem Orderpapier verbrieft, so ist der Anfechtungsanspruch auch auf dessen Rückgabe gerichtet. Ist sie in einem Inhaberpapier verbrieft, so geht er auf dessen Rückübereignung. In beiden Fällen kann der Insolvenzverwalter die Forderung auch ohne Anfechtung verwerten, wenn sich das Wertpapier noch im Besitz des Schuldners befindet, und Ersatzansprüche des Anfechtungsgegners mit der Anfechtungseinrede abwehren.64 d) Übertragung von sonstigen Rechten

P 58 Der Anfechtungsanspruch geht grundsätzlich auf Rückübertragung des Rechtes. e) Übertragung eines Unternehmens

P 59 Da es sich um einen Inbegriff von Sachen und Rechten handelt und auch die Unpfändbarkeit einzelner von ihnen in Betracht kommt, muss der Klageantrag auf die einzelnen Geschäftsbestandteile (Räume, Inventar, Betriebsmittel usw.) aufgegliedert werden.65

60 BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rz. 18 und 20 (mit zust. Anm. Homann, EWiR 2007, 149); v. 1.12.1988 – IX ZR 112/88, BGHZ 106, 127 (129). 61 BGH v. 21.9.2006 – IX ZR 235/04, ZIP 2006, 2176 Rz. 18. 62 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 37; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 54; aber bestritten, vgl. Jaeger/Henckel aaO Fn. 145. 63 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 36. 64 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 54. 65 BGH v. 24.10.1962 – VIII ZR 126/61, WM 1962, 1316.

708

Kummer

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs

Rz. 64 P

f) Dienstleistungen u.ä. Hier ist in der Regel eine Rückgewähr in natura nicht möglich. Folglich muss der Anfechtungsgegner Wertersatz leisten (§ 818 Abs. 2 BGB).

P 60

g) Barzahlungen Der Anfechtungsanspruch geht auf Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages. Streng genommen handelt es sich dabei ebenfalls um Wertersatz, da der Anfechtungsgegner das bar bezahlte Geld mit eigenem vermischt haben wird.66

P 61

h) Begründung von schuldrechtlichen Beziehungen Hat der Schuldner eine noch unerfüllte schuldrechtliche Verpflichtung begründet, so kann der Insolvenzverwalter einfach darüber hinweg sehen; der Anfechtungsgegner kann aus dieser Verpflichtung keine Rechte herleiten.67 Dogmatisch sauberer erscheint es aber, dem Insolvenzverwalter hier die Einrede der Anfechtbarkeit zu gewähren (§ 146 Abs. 2 InsO).

P 62

Dasselbe gilt für einseitige Akte des Schuldners wie das Anerkenntnis (einer Gegenforderung durch den Schuldner), die Verbürgung (durch den Schuldner), die Quittung und ähnliche Rechtshandlungen, die nicht mit einer „Leistungsbewegung“ verbunden sind.68 Dasselbe gilt weiter für schuldrechtliche Rechtshandlungen des Schuldners, die dessen Rechte verkürzen, etwa den Erlass oder die Stundung einer Forderung, deren Gläubiger er ist. Der Insolvenzverwalter kann die Forderung geltend machen, wie wenn sie nicht erlassen, gestundet usw. wäre. Auch hier handelt es sich richtigerweise darum, dass der Insolvenzverwalter gegenüber der Einrede der Stundung usw. die Gegeneinrede der Anfechtbarkeit erhebt.

P 63

Umstritten ist, ob das auch für einen Verzicht auf ein Grundpfandrecht gilt69 oder ob hier der Insolvenzverwalter im Wege der Anfechtung die Übertragung der Eigentümergrundschuld, die durch den Verzicht (§ 1168 BGB) entstanden ist, auf sich verlangen muss,70 und die Neubegründung des Grundpfandrechts, falls der Schuldner in anfechtbarer Weise an der Aufhebung seines Grundpfandrechts (§ 1183 BGB) mitgewirkt hat.71

P 64

66 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 68. 67 BGH v. 19.4.2007 – IX ZR 59/06, ZIP 2007, 1120 Rz. 30 ff. für den Heimfallanspruch beim Erbbaurecht; allgemein HK-InsO/Kreft, § 143 Rz. 4 anhand der Motive zur KO. 68 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 4 und 6. 69 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Fn. 237; Gerhardt, Gläubigeranfechtung S. 137. 70 § 1177 BGB. 71 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 49; Jaeger/Henckel, 9. Aufl., § 143 Rz. 48. Kummer

709

P Rz. 65

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

i) Treuhand

P 65 Hat der Schuldner in anfechtbarer Weise einen Treuhänder eingesetzt, so ist dieser als Anfechtungsgegner verpflichtet, seine Treuhänderstellung aufzugeben und das als Treugut verwaltete Geld an den Verwalter auszuzahlen.72 j) Anweisung

P 66 Hier kommt in der Insolvenz des Anweisenden nur Wertersatz (§ 818 Abs. 1 BGB) in Betracht, da der Anweisungsempfänger, selbst wenn er den erhaltenen Gegenstand an den Angewiesenen zurückgibt, die Forderung des Anweisenden gegen diesen nicht wieder herstellen kann.73 In der hierfür als Beleg angeführten Entscheidung74 wurde aber der primäre Rückgewähranspruch deshalb abgelehnt, weil der Gemeinschuldner keinen Anspruch auf dasjenige gehabt hatte, was aufgrund der anfechtbaren Vorgänge in das Vermögen des Anfechtungsgegners gelangt war – im konkreten Fall eine Grundschuld, welche die Erbengemeinschaft, der der Gemeinschuldner angehörte, zugunsten des Beklagten auf ein Nachlassgrundstück bestellt hatte. k) Vertrag zugunsten Dritter

P 67 Der BGH sieht die dem Dritten gewährte Leistung in der Insolvenz des Versprechensempfängers als eine durch Einschaltung des Versprechenden gewährte mittelbare Leistung an, die der unmittelbaren gleichsteht. Demnach hat der Dritte die Leistung zur Masse zurück zu gewähren. Dies gilt insbesondere für Lebensversicherungen. Dabei ist nicht zurück zu gewähren, was der Schuldner (Versprechensempfänger) aufgewendet hat (Summe der Prämien), sondern die Zuwendung, die er dem Dritten (Begünstigten) damit und folglich zu Lasten der Masse „erkauft“ hat, also die Versicherungssumme.75 BGH-Urteil vom 23.10.2003 – BGHZ 156, 350 (dieselbe Entscheidung wie oben bei Rz. P18 ff.)

P 68 Der Insolvenzschuldner hatte 1986 einen Lebensversicherungsvertrag geschlossen und unter dem 15.6.1999 seine Ehefrau als Bezugsberechtigte in widerruflicher Weise eingesetzt. Er verstarb am 10.11.1999. Am 10.2.2000 wurde das Insolvenzverfahren über seinen Nachlass eröffnet. Der Versicherer hinterlegte sodann die Lebensversicherungssumme. Der Nachlassinsolvenzverwalter focht die Bezugsberechtigung nach § 134 Abs. 1 InsO an und verlangte von der Ehefrau die Freigabe des hinterlegten Betrages. Die Vorinstanzen gaben der Klage nur in Höhe der Prämien statt, die der Schuldner in den letzten vier Jahren vor 72 73 74 75

BGH v. 24.5.2007 – IX ZR 105/05, ZIP, 2007, 1274. Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 67. BGH v. 14.6.1978 – VIII ZR 149/77, BGHZ 72, 39 (42). BGH v. 23.10.2003 – IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350 (355).

710

Kummer

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs

Rz. 73 P

dem Insolvenzantrag entrichtet hatte. Der BGH verurteilte die Ehefrau auch zur Freigabe des Restbetrages. Er behandelte sie als Empfängerin einer unentgeltlichen mittelbaren Zuwendung. Unter dieser Prämisse sprach er dem Insolvenzverwalter die gesamte Versicherungssumme zu.

Zur Begründung ist ausgeführt, es komme anfechtungsrechtlich grundsätzlich nicht darauf an, welche Mittel der Versprechensempfänger (Schuldner) aufgebracht, sondern welche Leistungen der Versprechende (Versicherer) nach dem Inhalt seiner Vertragsbeziehung zum Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit zu erbringen hatte, mit anderen Worten, welche Zuwendung an den Dritten (Ehefrau) der Versprechensempfänger mit den von ihm aufgewendeten Vermögenswerten „erkauft“ hat. Diese Zuwendung sei durch die Leistung an den Dritten der Masse entzogen worden. Übertragen auf den Lebensversicherungsvertrag bedeute dies, dass die anfechtbare Leistung nicht in der Summe der vom Versicherungsnehmer aufgebrachten Prämien, sondern in der dem Dritten ausbezahlten Versicherungssumme zu sehen ist.

P 69

Im folgenden wird noch ausgeführt, dass Leistungszeitpunkt im Sinne der §§ 140 Abs. 1 InsO der Versicherungsfall, also der Todesfall, sei, da die Beklagte nur widerruflich als Bezugsberechtigte eingesetzt war. Dies führt bei Verfahrenseröffnung vor dem Todesfall dazu, dass der Insolvenzverwalter gar nicht erst anfechten muss, sondern die Wirkungen der Bezugsberechtigung beseitigen kann, indem er das Widerrufsrecht des Schuldners ausübt, welches auf ihn übergegangen ist.76

P 70

l) Erfüllung fremder Verbindlichkeiten Der Anfechtungsanspruch geht, soweit er sich gegen den Schuldner der erfüllten Forderung richtet, auf Wertersatz (§ 818 Abs. 2 BGB). Zu ersetzen ist der Wert der erlangten Schuldbefreiung.77 Das ist grundsätzlich der vom Insolvenzschuldner an den Gläubiger bezahlte Betrag.78

P 71

m) Hinterlegung Der Anfechtungsanspruch richtet sich auf die Einwilligung des Anfechtungsgegners in die Auszahlung des hinterlegten Betrages oder in die Herausgabe der hinterlegten Sache an die Masse.79

P 72

n) Aufrechnung Anfechtbar begründete Aufrechnungslagen machen die Aufrechnung unwirksam (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO). Der Insolvenzverwalter braucht aber 76 77 78 79

BGH v. 4.3.1993 – IX ZR 169/92, NJW 1993, 1994. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 50a. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 94. Jaeger/Henckel, 9. Aufl., § 143 Rz. 45. Kummer

711

P 73

P Rz. 73

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

die Anfechtung als solche nicht im Wege der Klage aus § 143 Abs. 1 InsO geltend zu machen. Vielmehr kann er alsbald die Forderung (des Insolvenzschuldners) einklagen und dem Aufrechnungseinwand mit der (Gegen-)einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO) begegnen.80 Dies gilt etwa für eine Gutschrift, die die Bank in kritischer Zeit auf einem im Soll geführten Konto des späteren Insolvenzschuldners zur Erfüllung einer gegen sie selbst gerichteten Forderung erteilt hat; der Verwalter kann den Betrag aus der Gutschrift verlangen, ohne dass die Bank mit ihrer Kreditforderung aufrechnen könnte.81 Auf den Zeitpunkt der Aufrechnung durch den Anfechtungsgegner kommt es hiernach nicht mehr an.82 BGH-Urteil vom 29.6.2004 – BGHZ 159, 388

P 74 Die Schuldnerin hatte einen Vermarktungsvertrag mit der Beklagten geschlossen, die ein Hotel betrieb. Danach standen dem Schuldner Provision für die Vermittlung von Reisegesellschaften sowie eine Monatspauschale zu. Unter dem 8.8.2000 buchte die Schuldnerin Zimmer bei der Beklagten für die Zeit vom 7. bis 10. und vom 14. bis 17.12.2001, die auch in Anspruch genommen wurden. Am 14.11.2001 reichte die Schuldnerin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen ein. Dieses wurde am 4.1.2002 eröffnet. Der klagende Insolvenzverwalter machte die Provision für die genannten Buchungen und die Monatspauschale für Dezember 2001 geltend. Die Beklagte rechnete dagegen mit unstreitigen Gegenansprüchen auf, die spätestens am 15.5.2001 fällig gewesen waren.

P 75 Der BGH hat die Aufrechnung zugelassen. Maßgebender Zeitpunkt im Sinne von § 140 InsO für die Vornahme der Rechtshandlung, hier die Herbeiführung der Aufrechnungslage im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sei der Zeitpunkt, zu dem das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet worden ist. Dies sei aber als der Zeitpunkt zu verstehen, zu dem der Rechtsgrund für den Anspruch der Schuldnerin sowie die zur Aufrechnung gestellten Forderungen gelegt war; dies war unstreitig spätestens im Mai 2001 der Fall.

P 76 In diesem Zusammenhang führt der BGH aus, schon nach früherem Recht (§§ 30, 31 KO, 10 GesO) sei der Verwalter berechtigt gewesen, mit der Anfechtungsklage die Rückgewähr der Aufrechnungslage in der Weise zu verlangen, dass er die Forderung des Gemeinschuldners geltend machte und dem Anfechtungsgegner die Aufrechnung versagt blieb.83 Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO verfolge das gleiche wirtschaftliche Ziel wie die frühere Regelung. Sie setze voraus, dass die Aufrechnungslage in 80 BGH v. 29.6.2004 – IV ZR 195/03, BGHZ 159, 388; v. 2.6.2005 – IX ZB 235/04, NJW-RR 2005, 1138 (1139). 81 BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 160/08, ZIP 2010, 2460 = WM 2010, 2368. 82 Anders noch BGH v. 26.1.1983 – VIII ZR 254/81, BGHZ 86, 349 (353) zu § 41 Abs. 1 KO. 83 BGH v. 28.9.2000 – VII ZR 372/99, BGHZ 145, 245 (253 ff.); v. 5.4.2001 – IX ZR 216/98, BGHZ 147, 233 (236 f.).

712

Kummer

IV. Inhalt des Anfechtungsanspruchs

Rz. 79 P

einer von §§ 130 ff. InsO beschriebenen Weise anfechtbar erworben wurde. Die wesentliche Neuerung liege nur darin, dass der Verwalter in einem solchen Fall keine Anfechtungsklage zu erheben brauche, sondern sich unmittelbar auf die Unwirksamkeit der Aufrechnung nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO berufen könne. o) Sicherheitsleistung für Schulden Beim anfechtbaren Mobiliarpfand kann der Insolvenzverwalter die Rückgabe der verpfändeten Sache oder den Verzicht auf das Pfandrecht oder dessen Rückübertragung verlangen.84 Für Sicherungsübereignungen siehe oben Rz. P52, für Grundpfandrechte siehe oben Rz. P53 f., für Sicherungsabtretungen siehe oben Rz. P55 ff., für Bürgschaften siehe oben Rz. P63. Hat der Anfechtungsgegner die Sicherheit für eine fremde Schuld bestellt und der Sicherungsnehmer sie verwertet, so schuldet der Anfechtungsgegner als Surrogat die Abtretung der persönlichen Forderung, die dadurch (etwa nach §§ 774 Abs. 1 Satz 1, 1143, 1225 BGB) auf ihn übergegangen ist.85

P 77

p) Prozesshandlungen Die Anfechtung ergreift nicht die daraufhin (etwa nach Säumnis oder Anerkenntnis) ergangene gerichtliche Entscheidung, sondern nur deren materiell-rechtliche Wirkungen.86 Der Inhalt des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach dem Inhalt der Entscheidung. Ist etwa der Schuldner zur Zahlung verurteilt und das Urteil vollstreckt worden, so ist der Anfechtungsgegner zur Rückgewähr der Zahlung verpflichtet. Ist dem Insolvenzschuldner eine Forderung aberkannt worden, so gilt sie zugunsten der Masse als fortbestehend und kann vom Insolvenzverwalter durchgesetzt werden. Hat der Insolvenzschuldner ein Anerkenntnis abgegeben, so bindet es den Insolvenzverwalter nicht. Über all dies ist nicht durch Fortsetzung des alten Prozesses, sondern in einem selbständigen Anfechtungsprozess zu befinden.87

P 78

q) Zwangsvollstreckung Hier gelten keine Besonderheiten. Beigetriebene Geldbeträge muss der Anfechtungsgegner zurückzahlen (siehe oben Rz. P61), erlangte Sicherheiten zurückgewähren (siehe oben Rz. P77). Zusätzlich muss er auf Pfändungspfandrechte verzichten (§ 843 ZPO), um die damit verbundene öffentlichrechtliche Verstrickung zu beseitigen.88 Eine Vorpfändung (§ 845 ZPO)

84 85 86 87 88

Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 69. BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787 (791). MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 56. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 56. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 57. Kummer

713

P 79

P Rz. 79

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

tritt automatisch außer Kraft, wenn die nachfolgende Hauptpfändung erfolgreich angefochten wird.89 BGH-Urteil vom 23.3.2006 – BGHZ 167, 11

P 80 Die beklagte Sparkasse brachte gegen die Schuldnerin zwei Vorpfändungen aus, die den Drittschuldnern am 15.3.1999 zugestellt wurden. Die Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse geschah vom 25.3. bis 7.4.1999. Die Drittschuldner überwiesen daraufhin am 13.4. bzw. 23.4.1999 an die Beklagte insgesamt 200 183,33 DM. Auf Antrag vom 21.6.1999 wurde am 1.10.1999 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Der Insolvenzverwalter hat die Pfändungen angefochten und die Rückgewähr des genannten Betrages verlangt.

P 81 Diese hat ihm der BGH zugesprochen. Wird nämlich die Vorpfändung früher als drei Monate vor Eingang des Insolvenzantrages ausgebracht, fällt dagegen die Hauptpfändung in den von § 131 InsO erfassten Bereich, so richtet sich die Anfechtung insgesamt nach § 131 InsO.

P 82 Hiernach begründen die außerhalb der kritischen Zeit ausgebrachten Vorpfändungen auch kein nach § 50 Abs. 1 InsO insolvenzgeschütztes Sicherungsrecht, denn sie sind nur Teil mehraktiger Rechtshandlungen, und die Erfüllung des letzten Teilakts hiervon fällt in die gesetzliche Krise. Um eine mehraktige Rechtshandlung handle es sich deshalb, weil die Pfändungsankündigung (Vorpfändung) nach § 845 Abs. 1 ZPO zu ihrer Wirksamkeit der Pfändung der Forderung binnen eines Monats bedarf (§ 845 Abs. 2 ZPO). Ohne die nachfolgende Pfändung könne kein Pfandrecht entstehen, welches den Gläubiger zur abgesonderten Befriedigung nach § 50 Abs. 1 InsO berechtigt. Damit das Pfändungspfandrecht insolvenzfest ist, müssten alle dafür notwendigen Voraussetzungen schon eingetreten sein, bevor des Schutz des § 131 InsO einsetzt. Nach einer Vorpfändung sei dies erst der Fall, wenn die Hauptpfändung wirksam geworden ist.

P 83 Dieses Ergebnis werde durch den Sinn und Zweck des § 845 ZPO bestätigt. Ein Vorrang des Vorpfändenden sei insolvenzrechtlich nur gerechtfertigt, wenn zur Zeit der Hauptpfändung das Prioritätsprinzip noch gilt. Unbegründet sei der Einwand der Beklagten, dass die Vorpfändung auch insolvenzrechtlich der Arrestpfändung nach § 930 Abs. 1 Satz 1 ZPO gleichzustellen sei; die Vorpfändung habe die Wirkung einer Arrestpfändung auch nur, sofern die Hauptpfändung innerhalb eines Monats bewirkt wird.

P 84 Dem ist unter dem Gesichtspunkt der sogenannten mehraktigen Rechtshandlungen sicherlich zuzustimmen. Die rechtzeitig nachfolgende rechts89 BGH v. 23.3.2006 – IX ZR 116/03, BGHZ 167, 11; die Entscheidung hat in der Literatur Zustimmung gefunden (Uhlenbruck BGH-Report 2006, 879; Eckhardt EWiR 2006, 537, 538; Biehl NJ 2006, 411).

714

Kummer

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO)

Rz. 88 P

wirksame Hauptpfändung ist Voraussetzung dafür, dass das Pfändungspfandrecht bereits mit Zustellung der Vorpfändung begründet wird.90 Die Situation ist mithin nicht anders als bei genehmigungsbedürftigen Rechtsgeschäften, die der BGH ebenfalls als mehraktig ansieht.91 r) Unterlassungen Hier muss sich der Anfechtungsgegner so behandeln lassen, als hätte der Schuldner die unterlassene Handlung vorgenommen.92 Hat der Schuldner durch die anfechtbare Unterlassung ein Recht verloren, so ist der Rechtsverlusts als gegenüber der Masse unwirksam zu behandeln.93 Der Insolvenzverwalter kann das Recht geltend machen und dem Einwand der Verjährung (wenn es unterlassen wurde, das Recht rechtzeitig geltend zu machen) oder des Fristablaufs für die Anfechtung (§§ 121, 124 BGB) oder der Versäumung von Kündigungsfristen oder der unterlassenen Mängelrüge (§ 377 HGB) den (Gegen-)Einwand der Anfechtbarkeit entgegenhalten.94

P 85

Hat der Anfechtungsgegner durch die anfechtbare Unterlassung seinerseits ein Recht erlangt, so hat er dieses zurück zu gewähren.95

P 86

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) 1. Allgemeines § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO ergänzt Abs. 1 Satz 1, indem er die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, für analog anwendbar erklärt. Diese Ergänzung greift in den Fällen, in denen der Erwerber den erlangten Gegenstand nicht in Natura herausgeben kann oder dieser sich wesentlich verschlechtert hat.

P 87

Für analog anwendbar erklärt ist zunächst § 819 Abs. 1 BGB, der eine Verweisungskette in Gang setzt. Sie führt im ersten Schritt zu § 818 Abs. 4 BGB und im zweiten Schritt zu den „Allgemeinen Vorschriften“. Dies sind primär die §§ 291, 292 BGB, welche allgemein die Haftung des Schuldners nach Eintritt der Rechtshängigkeit regeln, doch ist ein Rückgriff auf weitere Vorschriften aus §§ 280 ff. BGB möglich, soweit Gründe

P 88

90 Zöller/Stöber, 28. Aufl., § 845 ZPO Rz. 5. 91 BGH v. 20.9.1978 – VIII ZR 142/77, NJW 1979, 103 (104); v. 19.12.2002 – IX ZR 377/99, ZIP 2003, 488 (490). 92 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 55. 93 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 73. 94 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 73. 95 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 55. Kummer

715

P Rz. 88

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

der Spezialität nicht entgegenstehen.96 § 292 BGB verweist alsdann im dritten Schritt bei schuldrechtlichen Ansprüchen auf Herausgabe eines Gegenstandes,97 und als solche werden die Rückgewähransprüche aus Insolvenzanfechtung hier von jeher behandelt, auf die §§ 987 ff. BGB und hier wiederum auf die Vorschriften, die ab Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs für das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gelten. Dasselbe gilt für die Ansprüche des Verwalters auf Herausgabe von Nutzungen und für die Ansprüche des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen (§ 292 Abs. 2 BGB).

P 89 Nicht verwiesen ist somit auf § 818 Abs. 1 bis 3 BGB. Sie gehören nicht zu den allgemeinen Vorschriften im Sinne des §§ 818 Abs. 4 BGB. Insbesondere kann sich der Anfechtungsgegner nicht einfach auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) berufen.

2. Einzelheiten a) Surrogation

P 90 Der Anfechtungsgegner muss Surrogate herausgeben. Dies ergibt sich aus § 285 BGB n.F. (= § 281 BGB a.F.), der neben den §§ 291, 292 BGB zu den allgemeinen Vorschriften im Sinne von § 818 Abs. 4 BGB gehört.98 Hat also der Anfechtungsgegner infolge eines Umstandes, aufgrund dessen er das Erlangte nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB (Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit) nicht herauszugeben braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch erlangt, so kann der Insolvenzverwalter von ihm die Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder die Abtretung des Ersatzanspruchs verlangen. Dazu gehört auch eine rechtsgeschäftlich erworbene Gegenleistung.99

P 91 Diese Regelung verdrängt § 818 Abs. 1 BGB, wonach der Schuldner dasjenige herauszugeben hat, was er aufgrund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erworben hat. Hierzu würde eine rechtsgeschäftlich erworbene Gegenleistung nicht gehören.100 BGH-Urteil vom 11.10.1979 – BGHZ 75, 203

P 92 Ist der nach den §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB verschärft haftende Bereicherungsschuldner außerstande, den von ihm geschuldeten Gegenstand heraus-

96 97 98 99

Staudinger/Lorenz, Bearb. 2007, § 818 BGB Rz. 50. PWW/Schmidt-Kessel/Telkamp, 6. Aufl., § 292 BGB Rz. 2. Staudinger/Lorenz, Bearb. 2007, § 818 BGB Rz. 50. BGH v. 11.10.1979 – VII ZR 285/78, BGHZ 75, 203; PWW/Schmidt-Kessel/ Telkamp, 6. Aufl., § 285 BGB Rz. 5. 100 Staudinger/Lorenz, Bearb. 2007, § 818 BGB Rz. 17 aufgrund der Rechtsprechung des Reichsgerichts.

716

Kummer

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO)

Rz. 97 P

zugeben, weil er ihn veräußert hat, so kann der Gläubiger gemäß § 281 BGB den erzielten Erlös herausverlangen.

Zur Begründung wird ausgeführt, nach § 281 BGB könne der Gläubiger nach bei nachträglicher Unmöglichkeit der Leistung die Herausgabe dessen verlangen, was der Schuldner infolge des Umstandes, welcher die Leistung unmöglich gemacht hat, als Ersatz für den geschuldeten Gegenstand erlangt hat. Die Vorschrift umfasse auch das rechtsgeschäftliche Surrogat.101 Sie sei auf alle Schuldverhältnisse anwendbar, soweit nicht Sonderregelungen bestehen, die dann vorgehen.

P 93

Eine solche sei zwar für die ungerechtfertigte Bereicherung in § 818 Abs. 1 BGB getroffen worden. Danach erstrecke sich die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger aufgrund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirkt. Dazu gehöre jedoch gerade nicht, was der Bereicherungsschuldner durch besonderen Vertrag anstelle des ursprünglich Erlangten einhandelt.102

P 94

§ 818 Abs. 1 BGB sei indessen wie § 818 Abs. 3 BGB nur auf den gutgläubigen Bereicherungsschuldner zugeschnitten. Mit Eintritt der verschärften Haftung aus §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB erweitere sich durch die Verweisung auf die „Allgemeinen Vorschriften“ der Haftungsumfang gegenüber § 818 Abs. 1 BGB wesentlich. So habe beispielsweise der Empfänger dann gemäß §§ 292, 987 Abs. 2 BGB nicht nur tatsächlich gezogene Nutzungen herauszugeben, sondern auch Nutzungen zu ersetzen, die er schuldhaft nicht gezogen hat. Gemäß §§ 292, 989 BGB sei er nun auch für den Schaden verantwortlich, der dadurch entsteht, dass infolge seines Verschuldens der Gegenstand der Bereicherung verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann.

P 95

Es sei nur folgerichtig, unter den verschärften Voraussetzungen der §§ 818 Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB den Bereicherungsschuldner auch nach § 281 BGB über § 818 Abs. 1 BGB hinaus haften zu lassen und die rechtsgeschäftlichen Surrogate in die Herausgabepflicht einzubeziehen. § 281 BGB sei einer der „Allgemeinen Vorschriften“, auf die in § 818 Abs. 4 BGB verwiesen wird, um dem Schuldner die ihm nach Bereicherungsrecht zugute kommenden Vergünstigungen zu nehmen und ihn wieder den Schuldnern aus anderen Rechtsgründen gleichzustellen.

P 96

Die Anwendung des § 281 BGB sei insbesondere nicht deswegen ausgeschlossen, weil § 292 BGB auf die §§ 987 ff. BGB verweist. § 292 BGB betreffe nur Ansprüche des Gläubigers auf Schadensersatz und auf He-

P 97

101 BGH v. 23.12.1966 – V ZR 26/64, BGHZ 46, 260 (264). 102 BGH v. 11.4.1957 – II ZR 182/55, BGHZ 24, 106 (110/111). Kummer

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P Rz. 97

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

rausgabe und Vergütung von Nutzungen sowie Ansprüche des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen. Es spreche nichts dafür, dass mit der genannten Verweisung auch der auf Herausgabe der Surrogate gerichtete Anspruch aus § 281 BGB ausgeschlossen werden sollte, der gar kein Schadensersatzanspruch ist und dem Umfang nach über Schadensersatz hinausgehen kann.

P 98 Diese Entscheidung stammt vom VII. Zivilsenat des BGH, dem damals das Bereicherungsrecht als eigenständige Rechtsmaterie zugewiesen war. Sie greift vielfach auf reichsgerichtliche Rechtsprechung zurück. b) Nutzungen

P 99 Der Anfechtungsgegner hat die tatsächlich gezogenen Nutzungen herauszugeben, ferner diejenigen, die er nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätte ziehen können, aber schuldhaft nicht gezogen hat. Dies ergibt sich aus § 987 Abs. 1 und 2 BGB am Ende der bei § 819 Abs. 1 BGB beginnenden Verweisungskette. Darin liegt eine verschärfte Haftung im Vergleich zu § 818 Abs. 1 BGB, der den gutgläubigen Bereicherungsschuldner nur zur Herausgabe der tatsächlich gezogenen Nutzungen verpflichtet.

P 100 Herauszugeben sind die Nutzungen vom Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlungen an. Dies beruht darauf, dass das Anfechtungsrecht an die Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der jeweiligen Anfechtungsnorm anknüpft.103

P 101 Es wird vertreten,104 dass es mit dem Anfechtungszweck nicht vereinbar sei, vom Anfechtungsgegner auch die Herausgabe derjenigen Nutzungen zu verlangen, die der Insolvenzschuldner selbst hätte nicht ziehen können,105 oder die der Anfechtungsgegner nur aufgrund eigener Verwendungen auf den herauszugebenden Gegenstand hat ziehen können.106

P 102 Wurde Geld anfechtbar weggegeben, so erfasst schon der Rückgewähranspruch als solcher die marktüblichen Darlehenszinsen als Nutzung von der Weggabe an. Dies ergibt sich wiederum aus § 987 Abs. 1 BGB am Ende der bei § 819 Abs. 1 BGB beginnenden Verweisungskette und hat mit dem durch § 291 BGB begründeten Anspruch auf Prozesszinsen als Nebenforderung ab Verfahrenseröffnung nichts zu tun.107 103 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rz. 22. 104 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 136; siehe auch Breutigam/Tanz, ZIP 1998, 717 (723/724). 105 So aber BGH v. 25.3.1963 – VII ZR 270/61, BGHZ 39, 186 (187) in einem Eigentümer-Besitzer-Fall. 106 BGH v. 22.11.1991 – V ZR 160/90, NJW 1992, 892; v. 14.7.1995 – V ZR 45/94, JZ 1996, 151 mit Anm. Medicus. 107 BGH v. 1.2.2007 – IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 (mit zust. Anm. Gundlach/ Frenzel, EWiR 2007, 313).

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Kummer

V. Inhalt der Sekundäransprüche (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO)

Rz. 106 P

BGH-Urteil vom 1.2.2007 – BGHZ 171, 38 Die beklagte Bank führte für die Insolvenzschuldnerin ein Girokonto, wofür ein Kreditrahmen von 10 Mio. DM bestand. Am 28.1.2000 wies das Konto einen Sollsaldo von 9 928 350,02 DM auf. Bis zum Kontoschluss am 16.2.2000 wurden Gutschriften in Höhe von insgesamt 9 936 510,48 DM vorgenommen. Am 28.2.2000 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Am 1.6.2000 wurde das Verfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 8.8.2001 forderte er die Beklagte auf, den Kontokorrentbetrag von 9 936 510,48 DM als inkongruente Deckung abzuführen. Die Beklagte zahlte den Betrag am 3.4.2002 an den Kläger. Dieser beansprucht Zinsen für die Zeit ab 17.2.2000.

P 103

Der BGH stellt zunächst fest, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Rückgewähranspruch hinsichtlich der Gutschriften zustand. In kritischer Zeit vorgenommene Verrechnungen eines Kreditinstituts von Ansprüchen seines Kunden aus Gutschriften aufgrund von Überweisungen mit Forderungen, die dem Institut gegen den Kunden aus der in Anspruch genommenen Kreditlinie eines Kontokorrentkredits zustehen, seien grundsätzlich nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar und deshalb nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig. Alsdann führe die Anknüpfung des Anfechtungsrechts an die Erfüllung der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen der jeweiligen Anfechtungsnorm dazu, dass vom Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlungen an Nutzungen gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 987 BGB zurück zu gewähren sind. Es lasse sich mit dem verfahrenseigenen Hauptzweck einer optimalen gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung nicht vereinbaren, dass dem Anfechtungsgegner die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus dem Rückgewährbetrag gezogenen Zinsen verbleiben sollen.

P 104

Von der Eröffnung des Verfahrens an schulde die Beklagte Prozesszinsen. Die entsprechende Zinspflicht beginne gemäß § 291 Satz 1 Hs. 2 BGB mit Fälligkeit der in Rede stehenden Geldschuld. Der Rückgewähranspruch werde mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig. Das Anfechtungsrecht setze tatbestandsmäßig die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus. Es entstehe deshalb erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zugleich werde damit der Rückgewähranspruch fällig, weil nach neuerem Verständnis die Insolvenzanfechtung keiner gesonderten Erklärung bedarf.108

P 105

Die Frage, in welcher Höhe Prozesszinsen entstehen, beantworte sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zu dieser Vorschrift führe die bei § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO beginnende Verweisungskette, der zu folgen sei, weil diese Vorschrift eine Rechtsfolgenverweisung auf § 819 Abs. 1 BGB enthalte. Die Verweisungskette führe zu § 291 Satz 1 BGB, der wiederum auf § 288

P 106

108 BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140, 151; v. 11.12.2003 – IX ZR 336/01, ZIP 2004, 671 (672). Kummer

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P Rz. 106

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

Abs. 1 Satz 2 BGB verweist. Geschuldet werden also 5 % über dem Basiszinssatz, nicht die gesetzlichen Zinsen von 4 % gemäß § 246 BGB.

P 107 Diese Entscheidung hält zunächst fest, dass Prozesszinsen nicht etwa erst ab Zustellung einer Rückgewährklage, sondern bereits ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens gefordert werden können. Im übrigen differenziert sie klar zwischen Prozesszinsen gemäß § 291 Satz 1 BGB und Zinsen als Nutzungen gemäß § 987 BGB. Der BGH deutet nur an, was das Berufungsgericht109 zutreffender Weise ausgesprochen hatte, nämlich dass der Verwalter letztere ab Vornahme der anfechtbaren Rechtshandlung nicht nur bis zum Eröffnungsbeschluss, sondern bis zur Rückgewähr fordern könne, natürlich für den Zeitraum ab Verfahrenseröffnung nicht neben, sondern anstelle der Prozesszinsen. Soweit indessen der Verwalter für die Zeit zwischen Eröffnungsbeschluss und Rückgewähr nicht Nutzungszinsen, sondern Prozesszinsen verlangt, erspart er sich den Nachweis dazu, in welcher Höhe der Anfechtungsgegner (im entschiedenen Fall eine Bank) konkret Zinsen erzielt hat oder hätte erwirtschaften können. c) Wertersatz

P 108 Der Anfechtungsgegner muss den Schaden ersetzen, der dadurch entsteht, dass infolge seines Verschuldens die erlangte Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm nicht herausgegeben werden kann. Das ergibt sich aus § 989 BGB am Ende der bei § 819 Abs. 1 BGB beginnenden Verweisungskette.

P 109 Es handelt sich danach eindeutig – abweichend von § 818 Abs. 2 BGB – um einen Schadensersatzanspruch. Gleichwohl kann er als Wertersatzanspruch durchgehen. Zu ersetzen ist nämlich der Wert, der sich in der Masse befände, wenn der Gegenstand nicht anfechtbar weggegeben, sondern darin noch vorhanden wäre.110 Wertsteigerungen und -minderungen, die auch eingetreten wären, wenn der Gegenstand im Vermögen des Schuldners verblieben wäre, sind zu berücksichtigen.111

P 110 Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts112 und zunächst auch des BGH erstreckte sich der Wertersatzanspruch auf den Wert des Gegenstandes zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz; der Verwalter brauchte sich nicht mit einem geringeren Erlös zu begnügen, den der Anfechtungsgegner bei Weiterveräußerung des Gegenstandes erzielt hatte.113 Dies hat der BGH später korrigiert: Jedenfalls wenn schon bei Eröffnung des Verfahrens der Anfechtungsgegner nur 109 OLG Karlsruhe, ZIP 2004, 2064 (mit Anm. Müller-Feyen, EWiR 2005, 33). 110 BGH v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, ZIP 1980, 250; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 123. 111 RGZ 106, 163, 167; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 123. 112 RGZ 106, 163, 167. 113 BGH v. 20.2.1980 – VIII ZR 48/79, ZIP 1980, 250.

720

Kummer

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 114 P

noch Wertersatz schuldete, entscheidet dieser Gesichtspunkt auch für die Bewertung.114 Im Übrigen liegt in § 989 BGB eine Besserstellung des Anfechtungsgegners im Vergleich zu § 818 Abs. 2 BGB. Nach letzterer Vorschrift ist der Wertersatzanspruch schon dann begründet, wenn die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande ist. Dies ist bei § 818 Abs. 2 BGB verschuldensunabhängig zu prüfen und begründet somit eine Zufallshaftung des Bereicherten.115 Es war ein wesentliches Anliegen der Insolvenzrechtsreform, die Rechtsstellung des Anfechtungsgegners insoweit zu verbessern.116

P 111

Der Unmöglichkeit der Rückgewähr des Erlangten steht deren Unverhältnismäßigkeit gleich, die durch besondere Schwierigkeiten oder besondere Kosten begründet sein kann.117 Auch in diesen Fällen besteht also (nur) ein sekundärer Ersatzanspruch.

P 112

d) Verwendungen Hier gelten die am Ende der Verweisungskette stehenden §§ 994 bis 996 BGB.118 Da aber der Anfechtungsgegner wie ein Besitzer nach Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs zu behandeln ist, beschränken sich seine Ansprüche auf den Ersatz notwendiger Verwendungen, und auch dies nur nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 994 Abs. 2 BGB).

P 113

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO) 1. Unentgeltlichkeit der Leistungen Die Norm knüpft an § 134 InsO an, wonach unentgeltliche Leistungen des Schuldners anfechtbar sind, wenn sie nicht früher als vier Jahre vor Insolvenzantrag erbracht worden sind. Die Haftung des Anfechtungsgegners wird nur gemindert, wenn die Anfechtung ausschließlich auf § 134 InsO gestützt worden ist.119

114 115 116 117

BGH v. 9.7.1987 – IX ZR 167/86, ZIP 1987, 1132 (1134). Staudinger/Lorenz, Bearb. 2007, § 818 BGB Rz. 24. HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 2. BGH v. 19.3.1992 – IX ZR 14/91, NJW-RR 1992, 733 (734); MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 77; Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 119; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 20. 118 Einzelheiten bei MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 64 ff. und Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 144 f. 119 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 101. Kummer

721

P 114

P Rz. 115

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

P 115 Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn der Empfänger (Anfechtungsgegner) für sie vereinbarungsgemäß keine ausgleichende Gegenleistung (an den Insolvenzschuldner oder einen Dritten) zu erbringen hat.120 Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder dies jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte,121 freilich nicht nur nach den einseitigen Vorstellungen des Leistungsempfängers (siehe sogleich bei Rz. P119). Ist eine Gegenleistung zwar vereinbart, aber ausgeblieben, so kann die Leistung des Insolvenzschuldners nicht schon deshalb als unentgeltlich angefochten werden.122 In zeitlicher Hinsicht entscheidet für die Frage, ob der Leistungsempfänger eine werthaltige Gegenleistung erbringt, der Zeitpunkt der Vollendung seines Rechtserwerbs (§ 140 InsO).123

P 116 Hat der Anfechtungsgegner vom späteren Insolvenzschuldner Zahlungen auf eine Forderung gegen einen Dritten erhalten, so liegt eine ausgleichende Gegenleistung auch darin, dass er durch die Leistung des Insolvenzschuldners einen eigenen werthaltigen Anspruch gegen den Dritten verliert.124 Unentgeltlich ist eine solche Zahlung demgemäß, wenn die Forderung des Empfängers gegen seinen Schuldner wertlos war, unabhängig davon, ob der Empfänger diese Wertlosigkeit gekannt hat.125 Eine solche Leistung wird auch nicht dadurch entgeltlich, dass sich der Insolvenzschuldner gegenüber dem Schuldner der Forderung zu deren Tilgung verpflichtet hat. Maßgeblich ist allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Insolvenzschuldner und dem Empfänger der Zuwendung. Nur wenn dieser gegenüber dem Insolvenzschuldner einen Anspruch auf die Leistung gehabt hat, etwa aus Schuldbeitritt, ist sie auch dann entgeltlich, wenn die Forderung des Empfängers gegen den Dritten wertlos war.126

P 117 Hat der spätere Insolvenzschuldner dem Anfechtungsgegner etwas im Wege der Leistung an einen Dritten zugewendet, so hängt die Unentgeltlichkeit allein davon ab, ob ersterer eine Leistung schuldet, die den Erwerb des Letzteren ausgleicht.127 Anwendungsfall ist ein Befreiungsanspruch des Anfechtungsgegners gegen den späteren Insolvenzschuldner, den dieser durch Leistung von dem Dritten erfüllt hat.

120 121 122 123 124

BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (279). BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 225/09, ZIP 2010, 1455 Rz. 10. BGH v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316 (317). BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (281). BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (280); v. 16.11.2007 – IX ZR 194/04, BGHZ 174, 228. 125 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276. 126 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (282). 127 BGH v. 4.3.1999 – IX ZR 63/98, BGHZ 141, 96.

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Kummer

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 121 P

Ausgleichend in diesem Sinne sind Gegenleistungen, die dem aufgegebenen Vermögenswert entsprechen.128 Hierüber entscheidet grundsätzlich das Verhältnis der ausgetauschten Werte.129 Ein Vergleich, der die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen soll, enthält im Regelfall keine unentgeltlichen Leistungen.130

P 118

Eine Einigung über die Unentgeltlichkeit ist nicht erforderlich;131 es genügt eine objektive Wertdifferenz. Der Schenkungsbegriff des § 516 BGB ist zur Abgrenzung untauglich.132 Einseitige Vorstellungen des Leistungsempfängers über die Entgeltlichkeit sind unerheblich, selbst wenn sie vom Schuldner hervorgerufen worden sind.133

P 119

Ausgenommen von allem sind gewöhnliche Gelegenheitsgeschenke (§ 134 Abs. 2 InsO).

P 120

2. Besserstellung Der gutgläubige Empfänger der unentgeltlichen Leistung wird im Vergleich zu anderen Anfechtungsgegnern besser gestellt. Die Besserstellung besteht darin, dass dieser Anfechtungsgegner nur herausgeben muss, was er noch hat. Er haftet generell nur nach § 818 Abs. 1 bis 3 BGB,134 also begrenzt auf seine Bereicherung. Ausgeschlossen ist jegliche Haftung, die an ein Verschulden anknüpft. Dies gilt für alle Verästelungen des Herausgabeanspruchs, die oben bei Rz. P47 ff. dargestellt sind, und wird sogleich unten bei Rz. P125 ff. näher ausgeführt. Die Beweislast für den Wegfall der Bereicherung liegt beim Anfechtungsgegner.135

P 120a

Die Gründe für diese Besserstellung sind darin zu suchen, dass beim Empfänger einer unentgeltlichen Leistung im Gegensatz zu den Erwerbern, deren Erwerb nach den anderen Vorschriften in §§ 130 ff. InsO anfechtbar ist, nicht von vornherein der böse Glaube vermutet werden kann.136 Deshalb entfällt auch gemäß § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO seine Besserstellung, sobald er seinen guten Glauben verliert.

P 121

128 BGH v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, ZIP 2008, 1291 Rz. 11; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 8. 129 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, ZIP 2006, 2391 Rz. 15; v. 5.6.2008 – IX ZR 17/07, ZIP 2008, 1291 Rz. 11. 130 BGH v. 9.11.2006 – IX ZR 285/03, ZIP 2006, 2391 Rz. 15. 131 BGH v. 3.3.2005 – IX ZR 441/00, BGHZ 162, 276 (280). 132 BGH v. 13.3.1978 – VIII ZR 241/76, BGHZ 76, 61 (68). 133 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rz. 6. 134 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 27. 135 BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 16/09, ZIP 2010, 531. 136 HK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 100. Kummer

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P Rz. 122

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

3. Guter Glaube

P 122 Der gute Glaube des Empfängers muss sich darauf beziehen, dass die unentgeltliche Leistung die Insolvenzgläubiger nicht benachteiligt, der böse Glaube mithin darauf, dass eine solche Benachteiligung eintritt.

P 123 Heftig umstritten ist, ob dem Empfänger außer dem Vorsatz (positive

Kenntnis) nur grobe137 oder auch einfache138 Fahrlässigkeit schadet. Der BGH hat diese Frage noch nicht entschieden. Wortlaut und Amtliche Begründung139 scheinen für Letzteres zu sprechen, die besseren Argumente jedoch erst für Ersteres. Dies war insbesondere die zu § 37 Abs. 2 KO einhellig vertretene,140 mit der Definition in § 932 Abs. 2 BGB übereinstimmende Auffassung. Es ist nicht ersichtlich und auch vom Gesetzgeber nicht näher begründet, dass er hier eine Verschärfung zu Lasten des Empfängers hätte eintreten lassen wollen; für eine solche gibt es auch keine Sachgründe.

P 124 Für die Bedürfnisse der Praxis ist die grobe Fahrlässigkeit dahin zu definieren, dass der Anfechtungsgegner Umstände kennen muss, die mit auffallender Deutlichkeit dafür sprechen, und deren Kenntnis auch einem Empfänger mit durchschnittlichem Erkenntnisvermögen ohne gründliche Überlegung die Annahme nahelegt, dass die Befriedigung der Gläubiger infolge der Freigebigkeit verkürzt wird.141

4. Haftungssystem für den gutgläubigen Empfänger

P 125 Der gutgläubige Empfänger einer unentgeltlichen Leistung haftet wie folgt: Ist das Empfangene noch in natura vorhanden, so hat er es zurück zu geben. Davon ist auch ein solcher Anfechtungsgegner nicht befreit.142 Die Beweislast dafür, dass die Rückgewähr in natura unmöglich ist, liegt bei ihm.143

P 126 Surrogate hat er ebenfalls zurück zu gewähren. Der für den gutgläubigen Empfänger geltende § 818 Abs. 3 BGB bewirkt, dass er noch als bereichert anzusehen ist, soweit er etwa durch die Weggabe des Erlangten eigene 137 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 28 bis 30; Gerhardt in FS Brandner (1995) S. 605, 608. 138 HK-InsO/Kirchhof, § 143 Rz. 107; Jaeger/Henckel, 9. Aufl., § 143 Rz. 155. 139 BT-Drucks. 12/2443 S. 167 zu § 162 EInsO. 140 Jaeger/Henckel, 9. Aufl., § 37 KO Rz. 129; unergiebig hierzu RGZ 92, 227, 229 und BGH v. 15.2.1956 – IV ZR 266/55, WM 1956, 703 (706); nach BGH v. 22.3.2001 – IX ZR 373/98, ZIP 2001, 889 (892) schließt „mindestens“ die grobfahrlässige Unkenntnis den guten Glauben aus. 141 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 31. 142 BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 16/09, ZIP 2010, 531 Rz. 15. 143 BGH v. 17.12.2009 – IX ZR 16/09, ZIP 2010, 531 Rz. 17.

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Kummer

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 130 P

Ausgaben erspart oder eigene Schulden getilgt hat;144 dies kann man zumindest wirtschaftlich als eine Erweiterung der Surrogation ansehen. Rechtsgeschäftlich erworbene Surrogate sind allerdings hier nicht herauszugeben.145 Nutzungen hat ein solcher Anfechtungsgegner herauszugeben, soweit er sie selbst tatsächlich gezogen hat und sie sich noch in seinem Vermögen befinden146 oder er sonst noch dadurch bereichert ist.147 In der Literatur wird auch hierzu die Einschränkung vertreten, dass er auch solche Nutzungen nicht herauszugeben hat, wenn der Schuldner selbst sie nicht gezogen hätte.148 Keinesfalls hat er Ersatz für Nutzungen zu leisten, die er – aus welchen Gründen auch immer – nicht gezogen hat.

