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German Pages [228]
H Y P O M N E M A T A H E F T 41
HYPOMNEMATA UNTERSUCHUNGEN ZUR ANTIKE U N D ZU I H R E M N A C H L E B E N
Herausgegeben von Albrecht Dihle / Hartmut Erbse Christian Habicht / Günther Patzig / Bruno Snell
HEFT 41
VANDENHOECK
& RUPRECHT
IN
GÖTTINGEN
CHRISTOPH
SCHNEIDER
Information und Absicht bei Thukydides Untersuchung zur Motivation des Handelns
VANDENHOECK & R U P R E C H T IN G Ö T T I N G E N
ISBN 3-525-25134-3 © Vantienhoeck & Ruprecht in Göttingen 1974 — Printed in Germany — Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf foto- oder akustomechanischem Wege zu vervielfältigen. Druck: Hubert & Co., Göttingen
JOSEF
KROLL
GEWIDMET
VORWORT Die folgende Untersuchung ist in einer früheren Fassung im Sommer 1966 von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen worden. Sie wurde seitdem erheblich gekürzt und in mehreren Phasen stark überarbeitet. Daß darüber ungewöhnlich lange Zeit verging, hatte neben dem beruflichen Werdegang des Verfassers vor allem zwei Gründe. Einerseits hat sich in den letzten Jahren sowohl die literaturwissenschaftliche als auch die althistorische Forschung in sehr viel stärkerem Maße mit Thukydides und mit dem Gegenstand seines Buches beschäftigt, als es während der Niederschrift der ersten Fassung dieser Arbeit absehbar schien. So sind die 1965/66 veröffentlichten Untersuchungen von Stahl (Nr. 114 der Bibliographie), Lichtenthaeler (488) und Delebecque (60) dem Verfasser erst nach Abschluß des ersten Manuskripts bekannt geworden; von den später erschienenen monographischen Behandlungen seien hier nur Woodhead (138), Westlake (397), Fliess (444), Luschnats RE-Artikel (39) und von Fritz' Griechische Geschichtsschreibung (631) genannt. Die Ökonomie der Arbeit zwang schließlich dazu, im Frühjahr 1972 einen willkürlichen Strich zu ziehen und auf Berücksichtigung all dessen, was später bekannt wurde, zu verzichten. Das Manuskript wurde im Januar 1973, der Satz im Mai 1974 abgeschlossen. Anderseits erwies sich die auf den ersten Blick unkomplizierte, ,antiquarische' Ausgangsfrage nach der Authentizität der Handlungsmotive, von denen Thukydides berichtet, mit jedem neuen Anlauf als schwieriger. Die Interpretation und Erklärung — letztlich: die Herstellung — von Ereignisabläufen und die Motivierung von Handlungen sind unlöslich an die Individualität, an die eigensten Anschauungen eines Geschichtsschreibers gebunden; weder die Theorien der Geschichtsschreibung noch die der Erkenntnis liefern zu ihr einen unmittelbaren Zugang. Thukydides sagt selbst über seine Anschauung vom menschlichen Handeln sehr wenig; dies wenige ist durch die Arbeit von Kommentatoren und Interpreten bis zur Unkenntlichkeit verschüttet. Von der deskriptiven Analyse der Erzähltechnik, dem Gerüst der ersten Fassung dieser Arbeit, bis zu einer Methode, die den Zugriff auf die gesuchte Grundauffassung zu versprechen schien, war ein langwieriger Weg. Ob er sich gelohnt hat, wird der Leser für sich beurteilen. Es bedarf mittlerweile fast einer Entschuldigung, noch ein Buch über Thukydides zu veröffentlichen, auch wenn, wie im vorliegenden Falle, das Thema noch nicht zusammenhängend behandelt wurde und eine Klärung nicht unerwünscht sein mag. Als mildernder Umstand wird allenfalls die Bemühung anerkannt werden, es dem Leser so leicht wie möglich zu machen. Dies ist versucht worden, indem alle im Text zitierten griechischen und lateinischen Texte übersetzt wurden, so daß die Auffassung, die ihrer Behandlung zugrundeliegt, einer direkten Kontrolle zugänglich ist; 7
indem der T e x t so geschrieben wurde, daß er o h n e Rekurs auf die Anmerkungen gelesen werden kann; indem in den A n m e r k u n g e n die Auseinandersetzung mit der Literatur auf ein notwendig erscheinendes Minimum reduziert wurde; indem schließlich die Bibliographie der zum Zitieren vorgesehenen Literatur systematisch nach T h e m e n geordnet wurde, so daß dem Leser auch diejenigen einschlägigen Titel greifbar bleiben, deren Nennung in d e n A n m e r k u n g e n d e m Bemühen u m Kürze zum O p f e r fiel. Es ist k a u m möglich, allen denjenigen gebührend Dank zu sagen, die während der langen Entstehungsgeschichte dieser Arbeit den Verfasser m i t Rat und Hilfe unterstützt haben. Μ. I. Finley verdankt er die Bekanntschaft u n d die G e w ö h n u n g an den Umgang mit griechischer Geschichtsschreibung. Albrecht Dihle hat die ursprüngliche Fassung b e t r e u t und war während ihrer zahlreichen M e t a m o r p h o s e n ein geduldiger, immer liebenswürdiger Ratgeber. K.-H. Volkmann-Schluck gebührt D a n k für die Übern a h m e des Korreferats, A. Papanikolaou für die Übersendung der Belegstellen von -γνώμη im Corpus Hippocraticum aus dem Material des Thesaurus Linguae Graecae, J . de Romilly für vielfältige Anregungen in der ersten Anfangsphase der Untersuchung u n d für die Zusendung neuerer Arbeiten aus ihrer Feder, J e a n Bollack neben vielem anderen für die Vermittlung der Einsicht, daß Thukydides nicht weniger als H e r o d o t zu den ,Vorsokratikern' gehört. Herbert Nesselhauf hat zwei Fassungen des Manuskripts seiner unbestechlichen Kritik unterzogen u n d die steten Zweifel des Verfassers an der Haltbarkeit der eigenen Thesen in vielen Gesprächen väterlich genährt. Josef Kroll hat den Verfasser vor vielen J a h r e n die Klassische Philologie kennen u n d lieben gelehrt. Er hat ihm nach Abschluß des ersten Versuchs von 1966 Ausmaß und Schwierigkeit der noch unerfüllten Aufgaben minutiös u n d unwiderlegbar nachgewiesen. Es ist ein unvollkommener Ausdruck von Dank und Verehrung, w e n n ihm die vorliegende Schrift n u n m e h r zugeeignet wird. Es versteht sich, d a ß für die Fehler, die der Leser im folgenden finden wird, keiner der G e n a n n t e n verantwortlich ist. Diese Last trägt der Verfasser allein.
Bonn-Bad Godesberg, im Mai 1974 Christoph Schneider
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INHALTSVERZEICHNIS
Teil I: Alte und neue Fragen Einleitung Fragestellung Zur Methode
Teil II: Zur funktionellen Morphologie der Erzählung Wahrnehmung, Gedanke und Handlung Mimesis und narrative Aussage Parenthesen u n d Exkurse Folgerungen
Teil III: Erkenntnis und Interesse Information und Erfolg Irrtum und Täuschung Der Mechanismus des Irrationalen Zufall und Notwendigkeit Prinzipien des Handelns Die menschliche Natur
Teil IV: Absicht und Methode Nochmals die Frage der Authentizität Indizien für und wider Thukydides über seine Methode Bewußtsein und Handeln Der Geschichtsschreiber und sein Beruf
11 11 26 28
39 39 46 53 66
69 70 74 87 95 110 119
127 127 130 137 155 168
Bibliographie
173
Register
221
Stellen Griechische Wörter Namen und Sachen
221 223 225
TEIL I: ALTE UND NEUE FRAGEN Einleitung Im vierten buch des Peloponnesischen krieges erzählt Thukydides unter anderem die geschichte seines mißlungenen feldzugs die griechische kolonie Amphipolis fiel in die hände des feindlichen führers Brasidas weil Thukydides mit dem entsatz zu spät kam er zahlte der heimatstadt dafür mit lebenslänglicher Verbannung die exilierten aller Zeiten kennen den preis die generäle der letzten kriege wenn ihnen ähnliches zustößt knien vor der geschichte beteuern ihr heldentum und ihre unschuld Thukydides sagte nur er hätte 7 schiffe gehabt es wäre winter gewesen er wäre schnell gesegelt Zbigniew Herbert rührt in seinem Gedicht („Warum Klassiker") 1 an eine alte Streitfrage: war Thukydides verantwortlich für den Fall von Amphipolis? Und ist seine Darstellung der Eroberung dieser Stadt durch Brasidas eine verhüllte Apologie 2 ? Eine begründete Entscheidung ist schwierig; für den Hergang der Ereignisse selbst kann man nur den Bericht des Thukydides befragen, und auch über die Begleitumstände — politische, militärische geographische Gegebenheiten — gibt es recht wenig Informationen, die ohne diesen Bericht aussagekräftig sind. Inschrift. Gedichte aus zehn J a h r e n , 1 9 5 6 — 1 9 6 6 , ed. Sc trad. К. Dedecius, F r a n k f u r t 1 9 6 7 , 1 9 3 f . Auch Karl Reinhardt findet in der E p i s o d e Hinweise auf eine „ V o r n e h m heit . . . , von der uns nicht leicht fällt, uns einen Begriff zu m a c h e n " , (125) 2 6 9 . 2 „ a p o l o g i a " : A d c o c k in (517) 2 4 4 ; Analyse der Episode unter diesem Gesichtspunkt: Westlake ( 3 2 9 ) ; A u f d e c k u n g der vermeintlichen Hintergründe: B a u m a n ( 3 3 1 ) . Demgegenüber meint de Romilly (notice zu Buch IV, p. X V I I ihrer Edition), Thukydides schildere die Ereignisse „ e x a c t e m e n t c o m m e il l'aurait fait s'il n'y avait point ete m e l e " . 1
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Dennoch mag man als erstes daran denken, Thukydides nachzuweisen, daß er Wichtiges verschleiert oder verschweigt (weshalb war er nicht in Amphipolis 3 ? Was geschah zwischen dem Handstreich und seiner Ankunft? ). Aber ein solcher Nachweis trüge, wenn er gelänge, zur Lösung der Fragen noch nicht viel bei, denn was verschwiegen oder verschleiert wird, ließe sich allenfalls vermuten 4 . Ein zweiter Weg ist die Betrachtung der militärischen Situation: Wahrscheinlichkeit eines Angriffs, Haltung der Nachbarstädte, verfügbare Verteidigungsmannschaft, Aufgabenbereich der beiden Generale Thukydides und Eukles 5 . Auch damit läßt sich jedoch die ,Schuldfrage' kaum lösen, indes wird man, besonders dann, wenn man die Zuverlässigkeit der Bevölkerung von Amphipolis (und das heißt notwendig: ihre Zusammensetzung) 6 in die Überlegung einbezieht, zu dem Schluß kommen können, daß der Fall der Stadt vor allem anderen auf die Unterlassung von Vorsichtsmaßregeln, auf ein Versagen der athenischen ,Abwehr' zurückging. Da Thukydides die politischen Verhältnisse der Umgebung von Amphipolis bestens kennen mußte, sagt dieser Schluß auch über seine Verantwortung für den Verlauf der Ereignisse etwas aus. Eine dritte Möglichkeit ist, die Art und Weise zu untersuchen, wie Thukydides die Ereignisse beschreibt, und festzustellen, ob sich auffällige Unterschiede zur Beschreibung anderer, ähnlicher Episoden zeigen. Es sei gleich gesagt, daß auch diese Untersuchung weder für die Frage nach der ,Schuld' noch für die nach der ,Tendenz' des Berichts eine glatte Lösung bringen wird. Stattdessen könnte sie dazu führen, beide Fragen als falsche Probleme zu erkennen, mindestens aber wird sie erlauben, eine Antwort im größeren Zusammenhang der Erzähltechnik des Thukydides zu suchen und so zu einem besser begründeten Urteil zu gelangen. Beginnen wir damit, wie Thukydides sich selbst in die Erzählung einführt und beschreibt, was er tat: E t w a : seiner Goldminen wegen. So Schmid (34) 12 mit n. 9 nach anderen. Hierin liegt die große Schwäche der scharfsinnigen Arbeit von Bauman (331). Die von ihm — nach anderen, etwa G o m m e ad 1. — angenommenen Rauchsignale verflüchtigen sich sehr schnell, wenn man sich von der Situation in Amphipolis ein Bild zu machen sucht. Vgl. A n m . 6, 22, 23. 5 Zu diesem Fragenkomplex gibt es eine reiche Literatur, vor allem aus der Zeit u m die Jahrhundertwende. Lesenswert sind Grote (513) VI 193—8 contra reum und Delbrück (563) 1 7 8 - 8 8 , dessen Argumente Abbott (25) 1 1 2 f f wiederholt, pro reo. 6 Bauman (331) bagatellisiert diesen Gesichtspunkt, wohl vor allem deshalb, weil er Κρατούντες τφ πλτ?#εΐ IV 104,4 als eine Art Abstimmungsergebnis interpretieren will; ähnlich G o m m e ad 1. (,,Once more the majority are on the side of Athens.") und Westlake (329) 280. Das überzeugt k a u m : die im Morgengrauen Überfallenen Bewohner des Umlandes drängten in die Stadt, es herrschte „große Verwirrung" ( 1 0 4 , 1 ) ; man wird also eher an ein Handgemenge bei den Toren denken. In einem so heterogen zusammengesetzten Gemeinwesen wie Amphipolis mußte die im Peloponnesischen Krieg ohnehin nicht große Loyalität der Bürger zu ihrer Stadt — vgl. Chroust (581) und abgewogener Finley (582) — besonders gefährdet sein. 3
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„Aber die Gegner der Kollaborateure verhinderten durch ihre Übermacht, daß die Tore sofort geöffnet wurden, und sandten gemeinsam mit dem Strategen Eukles, den die Athener 7 als Bewacher des Ortes zu ihnen entsandt hatten, an den anderen Strategen der thrakischen Gebiete, Thukydides, Sohn des Oloros 8 , den Verfasser dieses Berichts, mit dem Geheiß, ihnen Ersatz zu bringen. Dieser befand sich bei 9 Thasos, einer von den Pariern kolonisierten Insel, die von Amphipolis ungefähr 1 0 eine halbe Tagesreise 11 zur See entfernt ist. Sowie er (die Nachricht) hörte, stach er eilig mit sieben Schiffen, die gerade verfügbar waren 12 , in See. Er wollte (allem weiteren) zuvorkommen und vor allem natürlich Amphipolis vorher besetzen, ehe Zugeständnisse gemacht würden, sonst aber Eion" (IV 104, 4 - 5 ) .
In der unvermutet in Belagerungszustand versetzten Stadt bekämpfen sich zwei Gruppen. Die eine von ihnen sendet (gemeinsam mit dem athenischen 7 ός παρήν αύτοΐς έκ των Άϋηναίων MSS und B-W, Άϋηνών Cobet (240a) 1881, 42 („nam ridiculum est έκ τών Άδηναίων παρεϊναι", vgl. ibid. 1880, 84), gefolgt von allen neueren Herausgebern. Die Normalisierung — schon Croiset p. XVI warnte vor dem Verfahren — ist jedoch unnötig, vgl. LSJ s.v. έκ III.5 und Xen. Cyr. 6.2.9. Die von Cl—St angeführten Parallelen sind weder beweiskräftig, noch werden sie von den Herausgebern einheitlich behandelt. 8 Die Athetese des Vatersnamens durch Prentice (494) kann durch Luschnat (495) als widerlegt gelten; Bengtson hat seine frühere Zustimmung zu ihr (552) 17 n.2 nur bedingt aufrechterhalten (525) 149. Zum Gebrauch von Patronymen bei Thukydides allgemein vgl. Griffith (165); eine Liste anderer autobiographischer Einzelheiten im Werk gibt Schmid (34) 107 n.2. » Busolt (515) 1153: περί, vgl. de Sanctis (520) 287: „nelle acque di Taso". Vielfach schreibt man falsch „in Thasos", z.B. Gomme III 586, Beloch (516) 333, Berve (521) 26, Wilcken (518) 167, Papastavru (328) 16f, Finley (30) 200. Der Unterschied ist nicht ganz unwichtig, vgl. Anm. 11. άπό της Θάσου 105,1 ist Abbreviatur für den präziseren Ausdruck hier und beweist nicht, daß περί ,in' bedeutet. 10 Für μάλιστα, .ungefähr', vgl. van Compernolle (179) 9. 11 Bauman (331) 1 78f macht aus dem halben Tag mit Hilfe der Berechnungen von Rodgers (550) 29—53 acht Stunden und sucht auf diese Weise seine These zu stützen, daß Botschaften durch Rauchsignale übermittelt wurden. Die Angaben in der Literatur über die Geschwindigkeit von Schiffen sind in der Tat uneinheitlich und liegen mit Ausnahme von Morrison/Williams (547) 309 recht niedrig, meist zwischen 4 und 6 Knoten pro Stunde. Grundy (544) bezieht einen höheren Wert nur aus der zur Diskussion stehenden Angabe des Thukydides. Keine der einschlägigen Untersuchungen genügt jedoch den methodischen Kriterien, die van Compernolle (543) in seiner Arbeit über die Geschwindigkeit von Segelschiffen aufgestellt hat; die Frage, ob Thukydides hier untertreibe, bedarf demnach zumindest noch näherer Prüfung. Es sei lediglich angemerkt, daß erstens die Entfernung Thasos-Amphipolis nicht ohne weiteres für die Berechnung von Wegezeiten des Thukydides zu verwenden ist, da dieser sich nach seinen Angaben nicht notwendig in (auf) Thasos befand (vgl. Anm. 9), und daß zweitens ein - von Bauman und anderen vermutetes - apologetisches Interesse des Thukydides nur eine i76ertreibung der zum Entsatz notwendigen Wegezeit hätte motivieren können. 12 Also offenbar nicht mit seiner gesamten Streitmacht, vgl. etwa V 3,1; 6,3 τη παρούστι στρατιά (statt der durch angeforderte Hilfstruppen ergänzten), VI 54,4 ώ ς άπό της ύπαρχούσης άξιώοεως (statt derer, die er eigentlich für sein Unternehmen gebraucht hätte, wenn es Chancen haben sollte), Antiphon fr. 87B53a D.-Kr. Um zu erklären, weshalb man in Amphipolis nicht mit raschem Entsatz rechnete, braucht man deshalb nicht, wie Bauman, eine Botschaft des Thukydides (,kann euch nicht helfen') anzunehmen, sondern lediglich, daß man in Amphipolis außer dem Standort des Thukydides auch wußte, daß die einzelnen Teile seiner Flotte an verschiedenen Orten operierten.
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Feldherrn, der für die Sicherheit des Ortes verantwortlich ist u n d dessen Name nur hier fällt) u m Entsatz. Thukydides führt seine erste Handlung als Reaktion auf dies Ersuchen ein: „als er hörte . . .". Und seine Absicht, der er wesentlich mehr Worte widmet als der Handlung selbst, ist ganz darauf gerichtet, diesem Ersuchen zu entsprechen. Es fällt auf, daß in dem zitierten Passus zweimal der Fall der Stadt als vorläufig vermiedene („verhinderten..., daß die Tore sofort geöffnet w u r d e n " ) u n d zu verhindernde („ehe Zugeständnisse gemacht würden") Möglichkeit erwähnt wird. Der Berichterstatter zeigt die Handelnden dabei, wie sie ein Ergebnis aufzuhalten suchen, von dem er weiß 1 3 . Ob der Entsatz Erfolg haben würde, hing von einer Reihe von F a k t o r e n ab. Thukydides n e n n t vorerst nur zwei: die Zeit (er gibt die Entfernung von Thasos nach Amphipolis als Wegezeit) u n d die verfügbaren T r u p p e n (es waren nur sieben Schiffe zur Hand). Weitere Faktoren, darunter einige wesentliche I n f o r m a t i o n e n über sich selbst, erwähnt er nicht im Zusammenhang mit der eigenen Absicht u n d Handlung, sondern als Überlegung seines Gegners: „Währenddessen drängte Brasidas, der den Entsatz durch die Schiffe aus Thasos fürchtete und außerdem erfuhr, daß Thukydides im benachbarten Thrakien das Recht zur Ausbeutung von Goldminen besaß und deshalb bei den Machthabern des Festlandes Einfluß hatte, sich der Stadt möglichst vorher zu bemächtigen, um (die Situation) zu vermeiden, daß nach dessen Ankunft die Mehrheit der Amphipoliten in der Hoffnung, jener werde von der See und aus Thrakien Verbündete herbeibringen, zur Kapitulation nicht mehr bereit wäre. Er stellte deshalb maßvolle Bedingungen und ließ folgendes verlautbaren: wer von den Amphipoliten und den ansässigen Athenern 1 4 (bleiben) wollte, der könne unter Wahrung seines Eigentums und voller Gleichberechtigung bleiben; wer dies nicht wolle, könne binnen fünf Tagen die Stadt verlassen und sein Eigentum mitnehmen" (105, 1—2).
Brasidas weiß — ohne daß eigens gesagt würde, wie 1 5 — von „dem Entsatz durch die Schiffe aus Thasos". Er „ e r f ä h r t " , was Thukydides selbst besser als jeder andere wissen m u ß t e : von dessen Goldminen u n d seinem Einfluß in Thrakien. Und wieder n i m m t die Überlegung ein mögliches Ereignis vorweg: Thukydides könnte rechtzeitig k o m m e n , die Bevölkerung von Amphipolis dann auf weitere Verstärkung h o f f e n . Damit erweist sich, daß nicht allein das Vorherwissen des Historikers für die oben notierten scheinbaren Anspielungen auf den Fall der Stadt verantwortlich ist: Thukydides stellt vielmehr das Gegeneinander der einzelnen Handlungen so dar, daß im Erfolg der einen Partei immer auch der Mißerfolg der anderen sichtbar wird. Demgemäß m u ß der planende Brasidas den Erfolg darin suchen, 13 Dabei bleibt der Ausgang unsicher. Kitto (602) 298 erkennt hierin einen kennzeichnenden Zug der thukydideischen Darstellung : „Always we are kept just behind that moving curtain which divides present from future."
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'Αμφιπολιτών και 'Αθηναίων των ένόντων : vgl. unten Anm. 23
Die Nacherzähler des Thukydides haben die Lücke geschlossen : „This step" (die Botschaft an Thukydides), ,,of course immediately communicated to Brasidas from within ...", Grote (513) VI 558.
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ein als m ö g l i c h g e s e h e n e s Wirken d e s T h u k y d i d e s v o n v o r n h e r e i n z u m S c h e i t e r n z u b r i n g e n , u n d v i c e versa. B e i d e a r b e i t e n g e g e n die Z e i t : dieser will „ z u v o r k o m m e n u n d ... vorher b e s e t z e n " , j e n e r drängt, „ s i c h der S t a d t m ö g l i c h s t vorher z u b e m ä c h t i g e n " 1 6 . D i e A b s i c h t e n sind d a m i t auf b e i d e n S e i t e n d e u t l i c h . D a s E n d e d e s Berichtes z e i g t in v o l l k o m m e n e r Klarheit G e l i n g e n u n d S c h e i t e r n : „ U n d j e n e ü b e r g a b e n in s o l c h e r Weise die S t a d t . T h u k y d i d e s aber u n d d i e S c h i f f e l a n g t e n spät a m s e l b e n Tage in E i o n an. Brasidas h a t t e A m p h i p o l i s e b e n in seiner G e w a l t ; daran, daß er a u c h E i o n n a h m , f e h l t e e i n e N a c h t . D e n n h ä t t e n die S c h i f f e n i c h t (so) s c h n e l l E n t s a t z g e b r a c h t , wäre es m i t Tagesa n b r u c h in (seiner) H a n d g e w e s e n . " Wie w a r es d a z u g e k o m m e n ? T h u k y d i d e s b e r i c h t e t die V o r g e s c h i c h t e d e s Ü b e r f a l l s m i t der g l e i c h e n Klarheit w i e d e n Uberfall selbst. Brasidas h a t t e n a c h m e h r als z w e i M o n a t e n 1 7 scheinbarer U n t ä t i g k e i t „ m i t d e n B u n d e s g e n o s s e n aus d e n T h r a k i s c h e n G e b i e t e n e i n e n F e l d z u g g e g e n A m p h i p o l i s , die K o l o n i e der A t h e n e r a m F l u ß S t r y m o n u n t e r n o m m e n " ( 1 0 2 , 1). Ein h i s t o r i s c h e r E x k u r s m a c h t d e u t l i c h , w i e v i e l d e n A t h e n e r n daran lag, d i e s e n Ort in ihrer G e w a l t z u h a b e n 1 8 . D a ß n i c h t nur i h n e n daran lag, z e i g t sich i m B e r i c h t über d e n A n m a r s c h d e s Brasidas a n einer u n v e r m u t e t e n S t e l l e : „Gegen Sonnenuntergang kam er ... nach Bormiskos, ... und nach der Abendmahlzeit marschierte er die Nacht hindurch weiter. Es war Sturm, und etwas Schnee fiel. Um so mehr drängte er voran, denn er wollte denen im Amphipolis unbemerkt bleiben, außer den Verrätern. Es waren nämlich Kolonisten aus Argilos d o r t . . . und noch andere, die daran beteiligt waren, einige auf Betreiben des Perdikkas, andere auf das der Chalkideer. Vor allem waren es jedoch die Argilier, die nahebei wohnten und von jeher Argwohn gegen die Athener hegten 1 9 und es auf den Ort abgesehen hatten, die schon seit län16 Die Angaben des Thukydides zu seinen eigenen Absichten (104,5) sind also nicht „to a large extent superfluous", wie Westlake (329) 283 meint. Die Pläne der beiden Gegner erhalten ihr Relief erst durch die Gegenüberstellung. Solche .dialektische' Anlage ist für die berichtenden Partien weithin ebenso charakteristisch wie in den Reden, für die de Romilly (150) 180-239 es ausführlich gezeigt hat. 17 Die Einnahme von Akanthos wird spätestens Anfang September stattgefunden haben (vgl. Gomme zu IV 84,1), die von Stagira „nicht viel später" (IV 88,2). Der Überfall auf Amphipolis wird um einiges später gewesen sein als die Schlacht bei Delion, sonst hätte wohl 102,1 eine Formulierung wie περί δε τον αυτόν χρόνον gestanden. Mit den Daten Pritchetts & van der Waerdens (73) 29f, 48 käme man auf frühestens Mitte November; dies würde auch der Schneefall (IV 103,2) nahelegen. Da jedoch über den Beginn des thukydideischen Winters sichere Aussagen nicht möglich sind (vgl. die Kontroverse in Nr. 74-78), muß die Frage nach dem genauen Datum offenbleiben. 18
Für Westlake (160) ist der Exkurs zunächst „not strictly relevant" (p. 15) und dann „largely irrelevant" (p. 3 3 ) ; Sieveking (159) 113-5 formuliert seine richtige gegenteilige Ansicht so vorsichtig, daß Westlake sich auf ihn berufen zu können meint. Dabei liegt die Relevanz des Exkurses auf der Hand; merkwürdig ist allein, daß Thukydides auf die politischen Verhältnisse bei der Neugründung vom Jahre 437 nicht näher eingeht. 19
,, "Υποπτος a chez Γ historien la valeur active ou passive, conforme а Γ usage du grec", Huart (182) 88. Heißt es hier suspectus (Hobbes, Heilmann, J o w e t t , Braun, Warner, Horneffer-Strasburger, LSJ s.v.) oder suspiciosus (Vretska, Landmann, de
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gerem mit den Ihren, die dort Bürger waren, um die Auslieferung der Stadt verhandelt hatten . . ." (103, 1 - 4 ) .
Die weitere Vorgeschichte des spartanischen Feldzuges im Jahre 4 2 4 läßt sich nun rekonstruieren. Argilos war eine der Athen tributpflichtigen Städte gewesen, die bei der 13 Jahre zurückliegenden zweiten Gründung von Amphipolis nicht nur Kolonisten entsandten, sondern auch Gebiet abtreten mußten 2 0 . Die Kolonie Amphipolis war freilich noch keineswegs so alt, daß ihre Bürger die Bindung zu ihren Herkunftsorten vergessen hatten. Im Gegenteil: die Argilier in Argilos und in Amphipolis bewahrten ihre „seit j e h e r " bestehende Feindschaft gegen Athen. Argilos allein war nicht stark genug, um daraus Konsequenzen zu ziehen. Aber die Verbündeten mehrten sich: der König Perdikkas, die chalkidischen Städte, jede mit ihren Beauftragten in Amphipolis, schließlich Sparta mit den notwendigen Truppen. Brasidas war demnach während der Monate nach der Kapitulation von Akanthos (IV 88) nicht untätig gewesen, sondern hatte in langen Verhandlungen den Angriff auf Amphipolis vorbereitet. In Argilos war man vermutlich über Tag und Stunde seiner A n k u n f t informiert, die Parteigänger in Amphipolis wußten, was sie zu tun hatten 2 1 . Von diesen Vorbereitungen wußten jedoch allem Anschein nach die Athener in Amphipolis nichts, und Thukydides auch nicht, und hierin liegt, um ein letztes Mal die ,Schuldfrage' zu berühren, das Versäumnis des Thukydides und seiner Landsleute: daß Brasidas sich nach dem Gewinn von Akanthos sogleich ins Winterquartier begeben würde, war allein der täglichen Kosten seiner Expedition wegen wenig wahrscheinlich; es hätte also doch nahegelegen, seine Tätigkeit aufmerksam zu verfolgen, zumal wenn man wußte, daß nicht alle Städte, die Athen Tribut zahlten, auch Athen freundlich gesinnt waren. Thukydides berichtet von der Tätigkeit der Argilier und ihrer Gesinnungsgenossen im Anschluß an die Absicht des Brasidas, „denen in Amphipolis Romilly) ? Das Adverb ΰπόπτως heißt in 5 von insgesamt 6 Fällen im Text des Thukydides .argwöhnisch', die substantivierte Wendung TO ΰποπτον in allen 5 Fällen .Argwohn'. Dagegen bedeutet das Adjektiv in 10 von 12 Fällen mit Sicherheit .verdächtig'; nur I 75,4 υπόπτων και διαφόρων 'όντων übersetzt die Mehrzahl der Interpreten mit .argwöhnisch' (vgl. aber Steup ad 1. gegen Classen). Dennoch scheint .argwöhnisch' hier allein möglich : nicht nur hätte sonst ein - „von jeher" gehegter ! - Verdacht der Athener zu keinerlei wirksamen Maßnahmen geführt, sondern Thukydides hätte auch dies Versäumnis, obwohl es für die Erklärung der Ereignisse von kapitaler Wichtigkeit wäre, mit keinem Wort kommentiert. Für ihn hat also der Argwohn nur bei den Argiliern bestanden. 20
Argilos figurierte bereits in der Schatzungsliste des Aristeides 477 v. Chr. (V 18,5). Zur Gebietsabtretung im Jahr 437 vgl. Nesselhauf (557) 56 mit früherer Literatur, zustimmend Asheri (330) 18. Argilos hatte wahrscheinlich ohnedies allen Grund zur Ranküne, da es schon bei der Gründung von Brea Land hatte abtreten müssen : Nesselhauf op. cit. 132f, Meiggs Sc Lewis (537) 132. 21 Eduard Meyer (514) 120 spricht - sicherlich mit Recht - von geheimen Verhandlungen, die Brasidas führte.
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unbemerkt zu bleiben, außer den Verrätern", also genau an dem Punkt der Erzählung, wo sie für das Verständnis der Handlungen des Brasidas bedeutsam werden. Und wieder wird dem Leser ein Plan vorgelegt, an dem er Erfolg und Mißerfolg messen kann. Wenn der Überraschungsangriff („... marschierte er die Nacht hindurch weiter") gelingt und die „Verräter" ihre Pflicht tun, ist Amphipolis schon gefallen, wenn Thukydides davon erfährt. Zum Teil gelingt der Plan: „Der Übergang (über den Strymon) ist ein Stück weit von der Stadt entfernt, und es führten damals ... noch keine Mauern bis hinab; dafür war ein kleiner Wachtposten dort stationiert, den Brasidas leicht überwältigte, da einerseits der Verrat im Spiel war, anderseits Sturm herrschte und er unvorhergesehen angriff. Er überschritt also die Brücke und war sofort im Besitz des gesamten ... bewohnten Gebiets außerhalb der Stadt" (103,5).
Auch hier zeigt Thukydides sorgfältig die Gründe auf, warum der Plan gelang (der Sturm, der Brasidas zur Eile antrieb, ist eine der Ursachen für die Überrumpelung der Wache) und warum er nicht vereitelt werden konnte (die Wache war unzureichend, außerdem war — was Brasidas auch wußte — Verrat im Spiel, und niemand ahnte von dem Angriff). Der Erfolg hätte noch vollständiger sein können, denn: „Da die Überschreitung des Flusses für die Leute in der Stadt ganz unerwartet geschehen war . . ., gerieten die Amphipoliten in große Verwirrung, nicht zuletzt weil jeder den anderen verdächtigte. Und man sagt, daß wenn Brasidas willens gewesen wäre, sich sofort gegen die Stadt zu wenden, statt die Truppen plündern zu lassen, er sie vermutlich hätte nehmen können" (104,1—2).
Es geht Zeit verloren, während deren die Amphipoliten in der Stadt ihren Widerstand organisieren können. Ein Mißerfolg für Brasidas. Thukydides stellt dies zwar nicht in eigenem Namen fest („man sagt..."), er versäumt jedoch nicht, den Grund anzugeben: „von denen drinnen geschah nichts, wie er es erwartete" (104,3). Denn die Gegner seiner Leute hatten die Übermacht und konnten verhindern, „daß die Tore sofort geöffnet w u r d e n " (104,4), und um Entsatz schicken. Indessen waren „von denen draußen zwar viele gefangengenommen worden, andere hatten aber auch innerhalb der Mauern Zuflucht f i n d e n " können (104,1). „Der Anteil der Athener an der Bürgerschaft war gering, der größte Teil zusammengewürfelt, und viele von den draußen Gefangenen hatten Verwandte in der S t a d t " (106,1). Die maßvolle Proklamation des Brasidas fand daher willige Hörer, zumal „die Athener ... meinten, daß sie mehr zu fürchten hatten als die übrigen, und nicht erwarteten, daß Entsatz schnell eintreffen würde, die übrige Menge aber ihres Stadtrechts nicht verlustig ging und sich wider Erwarten aus einer Gefahr erlöst sah" (106,1). Die Übergabe der Stadt ist der Endpunkt einer komplizierten Reihe von Vorgängen, die sich unter dem Sammelbegriff „Willensbildungsprozeß" zusammenfassen ließen. Thukydides ist bemüht, diesen Prozeß so einleuchtend wie möglich zu schildern. Nach der verworrenen Situation am Morgen spart er vieles aus und setzt erst geraume Zeit später mit der 17
Proklamation des Brasidas wieder ein, deren Genese er sehr ausführlich dargelegt hat: so wie er die Gedanken des Brasidas schildert, hatte dieser nichts anderes im Sinn als zu vereiteln, was Thukydides selbst vorhatte. Durch die lange Begründung erhält die Proklamation im Ereignisablauf großes Gewicht: ihre Annahme oder Ablehnung entscheidet über das Schicksal der Stadt (und des spartanischen Feldzugs). Dieser Betonung entspricht es, wenn der Inhalt der Verlautbarung im Bericht über die Volksversammlung den Mittelpunkt der Motive bildet, die den einzelnen Gruppen für ihre überraschend einmütige Entscheidung zugeschrieben werden. Aber Thukydides läßt es nicht bei der Feststellung bewenden, daß die Bedingungen allen Interessen Rechnung trugen und deshalb akzeptiert wurden. Amphipolis war eine athenische Kolonie 22 . Deshalb ist eine Erklärung nötig, weshalb denn das athenische Element in der Stadt 2 3 eine solche Entwicklung nicht einen Tag lang verhindern konnte. Thukydides führt gleich vier Gründe an, die eng zusammenhängen: 22 In der Literatur hält sich zählebig die Behauptung, Amphipolis sei eine Kleruchie gewesen : Bengtson (522) 199, Kiechle im LAW s.v. Kolonisation (B), de Wever & van Compernolle (204) 64 usw.; anderen, wie Graham (579) 199, gilt es als „certain that Amphipolis was n o t a cleruchy". Bauman (331) 174 will Thukydides für die Unklarheit verantwortlich machen („serious obfuscation"). Die Verantwortung liegt jedoch nicht bei Thukydides, sondern bei den Rednern des 4. J a h r h u n d e r t s , die behaupteten, Amphipolis sei athenisches Territorium, und die Gschnitzer (578) 91f - dort auch die Nachweise - u n d andere, z.B. Kahrstedt (555) I 3 2 f f , wörtlich genommen haben. Daß Amphipolis ebenso wie Thurioi eine Kolonie war, sollte indessen nicht zweifelhaft sein, vgl. zuletzt Brunt (580) 73. Ebensowenig ist zweifelhaft, daß die Athener in der Stadt eine Sonderstellung hatten, vgl. die folgende Anmerkung. 23
Die Rechtsstellung der „ A t h e n e r " in Amphipolis ist kontrovers. Die neueste .und ausführlichste Behandlung ist die von Asheri (330), der lediglich Brunt (580) noch nicht kennt. Wie Asheri nehme ich an, 1. daß die in IV 105,2 u n d 106,1 dreimal nacheinander ohne Erläuterung genannten ,Athener' miteinander identisch sind, 2. daß έμπολίτεύω in 103,4 und 106,1 nicht lediglich ,Mitbewohner sein', sondern .Bürgerrecht haben' bedeutet. Ferner scheint mir — anders als G o m m e ad 1. — aus den Worten π ό λ ε ω ς те έν τώ ίσω ον οτερισκόμενοι 106,1 fin. eindeutig hervorzugehen, daß de iure zwischen den ' A t h e n e r n ' und den übrigen Amphipoliten (dem ά λ λ ο ς όμιλος) kein Unterschied in der politischen Stellung bestand. Das Angebot des Brasidas, έΐΐί τοις έαυτοϋ της ίσης και όμοιας μετέχοντα μένβιρ kann auch nicht, wie Papantoniou (239) 1960, 494f meint, eine Änderung der geltenden Rechtsverhältnisse implizieren. Anderseits k a n n aber die Bezeichnung einzelner Gruppen in Amphipolis nach ihrem Herkunftsort auch juristisch korrekt sein. Brunt (580) 75, 78f und 87 hat, wie mir scheint mit Grund, die herrschende Meinung — etwa Busolt—Swoboda (528) I 229, II 1264f — angezweifelt, daß Kolonisten stets automatisch das Bürgerrecht ihrer Heimatstadt verloren (Hagnon, der οικιστής von Amphipolis, war 4 3 0 wieder στρατηγός in Athen: Th. 1158,1). Man wird also die Wendung Άμφιπολιτών και Άύηναίων των ε ν ό ν τ ω ν 105,2 am besten als ,von den Amphipoliten einschließlich der ansässigen Athener' verstehen: Ehrenberg (576a) 305f hat wahrscheinlich gemacht, daß de facto die Athener auch in der panhellenischen Gründung Thurioi eine Sonderstellung einnahmen. Daß dies in Amphipolis der Fall war, wird man umso weniger bezweifeln, als die übrigen Amphipoliten, soweit wir von ihrer Herkunft wissen, aus Städten stammten, die zum Zeitpunkt der zweiten Gründung von Amphipolis Athen tributpflichtig waren.
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„(1) der athenische Anteil an der Bürgerschaft war gering . . ., (2) die Athener waren erleichert über die Aussicht, herauszukommen", denn sie sahen sich mehr gefährdet als der Rest der Bevölkerung und (3) „erwarteten sie nicht, daß Entsatz schnell eintreffen würde". Und schließlich führt der sich abzeichnende Stimmungsumschwung dazu, daß (4) „die Mittelsmänner des Brasidas es 24 auch schon öffentlich rechtfertigten, denn sie sahen, daß die Mehrheit umgestimmt war und auf den anwesenden Feldherrn der Athener nicht mehr hörte" (106,1—2). Eine Rechtfertigung der Athener? Eine Apologie des Feldherrn Thukydides? Man mag beides darin sehen, zumal das Wort „anwesenden", das nach der Erwähnung des Eukles im Zusammenhang mit den Ereignissen des Morgens keine explikative Funktion haben kann, deutlich auf die Verantwortung des Kollegen 25 hinweist. Aber bestände nicht das biographische Interesse am Scheitern des Historikers in einer folgenschweren Situation, so würde man in der Erklärung, wie Kräfteverhältnis, Kalkül (der Aussichten unter spartanischer Herrschaft), Irrtum (über die Zeit, die der Entsatz braucht) und ein schwer aufzuhaltender Stimmungsumschwung in der Entscheidung der Athener zusammenwirken, kaum etwas anderes sehen als das Bemühen des Berichterstatters um die möglichst verständliche Schilderung einer Entwicklung, die sonst rätselhaft bleiben würde — dasselbe Bemühen um Klarheit, das den gesamten Abschnitt kennzeichnet. Es ist auffällig, wie oft Thukydides in der betrachteten Episode zu dem Mittel greift, in einer Ereignisreihe Absicht und Erfolg (oder Mißerfolg) einander symmetrisch gegenüberzustellen. Der Feldzug des Brasidas erscheint als die Verwirklichung eines Plans. Informationen über Voraussetzungen des Gelingens (wie die Verhandlungen mit den Beteiligten, die Organisation des Verrats, den Einfluß des Thukydides in Thrakien) werden gegeben, sobald — und nur insoweit — sie für das Verständnis dieses Plans, seiner Erfüllung, seiner Mißlingens, seiner Abänderung wichtig sind. Umgekehrt erscheint das Verhalten der Amphipoliten in Funktion ihrer vorherigen Unwissenheit, der Verwirrung und ihrer Folgen. Zusätzlich werden, wo es nötig ist, politische Gegebenheiten ins Spiel gebracht: die Zusammensetzung der Bürgerschaft von Amphipolis, die „seit jeher" bestehende Feind24 αύτά — ihr Verhalten? ihre Sache? Am ehesten wohl die von Brasidas vorgeschlagenen Bedingungen. 25
Daß Thukydides wie Eukles speziell für Amphipolis verantwortlich gewesen wäre, ist auch aus V 26,5 μετά την ές Αμφάολιν οτρατη-γάκν nicht zu entnehmen. Beide waren στρατηγοί των επί Θράκης (των IV 104,4 ist nicht, wie Cl-St und Krüger ad 1. meinen, gen. partitivus zu στρατηγό^, vgl. schon Poppo I 2, p. 346 und die von Herbst (6) 368 gesammelten Belege für τά επί Θράκης). Die .Thrakischen Gebiete' bildeten ihren gemeinsamen Zuständigkeitsbereich,'vgl. Grote (513) VI 192n.l; zur Wahl und zu den Kompetenzen von στρατηγοί Kahrstedt (555) II 150ff, 238ff. Wenn Eukles φύλαξ genannt wird, so bezeichnet dies schwerlich eine permanente Stellung, wie Papastavru (328) 48 und nach ihm Asheri (330) 22 meinen, sondern eine ad hoc zugewiesene Aufgabe.
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schaft der Argilier gegenüber Athen. Während nun relativ leicht einsehbar ist, daß der Historiker solche politischen Gegebenheiten in Erfahrung bringen konnte (und mußte), und während niemand bezweifeln wird, daß Thukydides sich genau erinnerte, in welcher Absicht er mit seinen sieben Schiffen in See stach, so wird die Frage schon ungleich schwieriger, wenn es um die Absichten, Gedanken und Informationen des Brasidas geht. Thukydides zeigt ihm gegenüber eine kaum verkennbare Sympathie und eine sehr weitgehende Vertrautheit mit seinem Werdegang bis in nebensächlichste Details 2 6 . Indessen wird man gegenüber der einfachen Lösung, eine Begegnung zwischen beiden (oder zwischen Thukydides und engen Vertrauten des Brasidas) anzunehmen 2 7 , skeptisch sein. Denn die Symmetrie von Plan und Ausführung wird ergänzt durch eine dialektische Gegenüberstellung der Intentionen des Brasidas einerseits, des Thukydides anderseits, die kaum andere als kompositorische, also: literarische Gründe haben kann. Das läßt vermuten, daß Gesichtspunkte der Komposition nicht nur hier die Formulierung von Absichten handelnder Personen beeinflußt haben könnten. Postuliert man dagegen im Falle des Brasidas die A u t h e n tizität' der referierten Gedanken, so stellt sich unweigerlich die Frage, ob sich dies Postulat verallgemeinern läßt. In welche Schwierigkeiten eine solche Verallgemeinerung jedoch führen müßte, wird die Betrachtung der folgenden, wiederum Amphipolis gewidmeten Episode zeigen. Im Sommer 422 langt Kleon nach einem im ganzen erfolgreichen Feldzug 2 8 in die thrakischen Gebiete in Eion an. Brasidas hat inzwischen die Unterstützung des Perdikkas sowie eine Reihe von kleineren Orten wieder an Athen verloren; in Sparta wünscht man Frieden und ist eher geneigt, die erzielten Erfolge in Verhandlungen auszuschlachten als weitere Er26
Sympathie für Brasidas: Lange (497) 637, vgl. de Romilly und Syme in der Diskussion (103) 76. Allgemein zu seiner Behandlung Westlake (397) 148-65; eine schöne Würdigung der Gestalt bei Thibaudet (21) 33. Biographisches Detail: für die Rettung von Methone erhält er eine Auszeichnung II 25,2, er ist Berater des Alkidas, aber nicht ϊσόψη^ος III 79,3; er zeichnet sich bei dem erfolglosen Angriff der Spartaner auf Pylos aus IV 11,4; sein Schild wird nach seiner Verwundung von den Athenern für ein Siegesmal verwendet IV 12,1; er stiftet 30 Minen für das Heiligtum der Athene auf Lekythos IV 116,2; bei der Überfahrt von Torone nach Skione gebraucht er eine denkwürdige, aber im vorliegenden Fall ganz überflüssige Kriegslist IV 120,2; in Skione wird er bekränzt und empfangen „wie ein Athlet" IV 121; nach seinem Tod verehrt man ihn in Amphipolis als Heros V 11,1; seine Soldaten heißen oi άπό ΘρρκТ)Я Βρασίδειοι V 67,1 (vgl. 34,1; 71,3; 72,3); die Melier beschwören ihn nicht ohne Effekt als Schreckgespenst für ihre athenischen Diskussionspartner V 110,2, vgl. Bartoletti (387) 31 l f , Amit (395) 233. 27 Eine persönliche Begegnung vermutet ζ. В. Adcock (517) 243. Bei Lord (126) 202 wird sie zur Tatsache („when he met him"). Für Westlake (397) 164 ist es „beyond doubt that concerning the activities of Brasidas in Thrace . . . Thucydides possessed plentiful information derived from persons enjoying his confidence". 28
Vgl. West & Meritt (326). Baldwin (415) kritisiert, wie schon Woodhead (414), daß Thukydides die Erfolge Kleons bagatellisiere und sein Verhalten vor Amphipolis böswillig darstelle.
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folge tätig zu unterstützen. In jedem Fall muß aber Brasidas die Rückeroberung von Amphipolis verhindern, die ihn ohne ausreichend befestigtes Standquartier und Sparta ohne sein wichtigstes Verhandlungsobjekt lassen würde. Umgekehrt muß es Kleons Hauptbestreben sein, Amphipolis wieder für Athen zu gewinnen: man mag sich ausmalen, daß er sich in dieser Angelegenheit in Athen nicht weniger exponiert hat als bei seinem von Thukydides als „wahnwitzig" bezeichneten Versprechen, die auf Spakteria eingeschlossenen Spartaner binnen drei Wochen lebend oder tot nach Athen zu bringen 2 9 . Dieser Bedeutung des Unternehmens entspricht die Breite, in der Thukydides die Ereignisse schildert. Zu Beginn der Episode findet man Kleon, wie er Verstärkung von Perdikkas und „so viel wie möglich" thrakische Söldner anfordert und selbst „in Eion abwartet, ohne etwas zu untern e h m e n " (V 6,2). Die Untätigkeit hat ihren guten Grund: eben in dem „Abwarten" der gewünschten Verstärkung, denn wenn Kleon sich bemüßigt sieht, über die verbündeten Truppen hinaus „so viel wie möglich" Soldaten gegen Bezahlung anwerben zu lassen, so kann das nur dem Bestreben entsprechen, daß er bei einem Sturm auf Amphipolis absolut sicher gehen (oder, was seinem Temperament nach weniger wahrscheinlich ist, für eine Belagerung möglichst viel Mannschaft verfügbar haben) will. Es hätte nahegelegen, Kleons Stillhalten durch die Angabe eines derartigen Grundes plausibel zu machen. Thukydides unterläßt es. Weil er nicht wußte, was Kleon dachte? Weil ihm die Abfolge: „er schickte Gesandte aus . . . er selbst wartete a b " schon genügend deutlich erschien? Beides könnte zutreffen; eine Betrachtung des Folgenden läßt jedoch an eine andere Deutung denken. Einerseits nämlich hat das Stillhalten, auf das Thukydides noch einmal hinweist (7,1), sehr abträgliche Folgen: die athenischen Truppen geraten in Mißstimmung, und Kleon sieht sich dadurch „gezwungen" (7,1), etwas zu unternehmen, obwohl die Verstärkung noch nicht eingetroffen ist. Und hier weiß Thukydides genau, wie Kleon dazu kam: „Er bemerkte ihre Unruhe, und da er nicht wollte, daß die Moral durch das (untätige) Verweilen auf der Stelle belastet würde, brach er auf und führte sie vorwärts" (7,2). 29 και τοϋ Κλέωνος катер μανιώδης ούσα ή ύπόσχεσις άπέβη, IV 39,3· ,.The promise was mad", bestätigt G o m m e (361) 180η. 1, während Thibaudet (21) 3 3 f f im Herannahen der Herbststürme den Grund für die kurze Frist sieht u n d Thukydides Unrecht gibt. Die Bemerkung ist in der Tat nicht das einzige Beispiel von Voreingenommenheit des Thukydides gegenüber Kleon, gegen die Woodhead (414) nach anderen (z.B. Eduard Meyer (19) 3 4 2 f f , Ziegler (89) 6, Chambers (425) 9 1 n . 4 8 , Finley (30) 171 und Nr. 4 0 8 — 4 1 3 der Bibliographie) mit Recht zu Felde zieht. Man hat allerdings in μανιώδης seit Lukian (hist, conscr. 37: ότι ολέϋρως και μανικός άνθρωπος ούτος ήν) mehr Kritik gesehen, als es wahrscheinlich enthält. Das S u f f i x — ωδτ?? bezeichnet ursprünglich ,was so aussieht wie . . .', vgl. Chantraine ( 1 6 8 ) 4 3 1 ; ich würde mit LSJ s.v. („like madness") und anders als Chantraine selbst loc. cit. diese Bedeutung hier annehmen: ,das Versprechen, so wahnwitzig es aussah,. . .'
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Kleon, so scheint es, reagiert punktuell auf ein Ereignis, er riskiert den Erfolg seines Unternehmens wegen einer Bagatelle. Dadurch daß zuvor kein Plan Kleons genannt ist, in dessen Zusammenhang das Stillhalten eine sinnvolle Funktion erhielte, gewinnt der Leser den Eindruck, als handle Kleon überhaupt planlos, reaktiv, irrational. Und daß dieser Eindruck von Thukydides beabsichtigt ist, zeigt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit sein Kommentar: „Und es erging ihm wie damals, als ihn sein Glückserfolg in Pylos von seinen Geistesgaben überzeugt h a t t e " (7,3). Kleon war für Thukydides damals inkompetent, er ist es jetzt ebenso, und der Bericht versäumt an keiner Stelle — durch Auslassungen wie durch Feststellungen —, dies zu verdeutlichen. Anderseits aber ist Brasidas, nicht weniger als in der früheren Situation, als er Amphipolis erobern wollte, der umsichtige, vorausschauende, planende Feldherr 3 0 . Er „erfährt", was Kleon tut (6,3), und bezieht sogleich eine Stellung, „von wo aus alles sichtbar war, so daß Truppenbewegungen Kleons ihm nicht verborgen bleiben konnten". Sein Scharfblick ist sogar so groß, daß er Kleons absurdes Verhalten mit Bestimmtheit voraussieht: „Dies erwartete er nämlich: Kleon würde (so meinte er) die Stärke seiner (des Brasidas) Mannschaft geringschätzen und mit den Truppen, die er zur Verfügung hatte, herauf gegen Amphipolis ziehen" (6,3). Und Kleon wird in der Tat „gezwungen zu tun, was Brasidas erwartete" (7,1).
Es leuchtet ein, daß diese Erwartung 3 1 einiger Erläuterung bedurft hätte, wenn Thukydides zuvor ausführlich dargelegt hätte, in welcher Absicht Kleon stillhielt. Die Fortsetzung des Berichts zeigt, dem Beginn entsprechend, wie Schritt für Schritt die Niederlage der Athener im Plan des Brasidas Gestalt gewinnt und sich, genau dem Plan gemäß, vollzieht 3 2 . Kleon bleibt bis zum Schluß in Illusionen befangen: ,,er versah sich nicht im geringsten, daß jemand ihm zur Schlacht entgegentreten würde" (7,3); „er war der Meinung, eine kampflose Rückkehr stehe ganz in seinem Belieben" (7,5); er ist ,,im Glauben, er könne (dem Gegner) mit dem Rückzug zuvorkommen" (10,3). Erst als sein linker Flügel bereits auf dem Weg nach Eion ist, ,, scheint es ihm zu langsam zu gehen " 3 3 (10,4), und statt seinen Leuten die Flanke 30
Dieser Aspekt der Schilderung wird v o n Bodin (327) im einzelnen untersucht.
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Natürlich kann προοδέχομαι ein Element des Wunschdenkens enthalten. So wird II 9 0 auf die Aussage βουλόμενοι ακ οντάς έσω rrpoayayew αυτούς mit den Worten опер εκείνοι, προσεδέχοντο . . . 'άκων . . . ε'πλει Bezug g e n o m m e n . A u c h hier gründet j e d o c h die „Erwartung" auf einer Berechnung dessen, was der Gegner tun muß. Vgl. auch die genau begründete „Erwartung" des D e m o s t h e n e s IV 9,2 u n d 11,2. 32 Bodin (327) weist insbesondere auf die Entsprechungen zwischen der Rede des Brasidas V 9 u n d der nachfolgenden Schlachtschilderung hin. Vgl. auch d e Romilly (150) 1 3 6 - 8 .
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σχολτ) yiyveo&ui Krüger, Hude, G o m m e ad 1., σχολή Stuart J o n e s u n d de Romilly mit den meisten MSS. Kleons Manöver scheint j e d o c h durch Eile besser erklärlich zu sein als durch Sorglosigkeit. 22
zu decken, besiegelt er mit einem letzten Fehler die Niederlage 34 . Brasidas dagegen zieht, „sofort als er sieht, daß sich die Athener in Bewegung setzen" (8,1), mit seinen Truppen nach Amphipolis. Ausführlich, fast umständlich, wird berichtet, weshalb er keine reguläre Feldschlacht gegen die Athener riskiert, was „sein Plan war" (8,4) und warum er gerade jetzt einen Ausfall wagen will („denn er glaubte nicht ..." (8,4). Die Sätze, in denen Thukydides die Gründe für diesen letzten Schlachtplan des Brasidas darlegt, verdienen, daß man einen Augenblick bei ihnen verweilt. „Er machte indes keinen Ausfall mit einer regulären Feldschlacht gegen die Athener, (und zwar) aus Sorge wegen seines Truppenpotentials, das er fur unterlegen hielt, nicht der Zahl nach — es war nämlich ungefähr gleich stark — aber in der Qualität — die athenischen Teilnehmer an dem Feldzug waren nämlich ohne Ausnahme Bürger, die (Soldaten) aus Lemnos und Imbros auserlesene Truppen —, sondern er traf Vorbereitungen, sie mit Hilfe einer List anzugreifen. Wenn er nämlich dem Gegner zeigte, daß die Zahl und die Bewaffnung der Seinen knapp bemessen waren, dann, meinte er, sei der Sieg für ihn wesentlich schwieriger als wenn jene vorher nichts gesehen hätten und aus den Tatsachen auch keine Geringschätzung (ihrer Gegner = seiner Leute) hätten ableiten können". ( 8 , 2 - 3 )
Es will scheinen, als würde hier nicht das wirklich Eingetretene begründet, sondern das Nicht eingetretene: weshalb es Brasidas zu keiner Konfrontation üblicher Art — Schlachtreihe gegen Schlachtreihe (άντίτάξις)— kommen lassen wollte. Der Geschichtsschreiber, der so formuliert, hat im Sieg der Spartaner zugleich die Niederlage der Athener gesehen. Diese vor allem bedarf der Erklärung, denn die Athener waren die Stärkeren. Thukydides hätte also seine Darlegung der Gedanken des Brasidas von der Frage leiten lassen: Wie kam es, daß die Athener unterlagen? Unter welchen Umständen hätten sie trotz der Fehler Kleons siegen können? Aber die verwickelte, etwas manieriert wirkende Antithese im zweiten, theoretischen Teil der Begründung (dessen Thema, Mut und Wissen, Thukydides in den Gedanken und Reden seiner Politiker und Feldherrn in immer neuen Abwandlungen wiederkehren läßt) 35 zeigt, daß diese Deutung noch nicht vollständig ist, daß vielmehr in der Erklärung für das Ausbleiben des Nichteingetretenen ein dialektischer Kunstgriff des Thukydides liegt. Erst durch die Wendung der Überlegungen des Brasidas ins Negative kommt das Paradoxon, das die ,Lehre' aus der Schilderung bildet, zur vollen Geltung: der Sieger verdankt seinen Erfolg dem Bewußtsein, daß er der Schwächere ist. Als Brasidas Amphipolis einnahm, war er in einer ähnlichen Situation gewesen: die Stadttore waren verschlossen, und Verstärkung nahte. Auch dort hatte Thukydides den entscheidenden Schritt seines Gegners aus dessen Sorge vor einer Niederlage begründet und zur Erklärung dieser 34
Vgl. Anderson (265) 3f.
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Vgl. etwa I 8 4 , 3 - 4 ; 1 4 1 , 5 - 9 II 3 9 , l f f ; 8 7 - 8 9 IV 10,5; 126 passim VI 7 2 , 3 - 5 VII 2 1 , 3 - 4 ; 61,3; 67,1. Zur Antithese Mut-Wissen Meyer (184) 1 0 0 - 1 1 5 .
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Sorge ids Momente in der Überlegung des Brasidas eine Reihe von Tatbeständen genannt, namentlich seinen, des Thukydides, Einfluß auf dem thrakischen Festland (IV 105,1). Ganz ähnlich verfährt er hier, indem er im ersten Teil der Begründung (V 8,2) Anhaltspunkte für die „Sorge" des Brasidas gibt. Die beiden Textstücke unterscheiden sich jedoch in einem wesentlichen Punkt: waren dort die Anhaltspunkte für die Sorge syntaktisch eindeutig Bestandteil der Überlegung des Brasidas („Brasidas fürchtete . . . und erfuhr . . . " usw.), so sind sie es hier nicht, sondern der Geschichtsschreiber gibt hier Erläuterungen in Form von Parenthesen („es war nämlich . . . die athenischen Teilnehmer . . . waren nämlich . . ."), von Einschüben in den referierten Gedankengang. Die Informationen hingegen sind hier wie dort sowohl für den Gedankengang selbst als auch für sein Verständnis durch den Leser unentbehrlich: Brasidas könnte nicht denken, wie Thukydides ihn denken läßt, wenn er nicht wüßte, was Thukydides nicht als Teil seiner Gedanken, sondern als Einschub, αύτός λέγωμ, im eigenen Namen sprechend, dem Leser mitteilt. Noch viel weniger könnte der Leser den Gedankengang des Brasidas begreifen, wenn er die Informationen nicht bekäme. Die Frage drängt sich auf, ob nicht die Integration von Tatsachen in die Gedanken eines Handelnden und die Nennung von solchen Tatsachen durch den Geschichtsschreiber im eigenen Namen (wenn auch im Zusammenhang mit einem referierten Gedankengang) gleichwertige und beliebig austauschbare Mittel sind. Es wird indes klug sein, vor einer Antwort die Kompositionstechnik des Thukydides genauer zu betrachten. Fürs erste ist deutlich, mit welcher Sorgfalt Brasidas als derjenige dargestellt wird, der die gesamte Situation vollständig durchschaut und durch vernünftige Überlegung zu dem Plan gelangt, mit dem er die Situation am besten ausnutzen kann. Zu allem Uberfluß läßt ihn Thukydides schließlich den Soldaten eine Rede halten „in der Absicht, ihnen Mut zuzusprechen und seine Konzeption darzulegen" (8,5) — eine Rede, die übrigens voll von wörtlichen Bezügen zur voraufgehenden und nachfolgenden Erzählung einschließlich der dort referierten Gedanken Kleons ist —; erst „als er sieht, daß der Augenblick da ist" (10,5), schlägt er los; die Athener, „voll Furcht wegen ihrer eigenen Unordnung und zugleich bestürzt von seiner Kühnheit" (10,6), werden ein leichtes Opfer. Denn da auch Klearidas („wie verabredet", 10,7) seinen Teil des Plans pünktlich erfüllt, „geschah es, daß die Athener durch den unvermuteten und plötzlichen (Angriff) von beiden Seiten der Verwirrung anheimfielen" (10,7). Die Niederlage ist so vollkommen wie die Ausführung des Plans. Wie bei der Eroberung von Amphipolis schildert Thukydides das Geschehen fast simultan aus der Sicht beider Gegner; wie dort erhält die Darstellung ihre Evidenz durch die ständig aufrechterhaltene Spannung zwischen Absicht und Wirklichkeit. Die Ereignisse sind immer zugleich auch wahrge24
nommene Ereignisse, sie entsprechen einer Erwartung oder enttäuschen sie; die Wahrnehmung selbst wird wieder J.mpuls zu neuen Handlungen 3 6 . Während indes im vierten Buch Brasidas ein partielles Scheitern („die Tore wurden nicht sofort geöffnet", IV 104,4) durch ein neues Manöver wettmachen muß, dessen Erfolg zu einem Teil durch einen Irrtum der Athener in der Stadt („sie erwarteten nicht, daß Entsatz schnell eintreffen würde", 106,2), aber daneben durch viele andere Faktoren bedingt ist, entsprechen sich im fünften Buch Absicht und Erfolg vollständig; der Sieg über Kleon ist ein Lehrstück, in dessen didaktischer Klarheit noch die Stilisierung sichtbar bleibt, die Thukydides vorgenommen hat: nicht nur kann Brasidas Ereignisse „erwarten", die zwar in der Tat eintreten, aber nach menschlichem Ermessen kaum vorhersehbar waren, sondern auch die Athener können zwar von ihrem Hügel aus sehen, wie sich die Feinde in der Stadt zum Angriff formieren, dennoch k o m m t der Angriff selbst ihnen „ u n v e r m u t e t " 3 7 . Die darstellerische Absicht ist offensichtlich: Kleon ist ziellos, inkonsequent, der Illusion und den trügerischen Erscheinungen verhaftet, bei Brasidas nimmt schon die Erwartung präzis die Wirklichkeit des Künftigen vorweg. Wenn jedoch über die Absicht des Thukydides in seiner Schilderung dieser Episode kaum Zweifel bestehen können, so lassen gerade ihre perfekte Ausführung und die zum Teil etwas auf Kosten der Wahrscheinlichkeit durchgehaltene Stilisierung gegenüber den von ihm genannten Absichten der Handelnden gewichtige Bedenken a u f k o m m e n 3 8 . „Er sah", „er fürchtete", „er glaubte", „er erwartete" sind Aussagen, die der Leser zunächst wörtlich nehmen wird. Mit Recht, denn niemand, am wenigsten Thukydides, hat ihn gewarnt, daß Aussagen dieser Art einer ganz bestimmten kompositorischen Absicht dienen: der Verdeutlichung, dem Verständlichmachen, seiner — des Lesers — Belehrung. Er mag, gerade bei der eben behandelten Episode, stutzig werden, wenn er sich erinnert, daß Thukydides auch sonst für Kleon keinerlei Sympathie aufbringt und ihn hier mit deutlicher Verachtung schildert. Sein Verdacht, der Historiker habe hier Aussagen gemacht, die auf keiner ,authentischen' Information beruhen können, mag sich verstärken, wenn er bedenkt, daß Kleon seine zuletzt erwähnten Gedanken („er wollte n i c h t . . .", 10,3; „ihm schien . . .". 10,4) kaum vor seinem Tode von der Hand „eines myrkinischen Leichtbewaffneten" (10,9) noch jemand mitgeteilt haben wird, der sie Thukydides weitersagen konnte. Er wird sich jedoch vielleicht dabei beruhigen, daß hier ein (vielleicht biographisch bedingter) Sonderfall vorliegt — schon ein antiker Biograph macht 36
Hermann Frankel hat dieselbe Darstellungstechnik bei Caesar nachgewiesen und am Beispiel von BG 3 . 2 8 die Funktion von Verba der Wahrnehmung u n d des Denkens deutlich gemacht ( 7 7 8 ) , besonders 2 9 8 — 3 0 0 . Der ganze Aufsatz ist ein Kabinettstück. 37 Vgl. V 10,2: die Vorgänge in der Stadt sind von außen sichtbar; 10,7: die Verwirrung der Athener wird damit begründet, daß der Angriff „unvermutet und plötzlich" geschieht. 38
"It is, to say the least, remarkable that Thucydides should know all this", Woodhead (414) 3 0 8 über die referierten Gedanken Kleons.
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Kleon für das Exil des Thukydides verantwortlich 3 9 — und solche Aussagen in anderen Zusammenhängen weiterhin wörtlich nehmen. Es dürfte jedoch einleuchten, daß Vermutungen wie Parteilichkeit gegen Kleon', .Begegnung mit Brasidas', .Apologie für Amphipolis', auch wenn sie das Richtige treffen sollten, partielle Erklärungen bleiben. Wenn Thukydides die Gedanken und Wahrnehmungen der Handelnden als kompositorisches Mittel eingesetzt hat, so wird er es schwerlich nur in diesen beiden Episoden und aus derartigen Gründen getan haben. Aber nur eine Betrachtung des Gesamtwerks kann zeigen, wie Thukydides dieses Mittel gebraucht, und erst aufgrund einer solchen Betrachtung wird man Aussagen darüber machen können, wie es mit der ,Historizität' von Formeln wie „er erfuhr", „er wollte", von ,Information und Absicht bei Thukydides', bestellt ist.
Fragestellung
Nach dem ganz vorläufigen Befund, der sich aus der Analyse zweier kurzer Textstücke ergeben hat, ist es einerseits wahrscheinlich, daß Aussagen über Wahrnehmungen, Absichten und Gedanken handelnder Personen eine bestimmte Funktion in der Darstellungstechnik des Thukydides haben, und ist es anderseits nicht sicher, ob Thukydides solche Aussagen nur dann macht, wenn er über die Wahrnehmungen, Gedanken und Absichten verläßliche, ,authentische' Informationen vorliegen hat. Die Unsicherheit hat ihre Bedeutung zunächst unter dem Aspekt der Quellenkritik. Thukydides nennt seine Informanten nicht. Könnte man voraussetzen, daß jedem ,er wollte', ,er dachte' usw. eine Zeugenbefragung entspricht, so wüßte man mit einem Schlag über seine Quellen sehr viel mehr, als gemeinhin angenommen wird. Umgekehrt: müßte man voraussetzen, daß in keinem einzelnen Fall die Zeugenbefragung als sicher gelten kann, so wüßte man über die Quellen des Thukydides erheblich weniger, als manche Gelehrte angenommen haben 4 0 . Auf dem Niveau der Quellenkritik läßt sich jedoch die Unsicherheit nur mit großen Schwierigkeiten und dann immer nur für einen Einzelfall aus39 40
Markellinos, Vita 46.
Vermutungen über die Quellen oder Berichterstatter des Thukydides werden in der Regel ad hoc in Bezug auf bestimmte Individuen oder Episoden geäußert; dasselbe gilt für die Frage nach der Authentizität eines von Thukydides genannten Motivs, die stets ,aus gegebenem Anlaß' gestellt wird, vgl. etwa Valeton (346) 37 zu VI 54,3 und 56,2—3 oder die oben Anm. 38 zitierten Zweifel Woodheads. Westlake hat sich verschiedentlich (285, 329, 343, 405) mit dem Problem der Authentizität von Informationen beschäftigt und kommt — zuletzt in (397) 84, 95ff, 164, 309f und passim — zu dem Ergebnis, daß Thukydides in aller Regel, insbesondere bei Alkibiades, Brasidas, Demosthenes und Nikias, authentische Informationen über die Gedanken und Pläne der Handelnden vorliegen hatte, wenn er Aussagen darüber macht.
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räumen. Dagegen ö f f n e t sich durch den konstatierten Zusammenhang zwischen Quellenkritik und Darstellungstechnik ein möglicher Weg zu allgemeinen Aussagen, den man um so lieber beschreiten wird, als sich die Erzähltechnik mit relativ großer Sicherheit deskriptiv erfassen läßt. Folgende Arbeitshypothese bietet sich als Ausgangspunkt an: J e mehr Aussagen vom Typ ,A nahm war, wußte, dachte, wollte', einer einheitlichen, benennbaren erzählerischen Absicht dienen, um so geringer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie durchweg auf authentischer Information beruhen. Es wird also zuerst danach zu fragen sein, in welchem Umfang und in welcher Art und Weise Thukydides von Wahrnehmungen, Absichten und Gedanken — kurz: über geistige Vorgänge bei den Handelnden berichtet 4 1 und welche Funktionen solche Aussagen in der Erzählung haben. Ergäbe sich dabei, daß er über geistige Vorgänge wenig aussagt und sich in diesen Aussagen im ganzen keine erzählerische Absicht erkennen läßt, so spräche auch die Wahrscheinlichkeit dafür, daß solche Aussagen durch den Zufall der jeweils vorliegenden Informationen bestimmt werden und mithin als .authentisch' gelten können. Ergäbe sich das Umgekehrte, so spräche auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Gegenteil: folgten zahlreiche Aussagen über geistige Vorgänge einer einheitlichen kompositorischen Absicht und erwiesen sie sich gar als auswechselbar gegen andere erzählerische Mittel, die derselben Absicht dienen, so spräche das nicht dafür, daß Thukydides in jedem Falle, wenn er sich speziell dieses erzählerischen Mittels bediente, authentische Informationen von den Handelnden selbst zur Verfügung hatte. Gesetzt den Fall, daß man so den Aussagen über geistige Vorgänge eine eindeutige Funktion in der Darstellungstechnik zuweisen könnte, wäre eine weitere Überlegung anzustellen. Wenn solche Aussagen in diesem Fall entgegen unserer Arbeitshypothese grundsätzlich auf Informationen aus erster (oder zweiter, jedenfalls: fremder) Hand beruhten, so müßte in ihrem Inhalt aus der Vielfalt möglicher Auffassungen von den Antrieben menschlichen Handelns ein verhältnismäßig reichhaltiges Spektrum erscheinen: in der Erklärung gleichartiger Handlungen wird der eine Gründen der politischen Opportunität, ein anderer solchen der militärischen Notwendigkeit , ein dritter der sittlichen Uberzeugung, ein vierter einer im Traum geoffenbarten göttlichen Fügung das Schwergewicht gegeben haben. J e mehr sich gegenüber solcher Vielfalt der möglichen Begründungen in dem, was Thukydides über geistige Vorgänge in den Handelnden aussagt, eine einheitliche Auffassung vom menschlichen Handeln und seinen Motiven zeigt, um so 41
Diese Frage — und auch die nach der .Geschichtlichkeit' des Berichteten — ist Gegenstand der Untersuchung Montgomerys (152) 45—95. Er kommt jedoch über eine Typologie der Aussagen über geistige Vorgänge nicht wesentlich hinaus, weil er sich weit mehr, als der enge Raum in seiner vergleichenden Studie zuließe, in Nacherzählungen verliert und in Auseinandersetzungen mit der Sekundärliteratur verstrickt. Kriterium für die „Geschichtlichkeit" eines behaupteten Tatbestandes ist ihm anscheinend lediglich der größere oder geringere Grad von Entschiedenheit, mit dem Thukydides seine Aussagen macht (p. 77ff).
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mehr wird man auch annehmen wollen, daß der Geschichtsschreiber, um von Gedanken seiner Akteure zu berichten, sich nicht auf deren Auskünfte angewiesen sah, sondern der eigenen Erkenntnis folgte. Die Untersuchung gewinnt damit jedoch eine neue Dimension. Es gilt in diesem Falle nicht mehr allein, die Technik der Darstellung am Text abzulesen, sondern auch, Anhaltspunkte dafür zu gewinnen, welche Auffassung Thukydides von den Motiven und Bedingungen menschlichen Handelns gehabt hat und in welchem Verhältnis diese Auffassung zu den Motiven steht, von denen er berichtet. Die Lösung der Einzelfrage nach der Authentizität bestimmter Informationen wird abhängig von der Antwort auf die sehr viel allgemeinere Frage nach dem Menschenbild und der Geschichtsauffassung des Thukydides. Sofern es sich ergibt, daß die Aussagen über Wahrnehmungen, Gedanken und Absichten in der Tat sowohl einem einheitlichen Erzählprinzip als auch einer einheitlichen Auffassung vom menschlichen Handeln entsprechen, stellen sich aber noch weitere Fragen. Gemäß unseren Hypothesen kämen wir damit zu der Folgerung, daß Thukydides über geistige Vorgänge berichtet hat, von denen er nicht aus erster Hand wußte. Wie verträgt sich ein solches Vorgehen mit seinen erklärten methodischen Prinzipien? Und — unabhängig von der Antwort hierauf — lassen sich Erklärungen finden, die ein solches Verfahren für uns einsichtig machen?
Zur Methode
Eine Betrachtung des Fragenkatalogs zeigt, daß die Antwort auf jede einzelne Frage vom Resultat der vorhergehenden ausgehen muß. Eine vollständige Rechenschaft über das methodische Vorgehen würde demnach Ergebnisse vorwegnehmen müssen, die erst zu gewinnen sind. Der erste Schritt setzt jedoch eine Vorentscheidung voraus, die begründet werden muß. Sie betrifft die Auswahl des zu untersuchenden Textes. „Die Gesinnungen, aus welchen das Tun hervorgeht, läßt Thukydides sich hauptsächlich in den Reden äußern, die er den handelnden Personen in den Mund legt". Diese Bemerkung Jacob Burckhardts 4 2 gibt einen Eindruck wieder, der sich jedem Leser des Thukydides zunächst aufdrängen muß. Denn in der Tat sieht es auf den ersten Blick so aus, als habe der Geschichtsschreiber Tatsachen und Deutung streng getrennt, als habe er jene dem Bericht, diese den Reden zugewiesen 4 3 , in welchen er mit unvergleichlicher 42
Griechische Kulturgeschichte, 8. Abschnitt: Zur Philosophie, Wissenschaft und Redekunst VI, Gesammelte Werke, Basel 1957, VII 413. 43
„Die Handlungsmotive, die das Handeln erst verständlich machen, kommen, soweit sie überhaupt als Tatsachen faßbar sind, zum Ausdruck nur durch Reden . . .", Schmid (34) 144. Die hier gemeinte Dichotomie ist fast communis opinio seit Roscher (18) 188,
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Kunst seine eigene Sicht des Geschehens in den Rechtfertigungen und Widersprüchen der in diesem Geschehen Befangenen sich abzeichnen läßt 44 . Der Eindruck, richtig präzisiert, hat gewiß seine Berechtigung. Dennoch müssen die Reden im folgenden außer Betracht bleiben. Denn Reden — und gerade die thukydideischen Reden — „sind Handlungen unter Menschen, und zwar sehr wesentlich wirksame Handlungen" 45 . Mag es zutreffen, daß „in diesen Reden . . . diese Menschen die Maximen ihres Volkes, ihrer Persönlichkeit, das Bewußtseyn ihrer politischen Verhältnisse, wie ihrer sittlichen und geistigen Natur, die Grundsätze ihrer Zwecke und Handlungsweisen" 46 aussprechen, so tun sie es für Thukydides immer auch, um einen ganz bestimmten Zweck zu erreichen. „Die Einsicht, zu der sich alle bekehren sollen, muß durch Erwärmung der Individuen vermittelst der Rede hervorgebracht werden" 4 7 . Es ist mehr als wahrscheinlich, daß der „Erwärmung", soll die Rede in ihrer Situation plausibel sein, in vielen Fällen nicht nur die wahre Ansicht des Geschichtsschreibers, sondern auch die der Handelnden geopfert wird 48 . Eine Rede soll auf die Zuhörer wirken. Thukydides läßt seine Redner alle ihm verfügbare rhetorische Kunst aufbieten, damit ihre Worte die Wirkung nicht verfehlen, und er unterläßt nichts, um dem Leser zu zeigen, daß die Reden diesem Ziel dienen: vielfach gruppiert er sie zu Antilogien 49 , um die Bedingtheit der Aussagen auf beiden Seiten deutlich zu machen; in aller Regel führt er aus, in welcher Absicht der Redner spricht. Danach können, wenn es um die Frage geht, woher Thukydides um die Absichten der Handelnden (und die Redner sind Handelnde) weiß, die von ihm komponierten Reden nicht als Zeugnisse dienen.
vgl. Eduard Meyer (19) 390, Uzun (358) 3, Taeger (22) 136, Neu (95) 117f, Diesner (459) 13f; die thukydideische Unterscheidung von λόγοι und έργα wird so interpretiert, daß man in diesen die reine Chronik, in jenen das vom Geschichtsschreiber Hinzugefügte, .Eigene' sehen will. 44
Zur Bedeutung der Reden für die Komposition des Geschichtswerks vgl. Eduard Meyer (19) 390, Strasburger (35) LXVI und M.I. Finley (630) 13. 45
Hegel (782) 26.
46
Ebenda 27.
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Ebenda 733; zur Rolle des gesprochenen Wortes in der Politik vgl. etwa Thibaudet (21) 59, Diller (450) 189. 48
Als „gens suspects" hat de Romilly (103) 58f die Redner mit Recht bezeichnet. Schon Roscher (18) 155f hatte gesehen, daß „die Reden des Thukydides nicht allein für den Redner selbst, sondern auch für die Angeredeten charakteristisch" sind.
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Aus der reichen Literatur über Thukydides und die Rhetorik seien hier Lamb (143) 1 1 7 - 8 9 und Moraux (380) genannt. Den Antilogien hat de Romilly (150) 1 8 0 - 2 3 9 ein instruktives Kapitel gewidmet. Guglielmino (140) 248n.l erinnert an die Praxis der Volksgerichte und die Redeagone in der Tragödie. Vgl. auch Erbse (138b) 395f zur Häufigkeit der Sentenzen.
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N e b e n ihrer p r i n z i p i e l l e n V i e l d e u t i g k e i t u n d i h r e m d r a m a t i s c h e n C h a r a k t e r 5 0 m u ß n o c h e i n w e i t e r e s M e r k m a l d e r R e d e n d a v o r w a r n e n , sie i n e i n e U n t e r s u c h u n g z u r M o t i v a t i o n d e s H a n d e l n s b e i T h u k y d i d e s o h n e w e i t e r e s einz u b e z i e h e n : z w i s c h e n ihrer B e g r i f f s w e l t u n d der d e s B e r i c h t s b e s t e h t e i n s o fundamentaler Unterschied, daß m a n fast Macaulay z u s t i m m e n m ö c h t e , w e n n er b e h a u p t e t : „ B e i T h u k y d i d e s . . . g e h t d e n R e d e n n i c h t s v o r a u f , u n d es f o l g t i h n e n n i c h t s , w o m i t sie ü b e r e i n s t i m m e n . S i e g e b e n d e m g a n z e n B u c h etwas v o m d e m grotesken Charakter jener chinesischen Lustgärten, in d e n e n s e n k r e c h t e G r a n i t f e l s e n m i t t e n aus e i n e r s a n f t e n g r ü n e n W i e s e e m p o r ragen"51. Wie o f t h a n d e l n d i e R e d n e r v o n R e c h t u n d U n r e c h t , w i e o f t l ä ß t T h u k y d i d e s sie das B e i s p i e l d e r V ä t e r h e r a u f b e s c h w ö r e n , d i e G ö t t e r als Z e u g e n a n r u f e n , a n h e i l i g e E i d e , a n W o h l t a t e n e r i n n e r n , F r i e d e , F r e i h e i t , S i c h e r h e i t als ihre Ziele nennen. D e m g e g e n ü b e r m u ß es verwundern, w i e selten i m Bericht d a v o n d i e R e d e ist, d a ß j e m a n d F r i e d e , F r e i h e i t , S i c h e r h e i t e r s t r e b t , W o h l taten erweisen, die G ö t t e r ehren, die V ä t e r n a c h a h m e n , oder sich a u c h nur a n g e l e i s t e t e E i d e h a l t e n o d e r d e m R e c h t G e n ü g e t u n w i l l 5 2 . T h u k y d i d e s ge50 Daß der Inhalt einer Rede, wenn nicht eine gänzlich funktionslose literarische Stilisierung vorliegt (was für Thukydides niemand ausdrücklich b e h a u p t e t ) , vor allem anderen den Intentionen des Redners dient u n d daß deshalb die jeweils vorgetragene Meinung nur mit Vorbehalt als die wahre Ansicht des Redners gelten kann u n d keinesfalls mit der des Autors identifiziert werden darf, wenn es dafür nicht zusätzliche Anhaltspunkte gibt, sollte eigentlich nicht der Betonung bedürfen und wird auch sowohl im Hinblick auf andere Autoren (vgl. Krause (734) 24n.30, Apffel (651) 35n.4, Guthrie (690) III 272 mit n.3) als auch in der Thukydidesliteratur, vor allem der neueren (Flashar (376) passim, Stahl (114) 31f, Kitto (602) 314ff, v.Fritz (631) 688 и.о., D. Nestle (212) 81, Dover (681) 1 5 8 n . l 0 , Winnington-Ingram (383) 79 und passim, Vintro (313) 60, Liebeschuetz (344) 297, Reich (370) 5, vgl. schon Jaeger (601) I 490, 502) durchaus gesehen. Diese Erkenntnis hat jedoch nicht verhindert, daß man immer wieder versucht hat, Thukydides auf die Anschauung eines oder mehrerer Redner (nach dem Muster: „per bocca die Ermocrate Tucidide esprime . . . la sua conclusiva e definitiva concezione della vita . . .", Conflenti (110) 521) festzulegen, vgl. u n t e n A n m . 74 und Schneider (138a) 237f. 51
History, in: Miscellaneous Works ed. H. Lady Trevelyan, Philadelphia o.J., I 193, Übersetzung nach S. Stahlmann in Stern (794) 81. Macaulays Urteil wird von Luschnat (39) 1170 zitiert u n d entschieden abgelehnt. 52 Der Kürze halber sei auf eine Belegsammlung verzichtet und lediglich gegenübergestellt, mit welcher Häufigkeit u n d in welchen Zusammenhängen die einzelnen im Text genannten Begriffe in den Reden (direkte und indirekte Reden) und im Bericht erscheinen: Väter und Vorfahren (πατέρες, πρόγονοι, πάτριος, πατρικός): Reden 43, Vertragstexte 11, Bericht 6 (I 13,1 II 16,2; 34,1; 99,3 V 43,2 VIII 6,3, die Erwähnungen s i n d b i s auf II 16,2 nur beiläufig, d.h.stehen nicht im Zusammenhang mit Motiven von Handlungen). Zum Topos J o s t (467) 5 4 - 7 3 , Pearson (638) 137, Steinkopf (474) 90f, Zahn (371) 107n.96 Götter: Von den 19 (aus 55) Stellen für ύεός u n d treibe im Bericht (vgl. Schneider (183) 532)handelt die Mehrzahl von der Durchführung von Kulthandlungen verschiedener Art; einige Male wird ausdrücklich die fehlende Rücksichtnahme auf göttliche Gebote festgestellt, vgl. dazu Meuß (480) 230.
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braucht zum Beispiel das Wort δίκαιος, gerecht, insgesamt dreiundneunzig Mal. Ein kleiner Teil davon entfällt auf Vertragstexte, die er im Wortlaut wiedergibt, der weitaus größte auf R e d e n 5 3 , sowohl direkte Reden als auch solche in oratio obliqua. Im Bericht dagegen kommt das Wort lediglich an acht Stellen vor. Es dürfte lehrreich sein, diese Stellen der Reihe nach zu betrachten und zu prüfen, in welchem Sinn Thukydides dort, wo er im eigenen Namen spricht, den Begriff des Gerechten verwendet und ob er das Gerechte, sei es ethisch, sei es juristisch verstanden, zur Begründung von Handlungen anführt. Das erste Beispiel begegnet in der Schilderung des Streites zwischen Kerkyra und Korinth um Epidamnos (I 25,3). Die Epidamnier wissen sich ihrer verbannten Adligen nicht zu erwehren, die, unterstützt von den benachbarten Barbaren, ständig Raubzüge gegen ihre Heimat unternehmen. Epidamnos ist Apoikie Kerkyras, ein Gesuch um Hilfe wird jedoch abschlägig beschieden, und die Epidamnier wenden sich, einem delphischen Orakel folgend, an Korinth, die Mutterstadt Kerkyras, von wo auch seinerzeit ihr eigener Oikist „nach dem alten Brauch" (24,2) berufen worden war. ,,Die Korinther aber willigten ein, ihnen Waffenhilfe zu gewähren, sowohl gemäß dem Recht (κατά те то δίκαιον) in der Ansicht, die Apoikie sei nicht weniger ihre eigene als die der Kerkyraier, als auch zugleich aus Groll gegen die Kerkyraier", weil diese ihnen nicht die Ehren erwiesen, auf die sie als Mutterstadt Anspruch zu haben meinten. Der Grund für diesen Mangel an Ehrerbietung lag vor allem in der wirtschaftlichen und militärischen Macht der Kerkyraier; hinzu kam noch ihr nicht geringer Nationalstolz. „Aufgrund aller dieser Beschwerdegründe also sandten die Korinther nicht ungern Hilfe nach Epidamnos . . ." (26,1). Eide (ορκος, орккк): R e d e n 20, Vertragstexte 9, Bericht 13, d a v o n 4, w o die Wirkung v o n Eiden in Frage gestellt o d e r verneint wird (I 9 III 8 2 , 7 ; 8 3 , 2 V 4 2 , 1 ) ; die übrigen E r w ä h n u n g e n sind beiläufig. Wohltaten (еЬеруеаЬ. еЬеруётщ'): R e d e n 11, Bericht 4. Friede·. R e d e n 2 1 , V e r t r a g s t e x t e 1, Bericht 17, d a v o n die m e i s t e n beiläufig. Freiheit (eXevdepicc, έλευΰερόω): R e d e n 5 1 , Bericht 12, vgl. die A n a l y s e v o n Diller ( 4 5 0 ) . Sicherheit (άσφάλεια.): R e d e n 16, Bericht 12. Interessant ist hier, daß ασφάλεια eine i d e o l o g i s c h e ' B e d e u t u n g h a b e n kann, wie sie Bieler ( 2 7 1 ) für σ ω τ η ρ ί α nachgew i e s e n hat: „ V o n amerikanischer S e i t e w u r d e n d i e jüngsten L u f t a n g r i f f e in Nordvietn a m als , . A b w e h r m a ß n a h m e n " u n d „ V o r w ä r t s v e r t e i d i g u n g " (sie) b e z e i c h n e t , d e n e n w i e d e r h o l t e feindselige A k t e u n d R a k e t e n f e u e r n o r d v i e t n a m e s i s c h e r Flugabwehrstellungen gegen amerikanische F e r n b o m b e r vorausgegangen (!) s e i e n . " (Meldung v o n AP, S ü d d e u t s c h e Zeitung v o m 2 4 . 2 . 1 9 7 1 , S . l ) D i e s e B e d e u t u n g k o m m t ausschließlich in R e d e n vor. S3 Es ist d a n a c h s c h w e r verständlich, wie Guthrie ( 6 9 0 ) III 8 5 über T h u k y d i d e s schreib e n kann, „it is remarkable h o w s e l d o m e v e n his orators . . . see a n y p o i n t in appealing t o c o n s i d e r a t i o n s of right, j u s t i c e or o t h e r n o r m a l l y a c c e p t e d moral standards". D i e R e d n e r t u n es im G e g e n t e i l ständig u n d mit einer Eindringlichkeit, die w o h l d e n S c h l u ß zuläßt, d a ß T h u k y d i d e s das P r o b l e m des G e r e c h t e n alles andere als gleichgültig war. Huart ( 1 8 2 ) 4 7 5 zählt für δίκαιο? n e b s t K o m p o s i t a u n d a b g e l e i t e t e n Wörtern m e h r als 3 5 0 Belege.
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Welche Rolle spielt das Recht in den Überlegungen der Korinther? Thukydides kennzeichnet die Einwilligung zur Intervention durch zwei Aussagen: sie geschah „sowohl gemäß dem R e c h t . . . als auch zugleich aus G r o l l . . ." Es könnte zunächst fraglich erscheinen, ob die Worte „gemäß dem R e c h t " überhaupt als Teil der Gedanken der Korinther oder vielmehr als Kommentar des Geschichtsschreibers zu verstehen sind. Letzteres scheidet aber aus, denn die beiden Ausdrücke werden durch die Wendung „ s o w o h l . . . als auch zugleich" als zusammengehörig gekennzeichnet, und jedem von ihnen folgt eine Erläuterung, die eindeutig Gedanken der Korinther wiedergeben soll 5 4 . Allerdings scheinen die beiden Gründe nicht gleichwertig zu sein. Schon durch den Umfang der Erläuterung gibt Thukydides dem zweiten, dem „Groll", weitaus größeres Gewicht, und wenn er zusammenfassend sagt, daß die Korinther „aufgrund aller dieser Beschwerdegründe" einschritten, so kann dies sich auf den ersten Blick schwerlich darauf beziehen, daß sie meinten, „gemäß dem R e c h t " zu handeln. Wäre also der erste nur ein vorgeschobener Grund, der zweite der wahre? Dagegen spricht, daß „gemäß dem R e c h t " durch eine Ansicht der Korinther erläutert wird; außerdem wird man Thukydides nicht ohne reifliche Überlegung zutrauen, von zwei Gründen, die er angibt, den ersten in der Zusammenfassung vergessen zu haben. Das Wort „Beschwerdegründe" (εγκλήματα:), das Thukydides in der Zusammenfassung verwendet, gehört in die juristische Sphäre, und dies paßt gut zu den einzelnen Tatbeständen, die als Erklärung für den „Groll" der Korinther genannt sind: Die Kerkyraier handeln nicht „wie die anderen Apoikien" (25,4), sie erfüllen nicht die berechtigten, wenn auch schwerlich klagbaren 55 Ansprüche Korinths als Mutterstadt. Sowohl das „ R e c h t " wie die einzelnen Motive des „Grolls" sind demnach Argumente, die man in Korinth gegen Kerkyra vorbrachte oder vorbringen konnte — Argumente juristischer Art. „Die Apoikie ist genausogut unsere wie die der Kerkyraier" — hatten doch die Korinther „fürwahr dem alten Brauch gemäß" (κατά Ы] τον παλαών νόμον, 24,2) den Gründer von Epidamnos gestellt. Thukydides versieht die Erwähnung dieser Tatsache mit einer unübersetzbaren ironischen Partikel: das hier mit „fürwahr" wiedergegebene Wort Э77 setzt den ganzen Ausdruck praktisch in Anführungszeichen 5 6 . Diese werden erst S* Zur Konstruktion der Stelle vgl. Lüdtke (176) 42f. Seine Ansicht, daß die Worte κατά T£ TO δίκαιον ausschließlich als .Zusatz'des Thukydides zu verstehen seien, kann ich aus den im Text dargelegten Gründen nicht teilen. Es ist freilich zuzugeben, daß eine eindeutige Abgrenzung oft nicht möglich ist. Z.B. wird III 36,4 der Volksbeschluß über die Hinrichtung der Bürger von Mytilene innerlich abhängig als ώμόν . . . βούλευμα και μέγα bezeichnet. III 49,4 nennt Thukydides denselben Tatbestand im eigenen Namen ein πράγμα άλλόκοτον. Erst solche Übereinstimmungen berechtigen jedoch zu der Feststellung, Thukydides teile eine Ansicht, die er erwähnt. S5
Vgl. Graham (579) 213ff und passim.
56
Vgl. Denniston 234 zum „effect of inverted commas" bei 8ή (ohne Bezug auf diese Stelle, die er 229 kommentarlos zitiert).
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verständlich, wenn man von den Argumenten liest, die die Korinther viele Jahre später daraus ableiten: sie lassen aber auch erkennen, was Thukydides von diesen Argumenten hält: sowohl die Überzeugung, „gemäß dem Recht" zu handeln, als auch die juristischen Folgerungen aus der Stellung Kerkyras als Gründung Korinths sind schöne Worte. In Wahrheit, läßt Thukydides durchblicken, sehen die Korinther ohne Freude, wie Kerkyra reich und mächtig geworden ist 57 , und begrüßen deshalb die Gelegenheit, Kerkyra indirekt zu schaden, indem sie in Epidamnos zugleich mit ihrer militärischen Hilfe ihre Interessen geltend machen. Auch dies letztere wird man in Korinth gesagt haben, zumindest kann es Thukydides zusammenfassend mit unter die „Beschwerdegründe" aufnehmen, die somit einerseits völkerrechtliche, formaljuristische Argumente, anderseits machtpolitische Interessen enthalten. Für das Verständnis der Stelle ergibt sich demnach folgendes: 1. Die genannten Motive der Korinther sind Gründe rechtlicher und politischer Art, wie sie in Korinth geäußert wurden oder doch hätten geäußert werden können. 2. Die als Gedanken referierten Argumente lassen sich mit einigen Vorbehalten auch als indirekte Rede verstehen. 3. Es ist wahrscheinlich, daß die juristischen 'Gründe' wenig mehr sind als die Möglichkeit, einen aus machtpolitischen Erwägungen gefaßten Entschluß zu rechtfertigen, und daß Thukydides genau dies zeigen wollte 58 . 4. Die Worte „gemäß dem Recht" bezeichnen keinesfalls eine an Recht und Billigkeit orientierte Haltung der Korinther, sondern ihre Überzeugung (νομίξοντες), das geltende Recht formal auf ihrer Seite zu haben. In ähnlicher Weise wird man die in einem sehr schwierigen 59 Satz (III 68,1) referierten Überlegungen der spartanischen Richter als eine Art indirekte Rede zu verstehen haben, durch welche die lange Rede der Plataier mit lakonischer Kürze beantwortet wird 60 . Auch hier ist das Wort „gerecht" im engen Sinne juristisch zu verstehen: der „gerechte Wille" (oder: das 57
„One naturally suspects an economic motive" — Gomme zu I 25,3, mit Recht. Thukydides ist denn auch weit davon entfernt, „only sentimental motives" zu erwähnen, wie Gomme ebenda aufgrund von ßioei behauptet. 58
Stahl (114) 37 spricht von einer „Spaltung in äußeren Eindruck (gerechte Hilfe . . .) und wahres Motiv (Gelegenheit zur Rache . . .)". Das Ungleichgewicht der Beweggründe ist damit richtig gesehen; das Bild, das Thukydides zeichnet, ist gleichwohl differenzierter. 59 Eine Auswahl aus den versuchten Emendationen bei Gomme ad 1. Hudes Text ergibt mit dem geringsten Aufwand einen verständlichen Satz. Noch Treu (456) 140f erwägt jedoch eine crux. 60
Den Hinweis, daß die Stelle so zu verstehen ist, verdanke ich Josef Kroll. Die .Urteilsbegründung' rekapituliert in äußerster Kürze die ostentativen Bemühungen der Spartaner, Plataia zu einer im spartanischen Sinne vertragsgemäßen Haltung zu bewegen.
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Rechtsverständis) 6 1 , nach welchem die Spartaner zu handeln meinen oder vorgeben, bezeichnet nicht ihre Orientierung an ethischen Normen, sondern ihr Festhalten am Wortlaut eines Vertrages. Die Plataier hatten sich vor Beginn der Belagerung selbst auf diesen Vertrag berufen (II 71,2), waren aber der Aufforderung des Archidamos, gemäß dem Vertrag wenigstens neutral zu bleiben, nicht gefolgt: diese Weigerung ist den spartanischen Richtern Grund für ihr Urteil. Wie an der eben besprochenen Stelle gibt Thukydides durch eine ironische Partikel 6 2 zu erkennen, daß er die Begründung nicht ernst nimmt: das Recht ist nicht mehr als Rechtfertigung. Das Festhalten an den Vertragsbestimmungen bezeichnet θ ίκαως auch V 35,4. Nach dem Nikiasfrieden war es den Spartanern durch das Los zugefallen, mit der Ausführung der Vertragsbestimmungen den Anfang zu machen. „Als die Athener nun sahen, daß von alledem nichts in Wirklichkeit geschah, faßten sie den Verdacht, daß die Spartaner nichts Gerechtes im Sinne hätten (μηδέν δίκαιον diavoeiodai); daher gaben sie ihnen Pylos nicht zurück, als jene es f o r d e r t e n ; . . . sie behielten auch die übrigen Orte und warteten ab, bis jene die Abreden erfüllt hätten". Daß das „ G e r e c h t e " hier wohl nicht im allgemeinen Sinn zu verstehen ist, sondern präzis die Erfüllung der Abreden meint, geht nicht nur aus den Konsequenzen hervor, die die Athener aus ihrem Verdacht ziehen, sondern auch aus dem Kontext, in dem dieselbe Wendung einige Kapitel später (46, 2—3) wiederkehrt. Die Athener senden eine Gesandtschaft nach Sparta, die „die Spartaner auffordern soll, sofern sie etwas Gerechtes im Sinn haben (ei τι δίκαιον διανοούνται.), sofort Panaktosund Amphipolis herauszugeben . . .; hätten sie selbst die Absicht, Unrecht zu tun (et έβούλοντο adiKeiv), so hätten sie schon mit Argos ein Bündnis schließen können . . . " Unrecht tun heißt hier offensichtlich, gegen einen Vertrag verstoßen, das „ G e r e c h t e " besteht darin, den Vertragspflichten nachzukommen. Auch IV 73,1 gehört der Ausdruck δικαίως, „rechtmäßig", „gerechterweise", in gewisser Hinsicht in den Bereich des Juristischen, denn er impliziert eine Rechtsentscheidung. Die Spartaner haben nach einem unentschiedenen Gefecht gegen die Athener vor den Toren von Megara eine starke Position bezogen und warten ab, ob die Athener sie noch einmal angreifen; sie spekulieren darauf, daß die Athener dies nicht tun und die Megarer sie selbst daraufhin, wie einen Wettkämpfer, gegen den niemand angetreten ist, als Sieger betrachten und ihnen die Tore öffnen: „sie glaubten . . ., daß man ihnen wie einem Unbestaubten 6 3 rechtmäßig den Sieg zuerkennen würde". Die Megarer, so ist die Erwartung, werden in 61
Die Formulierung δικαία βουλήσει erinnert an die Wendung Ίνώμ-β τχι δικαιοτάτη
Kßivew im Richtereid (Dem. 20. 118). A b e r die Richter sind im vorliegenden Fall selbst Partei. 62
δήϋεν , vgl. Hdt. I 5 9 , 4 und How & Wells a d 1.: „ s h o w s that the statement is f a l s e " .
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Zu - ( k o w r i vgl. Jüthner ( 1 9 1 ) .
