Homers Ilias. Band X. Vierzehnter Gesang [1° ed.] 3110399679, 9783110399677

Since Ameis-Hentze-Cauer (1868-1913) no comprehensive, scholarly commentary of Homer's Iliad has been published in

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German Pages 312 [314] Year 2015

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Table of contents :
INHALT
VORWORT
HINWEISE ZUR BENUTZUNG
24 REGELN ZUR HOMERISCHEN SPRACHE (R)
TABELLARISCHER ÜBERBLICK ÜBER DIE HANDLUNG DES 14. GESANGES
KOMMENTAR 14
APPENDIX TOPOGRAPHICA: SCHIFFSLAGER UND SCHLACHTFELD
BIBLIOGRAPHISCHE ABKÜRZUNGEN
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Homers Ilias. Band X. Vierzehnter Gesang [1° ed.]
 3110399679, 9783110399677

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HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR

SAMMLUNG WISSENSCHAFTLICHER COMMENTARE

HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR (BASLER KOMMENTAR / BK) AUF DER GRUNDLAGE DER AUSGABE VON AMEIS-HENTZE-CAUER (1868–1913)

HERAUSGEGEBEN VON

ANTON BIERL UND JOACHIM LATACZ

GENERALREDAKTION:

MAGDALENE STOEVESANDT

DE GRUYTER

HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR (BASLER KOMMENTAR / BK) HERAUSGEGEBEN VON

ANTON BIERL UND JOACHIM LATACZ BAND X VIERZEHNTER GESANG ( Ξ ) FASZIKEL 2: KOMMENTAR VON

MARTHA KRIETER-SPIRO MIT UNTERSTÜTZUNG VON RUDOLF FÜHRER, FRITZ GRAF, MARTIN A. GUGGISBERG, IRENE DE JONG, SEBASTIAAN R. VAN DER MIJE, RENÉ NÜNLIST, JÜRGEN v. UNGERN-STERNBERG, RUDOLF WACHTER UND MARTIN L. WEST †

DE GRUYTER

Die Erarbeitung des Ilias-Gesamtkommentars wird finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Bern, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft, Basel, der Max Geldner-Stiftung, Basel, der Frey-Clavel-Stiftung, Basel, und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Für vielfältige Unterstützung danken wir besonders Herrn Prof. Dr. Peter Blome (Basel).

ISBN 978-3-11-039967-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040707-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040719-8 ISSN 1864-3426 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2015 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

INHALT

Vorwort ……………………………………………………………………… Hinweise zur Benutzung (mit Abkürzungsverzeichnis) 24 Regeln zur homerischen Sprache (R)

VII

……………………

IX

……………………………………

1

Tabellarischer Überblick über die Handlung des 14. Gesanges

……………

8

…………………………………………………………………

11

Appendix topographica: Schiffslager und Schlachtfeld, von Joachim Latacz ..

243

Bibliographische Abkürzungen

261

Kommentar

……………………………………………

VORWORT Der 14. Gesang der Ilias fand schon früh besonderes Interesse: Die Erzählung von der raffinierten Verführung des Göttervaters durch seine Ehefrau bot dem Publikum nach drei Gesängen mit Kampfschilderungen (11.–13. Gesang) eine willkommene Entspannung und Unterhaltung. Schon seit der Antike dachte man immer wieder intensiv über die Darstellung der Götter in diesem Gesang nach. In neuerer Zeit hat man auch vermehrt nach dem Einfluß orientalischer Vorstellungen gefragt. Besondere Beachtung hat schließlich auch die Beratung der Anführer im Anfangsteil gefunden, sowie der Schlußteil mit seinem crescendo, das den wachsenden Druck der Achaier auf die Troer malt. Der Kommentar soll nun zum Verständnis dieses interessanten Gesanges beitragen. Er schließt sich an die schon erschienenen Bände des Gesamtkommentars an und ist gemäß der Anlage und den Zielen verfasst, wie sie im Vorwort zum ersten Gesang erläutert werden. Damit sich jeder Nutzer ein eigenes Bild machen kann, umreißt der Kommentar bei Bedarf die jeweils einschlägigen Fragen und Probleme so ausführlich wie nötig, nimmt Stellung und nennt weiterführende Literatur verschiedener, auch abgelehnter Forschungsrichtungen. Auf das, was schon in anderen Bänden erörtert ist, weist er im allgemeinen knapp hin. Ohne die großzügige Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel, der Max Geldner-Stiftung Basel, der Frey-Clavel-Stiftung Basel und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur sowie der Universität Basel hätte dieser Kommentar nicht entstehen können. Ich weiß mich daher allen genannten Institutionen zu tiefer Dankbarkeit verpflichtet. Daß ich weiterhin am Basler Kommentar arbeiten konnte, verdanke ich meinen Lehrern Herrn Prof. Dr. Joachim Latacz und Herrn Prof. Dr. Anton Bierl. Beide haben durch ihr großes Interesse an der Arbeit und ihre zahlreichen Anregungen entscheidend zur Klärung vieler Fragen beigetragen, wofür ich Ihnen überaus dankbar bin. Herr Latacz hat den Kommentar zudem um die Appendix zur Topographie (s.u. S. 243ff.) bereichert, wofür ich ihm ganz herzlich danke. Eine ganz besondere Anerkennung verdienen auch meine Arbeitskollegen, Dr. Marina Coray, Dr. Magdalene Stoevesandt, Dr. Claude Brügger und Dr. Katha-

VIII

Ilias 14

rina Wesselmann. Sie haben mich nie im Stich gelassen, wenn ich nach Basel kam und wieder Hilfe brauchte, und mich vor vielen Fehlern bewahrt. Meine Dankbarkeit ihnen gegenüber ist sehr groß. Ein ganz besonderer Dank für viele Hinweise gebührt auch Herrn Dr. Rudolf Führer, Herrn Prof. Dr. Fritz Graf, Prof. Dr. Martin A. Guggisberg, Frau Prof. Dr. Irene J.F. de Jong und den Herren lic. phil. Sebastiaan R. van der Mije, Prof. Dr. René Nünlist, Prof. Dr. Jürgen v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Martin L. West und Prof. Dr. Rudolf Wachter. Auch Herrn lic. phil. Christoph Schneider von der Universitätsbibliothek Basel, den Mitarbeitern der Zentralbibliothek Zürich und Frau Serena Pirrotta und Frau Katharina Legutke vom Verlag Walter de Gruyter weiß ich mich sehr verpflichtet. Auch für das fast zwanzigjährige Gastrecht, das ich schon im Seminar für Klassische Philologie Zürich genieße, möchte ich den jeweiligen Vorstehern ganz herzlich danken. Schließlich geht mein Dank auch an meine Familie, meine Eltern, meinen Mann und meine Kinder. Alle haben mir mit ihrem Interesse für die Arbeit, ihrer Geduld und ihrem Verständnis den Kommentar erst ermöglicht; ganz besonders habe ich meinem Mann für sein selbstloses Wirken im Hintergrund zu danken. Meine Eltern haben meine altphilologischen Interessen immer großzügig gefördert; mein verstorbener Vater hat sich darüber hinaus auch allgemein für die Belange der Altertumswissenschaften eingesetzt. Der Kommentar sei daher als kleines Zeichen der Dankbarkeit meiner Mutter und dem Gedächtnis meines Vaters gewidmet; möge er in ihrem Sinne zur Freude an Homer beitragen.

Zürich, im März 2015

Martha Krieter-Spiro

HINWEISE ZUR BENUTZUNG 1. Im Kommentar sind vier Erklärungs-Ebenen graphisch voneinander abgesetzt (vgl. HK 41): a) In Normaldruck erscheinen die wichtigsten Erläuterungen für Benutzer aller Adressatenkreise. Griechischkenntnisse sind hier nicht vorausgesetzt; griechische Wörter werden in Umschrift wiedergegeben (Ausnahme: Lemmata des LfgrE, s. HK 41 [1]). b) In etwas kleinerer Schrift erscheinen genauere Erklärungen zum griechischen Text. Dieser Teil entspricht einem gräzistischen Standardkommentar. c) In Petit-Druck stehen spezifische Informationen zu verschiedenen Teilgebieten der Homer-Forschung. d) Unter einem Trennstrich erscheint am Fuß der Seite der ‘Elementarteil’, der besonders Schülern und Studenten eine Hilfestellung zur ersten Texterschließung bieten will. Der Elementarteil erklärt neben Prosodie und Metrik v.a. die homerischen Wortformen. Er basiert auf den ‘24 Regeln zur homerischen Sprache’, auf die mit dem Kürzel ‘R’ verwiesen wird. Sehr häufige Phänomene (z.B. fehlendes Augment) werden nicht durchgängig registriert, sondern ca. alle 50 Verse in Erinnerung gerufen. — Auf Angaben zum homerischen Wortschatz wurde weitgehend verzichtet; hierfür sei auf das Spezialwörterbuch von AUTENRIETH/KAEGI verwiesen. Komplexe Probleme werden sowohl im Elementarteil als auch im Hauptkommentar aufgegriffen; im Elementarteil werden sie kurz zusammengefaßt, im Hauptkommentar ausführlicher diskutiert. Solche Stellen sind im Elementarteil durch Pfeil (↑) kenntlich gemacht. Querverweise im Elementarteil (im Typus ‘vgl. 73n.’) beziehen sich dagegen auf notae innerhalb des Elementarteils, nie auf den Hauptkommentar.

X

Ilias 14

2. Auf die Kapitel des Prolegomena-Bandes wird mit den folgenden Kürzeln verwiesen: FG/FM FOR G HK GT M MYK xxxP STR

Zum Figurenbestand der Ilias: Götter/Menschen Formelhaftigkeit und Mündlichkeit Grammatik der homerischen Sprache Einleitung: Zur Homer-Kommentierung Geschichte des Textes Homerische Metrik (samt Prosodie) Wort-Index Homerisch – Mykenisch Hochgestelltes ‘P’ hinter einem Begriff verweist auf die BegriffsDefinitionen in der ‘Homerischen Poetik in Stichwörtern’.* Zur Struktur der Ilias

In der englischen Ausgabe des Prolegomena-Bandes (Berlin/Boston 2015) sind außerdem folgende Kapitel enthalten: FOR2 NTHS

Formularity and Orality (erweiterte Fassung) New Trends in Homeric Scholarship

3. Textkritische Fragen An einzelnen Stellen neigen die Kommentatoren zu einer anderen Entscheidung als der Text-Editor. In diesen Fällen erscheint das Lemma in beiden Varianten; die im Text vorgegebene Form wird dann in eckigen Klammern vorangestellt. 4. Formelsprache Nach dem Vorbild des ‘Ameis-Hentze(-Cauer)’ werden wiederholte Verse und Halbverse regelmäßig registriert (vgl. dazu HK 30); auf andere formelsprachliche Elemente (bes. Versanfangs- und -endformeln) wird nur so häufig hingewiesen, daß der Gesamteindruck von der Formelhaftigkeit der homerischen Sprache vertieft wird. 5. Typische SzenenP Zu jeder Typischen Szene wird im Kommentar an geeigneter Stelle die ‘Idealform’ konstituiert, indem eine kumulative, durchnumerierte Zusammenstellung aller in Ilias und Odyssee vorkommenden charakteristischen Szenen-Elemente vorgelegt wird; die Ziffern der an der kommentierten Stelle tatsächlich aktualisierten Elemente erscheinen fett. Jede weitere Stelle verweist auf die Erstbehandlung und verwendet Numerierung und Fettdruck nach dem gleichen Prinzip.

* Mehrteilige Begriffe wie Dramatische IronieP, Sekundäre FokalisationP und Typische Sze-

neP sind in dem alphabetisch angeordneten Kapitel jeweils unter dem Anfangsbuchstaben des – durch die Majuskel als Teil des Begriffs gekennzeichneten – Adjektivs zu finden.

Hinweise zur Benutzung

XI

6. Abkürzungen (a) Bibliographische Abkürzungen Die bibliographischen Abkürzungen s. unten S. 261ff. (b) Primärliteratur (zu den verwendeten Textausgaben s. unten S. 264ff.) Aisch. Apoll. Rhod. Archil. Aristoph. Aristot. Chrest. Cypr. Eur. Eust. fgrE Hdt. Hes. ‘Hes.’ hom.h. h.Ap., h. Bacch., h.Cer., h.Merc., h.Ven. Hyg. Il. Il. parv. Il. Pers. Od. Paus. Pind. Plat.

‘Plat.’ Prokl. ‘Ps.-Apollod.’

Aischylos (Pers. = ‘Perser’, test. = testimonium) Apollonios Rhodios Archilochos Aristophanes (Av. = Aves, ‘Vögel’) Aristoteles (HA = Historia animalium, ‘Geschichte der Tiere’, Metaph. = Metaphysika,) ‘Chrestomathie’ (Inhalts-Angabe des Proklos zum ‘Epischen Kyklos’) ‘Kyprien’ (im ‘Epischen Kyklos’) Euripides (El. = Elektra, Hipp. = Hippolytos) Eustathios frühgriechisches Epos (Sammelbezeichung für Homer, Hesiod und hom. Hymnen) Herodot Hesiod (Op. = Opera, ‘Werke und Tage’; Th. = ‘Theogonie’) Hesiod zugeschriebene Werke (Sc. = Scutum, ‘Schild des Herakles’; fr. = Fragmente) Sammelbezeichnung für die homerischen Hymnen einzelne homerische Hymnen: an Apollon, – an Bacchus/Dionysos – an Ceres/Demeter, – an Mercurius/Hermes und – an Venus/Aphrodite Hygin (Fab. = Fabulae) ‘Ilias’ Ilias parva, ‘Kleine Ilias’ (im ‘Epischen Kyklos’) Iliou Persis, ‘Zerstörung Troias’ (im ‘Epischen Kyklos’) ‘Odyssee’ Pausanias Pindar (Ol., Pyth. = ‘Olympische, Pythische Oden’ [Siegeslieder]) Platon (Apol. = Apologia, ‘Apologie’, Crat. = Kratylos, Gorg. = Gorgias, Leg. = Nomoi, ‘Gesetze’, Menex. = Menexenos, Rep. = De re publica, ‘Staat’) Platon zugeschriebenes Werk (Min. = Minos) Proklos (s.o. s.v. Chrest.) ‘Pseudo-Apollodor’ (ohne nähere Angabe: Bibliotheke)

XII

Ilias 14 Schol. schol. A (etc.) Soph. Theb. Vit. = Epigr.

Scholion, Scholien scholion in der Handschrift A (etc.) Sophokles (OC = Oedipus Coloneus, ‘Oidipus auf Kolonos’) ‘Thebaïs’ (im ‘Epischen Kyklos’) Vita Homeri Herodotea

(c) Übrige Abkürzungen (Die allgemein üblichen Abkürzungen und die unter 2. und 3. genannten Kürzel sind hier nicht aufgenommen.) * < > | ↑

rekonstruierte Form entstanden aus geworden zu markiert Vers-Anfang bzw. Vers-Ende verweist vom Elementarteil auf das entsprechende Lemma im Hauptkommentar † locus desperatus a/b nach Verszahl bezeichnet die 1. bzw. 2. Vershälfte a/b nach Verszahlbezeichnet nur im app. crit. angeführte Zusatzverse A 1, B 1 (etc.) bezeichnet Zäsuren im Hexameter (vgl. M 6) abh. abhängig aind. altindisch a.O. am (angegebenen) Ort app. crit. apparatus criticus (West) att. attisch Bed., bed. Bedeutung, bedeutet Bez., bez. Bezeichnung, bezeichnet ebd. ebendort ep. episch fgrE frühgriechisches Epos fr. Fragment (fragmentum) gr. griechisch hethit. hethitisch HS Hauptsatz Hss. Handschriften idg. indogermanisch Instr. Instrumentalis lok. lokativisch myk., Myk. mykenisch, das Mykenische

Hinweise zur Benutzung n. NS ON sc. s.d. s.v., s.vv. t.t. VA VE VH v.l. Vok. vorl. z.St.

XIII

lat. nota* Nebensatz Orts-Name(n) scilicet siehe dort* sub voce, sub vocibus terminus technicus Vers-Anfang Vers-Ende Vers-Hälfte varia lectio Vokativ vorliegend zur Stelle

* Mit ‘77n.’ wird auf den Kommentar zu Vers 77 innerhalb des vorliegenden Bandes, mit 1.162n. auf den Eintrag zu V. 162 im 1. Gesang verwiesen. – Mit ‘in 19.126 (s.d.)’ od. ‘vgl. 24.229ff. (s.d.)’ wird primär auf die betr. Stellen im Homer-Text, sekundär auf einen oder mehrere Kommentar-Einträge dazu verwiesen (beim ersten Beispiel ist der relevante Kommentar-Eintrag unter 19.126–127 zu finden, beim zweiten steht Einschlägiges unter 24.229– 234 und 24.229–231).

24 REGELN ZUR HOMERISCHEN SPRACHE (R) Die folgende Zusammenstellung der charakteristischsten Eigenarten der homerischen Sprache legt den Akzent auf die Abweichungen von der attischen Schulgrammatik. Sprachgeschichtliche Erläuterungen sind hier nur ausnahmsweise beigegeben (sie sind in der ‘Grammatik der homerischen Sprache’ [G] im Prolegomena-Band zu finden, auf deren Paragraphen am rechten Rand verwiesen wird). R 1 Die hom. Sprache ist eine Kunstsprache, die geprägt ist durch: 1.1 das Metrum (kann Umgestaltungen aller Art bewirken); 1.2 die Technik der oral poetry (für viele häufig wiederkehrende Inhalte werden Formeln verwendet, oft in metrisch unterschiedlich einsetzbaren Varianten); 1.3 verschiedene Dialekte: Grunddialekt ist das Ionische; dieses ist mit Formen aus anderen Dialekten, insbes. dem Äolischen (sog. Äolismen), durchsetzt, die oft zugleich Varianten nach 1.1 bzw. 1.2 liefern.

G 3 3

2

Lautlehre, Metrik, Prosodie R2

Lautwandel ᾱ > η: Im ion. Dialekt ist älteres ᾱ zu η geworden, im 5–8 nicht-att. Ion. (also auch bei Homer) auch nach ε, ι, ρ (1.30: πάτρης).

Bei Homer dennoch nachzuweisendes ᾱ ist im allgemeinen: 2.1 ‘jung’, d.h. nach dem ion.-att. Lautwandel entstanden (1.3: ψυχάς); 2.2 oder aus der äolischen Dichtungstradition übernommen (1.1: θεά). R3

Vokalkürzung: Langvokale (v.a. η) vor Vokal (v.a. ο/ω/α) werden im 39f. Wortinnern häufig gekürzt, aber nicht durchgängig (z.B. G. Pl. βασιλήων statt metrisch unmöglichem viersilbigem -έων; auch die damit verbundene Quantitätenmetathese [Längung des kurzen zweiten Vokals] tritt oft nicht ein [z.B. G. Sg. βασιλῆος statt -έως]).

R4

Digamma (ϝ): Der ion. Dialekt Homers kannte kein Phonem /w/ (wie in engl. will) mehr. Dieses ist aber 4.1 teils im Mykenischen oder in alphabetschriftlichen Dialekten direkt bezeugt (myk. ko-wa /korwā/, korinth. ϙόρϝα); 4.2 teils etymologisch zu erschließen (z.B. hom. κούρη – mit Ersatzdehnung nach Schwund des Digamma – gegenüber att. κόρη);

19 27

2

Ilias 14 Häufig ist das Digamma bei Homer zudem aus dem Metrum erschließbar, nämlich bei 4.3 Hiat (s. R 5) ohne Elision (1.7: Ἀτρεΐδης τε (ϝ)άναξ); 4.4 Hiat ohne Kürzung des langvokalischen Auslauts (1.321: τώ (ϝ)οι, vgl. R 5.5); 4.5 Bildung von sog. Positionslänge bei Einzelkonsonanz (1.70: ὃς (ϝ)είδη). 4.6 Teilweise ist Digamma nicht mehr berücksichtigt (1.21: υἱὸν ἑκηβόλον, urspr. ϝεκ-).

22 21 24 26

R5

Hiat: Zusammenprall von vokalischem Auslaut mit vokalischem Anlaut (hiatus ‘Klaffen’) wird vermieden durch: 5.1 Elision: Kurzvokale und -αι in Endungen des Mediums werden elidiert 30/ (1.14: στέµµατ’ ἔχων; 1.117: βούλοµ’ ἐγώ; 5.33: µάρνασθ’ ὁπποτέροι- 37 σι), gelegentlich auch -οι in µοι/σοι (1.170). Aus Elision resultierender Hiat wird belassen (1.2: ἄλγε’ ἔθηκεν). 5.2 Ny ephelkystikon: Nur nach Kurzvokal (ε und ι), v.a. D. Pl. -σι(ν); 33 3. Sg. Impf./Aor./Perf. -ε(ν); 3. Sg. und Pl. -σι(ν); Modalpartikel κε(ν); Suffix -φι(ν), vgl. R 11.4; Suffix -θε(ν), vgl. R 15.1; liefert zugleich metrisch willkommene Varianten. 5.3 Kontraktion über die Wortfuge hinweg (als Krasis notiert: τἄλλα, 31 χἡµεῖς). Hiat ist v.a. zulässig bei: 5.4 Schwund des Digamma (vgl. R 4.3); 5.5 sog. Hiatkürzung: langer Vokal/Diphthong im Auslaut wird gekürzt (1.17: Ἀτρεΐδαι τε καὶ ἄλλοι ἐϋκνήµιδες; 1.15 [mit Synizese: R 7]: χρυσέ͜ῳ ἀνὰ σκήπτρῳ); 5.6 metrischer Zäsur oder allgemein Sinneinschnitt; 5.7 nach -ι und ‘kleinen Wörtern’ wie πρό und ὅ.

34 35

36 37

R6

Vokalkontraktion (z.B. nach Ausfall eines intervokalischen /w/ [Di- 43– gamma], /s/ oder /j/) ist in der hom. Sprache häufig nicht durchgeführt 45 (1.74: κέλεαι [2. Sg. Med. statt -ῃ]; 1.103: µένεος [G. Sg. statt -ους]).

R7

Synizese: Gelegentlich müssen zwei Vokale einsilbig gelesen werden, insbesondere bei Quantitätenmetathese (1.1: Πηληϊάδε͜ω: R 3), aber auch beim G. Pl. -έων. (Im Text wird Synizese durch einen Bogen markiert, 1.18: θε͜οί.)

46

R8

Zerdehnung (sog. diektasis): Kontrahierte Formen (z.B. ὁρῶντες) werden oft ‘zerdehnt’ wiedergegeben (ὁρόωντες); damit wird die vom Metrum geforderte prosodische Gestalt der älteren, unkontrahierten Formen (*ὁράοντες, ⏖–⏑) künstlich wiederhergestellt. Ähnlich wird im Inf. Aor. -εῖν als -έειν geschrieben (statt älterem *-έεν).

48

24 Regeln zur homerischen Sprache (R) Wechsel von Lang- und Kurzkonsonant ergibt metrisch willkommene Varianten (die meist urspr. aus verschiedenen Dialekten stammen: R 1.3): 9.1 τόσ(σ)ος, ποσ(σ)ί, Ὀδυσ(σ)εύς, ἔσ(σ)εσθαι, τελέσ(σ)αι; Ἀχιλ(λ)εύς; ὅπ(π)ως, etc. 9.2 Ähnliche Flexibilität ergibt der Anlautwechsel in π(τ)όλεµος, π(τ)όλις.

3

R9

17 18

R 10 Adaptation ans Metrum: Drei (oder mehr) kurze Silben hintereinander 49f. oder eine einzelne zwischen zwei langen (beides unmetrisch) werden vermieden durch: 10.1 metrische Dehnung (ᾱ̓θάνατος, δῑογενής, οὔρεα statt ὄρεα; µένεα πνείοντες statt πνέ-); 10.2 veränderte Wortbildung (πολεµήϊος statt πολέµιος; ἱππιοχαίτης statt ἱππο-).

Formenlehre Die hom. Sprache weist teils vom Attischen abweichende, teils zusätzliche Flexionsformen auf: R 11 Beim Nomen sind insbesondere zu nennen: 11.1 1. Deklination: 68 G. Pl. -άων (1.604: Μουσάων) und -έων (1.273: βουλέων); D. Pl. -ῃσι (2.788: θύρῃσι) und -ῃς (1.238: παλάµῃς); G. Sg. m. -ᾱο (1.203: Ἀτρεΐδαο) und -εω (1.1: Πηληϊάδεω); 11.2 2. Deklination: 69 G. Sg. -οιο (1.19: Πριάµοιο); D. Pl. -οισι (1.179: ἑτάροισι); 11.3 3. Deklination: 70– G. Sg. der i-Stämme: -ιος (2.811: πόλιος) und -ηος (16.395: πόληος); 76 G./D./A. Sg. der ēu-Stämme: -ῆος, -ῆϊ, -ῆα (1.1: Ἀχιλῆος; 1.9: βασιλῆϊ; 1.23: ἱερῆα); D. Pl. -εσσι bei s- und anderen Konsonantstämmen (1.235: ὄρεσσι); 11.4 G./D. Sg./Pl. auf -φι (1.38: ἶφι; 4.452: ὄρεσφι); oft metrisch willkom- 66 mene Variante (z.B. βίηφι neben βίῃ). R 12 Abweichende Stammbildung (und damit Flexion) zeigen u.a. folgende Nomina: 12.1 νηῦς: G. Sg. νηός, νεός, D. νηΐ, A. νῆα, νέα; N. Pl. νῆες, νέες, G. νηῶν, νεῶν, D. νηυσί, νήεσσι, νέεσσι, A. νῆας, νέας. 12.2 πολύς, πολύ (u-Stamm) und πολλός, πολλή, πολλόν (o/ā-Stamm) werden beide durchdekliniert.

77 57

4

Ilias 14

12.3 υἱός: G. Sg. υἱέος, υἷος, D. υἱέϊ, υἱεῖ, υἷϊ, A. υἱόν, υἱέα, υἷα; N. Pl. 53 υἱέες, υἱεῖς, υἷες, G. υἱῶν, D. υἱάσι, υἱοῖσι, A. υἱέας, υἷας. 12.4 Ἄρης: G. Ἄρηος, Ἄρεος, D. Ἄρηϊ, Ἄρεϊ, Ἄρῃ, A. Ἄρηα, Ἄρην, 53 V. Ἆρες, Ἄρες. 12.5 Ähnlich komplexe Flexionsreihen noch bei γόνυ (G. γούνατος neben 53/ γουνός, N./A. Pl. γούνατα nb. γοῦνα), δόρυ (δούρατος, -τι etc. neben 77 δουρός, -ί etc.); Ζεύς (Δ∆ιός, Δ∆ιΐ, Δ∆ία nb. Ζηνός, Ζηνί, Ζῆν/Ζῆνα). R 13 Ungewohnte Steigerungsformen sind u.a.: χερείων, χειρότερος, χερειότερος (neben χείρων); ἀρείων (neben ἀµείνων). Auch zu Substantiven können Steigerungsformen treten, z.B. βασιλεύτερος, βασιλεύτατος.

79

R 14 Abweichende Pronominalformen: 14.1 Personalpronomen: 1. Sg. G. ἐµεῖο, ἐµέο, µεο, ἐµέθεν (sehr selten: µοι, z.B. 1.37) 2. Sg. G. σεῖο, σέο, σεο, σέθεν; D. τοι 3. Sg. G. εἷο, ἕο, ἕθεν, ἑθεν; D. οἷ, ἑοῖ, οἱ; A. ἕ, ἑέ, ἑ, µιν 1. Pl. N. ἄµµες; G. ἡµέων, ἡµείων; D. ἧµιν, ἄµµι; A. ἡµέας, ἄµµε 2. Pl. N. ὔµµες; G. ὑµέων, ὑµείων; D. ὔµµι; A. ὑµέας, ὔµµε 3. Pl. G. σφείων, σφεων; D. σφισι, σφι; A. σφέας, σφε, σφεας, σφας 1. Dual N./A. νώ, νῶϊ; G./D. νῶϊν 2. Dual N./A. σφώ, σφῶϊ; G./D. σφῶϊν 3. Dual N./A. σφωε; G./D. σφωϊν

81

14.2 Interrogativ-/Indefinitpronomen: G. Sg. τέο/τεο; D. Sg. τεῳ; G. Pl. τέων; entsprechend ὅττεο, ὅτεῳ etc.

84

14.3 Demonstrativ-anaphorisches Pronomen (= ‘Artikel’, vgl. R 17): gleiche Endungen wie bei den Nomina (R 11.1–2); N. Pl. m./f. oft mit anlautendem τ (τοί, ταί).

83

14.4 Possessivpronomen: 1. Pl. 2. Sg./Pl. τεός 3. Sg./Pl. ἑός, ὅς

82

ᾱ̔µός ῡ̔µός σφός

14.5 Relativpronomen: Als Relativpronomen fungiert häufig das demonstrativ-anaphorische Pronomen (14.3).

83

R 15 Die kasusähnlichen Adverbbildungen stehen im Grenzbereich Formenlehre/Wortbildung. Sie können metrisch willkommene Varianten zu den echten Kasus bilden: 15.1 ‘Genetiv’: -θεν (woher?, s. auch R 14.1), z.B. κλισίηθεν (1.391); 15.2 ‘Dativ’: -θι (wo?), z.B. οἴκοθι (8.513); 15.3 ‘Akkusativ’: -δε (wohin?), z.B. ἀγορήνδε (1.54).

66

24 Regeln zur homerischen Sprache (R)

5

R 16 Beim Verb verdienen besondere Beachtung: 16.1 Augment: fehlt häufig (was zu Assimilation führen kann, z.B. ἔµβαλε statt ἐνέβαλε, κάλλιπον statt κατέλιπον, vgl. R 20.1); dient der Anpassung ans Metrum.

85

16.2 Personalendungen: 86/ 2. Sg. -θα (1.554: ἐθέλῃσθα) 93 1. Pl. Med. -µεσθα neben -µεθα (1.140: µεταφρασόµεσθα) 3. Pl. Med. (v.a. Perf.) -ᾰται/-ᾰτο neben -νται/-ντο (1.239: εἰρύαται) 3. Pl. -ν (mit vorangehendem Kurzvokal) neben -σαν (mit entsprechendem Langvokal), v.a. Aor. Pass. -θεν neben -θησαν (1.57: ἤγερθεν) Oft liegt der Unterschied zu att. Formen lediglich in der nicht vollzogenen Kontraktion (vgl. R 6) zwischen Verbalstamm und Endung. 16.3 Konjunktiv: bei athemat. Stämmen oft kurzvokalisch (ἴοµεν zu εἶµι, εἴδοµεν zu οἶδα); bei σ-Aoristen dann gleichlautend mit dem Ind. Fut. (1.80: χώσεται). – Ausgang der 3. Sg. Konj. neben -ῃ auch -ησι(ν) (1.408: ἐθέλησιν).

89

16.4 Infinitiv: äol. -µεν(αι) (v.a. athemat. Verben) neben ion. -ναι (z.B. ἔµ(µ)εν und ἔµ(µ)εναι neben εἶναι); äol. -ῆναι neben ion. -εῖν (2.107: φορῆναι); them. -έµεν(αι) (1.547: ἀκουέµεν; Od. 11.380: ἀκουέµεναι); them. Aor. -έειν (2.393: φυγέειν; 15.289: θανέειν).

87

16.5 Formen mit -σκ- stehen für wiederholte Handlungen in der Vergangenheit (1.490: πωλέσκετο).

60

16.6 Als abweichende Formen von εἰµί sind v.a. zu merken: Ind. Präs.: 2. Sg. ἐσσι, 1. Pl. εἰµεν, 3. Pl. ἔασι(ν); Impf.: 1. Sg. ἦα, 3. Sg. ἦεν u. ἔην, 3. Pl. ἔσαν (vgl. 16.1); Fut.: 3. Sg. ἔσ(σ)εται; Ptz. ἐών, -όντος; zum Inf. 16.4.

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Syntax R 17 ὅ, ἥ, τό (zur Flexion R 14.3) ist selten ‘reiner Artikel’, sondern hat überwiegend die ältere, demonstrativ-anaphorische Funktion. R 18 Numerus: 18.1 Der Dual ist relativ häufig; Dual- und Pluralformen können frei kombiniert werden. 18.2 Der Plural dient gelegentlich nur der Anpassung ans Metrum (1.45: τόξα).

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Ilias 14

R 19 Kasusgebrauch: 19.1 Akkusativ der Beziehung ist besonders häufig (u.a. im sog. σχῆµα καθ’ ὅλον καὶ κατὰ µέρος: zwei Akkusative bezeichnen je das Ganze und einen Teil davon, 1.362: τί δέ σε φρένας ἵκετο πένθος;). 19.2 Gelegentlich erfolgen lokale Herkunfts-, Orts- und Richtungsangaben ohne Präposition (1.359: ἀνέδυ … ἁλός; 1.45: τόξ᾿ ὤµοισιν ἔχων; 1.322: ἔρχεσθον κλισίην). R 20 Präpositionen: 20.1 Weisen eine größere Formenvielfalt auf: ἄν (= ἀνά; apokopiert, oft mit Assimilation: ἂµ πεδίον, 5.87; vgl. R 16.1); ἐς (= εἰς); εἰν, ἐνί, εἰνί (= ἐν); κάτ (= κατά; s. zu ἀνά); πάρ, παραί (= παρά); προτί, ποτί (= πρός); ξύν (= σύν); ὑπαί (= ὑπό); 20.2 sind in Verwendung und Stellung unabhängiger (1) in bezug auf das Nomen (d.h. eher adverbiell gebraucht), oft auch nachgestellt als Postposition, sog. Anastrophe (und dann häufig mit Akut auf der Anfangssilbe: z.B. ᾧ ἔπι, 1.162); (2) in bezug auf das Verb (d.h. nicht zwingend als Präverb mit dem zugehörigen Verb verbunden, sog. Tmesis: ἐπὶ µῦθον ἔτελλε, 1.25); dies liefert metrisch willkommene Varianten.

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R 21 Modusgebrauch: 100 21.1 Der Modusgebrauch und die Verwendung der Modalpartikel (κε/κεν = ἄν) sind weniger streng geregelt, als in der att. Schulgrammatik beschrieben. 21.2 Die Funktionen von Konjunktiv und Futur lassen sich nicht immer scharf trennen. R 22 Charakteristisch homerische Konjunktionen sind: 101 22.1 kondizional: αἰ (= εἰ); 22.2 temporal: εἷος/εἵως (= ἕως, ebenfalls belegt) ‘während’, ἦµος ‘als’, εὖτε ‘als’, ὄφρα ‘während, bis’; 22.3 kausal: ὅ τι, ὅ; 22.4 komparativ: ἠΰτε ‘wie’; 22.5 final: ὄφρα. R 23 Diathesenwechsel: Bei manchen Verben werden Akt.- und Med.-For- 100 men als metrisch willkommene Varianten ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied verwendet, z.B. φάτο/ἔφη, ὀΐω/ὀΐοµαι. R 24 Partikeln mit teilweise vom späteren Gebrauch abweichenden Verwen- 101 dungsweisen: 24.1 ἄρα, ἄρ, ῥα, ῥ’: signalisiert oder suggeriert Evidenz, etwa ‘ja, (denn) also, natürlich’; oft wohl v.a. aus metrischen Gründen gesetzt (bes. ῥ’ zur Hiatvermeidung, vgl. R 5).

24 Regeln zur homerischen Sprache (R) 24.2 ἀτάρ, αὐτάρ (etymolog. zu trennen, aber bei Homer nach metrischen Gesichtspunkten ohne Bedeutungsunterschied verwendet): ‘aber, doch’; teils adversativ (1.127: σὺ µὲν … αὐτὰρ Ἀχαιοί), teils progressiv (1.51: αὐτὰρ ἔπειτα), seltener apodotisch (wie δέ, s.d.). 24.3 Apodotisches δέ: δέ kann nach vorausgehendem Nebensatz (Protasis) den Hauptsatz (Apodosis) einleiten (z.B. 1.58). Gelegentlich werden auch ἀλλά (z.B. 1.82), αὐτάρ (z.B. 3.290, vgl. 1.133) und καί (z.B. 1.494) apodotisch verwendet. 24.4 ἦ: ‘wirklich, in der Tat’; fast ausschließlich in direkten Reden. – Abgeschwächt in den Verbindungen ἤτοι (z.B. 1.68), ἠµὲν … ἠδέ ‘einerseits … andererseits’ und ἠδέ ‘und’. 24.5 κε(ν): = ἄν (vgl. R 21.1). 24.6 µέν: Nicht nur als Vorbereitung einer Antithese (mit nachfolgendem δέ), sondern häufig noch in seiner urspr. rein emphatischen Bedeutung (≈ µήν, µάν; z.B. 1.216). 24.7 µήν, µάν: hervorhebend; wenn alleinstehend, bei Homer fast nur in neg. Aussagen (z.B. 4.512) und bei Imperativen (z.B. 1.302); sonst verstärkend bei anderen Partikeln, bes. ἦ und καί (z.B. 2.370, 19.45). 24.8 οὐδέ/µηδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen. 24.9 οὖν: fast nur in Verbindung mit temporalem ἐπεί und ὡς, ‘(als) nun also’ (z.B. 1.57). 24.10 περ: betont das vorangehende Wort; spez. konzessiv, bes. bei Partizipien (1.586: κηδοµένη περ ‘wenn auch betrübt’); steigernd (1.260: ἀρείοσι ἠέ περ ὑµῖν ‘mit noch Besseren als euch’); limitativ-kontrastierend (1.353: τιµήν περ ‘wenigstens Ehre’). 24.11 ‘Episches τε’: Steht in generalisierenden Aussagen (z.B. 1.86, 1.218), bes. häufig auch im ‘Wie-Teil’ von Gleichnissen (z.B. 2.90). 24.12 τοι: zur Partikel erstarrter dat. ethicus des Personalpron. der 2. Person (und oft nicht klar von diesem zu unterscheiden); appelliert an die besondere Aufmerksamkeit des Adressaten, etwa ‘⟨denk⟩ dir, ⟨sag’ ich⟩ dir’. 24.13 τοιγάρ: ‘daher’ (von τοι ≈ σοι zu trennen; das Vorderglied gehört zum Demonstrativstamm το-, vgl. τώ ‘darum’); leitet bei Homer stets die Antwort auf eine Bitte ein (z.B. 1.76).

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TABELLARISCHER ÜBERBLICK

ÜBER DIE HANDLUNG DES 14. GESANGES

1–152

Beratung der Achaier und Stärkung durch Poseidon Nestor realisiert die Gefahr für die Griechen und informiert die verwundeten Anführer Agamemnon, Odysseus und Diomedes, die – vom Schlachtenlärm aufgeschreckt – von ihren an der Küste aufgebockten Schiffen heraufkommen, über die aktuelle Kampfsituation. Sie beraten sich und kehren wieder zur weiter landeinwärts tobenden Schlacht zurück, um Abseitsstehende anzufeuern. Poseidon ermutigt sie und leitet die Zurückdrängung der Troer ein. 1–26

Aufgeschreckt vom Anschwellen des Schlachtenlärms tritt Nestor aus seiner Hütte, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Sie scheint ihm für die Griechen äußerst bedrohlich, und er überlegt, ob er in den Kampf zurückkehren oder zu Agamemnon gehen solle. Schließlich macht er sich zu Agamemnon auf.

27–40

Nestor trifft mit den verwundeten Anführern Agamemnon, Odysseus und Diomedes zusammen. Ihre örtliche Distanz vom Kampfgeschehen wird durch die Lage der einzelnen Schiffe und der ganzen Flotte erklärt.

41–134

Die Anführer beraten sich über einen Weg aus der Krise; sie folgen schließlich Diomedes’ Rat, aufs Schlachtfeld zurückzukehren und die anderen anzuspornen.