P 127

Wertersatz schuldet ein solcher Anfechtungsgegner ebenfalls,149 aber auch nur, soweit er noch bereichert ist. Allerdings spielen Gesichtspunkte des Verschuldens hier anders als § 989 BGB (entgeltlicher Erwerb, oben Rz. P108) keine Rolle. Er wird also von der Wertersatzpflicht frei, soweit der erlangte Gegenstand – aus welchen Gründen auch immer – untergegangen oder in seinem Zustand verschlechtert ist; dies schließt sogar seine unentgeltliche Veräußerung ein.150

P 128

Verwendungen jeder Art mindern die Bereicherung des Empfängers.151

P 129

5. Scheingewinne aus Kapitalanlagen Eine besondere Rolle haben im Rahmen der Rechtsprechung zu § 143 Abs. 2 InsO die Fälle gespielt, in denen gutgläubige Kapitalanleger von einem späteren Insolvenzschuldner betrogen worden waren, der ein Anlagemodell nach dem Schneeballprinzip betrieb (Stichwort: Phoenix).152

P 129a

Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist die Überlegung, dass Anlagegewinne, welche der spätere Insolvenzschuldner tatsächlich nicht erzielt hat, aber als erzielt behauptet und aufgrund des von ihm betriebenen Schneeballsystems auch auszahlen kann und auszahlt (sogenannte Scheingewinne), eine unentgeltliche Leistung an die gutgläubigen Anleger im Sinne von § 134 Abs. 2 InsO darstellen. Da der spätere Insolvenzschuld-

P 130

144 BGH v. 17.6.1992 – XII ZR 119/91, BGHZ 118, 383 (386); MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 104. 145 Dies wäre durch § 818 Abs. 1 BGB nicht gedeckt, siehe oben Rz. P91 und Jaeger/Henckel, § 143 InsO Rz. 158. 146 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 102. 147 Surrogationsgedanke, Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 158. 148 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 158. 149 Aus § 818 Abs. 2 BGB: Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 159 und HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 27. 150 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 159. 151 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 161. 152 Zur Gesamtproblematik Bitter/Heim, ZIP 2010, 1568. Kummer

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P Rz. 130

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

ner nur vorgespiegelt hat, diese Gewinne erzielt zu haben, sind sie ohne objektive Gegenleistung der Anleger ausgezahlt worden.

P 131 Der BGH hatte zunächst entschieden, in einem solchen Fall sei der Anleger (Empfänger) nicht zur Rückgewähr der Scheingewinne verpflichtet, da er mit einem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB aufrechnen könne; diese Aufrechnung sei konkursrechtlich nicht ausgeschlossen, was der BGH wenig überzeugend mit einem Wertungswiderspruch zwischen § 55 KO und § 814 BGB begründet hat.153

P 131a Diese Entscheidung ist alsbald auf Kritik gestoßen.154 Der BGH hat denn auch gegenteilig entschieden, sobald er mit der Rechtsfrage wiederum konfrontiert war.155 Danach hat der Insolvenzverwalter den auf eine Anfechtung unentgeltlicher Leistungen gestützten Rückgewähranspruch auch dann, wenn der daneben bestehende Bereicherungsanspruch der Masse nur an der Kenntnis des Schuldners von der Nichtschuld der Leistung scheitert und dem Anfechtungsgegner „vorkonkursliche“ Schadensersatzansprüche gegen den Schuldner zustehen. Dies hat der BGH damit begründet, dass nunmehr auch § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO eine solche Aufrechnung hindere und diese Bestimmung nicht in einem Wertungswiderspruch zu § 814 BGB stehe. Konsequenterweise wird der Rückgewähranspruch aus Insolvenzanfechtung auch nicht durch den Einwand aus § 817 Satz 2 BGB (beiderseitiger Gesetz- oder Sittenverstoß) beschränkt.156

P 132 Hinsichtlich der Einzelheiten hat der BGH seine Rechtsprechung in der Folge weiterentwickelt. Danach sind nur die Auszahlungen, die auf die Scheingewinne geleistet worden sind, nach §§ 134, 143 InsO als unentgeltliche Leistungen anfechtbar, nicht aber die Rückzahlung von Einlagen. Hierbei handelt es sich nicht um unentgeltliche Leistungen; vielmehr stellt die Rückzahlung der Einlage den Gegenwert für die Einlage dar.157 Dabei werden Ausschüttungen in der Regel zunächst auf die angewiesenen Scheingewinne und dann erst auf die geleisteten Einlagen erbracht.158 Hinsichtlich der Einlagen kann sich der Insolvenzverwalter nicht darauf berufen, sie seien durch Verluste und Verwaltungsgebühren aufgebraucht; angesichts des vom Schuldner betriebenen Schneeballsystems verstieße gegen dies gegen Treu und Glauben.159 Andererseits kann 153 BGH v. 29.11.1990 – IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98 (105). 154 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rz. 45; FK/Dauernheim, § 143 Rz. 44; Gerhardt EWiR 2002, 1055, 1056 zu einem Urteil des LG Wuppertal gleichen Inhalts. 155 BGH v. 11.12.2008 – IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137. 156 BGH v. 16.7.2009 – IX ZR 53/08, ZIP 2009, 2073 LS. 157 BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 225/09, ZIP 2010, 1455. 158 BGH v. 10.2.2011 – IX ZR 18/10, ZIP 2011, 674. 159 BGH v. 9.12.2010 – IX ZR 60/10, ZIP 2011, 390 (mit zust. Anm. Kirstein EWiR 2011, 291).

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VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 135 P

der Anleger den auf die Scheingewinne bezogenen Herausgabeanspruch des Insolvenzverwalters nicht mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der Einlage saldieren; im Insolvenzrecht ist die Saldotheorie nur eingeschränkt anwendbar und kann nicht Masseforderungen aus Forderungen machen, die ohne die Saldierungsmöglichkeit Insolvenzforderungen sind.160 BGH-Urteil vom 29.11.1990 – BGHZ 113, 98 Der Kläger war Verwalter in Konkurs über das Vermögen einer Gesellschaft für Anlagenbetreuung mbH. Diese hatte damit geworben, Termingeschäfte zu besorgen, deren Gegenstand an den Börsen in Chicago, New York und London gehandelte Terminkontrakte sein sollten. Die Kunden (Beklagten) hatten einen sogenannten Einschuss zu leisten, der zur Begleichung von Trade- und Brokerkosten sowie als Sicherheit für Verluste dienen und auf einem bei dem Broker unterhaltenen Namenskonto geführt werden sollte. Die Gesellschaft verwendete die Einschüsse der Beklagten ebenso wie diejenigen einer Vielzahl anderer Kunden nicht für Termingeschäfte, sondern für vertragsfremde Zwecke. Um dies zu verschleiern, leitete sie ihren Kunden Kontoauszüge zu, auf denen Geschäftsvorfälle fingiert und frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Beklagten ließen sich auf die ihnen gutgeschriebenen Gewinne insgesamt 7000 DM auszahlen. Der Konkursverwalter verlangte diese aus dem Gesichtspunkt der Schenkungsanfechtung zurück.

P 133

Der BGH begründet zunächst, dass diese Auszahlungen unentgeltliche Verfügungen im Sinne von § 32 Nr. 1 KO darstellten. Dies deshalb, weil es objektiv an einer Gegenleistung der Beklagten gefehlt habe. Deren Einschuss habe nach dem Vertrag allein der Abgeltung von Trade- und Brokerkosten und der Abdeckung von Verlusten aus Börsengeschäften gedient. Derartige Kosten und Verluste seien hier nicht angefallen. Die Gemeinschuldnerin sei für die Beklagten überhaupt nicht tätig geworden. Insbesondere habe sie Gewinne aus für sie besorgten Börsengeschäften nicht erzielt, sondern ihnen nur vorgespiegelt. Indessen sei für die Frage, ob ein Gegenwert in das Vermögen des Gemeinschuldners geflossen sei, in erster Linie der objektive Sachverhalt maßgebend. Ferner sei anerkannt, dass der Begriff der unentgeltlichen Verfügung zum Schutz der Gläubiger „eine weitgehende Ausdeutung“ erfordere161 und insbesondere eine Einigung über die Unentgeltlichkeit nicht verlange. Dann könne auch der von den tatsächlichen Gegebenheiten und dem wirklichen Willen des Gemeinschuldners abweichende objektive Erklärungswert seines Handelns für die Frage der Entgeltlichkeit einer von ihm erbrachten Leistung im Anfechtungsrecht allein nicht ausschlaggebend sein.

P 134

Im Ergebnis bestehe gleichwohl kein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch. Die Gemeinschuldnerin hätte, wenn sie nicht in Konkurs gefallen wäre, die Zahlung nicht zurückfordern können, weil sie wusste,

P 135

160 BGH v. 22.4.2010 – IX ZR 163/09, ZIP 2010, 1253 (mit zust. Anm. Hofmann EWiR 2010, 619); v. 22.4.2010 – IX ZR 160/09, ZIP 2010, 1457. 161 BGH v. 15.10.1975 – VIII ZR 62/74, WM 1975, 1182 (1184). Kummer

727

P Rz. 135

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

dass sie nicht verpflichtet war, Gewinne an die Beklagten auszuschütten, die sie gar nicht erzielt hatte (§ 814 BGB). Gäbe es diese Norm aber nicht und hätte der Gemeinschuldnerin ein Bereicherungsanspruch zugestanden, so hätten die Beklagten, wenn der Konkursverwalter ihn geltend gemacht hätte, hiergegen mit ihrem vor Konkurseröffnung entstandenen Anspruch (aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, aus Verschulden bei Vertragsschluss oder nach Anfechtung wegen arglistiger Täuschung aus § 812 BGB) auf Rückzahlung des Einschusses aufrechnen können. Dann wäre ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch des Klägers ausgeschlossen, da Anhaltspunkte für eine Anfechtungsmöglichkeit nach §§ 30 und 31 KO fehlen.

P 136 Dieses Ergebnis könne sich allein wegen § 814 BGB nicht zu Lasten des Beklagten ändern. Diese Norm beruhe auf dem Gedanken der Unzulässigkeit widersprüchlichen Verhaltens. Sie wolle den Leistenden benachteiligen, während der Empfänger darauf vertrauen dürfe, dass er eine Leistung, die bewusst zur Eröffnung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit erbracht worden ist, behalten darf.162 Im Streitfall wirke sich § 814 BGB aber entgegen seinem Normzweck zum Nachteil des Empfängers aus. Dies sei auch durch den Gedanken des Gläubigerschutzes im Anfechtungsrecht nicht zu rechtfertigen. Vielmehr erscheine es zur Vermeidung eines Normwiderspruchs im Interesse der Einheit der Rechtsnorm geboten, den Anfechtungsgegner so zu stellen, als hätte er nach § 55 KO aufrechnen können. Dann stünde dem Kläger ein Rückgewähranspruch nach § 37 Abs. 1 KO nicht zu. BGH-Urteil vom 11.12.2008 – BGHZ 179, 137

P 137 Dort hatte die Schuldnerin ihren Kunden die Möglichkeit angeboten, am Erfolg oder Misserfolg von Optionsgeschäften teilzunehmen. Der Beklagte erklärte seinen Beitritt. Tatsächlich erlitt die Schuldnerin im Zeitraum seiner Beteiligung Verluste. Um diese zu verschleiern, leitete sie den Anlegern Kontoauszüge zu, in denen frei erfundene Gewinne ausgewiesen waren. Die Gelder der Anleger wurden nur zu einem geringen Teil und später überhaupt nicht mehr in Termingeschäften angelegt. Die Einlagen von Neukunden verwendete die Schuldnerin in der Art eines Schneeballsystems für Aus- und Rückzahlungen an Altkunden. Nach der Insolvenz der Schuldnerin forderte der Insolvenzverwalter die Auszahlungen zurück, die der Beklagte erhalten hatte.

P 138 Der BGH bestätigt zunächst, dass der Insolvenzverwalter die Auszahlung von Scheingewinnen, die der spätere Insolvenzschuldner im Schneeballsystem „erzielt“ hat, als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten könne. Die einschlägige Rechtsprechung insbesondere in BGHZ 113, 98 sei jedenfalls insoweit überwiegend auf Zustimmung gestoßen, als hiernach einseitigen Vorstellungen des Leis-

162 BGH v. 18.1.1979 – VII ZR 165/78, BGHZ 73, 202 (205).

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Kummer

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 142 P

tungsempfängers über eine Entgeltlichkeit der Leistung selbst dann keine Bedeutung zukommt, wenn es der Schuldner war, der den Irrtum hervorgerufen hat. Nach der InsO könne der Beklagte indessen nicht mehr so gestellt werden, als könne er mit seinen Schadensersatzansprüchen gegen den Rückgewähranspruch aufrechnen. Vielmehr habe sich die Rechtslage in dem hier maßgeblichen Punkt geändert. Nunmehr werde durch § 814 BGB kein Normwiderspruch mehr hervorgerufen. Auch wenn es diese Vorschrift nicht gäbe und sich bereits vor Insolvenzeröffnung ein Bereicherungsanspruch der Schuldnerin und der Schadensersatzanspruch des Beklagten gegenübergestanden hätten, wäre eine wirksame Aufrechnung nicht in Betracht gekommen. Dies beruhe auf § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO.

P 139

Nach der Rechtsprechung zur KO sei nur der Gesamtvorgang aus Herstellung der Aufrechnungslage und Aufrechnung anfechtbar gewesen.163 Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO könne aber die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, selbständig angefochten werden. Anders als nach § 55 Satz 1 Nr. 3 KO komme es für die Anwendung des § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO auch nicht mehr darauf an, in welcher zeitlichen Reihenfolge die gegenseitigen Forderungen entstanden sind. Nach der Rechtsprechung zur KO sei die Anfechtung nur unter den Voraussetzungen des § 30 oder des § 31 KO möglich gewesen.164 Nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO kämen indessen alle Anfechtungstatbestände in Betracht, auch die Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach § 134 InsO. Danach wäre eine Aufrechnung durch den Beklagten auch dann insolvenzrechtlich unwirksam, wenn der Schuldnerin ein nicht an § 814 BGB scheiternder Bereicherungsanspruch zugestanden hätte. Der in BGHZ 113, 98 angenommene Wertungswiderspruch sei durch die InsO beseitigt worden.

P 140

Auch aus anderen Gründen sei die Einschränkung des Rückgewähranspruchs nicht zu rechtfertigen. Der Normzweck des § 814 BGB als solcher fordere keine Einschränkung. Die Insolvenzanfechtung eröffne dem Insolvenzverwalter eine Rückforderungsmöglichkeit, die nach dem materiellen Recht dem Verfügenden selbst verwehrt ist. Eine Einschränkung dieses originären gesetzlichen Anspruchs allein durch Normzweck des § 814 BGB sei abzulehnen.

P 141

Gegen die Einbeziehung der Wertungen des § 814 BGB spreche schließlich der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger. Damit sei unvereinbar, dass in Schneeballsystemen die früheren Gläubiger, an die zur Aufrechterhaltung des Systems Ausschüttungen geleistet wurden, besser gestellt werden als diejenigen, die ihre Einlagen

P 142

163 BGH v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108 (113 f.). 164 BGH v. 2.2.1972 – VIII ZR 152/70, BGHZ 58, 108 (113 f.). Kummer

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P Rz. 142

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

erst später erbringen und infolge des bald danach eintretenden Zusammenbruchs der Gesellschaft leer ausgehen. BGH-Urteil vom 22.4.2010 – ZIP 2010, 1455

P 143 Hiernach erstreckt sich der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters mangels Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen, mit denen – etwa nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft – vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind.

P 144 In den Entscheidungsgründen definiert der BGH zunächst noch einmal, dass eine unentgeltliche Verfügung vorliegt, wenn ein Vermögenswert des Schuldners zugunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Schuldner ein entsprechender Gegenwert zufließen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Verfügung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhalten hat, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung war oder jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein sollte.

P 145 Erhalte der Anleger, der sich an einem nach dem Schneeballsystem konzipierten betrügerischen Kapitalanlagemodell beteiligt hat, Auszahlungen, die sowohl auf Scheingewinne als auch auf die Einlage geleistet werden, so seien diese nur gemäß § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar, soweit es um Auszahlungen auf Scheingewinne geht. Auszahlungen auf die Einlage – etwa nach einer Kündigung der Beteiligung – seien mangels unentgeltlicher Leistung nicht anfechtbar. Die Rückzahlung der Einlage stelle in diesen Fällen den Gegenwert für die vom Anleger erbrachte Einlage dar. Durch die Auszahlung verliere der Anleger seinen Anspruch auf Rückzahlung der (noch vorhandenen) Einlage; darin liege seine Gegenleistung. BGH-Urteil vom 22.4.2010 – ZIP 2010, 1253

P 146 Hiernach ist der aus der Anfechtung der Auszahlung von Scheingewinnen resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters nicht mit den als Einlage des Anlegers erbrachten Zahlungen zu saldieren.

Zur Begründung wird ausgeführt, im Insolvenzrecht sei die Saldotheorie nur eingeschränkt anwendbar. Ein nichtiger Vertrag solle in der Insolvenz des Vertragspartners keine stärkeren Wirkungen äußern als ein rechtsgültiger.165 Die Saldotheorie biete keine Grundlage dafür, Forderungen, die ohne eine Saldierungsmöglichkeit Insolvenzforderungen wären, zu Masseforderungen zu erheben. Leistungen, die nicht in einem synallagmatischen Verhältnis stehen, sollten nicht durch Saldierung in ein Gegenseitigkeitsverhältnis gebracht werden können, welches dem anderen Teil mehr Rechte verschafft als ihm nach Insolvenzrecht zustünden.

P 147 Diese Grenzen der Saldotheorie müssten auch gelten, wenn es bei der Rückforderung ausgezahlter Scheingewinne um die Berücksichtigung der 165 BGH v. 20.12.2001 – IX ZR 401/99, BGHZ 149, 326 (333 f.).

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Kummer

VI. Rückgewähr unentgeltlicher Leistungen (§ 143 Abs. 2 InsO)

Rz. 151 P

erbrachten Einlage des Anlegers geht. Die Einlage sei Gegenleistung für die vom Anleger erworbene Beteiligung. Ob überhaupt Beträge ausgezahlt werden können, hänge davon ab, ob Gewinne erzielt werden. Beruhe – wie vorliegend – das gesamte Anlagemodell auf einer Täuschung der Anleger, so könne ein innerer Zusammenhang zwischen der Einzahlung der Anlage und der Ausschüttung von Scheingewinnen erst recht nicht angenommen werden. Diese diene vielmehr dem Zweck, das System in Gang zu halten, um die Beteiligung für neue Anleger interessant zu machen. Gegen die Möglichkeit einer Saldierung spreche auch der insolvenzrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger. Die Saldierung würde dazu führen, dass in betrügerischen Anlagesystemen die Gläubiger mit älteren Forderungen, an die zur Aufrechterhaltung des Schneeballsystems Ausschüttungen geleistet werden, besser gestellt werden als diejenigen, die ihre Einlage erst später erbringen und die infolge des bald danach eingetretenen Zusammenbruchs der Gesellschaft leer ausgehen. Erstere dürften die von ihnen erbrachte Einlagezahlung auf die ihnen geleisteten „Ausschüttungen“ verrechnen und damit diese selbst dann behalten, wenn sie innerhalb der Anfechtungsfrist geleistet worden sind.

P 148

Ebenso unentgeltlich erlangt und nach den gleichen Grundsätzen zurückzugewähren sind Provisionen für die Vermittlung solcher Kapitalanlagen, soweit sie auf der Einbeziehung von Scheingewinnen beruhen. Da das Anlagemodell wegen seines betrügerischen Charakters von vornherein keine tatsächlichen Gewinne erwirtschaftet hat, waren auch die Betreuungsdienste des Vermittlers objektiv ohne Wert.166

P 148a

6. Haftungssystem für den bösgläubigen Empfänger Dieser haftet wie der Empfänger einer entgeltlichen Leistung. Dies ist der Inhalt des § 143 Abs. 2 Satz 2 InsO.

P 149

Die Haftung beginnt, sobald er den bösen Glauben erlangt (dazu oben Rz. P121 ff.). Die Darlegungs- und Beweislast für den bösen Glauben des Anfechtungsgegners liegt beim liegt beim Insolvenzverwalter.167

P 150

Demgemäß kann der Fall eintreten, dass der Anfechtungsgegner erst geraume Zeit nach dem Empfang der anfechtbaren Leistung bösgläubig wird. Dann wird eine Zäsur erforderlich. Er hat nicht herauszugeben, worum er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bereichert war. Verwendungen vor diesem Zeitpunkt mindern seine Bereicherung stets; spätere nur, soweit § 994 Abs. 2 BGB eine Ersatzpflicht des Eigentümers hierfür begründet.

P 151

166 BGH v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, ZIP 2011, 484 Rz. 13; BGH v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10, ZIP 2011, 2264 Rz. 14. 167 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 143 Rz. 112; HK-InsO/Kreft, § 143 Rz. 33. Kummer

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P Rz. 152

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen an eine Gesellschaft (§ 143 Abs. 3 InsO) 1. Allgemeines

P 152 Es handelt sich um eine spezielle Vorschrift, die an die Anfechtung aus § 135 Abs. 2 InsO anknüpft und für diesen Fall die Rückgewähr regelt. Sie ist ebenso wie § 135 Abs. 2 durch das MoMiG in die InsO eingefügt worden, wohin sie auch gehört.168 Die vorhergehende Bestimmung war § 32b GmbHG a.F. Darüber hinaus hatten die fortgeführten169 Rechtsprechungsregeln zu §§ 30 und 31 GmbHG a.F. der Gesellschaft einen Freistellungsanspruch gegen den Gesellschafter gegeben, der für einen Drittkredit unter den Voraussetzungen des Kapitalersatzes eine Sicherheit gestellt hatte;170 dieser Freistellungsanspruch war unabhängig von der bei §§ 32a und 32b GmbHG a.F. vorgesehenen Jahresfrist und unabhängig davon, ob ein Anfechtungstatbestand verwirklicht war.

P 153 Nach der Übergangsvorschrift in Art. 103d EGInsO gilt die Neuregelung für alle Insolvenzverfahren, die ab 1.11.2008 eröffnet worden sind. Allerdings sind auch in diesen Verfahren auf Rechtshandlungen aus der Zeit vor dem 1.11.2008 die bis dahin geltenden Vorschriften der InsO über die Anfechtung anzuwenden, soweit danach die Rechtshandlungen der Anfechtung entzogen oder in geringerem Maße unterworfen waren. Dies gilt mithin insbesondere für die Fälle, in denen die Gesellschaft ein gesellschafterbesichertes Drittdarlehen zurückgezahlt hat, welches nicht eigenkapitalersetzender Natur gewesen war; sie waren von §§ 32a und 32b GmbHG a.F. nicht erfasst.171

2. Anknüpfung an § 135 Abs. 2 InsO

P 154 Danach ist eine Rechtshandlung anfechtbar, mit der eine Gesellschaft einem Dritten für eine Forderung auf Rückgewähr eines Darlehens im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem Antrag Befriedigung gewährt hat, wenn ein Gesellschafter für die Darlehensforderung eine Sicherheit gestellt hatte oder als Bürge haftete. Der Tatbestand ist also dadurch gekennzeichnet, dass ein Gesellschafter das Darlehen eines Dritten an die Gesellschaft durch eine Sicherheit aus seinem eigenen Vermögen, auch seine Bürgschaft, abgesichert hat (gesellschafterbesichertes Drittdar168 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 180. Hinsichtlich des früheren Rechtszustandes rechnet der BGH die Novellenregeln, nicht aber die Rechtsprechungsregeln zum Insolvenzrecht, insbesondere im Sinne von Art. 4 EuInsVO: BGH v. 21.7.2011 – IX ZR 185/10, ZIP 2011, 1775 Rz. 27 ff. 169 BGH v. 26.3.1984 – II ZR 14/84, BGHZ 90, 370. 170 BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108. 171 Altmeppen, ZIP 2011, 641 (647).

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Kummer

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen

Rz. 159 P

lehen, mittelbares Gesellschafterdarlehen) und die Gesellschaft das Darlehen in der Krise an den Dritten zurückzahlt. Der Darlehensrückzahlung gleichgestellt sind Leistungen der Gesellschaft auf Forderungen, die einem Darlehen wirtschaftlich entsprechen, etwa gestundete Forderungen172 und Leasingraten beim Finanzierungsleasing.173 Den Gesellschaftern gleich zu behandeln sind Mittelspersonen (mittelbare Stellvertreter, verbundene Unternehmen) und gesellschaftergleiche Dritte (namentlich Treugeber, Unterbeteiligte und Nießbraucher). Insoweit sollte die Neuregelung an § 32a Abs. 3 Satz 1 GmbH174 nichts ändern.175

P 155

Als Gesellschaft in Betracht kommen alle Gesellschaften mit Haftungsbeschränkungen, also neben der GmbH alle anderen Kapitalgesellschaften mit Haftungsbeschränkungen sowie die Genossenschaft, ferner atypische Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet.176

P 156

Dass das Darlehen ein eigenkapitalersetzendes sein muss, wird in § 135 Abs. 2 InsO nicht mehr verlangt.177 Mithin kommt es auf das Merkmal der Krise im Zeitpunkt der Gewährung oder des Belassens des Darlehens nicht mehr an. Indessen ist der Unterschied deshalb nicht groß, weil nunmehr die Jahresfrist des § 135 Abs. 2 InsO die unwiderlegliche Vermutung einer Krisenfinanzierung begründet.178

P 157

3. Anfechtungsanspruch Anfechtbar ist die Rechtshandlung der Gesellschaft, die dem Darlehensgeber Befriedigung gewährt (§ 135 Abs. 2 InsO). Zur Rückgewähr verpflichtet ist aber der Gesellschafter, der das Darlehen besichert hatte (§ 143 Abs. 3 Satz 1 InsO). Rückgängig gemacht wird die Befreiung des Gesellschafters von seiner (potentiellen) Haftung, die durch die Leistung der Gesellschaft an den Dritten eingetreten ist.179

P 158

Der BGH hat dem Kapitalerhaltungsgrundsatz bei „folgerichtiger Fortentwicklung des Rechtsgedankens der §§ 30, 31 GmbHG a.F. und der dazu ergangenen Rechtsprechung“ Rechtsprechungsregeln entnommen und durch § 32b GmbHG a.F. bestätigt gefunden, dass ein ordentlicher Gesell-

P 159

172 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 110. 173 BGH v. 22.10.1990 – II ZR 248/89, ZIP 1990, 1593; Ulmer/Habersack/Winter/ Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 117. 174 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 142 bis 153. 175 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2148) anhand der amtlichen Begründung. 176 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 143 Rz. 16. 177 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Habersack, ZIP 2007, 2145. 178 Altmeppen NJW 2008, 3601 (3602/3603) und, ZIP 2011, 741 (747). 179 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 156/157. Kummer

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P Rz. 159

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

schafter der Gesellschaft in der Krise Eigenkapital zugeführt, zumindest aber das Darlehen aus eigenen Mitteln getilgt hätte.180 Nachdem die Beschränkung auf eigenkapitalersetzende Darlehen weggefallen ist, wird die Anfechtbarkeit aus dem Prinzip der Haftungsbeschränkung selbst gerechtfertigt, dessen missbräuchlicher Ausnutzung durch den Gesellschafter begegnet werden soll.181

P 160 Demgemäß ist die Anfechtungsklage gegen den Gesellschafter zu richten. Er hat die Leistung der Gesellschaft in die Masse zu erstatten. Der außenstehende Darlehensgeber bleibt befriedigt.182 BGH-Urteil vom 22.12.2005 – ZIP 2006, 243

P 161 Danach kann, wenn die schuldende GmbH mit Mitteln des Gesellschaftsvermögens einen von einem Gesellschafter eigenkapitalersetzend besicherten Kredit tilgt und sie anschließend vorgefasster Absicht gemäß nach Sitzverlegung ins Ausland sofort still liquidiert wird, eine anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin darin bestanden haben, dass sie es unterlassen hat, einen Anspruch auf Freistellung oder Erstattung nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht gegen ihren Gesellschafter geltend zu machen.

P 162 Die Entscheidung ist zum Anfechtungsgesetz ergangen. Der Kläger hatte einen Titel gegen die GmbH erwirkt, deren Gesellschafter die Beklagte zu 1) und der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2) waren. Die GmbH hatte einen Kontokorrentkredit zurückgeführt, für den die Beklagte zu 1) Grundschulden bestellt und der Rechtsvorgänger der Beklagten zu 2) die persönliche Mithaft übernommen hatte. Im folgenden Monat veräußerten sämtliche Gesellschafter der GmbH ihre Geschäftsanteile an einen gewissen G., damit dieser die Schuldnerin in Spanien „verschwinden“ lasse. Dieser wurde zum neuen Geschäftsführer bestellt, verlegte den Sitz der Schuldnerin nach Spanien und stellte ihren Geschäftsbetrieb ein. Vollstreckungsversuche des Klägers waren vergeblich. Der BGH hält die Gläubigeranfechtung für begründet, falls, was noch zu klären blieb, die Besicherung des getilgten Darlehens kapitalersetzend im Sinne der § 30, 31 GmbHG a.F. gewesen ist.

P 163 Dann liegt eine Rechtshandlung der Schuldnerin (GmbH) darin, dass sie es unterlassen hat, einen Anspruch auf Freistellung oder Erstattung entsprechend § 30, 31 GmbHG a.F. gegen die Gesellschafter geltend zu machen. Dieser Anspruch ergab sich aus der Darlehenstilgung und dem dadurch ausgelösten Freiwerden der von den Gesellschaftern gestellten Sicherheiten. Nach dem fortbestehenden richterrechtlich entwickelten Kapitalersatzrecht (sogenannte Rechtsprechungsregeln) stelle eine Rück180 Grundlegend BGH v. 13.7.1981 – II ZR 256/79, BGHZ 81, 252 (259/260); später etwa BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108; v. 22.12.2005 – IX ZR 190/02, ZIP 2006, 243 (244). 181 Habersack, ZIP 2007, 2145 (2147). 182 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG, Rz. 157.

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Kummer

Rz. 166 P

VII. Rückgewähr bei gesellschafterbesicherten Drittdarlehen

führung des gesellschaftergesicherten Kredits aus Mitteln des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Gesellschaftsvermögens eine Auszahlung an den besichernden Gesellschafter dar, die nach § 31 Abs. 1 GmbHG eine Erstattungspflicht auslöst. Der Begriff der Gesellschaftersicherheit sei weit zu verstehen. Es fielen alle Arten dinglicher und persönlicher Absicherung darunter. In einem solchen Fall sei der Gesellschafter sogar gegenüber der Gesellschaft verpflichtet, es gar nicht erst zu der Auszahlung kommen zu lassen. Demgemäß habe er die Gesellschaft von der Rückzahlungsforderung des Darlehensgebers freizustellen.183 Die Schuldnerin habe es unterlassen, diesen Freistellungs- oder Ersatzanspruch geltend zu machen. Unterlassungen stünden anfechtungsrechtlich den Rechtshandlungen gleich (§ 1 Abs. 2 AnfG, § 129 Abs. 2 InsO). Der Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung folge bereits aus dem Vortrag der Beklagten, die Gesellschaft habe beseitigt werden sollen, um so alle Verbindlichkeiten zu „erledigen“. Die objektive Benachteiligung liege auch dann vor, wenn durch die Rechtshandlung der Zugriff auf das Schuldnervermögen vereitelt, erschwert oder verzögert wird. Davon sei hier – insbesondere im Hinblick auf den Erstattungsanspruch der GmbH gegen ihre Gesellschafter – auszugehen, denn durch ihr „Verschwindenlassen“ sei sie faktisch nicht mehr existent. Die zur Vollstreckung in diesen Anspruch erforderliche Nachtragsliquidation begegne zumindest erheblichen Schwierigkeiten.

P 164

4. Beschränkungen Schon aus § 135 Abs. 2 InsO ergibt sich die Einschränkung, dass die Anfechtung nur auf solche Leistungen der Gesellschaft gestützt werden kann, mit der sie den Darlehensgeber im letzten Jahr vor dem Insolvenzantrag oder nach diesem Antrag (bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens) befriedigt hat.

P 165

Nach § 143 Abs. 3 Satz 2 InsO kann der Gesellschafter nur bis zur Höhe des Betrages in Anspruch genommen werden, mit der er als Bürge haftete oder der dem Wert der Sicherheit bei Rückzahlung des Darlehens entsprach. Dies war so bereits in § 32b Satz 2 GmbHG a.F. geregelt und beruht auf der Überlegung, dass der Gesellschafter nicht besser, aber auch nicht schlechter stehen soll, als wenn er aus der Bürgschaft oder der sonstigen Sicherheit in Anspruch genommen worden wäre. Unerheblich ist die Zahlungsfähigkeit des Gesellschafters als Bürgen.184 Der Gesellschafter hat die Beweislast für den – hinter der Darlehensforderung zurückbleibenden – Wert seiner Sicherheit.185

P 166

183 BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108. 184 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 187. 185 Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 187. Kummer

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P Rz. 167

§ 143 InsO – Rechtsfolgen

P 167 Nach § 143 Abs. 3 Satz 3 InsO wird der Gesellschafter von der Verpflichtung frei, wenn er der Masse das Sicherungsgut zur Verfügung stellt. Dies entspricht § 32b Satz 3 GmbH a.F. Die Vorschrift begründet eine Ersetzungsbefugnis des Gesellschafters.186

P 167a Der Rückgewähranspruch entfällt aber nicht dadurch, dass der Darlehensgeber den Gesellschafter aus der Sicherheit entlässt.187

BGH-Urteil vom 2.6.1997 – NJW 1997, 3171

P 168 Der Kläger war Konkursverwalter über das Vermögen einer GmbH, die Beklagten deren Gesellschafter. Sie hatten Bürgschaften für Kredite an die GmbH übernommen; diese Bürgschaften hat der BGH als eigenkapitalersetzende Leistungen gewertet. In den sieben Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zahlte die GmbH aus eigenen Mitteln die Darlehen teilweise zurück. Die Gesellschafter, aus §§ 32a und 32b GmbHG und nach den Rechtsprechungsregeln zu §§ 30 und 31 GmbHG auf Erstattung zur Masse in Anspruch genommen, wandten ein, die Bank habe die Bürgschaften teilweise schon freigegeben, noch bevor die Gemeinschuldnerin die Tilgungsleistungen erbracht habe.

P 169 Diesen Einwand hat der BGH nicht gelten lassen. Die Beklagten seien durch die Tilgungsleistungen der Gesellschaft nicht befreit worden. Da ihre Bürgschaften eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hatten, seien sie gehalten gewesen, die Gemeinschuldnerin von der Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung freizustellen.188 Hätten sie dies getan, so hätten sie keinen Rückgriff nehmen können. Im Innenverhältnis hätten also die Beklagten in Höhe der jeweils gewährten Sicherheit für die Rückzahlung der Darlehen aufkommen müssen. Daran habe die Freigabe der Sicherheiten nichts geändert. Die kreditgebende Bank habe zwar auf ihre Rechte aus den Bürgschaften verzichten können, die Beklagten jedoch nicht von der Verantwortung entlasten können, die sie (gegenüber der GmbH) mit ihren eigenkapitalersetzenden Leistungen übernommen hatten.

VIII. Auskunftsanspruch P 170 Der Insolvenzverwalter ist primär auf die Aufklärungsmöglichkeiten verwiesen, die ihm die InsO gegen den Schuldner gewährt (§§ 55 Abs. 1, 97–99, 101 InsO). Als weitere Informationsquelle kommen landesrechtliche Informationszugangsgesetze in Betracht, die allerdings ein Verwaltungsverfahren vorsehen.189

P 171 Ansonsten kann gegen Dritte ein Auskunftsanspruch nur auf der Grundlage des § 242 BGB bestehen; er setzt also eine Sonderbeziehung vo186 187 188 189

736

Ulmer/Habersack/Winter/Habersack, §§ 32a/b GmbHG Rz. 188. BGH v. 2.6.1997 – II ZR 211/95, NJW 1997, 3171 (3172). BGH v. 9.12.1991 – II ZR 43/91, ZIP 1992, 108. BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06, ZIP 2000, 1823 für Sachsen-Anhalt. Kummer

IX. Prozessführung

Rz. 172 P

raus.190 Demgemäß versagt die Rechtsprechung dem Verwalter einen solchen Anspruch gegenüber Personen, die nur im Verdacht stehen, sie könnten etwas vom Insolvenzschuldner in anfechtbarer Weise erworben haben.191 Vielmehr ist der Anfechtungsgegner zur Auskunft nur verpflichtet, wenn der Rückgewähranspruch ihm gegenüber dem Grunde nach feststeht und nur der Anspruchsinhalt noch offen ist, es also nur noch um dessen nähere Bestimmung nach Art und Umfang geht.192 Sind einzelne anfechtbare Rechtshandlungen festgestellt, so begründet dies keinen Auskunftsanspruch zu weiteren selbstständigen Rechtshandlungen.193 In anderen Rechtsbereichen macht die Rechtsprechung hiervon aber eine Ausnahme für den Fall, dass eine große Wahrscheinlichkeit für weitere inhaltlich vergleichbare oder ergänzende Handlungen besteht.194

IX. Prozessführung Zur gerichtlichen Geltendmachung des Anfechtungsanspruchs, zur Beweislast und zu den möglichen Einwendungen des Anfechtungsgegners ist bereits oben bei § 129 InsO (Rz. B495 ff., B533 und B544 ff.) ausgeführt.

190 Jaeger/Henckel, § 143 Rz. 165. 191 BGH v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06, ZIP 2009, 1823 (mit zust. Anm. Blank EWiR 2010, 27). 192 BGH v. 6.6.1979 – VIII ZR 255/78, BGHZ 74, 379; v. 21.1.1999 – IX ZR 429/97, ZIP 1999, 316 (mit Anm. Gerhardt, EWiR 1999, 367). 193 BGH v. 15.1.1987 – IX ZR 4/86, ZIP 1987, 244; v. 13.8.2009 – IX ZR 58/06, ZIP 2009, 1823. 194 BGH v. 13.8.1985 – I ZR 35/83, BGHZ 95, 285 (292). Kummer

737

P 172

Q. § 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners § 144 Ansprüche des Anfechtungsgegners (1) Gewährt der Empfänger einer anfechtbaren Leistung das Erlangte zurück, so lebt seine Forderung wieder auf. (2) Eine Gegenleistung ist aus der Insolvenzmasse zu erstatten, soweit sie in dieser noch unterscheidbar vorhanden ist oder soweit die Masse um ihren Wert bereichert ist. Darüber hinaus kann der Empfänger der anfechtbaren Leistung die Forderung auf Rückgewähr der Gegenleistung nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Inhaltsübersicht Rz.

Rz.

I. Gesetzgebungsgeschichte . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

2

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . 12

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners (§ 144 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . .

5

I. Gesetzgebungsgeschichte Q 1 § 144 Abs. 1 InsO entspricht § 39 KO, § 144 Abs. 2 InsO dem § 38 KO.

II. Allgemeines Q 2 Die Vorschrift ergänzt § 143 InsO. Sie regelt in Abs. 1 für den Fall, dass der Empfänger der anfechtbaren Leistung den Rückgewähranspruch erfüllt, das Schicksal seiner Forderung, aufgrund deren die anfechtbare Leistung bewirkt worden war. Danach lebt die Forderung des Anfechtungsgegners wieder auf. Hat er seine eigene Gegenleistung bereits erbracht und strebt er deren Rückgewähr an, so hat er hierauf nur eine Insolvenzforderung; dies rechtfertigt sich dadurch, dass er eine Vorleistung erbracht hat, für die er das Insolvenzrisiko tragen muss.1 In weiterer Konsequenz greift § 144 Abs. 1 InsO nur ein, wenn die der angefochtenen Leistung zugrundeliegende Verpflichtung ihrerseits nicht anfechtbar war oder nicht angefochten worden ist.2

1 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 5. 2 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 2.

738

Kummer

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners

Rz. 7 Q

Für den Fall der Anfechtung des Vertrages selbst regelt Abs. 2 das Schicksal einer vom Anfechtungsgegner erbrachten Gegenleistung. Nach Abs. 2 Satz 1 ist diese aus der Masse zu erstatten, soweit sie dort noch unterscheidbar vorhanden oder die Masse um ihren Wert bereichert ist; damit soll eine Bereicherung der Masse ausgeschlossen werden. Nach Abs. 2 Satz 2 hat der Anfechtungsgegner aber, falls keine dieser beiden Voraussetzungen besteht, hinsichtlich der Rückgewähr seiner Gegenleistung nur eine Insolvenzforderung.

Q3

Die beiden Absätze schließen sich gegenseitig aus. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur3 greift Abs. 2 nur ein, wenn der Abschluss eines schuldrechtlich verpflichtenden Vertrages selbst angefochten worden ist. Dies ist etwa bei § 132 Abs. 2 InsO der Fall, kann aber auch bei den anderen Anfechtungstatbeständen, insbesondere § 132 Abs. 1 und § 133 InsO, eintreten, wenn die Insolvenzgläubiger wegen des Inhalts der vertraglichen Verpflichtungen schon durch den Vertragsabschluß selbst benachteiligt werden. Wird dagegen die Leistung angefochten, die zur Erfüllung des gegenseitigen Vertrages erbracht worden ist, so fällt dies unter § 144 Abs. 1 InsO.

Q4

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners (§ 144 Abs. 1 InsO) Voraussetzung ist, dass er die zunächst empfangene, erfolgreich angefochtene Leistung des Insolvenzschuldners tatsächlich zur Masse zurückgewährt hat. Es reicht nicht, dass er sich zur Rückgewähr verpflichtet hat oder dazu verurteilt worden ist.4 Entsprechendes gilt, wenn die gesicherte Forderung nicht durch Leistung des Schuldners, sondern durch Verwertung einer von ihm anfechtbar gestellten Sicherheit getilgt und der Verwertungserlös an den Anfechtenden herausgegeben worden ist.5

Q5

Dann lebt die der Leistung zugrundeliegende und auf diese Leistung gerichtete Forderung ohne weiteres wieder auf. In der Regel kann der Anfechtungsgegner sie aber nur als Insolvenzforderung geltend machen.6 Eine Aufrechnung mit dem Rückgewähranspruch selbst ist durch § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ausgeschlossen.7

Q6

Die Forderung lebt in derselben Form wieder auf, in der sie vor Erfüllung bestanden hatte,8 z.B. als bedingte oder als befristete Forderung. Vor al-

Q7

3 Eingehend Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 4 ff.; ferner Jaeger/Henckel aaO Rz. 23; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 13; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 4. 4 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 10. 5 Ganter, WM 2011, 245 mit Hinweis auf RGZ 86, 99, 102. 6 MK-InsO/Kirchhof, § 144 Rz. 9. 7 MK-InsO/Kirchhof, § 144 Rz. 9. 8 MK-InsO/Kirchhof, § 144 Rz. 9. Kummer

739

Q Rz. 7

§ 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners

lem aber lebt sie mit Rückwirkung wieder auf. Diese soll sich auf den Zeitpunkt unmittelbar vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beziehen, doch ist nicht einzusehen, weshalb sie nicht mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt ihrer Erfüllung wieder aufleben sollte, wenn diese die Rechtshandlung ist, die der erfolgreichen Anfechtung unterlag.9 Die Rückwirkung führt etwa dazu, dass der Anfechtungsgegner als Gläubiger auch für die Zwischenzeit Zinsen beanspruchen kann. Sie stellt eine Aufrechnungslage, die zuvor bestanden hatte, wieder her. Sie bewirkt, dass die Zwischenzeit bis zur Rückgewähr der angefochtenen Leistung nicht in die Verjährungsfrist für den zugrundeliegenden Anspruch eingerechnet wird.10

Q 8 Auch die Sicherheiten, die für die betreffende Forderung bestanden hat-

ten, treten wieder in Kraft, sofern sie unanfechtbar begründet waren.11 Automatisch geschieht dies freilich nur bei der Bürgschaft, nämlich analog § 401 Abs. 1 BGB, und zwar auch dann, wenn die Bürgschaftsurkunde dem Bürgen zurückgegeben und damit nach ihrem Inhalt die Bürgschaft erloschen ist.12 Für andere akzessorische Sicherheiten, nämlich solche, zu deren Begründung ein dingliches Verfügungsgeschäft erforderlich ist (Hypothek, Pfandrecht), gilt dasselbe ebenfalls dann, wenn diese vom Anfechtungsgegner noch nicht an den Sicherungsgeber (durch Löschung im Grundbuch oder Rückgabe des Hypothekenbriefes oder des Pfandes) zurückgewährt worden sind.13 Hat eine solche Rückgewähr stattgefunden, so ist sie (durch Wiedereintragung des Anfechtungsgegners im Grundbuch durch bloße Grundbuchberichtigung, erneute Übergabe des Pfandes analog § 1251 Abs. 1 BGB oder des Hypothekenbriefes) ungeschehen zu machen; hierzu ist der Sicherungsgeber verpflichtet14 Nicht akzessorische Realsicherheiten (Sicherungsgrundschulden, Sicherungsübereignungen, Sicherungsabtretungen) müssen stets neu begründet werden. Der Sicherungsgeber ist hierzu aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB oder durch die ursprüngliche Sicherungsabrede verpflichtet.15 Werden sie vom Sicherungsnehmer aus der Sicherheit in Anspruch genommen, so können sie sich nach § 242 BGB nicht darauf berufen, das Sicherungsrecht bestehe nicht mehr, sondern sind so zu behandeln, als wären sie ihrer Pflicht zur Neubestellung nachgekommen.16 Dies alles gilt für Sicherheiten dritter Sicherungsgeber. 9 MK-InsO/Kirchhof, § 144 Rz. 8; Ganter, WM 2011, 245 (246). 10 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 13; Ganter, WM 2011, 245 (246). 11 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 15; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 10 ff.; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 3 gemäß ausdrücklicher Hervorhebung in der Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443 S. 68; eingehend nunmehr Ganter, WM 2011, 245. 12 Ganter, WM 2011, 245 (247). 13 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 17; Ganter, WM 2011, 245 (248). 14 Ganter, WM 2011, 245 (248). 15 Ganter, WM 2011, 245 (250). 16 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 17; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2004, 271.

740

Kummer

Rz. 11 Q

III. Wiederaufleben der Forderung des Anfechtungsgegners

Hat der Insolvenzschuldner eine vollwertige Realsicherheit aus seinem eigenen Vermögen unanfechtbar bestellt, so fehlt es in der Regel an der Gläubigerbenachteiligung. Dies ist nur dann anders, wenn dieser Gesichtspunkt übersehen und der Gläubiger zu Unrecht zur Rückgewähr der erhaltenen Leistung verurteilt worden wäre und dem Urteil auch Folge geleistet hätte;17 dann ist die Sicherheit vom Insolvenzverwalter wiederherzustellen.

Q9

Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 25.11.2003 – ZIP 2004, 272 Die Klägerin hatte als Sicherheit für ein Darlehen an eine GmbH von deren Geschäftsführer die Abtretung seiner Ansprüche aus einer Lebensversicherung bei der Beklagten erhalten. Nach Rückzahlung des Darlehens trat die Klägerin die Lebensversicherungsansprüche wieder an den Geschäftsführer ab. In der Folgezeit focht der Insolvenzverwalter über das Vermögen der GmbH die zur Darlehenstilgung erbrachten Leistungen an die Klägerin an, welche sie herausgeben musste. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr stünden damit auch wieder die Rechte aus der Lebensversicherung zu. Mit der Klage verlangte sie von der Beklagten (Versicherer) Auskunft über die Höhe des Rückkaufswertes.

Q 10

Das OLG hat die Klage zugesprochen. Gemäß § 144 Abs. 1 InsO sei mit der Rückgewähr im Rahmen der Insolvenzanfechtung nicht nur ihre Forderung wieder aufgelebt, sondern auch nicht akzessorische Sicherungsrechte gegen Dritte.

Q 11

§ 144 Abs. 1 InsO wolle zugunsten des Gläubigers den Rechtszustand wieder herstellen, der ohne die anfechtbare Rechtshandlung bestanden hätte. Wäre hier die Hauptforderung nie erloschen gewesen, so bestünden die Sicherungsrechte dort, auch gegenüber dem klagenden Geschäftsführer als Drittem. Insoweit sei eine Unterscheidung zwischen akzessorischen und nicht akzessorischen Sicherungsrechten nicht geboten. Bei der Frage, wie eine Fortdauer des Sicherungsrechts zu bewerkstelligen ist, bestünde zumindest im Ergebnis insoweit kein Unterschied. Während akzessorische Sicherheiten ohne weiteres wieder auflebten, müssten abstrakte Sicherheiten grundsätzlich neu bestellt werden. Zu einer Mitwirkung an dieser Neubestellung sei aber der Dritte (Sicherungsgeber) bereits aufgrund seiner ursprünglichen Sicherungsgestellung verpflichtet. Durch die vorübergehende, nicht dauerhafte Tilgung der Hauptforderung sei er von seiner Pflicht zur Stellung der Sicherheit nicht frei geworden. Gegenüber seiner Inanspruchnahme aus dem Sicherungsrecht durch den Sicherungsnehmer könne er sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf das Nichtbestehen des Sicherungsrechts berufen. Er sei so zu behandeln, als wäre er seiner Pflicht zur Neubestellung nachgekommen.