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ihrer Beurteilung der Lage nicht anders handeln als die K a m p f r i c h t e r im Sport, die an feste Regeln gebunden sind. Einen weniger engen Sinn scheint Ыкоиоя an einer anderen Stelle zu haben, deren Z u s a m m e n h a n g oben bereits besprochen ist. Für die Kapitulation von Amphipolis n e n n t T h u k y d i d e s u n t e r anderem den G r u n d , daß die Bevölkerung „die Proklamation (des Brasidas) im Verhältnis zu ihrer Furcht als gerecht ansah" (IV 106,1). Als „ g e r e c h t " w e r d e n hier die Bedingungen beurteilt, die Thukydides kurz zuvor als „ m a ß v o l l " bezeichnet hatte. Diese Eigenschaft ist es, die das Urteil b e s t i m m t ; Thukydides m a c h t im übrigen deutlich, daß es nicht in erster Linie juristische Überlegungen waren, die die Amphipoliten zu ihrer Einschätzung k o m m e n ließen 6 4 , δίκαιος ist demnach hier die Vokabel für den subjektiven Eindruck von einem Tatbestand, für dessen Kennzeichnung eher μέτριος, „maßvoll", das richtige Wort wäre. Man wird d e m n a c h auch in der Charakteristik des Brasidas IV 81,2 die Aussage, daß er sich „gegen die Städte gerecht u n d maßvoll verhielt", nicht als Hendiadyoin auffassen, sondern den beiden Begriffen δίκαιος und μέτριος ihre volle Bedeutung geben. Die umfassende Rechtschaffenheit des Brasidas 6 5 vereint die strikte Observanz geltenden R e c h t s mit der Großzügigkeit u n d Rücksicht, die dem Ermessen anheimgegeben bleibt. In der Formulierung des Thukydides zeigt sich eine S y n o n y m d i s t i n k t i o n der Art, wie sie von den Sophisten seiner u n d der folgenden Generation kultiviert w u r d e 6 6 . Die soeben für die D e u t u n g von IV 81,2 vertretene Auffassung wird bestätigt durch eine Passage in der Beschreibung des Bürgerkrieges auf Kerkyra im dritten Buch. Im Kampf der Parteien, schreibt Thukydides (III 82,8), wagte man das Äußerste; „in der Vergeltung ging man noch darüber hinaus: m a n hielt sich nicht an das Gerechte und das was der Stadt nützte, sondern b e m a ß sie nach der Willkür des A u g e n b l i c k s . . . " Das Gerechte und das staatspolitisch Richtige werden auch dort n o c h unterschieden, wo die Gültigkeit beider als Maßstab verneint wird. Das Gerechte ist also, in dem Sprachgebrauch, an den T h u k y d i d e s sich überall dort hält, w o er im eigenen N a m e n spricht 6 7 , identisch mit der Befolgung 64 65
aaßevoL,. . . κινδύνου пара δόξαν άφιέμενοι, IV 106,1. „Er war der erste, der kam, und schien in allen Dingen gut zu sein . . ." IV 81,3.
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Berühmt ist die Antithese von δ ίκαιος und επιεικής, die Gorgias im Epitaphios (fr. 82 В б, II 285, 15f D.-Kr„ vgl. Dihle (596) 206) konstruiert. Zur Unterscheidung von Synonymen im 5 Jh. vgl. Wössner (175), Mayer (170); bei Thukydides: Huart (182), Drobig (186), beide mit unbefriedigenden Ergebnissen. Im ganzen scheint die Unterscheidung .synonymer' Ausdrücke bei Thukydides so konsequent durchgehalten zu sein, daß zumindest die Beweislast bei demjenigen liegt, der im Einzelfall das Gegenteil erweisen möchte. Wo das Problem sich in der Literatur vereinzelt stellt, z.B. bei Treu (456), Graham (203), de Wever (242), wird dies nicht immer gesehen. 67
Der einzige weitere Beleg im Bericht, III 84,2 wird hier nicht berücksichtigt, weil das Kapitel von der großen Mehrheit der Erklärer (seit dem Altertum) und Heraus-
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bestimmter, im mehr oder weniger engen Sinne juristischer Regeln. Dies gilt sowohl generell als auch insbesondere dort, w o Thukydides es im Zusammenhang mit den Beweggründen handelnder Personen oder Gruppen erwähnt 6 8 . Nun handelt es sich bei δίκαιος um einen ethischen Grundbegriff, der für alles private und politische Handeln entscheidend ist 6 9 . Einem Historiker, sollte man meinen, kann es nicht fernliegen, das Verhalten der einzelnen wie der Staaten an ihm zu messen 7 0 . Es ist deshalb sehr auffällig, daß Thukydides ihn im eigenen Namen so selten verwendet, und daß er das Gerechte im Sinne einer umfassenden Norm nicht eine einzige Handlung bestimmen läßt. Wenn wir uns nach anderen ethischen Begriffen umsehen, die sich als Beweggründe des Handelns anführen ließen, stellen wir zunächst fest, daß sie in den berichtenden Partien sehr spärlich auftreten 7 1 ; noch weit seltener erscheinen sie dort in der Begründung von Handlungen, auch nicht in einem eingeschränkten Sinn wie θίκαιος. Prüft man z.B. die Verwendung des Gegenbegriffes адисеш12, so stellt sich heraus, daß das Wort in den Reden sowohl im juristischen als auch vor allem in einem allgemein moralischen Sinne vorkommt, während im Bericht die pragmatische Bedeutung geber für unecht gehalten wird. Der Streit (vgl. die N u m m e r n 255—260a der Bibliographie und die — unvollständigen — Literaturnachweise in Nr. 260) ist noch nicht ganz beigelegt, obgleich die Verfechter der Echtheit (neben Wenzel (260) vor allem Schmid (34) 81n.5 und 83 mit n n . 2 - 5 und Conflenti (110) 4 1 8 f f , vgl. auch Stock (92) lf und Deininger (386) 15n.23) eindeutig die schwächeren Argumente haben. Die Verm u t u n g von Schwartz (42) 231, III 84 sei eine frühere Fassung von III 82—83, verdient Erwägung (vgl. Thibaudet (21) 136n.l und Strasburger in Horneffer-Strasburger ad 1.); sie ist sicherlich plausibler als die von Laqueur (297) 326, es handle sich um eine spätere Fassung. Im übrigen ist auch für III 84,2 die Beziehung von δίκαιοζ zum geltenden
Recht (vgl. eiuiduia . . . παρά τούς νόμους άδικείν
κτλ.)
eindeutig.
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Vgl. Ferrara (393) 341ff. Das Völkerrecht und Möglichkeiten, es zu umgehen, spielen in der Motivation von Handlungen eine sehr erhebliche Rolle, vgl.etwa I 25; 45,3; 49,4; 7; 5 2 , 3 - 5 3 ; 55,2; 66; 8 7 - 8 8 ; 98,4; 126,2; 128,1 II 2,3; 5 , 5 - 6 ; 67,4 III 52,2; 68,1; 9 2 , 2 - 9 8 IV 23,1; 83,6 V 39,3 VII 1 8 , 2 - 3 VIII 9,1. 69
In diesem umfassenden Sinne läßt Thukydides seine Redner das Wort häufig verwenden, vgl. von Fritz (631) 6 3 I f f . 70 Solches Messen wäre auch dann gegeben, wenn eine Handlung nicht direkt wertend beurteilt, sondern z.B. ursächlich auf die Berücksichtigung des δίκαιοι zurückgeführt würde, wie etwa bei Hdt. V 75, 1: „Die Korinther waren die ersten, die sich darüber Rechenschaft ablegten, daß sie nicht das Rechte (τά δίκαια) täten; deshalb wurden sie anderen Sinnes und ließen ab . . ." 71 Ausnahmen bilden lediglich Passagen wie II 51 ff, III 82 f, in denen Thukydides sich selbst — nicht berichtend, sondern reflektierend — mit den Wirkungen des Krieges auseinandersetzt. 72 Zu den Bedeutungen von άδικειν vgl. Gernet (752) 35ff. άδικέω erscheint im Bericht an 17 Stellen, davon 7 mal, stets im juristischen Sinne (Rechtsbruch), in referierten Überlegungen oder Motiven (IV 83,6; 123,1 V 30,2; 39,3; 42,2; 84,3 VIII 51,1), in Reden etwa 100 mal.
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(„schädigen") vorherrscht. Ohne die Aufzählung der möglichen Beispiele weiter zu verlängern, können wir feststellen, daß der für δίκαιος gewonnene Befund analog für die übrigen ethischen Begriffe gilt. Diese Beobachtung führt zu einer bedeutsamen Erkenntnis: Thukydides vermeidet es grundsätzlich, Handlungen, von deren Beweggründen er im eigenen Namen berichtet, auf ethische Prinzipien zurückzuführen. Um so mehr läßt er dagegen die Handelnden selbst in ihren Reden solche Prinzipien für sich in Anspruch nehmen: wollte man ihren Worten glauben, so wären die Spartaner Vorkämpfer der Freiheit, die Thebaner die der Gerechtigkeit, Alkibiades der einzige wahre Patriot. Dieselben Handelnden können freilich auch alle Wertbegriffe als „schöne Namen" verdammen und ausschließlich die Realpolitik gelten lassen. Die Versuchung liegt nahe, hinter dieser Relativierung der Werte die politischen Grundsätze des Thukydides oder doch wenigstens sein pessimistisches Menschenbild zu erblicken 7 3 . Sie mag angesichts unserer Feststellung des Gegensatzes von Reden und Bericht noch näher liegen. Eine solche Folgerung wäre jedoch im höchsten Grade voreilig. So wenig wie man die Meinung einzelner Redner ohne weiteres mit der des Thukydides gleichsetzen oder gar eine Sammlung von Maximen aus den Reden zu seiner politischen Philosophie erklären kann 7 4 , so wenig ist es statthaft, aus der Dialektik von Motivation und Rechtfertigung als solcher schon Schlüsse zu ziehen. Daß er die Handelnden andere Arten von Gründen für ihr Tun anführen läßt, als er selbst dafür anführt, ist eine Tatsache. Ehe wir daraus Schlüsse ziehen, müssen wir betrachten, wie Thukydides selbst Handlungen motiviert. Was wir über die Verschiedenheit von Reden und Bericht beobachtet haben, läßt es angezeigt erscheinen, den Bericht zunächst für sich zu untersuchen. Die Fragen, die sich in der Einleitung ergaben, legen außerdem nahe, die Untersuchung nicht auf Handlungsmotive im Sinne von referierten Beweggründen zu beschränken, sondern alle Aussagen über 7 3 Eine solche Deutung ist a m überzeugendsten und differenziertesten durchgeführt bei Müri (93). Aber während sich dieser der methodischen Schwierigkeiten seines Unternehmens noch wohl bewußt ist, findet sich bei anderen nur mehr die schlichte, einfach falsche, Feststellung, daß T h u k y d i d e s auf moralische Kriterien gänzlich verzichtete, vgl. etwa Nestle ( 4 8 2 ) 6 5 3 und (604) 5 2 0 f f , Bultmann ( 6 2 3 ) 61. 7 4 Vgl. oben A n m . 50. Man hat auf diese Weise sowohl den Moralisten T h u k y d i d e s konstruiert (z.B. Herter (465) 6 4 f ) als auch — weitaus häufiger — den Realpolitiker (v. Arnim (449) lOff, Regenbogen ( 1 2 2 ) 2 4 4 f , L o r d ( 1 2 6 ) 2 1 6 , Maddalena (98) lOff, L u d w i g ( 4 8 5 ) 121, Eberhardt ( 1 0 0 ) 3 1 5 , bis hin zu Reimer ( 1 3 3 ) 7 3 f f , Ostwald (153) 3 0 9 , Klinz ( 1 3 7 ) 19f und W o o d h e a d ( 1 3 8 ) passim). Die Methode wird anschaulich von Bluhm ( 1 0 9 ) 2 1 n . l geschildert: „ I have pieced together T h u c y d i d e s ' theory of motivation f r o m his own statements and also f r o m the things said about human motives by the various speakers in the b o o k . . . " . Er b e r u f t sich dafür — nicht ganz zu recht — auf Grene ( 1 2 7 ) 34 und 66 und J . H . Finley (30) lOOff, 2 9 6 f f u n d gliedert das so gewonnene Bild harmonisch in eine politische Ideengeschichte ein ( 1 3 6 ) 3 I f f . T h u k y d i d e s kann so nicht verstanden werden, vgl. Kitto ( 6 0 2 ) 3 1 4 f f und Stahl ( 1 1 4 ) 1 7 .
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geistige Vorgänge in die Betrachtung einzubeziehen. Damit wird es zwar unmöglich, für die vorzuführenden Beispiele Vollständigkeit auch nur anzustreben, anderseits wird es aber leichter sein, typische Formen der Verknüpfung von Ereignissen und der Erklärung von Handlungen als solche zu erkennen.
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T E I L II: Z U R F U N K T I O N E L L E N M O R P H O L O G I E D E R E R Z Ä H L U N G
Wahrnehmung, Gedanke und Handlung „Als Thukydides dies hörte, stach er eilig in See" (IV 104,5). „Als Boten aus Epidamnos mit der Nachricht kamen, daß die Epidamnier belagert würden, rüsteten die Korinther zum Krieg" (I 27,1). „Als die Keryraier von den Vorbereitungen erfuhren, kamen sie nach K o r i n t h " (I 28,1). „Als die Keryraier gewahr wurden, daß die Schiffe zu ihnen unterwegs waren, bemannten sie 110 Schiffe ..." (I 47,1). „Als sie einander sichteten, formierten sie sich zur Schlachtreihe" (I 48,1). „Als die Athener dies sahen, verließen sie ihre Schiffe und kamen zu Hilfe" (IV 25,11). „Als die Argiver dies erkannten, kamen sie zu Hilfe ..." (V 59,1). Diese S ä t z e sind beliebig u n d willkürlich aus d e m Bericht d e s T h u k y d i d e s h e r a u s g e g r i f f e n . Es g i b t H u n d e r t e , d i e i h n e n g l e i c h e n 7 5 , d i e ä h n l i c h einf a c h g e b a u t sind u n d dieselbe F u n k t i o n erfüllen: ein S t ü c k E r z ä h l u n g , das e i n e r v o n m e h r e r e n P a r t e i e n g e w i d m e t ist, w i r d a b g e b r o c h e n , d i e Blickr i c h t u n g wechselt, eine andere Partei k o m m t z u m Zuge. Das V e r b u m der W a h r n e h m u n g v e r k n ü p f t die b e i d e n H a n d l u n g e n u n d w a h r t die Kontin u i t ä t d e r E r z ä h l u n g . D i e z w e i t e H a n d l u n g folgt n i c h t n u r a u f die e r s t e , sie ist a u c h d u r c h sie bedingt. Die H a n d e l n d e n reagieren auf etwas, das sie g e w a h r w e r d e n . Diese verknüpfende F u n k t i o n k a n n m a n u n t e r zwei k o m p l e m e n t ä r e n A s p e k t e n b e s c h r e i b e n . Sie ist e i n e r s e i t s ä s t h e t i s c h , in d e m S i n n e , d a ß d e r W e c h s e l d e s h a n d e l n d e n S u b j e k t s w e n i g e r a b r u p t i s t , als w e n n e t w a n u r 75 Vgl. de Romilly (150) 53: „Ce type de phrase, si caracteristique de la maniere de Thucydide . . ." Belegsammlungen bei Montgomery (152) 50ff; dessen Zusammenstellungen sind jedoch nicht repräsentativ und an anderen Gesichtspunkten orientiert als die hier im Text gegebenen Beispiele. Deshalb sind im folgenden zu jedem der obigen Zitate, eine Anzahl von Parallelen genannt. Vollständigkeit wird nicht beansprucht. άκούω: I 137,1 III 15,1 IV 38,1; 68,3; 78,5; 99 V 10,3; 28,1; 46,5 VI 6,3; 8,2; 19,1; 26,1; 93,4 VII 16,1; 73,4 VIII 73,5; 75,1; 82,1. άγγέλλω/άγγελοι: I 116,3 III 3,3; 5 - 6 ; 3 3 , 2 - 3 ; 110, 1 - 2 IV 15,1; 25,7; 93,2 V 64, 1 - 2 VIII 6,4; 32,3; 33,3; 79,5; 100,4. πνν&άνομοα: I 64,2 III 18,3; 80,2 IV 3,1; 29,2; 42,3; 50,3 V 55,4; 75,1 VI 75,3 VII 1,2; 4,7; 25,1 VIII 23,4; 27,1; 35,3; 62,2; 108,3. αίσ&άνομοα: mit Objekt I 61,1 II 5,4; 31,1; 65,9; 81,1; 94,3 III 36,5; 81,2; 102,5; 106,1 IV 44,4;89,2; 110,2 V2,3; 3,3; 30,1; 37,3; 73,2; 83,1 VI 59,3; 65,2; 3 VII 69,1 VIII 9,2; 11,2; 24,5; 6; 26,2; 31,1; 41,4; 43,1; 77; 88,1; ohne Objekt I 116,1; 118,2; 126,7; 131,1; 134,3 II 76,1 IV 67,5; 113,2 V 4,3; 58,3 VII4.2; 30,1 VIII 35,2; 73,4; 80,4; 103,2; 104,1. όράω und Komposita: mit Objekt I 49,7; 50,5 II 4,6; 75,4; 86,6 III 6,1; 16,4; 23,4; 75,5; 77,3; 81,3 IV 9,1; 25,4 V 59,2; 65,1; 2; 73,3; 80,2; 3 VII 3,3; 23,1; 47,1; 53,2; 70,8; 76,1; 82,1 VIII 16,2; 25,4; 74,3; 84,3; 102,2;107,1; ohne Objekt III 4,1 VI 101,6 VIII 19,3; 34. •γιηνώσκω: I 25,1; 91,2; 106,2 II 4,1; 12,4 III 28Д IV 14,1; 27,3; 4; 28,2; 34,1; 37,1; 66,3; 69,1; 125,1 VI 102,2 VII 3,3; 4,2; 81,4; 83,4 VIII 1,1; 12,1; 71,2; 104,4; 105,3.
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ausgesagt würde: ,A tat dies. В tat jenes'; das Verbum der Wahrnehmung schafft eine Überleitung von einem Ereignisabschnitt zum nächsten. Sie ist anderseits logisch, in dem Sinne, daß durch die Art der Verknüpfung zwei Handlungen in ein kausales Verhältnis gebracht werden: die Aussage ,A tat dies. В wurde es gewahr und tat jenes' impliziert, daß В aufgrund seiner Wahrnehmung von A's Tun in der Weise handelt, wie berichtet wird. Die beiden Aspekte sind insofern komplementär, als für den Leser die ,ästhetische' Befriedigung und die Erkenntnis des Kausalverhältnisses eins sind. Er begreift die Erzählung als zusammenhängend, weil er in A's Tun den Anlaß zu B's Handlung sieht 76 und sie deshalb versteht; er kann den geistigen Vorgang nach vollziehen, der zu B's Handlung geführt hat. Wenn zwei Handlungen lediglich durch ein Verbum der Wahrnehmung verbunden werden, bleibt die kausale Beziehung zwischen ihnen weitgehend implizit. Dem Leser wird ein Zusammenhang suggeriert; er versteht ihn intuitiv: er kann die nicht genannten Gedanken ohne viel Überlegung ergänzen. Wenn der Zusammenhang nicht so einfach ist, daß er intuitiv erfaßt werden kann, muß der Erzähler ihn präzisieren. Das kann so geschehen, daß statt der einen Wahrnehmung deren zwei genannt werden 7 7 , wie z.B. in folgendem Satz: „Als Brasidas gewahr wurde, daß (die Athener) die Brustwehren verließen, und sah, was vorging, ließ er sein Heer stürmen, nahm sofort die Befestigung und tötete alle, die er (noch) darin fand" (IV 116,1). Das Erkennen der Situation vollzieht sich hier in zwei Schritten. Daß die Verteidiger ihre Stellungen verlassen, ist Anzeichen für etwas Ungewöhnliches, das vorgeht; nachdem dies registriert ist (man mag sich etwa vorstellen, daß es Brasidas von seinem Standort aus zunächst nicht möglich war, die Ursache des Beobachteten zu erkennen), folgt als Ergänzung der vollständige Überblick über die Lage („was vorging", hatte Thukydides in der vorangehenden Erzählung bereits beschrieben). Durch die analytische Zergliederung des Erkennens in zwei Phasen 78 wird eine Überlegung angedeutet, die jedoch als solche wiederum implizit bleibt und vom Leser ergänzt werden muß. 76
Ähnlich ist es, wenn als Anstoß zu einer Handlung die Überredung durch eine Person genannt wird, wie z.B. I 135,3 II 67,3; 80,2; 85,5; 101,6 III 7,1; 70,1; 5; 73; 7 5 , 1 - 3 ; 100,1; 102,3; 7 IV 21,3; 47,1; 65,1; 83,6; 103,3 V 2,1; 35,7; 4 6 , 2 - 3 ; 52,2; 55,2; 56,3; 61,3; 76,3 VII 31, 4 - 5 ; 40,1 VIII 5,2; 12,3; 26,1; 28,2; 44,2. 77 Weitere Beispiele sind: für zwei unabhängige Wahrnehmungen III 70,6; 108,3 IV 48,1; 106,2VII 8,1; 60,1; für Wahrnehmung und folgende Erkenntnis III 113,5 IV 44,4 V 44,1 VII 81,1 VIII 102,1.
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Vgl. etwa IV 44,4 κονωρτόν de ώς eihov και ώς eyvojaotv.Es kann hier beiseite
bleiben, ob die Analyse von Thukydides selbst vorgenommen wurde oder aus der Erzählung seines Berichterstatters übernommen ist. Das letztere hat deswegen die Wahrscheinlichkeit für sich, weil die beiden Phasen — Gewahrwerden einer Einzelheit, Erkennen der Gesamtlage — zur Verständlichkeit des Berichts nichts beitragen, sondern sie, wenn man über die Doppelung ώ ς γισΰετο . . . και. . . ορών nicht hinwegliest, eher
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Mit d e m N e n n e n e i n e r W a h r n e h m u n g , g a n z g l e i c h w i e g e n a u diese b e s c h r i e b e n ist, w i r d a l s o lediglich ein M o m e n t b e z e i c h n e t , d a s in d e r G e n e sis e i n e r H a n d l u n g e i n e R o l l e s p i e l t ; d i e R e k o n s t r u k t i o n d e r G e n e s i s selbst b l e i b t w e i t g e h e n d d e m L e s e r ü b e r l a s s e n . S e h r o f t b e l ä ß t es T h u k y dides j e d o c h nicht dabei, s o n d e r n gibt d e m L e s e r präzisere A u s k u n f t , sei es in d e r W e i s e , d a ß e r für die Genesis
der Handlung genauere Anhalts-
p u n k t e liefert ( w i e e t w a e i n e M e i n u n g , E r w a r t u n g , V e r m u t u n g d e s H a n d e l n d e n ) , o d e r in d e r W e i s e , d a ß e r d a s Ziel d e r H a n d l u n g b e n e n n t ( a l s o die A b sicht d e s H a n d e l n d e n d a r l e g t ) , sei es s c h l i e ß l i c h in d e r W e i s e , d a ß er b e i d e Gesichtspunkte kombiniert. B e i d e r e r s t e n g e n a n n t e n M ö g l i c h k e i t b i l d e t in d e r R e g e l e i n e V e r m u t u n g , A n s i c h t , Ü b e r l e g u n g o d e r a u c h d a s W i s s e n u m b e s t i m m t e T a t s a c h e n die Voraussetzung
für d i e f o l g e n d e H a n d l u n g . E i n i g e B e i s p i e l e 7 9 :
„Die Spartaner trafen Vorbereitungen, die Befestigung zu Land und zur See anzugreifen, in der Erwartung, daß sie das in kurzer Zeit errichtete und spärlich bemannte Bauwerk ohne Schwierigkeit nehmen würden." (IV 8,4) „Nikias ergab sich dem Gylippos, denn er vertraute ihm mehr als den Syrakusanern." (VII 8 5 , 1 ) ..Die Athener waren mit den Schiffen nicht zur Stelle, denn sie mißtrauten dem Sitalkes und meinten, daß er nicht kommen würde." (II 1 0 1 , 1 ) „Die athenischen Schiffe ... machten zwar den Gegnern Angst, griffen aber in den Kampf nicht ein, denn ihre Generale waren in Sorge (дедιότες) wegen der Instruktionen, die ihnen die Athener gegeben h a t t e n . " (IV 4 9 , 4 ) beeinträchtigen. Ist diese Deutung richtig, so liegt ein Indiz dafür vor, daß hier eine Aussage über geistige Vorgänge auf ,authentischer' Information beruht. Vgl. zur Problematik solcher Deutungsversuche unten S. 1 3 3 f f . Für das nachfolgende Vergleichsmaterial wird wie in Anm. 75 Vollständigkeit nicht beansprucht, zumal nach Möglichkeit vermieden worden ist, Belegstellen mehr als einmal zu zitieren. ε λ π ί ζ ω : I 65,1 II 7,1; 75,1 IV 9 , 3 ; 13,1; 2 4 , 4 ; 4 3 , 5 ; 71,2; 76,5; 80,1 V 3 9 , 2 VI 5 6 , 3 V i l l i 2 3 , 4 ; 9 9 . έλπις: IV 96,7 V I I I 4 8 , 3 ; 9 4 , 2 . Zur Bedeutung .erwarten' vgl. Myres (213) und Tabachovitz ( 2 2 1 ) . πιστεύω: I 132,1 III 4 , 5 ; 5,2 IV 3 6 , 2 ; 1 2 2 , 4 V 2 0 , 2 (Lesung nach Gomme ad 1. III 6 8 5 ) VII 3 6 , 4 ; 8 3 , 1 . ύποπτεύω und Synonyma: IV 51 V 3 1 , 3 ; 1 1 6 , 1 VII 4 9 , 4 VIII 3 9 , 2 ; 76,2. δέδοιχα: I 5 0 , 4 ; 5 2 ; 5 7 , 3 ; 6 7 , 2 ; 119; 1 3 2 , 5 ; 1 3 7 , 2 II 15,1; 6 7 , 4 ; 76,3 III 60; 7 5 , 3 ; 5 ; 7 9 , 1 ; 8 3 , 3 ; 9 2 , 2 ; 1 0 5 , 4 ; 1 1 3 , 6 ; IV 4 6 , 4 V 3 , 1 ; 2 9 , 1 ; 3 4 , 2 ; 3 8 , 3 ; 5 0 , 3 ; 5 2 , 1 ; 61,5 V I 2 4 , 4 ; 7 0 , 4 ; 101,5 VII 5 3 , 3 ; 7 3 , 3 ; 86,3 VIII 7,1; 3 9 , 3 ; 5 6 , 4 ; 72,2. δέος: I 2 6 , 2 III 3 3 , 2 IV 8 4 , 2 VIII 5 6 , 3 . φοβέω und φοβούμαι: I 9 1 , 3 II 7 9 , 6 ; 9 2 , 6 ; 1 0 1 , 2 - 3 III 4 , 3 ; 7 8 , 1 ; 9 3 , 2 ; 9 8 , 5 ; 1 0 1 , 2 ; 108,1 IV 8 , 7 ; 7 1 , 1 ; 8 0 , 3 V 2 9 , 4 ; 4 5 , 1 ; 4 6 , 4 V I 8 8 , 9 ; 101,5 VII 55,1 VIII 9 0 , 2 ; 9 2 , 1 1 . φόβος: II 8 1 , 6 VI 5 5 , 3 ; 5 9 , 2 ; 70,1 VII 3 0 , 1 V I I I 73,3; 1 0 5 , 3 . οίδα: III 22,3 IV 7 4 , 2 ; 1 2 7 , 2 V 6 9 , 2 VI 7 4 , 4 ; 7 5 , 2 VIII 74,1; 85,1. νομίζω: I 5 9 , 2 ; 9 3 , 3 ; 1 2 6 , 5 ; 145 II 7 0 , 4 ; 7 7 , 1 ; 8 0 , 8 ; 1 0 0 , 6 III 6 8 , 4 ; 9 3 , 2 ; 9 4 , 2 ; 1 1 1 , 3 IV 2 , 3 ; 2 1 , 1 ; 2; 3 1 , 2 ; 5 7 , 2 ; 5 8 , 2 ; 8 3 , 6 ; 9 9 ; 1 1 5 , 3 ; 117,1 V 13,1; 2 1 , 2 ; 2 2 , 2 ; 3 1 , 6 ; 4 2 , 1 ; 5 7 , 1 ; 6 0 , 2 ; 5 VI 2 4 , 1 ; 1 0 3 , 3 VII 6 , 1 ; 5 6 , 2 ; 74,1; 8 1 , 3 ; 8 6 , 2 V I I I 2,1 1 0 , 3 ; 5 4 , 3 ; 75,3. SoKetl·: II 18,3; 3 4 , 6 III 3 5 , 1 ; 8 1 , 4 ; 9 5 , 3 IV 7 4 , 3 ; 81,1 V 10,4; 12,1 4 4 , 3 ; 7 2 , 1 ; 84,1 VI 6 1 , 2 VII 5 , 2 ; 4 3 , 2 V I I I 3 6 , 2 ; 70,2. ηγούμαι: III 2 0 , 2 IV 117,1 V 1 VI 5 3 , 2 VIII 9 2 , 1 1 . οϊομαι: II 4 , 5 ; 21,3 III 113,3 IV 3 2 , 1 ; 1 1 5 , 2 ; 128,1 V 3 8 , 3 V I 3 2 , 3 V I I I 9 5 , 4 . 79
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„Seine Mittelsmänner aber, die wußten, daß er kommen würde, . . . bewachten den Anmarschweg." (IV 110,2) „(Sitalkes) verhandelte auch mit den Thrakien benachbarten Chalkideern und Bottiaiern und suchte sie zu bewegen, gemeinsam mit ihm (von Athen) abzufallen, in der Meinung, wenn er diese ihm benachbarten Gebiete zu Bundesgenossen hätte, könne er den Krieg zusammen mit ihnen leichter führen." (I 57,5) Anhand des zuletzt zitierten Beispiels läßt sich übrigens zeigen, daß zwischen der Verwendung von Verben der Wahrnehmung und der von Verben des Denkens sehr weitgehende Analogien gezogen werden können. A m Anfang des zweiten Buches berichtet Thukydides über die beiderseitigen Kriegsvorbereitungen und sagt dabei von den Athenern: ,,. . . sie schickten auch Gesandtschaften in die Gebiete, die mehr der Peloponnes benachbart waren 80 , nach Kerkyra, Kephallenien, Akarnanien und Zakynthos, denn sie sahen, daß, wenn diese Länder sicher auf ihrer Seite 81 wären, sie die Peloponnes von allen Seiten mit Krieg überziehen könnten." (II 7,3) War die Überlegung des Sitalkes mit νομίζω, ,meinen' bezeichnet, so steht für den ganz ähnlichen Gedankengang der Athener οράω, ,sehen'. Ein solcher Gebrauch von οράω (wie auch von αίο&άνομαι, ,gewahr werden') begegnet bei Thukydides nicht selten 8 2 . Man wird dies als Anhaltspunkt dafür nehmen können, daß der Unterschied zwischen den beiden Möglichkeiten — Verknüpfung einer Handlung mit dem K o n t e x t durch ein Verbum der Wahrnehmung einerseits und Begründung einer Handlung durch ein Verbum des Denkens anderseits — mehr gradueller als qualitativer Natur ist. Was als Wahrnehmung genannt wird, impliziert immer auch den Gedanken, der von der Information zum Handeln führt. Beiden Verfahren ist demnach gemeinsam, daß eine Handlung durch einen geistigen Vorgang erklärt wird, sei es nun, daß dieser sich ausschließlich auf T a t s a c h e n bezieht, die im K o n t e x t bereits genannt sind, sei es, daß als Inhalt der referierten Überlegung ein neues, dem Leser noch nicht bekanntes M o m e n t h i n z u k o m m t . Vielfach werden auch beide in einem Satz kombiniert. Nur zwei Beispiele 8 3 : 80 μάΧλον ziehe ich mit Horneffer-Strasburger und gegen Krüger ad 1. („mehr als anderswohin", sc. enpeaßevovro) und andere zu Trepi Πελοποννήσου. Dafür spricht sowohl der Satzrhythmus als auch die Sache: es wurde einerseits der Delische Bund „überprüft" und anderseits versucht, eine Basis zu schaffen, um die Peloponnes in die Zange zu nehmen; hierzu waren Kontakte mit Staaten notwendig, die der Peloponnes näher lagen als die schon von Athen abhängigen Verbündeten. 81 βεβαίως wird entgegen Gommes Vorschlag ad 1. mit allen früheren Herausgebern zu φίλια gezogen. Die Liste II 9,4 läßt vermuten, daß Beziehungen weitgehend schon bestanden; sie bedurften der Absicherung. 8 2 Es soll damit nicht etwa behauptet werden, daß ein solcher Gebrauch von οράω (vgl. etwa II 22,1; 53,1; 70,2 IV 11,4; 22,3; 27,1 VII 4,4; 42,4 und Huart (182) 176f mit weiteren Beispielen) oder von αισθάνομαι (dazu Huart op. cit. 171ff, Meyer (184) 39f) eine Besonderheit des Thukydides sei, vgl. Schneider (183) 531.
Man vergleiche etwa für die Verbindung Wahrnehmung-Gedanke I 1,1; 51,1; 63,1; 103,4 II 13,1; 21,2; 57,1; 74,1; 81,5 III 32,3; 33,1; 78,2; 112,7 IV 5,1; 13,3; 30,3; 44,5; 66,2; 75,1 V 7,5; 35,4; 40,1 VI 57,3; 104,3 VII 38,2; 48,2 VIII 11,2; 15,1; 41,1; 50,1; 66,2; 94,1; 100,2, für die Nennung mehrerer Reflexionen I 60,1; 64,1; 132,5 II 5,5; 21,1;
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„ A l s die Barbaren dies sahen, griffen sie mit viel Geschrei u n d G e t ö s e an, in der Meinung, er ergreife die Flucht und sie könnten ihn einholen und v e r n i c h t e n . " (IV 1 2 7 , 1 ) „ A l s die Spartaner sahen, wie schwer sie sich verschätzt hatten, hielten sie das, was die Lesbier gesagt hatten, für unwahr; da außerdem ihre Bundesgenossen sich nicht einfanden u n d ihnen gemeldet wurde,daß die dreißig athenischen S c h i f f e , die die Peloponnes umsegelten, die Umgebung von Sparta verwüsteten, meinten sie, ihre Situation sei aussichtslos, u n d zogen sich nach Haus z u r ü c k . " (III 16,1)
Den bisher angeführten Beispielen ist gemeinsam, daß für eine Handlung zwar Gesichtspunkte genannt sind, die zu ihr in einem mehr oder weniger direkten Kausalverhältnis stehen, daß aber das Ziel der Handlung, die Absicht des Handelnden, selbst nicht direkt erwähnt wird: die Handlungen werden weniger motiviert als erklärt. Die folgenden Beispiele sollen nun zeigen, daß auch die Motivationen, Aussagen also, in denen Ziel oder Z w e c k einer Handlung sei es durch βούλομαι,,wollen', oder einen synon y m e n A u s d r u c k 8 4 , sei es durch Finalsätze verschiedener A r t (οπως, ivot, ei' π ω ς , ώ ς mit Partizip des Futurs usw.) bezeichnet werden, daß solche Aussagen keine eigenständige Gruppe, sondern vielmehr ein Spezialfall im weiteren Zusammenhang der Erklärung sind. Eine solche Einordnung liegt schon aus allgemeinen Überlegungen nahe. „Man m u ß sich nicht vorstellen, daß der Mensch einer Seits denkend, anderer Seits wollend sey, und daß er in der einen Tasche das Denken, in der anderen das Wollen habe . . . es sind nicht etwa zwei Vermögen, sondern der Wille ist eine besondere Weise des D e n k e n s . " Diese Feststellung Hegels 85 gilt namentlich auch für die Beziehung zwischen Denken und Wollen im griechischen Sprachgebrauch: wie 71 γ ν ώ σ κ ω , .erkennen', beschließen', und γ ν ώ μ η , das man im Deutschen je nach dem K o n t e x t mit Intelligenz, Erkenntnis, Meinung, Absicht, Beschluß wiedergibt, ein voluntatives Moment enthalten können, so schließt βούλομαι, das von T h u k y d i d e s am häufigsten gebrauchte V e r b u m für ,wollen', eine deliberative K o m p o n e n t e ein 8 6 . Wenn demnach Denken und Wollen im Griechischen schon sprachlich sehr viel enger beieinanderliegen als in modernen europäischen Sprachen, so wird man nicht erwarten, zwischen der Motivation von Handlungen und der Beschreibung geistiger Vorgänge im all-
5 3 , 2 ; 8 1 , 4 ; 8 4 , 2 III 3 6 , 4 ; 68,1 IV 6 9 , 3 V 29,1 VII 3 4 , 7 ; 7 3 , 1 ; VIII 2,4; 6 8 , 3 ; 8 3 , 1 , für die Verbindung von E m o t i o n und R e f l e x i o n I 9 , 2 II 8 5 , 1 - 3 ; III 3 6 , 2 ; 112,7 IV 2 6 , 4 ; 9 6 , 5 ; 1 0 6 , 1 ; 1 2 5 , 1 ; 128,2 V I 2 8 , 2 ; 65,1 VII 1 8 , 2 ; 72,4 VIII 5 6 , 5 . 8 4 E t w a : διανοούμαι (zur Bedeutung Meyer ( 1 8 4 ) 5 0 f f ) oder -γνώμην 'έχω, gelegentlich steht auch einfach τοιαύτη μεν ·γνώμτ}(I 4 5 , 1 ) oder ähnliches. €ΰέλω wird nicht s y n o n y m mit βούλομαι verwendet. Es hat auch bei T h u k y d i d e s die von Wifstrand ( 1 8 9 ) gezeigte Bedeutung ,gewillt sein', in einem Fall (I 65,1) ,sich bereiterklären'; charakteristisch für die Verwendung bei T h u k y d i d e s ist, daß das Wort im Bericht (33 von 70 Fällen) an 25 Stellen verneint ist, durchweg mit Bedeutungen wie ,sich weigern, sich nicht willens zeigen, nicht zulassen'. 85
Hegel ( 7 8 3 ) § 4 Zusatz.
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Meyer ( 1 8 4 ) , Huart ( 1 8 2 ) 2 9 0 f f , 3 2 1 f f , Zucker ( 1 9 0 ) .
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g e m e i n e n eine scharfe T r e n n u n g d u r c h f ü h r e n z u k ö n n e n . Diese V e r m u t u n g w i r d durch die T e x t e bestätigt. I n d e r e i n f a c h s t e n F o r m der M o t i v a t i o n w i r d das Z i e l der H a n d l u n g m i t H i l f e eines e i n z i g e n A u s d r u c k s w i e d e r g e g e b e n . „Sie leisteten einander lange Zeit Widerstand; die einen wollten die Einfahrt (in den Hafen) erzwingen, die anderen sie verhindern." ( V I I 22,2) „Sie gaben dem Melesippos eine Eskorte mit, damit er mit niemandem zusammentreffe." (II 12,2 fin.) I n v i e l e n F ä l l e n ist j e d o c h das Z i e l der H a n d l u n g nicht so e i n d e u t i g u n d kurz b e n e n n b a r , sondern selbst das eine V e r b u m , w o l l e n ' o d e r d e r eine Finalsatz k ö n n e n z u m T r ä g e r einer längeren, m i t u n t e r höchst v e r w i c k e l t e n Überlegung
werden:
, Jene wollten nämlich vor allem sowohl die Oligarchie als auch die Herrschaft über die Verbündeten erhalten, wo nicht, so doch die Flotte und die Stadtmauern bewahren und autonom bleiben, wenn ihnen aber auch das unmöglich wäre, keinesfalls die ersten Opfer einer wiederhergestellten Demokratie werden, sondern sogar die Feinde hereinholen, auch unter Verzicht auf Flotte und Stadtmauern Frieden schließen, die Sicherheit für ihre Person erreichen, ganz gleich, wie die Stadt dabei führe." ( V I I I 91,3) „Als nun alles nach den vorhandenen Möglichkeiten bereit war, gingen sie, noch während der Nacht und vor Morgengrauen, aus ihren Häusern auf die anderen los, damit sie nicht einem Feind begegneten, der durch die Helligkeit zuversichtlicher und mit ihnen auf gleichem Fuße wäre, sondern einem, der in der Nacht furchtsam und ihnen selbst, die mit der Stadt vertraut waren, unterlegen wäre." (II 3,4) D i e Ü b e r g ä n g e z w i s c h e n R e f l e x i o n und A b s i c h t sind d e m n a c h ähnlich fließ e n d w i e die z w i s c h e n R e f l e x i o n und W a h r n e h m u n g . A u ß e r d e m lassen sich z w a r zahlreiche Beispiele anführen, in d e n e n eine H a n d l u n g u n d die zug e h ö r i g e A b s i c h t e i n d e u t i g u n d ausschließlich a u f e i n a n d e r b e z o g e n erscheinen 8 7 , diesen kann m a n j e d o c h eine b e a c h t l i c h e Z a h l v o n Beispielen 87 Vollständigkeit wird für die folgende Zusammenstellung wiederum (vgl. Anm. 79) nicht beansprucht. βούλομαι: I 52,1; 65,1; 115,2; 119,1 II 2,2; 29,1; 4; 33,1; 2; 83,2; 90,1; 91,4; 95,1 III 5,2; 29,2; 91,2; 109,2 IV 14,3; 76,2 V 36,1; 50,4; 61,4; 65,4; 76,2 V I 44,4; 62,1; 75,4; 101,4; 104,1 V I I 33,6; 36,1; 52,2; 53,4; 69,4; 78,4; 84,3 V I I I 5,2; 17,2; 19,1; 30,1; 32,1; 59; 71,3fin.; 79,6; 92,1; 95,2. διανοούμαι (.wollen'): I 18,2; 52,2 II 5,4 III 2,1 I V 13,4 115,2 V 43,2 V I 96,1 V I I 27,2; 40,5; 47,3; 56,1 V I I I 55,2; 109, (.vorhaben, im Sinne haben') III 75,4 IV 48,2; 72,1; 75,1; 121,1 V 10,9 V I 88,10; 93,1; 98,2 V I I I 50,3; 100,4. Ύνώμη, γνώμην εχω κτλ.: I 45,1; 54,2; 62,3 II 9,1; 20,1 (vgl. 20,5: τοιαύτη .. . 5 t a m a ) ; 86,5 III 25,2; 31,2; 92,1; 4; 96,2 I V 32,4; 55,4; 128,5 V 13,2; 14,1 V I 47,1 (vgl. 48,1; 49,1; 50,1); 72,1 V I I I 44,1; 81,1; 87,2; 6; 90,3. Finalsätze: όπως, όπως μη κτλ.: I 55,1; 62,4; 126,1 II 34,8; 67,2; 69,1; 75,2; 90,2; 99,1 III 22,2; 3fin.; 5fin.; 8; 26,1; 49,2; 70,1; 5; 71,2; 75,2; 81,1; 85,3; 92,6 IV 4,2; 32,3; 66,4; 67,3; 68,5; 76,4; 77,1; 93,2; 111,2 V 6,2; 10,1; 17,2; 26,5; 58,4 V I 31,3 fin.; 42,2; 74,2; 75,1; 88,3; 8; 96,3; 97,5 V I I 3,4; 4,1; 17,2; 4; 19,5; 25,5; 26,3; 38,3; 39,2; 43,5; 69,3; 70,1 VIII 4; 6,1; 8,3; 10,1; 23,2; 27,4; 80,3; 99, tuet: I 134,1 I V 83,3 V 36,2 V I 42,1; 73,2 (όπως . . . ϊνα) V I I 4,6 VIII 63,3; 81,2; 101,1, ei mit Optativ: I 27,2; 58,1 II 5,1; 12,1; 67,1 III 4,4; 23,2 IV 23,2; 58 V 37,2 V I 88,6; 100,1 VII 79,5 V I I I 14,3; 55,1, ώ ς mit Partizip Futur: I 26,4; 48,1; 63,2 II 7,1 III 89,1;
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gegenüberstellen, die zeigen, wie die Absichten ihrerseits durch Wahrnehmungen oder Überlegungen bedingt sind oder wie eine Absicht und eine von ihr unabhängige Erwägung gemeinsam eine Handlung bestimmen 88 . Eine Auswahl: „(Die Korinther) h a t t e n ihre Schiffe ins Wasser gezogen u n d in Reih u n d Glied gebracht u n d hielten n u n still: sie hatten nicht die Absicht, aus freien Stücken eine Seeschlacht zu beginnen, denn sie sahen, daß aus Athen unbeschädigte Schiffe (zur Flotte des Gegners) hinzugekommen waren u n d daß sich für sie selbst viele Schwierigkeiten ergeben hatten, sowohl wegen der Bewachung der Gefangenen, die sie in den Schiffen hatten, als auch wegen der Unmöglichkeit, an dem u n b e w o h n t e n Ort, (wo sie sich befanden), ihre Schiffe wieder instandzusetzen." (I 52,2) „Als (die Spartaner) sahen, daß es unmöglich war, für die Männer etwas zu unternehmen, und da sie nicht Gefahr laufen wollten, daß ihnen durch Hunger etwas zustieße . . . beschlossen sie, mit den athenischen Generalen, wenn diese bereit wären, einen Waffenstillstand zu vereinbaren . . . " (IV 15,2) „Als die Syrakusaner . . . erfuhren, daß die Reiterei für die Athener eingetroffen war . . . und da sie glaubten, daß die Athener sie nicht mit einer Mauer würden einschließen können, wenn sie nicht die Epipolai beherrschten . . . n a h m e n sie sich vor, die Zugänge dorthin zu bewachen, damit die Feinde nicht u n b e m e r k t dort hinaufgelangten . . . " (IV 96,1) „Als die Athener dies erfuhren, sandten sie den Phaiax, ob sie nicht ihre dortigen Verbündeten und, wenn möglich, auch die übrigen Sikelioten überreden könnten, gegen Syrakus . . . einen gemeinsamen Feldzug zu u n t e r n e h m e n und so das Volk von Leontinoi zu r e t t e n . " (V 4,5) „Seine Feinde jedoch fürchteten, daß (Alkibiades) das Heer auf seiner Seite haben würde, wenn es jetzt schon zum Prozeß käme, u n d daß das Volk sich . . . nachgiebig zeigen k ö n n t e ; sie suchten deshalb mit aller Energie (die von Alkibiades verlangte gerichtliche Klärung der Vorwürfe gegen ihn) zu verhindern und schickten andere Redner vor, die sagten, er solle jetzt mitfahren u n d den A u f b r u c h nicht verzögern, sich aber (später) innerhalb einer festgesetzten Frist nach seiner Rückkehr vor Gericht verantworten; sie wollten nämlich, daß er gegen noch größere Verleumdungen zu kämpfen hätte, die sie in seiner Abwesenheit leichter zuwege bringen würden, u n d daß er hierfür zurückberufen u n d (nach Athen) gebracht würde." (VI 29,3)
Diese Beispiele, die (wie auch die vorhergehenden) ziemlich wahllos aus dem Werk des Thukydides herausgegriffen sind, sollten deutlich machen, daß die Nennung von Absichten in der Kompositionstechnik des Thukydides nur ein Element innerhalb eines größeren Zusammenhangs bildet, nämlich dem der Erklärung von Handlungen und ihrer Verknüpfung mit dem Kontext. Information, Reflexion und Intention der Handelnden sind in der Darstellung des Thukydides Mittel, um Handlungen für den Leser 107,2; 115,3 IV 13,4; 35,2; 97,1 VI 65,3; 88,6 VII 7,4; 17,1; 18,4; 50,3; 74,2 VIII 17,1; 100,2; 5. 88
Wahrnehmung in Verbindung mit Absicht z.B. I 57,6; 90,1 II 2,3; 14,1; 88,3 III 15,1; 16,1; 2 9 , 1 - 2 ; 92,4 IV 24,3; 106,1; 122,4 V 7,2; 44,1; 82,3 VI 99,2 VII 36,1; 53,1; 60,5 VIII 8,2; 11,3; 56,3; 92,6. Absicht in Verbindung mit Reflexionen usw. z.B. I 44,2; 130,2; 131,2 II 2,4; 3,2; 53,3; 67,1; 86,5 III 3,1; 20,1; 51,2; 69,2 IV 8,4; 5; 24,3; 28,5; 83,1; 91 V 10,3; 29,1; 32,3; 58,1 VI 64,1; 104,1 VII 18,3; 22,1; 43,7; 56,1; 80,5 VIII 56,2; 57,1; 79,1; 95,4.
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einsichtig zu machen. Sie bilden ein kontinuierliches Spektrum von Möglichkeiten der Erklärung, aus denen der Geschichtsschreiber je nach der Art, Komplexität und Wichtigkeit des zu Erklärenden verschiedene und verschieden viele Elemente auswählt und miteinander kombiniert. In vielen Fällen faßt er sich vergleichsweise kurz. Ein ,er wollte', ,er meinte', ,er erfuhr' genügt, um den Leser ins Bild zu setzen. In anderen jedoch gilt es viel zu erklären, so etwa im Fall der Feinde des Alkibiades: muß doch Thukydides dort dem aufmerksamen Leser, mit dem er rechnet, nicht nur klarmachen, weshalb Alkibiades trotz der Anwesenheit aller seiner Anhänger in Athen mit seiner Forderung nicht durchdrang, sondern auch, weshalb seine Gegner, die ihn vernichten wollen, ihn (mit den Folgen, die Thukydides bereits weiß, die der Leser erst noch erfahren wird) gegen seinen erklärten Willen aus ihrer eigenen Reichweite entfernen. Mit den bisher genannten Beispielen ist jedoch die Palette der erzählerischen Möglichkeiten noch keineswegs vollständig charakterisiert. Wir wenden uns im folgenden Abschnitt einem weiteren Teil des Spektrums zu und suchen zugleich der Antwort auf unsere Ausgangsfrage ein Stück näherzukommen. Mimesis und narrative Aussage Wenn mit den bisherigen Beobachtungen die Art und Weise, wie Thukydides in den berichtenden Partien seiner Geschichte Handlungen erklärt und verknüpft, hinreichend charakterisiert wäre, so könnte man seine Erzählung in ihrer Gesamtheit als Mimesis von Handlungen und von geistigen Vorgängen beschreiben, die diesen Handlungen vorangehen: Mimesis in dem engen Sinne, daß der Erzähler nichts direkt, sondern alles durch das ,nachgeahmte' Bewußtsein der Handelnden vermittelt berichtet. Die Handlungen wären durch das Denken bedingt, die für den Entschluß maßgeblichen Umstände erschienen sämtlich als vom handelnden Subjekt wahrgenommen und bedacht 8 9 . Ob eine Geschichtsschreibung, auf die diese Beschreibung zuträfe, überhaupt möglich wäre, mag man mit Recht bezweifeln. Immerhin ist es erstaunlich, wie nahe das Werk des Thukydides auf weite Strecken diesem Modell zu kommen scheint. Das liegt nicht nur daran, daß die narrative Konsistenz, die Schlüssigkeit der Erzählung auf syntagmatischer Ebene 9 0 , in den berichtenden Partien zu einem guten Teil mit Hilfe der bisher beschriebenen Technik (durch Schilderung geistiger Vorgänge in den Handelnden) hergestellt wird, sondern vor allem auch daran, daß Thukydides die metanarrativen Aussagen, die Wertung und Deutung der Handlungen, weitaus weniger im 89
Die hier gewählte Definition von .Mimesis' ist eine Abwandlung von Droysens „Mimesis des Werdens" (776) 285ff. Sie dient lediglich als Abbreviatur für die Bezeichnung einer bestimmten Erzählform und hat keinerlei systematische Bedeutung. 90 Der Terminus ist entlehnt von R. Barthes (769), dessen Versuch einer strukturalen Analyse narrativer Texte als heuristisches Modell für diesen Abschnitt wertvoll war (vgl. jedoch unten S. 52).
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eigenen Namen als in den Reden gibt, die er die Handelnden halten läßt: also wiederum vermittelt durch deren Bewußtsein. Der Bericht ist indes kaum jemals ausschließlich mimetisch in dem eben angedeuteten Sinne, vielmehr wird die ,Mimesis' immer wieder unterbrochen durch Aussagen, die Thukydides direkt, im eigenen Namen macht (narrative Aussagen) 91 d.h. Informationen, die nicht durch ein erkennendes Subjekt, von dem berichtet wird, vermittelt sind. Als Beispiel sei ein längeres Stück Text zitiert: die Schilderung der Debatte um Kleons Aussendung nach Pylos (IV 2 7 - 2 9 , 2 ) . „Als man aber in Athen von den Schwierigkeiten erfuhr, mit denen das Heer zu k ä m p f e n hatte, u n d daß die (Spartaner) auf der Insel mit Nahrungsmitteln versorgt würden, war man ratlos und befürchtete, daß über der Belagerung der Winter hereinbrechen würde, denn man sah, daß der Transport von Nachschub um die Peloponnes herum unmöglich sein würde, zumal an einem u n b e w o h n t e n Ort, w o man schon im Sommer nicht in der Lage war, eine ausreichende Versorgung aufrechtzuerhalten; daß auch die Blockade zur See nicht (weiter) durchfuhrbar wäre, da es in der Umgebung keine Häfen gab; daß (also) entweder sie selbst die Belagerung aufgeben (müßten) u n d die Männer e n t k o m m e n würden, oder daß jene einen Sturm abwarten u n d sich dann in den Schiffen, die ihnen die Nahrungsmittel brachten, davonmachen würden. (2) Vor allem aber fürchtete man die Spartaner, weil man meinte, sie h ä t t e n deshalb aufgehört, sich u m Verhandlungen zu bemühen, weil sie irgendeinen Trumpf in der Hinterhand hätten, u n d m a n bereute, das Vertragsangebot nicht angenommen zu haben. (3) Kleon aber, der erkannte, daß man ihm mißtraute, weil er das Übereinkommen verhindert hatte, behauptete, die Überbringer der Nachrichten sagten nicht die Wahrheit. Als daraufhin die Leute aus Pylos vorschlugen, man möge, wenn man ihnen nicht traue, eine Untersuchungskommission schicken, wurde er selbst zusammen mit Theogenes von den Athenern zum Kommissar gewählt. (4) Da er n u n erkannte, daß er gezwungen sein würde, entweder dasselbe zu sagen wie die, die er verleumdet hatte, oder das Gegenteil zu sagen und als Lügner entlarvt zu werden, schlug er den Athenern, die, wie er sah, jetzt etwas mehr der Meinung zuneigten, das Problem mit militärischen Mitteln zu lösen, vor, man solle nicht kostbare Zeit verstreichen lassen, indem man eine Kommission ausschicke, sondern wenn man der Meinung sei, die Nachrichten seien wahr, hinsegeln u n d die Männer angreifen. (5) Gleichzeitig insinuierte er gegen Nikias, Sohn des Nikeratos, der General war, mit dem er verfeindet war und den er zu belasten suchte: es sei ein Leichtes, wenn nur die Generale Männer wären, mit den entsprechenden Truppen hinzusegeln und die Männer auf der Insel gefangenzunehmen; hätte er selbst das A m t inne, so hätte er dies getan. (28,1) Nikias aber, da die Athener sich gegen Kleon etwas erregten, weshalb er denn nicht gleich fahre, wenn es ihm ein Leichtes scheine, und da er zugleich sah, daß jener ihn zu belasten suchte, erklärte, was ihn selbst u n d seine Kollegen angehe, möge Kleon soviel T r u p p e n n e h m e n wie er wolle und die Sache versuchen. (2) Kleon zeigte sich zunächst damit einverstanden, da er annahm, die A u f f o r d e r u n g sei nicht ernst gemeint. Als er jedoch erkannte, daß Nikias ihm wirklich sein K o m m a n d o übermachen wollte, zog er sich zurück; nicht er, sondern jener sei der General, sagte er, denn er bekam es jetzt mit der Angst, nahm (indessen immer noch) an, jener würde nicht die Stirn haben, ihn sein A m t übernehmen 91 Die Bezeichnung nach J a u ß (784) 223. J a u ß f a ß t unter .narrative Aussage' auch alle die Wendungen, die wir im vorhergehenden Abschnitt untersucht haben (,A meinte ...'). Hier sollen dagegen nur diejenigen Aussagen damit bezeichnet werden, die erkennbar ergänzende Zusätze des Geschichtsschreibers zu einem referierten Gedankengang oder zum Bericht über einen Ereignisablauf sind.
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zu lassen. (3) Nikias aber wiederholte die Aufforderung, legte sein K o m m a n d o für Pylos nieder und rief die Athener als Zeugen an. Diese aber (verhielten sich) wie es die Menge häufig tut; je mehr Kleon dem Feldzug zu entgehen und sich von dem, was er gesagt hatte, zurückzuziehen suchte, u m so mehr feuerten sie Nikias an, sein K o m m a n d o zu übergeben u n d schrieen Kleon zu, er solle fahren, (4) sodaß dieser schließlich, da er keine Möglichkeit mehr hatte, dem, was er gesagt hatte, zu entrinnen, einwilligte zu segeln. Er bestieg die Tribüne u n d erklärte, er habe keine Furcht vor den Spartanern, er werde fahren. Athenische Truppen werde er nicht m i t n e h m e n , sondern die Lemnier u n d Imbrier, die da seien; ferner Leichtbewaffnete: die, die aus Ainos zur Unterstützung gekommen waren, und vierhundert Bogenschützen von anderswoher. Mit diesen Truppen zusätzlich zu den Soldaten in Pylos werde er, so sagte er, die Spartaner binnen zwanzig Tagen entweder lebend (nach Athen) bringen oder dort töten. (5) Die Athener waren zwar eher belustigt über die Leichtfertigkeit dessen, was er sagte, aber den Gemäßigten unter ihnen war dieser Ausgang trotz allem nicht unlieb. Ein Gutes, so rechneten sie sich aus, müsse dabei herausspringen, entweder — u n d das h o f f t e n sie am meisten — würden sie den Kleon los oder, wenn sie sich darin irrten, kämen die Spartaner in ihre Gewalt. (29,1) Nachdem Kleon alles in der Volksversammlung geregelt u n d die Athener durch Abstimmung sich für einen Feldzug unter seiner Leitung entschieden hatten, wählte er von den Generalen in Pylos allein Demosthenes als Mitkommandierenden aus u n d schritt in aller Eile zur Abfahrt. (2) Den Demosthenes aber nahm er deshalb hinzu, weil er erfuhr, daß er vorhatte, auf der Insel zu landen."
In unserem ZusammenKang interessiert an diesen Kapiteln vor allem die Art und Weise, wie Thukydides zur Begründung von Handlungen (hier namentlich: von Äußerungen vor der Volksversammlung) teils geistige Vorgänge in den Handelnden beschreibt, teils Aussagen im eigenen Namen macht, und wie er diese beiden Methoden miteinander kombiniert. Zum Verständnis der Episode ist es jedoch notwendig, auch auf die Situation einzugehen, wie sie sich nach dem vorangehenden Bericht darstellt 92 . Die Athener hatten auf Betreiben des Demosthenes, eines talentierten Offiziers, der während des Krieges mehrfach mit wechselndem Glück Stratege war, eine unbewohnte Landspitze im westlichen Messenien (Pylos) besetzt und befestigt (IV, 3ff). Bei dem Versuch, sie von dort zu vertreiben, hatten sich die Spartaner in die Position manövriert, daß 420 Hopliten, (IV 8,9;38,5), darunter Angehörige der vornehmsten Familien Spartas (V 15,1), auf Sphakteria, einem felsigen Inselchen vor der Küste, von der athenischen Flotte blockiert waren und nicht befreit werden konnten, da die Spartaner ihre eigene Flotte an die Athener verloren hatten. Einer spartanischen Gesandtschaft, die daraufhin zu Friedensverhandlungen nach Athen gekommen war, wurden auf Betreiben Kleons so extreme Forderungen gestellt, daß sie unverrichteter Dinge wieder heimkehrte (IV 22,3). Die Blockade zog sich indes in die Länge, weil es den Spartanern gelang, ihre Leute auf der Insel mit Lebensmitteln reichlich (39,3) zu versorgen, während die Athener ihrerseits Schwierigkeiten mit Nachschub und Wasser92
Zu den Ereignissen in Pylos vgl. die N u m m e r n 3 1 6 - 3 2 5 , 406, 410, 413, 4 1 4 und 548 der Bibliographie. Es wird hier auf die in der Literatur seit langem diskutierten Fragen der Topographie u n d der Quellen nicht näher eingegangen. Zur Parteilichkeit des Thukydides vgl. oben S. 2 l f mit Anm. 29.
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Versorgung hatten (26,2). Mit dem Eintreffen der Nachricht über diese Schwierigkeiten in Athen beginnt unser Zitat. Die Entscheidung über Kleons Feldzug nach Pylos wird von Thukydides wie eine Art Musterbeispiel für die Zustände in der nachperikleischen Demokratie geschildert, in denen er die Hauptursache für Athens Niederlage sieht (II 65,1 Off). Im Mittelpunkt der Darstellung steht der verantwortungslose Dilettantismus Kleons. Nikias, der kaum weniger unverantwortlich handelt 9 3 , wird vergleichsweise geschont. Nach der Gewichtung des Tadels kann kaum ein Zweifel daran bestehen, daß Thukydides einer Meinung mit den „gemäßigten" Athenern ist, die glücklich wären, Kleon loszuwerden 94 . Um so merkwürdiger ist es, wenn man feststellt, daß fast die ganze kalkulierte Bosheit gegen Kleon sich in Ausführungen über dessen eigenes Denken niederschlägt 95 , während sein Handeln und seine Äußerungen für sich genommen vielleicht opportunistisch und cholerisch, aber in sich konsequent und der Situation durchaus angemessen sind. Was ihn in den Augen des Lesers verdammen muß, sind die Gedanken, aufgrund deren ihn Thukydides handeln läßt. Sehen wir einmal von ihnen ab und betrachten, wie sich die Episode darstellt. Die implizite Voraussetzung der ganzen Diskussion vor der Volksversammlung ist der legendäre Ruf der Spartaner, sich selbst in auswegloser Lage nie zu ergeben. Nicht umsonst beschwört Thukydides in der Schilderung des Kampfes vor der Gefangennahme die Situation von Thermopylai (36,3). Die Truppen, die auf athenischer Seite gegen Spartiaten kämpfen, halten diese so lange für Übermenschen, bis ihnen ad oculos demonstriert wird, daß sie keine sind (34,1); die Gefangennahme der 272 Überlebenden ist das Ereignis, das die Griechen im gesamten Krieg am wenigsten erwartet hatten (40,1). Kleon muß diese Legende als guter Demokrat bezweifeln; er tut es auch: als die Boten aus Pylos von der ausweglosen Lage berichten, sagt er, es sei nicht wahr (27,3). Daß die Situation riskant ist, weiß er so gut wie die andern; der Winter naht, binnen Wochen wird die Blockade nicht mehr möglich sein. Konsequenterweise wendet er sich gegen den Vorschlag, eine Untersuchungskommision zu entsenden: Soldaten muß man schicken, wenn in Pylos noch nicht genug sind, und die Spartaner gefangennehmen (27,4). Nur so viel hat Thukydides bisher über Kleons Handeln berichtet: dieser hat bestritten, daß die Nachrichten stimmen, und sich dafür eingesetzt, ein Heer zu entsenden. Die Polemik gegen Nikias, die nun folgt, entspricht 93 Müller-Strübing (683) 75fn.l (unter Berufung auf Grote), Colardeau (410) 520ff und spätere haben mit Recht angemerkt, daß Nikias in dieser Episode weitaus demagogischer handelt als Kleon. 94
Gomme III 469f ad 1.
95
„Cleon in Thucydides thinks what Thucydides wants him to think", Woodhead (414) 313, ähnlich schon Colardeau (410) 518. Auch Uzun (358) zitiert frühere Literatur in diesem Sinne.
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Kleons Charakter wie dem des Nikias aufs beste; nach allem, was wir von Nikias sonst wissen, ist sie nicht ohne Berechtigung. Was erstaunlich ist, ist, daß Nikias, der erfahrene Offizier, den Rhetor Kleon beim Wort nimmt und ihm allen Ernstes anträgt, gegen einen Gegner von legendärer Gefährlichkeit das Kommando zu übernehmen. Kein Wunder, daß Kleon nicht zu glauben vermag, daß dies ernst gemeint sei, und daß er darauf hinweist, wer General ist und wer nicht (28,2). Es hilft ihm nichts. Nikias und die Volksversammlung wollen es anders, und Kleon fügt sich. Es ist nur verständlich, daß er nun versucht, aus der verfahrenen Situation das Beste zu machen. Er wiederholt, daß er vor den Spartanern keine Angst hat (28,4, vgl. 27,5), er nimmt Bundesgenossen mit, die weniger als seine Mitbürger wissen, wie unerfahren er in militärischen Dingen ist, und er wählt sich als zweiten Befehlshaber Demosthenes hinzu, der das Terrain am längsten kennt, der den Spartanern schon erfolgreich Widerstand geleistet hat und der bereits beabsichtigt, auf der Insel zu landen. Schließlich verspricht er, binnen drei Wochen zurück zu sein: natürlich, denn dann fangen die Herbststürme an, und es wird unmöglich, um die Peloponnes nach Athen zu segeln 96 . Kleon tut noch ein weiteres, das sich allerdings, so wie Thukydides die Dinge beschreibt, nicht ohne weiteres erklärt: er nimmt ein starkes Detachement Leichtbewaffnete mit. Diese verlangt er bereits in der Volksversammlung (28,4); von der Absicht des Demosthenes, auf der Insel zu landen, läßt Thukydides ihn erst nachher erfahren (29,2), und wie sich dieser den Angriff denkt, erfährt der Leser überhaupt erst bei Gelegenheit der Schilderung des Kampfes (32,3 f). Die Leichtbewaffneten passen aber in den Schlachtplan des Demosthenes so gut, daß man sich fragt, ob Kleon wirklich der Einfall, sie mitzunehmen, so spontan gekommen sein kann, wie es im Bericht über sein Verhalten in der Volksversammlung den Anschein hat 9 7 . Man entsinnt sich, daß der Demokrat Kleon den Feldzug betreibt (27,4), der konservative Nikias ihn zumindest nicht selbst unternehmen will, mit Billigung konservativer Athener (28,5). Daß Demosthenes, der zu Beginn der Ereignisse um Pylos kein Amt hat, trotz der Weigerung der kommandierenden Generale, den Ort zu befestigen, mit der Truppe verhandelt, um seinen Plan durchzusetzen (4,1). Spekulationen über ein Einverständnis zwischen Demosthenes und Kleon liegen nahe 9 8 . Auch 96
Vgl. oben Anm. 29.
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Awdry (319) 19 sieht in diesem Einfall einen Beweis von Kleons „military common sense"; Kleon war jedoch, so wenig man den Berichten des Thukydides über ihn trauen mag, schwerlich ein guter Offizier. 98
Schwartz (42) 296f wendet sich gegen solche Überlegungen: „ ... man darf nicht behaupten, dass der Geschichtsschreiber selbst das Material geliefert habe, um seine A u f fassung zu berichtigen [Ed. Meyer, Forsch. 2 (= Nr. 19), 341]. Hätte er das getan, würde er in der Kunst eine Erzählung zu komponieren und zu gruppieren ein arger Stümper geblieben sein; er legt im Gegenteil alles darauf an, den Leser dazu zu zwingen, dass er die Dinge so anschaut und beurteilt wie er selbst, und hat das so vollkommen er-
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wenn man sich nicht darauf einläßt, wird man erwägen, ob Kleons Handlungen in der Volksversammlung nicht besser verständlich sind, wenn er von Dingen wußte, die Thukydides ihn nicht wissen läßt — vielleicht nur, weil er seinerseits nicht wußte, daß Kleon darüber informiert war, vielleicht allerdings deshalb, weil ein solches Vorherwissen nicht zu dem Bild passen konnte, das er von Kleon entwirft. Es dürfte kaum möglich sein, in der Analyse von Kleons Beweggründen und von den Motiven des Thukydides für seine Schilderung dieser Beweggründe zu einem gesicherten Ergebnis zu gelangen. Als sehr wahrscheinlich wird man — auch wenn man Kleons Leichtbewaffnete nicht als Indiz gelten läßt — annehmen können, daß Thukydides die Gründe für Kleons Verhalten weder von diesem selbst noch aus informierter Quelle erfahren, sondern aufgrund seines eigenen Urteils niedergeschrieben hat: Kleon „erkennt" (27,3; 4; 28,2) die Lage, wie Thukydides sie sieht, er „bekommt es mit der Angst" (28,2), wann Thukydides will. Als sicher kann jedoch gelten, daß der Eindruck, den der Leser von Kleons Verhalten gewinnt, nicht durch die Schilderung seiner Handlungen als solcher bestimmt wird, sondern durch die Beschreibung der Art und Weise, wie es zu ihnen kam. Diese gilt es nun noch etwas näher zu betrachten. Auf den ersten Blick scheint der gesamte zitierte Text mimetisch (in dem oben definierten Sinn) zu sein: der Erzähler läßt die Subjekte selbst fast alle die Umstände erkennen und bedenken, die für ihr Verhalten maßgeblich sind, das heißt: die der Leser erfahren soll, um das Verhalten zu verstehen. Es gibt indes einige Ausnahmen. Kleon polemisiert gegen Nikias (27,5). Zur Begründung erfährt der Leser dreierlei: Kleon will Nikias belasten oder herabsetzen; Kleon und Nikias sind Feinde; Nikias ist Amtsträger, General. Läßt sich die erste Angabe noch als Teil einer mimetischen Erzählung verstehen, so wird man in der zweiten, die ihr syntaktisch genau gleichgeordnet ist, eher eine Angabe des Geschichtsschreibers selbst sehen w o l l e n " , und die dritte ist eindeutig eine narrative Aussage: Thukydides teilt dem Leser ,selbst' mit, daß Nikias General ist, er läßt es Kleon als handelndes Subjekt weder erkennen noch erwägen. Nikias revanchiert sich für die Polemik durch sein unseriöses Angebot, Kleon solle in dem Feldzug, den er vorschlägt, das Kommando übernehmen (28,1). Thukydides gibt zwei Gründe an: die Athener erregten sich gegen Kleon, und zugleich „sah" Nikias, daß Kleon ihn zu belasten reicht, dass jeder Versuch ihn zu widerlegen, scheitern muß." Die Beschreibung der Kompositionstechnik ist vollkommen, sie spricht jedoch gegen Schwartz' Schlußfolgerung, nicht für sie. 9 9 In έχ&ρος ών και επίτιμων sieht Gomme III 4 6 8 ad 1. eine „combination of permanent feeling and momentary action", έχϋρος bezeichnet jedoch so wenig wie φίλος einen Gefühlszustand, sondern ein Verhältnis, sei es zwischen Personen, Gruppen oder Staaten, vgl. unten Anm. 2 2 5 .
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suchte. Als Begründung für das Vorgehen des Nikias sind beide Aussagen gleichgeordnet; nach der oben getroffenen Unterscheidung ist die zweite ein Stück mimetischer Erzählung (Nikias „sah" . . .), die erste eine narrative Aussage (die Athener tun etwas; dies dient als Erklärung für die Taktik des Nikias). Die Athener scheinen in die Stimmung von Zuschauern bei einem sportlichen Wettkampf zu geraten (28,3) : abwechselnd feuern sie die beiden Demagogen an (ёжекеХебоито, έπεβόων). Thukydides nennt diesmal keine Gründe: die Entwicklung der Situation ist dem Leser deutlich genug. Stattdessen erinnert er an eine Regel: die Menge pflegt sich so zu verhalten. Angesichts der entstandenen Lage bleibt Kleon nur die Flucht nach vorn (28,4). Dies wird wiederum doppelt begründet: durch eine Aussage des Thukydides, der mit dem einen Wort „sodaß" die Stimmung der Menge und die Manöver des Nikias zum Anlaß für Kleons weiteres Verhalten werden läßt, und durch einen Blick in Kleons Gedanken — „Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los". Aber eben dies Paradestück mimetischer Erzählung ist formuliert, als sei es eine narrative Aussage: Kleon willigte ein, „da er keine Möglichkeit mehr hatte, dem, was er gesagt hatte, zu entrinnen". Damit zeigt sich, daß die Unterscheidung zwischen mimetischer Erzählung und narrativer Aussage, die wir zu Beginn dieses Abschnitts trafen, zwar als heuristisches Mittel brauchbar sein kann, daß ihr jedoch im Rahmen der Erzähltechnik des Thukydides nicht zwei sauber voneinander zu trennende Kategorien der Darstellung entsprechen. Vielmehr sind die Übergänge fließend: wie die Erzählung, so bilden auch die erzählerischen Mittel ein Kontinuum. Im Bericht greifen, wie sich anhand weiterer Beispiele leicht zeigen ließe 100 , mimetische Erzählung und narrative Aussagen ständig ineinander, und es läßt sich oft schwer entscheiden, welcher Kategorie eine Aussage zuzurechnen wäre. Tatsachen erscheinen bald durch das Bewußtsein der Handelnden vermittelt, bald vom Erzähler im eigenen Namen berichtet. Dem Leser fällt der Unterschied selten auf, und auch die Analyse kann ihn nur mit Hilfe schematischer Begriffe aufdecken, die der Erzählung selbst fremd sind. Denn dem Erzähler geht es darum, dem Leser Handlungen verständlich zu machen, der Analyse: zu zeigen, wie er dabei verfährt.
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Wir beschränken uns der Kürze halber auf ganz wenige Beispiele: I 2,2; 65,1; 67,1 II 59,2 III 4,2; 69,2 IV 1,3; 32,1; 56,1; 68,2; 69,3; 83,1; 130,5; 133,1 V 22,2; 58,1; 61,5 VII 28,2; 84,2 VIII 65,2. Gemeinsames Kennzeichen aller dieser Stellen ist, daß der narrativen Inkonzinnität (Vereinigung von Aussagen aus verschiedenen Erzähl,Ebenen' oder -perspektiven in einem Satz) eine syntaktische Inkonzinnität entspricht. Diese Erscheinung, die schon die antiken Erklärer als typisch für den Stil des Thukydides ansahen, hat neben Ros (172) namentlich Ottervik (177) ausführlich untersucht.
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Parenthesen und Exkurse
Nach der bisherigen Untersuchung liegt die Vermutung nahe, daß in der Beschreibung der Genese von Handlungen mimetische Erzählung und narrative Aussage — das heißt: Aussagen über Information, Gedanken und Absichten der Handelnden einerseits, Feststellungen des Thukydides im eigenen Namen anderseits — sowohl demselben kompositorischen Zweck dienen als auch denselben Aussagewert haben. Es wöge unter beiden Gesichtspunkten gleich viel, ob er sagte, ,A tat dies, denn die Umstände waren so und so (oder: denn die Menschen pflegen in solcher Lage so zu handeln)', oder ob er sagte, ,A handelte in dieser Absicht, aus jener Erwägung, infolge einer Information über diesen oder jenen Umstand'. Eine Aussage der zweiten Art — und diese überwiegen im Bericht, aufs Ganze gesehen, die der ersten beträchtlich — hätte ebenso ihre Wurzel in der Reflexion des Thukydides auf die Ursachen des Geschehens wie eine der ersten Art. Beide Arten von Aussagen hätten gleichviel oder gleich wenig zur Voraussetzung, daß der Geschichtsschreiber darüber unterrichtet wäre, was die Handelnden wirklich wahrnahmen, dachten, vorhatten. Diese Vermutung wird bestätigt, wenn man Texte betrachtet, in denen Thukydides zur Begründung einer Handlung einen komplizierten Sachverhalt anführt, der in einem einzelnen Satz nicht unterzubringen ist. Wir beschränken uns auch hierfür auf wenige Beispiele. Im Bericht über die Schlacht bei Mantineia (V 71) schreibt Thukydides: „Als sich die Heere noch aufeinander zubewegten, entschied sich der König Agis für folgende Maßnahme: Alle Heere tun nämlich dies: wenn sie aufeinander zumarschieren, verschieben sie sich in Richtung auf ihren eigenen rechten Flügel 101 , und jedes ragt mit dem rechten über den gegnerischen linken hinaus" . . . (Es folgt eine ausfuhrliche Begründung dieses Phänomens aus der Tatsache, daß jeder Soldat aus Furcht mit der ungedeckten rechten Seite hinter dem Schild des rechten Nachbarn Schutz sucht.) „(2) So überragten auch diesmal die Mantineer bei weitem den Flügel, wo sich die Skiriten befanden, noch mehr aber die Spartaner und Tegeaten den der Athener, weil ihr Heer größer war. (3) Agis war nun in Sorge, daß sein linker Flügel umzingelt werden würde, und meinte, die Mantineer überragten ihn zu weit. Er gab deshalb ein Zeichen . . ."
Die allgemeine Erörterung über das Verhalten von Heeren beim Vorrücken im Angesicht des Gegners ersetzt hier ein Stück Situationsbericht. Thukydides schildert, was alle Heere tun, um dem Leser zu erläutern, wie es zu der konkreten Situation kommt, vor der sich Agis dann sieht. Der Einschub (,narrative Aussage') und der referierte Gedankengang („Agis war nun in Sorge . . . und meinte . . .") haben einerseits ihre je besondere Funktion: jener erläutert die historisch einmalige Situation anhand der allge101
Der Plural (κέρατα) ist bei Thukydides singulär. Hude korrigiert κέρα та αυτών was die Singularität jedoch nur verschiebt, nicht beseitigt; Krüger erwog, κέρατα als Glossem zu streichen. Am Sinn ändert beides nichts.
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m e i n e n Erfahrungsregel; dieser erklärt eine für d e n w e i t e r e n Verlauf der Schlacht w i c h t i g e u n d o h n e Erläuterung schwer v e r s t ä n d l i c h e 1 0 2 Entscheidung. Anderseits ist j e d o c h die F u n k t i o n beider als erklärende E l e m e n t e e x a k t gleich, u n d dies wird der Grund dafür sein, daß die Parenthese sich liest, als interveniere der Geschichtsschreiber in d e m G e d a n k e n g a n g des Handelnden: Agis „entschied sich", d e n n aufgrund eines allgemein zu beo b a c h t e n d e n Verhaltens war im k o n k r e t e n Fall eine Lage entstanden, die zu b e s t i m m t e n Befürchtungen A n l a ß gab, aufgrund deren er n u n handelte. In d e n b e i d e n f o l g e n d e n T e x t e n , die syntaktisch große Ä h n l i c h k e i t miteinander h a b e n , scheint ebenfalls der Geschichtsschreiber in e i n e m Gedankengang der H a n d e l n d e n zu intervenieren. Sie sind lehrreich für die Art u n d Weise, w i e T h u k y d i d e s seine eigenen G e d a n k e n über eine S i t u a t i o n mit d e n e n der H a n d e l n d e n v e r f l e c h t e n kann. Der erste T e x t (VI 6 3 , 1 f f ) beschreibt die S i t u a t i o n der A t h e n e r vor Syrakus im Herbst 4 1 5 . „Im folgenden Winter bereiteten die Athener sogleich den Angriff auf Syrakus vor, die Syrakusaner ihrerseits einen Angriff auf die Athener. (2) Da nämlich die Athener sich entgegen ihren ersten Erwartungen und Befürchtungen nicht sofort gegen sie gewandt hatten, faßten sie mit jedem Tag, der verging, mehr M u t . . . " (Es folgen weitere Ausführungen zum Optimismus der Syrakusaner und seinen Gründen.) ,,(64,1) Die athenischen Generale erkannten dies und wollten die Syrakusaner mit ihrer ganzen Streitmacht so weit wie möglich aus der Stadt herauslocken, selbst aber unterdessen mit der Flotte nachts längs der Küste segeln und in Ruhe eine zum Lagern geeignete Stellung besetzen, denn sie wußten, daß ihnen dies nicht in gleicher Weise möglich sein würde, wenn 1 0 3 sie bei der Landung auf vorbereitete Gegner träfen oder wenn sie den Landweg benutzten und bemerkt würden, die zahlreiche Reiterei der Syrakusaner würde nämlich ihren Leichtbewaffneten und der Masse des Heeres großen Schaden zufügen; so aber kämen sie in den Besitz eines Terrains, wo ihnen die Reiterei nicht nennenswert schaden könnte. Die Information über das Terrain — nahe dem Olympieion, wo sie sich dann auch festsetzten — gaben ihnen syrakusanische Verbannte, die mit ihnen zogen. Zur Ausführung ihrer Absicht bedienten sich nun die Generale der folgenden Kriegslist . . . " Dieser T e x t entspricht v o n 6 4 , 1 an im w e s e n t l i c h e n d e m Muster ,A n a h m χ wahr, w o l l t e у tun, u n d zwar aufgrund der Überlegung z, tat also zur Vorbereitung v o n у dies u n d jenes.' A , das h a n d e l n d e Subjekt, sind die a t h e n i s c h e n Generale, Nikias u n d L a m a c h o s . D e n Indikativen ,erkannten, w o l l t e n , w u ß t e n ' in der Übersetzung e n t s p r e c h e n im griechischen T e x t 102 Uber die Schlacht bei Mantineia existiert eine lange, in ihren Einzelheiten weitgehend spekulative Kontroverse (vgl. die Nummern 332—335 der Bibliographie mit weiterer Literatur, zuletzt Gomme-Andrewes IV 89ff und de Romilly, notice in vol. III, pp. VI*—VIII* ihrer Edition). Sie kann hier unberücksichtigt bleiben, da es nur um die Form, nicht den Inhalt der Erklärung des Thukydides geht. 103 Hudes Text: δυνηύέντες [και] et... Will man και halten (Stuart Jones, de Romilly mit note complimentaire ad 1. p. 164f der Edition), so muß man verstehen: „ ... daß ihnen dies ungleich besser möglich sein würde, als wenn ..." (vgl. Dover ad 1.), was sachlich genau auf dasselbe hinausläuft.
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Partizipien, von deren letztem (είθότες) die lange Abwägung der taktischen Möglichkeiten („daß ihnen" bis „schaden könnte") als Infinitivkonstruktion abhängt. Dem Satz fehlt nun noch ein finites Verb, das aber wegen der langen Reihe von Infinitiven nicht mehr syntaktisch sinnvoll angeschlossen werden kann. Außerdem folgt den Infinitiven nun noch als Parenthese ein vollständiger Satz mit anderem Subjekt („syrakusanische Verbannte"), und erst danach wird das so entstandene Anakoluth durch Wiederholung des Subjekts und mit Hilfe der Partikel obv wieder aufgenommen und zu Ende geführt. Dem Leser ist indes vom Anfang bis zum Ende des Satzes deutlich, daß die Gesamtheit der referierten Überlegungen Nikias und Lamachos zugeschrieben wird. Etwas weniger deutlich ist dies im zweiten Text (VII 42, 3 ff), der von den Erwägungen des Demosthenes bei seiner Ankunft in Sizilien im Sommer 413 handelt. „Als Demosthenes sah, wie sich die Dinge verhielten, und da er der Ansicht war, er dürfe keine Zeit verlieren und nicht dulden, daß es ihm erginge wie es Nikias ergangen sei — Nikias war nämlich bei seiner Ankunft zuerst der Schrecken der Syrakusaner gewesen; als er sie dann nicht sofort angriff, sondern den Winter in Katane verbrachte, fiel er nicht nur ihrer Geringschätzung a n h e i m s o n d e r n es kam ihm auch Gylippos mit seinem Hilfskorps aus der Peloponnes zuvor·, hätte er sofort angegriffen, so hätten die Syrakusaner nie darum gebeten: sie hätten sich zur Verteidigung so lange allein stark genug geglaubt, bis sie zugleich mit der Fertigstellung der Belagerungsmauer inne geworden wären, die Unterlegenen zu sein, sodaß, selbst wenn sie dann noch um Hilfe gesandt hätten, diese ihnen nicht mehr in gleicher Weise genützt hätte; — da nun Demosthenes dies alles überlegte und erkannte, daß auch er angesichts der Lage am ersten Tag den Feinden am schrecklichsten sei, wollte er so schnell wie möglich den Schrecken ausnutzen, den sein Heer im gegnerischen Lager verursachte. (4) Und da er sah, daß die Gegenmauer, mit der die Syrakusaner die Ummauerung durch die Athener verhindert hatten, nur einfach war und daß, wenn man sich des Zugangs auf die Epipolai und dann des dortigen Lagers bemächtigte, man sie leicht würde nehmen können — denn niemand würde ihnen dann dort auch nur Widerstand leisten —, so drängte er darauf, den Versuch zu wagen, und meinte, die Entscheidung werde in aller Kürze zu erreichen sein, (5) denn entweder er werde Erfolg haben, und Syrakus sei in seiner Gewalt, oder er werde das Heer zurückführen; dann werde (wenigstens) Athen — sowohl die Truppen, die mit ihm waren, als auch die ganze Stadt — sich nicht länger aufreiben."
Die Ähnlichkeit in der Form beider Texte liegt auf der Hand. In beiden (VI 64,1; VII 42,3) wird eine Analyse der Situation unternommen, die in beiden Fällen so weit ausgreift, daß sie die syntaktischen Möglichkeiten, eine Überlegung als Infinitivkonstruktion in den Satz zu integrieren, sprengt und der Satz am Ende anakoluthisch mit der Partikel obv aufgefangen wird. Während jedoch im ersten Text die Infinitivkonstruktion bis fast zum Schluß durchgehalten ist, springt Thukydides im zweiten gleich nach dem Stichwort „wie es Nikias ergangen war" in den Indikativ und erläutert die Mißgeschicke des Nikias in einer Parenthese, deren Inhalt er erst als Überlegung 104 те και ist hier offensichtlich emphatisch: „sowohl... als auch besonders". ύπεροράω hat dieselbe Bedeutung wie in ύπερειδε VI 104,3.
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des Demosthenes kennzeichnet, als er den in der Schwebe gebliebenen Hauptsatz wieder aufnimmt („da nun Demosthenes dies alles überlegte"). Es ist in unserem Zusammenhang nicht wichtig zu entscheiden, ob sich Thukydides mit dem hier ausgesprochenen Urteil über die Strategie des Nikias identifiziert (was die Aussageform nahelegen würde) 105 und inwieweit er damit Recht hat. Wichtig ist uns dagegen das Ergebnis der Gegenüberstellung: die Verflechtung der eigenen Überlegungen des Thukydides mit denen, die er den handelnden Personen zuschreibt, geht so weit, daß an die Stelle des syntaktisch abhängigen referierten Gedankens auch die syntaktisch unabhängige eigene Aussage des Erzählers treten kann. Und dies beschränkt sich nicht auf die Feststellung von Tatsachen, wie etwa in der Parenthese im ersten Text („die Information . . . gaben ihnen . . . Verbannte"), sondern es gilt auch für hypothetische Erwägungen im Potentialis oder Irrealis: Thukydides kann dem Demosthenes solche Erwägungen ebenso als abhängig referierten Gedanken zuschreiben (42, 4—5) wie in Form der Parenthese ,im eigenen Namen' (42,3). Daß eine Überlegung eines handelnden Subjekts — oder gegebenenfalls auch das Ausbleiben einer solchen — von Thukydides in einer Art Parenthese erläutert wird, kann man häufig beobachten. Diese Parenthesen sind mitunter sehr lang. Ihre Einfügung in den Kontext geschieht jedoch in aller Regel in ganz ähnlicher Weise wie in den zuletzt angeführten Beispielen 106 . Wir betrachten einige weitere. Demosthenes hatte nach Sizilien 1 300 thrakische Söldner mitführen sollen, die jedoch erst nach seiner Abreise in Athen anlangten. „Da sie nun zu spät kamen, beabsichtigten die Athener sie nach Thrakien zurückzuschicken, woher sie gekommen waren. Es schien ihnen nämlich zu kostspielig, sie für den Krieg, der von Dekeleia aus gegen sie geführt wurde, zu behalten. Jeder von ihnen erhielt nämlich eine Drachme pro Tag. Da nämlich Dekeleia zuerst vom gesamten 105 So Donini (270) und Dover ad 1. mit addendum p. 488 unter Berufung auf die Indikative. Nach Dovers Meinung „the formal resemblance of this sentence" (sc. VII 42,3) „to VI 64,1 ... is less important than its formal difference", auf die er seine Auslegung stützt. Er sieht sich dadurch jedoch zu der Annahme geführt, daß Thukydides entweder seine Meinung im Verlauf der Berichterstattung geändert oder durch sukzessive Betonung verschiedener Aspekte in VI 49, VI 63,2, VI 71, II 65,11 und VI 15 Mißverständnisse provoziert habe. Solche Schwierigkeiten sind, wie Dover anerkennt („It was quite possible for Thucydides to believe simultaneously that (a) ..., (b) ..., (c) ..., (d) ..."), lösbar, umso leichter, je mehr man den Kontext der einzelnen, anscheinend widersprüchlichen Aussagen beachtet. Im Falle von VII 42,3 entfällt jedoch jede derartige Schwierigkeit von vornherein, wenn die petitio principii („we must ... regard the parenthesis as expressing Thucydides' own judgement ... his readers could hardly fail to conclude that it was ...", Dover pp. 419, 488) unterbleibt. 106
Vgl. etwa I 31,2; 87,2; 91,3; 127,1; 127,1; 2 II 5,4; 88, 1 - 3 ; 93,1; 4 III 3,1; 52,2; 107,3 IV 8 , 5 - 6 ; 9,2 V 29,1; 3 5 , 2 - 4 ; 38,3 VI 57,2 VII 1 7 , 2 - 3 ; 53,4; 78,4 VIII 5,5; 26,3; 52,1; 56,2; 95,2; 4; 100,2; 3. Münch (156) 42 hat zur Parenthesentechnik bemerkt: „Diese Art des Übergangs durch ein Wort des Wissens, Glaubens, sich Erinnerns findet man bei Th. häufig, wenn er Sätze und ganze Abschnitte einführen will, die mit der Haupthandlung nicht unmittelbar etwas zu tun haben."
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feindlichen Herr in jenem Sommer befestigt worden war und danach von Wachen aus den verbündeten Städten, die abwechselnd dorthin kamen, besetzt gehalten wurde, schadete es den Athenern sehr . . . " (VII 27,2—3. Es folgt eine längere Darstellung der Lage Athens, die durch die Befestigung von Dekeleia entstanden war, insbesondere der finanziellen Lage.) „Die Thraker nun, die für Demosthenes zu spät gekommen waren, schickten sie sofort zurück, da sie angesichts der herrschenden Geldnot die Kosten nicht tragen wollten . . . " ( 2 9 , 1 ) .
Zu Beginn „beabsichtigten" die Athener etwas. In drei Anläufen („nämlich . . . nämlich") nennt Thukydides die Gründe hierfür. Der zuletzt genannte Grund wird zu einer längeren Analyse ausgesponnen, die nicht nur die aktuelle Lage, sondern auch die der folgenden Kriegsjahre, während deren sich die Situation nicht besserte, einbezieht. Schließlich kehrt Thukydides, wie bei einem anakoluthischen Satz, mit einem „ n u n " (ούν) zu den Thrakern und zur Situation des Jahres 4 1 3 zurück und läßt die Athener das tun, was sie vor der Parenthese „beabsichtigten", nicht ohne den Hauptgrund — die Kosten — noch einmal zu wiederholen. Statt einer Überlegung der Athener — besser: zusätzlich zu ihr — bringt Thukydides seine eigene Analyse der Situation, die sich hier zu einem kleinen Exkurs ausweitet 1 0 7 . Aber der Unterschied zur Parenthese in der Überlegung des Demosthenes (VII 42,3) ist nur graduell. Der syntaktischen Spannung des unvollendeten Satzes entspricht die inhaltliche Spannung zwischen Absicht und Ausführung (btevoovPTO άποπεμπειΐ' —άπέπεμπον). Die Mittel der Eingliederung in den Kontext sind dieselben („Nikias war nämlich . . . " — „Da nämlich Dekeleia . . . " . „Da nun D e m o s t h e n e s . . . " — „Die Thraker nun . . ."). Nach demselben Prinzip ist auch der Exkurs über Sizilien am Anfang des sechsten Buches in die Erzählung eingefügt. Die Athener, sagt Thukydides (VI 1,1), „wollten nochmals mit einem größeren Heer . . . nach Sizilien segeln und es unterwerfen, wenn sie könnten. Die Mehrzahl von ihnen wußte weder, wie groß die Insel ist, noch wieviele Menschen, Griechen und Barbaren, dort wohnen, noch, daß sie einen kaum geringeren Krieg begannen als den gegen die Peloponnesier. Die Umschiffung von Sizilien. nämlich . . . " Damit beginnen fünf Kapitel über Sizilien. „So viele Völker", heißt es am Ende, „Griechen und Barbaren, bewohnten Sizilien, und gegen ein Land von dieser Größe schickten sich die Athener an, zu Felde zu ziehen . . . " (6,1). Sie ziehen noch nicht; die Parallele zum vorherigen Beispiel ist nicht vollkommen. Denn die Exposition des Sizilienfeldzuges ist noch nicht zu Ende, es folgen noch Gesandtschaften und Reden für und wider. Aber die Ähnlichkeit im Aufbau ist unverkennbar. Demosthenes will nicht, daß es ihm geht wie Nikias. Nikias nämlich . . . Demosthenes nun . . . Die thrakischen Söldner sind den Athenern zu teuer für den dekeleischen Krieg, sie wollen sie fortschicken. Durch Dekeleia nämlich hatte sich die Situation Athens verschlechtert. . . Die Thraker nun wurden 1 0 7 Für den Parallelismus der Einfügung dieses Exkurses in den Zusammenhang zu den Kapiteln VII 5 6 , 1 - 5 9 , 3 vgl. die Diskussion bei Schwanz (42) 2 0 4 , Schadewaldt (44) 11, 83 und Kapp ( 4 7 ) 84f, ferner Erbse (96) 45ff.
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fortgeschickt. Die Athener wollen gegen Sizilien fahren. Die meisten von ihnen wußten nicht einmal, wie groß es ist. Sizilien nämlich . . . So groß war also das Land, gegen das die Athener sich anschickten zu fahren 1 0 8 . Die Spartaner, schreibt Thukydides, stimmten für den Krieg „nicht so sehr aus Rücksicht auf die Reden ihrer Bundesgenossen als aus Furcht, daß die Macht der Athener noch weiter anwachsen werde, denn sie sahen, daß der größte Teil von Griechenland schon in ihrer Gewalt war." (I 88) „Die Athener nämlich waren auf folgende Weise in die Situation gekommen, aus der ihre Größe erwuchs." (I 89,1) Mit diesen Worten beginnt der Exkurs über die fünfzig Jahre zwischen der Vertreibung der Perser und dem Ausbruch des Peloponnesischen Krieges, eine Schilderung eben des Anwachsens der athenischen Macht, das die Spartaner nach der These des Thukydides zum Krieg trieb. Auch dieser Exkurs — der längste im ganzen Geschichtswerk — dient der Erklärung der Genese einer Handlung: die Spartaner fürchteten sich, denn sie „sahen" die Ausdehnung der athenischen Macht, deren Entstehung der Exkurs, weit in die frühere Geschichte zurückgreifend, nun beschreibt. „In diesen fünfzig J a h r e n " — so leitet Thukydides wieder zur Haupterzählung über (I 118,2) — „festigten die Athener ihre Herrschaft und gelangten selbst zu großer Macht. Die Spartaner bemerkten dies, verhinderten es aber mit geringen Ausnahmen nicht, sondern blieben den größten Teil der Zeit untätig . . . bis schließlich die Macht der Athener unübersehbar angewachsen war und Athen an ihr Bündnissystem rührte. Da aber hielten sie es für nicht mehr erträglich und entschieden sich, mit aller Energie zu handeln und die Stärke Athens zu brechen, wenn sie könnten, und begannen so diesen Krieg." Der Exkurs über die Entwicklung der athenischen Macht steht zur Entscheidung der Spartaner für den Krieg in einem ähnlichen Begründungszusammenhang wie die Exkurse über Dekeleia und Sizilien zu Entscheidungen der Athener oder wie die Parenthese über den Mißerfolg des Nikias zum Entschluß des Demosthenes: in allen diesen Fällen genügt Thukydides als Erklärung einer Handlung nicht die Situation, wie sie sich nach dem vorhergehenden Bericht darstellt, sondern er gibt seinem Leser zusätzliche Erläuterungen über die Vorgeschichte, die Folgen oder den weiteren Zusammenhang. Daß die Kapitel über die Zeit zwischen den Perserkriegen und dem Peloponnesischen Krieg (I 89 — 1 1 7 ) eine solche, zu der anderer. Exkurse genau analoge Funktion haben, findet sich bestätigt, wenn man sie im Zusammenhang mit dem Aufbau des ersten Buchs des Geschichtswerkes
1 0 8 Die Form des zyklisch zu einem Bezugspunkt zurückkehrenden Exkurses („Ringkomposition") ist im Werk des Thukydides vor allem für das erste Buch von K a t i i i i (157) und Hammond (158) untersucht worden. Sie taucht, wie diese Autoren vermerken, natürlich nicht nur dort auf.
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betrachtet 1 0 9 . Das Grundschema, nach dem die Ereignisse darin angeordnet sind, ist die chronologische Abfolge: von den parallel laufenden Berichten über Kerkyra (24—55) und Poteidaia (56—66) führt eine direkte Linie zum spartanischen Ultimatum und dessen Ablehnung durch Athen ( 1 3 9 , 3 ff). Die Übersichtlichkeit dieses Schemas wird indes durch zwei Momente gestört: einerseits dadurch, daß ein erheblicher Teil des Textes durch Reden ausgefüllt ist (Disproportion zwischen realer Zeit und erzählter Zeit), anderseits dadurch, daß der chronologische Zusammenhang durch einen Begründungszusammenhang überlagert wird. Denn Thukydides erzählt im ersten Buch nicht nur die Ereignisse, die zum Beginn des Krieges führten, sondern er sucht auch seine Auffassung von ihm zu begründen. Diese Auffassung kann man vereinfacht in zwei Thesen formulieren: erstens ist der Peloponnesische Krieg größer als alle früheren Kriege, an denen Griechen beteiligt waren, denn nie zuvor sind die Machtmittel griechischer Staaten so groß und in solcher Weise konzentriert gewesen; zweitens bildet diese Machtkonzentration auch die eigentliche Ursache des Krieges: die Anlässe, die öffentlich genannt wurden, nämlich die Streitigkeiten um Kerkyra und Poteidaia, sind nur Folge und äußere Erscheinungsform des Machtkonfliktes zwischen Athen und dem peloponnesischen Bund, und was im letzten J a h r vor Kriegsausbruch Gegenstand der diplomatischen Verhandlungen war, hat mit der wahren Ursache großenteils überhaupt nichts zu tun. Der Begründung der ersten These, die im ersten Satz des Werkes ausgesprochen wird, gelten die einleitenden Kapitel, die sogenannte Archäologie. Die zweite These stellt Thukydides am Ende der Einleitung auf (I 23,6). Darauf folgt zuerst die Darstellung der Anlässe, an die der Kriegsbeschluß der spartanischen Volksversammlung ( 1 8 7 ) chronologisch anschließt. Gleich darauf wird die These in veränderter Formulierung wiederholt (I 88) und im Anschluß hieran die Entfaltung der Macht Athens seit den Perserkriegen geschildert (I 89—117). Nachdem das chronologische Verhältnis dieser Entwicklung zu den bereits dargestellten Anlässen fixiert ist, kommt Thukydides nochmals auf seine These zurück ( 1 1 8 , 2 ) , ehe er mit dem Bericht über den Kriegsbeschluß der Bündner (119—125) den chronologischen Faden wieder aufnimmt und mit den diplomatischen Verhandlungen, die sich zwischen diesem Beschluß und dem Beginn der bewaffneten Auseinandersetzung abspielen, weiterführt. Die Gegenstände der Verhandlungen geben Anlaß zu zwei weiteren Exkursen ( 1 1 2 6 und 1 0 9 Da es hier lediglich um die Stellung der Pentekontaetie innerhalb des Gesamtzusammenhangs von Buch I geht, wird bewußt auf jede Auseinandersetzung mit der sehr reichhaltigen Literatur zu Buch I verzichtet (vgl. dazu besonders die Nummern 10, 4 3 , 5 3 , 70, 157, 158, 2 7 3 - 2 9 6 und 3 7 1 der Bibliographie), zumal die folgende Skizze durch die Frage nach der Entstehung von Buch I und alles, was damit zusammenhängt, nicht berührt wird. Vorausgesetzt wird lediglich, daß Buch I in der vorliegenden Form von Thukydides, nicht von einem Herausgeber stammt, was wiederum — ganz unabhängig von der Entstehungszeit einzelner Teile — die Annahme einer Intentionalität der Komposition nach sich zieht.