135–152

Poseidon stärkt Agamemnon mit einer Rede, die Achaier mit einem gewaltigen Kampfschrei.

153–353

Täuschung des Zeus durch Hera (Diós apátē) Als Hera Poseidons Bemühungen wahrnimmt, entschließt sie sich, Zeus von der Kontrolle des Schlachtgeschehens abzulenken und so den Achaiern zu helfen. Sie macht sich schön, und es gelingt ihr, mit Hilfe der Liebesgöttin Aphrodite und des Schlafgottes Hypnos

Tabellarischer Überblick über die Handlung

9

(die sie überlistet bzw. für sich gewinnt) ihren Gatten zu verführen und in einen tiefen Schlaf zu versetzen. 153–186

Heras Motivation und ihr Entschluß, Poseidon zu helfen; Hera macht sich schön.

187–224

Hera bittet Aphrodite um ihr Liebesband und erhält es.

225–291

Hera besticht Hypnos, Zeus in tiefen Schlaf zu versetzen.

292–353

Hera verführt ihren Gatten, sich mit ihr zu vereinigen. Zeus schläft.

354–522

Zurückdrängung der Troer (Palíōxis) Poseidon erfährt, daß Zeus schläft, und hilft den Achaiern nun vermehrt und (im Gegensatz zu V. 136) offen. Er ordnet einen Waffentausch zwischen schwächeren und besseren Kämpfern an und führt das so verstärkte achaiische Heer in die Schlacht. Die beiden Heere stoßen aufeinander. Hektor wird von Aias schwer verwundet und muß vom Schlachtfeld gebracht werden. Im Massennahkampf setzen sich allmählich die Achaier durch, und die Troer flüchten in Panik unter großen Verlusten.

354–401

Poseidons Unterstützung; Zusammenstoß der Heere.

402–439

Zweikampf Aias-Hektor: Hektor greift Aias an, verfehlt ihn aber und wird von ihm mit einem Stein so schwer verwundet, daß er in Ohnmacht fällt und hinter die Schlachtlinie in Sicherheit gebracht werden muß.

440–505

In fünf Einzelkämpfen zeigt sich, wie die Achaier die Oberhand gewinnen.

506–522

Die besonders grauenvolle Tötung eines Landsmannes führt zur panischen Flucht der Troer. Die Achaier verfolgen sie und töten viele.

KOMMENTAR 14 Im 14. Gesang wird das Geschehen des 26. Handlungstages des Epos, des dritten Kampftages, weiter geschildert (STR Abb. 1). Nach einem Streit mit Agamemnon hatte sich Achilleus vom Kampf zurückgezogen, und seine Mutter Thetis hatte Zeus das Versprechen abgerungen, die Achaier durch die Troer bis zu den Hinterdecks zurückdrängen zu lassen (1.12b–2.47). Den Troern war es schließlich gelungen, den Graben und die Mauer vor dem Schiffslager zu übersteigen (8.–12. Gesang). In dieser Situation setzt in der Erzählung eine RetardationP ein, die sich über den 13. und 14. Gesang erstreckt: Poseidon von der achaierfreundlichen Götterpartei nützt eine Unaufmerksamkeit des Zeus aus, um die Achaier heimlich zu unterstützen. Die Achaier leisten Widerstand, werden aber zunehmend stärker bedrängt (13. Gesang). Im 14. Gesang wird nun die Reaktion darauf gezeigt: Die kampfunfähigen Anführer beraten sorgenvoll über die weitere Taktik und werden schließlich von Poseidon gestärkt (1–152). Darauf beschließt Hera, die schon immer die Achaier unterstützt hat, Zeus zu hintergehen und ganz vom Schlachtgeschehen abzulenken, und führt ihren Plan erfolgreich durch (153–353). Während Zeus schläft, kann Poseidon den Achaiern offen und so verstärkt helfen, daß Hektor kampfunfähig gemacht wird und die Troer endlich über Mauern und Graben zurückfliehen (354–522; im 15. Gesang werden diese achaiischen Erfolge wieder zunichte gemacht; zum ganzen Ablauf der Schlacht LATACZ 1977, 103f.). Im Zentrum der Erzählung steht somit Heras ‘Täuschung des Zeus’ (deshalb wurde der Gesang schon in der Antike Diós apátē genannt), um die herum die Rahmenhandlung – die unter den Menschen spielt – angelegt ist (RingkompositionP). Einen Überblick über die Handlung des 14. Gesangs (s. auch die tabellarische Übersicht oben S. 8f.) ermöglichen folgende Kommentar-Einträge: 1–152n., 153–353n., 354–522n., 354– 401n.; speziell zur Chronologie: 1–152n., 147–152n., 354–401n., 402–439n. Einzelheiten: ¥ zu einzelnen Figuren: Göttern: Aphrodite 170–186n., 187–223n., 198b–199n., 214n.; Athene 178–179n.; Hephaistos 167n., 168n., 231–291n., 231n., 238n., 239–240n., 257n., 327n., 338n.; Hera 153–353n., 153n., 155–156n., 157–158n., 170–186n., 187–223n., 202– 203n., 222–223n., 225–230n., 231–291n., 249–261n., 267–268n., 292–353n., 295–296n., 301–311n., 304–306n., 313–328n., 327n., 330–340n., 347–351n.; Hypnos 231–291n., 231n., 259–261n., 264–266n., 353n., 354–356n.; Okeanos 200n., 201n., 203b–204n., 205n.,

12

¥ ¥

¥

¥

¥

Ilias 14

246n., 271n.; Poseidon 135–152n., 135n., 136n., 139–146n., 155–156n., 354–401n., 363– 377n., 385–387n., 386n., 390–391n., 510n.; Zeus 53b–54n., 65–81n., 85b–87n., 153–353n., 203b–204n., 249–261n., 256–261n., 257n., 292–353n., 293n., 313–328n., 347–351n., 352– 15.4n., 353n., 386n., 390–391n., 414n., 522n.; zu Herakles: 249–261n., 255n., 323n.; zu den Menschen: Achilleus 42–51n., 139–146n., 440–505n., 141n., 363–377n.; Agamemnon 42–51n., 65–81n., 103–108n., 105n., 113–125n., 134n., 139–146n., 153–353n., Achilleus 42–51n., 139–146n., 440–505n., 141n., 363–377n.; Aias 402–439n., 404–406n., 440– 505n., 509n.; Diomedes 29n., 108n., 110–132n., 113–125n., 120n., 133n.; Hektor 42–51n., 363–377n., 390–391n., 402–439n., 402n., 406n., 408n., 413n.; Nestor 1n., 9–12n., 13–15n., 20–24a n., 52–63n., 110–132n.; Odysseus 29n., 65–81n., 83–102n., 85b–87n., 103–108n. zum Verhältnis der Götter untereinander (Konflikte etc.) 135–152n., 153–353n., 256– 261n., 257n., 274n., 386n. zu Parallelen zum Orient (Auswahl) 135n., 153–353n., 169n., 170–186n., 181n., 201n., 203b–204n., 214n., 216–217n., 256–261n., 259–261n., 279n., 321n., 322n., 347–351n., 384n. zum Motiv der Rache 440–505n., 470–475n., 479–485n., 484b–485n., 493–500n.; zu den Schiffen und dem Schiffslager 4n., 30–36n., Appendix, 42–51n., 51n., 53a n.; zur Mauer 13–15n., 15n., 31–32n., 52–63n.; zur Genealogie 113–125n., 470–475n.; zur Komik 153– 353n., 187–223n., 231–291n., 274n., 292–353n., 313–328n., 330–340n., 347–351n., 353n.; zum Waffentausch 9–12n., 370–377n. zu Typischen SzenenP und Typischen EreignissequenzenP (alphabetisch): ‘A wirft ein Geschoß gegen B, ohne zu treffen; B verwundet A’ 402–420n., Ankleiden 170–186n., Ankunfts- und Besuchsszenen 188–210n., Botengang 354–356n., Eid 271–280n., Erwägen der besten Vorgehensweise 159–166n., Erwägen zweier Möglichkeiten 20–24a n., Gebet 188–210n., 233–241n., Ortsveränderung einer Gottheit 225–230n., 281–285n., Verführung 153–353n. zu den Katalogen 313–328n., 511–522n., zu den GleichnissenP und VergleichenP: 16–22n., 20–24a n., 147–152n., 185n., 290n., 386n., 394–401n., 394–395n., 396–397n., 398–399n., 413n., 414–417n., 415–417n., 499n.

1–152 Nestor realisiert die Gefahr für die Griechen und informiert die verwundeten Anführer Agamemnon, Odysseus und Diomedes, die – vom Schlachtenlärm aufgeschreckt – von ihren an der Küste aufgebockten Schiffen heraufkommen, über die aktuelle Kampfsituation. Sie beraten sich und kehren wieder zur weiter landeinwärts tobenden Schlacht zurück, um Abseitsstehende anzufeuern. Poseidon ermutigt sie und leitet die Zurückdrängung der Troer ein. 1–152 Im 12. und 13. Gesang ist geschildert worden, wie die Troer die Mauer um das Schiffslager überwunden haben und vorgerückt sind, während die Achaier (15n.) in einem intensiven Kampf ihre Schiffe verteidigt haben. Am Ende des 13. Gesangs (13.833f.) setzen die Troer zu einer neuen Offensive an, die Achaier halten aber stand (13.835f.). In diesem Augenblick großer Spannung unterbricht der Erzähler die Kampfschilderung (eine ähnliche Unterbrechung in einem kritischen Moment 15.746/16.1 und 18.1ff.; SCHADEWALDT [1938] 1966, 91). – Der

Kommentar

13

Beginn des 14. Gesangs knüpft zugleich an den 11. und den 13. Gesang an: Im 11. Gesang hatte der Erzähler dargestellt, wie Machaon verwundet und anschließend von Nestor in seine Hütte in Sicherheit gebracht und dort bewirtet worden war (11.504–520, 11.597f., 11.618–643; ebenso wird die in 11.806–848 dargestellte Versorgung des verwundeten Eurypylos später, in 15.390–404, wieder aufgenommen: REICHEL 1994, 207). Ferner waren im 11. Gesang die Anführer Agamemnon, Diomedes und Odysseus verletzt worden und hatten sich in ihre Hütten im Schiffslager zurückgezogen (11.251–253, 11.267–283, 11.369–400, 11.434– 438, 11.487f.). Nun kommen diese vier Führungsleute wieder in den Blick, wobei die beiden Erzählstränge – das Geschehen im Griechenlager und das auf dem Schlachtfeld – allmählich zusammengeführt werden. Der Auslöser von Nestors Zusammentreffen mit den anderen Anführern, das verstärkte Kampfgeschrei, nimmt Bezug auf die Drohrufe am Ende des vorherigen Gesanges (13.834–837). Nestors Information über das Geschehen auf dem Schlachtfeld (8–15) dient den Anführern als Grundlage für ihre Beratungen (WILAMOWITZ 1916, 231). Die Situation bei den Schiffen – dargestellt aus Nestors Sicht (4n., 13–15n., 52–63n.) bzw. aus der Sicht des Erzählers (24b–26n.) – scheint ihnen nun so bedrohlich, daß eine Entscheidung erforderlich ist. Das Erzählte setzt also die im 13. Gesang geschilderten Geschehnisse voraus; anders die Chronologie von WHITMAN/SCODEL 1981 (gefolgt von JANKO, S. 149 und zu 1–152; STANLEY 1993, 153f.): Diese vertreten die konventionelle Auffassung, nach dem Prinzip der kontinuerlichen ZeitP würden bei Homer gleichzeitige Geschehnisse als aufeinanderfolgende Ereignisse erzählt. Da die Kampfposition der Achaier zu Beginn des 14. Gesangs viel dramatischer als am Ende des 13. Gesangs sei, müsse man das auch hier annehmen: Das Schreien, das Nestor hört und das ihn alarmiert, müsse zeitlich dem in 12.471 erwähnten Lärm nach der Überwindung der Mauer durch die Troer entsprechen. Die Beratung der Anführer und Poseidons Hilfe (1–152) wie auch Heras Täuschung des Zeus und Poseidons verstärkte Unterstützung der Achaier (153–522, nn.) seien gleichzeitig mit den zwischen 12.470 und 13.837 geschilderten Kämpfen zu denken. Die chronologischen Einschnitte würden immer wieder durch Kampfgeschrei markiert. Es fehlt aber jeder Hinweis des Dichters auf eine solche Gleichzeitigkeit (LEAF, Introd. zu 14, RENGAKOS 1995, 26f. Anm. 78), während wiederholt sprachlich und inhaltlich an den 13. Gesang angeknüpft wird (1n.: das verstärkte Kampfgeschrei, 42–51n.: Agamemnons Sorge wegen der defätistischen Haltung der Achaier, vgl. Poseidons Äußerungen in 13.108ff., 60n: Hinweis auf das gewaltige Kampfgeschrei in 13.837; 135–152n.: Poseidons Intervention als Fortsetzung früherer Unterstützung; später 153–156n.: Heras Reaktion darauf; 425–426n.: die Nennung der Troer, die Hektor schützen): RENGAKOS 1995, 26–28; DANEK 1999, 76–80. Zum Einwand, die Situation am Ende des 13. Gesangs sei nicht dramatisch genug, um

14

Ilias 14

Nestors Beunruhigung zu Beginn des 14. Gesangs zu rechtfertigen, s. 13–15n.; zum Kampfgeschrei als Zeitsignal s. 147–152n., 354–401n., 393n. – Den Ernst der Lage für die Achaier unterstreichen auch die immer eindringlicheren Erinnerungen an Achills Kampfenthaltung nach der gescheiterten Gesandtschaft (9. Gesang), je näher die Troer den Schiffen kommen (MICHEL 1971, 45 Anm. 123; SCHWINGE 1991, 503 mit Anm. 50; vgl. STR 22[1] mit Abb. 2): nach 13.108ff. und den allgemeineren Hinweisen in 12.10, 13.324, 13.347–350, 13.746f. zeigen Agamemnons Ängste (42–51n.) und Poseidons heftige Kritik an Achills Verhalten (135–152n.), daß die Achaier göttliche Hilfe benötigen; damit wird ihre Stärkung durch Poseidon (135–152) und Heras indirektes Eingreifen vorbereitet (153–353; 135–152n.; 147–152n.; JANKO). 1–26 Aufgeschreckt vom Anschwellen des Schlachtenlärms tritt Nestor aus seiner Hütte, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen. Sie scheint ihm für die Griechen äußerst bedrohlich, und er überlegt, ob er in den Kampf zurückkehren oder zu Agamemnon gehen solle. Schließlich macht er sich zu Agamemnon auf. 1 Nestor: der älteste Kämpfer vor Troia (FM 3). — blieb … nicht verborgen: der Zustand des Trinkens (pínonta Präs.: die Dauer wird offengelassen) wird abgelöst von der Wahrnehmung (élathen ingressiver Aor.). Diese leitet die zeitliche Angleichung und damit die Zusammenführung der beiden Handlungsstränge ‘Ereignisse im Achaierlager’ und ‘Schlachtfeld’ ein (1–152n.): DANEK 1999, 78– 80. — ob … auch: obwohl Nestor dem Schlachtfeld fern war, achtete er fortwährend auf den Lärm (der sich verstärkt hatte: 4; schol. T). — Kampflärm: Die Griechen und Troer waren heftig aufeinandergestoßen, was sich in beiderseitigen Abschreckungsschreien äußerte (13.834–837), deren extreme Lautstärke auch Nestor erreichte. Der Lärm dient hier nicht nur der Überleitung zu einer neuen Szene an einem anderen Ort, Nestors Hütte (nach der Beschreibung des Kampfs um die Schiffe am Ende des 13. Gesanges), sondern auch dazu, Nestors Gang zur Überprüfung des Gehörten und damit auch das Treffen der Anführer (27ff.) zu motivieren (ähnlich leiten in 22.405ff. die ersten Klagen um den toten Hektor zur Szene in Andromaches Haus über): KRAPP 1964, 341f. Νέστορα: zur Bildung des Namens Νέστωρ, einer Kurzform wie Μέντωρ, und seiner Bed., ‘der das Kriegsvolk glücklich nach Hause bringt’, 1.247b n.; MYK s.v. νέοµαι; FRAME 2009, 36–38. — ἰαχή: bed. allg. ‘Geschrei, Lärm’, in der Ilias meist wie hier ‘Kampfgeschrei’, z.B. beim Angriff 15.384, 17.266, auf der Flucht 12.144, 16.366; nimmt hier Bezug auf ἠχή 13.834, 837, ἰαχεῖν 13.834, 835, vgl. βοή 14.4 (LfgrE). — περ ἔµπης: 5× Il., 3× Od. am VE verbunden; ἔµπης, ‘allerdings, dennoch, wenn auch’, verstärkt περ und hebt so πίνοντα noch stärker hervor (BÄUMLEIN 1861, 117f.; LfgrE s.v. 567.10ff.).

1 ἔλαθεν (ϝ)ιαχή: zur Prosodie R 4.5. — περ: konzessiv (R 24.10).

Kommentar

15

2–3 Asklepios-Sohn … | … Machaon: führt ein Kontingent aus Thessalien (2.729–733) und ist als Arzt tätig (2.732, 4.193–219, 11.512–515, 11.833): 2.732n.; FM 5; LfgrE.

2 ἔπεα πτερόεντα προσηύδα: formelhafte Rede-EinleitungP: 55× Il., 52× Od., 3× Hes., 7× hom.h.; zur Bed. von πτερόεντα (‘gefiedert’, d.h. treffsicher wie ein Pfeil) und zu προσηύδα (ohne ‘positionsbildendes’ πρ-) s. 1.201n.; LfgrE s.v. πτερόεις. 3 ≈ 4.14, 14.61, Od. 17.274; 2. VH = 2.252, Od. 17.78; vgl. Il. 20.115f. (φράζεσθον … | …, ὅπως ἔσται τάδε ἔργα). — δῖε: ornamentales generisches EpithetonP (1.7n.). — ὅπως ἔσται: zugleich final und indirekt fragend; der Ind. Fut. unterstreicht die Realisierung in der Zukunft (CHANTR. 2.284, 297, mit Hinweis auf 1.61 [s.d.], 1.294 u.a.; LfgrE s.v. φράζω 1008.33ff.).

4 ≈ 13.123; 1. VH ≈ 16.127. — Schiffen: Seit dem im 12. Gesang geschilderten Vorrücken der Troer wird nicht mehr in der Ebene vor Troia gekämpft – wo Nestor das Heer verlassen hatte –, sondern im Schiffslager (AH). µέζων: ‘lauter’: Quantität bezeichnet oft Intensität (1.35n., 3.155n.); zur kurzvokalischen Form WEST 1998, XX. — δή: emphatisch, mit Komparativ wie 9.202 (DENNISTON 205). — θαλερῶν αἰζηῶν: αἰζηός ‘(junger) Mann’ (2.660n.) wird mit θαλερός ‘blühend, kraftstrotzend’ formelhaft am VE verbunden (ebenso im Gen. in 10.259; im Nom. mit τ(ε) 3.26, 11.414, im Akk. 17.282): LfgrE s.v. θαλερός.

5 ≈ Od. 20.136. — Wein: Die Tatsache, daß Nestor und Machaon vorher nicht etwa Wein, sondern einen Mischtrank zu sich nahmen (11.641f.), ist unbedeutend; vielleicht ist hier bewußt variiert (REICHEL 1994, 207 mit Anm. 7; vgl. LfgrE s.v. πίνω 1252.28ff.). αἴθοπα: ‘funkelnd, glutfarben’; bildet mit οἶνον eine VE-Formel (24.641n.).

6–7 In der Ilias dienen Bäder der Reinigung der Kämpfer von Schweiß, Staub und Blut (10.572–576, 22.442–444, 23.39–41); in der Odyssee der Reinigung und Erfrischung v.a. ankommender Gäste (in einer Typ. SzeneP geschildert: Od. 3.464ff., 4.47ff., 8.454ff., 10.358ff., 10.449ff., 17.85ff.; andere Stellen: Od. 1.309ff., 5.264, 8.248f.): LASER 1983, 138–148; zu den narrativen Funktionen des Bades GRETHLEIN 2007. Wie hier Hekamede bereiten auch sonst Frauen (Bedienstete, Il. 22.442–444, Od. 4.49 = 17.88, ≈ 8.454; 19.317, 20.297f., 23.154, 24.366, aber auch die Hausfrau, Od. 4.252, 5.264, 10.360–364, 10.449f., oder andere Mitglieder der Familie, Od. 3.464f.) das Bad und gehen beim Waschen zur Hand: WICKERT-MICKNAT 1982, 57; LASER 1983, 142f. θερµὰ λοετρὰ … | θερµήνῃ καὶ λούσῃ: figura etymologica; vgl. 16.670 und ähnlich Od. 24.301 (FEHLING 1969, 166). 2 ἔπεα: zur unkontrahierten Form R 6. 3 φράζεο: zur unkontrahierten Form R 6. — τάδε (ϝ)έργα: zur Prosodie R 4.3; ebenso αἴθοπα (ϝ)οῖνον in V. 5 und τάχα (ϝ)είσοµαι in V. 8. 4 µέζων: = µείζων (↑). — νηυσί: zur Form R 12.1; vgl. R 2.

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6 2. VH = 11.624. — Hekamede: Tochter des Arsinoos; war bei der Eroberung von Tenedos von Achilleus erbeutet und Nestor als Ehrengeschenk zugewiesen worden (11.624–627): LfgrE. Kriegsgefangene Frauen dienten ihren neuen Herren als Arbeitskräfte (1.13n). Hekamede hatte vorher Nestor und Machaon bewirtet (11.624, 11.628–641); das wird hier durch die explizite Erwähnung des Namens wieder aufgegriffen (REICHEL 1994, 207); nun soll sie Machaons Wundenschorf abwaschen (7). θερµά: prädikativ mit resultativ-proleptischer Funktion zu θερµήνῃ (7); ebenso χαρίεντ(α) 1.39 (s.d.): CHANTR. 2.9. — ἐϋπλόκαµος: generisches EpithetonP von Frauen (6.379–380n.). — Ἑκαµήδη: passender Name zu Nestors Magd; nach WILAMOWITZ 1916, 199, und SCHADEWALDT (1938) 1966, 59, ist der Name nach demjenigen der Zauberin Ἀγαµήδη (11.740) vom Iliasdichter geschaffen worden. -µηδ- ist öfters Bestandteil von Namen heil- und zauberkundiger Frauen (z.B. Μήδεια): MÜHLESTEIN 1969, 70f. 7 ≈ 13.640, 18.345, 23.41; 2. VH = 7.425. — βρότον: βρότος, außer in Od. 24.189 in einer VE-Formel mit αἱµατόεις verbunden (s. Iteratverse), muß etwas wie ‘getrocknetes Blut’ oder ‘blutige Kruste, Schorf’ bedeuten (LfgrE). 8 ἐλθὼν τάχα εἴσοµαι ἐς περιωπήν: ἐλθὼν ist mit ἐς περιωπήν zu verbinden (AH); ähnl. Od. 10.146 ἀνήϊον ἐς περιωπήν (FAESI). εἴσοµαι (zu οἶδα) ist formelhaft mit τάχα verbunden wie in Od. 2.40 und 16.246 (mit σάφα an der gleichen Versstelle in Il. 7.226; HOEKSTRA 1965, 56 Anm. 4). περιωπή, zu ὦπα (3.158n.), bed. ‘erhöhter Punkt, von wo man beobachten kann, Aussichtspunkt’ (LfgrE).

9–12 Der Schildtausch, lange als bedeutungslos eingestuft, verweist auf Nestors Rolle und dient der zunächst beiläufigen Einführung des Motivs ‘Rüstungstausch’ (vgl. KeimP). Es wird vorausgesetzt, daß Nestor seinen eigenen, goldbeschlagenen Schild (8.192f.) seinem Sohn Thrasymedes gegeben hat, weil sein Schild besser schützt als der seines Sohnes (die Ausleihe von Thrasymedes’ Schild an Diomedes in 10.255–257 ist vielleicht ein späterer Versuch des Doloniedichters, die vorl. Stelle zu erklären). Im Gegensatz zu anderen Rüstungsszenen leitet nun Nestors Bewaffnung naturgemäß keine Aristie ein, und sie ist auch nicht komplett (Nestor nimmt nur Schild und Lanze; ähnl. 15.478–482 von Teukros: nur Schild, Helm und Lanze; zu den Rüstungsszenen allg. 3.328–338n.). Der Tausch des Schildes verdeutlicht also Nestors defensive Position; der greise Held kann sich nur mit seinem Rat für seine Landsleute einsetzen (2.601n.), so wie er es gegenüber Patroklos getan hat mit der Aufforderung, zu kämpfen und sich Achills Waffen zu leihen (11.798), und wie er es in der folgenden Beratung mit Agamemnon, Odysseus

6 εἰς ὅ: ‘bis’. — κε: = ἄν (R 24.5). — λοετρὰ ἐϋπλόκαµος: zum Hiat R 5.6; zur unkontrahierten Form λοετρά (statt λουτρά, vgl. λούσῃ im folgenden Vers) R 6. — ἐϋπλόκαµος (ϝ)εκαµήδη: zur Prosodie R 4.5. 7 λούσῃ ἄπο: zur sog. Tmesis und zum Akzent von ἄπο R 20.2; zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 8 αὐτάρ: ‘aber’ (adversativ: R 24.2). — ἐγών (vor Vokal): = ἐγώ. — ἐς: = εἰς (R 20.1).

Kommentar

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und Diomedes tut. Das Prinzip, daß der schlechtere Kämpfer mit den minderwertigen Waffen kämpfen soll, wird hier angewendet (vgl. auch den Rüstungstausch im 6. Gesang: Diomedes ist Glaukos überlegen) und später den Griechen von Poseidon explizit empfohlen (370–382). Der Tausch des Schildes bereitet somit auch auf den erfolgbringenden Waffentausch der Griechen untereinander vor sowie auf die Verletzung des Prinzips, Patroklos’ katastrophal endende Entleihung von Achills Rüstung, in der er der Rolle seines Freundes nicht gewachsen ist (16.278– 283n.; zur ganzen Szene SCHADEWALDT [1938] 1966, 120; DANEK 1988, 207; 1999, 80–82; STANLEY 1993, 157; REICHEL 1994, 287f.; zum Verhältnis zu 10.255–257 auch WEST 2011, zu 9–11; zu vorhomerischen und zeitgenössischen Vorbildern für goldbeschlagene Schilde s. z.B. 1. Könige 10.16f. und vgl. BORCHHARDT 1977, 49f.). 9–11 σάκος … | … | … ἀσπίδα: zu den zwei Schildtypen und den weitgehend synonym verwendeten Bezeichnungen σάκος und ἀσπίς 2.388–389n., 3.335n. — ἑοῖο | … ἱπποδάµοιο | … ἑοῖο: formelhaft bedingte Homoioteleuta (AH; JANKO; vgl. 9n., 10n., 11n.). 9 τετυγµένον: nur hier im fgrE bezieht sich das Partizip von τεύχω auf Waffen; aber ähnl. in bezug auf Schilde 12.105 τυκτῇσι βόεσσι (LfgrE s.v. τεύχω 434.47f. u. s.v. τυκτός). Wie das myk. Ptz. neutr. te-tu-ko-wo-a bei Rädern oder Kleidern kann es entweder ‘hergestellt’ i.S.v. einer vollendeten Arbeit oder ‘gut verarbeitet’ bedeuten (neutraler Sinn: VIVANTE 1982, 119f.; JANKO zu 9–12; LfgrE s.v. τεύχω 433.61ff.; 434.47f.; ‘gut verarbeitet’: schol. T; WILLCOCK; zum Myk.: DMic. s.v. te-tu-ko-wo-a). — υἷος ἑοῖο: VE-Formel (noch 18.138, als vvll. in 15.138, 24.422, 24.550), vgl. 18.71n. zur prosod. Variante παιδὸς ἑοῖο.

10 1. VH ≈ 24.554. — Thrasymedes: Nestors Sohn ist einer der sieben Anführer der Wachmannschaft (9.80ff., 10.57f.), kämpft zusammen mit seinem Bruder Antilochos (16.317–325, 17.377–383) und führt bei dessen Weggang die Pylier an (17.705); er bringt mit Odysseus, seinem Bruder und anderen Agamemnons Geschenke zu Achill (19.238ff.); in der Odyssee trifft ihn Telemachos bei Nestor (Od. 3.39, 3.414, 3.442, 3.448): LfgrE.

ἱπποδάµοιο: generisches EpithetonP von Helden sowie von den Troern insgesamt (2.23n.; 2.230n. mit Lit.; zum archäologischen Befund bezüglich Pferdehaltung in Troia s. auch UERPMANN 2006, 284). Von Thrasymedes nur hier, wohl analog zu häufigem Δ∆ιοµήδεος ἱπποδάµοιο am VE (7× Il., 1× Od.): PARRY (1928) 1971, 186. Thrasymedes wird auch das metrisch äquivalent verwendbare Epitheton ἀντίθεος beigegeben (16.321, Od. 3.414); zum Nebeneinander der beiden Epitheta 16.321n. mit Lit.

9 υἷος: zur Flexion R 12.3. — ἑοῖο: Poss.-Pron. der 3. Pers. (R 14.4); zur Flexion R 11.2 (ebenso ἱπποδάµοιο im folgenden Vers). 10 κλισίῃ: zum -ῃ nach -ι- R 2.

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11 Erz: d.h. von dem Metallbeschlag des Fell- oder Lederschildes (BORCHHARDT 1977, 2; SNODGRASS [1967] 1984, 47. 63f.). παµφαῖνον: redupliziertes φαίνω, die durch Reduplikation entstandene Vorsilbe παµaber möglicherweise sekundär als Neutr. von πᾶς verstanden (2.458n.). — πατρὸς ἑοῖο: VE-Formel (4× Il., 1× Od., 1× Hes., 1× h.Ap.). 12 = 10.135, 15.482, Od. 1.99, 15.551, 20.127, ‘Hes.’ Sc. 135; 1. VH = Il. 3.338, Od. 17.4; ≈ Il. 11.43, 16.139 (s.d.), Od. 22.125. — ἀκαχµένον: formelhaft gebrauchtes Epitheton unklarer Herkunft (FRISK); bed. eigtl. ‘mit einer Spitze versehen’ und wird fast immer Lanzen in der Wendung ἀκαχµένον ὀξέϊ χαλκῷ ‘bespitzt mit scharfem Erz’ beigefügt (s. Iterata; vgl. κεκορυθµένα χαλκῷ 3.18n.). In 12.444, 17.412, 21.72 wird es ohne Dat. (instr.) gebraucht und bed. wohl einfach ‘scharf’, wie als Epitheton von Beil und Schwert in Od. 5.235, 22.80 (LfgrE). Eine Verbindung von χαλκός, ἔγχος und einem Begriff, der auf die Lanzenspitze hinweist, findet sich auch auf dem myk. Täfelchen Jn 829 (ka-ko, eke-si und a3-ka-sa-ma /aiksma/ [αἰχµή]), was eine frühe Prägung der Formel vermuten läßt (HILLER 1999, 290). — ὀξέϊ χαλκῷ: VE-Formel (25× Il., 11× Od., 1× ‘Hes.’); χαλκός bez. hier die bronzene Lanzenspitze, die ursprünglich wohl nicht so verbreitet war und noch in der späten Bronzezeit einen besonderen Wert besaß (HILLER a.O. 291; LfgrE s.v. χαλκός 1125.33ff.).

13–15 Von den drei seltenen Fällen einer komplexiven Massenkampfschilderung (dazu 3.15–37n.), in der ein Ungleichgewicht zwischen den Troern und den Griechen erwähnt wird (hier, 13.701–722 und 17.354–365), ist dies die einzige Passage, in der die Griechen in der Defensive sind: Sie werden bei den Schiffen von den Troern stark bedrängt und müssen sich steigenden Drucks erwehren (14f., 57– 60 retrospektiv). Diese Darstellung des Erzählers für ein griechisches Publikum erklärt sich, weil das Geschehen aus Nestors Sicht erzählt ist (s.u.) und weil es als Auslöser für die Beratung der Anführer dient (STOEVESANDT 2004, 101f.). In 13– 15 handelt es sich also um keine Panorama-Szene von oben (dazu 3.1–14n.), sondern wie in 23.362–381 um die Wiedergabe eines Eindrucks von unten (RICHARDSON 1990, 231 Anm. 27; s. auch 13n. zu Nestors Position). Erst nachdem Nestors Reaktion auf seinen Eindruck geschildert ist (16–24), wird die Darstellung der Lage in neutralerem Erzähler-TextP nochmals aufgenommen (24b–26). Man hat daran Anstoß genommen, daß das hier herrschende Ungleichgewicht der Kämpfenden nicht der Situation entspricht, wie sie Ende des 13. Gesangs wiedergegeben ist (13.835f.: die Griechen sind zwar auch in der Defensive, sie halten aber stand; es herrscht ein gewisses Gleichgewicht); man hat gefolgert, eigentlich schließe die Schilderung im Rahmen der Aufnahme von früher Erzähltem (1– 152n.) an die Kampfhandlungen Ende des 12. Gesangs an (Hektor sprengt das Tor, die Troer überwinden die Mauer und stürmen vorwärts): AH zu 14; WHITMAN/SCODEL 1981, 4. Der Widerspruch ist aber gar nicht so groß (die Troer 11 παµφαῖνον(ν)· ὅ: zur Prosodie M 4.6 (zudem Zäsurstelle). — ὅ: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 17). — ἔχ(ε): zur augmentlosen Form R 16.1. — ἑοῖο: 9n.

Kommentar

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rücken seit 13.795 vor); und hier ist eben im Gegensatz zu 13.835f. die Lage in Nestors Augen wiedergegeben (Sekundäre FokalisationP), eines schockierten Mannes, der in der Hütte gesessen und den ganzen Kampf um die auf seinen Rat hin (7.336 –343) gebaute Mauer nicht gesehen hatte (zur Unübersichtlichkeit der Situation 14n.); ihm scheinen die Achaier in eine erschreckende und schmachvolle (13n.) Defensive geraten (MICHEL 1971, 59 Anm. 217; RENGAKOS 1995, 27; DANEK 1999, 83; JONES; STRAUSS CLAY 2011, 78f.). 13 Nestor hat sich rasch (8 tácha) auf einer Warte mit Blick über die Mauer auf das Schlachtfeld in der Ebene informieren wollen (8); da die Mauer aber von den Troern überwunden worden ist, wird er unmittelbar (13 tácha) mit den Kämpfen im Schiffslager konfrontiert (LEAF; JANKO zu 8) und ist sogleich imstande, seine Eindrücke zu vermitteln (55–60; 1–152n.). στῆ … εἴσιδεν: Die gleiche Abfolge Hintreten–Sehen, mit den gleichen Worten und an derselben Versstelle, in Od. 13.197; sehr ähnl. Od. 24.493 (BECHERT 1964, 294f.). εἴσιδεν ist “resultativ: ‘bewußt suchend erblicken’, folgt Gemütsbewegung oder Entschlußhandlung”, wie in 153 und 158 (LfgrE s.v. ἰδεῖν 1129.7ff.). — ἔργον ἀεικές: VE-Formel, auch Od. 3.265, 11.429, 15.236, 23.222; am VA 19.133. ἀεικές: ‘schmählich’, wie auch sonst mehrmals in Sekundärer FokalisationP (1.97n.; DE JONG [1987] 2004, 141).

14 = 15.7. — Die Reihenfolge der Angaben folgt wohl Nestors Wahrnehmung: zuerst sieht er Kämpfer in Bedrängnis, dann ihre Verfolger, die sich als Troer herausstellen, und dahinter erscheint die beschädigte Mauer der Achaier (15): STRAUSS CLAY 2011, 77. ὀρινοµένους: von Kämpfenden: ‘sich chaotisch bewegen’, wie 59, 15.7, 11.521, 11.525 u.ö., oft bei einer Massenflucht (KURZ 1966, 143; LfgrE s.v. ὀρίνω 771.65ff.); in dieser Bed. immer im Partizip und abhängig von einem Verbum der Wahrnehmung (wie hier εἴσιδεν [13]) und/oder in direkter Rede; auch in 4.332 Sekundär fokalisiertP (KURZ a.O.). Im Akt. in der Bed. ‘aufwühlen’ mit θυµός als Objekt: 2.142n., 3.395n. — κλονέοντας: κλονέω ist kausatives Aktiv zum Med. κλονέοµαι ‘sich zusammenballen, zusammendrängen’ (z.B. 14.59 in gleicher Situation: Ἀχαιοὶ κλονέονται), bed. also ‘jn. zusammendrängen, durcheinanderwirbeln’, oft wie hier im milit. Sinn ‘aufrollen’, zuweilen mit Bezug auf Massentötungen oder ungeordnete Flucht, vgl. 59f. (ἐπιµίξ) ferner 5.93f., 5.96, 18.7 (s.d.), 21.528, 21.554, 22.188: LfgrE.

15 2. VH ≈ 15.361. — eingestürzt: Sarpedon hatte die Brustwehr eingerissen (12.397–399) und Hektor ein Tor gesprengt (12.445–462, 13.124, 13.679). Zumindest an einer weiteren Stelle konnten die Troer ferner über die Mauer steigen (12.469, 13.50, 13.87, 13.737). Später wird erzählt, daß Apollon die Mauer niederreißt (15.361–366). Die vorl. Stelle hat man deshalb als widersprüchlich zu der späteren Aussage empfunden. Man hat sie damit erklärt, daß die Situation, wie sie 13 στῆ … εἴσιδεν: zu den augmentlosen Aoristen R 16.1. 15 ἐρέριπτο: 3. Sg. Ind. Plpf. Med.-Pass. von ἐρείπω (↑), ‘war zu Fall gebracht’.

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sich Nestor präsentiere, derjenigen am Ende des zwölften Gesangs entspreche (vgl. zu 1–152n., 13-15n.), und weil der Erzähler nun an diese Situation anknüpfe, werde die als Einheit gedachte Aktion des Menschen Hektor und des Gottes Apollon zweimal erzählt (WHITMAN/SCODEL 1981, 9f.; JANKO zu 13–15 und S. 226f.). Schon in der Antike wies man aber auf die näherliegende Erklärung, daß vor unserer Stelle nur gesagt wird, daß die Brustwehr gefallen war (schol. bT), also nur ein Teil der Mauer (AH; FAESI; JANKO a.O.) und eine leichte Übertreibung gut denkbar ist angesichts der Tatsache, daß der Passus Nestors Erschrecken wiedergibt (sekundäre Fokalisation, 13–15n.): FAESI; JANKO a.O. — Achaier: eine der hom. Bezeichnungen für die Griechen (1.2n.; LATACZ [2001] 2010, 374–378; [2011] 2014, 485–492; STEINER 2011, 271f. 277). Τρῶας ὑπερθύµους: flektierbare VA-Formel der Ilias (2× im Vok., 3× im Nom.; außerdem 1× Τρῶας µὲν ὑπ. nach der Zäsur A 4). Zur Bed. von ὑπέρθυµος 2.746n. — ἐρέριπτο: Die Formenbildung ist ebenso wie bei κατερήριπεν (55) umstritten. Beide Formen gehören zu einem Perfekt-Stamm von ἐρείπω ‘niederschlagen, einreißen, abbrechen’ und bezeichnen im Zusammenhang sicher das gleiche (den Bruch der Mauer); vgl. 12.258 ἔρειπον ἐπάλξις, 15.361 ἔρειπε δὲ τεῖχος Ἀχαιῶν: HACKSTEIN 2002, 156f. (s.u.). — τεῖχος Ἀχαιῶν: VE-Formel (noch 12.64, 12.223, 12.261, 12.438, 15.361, 16.558). Der Versuch einer sprachlichen Erklärung der Reduplikationstypen (κατερήριπεν perfektisch, zuständlich, ‘ist eingestürzt’, ἐρέριπτο präterital, mediopass. ‘war zu Fall gebracht’) und der Vokalquantitäten bei HACKSTEIN a.O. 156f., mit Doxographie.