17 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 15; Ganter, WM 2011, 245. Kummer

741

Q Rz. 12

§ 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO) Q 12 Diese Vorschrift regelt die Rechtsfolgen, die sich für den Anfechtungsgegner aus der erfolgreichen Anfechtung eines schuldrechtlichen Verpflichtungsvertrages ergeben (siehe oben Rz. Q3). Anders als Abs. 1 stellt Abs. 2 nicht darauf ab, ob der Anfechtungsgegner eine erlangte Leistung auch tatsächlich zur Masse zurückgewährt hat.

Q 13 Der Anfechtungsgegner kann primär verlangen, dass seine Gegenleistung aus der Insolvenzmasse erstattet wird. Es handelt sich um eine Masseforderung.18 Gegenleistung ist alles, was der Anfechtungsgegner aufgrund des angefochtenen schuldrechtlichen Vertrages geleistet hat.19 Ebenso sind Surrogate20 mit Ausnahme der rechtsgeschäftlichen21 und gezogene Nutzungen analog § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben.22

Q 14 Dies alles steht unter der Voraussetzung, dass die Gegenleistung in der Masse noch unterscheidbar vorhanden oder die Masse dadurch noch bereichert sein muss. Die erstere Voraussetzung begegnet auch bei § 48 Satz 2 InsO (= § 46 Satz 2 KO). Bei Gutschriften auf ein Konto ist sie erfüllt, soweit sie durch Buchungen belegt und der positive Saldo auf dem Konto zwischenzeitlich nicht durch Belastungen unter den Betrag der beanspruchten Gegenleistungen gesunken ist.23

Q 15 Ein Wertersatzanspruch besteht, wenn und soweit die Gegenleistung zwar nicht mehr unterscheidbar in der Masse vorhanden, diese aber gleichwohl noch bereichert ist. Ob insoweit mit dem Rückgewähranspruch aus der erklärten Anfechtung saldiert werden darf, ist umstritten24 und ebenso, ob hiergegen dem Anfechtungsgegner ein Zurückbehaltungsrecht zusteht.25

18 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 24; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 18; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 5. 19 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 25. 20 BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787. 21 BGH v. 11.10.1979 – VII ZR 285/78, BGHZ 75, 203; Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 25. 22 Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 25; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 17. 23 BGH v. 11.3.1999 – IX ZR 164/98, BGHZ 141, 116 (120); v. 18.4.2002 – IX ZR 219/01, BGHZ 150, 326 (328). 24 Dafür Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 27 für den Fall zufälligen Untergangs der vom Anfechtungsgegner erbrachten Gegenleistung in der Masse; dagegen MK-InsO/ Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 16 und HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 6. 25 BGH v. 29.4.1986 – IX ZR 145/85, ZIP 1986, 787 für den § 144 Abs. 2 Satz 1 InsO entsprechenden Anspruch aus § 38 Satz 1 KO gegen die Masse; ebenso MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 18 und Jaeger/Henckel, § 144 Rz. 29; ähnlich HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 6 mit der Einschränkung, dass die Ansprüche aus § 143 und § 144 Abs. 2 Satz 1 InsO nicht gleichartig sein dürfen, so dass das Zurückbehaltungsrecht nur gegenüber dem Anspruch auf Rückgewähr in natura greift.

742

Kummer

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO)

Rz. 21 Q

Der Insolvenzverwalter kann sich auf den Wegfall der Bereicherung berufen,26 falls nicht in seiner Person § 819 Abs. 1 BGB erfüllt ist.27 Die Beweislast liegt beim Anfechtungsgegner dafür, dass er die Gegenleistung erbracht hat und sie in die Masse gelangt ist. Sie liegt beim Insolvenzverwalter für den Wegfall der Bereicherung bei der Masse.

Q 16

Ist die Gegenleistung des Anfechtungsgegners nicht mehr unterscheidbar in der Masse vorhanden und hat der Verwalter den Wegfall der Bereicherung der Masse bewiesen, so hat der Anfechtungsgegner wegen seiner Gegenleistung nur eine Insolvenzforderung.

Q 17

BGH-Urteil vom 11.3.1999 – BGHZ 141, 116 Hiernach unterliegt der Erlös aus der Veräußerung massefremder Gegenstände, wenn er auf ein im Kontokorrent geführtes allgemeines Bankkonto des Konkursverwalters gelangt ist, der Ersatzsonderung bis zur Höhe des in der Zeit danach eingetretenen niedrigsten Tagessaldos, auch wenn zwischenzeitlich Rechnungsabschlüsse mit Saldoanerkennung stattgefunden haben (Abweichung von BGHZ 58, 257).

Q 18

Bei Konkurseröffnung befand sich im Besitz der Gemeinschuldnerin ein Turmdrehkran, der der Klägerin gehörte. Der Konkursverwalter verkaufte ihn für 11 310,00 DM, die auf das Konkursanderkonto flossen. Danach wies dieses Konto ein Guthaben von zunächst 36 755,19 DM auf. Dieses erhöhte sich in der Folgezeit geringfügig und ermäßigte sich später durch Abbuchungen auf zuletzt 19 628,15 DM. Der BGH hat der Amtsnachfolger des Konkursverwalters zur Zahlung der 11 310,00 DM an die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Ersatzaussonderung (§ 46 Satz 2 KO) verurteilt. Der auf den Turmdrehkran entfallende Erlös von 11 310,00 DM sei in Gestalt des Kontoguthabens noch unterscheidbar in der Masse vorhanden.

Q 19

Nach der Rechtsprechung des BGH bleibe Geld, das der Konkursverwalter durch Einziehung einer fremden Forderung für die Masse vereinnahmt hat, grundsätzlich auch bei Einzahlung auf ein allgemeines Bankkonto des Konkursverwalters aussonderungsfähig, weil es aufgrund der Buchungen und der dazugehörigen Belege von dem übrigen dort angesammelten Guthaben unterschieden werden kann.28 Dann aber könne für die auf das Konkurskonto gezahlte Gegenleistung für einen sonstigen vom Konkursverwalter veräußerten Gegenstand nichts anderes gelten.

Q 20

Insbesondere büße das Guthaben, das durch die belegmäßig dokumentierte Gutschrift des Entgelts für einen massefremden Gegenstand auf dem allgemeinen Konkurskonto entsteht, die Unterscheidbarkeit nicht allein dadurch ein, dass es anschließend mit Zahlungsausgängen belastet wird. Steht ein bestimmter dem Konto gutgeschriebener Betrag materiell nicht

Q 21

26 § 818 Abs. 3 BGB; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 144 Rz. 17. 27 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 144 Rz. 5. 28 BGH v. 9.12.1970 – IV ZR 52/69, WM 1971, 71 (74); v. 15.11.1988 – IX ZR 11/88, ZIP 1989, 118. Kummer

743

Q Rz. 21

§ 144 InsO – Ansprüche des Anfechtungsgegners

der Masse, sondern einem anderen zu, so müsse er solange noch als vorhanden gelten, wie das Konto eine ausreichende Deckung aufweist. Das gebiete der erforderliche Schutz der Interessen desjenigen, der zur Ersatzaussonderung berechtigt ist. Das Gegenteil läge auch nicht im Interesse des Konkursverwalters, der sonst, wenn er sich nicht dem Berechtigten gegenüber schadensersatzpflichtig machen wollte, gezwungen wäre, immer ein Sonderkonto für Gelder einzurichten, die der Ersatzaussonderung unterliegen.

Q 22 Die mit dem Rechnungsabschluss verbundene Saldoanerkennung habe zwar nach einer vom Reichsgericht übernommenen Rechtsprechung bei Kontokorrentverhältnissen die Wirkung, dass die in die laufende Rechnung eingestellten Einzelforderungen untergehen und nur die durch das Schuldanerkenntnis begründete Saldoforderung übrig bleibt.29 Außerdem findet nach der Rechtsprechung unabhängig vom Saldoanerkenntnis mit Ablauf der Rechnungsperiode eine sogenannte Gesamtaufrechnung statt, bei der alle Einzelforderungen oder -verbindlichkeiten, die in den Habenoder den Soll-Saldo eingegangen sind, in dem Verhältnis getilgt werden, in dem die Summe der Haben-Buchungen zur Summe der Soll-Posten steht.30 Aus der Art und Weise, wie die sich aus Rechnungsabschluss und Saldoanerkennung regelmäßig ergebenden Rechtsfolgen begründet werden, dürften aber nicht ohne weitere Konsequenzen für die Lösung von Interessenkonflikten gezogen werden, die bei der Aufstellung jener Regeln keine Rolle gespielt haben. Die Rechtsprechung lasse aus diesem Grunde auch nach einer Saldoanerkennung den Rückgriff auf Einzelforderungen, die zum Zustandekommen des Saldos beigetragen haben, zu, wenn ein wirtschaftliches Interesse an einer gesonderten Geltendmachung solcher Forderung besteht und die in der Saldoanerkennung gesehene Schuldumschaffung für die Beteiligten zu wirtschaftlich unsinnigen und mit der Kontokorrentabrede nicht beabsichtigten Folgen führen würde.31 Grundlage sei hierfür vor allem der in § 356 HGB zum Ausdruck gekommene Rechtsgedanke; danach bleibt eine Sicherheit, die für eine in die laufende Rechnung aufgenommene Forderung bestellt worden ist, ungeachtet der Saldoanerkennung auch für den sich beim Rechnungsabschluss ergebenden Saldo bestehen. Den Ausführungen in BGHZ 58, 257 sei deshalb nicht zu folgen, soweit ihnen zu entnehmen ist, der auf ein Konto des Konkursverwalters geflossene Erlös aus der Veräußerung eines der Aussonderung unterliegenden Gegenstandes könne nach § 46 Satz 2 KO nicht mehr herausverlangt werden, sobald ein Rechnungsabschluss mit Saldoanerkennung stattgefunden habe.

29 BGH v. 28.11.1957 – VII ZR 42/57, BGHZ 26, 142 (150); v. 26.6.1968 – I ZR 156/66, BGHZ 50, 277 (279); v. 28.4.1975 – II ZR 113/74, WM 1975, 556 (557). 30 BGH v. 2.11.1967 – II ZR 46/65, BGHZ 49, 24 (30). 31 BGH v. 8.3.1972 – VIII ZR 40/71, BGHZ 58, 257 (262).

744

Kummer

IV. Vertragliche Gegenleistung (§ 144 Abs. 2 InsO)

Rz. 23 Q

Aus alledem ergebe sich andererseits, dass die Ersatzaussonderungsmöglichkeit nur bis zur Höhe des in der Zeit danach eingetretenen niedrigstens Saldos besteht. Eine spätere Wiederauffüllung des Kontos durch andere Gutschriften lasse den Anspruch nicht wieder aufleben. Dabei nicht nur auf die jeweiligen Salden an den Rechnungsabschlussstichtagen abzustellen, sondern es sei jeder zwischenzeitliche niedrigere Tagessaldo von Bedeutung.

Kummer

745

Q 23

R. § 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger § 145 Anfechtung gegen Rechtsnachfolger (1) Die Anfechtbarkeit kann gegen den Erben oder einen anderen Gesamtrechtsnachfolger des Anfechtungsgegners geltend gemacht werden. (2) Gegen einen sonstigen Rechtsnachfolger kann die Anfechtbarkeit geltend gemacht werden: 1. wenn dem Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs die Umstände bekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; 2. wenn der Rechtsnachfolger zur Zeit seines Erwerbs zu den Personen gehörte, die dem Schuldner nahestehen (§ 138), es sei denn, daß ihm zu dieser Zeit die Umstände unbekannt waren, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbs seines Rechtsvorgängers begründen; 3. wenn dem Rechtsnachfolger das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist. Inhaltsübersicht Rz.

Rz.

I. Gesetzgebungsgeschichte . . .

1

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Gesamtrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 1 InsO) . . . . . . . . .

5

3. Nahestehende Personen (§ 145 Abs. 2 Nr. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Unentgeltlicher Erwerb durch den Rechtsnachfolger (§ 145 Abs. 2 Nr. 3 InsO) . . . . . . . . . . . . . . 19

IV. Einzelrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kenntnis des Rechtsnachfolgers (§ 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO)

7 7

V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen gegen Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

16

I. Gesetzgebungsgeschichte R 1 § 145 InsO entspricht im wesentlichen § 40 Abs. 1 und 2 KO. In § 145 Abs. 1 InsO ist klargestellt worden, dass andere Gesamtrechtsnachfolger dem Erben gleich zu behandeln sind. In § 145 Abs. 2 Nr. 2 InsO sind nunmehr alle dem Schuldner nahestehenden Personen einbezogen worden, nicht nur die Angehörigen, die in § 31 Nr. 2 KO genannt waren; sie sind in § 138 InsO definiert.

746

Kummer

III. Gesamtrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 1 InsO)

Rz. 6 R

II. Allgemeines Die Vorschrift beantwortet die Frage, inwieweit die Anfechtung gegen die Rechtsnachfolger des ursprünglichen Anfechtungsgegners geltend gemacht werden kann. Dies ist nach Abs. 1 gegen Gesamtrechtsnachfolger ohne weiteres möglich, nach Abs. 2 aber gegen Einzelrechtsnachfolger nur unter den dort bestimmten weiteren Voraussetzungen.

R2

Hinter dieser Regelung steht die Überlegung, dass die Rechtsnachfolge die Wiederherstellung des Schuldnervermögens nicht hindern soll, es sei denn, dass im Fall der Einzelrechtsnachfolge schutzwürdige Interessen des Rechtsnachfolgers überwiegen.1 Zudem soll eine Umgehung der Rückgewährpflicht durch den Ersterwerber ausgeschlossen werden.

R3

Die Vorschrift ist auch bei mehrfacher Rechtsnachfolge gegen die späteren Rechtsnachfolger anwendbar, unabhängig davon, ob es sich um Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolgen handelt.2 Allerdings wird vorausgesetzt, dass der Erwerb auch jedes Zwischenerwerbers anfechtbar ist.3

R4

III. Gesamtrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 1 InsO) Gesamtrechtsnachfolge tritt durch Erbschaft und Einbringung in das Gesamtgut der Gütergemeinschaft ein, ferner bei Handelsgesellschaften durch Verschmelzung (§§ 20, 36 UmwG) und Spaltung (§ 131 UmwG). Der Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Fortführung der Firma (§ 25 Abs. 1 HGB) wird gleichgestellt,4 nicht aber der Betriebsübergang nach § 613a BGB.5 Die analoge Anwendung des § 145 Abs. 1 InsO auf den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Ersterwerbers hat der BGH erwogen,6 aber letztlich offen gelassen.

R5

Beim Erben ist die Rückgewährpflicht eine Nachlassverbindlichkeit, denn sie beruht auf dem Eintritt in die Rückgewährpflicht des Erblassers (§ 1967 BGB).7 In der Nachlassinsolvenz kann der Insolvenzverwalter den zurück zu gewährenden Gegenstand aussondern.8

R6

1 2 3 4 5 6 7

MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 1. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 4. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 6. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 13; a.A. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 22. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 7. BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199 (203). BGH v. 5.2.1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36 (39); auch BGH v. 19.3.1981 – IVa ZR 30/80, NJW 1981, 1446 (1447); a.A. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 10. 8 Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 10; vgl. oben III. zu § 143. Kummer

747

R Rz. 7

§ 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger

IV. Einzelrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 2 InsO) 1. Allgemeines

R 7 Die Anfechtbarkeit gegenüber dem Einzelrechtsnachfolger knüpft an den Umstand an, dass er den Gegenstand, den der Insolvenzschuldner anfechtbar weggegeben hat, seinerseits von dem ursprünglichen Erwerber erlangt hat. Rechtsprechung und Literatur neigen immer mehr zu der Auffassung, dass § 145 Abs. 2 InsO nicht einfach die Rückgewährpflicht des ersten Leistungsempfängers auf weitere solche erstreckt, sondern gegen diese eigenständige Anfechtungstatbestände schafft.9 Dies führt zu eigenständigen Rückgewähransprüchen gegen die mehreren Erwerber und den unten bei Rz. R20 ff. weiter dargestellten Konsequenzen.

R 8 Die Arten eines solchen Erwerbs sind vielfältig.10 Für die Anwendung von § 145 Abs. 2 InsO ist aber völlig unerheblich, ob er durch Vertrag, Gesetz, Hoheitsakt oder in sonstiger Weise eingetreten ist.

R 9 Freilich muss der Rechtsnachfolger den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangen. Deshalb findet eine Rechtsnachfolge in die Wertersatzschuld des Ersterwerbers nicht statt. Dies gilt für eine Einzel- wie für die Gesamtrechtsnachfolge.11 Überhaupt ist, wenn es um die Zahlung einer Geldsumme geht, eine Rechtsnachfolge nur denkbar, wenn der Rechtsnachfolger die einzelnen Geldscheine oder Münzen erhalten hat, die aufgrund der Anfechtung herauszugeben sind.12 Der Einzelrechtsnachfolger kann jedoch auf anderer Rechtsgrundlage neben dem Ersterwerber (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO) für die Unmöglichkeit der Rückgewähr haften.13 Hat der Rechtsnachfolger eine Gegenleistung an den Ersterwerber erbracht, so muss er sich hierfür an diesen halten; er hat keinen Rückgewähranspruch an die Masse.14

R 10 Die Einzelrechtsnachfolge setzt nicht voraus, dass der Schuldner das anfechtbar Erlangte in vollem Umfang auf einen Dritten übertragen hat. Sie kann vielmehr auch schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befug-

9 BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (320) jedenfalls für den Fall der Teilübertragung auf den Einzelrechtsnachfolger; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 36; a.A. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 53, der aber bei Rz. 10 aaO eine bloße Erstreckung der Rückgewährpflicht auf den Erben leugnet. 10 Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 27 ff. 11 BGH v. 24.6.2003 – IX ZR 228/02, BGHZ 155, 199 (203); Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 27 und 68; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 3 und 18; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 145 Rz. 8. 12 BGH v. 9.10.2008 – IX ZR 59/07, ZIP 2008, 2183 Rz. 11. 13 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 32 und 33; Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 8 und 70. 14 Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 71.

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Kummer

IV. Einzelrechtsnachfolge (§ 145 Abs. 2 InsO)

Rz. 15 R

nis abgezweigt wird.15 Einzelrechtsnachfolger ist deshalb auch, wem der Erwerber eines anfechtbar erlangten Grundstücks ein beschränktes dingliches Recht daran bestellt.16 Rechtsnachfolger muss auch nicht ein Dritter sein. Vielmehr kann auch ein Schuldner selbst Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden.17 Dies kann dort praktisch werden, wo der Ersterwerber eines Grundstücks dieses zugunsten des Insolvenzschuldners mit einem nicht übertragbaren dinglichen Recht (z.B. nach §§ 1092 Abs. 1 Satz 2, 1093 Abs. 1 Satz 1 BGB) belastet hat, welches zwar nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung (§ 857 Abs. 2 ZPO) und somit auch nicht Teil der Masse (§ 36 Abs. 1 Satz 1 InsO) ist, aber die Verwertung des Grundstücks durch den Verwalter erschwert.18 BGH-Urteil vom 24.6.2003 – BGHZ 155, 199 (dieselbe Entscheidung wie oben bei III. zu § 143 InsO) Danach setzt die Rechtsnachfolge im Sinne von § 145 InsO voraus, dass der Nachfolger den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangt; sie scheidet aus, wenn schon dem Ersterwerber die Rückgewähr in Natur vor Eintritt der „Rechtsnachfolge“ unmöglich geworden war.

R 11

Dort war der Kläger Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Bauunternehmung. Diese führte ein Bauvorhaben aus und bezog zu diesem Zweck Baustoffe von einer Lieferantin. Diese erhielt Zahlungen hierfür aufgrund einer Abtretung durch die Bauunternehmung unmittelbar vom Bauherrn. Der Insolvenzverwalter focht die Zahlungen gegenüber der Lieferantin an. Diese wurde alsdann ihrerseits insolvent. Der Kläger führte den Anfechtungsprozess gegen ihren Insolvenzverwalter.

R 12

Der BGH hat eine Besonderheit dieses Falles darin gesehen, dass die Lieferantin von vornherein nur auf Wertersatz gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO haftete. Die Bauunternehmung als spätere Insolvenzschuldnerin hatte nämlich ihren Anspruch gegen den Bauherrn an die Lieferantin abgetreten. Diese hat die Ansprüche bei ihr als Drittschuldnerin eingezogen. Damit waren die abgetretenen Ansprüche erloschen und konnten in Natur nicht mehr zurückgewährt werden.

R 13

Im Zusammenhang mit der Insolvenz der Lieferantin erwägt der BGH eine analoge Anwendung des § 145 InsO auf deren Insolvenzverwalter. Er führt den Gedanken aber nicht weiter, da im konkreten Fall eine Rechtsnachfolge nicht in Betracht komme.

R 14

Jede Rechtsnachfolge im Sinne von § 145 InsO – sei es eine Einzelrechtsnachfolge gemäß Abs. 2 oder eine Gesamtrechtsnachfolge nach Abs. 1 –

R 15

15 Zum AnfG: BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (315); v. 5.2.1987 – IX ZR 161/85, BGHZ 100, 36 (40); v. 26.1.1959 – II ZR 235/57, BGHZ 29, 230 (233): Rangänderung. 16 Zum AnfG: BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (315). 17 Zum AnfG: BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (315). 18 Für das AnfG: BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314, 318 ff.; RGZ 25, 409, 412. Kummer

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R Rz. 15

§ 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger

setze nämlich voraus, dass der Nachfolger den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst erlangt. Die Norm sei insgesamt nicht anwendbar, wenn schon den Ersterwerber die Rückgewähr in Natur vor Eintritt der „Rechtsnachfolge“ unmöglich geworden sei. Der Zweck des § 145 InsO liege nämlich darin, dem Anfechtenden unter bestimmten Voraussetzungen einen erleichterten Zugriff auf den anfechtbar weggegebenen Gegenstand selbst zu ermöglichen. Für die bloße, von Anfang an bestehende Schuld einer Geldsumme gelten dagegen ohnehin und allein die allgemeinen bürgerlich oder handelsrechtlichen Vorschriften über Rechtsnachfolgen. Insbesondere würde die Möglichkeit der Haftungsbegrenzung, die die §§ 1975 ff. BGB oder § 25 Abs. 2, § 28 Abs. 2 HGB, § 133 Abs. 1 UmwG für wichtige Fälle der Gesamtrechtsnachfolge vorsehen, unterlaufen, wenn § 145 Abs. 1 InsO auch auf reine Geldsummenschulden anwendbar wäre.

2. Kenntnis des Rechtsnachfolgers (§ 145 Abs. 2 Nr. 1 InsO)

R 16 Die Anfechtung ist gegen den Einzelrechtsnachfolger begründet, wenn er im Zeitpunkt seines Erwerbs die Umstände gekannt hat, die den Erwerb seines Rechtsvorgängers vom Insolvenzschuldner anfechtbar gemacht haben. Diese Umstände muss der Rechtsnachfolger positiv kennen,19 und zwar einschließlich etwaiger subjektiver Merkmale wie eines Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes; grob fahrlässige Unkenntnis reicht insoweit nicht. Unerheblich ist, ob er aus seinen Kenntnissen auf die Anfechtbarkeit geschlossen hat.20 Unerheblich ist auch ein etwaiger guter Glaube des Rechtsnachfolgers nach §§ 892, 932 ff. BGB, denn er bezieht sich nur auf das Eigentum des Veräußerers und hat mit der Anfechtbarkeit von dessen Erwerb nichts zu tun. Der Zeitpunkt des Erwerbs durch den Rechtsnachfolger bestimmt sich nach § 140 InsO.21

R 17 Die Beweislast für eine solche Kenntnis des Rechtsnachfolgers liegt beim Insolvenzverwalter.

3. Nahestehende Personen (§ 145 Abs. 2 Nr. 2 InsO)

R 18 Bei ihnen wird die vorbezeichnete Kenntnis vermutet, so dass sie den Gegenbeweis dahin führen müssen, die zur Anfechtbarkeit führenden Umstände nicht gekannt zu haben. Da es sich aber um einen Negativbeweis handelt, dürfte den Insolvenzverwalter eine sekundäre Darlegungslast für die Umstände treffen, aus denen sich in seiner Sicht eine solche Kenntnis ergibt. Die Beweislast bleibt indessen bei den nahestehenden Personen, die die vom Insolvenzverwalter dargelegten Umstände widerlegen müssen. 19 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 25. 20 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 25. 21 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 27.

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V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen

Rz. 20 R

Die nahestehenden Personen sind in § 138 InsO definiert. Wird das Näheverhältnis durch die Ehe des Insolvenzschuldners begründet, so genügt es, dass diese bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Anfechtungsprozess gegen den Rechtsnachfolger geschlossen worden ist. Im übrigen muss das Näheverhältnis bereits zur Zeit der Rechtsnachfolge bestanden haben.22

4. Unentgeltlicher Erwerb durch den Rechtsnachfolger (§ 145 Abs. 2 Nr. 3 InsO) Die Norm darf als Parallele zu § 822 BGB gesehen werden. Die Zuwendung setzt kein aktives Handeln des Ersterwerbers voraus. Sie kann insbesondere auf einem Eingriff des Zweiterwerbers beruhen, den der Ersterwerber duldet,23 etwa in der Zwangsversteigerung.24 Der Begriff der Unentgeltlichkeit entspricht dem in § 134 InsO. Hier ist unerheblich, ob der Zweiterwerber die Anfechtbarkeit des Ersterwerbs gekannt hat.25

R 19

V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen gegen Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger Nach der im Vordringen befindlichen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung handelt es sich bei den Anfechtungsansprüchen gegen Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger nicht um eine bloße Ausdehnung der Rückgewährpflicht, sondern um jeweils selbständige Ansprüche und um jeweils eigenständige Anfechtungstatbestände (siehe oben Rz. R7). Daraus folgt zunächst, dass gegen beide selbständig angefochten werden muss. Demgemäß können auch die Anfechtungsfristen gegen beide zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnen, insbesondere im Hinblick auf § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB.26 Sie können dann auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten ablaufen, jedoch ohne dass sich der Zweiterwerber auf die Verjährung des Anfechtungsanspruchs gegen den Ersterwerber berufen könnte.27

22 23 24 25 26

MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 28; Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 62. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 29. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 30. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 63. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 36; sollte RGZ 103, 113, 121 (dazu OLG Düsseldorf, ZIP 1996, 185 unter dem Aspekt, ob die fristgerechte Anfechtung gegenüber dem Ersterwerber auch die Frist gegenüber dem Zweiterwerber wahrt) und BGH NJW 1980, 226 Gegenteiliges zu entnehmen sein, so wäre daran nicht festzuhalten. 27 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 145 Rz. 9 generell; Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 53 unter der Prämisse der Erstreckung des Anfechtungsanspruchs auf den Rechtsnachfolger. Kummer

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R 20

R Rz. 21

§ 145 InsO – Anfechtung gegen Rechtsnachfolger

R 21 An den Zeitschranken, die in den Anfechtungstatbeständen (§§ 130 ff. InsO) enthalten sind, ändert sich durch den weiteren Erwerbsvorgang nichts. Die Entscheidung im Anfechtungsprozess gegen den Ersterwerber wirkt keine Rechtskraft für die Anfechtung gegen den Rechtsnachfolger.28

R 22 Die Anfechtung gegen den Rechtsnachfolger setzt voraus, dass die Anfechtung auch gegenüber dem Ersterwerber begründet gewesen ist29 und noch begründet ist,30 wenngleich sie nicht auf demselben Anfechtungstatbestand beruhen muss31 und auch gar nicht geltend gemacht worden sein muss.32 Unerheblich ist, ob das Insolvenzverfahren gegen den Ersterwerber vor oder nach Eintritt der Rechtsnachfolge eröffnet worden ist.33

R 23 Die Verfolgung der Anfechtung gegen den Rechtsnachfolger hindert ande-

rerseits nicht die Verfolgung des Anspruchs gegen den Ersterwerber34 und umgekehrt. Insoweit besteht ein Rückgewähranspruch gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn der Ersterwerber gerade wegen der Weitergabe des anfechtbar empfangenen Gegenstandes (nur) Wertersatz schuldet. Darin liegt kein Widerspruch zu dem Grundsatz, dass keine Rechtsnachfolge in den Wertersatzanspruch stattfindet, denn hier wird gegen den Zweiterwerber gerade die Rückgewähr in natura geltend gemacht, auf die die Anfechtung primär abzielt. Besteht die Möglichkeit, den Gegenstand vom Zweiterwerber zurück zu erhalten, so kann sich der Verwalter gegenüber dem Ersterwerber zunächst auf eine Feststellungsklage beschränken, die die Wirksamkeit der Anfechtung ihm gegenüber zum Gegenstand hat.35

R 24 Soweit die Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO dem Ersterwerber

eine Beweislast auferlegen,36 trifft sie auch den Rechtsnachfolger im Anfechtungsprozess gegen ihn selbst.37

BGH-Beschluss vom 23.11.1995 – ZIP 1996, 184

R 25 Danach hat der Verwalter an der Feststellung der Wirksamkeit einer Anfechtung gegenüber dem Ersterwerber schon deswegen ein rechtliches Interesse, weil dieser infolge der Anfechtung jedenfalls zum Wertersatz verpflichtet ist, wenn er zur Rückübertragung des anfechtbar erworbenen Gegenstandes wegen Weiterveräußerung nicht mehr in der Lage ist. 28 29 30 31 32 33 34 35

HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 145 Rz. 13. BGH v. 13.7.1995 – IX ZR 81/94, BGHZ 130, 314 (320) zum AnfG. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 49 und 50; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 145 Rz. 9. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 85; RGZ 103, 113 (116 f.). Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 51. MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 145 Rz. 5. Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 70. BGH v. 23.11.1995 – IX ZR 48/95, ZIP 1996, 184 (mit Anm. Mauer, EWiR 1996, 269). 36 Z.B. in §§ 131 Abs. 1 Satz 2, 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. 37 Jaeger/Henckel, § 145 Rz. 58.

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Kummer

V. Verhältnis zwischen den Anfechtungsansprüchen

Rz. 28 R

Der Beklagte hatte von der Gemeinschuldnerin während der Krise gewerbliche Schutzrechte erworben, die er weiter veräußerte. Der Verwalter versäumte die Anfechtungsfrist gegenüber den Erwerbern. Er erhob alsdann gegen den beklagten Geschäftsführer innerhalb der Frist des § 41 Abs. 1 KO Klage auf Feststellung, dass er die Veräußerung der Schutzrechte an den Beklagten wirksam angefochten habe.

R 26

Der BGH hat den Verwalter ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung gegenüber dem Beklagten attestiert. Dies schon deshalb, weil der Beklagte als Ersterwerber infolge der wirksamen Anfechtung jedenfalls zum Wertersatz verpflichtet ist, wenn er die Schutzrechte wegen Weiterveräußerung nicht mehr rückübertragen kann. Diesen Anspruch habe der Kläger durch eine gerichtliche Geltendmachung der Anfechtung innerhalb der Frist des § 41 KO sichern müssen. Auf eine Leistungsklage habe er sich dabei nicht verweisen lassen müssen, weil der mit einer Bezifferung des Wertersatzanspruchs verbundene Aufwand überflüssig ist, wenn die Schutzrechte von den derzeitigen Inhabern zurückerlangt werden können.

R 27

Offen gelassen hat der BGH die Frage, ob ein Feststellungsinteresse daneben deshalb besteht, weil der Verwalter mit der rechtzeitigen Feststellungsklage gegen den Ersterwerber auch die Anfechtungsfrist gegenüber den Zweiterwerber gewahrt hat. Dies hatte die Vorinstanz angenommen.

R 28

Kummer

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S. § 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs § 146 Verjährung des Anfechtungsanspruchs (1) Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch. (2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht. Inhaltsübersicht Rz.

I. Gesetzgebungsgeschichte . . . 1. Konkursordnung . . . . . . . . . . . 2. InsO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 1 2

Rz.

II. Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO) . .

6

III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO) . . . . . . . . . . . . .

9

I. Gesetzgebungsgeschichte 1. Konkursordnung

S 1 Die KO hatte in § 41 Abs. 1 für die Anfechtung eine Jahresfrist ab Eröffnung des Verfahrens vorgesehen. Diese Frist war ursprünglich eine gewöhnliche Verjährungsfrist, seit 1898 aber als Ausschlussfrist ausgestaltet, da man auch dieses Anfechtungsrecht wie dasjenige aus §§ 119, 123 BGB als Gestaltungsrecht angesehen hatte.1 Die analoge Anwendung von Verjährungsvorschriften hierauf war umstritten.2

2. InsO

S 2 § 146 Abs. 1 InsO hat die Anfechtungsfrist wieder zur gewöhnlichen Verjährungsfrist gemacht. Dies entsprach der Erkenntnis, dass die Anfechtung einen Rückgewähranspruch begründet.3 Dabei war es dem Gesetzgeber ein besonderes Anliegen, die Anwendbarkeit des Rechtsgedankens aus §§ 206, 207 BGB a.F. (= §§ 210, 211 BGB n.F., Ablaufhemmung) auf einen Verwalterwechsel, des § 209 Abs. 2 BGB a.F. (entspricht § 204 Abs. 1 Nr. 2 ff. BGB n.F., Hemmung in anderer Weise als durch Erhebung der Klage), des § 212 Abs. 2 BGB a.F. (entspricht § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F., 1 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443 S. 168. 2 BGH v. 1.3.1984 – IX ZR 33/83, BGHZ 90, 249 (251); v. 18.10.1990 – IX ZR 43/90, BGHZ 110, 325 (327); v. 4.3.1993 – IX ZR 138/92, BGHZ 122, 23 (24). 3 Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443 S. 169.

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Kummer

II. Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO)

Rz. 6 S

Nachlauffrist von sechs Monaten) und vor allem des § 208 BGB a.F. (= § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F., Neubeginn der Verjährung bei Anerkenntnis durch den Anfechtungsgegner) in den Bereich der unmittelbar anwendbaren Vorschriften einzubeziehen.4 Dem ist die Rechtsprechung des BGH gefolgt und hat die Anwendbarkeit des § 203 ff. BGB n.F. bestätigt.5 Diese Rechtsänderung ergreift alle Insolvenzverfahren, die ab 1.1.1999 eröffnet worden sind, und zwar auch dann, wenn die Rechtswirkungen der anfechtbaren Rechtshandlung schon vor dem Stichtag eingetreten waren.6 Eine Übergangsvorschrift insoweit existiert nicht; Art. 106 EGInsO bezieht sich hierauf nicht, sondern nur auf die Voraussetzungen für die Anfechtbarkeit von Rechtshandlungen.7

S3

Die Verjährungsfrist betrug ursprünglich zwei Jahre und begann wiederum mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil damit der Anfechtungsanspruch entstanden war.8 Durch Gesetz vom 9.12.2004,9 in Kraft ab 15.12.2004, ist § 146 Abs. 1 InsO dahin geändert worden, dass der Anfechtungsanspruch der Verjährung nach den allgemeinen Regeln des BGB unterliegt. Nunmehr beträgt also die Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB) und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anfechtungsanspruch entstanden ist (also das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, siehe oben Rz. P38 zu 143 InsO) und der Insolvenzverwalter von den Umständen, die den Anfechtungsanspruch begründen, und der Person des Anfechtungsgegners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Einzelheiten hierzu sind unten in Rz. S6 ff. dargestellt.

S4

Die Übergangsvorschrift hierzu findet sich in Art. 229 § 12 Abs. 1 mit Verweisung auf Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB. Im Ergebnis ist danach § 146 Abs. 1 InsO mit der verlängerten Verjährungsfrist auf alle Insolvenzverfahren anwendbar, die ab 15.12.2004 eröffnet worden sind.10

S5

II. Verjährung (§ 146 Abs. 1 InsO) Wendet man die Verjährungsvorschriften des BGB auf den Anfechtungsanspruch an, so beginnt die dreijährige Verjährungsfrist hierfür nicht früher als mit dem Ende des Jahres, in das die Eröffnung des Insolvenzverfah4 5 6 7 8

Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/2443 S. 169. BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 209/06, ZIP 2008, 888 Rz. 12. BGH v. 16.11.2006 – IX ZR 239/04, ZIP 2007, 33. BGH v. 16.11.2006 – IX ZR 239/04, ZIP 2007, 33 Rz. 11. § 200 Satz 1 BGB; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 146 Rz. 6; Kirchhof, WM 2002, 1237. 9 BGBl. 2004 I 3214 mit amtlicher Begründung in BT-Drucks. 15/3653. 10 HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 146 Rz. 6; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 3; siehe auch BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, ZIP 2008, 1593 Rz. 18. Kummer

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S6

S Rz. 6

§ 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs

rens fällt, denn hiermit entsteht der Anfechtungsanspruch als unbedingter Anspruch (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Eine Ausnahme gilt für Rechtshandlungen, die anfechtbar sind, obwohl sie erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind,11 also für die Fälle des § 147 InsO. Hier kann die Verjährungsfrist nicht vor dem Ende des Jahres beginnen, in dem die Rechtshandlungen vorgenommen worden sind.

S 7 § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt indessen für den Beginn der Verjährung zusätzlich die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Insolvenzverwalters von den Umständen, die den Anfechtungsanspruch begründen und der Person des Anfechtungsgegners. Vielfach wird der Insolvenzverwalter diese Kenntnis erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben, so dass der Beginn der Verjährungsfrist bis zum Ende des Jahres hinausgeschoben ist, in dem der Insolvenzverwalter diese Kenntnis positiv erlangt hat oder ihm die Unkenntnis hiervon als grobe Fahrlässigkeit zugerechnet werden muss. Dabei ist ein Rechtsirrtum des Insolvenzverwalters grundsätzlich nicht der Unkenntnis gleichzusetzen.12 Andererseits ist eine Kenntnis des Schuldners dem Insolvenzverwalter nicht ohne weiteres zuzurechnen.13

S 8 Für die Hemmung der Verjährung gelten die allgemeinen Vorschriften (§§ 203–211 BGB). Insbesondere wird die Verjährung durch Klage gehemmt, die indessen nicht ausdrücklich auf eine Insolvenzanfechtung abstellen oder eine solche gar erklären muss.14 Vielmehr genügt für die Ausübung des Anfechtungsrechts jede erkennbare – auch konkludente – Willensäußerung, wonach der Insolvenzverwalter eine Gläubigerbenachteiligung in der Insolvenz nicht hinnimmt, sondern zur Masseanreicherung wenigstens wertmäßig auf Kosten des Anfechtungsgegners wieder auszugleichen sucht.15 Auch die §§ 212 und 214 Abs. 1 BGB gelten.16

III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO) S 9 Nach dieser Vorschrift kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht, auch dann verweigern, wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist.

11 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 8a. 12 BGH v. 18.1.1972 – VI ZR 204/70, VersR 1972, 394; v. 17.10.1995 – VI ZR 246/94, NJW 1996, 117 (118); MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 8b. 13 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 8c. 14 Grundlegend BGH v. 20.3.1997 – IX ZR 71/96, BGHZ 135, 140 gegen BGH v. 12.10.1989 – IX ZR 184/88, BGHZ 109, 47 (54); siehe auch Rz. B543 ff. zu § 129 sowie Rz. P38 zu § 143. 15 BGH v. 21.2.2008 – IX ZR 209/06, ZIP 2008, 888. 16 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 26 und 28.

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III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO)

Rz. 11 S

Hiernach ist unerheblich, ob der Verwalter die Rechtshandlung rechtzeitig angefochten hat. Zum anderen kann die Einrede ihrerseits zeitlich unbefristet erhoben werden.17 Umso wichtiger ist ihre Abgrenzung von der Anfechtung (§ 146 Abs. 1 InsO). Danach ist die Anfechtung erforderlich, wenn der Insolvenzverwalter angreift, insbesondere einen nicht mehr in der Masse enthaltenen Gegenstand dieser wieder zuführen möchte. Dagegen hat er die Anfechtungseinrede, wenn er sich verteidigt, insbesondere einen in der Masse befindlichen Gegenstand für diese erhalten will.18 Unerheblich ist die Parteistellung des Insolvenzverwalters im jeweiligen Prozess. Typische Fälle der Anfechtungseinrede sind die Abwehr anfechtbar begründeter Aus- und Absonderungsrechte,19 insbesondere auch durch Vollstreckungsabwehrklage.20

S 10

Dagegen geht die Aufrechnung mit Anfechtungsansprüchen über eine solche Verteidigung hinaus.21 Erst recht gilt § 146 Abs. 1 InsO für den Verwalter, der seinerseits die gegnerische Aufrechnung bekämpft, indem er die Herstellung der Aufrechnungslage anficht.22 Er muss deshalb den Anspruch aus der Hauptforderung vor Ablauf der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO gerichtlich geltend machen.23 Diese muss insbesondere wegen § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch nach Anpassung dieser Frist seit 15.12.2004 nicht mit der originären Verjährungsfrist für den Anspruch übereinstimmen. Damit wird das Interesse der Masse für den Fall gewahrt, dass das Insolvenzverfahren kurz vor Eintritt der originären Verjährung eröffnet wird. Zur Hemmung der Verjährung aus § 146 Abs. 1 InsO reicht es folglich aus, dass der Anspruch auf die Hauptforderung und die Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage fristgerecht dargelegt werden.24 Versäumt der Verwalter diese Frist aber, so entfaltet § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO insolvenzrechtlich keine Wirkung mehr; es bleibt dann beim zivilrechtlichen Erlöschen der Hauptforderung durch die Aufrechnung.25 Dagegen muss der Insolvenzverwalter innerhalb der genannten Frist nicht die Anfechtbarkeit weiterer Gegenrechte des Anfechtungsgegners

S 11

17 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 45; auch Jaeger/Henckel, § 146 Rz. 63. 18 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 134/00, ZIP 2001, 1250, 1253; v. 1.12.1988 – IX ZR 112/88, BGHZ 106, 127 (130); v. 28.11.1983 – II ZR 94/83, NJW 1984, 874; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 52; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 146 Rz. 13. 19 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 53a. 20 BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 75/81, ZIP 1984, 464 (467). 21 BGH v. 7.6.2001 – IX ZR 134/00, ZIP 2001, 1250 (1253). 22 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, ZIP 2007, 1467, insbes. Rz. 12. 23 BGH v. 28.9.2006 – IX ZR 136/05, ZIP 2006, 2178 (mit krit. Anm. Wazlawik EWiR 2007, 19). 24 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, ZIP 2008, 1593 Rz. 21. 25 BGH v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, ZIP 2007, 1467 Rz. 12. Kummer

757

S Rz. 11

§ 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs

darlegen, die der Gläubigerbenachteiligung womöglich entgegenstehen, z.B. eines Pfandrechts.26

S 12 Wird das Absonderungsrecht im Schiedsverfahren (aufgrund einer noch mit dem Insolvenzschuldner getroffenen Schiedsabrede) geltend gemacht, so kann der Verwalter die Einrede der Anfechtbarkeit noch im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs erheben.27

S 13 Die Anfechtungseinrede wirkt auch als Gegeneinrede28 gegen eine anfechtbar erlangte Einrede des Gegners (etwa die Stundung oder den Erlass der eingeklagten Forderung des Insolvenzschuldners oder gegen ein vom Gegner anfechtbar erworbenes Recht, aus dem er eine Einrede ableitet (z.B. ein Recht zum Besitz im Herausgabeprozess des Insolvenzverwalters). Dies gilt jedenfalls solange, als sich der umstrittene Gegenstand noch in der Masse befindet und der Insolvenzverwalter mit der Gegeneinrede letztlich nur deren Bestand verteidigt.29

S 14 Nach § 41 Abs. 2 KO konnte der Verwalter auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist die Leistung verweigern, wenn die Verpflichtung des Gemeinschuldners hierzu „durch die anfechtbare Handlung … begründet“ worden war. § 146 Abs. 2 InsO gibt das Leistungsverweigerungsrecht, wenn die Leistungspflicht „auf einer anfechtbaren Handlung beruht“. Nach der Amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf30 soll diese Formulierung verdeutlichen, „dass auch ein mittelbarer Zusammenhang zwischen anfechtbarer Handlung und Leistungspflicht genügt, dass jede Art von Leistungspflicht genügt (z.B. eine sachenrechtliche Leistungspflicht) und dass die Leistungspflicht nicht schon vor der Verfahrenseröffnung gegenüber dem Schuldner bestanden haben muss“. Die Literatur verlangt für die Anfechtungseinrede einen Kausalzusammenhang zwischen der anfechtbaren Handlung und der Leistungspflicht, die der Insolvenzverwalter nicht zu erfüllen braucht.31 Nach der Rechtsprechung genügt aber, dass die anfechtbare Handlung nur ein einzelnes Tatbestandsmerkmal des gegen den Verwalter erhobenen Anspruchs darstellt,32 dieser also ohne die anfechtbare Rechtshandlung nicht entstanden wäre. So verhält es sich etwa, wenn eine Bereicherungs- oder Schadensersatzforderung gegen ihn auf die Verwertung einer Sache gestützt wird, die der Kläger anfechtbar 26 BGH v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, ZIP 2008, 1593 (mit insoweit zust. Anm. R. Weiß, EWiR 2009, 153). 27 BGH v. 17.1.2008 – III ZB 11/07, ZIP 2008, 478. 28 Jaeger/Henckel, § 146 Rz. 73; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 56; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 146 Rz. 15. 29 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 56. 30 BT-Drucks. 12/2443 S. 169. 31 Jaeger/Henckel, § 146 Rz. 66 ff.; MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 146 Rz. 49. 32 BGH v. 11.6.1992 – IX ZR 255/91, BGHZ 118, 374 (382); ähnlich BGH v. 1.12.1988 – IX ZR 112/88, BGHZ 106, 127 (130): Wenn die Leistung, die vom Verwalter gefordert wird, zwar nicht unmittelbar, aber doch im letzten Grunde auf einer anfechtbaren Rechtshandlung beruht.

758

Kummer

III. Einrede der Anfechtbarkeit (§ 146 Abs. 2 InsO)

Rz. 19 S

erworben hatte. Es muss aber – bis auf die Verjährung – feststehen, dass die Rechtshandlung anfechtbar ist. BGH-Urteil vom 1.12.1988 – BGHZ 106, 127 Im dort entschiedenen Fall hatte die spätere Gemeinschuldnerin eine Vergütung, die ihr die Beklagte aus einem Bauvorhaben schuldete, an den Kläger abgetreten. Nach Eröffnung des Konkursverfahrens zahlte die Beklagte an den Konkursverwalter. Der Kläger forderte gleichwohl Zahlung von der Beklagten. Der Konkursverwalter trat dem Rechtsstreit als Nebenintervenient auf Seiten der Beklagten bei und focht die Abtretung an.

S 15

Der BGH hat in diesem Zusammenhang zunächst entschieden, dass der Konkursverwalter die Anfechtungseinrede nur als Partei und nicht als Streithelfer eines Beklagten erheben kann. Er hätte im konkreten Fall § 41 Abs. 2 KO auch nicht durchgreifen lassen, weil der Rechtsstreit nicht darum geführt wurde, ob die Masse den gezahlten Betrag behalten durfte. Gleichwohl hat er sich veranlasst gesehen, grundsätzliche Ausführungen zu § 41 Abs. 2 KO zu machen, die ohne weiteres auf § 146 Abs. 2 InsO übertragbar sind.

S 16

Danach gilt über den Wortlaut der Vorschrift hinaus der Grundsatz, dass auch nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 41 Abs. 1 KO (jetzt der Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO) dem Verwalter die Einrede der Anfechtung noch gegen jeden Anspruch zusteht, durch den der Anfechtungsgegner aufgrund der anfechtbaren Handlung etwas von der Masse verlangt. Der Einrede greife durch, wenn die Leistung, die von der Masse gefordert wird, zwar nicht unmittelbar, aber doch im letzten Grunde auf einer anfechtbaren Rechtshandlung beruht.33

S 17

Der BGH hat aber dort die Grenze gezogen, wo Sinn und Zweck der Vorschrift einer weiteren Ausdehnung entgegenstehen. Für die Anwendung des § 41 Abs. 2 KO komme es darauf an, ob der Verwalter angreift, um eine aufgrund einer anfechtbaren Rechtshandlung erbrachte Leistung wieder der Masse zu verschaffen, oder ob er sich verteidigt, indem er die Rechtsstellung der Masse wahrt. § 41 Abs. 2 KO habe den Zweck zu verhindern, dass Gegenstände und Rechte, die noch in der Masse sind, aufgrund eines anfechtbaren Rechtserwerbs deshalb der Masse entzogen werden, weil die Anfechtungsfrist versäumt worden ist. Nach diesen Grundsätzen sei die Einrede zugelassen, sofern der Verwalter gegen die Masse gerichtete Ansprüche abwehrt.