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Schematische Skizze des Aufbaus von Buch I Erzählzusammenhang
Begründungszusammenhänge
Thema I 1
Erste These:
Größe des Krieges (II)
Begründung:
.Archäologie' 2 - 1 9
Methodologische 20—22 Parenthese Zusammenfassung 23, 1—4 Zweite These: Anlässe Φ Ursachen (23, 5 - 6 ) Größe Athens, Furcht der Spartaner Beginn des chronologischen Zusammenhangs —ι
J
с Strang 1 Kerjcyra 2 4 - 5 5
Strang 2 Poteidaia 5 6 - 6 6
Debatte und Beschluß • in Sparta (67-87)
Konsultation Delphis, zweite Bündnerversammlung, Kriegsbeschluß 119-125 Gesandtschaften: 126, 1 - 2 I 127-128,2 i 139, 1 - 2 Ϊ Ultimatum Spartas und Ablehnung durch Athen 139,3-146
I
Beginn des Krieges II 1
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• Ursache des Beschlusses:
I Erläuterung:
Furcht der Spartaner vor der Größe Athens (88) Entwicklune der attischen Macht (89-117)
•Wiederholung der Ursache: Größe Athens, Ubergriff in Spartas Machtsphäre 118, 1 - 2
Exkurs: Kylon 126, 2 - 1 2 Exkurs: Pausanias/Themistokles 128,3-138
128—138), in denen eindrucksvoll deutlich wird, wie wenig die Reden der Diplomaten mit der Wirklichkeit der Machtverhältnisse zu tun haben. Schematisch und etwas vereinfacht läßt sich der Aufbau von Buch I demnach in Form einer Skizze darstellen, wie sie auf Seite 60 versucht wird. Innerhalb der Entwicklung, die zum Kriegsausbruch hinführt, hat Thukydides vier Ereignisse dadurch besonders hervorgehoben, daß er Reden in den Bericht eingefügt hat. Es sind der Abschluß des Defensivbündnisses zwischen Athen und Kerkyra, die Entscheidung der spartanischen Volksversammlung für den Krieg, der Beschluß der Bündnerversammlung in Sparta und schließlich die Ablehnung des spartemischen Ultimatums durch Athen. Von diesen vier erhält die Entscheidung Spartas als das eigentlich ausschlaggebende Moment das größte Gewicht: Thukydides läßt vier Reden halten und widmet dem Abstimmungsvorgang selbst ein ganzes Kapitel 1 1 0 . Es wäre nun sehr verwunderlich, wenn man annehmen müßte, der historische Rückblick auf die Entstehung des attischen Reiches folge mehr oder minder zufällig auf die kunstvoll ausgestaltete Schilderung dieser Entscheidung. Der Vergleich mit den übrigen Exkursen macht deutlich, daß diese Annahme nicht einmal möglich ist, und liefert damit ein starkes Argument für die kompositorische Einheit des ersten Buches. Zugleich zeigt sich hier nochmals, in wie starkem Maße die Reflexion des Thukydides auf die Ursachen des Geschehens auch in die Gedanken und Motive eingeht, die er den Handelnden zuschreibt. Die Furcht Spartas vor der wachsenden Macht Athens ist das Ergebnis, nicht der Ausgangspunkt seiner Deutung der Gründe für den Krieg. Wenn er die Spartaner „sehen" läßt, daß große Teile Griechenlands schon in Athens Gewalt sind, so deshalb, weil er dies selbst gesehen hat. Allgemeiner gesagt: wenn Thukydides seine persönliche Deutung der Ereignisse aus einer Analyse der Beweggründe gewinnt, welche die Handelnden zu ihrem Tun führten, so wird man annehmen, daß die Beweggründe, die er diesen Handelnden in seinem Bericht zuschreibt, ihre Wurzel in jener persönlichen Deutung haben. * * *
Eine solche Annahme würde weiter an Wahrscheinlichkeit gewinnen, wenn sich zeigen ließe, daß Thukydides bei der Begründung einzelner Handlungen mit einer gewissen Willkür verfährt. Angesichts des Umstandes, daß wir für unsere Kenntnis der Ereignisse während des Peloponnesischen Krieges sehr weitgehend auf Thukydides selbst angewiesen sind, wird man freilich weder erwarten, dies in vielen Fällen zeigen zu können, noch hoffen, für die eigene, Thukydides widersprechende Auffassung mehr als Wahrscheinlichkeit zu beanspruchen. 1 1 0 Auf dies Verfahren ist in der Literatur oft hingewiesen worden, vgl. etwa Jaeger (601) I 494.
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Einer dieser Fälle ist zweifellos die Behandlung Kleons: wie wir sahen, entsteht für den Leser des Thukydides das Bild von dessen Demagogie weniger aus der Beschreibung seines Handelns als aus der seiner Beweggründe, ohne daß diese indes auf den ersten Blick in sich unstimmig erschienen. Ein zweiter Fall ist die Erklärung des Verhaltens der Athener im Zusammenhang mit der Rückberufung des Alkibiades aus Sizilien (Buch VI). Die Unstimmigkeit dieser Erklärung scheint auf der Hand zu liegen, zumal der Exkurs über den Hergang des Tyrannenmordes, den Thukydides hier einfügt, seinerseits in keinem erkennbaren Zusammenhang — außer dem der reinen Gedankenassoziation — zur Erklärung selbst steht 111 . Thukydides beschreibt die Ereignisse, die zur Rückberufung des Alkibiades führten, wie folgt: In einer Nacht vor der Abfahrt des athenischen Heeres nach Sizilien wurde ein großer Teil der Hermen in der Stadt mutwillig beschädigt. Das Volk nahm diesen Frevel als übles Vorzeichen für die Expedition und vermutete zugleich eine Verschwörung gegen die Demokratie (VI 27,3); eine intensive Suche nach den Tätern blieb jedoch ohne jeden Erfolg. Stattdessen wurden einige junge Leute bezichtigt, früher einmal andere Kultbilder beschädigt zu haben; zugleich wurde ruchbar, daß man in bestimmten Privathäusern die Mysterien parodiere. Im Zusammenhang hiermit wurde auch der Name des Alkibiades genannt, was dessen Gegner weidlich ausnutzten: sie warfen alle diese Dinge einschließlich der angeblichen Verschwörung in einen Topf und machten Alkibiades pauschal für sie verantwortlich (28,2). Dessen Bemühungen um eine gerichtliche Klärung der Angelegenheit scheiterten; die Expedition zog aus, und mit ihr Alkibiades und seine Anhänger. In Sizilien war noch nicht viel geschehen, als das Staatsschiff Salaminia in Katane eintraf, um Alkibiades und einige andere zur Gerichtsverhandlung zurück nach Athen zu holen (53,1).
111 Vgl. die Nummern 345-354a der Bibliographie. Schwartz (42) 180-6 zieht aus seiner Analyse der Verknüpfung des Exkurses mit dem Kontext den radikalen Schluß, daß jener „mit dem sechsten Buche überhaupt nichts zu tun" habe und mithin vom Herausgeber an seine Stelle gesetzt worden sei. Ihm folgen — meist ohne die Herausgeberhypothese zu teilen - z.B. Hirsch (348), Dornseiff (45) 548, Howald (632) 53 und zuletzt — mit Vorbehalten — Dover im Kommentar p. 325ff. Dagegen wird von anderen, z.B. Egermann (29) 205 zustimmend zu Berve (28) 28, Lord (126) 190, McGregor (402) 34, von Fritz (631) 751 mit 269ff im Anmerkungsband, am knappsten und plausibelsten von Pearson (349), entweder jede Unstimmigkeit bestritten oder aber — im Gefolge von Schadewaldts allgemeiner These über die Exkurse (44) 94f — der Exkurs als wohlplaciertes Paradigma sei es der Forschungsmethode (Adcock (37) 25f), sei es einer massenpsychologischen Erkenntnis des Thukydides (Münch (156) 8 0 n . l , Müri (93) 263) angesehen. Unsere Ansicht deckt sich im wesentlichen mit der von Dover (ad 1. p. 329) und M.I. Finley (630) 9. Auf Auseinandersetzung mit der Literatur im einzelnen ist wiederum bewußt verzichtet, da hier nur ein sehr spezieller Aspekt des Exkurses zur Diskussion steht.
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„(53,2) Die Athener hatten nämlich, nachdem das Heer in See gestochen war, die Suche nach den Tätern in Sachen der Mysterien wie auch der Hermen weiter betrieben, und zwar in der Weise, daß sie die Informanten nicht prüften, sondern argwöhnisch jede Aussage aufgriffen und auf das Zeugnis schlechter Subjekte hin die ehrenhaftesten Bürger festnahmen und ins Gefängnis setzten: sie hielten es für nützlicher, die Sache energisch zu untersuchen und ihr auf den Grund zu kommen, als etwa wegen der Schlechtigkeit eines Zeugen einen Beschuldigten — sei er noch so gut beleumundet — dem Kreuzverhör entrinnen zu lassen. . . . (60,1) Denn alles Geschehene schien ihnen auf eine Verschwörung zu deuten, deren Ziel die Einrichtung einer Oligarchie oder Tyrannis war. (2) Als nun infolge der aufgebrachten Stimmung, die hieraus entstanden war, schon viele achtbare Leute im Gefängnis saßen und noch kein Ende abzusehen war, vielmehr die Erregung und die Zahl der Festnahmen mit jedem Tag weiter anwuchsen, da ließ sich einer der Verhafteten, den man am meisten für schuldig hielt, von einem Mitgefangenen überreden, ein Geständnis abzulegen, möge es nun den Tatsachen entsprechen oder n i c h t . . ."
Nachdem auf diese Weise der Hermenfrevel ,aufgeklärt' worden war (nur auf diesen bezog sich, wie Thukydides vermerkt, das Geständnis), schürten die Feinde des Alkibiades weiter den Verdacht gegen ihn wegen der Mysterien (61,1). Andere Umstände kamen ihnen zu Hilfe, so daß schließlich die Salaminia ausgesandt wurde, um ihn zurück nach Athen zu holen (61,2-4). Die Erzählung ist in sich schlüssig und im Aufbau verhältnismäßig einfach. Nach der Schilderung der Abfahrt und der ersten Ereignisse in Sizilien läßt Thukydides die Salaminia in Katane eintreffen und beschreibt, daran anknüpfend, was sich bis zur Aussendung des Schiffes in Athen zugetragen hatte. Die Ausführlichkeit, mit der dies geschildert wird (53,2; 60,2—61,4), entspricht der Aufmerksamkeit, die Thukydides bereits dem Beginn der Affäre gewidmet hatte (27—29). Die Einfügung des chronologischen Rückblicks in die Haupterzählung geschieht in derselben Weise wie bei den Exkursen und Parenthesen, die wir bereits betrachtet haben: die für das Heer in Sizilien unerwartete und in vieler Hinsicht folgenreiche Ankunft der Salaminia wird erklärt, indem Thukydides mit den Worten: „ Die Athener hatten nämlich . . ." den Bericht über die Ursachen der Aussendung einleitet und an dessen Ende mit den Worten „. . . schickten sie so (οΰτω) das Schiff Salaminia nach Sizilien" (61,4) wieder in die unterbrochene Haupterzählung zurückführt. Subjekt sind im ganzen Exkurs fast durchweg „die Athener"; auf ihr Verhalten ist alles übrige bezogen. Indes wechselt kurz nach dem Beginn des Exkurses (53,3) plötzlich das Subjekt. „Das Volk", schreibt Thukydides, „ w u ß t e nämlich vom Hörensagen, daß die Tyrannis des Peisistratos und seiner Söhne vor ihrem Ende sehr drückend geworden und noch dazu nicht von ihnen selbst und Harmodios gestürzt worden war, sondern von den Spartanern; es war deshalb ständig in Furcht und nahm alles mit Argwohn auf (54,1). Das Wagnis des Aristogeiton und Harmodios wurde nämlich wegen einer zufälligen Liebesaffäre unternommen, die ich ausführlicher behandeln will, um zu zeigen, daß weder andere noch die Athener selbst weder über ihre eigenen Tyrannen noch über das, was mit ihnen geschah, irgendetwas Zuverlässiges erzählen." Es folgt die angekündigte
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ausführliche Behandlung; sie umfaßt sechs Kapitel. Schließlich kehrt Thukydides mit folgenden Worten zu den Ereignissen des Jahres 4 1 5 zurück: „Dies bedachte das Volk der Athener, und in Erinnerung an das, was es vom Hörensagen darüber wußte, verhielt es sich damals hart und argwöhnisch gegen diejenigen, die in der Angelegenheit der Mysterien beschuldigt worden waren, denn alles Geschehene schien ihnen auf eine Verschwörung zu deuten, deren Ziel. . . " ( 6 0 , l ) 1 1 2
Der Wechsel des Subjekts ist, für sich genommen, wenig bedeutsam, zumal Thukydides nicht selten ad sensum konstruiert und gelegentlich mitten im Satz vom Singular zum Plural wechselt 1 1 3 . Er markiert jedoch hier die Stelle, wo in einem in sich geschlossenen Begründungszusammenhang (die Athener verhafteten viele achtbare Bürger, weil sie an das ausgestreute Gerücht einer Verschwörung glaubten) parenthetisch eine sekundäre Begründung (das Volk wußte „nämlich" vom Ende der Tyrannis vor 100 Jahren) eingeschoben ist. In formaler Hinsicht entspricht dieser Einschub durchaus der Art und Weise, wie die übrigen Parenthesen und Exkurse in die Erzählung eingefügt sind. Eine Handlung wird ,mimetisch' aus bestimmten Gedanken und Informationen hergeleitet, die der Geschichtsschreiber dann in ,narrativer Aussage' näher erläutert. Aber der Inhalt dieser Erläuterung stimmt sehr merkwürdig zu dem Zusammenhang, den er doch erklären soll. Denn erstens war das zu erklärende Verhalten — die Vielzahl der Verhaftungen und die Gleichgültigkeit gegenüber der Provenienz der Zeugenaussagen — bereits vollkommen plausibel durch die Stimmungsmache der Gegner des Alkibiades begründet; die Herleitung der von ihnen aus leicht verständlichen Gründen und mit bestem Erfolg heraufbeschworenen Verschwörungsangst aus der Erinnerung an Ereignisse, die mehrere Generationen zurücklagen, wirkt ebenso gezwungen wie unwahrscheinlich 1 1 4 .Umso mehr, als es für diese Verschwörungsangst Anhaltspunkte gab — etwa die Anwesenheit spartanischer Truppen in Böotien —, die Thukydides zwar erwähnt, jedoch nur, um sie zu bagatellisieren 115 .Zweitens aber gilt der Exkurs 112
S. o. S. 6 3 oben (Zitat).
Vgl. etwa II 75,1 III 1 0 2 , 5 ; 106,1 IV 6 , 1 ; 7 3 , 1 ; 9 0 , 1 - 2 ; 1 0 6 , 3 - 4 ; 112,1-3 VI 5 6 , 1 ; 6 2 , 4 - 5 ; 9 3 , 3 VIII 3,1-2 und vor allem, innerhalb der hier besprochenen Episode, VI 60,4. 113
1 1 4 Die Gedankenverbindung von der Mysterienaffäre zum Sturz der Tyrannis ist etwa so plausibel wie ein Versuch, das Verhalten der Pariser Behörden gegenüber den Studentenunruhen im Mai 1 9 6 8 aus der Erinnerung an Ereignisse von 1 7 8 9 zu erklären. Genau genommen noch weniger, denn für diese Parallele könnte der revolutionäre Gestus von Geismar, Cohn-Bendit und anderen sogar die Fiktion eines Anhaltspunktes liefern. 1 1 5 VI 6 1 , 2 , Andokides I 4 5 . Es gibt leider keine Möglichkeit zu entscheiden, was es mit den spartanischen Truppen und der von Andokides behaupteten Anwesenheit der Böoter an der Grenze Attikas auf sich hatte (vgl. MacDowell ( 6 7 8 ) 184). Eindeutig ist nur die Geringschätzung, mit der Thukydides — anders als Andokides, der im Gegensatz zu ihm während der Mysterienaffäre in Athen war — die Aufregung über die Böoter als viel Lärm um nichts abtut; sie wird durch das doppelte και τι και überdeutlich (vgl.
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zwar Ereignissen, die die A t h e n e r „ b e d a c h t e n " ( 6 0 , 1 ) u n d „vorn Hörensagen w u ß t e n " ( 5 3 , 3 ) . Aber T h u k y d i d e s b e f a ß t sich n u n keineswegs m i t d e m , was die A t h e n e r w u ß t e n , sondern fügt d e n Exkurs erklärtermaßen ein, u m zu zeigen, wie wenig sie darüber w u ß t e n . N i c h t die Beweggründe der A t h e n e r soll der Exkurs ins rechts Licht rücken, sondern vor allem anderen das Besserwissen des T h u k y d i d e s selbst. Wenn d e m aber so ist, dann wird m a n das „ v o m Hörensagen Wissen" u n d das „ B e d e n k e n " schwerlich im strengen w ö r t l i c h e n S i n n als Aussage über geistige Vorgänge im „ V o l k der A t h e n e r " begreifen k ö n n e n . Vielmehr bilden diese Ausdrücke eine Art v o n Formeln, mit deren Hilfe hier ein — nach unserer D e u t u n g — irrelevanter 1 1 6 Exkurs in einen schlüssigen Zusamm e n h a n g eingepaßt wird. Die Aussage „das V o l k der A t h e n e r b e d a c h t e dies u n d erinnerte sich . . ." ( 6 0 , 1 ) belehrt keineswegs über das, w a s in d e n K ö p f e n der A t h e n e r vorging, sondern sie ist lediglich Bindeglied, Flicken, Versatzstück 1 1 7 . D a ß T h u k y d i d e s gerade eine Aussage dieser Art als Bindeglied v e r w e n d e t , hat angesichts der zuvor in d i e s e m A b s c h n i t t b e t r a c h t e t e n T e x t e nichts Erstaunliches mehr. D a ß er sie in einer so z w e c k e n t f r e m d e t e n Art u n d für die Nuance von καί τικ αί I 8,3; 75,4; 107,6; 126,10 11 15,1; 17,1; 70,5; 87,2 111 90,2 IV 5,1; 14,1; 96,3; 109,4; 121,2 V 90 VI 69,1; 100,1 VIII 80,4; 83,3 und Denniston 294). 116 S. o. Anm. 111. „Tucidide", schreibt Momigliano (354a) 34, „navigava in acque cosi profonde da non poterne appieno misurare la profondita" — ein Maß für die Subtilität, die aufzubringen ist, um die Intention des Exkurses zu verstehen. Natürlich gibt es Anknüpfungspunkte für Assoziationen: .Sparta', .Tyrannis', .Verrat', ,Alkmeoniden', .Unwissenheit', .malentendu'. Aber ihre Konstellation in den beiden Situationen ist so verschieden, daß es aller dialektischen Hilfsmittel der Psychoanalyse bedarf, um eine Ähnlichkeit zu finden (Momigliano selbst bedient sich des .Traumas': op. cit. 32). Momigliano notiert zu recht die Isolierung des Alkibiades in der Erzählung und die daraus resultierende perspektivische Verzerrung. Beides zusammen — der Exkurs und die so verfälschte Perspektive — lenken von dem eigentlichen Problem der Hermenaffäre ab. Sie ist ein kleines Stück in dem von Thukydides mit wenigen Strichen (II 65, 10-12) skizzierten Bild der nachperikleischen Demokratie, wo einige Einzelheiten hinreichend deutlich werden, um das Ausmaß dessen, was fehlt, in voller Breite erscheinen zu lassen. Klar ist, daß nach dem Tode des Perikles trotz der starken außenpolitischen Bindungen durch den Krieg die innenpolitischen Kämpfe an Virulenz zunahmen, bis sie schließlich im oligarchischen Umsturz von 411 gipfelten; daß die Hermenaffäre wie der Ostrakismos des Hyperbolos Stationen auf diesem Weg sind; daß schließlich der Kampf nicht zwischen einzelnen, sondern zwischen Gruppen stattfand (vgl. die Belege bei Chroust (581), Sartori (585) und Fischer (583); die deutlichsten Hinweise bei Thukydides sind VI 11,7; 13,1; 28,2ff) — Gruppen, die sich weder über die Notwendigkeit, den Krieg überhaupt fortzusetzen, noch über die gegebenenfalls zu verfolgende Taktik einig waren (vgl. III 36ff). Dadurch, daß wir über die dazwischen liegenden Phasen dieser Entwicklung so wenig wissen, erhalten die vergleichsweise gut dokumentierte Hermenaffäre und die Revolution von 411 den Charakter von für sich bedeutsamen .historischen Ereignissen', während sie in Wirklichkeit Teile (und Symptome) eines größeren Prozesses sind. 117
Ein .shifter' in der Terminologie von R. Barthes (770). 65
Weise verwenden kann, ist ein weiteres Anzeigen dafür, daß die Gedanken und Beweggründe, die er den Handelnden zuschreibt, ihre Wurzel vor allem in seiner eigenen Reflexion auf die Ereignisse und ihre Genese haben. Handlungen aus den Gedanken, Absichten und Wahrnehmungen der Akteure herzuleiten, das heißt: die eigene Erkenntnis der Situation in das Denken der handelnden Personen zu projizieren, ist ihm eine so fest verwurzelte Gewohnheit, daß er ihr auch dann folgt, wenn eine Erkenntnis erklärtermaßen ihm selbst und nur ihm selbst gehört.
Folgerungen
Wir sind damit einer Antwort auf die Frage nach der Historizität der von Thukydides referierten Absichten, Wahrnehmungen und Gedanken ein Stück nähergekommen und können eine erste Zwischenbilanz aufstellen. Die bisherigen Betrachtungen galten dem Umfang und der Art und Weise, in denen Thukydides im Bericht Aussagen über geistige Vorgänge in den handelnden Personen verwendet. Es hat sich gezeigt, daß solche Aussagen überaus häufig sind, daß sie geradezu als das bestimmende Kennzeichen weiter Teile der Erzählung gelten können. Daß der Bericht hierdurch vielfach dem konstruierten Modell einer mimetischen Erzählung sehr nahe kommt, ist einer der Gründe für seine scheinbare ,Objektivität', für seine o f t beobachtete Eigenschaft, ,die Tatsachen für sich selbst sprechen zu lassen'. Thukydides tritt deshalb als Berichterstatter weitaus weniger in den Vordergrund als Herodot, obgleich dieser in kaum geringerem Maße als jener geistige Vorgänge in den Personen beschreibt, die er auftreten läßt. Dem Unterschied zwischen beiden nachzugehen, würde für Herodot eine ähnlich lange Untersuchung erfordern, wie wir sie für Thukydides bisher angestellt haben 1 1 8 ;daher müssen hier einige Andeutungen den Vergleich ersetzen. Der universalhistorischen Perspektive und dem Staunen vor der Vielfalt und Größe des zu Berichtenden, die Herodot in der Einleitung seiner Geschichte ausdrückt, entspricht in seinem Werk eine Vielfalt von Sehweisen und darstellerischen Mitteln, insbesondere von Arten der Begründung, wie es zu einem Ereignis gekommen ist. Bei Thukydides scheint im Vergleich zu ihm zusammen mit der weit engeren Thematik 1 1 9 nicht nur das Spektrum der Handlungen und Handelnden schmaler geworden zu sein, sondern auch die Erzählung scheint auf weite Strecken ihr Leben allein aus der immer wieder neu hergestellten Spannung zwischen 118
Die Untersuchung von Stahlenbrecher (742) hat in Ziel und Methode mit der vorliegenden sehr wenig gemein. In Immerwahrs breit angelegter Studie (654) wird das Problem kaum berührt, und überraschenderweise fehlt bei von Fritz (631) bisher eine eigentliche Synkrisis. 119
66
Vgl. Strasburger (645) 58, 62ff.
Absicht und Erfolg — oder Scheitern — der kämpfenden Parteien zu erhalten. Die Vielfalt der Mittel, die wir beobachten, beschränkt sich — von Ausnahmen abgesehen — auf einen einzigen Bereich und dient nur einem Ziel: bei keiner Handlung soll dem Leser ungewiß bleiben, weshalb — mit welchem Ziel, als Reaktion worauf, in Kenntnis oder Unkenntnis wessen — der jeweils Handelnde sie unternahm. Ein zweites Ergebnis der bisherigen Untersuchung ist, daß Thukydides Erklärungen, die er im eigenen Namen gibt, sehr häufig in engen Zusammenhang mit Aussagen über Motive, Gedanken, Wahrnehmungen der Akteure bringt, so daß sich scharfe Grenzen zwischen der direkten Erklärung („es war nämlich so und so") und der vermittelten (,,A stellte fest, daß es so und so war") kaum ziehen lassen. Die Übergänge zwischen beiden Formen sind im Gegenteil so fließend, daß Thukydides mitunter sogar Erwägungen, die ganz offensichtlich nur seine eigenen sein können, als die eines handelnden Subjekts bezeichnen kann: so weit geht sein Bemühen, jegliche Handlung aus den Gedanken der Handelnden selbst hervorgehen und verständlich werden zu lassen. Thukydides versetzt also den Leser in die Gegenwart der Handelnden 1 2 0 , läßt ihn erfahren, was sie erfuhren, und an dem teilnehmen, was sie überlegten und beabsichtigten. Es ist offensichtlich, daß diesem Verfahren ein Bemühen um Klarheit zugrundeliegt: der Leser soll verstehen, wie es kam — so wie es Thukydides verstanden hat 1 2 1 . Daß nun Thukydides von den Ereignissen selbst sichere Nachrichten hatte, wie sie sich zugetragen haben, wird man bis zum Erweis des Gegenteils auch dann für die Gesamtheit der Ereignisse weiterhin annehmen wollen, wenn die historische Kritik im Einzelfall nachweisen sollte, daß ein Ereignis unrichtig berichtet ist. Setzt man aber für die ,Ereignisse' zunächst nur Aussagen der Art ,Alkibiades tat oder erlitt dies und jenes', so war unsere Frage, ob man auch für Aussagen der Art ,Alkibiades erfuhr, dachte, wollte dies und jenes' annehmen solle, daß Thukydides sie nur aufgrund sicherer Nachrichten vorbringe. Ein drittes Ergebnis der bisherigen Untersuchungen ist nun, daß diese Annahme an Wahrscheinlichkeit verloren hat. Denn erstens sind solche Aussagen derart häufig, daß schon die statistische Wahrscheinlichkeit gegen die Annahme spricht, sie beruhten sämtlich auf authentischer Information. Zweitens sind sie — im Gegensatz zum Handeln und Leiden — in der Regel nicht Gegenstand der Erzählung, sondern ein erzählerisches Mittel, das eine genau beschreibbare Funktion hat: eben die, verständlich zu machen, wie es zu dem Handeln und Leiden kam. Und drittens haben sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß solche Aussagen in ihrer Funktion als erzählerisches Mittel austauschbar sind mit Erläuterungen, die Thukydides im eigenen Namen gibt. Da die Aussagen über 120 121
Vgl. oben Anm. 13 Vgl. de Romilly (103) 53, nach ihr Aron (107) 133ff, Gomme (151) usw.
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geistige Vorgänge, wie wir sahen, ein kontinuierliches Spektrum bilden, liegt es nahe, ihre Historizität insgesamt in Zweifel zu ziehen und sie sämtlich als Überlegungen nicht der Handelnden, sondern des Thukydides zu verstehen: dieser hätte nicht erfahren, daß Alkibiades dies oder jenes wußte, dachte oder wollte, sondern aus seinen Handlungen erschlossen, daß er nur dies und jenes habe wissen, denken oder wollen k ö n n e n 1 2 2 . Indessen wird man zögern, eine solche Vermutung mit Bestimmtheit auszusprechen, um so mehr, als die vorliegenden Ergebnisse sie nicht hinreichend rechtfertigen. Sie zwingend zu erweisen, wird man ohnehin nicht hoffen können. Was bisher untersucht wurde, macht jedoch lediglich dies wahrscheinlich: daß Aussagen über geistige Vorgänge nicht in allen Fällen auf authentischer Information beruhen. Da sie einem einheitlichen, im ganzen Werk beobachteten Erzählprinzip entsprechen, wird man die Zurückführung ihrer Gesamtheit oder ihrer Mehrzahl auf die Reflexion des Thukydides als Möglichkeit wohl zugeben. Wahrscheinlichkeit wird man einer solchen Annahme jedoch erst zubilligen, wenn sich außerdem zeigen läßt, daß solchen Aussagen auch eine einheitliche Grundauffassung vom menschlichen Handeln zugrundeliegt.
122
Thukydides wäre also bei den Gedanken der Handelnden so verfahren, wie er es
für die Reden ausdrücklich feststellt: ώς &v έδόκουν μοι έκαστοι та δέοντα μάλιστα λογίσασΰαι. Das würde zu der „elastischen" und „fast verschwindenden" Grenze stimmen, die Luschnat (39) 1158ff zwischen Reden und Bericht sieht. Es bleibt jedoch einstweilen Hypothese.
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TEIL III: ERKENNTNIS UND INTERESSE Wer nach der Anschauung fragt, die Thukydides vom menschlichen Handeln und seinen Determinanten gehabt habe, wird sich angesichts der Seltenheit von Äußerungen des Thukydides im eigenen Namen bald denjenigen Partien seines Werkes zuwenden, in denen er Auffassungen vom Menschen ausgesprochen und die Beweggründe seines Handelns diskutiert findet: den Reden. Er wird indes bald feststellen, daß es auf diesem Wege schwierig ist, zu einem klaren Bild zu kommen, denn nicht nur stehen die allgemeinen Aussagen über menschliches Verhalten, die sich dort finden, stets in enger Beziehung zu dem besonderen Zweck, den der einzelne Redner verfolgt 1 2 3 , so daß es prinzipiell nicht sicher ist, ob Thukydides die jeweils dargelegte Auffassung teilt, sondern die Redner vertreten auch sowohl über die Rechtmäßigkeit als auch über die Zweckmäßigkeit bestimmter Verhaltensweisen gänzlich entgegengesetzte Ansichten. Freilich scheint der Verlauf der Ereignisse jedesmal den Realpolitikern Recht zu geben. Daraus ließe sich möglicherweise eine Bestätigung ihrer Argumente insoweit ableiten, als sie Regeln für erfolgreiches politisches Handeln formulieren: Thukydides hätte deren Richtigkeit, ohne die so gefundene ,Norm' notwendig auch zu billigen, durch das Verhältnis von Erzählung und Rede deutlich gemacht. Aber darum geht es uns in erster Linie nicht. In der ,Grundauffassung vom menschlichen Handeln' wird nicht die Einstellung des Thukydides dazu gesucht, wie die Menschen handeln sollen, sondern seine Vorstellung davon, wie — nach welchen bewußten oder unbewußten Prinzipien — sie in der Regel (empirisch) oder immer (gemäß ihrer ,Natur') effektiv handeln. Diese Vorstellung aus den Reden ableiten zu wollen, empfiehlt sich neben den schon genannten noch aus zwei Gründen nicht. Erstens sind die Aussagen des Typs „alle Menschen handeln s o " fester Bestandteil der Gerichtsrhetorik 1 2 4 , die Thukydides nachweislich so gut wie irgendeiner seiner Zeitgenossen, von denen wir noch wissen, beherrschte 1 2 5 . Da die Rhetoriklehrer dies Argument 123 S. o. S. 29f mit Anm. 50; zur Gnomik Meister (167). Wenn z.B. Diodot behauptet, daß „alle Menschen von Natur aus sowohl im privaten als auch im öffentlichen Leben Verfehlungen begehen" (III 45,3), so ist diese Feststellung in erster Linie, w o nicht ausschließlich, ein Versuch, ganz nach Vorschrift der Rhetoriklehrer (vgl. Moraux (380) und für das hier verwandte Verfahren Anaximenes, Rhet. 36,5 p. 8 7 , 2 l f Fuhrmann und 4,9, p. 27,15f) die von Kleon behauptete Schuld der Mytilenäer zu relativieren (vgl. Schneider (183) 531); sie besagt über die Anschauung des Thukydides von der Natur des Menschen noch überhaupt nichts (und kann daher weder zur Konstruktion seiner ,Politischen Philosophie' noch zum Nachweis der Echtheit von III 84 — wie bei Topitsch (257) — herangezogen werden). 124
Vgl. Anaximenes, Rhet. 7,4-6, p. 30,27ff, und 7,13, p. 33,15-19 Fuhrmann.
125
Lamb (143) 117ff, Bodin (379), Finley (146), Moraux (380), Gommel (155), Luschnat (39) 1147ff.
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unabhängig davon empfehlen, welche Art von Handlung in dieser Weise gerechtfertigt werden soll, besteht zunächst kein Grund zu der Annahme, daß Thukydides ihm, wenn er es einen Redner vorbringen läßt, mehr als Plausibilität für den konkreten Fall zubilligt. Zweitens wäre es denkbar, daß Thukydides zwar die Redner Aussagen dieser Art machen läßt, da es zu ihrem Geschäft gehört, sie aber selbst für illegitim hält oder zumindest in seiner Erzählung von keiner bewußt reflektierten Grundauffassung des Typs „die Menschen handeln immer (oder: für gewöhnlich) in dieser oder jener Weise" ausgeht. Nähme man also die Aussagen der Redner zum Ausgangspunkt, so liefe man Gefahr, eine Auffassung in den Text hineinzulesen, deren Vorhandensein nachzuweisen man sich gerade bemüht. Diese Erwägungen verweisen uns erneut auf den Bericht als denjenigen Teil des Werkes, in dem Thukydides mit Sicherheit selbst spricht und beim Wort genommen werden kann. Da jedoch im Bericht allgemeine Aussagen über die Motivation des Handelns so gut wie vollständig fehlen und Thukydides sich darauf zu beschränken scheint, den jeweils nächstliegenden Anlaß oder das unmittelbare Ziel der einzelnen Handlung darzulegen, werden sich Anhaltspunkte für eine Grundauffassung, sofern sie überhaupt erschließbar ist, nur auf einem Umweg gewinnen lassen. Wir haben uns bisher mit der Art und Weise, wie Thukydides die Genese von Handlungen erklärt, vor allem unter formalen Gesichtspunkten und im Hinblick auf ihre Funktion im Rahmen der Erzähltechnik beschäftigt. Es bietet sich an, nun den Inhalt einzelner Erklärungen genauer zu untersuchen und festzustellen, ob sich Denkschemata nachweisen lassen, auf die man die Gesamtheit oder wenigstens den überwiegenden Teil der Erklärungen zurückführen kann. Solche Denkschemata könnten erkennen lassen, auf welchen impliziten Voraussetzungen oder Grundannahmen in bezug auf menschliches Handeln sie beruhen; sodann müßte eine Gegenprobe erweisen, ob die konkreten Motive, die Thukydides für einzelne Handlungen nennt, mit den erschlossenen Grundannahmen übereinstimmen.
Information und Erfolg Im Anschluß an die oben 1 2 6 zitierten Kapitel über Kleons Aussendung nach Pylos befaßt sich Thukydides eingehend mit den Überlegungen des Demosthenes vor seiner Landung auf Sphakteria (IV 29, 2 ff): „Den Demosthenes aber nahm er (Kleon) deshalb hinzu, weil er erfuhr, daß er vorhatte, auf der Insel zu landen. Die Soldaten nämlich, die unter den spärlichen Versorgungsmöglichkeiten (von Pylos) litten und dort mehr Belagerte als Belagerer waren, drängten darauf, die Entscheidung zu wagen. Außerdem sah Demosthenes selbst seine Position dadurch gestärkt, daß die Insel abgebrannt war. 126
70
Oben S. 47f.
(3) Zuvor war sie nämlich zum großen Teil bewaldet und — da sie niemals bewohnt war — ohne jeden Weg gewesen; dies hatte ihn scheu gemacht, da er meinte, daß es eher die Feinde begünstige, denn a u c h 1 2 7 wenn man mit zahlreichen Truppen lande, würden sie, geschützt durch die Unübersichtlichkeit des Geländes, angreifen und Verluste verursachen können. Denn ihm und seinen Leuten wären wegen des Waldes weder die Stärke noch die Fehler der Gegner in gleicher Weise deutlich wie umgekehrt jeder Fehler, den sein eigenes Heer beginge, für die anderen offenbar wäre, so daß sie unvorhergesehen angreifen könnten, wo sie wollten, denn jene hätten in solchen Fällen die Initiative. (4) Wenn er anderseits mit Gewalt in das dicht bewachsene Gelände eindränge 1 2 8 , um zum Nahkampf zu kommen, so wären, wie er meinte, die an Zahl geringeren Ortskundigen den zahlreicheren Ortsunkundigen überlegen, und es könne dazu kommen, daß sein eigenes Heer trotz seiner Größe unbemerkt aufgerieben würde, da es keine Sichtverbindung gebe (und daher nicht zu erkennen sei), wo man sich gegenseitig Hilfe bringen müsse. (30,1) Diese Gedanken bewegten ihn nicht zuletzt wegen des Unglücks, das er in Aitolien erlitten hatte und das zu einem Teil wegen des Waldes geschehen war. (2) Indes hatten seine Soldaten wegen des Platzmangels am äußersten Ende der Insel landen und dort, von Vorposten bewacht, abkochen müssen, und einer von ihnen hatte unabsichtlich ein kleines Stück des Waldes in Brand gesetzt; danach war ein Wind aufgekommen, der aus dieser Richtung blies, und ehe man sichs versah, war der größte Teil der Insel abgebrannt. (3) Dadurch konnte er sowohl die Spartaner besser sehen — (und feststellen,) daß es mehr waren, (als er vermutete, denn) zuvor hatte er den Verdacht, daß die hinübergeschaffte Verpflegung für weniger Personen bestimmt war, nun aber (schien ihm) eine Anstrengung der Athener sich eher zu lohnen 1 2 9 — als auch (konstatieren) daß es einfacher war, auf der Insel zu landen; er traf daher Vorbereitungen für das Unternehmen, indem er die Verbündeten in der Umgebung bat, Truppen zu schicken, und alles übrige in Bereitschaft setzte."
Drei Gründe bewegten also Demosthenes zu seinem Entschluß: die Stimmung seiner Leute, die bessere Übersicht, die er seit dem Brand hatte, und die Erkenntnis, daß die Zahl der Spartaner auf der Insel das Unternehmen — entgegen seinem früheren Verdacht — der Mühe wert machte. Diese Schilderung ist in mehrerlei Hinsicht merkwürdig. Ein wesentlicher Faktor ist nicht genannt: das Herannahen des Winters, damit die Aussicht, daß die Blockade erfolglos würde abgebrochen werden müssen, 127 πολλφ yap άν στρατοπέδω άποβάντι... αυτούς βλάπτεw. (καύ Wilamowitz ( 3 2 0 ) 3 1 7 . πολλά conj. Gomme III 4 7 1 ad 1. de Romilly hält den T e x t der M S S , erwähnt nur Gommes Konjektur im Apparat, versteht aber wie wir: „des troupes, т ё ш е importantes". Vgl. später 2 9 , 4 wo TToXv OV sicherlich konzessiv ist.
β(άξ0ΐΤ0
ι28
Medium. So de Romilly, Gomme ad 1. (zögernd) nach Classen.
D e r T e x t ist syntaktisch wegen der langen, zwischen die parallelen Objekte von κατώών (τούς те Λακεδαιμονίους . . . την те νησον) eingeschobenen Parenthese, die sich wie ein Nachgedanke oder späterer Zusatz liest, nicht einfach. Unter den zahlreichen vorgeschlagenen Korrekturen scheint mir die am wenigsten aufwendige die von Poppo zu sein, der — nach Krügers Angabe ad 1. — τότε (δ') ώ ς las. Denn T0T€ muß, wenn es einen vernünftigen Sinn haben soll und falls es nicht — wie Gomme, wohl mit Recht zögernd, vorschlägt — zu εστέμπειν gezogen werden kann, einen Gegensatz zu πρότερον bilden und sich wie dies auf ύπονοών oder ein hinzugedachtes νομίξων beziehen, nicht auf ποιεϊσ&αΐ wie bei de Romilly. J o w e t t s Radikalkur, TO те als Artikel eines substantivierten ποιείσΰαι zu verstehen, ergibt leider kein Griechisch, das man Thukydides zutrauen möchte. 129
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wenn man der Spartaner auf Sphakteria nicht mit Gewalt habhaft werden konnte. Ein zweiter wird zwar genannt, aber in sehr wenig plausibler Form: das Kräfteverhältnis zwischen Belagerern und Belagerten. Demosthenes hatte in Pylos siebzig Schiffe 1 3 0 , demnach gegen 14.000 waffenfähige Soldaten, freilich keine Elitetruppen 131 , und es fehlte ihm an Waffen 132 . Auf Sphakteria befanden sich 420 Schwerbewaffnete „mit ihren Heloten" (8,9; 38,5). An dieser letzteren Zahl hatte Demosthenes Zweifel gehabt: er hatte gemeint, es seien weniger, und daher lohne sich ein Angriff nicht — als ob seine Übermacht, die ja am Ende wesentlich zur Kapitulation der Spartaner beiträgt, in diesem Fall nicht noch größer gewesen wäre. In der Überlegung des Demosthenes selbst fällt vor allem auf, daß der breiteste Raum der Analyse einer Situation gewidmet ist, die seit dem Brand nicht mehr existiert. Daß ein Angriff nunmehr Aussicht auf Erfolg hat, wird vor allem negativ durch einen Umkehrschluß begründet: bei der früheren, jetzt veränderten Beschaffenheit der Insel hätten die Spartaner alle Vorteile auf ihrer Seite gehabt; vor allem, so argumentiert Demosthenes, hätten sie ihren Feind zu jedem Zeitpunkt sehen können, er sie dagegen nicht. Die Unübersichtlichkeit des Geländes und die mangelnde Kenntnis der Topographie bei den Athenern mußte fast zwangsläufig — dies ist der Eindruck, den der Leser gewinnt — zum Scheitern eines Landungsversuchs führen, das Heer könnte gar „trotz seiner Größe unbemerkt aufgerieben werden", ein erstaunlicher Gedanke, wenn man sich klar macht, daß jeder Spartaner im Extremfall mehr als zwanzig Athener hätte „aufreiben" müssen 133 . Eine mögliche Erklärung sowohl für das Übergehen der numerischen Überlegenheit der Athener und des nahenden Winters als auch für die mangelnde Plausibilität der Überlegung selbst liegt in der Tendenz der demosthenischen Gedanken. Denn diese begründen sehr viel weniger, weshalb eine Landung jetzt möglich war, als vielmehr, warum sie zuvor nicht ratsam erschien. Was Thukydides hier in solcher Breite wiedergibt, würde dem-
130IV
25,2fin.
Vgl. die Worte des Nikias VI 21,1 über die Rudermannschaften und unten Anm. 1 5 6 . Immerhin waren sie sicherlich als Leichtbewaffnete einzusetzen, die ja am Ende den Kampf auf Sphakteria entschieden. 131
132IV
9,1.
1 3 3 Thukydides
berichtet ( 3 1 , 1 ) von „etwa 8 0 0 " Hopliten bei der Landung; die Zahl der Leichtbewaffneten wird nicht exakt genannt, läßt sich aber aus der Angabe 3 2 , 2 („die gesamte Besatzung von etwas über 70 Schiffen mit Ausnahme der Ruderer der untersten Reihe") gut schätzen: etwa 1 0 . 0 0 0 Mann. Das Hauptproblem war, diese Leute alle an Land zu bringen, denn dafür half gegen einen aufmerksamen Gegner die Übermacht nicht viel. Aber das ließ sich, wie der Verlauf der Ereignisse zeigt, auf andere Weise lösen.
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nach auf Informationen aus dem Kreis des Demosthenes beruhen 1 3 4 , die Thukydides sei es inoffiziell erhalten, sei es auch offiziellen Nachrichten entnommen hätte, beispielsweise dem ,Frontbericht' der Boten, denen Kleon (27,3) widersprach. Zur apologetischen Tendenz dieser Informationen würde auch der wenig einleuchtende Verdacht des Demosthenes passen, daß sich eine Landung nicht lohne, weil weniger Spartaner auf der Insel seien, als offiziell angegeben wurde — offenbar ein Rechtfertigungsversuch dafür, daß der Erfolg der Blockade ausblieb, denn die Taucher, die den Nachschub zum guten Teil übernommen hatten, waren ja zuerst unbemerkt geblieben (26,8). Indessen wäre diese Deutung, wollte man sich mit ihr begnügen, ein typischer Fall einer Scheinlösung. 135 Es gibt keine Möglichkeit, sie zu prüfen, und die ihr zugrundeliegende Hypothese eines leichtgläubigen Thukydides, der Berichte seiner Informanten kritiklos übernimmt, läßt sich prinzipiell nur durch die Aufreihung weiterer ,Unstimmigkeiten' bestätigen, deren Diagnose freilich die zu bestätigende Hypothese ihrerseits immer schon voraussetzt. Die genetische Erklärung argumentiert selbstgenügsam in einem Zirkel, in dem die Frage, weshalb denn Thukydides den Berichten so willig Glauben schenkte, keinen Platz hat. Diese Frage stellt sich aber auch dann, wenn man die eben erwogene Entstehungshypothese für richtig hält. Lehnt man die Hypothese ab, so geht sie auf in der allgemeinen Frage nach dem Interesse des Thukydides, das die Wiedergabe oder Konstruktion der Erwägungen des Demosthenes in der vorliegenden Form motivierte. Den Schlüssel hierzu liefert eine Zwischenbemerkung, die Thukydides, im eigenen Namen sprechend, in den Gedankengang des Demosthenes einfügt: „Diese Gedanken bewegten ihn nicht zuletzt wegen des Unglücks, das er in Aitolien erlitten hatte und das zu einem Teil wegen des Waldes geschehen war." (30,1). Demosthenes hatte dort seine lokrischen Verbündeten nicht abgewartet (III 97,2), denen, wie Thukydides vermerkt, „sowohl das Terrain als auch die T a k t i k " seiner Gegner bekannt waren (95,3). Er hatte sich stattdessen „auf sein Glück verlassen" (97,2) und war, obwohl ihm Leichtbewaffnete fehlten (97,2), in unbekanntes Terrain gegen einen vorbereiteten Gegner (96,3) vorgestoßen. Nach dem Tod ihres Führers (98,1 fin.) waren seine Soldaten auf der Flucht mangels Ortskenntnis (98,1) teils in Schluchten gestürzt, wo sie umkamen, teils hatten ihre leichter ausgerüsteten Gegner 134 Von Demosthenes selbst, vermutet Colardeau (410) 529f: „il ne pouvait tenir des details de cette nature que de l'interesse en personne". Das ist nicht zwingend, wenn man auch schwerlich annehmen wird, daß Thukydides die Vermutung ύπονοών Ußorepov κτλ 30,3 selbst erfunden hat. Vgl. unten S. 133ff. 13S
Die .Quellenfrage' erschien für die Pylos-Episode lange Zeit zentral zu sein, schon deswegen, weil die Beschreibung der Topographie darauf schließen ließ, daß Thukydides selbst Pylos nicht gesehen hat, und lange Zeit so verstanden worden ist, als enthalte sie gravierende Fehler, Vgl. aber Pritchett (548) 6 - 2 9 .
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sie eingeholt und getötet, und viele waren in ein auswegloses Waldstück geraten, das die Aitoler anzündeten und sie darin verbrannten (98,2). Demosthenes hat aus seinem Unglück gelernt. Thukydides zeigt, indem er seine Erwägungen ausführlich wiedergibt, wie er bewußt einen einmal begangenen Fehler vermeidet. Die Taktik, die er später mit seinen leichtbewaffneten Truppen gegen die Spartaner auf der Insel gebraucht, entspricht bis in Einzelheiten derjenigen, mit der ihn die Aitoler besiegt hatten. War seine Niederlage vor allem in der ungewohnten, seinen Leuten nicht gemäßen Kampfesweise der Aitoler (97,3) und in der Unkenntnis des Terrains begründet gewesen, so verwendet er in Pylos die erstere siegreich gegen die Spartaner, ,,die diese Art zu kämpfen nicht gewohnt waren" (IV 34,2), und entscheidet sich aus Furcht vor der letzteren erst dann zum Angriff, als ein Zufall (denn der Brand war „unabsichtlich" gelegt worden, 30,3) das Gelände für ihn übersichtlich gemacht hat. Daß der Entschluß zum Angriff auch noch andere Gründe hatte, läßt Thukydides nicht unerwähnt. Sein Hauptinteresse gilt jedoch unter allen Gründen offenbar der Vermeidung eines Irrtums und dabei wieder speziell dem Zusammenhang zwischen „deutlicher" (29,3) Erkenntnis und richtigem Handeln. Dies Interesse, das ihn hier die übrigen, für den Entschluß ebenfalls wichtigen Gründe vergleichsweise vernachlässigen läßt, gibt einen Anhaltspunkt für unsere Suche nach Denkschemata. Es wäre möglich, daß in der Analyse des Irrtums ein Schlüssel zum Verständnis des Handelns liegt.
Irrtum und Täuschung
,
,
Herodote voit partout une divinite jalouse qui attend les hommes et les empires au point de leur elevation pour les precipiter dans 1'abime. Thucydide ne decouvre dans les revers que les fautes des chefs de l'administration ou de Гагшее, Xenophon attribue presque toujours a"la faveur ou äla coleredes dieux les bons ou les mauvais succes. Ainsi tout dans le monde depend de la fatalite suivant le premier, de la prudence suivant le second, de la piete envers les dieux suivant le troisieme. Tant il est vrai que nous sommes naturellement disposes a tout rapprocher a un petit nombre de principes. Jean-Jacques Barthelemy
Nach den athenischen Gesetzen über Tötungsdelikte traf die Verbannung unter anderem denjenigen nicht, der jemanden tötete, weil er ihn „im Krieg verkannte" 1 3 6 . Thukydides berichtet mehrere solche Fälle. Einer ereignete sich in der Schlacht bei Delion: 136
Dem. 23,53: έν πολεμώ ά-γνοήαας, vgl. Mac Dowell (755) 73f. äyvoelv ist in folgenden durchweg mit .verkennen' wiedergegeben worden. Die Übersetzung ist nicht optimal, aber weniger umständlich als andere, exaktere Möglichkeiten. 74
„ U n d der linke Flügel der Boioter bis einschließlich zur Mitte unterlag den Athenern, die vor allem den Thespiern Verluste zufügten. Deren Nachbarn waren nämlich zurückgewichen, und sie wurden auf engem Raum umzingelt 1 3 7 und im Nahkampf bei heftiger Gegenwehr niedergehauen. Dabei gerieten auch einige von den Athenern durch die Umzingelung in Verwirrung, verkannten die eigenen Landsleute und t ö t e t e n sie." (IV 96,3) T h u k y d i d e s n o t i e r t n i c h t n u r d a s F a k t u m , er erklärt e s a u c h : da der G e g n e r rings u m z i n g e l t w i r d , ist d i e n o r m a l e , g e r a d e S c h l a c h t r e i h e „ v e r w i r r t " , der U n t e r s c h i e d z w i s c h e n F r e u n d u n d F e i n d n i c h t m e h r d e u t l i c h . E i n w e i t e r e r Fall g e s c h i e h t i n der S e e s c h l a c h t b e i S y b o t a (I 5 0 , 1 - 2 ) : „Als aber (die anderen) sich zur Flucht gewandt hatten, n a h m e n die Korinther nicht die Schiffsrümpfe ins Schlepptau, die sie leck geschlagen hatten, sondern wandten sich den Besatzungen zu, indem sie zwischen ihnen hindurchfuhren u n d mehr mordeten als Gefangene machten; dabei verkannten sie ihre eigenen Verbündeten 1 3 8 und töteten sie, weil sie nicht bemerkt hatten, daß die auf dem rechten Flügel unterlegen waren. Da nämlich auf beiden Seiten viele Schiffe waren und sich über eine weite Strecke des Meeres verteilten, k o n n t e n sie, nachdem der Kampf begonnen hatte, nicht leicht unterscheiden, wer Sieger und Besiegte waren. Denn nach der Zahl der Schiffe war dies die größte Seeschlacht von Griechen gegen Griechen, die je geschehen war." W i e d e r u m w i r d — d i e s m a l r e c h t a u s f ü h r l i c h — erklärt, w i e e s z u der „ V e r k e n n u n g " k a m . Es ist b e d e u t s a m , d a ß d i e A n g a b e : „ d i e s w a r d i e g r ö ß t e S c h l a c h t " n i c h t u m ihrer s e l b s t w i l l e n g e m a c h t w i r d , s o n d e r n als T e i l der B e g r ü n d u n g d e s F e h l e r s der K o r i n t h e r aus d e r U n ü b e r s i c h t l i c h k e i t d e r V e r h ä l t n i s s e e r s c h e i n t . D i e F o l g e r u n g liegt n a h e , d a ß d a s I n t e r e s s e d e s T h u k y d i d e s n i c h t s o sehr der G r ö ß e der S c h l a c h t an s i c h , s o n d e r n v i e l m e h r ihrer A u s w i r k u n g auf das H a n d e l n d e r B e t e i l i g t e n gilt. D a ß d i e s e V e r m u t u n g n i c h t a b w e g i g ist, z e i g t der B e r i c h t über e i n e n d r i t t e n Fall, b e i d e m L a n d s l e u t e s i c h z w a r n i c h t g e g e n s e i t i g t ö t e n , aber g l e i c h w o h l ihr K a m p f g e g e n e i n a n d e r d e n H ö h e p u n k t einer l a n g e n u n d d r a m a t i s c h e n S c h i l d e r u n g b i l d e t . D e m o s t h e n e s hat k u r z n a c h s e i n e r A n k u n f t in S i z i l i e n d e n g r ö ß t e n T e i l d e s a t h e n i s c h e n L a n d h e e r e s zu e i n e m n ä c h t l i c h e n A n g r i f f a u f d i e E p i p o l a i , eine A n h ö h e oberhalb v o n Syrakus, geführt. T h u k y d i d e s berichtet, w i e die ersten Gegner überwältigt werden, und schreibt dann (VII 4 3 , 7 ff): ,, Als aber die Athener jetzt weniger geordnet weiter vorstießen, weil sie sich als Sieger fühlten u n d mit dem gesamten Teil der Gegner, der noch nicht gekämpft hatte, so schnell wie möglich fertig werden wollten, damit sich die anderen nicht bei einem Nachlassen ihres Angriffs wieder zusammenschlössen, da hielten als erste die Boioter ihnen stand, brachten sie durch einen Gegenangriff zum Weichen und schlugen sie in die Flucht. (44,1) Danach gerieten n u n die Athener in große Verwirrung und Ratlosigkeit, sodaß von keiner Seite leicht zu erfahren war, auf welche Weise sich alles im einzelnen zugetragen hat. Denn bei Tage ist es zwar deutlicher, aber auch da wissen die einzelnen, die dabei waren, vom Ganzen nichts außer eben dem, was in ihrer nächsten Umgebung geschah. Bei einer nächtlichen Schlacht hingegen — und dies war die einzige, die in diesem Kriege zwischen großen Heeren geschlagen wurde — wie 137 Mit de Romilly (nach Krüger ad 1.) halte ich οϊπερ δι,εφϋάρησαν Glossem und lese κυκλωϋέντες für — ντων der MSS.
Θεσπιών für ein
138 So die Handschriften und neueren Herausgeber mit Ausnahme von Steup, dem Horneffer-Strasburger unerklärlicherweise folgen.
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sollte da jemand etwas deutlich erkennen? (2) Es war nämlich zwar heller Mond, aber sie sahen einander so, wie es bei Mondlicht zu erwarten ist: man sieht die Gestalt des Körpers vor sich, hat aber keine sichere Erkenntnis, ob er zur eigenen Partei gehört 1 3 9 . Und auf dem engen Gelände bewegten sich nidit wenige Hopliten beider Seiten. (3) Von den Athenern war ein Teil schon geschlagen, ein anderer setzte noch unbesiegt seinen ersten Vormarsch fort; von dem übrigen Heer waren viele gerade auf der Höhe angelangt, andere noch beim Aufstieg und wußten daher nicht, gegen was sie sich wenden sollten. Denn schon war vorn, nachdem die Flucht eingesetzt hatte, alles in Verwirrung und bei der Menge der Zurufe kaum zu unterscheiden, (4) denn die siegreichen Syrakusaner und ihre Verbündeten erhoben nicht wenig Geschrei, sowohl beim Durchgeben der Befehle, da man in der Nacht ja nicht anders Zeichen geben konnte, als auch beim Empfang der nachrückenden Angreifer. Die Athener hingegen suchten sich selbst untereinander und hielten alles, was aus der Gegenrichtung kam — seien es auch ihre eigenen Leute, die schon wieder auf der Flucht waren — für feindlich: indem sie in einem fort die Frage noch der Parole stellten, weil es kein anderes Erkennungszeichen gab, stifteten sie in den eigenen Reihen großes Durcheinander, weil sie alle gleichzeitig fragten, und gaben sie außerdem den Feinden zu erkennen. (5) Sie erfuhren aber die der anderen nicht in gleicher Weise, denn jene, da sie die Oberhand hatten u n d nicht auseinander getrieben wurden, verkannten einander weniger; wenn sie infolgedessen auf Feinde stießen und stärker waren, so entkamen ihnen diese, weil sie ja ihre Parole kannten, wenn sie dagegen selbst nicht antworteten, wurden sie vernichtet. (6) Am schlimmsten aber und mehr als alles andere schadete ihnen der Paian, denn da er auf beiden Seiten ganz ähnlich war, schuf er völlige Ratlosigkeit; jedesmal, wenn die Argiver, Kerkyraier und wer sonst noch an Dörfern auf ihrer Seite war, ihren Paian anstimmten, machten sie den Athenern ebensolche Angst wie die Feinde. (7) A m Ende kam es so weit, daß, nachdem die Verwirrung einmal gestiftet war, bei den vielen Begegnungen von Teilen des eigenen Heeres Verbündete ihre Verbündeten und Bürger ihre Mitbürger nicht nur in Angst und Schrecken versetzten, sondern miteinander ins Handgemenge gerieten und nur mit Mühe und Not wieder zu trennen waren". O f f e n s i c h t l i c h ist hier die e b e n n o c h v e r m i e d e n e T ö t u n g der e i g e n e n Verb ü n d e t e n n i c h t u m ihrer s e l b s t w i l l e n , s o n d e r n als p a t h e t i s c h e s D e t a i l in der v e r n i c h t e n d e n N i e d e r l a g e der A t h e n e r erzählt. Freilich n i c h t als ein b e l i e b i g e s D e t a i l , d e n n d i e V e r w e c h s l u n g v o n F r e u n d u n d F e i n d ist ger a d e z u S i n n b i l d für die V e r w i r r u n g , die b e i d e m n ä c h t l i c h e n A n g r i f f i m athenischen Heer entsteht: Ratlosigkeit, Verlust jeglicher Orientierung, U n m ö g l i c h k e i t richtiger E r k e n n t n i s u n d daher a u c h r i c h t i g e n H a n d e l n s . H i e r a u f k o m m t es T h u k y d i d e s v o r a l l e m an. D e n n b e t r a c h t e t m a n nur die B e w e g u n g der T r u p p e n , s o f o l g t der K a m p f v o n A b t e i l u n g e n d e s athen i s c h e n H e e r e s g e g e n e i n a n d e r s c h o n aus der B e w e g u n g , d i e in 4 4 , 3 beschrieb e n ist: da der Weg s c h m a l ist ( 4 4 , 8 ) , ist das H e e r b e i m A u f s t i e g lang auseinandergezogen; die hinteren Teile k ö n n e n nicht wissen, was vorn gescheh e n ist. S t a t t aber U r s a c h e u n d Wirkung direkt a u f e i n a n d e r f o l g e n z u lass e n , h ä u f t T h u k y d i d e s E i n z e l h e i t auf E i n z e l h e i t . S o s e h r sind alle d i e s e D e tails i m H i n b l i c k auf das e i n e Ziel der S c h i l d e r u n g , die Unüberschaubark e i t , o r i e n t i e r t , d a ß die S y r a k u s a n e r e i n a n d e r n i c h t e t w a besser e r k e n n e n , sondern „weniger verkennen" (44,5). 139
τήί> δ ε -γνώσιν τοϋ οικείου άπιστεϊσΰαι: bezieht sich οικείου auf den Sehenden (a) oder auf den Gesehenen (b)? Die Übersetzung folgt Classen und Dover (a) gegen Bodin/ de Romilly (b). 76
Die Analyse ist von einer rigorosen Genauigkeit: in dem zitierten Abschnitt kommen nicht weniger als zwölf Partikeln der Begründung oder Folgerung vor 140 . Jedes neue Detail wird sorgfältig erklärt: worauf beruhte der Erfolg der Boioter? warum stiftete dies eine Gefecht so viel Unheil? warum wurde so viel gerufenPwarum mußten die Athener so oft nach der Parole fragen? warum der Gegner nicht? warum wirkte der Paian so verwirrend? Aber so wissenschaftlich und gründlich die Erklärung verfährt, so groß ist zugleich die Anteilnahme des Beschreibenden: man denke nur an Formulierungen wie „am schlimmsten und mehr als alles andere", „Verbündete ihre Verbündeten und Bürger ihre Mitbürger" und nicht zuletzt die rhetorische Frage „wie sollte da jemand etwas deutlich erkennen? ". Die „Deutlichkeit des Geschehenen" 141 ist das Kriterium, nach dem Thukydides sein Werk beurteilt wissen will. Es gibt zu denken, daß er in seiner Berichterstattung mit besonderer Sorgfalt und geradezu mit Vorliebe solche Situationen behandelt, in denen die Handelnden eben dadurch scheitern, daß sie den klaren Überblick nicht haben oder verlieren. Eine solche Episode, deren Reichtum an anschaulichem Detail nicht wenige Interpreten verwundert hat 142 und deren Darstellungskunst Johann Gottfried Seume 143 , der sie übersetzte, hat sagen lassen, „in der Peripherie seiner Kenntnis griechischer Literatur sei ihm nichts Größeres vorgekommen", ist die Schilderung der „Belagerung, Eroberung und Zerstörung" von Plataia im zweiten und dritten Buch. Daß Thukydides diesen Ereignissen große Bedeutung beimaß, steht außer Zweifel. Die Darstellung, die er von ihnen gegeben hat, behandelt in paradigmatischer Form drei Themen, die im übrigen Werk in immer neuer Abwandlung wiederkehren: Recht und Unrecht, Plan und Wirklichkeit, Erkenntnis und Irrtum. Wir behandeln im folgenden nur das dritte Thema und nur ein Stück des Ganzen: den Überfall der Thebaner im Frühjahr 431, mit dem in der Darstellung, die wir lesen, der Krieg beginnt 144 . 140 141
διά 2, ате 1, ώστ€ 3 , γ ά ρ 6.
1 22,4.
142
Vgl. die Diskussion zwischen Syme, Martin und de Romilly in (103) 73ff. Man geht im übrigen gewiß nicht fehl, wenn man mit Rehm (51) 149 und anderen auch ein Teil rein militärischen Interesses annimmt. Aber dies allein erklärt den Detailreichtum sicherlich nicht. 143
Nr. XXXVIII der Bibliographie.
Die Episode ist von Stahl (114) 65—74 eingehend behandelt worden. Er betont — nach Ludwig (485) 42—51 — ihren paradigmatischen Charakter und gelangt in vielerlei Hinsicht zu den gleichen oder ähnlichen Ergebnissen wie wir, so daß sich einzelne Überschneidungen im folgenden nicht vermeiden ließen. Die Schilderung der Ereignisse um Plataia ist im übrigen seit dem Altertum häufig exzerpiert, nacherzählt und diskutiert worden ([Dem.] LIX, 9 8 - 1 0 4 , Aen. Tact. II 3 - 6 , 31ff, Arrian Anab. I 9,5, Diodor XII 41, 47, 56); dabei galt das Hauptinteresse dem Militärschriftsteller Thukydides, nicht dem Historiker. Noch 1867 figuriert die Belagerung (II 71 — 78) in einem Werk „La poliorcetique des Grecs", das von C. v - eher im Auftrag Napoleons III. herausgegeben wurde und eine umfassende, wohl ST . . \nthologie von Belagerungsschilderungen
77
Die Thebaner, schreibt Thukydides (II 2,3), „sahen voraus, daß der Krieg sein werde, und wollten Plataia, mit dem sie seit jeher Fehde hatten, noch im Frieden vorher in ihre Gewalt bringen, ehe der offene Krieg ausbräche. Es fiel ihnen deshalb um so leichter, unbemerkt einzudringen, da vorher keine Bewachung organisiert worden war."
Die Beschreibung folgt dem gleichen analytischen Verfahren, das wir schon mehrmals festgestellt haben: es wird genau ausgeführt, in welcher Absicht die Thebaner gerade zu diesem Zeitpunkt den Überfall machten, und weshalb er überhaupt gelingen konnte; Thukydides hat außerdem nicht versäumt zu erwähnen, daß es Verräter gab, in welcher Absicht diese handelten (2,2) und daß der Überfall „um die Zeit des ersten Schlafes" stattfand (2,1). Entgegen dem Rat der Verräter, fährt Thukydides fort, suchen die Thebaner Blutvergießen zu vermeiden und lassen — mitten in der Nacht — eine Proklamation ausrufen (2,4). „Die Plataier jedoch, als sie gewahr wurden,'daß die Thebaner innerhalb der Mauern waren und ihre Stadt plötzlich in Feindeshand geraten war, neigten in ihrer Furcht und in der Meinung, es sei eine weitaus größere Zahl eingedrungen — sie konnten nämlich in der Nacht nicht sehen —, einem Abkommen zu; sie akzeptierten also die Bedingungen und verhielten sich ruhig, zumal die anderen gegen niemanden etwas unternahmen." (3,1)
„Sie konnten nämlich in der Nacht nicht sehen." Warum die Erklärung? Offenbar deshalb, weil Thukydides, der natürlich die folgenden Ereignisse schon weiß, sich die Frage gestellt hat, weshalb denn die Plataier nicht sofort zur Gegenwehr schritten, sondern „die Bedingungen akzeptierten" — gegen ihre eigensten Interessen, denn „die Mehrzahl der Plataier war nicht gewillt, die Verbindung zu Athen zu lösen" (3,2). Solches paradoxe Verhalten kann nur auf einem Irrtum beruhen, was es denn in der Darstellung auch tut. Unterdessen erkennen jedoch die Plataier ihren Irrtum und bereiten in aller Eile einen Angriff vor. Die Thebaner merken davon nichts, denn unter anderem „durchbrachen (die Plataier) die Zwischenwände ihrer Häuser, um nicht über die Straße zu gehen, wo man sie hätte sehen können" (3,3). Weshalb die Thebaner diese — offenbar doch in Sichtweite stattfindenden — Operationen nicht doch hörten und weshalb sie von den aufgebauten Barrikaden nichts bemerkten, läßt Thukydides unerwähnt. Um so eingehender schildert er ihre Lage, nachdem die Plataier — noch in der Dunkelheit, um die mangelnde Vertrautheit des Gegners mit dem Gelände auszunutzen (3,4) 1 4 5 — angegriffen haben (4,1-7). „Als (die Thebaner) erkannten, daß sie betrogen waren, schlossen sie sich in enger Formation zusammen und schlugen die Angriffe zurück, wo man auf sie eindrang. (2) Zwei oder dreimal wehrten sie sie ab; als dann aber in großem Tumult sowohl jene angriffen und zugleich Frauen und Gesinde von den Häusern aus unter Geschrei und Geheul sie mit Steinen und Ziegeln bewarfen, und da gleichzeitig noch während der aus militärischen Fachbüchern und Historiographen enthält (vgl. Wagner (300) 7—9). Eine Sammlung der umfangreichen Sekundärliteratur aus dem 19. Jahrhundert bei Busolt (515) 656f. 145
78
Der Satz ist oben S. 44 zitiert.
ganzen Nacht ein starker Regen fiel, gerieten sie in Panik und wandten sich zur Flucht durch die Stadt; freilich waren die meisten in der Dunkelheit — denn das ganze fand gegen Ende des Monats 146 statt — und bei aufgeweichtem Boden mit den Auswegen, durch die sie sich hätten retten müssen, nicht vertraut; ihre Verfolger dagegen besaßen alle Vertrautheit, die notwendig war, sie nicht entkommen zu lassen 1 4 7 . (3) Zudem verschloß ein Plataier das Tor, durch das sie eingedrungen waren und das als einziges offenstand, und verkeilte den Riegel mit einer Speerspitze, so daß auch dort kein Ausweg mehr war. (4) Da man sie so durch die ganze Stadt verfolgte, stiegen einige auf die Mauer und sprangen hinunter nach draußen, wobei aber die meisten umkamen; andere gelangten durch ein unbewachtes Tor unbemerkt nach draußen, indem sie den Riegel zerschlugen — eine Frau gab ihnen ein Beil —; nicht viele, denn es wurde bald bemerkt; wieder andere verirrten sich hier und dort in der Stadt und wurden getötet. (5) Der größte Teil aber, der sich am geschlossensten gehalten hatte, geriet in ein großes Gebäude nahe an der Stadtmauer, dessen Türen gerade offenstanden, im Glauben, die Türen seien ein Stadttor und auf der anderen Seite ein Durchgang nach außen. (6) Als die Plataier sie dort blockiert sahen, hielten sie Rat, ob sie das Gebäude anzünden und die anderen auf der Stelle verbrennen, oder wie sie sonst verfahren sollten. (7) Schließlich jedoch kamen jene und die übrigen Thebaner, so viele von den in der Stadt umherirrenden noch am Leben waren, mit den Plataiern überein, daß sie ihre Waffen auslieferten und sich bedingungslos ergaben". Nicht nur der Sachverhalt ist hier ähnlich wie bei der Schlacht auf den Epipolai: auch die Technik der Beschreibung. Thukydides hatte den erfolgreichen Beginn des Unternehmens aus der Perspektive der betrogenen Plataier geschildert und erklärt, wie die List gelingen konnte und weshalb die Plataier zuerst nicht so reagierten, wie es ihr wohlverstandenes Interesse gefordert hätte. Er beschreibt nun keineswegs den Sieg der Plataier, sondern nur die Vorbereitungen dazu, und dann die Niederlage der Thebaner. Wie bei der Schlacht auf den Epipolai werden minutiös die einzelnen F a k t o r e n analysiert, die es nun den Thebanern unmöglich m a c h t e n , in ihrem wohlverstandenen Interesse zu handeln, nämlich standzuhalten oder sich geschlossen zurückzuziehen. Thukydides hält sogar eine Erklärung für nötig, wie denn überhaupt einige von ihnen ungeschoren e n t k o m m e n konnten ( „ d u r c h ein unbewachtes T o r unbemerkt. . . eine F r a u gab ihnen ein Beil. . . " ) . A u f den Epipolai war zu erklären gewesen, wie trotz des hellen Mondlichts die A t h e n e r F r e u n d und Feind nicht unterscheiden konnten. In Plataia fiel „während der ganzen Nacht ein starker R e g e n " , aber selbst der Dunkelheit gilt n o c h ein erläuternder K o m m e n t a r . Zur Desorientierung und zur 146
D.h. es war Neumond.
147έμπειρους
πολλοί],
δ' έχοντες
τους διώκοντας
τον μη έκφιr/eil? [ώστε διεφ&είροντο
οί
έκφυγείι>Π* Paris. 1735. έκφεύηειν cett.|| οί о т . Α||ώστβ . . . πολλοί del. Steup, de Romilly. Entgegen Gomme ad 1. scheint mir, daß 8 ιεφΰείροντο schwerlich etwas anders heißen kann als .umkamen' (vgl. 4: διεφϋόφησΟίν). Dann aber steht der ώοτεSatz im Widerspruch zu 2,1 und 5,7, aus denen sich ergibt, daß von etwas über 300 Eindringlingen 180 lebend gefangengenommen wurden. Man muß demnach entweder mit A, aber gegen den Papyrus und die übrigen MSS, πολλοί für οί πολλοί lesen, wofür sich die meisten Herausgeber entschieden haben, oder mit de Romilly annehmen, daß der ώοτε—Satz eine alte Glosse zu der schwierigen Wendung έμπειρους • • . τοϋ μη ек φυγείν ist. 79
Entschlossenheit des Gegners kommt am Ende noch ein verhängnisvoller einzelner Fehler. Auch hier verrät die Formulierung des Thukydides noch die Frage, die er gestellt hat: wie konnten sich denn die Thebaner, wenn sie bei Sinnen waren, in dem Haus einschließen lassen? Sie müssen sich geirrt haben, und so steht es auch im Bericht. Nach der Analyse resultiert das Fiasko der Thebaner aus einer Reihe von Faktoren, die faktisch voneinander nicht unabhängig sind, in der Erklärung dagegen gesondert und jeder einzeln benannt werden. Die wichtigsten von ihnen sind: — die Unkenntnis: die Thebaner bemerken die Vorbereitungen der Plataier nicht, können sich in der Stadt wegen der Dunkelheit nicht orientieren, finden deshalb nicht zu dem Tor zurück, durch das sie eingedrungen waren (ebenso hatten die Plataier die Zahl der Feinde zuerst überschätzt und den ganzen Überfall nicht vorhergewußt, deshalb keine Wachen aufgestellt, und es befanden sich, wie im folgenden berichtet wird, viele Menschen außerhalb der Stadt, „wie zu erwarten, wenn ein Unglück unvorhergesehen und im Frieden geschieht" (5,4); die zu Hilfe eilenden Thebaner konnten sich ihrer bemächtigen); — die Furcht, in die sie durch den unerwarteten Angriff und seine Begleitumstände geraten; — einzelne Irrtümer, etwa die Annahme, die Plataier mit ihrer Proklamation für sich gewinnen zu können, und die falsche Vermutung über das Stadttor; — äußere, .zufällige' Umstände wie der Regen, der, wie sich im folgenden zeigt, das nachrückende Hauptheer daran hinderte, rechtzeitig einzutreffen, oder das Offenstehen des vermeintlichen Tores; — das planvolle, entschlossene Verhalten des Gegners; die Plataier geben sich jede erdenkliche Mühe, die Vorbereitungen zum Gegenangriff verborgen zu halten, und beziehen die mangelnde Vertrautheit der Thebaner mit der Stadt in ihre Überlegungen ebenso ein wie die psychologische Wirkung der Dunkelheit. Die Rolle der Furcht, wie der Emotionen überhaupt, und des Zufalls, werden wir in den beiden folgenden Abschnitten behandeln und wenden uns zunächst der Vorausberechnung der gegnerischen Fehler zu. Thukydides hebt die Bedeutung dieses Faktors durch wörtliche Wiederholungen in seiner Schilderung hervor: vor dem Angriff läßt er die Plataier erwägen, daß die Gegner „weniger als sie selbst mit der Stadt vertraut waren" (. . . εμπειρίας . . . 3,4) die Thebaner auf der Flucht sind dann in der Tat „mit den Auswegen . . . nicht vertraut" (άπειροι μέν 4,2); ihre Verfolger dagegen „besitzen alle Vertrautheit" (έμπειρους δε 4,2). Solche Wortwiederholungen sind ein Mittel, das Thukydides nicht selten verwendet. Nur zwei Beispiele von vielen: 80
Vor der Seeschlacht bei Patras 1 4 8 „ordneten die Peloponnesier ihre Schiffe in einem Kreis, so groß sie ihn machen konnten, ohne dem Gegner Gelegenheit zum Durchstoßen zu geben,... und nahmen die leichten, kleinen Fahrzeuge . . . in die Mitte" (II 83,5). Der athenische Feldherr Phormion läßt seine Schiffe ,,im Kreis um sie herumfahren und sie auf kleinem Raum zusammendrägen, indem sie immerfort hart an ihnen vorbeifuhren und den Anschein erweckten, sofort angreifen zu wollen" (84,1). Phormion schiebt jedoch den Angriff auf, „er erwartete nämlich, daß ihre Ordnung sich nicht halten . . . sondern die Schiffe gegeneinander getrieben werden und die kleinen Fahrzeuge Verwirrung stiften würden; wenn dann der Wind aus dem Meerbusen wehte, in dessen Erwartung er um die Gegner herumfuhr und der sich gegen Morgen zu erheben pflegte, würden sie keinen Augenblick mehr ruhig bleiben (84,2). Als aber der Wind aufkam und die Schiffe (der Peloponnesier), die schon auf kleinen Raum (zusammengedrägt) waren, von beiden, nämlich vom Wind und von den kleinen Fahrzeugen in Verwirrung gebracht wurden, Schiff gegen Schiff getrieben wurde . . ., da in diesem Augenblick, gab er das Zeichen . . . " Die Niederlage der Peloponnesier ist vollkommen: „wegen der Verwirrung kam nicht einer von ihnen dazu, Widerstand zu leisten, sondern sie flohen . . ." (84,3). Einer der Gründe, die Demosthenes für die Besetzung von Pylos geltend macht, ist der, daß „die Messenier, die von alters her dort heimisch waren und den gleichen Dialekt sprachen wie die Spartaner, größten Schaden würden anrichten k ö n n e n " (IV 3,3). Achtunddreißig Kapitel weiter berichtet Thukydides, daß die Athener nach dem Sieg auf Spakteria Pylos weiter besetzt halten und daß namentlich die Messenier, die aus Naupaktos „wie in ihre Heimat" dorthin entsandt wurden, „größten Schaden anrichteten, weil sie den gleichen Dialekt sprachen" (41,2). Immer wieder zeigt Thukydides, wie als Voraussetzung von Erfolgen die gegnerischen Fehler kalkuliert werden; nicht selten heben wörtliche Anklänge die Übereinstimmung von berechnetem und tatsächlichem Verlauf hervor. In den Berechnungen spielt naturgemäß die Unwissenheit des Gegners eine hervorragende Rolle: Täuschung und Überrumpelung waren zu allen Zeiten elementare Bestandteile der Taktik. Die Besonderheit der thukydideischen Schilderung besteht denn auch nicht darin, daß er diese Dinge berichtet, sondern in der Häufigkeit, mit der er es tut, — allein das Verbum λανΰάνω, ,verborgen bleiben', erscheint im Bericht mehr als fünfzigmal 1 4 9 —, und in der Sorgfalt, mit der er selbst völlig folgenlose Finten aufzeichnet. So segelt Brasidas eines Nachts gänzlich unbehelligt ш
Eine Analyse der Schlachtschilderung bei de Romilly (150) 1 2 5 - 8 .
149
Absicht, verborgen zu bleiben: III 51,2; 105,2 IV 103,2 VI 96,1 VII 48,1; 56,1 VIII 99; 100,2. Die übrigen Stellen im Bericht: I 6 5 , l f i n . II 2,3; 4,4; 76,2; 80,4; 83,3fin. III 4,5; 22,1; 25,1; 29,1; 74,3; 96,3; 106,3; 112,1 IV 8,2; 26,7; 8; 9; 29,4;
30,2; 32,1; 36,2; 42,4; 48,1; 70,2; 110,2 (bis)·, 133,2; 135,1 V 6,3; 56,1; 58,2 VI 51,1; 97,1 VII 7,1; 29,3; 43,3; 83,4 VIII 10,1; 17,3; 33,2; 46,5; 74,3; 80,3; 91,2; 102,2; 103,2. 81
nach Skione (IV 120,2); Thukydides aber nimmt sich Zeit zu berichten, daß er „eine verbündete Triere voraussegeln ließ und selbst in einiger Entfernung in einem kleinen Boot folgte, damit, falls er einem größeren Schiff als dem seinen begegne, die Triere ihn verteidige; käme aber eine andere, gleich starke Triere dazu, so werde sie, meinte er, sich nicht gegen das kleinere Schiff wenden, sondern gegen das Kriegsschiff, und unterdessen könne er selbst sich retten." Freilich kommt es selten vor, daß Thukydides in so aufschlußreicher Weise belanglose Einzelheiten der Erwähnung für würdig hält 150 . Es bleibt jedoch auffällig, wie häufig er, der wie kein anderer Geschichtsschreiber Wiederholungen gemieden und dafür einzelne Ereignisse, stellvertretend für viele ähnliche, in exemplarischem Detail geschildert hat 1 5 1 , bei Verschwörungen, Irreführung, Intrigen ins einzelne geht 152 und wie relativ groß die Zahl der Episoden ist, in denen — wie beim Überfall der Thebaner auf Plataia oder bei der Schlacht auf den Epipolai — die Nacht für den Verlauf der Ereignisse bestimmend wird 153 . Die Krone unter den Schilderungen dieser Art gebührt zweifellos dem Bericht über den Ausbruch der belagerten Plataier im dritten Buch (20—24), wo Thukydides liebevoll jedes einzelne Detail der Informationsbeschaffung wie der zahlreichen Maßnahmen zur Täuschung des Gegners ausmalt, bis hin zu der Paradoxie, daß der peloponnesische Einsatztrupp von 300 Mann, der schließlich die letzten Flüchtlinge angreift, als sie den Graben überqueren, wegen des Feuerscheins der eigenen Fackeln zur Zielscheibe für deren bereits am anderen Ufer stehende Kameraden wird, sie dagegen wegen derselben Fackeln kaum ausmachen kann (III 23,4). Worin ist dies Interesse am Irrtum und seiner Verursachung in allen Formen begründet? Zeigt sich hier der Militärschriftsteller Thukydides, der keine Gelegenheit versäumt, seinen künftigen Lesern nützliche Belehrung über Stratageme mitzuteilen? Man wird schwerlich verneinen können, daß derjenige, der „den Krieg der Peloponnesier und Athener, wie sie gegeneinander Krieg führten" (I 1,1) zu beschreiben unternahm, für seine Arbeit ein starkes Interesse auch an der Technik der Kriegsführung mitbringen mußte. Aber die Sache liegt vermutlich doch etwas anders. Das zeigt sich besonders deutlich an der folgenden Episode. Thukydides beginnt den Bericht über die Expedition der Athener nach Sizilien mit der Feststellung, daß die Mehrheit von ihnen „weder wußten,
150 Thukydides muß eine Schwäche für Ablenkungsmanöver dieser Art gehabt haben. Von zwei ähnlichen Fällen berichtet er VII 19,5 und VIII 8,3. 151
Vgl. M.I. Finley (630) l l f .
152
Vgl. etwa I 8 9 - 9 1 II 84,1 III 8,1; 1 0 9 , 2 - 1 1 1 IV 67,2ff; 1 1 0 - 1 1 4 V 8,3; 27,2; 30,2; 4 5 , 2 - 4 ; 54,1 VI 58,1; 64,Iff VII 3 9 - 4 0 ; 73,3ff VIII 9 , 2 - 3 ; 10,1; 14,2; 24,5; 42,1; 44,2; 56,3; 66ff; 74,3; 81,2; 98,3. 153 Außer den bereits zitierten Stellen vgl. etwa III 112,2ff IV 6 7 - 6 8 , 3 ; 125; 135 VII 80.
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wie groß die Insel ist, noch wieviele Menschen, Griechen und Barbaren, dort wohnen, noch daß sie einen kaum geringeren Krieg begannen als den gegen die Peloponnesier" (VI 1,1). Immerhin schicken die Athener Kundschafter nach Egesta, um festzustellen, ob das für ihren Unterhalt versprochene Geld auch tatsächlich vorhanden ist (6,3); diese kommen mit positivem Bescheid zurück, der zwar „tendenziös und falsch " ist (8,2), der aber allein Nikias nicht überzeugt (22 fin.). Thukydides berichtet dann über den Hermenfrevel, die Manöver der Feinde des Alkibiades, die Abfahrt der Flotte, „der aufwendigsten und prächtigsten, die jemals bis zu diesem Zeitpunkt die Macht einer einzelnen griechischen Stadt ausgesandt h a t t e " (31,1). In Syrakus läßt er Hermokrates zur Rüstung gegen Athen aufrufen und bei der Mehrzahl seiner Landsleute keinen Glauben finden: sein Gegenredner Athenagoras bestreitet kategorisch, daß die Athener kommen: „Es gibt hier Leute, die reden von Dingen, die weder existieren noch überhaupt Zustandekommen k ö n n e n " (38,1). Die Athener langen in Süditalien an und erleben ihren ersten Rückschlag: Rhegion will neutral bleiben. Und während den Syrakusanern „von vielen Seiten und auch von ihren Kundschaftern deutlich berichtet" wird, daß die Athener kommen, und „sie nicht mehr daran zweifelten" (45), erhalten die Athener die Nachricht, daß in Egesta „nur dreißig Talente vorhanden sind und das übrige versprochene Geld nicht existiert" (46,1). Die Generale sind „niedergeschlagen". Zwar hatte Nikias von den Egestaiern nichts Besseres erwartet, seinen Kollegen dagegen ist es „eher unerklärlich" (46,2). An diesem Punkt schildert nun Thukydides, chronologisch zurückgreifend, wie es seinerzeit zu den positiven Meldungen gekommen war (46, 3—5): „Die Egestaier hatten damals, als die ersten Gesandten aus Athen zu ihnen kamen, um ihre Finanzen zu erkunden, folgenden Trick ausgeheckt: sie hatten sie zum Tempel der Aphrodite auf dem Eryx gebracht und ihnen dort die Weihgeschenke vorgeführt, Schalen, Weinkrüge, Räucherfässer und anderes Gerät in nicht geringer Menge; es war aus Silber und machte deshalb auf die Augen einen weitaus größeren Eindruck als sein Geldwert war. Dann hatten sie die Rudermannschaften privat zu sich eingeladen und dazu sowohl in Egesta selbst das silberne und goldene Trinkgeschirr gesammelt als auch in den benachbarten griechischen und phoinikischen Städten zusammengeliehen, und jeder verwendete es bei seiner Einladung, als gehöre es ihm. Da nun alle weitgehend dasselbe benutzten und überall dem Anschein nach so viel vorhanden war, hatte es die Athener von den Trieren in große Bestürzung versetzt, und als sie nach Athen zurückgekehrt waren, hatten sie viel Aufhebens davon gemacht, welchen Reichtum sie gesehen hätten. Als jetzt die Kunde sich verbreitete, daß das Geld in Egesta nicht vorhanden sei, mußten jene, die sich damals hatten betrügen lassen und die übrigen überzeugt hatten, von den Soldaten viel Vorwürfe hören. Die Feldherrn dagegen berieten, was angesichts der Lage zu tun sei."
Weshalb berichtet Thukydides von dieser Gaunerkomödie in solcher Ausführlichkeit? Daß die günstigen Nachrichten aus Egesta nicht zutrafen, hatte er bereits unmißverständlich gesagt (VI 8,2). Es blieb allenfalls zu erklären, wie die athenischen Kundschafter zu ihrer Falschmeldung gekommen waren, was hier geschieht, aber das ließ sich auch wesentlich kürzer fassen. 83
Zwei Entstehungshypothesen sind denkbar 154 . Die erste würde etwa lauten, daß ein Informant Thukydides die Dinge so berichtet und er sie deshalb auch so aufgezeichnet habe. Die zweite würde sich an der Tendenz der Schilderung orientieren, für die es in der Tat Anhaltspunkte gibt. Zu Beginn ist von den „ersten Gesandten aus Athen" die Rede; im folgenden wechselt Thukydides den Ausdruck und spricht von „Rudermannschaften" und den „Athenern von den Trieren" . Jeder Zeitgenosse des Thukydides wußte, daß die Schiffsbesatzungen sich in der Regel aus der untersten Einkommensklasse rekrutierten 155 , hat deshalb den ironischen Unterton der Benennung sofort verstanden und sich über die mit geborgtem Gold und Silber genasführten Matrosen amüsiert: das also waren die Repräsentanten des athenischen Volkes, auf deren Bericht man sich in Athen verlassen hatte. Man erinnert sich an die Beschreibung der Volksversammlung, bei der die Expedition endgültig beschlossen wurde: „die große Masse und die Soldaten" hatten dafür gestimmt, weil sie hofften, „nicht nur jetzt Geld zu verdienen, sondern eine Macht dazuzuerobern, die ihnen Soldzahlungen für alle Zeit bescheren würde" (24,3). Weiter an die Worte, die Thukydides dem Nikias bei dieser Gelegenheit in den Mund gelegt hatte: in den sizilischen Städten gebe es unter anderem „viele Trieren, und die Massen (όχλος), sie zu füllen"; gegen sie komme man „mit einem Allerweltsheer von Flottensoldaten" nicht aus 156 . Die Epi154
Wir lassen eine dritte Möglichkeit beiseite. Cornford (88) 188—200 findet in der Schilderung der Sizilienexpedtion „the motive of A p a t e " (198) aus den Persern des Aischylos und der Xerxesgeschichte des Herodot. „Thucydides, by perpetual coincidences of thought and phrase, and by the turn and colour of all this part of his narrative, has with evident design emphasized this parallel . . ." (201). Für „Delusion" (199) als Ministrantin der Aphrodite auf dem Eryx (200) war in der Welt des Thukydides schwerlich Raum. Gleichwohl tut Cornford Unrecht, wer seine überaus intelligente und konsequente Mißdeutung als ein schlechtes Buch a b t u t . Denn das Problem, auf das er hinweist, ist gravierend u n d zeigt sich in der griechischen Literatur noch des 5. J a h r h u n d e r t s allenthalben. Den Philosophen, Geschichtsschreibern, Naturwissenschaftlern, Ärzten dieser Zeit steht eine Schriftsprache zur Verfügung, die Epos, Lyrik und Tragödie gef o r m t haben. Die mythische Redeweise ist ihre dominante Ausdrucksmöglichkeit; für andere Arten der Rede m u ß die Form erst allmählich geschaffen werden, eine Arbeit, die Generationen dauert, während derer die alte Sprache als Träger neuer D e n k f o r m e n dienen m u ß (vgl. Bollack (770a) lOOf). Die Gefahr der Mißdeutung solcher Ausdrucksweise durch Spätere steigt in dem Maße, wie die Gedankenwelt dieser Späteren von vorgefaßten Meinungen über die .Primitivität' des .Archaischen' geprägt ist. 155 Vgl. III 16,1: als die Athener mit ihren letzten Reserven zur Demonstration ihrer Stärke auf See eine Flotte bemannen, werden gleichwohl die beiden obersten Einkommensklassen nicht mit herangezogen. „Their members will have had n o training for the sea", vermutet Gomme ad 1. Vgl. [Xen.] Αΰ. Πολ. I 2 und J o n e s (554) 9, 32, 142n.50. 156 VI 20,4; 21,1: ου ναυτικής και φαύλου στρατιάς μόνον δα": „Eine Flotte und ein geringes Heer", Landmann, „ . . . ein schwaches Heer", Horneffer-Strasburger, „ . . . with an inconsiderable a r m y " , Warner, „ . . . with a small land f o r c e " J o w e t t Brunt u n d einer geringfügigen Streitmacht", Vretska. φαύλου bezieht sich jedoch ohne Zweifel auf die Qualität (so Krüger ad 1., LSJ s.v.), nicht auf die Zahl, und beide Adjektive gelten denselben Truppen. „Wir dürfen", meint Nikias, „dort
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sode wäre also, so könnte man argumentieren, ein Beispiel mehr für die bekannte Tendenz des Thukydides, das Volk von Athen schlecht zu machen. Beide Hypothesen wollen indes nicht recht befriedigen, denn keine von beiden berücksichtigt die Illusion, auf der doch das Hauptgewicht der Schilderung liegt. In vieler Hinsicht entspricht nämlich die Episode der Erkennungsszene in der Mustertragödie des Aristoteles: im Augenblick des „Umschlagens von der Unwissenheit zum Wissen" 1 5 7 greift Thukydides zurück und zeigt, wie die Illusion entstanden ist. Es kann schwerlich ohne Absicht sein, daß die Syrakusaner, die nicht an die Expedition glauben wollten, genau ein Kapitel vorher endgültig eines besseren belehrt werden. Und man wundert sich, wenn man im folgenden den eingehenden Bericht über den äußerst zweifelhaften Ausgang der Hermenaffäre durch das ,Geständnis' des Andokides liest — „das Volk der Athener ergriff mit Freuden das, was es für die Wahrheit hielt . . ." 60,4 —, um so mehr, als die .Klärung' sich weder positiv noch negativ auf die Rückberufung des Alkibiades auswirkt, die der ganze Abschnitt (53—61) doch begründen soll 158 , und als in diesen Abschnitt ein langer Exkurs eingelegt ist, an dessen Beginn (54,1) wiederum die Unwissenheit der Athener gerügt wird. Es mag demnach als wahrscheinlich gelten, daß in der Ahnungslosigkeit der Athener ein spezielles Interesse des Thukydides liegt und daß er deshalb die Überlistung der Gesandten so einprägsam dargestellt hat. Was ist das Motiv dieses Interesses? Offenbar nicht die Annahme, daß die Unwissenheit der Athener der einzige oder auch nur der wichtigste Grund für das Scheitern der Expedition gewesen sei. Denn Thukydides legt nicht nur ein fast gleich großes Gewicht auf die Ahnungslosigkeit der Syrakusaner, sondern betont auch ausdrücklich „die Übermacht des (athenischen) Heeres im Verhältnis zu denen, gegen die es auszog" (VI 31,6), und bestreitet noch nach dem Ende des Krieges die Ansicht, daß der größte Fehler beim Sizilienfeldzug eine „falsche Einschätzung derer, gegen die man auszog," gewesen sei (II 65,11) 1 5 9 . Wenn aber die so nachdrücklich betonte Unwissenheit nach der ausdrücklichen und nicht revidierten Meinung des Thukydides nur ein subsidiärer Grund für den späteren Mißerfolg der Expedition war, dann galt sein Interesse offenbar mehr der Unwissenheit als solcher u n d unter allgemeinen Gesichtspunkten als um der Folgen willen, die sie im konkreten Einzelfall hatte oder nicht hatte. Wir kehren mit diesem Ergebnis noch einmal zum Bericht über den Überfall der Thebaner auf Plataia zu Beginn des Krieges zurück. Dem nachnicht die Sorte Heer einsetzen wie bei unseren sonstigen Offensiven zur See . . ." (denn die Bedingungen sind völlig anders als bei anderen Unternehmungen, für die die Flotte eingesetzt wird); vgl. zu den Marineoffensiven Westlake (571). 157
Ar. Poet. 1452 a 30f.
158
Oben S. 6 2 - 6 5 .
159
Vgl. dazu Westlake (253).
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rückenden thebanischen Hauptheer waren viele Plataier in die Hände gefallen, die sich außerhalb der Stadt auf den Feldern aufhielten. Die Plataier in der Stadt hatten in Sorge um ihre Leute den Thebanern unter Protest gegen den Überfall angeboten, ihre Gefangenen herauszugeben, wenn sie friedlich wieder abzögen. Nachdem er die Divergenzen in den Angaben beider Seiten über diese Zusage geschildert hat, fährt Thukydides folgendermaßen fort (II 5,7 ff): .Jedenfalls räumten die Thebaner das Gebiet wieder, ohne irgendwelchen Schaden angerichtet zu haben. Die Plataier aber brachten in aller Eile in die Stadt, was sich auf dem Lande befand, und töteten dann sofort die Gefangenen, 1 8 0 an der Zahl, darunter Eurymachos, den Mittelsmann der Verräter. (6,1) Danach sandten sie einen Boten nach Athen, gaben den Thebanern unter sicherem Geleit ihre T o t e n heraus und richteten die Dinge in der Stadt so ein, wie sie es der Lage nach für nötig hielten. (2) Den Athenern war gleich berichtet worden, was in Plataia geschehen war; sie hatten daraufhin sofort sämtliche Boioter in Attika festnehmen lassen und einen Herold nach Plataia geschickt, dem sie zu sagen auftrugen, man möge betreffs der gefangenen Thebaner nichts unternehmen, ehe nicht auch sie selbst (die Athener) darüber beraten hätten. (3) Es war ihnen nämlich (noch) nicht gemeldet worden, daß sie bereits tot waren, denn ein erster Bote hatte Plataia gleich nach dem Eindringen der Thebaner verlassen, der zweite gleich nach ihrer Niederlage und Gefangennahme; vom Weiteren wußten sie nichts. So schickten die Athener in Unwissenheit ihren Herold; der aber kam an und fand die Gefangenen niedergemacht. (4) Danach zogen die Athener mit dem Heer nach Plataia, schafften Lebensmittel hin und ließen eine Besatzung zurück; die am wenigsten wehrfähigen Männer sowie die Frauen und Kinder wurden evakuiert."
Damit endet der Bericht über den thebanischen Überfall. Aber warum erzählt Thukydides von dem vergeblich ausgesandten Herold, warum sagt er dreimal innerhalb weniger Sätze, daß die Athener nicht wußten, was sich zugetragen hatte? Daß das Ereignis nur der Vollständigkeit halber berichtet sei, wird man angesichts der absichtsvoll komponierten Schilderung schwerlich annehmen. Ebensowenig wird man die Vermutung gelten lassen, der Geschichtsschreiber habe seine Heimat Athen von dem Verdacht der Mitwisserschaft um den Vertragsbruch reinigen oder freihalten wollen 160 . Dazu bestand, soweit wir sehen können, kein Anlaß 1 6 1 , und eine solche Tendenz liegt Thukydides fern. Anderseits ist die Erzählung von dem vergeblichen Gang des athenischen Herolds ein gänzlich unwichtiges' Detail: im Gegensatz zur Ermordung der Gefangenen, die später in der Anklagerede der Thebaner 1 6 0 Das ist eine der Thesen von Wilamowitz ( 3 0 1 ) . Dagegen — ohne Wilamowitz zu nennen — auch Stahl (114) 69. Wir versuchen im folgenden eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn der Episode, die von Stahls Befund abweicht, jedoch nicht notwendig im Gegensatz zu ihm steht. 161 Zumindest berichtet weder Thukydides noch sonst eine Quelle, von der wir noch Kenntnis hätten, davon, daß Athens Mitwisserschaft oder Duldung des Gefangenenmordes jemals Gegenstand der Kontroverse gewesen sei. Die δίκαι VII 18,2 (wo Gelegenheit gewesen wäre, eine Kontroverse zu erwähnen) sind die von I 1 4 0 , 2 und I 1 4 4 , 2 , haben demnach mit Plataia nichts zu tun.
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(III 66,2) eine große Rolle spielt, wird sie im folgenden nie mehr erwähnt, und man würde sie kaum vermissen, wenn sie fehlte; man lese den Abschnitt und überspringe sie 162 . Nach den bisherigen Ergebnissen wird man annehmen können, daß auch hier wieder das Interesse des Thukydides für Irrtum und Unwissenheit in allen ihren Formen und Auswirkungen mitspielt. „Es kommt v o r " , hatte er Perikles sagen lassen, „daß die Zufälle der Wirklichkeit mit nicht weniger Dummheit ihren Lauf nehmen als die Vorhaben des Menschen" (1140,1); die Ereignisse in Plataia bilden die erste, dem Wort fast unmittelbar folgende Bestätigung. Zugleich aber gibt die Erzählung vom Herold, nicht anders, als es bei den meisten anderen in diesem Abschnitt betrachteten Beispielen der Fall war, Antwort auf eine präzise Frage, die sich Thukydides, stellvertretend für seine Leser, gestellt hat: hätten nicht die Athener, die später die Verteidigung Plataias mit übernahmen, im eigenen Interesse intervenieren, sich der gefangenen Thebaner bemächtigen müssen? Wie kam es, daß sie es nicht taten? Es ist der gleiche T y p von Frage, den wir immer wieder als Voraussetzung für die Form der Darstellung erkannt haben: woran lag es, daß die Dinge nicht anders liefen? Es lag in A's Interesse, χ zu erreichen; warum trat у ein? Α muß sich geirrt haben, kann nicht im Bilde gewesen sein; hätte er sonst nicht anders gehandelt, als es es tat? Der Mechanismus des Irrationalen Zum festen Bestand der vaterländischen Legenden Athens gehörten Harmodios und Aristogeiton 163 . Ihre Statuen standen auf der Agora; man besang sie in Liedern wie dem folgenden, das Hölderlin 164 nachgedichtet hat: Schmücken will ich das Schwert! mit der Myrte Ranken! Wie Harmodios einst, und Aristogiton, Da sie den Tyrannen schlugen, da der Athener Gleicher Rechte Genösse ward. Für Thukydides war der ,Tyrannenmord' „ein Zufall", Folge eines Liebeshandels, ein privater Racheakt, zudem der .Tyrann' nicht der Tyrann ( V I 54,2 f f ) : „Nicht Hipparchos, wie die meisten meinen, sondern Hippias als der älteste (von den Söhnen des Peisistratos) hatte die Herrschaft inne. Harmodios war ein junger Mann 162 .καί μera ταύτα II 6,4 läßt sich bestens an 7? έδό/cei αϋτοϊς ohne daß eine Lücke spürbar würde. 163
6,1 anschließen,
Bibliographie Nr. 348, 3 5 0 - 3 5 3 , Ostwald (558) 121ff, 132f.