16–22 Die elementare Naturgewalt des Meeres dient sonst in vielen GleichnissenP und VergleichenP der Ilias dazu, die Bewegungen der Heere und ihr Zusammenstoßen im Kampf zu veranschaulichen. Die optischen Momente – die Bewegung der Wellen, die Wucht der Brandung, die stürmische See, die Färbung des Wassers –, die akustischen – das Brausen des Wassers – und die taktilen – Wind, Gischt und Tang – lassen die Motive ‘Wind fährt ins Meer, ein Sturm beginnt (und bedrängt ein Schiff)’, ‘die Wellen brechen sich an der Küste’ anschaulich werden. Meistens wird dabei ein anrückendes Heer (4.422–428; weitere Bsp. s.u.), selten ein einzelner Kämpfer (hier und 15.623–629) mit dem Meer verglichen; der Wind entspricht oft einem einzelnen Anführer (v.a. Hektor), der das Heer antreibt und mitreißt oder in den Kampf eingreift (4.275–282, 7.4–7, 11.297f., 11.305– 309); selten steht ein Schiff (15.381–384, 15.623–629), eine Sturmwolke (4.275– 282) oder ein Fels in der Brandung (15.618–622) für ein Heer. Die in den Gleichnissen geschilderte Atmosphäre läßt auch Seelisches anklingen, hier und 9.4–8 explizit (Stürme spiegeln die Verzweiflung der Achaier), ferner 2.144–149: Enthusiasmus [s.d. u. 2.142–154n.], 15.627–629: Todesangst (vgl. auch 16.33–35: Patroklos setzt Achills Erbarmungslosigkeit mit dem Meer in Beziehung). Daß der vorliegende Vergleich Nestors inneres Erleben, seine Unentschiedenheit, illustrieren soll, wird noch dadurch unterstrichen, daß das Meer personifiziert wird (bes. in 17 ‘ahnend’, wohl auch in 16 ‘aufwallt’ [sonst stets mit Bezug auf Seelisches,

Kommentar

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s.d.]). Wie das Meer in Erwartung kräftiger Windstöße wogt, brodelt es in Nestors Innerem; er braucht den ersehnten Fahrtwind von Zeus (19), d.h. den guten Entschluß (Zeus wird hier vielleicht mit Dramatischer IronieP genannt, weil der Gott, an das Versprechen gebunden, das er Thetis gegeben hat, den Griechen ja nicht helfen kann). Der von Zeus gesandte Wind wird auch an einer Stelle genannt, die Hörern noch in frischer Erinnerung gewesen sein dürfte: In 13.795– 801 rücken Hektor und Paris wie Wirbelwinde des Zeus vor (796) und treiben das Heer an. Die beiden Gleichnisse stehen somit vielleicht in kausaler Verbindung (Nestor sorgt sich wegen der militärischen Überlegenheit der Troer; daß aber das vorl. Gleichnis primär ebenfalls eine Schlachtsituation spiegeln und erst sekundär Nestors Erkenntnis der unentschiedenen Lage nach dem ersten Eindruck einer Katastrophe und seine schwierige Entscheidung veranschaulichen soll [so DANEK 1999, 84–86], läßt sich nicht erweisen; sprachlich deutet nichts darauf hin). Lit.: FRÄNKEL (1921) 1977, 16–20; LESKY 1947, 165–171; SCOTT 1974, 62–66. 100; MOULTON 1977, 23f.; LEINIEKS 1986, 12–15; JANKO zu 16–19. Zu Homers Naturalismus im vorl. Gleichnis BECKER 1937, 171 Anm. 55 (gegen FRÄNKEL a.O. 19: die Dünungswellen haben nicht keine Richtung, sondern nur keine eindeutige). 16 ὡς δ᾿ ὅτε: häufige Gleichnis-Einleitung (2.147–148n.). — πορφύρῃ: Das Wort ist sonst nur mit Bezug auf das menschliche Innere in der VE-Formel πολλὰ δέ οἱ/µοι κραδίη πόρφυρε µένοντι/κιόντι in 21.551/Od. 4.427 = 4.572 = 10.309 im fgrE belegt und muß dort ‘wogen, wallen’ bedeuten. In späterer Zeit (z.B. bei Theokrit 5.125) findet es sich auch in der Bed. ‘sich röten’ (LSJ). Die Wortbildung ist umstritten (Intensivum mit Reduplikation zu φύρω ‘nässen’, später ‘mischen’ [FRISK; GIANNAKIS 1997, 274] oder onomatopoet. Bildung wie µορµύρω ‘sprudeln, murmeln’ [TICHY 1983, 285]?), und die Grundbed. des Verbums und des möglicherweise davon abgeleiteten Adjektivs πορφύρεος (1.482n.) ist nicht völlig klar; vielleicht so etwas wie ‘mit Schillern oder dunkelfarbigem Schimmer wogen(d)’ (TICHY a.O. 282. 285; ähnl. LfgrE s.v. πορφύρεος 1468.58ff.). Wahrscheinlich haben sich die beiden Wörter sowie das erst aus nachhom. Zeit belegte πoρφύρα purpura ‘Purpurschnecke, Purpurfarbstoff’ schon in homerischer Zeit semantisch gegenseitig beeinflußt (ausführlich dazu TICHY 1983, 280–288; LfgrE a.O. 1467.64ff.). Hier dürfte primär das Bewegungsmoment (‘wogte, wallte, schaukelte’) gemeint sein (AH; LfgrE), eine farbliche Konnotation (‘wogte dunkel’: schol. A; VIVANTE 1982, 122), vielleicht auch in metaphor. Sinn (‘düster’: JANKO zu 16–19; ähnl. KELLY 2007, 36), ist möglich. — πέλαγος µέγα: πέλαγος ist nur hier in der Ilias belegt; sonst im fgrE insges. 10×, davon 2× mit µέγα in Od. 3.321, 3.179. Das im Vergleich mit ἅλς, θάλασσα und πόντος relativ seltene Wort bez. die ‘Meeresfläche’ (verwandt mit lat. planus), hier spez. die ‘hin und her wogende Fläche’ (LfgrE). — κύµατι κωφῷ: κύµατι kollektiv: ‘Dünung, Wellengang’ (LfgrE s.v. 1587.32ff.). κωφῷ (Grundbed. ‘stumpf’) dürfte sich wie die weitere Beschreibung αὔτως, οὐδ᾿ ἄρα τε προκυλίνδεται οὐδ᾿ ἑτέρωσε (18) eher auf die Bewegung der Wellen beziehen und ‘matt, schwach’ (AH; AUTENRIETH/KAEGI s.v. κωφός; THOMAS 1891, 48–52), 16 πορφύρῃ: prospektiver Konj. (iterativ), bei Homer auch ohne Modalpartikel (R 21.1).

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vielleicht sogar – als metaphorische Charakterisierung des Meeres – ‘unentschlossen, taub’ bedeuten (LfgrE) als ihr Geräusch wiedergeben (schol. D; FAESI: ‘dumpf’; BECKER 1937, 170 Anm. 52: ‘stumm’). 17 ≈ 15.620. — ὀσσόµενον: Das Verb, sonst nur mit belebten Subjekten verbunden, enthält hier sowohl den rezeptiven Sinn ‘ahnen’ (das Meer wird personifiziert: FAESI; FRÄNKEL [1921] 1977, 19; LfgrE) als auch den produktiven ‘ahnen lassen, ankündigen’ (LEAF; BECKER 1937, 170f. mit Anm. 53) und bezieht sich sonst auf die Erwartung von etwas Negativem (vgl. κάκ᾿ ὀσσόµενος 1.105n.; DI BENEDETTO 1987, 273). — λιγέων ἀνέµων λαιψηρὰ κέλευθα: λιγύς ‘schrill, durchdringend’ (1.248n.) wird auch sonst zur Charakterisierung pfeifender Winde verwendet (19.5n.), außer im Iteratvers noch in 13.334, Od. 3.289 an der gleichen Versstelle. κέλευθα, hier wie κελεύθους 3.406 metaphorisch, bildet mit ἀνέµων eine Junktur an derselben Versstelle noch 15.620, Od. 10.20; ähnl. Od. 5.383 ἀνέµων κελεύθους (AH). λαιψηρός bed. ‘schnell, rapide’; zur charakteristischen Schnelligkeit der Winde s. FG 37 und vgl. 19.415n. sowie Hes. Th. 379 Βορέην τ᾿ αἰψηροκέλευθον (TROXLER 1964, 123f.). λαιψηρά steht wohl in Enallage, wodurch sich ein emphatisch wirkender Parallelismus ergibt (zweimal die Wortfolge Epitheton – Subst.). Zum Parallelismus allg. bei der Schilderung von Naturgewalten 19.267n. 18 αὔτως: verdeutlicht nachträglich πορφύρῃ (16) und wird durch das folgende οὐδ᾿ ἄρα τε προκυλίνδεται οὐδ᾿ ἑτέρωσε erläutert (AH): “‘nur so’ (d.h. ohne eine bestimmte Richtung)”: LfgrE s.v. 1683.69f. — τε: generalisierendes τε nach οὐδέ auch Od. 2.182, 11.123; mit ἄρα auch in einem Gleichnis Il. 15.274 (DENNISTON 529; RUIJGH 710). Die unnötige Lesart τι eines Pap. ist wohl dem Wunsch entsprungen, ein als zwecklos empfundenes τε zu ersetzen; auch die von AH übernommene Lesart τῇ als Ergänzung zu ἑτέρωσε ist nicht erforderlich (RUIJGH a.O.). — προκυλίνδεται: ‘wälzt sich ständig vorwärts’ in eine bestimmte Richtung (LfgrE s.v. κυλίνδω). — ἑτέρωσε: ‘nach der anderen Seite, nach hinten’, hier wohl: ‘rückwärts’, erg. κυλίνδεται, im Gegensatz zu προ-κυλίνδεται (FAESI).

19 Richtungswind: Als Wettergott (FG 24) schickt Zeus den guten Fahrtwind zum Segeln (1.479n.). πρίν: auch nach neg. HS bei Homer noch mit Inf. bzw., bei neuem Subjekt, mit AcI (1.97– 100n., 2.355n.). — κεκριµένον: “ein ‘entschiedener’, mit fester Richtung” (AH), vgl. auch Hes. Op. 670 εὐκρινέες τ᾿ αὖραι (WEST dazu: ‘well-defined’); eher unwahrscheinlich ist eine positive Konnotation (i.S.v. ‘ausgezeichnet’) wie Od. 13.182, 16.248, 24.107 (LfgrE s.v. οὖρος 878.61f.).

20–24a Wie die ‘Wenn nicht’-SituationenP (2.155–156n.) dienen die Typischen SzenenP des Erwägens zweier Möglichkeiten (1.188b–194n.; 16.646b–655n. mit Lit.) dazu, Alternativen zum tatsächlich geschilderten Handlungsverlauf anzudeuten (AREND 1933, 106); hier mit den Elementen (1) Nestor überlegt hin und her (20–21a), ob er (2) zu den kämpfenden Griechen gehen (Handlung A: 21b) oder (3) Agamemnon aufsuchen soll (Handlung B: 22). (4) Er entscheidet sich für

18 οὐδ(έ): steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (att.: καὶ οὐ). — τε: zum ‘epischen τε’ R 24.11. 19 καταβήµεναι: zur Form R 16.4.

Kommentar

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letzteres (Handlung B, der meistens in solchen Szenen der Vorzug gegeben wird, 23–24a). Element (5), die göttliche Beeinflussung, fehlt wie immer bei solchen Entscheidungen, die mit dem Formelvers ‘und so schien es ihm, als er sich bedachte, besser zu sein’ (23) abgeschlossen werden (AREND a.O. 110f.). Denn gr. kérdion ‘vorteilhafter, besser’ deutet auf eine Nützlichkeitsberechnung (zusammen mit phronéonti ‘als er sich überlegte, bedachte’), die weniger göttlicher Unterstützung bedarf als die Entscheidung, die starke Affekte beeinflussen, wie in 1.188ff. (AREND 1933, a.O.). Auch das Gleichnis unterstreicht Nestors vollständige Autonomie bei der Entscheidungsfindung: Er entscheidet und wählt aus, wie Zeus auswählt, wenn er einen bestimmten (kekriménon ‘ent-schiedenen’) Wind schickt (19) (PLAMBÖCK 1959, 109–111, gegen SNELL 1975, 104 [kein “Ringen um den Entschluß (…) sondern vielmehr, daß sich das eine Objekt als zweckmäßiger darbietet”]; vgl. 1.188–222n. zur Selbstbestimmung des Homerischen Menschen; LATACZ [1984] 1994, 88–90). Die Illustrierung der Entscheidung durch ein Gleichnis ist ungewöhnlich, häufiger wird die Tragweite des Entschlusses durch einen Monolog unterstrichen (11.404–410, 17.91–105, 21.553– 570, 22.99–130; FENIK 1968, 67f.; JANKO zu 16–19). Ähnlich verdeutlichen aber kurze Gleichnisse schwere Sorgen (denen allerdings keine Entscheidungen folgen: JANKO a.O.) in Od. 4.791–793, 19.518–529, 20.25–30, und zu Beginn des 9. Gesanges findet sich die vergleichbare Abfolge ‘Darstellung der Stimmung unter den Achaiern (9.1–3, ≈ 14.13–15 u. 20–24), Gleichnis (9.4–8, ≈ 14.16–19; zu weiteren Ähnlichkeiten 16–22n.)’, an die sich ähnlich wie hier eine Beratung der Anführer (9.9–79, ≈ 14.41–133) mit einer Ansprache des mutlosen Agamemnon (9.13–28, ≈ 14.42–51 u. 64–81) und einer Gegenrede des Diomedes (9.31–49, ≈ 14.109–132) anschließen: DI BENEDETTO 1987, 272f. Die vorl. lange Passage markiert die Bedeutung von Nestors Entscheidung. Er, der sonst als der ideale Ratgeber auftritt (1.247b–252n.), realisiert, daß gemeinsam nach einer Rettung in höchster Not gesucht werden muß (61f.). Seine Initiative bringt die Anführer dazu, einen Entschluß zu fassen (128–134), der letzten Endes mit Poseidons Hilfe zu einer Stärkung der Griechen führt (354–522, was eine Wiederaufnahme seines im 13. Gesanges geschilderten Beistandes bedeutet): KELLY 2007, 194 (ähnlich AREND 1933, 109 zu umsichtigen Entscheidungen). 20 Variation des 4× Il., 3× Od. belegten Formelverses ἕως ὃ ταῦθ᾿ ὥρµαινε κατὰ φρένα καὶ κατὰ θυµόν: 1.193n.; JAHN 1987, 284. — ὥρµαινε: wird von φρονέοντι aufgenommen (23); insges. 6× Il., 4× Od. in Verbindung mit κατὰ θυµόν, das mit κατὰ φρένα austauschbar ist (JAHN a.O.; vgl. 1.24n.). — δαϊζόµενος: δαΐζω (zu δαίοµαι) bed. konkret ‘gewaltsam zerteilen’ (z.B. Fleisch: Od. 14.434: ἕπταχα; von einem gewaltsamen Tod: Il. 19.203 [s.d.]), metaphor., medio-pass., von Sorgen und Ängsten ‘zerrissen werden’ Il. 9.8 = 15.629 ἐδαΐζετο θυµός, jeweils nach einem Gleichnis mit dem Motiv ‘Wind auf dem Meer’ wie hier, mit ἦτορ Od. 13.320; hier, in der Entscheidungsszene, bed. das Ptz. also ‘gespalten’ (LfgrE; CLARKE 1999, 102 Anm. 108).

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21 2. VH ≈ 24.295, 24.313. — διχθάδι(α): Adv. zu διχθάδιος ‘zweifach, zweierlei’ (sonst nur 9.411). In anderen Erwägungsszenen wird die Zwiespältigkeit mit διάνδιχα (1.189, 8.167, 13.455), δίχα (Od. 16.73, 19.524, 22.333) oder διχθά (16.435) ausgedrückt: LfgrE s.v. δίχα, διχθά; 1.188b–194n. — ἴοι: Opt.-Form mit Themavokal wie später (G 91; SCHW. 1.674), neben ἰείη in 19.209 (s.d.). — Δ∆αναῶν ταχυπώλων: flektierbare VEFormel (1× Nom., 9× Gen.). Das Epitheton, ein Possessivkompositum, soll wohl eine besonders gute Verwendung des zweispännigen Streitwagens hervorheben (24.295n.). 22 ≈ 2.254, 10.3, Od. 3.156, 14.497; 2. VH = Il. 2.243, 11.187, 11.202, Od. 4.532; ≈ Il. 2.772, 4.413, 7.230, 19.35, 24.654. — Ἀτρεΐδην: zur Verwendung des Patronymikons 1.1n.; zur Bezeichnung Agamemnons als Atreus-Sohn 1.7n.; zum PN Ἀτρεύς 3.37n. — Ἀγαµέµνονα ποιµένα λαῶν: flektierbare VE-Formel (2.243n.); zur Junktur ποιµένι/-α λαῶν als Titel mit oriental. Parallelen s. 1.263n.; HAUBOLD 2000, 17–20; WEST 2007, 421 (idg. Parallelen). 23 = 13.458, 16.652, Od. 15.204, 18.93, 22.338, 24.239; ≈ Od. 5.474, 6.145, 10.153; VE ≈ Od. 2.320, 14.355. Der Formelvers wird mit einer Ausnahme (Od. 15.204) bei einer Alternative gewählt; bei mehr Möglichkeiten wird z.B. ἥδε δέ οἱ κατὰ θυµὸν ἀρίστη φαίνετο βουλή verwendet (2.5, 14.161 u.ö.; PELLICCIA 1995, 130 mit Anm. 40; 2.3–7n.). Die Wahl wird wie üblich nicht begründet (16.652n.). — δοάσσατο: bed. ‘scheinen’; isolierte Aor.Form, nur in der hier vorliegenden Formel und im Konj. δοάσσεται 23.339 belegt; zu δῆλος und viell. auch zum isolierten Impf. δέατο ‘schien’ (Od. 6.242): LfgrE. — κέρδιον: ‘vorteilhafter, besser’ (3.41n.).

24a 1. VH ≈ 2.18, 13.459. 24b–26 Die Schilderung der Kampfsituation (‘komplexiver Massennahkampf’: LAP TACZ 1977, 187–193; JANKO zu 20–6) hat die Funktion einer Deckszene für die Hintergrundhandlung ‘Nestors Gang zu Agamemnon’ (AH, Anh. 54f.); zugleich unterstreicht der Erzähler, insbesondere mit dem akustischen Moment, das die Heftigkeit der Kämpfe in unmittelbarer Nähe des Schiffslagers hervorhebt (WILLE 2001, 43; JANKO a.O.), die für die Griechen bedrohliche Lage und motiviert so die verzweifelte Stimmung und die Notwendigkeit eines Entschlusses in der folgenden Lagebesprechung (kurz NICOLAI 1973, 54; vgl. DANEK 1999, 85, der die Schilderung jedoch in Beziehung zum vorhergehenden Gleichnis setzt [16–22n.]; allg. zu solchen kurzen Darstellungen der Kampfsituation zur Motivierung von Maßnahmen KELLY 2007, 107f.). Zum Unterschied zur Schilderung des Kampfes in 13–15 s.d.

21–22 διχθάδι᾿, ἤ: zum Hiat R 5.1. — ἢ … ἦε: ‘ob … oder’. — µεθ᾿ … µετ᾿: = µετά (+ Akk. der Richtung), ‘mitten hinein in …, zu’. 23 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — δοάσσατο: ‘schien’, augmentlose (R 16.1) 3. Sg. Präteritum eines defektiven Verbums.

Kommentar

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24b 2. VH = 9.530, 11.337, 17.413. — ἐνάριζον: ‘töten’ (die urspr. Bed. ‘die Rüstung abnehmen’ ist verblaßt: 6.20n.); durative Hintergrundhandlung (FAESI: “unterdessen aber dauerte das Blutbad und Kampfgetümmel immer fort”). 25–26 σφι … ⎟ νυσσοµένων: νύσσω bed. im Nahkampf mit der Lanze (ἔγχεσιν) ‘stoßen (> stechen)’; hier wie an den Iteratstellen (s. 26n.) auch mit ξίφεσιν verbunden (LfgrE; LATACZ 1977, 193; vgl. dagegen die Variante Od. 24.527 mit τύπτω). νυσσοµένων wird überwiegend als reziprokes Med. interpretiert (‘stechen aufeinander ein’); der Gen. wäre dann als appositive, nachträgliche Erweiterung des Dativs wie 3.300f. σφ(ι) … | αὐτῶν καὶ τεκέων zu verstehen (s.d.; AH; JANKO zu 20–6). Da aber der Gebrauch des reziproken Med. im Gr. sehr eingeschränkt ist, ist hier eher von einem Passiv auszugehen (ausführlich VAN DER MIJE 2004, 198–200): dargestellt ist der Lärm, der von den Rüstungsteilen ausgeht, wenn Schwerter und Lanzen auf sie prallen (wörtl. ‘wenn sie mit Schwertern … geschlagen, von Schwertern … getroffen werden’; vgl. 16.637n.). 25 λάκε: Im fgrE ist zur Wurzel *leh2k- nur ein altes Formenpaar belegt, der themat. Aor.Stamm λακε/ο- (auch 13.616, 20.277, Hes. Th. 694) und der Perf.-Stamm λέληκ(Il. 22.141, Od. 12.85, Hes. Op. 207, h.Merc. 145): FRISK; LIV s.v. *leh2k- (S. 402); KÖLLIGAN 2007, 487 (das Impf. ἐπελήκεον in Od. 8.379 ist eine Neubildung zum Perf.Stamm: NUSSBAUM 1987). Das Verb charakterisiert fast immer Geräusche negativ (‘Krach machen’), im Perf.-Stamm von belebten Subjekten, von Vögeln 22.141, Hes. Op. 207, von Hunden h.Merc. 145, im Aor.-Stamm von Unbelebtem (viell. aus der Tierwelt übertragen), hier wie 20.277 i.S.v. ‘kreischen, knirschen’, wenn Metall auf Metall trifft (KRAPP 1964, 192; LfgrE s.v. ληκέω, λάκε). — χαλκὸς ἀτειρής: flektierbare Formel (Nom. am VE noch 5.292, 7.247, Akk. im Versinnern 19.233, 20.108); χαλκός steht hier für den ehernen Harnisch (περὶ χροΐ) wie 4.420, 12.151 u.ö. (LfgrE s.v. χαλκός 1125.3ff.); ἀτειρής bed. ‘unverwüstlich’ (3.60n.: wörtl. ‘unaufreibbar’; LfgrE). 26 = 16.637; ≈ 13.147, 15.278, 17.731. — ἀµφιγύοισιν: Epitheton von ἔγχος, fast immer formelhaft am VE (außer in den Iteratversen noch 15.712, Od. 16.474, 24.527). Die Bed. war schon in der Antike nicht klar (schol. bT z.St.); wahrscheinlich ist das Wort ein Poss.Kompositum und bedeutet ‘beidseitig eine Krümmung habend, beidseitig gebogen’ (zu γυῖα, γύαλον); es dürfte dann Lanzen mit geschwungenen, blattförmigen Spitzen charakterisieren, wie man sie in Mykene gefunden hat (LfgrE; TRÜMPY 1950, 59; HÖCKMANN 1980, 296f. mit Abb. 76 e u. f; weitere Abb. bei KARO 1930–1933, Tafel XCVIf.).

24 οἵ: demonstrativ-anaphor. Pron. (R 17), bezogen auf die Griechen und Troianer auf dem Schlachtfeld. 25 σφι: = αὐτοῖς (R 14.1). 26 ἀµφιγύοισιν: zur Flexion R 11.2.

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27–40 Nestor trifft mit den verwundeten Anführern Agamemnon, Odysseus und Diomedes zusammen. Ihre örtliche Distanz vom Kampfgeschehen wird durch die Lage der einzelnen Schiffe und der ganzen Flotte erklärt. 27 Könige: Der Titel basiléus bez. sowohl Lokal- bzw. Regional-Obere als auch die Mitglieder eines Führungsgremiums, wie es die Anführer der einzelnen Griechenkontingente vor Troia bilden (1.9n.). Νέστορι …̣ ξύµβληντο: wiederaufgenommen von ὃ δὲ ξύµβλητο γεραιός | Νέστωρ (39f.); die beiden Verse bilden einen Ring um den Abschnitt über das Schiffslager (STANLEY 1993, 156; dazu kommt der innere Ring 28/37: VAN OTTERLO 1948, 37f.; vgl. RingkompositionP). — διοτρεφέες βασιλῆες: flektierbare VE-FormelP (insges. 8× Il., 4× Od., 2× Hes., 1× h.Bacch.; s. 1.176n.). Zur Vorstellung, daß βασιλῆες unter besonderem göttlichen Schutz stehen, und zu altorientalischen Parallelen 1.278–279n.

28 heraufkommend: D.h. sie stiegen von ihren eigenen Schiffen, die in der Mitte des Schiffslagers an der Krümmung der Bucht am Strand lagen (30–36n.; AH), hinauf zum Rand des Schiffslagers, an die Mauer und damit nahe an den Kampf heran, um sich zu informieren (37n.), während Nestor den verwundeten Agamemnon bei seinem Schiff hatte aufsuchen wollen (24, die Verwundung war ihm bekannt: 11.661). — getroffen: Agamemnon war von einer Lanze am Arm durchbohrt (11.251–253), Diomedes von einem Pfeil am Fuß getroffen worden (11.375–378), und Odysseus hatte einen Lanzenstoß in das äußere Bauchgewebe erlitten (11.434–438). Das Ausscheiden gerade der Besten hatte zusammen mit Achills und Patroklos’ Fernbleiben vom Kampf die Folge, daß das griechische Heer geschwächt wurde, wodurch sich Thetis’ Bitte und Zeus’ Plan zu erfüllen begannen (11.191–194, 11.206–209). Der wiederholte Hinweis auf die Verwundungen (63, 128–130, 379f., 16.23–26, 19.47–53) erinnert so an die Krise; hier bildet er den Ausgangspunkt für die folgende Beratung, aber auch den KontrastHintergrund zu der daran anschließenden Stärkung des Heeres durch Poseidon (und indirekt durch Hera): POSTLETHWAITE 2000, 185; zu den einzelnen Stellen REICHEL 1994, 202f. βεβλήατο: trifft wie βεβληµένον in 63 eigtl. nur auf Diomedes zu, da nur er von einem Wurfgeschoß getroffen wurde; vgl. 128 (s.d.), 379 οὐτάµενοι, 11.660f. = 16.25f. βέβληται … Δ∆ιοµήδης, | οὔτασται δ᾿ Ὀδυσεὺς … ἠδ᾿ Ἀγαµέµνων (schol. AbT; TRÜMPY 1950, 107. 257 Anm. 287; REICHEL 1994, 203; zur Bed. v. βάλλω s. auch 424n.). — χαλκῷ: Das Material der wertvollen Spitzen steht hier (wie oft) als pars pro toto für die Angriffswaffen, Lanzen und einen Pfeil (LfgrE s.v. 1122.16ff. u.1128.29f.; vgl. 25n.).

27 ξύµβληντο: Wurzel-Aor. zu συµβάλλω (Med. mit Dat.: ‘mit jm. zusammentreffen, auf jn. stossen’); ξύµ- = σύµ- (R 20.1). — διοτρεφέες: zur unkontrahierten Form R 6. — βασιλῆες: zur Flexion R 11.3, R 3. 28 πάρ᾿: παρά ( 20.1). — νηῶν: zur Flexion R 12.1, R 3. — βεβλήατο: = ἐβέβληντο (R 16.1–2).

Kommentar

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29 = 380. — Tydeus-Sohn: Diomedes (FM 3; zum verbreiteten Ersatz des Eigennamens durch ein Patronymikon 1.1n.; WEST 2007, 81); er hatte den abwesenden Achilleus zeitweise als Kämpfer ersetzt (6.96–101n.). — Odysseus: gehört wie Diomedes zum engsten Führungszirkel, zeichnet sich durch sein strategisches Denken aus (FM 3). Τυδεΐδης Ὀδυσεύς τε καὶ Ἀτρεΐδης Ἀγαµέµνων: nach dem Gesetz der wachsenden Glieder gebauter Vers, mit Erweiterung des dritten Gliedes durch ein EpithetonP (1.145n.; WEST 2007, 117f.).

30–36 Der Panorama-Blick über das Schiffslager der Achaier gleitet vom Strand, wo die Schiffe der genannten Anführer Agamemnon, Odysseus und Diomedes liegen (30–31a), zur am weitesten landeinwärts gelegenen Stelle, dem Platz der folgenden an Land gezogenen Schiffe (31b–32, s.d.) hinauf, um dann die ganze weitgeöffnete Bucht zu erfassen, in der die Schiffe aus Raummangel reihenweise in einem Halbkreis aufgestellt sind (33–36; schol. A zu 35: wie die Zuschauerränge eines Theaters; 1.12b n.). Zur Lokalisierung des Schiffslagers s. Appendix. – Bis zu der vorl. Stelle wird nur die Position einzelner Schiffe kurz angegeben (z.B. 8.222f., 11.5–9). Die statische Beschreibung hier ist ungewöhnlich, da der Dichter sonst meistens topographische Anhaltspunkte angibt, wenn er die Bewegung einer Figur innerhalb eines Raumes schildert (vgl. z.B. Hektors Gang in Troia im sechsten Gesang, Heras Reise in 225–230, s.d.). Die genaue Beschreibung der Lage der achaiischen Flotte hier (1) erklärt einerseits das nähere Geschehen: die Tatsache, daß die Anführer lange nicht gehört hatten, wie die Troer über die weit entfernte Mauer ins Schiffslager eingedrungen waren (37; in einer Kausalkette erklärt: die Anführer steigen hinauf [28], Grund: die Lage ihrer Schiffe unten [30–32a] und die der Mauer, wo gekämpft wird, oben [32b], Grund für diese Anordnung: die Strandbreite [33f.], deshalb: gestufte Lage der Flotte [35a], auf der ganzen Bucht [35b–36], folglich: die Anführer hörten erst spät den Lärm bei ihrem Gang [37f.]); auf diese Weise ermöglicht die Lagebeschreibung auch (2), Agamemnons Fluchtplan zu verstehen (die Schiffe weiter landeinwärts sollen erst in der Nacht ins Wasser gezogen werden: 75–79). Andererseits (3) gibt sie aber auch den Rahmen für die Schilderung des später folgenden Kampfes direkt bei den Schiffen weiter landeinwärts (15.384ff., vgl. 15.653–657), der zu Patroklos’ Eingriff in den Kampf führt (15.390ff., 16.1ff.). Die Stelle macht nochmals die zugespitzte, beengte Lage der Achaier bewußt, relativiert sie aber auch: sie erinnert zugleich an den Beginn des Krieges (AnalepseP), die Landung so zahlreicher, notwendigerweise in Reihen an Land gezogener Schiffe und ihrer Besatzung, und damit an die grundsätzliche Überlegenheit der Achaier (JANKO zu 14.27–40; DANEK 1999, 86–88; STRAUSS CLAY 2011, 42f.).

29 Ὀδυσεύς: zum einfachen -σ- R 9.1.

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30 1. VH = 17.403. — Schiffe: die der Anführer Diomedes, Odysseus und Agamemnon; daß Agamemnons Schiff nahe beim Meer ist, geht auch aus 9.43f. hervor (Diomedes zu Agamemnon: ‘dir liegen die Schiffe dicht am Meer’; schol. bT). γάρ ῥ(α): Die Lesart mit zwei Partikeln ist zwar metrisch nicht unbedingt nötig (so wird bloßes γάρ vor Vokal in 2.39 u.ö. gelängt [s.d.]), aber an der vorl. Stelle besser belegt (WEST, app.crit. und 1998, XXX); viell. signalisiert ῥ(α) etwas Evidentes und dient als Appell an das Vorwissen des Publikums von der Aufstellung der Flotte. — εἰρύατο νῆες: Das υ ist wie bei εἰρῡ́αται in 75 und 15.654 gelängt (dagegen εἰρῠ́ατ(αι) 1.239, 4.248, Od. 6.265, h.Cer. 152, εἰρῠ́ατο Il. 22.303), in Analogie zu anderen Perfekt-Formen, wo das υ vor Konsonant steht, wie εἴρῡτο in Od. 22.90 bzw. εἰρῡ́µεναι in Il. 13.682 (LEAF).

31–32 1. VH v. 31 = 1.350, 13.682. — Mauer: Das ist rein beschreibend gemeint und läßt sich deshalb mit der sonst geschilderten Chronologie vereinbaren, dem Bau der Mauer viel später nach der Landung in der Troas, im 10. Kriegsjahr (7.433–441; LEAF; anders AH zu 32). θίν᾿ ἔφ᾿ ἁλὸς πολιῆς: θίς bed. ‘Strand’ und wird wie αἰγιαλός (34) und ἠϊών (36) verwendet (1.34n., 2.92n.); ἅλς bez. das Meer an der Küste; das Epitheton πολιός, wohl geprägt zur Bez. der Farbe der Brandung in Küstennähe, wird bei Homer nur noch formelhaft verwendet (1.350n.). — τὰς … πρώτας …, αὐτὰρ … ἐπὶ πρύµνῃσιν: Seit der Antike ist umstritten, worauf sich πρῶτος bezieht und was mit πρύµνῃσιν gemeint ist. Entweder (1) folgt mit γάρ in 31 eine Erklärung zur Position der Schiffe der Anführer und πρώτας ist auf diese zu beziehen, deshalb prädikativ zu anaphorischem τάς aufzufassen; αὐτάρ leitet dann adversativ zu den Schiffen weiter landeinwärts über: ‘diese als erste/vorderste …, aber … bei den äußersten’. πρῶτος zur Bezeichnung der für den Betrachter vom Meer aus vordersten, zuerst an Land gezogenen Schiffe entspricht auch νῆες ὅσαι πρῶται εἰρύαται ἄγχι θαλάσσης in 75 (antike Kommentatoren in schol. bT zu 31f. sowie AH, FAESI, LEAF). Die folgenden Schiffe wurden dann daneben und dahinter, weiter landeinwärts, aufgestellt (32b–36). (2) Nach anderen (dem Grammatiker Herakleon in schol. bT zu 31f.; WINTER 1956, 107f.; JANKO; STRAUSS CLAY 2011, 80 Anm. 98) ist τάς als Artikel zu verstehen, zu πρώτας erg. ναῦς, αὐτάρ ist progressiv; ‘die ersten (Schiffe) …, und … bei den Hecks’. πρώτας bezeichnet dann diejenigen Schiffe, die wie das des Protesilaos (2.698n.) als erste bei der Landung angekommen waren und dann am weitesten landeinwärts (πεδίονδε im Gegensatz zur Lokalisierung der Schiffe der Anführer mit θίν᾿ ἔφ᾿ ἁλὸς πολιῆς) gezogen worden waren; hier waren die Troer über die Mauer gedrungen (13.681–684). Diese Schiffe werden ähnlich lokalisiert, mit ὅσαι πρῶται εἰρύατο, in 15.654, nur mit πρωτέων 15.656. Auffassung (2) steht aber (a) γάρ entgegen, das das Vor30 πολλόν: Adv., ‘weit’; zur Flexion R 12.2. — ῥ(α): = ἄρα (R 24.1). — ἀπάνευθε: zusammengesetzte Präposition (Basis: ἄνευ) mit Gen., ‘abseits, fern von’. — εἰρύατο: 3. Pl. Plpf. Pass. von (ϝ)ἐρύω ‘ziehen’ (< *ἐ-ϝε-ϝρύατο; zur Endung R 16.2). 31 θίν᾿ ἔφ᾿: = ἐπὶ θῖνα (R 20.2). — πεδίονδε: zur Form R 15.3. 32 εἴρυσαν: Aor. zu (ϝ)ερύω ‘ziehen’; < *ἐ-ϝέρυσαν. — αὐτάρ: adversativ (R 24.2; ↑). — πρύµνῃσιν: zur Flexion R 11.1.

Kommentar

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hergehende erklären muß (LEAF), und auch die Tatsache, daß unter den ersten (πρῶτας) Schiffen, die ankamen, ja auch die der Anführer gemeint sein müssen. πρῶτος muß deshalb hier und in 15.654, 15.656 lokalisierend (‘ganz vorn’), vom wechselnden Standpunkt des Erzählers aus, verwendet sein (LfgrE s.v. πρῶτος 1595.58; 1598.63ff.). Außerdem (b) muss πεδίον nicht als Gegensatz zum Strand, sondern kann wie in 16.749 (Tauchergleichnis), Od. 9.66 bloß kontrastiv zum Meer genannt sein (vgl. LfgrE s.v. πεδίον 1087.10ff.). Bei beiden Auffassungen bereitet ἐπὶ πρύµνῃσιν Probleme. Die Etymologie und die Bedeutung von πρυµνός sind nicht völlig geklärt (zu πρό? FRISK; LfgrE). Als Adjektiv mit Endbetonung scheint es lokalisierend wie ἄκρος oder µέσος mit der Bed. ‘am dicken Ende/der dicken Basis von etwas’ verwendet (5.292, 13.532, 16.314), mit νηῦς ‘achtern’ in 7.383, 15.704, 15.435, Od. 2.417 u.ö., vor allem in den Junkturen ἐπὶ πρυµνῇσι νέεσσι(ν) (VE, 51n.) und νηυσὶν ἔπι πρυµνῇσι(ν) (12.403, 13.762, 15.248), substantiviert und mit Akzentverschiebung i.S.v. ‘Heck’ in 1.409, 8.475, 15.716, 18.76 u.ö. (LfgrE; zum Akzent KURT 1979, 108f.; WEST 1998, XXI). Hier ist es vorwiegend entsprechend seiner substantivischen Verwendung als Proparoxytonon überliefert. Ein spezieller Hinweis auf die ‘Hecks’ der Schiffe (Auffassung 2) wäre allerdings nicht sinnvoll (LEAF); mit dem Wort muß hier zugleich die äußerste Reihe gemeint sein (Auffassung 1). Diese Bed. von πρυµνός ist allerdings nicht belegt, aber möglich: Da die Schiffe mit dem Bug zum Strand hin liegen, sind die ‘Hecks’ hier vielleicht eine Bezeichnung für die Vorderseite der ganzen Flotte, vom Land aus gesehen, in deren Nähe die Mauer gebaut wurde (Hinweis WEST). In Bezug zu den Schiffen der Anführer (πρώτας) bilden die Hecks der Schiffe bei der Mauer den entgegengesetzten äußeren Rand des als Gesamtheit gesehenen Schiffslagers (diese Bed. könnte auch gut zur oben erwähnten Bed. ‘am dicken Ende von etwas’ passen). Somit ergibt sich insgesamt eine sinnvollere Aussage gemäß Auffassung (1). 33 οὐδὲ γὰρ οὐδ(έ): doppelte, verstärkende Negation mit Partikel dazwischen wie 2.703, 5.22, 6.130 u.ö. (CHANTR. 2.337f.); das erste οὐδέ stellt die Verbindung zum vorherigen Satz her und negiert die ganze Aussage (es entspricht der Verneinung des häufigen καὶ γάρ), das zweite gehört zu εὐρύς περ ἐών und steigert es wie lat. ne … quidem (AH; WILLCOCK). — ἐδυνήσατο: sigmatischer Aor. zu langvokalischer Wurzel neben athematischem Präs. δύναµαι wie z.B. ἔστησα zu ἵστηµι (RISCH 247); ebenso in 5.621, 13.510, 13.607, 13.647, 14.423, Od. 17.303. — πάσας: steht wie ἁπάσης in 35 emphatisch am VE vor einem integralen EnjambementP. 34 χαδέειν: themat. Aor. wie in 4.24, 8.461, 11.462 zum Präs. χανδάνω (mit zur Wurzelsilbe gehörigem Nasal: 23.742, Od. 17.344; SCHW. 1.699; RISCH 272); bed. ‘(um)fassen’, von Räumen auch Od. 18.17 (LfgrE s.v. χανδάνω). — λαοί: ‘Kriegsvolk’ (24.1n.). 35 τώ: ‘so … denn, darum, deshalb’ (SCHW. 2.579); Dem.-Adv. mit alter Abl.- oder Instrumental-Endung (SCHW. 2.579); zum Akzent WEST 1998, XXII; von anderen, wie FÜHRER/SCHMIDT 2001, 20 Anm. 111, wird Zirkumflex bevorzugt. — προκρόσσας: Adj. zu 33 οὐδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — περ: konzessiv R 24.10. — ἐών: ὤν (R 16.6). 34 νῆας: zur Flexion R 12.1. — χαδέειν: zur Form R 16.4, R 8. 35 ῥα: = ἄρα (R 24.1).