S 18

Das treffe zu, wenn die Zahlung des Schuldners an den Verwalter gemäß § 407 Abs. 1 BGB gegenüber dem Zessionar des Gemeinschuldners wirksam ist und deshalb der Gläubiger den Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB gegen den Verwalter erhebt,34 oder wenn der Verwalter, der sich in Besitz

S 19

33 BGH v. 30.6.1959 – VIII ZR 11/59, BGHZ 30, 238 (239); RGZ 84, 225 (228). 34 BGH v. 4.5.1970 – VIII ZR 163/68, WM 1970, 756 (757). Kummer

759

S Rz. 19

§ 146 InsO – Verjährung des Anfechtungsanspruchs

der gepfändeten Sache befindet, als Beklagter oder Kläger die Unwirksamkeit eines Pfändungspfandrechts aufgrund einer Anfechtung geltend macht.35

S 20 Dagegen stehe dem Verwalter die Einrede nicht zur Seite, wenn er nach Ablauf der Anfechtungsfrist auf Einwilligung in die Auszahlung des nicht in der Masse befindlichen, sondern hinterlegten streitigen Betrages klagt.36 Desgleichen könne der Verwalter die Einrede der Anfechtung nicht mit Erfolg erheben, wenn der Zessionar der ursprünglich dem Gemeinschuldner zustehenden Forderung diese dem vom Verwalter in Anspruch genommenen Schuldner erlassen hat. Die Einrede habe nämlich keinen weiteren Sinn, als dass der Verwalter in der Lage bleiben soll, Ansprüche auf Leistungen aus der Masse abzuwehren, wenn sie unmittelbar oder mittelbar auf anfechtbaren Handlungen beruhen.37

35 BGH v. 1.3.1982 – VIII ZR 75/81, ZIP 1982, 464 (467); v. 12.7.2007 – IX ZR 120/04, ZIP 2007, 1467 Rz. 9 ff.; v. 17.7.2008 – IX ZR 148/07, ZIP 2008, 1593 Rz. 19. 36 BGH v. 25.10.1972 – VIII ZR 54/71, BGHZ 59, 353. 37 BGH v. 28.11.1983 – II ZR 94/83, ZIP 1984, 171.

760

Kummer

T. § 147 InsO – Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung § 147 Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung Eine Rechtshandlung, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die nach § 81 Abs. 3 Satz 2, §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen wirksam ist, kann nach den Vorschriften angefochten werden, die für die Anfechtung einer vor der Verfahrenseröffnung vorgenommenen Rechtshandlung gelten. Satz 1 findet auf die den in § 96 Abs. 2 genannten Ansprüchen und Leistungen zugrunde liegenden Rechtshandlungen mit der Maßgabe Anwendung, dass durch die Anfechtung nicht die Verrechnung einschließlich des Saldenausgleichs rückgängig gemacht wird oder die betreffenden Zahlungsaufträge, Aufträge zwischen Zahlungsdienstleistern oder zwischengeschalteten Stellen oder Aufträge zur Übertragung von Wertpapieren unwirksam werden. Inhaltsübersicht Rz.

Rz.

I. Gesetzgebungsgeschichte . . .

1

III. Regelungsgehalt . . . . . . . . . . . . . . .

3

II. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . .

2

IV. Einzelheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7

I. Gesetzgebungsgeschichte T1

Die Vorschrift hat einen Vorläufer in § 47 KO.

II. Allgemeines Die Vorschrift erlaubt die Anfechtung von Rechtshandlungen, die der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen hat, genauer: die nach der Regel des § 140 Abs. 2 InsO als nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen gelten und zum gutgläubigen Erwerb durch den Anfechtungsgegner geführt haben. Die Vorschrift ergänzt damit die §§ 129 bis 146 InsO, die eine Rechtshandlung zwar nicht stets vor dem Eröffnungsantrag, aber immer vor dem Eröffnungsbeschluss voraussetzen (§ 129 Abs. 1 InsO). Die Vorschrift bezieht sich ausschließlich auf Rechtshandlungen, die die Veräußerung, Änderung, Belastung oder Aufhebung von Rechten an Grundstücken, Schiffen oder Luftfahrzeugen des Schuldners oder die in Kummer

761

T2

T Rz. 2

§ 147 InsO – Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung

§ 96 Abs. 2 InsO genannten Ansprüche und Leistungen (Finanzsicherheiten) betreffen. Die folgende Darstellung beschränkt sich auf die Veräußerung von Grundstücken. Vergleichbare Vorschriften für bewegliche Sachen gibt es nicht.

III. Regelungsgehalt T 3 Er erschließt sich erst anhand weiterer Bestimmungen der InsO. Ausgangspunkt ist § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO. Hiernach gilt die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für deren Wirksamwerden erfüllt sind (z.B. der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung), die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist (§ 873 Abs. 2 BGB) und der andere Teil den Eintragungsantrag gestellt hat. Letzteres entspricht § 878 BGB mit dem Unterschied, dass dort eine nachträgliche Verfügungsbeschränkung zu Lasten des Veräußerers auch dann nicht schadet, wenn dieser selbst und nicht der Erwerber es gewesen ist, der den Eintragungsantrag gestellt hat. Unerheblich ist, ob und wann der Erwerber im Grundbuch eingetragen wird. Auf den so definierten Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung stellen die Anfechtungstatbestände der §§ 130 ff. InsO ab.

T 4 Hiernach wäre ein Rechtsgeschäft nicht anfechtbar, wenn der in § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO definierte Wirksamkeitszeitpunkt erst nach dem Eröffnungsantrag liegt und der Erwerber gutgläubig ist, die Masse somit gemindert wird. Der Abschluss solcher Rechtsgeschäfte ist nicht von vornherein auszuschließen, denn der Insolvenzverwalter kann den Schuldner nicht an der Abgabe entsprechender Willenserklärungen hindern; eine Grundbuchsperre tritt durch die Insolvenz vor Eintragung des Insolvenzvermerks nicht ein. § 81 Abs. 1 Satz 2 InsO lässt entgegen der Grundregel in Satz 1 aaO die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs offen, wenn der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verfügt hat. § 91 Abs. 2 InsO lässt einen solchen gutgläubigen Erwerb ebenfalls entgegen der Grundregel in Abs. 1 aaO zu, wenn er sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollzieht.

T 5 Rechtshandlungen, die hiernach unanfechtbar wären, unterfallen der Anfechtung nach § 147 Satz 1 InsO. Vorausgesetzt wird also, dass von den drei in § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO genannten Rechtsakten (Erfüllung der Wirksamkeitsvoraussetzungen, Bindung des Schuldners an seine Einigungserklärung, Antrag des Erwerbers auf Eintragung der Rechtsänderung) jedenfalls einer in die Zeit nach dem Eröffnungsbeschluss fällt. Dabei steht es dem Eintragungsantrag des Erwerbers gleich, dass der Schuldner selbst den Eintragungsantrag nach dem Eröffnungsbeschluss bestellt hat. Dies wird trotz der offensichtlichen Diskrepanz zwischen § 140 Abs. 2 Satz 1 InsO und § 878 BGB, die erst im Gesetzgebungsver-

762

Kummer

IV. Einzelheiten

Rz. 9 T

fahren zur InsO entstanden ist, einhellig vertreten,1 wenn auch mit unterschiedlicher Begründung. Das Problem kann in der Praxis dadurch entschärft werden, dass der Verwalter einen noch nicht vollzogenen Eintragungsantrag des Schuldners zurücknimmt.2 Es stellt sich von vornherein nicht, wenn der Erwerber wirksam eine Auflassungsvormerkung erlangt hat (arg. § 140 Abs. 2 Satz 2 InsO), wozu erforderlich ist, dass der Erwerber deren Eintragung beantragt hat, die Bewilligung für den Schuldner bindend geworden ist (§ 878 BGB) und der vorzumerkende Anspruch entstanden ist.3 Ob in diesem Zusammenhang auch der Eintragungsantrag des Insolvenzschuldners ausreicht, ist bislang noch nicht entschieden. Ein Anfechtungsbedürfnis besteht insoweit aber nur, wenn der Erwerber gutgläubig war. Er war insbesondere bösgläubig, wenn ihm der Eröffnungsbeschluss bekannt war (§ 892 Abs. 1 BGB). Der entscheidende Zeitpunkt für die Kenntnis ist die Stellung des Eintragungsantrags oder die Einigung über den dinglichen Rechtserwerb, wenn sie erst später erklärt worden ist (§ 892 Abs. 2 BGB).

T6

IV. Einzelheiten Anfechtbar sind nicht nur Rechtshandlungen des Schuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Anfechtbar sind vielmehr auch Rechtshandlungen Dritter, namentlich des Erwerbers, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und zur Vollendung seines Rechtserwerbs geführt haben,4 insbesondere sein Eintragungsantrag.5

T7

Es kommen alle Anfechtungstatbestände des §§ 130 ff. InsO in Betracht, womöglich mit Ausnahme des § 132 InsO. Bis auf die Zeitschranken (Vornahmefristen) muss aber der gesamte jeweilige Anfechtungstatbestand erfüllt sein.6

T8

Der Insolvenzverwalter muss die Vollendung des Erwerbstatbestandes, insbesondere die Grundbucheintragung, nicht abwarten.7 Er kann schon vorher anfechten, insbesondere um dem gutgläubigen Erwerb durch einen weiteren Erwerber vorzubeugen.8

T9

1 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 147 Rz. 6 ff.; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl., § 147 Rz. 5; Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 41 ff.; Breutigam/Tanz, ZIP 1998, 717 (721 bis 723); Scherer, ZIP 2002, 341. 2 Raebel, ZInsO 2002, 955. 3 BGH v. 10.12.2009 – IX ZR 203/06, ZIP 2010, 339 zu § 8 AnfG. 4 Jaeger/Henckel, § 147 Rz. 2. 5 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 147 Rz. 12. 6 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 147 Rz. 13; Jaeger/Henckel, § 147 Rz. 5. 7 MK-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 147 Rz. 9. 8 Jaeger/Henckel, § 140 Rz. 46. Kummer

763

Rechtsprechungsregister

1. EuGH Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2009 13. 8.

C-339/07

ZIP 2009, 427

B556

2. GemS-OGB Datum

Az.

Fundstelle

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2010 27. 9.

GemS-OGB 1/09

ZInsO 2010, 2400

B516, B553

Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2011 20. 1. 20. 1. 25. 1. 25. 1. 3. 2.

IX ZR 58/10 IX ZR 8/10 XI ZR 171/09 IX ZR 172/09 IX ZR 213/09

ZInsO 2011, 421 ZIP 2011, 385 ZIP 2011, 482 BKR 2011, 127 ZIP 2001, 531

10. 10. 17. 17.

2. 2. 2. 2.

IX ZR 49/10 IX ZR 18/10 IX ZR 131/10 IX ZR 91/10

BGHZ 188, 317 ZIP 2011, 674 ZIP 2011, 575 ZIP 2011, 1114

1. 17. 17. 17. 17. 24. 7. 3. 19.

3. 3. 3. 3. 3. 3. 4. 5. 5.

XI ZR 135/10 IX ZA 3/11 IX ZR 63/10 IX ZR 166/08 IX ZR 73/10 IX ZB 36/09 IX ZR 118/10 XI ZR 152/09 IX ZR 9/10

WM 2011, 656 ZinsO 2011, 784 ZIP 2011, 773 ZIP 2011, 824 NJW 2011, 1506 ZIP 2011, 683 ZIP 2011, 966 ZIP 2011, 1252 ZIP 2011, 1111

31. 9. 30. 30.

5. 6. 6. 6.

II ZR 106/10 IX ZR 179/08 IX ZR 134/10 IX ZR 155/08

ZIP 2011, 1410 ZIP 2011, 1324 ZIP 2011, 1416 ZIP 2011, 1523

B110, D85 D65, N23 B95 O132 B20, B21, F11, N18, N19, N22, N24 B360 G45, P132 H48, H56, K7 B515, B520, H55, P12, P21, P40, P40a, N19 O47 K14 B327 B284 O140, O146 B554 B382 B96 C44, C92, C115, C116, D54, D92, F86 H17 M55 C78, F27 C125

3. BGH

765

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

7. 7.

IX ZR 100/10

ZIP 2011, 1576

21. 7. 27. 9. 29. 9. 20.10. 15.11. 1.12. 1.12.

IX ZR 185/10 XI ZR 328/09 IX ZR 202/10 IX ZR 10/11 II ZR 6/11 IX ZR 79/11 IX ZR 11/11

ZIP 2011, 1775 ZIP 2011, 2400 juris ZIP 2011, 2262 juris ZIP 2012, 34 ZIP 2011, 2417

D57, O9, O50, O120, O124, O191, O192 H16, H17 M84, B95 D16 M89 H63 B102 H87

2010 14. 1. 14. 1. 21. 1.

IX ZR 78/09 IX ZR 153/07 IX ZR 65/09

ZIP 2010, 335 DZWIR 2010, 290 BGHZ 184, 101

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II ZR 258/08 IX ZR 32/09 IX ZR 42/08 IX ZR 104/07

ZIP 2010, 470 ZInsO 2010, 714 ZIP 2010, 588 ZIP 2010, 682

11. 3. 18. 3. 18. 3.

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ZIP 2010, 793 ZIP 2010, 1137 ZIP 2010, 841

22. 22. 22. 26. 27. 27. 28. 6. 17. 24. 24. 1. 1. 20. 20.

4. 4. 4. 4. 4. 4. 4. 5. 6. 6. 6. 7. 7. 7. 7.

IX ZR 8/07 IX ZR 225/09 IX ZR 163/09 II ZR 60/09 IX ZR 245/09 IX ZR 122/09 IV ZR 73/08 IX ZR 114/08 IX ZR 186/08 IX ZR 97/09 IX ZR 125/09 IX ZR 70/08 IX ZR 58/09 IX ZR 37/09 XI ZR 236/07

ZInsO 2010, 1001 ZIP 2010, 1455 ZIP 2010, 1253 ZIP 2010, 1443 ZIP 2010, 1964 ZInsO 2010, 1091 WM 2010, 1273 ZIP 2010, 1188 ZIP 2010, 1402 NZI 2010, 903 ZInsO 2010, 1378 WM 2010, 1756 ZIP 2010, 1702 BGHZ 186, 242 BGHZ 186, 269

23. 9.

IX ZR 212/09

ZIP 2010, 2009

30. 9.

IX ZR 177/07

ZInsO 2010, 2133

766

B78, H70, M65 C53, O74 D76, O23, O119, O120, O138, O140, O196, O197, O198,O199 H55, H105 C114 C45, D58, D92 B10, B179, B183, B185, B409, C18, C38, D47, D49, M18, M89, M113, O27, O32, O37, O52, O63, O69, O71, O74, O113, O213, O215, O216, O217, O218,O219 A12, B45 B209, M64 A28, A29, D98, F32, F33, F50, F67, F68, F109, G16, G88, G89 M11 G45, P115, P132 A43, B524, G43, P132 H22 G111, G113, G114 G12, G58 B103 C22, D1, D35, D87 B140, G65, G72, G127 B178 B26 C90, C109, F67, F70 B48, B85 B90, M80 B85, B90, B98, E30, M80, M81, M82, M83, M84, O193, O194 B227, F17, O4, O5, O18, O28, O31, O32, O33, O34, O39, O40, O68, O209 B99

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

30. 9.

IX ZR 178/09

ZIP 2010, 2105

7.10. 14.10. 14.10. 21.10. 26.10. 11.11. 9.12. 21.12. 21.12.

IX ZR 209/09 IX ZR 16/10 IX ZR 160/08 IX ZR 240/09 XI ZR 562/07 VII ZB 87/09 IX ZR 60/10 IX ZR 199/10 IX ZA 14/10

ZIP 2010, 2307 ZIP 2010, 2358 ZIP 2010, 2460 ZInsO 2010, 2293 ZIP 2010, 2407 ZIP 2011, 350 ZIP 2011, 390 ZIP 2011, 484 WM 2011, 276

M17, M85, M86, O66, O131, O132, O137 C131 B438 P73 B8, B29, B97, B98, B418 B94, B95, E30 G110 P132 B537, G44 B48

2009 8. 1. 22. 1. 26. 1. 5. 2. 19. 2. 19. 2. 19. 2.

IX ZR 217/07 IX ZR 66/07 II ZR 260/07 IX ZR 78/07 IX ZR 62/08 IX ZR 16/08 IX ZR 22/07

ZIP 2009, 380 ZInsO 2009, 378 BGHZ 179, 249 ZIP 2009, 673 BGHZ 180, 63 ZIP 2009, 769 ZIP 2009, 728

5. 12. 19. 2. 2. 2. 2. 2. 2.

3. 3. 3. 4. 4. 4. 4. 4. 4.

IX ZR 85/07 IX ZR 85/06 IX ZR 39/08 IX ZR 236/07 IX ZR 145/08 IX ZR 221/07 IX ZB 182/08 IX ZR 171/07 IX ZR 236/07

BGHZ 180, 98 ZIP 2009, 726 ZIP 2009, 817 ZIP 2009, 1080 ZIP 2009, 921 GWR 2009, 97 ZInsO 2009, 820 WM 2009, 958 ZIP 2009, 1080

23. 4. 7. 5. 7. 5.

IX ZR 82/06 IX ZR 71/08 IX ZR 140/08

juris ZIP 2009, 1122 ZInsO 2009, 1054

7. 5.

IX ZR 22/08

ZInsO 2009, 1294

14. 5.

IX ZR 63/08

BGHZ 181, 132

19. 5. 19. 5. 19. 5.

IX ZR 37/06 IX ZR 39/06 IX ZR 129/06

ZInsO 2009, 1395 ZInsO 2009, 1270 ZInsO 2009, 1249

18. 25. 25. 9.

IX ZR 7/07 IX ZR 98/08 IX ZR 157/08 IX ZR 86/08

ZIP 2009, 1434 BGHZ 181, 361 juris ZInsO 2009, 1585

IX ZR 53/08 IX ZR 28/07 IX ZR 58/06

ZIP 2009, 2073 ZInsO 2010, 87 ZInsO 2009, 1810

6. 6. 6. 7.

16. 7. 16. 7. 13. 8.

B198, M114 B28 H28, H89 B7, B86, B225, B462 C79, C106, C110, F68 69 B158, G82, G105, M23 A24, B17, B18, B377, D61, D65, F11, F12 F21, F23, F25, F45, F55 B109, C119, F88 B428, B447, B454, B496 G13, G29, G30 C98, L20, L21 B524 B516, B553 B8, B93, M83 A30, B16, B41, B94, B213, B432, G13, G29, G30 D63, F31 G92, G97, G103, O219 C10, C41, C45, C49, C51, D57, D95, O10 B185, B206, B408, C26, C29, C54, D49, D57 B162, B415, C41, C46, C57, C83, C84, D35, D56, D70, D93, D105, G82 M39 B556, N28 B356, B358, B502, B512, M13, M26 D124, F54 B208, M20, M22 B522 B7, B11, B45, B222, B235, B236, B490, B493, C19, F17 P14, P130a F9, F38 B551, P170, P171

767

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

13. 8.

IX ZR 159/06

ZIP 2009, 1966

17. 9. 17. 9.

IX ZR 222/07 IX ZR 106/08

juris BGHZ 182, 264

6.10.

IX ZR 191/05

BGHZ 182, 317

8.10.

IX ZR 173/07

ZIP 2009, 2253

15.10. 22.10.

IX ZR 201/08 IX ZR 182/08

ZIP 2009, 2306 ZIP 2009, 2303

22.10.

IX ZR 90/08

ZInsO 2009, 2336

22.10. 28.10. 4.11. 5.11.

IX ZR 147/06 VII ZB 82/09 XII ZR 170/07 IX ZR 233/08

ZIP 2010, 90 juris ZIP 2010, 332 BGHZ 183, 86

19.11.

IX ZR 9/08

ZIP 2010, 36

3.12. 3.12. 3.12. 10.12. 10.12. 15.12. 17.12. 17.12.

IX ZR 7/09 IX ZR 29/08 IX ZR 189/08 IX ZR 203/06 IX ZR 128/08 XI ZR 45/09 IX ZR 16/09 IX ZR 215/08

BGHZ 183, 269 ZInsO 2010, 230 ZInsO 2010, 188 ZIP 2010, 339 ZIP 2010, 191 ZIP 2010, 220 ZInsO 2010, 521 juris

A28, A29, B221, D7, F8, F18, F26, F27, F32, F66, F67, F68, F74, F100, G16 G85 B71, B77, B79, B82, B181, B321, B323, B447, C30, D48, E46, M48, M51, M62, M67, M73 B104, B105, B229, B266, B286, B288, B401, B413, B503, C42, C44, D54, D55, F19, J35 A29, D7, F8, F27, F32, F66, F67, F100 C4, C113 B135, G13, G31, G61, G72, G105, G127 B57, B61, B63, B209, B210, B394, M8, M10, M66 B4, B26 B100, M92, M127 B71, B73, M52 B158, B163, B382, B439, O10, O17, O175, O176, O205, O206, O207 B140, G28, G55, G57, G62, G65 H97 B560 B272 M108, T5 B19, B22, F12, J36, O113 B398 G126, P125 B26, B178

2008 10. 1. 10. 1. 17. 1.

IX ZR 33/07 IX ZR 94/06 IX ZR 134/07

17. 14. 21. 21. 28. 28.

1. 2. 2. 2. 2. 2.

III ZB 11/07 IX ZR 38/04 IX ZR 209/06 IX ZR 255/06 IX ZR 213/06 IX ZR 177/05

ZIP 2008, 467 ZInsO 2008, 204 DZWIR 2008, 253 ZIP 2008, 478 ZInsO 2008, 378 ZInsO 2008, 508 ZInsO 2008, 317 ZInsO 2008, 374 ZIP 2008, 650

13. 13. 20. 27. 27. 27.

3. 3. 3. 3. 3. 3.

IX ZR 14/07 IX ZB 39/05 IX ZR 68/06 IX ZR 29/07 IX ZR 98/07 IX ZR 210/07

ZInsO 2008, 452 ZIP 2008, 1028 ZIP 2008, 884 juris ZIP 2008, 930 ZIP 2008, 747

768

F19, F24, F25 B272, M39 B59, C21 S12 C83, C89, C129, F71 B543, B549, S2, S8 B8, B311, C67, D102 B220, B286, B367, C43, D61 B150, B152, B261, B297, B429, B447, B495 M91, M122, M123, M124 A1, B226, B234, B525, B526 B28 O74, O75, O76 C102, C115, C132, F86 B488, C44, D54

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

27. 17. 28. 5. 29. 5.

IX ZR 220/05 IX ZR 77/07 II ZR 207/06 II ZR 108/07 IX ZR 42/07 IX ZR 163/07

BGHZ 176, 86 juris ZIP 2008, 1176 ZIP 2008, 1230 WM 2008, 1327 ZIP 2008, 1385

5. 6.

IX ZR 17/07

ZIP 2008, 1291

5. 6. 10. 6.

IX ZR 17/05 XI ZR 283/07

juris BGHZ 177, 69

26. 6.

IX ZR 87/07

ZIP 2008, 1488

26. 26. 10. 17. 17.

6. 6. 7. 7. 7.

IX ZR 47/05 IX ZR 144/05 IX ZR 142/07 IX ZR 245/06 IX ZR 148/07

ZInsO 2008, 803 ZInsO 2008, 801 WM 2008, 1606 ZIP 2008, 2136 ZIP 2008, 1593

16. 9. 18. 9. 18. 9. 9.10.

IX ZR 172/07 IX ZR 62/05 IX ZR 134/05 IX ZR 59/07

ZIP 2008, 1991 NZG 2008, 902 NZG 2008, 902 ZIP 2008, 2183

9.10. 16.10. 16.10. 16.10. 23.10.

IX ZR 138/06 IX ZR 183/06 IX ZR 2/05 IX ZR 147/07 VII ZB 16/08

BGHZ 178, 171 ZInsO 2009, 87 ZIP 2008, 2324 ZIP 2008, 2182 WM 2008, 2265

23.10. 20.11. 20.11. 11.12. 11.12.

IX ZR 202/07 IX ZR 188/07 IX ZR 130/07 IX ZR 194/07 IX ZR 195/07

ZInsO 2008, 1269 ZIP 2009, 189 ZInsO 2009, 31 ZIP 2009, 228 BGHZ 179, 137

18.12.

IX ZR 79/07

ZIP 2009, 573

B301 C93 H15, H101 H56 B93, M17, M83 G55, G58, G60, G61, G72, G106 B438, F1, F23, G28, G29, G32, G33, P118 B391 B9, B88, B93, M17, M76, M77, M78, M83, M86, J30, O45, O72, O131, O134, O135, O136, O151, O152, O192 B69, B70, B81, B424, F52, H98, H109, M47, M50 B331, C55 B146, B277 B225, B334 B43, B548, M23 B177, B500, B550, S5, S12, S19 B547 B333 O151,O157, O160, O203 B105, B112, B127, B131, B160, B161, B290, B413, B539, C12, D20, D80, G105, R9 B536, L9 F2, F22, F32, F55 B482, D79, D84 B108, B229, B232, B451 B100, B394, G110, M92, M127 A12, B176 F70, F80 B222, B427 B78, M27, M110 A30, A43, B403, B522, G2, G32, G43, M23, P11, P119 B243, F22, G48

2007 11. 1.

IX ZR 31/05

BGHZ 170, 276

18. 1. 1. 2.

IX ZR 176/05 IX ZR 96/04

ZinsO 2007, 541 BGHZ 171, 38

1. 5. 8. 13. 26.

IX ZB 248/05 II ZR 51/06 IX ZR 127/05 XI ZR 383/06 II ZR 310/05

ZInsO 2007, 323 ZIP 2007, 1501 ZIP 2007, 924 ZIP 2007, 905 ZInsO 2007, 542

3. 4. 4. 5. 5. 6.

2. 2. 3. 3. 3.

B265, B285, B412, B464, C41, C42, F19 B381 B518, B521, H105, P2, P38, P40, P40a, P100, P102 B503 H105 B337, B414, D72, M63 B81 B292

769

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

28. 29. 19. 19.

VII ZB 25/05 IX ZR 27/06 IX ZR 79/05 IX ZR 59/06

BGHZ 172, 16 ZIP 2007, 1126 ZIP 2007, 1118 ZIP 2007, 1120

19. 4. 3. 5. 10. 5.

IX ZR 199/03 IX ZR 16/06 IX ZR 146/05

ZInsO 2007, 596 ZIP 2007, 1326 ZIP 2007, 1162

24. 5. 24. 5. 24. 5.

IX ZR 97/06 IX ZR 8/06 IX ZR 105/05

ZIP 2007, 1511 ZInsO 2007, 656 ZIP 2007, 1274

25. 5. 13. 6. 14. 6.

IX ZR 125/04 IV ZR 330/05 IX ZR 56/06

juris ZInsO 2007, 772 ZIP 2007, 1507

14. 6. 21. 6.

IX ZR 219/05 IX ZR 231/04

BGHZ 172, 360 ZinsO 2007, 816

5. 5. 11. 11. 12.

7. 7. 7. 7. 7.

IX ZR 256/06 IX ZR 160/06 IX ZR 195/04 IX ZR 31/05 IX ZR 235/03

BGHZ 173, 129 ZIP 2007, 1507 ZInsO 2008, 163 BGHZ 170, 276 ZIP 2007, 2084

12. 7. 12. 7. 19. 7. 24. 9. 25. 9. 11.10. 11.10. 25.10. 25.10. 15.11. 15.11.

IX ZR 210/04 IX ZR 120/04 IX ZB 36/07 IX ZR 178/07 IX ZR 231/96 IX ZR 87/06 IX ZR 195/04 IX ZR 157/06 IX ZR 217/06 IX ZR 232/03 IX ZR 212/06

ZInsO 2007, 1046 ZInsO 2007, 813 BGHZ 173, 286 juris NJW 1998, 607 ZInsO 2007, 1223 ZInsO 2008, 163 ZIP 2008, 131 BGHZ 174, 84 JurBüro 2008, 269 ZIP 2008, 235

15.11. 16.11.

IX ZR 212/07 IX ZR 194/04

ZIP 2008, 235 BGHZ 174, 228

29.11.

IX ZR 121/06

ZIP 2008, 190

29.11.

IX ZR 165/05

ZInsO 2008, 209

N11 C15, D15 B154, B542, G26, G32, G69 B467, B488, B525, B528, E19, F18, F23, F47, P62 B461, B479, B480 B254, B350, B354, G68 B452, C53, C70, D21, D79, D84, D85, O109 F25, F34, F66, F70, F101 B273 B46, B231, B293, B325, B371, B447, P65 F63 D35 B71, B74, B181, B201, C33, C78, D52, M44, M110, M121, M133 P33, P53 C22, C81, F55, M88, J4, J7, J11, J18 A1, D21, D78, F10 B62 B205, C54, D57, D95 J 30 B45, B235, B241, B249, B269, B301, B465, B474, E32, E48, F77 C82 B177, B402, S11, S12, S19 C80, C83 F9 C109, C130 B436 B205, C54, D57, D95, O18 B285, F11 B9, B86, B98, B106, E30, M77 M26 B205, C51, C52, C96, D57, L19, L29, O128 C49 A39, B43, B104, B133, B413, B535, B540, D19, F92, G9, G55, G75, G81, G127, P13 A17, A28, B120, B132, B231, B263, B538, C7, D21, D78, E6, F27, F90, G81 B68, B148, B277, B417, B541, M41

29.11.

IX ZR 121/06

BGHZ 174, 314

770

3. 3. 4. 4.

A17, A28, B120, B122, B132, B263, B539, C7, D21, D78, F90, G81

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

29.11.

IX ZR 30/07

BGHZ 174, 297

6.12.

IX ZR 113/06

NJW 2008, 659

20.12. 20.12.

IX ZR 93/06 IX ZR 132/06

ZIP 2008, 420 ZInsO 2008, 206

A4, B12, B57, B67, B277, B331, C21, C61, D35, D99, D104, D117, G96, M16, M40, M54, O22, O41, O47, O49, O64, O104, O119, O140, O156, O195 O105, O106, O159, O168, O169 C83, F27, F70, F71, F86 B365

2006 19. 1.

IX ZR 154/03

ZIP 2006, 959

30. 1. 2. 2. 2. 2.

II ZR 357/03 IX ZR 82/02 IX ZR 67/02

ZIP 2006, 466 ZInsO 2006, 371 BGHZ 166, 125

2. 9. 13. 9. 23.

IX ZB 167/04 IX ZR 121/03 II ZR 62/04 IX ZR 55/04 IX ZR 116/03

ZIP 2006, 483 ZIP 2006, 818 ZIP 2006, 703 ZInsO 2006, 429 BGHZ 167, 11

30. 3.

IX ZR 84/05

ZIP 2006, 957

6. 4. 6. 4.

IX ZR 107/05 IX ZR 185/04

juris ZIP 2006, 1007

13. 4.

IX ZR 158/05

BGHZ 167, 190

11. 5.

IX ZR 247/03

BGHZ 167, 363

1. 6.

IX ZR 159/04

ZIP 2006, 1362

2. 2. 2. 3. 3.

13. 26. 20. 20.

6. 6. 7. 7.

IX ZB 238/05 II ZR 133/05 IX ZR 226/03 IX ZR 44/05

ZIP 2006, 1457 ZIP 2006, 2272 ZIP 2006, 1639 ZIP 2006, 1591

27. 21. 21. 28. 28.

7. 9. 9. 9. 9.

IX ZB 204/04 IX ZR 235/04 IX ZR 173/02 IX ZR 98/05 IX ZR 136/05

BGHZ 169, 17 ZIP 2006, 2176 ZIP 2006, 2046 ZIP 2006, 2225 BGHZ 169, 158

B207, B325, B342, B376, B414, B422 G31, H16 F50, H108 B245, C22, D34, D35, D69, F50, H15, M103, J34, O153 B433, B466, H31 C31, C39, D51 I5 B62 D64, F52, M32, M70, M72, M118, M133, P43, P79 A32, G14, G28, G55, G57, G72, G95, G127 C51 B222, B337, B339, B416, B422, B497, B498, B538, C12, O119 A28, C53, C99, D41, D91, F27, H52, H99, O68, O75, O84, O92, O93, O94, O95, O97, O98, O150, O160, O161, O201, O202 B35, B57, B58, B69, B479, M7, M46, M133 A32, F109, F109, G59, G87, G90, G91, G103 C87 H61 G28 B161, C13, D15, D19, D21, D30, D59, D80, D89 L28 P12, P55 B86, M77 B7, B32 A12, A46, B177, C25, S11, L8

771

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

12.10.

IX ZR 228/03

ZInsO 2006, 1210

9.11. 9.11. 16.11. 23.11. 7.12. 14.12.

IX ZR 285/03 IX ZR 133/05 IX ZR 239/04 IX ZR 126/03 IX ZR 157/05 IX ZR 194/05

ZIP 2006, 2391 ZInsO 2006, 1321 ZIP 2007, 33 ZinsO 2007, 101 ZIP 2007, 136 BGHZ 170, 206

14.12.

IX ZR 102/03

BGHZ 170, 196

21.12.

IX ZR 7/06

ZIP 2007, 239

B139, C79, C81, C82, C89, C90, C103, C127, G72 G28, G32, G38, P118 B82, B447, M60, M70, M73 S3 B351, B352, M13 C8, D12, D63 A44, B176, B189, B210, B410, B435, D49 A11, B11, B79, B321, B544, C19, C102, D117, M15, M55, M57, M67, M118, M132 B323

2005 13. 1. 31. 1. 10. 2.

IX ZR 457/00 II ZR 240/02 IX ZR 211/02

ZIP 2005, 585 ZIP 2005, 484 BGHZ 162, 143

28. 2. 3. 3.

II ZR 103/02 IX ZR 441/00

ZIP 2005, 660 BGHZ 162, 276

15. 7. 21. 9. 24. 2. 2.

3. 4. 4. 5. 5. 6. 6.

XI ZR 338/03 IX ZR 138/04 IX ZR 24/04 II ZR 66/03 IX ZR 123/04 IX ZB 235/04 IX ZR 181/03

ZIP 2005, 894 ZIP 2005, 909 ZIP 2005, 992 ZIP 2005, 1316 BGHZ 163, 134 ZIP 2005, 1334 ZIP 2005, 1651

2. 6.

IX ZR 263/03

ZInsO 2005, 884

9. 6.

IX ZR 152/03

ZInsO 2005, 766

23. 6. 5. 7. 22. 9. 22. 9. 29. 9. 4.10. 20.10.

VII ZR 197/03 VII ZB 5/05 IX ZR 271/01 IX ZR 117/03 IX ZR 184/04 VII ZB 26/05 IX ZR 276/02

BGHZ 163, 274 NJW 2005, 3353 ZIP 2005, 1888 BGHZ 164, 159 WM 2005, 2193 ZInsO 2005, 1212 WM 2006, 490

3.11. 17.11. 8.12.

IX ZR 35/05 IX ZR 162/04 IX ZR 182/01

ZInsO 2005, 1268 WM 2006, 144 ZIP 2006, 290

15.12.

IX ZR 227/04

ZIP 2006, 138

772

C41, C44, D54, D92 H14, H101 A14, A18, A41, B17, B24, B215, B226, C8, C76, D12, E12, F7, F12, G24, N7, N19, N24 H15 A17, A31, A32, B135, B138, B442, G12, G19, G27, G28, G32, G55, G58, P115, P116, P119 M74 B9, B101, M68, M92, M126 C72, D112 H4, H65 B139, C81 B555, P73 B8, B77, B306, B314, B424, B450, B495, C64, C69, D99, D103, H31, M15, M63 A12, B2, B45, B176, B188, B235, B490, M18, M23 B486, C22, D25, D86, D87, O4 D49 B280 B521 B182 B474, D29, D59 B273, B437 A1, B351, B352, B355, B359, B502, F112 B381 M58 B381, B387, C97, D21, D78, D124, F12, F53, F56, F95, L17, L20, O17 C121

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

15.12. 15.12. 22.12.

IX ZA 3/04 IX ZR 156/04 IX ZR 190/02

FamRZ 2006, 411 BGHZ 165, 283 BGHZ 165, 343

C16 B14, B15, B29, B448 A42, B212, B213, B223, B227, B228, B434, B460, F46, P159

2004 22. 1.

IX ZR 39/03

BGHZ 157, 350

5. 2.

IX ZR 473/00

ZIP 2004, 917

12. 2.

IX ZR 98/03

ZIP 2004, 620

12. 2. 17. 2. 11. 3.

IX ZR 70/03 IX ZR 318/01 IX ZR 160/02

NJW 2004, 2163 ZIP 2004, 669 ZIP 2004, 1060

1. 1. 22. 13. 13. 17. 17.

4. 4. 4. 5. 5. 6. 6.

IX ZR 205/00 IX ZR 305/00 IX ZR 370/00 IX ZR 190/03 IX ZR 128/01 IX ZR 2/01 IX ZR 124/03

ZIP 2004, 957 ZInsO 2004, 548 ZInsO 2004, 739 ZIP 2004, 1512 ZInsO 2004, 803 ZIP 2004, 1464 ZIP 2004, 1509

29. 6. 29. 6. 29. 6.

IX ZR 147/03 IX ZR 258/02 IX ZR 195/03

BGHZ 160, 1 BGHZ 159, 397 BGHZ 159, 388

15. 7. 22. 7. 22. 7. 23. 9. 28. 9. 4.11. 8.11. 8.11. 11.11.

IX ZR 224/03 IX ZR 183/03 IX ZR 270/03 IX ZR 25/03 IX ZR 155/03 IX ZR 22/03 II ZR 300/02 II ZR 300/02 IX ZR 237/03

BGHZ 160, 107 ZIP 2004, 1819 ZIP 2004, 1912 ZInsO 2005, 148 ZIP 2004, 2194 BGHZ 161, 49 ZIP 2005, 82 ZIP 2005, 82 ZIP 2005, 181

18.11.

IX ZR 299/00

ZInsO 2005, 439

2.12. 9.12.

IX ZR 200/03 IX ZR 108/04

NJW 2005, 884 BGHZ 161, 315

A18, A24, B77, B209, B381, B387, C9, D12, D110, M55, M71, O174, O178, O181, O182, O183, O184 B4, B68, B106, B107, B125, B130, B539, C12, D20, D21, D38, D80, E8, G57 B12, C47, D54, D92, D95, D106 B537 F8, F75, M55, O117 B230, C62, D30, D59, D99, F26, F63 F55 B3, C39, D46, G37, G39 , F56 D46 F8, F34, F73, O20, O114 D42, F57 D54, D92 B298, B361, B367, B447, B496, H76 B194, B200, M113 B471, B474 B52, B75, B177, B179, B185, C25, C26, C32, C39, D45, D52, M45, M59, M125, P73 B211, D53, M18 F109, G85 B329, B404 B449, C15, E54 F37 B9, B85, B86, M77 H9 H9, H16, H63 B179, B180, B324, C30, D47, M51, M59 B452, C70, D67, D84, F55, F58 B523, B533 B14, B15, B29, B244, E21, E29

2003 9. 1. 9. 1. 20. 2. 13. 3.

IX ZR 175/02 IX ZR 85/02 IX ZR 81/02 IX ZR 56/02

ZIP 2003, 410 ZIP 2003, 356 BGHZ 154, 72 ZIP 2003, 855

C87, F76 D21, D30, D35, D78, F97 E54 E38

773

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

13. 3.

IX ZR 64/02

BGHZ 154, 190

20. 3.

IX ZR 166/02

ZIP 2003, 808

15. 5. 27. 5. 27. 5.

IX ZR 194/02 IX ZR 51/02 IX ZR 169/02

ZInsO 2003, 611 BGHZ 155, 87 BGHZ 155, 75

18. 24. 24. 10. 16. 17.

IV ZR 59/02 IX ZR 228/02 IX ZR 75/01 IX ZR 89/02 VIII ZR 274/02 IX ZR 272/02

NJW 2003, 2679 BGHZ 155, 199 BGHZ 155, 227 ZInsO 2003, 755 BGHZ 155, 380 ZInsO 2003, 850

18. 9. 9.10.

IX ZB 460/02 IX ZR 28/03

ZIP 2003, 2036 ZInsO 2003, 1101

23.10.

IX ZR 252/01

BGHZ 156, 350

4.12. 11.12.

IX ZR 222/02 IX ZR 336/01

ZIP 2004, 326 ZInsO 2004, 149

18.12.

IX ZR 199/02

BGHZ 157, 242

18.12.

IX ZR 9/03

ZIP 2004, 324

B15, B235, B244, B249, B305, B491, B493, E21, E29, E32, F10, M14 B47, B64, B77, B321, D75, M11, M15, M31, M38, M45, M51, M55, M61, M70, M95, M118 A24, N23 M122 B17, B286, D65, F7, F11, F23, F27, F34, F36, F38, F44, F48, F81, G64, N7, N24, O113, O114, O117 B100 P13, P20, P21, R5 B360, B366, P21 C88, C103, C107, O172 M48, M132 A28, D65, F1, F22, F26, F34, F37, F38 B220 A46, B306, B403, B406, C32, D45, D52, E54 A9, B100, B203, B360, B390, B508, B513, B546, G81, G109, G113, M13, M44, M92, P13, P67 B337 B12, B277, B299, G3, G21, P105 A24, D60, D62, D123, D125, F50, F51, F54, F55 D54, D107

2002 24. 1. 7. 2.

IX ZR 180/99 IX ZR 115/99

ZInsO 2002, 278 ZIP 2002, 489

7. 3. 7. 3.

IX ZR 457/99 IX ZR 223/01

BGHZ 150, 138 BGHZ 150, 122

18. 4. 25. 4. 6. 6. 20. 6. 18. 7. 18. 7. 1.10.

IX ZR 219/01 IX ZR 313/99 IX ZR 425/99 IX ZR 177/99 IX ZR 480/00 IX ZR 264/01 IX ZR 125/02

BGHZ 150, 326 BGHZ 150, 353 ZInsO 2002, 766 ZIP 2002, 1408 ZIP 2002, 1540 NJW 2002, 3253 ZIP 2002, 2184

774

6. 6. 6. 7. 7. 7.

B458 B222, B231, B270, B283, B412, B461 B533 B205, B347, B408, C21, C40, C45, C49, D9, D57, D75, D92, D103, M63, O19, O25, O26, O48, O52, O122 Q14 B62, B102, M127, M129 D84 D43, F26, F92, M74 H99 B392 B225

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1.10.

IX ZR 360/99

ZIP 2002, 2182

19.12.

IX ZR 377/99

ZInsO 2003, 324

B207, B297, B309, B331, B335, B339, B346, B450, C47, C55, C66, D74 B84, F36, M75, P84

2001 8. 1. 25. 1. 22. 2.

II ZR 88/99 IX ZR 6/00 IX ZR 191/98

BGHZ 146, 264 NJW 2001, 1650 BGHZ 147, 28

22. 22. 29. 5.

3. 3. 3. 4.

IX ZR 407/98 IX ZR 373/98 IX ZR 34/00 IX ZR 216/98

ZIP 2001, 893 ZIP 2001, 889 BGHZ 147, 193 BGHZ 147, 233

26. 17. 7. 7.

4. 5. 6. 6.

IX ZR 53/00 IX ZR 188/98 IX ZR 195/00 IX ZR 134/00

19. 7. 4.10. 4.10.

IX ZR 36/99 IX ZR 81/99 IX ZR 207/00

ZInsO 2001, 508 ZIP 2001, 1155 ZIP 2001, 1248 NJW-RR 2001, 1337 ZIP 2001, 1641 ZIP 2001, 2097 ZIP 2001, 2055

25.10.

IX ZR 17/01

BGHZ 149, 100

20.11. 20.11.

IX ZR 159/00 IX ZR 48/01

ZIP 2002, 228 BGHZ 149, 178

20.12.

IX ZR 401/99

ZIP 2002, 309

2000 31. 1. 9. 3. 21. 3. 6. 4.

II ZR 309/98 IX ZR 355/98 IX ZR 138/99 IX ZR 122/99

ZIP 2000, 455 ZIP 2000, 757 ZIP 2000, 898 ZInsO 2000, 349

6. 4. 11. 5.

IX ZR 422/98 IX ZR 262/98

BGHZ 144, 192 NJW 2000, 3777

18. 6. 26. 26. 4. 28.

IX ZR 119/99 XI ZR 258/99 II ZR 370/98 II ZR 21/99 VI ZR 192/99 VII ZR 372/99

ZIP 2000, 1550 BGHZ 144, 349 NJW 2000, 3565 ZIP 2000, 1489 ZInsO 2000, 497 BGHZ 145, 245

II ZR 179/99 II ZR 218/00

NJW 2001, 1490 NJW 2001, 1270

5. 6. 6. 6. 7. 9.

27.11. 27.11.

C86, H11, H19, H32, H55 C44, C81, D54 B60, B184, B197, C28, M41, M54, M90 D111 B27, B280, G19 B285 A12, B1, B176, B186, B258, B303, B328, B404, B426, C15, C32, D45, D52, P76 B49 C128 B110, B231, B283, B367 B12, B417, M54, S10, S11 F69 C79, C90, C109, F70 A11, B60, B183, B409, C28, D48, M58, M89 B381, B439, C93, C102, C108, C132, D98, O172, O173 B381, D65, D66, F52 A6, A20, C4, C77, C88, C93, C97, C102, C105, C107, C111, C132, F86, L20, L25, L27 P14, P163 H15 B191 B47, B303, D110, M23 B47, B54, B55, B302, B326, B531, M25, M35, M54 B337, B339, D74, D76 B300, B495, B499, B533, H107, O121 B474 B88, M78 H7, H14 H4 A38 B59, B60, B184, B185, B189, D49, M41, M90, P76 H57 I8, I10, I20

775

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1999 21. 1. 21. 1. 25. 2. 4. 3.

IX ZR 329/97 IX ZR 429/97 IX ZR 353/98 IX ZR 63/98

ZIP 1999, 406 NJW 1999, 1033 ZInsO 1999, 289 BGHZ 141, 96

11. 3. 29. 4. 17. 6.

IX ZR 164/98 IX ZR 163/98 IX ZR 62/98

BGHZ 141, 116 ZIP 1999, 973 ZInsO 1999, 467

17. 6. 12. 7. 16. 9.

IX ZR 176/98 II ZR 87/98 IX ZR 204/98

NJW 1999, 2969 NJW 1999, 3120 BGHZ 142, 284

14.10. 2.12. 9.12.

IX ZR 142/98 IX ZR 412/98 IX ZR 102/97

NJW 2000, 211 NJW 2000, 957 BGHZ 143, 246

D124, F44, F63 B139, B551, G13, G35, P115 B205, B408 A42, B141, B145, B156, B443, F109, G5, G25, G48, G55, G118, P117 B347, Q14 B148, F63 B465, C44, C45, D92, D92, F64 B231, B293, B460 H12, H20 B68, B105, B116, B130, B169, B289, B413, B538, C6, C17, E5, F90, F92 C97, L19, L20 F49, F56, F63 B253, B468

1998 22. 1. 5. 2. 19. 3.

IX ZR 99/97 IX ZR 43/97 IX ZR 22/97

BGHZ 138, 40 ZIP 1998, 513 BGHZ 138, 291

2. 4.

IX ZR 232/96

15. 6. 8.10. 8.10. 5.11. 12.11. 12.11. 14.11. 3.12. 7.12. 10.12. 17.12.

II ZR 17/97 IX ZR 37/97 IX ZR 337/97 IX ZR 246/97 IX ZR 199/97 IX ZR 145/98 II ZR 115/88 IX ZR 113/97 II ZR 382/96 IX ZR 302/97 IX ZR 196/97

NJW-RR 1998, 1057 NJW 1998, 3200 ZIP 1998, 2008 ZIP 1998, 2010 ZIP 1999, 79 NJW 1999, 359 BGHZ 140, 54 NJW 1989, 1219 NJW 1999, 645 BGHZ 140, 147 ZInsO 1999, 105 ZIP 1999, 196

1997 9. 1. 9. 1. 30. 1.

IX ZR 47/96 IX ZR 1/96 IX ZR 89/96

ZIP 1997, 423 ZIP 1997, 367 ZIP 1997, 513

13. 3.

IX ZR 93/96

ZIP 1997, 853

20. 3.

IX ZR 71/96

BGHZ 135, 140

6. 5. 6. 5. 2. 6.