„Reliquie von Alzäus", Sämtliche Werke ed. F. Beißner, Stuttgart 1965 (Kleine Stuttgarter Ausgabe) Band V S. 35; Poetae Melici Graeci ed. D.L. Page, Oxford 1962, Nr. 893. 164
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von glänzender Schönheit und Aristogeiton, ein Mann aus der Stadt, ein mittlerer Bürger, sein ständiger Liebhaber. (3) Nun wurden dem Harmodios von Hipparchos, Peisistratos' Sohn, Anträge gemacht. Er schlug sie aus und verriet es dem Aristogeiton. Der aber, in heftigem Liebesschmerz und in Furcht vor der Macht des Hipparchos, daß dieser ihn (Harmodios) mit Gewalt gefügig machen werde, faßte sofort Pläne, wie er bei aller Bescheidenheit seiner Stellung die Tyrannis stürzen k ö n n e . " — Hipparchos, dessen zweiter Versuch den Harmodios nicht umstimmt, rächt sich, indem er durch Mittelsmänner dessen Schwester beleidigen läßt. Harmodios ist gekränkt, „noch viel mehr aber geriet Aristogeiton u m seinetwillen in Wut" (56,2). Sie warten das Panathenäenfest ab, bei dem die Bürger in Waffen eine Prozession abhalten, u n d h o f f e n auf Unterstützung der Menge, wenn sie und ihre wenigen Mitverschworenen die Initiative ergriffen haben. — (57,1) „Das Fest kam. Hippias war außerhalb (der Stadt), im sogenannten Kerameikos, dabei, mit seinen Leibwächtern die Prozession zu ordnen, wie die einzelnen Teile einander folgen sollten; Harmodios u n d Aristogeiton mit ihren Dolchen schritten zur Tat. (2) Da sahen sie, wie einer ihrer Mitverschworenen vertraut mit Hippias redete — Hippias war nämlich allen gegenüber leicht zugänglich —; sie erschraken, meinten, sie seien verraten und würden im nächsten Augenblick festgenommen. (3) Nun wollten sie wenigstens noch an dem, der sie gekränkt hatte und u m dessentwillen sie alles riskierten, vorher Rache nehmen, wenn sie könnten. Wie sie waren, eilten sie wieder stadteinwärts und trafen Hipparchos beim sogenannten Leokoreion. Sofort, ohne sich zu besinnen, stürzten sie sich auf ihn, und im äußersten Zorn — der eine in seiner Liebe gekränkt, der andere in seiner Ehre 1 6 5 — stießen sie ihn nieder u n d töteten ihn . . . . (59,1) So entstand für Harmodios und Aristogeiton der Anlaß zu ihrer Verschwörung aus gekränkter Liebe und ihr gedankenloser Wagemut aus dem Schrecken des Augenblicks. (2) Für die Athener dagegen verschlimmerte sich danach die Tyrannis. . . . (4) Hippias herrschte noch drei J a h r e über Athen; im vierten wurde er von den Spartanern u n d den verbannten Alkmeoniden gestürzt, begab sich unter freiem Geleit nach Sigeion u n d zu Aiantides nach Lampsakos und von dort zu König Dareios, von wo er zwanzig J a h r e später schon als alter Mann mit den Persern gegen Marathon zu Felde zog." E s ist e r s t a u n l i c h , m i t w e l c h e r S i c h e r h e i t T h u k y d i d e s i n d i e S e e l e v o n M e n s c h e n blickt, die z w e i G e n e r a t i o n e n v o r seiner G e b u r t g e s t o r b e n sind. S i e h t m a n f r e i l i c h n ä h e r z u , s o f o l g e n alle d i e b e r i c h t e t e n G e d a n k e n u n d G e f ü h l e aus w e n i g e n P r ä m i s s e n . E r s t e n s w a r A r i s t o g e i t o n der Liebhaber d e s H a r m o d i o s ; d a h e r sein „ L i e b e s s c h m e r z " , s e i n e „ F u r c h t " v o r d e m m ä c h t i g e n K o n k u r r e n t e n , die „ W u t " w e g e n der K r ä n k u n g d e s G e l i e b t e n , d e r „äußerste Z o r n " i m A u g e n b l i c k des Mordes. V e r m e r k e n wir, daß diese P r ä m i s s e g e n a u e i n e m der P u n k t e e n t s p r i c h t , d i e T h u k y d i d e s i m G e g e n satz z u r l a n d l ä u f i g e n M e i n u n g behauptet166. E s z e i g t sich d a n n a l s b a l d , daß n o c h eine z w e i t e wichtige Prämisse mit einer T h e s e des T h u k y d i d e s in e n g e m Z u s a m m e n h a n g steht. N i c h t der wirkliche Tyrann, b e h a u p t e t T h u k y d i d e s , w u r d e ermordet, s o n d e r n lediglich sein Bruder. W e n n aber u r s p r ü n g l i c h der S t u r z „ d e r T y r a n n i s " ( 5 4 , 2 ) b e a b s i c h t i g t war, s o m u ß t e erklärt w e r d e n , w e s h a l b d i e s e A b s i c h t n i c h t a u s g e f ü h r t w u r d e : d a h e r das „ E r s c h r e c k e n " u n d d i e — r i c h t i g e o d e r f a l s c h e — „ M e i n u n g " , d i e Vers c h w ö r u n g sei v e r r a t e n . 165
ώς &v μάλιστα δι οργής, ö μεν ερωτικής, ό δ β υβρισμένος. Übersetzung hier wörtlich nach Horneffer-Strasburger. 166 v i 54Д 5 t ' έρωτικήν ξυντυχίαν, „durch den Zufall eines Liebeshandels".
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Die Zusammenfassung, mit der Thukydides zum Bericht der Folgen des Attentats überleitet (59,1), läßt deutlich die beiden Fragen erkennen, die die voraufgehende Erzählung beantwortet: wie kam es überhaupt zu einem Attentat gegen die Tyrannen, deren „Wohlverhalten und Vernunft" (54,5) dazu doch keinen Anlaß gaben, und wie kam es, daß das Attentat den .Falschen' traf, was doch nicht im Sinne der Attentäter gewesen sein kann? Die Fragen gehören dem gleichen Typus an, dem wir bereits im vorigen Abschnitt ständig begegnet sind, und die Vermutung liegt nahe, daß die Emotionen im Bericht des Thukydides eine ähnliche Rolle spielen wie Unwissenheit und Irrtum. Dafür spricht zunächst der enge Zusammenhang, der zwischen beiden in manchen, besonders sorgfältig komponierten Partien der Darstellung deutlich wird. Man denke etwa an die Kapitel über den oligarchischen Umsturz in Athen im Jahre 411, wo man unter anderem die folgende Beschreibung liest (VIII 66,1—5): „Freilich versammelten sich trotzdem noch das Volk und der durch Los gewählte Rat, aber sie berieten ausschließlich über das, was die Verschwörer befanden: die Redner kamen aus ihren Reihen, und was vorgebracht werden sollte, war unter ihnen vorher ausgemacht. (2) Von den übrigen widersprach schon keiner mehr: man hatte Angst, da man sah, wie groß die Verschwörung sei. Und widersprach dennoch gelegentlich einer, so starb er alsbald auf irgendeine geeignete Weise; nach den Tätern wurde weder gefahndet noch kam es zur Gerichtsverhandlung, wenn sie verdachtigt wurden, sondern das Volk war derart vor Niedergeschlagenheit gelähmt, daß jeder, dem nichts Gewaltsames widerfuhr, sich deswegen selbst dann noch glücklich pries, wenn er stillgeschwiegen hatte. (3) Ihre geistige Widerstandskraft war gebrochen, denn in der Vorstellung wuchs die Verschwörung auf ein Vielfaches ihrer tatsächlichen Ausdehnung; sie herauszufinden waren sie wegen der Größe der Stadt und der gegenseitigen Unbekanntheit außerstande. (4) Aus dem gleichen Grund war es auch unmöglich, daß einer, der sich auflehnte, sein Leid einem anderen mitteilte, um gemeinsam etwas zu planen und sich zur Wehr zu setzen: er hätte nur Unbekannte gefunden, denen er es sagen konnte, oder Bekannte, denen er nicht trauen konnte. (5) Denn im Volk begegnete jeder dem anderen mit dem Verdacht, er könne die Hand mit im Spiel haben. In der Tat waren auch welche dabei, von denen nie jemand vermutet hätte, daß sie sich der Oligarchie zuwenden würden, und diese säten am nachhaltigsten das Mißtrauen unter der Menge und gaben so die größte Gewähr für den Bestand der Oligarchen, indem sie dem Volk die gegenseitige Unsicherheit zur sicheren Uberzeugung werden ließen."
Um die Schilderung recht zu würdigen, muß man sich vor Augen halten, daß sie die erste Analyse der Wirkung einer Terrorherrschaft in der abendländischen Literatur ist und daß Thukydides hier einen Zustand beschreibt, von dem er nur durch Berichte Kenntnis hatte. Daß jedoch die Beschreibung schwerlich seinem Berichterstatter zu verdanken ist, sondern seine eigenen Reflexionen wiedergibt, zeigt die Konsequenz, mit der die gesamte Darstellung aus zwei Elementen, Furcht und Unsicherheit, die ihrerseits die direkte Folge bestimmter Tatsachen sind, entwickelt wird. Scheint zu Beginn wenigstens die Größe der Verschwörung noch bestimmbar zu sein („man sah . . ."), so erweist sich auch dies .Faktum' bald als imaginär. Die ganze Lage erscheint vermittelt durch das Bewußtsein der ohnmächtigen, sich von allen Seiten bedroht sehenden Bürger. Wie Thuky89
dides anderswo, etwa in Schlachtschilderungen, sinnlich-anschauliche Details zu beklemmenden Angstsituationen kumuliert, so entsteht hier für den Leser der Eindruck der Ausweglosigkeit aus der Häufung ratloser Gedanken der Opfer. Unwissenheit und die Drohung einer als übermächtig empfundenen Gewalt sind Elemente in seiner Art Psychomechanik der Angst, deren Funktionieren an der Lage des Volkes demonstriert wird. Analysen dieser Art sind für die Darstellungsweise des Thukydides typisch. Immer wieder zeigt er, wie eine Bedrohung „von beiden Seiten" 1 6 7 oder „von allen Seiten" 1 6 8 zu Angst und kopflosem Verhalten führt, weist er daraufhin, wie Verwirrung, Niederlage und Flucht die Folge eines „plötzlichen", „jähen" 1 6 9 oder „unvorhergesehenen" 1 7 0 Angriffs sind. Dieser Zusammenhang ist von geradezu stereotyper Gleichförmigkeit; wir nennen daher aus der großen Zahl der möglichen Beispiele n u r zwei: Als Brasidas die Stadt Torone erobert, führen seine Verbündeten in der Stadt zuerst einige von seinen Soldaten „außen herum und schaffen sie durch das kleine Tor hinein, um vom Rücken her und von beiden Seiten den ahnungslosen Leuten in der Stadt einen plötzlichen Schrecken einzujagen" (IV 111,2). Bei den Kämpfen auf Sphakteria kommt der endgültige Sieg der Athener dadurch zustande, daß ein messenischer Offizier mit einem Teil der Truppen auf einem Weg, „den die Spartaner im Vertrauen auf die Stärke des Ortes nicht bewachten", sie unbemerkt umgeht; „als er plötzlich auf der Höhe hinter ihrem Rücken auftauchte, bestürzte er die einen mit dem Schreck des Unvermuteten und machte den anderen, die sahen, was sie erwarteten, noch viel mehr M u t " (IV 36,2). Es wäre müßig, die Reihe der Beispiele weiter zu verlängern. Versucht man zusammenzustellen, was für die Rolle der Emotionen in der Darstellung des Thukydides allgemein charakteristisch ist, so ergibt sich folgendes: Fast alle Emotionen, die für das Handeln von einzelnen oder von Gruppen wirksam werden, sind aktuelle Affekte, deren Zusammenhang mit 16Ί
άμψοτέρωϋεν: vgl. III 26,1 IV 1,2; 36,3; 63,1; 66,1; 96,6 V 10,7; 37,4; 73,1 VII 22,1 und das unten zitierte Beispiel IV 111,2. i « πανταχό&εν: vgl. II 59,2 IV 32,3; 34,3; 5 5 , l f i n . V 43,2; 60,2 VI 61,4 VII 82,1 VIII 1,2; 2,4. An den frappierendsten und für das Interesse des Thukydides signifikantesten Stellen kommt das Wort übrigens gar nicht vor; ebensowenig werden Emotionen irgendwelcher Art beschrieben: es sind die — von der sehr summarischen Berichterstattung in der Pentekontaetie stark abstechende — Episode I 106 (vgl. dazu Kitto (602) 271 ff) und die Niederlage der Athener in Ätolien III 97f. 169 αιφνίδιος кт\г. vgl. etwa I 50,5 (vgl. 51,2); 117,1 II 3,1; 90,4; 93,3 III 34,3; 70,6ff IV 25,9; 11; 36,2 (oben im Text zitiert); 75,2; 96,5; 104,1; 111,2 (oben im Text zitiert); 115,3; 125,1; 130,5 V 8,4 10,7 65,5 VI 49,2 VII 3,1; 23,1; 32,2; 37,3; 40,1; 3 VIII 14,1; 20,2; 28,2. 170 άπροοδόκητος : vgl. II 5,4; 33,3; 91,4; 93,4fin. IV 29,3fin.; 72,2; 103,5 VI 69,1 VII 29,3; 46 VIII 23,3.
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einem gegenwärtigen Anlaß meist evident ist, gelegentlich auch von Thukydides eigens b e t o n t wird — e t w a in Wendungen wie „der Schrecken des Augenblicks" (III 1 1 2 , 7 ; VIII 1 , 4 ) , „Mißmut angesichts der gegenwärtigen L a g e " (II 2 2 , 1 ) , „wegen der augenblicklichen Befriedigung" ( I V 1 0 8 , 6 ) 1 7 1 . I m Gegensatz dazu bezeichnen Termini wie „ F r e u n d " und „ F e i n d " meist feste, politische Beziehungen, deren emotionaler Gehalt sogar äußerst gering sein k a n n 1 7 2 . F u r c h t , Mut, Ärger, Zorn sind Affekte, die sowohl einzelne als auch Gruppen befallen; sie überwiegen j e d o c h im ganzen bei den Gruppen 1 7 3 , und dies gilt insbesondere für die stärkeren unter ihnen: Individuen geraten zwar in „Verwirrung", aber wesentlich seltener als G r u p p e n 1 7 4 , dasselbe gilt für „ S c h r e c k e n " , und „großer S c h r e c k e n " oder „Niedergeschlagenh e i t " befällt nie einen einzelnen 1 7 5 . Ebenso werden Individuen nur ein ι - " Vgl. etwa I 25,1 II 88,1 V 11,1; 63,4; 65,6 VI 31,1; 35,2; 49,2; 59,1 VII 42,2; 3; 71,7; 75,6 VIII 1,2; 82,1; 87,4, dazu gnomische Formulierungen in Reden wie II 11,7 oder II 61,3. Der Zusammenhang zwischen Affekt und Situation ergibt sich jedoch meist aus der Schilderung selbst. Einige typische, fast stereotype Verknüpfungen: Furcht oder Mutlosigkeit nach unerwarteten Rückschlägen z.B. II 85,2; 91,4; 93,3 III 16,2 IV 26,4; 40,1; 55,lfin; 3 V 10,7 VI 46,2 VII 29,5; 39,2; 43,6; 46,1; 55,1, Mut nach unerwarteter glücklicher Wendung der Ereignisse z.B. IV 34,1; 65,4; 106,1 VI 63,2 VII 46, vgl. dazu Roscher (18) 181; Mut hervorgerufen durch Wahrnehmungen: II 3,4; 79,5; 92,1 III 6,1; 25,2; 82,7 IV 25,9; 29,2; 34,1; 35,2; 72,1; 73,4 VI 31,1; 49,2; 63,2; 65,1; 102,1 VII 7,4; 17,3; 18,1; 37,1; 42,2; 49,1; 69,3; 71,3 VIII 2,3; 23,4; 63,1; 106,5, Mut nach Anhören von Reden: II 8,4; 59,3; 65,9; 72,3; 88,3 IV 11,1; 108,5; 121,1 VI 72,2; 93,1 VII 2 , 2 - 3 ; 76 VIII 77,1; 81,2, Zusammenhang zwischen Emotionen und äußeren Eindrücken allgemein I 26,3; 52,3; 88; 92 II 4,2; 21,2; 79,5; 90,3; 92,1; 94,1 III 6,1; 108,1; 112,7; 113,2; 5 IV 1,2; 14,2; 25,9; 18,5; 3 4 , 2 - 3 ; 36,2; 68,2; 72,1; 108,3; 115,3; 1 2 2 , 4 - 5 ; 1 2 3 , 2 - 3 V 46,5; 63,2; 6 6 , 1 - 2 VI 31,1; 46,2; 51,2; 57,2; 93,1; 102,1 VII 17,3; 37,3; 42,2; 69,2; 71,3; 72,4; 73,3init.; 79,3 VIII 44,1; 56,5; 63,1; 66,1; 106,5. 172 S.u. Anm. 225. 1 7 3 Montgomery (152) 70 führt dies darauf zurück, daß Gruppen (,die Athener', ,die Thebaner' usw.) in der Darstellung generell gegenüber den Individuen stärker hervortreten. Untersucht man jedoch die einzelnen Begriffe (vgl. die folgenden Anmerkungen), so erscheint die Folgerung unabweisbar, daß Thukydides die Möglichkeit rationalen Handelns bei Individuen eher als gegeben ansah als bei Gruppen, und für irrationales Handeln umgekehrt. 17" Einzelne: V 65,6 VII 81,4 VIII 50,5. Gruppen: I 49,4 II 4,2; 94,2 III 22,6; 26,1; 74,1; 77,1; 78,1 IV 12,3; 104,1; 113 V 10,7; 52,1 VI 61,2 VII 3,1; 22,lfin.; 37,1; 40,3; 44,4 VIII 10,4; 71,lfin.; 84,1; 93,1; 96,5. Kann ϋόρυβος noch Individuen treffen, so kann ταραχή es nicht, da mit ihr immer auch die physische Unordnung bezeichnet wird: I 49,411 65,11; 84,2; 3 (bis) III 77,3; 79,8 IV 25,1; 75,1; 96,3 V 25,1 VII 3,3; 23,3; 25,9; 29,5; 36,6; 44,1; 3; 7; 80,3; 84,4; 86,4 VIII 42,1; 71,1 (bis); 79,1. Hier und in den folgenden Anmerkungen gelten die Substantive als Stichwort auch für die zugehörigen Verben und vice versa. 175 εκπληξις bei einzelnen: III 113,5 VII 69,1, bei Gruppen: II 94,1 III 82,5 IV 14,3; 34,2; 36,2; 55,3; 63,1; 112,1; 125,1 V 10,6; 66,2 VI 46,4; 70,1; 98,2 VII 42,3fin.; 43,6; 69,2; 70,6; 71,7 VIII 14,2; 15,1; 96,1; 97,2, κατάπληξκ (nur bei Gruppen): II 65,9 IV 73,4fin. V 65,5 VII 24,3; 42,2; 72,4 VIII 1,2; 66,2.
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einziges Mal „mutlos" 1 7 6 . Individuen „ärgern sich" weniger häufig als Gruppen, sind weniger oft „traurig", „rebellisch" oder „mürrisch" und geraten, im Gegensatz zu Gruppen, ganz selten in „Zorn" 1 7 7 . Schließlich erscheinen die Affekte in aller Regel als Element der Erklärung dann, wenn das handelnde Subjekt seine eigenen Interessen nicht durchsetzen kann. Zwar können „Sorge" oder „Furcht" auch Vorsichtsmaßregeln begründen, die nicht selten Erfolg haben. Aber die Situationen, wo Ausdrücke für Furcht, Angst, Zorn und andere Affekte in der Erzählung auftreten, sind weitaus am häufigsten solche, wo es Mißgriffe, Fehler, Niederlage und Flucht zu erklären gilt. Daraus ergibt sich als erste Folgerung, daß die Analogie, die wir zwischen der Rolle des Irrtums in der Darstellung einerseits und der der Emotionen anderseits hypothetisch postuliert hatten, in der Tat richtig ist. Wir können nun einen Schritt weitergehen und feststellen, daß beide — Irrtum und Emotionen — sowohl ein wesentlicher Inhalt der thukydideischen Erzählung sind (wie sein ausgeprägtes Interesse für sie zeigt) als auch ein wichtiges darstellerisches Mittel bilden, das, ganz ähnlich wie die Beschreibung von Wahrnehmungen, Gedanken und Intentionen der Handelnden, die Erzählung für den Leser einleuchtend macht, ihre Verständlichkeit erhöht. Offensichtlich entspricht die kompositorische Verwendung von Irrtum und Emotionen einem ähnlichen ,Denkschema' wie die von Information, Reflexion und Absicht. Es fragt sich nun, ob dies Ergebnis auch für unsere Suche nach einer Grundauffassung von menschlichem Handeln von Belang ist. Prinzipiell müßte dies der Fall sein, denn die gefundenen Denkschemata haben ja ihrerseits bestimmte Annahmen über menschliches Handeln zur Voraussetzung, und die kompositorischen Elemente der Erzählung, die diesen Denkschemata entsprechen, können die Erzählung nur dann für den Leser einsichtig machen, wenn er jene impliziten Annahmen teilt. An diesem Punkt kann uns weiterhelfen, was Max Weber 178 in seiner Abhandlung über soziologische Grundbegriffe in der Einleitung zu „Wirtschaft und Gesellschaft" zum Problem des Verstehens schreibt:
Π6 όίϋυμΐα bei einzelnen: VI 46,2, bei Gruppen: II 51,4; 88,3 IV 26,4 VII 21,3; 24,3; 55,1; 60,5; 76,3; 79,3 VIII 11,3; 96,3. Auch die Stellen in Reden beziehen sich sämtlich auf Gruppen: I 71,4 V 9 1 , l VI 34,5fin.; 80.1VII 61,2 VIII 76,3. 177
αχϋομαί, βαρύνομαι, neptaXyeto, άγανακτέω, χαλεπαίνοι, οργίζομαι κτλ. bei
einzelnen: I 130,2; 133 III 82,5 V 17,1 VI 15,4; 54,3; 56,2; 57,3; 59,1 VIII 43,4; 92,3; 9; 109, bei Gruppen z.B. I 26,3; 31,1; 67,5; 92,1; 95,1; 99,1 II 8,5; 16,2; 18,5; 21,1; 3; 22,1; 59,3; 65,1; 2; 3; 8; 85,3 III 36,2 IV 14,2; 55,3 V 7,2; 29,2; 44,3; 46,5; 52,lfin.; 63,2; 70 VI 28,2; 60,2; 66,1; 88,10 VII 47,1; 75,3; 87,1 VIII 1 , 1 - 2 ; 27,6; 48,3; 56,5; 66,4; 84,5; 86,4; 5; 87,1; 89,1. 178 (796) p. 4ff, stark gekürzt. Alle Hervorhebungen so im Original. Den ersten Hinweis auf Max Weber — vgl. auch Aron (107) 134 — verdanke ich Jean Bollack.
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„Alle Deutung strebt, wie alle Wissenschaft überhaupt, nach „Evidenz". Evidenz des Verstehens kann entweder rationalen . . . oder einfühlend nacherlebenden: emotionalen, künstlerisch-rezeptiven Charakters sein. Rational evident ist auf dem Gebiet des Handelns vor allem das in seinem gemeinten Sinnzusammenhang restlos und durchsichtig intellektuell Verstandene. Einfühlend evident ist am Handeln das in seinem erlebten Gefühlszusammenhang voll Nacherlebte . . . Wir verstehen ganz eindeutig, was es sinnhaft bedeutet, wenn jemand . . . aus uns als „ b e k a n n t " geltenden „Erfahrungstatsachen" und aus gegebenen Zwecken die für die Art der anzuwendenden „Mittel" sich (nach unsern Erfahrungen) eindeutig ergebenden Konsequenzen in seinem Handeln zieht. J e d e Deutung eines derart rational orientierten Zweckhandelns besitzt — für das Verständnis der angewendeten Mittel — das Höchstmaß von Evidenz. Mit nicht der gleichen, aber einer für unser Bedürfnis nach Erklärung hinreichenden Evidenz verstehen wir aber solche „Irrtümer" . . ., denen wir selbst zugänglich sind oder deren Entstehung einfühlend erlebbar gemacht werden kann . . . Aktuelle Affekte (Angst, Zorn, Ehrgeiz, . . . Begierden aller Art) und die (vom rationalen Zweckhandeln aus angesehen:) irrationalen aus ihnen folgenden Reaktionen vermögen wir, je mehr wir ihnen selbst zugänglich sind, desto evidenter emotional nachzuerleben, in jedem Fall aber . . . sinnhaft einfühlend zu verstehen und in ihrer Einwirkung auf die Richtung und Mittel des Handelns intellektuell in Rechnung zu stellen. Für die iypenbildende wissenschaftliche Betrachtung werden nun alle irrationalen, affektuell bedingten Sinnzusammenhänge des Sichverhaltens, die das Handeln beeinflussen, am übersehbarsten als „Ablenkungen" von einem konstruierten, rein zweckrationalen Verlauf desselben erforscht und dargestellt. Z.B. wird . . . bei einer politischen oder militärischen Aktion zunächst zweckmäßigerweise festgestellt: wie das Handeln bei Kenntnis aller Umstände und aller Absichten der Mitbeteiligten und bei streng zweckrationaler, an der uns gültig scheinenden Erfahrung orientierter Wahl der Mittel verlaufen wäre. Nur dadurch wird alsdann die kausale Zurechnung von Abweichungen davon zu den sie bedingenden Irrationalitäten möglich. Die Konstruktion eines streng zweckrationalen Handelns also dient in diesen Fällen der Soziologie, seiner evidenten Verständlichkeit und seiner — an der Rationalität haftenden — Eindeutigkeit wegen als Typus („Idealtypus"), um das reale, durch Irrationalitäten aller Art (Affekte, Irrtümer) beeinflußte Handeln als „Abweichung" von dem bei rein rationalem Verhalten zu gewärtigenden Verlaufe zu verstehen. . . Die konkrete kausale Zurechnung von Einzelgeschehnissen durch die Arbeit der Geschichte verfährt der Sache nach nicht anders, wenn sie . . . zunächst (gedanklich) ermittelt (wie sie es schlechthin tun muß). wie jeder . . . bei voller Erkenntnis der eigenen u n d der Lage des Gegners, im Fall idealer Zweckrationalität disponiert haben würde, um damit zu vergleichen: wie tatsächlich disponiert worden ist, u n d dann gerade den beobachteten (sei es durch falsche Information, tatsächlichen Irrtum, Denkfehler, persönliches Temperament oder außerstrategische Rücksichten bedingten) Abstand kausal zu erklären. Auch hier ist (latent) eine idealtypische zweckrationale Konstruktion verwendet."
Dieser Text stimmt in einer Reihe von Punkten mit dem überein, was wir über die Ziele und die Methode der thukydideischen Geschichtsschreibung wissen. Da ist zunächst das Streben nach „Evidenz". Soweit sich antike und moderne Begriffe überhaupt miteinander identifizieren lassen, wird man nicht zweifeln, daß Max Webers „Evidenz" dasselbe oder etwas ganz Ähnliches meint wie die „Deutlichkeit des Geschehenen," die Thukydides sich zum Ziel seiner Darstellung setzt (I 22,4) 1 7 9 . 179 Vgl. Herter (718) 288 und unten S. 142f. „ E v i d e n z " entspricht - dies zeigt, daß wir nicht unzulässig modernisieren — auch in dem Aspekt, daß sie primär Eigenschaft
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Es ist ferner unbestreitbar und auch selten bestritten 1 8 0 , daß es Thukydides vor allem um rationale Evidenz, um intellektuelles Verstehen geht; was wir für die Rolle von Information, Gedanken und Absichten in der Darstellung gefunden haben, entspricht genau Max Webers Verstehen des Handelns „in seinem gemeinten Sinnzusammenhang." Weiter wird deutlich, daß die thukydideische Analyse von Irrtum und Emotionen im Prinzip nichts anderes ist als das Verfahren, das für Max Weber der Erforschung und Darstellung „irrationaler . . . Sinnzusammenhänge des Sichverhaltens, die das Handeln beeinflussen", dient. Zwar werden durch die Schilderung des Thukydides die Irrtümer und „aktuellen A f f e k t e " der Handelnden zweifellos auch „einfühlend erlebbar". Aber wie wir mehrfach festgestellt haben, dienen sie ganz wesentlich, wo nicht in erster Linie, der Erklärung für das Ausbleiben des nicht Geschehenen, einer Erklärung, die genau Max Webers Frage voraussetzt, „wie das Handeln bei Kenntnis aller Umstände . . . und bei streng zweckrationaler . . . Wahl der Mittel verlaufen wäre"1Si. Schließlich macht Max Webers Expose auch die Annahme deutlich, die der Analyse und Darstellung des Thukydides implizit zugrundeliegt: es ist die „Konstruktion eines streng zweckrationalen Handelns", die Auffassung, daß alle Menschen immer in ihrem wohlverstandenen Interesse handeln — oder doch handeln würden, wenn nicht äußere Gewalt, Unwissenheit oder Affekte sie daran hindern. Diese Auffassung ist die notwendige Voraussetzung einer Erzählung, in der jeder Mißerfolg als „Abweichung" von einem Ereignisverlauf verstanden und erklärt wird, der dem jeweiligen Interesse des Scheiternden entsprochen hätte. Sie erklärt auch die allenthalben zu beobachtende Dialektik der Darstellung: dasselbe Ereignis ist fast immer zugleich Erfolg und Mißerfolg; zeigt sich jener als Gelingen eines vorweg berichteten oder angedeuteten Plans, so bleibt immer noch dieser zu erklären, seine Differenz zu einem konstruierten Erfolg zu messen und seine Genese zu begründen.
des Dargestellten, nicht der Darstellung ist, recht genau dem griechischen Wort für „Wahrheit" — άλήϋεΐ' ., vgl. Heitsch (193) und (194). Thukydides gebraucht allerdings dies Wort selbst nie programmatisch, überläßt es in diesem Gebrauch — z.B.
im Gegensatz von 'έργων άλήύεια und Xoycov κόμπος II 41,2 — vielmehr seinen Rednern. άΧήόεια und άληιϊής stehen 24 mal in Reden, 15 mal im Bericht, und dort in der Regel sozusagen diakritisch an Stellen, wo von unklaren, unsicheren oder umstrittenen Tatbeständen die Rede ist (z.B. I 20,3; 21,1 III 3,1; 16,2; 20,3; 24,3 IV 122,6 VI 2,2; 8,2 VII 8,2 VIII 87,2fin.). Wo er selbst spricht, zieht Thukydides im allgemeinen σαφής vor (39 Belege im Bericht gegen 23 in Reden). 180 181
Zu Cornfords (88) ,Thucydides Mythicus' vgl. oben Anm. 154.
Vgl. Marrou (790) 181, Aron (768) 159ff. Max Webers konstruierter zweckrational Handelnder erinnert auf der Ebene der reinen Anthropologie stark an den wahren Wollenden, der nur das Gute wollen kann, in Piatons Gorgias 467c ff (Hinweis von Professor Dihle). Vgl. unten S. 159f mit Anm. 386.
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Zufall und Notwendigkeit Die Menschen haben sich vom Zufall ein Bild geformt zum Vorwand für die eigene Unberatenheit. Denn selten widersetzt sich der Zufall dem Denken; das meiste im Leben richtet verständiger Scharfblick gerade. Demokrit Sinnfremde Vorgänge und Gegenstände kommen für alle Wissenschaften vom Handeln als: Anlaß, Ergebnis, Förderung oder Hemmung menschlichen Handelns in Betracht. Sinnfremd bleiben alle Vorgänge oder Zuständlichkeiten ohne gemeinten Sinngehalt, soweit sie nicht in die Beziehung vom „Mittel" und „Zweck" zum Handeln treten, sondern nur seinen Anlaß, seine Förderung oder Hemmung darstellen. Max Weber
Wenn zweckrationales Handeln und die je und je verschieden begründeten Abweichungen von ihm das Gerüst der Darstellung des Thukydides bilden, so lassen sich die Ursachen der einzelnen Abweichungen in zwei Arten aufteilen: solche, die im Bewußtsein — Denken, Wissen, Wollen — der Handelnden ihren Sitz haben, und solche, die außerhalb zu suchen sind. Wir haben bisher nur die erste Art betrachtet. Die Funktion der zweiten läßt sich hypothetisch aus dem Gegensatz zur Rationalität des Handelns und zu deren Bedingungen ableiten. Für rationales Handeln ist Kenntnis, ja Voraussicht der Umstände Voraussetzung; man wird also erwarten, in einer Erzählung, die Abweichungen vom rationalen Handeln begründet, auch Angaben über nicht berücksichtigte Umstände zu finden, die den Ereignisablauf beeinflußt haben 1 8 2 . Der Text bestätigt diese Erwartung. Vom „Zufall" als solchem läßt Thukydides mehr die Redner handeln, als er selbst von ihm spricht: das Wort τύχη findet sich an insgesamt 40 Stellen; 28 davon entfallen auf Reden, eine auf einen Vertragstext 1 8 3 . In den Gedanken der Handelnden steht τύχη für das Unvorhergesehene, das die Spartaner in den Ereignissen in Pylos entmutigt (IV 55,3), das Glück, dem sich Nikias so wenig wie mög182
Vgl. Aron (107) 136f, Syme (36) 56; für ,Zufall' in der Terminologie der Atomisten als Begriff für das, dessen Ursache nicht erkennbar ist, z.B. Guthrie (690) II 414—9. 183 Τ1 )χη : Stellen im Bericht (alle im folgenden zitiert): III 49,4; 97,2 IV 3,1; 12,3; 14,3; 55,3; 73,3 V 16,1; 37,3; 75,3 VII 33,6, Vertragstext: IV 118,11, Reden: I 69,5; 78,2; 84,3fin.; 140,lfin.; 144,1 II 42,4; 62,5; 87,2; 3 III 45,5; 6 IV 18,3; 4; 5; 64,2; 86,6 V 102; 104 (bis); 111,3; 112,2; 113 VI 11,6; 23,3; 78,2 VII 61,3; 67,4; 68,1
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lieh anvertrauen will und auf das Demosthenes unvorsichtig baut (V 16,1; III 97,2), den Vorteil, den die Athener in Pylos ausnutzen wollen (IV 14,3) und um den Brasidas und seine Leute vor Megara sich Gedanken machen (IV 73,3). Einige Male bezeichnet Thukydides mit dem Wort „Zufall" eine überraschende Situation (VII 33,6) oder ein anekdotisch interessantes Zusammentreffen: daß „die Athener vom Lande aus, noch dazu lakonischem Land, eine Landung abwehrten, während die Spartaner von Schiffen aus gegen ihr eigenes, feindliches Land einen Landungsversuch gegen Athener unternahmen, wo doch nach dem Ruf, in dem sie damals allgemein standen, diese Landbewohner und am stärksten in der Infanterie waren, während jene Meerbewohner waren und in der Marine die Oberhand hatten" (IV 12,3),
oder daß die Argiver die Boioter „genau um das bitten, was ihre Freunde in Sparta ihnen aufgetragen hatten" (V 37,3). Dasselbe anekdotische Interesse wird außerdem durch das Verbum zusammentreffen' (ξυμβοίίνίύ) ausgedrückt 184 . Indes ist die weitaus häufigste Funktion der Ausdrücke, die wir deutsch mit ,zufällig', ,gerade', ,es traf sich, daß . . .' wiedergeben, eine andere: sie bezeichnen regelmäßig solche Ereignisse oder Umstände, welche die jeweils Handelnden in ihre Überlegungen nicht einbezogen haben oder nicht einbeziehen konnten. Auch wenn das Hauptgewicht der Aussagen nicht primär auf der Zufälligkeit, sondern mehr auf der Gleichzeitigkeit (bei τυγχάνω)185 oder darauf liegt, daß sich ein Ereignis aus einem bereits erzählten anderen ergibt (bei ξυμβαίνω)186, bleibt der Aspekt des
im Vgl. etwa I 23,3; 29,5; 95,4 II 17,2; 54,3; 77,6 VI 31,4; 88,10 VII 30,4; 57,9fin.; 75,7; 86,3; 87,5 VIII 25,5; 82,2fin. iss Zu τυγχάνω als Mittel zum Ausdruck der Gleichzeitigkeit vgl. Cornford (88) 85n.2, Gomme III 488f, Finley (30) 313n.39. Die Bedeutung .zufällig' im Gegensatz etwa zu .beabsichtigt' oder .regelmäßig' ist in der Tat nur an relativ wenigen Stellen im Bericht (II 5,4; 51,2 IV 25,1; 26,6; 73,3; 93,4 V 56,4 VII 70,4 VIII 95,4) unbedingt anzunehmen; an vielen ist sie ganz ausgeschlossen, Sortiert man die Belege im Bericht in solche, wo die Nuance .zufällig' naheliegt (a), und andere (b), so ergibt sich folgende Verteilung: (a) I 72,1; 106,1; 136,3 II 4,5; 13,1; 49,1; 91,3; 93,2 III 3,2; 82,5 IV 5,1; 9,1; 13,4; 104,5 VI 61,2; 88,2; 102,2 VII 79,3 VIII 95,4 (19 Fälle), (b) I 9,2; 55,lfin.; 57,6; 92; 103,3; 104,2; 116,1 (bis); 135,3 II 25,2; 31,1; 95,3 III 3,4; 20,3; 33,1; 70,5; 90,2; 98,lfin.; 102,3; 105,3; 108,2; 112,1 IV 48,3; 57,1; 70,1; 2; 111,2; 112,2; 113,2; 116,2; 124,4; 130,3; 132,2 V 8,4; 12,2; 20,2; 22,1; 30,5; 31,1; 36,1; 44,1; 46,5; 50,5; 75,2; 76,3 VI 96,3 VII 2,4; 4,3; 23,2; 29,5; 50,4; 73,2; 81,4 VIII 5,5; 12,2; 14,2; 17,3; 21,1; 31,1;41,2; 54,4; 61,2 (bis); 66,3; 79,2; 91,2; 92,6; 98,1; 105,3 (69 Fälle). iss Vgl. folgende Stellen im Bericht: I 1,2; 52,2; 56,1; 100,2 II 8,3; 15,1; 34,7; 54,3; 74,1 III 3,3; 81,5; 82,8fin.; 89,5; 90,1 IV 4,2; 6,2; 55,3; 73,2; 79,3; 81,2; 96,5; 99; 127,4 V 10,7; 14,1; 4; 16,1 (bis); 26,3; 5; 37,4; 72,1; 73,2; 75,4 VI 55,4; 70,1; 102,3; 103,4 VII 46; 75,2 VIII 64,4; 73,1; 104,5.
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Gegensatzes zum Geplanten und Vorausgesehenen fast überall deutlich und fehlt in nur wenigen Fällen ganz 1 8 7 . Manche von Thukydides als,zufällig' bezeichneten Ereignisse oder Umstände haben erhebliche, sogar spektakuläre Folgen. Phormion erringt bei Naupaktos einen glänzenden Sieg gegen einen numerisch weit überlegenen Gegner nicht zuletzt dank einem an der Schlacht ganz unbeteiligten Boot, „das zufällig auf hoher See a n k e r t " (II 91,3) 1 8 8 und einem seiner Schiffe Gelegenheit zu einem Manöver gibt, das die Situation vollständig umkehrt. Der Erfolg der Athener in Pylos wäre nie zustandegekommen, wenn nicht „aus Zufall" ein Gegenwind Eurymedon und Sophokles dort zurückgehalten hätte (IV 3,1). Die Revision der Entscheidung der Athener über das Schicksal von Mytilene hätte möglicherweise nichts gefruchtet, wenn nicht „aus Zufall" das Schiff, das die Nachricht von ihr überbrachte, keinen Gegenwind gehabt hätte (III 49,4). Die Tatsache, daß Thukydides bei solchen Gelegenheiten das Zufällige als solches benennt, läßt freilich nicht den Schluß zu, daß er im Zufall eine eigenständige, im Geschehen wirkende Macht gesehen hätte 1 8 9 . Das Zufällige ist für ihn, wie Irrtum und Affekte, ein Element der Erklärung. Seine Darstellung erhält ihr Leben und ihre Spannung zu einem guten Teil aus der Dialektik eines gedachten Verlaufs einerseits und der wirklich eintretenden Ereignisse anderseits, einer Dialektik, die dadurch zusätzliche Schärfe gewinnt, daß fast durchweg ein Konflikt zwischen jeweils zwei Parteien geschildert ist, deren Ziele zueinander im kontradiktorischen Gegensatz stehen. Der gedachte Verlauf ist jeweils die für Thukydides unter bestimmten Prämissen — etwa der einer idealen Zweckrationalität des Handelns — wahrscheinliche Weiterentwicklung einer offenen Situation, eine Entwicklung, die fast immer zugleich auch für eine der handelnden Parteien erwünscht ist. Die Wirklichkeit kann mit diesem gedachten Verlauf übereinstimmen oder von ihm abweichen. Im ersten Fall stellt Thukydides die Übereinstimmung meistens als Entsprechung von Absicht (oder Plan) und Erfolg dar; mitunter benennt er auch ,Zufälle', die den Erfolg gefördert haben. Im zweiten Fall schildert er die Abweichung, o f t als Scheitern, unvorhergesehenes Unglück und Leiden, und erklärt sie zugleich durch die kausale Zurechnung zu Tatbeständen wie: Unwissenheit, Irrtum, übermächtige Affekte, ,Zufälle'. In der Anlage der 187 Formal zeigt sich dies darin, daß z.B. von den 88 in Anm. 185 zitierten Belegen für τ υ γ χ ά ν ω 29 in erläuternden Zusätzen vorn Typ 'έτυχε yap . . . stehen. 188 Vgl. de Romillys Anmerkung ad 1. und (150) 147. 189 Dieser Ansicht ist nicht nur Cornford (88) 82ff, sondern auch zahlreiche andere Interpreten, für die eine solche Auffassung nicht die notwendige Entsprechung zu einer allgemeinen These bildet, vgl. etwa Wassermann (9) 252, Meyer (184) 86f, Buriks (234) 40, Stock (92) 56, Schmid (34) 31ff, die sämtlich von „Macht", „Kraft", „Kraftfeld" oder „Kraftzentrum" sprechen. Richtiger Bowra (595) 178, Lesky (603) 455, Müri (93) 253ff. An Τ ύ χ η als personifizierte Göttin möchte neben Cornford auch Zahn (371) 8 0 - 8 3 denken, dagegen Strasburger (129) 417. Vgl. auch Meier (656) 108.
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Darstellung hat der Zufall so wenig wie der Irrtum die Funktion eines handelnden Subjekts: wie dieser erscheint er stets nur als Negation einer hypothetisch postulierten Rationalität. Thukydides sieht also nach dem bisherigen Befund im Ablauf der Ereignisse nichts anderes als eine Wechselwirkung zwischen dem Handeln , von Menschen — einzelnen, Gruppen, Gemeinwesen, mit ihren je verschiedenen Möglichkeiten zu richtiger Erkenntnis und rationalem Handeln — einerseits und den Umständen, die in je verschiedenem Maße erkennbar, vorhersehbar, veränderbar, hinderlich oder förderlich sind, anderseits. In den kausalen Beziehungen, die er herstellt, wirken diese beiden Faktoren und keine anderen. Diese Feststellung ist banal, aber wichtig. Denn die Handelnden selbst berufen sich auch auf andere Kräfte, denen sie allem Anschein nach eine eigene Wirkung im Geschehen zuerkennen. Betrachten wir einige ihrer Aussagen. Die spartanischen Gesandten in Athen während der Blockade von Sphakteria (IV 18): „Wir, die wir unter den Griechen das größte Ansehen genießen, k o m m e n zu euch, wo wir zuvor meinten, es stehe eher in unserem eigenen Ermessen, das zu gewähren, um das wir euch zu bitten jetzt hergereist sind. (2) Und doch geschah uns dies weder aus Mangel an Macht noch weil wir durch ihren Zuwachs überheblich geworden wären, sondern weil unser Urteil, das von den jeweiligen Verhältnissen ausging 1 9 0 , fehlschlug, und darin sind die Verhältnisse für alle gleich. (3) Deshalb wäre es nicht vernünftig, wolltet ihr wegen der augenblicklichen Stärke eurer Stadt und dessen, was ihr hinzugewonnen habt, glauben, daß auch das, was dem Zufall gehört 1 9 1 , immer auf eurer Seite sein wird. (4) Wer klug u n d gemäßigt ist, . . . der wird nicht glauben, daß der Krieg sich daran hält, welchen Teil von ihm jemand in Angriff nehmen will, sondern vielmehr (daß er so verläuft), wie die Zufälle ihn f ü h r e n 1 9 2 . (Wer so denkt), der wird am wenigsten Fehlschläge erleiden, denn er wird sich nicht vom Vertrauen in seinen Erfolg fortreißen lassen u n d am ehesten dann Frieden machen, wenn er im Glück ist. (5) Für 190
από δ ε των αίεί υπαρχόντων -γνώμη οφαλέντες: nicht της συνήθους δυνάμεως (Schol., danach Krüger ad 1.), daher auch nicht „weil uns bei gleichgebliebener Stärke ein Plan fehlschlug" (Landmann), eher: „wir haben unter ganz gewöhnlichen Umständen einen Fehler g e m a c h t " (Horneffer—Strasburger); unsere Auffassung auch bei G o m m e II 173 und ad 1. 191 Wir übersetzen τύχη im folgenden durchweg mit .Zufall', um die Wortwiederholungen nicht zu verschleiern. Für τά της τύχης vergleicht Büdinger (63) III 4 4 Soph. O R 977. 192 Was in den Handschriften an dieser Stelle steht, ist kaum Griechisch: τόν те πόλεμον νομίσωσι μή к αΰ' δαον αν τις οώτοϋ μέρος βούλητα ι μεταχε φίξειν, τούτφ ξυνενναι, ά λ λ ' ώ ς αν αίτύχαι αυτών ή-γήσωνται. „Thucydides has done his best to make the understanding of a not very complex idea difficult", glossiert Gomme. Aber es war wohl weniger Thukydides selbst als die Kopisten, ,,τούτφ bezieht sich auf ης", schreibt Krüger. Das ist jedoch, wie G o m m e sieht, nicht möglich, außerdem fehlte so ein notwendiges Bezugswort für καθ' Öaov. Hude versah in der ed. maxima τούτφ mit einer crux, in den späteren nicht mehr, αύτών, von Krüger als „die Vorfälle des Krieges" verstanden, bedarf ebenfalls eines gläubigen Lesers. Mit einfachen Korrekturen (οϋτω für τούτφ, α ύ τ φ für οώτών, vgl. Krüger ad 1.), die hier für die Ubersetzung vorausgesetzt werden, ist es wohl nicht getan.
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euch, ihr Athener, ist jetzt die schöne Gelegenheit, so gegen uns zu verfahren u n d zu vermeiden, daß ihr jemals später, wenn ihr euch nicht überzeugen laßt und, was ja häufig v o r k o m m t , einen Rückschlag erleidet, in den Ruf gelangt, die jetzigen Erfolge durch Zufall errungen zu haben, obwohl es euch jetzt gefahrlos möglich ist, das Ansehen von Stärke u n d Klugheit den Späteren zu hinterlassen."
Die Melier während der Verhandlung über die Forderung der Athener, sie sollten sich unterwerfen (V 104): „Auch wir, dessen können wir euch versichern, halten es für schwierig, gegen eure Macht und zugleich gegen den Zufall zu kämpfen, wenn dieser nicht für beide gleich ist. Dennoch vertrauen wir darauf, daß der Zufall, den das Göttliche schickt19 , uns nicht benachteiligen wird, da wir rein sind und gegen Ungerechte stehen, und daß unserem Mangel an Macht das Bündnis mit den Spartanern aufhelfen wird, die uns notwendig, wenn aus keinem anderen Grund, schon um der Verwandtschaft und der Ehre willen Beistand leisten müssen. Wir sind also nicht durchaus ohne Grund zuversichtlich."
Die Athener als Antwort darauf (V 105, 1—3): „Nun ja, an der Gunst des Göttlichen wird es, wie wir vermuten, auch uns nicht fehlen. Denn nichts, was wir fordern oder tun, liegt jenseits dessen, wasimanche Menschen über das Göttliche meinen und andere als Gesinnung gegeneinander hegen. (2) Denn nach unserer Ansicht unterliegt sowohl das Göttliche — wie wir vermuten — als auch das Menschliche — wie wir gewiß sind — einer Notwendigkeit der Natur, über alles zu herrschen, was es je bezwingen kann. Dies Gesetz haben wir weder gegeben, noch waren wir die ersten, uns nach ihm zu richten, sondern wir haben es bestehend vorgefunden und werden es für alle Z u k u n f t bestehend hinterlassen; wir befolgen es im Wissen, daß auch ihr und andere, wenn sie zu gleicher Macht kämen wie wir, dasselbe t u n würden. (3) Von den Göttern fürchten wir darum nach der Wahrscheinlichkeit nicht benachteiligt zu werden. Was aber eure Meinung über die Spartaner angeht, auf die ihr euch verlaßt, daß sie euch u m der Ehre willen Beistand leisten werden, so preisen wir euch glücklich, so wenig mit Unglück vertraut zu sein; euren Unverstand freilich neiden wir euch nicht . . . "
Die Wechselfälle des Krieges (IV 18) hatten schon dem spartanischen König Archidamos als Argument der Warnung gedient (I 78,2; 84,3 fin.). Die spartanischen Gesandten beschwören sie eindringlich: ihre eigene unerwartete Lage, so argumentieren sie, möge den Athenern Grund zur Mäßigung sein. Denn solche Mäßigung liegt im Interesse Spartas, das die Blockade von Sphakteria so bald als möglich aufgehoben sehen möchte. Es ist interessant zu beobachten, wie dieselben Wechselfälle, soweit sie der eigenen Vergangenheit angehören, als menschlicher Irrtum, soweit sie die unsichere Zukunft des Gegners bestimmen, als unheimliche, irgendwie eigenmächtig wirkende Wesenheit mit Namen ,Zufall' beschrieben werden. Die Macht des Schicksals ist in ihrer Existenz offenbar abhängig von der Optik.
daß das Geschick uns um der Gottheit willen nicht benachteiligt", Landmann, ähnlich Vretska. Auch de Romilly übersetzt hier anders als V 112,2. Es ist j e d o c h kaum wahrscheinlich, daß Thukydides mit der identischen Formulierung an zwei Stellen in so kurzem Abstand zwei verschiedene Dinge sagen will.
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Ähnlich bei den Meliern 194 . Beide Parteien folgen, nachdem der Versuch der Melier, die Athener von der Unzweckmäßigkeit der Gewaltanwendung zu überzeugen (90 — 99), nicht gelungen ist, einer Art selbstauferlegtem Begründungszwang: die Melier für ihren Widerstand, die Athener dagegen. Das Argument aus der Sittlichkeit („für uns, die wir noch frei sind, wäre es höchste Schlechtigkeit und Feigheit, vor der Versklavung nicht alle Mittel zu versuchen", 100) ist schnell abgefertigt: bei der Ungleichheit der Kräfte, geben die Athener zu verstehen, ist die Ehre als Gesichtspunkt nicht relevant (101). Ebenso der Einwand, daß die Zufälle des Krieges nicht immer das Kräfteverhältnis bestätigen und deshalb noch Hoffnung sei (102): die Athener warnen beschwörend vor dem Vertrauen ins Unsichtbare, Orakeln und Zukunftsdeuterei (103). Die Melier brauchen Garanten für ihre Hoffnung. Daher die Berufung auf Sparta; daher auch die Götter, die dem Gerechten beistehen, als Lenker des Geschicks. Wiederum verschiebt sich die Stellung, die dem Zufall beigemessen wird, nach dem Erfordernis der Argumentation. Über die mögliche Hilfe der Spartaner kann man mit Gründen militärischer oder politischer Wahrscheinlichkeit diskutieren (105,4 — 110). Aber die Athener, die keine Antwort schuldig bleiben dürfen, müssen auch dem Argument begegnen, daß der Gerechte auf den Beistand des göttlichen Geschicks rechnen kann. Wollen sie nicht die Existenz von Göttern oder deren Eintreten für die Gerechtigkeit bestreiten, was kaum plausibel wäre, so müssen sie sich auf ein höheres Prinzip berufen: die Naturnotwendigkeit, der auch die Götter unterliegen. Sie tun dies nicht ohne Zynismus („Nun ja . . ,") 1 9 5 und mit beträchtlichem rhetorischen Aufwand — ein Anzeichen dafür, daß die Zustimmung zu ihrer These sich für sie nicht von selbst versteht. Die Athener halten sich nach eigener Aussage an ein „Gesetz", demzufolge der Stärkere „notwendig" über den Schwächeren herrschen muß. Es fragt sich, was Thukydides von dem Argument hielt. Die Tatsache, daß er es von einer interessierten Partei in einem Dialog vorbringen läßt, in dem beiden Seiten plausible Auffassungen in den Mund gelegt werden, spricht noch nicht unbedingt dafür, daß er die Anschauung teilt. Auch wenn er sie teilt, worüber wahrscheinlich eine sichere Aussage nicht zu erreichen ist, bleibt fraglich, in welchem Maße er diese „Notwendigkeit" absolut und generell als zwingend ansah 196 . Unabhängig davon ist die weitere Frage, ob die Not194
Die Nummern 8 4 - 8 7 , 92, 95, 110, 1 2 2 - 1 2 7 , 133, 137, 138, 3 8 5 - 3 9 6 , 4 8 1 - 4 8 5 der Bibliographie sind nur ein schmaler Ausschnitt aus einer Literaturflut, die eine Auseinandersetzung von vornherein aussichtslos erscheinen läßt („there ist no catching up with the bibliography", Andrewes zu V 113, p. 182). Unbedingt zu lesen sind die Problemliste bei Andrewes (pp. 181 — 188 des Kommentars) und die Doxographie bei Stahl (114) 1 5 8 - 1 6 1 . 195 τοίνυν „gives an almost offhand air to the statement", Gomme—Andrewes ad 1. Vgl. Denniston 5 7 2 f. 196 v g i . z u m folgenden de Romilly (200a). Es ist ohne Kenntnis dieser Arbeit, die ich der Freundlichkeit der Verfasserin verdanke, entstanden. Die zahlreichen, zum
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wendigkeit, sei sie naturgesetzlicher oder anderer Art, für ihn eine gültige Rechtfertigung einzelner Handlungen, beispielsweise von Akten der Aggression, abgeben konnte. Wir stellen die letzte Frage, die auf die allgemeinere nach dem Verhältnis von Politik und Ethik bei Thukydides führt, einstweilen zurück und wenden uns zuerst der nach dem Charakter der Notwendigkeit zu. Mehrere Möglichkeiten sind denkbar. Thukydides könnte, wenn er von Notwendigkeit spricht, darunter ein letztes, seinerseits nicht erklärbares Prinzip verstehen, das den Ablauf der Ereignisse determiniert, ähnlich etwa der Notwendigkeit, die Empedokles zum ewigen Gesetz des Werdens macht 1 9 7 . Er könnte auch im Gegenteil einen lediglich von den Handelnden subjektiv erlebten Zwang meinen, dem keine ,objektive' Notwendigkeit irgendwelcher Art entspricht. Er könnte schließlich damit solche j e konkreten Situationen beschreiben, in denen die Handelnden sei es .subjektiv' — von ihrem Standpunkt gesehen — eine bestimmte Art zu handeln als die einzig mögliche empfinden, sei es,objektiv' — von seinem Standpunkt gesehen nach aller menschlichen Wahrscheinlichkeit und unter bestimmten Prämissen, etwa der eines konsequent auf Selbsterhaltung oder Machtgewinn gerichteten Handelns, — nicht oder kaum anders handeln konnten, als sie es wirklich taten. In diesen Fragen Klarheit zu erreichen ist deshalb wichtig, weil sich damit entscheidet, ob Thukydides wirklich nur — wie wir bisher gefunden haben — eine dem Ereignisablauf als Wechselwirkung zwischen Handeln und Umständen immanente Kausalität angenommen hat 1 9 8 oder ob für ihn jenseits dieser Kausalität noch andere Kräfte wie die Notwendigkeit' oder das ,Gesetz der Geschichte' im Geschehen wirksam waren 199 . Die Lösung ist Teil grundsätzlichen Unterschiede in der Auffassung einzeln nachträglich zu notieren, erschien jedoch nicht ratsam. Der wichtigste notwendige Einwand schon bei Stahl (114) 138f. I97f r . 1 1 0 Bollack, vgl. (706) I 1 5 2 f f u n d I I I 1 5 1 f a d 1. Die Notwendigkeit des kosmologischen Werdens wird von zahlreichen Interpreten ins historische Werden übertragen, etwa in der Form: „Allem geschichtlichen Geschehen wohnt eine ewig unwandelbare Ananke inne" (Egermann (90) 2 9 0 ) , wobei die Notwendigkeit, die wohlgemerkt für Thukydides existieren soll, sei es in der menschlichen Natur (Braun ( 3 9 1 ) 234ff nach Topitsch (91) 47 und 112ff), sei es in den Gesetzen der Macht zu suchen ist (Bogner (27) 21, Herter ( 4 4 6 ) 143ff, Bluhm ( 1 0 9 ) 16, Fliess ( 2 9 5 ) 9). Dafi Spekulationen dieser Art Thukydides fremd sind, betont in willkommen eindeutiger Form Pearson (227) 2 2 0 . 198 Dies ist auch die These Stahls ( 1 1 4 ) 12. 1 9 9 Manche Interpreten mögen sich nicht, wie die in Anm. 197 zitierten, festlegen, geben aber gleichwohl der Notwendigkeit ein erhebliches Eigengewicht. So ist für Regenbogen (122) 2 3 8 f Thukydides „der Entdecker der politischen Zwangsläufigkeit"; er „regards politics as the product of necessitous circumstances" bei Bluhm (136) 3 0 ; auch für Finley ( 5 9 7 ) 108 „even to him some iron necessity seem·· to guide events"; Finley sieht freilich mit Recht „this sense of ineluctability . . . in '-4vious conflict with his belief in reasonedchoice" (ibid. p. 79).
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nicht zuletzt entscheidend für unser Verständnis seiner Auffassung von den Ursachen des Krieges: hielt er ihn für .notwendig' 200 , und wenn ja, in welchem Sinne? Es mag zweckmäßig sein, unsere Suche nach einer Lösung mit diesem Problem zu beginnen. „Ihr müßt aber wissen", sagtPerikles den Athenern (I 144,3), „daß es notwendig ist, den Krieg zu führen, und je mehr wir uns bereit zeigen, ihn anzunehmen, um so weniger werden die Gegner uns zusetzen." „Wir können keinen Voranschlag darüber aufstellen, welchen Umfang unsere Herrschaft haben soll", sagt später Alkibiades (VI 18,3), „vielmehr ist es notwendig, da wir einmal so weit gekommen sind, hier nach weiteren Gelegenheiten zu suchen und dort nicht locker zu lassen: herrschen wir nicht selbst über andere, so droht uns die Gefahr, selbst von anderen beherrscht zu werden." Einen ähnlichen Gedanken hatte schon Perikles ausgesprochen (II 61,1): „Wer die Wahl hat und wem es sonst gut geht, für den wäre es freilich große Torheit, Krieg zu beginnen. Wenn es aber notwendig war, entweder nachzugeben und sich sogleich den anderen zu fügen oder aber das Risiko einzugehen und sich zu behaupten, dann verdiente der, der das Risiko flieht, mehr Tadel als der, der Widerstand leistet." Die Notwendigkeit zu herrschen wird auch von Athens Gesandten in anderen Staaten mehrfach ins Feld geführt. So von Euphemos vor den Vertretern der sizilischen Staaten in Kamarina (VI 87, 1—2): „Laßt euch . . . also nicht von den Verleumdungen der anderen überzeugen. Wir haben euch über die Dinge, deretwegen wir verdächtigt werden, die ganze Wahrheit gesagt und wollen euch noch einmal an die Hauptpunkte erinnern, die euch überzeugen sollen. (2) Wir sagen, daß wir über jene drüben herrschen, damit wir uns nicht einem anderen fügen müssen; daß wir die hier befreien, damit jene uns nicht schaden; daß wir genötigt sind201, vieles zu unternehmen, weil es auch vieles gibt, wovor wir uns schützen müssen; daß wir heute ebenso wie früher als Verbündete derer von euch kommen, denen hier Unrecht geschieht, nicht ungerufen, sondern gerufen . . ."
Beschränkt sich Euphemos in seiner Zusammenfassung auf die schlichte Behauptung („Wir sagen . . ."), so versuchen die athenischen Gesandten in Sparta vor Beginn des Krieges eine ausführliche Begründung. Nach einem Protest gegen die verbreitete Kritik an Athens Herrschaft (I 75,1) und der Feststellung, daß Athen nach den Perserkriegen förmlich ersucht worden sei, die Hegemonie zu übernehmen (75,2), fahren sie fort (3 ff): „Die Tatsachen selbst waren es, die uns zuerst genötigt haben, (unsere Herrschaft) so weit auszudehnen: vor allem aus Furcht, dann auch der Ehre wegen, später auch wegen des Nutzens; (4) außerdem schien es uns (zu diesem Zeitpunkt) schon nicht mehr sicher, das Risiko einzugehen, sie aufzugeben. . . (5) Es ist aber niemandem zu verübeln, wenn er angesichts der größten Gefahren seinen Vorteil zu wahren sucht. (76,1) 200
Hierüber scheint allerdings bei den Lesern des Thukydides weitgehende Ubereinstimmung zu bestehen. Kagan (296) 365n.34 hat nur einen Gelehrten gefunden, der diese Frage eindeutig negativ beantwortet. Die communis opinio etwa bei Vogt (424) 261. 201 Wir übersetzen hier und im folgenden άι>άγκη durchweg mit .Notwendigkeit', άνατγκάξω und Komposita durchweg mit .nötigen' usw.
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Ihr Spartaner jedenfalls habt es als Führer in den peloponnesischen Städten so eingerichtet, wie es euch nützlich war. Wäret ihr damals konsequent geblieben -nd hättet, wie wir, den ganzen Haß gegen die Hegemonialmacht auf euch gezogen, so wäret ihr, dessen sind wir sicher, nicht weniger hart gegen die Verbündeten verfahren und hättet euch genötigt gesehen, entweder mit Macht zu herrschen oder selbst Risiken einzugehen. (2) So haben auch wir nichts Außergewöhnliches getan, nichts, was sich von der menschlichen Gewohnheit entfernte, wenn wir eine Herrschaft, die man uns anbot, übernommen haben und sie (jetzt) nicht fahren lassen, sind wir doch den stärksten Kräften unterlegen: Ehre, Furcht und Nutzen. Wir sind auch nicht die ersten gewesen, derartiges zu beginnen, sondern es stand schon immer fest, daß der Schwächere vom Mächtigeren unterworfen wird; außerdem hielten wir uns für würdig, und das war auch eure Meinung, bis ihr jetzt, euren Vorteil berechnend, der Gerechtigkeit das Wort redet, der doch noch nie jemand den Vorzug gegeben hat, wenn er damit die Gelegenheit ausschlug, seinen Besitz mit Gewalt zu mehren. (3) Vielmehr verdient derjenige Lob, der der menschlichen Natur gemäß über andere herrscht und dabei gerechter verfährt, als es seine Macht zuließe . . . "
Der Kreis schließt sich. Die Naturnotwendigkeit gebietet, über andere zu herrschen (V 105); daher die Notwendigkeit einzelner Feldzüge (VI 18) wie des gesamten Krieges (II 61,1 144). Die Herrschaft ihrerseits wird gefordert von der Wachsamkeit (VI 87) und von Antrieben menschlichen Handelns wie Ehre, Furcht und Interesse (I 75); sie folgt — notwendig — aus der menschlichen Natur (I 76). Was die zitierten Redner vortragen, sind Elemente einer konsequenten Theorie des athenischen .Imperialismus' — einer Theorie, die in dieser Form schwerlich ein anderer als Thukydides entwickelt hat 202 . Aber hielt er sie für stichhaltig? Und stimmte er insbesondere der These zu, daß die Athener aus Notwendigkeit handelten, wie sie es taten? Es stimmt bedenklich, daß diese These in jeder Rede, in der sie vorgetragen wird, einer apologetischen Tendenz dient 203 . Perikles „war zu seiner Zeit der mächtigste Mann" in Athen und „in seiner Politik richtete er sich konsequent gegen die Spartaner, trieb die Athener zum Krieg und ließ sie nicht nachgeben" (I 127,3). Er hält seine erste Rede in einer Situation, als die Athener „zwiespältig in ihren Meinungen sind", die einen für dn Krieg, die anderen dagegen. „Ich halte nach wie vor an meiner Ansicht fest", so beginnt er (I 140,1), „daß wir den Peloponnesiern nicht nachgeben sollen . . . " Das zweite Zitat (II 61,1) stammt aus der letzten Rede, die Thukydides ihn halten läßt; die Peloponnesier waren zum zweiten Mal in Attika eingefallen, in Athen wütete die Krankheit, an der Perikles selbst bald danach starb, „und sie machten dem Perikles Vorwürfe, daß er sie überredet hätte, den Krieg zu führen, und für all ihr Unglück verantwortlich sei" (59,2). Alkibiades spricht, nachdem Nikias, einer der drei Kommandanten für den sizilischen Feldzug, noch einmal eindringlich davon abgeraten hat, die schon beschlossene Offensive überhaupt zu unternehmen. Er 2 0 2 Um so leichter war der Schritt für viele Interpreten, diese Theorie als die Anschauung des Thukydides sei es vom Peloponnesischen Krieg, sei es vom Gang der Geschichte im ganzen zu verstehen. 203
Dieser Gesichtspunkt wird von de Romilly (200a) 115 m. E. zu leicht genommen.
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selbst, schreibt Thukydides, „war vor allem auf das Kommando aus und hoffte, daß durch ihn nicht nur Sizilien, sondern auch Karthago erobert werden würde" (VI 15,1). Interesse und Notwendigkeit decken sich — für ihn 204 . Für Thukydides war der Sizilienfeldzug einer der „zahlreichen Fehler", die die Nachfolger des Perikles begingen (II 65,11). Euphemos spricht wie ein Angeklagter vor Gericht („Wir haben euch . . . die ganze Wahrheit gesagt") 205 und gibt sein Anliegen („die euch . . . überzeugen sollen") fast naiv zu; das Anliegen der athenischen Gesandten in Sparta ist, so sehr sie es bestreiten (73,1), eine einzige lange Rechtfertigung 206 Athens gegen die Angriffe der spartanischen Verbündeten. Die Unterhändler in Melos schließlich versteigen sich zu ihrer blasphemischen Theorie (sinngemäß: „auch bei den Göttern gilt das Recht des Stärkeren") nur in dem Versuch, den Meliern auch ihre Hoffnung auf göttlichen Beistand hinwegzudisputieren, da sie deren Behauptung, „rein zu sein und gegen Ungerechte zu kämpfen", nicht bestreiten können. Es mag unsicher sein, ob Thukydides, als er den Melierdialog schrieb, schon von der Empörung wußte, die Athens grausames Vorgehen gegen Melos in Griechenland ausgelöst hat 2 0 7 , und man wird sich deshalb zurückhalten, in die Worte der Athener allzuviel Hintersinn hineinzulesen 208 . Aber es bedarf keiner Entstehungshypothesen, um zu erkennen, daß er hier nachträglich die Athener ein Vorgehen rechtfertigen läßt, das er selbst schwerlich gebilligt hat. In dem Katalog der Leiden, die mit dem Krieg über Griechenland herfielen, verzeichnet Thukydides als Besonderheit, daß „einige Städte nach der Eroberung ihre Bewohner wechselten" (I 23,2). Dazu gehören Plataia (III 68,4) und Melos, wohin die Athener nach der Eroberung und der Tötung der erwachsenen männlichen Einwohner 500 Kolonisten entsandten (V 116,4). Es bestehen also Gründe für den Verdacht, daß Thukydides über die Ideologie von der Notwendigkeit der Herrschaft anders dachte als die Athener, die er sie vertreten läßt. Aber wenn dies zutrifft, wie wir allerdings meinen, so besagt das noch nichts über die allgemeinere These von der menschlichen Natur, auf die wir noch zurückkommen; auch nichts über die von der Notwendigkeit 204
Dieselben Argumente, die Perikles — der nicht aus Eigennutz handelte (II 65,8) — folgerichtig zur Rechtfertigung seiner Politik verwenden konnte, werden von seinen Nachfolgern als Rechtfertigung für die Pervertierung dieser Politik verwandt, vgl. oben S. 102 und das berühmte Echo von Kleon zu Perikles (III 37,2 und II 63,2). „ . . . it is . . . no novel observation that ideology can have a life of its own, contributing to the design and implementation of policy in a way that may, on occasion, even conflict with the interests from which it arose", schreibt Chomsky (774) 237. Die Beobachtung ist, wie das Beispiel zeigt, in der Tat nicht neu. Thukydides bedient sich hier — wie öfter, vgl. S. 80f — der Wiederholung als Mittel der Akzentuierung. 205 Vgl. pi. Apol. 17 b 7f, 20 d 5, Andoc. I 8 und 10, Lys. I 5 usw. 206
Vgl. Gomme I 236 zu I 76,2: „spoken in self-defence".
207
Zum Datum des Melierdialogs vgl. Andrewes (394) 9. Belege für Melos als Topos für die Grausamkeit Athens bei Hatzfeld (399) 124. 208
Trotz des vaticinium V 90, vgl. Gomme-Andrewes 166f zu 91,1.
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des Krieges. Vielmehr hat es sogar den Anschein, als stimme Thukydides dem Urteil des Perikles hierin ebenso zu, wie er die Richtigkeit seiner Einschätzung der Macht Athens und seiner Chancen im Krieg ausdrücklich bestätigt (II 65, 5—6; 13). Denn die „wahrste Ursache"des Krieges lag für ihn bekanntlich darin, ,,daß die Athener, indem sie groß wurden und den Spartanern Furcht einflößten, diese dazu nötigten, den Krieg zu führen" (I 2 3 , 6 ) 2 0 9 . Die Spartaner entschlossen sich zum Krieg „nicht so sehr, weil die Reden ihrer Verbündeten sie überzeugt hatten, als vielmehr aus Furcht, daß die Macht der Athener noch weiter anwachsen werde" (I 88), und obwohl sie „auch in der Vergangenheit nicht schnell entschlossen waren, in den Krieg zu ziehen, wenn sie nicht dazu genötigt wurden" (I 118,2). Auf den Nikiasfrieden folgt eine Periode „unsicheren Waffenstillstands", während deren Athen und Sparta sich ohne förmliche Feldzüge gegeneinander „so viel wie möglich schadeten. Danach aber waren sie genötigt, auch den nach den zehn Jahren geschlosssenen Vertrag aufzuheben und traten wieder in den offenen Krieg ein" (V 25,3). In welchem Sinne waren die Entscheidungen zum Eintritt in den Krieg und zur Wiederaufnahme der Feindseligkeiten für Thukydides „notwendig"? Dies zu entscheiden kann nur die Untersuchung des Sprachgebrauchs helfen, und da Perikles von „Notwendigkeit" (άι^άγκτ?), Thukydides von „nötigen" (άνοτγκάξβιν) spricht, empfiehlt es sich, alle vorkommenden Formen des Wortstamms zusammenzunehmen. Unter den insgesamt 160 Fällen sind einige, wo vom „notwendigen Lebensunterhalt" die Rede ist 2 1 0 oder wo Redner behaupten, es sei „notwendig", mit diesem oder jenem Punkt zu beginnen, oder aus einer Feststellung folge „notwendig" eine andere 2 1 1 ; ferner einige, wo das Adjektiv αναγκαίος im Sinne von ,knapp, unzulänglich, eben hinreichend' gebraucht wird 212 . In der Mehrzahl aller Fälle ist jedoch die „Notwendigkeit" oder „Nötigung" der durch Handelnde oder durch die Verhältnisse direkt oder indirekt ausgeübte Zwang oder Druck. Nach dem Nikiasfrieden erklären die Spartaner ihren renitenten Verbündeten, „wenn sie nicht bereit seien", die zwischen Sparta und Athen ausgehandelten Bedingungen zu erfüllen, „würden sie sie gemeinsam mit den Athenern dazu nötigen" (V 35,3, vgl. 42,2). Gegen die Sikeler, „die nicht zu ihnen übergingen, zogen die Athener zu Felde und nötigten einen Teil zum Übertritt; bei anderen hinderten sie die Syrakusaner . . . " (VI 88,5). An die Stelle der Ausübung oder Androhung von Gewalt kann auch eine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung treten; Soldaten können aus diesem Grund „aus Notwendigkeit" an einem Feldzug teilnehmen Zur „wahrsten Ursache" vgl. zuletzt Schäublin (228a) 139ff, der πρόφασις als „Motiv" verstehen möchte. Das wäre hilfreich für unsere These unten S. 108ff, erscheint aber ги einseitig .subjektivistisch'. 209
210
Vgl. I 2,2 II 70,1 VII 8 2 , 2 .
211
1 3 7 , 1 ; 7 3 , 2 VI 1 6 , 1 ; 8 2 , 1 ; 8 9 , 1 .
212
1 6 1 , 3 ; 9 0 , 3 V 8,3 VI 3 7 , 2 VII 6 9 , 3 .
105
(VII 57,4—5); Thukydides nennt solche .Wehrpflichtigen' ά^αγκαστοί. Sehr häufig werden Handelnde durch unvorhergesehene Umstände zum Kampf oder durch Druck zu einer Übereinkunft „genötigt". Interessant sind die Fälle, wo Thukydides die Ursache der „Notwendigkeit" angibt. Der verbannte Themistokles sieht sich „durch irgendeine Zwangslage genötigt", bei dem Molosserkönig Admet, „der nicht sein Freund ist", Zuflucht zu nehmen (I 136,2). Die Kapitulation der Spartaner auf Sphakteria ruft in ganz Griechenland mehr Staunen hervor „als irgendein anderes Ereignis in diesem Krieg, denn man war überzeugt, daß weder Hungersnot noch irgendeine andere Notwendigkeit die Spartaner bewegen können, ihre Waffen auszuliefern" (IV 40,1). Kleon wird durch die Mißstimmung seiner Leute „genötigt zu tun, was Brasidas erwartete" (V 7,1). Die Argiver wollen die Athener nicht vor der Volksversammlung reden lassen, bis sie von den anwesenden Gesandten der Mantineer und Elier „durch Bitten genötigt werden" (V 61,1). Der Spartaner Astyochos langt mit seiner Flotte nachts in Knidos an und wird „von den Knidiern, die ihm dies raten, genötigt, die Matrosen nicht an Land gehen zu lassen, sondern so wie er ist, die zwanzig Schiffe der Athener anzugreifen . . . " (VIII 41,3). Im belagerten Mytilene ist man, da die zugesagte Hilfe aus der Peloponnes nicht eintrifft und das Getreide knapp wird, „genötigt, mit den Athenern übereinzukommen, und zwar aus folgendem Grund" (III 27,1); der Grund ist, daß man zu einem Ausfall gegen die Athener das Volk bewaffnet hat, dies jedoch den Befehl verweigert und eine Offenlegung und gleichmäßige Verteilung der Vorräte an Nahrungsmitteln fordert, widrigenfalls den Athenern die Stadt ausgeliefert werde (27,2—3). Hermokrates setzt sich in einer Rede vor den versammelten Gesandten der sizilischen Städte für den Frieden ein. Unnötig zu betonen, sagt er, daß es beschwerlich sei, Krieg zu führen: „Niemand wird durch Unwissenheit genötigt, es zu tun, und niemand läßt sich durch Furcht davon abhalten, wenn er meint, irgendeinen Gewinn daraus zu ziehen" (IV 59,2). Nach der Schlacht bei Delion werfen die Boioter den Athenern, die sich in dem Heiligtum Delion festgesetzt haben, vor, sie hätten sich am heiligen Wasser vergriffen und gegen den Gott — Apollon — gefrevelt. „Daß sie das Wasser angerührt hätten", antworteten die Athener (IV 98,5 — 6), „liege an der Notwendigkeit, die sie nicht durch eigenen Frevel herbeigeführt hätten: vielmehr seien jene zuerst gegen ihr Land gezogen und in der Gegenwehr seien sie gezwungen, es zu gebrauchen. (6) Und die Billigkeit fordere, daß jeder Handlung, die unter dem Druck des Krieges oder irgendeiner anderen Gefahr geschehe, Nachsicht zuteil werde, auch vom Gott. Böten doch die Altäre Zuflucht selbst für willentlich 213 begangene Vergehen, 213 εκουσίων AB (e) FM Krüger, Steup. ακουσίων C E F 2 und die übrigen neueren Herausgeber. ,,It is obvious that either word will suit the context here", Gomme ad 1. Das ist
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und ,Rechtsbruch' sei die Bezeichnung für Verfehlungen, die ohne Notwendigkeit begangen werden, nicht für Fälle, wo jemand den Mut zu einer Tat (nur) den Umständen verdanke." Im Katalog der beiderseits kämpfenden Bundesgenossen vor der Entscheidungsschlacht in Sizilien gibt Thukydides auch die Motive an, weshalb die Angehörigen der einzelnen Staaten mitkämpften. Da heißt es unter anderem (VII 57,7): „Von den Inselbewohnern um die Peloponnes nahmen die Kephallenier und Zakynthier zwar als autonome Staaten, aber als Inselbewohner doch eher unter Druck teil, da die Athener die See beherrschten; die Kerkyraier dagegen, die nicht nur als Dorier, sondern eigentlich als Korinther gegen Syrakusaner und Korinther kämpften, Stammesverwandte der einen und als Kolonisten ausgesandte (Mitbürger) der anderen, nahmen offiziell aus Notwendigkeit, in nicht geringerem Maße jedoch auch aus eigenem Willen teil, nämlich aus Feindschaft gegen die Korinther." In den zuletzt zitierten Beispielen ist ein Tatbestand deutlich bezeichnet, der als gemeinsames Merkmal aller der Fälle gelten kann, in denen Thukydides von Notwendigkeit' zu sprechen scheint, also άνάγκη oder abgeleitete Wörter gebraucht, es ist eine Einschränkung der Handlungsfreiheit eines handelnden Subjekts durch ganz bestimmte Gegebenheiten. Das handelnde Subjekt sieht — aus seiner subjektiven' Perspektive 214 — seinen Spielraum eingeengt, und zwar nicht durch eine Notwendigkeit' in abstracto, sondern durch bestimmte, konkrete Umstände oder Handlungen anderer. Dies läßt sich schon daran ablesen, daß Thukydides im Bericht weitaus am häufigsten das Verbum άνα^κάζζίν gebraucht, das wir durchweg mit ,nötigen' übersetzt haben, während er das Substantiv άνάγκη weitgehend den Rednern überläßt? 15 .Die Notwendigkeit' ist eine Zwangslage, in die Handelnde aufgrund einzelner, jeweils benennbarer Verhältnisse geraten; sie wird von Thukydides immer nur dann konstatiert, wenn es Handlungen und Ereignisse zu erklären gilt, die nach bestimmten Kriterien anders hätten verlaufen sollen. Seine Redner verfahren nicht anders: daher die Verwendung der »Notwendigkeit' als Vorwand für Handlungen, die geltende Normen verletzen (Kerkyras Teilnahme am Sizilienfeldzug, Verwendung heiligen Wassers für profane Zwecke) oder bei anderen Widerspruch hervorrufen (Unnachgiebigkeit gegenüber Sparta, Weiterführung des Krieges, Feldzug nach Sizilien, konsequente Ausdehnung von Athens Machtbereich). richtig, was den weiteren Zusammenhang angeht, aber mit άκονσίων Kai yäp(vgl. Denniston 108), sondern lediglich γάρ erwarten.
würde man nicht
214 Vgl. von Fritz (631) 795ff. „Wenn Thukydides von άνάγκη spricht, meint er fast überall psychologischen Zwang", ibid. 808. 215 ανάγκη in Reden: I 32,5; 37,3; 40,3; 71,3; 73,2; 124,2; 137,4; 144,3 II 89,8fin. III 32,2; 40,3; 6; 45,4; 58,2 IV 10,1 (bis); 19,2; 20,1; 63,2; 87,3; 98,5; 6; 120,3 V 89fin.; 90; 104 VI 10,2; 16,1; 18,3; 68,4; 82,1; 85,3; 89,4 VII 14,2; 48,5fin. VIII 27,3 (36 Fälle), im Bericht: I 49,7; 99,1 II 17,lfin.;III 82,2 IV 40,1 V 17,1 VI 44,1 VII 27,4; 57,1; 4fin.; 5; 7; 11; 70,6; 8 VIII 2,3; 38,3 (18 Fälle), αναγκαίος Reden 11, Bericht 11, άυαγκά£ω mit Komposita und abgeleiteten Wörtern Reden 27, Bericht 57.
107
Das rhetorische Interesse fordert in solchen Fällen, daß die vorgeschützte Notwendigkeit als möglichst absolut, unbezweifelbar erscheint 2 1 6 ; die Möglichkeit, anders zu handeln, muß ausgeschlossen werden. Einige Male läßt Thukydides seine Redner sich auf eine solche metaphysische oder naturgesetzliche Notwendigkeit berufen 2 1 7 . Aber wenn selbst die Redner nicht selten stattdessen eine weniger absolute, auf den Verhältnissen beruhende Notwendigkeit' beschwören, so spricht Thukydides konsequent nur von dieser letzteren. Mitunter zeigen die mitgenannten Ursachen, daß für den Handelnden sehr wohl die Möglichkeit bestanden hätte, anders zu handeln: Kleon hätte seinen Leuten vor Amphipolis nicht nachgeben müssen, die Argiver brauchten den Bitten der Mantineer und Elier so wenig zu folgen wie denen der Athener, die sie zuvor ausgeschlagen hatten; Astyochos hätte darauf bestehen können, daß seine Matrosen ihre Nachtruhe brauchten 2 1 8 ; in allen diesen Fällen sagt Thukydides, daß die Handelnden „genötigt" wurden, und gebraucht dabei denselben Ausdruck wie bei der Gelegenheit, als er davon spricht, daß die Spartaner zum Krieg ,genötigt' wurden. Wenn man nicht annehmen will, daß Thukydides seine Worte mit geradezu irreführender Inkonsistenz wählt — und wer dies annimmt, hat billigerweise die Beweislast zu tragen —, dann ist damit die Frage nach dem Charakter der Notwendigkeit' des peloponnesischen Krieges in der Auffassung des Thukydides entschieden. Der Krieg beruht für Thukydides auf keinem Naturgesetz, keiner geschichtlichen Notwendigkeit'. Er beruht für ihn auch, wie wir meinen, auf keinem absoluten Zwang 2 1 9 , sondern die Spartaner fällten eine Entscheidung, die sie auch anders hätten fällen können und gegen die es, wie Thukydides ihren König Archidamos ausführen läßt, gewichtige Gründe gab. Man wird dem entgegenhalten, daß Thukydides ausdrücklich sagt, die Spartaner seien durch Athens wachsende Macht gezwungen worden, daß auch Athens Bundesgenossen, die ,gezwungen' an seinen Feldzügen teilnahmen, keine andere Wahl hatten und daß, wer durch das plötzliche Erscheinen gegnerischer Streitkräfte zu einer Schlacht .gezwungen' wird, sich kaum anders verhalten kann. Die Notwendigkeit des Krieges, so wird man argumentieren, mag zwar den Ereignissen immanent gewesen sein, sie war also aus der Sicht des Thukydides vielleicht nicht metaphysisch, aber darum nicht weniger absolut. Besinnen wir uns auf die Funktion, die die Notwendigkeit' in der Darstellung des Thukydides hat. Sie erklärt solche Handlungen, die, wie wir 216
So spake the Fiend, and with Necessity, the tyrant's plea, excus'd his devilish deeds. (Milton, Paradise Lost IV 393f) 217 Zumindest in dem Sinne, daß die .Notwendigkeit' als letzte, nicht weiter hinterfragbare Erklärung herhalten muß: I 144,3 III 40,3 VI 18,3. 21
8Vgl. oben S. 106.
219
Die ακούσιοι άνάτγκαι III 82,2 sind dementsprechend Folge, nicht Ursache des Krieges.
108
sagten, nach bestimmten Kriterien anders hätten verlaufen sollen; das Verfahren ist identisch mit der Kontrastierung eines gedachten Ablaufs mit dem tatsächlichen, die wir aufgrund der bisherigen Ergebnisse hatten feststellen können. Betrachtet man die Fälle, wo Thukydides in irgendeiner Form von .Notwendigkeit' spricht, so zeigt sich, daß das Kriterium, nach dem er urteilt, wie überall eine hypothetisch angenommene Zweckrationalität des Handelns ist. Die Notwendigkeit' erklärt, wie Irrtum, Affekt und Zufall, vor allem Handlungsweisen, die nicht den wohlverstandenen Interessen des Handelnden entsprechen. Hinter dieser Erklärung steht nun aber gerade nicht die deterministische Auffassung, daß es kam, wie es kommen mußte, sondern die ständig neu gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen man anders, zweckentsprechender, rationaler hätte handeln können, also implizit auch die Annahme, daß dies möglich gewesen ware 220 . Wenn also Sparta von Athen zum Krieg ,genötigt' wurde (I 23,6), so wird man aus dieser Formulierung zunächst — wie überall, wo der Ausdruck von Thukydides gebraucht wird — ableiten können, daß die Entscheidung zum Krieg für ihn nicht im wohlverstandenen Interesse der beteiligten Parteien lag, insbesondere auch nicht im Interesse Spartas. Sodann wird man — immer noch analog zu allen anderen vergleichbaren Formulierungen — feststellen, daß nach Ansicht des Thukydides die Spartaner angesichts des von Athen ausgeübten Druckes im eigenen wohlverstandenen Interesse nicht anders handeln zu können meinten — ähnlich einem Handelnden, der zur Schlacht .gezwungen' wird, sich also für diesen Weg nur deshalb entscheidet, weil ihm alle übrigen Möglichkeiten zu handeln noch weniger in seinem Interesse zu liegen scheinen als die, die er ergreift. Damit wäre über die Formulierung alles Nötige gesagt, wenn nicht hier, im Gegensatz zu fast allen übrigen Gelegenheiten, wo bei Thukydides von .Notwendigkeit' die Rede ist, der Leser ein Interesse hätte zu wissen, ob auch Thukydides selbst es für .notwendig' hielt, daß Sparta sich zum Krieg entschloß — .notwendig' wohlgemerkt nicht im deterministischen Sinne, den wir nach der Untersuchung des Sprachgebrauchs ausschließen mußten, sondern im Sinne des Resultats der Abwägung der relativen Zweckmäßigkeit verschiedener Handlungsweisen. Der Leser, der hierüber vielleicht selbst schon seine Ermessensentscheidung gefällt und sich ein Urteil über die Ursache des Krieges gebildet hat, möchte erfahren, was Thukydides dazu meinte, und gegebenenfalls Urteil gegen Urteil setzen. Thukydides fordert ihn hierzu heraus, indem er I 23,6 ausdrücklich von seiner Einschätzung der „wahrsten Ursache" spricht. Die Meinung des Thukydides ergibt sich offensichtlich nicht allein aus der einen, hier zur Rede stehenden Formulierung — zumindest nicht in der not220
Auch de Romilly (200a) 124 wendet sich gegen ein deterministisches Verständnis des Thukydides. Vgl. De Sanctis (520) 258 („. . . fu creata la necessita degli stessi attori . . ."), Gomme (600) 157 („philosophically ambiguous").
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wendigen Differenziertheit. Aber er hat — zum Glück für den Leser — dies Urteil wie kein anderes mit Erläuterungen versehen. Er hat gezeigt, daß der Entschluß zum Krieg in Sparta selbst kontrovers war und ohne die Intervention Korinths vielleicht gar nicht zustandegekommen wäre 2 2 1 . Er läßt durchblicken, daß ein Einschreiten Spartas gegen die Expansion Athens eigentlich schon zu einem früheren Zeitpunkt hätte stattfinden müssen, wenn die Spartaner konsequent gehandelt hätten (I 118,2). Er hat schließlich mit relativ großer Ausführlichkeit die Entwicklung der attischen Macht aufgezeichnet, um seiner These (I 2 3 , 6 ; I 88) Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die Aussage, daß die Spartaner durch die zunehmende Größe Athens zum Kriegführen .genötigt' wurden, ist demnach eine Kurzformel für die Interpretation eines langen und vielgestaltigen Ereignisablaufs, dessen Details Thukydides dem Leser im übrigen nicht vorenthält. Sie besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß Sparta durch die Ausdehnung des attischen Reiches unter Druck gesetzt wurde, der zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr tragbar erschien, und daß hierin nach Ansicht des Thukydides die Ursache für den Peloponnesischen Krieg zu suchen ist. Weder besagt sie mithin, daß der Krieg unausweichlich war, noch transponiert sie seine Ursachen in den Bereich der .historischen Notwendigkeit' und der Metaphysik. Prinzipien des Handelns Wenn wir die Darstellungsweise des Thukydides richtig als die Kontrastierung eines gedachten, idealer Zweckrationalität entsprechenden, und des tatsächlichen Verlaufs der Ereignisse beschrieben haben, so muß ihr die Auffassung zugrundeliegen, daß die Menschen stets in ihrem wohlverstandenen Interesse, ihrem Vorteil gemäß, handeln würden, wenn sie nichts daran hinderte 2 2 2 . Thukydides spricht dies Prinzip nirgends explizit aus 2 2 3 ; Dabei mag auf sich beruhen, ob er vielleicht zu verschiedenen Zeiten der Abfassung seines Werkes über die Gewichtung der verschiedenen Einflußmomente verschiedener Ansicht gewesen ist, wie es für Buch I zuletzt ausführlich Schmid (53) zu zeigen versucht hat. Was wir als Buch I lesen, ist die ,Ausgabe letzter Hand'; es gilt zunächst, sie aus sich heraus zu verstehen. Dabei ist wichtig, im Auge zu behalten, daß die verschiedenen Erklärungen für die Genese des Kriegsausbruchs — Ausdehnung Athens allgemein, Auseinandersetzungen um Kerkyra und Poteidaia, Einfluß Korinths in Sparta usw. — sich nicht gegenseitig dementieren, sondern ergänzen. 221
Dies ist oft und ausführlich für Thukydides nachgewiesen worden, wenn auch in der Regel mit anderen Beweiszielen: es ging meist darum, Thukydides als .Realpolitiker' oder als Repräsentanten des .aufgeklärten' 5. Jahrhunderts zu zeichnen, vgl. insbesondere die Nummern 9 0 - 9 2 , 95, 100; 109, 123, 124, 126. 131, 132, 136, 137, 4 4 3 , 4 4 4 , 4 4 6 , 4 4 9 , 481—483 der Bibliographie. Der hier vorgetragenen Auffassung am nächsten stehen de Romilly (33) 100, 256, Ludwig (485) 11 Iff, Westlake (397) 95, 285 und Brunt (104) 8 25 f.
222
223
,
,
το ζυμφερον, in Reden als Topos geläufig und 17-fach belegt, erscheint im Bericht lediglich einmal, an der gleich zitierten Stelle. Auch für ξνμφορος ist das Verhältnis
110
immerhin führt er zu Beginn der Völkertafel vor der Entscheidungsschlacht in Sizilien (VII 5 7 , 1 ) die Gruppierung der Kämpfenden auf beiden Seiten darauf zurück, „wie sich die Verhältnisse für die einzelnen Staaten ergaben, u m des Vorteils willen oder aus N o t w e n d i g k e i t " 2 2 4 . Der Vorteil leitet diejenigen, die wie A t h e n „willentlich", aus freien Stücken, den Feldzug u n t e r n o m m e n haben, die Notwendigkeit die abhängigen Staaten, die aus freien Stücken vielleicht nicht g e k o m m e n wären. Die Analyse des wohlverstandenen Interesses läßt sich am klarsten in denjenigen Partien der Erzählung verfolgen, w o rein militärische Begebenheiten berichtet w e r d e n 2 2 5 . „Glückliche Kriege großer F e l d h e r r e n " , schreibt D r o y s e n 2 2 6 , „lassen sich völlig pragmatisch erzählen; d.h., so stark ist die Überlegenheit des leitenden Willens und Gedankens über die anderen mittätigen Momente, daß man diese kaum zu erwähnen braucht und alles Interesse sich auf den Sachverlauf des sich vollziehenden Planes konzentriert . . . Musterhaft hat in dieser Weise Clausewitz die ersten Kriege Bonapartes dargestellt: jeder erscheint wie ein Kalkül, in dem der erste Gedanke, der strategische Plan des Feldzuges sich am Schluß als durchgeführtes Resultat e r g i b t . " Die Darstellung der Feldzüge des Phormion und des Brasidas bei Thukydides wird m a n kaum anders beschreiben. Wie sich dort die Übereinstimmung von Plan und Ausführung in größter Klarheit zeigt, so ist auch die kausale Zurechnung von Mißerfolgen in der Schilde1 4 : 5 . Für die begriffliche Abstraktion ist im Bericht nicht der Platz. Dafür erscheint das konkretere κέρδος im Bericht (ohne III 84,2) 10 mal, davon nur zweimal nicht als Handlungsmotiv. 224
.
„
Ich lese ως έκαστοι (В, — οις cett.) . . . εσχον (—εν MSS) mit Bodin/de Romilly und Dover ad 1. 2 2 5 Das Freund-Feind-Verhältnis als Antrieb des Handelns kann dort immer schon als selbstverständlich vorausgesetzt werden. Gleichwohl erscheint die Erläuterung, wer zu wem in welchem politischen Verhältnis steht, in der Begründung von Handlungen mit großer Häufigkeit, wie die folgenden, für den Bericht vollständigen Belegsammlungen zeigen: εύνους , εύνοια: I 22,3 134,1 II 8,4 IV 71,2; 78,2 VI 29,3; 3 2 , 2 ; 64,2; 88,1 VII 5 7 , 1 0 , φίλος: I 4 4 , 1 ; 4 7 , 3 ; 50,1; 57,2; 126,1; 136,2; 137,3 II 17,1; 51,5 III 70,2; 6; 75,1; 1 1 1 , 4 IV 4 6 , 5 ; 6 6 , 2 ; 73,4; 74,2 V 37,1; 3; 4; 3 8 , 3 ; 4 1 , 3 ; 82,3 VI 74,1 VII 1,4; 3 3 , 6 ; 44,7 VIII 4 7 , 3 ; 4 9 ; 52,1; 6 5 , 2 , φιλία: I 60,2; 91,1 II 2,4; 9,2; 82; 100,3 III 95,1 V 5,1 VI 7 5 , 3 ; 88,8 VII 3 3 , 4 ; 5 7 , 1 0 VIII 8 8 ; 108,4, φίλιος: I 30,3 II 7,3; 86,3 III 106,2 IV 120,2 V 36,1; 44,1 VII 4 4 , 4 ; 5 0 , 1 ; 5 3 , 1 ; 60,2 VIII 95,6; 102,2, μίσος, μιαέω: I 25,1; 96,1; 103,4; IV 128,5 VIII 83,2, εχΰος, 'έχϋρα (* = gegen einen einzelnen gerichtete Feindschaft): I 56,2; * 9 5 , 4 ; 103,3 II 68,2; 9 III * 8 1 , 4 ; 101,2 IV 1,2; 24,2; 5 7 , 4 ; * 132,1 VII 5 7 , 5 ; 7; 9 VIII 3,1; * 5 1 , 3 ; * 8 5 , 3 : έχϋρός (* = einem einzelnen gegenüber): 1 4 4 , 1 ; * 132,1 II 2,4 III 70,6; 75,1; 3; 81,2; 5; 112,7 IV * 2 7 , 5 , * 4 7 , 3 ; 74,4 V * 1 6 , l f i n . ; * 1 7 , 1 VI * 29,3, * 6 1 , 1 VII 33,6 VIII * 4 5 , 1 ; * 5 3 , 2 . Huart (182) klassifiziert alle diese Wörter unter .emotions', was jedoch außer im Falle von μϊσος irreführend ist. φίλος impliziert nicht notwendig (sogar: in der Regel nicht) freundschaftliche Gefühle, έχύρός hat meist so wenig wie ενάντιος, πολέμιος, διάφορος einen emotionalen Gehalt, entgegen der Annahme von Stock (92) 15 und Neu (95) 50. Vgl. auch Schneider (183) 5 3 2 und die dort genannte Literatur. 226
Droysen (776) 2 8 9 , vgl. Collingwood (775) 310.
111
rung militärischer O p e r a t i o n e n am evidentesten. Geradezu ein T o p o s ist in diesen T e i l e n des Berichts der Gegensatz z w i s c h e n rasch e n t s c h l o s s e n e m Handeln, das d e m Gegner z u v o r k o m m t , u n d zaghafter Untätigkeit, der selten Erfolge b e s c h i e d e n sind. Das Wort φύάνω, »zuvorkommen'227, und 228 die Vorsilbe προ-, ,vorweg-' sind Signale des Erfolgs, ησυχία, ,Ruhe, Untätigkeit', ist nicht selten V o r b o t e v o n N i e d e r l a g e n 2 2 9 . A b e r das Interesse, nach w e l c h e m gehandelt wird, erweist sich vielfach als vordergründig, subjektiv, partiell, der erstrebte Vorteil als vermeintlich. Die A t h e n e r sind samt u n d sonders „verliebt" in d e n G e d a n k e n , gegen Sizilien z u z i e h e n (IV 2 4 , 3 ) 2 3 0 , „die älteren im Glauben, sie würden entweder unterwerfen, gegen was sie auszogen, oder es könne zumindest einer so großen Macht nichts fehlschlagen; die jungen Leute aus Sehnsucht, den Glanz des fernen Landes zu besichtigen, und voll beruhigter Hoffnung, daß sie überleben würden; die große Masse und die Soldaten in der Aussicht, nicht nur jetzt Geld zu verdienen, sondern eine Macht dazuzuerobern, die ihnen Soldzahlungen für alle Zeit bescheren würde."
227
Ein fast rein deskriptiv, d.h. sehr selten in Reden, dafür sehr häufig im Bericht gebrauchtes Wort. Das Verhältnis ist 4 : 45. Von einer Absicht, zuvorzukommen, ist die Rede II 49,2; 3 IV 4,3; 17,2; 44,3; 104,5; 121,2 V 3,1; 3; 10,3 VII 36,1 VIII 92,1; 100,1. Dem vermuteten Zuvorkommen des Gegners zuvorkommen, heißt προφΰάι>ω — ein sonst in griechischer Prosa seltenes Verbum, das Thukydides an 4 Stellen gebraucht (III 69,2 VII 73,lfin.; 3 VIII 51,1). 228
Von den mehr als 50 Ausdrücken, in denen προ-, .vorweg-', erscheint, sind eine Anzahl nach LSJ in Prosa nur bei Thukydides oder erst wieder bei späten Nachahmern wie Cassius Dio belegt, z.B. προαμύνομαι, προαναχώρησις, προβπανασείω, προλοχίξω, ιτροξυγγί-γνομοίΐ, προτιμορέω. Man vergleiche die Rolle von τάχος in der Erzählung: I 79,2; 114,lfin.; 116,3 II 5,7; 18,4; 82; 85,4; 86,6; 90,4; 93,2; 94,3; 101,2; 5 III 15,1; 18,1; 2; 29,1; 33,1; 36,3; 81,1; 106,1; 109,2; 3 IV 6,1; 8,4; 25,2; 29,1; 42,4; 44,5; 70,1; 93,1; 104,5; 106,1; 4; 123,4; 135,1 V 21,3 (bis); 44,3; 57,1; 64,1; 4; 65,3 VI 69,1; 79,3; 97,3; 98,2; 101,6; 102,4; 104,1 VII/2,1;4,3; 22,2; 29,2; 37,3; 42,3; 81.1 VIII 2,lfin.; 12,3; 15,2; 42,2; 62,2; 74,1; 90,2; 95,2 (bis); 98,1; 102,1; 103,2. Das Adjektiv ταχύς ist am häufigsten im Superlativ, der im Bericht fast ausschließlich in Befehlen, Überlegungen und Absichten gebraucht wird (Ausnahmen: V 40,3 und VI 104,lfin.), vgl. I 90,3; 129,1; 133fin. II 80,2 III 31,2; 97,1 IV 8,2; 15,2; 46,5; 122,5; 128,1; 5 V 9,8; 10,5; 43,3 VI 8,3; 93,2 VII 8,1; 26,3; 39,2; 40,4; 43,7; 51,lfin.; 60,5; 81,3 VIII 7,1; 26,3; 27,4. 22
9Vgl. z.B. I 52,2; 118,2; 134,1 IV 4,1; 13,4; 33,2; 71,1; 73,1; 4; 104,3 V 6,2; 7,1; 22.2 VII 3,3 (vgl. 11,3!) VIII 15,1; 48,3; 70,1, für ησυχάζω: II 100,6 III 6,1 V 40,3; 73.3 VI 24,4; 64,1; 66,1 VII 38,3; 40,2; 73,3 (bis); 74,2 VIII 66,2; 103,2. Zum Gegensatz Tatkraft/Untätigkeit vgl. etwa Finley (30) 314n.42, Adcock (37) 46, Luschnat (362) passim. 230 Über die Kritik des Thukydides an den Motiven der Athener für ihren Expansionsdrang, in der Begriffe wie έρως, έλπίς, επιθυμία, ορεξις leitmotivisch eingesetzt werden, gibt es eine reiche Literatur, aus der hier nur Cornford (88) 11 Iff und de Romilly (33) 326f genannt seien. Die wichtigsten Stellen sind II 65,10 IV 17,4; 21,2; 41,1 VI 10,5; 16,6 für ορέγομαι, IV 65,4 und 108,4 für έλπίς — vgl. Westlake (263) — und, als Parallelen für die Wendung 'έρως ένέπεσε, der Gebrauch von έμπίπτω an Stellen wie II 91,4 IV 28,5; 34,2 VII 80,3 usw.