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κρόσσαι (12.258 und 12.444), ‘Kragbalken, Mauerzinnen’ (?); πρ. ist nirgends sonst im hom. Epos belegt; es muß wie bei Hdt. 7.188.1, wo von einer Ankerung in acht Schiffsreihen die Rede ist, ‘in Reihen, gestaffelt’ bedeuten; hier prädikativ und resultativ in bezug auf die Schiffe (LfgrE) und wegen des vom Meer her ansteigenden Geländes mit der Bed. ‘in Rängen, stufenförmig gereiht’ (AH). 36 στόµα: hier ‘Mündung’, ‘Bucht’, ähnlich von einem Hafen Od. 10.90; von Flußmündungen Il. 12.24 und Od. 5.441 (LfgrE s.v. στόµα 230.2ff.). — µακρόν: ‘langgezogen, weitgeöffnet, weiträumig’ wie bei Körperteilen geläufig (Od. 10.215; ‘Hes.’ Sc. 266; vgl. πτολέµοιο µέγα στόµα 10.8; LfgrE s.v. µακρός 15.25ff.; Zenodots u.a. πολλόν daher abzulehnen). — συνεέργαθον: zu συνεέργω ‘umschließen, eingrenzen’ mit einer Lokalität als Subjekt, so wie das Simplex in 2.617, 2.845, 24.544 (LfgrE s.v. (ἐ)έργω 404.76ff.). Wie in 5.147, 11.437, 21.599 und Od. 21.221 ist der Präsensstamm ἐεργ- mit -αθ- erweitert, nach derselben Wortbildung wie µετεκίαθον/ε zu ἔκιεν (5× Il., 1× Od.; SCHW. 1.703 mit Anm. 6; CHANTR. 1.328). Die Aktionsart solcher Bildungen ist umstritten (CHANTR. a.O.; RISCH 278; vgl. 2.304n. zu ἠγερέθοντο). 37 2. VH ≈ 1.492, 6.328, 16.63, hom.h. 11.3; vgl. 14.96. — ὄψ᾿ ἀϊόντες: Diese in schol. A überlieferte Lesart Zenodots ist zwar nicht in den Handschriften vertreten (s. app.crit.), paßt aber gut zur vorhergehenden Kausalkette, die erklärt, warum die Anführer den Schlachtenlärm lange nicht gehört hatten (30–36n.; vgl. auch τώ am VA). Das von Aristarch und allen Handschriften gelesene ὀψείοντες (AH, LEAF; JANKO) ‘sehen wollend, da sie sehen wollten’ liefert dagegen keinen logischen Anschluß, paßt semantisch und syntaktisch nicht zu den Genetiven ἀϋτῆς καὶ πολέµοιο und wäre die einzige desiderative Form im hom. Epos (Diskussion bei LEAF, der aber ὀψείοντες liest; WEST 2001, 225f.; beide auch zu den zwei anderen, sprachlich und inhaltlich nicht haltbaren Lesarten ὀψὰ ἰόντες und οὐ ψαύοντες). — ἀϋτῆς καὶ πολέµοιο: zur Bed. ‘Kämpfen, Kampf’ von πόλεµος 2.453n.; LfgrE s.v. 1335.41ff.; zur Redundanz und zum hysteron proteron des ganzen Ausdrucks 1.492n.

38 ≈ Od. 24.420; vgl. Od. 16.361; 1. VH ≈ Il. 19.49, Od. 10.170. — abgestützt: aufgrund ihrer Verletzungen (28n.), wie Odysseus und Diomedes später in der Heeresversammlung (19.49n.). — tiefbetrübt: wohl weil sie aufgrund des Kampfgeschreis (37) die Krise ahnen, von der Agamemnon in 42ff. spricht, und aufgrund ihrer Verwundungen passiv sein müssen. 39 1. VH = 9.703, 17.22, Od. 5.191; ≈ Il. 9.637, 14.316, 18.113, 19.66, Od. 21.87. — θυµὸς ἐνὶ στήθεσσιν: Der θυµός wird als Instanz für Psychisches (grundsätzlich: 1.24n.) oft in der Brust, d.h. im Innern, lokalisiert (316, 19.66 u.ö.; vgl. 1.189n.). — ξύµβλητο: 27n. 40 ≈ 9.8, 13.808, 15.629, Od. 2.90. — Der Vers ist problematisch wegen (1) der unmittelbaren Wiederholung von θυµὸς/ν ἐνὶ στήθεσσιν nach 39, wegen (2) der einmaligen Setzung des Eigennamens (Νέστωρ) nach ὁ γεραιός; wegen (3) Ἀχαιῶν, das zwar formelhaft ist 38 κίον: ‘gingen’, 3. Pl. Präteritum eines defektiven Verbums. — σφι: = αὐτοῖς (R 14.1). 39 ἐνί: = ἐν (R 20.1). — στήθεσσιν: zur Flexion R 11.3. — ὃ δὲ … γεραιός: γεραιός ist Apposition zum demonstrativen, vorausweisend-präsentierenden Pronomen ὅ (R 17); ‘der aber, der Alte’. — ξύµβλητο: 27n.; erg. σφι.

Kommentar

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(s.o. zu den Iteratversen), aber als alleinige Bezeichnung der nur drei Anführer nicht paßt; und schließlich (4) wegen der sonst erst wieder bei Soph. OC 1466 (ἔπταξα θυµόν) belegten transitiven Verwendung von πτήσσω i.S.v. ‘niedergeschlagen machen, beugen’ (LfgrE s.v. πτῆξαι). Aristarchs Athetese ist daher wohl berechtigt. Lit.: Scholien z.St. mit ERBSEs app. crit. und test.; LEAF; JANKO, auch zu weiteren Emendationsversuchen; HACKSTEIN 1992, 147f. (nur zum Sprachlichen); WEST 2001, 226; LfgrE a.O.

41–134 Die Anführer beraten sich über einen Weg aus der Krise; sie folgen schließlich Diomedes’ Rat, aufs Schlachtfeld zurückzukehren und die anderen anzuspornen. Der Erzähler hat in den Vv. 1–40 die gefährliche Lage der Achaier in Primärer und Sekundärer FokalisationP vor Augen geführt (1–152n., 4n., 13–15n., 24b– 26n.) und mit der Schilderung der verwundeten Anführer stellvertretend die physische und psychische Schwäche der Achaier insgesamt verdeutlicht (28n., 38n.). Im anschließenden Dialog läßt er die Anführer diese Situation beurteilen, vor allem in Hinblick darauf, wer unter den Menschen oder Göttern dafür verantwortlich ist (oft im ersten Teil ihrer Reden), und (außer in der ersten und vierten Rede) danach entsprechend einen Weg zur Überwindung der Krise empfehlen. Die sechs Reden (von Agamemnon – Nestor – Agamemnon – Odysseus – Agamemnon – Diomedes) sind nicht nur durch ihre ähnliche innere Struktur miteinander verbunden, sondern auch durch äußere Symmetrie und Parallelismus: Bei den ersten zwei Redenpaaren sind jeweils beide Reden etwa gleich lang (42–51/53–63: 10 bzw. 11 Verse; 65–81/83–102: 17 bzw. 20 Verse); die zweitletzte ist die kürzeste (104– 108: 5 V.), die letzte die längste (110–132: 23 V.); Agamemnon als Oberbefehlshaber beginnt den Dialog (42–51) und reagiert auf jede der Reden (nach der 6. setzt er den Vorschlag um: 133n., 134n.). Der Dialog entwickelt Meinungen und Gegenmeinungen bis zu einem Konsens (133f.): Agamemnons Plan wird abgelehnt (4. Rede, 83–102) und Diomedes’ Vorschlag angenommen, nicht zuletzt wohl deswegen, weil Diomedes in seinem Stolz auf die eigene (auch im Kampf demonstrierte) Stärke und Herkunft ein Gegengewicht zu Hektors drohender Übermacht schafft (42–51n., 1. Rede). Lit. zur Struktur: schol. AT zu 129–131; LOHMANN 1970, 138–141; JANKO zu 42–132; DANEK 1990, 13. 17. Die Reihenfolge ‘(1) defätistische Rede Agamemnons, (2) Gegenrede, (3) weiterführender Rat’ entspricht auch derjenigen im 2. und im 9. Gesang (2.336–368n., 9.9–113). In keiner dieser drei Situationen setzt sich Agamemnons Defätismus durch. Auch hier wird somit eine Führungskrise überwunden (vgl. FRAZER 1985, 1, der ihre Überwindung allerdings erst mit Poseidons Intervention vollendet sieht; REICHEL 1994, 201; SCHOFIELD [1986] 2001, 249f.). Der Dialog zeigt verschiedene Möglichkeiten, auf eine extreme militärische Situation zu reagieren (SCHOFIELD a.O. 249), wobei keiner der Anführer einen weiteren Versuch unternehmen will, zu Achill zu gehen und ihn umzustimmen (die Stimmung gleicht derjenigen nach der

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Gesandtschaft im 9. Gesang, obwohl Achill immerhin vor Troia geblieben ist); das begünstigt Patroklos’ Intervention (JANKO zu 1–152). Die Tatsache, daß Diomedes’ Rat keinen wirklichen Ausweg aus der Krise bringt, offenbart das Ausmaß der Not; die eigentliche Wende bringen das Eingreifen Poseidons und Heras List (135–152n.; AH Anh. Einl. S. 58; ERBSE 1986, 110; DANEK 1990, 25f. 28). 41 ≈ Od. 14.439; 2. VH = 1.130, 1.285, 2.369, 4.188, 4.356, 7.405, 10.42. — καί: Die Funktion dieser Partikel in der vorl. Rede-Einleitungsformel wird unterschiedlich gedeutet (24.485n.). — φωνήσας προσέφη: Das Partizip bei προσέφη gehört zur Struktur einer typischen Rede-ΕinleitungP (mit Nomen-Epitheton-Formel): 24.55n. — κρείων Ἀγαµέµνων: VE-Formel; κρείων ‘herrschend, gebietend’ (1.102n.).

42–51 Agamemnons Worte sind nach der Anrede an Nestor und der einleitenden Frage nach dem Grund seiner Abwesenheit vom Schlachtfeld (42f.) als RingkompositionP strukturiert: Im Zentrum, 46f., steht die Wiedergabe von Hektors Drohung, die Schiffe zu verbrennen. Darum herum legen sich als Rahmen zwei Ringe, in denen Agamemnon seine Befürchtungen äußert (eine vergleichbare Struktur mit einer Erinnerung an Gesprochenes im Zentrum zeigen die Reden in 2.23–34, 5.815–824, 18.6–14), wobei wörtliche Wiederholungen die Struktur betonen: innerer Ring (45–48a): der Ort der Drohung (Rede vor den Troern: en Trṓess’ agoréuōn ‘redend unter den Troern’ – agóreue ‘redete’) – äußerer Ring (44/48b): Erfüllung von Hektors Worten: Angst (telései ‘wird vollenden’) bzw. Gewißheit (teléitai ‘wird vollendet werden’): LOHMANN 1970, 19f. mit Anm. 21). An diesen ringkompositorisch strukturierten Teil der Rede schließen sich in der Überlieferung drei Verse an (49–51), in denen Besorgnis um die Kampfmoral der Achaier geäußert wird. – Mit dem Zentrum der Rede, Hektors Drohung, die Schiffe zu verbrennen und alle Achaier zu töten, erinnert der Erzähler an zwei Reden Hektors am Tag zuvor (25. Handlungstag, s. STR 21, Abb.1): die Kampfparänese in 8.173–183 (s. bes. den Iteratvers 8.182 ≈ 14.47 und vgl. 15.702) und die Rede am Abend in der Troer-Versammlung 8.497–541 (SCHADEWALDT [1938] 1966, 107. 121; REICHEL 1994, 93. 169). Agamemnon (genauso wie Odysseus in 9.240ff.) kann diese Reden eigentlich nicht gehört haben, doch das dürfte einem nur hörenden Publikum kaum aufgefallen sein, zumal Agamemnons Vermutungen in sich naheliegend sind (s. ParalepseP; REICHEL 1994, 96f. mit Lit.). Mit dem Brand der Schiffe wäre Achills Wunsch erfüllt (zur Tatsache, daß der Erzähler, um die Spannung zu steigern, offenläßt, ob und wie weit die Griechen bis zu Patroklos’ Eingreifen noch mehr in die Defensive gedrängt werden, s. RENGAKOS 1999, 325– 327); denn der Brand der Schiffe bedeutet für die Mannschaft den Untergang, wie der Brand Troias oder anderer póleis für ihre Bewohner (GRAZ 1965, 223); die Sorge um die Schiffe, diese einzige Garantie der Heimfahrt, durchzieht deshalb als Leitmotiv das ganze Epos (51n.). In der respektvollen Anrede an seinen besten Ratgeber, in der besorgten Frage und in den klagenden Vermutungen zeigen sich nun Agamemnons ganze Hilflosigkeit und Schwäche gegenüber dieser drohenden

Kommentar

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Situation. Seine ohnehin prekäre Stellung als ánax genannter basiléus, als Oberbefehlshaber ohne wirkliche letzte Entscheidungsgewalt (1.7n., 19.n., 1.150n.), hat sich durch den Streit mit Achill und die daraus resultierenden militärischen Mißerfolge im 10. Kriegsjahr erheblich verschlechtert. Die sozialen Spannungen sind groß, und auch Nestor hat Agamemnon offen kritisiert (bereits 2.80f. angedeutet: KeimP: 2.80–82n.; 9.108–111; 19.86a n.; ULF 1990, 91ff.). Es ist anzunehmen, dass die Verses 49–51 eine voralexandrinische Erweiterung sind, um den unhomerischen Vers 40 zu stützen; sie sind daher zu athetieren (AH Anh. Einl. S. 56, gefolgt von LEAF zu 49f.; WEST 2001, 12 mit Anm. 28. 226f.). Agamemnons (unbegründete) Befürchtungen um die Verläßlichkeit der übrigen Achaier angesichts der Kampfenthaltung von Achilleus und seinen Leuten sind zwar naheliegend (wie Poseidons Paränese an das junge Heervolk zeigt (13.108–114; 1.327n.; SCHADEWALDT a.O. 122f.; REICHEL a.O. 115–117 mit Anm. 19); sie passen aber nicht zu Nestors Rede, in der er gleich zu Beginn Agamemnons Worte bestätigt (53) und später aussagt, die Achaier würden unablässig kämpfen (57f.); ebenso ist auch keine Reaktion Nestors auf ein allfälliges Mißtrauensvotum ihm gegenüber erkennbar (anders FAESI zu 43 ind 49f., LOHMANN a.O.; JANKO zu 42–52). Merkwürdig wäre auch, wenn Agamemnon, der eben erst nur den Lärm gehört hat (37), spräche, als ob er wüßte, daß der Kampf bis zu den äußersten Schiffen gedrungen ist (51).

42 = 10.87, 10.555, 11.511, Od. 3.79, 3.202; 1. VH = Od. 3.247; 2. VH = Il. 9.673, 10.544, Od. 12.184. Die Ganzvers-Apostrophe unterstreicht, welche Bedeutung der Angeredete für den Sprecher hat (1.36n., 3.182n.). — des Neleus Sohn: Nestors Vater Neleus ist der Gründer von Pylos (LfgrE s.v. Νηλεύς 360.57ff.). Νηληϊάδη: Patronymikon, aus der Variante Νηλήϊος gebildet (dazu 2.20n.), als Erweiterung des metrisch unbrauchbaren *Νηληΐδης (RISCH 148; WILLCOCK); zur Bildung und Verwendung von Patronymika 1.1n. — µέγα κῦδος Ἀχαιῶν: κῦδος bez. das Hochgefühl, die Überlegenheit und Autorität einer Person, auch militärische ‘Überlegenheit, Übergewicht’ (3.373n.); die Anrede bed. wohl so etwas wie ‘großer Stolz’, ‘Aktivposten der Achaier’. Da sie neben dem ratskundigen Nestor nur dem strategisch denkenden Odysseus zugesprochen wird (9.673, 10.544, Od. 12.184), ist damit vielleicht vor allem die Intelligenz des Angeredeten angesprochen (LfgrE s.v. κῦδος 1575.55ff.; vgl. auch 1.122n.).

43 ≈ 6.254. — Agamemnons Frage dient nur dazu, die Hörer daran zu erinnern, daß er und die beiden anderen Anführer nicht Bescheid wissen, was geschehen ist, seit sie verwundet aus dem Kampf ausscheiden mußten (11.267ff., 11.396fff., 11.487f.; AH; WEST 2001, 226); deshalb läßt der Erzähler Nestor auch nicht explizit erklären, warum er im Schiffslager ist, zumal da das Publikum das ja schon weiß (schol. bT; WEST a.O.). τίπτε: = τί ποτε, ‘was denn, warum denn?’; signalisiert hier wohl Besorgnis, ähnlich wie in 6.254, 13.250, 15.90 (LfgrE s.v. 537.16, 539.11ff.). — φθεισήνορα: distinktives EpithetonP zu πόλεµος (5× Il., je 1× Hes./‘Hes.’; meist wie hier im Akk., zwischen B 1 und C 2) und prosod. Variante zu φθεισίµβροτος: BADER 1969, 28. Wortbildung: Vorderglied zu φθίνω/ἔφθεισα, Hinterglied zu ἀνήρ in o-Αbtönung, also: ‘Männer verderbend’ (BADER a.O.; RISCH 63f.). Zu weiteren Komposita auf -ήνωρ und zur Abgrenzung gegenüber

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solchen auf -ανδρος LfgrE s.v. φθισήνωρ; 2.276n.; zur Schreibweise mit -ει- WEST 1998, XXXVI. — ἀφικάνεις: mit Perf.-Bed. wie ἱκάνετον in 9.197, ἱκάνω 13.449 u.ö.; vgl. auch 6.254: LfgrE s.v. ἱκάνω 1172.21f.; ΑΗ. 44 1. VH = 22.455; ≈ Od. 5.300. — δείδω µὴ δή: Die in allen Handschriften überlieferte vollstufige Perf.-Form δείδω steht immer am VA (zur Bildung aus *δέδϝοια 19.24n.); die Lesart des Aristophanes v. Byzanz, die schwundstufige Perf.-Form δείδια (s. app.crit.), ist dagegen nur 21.536 am VA belegt (CHANTR. 1.425; JANKO zu 43–48, beide mit Hinweis auf dieselbe Überlieferungslage in Od. 5.473). δή verstärkt die Negation und damit Agamemnons Befürchtung; ebenso emphatisch steht µὴ δή in 16.81, Od. 18.10 (DENNISTON 223). — ὄβριµος Ἕκτωρ: VE-FormelP, auch in 8.473, 10.200, 11.347. ὄβριµος, das ‘groß, massig, wuchtig’ bedeutet, wird v.a. als Epitheton von ἔγχος verwendet (3.357n.); mit Bezug auf Personen außer hier in der Ilias noch 3× von Hektor, 6× von Ares, 1× von Achill, ferner nachhom. je 1× von Orion, den Hekatoncheiren und dem Ehernen Geschlecht (19.408n.). Weder mit metrischen Argumenten noch mit einer besonderen Beziehung zu Ares läßt sich erklären, weshalb von den Kämpfern gerade Hektor besonders oft dieses Epitheton erhält (LfgrE s.v. ὄβριµος 485.38ff.); der jeweilige Kontext der Stellen – Hektor erscheint als überaus bedrohlicher Gegner der Griechen, immer in der Phase nach Achills Rückzug vom Kampf – und ihre Fokalisation (3× in Figuren-RedeP, davon 2× mit einem Achaier als Sprecher wie hier, 1× im Erzähler-Text in Sekundärer FokalisationP) sprechen dafür, daß das vielleicht altererbte Epitheton hier kontextbezogen verwendet wird und Hektors bedrohliche Größe, Wucht und Dynamik ausdrückt. 45 1. VH ≈ 8.150; 2. VH = 8.148. — ὡς: Da im folgenden (46f.) genau erläutert wird, worin Hektors Drohung bestand, ist diese in den meisten Handschriften überlieferte Lesart dem von Aristophanes bezeugten ὅς vorzuziehen (s. app.crit.; AH, Anh. z.St.; JANKO zu 43–48 weist auch auf ὥς ποτ᾿ ἀπειλήσει in 8.150 hin). Zu solchen Varianten in der Überlieferung 24.388n. — ποτ(ε): bezieht sich eigentlich auf den Vortag (vgl. 42–51n. und die Zeitangaben in 8.530, 8.535, 8.538, 9.240): schol. T zu 45; SCHADEWALDT [1938] 1966, 121f.). Die unbestimmte Angabe steht wohl, weil Agamemnon eigentlich nicht als Ohrenzeuge von Hektors Drohungen sprechen kann (WEST 2011, 289).

46 2. VH ≈ 3.313, 21.561, 24.330. 47 ≈ 8.182. — πρὶν … ἐνιπρῆσαι, κτεῖναι δέ: zum Inf. 19n. — νῆας … καὶ αὐτούς: ‘die Schiffe … und ihre Besatzung’ wie 56, 7.338, 7.437, 8.182, 11.666/668 u.ö. (24.499n.; LfgrE s.v. αὐτός 1654.54ff.). — ἐνιπρῆσαι: ‘anzünden’ (zum Bed.-Spektrum des Verbs 2.415n.); wie häufig sonst (noch 11× Il.) im Zusammenhang mit der Bedrohung der Schiffe durch Hektor und die Troer: LfgrE s.v. πρήθω 1533.57f.

48 = 2.330, Od. 18.271; ≈ 8.570, 13.178 (typ. Rede-Abschluß-Formel: FÜHRER 1967, 2); 2. VH ≈ Od. 2.176, 5.302. 49–51 Die Verse sind wahrscheinlich interpoliert: 42–51n. 44 τελέσῃ (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.4. 46–47 πρὶν … πρίν: Das erste πρίν ist Adverb, das zweite Konjunktion: ‘vorher … bevor’. 47 ἐνιπρῆσαι: Aor. zu ἐνιπρήθω (Nebenform zu ἐµπίµπρηµι). Zu ἐνί- = ἐν- R 20.1. 48 κεῖνος: = ἐκεῖνος. — τώς: = οὕτως.

Kommentar

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49 ≈ 1.17, 11.149, 23.272, 23.658; VA = 15.185, 18.324, 23.103. — mit dem guten Beinschutz: zu den Realien 1.17n. ὦ πόποι: Dieser Ausdruck der Überraschung und des Unwillens (1.254n.) steht hier, wie auch sonst gelegentlich (13.99, 17.171, Od. 13.209, h.Merc. 309), nicht am Anfang einer Rede (LfgrE s.v. (ὢ) πόποι 1457.29ff.), sondern leitet einen neuen Gedankengang ein, Agamemnons Sorge um die Verläßlichkeit der Gefolgschaft allgemein. — ἐϋκνήµιδες Ἀχαιοί: flektierbare VE-Formel (3.86n.). 50 ἐν θυµῷ βάλλονται ἐµοὶ χόλον: Zur Bezeichnung des seelischen Innern steht hier ἐν θυµῷ (noch 3× Il., 1× Od., 2× Hes. am VA), in Verbindung mit βάλλω sonst auch µετὰ/ ἐνὶ φρεσίν (LfgrE s.v. βάλλω: 29.26ff.; zur Austauschbarkeit der versch. Begriffe aus dem Wortfeld ‘Seele–Geist’ s. 1.24n.). ἐµβάλλεσθαι kann als mediales Pendant zu ἐµβάλλω ‘Gedanken, Empfindungen eingeben’ (3.39, Od. 2.79 u.ö.; vgl. 19.88n.) verwendet werden, i.S.v. ‘sich in den Kopf setzen, zu Herzen nehmen, im Sinn haben’ (1.297 [s.d.], 15.566, 23.313, Od. 12.218, vgl. 9.435), ‘sich einbilden’ (10.447, 20.196; LfgrE a.O.); hier mit χόλον bed. es ‘Zorn hegen’ (AH; eine ägypt. Parallele zu metaphor. gebrauchtem βάλλειν bei WEST zu Hes. Op. 27). ἐµοί ist dat. incommodi (1.282–283a n.; AH). Zur Abgrenzung von χόλος ‘(Jäh-)Zorn’ gegenüber µῆνις und κότος 1.81–82n. und 1.1n.; zur häufigen Lokalisierung von χόλος im θυµός JAHN 1987, 196.

51 ≈ 15.722; 2. VH = 13.333, 19.135. — Schiffen: Das Leitmotiv, der Kampf um die Schiffe (19.135n.), betont hier Agamemnons Verzweiflung, denn durch Achills Kampfenthaltung stehen die Achaier buchstäblich mit dem Rücken zur Wand (der Schiffe). οὐκ ἐθέλουσι µάχεσθαι: ἐθέλω bildet mit µάχεσθαι eine formelhafte Junktur (wie hier noch am VA: 15.722; am VE: 4.224, 6.141; getrennt im Vers 3.67, 8.210, 17.98, 20.87f., Od. 13.341): HIGBIE 1990, 171. Negiertes ἐθέλω ‘nicht bereit sein’ wird in der Ilias öfter mit Verben des Kämpfens verbunden (vgl. 6.522–523a n.): 9.356, 9.436 und 9.674 mit Bezug auf Achills Kampf-Boykott, 13.109 wie hier mit Bezug auf die (vom Sprecher angenommene) solidarische Kampfenthaltung auch anderer Achaier (außer den Myrmidonen). — ἐπὶ πρυµνῇσι νέεσσιν: VE-Formel (19.135n.). Zur Bed. und zum Akzent von πρυµνῇσι 31–32n.

52–63 Nestors Rede bestätigt Agamemnons Vermutung (44–48), daß die Lage schlimm ist, zuerst in allgemeiner Art (53f.), dann in Bezug auf die Mauer (55f.) und auf den Kampf (57–60); an die Lagebeschreibung schließt sich sein Rat an (61–63). Der Bericht über die Mauer steht vor der Schilderung des Kampfes (Nestors Wahrnehmung folgte der umgekehrten Reihenfolge: 14f.): So wird hervorgehoben, daß die Mauer nicht den erhofften Schutz der Schiffe bot (55–56n.; 56 emphatisch am VA: árrēkton, ‘nicht einzureißen’). Achill hatte ihre Nutzlosigkeit vorausgesagt (9.349–352); nach dem Mißerfolg der Gesandtschaft bei ihm (9. Ge49 ἦ ῥα: ‘gewiss’ (R 24.1, R 24.4). 50 περ: verstärkt ὥς (R 24.10). 51 νέεσσιν: zur Flexion R 12.1.

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sang) und den Verwundungen vieler Anführer (11. Gesang) wird Agamemnon nun mit einem weiteren Rückschlag, einer regelrechten Katastrophe konfrontiert: STRAUSS CLAY 2011, 77; zur Rolle der Mauer insgesamt TSAGALIS 2012, 103– 105. Die Schilderung der Folgen – die Troer haben die äußersten Schiffe erreicht (57: epí nēusí betont, als Gegensatz zum Raum vor der Mauer: AH), der Kampf ist ungemein intensiv (58b–60: Chaos und Lärm) – unterstreichen das Gefühl einer großen Bedrohung, das in Dramatischer IronieP zum Werkplan steht: Zeus ist an sein Versprechen gebunden, die Achaier durch die Troer bis zu den Hinterdecks zurückdrängen zu lasssen, läßt sie aber nicht untergehen (1.558f., 8.177ff., 8.475. 9.348ff.; 12.3ff.; THORNTON 1984, 157–159; DE JONG [1987] 2004, 151; LATACZ [1995] 2014, 332–334; GRETHLEIN 2006, 240). Wie in anderen Krisen (vgl. 2.362–368n.) zeigt sich auch hier Nestor bereit, sich mit strategischen Ratschlägen für das Gemeinwohl einzusetzen (61–63; ROISMAN 2005, 21). 52 = 4.317, 8.151, 9.162, 10.102, 10.128, 10.143, 11.655, Od. 3.102, 3.210, 3.253. — τὸν δ᾿ ἠµείβετ᾿ ἔπειτα: als Rede-EinleitungsformelP für eine Antwort-Rede verwendet (mit τόν/τήν, insges. 47× Il., 24× Od., 2× h.Ven.) wie die ebenfalls mit Γερήνιος ἱππότα Νέστωρ verbundenen Formeln τοῖς ἄρα / τοῖσι δὲ µύθων ἦρχε, τοῖσι δὲ καὶ / τοῖς δ᾿ αὖτις µετέειπε, τὸν δ᾿ αὖτε πρoσέειπε, die aber ausschließlich am Anfang eines Dialogs oder einer Beratung stehen (vgl. 1.121n. mit Lit.). — Γερήνιος ἱππότα Νέστωρ: VEFormel (21× Il., 10× Od., 1× Hes.). Zum Ursprung und zur Bed. von Γερήνιος (wohl Adj. zu Gerenia od. Gerenos, Name einer Stadt in Messenien) 2.336n.; FRAME 2009, 12 Anm. 6; ἱππότα (etwa ‘Wagenritter’) ist ein Epitheton von Helden der älteren Generation, mit der wohl aus dem Vok. übertragenen Nom.-Endung -ᾰ (2.336n.; FRAME 2009, 15f. mit Anm. 15).

53a das: Agamemnons Befürchtungen (44–48), ausgelöst von Hektors Aussagen über die Zukunft, die jetzt Wirklichkeit geworden sind: FAESI. Die Schiffe brennen zwar noch nicht, aber die entscheidende Katastrophe, das Eindringen der Troer in das ummauerte Gebiet des Schiffslagers, ist eingetreten (55–60). ἦ δή: stark affirmative Junktur (1.518n.). — ἑτοῖµα: Grundbed. ‘vorhanden’, hier ‘real(isiert), wirklich’; mit τετεύχαται hat es die Funktion einer Bestätigung von 48 τελεῖται; ähnl. von Gegebenheiten Od. 8.384 ἠδ᾿ ἄρ᾿ ἑτοῖµα τέτυκτο: AH; LfgrE.

53b–54 Nestor deutet “auf die Grenzen, die der Macht des Göttervaters gezogen sind. Gleichzeitig aber läßt er durch seine Formulierung die Gewalt des Einflusses erkennen, den Zeus auf das Ergehen der Sterblichen nimmt. Dieser Einfluß ist weitaus größer als der anderer Gottheiten” (ERBSE 1986, 223; vgl. FG 24; zum Verhältnis von Gottheit und Schicksal 16.433–438n.). Für das Publikum, das mit 52 τόν: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 17). — ἱππότα: Nom. Sg. der a-Dekl. auf -α (↑). 53 ἦ: ‘wirklich’ (R 24.4; ↑). — τετεύχαται, οὐδέ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — τετεύχαται: 3. Pl. Perf. Pass. zu τεύχω (zur Endung R 16.2); bei Homer kann das Prädikat bei einem Subjekt im Neutr. Pl. im Sg. oder im Pl. stehen. — οὐδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — κεν: = ἄν (R 24.5).

Kommentar

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der Erwähnung von Achill in 50 daran erinnert wird, wer Hektor bei der Verwirklichung seiner Angriffspläne hilft (Zeus, 52–63n.), sind Nestors Worte allerdings voll Dramatischer IronieP (JANKO zu 53–63; POSTLETHWAITE 2000, 186). Der Gedanke an eine Änderung der Lage bereitet vielleicht auch Heras und Poseidons Versuch vor, die Troer von den Achaiern zurücktreiben zu lassen (153–353n.). 53b οὐδέ κεν ἄλλως: formelhaftes VE, auch in Od. 8.176, 20.211, 24.107. 54 1. VH = 1.354, 12.68, 16.121, Od. 5.4, 23.331, Hes. Th. 601 (vgl. 568), Op. 8, ‘Hes.’ fr. 204.97 M.-W., h.Merc. 329. — Typischer Vier-Wort-Vers mit einem Satz im Enjambement und einem Eigennamen (allg. zu solchen Versen 1.75n., 16.125–126n., mit Lit.). Zusammen mit V. 59 (s.d.) verleiht er der Rede ein besonderes Gewicht. — ὑψιβρεµέτης: ‘hochdonnernd’, eines der EpithetaP des Wettergottes Zeus (1.354n.; 414n.). — παρατεκτήναιτο: metaphor. aus dem Zimmermannshandwerk: ‘umzimmern, anders ins Werk setzen’ (LfgrE s.v. τεκταίνοµαι; MÜLLER 1974, 31), wohl i.S.v. ‘ungeschehen machen’ (AH).

55–56 Mauer: AnalepseP des Mauerbaus in 7, mit wörtl. Anklang an 7.338, 437: SCHADEWALDT [1938] 1966, 124; vgl. auch 12.5–8. 55 µὲν γὰρ δή: ebenso 11.825, 16.23, Od. 6.242 am VA; µέν ist gegensätzlich zu δ(έ) 57, γάρ begründet 53f. — τεῖχος: in emphatischer Anfangsstellung (AMMANN 1922, 33). — κατερήριπεν: 15n. — ἐπέπιθµεν: athemat., schwundstufiges Plpf. zu intrans. πείθοµαι (2.341n.). 56 = 68; ≈ 7.338, 7.437. — ἄρρηκτον: ‘nicht einzureißen, fest’, zu ῥήγνυµι; öfter von Mauern, s. die Iteratverse und 21.447, Od. 10.4; vgl. auch Il. 12.90 τεῖχος ῥηξάµενοι, 12.198 τεῖχός τε ῥήξειν, 12.257 ῥήγνυσθαι µέγα τεῖχος u.a.; zur Stabilität von Mauern vgl. ferner 16.212 τοῖχον … ἀράρῃ πυκινοῖσι λίθοισιν (LfgrE). Die v.l. ἄρρατος mit nicht-ion. α (schol. T), ‘hart’, ist erst bei Plat. Rep. 535C und Crat. 407d belegt (LEAF; JANKO zu 53–56). — νηῶν τε καὶ αὐτῶν: 47n.

57 1. VH ≈ 13.84, 16.201 (s.d.), 16.547, 21.135. — schnellen: das häufigste Epitheton von Schiffen (1.12n.). µάχην … ἔχουσιν: Wendungen mit einem nom. actionis als Objekt zu ἔχω entsprechen vom Sinn her oft einer verbalen Aussage, hier µάχονται; ebenso 10.515, 13.10, 14.135 οὐδ᾿ ἀλαοσκοπιὴν εἶχ(ε), Od. 24.515/‘Hes.’ Sc. 241/251 δῆριν ἔχουσι/ἔχοντες/ἔχον, Il. 19.133 ἔργον … ἔχοντα u.a. (LfgrE s.v. ἔχω 844.47ff.). — ἀλίαστον: ‘unentrinnbar, vor dem man nicht ausweichen, dem man sich nicht entziehen kann’ (2.797n., 16.295– 296n.). 58 νωλεµές: am Satzende, in emphatischem Enjambement; ebenso die metr. Variante νωλεµέως 13.3, 13.780, Od. 20.24 (LfgrE; zur – unsicheren – Etymologie 19.232n.). — οὐδ᾿ 55 κατερήριπεν: ‘ist eingestürzt’ (vgl. 15n.). — ᾧ ἐπέπιθµεν: zum hiatüberbrückenden unsilbischen ι (hoj epépithmen) M 12.2. — ἐπέπιθµεν: intrans. Plpf. zu πείθω (↑). 56–57 νηῶν … νηυσί: zur Flexion R 12.1. — θοῇσι: zur Flexion R 11.1. 57 οἵ: demonstrativ (R 17); gemeint sind die kämpfenden Achaier. 58 νωλεµές: Adv. — περ: betont das vorangehende µάλα, ‘auch wenn noch so …’ (R 24.10).

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ἂν ἔτι γνοίης: wie in 5.85 (dort aber im Erzähler-Text) und wie die Wendung φαίης/ ἴδοις + κε/ἄν (s. 3.220n. mit Stellensammlung) im Potentialis der Vergangenheit Anrede an einen sekundären Narrativen AdressatenP (‘du hättest erkennen können’), hier als Zeugen für die sehr (µάλα περ) schwer im einzelnen zu erkennende Lage; vergleichbar ist 16.638f. (s.d.) οὐδ᾿ ἂν ἔτι φράδµων περ ἀνὴρ Σαρπηδόνα δῖον | ἔγνω (sc. im Kampfgewühl: DE JONG [1987] 2004, 57f.). — σκοπιάζων: zu σκοπός ‘Späher’, ‘(aus)spähen’, hier ‘angestrengt schauen’ (LfgrE). 59 Typischer Vier-Wort-Vers mit eigenständigem Satz (54n.). — ὀρινόµενοι κλονέονται: 14n. 60 2.VH ≈ 2.153, 8.192, 8.509, 12.338, Od. 9.20, 15.329, 17.565, h.Ap. 442. — ἐπιµίξ: ‘durchmischt, durcheinander’, wie hier bezogen auf eine “verworrene Kampfsituation” noch 11.525, 21.16 (LfgrE). — ἀϋτὴ δ᾿ οὐρανὸν ἵκει: Die Metapher bez. ein menschliches Maß übersteigendes Geschrei (2.153n.); hier vielleicht mit Bezugnahme auf die ähnl. Wendung in 13.837, ἠχὴ … ἵκετ᾿ αἰθέρα καὶ Δ∆ιὸς ἀυγάς (1–152n.; RENGAKOS 1995, 27). 61 = 4.14; ≈ 14.3, Od. 17.274, 23.117; 2. VH = Il. 2.252, 20.116 (mit φράζεσθον in 115), Od. 17.78. — ἡµεῖς δέ: scharfer Übergang von der Lageschilderung zur Folgerung. — ὅπως ἔσται: 3n.

62 Verstand: nóos bed. hier ‘Denken, Verstand’ (24.354n.; CLARKE 1999, 124f.; vgl. auch 23.604, Od. 3.128, 19.479, 20.20f.). “Die physische Leistungsfähigkeit der Achaierhelden befindet sich auf dem Nullpunkt, Nestors Appell muß sich daher an ihre geistige Fähigkeit richten, die nach Lage der Dinge allein noch einen Umschwung der militärischen Situation herbeiführen kann” (JAHN 1987, 83). — wir: Nestor begründet seinen Rat im folgenden (63) mit der Tatsache, daß man verwundet nicht kämpfen kann (63n.), schließt sich aber diplomatisch mit ‘wir’ ein, weil er ebenfalls aus körperlichen Gründen (wegen seines Alters) nicht mehr imstande ist, an diesem Kampf teilzunehmen (FAESI; zu Nestors Alter 2.601n.). ῥέξει: ῥέζω ‘tun, handeln’, hier ‘bewirken, ausrichten’ (FAESI; LfgrE s.v. ῥέζω 11.28f.). Formen von ῥέζω (hier in den meisten Handschriften) und ἔρδω (Nebenüberlieferung, s. app.crit.) finden sich auch sonst nebeneinander als Varianten, z.B. 9.535 (WEST 1967, 259); die Lesarten ἔρξοι/ἔρξει sind wohl durch ἔργα im vorhergehenden Vers beeinflußt (BADER 1965, 9). — οὐκ … κελεύω: Negation und Verb bilden eine begriffliche Einheit wie in 6.444, 24.297 u.ö. (SCHW. 2.593f.): ‘abraten’ (AH).