IX ZR 135/96 IX ZR 147/96 II ZR 211/95

BGHZ 135, 307 ZIP 1997, 1302 NJW 1997, 3171

776

C41, L10, L11 M134 A38, B81, B104, B112, B118, B131, B318, B539, C17, D110, D116, F21, G59, G90, M63 B56, B221, B279, F47, F49, F84, G37 H7, H20 D84 C128, D21, D67, M13 D107, M56 B2 C121 H20 P53 H1, H101 M26 B352, B423, B496, D123 M102 B8, B10, B242, B421, E28, E42 B35, B54, B57, B71, B82, B323, B326, F49, G110, M7, M46, M48, M73, M115, M132 B270, B487, B495, D23, D124, G53 B57, B58, M8, M12, M16, M37, M58, P39, P105, S8 B287 B31, B276 H20, P167

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

26. 10. 10. 9.

6. 7. 7. 9.

IX ZR 203/96 IX ZR 234/96 IX ZR 161/96 IX ZR 14/97

ZIP 1997, 1509 NJW 1997, 3028 BGHZ 136, 220 BGHZ 136, 309

23.10. 17.11. 20.11. 4.12.

IX ZR 249/96 II ZR 224/96 IX ZR 152/96 IX ZR 47/97

BGHZ 137, 49 ZIP 1998, 243 ZIP 1998, 294 NJW 1998, 1561

11.12. 11.12.

IX ZR 278/96 IX ZR 341/95

ZIP 1998, 247 BGHZ 137, 267

F49 F21, F34, F38 B102, F79, M128 A18, B17, B377, C8, C9, D13, D65, D66, F52, N7, N23 L11 H20 B367, B369 B257, B420, B456, C62, D99, D104, E41, F41, F55, F63 K29 F36, F60

1996 31. 1. 2. 2. 15. 2. 14. 5. 20. 6. 11. 7. 19. 9. 24. 9. 24.10.

VIII ZR 297/94 V ZR 239/94 II ZR 245/94 XI ZR 257/94 IX ZR 314/95 IX ZR 226/94 IX ZR 249/95 IX ZR 190/95 IX ZR 284/95

NJW 1996, 1205 BGHZ 132, 30 NJW 1996, 1341 BGHZ 133, 25 ZIP 1996, 1475 ZIP 1996, 1516 BGHZ 133, 298 ZIP 1996, 1907 ZIP 1996, 2080

14.11.

IX ZR 339/95

BGHZ 134, 79

1995 16. 3. 6. 4. 27. 4. 4. 5. 11. 5. 18. 5.

IX ZR 72/94 IX ZR 61/94 IX ZR 147/95 IX ZR 256/93 IX ZR 170/94 IX ZR 189/94

ZIP 1995, 630 BGHZ 129, 236 ZIP 1995, 929 BGHZ 129, 336 WM 1995, 1394 BGHZ 130, 38 BGHZ 130, 314 JZ 1996, 151 BGHZ 130, 377 NJW 1996, 117 ZIP 1996, 184 NJW 1996, 720 ZIP 1996, 273

18.12.

IX ZR 81/94 V ZR 45/94 XII ZR 16/94 VI ZR 246/94 IX ZR 48/95 II ZR 281/94 II ZR 128/94, 1996, 273 II ZR 277/94

A12, A41, B1, B58 B244, D86 C78 B176, B180, B403 F49 A14, A36, B519, B558, P38, R6, R10, R22 P33 P101 B390, G109, G113 S7 R23 H10, H19 H7, H20

BGHZ 131, 325

P24

1994 24. 3. 11. 7. 11. 7. 10.10. 7.11. 28.11. 15.12.

IX ZR 149/93 II ZR 146/92 II ZR 162/92 II ZR 32/94 II ZR 270/93 II ZR 77/93 IX ZR 24/94

ZIP 1994, 714 BGHZ 127, 1 BGHZ 127, 17 BGHZ 127, 176 BGHZ 127, 336 ZIP 1995, 23 BGHZ 128, 196

B181, M120 H14 H1, H13 I8 H3, H4, H7, H18 H5, H11 N18

13. 7. 14. 7. 20. 9. 17.10. 23.11. 4.12. 11.12.

C118 C124 H9 B313 F37 B228, B351, G25, P54 H31 B351, B356, B357 B212, B214, B321, B394, C18, D110, G26, M31, M38, M63 N25

777

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

15.12.

IX ZR 153/93

BGHZ 128, 184

15.12. 15.12.

IX ZR 252/93 IX ZR 18/94

NJW 1995, 1484 NJW 1995, 1093

A44, B38, B237, B245, B246, B254, B294, B358, B431, B454, M26, M97 B464 B104, B496, D41, E18, E49, F42, P15, P41

1993 21. 1. 18. 2. 4. 3. 4. 3. 10. 3. 18. 3. 14. 6. 24. 6.

IX ZR 275/91 IX ZR 129/92 IX ZR 151/92 IX ZR 169/92 XII ZR 253/91 IX ZR 198/92 II ZR 252/92 IX ZR 96/92

BGHZ 121, 179 NJW 1993, 1640 ZIP 1993, 602 NJW 1993, 1994 BGHZ 122, 46 ZIP 1993, 868 NJW 1993, 2179 ZIP 1993, 1170

8. 7. 20. 9. 30. 9.

IX ZR 116/92 II ZR 151/92 IX ZR 227/92

BGHZ 123, 183 BGHZ 123, 289 BGHZ 123, 320

19.10. 11.11.

XI ZR 184/92 IX ZR 257/92

NJW 1994, 128 BGHZ 124, 76

9.12.

IX ZR 100/93

BGHZ 124, 298

1992 24. 1. 17. 2. 19. 3.

V ZR 262/90 II ZR 100/91 IX ZR 14/91

30. 4.

IX ZR 176/91

BGHZ 117, 104 NJW 1992, 1503 NJW-RR 1992, 733 BGHZ 118, 171

11. 6. 11. 6. 17. 6. 25. 6. 13. 7. 13. 7. 12.11. 12.11.

IX ZR 147/91 IX ZR 255/91 XII ZR 119/91 IX ZR 4/91 II ZR 251/91 II ZR 269/91 IX ZR 236/91 IX ZR 237/91

ZIP 1992, 1008 BGHZ 118, 374 BGHZ 118, 383 ZIP 1992, 1089 BGHZ 119, 191 BGHZ 119, 210 ZIP 1993, 276 ZIP 1973, 271

19.11. 14.12.

IX ZR 45/92 II ZR 298/91

ZIP 1993, 213 BGHZ 121, 31

B287, C56, C79, C83, D71, M19, M87, O60 B495, C11 B28, S14 P126 B143, B144, G124 H60 H10, H16 B456, D108, F41, F55 A1, B219, B250, B257, B259, B270, B305, B495, D108, F37, H31, M13 B361, B363 H13, H16

1991 18. 2. 28. 2. 18. 4. 11. 7.

II ZR 259/89 IX ZR 74/90 IX ZR 149/90 IX ZR 230/90

ZIP 1991, 366 BGHZ 113, 393 ZIP 1991, 807 NJW 1992, 624

H57 A30, B143, G47 F21, M25, O115 B300, B497, B547, D110, N17

778

B473, B485 B58, D108, F21 B248 P69 B149 B355 H11 B144, G27, G28, G37, G38, G67 B265, B275, B286, B489 H77 B253, B414, B484, C20, C57, D9, D21, D70, D121, F9, F60, F98, J34, O51, O52, O55, O56, O57, O58, O59, O74 A41 B222, B252, B253, B441, B492, B525, B526, E19, F2, F47 B361, B457 C121 I16 P112

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

21.11. 22.11. 5.12. 5.12. 9.12.

IX ZR 290/90 V ZR 160/90 IX ZR 270/90 IX ZR 271/90 II ZR 43/91

BGHZ 116, 156 NJW 1992, 892 BGHZ 116, 222 NJW 1992, 834 ZIP 1992, 108

M120 P101 M23 B43, B48 H82, H89, P152, P159, P163, P164

1990 11. 1.

IX ZR 27/89

NJW 1990, 990

5. 2. 15. 2. 28. 3. 12. 7. 27. 9. 11.10. 22.10.

II ZR 114/89 IX ZR 149/88 VIII ZR 17/89 IX ZR 245/89 IX ZR 67/90 I ZR 6/89 II ZR 247/89

22.10. 24.10. 29.11.

II ZR 248/89 IV ZR 296/89 IX ZR 29/90

NJW 1990, 1730 ZIP 1990, 459 BGHZ 111, 84 WM 1990, 1588 ZIP 1990, 1420 MDR 1991, 319 NJW-RR 1991, 613 ZIP 1990, 1593 NJW 1991, 842 BGHZ 113, 98

A9, B269, B509, B513, P13, P14, P15, P19 H9 B282, H108 B323 C80, F44, F107, G7, G85 C120 J8 I16

1989 23. 2. 11. 5. 23. 5. 1. 6. 11.10. 12.10. 16.10. 6.11. 27.11. 8.12. 14.12. 21.12.

IX ZR 143/88 IX ZR 222/88 IX ZR 135/88 III ZR 277/87 VIII ZR 285/88 IX ZR 184/88 II ZR 307/88 II ZR 62/89 II ZR 310/88 V ZR 246/87 IX ZR 283/88 IX ZR 66/89

BGHZ 107, 88 ZIP 1989, 785 BGHZ 107, 340 NJW 1989, 2881 ZIP 1989, 1611 BGHZ 109, 47 BGHZ 109, 55 ZIP 1990, 53 ZIP 1990, 95 BGHZ 109, 327 BGHZ 109, 368 NJW 1990, 1665

M111 B330, B467 M17 C124 B295 S8 H13, H16 M91 H70 C124 B72, M53 M45, M125

1988 3. 3. 21. 3. 24. 3. 21. 4. 16. 5. 7. 6.

IX ZR 11/87 II ZR 238/87 IX ZR 118/87 IX ZR 71/87 II ZR 375/87 IX ZR 144/87

WM 1988, 799 BGHZ 104, 33 ZIP 1988, 585 ZIP 1988, 725 BGHZ 104, 351 BGHZ 104, 355

11. 7. 19. 9. 2.11. 7.11. 1.12.

II ZR 281/87 II ZR 255/87 IVb ZR 102/87 II ZR 46/88 IX ZR 112/88

NJW 1989, 453 BGHZ 105, 168 BGHZ 105, 365 BGHZ 106, 7 BGHZ 106, 127

B256, B470, B501 H15, H61, I5 G119, M1 B8, B213, B242, B444, E40 M67 B255, B277, B461, B465, B473, B474, B484, D22 M113, M120 B222, B268, H3 B149 H59 S10, S14

1987 15. 1. 5. 2.

IX ZR 4/86 IX ZR 161/85

ZIP 1987, 244 BGHZ 100, 36

P171 B512, B546, R6

P155 G38 A31, B143, G27, G28, G32, G37, G43, G60, P38, P130

779

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

19. 28. 7. 9.

3. 4. 5. 7.

III ZR 2/86 VI ZR 1/43 IX ZR 51/86 IX ZR 167/86

BGHZ 100, 217 NJW 1987, 2997 WM 1987, 881 ZIP 1987, 1132

P40a C24 B221, F18 P110

1986 30. 1. 17. 4. 29. 4.

IX ZR 79/85 IX ZR 54/85 IX ZR 145/85

BGHZ 97, 87 ZIP 1986, 720 WM 1986, 841

15. 5. 29. 9. 11.12. 18.12.

IX ZR 2/85 II ZR 283/85 IX ZR 78/86 IX ZR 11/86

ZIP 1986, 926 NJW 1987, 317 ZIP 1987, 305 BGHZ 99, 274

B226, B419, J23 C117 B219, B243, B268, B495, B533, P50, P53, P77, Q13, Q15 B7, B32 M87 B34, B278, B478 M1

1985 10. 1. 10. 1. 28. 3. 23. 5. 1. 7. 11. 7.

IX ZR 4/84 IX ZR 2/84 IX ZR 115/84 IX ZR 124/84 II ZR 155/84 IX ZR 178/84

13. 8. 30.10. 7.11. 5.12. 12.12.

I ZR 35/83 VIII ZR 251/84 III ZR 142/84 IX ZR 165/84 IX ZR 1/85

ZIP 1985, 363 ZIP 1985, 372 ZIP 1985, 816 ZIP 1985, 1008 BGHZ 95, 149 BGHZ 95, 256, 264 BGHZ 95, 285 BGHZ 96, 182 NJW 1986, 978 ZIP 1986, 452 BGHZ 96, 352

P171 M88 D82 B328, B448 K18

1984 23. 2. 1. 3. 1. 3. 22. 3. 26. 3. 26. 3. 27. 3. 11. 4. 28. 6. 19.11. 29.11. 6.12. 20.12.

IX ZR 26/83 IX ZR 33/83 IX ZR 34/83 IX ZR 69/83 II ZR 14/84 II ZR 171/83 IX ZR 49/83 VIII ZR 302/82 IX ZR 21/84 II ZR 84/84 IX ZR 44/84 IX ZR 119/83 IX ZR 114/83

BGHZ 90, 207 BGHZ 90, 249 ZIP 1984, 809 NJW 1984, 1611 BGHZ 90, 372 BGHZ 90, 381 ZIP 1984, 753 BGHZ 91, 73 WM 1984, 1194 NJW 1985, 858 BGHZ 93, 71 WM 1985, 295 WM 1985, 364

B265, B467, B472 S2 C87, C90, C117, C119, F87 B392 H16, H17, P152 F32, F41, F44, H2, H4 B351 D83 B251, B492 H82 B81 F28 A1, B219, B403, B495

1983 26. 1. 26. 1. 21. 3. 13. 7. 19. 9. 19.10. 14.12.

VIII ZR 257/81 VIII ZR 254/81 II ZR 139/82 VIII ZR 246/82 II ZR 12/83 VIII ZR 156/82 VIII ZR 352/82

BGHZ 86, 340 BGHZ 86, 349 NJW 1983, 1855 NJW 1983, 2147 BGHZ 88, 205 WM 1983, 1313 BGHZ 89, 189

B81, B83, M15, M56, M60 P73 I15 B335, B407 B102, M67, M127 B548 C34, E44, O36, O38

780

C78 B145, B348, B351, B445 B349, G100 F2, F22, F25, F62 B203, C56, M44, M87, M111 N3, N25, N26

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1982 10. 2. 1. 3. 1. 3. 22. 3. 31. 3. 7. 4. 22.12.

VIII ZR 158/80 II ZR 23/81 VIII ZR 75/81 VIII ZR 42/81 2 StR 744/81 VIII ZR 130/81 VIII ZR 214/82

BGHZ 83, 102 BGHZ 83, 341 ZIP 1984, 464 ZIP 1982, 856 NJW 1982, 1952 NJW 1982, 2003 BGHZ 86,190

B515, P40a H59, I13 S10, S19 P53 C80 L7 O36

1981 5. 3. 19. 3. 3. 6. 13. 7. 21. 9. 23. 9. 28. 9. 23.11.

III ZR 115/80 IV a ZR 30/80 VIII ZR 171/80 II ZR 256/79 II ZR 104/80 VIII ZR 245/80 II ZR 223/80 VIII ZR 190/80

NJW 1981, 1666 NJW 1981, 1446 BGHZ 81, 15 BGHZ 81, 252 BGHZ 81, 311 ZIP 1981, 1231 BGHZ 81, 365 ZIP 1980, 76

B161 R6 B211, M18 P159 H10, H57 F46, G100 H64 B519

1980 20. 2. 19. 3. 24. 3. 12. 5. 21. 5. 11. 6. 23.10. 5.11. 15.12.

VIII ZR 48/79 VIII ZR 195/79 II ZR 213/77 VIII ZR 170/79 VIII ZR 40/79 VIII ZR 62/79 IVa ZR 45/80 VIII ZR 230/79 II ZR 53/80

NJW 1980, 1580 NJW 1980, 1795 BGHZ 76, 326 NJW 1980, 1964 NJW 1980, 1961 BGHZ 77, 250 NJW 1981, 277 BGHZ 78, 318 BGHZ 79, 381

B12, B467, B481, P109, P110 B48, B105, B109, C126 H5, H10, H18, H46 B264 B239, E6, O88, O89, O90 B529, E16, E18, E49 B523 B223, B227 M75

1979 18. 1. 7. 2. 4. 4. 16. 5. 6. 6. 11.10. 26.11.

VII ZR 165/78 VIII ZR 279/77 VIII ZR 96/78 VIII ZR 156/78 VIII ZR 255/78 VII ZR 285/78 II ZR 104/77

BGHZ 73, 202 BGHZ 73, 259 BGHZ 74, 129 WM 1979, 776 BGHZ 74, 379 BGHZ 75, 203 BGHZ 75, 334

P136 B210 B7, D58 B472 P171 P90, Q13 H9

1978 1. 2. 13. 3. 10. 5. 1. 6. 14. 6. 20. 9.

VIII ZR 232/75 VIII ZR 241/76 VIII ZR 32/77 III ZR 44/77 VIII ZR 149/77 VIII ZR 142/77

BGHZ 70, 299 BGHZ 71, 61 BGHZ 71, 296 BGHZ 71, 380 BGHZ 72, 39 NJW 1979, 102

M86 G27, G36, P47, P119 A9, P19 B74, B204, M44, M111, M120 B264, P66 B27, B50, M1, M17, M86, P84

1977 26. 1. 28.11. 7.12. 21.12.

VIII ZR 122/75 II ZR 110/76 VIII ZR 164/76 VIII ZR 255/76

NJW 1977, 718 NJW 1978, 699 BGHZ 70, 86 BGHZ 70, 177

O16, O78, O83, O141 M20, M112 B208, B210, M20 B7, C59, D35, O51, O73

781

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1976 27. 9.

II ZR 162/75

BGHZ 67, 171

H73

1975 14. 5. 12. 6. 15.10.

VIII ZR 254/73 II ZB 12/73 VIII ZR 62/74

BGHZ 64, 312 NJW 1975, 1835 WM 1975, 1182

B55, B58, B531 G50 B10, P134

1974 29. 4. 30.10.

VIII ZR 200/72 VIII ZR 81/73

WM 1974, 570 WM 1974, 1218

M88, J4, J14, B305, C69, D100

1973 24.10.

VIII ZR 82/72

NJW 1974, 57

J1, J2

1972 18. 1. 2. 2. 15. 3. 25. 9.

VI ZR 204/70 VIII ZR 152/70 VIII ZR 159/70 VIII ZR 216/71

VersR 1972, 394 BGHZ 58, 108 BGHZ 58, 240 BGHZ 59, 230

S7 P140, O36 D12, G7 A14, B305, B310, B315, B423, D34, D100

1971 10. 2. 5. 7. 20.10.

VIII ZR 188/69 II ZR 176/68 VIII ZR 212/69

NJW 1971, 799 BGHZ 56, 339 BGHZ 57, 123

B301 A38 B8, B30, B272, G39

1970 12.11. 9.12.

VII ZR 34/69 IV ZR 52/69

BGHZ 55, 34 WM 1971, 71

A41 Q20

1969 29. 6. 14. 7. 15.10. 21.11.

II ZR 51/67 VIII ZR 109/67 VIII ZR 136/67 V ZR 149/66

NJW 1970, 41 NJW 1969, 1719 NJW 1970, 44 BGHZ 53, 60

J8 F21 B490, P47, P48 M36

1968 3. 4. 26. 6.

VIII ZR 23/66 I ZR 156/66

WM 1968, 683 BGHZ 50, 277

D67 Q22

1966 23.12.

V ZR 26/64

BGHZ 46, 260

P93

1964 15. 1. 29. 1. 28. 9. 5.11. 25.11.

VIII ZR 236/62 Ib ZR 197/62 VIII ZR 21/61 VI ZR 2/63 VIII ZR 289/62

BGHZ 41, 17 BGHZ 41, 98 WM 1964, 1166 WM 1965, 84 WM 1965, 14

B109, M97 A42, P14, P48 B251 O60 B13, B32

1963 25. 3. 27.11.

VII ZR 270/61 VIII ZR 278/62

BGHZ 39, 186 WM 1964. 114

P101 B39, B281

782

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1962 24.10.

VIII ZR 126/61

WM 1962, 1316

B504, P59

1960 3. 3. 9. 5. 15.11. 21.12.

VIII ZR 86/59 II ZR 95/58 V ZR 35/59 VIII ZR 204/59

WM 1960, 381 WM 1960, 720 BGHZ 33, 389 BGHZ 34, 254

O103 M91, M120 D30 C62, D98

1959 20. 1. 7. 4. 30. 4. 11. 5. 30. 6. 24.11. 14.12.

VIII ZR 113/58 VIII ZR 219/57 VII ZR 19/58 II ZR 2/58 VIII ZR 11/59 VIII ZR 220/57 II ZR 187/57

WM 1959, 470 NJW 1959, 1223 BGHZ 30, 149 WM 1959, 719 BGHZ 30, 238 WM 1960, 377 BGHZ 31, 258

B440 B361 A41, M36 B435 M1, M31, S17 B250, B455, B491, E34 H1

1958 30. 5. 9.10.

V ZR 295/56 II ZR 229/57

BGHZ 27, 360 WM 1958, 1417

B61, B394, M12, M37, M40 M24

1957 15. 1. 11. 4. 28.11.

VIII ZR 36/56 II ZR 182/55 VII ZR 42/57

NJW 1957, 587 BGHZ 24, 106 BGHZ 26, 142

A39 P94 Q22

1956 3. 3.

IV ZR 314/55

BGHZ 20, 149

C117, C118

1955 5. 1. 9. 2.

IV ZR 154/54 IV ZR 173/54

NJW 1955, 544 WM 1955, 404

B61, B394, M12, M37, M40 B240, C20, O16, O23, O78, O103, O141

1954 11.11. 3.12.

IV ZR 64/54 V ZR 96/53

WM 1955, 407 BGHZ 15, 333

P47 M120, P14, P38

1953 17. 4. 5.11.

V ZB 5/53 IV ZR 95/53

BGHZ 9, 250 NJW 1954, 190

M98 B362

1952 25. 9.

IV ZR 13/52

BB 1952, 868

B250, B490, B491

Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2011 6.10.

6 AZR 262/10

ZIP 2011, 2366

C114

4. BAG

783

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2010 21. 1.

6 AZR 593/07

ZIP 2010, 687

B211

2008 27. 2.

5 AZB 43/07

ZInsO 2008, 391

B516, B553

2006 19. 1.

6 AZR 529/04

NZI 2007, 58

M117, M130

2003 19.11.

10 AZR 110/03

BAGE 108, 367

D40

1993 17. 2.

4 AZR 161/92

BAGE 72, 238

B69, M133

1984 21. 2.

3 AZR 451/81

KTS 1985, 57

B124, D41

1978 16. 6.

3 AZR 783/76

BB 1978, 1363

B389

Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2010 3. 2.

B 6 KA 30/08 R

ZIP 2010, 2309

M116

Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2011 24.11.

V R 13/11

ZIP 2011, 2481

B6

2010 2.11.

VII R 6/10

ZIP 2011, 181

B6, B436, C29

2009 23. 9.

VII R 43/08

ZIP 2009, 2455

D18

2007 17. 4.

VII R 27/06

BFHE 217, 8

M112

2005 12. 4. 11. 8.

VII R 7/03 VII B 244/04

BFHE 209, 34 ZinsO 2005, 1105

M118 B171, B388, O179

2004 16.11. 16.11.

VII R 75/03 VII R 62/03

BFHE 208, 296 BFHE 207, 371

B5 M94

5. BSG

6. BFH

784

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

2000 29. 2.

VII R 109/98

BFHE 191, 311

B273

1998 21.12.

VII B 175/98

NV 1999, 745

O179

1995 16. 5.

VIII R 33/94

NJW 1996, 1079

B394

1993 9. 2.

VII R 12/92

BFHE 170, 300

M94

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

7 U 182/07 7 U 150/06

ZInsO 2009, 330 ZInsO 2009, 240

B218 B353

2011 19. 1.

3 U 140/10

juris

B398

2008 30.10.

13 U 130/08

ZInsO 2009, 386

C107

1989 17.10.

20 U 25/89

NJW 1980, 720

G51

2009 3.12.

8 U 305/09

ZInsO 2010, 598

B4

2007 29. 3.

13 U 1132/06

ZInsO 2007, 497

F45

2009 5.11.

6 U 27/09

ZIP 2010, 617

B398, B400

2003 13.11.

12 U 43/03

ZIP 2004, 1008

D92

1992 6. 3.

17 U 201/91

NJW-RR 1992, 798

B397

7. OLG Datum Brandenburg 2008 10. 9. 19.11. Celle

Dresden

Düsseldorf

785

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1989 13. 4.

12 U 81/88

ZIP 1989, 1072

B529, D42

Frankfurt/M. 2010 11. 3. 14. 7.

16 U 129/09 17 U 239/09

ZIP 2010, 938 ZIP 2011, 392

G44 B44

2005 29. 8. 24.11.

16 U 11/05 1 U 19/05

ZInsO 2005, 1110 ZIP 2005, 2325

B18 B194

2003 25.11.

9 U 127/02

ZIP 2004, 272

Q10

2002 5. 6.

17 U 146/01

juris

C124

2009 21.12.

1 U 10/09

ZInsO 2010, 379

B290

2007 19.10.

1 U 136/06

ZIP 2008, 884

B224, E9

2001 9. 5.

8 U 8/01

ZIP 2001, 1332

B299, B349

1987 8. 1. 12. 6. 24. 7.

6 U 49/86 1 U 64/80 11 U 182/86

KTS 1987, 727 ZIP 1989, 777 NJW-RR 1988, 46

G49 G49 B213

1984 26.10.

11 U 168/83

ZIP 1984, 1373

B256, B525

2011 7. 4.

27 U 94/10

ZIP 2011, 1226

H23, H84, H88

2010 25. 8. 2.12. 29.12.

8 U 129/09 27 U 55/10 8 U 85/10

ZIP 2010, 2058 ZIP 2010, 2517 ZIP 2011, 343

O66 D16 H23, H84, H86

2009 15. 1.

27 U 112/07

juris

B218

1999 2. 3.

27 U 237/98

ZIP 1999, 1530

I11

Hamburg

Hamm

786

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1993 3. 5.

8 U 184/92

ZIP 1993, 1321

I15

1982 14. 7.

5 U 192/81

ZIP 1982, 1343

B336

2009 19. 5.

17 U 467/08

ZInsO 2009, 1594

B7, E36

2008 4. 1.

17 U 406/06

ZIP 2008, 1343

C54

2007 18. 1. 27. 2. 4. 9.

12 U 185/06 8 U 201/06 17 U 355/06

ZIP 2007, 286 ZIP 2007, 2132 ZIP 2007, 2367

B8, B167, B395, G108 B18 C52

2004 10. 9.

1 U 72/04

ZInsO 2004, 1367

D78

2003 17. 9.

1 U 167/02

ZInsO 2003, 999

G117

2010 25. 6.

10 U 924/09

UV-Recht Aktuell 2011, 851

J1, J35, J36

2004 13. 5.

5 U 1539/03

ZIP 2004, 1275

B138, G15, G71, G72

2003 18. 9.

5 U 520/03

ZInsO 2003, 951

M130

2011 27.10.

18 U 34/11

ZIP 2011, 2208

H59

2008 5.11.

2 U 78/08

ZInsO 2009, 93

M79

2006 30.11.

2 U 86/06

ZIP 2007, 137

F31

2005 19.10. 14.12.

2 U 28/05 2 U 89/05

ZIP 2005, 2072 ZInsO 2006, 1329

B194 D19

1995 28. 4.

25 U 17/94

ZIP 1995, 850

M18

Karlsruhe

Koblenz

Köln

787

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1994 29. 4. 25.11.

20 U 168/90 19 U 70/94

ZIP 1994, 1461 ZIP 1995, 138

B228, B425

1987 18. 2.

13 U 170/86

ZIP 1987, 907

B81

2010 5. 5. 6. 5. 20.12.

7 U 4134/09 23 U 1564/10 19 U 2126/09

juris ZIP 2010, 1236 ZIP 2011, 43

H54, H55 B94

2009 13. 1. 4. 8. 8. 9.

5 U 2379/08 5 U 2971/09 5 U 2499/09

ZInsO 2009, 341 ZInsO 2009, 1767 ZInsO 2009, 2151

M79 B522 C26, C123, C129, D50

2008 11. 3.

5 U 3897/07

ZIP 2009, 330

M136

2007 28. 3.

20 U 4101/06

juris

C93

2004 22. 7.

19 U 1867/04

ZIP 2004, 2102

H52, H75

1999 23. 6.

15 U 2827/99

NZI 2000, 180

I11

1992 27. 4.

26 U 6853/91

ZIP 1992, 787

C122

4 U 2506/08

ZIP 2009, 1435

D19

9 U 43/07

ZInsO 2008, 460

B10, B437, G27

3 U 121/04

WM 2007, 980

C50

4 U 324/07

ZIP 2008, 2430

C22, D35

München

Nürnberg 2009 11. 2. Oldenburg 2007 27.11. Rostock 2005 7. 3. Saarbrücken 2008 24. 6.

788

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

1 U 120/06

ZinsO 2006,1224

L29

2008 15. 7.

10 U 147/07

ZInsO 2011, 232

B497, J4, J18, O121

2005 13.10.

13 U 78/05

juris

C29, D50

1980 8. 7.

11 U 43/80

ZIP 1980, 860

B414

4 U 128/09

ZIP 2010, 1505

B520

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

7 Sa 413/07

ZInsO 2010, 688

C113

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

6 S 100/08

NZI 2009, 185

O205

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

21 C 147/09

ZIP 2010, 619

B398, B401

Schleswig 2006 3.11. Stuttgart

Zweibrücken 2010 22. 4.

8. LAG Datum Thüringen 2009 12. 5.

9. LG Datum Schwerin 2008 11. 7.

10. AG Datum Göttingen 2010 26. 2.

789

Rechtsprechungsregister Datum

Az.

Fundstelle

Werkreferenz

67g IN 352/08

ZInsO 2008, 1332

H27

Hamburg 2008 26.11.

790

Stichwortverzeichnis Abbuchung, siehe auch Buchung Abbuchungsverfahren B84, M75 Abfindungsanspruch B102, B193, B194, B196, B197, B200, G50, M67, M113 Abfindungsvereinbarung B8, B529, D42 Abhalten von Insolvenzantrag F36, F84 Abhängiges Unternehmen – nahestehende Person K27 Ablösung B125, B129, B298, B300, B361, B447, E27 Abnahme B12, B417, M54 Abrechnung B180, B191, B382, M116 Abrechnungszeitraum B180, D47, M51 Abrede B242, B397, E28, G58 Abruf – Kredit B285, B488, M55 Abschlagszahlung B146, B147, C85 Absichtsanfechtung A2, D7, F2 Absichtserklärung B155 Absonderungsrecht, Absonderung B80, B296, B300, B301 ff., B328, B337, B422, B447, B533, B538, C14 f., D15, D110, D114, E27, E54, M59 f., M70, M72, M124 – der Bank B307, B331, B339, B345, B450, D74 – Entstehung B80, B339, D74, D110, M70, M96 – Gläubigerbenachteiligung B80, B296, B303, B306 ff., B328, B422, B447, B450 – Schiedsverfahren S12 – Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters B303, E54 Abstrakte Sicherheiten – Neubestellung Q11 Abtretung – bedingte B56, B58, B204, D118, F47, F89, M59 ff., M118 ff., M122, M130 – bestehende Forderung B56 f., B319, D104, D117, M36, M122 – Kundenforderung B315, B316, B335, C66, D104 – künftige Forderung A4, B54, B59, B64, B297, B326, B332, B450, D31, M11 ff., M31, M38 – nicht offengelegte B207, B307, B335, C55, D77 – Rückgewähranspruch P42 ff.

– ungesicherte Forderung B305, B315, B423, D100 – Wirkung B56, B394, D32, M11, M21, M46, M73, M93 Abtretungsvertrag B58, B59, B65, B394, M41 Abwendung, abwenden B257, C129, D61, D65, F31, F37, F53, F64, M33 Abwendung der Zwangsvollstreckung B17, B20, D61, D65, F31, F53 Abwendung eines angedrohten Insolvenzantrages A24, D60 Abwendungsleistungen – Schuldner N23 ff. AGB-Banken B8, B77, B81, B87, B207, B297, B309 f., B331, B335 f., B339, B346, B407, B415, C47, C55, D71 ff., D103 ff., E30, F79, M31, M63, M75 Aktivvermögen, Aktiva B45, B222, B231, B236, B268, B293, B490, B495, C77, E50, E59, F17 Akzessorietät B313, B511, D96, M121 Aliud C62, D98, G88 Altersruhegeld B101, M126 Altersvorsorge B170, B395, B396, D40 Altverbindlichkeit, Altforderung B15, B188, B235, B244, B305, B448, B525, D108, D112, E21, F37 Analoge Gesetzesanwendung B337, B341, B347, B434, H87 Analogieverbot – Wechselvorschriften J13 ff. Anderkonto B338, B362, B373, B374, B376, B378, B380, D73 Androhung – der Zwangsvollstreckung B17, D62, F31, F54 Aneignung B41 Anerkenntnis B33, B210, C2, E28, E47, F109, G3, G54, G89 – Anfechtbarkeit P63 Anfangstermin B71, M132 f. Anfechtbare Leistung – bei Lebensversicherungsverträgen P69 ff. Anfechtbarkeit – Einrede S9 – schuldrechtliche Beziehungen P62 ff. Anfechtung – Anweisung B124, C19

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Stichwortverzeichnis – Bezugsberechtigung bei Lebensversicherung P18 – gegenüber Arbeitnehmer B40, B165 f., B169 ff., B395 ff., C110 ff., D40, E9, E25, F68 – gegenüber Drittschuldner B106 ff., C17 – gegenüber Sicherungsnehmer B261 – Herbeiführung einer Aufrechnungslage 197, 258, 306, 402 ff., A12, B2 f., B176 ff., B183 ff., C24 ff., C60, D45 ff., E43 ff., M89 ff. – im jeweiligen Leistungsverhältnis B106 f., B112, B127 – Primat N3 – Rechtshandlungen nach Verfahrenseröffnung T1 ff. – gegen Rechtsnachfolger R1 ff. Anfechtungsanspruch – Abtretbarkeit B515, H55 – Aufrechnung P73 – Aufrechnung mit Gegenforderung B519 – aufschiebende Bedingheit B517 – Auskunftsansprüche P170 ff. – Aussonderungsrecht B509 f., P18 – Begründetheit B517 – Beschränkung bei gesellschaftergesichertem Darlehen P165 ff. – Durchsetzung B506, B551, P11 ff. – Einschränkungen B522 ff. – gegen Empfängerbank B131 – Entstehung B517 f. – Erfüllung fremder Verbindlichkeiten P71 – Gegenrechte B500, B533 – Gegenstand B547 – gerichtliche Geltendmachung B544 ff. – gegen Gesamtschuldner B148, B263, B541, C13, D82 – gesellschaftergesichertes Darlehen P158 – Hinterlegung P72 – Inhalt P47 ff. – konkurrierender B136, B535, B540, C17, D11, F8, G6, G9, G78, G80H44, H108 – mittelbare Zuwendung P47 – Provisionszahlung P74 – Prozesshandlungen P78 – Rechtsnachfolge B514, B558 f. – Rechtsnatur B506 ff., P11 ff. – Rückabtretung P55 ff. – Rückgabe eines Orderpapiers P57

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– Saldotheorie B522 ff. – Unterlassungen P85 – Verhältnis Ersterwerber und Einzelrechtsnachfolger R20 ff. – Verhältnis zu § 64 GmbHG P24 ff. – Verjährung B177, B402, B500, B549, S1 ff. – gegen Versicherung B168 ff., B393 ff. – Zinszahlungspflicht B521 – Zwangsvollstreckung P79 ff. Anfechtungsbefugnis A36, B477 Anfechtungsberechtigter B534 f., G83 Anfechtungseinrede S9 ff. – als Gegeneinrede S13 – Kausalzusammenhang mit Leistungspflicht des Insolvenzverwalters S14 Anfechtungsfrist A3, A41, B500, B548, B550, C96, C98, G5, G117 f., H17, H26 Anfechtungsgegenstand – vollstreckbarer Titel N4 Anfechtungsgegner A9, B112, B122, B124, B129, B132, B149, B158, B169, B260, B537 ff., D21 – Ansprüche Q1 ff. – Aufleben von Forderungen Q2 ff. – Beweislast D121 ff., F26, F101 ff., G127 f. – Einzugsstelle B111, B382, B537 – Fortdauern der Bereicherung P48 ff. – Gesamtrechtsnachfolge R5 ff. – bei Gesellschafterdarlehen P23 – gesicherte Rechtsstellung B58, B71, B78, B102, B181, B203, B245 f., B360, B379 f., C28, D110, G111, G114, G119, M3, M25 f., M30, M44, M102, M110, M115, M126, M133 – Herausgabe von Nutzungen P99 ff. – Insolvenz A9, B509 – Kenntnis C102, C110, C115, C119 f., C124, D7, D125, F3, F28, F33, F62 ff., F77, F94, F112 ff. – Kenntnis bei Vertretung C117 ff. – Leistungskette B158 ff., G82 – mehrere F90 ff. – mittelbare Zuwendung B105, B113, B118, B122, B136, B160, B173 ff., G9, G105 ff. – Mittelsperson B111, B539, C17 – Pfandgläubiger A58, B142, D61, M67 ff., M128 – schuldrechtlicher Verpflichtungsvertrag Q12 ff.

Stichwortverzeichnis – Sicherheiten für zurückgegebene Forderungen Q8 – teilbare Leistung B537 – unentgeltliche Zuwendung G104 ff. – Wechselzahlung J24 f. – Wegfall der Bereicherung G126 – Wegfall der Kenntnis F86 – Werthaltigmachen einer Forderung B60 ff., B146 ff., M41 f. – Zeitpunkt der Kenntnis C102, F89 Anfechtungsgesetz A16, A36 f., B265, B352 f., B559 Anfechtungsgrund – Grundurteil P41 Anfechtungsklage – bei gesellschaftergesichertem Darlehen P160 ff. Anfechtungsprozess B254, B256, B470, B495, B501, B560, M13 Anfechtungsrecht – Inhaber B515, G113 – Zeitpunkt der Entstehung P38 Anfechtungsrisiko E7, F40 Anfechtungszeitraum B43, B58, B100, B536, C23, C52, C100, D57, D95, E13, F3, F102, F111, G2, G109, G117, G119 – Berechnung C96, C98, C100, G18, G117, L1 ff. Angehörigeneigenschaft K12 Angewiesener B108, B120, B123 f., B136, B229, B263, B451, B539, F90, F94, G81, M88 G81 Angriffs- und Verteidigungsmittel B33 Anlagevermögen B128 Anrechnung B243, B375, B455, F94 Anschein B495, G42, H4, H40, H56 Anscheinsbeweis B219, B270, B495 Anschlusszession B416 Anspruch – aufschiebend bedingter B56, B58, B75, B101, B181, B204, B294, B517, D39, D86, D115, G46, G110, M68 f., M91, M95, M123, M126, M128 – aufschiebend befristeter B79, D118, M59, M132 f. – auf Besicherung C62, D97, G88 – gesetzlich bedingter B74, B204, M21, M44, M111 – auf Gutschrift B333, B336, M74 – auf Kreditgewährung C43 Anspruchskumulation B149 Anteilige Befriedigung B25, B118 Antragsrücknahme C97, M99, M102, M104

Anwaltshonorar – Bargeschäft O91, O159 O201 Anwartschaft, Anwartschaftsrecht B53 f., B102, B215, B245 f., B279, B294, B300, B358, D40, M25 f., M34 f., M93, M122, M126, M133 Anweisung B108, B110, B116 ff., B124, B146, B232, B287, B319, B338, B343, B451, B453, C17, C19, C21, D79, D84 f., F94 ff., H75, M88, P66 – gegenüber Drittschuldner B119, B343, C17, C19 – auf Kredit B108, B229 – auf Schuld B108 – des Schuldners B110, B119, B124, C19, D79, D84 Anwendungsbereich – § 131 InsO A24 – Deckungsanfechtung A16, A26, B133, B160, B174, B260, B535, B540, C6, C12, C17, G7, G9, G78 ff., H108 Arbeitgeber B163 ff., B381 ff., C112 ff., D40, E9, F68, G108 Arbeitnehmer, Arbeiter B40, B165 ff., B277, B381 ff., B395 ff., B446, B553, C83, C110 ff., D40, E25, F68, G108 Arbeitnehmeranteil – Bargeschäft O174 ff. Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung B163, B165 ff., B381 ff., B439, E9 Arbeitnehmerüberlassung B12, B299, G3, G21 Arbeitseinkommen B34, B169 f., B278, B396, C110 ff., G108, M133 Arbeitseinstellung B189 Arbeitsgericht B516, B553 Arbeitskraft, Arbeitsleistung B34 f., B170 f., B277 f., B388, B396 Arbeitsleistung – Bargeschäft O156 ff. Arbeitsverhältnis B34 f., B278, B478 f., M133 ARGE, Arbeitsgemeinschaft B189 f., B410, F46 Atomisierung B67 Auffangtatbestand A26, C5, E10, E31, E51 Aufgabe von Rechten B31, B41 Aufhebungsvereinbarung B73, M52 Auflassung B246, B358, M108 – Vormerkung B228, M29, M108 Auflösung B195, B346, C46, M67 Aufnahme des Prozesses B558, B560

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Stichwortverzeichnis Aufrechnung – mit Altforderung B188 – mit Anfechtungsansprüchen P73, S11 ff. – Bargeschäft O27, O36, O213ff. – im Eröffnungsverfahren C25 – mit Forderung aus anderem Schuldverhältnis D50 – Forderung außerhalb des Kontokorrentverhältnisses D49 – Gegenseitigkeit B152, B179, B410, D47, D53, M89 – gegenüber Kaufpreisanspruch B116, B187, C31, D51 – mit Honoraranspruch B202 ff. – durch kreditgewährende Bank B185, B206, B407 f., C40 f., D49, D54 ff., M20 – nach Begründung der Schuldnerstellung B4, B186 ff. – nach Freigabe von Sicherungsgut B332 – gegen nicht werthaltige Forderung B180, C26 ff. – Selbstexekution C24 – vor Insolvenzeröffnung B177, C25 – Wechsel J8 Aufrechnungserklärung A46, B403, C24, E28, M18 Aufrechnungsersuchen C27 ff. Aufrechnungslage A12, B2 f., B176 ff., B183 ff., B197, B258, B306, B402 ff., C24 ff., C60, D45 ff., E43 ff., M89 ff. – Anspruch auf Herbeiführung C29, D45, D49 f. – Entstehung B179 ff., B197, B409, C27 ff., C36 ff., D47 ff., E46, M18, M89 f., M94 f., M113 – Inanspruchnahme der Schuldnerleistung B183, C38, D48, E46, M89 – Inkongruenz C26 ff., D45 ff. – Kongruenz C26 ff., D45 ff. – Werthaltigmachen B183 ff. Aufrechnungsmöglichkeit B301, C26, C29, C37, D49, M112 Aufsichtsratsmitglieder – nahestehende Person K30 Aufsummieren C93 f. Auftrag B74, B147, B155, B203 f., B459, B476, B482, C70, C119, D58, D84, F39, F88, G69, M44, M75 ff., M111, M120 Auftragsdurchführung B235 Auftragsübernahme B155 ff.

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Aufwendungen B60, B66, B197, B481, B523, M60, M113 Aufwendungsersatzanspruch B98, B287, B357, C31, D51 Auseinandersetzungsguthaben A44, B196, B199, B410, M67 f., M120 Ausfall B199, B538, C14, D19, H50, H87, M68 Ausfallrisiko H50 Ausgleich A32, B143 ff., B233, B259, E18, G29, G36, G55, G96, H43, H53, H91, H96, H99 – Enthaftung P10 Ausgleichsanspruch B157, C13, D18, D82, H91, H99 Ausgleichsfunktion – Bargeschäft O5 Auskunft, Auskunftsanspruch B533, B551, P170 ff. Ausland – Sitzverlegung P161 Auslandsanfechtung A47 f. Ausnahmecharakter – Bargeschäft O39 ff. Ausnahmetatbestand C23, G120, G128 Ausräumung einer Einrede B12, B67, B80, B313, C37, D29, D38, M41, M43, M57, M124 Außenstände B140, F85, G65, G127 Aussicht,aussichtslos A18, B216, C9, C130, E16, E41, F41, F52, F55, G99, G114, M92, M126 Aussonderung – bei Rückgewähr in natura P13 Aussonderungsrecht A9, B300, B360, B362, B366, B387, B397, B509, H93, H103, H109 – Anfechtungsanspruch P18 – Bezugsberechtigung einer Lebensversicherung P18 – des Gesellschafters H93, H103, H109 – Direktversicherung B397 – Treugeber P21 Aussonderungssperre H53 Ausstellerkonto C56, M87 Austausch – gleichwertige Sicherheiten B207, B297, B308, B328, B335, B346 f., B447, C55, C66 Auszahlungsverbot H10, H54 Avalprovision B159, B161

Stichwortverzeichnis Bank – bezogene B287, B338, C56, D73, M87 Bankbuchung B7 Bankbürgschaft B159, D107 Bankgeschäfte – Bargeschäft O122 ff. Bankinsolvenz – Scheckzahlungen J32 Bankkonto B121, B192, B292, B330, F91, F96 – siehe auch Konto Bankverrechnung C40 ff., C50 Bardeckung C20, D9 Bargeschäft B205, B241, B386 ff., B396, C45, C49, C54, D9, D41, D79, E3, E38, F9, F31, F39, G108, H52, H90, H99, M17, M83, M86 – Anwaltshonorar O91 ff., O91, O159, O201 – Arbeitnehmeranteile B165 f., B171, B381 ff. – Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung O174 ff.O204 ff. – Arbeitsleistung B170 f., B388, B396 – Arbeitsleistungen O156 ff. – Aufrechnung O27, O36, O213ff. – Ausgleichsfunktion O5 – Ausnahmecharakter O39 ff. – Bankgeschäfte und Zahlungsverkehr O122 ff. – Benachteiligungsvorsatz O113 f. – Bewertungszeitpunkt O107 f. – Bürgschaft O142 ff. – Darlegungs- und Beweislast O119 ff. – Dauerschuldverhältnisse O150 ff. – Direktversicherung B168 ff., B395 ff. – Diskontgeschäft O144 – echtes Factoring O146 ff. – Eigentumsvorbehalt O103 – Energielieferung O155 – erweiternde Auslegung des § 142 InsO O39 ff. – Factoring O146 ff. – Fallbeispiele O78 ff. – Finanzkommissionsgeschäft O145 – Garantie O142 ff. – Gebrauchsüberlassung O152 ff. – Gegenleistung O24 ff. – Geldleistungen O18 f. – Gesellschafterdarlehen O15 – Gleichwertigkeit O101 ff. – Globalzession O49 O104, O195 – Grenzfälle O29 ff. – Grundschuld O23

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Grundschuldbestellungsfall O79 ff. Hypothek O23 inkongruente Deckung O51 keine erweiternde Auslegung O63 ff. kongruente Deckung O52 ff. Kontokorrent O48, O75, O190 ff. Kreditbesicherung im Konzern O200 Kundenschecks O53 ff., O187 ff. Lastschrift B93, B97, M17, M83, M86 Lastschriftverfahren O129 ff., O192, O193 ff. Leasing O72, O152 ff. Leistung an Dritte O34 Leistung des Schuldners O17 ff. Leistung und Gegenleistung O16 ff. Leistungsreihenfolge O74 ff. Lohnsteuer B171, B388, O178 ff. Lohnzahlung C114 Lohnzahlungen O158 Miet- oder Pachtzinsen O72, O152 ff. Mobiliarsicherheiten O138 ff., O141 ff. nachträgliche Änderungen O109 Normzweck O4 ff. objektive Gläubigerbenachteiligung O7 ff. öffentliche Abgaben O178 ff. Panzerbrücken-Fall O38 Personalsicherheiten O142 Rechtsfolgen O110 ff. rechtsgeschäftlicher Zusammenhang O44 ff. Regelungssystematik O1 ff. Sachleistungen O21 Sanierungsberater E16, E18, F39 Sanierungsleistungen O162 ff., O167 ff. Schenkungsanfechtung O14 Schicksal der Gegenleistung O118 Schuldnervermögen O26 Sicherheitsbestellung O23 Sicherungs-Globalzession O41 Sicherungszession O23, O196 ff. Sozialversicherungsbeiträge O172 ff. Stehenlassen (der Darlehensforderung) O25 ff. Steuerberatervergütung O159 Systematik O7 ff. Tankstellenbetreiber-Fall O30 ff., O209 ff. Tiefkühlkost-Fall O85 ff. Überziehungskredit O73 Unanfechtbarkeit O1 ff.