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Eine ähnliche Aufgliederung der Motive verschiedener beteiligter Gruppen gibt Thukydides zu Beginn der ersten Schlacht vor den Mauern von Syrakus (VI 69, 2 - 3 ) : „Dann aber brachten die Wahrsager der Sitte gemäß die Opfer herbei, Trompeter bliesen den Hopliten zum Kampf, u n d diese setzten sich in Bewegung. Die Syrakusaner k ä m p f t e n für ihr Vaterland; jeder einzelne von ihnen für den Augenblick u m sein eigenes Leben, für die Z u k u n f t u m seine Freiheit. Auf der anderen Seite f o c h t e n die Athener, u m fremdes Land ihr eigen zu machen u n d um dem eigenen nicht zu schaden, indem sie unterlagen; die Argiver und die politisch unabhängigen Bundesgenossen darum, an dem Erwerb, um dessentwillen sie kamen, ihren Teil zu haben und ihr eigenes Vaterland 2 3 1 siegreich wiederzusehen; die von den Athenern abhängigen Verbündeten endlich setzten sich vor allem deshalb ein, weil sie für den Augenblick keine R e t t u n g erhoffen konnten, wenn sie nicht siegten, nebenbei auch (für die Zuk u n f t in der Hoffung), daß sie sich durch die Mitwirkung beim Niederwerfen anderer das eigene Los der Abhängigkeit erleichtern k ö n n t e n . " 2 3
Liegt bei dem ersten Beispiel der Akzent mehr auf dem illusionären Charakter der Hoffnungen, beim zweiten mehr auf der Verschiedenheit der Gruppeninteressen, so ist beiden gemeinsam, daß es sich fast durchweg um subjektiv von den einzelnen empfundene Vorteile handelt. Jeder verfolgt das Interesse, das für ihn am meisten von Belang ist; die Einheit des gemeinsamen Handelns ergibt sich erst aus der Konvergenz der Einzelinteressen. Noch heterogener als die zitierten sind die Motive der vier Protagonisten, die Thukydides im Zusammenhang mit dem Abschluß des Nikiasfriedens nennt (V 1 6 - 1 7 , 1 ) : „Nachdem dann die Athener auch die Niederlage von Amphipolis erlitten h a t t e n und Kleon u n d Brasidas t o t waren, die in Athen u n d in Sparta am meisten sich dem Frieden widersetzten — dieser wegen seiner Erfolge und der Ehre, die er aus dem Krieg gewann, jener, weil er meinte, daß die eingekehrte Ruhe seine Übeltaten offenbarer und seine Verleumdungen weniger glaubhaft machen werde —, zu dieser Zeit also verdoppelten diejenigen, die in beiden Städten am meisten die Richtlinien der Politik zu bestimmen suchten 2 3 3 , Pleistoanax, Sohn des Pausanias, König in Sparta, u n d 231
την ντιέψχονσαν. . . πατρίδα enthält einen kaum übersetzbaren Gegensatz zu der Absicht, fremdes Gebiet hinzuzuerobern: „das Land, über das sie bereits verfügten, ihr Vaterland". Vgl. etwa II 7,3 την . . . ϋπάρχουοαν ξυμμαχιαν und oben Anm. 12. 232
Die Übersetzung folgt hier Bodin/de Romilly und Dover ad 1. Der notwendige Text (ξι/γκαταστρεψόιμενοι. . . ύποίκούσονται) wird von Dover aus den Scholien gewonnen, er steht als Korrektur in der späten Handschrift H. 233
I c h lese mit Krüger τότε δη (δε alle frühen MSS) oi εν (К, fehlt in den übrigen MSS) έκατέρα τη πόλει σπεύδοντες τά μάλιστα την fp/εμονϋχν. de Romilly übersetzt diesen Text, n i m m t aber οί εν nicht auf, obwohl es, wie G o m m e ad 1. sieht, unbedingt notwendig ist. ήγεμονίαν hat vielerlei Konjekturen provoziert: ε'φήνηνΡ (offenbar eine Humanistenkorrektur), όμολσγίαν Dindorf, ηαυχίαν oder όμονοίαν Reiske, αύτήν [ήγεμονίαν], sc. την είρήνην Stahl, dem Hude folgt. Der Text der MSS p a ß t jedoch zum Eigennutz der Motive, die im folgenden genannt werden, zu gut, als daß man an ihm zweifeln möchte (vgl. die n o t e complementaire de Romillys ad 1.), außerdem erscheint die für Stahls K o n j e k t u r notwendige A n n a h m e zweier Korruptionsphasen recht kompliziert.
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Nikias, Sohn des Nikeratos, der" im Strategenamt mehr als alle seine Zeitgenossen Erfolge hatte, ihre Bemühungen; Nikias wollte, solange er kein Unglück erlitten hatte und in Ansehen stand, seinem Erfolg Dauer sichern, für die Gegenwart von Mühen enthoben sein und seine Mitbürger ihrer entheben, und für die Zukunft den Ruf hinterlassen, solange er lebte für keinen Rückschlag, den seine Stadt erlitt, verantwortlich gewesen zu sein; er meinte, der Weg hierzu liege darin, Risiken zu vermeiden und sich so wenig wie möglich dem Zufall anzuvertrauen, und die beste Möglichkeit, Risiken zu vermeiden, biete der Friede; Pleistoanax dagegen wurde wegen seiner Rückkehr aus dem Exil von seinen Feinden verleumdet, die bei jedem Rückschlag den Spartanern einredeten, er sei wegen seiner ungesetzlichen Rückkehr geschehen . . . (Folgt die Beschreibung der recht zweifelhaften Umstände, unter denen Pleistoanax ins Exil gegangen und zurückgekehrt war.) . . . (17,1) Er litt also unter diesen Verleumdungen und meinte, daß im Frieden, wenn keine Rückschläge einträten und außerdem die Spartaner die (in Pylos von Athen gefangengenommenen) Männer zurückhielten, auch er seinen Feinden weniger Angriffsflächen bieten werde, während im Kriege mit Notwendigkeit die Führenden jedesmal verleumdet würden, wenn etwas fehlschlüge, und deshalb bemühte er sich um das Ubereinkommen."
Den Zusammenhang dieser Ausführungen bildet eine sehr eingehende Analyse der Gründe Athens und Spartas für den Friedensschluß von 421. Thukydides beginnt mit den Motiven, die die Staaten als ganze zu ihrer Politik bewegten: Sparta hatte aus vielerlei Anlässen seit den Ereignissen in Pylos den Frieden gewünscht; in Athen hatten erst die Niederlagen von Delion und von Amphipolis das Selbstvertrauen nach dem Erfolg in Pylos brechen müssen. Keinen geringeren Raum gibt er aber dann den Beweggründen der vier Politiker, deren Einfluß in den beiden Staaten den Frieden zuerst verhindert, dann gefördert hatte 2 3 4 . Und hier zeigt es sich, daß jeder von ihnen die Politik, für die er sich einsetzte, aus Gründen wählte, die nichts weniger als politisch waren. Mag man für Brasidas geltend machen, daß seine Erfolge auch Erfolge für Sparta waren, für Nikias, daß er auch seine Mitbürger von den Mühen des Krieges befreien wollte, so bleibt doch als gemeinsames Kennzeichen aller hier von Thukydides genannten Motive ihr persönlicher, egoistischer, im Verhältnis zur Politik des Gemeinwesens partikularer Charakter. Jeder der vier verfolgt seinen eigenen Vorteil oder das, was er dafür ansieht; einzig Nikias denkt an die Gemeinschaft, für die er handelt, und auch er tut es nur nebenbei. Thukydides enthält sich hier außer im Falle Kleons expliziter Kritik. Das erlaubt jedoch nicht den Schluß, daß ihm selbstverständlich war, was er berichtet. Das Verhältnis des einzelnen zur Gemeinschaft mußte ihm schon deshalb problematisch sein, weil nicht nur er selbst, sondern auch — von wenigen Ausnahmen abgesehen — sämtliche Hauptfiguren, die in seinem Bericht auftreten, entweder in Verbannung gehen mußten 2 3 5 oder ihrer Westlake (397) 83 und 93—5 weist darauf hin, daß die Art, wie hier persönliche Beweggründe in extenso dargestellt werden, fast singular ist. Er wendet sich jedoch (160) 24n.34 mit Recht gegen Steups Annahme, die Stelle müsse deshalb interpoliert sein. 234
K y l o n , die Peisistratiden, Themistokles, Pausanias, Alkibiades, Pleistoanax, Hermokrates. 235
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Ämter enthoben oder gemaßregelt wurden 2 3 6 , ihre eigene Politik in Abwesenheit durch Gegner zu Fall gebracht sahen oder dies mit guten Gründen befürchteten 2 3 7 . Thukydides kritisiert mehrfach das Verhalten des athenischen Volkes gegenüber seinen Ratgebern und Bevollmächtigten 2 3 8 ; er macht jedoch auch mehrfach deutlich, daß er deren Eigennutz mißbilligt. So vermerkt er bei der ersten Erwähnung des Alkibiades, daß dieser „zwar auch (wirklich) der Ansicht war", die er vertrat, aber vor allem aus „Stolz und Ehrgeiz" handelte, weil die Spartaner „ihn wegen seiner Jugend mißachteten" 2 3 9 . Später läßt er ihn für den Sizilienfeldzug deshalb eintreten, „weil er Nikias widersprechen wollte, mit dem er auch sonst politische Differenzen hatte und der eben herabsetzend von ihm gesprochen hatte; vor allem aber weil er auf das Kommando aus war, der Eroberer Siziliens und Karthagos zu werden und zugleich aus seinen Erfolgen für sich privat Geld und Ansehen zu ziehen h o f f t e " (VI 15,2). Die Art, wie Alkibiades über seine Verhältnisse lebte, sagt Thukydides weiter, und besonders die öffentliche Reaktion auf diese Lebensweise „trugen später ganz wesentlich zum Zusammenbruch Athens b e i " (15,3): man verdächtigte ihn, sich zum Tyrannen erheben zu wollen, „und obwohl er in seinem öffentlichen Wirken für den Krieg die erfolgreichsten Anordnungen traf, fühlten sich die einzelnen privatim durch seine Lebensweise brüskiert, übertrugen die Kompetenz anderen und führten so binnen kurzem die Niederlage der Stadt herbei" (15,4) 2 4 0 . Freilich ist Alkibiades im J a h r 411 der einzige, der die erzürnten Flottensoldaten in Samos davon zurückhalten kann, gegen Athen zu segeln und einen Bürgerkrieg gegen die Oligarchie zu führen: „kein anderer wäre in dieser Zeit dazu fähig gewesen"; ihm wird das zweifelhafte Kompliment zuteil 2 4 1 , er habe „damals zum ersten Mal 2 4 2 , und nicht weniger als irgend236 237
Perikles, Demosthenes, Agis. Brasidas, Nikias, die Protagonisten der Revolutionen von 411 auf beiden Seiten.
238и 65, 3 - 4 (Perikles), IV 65,4 (erste Sizilienexpedition), VIII 1,1 (zweite Sizilienexpedition), vgl. die Argumentation des Nikias VII 48, 3—4. 239 ώ eS όκ ei μέν και . . . ob μέντοι άλλά και φρονήματι φίλο νικώ ν έναντιοϋτο\ 43,2. Weder φρόνημα noch φιλονικβιν sind ohne weiteres als .negative' Begriffe zu werten, vgl. etwa V 32,4 VII 28,3; 70,7; 71,1 VIII 76,1 für φιλονικία und φιλονικεϊν, I 81,6 II 43,6; 61,3 62,3 für φρόνημα. Die Bewertung ergibt sich vielmehr aus der Kontrastierung von politischem und privatem Interesse. 240 Es ist in diesem Zusammenhang nicht notwendig, der Frage nachzugehen, ob sich der „Zusammenbruch" und die „Niederlage" auf dasselbe oder auf verschiedene Ereignisse beziehen, und wann demnach das Kapitel geschrieben ist. Ich teile trotz der Plausibilität von Strasburgers Argumenten (269) die Absicht von Dover ad 1. auf p. 245. 241
Nicht notwendig von Thukydides selbst, έδόκει in den Handschriften von VIII 86,4 wird von Hude und Stuart Jones (nach Classen) zu Unrecht in δθΚ€Ϊ geändert. 242 Die Handschriften und die Interpreten divergieren. Für das besser attestierte •πρώτος, ,als erster' .entscheiden sich Hude, Brunt (400) 61n.l, Delebecque (272)
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jemand vor ihm, sich um die Stadt verdient gemacht" (VIII 86, 4—5). Und freilich sieht Thukydides nach dem Ende des Krieges rückblickend in der Abberufung des Alkibiades aus Sizilien offenbar einen entscheidenden Grund für den Mißerfolg des Feldzuges (II 6 5 , I I ) 2 4 3 . Aber die Beurteilung, die sich als Summe der einzelnen Aussagen ergibt, ist bei aller Abgewogenheit eindeutig. Alkibiades war für Thukydides einer jener Nachfolger des Perikles, die — verglichen mit dessen Stellung als unbestritten erster Mann im Staat — „mehr einer mit dem anderen gleich standen und in ihrem Drang, jeder der erste zu sein, dazu übergingen, auch die Politik den Launen des Volkes preiszugeben" (II 65,10), und die „mit ihrem privaten Ehrgeiz und ihrem privaten Profit 2 4 4 als Richtschnur eine für Athen und für die Bundesgenossen gleich schlechte Politik m a c h t e n " (II 65,7). Dieser Kritik, die, wie die oben zitierten Urteile zeigen, nicht zuletzt auch Alkibiades trifft, widerspricht es nicht, daß Thukydides seine Tätigkeit für Athen im ionischen Krieg positiv wertet und die Meinung äußert, daß mit ihm als Kommandierenden der Sizilienfeldzug besser verlaufen wäre als unter seinen verbliebenen Kollegen. Er hielt Alkibiades wohl für fähiger als die meisten anderen, aber die Motive seines Handelns sind nach seiner Darstellung um nichts besser. Sowohl Alkibiades als auch seine Parteigänger und Widersacher handeln nach ihrem wirklichen oder vermeintlichen Vorteil. Ihr Handeln bringt Nachteile für Athen und auf lange Sicht auch für sie selbst. Das Kriterium, das Thukydides bei seinem Urteil über diesen Tatbestand anwendet, ergänzt in einem wichtigen Punkt die Kriterien, die wir bisher in seiner Darstellung gefunden haben. War bisher die Prämisse ein rationales Handeln für wesentlich egoistische Zwecke und Richtschnur der Bewertung die Frage, wie man hätte handeln müssen, um den gegebenen Zweck zu erreichen, die Beurteilung also rein pragmatisch, so wird hier implizit zwischen verschieden bewerteten Zwecken unterschieden, und das Urteil ist insofern moralisch, ohne daß jedoch die Prämisse rationalen Zweckhandelns mit letztlich egoistischen Zielen als solche in Frage gestellt würde. Der gewinnsüchtige Politiker ist schlecht, nicht weil er nach Gewinn strebt, sondern weil er deshalb schlechte Politik macht; ebenso der ehrgeizige Oligarch, denn er schadet der Oligarchie: 14 und (60) 175, gefolgt von Huart (182) 4 6 8 n l . Krüger ad 1. scheint mir jedoch unwiderlegbar festgestellt zu haben, daß dies „eine unleidliche Tautologie" mit ονδένος έλασσον ergibt. Für πρώτον, .zuerst', entscheiden sich denn auch Stuart Jones, Bender (443) 7 1 n . l 9 6 , Gomme (240 b) 72, Westlake (253) 109n.l und (397) 2 5 3 n . l , McGregor (402) 40. *»Vgi. Westlake (253) 106ff, Dover 242f zu VI 1 5 , 3 - 4 mit weiterer Literatur. 244
κατά τάς ίδιας φιλοτιμίας
και ίδια κέρδη ..., vgl. κατά τάς ιδίας διαβολάς
περί της . . . προστασίας II 65,11 und κατ' ιδίας .. . φιλοτιμίας VIII 89,3, wo weitere, bei Gomme ad 1. nicht notierte, wörtliche Reminiszenzen an II 65 auftauchten. An beiden Stellen wird die Formulierung durch die Antinomie von individuellen Interessen und Interesse der Gemeinschaft bestimmt; dies erklärt auch die Formulierung ίδιώταις („not the word one expects", Gomme ad 1.) in II 65,7.
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„(Die Rede von den 5000 und der gerechteren Verfassung) war jedoch nur die politische Sprachregelung, deren sie sich bedienten. In Wirklichkeit hatten sich die meisten von ihnen aus persönlichem Ehrgeiz eine Haltung zu eigen gemacht, die mehr als alles andere den Zusammenbruch einer Oligarchie herbeiführt, die aus der Demokratie entstanden ist. Denn mit demselben Tag fordern alle, nicht etwa untereinander gleich, sondern jeder mit Abstand der erste zu sein" (VIII 89,3).
Beim Verhältnis des einzelnen zur Gemeinschaft oder zu einer Gruppe tritt neben die Beurteilung des Handelns nach der reinen Zweckmäßigkeit die Abwägung des individuellen Interesses gegen das Gruppeninteresse 245 . Thukydides läßt keinen Zweifel, daß er das Gruppeninteresse höher stellt 2 4 6 : Wenn er berichtet, daß Politiker ihre Politik durch eigennützige Motive beeinflussen lassen, dann steht dahinter die Ansicht, daß sie nicht so hätten handeln sollen — ganz ähnlich wie die Darstellung eines Irrtums die Meinung impliziert, daß man ihn besser vermieden hätte. In beiden Fällen wird das tatsächliche Handeln an einer Norm gemessen: hier der Rationalität, dort der Respektierung des Gemeinwohls. In beiden Fällen weiß Thukydides, daß die Norm im Einzelfall nicht befolgt worden ist und vielfach nicht befolgt wird; dennoch gilt es ihm nicht nur als möglich, sondern auch als wünschbar, daß man sich nach ihr richte. Die Respektierung des Gemeinwohls ist eine Norm, deren Gültigkeit wohl nur von den aufgeklärtesten Zeitgenossen des Thukydides rundweg (und dann schwerlich in der Öffentlichkeit) bestritten wurde 2 4 7 . Die Gegensätzlichkeit der Meinungen über sie ergab sich vielmehr daraus, daß man sie je verschieden zu definieren suchte — etwa als Vaterlandsliebe oder Loyalität zur Gruppe —, um sie als Maxime des eigenen Handelns oder der Forderung an andere ausgeben zu können; daneben auch aus den verschiedenen Prämissen, aus denen man sie begründete: göttlich oder menschlich sanktioniertes Gesetz, Herkommen, Übereinkunft. Thukydides setzt, indem er die Motive von Handlungen an ihr mißt, keinen neuen, eigenen Maßstab; er übernimmt einen traditionellen. Dieselbe Einstellung zu herkömmlichen Wertmaßstäben findet sich in seiner Beurteilung des Verhaltens im Rahmen zwischenstaatlicher Beziehungen. So stellt er zu Beginn der Völkertafel vor der Entscheidungs-
245 Die Art, wie Thukydides diesen Aspekt der Politik während des Peloponnesischen Krieges thematisiert, verdiente eine gesonderte Behandlung: Ansätze finden sich bei Strasburger (475) und Pusey (584). Wir müssen uns hier darauf beschränken, auf eine Anzahl von Passagen hinzuweisen, die für den Zusammenhang bedeutsam sind: II 2,2 III 2,3; 81,4 V 36,1; 72,1 VI 60,2 (dazu Finley (147) 125) VII 13,2 VIII 50,3 (dazu Westlake (430) passim); 63,4; 68; 93; 1 - 2 .
^ D i h l e (612) 36f weist darauf hin, daß Thukydides die Ansicht, die er Pcrikles II 60, 2—3 formulieren läßt, sicherlich teilte. Vgl. Anm. 244. 247
Kallikles im platonischen Gorgias ist ein idealtypischer Extremist. In der Praxis wird man sich mit Argumenten beholfen haben, wie Thukydides sie Alkibiades VI 89f in den Mund legt. 117
Schlacht in Sizilien 248 fest, daß das Zusammengehen der Verbündeten auf beiden Seiten sich in erster Linie „weder nach dem Recht noch nach der Verwandtschaft" richtete, sondern durch Interesse oder äußeren Druck bestimmt war (VII 57,1). Alle vier Gesichtspunkte bilden im Katalog der Teilnehmer (57,2—58) die Kriterien, nach denen ihr Handeln gekennzeichnet wird; dabei fällt das Hauptgewicht auf die Unterscheidung, ob die einzelnen Staaten sich freiwillig oder unfreiwillig beteiligten und in welchem Verwandtschaftsgrad (Stammesverwandte, Kolonisten, Koloniegründer) sie zu den Gegnern stehen, und diese Unterscheidung wird wiederum bei den Angreifern sehr viel eingehender ausgeführt als bei den Verteidigern: „Die Argiver nahmen weniger des Bündnisses wegen teil als aus Feindschaft gegen die Spartaner und wegen des unmittelbaren privaten Nutzens für jeden einzelnen, Dorier gegen Dorier und mit den ionischen Athenern . . . " (57,9).
Die Argiver führen den Katalog derer an, für die der Feldzug „eher freiwillig" war. Diese Unterscheidung der Freiwilligen und der Unfreiwilligen gewinnt ihren guten Sinn erst aus der Verbindung mit dem Kriterium des Verstoßes gegen geltende Normen, die einen ungerechtfertigten Angriff, zumal gegen Stammesverwandte, verbaten, Normen, die sich Thukydides als Beurteilungsmaßstab zu eigen macht 2 4 9 . Gewiß weiß er, daß diese und andere Gesetze zwischenstaatlichen Verhaltens in der Regel nicht eingehalten werden, und kann auf dies Wissen Überlegungen über die Machtverhältnisse in der Vergangenheit aufbauen (I 8,3—9,3) 250 : 248
Das Gewicht dieser Feststellung muß danach bemessen werden, daß es sich hier (wie bei der ähnlich aufgebauten Stelle VI 69, s.o. S. 113) um einen stilistischen Höhepunkt handelt: Schadewaldt (44) 11 f vergleicht mit Zustimmung von Kapp (47) 84 Hdt. VII 59ff und den Gesang В der Ilias. Vgl. auch Kitto (606) 276f, Finley (147) 133, Reinhardt (125) 209ff. 249
Zur Aufteilung nach der Stammesverwandtschaft hier vgl. Wassermann (9) 252, Deininger (386) 37n.55, Brunt (400) 243, Heuß (534) 32ff,Landmann (384) 41ff und vor allem Will (477) passim. Will geht leider von der irrtümlichen Feststellung aus, daß „toutes ces allusions aux ethne ne se trouvent pas dans le recit thucydideen, mais dans des discours pretes ä divers personnages, et toujours en tant qu'arguments persuasifs" (p.66). Seine Argumentation wird dadurch zu undifferenziert. Denn einerseits ist für Thukydides TO ξυγγενές ein selbstverständliches, keines Kommentars bedürftiges Handlungsmotiv, was aus Stellen wie I 6,3; 25,3; 102,3 II 80,3 III 2,3; 86,2 VI 46,2 VIII 28,4; 100,3 deutlich wird. Anderseits zeigt und kritisiert Thukydides den Mißbrauch dieses Motivs als Argument, namentlich im Zusammenhang mit dem Sizilienfeldzug, vgl. VI 6,1 βοηΰεα> be αμα empe-ηώς βουλόμενοι τοις εαυτών ξνγγενέσι κτλ., VI 50,4 und die Argumente des Hermokrates IV 59ff. Richtig bleibt an Wills Ausführungen der Hinweis, daß die Häufigkeit des Topos .Verwandtschaft' in den Reden nicht über die Skepsis des Thukydides gegenüber der Aufrichtigkeit derjenigen täuschen darf, die er sich seiner bedienen läßt. 250 Die Wichtigkeit der .Archäologie* als Ausdruck der politischen Theorien des Thukydides hat man häufig betont (vgl. z.B. Levi (664) 288ff, 324, 360, de Romilly (150) 240ff und Nr. 273—276 der Bibliographie, eine Zusammenstellung der wichtigsten
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„ D i e Schwächeren strebten nach Gewinn und ertrugen deshalb ihre Lage als Sklaven der Stärkeren; die Mächtigeren machten sich, da sie die Mittel dazu besaßen, die kleineren Städte Untertan . . . (9,1) Auch Agamemnon hat, wie mir scheint, das Heer (das nach Troia auszog) deshalb zusammengebracht, weil er mehr Macht besaß als seine Zeitgenossen, und nicht so sehr, weil die Freier der Helena, die ihm folgten, durch ihre Eide gegenüber Tyndareos gebunden waren. . . (9,3) Als Erbe dieser Macht (die Pelops und seine Nachkommen für sich gewonnen hatten), und weil er außerdem zur See stärker war als die übrigen, konnte Agamemnon, wie mir scheint, das Gefolge für den Feldzug zusammenbringen, weniger durch Freundschaft als durch Furcht . . "
Thukydides wußte so gut wie irgendein anderer, daß in der Innenpolitik partikulare Interessen, in der Außenpolitik das Recht des Stärkeren in der Regel die Maxime des Handelns waren. Er wußte auch, daß sowohl die einzelnen als auch die Staaten vielfach nicht rational handeln. Die Deutlichkeit, mit der er dies dargestellt hat, ist in dem Bewußtsein von Normen begründet, denen Irrationalität und konsequente Machtpolitik gerade widersprachen und an denen er gleichwohl festhielt 251 . Wie die Analyse der Unvernunft den Glauben an die Vernunft — nicht das Vertrauen in sie — zur Voraussetzung hat, so die Analyse der Realpolitik das Festhalten am Recht 252 .
Die menschliche Natur Im zweiten Jahr des Krieges wird Athen von einer Epidemie 253 befallen, ,,wie sie in dieser Größe und mit solchem Verlust an Menschenleben nirgendwo in Erinnerung war" (II 47,3). Weder das Bemühen der Ärzte „noch früheren Literatur bei Schmid (53) 135). Es ist angesichts dieser Wichtigkeit und angesichts der engen Verknüpfung der Kapitel I 1—23 mit der These des Thukydides über die Größe des Krieges nicht recht begreiflich, daß Ziegler (102) 162f seine bereits 1929 in (49) geäußerte These, die .Archäologie' sei „ T o r s o einer vordem geplanten, . . . dann . . . fallen gelassenen Geschichte der Griechen von der Frühzeit a n " , deren „Existenzberechtigung immer fragwürdig" gewesen sei noch ein Vierteljahrhundert später trotz der Einwände Jacobys (46) 24 l f aufrechterhalten kann. 251 Daß Thukydides als Historiker wie als politischer Denker traditionellen Denkweisen verpflichtet war, ist keine neue Erkenntnis, sondern ist im Gegenteil von Roscher (18) bis zu Strasburger (645) immer wieder betont worden. Darauf zu insistieren ist gleichwohl notwendig, weil eine ganze Schule von Interpreten — der neueste Vertreter ist Woodhead (138) —in ihm nicht nur den Neuerer und .Aufklärer', sondern sogar den unmittelbaren Vorläufer eines Machiavelli oder Thomas Hobbes sehen möchte.
„ D i e große Prosa aller Friedenskünder sprach vom Kriege." (Walter Benjamin, Gesammelte Schriften III, Frankfurt 1972, 25). 252
253 γ ο η jjen Nummern 303—315 der Bibliographie gilt nur der geringere Teil der Arbeiten (305, 312, 315) nicht dem primär medizinischen Problem der Identifikation der Krankheit, das hier nicht interessiert. Vintro (313) bringt eine wenig aufschlußreiche Gegenüberstellung von Passagen aus Thukydides und Sophokles' König ödipus, wie sie mit anderer Zielsetzung auch Mitchel vornimmt (311). Grimm (312) 31—42 zeichnet mit Hilfe teilweise sehr anfechtbarer Übersetzungen Thukydides als illusions-
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sonst irgendeine menschliche Kunst" hilft; Bitten an die Götter, Weissagungen und dergleichen helfen ebensowenig; „sie wandten sich schließlich davon ab, überwältigt von dem Übel" (47,4). Die Verwandten „wurden schließlich auch der Klagen der Sterbenden müde" und kümmerten sich nicht mehr, „überwältigt von dem vielen Übel" (51,4). Die Heiligtümer, in denen sich die vom Land wegen der Invasion der Spartaner Evakuierten niedergelassen hatten, „lagen voll von Toten, die dort an Ort und Stelle gestorben waren" — was gegen heiligen Brauch verstieß —, „denn vor der Übergewalt des Übels wurden die Menschen, die nicht wußten, was aus ihnen werden sollte, gleichgültig gegen Heiliges wie Weltliches" (52,3). Die Form der Krankheit „überstieg jede vernünftige Erklärung" und war „schlimmer als die menschliche Natur ertragen kann" (50,1). Die Toten blieben unbegraben oder wurden bestattet, wie es eben möglich war, unter Mißachtung aller rituellen Form und sogar des elementarsten Anstandes. Aber „auch in anderer Hinsicht brachte die Krankheit für die Stadt den Anfang einer zunehmenden Gesetzlosigkeit" (53,1): „Niemand war mehr geneigt, Mühe für etwas zu investieren, was ihm gut schien, denn er hielt es für ungewiß, ob ihn das Verderben nicht ereilen würde, ehe er es erreichte. Alles, was im Augenblick Lust brachte oder in irgendeiner Hinsicht dafür Gewinn versprach, das wurde auch gut und nützlich. Keine Furcht vor den Göttern, kein menschliches Gesetz hielt sie in Schranken: bei jenen galt ihnen Achtung und Mißachtung gleichviel, da sie sahen, wie alle gleichermaßen zugrundegingen, und für die Vergehen erwartete niemand, das Gericht noch zu erleben u n d die Strafe zu zahlen; viel schlimmer, meinten sie, hänge die über ihnen, für die das Urteil bereits gefällt sei, und es sei nur billig, dem Leben noch etwas abzugewinnen, ehe sie einen erreiche. Solcherart war das Unglück, das die Athener getroffen hatte und unter dem sie litten. In der Stadt starben die Menschen, und außerhalb wurde das Land verwüstet. Das Übel rief, wie zu erwarten, auch die Erinnerung an den folgenden Vers wach, von dem die Älteren behaupteten, er sei in alter Zeit gesunden worden: .Kommen wird ein dorischer Krieg, und Pest im Geleite.' Allerdings entstand ein Streit unter den Leuten: bei den Alten hieß es, sei in dem Vers nicht von Pest (λοιμός) die Rede gewesen, sondern von Hungersnot (λιμός), aber wie nach den Umständen zu erwarten siegte die Meinung, es habe ,Pest' geheißen, denn die Menschen f o r m t e n ihre Erinnerung nach dem, was sie litten. . ." (53,3—54,3).
Die Krankheit ist ein „Übel". Die Bezeichnung wird zu einer Art Leitmotiv der Schilderung 254 : das Übel läßt die Menschen an Gebeten und Weissagungen verzweifeln, gegen das Leid ihrer sterbenden Verwandten stumpf werden, macht sie gegen heiliges und weltliches Recht gleichgültig; sie losen, „naturwissenschaftlich-kritischen" (sie) Empiriker, offenbar um eine Folie für spätere, .literarischere' Darstellungen zu gewinnen. Mittelstadt (314) sucht mit beträchtlichem A u f w a n d an Ingeniosität die gesamte Schilderung als Metapher für den Verfall Athens zu begreifen; der Versuch ist nicht gelungen. Grundlegend sind die Arbeiten von Page (305) und Parry (315); die Auswirkungen der Krankheit im sozialen Bereich sind gut behandelt bei Stahl (114) 79f. 254 Vgl stahl (114) 80 und Parry (315) passim, der ausgezeichnet den hochpathetischen Stil der Beschreibung, auch in ihrem .medizinischen' Teil, analysiert.
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werden „überwältigt" von seiner „ Ü b e r g e w a l t " . Die Krankheit ist Ursache der sittlichen Verwilderung, sie bestimmt nicht nur, wie die Anekdote vom Orakelvers zeigt, die Erinnerung an das Vergangene, sondern auch die Wertung des Gegenwärtigen und die Absichten für die Zukunft: „ N a c h der zweiten Invasion der Peloponnesier, da ihr Land zum zweitenmal verwüstet lag und der Krieg und die Krankheit ihnen gleichzeitig zusetzten, wurden die Athener anderen Sinnes. Sie machten dem Perikles Vorwürfe, daß er sie überredet hätte, den Krieg zu führen, und fur alles Mißgeschick, das sie befallen hatte, verantwortlich sei, und sie drängten darauf, sich mit den Spartanern zu einigen" (II 59,
1-2). Der Geist der Menschen ist abhängig von den Umständen. Nach den Worten, die Thukydides dem Perikles leiht, hätte es für die Sinnesänderung der Athener der Epidemie nicht bedurft: die Realität des Krieges genügte: „ I c h weiß, daß die Stimmung, in der die Menschen sich zum Kriegführen überreden lassen, nicht die gleiche ist wie in der Wirklichkeit des Handelns, sondern daß sich nach den Wechselfällen auch die Geister wandeln" (I 140,1).
Gemäß dieser Einsicht kann Perikles, auch ohne die Epidemie vorausgesehen zu haben, das Verhalten der Athener „ e r w a r t e n " ( I I 59,3): „ D i e Äußerungen eures Unwillens gegen mich kommen mir nicht unerwartet, denn ich bin ihrer Ursachen gewahr. . . " ( I I 60,1). Perikles kann mit diesen letzten Worten schwerlich den Athenern sagen wollen, auch er sei sich bewußt, daß Krieg ist und seine Mitbürger in Scharen sterben. Was er meint, ist vielmehr: ,ich wußte, daß die Verhältnisse euren Sinn ändern würden'. Die Fähigkeit zur Voraussicht beruht auf dem Wissen, daß der Geist der Menschen abhängig ist von den Bedingungen der äußeren Welt. Wenn dies Prinzip allgemein gilt, dann läßt sich aus ihm auch der Satz begründen, daß gleiche oder ähnliche Verhältnisse gleiche oder ähnliche Verhaltensweisen zur Folge haben. Thukydides verdeutlicht den Zusammenhang zwischen beiden in einem berühmten Kapitel über die Parteikämpfe, die im Gefolge des Konfliktes zwischen Athen und Sparta fast in allen griechischen Städten ausbrachen ( I I I 82,2): „ S o brach mit dem inneren Kampf viel Schweres über die Städte herein, wie es geschieht und immer wieder geschehen wird, solange die Natur der Menschen dieselbe ist, freilich auch mit weniger Gewalt und in wechselnden Formen j e nachdem, wie die Veränderungen der Ereignisse die einzelnen Städte treffen. Denn im Frieden und in glücklichen Umständen ist der Geist der einzelnen wie der Gemeinwesen besser, weil sie nicht in Notwendigkeiten geraten, die willentliches Handeln ausschließen Der Krieg dagegen, der die bequeme Verfügbarkeit des Alltäglichen wegnimmt, ist ein gewalttätiger Lehrer und gleicht die Leidenschaften der Vielen den Umständen an."
255 διά то μή ές άκουσίους άκ cry Κ ας πίπτειν, „aufgedrungene, gebieterische Nöthigungen, wobei man thut was man sonst nicht thun würde", Krüger ad 1., vgl. Ludwig (485) 97 und die Ubersetzungen von Hobbes-Grene, Jowett-Brunt und Warner. Die Nuance kommt in verkürzten Formulierungen („inescapable wants", Gomme III 384 ad 1., „unfreiwillige Zwangslagen", Horneffer-Strasburger, „aufgezwungene Notwendigkeiten", Landmann, oder gar „ d i e bittere N o t " , Braun) nicht zur Geltung.
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Die menschliche Natur bleibt sich über die Verschiedenheit der Zeiten hinweg darin gleich, daß die äußeren Umstände das Denken und Handeln der Mehrzahl der Menschen bestimmen 256 . Deshalb kann Thukydides annehmen, daß auch künftige Ereignisse „nach den Bedingungen menschlicher Existenz 257 so oder ähnlich verlaufen werden" wie die von ihm aufgezeichneten, und damit den Wert seines Werkes als eines „Besitzes für immer" begründen. In den Kapiteln über die Folgen der Epidemie und des Krieges für das soziale Handeln zeigt sich erneut, daß Thukydides sich, soweit er nach moralischen Kriterien urteilt, durchweg an die überkommenen Wertmaßstäbe hält. Das positive Gegenbild zur sittlichen Verwilderung ist für ihn ein Zustand, in welchem sich die Menschen an die Gesetze, geschriebene und ungeschriebene, halten. Der Kampf aller gegen alle, in dem schließlich paradoxerweise die Mittelmäßigen über die Intelligenteren triumphieren (III 83,3—4), ist ihm weder die Norm noch das Normale, und das Bedauern, wenn er verzeichnet, daß „der gute Glaube, der den größten Teil der Vornehmheit ausmacht, im Hohngelächter verschwand" (III 83,1), ist so unüberhörbar wie das Mitleid 258 mit den Opfern der Epidemie („es kamen vor allem diejenigen um, die auf Anständigkeit etwas gaben. . .", II 51,5) und die Empörung über die ,Umfunktionierung' politischer und moralischer Begriffe im Kampf der Parteien (III 82,4 ff) 2 5 9 . Wie die Wertmaßstäbe, nach denen Thukydides urteilt, die traditionellen sind, so ist auch die Vorstellung von der menschlichen Natur und namentlich der Abhängigkeit des Geistes von den Bedingungen der äußeren Welt keine Neuerung, sondern Teil überkommenen Denkens. Schon in der Odyssee 260 finden sich die Worte: „So nämlich ist der Sinn der erdbewohnenden Menschen, wie der Tag, den der Vater der Götter und Menschen heraufführt."
In der Rezeption erfahren diese Verse eine doppelte Ausdeutung. Einerseits wird in direkter oder indirekter Anlehnung an das Homerwort die Begrenztheit und Unzulänglichkeit menschlicher Erkenntnis festgestellt und kritisiert; das Gegenbild ist, wie bei Homer, das umfassendere Erkennen, das nur den Göttern gegeben ist. In diesem Sinne findet sich der Topos namentlich bei Archilochos, Heraklit, Parmenides und Empedokles
256 Auch dies ist, wie im folgenden noch darzustellen sein wird, ein traditioneller Gedanke, vgl. Fränkel (732). 257 Die Übersetzung von το άνϋρώπίνον I 22,4 nach Stahl (114) 33, dessen Deutung ich wie Brunt (115) 279 und Rivier (119) 138 zustimme. 258 Vgl. Parry (315) und Brunt (104).
259 Vgl. Müri (254). 260
σ 136f. Zur Rezeptionsgeschichte vgl. Pfeiffer (738), Fränkel (732), Schwabl (709) 72ff und Mansfeld (711) 3 - 3 1 .
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und wird später, verallgemeinert, vom Skeptizismus übernommen, dessen Tradition wir die Erhaltung des Archilochosfragmentes verdanken 261 . Anderseits geht der Gedanke in umgedeuteter Form ein in die Erkenntnistheorie der Naturphilosophen: die Bewegung der Elemente bewirkt die Veränderungen des Werdens einschließlich der physiologischen Prozesse, also auch von Erkenntnis und Denken 2 6 2 ; beides ist abhängig von der Konstitution des einzelnen, der Mischung der Elemente in seinem Organismus, die ihrerseits durch die Bedingungen der äußeren Welt mitbestimmt wird. Diese Theorie bildet die Grundlage sowohl für den erkenntnistheoretischen Relativismus des Protagoras 263 , den Piaton im Theaitetos mit den Auffassungen des Homer, Heraklit und Empedokles in Parallele setzt 2 6 4 , als auch für die medizinischen und ethnologischen Anschauungen der hippokratischen Schrift über die Umwelt 2 6 5 ; sie ist schließlich auch die Voraussetzung für den Katalog der diagnostischen Kriterien in den „Epidemien" des Hippokrates, wo neben der „gemeinsamen Natur aller" Menschen und der „persönlichen des einzelnen" sowohl die Umweltverhältnisse als auch „Charakter, Lebensweise, Gewohnheiten, Alter des einzelnen, Reden, Verhalten, Schweigen, Gedanken" vor der Liste der speziellen Krankheitssymptome aufgezählt werden 2 6 6 . Es ist nicht wichtig zu wissen, ob Thukydides eine der genannten Theorien gekannt oder gar eine der uns noch vorliegenden Schriften gelesen hat. In 26! Archilochos fr. 68 D., Heraklit 22 В 1; 17; 78 (vgl. auch 2; 7; 9) D.-Kr., Parmendides 28 В 1 , 2 9 - 3 0 und В 6,4ff, Empedokles fr. 1 0 , 1 - 6 Bollack (= В 2 , 1 - 6 D.-Kr.), dazu Bollack (706) III l l f ad 1., vgl. auch Demokrit В 158 D.-Kr. Die Zitate aus Homer, Archilochos, Empedokles u n d Demokrit sind Teil einer doxographischen Sammlung bei Sextus Empiricus, Math. VII 1 2 6 - 3 4 . 262 Guthrie will hierin konsequent einen Fehler, ein Unvermögen der Naturphilosophen sehen: „the faults of Empedocles's theory are largely due to his heroic attempt to explain all details . . . by reference t o his basic cosmological principles", (690) II 229f, „it is not surprising if the first (sic) serious a t t e m p t " (sc. der des Demokrit) „ t o reduce all intellectual activity to purely material contact was n o t entirely successful. . . . epistemology . . . was completely overshadowed by . . . ontology. We must n o t expect to find it discussed f o r its own sake, or with the concentration and clarity bestowed on it in later centuries", ibid. 454. Dies ist in doppelter Weise anachronistisch. Das empirische Material für eine nach heutigen Begriffen .richtige' Theorie der Wahrnehmung war im 5. J a h r h u n d e r t v. Chr. mangels geeigneter Beobachtungs- und Meßinstrumente nicht zugänglich, es hätte also weder Empedokles noch Demokrit genützt, ihre Erkenntnistheorie auf andere Prinzipien aufzubauen als ihre Naturentstehungslehre; im Gegenteil. Und würde man heute einen Fehler darin sehen, wenn ein Neurophysiologe, der das Funktionieren des Zentralnervensystems beschreibt, von denselben molekularbiologischen Grundlagen der Struktur und Funktion von Zellen ausgeht, die auch zur Erklärung der übrigen belebten Natur verwendet werden?
263 Vgl. Bollack (714) 1 1 - 1 3 . 264
PI. Tht. 152 e etc.
265
Titel von nepi αέρων nach Diller (717).
266
Hp. Epid. I 23.
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seinem Werk finden sich direkte Spuren von der Kulturentstehungslehre und Erkenntnistheorie des Protagoras so wenig wie von der Kosmologie des E m p e d o k l e s 2 6 7 ; es ist zwar sicher, daß ihm die Methode und die Terminologie der wissenschaftlichen Medizin seiner Zeit geläufig w a r e n 2 6 8 , deshalb aber eine Bekanntschaft mit dem Verfasser der „ E p i d e m i e n " , des „ P r o g n o s t i k o n " oder der Schrift über die Umwelt anzunehmen, wäre reine Spekulation. Wir besitzen aus seiner Zeit eine einzige politische Flugschrift über den „ S t a a t der A t h e n e r " , weil sie zufällig mit unter die Schriften X e n o p h o n s geraten ist, der später zum Vorbild attischer Prosa erhoben wurde. Wir besitzen unter dem Namen des Hippokrates eine umfangreiche Sammlung medizinischer Literatur verschiedenster Herkunft, darunter einige Schriften, die wahrscheinlich noch aus dem fünften J a h r h u n d e r t stammen. Die Vermutung, daß Thukydides seine medizinischen Kenntnisse aus diesen und keinen anderen Werken bezogen haben muß, wäre ebenso töricht wie die, daß es vor und nach jenem einzig erhaltenen politischen Pamphlet keine anderen gegeben h a b e 2 6 9 . Sicher, und in unserem Zusammenhang von Bedeutung, ist die Tatsache, daß es zur Zeit des Thukydides sowohl in der Medizin als auch in der Sozialwissenschaft verschiedene Theorien gab, deren gemeinsame Voraussetzung die A n n a h m e einer Wechselbeziehung zwischen den Umweltbedingungen und menschlichem Denken und Handeln w a r 2 7 0 . Diese A n n a h m e findet sich 2 6 7 Daß Thukydides sich mit der Lehre des Protagoras auseinandergesetzt habe, vermutet Schwartz (42) 223. Kitto (602) 280 stellt jedoch mit Recht fest, daß Quellenkritik im allgemeinen ein ungeeignetes Mittel der Analyse literarischer Texte ist. Aussagen wie „Thukydides had accepted the main principle of the Hippocratic school of medicine . . . " (Ehrenberg (527) 356), oder „His knowledge of the work of the doctors strengthened Thucydides' conviction that things human were subject to the laws of determinate causation and therefore predictable" (Bluhm (136) 26), oder „es, hoy en dia, indiscutibile la afinidad entre el historiador у el medico" (Vintro (313) 62) bestätigen diese These. 2 6 8 Dies scheint mir das geeichtere Ergebnis der Arbeit von Page (305) zu sein. Die gerechtfertigten Einwände von Parry (315) beziehen sich auf voreilige Schlüsse aus Einzelergebnissen und auf Verallgemeinerungen (etwa bei Cochrane (26), Weidauer (487) und Lichtenthaeler (488), vgl. auch die vorige Anmerkung), wie sie vor und nach Page gern ausgesprochen wurden. Um eine Darstellung wie die .Pestbeschreibung' des Thukydides zu verstehen, mögen in der Tat für seine Zeitgenossen nicht mehr Kenntnisse als die eines gebildeten Laien notwendig gewesen sein (vgl. Jaeger (601) II 19—21). Sie zu schreiben, setzt jedoch eine weitaus engere Bekanntschaft mit der Fachliteratur voraus, als sie für die .passive' Beherrschung des Vokabulars erforderlich war. Daß Thukydides aus der Sicht des Arztes schreibt, zeigt exemplarisch die Verwendung von ιδιώτης II 48,3 als Gegensatz zu ιατρός, d.h. im Sinne von .Nichtmediziner', vgl. etwa Hp. VM 2, p. 37,17 Heiberg.
Heinimann (232) 109n.l9 weist darauf hin, daß .Sachbücher' dieser Art sich nur erhalten haben, „wo sie unter einem berühmten Namen . . . überliefert wurde(n) oder in eine spätere Lehrsammlung geriet(en)." Vgl. Fuhrmann (614) 123, 144f. 269
2 7 0 Solche Theorien sind z.B. die gemeinsame Grundannahme so verschiedener hippokratischer Werke wie VM und De Victu. Die Auffassung findet sich in der Literatur des 5. Jahrhunderts sehr häufig, vgl. etwa nur Hdt. III 80,3 und [Xen.] Πολ. I 5.
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bei Thukydides wieder; sie bildet die Grundlage für seine Auffassung, daß die genaue Erkenntnis des Vergangenen — der Verhältnisse, die er schildert, aus der Sicht seiner künftigen Leser — aufgrund der gleichbleibenden Bedingungen, unter denen die Menschen leben und handeln, von Nutzen sein kann für das Erkennen einer künftigen Gegenwart. Dieses Erkennen, zu dem Thukydides seinem Leser helfen will, ist nicht Selbstzweck. Es ist die Bedingung der Möglichkeit rationalen Handelns, und insofern ist der Nutzen, den Thukydides für sein Werk beansprucht, praktischer und nicht allein theoretischer Natur. Ein solcher Nutzen wäre freilich nicht denkbar, wenn man annähme, daß Thukydides den Einfluß der Umstände auf menschliches Denken und Handeln in mechanistischer Weise als absolut und zwingend aufgefaßt hätte. Das hat er jedoch so wenig getan wie seine Zeitgenossen. Sogar bei Demokrit steht menschliches Bemühen gleichberechtigt neben dem Wirken der Natur 2 7 1 : „Die Natur u n d die Belehrung sind etwas Ähnliches. Denn auch die Belehrung bildet den Menschen u m ; indem sie ihn aber umbildet, tut sie dasselbe wie die N a t u r . "
Thukydides zeigt am Beispiel des Demosthenes, daß es möglich ist, aus eigenen und fremden Fehlern zu lernen. Daß er allerdings aus dieser Möglichkeit auf die eines Fortschritts, etwa auf dem Weg über lange, kontinuierliche Belehrung, geschlossen hätte, läßt sich aus seinem Werk nicht erkennen. Die Erfolge, von denen er berichtet, sind in der Regel das Verdienst fähiger einzelner, und es wird kein Zufall sein, daß unter allen Individuen, von denen er spricht, Themistokles, dessen Fähigkeiten der Belehrung am wenigsten verdanken, das höchste Lob erhält (I 138,3): „Aus eigener Klugheit, und ohne Belehrung weder im Vorhinein noch im Nachhinein, war er mit geringster Überlegung der stärkste Erkenner des Gegenwärtigen u n d auf die weiteste Strecke des K o m m e n d e n der beste Berechner des Zukünftigen. Was er in Händen hatte, konnte er auch darstellen; wo ihm Erfahrung mangelte, fehlte ihm doch zureichendes Urteil nicht; bei dem, was noch im Ungewissen lag, k o n n t e er das Bessere und Schlechtere am ehesten voraussehen. Um es mit einem Wort zu sagen: er war durch die Macht seiner Natur u n d mit der kürzesten Bemühung der fähigste, aus dem Augenblick heraus die notwendige Entscheidung zu t r e f f e n . "
Themistokles starb, wie Thukydides berichtet, als persischer Satrap. Seine Landsleute hatten ihn des Verrats verdächtigt und verbannt.
™ Demokrit В 33 D.-Kr., vgl. В 11; 236; 242; 290 und dazu Vlastos (704) und von Fritz (688) 36ff.
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T E I L IV: ABSICHT UND METHODE
Nochmals die Frage der Authentizität Am Anfang der bisherigen Überlegungen hatte die Frage gestanden, wie es sich mit der Historizität der Absichten, Wahrnehmungen und Gedanken verhalte, die Thukydides den handelnden Personen zuschreibt. Aus der Untersuchung haben sich für diese Frage zwei wichtige Indizien ergeben: Erstens sind Aussagen des Typs ,Alkibiades sah, dachte, wollte...' (A) ein von Thukydides ständig verwendetes erzählerisches Mittel, das andere Aussagen vom Typ ,Alkibiades tat oder erlitt dies und jenes' (B) für den Leser verständlich macht; in dieser Funktion sind sie austauschbar mit Aussagen vom Typ ,die Dinge verhielten sich nämlich so oder so' (C). Es gibt zahlreiche Mischformen der Typen Α und C; eine feste Grenze zwischen ihnen läßt sich ebensowenig feststellen wie ein grundsätzlicher Unterschied in der Funktion. Zweitens liegt der Verwendung der Aussagen vom Typ Α eine einheitliche Auffassung vom menschlichen Handeln zugrunde: die Menschen handeln rational, sofern kein Anlaß zu irrationalem Handeln besteht, was allerdings vielfach der Fall ist; ihr Handeln richtet sich auf das, was sie als ihren Vorteil erkennen oder zu erkennen meinen. Die Wahl der Ziele und Mittel und ihr Verhältnis zum geltenden Recht und anderen Normen sozialen Handelns wird durch die Umstände mitbestimmt; so führen Zeiten schwerer äußerer Belastung eher zu Gesetzlosigkeit und sittlicher Verwilderung als Friedenszeiten. Beide Indizien sprechen für die Vermutung, daß Thukydides die Gedanken und Absichten, die er den handelnden Personen zuschreibt, aus dem ihm bekannten Verlauf und Ergebnis des Handelns erschlossen hat. Dafür spricht auch die allgemeine Erwägung, daß ihm zwar die Handlungen selbst und in vielen Fällen auch Einzelheiten der jeweiligen Situation sowie der Charakter der Handelnden geläufig sein konnten, daß es aber schwer vorstellbar ist, daß er die Gedanken, Absichten oder gar Wahrnehmungen der handelnden Personen mit nur annähernd der gleichen Vollständigkeit und Zuverlässigkeit in Erfahrung bringen konnte wie ihre Handlungen als solche 2 7 2 . 2 7 2 Vgl.
die allgemeine Formulierung des Problems bei Seel ( 7 4 0 ) 3 0 5 f : „ ,ich sehe', das ist eine Aussage, deren Kontrolle dem Sagenden selber zusteht, . . . dagegen ,du siehst', ,er sieht': das sind heiklere Aussagen von problematischer Wißbarkeit; damit wird ein Heraustreten aus der eigenen Person, ein Sich-Substituieren in die fremde Person gefordert, das eigentlich nur durch die Bestätigung des anderen . . . legitimiert werden kann . . . " . Auf eine Formel gebracht wird die Problematik in den anonymen Versen Page PMG 8 8 9 :
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Allerdings bestehen gegen diese Vermutung gewichtige Bedenken. Thukydides nimmt für seine Darstellung ausdrücklich die größte erreichbare Genauigkeit in Anspruch. Offenbar ist eine Aussage vom Typ ,Alkibiades sah' oder ,Alkibiades beabsichtigte' (A) streng genommen eine Behauptung über ein .historisches F a k t u m ' die den gleichen Kriterien der Genauigkeit und Wahrhaftigkeit unterliegt wie etwa die Behauptung ,Alkibiades verhandelte insgeheim mit den Gesandten' (B). Ist es denkbar, daß ein Geschichtsschreiber, der Aussagen vom Typ В nur aufgrund eingehender Erkundigung vorbringt, sich für solche vom Typ Α mit bloßen Schlüssen aus den ermittelten Handlungen begnügt? Die Mehrzahl der Interpreten hat sich mit der Frage entweder nicht beschäftigt oder sich damit begnügt, sie zu stellen 2 7 3 . Bei denen, die eine Antwort gesucht haben, finden sich zwei gegensätzliche Auffassungen. Auf der einen Seite wird behauptet, daß Thukydides Aussagen über Absichten und Gedanken nie oder nur in den seitesten Fällen ohne authentische Information gemacht habe. So liest man über die zu Beginn dieser Untersuchung 2 7 4 behandelten Informationen und Gedanken des Brasidas vor Amphipolis (IV 105,1) in einer neueren Arbeit 2 7 5 folgendes: „Wir haben allen Grund, anzunehmen, daß dieser Satz eine authentische Wiedergabe der Gedanken des Brasidas darstellt. Thukydides hat nicht die Gewohnheit, Auskünfte über die Motive und Gefühle von Individuen zu geben, die auf bloßer Vermutung oder auch nur auf Folgerungen aus seiner Kenntnis ihres Charakters beruhen. Er ist außerordentlich gut informiert über die Motive und die Gefühle des Brasidas bei vielen Gelegenheiten, und man hat vermutet, er habe während seiner Verbannung vielleicht die Möglichkeit gehabt, sich mit ihm zu unterhalten. Man kann jedoch nicht annehmen, daß Thukydides in jedem Fall sämtliche Motive, welche die Unternehmungen des Brasidas bestimmten, unbedingt vollständig wiedergibt. Seit Beginn seiner Entsendung in die nördliche Ägäis hatte Brasidas offenbar das G e f ü h l . . . "
Der Verfasser zitiert eine Reihe von Belegen für die Informiertheit des Thukydides über Brasidas und seine Gedanken. Für die Vermutung eines Zusammentreffens zwischen Thukydides und Brasidas b e r u f t er sich auf einen anderen renommierten Autor 276 , für die Gewohnheit des Thukydides, Gedanken der handelnden Personen nicht aufgrund eigener Vermutungen wiederzugeben, auf eine eigene, frühere Arbeit, in der er die gleiche Be-
то ατήύος διελόντ', έπειτα τον νουν είσώόντα, κλείσαντα πάλιν 273 Vgl. etwa Abbott (25) 86f, Howald (632) 5 0 - 6 4 , Pearson (448) 48 und (148) 51, Gomme (361) 175 und öfter, Brunt (400) 66, Sieveking (38) 652, Dow (248) 77, Kagan (296) 367f, die oben Anm. 95 zitierte Literatur und Montgomery (152) XV. Oben S. 14. 27s
Westlake (329) 283f, Übersetzung von K. Nicolai in Herter (16) 632f.
276
Adcock in (517) 273, vgl. oben Anm. 27.
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hauptung aufstellt, zum Beweis jedoch nicht wesentlich mehr sagt als hier „Wir haben allen Grund anzunehmen", ist eine wohlklingende Formel, mehr nicht 2 7 8 .
277
Neben der Unbekümmertheit dieser Behauptung und der fast im gleichen Atem ausgesprochenen eigenen Spekulationen über die Motive des Brasidas („ . . . hatte offenbar das Gefühl. . . ") ist an dem Zitat ein methodischer Gesichtspunkt von Interesse: die Behauptung der Authentizität der referierten Gedanken steht in engstem Zusammenhang mit der Frage nach den Quellen der thukydideischen Darstellung. Eine Begegnung mit Brasidas wird hier nur vermutet; von der Vermutung ist es jedoch nicht weit zu dem non sequitur: ,Thukydides kann dies nur von Α erfahren haben, also ist es authentisch, also war Α (auch sonst) Quelle des Thukydides'. Man kommt auf diese oder ähnliche Weise zu einer beachtlichen Zahl von Berichterstattern, die Thukydides neben anderem von ihren eigenen Gedanken und Absichten erzählt haben sollen 279 , räumt allerdings ein, daß bei Kleon, über dessen Gedanken er sich nicht weniger gut unterrichtet zeigt als über die von anderen, ein Sonderfall vorliegen muß 2 8 0 , der sich durch persönliche Animosität jedoch leicht erklärt. Daß Thukydides auch von den Gedanken eines Themistokles oder Aristogeiton berichtet und recht genau weiß, was Nikias kurze Zeit vor seinem Tode dachte (VII 85,1; 86,4), wird übergangen. Auf der anderen Seite ist man der Meinung, daß Thukydides die Motive des Handelns „mit genialem Blick an den Fakten abgelesen" habe 2 8 1 , oder man erinnert daran, daß der Geschichtsschreiber, der nach dem Wort des Aristoteles aufzeichnet, „was Alkibiades getan und erlitten hat" 282 , nicht umhin könne, das Handeln und Leiden in einen verständlichen Zusammenhang zu bringen, und deshalb genötigt sei, auch zu berichten, was Alkibiades dachte und wollte: 283 „ . . . über die motive, die den Alkibiades jedesmal in seinem handeln bestimmt haben, mag der gleichzeitige historiker aus vertrauten freundeskreisen oder wohl gar aus eigener bekanntschaft und persönlichem verkehr 277
(405) zu I 60,2—63. Westlake argumentiert dort, daß Thukydides bestimmte Absichten, die der Korinther Aristeus nicht öffentlich habe nennen können, nur von diesem selbst erfahren konnte.
278
Weitaus plausibler schreibt Westlake (658) 259 über Xenophon (HG 7.5.6ff): „He is using his own knowledge of warfare to reconstruct the intellectual processes o n which the strategy of Epaminondas was based. It is regrettable that he did not choose to adopt the same technique elsewhere." 279
S.o. Anm. 40.
280
Westlake (397) 7 2 - 8 2 . Erbse (96) 45.
282
Poetik 9, 1451 b 11.
283
Herbst (2) 558f. Bis auf einen Protest bei Fellner (57) 69n.l sind diese Ausführungen anscheinend völlig unbeachtet geblieben.
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.
ein gut theil in erfahrung bringen, aber anderes, das in dem urtheil auch der nächsten zweifelhaft ist, oder gar absichtlich versteckt gehalten wird, darf in der darstellung nicht als ein zufälliges stehen bleiben und will auch seinerseits in den Zusammenhang als ein glied in der ganzen kette miteingefügt sein. Da bleibt auch dem historiker nichts anderes übrig als . . . von dem faktum, das vorliegt. . . κατά το εικός Ή το άναJKOÜOV zurückzuschließen. In diesem sinne wird die neue geschichtsschreibung seit Thukydides, die von dem äußeren auf das innere, von den thatsachen auf die motive zurückführt, immer etwas von dichtung und Wahrheit an sich tragen, eben weil der historiker nicht anders kann, als auch von dem seinen hinzuthun. . . . achtet man darauf, begegnet man dieser Wahrnehmung aller orten." Thukydides hätte also „nach der Wahrscheinlichkeit oder Notwendigkeit" aus den Handlungen auf die Gedanken geschlossen, damit in seiner Darstellung die Abfolge der Ereignisse durch die Korrelation von Gedanke und Handlung wiederum als wahrscheinlich oder notwendig erschiene. Der Geschichtsschreiber wäre in gewissem Sinne zugleich Dichter und die Unterscheidung des Aristoteles insofern müßig 2 8 4 . Die beiden Standpunkte machen zumindest deutlich, welche Wichtigkeit der Entscheidung in der Frage der Historizität der von Thukydides berichteten Gedanken und Absichten für die Beurteilung und Deutung seines Werkes zukommt. Es bleibt freilich zu fragen, ob die gegebene Alternative — entweder getreue Wiedergabe identifizierbarer Quellen oder „geniale" quasi-poetische Fiktion — für eine richtige Entscheidung förderlich ist. Zuvor wird jedoch zu prüfen sein, welche zusätzlichen Argumente sich für und gegen die Authentizität ins Feld führen lassen.
Indizien für und wider Zu den Hauptfiguren in der Darstellung der ersten Jahre des ionischen Krieges gehört der persische Satrap Tissaphernes. Athener und Spartaner suchen sich seiner Unterstützung zu versichern, diese mit mehr Erfolg als jene; seine Politik bleibt jedoch allen Beteiligten zu einem guten Teil undurchsichtig, und auch Thukydides sieht sich bei seiner Beurteilung der Beweggründe des Satrapen mehr als einmal auf Vermutungen angewiesen
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284 Nach Pippidi (94) hätte Aristoteles Thukydides wahrscheinlich weniger als Historiker denn als Philosophen bezeichnet, vgl. Else (701) 301ff. Von Fritz (780) 115f weist jedoch mit Recht darauf hin, daß es Aristoteles bei seinem berühmten Vergleich darum ging, „das Wesen der Tragödie, nicht das der Geschichte . . . zu bestimmen". 285
Von Fritz notiert (631) 326n.240 im Anmerkungsband die Seltenheit solcher Vermutungen und führt ihr Vorhandensein im Text ibid. 769 auf den unfertigen Zustand von Buch VIII zurück; ebenso machte schon für Peter (639) l l l n . 3 die Stelle den „Eindruck einer Vorarbeit". Daß Buch VIII nicht seine endgültige Form gefunden habe, wird in der neueren Literatur häufig angenommen, vgl. etwa Westlake (160) 35
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„Im gleichen Sommer (des Jahres 411) traf Tissaphernes, zu dem Zeitpunkt, als die Peloponnesier ihm wegen der übrigen Gründe und vor allem wegen der Rückkehr des Alkibiades am stärksten grollten, da er schon offen eine pro-athenische Politik betreibe, Vorbereitungen zu einer Reise nach Aspendos, um die phoinikischen Schiffe zu holen 2 8 6 , in der Absicht — so schien es wenigstens —, sich gegenüber den Anfeindungen zu rechtfertigen. Mit dem Unterhalt für das Heer, sagte er, werde er seinen Untergebenen Tamos beauftragen, der während seiner Abwesenheit dafür sorgen sollte. (2) Es wird allerdings verschieden berichtet und ist auch nicht leicht zu wissen, in welcher Absicht er nach Aspendos fuhr und, nachdem er hingefahren war, die Schiffe nicht mitbrachte. (3) Daß nämlich die phoinikischen Schiffe, 147 an der Zahl, bis nach Aspendos gelangt sind, ist klar (σαφές). Darüber aber, weshalb sie dann nicht kamen, gehen die Vermutungen auseinander. Die einen vermuten, er habe durch seinen Weggang, wie er es ja schon länger vorgehabt habe, die Peloponnesier sich aufreiben lassen wollen — und in der Tat war der Unterhalt, den ihnen der beauftragte Tamos zuteil werden ließ, um nichts besser, sondern eher noch schlechter —; die anderen vermuten, er habe sich an den Phoinikern bereichern wollen, indem er sie bis nach Aspendos kommen ließ und dann (gegen Geld) wieder freigab, — er hatte ja ohnehin nie die Absicht gehabt, sich ihrer zu bedienen — ; wieder andere vermuten, er habe es getan, um falsche Gerüchte in Sparta auszustreuen, damit man sage, er tue nichts entgegen den Vereinbarungen, sondern er begebe sich ganz unzweifelhaft (σαφώς) zu den Schiffen, die auch wirklich bemannt seien. (4) Mir dagegen scheint es am klarsten (σαφέστατον) zu sein, wenn er die Flotte deshalb nicht brachte, um die Griechen aufzureiben und hinzuhalten: sie zu schwächen, während er dorthin ging und Zeit vertat, u n d zum Ausgleich, um nicht durch seine Unterstützung eine Partei stärker zu machen, denn hätte er gewollt, so hätte er, zumindest durch eine dezidierte Parteinahme, den Krieg entscheiden können. Der Wahrscheinlichkeit nach hätte er nämlich mit der Flotte den Spartanern auch den Sieg in die Hände gegeben, zumal ihre Flotte ohnehin schon nicht schwächer sondern eher gleich stark wie die ihrer Gegner war. (5) Was ihn aber am meisten verrät, ist der Grund, den er dafür angab, die Schiffe nicht gebracht zu haben: es seien weniger versammelt gewesen, sagte er, als der Großkönig befohlen habe. Dabei hätte er doch in diesem Falle noch größeren Dank dafür gehabt, daß er von den Mitteln des Großkönigs wenig ausgegeben und mit geringerem Aufwand das gleiche erreicht hätte. (6) Jedenfalls gelangte Tissaphernes, in welcher Absicht auch immer, nach Aspendos und kam dort mit den Phoinikern zusammen . . . " (VIII 87). D a s K a p i t e l ist in d o p p e l t e r H i n s i c h t a u f s c h l u ß r e i c h . E i n e r s e i t s für d e n B e d e u t u n g s i n h a l t d e s Wortes σαφής, . d e u t l i c h , klar, sicher': ein T a t b e s t a n d ist d a n n ,klar', w e n n er e i n l e u c h t e n d ist, sei es, d a ß seine F a k t i z i t ä t u n z w e i f e l h a f t garantiert e r s c h e i n t ( T i s s a p h e r n e s will vor aller Augen abreisen, e i n B e r i c h t e r s t a t t e r w i r d T h u k y d i d e s gesagt h a b e n , er h a b e die S c h i f f e tatsächlich gesehen), sei es, d a ß eine b e s t i m m t e D e u t u n g sich d e n a n g e s t e l l t e n W a h r s c h e i n l i c h k e i t s e r w ä g u n g e n a m b e s t e n f ü g t 2 8 7 ; .Klarheit' ist für T h u k y d i d e s v o r a l l e m S t i m m i g k e i t , r a t i o n a l e E v i d e n z , v o n der die E v i d e n z d e s A u g e n s c h e i n s n u r ein Spezialfall ist. A n d e r s e i t s k a n n m a n die a n g e f ü h r t e n f r e m d e n V e r m u t u n g e n u n d e i g e n e n Ü b e r l e g u n g e n als e i n B e i s p i e l dafür n e h m e n , w i e T h u k y d i d e s in a n d e r e n F ä l l e n v e r f a h r e n sein wird, e h e er n a c h der S i c h t u n g u n d Prüfung widerund Bengtson (522) 215. Delebecque hat, an ältere Untersuchungen anknüpfend, eine ausführliche Strukturanalyse und Entstehungsgeschichte versucht (60). 286 έπί τάς . . . ναϋς , zur Ubersetzung vgl. Delebecque (272) 23n.22. 287
Vgl. zu dieser Bedeutung von σαφής Ludwig (485) 108ff. 131
sprüchlicher Berichte sein eigenes Urteil über die Absicht eines Handelnden in der Form ,er wollte . . . ' niederschrieb. Von den fremden Vermutungen hat jede etwas Plausibles für sich: bei den beiden ersten notiert Thukydides dies durch eine Parenthese, deren Aussagemodus — Indikativ — sie als seinen Kommentar zu der referierten Meinung ausweist. Keine der drei genügt ihm jedoch, weil sich alle drei darin gleichen, daß sie keine vernünftige, in sich zusammenhängende Politik, sondern nur partielle, ihrerseits wieder der Begründung bedürftige Gründe anbieten: Wenn Tissaphernes nur den Spartanern schaden wollte, warum tat er nichts für die Athener? Wenn er auf private Bereicherung aus war, konnte er es nicht einfacher haben? Wenn er seinen Kredit in Sparta wiederherstellen wollte, warum desavouierte er dann seinen eigenen Versuch, indem er nicht tat, was er versprach? Des Thukydides eigene Konstruktion läßt dagegen Tissaphernes eine konsequente Politik verfolgen, die sowohl gegen Sparta als auch gegen Athen gerichtet ist.Tissaphernes hätte, indem er die eine oder andere Seite mit den Mitteln unterstützte, die ihm zur Verfügung standen, den Krieg zwischen Sparta und Athen beenden können; er mußte dies wissen; wenn er es also nicht tat, kann er es auch nicht gewollt haben, er wollte also das Gegenteil. Wir kennen die Methode: eine Handlung wird als zweckrational gedeutet und auf diese Weise verständlich gemacht. Die Erwägungen des Thukydides sind offenbar nur deshalb notwendig, weil weder er selbst noch einer seiner Berichterstatter aus erster Hand wußte, in welcher Absicht Tissaphernes so handelte wie er es tat. Alle die aufgezeichneten Meinungen einschließlich seiner eigenen sind Wahrscheinlichkeitsschlüsse (εικάζεται 87,3), die aus der Handlung das Motiv zu ermitteln suchen. An einer anderen Stelle, wo von derselben Politik die Rede ist, vermerkt Thukydides ausdrücklich, daß er so vorgegangen ist. Alkibiades rät dem Tissaphernes, Athen und Sparta gegeneinander auszuspielen: es sei das billigste Verfahren, sich vor der Gefahr eines griechischen Angriffs zu schützen und seinen eigenen Einfluß zu vergrößern. Er solle mit Hilfe Spartas die Stellung Athens so schwach wie möglich machen und dann die Spartaner selbst wieder loswerden, wobei ihm die Athener behilflich sein würden (VIII 46, 1-4). „Und Tissaphernes teilte im großen und ganzen diese Meinung, soweit man es wenigstens aus seinen Handlungen schließen konnte" ( ο σ α ye άπό τών ποωυμένων ην είκάσαι, 46,5 2 8 8 ). Ist es nicht wahrscheinlich, daß Thukydides auch sonst das Verfahren angewandt hat, von dem er hier spricht 289 ? Eine zusätzliche Stütze ergibt sich für diese Vermutung aus Sequenzen der folgenden Art: 288 ήμ d e i. Krüger, Hude; servat Stuart Jones. Das Verfahren — τοις εμφανέσι τά μη ^/νγνωσκόμενα τεκμαίρεσΰαι — war bereits Herodot geläufig (II 33, vgl. II 104, wo für dieselbe Operation είκάζειν verwendet wird); Dillers Untersuchung dazu (210) ist inzwischen klassisch. Zur Rolle des εικάζεiv in der Forschungsmethode des Thukydides vgl. etwa Schmid (34) 141ff, Lesky (603) 435, Erbse (105) 21, Montgomery (152) 83ff, Lichtenthaeler (488) 162n. 14 und die wichtige Klarstellung bei Rivier (211) 41ff. 289
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„Alkibiades setzte gegen (die spartanischen Gesandten) folgenden Trick ins Werk . . . (folgt Beschreibung seiner Verhandlungen mit ihnen). Seine Absicht dabei war, sie und Nikias auseinanderzubringen und sie außerdem vor dem Volk zu verleumden, daß sie nichts Wahres im Sinne trügen und sich nie daran hielten, was sie einmal gesagt hätten, und so das Bündnis mit Argos, Elis und Mantineia zu bewerkstelligen. Und so geschah es auch . . . " (V 45, 2-3).
Nikias setzt trotz dieser Machenschaften vor der Volksversammlung durch, daß er und andere mit bestimmten Forderungen als Gesandte nach Sparta geschickt werden, die die Spartaner jedoch ablehnen; „nur die Eide wurden auf Bitten des Nikias erneuert. Er fürchtete nämlich, völlig unverrichteter Dinge heimzukehren und — was auch geschah — verleumdet zu werden, da er als Urheber des Vertrages mit Sparta galt . . . " (V46,4).
Es ist nicht unmöglich, diese und ähnliche 290 Formulierungen so zu deuten. Die Deutung ist indes nicht die allein mögliche, sondern man kann im Gegenteil behaupten, daß Thukydides sehr gewissenhaft vermerkt, wo seine Angaben auf Vermutungen beruhen 291 (so im Falle des Tissaphemes), und daß der Hinweis auf die Übereinstimmung zwischen der referierten Meinung und den folgenden Ereignissen gerade dafür spreche, daß die Meinung selbst auf authentische Information zurückgeht: Nikias hätte ihm von seiner Befürchtung berichtet, die auch — trotz seiner Bemühung um einen Achtungserfolg — eintraf, und so fort. Der Verfechter dieser These könnte darauf hinweisen, daß Thukydides auch sonst sorgfältig angibt, wo er einzelne Tatbestände nicht oder nicht genau in Erfahrung bringen konnte 2 9 2 , und daß er sich nicht nur von Sagen und Berichten über weit zurückliegende Ereignisse, die er referiert, sondern auch von einer Reihe von Angaben und Vermutungen über Ereignisse seiner eigenen Zeit, für die er sich nicht verbürgen will, mit einer Wendung vom Typ ,man sagt. . .' distanziert 2 9 3 . Er könnte weiter vermerken, daß solche Einschränkungen auch im Zusammenhang mit der Begründung von Handlungen 294 und gerade von lange Zeit zurückliegenden Handlungen vorkommen 295 . Schließlich könnte er geltend machen, daß Thukydides mehrfach von Absichten berichtet, die sei 290
Vgl. z.B. I 50,5; 95,7 II 77,5; 84,2 IV 73,3; 81,2 V 14,4 VI 104,3 VII 36,5; 56,2; 69,2 VIII 39,3; 47,1; 48,4; 72,2.
291
Denn, wie Chladenius (773) in der Vorrede bemerkt: „Die Wahrscheinlichkeit ist einmahl nichts anders, als eine Art der Ungewißheit; und wo man es nicht weiter als auf eine, obgleich große, Wahrscheinlichkeit bringen kann, da muß man sich auch die Ungewißheit gefallen lassen." 292
Belege bei Busolt (515) 653n.2.
293
Vgl. Busolt, loc. cit. n. 3, Roscher (18) 123ff, Montgomery (152) 77ff, Westlake (397) 305. Beispiele für Sagen: II 1 0 2 , 5 - 6 III 96,1 IV 24,5 VI 2,1, für Vorgeschichte: I 9 , 2 - 3 ; 13,2; 23,3; 24,4; 118,3 III 116,2 VI 2,4, für Ereignisse der eigenen Zeit: II 8 , 2 - 3 ; 47,3; 4 8 , l f ; 77,6; 98,3 III 94,5 IV 104,2 V 74,2. 294
z.B. II 18,5; 20,1, dazu de Romilly (299); 57,1; 93,4 III 79,3 V 6 5 , 2 - 3 VII 86,4 VIII 50,3; 56,3; 84,3; 88,1; 94,2. 295
I 93,7; 132,5; 134,1 VI 55,3.
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es später nicht ausgeführt, sei es von den Handelnden selbst geheimgehalten wurden oder von solcher Art sind, daß man sie geheimhalten mußte, und könnte argumentieren, daß Angaben dieser letzten Art mit Sicherheit authentisch sein müssen 2 9 6 , während die Gewissenhaftigkeit, mit der Thukydides Unsicherheiten und Zweifel als solche formuliert, es zumindest wahrscheinlich macht, daß er erschlossene Gedanken und Motive nicht ohne weiteres ills tatsächlich hingestellt hat, und somit ein starkes Argument für die Authentizität der referierten Gedanken und Absichten darstellt. Diese Argumente sind jedoch nicht so beweiskräftig, wie es den Anschein haben mag. In der Tat spricht die Tatsache, daß zugeschriebene Absichten geheim waren oder nicht ausgeführt wurden, für deren Authentizität und kann daher auch Hinweise auf die Quellen liefern, aus denen Thukydides seine Informationen bezog 2 9 7 . Indessen geht es uns ja nicht um den Nachweis, daß Thukydides alle von ihm berichteten Meinungen und Absichten der Handelnden aus ihren Handlungen erschlossen habe, was kaum denkbar ist, sondern darum, wahrscheinlich zu machen, daß er in vielen Fällen, vielleicht in der Mehrzahl aller Fälle, so verfahren ist. Und dagegen besagen auch die übrigen Gegenargumente nichts. Daß Thukydides die mangelnde Verbürgtheit einzelner Fakten andeutet und gelegentlich die Schwierigkeit betont, exakte Angaben zu machen, ist wiederum nur unter der Voraussetzung einschlägig, daß er bei Fakten und Gedanken in der gleichen Weise und nach den gleichen Kriterien verfuhr, und bewiese auch dann allenfalls seine Inkonsequenz, einerseits die Zahl der in einer Schlacht Gefallenen nicht anzugeben, weil sie nicht verläßlich in Erfahrung zu bringen war (III 113,6), und anderseits einem Kleon, Themistokles, Kylon, Pausanias oder Aristogeiton Gedanken zuzuschreiben, über die verläßliche Informationen ebensowenig vorlagen. Daß er schließlich in einigen Fällen zugeschriebene Motive ausdrücklich als Vermutungen bezeichnet, beweist für die Authentizität der übrigen noch nichts, zumal explizit als solche benannte Vermutungen und sichere Zuschreibung bei Themistokles, mit dem ein Gespräch für Thukydides ohne Zweifel nicht möglich war, ebenso nebeneinanderstehen wie bei Alkibiades, der als ein recht wahrscheinlicher Gesprächspartner gelten muß 2 9 8 . Es kommen noch zwei weitere Argumente hinzu. Das erste: Bei Thukydides treten sowohl einzelne als auch Gruppen als handelnde Subjekte auf. Beiden werden in grundsätzlich gleicher Weise Wahrnehmungen, Absichten, Stim-
296 Vg]. j n diesem Sinne Westlake (285) passim; zum Problem ferner Herbst (2) 559ff, Westlake (397) 297, Nesselhauf (288) 294n.l, Andrewes (294) 236n.3 und Burrows (317) 74. 297
Vgl. oben S. 40 mit Anm. 78, 73 mit Anm. 134 und 82 mit Anm. 150.
29e
Die Vermutung schon bei Fellner (57) 69ff (dagegen: Herbst (3) 335f) und später häufig, z.B. De Sanctis (337) 451, Gomme (361) 176n.l, Brunt (400) 65ff, Delebecque (60) 197ff, Westlake (397) 231f mit weiterer Literatur.
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mungen und Gedanken zugeschrieben 299 . Für die einen wie für die anderen vermerkt Thukydides gelegentlich die Ubereinstimmung ihres Handelns oder Denkens mit psychologischen Erfahrungsregeln vom Typ ,wie es die Menge zu tun pflegt' 3 0 0 . Nun kann die Aussage ,Nikias meinte' oder ,Nikias sah' auf eine Auskunft des Nikias, ,ich sah, ich meinte' zurückgehen 301 . Für Aussagen wie ,die Athener meinten', ,die Athener fürchteten' gilt, streng genommen, das Analoge nicht; Thukydides macht aber keinen Unterschied 302 . Das zweite: Thukydides läßt bei nicht wenigen Gelegenheiten die Handelnden darauf reflektieren, was der Gegner weiß, befürchtet, denkt, beabsichtigt. Die Erfahrungssätze und Hypothesen, von denen er sie dabei ausgehen läßt, sind identisch mit denen, die er selbst seiner Erklärung der Genese von Handlungen zugrundelegt: der Gegner handelt zweckrational in seinem wahren oder vermeintlichen Interesse und auf der Grundlage der Informationen, über die er verfügt, soweit nicht Zwangslagen oder andere besondere Bedingungen eintreten. Beispiele sind in anderem Zusammenhang bereits zitiert 303 ; wir beschränken uns hier auf ein einziges, in welchem die Elemente der Gedankenkonstruktion besonders klar sichtbar werden. Brasidas liegt mit seinem Heer vor Megara und versucht die Megarer zu überreden, ihn in die Stadt einzulassen: „Die Parteien in Megara hegten jedoch Befürchtungen: die einen, daß er die Verbannten zurückfuhren und sie selbst vertreiben würde; die anderen, daß das Volk aus eben dieser Sorge mit Gewalt gegen sie vorgehen und die Stadt durch ihren inneren Kampf, da die Athener nahebei auf ihre Gelegenheit warteten, zugrundegehen würde; sie ließen ihn daher nicht ein, sondern beiden schien es richtig, nichts zu unternehmen und das Weitere beobachtend abzuwarten. Denn die einen wie die anderen erwarteten, daß zwischen den Athenern und dem Entsatzheer (unter Brasidas) eine Schlacht statt299
Man kann dies an jedem beliebigen Verbum des Denkens, Wollens usw. überprüfen. So zählt man 42 Belege für βουλόμενος (davon 34 im Bericht auf Absichten von Individuen bezogen) gegen 75 für βουλόμενοί, 25 έβού'λετο (davon 2 in Reden, 1 kollektiver Singular) gegen 37 έβονλοντο, davon maximal 8 auf eine bestimmbare Zahl von Individuen bezogen, während bei den übrigen „die Athener" (9x), „die Peloponnesier/Lakedaimonier" (7x) etc. Subjekt sind. Die Zahlen bei Huart (182) 404n.l können nur auf einem technischen Fehler beruhen. 300 Vgl. II 65,4 IV 108,4; 125,1 V 70 VIII 1,4 usw., weitere Belege bei Schütz (472) 185. 301
Sie kann sich jedoch auch mit einer allgemeinen Erfahrung in der Weise decken, daß die Vermutung naheliegt, sie sei aus ihr abgeleitet: VII 69,2. 302
Es soll nicht bestritten werden, daß auch solche Aussagen nicht selten auf Gespräche mit einzelnen zurückgehen können. Die Wahrscheinlichkeit, daß diese Erklärung alle oder auch nur die Mehrzahl der vorkommenden Fälle deckt, erscheint uns jedoch äußerst gering. 303
IV 29,2ff (oben S. 70f), IV 111,2 (oben S. 90). Vgl. auch I 91,3; 107,6; 131,2; 132,2 II 3,4; 12,1; 13,1; 20,2ff; 88,1; 90,2 III 16,1; 22,8; 24,1; 33,1; 75,4; 83,3; 110,1 IV 9,2; 21,lf; 27,2; 37,1; 47,2; 73,3f; 74,2; 80,3; 105,1; 117,1; 120,2; 122,5 V 6,3; 29,2; 40,2; 46,4; 65,4 VI 15,4; 29,3; 64,1 VII 8,2; 19,5; 36,4; 42,3; 49,4; 83,4 VIII 7; 8,3; 15,1; 23,3fin.; 5 6 , 2 - 4 ; 59; 68,3; 71,1; 82,3; 92,11.
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finden werde, und danach sei es für sie sicherer, sich auf die Seite derer zu schlagen, für die sie Partei nahmen." (IV 71, 1-2)
Für beide Parteien sind die Ziele der Politik des Brasidas selbstverständlich: Sicherung von Megara gegen Athen, Begünstigung einer Oligarchie. Die Volkspartei folgert aus diesen Zielen, welche konkreten Maßnahmen (als Mittel zu ihrer Verwirklichung) Brasidas wahrscheinlich ergreifen wird, kalkuliert deren Folgen für die eigene Situation und trifft aufgrund dieser Überlegungen gemäß ihren Interessen eine Entscheidung. Die Interessen der Oligarchen sind denen der Volkspartei entgegengesetzt; weshalb ist aber dann ihre Entscheidung identisch mit der der anderen? Weil sie, in Kenntnis der Interessen des Gegners und der Situation, dessen wahrscheinliche Überlegung und daraus folgende Handlungen berechnen und feststellen, daß der direkte Weg zum Erreichen ihres eigenen Interesses infolge dieser zu erwartenden Handlungen angesichts der Gesamtlage zu gefährlich ist. Die Entscheidung der Oligarchen, ihrem Verbündeten nicht zu helfen, erweist sich als zweckrational, da sie aus einem Kalkül des — unter der Voraussetzung zweckrationalen Handelns — zu erwartenden gegnerischen Verhaltens sowie der Unsicherheit der Kräfteverhältnisse im ganzen hervorgeht. Bei der Hypothese über die Gedanken des anderen gehen die Handelnden von derselben Voraussetzung aus wie der Geschichtsschreiber. Nach diesen Überlegungen erscheint es uns nicht illegitim, an der Folgerung festzuhalten, daß ein erheblicher Teil der Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle und Absichten, die Thukydides den Handelnden zuschreibt, nicht auf authentischen Informationen beruht, sondern von ihm aufgrund einer bestimmten Auffassung vom menschlichen Handeln (die er selbst nirgends explizit als solche formuliert, die sich aber aus seiner Darstellung ablesen läßt) aus den Handlungen, der jeweiligen Situation, mitunter auch aus dem Charakter der Handelnden, erschlossen ist. Man muß folglich damit rechnen, daß eine Aussage vom Typ ,Alkibiades sah, dachte, wollte' möglicherweise nicht das wiedergibt, was Alkibiades wirklich (,historisch') sah, dachte oder wollte, sondern was er nach den Prämissen des Thukydides notwendig oder wahrscheinlich hat sehen, denken oder wollen müssen, um so zu handeln, wie er es tat. Allerdings hat sich im Laufe der Untersuchung kein Kriterium gefunden, das es erlaubte, eine einzelne Aussage dieser Art mit absoluter Sicherheit als authentisch oder als konstruiert zu erweisen; vielmehr läßt sich im Einzelfall das eine wie das andere nur mehr oder minder wahrscheinlich machen, wobei in bestimmten Typen von Fällen die Wahrscheinlichkeit recht groß sein kann: bei Personen, mit denen Thukydides sicherlich nicht hat sprechen können, ist Konstruktion, bei nicht ausgeführten oder geheimgehaltenen Absichten ist Authentizität verhältnismäßig sicher. Damit ist für das Problem, von dem diese Untersuchung ausging, eine Lösung gefunden. Freilich gilt es den ermittelten Tatbestand zu deuten und aus ihm Konsequenzen für unser Urteil über die Darstellung des Thukydides zu ziehen. Wie verhält er sich zum Anspruch des Thukydides auf Exaktheit und Wahrhaftigkeit? Wo läßt sich eine vergleichbare Tendenz beobachten, 136
aus Handlungen auf deren Ursachen oder Motive zu schließen? Erklärt sich eine solche T e n d e n z m ö g l i c h e r w e i s e aus b e s t i m m t e n , b e n e n n b a r e n G r u n d v o r a u s s e t z u n g e n d e r H i s t o r i o g r a p h i e i m a l l g e m e i n e n ? Wir w o l l e n z u m A b s c h l u ß der A r b e i t versuchen, diese F r a g e n zu b e a n t w o r t e n . T h u k y d i d e s über seine M e t h o d e Z u Beginn seines Werkes sucht T h u k y d i d e s seine A u f f a s s u n g zu rechtf e r t i g e n , d a ß d e r P e l o p o n n e s i s c h e K r i e g g r ö ß e r w a r als alle v o r h e r g e h e n d e n . E r s k i z z i e r t d a f ü r in g r o ß e n Z ü g e n d i e E n t w i c k l u n g d e r M a c h t v e r h ä l t n i s s e in G r i e c h e n l a n d v o n d e n e r s t e n A n f ä n g e n b i s in d i e Z e i t n a c h d e n P e r s e r k r i e g e n , als s i c h d i e B ü n d n i s s y s t e m e A t h e n s u n d S p a r t a s h e r a u s b i l deten u n d zu festigen b e g a n n e n 3 0 4 . I m Anschluß an diese Skizze schreibt er f o l g e n d e s (I 2 0 - 2 3 ) 3 0 5 : „ ( 2 0 , 1 ) So waren also meinem Befund nach die alten Zeiten beschaffen. Es ist bei diesen Dingen schwierig, allen Zeugnissen gleichermaßen Vertrauen zu schenken. Die Menschen nehmen nämlich alles, was sie über vergangene Ereignisse hören, auch wenn es ihr eigenes Land betrifft, in gleicher Weise ohne strenge Prüfung voneinander an. (2) So die Athener: Die meisten von ihnen glauben allen Ernstes, daß Hipparchos, als er von Harmodios und Aristogeiton getötet wurde, Tyrann war, und wissen nicht, daß in Wirklichkeit Hippias als ältester von den Söhnen des Peisistratos die Herrschaft innehatte und Hipparchos und Thessalos seine Brüder waren; daß Harmodios und Aristogeiton am Tage des Attentats selbst plötzlich den Verdacht faßten, einer ihrer Mitwisser habe dem Hippias etwas gemeldet, und ihn selbst deshalb, da er ihrer Meinung nach schon informiert war, mieden; weil sie aber wenigstens noch irgendetwas tun wollten, ehe sie festgenommen würden, und auf Hipparchos trafen, wie er beim sogenannten Leokoreion die Prozession für das Panathenaienfest organisierte, töteten sie diesen. (3) Auch die übrigen Griechen haben viele falsche Meinungen, sogar über Dinge, die heute noch bestehen und nicht durch die Zeit in Vergessenheit geraten sind: Zum Beispiel glauben sie, daß in Sparta die Könige nicht jeder eine Stimme abgeben, sondern zwei, und daß sie über ein „Pitanatisches Bataillon" verfügen, das niemals existiert hat. So wenig bemühen sich die meisten um die Erforschung der Wahrheit; sie halten sich eher an das Nächstliegende. (21,1) Indessen wird man nach den vorgelegten Zeugnissen nicht fehlgehen, wenn man die Dinge im großen und ganzen so auffaßt, wie ich sie dargestellt habe, das heißt: man wird weder den Dichtern mehr Vertrauen schenken, die davon gesungen und die Dinge ausgeschmückt haben, daß sie größer erschienen, noch den Erzählungen der Geschichtenschreiber, die mehr auf den Effekt beim Hörer als auf die Wahrheit geachtet haben — denn die Tatsachen sind nicht nachprüfbar und in ihrer Mehrzahl durch den großen zeitlichen Abstand in den Bereich des Mythischen gerückt, sodaß sie kein Vertrauen verdienen — man wird vielmehr der Ansicht sein, daß der Befund sich auf die deutlichsten Anzeichen stützt und angesichts des Alters der Dinge auch ausreicht. 304
Für die Stellung der .Archäologie' im Beweisgang von Buch I vgl. Erbse (276).
Wir zitieren den Schluß des Proömiums hier im vollen Wortlaut, weil in der sehr ausgedehnten Literatur zum ,Methodenkapitel' I 22 der Kontext häufig ungenügend berücksichtigt wird, was die erste Quelle zahlreicher Mißverständnisse bildet. Auf die zahlreichen Übersetzungsprobleme dieses Abschnitts wird nur insoweit eingegangen, als eine Stellungnahme für die folgende Argumentation von Bedeutung i s t 305
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(21,2) Was den von mir beschriebenen Krieg angeht, so wird man zwar bedenken, daß die Menschen, solange sie selbst Krieg fuhren, den jeweils gegenwärtigen Krieg für den größten halten, sowie er aber zu Ende ist, die Ereignisse der Vorzeit mehr bewundern; wenn man aber die Handlungen selbst betrachtet, so wird sich gleichwohl zeigen, daß er größer war als die früheren. (22,1) Denn zwar konnte, was die einzelnen Teilnehmer in ihren Reden sagten — sei es ehe sie in den Krieg eintraten, sei es während des Krieges selbst —, weder ich selbst in allen Einzelheiten genau in Erinnerung behalten, noch konnten es diejenigen, die mir von anderen Orten darüber berichteten; ich habe deshalb zwar so eng wie möglich an der Absicht und Meinung festgehalten, die dem wirklich Gesagten insgesamt zugrundelag, im übrigen aber die Reden so formuliert, wie meiner Ansicht nach die einzelnen über ihre jeweilige Situation am ehesten das Notwendige gesagt hätten 3 0 6 . (2) Die Handlungen dagegen 307 , die in dem Krieg geschehen sind , hielt ich weder für richtig nach der Auskunft des ersten Besten 309 aufzuschreiben, noch auch nach meinem Gutdünken; vielmehr habe ich sowohl bei dem, was ich selbst miterlebte 3 1 0 , als auch bei dem, was ich von anderen erfuhr, so weit wie möglich den Dingen nachgeforscht, um
306
Diese Übersetzung wird im folgenden S. 147ff ausführlich begründet.
307
Zur Antithese \0yoi — ёруа vgl. die (mir leider nicht zugänglich gewordene) Arbeit von Parry (220) und die Belege bei Schmid (34) 196n.8. 308
Die Worte τά δ' ёруа τών πραχϋέντων ev τω πολέμω werden verschieden gedeutet. Lamb (143) 14 (,, the facts of what was done in the war") und Immerwahr (634) 278f („the facts about the actions in the war") übersetzen, als ob im Text etwa την δ' άλήάβιαν τών πραχϋέντων stände. Zahlreicher sind diejenigen, die wie Schmid (34) 144 annehmen, „der Geschichtsstoff ( τά πραχϋέντα ) besteht für ihn . . . aus ёруа und λόγοι . . . ", in τών πραχϋέντων also einen gen. partitivus sehen, vgl. z.B. Cl-St ad 1., Horneffer-Strasburger, Reinhardt (125) 245. Die communis opinio zieht jedoch, wie wir, τών πραχϋέντων epexegetisch zu τά δ' ёруа („ a somewhat bold expression for та δ'ёруа τά πραχϋέντα", Shilleto b e i j e b b (357) 372n.2), vgl. dazu Walter Schmid (280) 223. 309
ουκ ек τοΰ παρατυχόντος πυνϋανόμβνος : die Ubersetzung folgt der communis opinio seit Hobbes und Roscher (18) 109. Egermann hat (11) 1504 und (106) 437 argumentiert, daß τοΰ παρατυχόντος Neutrum sein müsse (, aufs Geratewohl, planlos, unmethodisch, wie es sich gerade traf'). Wille (283) 63 zeigt sich beeindruckt, bezieht aber nicht Stellung. Die geläufige Bedeutung von πυνϋάνεσϋαί τι (ек) τίνος („ learn something from a person", LSJ s.v.) spricht jedoch gegen Egermanns Interpretation. 310 οίς те αυτός παρήν και παρά τών άλλων... επεξελϋών. Die Meinungen sind geteilt sowohl über die Zweckmäßigkeit von Ullrichs Konjektur (та) пара τών άλλων (dagegen: Wille (283) 63 und Ottervik (177) 221) als auch über die Frage, ob Thukydides (A) nur fremde Berichte oder (B) auch die eigenen Eindrücke überprüft habe. Für (A) entscheiden sich z.B. Hobbes, Heilmann, Roscher (18) 109f, Krüger ad 1., Grundy (20) I 427, Lamb (143) 14, Thibaudet (21) 32, Großkinsky (277) 43ff, 102ff, Pohlenz (10) 288n.l, Patzer (52) 95, Reinhardt (125) 245f, Warner, für (B) z.B. Cl-St ad 1., Horneffer-Strasburger, Cornford (88) 53, Täubler (273) 130 mit n. 39, Weinstock, Hammond (523) 429, De Sanctis (520) 412, Egermann (106), Walter Schmid (280), Wille loc. cit., von Fritz (631) 619. Gomme ad 1. und de Romilly in einer Fußnote zur Übersetzung lassen beide Möglichkeiten offen. Der Aufbau des Satzes (, bei der Aufzeichnung der Fakten verfuhr ich weder . . . noch . . ., sondern . . . ') legt jedoch nahe, daß έτΓίξελϋών zwei, durch те .. . και verbundene Objekte hat.
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herauszufinden, wie sich jedes einzelne genau verhielt 3 1 1 . (3) Dies war mühevoll, denn diejenigen, die bei den einzelnen Handlungen zugegen waren, berichteten über eine und dieselbe Sache nicht dasselbe, je nachdem, auf welcher Seite ihre Sympathien lagen u n d wie gut ihr Gedächtnis war. (4) Mein Buch wird vielleicht den Eindruck erwecken, es sei nicht eben erfreulich anzuhören, weil es vom Mythischen nichts enthält. Wenn jedoch diejenigen, die deutlich in Erfahrung bringen wollen, wie die Ereignisse in der Vergangenheit verlaufen sind u n d wie sie in Z u k u n f t gemäß den Bedingungen menschlicher Existenz einmal wieder so oder ähnlich verlaufen werden, — wenn diese es nützlich finden, wird es mir genug sein. Es ist nicht als ein Schaustück zum einmaligen Hören geschrieben, sondern als ein Besitztum für alle Zeit. (23,1) Unter den Kriegen der Vergangenheit war der größte der Kampf gegen die Perser, u n d doch fiel in ihm in je zwei Schlachten zu Land u n d zur See eine rasche Entscheidung. Dieser jetzige Krieg dagegen war nicht nur von langer Dauer, sondern es traf sich auch, daß in ihm Griechenland solches Leid geschah wie noch nie zuvor im gleichen Zeitraum. (2) Denn weder wurden je so viele Städte erobert u n d entvölkert, teils von den Barbaren, teils in ihren eigenen Kämpfen gegeneinander — einzelne wechselten sogar nach der Eroberung die Bewohner —, noch wurden je so viele Menschen verbannt oder getötet, sowohl wegen des Krieges selbst als auch wegen innerer Parteikämpfe. (3) Was man früher zwar vom Hörensagen berichtete, aber seltener durch Erfahrung bezeugen konnte, wurde jetzt zur Gewißheit: Erdbeben, die nicht nur größere Gebiete heimsuchten, sondern dort auch stärker waren denn je; Sonnenfinsternisse, die in dichterer Folge a u f t r a t e n als man aus der Vergangenheit erinnerte; große Trockenheiten in manchen Gebieten u n d Hungersnöte in ihrem Gefolge; schließlich die pestartige Epidemie, die mit den größten Schaden u n d teilweise vollständige Vernichtung zur Folge hatte. All dies fiel gleichzeitig mit diesem Krieg über Griechenland her. (4) I h n begannen die Athener und die Peloponnesier mit dem A u f h e b e n des dreißigjährigen Friedensvertrages, den sie nach der Eroberung von Euboia abgeschlossen hatten. (5) Weshalb sie diesen a u f h o b e n , dafür habe ich im folgenden vor d e m eigentlichen Bericht die Begründungen u n d die Streitpunkte aufgezeichnet, damit nicht irgendwann einmal j e m a n d sich fragen muß, woraus denn den Griechen ein Krieg von dieser Größe entstanden ist. (6) Die wahrste Ursache, die jedoch am allerwenigsten ausgesprochen wurde, ist meiner Meinung nach die, daß die Athener, indem sie groß wurden und den Spartanern Furcht einflößten, diese dazu zwangen, Krieg zu führen. Die Begründungen aber, die auf beiden Seiten öffentlich dafür genannt wurden, daß man den Vertrag a u f h o b u n d in den Krieg eintrat, waren die folgenden." . . .