63 Verwundeter: 28n. δύµεναι (+Akk.): hier ‘sich stürzen in’ (6.185n.). — ἐστί: Vollverb; zur Akzentuierung je nach der Wortstellung 6.267n. 59 ὁπποτέρωθεν: zum Suffix -θεν R 15.1. — κλονέονται: zur unkontrahierten Form R 6. 60 ὥς: = οὕτως, ‘so, in dem Masse’. 61 τάδε (ϝ)έργα: zur Prosodie R 4.3. 62 ἄµµε: = ἡµᾶς (R 14.1). 63 δύµεναι: zur Form R 16.4. — βεβληµένον: Als Subjekts-Akk. erg. τινα (‘man’). — ἐστί: ‘ist möglich’ (↑).

Kommentar

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64 = 9.114, 10.64, 10.119, 19.184. — Formelhafte Rede-EinleitungP (3.58n.) — Herr der Männer: Zur Bed. dieses (urspr. wohl mykenischen) Titels 1.7n.

προσέειπεν: προς-έϝειπεν ist redupl. thematischer Aor. aus dissimiliertem *-e-ṷe-ṷqṷ(SCHW. 1.745; RIX [1976] 1992, 216). — ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαµέµνων: flektierbare VEFormel (1.172n.).

65–81 Agamemnons Rede ist gleich strukturiert wie Nestors vorhergehende Worte (ParallelkonstruktionP): Nachdem der Oberfeldherr die Situation nochmals beschrieben hat (65–73 wiederholt 53–60, mit wörtlichen Entsprechungen, bes. 68 = 56), zieht er daraus seine Schlüsse (74–81, entspricht 61–63) und untermauert sie am Schluß wie Nestor mit einer apologetisch klingenden Gnome (81, entspricht 63). Die Reihenfolge in der Zustandsschilderung wird allerdings chiastisch umgekehrt, indem Agamemnon vom Kampf bei den Schiffen (65) auf den Zustand der Mauer (66–68) und dann auf Zeus’ Willen (69–73) zu sprechen kommt (Nestor: Zeus’ Wille 53f., Mauer 55f., Kampf bei den Schiffen 57–60). Damit wird das Interesse auf die Verantwortung für die prekäre Lage gelenkt (zur Struktur der Rede AH zu 65; LOHMANN 1970, 139f.; DANEK 1990, 14). — Der Gedanke, daß die Götter für (Miß-)Erfolg im Kampf verantwortlich sind (69), ist im homerischen Epos verbreitet (5.185–187, 5.603–606, 8.140–144, 13.225–227, 15.488–493, 16.119–121 [s.d.], 17.629–647, 20.98 u.ö.; FENIK 1968, 188; FRAZER 1985, 3); vgl. auch die Neigung der Figuren allgemein, Geschehnissen, deren Urheber nicht ersichtlich ist, eine göttliche Motivierung zuzuschreiben (19.273b– 274n.; vgl. Jörgensens PrinzipP). Auch die Vorstellung von einem Gott, der über Sieg und Niederlage zugleich die Macht hat und sie nach Belieben gewährt (71– 73), ist normal (16.689–690n.). Hier ist aber die göttliche Verantwortung noch stärker betont: Zeus ist der schlimme Zustand der Achaier geradezu ‘angenehm’ (69 phílon, wie in 7.31f. den Göttern lieb ist, die Stadt zu zerstören), und Agamemnon meint zu wissen, daß er den Troern Erfolg im Kampf wie Göttern gebe (72f., s.d.), – genau das, wonach sich Hektor sehnt (13.825–829). Die feste Überzeugung des Sprechers (71f. éidea, óida ‘ich wusste, ich weiss), er kenne Zeus’ Einstellung, auf die er sich schon früher berief (69 = 2.116, 9.23), steht in Diskrepanz zur Realität, zu Agamemnons Verantwortung für Achilleus’ Rückzug vom Kampf und zu Zeus’ wirklichem Willen, der Diós boulē (1.5n.; Dramatische IronieP; zur göttlichen Verantwortung 19.273b–274n.). Ebenso wirkt der Gedanke eines Rückzugs angesichts von Göttern unterstützter Gegner an sich nicht ungewöhnlich (16.119–122a n.) und in einer verzweifelten Lage vernünftig und naheliegend (vgl. Hektors Befürchtungen in 8.510f.; ALBRACHT 1895, 19; ROBERT 1901, 127; allg. zum Motiv ‘Ratschlag zum Rückzug’ 18.255n.). Aber der Oberfeldherr plant keinen raffinierten Fluchtplan oder eine echte Widerstandsstrategie,

64 προσέειπεν: = προσεῖπεν.

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sondern einen Rückzug, der für seine Leute nur mit einer Katastrophe enden könnte (99–102; 83–102n.). Agamemnons Vorschlag illustriert somit seine strategische Inkompetenz (TAPLIN 1990, 74: “this is perhaps his lowest point of cowardice and incompetence”). Nestors Mahnung (62a) war vergeblich. Wie der erste Rat zum Rückzug (9.26ff.), so stößt deshalb der vorl. zweite Vorschlag auf heftige Kritik, hier des Odysseus (83–102n.). Nicht auszuschließen ist, daß der Erzähler auch den Unterschied zwischen dem Denken der beiden Anführer Agamemnon und Odysseus verdeutlichen will: Aus der gleichen Grund-Idee ‘Rückzug bei Nacht’, von Agamemnon als katastrophaler Plan in einer Krise ausgedacht, wird am Ende bei Odysseus ein überlegener Schachzug der Gewinner des Krieges: die vorgetäuschte Abfahrt der Achaier in ihre Heimat – in Wirklichkeit nur nach Tenedos –, welcher der Einzug des hölzernen Pferdes in die Stadt und ihre Eroberung folgt (Od. 8.500f., ‘Kleine Ilias’, Inhalts-Referat des Proklos Chrest. § 5 West; KULLMANN 1960, 229; POSTLETHWAITE 2000, 186). In der Antike (schol. D; schol. bT zu 75–81; Eust. 967.43ff.; auch erwogen von FAESI zu 69) hat man vermutet, Agamemnons Vorschlag solle wie im 2. Gesang (Diapeira) als nicht ernst gemeinte Prüfung der anderen Anführer verstanden werden. Es fehlt aber jeder Hinweis darauf (vgl. 2.73– 75n.; JANKO zu 65–81), und die militärische Situation hier ist eine ganz andere als im 2. Gesang.

65 ≈ 12.403, 13.762, 15.248; 2. VH ≈ 8.475, 15.385. — nachdem …: Nestors niederschlagende Nachrichten werden zur Deklaration und logischen Grundlage des folgenden Vorschlages gemacht (75–79). πρυµνῇσι: zur Bed. und zum Akzent 32n., 51n.

66 Graben: Agamemnon erweitert Nestors Lagebeschreibung (55f.), was den Bericht unnötig verschärft, und weist nachdrücklich nochmals auf die zerstörten Hoffnungen hin (THORNTON 1984, 159). οὐκ ἔχραισµε: χραισµέω bed. ‘als Abwehr dienen, schützen’, hier absolut wie 1.242 (s.d.), 21.316 u.a. (LfgrE). — τετυγµένον: “in nachdrücklicher Stellung: die ‘fest gebaute’, fast konzessiv” (AH). 67 ᾗ: In dieser Lesart, die in allen Handschriften bezeugt ist, wird zwar formal nur auf τάφρος Bezug genommen, aber die Mauer und der Graben sind als Einheit gesehen, wie das Folgende zeigt (67f.; 68 wiederholt außerdem Nestors Aussage in 56, dort zur Mauer). Deshalb ist Aristarchs Änderung in οἷς (schol. A, T, übernommen von AH und LEAF) nicht zwingend (JANKO zu 67–70). — πόλλ᾿ ἔπαθον: beim Bau (7.436–442, bes. 7.442). —

65 νηυσὶν ἔπι: = ἐπὶ νηυσί (R 20.2). 66 οὐδέ τι: ‘und auch gar nicht’ (τι ist Akk. der Beziehung [R 19.1], also eigtl. ‘und nicht in irgendeiner Hinsicht’). 67 ᾗ ἔπι: zum Hiat R 5.7; = ἐφ᾿ ᾗ (R 20.2). — Δ∆αναοί, (ϝ)έλποντο: zur Prosodie R 4.4. — ἔλποντο: zur augmentlosen Form R 16.1.

Kommentar

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ἔλποντο δὲ θυµῷ: parataktisch (AH); ähnl. und ebenfalls am VE Od. 3.275 ἔλπετο θυµῷ, 3.319 ἔλποιτό γε θυµῷ. Zur Bed. von θυµός als Sitz seelischer Regungen 1.24n.

68 = 56 (s.d.). 69 = 2.116, 9.23; ≈ 13.226: stets mit Bezug auf anscheinend ausweglose Situationen. 3× im Munde Agamemnons als Ausdruck der Resignation, während Idomeneus in 13.225ff. – wie Odysseus und Diomedes hier – trotz der widrigen Umstände zum Weiterkämpfen entschlossen ist. – 2. VH ≈ 1.564 (Zeus über sich selbst; s.d.). οὕτω: zurückweisend, wie in den Iteratversen 2.116 und 9.23 (JANKO zu 67–70). — που … µέλλει: µέλλει + Inf. bed. ‘alles deutet darauf hin/es ist sehr wahrscheinlich, daß’, που ‘ich denke doch, wohl’ (2.116n.). — ὑπερµενέϊ: ‘im Übermaß µένος, physische und psychische Energie, besitzend’; Epitheton des Zeus (2.116n.). Zur Langmessung der Dat. Sg.Endung -ι 2.116n. — φίλον εἶναι: ‘beliebt’, φίλος ‘lieb’ hier zur Bez. einer göttlichen Neigung, ja Willkür (ähnl. 1.564 [s.d.], 4.17, Od. 1.82 u.a.): LANDFESTER 1966, 106f. 70 = 12.70, 13.227 (νωνύµνους ἀπολέσθαι ἀπ᾿ Ἄργεος ἐνθάδ᾿ Ἀχαιούς). Der Vers, der in den besten Handschriften fehlt (s. app.crit.), ist höchstwahrscheinlich eine Konkordanzinterpolation aus 13.227; er sollte wohl οὕτω in V. 69 erklären, das aber zurückweisend ist (s.d.; AH zu 69; JANKO zu 67–70; WEST 2001, 13 mit Anm. 31). 71–72 εἴδεα µὲν γάρ, ὅτε … , | οἶδα δὲ νῦν, [ὅτε] ὅτι: εἴδεα: ebenso εἴδε᾿ in 8.366, att. ᾔδη; die unkontrahierte Endung der 1. Sg. Plpf. auf -εα mit erweiterndem ε findet sich auch in ἐτεθήπεα (Od. 6.166), πεποίθεα (Od. 4.434, 8.181) und ἠνώγεα (Od. 9.44, 10.263, 17.55): SCHW. 1.778; CHANTR. 1.438. Die Anapher eines Verbs (meistens des Prädikats, in Verbindung mit µὲν … δέ) mit Tempuswechsel ist selten; Parallelen: 6.192f. (δίδου/δῶκε), 21.372f. (ἀποπαύσοµαι/παυέσθω), Od. 18.67f. (φαῖνε/φάνεν), Hes. Th. 212 (τέκε/ἔτικτε): FEHLING 1969, 193. 213. Nach den absolut gebrauchten εἴδεα und οἶδα folgt in V. 71 ὅτε als Ausdruck einer allseits bekannten Tatsache, wie öfter nach Verben des Wissens, Erinnerns (z.B. Od. 16.424: K.-G. 2.368f.); in 72 ist dagegen nach νῦν das besser überlieferte ὅτι zu lesen (statt ὅτε), da νῦν keine temporale Ergänzung benötigt und der ὅτι-Satz die subjektive Auffassung des Sprechers besser wiedergibt (AH Anh.). 71 πρόφρων: ‘zugeneigt’; wie sonst prädikativ zu einem Verb mit der Bed. ‘helfen, beistehen’ (z.B. 1.77 ἀρήξειν, 10.290 παρέστης, Od. 13.391 ἐπαρήγοις), Gegenteil κακὰ/ὀλοὰ φρονέων; sehr oft wie hier von Gottheiten (LfgrE s.v. 1579.30ff.); zur Grundbed. und zu den Bedeutungsnuancen 1.77n.

72–73 Die Vorstellung der Verleihung des kýdos, einer übernatürlichen Stärke und Ausstrahlung (42n.), an die eine Partei und der Bindung (d.h. Lähmung) ihrer Gegner scheint magischen Ursprungs (BENVENISTE 1969, 66f.; DETIENNE/VER68 = 56. 69 ὑπερµενέϊ: zur Prosodie ↑. 71 εἴδεα: 1. Sg. Plpf. Zum Perf. zu οἶδα; zur augmentlosen Form R 16.1. — Δ∆αναοῖσιν: zur Flexion R 11.2. 72 µακάρεσσι: zur Flexion R 11.3.

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1974, 85 mit Anm. 85); ähnl. metaphorisch 2.111 (s.d.), Od. 4.380 ‘wer der Unsterblichen mich fesselt und mir die Fahrt unterbunden hat’ (LEAF). — die: den Troern. NANT

τοὺς µέν … | … ἡµέτερον δέ µένος: Im Poss.-Pron. ist die Antithese zu τούς enthalten. — µακάρεσσι θεοῖσιν: VE-FormelP (insges. 4× Il., 3× Od., 8× ‘Hes.’, 1× hom.h.). µάκαρ, überwiegend als Epitheton der Götter verwendet, bed. wohl im Kern ‘sicher und sorglos lebend’ (1.339n.). — κυδάνει: Denominativum zu κῦδος (RISCH 271), noch 20.42, sonst κυδαίνω; ‘mit übernatürlicher Stärke ausstatten, Erfolg verleihen’, äußeren Erfolg im Kampf verleihen, ähnlich wie κῦδος διδόναι 13.303, 18.456 u.ö., ἐγγυαλίζειν 15.491 (LfgrE). — µένος καὶ χεῖρας: µένος bed. hier etwas wie ‘aggressive Energie’ (1.103n.); häufig mit χείρ im Hendiadyoin verbunden (6.502n.).

74 = 2.139, 9.26, 9.704, 12.75, 14.370, 15.294, 18.297, Od. 13.179; ≈ Od. 12.213, h.Ap. 486. Der Formelvers leitet nach einer Analyse der Lage eine Aufforderung ein, der manchmal (wie hier) widersprochen wird (2.139n.). 75 ≈ 15.654. — νῆες: Nom. statt des Akk. νῆας: sog. attractio inversa (K.-G. 2.413; das Beziehungswort ist an das Rel.-Pron. angeglichen, wie 10.416, 14.371 und vielleicht 6.396 [s.d.]; anders HAVERS 1926, 249, vgl. 251: “isoliert-emphat. Nom.”); “more idiomatic than the variant νῆας” (JANKO zu 75–77; ebenso LEAF). Die Hervorhebung im Nom., die einen Rahmen setzt, wird als Erscheinung der Volkssprache (K.-G. 2.414) bzw. Merkmal mündlichen Erzählens beurteilt (BAKKER 1997, 100–108). — πρῶται: ‘als die ersten, wenn man vom Meer kommt, die vordersten, zuvorderst’ (vom Meer aus): 31–32n., prädikativ und proleptisch (SCHW. 2.181). 76 2. VH = 1.141, Od. 8.34; ≈ 2.152, Od. 3.153, 4.577, 5.261, 11.2. — ἕλκωµεν … ἐρύσσοµεν: ‘über die Landegräben herabziehen’ (durativ) … ‘ins Meer ziehen’ (effektiv; AH; WILLCOCK; zu den Landegräben, den ‘Kielfurchen’: 2.153n.). Die beiden Verben stehen in einem Suppletionsverhältnis: Der Aor. von ἐρύω vertritt den nicht belegten Aor. von ἕλκω (vgl. auch die Varianten der 2. VH 2.152/Od. 3.153 ἑλκέµεν/ἕλκοµεν εἰς ἅλα δῖαν; KÖLLIGAN 2007, 130). — πάσας: ‘alle diese’; mit ἁπάσας in 79 sind dann die gesamten Schiffe der Achaier (alle ohne Ausnahme) gemeint (FAESI; LEAF; LfgrE s.v. ἅπας 994.36ff., 996.56ff.). — εἰς ἅλα δῖαν: VE-Formel (1.141n.); zur Formelhaftigkeit von δῖος s. FOR2 Anm. 4 u. 39 Anm. 25. Die Bed. von δῖος ist allg. nicht klar (vgl. 1.141n.; LfgrE s.v. 313.23; DELG: ‘zum Himmel/Zeus gehörig, scheinend, glänzend’; s. auch JANKO zu 75–77). 77 ὕψι: zu ὕπ-ο mit lokativischem (oder dazu analogem) -ι wie in ἦρι, ἄρτι, ἄντι (FRISK); ‘oben’, hier ‘hoch’, d.h. über den Ankersteinen im Wasser unter dem Bug, ähnlich ὑψοῦ Od. 4.785, 8.55: LfgrE; 1.436n. — ἐπ᾿ εὐνάων: ‘auf den Ankersteinen’ (zur Sicherung 74 ἄγεθ᾿ (ἄγετε): urspr. Imp. zu ἄγω; zur Aufforderungs-Partikel erstarrt: ‘auf, los’. — ἐγὼ (ϝ)είπω: zur Prosodie R 4.4. 75 πρῶται (ϝ)ειρύαται: zur Prosodie R 4.4. — εἰρύαται: zur Flexion R 16.2. 76 δὲ (ϝ)ερύσσοµεν: zur Prosodie R 4.3. — ἐρύσσοµεν: kurzvokal. Konj. Aor. (R 16.3), ebenso ὁρµίσσοµεν in 77; zum -σσ- R 9.1. 77 εὐνάων: zur Flexion R 11.1. — εἰς ὅ κεν: ‘bis daß’ (κεν = ἄν: R 24.5).

Kommentar

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der Schiffe 1.436n.). — ὁρµίσσοµεν: zu ὅρµος ‘Anlauf-, Auflaufstelle’ (1.435n.), eigtl. ‘das Schiff auf den ὅρµος laufen lassen’, d.h. bei Landungen an den Strand rudern oder wie hier vom Land zu Wasser schleppen (und an Land festmachen). Das Schiff liegt dann schließlich so vor Anker, daß das Heck auf dem Strand, der Bug im Wasser liegt (LfgrE; KURT 1979, 194 mit Anm. 28). — εἰς ὅ κεν ἔλθῃ: = 21.231, Hes. Op. 630 (ebenfalls am VE). 78 2. VH bis 79 Τρῶες: = 11.799f., 16.41f., 18.199f. — ἀβρότη: nur hier belegt, neben νὺξ … ἄµβροτος (Od. 11.330), ἀµβροσίην διὰ νύκτα (Il. 2.57), νύκτα δι᾿ ἀµβροσίην (10.41, 10.142, 24.363, Od. 9.404, 15.8, immer am VA), ἀµβροσίη νύξ (Od. 4.429, 4.574, 7.283, immer am VE) und νὺξ … | ἀµβροσίη (Il. 18.267f., in einer vergleichbaren Situation). Nebenform zu ἄµβροτος, das mit Bezug auf die Nacht wie das davon abgeleitete ἀµβρόσιος überwiegend als ‘göttliches Geschenk’ oder ‘Lebenskraft enthaltend/spendend’ verstanden wird (2.57n.). ἀβρότη ist vielleicht ein Ersatz für metrisch unmögliches ἀµβρότη (SCHMITT 1967, 765; THIEME 1968, 125 mit Anm. 25; HAINSWORTH 1968, 62); hinter der Kurzmessung des Anlauts könnte aber auch eine vor-mykenische Formel *νὺξ ἀµr̥ τα stehen (WACKERNAGEL [1914] 1953, 1170 Anm. 1; WEST 1988, 156; JANKO zu 78–9; RUIJGH 1995, 89; vgl. G 15 zu r̥ > ρο). — ἢν … ἀπόσχωνται: entweder prospektiv, Ausdruck einer (zuversichtlich gehegten) Erwartung (AH) oder mit finalem Sinn wie 1.420 (s.d.), ‘in der Hoffnung, daß sie ablassen’. — καί: wohl ‘auch’; mit τῇ zu verbinden (AH). — τῇ: auf νύξ bezogen (AH; WILLCOCK) oder adv. ‘dann’ (JANKO zu 78–79). 79 ἔπειτα: “‘danach’, ἢν ἀπόσχωνται” (AH). — ἐρυσαίµεθα: Der Potentialis deutet wohl an, daß Agamemnon selbst noch nicht fest an das Gelingen seines Plans glaubt: Er rechnet mit einem Angriff der Troer selbst in der Nacht, der die Achaier zwingen könnte, die restlichen Schiffe zurückzulassen (JANKO zu 78–79; DANEK 1999, 87 Anm. 37). — ἁπάσας: 76n. zu πάσας.

80–81 Die Rede wird, wie oft, mit einer zumindest gnomisch klingenden Aussage abgeschlossen (1.218n.; AHRENS 1947, 38), die eine Handlung empfiehlt (80), auf deren Erfolg zu hoffen ist (81): AH. Damit wird der Vorschlag als vernünftige Maßnahme dargestellt und der Krieg zu einem allgemeinen ‘Übel’ reduziert (wiederholtes kakón; schol. bT zu 80; PAGANI 2008, 371). Aber in der heroischen Gesellschaft zählen nicht die mildernden Umstände, sondern die tatsächlichen Folgen (CAIRNS 1993, 74f.; vgl. 65–81n. und Odysseus’ folgende Kritik); der Einschub ‘auch nicht bei Nacht’ verrät denn auch das Bewußtsein des Sprechers, daß eine heimliche nächtliche Abfahrt keineswegs heroischen Maßstäben entspricht. φυγέειν … | … φεύγων προφύγῃ: φυγέειν ingressiv ‘die Flucht ergreifen’, φεύγων ‘durch die Flucht’, προφύγῃ effektiv ‘entrinnen’ (AH zu 80 u. zu 81; ähnlich LEAF). Die partielle Wiederkehr (Paronomasie) eines etymologisch gleichen Verbstammes durch ein 78 ἀβρότη, ἤν: zum Hiat R 5.6. — τῇ: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 14.3), auf νύξ bezogen, dann präpositionsloser dat. loci (R 19.2); oder adverbial (↑). — πολέµοιο: zur Flexion R 11.2. 79 κεν (ϝ)ερυσαίµεθα: zur Prosodie R 4.5. Zum Wechsel Akt. (76 ἐρύσσοµεν) – Med. ἐρυσαίµεθα R 23; erg. εἰς ἅλα (vgl. 76). — νῆας: zur Flexion R 12.1.

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Partizip, welche der ganzen Aussage mehr Ausdruck gibt, ist vor allem nachhom. belegt (FEHLING 1969, 265; SCHW. 2.388. 699f.). 80 οὐ … τις νέµεσις: ‘es gibt keinerlei Empörung’, d.h. ‘man kann sich nicht irgendwie empören’ (3.156n.). — ἀνὰ νύκτα: ‘während der Nacht’; nur hier im homerischen Epos ist temporales ἀνά belegt (K.-G. 1.474). 81 ὅς: = εἴ τις; das Demonstrativum ist gedanklich zu ergänzen (‘für jeden, der’); ebenso Od. 15.72, Hes. Op. 327 (LEAF; vgl. 19.235n.). — ἁλώῃ: 3. Sg. Konj. Aor. Akt. zum athemat. asigmatischen Wurzel-Aor. ἁλῶναι ‘in eine ausweglose Situation geraten, dran glauben müssen, sich erwischen lassen’ (att. mit erweitertem Präs. ἁλίσκοµαι; SCHW. 1.359, 741); wie hier im (impliziten) Gegensatz zu ‘entkommen’ auch 11.405, Od. 14.183, 15.300, 18.265 (LfgrE s.v. ἁλῶναι).

82 = 4.349, Od. 8.165, 18.14, 22.60, 22.320; ≈ 18.337, 19.70, 22.34; 1. VH (mit leichten Varianten) 17× Il., 9× Od. — Der immer in Rede-EinleitungenP erwähnte Blick drückt Empörung über die Verletzung sozialer Normen aus; hier wie in 5.251, 12.230, 18.284 über den Vorschlag einer in den Augen des Redners schmählichen Handlung (1.148n.; 2.245n.; CAIRNS 2003, 42). — vielbedenkende: Standard-Epitheton des Odysseus, der sich durch seine Fähigkeit zu strategischem Denken auszeichnet: 3.200n. ὑπόδρα: zur Wortbildung 1.148n.

83–102 Odysseus’ Rede enthält die drei Themen: (a) Agamemnons Plan, (b) die Kritik daran, (c) die Verpflichtung als Oberfeldherr, in drei Abschnitten: 1) 83–87: Andeutung einer Ablehnung des Planes (a, 83), Verwünschung des Angeredeten (b, 84a), seine Stellung (c, 84b–87); 2) 88–95: Plan, Troias Eroberung aufzugeben (a’, 88f.), Warnung vor der Reaktion der anderen (b’, 90–91a), seine Verantwortung (c’, 91b–94, mit einer Steigerung: ein Mann, der vernünftig ist, ein Anführer, mit Gefolgsleuten, mit so vielen wie Agamemnon! Eust. 968.14ff.; JANKO zu 91–94); 3) 95–102: Plan, die Schiffe während des Kampfes ins Meer zu ziehen (a’’, 96– 97a), gerahmt von Kritik: so wird das Heer untergehen (b’’, 95 u. 97b–102a), Anrede: deinetwegen, des Oberbefehlshabers (c’’, 102b) (LOHMANN 1970, 34–36). Gleichzeitig läßt sich eine Bewegung vom Emotionalen zum Konkreteren, Rationalen feststellen: im Thema ‘Plan’ (a) von der Aufgabe der Stadt-Eroberung (zu deren Bedeutung 2.12n.) zur Wasserung der Schiffe, im Thema ‘Kritik’ (b) von der allg. Invektive zum Hinweis auf eine Kritik der anderen, wobei mögliche moralische Argumente wirkungsvoll ausgelassen werden, damit der rationale Ein80 φυγέειν: zur Form R 16.4, R 8. 81 βέλτερον: erg. ἐστι. — ἠέ: = ἤ. — ἠὲ (ϝ)αλώῃ: zur Prosodie R 4.3; ebenso ὑπόδρα (ϝ)ιδών und σε (ϝ)έπος in 82f. 82 τόν: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 14.3).

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wand des Sprechers um so schwerer wiegt, während das Thema ‘Verpflichtung als Oberfeldherr’ (c) nach zwei breiter ausgeführten Teilen zu Agamemnons Stellung und Verantwortung in der sarkastischen Anrede ‘Herrscher der Männer’ gipfelt (LOHMANN a.O.; HOHENDAHL-ZOETELIEF 1980, 43f.). Eine so scharfe Kritik an Agamemnon äußert Odysseus nirgends sonst (REICHEL 1994, 215); allerdings übt er sie nur im kleinen Kreis unter einigen Anführern (FAESI zu 90). Er greift auch vor allem die strategischen Fähigkeiten des Oberbefehlshabers in einer schlimmen militärischen Situation an (52–63n.; zur Kritik an den phrénes, am Verstand, 6.352n.), weniger seine moralischen Qualitäten (er wirft ihm z.B. hier nicht Feigheit vor; JANKO zu 83–102; JONES zu 82–102). Sein defätistischer, gefährlicher Plan kann zu einer allgemeinen Verweigerung der Gefolgschaft führen und seine ohnehin prekäre Führungsposition (1.150n.) ganz untergraben (90–94; LOHMANN a.O. 35; ULF 1990, 42. 89; vgl. KEMPER 1993, 16f.). Der Oberbefehlshaber darf nicht die Verantwortung auf Zeus schieben (DANEK 1990, 21) und die heroische Norm vergessen, der zufolge der von Zeus gegebene Kampf nicht einzustellen ist (85b–87n.); der Krieg, so mühevoll er ist, ist unausweichliches Schicksal (ERBSE 1986, 221f.; HELLMANN 2000, 11; 85b–87n.), und nach den hohen Verlusten heimzukehren und alle bisherigen Anstrengungen zunichte zu machen ist überaus schmählich (vgl. 2.160/176ff.: 2.115n.). Die Rede entspricht damit auch der sonstigen Charakterisierung des Odysseus: Die heroische Norm hat er selbst verinnerlicht (4.360f., 11.403–413), ungeachtet des entsprechend mühseligen Lebens (85– 87n.); er bleibt trotz der harten Kritik loyal gegenüber Agamemnon (vgl. dagegen Achilleus’ Widerstand im 1. Gesang und Diomedes’ Kritik in 9.32–49) und erkennt in seiner Klugheit die wahren strategischen Erfordernisse (in 2.188ff. hält er das Heer vor einem unüberlegten Abzug ab, in 19.155–183 setzt er durch, daß vor dem Kampf gegessen wird; ihm gelingt es später, Troia zu erobern und wieder nach Ithaka zu gelangen): LOHMANN 1970, 35 Anm. 55; JANKO zu 83–102; KULLMANN (1968) 1992, 227f.; WILLCOCK zu 100. Diese allzeitige Gewandtheit spiegelt sich auch in dem fließenden Stil der Rede mit vielen Nebensätzen (im Gegensatz zu Agamemnons kurzatmigem Stil in 14.65–81: MARTIN 1989, 103; MONTIGLIO 2000, 46 Anm. 1; vgl. 3.222n.). 83 = 4.350; ≈ Od. 1.64, 3.230, 5.22, 19.492, 21.168, 23.70. — Der Formelvers, immer zu Beginn einer Rede, drückt eine Zurechtweisung aus: Der Sprecher gibt dem Adressaten zu verstehen, seine Worte wären besser ungesagt geblieben (LfgrE s.v. ἕρκος 707.16ff.). Vgl. 330n. Ἀτρεΐδη: in der Ilias 23× am Rede-Anfang; eine Anrede mit bloßem Patronymikon, ohne Eigenname u./od. Epitheton, ist nicht despektierlich (1.59n.). — ἕρκος ὀδόντων: ‘Zaun aus Zähnen’ (zur Grundbed. von ἕρκος, ‘Einfriedung’, 1.283b–284n.); VE-Formel (s. Iteratverse; außerdem in 9.409, Od. 10.328): LfgrE s.v. ἕρκος 707.16ff. 83 σε … ἕρκος: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1).

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84 οὐλόµεν(ε): zu ὄλλυµι, adjektivisch verwendetes Ptz. Aor. Med., ‘Verwünschter! Verdammter!’ (ebenfalls im Vok. Od. 17.484); Anlaut mit metr. Dehnung (1.2n.; LfgrE). — ἀεικελίου: wie ἀεικής mit α privativum zum Stamm εἰκ- gebildet (RISCH 122; zur Wortbildung im einzelnen BLANC 2012, 54–63), in der Odyssee von Sachen und Abstrakta mit der Bed. ‘ungeziemend’, nur hier übertragen vom Heer, ‘unwürdig, minderwertig’ (LfgrE); zum Gedanken der Entsprechung zwischen einem schlechten Führer und seiner Gefolgschaft vgl. 1.231n., 1.293n. — ἄλλου: sc. ‘als wir es sind’.

85b–87 Nestor, Diomedes, obwohl noch jung, und Odysseus haben schon vor dem Zug nach Troia gekämpft (VAN WEES 1992, 168). Der Gedanke, daß Zeus den Krieg um Troia und damit das Leiden und Sterben vieler Kämpfer fördert, scheint traditionell (11.53–55, Od. 8.81f., ‘Hes.’ fr. 204.118f. M.-W.; vgl. die Darstellung des heroischen Geschlechts als Kämpfer in Theben und Troia in Hes. Op. 156– 165; SCODEL 1982, 47f.); ähnl. von göttlichem Willen Josua 11.20 (WEST 1997, 382). Zu KULLMANNs Ansicht ([1956] 1992, 36f. mit Anm. 3), hier liege ein deutlicher Hinweis auf den in den Kyprien faßbaren Mythos vor, nach dem Zeus den Krieg wegen der übervölkerten Erde habe ausbrechen lassen, s. 1.5n. Der Krieg (pólemos) wird wie hier oft mit neg. Epitheta versehen und kommt pónos ‘Mühe’ gleich: TRÜMPY 1950, 149; negativ über den Kampf auch schol. D zu 4.509; eine Liste aller neg. Epitheta zum Krieg s. bei DE JONG (1987) 2004, 231–233. Mit Odysseus’ Hinweis auf das mühevolle heroische Leben vgl. seine Epitheta polýtlās, tlēmōn, talasíphrōn, ‘(viel)duldend’ (FAESI zu 85). 85 VE = Od. 16.422. — σηµαίνειν: ‘befehligen’, nur hier mit Gen. wie nach anderen denominativen Verben, z.B. κρατεῖν, ἄρχειν, sonst mit Dat. (z.B. 1.289, 1.296, 2.805): LfgrE s.v. 107.9f. — ἀνασσέµεν: ‘den Oberbefehl führen’ (vgl. 1.287–289n.); hier mit dat. (in)commodi (ἄµµιν): ‘für uns Oberbefehlshaber sein’ (LfgrE s.v. 794.73ff.). 86 ἐκ νεότητος … ἐς γῆρας: polare AusdrucksweiseP: das ganze Leben (FEHLING 1969, 275; ähnl. 2.789 [s.d.] ἠµὲν νέοι ἠδὲ γέροντες). — τολυπεύειν: metaphor. ‘abwickeln, durchmachen’ (24.7n.). 87 1. VH ≈ Hes. Op. 229. — ὄφρα: temporal (‘bis’) und so ein Lebensgefühl ausdrückend, das Odysseus’ tapferem Entschluß, zu kämpfen, in 11.408ff. entspricht, nicht final (‘damit’), womit Agamemnon entlastet und zynisch Zeus die Verantwortung gegeben wäre (AH; JANKO zu 85–87). — φθιόµεσθα: Vom Wurzelaor. *gwhÞei̯ -/*gwhÞi- sind im hom. Epos die Formen ἔφθιτ(ο) (18.100 u.a.), der Konj. wie hier u. 20.173 φθίεται, der Opt. φθῖτ(ο) (Od. 11.330), das Ptz. φθίµενος (Il. 3.322 u.ö.) und der Inf. κατα-φθίσθαι

84 αἴθ(ε) = εἴθε. — ὤφελλες + Inf.: ‘du solltest …’. — στρατοῦ ἄλλου: zur Hiatkürzung R 5.5. 85 ἄµµιν: = ἡµῖν (R 14.1). — ἀνασσέµεν: zur Form R 16.4. — ἄρα: ‘ja’ (R 24.1). 86 ἐς: = εἰς (R 20.1). 87 φθιόµεσθα (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. — φθιόµεσθα: kurzvokal. Konj. (R 16.3); zur Pers.-Endung R 16.2.

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(Od. 2.183 u.a.) belegt. Daneben finden sich schon im fgrE die Formen der sekundären Erweiterung des Stammes, φθίνω (Od. 5.161 u.ö.): HARĐARSON 1993, 187f. 88 2. VH ≈ 2.12, 2.29, 2.66, Od. 4.246. — οὕτω δή: leitet eine unwillige Frage ein (2.158n.): ‘so also wirklich?’ — εὐρυάγυιαν: ornamentales EpithetonP größerer Städte (2.12n.). Die 2. VH verbindet formelhaftes Τρώων πόλιν (noch 3× Il., 2× Od., jeweils nach der Zäsur B 1) und πόλιν εὐρυάγυιαν (s. Iterata; JANKO 88–90), ähnlich wie in 2.12f., 2.29f., 2.66f. πόλιν εὐρυάγυιαν | Τρώων. 89 ὀϊζύοµεν: hier passivisch, ‘(er)leiden’; Präs., nicht Impf. (LfgrE; zur aktivischen Bed. 3.408n.). 90 ≈ Od. 14.493; 1. VH = Od. 19.486. — σίγα: Der Imp. ist wohl beeinflußt von einem Adv. *σῖγα ‘still’, deshalb trotz der ingressiven Bed. ‘verstumme, höre auf zu reden’ Präsens (SCHW. 2.257 Anm. 1; [1923] 1983, 483; KÖLLIGAN 2007, 513); vgl. neugr. σιγά ‘(immer) langsam!’. — τίς τ(ε): -τε wie -que in lat. quisque; ebenso in 3.12 (s.d.; AH; CHANTR. 2.340; DENNISTON 533f.). 91 ἀνήρ γε: ‘kein Mann von der Art’ (die mit den folgenden Rel.-Sätzen beschrieben wird): LfgrE s.v. ἀνήρ 856.50ff., 857.3ff. — διὰ στόµα … ἄγοιτο: ‘durch seinen Mund gehen ließe’ (AH). ‘im Munde führen würde’; vgl. 2.250 ἀνὰ στόµ᾿ ἔχων (s.d.). — πάµπαν: ‘überhaupt’ (LfgrE s.v. 952.54). 92 = Od. 8.240. — ἐπίσταιτο: Modusassimilation an den übergeordneten Rel.-Satz; eine Korrektur in den Konj. ἐπίστηται (in einer Hs. belegt) ist deshalb unnötig (LEAF; CHANTR. 2.248). — ᾗσι: Der Anlaut, urspr. σϝ-, ist hier ‘positionsbildend’ (vgl. lat. suus: G 22 u. 82). — ἄρτια βάζειν: ἄρτιος, wohl zu ἀραρίσκω, ist nur im Akk. Pl. Neutr. belegt, außer hier und Od. 8.240 noch 5.326 = Od. 19.248 (ἄρτια εἴδη). Es bed. ‘recht, passend’, d.h. angemessen, wenn jemand das Gegenüber mit seinem Verstand (φρεσί) richtig einschätzt und nicht verletzt; Agamemnon wird damit indirekt vorgeworfen, einen Vorschlag (zu einem feigen Abzug) gemacht zu haben, der nicht der Stärke des Heeres und dessen mentaler Verfassung würdig ist (LfgrE s.v. ἄρτι(ος) 1361.78ff.; CALAME 1977, 217f.). βάζω, in der Ilias sonst nur noch 3× belegt, ist onomatopoetisch: ‘reden’; immer in dir. Rede verwendet. Das Verb wird oft wie an der vorl. St. am VE mit einem inneren Akk. verbunden: noch πεπνυµένα βάζεις Il. 9.58, Od. 4.206; ἀνεµώλια βάζεις/βάζειν Il. 4.355/ Od. 4.837 = 11.464; νήπια βάζεις Od. 4.32, ὀνείδεα βάζεις 17.461, µεταµώνια βάζεις 18.332 = 392; ἀπατήλια βάζει 14.127, 157; κέρτοµα βάζειν Hes. Op. 788): LfgrE s.v. βάζω. 93 2. VH = 12.229; ≈ 1.79. — σκηπτοῦχος: < *σκηπτροῦχος; bed. ‘zeptertragend’, vom Recht hoher Amtsträger, ein Zepter als besonderes Würdezeichen zu tragen (1.14–15n., 1.234n., 2.101–108n.); hier prägnant von einem königlichen Oberfeldherrn i.S.v. ‘befähigt, Befehle, Kommandos zu erteilen’, in seiner Bedeutung von Odysseus eindringlich kon88 µέµονας: Perf. mit Präs.-Bed., ‘(energisch) streben, den Drang haben’. 89 καλλείψειν: = καταλείψειν (R 20.1). — εἵνεκ(α): zur metr. Dehnung R 10.1. 91 κεν: = ἄν (R 24.5). 92 ἐπίσταιτο (σϝ)ῇσι: zur Prosodie ↑. — ᾗσι: = Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). 93 καί (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — πειθοίατο: = πείθοιντο (R 16.2).