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Stichwortverzeichnis – – – – – – – –

unechtes Factoring O149 unentgeltliche Leistungen O50 Unmittelbarkeit O66 Verhältnis zu § 129 InsO O8 Verhältnis zu § 131 InsO O10 Verhältnis zu § 132 InsO O12 Verhältnis zu § 135 InsO O14 ff. Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung O43 ff. – Verrechnung B205, C45, C49, C54, D54 ff., O27 – Verrechnungen im Kontokorrent O122 ff. – Vorsatzanfechtung O14 – Vorsatzkenntnis des Anfechtungsgegners O116 f. – vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung O112 ff. – Vorschusszahlungen O160 ff. – Wechsel- und Scheckzahlungen O20 – Werthaltigmachen künftiger Forderungen O140 – wirtschaftlicher Zusammenhang O47 – Zahlungsverkehr O122 ff. – zeitlicher Zusammenhang O66 ff. – zeitnahe Teilleistungen O95 ff. Barzahlung B121, C59, D35, F82, F91 – Rückgewähranspruch P61 Basissicherheit C73 f. Baufertigstellung B458 Bauhandwerkersicherung C70 f. Bauherr C70, D79, D84, F46 Bauleistungen B68, B176, B467, C27 Bauleiter C113 Bauspardarlehen B312 f. Bausparvertrag B354 Bauträgergesellschaft B476 Bauunternehmer B181, D42, F57 Bauvorhaben B155 Bedingung – auflösende B92, C56, D39, M82, M110, M121 – aufschiebende B56, B58, B75, B79, B101, B181, B201, B204, B389, B517, B558, C56, D19, D39, D115, F47, F78, G33, G110, H52, M45, M69, M91, M94 f., M110, M122 ff. – gesetzliche B201, M120 f., M130 – rechtsgeschäftliche B75, B181, B201, M45, M51, M55, M95, M118, M133 Beendigung des Insolvenzverfahrens A37, B562 Befreiung von einer Schuld B108, B118, B229, B451, C37, F90, H108

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Befreiung, Befreiungsanspruch B118, B247, B370, H40 f. Befriedigung – abgesonderte B211, B301, B303 f., B348, B450, D32, M90 – Altforderung B188, B235, B244, B448, D112 – anteilsmäßige B25, F34, H39, H79 – durch Aufrechnung, siehe Aufrechnung – inkongruente A24, B185, B282, B344, B415, C22, C33, C48 ff., C70, D1 ff., D37 ff., D84, F54, siehe auch inkongruente Deckung – kongruente, siehe auch kongruente Deckung – Kontokorrentverrechnung, siehe Kontokorrentverrechnung – quotale B188, B258, B411, G99 Befristung, befristet B52, B71, B79, B204, D115, D118, F89, M49, M52, M59, M109 ff., M131 ff. Begünstigung B25, F49, G22 Beitragsrückstand B164, C88, C97, C107, F81 Beitragszahlung B171, F82, F96, G73 Belastung A11, B243, B299, B313, B348 ff., B462, B481, B511, C56, E30, M76, M87, M100 Belastungsbuchung B85 ff., B225, B287, B418, C53, M17, M74 ff., M81, M85, M87, M91 Belieferung B15 Benachteiligungsvorsatz A27 f., B31, B468, D7, D119, D124, F3, F21 ff. – Bargeschäft O113 ff. – siehe auch Gläubigerbenachteiligungsvorsatz Beraterhonorar – Bargeschäft O162 ff. Bereicherung – Wegfall G6, P48 ff. Bereicherungsrecht A42 f., A43, B106, B124, B127, B146, B149, B154, B157, B330, B400, B463, B464, B522, G27, G44, G46, G64 – Leistungsbegriff B4, B68, B98, B112, B114 ff., B132, B149, B158, B169, B173, B175, B539 f., D21, G19, G82 f., G101 – Saldotheorie B522 – Verweisungskette P88 Bereicherungsschuldner B443 – verschärfte Haftung P92 ff. Berufsunfähigkeitsrente B272, M126

Stichwortverzeichnis Berufungsinstanz B254 Beschlagnahme B271, B323, H101, M70 Besicherung – fremde Schuld F109, G59, G90 f., G97 – nachträgliche B230, B305, C62, D33, D100 f., F109, G85, G88 f., G91, G96 f., G100, G103 Besitz, Besitzrecht B13, B36, B302, B430, C15, C63, E54, M63, M70, M92, M126 Besitzgesellschaft B128, B131 Besitzmittlungsverhältnis B65 Bestandteil A7, B130, B266 f., B272, B282, B289, B401, B413, B428, C80, F41, F55, G105 Besteller B68, B181 f., B452, M120 Bestimmbarkeit C21, D104 Betagt B71 ff., B101, B180, B196, B203, C56, D86, M44, M52 f., M67, M87, M111, M115, M126, M132 Betrachtungsweise – natürliche C103 – objektive A30, B242, B469, D34, D42, E38 f., G28, G32, G34 ff., G98 f. – wertende B473, B486, C124, D27, M112 – wirtschaftliche A11, B43, B48, B139, B222, B246, B467, B509, D117, F17, G72, M23, M58 Betriebliche Auswertung H19 Betriebsfortführung A34, B244, E18, F36, F38, H3, H6, H12, H18, H43, H91 f., H102, H105 Betriebsgrundstück B125, B128, B243 Betriebsmittelkredit B159 Betriebsnotwendige Überlassung H24 Betriebsübergang R5 Betriebsveräußerung B39 Bevollmächtigung F92 Bevorzugung B232, F36, F49, F84 Bewachungsunternehmer B121 ff., F91 Bewegliche Sachen – Rückgewähranspruch P52 Beweis des Gegenteils F3, F65 Beweisanzeichen A29, C109, D7, D123 f., F24, F26, F33, F48 ff., F55 ff., F61, F63, F67, F70, F84, F92, F98, F100 – inkongruente Deckung F55 ff. – siehe auch Indiz Beweiserleichterung C127 ff., C133, D123 ff., F26, F49, F63, F65 ff., F100

Beweislast B359 ff., B495 ff., C127 ff., D120 ff., E59 ff., F3, F99 ff., G124 ff., H19 f., H106 ff., M134 ff. – Anspruchskonkurrenz B136, B535, G9, G78 ff., G127 – ausreichende Insolvenzmasse B219, B270, B495 – Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung B504 – Bösgläubigkeit P150 – Erkennbarkeit der Krise H7 – Ersterwerber R24 – fehlende Kenntnis C132 – früherer Erwerb B498 – Gegenleistung B496, D123, E59, G124 – Gegenrechte B500 – gegenüber nahestehender Person C133, D126, F102 ff., F112 ff. – Gläubigerbenachteiligung B495, B501, D125, F3, F99 ff., G124 – Gläubigerbenachteiligungsvorsatz F3, F34, F49, F99 ff. – inkongruente Deckung D120 ff., D124, F98 – Kenntnis der Krisensituation H7 – Kenntnis des Anfechtungsgegners D123, F99 – Kleinbeteiligungsprivileg H107 – konkurrierender Anfechtungsanspruch B136, B535, G9, G78 ff., G127 – Kontoüberziehung B503 – Kreditunwürdigkeit H7, H19 f. – nachträgliche Vertragsänderung D121 – nicht schuldnerfremdes Vermögen B496 – pfändbares Vermögen B503 – Rückgewähr von Anfechtungsansprüchen Q16 – Sanierungsprivileg H107 – selbstbestimmte Rechtshandlung F12 – unentgeltliche Leistung G2, G124 ff. – Vollendung der Rechtshandlung E61, G125, M134 – Wegfall der Bereicherung G126 – Wegfall Eigenkapitalersatz H20 – wertausschöpfende Belastung B359, B502 – wertlose Forderung G127 – Wiederaufnahme der Zahlungen C93, C102, C132, F86 – Zahlungsunfähigkeit D122

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Stichwortverzeichnis Beweislastumkehr A4, C133, F101, F104, G2 – nahestehende Person K5, K9 Beweiswirkung F94 Bewertungsspielraum E39, G37, G39 Bewertungszeitpunkt – Bargeschäft O107 ff. Bezüge B69 f., M39, M46 f. Bezugsrecht B100 ff., B168, B390, B392, G107, G109 ff., M65, M67, M92, M126 Bierbrauen B7, B11, B236, B493 Biersteuer B7, B11, B236, B493 Bilanz B190, B223, C82, C86, C127, H11 f., H19 Bonität B266, B290 f. Bösgläubigkeit – Anfechtungsgegner P3 – Beweislast P150 – Haftungssystem P149 ff. – Wegfall F86 Bote B90, B287, M80 Breitbandverteilanlage B234, B441, B527, E19, F47 Bruttolohnanspruch B165 Buchgrundschuld B322 Buchhaltungsunterlagen B499 Buchung – deklaratorische B7 Buchung, Abbuchung B7, B85, B87, B91, B94 ff., B225, B287, B334, B347, B418, C45, C53, C56, D35, E36, M17, M21, M74 ff. Buchwert B193, G50, H12 Bundesagentur für Arbeit B26, B178 Bundesarbeitsgericht B69, B389, B516, B553, C114, M133 Bundesfinanzhof B5 f., B171, B273, B388, B394, B436, D18 f., M94 f. Bürgschaft B129, B132, B159, B334, B511, C12, C60, D20, D80, D107, E24, E47, G3, H38, H41, H52, H79, H81, M91, M123 f. – Bargeschäft O142 ff. – selbstschuldnerische B129, C12 Bürgschaftsentgelt B159 Bürgschaftsgläubiger B131 Cash-Pool B133, B138, B260, B442, D19, G9, G19, G58, G75 ff., G79, G105 Computeranlage B105, B116, F90 Darlegungs- und Beweislast O119 ff. – Wechsel- und Scheckzahlungen J37

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Darlegungslast B359, B498, B500, B502, C128, D121 – sekundäre B359, B498, B500, B502, D121 – siehe auch Beweislast Darlehen B8, B110, B242, B283 ff., B312 f., B354, B367 ff., B398 ff., B412, B444, B455, B487, C43, C68, D23 ff., D31 ff., D81, D94, D108, E24, E40, G63, G96, M28 f. – Anspruch auf Rückzahlung B152, B231, B285, B286 B287, C41, C45, D24, D58, D92, G13, G30, G91, G96 – Eigenkapitalersetzendes B433, B466, C86 – zweckgebundenes B110, B231, B238, B367, B369, B412 Darlehensforderung B199, B283, B354, B369, B455, D31 ff., G31, G64, G91, G96 – Stehenlassen O25 Darlehenskündigung B487, C41, C44 ff., C47, D54, D56 f., D92 ff., G95, M22 Darlehensrückzahlung B151, B262, B307, B368, C41, C103, D31, D71 – bei Gesellschaftersicherung P153 ff. Darlehenssicherung – durch Gesellschafter P153 ff. Darlehensvertrag B44, B283, B287, B312, B368, B398, C43, F71, G13 Darlehenszinsen – als Teil des Rückgewähranspruchs P102 ff. Dauerschuldverhältnis B71, E30, M115, M133, O150 ff. Debetsaldo B336, D57 f. Debitorisches Konto B86, B113, B131, B205, B225, B292, B334, B361, B367, B407, B462, C18, C52, D57, G93 Deckung – buchmäßige C56, M87 – inkongruente, siehe inkongruente Deckung – kongruente, siehe kongruente Deckung Deckungsanfechtung – Abgrenzung zu § 132 InsO E10, E23, E26, E51 – Abgrenzung zu § 133 InsO F8, F29 ff. – bei Absonderungsrecht C14 f., D74 F., D77, D110, D114 – Anfechtungszeitraum C1, C100, D2 ff.

Stichwortverzeichnis – Ausdehnung über den Drei-MonatsZeitraum N10 – Ausnahme bei Wechsel- und Scheckzahlungen J1 – bei Bürgschaft C12, C60, D20, D80 ff., D107 – ermöglichende Rechtshandlung C2, C18 f., C41, C56 – fehlende Insolvenzgläubigerstellung C7, C12 ff., D15 ff., D80 ff. – Konkurrenzverhältnis C5 ff., D11 – künftiger Insolvenzgläubiger C12 f. – Massegläubiger C16 – materielle Insolvenz A16 ff., C3, C8, C76 ff., C97, C101, D6, D12 – nachrangige Gläubiger C2 – Vorrang B136, B260, B535, B540, G78, G80, G127 Deckungsbereich B305, B315, B423, D100 Deckungsgeschäft D36, D42, D108, F57, F61, F84 Deckungsverhältnis F93, G107, G112, M77 Deklaratorische Buchung B7 Deliktische Ansprüche – Unanwendbarkeit P15 Deliktsrecht A38 ff., B490 Deutsche Post AG B151, B262 Dienstleistungen B12, B69, B197, B404, E41, M41, M46, M133 – Anfechtungsanspruch P60 Dienstvertrag D42, M46, M115, M133 Dienstvertragliche Verbindung – nahestehende Person K29 Dingliche Rechte – Löschung P35 ff. – Rückgewähransprüche P53 ff. Dinglichkeitstheorie B506 Direktanspruch B169 Direktauszahlung B284, B290 Direkterwerb B394, G110 Direktkondiktion B149 Direktversicherung B167 ff., B395 ff., D40, G108 Direktzahlung B110, B284, B482, C70, C79, C84 f. Diskontkredit C47 Dispositionskredit B285, M71 Doppelberücksichtigung B129, C12 Doppelinsolvenz B133, B136, B536, G9, G127 Doppelmangel B124 Doppelsicherung B79, B82 ff., B321 ff., H23, H82, H84 ff., M73 ff.

Doppelwirkung – Rechtshandlungen B148 Drei-Monats-Zeitraum C1, C110, F54, F84, F97 – Ausdehnung der Deckungsanfechtung N10 – Vorpfändung P81 Drei-Personen-Verhältnis B156, G56, G127 Dreiecksverhältnis B172 Drittdarlehen H23, H39, H77 ff. – Gesellschafterbesicherung P152 ff. – Übergangsvorschrift P153 Dritte B4, B14, B25 f., B122, B178, B211, B227, B231, B257, B259, B313, B361 f., B407, B452, B457, B535, C17, C21, C78, C84, F44, G25, G29, G96, H13, H58, H69, H77 – Gutgläubigkeit B304, B443, G25 Drittgläubiger B370, H87 Drittschuldner B56, B76, B104, B106 f., B119, B135, B140, B207, B261, B297, B308 f., B331 f., B335 ff., B424, B429, B450, B540C17, C66, D110, G58, G60 ff., G65, G70 ff., G96, G101, G127, M31, M136 Drittwiderspruchsklage B513, B546 Drittzahlung B165, B332, B383, C70, G61, G70 Drohung A24, C63, D63, D65, F11, F21, F31, F39, F52, H54 f. Druck A24, C108, D63, D65, F31, F72 – drohende Zwangsvollstreckung A24, D61, D63, D65, F38, F52, F74 – Insolvenzantrag C108, D63, F31, F72 Duldung B17, B24, B471, B512, B546, C44, D54 f., E54 Durchgangserwerb B231, B394, G110 Durchgriff B124 Durchsetzbarkeit, Durchsetzung A18, A42, B3, B16, B62, B188, B213, B460, B495, B506, B551, C9, C16, C60, D54, D60, F54, F65, G31, G33 f., G61, H11, M108, M115 Durchsetzung – Anfechtungsanspruch P11 ff. – erschwerte A42 Durchsetzungssperre B192 Durchsuchungsanordnung B20 f. EGInsO A5, H28 ff. Ehegatte B10, B30, B34, B272 f., B275 f., B278, B437, B478, B505, G27 f.G51, G117, G124 – nahestehende Person K11 ff.

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Stichwortverzeichnis Eidesstattliche Versicherung B19 Eigenantrag D17, G63, H55, I1 Eigenkapital – funktionales H3, H6 f., H34 – haftendes B16, B41, B213, B432, E53, G31, H7, H34 Eigenkapitalersatz A33, B213, B432 f., B466, C5, C86, G13, G30, H11, H21 f., H24, H28, H42, H65, H90, H92 Eigentumserwerb B32, B245, B301, B339, D74, D105, G21, M19, M34 f. Eigentumsübergang B65, M25, M48 Eigentumsübertragung B9, M34 Eigentumsvorbehalt A41, B47, B54 f., B294, B300 f., B326 f., B330, B428, B531, M35, O103 – erweiterter B301 – verlängerter B47, B301, B326 f., B330, B531 Eigenverwaltung B534 Einbringung B11, B38, B324, H2 f., M25 Einfordern – Ernsthaftigkeit C83, C109 Einheitliche Handlung B43 ff., B48, B105, B117 f., B152, B239, B260, B525, B532, F93, M21, M23, M72 Einigsein – über Unentgeltlichkeit A30, B212, G19, G27, G31, G72 Einlage B38, B524, G43 Einlagenrückgewähr A35, H32, I18 Einlageschuld B246 Einlösung – Wechsel J8 Einrede A37, B33, B80, B313, B464, C37, D29, D38, D86, D90 – nichterfüllter Vertrag B12, B62, B67, B80, C37, M41, M43 – Nichtvalutierung B313, M57, M124 – prozessuale B33 Einseitige Schuldnerakte P63 Einseitiges Rechtsgeschäft B10, E2, E28 Einstellungsauflage B438, F23, G33 Eintragungsantrag B51, B358, M2, M26, M97, M99, M101 ff., M135 Eintrittsrecht G115, M128 Einwand der Anfechtbarkeit B37, B555, E22 Einwendungstatbestand O7 ff. Einwilligung, Einverständnis B10, B250, B279, B421, B491, B542, E28, E34

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Einzahlung B25, B95, B232, B331, C52, G45 Einzelgläubigeranfechtung A16, A27, A36, B558 ff. – Aufnahme durch Insolvenzverwalter B558 f. – Beendigung des Insolvenzverfahrens B562 – Fortsetzung durch Gläubiger B560, B562 – Titelumschreibung B558 – Verhältnis zu Anfechtungsansprüchen P32 ff. Einzelrechtsnachfolge – Anfechtungsgegner R7 ff. – Gutgläubigkeit R16 – Teilübertragung R10 – Verhältnis zum Ersterwerber R20 ff. Einzelzwangsvollstreckung A18, B353, C9, F52 – Verhältnis zum Insolvenzverfahren N13 – Zeitpunkt N27 ff. Einziehung – berechtigte B102, B335 ff. – unberechtigte B339, D74 Einziehungsermächtigung B29, B50, B85, B98, B160, B168, B336 f., B341, B416, B422, D35, M17, M76 – nicht widerrufene B337, B416, B422 – Widerruf B341, D77 Elektroinstallateur C110 Eltern B142, C119 Empfängerbank B131, M74 Empfangsvertretung B109, C119, F88 Endmieter B110 Energielieferung O155 Entgelt, entgeltlich B144, B171, B280, B492, D41, E39, F107, F109, G15, G35, G43, G52, G58 f., G71, G87 f., G90, G101, G103, G107, G124, H42, H90 f., H108 Entgeltumwandlung B170, B395 f., G108 Enthaftung – Ausgleich P10 Entlastungsbeweis F113 Entstehung kraft Gesetzes B5, C72 Erbbaurecht B364, B528 Erblasser B203, B276, G113 Erbringung von Dienstleistungen B12, B69, B197, M41 Erbschaft B31, B274, R5 – Ausschlagung B31, B274 Erbverzicht B31

Stichwortverzeichnis Erfüllung – auflösende Bedingung M82 – aufschiebend bedingter Anspruch D39 – Einlageschuld B246 – Entgeltlichkeit F107, G87 f. – erzwungene G5, G118 – gegenseitiger Vertrag B62, B157 – Lastschriftverfahren B84 ff. – Schenkungsversprechen G71 – Sicherungsabrede B344 – Teilbarkeit B529 f. – unvollkommene Verbindlichkeit E43, G52 – unwirksamer Vertrag G52 – im Valutaverhältnis M77 – verjährte Forderung D38, G52 – vorbehaltslose Gutschrift B92 – vorzeitige C70, G53 – Wechselakzept M88 Erfüllung fremder Verbindlichkeiten P71 Erfüllungsablehnung E22, H93 ff. Erfüllungsgeschäft B46, B239, B378, G5, G118, H108, M25 Erfüllungshalber B476, C23, D45, D59, F59, F77, G23, H73, M88 Erfüllungshandlung B9, B11, B148, B349, B411 ff., B541, C57, E27, G5, G23, M41 Erfüllungstheorie M78 f. Erfüllungsübernahme G58 Erfüllungswahl B62, E22, H93 f. Erkenntnisverfahren – Unterbrechung durch Insolvenzeröffnung N12 Erklärungsbote B90, M80 Erlass A35, B421, B459, C27, F75, F91, H101 Erledigung, Erledigungserklärung C97 f., D60 f. Erlös B207, B256, B327, B333, B335, B337, B344, B355, B359, B416, B421 f., B447 ff., B481, B502, D114, E42, F46, M70 Erlöschen B177, E48, G71, M127 Erlöschenstheorie B62, M127 Eröffnungsantrag – Abweisung mangels Masse C91, C96, C98, G73, H26 – durchgängige materielle Insolvenz C97 – für erledigt erklärter C97 f., D60 – Maßgeblichkeit für Anfechtungsfrist A3, C96 ff., H26

– mehrere Anträge C96, G18, G117 – prozessuale Überholung C98 – zurückgenommener C97 f., D60 Eröffnungsverfahren A18, B15, B91 f., B121, B210, C25, C40, E29, E54, H30, H96 f., M8 f., M38, M66, M81 f. Ersatzabsonderung B330, B336 f., B339, B341, B347, B422, D74 f., D77 Ersatzaussonderung B330 Ersatzrückgewähr – Wechselzahlung J19 ff. Ersatzsicherheit B336, C69 Erschwerende Umstände A38, F4 Erschwerter Zugriff B227 Ersetzungsbefugnis C59, D35, D69, H80 Erstattungsanspruch B92 f., B213, B232, B273, B434, G66, H83, M82 f., M94 f., M112 – Umfang bei Wechselzahlung J22 ff. Erstattungsgegenstand – bei Wechselzahlung J21 Ersterwerber – Beweislast R24 Erweiternde Auslegung – Bargeschäftsvorschriften O39 ff. Erwerb kraft Gesetzes B7, B32, M98 Erwerbsaussicht B42, M113 Erwirkung – Rechtshandlungen N21 EuGVVO N25 ff. EuInsVO A47 f., B556, L13, N25 ff. Europäischer Gerichtshof B556 Factoring O146 ff. Fahrlässigkeit – bei gutem Glauben P122 ff. – Wechsel- und Scheckzahlungen J2 Fahrzeug B51, B421, G73, H82, M1, M99 Fälligkeit D27 f., D35, D41, D58, D83, D86 ff., D107, D115, D117, G72, G91, H99, M41, M53, M58, M67 – Rückgewähranspruch P39 Festgeldguthaben M124 Feststellungsklage B544 Feststellungskosten – Pauschale B449 Fiduziarisch B313, D96, H70 Fiktion B8, B65, B163, B165, B383 ff., M17, M86 Finanzamt 95, B5, B171, B387 f., B436, C27 f., C93, C122 ff., D18 f., F69, F75, G63, M112 Finanzhilfe H2, H4, H8 f.

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Stichwortverzeichnis Finanzierungsabrede H7 Finanzierungsentscheidung H7 f., H51 f., H54, H61 f. Finanzierungsfolgenverantwortung H1, H4, H6, H66 Finanzierungskosten B66 Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz I5 Fingierte Willenserklärung B8, B97, M85, M107 Fiskus B171 Fleischlieferung B187 Forderung – aufschiebend bedingte B56, B75, B101, B181, B204, B294, B346, B517, B558, D39, D86, D115, G110, H52, M68 f., M91, M95, M123, M126, M128 – befristete B71, B79, B179, D115, D118, M52, M59, M109, M119, M132 f. – betagte B71 ff., B101, B180, B196, B203, C56, D86, M44, M52 f., M67, M87, M111, M115, M126, M132 – fehlende Durchsetzbarkeit B16, B62, B213, G31, G61, H11 – gesicherte B79 ff., B230, B324, B334, B361, C15, E27, G68, G102, H80, M62 – gleichgestellte H24, H38 f., H41, H50, H52, H68, H92, H106 – inkonnexe C72 – künftige A4, B54, B59, B64, B77 ff., B81, B83, B297, B324, B326, B332, B450, D110, M11 f., M15, M31, M38, M56 f., M60, M62, M66, M121 – ungesicherte B305, B315, B423 – verpfändete B81, B101, B184, B309, B320, C66, C75, G93, M55, M63 ff., M114, M126 ff. – vollwertige B293, B465, E6, E48, G66, M113 – werthaltige B60 ff., B135, B140, B148, B179 f., B183 f., B197, B277, B417, B541, C18, C28, C38, C123 f., D48 ff., D104, D117, E46, G12, G57 f., G62, G64 f., G95, G97, G103, M41 f., M54, M58, M89 f., M113 Forderungsabgeltung B151 ff. Forderungsabtretung – Rückabtretungsansprüche P55 ff. – Vorabpfändung P56 Forderungseinzug B414, D77

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Forderungsentstehung B57 f., B61, B66, B181, B209, B326, B394, D75, M7 f., M10, M12, M37, M121 – Anfechtungsanspruch B519 – Dienstvertrag M46, M133 – Herausgabeanspruch B207, B335, C55 – Mietforderung B71, M48, M132 – Mietnebenkosten B180 f., M51 – Schlusssaldoforderung M20 Forderungserwerb B65, B210, B394, B403, B531, D72, M8 ff., M35, M66, M126 Forderungssicherungsgesetz C70 f., C79 Forderungsstundung – bei Gesellschaftersicherung P155 Forderungsübergang B26, B178, M10 f., M91 Formfehler B338, D73 Fortbestand der Verfügungsmacht B62 ff., M8 ff., M37, M43, M77 Fortführung A34, B244, B408, C50, D76, E18, F36, F38, H3, H6, H12, H18 f., H43, H91 f., H102, H105 Frachtführerpfandrecht C72, D96, D112 Freigabe B332, B374, B380, H72 Freihändig B299, B349, B353 Freistellung, Freistellungsanspruch B213, B218, B434, C13, D82 f., G49 – Fälligkeit D83, D89 Freizügigkeit – Zwangsvollstreckung N25 ff. Fremde Schuld B247, C7, C12, D20, E6 f., G84, G90, P71 Fremdgeld, Fremdmittel B203, B284, B360, B453, H18, H51 Fremdgeldkonto B284 Fremdkapital H1, H9, H18, H34, H50, H62 Fremdnützig B111, B537, C54, D57 Frist B92, B97, B177, B246, B487, B548, C48, D24, D65, G118, H16 f., H26, M48, M82, M85, M115 Fristberechnung – abgewiesene Anträge L2, L16, L20, L28 f. – Abweisung mangels Masse L2 f., L16, L19, L28 f. – Auslandsantrag L13 – Berechnung der Anfechtungsfrist L14

Stichwortverzeichnis – Beweislast L16, L29 – Bindung an Eröffnungsbeschluss L11 – Bündelungsfunktion des § 93 InsO L9 – Doppelinsolvenz L9 – Erledigungserklärung L27 – fehlende Glaubhaftmachung L10 – fehlende Rechtskraft L10 – für erledigt erklärter Antrag L20 ff. – Grundbucheintragung L6 – Hemmung L7 – Insolvenz eines Kreditinstituts L5 – kontradiktorisches Verfahren L27 – Maßgebender erster Antrag L16, L29 – materiell-rechtliche Fristen L7 – materielle Insolvenz L19, L24, L26 f., L29 – mehrere Eröffnungsanträge L2, L16 ff. – missbräuchliche Vorgehensweise L25 – Nachtragsverteilung L12 – neues Insolvenzverfahren L12 – Prüfung durch Prozessgericht L11, L29 – rechtskräftig abgewiesener Antrag L16, L28 – rechtskräftige Eröffnung L10, L11 – Überholung eines Antrages L12, L23 – Vornahme der Rechtshandlung L6 – Vorverlegung der Anfechtbarkeit L4, L17 – Wegfall des Eröffnungsgrundes L19 – Wiedereinsetzung L7 – zu Unrecht erfolgte Abweisung L2, L28 – Zulässigkeit und Begründetheit bei Eröffnung L18 – Zulässigkeit und Begründetheit früherer Anträge L11 – zur Eröffnung führender Antrag L10, L11, L17, L24 – zurückgenommener Antrag L20, L23 Führungs- oder Leitungsverhältnis – nahestehende Person K30 Fußstapfentheorie B87 Garantie O142 ff. Gartenbaubetrieb G92 ff. Gebrauchsüberlassung B36 f., B71, H13 f., H42, H101, H109, H132 – siehe auch Nutzungsüberlassung Gebühren G45

Gegenforderung A12, B3, B176, B182, B185 f., B188, B258, B301, B403, B409, B450, B483, C37, D49 Gegenleistung A31 f., B135, B143 f., B156 f., B236, B240 ff., B305, B347, B432, B454, B494 ff., B525, B533, D9, D123, E3, E13, E17, E20, E33, E59, F9, F38, F108, G12 ff., G29 ff., G47 ff., G87 f., G90 f., G96, G107, M52, O24 ff., O142 ff., P114 ff. – ausgebliebene B139, G13, G35 – ausgleichende A32, B143 f., B305, B432, E20, E28, G13 f., G29 f., G48, G55, G91, G96, G106 – gleichwertige B241, B454, E3, E13, E16, E20, E59, F9, G27, G98 – objektive Wertdifferenzen P119 – vollwertige B236, B240, B251, B454, B496, E32 f., E35 – Wertsteigerung B259 – des Zuwendungsempfängers G55 ff. Gegenseitiger Vertrag B62, B180, B197, B530, C31, C39, D49, E3, E22 f., E37 f., E59, E110, G13, G31 Gegenseitigkeit B152, B179, B185, B410, D47, D53, M89 Gegenwert B104, B155 ff., B197, B205, B247, B284, B397, C49, E20, G32, G91, M113 Gehalt B35, B278, B479, G66, M133 Gehaltsumwandlung B168, B397 Geld – Rückgewähranspruch P102 ff. Geldleistung O18 f. Geldstrafe B438, G33 Gelegenheitsgeschenk G10, G121 ff. Genehmigung B9, B27, B29, B50, B85 ff., B94 ff., B418, B462, E29 f., M17, M24, M76 ff., M84 ff. – devisenrechtliche B50, M24 – konkludente B87, B94 f., B98, D92, E29 f., M74, M84 – öffentlich-rechtliche B50, M24 – Rückwirkung beim Lastschriftverfahren M17, M86 Genehmigungsfiktion B8, B97, M85 Genehmigungstheorie B85, B88, B90, M77 f., M80, O135 Genossenschaft B195, C117, F74, M113 f. Geräte B189, B191 Gerichtsstand B552, B556, H25 – Dinglicher B552 – Mitgliedschaft H25

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Stichwortverzeichnis Gerichtsvollzieher B19, B22, C119, F12, F82 f., F85, F87, M70 Gerüstbauunternehmen B368 Gesamtrechtsnachfolge – Anfechtungsgegner R5 ff. Gesamtrechtsnachfolger B508 f. Gesamtschuld B123 f., B148 f., B263, B537, B541, C13, C81, D81 f., D89, F90 Gesamtschuldnerausgleich B132, D20, D80 Gesamtsozialversicherungsbeitrag B164, B166, B382, B439 Gesamtvollstreckung – Primat N3 Gesamtvorgang B105, B173 Gesamtwürdigung A29, C87, F33, F67, F100 Geschäftsanteil B102, B195, B197, H60, M65, M67 Geschäftsbesorgung B74, C56, E41, M44, M87, M111, M120 Geschäftsbetrieb – Aufgabe B277 – Einstellung C90 – Veräußerung B428 Geschäftsbeziehung D81, E30, G100 Geschäftsführer B37, B101 f., B125, B298, C83, G66, H54 f., H65, H89, H100, H105, M126 ff. – Haftung B292 – kein Anspruch auf vorrangige Anfechtung P28 Geschäftsführung ohne Auftrag G64 Geschäftsinhaber I1 ff. Geschäftsinventar B125 Geschäftskonto B134, B372, G76, G93 Geschehensablauf B277, B467 ff., B471, B473 Gesellschaft – ausländische H27 – liquidationsreife H3 Gesellschaft bürgerlichen Rechts B364, M65 Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit – nahestehende Person K22 Gesellschafter – Ausscheiden B191, B197, M67, M113 – Befreiung von der Haftung H40 f. – Bürgschaft H38, H41, H52, H79, H81 – nicht persönlich haftender B108, B232, B453, G70

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– persönlich haftender B25, B232, H35, H56, H65 Gesellschafter-Geschäftsführer H89, H100 Gesellschafterdarlehen – Abtretung H61 f. – anfechtbare Rechtshandlung H38, H68 f., H71, H73, H82, H84, H105 – Anfechtungsgegner H29, H40, H80 – atypischer stiller Gesellschafter H59 – Ausfall mit Sicherung H87 – Ausgleich H43, H53, H91, H96 ff., H99 – Befriedigung H22, H34, H36, H38 f., H46, H49, H51, H55, H62, H68, H73 ff., H105 f. – Befriedigung durch Abtretung H63 – Berücksichtigung bei Zahlungsunfähigkeit C86 – bestimmender Einfluss H57, H60 – Darlegungs- und Beweislast H106 f. – Doppelsicherung H23, H82, H84 ff. – erfasster Personenkreis H56 ff. – Ersetzungsbefugnis H80 – Erstattungspflicht des Gesellschafters H38, H40 f., H78, H80, H83, H101 – Finanzierungsentscheidung H7 f., H51 f., H54, H61 f. – Finanzierungsfolgenverantwortung H1, H4, H6, H66 – Forderungsanmeldung durch Drittgläubiger H87 – Hintermann H57 – Kleinbeteiligungsprivileg H65 f., H107 – Konkurrenzen H44, H104, H108 f. – Kündigung B487 – nahestehende Person H56, H108 – Nießbraucher H60 – Novellenregeln H16 ff., H21, H28 – Nutzungsentgelt H90, H95, H98 ff. – Nutzungsüberlassung H13 f., H24, H30, H42, H53, H90, H92, H99 – Patronatserklärung H52, H75, H81 – Pfandgläubiger H58, H60 – Prinzip der Haftungsbeschränkung H46, H49, H58, H62, H66 – Rechtshandlungen Dritter H69 – Rechtsprechungsregeln H2 ff., H10, H12, H16 f. – Regressanspruch H70, H75, H88 – Risikokapital H51 f. – Sanierungsprivileg H67

Stichwortverzeichnis – Schaffung einer Risikolage H8, H18, H50, H62, H88 – Sicherheitenverwertung durch Verwalter H88 – Sicherung B466 – Stehenlassen B41, E53 – Subordination H22, H90 – Treuepflicht H56, H92, H105 – Treuhand H60 – typischer stiller Gesellschafter H59 – Übergangsrecht H28 ff. – Übertragung der Mitgliedschaft H63 – Umqualifizierung H9 – Unterlassen der Freistellung H89 – verbotene Auszahlung H22 – verbundene Unternehmen H57 – Verzicht des Dritten H83 – Vorrang der Gesellschaftersicherheit H23, H79, H84, H87 ff. – Wahlrecht des Sicherungsnehmers H87 – Wertersatzanspruch H14, H74 – Zinszahlungen H9, H73 Gesellschaftergesichertes Darlehen P5 – Beschränkung des Anfechtungsanspruchs P165 ff. Gesellschafterleistung – Kapitalersetzende A33, B213, B432, G31, H3, H21 f., H65 Gesellschafterrechnung B190 Gesellschaftersicherung P153 ff. Gesellschaftsanteil B246, B435, G67, M67 Gesellschaftsdarlehen – Gesellschaftersicherung P5 Gesellschaftsgläubiger B25, B38, B232, B536, H3, H6, H17, H32, H50 f., H55, H77, H88 Gesellschaftsorgan B8, C117 Gesellschaftsrecht A44, B192, B410, B431 ff., H27, H36, H55, H78, H80, H92, M67 Gesellschaftsrechtliche Verbindungen – nahestehende Person K18 Gesellschaftsvertrag A44, B190 f., B193 f., B200, B435, D49, M113 Gesellschaftsvertragliche Verrechnung A44 Gesetzgebungsgeschichte P1 Geständnis B33 Getrenntveranlagung B273 Gewährleistungsanspruch B73, B181, M52, M120 Gewährleistungsausschluss B73, M52

Gewinn B461, D41, G43 ff., M65, M67 – siehe auch Scheingewinn Giroabrede B205, B408, C49 ff., D57 Girokette C56, M87 Girokonto B205, B224, B338, B377, B463, M75 f. Giroverkehr B205, B414, C49, D95 Girovertrag B90, B214, C49, C59, M63, M76, M80 Gläubigeranfechtung A16, A27, A36, B558 ff. Gläubigerbegünstigung B25, B215, F49, G22 Gläubigerbenachteiligende Wirkung B1, B3, B44, B250, B418, B491, C102, D34, F44 Gläubigerbenachteiligung – Absonderungsrecht B296, B300 ff., B328, B337, B341, B347, B422, B447 ff., B450 – Anweisung auf Kredit B108, B229, B451 – Arbeitskraft B34, B277 – Arbeitsvertrag B34 f., B278, B478 f. – Arten B237 ff. – Aufrechnungslage B2 f., B176 f., B179 ff., B197, B235, B258, B306, B329, B403 ff. – ausreichende Insolvenzmasse B219, B268, B270 – Befreiungsanspruch B247, B370 – Beseitigung B269 – Besitzverschaffung B13, B36, B430 – Betriebsveräußerung B39 – Cash-Pool B260, B442 – debitorisches Konto B86, B113, B131, B205, B225, B292, B334, B361, B367, B407, B462 – Eigentumsvorbehalt B47, B54 f., B294, B300 f., B326 f., B330, B428, B531 – Eintrittszeitpunkt B35, B49, B52, B58, B100, B196, B237, B278 – Einzelfälle B186 ff. – Erbschaft B31, B274 – Erlösweiterleitung B337, B416, B422 – Erschwerung des Zugriffs B48, B223, B227 f. – Freistellungsanspruch B213, B218, B434 – Geldstrafe B438 – Gesellschaftsrecht B192, B410, B431 ff. – gewerbliche Schutzrechte B279

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Stichwortverzeichnis – Gläubigerwechsel B108, B229 ff., B451 ff. – gleichwertiger Vorteil B236, B249 ff., B411, B490 ff. – höchstperrsönliches Recht B30 f. – hypothetische Geschehensabläufe B35, B278, B461, B465, B472 ff. – Kontoüberziehung B104, B265 ff., B286 ff., B401, B413, B503 – Kundenscheck B162, B255, B414 f., B484 – Lastschrift B7, B84 ff., B225, B418, B462 f. – Lebensversicherung B100 ff., B168 ff., B389 ff. – Lohnsteuer B166, B171, B273, B385, B387 f. – Massegläubiger B220 f. – Masseunzulänglichkeit B220, B534 – mehrfache B260 ff. – Mitberechtigung B224 – mittelbare B237 f., B253, B256 ff., B356, B434, B469, B501, E15, E41, E52, E60, F18, F39, G16, H31 – mittelbare Zuwendung B104, B113, B118, B122, B266, B289 ff., B382, B385, B393, B401 – nachrangige Insolvenzgläubiger B220, B223 – Neuvalutierung B423 – nichtiges Rechtsgeschäft B228 – Nutzungsrechte B243, B279 – objektive B226, B236, B277, B284, B286, B356, B443, G25, H31 – Personalüberlassung B12, B191, B197, B299 – Persönlichkeitsrecht B272 – Pfändbarkeit B34, B231, B243, B266 f., B271 ff., B367, B413, B478, B489, B503 – Pflichtteil B31, B103, B275 f., B489 – reale Gegebenheiten B255 – Rückübertragungsanspruch B266 – Sanierungsbemühungen B257, B456 – Sicherheitenpool B8, B307 – Stehenlassen B16, B41, B213, B432 – Steuerrecht B171, B387 f., B394, B436 f. – Steuerzahlung B166, B236, B385 – Treuhand B165, B313, B360 ff., B396 – Umbuchung B225, B334 – Umfang B233 f. – unklagbare Verbindlichkeit B225 – unmittelbare B237, B239, B241 f., B244 f., B356, B358, B420 f., B454,

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B456, B501, D88, E16, E32, E35, E37 ff., E47 ff., E59 f., F110 – Unternehmensbestattung B228 – verbundenes Geschäft B398 ff. – Verfallsklausel B252 – Vergleich B261 ff., B429 – verlustbringende Geschäfte B256 – Vermehrung Schuldenmasse B222, B266, B293 – Verwertungsabrede B242 – verzögerte Antragstellung B226 – Vollziehungsaussetzung B427 – Warenauslieferung B417 – Wegfall Sicherungsrecht B257, B259, B356 – wirtschaftliche Betrachtungsweise B222, B225, B239, B246, B432, B467 Gläubigerbenachteiligungsvorsatz D119, D124, F21 f., F24 ff., F31 ff., F43 ff., F55 ff. – Beweisanzeichen, Indiz F26, F28, F33 – Beweiserleichterungen F26 – Einschränkende Auslegung F31 – Kenntnis des Anfechtungsgegners F62 ff. – kongruente Rechtshandlungen F34 ff. – Mehrpersonenverhältnis F90 ff. – Sanierungsbemühungen F39 ff. – Vermutung F27 ff. Gläubigergefährdung A40 Gläubigergemeinschaft A18, B283, C9 Gläubigergesamtheit A18, A42, B87, B263, B266, B290, B337, B370, B375, B416, B422, B533, C9, C102, F7, F13, F52, G25 f., H55, H105, M40 Gläubigergleichbehandlung A14, A18, A36, B25, B89, B250, B448, B558, C8, C95, D3, D12, D66, E4, E7, E27, F6, F8, F52, F88, F111, M79 Gläubigerschutz G27, G51, H55 Gläubigertausch B292, B334, C42 Gläubigerwechsel B108, B229 ff., B451 ff., D30, D33, D101 Gläubigerzugriff B20, B227 f., B233, B243, B246, B266, B289, B291, B467, B471, F17, M26 – siehe auch Zugriff des Gläubigers Gleichlauf – mit Recht der beweglichen Sachen B65 Gleichmäßige Befriedigung A8, A11, A14, B98, B219, B271, B519, D19, D60, F31, F54, G2, G88, H55

Stichwortverzeichnis Gleichwertigkeit, gleichwertig B207, B236, B241 ff., B249, B310, B335, B346, B411, B447, B454, C55, C66, E13, E16, E20, E33, E59, F9, G27, G29, G37, G39, G98, O101 ff. Globalzession A41, B147, B151, B262, B319, B331 f., C21, C28, C61, D104, G93, M40 ff., O49, O104, O195 Globalzession und Eigentumsvorbehalt B47, B54, B326, M35 Globalzessionsvertrag B151, B262, C21, D104 Grobe Fahrlässigkeit A6, A20, C4, C105, F45 Großküchenbetrieb B243, F22, G48 Grundbuch A13, B245, B350, M1, M106 Grundbuchamt M100 Grundbucheintragung B7, B32, B51, B245, B358, M1, M26, M97, M107 – Anfechtungszeitpunkt T9 Grundgeschäft B46 Grundmietzeit B72, M53 Grundpfandgläubiger B142, B313, B323 Grundpfandrechte B82, B144, B321, B323, B348, B351, B354, B445, C69, D114, H81, H101, M60 f., M73, O23, O79 ff., O141 – Neuvalutierung B423, C69 – Verzicht P64 Grundsatz der Gleichbehandlung B89, B250, B448, C8, C95, D12, D66, D103, E4, E7, E27, F6, F8, G111, M79 Grundsatzentscheidung F92, H13 Grundschuld B79, B82, B298 f., B312 f., B316, B333, B349, B445, C68, D35, D100, D114, D116, G68, M27 ff., M62, M73, O23. O79 ff. – Ablösung B298, B361 – Abtretung B312, B423, C68 – mangelnde Valutierung B313, B423 – nachrangige B28, B299, M27 – wertlose B28, B299 Grundschuldhaftung B82, G49, M60, M62, M73 Grundstück B71, B125, B226, B243, B245 f., B259, B299, B349 ff., B358 f., B365, B445, B467, B470 f., H13, M70, M100, M107, T2 Grundstücksgeschäft F89, G48, M104 Grundstücksgleiche Rechte – Rückgewähransprüche P53 ff. Grundstücksübereignung B245 Grundurteil – über den Anfechtungsgrund P41 ff.