Für die Deutung dieser Kapitel ist es wichtig, sich den Begründungszusammenhang gegenwärtig zu halten, in dem sie stehen. Es geht durchweg um die These, daß der Krieg, den Thukydides zu beschreiben unternimmt, größer ist als alle früheren 312 . Der Gang der Argumentation läßt sich schematisch etwa so darstellen: 311 Der Dativ άκρißeipt wird in der Regel (aber vgl. Reinhardt (125) 245f und Heilmann) als Instrumentalis verstanden. Egermann (106) 440ff hat jedoch mit Recht b e t o n t , daß es sich nicht auf die Methode der Untersuchung, sondern auf die Übereinstimmung ihres Ergebnisses mit der Wirklichkeit bezieht, eine Auffassung, die durch die Wortuntersuchung von Kurz (192) bestätigt wird. Vgl. Verdenius (694a) zum ,modalen Dativ' im Ausdruck κρΐναι λάγςο, Becker (609) 113 f u n d den Gebrauch des Adverbs άκρφώς bei Thukydides (I 97,2; 99,1; 134,1 IV 100,2 V 68,2 VI 91,6 VII 49,1 auch VII 87,4 άκρφε'ιρ μεν χαλεπον εζενπεϊν). 312
1 1 , 1 - 2 : έλπίσας ßeyav те έσεσΰαι και αξίολοητώτατον των πρσγεγενημένων κίνησις yäp αύτη δή μεγίστη τοις Έλλησιν ει ενετό κτΧ Vgl. G o m m e (462).
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...
a) Die Machtverhältnisse der Vergangenheit waren nicht geeignet, einen Krieg von dieser Größe entstehen zu lassen, sondern die Voraussetzungen dafür ergaben sich erst nach den Perserkriegen (Kapitel 2-19). b) Daß man gegenteiliger Ansicht sein kann liegt ba) an der Leichtgläubigkeit der Menschen (Kapitel 20), bb) an den Übertreibungen der Dichter und Geschichtenschreiber (21,1). c) Diese gegenteilige Ansicht ist jedoch grundlos, denn ca) meine Darstellung der Vergangenheit verdient wegen ihrer besseren Methode mehr Glauben (21,1): dies rechtfertigt Argument (a); cb) von der Größe des gegenwärtigen Krieges kann man sich aus meiner Darstellung überzeugen (21,2); ihre Zuverlässigkeit wird durch meine Methode verbürgt, die mein Werk für künftige Leser nützlich macht (Kapitel 22); dies rechtfertigt Argument (d). d) Die Größe des gegenwärtigen Krieges kann schon eine summarische Aufzählung all· der Leiden deutlich machen, die mit ihm über Griechenland hereinbrachen (Kapitel 23, 1-3). Die These wird bewiesen, indem der Geringfügigkeit der früheren Machtverhältnisse, aus der gefolgert wird, daß auch keine großen Kriege haben stattfinden können (a), die Länge und die furchtbaren Folgen und Begleitumstände des gegenwärtigen Krieges (d) gegenübergestellt werden. Zwischen die Darstellung der beiden gegenübergestellten Punkte (a) und (d) stellt Thukydides eine methodologische Betrachtung (b, c), die erweisen soll, daß die Darstellung beider Punkte tatsächlich Vertrauen verdient. Diese Betrachtung ist antithetisch aufgebaut: Sicheres Wissen über die Vergangenheit ist schwer möglich (b), denn die Menschen prüfen nicht, was ihnen berichtet wird, und geben es ungeprüft weiter (ba), und schriftliche Darstellungen enthalten aus Rücksicht auf die Erwartungen der Zuhörer Ubertreibungen und Entstellungen (bb). Um sich ein klares Bild zu machen (c), bedarf man der historischen Kritik sowohl an den Zeugnissen der Vergangenheit (ca) als auch an denen der Zeitgenossen (cb). Die Methode nimmt im Beweisgang eine Schlüsselstellung ein: von ihrer Verläßlichkeit hängt es ab, ob der Krieg wirklich durch seine Größe als der würdigste Gegenstand für den Geschichtsschreiber Thukydides erwiesen werden 3 1 3 , und ob dessen Bericht wirklich für die Nachwelt nützlich, „ein Besitztum für alle Zeit", sein kann. Versuchen wir, möglichst genau zu charakterisieren, worin Thukydides die Verläßlichkeit seiner Methode begründet sieht. Er unterscheidet zwischen der Wiedergabe von ,Tatsachen' (Handlungen, Ereignissen, Machtverhältnissen) einerseits und von Reden anderseits. Die Ermittlungen von Tatsachen ist besonders schwierig, wenn es um Ereignisse und Verhältnisse der Vergangenheit geht. Das liegt einerseits an der Eitelkeit der Dichter und Geschichtsschreiber, die der Wirkung beim Pub313
Vgl. Strasburger (645) 63.
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likum die Wahrheit hintansetzen, anderseits daran, daß die Menschen das, was sie über die Vergangenheit hören, keiner „strengen Prüfung" unterziehen: sie nehmen es, so schreibt Thukydides wörtlich, „ungefoltert" voneinander an. Das Wort, das er hier verwendet, άβασανίστως, findet sich in der zeitgenössischen Prosa nur noch in einer Gerichtsrede des A n t i p h o n 3 1 4 ; die „strenge Prüfung" ist das peinliche Verhör des Sklaven auf der Folter. Was die Menschen, wenn sie von vergangenen Zeiten reden, versäumen, ist die Wahrheitsfindung, wie sie vor Gericht üblich ist 3 1 5 . Angesichts dieser nicht behebbaren Mängel der Überlieferung bleibt dem Historiker, der über Vergangenes etwas erfahren will, nur übrig, die sichersten „Zeugnisse" oder „Anzeichen" auszuwählen und aus ihnen seine Schlüsse zu ziehen, eben die Methode, die Thukydides in der sogenannten „Archäologie" und in einigen Exkursen, wie dem über die Peisistratiden, auch anwendet 3 1 6 . Das Kriterium dafür, welche Zeugnisse und Anzeichen sicher sind und welche Schlüsse sie zulassen, bildet bei dieser Methode ausschließlich das Urteil des Thukydides; für die Ergebnisse nimmt er keine absolute Sicherheit in Anspruch, sondern behauptet lediglich, daß die Dinge sich „im großen und ganzen" so verhalten haben. Bei Ereignissen der eigenen Gegenwart entfällt die Unsicherheit der Wahrscheinlichkeitsschlüsse, denn es gibt Augenzeugen, die man befragen kann, und Thukydides kann die „strenge Prüfung" selbst vornehmen, indem er „so weit wie möglich den Dingen nachforscht". Freilich liefern die Augenzeugen keineswegs die Wahrheit: Parteilichkeit und Gedächtnislücken entstellen ihre Berichte. Das Kriterium dafür, „wie sich jedes einzelne genau verhielt", ist wiederum das Urteil des Thukydides, an dessen Zuverlässigkeit er hier (bei der Zeugenbefragung und beim kritischen Abwägen der Antworten) so wenig zweifelt wie ein Empedokles oder Heraklit an der Wahrheit seiner Erkenntnis von Sein und Werden im Gegensatz zu der der übrigen Menschen. Auch in diesem Zusammenhang verwendet Thukydides ein Wort aus der Gerichtssprache: έπβξερχβσ^αι,,nachforschen', bezeichnet die Tätigkeit des Klägers, der den Tatbestand ermittelt und den Schuldigen vor Gericht zieht 3 1 7 . Solche Anleihen — die beiden genannten sind nicht die einzigen in diesem Kapitel 3 1 8 — sind sicherlich nicht ganz zufällig. Was im Volksge314
Antiphon I 13.
315
Vgl. den Einleitungstopos in Antiphon III a 1. Marrou (790) 130f betont die Unterschiede zwischen Historie und „instruction judiciaire". 316
Vgl. Hdt. I 57,1 und oben Anm. 289.
317
έπεξέρχεσδαι für eine gerichtliche Verfolgung: Antiphon I 2 4 II α 2 V 48, Faktenermittlung: VI 49, vgl. Sophokles fr. 833 Nauck.
318 Vgl. etwa εΰνοια , .Parteilichkeit', dazu Antiphon III δ 1, ferner Finden sich Wendungen vom Typ την Ыкр'фечош των πραχΰέντων häufig bei Antiphon, z.B. IV
γ 1 III β 1, 3, 10, γ 3, δ 9 II δ 1 I 13 V 3; 72; 86, την άληύΐίην των
·πρψμάτων
auch bei Hdt. II 119,1. Man wird annehmen können, daß Formulierungen dieser Art
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rieht die Geschworenen festzustellen hatten, war nicht in erster Linie das Strafmaß, das in vielen Fällen vom Gesetz vorgeschrieben war, sondern der Hergang der Ereignisse 3 1 9 . Deshalb sehen sich die Parteien verpflichtet, „vom Anfang an alles zu berichten, was geschehen ist, und nichts auszul a s s e n " 3 2 0 , deshalb ist, gewiß nicht erst seit Anaximenes, die Erzählung der Fakten, über die verhandelt wird, (απαγγελία, διήγησις) fester Bestandteil des Gliederungsschemas, das die Rhetoriklehrer für die Gerichtsrede empfehlen 3 2 1 . Aufgrund der Reden der beteiligten Parteien und der Zeugenaussagen befand das Volksgericht über die Wahrheit — durch Mehrheitsbeschluß. Thukydides hörte die lückenhaften und widersprüchlichen Aussagen der Augenzeugen und entschied danach, „wie sich jedes einzelne genau verhielt", — allein. Die Genauigkeit seines Berichts sieht er gerade dadurch verbürgt, daß er denen, „die bei den einzelnen Handlungen zugegen waren", weniger vertraut als dem eigenen U r t e i l 3 2 2 . Da er aber zugleich für seine Darstellung in Anspruch nimmt, daß sie nicht „nach seinem Gutdünken" geschrieben sei, muß er angenommen haben, daß seine eigene Erkenntnis, gestützt auf die Abwägung der verschiedenen Augenzeugenberichte 3 2 3 , ein gesichertes Wissen ermöglichte. Mochten die Berichte, die er erhielt, und auch sein eigener Eindruck ,subjektiv' — entstellt, ungenau — sein; das Ergebnis seiner Nachforschung und Abwägung gilt ihm als ,objektiv', als — im Rahmen des Möglichen — deckungsgleich mit der Wirklichkeit 3 2 4 . Thukydides beansprucht jedoch für seine Darstellung mehr als „Genauigk e i t " (άκρίβευχ). Die Genauigkeit betrifft das „einzelne". Für den Nutzen seines Werkes ist sie zwar Voraussetzung, aber sie allein begründet ihn nicht. seit den Anfängen der Gerichtsrhetorik im Zusammenhang mit dem Topos .Wahrheitsfindung' geläufig waren; darauf weist auch die fast schon spielerische Behandlung bei Gorgias, Palamedes 35. :! 19 Vgl. Anaximenes, Rhet. 4,3, p. 25, 17f Fuhrmann : οταρ μεν ουν ό νόμος διωρικώς Π τούτο Sei μόνον σκοπεϊν τον κατήγορον δπως έπώείξβ το τιpay μα yeyevrιμένον. 320
Andoc. I 8, vgl. oben Anm. 2 0 5 .
321
Anaximenes, Rhet. 30,Iff, p. 65, 1 Iff Fuhrmann.
322
Vgl. von Fritz (631) 6 1 9 , Ludwig (485) 42ff.
Vgl. Hdt. VII 10 α : τον χρυοόν τον ακτιρατον αυτόν μεν ευ' έωντοϋ ob δ^ινώσκομεν, έπεάνδέ παρατρίψωμεν &\λφ χρυσφ, διοτγινώσκομεν τον άμείνω. 323
Die „Deckungsgleichheit" hat Kurz (192) 7ff als Grundbedeutung von άκρίβεΐα ermittelt. Daß die Überlegung eine gesichertere Erkenntnis ermöglicht als der Augenschein, ist im ausgehenden 5. Jahrhundert ein geläufiger Gedanke, es sei nur an die yvrioill ~γνώμη Demokrits (В 33 D.-Kr.) erinnert. Thukydides soll mit der Formulierung im Text nicht unterstellt werden, er habe seine Darstellung in jedem Punkt als exaktes Abbild der Wirklichkeit verstanden. Das tat er so wenig wie ein moderner Wissenschaftler. „Ich setze keinen Stolz darein, die Spekulation vermieden zu haben", schreibt Sigmund Freud, „das Material für diese Hypothesen ist aber durch die ausgedehnteste und mühevollste Beobachtung gewonnen worden" (Bruchstück einer Hysterie-Analyse, Nachwort, Studienausgabe VI, Frankfurt 1 9 7 1 , 177). Vgl. auch Strasburger (645) 5 0 f. 324
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Vielmehr mißt Thukydides den Nutzen seines Buches an dem Anspruch derjenigen, „die deutlich in Erfahrung bringen wollen, wie die Ereignisse verlaufen sind", wörtlich: die „das Deutliche", „die Klarheit" der Ereignisse ermitteln wollen (των Ύενομένων το σαφές акопеш). „Deutlich" oder „klar" ist für ihn, wie wir gesehen haben 325 , eine Erkenntnis, die sicher ist oder als sicher empfunden wird und die in vielen Fällen, wo er das Wort gebraucht, nicht so sehr im präzisen Erfassen eines einzelnen Tatbestandes besteht wie vielmehr im Verständnis seiner Gründe oder eines größeren Zusammenhanges von Ursache und Wirkung 326 . Daß die hier gemeinte „Deutlichkeit" sich auch und vor allem auf Zusammenhänge (im Gegensatz zu Einzelerscheinungen) bezieht, ergibt sich schon daraus, daß Thukydides sein Werk für das Erkennen „gleicher oder ähnlicher" zukünftiger Ereignisse als nützlich ansieht, denn die Bedingung für eine derartige Übertragbarkeit der Erkenntnis ist, daß über das Einzelphänomen hinaus Regeln oder Regelmäßigkeiten von Verläufen erkannt werden, aufgrund deren eine Analogie zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem möglich wird 327 . Diese Regeln oder Regelmäßigkeiten im Geschehen können nicht Bestandteil dessen gewesen sein, was die Augenzeugen der einzelnen Ereignisse Thukydides berichtet haben, vielmehr sind sie etwas, was Thukydides selbst in den Ereignissen erkennt und durch seine Darstellung dem Leser sichtbar macht. Mithin beruht nicht nur die Genauigkeit seines Berichts, sondern auch dessen Evidenz („Deutlichkeit") auf einer Erkenntnis, in deren Besitz er sich weiß — im Gegensatz zu seinen Berichterstattern, deren Aussagen er mit ihrer Hilfe kritisieren kann; einer Erkenntnis, die übrigens auch dem heutigen Historiker Voraussetzung für seine Arbeit ist. Man wird annehmen müssen, daß Thukydides für die Evidenz seiner Darstellung die Wiedergabe der Reden als ebenso bedeutsam ansah wie die Methode der Wahrheitsfindung bei den Handlungen. Was er über die Reden schreibt, hat zu langen Kontroversen Anlaß gegeben, die wir aber hier um so leichter beiseitelassen können, als der größte Teil von ihnen seine Ursache in zwei methodischen Fehlern hat, die einzeln oder zusammen in fast allen Beiträgen zur Interpretation des .Methodenkapitels' auftauchen: einerseits hat man versucht, die Worte des Thukydides mit bestimmten vorgefaßten Meinungen darüber in Einklang zu bringen, was die Reden sind und was sie sein sollten, und ist so weit gegangen, aus der Differenz zwischen dem Vorurteil und der Aussage des Thukydides, wie man sie verstand, 325
ObenS. 93f, 131 mit Anm. 287.
326
ουκ ίσμ€ν ... το άληΰες avev της αίτιας, Ar. Met. a 993 b 23, vgl. Droysen (776)
151 und oben Anm. 179 zu akqdeiaund „Evidenz". 327 Vgl. Erbse (138b) 400ff, der bei Thukydides „Modelle" von Handlungsabläufen dargestellt findet, in denen er die Rechtfertigung des Nutzens für Spätere (I 22,4) sieht.
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Folgerungen über die verschiedene Entstehungszeit sowohl der Reden untereinander als auch der Reden insgesamt und des ,Methodenkapitels' zu ziehen 328 , anderseits hat man die Aussage des Thukydides mißverstanden, weil man einzelne, wichtige Ausdrücke in einer Weise übersetzte, die lexikalisch nicht möglich ist 3 2 9 . Um die Charakterisierung der Reden richtig zu verstehen, ist es zunächst wichtig, sie im Zusammenhang der übrigen Aussagen des Abschnitts zu sehen. Thema ist die Größe des Krieges: der Leser des Thukydides kann sich aus seinem Bericht über die Vorgeschichte, dessen relative Zuverlässigkeit durch die Methode verbürgt ist, mit der die Tatsachen ermittelt sind, vergewissern, daß es früher ähnlich große Kriege nicht gab. Er kann sich aus dem Bericht des Thukydides, den er vor sich hat, überzeugen, daß der Krieg wirklich groß war, und für die Zuverlässigkeit dieses Berichtes bürgt wiederum die Methode, und zwar die Methode bei der Darstellung ACT Handlungen: aus diesen läßt sich die Größe des Krieges ermessen (άπ' οώτών των έργων 21,2), ihnen (та Э ё р 7 а · · · 22,2) gilt die „mühevolle" Nachforschung, „wie sich jedes einzelne genau verhielt". In diesen Beweisgang ist nun eine Einschränkung eingeschoben. Thukydides sagt nicht einfach: ,die Größe dieses Krieges sieht man an den Handlungen, die in ihm geschehen sind, und die Verläßlichkeit meines Berichts darüber wird durch die Methode der Wahrheitsfindung verbürgt'. Sondern er sagt: ,die Größe dieses Krieges sieht man an den Handlungen. Was die einzelnen gesagt haben, das genau zu erinnern war schwierig, deshalb bin ich so und so verfahren. Was sie dagegen getan haben, ist zuverlässig berichtet, denn dabei habe ich mir alle erdenkliche Mühe gegeben, nämlich nicht so und so, sondern wie folgt. . . ' Für die Wiedergabe der Reden sind die Voraussetzungen nicht dieselben wie für die von Handlungen. Da es im Beweisgang vor allem auf diese ankommt, beschreibt Thukydides jene vorweg 330 , um dann für diese nicht nur zu sagen, wie er verfahren ist, sondern auch, weshalb er so verfahren ist. Die Erörterung der Reden konzentriert sich, wie die der Handlungen, auf die Frage nach der Genauigkeit ihrer Wiedergabe; die Voraussetzungen dafür sind anders, aber nicht weniger schwierig. Weder für Thukydides noch für seine Berichterstatter war es möglich 331 , „in allen Einzelheiten genau 328 So vor allem Pohlenz (43), akzeptiert von Schadewaldt (44), Powell (278) und neuerdings auch von Andrewes (382); eine späte Fortentwicklung dieser Theorie bei Longo Rubbi (54 und 55). Man hat dagegen mit unzureichenden Gründen polemisiert (Brauer (287) 12f); das schlagende Gegenargument hat jedoch schon Eduard Meyer (19) 274. 329
Das gilt vor allem für die Worte της ξυμπάσης γνώμης, s.u. S. 147ff. 330 vgl. Schmid (280) 227: „Der Doppelsatz ist auf die ёруа hin orientiert." 331 Für xaXerrov = „unmöglich", vgl. Herbst bei Cl-St ad 1. und Solon fr. 5,11 D 3 :
еруцааш έν μβγάλοις πάσιν аЬеа> χαλεπόν. 144
in Erinnerung zu behalten" 3 3 2 , was gesagt wurde. Das Problem stellt sich für die Aufzeichnung gesprochener Rede allgemein. „Die geschilderten Dialoge", schrieb 1945 der Rechtsanwalt Dr. Joachim Lingenberg über ein Gedächtnisprotokoll einer Gerichtsverhandlung, die er im August 1944 miterlebt hatte , „stellen naturgemäß eine komprimierte Darstellung der Exzesse dieser Hauptverhandlung dar . . . Was in meinem Schriftstück aber steht, hat sich in dieser Form, jedenfalls in dem Sinne, in etwa auch dem Wortlaut nach abgespielt." Ging es auch Thukydides um den Wortlaut der Reden 334 ? Dagegen spricht nicht nur der Stil der Reden, die er selbst verfaßt hat 335 , sondern auch die Betrachtung der Lage, in der er schrieb, der Erwartungen seiner Leser und schließlich seines möglichen Interesses im Vergleich zur Motivation der Aussage Lingenbergs. Dieser war Zeuge eines Verfahrens, in dem im Namen des Volkes Unrecht gesprochen wurde; seine Situation ist vergleichbar mit der des Thukydides, wenn er die Zerrüttung der politischen Verhältnisse durch den ins Extrem gesteigerten Parteikampf am Beispiel der Umdeutung von Wertbegriffen schildert. Das von Amts wegen verkündete Unrecht wird in den Worten sichtbar, mit denen es ausgesprochen wird; dies zu zeigen war eines der Anliegen Lingenbergs, so wie später Peter Weiss in der „Ermittlung" versucht hat, die monotonen Rechtfertigungen von höherer Dienststelle verordneter Morde wortgetreu aufzuzeichnen. Dies sind Extremfälle, in denen die wörtliche Protokollierung ihren eigenen Sinn und Zweck hat. Für Thukydides lag die Sache anders. Für ihn kam es auf die Argumente an, mit denen die Handelnden ihre Pläne oder Taten begründeten oder rechtfertigten. Der Wortlaut der Reden war nicht von Bedeutung; es war auch — von möglichen Ausnahmen abgesehen — rein technisch nicht möglich, seiner habhaft zu werden. Gewiß hat zu seiner Zeit der Kläger oder Angeklagte, der sich von Antiphon oder Lysias seine Rede verfassen ließ^ diese auswendig gelernt. Aber das war mühsam und 332
διαμνημονεύοαι: vgl. für die Bedeutung Antiphon V 54. Es besteht kein Grund, hier mit LSJ s.v. die Bedeutung .mention, record' anzunehmen: eine Aufzeichnung kam wohl in den seltensten Fällen in Frage. 333 Zitiert bei Benedicta M. Kempner, Priester vor Hitlers Tribunalen, München 1966, 131. 334
Dies ist oft als selbstverständlich angenommen worden, vgl. etwa Creuzer (627) 276, Böhme, Schmid (280) 227 nach Pohlenz (43) 1 1 1 7 etc., Brauer (287) 9, Täubler (273) 130, Peter (639) 119f, Hudson-Williams (149) 79, Toynbee (646) 40f, Luschnat (39) 1180f, „den Wortlaut", Horneffer, „den genauen Wortlaut", Horneffer-Strasburger, usw. Eine Begründung versucht Patzer (52) 36 mit n. 80; daß ακρίβεια bei der Wiedergabe einer Rede nur wörtliche Treue bedeuten könne, setzt er jedoch schon voraus. 335 Vom Stil ist im .Methodenkapitel' nicht die Rede (vgl. Grube (615) 36); es ist jedoch seit Cicero (Orator 9,30) oft darauf hingewiesen worden, daß die thukydideischen Reden wegen ihrer Kompliziertheit zum öffentlichen Vortrag völlig ungeeignet sind und mithin eine wörtliche Wiedergabe sein Ziel nicht gewesen sein kann, vgl. Ed. Meyer (19) 382, Finley (30) 259ff, Strasburger (434) 12f und Andrewes (382) 68ff.
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langwierig, wie etwa das Wechselgespräch zwischen Sokrates und Menexenos in Piatons Dialog zeigt 336 : Menexenos will nicht recht glauben, daß Sokrates die Rede, die Aspasia ihm gestern vorgetragen hat, wiederholen könne, und Sokrates selbst zögert, damit herauszurücken: „meine Lehrerin könnte mir böse sein, wenn ich von ihrer Rede abwiche". In einer ähnlichen Situation im „Phaidros" vermutet Sokrates — mit Recht, wie sich herausstellt —, daß Phaidros die von ihm bewunderte Rede des Lysias zuerst viele Male angehört und sich dann das Manuskript ausgeborgt habe, um sie auswendig zu lernen 3 3 7 . Thukydides wird also schwerlich auch nur die Möglichkeit erwogen haben, jemand könne erwarten, daß er Reden im originalen Wordaut wiedergebe, um so weniger, als ein solches Verfahren auch dort nicht üblich war, wo man es nach heutigen Maßstäben vielleicht erwarten könnte: in der Volksversammlung. Hansard oder die Protokolle des Deutschen Bundestages, wo auch Zwischenrufe und „Heiterkeit bei der Opposition" sorgsam aufgezeichnet sind, bieten keine Parallele zu der Art, wie man zur Zeit des Thukydides in Athen verfuhr. Das Formular der aufgezeichneten Volksbeschlüsse, die wir kennen, ist äußerlich ein Sitzungsprotokoll. Nach der Datierung folgen die einzelnen Wortmeldungen: „Erasinides sagte . . . Diokles sagte . . . Eudikos sagte . . . " 3 3 8 Dem Wort, „sagte" folgt dann jedoch keineswegs der Wortlaut dessen, was die einzelnen Redner gesagt haben 3 3 9 , sondern lediglich die Anträge, die hernach von der Volksversammlung beschlossen worden sind. Wenn jedoch in Urkunden, in denen es auf genaue Wiedergabe des Antrags und Beschlusses ankam, kein Wert auf den Wortlaut gelegt wurde 3 4 0 , dann erscheint es so gut wie ausgeschlossen, daß Thukydides bei den Lesern seiner Reden mit einem solchen Anspruch gerechnet hat 3 4 1 . 336
Mx. 236 bc. Man vergleiche das Gespräch zwischen Terpsion und Eukleides zu Beginn des Theaitet (142 d - 143 a) über die Entstehungsgeschichte von Eukleides' Manuskript: άτάρ τίνες ήσαν oi λόγοι; βχοις αν δαγγήσασ^αι; — Ob μά τον Δία, ούκουν οντω γε άπό στόματος, άλλ' έγραψάμην μεν τότ' ευδύς οϊκαδ' έλ&ών υπομνήματα κτλ. 337 Phdr. 227 d — 228 с. Es sei noch darauf hingewiesen, daß der Euripides-Fanatiker Dionysos in den .Fröschen' die Andromeda an Deck nicht etwa rezitiert, sondern liest, Aristophanes Ran. 53. 338
Meiggs-Lewis (537) Nr. 85 (= IG I 2 110 = Tod 86).
339 So folgen selbst die Anträge der genannten Herren in unserem Beispiel nicht verbatim, sondern in indirekter Rede.
MO Vgl. hierzu Klaffenbach (535) 20 und 34ff, Habicht (566) 31. Auch die Skepsis Piatons kann nicht aus der Luft gegriffen sein:'*E5o£e\ TOü φησιν, 'rfj βουλή ή 'τώ δήμω' ή άμφοτέροις, και ος και'ος ebtev' . . .έπειτα λέγει δή μετά τοϋτο, έπιδεικνύμενος τοις επαινέταις τήν εαυτού σοφίαν, ενίοτε πάνυ μακρόν πουηοάμενος σύγγραμμα· ή σοι άλλο τι φαίνεται τό τοιούτον ή λόγος συγγεγραμμένος; — Ουκ εμοιγε (Phdr. 258 a, Text nach Burnet). 341 Es mag nicht ganz unnütz sein darauf hinzuweisen, daß auch die Texte von Reden professioneller Redner oder Verfasser von Reden wie Lysias, Demosthenes oder später
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Wir können demnach annehmen, daß mit der Formulierung „in allen Einzelheiten" — wörtlich: „die Genauigkeit selbst" (dessen, was gesagt wurde) — „genau in Erinnerung behalten" nicht der Wortlaut, sondern vielmehr die Argumentation des jeweiligen Sprechers im einzelnen gemeint ist. Es war notwendig, diese Frage ausführlich zu behandeln, weil das Verständnis dessen, was Thukydides positiv über sein Verfahren bei der Wiedergabe der Reden aussagt, wesentlich davon abhängt, was er vorher ausschließt. Müßte man annehmen, daß er nur die wörtliche Wiedergabe ausgeschlossen hat, so wäre zumindest die Möglichkeit zu prüfen, ob in seiner positiven Aussage eine enge Anlehnung an die Details der Argumentation des jeweiligen Redners gemeint sein kann. Hat er dagegen — wie es nach unserer Meinung wahrscheinlich ist — diese letztere gerade als unmöglich bezeichnet, so erscheint unter anderem auch das Problem, in welchem Maße er eine „Authentizität" seiner Reden behauptet habe, in einem anderen Licht. Bei der positiven Aussage über das, was die Reden in der thukydideischen Fassung enthalten, stößt die Interpretation auf eine Schwierigkeit, deren Lösung — so, wie sie uns plausibel erscheint — wir in der obigen Ubersetzung bereits vorweggenommen haben. Wörtlich schreibt Thukydides über seine Reden, nachdem er die Schwierigkeit der Erinnerung an die Details des wirklich Gesprochenen konstatiert hat, folgendes: „ . . . wie aber die einzelnen über das jeweils Gegenwärtige am ehesten das Notwendige gesagt zu haben mir schienen, der ich möglichst eng an der ganzen (oder: gesamten) Absicht (oder: Meinung) dessen festhielt 2 , was in Wahrheit gesagt wurde, so ist es formuliert" (I 22,1 fin.).
Für die Interpretation dieser Worte ergeben sich aus dem Kontext zwei Voraussetzungen. Erstens steht die gesamte Aussage über die Reden im Kontrast zu der über die Wahrheitsfindung bei den Handlungen: für diese hat Thukydides die größte überhaupt mögliche Verläßlichkeit angestrebt, bei jenen ist die Genauigkeit der Wiedergabe vergleichsweise geringer. Zweitens mißt Thukydides die Reden, die er verfaßt hat, daran, wie die einzelnen Redner in ihrer je besonderen Situation wirklich argumentiert haben: sich daran im Detail zu erinnern, sagt er, war weder meinen Gewährsmännern noch mir selbst möglich. Da dies nicht möglich war, sind in der Formulierung der Reden zwei Komponenten vereinigt. Die eine ist eine idealtypische Konstruktion: Thukydides hat gefragt, was die einzelnen Redner über ihre jeweilige Situation haben (oder: hätten) sagen müssen — wie sie unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Umstände gesprochen hätten, um zu erreichen,
Cicero, soweit ihre Autoren selbst sie veröffentlichten, nicht etwa den .authentischen' Wortlaut gehaltener Reden darstellten, vgl. Dover (681) 194f. 342
Zu
έ'χβσΰοα: Τίνος,
.festhalten an', vgl. Patzer (52) 42f und Schmid (280) 228n.3.
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was sie beabsichtigten 343 . Er hat die Frage, wie er vermerkt, nach seinen eigenen Kriterien („mir schienen") beantwortet 344 . Die andere Komponente ist das „Festhalten" an einem Bestandteil dessen, was die einzelnen ,wirklich' 345 gesagt haben; in der näheren Bestimmung dieses Bestandteils liegt die oben erwähnte Schwierigkeit 346 : Sie besteht konkret in der Deutung der Worte της ξυμπάσης γνώμης, ,der ganzen (oder: gesamten) Absicht (oder: Meinung)', und der einzige erfolgversprechende Weg zu einer Lösung ist der, zu fragen, was nach dem Sprachgebrauch des Thukydides damit gemeint sein kann. Da die Verbindung beider Wörter singular ist, empfiehlt es sich, zuerst jedes für sich zu betrachten. Das Wort ξύμπας gebraucht Thukydides im Zusammenhang mit Summen einzelner Teile 347 , häufig mit Zahlenangaben; ferner zur Bezeichnung einer Gesamtheit im Gegensatz zu ihren Teilen 3 4 8 : ganz Griechenland im Unter343
So haben auch die antiken Thukydideserklärer die Aussage verstanden. Dionys
umschreibt sie (De Thucydide 36) mit τοις ττροσώττοις πράττοντας και τοις πρά-γμασιν οικείους, Lukian fordert (hist, consr. 58, o f f e n b a r in Anlehnung an Dionys, vgl. Homeyer (662) ad 1.) für die Reden: μάλιστα μέν έοικότα τφ προσώπω και τω
πράγματι οίκβία \еуέσ&ω. 344
Daß mit έδόκουν μοι ein Element subjektiven Urteils ins Spiel gebracht wird, ist angesichts des Ausschlusses eben dieses δοκεϊν für den Tatsachenbericht nicht zu bezweifeln. Das subjektive Urteil bleibt jedoch durch die Verknüpfung des „ N o t w e n d i g e n " mit den jeweiligen Umständen eingeschränkt, wie zuletzt von Fritz (631) Anmerkungsband 281 n.3 wieder b e t o n t hat. Für τά δέοντα vgl. besonders Täubler (273) 92f, Patzer (52) 37ff und Finley (30) 95ff. 345 Mit Schmid (280) 225n2. und gegen Pohlenz (10) 2 8 6 n . l sehe ich in άληύώζ keine „starke Betonung" der „historischen Realität", sondern nur die Markierung des Unterschieds zwischen den von Thukydides niedergeschriebenen u n d den wirklich gehaltenen Reden. Ganz sicherlich kann man aus τών άληάώς λεχϋέντων nicht die Anspielung auf eine „höhere Wahrheit" oder „höhere Wirklichkeitsebene" lesen, die manche Autoren darin gefunden zu haben glauben (Peter (639) 122, Erbse (96) 56ff, implizit auch Reich (370) 104n.2). 346 Schon V o r j a h r e n hat de Romilly (103) 41 die unübersehbare und ständig wachsende Literaturflut zu Kapitel I 22 beklagt. Birons Worte über die Wissenschaft (Love's Labour's Lost I 1) sind hier angebracht: Light, seeking light, d o t h light of light beguile: So,ere you find where light in darkness lies, Your light grows dark by losing of y o u r eyes. So erklärt sich die resignierte Skepsis mancher neuerer Autoren: „he seems to promise that he will in some sense follow what the actual speakers said" (Andrewes (382) 64f). Dabei ist, wie sich zeigen wird, die Schwierigkeit weitgehend den Bemühungen der modernen Erklärer und Übersetzer zu verdanken, nicht Thukydides selbst.
3 " Vgl. I 10,2; 100,3; 107,5; 118,2 II 60,6; 65,3; 78,4; 100,2 III 67,7; 68,4; 92,2; 9 5 , l f i n . ; 97,1; 116,2 IV 39,1; 44,5; 72,2; 124,1; 129,3 V 3,4; 6,5; 26,1 VI 2,1; 18,5;
25,2; 33,3; 43; 65,3; 67,2; 90,3 (bis)·, 98,1 VII 11,3; 24,2; 28,2; 30,2fin.; 33,3; 56,4; 71,7; 72,4; 75,5; 80,2; 87,4 VIII 7fin.; 26,3; 42,5; 63,2; 72,1; 91,1; 100,3 103,1. з4« Vgl. außer den im Text zitierten Stellen I 82,6; 122,2 II 64,3; 99,6 III 62,4 IV 61,1; 64,4; 73,4; 87,5; 6 V 68,2 VI 2,3; 23,4; 32,1; 34,4; 67,3; 83,2; 102,4 VII 42,5; 64,2 VIII 96,4. Die Opposition ist vor allem als Redentopos häufig.
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schied zu den einzelnen Stämmen (I 3,2-4), eine ganze Stadt im Gegensatz zu den einzelnen Parteien (VI 39, 1-2; 40,1; 41,2) oder zu den einzelnen Bürgern und ihren Interessen (II 60,2; 65,4) 3 4 9 ; schließlich auch für das Allgemeine (Ganze) im Gegensatz zum Besonderen (Einzelnen): Die Athener beantworteten das spartanische Ultimatum gemäß der Meinung des Perikles, „sowohl im einzelnen, wie er es gesagt hatte, als auch im Ganzen" (I 145); Perikles hat sowohl die Grundsätze ihrer Politik bestimmt als auch deren konkrete Ausführung in diesem Fall. In einem solchen Sinne findet sich der Ausdruck insbesondere in Reden, wenn die Redner ihre Argumente auf eine Formel zu bringen suchen 350 : „In der kürzesten Zusammenfassung sowohl des Allgemeinen als auch des Besonderen" 3 5 1 , schließen die Gesandten aus Kerkyra ihre Rede vor den Athenern (I 36,3), „•mag euch folgendes lehren, unser Angebot nicht auszuschlagen: es gibt drei Flotten in Griechenland, die der Rede wert sind, die eure, die unsere und die korinthische. Wenn ihr zuseht, wie zwei von diesen vereint werden und die Korinther sich unser bemächtigen, ehe (ihr etwas unternehmt), so werdet ihr zur See gegen die Peloponnesier und Kerkyraier zugleich kämpfen. Nehmt ihr dagegen unser Angebot an, so vermehrt sich die Zahl der Schiffe, die ihr im Kampf gegen sie einsetzen könnt, um die unseren."
Mehrfach beginnen solche Zusammenfassungen mit der Wendung то ζύμπαν ehnelu, ,um es mit einem Wort zu sagen', oder einfach τό ξύμπαν, ,mit einem Wort', ,alles in allem'. In ähnlicher Weise führt der Autor der hippokratischen Schrift „über die Kunst" seinen allgemeinen Beweis für die Existenz der Medizin als Wissenschaft ein: 352 „Meiner Ansicht nach gilt grundsätzlich (τό μεν ούμποιν), daß es keine Wissenschaft gibt, die nicht existiert. Denn es wäre auch widersinnig anzunehmen, daß von den seienden Dingen etwas nicht ist."
Man wird annehmen können, daß das Wort ξύμπας auch in dem Satz, den wir zu verstehen suchen, eine Bedeutung dieser Art hat. Es war Thukydides nicht möglich, die Einzelheiten der Argumentation des jeweiligen Redners in Erinnerung zu behalten oder zu erfahren; er hat sich also die γνώμη der Reden in ihrer zusammengefaßten Gesamtheit, und insofern auch: im Grundsätzlichen, im allgemeinen gehalten. Freilich darf man dies nicht mißverstehen. Das Allgemeine (Ganze) ist nicht „ungefähr", nicht weniger präzis als das einzelne 353 , sondern es ist das Wesentliche, aus dem sich die 349 Vgl. schon Hes. op. 240. 350 Vgl. IV 63,2; 64,3 VI 37,2fin. VII 49,3; 77,7 in Reden, auch I 138,3 und III 9 2 , 4 , Aesch. Ε um. 4 1 5 , Hdt. II 91,1 VII 143,3 usw. 3si D i e Worte τοις те ξύμπασι και καϋ' βκαστον werden von Landmann und Vretska nach Cl—St ad 1. auf die angeredeten Athener bezogen. Das ist, wie schon Krüger ad 1. gesehen hat, nicht richtig. Vgl. Hobbes—Grene, Jowett—Brunt, Horneffer—Strasburger, de Romilly. 352 Hp. de Arte 2. 353 So Jaeger (601) I 489: „ihren ungefähren Gesamtsinn". Die Nuance des Unpräzisen, ungefähr Angenäherten erscheint besonders häufig in englischen Ubersetzungen, in denen ξυμπάσης meist mit „general" wiedergebenen wird (eine der wenigen mir bekannt ge-
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Einzelheiten ableiten oder dem sie untergeordnet sind. So in der Rede der Gesandten aus Kerkyra: das machtpolitische Argument ist der Ausgangspunkt, von dem alle übrigen einzelnen Erwägungen letztlich abhängen. Ähnlich zeigt sich das Verhältnis des „Ganzen", Allgemeinen, zum einzelnen, Besonderen, in den Worten, mit denen Thukydides seine Beschreibung der Epidemie in Athen charakterisiert 354 : „Die Krankheit also — wenn man vieles andere Befremdliche beiseite läßt, das bei jedem einzelnen zufällig dem einen so und dem anderen anders geschah, — war in ihrer gesamten Form (enl πάν την ideav) von dieser Art."
Diese Bedeutung von ξύμπας ist im Deutschen nicht leicht wiederzugeben. Bei .allgemein' stellt sich — ähnlich wie beim englischen Wort,general' — leicht die Assoziation zu ,im großen und ganzen', ,ungefähr' her, die aber, wie wir gesehen haben, gerade nicht erwünscht ist. Das Wort ,ganz' hat die passende Bedeutung zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch gehabt: Friedrich Schlegel kann 1797 den „ganz gültigen Dichtarten" das gegenüberstellen, „was η u r für classische oder nur für progressive P(oesie) gilt"; Georg Friedrich Creuzer kann in seiner „Historischen Kunst der Griechen" von 1803 ζύμπας noch mit „ganz" übersetzen 355 . Inzwischen ist das Wort jedoch in seiner Bedeutung so verblaßt, daß es mißverständlich wäre, Creuzers Ubersetzung zu übernehmen; es bleibt also nichts übrig, als sich mit insgesamt' oder zusammengesetzten Worten mit dem Präfix ,Gesamt-' zu behelfen, so wenig befriedigend diese Lösung ihrerseits ist. Über */νώμη gibt es, im Gegensatz zu ξύμπας , umfangreiche und förderliche Untersuchungen, auf die wir hier zurückgreifen 356 . Die Grundbedeutung, ,Erkenntnis', ist in fast allen ,abgeleiteten' Bedeutungen noch latent vorhanden; daraus ergibt sich insofern eine Übersetzungsschwierigkeit, als dies bei den Entsprechungen der ,abgeleiteten' Bedeutungen in modernen Sprachen nicht immer der Fall ist. Die wichtigsten abgeleiteten' Bedeutungen sind 357 : wordenen Ausnahmen bei Brunt (104) 824: „total intent"); die Folgen werden sichtbar, wenn Walbank (367) 3f sich genötigt sieht, gegen die aus dieser Übersetzung abgeleitete Folgerung zu polemisieren, die Reden seien frei erfunden. 354
II 51,1.
355
Friedrich Schlegel, Fragmente zur Litteratur und Poesie, in: F.S., Literary Notebooks, ed. H.Eichner, London 1957, 19. Creuzer (627) 276. Snell (187) 34ff, Patzer (52) 4 4 f f , Meyer (184), Muri (93) 2 5 7 - 9 , Zucker (190) 1063f, Huart (182) 304ff, der außerdem eine gesonderte Untersuchung über -γνώμη bei Thukydides und seinen Zeitgenossen ankündigt. Belegstellen finden sich in den zitierten Arbeiten in so reicher Zahl, daß hier darauf verzichtet werden kann. 357 γ ο η speziellen und selten vorkommenden Bedeutungen wie ,Erkennungszeichen' wird hier abgesehen. Die folgende Aufgliederung entspricht der Notwendigkeit, sich beim Übersetzen für den jeweils dominanten Ausschnitt des breiten und komplexen .Wortfeldes' eines Wortes zu entscheiden, dem im Deutschen kein einzelner Begriff entsprechen kann. Es wurde oben (S. 4 3 ) bereits bemerkt, daß die beiden Hauptkomponenten von 'γνώμη, Erkenntnis und Wille, sich im griechischen Sprachge-
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a) die Fähigkeit zu erkennen, ,Intelligenz', ,Vernunft', bei Thukydides häufig mit τύχη, .Zufall', und οργή, ,Leidenschaft', kontrastiert; im weiteren Sinne auch allgemein die geistig-seelische Konstitution eines Menschen 3 5 8 ; b) das Resultat der Erkenntnis im Sinne von ,Gedanke', .Meinung', ,Urteil', entsprechend dem lateinischen sententia, und wie sententia insbesondere die öffentlich, etwa in der Volksversammlung vorgetragene Meinung, deshalb auch ,Rat', .Antrag', ferner als terminus technicus in der Rhetorik die treffend zugespitzte Formulierung des Urteils, die ,Sentenz' oder, wie Lessing es noch ausdrückte, ,Moral'; c) das Resultat der Erkenntnis im Sinne von ,Entschluß', ,Absicht', ,Vorhaben'. Versucht man, diesen Katalog in eine Beziehung zu der Formulierung zu bringen, um deren Deutung es uns geht, so zeigt sich ein wichtiger Unterschied: bei allen aufgeführten Bedeutungen kann das Subjekt oder der Inhaber der γνώμη nur eine Person sein, nicht eine Sache oder — wie in I 22,1 — ein T e x t 3 5 9 . Wenn dies, wie es, soweit wir feststellen konnten, der Fall ist, für die gesamte klassische griechische Literatur gilt 3 6 0 , dann ist eine vorstellbare — und in der Tat für den in Frage stehenden Satz häufig angenommene 3 6 1 — Bedeutung von γνώμη nämlich ,Inhalt' der Rebrauch nicht so voneinander trennen lassen, wie es beim Ubersetzen u n d bei der Klassifizierung von .Bedeutungen' notgedrungen geschehen m u ß . Daß sie auch in den im folgenden aufgeführten einzelnen .Bedeutungen' in der Regel beide enthalten sind, zeigen die Fälle „ A n t r a g " u n d „ S e n t e n z " sehr klar: der intellektuelle Aspekt Uberwiegt zwar, aber sowohl im Beschlußvorschlag als auch in der paränetischen Sentenz ist ein starkes voluntatives Moment enthalten. 358 Diese weitere Bedeutung ist besonders häufig im Corpus Hippocraticum. Herrn Dr. A. Papanikolaou sei auch hier für die Übersendung der Belegstellen aus dem Thesaurus Linguae Graecae gedankt. 359 So richtig Schmid (280) 229, der auch die unten zitierte Stelle VIII 90,3 anführt, aber zu anderen Folgerungen k o m m t . 360 yi/ώμη wird selten im Zusammenhang mit Texten und deren Wiedergabe gebraucht. Wo dies jedoch der Fall ist, zeigt sich deutlich, daß nicht der Inhalt des Textes gemeint ist, sondern die Absicht oder Gedanken des Autors. Vgl. Xen. Mem. II 1,34: OVTCJ
πως διώκει ΐΐρόδικος την im' 'Αρετής Ηρακλέους παίδευσα*· εκόομηοε μέντοι τάς γνώμας
ετ ι μεγαλεωτέροις
ρήμασιν ή εγώ
vw — ,er hat seine Gedanken mit
noch großartigeren Worten ausgeschmückt als ich sie jetzt gebrauche'. Schmid (280) 229n.4 zitiert für die von ihm angenommene „abgeblaßte" Bedeutung von γνώμη Philostrat, Imagines I 1, wo es heißt: οίοϋάπου της Ίλιάδος την γνώμην, εν
οίς 'Όμηρος ανίστησι μεν τον 'Αχιλλέα en τ φ ΙΙατρόκλω, κινούνται δε οι ϋεοί πολεμεΐν αλλήλοις . Der Ausdruck Ιλιάδος την γνώμην bedeutet aber eben nicht, wie Schmid will, den „Inhalt der Ilias", sondern die vermutete allegorische Absicht Homers. Die Übertragung ist ähnlich wie in Aristoteles, Poetik 2, 1448 a 16—18:
αυτή be τχι διάφορη και ή τραγωδία
προς την κωμωδία ν διέστηκενή
μεν
yap χείρους, ή δε βελτίους μιμεϊσΰαι βούλεται των νϋν. Noch in der Suda wird übrigens γνώμη definiert als ή βουλή και ή προαίρεσις. 361
Die Übersetzung .Inhalt' findet sich vor allem bei älteren Autoren, z.B. Roscher (18) 155, Krüger ad 1., Cl-St ad 1., Büdinger (63) III 29, Blass (666) 233, Lange (497)
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den, lexikalisch nicht möglich. Dasselbe gilt für ,Sinn' und ähnliche Ausdrücke zumindest insoweit, als darunter — ähnlich wie m i t , I n h a l t ' — eine mit dem Wortlaut zwar nicht unlösbar verbundene, aber doch irgendwie aus ihm ex post abstrahierte Komponente des authentischen, gesprochenen Textes verstanden wird 3 6 2 . Hätte Thukydides etwas derartiges ausdrücken wollen, so hätte er vermutlich nicht γ ν ώ μ η ς , sondern διανοίας geschrieben. So ermahnt der Sprecher der lysianischen Rede gegen Theomnestos 3 6 3 in einem Beleidigungsprozeß seine Richter: „Meiner Ansicht nach, meine Herren Richter, darf der Streit für Sie nicht um die Worte gehen, sondern um ihren Sinn (διανοίας); Sie alle wissen, daß wer jemanden getötet hat, auch ein Mörder ist, und wer ein Mörder ist, auch jemanden getötet hat."
Die Beweisführung in dieser Rede, die auf dem Zusammenhang zwischen dem ,Sinn' von Wörtern und der Absicht des Sprechers — des Angeklagten und, in den zahlreichen Beispielen, des Gesetzgebers — aufgebaut ist, gibt uns einen Hinweis auf die Richtung, in der die Deutung von γ ν ώ μ η in unserem Text zu suchen ist. Auch im Deutschen spricht man von der „Gesamttendenz, so wie der vorliegende Text und seine Wirkungsabsichten angelegt sind" 3 6 4 , und meint damit die Absichten des Verfassers, die sich am Text ablesen lassen. Thukydides berichtet VIII 90,3 von einer Befestigungsmauer, die die athenischen Oligarchen im Piräus anlegen ließen. „Die γ ν ώ μ η der Mauer", schreibt er, „war, wie Theramenes und seine Anhänger sagten, die folgende ...". Es handelt sich hier unzweifelhaft um die Absicht, nicht der Mauer selbst, sondern derjenigen, die sie bauen lassen. Eine ähnliche Übertragung eines Gedankens von seinem Subjekt auf dessen Handlung oder ihr Ergebnis liegt vor, wenn Thukydides die Athener zu den Meliern sagen läßt: „Die Verhandlungen finden offenbar deshalb nicht vor der Menge statt, damit nicht die Vielen durch eine einmalige, zusammenhängende Rede von uns, in der sie Tendenziöses und Unüberprüfbares hören, betrogen werden — wir erkennen nämlich, daß unsere Führung vor die Wenigen dies meint" (ÖTl TOÜTO φρονεί ...ή...άγωγή, V 85). 622, Busolt (515) 672, Aly (144) 367, Brauer (287) 9, Horneffer (korrigiert in .Gedankengang' bei Horneffer-Strasburger). 362 ,Sinn', ,sense',,meaning', ,tenor' sind die relativ häufigsten Ubersetzungen insbesondere bei neueren Autoren, vgl. etwa Böhme, Jebb (357) 390, Forster Smith, Abbott (25) 41, Cornford (88) 53, Ritter (642) 15, Taeger (22) 17, Täubler (273) 130, Jacoby (636) 18, Jaeger (601) I 489, Gomme (361) 160, De Sanctis (520) 423, Kirk (290) 125, Hudson-Williams (389) 162, Else (374) 153, Hommel (364) 153, Warner, Levi (664) 309f, Chambers (81) 142, Green (781) 69, Bradeen (438) 161, Jones (554) 65, Landmann, Hammond (523) 430, Quinn (440) 257n.5, Wallace (111) 252, Bowra (595) 183, Vretska, Ehrenberg (527) 358. 363 Lys. X 7 (Hudes Text mit Augers Ergänzung aus Lys. XI 3), vgl. PI. Phdr. 228 d, Lys. 205 ab, Crat. 418 a. Anders als "γνώμη kann sententia auch ,Sinn' heißen, vgl. Lukrez IV 561 (verborum sententia), Dig. 50. 16. 6. 1 etc. 364
Joachim Kaiser, Oberammergaus „Passion 1970", Süddeutsche Zeitung vom 19. Mai 1970, S. 25.
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Wir können danach schließen, daß mit 'γνώμη in der Aussage über die Reden I 22,1 die Absicht oder Meinung der jeweiligen Redner gemeint ist, die den wirklich gehaltenen Reden zugrundelag. Es geht also in der gesamten Aussage über die Reden nicht — hierin bestätigt sich unsere Annahme zu der Frage, ob Thukydides an eine wörtliche Wiedergabe gedacht haben kann — um die mehr oder weniger getreue Reproduktion eines .authentischen' Textes 3 6 5 , sondern um das Verhältnis der thukydideischen Reden zu den Gedanken und Argumenten der Handelnden, die als Redner auftreten. Diese hat Thukydides nicht ,,in allen Einzelheiten genau" in Erfahrung bringen können, aber doch „insgesamt" im Grundsätzlichen, Allgemeinen, von dem die Einzelheiten abhingen 366 . Was ergibt sich daraus für das Verständnis des Kapitels im ganzenPThukydides handelt von der Zuverlässigkeit seiner Methode 367 . Er unterscheidet zwei Bereiche des historischen Geschehens, für deren Schilderung unterschiedliche Vorbedingungen gelten und deshalb unterschiedliche Verfahren notwendig sind. Bei den Handlungen führt trotz der Unvollständigkeit, Befangenheit und Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen die sorgfältige Nachforschung, gestützt auf das Urteil des Geschichtsschreibers, zu gesichertem Wissen. Bei den Reden ist das Detail der Argumentation der Erinnerung unwiederbringlich verloren. Es gibt jedoch Anhaltspunkte, 365 Die Diskussion um die .Authentizität' der Reden von Hehn (355) bis Rohrer (365) bleibt weitgehend in der Antithese der .urkundlichen' (und damit nach dem Verständnis des 19. J a h r h u n d e r t s notwendig: wörtlichen) Wiedergabe einerseits u n d der faute de mieux gewählten, weniger präzisen Ersatzlösung oder auch der .Willkür' freier Komposition anderseits befangen. Die Antithese ist jedoch für die antiken Verhältnisse nicht brauchbar, wie Klaffenbach (vgl. oben A n m . 340) für die Urkunden u n d Dibelius (363) für die Reden dargelegt haben. Daß Thukydides gelegentlich einzelne Formulierungen aus Reden, die er mit anhörte, wörtlich übernommen hat (so zuletzt von Fritz (631) Anmerkungsband 282f), ist nicht auszuschließen; im .Methodenkapitel' wird jedoch dies Problem überhaupt nicht berührt. 366 Wenn für ζύμπασΰί ~/νώμη ein möglichst kurzer Ausdruck gefunden werden soll, so wäre es nach dem Gesagten am ehesten .Hauptgedanken* (Wahrmund), .Gesamtabsicht' (Peter (639) 120), ,1'entier b u t ' (Iausaud d'Uzez), .universam sententiam' (Etienne in marginem zu Valla—Stephanus), ,1a sostanza delle cose d e t t e ' (Guglielmino (140) 246), vgl. Hehn (355) 54f, Herbst (2) 563f, Fellner (57) 39n.3, Lamb (143) 14, Howald (632) 49, Voegelin (130) 366. „ G e s a m t t e n d e n z " oder „—richtung" hat zahlreiche Befürworter gefunden: Ed. Meyer (19) 380, Schadewaldt (44) 24, Kapp (47) 91f, Großkinsky (277) 16, Pohlenz (10) 286f, Erbse (96) 57f, Lesky (603) 450, auch von Fritz (631) 618, der im folgenden stark variiert. .Tendenz' erweckt jedoch einen Eindruck vieldeutiger Vagheit, und das, woran Thukydides sich halten wollte, war weder vieldeutig noch vage. Besser ist „die Willensrichtung im ganzen" (Schwartz (23) 80) oder notfalls „Gesamti n t e n t i o n " (Bengtson (522) 215, so — mit Abwandlungen — auch Egermann (11) 1447ff und (90) 2 8 5 n . l und Ebener (381) 1086), solange darunter die Intention des jeweiligen Redners in seiner jeweiligen Situation verstanden wird. Daß er sich lediglich an die „politische Gesamtwillensrichtung des Redners" (Egermann (74) 442n.5) „im Rahmen (seiner) gesamten Planung und politischen Einstellung" (Schmid (34) 164) gehalten habe, sagt Thukydides keineswegs. 367 S. o. S. 140ff.
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die die Angemessenheit der Reden garantieren. Einerseits sind die Person des Redners und die Umstände, über die er spricht, bekannt. Daraus läßt sich ableiten, was für ihn zu sagen notwendig war. Anderseits weiß Thukydides von der „Absicht und Meinung, die dem wirklich Gesagten insgesamt zugrundelag", und hält daran „so eng wie möglich fest". Sowohl bei den Handlungen als auch bei den Reden bestimmt das Urteil des Thukydides nach seiner eigenen Aussage die Darstellung in entscheidendem Maße. Hätte er darin eine Beeinträchtigung ihrer Zuverlässigkeit gesehen, so wäre er vielleicht anders verfahren und hätte — diesen Schluß macht das Beweisziel des ,Methodenkapitels' unausweichlich — zur Rechtfertigung seiner Methode sicherlich anders argumentiert. Es bleibt zu fragen, wie sich die Aussagen des Thukydides über seine Methode zu den Ergebnissen unserer Untersuchung verhalten. Es ergibt sich kein Widerspruch. Wenn Thukydides es für den exakten Bericht über die Handlungen und Ereignisse für notwendig hielt, in jedem Einzelfall zu beurteilen, ob die Aussagen seiner Berichterstatter richtig oder falsch — befangen, unvollständig — waren, dann kann ihm auch die Darstellung der Gedanken, Wahrnehmungen, Irrtümer und Absichten der Handelnden selbst nicht problematisch gewesen sein. Im Gegenteil: die Verständlichkeit seines Berichtes für einen kritischen Leser, die er anstrebte, setzte voraus, daß er seinerseits, ehe er den Bericht niederschrieb, die Handlungen in allen Einzelheiten verstanden hatte, einschließlich der Umstände und Absichten, durch die es zu ihnen gekommen war. Im übrigen besteht zwischen dem Verfahren, das Thukydides für die Aufzeichnung der Reden schildert, und dem, was wir für die Darlegung der Wahrnehmungen, Gedanken und Absichten gefunden haben, eine weitgehende Analogie. In beiden Fällen wird eine idealtypische Konstruktion verwendet (,wie hat angesichts aller bekannten Umstände gehandelt oder gesprochen werden müssen?'); freilich bestimmt sie bei den Reden die Formulierung direkt, bei der Schilderung der Genese von Handlungen nur indirekt als heuristisches Mittel. In beiden Fällen werden auch Gedanken beteiligter Personen erschlossen und zur Grundlage der Darstellung gemacht: bei den Reden bilden den Ausgangspunkt die zweifellos oft bruchstückhaften und entstellten Berichte und Erinnerungen, die Thukydides zur Verfügung standen; bei der Genese von Handlungen sind es — sofern nicht authentische Informationen vorliegen — der Verlauf der Ereignisse und die Analyse der Interessen. Die Analogie ist sicherlich kein Zufall. Thukydides hat sich des erläuternden Kommentars im eigenen Namen, wie er etwa für Polybios typisch ist, sehr weitgehend enthalten; seine Interpretation der Ereignisabläufe ist in die Darstellung selbst verflochten. Sie wird formal auf zwei verschiedene Weisen gegeben: durch die Reden und durch das Nachzeichnen der Genese jeder einzelnen Handlung im Bericht. Wenn das Verfahren und die Hilfsmittel in beiden Fällen sich gleichen, so deshalb, weil ein und dasselbe Denken beide Formen bestimmt. 154
Bewußtsein und Handeln Wenn Thukydides aus den Handlungen auf das Denken der Handelnden geschlossen und darin keinen Widerspruch zu seinem Prinzip einer genauen, wahrheitsgetreuen, .objektiven' Darstellung gesehen hat, dann stellt sich die Frage, ob die Erklärung für diesen Tatbestand in einer Eigenheit seiner persönlichen Auffassung der Beziehung zwischen Denken und Handeln zu suchen ist, oder ob er damit eine Denkgewohnheit übernimmt, die sich auch bei anderen Autoren nachweisen läßt. Das letztere ist der Fall. Die Rekonstruktion von Motiven aus den Handlungen findet sich in der griechischen Literatur — und nicht nur in ihr — so regelmäßig, daß wir uns im folgenden auf einige wenige Beispiele beschränken können. Im siebzehnten Gesang der Odyssee wird erzählt, wie der heimkehrende Odysseus, als Bettler verkleidet, mit dem Schweinehirten Eumaios zu seinem Palast kommt und von den Freiern allerlei Demütigungen erdulden muß. Penelope schickt Eumaios, den Fremden zu ihr zu bringen, damit sie ihn ausfragen kann. Eumaios kommt ohne ihn zurück: Odysseus hat ihn auf den Abend vertröstet. Die Königin ist verwundert: „Bringst du ihn nicht, Eumaios? Was mag der Bettler sich denken? Sorgt er, jemand könne gesetzlos handeln, oder ist andere Scham, die im Haus ihn drückt? Doch schlecht ist der Bettler, der Scham hat."
Aber Eumaios nimmt Odysseus in Schutz: „Rechtens ist, was er sagt: so könnt' auch ein anderer meinen ,.." 3 6 8
Die Furcht vor den gesetzlosen Freiem hält Odysseus zurück, während der Helligkeit zu kommen. Penelope sieht ein, daß dagegen nichts zu sagen ist: „Ohne Vernunft ist der Fremdling nicht, er meint, wie es sehr wohl sein könnte..." 3 6 9
Daß der Fremde der Einladung Penelopes nicht folgt, ist, schon gar angesichts seiner sozialen Stellung, ein Verstoß gegen Verhaltensregeln, die — nur so kann man Penelopes Worte verstehen — er selbstverständlich befolgen müßte. Sie sucht sich den faux pas zu erklären, trifft das Richtige, Vernünftige, verfällt aber dann im Ärger (sie nennt den Unbekannten „Bettler", gleich darauf wieder „Fremdling") auf etwas Falsches, weniger Vernünftiges, was ihr Gelegenheit gibt, ihrem Ärger Luft zu machen. Grundlage für ihr Urteil über den Fremden, den sie — wie sie wenigstens meint — nicht kennt, ist eine Spekulation über die Motive seines Handelns, und diese Spekulation wird in der Beschwichtung des Eumaios und in Penelopes Einlenken fortgesponnen. Sowohl Penelope als auch Eumaios geht von der Voraussetzung aus, daß der Unbekannte prinzipiell vernünftig denkt und handelt oder doch hanρ 5 7 6 - 8 , 580. 369
ρ 586, Übersetzung nach Schadewaldt.
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dein müßte. Wer nicht so handelt, ist für Homer und seine Figuren νήπιος, .töricht', sein Sinn von άτη, dem Verhängnis, oder anderen göttlichen Mächten verdunkelt 370 . Allerdings gibt es für Homer nicht nur diese beiden letztlich auf dasselbe hinauslaufenden Möglichkeiten, Fehler zu erklären, wie zwei Beispiele aus dem gleichen Zusammenhang wie das vorige noch zeigen sollen. Odysseus, immer noch als Bettler verkleidet, gerät mit dem Hausbettler, Iros, in tätlichen Streit, behält aber dabei die Oberhand. Penelope schilt ihren Sohn gleichwohl heftig, daß er dies habe geschehen lassen: das Gastrecht sei verletzt, sein Ruf gefährdet. Darauf Telemachos: „Meine Mutter, ich will nicht murren, daß du mir zürnest. Freilich fehlt es mir jetzt nicht mehr an Verstand und Erfahrung, Gutes und Böses zu wissen (denn vormals war ich ein Knabe!); aber ich kann fürwahr nicht alles verständig bedenken, denn es bringen mich jene draus: voll schlechter Gedanken sitzen sie neben mir hier und dort, und mir ist kein Helfer. 3 7 1 "
Penelope hatte geklagt, der Sinn ihres Sohnes sei nicht mehr „beständig", nicht mehr „rechtens", seit er erwachsen sei: als Knabe sei er klüger gewesen. Telemachos behauptet rundweg das Gegenteil. Daß er jetzt „nicht alles verständig bedenken" kann, liegt nicht an einer generellen Verschlechterung, wie Penelope meint, sondern an der akuten Notlage, daß die Freier ihn aus dem Konzept bringen. Telemachos würde der Erwartung gemäß vernünftig handeln, denn er ist erwachsen und der Sohn eines edlen Vaters, aber irgendetwas hindert ihn: nach Penelope eine unerklärte grundsätzliche Änderung seines Sinnes (φρένβς) und Denkens (νόημα)·, ihm selbst zufolge — sehr viel plausibler — die „Erschütterung" des Denkens 372 durch die allgegenwärtigen, bösen Freier. Homers Gestalten finden zu ihren Vermutungen über die Motive von Handlungen in einer Weise, die uns nicht unbekannt ist: die befremdliche, überraschende Tat wird als Abweichung von einem ,normalen' Handeln aufgefaßt, und diese Abweichung sucht man kausal zu erklären: „Hält dir der Wein die Sinne umfaßt oder ist dir immer solcherart das Denken, daß Unfug du schwätzt? oder bist du außer dir, weil du Iros, den fahrenden Bettler besiegt hast? 3 7 3 " 37
° Vgl. dazu Dodds (730), Kapitel I und II, Krause (784), Lesky (736), besonders p. 22ff, Dawe (198) 97ff, Bremer (199) l O l f , Stallmach (207a) passim, besonders 2 0 - 2 4 , 40, 84ff. Verblendung bleibt auch später eine geläufige Erklärung für Handlungen, die gegen Normen und Gesetze verstoßen, vgl. z.B. Hes. op. 38—41, 260—4, Solon fr. 3,9f D. (oil yap έπίστανται κατέχειν κόρον . . .); 4,3—5 D., Pindar Pyth. II 25f, Soph. Ant. 98f (ävoix;); 383 (άφροσύνην); 561f. Stallmach op. cit. 43ff zeigt an einigen Beispielen die .Entgöttlichung' der Verblendung, die sich in der archaischen Zeit anbahnt und bei Euripides endgültig vollzogen erscheint. 371
σ 2 2 7 - 3 2 , zum Teil nach Voss.
372
Ы . . . πλήσσονσι
in Tmesis. Vgl. Piaton, Prot. 339 e ε γ ώ . . . έσκοτώ&ηv
ίλιγγίασα είποντος αυτού ταύτα και τών άλλων 373 α 3 9 1 - 3 .
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ϊπιάορνβησάντων
κτλ.
кои
So fragt der Freier Eurymachos den immer noch als Bettler verkleideten Odysseus, nachdem er ihm ironisch angeboten hat, ihn als Tagelöhner zu beschäftigen, und Odysseus ihm die Antwort wider Erwarten keineswegs schuldig geblieben ist. Der Gedankengang des Eurymachos ist typisch sowohl für die sozialen Verhältnisse der homerischen Welt 3 7 4 als auch für die psychologische Konstruktion, die sich noch lange nach Homer identisch wiederfindet. Daß der Bettler dem adligen Freier die Meinung sagt, ist eine Ungeheuerlichkeit. Thersites hatte für eine ungefähr analog zu bewertende Insubordination von Odysseus unter allgemeiner Zustimmung des Fußvolkes Schimpf und Schläge bezogen 3 7 5 . Für Eurymachos ist es unvorstellbar, daß der Fremde bei vollem Bewußtsein und klarem Verstand gesprochen haben kann: entweder betrunken oder von Natur ein Wirrkopf oder über seinen Erfolg aus dem Häuschen — das sind die möglichen Erklärungen, allerdings nicht etwa im Sinne mildernder Umstände. Seinen Fußschemel wirft Eurymachos dennoch mit aller Kraft 3 7 6 . Die implizite Prämisse bei allen drei — Penelope, Telemachos und Eurymachos — ist die, daß niemand sehenden Auges und aus freiem Entschluß gegen seine Interessen verstößt. Wer dem Augenschein nach so handelt, erregt Verwunderung und provoziert Erklärungen, unter denen konstruierte Erwägungen („Was mag der Bettler sich denken? ") und höhere Gewalt („Hält dir der Wein die Sinne u m f a ß t ? ", „Es bringen mich jene draus") eine große Rolle spielen und in denen häufig ein konstitutioneller Mangel („ist dir immer solcherart das Denken? ") als die einfachste Lösung bemüht wird. Es ist interessant zu beobachten, daß fast die gesamte Zurechnungslehre, die wir in der Rhetorik, insbesondere der Gerichtsrhetorik des 5. und 374 Vgl. Finley (533) 53f. 375 в 211 - 278. Es Wird allgemein - so auch bei Finley (533) 117ff - angenommen, daß Thersites ein gemeiner Soldat war; freilich beruht dies auf Vermutung der Art „evidently, from his description, he is of low birth" (OCD s.v.); Homer selbst, worauf mich Professor Dihle hinweist, sagt es nicht ausdrücklich, und eine nachhomerische Uberlieferung macht Thersites zu einem Onkel zweiten Grades des Diomedes, also zu einem Adligen. Ich neige dazu, Gebhards Ansicht (RE II 5,2 col. 2459 s.v. Thersites) zu teilen, daß hier „ausgleichende dichterische Gerechtigkeit" eines kyklischen Dichters am Werke war, die den Homererklärern sehr zu schaffen gemacht hat: Odysseus hätte einen Adligen nicht mit dem Szepter schlagen dürfen (τούς yap 'ώιώτας μόνον етттеν), wenden die Iliasscholien (Schol. Τ В 212) ein; Diomedes hätte dem nicht untätig zusehen dürfen, ergänzt Eustathios (II. 204, 1 Off) — womöglich war Thersites gar ein ungeliebter Verwandter des Dichters selbst, fällt den Ilisascholien ein, den er aus Rache schlecht machen wollte. Die Frage nach dem sozialen Status des Thersites geht indessen am Problem vorbei, wenigstens an der Lehre, die im Text selbst (B 276—8) aus der Episode gezogen wird. Nicht den sozialen faux pas, sondern die Insubordination gegenüber den βασιλείς rügt die moralisierende Menge. Zu dieser Interpretation stimmt die Etymologisierung des Namens, der in den Iliasscholien mit ϋερμός und ϋραούς in Verbindung gebracht wird. 376 σ 3 9 6 - 8
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4. Jahrhunderts, finden, kein wesentlich entwickelteres Erklärungsschema voraussetzt. Die homerischen Kategorien werden differenzierter verwendet; gelegentlich erscheint auch die bei Homer meist nur implizierte Umkehrung des Fundamentalsatzes,Niemand handelt bewußt gegen seine Interessen', nämlich: ,Wer in seinem Interesse handelt, handelt bewußt', in expliziterer Form. Der hippokratische Autor der Schrift ,Über die Kunst' benutzt sie beide: Das Argument, die Medizin sei keine Wissenschaft, und alle Heilungen beruhen auf Zufall, ist nicht glaubwürdig, denn „es ist viel wahrscheinlicher, daß die Kranken nicht fähig sind, die Vorschriften richtig auszuführen, als daß der Arzt das Verkehrte vorschreibt. Denn dieser geht mit gesundem Verstand in einem gesunden Körper zu Werke und bedenkt sowohl das Gegenwärtige als auch solches Vergangene, das dem Gegenwärtigen ähnlich gelagert war, so daß er aus seiner damaligen Behandlung sagen kann, wie sie geheilt wurden. Jene dagegen wissen weder ihre Krankheit noch weshalb sie krank sind, sie wissen nicht, was aus dem Gegenwärtigen sein wird noch was in ähnlicher Lage geschieht, und erhalten so die Vorschriften voll Schmerz im Augenblick, voll Furcht für die Zukuhft, angefüllt mit der Krankheit und mit leerem Magen, mehr auf Behandlung der Krankheit aus als auf Wiederherstellung der Gesundheit, nicht willens zu sterben, aber unfähig auszuhalten. Was ist angesichts dieses Zustandes wahrscheinlicher . . .?" 3 7 7
Aber ist damit schon bewiesen, daß der Arzt eine Wissenschaft praktiziert? Diesen Beweis hat der Autor einige Kapitel vorher gefuhrt und dabei genau die Umkehrung des hier verwendeten Grundsatzes gebraucht: Die medizinische Wissenschaft existiert, denn „insoweit man sich ihr ausgeliefert und ihr vertraut hat, insoweit hat man auch ihren Charakter gesehen und nach vollbrachtem Werk ihre Kraft erkannt." 378
Das Schema der Deduktionen ist ebenso einfach wie logisch anfechtbar. Die Konsultation ist vernünftig. Wer vernünftig handelt, weiß, was er tut; der Kranke weiß in diesem Fall von der Medizin als Wissenschaft; da er nur seiendes wissen kann, existiert die Wissenschaft. Anderseits muß beim Mißerfolg der Behandlung ein Fehler gemacht worden sein. Fehler macht man nicht bei klarem Bewußtsein, sondern bei getrübtem, dies gilt für den Patienten, jenes für den Arzt, also hat der Patient den Fehler gemacht, nicht der Arzt. Der Widerspruch zwischen den beiden Annahmen des vernünftigen und des unvernünftigen Patienten ficht den Redner nicht an, denn ihm ist es darum zu tun, verschiedene Einwände gegen seine These jeden einzeln möglichst wirksam zu entkräften. Er kann deshalb dasselbe Prinzip — .Handeln im eigenen Interesse = rationales Handeln' — auf denselben hypothetischen Fall sowohl in seiner positiven als auch in seiner negativen Form — ,Handeln gegen das eigene Interesse = irrationales Handeln' — anwenden. Die Gleichung, ob mit positivem oder negativem Vorzeichen versehen, ist ein bequem und be377 Hp. De arte VII. 378 ibid. IV fin.
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liebig verfügbares Argument; sie dem jeweiligen Zusammenhang anzupassen, ist lediglich Sache der rhetorischen Einbildungskraft. So wird der Existenzbeweis in sehr knapper, allgemeiner, formal logisch aufgemachter Form geführt, während für die relative Unfehlbarkeit des Arztes im Vergleich zum Patienten dem abstrakten Argument durch eine ausführliche Veranschaulichung mehr Gewicht verliehen wird; der Leser des Thukydides wird mit Interesse die Treffsicherheit des Arztes damit begründet sehen, daß seine Erkenntnis des Gegenwärtigen durch das Wissen von analogen Fällen aus der Vergangenheit ergänzt wird. Die Beziehung zwischen richtiger Erkenntnis und richtigem Handeln mußte in besonderer Weise dort problematisch werden, wo das richtige Handeln als Norm vorgeschrieben 379 und die Abweichung von der Vorschrift mit der Erklärung zugleich zu beurteilen ist: im Strafrecht und in der Ethik. In beiden scheint die Unterscheidung zwischen gewolltem und ungewolltem Handeln schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt durchaus geläufig zu sein 380 ; es ist wohl kein Zufall, daß die früheste uns bekannte athenische Mordgesetzgebung mit Bestimmungen für den Fall beginnt, daß „nicht aus Vorbedacht" gehandelt wurde 381 : dies war der Tatbestand, für den am ehesten eine Intervention des Gesetzgebers — der Gemeinde — zur Einschränkung der Selbsthilfe notwendig war und Aussicht auf Erfolg hatte 3 8 2 . Nachdem die Unterscheidung einmal ins allgemeine Bewußtsein eingegangen war, konnte sie bald zu einem der wichtigsten Kriterien für die Bewertung von Handlungen werden, sowohl in juristischer als auch in moralischer Hinsicht. Wer in Athen der Tötung oder Körperverletzung angeklagt war, kam vor ein verschiedenes Gericht je nachdem, ob die Anklage die Vorsätzlichkeit seiner Handlungen behauptete oder nicht 3 8 3 . Simonides nennt in einem schon im Altertum berühmten Gedicht 384 als obersten Maßstab der Beurteilung eines Mannes die Frage, ob er „mit Willen nichts Schimpfliches tut" 3 8 5 . Das weitere Schicksal der Unterscheidung in der philoso379
Die Gesetze verbieten in der Regel nur, was gegen die Norm verstößt. Aber vgl. Antiphon fr. 87 В 44 col. 2,3Iff D.—Kr. 380 α 32ff, vgl. B. Daube (747) 185ff, Pfeiffer (738) 50, Maschke (756) 53ff, Zucker (744) 104f und (746) 65, Funke (751) 36ff, Bremer (199) 113. 381 IG I 2 115,1 Iff (= Tod 87 = Meiggs-Lewis (537) Nr. 86), dazu MacDowell (755) 118ff. Stroud (758a) 3 8 - 4 0 sucht aus Dem. 20, 1 5 7 - 8 und [Dem.] 47, 5 2 - 7 3 nachzuweisen, daß es auch ein drakontisches Gesetz über vorsätzlichen Mord gab. Der Versuch überzeugt nicht. In Dem. 20. 157—8 wird rein rhetorisch argumentiert, und auch die in [Dem.] 47, 52—73 vorgetragene Ansicht, daß der Angeklagte vorsätzlich gehandelt habe, beweist für die Existenz eines drakontischen Gesetzes nichts. Was auf Drakons zweitem Axon stand, ist demnach ungewiß. 382 So Latte (754) 288. 383 Vgl. MacDowell (755) 45f. 384 fr. 4 D.; Sokrates kann es auswendig: PI. Prot. 339ff, vgl. Wilamowitz (743). 385 Die Unterscheidung von αμαρτήματα εκούσια und άκούσια ist offensichtlich schon Topos bei Antiphon V 92. Daß man ϋκων gehandelt habe, ist als Entlastungsaus-
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phischen Ethik — namentlich in der These des Sokrates, daß niemand willentlich eine Verfehlung begehe, und in der Zurechnungslehre des Aristoteles —, ihr Einfluß auf die aristotelische Lehre von der Rolle der Verfehlung in der besten Tragödienhandlung, schließlich die verschiedenen Interpretationen, welche dieser Lehre des Aristoteles im Laufe ihrer Rezeption zuteil wurden, — das sind faszinierende Themen, die weiterzuverfolgen uns indessen von der Aufgabe, die wir uns vorgenommen haben, weit abführen würde 3 8 6 . Was für die vorliegende Untersuchung einschlägig ist, ist ein sehr viel speziellerer Aspekt der Frage, nämlich die Art und Weise, wie die Unterscheidung zwischen vorsätzlichem und nicht vorsätzlichem Handeln, gekoppelt mit der Identifizierung des Vorsätzlichen mit dem Zweckrationalen, in der Gerichtsrhetorik als Argument verwendet wird; ferner, mit welchem Grad von Entschiedenheit oder Selbstverständlichkeit dort Aussagen über die Gedanken anderer als gewiß hingestellt werden. Wir sind in der glücklichen Lage, daß gerade für Argumente dieser Art einige, ungefähr aus der Zeit des Thukydides stammende Übungsstücke 3 8 7 erhalten sind: die erste und dritte unter den Antiphon zugeschriebenen Tetralogien und die beiden Reden des Gorgias für Palamedes u n d für Helena. Den Stücken ist gemeinsam, daß sie nicht einem aktuellen Anlaß gelten, sondern eine Art von rhetorischen Etüden sind. Gewiß sind sie voneinander so verschieden wie möglich 3 8 8 . Sie haben jedoch sämtlich die Eigenschaft, daß die Argumente nicht dem Erfordernis der Angemessenheit an einen konkreten Fall gelebter Wirklichkeit verpflichtet sind, sondern — ähnlich wie ein technisches Problem in einer musikalischen Etüde — um ihrer selbst' willen und insofern in reinerer, stärker typisierter Form erscheinen. Prinzipiell kann es in einer Gerichtsrede, soweit von Handlungen und nicht etwa von der Kompetenz des Gerichts die Rede ist, zweierlei Ziele der Argumentation geben: entweder soll eine Tat als in der behaupteten Form geschehen oder nicht geschehen erwiesen werden, oder aber ihre Faktizität wird nicht in Zweifel gezogen, und es geht darum, ob sie strafwürdig ist oder nicht 3 8 9 . Für beide Ziele spielt das Argument, daß vorsätzliches Handeln zweckrationales Handeln sei, eine hervorragende Rolle. sage ebenfalls früh Topos (vgl. etwa Apdoc. II 10; 25), wird entsprechend früh schon ironisiert: Aristophanes Vesp. 999ff, PI. Rep. 336 e. Der Ankläger vor Gericht muß laut Handbuch das Gegenteil zu erweisen streben: και μάλιστα μεν δeiKтеор ώ ς έκών και εκ προνοίας, ου της τυχούσης, αλλά μετά παρασκευής πλείστης ήδίκησεν, Anaximenes, Rhet. 4,3, p. 26, 2—4 Fuhrmann. 386 Vgl. die Nummern 7 2 3 - 7 2 6 des Literaturverzeichnisses, Daube (750) 132ff, 147ff. Zu Aristoteles hat Bremer (199) eine reichhaltige Bibliographie. 387 Lesky (603) 387 nimmt an, daß „Palamedes" und „Helena" dem Rhetoriklehrbuch des Gorgias entstammen. Über dessen Lebensdaten ibid. 384, Literatur zu Helena und Palamedes bei Guthrie (690) III 192. Zum Datum der antiphontischen Tetralogien vgl. zuletzt Dover (681) 189f. 388
Bleibt man beim tertium .Etüden', so gleichen die Tetralogien eher Clementi, die gorgianischen λόγοι eher Franz Liszt. 389
Vgl. Anaximenes, Rhet. 4 , 3 - 1 1 , p. 25,14ff Fuhrmann.
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Die erste Alternative liegt in der ersten antiphontischen Tetralogie vor. Ein Mann ist nachts auf der Straße erschlagen worden; der Angeklagte bestreitet die Tat. Der Ankläger schildert die (fiktive) Vorgeschichte des Falles — der Ermordete hat den Angeklagten schon öfters mit Erfolg und jüngst wegen Diebstahls heiliger Geräte angezeigt — und faßt zusammen: „Er (der Angeklagte) war sich seines gesetzwidrigen Handelns bewußt; er kannte die Fähigkeit des anderen; er trug ihm das früher Geschehene nach: es ist nur wahrscheinlich, daß er von langer Hand etwas vorbereitete; es ist nur wahrscheinlich, daß er zur Abwehr der Feindschaft den Mann getötet h a t Das Streben nach Rache hat ihn die Risiken vergessen lassen; die Furcht vor den Übeln, die er zu gewärtigen hatte, hat ihn außer sich gebracht, angestachelt, zur Tat getrieben. Er hoffte. . ." 3
Schon vorher ist mit derselben Argumentationsweise die Möglichkeit ausgeräumt worden, daß Straßenräuber für den Mord verantwortlich sein könnten: der Ermordete war seiner Kleider nicht beraubt worden; Straßenräuber, die ihr Opfer erschlagen, hätten sich dies nicht entgehen lassen. Der Mörder hat, dem Ankläger zufolge, einerseits zweckrational gehandelt, indem er der sicheren Verurteilung in dem Diebstahlsprozeß durch den Mord zu entgehen suchte, anderseits insofern nicht rational, als ihn Rachsucht und Furcht vor dem Ruin nicht erkennen Hessen, welche Gefahren der Mord in sich barg. Auf diesen Widerspruch kann sich der Angeklagte in seiner Gegenrede berufen: „In der Tat muß jetzt die Größe der Feindschaft in euren Augen meine Schuld wahrscheinlich machen", sagt er dem Gericht, „aber noch wahrscheinlicher ist, daß ich, der ich wußte 3 9 1 , daß mich jetzt der Verdacht treffen würde, nicht nur nicht die Tat verübte und mich willentlich einem Verdacht aussetzte, den ich vorhersehen konnte, sondern vielmehr auch jeden anderen, von dem ich etwa wußte, daß er etwas gegen ihn vorhabe, daran hinderte . . ," 3 9 2
Das Argument wiegt umso schwerer, sagt der Angeklagte, als sich die Ankläger auf seine Klugheit berufen: wie kann er dann so dumm gewesen sein, einen Mord zu verüben, dessen er sofort verdächtigt werden mußte? Gorgias bringt in der Verteidigungsrede für Palamedes, der vor Troia von Odysseus des Verrats bezichtigt und gesteinigt wurde, diesen Typ der Argumentation auf eine Formel: „Wenn ich also weise bin, habe ich keine Verfehlung begangen. Wenn ich aber eine begangen habe, bin ich nicht weise." 3 9 3
Palamedes erbringt den doppelten Nachweis, daß er die Tat, deren er bezichtigt wird, weder hat ausführen noch hat wollen können und nennt dazu auch die Prämisse, von der er ausgeht: „Alle tun alles, was sie tun, aus einem der folgenden beiden Gründe: entweder erstreben sie irgendeinen Gewinn, oder sie suchen eine Strafe zu vermeiden . . ," 3 9 4 390
Antiphon II α 6 - 7 .
391 τον είδότα
MSS (npoetboTOL Gernet nach Kayser).
302 Antiphon II β 3. 393 Gorgias, Palamedes 26 (82 В IIa, II 301,If D.—Kr.). 394 ibid. 19 (299, l f ) . 161
Wird in diesen beiden Beispielen die Tat mit dem Argument bestritten, daß sie nicht vernüftig sei und der angebliche Täter mit Vorbedacht gehandelt habe, mithin nicht unvernünftig habe handeln können, so ist in der Lobrede auf Helena das Beweisziel, daß Helena nicht mit Vorbedacht hat handeln können, mithin nicht, wie die landläufige Ansicht ist, ihren Gatten Menelaos böswillig (schuldhaft) verlassen hat. Den Nachweis führt Gorgias mit Hilfe einer kunstvollen, wenn auch sachlich recht anfechtbaren Dihärese: „Entweder hat das Schicksal es gewollt und die Götter es beraten und die Notwendigkeit es beschlossen, daß sie tat, was sie tat, oder sie ward mit Gewalt entführt oder von Reden gerührt, oder tat es aus Liebe, die sie verspürt. . ," 395
Die vier Punkte handelt der Redner der Reihe nach ab: „War es nun des ersten wegen, so verdient der den Vorwurf, der es ihr vorwirft . . .", und so fort. Da die Möglichkeit, daß sich Helena überlegt und mit Vorbedacht davongemacht hat, nicht erwogen, sondern in dem scheinbar erschöpfenden Katalog von Alternativen zum Verschwinden gebracht wird, fällt es ihm nicht schwer, den ,Beweis' zu führen: er muß lediglich Überredung und Leidenschaft unter eines der im Strafrecht für ,nicht willentliches Handeln' geltenden Kriterien ,Irrtum' und ,höhere Gewalt' subsumieren 3 9 6 . Im Falle Helenas ist das rationale Handeln (für das man sie verantwortlich machten könnte) die Erklärung, die Gorgias in jedem Falle ausschließen muß und daher für jede seiner vier Alternativen als ausgeschlossen erweist. In der dritten der antiphontischen Tetralogien liegt das Problem noch um einen Grad komplizierter. Ein jüngerer und ein älterer Mann sind in Streit geraten; der jüngere hat den älteren so zugerichtet, daß er später gestorben ist. Der jüngere verteidigt sich mit einer Vielzahl von Argumenten: der ältere habe zuerst geschlagen, er habe sich lediglich verteidigt und im übrigen nicht die Absicht gehabt zu töten, der Tod sei nicht durch die Schläge verursacht, sondern durch die Inkompetenz des behandelnden Arztes. Der Ankläger sieht sich in seiner zweiten Rede vor der Aufgabe, zu erweisen, daß der Angeklagte für die Handlung, die er nicht beabsichtigte, dennoch verantwortlich ist. Seine Argumentation ist gewunden: „(1) Wenn nämlich die Hände bei jedem von uns das ausführen, was wir vorhaben, dann hat derjenige, der geschlagen und nicht getötet hat, den Schlag beabsichtigt, und der, der tödlich zugeschlagen hat, den Tod. (2) Denn der Mann ist daran gestorben was jener vorhatte und dann ausführte. (3) Das Unglück geht zu Lasten dessen, der schlug, der Schaden zu Lasten dessen, der (den Schlag) erlitt. (4) Denn dieser ging daran zugrunde, was jener tat; er starb nicht infolge der eigenen Verfehlung sondern der des Schlägers. (5) Wenn dieser mehr tat als er wollte, so ist es sein Unglück, durch das er tötete, wen er nicht wollte." 3 9 7 395 Gorgias, Helena 6 (82 В 11, II 289, 21ff D.—Kr.). Die letzte Alternative (η έ'ρωπ άλοϋσα) fehlt in den Haupthandschriften, ist aber nach der folgenden Argumentation sicher zu ergänzen. Die Ubersetzung kann den gorgianischen Wortzauber nur andeutungsweise wiedergeben. 396 Dafür gab es bereits Vorbilder: Aesch. Eum. 426f; 593. 397 Antiphon IV у 4.
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Es ist schwierig zu entscheiden, ob man in diesem sophistischen Taschenspielertrick Unvermögen eines Schülers oder im Gegenteil hohes rhetorisches Raffinement erblicken soll. In Satz 1 und 2 wird dem Anschein nach eine These aufgestellt und begründet („Denn . . .") die, wäre sie richtig, die Schuld des Angeklagten zweifelsfrei erweisen würde: was jemand mit seinen Händen getan hat, genügt schon zum Nachweis dafür, daß er es auch gewollt hat. Die Richtigkeit dieser These könnte der Redner korrekterweise nur im Irrealis erwägen, denn er glaubt, wie Satz 5 zeigt, selbst nicht daran. Stattdessen postuliert er sie jedoch im Realis; dadurch erhalten Satz 1 und 2 die Form eines Beweisganges: ,Wenn Α allgemein gilt, so gilt a speziell, denn . . .' Daß das Postulat allgemein nicht gelten kann und im speziellen Fall vom Angeklagten bestritten wird, macht dem Redner nichts aus, denn seine Erwähnung könnte ja helfen, dem Hörer die Gleichung ,Verursachung = Verantwortung' irgendwie plausibler zu machen. Es ist ebenfalls schwierig zu entscheiden, in welchem Maße der Verfasser und seine Adressaten die Argumentation als ganze oder ihre einzelnen Teile für vernüftig oder zwingend hielten 3 9 8 . Die Entscheidung wäre einfacher, wenn man die Tetralogien mit Sicherheit als ein rhetorisches Übungsbuch oder Stücke aus einem solchen diagnostizieren könnte: ein Rhetoriklehrer könnte es sich nicht leisten, Musterreden anzubieten, deren Argumentation einem Volksgericht gänzlich unwahrscheinlich erschienen wäre. Im späteren Altertum hat man sie unbedenklich dem Redner Antiphon zugeschrieben 3 9 9 ; so wenig gesichert diese Zuschreibung ist 400 , so unsicher scheint auch die Frage, ob es sich hier nicht um Übungsarbeiten eines Schülers handelt. Selbst dann wird man jedoch zumindest damit rechnen müssen, daß der Autor seinen Argumenten einige Überzeugungskraft beimaß und die Wirkung seiner Rede nicht dadurch gefährdet sah, daß er in ihr eine generelle Gleichsetzung von Erfolg und Absicht einer Handlung diskutierte, an die er selbst nicht glaubte. Während man das Argument in dieser extremen Form (,was ein Mann tut, hat er gewollt') selten antrifft, ließen sich für die Gleichsetzung vorsätzlichen Handelns mit zweckrationalem Handeln und vice versa, und nicht weniger für die Verwendung des Arguments, eine .unvernünftige' Handlung sei entweder nicht vorsätzlich oder aber gar nicht geschehen, die Beispiele nach Belieben vermehren. Dieser Komplex von Argumenten bildet die Grundlage von psychologischen Spekulationen, die in der Beweisführung der Gerichtsredner nicht selten einen recht breiten Raum einnehmen. Dabei sind die wenigsten so gewissenhaft wie der Klient, für den Antiphon
398 Daube (749) weist darauf hin und weist nach, daß „however far back in time we go, we find a full understanding of the most lengthy and complicated chain of events linking cause and effect" (p. 246, vgl. pp. 252, 254). 399 Die ύπόϋεσις
zur ersten Tetralogie sieht_sogar die oixeth
δύναμις
Antiphons am
besten in den Tetralogien verwirklicht, ev OK αυτός ττρός αυτόν ά'^ωνιζεται. «Я Vgl. Lesky (603) 389.
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die Rede über den Mord an Herodes schrieb und der nach Abschluß des Tatsachenberichts den Richtern sagt: „Soweit also das Geschehene. Nun betrachtet die Wahrscheinlichkeiten, die sich daraus ergeben." 401
Vielmehr ist die Antithese zwischen Wahrheit und Wahrscheinlichkeit, sicherem Wissen und Vermutung 402 , ein Topos, der in Gerichtsreden regelmäßig dort und nur dort auftaucht, wo es das rhetorische Interesse fordert. So in der Verteidigungsrede des Palamedes: „Daß nun der Ankläger nicht aus gewissem Wissen Anklage erhebt, weiß ich gewiß. Denn ich bin mir mit Gewißheit bewußt, nichts von diesen Dingen getan ги haben, und weiß nicht, wie jemand wüßte, was nicht geschehen ist. . ." Und später, den Ankläger anredend: „Erhebst du Anklage aus genauem Wissen oder aufgrund einer Vermutung? . . . Daß du nun nichts weißt von den Dingen, deren du mich anklagst, ist offenbar. Bleibt die Möglichkeit, daß du es nicht weißt, sondern vermutest. Also bedenkst du dich nicht, bedenkenlosester aller Menschen, ohne Wissen von der Wahrheit, im Vertrauen auf die Vermutung, ein höchst vertrauensunwürdiges Ding, einen Mann auf Leben und Tod vor Gericht zu stellen? . . . Vermutungen anstellen kann jeder gleichermaßen über jedes Ding; in nichts bist du darin weiser als die übrigen. Aber nicht den Vermutenden muß man vertrauen, sondern den Wissenden . . ."
Gorgias kann zum Thema der Unsicherheit der Vermutung getrost alle Register der Beredsamkeit ziehen, denn Palamedes ist nicht verpflichtet, sich positiv über einen Hergang zu äußern, bei dem er nicht zugegen war. Anders der Klient, für den Antiphon die Rede gegen die Giftmischerin schrieb. Dessen Vater starb, als er selbst noch jung war, an der Wirkung eines Trankes, den die Sklavin eines am gleichen Trank verstorbenen Freundes den beiden einschenkte, als sie opferten. Die Sklavin wurde alsbald gefoltert und getötet. Mehrere Jahre später klagt der Sohn seine noch lebende Stiefmutter des Giftmordes an. „Ich staune", versichert er den Richtern, „über die Bedenkenlosigkeit meines Bruders (der die Mutter verteidigt): was kann er sich gedacht haben, als er für die Mutter schwur, er wisse wohl, daß sie dies nicht getan habe? Denn wie kann jemand etwas wohl wissen, wobei er selbst nicht zugegen war?" 4 0 4
Kein Zweifel, die Frage wird zu Recht gestellt. Auch die Begründung, die der Kläger gibt, ist höchst plausibel: wer seinen Nachbarn ermorden will, plant es heimlich: so, daß es kein Mensch erfährt; auch das Opfer weiß sein Schicksal erst, wenn das Verderben es ereilt 405 . Folglich, wird man sagen, ist das Opfer eines Giftmordes schwerlich in der Lage, sicher zu wissen, wer seinen Tod verursacht hat. Der Vater des Klägers hingegen hat, wie das Gericht offenbar glauben soll, sicher gewußt, daß 401
Antiphon V 25.
402
Zu der Antithese im allgemeinen vgl. Lloyd (691) 121ff.
"03 Gorgias, Palamedes 5; 2 2 - 2 4 (82 В I I a , II 295, 19ff und 299, 24ff D.—Kr.). 404
Antiphon I 28. 405 ibid. 29.
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nicht die Sklavin, die den Trank darreichte, sondern seine Frau die Schuldige war 4 0 6 , und der Kläger, der zur Zeit des Mordes noch „ein Kind war", weiß darüber so genau zu berichten, daß er sogar von den Gedanken der Sklavin erzählen kann: „Dann überlegte das Weib, wie sie ihnen das Gift verabreichen solle: vor dem Essen oder nach dem Essen? Nach reiflicher Überlegung beschloß sie, es nach dem Essen zu verabreichen . . . u n d als sie ihnen den Opferwein einschenkte, . . . tat sie das Gift hinein. Zugleich gab sie — sie meinte klug zu handeln — dem Philoneos (ihrem Herrn) mehr, vielleicht, damit seine Liebe zu ihr größer werde, wenn sie ihm mehr gäbe. Denn sie wußte noch nicht, daß meine Stiefmutter sie betrogen hatte: das e r f u h r sie erst zugleich mit dem Verderben . . . " 4 0 7
Nun ist dies der Punkt, mit dem die Anklage steht oder fällt: der Kläger kann für seine Behauptung keinerlei Zeugen zitieren; was die Sklavin vor ihrem Tod auf der Folter ausgesagt hat, hält er nicht für angezeigt mitzuteilen. Und doch kam alles auf den Nachweis an, daß die Sklavin nicht aus eigenem Antrieb gehandelt hatte. Der Kläger begnügt sich mit der schlichten Feststellung, daß sie nicht wußte, wie das Gift wirken würde. Aufgrund solcher Spekulationen sollte ein athenisches Gericht über Leben und Tod einer Frau entscheiden 4 0 8 . „Vor Gericht k o m m t es niemandem in irgendeiner Weise auf die Wahrheit . . . an, sondern auf das Überzeugende. Das aber ist das Wahrscheinliche, und daran m u ß sich halten, wer kunstgerecht sprechen will. Manchmal darf man nicht einmal sagen, was geschehen ist. In Anklage und Verteidigung, überhaupt bei jeder Rede m u ß man dem Wahrscheinlichen nachlaufen, dem Wahren dagegen viel Glück auf den Weg wünschen. Wenn dies in der ganzen Rede geschieht, ist die Wirkung der gesamten Kunst erreicht."
Diese Charakteristik der Redekunst, die Sokrates im „Phaidros" gibt 4 0 9 , bezeichnet die Aufgabe des Gerichtsredners vollständig, mit einer Ausnahme: Sokrates sagt nicht, daß der Redner das Wahrscheinliche für wahr ausgeben müsse, denn das versteht sich von selbst. Die spätere Rhetorik kennt ein mit der Zeit sich immer stärker verfeinerndes System von Regeln, wie die Wahrscheinlichkeit herzustellen ist; auch in diesen spielen Aussagen über Gedanken und Absichten anderer Personen eine nicht unbeträchtliche Rolle. Wo in den Lehrbüchern davon gehandelt wird, fällt die Selbstverständlichkeit auf, mit der solche Absichten und Gedanken Dritter als wißbar vorausgesetzt werden: ibid. 30. 407
ibid. 1 7 - 1 9 .
408
In der heutigen Gerichtspraxis argumentiert man mitunter nicht sehr verschieden. So heißt es in einer Anklageschrift aus dem J a h r 1971: „Angesichts seiner außerordentlich engen Verstrickung mit der Tätergruppe ist es ausgeschlossen, daß die vom gleichen Geist beseelten Täter ein Mitglied über die geplante Aktion — zu der auch der rücksichtslose Gebrauch der mitgeführten Schußwaffen gehörte — im unklaren gelassen haben würden". (Zitiert nach E. Müller—Meiningen jr., Mahlers Freispruch, Süddeutsche Zeitung vom 22.5.1971, S. 4.) 409 Piaton, Phaidros 272 de.