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kretisiert durch πειθοίατο und ἀνάσσεις (LfgrE). — οἱ: ersetzt das Rel.-Pron. ᾧ wie in 1.79 (s.d.; AH) und führt so den mit ὅς (92) eingeleiteten Rel.-Satz mit einem demonstr.anaphor. Anschluß weiter.

94 2. VH ≈ 4.61 (von WEST athetiert), 18.366, 19.122, 23.471, Od. 7.23. 95 = 17.173. Der Vers wurde schon von Aristophanes v. Byzanz und Aristarch (schol. A) und später von AH und LEAF als Konkordanzinterpolation athetiert, weil νῦν δέ hier – anders als an der Parallelstelle 17.171–173 (Kritik des Glaukos an Hektor) – keinen Gegensatz zwischen ‘früher’ und ‘jetzt’ markiert. Die Wendung dient aber häufig auch dazu, einen Gegensatz zwischen Wunschvorstellungen und Realität zu markieren (vgl. z.B. 1.354 [s.d.]; Od. 1.219, 234, 241); hier: ‘ein Mann mit deiner Verantwortung sollte so etwas nicht sagen! Nun aber ⟨hast du es gesagt, und⟩ ich tadle dich dafür’ (LÜHRS 1992, 206; vgl. JANKO). — σε(ο): Zenodots Lesart, σε, ist wahrscheinlich als σε(ο) zu verstehen (WEST 1998, XXII; zu σευ, der sonst in allen Mss. überlieferten Lesart, s. G 45 Anm. 25), denn ein Hiat wäre sehr hart (LEAF; ein Akk. des Ganzen und des Teils bei ὄνοµαι ist sonst auch nicht belegt: ROSÉN [1967] 1984, 98). — ὠνοσάµην: ὄνοµαι zu ὄνοµα (BEEKES), bed. ‘mit einem Namen belegen, geringschätzen, tadeln’ (vgl. engl. ‘to call someone names’), meistens wie hier in direkter Rede; hier mit Akk. der Sache (φρένας): LfgrE. Der konstative Aorist läßt die Handlung, obwohl sie der Sprecher noch ausübt, als etwas Abgeschlossenes, mehr in der Distanz Liegendes erscheinen, und verleiht so der Aussage mehr Höflichkeit und Zurückhaltung. Dieser sog. ‘tragische Aorist’ von performativen Verben findet sich außer im Iteratvers sonst vor allem in der Tragödie (z.B. Eur. Andr. 866 ἐπῄνεσα; LLOYD 1999, 41. 45; RIJKSBARON [1984] 2002, 29). — οἷον ἔειπες: Rel.-Satz mit kompletiver und kausaler Funktion (CHANTR. 2.289: ähnl. 2.320 [s.d.]); er vertritt einen Akk. der Beziehung (MONTEIL 1963, 192). 96 ὃς κέλεαι: = 12.235, 18.286, ebenfalls als Rel.-Satz mit kausaler Färbung in negativem Sinn (JANKO zu 96–100). — πολέµοιο συνεσταότος καὶ ἀϋτῆς: zur Redundanz 37n.; zu dem im hom. Epos noch seltenen gen. abs. CHANTR. 2.323f. συνεσταότος nur hier, mit Bezug auf πολέµοιο, wörtl. ‘der sich zusammengestellt hat’, d.h. ‘nachdem das Zusammenstoßen im Nahkampf begonnen hat’ (LfgrE s.v. ἵστηµι 1245.31f.), also “‘während noch der Nahkampf dauert’” (vgl. 24–26; LATACZ 1977, 179); vgl. ἵστατο νεῖκος (13.333), φύλοπις αἰνὴ ἕστηκε (18.171f.), σύναγον κρατερὴν ὑσµίνην (14.448 = 16.764) (LfgrE s.v. ἀϋτή 1596.55ff.).

97–98 97 bis zur Zäsur C 2 = 9.683, 14.106. — nach Wunsch: iron. Finalsatz wie 2.359 (s.d.), der vorwurfsvoll die Paradoxie des Planes herausstellt. Das im

94 τοσσοίδ᾿ ὅσσοισιν: zum -σσ- R 9.1. — ὅσσοισιν … Ἀργείοισιν: zur Flexion R 11.2. — µετά (+ Dat.): ‘unter’. 95 σε᾿ ὠνοσάµην: zum Hiat R 5.1. — σε(ο): = σου (R 14.1). — ἔ(ϝ)ειπες: = εἶπες. 96 κέλεαι … συνεσταότος: zu den unkontrahierten Formen R 6. 97 ἅλαδ(ε): zur Form R 15.3. — ἑλκέµεν: zur Form R 16.4. 98 περ: gibt dem Ptz. ἐπικρατέουσι eine konzessive Färbung (R 24.10); hier noch verstärkt durch ἔµπης (↑).

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nächsten Vers folgende Trōsí (den Troern) steht emphatisch am VA, in Gegensatz-Position zu hēmīn d(é) (uns aber) in V. 99. νῆας ἐϋσσέλµους: flektierbare VA-Formel (2.613n.); zur Bed. des Epithetons (teils als ‘mit guten Ruderbänken’, teils als ‘mit guten Decks’ verstanden) 2.170n. — ὄφρ᾿ ἔτι µάλλον: VE-Formel (2× Il., 2× Od.); zum Αkzent von µάλλον s. WEST 1998, XX. — εὐκτά: εὐκτός, Verbal-Adj. von εὔχοµαι – vgl. φυκτά (Od. 8.299), ἀνεκτά (Od. 20.223) –, dient im Neutr. Pl. als abstraktes Subst. (vgl. 16.128 φυκτά); das hom. hapaxP bed. wohl ‘Möglichkeiten sich zu rühmen, Anlaß zum Triumph’ (AH; LfgrE s.v. (ἐπ)εύχοµαι 823.1f.; vgl. REYNEN 1983, 180f.). Die Aussage ist dann vergleichbar mit 11.290 ἵν᾿ ὑπέρτερον εὖχος ἄρησθε. Möglich ist aber auch die nachhom. für εὐκτός ausschließlich belegte Bed. ‘erwünscht, nach Wunsch’ (CORLU 1966, 219: ‘ce qui est l’objet des vœux pour les Troyens’; WILLCOCK; LfgrE s.v. εὐκτός). — ἐπικρατέουσι: ‘die Oberhand haben, überlegen sein’ (LfgrE s.v. κρατέω). — περ ἔµπης: ‘doch schon, ohnehin’ (AH; SCHW. 2.582). 99 αἰπὺς ὄλεθρος: flektierbare VE-FormelP (13× Il., 10× Od.), außerdem nach der Zäsur A 3 wie hier noch Od. 1.37. αἰπύς, ‘jäh, jählings’, gehört zur Figuren-SpracheP (6.57n.). — ἡµῖν δ᾿ … ἐπιρρέπῃ: ‘und sich uns … niedersenkt’: dahinter steht das Bild von der Waagschale mit dem sich senkenden – hier mit αἰπύς viell. dramatisch ‘ausschlagenden’ – Verderben, wie in 8.72, 22.209–213 (schol. D; AH; JANKO zu 96–100; CLARKE 1999, 28. 256 Anm. 55). 100 σχήσουσιν πόλεµον: σχήσουσιν ‘aushalten’ (AH; FAESI; vgl. 24.670n.); πόλεµος, wie sonst oft, ‘Kampf’ (6.203n.). — νηῶν ἅλαδ᾿ ἑλκοµενάων: vgl. 97; zum gen. abs. 96n.

101 Die Ablenkung wäre fatal, denn sie würde zu einem Rückzug führen; zu dessen Gefährlichkeit vgl. 6.80–83, 8.94f., 8.512 (FENIK 1968, 31). ἀποπαπτανέουσιν: Lesart u.a. von Platon und den Scholien; zu παπταίνω, ‘spähen, suchend blicken’, d.h. die Achaier werden vom Kampf weg und zu den Schiffen blicken und an Flucht denken; vgl. 507 (s.d.; sschol. D; FAESI; JANKO; LfgrE s.v. παπταίνω 971.32ff.; zur Etymologie KÖLLIGAN 2007, 268f.). Die Lesart der Handschriften, ἀποπτανέουσιν, beruht auf einer Haplographie (JANKO zu 101-102). — ἐρωήσουσι … χάρµης: χάρµη bez. den Kampf-Eifer, die Kampfeslust, ἐρωέω mit. Gen. bed. ‘aufhören, nachlassen’ (2.179n.; 19.169–170n.; vgl. FOR 23). Hier ist somit die Ablenkung vom Kampf gemeint, das Gegenteil des µνήσασθαι χάρµης (‘sich auf die Angriffslust besinnen’: 19.147–148n.): LATACZ 1966, 34. 102 κε … δηλήσεται: δηλήσεται ‘wird Verderben bringen’ (LfgrE), Fut. (AH; WILLCOCK: mit κε: ‘in dem Fall’) oder kurzvokal. Konj. (CHANTR. 2.212, 225). — ὄρχαµε λαῶν: gener. EpithetonP von griech. Anführern; VE-Formel (19.288–290a n.; FOR 23); zur Etymologie von ὄρχαµος 2.837n.

99 ἡµῖν: dat. incommodi. 101 ἀποπαπτανέουσιν: unkontrahierte Fut.-Form (R 6).

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103–108 Agamemnon bekennt, von Odysseus’ Worten getroffen zu sein (104f.), und akzeptiert seine Einwände (105f.), denn er weiß, daß Odysseus nicht nur grundsätzlich loyal ist (vgl. 4.359–363, wo er ebenfalls einen Rückzieher macht), sondern auch ein guter Stratege (VAN WEES 1992, 114); Odysseus hat ihn auch nicht direkt der Feigheit bezichtigt (83–102n.): Das erlaubt ihm, von seinem Plan abzurücken (JONES zu 82–102). Seine für ihn charakteristische Ratlosigkeit und Führungsschwäche werden dann allerdings doch darin offenbar, daß er sogar Jüngere, die sonst nicht um ihren Rat gefragt werden, um Ideen bittet und damit Diomedes ermutigt (107f.): MONTIGLIO 2000, 108; SCHOFIELD (1986) 2001, 249. 103 = 1.172 (s.d.), 10.86. Rede-Einleitung als Variante zu 64 (FRIEDRICH 2007, 76). Zur VEFormel ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαµέµνων 1.172n.; zur Verbindung ἄναξ ἀνδρῶν 1.7n. 104 µάλα πως: πως verstärkt µάλα (AH). — µε καθίκεο θυµὸν ἐνιπῇ: einziges Bsp. für (καθ-)ικέσθαι u. ἱκάνω in übertragener Bed. (‘treffen’, wie in Od. 1.342 µε … καθίκετο πένθος oder in Il. 24.708 πάντας … ἵκετο πένθος: s.d.) mit belebtem Subjekt; es ist wohl als Variante zu *ἐνιπή µε καθίκετο θυµόν zu betrachten, viell. als stilistische Neuerung, welche Odysseus als Urheber ins Zentrum rückt (LÉTOUBLON 1985, 159f.); vgl. auch 1.582 σὺ τόν γ᾿ ἐπέεσσι καθάπτεσθαι µαλακοῖσι (s.d.; LfgrE s.v. ἱκάνω 1181.43ff.). In κατα- könnte die Bed. ‘von oben nach unten, tief’ stecken (SCHW. 2.475; LÉTOUBLON a.O. 148), vgl. ‘heruntermachen’.

105 gegen ihren Willen: Diese Nachgiebigkeit, die in großem Gegensatz zur Härte und Unbeugsamkeit gegenüber Achilleus im ersten Gesang steht, deutet auf Agamemnons mangelnde Souveränität. 106 bis zur Zäsur C 2 = 9.683, 14.97 (s.d.). — υἷας Ἀχαιῶν: flektierbare VE-Formel (1.162n., dort auch zur Herkunft der Periphrast. Benennung P).

107 jetzt: “da ihr meinen Rat verwerft” (AH). Agamemnon geht nicht auf Einzelheiten von Odysseus’ Kritik ein und wischt damit auch jede (ihm peinliche) weitere Diskussion über seinen Befehl hinweg. — find’ sich: die Erwiderung erfolgt 110. — beßren: Agamemnon ist ein Führer, der nie oder selten die besten Ideen hat. εἴη ὃς … ἐνίσποι: zwei Kupitive wie 17.640 εἴη δ᾿ ὅς τις … ἀπαγγείλειε (SCHW. 2.323). 103 τόν: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 14.3, R 17). — ἔπειτα (ϝ)άναξ: zur Prosodie R 4.3. 104 ὦ Ὀδυσεῦ: zum Hiat R 5.7. — Ὀδυσεῦ: zum einfachen -σ- R 9.1. — µε … θυµόν: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). — καθίκεο: zur unkontrahierten Form R 6. 105 ἀργαλέῃ· ἀτάρ: zum Hiat R 5.6. — ἀργαλέῃ: zum -ῃ nach -ε- R 2. — ἀτάρ: = αὐτάρ (R 24.2). — µέν: emphatisch (≈ µήν: R 24.6). — ἐγών: = ἐγώ. — ἀ(ϝ)έκοντας: = ἄκοντας. — ἄνωγα: Perf. mit Präs.-Bed., ‘ich befehle’. 106 νῆας: = ναῦς (R 12.1). — ἅλαδ(ε): ‘zum Meer’ (R 15.3). — ἑλκέµεν: zur Form R 16.4. — υἷας: zur Flexion R 12.3. 107 εἴη: Vollverb (↑). — ἐνίσποι: Aor. zu ἐν(ν)έπω ‘mitteilen, sagen’.

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108 Mit ‘ein Junger oder ein Alter’ sind wohl eigentlich zwei gemeint, der alte Nestor und vor allem der junge Diomedes (9.57), der bisher nicht gesprochen hat, aber im 9. Gesang im entscheidenden Moment auf Agamemnons Rede reagierte und dann von Nestor ergänzt wurde (9.31ff.): ANDERSEN 1978, 139.

ἢ νέος ἠὲ παλαιός: Polarer AusdruckP, der die Gesamtheit umfaßt, ähnl. wie die VEFormeln νέοι/νέαι ἠδὲ παλαιοί/παλαιαί (Od. 1.395, 8.58/2.293, 4.720) und ἠµὲν νέοι ἠδὲ γέροντες (2.789n.). — ἐµοὶ … ἀσµένῳ εἴη: ἄσµενος ist ein altes isoliertes Partizip, viell. ein σ-Aor.; es bed. ‘froh’ (viell. eigtl. ‘heilfroh’, zu νέοµαι ‘heil davonkommen, heimkommen’) und ist sonst nur formelhaft am VE 20.350 φύγεν ἄσµενος ἐκ θανάτοιο, am VA Od. 9.63, 9.566, 10.134 ἄσµενοι ἐκ θανάτοιο belegt (LfgrE; DELG mit Suppl.). Hier ist es prädikativ mit Dat. verwendet wie andere Partizipien, die ein Gefühl oder einen Willen ausdrücken, z.B. 7.7 Τρώεσσιν ἐελδοµένοισι φανήτην, 12.374 ἐπειγοµένοισι δ᾿ ἵκοντο, Od. 3.227f. ἐµοί γε | ἐλποµένῳ τὰ γένοιτ᾿, 21.115f. οὔ κέ µοι ἀχνυµένῳ τάδε δώµατα πότνια µήτηρ | λείποι (v.a. in der Od. u. später verbreitet: CHANTR. 2.74. 326; LfgrE). Damit drückt der ratlose Agamemnon aus, daß ihm (mit ἐµοί stark betont) eine rettende Idee in dieser katastrophalen Lage äußerst willkommen und erwünscht wäre (LfgrE). 109 = 10.219; ≈ 7.399, 9.31, 9.696, 10.241. — τοῖσι δὲ καὶ µετέειπε: VA-Formel (8× Il., 8× Od.); zur Form µετέειπε vgl. 64n.; zu καί 41n. — βοὴν ἀγαθὸς Δ∆ιοµήδης: VE-Formel (21× Il.); das generische EpithetonP βοὴν ἀγαθὸς, ‘gut in bezug auf den (lauten) Ruf’, sonst vor allem zu Menelaos gestellt, bezieht sich wohl überwiegend auf die gut vernehmliche Kommando-Stimme von Anführern (2.408n.); möglich wäre auch der Sinn ‘gut auf einen Ruf hin zu Hilfe eilend, gut Hilfe bringend’ (vgl. βοήθοος ‘[auf einen Ruf hin] zu Hilfe eilend’): Hinw. WEST.

110–132 Diomedes’ Rede ist dreigeteilt (I: 110–112, II: 113–127, III: 128–132). Die zwei ersten Teile sind ringkompositorischP miteinander verbunden: Die Bitte um Anerkennung des Ratschlags auch eines der Jüngsten (110–112, 127) umklammert den Hinweis auf hohe Abkunft und Kampfleistung (113f., 126) und im Zentrum Diomedes’ Genealogie (115–125, unterteilbar in 115–118: die Vorfahren in Aitolien, 119–125: Tydeus in Argos). Auf diese zweiteilige Einleitung folgt der eigentliche Rat in drei Schritten: Rückkehr auf das Schlachtfeld (128), Verzicht auf direktes Eingreifen in den Kampf (129f.), dafür Paränese an die anderen Kämpfer (131f.): LOHMANN 1970, 93. Diomedes nimmt mit dem Hinweis auf sein Alter Agamemnons Aussage auf, er sei offen gegenüber dem Rat von Jung und Alt (108 néos ‘jung’ – 112 neōtatos ‘jüngster’; Catchword-TechnikP). Das war in einer Krise gesagt; sonst traute man Jüngeren aufgrund ihrer mangelnden Erfahrung weniger und hielt sie für allzu impulsiv (1.259n., 3.108–110n.). Diomedes und Achilleus zählen zwar aufgrund ihrer hervorragenden kämpferischen Leistungen zu Agamemnons sog. ‘Rat der 108 ἠέ: = ἤ. — κεν: = ἄν (R 24.5). — ἀσµένῳ εἴη: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 109 τοῖσι: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); zur Flexion R 11.2. — µετέ(ϝ)ειπε: = µετεῖπε. — βοήν: Akk. der Beziehung (R 19.1).

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Alten’ (2.53n., vgl. auch 6.87n.; ULF 1990, 66f.). Trotzdem wird von ihnen Zurückhaltung aufgrund ihrer Jugend erwartet, und es ist also nicht nur äußerliche Rhetorik, wenn Diomedes hier um Anerkennung ringt (BARCK 1976, 87; QUERBACH 1976, 63f.; ANDERSEN 1978, 140). In 4.370ff. war Diomedes von Agamemnon zu Unrecht der Feigheit bezichtigt und als seinem Vater Tydeus unterlegen bezeichnet worden. Diomedes hatte damals respektvoll geschwiegen, sich dann (besonders in der Aristie im 5. Gesang geschildert) herausragend auf dem Schlachtfeld bewährt und im 9. Gesang Agamemnon heftig angegriffen (9.32–49; ULF 1990, 112; REICHEL 1994, 221). Nestor hatte ihm diplomatisch in 9.53ff. geantwortet, indem er seine Rede nicht nur lobte, sondern auch mit Hinweis auf seine Jugend milde kritisierte. Nestors Vorschlag führte allerdings nicht zum Ziel, wie Diomedes in 9.696ff. bemerkt. Der erfahrene alte Anführer hatte weder mit seiner Empfehlung einer Gesandtschaft zu Achilleus noch mit seinem Rat, die Mauer zu bauen, Erfolg gehabt und mußte resignieren (61f.; Eust. 970.10ff.; SCHADEWALDT [1938] 1966, 126; REICHEL a.O. 222f.). Auf diese vorausgegangenen Auftritte des Diomedes wird hier vermutlich angespielt (mit wörtlichen Anklängen: 112n.; 126–127n.; JANKO zu 110–112). Diomedes verzichtet nun taktvoll (und gerade dadurch Sympathie gewinnend) darauf, Agamemnon seine eigenen Leistungen vorzuhalten (JANKO zu 110–132), und weist statt dessen auf seine Herkunft hin (zu den Funktionen der Genealogie 113–125n., 120n.). Auf diese Weise setzt er sich durch (133): wieder ist er es, der wie in 9.710f. als einziger “mit jugendlicher Zuversicht” einen konkreten Rat weiß (ERBSE 1986, 110; BASSETT [1938] 2003, 217; ERBSE 2005, 6): Ausgehend von Nestors Empfehlung, nicht mit einer Verwundung zu kämpfen (62f.), setzt er als selbst Betroffener durch, daß sie als Anführer zumindest die anderen ermutigen sollen. – Dies ist Diomedes’ letzte Rede in der Ilias; sie rundet die Charakterisierung eines jungen Mannes, der ähnlich wie Telemachos in der Odyssee aus dem Schatten seines Vaters treten muß, harmonisch (und fast entwicklungspsychologisch) ab (ANDERSEN 1978, 141; REICHEL a.O. 223f. mit Anm. 7): Er hat sich, herausgefordert von Agamemnon, anders als der ebenfalls junge Achilleus, nicht verstimmt zurückgezogen, sondern im Kampf bewährt (19.48n.; REICHEL a.O.) und von Nestor gelernt, seine Ratschläge maß- und taktvoll zu geben (MARTIN 1989, 24f.). Deshalb wird er hier erfolgreich (ALDEN 2000, 166f.) und voll Stolz auf seine Herkunft gezeigt (REICHEL a.O.; zur Interpretation der Genealogie als paradigmatische Aussage 120n.). 110 ἐγγὺς ἀνήρ: der gleiche Nominalsatz 20.425 (Achill von Hektor); hier Reaktion auf 107f. νῦν δ᾿εἴη ὃς τῆσδέ γ᾿ ἀµείνονα µῆτιν ἐνίσποι, | ἢ νέος ἠὲ παλαιός ähnlich wie in Od. 2.40 οὐχ ἑκὰς οὗτος ἀνήρ auf 28f. νῦν δὲ τίς ὧδ᾿ ἤγειρε; … | ἠὲ νέων ἀνδρῶν ἢ οἳ προγενέστεροί εἰσιν (LENTINI 2006, 61 Anm. 3). — µατεύσοµεν: hom. hapaxP, ‘su110 αἴ: = εἴ. — κ(ε): ἄν (R 24.5).

Kommentar

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chen’; viell. enthält das Wort die Konnotation ‘umsonst, vergeblich (suchen)’ (LfgrE) und gehört zu µατάω (dazu 16.474n.): MEIER-BRÜGGER 1989b, 43 Anm. 5. 110b–111 αἴ κ᾿ ἐθέλητε | πείθεσθαι: = Hes. Th. 164f. – ἐθέλητε ‘bereit seid’ (AH; zum Bedeutungsspektrum von ἐθέλω s. 1.112n.). 111 κότῳ ἀγάσησθε: ‘im Zorn euch entrüstet’ (AH). κότος, hier im dat. modi, bed. ‘Ingrimm’, ‘schwelender Zorn’ (1.81–82n.), hier wohl ‘aufsteigende Wut’ (vgl. κοτέω in 4.168, 23.391; LfgrE; CAIRNS 2003, 30). Zu ἄγαµαι ‘unwillig sein’ 3.181n. Der verneinte Befehl mit µή + Konj. Aor. ist im hom. Epos nur selten belegt (24.568n.). 112 γενεῆφι νεώτατος: ähnlich 9.58 ὁπλότατος γενεῆφιν (die v.l. γ. νεώτερος ist wohl eine Konkordanzinterpolation aus 21.439: JANKO zu 14.110–112).

113–125 Um seinen Rat noch mehr zu stützen und seinen Worten Gewicht zu verleihen, entfaltet Diomedes seine Genealogie, eine Erzählform, die sonst in Reden mitten im Kampfgeschehen zur Drohung und im Triumph verbreitet ist (6.152– 211n.). Sie ist verhältnismäßig lang; man hat sie deshalb als überflüssig (LEAF zu 114; CSAJKAS 2002, 93–95) und als unangebracht angesehen angesichts der kritischen Situation der Achaier, verbunden mit der Tatsache, daß die Anführer Diomedes und seine Herkunft natürlich kennen (CSAJKAS a.O.). Die Erinnerung an die Genealogie und die Qualitäten der Vorfahren ist aber – neben dem Hinweis auf die eigenen militärischen Leistungen (126) – von zentraler Bedeutung für die Selbstvergewisserung und die Selbstdarstellung eines heroischen Menschen (GREINDL 1938, 126; LOHMANN 1970 140f.; ULF 1990 113f.; LÉVY 1995, 182; HIGBIE 1995, 100; STOEVESANDT 2004, 329). Die Genealogie ist auch kein bloßer Katalog (nur 117 erinnert stilistisch daran: PRIESS 1977, 190). Der Schwerpunkt liegt auf Tydeus, wobei die Darstellung seines Geschicks die im 4. und 5. Gesang geschilderten Ereignisse ergänzt (114n.; ANDERSEN 1978, 141). Geschehnisse, die ein ungünstiges Licht auf Tydeus werfen, werden nicht erwähnt (wie seine vielleicht schon in homerischer Zeit bekannte Grausamkeit vor Theben: Theb. fr. 9 West; JANKO zu 114) oder nur angedeutet und günstig interpretiert (ein Verwandtenmord oder sonst eine Veranlassung zum Exil: 120n.; PADUANO/MIRTO zu 103– 152; DANEK 1990, 23; zu Auslassungen in anderen Genealogien 6.152–211n.); es wird an das Gedächtnis der Angesprochenen appelliert (114, 125; HEBEL 1970, 62). Nach Odysseus’ Kritik an Agamemnons Kampfeswillen dürfte Tydeus, einer der Sieben gegen Theben, auch als Vorbild dargestellt sein (ähnl. PADUANO/MIRTO a.O.); wenn Diomedes sich als würdiger Erbe darstellt, ist dies durchaus auch als Antwort auf Agamemnons Kritik in 4.370–400 gemeint, Diomedes stehe an Leistung im Kampf weit hinter seinem Vater zurück (110–132n.).

111 µή τι: ‘nicht etwa’ (eigtl. ‘nicht in irgendeiner Hinsicht’, R 19.1). — κότῳ ἀγάσησθε (ϝ)έκαστος: zu den Hiaten R 5.6 und R 4.3. 112 οὕνεκα: Krasis für οὗ ἕνεκα (R 5.3), ‘(deswegen,) weil’. — γενεῆφι: zur Flexion R 11.4.

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113 ≈ Od. 21.335; 2. VH = Od. 14.204; ≈ 17.373, h.Ap. 470. — edlem: Wie in 21.109, Od. 4.611, 21.334f. und h.Cer. 214, wo ebenfalls auf die Herkunft verwiesen wird, ist das soziale Moment (die ‘adlige’ Familie; 114ff.) eine in der Adels-Ideologie selbstverständliche Voraussetzung, um sich ökonomisch und militärisch zu bewähren: Tydeus ist reich (121–124a) und zeichnet sich im Kampf aus (124b–125): LfgrE s.v. ἀγαθός 22.39ff., 25.27ff.; LÉVY 1995, 180; vgl. allerdings 2.201–202n. πατρὸς δ(έ): “Gegensatz zu dem Vorwurf zu großer Jugend, um seinen Anspruch, gehört zu werden, zu motivieren” (AH). — εὔχοµαι εἶναι: flektierbare VE-Formel (insges. 14× Il., 18× Od., 3× hom.h.); εὔχοµαι ‘(mit Stolz) von sich sagen’, hier wie auch sonst von der Abstammung (6.211n.).

114 2. VH ≈ 6.464, Hes. Op. 121, 140, 156. — Der Vers wurde von Zenodot athetiert und von Aristophanes von Byzanz ausgelassen (schol. AT), vermutlich weil nach att. Tradition Tydeus in Eleusis begraben war (Aisch. test. zu Eleusinioi, S. 175 Radt; nach Paus. 9.18.2 wurde sein Grab aber in Theben gezeigt). Auch von manchen in der Neuzeit (u.a. FAESI; LEAF; DANEK 1990, 24 Anm. 35) wird der Vers als Interpolation betrachtet, vor allem, weil erst 119ff. von Tydeus die Rede sei. Nach der Ankündigung in 113 und als Einführung in die Genealogie ist aber der berühmte Name, der in 119 darum nicht genannt wird, sinnvoll (AH, Anh. zu 114–132; JANKO), und der Hinweis auf den (vom Sprecher wohl als bekannt vorausgesetzten) Grabhügel unterstreicht die Wahrheit der folgenden Aussagen und den mit dieser Bestattungsart verbundenen Ruhm des verstorbenen Ahnen (ALY 1939, 1707; HEBEL 1970, 62; zum Heroenkult allg. 6.419a n.). — Tydeus: zu seiner Genealogie und zur Beziehung zu Argos (115ff.) s. 117n., 119n., 120n., 121n., FM 6. Er wird sonst in der Ilias (4.372ff., 5.800ff., 6.222f., 10.285ff.) als einer der ‘Sieben gegen Theben’ genannt (LfgrE s.v. 667.54ff.; 6.223n.); der Kampf Argos gegen Theben war von Polyneikes, einem Exilierten in Argos wie Tydeus (120n.), gegen seinen Bruder Eteokles veranlaßt worden und stand unter der Führung von Tydeus’ Schwiegervater Adrestos (121n.). Tydeus ist damit einer der älteren Helden, die den Mythos vom Troianischen Krieg mit anderen Mythen verbinden. Der Thebanische Krieg, dessen Kenntnis wahrscheinlich vorausgesetzt wird, findet in der Ilias nur im Zusammenhang mit Tydeus Erwähnung, was wiederum durch Diomedes’ besondere Stellung im Epos bedingt ist (PRIESS 1977, 121; JANKO zu 114; Lit. zu Anspielungen auf Mythen aus anderen Sagenkreisen als dem troianischen allg. 24.27–30n.). Das wohl später entstandene ‘kykl.’ Epos ‘Thebais’ endete vielleicht mit der Bestattung der Helden außerhalb von Theben: JANKO zu 114 (allg. zu diesem Epos DNP s.v. Thebais). 113 γένος: Akk. der Beziehung (R 19.1). 114 Θήβῃσι: zur Flexion R 11.1; präpositionsloser dat. loci (R 19.2). — κατὰ … κάλυψεν: sog. Tmesis (R 20.2); zur augmentlosen Form R 16.1. — γαῖα: = γῆ.

Kommentar

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Τυδέος: zum kurzvokal. Gen. (-έος statt -ῆος) 6.96n. — ὃν … χυτὴ κατὰ γαῖα κάλυψεν: wie in den ähnlichen Halbversen (s.o.) Umschreibung für den Tod einer bedeutenden Person (LfgrE s.v. γαῖα 110.60ff.; SOURVINOU-INWOOD 1995, 125), denn mit χυτὴ γαῖα, ‘aufgeschüttete Erde’, ist ein Grabhügel gemeint (6.464n.). Zu seiner Funktion, den Ruhm des Verstorbenen zu bewahren, 6.419a n. Der Aor. κάλυψεν ist besser bezeugt als die Lesart καλύπτει (VAN DER VALK 1964, 168 Anm. 369).

115–117 Anders als in 11.59f. (Antenors drei Söhne) wird eine Spannung geschaffen, indem auf die Erwähnung der Söhne erst im übernächsten Vers ihre Namen folgen (HIGBIE 1990, 45). 115 ≈ 20.231, Od. 8.118; 2. VH = Hes. Th. 263. — drei: Diese Typische ZahlP, welche eine vollkommene Mehrzahl ausdrückt, findet sich oft in Bezeichnungen der Verwandtschaft, so etwa noch 6.196 (Bellerophons Kinder), 11.59, 20.231, Od. 8.118 (Söhne des Antenor/Tros/Alkinoos), Il. 19.293 (Brüder der Briseis), 9.144 (Agamemnons Töchter); vgl. 15.187 die drei Brüder Zeus, Hades, Poseidon: BLOM 1936, 13f. 19. Das Motiv der drei Brüder ist universal; Parallelen bei USENER 1903, 6–9. Πορθεῖ: Diomedes’ Großvater Portheus wird noch ‘Hes.’ fr. 10(a).50, 26.5/8 u. 259(a) M.-W. als Vater verschiedener Söhne genannt, dort aber als Πορθάων/Παρθάων; die Namensbildung ist ungeklärt, viell. ist der Name zu einem Ethnikon gebildet (LfgrE; v. KAMPTZ 331; nach manchen könnte der myk. Name po-te-u als Πορθεύς gelesen werden [zu πέρθω gebildet, also ‘Zerstörer’]: DMic. s.v. po-te-u). Die kontrahierte Endung (< ε + ι) entspricht anderen kurzvokalischen Formen von Eigennamen auf -εύς (G 76; 114n., 24.61n.). Der Dat. anstelle des üblichen Gen. bei ἐκγίγνοµαι (AH) geht offenbar auf eine Vermischung der zwei gängigen Ausdrucksweisen εἰµί + Dat. und ἐκγίγνοµαι + Gen. zurück; vgl. die Iteratverse und Od. 8.419, ‘Hes.’ fr. 26.5f. M.-W. (LfgrE s.v. γίγνοµαι 154.30ff.; JANKO zu 115–120; nach HOEKSTRA 1981, 79, beruht der Vers auf einem Prototyp *Πορθῆος τρέες υἷϝες ἀµύµονες ἐξεγένοντο oder *Πορθῆϝι τρέες υἷϝες ἐνὶ µεγάροισι γένοντο). — ἀµύµονες: generisches EpithetonP (1.92n.). Zur ungeklärten Bedeutung 6.22–23n. (konventionelle Wiedergabe: ‘untadelig’).

116 ≈ 13.217. — Pleuron … Kalydon: Hauptorte von Aitolien, hier in einem (zufälligen) Reim verbunden; Pleuron viell., Kalydon sicher schon in myk. Zeit besiedelt, im Mythos Schauplätze der Kalydonischen Jagd und des Kampfs zwischen Aitolern und Kureten (9.530ff.); in Kalydon herrscht nach Oineus und seinen Söhnen Thoas (2.639n, 2.640n.; LfgrE s.vv.). αἰπεινῇ: Das generische Epitheton von Städten bed. ‘steil aufragend’ und damit wehrhaft (6.34–35n.).

117 1. VH ≈ 15.188; 2. VH ≈ 16.33. — Der Vers ist nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ konstruiert; hier mit Namen, deren dritter mit einem Epitheton P erweitert ist (29n.) und ausdrücklich als Dritter (trítatos) hervorgehoben wird 117 ἠδέ: ‘und’ (R 24.4). — τρίτατος: = τρίτος. — ἱππότα (ϝ)οινεύς: zum Hiat R 4.3. — ἱππότα: 52n.

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(eine kelt. u. germ. Parallele dazu bei WEST 2007, 118). Der jüngste der Söhne wird hervorgehoben, ähnlich wie Nestor gegenüber seinen Brüdern in 11.692f. (vgl. 11.684: GÖBEL 1935, 19, auch allg. zur Dreizahl bei Geschwistern; zum Motiv des jüngsten Bruders WEST zu Hes. Th. 454–458), womit nochmals an den Anspruch des jungen Diomedes erinnert wird, seiner Kampfkraft entsprechend gewürdigt zu werden (110–112; JANKO zu 115–120). Oineus’ Brüder werden mit ihm sonst nur noch in ‘Hes.’ fr. 10(a).52–54 M.-W. genannt; nach schol. A, bT zu 2.212 ist Agrios Thersites’ Vater (LfgrE s.v. Τῡδεύς 669.30ff.; s.v. Ἄγριος). Oineus, viell. urspr. ein Gott des Weins (2.641n.), der Herrscher von Kalydon, ist Vater des Meleagros und löst die Kalydonische Eberjagd aus (9.533ff., 9.543, 9.581); zu seinen Beziehungen zu Kleinasien und Bellerophon 6.216n. Von einer anderen Frau ist er Vater des Tydeus (Hes. fr. 10(a).55 u. 12 M.-W.): LfgrE s.v. Οἰνεύς. ἱππότα: 52n. 118 1. VH = Od. 19.180; 2. VH ≈ Od. 4.629, 21.187, 22.244. — πατρὸς ἐµοῖο πατήρ: steigernde Wortwiederholung, hier zur Bezeichnung des Großvaters wie in Od. 19.180; ähnlich µήτηρ … µητρός Od. 19.416, πάτηρ καὶ πάτερος πάτηρ Alkaios fr. 130b.5 Voigt (GYGLI-WYSS 1966, 23, mit vielen nachhom. Belegen; FEHLING 1969, 229f.). Das von Aristarch und den meisten Hss. gelesene Poss.-Pron. ἐµοῖο ist der v.l. mit dem Pers.-Pron. ἐµεῖο vorzuziehen, weil es das possessive Verhältnis eindeutiger ausdrückt (MATTHAIOS 1999, 488 mit Anm. 273; ähnlich 24.486 [s.d.]). — ἀρετῇ δ᾿ ἦν ἔξοχος αὐτῶν: wohl vor allem in bezug auf phys. (militär.), vielleicht auch intellektuelle Leistungsfähigkeit (MICHNA 1994, 204; 2.188n.). Die Lesart ἄλλων ist vermutl. durch die Nähe zu ἄλλοι in 120 (JANKO zu 115–120) und das formelhafte VE ἔξοχος/ἔξοχον ἄλλων entstanden (6× Il., 3× Od., 2× ‘Hes.’, 1× hom.h.).

119 1. VH ≈ Od. 4.508. — blieb: Oineus, in Kalydon (120n.). — Argos: Gemeint ist die südliche Argolis, das spätere Herrschaftsgebiet von Tydeus’ Sohn Diomedes (2.108n.; 2.559–568n.). νάσθη: med.-pass. Aor. zu ναίω (< nas-i̯ -o): ‘siedelte sich an’; vgl. den kausat. Aor. ἀπενάσσατο in 2.629 (LfgrE s.v. ναίω 298.8ff.; CHANTR. 1.405).

120 ≈ Od. 9.262. — umhergetrieben: hier deutlich im Gegensatz zu Oineus’ Verbleiben; das Umherwandern (möglicherweise ein Bild auch für Wahnsinn: PADEL 1995, 112) im Exil ist wahrscheinlich als unfreiwillige Folge eines Totschlags in der Familie zu verstehen: gemäß erst nachhom. belegter Tradition hatte sich Tydeus für Oineus’ Verbleiben in Kalydon eingesetzt und dabei seine Cousins oder Onkel (Hes. fr. 10(a).55–57 M.-W., Alcmeonis fr. 4 West, schol. D zu 119, schol. bT zu 120) oder seinen Bruder getötet (Pherekydes fr. FGrHist 3F 118 ἐµοῖο: zur Flexion R 11.2. 119 ὅ: demonstr.-anaphor. Pronomen (R 14.3, R 17). — αὐτόθι: ‘ebendort’ (R 15.2). 120 πλαγχθείς: Ptz. Aor. Pass. von πλάζω ‘verschlagen’: ‘nach einem Wanderzug’.