Gutachten B355, B359 Gütergemeinschaft B272, B274, R5 Güterrechtliche Vereinbarung B8, B30, E24 Güterstand B30, B272 Gutgläubigkeit B304, B443, D72, G25 – Anlegertäuschung P130 ff. – einfache Fahrlässigkeit P123 ff. – Einzelrechtsnachfolge R16 – Haftungssystem P125 ff. – nahestehende Personen R18 ff. – Scheingewinne aus Kapitalanlagen P130 ff. – Schneeballsysteme P130 ff. – Surrogate P126 – bei unentgeltlicher Leistung P122 ff. Guthaben B81, B164, B195, B214, B224, B255, B320, B354, B376, B408, B503, C47, D47, D106 f., F12, M51, M63, M124 Gutschrift B7, B77, B92, B206, B309, B336, B340, B346 f., B414, C41, C44, C47, C50, C53, C56, D43, D106, M20 – vorbehaltslose B92, M82 – vorläufige C56, M75, M87 Haftendes Eigenkapital B16, B41, B213, B432, E53, G31, H7, H34 Haftungsanspruch D18 Haftungsbescheid D17 Haftungsbetrag B25, B232 Haftungsmasse B264, B269, B280, B293, B509, G26 Haftungsmäßige Zuordnung A9, B64, B353, H36, M11 Haftungsrechtliche Theorie B506, B511, B513 Haftungsschuldner D18 Haftungssystem – Bösgläubigkeit P149 ff. – gutgläubiger Empfänger P125 ff. Haftungsverband B82, B323, M60, M62, M73 Handelsbilanz H19 Handelsvertreter B75, M45, M125 Handlungsbegriff – Rechtshandlung N5 Handwerker B458, C70 f. Hauptauftraggeber B151, B262, F44, F84 f. Hauptforderung B177, B450, H73, M89 Hauptpfändung D64, M32, M72, P82 Hauptunternehmer B251, B452, B492, C70, D84

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Stichwortverzeichnis Häusliche Gemeinschaft – nahestehende Person K16 Herausgabe – des Erlangten B74, B204, B207, B335, B536, C55 f., M44, M87, M111 – Surrogate P90 f. Herausgabeanspruch B74, B201, B331, B347, B424, M44 Herbeiführung – Aufrechnungslage A12, B2, B10, B179, B185, B188, B258, B403 f., C24, C29, C123, D45, D49 f., M21, M23, M89, M94 – Eigentumsübergang B65, M25 – Fälligkeit M41 Hinterlegung B101, C23, C60, H73, M68 – Anfechtungsanspruch P72 Höchstpersönliche Rechte B30 f., B243, B272, B279, B285 Hoffnung B392, F41, F44 f., F56, F84 f., G113, H1 Hoheitlicher Rechtsakt B32, F13, F52 Honorar, Honoraranspruch B202, B234, B529, E18, F39, M116 Hypothek O23 Hypothetischer Geschehensablauf B35, B278, B461, B465, B472 ff., B477, B479 ff., D22, D24 Immobilienfonds B364 Inanspruchnahme B71, B1183, C38, D18, D48, E46, H23, H39, H77, H79, H82, H89, M89, M115, M120, M124 Indiz C78, C87, C90, C107 ff., C131, F28 f., G90, H10, H19, H100 – siehe auch Beweisanzeichen Indizwirkung F51, F54 f., F57, F63, F94 Informationsfreiheitsgesetz B551 Informationsvorsprung H48 Inhalt des Rechtsgeschäfts A31, B74, B143, B203, G28, G30, G32, M44 Inkassobank C56, M87 Inkongruente Befriedigung – Abfindung D42 – auflösend bedingter Anspruch D39 – aufschiebend bedingter Anspruch D39, D86, D115 – Direktversicherung D40 – Herstellung der Aufrechnungslage D45 ff., D49 ff. – Nutzung von Gegenständen D24, D49 – Scheingewinn D41 – unwirksamer Vertrag D38

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– Verjährung D38 – Verrechnung D45 ff. – Verzicht auf weitergehende Forderung D42, F57 – Vorschusszahlung D41, D91 – Werthaltigmachen der Aufrechnungslage D49 ff. Inkongruente Deckung – Abtretung D32, D35, D40, D67, D71, D74 f., D77, D84, D101, D104 f., D114 – Abweichung von Vereinbarung D30, D41, D113 – angedrohter Insolvenzantrag D60, D62 f. – Ausschluss des Bargeschäfts D9, D41 – bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff D21 – Beweisanzeichen D7, D124, F26, F49 f., F55 ff., F98 – Beweiserleichterungen D123 ff. – Beweislast D120 ff. – Darlegungserleichterungen D120 ff. – Direktzahlung an Arzt D78 – Direktzahlung an Subunternehmer D79, D84 – Direktzahlung des Endmieters D85 – Direktzahlung nach § 16 Nr. 6 VOB/B D84 – drohende Zwangsvollstreckung D6, D61 ff., D65 ff. – Eigenantrag des Schuldners D3 – fehlende Kündigung D54, D57, D92 – Freistellungsanspruch D82 – geringes Ausmaß D124 – geringfügige Abweichung D35, D114 – Gläubigerbenachteiligung D7, D14, D22, D82, D88, D117, D119, D123 ff. – Gläubigerwechsel D30, D33, D101 – Insolvenzgläubigerstellung D15 ff., D20, D80, D82 – Kennntnis des Gläubigers D2, D5, D7, D119, D121, D123 ff. – Kontokorrrentverrechnung D49, D54 ff. – Kontosperre D54, D95, D106 f., D115 – Kredittilgung D95 – Kundenscheck D35, D70 f., D105 – Kundenwechsel D69 – Kündigung des Schuldners C46 – Kündigung in der Krise D56, D93 – Leistung auf fremde Schuld D80

Stichwortverzeichnis – Leistung vor Fälligkeit D24, D27 f., D35, D87 ff. – Leistungsverweigerungsrecht D79, D84, D97 – Mängeleinrede D90 – maßgebender Zeitpunkt D34, D43, D47, D75, D103, D110, D117 f. – materielle Insolvenz D6, D12 – Mehrpersonenverhältnis D20, D78 – mittelbare Gläubigerbenachteiligung D14 – mittelbare Zuwendung D20, D55, D80 – nicht in der Art zu beanspruchen D37, D59, D113 – nicht zu beanspruchen D29, D37 ff., D96 ff. – nicht zu der Zeit zu beanspruchen D37, D86 ff. – Pfandrecht D58, D75, D95 f., D103, D106 f., D110, D112, D115, D117 f. – Rückgabe der Kaufsache D68 – Scheckzahlung D35, D70 f., D73 ff., D105 – Schuldübernahme D21, D78 – Skontoabzug D35, D87 – Sonderfall der Vorsatzanfechtung D6 – sonstige Drohung D63 – subjektive Vorstellungen D34 – Teilanfechtung D36 – unwirksamer Vertrag D38 – Verdächtigkeit des Erwerbs D1, D4, D35, D78, D84 – Vereinbarung in der Krise D29, D41 f., D59 – Verrechnung Mandantengelder D52 – Vorpfändung D64 – Widerruf der Einzugsermächtigung D77 – Zustellung eines Vollstreckungsbescheids D63 – durch Zwangsvollstreckung D61, D65 Inkongruente Sicherung – AGB-Banken D54, D58, D71, D74 f., D77, D103, D105 – Altverbindlichkeiten D108 – Fehlen einer zu sichernden Forderung D116 – fehlende Pfandreife D106 – Freigabe des Pfandrechts D106 – gesetzlicher Sicherungsanspruch D79, D97

– Globalzession D104 – hinreichend konkretisierter Anspruch D97, D99, D103 f., D115 – für den Insolvenzfall D108 – Kundenscheck D35, D70 f., D105 – nachträgliche Besicherung D33, D100 f. – Sicherung als aliud zu Erfüllung D98 – Übersicherung D111 Inkongruenz B230, C52, D21, D33, D36, D54, D62 f., D106, D123 f., F54 ff., F63, F94, F98 – Indizwirkung D124, F49 ff. – mittelbare Zuwendung D80 ff. – schwache D124 – vorzeitige Leistung D82, D87 ff. Inkonnexe Forderung D112 Inkrafttreten B247, B432, C70 f., D79, H21, H28, H66 Inlandsverkehr D27, D87 Innenverhältnis B142, B145, B224, D81 Insidergedanke – nahestehende Person K9 – Stille Gesellschaft I2 Insolvenz – Lastschrift O193 – materielle A14, A16, A18 f., B61, B89, B140, C3, C8, C29, C76, C97, D6, E20, F7, G65, G88, H54 f., H102, H105, M79 – Scheckaussteller J33 f. Insolvenzanfechtung – allgemeine A27 – besondere A16 ff., C8, C76, D12, E7, E18, E27, F6, F8, F13, F34, G88, H24, H83, H99 – Geltendmachung B534 ff. – Wesen und Wirkung B506 ff., B516 Insolvenzantrag – angedrohter A24, D60, D63, F31, F50, F54 – erledigter C97 f., D60 f. – mehrere C96, G18, G117 – zurückgenommener C97 f., D60 – siehe auch Eröffnungsantrag Insolvenzausfallgeld B26, B178 Insolvenzeröffnung – anhängige Erkenntnisverfahren N12 – formelle A14, A18, C8, C76, E4 Insolvenzfest B58, B66, B92, B102, B302, B391 ff., B407, B440, C69, D84, F111, H73, M38, M57, M60, M69, M80 ff., M114, M122

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Stichwortverzeichnis Insolvenzforderung – Nachrangige A33, B223, G3, G17, G23, H16, H22, H32 ff., H53, H63, H72, H91 Insolvenzforderung, Konkursforderung A12, B15, B46, B206, B231, B258, B293, B376, B403 f., B436, B509, B519, B523, C29, D15, D50, E21, H33, H36, H63, H94, M79 Insolvenzgläubiger – Absonderungsberechtigter D15 – aufschiebend bedingt für den Ausfall D19 – Gleichbehandlung A14, A18, A36, B250, B558, C8, D3, D12, D66, E4, E7, F6, G88, M79 – gleichmäßige Befriedigung A8, A14, B98, B219, B271, B519, F31, G88, H55 – künftiger A11, B124, B161, B243, M77 – Leistungsmittler B174 – nachrangiger G17, H33 f. – Organschaft D16 ff. Insolvenzgrund B219, I2, I35, L18 ff. Insolvenzmasse B34, B225 f., B258 ff., B268 ff., B271 ff., B293 ff., M82 Insolvenzplan A15 Insolvenzrechtsänderungsgesetz B69, M46 Insolvenzreife B135, B292, F39, F64, G13, G61, G64, G72, G106, H13, H55, H105 Insolvenzrisiko B106 f., B127, C37, H34 Insolvenzverfahren – vereinfachtes B534, B560 – Verhältnis zur Einzelzwangsvollstreckung N13 Insolvenzverwalter, vorläufiger B5, B14 f., B28 f., B87, B97, B99, D26, D76, E29, H55, H105, M78 f. Insolvenzzweckwidrig B28 Internationales Recht – Zwangsvollstreckung N25 ff. Internet-Domain B280 Inventar B125 Irrtum B385, C111, D34, G32, G43 Isolierte Betrachtung B2, B45, B176, B235, B490, G61, M30 Jahresfrist – Gesellschafterdarlehen H62, H74, H93 – nahestehende Person K15

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– Stille Gesellschaft I1, I18, I20 ff., I34 Jura novit curia B543 Juristische Person – als nahestehende Person K22 ff. Kapitalanlagen – Scheingewinne P130 ff. Kapitalanleger A43 Kapitalaufbringung A44, H49 Kapitalausstattung H1, H4, H49 f. Kapitalbeteiligung – nahestehende Person K24 Kapitaleinlage A35, B38, B431, B522, B524, G43, G45 Kapitalerhaltung A44, B38, B431, H4, H17, H49, H55, H64 Kapitalerhöhung B465, F64 Kassenarzt B69 Kassenbestand B20, F11 Kassenpfändung B20 Kassenzahnärztliche Vereinigung B69 Kaufpreis – Rest B294 – Rückzahlungsanspruch M27, M30 Kaufpreis, Kaufpreisanspruch B116, B128, B131, B188, B230, B239, B243, B250, B256, B300, B327 f., B333, B367, B417, B428, B455, B467, B470, B483, B491, C6, C31 ff., C46, C68, E34, M30, M35, M122 Kaufvertrag A12, B3, B44, B188, B461, B483, C6, M27 ff. Kausalbeziehung G12 f., G30, G34 f., G88, G102 Kausalforderung B210, B415, C57 f., C70 ff., C105 Kausalgeschäft C20, E37 Kausalität B208, B235, B477, B487, B490, C91, D24, E14, E17, E32, F99, M20, M22 Kausalverhältnis B46, G15, G101 Kausalzusammenhang – bei Anfechtungseinrede S14 Kautionsversicherung M124 Kenntnis – Gläubigerbenachteiligungsvorsatz F3, F32 f., F57, F62 ff., F71, F77 f., F85, F94, F98 – Inkongruenz F26, F57, F63, F94 – Insolvenzantrag C100, C103, C108, C131, F72 – der Mittelsperson C126 – nachfolgende C102, F86 – bei Vertretung C117 ff.

Stichwortverzeichnis – Zahlungseinstellung C1, C88 f., C103 ff., C109 ff., C113 – zwingender Umstände A3, A6, A23, C1, C4, C76, C100 f., C104, C131, D5, D123, D125 f., E1, E57, E61, F66 Kenntnis des Anfechtungsgegners – Beweiserleichterungen F63, F100 – grob fahrlässige Unkenntnis A6, A20, C4, C105 – Indizien C107 ff. – Kenntnis der wesentlichen Tatsachen C103 – maßgebender Zeitpunkt C101 f. – nachfolgende Kenntnis C102, F86 – Nachweiserleichterung C102 ff. – nahestehende Person C133 – Ratenzahlungsvereinbarung C108, F71 f. – rückständige Arbeitnehmervergütung C110 ff. – Sanierungsbemühungen F64 – Spiegelbildliche Beurteilung F63 – Vermutung F65 ff. – vertröstendes Verhalten C88, C107 – Wegfall C102, C115 f. Kenntniszurechnung C28, C117 ff. – Gesamtvertretung C118 – Handeln auf Weisung C120 – der Mittelsperson C126 – Möglichkeit des Datenaustauschs C124 – Organisation der Informationsweitergabe C121 ff. – Organmitglieder C117 – Prozessbevollmächtigter C119 – typischerweise aktenmäßig festgehaltenes Wissen C118 – Vertreter C119 f. – zwischen Behörden C122, C124 f. Kerntheorie B74, B197, B204, B303, B306, B426, B450, C15, M20 f., M44, M111 ff. KG – nahestehende Person K22 Klageänderung B547 – Austausch des Anfechtungstatbestandes B547 – Übergang zu Bereicherungsanspruch B547 – Wertersatz statt Rückgewähr B548 Klageantrag – Unternehmensrückübertragung P59 Klagerücknahme B33 Kollision – von Sicherungsrechten A41

Kompensation B235 ff. Komplementär GmbH – nahestehende Person K23 ff. Kongruente Deckung – Absonderungsberechtigter C14 f. – AGB-Banken C47, C55, D54, D71, D105 – Anfechtungsgegner B538 ff., C17 – Anfechtungszeitraum C100 – Anwaltsvertrag C33 – Anweisung des Schuldners C17, F94 – Arbeitnehmervergütung C110 ff. – Aufrechnung C26 ff., C32 ff., C40 ff. – Bargeschäft C45, C49 ff. – Bauhandwerkersicherung C70 f. – Beweiserleichterung C104 ff. – Beweislast C127 ff. – ermöglichende Rechtshandlung C2 – Eröffnungsantrag C95 ff. – Feststellung der Zahlungsunfähigkeit C82 ff. – Fortsetzung des Zahlungsverkehrs B205, C49 – Freistellungsanspruch C13 – geringfügige Abweichung C22, D35, D114 – gesetzliches Zurückbehaltungsrecht C63 – Gewährung von Kundenschecks C57 – Globalzession C21, C28, C61, C104 – hinreichend bestimmter Anspruch C21, D97 – Insolvenzgläubigerstellung C7, C11 ff. – Kenntnis des Gläubigers C1, C4, C9, C76, C101 ff. – Kenntniszurechnung C117 ff. – Kontokorrent C40 ff. – Kontosperre C47 – Kontoüberziehung C41 ff., D54 f. – Kreditfälligkeit C47 – künftiger Insolvenzgläubiger C12 f., C64 – Lastschriftverfahren C58 – materielle Insolvenz C3, C8, C29, C76 ff., C97, C100 f. – mittelbare Gläubigerbenachteiligung C11 – mittelbare Zuwendung C42, C126 – Pfandrecht C72 ff. – Scheckzahlung C22 f., C56 f. – selbstschuldnerischer Bürge C12 – Skontoabzug C22, C35, C87 – strenger Maßstab C22

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Stichwortverzeichnis – subjektive Anfechtungsvoraussetzungen C101 ff. – Teilleistungen C22 – Treuhand C64 ff. – vereinbarte Verrechnung C45 – Wechselzahlung J4 – Wegfall der Gläubigerkenntnis C115 ff. – Werthaltigmachen abgetretener Forderung C18, C28, C124 – Zahlungseinstellung C1, C3, C78 ff., C88 ff., C103, C109 ff. – Zahlungsstockung C80 ff. – Zahlungsunfähigkeit C1, C3 f., C9, C28, C76 ff., C92 ff., C101 ff. Kongruenz – Direktahlung an Subunternehmer C70, C79, C84 – nachträgliche Vereinbarung C70, D34 Konkludente Genehmigung B87, B94 f., B98, B543, C44, D55, D92, E29 f., M74, M84 Konkretisierung B341, B347, C21, D75, D97, D99, D103 f., D115, F61, M63 Konkurrenz zum Bereicherungsrecht A42 f. Konkurrenz zum Deliktsrecht A38 ff. Konkurrenzverhältnis, konkurrieren A36 ff., B133, B136, B149, B535, B540, C17, D11, F8, G6, G9, G78, G80, G82, H44, H104, H108 f. Konkursanfechtung A2 f., B558 Konkursordnung A8, A46, B101, B191, B303, B507, B515, B558, E51, F2, F51, G2, G5, G27, G87, G118 f., M1 Kontenangleichung A44, B189 ff., B410 Konto – debitorisches B86, B113, B131, B205, B225, B292, B334, B361, B367, B407, B462, C18, G93 Kontoauflösung B344 Kontoinhaber B94 f., B131, C44, C50 Kontokorrent B185, B192, B205 ff., B210, B310, B330, B408, C29, C40 f., C49 f., C54, D49, D54, D57, M20 ff., M64, O48, O75, O122 ff., O190 ff. Kontokorrentabrede B208, C41, M22 – Erlöschen M22 Kontokorrentbindung B208, B210, M22, M64 Kontokorrentkonto C47 Kontokorrentkredit B307, C45, C48, D54

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Kontokorrentverrechnung B205, B208, B410, C10, C40, C52 – Bargeschäft B205 – Gläubigerbenachteiligung B206 – Grundsatzurteil B205, C50 – kongruente B205 – bei Sicherungsabtretung B208 Kontopfändung C43, D61, F96 Kontosperre B12, C47, D54, D95, D106 f., D115 Kontoüberziehung B104, B265 f., B286 f., B401, B413, B503, C41 ff., D54 f., D92, F19 Konzern, Konzernverbund B134, B319, C92, C117, G76, G91 Konzerngesellschaft B110 Konzernverrechnungsklausel B211, D53, M18 Kostenerstattungsprinzip E54 Kraftfahrzeugversicherung G73 Krankenkasse B164, B382, F82 Krankenversicherung D26 Kredit – eigenkapitalersetzender A2, A33, B213, B433, B466, C86, H11, H21 f., H28, H65, H90 – ernsthaftes Einfordern C44, C83, C109 – Erweiterung C44, D54 f. – Kündigung B487, C41, C44 ff., D54, D56 f., D92 ff., G95, M22 – Rückführung vor Fristablauf C48 – Rückzahlung vor Fälligkeit B487, D24, D28, D88, D92 ff. – Tilgung B465, C45, C51, D95, H22, H28, H54 – zweckgebundener B110, B231, B367 Kreditbedingungen E40, H10 Kreditbesicherung im Konzern O200 Kreditgeber A39, B68, B283, B305, B307, G99, H46, H59, H82 Kreditgewährung B287, B305, C43 f., D54, E26, E42, E108 f., G59, G90, H5, H42, H52, H90, H99 – konkludente C44, D55 Kreditinstitute B90, B97, B286 f., B328, B332, B446, B450, C43 f., C48, D43, E36, F79, M71, M74 f., M80, M85 – Scheckzahlungen J31 Kreditlinie B192, B285, B287 f., B503, C44, C46 f., C49 ff., D54 f., D81, D94 f., F96, M55, M71 Kreditsicherung O53 ff, O138 ff. Kreditunwürdigkeit H5, H10, H16, H19 f., H77

Stichwortverzeichnis – Indizien H10, H19 – Negativbeweis H20 Kreditvergabe – Koordinierte H65 Kreditwürdigkeit A39 Krise – Erkennbarkeit H7 f., H20 – Forderungserwerb B315, B318 ff., D46 – grob fahrlässige Unkenntnis A6, C4, C105 – Indizien H10 – Kenntnis B109, C121, F35, F37, H7, H20 – unwiderlegliche Vermutung A22, D2, D4, H16, P157 Krisenfinanzierung A33, H45, H47, H51, H65 – Entscheidung H51 – unwiderlegliche Vermutung P157 Kundenforderung B315 ff. Kundenscheck B162, B255, B332, B414 f., B484, C57, D35, D70 f., D105, O187 ff. Kundenwechsel C59, D69 Kündigung – Kontokorrentverhältnis M22 – Lebensversicherung B102, M68 f., M127 – Mietvertrag H93, H103, M133 – Mitgliedschaft G45 Kündigungserfordernis B102, B214, C18, C41, C44 ff., C79, D54, D56 f., D92 f., E12, E28, G95, H93, H103, M22, M69, M109, M127 f. Künftige Forderung A4, B54, B59, B64, B77 ff., B81, B83, B297, B324, B326, B332, B450, D110, M11 f., M15, M31, M38, M56 f., M60, M62, M66, M121 Lagerbestand B302 Lästigkeitswert B28, B299, B349 Lastschrift O129 ff., O192 ff. – Abbuchungsverfahren B84, M75 – Adressat der Genehmigung B99 – Bargeschäft B93, M17, M83, M86 – Belastungsbuchung B418 – debitorisches Konto B225 – Einlösung B84, C58, M75 – Einziehungsermächtigungsverfahren B29, B50, B85, B98, M17, M76 – Fußstapfentheorie B87 – Genehmigungstheorie B85, B88, B90, M77 ff.

– konkludente Genehmigung B87, B94 f., B98, E29 f., M84 – regelmäßig wiederkehrende Zahlungen B94, E30, M84 – schwebende Verfügung B86, M86 – SEPA-Lastschriftverfahren B90 ff. – Sicherstellung Kontodeckung B95 – unternehmerischer Geschäftsverkehr B94 ff., E30, M84 – Valutaverhältnis B88, M77 ff. – Verfahren B7, B9, B50, B84 ff., B90 ff., B159, C58, D35, M80 ff. – Vorbehalt des Eingangs B84 – Weiterbenutzung des Kontos B94 – Widerruf B7, B90, B95, B106, B463, M76, M79 f. – Zeitpunkt der Genehmigung B85 f., B97 f., B418, M17, M77, M83 Lastschriftermächtigung – fehlende B7 Lastschriftgläubiger B90, B98, M80 Leasing O152 ff. Leasingforderung B72, M53 Leasingraten M53, O72 – Stundung bei Gesellschaftersicherung P155 Lebenserfahrung B219, B270, C108, F72 Lebenspartner K3 f. – nahestehende Person K13 Lebensversicherung B100 ff., B168 f., B389 ff., G107, G113, M68, M126 – Ablaufleistung B102 – anfechtbare Leistung P69 ff. – Bezugsberechtigung P18 – Direktversicherung B167 ff., B395, B397, D40, G108 – Kündigung M126 ff. – Leistungszeitpunkt P70 – Rückdeckungsversicherung B101, B389, M126 – Teilbarkeit B102 – unwiderrufliches Bezugsrecht B100, B168, B390, B394, B397, G109 ff., M92 – Versicherungsfall B100, B392, G109, G113 ff., M68 f., M92 – Versicherungssumme B100, B390, B392 ff., B398, G109, G113, G116, M92, M127 f. – Vertrag zugunsten Dritter P67 ff. – widerrufliches Bezugsrecht B100 ff., B390, B392, G113 ff., M92, M126

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Stichwortverzeichnis Leistung – Unentgeltliche, siehe unentgeltliche Leistung – verfrühte B486 f., D27, D87 f. Leistung an Dritte O34 Leistung an Erfüllungs Statt C23, D45, D59, G23, H73 Leistungsäquivalenz O16 ff. Leistungsaustausch C53, E13, G31, G33, G37, M17, M68 – zeitlicher Zusammenhang bei Bargeschäft O68 ff. Leistungsbegriff – bereicherungsrechtlicher B68, B112, B114 ff., B120, B126, B132, B149, B158, B169, B173, B175, B539, D21, G19, G82 f., G101 Leistungsbeziehung B68, B114, B119, B124, B138 f., B540, G14, G70, G72, G79 – mehrseitige B116, B125, B141, D21 – vorrangige B68, B169 Leistungsempfänger B68, B109, B131, B148, B539, B541, C17, F50, G43, G57, G61 f., G127 Leistungserbringung B6, B496, C28, G64, G74 Leistungskette B158, B160 ff., B165, B173, G82 Leistungsmittler B104, B106, B112, B133 ff., B173 f., B539, G9, G105 – eigener Vorteil B539 Leistungsverhältnis B106 f., B112, B127, B139 Leistungsverweigerungsrecht B182, C70 f., C79, D84, D97, H54 f. – Geschäftsführer H55 Leistungszeitpunkt – Lebensversicherung P70 Leistungszweck – vorrangiger B68, B169 Letter of intent B155, C31, D51, G26, G69 Lieferant B250, B414, B491, D81, E34 Lili Marleen B184, C28, M41, M90 Liquidation B116, B434, F46, H3, H5 Liquiditätsbilanz C82, C127 Liquiditätsprobleme B95, B139, B155, C50, C78, C81, C110, C124, D124, F49, F50, G38, G72, H64 Lohn B171, C89, C112, F68, H19 Lohnabrechnung B382 Lohnrückstand B516, B553, C110, C112 ff., F68

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Lohnsteuer B166, B171, B385, B387 f., O178 ff. Lohnsteuerklasse B273 Lohnzahlungen O158 Löschung B228, B312 Löschungsbewilligung B28, B333, M100 Lösungsklausel B191, B441, F78 Luftfahrzeuge T2 – Register A13, B51, M1, M99 Mängelbeseitigung B66, B182, M42 – Kosten B182 Mängeleinwand B182 Marge bei Egentumsvorbehalt B55, B327, M35 Margensicherheit C73 Marktüblicher Zinssatz B213, B242, B444, E40 Marktwert E39, E42 Massebereicherung B118 Masseschmälerung B43, B486, D27, E27 Masseunzulänglichkeit B220, B543, C16 Masseverbindlichkeit B221, C16, H43, H91, M77, M79 Materielle Insolvenz A14, A16, A18 f., B61, B89, B140, C3, C8, C29, C76, C97, D6, E20, F7, G65, G88, H54 f., H102, H105, M79 Mehraktige Rechtshandlungen B45, B49 ff., B79, B84, B86, B98, M7, M16 ff., M23, M25, M32, M72, M89, M97, P82 Mehrfachkondiktion B68, B124, B149 Mehrpersonenverhältnis B98, B104 ff., B135, B137, B154B172 ff., B539, D20, D78, F90, G9, G12, G14, G55, G70, G77 Mehrseitige Rechtsbeziehung B8, B116, B125, B141, D21 Mehrwert B66, B327, M42 Mehrwertsteuer – Rückgewähranspruch P15 Miet- oder Pachtzinsen O72, O152 ff. Mietforderung B71, B73, B79, B82, B323, B492, M48, M51, M60 ff.M73, M133 Mietkonto B365 Mietnebenkosten B180 f., B324, C30, M51 Mietvertrag B71, B73, B79, B180 f., B295, B322, B324, C30, D47, D118,

Stichwortverzeichnis E12, E51, H15, M48, M51 f., M57, M59, M61, M133 – atypischer B71, B73, M52 Milchreferenzmenge B7, B32 Mitgesellschafter B191, H32 Mitgliedschaft B195 ff., B272, G45, H25, H58 f., H63 Mithaftung B142, B368 Mittel der Insolvenzmasse B197 Mittelbare Gläubigerbenachteiligung B237 f., B253, B256 ff., B356, B434, B469, B501, E15, E41, E52, E60, F18, F39, G16, H31 – Adäquanz B253, B468 – Eintrittszeitpunkt M13 – Wertsteigerung B257, B259, B356 Mittelbare Leistung – Vertrag zugunsten Dritter P67 ff. Mittelbare Zuwendungen – Abgrenzung gegenüber Leistungskette B158 ff. – Anfechtungsansprüche P47 – Anfechtung gegenüber Mittelsperson B111, B539, C17 – Anweisung auf Kredit B108, B229, B451 – Anweisung auf Schuld B108, B451 – Anweisung des Drittschuldners B106 – Anweisung des Schuldners B110, B119, B124, C19, D79, D84 – bei Arbeitnehmeranteilen B165 ff. – Erkennbarkeit für Leistungsempfänger B289, B401 – Kenntnis C126 – Lebensversicherung G107 – Tilgung fremder Schuld B112 ff., B125 ff., B141 ff., B175, B540, D20, D80 Mittelsperson B43, B48, B98, B104 f., B109, B111, B130, B266, B284, B289, B401, B539, C17, C126, D21, F92, G14, G105, H57 Mitwirkung – an Vertragsbruch A41 Mitwirkung des Schuldners A41, B23, B29, B32, B80, B139, B276, B461, D82, G24 Mobiliarsicherheiten O138 ff., P77 MoMiG B247, B432, H11, H21 ff., H28, H31 ff., H46, H54, H66, H88 ff. Monatsfrist – Sicherung N11

Muttergesellschaft A40, B113 f., B121, B319 f., C92, C116, F91, G59, G90 Nachbesicherung C73, F79, G95 f., G98 ff. Nachlass B142, B390 Nachlassverbindlichkeit R6 Nachtragsliquidation B228 Nachunternehmer B482, D84 Nachweiserleichterung B495 f., C104, C131, C133, D7, D124 f., E59, F26, F62, F99, F104, F113, H20, H106 f. – siehe auch Beweiserleichterung Nahestehende Person C133, D126, F18, F102, F104 f., F107, F112 ff., G117, H56, H108, K1 ff. – abhängiges Unternehmen K27 – Angehörige, Begriff K1 ff. – Aufsichtsratsmitglieder K30 – Beweislastregel K5 – Beweislastumkehr K9 – dienstvertragliche Verbindung K29 – Ehegatte K11 ff. – Führungs- oder Leitungsverhältnis K30 – Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit K22 – gesellschaftsrechtliche Verbindungen K18 – Gutgläubigkeit R18 ff. – häusliche Gemeinschaft K16 – Insidergedanke K9 – Jahresfrist K15 – juristische Person K22 ff. – KG K22 – Komplementär GmbH K23 ff. – Lebenspartner K13 – OHG K22 – Organmitglied K19 – Schwestergesellschaften K28 – Verwandte K14 – Vorstandsmitglieder K30 Nebenkosten B180 f., C30, D47, M51 Negativsaldo B340 Nennwert der Forderung B188, B258 Nettolohn B171, B388 Neubestellung – abstrakte Sicherheiten Q11 Nichtabführung – Sozialversicherungsbeiträge C88, C107 Nichtbeachten von Fristen B33 Nichteheliche Lebensgemeinschaft B505, G124

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Stichwortverzeichnis Nichterfüllung B482, C85, C109, F85, M133 Nichterheben – prozessualer Einreden B33 Nichtig B28, B228, G13, G25, G42 Nichtleistungskondiktion B157, B463 Nichtschuld A43, G20, G44 Nichtvalutierung B80, M57 Nießbrauch B142, G48, H60 Noch nicht zu beanspruchen A21 Normzweck O4 ff. Notar B333, G124, M102, M105 Notverkauf E39, G40 Nutzen – unmittelbarer wirtschaftlicher B27, B36, B184, B282, B409, C38, D48, E16, E41, E46, G19, H14, H101 Nutzungen, Nutzung B185, B213, B357, B487, B521, D24, D49, H98, H101 ff. – Herausgabe P99 Nutzungsentgelt H90, H95, H98 ff. Nutzungsrecht B243, B279, H14 f. – unpfändbares B243, G48 Nutzungsüberlassung B71, H13 ff., H24, H30, H42 ff., H53, H90 ff., H99, M132 – siehe auch Gebrauchsüberlassung Nutzungszeitraum B82, B323, M48, M62, M73 Objektverwaltung B363 Obligatorischer Rückgewähranspruch A8, B507, B509 Öffentliche Abgaben O178 ff. Öffentlicher Glaube A13, M1 OHG – nahestehende Person K22 Option B10, B42, B215, H95 Orderpapier – Anfechtungsanspruch P57 Organgesellschaft D18 Organmitglied – nahestehende Person K19 Organschaft D17 Organträger D17 ff. Pacht B125, E24, H93, H101, O152 ff. Pachtablösung B106, B125, B129 Panzerbrücken-Fall C34 ff., E44 ff., O38 Par condicio creditorum A14, A18, B192, B250, C8, D12, E4, F6 Passiva B45, B222, B235, B490, E59

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Patronatserklärung – konzernexterne C92 – konzerninterne C92 Pensionszusage M68 Person A4, C133, D126, F18, F102, F104 ff., F112 ff., G117, H56, H108, M68 – nahestehende – siehe auch bei nahestehende Person Personal B191, B197, G3, G21 Personalsicherheit C60, H81 Personenrechtliche Vorgänge B30 Persönlichkeitsrecht B272 Pfandgegenstand B347, B447, D75, D103, M15, M63 Pfandgläubiger – Zustimmung zur Kündigung B102, M69, M127 Pfandrecht – AGB-Banken B77, B81, B207, B297, B309 f., B331, B335 f., B346, B407, B424, C47, C55, C66, D54, D58, D75, D103 – Begründung B77, B80 ff., B321, D117 f., M57 f. – Bestellung B78 f., B81 ff., B321, D75, D103, D117 f., M15, M56 ff. – an eigener Schuld B81 – Einrede der Nichtvalutierung B80, M57 – Entstehung B77 ff., B83, B321, B394, D110, D117 f., M15, M31, M38, M55 ff., M59 ff., M66, M70, M118, M127 – forderungsloses B80 – Frachtführer C72, D96, D112 – Freigabe B373, B380, C47, D106 – gegenwärtiges B82, M73 – gesetzliches B301, C72, M58 – an Herausgabeanspruch B81, B207, B297, B309 f., B331, B335 f., B346, B424, C47, C55 – insolvenzfestes B102, M69, M128 – Kommissionär D96 – Kontokorrentforderung M64 – an künftiger Forderung B77, B81, B83, B102, B209, B321, B323, B394, D117, M15, M31, M38, M55 ff., M61, M67, M118, M128 – nachträgliche Unterlegung B81, B318, B320, C69, D116, M63 – Rang B83 – rechtsgeschäftliches B79, D117, M57 ff. – Werkunternehmer D96

Stichwortverzeichnis Pfandreife B102, C47, D106 Pfändung – anfechtungsfeste B47, B300, B310, B321, B326, B331, B447, D110, M59 f., M67, M70 – bestehende Forderung B76 f., B79 ff., M31 – Kreditlinie B285, M55, M71 – künftige Forderung B77 ff., B323, D110, M31, M38, M55, M61, M70, M118, M133 Pfändungs- und Überweisungsbeschluss B76, B322, B372, D110, M31, M133 Pfändungsmaßnahmen – Zwangsvollstreckung N13 Pfändungspfandrecht B321, B323, B376 f., B447, H70, M55 Pflichtteilsanspruch B275 f., B489 Pflichtteilsergänzungsanspruch B103 Pflichtteilsverzicht B31, G47 Plan, einheitlicher B107, M23 Planmäßiges Zusammenwirken A39, A41 Poolvertrag B228, B307, B309 f., B424 f., C66, C69 Potestativbedingung M118 Prämie B100, B103, B167 ff., B393, B395, B400, G73, G108 f., G116, M129 Preis – Überhöhter C6, E49 Primäranspruch – Anfechtung P47 ff. Primat – der Anfechtung N3 Prioritätsprinzip A18, C9, F5, F7, F13, F31, F52 Produktionsausfall B250 Protest – bei Wechselzahlung J10, J11 ff. Provisionsanspruch B75, B159, G44, M45, M125, P74 Prozessführung – Anfechtungsanspruch P172 Prozesshandlungen – Anfechtungsansprüche P78 Prozesszinsen P40 – Fälligkeit P107 Prüffrist bei Lastschrift B94, E30, M84 Quittung P63 Quote B139, B188, B223, B244, B258, B292, B536, G61, G72, G100, H87

Rangrücktritt B432, C86, G13, G30 f., H11, H32 f., H36 Ratenzahlung B19, C83, C108, F71 f., F96, G63 Raumsicherungsvertrag D104, M25 Realakt B7, B9, B11, B511, E31, M41 f. Reales Geschehen B255, B471, B473 f., B482, B484 f. Rechnungsposten – unselbständige B191, B410 Recht der beweglichen Sachen B65 Rechtlich getrennte Geschäfte B43, B48 Rechtsänderungen B51, M26, M107 – kraft Gesetzes B7 Rechtsbegründende Tatumstände B79, B180, D47, D118, M51, M59, M89, M109 f. Rechtsbehelf B216, C2, E11, E55 Rechtsbeziehungen – mehrseitige B8, B116, B125, B141, D21 Rechtsfolge – der Aufrechnung B18, C38, D48, M89 – der Gebrauchsüberlassung H42, H54, H95 – der Unterlassung M33 – des Gesellschafterdarlehens H34, H46, H58 – Kenntnis des Schuldners B212 – Schluss des Anfechtungsgegners A20, C4, C105 – Wechselzahlungen J15 ff. Rechtsfolgenverweisung – Zufallshaftung P2 Rechtsgeschäft A16, A25, A31, B8 ff., B50 f., B65, B143, B201, B203 f., B240, B378, C121, E1 ff., F87, F106, G3, G19, G28, G30, G32 f., M16 f., M24, M41, M44, M59, M110, M114, M118, M120 f., M133 – einseitiges B10, E2, E28 – eintragungsbedürftiges M26, M97 ff. – nichtiges B228, G25 – schuldrechtliches E13 – teilbares B234, B526, B530 – treuhänderisches B395 Rechtsgeschäftlicher Zusammenhang O44 ff. Rechtsgeschäftsähnliche Handlung B9, B11, E31, M41 Rechtsgrund B57, B194, D15, D69, G87, G101, H46, H58, H62, M8, M16M37, M40, M91, M94, M123

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Stichwortverzeichnis Rechtsgrundlos B157, D39, G13, G31, G44 Rechtshandlung – bedingte B56, M3, M70, M95, M109 ff., M118 ff. – Beendigung B43 – befristete B52, B79, B204, M49, M109 ff., M131 ff. – Doppelwirkung B148 – eines Dritten B25 ff., H56 – einheitliche B43 ff., B105, B260, B525, B532, M23 – erwirkte N21 – erzwungene B24, C83, D66, G5, G118 – des Gläubigers B23 ff., D13, F14 – Handlungsbegriff N5 – isolierte Betrachtung B2, B45, B176, B235 ff., B490 – Kündigung, siehe dort – mehraktige B45, B49 ff., B79, B84, B86, B98, M7, M16 ff., M23 ff., M32, M72, M89, M97 – mehrere B45 ff., B105, M23 – nach Verfahrenseröffnung T1 ff. – des Schuldners B15 ff., B32, D61, E10, E36, E59, F1, F10 ff., F16 ff., F92, G118 – Teilbarkeit B67, B102, B234, B252, B525 ff., B529 ff., E18 f., G40 f., G110 f., M43, M129 – unmittelbar nachteilige A25 f., B244, E1 ff., E20 ff., E51 – Unterlassen einer Kündigung B214, C18, E55 – Unterlassen von Rechtsbehelfen B33, B217, G21 – Unterlassener Insolvenzantrag B215, E12 – verschiedene B47 – Vollendung B43, B49, B56 ff., B67, B76, B79, B237, B356, E61, M15 ff., M25 f., M31, M70, M74, M77, M86M94 – des vorläufigen Insolvenzverwalters B5, B14, B28 f., B99, E29 – weite Auslegung B4, B126, C120 – Wirksamwerden nach Insolvenzeröffnung A13, B557, H88, M1, M104 ff. – Wirkung A12, B2, B7, B27, B43, B49 ff., B65, B78 ff., B148, B245, B379, B394, M130 ff. – Zwangsvollstreckung N19 ff.

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Rechtshängigkeit A37, B275, B489, B559 Rechtskrafterstreckung A37, B33 Rechtsmissbrauch B89, D60, F54, G39, H46, H49, H58, H62, M79 Rechtsmittel – Nichteinlegen B33, B216, G21 – Rücknahme B33 Rechtsnachfolge B508 f., B516 f., B547, B558, H15, H64 – mehrfache R4 Rechtsnachfolger – Anfechtungsgegner R1 ff. – unentgeltlicher Erwerb R19 Rechtsnatur – Anfechtungsanspruch A9, B506 ff., P11 ff. – Hilfsgeschäft G87 – Patronatserklärung H52 Rechtsposition – formale B118, B248, B349, B443, F90, G25 Rechtsscheinhaftung B537 Rechtsstellung – gesicherte B49, B53, B58, B71, B102, B181, B215, B294, B360, D110, F89, G111, G114, G119, M25, M30, M34, M44, M48, M60, M67, M92, M99, M107, M111, M114 f., M121, M126, M133 Rechtsübergang B57 f., B63, B65, M10 f., M25, M34 Rechtsvorgänger B514 Rechtsweg B553 ff. Rechtswirkung B7, B11, B35, B45, B49, B78, B148, B176, B207, B278, B332, B479, B517, B541, C97, G114, M41, M127 Refinanzierungsdarlehen M28 f. Regelungslücke A26, E11, H16, H87 Regressanspruch B140, B145, G62, G64, H7, M91, M123 – Wechselzahlung J5 Regressverlust – Wechselzahlung J7 Reifenhandel B322 Relative Unwirksamkeit A8, B507, M30 Rentenzahlungen B272, E9, M39, M126 Restschuldversicherung B398 ff. Risikokapital H51 f. Rohbauarbeiten B176, B476 Rückabtretung P55 ff.

Stichwortverzeichnis Rückabwicklung B3, B149, B188, B526, G87, M28 f. – Veräußerungshandlungen P1 ff. Rückbelastung B337 ff., C58, C90, C109, D73, F70 Rückdeckungsversicherung B101, B389, M126 Rückforderung A42 f., B40, B137, B275, D88, G25, G44, G96, H34 – Scheingewinne A43, B522, G43 ff. Rückforderungsanspruch A42, B275, G25, G44, H34 – Gesamte Versicherungssumme P68 Rückführung – weggegebene Gegenstände P11 ff. Rückführungsanspruch – keine Vollstreckungsabwehrklage P13 – als schuldrechtlicher Verschaffungsanspruch P12 ff. Rückgabeansprüche – Orderpapier P57 – Unternehmensübertragung P59 Rückgabegegenstand – unentgeltliche Leistung P9 – Vermögensentziehung P7 – Verschlechterung P8 Rückgewähr – Aufrechnungslage B3, B188 – Einlage A35, G45, H32 – Gegenleistung B494 – gemischte Schenkung G41 – Saldierung G43 – Teilweise E49 – unentgeltliche Leistungen P114 ff. – Unmöglichkeit B517, H74, H105, P112 – bei Vertretung C119, F88 – vorzeitige D88 Rückgewähransprüche A8 f., A42 f., B269, B348, B351, B431, B445, B460, B507, B509, B511, B513, B515 f., B519, B522, B524, B533, B548, E49, G41 ff., G100, M121 – Abtretung P42 ff. – bei Anweisung P66 – Barzahlungen P61 – beschränkte dingliche Rechte P53 ff. – bewegliche Sachen P52 – Dienstleistungen P60 – Fälligkeit P39 – Gegenstand P51 ff. – Geld P102 ff. – Grundstücke P53 ff. – grundstücksgleiche Rechte P53 ff.

– Mehrwertsteuer P15 – Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters P40a – Verhältnis zur Einzelgläubigeranfechtung P32 ff. – Verwendungen P113 Rückgriffsanspruch B108, B161, B229, B451, E6, G64, H75, M123 Rückgriffsschuldner – Wechsel J10 Rückkaufswert B101 ff., D40, G109, G115, M126, M129 Rücklastschrift C90, F85 Rücknahme B33, B93, C97, D54, M104 Rückschlagsperre A45, B70, D8, M47, N11 – Einschränkungen N11 Rückstand C88, C97, C107, C113 f., F74 ff., F82 f., F85 – Lohn C110, C113 f., F68 – Sozialversicherungsbeiträge C88, C97, C107, F82 ff., F96 – Steuern C27 ff., C93, F75 Rückübertragungsansprüche B226, B413, M27, M30 Rückwirkung A46, B27, B50, B97, M16 f., M86 Rückzahlung – gesellschaftergesichertes Gesellschaftsdarlehen P5 Sachhaftung B7, B11, B236 Sachleistungen O21 Saldo, Sollsaldo B205, B208 ff., B336, B340, B347, B368, C41, D57 f., D71, H5, M20 ff., M64 Saldoanerkenntnis B210 Saldoforderung B210, M20 Saldotheorie B522 f. – Unanwendbarkeit P14 Sanierung, Sanierungsbemühungen B257, B456, E16, E41, F39 ff., F55, F64, H92 f. Sanierungsberater E16 Sanierungsberatung O167 ff. Sanierungshonorar B234, B529, E18 Sanierungskredit E40 Sanierungsprivileg H67, H107 Satzung B195 ff., B556, D26, H3, H8 Saudi-Arabien B235, E32 Schadensersatz, Schadensersatzansprüche A38 f., A43, B182, B235, B253, B293, B436, B468, B482, B490, B524, C54, C85, E22, F4, H94

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Stichwortverzeichnis Scheck B18, B162, B225, B255, B287, B332, B338 ff., B343, B414 f., B484, C22 f., C46, C56 f., C109, D35, D70 ff., D105, F11, M19, M87 – Einlösung B332, B338, B340, B415, C46, C56, C109, D71, M87 – Gutschrift B255, B338, B414, C56, D73, M87 – Inkasso B287, M19, M87 – Insolvenz des Ausstellers J33 f. – Rückbelastung B337 ff., C90, C109, D72 ff., F70 – siehe auch Scheckzahlungen Scheckaussteller B287 Scheckzahlungen C23, F96, J30 – Anfechtungsausschluss J35 f. – anlaloge Anwendung der Wechselvorschriften J30 f. – Darlegungs- und Beweislast J37 – Insolvenz der bezogenen Bank J32 – siehe auch Wechsel Scheingeschäft B228 Scheingewinn A43, B522, B524, D41, G43 ff. Schenkung – Abgrenzungsfragen P119 – Begriff P119 – gemischte G39 – verdeckte G42 Schenkungsanfechtung A2, B133, B136, B141, B175, B260, B535, B540, G1, G7, G9, G78, G80 f., G87, G91, G101, G121, G127, O14 Schicksalsgemeinschaft E7 Schiebeliste F36 Schiedsverfahren – Absonderungsrecht S12 Schiffe T2 – Register B51, M1 Schleppende Zahlung C89, C113, F74, F85 Schlusssaldo B208 ff., M20 ff., M64 Schneeballsystem A43, B522, B524, G43, G45 – Gutgläubigkeit P130 ff. Schuld – fremde B125 ff., B141 ff., B175, B540, C7, C12, D20, D80, E6 f., F109, G58 f., G62, G90 f. Schuldanerkenntnis C2, E47, F109, G3, G89 Schuldbefreiung B108, B229, B247, B370, B451, C37, F90 Schuldner – Abwendungsleistungen N23 ff.