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„Unter der Kategorie ,Art und Weise' (modus) wird danach gefragt, in welcher Weise und welchen Sinnes die Tat geschehen ist", schrieb Cicero, „ihre Teile sind .Vorbedacht' und .Fehlen von Vorbedacht' {prudentia et imprudentia). Die Art des Vorbedachts wird daraus ermittelt, wie jemand heimlich, öffentlich, mit Gewalt, durch Überredung gehandelt hat 4 1 °. Fehlen von Vorbedacht gehört zur Entlastung, die aufgeteilt ist in Unwissenheit, Zufall u n d Notwendigkeit, u n d zur Gemütsbewegung, das heißt: Ärger, Zorn, Liebe und anderes, was zu dieser Art gehört." 4 1 1 „Die Zeitspanne wird man so erwägen:", schreibt der Verfasser der Gaius Herennius gewidmeten Rhetorik, „— war sie lang genug, um die Sache auszuführen? Hat er gewußt, daß genügend Zeit sein wird, um dies zu Ende zu bringen? Denn es macht nicht viel aus, daß genügend Zeit war, etwas zu Ende zu bringen, wenn dies nicht vorher gew u ß t und mit der V e r n u n f t vorhergesehen werden k o n n t e . " Und später: „Wenn der Angeklagte sagt, daß er die Verfehlung ohne Vorbedacht begangen habe, wird man als erstes fragen, ob es möglich ist, daß er es nicht wußte, oder nicht; dann, ob er sich bemüht hat es zu erfahren oder nicht; dann, ob die Unwissenheit zufällig oder schuldhaft war. . . Der Ankläger wird in diesen Fällen dem anderen entgegenhalten, daß er das Vergehen zugegeben habe und dennoch die Richter mit seiner Rede aufhalte; der Verteidiger wird von Menschlichkeit und Erbarmen reden: in allen Dingen sei es angemessen, auf die Absicht zu schauen, was nicht vorsätzlich getan sei, darin k ö n n e man auch keine Straftat sehen." 4 1 2
„Wahrscheinlich", sagt der Rhetoriklehrer, „wird die Erzählung dann sein, wenn wir so reden, wie es die Sitte, die Anschauung, die Natur fordern; wenn die Zeitspannen, die soziale Stellung der Personen, die Gründe ihrer Entscheidungen, die vom Ort gebotenen Gelegenheiten feststehen . ..", und diese Forderung gilt unabhängig davon, ob das Berichtete wahr oder fingiert ist: auch das Wahre muß dem Kriterium der Wahrscheinlichkeit genügen. In den Fällen, wo der Verlauf der Ereignisse als solcher strittig ist, muß vor allem der Ankläger darauf achten, „daß in seine Erzählung an vielen Stellen Verdachtsmomente eingestreut sind, sodaß für die Auffassung des Hörers keine Verhandlung, keine Äußerung, kein Kommen und Gehen, kurz: überhaupt keine Handlung ohne Motiv(causa)413 bleibt." Und wird vom Angeklagten die Vorsätzlichkeit bestritten, so muß der Ankläger unter anderem danach fragen, „ob aus der Faktenermittlung irgendwelche Verdachtsmomente gezogen werden können, die zeigen, daß dort, wo wo Dinge angeblich durch Notwendigkeit so vorgefallen sind (in Wirklichkeit) vorsätzlich gehandelt wurde." 414 Man sieht, welche Rolle die Motivation der Handlungen in der Herstellung eines überzeugenden Kausalzusammenhangs für den Redner gespielt hat. Die Aussage über das, was der Handelnde im Einzelfall gewollt hat, ist in der Kunst plausiblen Redens Mittel zum Zweck; sie ist beliebig verfügbar, 410
Vgl. Dig. 47. 8. 2. 8: qui vim facit, dolo malo f e c i t . . .
411
Cie. De inventione I 41.
412
Auetor ad Herennium II 7; 24. 4 13 causa wird definiert als ea quae induxit ad maleficium c o m m o d o r u m spe aut inc o m m o d o r u m vitatione: dasselbe Erklärungsschema wie bei Gorgias (oben S. 161). 414
Auetor ad Herennium I 16 II 3; 23.
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und es wird vorausgesetzt, daß der Zuhörer sie ohne weiteres glaubt — zumindest findet sich in den rhetorischen Lehrbüchern keine Andeutung darüber, daß es schwierig sei oder unglaubwürdig wirke, über Motive von Personen zu reden, die man nicht hat befragen können. Im Gegenteil. Für bestimmte Fälle wird die Motivspekulation dem Redner sogar als einziges mögliches Mittel anempfohlen: Es handelt sich um die Interpretation von Schriftstücken und insbesondere um den Fall, wenn der Redner zu zeigen hat, daß ein Text anders interpretiert werden muß als der Wortlaut es zuzulassen scheint. Unter den sehr zahlreichen Argumenten, die Cicero für den Streit um Geist und Buchstabe — scriptum et sententia — dem Verteidiger des Buchstabens zur Verfügung stellt, nimmt die Erwägung, daß Spekulation kein geeignetes Mittel sei, die Absicht des Gesetzgebers zu erfahren, den geringsten Raum ein 4 1 5 . Der Grund hierfür liegt nicht fern: auch der Verteidiger des Buchstabens muß sich solcher Spekulationen bedienen 416 . Für die Beurteilung der Absicht des Gesetzgebers gilt schon in Ciceros Zeit derselbe Maßstab, der noch in den Schriften der Juristen der hadrianischen und der Severerzeit maßgeblich ist: er will prinzipiell das, was den Grundsätzen der Billigkeit entspricht 417 . Und obwohl dies Prinzip sicherlich nicht im gleichen Maße für den Willen eines privaten Erblassers Geltung haben kann, haben die Juristen zwar die Möglichkeit eingeräumt, daß die Absicht des Testators nicht erkennbar sei 418 , aber gleichwohl nicht gezögert, sie gegebenenfalls höher zu stellen als die schriftliche Äußerung: „Bei den (im Testament schriftlich festgelegten) Bedingungen kommt dem Willen des Verstorbenen die erste Stelle zu; sie bestimmt die Bedingungen" (d.h. deren Interpretation, soweit notwendig) 4 1 9 .
Man wird einwenden, daß wir uns mit diesen letzten Beispielen zeitlich und sachlich sehr weit von Thukydides entfernt haben. Aber es ging j a in diesem ganzen Abschnitt nicht etwa darum, ,Einflüsse' oder Denkformen aufzuweisen, die Thukydides,übernommen' hätte, sondern Darstellungsweisen zu finden, die ähnliche^Eigenheiten haben wie die seine, und in denen insbesondere Meinungen und Absichten von Personen ohne Rekurs auf authentische Information, aber dennoch mit dem Anspruch auf Wahrhaftigkeit oder juristische Verbindlichkeit erwähnt werden. Im übrigen hat man sowohl in Ciceros Jugendschrift als auch in der Rhetorik an Herennius einen erheblichen Anteil griechischer Rhetorik stets mit Recht angenommen; was
415 Cie. Inv. II 128. не ibid. II 131 etc. ibid. II 136 (quod semper is qui contra scriptum dicet aequitatis aliquid afferat oportet); 143, Dig. 1.3. 1 7 - 1 9 ; 2 5 ; 2 9 ; 30.
417
418
Dig. 3 4 . 8 . 2 ; 3 5 . 1 . 2 7 (Alfenus Varus).
4·9
Dig. 3 5 . 1 . 1 9 pr. (Ulpian), vgl. 3 5 . 1 . 1 7 . 1 und Cie. Inv. II 1 1 7 : qua in sententia scriptor fuerit, ex ceteris eius scriptis et ex factis, dictis, animo atque vita eius sumi oportebit, etc.
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wir aus noch späterer Zeit zitiert haben, liegt, sofern es nicht aus der gleichen Quelle stammt, auf derselben Linie 420 . Daß aber diese Linie sich in recht frühe Zeit zurückverfolgen läßt, zeigt sich bei dem zuletzt erwähnten Thema, dem Willen des Erblassers, sehr deutlich. Ein Athener konnte, wenn er keine ehelichen Söhne hatte, über sein Vermögen testamentarisch verfügen, sofern nicht Alter, Gift, Krankheit oder der Einfluß einer Frau seine Zurechnungsfähigkeit verminderten. Wer ein Testament anfechten wollte, hatte damit Vorwände genug, über den Geisteszustand des Verstorbenen zu spekulieren; die Argumente, die er verwenden konnte, mag man sich ausmalen 421 . Das Gesetz, in welchem diese Bestimmung steht, wird von dem Redner, der es zitiert, auf Solon zurückgeführt 422 .
Der Geschichtsschreiber und sein Beruf
Und selbst wenn es sich ergibt, daß er dichtet, was geschehen ist, so ist er darum nicht weniger Dichter. Denn nichts hindert, daß unter dem Geschehenen einiges von der Art ist, wie es nach der Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit geschieht, und darin liegt das Kriterium dafür, daß jener davon der Dichter ist. Aristoteles, Poetik 1451 b 2 9 - 3 2
Daß ein Geschichtsschreiber im Verlauf seiner Darstellung auch Behauptungen aufstellt, für deren Tatsächlichkeit er keine sicheren Zeugnisse hat, war nach den Vorstellungen mancher antiker Geschichtstheoretiker keineswegs anstößig, sondern vielmehr legitimes Mittel zum Zweck. „Wir werden . . . erreichen", schreibt Quintilian, „daß die Dinge handgreiflich deutlich sind, wenn sie wahrscheinlich sind, und werden sogar erlauben dürfen, fälschlich von dem hinzuzudichten, was sich zu ereignen pflegt."
Man hat diese Lehre von der erlaubten Zutat mit guten Gründen einer literarischen Theorie der Geschichtsschreibung zugewiesen, die auf den Peripatos zurückgeht. Sie bezieht ihre Rechtfertigung aus einer bestimmten Auffassung von der Aufgabe des Geschichtsschreibers: dessen Erzählung 420 D i e s j s t e j n gesichertes Ergebnis der Arbeiten von Stroux (759), das durch Wesels Untersuchung (760) nicht berührt wird. 421
Ein gutes Beispiel ist die erste Rede des Isaios, vgl. Meyer—Laurin (758) 20f.
422
[Dem.] 46,14, vgl. Hyperides III 16f, Aristoteles AP 35,2. Daß das Gesetz solonisch war, soll damit nicht gesagt sein, vgl. die generellen Argumente bei Finley (534) 12f; immerhin muß es wohl mindestens ins 5. Jahrhundert zurückgehen.
423
Quintilian, Inst. 8.3.70, vgl. dazu Strasburger (645) 84, an dem auch die Ubersetzung sich orientiert.
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soll den Leser ergreifen, ihn rühren, und das vornehmste Mittel hierzu ist größtmögliche Anschaulichkeit, Nähe zum Leben. „Zu dieser Tugend", schreibt Quintilian weiter, „die zumindest nach meinem Urteil die höchste ist, ist der Weg sehr einfach: betrachten wir die Natur und folgen wir ihr. . . J e d e r bezieht, was er hört, auf sich selbst, und der Geist n i m m t am leichtesten das auf, was er erkennt." 4 2 4
Was der Rhetor hier vom eingängigen, weil lebensnahen Detail sagt, läßt sich unschwer in verallgemeinerter Form auf die Historiographie anwenden. Der Geschichtsschreiber, der gelesen werden und Glauben finden will, ist zur Plausibilität, zur Wahrscheinlichkeit seiner Darstellung, verpflichtet 425 ; er unterscheidet sich insofern nicht grundsätzlich vom Redner, der eine, zweckgebundene, Version der Ereignisse sei es gegen Geld, sei es aus Überzeugung, als die wahre hinstellen und notfalls auch das Unwahrscheinliche wahrscheinlich machen muß. Die Verpflichtung zur Plausibilität bleibt auch dann gültig, wenn der Geschichtsschreiber nicht mehr konkretes, potentiell anschauliches Einzelgeschehen, sondern den Gang der Geschichte im Großen darzustellen sich vornimmt 426 . Auch hier muß der Ablauf Kriterien der Wahrscheinlichkeit genügen, die ihrerseits wieder Konjekturen zur Ergänzung von Lücken rechtfertigen: „Im Fortgange einer Geschichte Mutmaßungen einzustreuen, um Lücken in den Nachrichten auszufüllen, ist wohl erlaubt: weil das Vorhergehende, als e n t f e r n t e Ursache, u n d das Nachfolgende als Wirkung, eine ziemlich sichere Leitung zur Entdeckung der Mittelursachen abgeben kann, um den Ubergang begreiflich zu m a c h e n . " « 4 ibid. 8.3.71. 425
Diese Feststellung ist, wie die meisten in diesem Abschnitt, keineswegs neu. „Die Historie", schreibt Creuzer (627) 226, „besteht in einem gesetzmäßigen Verhältnisse des Ideellen zum Realen, der Freyheit zur Natur, u n d ihre Aufgabe ist : die in der Zeit gegebene Natur nach den Gesetzen des Geistes zur Betrachtung darzustellen." Was wir mit .Wahrscheinlichkeit' und .Plausibilität' umschreiben, ist nichts anderes als die Angemessenheit an die „Gesetze des Geistes", bezogen auf den Leser, dessen Wahrnehmungskategorien die Darstellung genügen m u ß , wenn sie ihn überzeugen soll.
426
Die Herstellung eines plausiblen Zusammenhanges kann natürlich als Ausweg des Historikers aus der Diskontinuität der Fakten verstanden werden : so versucht es Koselleck (787) für die Darstellung von Einzelgeschehen zu erweisen, u n d Kracauer (788) verficht dieselbe These für die Universalgeschichte. Auch diese Anschauung ist nicht grundsätzlich neu; in der Diskussion der beiden genannten Arbeiten (789), namentlich in der Intervention Stierles (p. 572f) zeigt sich, daß in der Herstellung des Zusammenhangs nicht ein willkürlich anwendbares Kunstmittel, sondern eine Grundvoraussetzung für die Arbeit des Geschichtsschreibers zu sehen i s t Roscher (18) beschreibt diesen Tatbestand, wenn er p. 24f von der „ästhetischen Notwendigkeit" handelt u n d schreibt : „ V o n der ästhetischen Notwendigkeit ist unser Thukydides wie durchdrungen. Alle Personen u n d Völker in seiner Geschichte scheinen nur aus ihrer innersten Natur zu handeln; nirgends eine Lücke, nirgends ein Sprung; Alles k o m m t , wie gerufen; Keinem, der das Ganze gelesen hat, drängt sich die Frage auf, ob es anders hätte k o m m e n k ö n n e n . " J e d e Darstellung von Ereignissen setzt ein bestimmtes Verständnis von ihnen u n d damit ein Urteil über sie (Ed. Meyer (19) 386) schon voraus : die eigentliche Leistung des Historikers hängt mit seiner Subjektivität untrennbar zusammen.
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Kant verwendet in diesen Sätzen „über den mutmaßlichen Anfang der Menschengeschichte" 427 die Begriffe ,Ursache' und .Wirkung'. Aber nichts ist für den Geschichtsschreiber natürlicher, als solche Kausalbeziehungen, wenn er sie einmal erkannt hat, ihrerseits etwa in der Weise, wie Schiller es beschrieben hat, als Ergebnis planvollen Handelns eines Subjektes hinzustellen: „Nicht lange kann der philosophische Geist bei dem Stoffe der Weltgeschichte verweilen, so wird ein neuer Trieb in ihm geschäftig werden, der nach Übereinstimmung strebt — der ihn unwiderstehlich reizt, alles um sich herum seiner eigenen vernünftigen Natur zu assimilieren, und jede ihm vorkommende Erscheinung zu der höchsten Wirkung die er erkannt, zum Gedanken zu erheben. Je öfter also und mit je glücklicherm Erfolge er den Versuch erneuert, das Vergangene mit dem Gegenwärtigen zu verknüpfen: desto mehr wird er geneigt, was er als Ursache und Wirkung in einander greifen sieht, als Mittel und Absicht zu verbinden. Eine Erscheinung nach der andern fängt an, sich dem blinden Ohngefähr, der gesetzlosen Freiheit zu entziehen, und sich einem übereinstimmenden Ganzen (das freilich nur in seiner Vorstellung vorhanden ist) als ein passendes Glied anzureihen. Bald fällt es ihm schwer, sich zu überreden, daß diese Folge von Erscheinungen, die in seiner Vorstellung soviel Regelmäßigkeit und Absicht annahm, diese Eigenschaften in der Wirklichkeit verleugne; es fällt ihm schwer, wieder unter die blinde Herrschaft der Notwendigkeit zu geben, was unter dem geliehenen Lichte des Verstandes angefangen hatte eine so heitre Gestalt zu gewinnen. Er nimmt also diese Harmonie aus sich selbst heraus, und verpflanzt sie außer sich in die Ordnung der Dinge, d.i. er bringt einen vernünftigen Zweck in den Gang der Welt und ein teleologisches Prinzip in die Weltgeschichte . . ," 4 2 8
Ist der Gedanke der willentlichen Verursachung aller geschichtlichen Erscheinungen durch eine Art transzendentes Subjekt erst zum nicht mehr bezweifelten Theorem geworden, so gilt es lediglich noch, dem Subjekt selbst einen Namen zu geben: Piatons Demiurg, Vicos göttliche Vorsehung und Hegels Weltgeist gleichen sich bei aller sonstigen Verschiedenheit darin, daß der Philosoph die Grundsätze ihres Wirkens als ein ordnendes, seinem Denken verwandtes Prinzip in der Abfolge der Epochen und Zivilisationen erkennt. Mit solchen Vorstellungen haben wir uns weit von Thukydides entfernt. Der Kontrast kann jedoch seinen Nutzen haben, um deutlich zu machen, was an den Kennzeichen seiner Darstellung, die wir gefunden haben, seiner Geschichtsschreibung spezifisch ist und was auf Bedingungen zurückgeht, die sich der Historiographie allgemein stellen. Die Geschichtsschreibung hat es seit jeher mit Ereignisabläufen zu tun, und zwar in erster Linie mit solchen, die ihre Ursachen in menschlichem Handeln haben. Sie steht seit jeher, wie das Epos, aus dem sie hervorgegangen ist und mit dem sie in vieler Hinsicht verwandt bleibt 4 2 9 , und wie die meisten anderen Formen erzählender Literatur bis in die Neuzeit, unter der Notwendigkeit, die geschilderten Ereignis- oder Handlungsabläufe « 7 Kant (785) 85. « 8 Schiller (793) 373f. Vgl. Creuzer (627) 18ff; 72, Strasburger (645) 62ff.
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verständlich, plausibel, nacherlebbar erscheinen zu lassen. Verständlichkeit, Plausibilität, Wahrscheinlichkeit können mit verschiedenen darstellerischen Mitteln und verschiedenen Erklärungskategorien erreicht werden. Die Eigenart eines Geschichtsschreibers läßt sich nicht aus der Tatsache bestimmen, daß er Verständlichkeit zu erreichen sucht; sie zeigt sich vielmehr im Verhältnis der Mittel, die er verwendet, und der Erklärungsschemata, mit denen er arbeitet, zu den explizit genannten Zielen seiner Darstellung. Thukydides hat für Leser geschrieben, „die deutlich in Erfahrung bringen wollen, wie die Ereignisse verlaufen sind" 4 3 0 . Die besondere Qualität seiner Darstellung rührt, wie wir meinen, nicht zuletzt aus der besonderen Art und Weise, wie er dieses Ziel erreicht hat. Der Peloponnesische Krieg ist in seiner Schilderung eine Folge von menschlichem Handeln und Leiden. Die Handlungen — von Staaten, Truppenkontingenten, Feldherrn, Politikern — werden daran gemessen, ob angesichts der vorgegebenen Ziele die Wahl der Mittel dem entspricht, was der urteilende Geschichtsschreiber rückschauend für richtig und zweckmäßig erkennt. Thukydides versetzt sich in die Lage jedes einzelnen Handelnden, wie sie ihm berichtet worden ist, und wägt ab, wie der Betreffende am ehesten das Notwendige getan haben könnte 4 3 1 , um seinen Zweck zu erreichen. Das Ergebnis dieser Analyse ist die Motivation der Handlungen, sind die Aussagen über Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühle und Absichten, die wir in der Darstellung lesen. Was die Handelnden richtig erkennen, entspricht seiner Erkenntnis; ihre Unwissenheit und ihre Irrtümer, die Zufälle und Notlagen, denen sie ausgeliefert sind, erklären die Differenz zwischen dem, was er als richtig und zweckentsprechend erkannt hat, und dem Ablauf der Ereignisse, wie er wirklich eingetreten ist. Diese Art der Darstellung setzt die Auffassung voraus, daß richtige Erkenntnis und richtiges Handeln in einem notwendigen Zusammenhang stehen. Wenn Thukydides abnimmt, daß sein Werk späteren Lesern, denen es auf richtige Erkenntnis ankommt, als nützlich gelten kann, so impliziert dies außerdem die Auffassung, daß nicht nur die äußeren Bedingungen menschlichen Handelns, sondern auch die Möglichkeiten und Kriterien richtiger Erkenntnis sich über die Zeiten hinweg gleich bleiben. Indem er das Handeln seiner Zeitgenossen im Lichte der Erkenntnis darstellt, die er gewonnen hat, hilft er seinen Lesern, auch die eigene Gegenwart besser zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln. Das Prinzip der Darstellung entspricht exakt der Absicht, in der sie geschrieben ist. Darin liegt ein Teil der Eigenart seines Werkes und ein Teil seiner Größe.
430 ι 22,4. 431
Die idealtypische Konstruktion, die in I 22,1 für die Komposition der Reden geschildert wird (s.o. S. 154).
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BIBLIOGRAPHIE A man will turn over half a library to make one book. Samuel Johnson Das folgende Literaturverzeichnis enthält die bibliographischen Angaben zu den Schriften, die in den Anmerkungen zitiert sind. Der Kürze halber wird dort auf Nachschlagewerke und auf Ausgaben, Kommentare und Übersetzungen des thukydideischen Geschichtswerkes nur mit den Namen des Verfassers oder mit der unten angegebenen Abkürzung verwiesen, auf fast alle übrigen Werke mit dem Namen des Verfassers und der laufenden Nummer des Verzeichnisses. Thukydides wird ohne Namensnennung mit dem Buch in römischen, Kapitel und Abschnitt in arabischen Ziffern nach Hudes editio maior (Nr. XIV) zitiert; Abweichungen von Hudes Text sind angegeben. Für andere Autoren werden die Abkürzungen in LSJ, zum Teil in etwas erweiterter Form, verwendet. Angesichts der Zahl und verschiedenen Thematik der einschlägigen Arbeiten empfahl sich eine systematische, nach Stichworten gegliederte Anordnung. Trotz der Subjektivität, die bei der Auswahl von Stichworten und der Zuordnung der einzelnen Titel zu ihnen letztlich nicht zu vermeiden ist, steht zu hoffen, daß dem Leser damit mehr gedient ist als mit einer alphabetischen Liste. Eine voluminöse, nicht sehr übersichtliche und leider nicht fehlerfreie alphabetische Aufstellung findet sich bei Luschnat (Nr. 39), eine gute Auswahl der wichtigsten Literatur bei Stahl (Nr. 114). Da die Numerierung vor der Endredaktion der Anmerkungen erfolgte, enthält das Verzeichnis auch eine Anzahl von Titeln, die nicht zitiert wurden. Vollständigkeit wird jedoch selbst im Abschnitt .Thukydides' nicht beansprucht. Dort fehlen insbesondere Arbeiten zu Themen, die in der vorliegenden Untersuchung nicht oder nur nebenbei berührt werden: Textgeschichte, Textkritik, Exegese einzelner Stellen, Schichtenanalyse, Rezeptionsgeschichte. Unter diese Kategorien fällt ein Großteil der von Lambrino, Marouzeau und der Annee Philologique für die Jahre 1896—1968 unter dem Stichwort .Thucydides' nachgewiesenen Literatur; von den dort genannten rund 1150 Arbeiten (ohne Ausgaben, Kommentare, Ubersetzungen, Forschungsberichte) enthält die folgende Aufstellung etwa ein Drittel. Wenn sie neben der Vereinfachung des Zitatennachweises dem Leser bei einer ersten Orientierung helfen kann, ist ihr Zweck erfüllt.
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GLIEDERUNG I
Nachschlagewerke (Nr. I—VII)
II Thukydides (VIII-512) 1. Ausgaben und Kommentare (VIII—XXII) 2. Übersetzungen (XXIII-XLIII) 3. Forschungsberichte (1—16) 4. Gesamtdarstellungen (17—39) 5. Analyse 5.1 Entstehungsgeschichte (40—56) 5.2 Buch VIII und der .Nachlaß' ( 5 7 - 6 2 ) 5.3 Urkunden und Inschriften (63—68) 5.4 Chronologie 5.4.1 Beginn und Länge des Krieges (69—72) 5.4.2 Thukydideische und astronomische Daten (73—78) 5.4.3 Besiedlungsgeschichte Siziliens (79—80) 5.5 Glaubwürdigkeit ( 8 1 - 8 7 ) 5.5.1 Plataia 5.5.2 Melos 6. Geschichtsauffassung 6.1 Allgemeines (88-119) 6.2 Politische Theorie. Aktualität ( 1 2 0 - 1 3 8 ) 6.3 Politik und Ethik (139-142) 7. Stil und Darstellungstechnik 7.1 Allgemeines ( 1 4 3 - 1 5 5 ) 7.2 Exkurse (155-160) 7.3 Andere stilistische Einzelheiten (161—167) 8. Sprache 8.1 Allgemeines (168-175) 8.2 Anakoluth ( 1 7 6 - 1 7 8 ) 8.3 Sprachgebrauch: Untersuchungen zu Gruppen von Wörtern (179—189) 8.4 Sprachgebrauch: Untersuchungen zu einzelnen Wörtern und Wendungen (190-238) 9. Kritik und Exegese einzelner Stellen 9.1 Sammlungen ( 2 3 9 - 2 4 0 ) 9.2 Einzelnes ( 2 4 1 - 2 7 2 ) 10. Kritik einzelner Teile und Episoden der Erzählung 10.1 Archäologie (273-276) 10.2 .Methodenkapitel'(277-283) 10.3 Epidamnos (284) 10.4 Pentekontaetie (285) 10.5 Athens Lange Mauern (286) 10.6 Ausbruch und Ursachen des Krieges (287—296) 10.7 Der Anfang von Buch II ( 2 9 7 - 2 9 9 ) 10.8 Plataia ( 3 0 0 - 3 0 2 ) 10.9 Die Epidemie in Athen (303-315) 10.10 Pylos und Sphakteria ( 3 1 6 - 3 2 5 ) 10.11 AmphipoUs (326-331)
174
10.12 Mantineia ( 3 3 2 - 3 3 5 ) 10.13 Sizilienexpedition ( 3 3 6 - 3 4 4 ) 10.14 Der Exkurs über die Tyrannenmörder (345—354) 11. Die Reden 11.1 Allgemeines ( 3 5 5 - 3 6 7 ) 11.2 Einzelne Reden ( 3 6 8 - 3 9 6 ) 12. Zur Thematik der Darstellung 12.1 Individuen ( 3 9 7 - 4 3 1 ) 12.2 Athen und Sparta ( 4 3 2 - 4 3 6 ) 12.3 Athens Verhältnis zu seinen Bündnern (437—442) 12.4 Politik u n d Politiker ( 4 4 3 - 4 4 6 ) 12.5 Propaganda und ihre Themen (447—454) 12.6 Macht u n d Recht ( 4 5 5 - 4 5 7 ) 12.7 Varia ( 4 5 8 - 4 7 7 ) 13. Einflüsse und Beziehungen 13.1 Allgemeines ( 4 7 8 - 4 7 9 ) 13.2 Sophistik ( 4 8 0 - 4 8 6 ) 13.3 Medizin ( 4 8 7 - 4 8 9 ) 13.4 Geographie (490) 14. Vita 14.1 H e r k u n f t u n d Leben (491 - 4 9 6 ) 14.2 Politische Einstellung ( 4 9 7 - 4 9 9 ) 15. Nachleben: Rezeption des Werkes 15.1 Allgemeines ( 5 0 0 - 5 0 7 ) 15.2 Rezeption einzelner Teile ( 5 0 8 - 5 1 2 ) III Griechische Geschichte ( 5 1 3 - 5 9 3 ) 16. Allgemeines 16.1 Gesamtdarstellungen ( 5 1 3 - 5 2 7 ) 16.2 Einzelne Aspekte und Perioden ( 5 2 8 - 5 4 0 ) 16.3 Realien und Militaria ( 5 4 1 - 5 5 0 ) 17. Lokalgeschichte 17.1 Athen: Allgemeines ( 5 5 1 - 5 6 2 ) 17.2 Athen: Einzelheiten ( 5 6 3 - 5 7 2 ) 17.3 Andere Gebiete ( 5 7 3 - 5 7 5 ) 18. Einzelne Themen 18.1 Kolonisation ( 5 7 6 - 5 8 0 ) 18.2 Stasis 18.2.1 Allgemeines ( 5 8 1 - 5 8 7 ) 18.2.2 Die Revolution von 411 in Athen ( 5 8 8 - 5 9 3 ) IV Literaturgeschichte (594—684) 19. Allgemeines 19.1 Gesamtdarstellungen u n d Verwandtes (594—607) 19.2 Einzelne Aspekte u n d Gattungen ( 6 0 8 - 6 2 1 ) 20. Historiographie 20.1 Allgemeines ( 6 2 2 - 6 4 8 ) 20.2 Einzelne Autoren ( 6 4 9 - 6 6 4 )
175
21. Rhetorik 21.1 Allgemeines ( 6 6 5 - 6 7 0 ) 21.2 Anaximenes ( 6 7 1 - 6 7 5 ) 22. Einzelne Autoren und Werke (soweit nicht unter 20.2, 21.2, 23.2, 24 oder 2 5 . 1 - 3 ) V Varia (685-797) 23. Philosophen 23.1 Allgemeines ( 6 8 5 - 6 9 5 ) 23.2 Einzelne Autoren (696-714) 24. Medizin ( 7 1 5 - 7 2 1 ) 25. Zur Motivation und Beurteilung des Handelns 25.1 Philosophie ( 7 2 3 - 7 2 7 ) 25.2 Literatur ( 7 2 8 - 7 4 6 ) 25.3 Recht ( 7 4 7 - 7 6 0 ) 25.4 Vulgärethik ( 7 6 1 - 7 6 7 ) 26. Methodologica (768-797) I NACHSCHLAGEWERKE I
John D. Denniston: The Greek Particles. Oxford
II
M.H.N. von Essen: Index Thucydideus. Berlin 1887 (repr. Darmstadt 1964).
III
Raphael Kühner/Bernhard Gerth: Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre. 2 Bände, Hannover/Leipzig 3 1 8 9 8 (repr. Darmstadt 1963). Zitiert: K - G .
IV
H.G. Liddell/R. Scott/H. Stuart Jones: A Greek-English Lexicon. Oxford 9 1 9 4 0 . Zitiert: LSJ.
V
Johann Hermann Heinrich Schmidt: Synonymik der griechischen Sprache. 4 Bände. Leipzig 1876-86.
VI
Jules Marouzeau: Dix annees de bibliographie classique. Bibliographie critique et analytique de l'antiquite greco-latine pour la periode 1914—1924. 2 vols. Paris 1927.
VII
Scarlat Lambrino: Bibliographie de l'antiquite classique. (1896—1914). Premiere partie: auteurs et textes. Paris 1951.
2
1954 (repr. 1959).
Mit Abkürzungen werden zitiert: KIP
K. Ziegler/W. Sontheimer (ed.): Der Kleine Pauly. Stuttgart 1964 ff.
LAW
C. Andresen/H. Erbse et al. (ed.): Lexikon der alten Welt. Zürich/Stuttgart 1965
OCD
N.G.L. Hammond/H.H. Scullard (ed.): The Oxford Classical Dictionary. Second Edition. Oxford 1970.
RE
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumwissenschaft. Stuttgart 1893
176
II THUKYDIDES 1. Ausgaben und Kommentare VIII
Ernst Friedrich Poppo: Thucydidis De Bello Peloponnesiaco libri octo. . . . Emendavit. . . scholia . . . notas indices, . . . subiecit E.F.P., 4 Teile in 11 Bänden. Leipzig 1 8 2 1 - 4 0 .
IX
Immanuel Bekker: Thucydides de bello Peloponnesiaco libri octo. Editio stereotypa. Berlin J 1892.
X
Karl Wihlelm Krüger: QovKvdldov Έυγγραφή. Mit erklärenden Anmerkungen. Dritte verbesserte und sehr vermehrte (Buch III-VIII zweite) Auflage. 2 Bände Berlin 1860.
XI
Gottfried Böhme/Simon Widmann: Thukydides. Für den Schulgebrauch erklärt. Buch I, II, VI, VII in sechster, Buch I I I - V und VIII in fünfter Auflage. 9. Bände. Leipzig 1 8 9 4 - 1 9 0 8 . Zitiert: B - W .
XII
Johannes Classen/Julius Steup: Thukydides. Nachdruck der 3. bis 5. Auflage mit bibliographischen Nachträgen von R. Stark. 8 Bände. Berlin 1 9 6 3 . Zitiert: Cl-St.
XIII
Karl Hude: Thucydides Historiae . . . Recensuit K.H. 2 Bände. Leipzig 1 8 9 8 - 1 9 0 1 . Zitiert: Hude, ed. maxima.
XIV
Karl Hude: Thucydidis Historiae. Editio maior. 2 Bände. Leipzig
XV
Henry Stuart J o n e s : Thucydidis Historiae. Recognovit. . . H.St.J. Apparatum criticum correxit et auxit J . Enoch Powell. 2 vols. Oxford 1942.
XVI
Otto Luschnat: Thucydidis Historiae. Vol. I (libri I—II). Leipzig 2 1 9 6 0 .
XVII
Jacqueline de Romilly ( I - V I I ) / L o u i s Bodin ( V I - V I I ) / Raymond Weil (III): Thucydide, La Guerre du Peloponnese. Buch I—VII in 5 Bänden, Paris 1955 ff. (Collection Bude).
XVIII
Arnold W. Gomme ( I - V ) / A n t o n y Andrewes (V)/Kenneth J . Dover ( V I - V I I ) : A Historical Commentary on Thucydides. Buch I—VII in 4 Bänden. Oxford 1945 ff.
2
1913-25.
Teilausgaben XIX
Alfred Croisef: Thucydide, Histoire de la guerre du Peloponnese. Texte grec . . . avec un commentaire . . . et precede d'une introduction (= S. 1—123). Livres I - I I . Paris 1886.
XX
Antonio Maddalena: Thucydides Historiarum liber primus. Introduzione, testo critico e commento con traduzione e indici. 3 Bände. Firenze 1951 - 5 2 . Biblioteca di Studi Superiori 15. 18. 20.
XXI
Raymond Weil: Thucydide, La guerre du Peloponnese: Pericles (= II, 1—65). Paris 1965. Collection Erasme.
XXII
Edouard Delebecque: Thucydide, livre VIII. Gap 1967. Publications des Annales de la Faculte des Lettres, Aix-en-Provence, NS 57. Ergänzung zu Nr. 60.
2. Ubersetzungen XXIII
Laurentius Valla: Thucydidis de Bello Peloponnesiaco libri VIII ex interpretatione Laurentii Vallae ab Henrico Stephano iterum recognita. Frankfurt/Main 1 5 8 9 . Zitiert: Valla-Stephanus. 177
XXIV
Louys Iausaud d'Uzez: Histoire de la Guerre des Peloponnesiens et Atheniens. Escripte et divisee en huict livres par Thucydide Athenien. Nouvellement traduicte de Grec en Francois. Paris 1600.
XXV
Thomas Hobbes: The History of the Grecian War Written by Thucydides. Translated . . . by Th. H. of Malmesbury, in: Thomas Hobbes: English Works, ed. W. Molesworth, London 1 8 3 9 - 4 5 , vol. 8 - 9 . Zitiert: Hobbes (vgl. Nr. XXXIII und Nr. 17.).
XXVI
J o h a n n David Heilmann: Thukydides, Geschichte des peloponnesischen Krieges (1760). München/Leipzig 1912.
XXVII
Gottfried Böhme: Thukydides, Geschichte des Peloponnesischen Kriegs . . . griechisch und deutsch mit kritischen u n d erklärenden Anmerkungen. Leipzig: Engelmann 1852—53. Anonym, von Böhme laut Eberhardt (13).
XXVIII
Adolf Wahrmund: Thukydides, Geschichte des Peloponnesischen Krieges (Berlin/Stuttgart 1 8 5 5 - 1 9 0 7 ) Berlin o j . Langenscheidt'sche Bibliothek sämtlicher griechischen und römischen Klassiker, 56—57.
XXIX
Benjamin J o w e t t : Thucydides. Translated into English with Introduction, . . . Notes and Indices. 2 vols. Oxford 1881. Zitiert: J o w e t t (vgl. Nr. XLII).
XXX
August Horneffer: Thukydides, Der peloponnesische Krieg. Erster (=einziger) Band, Buch I - I V . Leipzig 1912. Zitiert: Horneffer (vgl. Nr. XXXIV).
XXXI
Thedor Braun: Thukydides, Geschichte des peloponnesischen Krieges (1917). Leipzig 2 1961.
XXXII
Charles Forster Smith: Thucydides. With an English Translation. 4 vols. London/Cambridge (Mass.) 1917—23. Loeb Classical Library.
XXXIII
David Grene (ed.): Thucydides. The Thomas Hobbes Translation. 2 vols. Ann Arbor 1959. Zitiert: Hobbes-Grene (vgl. Nr. XXV).
XXXIV
Gisela Strasburger (ed.): Thukydides, Geschichte des peloponnesischen Krieges. Übersetzt von August Horneffer. Durchgesehen u n d Buch V—VIII aus dem Nachlaß herausgegeben von G.S. Einleitung von Hermann Strasburger. Bremen 1957. Sammlung Dietrich 170. Zitiert: Horneffer-Strasburger (vgl. Nr. XXX und Nr. 35).
XXXV
Georg Peter Landmann: Thukydides, Geschichte des peloponnesischen Krieges. Reinbek 1962. Rowohlts Klassiker 100/102.
XXXVI
Denis Roussel: Thucydide, La Guerre du Peloponnese. 2 vols. Paris 1964.
XXXVII Gianluigi Piazza: Tucidide, Le Storie. Prefazione (Tucidide e la storiografia dell'ottimismo = S. 1—42) di Piero Treves. Novara 1967. Collana di Storia 23. Übersetzungen
in Auswahl oder einzelner Teile
XXXVIIIJohann Gottfried Seume: Die Belagerung, Eroberung u n d Zerstörung von Platäa. Aus der Geschichte des peloponnesischen Krieges von Thukydides, in: J.G.S., Prosaschriften, Köln 1962, S. 1 1 3 3 - 1 1 7 0 . XXXIX
Heinrich Weinstock: Thukydides, Der große Krieg (1938). Stuttgart 1954. Kröners Taschenausgabe 150.
XL
Otto Regenbogen: Thukydides, Politische Reden. Ausgewählt, übersetzt u n d eingeleitet. Leipzig 1949. Die Einleitung (S. 7—75) ist identisch mit Nr. 122.
XLI
J . Feix: Thukydides, Der peloponnesische Krieg. München 1959. Goldmanns Gelbe Taschenbücher 544.
178
XLII
Peter A. Brunt (ed.): Thucydides, The Peloponnesian Wars. Translated by Benjamin Jowett. Revised and abridged with an introduction. New York 1963. Zitiert: Jowett-Brunt (vgl. Nr. XXIX).
XLIII
Helmuth Vretska: Thukydides, Der peloponnesische Krieg. Auswahl. Stuttgart 1966. Reclame Universal-Bibliothek 1807/1811.
3. Forschungsberichte 1
L. Herbst: Jahresbericht Thukydides, Philologus 24, 1866, 6 0 8 - 7 3 0 (Textexegese und -kritik).
2
Derselbe: Jahresbericht Thukydides (I), Philologus 38, 1879, 5 0 3 - 5 8 4 (darunter je zweimal die Seiten 559 und 560).
3
Derselbe: Jahresbericht Thukydides (2. Artikel), Philologus 40, 1881, 2 7 1 - 3 8 2 (Entstehungsgeschichte).
4
Derselbe: Jahresbericht Thukydides (3. Artikel), Philologus 42, 1884, 6 2 5 - 7 6 8 (Chronologie 6 2 6 - 7 5 0 , Wert der Überlieferung 7 5 1 - 6 8 ) .
5
Derselbe: Jahresbericht Thukydides (4. Artikel), Philologus 46, 1887, 4 9 1 - 5 8 7 (Chronologie).
6
Derselbe: Die Arbeiten über Thukydides. Fünfter und letzter Artikel, Philologus 49 = NF 3, 1890, 1 3 4 - 8 0 und 3 3 8 - 7 5 (Vita).
7
E. Lange: Die Arbeiten zu Thukydides seit 1890. Erster Artikel, Philologus 56, 1897, 6 5 8 - 7 1 3 (Textexegese und -kritik).
8
Derselbe: Die Arbeiten zu Thukydides seit 1890. Zweiter Artikel, Philologus 57, 1898, 4 3 6 - 5 0 0 .
9
F. M. Wassermann: Das neue Thukydidesbild, Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung 7, 1931, 2 4 8 - 2 5 8 .
10
Max Pohlenz: Die thukydideische Frage im Lichte der neueren Forschung, Göttingische Gelehrte Anzeigen 198, 1936, 2 8 1 - 3 0 0 . Nachdrucke: M.P., Kleine Schriften, ed. H. Dörrie, Hildesheim 1965, Band II S. 2 9 4 - 3 1 3 ; Herter (unten Nr. 16) 5 9 - 8 1 . τ F. Egermann: Neue Forschungen zu Thukydides, Deutsche Literaturzeitung 58, 1937, col. 1 4 7 1 - 1 4 8 0 und 1 5 0 3 - 1 5 0 9 .
11
12 J . de Romilly: Travaux et problemes relatifs a Thucydide, L'Information Litteraire 1, 1949, 1 9 6 - 2 0 1 . 13
W. Eberhardt: Fachbericht Thukydides. Neue Ausgaben, Forschungen zum Text und zur Uberlieferung, Ubersetzungen, Gymnasium 67, 1960, 209—23.
14
Derselbe: Nachtrag (Ubersetzungen), ebenda 68, 1961, 3 2 9 - 4 0 .
15
Μ. H. Chambers: Studies on Thucydides, 1 9 5 7 - 1 9 6 2 , Classical World 56, 1963, 6-24.
16
Hans Herter (ed.): Thukydides (Aufsatzsammlung mit Einleitung von H.H., S. 1 - 9 ) . Darmstadt 1968. Wege der Forschung 98.
4. Gesamtdarstellungen 17
Thomas Hobbes: On the Life and History of Thucydides. Vorrede zur Ubersetzung (1628), zitiert nach English Works vol. 8, S. X I I I - X X X I I (vgl. Nr. XXV).
179
18
Wilhelm Roscher: Leben, Werk und Zeitalter des Thukydides. Mit einer Einleitung zur Ästhetik der historischen Kunst überhaupt. Göttingen 1842. XVI, 575 S. (Erster Band einer von R. geplanten, aber nie ausgeführten Reihe: „Klio. Beiträge zur Geschichte der historischen Kunst. Von W.R." Der Autor, der Nationalökonom Wilhelm Roscher (1817-1894), wird bei Schmid (34) S. 3 und anderen mit seinem Sohn, dem Mytholexikographen Wilhelm Heinrich Roscher (1845-1923), verwechselt.)
19
Eduard Meyer: Thukydides, in: E.M., Forschungen zur alten Geschichte, Band II, Halle 1899, S. 2 6 9 - 4 3 6 .
20
George B. Grundy: Thucydides and the History of his Age. 2 Bände, Oxford I (1911) 2 1948, II 1948. XIX, 553 + XV, 256 S.
21
Albert Thibaudet: La Campagne avec Thucydide. Paris 1922. 262 S.
22
Fritz Taeger: Thukydides. Stuttgart 1925. VII, 300 S.
23
E. Schwartz: Rezension von (22), Gnomon 2, 1926, 6 5 - 8 2 .
24 J . Stenzel: Rezension von (22), Göttingische Gelehrte Anzeigen 188, 1926, 193-206. 25
George Frederick Abbott: Thucydides. A study in historical reality. London 1925. VII, 240 S.
26
Charles N. Cochrane: Thucydides and the Science of History. Oxford 1929 (repr. New York 1965). 180 S.
27
Hans Bogner: Thukydides und das Wesen der altgriechischen Geschichtsschreibung. Hamburg 1937. 28 S. Schriften des Reichsinstituts für Geschichte des Neuen Deutschlands 12.
28
Helmut Berve: Thukydides. Frankfurt/Main 1938. 54 S. Auf dem Wege zum nationalpolitischen Gymnasium. Schriften zur nationalsozialistischen Ausrichtung des altsprachlichen Unterrichts, Heft 5.
29
F. Egermann: Rezension von (28), Gnomon 17, 1941, 2 0 3 - 7 .
30 John H. Finley: Thucydides. Cambridge (Mass.) 1942 (repr. Ann Arbor 1963). 344 S. 31 A. W. Gomme: Rezension von (30), Classical Review 61, 1947, 15—17. 32
H. Patzer: Rezension von (30), Gnomon 27, 1955, 1 4 5 - 1 5 4 .
33 Jacqueline de Romilly: Thucydide et l'imperialisme athenien. La pensee de l'historien et la genese de l'oeuvre. Paris 1947. Zitiert nach der englischen Ubersetzung von Philip Thody: Thucydides and Athenian Imperialism. Oxford 1963. XI, 400 S. 34
Wilhelm Schmid: Geschichte der Griechischen Literatur, 1. Teil, 5. Band, 2. Hälfte, 2. Abschnitt. München 1948 (Thukydides: S. 3 - 2 2 3 ) . Handbuch der Altertumswissenschaft 7, 1 , 5 .
35
Hermann Strasburger: Einleitung zur Ausgabe von August Horneffers Übersetzung (= S. IX—LXXVI). Bremen 1957 (vgl. Nr. XXXIV).
36
Ronald Syme: Thucydides. Lecture on a Master Mind. London 1960 = Proceedings of the British Academy 48, 1960, 3 7 - 5 6 .
37
Frank E. Adcock: Thucydides and his History. Cambridge 1963. 146 S.
38
F. Sieveking: Rezension von (37), Gnomon 36, 1964, 6 5 0 - 4 .
39
Otto Luschnat: Thukydides der Historiker, RE Suppl. XII (1970) col. 1 0 8 5 - 1 3 5 4 .
Siehe auch Nr. 114, 631
180
5. Analyse 5.1
Entstehungsgeschichte
40
U. v. Wilamowitz-Moellendorff: Thukydideische Daten, Hermes 20, 1885, 4 7 7 90. Nachdruck in: U.v.W.-M., Kleine Schriften, Band III: Griechische Prosa, ed. F. Zucker, Berlin 1969, S. 8 5 - 9 8 .
41
L. Bodin: Thucydide: Genese de son Oeuvre, Revue des Etudes Anciennes 14, 1912, 1 - 3 8 .
42
Eduard Schwartz: Das Geschichtswerk des Thukydides. Bonn 1919 ( 2 1929, repr. Hildesheim 1969). 364 S.
43
M. Pohlenz: Thukydidesstudien I, II, III, Nachrichten der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1919, 9 5 - 1 3 8 und 1920, 5 6 - 8 2 . Nachdruck in: M.P., Kleine Schriften (s. zu Nr. 10) II, S. 2 1 0 - 8 0 .
44
Wolfgang Schadewaldt: Die Geschichtsschreibung des Thukydides. Ein Versuch. Berlin 1929. 100 S. Rezensionen
(Nr. 45—48)
45
F. Dornseiff, Deutsche Literaturzeitung 51, 1930, col. 543—8.
46
Felix Jacoby, Historische Zeitschrift 142, 1930, 3 2 4 - 8 . Nachdruck in: F.J., Abhandlungen zur griechischen Geschichtsschreibung, ed. H. Bloch, Leiden 1956, S. 2 3 9 - 4 2 . Ernst Kapp, Gnomon 6, 1930, 7 6 - 1 0 0 . Nachdruck in: E.K., Ausgewählte Schriften, ed. H. und I. Diller, Berlin 1968, S. 7 - 2 9 .
47 48
K. Ziegler, Philologische Wochenschrift 50, 1930, col. 1 9 3 - 2 0 1 .
49
K. Ziegler: Der Ursprung der Exkurse im Thukydides, Rheinisches Museum 78, 1929, 5 8 - 6 7 .
50
W. K. Prentice: How Thucydides Wrote his History, Classical Philology 25, 1930, 1 1 7 - 2 7 .
51
A. Rehm: Uber die sizilischen Bücher des Thukydides, Philologus 89, 1934, 133-60.
52
Harald Patzer: Das Problem der Geschichtsschreibung des Thukydides und die thukydideische Frage. Berlin 1937. 118 S. Neue Deutsche Forschungen 129 = Abteilung Klassische Philologie 6.
53
Walter Schmid: Zur Entstehungsgeschichte und Tektonik des I. Buches des Thukydides. Diss. Tübingen (1943) 1947 (Maschinenschrift). 186 S.
54
Clara Longo Rubbi: Un nouvo aspetto della questione tucididea: I discorsi e l'evoluzione del metodo. Catania 1963. 43 S. Quaderni di „Orpheus"
55
Dieselbe: Sui discorsi scritti dal giovane stratego Tucidide, Orpheus 10, 1963, 65—75 (Fortsetzung von (54).
56
K. Ziegler: Zur Datierung der sizilischen Bücher des Thukydides. Das Griechentum im Zweifrontenkrieg zwischen Ost und West, Gymnasium 74, 1967, 327—42.
vgl. auch Nr. 33, 147, 413, 479 5.2 Buch VIII und der 57
,Nachlaß'
Thomas Fellner: Forschung und Darstellungsweise des Thukydides, gezeigt an einer Kritik des achten Buches. Wien 1880. 76 S. Untersuchungen aus der alten Geschichte, 2. Heft. 181
58
Kurt Prenzel: De Thucydidis libro octavo quaestiones. Diss. Berlin 1903. 51 S.
59
U. v. Wilamowitz-Moellendorff: Thukydides VIII, Hermes 43, 1908, 5 7 8 - 6 1 8 . Nachdruck in: U.v.W.-M., Kleine Schriften III (s. zu Nr. 40), S. 3 0 7 - 4 5 .
60
Edouard Delebecque: Thucydide et Alcibiade. Gap 1965. 250 S. Publications des Annales de la Faculte des Lettres, Aix-en-Provence, NS 49 = Centre d'Etudes et de Recherches Helleniques de la Faculte des Lettres et des Sciences Humaines d'Aix, 5.
61
D. Asheri: Rezension von (60), Rivista di Filologia e di Istruzione Classica ser. 3 vol. 95, 1967, 4 6 3 - 7 .
62
L. Canfora: Tucidide continuato e pubblicato, Belfagor 25, 1970, 1 2 1 - 3 4 .
5.3 Urkunden
und
Inschriften
63
Max Büdinger: Poesie u n d Urkunde bei Thukydides. Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, Philosophisch-Historische Classe, 39, 1891, Dritte Abhandlung (50 S.) und Fünfte Abhandlung (80 S.).
64
Adolf Kirchhoff: Thukydides und sein Urkundenmaterial. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte seines Werkes. Berlin 1895 (repr. Darmstadt 1968). 179 S.
65
W. Kolbe: Die Kleon-Schatzung des Jahres 4 2 5 / 4 v. Chr., Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, phil.-hist. Kl. 1930, 333—54.
66
Benjamin D. Meritt / Allen B. West: The Athenian Assessment of 425 B.C. Ann Arbor 1934. XIV, 112 S.
67
W. Kolbe: Thukydides u n d die Urkunde IG I 2 63, Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, phil.-hist. KL, 1937, 172—88.
68
Carl Meyer: Die Urkunden im Geschichtswerk des Thukydides, ed. H. Erbse. München 1955. 102 S. Zetemata 10.
5.4
Chronologie
5.4.1 Beginn und Länge des Krieges 69
H. Müller-Strübing: Das erste J a h r des Peloponnesischen Krieges. Ein Beitrag zur Chronologie des Thukydides, Jahrbücher für Classische Philologie Bd. 127 = Jg. 29, 1883, 5 7 7 - 6 1 2 u n d 6 5 7 - 7 1 3 .
70
F. J a c o b y : Thukydides u n d die Vorgeschichte des peloponnesischen Krieges, Nachrichten von der Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1929, 1—34. Nachdruck in: F.J., Abhandlungen (s. zu Nr. 46), S. 2 0 7 - 3 8 .
71
Walther Kolbe: Thukydides im Lichte der Urkunden. Stuttgart 1930. V, 104 S.
72
O. Lendle: Die Auseinandersetzung des Thukydides mit Hellanikos, Hermes 92, 1964, 1 2 9 - 4 3 . Nachdruck in Herter (16) 6 6 1 - 8 2 .
5.4.2 Thukydideische
und astronomische
Daten
73
W. K. Pritchett / B. L. van der Waerden: Thucydidean Time-reckoning and Euctemon's Seasonal Calendar, Bulletin de Correspondance Hellenique 85, 1961, 1 7 - 5 2 .
74
B. D. Meritt: The Seasons in Thucydides, Historia 11, 1962, 4 3 6 - 4 6 .
75
W. K. Pritchett: Thucydides V 20, Historia 13, 1964, 2 1 - 3 6 .
76
B. D. Meritt: T h e End of Winter in Thucydides, Hesperia 33, 1964, 2 2 8 - 3 0 .
182
77
W. К. Pritchett: The Thucydidean Summer of 4 1 1 B.C., Classical Philology 60, 1965, 2 5 9 - 6 1 .
78
B. D. Meritt: A Persian Date in Thucydides, Classical Philology 61, 1966, 1 8 2 - 4 .
5.4.3 Besiedlungsgeschichte
Siziliens
79
K . J . Dover: La Colonizazzione della Sicilia in Tucidide, Maia 6, 1953, 1—20. Nachdruck: Die Kolonisierung Siziliens bei Thukydides, in: Herter (16) 344—68.
80
Rene van Compernolle: E t u d e de Chronologie et d'historiographie siciliotes. Recherches sur le systeme chronologique des sources de Thucydide concernant la f o n d a t i o n des colonies siciliotes. Bruxelles/Roma 1960. XX, 6 0 3 S. Etudes de Philologie, d'Archeologie et d'Histoire Ancienne Publiees par l'lnstitut Historique Beige de Rome, tome V.
5.5 81
Glaubwürdigkeit Mortimer H. Chambers: Studies in the Veracity of Thucydides. Diss. Harvard 1954. Summary in: Harvard Studies in Classical Philology 62, 1957, 1 4 1 - 3 .
5.5.1 Plataia 82
F. A. Paley: On Certain Engineering Difficulties in Thucydides' Account of the Escape f r o m Plataea. Bk. III. 2 0 - 4 , J o u r n a l of Philology 10, 1882, 8 - 1 5 .
83
H. Müller-Strübing: Die Glaubwürdigkeit des Thukydides, geprüft an seiner Darstellung der Belagerung von Plataia, Jahrbücher für Classische Philologie Jg. 31 Band 131, 1885, 2 8 9 - 3 4 8 .
5.5.2 Melos 84
M. Treu: Athen und Melos und der Melierdialog des Thukydides, Historia 2, 1951/3, 2 5 3 - 7 3 . Nachtrag ebenda 3, 1954/5, 5 8 - 9 .
85
W. Eberhardt: Der Melierdialog und die Inschriften ATL A 9 (IG I 2 63+) u n d IG I 2 97+. Betrachtungen zur historischen Glaubwürdigkeit des Thukydides, Historia 8, 1959, 2 8 4 - 3 1 4 .
86
W. Kierdorf: Zum Melier-Dialog des Thukydides, Rheinisches Museum 105, 1962, 2 5 3 - 6 .
87
Α. E. Raubitschek: War Melos tributpflichtig? , Historia 12, 1963, 7 8 - 8 3 .
vgl. außerdem Nr. 323, 3 8 5 - 3 9 6
6. 6.1 88
Geschichtsauffassung Allgemeines Francis M. Cornford: Thucydides Mythistoricus. L o n d o n 1907 (repr. 1965). 252 S.
89 Konrat Ziegler: Thukydides u n d die Weltgeschichte. Greifswald 1928. 21 S. Greifswalder Universitätsreden 19. 90
F. Egermann: Die Geschichtsbetrachtung des Thukydides, in: Das Neue Bild der Antike, ed. H. Berve, Band I, Leipzig 1942, S. 272-302.
91 Ernst Topitsch: Mensch und Geschichte bei Thukydides. Diss. Wien 1946 (Maschinenschrift). 137 S. (vgl. auch Nr. 141 und 257).
183
92
Leo Stock: Die Geschichtsauffassung bei Thukydides u n d Sallust. Diss. Freiburg i.Br. 1946 (Maschinenschrift). 135 S.
93
W. Müri: Beitrag zum Verständnis des Thukydides, Museum Helveticum 4, 1947, 251-75. Nachdruck in Herter (16) 135-70.
94
D.M. Pippidi: Aristote et Thucydide. En marge du chapitre IX de la Poetique, in: Melanges de philologie, de litterature et d'histoire anciennes offerts a Jules Marouzeau, Paris 1948, S. 483-490.
95
Karl Rudolf Neu: Die Triebfedern in der Geschichte bei Thukydides und bei modernen Geschichtsschreibern des peloponnesischen Krieges. Diss. Marburg 1949 (Maschinenschrift). V, 191 S.
96
H. Erbse: Uber eine Eigenheit der thukydideischen Geschichtsbetrachtung, Rheinisches Museum 96, 1953, 38-62. Nachdruck in Herter (16) 317-43.
97
H a r t m u t von Hentig:
98
A. Maddalena: Tempo ed eternita in Tucidide, Rivista Storica Italiana 65, 1953, 5-18.
99
K. Nawratil: Zur Gesamtinterpretation des Thukydides, Anzeiger für die Altertumswissenschaft 6, 1953, 61-4 und 125-8.
Θουκυδίδης Σοφός-. Diss. Chicago 1953(Mikrofilm).
100
W. Eberhardt: Die Geschichtsdeutung des Thukydides, Gymnasium 61, 1954, 306-26.
101
C. ten Holder: Versuch über die Geschichtsschreibung des Thukydides, Der Altsprachliche Unterricht 6, 1955, 5-20.
102
K. Ziegler: Thukydides u n d Polybios, Wissenschaftliche Zeitschrift der Ernst Moritz A r n d t — Universität Greifswald, Gesellschafts- u n d sprachwissenschaftliche Reihe 5, 1955/6, 161-70.
103
J . de Romilly: L'utilite de l'histoire selon Thucydide, in: Histoire et Historiens dans l'Antiquite. Entretiens Fondation Hardt IV, Vandoeuvres 1958, S. 41-66 mit Diskussion S. 67-81.
104
P.A. Brunt: Thucydides: The Compassionate Scientist, History Today 7, 1957, 820-8. Η. Erbse: Zur Geschichtsbetrachtung des Thukydides, Antike und Abendland 10, 1961, 19-34. Nachdruck in Herter (16) 594-619.
105 106 107
108
F. Egermann: Zum historiographischen Ziel des Thukydides, Historia 10, 1961, 435-47. R a y m o n d Aron: Thucydide et le recit des evenements, History and Theory 1, 1960/1, 103-28. Zitiert nach dem Nachdruck: Thucydide et le recit historique, in: R.A., Dimensions de la conscience historique, Paris 2 1964, S. 124-167. C. Mosse: Thucydide historien moderne? (= Rezension von 107), L ' I n f o r m a t i o n Historique 24, 1962, 21-2.
109
W.T. Bluhm: Causal Theory in Thucydides' Peloponnesian War, Political Studies 10, 1962, 15-35 (vgl. auch Nr. 136).
110
Giuseppina Conflenti: Tucidide. Roma 1963. 545 S.
111
W.P. Wallace: Thucydides, Phoenix 18, 1964, 251-61
112
J . de Romilly: L'optimisme de Thucydide et le jugement de l'historien sur Pericles (Thuc., 11.65), Revue des Etudes Grecques 78, 1965, 557-75.
113
L. Gernet: Thucydide et l'histoire, Annales 20, 1965, 570-5 (postum veröffentlichtes Fragment).
184
114
Hans Peter Stahl: Thukydides. Die Stellung des Menschen im geschichtlichen Prozeß. München 1966. 187 S. Zetemata 40. Rezensionen
(Nr. 115-117, vgl. auch Nr. 138 b):
115
P.A. Brunt: Thucydides and H u m a n Irrationality, Classical Review 81 = NS 17, 1967, 278-80.
116
R. Weil: Histoire et intelligence chez Thucydide, L ' I n f o r m a t i o n Litteraire 19, 1967, 201-9.
117
J . de Romilly, G n o m o n 40, 1968, 232-6.
118
J . Viaplana: Una posible interpretaciön historica en Tucidides, in: Δ ώ ρ ω συν ό λ ί γ ω , Homenaje a J o s e Aisina de sus discipulos . . . , Barcelona 1969, S. 71-7.
119
A. Rivier: Pronostic et prevision chez Thucydide. A propos d ' u n livre recent (= Nr. 488) sur Thucydide et Hippocrate, Museum Helveticum 26, 1969, 129-45.
Vgl. auch Nr. 17-39, 125, 462, 485, 487, 645 6.2
Politische
120
M. Pohlenz: Thukydides und wir, Neue Jahrbücher für das klassische Altertum, Geschichte und deutsche Literatur und für Pädagogik, Jg. 23 Bd. 46, 1920, 57-72. J . Keil: Thukydides, in: Έπίτύμβιον Heinrich Swoboda dargebracht, Reichenberg 1927, 116-22.
121
Theorie.
Aktualität
122
O t t o Regenbogen: Thukydides als politischer Denker (1933), zitiert nach dem Abdruck in: O.R., Kleine Schriften, ed. F. Dirlmeier, München 1961, S. 217247. Nachdruck in Herter (16) 23-58.
123
Ernst Dietzfelbinger: Thukydides als politischer Denker. Diss. Erlangen 1934. 147 S.
124
George Meautis: Thucydide et l'imperialisme athenien. Neuchätel/Paris 1964. Darin Rektoratsrede (1939) gleichen Titels, S. 13-32.
125
Karl Reinhardt: »Thukydides u n d Machiavelli (Vortrag 1943), zitiert nach: K.R., Vermächtnis der Antike, Göttingen 1960, S. 184-218.
126
Louis E. Lord: Thucydides and the World War. Cambridge (Mass.) 1945. XIII, 3 0 0 S. Martin Classical Lectures 12.
127
David Grene: Man in his Pride. Α Study in the political philosophy of Thucydides and Plato. Chicago 1950. XII, 431 S. Zitiert nach dem Nachdruck (1965) unter dem Titel: Greek Political Theory. The image of man in Thucydides and Plato.
128
Thomas A. Sinclair: A History of Greek Political Thought. L o n d o n 1951. VIII, 317 S.
129
H. Strasburger: Die Entdeckung der politischen Geschichte durch Thukydides, Saeculum 5, 1954, 395-428. Zitiert nach dem Nachdruck (mit Zusätzen, 1966) in Herter (16) 412-76.
130
Eric Voegelin: Order and History, vol. II: The World of the Polis. Louisiana State University Press 1957. XVIII, 389 S.
131
P.J. Fliess: Political Disorder and Constitutional Form. Thucydides' critique of contemporary politics, J o u r n a l of Politics 21, 1959, 592-623.
185
132
Derselbe: Κτηα ές Ociet ? Thucydides and international politics today, in: Politische Ordnung u n d menschliche Existenz. Festgabe für Eric Voegelin zum 60. Geburtstag, München 1962, S. 165-85.
133
Renate Reimer: Macht u n d Recht bei Thukydides. Diss. Tübingen 1962 (Maschinenschrift). 142 S.
134
F. Kiechle: Ursprung u n d Wirkung der machtpolitischen Theorien im Geschichtswerk des Thukydides, Gymnasium 70, 1963, 289-312.
135
Donald Kagan: The Great Dialogue. History of Greek political thought f r o m Homer to Polybius. New York 1965. XI, 2 7 4 S.
136
William T. Bluhm: Theories of the Political System. Classics of political thought and modern political analysis. Englewood Cliffs 1965. IX, 502 S.
137
A. Klinz: Demokratie u n d Machtgedanke im Geschichtswerk des Thukydides, Der Altsprachliche Unterricht 5, 1968, 19-29.
138
Arthur G e o f f r e y Woodhead: Thucydides on the Nature of Power. Cambridge (Mass.) 1970. XII, 222 S. Martin Classical Lectures 24.
138a C. Schneider: Rezension von (138), G n o m o n 44, 1972, 235-40. 138b H. Erbse: Die politische Lehre des Thukydides, Gymnasium 76, 1969, 393-416. Vgl. auch Nr. 481, 482, 601 6.3
Politik
139
P. Shorey: On the Implicit Ethics and Psychology of Thucydides, Transactions of the American Philological Association 24, 1893, 66-88.
und
Ethik
140
F. Guglielmino: La concezione etico-politica di Tucidide nella redazione definitiva della sua storia, Archivio di Storia della Filosofia 2, 1933, 230-59.
141
E. Topitsch: Άνϋρωπβία Φύσις und Ethik bei Thukydides, Wiener Studien 61, 1943/7, 50-67 (= 91, S. 4-19).
142
L. Pearson: Popular Ethics in the World of Thucydides, Classical Philology 52, 1957, 228-44.
Vgl. auch Nr. 109, 110, 133, 138, 483
7. Stil und Darstellungstechnik 7.1
Allgemeines
143
Walter R.M. Lamb: Clio Enthroned. A study of prose-form in Thucydides. Cambridge 1914. XII, 319 S.
144
W. Aly: Form und Stoff bei Thukydides, Rheinisches Museum 77, 1928, 361-83.
145
J o h n Η. Finley: Euripides and Thucydides, Harvard Studies in Classical Philology 49, 1938, 23-68. Zitiert nach dem Neudruck in J . H . F . , Three Essays on Thucydides, Cambridge (Mass.) 1967, Loeb Classical Monographs 1, S. 1-54.
146
Derselbe: The Origins of Thucydides' Style, ebenda 50, 1939, 35-84. Zitiert nach Three Essays, S. 55-117.
186
147
Derselbe: The Unity of Thucydides' History, in: Athenian Studies presented to W.S. Ferguson, Harvard Studies in Classical Philology, Supplementary volume 1, 1940, S. 225-98. Zitiert nach Three Essays, S. 118-69.
148
L. Pearson: Thucydides as Reporter and Critic, Transactions of the American Philological Association 78, 1947, 37-60.
149
H.LI. Hudson-Williams: Thucydides, Isocrates, and the Rhetorical Method of Composition, Classical Quarterly 42, 1948, 76-81.
150
Jacqueline de Romilly: Histoire et Raison chez Thucydide. Paris 1956. 314 S.
151
A.W. Gomme: Rezension von (150), G n o m o n 30, 1958, 15-19.
152
Hugo Montgomery: Gedanke u n d Tat. Zur Erzählungstechnik bei Herodot, Thukydides, X e n o p h o n und Arrian. Diss. Upsala, Lund 1965. XVII, 266 S. Skrifter utgivna av Svenska Institutet i Athen, Serie in 8 , VI.
153
M. Ostwald: Rezension von (152), G n o m o n 39, 1967, 307-9.
154
R. Weil: Rezension von (152), Revue des Etudes Grecques 79, 1966, 543-4.
155
Jürgen Gommel: Rhetorisches Argumentieren bei Thukydides. Hildesheim 1966. 90 S. Spudasmata 10.
7.2
Exkurse
156
Helmut Münch: Studien zu den Exkursen des Thukydides. Heidelberg 1935. 84 S. Quellen und Studien zur Geschichte u n d Kultur des Altertums und des Mittelalters, Reihe D H e f t 3.
157
N.G.L. H a m m o n d : The Arrangement of the Thought in the Proem and in Other Parts of Thucydides I, Classical Quarterly 46 = NS 2, 1952, 127-41.
158
R. K a t i i i i : Die Ringkomposition im ersten Buch des thukydideischen Geschichtswerkes, Wiener Studien 70, 1957, 179-96.
159
F. Sieveking: Die Funktion geographischer Mitteilungen im Geschichtswerk des Thukydides (Diss. Hamburg 1957), Klio 42, 1964, 73-179.
160
Henry D. Westlake: Irrelevant Notes and Minor Excursuses in Thucydides, in: H.D.W., Essays on the Greek Historians and Greek History, Manchester 1969, S. 1-38.
7.3
Andere
stilistische
Einzelheiten
161
H.N. Couch: Emphasis in Thucydides, Classical Weekly 37, 1943/4, 125-7.
162
A. Croiset: La psychologie chez Thucydide, Revue hebdomadaire des Cours et Conferences, 1 4 е annee, l^re s ^ r i e > 1905/6, 12-19 und 145-53.
163
С. Förster Smith: Personification in Thucydides, Classical Philology 13, 1918, 241-50.
164
T.B.L. Webster: Personification as a Mode of Greek Thought, J o u r n a l of the Warburg and Courtauld Institutes 17, 1954, 10-21.
165
G.T. Griffith: Some Habits of Thucydides when Introducing Persons, Proceedings of the Cambridge Philological Society NS 7, 1961, 21-33.
166
G.B. Grundy: A Suggested Characteristic in Thucydides' Work, J o u r n a l of Hellenic Studies 18, 1898, 218-31.
167
Claus Meister: Die Gnomik im Geschichtswerk des Thukydides. Diss. Basel 1955. 93 S.
Vgl. auch Nr. 349 187
8.
Sprache
8.1
Allgemeines
168
Pierre C h a n t r a i n e : La f o r m a t i o n des n o m s e n grec ancien. Paris 1 9 3 3 . XXVII, 4 7 3 S. Collection Linguistique 38.
169
E r n s t K e m m e r : Die p o l a r e Ausdrucksweise in der griechischen L i t e r a t u r . Diss. Würzburg 1900. 71 S.
170
H e r m a n n Mayer: P r o d i k o s v o n Keos u n d die A n f ä n g e der S y n o n y m i k bei d e n Griechen. Diss. München 1911, P a d e r b o r n 1913, 1 5 9 S.
171
August Nieschke: De T h u c y d i d e A n t i p h o n t i s discipulo et H o m e r i i m i t a t o r e . P r o g r a m m M ü n c h e n 1885. 73 S.
172
J a n Ros: Die Μ Ε Τ Α Β Ο Λ Η (Variatio) als Stilprinzip des T h u k y d i d e s . P a d e r b o r n 1 9 3 8 . XXIV, 5 1 2 S. R h e t o r i s c h e Studien, E r g ä n z u n g s b a n d I (repr. A m s t e r d a m 1968).
173
J . H . Finley: Rezension von (172), American J o u r n a l of Philology 61, 1 9 4 0 , 96-102.
174
B. R o s e n k r a n z : Der lokale G r u n d t o n u n d die persönliche Eigenart in der Sprache des T h u k y d i d e s u n d der älteren attischen R e d n e r , Indogermanische F o r s c h u n g e n 48, 1930, 127-78.
175
Walter Wössner: Die s y n o n y m i s c h e U n t e r s c h e i d u n g bei T h u k y d i d e s u n d den politischen R e d n e r n der Griechen. Diss. Berlin 1 9 3 6 . 76 S.
8.2
Anakoluth
176
Wilhelm L ü d t k e : U n t e r s u c h u n g e n z u m S a t z b a u des T h u k y d i d e s (Das sog. A n a k o l u t h ) . Diss. Kiel, Borna-Leipzig 1930. VI, 99 S.
177
Gösta Ottervik: K o o r d i n a t i o n i n k o n z i n n e r Glieder in d e r attischen Prosa. Ein Beitrag zur Charakteristik der griechischen Literatursprache. (Diss.) L u n d 1943. XI, 247 S.
178
K u r t Becker: U n t e r s u c h u n g e n zu d e n A n a k o l u t h e n bei T h u k y d i d e s . Diss. Heidelberg 1 9 5 0 (Maschinenschrift). 189 S.
8.3
Sprachgebrauch:
179
R. van C o m p e r n o l l e : L' emploi d e μ ά λ ι σ τ α , de ε γ γ ύ ς et de ε γ γ ύ τ α τ α avec des n o m s de n o m b r e chez T h u c y d i d e , L ' A n t i q u i t e Classique 27, 1958, 5-12.
180
H. F o u r n i e r : Les verbes „ d i r e " en grec ancien (exemple d e conjugaison suppletive). Paris 1946. X, 2 3 4 S. Collection Linguistique 51.
181
Erich H o f m a n n : Qua r a t i o n e έπος μύΰος αίνος λόγος et v o c a b u l a a b eisdem stirpibus derivata in a n t i q u o G r a e c o r u m s e r m o n e (usque ad a n n u m fere 4 0 0 ) adhibita sint. Diss. G ö t t i n g e n 1922. 127 S.
182
Pierre H u a r t : Le vocabulaire de l'analyse p s y c h o l o g i q u e d a n s l'oeuvre de T h u c y d i d e . Paris 1968. 5 4 5 S. E t u d e s et C o m m e n t a i r e s 6 9 .
183
C. Schneider: Rezension von (182), G n o m o n 42, 1 9 7 0 5 2 9 - 3 4 .
184
E r n s t Meyer: E r k e n n e n u n d Wollen bei T h u k y d i d e s . U n t e r s u c h u n g über d e n Sprachgebrauch. Diss. G ö t t i n g e n 1939. 138 S.
185
J . de Romilly: La crainte dans l'oeuvre de T h u c y d i d e , Classica et Mediaevalia 17, 1956, 1 1 9 - 2 7 .
188
Gruppen
von
Wörtern
186
Bernhard Drobig: Psychologie und Begrifflichkeit bei Thukydides, dargestellt an den Problemen seiner Furchtsynonyma. Diss. Bonn 1958. (Maschinenschrift). 571 S.
187
Bruno Snell: Die Ausdrücke für den Begriff des Wissens in der vorplatonischen Philosophie. Berlin 1924. 100 S. Philologische Untersuchungen 29.
188
Otto Thimme: Φύσις τρόπος ήάος. Semasiologische Untersuchung über die Auffassung des menschlichen Wesens (Charakters) in der älteren griechischen Literatur. Diss. Göttingen 1935. 121 S.
189
A. Wifstrand: Die griechischen Verba für Wollen, Eranos 40, 1942, 1 6 - 3 6 .
8.4 Sprachgebrauch: 190
Einzelne
Wörter und
Wendungen
Friedrich Zucker: Verbundenheit von Erkenntnis und Wille im griechischen Sprachbewußtsein, beleuchtet durch Erscheinungen aus der Bedeutungsentwicklung von "Ayvoia, 'Ayvoeiv, 'Ayv&Qßa, in: Studies presented to David Moore Robinson vol. II, St. Louis (Missouri) 1953, 1963—71. Nachdruck in: F.Z., Semantica, Rhetorica, Ethica, Berlin 1963 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Schriften der Sektion für Altertumswissenschaft, 38), S. 4 8 - 5 5 .
αιτία·· siehe πρόφασις 191
J . Jüthner: Άκόνιτον - άκονιτί, Glotta 29, 1942, 7 3 - 7 .
192
Dietrich Kurz: "Ακρίβεια. Das Ideal der Exaktheit bei den Griechen bis Aristoteles. Göppingen 1970. 173 S. Göppinger akademische Beiträge 8.
193
E. Heitsch: Die nicht-philosophische άλήύςνα, Hermes 90, 1962, 2 4 - 3 3 .
194
Derselbe: Erscheinung und Meinung, Piatons Kritik an Protagoras als Selbstkritik, Philosophisches Jahrbuch 76, 1968, 2 3 - 3 6 .
195
Derselbe: Das Wissen des Xenophanes, Rheinisches Museum 109, 1966, 193-235.
196
O. Hey: 'Αμαρτία. Zur Bedeutungsgeschichte des Wortes, Philologus 83 = NF 37, 1928, 1 - 1 7 und 1 3 7 - 6 3 .
197
M. Ostwald: Aristotle on 'Αμαρτία and Sophocles' Oedipus Tyrannus, in: Festschrift Ernst, Kapp, Hamburg 1958, S. 9 3 - 1 0 8 .
198
R.D. Dawe: Some Reflections on Ate and Hamartia, Harvard Studies in Classical Philology 72, 1967, 8 9 - 1 2 3 .
199
J a n M. Bremer: Hamartia. Tragic Error in the Poetics Greek Tragedy. Amsterdam 1969. XX, 211 S.
200
Heinz Schreckenberg: Ananke. Untersuchungen zur Geschichte des Wortgebrauchs. München 1964. 188 S. Zetemata 36.
of Aristotle and in
200a J . de Romilly: La notion de necessite dans l'oeuvre de Thucydide, in: Science et Conscience de la Societe. Melanges Raymond Aron, Paris 1971, S. 1 0 9 - 1 2 8 . άποικια und Verwandtes (201—204) 201
E. Harrison: Chalkidike, Classical Quarterly 6, 1912, 9 3 - 1 0 3 und 1 6 5 - 7 8 .
202
Η. Wentker: Die Ktisis von Gela bei Thukydides, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts, Römische Abteilung, 63, 1956, 129—39.
203
A.J. Graham: Corinthian Colonies and Thucydides' Terminology, Historia 11, 1962, 2 4 6 - 5 2 .
189
204
J . de Wever/R. van Compernolle: La valeur des termes de „colonisation" chez Thucydide, L'Antiquite Classique 36, 1 9 6 7 , 4 6 1 - 5 2 3 .
205
E. Lange: Die Bedeutung von αρετή bei Thukydides, Neue Jahrbücher für Classische Philologie 145, 1892, 8 2 7 - 4 0 .
206
Johannes Ludwig: Quae fuerit vocis άρετή exitum. Diss. Leipzig 1906. 5 2 S.
207
D.M. MacDowell: 'Αρετή and Generosity, Mnemosyne ser. IV, 16, 1963, 127-34.
vis ac natura ante Demosthenis
2 0 7 a J o s e f Stallmach: Ate. Zur Frage des Selbst- und Weltverständnisses des frühgriechischen Menschen. Meisenheim 1 9 6 8 . VII, 117 S. Beiträge zur Klassischen Philologie 18. 208
O. Luschnat: Autodidaktos. Eine Begriffsgeschichte, Theologia Viatorum (Jahrbuch der Kirchlichen Hochschule Berlin) 8, 1962, 1 5 7 - 7 2 .
209
K.J. Dover:
εικάζω
Δέκατος αυτός, Journal of Hellenic Studies 80, 1 9 6 0 , 6 1 - 7 7 .
(210-211)
210
Η. Diller:
211
Andre Rivier: Un emploi archaique de l'analogie chez Heraclite et Thucydide. Lausanne 1952. 6 8 S. Collection des Etudes de Lettres 11.
Ό ψ ι ς άδηλων
τά φαινόμενα, Hermes 6 7 , 1 9 3 2 , 1 4 - 4 2 .
ώς εικός: siehe Nr. 2 3 8 212
Dieter Nestle: Eleutheria. Studien zum Wesen der Freiheit bei den Griechen und im Neuen Testament. Teil I: Die Griechen. Tübingen 1967. 1 6 4 S. Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie 6.
213
J . L . Myres: Έλπις, ελπω, 'έλκομαι., έλττίξειν, Classical Review 63, 1949, S. 46.
ερΎΟν: siehe λόγος 214
G. Vlastos: Isonomia, American Journal of Philology 74, 1953, 337—66.
215
Derselbe: Ισονομία πολιτική, in: Isonomia. Studien zur Gleichheitsvorstellung im griechischen Denken, ed. J . Mau und E.G. Schmidt, Berlin 1 9 6 4 (Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Institut für griechisch-römische Altertumskunde, Arbeitsgruppe für hellenistisch-römische Philosophie, Veröffentlichung Nr. 9), S. 1 - 3 5 .
216
Karl Keuck: Historia. Geschichte des Wortes und seiner Bedeutungen in der Antike und in den romanischen Sprachen. Diss. Münster 1934. I X , 122 S.
217
A.W.Gomme: The Interpretation of καλοί κάγαΰοί in Thucydides IV 4 0 , 2 , Classical Quarterly 47 = NS 3, 1 9 5 3 , 6 5 - 8 .
218
B.R. Rees: Κάκωσις in Thucydides II 43 and elsewhere, Mnemosyne ser. IV, 15, 1962, 3 6 9 - 7 6 .
λόγος ( 2 1 9 - 2 2 0 ) 219
A.M. Parry: The language of Achilles, Transactions of the American Philological Association 87, 1956, 1—7.
220
Derselbe: Logos and Ergon in Thucydides. Diss. Harvard 1 9 5 7 . Summary in Harvard Studies in Classical Philology 63, 1 9 5 8 , 5 2 2 - 3 .
221
D. Tabachovitz: Furcht und Hoffnung. Zum Gebrauch von μή und μή ob in Befürchtungssätzen und beim Infinitiv, Eranos 49, 1951. 93—101.
νόμος: siehe φύσις und Nr. 5 5 8 , 5 6 5
190
222
К . v o n Fritz: Die Rolle des Νους: Νοϋς und т е й > in den homerischen Gedichten Νοϋς, voew und ihre Ableitungen in der vorsokratischen Philosophie (mit Ausschluß des Anaxagoras). Nachtrag 1967, in: H.—G. Gadamer (ed.); Um die Begriffswelt der Vorsokratiker, Darmstadt 1968 (Wege der Forschung 9) S. 2 4 6 - 3 6 3 . Zuerst in Classical Philology 1943, 1945 und 1946.
223
Heinrich Dörrie: Leid und Erfahrung. Die Wort- und Sinnverbindung KOt&ew — ßdf&ew im griechischen Denken. Wiesbaden 1956. 42 S. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 1956 Nr. 5.
224
B. Keil: Π β λ ο π ο ι ^ σ ι α κ ό ς -πόλεμος, Hermes 51, 1916, 4 4 1 - 5 8 .
225
Heinz-Otto Weber: Die Bedeutung und Bewertung der Pleonexie von Homer bis Isokrates, Diss. Bonn 1967. 170 S.
πρόφασις ( 2 2 6 - 2 2 8 ) 226
К . Deichgräber: Πρά^ασις. Eine terminologische Studie, Quellen und Studien zur Geschichte der Naturwissenschaften und der Medizin Band 3, 1933 (Festschrift Max Wellmann zum 70. Geburtstag), H e f t 4 = S. 2 0 9 - 2 2 5 .
227
L. Pearson: Prophasis and Aitia, Transactions of the American Philological Association 83, 1952, 2 0 5 - 2 3 .
228
S. Schuller: A b o u t Thucydides' Use of αίτια and πρόφαίης, Revue Beige de Philologie 34, 1956, 9 7 1 - 8 4 .
228a C. Schäublin: Wieder einmal πρόφασις, Museum Helveticum 28, 1971, 133-144. 229
F. Hampl: Thuk. I I I 75,1 und der Terminus σπονΰαί, Philologus 91, 1936, 1 5 3 - 6 0 .
230
Helen North: Sophrosyne. Self-knowledge and self-restraint in Greek literature. Ithaca ( N . Y . ) 1966. X X , 391 S.
τέχνη ( 2 3 1 - 2 3 3 ) 231
Rene Schaerer: Επιστήμη et τέχνη. Etude sur les notions de connaissance et d'art d'Homere a Piaton. Macon 1930. X I I , 221 S.
232
F. Heinimann: Eine vorplatonische Theorie der τέχνη, Museum Helveticum 18, 1961, 1 0 5 - 3 0 . .
233
J ö r g K u b e : Ύέχνη und άρβτή. Sophistisches und platonisches Tugendwissen. (Diss. Frankfurt 1965) Berlin 1969. X, 255 S. Quellen und Studien zur Geschichte der Philosophie 12.
234
Agatha Anna Buriks: Περί τύχης. De ontwikkeling van het begrip tyche tot aan de Romeinse tijd, hoofdzakelijk in de philosophie. Diss. Leiden 1948. 143 S.
235
Manfred Landfester: Das griechische N o m e n „ p h i l o s " und seine Ableitungen. Hüdesheim 1966. X I , 196 S. Spudasmata 11.
236
Felix Heinimann: Nomos und Physis. Herkunft und Bedeutung einer Antithese im griechischen Denken des 5. Jahrhunderts. Basel 1945 (repr. Darmstadt 1965). 221 S. Schweizerische Beiträge zur Altertumswissenschaft 1.
237
Douwe Holwerda: Commentatio de vocis quae est φύοις vi atque usu praesertim in Graecitate Aristotele anteriore. Diss. Groningen 1955. V I I , 142 S.
238
H.D. Westlake: ώς εικός in Thucydides, Hermes 86, 1958, 4 4 7 - 5 2 . Nachdruck in H.D.W., Essays ... (s. zu Nr. 160), S. 1 5 3 - 6 0 .
Vgl. auch Nr. 305, 4 5 0 - 4 5 4 , 457, 487, 740, 744, 752, 761, 766
191
9. 9.1
Kritik und Exegese einzelner Stellen Sammlungen
239
G.A. Papantoniou: QovKvdideta, Επιστημονική Έπβτηρϊς τής Φιλοσοφικής Σχολής τοϋ Πανεπιστημίου Ά&ηνών,Ρΐτ. 2, t. 9 , 1 9 5 8 / 5 9 , 4 0 4 - 4 3 0 und t. 10, 1959/60, 483 -500.
240
Ο. Regenbogen: Drei Thukydidesinterpretationen [1930], in: O.R., Kleine Schriften (s. zu Nr. 122), S. 2 0 6 - 1 6 . Nachdruck in Herter (16) 1 0 - 2 2 .
240a C.G. Cobet: Thucydidea, Mnemosyne NS 8, 1880, 6 8 - 1 0 8 und 1 1 3 - 1 4 4 ; NS 9, 1881, 3 3 - 4 6 . 240b A.W. Gomme, Four Passages in Thucydides, Journal of Hellenic Studies 71, 1951, 70—80. Nachdruck in: A.W.G., More Essays in Greek History and Literature, Oxford 1962, S. 9 2 - 1 1 1 . 9.2
Einzelnes (in der Reihenfolge
der behandelten
Stellen)
241
Α. Heubeck: Thukydides I 5 , 3 - 6 , 6 , Hermes 94, 1966, 3 0 8 - 1 4 .
242
J . de Wever: Thucydide et la puissance maritime de Massalia [I 13,6], L'Antiquite Classique 37, 1968, 3 7 - 5 8 .
243
J.A. Alexander: Thucydides and the Expedition of Callias against Potidaea, 432 B.C. [I 61], American Journal of Philology 83, 1962, 2 6 5 - 8 7 .
244
Μ. Mello: A Tucidide I 144, 1 - 2 , La Parola del Passato 17, 1962, 6 0 - 6 3 .
245
A.W. Gomme: Thucydides II 13,3, Historia 2, 1951/53, 1 - 2 1 .
246
B.D. Meritt: Indirect Tradition in Thucydides [II 13,3], Hesperia 23, 1954, 1 8 5 231.
247
A.W. Gomme: Thucydides II 13,3: an answer to professor Meritt, Historia 3, 1954/55, 3 3 3 - 8 .
248
S. Dow: Thucydides and the Number of Acharnian Hoplitai, Transactions of the American Philological Association 92, 1961, 6 6 - 8 0 (II 20,4).
249
A.R. Burn: Three Thousand Acharnian Hoplites, Historia 15, 1966, 376.
250
E. de Strycker: Vrees als principe van staatsburgerlijke tucht in de democratic volgens Thucydides en volgens Plato [II 37,3], Handelingen der Zuidnederlandse Maatschappij voor Taal en Letterk. en Geschiedenis 9, 1955, 51—64.
251
H. Herter: Comprensione ed azione politica. A proposito del capitolo 40 dell' Epitafio tucidideo, in: Studi in Onore di Gino Funaioli, Roma 1955, S. 133—40.
252
F. Müller: Die blonde Bestie und Thukydides [II 41,4], Harvard Studies in Classical Philology 63, 1958, 1 7 1 - 8 .
253
H.D. Westlake: Thucydides II 65,11, Classical Quarterly 52 = NS 8, 1958, 1 0 2 10. Nachdruck in H.D.W., Essays ... (s. zu Nr. 160), S. 1 6 1 - 7 3 .
253a W.E. Thompson: Thucydides 2. 65. 11, Historia 20, 1971, 1 4 1 - 1 5 1 . 254
W. Muri: Politische Metonomasie (zu Thukydides 3,82, 4—5), Museum Helveticum 26, 1969, 6 5 - 7 9 .
255
P. Gantzer: De Thucydidis libri III. capite 84. quid sit statuendum, diiudicatur. Programm Aschersleben 1903. 21 S.
256
G. Jachmann: Ein Kapitel des Thukydides [III 84], Klio 33, 1940, 2 3 5 - 4 4 .
192
257
Ε. Topitsch: Die Psychologie der Revolution bei Thukydides (Die Frage der Echtheit von Kapitel III 84), Wiener Studien 60, 1942, 9 - 2 2 (= Nr. 91, S. 5 2 70).
258
M. Untersteiner: Un nuovo frammento dell'Anonymus Iamblichi. Identificazione dell'anonimo con Ippia, Rendiconti dell'Istituto Lombardo, Classe di Lettere, 77 = 3 a serie 8, 1943/44, 4 4 2 - 5 8 (III 84).
259
Q. Cataudella: Chi έ l'anonimo di Giamblico?, Revue des Etudes Grecques 63, 1950, 7 4 - 1 0 6 (Widerlegung von 258).
260
E. Wenzel: Zur Echtheitsfrage von Thukydides 3,84, Wiener Studien NF 2, 1968, 18-27.
260a A. Fuks: Thucydides and the Stasis in Corcyra: Thuc., III, 82—3 versus [Thuc.], III, 84, American Journal of Philology 92, 1971, 4 8 - 5 5 . 261
T.J. Quinn: Thucydides 4,4,1, Hermes 95, 1967, 3 7 8 - 9 .
262
B.D. Meritt: Note on the Text of Thucydides, American Journal of Philology 81, 1960, 7 9 - 8 1 (IV 9,2).
263
H.D. Westlake: Thucydides IV 108,4, Proceedings of the Cambridge Philological Society NS 7, 1961, 6 3 - 6 7 . Nachdruck in H.D.W., Essays ... (s. zu Nr. 160), S. 1 3 8 - 4 4 .
264
U.v. Wilamowitz-Moellendorff: Der Waffenstillstandsvertrag von 423 v.Chr. [IV 118], Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, phil.-hist. Kl., 1915, 6 0 7 - 2 2 . Nachdruck in U.v.W.-M., Kleine Schriften III (s. zu Nr. 40), S. 3 6 2 - 7 9 .
265
J.K. Anderson: Cleon's Orders at Amphipolis [V 10,3—4], Journal of Hellenic Studies 85, 1965, 1 - 4 .
266
О. Lendle: Zu Thukydides 5, 20, 2, Hermes 88, 1960, 3 3 - 4 0 .
267
U.v. Wilamowitz-Moellendorff: Das Bündnis zwischen Sparta u n d Athen [V 23], Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, phil.-hist. Kl., 1919, 9 3 4 - 5 7 . Nachdruck in U.v.W.-M., Kleine Schriften III (s. zu Nr. 40), S. 3 8 0 - 4 0 5 .
268
Derselbe: Lesefrüchte CCLXIX ]VI 15), Hermes 64, 1929, 4 7 6 - 8 . Nachdruck in U.v.W.-M., Kleine Schriften IV. Lesefrüchte und Verwandtes, ed. K. Latte, Berlin 1962, S. 4 9 4 - 5 .
269
H. Strasburger: Zu Thukydides VI, 15, Philologus 91, 1936, 1 3 7 - 5 2 .
270
G. Donini: Thuc. VII 42,3: Does Thucydides agree with Demosthenes' view?, Hermes 92, 1964, 1 1 6 - 9 .
271
L. Bieler: A Political Slogan in Ancient Athens (VIII 5 3 , 3 - 5 4 , 1 ], American Journal of Philology 72, 1951, 1 8 1 - 4 .
272
E. Delebecque: Une fable d'Alcibiade sur le mythe d'une flotte (Thucydide VIII, 108), Annales de la Faculte des Lettres d'Aix-en-Provence 43, 1967, 1 3 41.
10.
Kritik einzelner Teile und Episoden der Erzählung (in der Reihenfolge der behandelten Abschnitte)
10.1
Archäologie
273
Eugen Täubler: Die Archäologie des Thukydides. Leipzig / Berlin 1927. 139 S.
274
Fritz Bizer: Untersuchungen zur Archäologie des Thukydides. Diss. Tübingen 1937 (repr. Darmstadt 1968) 59 S.
193
275
Η. Patzer: Rezension von (274), Gnomon 16, 1940, 3 4 7 - 6 5 .
276
Η. Erbse: Über das Prooimion (1,1—23) des thukydideischen Geschichtswerkes, Rheinisches Museum 113, 1970, 4 3 - 6 9 .
10.2 277
,Methodenkapitel' August Grosskinsky: Das Programm des Thukydides. Berlin 1936. 108 S. Neue Deutsche Forschungen 68 = Abteilung für Klassische Philologie 3.
278 J.E. Powell, Rezension von (277), Classical Review 50, 1936, 1 7 4 - 5 . 279
A.R.W. Harrison, Thucydides I 22, Classical Review 51, 1937, 6 - 7 .
280
W. Schmid: Zu Thukydides I 22,1 und 2, Philologus 99, 1954/55, 2 2 0 - 3 3 .
281
D. Rokeah: A Note on Thucydides I 22,1 Eranos 60, 1962, 1 0 4 - 7 .
282 J . Glucker: A Misinterpretation of a Passage in Thucydides, Eranos 62, 1964, 1-6. 283
G. Wille: Zu Stil und Methode des Thukydides, in: Synusia. Festgabe für Wolfgang Schadewaldt, Pfullingen 1965, S. 5 3 - 7 7 . Nachdruck in Herter (16), 6 8 3 716.
Vgl. auch Nr. 355, 357, 361, 365 10.3 284 10.4 285
Epidamnos M.L. Lang: Thucydides and the Epidamnian Affair, Classical World 61, 1967/ 68, 1 7 3 - 6 . Pentekontaetie H.D. Westlake: Thucydides and the Pentekontaetia, Classical Quarterly 49 = NS 5, 1955, 5 3 - 6 7 . Nachdruck in H.D.W., Essays ... (s. zu Nr. 160), S. 3 9 - 6 0 .
Vgl. auch Nr. 53, 157, 158 10.5 Athens Lange Mauern 286
E. von Stern: Der Mauerbau in Athen und die Liste des Themistokles, Hermes 39, 1904, 5 4 3 - 6 2 .
10.6 Ausbruch und Ursachen des Krieges 287
Hermannhans Brauer: Die Kriegsschuldfrage in der geschichtlichen Überlieferung des Peloponnesischen Krieges. Diss. Münster 1933. VII, 156 S.
288
H. Nesselhauf: Die diplomatischen Verhandlungen vor dem peloponnesischen Kriege, Hermes 69, 1934, 2 8 6 - 9 9 .
289
R.E.Smith: Άλη&εοτάτη
290
W.C. Kirk: The Formulation of War Aims in Thucydides, Classical Weekly 37, 1943/44, 125.
πρόφασις Greece and Rome 11, 1941/42, 2 3 - 3 3 .
291
P.A. Brunt: The Megarian Decree, American Journal of Philology 72, 1951, 269-82.
292
R. Sealey: Thucydides, Herodotus, and the Causes of War, Classical Quarterly 51 = NS 7, 1957, 1 - 1 2 .
293 Arnaldo Momigliano: Some Observations on the Causes of War in Ancient Historiography, in : Acta Congressus Madvigiani, Band I, Kopenhagen 1958, S. 199— 211. Nachdrucke in: A.M., Secondo Contributo alia Storia degli Studi Classici, Roma 1960 (Storia e Letteratura 77), S. 1 3 - 2 7 und in A.M. Studies in Historiography, London 1966, S. 1 1 2 - 1 2 6 .
194
294
A. Andrewes: Thucydides on the Causes of the War, Classical Quarterly 53 = NS 9, 1959, 2 2 3 - 3 9 .
295
P.J. Fliess: War Guilt in the History of Thucydides, Traditio 16, I 9 6 0 , 1 - 1 7.
296
Donald Kagan: The Outbreak of the Peloponnesian War. Ithaca (N.Y.)/London 1969. XVI, 420S.
Vgl. auch Nr. 19 (S. 2 9 6 - 3 3 2 ) , 6 9 - 7 2 , 134 10.7 Der Anfang von Buch II 297
R. Laqueur: Forschungen zu Thukydides, Rheinisches Museum 86, 1937, 316—57.
298
F. Perez Ruiz: Tucidides: Su m o d o de concebir la historia, concretamente estudiado en su narraciön del primer ano de guerra, Humanidades 12, 1960, 135—65.
299
J . de Romilly: Les intentions d.Archidamos et le livre II de Thucydide, Revue des Etudes Anciennes 64, 1962, 2 8 7 - 9 9 .
10.8 Plataia 300
Hermann Wagner: Die Belagerung von Plataeae. Programm Doberan 1893. II, 53 S.
301
U. von Wilamowitz-Moellendorff: Lesefrüchte LXVII, Hermes 35, 1900, 5 5 3 - 6 1 . Nachdruck in : U.v.W.-M., Kleine Schriften IV (s. zu Nr. 268), S. 1 3 1 - 8 .
302
E.L. Harrison: The Escape f r o m Plataea: Thucydides III 23, Classical Quarterly 53 = NS 9, 1959, 3 0 - 3 3 .
Vgl. auch Nr. 82, 83 10.9 Die Epidemie
in
Athen
303
B. von Hagen: Die sog. Pest des Thukydides. Interpretation und Identifikation, Gymnasium 49, 1938, 1 2 0 - 3 1 .
304
Walter Grein: Uber die Pest des Thukydides. Med. Diss. München 1950 (Maschinenschrift). 28 S.
305
D.L. Page: Thucydides' Description of the Great Plague at Athens, Classical Quarterly 47 = NS 3, 1953, 9 7 - 1 1 8 .
306
W.P. MacArthur: The Athenian Plague: A medical note, Classical Quarterly 48 = NS 4, 1954, 1 7 1 - 4 .
307
D.L. Page: The Plague: A lay c o m m e n t on an medical note, ebenda (Nr. 306), S. 174.
308
P. Salway/W. Dell: Plague at Athens, Greece and Rome 24 = 2 n d series, 2, 1955, 62-70.
309
E.W. Williams: The Sickness at Athens, Greece and Rome 26 = 2 n d series, 4, 1957, 98-103.
310
E.M. Hooker: Buboes in Thucydides?, J o u r n a l of Hellenic Studies 78, 1958, 7 8 - 8 3 .
311
F.W. Mitchel: The Athenian Plague. New evidence inviting medical c o m m e n t , Greek, R o m a n and Byzantine Studies 5, 1964, 1 0 1 - 1 2 .
312
Jürgen Grimm: Die literarische Darstellung der Pest in der Antike und in der Romania. München 1965. 243 S. Freiburger Schriften zur Romanischen Philologie 6.
313
E. Vintro: Tucidides у Sofocles ante la peste, Boletin del Instituto de Estudios Hele'nicos (Barcelona), t. II fasc. 2, 1968, 5 7 - 6 4 .
314
M.C. Mittelstadt: The Plague in Thucydides: An extended metaphor?, Rivista di Studi Classici 16, 1968, 1 4 5 - 5 4 .
195
315
A.M. Parry: The Language of Thucydides' Description of the Plague, Bulletin of the Institute of Classical Studies (London) 16, 1969, 1 0 6 - 1 8 .
Vgl. auch Nr. 488, 5 0 9 - 5 1 1 10. 10 Pylos und
Sphakteria
316
G.B. Grundy: An Investigation of the Topography in the Region of Sphakteria and Pylos, Journal of Hellenic Studies 16, 1896, 1 - 5 4 .
317
R.M. Burrows: Pylos and Sphacteria, Journal of Hellenic Studies 16, 1896, 5 5 - 7 6 und 18, 1898, 1 4 7 - 5 9
318
G.B. Grundy: Battles, Ancient and Modern, Journal of Hellenic Studies 18, 1898, 232-7.
319
H. Awdry: A New Historical Aspect of the Pylos and Spacteria Incidents, Journal of Hellenic Studies 20, 1900, 1 4 - 1 9 .
320
U. von Wilamowitz-Moellendorff: Sphakteria, Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin, phil.-hist. Kl., 1921, S. 3 0 6 - 1 6 . Nachdruck in: U.v. W.-M., Kleine Schriften III (s. zu Nr. 40), S. 4 0 6 - 1 9 .
321
A. Momigliano: Pilo, Athenaeum NS 8, 1930, 2 2 6 - 3 7 .
322
Arnold Wycombe Gomme: Thucydides and Sphacteria, in: A.W.G., Essays in Greek History and Literature, Oxford 1937, S. 1 2 5 - 3 1 .
323
H. Herter: Pylos und Melos, Rheinisches Museum 97, 1954, 3 1 6 - 4 3 .
324
D.K. Silhanek: Pylos Revisited: Thucydides' primary source, Classical World 64, 1970/71, 1 0 - 1 3 .
325 J . Wilson/T. Beardsworth: Pylos 425 B.C.: The Spartan plan to block the entrances, Classical Quarterly 6 4 = NS 20, 1970, 4 2 - 5 2 . Vgl. auch Nr. 166, 410, 548 10.11
Amphipolis
326
A.B. West: B.D. Meritt: Cleon's Amphipolitan Campaign and the Assessment List of 421, American Journal of Archaeology 29, 1925, 59—69.
327
L. Bodin: Thucydide et la Campagne de Brasidas en Thrace. Remarques sur la composition de l'expose, in: Melanges Octave Navarre, Toulouse 1935, S. 47—55.