Kommentar

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122b = fr. 122a Fowler): LfgrE s.v. πλάζω 1275.43ff.; LfgrE s.v. Οἰνεύς; ANDERSEN 1978, 141; 1982, 11f.; JANKO zu 115–120). Zum verbreiteten Motiv ‘Exil nach Totschlag’, das die Blutrache voraussetzt, 24.480–484n. — Göttern: Die FigurenP nennen oft die Götter, wenn sie die Ursachen eines Ereignisses nicht kennen (65–81n.; Parallelen für die Verbindung von Zeus mit anderen Göttern in anderer idg. Literatur bei WEST 2007, 477). Hier hat man sich aber wohl eher vorzustellen, daß Diomedes wie seine Dialogpartner (125) die Gründe kennt; ob der Iliasdichter bei seinem Publikum Kenntnisse von traditionellen Dynastieschwierigkeiten oder gar eines Verwandtenmordes voraussetzen konnte oder ob er Tydeus’ Exil ad hoc erfunden hat, ist nicht klar (vgl. oben); die Aussage über die Götter betont hier vielleicht Diomedes’ Absicht, das Geschick des Vaters als gottgewollt darzustellen, damit sein Sohn ebenfalls als unter dem Schutz der Götter stehend erscheint, was seinem Rat in der gefährlichen Situation Nachdruck verleihen würde (NÜNLIST 2009, 633; ähnl. JANKO zu 115–120 mit Hinweis auf Od. 16.64; weitere Diskussion über die Stelle bei ANDERSEN 1978, 141; 1982, 11; NÜNLIST a.O.; DANEK 1990, 23–25). που: 69n. — καὶ θεοὶ ἄλλοι: VE-Formel (noch 20.149, 20.194, Od. 9.479, 23.352); zu Varianten s. 16.443n.

121 Adrestos: Adrestos ist der Herrscher von Sikyon, dann von Argos (2.572n., Theb. fr. 4 West), der Anführer des Zuges gegen Theben (Theb. fr. 11 West). Die Tochter wird hier, da sie nur dafür wichtig ist, eine Beziehung zwischen den Männern herzustellen, nicht namentlich genannt (ebenso sind die Frauen 6.192, 9.584, 13.430 anonym: PRIESS 1977, 158); sie heißt Deïpyle (‘Ps.-Apollod.’ 1.76; 3.59). Diomedes heiratet eine andere Tochter des Adrestos (also seine Tante: 5.412–415): PRIESS 1977, 124; DNP s.v. Deïpyle. — besaß er: Unter besonderen Umständen wohnte der Schwiegersohn in der Nähe der Familie seiner Frau (6.249n.); Exilierten wird auch sonst eine Ehe, Land und eine ehrenhafte Stellung angeboten (6.192ff. Bellerophon, 9.482–484 Phoinix; vgl. auch Od. 7.311–314): AH zu 122; SCHEID-TISSINIER 1994, 233 mit Anm. 32. θυγατρῶν: ‘eine von den Töchtern’; der partitive Gen. steht öfters anstelle eines Akkusativs, wenn nur ein Teil des Objekts von der Handlung betroffen ist, so auch 9.214, Od. 1.140. 9.225 (SCHW. 2.102). — ναῖε: typische, das Thema angebende Satzanfangsstellung (wie ein Stichwort) von Verben wie ναίω, τίκτω, γαµέω, welche die Lebensumstände angeben; ebenso mit ναίω z.B. 6.34, 13.172, 23.299 (AMMANN 1922, 17. 46).

122–124a Die Landwirtschaft bildet in der hom. Gesellschaft fast die einzige Lebensgrundlage (RICHTER 1968, 5), und die regionale Autarkie eines Landgutes (óikos) wird überall angestrebt, indem ein gemischter Anbau betrieben wird. Tydeus’ Besitz besteht aus Ackerland (zuerst genannt, weil von der größten Bedeutung), Baum- und Weingärten, sowie aus Vieh, ähnlich wie in 6.195, 9.579f., 12.313f., 20.185, Od. 7.112–132, 13.242–247, 19.111–113, 24.245–247 (RICHTER 1968, 93. 98; LfgrE s.v. ἄρουρα 1336.38ff.; das dürfte auch myk. Verhältnissen

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entsprechen: VENTRIS/CHADWICK [1956] 1973, 267; KERSCHENSTEINER 1970, 52–57; JANKO zu 122–125). Wie alle basilēes besitzt Tydeus damit ein Landstück, ein témenos; ob es durch die Gemeinschaft oder von Adrestos verliehen worden ist, ist wie bei Bellerophons Besitznahme nicht klar (6.194n.). Tydeus’ Reichtum besteht in viel gutem Land, wie es für Reiche in 5.612f., 11.67–69, Od. 14.211 vorausgesetzt wird, und vielen Herden, wie sie auch Odysseus besitzt (Od. 14.100–108): DONLAN 1997, 654f.; SCHULZ 1981, 79. 122 ἀφνειὸν βιότοιο: flektierbare VA-Formel (Nom. 5.544, 6.14); ἀφνειός ‘begütert’ von Personen, ebenso von einem Haus als “Zentrum des persönlichen Lebens und der Besitztümer” Od. 1.232, 1.393, 17.420, 19.76 (LfgrE s.v. ἀφνειός 1712.59f.). Der Gen. ist partitiv (SCHW. 2.111); βίοτος, zu βίος, bed. hier wie meist im fgrE ‘Lebensgrundlage, Reichtum’ (LfgrE). 122b–123 ἄρουραι | πυροφόροι: ἄρουρα ‘Ackerland’, πυροφόρος zu πυρός ‘Weizen’, (das kostbarste Getreide), und φέρω, ‘Weizen tragend, hervorbringend’, ebenso mit ἄρουρα 12.314; vgl. 11.68f. ἄρουρα | πυρῶν; hebt im Enjambement den Reichtum hervor (LfgrE s.vv. ἄρουρα 1336.16, πυροφόρος; RICHTER 1968, 93. 110f.). 123 φυτῶν … ὄρχατοι: ὄρχατος zu ὄρχος ‘Reihe’ von Weinstöcken: ‘in Reihen geordneter Garten’; φυτόν, ‘Gewächs’; gemeint ist eine Pflanzung von Weinreben, abwechselnd mit Ölbäumen, Obstbäumen und Gemüsebeeten (LfgrE s.vv.; schol. D; RICHTER 1968, 96). — ἀµφίς: ‘ringsum’ (WILLCOCK; RICHTER 1968, 96).

124–125a Lanzenkampf: die ‘Lanze’ kann metonymisch für Kriegstüchtigkeit im allgemeinen stehen: ‘im Kämpfen’ (16.195n.). πρόβατ(α): wörtl. ‘was vorwärtsläuft’, ‘(Besitz,) der sich selbst fortbewegt’, d.h. ‘Vieh’ (nicht nur Schafe, wie im klass. Attisch; vgl. Hes. Op. 558: der Wintermonat sei χαλεπὸς προβάτοις, χαλεπὸς δ᾿ ἀνθρώποις , also ‘hart für Mensch und Vieh’): LfgrE; RICHTER 1968, 53f. — ἔσκε: Variante zu ἦν (3.180n.; CHANTR. 1.321). — κέκαστο: 3. Sg. Plpf. zum Perf. κεκάσθαι (dazu sekundär das Präs. καίνυµαι, ‘sich auszeichnen, übertreffen’), mit dat. instr., hier ἐγχείῃ in 125 (in emphat. Stellung im Enjambement: LfgrE s.v. καίνυµαι, κεκάσθαι), ähnl. 2.530, 13.431, Od. 24.509 u.ö. (LfgrE a.O.). — πάντας Ἀχαιούς: flektierbare VE-Formel (insges. Nom. 5× Il., 4× Od., Akk. 9× Il., 6× Od.).

125 gehört: Wie der Dichter sich auf die Musen beruft (508n.), verweisen Sprecher auf das Hörensagen in der mündlichen Gesellschaft und damit auf die Bedeutung einer Person oder eines Ereignisses; ebenso 20.214; vgl. 9.527f. (DE JONG [1987] 2004, 161f.). Hier liegt aber auch ein konkreter Bezug auf Agamemnons Aussage gegenüber Diomedes vor, er kenne Tydeus nur von Erzählungen (4.374f.). µέλλετ(ε): ‘es ist sehr wahrscheinlich, daß ihr’, ‘das solltet ihr’ (69n.); ebenso Od. 4.94 mit ἀκουέµεν, das perfektisch aufzufassen ist (‘im Ohr haben’: AH; LEAF mit Hinweis auf 122 δέ (ϝ)οι: zum Hiat R 4.3; οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). Ebenso in 124. 123 ἔσαν: zur augmentlosen Form R 16.1. 125 ἐγχείῃ: zu -ῃ statt -ᾳ nach -ι- R 2. — ἀκουέµεν: Inf. (R 16.4). — καὶ … περ: betont ἐτεόν (R 24.10).

Kommentar

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Il. 10.160, 24.543, Od. 1.298; allg. SCHW. 2.274). — εἰ ἐτεόν περ: Variante der Formel εἰ (δ᾿) ἐτεόν (insges. VA 4× Il., 7× Od.; VE 5× Il., 2× Od.; im Versinnern 1× Od., 1× hom.h.). ἐτεός bed. ‘wahr’ (und zugleich ‘wirklich’: 2.300n.; LfgrE); hier ist es prädikativ und adverbiell wie das sinnverwandte ἐτήτυµον in 18.128 ναὶ δὴ ταῦτά γε, τέκνον, ἐτήτυµον (s.d.). Aristarchs Lesart εἰ folgen mit Ausnahme von VAN DER VALK (1964, 609) und JANKO (zu 122–125), die das in allen Handschriften überlieferte ὡς bevorzugen, alle Gelehrten (LEAF, AH, WILLCOCK, WEST); ὡς ist zwar nach ἀκούω verbreitet, aber εἰ (zur Einleitung einer indirekten Frage, ‘ob’, oder kondizional, ‘wenn überhaupt, wenn denn’) ist bescheidener und formelhaft (LANGE 1872, 553–555; JANKO a.O.).

126–127 2. VH von 126 ≈ 8.153; 1. VH von 127 ≈ 9.62. — gering: nicht nur mit Bezug auf die Herkunft, sondern auch auf militärische Leistung; wie in 113 agathóu ‘edel’ (HOFFMANN 1914, 82). τώ: 35n. — οὐκ ἂν … ἀτιµήσαιτε: Zum Potentialis als einer “verblümte[n] (sachlich genommen aber sogar mitunter bestimmtere[n]) Form einer Willensäußerung, Bitte, Aufforderung” SCHW. 2.329; CHANTR. 2.221. Mit demselben VA τὼ οὐκ ἄν auch 2.250, Od. 22.325 (mit FERNÁNDEZ-GALIANO z.St.). — γένος: “durch γέ betont mit Bezug auf 113: der Vorwurf unedler Abstammung wenigstens wird euch nicht bestimmen können, meinen Rat zu mißachten” (AH). — κακὸν καὶ ἀνάλκιδα: nachdrückliche synonymische Doppelung; ebenso 8.153 (s.o. zu den Iteratversen; auch mit Bezug auf Diomedes), ähnlich κακὸν καὶ ἄναλκιν Od. 3.375 und ἀπτόλεµος καὶ ἄναλκις Il. 2.201 (s.d.), 9.35, in Sperrung 9.41. — φάντες: φηµί kann wie in 1.187 (s.d.), 2.37, 3.44 u.ö. die Bed. ‘sagen’ oder ‘denken, glauben’ haben (LfgrE s.v. 896.48ff.). — πεφασµένον: zu φαίνω; Perf. Pass. zu der durch Nasal erweiterten Wurzel φαν-, bei Homer nur hier; das -σ- evtl. verallgemeinert aus der 2. Pl. πέφασθε < *πέ-φαν-σθε (LEAF; SCHW. 1.773; LIV s.v. 1. bheh2 [S. 68f.]); ‘dargelegt’, vgl. 18.295 νοήµατα φαῖν(ε) (AH). — εὖ: ‘treffend’, i.S.v. ‘zum Guten’, wie in 11.788, Od. 3.357 (LfgrE s.v. ἐΰ, εὖ 765.19ff.).

128 verwundet: 28n. Nur noch die verwundeten Anführer ohne Nestor, die später unter die Kämpfer treten, kommen in den Blick (379f.; WEST 2011, z.St.). δεῦτε: Pl. zur Aufforderungspartikel δεῦρο (urspr. lok. Adv. ‘hierher’) wie 7.350, 13.481, Od. 8.11 u.ö.; wie in 7.350, Hes. Op. 2 und wie ἄγε, ἄγετε zur Veranlassung einer Handlung gesagt, nicht notwendigerweise um eine Bewegung zum Sprecher hervorzurufen (LfgrE; JANKO zu 127–8). — οὐτάµενοι: οὐτάω sonst meistens in der Bed. ‘stoßen, stechen; (aus der Nähe) verwunden’ (6.64n.); hier allg. ‘verwunden’ (LfgrE s.v. οὐτά(ζ)ω 884.3ff.; vgl. 28). 129 ἐχώµεθα δηϊοτῆτος: ἔχεσθαι mit Gen. ‘sich fernhalten von’ wie 3.84, Od. 4.422 u.ö. (AH; LEAF). Das archaische δηϊοτής bed. ‘Kampf’ (3.20n.).

126 τὼ οὐκ: zum Hiat R 5.6. — γένος: 113n. 127 ἐῢ (ϝ)είπω: zum Hiat R 5.4. 128 ἴοµεν … ἐνήσοµεν (131): kurzvokal. Konj. (R 16.3). — πόλεµόνδε: ‘in den Kampf’ (R 15.3). — περ: konzessiv (R 24.10). — ἀνάγκῃ: ‘gezwungenermaßen’.

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130 Wunde: Verwundete Kämpfer werden allgemein im Epos nicht als unempfindlich gegenüber ihren Schmerzen geschildert (VAN WEES 1996, 7; die Darstellung, wie ein Held unter einer Wunde leidet, erhöht ihn: 16.510–511n.); troische Helden treten aber im Gegensatz zu achaiischen nach einer Verwundung nicht mehr aktiv auf, wie Diomedes es hier vorschlägt (NEAL 2006, 80). ἐκ βελέων: ἐκ ‘außerhalb’, d.h. ‘außer Schußweite’ wie 11.163, 16.668 u.ö. (schol. A; AH zu 129f.; CHANTR. 2.99). — ἐφ᾿ ἕλκεϊ ἕλκος: ἐπί ‘zu … hinzu’ wie 24.231 (FRITZ 2005, 135); solch ein Polyptoton zum Ausdruck der Häufung, meistens mit ἐπί mit Dat., findet sich auch 16.111, 19.290b n. (s.d.), Od. 7.120, Hes. Op. 361, 382, 644 (GYGLI-WYSS 1966, 75; FEHLING 1969, 226). — ἄρηται: themat. Aor. zu ἄρνυµαι ‘erlangen’; sehr oft mit Objekten wie κῦδος (3.373n.), κλέος oder µισθός; hier “ironische Abwandlung” (Wunden statt Ruhm oder Lohn: LfgrE s.v. ἄρνυµαι 1331.73ff.).

131 1. VH ≈ Od. 14.461; 2. VH von der Zäsur C 2 an = 12.346, 12.359, 13.101, 17.720, 20.123, Od. 17.171, 24.508, hom.h. 20.3; ≈ Il. 17.587, 23.480, 23.782, 24.201. — treiben … mit Mahnungen hinein: Neben dem Kämpfen ist das Antreiben die wichtigste Aufgabe eines Anführers (vgl. das häufige Epitheton boḗn agathós ‘gut in bezug auf den (lauten) Ruf’ 109n.; KRAPP 1964, 87 mit Anm. 3). Die Vorsichtigen, die hinten abseits gestanden haben, werden als letzte Reserve nach vorne als prómachoi, Vorn-Kämpfer (3.16n.), geschickt (LATACZ 1977, 149; vgl. die Todesdrohungen gegenüber potentiellen Drückebergern in einer Rede in einer weniger kritischen Situation 2.391–393 [s.d.]). ἐνήσοµεν: zu ἐνίηµι ‘hineinsenden’ (erg. δηϊοτῆτι; vgl. 10.89: AH); die lectio facilior ἀνήσοµεν ist nach ὀτρύνοντες überflüssig (JANKO zu 130–132). — οἳ τὸ πάρος περ: variierbare VE-Formel (mit flektiertem ὅς noch 9× Il., 2× Od., hom.h. 20.3; mit ὡς 5× Il., 4× Od., 2× Hes., h.Ap. 345; nur πάρος περ Od. 20.7; nach der Zäsur A 3 mit ὡς 2× Od.). 132 2. VH ≈ 15.672. — θυµῷ ἦρα φέροντες: ἦρα ‘Gefallen, Freundlichkeit’, formelhaft mit flektierbarem φέρω verbunden und mit Dat. konstruiert (LfgrE s.v. ἦρα; 1.572n.). θυµός bed. hier ‘Trieb’, ‘innerer Schweinehund’; die Wendung bed. also ‘ihrem eigenen natürlichen Impuls nachgebend’; vgl. 9.598 εἴξας ᾧ θυµῷ, Od. 5.126 ᾧ θυµῷ εἴξασα (LfgrE s.v. θυµός 1082.43ff.), Il. 24.42f. βίῃ καὶ ἀγήνορι θυµῷ | εἴξας (s.d.) und Tyrtaios fr. 10.18 West φιλοψυχεῖτ(ε) (CLARKE 1999, 298). — ἀφεστᾶσ(ι): Das Perf. wird neben dem Präs. bei τὸ πάρος (immer in Reden) gebraucht, um eine Situation auszudrücken, die schon früher immer galt und bis zur Zeit des Sprechers dauert (‘die sich immer wieder/ immer schon fernhalten’): LfgrE s.v. πάρος 987.6ff.; 991.7.

130 βελέων: zur unkontrahierten Form R 6. — ἐφ᾿ (ϝ)έλκεϊ (ϝ)έλκος: zu den Hiaten R 4.6 und 5.4. 131 περ: betont τὸ πάρος (R 24.10). 132 θυµῷ (ϝ)ῆρα: zum Hiat R 4.4. — οὐδέ: konnektives steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8); ebenso in 135.

Kommentar

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133 = 7.379, 9.79, 14.378, 15.300, 23.54, 23.738, Od. 3.477, 15.220, 22.178, 23.141, h.Ap. 502; ≈ Od. 6.247, 20.157; 2. VH = Hes. Th. 474. — Diomedes’ einzig dastehender positiver Rat (110–132n.) wird, wie viele Aufforderungen sonst, ohne Diskussion befolgt (1.345n.; vgl. auch 1.54n. zum Ablauf der Heeresversammlung); auch in 9.710f. setzt sich der junge Mann durch (RUZÉ 1997, 57f.). µάλα … κλύον: µάλα intensivierend: ‘hörten sehr gut’.

134 1. VH ≈ 5.592, 14.384, 18.516, h.Ap. 514. — Herr der Männer: 64n. Agamemnon übernimmt wieder seine Verantwortung als Anführer und wird nach Poseidons Ermutigung zusammen mit Diomedes und Odysseus das Heer neu formieren und einen Waffentausch vornehmen (379–381): PADUANO/MIRTO zu 103– 152; LOSSAU 1989, 398f. βὰν δ᾿ ἴµεν: ‘schritten aus, um zu gehen’; die variierbare Formel signalisiert einen Bewegungseinsatz zur Gliederung des Handlungsverlaufs (19.241n.). — ἄρά σφιν: zum Akzent WEST 1998, XVIII. — ἄναξ ἀνδρῶν Ἀγαµέµνων: flektierbare VE-Formel (1.172n.).

135–152 Poseidon stärkt Agamemnon mit einer Rede, die Achaier mit einem gewaltigen Kampfschrei. 135–152 Die Intervention des ‘Erderschütterers’ Poseidon (135n.) führt in ihrer Fortsetzung in 354ff. zum Höhepunkt von Poseidons Wirken in der Ilias zugunsten der Achaier. Gekränkt über eine nicht eingelöste Lohnvereinbarung von Priamos’ Vater Laomedon steht der Gott mit Hera und Athene von Anfang an auf seiten der Griechen (24.25–26n., 15.212–217). Als Zeus Thetis’ Bitte gewährt, die Achaier zeitweise unterliegen zu lassen, damit Agamemnon die Unentbehrlichkeit seines besten Kämpfers Achilleus einsieht (1.493–530), und nach einem ausdrücklichen Verbot göttlicher Interventionen die Troer vordringen läßt (Diós boulē, 1.5n., 8.1ff.), wagt Poseidon zuerst nicht, ihm zuwiderzuhandeln, aus Respekt (aidōs, 1.23n.) gegenüber dem älteren, stärkeren Bruder (8.208–211; zum Alter der Götter 13.354f., 15.181f., 15.187f.; um Poseidon in der Rolle des jüngeren, rivalisierenden Bruders auftreten zu lassen, hat der Iliasdichter wohl entgegen der in Hesiod Th. 453–457 belegten Tradition eine andere genealogische Konstellation gewählt; LfgrE s.v. Ποσειδᾱ́ων 1472.13ff.; MICHEL 1971, 53f.; SCHÄFER 1990, 76f.; LIMC s.v. Poseidon, 1994, 448). Erst nachdem Zeus – beruhigt durch die Erfolge der Troer, die bereits das Tor der Mauer um die Schiffe aufgebrochen haben – seine Augen vom Schlachtgeschehen abgewendet hat (13.1–9), wagt Poseidon es, allerdings heimlich (13.357), nicht in göttlicher Gestalt, punktuell ein133 ἔφαθ᾿: Impf. von φηµί; Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23). — οἳ … τοῦ: demonstr.-anaphor. Pronomina (R 14.3, R 17). 134 βάν: = ἔβησαν (R 16.2). — ἴµεν: final-konsekutiver Inf.; zur Form R 16.4. — σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1).

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zugreifen und einzelne achaiische Anführer und Gruppen zu ermutigen (13.10– 837; zusammenfassend zum Kampf Poseidons gegen die Diós boulē 13.345–360; MICHEL 1971, 63). Den Achaiern gelingt es, dem troischen Ansturm standzuhalten (13.126–329), dann aber entwickelt sich ein zähes Ringen (13.330–837; zur ganzen Abfolge detailliert MICHEL a.O. 58–66; zur retardierendenP Wirkung 153– 353n.). Die anschließende Beratungsszene 14.1–134 zeigt, wie weit die Achaier in die Defensive und ihre Anführer in eine Krise geraten sind (41–134n.). Diomedes’ guter Plan, hinter der Front Zurückbleibende zu ermutigen, ist angesichts der Verwundung und der besorgten Stimmung der tapferen Anführer nicht so leicht erfolgreich auszuführen; Poseidon stärkt deshalb zuerst den Oberanführer Agamemnon und übernimmt dann mehr oder weniger dessen Führungsamt (FRAZER 1985, 1). Mit dieser Szene wird somit auch die Rückkehr der Achaier von der Defensive zur Frontbildung und die Zurückdrängung der Troer, die Palíōxis, unter Poseidons Einwirkung eingeleitet (139–146n.; 354–401n.); sie wird im strukturell entsprechenden Teil des ringförmig angelegten 14. Gesangs weitergeführt (s.o. Einleitung, S. 11; gemeinsame Motive: Paränese an Agamemnon/alle Achaier 138–146 / 363–377, Erinnerung an Achills Kampfenthaltung 139–142 / 366–369, der Gott führt den Kampf an 147–152 / 383–387; STANLEY 1993, 156f.), um dann im 15. Gesang von Zeus wieder rückgängig gemacht zu werden (15.262ff.). Der Blick geht deshalb weg von den einzelnen Anführern (erst wieder 379 erwähnt: FAESI zu 135) zu einem Panorama über die Ebene mit allen Kämpfern (151f. allg. genannt), das zur Schilderung einer weiteren göttlichen Maßnahme, Heras List, überleitet und so von der menschlichen auf die göttliche Ebene führt (147–152n., 41–134n.; zur Panoramasicht allg. LATACZ 1977, 96–115; DE JONG/NÜNLIST 2004, 69f. 78f.). Das persönliche Eingreifen eines Gottes ist normal (1.43–52n.), auch ist die Vorstellung verbreitet, daß die Götter das menschliche Geschehen beobachten, ja sogar dafür geeignete Beobachtungsposten aufsuchen: Poseidon die Insel Samothrake (13.10–16), Hera den Olymp (14.154), Zeus den Berg Ida (14.157f.): KULLMANN 1956, 83f.; GRIFFIN 1980, 179–204. Dementsprechend ist der Auftritt des Gottes nach dem ‘›action-perception-reaction‹ pattern’ erzählt (134–136: Zug der Anführer – Wahrnehmung des Gottes – sein Gang; zum ‘pattern’ 24.696– 709n.; DE JONG [1987] 2004, 107; vgl. 19.340n. zum Szenen-Wechsel). Die Formel in 135 leitet stets eine göttliche Intervention ein (WILLCOCK zu 13.10); mit ihrem Oxymoron (Ausschau eines blinden Mannes: 135n.) ist sie vergleichbar mit der Formel ‘Wenn er/sie (eine Gottheit) nicht scharf darauf geachtet hätte’, wobei letztere allerdings in den für die Helden viel gefährlicheren ‘Wenn nicht’SituationenP eingesetzt wird (DE JONG [1987] 2004, 70; vgl. 3.373–382n.). Lit. zu Poseidons Rolle in der Ilias und spez. im 14. Gesang: MICHEL 1971, 24–66; LfgrE s.v. Ποσειδᾱ́ων 1476.45–1479.12; SCHÄFER 1990, 74–104; ERBSE 1986, 102– 115.

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135 ≈ Hes. Th. 466; bis zur Zäsur C 1 = 13.10, Od. 8.285; ≈ Il. 10.515. — Erderschüttrer: eine der Epiklesen Poseidons (FG 23), die seine Macht als Herrscher über die Erdtiefe und die Erdbeben ausdrückt (20.57–60 erschüttert er die Erde; 13.17–19 erzittert die Erde unter seinen Füßen; erdbebenähnliche Zerstörung der unteren Mauerschichten 12.27–29, Spalten eines Felsens Od. 4.506f.). Die Epitheta und die Funktion Poseidons in der Ilias weisen auf die elementare Stärke des zweitältesten und zweitmächtigsten Gottes nach Zeus hin (wie auch der Vergleich in 2.479, s.d.). Der Gott erscheint im Kult vor allem als Herr über die Gewässer in der Tiefe, über Quellen, unterirdische Flüsse und über das tiefe Meer, aus dem er in der Ilias zu Beginn seines bedeutenden Wirkens zugunsten der Achaier im Wagen emporfährt (13.21–31) und in das er sich wieder zurückzieht (15.218f., 15.222f.; 14.392n.). In den homerischen Epen ist Poseidon allerdings außer in den Epitheta und in seiner Funktion, Erdbeben auszulösen (s.o.), fast nur als Meeresgott charakterisiert; der Gott repräsentiert die Verteilung der Machtsphären an die Brüder: Zeus erhielt den Himmel, Poseidon das Meer, Hades die Unterwelt (15.190–192). Das paßt zu seiner Rolle, da er in der Ilias als ebenbürtiger Rivale seines Bruders Zeus zusammen mit Hera die Verwirklichung der Diós boulē aufhält (153–353n.), in der Odyssee Partei gegen Odysseus nimmt (z.B. Od. 5.282– 381). – Man hat die unterschiedlichen Erscheinungsformen des Gottes im Kult und im Epos und seine Rivalität mit Zeus in der Ilias religionshistorisch erklärt und (1) die Verschmelzung einer idg. und einer ägäischen Gottheit zu einem Hauptgott vermutet, der durch die Konkurrenz von Zeus im Zuge der ionischen Kolonisation auf einen bloßen Meeresgott reduziert wurde (WILAMOWITZ 1931, 335–337; 1932 144; SCHACHERMEYR 1950, 109–173; PÖTSCHER 1990, 33–37), oder (2) die Übersetzung orientalischer Götterbezeichnungen wie ‘Herr der Erde’ und die Einführung eines entsprechenden Kultes postuliert (PALMER 1961, 127– 130) oder (3) die Übernahme einer vorgriechischen, ägäischen Gottheit als Herrscher über Land und Meer angenommen (SIMON 1980, 68); andere haben aber gezeigt, daß kultische und narrative Funktion im Epos zu trennen sind, und in einer Synthese der einzelnen Züge den schon auf mykenischen Tafeln genannten Gott als Herrn der Tiefe charakterisiert, der mit orientalischen Göttern wie dem sumerischen Enki, “Lord of Below”, vergleichbar ist (Enki ist wie Poseidon Herr des Wassers unter der Erde, dessen Schwanken Erdbeben verursacht: Hinweis GRAF; BURKERT [1977] 1985, 138f., das Zitat 139; eine Synthese auch bei NILSSON [1940] 1967, 450f.; FG 23). Lit. zum Poseidonkult in (vor)homerischer Zeit und zum Verhältnis zwischen Kult und epischer Darstellung: LfgrE s.v. Ποσειδᾱ́ων 1473.47ff.; 1474.36ff. (Übersicht; Stellen); FG 23; SCHACHERMEYR a.O. 13–51; 109–173; BURKERT a.O. 136–139; SIMON a.O. 66–90; ERBSE 1986, 102–115. οὐδ᾿ ἀλαοσκοπιὴν εἶχε: ἀλαοσκοπιή ist ein Kompositum zu ἀλαός ‘blind’ (in Od. 8.195, 10.493, 12.267) und σκοπιή ‘Ausschau’; es kommt wie hier auch in den Iterat-

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versen in der Hauptüberlieferung (der LEAF zu 10.515 und WEST folgen) nur als Objekt von εἶχε in der vorl. Formel mit der Bed. ‘er hielt nicht eine Blinden-Ausschau’ vor (WEST zu Hes. Th. 466; vgl. Komposita wie θεο-προπίη ‘Götter-Spruch’; dazu RISCH 116). Wohl wegen der ungewöhnlichen Endbetonung und seltenen Komposition (vgl. LEAF a.O.; HAINSWORTH zu Od. 8.285) nahm man schon in der Antike eine ursprüngliche Getrenntschreibung an; Zenodot las ἀλαὸν σκοπιήν (von WACKERNAGEL [1891] 1953, 1588, verteidigt mit Hinweis auf analogen Schwund von ν in der Kompositionsfuge wie συσκευάζειν < συν-σκευάζειν und ἐσστήλῃ < ἐν στήλῃ u.ä.); Aristarch las vermutlich ἀλαὸς σκοπιήν (Voraussetzung: Doppelkonsonanz σσ in der Wortfuge einfach geschrieben; ἀλαός prädikativ; ebenso AH; LfgrE; sie betrachten das in schol. A zu 10.515 überlieferte Sprichwort οὐ τυφλὸς ἐς σκοπιάς als Parallele). Die besser überlieferte Formel mit dem Kompositum als Oxymoron (HAINSWORTH a.O.) hat vielleicht auch den Anstoß zu οὐχ ἅλιος σκοπὸς ἔσσοµαι in 10.324 gegeben (WEST zu Hes. Th. a.O.). — κλυτὸς Ἐννοσίγαιος: Ἐννοσίγαιος ‘Erd-Erschütterer’ (zu γαῖα und ἔνοσις ‘Erschütterung’) für Poseidon ist wohl eine jüngere metrische Variante (20× Il., 6× Od., 10× Hes., 1× h.hom.) zum Synonym Ἐνοσί-χθων (in 150, 384 u.ö.; mit einer Ausnahme immer im Nom., insges. 23× Il., 18× Od., 4× Hes.), denn es wird im Gegensatz zu Ἐνοσίχθων als Substantiv verwendet und ist für oblique Kasus geeigneter. Ἐννοσίγαιος ist mit myk. e-ne-si-da-o-ne, das auf Täfelchen in Knossos (M 719, Gg 704) wohl einen Gott bezeichnet, und mit dem bei Pind. Pyth. 4.33 u. 173 (u.ö.) belegten Ἐννοσίδας in Verbindung gebracht worden (SIMON 1980, 70; LfgrE s.v. Ποσειδᾱ́ων 1470.52f., 1474.1ff.). Mit dem generischen EpithetonP κλυτός ‘berühmt’ (2.742n.), das als Epitheton von Göttern besonders Poseidon und Hephaistos (u.a. 18.614) charakterisiert, bildet Ἐννοσίγαιος eine flektierbare VE-Formel (Nom. noch 4× Il., darunter 14.510, 2× Od., Akk. 1× Il., 1× Od.); prosodische bzw. metrische Varianten bieten dazu die VE-Formeln κρείων Ἐνοσίχθων (14.150n.) und Ποσειδάων ἐνοσίχθων (14.384n.) und das flektierbare γαιήοχος Ἐννοσίγαιος (14.355n.): LfgrE s.vv. ἐννοσίγαιος u. κλυτός.

136 1. VH ≈ 11.97. — Poseidon hatte sich schon bei seinen früheren Auftritten unter den Achaiern in Menschengestalt gezeigt, was als Vorsichtsmaßnahme gegenüber dem älteren Zeus aufzufassen ist (135–152n.; WILLCOCK zu 135; ERBSE 1986, 106. 109; LfgrE s.v. Ποσειδᾱ́ων 1477.22ff. u. 57ff.); in 13.45 glich er sich dem Seher Kalchas an, dem Agamemnon nicht gewogen ist (1.106–108n.), und redete kritisch von dem Oberfeldherrn, in 13.216 erschien er als junger Thoas. Beide Rollen passen hier nicht; die Gestalt eines alten Mannes hingegen vermittelt den Eindruck eines erfahrenen, zuverlässigen Ratgebers, erst recht nach der Rede des jungen Diomedes (110–132n.; dem alten Nestor ist er an Zuversichtlichkeit überlegen, s. 143ff.): schol. T zu 136; JANKO zu 136–137; Parallelen zur Epiphanie eines Gottes als anonymer Mensch: 2.280, 13.357, 21.285. Die Konstellation dieser Szene ist ähnlich wie bei dem häufigen Motiv ‘Gottheit als alte Frau’ (3.383–394n.); in Hermes’ Erscheinung als junger Mann vor Priamos ist sie ent136 φωτὶ (ϝ)εοικώς: zur Prosodie R 5.4.

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sprechend den andersartigen Umständen umgekehrt (24.347–348n., dort auch Lit. zu Göttern, die in menschlicher Gestalt auftreten). µετ᾿ αὐτούς: µετά ‘in Richtung auf, hinter’, also ‘ihnen nach’; ähnl. Od. 15.147 τοὺς δὲ µετ᾿ Ἀτρεΐδης ἔκιε u.a. (ΑΗ; SCHW. 2.486; FRITZ 2005, 212). — φωτὶ ἐοικώς: Formelvariante zu ἀνδρὶ ἐοικώς (3.219n.). Die unbestimmte Angabe hat zu dem gegenüber 23.360 leicht variierten Plusvers ἀντιθέῳ Φοίνικι ὀπάονι Πηλεΐωνος geführt (s. app. crit.); der in schol. A für Zenodots Text bezeugte Vers ist aber nicht nötig (vgl. etwa 13.357, 21.285 und Od. 8.194). Überdies paßt er inhaltlich nicht, da Achills Erzieher Phoinix eine solche Kritik am Peliden, ja sogar eine Verfluchung (142), nicht in den Mund gelegt werden könnte (schol. A, T; ERBSE [1980] 2003, 121; JANKO zu 136–137).

137–138 ≈ Od. 1.121f.; 1. VH von 137 ≈ Il. 7.108 (vgl. Od. 18.258); 2. VH von 137 = 1.203, 2.9, 3.193, 7.176, 9.178, 9.226, 9.388, 19.241, 4× Od. 138: formelhafte Rede-EinleitungP (1.201n.). — Die rechte Hand zu ergreifen ist eine freundliche Geste, die teilnehmend und ermutigend wirken soll (ELMIGER 1935, 48; 24.361n., auch zu anderen Funktionen u. zur Lit.) und wie in den parallelen Szenen in den Iteratversen (s.o.) den Kontakt nach dem Muster ‘A geht auf B zu, ergreift dessen Hand, spricht B an’ einleitet (19.7n.). ἔπεα πτερόεντα προσηύδα: 2n.

139–146 Poseidons Rede gliedert sich in zwei chiastische Hälften (von der menschlichen zur göttlichen Ebene und von dort wieder zurück), (A) die Aussage über Achills Genugtuung über die achaiische Niederlage, gefolgt von seiner Verfluchung (139–142), und (B) die Zusage an Agamemnon, von den Göttern nicht ganz verlassen zu sein, verbunden mit der Prophezeiung der troischen Flucht (143– 146): JANKO. Im ersten Teil wird somit wieder an Achills Kampfenthaltung erinnert (42–51n.; STR 22), wobei die bloße Genugtuung des Peliden hervorgehoben wird, nicht sein innerer Zwiespalt oder seine Anteilnahme am Geschehen (beim Anblick Machaons, 11.599ff., 141n.): JANKO; REICHEL 1994, 117. Schon Aias (9.629–638), Diomedes (9.699f.) und Nestor (11.664f., vgl. 11.782–784), denen sich später Patroklos anschließt (16.30–35), hatten Achills Weigerung, den Kampf wiederaufzunehmen, kritisiert (VAN WEES 1992, 134; ZANKER 1994, 93). Indem Poseidon – der in seiner Paränese an die jungen Krieger 13.107–113 allein Agamemnon die Schuld an der verzweifelten Lage der Achaier zugewiesen hatte – hier in den Chor der Achilleus-Kritiker einstimmt, spricht er Agamemnon aus dem Herzen und entlastet ihn: Der Gott paßt sich in seinen Kampfparänesen seinem jeweiligen Adressaten an (136n.; schol. bT zu 139–142; DE JONG [1987] 2004, 155; ERBSE 1986, 110; REICHEL a.O. spricht sogar von Schmeichelei, was aber zu 137 δεξιτερήν: zum -η- nach -ρ- R 2. — ἕλε: zur augmentlosen Form R 16.1. — Ἀτρεΐδαο: zur Flexion R 11.1. 138 µιν … ἔπεα … προσηύδα: dopp. Akk.-Objekt. — µιν: αὐτόν (R 14.1). — ἔπεα πτερόεντα: zu den unkontrahierten Formen R 6.