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– Konto B85, B87, B332, B337, B366, B407, B416, B422, M76 f. Schuldnerbank B90, B98 f., B332, B463, B484, M20, M75 f., M80 Schuldnerfremdes Vermögen B231 ff., B293 ff., B300, B496 Schuldrechtliche Ansprüche B68, B239, B280, B283, B340, B351, B360, B366, B376, B412, B509, C21, C69, D49, D75, D103 f., E13, E23 f., F110, G17, G70, M14, M24, M107 – Änderung der Vermögenszuordnung P21 ff. Schuldrechtliche Beziehung – Anfechtbarkeit P62 ff. Schuldrechtliche Theorie B506, B508, B510 ff. Schuldtitel – vollstreckbarer B23, B32, H26 Schuldversprechen C2, H81 Schutzgesetz A38, F4 Schwestergesellschaft B128, B162 – keine nahestehende Person K28 Schwimmbadtechnik D80 ff. Sechs-Wochen-Frist B97, M85 Sekundäransprüche – ungerechtfertigte Bereicherung P87 ff. Sekundärer Wechselschuldner J5 Selbstbestimmtes Verhalten B4, B17 ff., B22, B24, B32, F12, H68 SEPA-Lastschrift B90 ff., M80 ff. Sicherheit – AGB-Banken B77, B81, B207, B297, B309 f., B331, B335 f., B339, B341, B346, B407, B415, B424, C47, C55, C58, C66, D54, D58, D71, D74 ff., D103, D105, M31, M63 ff. – akzessorische B313, B511, D96, H72, H121 – für Altverbindlichkeiten B305, B525, D108, F37 – anfechtungsfeste B300, B310, B315, B321, B326, B331, B366 f., B447, D110, M59 f., M70 – Begriffsbestimmung C60 – fiduziarische B313, D96, H70 – Freigabe B332, B376, B380, H72 – insolvenzfeste B58, B66, B102, B297, B302, B328 f., B333, B361, B391, B404, B407, B428, C69, M23, M38, M57, M60, M69, M114, M128 – Mehrwert B66, B327, B428, M42 – nach § 648a BGB C70 f., D79, D84, D97, F61

Stichwortverzeichnis – nichtakzessorische B511, H72 – Teilanfechtung B525 ff., D36 – treuhänderische B307, B309, B365, B424, C64 ff., M121 – überschüssige B317, D100 – Unterlegung mit gesicherter Forderung B81, B318 ff., C69 – verklammerte M30 – Wertauffüllung B148 – Wiederaufleben B511 f. Sicherheitenbestellung – bei Krediteinräumung C62 – nachträgliche B230, B305, B315 ff., C62, D33, D100 f., F109, G85, G88 f., G91, G103 Sicherheitenpool B8, B306 ff., B311 ff., C65 Sicherheitentausch B54, B82, B321, B323, B325 f., B328, B331, B333, B336, B376, B380, B447, C55, C69, M35, M62, M73 – geschlossene Sicherungskette B207, B325, B335 f. – Globalzession B331 f. – Sicherungsabtretung B326 – Unmittelbarkeit B333 Sicherheitenunterlegung – nachträgliche B315 Sicherheitenverwaltung B314, C64 ff. – Poolvertrag B228, B307 ff., B424 f., C66 – treuhänderische B307 ff., C64 ff. Sicherheitsbestellung O23 Sicherheitsleistung P77 Sicherstellung B317, C47, D95, D97, D107, F109, G59, G87 f., G90 Sicherung – anfechtungsfeste B315, B328, F111 – inkongruente B230, B414, D96 ff., D100, D103, D107 ff., D115 ff., F37 – kongruente B414, C28, C66, D67, D105, D111 f., F61 – künftige Forderung B54, B77 f., B81 ff., B450, D31, M15, M56 ff. – Monatsfrist N11 – Rückschlagsperre A45, B70, D8, M47 Sicherungs-Globalzession O41 Sicherungsabrede B305, B313, B423, C69, C73 f., D102, F61, H72, M121 – zurückgewährte Forderungen Q8 Sicherungsabtretung B56, B58, B62, B211, B307 ff., B326, B339, B344, B347, B414, B477, D32, D35, D74 ff., D114

– bei Scheckhingabe D71, D74 f., D105 Sicherungsanspruch B440, C72, D67, D97 ff., D115, D121, G95, G103 Sicherungseigentum B301 f., B329, B339, B404, C60, D74, D105, H81, M19 – Scheck B339, D74, M19, M105 Sicherungsfall B344 f., F60, M91, M123 Sicherungsgut B13, B242, B302, B428, B449, C15, E28, E42, E54, H74 – Ablösung B300 Sicherungshalber B207, B263, B297, B332, B344, B407, B426, B448, B450, M124 Sicherungshypothek B546, D98 Sicherungskette B207, B325, B335, B342 ff. Sicherungsrecht A41, B79, B207, B257, B301 ff., B314, B324 ff., B335, B342 ff., B407, B420 ff., B447 ff., B511, C14, C64, C69, D71 Sicherungsübereignung B302, B304, B306, B328, B406, B420, B428, B446, B448, D35, D114, E54, H70, H85 Sicherungsvereinbarung – siehe Sicherungsabrede Sicherungsverlangen F61, F79 Sicherungszession B62, B335, B345 f., B346, H70, O23, O196 ff Sicherungszweck B313, B361, B425, M121 – Erweiterung auf Dritten B313 Sittenwidrigkeit A38 ff., B89, D38, F4, M79 Sitzverlegung B213, B228, F46 – Ausland P161 Skontoabzug C22, D35, D87 Soll B231, B348, B462, C65, D73 Sollsaldo B205 Sonderkonto B366 Sozialgericht B555, M116 Sozialkasse B111, B537, F69 Sozialplan B40, E25 Sozialversicherung – Arbeitnehmeranteile O204 ff. Sozialversicherungsbeitrag B134, B164, B166, B171, B382, B387, B439, C79, C88 f., C107, C112, D26, F81, G76 – Bargeschäft O172 ff. Sozialversicherungsträger B111, B165, B171, B439, B554, C88, E9, F82, F85, F96 f. Sparguthaben B354 Spitzenbetrag C94

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Stichwortverzeichnis Stadtbahnbauwerk B189 f. Stehenlassen B16, B41, B213, B432, C18 f., G91, G96, H5 ff., H65, H90, H97, H99 Steuerberatervergütung O159 Steuererstattung B112, B273, B437, M93 ff. Steuerforderung B5, C27, C29, C123, F75, G63, M95, M112 Steuern, Steuerschuld B4 ff., B171, B236, B387 f., B436, C29, C93, D17 f., F75 f., G63, M93 ff. Steuerschuldner D17 Steuerzahlung B236, B385, C93, D17, M95 Stille Beteiligung A35, H59 Stille Gesellschaft – anfechtbare Rechtshandlung I22 ff. – Anfechtungsausschluss I31 f. – atypische stille Gesellschaft I5, I12, I15 f., I26, I36 – Auflösung I9 f., I15, I18 f., I28 – besondere Vereinbarung I1 ff., I9, I14, I17 ff., I22, I31, I34 f. – Beweislast I33 ff. – Beweislastumkehr I35 – Doppelrolle I8 – Eigenkapitalfunktion I5, I7, I12, I15 – Einflussnahmemöglichkeit I5, I8 – Einlagenrückgewähr I1 ff., I7, I10 ff., I17 f., I23 ff. – Erlass der Einlage I25 – Erlass des Verlustanteils I2, I16 f., I24 f., I33 – fehlerhafte Gesellschaft I16 – Finanzierungsfolgenverantwortung I8 – Finanzplankredit I5, I15 – Fremdkapital I6 f. – Gerichtsstand der Mitgliedschaft I13 – Gesellschafterähnliche Stellung I5 – Gesellschaftsrechtliche Beziehung I2, I8 – Gesetzesbegründung I3, I31, I34, I36 – Gläubigergleichbehandlung I4, I31 – Gleichrangiger Insolvenzgläubiger I2, I5, I7, I15 – inkongruente Deckung I4, I10, I17 f. – Insolvenzforderung I6, I18, I22, I24 – Insolvenzgrund I2, I35 – Jahresfrist I1, I18, I20 ff., I24, I34 – Konkurrenzen I36 – Kündigung I10 f., I16 ff., I20 – längerfristige Fremdfinanzierung I8

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– maßgebender Zeitpunkt I14, I20 f., I31 – materielle Insolvenz I4, I31 – mittelbare Gläubigerbenachteiligung I12 – MoMiG I1, I8, I32 – nachrangiger Insolvenzgläubiger I6 f., I15 – partiarisches Darlehen I8 – Rangrücktritt I15 – Rechtsfolge der Anfechtung I12, I27 – Risikokapital I6 – Täuschung I11, I16 – Umwandlung der Einlage I24 – Unterbeteiligung I8 – Vermögensverfall I11 – Vermutung I2, I31 Stille Reserven H12, H20 Stillhalten, Stillhalteabkommen C83, C108, F71 f. Stornierung B155 Stornobuchung B7 Strafrecht B43, B438 ff., F2, F22, F30 Stromversorgung B250, B419, B491 Stundung, Stundungsabrede B241, B464, D69, D90, F77, F108, G29, H1, H52 – erzwungene C83 Stundungsbitte C79, C90 Subordination H22, H90 Substantiierungslast B500, C128, H20 Subunternehmer B121 ff., B149, B251, B452, B459, B492, C70C128, D21, D78 f., F59 ff., F90 ff. Surrogate B53, H73, M25, M34 – Gutgläubigkeit P126 – Herausgabe P90 f. Tabelle B222, B270, B522, E22, E37, H87 Tankstellenbetreiber-Fall O28, O30 ff., O209 ff. Tatrichter A28 f., C87, C116, D83, E18, F33, F67, F86, F100 Tatsacheninstanz B254, B259, B356, M13 Täuschung A39 f. Teilakt B49, B79, M23, M25 Teilanfechtung B234, B525 ff., E49 Teilbarkeit B67, B102, B234, B252, B525 ff., B537, D36, E18 f., G41, G110 f., M43, M129 Teilleistungen C22, D35, F70, G117, O95 ff.

Stichwortverzeichnis Teilübertragung – Einzelrechtsnachfolge R10 Teilzahlungen B19, F74 ff., F81 ff. – Wechsel J8 Teleologische Reduktion B275, F13 Tiefkühlkost-Fall O85 ff. Tilgung B114, B114 ff., B124 ff., B141 ff., B231, B250, B263, B347, B354, B414, B459, B491, B511, B540, C12, C45, C51, D80, E34, G43, G62, H22, H28, H54, H73, H80, H82 – durch einen Dritten B25, B108, B113, B119, B122, B231 f., B260, B451, B453 – fremde Schuld A40, B134, B175, B372, B540, C12, C92, D80, D112, E6, E125ff, G14, G57 f. Titulierte Handlung – Anfechtung N15 ff. Tochtergesellschaft A40, B134, B372, C92, C116, G59, G76, G90 Transport D112 Treu und Glauben B29, H4 Treuepflicht H92, H105 Treugeber B248, B360 ff., B366, B371, H60 – Aussonderungsrecht P21 Treugut B248, B360 f., B371, B379 f., B457 – Auszahlung P65 – Entstehungszeitpunkt B371 ff. Treuhand B165, B283, B298, B307, B309, B313, B360 ff., B365 ff., B371 ff., B381 ff., B395 f., B424, C64 ff., G81, H60, P65 – Anderkonto B338, B362, B371 ff., B376, B378, B380, D73 – Arbeitnehmeranteile B165, B381, B439 – dingliche Komponente B360, B366 – Direktversicherung B397 – eigennützige B165, B383 – Erwerbstreuhand B362 – Inkongruenz B367, B371 ff. – Konto B360, B365, B372 f., B379 – Mietkonto B365 – Offenkundigkeitsprinzip B362, B365 – Sicherungstreuhand B361 – Unmittelbarkeitsgrundsatz B362 – Verschaffungsanspruch B360 – Verwaltungstreuhand B361 – Voraussetzungen B360 – Werthaltigkeit B376, B380 – Wohngeldkonto B362 – Zweckbindung B366 f. – zweckgebundener Kredit B367

Treuhänderstellung B361, B376 f., B380 – Aufgabe P65 Treuhandvereinbarung B366, B377, B379 f. Überbrückungskredit F43, H5 Übereignung B53, B65, B245, C36, D35, M37, M122 – siehe auch Sicherungsübereignung Übergabe B12, B53 f., B511, M25, M34 f., M37M41, M56 Übergabesurrogat B53, M25, M34 Übergangsvorschrift – Drittdarlehen P153 Überholung C98 Überlassung von Arbeitskräften B12, B191, B197, B277, B299, G3, G21 Übermaßaufwand M42 Übernahme – Pflichten B235, B405 Überschuldung B270, B495, C76 f., C80, C92, F21, F47, F73, H9 ff., H19, H67, I3, I35, L18, L28 – Abgrenzung zur Zahlungsunfähigkeit C77, C80 Überschuldungsbilanz C86, H11, H19, H32 Übertragungstatbestand B57, M8, M16, M37, M40 Überweisung B95, B114, B160, B231, B344, B376, C19, C22, D27, D61, D87, M74 – Auftrag B338, D73 – vorzeitige C22 Überzahlung B180, C35, D47, E45, M51 Überziehung – siehe Kontoüberziehung Überziehungskredit B266, B290 f., B401, B413, C42, D55, F19, O73 Umkehrschluss D123, H109 Umqualifizierung – in Eigenkapital B16, B41, B213, B432, G31, H3, H6 ff., H14 Umsatzgeschäft D9 Umsatzsteuer B5 f., B26, B436, D17 Umsatzsteuerkarussell B436 Unanfechtbarkeit O1 ff. Unbenannte Zuwendung B10, G27, G51 Unechtes Factoring O149 Unentgeltliche Leistung – Anfechtungszeitraum G2, G109, G116 ff.

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Stichwortverzeichnis – ausgebliebene Gegenleistung B139, G13, G35 – Auszahlung von Scheingewinnen G43 ff. – Bargeschäft G98, G108 – bereicherungsrechtlicher Leistungsbegriff G19, G82 f., G101 – Beweislast G2, G65, G124 ff. – Bewertungsspielraum E39, G37, G39 – Cash-Pool G19, G58, G75, G79, G105 – Direktversicherung G108 – Doppelinsolvenz G9, G127 – eigenes wirtschaftliches Interesse G59, G90 – Einigung über Unentgeltlichkeit G19, G27 – Einlagenrückgewähr G45 – einseitige Vorstellungen G28 – erzwungene Erfüllung G5, G118 – Geldstrafe G33 – gemischte Schenkung G39 ff. – geringwertige Geschenke G123 – Gläubigerbenachteiligung G3, G11, G16 f., G23, G25, G81, G114, G124 – Insolvenzreife des Drittschuldners G58, G61 – Irrtum über die Entgeltlichkeit G43 – Kenntnis des Leistungsempfängers G60 – Kenntnis von der Wertlosigkeit G60 – Konkurrenz G6, G9, G78, G80, G82 – Konkurrenz im Mehrpersonenverhältnis G78, G80 – Kraftfahrzeugversicherung G73 – Lebensversicherung G107 ff. – Leistung des Schuldners G12, G14, G19 ff. – Leistungskette G82 – letter of intent G69 – maßgebender Zeitpunkt G60 – Maßgeblichkeit der Leistungsbeziehungen G70, G72, G79 – Mehrpersonenverhältnis G9, G12, G14, G55 ff., G70, G77 – mittelbare Gläubigerbenachteiligung G16 – mittelbare Zuwendung G9, G105, G107, G116 – nachträgliche Besicherung im Konzern G91 – Nichtschuld G20, G44 – Notverkauf G40 – objektive Betrachtungsweise G32 ff. – Personalüberlassung G3, G21

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Prämienzahlung G108, G116 Quotenerwartung G61, G72, G100 Rechtsgrundlosigkeit G13, G31, G44 Regressanspruch des Drittschuldners G62 Rückdatierung G125 Rückgewähr P9, P114 ff. Saldierung G43 Schenkungsversprechen G5, G24, G71, G118 f. Schneeballsystem G43, G45 Sicherheitenbestellung G84 ff. Sicherung einer eigenen Verbindlichkeit G85 ff. Sicherung für fremde Verbindlichkeit G84, G90 ff. Sicht des Zuwendungsempfängers G79 Stehenlassen einer Forderung G91, G96 subjektive Vorstellungen G32, G36 Teilleistungen G117 Überlassung eigenkapitalersetzender Mittel G13, G30 unbenannte Zuwendung G27, G51 Unterlassen G21, G26, G96 unübertragbares Nutzungsrecht G48 unwiderrufliches Bezugsrecht G19 ff. verdeckte Schenkung G42 Vergleich G38 Verhältnis zur Deckungsanfechtung G6 f., G9, G78 ff., G127 Verjährung G21 Verlust werthaltiger Forderung G12, G57, G71 Vermittlungsprovision auf Scheingewinne G44 Verschlechterung der Quote G100 Versicherungssumme G109, G113, G116 Versprechen und Vollzug als Einheit G5, G118 Verzicht G21, G34, G47, G54 vorleistender Vertragspartner G13, G31 Vorleistungsrisiko G74 Vormerkung G119 Vorrang der Deckungsanfechtung G7, G78, G80, G127 Wegfall der Bereicherung G6 weite Auslegung G1, G14, G19, G27 werthaltige Außenstände G65, G127 werthaltiger Nachbesicherungsanspruch G103

Stichwortverzeichnis – wertlose Forderung G13 f., G30 f., G58, G60 ff., G72, G77, G91, G96, G102 f., G106 – widerrufliches Bezugsrecht G113 ff. – wirtschaftliche Betrachtungsweise G13, G58 f., G72, G77, G90, G95 f., G100 – Zahlung des Differenzbetrages G41 – zwangsweise Durchsetzung G24 – Zwei-Personen-Verhältnis G13, G30, G32 ff., G55 f. Unentgeltlicher Erwerb – Rechtsnachfolger R19 Unerlaubte Handlung A38, B440, D98, G89 Ungerechtfertigte Bereicherung B464 – als Sekundäranspruch P87 ff. Ungereimtheit A15, H96 Universalitätsprinzip N25 Unkenntnis A6, A20, B288, C4, C105, C120, C125, C133, F88 – fahrlässige J2 Unlauteres Zusammenwirken A28, F1, F22 Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen – Absonderungsrecht E27, E54 – Anfechtungszeitraum E13, E58 – Aufrechnung E28, E43 ff. – Beweislast E59 ff. – Drei-Personen-Verhältnis E9 – einseitige Rechtsgeschäfte E2, E28, E47 ff. – Erfüllung E22 f., E27, E43 – gegenseitiger Vertrag E3, E22 f., E37 ff., E59 – Gläubigerbenachteiligung E3, E6, E14 ff., E20, E27, E32, E35, E37 f., E41, E47, E49, E52, E54, E59 f. – gleichgestellte Handlungen E13, E50 ff. – Konkurrenzverhältnis E5 ff. – Lastschrifteinzug E29 f. – Notverkauf E39 – Rechtsgeschäft E5, E20 ff., E24 ff., E47 ff. – Sanierungsbemühungen E16, E41 – Sozialplan E25 – subjektive Voraussetzungen E57 – Teilanfechtung E49 – Teilbarkeit E18 f. – Unterlassen E12, E51, E53, E55 – Ursachenzusammenhang E14, E17, E32 – Verfügungsgeschäft E26

– Verschlechterung E35 – Verschleuderungsgeschäft E20, E39 – Verwertungsabrede E28, E42 Unmittelbare Gläubigerbenachteiligung – einheitliche Betrachtung B239 – mehrteilige Rechtsübertragung B239 – Vertragsschluss B242 – Verwertungsabrede B242 Unmöglichkeit – Herausgabe P2 – Rückgewähr B517, H74, H105 Unpfändbarkeit B34, B243, B271 ff., B283, B367, B369 f. Unterbrechung A37, B207, B216, B335 ff., B343 ff., B559 f., C91, E11, E53 Unterdeckung B155, H9 Unterdeckungnahme B313, C69 Unterlassen – Anspruchserhaltung B216 – bewusstes B21, B21 f., B33, B214, C18, E12, E54, G26 – Erwerb B213, B215 – fahrlässiges B212 – Geltendmachung des Gegenwerts B157 – Kündigung B214 – Prozessrecht B217 – Rechtsverlust B215, E12, E51 – Stehenlassen einer Gesellschafterleistung B213 – Stellung eines Insolvenzantrages B215 Unterlassungen – als Anfechtungsanspruch P85 Unterlegung eines Pfandrechts B81, B315 ff., B320, C69, D116, M63 Unternehmen A34, B39, B110, B244, B281, B368, B455, C112, D76, F36, F38 ff., F45, G93 ff., H3, H18, H46, H92, H102, H105 – verbundenes B110, B137, B236, B260, B442, G70, G81 f., H57 Unternehmensgründung F45 Unternehmensidentität B537 Unternehmensrückübertragung P59 Unternehmensveräußerung B39, B281 Unternehmer B68, B75, B181, B251, B452, B482, B492, C70 f., D42, D84, D96 f., F57, F61, M45, M125 Unverdächtiger Vorgang A15, B313, C63, D3, D114 Unverfallbarkeit G112 Unvollkommene Verbindlichkeit D38

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Stichwortverzeichnis Unwiderlegliche Vermutung – Krisenfinanzierung P157 Unwiderrufliches Bezugsrecht B100, B168, B390, B394, B397, G19 f., G112, M92 Unwirksamkeit A8, A12, A42, A45 f., B26, B69, B177 f., B211, B324, B402, B507, B557, C25, C69, D8, D38, D53, D109, G25, G52, M30, M46, M48, M110 Ursächlichkeit B253, B461, B467 f., B472, B480 ff., B486, B490, C91, D27 Valutaverhältnis B88, F93 f., G107, G112, M77 ff. Valutierung B80, B313, B348, B351, B354, B359, B413, B423, B445, B502, C68 f. Verarbeitung B12, B302 Veräußerungshandlungen – Rückabwicklung P1 ff. Verbindung B12 Verbundenes Geschäft B398 Verbürgung – durch Schuldner P63 Verdächtigkeit A21, C72, D1, D4, D35, D78, D84, D114, F63, F102 Vereinbarung – dreiseitige B452, C70, D79 Verfallsklausel B252 Verfügung – bewegliche Sache M25, M34 – entgeltliche G87 – geduldete Kontoüberziehung B291 – Kontokorrent C49, C53, D54, D95 – künftige Sache M15 – Lastschriftverfahren B86, M77, M86 – Lebensversicherung M92 – Nichtberechtigter B27 – Schwebende B86, M77 – unentgeltliche B143, B348, B445, G3, G5, G19, G36, G118 f. – Vollendung B58, B61 ff., B394, M8 ff. Verfügungsbefugnis B61, B63, B92, M8, M12, M37, M77, M82 Verfügungsbeschränkung B61, B86, B121, B210, B394, C40, D24, F91, M8 f., M17, M38, M66, M86 Verfügungserfolg B63 Verfügungsgeschäfte B9, E26 Verfügungsmacht B15, B28, B62 ff., B291, B394, M10 f., M37, M43, M77, M96 – gegenstandsbezogenes Recht B394, M10

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Verfügungstatbestand B63, B78, M37, M127 Vergleich B33, B151 f., B261 ff., B429, D42, E24, F57, G38 Vergleichsantrag – Vergütung O162 ff. Vergütungsanspruch B5, B12, B69, B121, B155, B183, B189, B257, B409, B476, B529, C36, C83, C110 ff., D41, D48, D52, D91, E41, E49, F91, H43, H91 f., H96 f., H101, M41, M46, M116, M133 Verjährung B177, B212, B216, B402, B500, B549, D38, E11, E55, G21, G52, H29, M4, M33 – Anfechtungsanspruch S1 ff. – Einrede der Anfechtbarkeit S9 – Hemmung S8 Verjährungsbeginn – Kenntnis des Insolvenzverwalters S6 Verjährungseinrede B212, E55, G21 Verjährungsfrist B177, B402, H29, M33 Verkabelung B155 Verkehrswert B243, B351, B353, E39, E42, G40 Vermächtnis B274 Vermieterpfandrecht B79, B301, C19, D118, M57, M59 ff., M118 Vermischung B12 Vermögen – künftiges B293 ff. – schuldnerfremdes B231 ff., B293, B300, B496 Vermögensentziehung – Rückgabegegenstand P7 Vermögensmehrung B215 Vermögensminderung B87, B251, B490 Vermögensopfer B143, B165, B236, B249, B383, E33, F109, G56, G90 f., G95 Vermögensveräußerung – Rückabwicklung P1 ff. Vermögensverschiebung A7, B48, B226, B239, B264 f., F93 Vermögenswert B100, B143, B227, B266, B269, B290, B303, B306, B393, B400, B426, C15, C36, D117, G26, G28, G34, G96, H19, M11, M58 Vermögenszuordnung B149, B287, B361, B412, B509, B552, G81, M61 Vermögenszuweisung – Änderung durch schuldrechtliche Ansprüche P21 ff. Vermutung A22, A29, B430, B505, C77, C110, C131, F3, F8, F29, F33,

Stichwortverzeichnis F51, F65 ff., F79, F85, F100 f., G124, H16 – unwiderlegliche A22, C116, D2, D4, H46 f. Vermutungs-Beweislastregel – nahestehende Person K5 Verpfändung B9, B47, B76 ff., B209, B394, B511, D114, G95, H71, M31M38, M55, M60 ff., M114, M127, M136 – bestehende Forderung B76, B81, B321, M31, M55 – gestreckte B77 – künftige Forderung B77 ff., B81, B102, B209, B321, B394, M15, M31, M38, M55 f. Verpflichtungsgeschäft B8, G118, M14, M24 Verpflichtungsvertrag – schuldrechtlicher Q12 ff. Verrechnung – eigennützige C54 – Forderungen aus Warenlieferungen B195 ff. – Gesellschaftsrecht B189 ff., B194 ff., B198 ff. – inkongruente B206, B344 f., C33, C49, C51, C54, D45, D47, D49, D52 f., D57, D92, D95 – Kaufpreisanspruch B116, B187, C31, D51 – kongruente B205, B297, C41, C45, C49, C55, D45, D47, D49, D57 f., D92 – Kontokorrent B185, B192, B205 ff., B310, B408, B410, C10, C29, C40 ff., C47 ff., C54 ff., D49, D54 ff., M20 ff., M64 – wechselseitige Leistungen A44, B189, B194 – Zahlungseingänge B205, B297, C49, C51 Verrechnungsabrede B118, C40, F90, F92 Verrechnungsbefugnis C40, C51, D95, M21 Verrechnungslage B177, B191, C56, D45, D47, D49, M89 – Entstehung B191, B193, C56, C58, M19, M87 – inkongruente D45, D49 Verrechnungsscheck – Insolvenz der bezogenen Bank J32 Verrechnungsstelle B173

Verrechnungsvereinbarung – antezipierte B410 ff. Verschaffunganspruch B360, B513 Verschärfte Haftung – Bereicherungsschuldner P92 ff. Verschieben von Sicherheiten B310 Verschlechterung B240, E35, F79, G100, H77 – Rückgabegegenstand P8 – schuldhafte P2 Verschleuderungsgeschäft A16, A25, B530, E20, E39, M14 Verschmelzung B128, B174, R5 Versicherung B100 ff., B168 f., B389 ff., D26, D40, E9, G73 f., G86, G107 ff., M68 f., M92, M126 ff. – für fremde Rechnung B169 Versicherungsfall B100, B392, G109, G113 ff., M68 f., M92 Versicherungsleistung B102 f., D78, G110 f., M68 f., M92, M129 Versicherungsnehmer B169, B390 f., B393, D78, G107, G109 f., G114 ff., M124, M126, M128 Versicherungsvertrag B102 f., B392 ff., G107, G109, G111 ff., M68 f., M92, M126 ff. Versorgungswerk B272 Versorgungszusage B389 Versprechensempfänger B100, B393, G107, G111, G116 Verstrickung H34, H36, H61 f. Vertrag – gegenseitiger B62, C31, C39, D49, E3, E23, G31 – günstiger B10, E28 – ungünstiger B461, B480, E55 Vertrag zugunsten Dritter E24, E47, G107 ff., P67 ff. Vertragsänderung B461, D34, D42, D121, E24 Vertragsschluss A12, B2 f., B155, B180, B404, B542, D46, E16, E43, G109, M11, M41 Vertrauenstatbestand B29 Vertreter – Kenntniszurechnung C118 ff. – vollmachtloser B27 Vertrösten C88, C107 Verursachen B3, B235, B253, B469, B490, B517, D17, E14, E32, E43, E59, F112, H34, H105 Verwandte – siehe bei nahestehende Person

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Stichwortverzeichnis Verweisungskette – Bereicherungsrecht P88 Verwendungen B12, B295 – Rückgewähransprüche P113 Verwendungsersatz B295 Verwertung B8, B10, B299, B303, B308, B345, B349, B353, B355, B421, B447, B449 f., B502, C15, C47 – freihändige B299, B349, B353 Verwertungsabrede B242 Verwertungserlös B327, B355, B359, B421, B449, B467, B481, B502, D114, E42, M70 Verwertungskosten B327, B449 Verwertungspauschale E54, M29 Verwertungsrecht B308, B450 Verwertungsreife B345 Verzicht B10, B30 f., B33, B41 f., B145, B295, B421, B448, D42, F57, F108, G21, G34, G47, G54, H8, H75, H83 – auf Erwerb B42 – Grundpfandrecht P64 – auf Patent B41 VOB/B B441, B459, B482, D84 Vollstreckbarer Titel (§ 141) – Systematik N6 ff. Vollstreckungsabwehrklage B547 – nicht bei Rückführungsansprüchen P13 ff. Vollstreckungsauftrag F82 Vollstreckungsbescheid B372, D63 Vollstreckungsdruck B551, F74 Vollstreckungsmaßnahme B23, B32, B70, C28, C123, D6, F14, F82, F106, H69, M47, M50, M70, M98 Vollstreckungsschuldner B285 Vollstreckungstitel B13, B248, N1, N15 ff., N18 – Anfechtungsgegenstand N4 – anzufechtende Rechtshandlung N17 – kein Anfechtungsausschluss N3 Vollstreckungsversuch B18, B20, F11 Vollstreckungszugriff B13, B21, B227, B265 Vollwertig B236, B240, B246, B251, B277, B293, B447, B454, B465, B496, E6, E32 f., E35, E48, G66, M113 Vollziehungsperson B17 f., B24, F11 f. Vorabpfändung P56 Vorarbeiten B156, B542 Vorausabtretung B57 ff., B69, B79, B102, B208 f., B326, B394, B531, C21, D75, M16, M21 f., M37 f., M41 ff., M61, M67, M73 Vorausermächtigung B90, M80

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Vorausverfügung B394, M38, M48, M50 Vorausverpfändung B81, B209, M38, M55, M60 Vorauszahlung D47, E30, M51, M94 f. Vorbehalt B142, C44, C56, M74, M87 – des Eingangs B84 Vorbehaltsverkäufer B301, B327, B531 Vorgängerbestimmung A1, A30, E44, F21 Vorkaufsrecht B42, B215 Vorlegungsverbot – Wechsel J5 Vorleistung, Vorleistungsrisiko B157, B240, B542, D41, D97, G74 Vormerkung B226, B228, B245 f., B366, C60, D44, G119, M29 f., M107 f. Vornahmezeitpunkt (§ 140 InsO) – Abbuchungsverfahren M75 – Abfindungsanspruch M67, M113 f. – Abgrenzung zu § 147 InsO M1 – Abschluss der rechtsbegründenden Tatumstände B79, B180, D47, D118, M51, M59, M89, M109 f. – Abtretung einer bedingten Forderung B56, M119 – Abtretung einer bestehenden Forderung M36 – Abtretung einer künftigen Forderung A4, B54, B57 f., B63, M7 ff., M16, M27, M31, M37 ff., M43, M48, M67 f., M118 – Abtretung laufender Rentenbezüge M39 – Anwartschaftsrecht M25 f., M34 f., M92, M122, M126, M133 – Aufrechnung M18, M20 ff., M51, M89 ff., M94 ff., M111 ff. – aufschiebend befristeter Anspruch M59, M132 f. – Banküberweisung M74 – Bedeutung der Verfügungsbefugnis B61 ff., M8, M12, M37 – Bedeutung des Abtretungsvertrages M7, M11, M31, M36 ff. – bedingte Abtretung M119, M122 – bedingte Rechtshandlung B56, M118, M130 – befristete Rechtshandlung M49, M109, M131 ff. – betagte Forderung M44, M52 f., M67, M87, M111, M115, M126, M132 – Beweislast M134 ff. – Dienstvergütung M46 f.

Stichwortverzeichnis – Doppelsicherung durch Grundpfandrecht und Pfändung M73 – Eigentumsübertragung M25 f., M34 f. – Eigentumsvorbehalt M35 – einaktige Rechtshandlungen M16, M18 – einheitlicher Plan B105, M23 – Eintragung M1 f., M26, M70, M97 ff., M107 f. – Eintragungsantrag M2, M97, M99, M101 ff., M135 – eintragungsbedürftige Rechtsgeschäfte M97 f. – Eintritt der rechtlichen Wirkungen M13 – Einziehungsermächtigungsverfahren M17, M76, M78 – Erfüllungsgeschäft M25 – fehlende gesetzliche Voraussetzung M51, M55, M120 – Genehmigung M16 f., M24, M76 ff., M83 ff. – Genehmigungsfiktion beim Lastschrifteinzug M85 – gesicherte Rechtsposition M25, M30, M34, M44, M48, M67, M92, M99, M111, M114 f., M126, M133 – gestreckter Erwerbstatbestand B77 ff., M7, M16, M23 ff. – Globalzession M40 f., M43 – Herausgabeanspruch des Auftraggebers M44 – Insolvenzeröffnung als Bedingung M130 – kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht M96, M113 – Kerntheorie M21, M44, M111 f. – Kontokorrentverrechnung M20 ff., M64 – Konzernverrechnungsklausel M18 – Kündigung M22, M109, M131 – künftige Sache M15 – Lastschrifteinzug M17, M83 f., M86 – Leasingforderungen M53 – mehraktige Rechtshandlung M7, M16 ff., M23 ff., M32, M72, M89, M97 – Mietansprüche M48 ff., M57, M59 ff., M73, M118, M132 f. – Mietnebenkosten M51 – mittelbare Gläubigerbenachteiligung M4, M13 – öffentlich-rechtliche Genehmigung M24

– Pfandrecht an bestehender Forderung M31, M55, M70 – Pfandrecht an künftiger Forderung M15, M31, M38, M55 f., M61, M67, M70, M118, M127 f. – Pfandrecht für künftige Forderung M56, M58, M61 – Pfandrecht nach AGB-Banken M31, M63 ff. – Pfändung in Kreditlinie M55, M71 – Provisionsanspruch des Handelsvertreters M45, M125 – Rechte an Grundstücken M26 – Rechtsbedingung M121 – Regressanspruch M91, M123 – Scheckinkasso M19, M87 – selbständige Rechtshandlungen M23, M41 – SEPA-Lastschriftverfahren B90 ff., M80 ff. – Sicherheitentausch M35, M62, M73 – Steuerrecht M93 f. – Unterlassen M33, M106 – unwiderrufliches Bezugsrecht B100, M92 – verklammerte Sicherheiten M30 – Vermieterpfandrecht M57, M59 ff., M118 – Verpfändung M31, M38, M55, M60 ff., M114, M127 – Verpfändung eines Geschäftsanteils M65, M67, M102 – Verpfändung eines Versicherungsanspruchs M68 ff., M92, M126 ff. – Verpfändung kontokorrentgebundener Forderungen M21, M64 ff. – Verpfändung von Gewinnansprüchen M67 – Verpflichtungsgeschäft M14, M24 – Verrechnung M18 ff., M87, M89 ff. – Vormerkung M29 f., M107 f. – Vorpfändung M32, M72 – Wechsel M88 – Werklohnforderung M54, M58 – Werthaltigmachen der Aufrechnungslage M90, M113 – Werthaltigmachen vorausabgetretener Forderung M41 f., M54 – widerrufliches Bezugsrecht M92, M126 – Zwangsvollstreckung M38, M47, M50, M67, M70 ff., M98 Vorpfändung D64, M32, M72, P80 ff. Vorrang – Ausgleichspflicht B152

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Stichwortverzeichnis – Deckungsanfechtung B136, B260, B535, B540, E26, G7, G78, G80, G127 – Gesellschaftersicherheit H23, H79, H82, H84 ff. – Grundstücksbelastung B349 – innergesellschaftliche Abrechnung B191 – Leistungsbeziehung B68, B114, B119, B138 f., G72 ff. – objektive Kriterien G34 – Organträger D18 f. – Prioritätsprinzip F31 – Zweckverfolgung B169 Vorrecht B89, B345, B382, B386, B436, M79 Vorsatzanfechtung – gegenüber dem Angewiesenen B120 ff. – missbilligte Verhaltensweise A14, F7 – Verhältnis zur Deckungsanfechtung B120 ff., B539, F8, F29, F31, F53 Vorsatzkenntnis O116 f. Vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung – Abgrenzung zum Deliktsrecht A38 – Abgrenzung zur Deckungsanfechtung B120 ff., B539, F8, F29, F31, F53 – Abtretung in der Krise F59 ff., F77 – Anfechtungszeitraum F3, F20, F102, F111 – Angewiesener als Anfechtungsgegner F90 ff. – Ausmaß der Inkongruenz F55 – Beweis des Gegenteils F3, F65 – Beweisanzeichen, Indiz F24, F26, F28 f., F33, F48 ff., F51, F54 ff., F58 ff., F63, F67, F70, F84, F92, F94, F98, F100 – Beweiserleichterungen F26, F49, F63, F66, F100 – Beweislast F3, F12, F99 ff., F104, F112 ff. – Beweislastumkehr F101, F104 – Deckungsverhältnis F93 f. – Drohung mit Insolvenzantrag D62, F31, F36, F50, F54, F84 – Druckausübung F37 – entgeltlicher Vertrag F18, F105 ff. – erweiterte Vermutung F8, F66 ff., F101 – Gesamtwürdigung F33, F67, F100 – Gesellschaftsgründung F45 – Gläubigergleichbehandlung F6 ff., F31

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– Indizwirkung der Inkongruenz F49 ff. – inkongruente Rechtshandlung F26, F31, F37, F41, F49 ff., F55 ff., F84, F92, F97 f. – Interimsrechtsprechung F27 ff. – Kapitalerhöhung F64 – Kenntnis bei Vertretung F87 f. – Kenntnis des Anfechtungsgegners F28, F32 f., F43, F62 ff., F77, F80, F86 ff. – Kenntnis im Mehrpersonenverhältnis F94 f. – Kenntnisvermutung F3, F8, F33, F51, F65 ff., F79, F85, F100 f. – kongruente Rechtshandlung F34 ff., F41, F84 – Konkurrenz F8 – Mehrpersonenverhältnis F90 ff. – mittelbare Gläubigerbenachteiligung F18, F39, F99 – mittelbare Zuwendung F19, F92, F97 – Nachbesicherungsverlangen F79 – nahestehende Person F18, F102 ff., F112 ff. – neuere BGH-Rechtsprechung F33, F44, F67, F100, F109 – Presseberichte F69 – Ratenzahlungen F71 f., F96 – Rechtsgedanke A27, F5, F7 – Rechtshandlung des Schuldners F6, F10 ff., F15 ff., F18, F92, F99 – Rücklastschrift F85 – rückständiger Arbeitslohn F68 – Sanierungsbemühungen F39 ff., F55, F64 – Schiebeliste F36 – schwache Inkongruenz F55, F60 f. – Spezialanfertigung F46 – Teilzahlungen F74 ff., F81 ff. – Überbrückungskredit F43 – unlauteres Zusammenwirken A28, F1, F22 – unmittelbare Gläubigerbenachteiligung F18, F92, F99, F102, F110, F112 – unterlassener Insolvenzantrag F14 – Unternehmensbestattung F46 – unternehmerisch tätiger Schuldner F68 – Valutaverhältnis F93 f. – Vereinbarung für den Insolvenzfall F47, F78, F117 – Verhältnis zum Bargeschäft F9, F31, F39

Stichwortverzeichnis – Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO F3, F8, F51, F65 ff., F85, F101 – Vermutung des Schuldnervorsatzes F29, F33 – Vorsatz des Schuldners F21 ff., F29 ff., F34 ff., F39 ff., F46 ff. – zeitlicher Abstand zur Krise F55 – Zwangsvollstreckung F11 ff., F31, F38, F52 f., F74, F82, F87, F106 Vorschüsse D41, D91, H52, O160 ff. Vorstandsmitglieder – nahestehende Person K30 Vorsteuer B5 f. Vorteil A32, B20, B106, B112, B156, B226, B235 f., B249 ff., B490 ff., B539, C17, E32 f., F22, F37, F90, F108, G28 f., G38, G55, G59 – geldwerter, gleichwertiger B156, B236, B249, B411, E33, G29 – unmittelbarer B118, B235 f., B249 f., B491, E33, F90 Vorteilsausgleichung B45, B235, B490 ff. Vorzugsstellung A14, B87, F6 Wahlrecht B17, B24, B62, B148, B273, B437, D35, E22, F12, F61, H3, H49, H87 Ware, Warenlieferung A39, B55, B147, B151, B186, B195, B262, B326, B328, B404, B417, B446, B531, C6, C31, D46, D51, D68, D104, E35, E38 f., H5, M113 Warenkredit B301 Warenlager B302 Wechsel – Einlösungsvarianten J8 – Nichtannahme J11 – notgedrungene Zahlungsanahme J9 ff. – Protest 11 ff., J10 – Rückgriffsschuldner J10 – Teilzahlungen J8 – Wechselforderung B216, C22 f., C58 f., D69, E11, E24, E47, E53, F24, M88 Wechsel- und Scheckzahlungen J1 ff., O20 – Ausnahme von der Deckungsanfechtung J1 – Fahrlässigkeit J2 Wechselvorschriften – keine analoge Anwendung J13 ff. Wechselzahlungen – Abgrenzungen J4

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Anfechtungsgegner J24 f. Anfechtungsverbot J15 ff. Darlegungs- und Beweislast J37 Ersatzrückgewähr J19 ff. Erstattungsgegenstand J21 Fallgruppen J17 ff. kongruente Deckung J4 Protest J5 Rechtsfolgen J15 ff. Regressansprüche J5 Regressverlust J7 subjektive Anfechtungsvoraussetzungen J26 ff. Wegfall – der Kenntnis F86 – der Zahlungsunfähigkeit C93, C102 Wegfall der Bereicherung G6, P48 ff. Weisung B85, B90, B98, B106, B127, B378, B428, C119 f., C126, D78, F10, F88, G64, H57, M76, M80 – des Drittschuldners B106 – girovertragliche B90, M80 – siehe auch Anweisung Weiterbenutzung – des Kontos B94 Weiterleitung B337, B342, B416, B422, C124 Weiterübertragung B302 Weiterveräußerung B54 f., B326 f., B474, M35 Werklohnforderung B156, B180, B182, B343, B452, C27, C35 f., C70, C123 f., D42, D50, D84, D90, D117, E45, F57, F59, F61, G69, M54, M58 Werkmängel B66, B182, D90, F57, M42 Werkunternehmer B68, D96 f. Werkvertrag B102, B181, B189, B409, B452, C29 f., C36, D50, M54, M129 Wertauffüllung B12, B148, B417, M54 Wertausschöpfende Belastung B348, B350 f., B356, B359 – Bausparvertrag B354 – Darlegungs- und Beweislast B359 – Lästigkeitswert B349 – maßgebender Wert B351 ff. – maßgebender Zeitpunkt B356 – Rückgewähranspruch B348, B351 – Valutierung B348, B351, B354, B359 – Wertsteigerung B356 Wertersatz B481, B548, H14, H74 – bei Anweisung P66 Wertersatzanspruch P15 ff., P108 – Bewertungszeitpunkt P110 ff. Werthaltigkeit B135, B140, B157, B179 f., B286, B376, B380, C37 f.,

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Stichwortverzeichnis D48, D117, E46, G12, G57 f., G62, G64 f., G95, G103, G127, M41, M58, M89 f., M113 Werthaltigmachen B59 ff., B146 ff., B183 ff., B197, B277, B417, B541, C28, C123 f., D49 f., E46, M41 f., M54, M90, M113, O140 – Anfechtungsgegner B68 – Aufrechnungslage B183 f., D49, M90 Wertlosigkeit B28, B135, B139, B175, B299, B432, B442, B535, B540, G13 f., G30 f., G58 ff., G72, G77, G91, G96, G102 f., G106, G127 Wertminderung B182 Wertschöpfung B236, B493, C28, M41 Wertschwankung C74 Wertsteigerung B60, B66, B197, B257, B259, B356, M42, M113 Wertstellung B7 Wertungsmäßige Absicherung B64, B201, M11, M45, M91, M115 Wertverhältnis B242, C74, E52 Widerruf – Bezugsrecht G115 – Einziehungsermächtigung B337, B341, B416, B422, D77 – Erfüllungswahl E22 – Lastschrift B87, B95 – Scheck B218 – Sozialplan B40, E25 – Willenserklärung B398 Widerrufsrecht des Schenkers B30, G16 Widerspruch B7, B89 f., B153, B217, B222, B268, B463, E22, G57, H4, H98, M76, M79 f. – pauschaler B90, M80 Wiederaufleben B511 Wiederaufnahme der Zahlungen C132 Willensbetätigung B212, G26 Willenserklärung B8, B51, B61, B398, E24, F87, M12, M26, M33, M37, M99, M108 – bindende B51, M2, M26, M99, M108 Wirksamkeitserfordernis B61, M12, M37 Wirkung – gläubigerbenachteiligende B1, B44, B250, B491, D34, E60 – masseschmälernde B43 – rechtliche B4, B177, D34, D48, D110, F62, F89, G114, H68 – der Rechtshandlung B2, D124, F20, F50

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Wirtschaftliche Betrachtungsweise A11, B43, B48, B139, B145, B222, B246, B467, D117, F17, G72, M23, M58 Wirtschaftlicher Vorteil B118, C17, F90, F108 Wirtschaftlicher Zweck – einheitlicher B44 Witwe G81, G113 Zahlstelle B84, B111, B192, B205 f., C45, D57 Zahlung – durch einen Dritten B119, B139, B231, B451 – Nichtannahme bei Wechsel J11 – verkürzte B170, B386 – vor Fälligkeit C22, D27, D87 Zahlungsanweisung B287, D79, F96 ff. Zahlungsart C22 Zahlungsauftrag B90, G45, M80 Zahlungseinstellung – Begriffsbestimmung C3, C78 ff. – Beseitigung C91 ff. – gegenüber einzelnem Gläubiger C78 – Indizien C78, C87 ff. – Kündigung durch Hausbank C79 – Löhne C79, C89, C112, C114 – Sozialversicherungsbeiträge C79, C89, C112 – Stundungsbitte C79, C90 Zahlungsfähigkeit – Wiedererlangung C93 Zahlungsschwierigkeit C112, F79 Zahlungsstockung C81, C112, C114 Zahlungsunfähigkeit – Abgrenzung zu Überschuldung C77, C80 – Abgrenzung zu Zahlungsstockung C81 – Begriffsbestimmung C80 ff. – Beitragsrückstand C88, C107 – Beseitigung C91 f., C102, C116 – bestrittene Forderungen C85 – Beweiserleichterung des § 130 Abs. 2 InsO C104 ff. – Beweismittel C129 – drohende A15, A29, B495, C76, C95, C109, F8, F27, F33, F66 ff., F73 f., F79, F101, H55, H67 – eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen C86 – ernsthaft eingeforderte Verbindlichkeiten C83, C109

Stichwortverzeichnis – – – – – – – – – –

erzwungene Stundung C83 faktisches Stillhalten C83 Feststellung C82 ff. gesetzliche Vermutung C77 Indizien C78, C87 ff., C107 ff. Liquiditätsbilanz C82, C127 Liquiditätslücke C78, C81 Lohnrückstand C110 ff. Patronatserklärung C92, C116 Rückgabe von Lastschriften C80, C109 – Scheckrückbelastungen C90, C109 – schleppende Zahlung C89 – Spitzenbetrag C94 – Stillhalteabkommen C83 – vertröstendes Verhalten C88, C107 – Wegfall C132 – zweifelhafte Verbindlichkeiten C85 Zahlungsvereinbarung B19, C108, F72 Zahlungsverkehr B288, D81, M74 ff. Zahlungsvorgang B86, B98, D27, D87 Zahlungsweg – verkürzter B171, B386 Zedent B73, B146, B149, B450, C31, C39, M8, M37, M52 Zehnjahresfrist A28, A33, F1, F15, F20, F29, F34, F66, F99, H17, H37, H70 f., H76, H108 Zeitbestimmung B74, B203, H14, M44 Zeitgleiche Abtretung D33, D101 Zeitgleiche Verträge B44 Zeitlicher Zusammenhang O66 ff. Zeitpunkt – Einzelzwangsvollstreckung N27 ff. Zessionar B66, B68, B73, B82, B146, B149, B153, B330, B335, B346, B394, B414, B541, C18, H61 ff., M11 f., M37, M42, M50, M52, M67, M73, M114 – als Anfechtungsgegner B66, B68, M41 ff. Zinsen B113 f., B319, B521, D86 – als Nutzungen P107 Zinsersparnis B113 ff. Zinssatz B213, B242, B444, E40 Zufallshaftung – Anfechtungsgegner P2 Zugriff – des Gläubigers A39, B13, B21, B223, B227 ff., B233, B238, B246, B256, B265 f., B289 ff., B298, B323, B335, B412, B434, B464, B484, F12, F17, M28 Zugriffsmöglichkeit B48, B239, B255, B472, G47

Zuordnung A9, B106, B149, B287, B291, B361, B412, B509, B532, B552, G81, M61 Zuordnungskriterien B68, B117, B169, B173, B175 Zurechnungszusammenhang B481 Zurückbehaltungsrecht B11, B533, C60, C63, D90, M96 Zurückgewähren A8, A35, B36, B42, B143, B289, D19, E49, G45 Zurückweisung wegen Verspätung B33 Zusammenhang – rechtlicher B442, F24 – unmittelbarer A14, C20, F7, F9, F55 – ursächlicher B467, B472, B474, B482, B490, E3, E14, E17 – zeitlicher B97, B408, C20, D62, E13, F54 Zusammenveranlagung B273, B437 Zusammenwirken A28, E24, F1, F22, F106 Zuschlag B7, B32 Zuständigkeit – Arbeitsgerichte B156, B553 – dinglicher Gerichtsstand B552 – Einwand der Anfechtbarkeit B555 – internationale B556 – örtliche B556 – sachliche B556 – Sozialgerichte B555 Zustimmung B29, B50, B102, B228, B250, B349, B425, B491, E28, E34, G115, M69, M102, M127 f. – privatrechtliche B50 Zustimmungsvorbehalt B15, B29, B87, B97, B338, B486, D26 f., D73, E29, M85 Zuwendung – einheitliche Rechtshandlung B43 – mehrere Rechtshandlungen B45, B48, B105, B378 – mittelbare B43, B100, B104 f., B110, B113, B118, B122, B130, B136, B160, B165 f., B173, B175, B266, B289 ff., B382, B385, B393, B401, C42, D55, D80, F19, F92, G9, G105, G107, G116 – unbenannte B10, G27, G51 – unentgeltliche A3, A30, B142, B144 f., B442, G31, G43, G51, G57, G79, G101 f., G122 – zweckgebundene B110, B231, B367 Zuwendungsempfänger – Gegenleistung G55, G77, G106 – Gesamtschuld B123, B263, F90 ff.

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Stichwortverzeichnis – Insolvenzgläubigerstellung B129, C12, D16 ff. – Kenntniszurechnung B109 – Leistung auf fremde Schuld D20, D80, G57 f. – Mehrpersonenverhältnis B135, D20, G70 ff. – mittelbare Zuwendung B173, D20, D80, F92, G105 – Quotenverschlechterung G61 – Schutzwürdigkeit G59 – unentgeltliche Leistung G55 ff., G99 Zwangshypothek B228, B243, H70, M70, M98 Zwangsmittel C103, F52 Zwangsversteigerung B7, B32, B352 f., B471, B481, B546, H15 Zwangsverwaltung B323, H15, H101 Zwangsvollstreckung – Abwendung D61, F53 – Anfechtungsansprüche P79 ff. – Begrifflichkeit N1 – drohende A24, D62 f., D65, F11 ff., F38, F52

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– – – –

Duldung B471, B512, B546 eingeleitete B377, D61, F74 Entwertung N10 erwirkte Rechtshandlungen N19 ff. – Freizügigkeit N25 ff. – internationales Recht N25 ff. – Kenntniszurechnung C119, F87 – Pfändungsmaßnahmen N13 – Prioritätsprinzip A18, C9 – Unentgeltlicher Erwerb B514 – Verhältnis zur Anfechtung N1 ff. – Vollendung der Rechtshandlung M70 ff. – zeitliche Eingrenzung N8 ff. Zwangsvollstreckungsunterwerfung B322 Zweckbestimmung B269, B370, D58, H92 Zweckbindung B283, B298, B360 ff., B368 ff., B412 Zwei-Personen-Verhältnis A31, B143, G13, G30, G32 ff., G55 f. Zwischenmieter B110