328 Johannes Papastavru: Amphipolis. Geschichte und Prosopographie. Leipzig 1936. XI, 152 S. Klio Beiheft 37 = NF 24. 329
H.D. Westlake: Thucydides and the Fall of Amphipolis, Hermes 90, 1962, 2 7 6 - 8 7 . Nachdrucke in Herter (16) 629—38 (in deutscher Übersetzung) und in H.D.W., Essays . . . (s. zu Nr. 160), S. 1 2 3 - 3 7 .
330
D. Asheri: Studio sulla storia della colonizazzione di Anfipoli sino alia conquista Macedone, Rivista di Filologia e di Istruzione Classica ser. 3 vol. 95, 1967, 5—30.
331
R.A. Bauman: A Message for Amphipolis, Acta Classica 11, 1968, 1 7 0 - 8 1 .
Vgl. auch Nr. 265, 415, 548 10. 12 Mantineia 332
William J o h n Woodhouse: King Agis of Sparta and his Campaign in Arkadia in 418 B.C. A chapter in the history of the art of war among the Greeks. Oxford 1933. X, 161 S.
333
A.W. Gomme: Thucydides and the Battle of Mantineia, in: A.W.G., Essays . . . (s. zu Nr. 322), S. 1 3 2 - 5 5 .
196
334
D. Kagan: Argive Politics and Policy after the Peace of Nicias, Classical Philology 57, 1962, 2 0 9 - 1 8 .
335
D. Gillis: Collusion at Mantineia. Retroscena della situazione peloponnesiaca nel 418 a.C., Rendiconti dell'Istituto Lombardo, Classe di Lettere, 97, 1963, 1 9 9 - 2 2 6 .
- Melos: vgl. Nr. 84, 87, 323, 3 8 5 - 3 9 6 10.13
Sizilienexpedition
336
A. Momigliano: Le cause della spedizione in Sicilia, Rivista di Filologia e di Istruzione Classica 57 = NS 7, 1929, 3 7 1 - 7 .
337
Gaetano de Sanctis: I precedenti della grande spedizione ateniese in Sicilia, ebenda (Nr. 336), S. 4 3 3 - 5 6 . Nachdruck in: G. de S„ Problemi di Storia Antica, Bari 1932, S. 1 0 9 - 1 3 6 .
338
B.D. Meritt: The Departure of Alcibiades for Sicily, American J o u r n a l of Archaeology 34, 1930, 1 2 5 - 1 5 2 .
339
M. Treu: Athen und Karthago und die thukydideische Darstellung, Historia 3, 1954/55, 4 1 - 5 7 .
340
Hermann Wentker: Sizilien und Athen. Die Begegnung der attischen Macht mit den Westgriechen. Heidelberg 1956. 198 S.
341
P.A. Brunt: Rezension von (340), Classical Review 71 = NS 7, 1957, 2 4 3 - 5 .
342
K.F. Stroheker: Rezension von (340), G n o m o n 30, 1958, 3 1 - 3 5 .
343
H.D. Westlake: Athenian Aims in Sicily, 4 2 7 - 4 2 4 B.C. Α study in Thucydidean motivation, Historia 9, 1960, 3 8 5 - 4 0 2 . Nachdruck in: H.D.W., Essays . . . (s. zu Nr. 160), S. 1 0 1 - 2 2 .
344
W. Liebeschuetz: Thucydides and the Sicilian Expedition, Historia 17, 1968, 289-306.
10.14 Der Exkurs über die
Tyrannenmörder
345
K. Hude: Zur Ermordung des Hipparchos, Neue Jahrbücher für Classische Philologie 145, 1892, 1 7 0 - 6
346
M.C. Valeton: De Harmodio et Artistogitone, Mnemosyne NS 45, 1917, 21—52.
347
K.J. Beloch: Hipparchos und Themistokles, Hermes 5 5 , 1 9 2 0 , 3 1 1 - 8 .
348
M. Hirsch: Die athenischen Tyrannenmörder in Geschichtsschreibung und Volkslegende, Klio 20, 1926, 1 2 9 - 6 7 .
349
L. Pearson: Note on a Digression of Thucydides (VI, 54—59), American J o u r n a l of Philology 70, 1949, 1 8 6 - 9 .
350
Willy Peremans: Thucydides en de Peisistratiden (VI 5 3 - 6 0 ) . Bruxelles 1954. 21 + 3 S. Mededelingen van de Koniglijke Vlaamse Academie van Wetenschappen, Letteren en schone Künsten van Belgie, Klasse der Letteren, 16, 1954, Nr. 4.
351
Victor Ehrenberg: Das Harmodioslied, Wiener Studien 69, 1956, 5 7 - 6 9 . Nachdruck in : V.E., Polis und Imperium, Zürich/Stuttgart 1965, 253—64.
352
M.L. Lang: The Murder of Hipparchus, Historia 3, 1954/55, 3 9 5 - 4 0 7 .
353
Th. R. Fitzgerald: The Murder of Hipparchus: a reply, Historia 6, 1957, 2 7 5 - 8 6 .
354
H.-J. Diesner: Peisistratidenexkurs und Peisistratidenbild bei Thukydides, Historia 8, 1959, 1 2 - 2 2 . Nachdruck in Herter (16) 5 3 1 - 4 5 .
354a A. Momigliano, L'excursus di Tucidide in VI 54—59, in: Studi di storiografia antica in memoria de Leonardo Ferrero, Torino 1971, 31—35. 197
11. Die Reden 11.1 Allgemeines 355
Victor Hehn: Über die Authenticität der Reden des Thucydides, in: K. Deichgräber (ed.): Aus Victor Hehns Nachlaß, Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 1951 Nr. 9, S. 7 9 3 - 8 0 4 (= S. 4 7 - 5 8 der Einzelausgabe).
356
Hans Schnorr von Carolsfeld: Uber die Reden und Briefe bei Sallust (Gekrönte Preisschrift der Philosophischen Fakultät München 1885). Leipzig 1888. VI, 81 S.
357
Richard C. Jebb: The Speeches of Thucydides, in: R.C.J., Essays and Addresses, Cambridge 1907, S. 3 5 9 - 4 4 5 .
358
Franz Uzun: De orationum in Thucydidea historia sententiis et causis. Diss. Wien 1906 (Manuskript). 87 S.
359
O. Danninger: Uber das εικός in den Reden des Thukydides, Wiener Studien 49, 1931, 1 2 - 3 1 .
360
August Deffner: Die Rede bei Herodot und ihre Weiterbildung bei Thukydides. Diss. München 1933. 119 S.
361
A.W. Gomme: The Speeches in Thucydides, in: A.W.G., Essays . . . (s. zu Nr. 322), S. 1 5 6 - 8 9 .
362
Otto Luschnat: Die Feldherrnreden im Geschichtswerk des Thukydides. Leipzig 1942. 137 S. Philologus Suppl. 34,2.
363
Martin Dibelius: Die Reden der Apostelgeschichte und die antike Geschichtsschreibung, in: M.D., Aufsätze zur Apostelgeschichte, ed. H. Greeven, Berlin 21953, S. 1 2 0 - 6 2 .
364
H. Hommel: Neue Forschungen zur Areopagrede Acta 17, Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft 46, 1955, 1 4 5 - 7 8 .
365
K. Rohrer: Über die Authentizität der Reden bei Thukydides, Wiener Studien 72, 1959, 3 6 - 5 3 .
366
Karl Ludwig Barth: Individuelle Züge in den Reden des Thukydides. Diss. Innsbruck 1965 (Maschinenschrift). 334 S.
367
Frank W. Walbank: Speeches in Greek Historians. Oxford o.J. (1966). 19 S. J.L. Myres Memorial Lecture, 3.
Vgl. auch Nr. 19 (S. 3 7 1 - 4 0 0 ) , 43, 54, 55, 155, 2 7 7 - 2 8 3 . 11.2 Einzelne Reden (in der Reihenfolge der behandelten
Reden)
368 Johann Georg Schneider: Ueber die Reden der Kerkyräer und Korinthier bei Thukydides I, 3 2 - 4 3 . Programm Coburg 1880. 16 S. 369
W.M. Calder III: The Corcyraean-Corinthian Speeches in Thucydides I, Classical Journal 50, 1954/55, 1 7 9 - 8 0 .
370
Lothar Reich: Die Rede der Athener in Sparta (Interpretation von Thuk. I, 73—78). Diss. Hamburg 1956 (Maschinenschrift). 115 S.
371
Rose Zahn: Die erste Periklesrede. Diss. Kiel 1934. 116 S.
372
H. Herter: Zur ersten Periklesrede des Thukydides, in: Studies Robinson II (s. zu Nr. 190), S. 6 1 3 - 2 3 .
373
Klaus Eduard Oppenheimer: zwei attische Epitaphien. Diss. Berlin 1933. 96 S. (Thukydides: S. 7 - 2 5 ) .
198
374
G.F. Else: Some Implications of Pericles' Funeral Speech, Classical Journal 49, 1953/54, 153-6.
375 Johannes Theoph. Kakridis: Der thukydideische Epitaphios. Ein stilistischer Kommentar. München 1961. 119 S. Zetemata 26. 376
Hellmut Flashar: Der Epitaphios des Perikles. Seine Funktion im Geschichtswerk des Thukydides. Heidelberg 1969. 56 S. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Phil.-Hist. KL, 1969 Nr. 1.
377
W.M.A. v.d. Wijnpersse: De laatste woorden van Pericles, Hermeneus 20, 1948/49, 115-20.
378
Wolfgang Plenio: Die letzte Rede des Perikles, (Thukydides II 6 0 - 6 4 ) . Diss. Kiel 1954 (Maschinenschrift). 133 S. L. Bodin: Diodote contre Cleon. Quelques ape^us sur la dialectique de Thucydide, Revue des Etudes Anciennes 42, 1940, 36—52.
379 380
P. Moraux: Thucydide et la rhetorique. Etude sur la structure de deux discours (III 3 7 - 4 8 ) , Les Etudes Classiques 22, 1954, 3 - 2 3 .
381
D. Ebener: Kleon und Diodotos. Zum Aufbau und zur Gedankenführung eines Redepaares bei Thukydides, Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 5, 1955/56, 1085-1160.
382
A. Andrewes: The Mytilene Debate: Thucydides III 3 6 - 4 9 , Phoenix 16, 1962, 64-85.
383
R.P. Winnington-Ingram: Td beovra eineiv : Cleon and Diodotus, Bulletin of the Institute of Classical Studies 12, 1965, 7 0 - 8 2 .
384
Georg Peter Landmann: Interpretation einer Rede des Thukydides. Die Friedensmahnung des Hermokrates. Diss. Basel, Kiel 1932. 81 S.
385
G. Meautis: Le dialogue des Atheniens et des Mellens, Revue des Etudes Grecques 48, 1935, 2 5 0 - 7 8 .
386
Georg Deininger: Der Melier-Dialog. Diss. Erlangen 1939. 144 S.
387
V. Bartoletti: II dialogo degli Ateniesi e dei Melii nella ,Storia' di Tucidide, Rivista di Filologia ed Istruzione Classica 67, 1939, 301 — 18.
388
F.M. Wassermann: The Melian Dialogue, Transactions of the American Philological Association 78, 1947, 18-36.
389
H. LI. Hudson-Williams: Conventional Forms of Debate in the Melian Dialogue, American Journal of Philology 71, 1950, 156—69.
390
L.A. Mackay: Latent Irony in the Melian Dialogue, in: Studies Robinson II (s. zu Nr. 190), S. 5 7 0 - 2 .
391
E. Braun: Nachlese zum Melierdialog, Jahreshefte des österreichischen Archäologischen Instituts, Beiblatt 40, 1953, 2 3 1 - 4 2
392 J . Scharf: Zum Melierdialog des Thukydides, Gymnasium 61, 1954, 5 0 4 - 1 3 . 393
G. Ferrara: La politica dei Meli in Tucidide, La Parola del Passato 11, 1956, 335-46.
394
A. Andrewes: The Melian Dialogue and Pericles' Last Speech, Proceedings of the Cambridge Philological Society NS 6, 1960, 1 - 1 0 . Μ. Amit: The Melian Dialogue and History, Athenaeum 46, 1968, 216-35.
395 396
W. Liebeschuetz: The Structure and Function of the Melian Dialogue, Journal of Hellenic Studies 88, 1968, 7 3 - 7 . Vgl. auch Nr. 8 4 - 8 6 , 323
199
12. Zur Thematik der Darstellung 12.1 Individuen 397
Henry D. Westlake: Individuais in Thucydides. Cambridge 1968. X, 3 2 4 S.
398
Derselbe: AIcibiades, Agis, and Spartan Policy, Journal of Hellenic Studies 58, 1938, 3 1 - 4 0 .
399
Jean Hatzfeld: Alcibiade. Etude sur l'histoire d'Athenes a la fin du V е siecle. Paris 2 1 9 5 1 . XII, 376 S.
400
P. A. Brunt: Thucydides and AIcibiades, Revue des Etudes Grecques 65, 1952, 59-96.
401
W. Peremans: Thucydide, Alcibiade et l'expedition en Sicile, L'Antiquite Classique 25, 1956, 3 3 1 - 4 4 .
402
M. F. McGregor: The Genius of Alkibiades, Phoenix 19, 1965, 2 7 - 4 7 .
403
R. Seager: AIcibiades and the Charge of Aiming at Tyranny, Historia 16, 1967,
6-18.
Vgl. auch Nr. 60, 584 404
F. Ε. Adcock: Alcidas άργυρολόγος, in: Melanges Gustave Glotz I, Paris 1932, S. 1 - 6 .
405
H. D. Westlake: Aristeus the Son of Adeimantus, Classical Quarterly 4 1 , 1947, 2 5 - 3 0 . Nachdruck in H.D.W., Essays. . . (s. zu Nr. 160), S. 7 4 - 8 3 .
406
M. Treu: Der Stratege Demosthenes, Historia 5, 1956, 4 2 0 - 4 7 .
407
Η. D. Westlake: Hermocrates the Syracusan, Bulletin of the J o h n Rylands Library Manchester, 41, 1958/59, 2 3 9 - 6 8 . Nachdruck in H.D.W., Essays . . . (s. zu Nr. 160), S. 1 7 4 - 2 0 2 .
408
M. Büdingen Kleon bei Thukydides. Eine kritische Untersuchung, Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien, Phil.-Hist. Cl., 96, 1880, 3 6 7 - 4 1 2 .
409
J . Hornbach: Die Stellung des Thukydides zu Perikles und Kleon. Programm Eichstätt 1908. 38 S.
410
Th. Colardeau: Thucydide et Cleon. A propos de l'affaire de Sphacterie, Annales de l'Universite de Grenoble 1908, 5 0 9 - 4 0 .
411
Μ. F. Mc Gregor: Cleon, Nicias, and the Trebling of the Tribute, Transactions of the American Philological Association 66, 1935, 146—64.
412
M. L. Paladini: Considerazioni sulle fonte della storia di Cleone, Historia 7, 1958, 48-73.
413
K. D. Georgoulis: At περί της δράσεως той Κλέωνος μαpwp'm τοϋ Θουκυδίδου και τό yeveruiov πρόβλημα της θονκνδιδείον συγγραφής, Piaton 11, 1959, 1 7 2 - 2 0 1 .
414
Α. G. Woodhead: Thucydides' Portrait of Cleon, Mnemosyne ser. IV, 13, 1960, 2 8 9 - 3 1 7 . Nachdruck in deutscher Übersetzung in Herter (16) 557—93.
415
B. Baldwin: Cleon's Strategy at Amphipolis, Acta Classica 11, 1968, 2 1 1 - 4 .
Vgl. auch Nr. 65, 265, 498, 563 416
200
Η. D. Westlake: Nicias in Thucydides, Classical Quarterly 35, 1941, 5 8 - 6 5 .
417
Η. Α. Murray: Two Notes on the Evaluation of Nicias in Thucydides, Bulletin of the Institute of Classical Studies 8, 1961, 3 3 - 4 6 .
Vgl. auch Nr. 336, 337 418
A. G. Woodhead: Peisander, American Journal of Philology 75, 1954, 131—46.
419
P. Corsen: Der Charakter der perikleischen Politik im Lichte der Darstellung durch Thukydides, Sokrates 69 = NS 3, 1915, 3 2 1 - 3 2 .
420
Helmut Berve: Perikles. Leipzig 1940. 29 S. Leipziger Universitätsreden 2. Nachdrucke in H.B., Gestaltende Kräfte der Antike, Aufsätze und Vorträge zur griechischen und römischen Geschichte, München 1949, S. 66—87, und in: dasselbe, Zweite, stark erweiterte Auflage ed. Ε Buchner Sc P. Franke, München 1966, S. 2 6 8 - 8 9 .
421
Gaetano de Sanctis: Pericle. Milano/Messina 1944. VII, 293 S. Biblioteca Storica Principato 21.
422
E. Bayer: Thukydides und Perikles, Würzburger Jahrbücher 3, 1948, 1 - 5 7 . Nachdruck in Herter (16) 1 7 1 - 2 5 9 .
423
R. Sealey: The Entry of Pericles into History, Hermes 84, 1956, 2 3 4 - 4 7 .
424
J . Vogt: Das Bild des Perikles bei Thukydides, Historische Zeitschrift 182, 1956, 2 4 9 - 6 6 .
425
Μ. Η. Chambers: Thucydides and Pericles, Harvard Studies in Classical Philology 62, 1957, 7 9 - 9 2 .
426
Karl Dienelt: Die Friedenspolitik des Perikles. Wien 1958. 174 S.
427
D. Rokeah: Περιουσία χρημάτων. Thucydides and Pericles, Rivista di Filologia e di Istruzione Classica ser. 3, 91, 1963, 282—6.
428
Fritz Schachermeyr: Perikles. Stuttgart 1969. 272 S.
429
D.W. Knight: Thucydides and the War Strategy of Perikles, Mnemosyne ser. IV, 23, 1970, 1 5 0 - 6 1 .
430
H.D. Westlake: Phrynichos and Astyochos (Thucydides VIII 50,1), Journal of Hellenic Studies 76, 1956, 9 9 - 1 0 4 .
431
W. den Boer: Themistocles in Fifth-Century Historiography, Mnemosyne ser. IV, 15, 1962, 2 2 5 - 3 7 .
Vgl. auch Nr. 211 12.2 Athen und 432
Sparta
Η. Gundert: Athen und Sparta in den Reden des Thukydides, Die Antike 16, 1940, 9 8 - 1 1 4 . Nachdruck in Herter (16) 1 1 4 - 3 4 .
433
P. Cloche: Thucydide et Lacedemone, Les Etudes Classiques 12, 1943/44, 8 1 - 1 1 3 .
434
H. Strasburger: Thukydides und die politische Selbstdarstellung der Athener, Hermes 86, 1958, 1 7 - 4 0 . Nachdruck (mit Nachträgen) in Herter (16) 4 9 8 - 5 3 0 .
435
D. Burnouf: Thucydide ethnopsychologue, Revue de Psychologie des Peuples 15, 1960, 2 0 5 - 1 1 .
436
F.M. Wassermann: The Voice of Sparta in Thucydides, Classical Journal 59, 1963/64, 2 8 9 - 9 7 .
12.3 Athens 437
Verhältnis zu seinen
Bündnern
G.E.M. de Ste. Croix: The Character of the Athenian Empire, Historia 3, 1954/ 55, 1 - 4 1 .
201
438
D.W. Bradeen: The Popularity of the Athenian Empire, Historia 9, 1960, 2 5 7 - 6 9 .
439
H.W. Pleket: Thasos and the Popularity of the Athenian Empire, Historia 12, 1963, 7 0 - 7 7 .
440
T.J. Quinn: Thucydides and the Unpopularity of the Athenian Empire, Historia 13, 1964, 2 5 7 - 6 6 .
441 J . de Romilly: Thucydides and the Cities of the Athenian Empire, Bulletin of the Institute of Classical Studies 13, 1966, 1 - 1 2 . 442
H. Popp: Zum Verhältnis Athens zu seinen Bündnern im attisch-delischen Seebund, Historia 17, 1968, 4 2 5 - 4 3 .
Vgl. auch Nr. 33, 6 5 - 6 7 , 84, 85, 382, 385, 388, 394, 409, 419, 424, 427, 429, 453 12.4 Politik und Politiker 443
Georg Friedrich Bender: Der Begriff des Staatsmannes bei Thukydides. Diss. Erlangen 1937, Würzburg 1938. 114 S.
444
Peter J . Fliess: Thucydides and the Politics of Bipolarity. Louisiana State University Press 1966. XIV, 194 S.
445
M.I. Finley: The Classical Cold War (Rezension von (444) u.a.), The New York Review of Books, 23.3. 1967, 2 5 - 2 7 .
446
Η. Herten Freiheit und Gebundenheit des Staatsmannes bei Thukydides, Rheinisches Museum 93, 1950, 1 3 3 - 5 3 . Nachdruck in Herter (16) 2 6 0 - 8 1 .
12.5 Propaganda und ihre Themen 447
Gustav Grossmann: Politische Schlagwörter aus der Zeit des peloponnesischen Krieges. Diss. Basel 1950. 197 S.
448
L. Pearson: Propaganda in the Archidamian War, Classical Philology 31, 1936, 33-52.
449
Hans von Arnim: Gerechtigkeit und Nutzen in der griechischen Aufklärungsphilosophie. Frankfurt 1916. 20 S. Frankfurter Universitätsreden 5.
450
H. Diller: Freiheit bei Thukydides als Schlagwort und Wirklichkeit, Gymnasium 69, 1962, 1 8 9 - 2 0 4 . Nachdruck in Herter (16) 6 3 9 - 6 0 .
451
Wilhelm Nestle: Άπροτγμοσύνη, Philologus 81, 1926, 1 2 9 - 4 0 . Nachdruck in: W.N., Griechische Studien, Stuttgart 1948, S. 3 7 4 - 8 6 .
452
K. Dienelt: Άπραγμοσύ^η, Wiener Studien 66, 1953, 9 4 - 1 0 4 .
453
V. Ehrenberg: Polypragmosyne: Α study in Greek Politics, Journal of Hellenic Studies 67, 1947, 46—67. Nachdruck in V.E., Polis und Imperium (s. zu Nr. 351), S. 4 6 6 - 5 0 1 .
454
К. Kleve: Άπρατ/μοσύνη and ΙΙολυπραγμοσύνη. politics, Symbolae Osloenses 39, 1964, 8 3 - 8 8 .
Two slogans in Athenian
12.6 Macht und Recht 455
N.I. Barbu: Remarques sur le droit chez Thucydide, Studii Ciasice 8, 1966, 35-44.
456
M. Treu: Staatsrechtliches bei Thukydides, Historia 17, 1968, 1 2 9 - 6 5 .
457
Heribert Umfahrer; Δύναμις bei Thukydides. Diss. Wien 1946 (Maschinenschrift). 126 S.
202
12.7 Varia 458
A. Andrewes: Thucydides and the Persians, Historia 10, 1961, 1—18.
459
Hans-Joachim Diesner: Wirtschaft und Gesellschaft bei Thukydides. Halle 1956. 198 S. A.W. Gomme: Rezension von (459), Gnomon 30, 1958, 4 3 9 - 4 1 .
460 461
H.-J. Diesner: Thukydidesprobleme. Eine Antwort an A.W. Gomme, Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe, 8, 1958/9, 683—5.
462
A.W. Gomme: ,The Greatest War in Greek History', in: A.W.G., Essays . . . (s. zu Nr. 322), S. 1 1 6 - 2 4 . Anton Hackl: Die spes als negativer Charakterisierungsbegriff in Caesars Bellum Civile, Ciceros Catilinariae, Lucans Pharsalia. Die eXffi? als negativer Charakterisierungsbegriff bei Plutarch und Thukydides. Diss. Insbruck 1962 (Maschinenschrift). 179 S.
463
464
Martin Hennicke: Die Hybris im Geschichtsbild Thukydides' und Caesars. Athen 1966. 29 S. (davon S. 16—29 neugriechische Ubersetzung von K.J. Merentitos).
465
H. Herter: Ärztliche Arete bei Thukydides, in: Medizingeschichte im Spektrum, Festschrift zum 65. Geburtstag von Johannes Steudel, Wiesbaden 1966 (Sudhoff s Archiv, Beiheft 7), S. 5 8 - 6 9 .
466
H. Hunger: Die Krise des athenischen Staates im Geschichtswerk des Thukydides, Wiener Studien 57, 1939, 2 3 - 3 8 .
467
Karl J o s t : Das Beispiel und Vorbild der Vorfahren bei den älteren attischen Rednern und Geschichtschreibern bis Demosthenes. Diss. Basel 1933, Kallmünz 1935. XV, 263 S.
468
J.A. Notopoulos: Thucydides' πρόγυωσις and the Oracles, Classical Weekly 39, 1945/46, 2 9 - 3 0 .
469
J . de Romilly: Le Pseudo-Xenophon et Thucydide. Etude sur quelques divergences de vues, Revue de Philologie, 3 e serie, 36, 1962, 225—41.
470
Dieselbe: La condamnation du plaisir dans l'oeuvre de Thucydide, Wiener Studien 79, 1966, 1 4 2 - 8 .
471
Dieselbe: Thucydide et l'idee de progres, Annali della Scuola Normale Superiore di Pisa; Lettere, Storia e Filosofia, Ser. II vol. 35, 1966, 143—91.
472
Walther Schütz: 'Aadeveia
473
S.B. Smith: The Economic Motive in Thucydides, Harvard Studies in Classical Philology 51, 1940, 2 6 7 - 3 0 1 .
474
Gerhard Steinkopf: Untersuchungen zur Geschichte des Ruhmes bei den Griechen. Diss. Halle 1937. 101 S.
475
H. Strasburger: Der Einzelne und die Gemeinschaft im Denken der Griechen, Historische Zeitschrift 177, 1954, 2 2 7 - 4 8 .
476
F.M. Wassermann: Thucydides and the Disintegration of the Polis, Transactions of the American Philological Association 85, 1954, 46—54. Nachdruck in deutscher Sprache in Herter (16) 4 0 0 - 4 1 1 .
φύσεως,
Diss. Heidelberg 1964. 222 S.
477
Edouard Will: Dorfens et Ioniens. Essai sur la valeur du critere ethnique applique ä l'etude de l'histoire et de la civilisation grecques. Paris 1956. 107 S. Publications de la Faculte des Lettres de l'Universite de Strasbourg, lere serie, fasc. 132. Vgl. auch Nr. 185, 205, 212, 225, 234, 236
203
13. Einflüsse und Beziehungen 13.1
Allgemeines
478
Ch. Mugler: Surla methode de Thucydide, Lettres d'Humanite 10, 1951, 2 0 - 5 1 .
479
K.D. Georgoulis: Βλέμμα e k την πνευματιχήρ έξέλιξιν του Θουκυδίδου, ton 11, 1959, 4 6 5 - 8 6 .
Pia-
Vgl. auch Nr. 73, 118, 143, 145, 146, 155, 210, 211, 232, 236, 380, 389. 13.2
Sophistik
480
Η. Meuss: Thukydides und die religiöse Aufklärung, Neue Jahrbücher für Classische Philologie 145, 1892, 2 2 4 - 3 3 .
481
W. Nesde: Politik und Aufklärung in Griechenland im Ausgang des V. Jahrhunderts v. Chr., Neue Jahrbücher für das Klassische Altertum, Geschichte und deutsche Literatur und für Pädagogik, Jg. 12 Bd. 23, 1909, 1 - 2 2 .
482
Derselbe: Thukydides und die Sophistik, ebenda (Nr. 481) Jg. 17 Bd. 33, 1914, 6 4 9 - 8 5 . Nachdruck in: W.N., Griechische Studien (s. zu Nr. 451), S. 3 2 1 - 7 3 .
483
Derselbe: Politik und Moral im Altertum, ebenda (Nr. 481) Jg. 21 Bd. 41, 1918, 225-44.
484
Friedrich Rittelmeyer: Thukydides und die Sophistik. Diss. Erlangen 1915. 196 S.
485
Günther Ludwig: Thukydides als sophistischer Denker. Diss. Frankfurt 1952 (Maschinenschrift). 175 S.
486
D. Tagliaferro: La storiografia di Tucidide nella problematica dei sofisti, Rendiconti dell'Istituto Lombardo, Classe di Lettere, 92, 1958, 5 8 1 - 9 6 .
Vgl. auch Nr. 122, 123, 133, 134, 140, 449 13.3 Medizin 487
Klaus Weidauer: Thukydides und die hippokratischen Schriften. (Diss.) Heidelberg 1954. 88 S. Heidelberger Forschungen 2.
488
Charles Lichtenthaeler: Thucydide et Hippocrate, vus par un historien—medecin. Geneve 1965. 253 S. Etudes d'Histoire de la Medecine 4.
489
H. Herter: Rezension von (488), Sudhoffs Archiv 49, 1965, 3 2 0 - 3 .
Vgl. auch Nr. 26, 119, 2 2 6 - 2 2 8 , 305, 315 13.4 490
Geographie L. Pearson: Thucydides and the Geographical Tradition, Classical Quarterly 33, 1939,48-54.
Vgl. auch Nr. 4 2 2 (sie)
14. Vita 14.1 Herkunft
und
Leben
491
U. von Wilamowitz—Moellendorff: Die Thukydideslegende, Hermes 12, 1877, 3 2 6 - 6 7 . Nachdruck in U.v.W.-M., Kleine Schriften III (s. zu Nr. 40), S. 1 - 4 0 .
492
P. Perdrizet: Scaptesyle, Klio 10, 1910, 1 - 2 7 .
204
493
Ε. Cavaignac: Miltiade et Thucydide, Revue de Philologie, 3e serie, 3, 1929, 2 8 1 - 5 .
494
W.K. Prentice: Thucydides and the Cimonian Monuments, J a h r e s h e f t e des österreichischen Archäologischen Instituts 31, 1938, 36—41.
495
О. Luschnat: Der Vatersname des Historikers Thukydides, Philologus 100, 1956, 134-9.
496
R. Sealey: Thukydides Olorou Halimousios, Proceedings of t h e African Classical Association 7, 1964, 56—60.
14.2
Politische
Einstellung
497
Ε. Lange: Thukydides und die Parteien, Philologus 52, 1894, 6 1 6 - 5 1 .
498
M.F. McGregor: The Politics of the Historian Thucydides, Phoenix 10, 1956, 93-102.
499
Guido Donini: La posizione di Tucidide verso il governo dei Cinquemila. Torino 1969. XII, 117 S. Historica, politica, philosophica. II pensiero antico. Studi e testi, 2.
15. Nachleben: Rezeption des Werkes 15.1
Allgemeines
500
Ε. Kornemann: Thukydides u n d die römische Historiographie, Philologus 63, 1904, 1 4 8 - 5 3 .
501
L. Bodin: Isocrate et Thucydide, in: Melanges Glotz I (s. zu Nr. 404), S. 9 3 102.
502
Heinrich Gottlieb Strebel: Wertung und Wirkung des Thukydideischen Geschichtswerkes in der griechisch-römischen Literatur. Eine literargeschichtliche Studie nebst einem Exkurs über Appian als Nachahmer des Thukydides. Diss. München 1935. 9 4 S.
503
R.I.W. Westgate: The Text of Valla's Translation of Thucydides, Transactions of the American Philological Association 67, 1936, 240—51.
504
Paul Perrochat: bes modeles grecs de Salluste. Paris 1949. VIII, 86 S. Collection d'Etudes Latines 23.
505
H. Patzer: Sallust u n d Thukydides, Neue Jahrbücher für Antike und Deutsche Bildung 4, 1941, 1 2 4 - 3 6 .
506
A. Dihle: Zu den epistolae ad Caesarem senem, Museum Helveticum 11, 1954, 126-30.
507
Franz J o s e p h Stein: Dexippus et Herodianus rerum scriptores quatenus Thucydidem secuti sint. Diss. Bonn 1957. 221 S.
15.2 Rezeption
einzelner
Teile
508
C.H. Kahn: Plato's Funeral Oration. The Motive of the Menexenus, Philology 58, 1963, 2 2 0 - 3 4 .
Classical
509
J . Dräseke: Thukydides' Pestbericht (II, 47—53) und dessen Fortleben, Jahresberichte des Philologischen Vereins zu Berlin 40, 1914, 181—9. Nachtrag ebenda 41, 1915, 320.
510
Derselbe: Noch einmal „Thukydides' Pestbericht (II, 47—53) und dessen Fortleben", Wochenschrift für Klassische Philologie 33, 1916, col. 8 3 1 - 4 .
205
511
H.S. Commager J r . : Lucretius' Interpretation of the Plague, Harvard Studies in Classical Philology 62, 1957, 1 0 5 - 1 8 .
Vgl. auch Nr. 312 512
Η. Bardon: Tacite, Hist., 3, 2 1 - 2 4 - Thucydide, 7, 4 3 - 4 4 , in: Hommages ä Max Niedermann, Bruxelles 1956 (Coll. Latomus 23), S. 3 4 - 3 7 .
III GRIECHISCHE GESCHICHTE
16. Allgemeines 16. 1
Gesamtdarstellungen
513
George Grote: A History of Greece. Third Edition in 12 volumes. L o n d o n 1854
514
Eduard Meyer: Geschichte des Altertums, Band IV, 2. 4. Auflage, ed. H.E. Stier. Stuttgart 1956.
515
Georg Busolt: Griechische Geschichte, Band III 2: Der peloponnesische Krieg (= S. 5 9 1 - 1 6 3 8 ) . Gotha 1904.
516
Karl Julius Beloch: Griechische Geschichte, Band II, 1. Straßburg 2 1 9 1 4 .
517
The Cambridge Ancient History, vol. V: Athens, 4 7 8 - 4 0 1 B.C. Cambridge 1927 (61964).
518
Ulrich Wilcken: Griechische Geschichte im Rahmen der Altertumsgeschichte. 9., neu durchgesehene Auflage, ed. G. Klaffenbach. München 1962.
519
Michail I. Rostovtzev: Geschichte der Alten Welt, deutsch von H.H. Schaeder, Band I. Wiesbaden 1941.
520
Gaetano de Sanctis: Storia dei Greci dalle origini alia fine del secolo V. vol. II. Firenze 8 1 9 6 7 .
521
Helmut Berve: Griechische Geschichte, Band II. Von Perikles bis zur politischen Auflösung. Freiburg i. Br. 21952.
522
Hermann Bengtson: Griechische Geschichte von den Anfängen bis in die Römische Kaiserzeit. München 31965. Handbuch der Altertumswissenschaft III, 4.
523
Nigel G.L. H a m m o n d : A History of Greece to 322 B.C. Oxford 1959.
524
Chester G. Starr: A History of the Ancient World. New York 1965.
525
Hermann Bengtson (ed.): Griechen u n d Perser. Die Mittelmeerwelt im Altertum I. F r a n k f u r t 1965. Fischer-Weltgeschichte 5.
526
Erich Bayer: Griechische Geschichte. Stuttgart 1968.
527
Victor Ehrenberg: From Solon to Socrates. Greek history and civilization during the 6 4 1 and 5 t h centuries B.C. London 1968.
16.2 Einzelne Aspekte
und
Perioden
528
Georg Busolt/Heinrich Swoboda: Griechische Staatskunde. 2 Bände. München 1 9 2 0 - 2 6 . Handbuch der Altertumswissenschaft IV 1,1.
529
Hermann Bengtson (ed.): Die Staatsverträge des Altertums, Band II: Die Verträge der griechisch-römischen Welt von 700 bis 338 v. Chr. München/Berlin 1962.
530
Victor Ehrenberg: Der Staat der Griechen. Zürich/Stuttgart
206
3
1965.
531
Hans Schaefer: Rezension der 2. Aufl., 1 9 5 7 / 8 , von ( 5 3 0 ) , Zeitschrift der SavignyStiftung, Romanistische Abteilung, 77, 1 9 6 0 , 4 2 2 - 3 8 . Nachdruck in: H.S., Probleme der alten Geschichte, Göttingen 1 9 6 3 , S. 3 8 4 - 4 0 0 .
532
D. Nörr: V o m Griechischen Staat (= Rezension von ( 5 3 0 ) und Ehrenberg, Polis und Imperium, s. zu Nr. 3 5 1 ) , Der Staat 5, 1 9 6 6 , 3 5 3 - 7 0 .
533
Moses I. Finley: The World of Odysseus. Revised edition, New Y o r k 1 9 6 5 . X V I , 1 7 6 S.
534
Derselbe: The Ancestral Constitution. An Inaugural Lecture. Cambridge 1 9 7 1 . 57 S.
535
Günther Klaffenbach: Bermerkungen zum griechischen Urkundenwesen. Berlin 1 9 6 0 . 4 2 S. Sitzungsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften, Berlin, Klasse für Sprache, Literatur und Kunst, 1 9 6 0 Nr. 6.
536
Victor Martin: La vie internationale dans la Grece des cites ( V I е — I V е s. av. J . - C . ) . Paris 1 9 4 0 . X I I , 6 3 0 S. Publications de l'Institut Universitaire des Hautes Etudes Internationales, Geneve, Nr. 21.
537
Russell Meiggs/David M. Lewis (ed.): A Selection of Greek Historical Inscriptions to the End o f the Fifth Century B.C. Oxford 1 9 6 9 .
538
Franz Poland: Geschichte des griechischen Vereinswesens, Leipzig 1909. 6 5 5 S. Gekrönte Preisschrift der Fürstlich Jablonowskischen Gesellschaft zu Leipzig, Nr. 38.
539
Paul Usteri: Ächtung und Verbannung im griechischen Recht. Diss. Zürich, Berlin 1 9 0 3 . VIII, 172 S.
540
Adolf Wilhelm (ed.): Griechische Inschriften rechtlichen Inhalts. Athen 1 9 5 1 . Πραγματεία της 'Ακαδημίας Ά&ηνών, τόμ-, 17, σέλ. 1 ( 1 9 5 1 ) .
16.3 Realien und Militaria 541
Frank Ε. Adcock: The Greek and Macedonian Art o f War. Berkeley/Los Angeles 1 9 5 7 ( 2 1 9 6 2 ) . Sather Classical Lectures 3 0 .
542
M. Amit: Athens and the Sea. A Study in Athenian sea-power. Bruxelles 1 9 6 5 . 1 5 0 S. Coll. Latomus 74.
543
R . van Compernolle: La vitesse des voiliers grecs a l'epoque classique ( V е et I V е siecles), Bulletin de l'Institut Historique Beige de Rome 3 0 , 1 9 5 7 , 5 - 3 0 .
544
G.B. Grundy: The Rate of Sailing Warships in the Fifth Century B.C., Classical Review 2 3 , 1 9 0 9 , 1 0 7 - 8 .
545
August Köster: Das antike Seewesen, Berlin 1 9 2 3 . 2 5 4 S.
«
546
Björn Landström: Das Schiff. Deutsch von E. Gröner. Gütersloh 1 9 6 1 . 3 0 9 S.
547
J o h n S. Morrison/Roderick T. Williams: Greek Oared Ships 9 0 0 - 3 2 2 B.C. Cambridge 1 9 6 8 . X , 3 5 6 S., 31 Tafeln.
548
William Kendrick Pritchett: Studies in Ancient Greek Topography. Berkeley/Los Angeles 1 9 6 5 . VIII, 1 4 0 S. 119 Tafeln. 2 Karten. University of California Publications in Classical Studies, vol. 1.
549
Wolfgang Riepl: Das Nachrichtenwesen des Altertums mit besonderer Rücksicht auf die Römer. Leipzig/Berlin 1 9 1 3 . X I V , 4 7 8 S.
550
William Ledyard Rodgers: Greek and Roman Naval Warfare. Α study of strategy, tactics, and ship design from Salamis ( 4 8 0 B.C.) to Actium (31 B.C.). Annapolis (Md.) 1 9 3 7 , X I , 5 5 5 S.
207
17. Lokalgeschichte 17.1
Athen:
551
Karl Julius Beloch: Die attische Politik seit Perikles. Leipzig 1884 (repr. Darmstadt 1967). IV, 369 S.
Allgemeines
552
Hermann Bengtson: Einzelpersönlichkeit und athenischer Staat zur Zeit des Peisistratos und des Miltiades. München 1939. 67 S. Sitzungsberichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Abt., 1939 Nr. 1.
553
M.I. Finley: Athenian Demagogues, Past and Present 21, 1962, 3 - 2 4 .
554
Arnold Hugh Martin Jones: Athenian Democracy. Oxford 1957 (repr. 1969). 198 S.
555
Ulrich Kahrstedt: Studien zum öffentlichen Recht Athens. Band I: Staatsgebiet und Staatsangehörige in Athen, Stuttgart 1934, Band II: Untersuchungen zur Magistratur in Athen, Stuttgart 1936 (beide repr. Aalen 1969).
556
Benjamin D. Meritt/H.T. Wade-Gery/M.F. McGregor: The Athenian Tribute Lists. Vol. I Cambridge (Mass.) 1939, vols I I - I V Princeton (N.J.) 1 9 4 9 - 5 3 .
557
Herbert Nesselhauf: Untersuchungen zur Geschichte der delisch-attischen Symmachie. Leipzig 1933. V, 144 S. Klio Beiheft 30.
558
Martin Ostwald: Nomos and the Beginnings of Athenian Democracy. Oxford 1969. XIV, 228 S.
559
O.Reverdin: Remarques sur la vie politique d'Athenes au V е Steele, Museum Helveticum 2, 1945, 2 0 1 - 1 2 .
560
Peter Stolz: Politische Entscheidungen in der Versammlungsdemokratie. Untersuchungen zum kollektiven Entscheid in der athenischen Demokratie, im schweizerischen Landsgemeindekanton Glarus und im Kibbuz. Bern/Stuttgart 1968. 205 S. Bemer Beiträge zur Soziologie 12.
561
A.B. West: Pericles' Political Heirs, Classical Philology 19, 1924, 1 2 4 - 4 6 und 201-28.
562 Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Aristoteles und Athen. 2. Bände. Berlin 1893. 17.2 Athen:
Einzelheiten
563
Hans Delbrück: Die Strategie des Perikles, erläutert durch die Strategie Friedrichs des Großen. Mit einem Anhang über Thukydides und Kleon. Berlin 1890. VII, 228 S.
564
Günther Döpel: Die attische Flotte im Peloponnesischen Kriege. Diss. Jena 1937. Teildruck: Einleitung und Teil III: Die Leistungen Athens zur Aufrechterhaltung seiner Seemacht im Peloponnesischen Kriege. 29 S.
565
K.J. Dover: Anapsephisis in Fifth-Century Athens, Journal of Hellenic Studies 75, 1955, 1 7 - 2 0 .
566
С. Habicht: Falsche Urkunden zur Geschichte Athens im Zeitalter der Perserkriege, Hermes 89, 1961, 1 - 3 5 .
567
F. Jacoby: Patrios Nomos. State burial in Athens and the public cemetery in the Kerameikos, Journal of Hellenic Studies 64, 1944, 37—66. Nachdruck in: F.J., Abhandlungen . . . (s. zu Nr. 46), S. 2 6 0 - 3 1 5 .
568
Pierre Leveque/Pierre Vidal-Naquet: Clisthene l'Athenien. Essai sur la representation de l'espace et du temps dans la pensee politique grecque de la fin du VI е siecle a la mort de Platon. Paris 1964. 163 S. Annales Litteraires de l'Universite de Besancon 65.
208
569
B.D. Meritt: An Athenian Decree (= IG I 2 97), in: Studies Robinson II (s. zu Nr. 190), S. 2 9 8 - 3 0 3 .
570
A.E. Raubitschek: The Peace Policy of Pericles, American Journal of Archaeology 70, 1966, 3 7 - 4 1 .
571
H.D. Westlake: Seaborne Raids in Periclean Strategy, Classical Quarterly 39, 1945, 7 5 - 8 5 . Nachdruck in: H.D.W., Essays (s. zu Nr. 160), S. 8 4 - 1 0 0 .
572
Derselbe: Athenian Food Supplies from Euboea, Classical Review 62, 1948, 2—5.
572a Hans Julius Wolff, „Normenkontrolle" und Gesetzesbegriff in der attischen Demokratie. Heidelberg 1970. 80 S. Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist, Kl. 1970, 2. 17.3 Andere
Gebiete
573
P.A. Brunt: Spartan Policy and Strategy in the Archidamian War, Phoenix 19, 1965, 2 5 5 - 8 4 .
574
Moses I. Finley: Ancient Sicily to the Arab Conquest (= M.I.F./D. Mack Smith, A History of Sicily, vol. I). London 1968. XV, 222 S.
575
D. Kagan: Corinthian Diplomacy after the Peace of Nicias, American Journal of Philology 81, 1960, 2 9 1 - 3 1 0 .
18. Einzelne Themen 18.1 576
Kolonisation A. Gwynn: The Character of Greek Colonization, Journal of Hellenic Studies 38, 1918, 8 8 - 1 2 3 .
576a V. Ehrenberg, The Foundation of Thurii, in: Polis und Imperium (vgl. zu Nr. 351), S. 2 9 8 - 3 1 5 . 577
Ε. Will: Sur revolution des rapports entre colonies et metropoles en Gr£ce a partir du VI е siicle, La Nouvelle Clio 6, 1954, 4 1 3 - 6 0 .
578
Fritz Gschnitzer: Abhängige Orte im griechischen Altertum. München 1958. XIII, 195 S. Zetemata 17.
579
Alexander J o h n Graham: Colony and Mother City in Ancient Greece, Manchester 1964. XVIII, 259 S.
580
P.A. Brunt: Athenian Settlements Abroad in the Fifth Century B.C., in: Ancient Society and Institutions. Studies presented to Victor Ehrenberg on his 7 5 ^ birthday, Oxford 1966, S. 7 1 - 9 2 .
18.2 Stasis 18.2.1
Allgemeines
581
A.H. Chroust: Treason and Patriotism in Ancient Greece, Journal of the History of Ideas 15, 1954, 2 8 0 - 8 .
582
M.I. Finley: The Ancient Greeks and their Nation: The sociological problem, British Journal of Sociology 5, 1954, 2 5 3 - 6 4 .
583
Karlheinz Fischer: Die politische Emigration in der Zeit des Peloponnesischen Krieges. Diss. Hamburg 1963 (Maschinenschrift). 212 S.
584
N.M. Pusey: Alcibiades and TO φιλόπολί. Harvard Studies in Classical Philology 51, 1940, 2 1 5 - 3 1 .
209
585
Franco Sartori: Le Eterie nella vita politica ateniese del V I e V secolo a.C. Roma 1957. 169 S. Universitä . . . di Padova: Pubblicazioni dell'Istituto di Storia Antica, 3.
586
A.E. Raubitschek: Rezension von (585), American Journal of Philology 80, 1959, 81-88.
587
Georg Schreiber: Zur Geschichte der Hetairien in Athen. Diss. Wien 1948 (Maschinenschrift). 135 S.
587a D. Gillis, The Revolt at Mytilene, American Journal of Philology 92, 1971, 38-47. 18.2.2. Die Revolution von 411 in Athen 588
Jules Isaac (Junius): Les Oligarques. Essai d'histoire partiale (1942). Paris 1946. 191 S.
589
M.L. Lang: The Revolution of the 400, American Journal of Philology 69, 1948. 272-89.
590
G.E.M. de Ste. Croix: The Constitution of the Five Thousand, Historia 5, 1956, 1-23.
591
Ursula Hackl: Die oligarchische Bewegung in Athen am Ausgang des 5. Jahrhunderts v. Chr. Diss. München 1960. 169 S.
592
С. Moss£: Le role de l'armde dans la revolution de 411 ä Athenes, Revue historique (88) 231, 1964, 1 - 1 0 .
593
M.L. Lang: Revolution of the 400: Chronology and constitutions, American Journal of Philology 88, 1967, 176-87.
I V LITERATURGESCHICHTE
19. Allgemeines 19.1 Gesamtdarstellungen und Verwandtes 594 Jean-Jacques Barth elemy: Voyage du jeune Anacharsis en Grece vers le milieu du quatrieme siecle avant l'ere vulgaire, Paris 1839. 595
Cecil Maurice Bowra: Landmarks in Greek Literature. London 1966. XI, 284 S.
596
Albrecht Dihle: Griechische Literaturgeschichte. Stuttgart 1967. XII, 442 S.
597
John H. Finley: Four Stages of Greek Thought. Stanford University Press 1966. 114 S. The Harry Camp Lectures 1965.
598
Hermann Frankel: Dichtung und Philosophie des frühen Griechentums. München 21962. XIV, 636 S.
599
Johannes Geffcken: Griechische Literaturgeschichte, Band I: Von den Anfängen bis auf die Sophistenzeit. Heidelberg 1926.
600
Arnold Wycombe Gomme: The Greek Attitude to Poetry and History. Berkeley/ Los Angeles 1954. 181 S. Sather Classical Lectures 27.
601
Werner Jaeger: Paideia. Die Formung des griechischen Menschen. 3 Bände. Berlin 1934-47.
602
Humphrey D.F. Kitto: Poiesis. Structure and thought. Berkeley/Los Angeles 1966. X, 407 S. Sather Classical Lectures 36.
603
Albin Lesky: Geschichte der griechischen Literatur. Bern/München 2 1963. 975 S.
210
604
Wilhelm Nestle: Vom Mythos zum Logos. Stuttgart 1940. VIII, 572 S.
605
Max Pohlenz: Gestalten aus Hellas. München 1950.
606
Eduard Schwartz: Charakterköpfe aus der antiken Literatur, erste Reihe. Leipzig 31910.
607
Bruno Snell: Die Entdeckung des Geistes. Hamburg З1955.
19.2 Einzelne
Aspekte
und
Gattungen
608
Wolfgang Aly: Formprobleme der früher griechischen Prosa. Leipzig 1929. 182 S. Philologus, Suppl. 21,3.
609
Otfrid Becker: Das Bild des Weges und verwandte Vorstellungen im griechischen Denken. Diss. Leipzig 1937. 223 S. (auch: Hermes Einzelschriften 4).
610
Hans Bengl: Staatstheoretische Probleme im Rahmen der attischen, vornehmlich der euripideischen Tragödie. Diss. München 1929. 92 S.
611
Ivo Bruns: Das literarische Porträt der Griechen im fünften und vierten Jahrhundert vor Christi Geburt. Berlin 1896 (repr. Darmstadt 1961). XI, 594 S.
612
Albrecht Dihle: Studien zur griechischen Biographie. Göttingen 1956. 121 S.
613
E. Drerup: Die Anfänge der rhetorischen Kunstprosa, Jahrbücher für Classische Philologie Supplement 27, Leipzig 1902, 2. Heft, S. 2 1 9 - 3 5 1 .
614
Manfred Fuhrmann: Das systematische Lehrbuch. Ein Beitrag zur Geschichte der Wissenschaften in der Antike. Göttingen 1960. 192 S.
615
George M.A. Grube: The Greek and Roman Critics. London 1965. XI, 372 S.
616
H. Homeyer: Zu den Anfängen der griechischen Biographie, Philologus 106, 1962, 75-85.
617
Eduard Norden: Die antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert v. Chr. bis in die Zeit der Renaissance, Band 1. Leipzig 1898.
618
Georg Rohde: Uber das Lesen im Alterum, in: G.R., Studien und Interpretationen zur antiken Literatur, Religion und Geschichte, ed. I. Rohde und B. Kytzler, Berlin 1963, S. 2 9 0 - 3 0 4 .
619
Duane R. Stuart: Epochs of Greek and Roman Biography. Berkeley 1928. 270 S. Sather Classical Lectures 4.
620
Eric G. Turner: Athenian Books in the Fifth and Fourth Centuries B.C. (Inaugural Lecture, University College London, 1951). London 1952. 23 S.
621
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (ed.): Griechisches Lesebuch. 2 Teile in 4 Bänden. Leipzig/Berlin 121929.
20. Historiographie 20.1
Allgemeines
622 W. den Boer: Graeco-Roman Historiography in its Relation to Biblical and Modern Thinking, History and Theory 7, 1968, 6 0 - 7 5 . 623
R. Bultmann: Das Verständnis der Geschichte im Griechentum und im Christentum, in: Politische Ordnung und menschliche Existenz, Festgabe für Eric Voegelin zum 60. Geburtstag, München 1962, S. 5 9 - 7 0 .
624 J o h n B. Bury: The Ancient Greek Historians. London 1908 (repr. New York 1958). X, 281 S. 211
625
F. J a c o b y : Rezension von (624), in: F.J., Abhandlungen 65-72.
626
Georg Friedrich Creuzer: Herodot u n d Thucydides. Versuch einer näheren Würdigung einiger ihrer historischen Grundsätze mit Rücksicht auf Lucians Schrift: Wie man Geschichte schreiben müsse. Leipzig 1798. VIII, 128 S.
627
Derselbe: Die historische Kunst der Griechen in ihrer Entstehung u n d Fortbildung. Leipzig 1803. XII, 323 S. (2., u m Anmerkungen u n d Nachträge erweiterte Auflage 1845)
628
A m a l d o Momigliano: Friedrich Creuzer and Greek Historiography (1944, veröffentlicht 1946), in: A.M., Contributo alla Storia degli Studi Classici, Roma 1955 (Storia e Letteratura 47), S. 2 3 3 - 4 8 .
629
Karl Deichgräber: Das griechische Geschichtsbild in seiner Entwicklung zur wissenschaftlichen Historiographie, in: K.D., Der Listensinnende Trug des Gottes, Göttingen 1952, S. 7 - 5 6 .
630
Moses I. Finley (ed.): The Greek Historians. The essence of Herodotus, Thucydides, Xenophon, Polybius. New York 1959.
631
Kurt von Fritz: Die griechische Geschichtsschreibung, Band 1: von den Anfängen bis Thukydides. Berlin 1967. XII, 823 + 421 S.
632
Ernst Howald: Vom Geist antiker Geschichtsschreibung. Sieben Monographien. München/Berlin 1944.
633
H. Patzer: Rezension von (632), G n o m o n 25, 1953, 209-17.
634
H.R. Immerwahr: Ergon. History as a m o n u m e n t in Herodotus and Thucydides, American J o u r n a l of Philology 81, 1960, 261-90.
635
F. J a c o b y : Über die Entwicklung der griechischen Historiographie und den Plan einer neuen Sammlung . . . (1909), in: F.J., Abhandlungen . . . (s. zu Nr. 46), S. 16-64.
636
Derselbe: Griechische Geschichtsschreibung, Die Antike 2, 1926, 1-29. Nachdruck in: F.J., Abhandlungen . . . (s. zu Nr. 46), S. 73-99.
637
Wilhelm Kierdorf: Erlebnis u n d Darstellung der Perserkriege. Göttingen 1966. 130 S. H y p o m n e m a t a 16.
638
L. Pearson: Real and Conventional Personalities in Greek History, J o u r n a l of the History of Ideas 15, 1954, 136-54.
639
Hermann Peter: Wahrheit und Kunst. Geschichtsschreibung und Plagiat im klassischen Altertum. Leipzig/Berlin 1911. XI, 490 S.
640
Hugo Preller: Geschichte der Historiographie unseres Kulturkreises. Materialien, Skizzen, Vorarbeiten. Band 1: Altertum. Aalen 1967. 361 S.
641
K. Reinhardt: Philosophy and History among the Greeks, Greece and R o m e 23 = 2 n d series 1, 1954, 82-90.
642
Moriz Ritter: Die Entwicklung der Geschichtswissenschaft. München/Berlin 1919 461 S.
643
Eduard Schwartz: Geschichtschreibung und Geschichte bei den Hellenen, Die Antike 4, 1928, 14-30. Nachdruck in: E.S., Gesammelte Schriften, Berlin 1938-63, Band I S. 67-87.
644
Hermann Strasburger: Komik und Satire in der griechischen Geschichtsschreibung, in: Festgabe für Paul Kirn, Berlin 1961, S. 13-45.
645
Derselbe: Die Wesensbestimmung der Geschichte durch die antike Geschichtsschreibung. Wiesbaden 1966. 58 S. Sitzungsberichte der Wissenschaftlichen
212
. . . (s. zu Nr. 46), S.
Gesellschaft der J o h a n n Wolfgang Goethe — Universität F r a n k f u r t am Main 5, 1966, Nr. 3. 646
Arnold J . Toynbee: Greek Historical Thought. From Homer to the age of Heraclius (Anthologie von Ubersetzungen). New York: Mentor Books 1952. 208 S. (1-28 = I-XXVIII)
647
Stephen Usher: The Historians of Greece and Rome. L o n d o n 1969 (repr. 1971). XI, 273 S.
648
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Greek Historical Writing (Vortrag, englisch von Gilbert Murray). O x f o r d 1908. 24 S.
20.2 Einzelne
Autoren
649
Henri Etienne: Apologia p r o H e r o d o t o , in: Herodoti Halicarnassei Historiarum libri IX . . . rec. Henricus Stephanus, Francofurti 1595, S. 17-68.
650
H.R. Immerwahr: Aspects of Historical Causation in Herodotus, Transactions of the American Philological Association 87, 1956, 241-80.
651
Helmut Apffel: Die Verfassungdebatte bei Herodot (3,80-82). Diss. Erlangen 195 7. 97 S.
652
A. Momigliano: T h e Place of Herodotus in the History of Historiography, History 43, 1958, 1-13. Zitiert nach A.M., Studies . . . (s. zu Nr. 293), S. 127-42.
653
A. Dihle: Herodot und die Sophistik, Philologus 106, 1962, 207-20.
654
Henry R. Immerwahr: Form and Thought in Herodotus. Cleveland (Ohio) 1966. XV, 3 7 4 S. Philological Monographs 23.
655
H.P. Stahl: Herodots Gyges-Tragödie, Hermes 96, 1968, 385-400.
656
Ch. Meier: Beobachtungen an Herodot. Zum Problem der Deckungslücken im Haushalt historischer Zusammenhänge, in: Hans R o b e r t j a u ß (ed.): Die nicht mehr schönen Künste. Grenzphänomene des Ästhetischen (Poetik und Hermeneutik 3), München 1968, S. 91-110.
657
Hans Rudolf Breitenbach: Historiographische Anschauungsformen Xenophons. Diss. Basel, Fribourg 1950. 158 S.
658
H.D. Westlake: Individuais in Xenophon, Hellenica, Bulletin of the J o h n Rylands Library Manchester 49, 1966, 246-69. Nachdruck in H.D.W., Essays . . . (s. zu Nr. 160), S. 203-25.
659
Gisela Strasburger (ed. & trad.): Xenophon, Hellenika. Griechisch-deutsch. München 1970.
660
J . Vogt: Tacitus und die Unparteilichkeit des Historikers, in: Studien zu Tacitus, Carl Hosius zum 70. Geburtstag am 21. März 1936, Stuttgart 1936 (Würzburger Studien zur Altertumswissenschaft 9), S. 1-20.
661
Gert Avenarius: Lukians Schrift zur Geschichtsschreibung. Diss. F r a n k f u r t 1954, Meisenheim 1956. 183 S.
662
Helene Homeyer (ed. & comm.): Lukian, Wie man Geschichte schreiben soll. München 1965.
663
Nicolae I. Barbu: Les procedes de la peinture des caracteres et la verite historique dans les biographies de Plutarque. Paris 1934. V, 243 S.
664
Mario Attilio Levi: Plutarco e il V secolo. Milano 1955. 405 S. Biblioteca Storica Universitaria II, 5 a.
213
21. Rhetorik 21. 1
Allgemeines
665
Ludwig Radermacher (ed.): Artium Scriptores. Reste der voraristotelischen Rhetorik. Wien 1951. Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl., 227. Band, 3. Abhandlung.
666
Friedrich Blass: Die attische Beredsamkeit, Band 1. Leipzig
667
Octave Navarre: Essai sur la rhötorique grecque avant Aristote. Paris 1900. XV, 346 S.
668
Heinrich Gomperz: Sophistik und Rhetorik. Das Bildungsideal des €V Хеуеш in seinem Verhältnis zur Philosophie des V . J a h r h u n d e r t s . Leipzig/Berlin 1912 (repr. Darmstadt 1965). VI, 292 S.
669
F. Schupp: Zur Geschichte der Beweistopik in der älteren griechischen Gerichtsrede, Wiener Studien 45, 1926/27, 17-28 und 173-85.
670
George Kennedy: The Art of Persuasion in Greece. P r i n c e t o n / L o n d o n 1963. XI, 350 S.
21.2
2
1887.
Anaximenes
671
U. von Wilamowitz-Moellendorff: Lesefrüchte XLVI, Hermes 34, 1899, 618-23. Nachdruck in: U.v.W.-M., Kleine Schriften IV (s. zu Nr. 268), S. 89-94.
672
P. Wendland: Die Schriftstellerei des Anaximenes von Lampsakos, Hermes 39, 1904, 419-43 u n d 499-542.
673
Vinzenz Buchheit: Untersuchungen zur Theorie des Genos Epideiktikon von Gorgias bis Aristoteles, München 1960. 260 S.
674
Manfred F u h r m a n n : Untersuchungen zur Textgeschichte der pseudo-aristotelischen Alexander-Rhetorik (der Ύέχι>η des Anaximenes von Lampsakos). Wiesbaden 1965. 209 S. Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse 1 9 6 4 Nr. 7.
675
K. Barwick: Die „ R h e t o r i k ad A l e x a n d r u m " und Anaximenes, Alkidamas, Isokrates, Aristoteles und die Theodekteia, Philologus 110, 1966, 212-45 und I I I , 1967,47-55.
22.
Einzelne A u t o r e n und Werke (soweit nicht unter 20.2, 21.2, 23.2, 2 4 oder 25.1-3).
676
Kathleen Freeman (ed.): The Murder of Herodes and Other Trials f r o m Athenian Law Courts (Anthologie von Gerichtsreden). New York 1963.
677
Eduard Fraenkel (ed. Sc c o m m . ) : Aeschylus, Agamemnon. 3 Bände. O x f o r d 1950.
678
Douglas M. MacDowell (ed. & comm.): Andocides, On the Mysteries. O x f o r d 1962.
€79
Hafts J u l i u s Wolff: Demosthenes als Advokat. Berlin 1968. 2 6 S. Schriftenreihe der Juristischen Gesellschaft e.V. Berlin, H e f t 30.
680
Gisela Schmitz-Kahlmann: Das Beispiel der Geschichte im politischen Denken des Isokrates. Leipzig 1939. XII, 130 S. Philologus Suppl. 31,4.
681
Kenneth J . Dover: Lysias and the Corpus Lysiacum. IX, 200 S. Sather Classical Lectures 39.
682
Josef Kroll: Theognisinterpretationen. Leipzig 1936. 319 S. Philologus Suppl. 29,1.
214
Berkeley/Los Angeles 1968.
683
Hermann Müller-Ströbing: Ά&ηναίων TtoXvreih. Die attische schrift vom Staat der Athener. Untersuchungen über die zeit, die tendenz, die f o r m und den Verfasser derselben. Neue textrecension und paraphrase. Göttingen 1880. 188 S. Philologus Suppl. 4, 1-2.
684
Karl Ital Geizer: Die Schrift vom Staate der Athener. Berlin 1937. 134 S. Hermes Einzelschriften 3.
V VARIA 23.
Philosophen
23.1
Allgemeines
685
J . Bollack: Les Sophistes, in: J . Goimard (ed.), Athenes au temps de Pericles, Paris 1964, S. 190-229.
686
Carlo Corbato: Sofisti e politica ad Atene durante la guerra del Peloponneso. Trieste 1958. 42 S. Universitä degli Studi di Trieste. Facolta di Lettere e Filosofia. Istituto di Filologia Classica, № 4.
687
Hermann Diels/Walther Kranz (edd.): Die Fragmente der Vorsokratiker. 11 Auflage (= Nachdruck der 5. Aufl., Berlin 1934-37). 3 Bände. Zürich/Berlin 1964.
688
Kurt von Fritz: Philosophie und sprachlicher Ausdruck bei Demokrit, Plato und Aristoteles. New. York/Leipzig/Paris/London 1938 (repr. Darmstadt 1966). 92 S.
689
Hans Grieder: Die Bedeutung der Sophistik für die platonisch-aristotelische Aussagelogik. Diss. Basel 1962. 93 S.
690
William K.C. Guthrie: A History of Greek Philosophy, vol. I-III, Cambridge 1962-69.
691
Geoffrey E.R. Lloyd: Polarity and Analogy. T w o types of argumentation in early Greek thought. Cambridge 1966. V, 5 0 3 S.
692
Wilhelm Roscher: De historicae doctrinae a p u d sophistas maiores vestigiis. Diss. Göttingen 1838. VI, 74 S.
693
Julius Stenzel: Über den Einfluß der griechischen Sprache auf die philosophische Begriffsbildung (1921), in: J.S., Kleine Schriften zur griechischen Philosophie, Darmstadt 2 1957, S. 72-84.
694
Mario Untersteiner: The Sophists. Translated f r o m the Italian by K. Freeman. Oxford 1954. 368 S.
695
T.B.L. Webster: From Primitive t o Modern Thought in Ancient Greece, in Acta Congressus Madvigiani, vol. II, Kopenhagen 1958, S. 29-46.
23.2 Einzelne
Autoren
696
A. Th. Cole J r . : T h e A n o n y m u s Iamblichi and his Place in Greek Political Theory, Harvard Studies in Classical Philology 65, 1961, 127-63.
697
J.S. Morrison: Antiphon, Proceedings of t h e Cambridge Philological Society 187 = NS 7, 1961, 49-58.
698
Derselbe: The Truth of Antiphon, Phronesis 8, 1963, 3 5 - 4 9 .
699
J . L o h m a n n : Vom ursprünglichen Sinn der aristotelischen Syllogistik, Lexis 2, 1949/51,205-36.
700
Louis Bourgey: Observation et experience chez Aristote. Paris 1955. 161 S.
215
701
Gerald F. Else: Aristotle's Poetics: The argument. Leiden 1957. XVI, 670 S.
702
J o h n J o n e s : On Aristotle and Greek Tragedy. L o n d o n 21967. 2 8 4 S.
703
Hermann Langerbeck: Δόξις Έπιρυβμίτ]. Studien zu Demokrits Ethik u n d Erkenntnislehre. Berlin 1935. 132 S. Neue Philologische Untersuchungen 10.
704
G. Vlastos: Ethics and Physics in Democritus, Philosophical Review 54, 1945, 5 7 8 - 9 2 u n d 55, 1946, 5 3 - 6 4 .
705
C.C.W. Taylor: Pleasure, Knowledge and Sensation in Democritus, Phronesis 12, 1967. 6 - 2 7 .
706
J e a n Bollack: Empedocle, vol. I - 1 I I . Paris 1 9 6 5 - 6 9 .
707
Leo Strauss: The Political Philosophy of Hobbes. Its basis and its genesis (1936). Chicago 1952 (repr. 1966). XVI, 172 S.
708
Karl Reinhardt: Parmenides u n d die Geschichte der griechischen Philosophie. F r a n k f u r t 21959. 268 S.
709
H. Schwabl: Sein und Doxa bei Parmenides, Wiener Studien 66, 1953, 5 0 - 7 5 .
710
J . Bollack: Sur deux fragments de Parmenide (4 et 16), Revue des Etudes Grecques 70, 1957, 5 6 - 7 1 .
711
J a a p Mansfeld: Die Offenbarung des Parmenides und die menschliche Welt. Diss. Utrecht, Assen 1964. 285 S.
712
Francis M. Cornford: Plato's Theory of Knowledge. The Theaetetus and the Sophist of Plato translated with a running commentary. London 1935. XIV, 336 S.
713
Victor Goldschmidt: Le paradigme dans la dialectique platonicienne. Paris 1947. 139 S.
714
J . Bollack: H o m m e mesure, Mercure de France, mars 1965, 1—16.
24. Medizin 715
Louis Bourgey: Observation et experience chez les medecins de la collection hippocratique. Paris 1953. 3 0 4 S.
716
Hans Diller (ed. & trad.): Hippokrates, Schriften. Reinbek 1962. Rowohlts Klassiker 103/9.
717
Derselbe (ed. & trad.): Hippokrates, Über die Umwelt. Berlin 1970. Corpus Medicorum Graecorum I 1,2.
718
H. Herter: Die T r e f f k u n s t des Arztes in hippokratischer u n d platonischer Sicht, Sudhoffs Archiv 47, 1963, 2 4 7 - 9 0 .
719
Robert J o l y (ed. & trad.): Hippocrate, Du Regime. Paris 1967 (Coli. Bude).
720
Derselbe: Recherches sur le traite pseudo-hippocratique Du Regime. Paris 1960. 260 S.
721
H.W. Miller: A Medical Theory of Cognition, Transactions of the American Philological Society 79, 1948, 1 6 8 - 8 3 .
25. Zur Motivation u n d Beurteilung des Handelns 722
216
Hans Thomae (ed.): Die Motivation menschlichen Handelns. Köln 1965. Neue Wissenschaftliche Bibliothik, Psychologie, Nr. 4.
25.1 723
Philosophie G. Calogero: Gorgias and the Socratic Principle Nemo sua sponte peccat, of Hellenic Studies 77, 1957, 1 2 - 1 7 .
Journal
724 J . A. Coulter: The Relation of the Apology of Socrates to Gorgias' Defense of Palamedes and Plato's critique of Gorgianic Rhetoric, Harvard Studies in Classical Philology 68, 1964, 2 6 9 - 3 0 3 . 725
David J . Furley: Aristotle and Epicurus on Voluntary Action, in: D.J.F., Two Studies on the Greek Atomists, Princeton 1967, S. 1 6 1 - 2 3 7 .
726
N. Gulley: The Interpretation of ,No one does wrong willingly' in Plato's Dialogues, Phronesis 10, 1965, 8 2 - 9 6 .
727
J . Lohmann: Das Verhältnis des abendländischen Menschen zur Sprache (Bewußtsein und unbewußte Form der Rede), Lexis 3, 1952, 5—49.
25.2
Literatur
728
A.W.H. Adkins: Aristotle and the Best Kind of Tragedy, Classical Quarterly 59 = NS 16, 1966, 7 8 - 1 0 2 .
729
Hermann Deckinger: Die Darstellung der persönlichen Motive bei Aischylos und Sophokles. Ein Beitrag zur Technik der griechischen Tragödie. Leipzig 1911. VII, 167 S.
730
Eric R. Dodds: The Greeks and the Irrational. Berkeley/Los Angeles 1959. IX, 327 S. Sather Classical Lectures 25.
731
S. Erasmus: Zur Darstellung psychischer Vorgänge [bei Homer und Sophokles], Würzburger Jahrbücher für die Altertumswissenschaft 3, 1948, 275—86.
732
Hermann Frankel: Εφήμερος als Kennwort für die menschliche Natur, in H.F., Wege und Formen frühgriechischen Denkens, ed. F. Tietze, München 1955, S. 2 3 - 3 6 .
733
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734
W. Krause: Zeus ynd Moira bei Homer, Wiener Studien 64, 1949, 1 0 - 5 2 .
735
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736
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737 738
Rudolf Pfeiffer: Gottheit und Individuum in der frühgriechischen Lyrik (1929), in: R.P., Ausgewählte Schriften, ed. W. Bühler, München 1960, S. 4 2 - 5 4 .
739
Peter W. Schönlein: Sittliches Bewußtsein als Handlungsmotiv bei römischen Historikern. Diss. Nürnberg 1966. III, 217 S.
740
O. Seel: Zur Vorgeschichte des Gewissens-Begriffes im altgriechischen Denken, in: Festschrift Franz Dornseiff zum 65. Geburtstag, Leipzig 1953, S. 291—319.
741
L.R. Shero: Alcmena und Amphitryon in Ancient and Modern Drama, Transactions of the American Philological Association 87, 1956, 192—238.
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Walter Stahlenbrecher: Die Motivation des Handelns bei Herodot. Diss. Hamburg 1953 (Maschinenschrift). 187 S. 217
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U. v. Wilamowitz-Moellendorff: Das Skolion des Simonides an Skopas, Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen, phil.hist. Kl., 1898, 2 0 4 - 3 6 .
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F. Zucker: Verantwortung in Denken und Sprache der Griechen und Römer, in: F.Z., Semantica . . . (s. zu Nr. 190), S. 5 6 - 7 1 .
25.3 Recht 747
Benjamin Daube: Zu den Rechtsproblemen in Aischylos' Agamemnon, Diss. Basel, Zürich/Leipzig o.J. (1938). XV, 220 S.
748
David Daube: Error and Accident in the Bible, Revue Internationale des Droits de l'Antiquite 2, 1949 (= Melanges F. de Visscher I), 1 8 9 - 2 1 3 .
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Derselbe: Direct and Indirect Causation in Biblical Law, Vetus Testamentum 11, 1961, 2 4 6 - 6 9 .
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Derselbe: Roman Law. Linguistic, social and philosophical aspects. Edinburgh 1969. 205 S. The J.H. Gray Lectures 1966.
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Hermann Funke: Die sogenannte tragische Schuld. Studie zur Rechtsidee in der griechischen Tragödie. Diss. Köln 1963. 166 S.
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Louis Gernet: Recherches sur le developpement de la pensee juridique et morale en Grece (Etude semantique). Paris 1917. XVIII, 476 S. Kurt Latte: Der Rechtsgedanke im archaischen Griechentum, Antike und Abendland 2, 1946, 6 3 - 7 6 . Nachdrucke in: K.L., Kleine Schriften zu Religion, Recht, Literatur und Sprache der Griechen und Römer, ed. O. Gigon, W. Buchwald und W. Kunkel, München 1968, S. 2 3 3 - 5 1 und in: Erich Berneker (ed.), Zur Griechischen Rechtsgeschichte, Darmstadt 1968 (Wege der Forschung 45), S. 77— 98.
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Derselbe: Beiträge zum griechischen Strafrecht, Hermes 66, 1931, 30—48 und 1 2 9 - 5 8 . Nachdrucke in: K.L., Kleine Schriften (s. zu Nr. 753), S. 2 5 2 - 9 3 und in Berneker (s. zu Nr. 753), S. 2 6 3 - 3 1 4 . Zitiert nach Berneker.
755
Douglas M. MacDowell: Athenian Homicide Law in the Age of the Orators. Manchester 1963. X, 161 S. Publications of the Faculty of Arts of the University of Manchester, 15.
756
Richard Maschke: Die Willenslehre im griechischen Recht. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Interpolationen in den griechischen Rechtsquellen. Berlin 1926 (repr. Darmstadt 1968). VIII, 202 S.
757
W. Kunkel: Rezension von (756), Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung, 48, 1928, 7 0 9 - 2 2 .
758
Harald Meyer-Laurin: Gesetz und Billigkeit im attischen Prozeß. Iur. Diss. Freiburg 1963, Weimar 1965. XII, 60 S. Graezistische Abhandlungen 1.
758a Ronald S. Stroud: Drakon's Law on Homicide. Berkeley 1968. VIII, 83 S. University of California Publications: Classical Philology, 3. 759 Johannes Stroux: Römische Rechtswissenschaft und Rhetorik. Potsdam 1949. 107 S. 218
760
Uwe Wesel: Rhetorische Statuslehre und Gesetzesauslegung der römischen Juristen. Iur. Diss. Saarbrücken 1965, Köln/Berlin etc. 1967. 155 S. Annales Universitatis Saraviensis, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Abteilung, Heft 29.
25.4 Vulgärethik 761
Arthur W.H. Adkins: Merit and Responsibility. Α study in Greek values. Oxford 1960. XIV, 380 S.
762
Albrecht Dihle: Antike Höflichkeit und christliche Demut, Studi Italiani di Filologia Classica 26, 1952, 1 6 9 - 9 0 .
763
Derselbe: Die goldene Regel. Eine Einführung in die Geschichte der antiken und frühchristlichen Vulgärethik. Göttingen 1962. 135 S.
764 J.R. Grant: A Note on the Tone of Greek Diplomacy, Classical Quarterly 69 = NS 15, 1965, 2 6 1 - 6 . 765
B.A. van Groningen: Le Grec et ses idees morales, in: Acta Congressus Madvigiani II, Kopenhagen 1958, S. 5 7 - 1 3 0 .
766
Karl Lammermann: Von der attischen Urbanität und ihrer Auswirkung in der Sprache. Diss. Göttingen 1935. VII, 82 S.
767
E. Schwartz: Probleme der antiken Ethik, Jahrbuch des freien deutschen Hochstifts 1906, 5 3 - 8 7 . Nachdruck in: E.S., Gesammelte Schriften (s. zu Nr. 643), Band I, S. 9 - 3 6 .
26. Methodologica 768
Raymond Aron: Introduction a la philosophic de l'histoire. Essai sur les limites de l'objectivite historique. Paris 1948.
769
R. Barthes: Introduction ä l'analyse structurale des recits, Communications 8, 1966, 1 - 2 7 .
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Derselbe: Le discours de l'histoire, Information sur les Sciences Sociales VI, 4, Aoüt 1967, 6 5 - 7 5 .
770a J . Bollack, Mythische Deutung und Deutung des Mythos, in: M. Fuhrmann (ed.), Terror und Spiel. Probleme der Mythenrezeption. Poetik und Hermeneutik IV. München 1971, S. 6 7 - 1 2 0 . 771 Jacob Burckhardt: Historische Fragmente aus dem Nachlass, ed. E. Dürr. Stuttgart 1957. 772 John B. Bury: Cleopatra's Nose, in: J.B.B., Selected Essays, Cambridge 1930 (repr. Amsterdam 1964), S. 6 0 - 6 9 . 773 Johann Martin Chladenius: Allgemeine Geschichtswissenschaft, worinnen der Grund zu einer neuen Einsicht in allen Arten der Gelahrtheit geleget wird. Leipzig 1752. 774
Noam Chomsky: American Power and the New Mandarins. Harmondsworth 1969.
775
Robin G. Collingwood: The Idea of History. Oxford 1946.
776 Johann Gustav Droysen: Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte, ed. R. Hübner. München/Berlin 1937 ( 4 1960). 777
M.I. Finley: Generalizations in Ancient History, in: Louis Gottschalk (ed.), Generalization in the Writing of History, Chicago 1963, S. 19—35.
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Η. Frankel: Über philologische Interpretation am Beispiel von Casars gallischem Krieg, in: H.F., Wege und Formen . . . (s. zu Nr. 732), S. 2 9 4 - 3 1 2 .
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K. von Fritz: Histoire et Science (Sammelrezension von Nr. 775, 790, 150 und 103), Critique 14, 1958, 7 4 6 - 7 3 .
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Derselbe: Die Bedeutung des Aristoteles für die Geschichtsschreibung, in: Entretiens Fondation Hardt IV (s. zu Nr. 103), S. 83—145.
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Peter Green: Clio Perennis. Aspects of ancient history, in: P.G., Essays in Antiquity, L o n d o n 1960, S. 5 2 - 7 3 .
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Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Sämtliche Werke, Jubiläumsausgabe, ed. H. Glockner, Band 11. Stuttgart 4 1 9 6 1 .
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Derselbe: Grundlinien der Philosophie des Rechts, zitiert nach: Hegel, Rechtsphilosophie (Studienausgabe, ed. K. Löwith und M. Riedel, Band 2), Frankf u r t 1968.
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Hans Robert J a u ß : Geschichte der Kunst u n d Historie, in: H.R.J., Literaturgeschichte als Provokation, F r a n k f u r t 1970 (edition suhrkamp 418), S. 208—51.
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Immanuel Kant: Mutmaßlicher Anfang der Menschengeschichte, zitiert nach: I.K., Werke in 10 Bänden ed. W. Weischedel, Darmstadt 1968, Band 9, S. 8 5 102.
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R. Koselleck: Historia Magistra Vitae. Über die Auflösung des Topos im Horizont neuzeitlich bewegter Geschichte, in: Natur und Geschichte. Karl Löwith zum 70. Geburtstag, ed. H. Braun und M. Riedel, Stuttgart 1967, S. 1 9 6 - 2 1 9 .
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Derselbe: Der Zufall als Motivationsrest in der Geschichtsschreibung (Bemerkungen zu Archenholtz' Geschichte des Siebenjährigen Krieges), in: Die nicht mehr schönen Künste (s. zu Nr. 656), S. 129—41.
788
S. Kracauer: General History and the Aesthetic Approach, ebenda (Nr. 787), S. 1 1 1 - 2 7 .
789
Derselbe, R. Koselleck, Ch. Meier u.a. : Diskussion: Das Ästhetische als Grenzerscheinung der Historie, ebenda (Nr. 787), S. 559—81.
790
Henri Irenee Marrou: De la connaissance historique. Paris 5 1 9 6 6 .
791
Friedrich Meinecke: Zur Theorie und Philosophie der Geschichte, ed. E. Kessel (Werke, Band 4). Stuttgart 1959.
792
Vilfredo Pareto: Trattato di Sociologia Generale, vol. 3. Firenze 2 1 9 2 3 .
793
Friedrich Schiller: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte? Eine akademische Antrittsrede. Schillers Werke, Nationalausgabe, Band 17: Historische Schriften I, ed. K.-H. Hahn, Weimar 1970, S. 3 5 9 - 7 6 .
794
Fritz Stern (ed.): Geschichte u n d Geschichtsschreibung. Möglichkeiten, Aufgaben, Methoden. Texte von Voltaire bis zur Gegenwart, deutsch von S. Stahlmann. München 1966.
795
Max Weber: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre, ed. J . Winckelmann. Tübingen 3 1 9 6 8 .
796
Derselbe: Wirtschaft u n d Gesellschaft. Studienausgabe, ed. J . Winckelmann. Köln 1964.
797
H. Wismann: Le metier de philologue, Critique 26, 1970, 4 6 2 - 7 9 u n d 7 7 4 - 8 1 .
220
REGISTER Es sind nur diejenigen Stellen, Wörter, Namen und Begriffe aufgenommen, über die im Text oder in einer Anmerkung etwas ausgesagt wird. Textstellen, die sei es übersetzt, sei es nur erwähnt, als Beispiele genannt sind, bleiben unberücksichtigt, ebenso Begriffe, die in den Kapitelüberschriften erscheinen. Nummern von Anmerkungen sind kursiv gesetzt.
Stellen Antiphon I 1 7 - 1 9 : 165 28ff: 164 II—IV: 160, 163 II α 6f: 161 0 3 : 161 IV γ 4: 162 V 25: 164 Aristoteles AP 35,2: 168, 422 Poet. 9, 1451Ь9—II: 128ff, 136, 284 1451b29—32: 168 Demosthenes 46,14: 168, 422 Gorgias Helena und Palamedes: 160 Hei. 6: 162 Pal. 5: 164 19: 161f 2 2 - 2 4 : 164 26: 161 Hippokrates De arte 2: 149 4; 7: 158 Homer В 211—78: 1 5 7 , 3 7 5 ρ 576ff: 155 σ 136f: 122f, 260 22 7 ff: 1 5 6 , 3 7 2 3 9 1 - 3 : 156f Hyperides III 16f: 168 Lysias X 7: 152 Piaton Mx 236 bc: 146, 336 Phdr 227 d ff: 146 272 de: 165 Tht 142 d ff: 336
Xenophon Mem. II 1,34: 360 Thukydides I: 60 1 8 , 3 - 9 , 3 : 119 2 0 - 2 3 : 137ff, 305 22: 138, 140ff, 306-311, 329-332, 342-346, 353, 361-366 22,2:
317, 356,
318,
122
22,4: 77, 122, 171 23,2: 104 23,6: 105, 1 0 8 - 1 0 , 209 25,3-26,1: 3 1 - 3 3 36,3: 149f, 351 50,lf: 75,138 57,5: 42 7 5 , 1 - 7 6 , 3 : 102 87: 61..720 88: 58, 105, 110 106: 168 118,2: 58, 105, 110 127,3: 103 136,2: 106 138,3: 125 140,1: 103, 121 144,3: 102f II 2,3ff: 77ff 3,1: 78 4 , 1 - 7 : 78ff 5 , 7 - 6 , 4 : 86f 7,3: 42, 80, 81 4 7 - 5 3 : 119ff, 253, 254 51,1: 150 59,2: 103 3: 121 60,1: 121 61,1: 102ff 65,5f: 104f 7: 116 10: 116
11: 85, 104, 116, 159 13: 104f 221
83,5-84,1: 81,148 91,3: 9 7 , 1 8 8 III 2 0 - 2 4 : 8 2 27,2: 106 66,2: 86f 68,1: 33f 8 2 , 2 : 1 2 1 f , 219, 255 4ff: 122 83,1; 3 - 4 : 122 8 4 : 67 113,6: 134 IV 3 , 3 : 8 1 18: 9 8 f f , 190, 192 27-29,2: 47ff 2 9 , 2 f f : 7Off 3 : 7 1 , 127 4 : 128 3 0 , 3 : 71, 129 40,1: 106 4 1 , 2 : 81 4 4 , 4 : 78 71, l f : 1 3 5 f 73,1: 34f 8 1 , 2 : 35 9 6 , 3 : 75, 137 9 8 , 5 f : 106f ,213 103- 15f 1 0 4 , 4 f : 1 2 f f , 6—11 105,1: 1 2 8 , 9 1 0 6 , 1 : 35 116,1: 40 1 2 0 , 2 : 81f V 6,1 f f : 2Off 7,1: 1 0 6 16f: nm, 233, 234 2 5 , 3 : 105 3 5 , 3 : 105 3 5 , 4 : 34 4 2 , 2 : 105 4 3 , 2 : 239 45,2f: 132 4 6 , 2 f : 34 4: 133 61,1: 106 7 1 : 5 3 f , 101, 102
222
85: 152 104f: 99f, 104 V I 1 5 , 1 : 103f 2 - 4 : 1 1 5 , 240 18,3: 102 2 1 , 1 : 8 4 f , 156 24,3: 112 29,3: 45 4 6 , 3 - 5 : 84ff 5 3 - 6 1 : 62ff, 85 5 4 , 2 f f : 8 7 ff 60,4: 85 6 1 , 2 : 115 63,Iff: 54f 6 4 , 1 : 103 69,2: 1 1 3 , 2 3 2 8 7 , l f : 102ff 88,5: 105 V I I 2 7 , 2 f f : 5 6 f , 107 2 9 , 1 : 57 4 2 , 3 f f : 5 5 f , 104, 105 43,7ff: 75f 4 4 , 2 : 139 5 7 f : 118 57,1: 1 1 1 , 2 2 4 4f: 105f 7: 107 VIII 4 1 , 3 : 106 4 6 , 1 - 4 : 1 3 2 , 288 66: 89f 8 6 , 4 f : 1 1 5 f , 242 87: 130ff ,285,286 89,3: 117 90,3: 152 Auetor ad Herennium I 1 6 ; II 3; 7; 2 3 ; 2 4 : 1 6 6 f Cicero Inv. 1 4 1 :
166
Digesten 3 5 . 1 . 1 9 pr.: Quintilian Inst. 8 . 3 . 7 0 f :
167 168f
Griechische Wörter 6βασανίστως 141,314 εύνοια 225, 318 άγγέλλω 75 έχΰρός 99, 225 άγνοέω 74, 76,136 ηγούμαι 79 άδικέω 36f, 72 ησυχία 112,229 Μυμία 91 f, 176 ϊθιώτης 244, 268, 375 άισιΧάνομαι 39f, 75, 82 θεοί 52 ίαφνίδιος 90, 169 τα επί Θρφκης 25 άκονιτί 63 θόρυβος 174 άκούω 75 και τι και 115 ακούσιος 159, 162, 219, 255, 385 κακόν 120 άκρΐβεια 142, 311, 318, 324, 334 κατάπληξις 9If, 175 άλήθεια 179, 326 αμάρτημα 2 4 , 9 0 , 1 6 7 κέρας 101 άναγκάξω 21,10211,210-212 λανθάνω 81,149 Αναγκαίος 105 λέγεται 133,293 άνά γκη 102ff, 196, 197, 199-201, 210- λόγος 307' 212, 214-217, 219, 220 μάλιστα 10 άνδρώπινον 257 μανιώδης 29 άπαγγελία 142,321 μέτριος 35 απροσδόκητος 15f, 90, 37,170 μϊσος 57, 225 Ασφάλεια 52 νήπιος 156 &τη 156,370 νόημα 156 βούλομαι 43f, 84, 87, 299 νομίζω 42, 79 yap 24, 53ff, 57, 63, 100, 106, 140, 187, τό Συγγενές 249 213 ξυμβαίνω 96,184, 186 γιγνώακω 43, 75 γνώμη 43, 150ff, 84, 87, 356-364, 366 ξύμπας 148ff, 347-355 дедοικα 79 Συμφέρον 223 та deovra 344 ο'ώα 79 дέος 79 стер και έγένετο 133,290 Эт? 3 2 , 5 6 όράω 42, 75, 82 drjdev 62 όργή 151 διαμνημονεύω 332 ύργίζομαι 92,177 9ιάνοια 152 όρέγομαι 230 διανοούμαι 84, 87 ορκος 52 διήγησις 142,321 ουδείς εκών άμαρτάνει 160,181 дίκaюς 31ff,53, 54, 61, 66-70 ούν 55, 57 δοκέω 79 πανταχόθεν 90,168 εικάζω 132, 140f, 289, 316 •παρών 12,231 ειρήνη 52 πατέρες 52 εκούσιος 159f, 385 πείθομαι 76 εκπληξις 175 πιατεύω 79 ελπίζω 79 προ- 14f, 1 1 2 , 2 2 7 , 2 2 8 ελπίς 230 πρόνοια 1 5 9 , 3 8 1 , 3 8 5 προσδέχομαι 22,121,37 έπεξέρχομαι 141f ,317 πρόφασις 104f, 209 επιεικής 66 προφθάνω 227 έργον 307, 308 πυνθάνομαι 75, 309 εύεργεσια 52 223
σαφής 74, 77, 131, 143, 179, 287, 327 ταραχή 174 τάχος 14f, 228 τοινυν 195 τυγχάνω 95f τύχη 95ff, 151, 183, 189, 191, 193 υπάρχων 231 ύποπτεύω 79
224
ύποπτος 19 φΜνω 112, 227 φιΚονικέω 239 φίλος 99, 225 φόβος 79 φρένες 167 φρόνημα 239 χαλεπός 331
Namen und Sachen Absicht 14, 25, 42ff, 53ff, 128, 2 7 7 Affekt und Situation 90, 171 Agis 53 Alkibiades 62, 102, 104, 115, 132, 134, 116, 235, 242, 298 Amphipolis 1 I f f , 2, 4, 6, 11, 17, 22, 23 Analyse (Schichtentheorie) 61, 105, 221, 250 Angst 89f Antilogien 29, 49 .Archäologie' 250, 304 Athener in Amphipolis 18f, 23 Brasidas 14ff, 2 0 f f , 81f, 111, 113f, 128, 135f, 21, 26, 27, 65 causa 166, 413 Demosthenes (athenischer Feldherr) 48 ff, 55f, 75f, 134, 135 Determinismus lOOff, 125, 220 Dialektik der Darstellung 15, 19, 23f, 29f, 37, 66f, 94, 96f, 98, 16 Drakon 381 Egesta 83 ff Emotionen 87ff, 97, 173-177 Erkenntnistheorie 122ff, 262 Ethik 37, lOOf, 114ff, 120f, 122, 159 Eukles 13f, 7, 25 Euphemos 102, 104 Evidenz 93f, 131, 179 Finalsätze 87 Furcht 89f, 105, 171 geheime Absichten 133f, 136, 296, 297 geistige Vorgänge 39ff, 49, 65, 67, 127, 277, 278 Gemeinwohl 117 Gerichtssprache 141 f f , 3 1 4 , 317, 318 Geschwindigkeit von Schiffen 11 Goldminen des Thukydides 3 Harmodios Sc Aristogeiton s. Tyrannenmörder Herodot 66, 118 Herrschaft lOOff Hippokrates 123f, 267 Idealtypus 93ff, 111, 147, 154, 171, 431 Imperialismus 103, 202 Individuum und Gesellschaft 114ff, 234-239, 244-247 I n f o r m a n t e n 26f, 129, 40 Intersubjektivität 1 4 2 , 2 7 2 , 4 0 8 Ironie 84
Irreführung 81ff, 152 Kausalität 98, 101 f Kleon 20ff, 4 7 f f , 62, 113f, 129, 28, 29, 93, 95, 97,204 Kolonie 16, 31f K o m m e n t a r e des Thukydides zum Bericht 54, 71 Konsistenz der Erzählung 46f Mantineia 53, 102 medizinische Fachliteratur 123f, 268 Melier 100, 104, 26, 193, 194 Melierdialog 194, 207, 208 Mitleid 122 Mut 171 Mythistorie 154 Nacht 75f, 82, 153 Naturgesetz 99ff, 108 Nikias 4 7 f f , 114, 129, 132f, 135, 93, 99, 131 Objektivität 66 Parteilichkeit 26, 50f, 86f, 28, 29, 92, 160 Patriotismus 6, 116 Peisistratidenexkurs 62ff, 111, 114, 116 Pentekontaetie 5 8 f f , 109, 168 Perikles 1 0 2 , 1 0 3 , 2 0 4 Personifikation 95, 98ff, 170, 154, 189 Pessimismus 37, 73 ,Pest' 119ff ,253,254 Plan 14, 17, 19, 22f, 111 Plataia 7 7ff, 142-144, 160-162 Plausibilität 166, 169f, 425, 426 Pylos 4 8 f f , 7Off, 92, 135 Quellenkritik 26, 123f, 128f, 133f, 40, 135, 267 Rauchsignale 4, 11 Realpolitik 69, lOOff, 73, 74, 222 Reden 37, 69ff, 98ff, 107, 143ff, 43-48, 50, 52, 53, 74, 122, 215, 328, 331-341, 343345, 365, 366 Rhetorik 69, 100, 108, 157f, 160, 49, 123125, 205 Ringkomposition 108 Ruderer 84, 155, 156 Sagen 1 3 3 , 2 9 3 Schichtentheorie s. Analyse Schlüssigkeit 4 0 f f , 165 ff, 169f, 98 scriptum et sententia 1 6 7 , 4 1 7 — 4 2 0 Sentenz 1 5 1 , 4 9 sententia 363
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Sizilienexpedition 82f Sparta 49 Subjektivität 142, 147f, 153f Subjektwechsel 63f, 113 Taktik 81f Themistokles 125, 134 Thersites 157, 375 Thukydides als Feldherr 1 I f f , 2, 5, 8, 9, 11, 12, 16, 25, 27 Tissaphernes 13 Off Traditionalismus 117ff, 122ff, 251, 256 Tyrannenmörder 87ff, 163-166 Überraschung 1 7 f , 9 0 Ubersetzungsprobleme 32, 43, 96, 151, 84, 179, 191, 201, 357 Untätigkeit 21, 112, 229 Umwelt 121,270 Unwissenheit 16f, 19, 83ff, 89, 97 Urkundlichkeit 145ff, 153, 365
226
Verantwortung 155ff, 385 Verblendung 370 Verknüpfung von Textelementen 39ff Vermutungen 285, 292 Verstehen 92ff, 154, 156ff Verursachung 162f, 398 Völkerrecht 68 Volksgericht 142 Vorherwissen des Geschichtsschreibers 14, 25, 104 Vorsatz 159ff, 380, 381, 385 Vorteil 11 Off, 116, 223 Wahrheitsfindung 140ff, 315, 318, 320 Wahrscheinlichkeit 163ff, 291, 425 Wiederholung als Stilmittel 81, 204, 244 Wörtlichkeit der Reden? 145ff, 333-341 Wollen und Denken 43 Zurechnungslehre 157ff Zweckrationalität 93f, 110f, 116, 125, 127, 132, 136, 157ff, 171, 180, 220, 303
Hans Schaefer Probleme der alten Geschichte Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Herausgegeben von Ursula Weidemann und Walther Schmitthenner. 1963. 449 Seiten, Leinen Aus dem Inhalt: Die attische Symmachie im zweiten Jahrzehnt ihres Bestehens / Monotheismus als politisches Problem / Die Grundlagen des attischen Staates im 5. Jahrhundert / Die Schlacht in den Thermopylen / Das Problem der Entstehung des römischen Reichs / Γνωστηρ και εγγυητής / Alkibiades u n d Lysander in Ionien / Das Problem der Demokratie im klassischen Griechentum / Die verfassungsgeschichtliche Entwicklung Kyrenes im ersten Jahrhundert nach seiner Begründung / Die Autonomieklausel des Kalliasfriedens / Das Problem der griechischen Nationalität / Politische Ordnung und individuelle Freiheit im Griechent u m / Das Eidolon des Leonidas / Der römische Ritterstand u.a.
Wilhelm Kierdorf Erlebnis und Darstellung der Perserkriege (Hypomnemata 16) 1966. 130 Seiten, broschiert „Interpretationen der Simonides- und Pindarstellen, die direkt von Ereignissen und Gefahren der Perserkriege handeln oder darauf anspielen, sowie von Aischylos' Persern, endlich eine Untersuchung über das Datum der Einführung der Gefallenenrede in Athen (etwa 478) und die Herkunft des Tatenkatalogs, den diese enthält (aus der außenpolitischen Propaganda), bilden den I n h a l t . . . Nicht das Erlebnis der Kriege und seine mannigfachen Fortwirkungen, werden behandelt, sondern wie Fakten, Situationen und Ergebnisse sich nachträglich in den verschiedenen Gattungen niederschlugen." Historische Zeitschrift
Jutta Kirchberg Die Funktion der Orakel im Werke Herodots (Hypomnemata 11) 1964. 126 Seiten, broschiert „An erster Stelle ist festzustellen, daß die Verfasserin überzeugend darlegt, daß das Orakel auch für Herodot eine Äußerung des Willens der Götter darstellt und deshalb eine religionsgeschichtliche Bedeutung für den Historiker b e s i t z t . . . Die gesuchte Art und Weise, in der der interpretierende Gläubige dennoch danach trachtet, den ,Sinn' des Orakels mit dem sich ihm zeigenden historischen Tatbestand in Übereinstimmung zu bringen, ist eine religiöse Betätigung rationaler Art . . . manche .Auflösungen' rätselhafter Orakelsprache hat Herodot kritisch beurteilt." Mnemosyne
Vandenhoeck
&
Ruprecht
in Göttingen und Zürich
Klaus Bringmann Studien zu den politischen Ideen des Isokrates (Hypomnemata 14) 1965. 113 Seiten, broschiert Diese politischen Anschauungen werden von Bringmann als die des athenischen Konservativen verstanden, der ebenso einem imperialistischen Machtstreben wie einer radikalen Demokratie abhold war. Sein Ziel war nie, wie zu Recht betont wird, eine Einigung Griechenlands in einem Bundesstaat, sondern den einzelnen Poleis Freiheit und Autonomie in Frieden zu erhalten . . . Die Isokratesforschung verdankt dem Verfasser einen anregenden und wertvollen Beitrag". Dietmar Korzeniweski/Gymnasium
Adalberto Giovannini Untersuchungen über die Natur und die Anfange der bundesstaatlichen Sympolitie in Griechenland (Hypomnemata 33) 1971. 99 Seiten, broschiert Gliederung: Grundzüge und Aufbau der bundesstaatlichen Sympolitie / Die ältere Geschichte der bekanntesten bundesstaatlichen Sympolitien / Poleis und Ethne. Eine verfassungshistorische Untersuchung über die Bünde, die in der hellenistischen Zeit von den griechischen Stämmen gebildet wurden. Das Besondere dieser Bünde liegt darin, daß sie Staaten waren, die mehrere Poleis umfaßten und in ihrer Organisation eine gewisse Ähnlichkeit mit den modernen Bundesstaaten zu bieten scheinen.
Karl Reinhard Vermächtnis der Antike Gesammelte Essays zur Philosophie und Geschichtsschreibung. Herausgegeben von Carl Becker. 2., erweiterte Auflage 1966. 479 Seiten, Leinen Inhalt: Personifikation und Allegorie / Heraklits Lehre vom Feuer / Heraclitea / κ an(2 ων άρχηγσς / Empedokles, Orphiker und Physiker / Hekataios von Abdera und Demokrit / Herodots Persergeschichten / Gyges und sein Ring / Thukydides und Machiavelli / Piatons Mythen / Nietzsche und die Geschichte / Nietzsches Klage der Ariadne / Die Klassische Philologie und das Klassische / Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff / Gedenkworte für Ludwig Curtius / Gedenkworte für Gilbert Murray / Walter F. Otto / Akademisches aus zwei Epochen / Poseidonios über Ursprung und Entartung. Interpretation zweier kulturgeschichtlicher Fragmente / Nachwort / Register. V a n d e n h o e c k
&
R u p r e c h t
in Göttingen und Zürich