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weit gehen dürfte; die Ausrichtung am Adressaten erklärt wohl auch das seltene Urteil eines Gottes über den Streit der Heerführer: SCHÄFER 1990, 81f.). Der Souveränität eines weisen alten Ratgebers angemessen sind auch die allgemeine Versicherung als Antwort auf Agamemnons Glauben, Zeus habe den Achaiern die Hände gebunden (65–81n.; vgl. FRAZER 1985, 6), und die Prophezeiung im zweiten Teil der Rede, mit welcher der Dichter zugleich auf das weitere Geschehen vorausweist (ProlepseP), die Zurückdrängung der Troer nach Poseidons Eingriff in den Kampf (sog. Palíōxis; vgl. 506f., 510, 15.1–8; MICHEL 1971, 59–61; zum Pendant der vorl. Paränese in der Palíōxis 364ff. s.d. u. 135–152n.). Dabei liegt eine Dramatische IronieP darin, daß der Adressat der Rede die göttliche Herkunft seines Gegenübers zumindest vorerst (147–152n.) nicht ahnen und auch nicht wissen kann, daß der Sprecher “selbst Partei ist” (DANEK 1990, 26) und nicht alle Götter ihm so wohlgesinnt sind (JANKO; 135–152n.). Mit der Aussage über die Götter im Zentrum der Paränese (142f.) wird somit wohl auch die Verlagerung der Aktivität auf die göttliche Ebene in 153–353 vorbereitet (DANEK a.O). 139 1. VH = 2.284; ≈ 1.59. — Ἀτρεΐδη: 83n., 22n. — νῦν δή: ‘jetzt also’ (ist es soweit gekommen), wie 2.284 (s.d.) Odysseus gegen die zu den Schiffen stürmenden Achaier, 13.98 Poseidon in der Paränese an die jungen Kämpfer. — που: 69n. — Ἀχιλλῆος ὀλοὸν κῆρ: κῆρ ‘Herz’, wie θυµός (39n.) auch eine allgemeine Bez. für das Psychische, ist hier prägnant das Subjekt einer Emotion, deren Sitz im Inneren, Verborgenen, mit ἐνὶ στήθεσσι (140) betont wird (LfgrE s.v. κῆρ 1408.2ff.). Mit ὀλοός ‘Verderben bringend’, einem Wort der Figuren-SpracheP, wird Achilleus auch 24.39 und 21.536 charakterisiert (24.39n.; zum Gen. Ἀχιλλῆος vgl. auch die Periphrastische BenennungP Πυλαιµένεος λάσιον κῆρ in 2.851 [s.d.]). 140 γηθεῖ: betont im integralen EnjambementP stehend; drückt je eine tiefe Befriedigung und Genugtuung aus (1.255–256n.; hier über Achills Unentbehrlichkeit; noch mehr mit Betonung der Rache 13.416), nicht aber die Lust am Schauspiel, das der Tod der Gefährten bietet; “γηθεῖ läßt die Möglichkeit offen, daß Achill trotz allem letztlich an der Lage leidet, χαίρει täte dies nicht” (LATACZ 1966, 149). — φύζαν: Verbalnomen zu φεύγω, viell. urspr. personifiziert; ‘Panik’ und die Wirkung, ‘Flucht’, einer Menge im Kampf (LfgrE; RISCH 136f.; GRUBER 1963, 30; vgl. 2.93n. zum gleich gebildeten ὄσσα). Das Wort ist außer in 9.2 nur noch in der 2. Hälfte der Ilias belegt: 15.62, 15.366, 17.381 (sowie Od. 14.269, 17.438); Ballungen wie diese sind vielleicht “evidence of a highly active faculty of recall in circumstances of rapid composition” (HAINSWORTH 1997, 95. 102). Das Wort ist hier alliterierend mit φόνον gekoppelt (ähnl. 17.381 θάνατον καὶ φύζαν), das häufig in zweigliedrigen Ausdrücken verwendet wird (LfgrE s.v. φύζα; s.v. φόνος 989.29ff.; JANKO zu 140–142).

139 Ἀχιλλῆος(ς) ὀλοόν: zur Prosodie M 4.6. — Ἀχιλλῆος: zur Flexion R 11.3, R 3. 140 ἐνί: = ἐν (R 20.1). — στήθεσσι: zur Flexion R 11.3.

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141 2. VH ≈ Od. 21.288. — hinstarrt: Achill beobachtet tatsächlich den Kampf (11.601; REICHEL 1994, 117). — Vernunft: Die phrénes, die vornehmlich die Denkfähigkeit – oft, und hier besonders stark, auch unter einem moralischen Aspekt – bezeichnen, funktionieren gemäß dem Sprecher bei Achill nicht mehr (ähnlich wie in 24.201 Priamos’ phrénes in Hekabes Sicht oder die des Odysseus’ in Od. 21.288), denn seine innere Genugtuung überlagere alles (139f.): 6.352n. mit weiteren Belegen für ähnliche Kritik; SULLIVAN 1988, 59. δερκοµένῳ: Der Dat. steht appositiv zum Gen. Ἀχιλλῆος in 139 (zum häufigeren umgekehrten Fall s. 25–26n.); so noch 9.636, 10.188, Od. 23.206 (K.-G. 2.113; CHANTR. 2.323). δέρκοµαι, das den von anderen wahrgenommenen Ausdruck des starren Blickes bezeichnet (3.342n.), wird sonst nur noch 13.86f. mit einem Akk. verbunden, dort ebenfalls mit Angabe der Emotion (ἄχος κατὰ θυµὸν ἐγίνετο δερκοµένοισι | Τρῶας; LfgrE). — οὐδ᾿ ἠβαιαί: flektierbare VE-Formel; ἠβαιός ‘wenig’ dürfte in vorhomerischer Zeit durch falsche Worttrennung aus οὐ δὴ βαιόν enstanden sein (2.380n.; REECE 2009, 101– 107). Die Formel hat fast immer wie hier die Funktion, eine vorausgegangene Negation zu verstärken (LfgrE s.v. ἠβαιός).

142 1. VH ≈ Od. 1.166, 19.85; vgl. Od. 1.47. — ein Gott: Nur ein Gott könnte dem Peliden großen Schaden zufügen (welcher Gott, muß ein menschlicher Sprecher offenlassen; vgl. JÖRGENSEN 1904, 365; zu solchen allg. gehaltenen Wünschen TSAGARAKIS 1977, 79f.). ὡς: Die Bedeutung und entsprechend die Akzentuierung sind umstritten. WEST und JANKO (zu 140–142) übernehmen die Lesart ὡς aus Hs. A und verstehen es als Wunschpartikel wie in 18.107. Andere hingegen weisen auf die ungewöhnliche Stellung einer solchen Partikel nach ὃ µέν und folgen der übrigen Überlieferung und schol. bT, die ὥς ‘so’ lesen. Mögliche Erklärungsversuche für die demonstrative Funktion: FAESI: “wie er selbst die Achäer hinmorden sieht und sich darüber noch freut”; ähnl. AH; LEAF: “‘so’, by his own folly”; WILLCOCK: “in his present frame of mind”. — σιφλώσειεν: ein hapax mit schon in hellenistischer Zeit unklarer Bed., da die Etymologie von nachhom. σιφλός auch damals unbekannt war (erst bei Apoll. Rhod. 1.204 mit der Bed. ‘verstümmelt, verkrüppelt’ belegt und dort wohl einer Glossendeutung entsprungen: RENGAKOS 1994, 137f.; KEIL 1998, 209). Nach dem allg. Wunsch ἀπόλοιτο wäre eine Angabe zu erwarten, auf welche Weise Achilleus zugrunde gehen soll (etwa ‘ein Gott möge ihn bezwingen’ od. ‘bestrafen’); denkbar wäre auch eine Spezifizierung (AH, im Anschluß an schol. D: σιφλώσειεν· τυφλώσειεν, ‘blind machen’: Blendung als passende Strafe für die Genugtuung, mit der Achilleus das Leiden der Achaier betrachtet [δερκοµένῳ]): LfgrE. Wegen dieser Schwierigkeiten – oder auch, weil er die Verwünschung als zu scharf empfand – athetierte ein antiker Grammatiker, vielleicht Aristarch, den Vers (LEAF mit Bezug auf schol. T; VAN DER VALK 1963,

141 δερκοµένῳ, ἐπεί: zum Hiat R 5.6. — οὔ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — ἔνι: = ἔνεισι. 142 ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3, R 17). — δέ (ϝ)ε: zur Prosodie R 4.3. — ἑ: = αὐτόν (R 14.1).

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492f.); contra JANKO zu 140–2: “Verse 142 is vital to the balance of the speech” (vgl. 139– 146n.). 143 2. VH ≈ 4.127, Od. 12.61, 14.83, 18.134. — οὔ πω: πω kann eine modale oder temporale Funktion haben und οὔ πω ‘überhaupt nicht’ oder ‘noch nicht’ bedeuten (3.302n.). Hier ist πω wohl temporal gemeint, in Entsprechung zu ἔτι in 144 und dem paränetischen Charakter der Rede; V. 143 ist vermutlich in dem Sinne gemeint: ‘hab Mut, es ist noch nicht so weit gekommen, daß die Götter dir ganz zürnen’ (vgl. den Anfang der poln. Nationalhymne: ‘noch ist Polen nicht verloren’). Ähnlich wird temporales πω in einer Paränese von Tyrtaios verwendet (fr. 11.2 West: οὔ πω Ζεὺς αὐχένα λοξὸν ἔχει; Hinw. WEST) und, wie hier zusammen mit πάγχυ, in Od. 22.236 (Diskussion der ganzen Frage bei FONTENROSE 1941, 68f.; kurz LfgrE s.v. πάγχυ; JANKO zu 143–146). — µάλα πάγχυ: “‘ganz und gar’, wie Od. 17.217, 22.195” (AH). — µάκαρες: 72n. — κοτέουσιν: ‘sind anhaltend abgeneigt, zürnen’ (2.222b–223n.). 144 ≈ 10.301; 2. VH = 13× Il., 9× Od.; ≈ 1× Od. (Akk.). ἡγήτορες ἠδὲ µέδοντες bez. die Führungsklasse (2.79n., 3.153n.). — που: 69n.

145 durchstäuben: d.h. sie werden über die Troische Ebene hin zur Stadt zurück fliehen (146): schol. D; zum Staub bei Massenbewegungen 2.150n. — sehn: Ähnliches prophezeien auch Odysseus in 4.353 und Achilleus in 9.359 (WEST 2011, 291; weitere Stellen, an denen einer Person ein bestimmter Anblick angekündigt wird, bei LfgrE s.v. ὄψοµαι 909.39ff.); aind. Parallelen bei WEST 2007, 474f. κονίσουσιν πεδίον: κονίω ‘Staub aufwirbeln’ ist hier transitiv gebraucht (‘mit Staub bedecken’) wie 21.407; sonst mit dem partitiven Gen. des Bereichs in der VE-Formel κονίοντες πεδίοιο (LfgrE). — αὐτός: Die besser bezeugte lectio difficilior (s. app.crit.) ist αὐτούς vorzuziehen (JANKO zu 143–146); sie entspricht σοῖσιν δ᾿ ὀφθαλµοῖσιν (ἐπόψεαι) in Od. 20.233 (AH) und ὄψεαι αὐτός in 24.601.

146 ≈ 11.803, 16.45, 16.376; 1. VH ≈ 16.655; 2. VH = 2.91, 2.208, 2.464; ≈ 12.155, 13.723. Zur VE-Formel vgl. 1.306n. 147–152 Poseidons Kampfschrei und seine Wirkung sind typisch: Ebenso treibt zu Beginn dieses 3. Kampftages Eris die Achaier zum Kampf an (11.10ff., woran hier, wo der Erzählstrang des 11. Gesanges wiederaufgenommen wird, vielleicht erinnert wird; SCHADEWALDT [1938] 1966, 33; 1–152n.), in 2.451f. und 18.217ff. Athene, in 5.784ff. Hera, in 20.48ff. Athene und Ares; in 5.859ff. wird das Gebrüll des verwundeten Ares mit denselben Worten beschrieben wie der Kampfschrei Poseidons hier (5.860f. = 14.148f.; FRAZER 1985, 6f.; JANKO zu 147–152). Zur nicht häufig belegten Wiederholung von Gleichnissen als traditionellen FormElementen 6.506–514n.; SCOTT 1974, 52f. Relativ selten ist auch, daß das im Gleichnis gewählte Bild derselben Sphäre entstammt wie der Kontext, sc. der 143 κοτέουσιν: zur unkontrahierten Form R 6. 145 ἐπόψεαι: zur unkontrahierten Form (-εαι statt -ῃ) R 6. 146 προτὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 5.4. — προτί: = πρός (R 20.1). — νεῶν ἄπο: = ἀπὸ νεῶν (R 20.2). —κλισιάων: zur Flexion R 11.1.

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Kampfbeschreibung; so noch 16.589ff. (die Troer weichen um eine Speerwurfweite zurück), 18.207ff. (die Flamme auf Achills Haupt erinnert an ein Feuersignal aus einer umkämpften Stadt), 18.219ff. (Achills Schreie gleichen einer Kriegstrompete), 7.208–210 und 13.298–303 (Vergleiche mit den in den Krieg ziehenden Göttern Ares und Phobos): ROTHE 1914, 266; SCOTT 1974, 81; vgl. dagegen die Gleichnisreihe in 2.455–483 (s.d., mit Lit.). Der paränetische Kampfschrei, der demjenigen von Tausenden von Kriegern gleichkommt (zu menschlichen Schreien vgl. V. 1), verdeutlicht wie andere überdimensionierte Erscheinungen und Handlungen der Götter die übermenschliche Macht und Wirkung ihres Urhebers; die Göttin Hera in der Gestalt des Menschen Stentor kann entsprechend nur wie fünfzig Männer brüllen (5.786; vgl. übermenschliche Züge in 1.530 [s.d.], 15.355–359, 21.407 u.a.; SEVERYNS 1948, 99; VAN DER VALK 1964, 32f.; HAMPE 1952, 15; KULLMANN 1956, 74. 104f.; zu oriental. Parallelen DIRLMEIER 1955, 21; WEST 1997, 363; zur physikalisch unrichtigen akustischen Summierung der Schallerreger WILLE 2001, 75). Deshalb ist Aristarchs Versuch (app.crit.; schol. T zu 148), die Zahlen auf neun bis zehn zu reduzieren (mit der Interpretation von 148 -cheil- als ‘Lippe’ statt ‘tausend’), verfehlt (Eust. 972.61ff.; VAN DER VALK 1964, 32 mit Anm. 142; JANKO). Man hat sich auch gefragt, ob sich der Gott so nicht den Achaiern zu erkennen gebe, etwa wie in 13.71f. (dort durch die Art seiner Bewegung; absichtl. Zeichen hier: schol. bT zu 147, schol. T zu 151f.; LEAF; REINHARDT 1961, 283); das ist gut möglich, “but Homer does not signal this, perhaps because it would make the problem too obvious” (JANKO; zustimmend mit dem Hinweis auf 384–387 [s.d.] und göttliche Entführungsszenen ohne Erklärungen PELLICCIA 1995, 82f. mit Anm. 138; LeerstelleP). Vielleicht soll man sich auch Poseidons menschliche Gestalt als alter Mann im Ansturm (147) verflüchtigt denken, denn entscheidend ist die Wirkung des Schreis (KULLMANN 1956, 104; ähnl. REINHARDT a.O. 283), Kraft spendend für die Angreifer, entsetzlich für die Gegenpartei. Die Führungskrise ist damit endgültig überwunden (zur Doppelten MotivationP wie bei anderen göttlichen Eingriffen 2.451b–452n., dort auch zu anderen Formen göttlichen Einflusses), aber es braucht noch mehr Unterstützung, damit die Achaier die Niedergeschlagenheit ganz überwinden (also fehlt hier der Hinweis auf den übergroßen Willen zum Kampf wie in 2.453f. = 11.13f.: FRAZER 1985, 7). Der Schrei leitet deshalb erzähltechnisch über zu einer Panoramaszene (147–152; JANKO; ähnl. WHITMAN/SCODEL 1981, 5), wie sie sich der Göttin Hera bietet (153–156); ihre Maßnahmen verstärken Poseidons Hilfe (363ff. in der Erzählung wiederaufgenommen, 135–152n.). Vermutet wurde auch noch eine weitergehende strukturierende Funktion des Schreis: Der Schrei markiere die unterschwellige Gleichzeitigkeit mit dem Geschrei beim Einbruch durch die Mauer (12.471), das eigentlich auch Nestor höre (1–152n.). Der Lärm bei der Mauer löse nicht nur Poseidons Anreise 13.17–38 und seine gesamte im 13. und 14. Gesang geschilderte Unterstützung der Achaier aus, sondern gleichzeitig Heras Verführung

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des Zeus, um ihn vom Kampfgeschehen abzulenken (14.153–353): WHITMAN/SCODEL 1981, 5; JANKO zu 1–152n.; STANLEY 1993, 154 mit Anm. 8. Dagegen spricht aber der Zeitpunkt der dem Schrei vorhergehenden Versammlung der Anführer (1–152n.) und vor allem Poseidons deutlich sich verstärkende, offene Eingriffe, nachdem Hera Hypnos mit einer Botschaft zu Poseidon geschickt hat (354ff., 362n.; s. auch 153–353n.): RENGAKOS 1995, 26f. 147–151 Die Interpunktion in diesen Versen wird seit der Antike diskutiert (schol. A). AH, FAESI, LEAF, WILLCOCK und JANKO (zu 147–152) setzen einen Punkt nach πεδίοιο 147 und ein Komma nach ἄρηος 149. Die Voranstellung von ὅσσον τ᾿ in 148 bei einem Punkt nach πεδίοιο mit konnektivem τε zur Einleitung einer längeren Periode bis 151 wäre jedoch ungewöhnlich (die einzige mögliche Parallele Od. 8.124f. ist viel kürzer). Daher setzt RUIJGH 552, gefolgt von WEST, ein Komma nach πεδίοιο und ein Kolon nach ἄρηος und betrachtet τ(ε) in 148 als episch (vgl. 5.859f.). Aristophanes’ Lesart ὅσσον δ᾿ (von AH, FAESI, LEAF und WILLCOCK übernommen) beseitigt die Schwierigkeiten, ist aber weniger gut bezeugt (s. app.crit.).

147 1. VH ≈ 21.328; 2. VH ≈ 22.26. — durchstürmend: Damit beginnt Poseidons Hilfe, die Troer zurückzudrängen (in 363 und 384 führt er sie zum Angriff): MICHEL 1971, 63. µέγ᾿ ἄϋσεν: ἀΰω ‘übermenschlich laut brüllen, den Schlachtruf erheben’, unartikuliert und abgesetzt von der vorhergehenden Rede (LfgrE s.v. (ἀύω), αὔω 1690.20ff.); die anschwellende Lautstärke (Aor.: AH) wird quantitativ ausgedrückt (µέγα: vgl. 3.221n.). — ἐπεσσύµενος πεδίοιο: ἐπεσσύµενος ist Ptz. Perf. zu ἐπισεύοµαι ‘dahinstürmen’; zum Akzent CHANTR. 1.190. Zum partitiven Gen. πεδίοιο 2.785n.; vgl. 145n. 148–149 = 5.860f.; 1. VH von 149 = 12.271. — ἐννεάχειλοι … δεκάχειλοι: -χειλο< *χεσλο- ‘tausend’; ἐννεά-/δεκά-χειλοι viell. erweitert aus einem alten Neutrum *ἐνϝά-/ δεκά-χειλον oder, im Pl., *ἔνϝα/*δέκα *χεῖλα (vgl. lat. novem/decem milia; SCHW. 1.593). Die Lesart -χειλοι eines Papyrus, die Aristarch interpretierte (147–152n.), verrät die vorattische Überlieferung; -χιλοι der Handschriften beruht auf der attischen Tradition (WEST 1998, XXXVI). — ἐπίαχον: zu ἰάχω ‘aufschreien, brüllen’; Aor. (-ῑ́-); zur umstrittenen Bildung des Aorists (Aor. *ϝάχον zu Präs. *ϝι-ϝάχω [19.41n.] durch ῑ̓́αχον ersetzt oder ῑ̓́αχον < Präs. *ϝι(ϝ)αχ- mit metr. Dehnung des Anlauts?) LfgrE s.v. ἰάχω 1111.48ff. Der gnomische Aor. steht parallel zu µέγ᾿ ἄϋσεν 147 und ὄπα … | ἧκεν 150f.; das Aufschreien gehört zum Kampf. ἐπι- ist zu verstehen als ‘gegen’ (den Gegner anschreien) (bei LfgrE a.O. 1112.47ff. als Möglichkeit erwähnt). — ἔριδα ξυνάγοντες ἄρηος: ξυνάγω ‘beginnen’ wie in ξυνάγωµεν ἄρηα 2.381 (s.d.); ἔριδα und ἄρηος beide metonymisch, ἄρηος gen. appositivus, ‘den Streit, der im Kampf besteht’ (LfgrE s.v. ἔρις 701.76, 702.50ff.; GRUBER 1963, 52; TRÜMPY 1950, 124 mit Anm. 326; allg. zur Metonymie 2.381n.; FG 28, 30, 38).

148 ὅσσον: zum -σσ- R 9.1; ebenso τόσσην in 150. — τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11). 149 ἀνέρες: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); = ἄνδρες. — πολέµῳ ἔριδα: zum Hiat R 5.6. — ξυνάγοντες: = συνάγοντες (20.1). — ἄρηος: zur Flexion R 12.4.

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150–151a Erderschütterer: 135n. ἐκ στήθεσφιν … | ἧκεν: zur Brust als Sprechorgan 3.221n.; ὄπα ἵηµι ‘die Stimme ertönen lassen’ (3.152n.). — κρείων Ἐνοσίχθων: VE-Formel (insges. 6× Il., 2× Od.); zur Bed. von Ἐνοσίχθων und zu seiner Verwendung als Variante zu Ἐννοσίγαιος 135n.; κρείων ‘herrschend, gebietend’ (1.102n.).

151–152 151 ≈ 11.11; 2. VH ≈ 2.451, 21.304; 152 = 2.452, 11.12; 2. VH = 2.121, 3.67, 3.435, 7.3, 13.74; ≈ 7.279, 21.572. — Zum Motiv, daß eine Gottheit einem Helden Kraft o.ä. einflößt, 16.529n. Ἀχαιοῖσιν δὲ µέγα σθένος ἔµβαλ᾿ ἑκάστῳ | καρδίῃ: wahrscheinlich durch eine Formelkontamination von σθένος (*µένος?) ὦρσεν ἐκάστῳ | καρδίῃ, in 2.451f. belegt, mit ἔµβαλε θυµῷ (3.139, 13.82, 16.529, Od. 19.485, 23.260, h.Ven. 45, 53, 143) entstanden (HOEKSTRA 1965, 54). Zu anderen Verben, die den göttlichen Impuls ausdrücken, 2.451b– 452n.; zu weiteren Objekten außer σθένος, wie häufigem µένος, 19.88n. καρδίῃ zeigt die nur hier und in den Iteratversen belegte Ausgestaltung des r̥ sonans als metr. Variante zu κραδίῃ (CHANTR. 1.23; WYATT 1969, 207f.; vgl. G 15); das Wort ist semantisch als seelisch-geistige Instanz bei göttlichen Impulsen mit θυµῷ, στήθεσσι und φρεσίν austauschbar (LfgrE s.v. βάλλω 29.1ff.; 1.24n.). — ἄλληκτον: zu λήγω (Doppelkonsonanz aus urspr. Anlaut *σληγ-: SCHW. 1.114), ‘ohne in ihrer Kraft nachzulassen’; adv. Neutr. (2.451b–452n.). — πολεµίζειν ἠδὲ µάχεσθαι: VE-Formel (s. Iteratverse); zur synonymischen Doppelung spez. bei Begriffen aus dem Bereich Kampf/Krieg 1.492n.

153–353 Als Hera Poseidons Bemühungen wahrnimmt, entschließt sie sich, Zeus von der Kontrolle des Schlachtgeschehens abzulenken und so den Achaiern zu helfen. Sie macht sich schön, und es gelingt ihr, mit Hilfe der Liebesgöttin Aphrodite und des Schlafgottes Hypnos (die sie überlistet bzw. für sich gewinnt) ihren Gatten zu verführen und in einen tiefen Schlaf zu versetzen. Die Erzählung, wie Hera (FG 16) Zeus hintergeht (Diós apátē ‘Täuschung des Zeus’), folgt in ihrer Grund-Struktur einer Typischen SzeneP ‘Verführung’, mit den drei Teilen (I) Motivation und Planung, (II) Vorbereitung und (III) Durchführung. Dieses traditionelle, der Lebenswirklichkeit entsprechende Muster teilt die Erzählung mit der Darstellung von Anchises’ Verführung durch Aphrodite in h.Ven. 45–291, mit Demodokos’ Gesang von Ares und Aphrodite in Od. 8.266– 366, Odysseus’ ‘Rückeroberung’ seiner Frau Penelope in Od. 23.153–372, ebenso hinsichtlich einzelner Elemente mit Hes. Op. 47–89 (Pandora verführt Epimetheus), Il. 3.374–447 (Aphrodite vereint Paris und Helena), Od. 11.235–257 (Verführung von Tyro durch Enipeus) und vermutlich Cypr. fr. 5 u. 6 West (wohl Aphrodites Vorbereitung, um Paris zu seinem Urteil zu verführen: BRILLET150 στήθεσφιν: zur Flexion R 11.4. 152 πολεµίζειν … µάχεσθαι: final-konsekutive Inf. 151–152 ἔµβαλ᾿ ἑκάστῳ: zur Prosodie R 4.6 (vgl. dagegen 111n.). — ἑκάστῳ | καρδίῃ: σχῆµα καθ᾿ ὅλον καὶ κατὰ µέρος, hier im Dativ (vgl. R 19.1).

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DUBOIS 2011, 110): SOWA 1984, 67–94; JANKO (zu Einzelheiten auch 159–166n., 170–186n., 313–328n., 333–335n., 352n.; weitere Stellen mit Ähnlichkeiten bei FORSYTH 1979, 109; mit JANKO ist auch auf Archil. fr. 196a West hinzuweisen). Die gemeinsame Tradition zeigt sich auch in Iteratversen und sprachlichen Anklängen (166n., 169n., 172n., 294n., 295–296n., 314n., 315n., 328n., 348n.). Die traditionellen Elemente dieses Erzählungstypus sind allerdings ganz ihrer narrativen Funktion in der Ilias angepaßt und erweitert, so daß sich folgende Struktur ergibt: I Motivation und Planung (153–165): (a) Hera will ihren Bruder Poseidon, der die Achaier antreibt, unterstützen (153–158); (b) sie beschließt, Zeus, der das Gegenteil von Poseidon erreichen will und auf dem Ida-Gebirge sitzt, zu einem Liebesakt zu verführen, um ihn so vom Kampfgeschehen abzulenken (159–165) II Vorbereitung (166–291): (a) Hera macht sich schön: (1) allein in ihrem Schlafgemach (166–186), (2) sie geht zu Aphrodite, bittet sie um ein ‘Aphrodisiakum’ und erhält es (187–224), (b) Heras Besuch bei Hypnos und ihre Reise zu Zeus: (1) Hera geht zur Insel Lemnos (225–230), (2) sie bittet Hypnos, ihr zu helfen, indem er Zeus nach dem Liebesakt in tiefen Schlaf versenkt; er willigt für ein Gegengeschenk ein (231–280), (3) Hera und Hypnos gehen zum Ida-Gebirge; Hypnos versteckt sich dort (281–291) III Durchführung (292–353): (a) Hera erreicht Zeus, dieser wird bei ihrem Anblick von Verlangen übermannt und fragt sie nach dem Grund des Kommens (292–299), (b) sie antwortet mit einer scheinbar gleichgültigen Trug-Rede (300–311), Zeus wirbt um sie (312–328), sie ziert sich (329–340), Zeus schafft Abhilfe (329–345) und umarmt Hera; Liebesakt und danach Zeus’ Tiefschlaf (341–353; das Erwachen und die Reaktion folgen erst 15.4ff.) In anderen Erzählungen von Verführungen ist die Darstellung der Vorbereitung viel kürzer; hier ist sie durch die unterhaltenden Dialoge mit Aphrodite und Hypnos ausführlich geschildert, was wohl die Schwierigkeit des Unternehmens spiegelt: Das Vorhaben, den wachsamen Göttervater zu täuschen, ist anspruchsvoll und bedingt einen großen Aufwand. Die Göttin erscheint dabei immer wieder wie ein Krieger, der sich im Hinblick auf ein strategisches Ziel (die militärische Unterstützung der Achaier) rüstet (170–186n.) und den ‘Gegner’, der sich in der Offensive wähnt, besiegt (292–353n.). Ihre Motivation beruht nicht auf einem Verlangen wie z.B. in h.Ven., sondern ganz im Gegenteil auf einem Gefühl der Abneigung aus Ohnmacht gegenüber ihrem Gemahl, das sich seit Thetis’ Besuch bei Zeus entwickelt hat (ausführlich dazu SYNODINOU 1987): Als Gegnerin der Troer und Bundesgenossin der Achaier (weil Paris’ Urteil zu ihren Ungunsten ausgefallen ist) fürchtet Hera, ihr Ziel, die Zerstörung Troias, nicht zu erreichen (1.541–543n.), und streitet deswegen mit Zeus (4.5ff.). Trotz seines Verbots

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versucht sie, auf das Schlachtfeld zu gelangen und den Achaiern zu helfen, wird aber vom Göttervater unter Drohungen zurückgeholt (8.5–27, 8.350–484). Poseidon, den sie um Hilfe gebeten hatte, lehnt mit dem Hinweis auf Zeus’ Überlegenheit ab (8.200–211). Nun, da die Lage für die Achaier schon verzweifelt ist (1– 152n.), sieht sie, daß ihr Bruder Poseidon die Unaufmerksamkeit ihres Gatten ausnutzt (13.1–38). Diese Situation macht sie sich ihrerseits zunutze, wobei sie – da ihr nach den früheren Versuchen sonst nichts mehr übrig bleibt – zu einer List greift (schol. T zu 160, bT zu 166). Die schon durch Poseidons Eingreifen eingeleitete RetardationP in der Ausführung der Diós boulḗ (s. 135–152n.) wird somit durch die Diós apátē noch weiter ausgedehnt. Dabei stellt Heras Vorgehen eine steigernde Parallele zu der Poseidonhandlung dar, weil die Göttin ihren Gatten nicht wie Poseidon heimlich hintergeht, sondern ihn offen täuscht. Ihre raffinierten Vorbereitungen führen ein spannendes Unternehmen vor, ermöglichen Poseidon eine wirksamere Unterstützung der Achaier (354–15.219) und stellen eine Alternative zum Handlungsverlauf (die Durchsetzung von Zeus’ Plan) in Aussicht (FAESI; REINHARDT 1961, 289; ERBSE 1986, 193–195; EDWARDS 1987, 125; FRIEDMAN 2001, 101). Die Diós apátē hat zudem einen großen Unterhaltungswert: Im Kontext der heroischen Schlachtbeschreibungen sorgen die z.T. hochgradig komischen Götterszenen für willkommene Abwechslung und Auflockerung (EDWARDS 1987, 133): Hera, die Göttin der Ehe, pervertiert ihre Rolle und instrumentalisiert die eheliche Liebe (JANKO), während der Göttervater Zeus, sonst der raffinierte Verführer, selbst schwach wird und sich täuschen läßt (s. auch 187–223n., 205n., 221n., 231– 291n., 274n., 292–353n., 298–299n., 313–328n., 317n., 330–340n., 347–351n.). Zum Motiv ‘ein Gott überlistet einen anderen’ vgl. 19.97n. (mit Parallelen u.a. in anderen Verführungsszenen). Humorvolle Erzählungen von den Göttern finden sich auch in 1.571–611n. (s.d., mit Lit.), 5.370ff. und 21.385–514, auch in der Odyssee (Demodokos-Lied, s.o.; dazu BIERL 2012), in Hesiods Erzählungen von Pandora (s.o.) und Hymnen wie h.Merc., h.Bacch. (231–291n.), h.Ven. (s.o.); komische Elemente sind offensichtlich sehr alt, prägen auch hethit. und isländ. Mythen und lassen sich späteren griech. Zeugnissen aus Kult und Literatur entnehmen (aus Eleusis, Samos, der Komödie oder den Iamben des Archilochos): JANKO; RIEMSCHNEIDER 1954, 114–121; FRIEDLÄNDER 1934, 225; REINHARDT (1938) 1960, 23f. mit S. 493f. Anm. 13; BURKERT (1982) 2003, 110–115. Ein Einfluß auf die vorl. Episode ist von seiten der akkad. Epik anzunehmen, in welcher erfolgreiche Täuschungen und eine Beschimpfung einer Göttin belegt sind (BURKERT a.O. 361). Im Gegensatz zur oriental. Epik sind aber die Götter in der Ilias mehr vermenschlicht und spiegeln die Verhältnisse unter den Menschen: Das Paar Zeus–Hera bildet eine menschliche patriarchale Ehe ab, in welcher der schwächeren Frau nur die List bleibt (PÖTSCHER 1987, 1; SCHÄFER 1990, 88. 90.

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160. 163), wohl ein altes Erzählmotiv (19.97n.), während Zeus wie ein Mensch dem Eros und dem auf den Geschlechtsverkehr natürlich folgenden Schlaf unterliegt (BURKERT a.O. 114; ERBSE 1986, 230). Schon in der Antike hat man Kritik an dem anthropomorphen Götterbild geübt (besonders heftig Xenophanes fr. 11 DK = 15 G.-P. und Platon Rep. 390b–c: FEENEY 1991, 6–8); in der Neuzeit hat man die Erzählung als Ausdruck einer zersetzenden, frivolen Kritik an der Religion aufgefaßt und sie als späten, unhomerischen Einschub betrachtet. Das trifft aber nicht zu: Das Spielerische und die Götterburleske sind uralt (s.o.; BURKERT a.O. 108ff.; JANKO; BIERL 2012, 133): Die Schilderung der unbeschwerten, leicht lebenden Götter lockert zwar auf, kontrastiert aber auch scharf mit den umgebenden Szenen, in denen die Troer den Schiffen immer näher kommen und die achaiischen Anführer sich verzweifelt miteinander beraten (1–152n.), Hektor schwer verwundet wird und Krieger aufs gräßlichste sterben (354–522n.; 1.571–611n. zu den kontrastiven Götterszenen; manches grenzt an eine Parodie des menschlichen Kampfes: 170–186n., 292– 353n., 353n.; JANKO; FRIEDLÄNDER 1934, 217–219; GOLDEN 1989, 1–8; GRAF 1991, 352; STANLEY 1993, 159). Heras zeitweiliger Triumph, durch den die Verwirklichung von Zeus’ Plan verzögert wird, führt für die Menschen zu einem ‘Zickzackkurs’, dem sie völlig ausgeliefert sind (wechselndes Übergewicht der Achaier bzw. Troer; SCHÄFER 1990, 74). Außerdem verweisen die Auseinandersetzungen zwischen Zeus und Hera nicht nur auf den Konflikt zwischen den Götterparteien im Krieg um Troia, sondern ganz allgemein auf Spannungen zwischen Zeus und seinen Geschwistern, was durch Erinnerungen an Zeus’ frühere Kämpfe um die Alleinherrschaft unterstrichen wird (zu Anspielungen an eine Theomachie und eine Bedrohung der kosmischen Ordnung 198–199n., 202–204n., 205n., 231n., 330–340n.; JANKO; SCHÄFER 1990, 75. 160–163; STANLEY 1993, 158; FRIEDMAN 2001, 101; KELLY 2007, 310. 425f.; oriental. Parallelen zur Schilderung rebellischer Götter bei WEST 1997, 180). Die mangelnde Unterordnung anderer Götter unter den Göttervater spiegelt die Schwierigkeiten des ‘Oberbasileus’ Agamemnon um Anerkennung seiner Autorität (ULF 1990, 261–267; GRANATA 1991, 631); allerdings setzt sich der Göttervater – im Gegensatz zu Agamemnon – letztlich mühelos durch (15.4–218; eine historische Deutung dazu bei ULF 2012). – Heras dominante Rolle erklärt sich einerseits aus ihrer kultischen Aufgabe, die Ehe zu schützen (entsprechend der Vorgeschichte des Krieges; FG 16), andererseits aus ihrer starken Stellung als Partnerin neben ihrem Bruder Zeus (194n., 213n., vgl. die Formel von Zeus als Gatte der Hera, 16.88n.; BURKERT [1977] 1985, 132; LIMC s.v. Hera 682). Sie widerspiegelt sich auch in ihrem Kult und hängt vielleicht damit zusammen, daß Hera ursprünglich eine von Zeus unabhängige Göttin war und erst später mit ihm verbunden wurde (schon in myk. Zeit: 347–351n.; SIMON [1969] 1980, 45; STELLA 1978, 92f.; LIMC s.v. He-

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ra 659f.; ER s.v. Hera 2005; ausführlich, auch zum Kult, z.T. aber sehr spekulativ, O’BRIEN 1993). 153–186 Heras Motivation und ihr Entschluß, Poseidon zu helfen; Hera macht sich schön. 153–158 Zeus’ Gattin Hera war beunruhigt (153–353n.; zum chronolog. Verhältnis dieser Szene zum vorhergehenden Geschehen 1–152n., 153–353n.). Jetzt hört sie Poseidons gewaltigen Schrei, tritt an den Rand des Olympos (154) und erfaßt mit einem Blick sowohl das Geschehen um Poseidon (155f.) als auch das auf dem Ida (157f.; zum Parallelismus 157–158n. a.E.), ähnlich wie ihr Bruder Poseidon die Lage schnell überblickt und sich dann ebenfalls erbittert gegenüber Zeus zeigt (13.10–16; MICHEL 1971, 30 mit Anm. 39). Zur Vorstellung, daß die Götter menschliches Geschehen beobachten, 135–152n.; durch die Schilderung der Ansicht wird dem Hörer ein Überblick geboten (3.1–14n.; vgl. 19.340n.), der hier als Hintergrund für Heras Plan und Vorgehen dient. 153 goldthronend: generisches EpithetonP von Hera (noch 1.611, 15.5, h.Ap. 305, hom.h. 12.1, h.Ap. 305), Artemis und Eos; zur wahrscheinlichen Bed. ‘mit goldenem Thron’ 1.611n.; LfgrE. Zum Gold als Material für Gegenstände der Götter 2.448n.; vgl. die goldenen Throne von Zeus 8.442 resp. für Hypnos in 238f.; oriental. und idg. Parallelen bei WEST 1997, 112; 2007, 153f.; OTTO 2012, 23f. Es ist denkbar, daß der Göttinnen vorbehaltene Beiname den ausschließlichen Gebrauch von Ehrensitzen (1.536n.) für Kultbilder weiblicher Gottheiten widerspiegelt (RISCH [1972] 1981, 362). Möglicherweise soll das Epitheton hier und 15.5, an Beginn und Ende der Erzählung von Zeus’ Täuschung durch Hera, an Heras Machtanspruch und ihren Willen erinnern, Zeus zu beeinflussen (REICHEL 1990, 90; LOUDEN 2006, 99), ähnlich wie in 15.150 dadurch, daß sie sich auf ihrem Thron niederläßt, Heras Souveränität gegenüber den anderen Göttern unterstrichen wird. εἰσεῖδε: “absolut: ‘richtete den Blick hin’ (auf die Schlacht), verstärkt durch ὀφθαλµοῖσιν, von aufmerksamer Beobachtung” (AH).

154 Olymp: Göttersitz und Aussichtspunkt (1.18n.; 1.499n.; oriental. Parallelen zum Sitz der Götter auf Bergspitzen auch bei OTTO 2012, 22f. mit Abb. 9 auf S. 25). — erkannte: Es wird offengelassen, ob Hera den schnell im Staub Anstürmenden (147) in der Menge der Kämpfer als Gott Poseidon wahrnehmen kann oder ob sie ihn in seiner Verwandlung, als alten Mann (136), erblickt und trotz seiner menschlichen Gestalt erkennt (so AH; LfgrE s.v. γιγνώσκω 156.49ff.; vgl. 147–152n.). 153 Ἥρη: zum -η nach -ρ- R 2. — ὀφθαλµοῖσιν: zur Flexion R 11.2. 154 Οὐλύµποιο ἀπὸ (ῥ)ῥίου: zur Prosodie R 5.6 bzw. ↑. — Οὐλύµποιο: zur Flexion R 11.2. Zum metrisch gedehnten Anlaut R 10.1. — ῥίου· αὐτίκα: zur sog. Hiatkürzung R 5.5.

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ἐξ Οὐλύµποιο ἀπὸ ῥίου: Die Präpositionen beziehen sich auf die Handlung (εἰσεῖδε) von einer bestimmten Position aus (στᾶσ᾿; JANKO zu 153–5; K.-G. 1.544). Die genauere Bestimmung (hier ἀπὸ ῥίου) folgt nach der groben Angabe (hier ἐξ Οὐλύµποιο) wie z.B. in 18.576 (FAESI); Heras Aufbruch 225 wird mit dem bloßen (λίπε) ῥίον Οὐλύµποιο zusammengefaßt. Zum Anlaut von ῥίον ‘Berghöhe, Kuppe’ 19.114n. (*ϝριο- oder eher *σριο-). — αὐτίκα δ᾿ ἔγνω: VE-Formel (3× Il., 2× Od., 1× hom.h.).

155–156 Bruder … Schwager: Zeus’ Bruder ist nicht mit seinem Namen, Poseidon, bezeichnet, weil die Erzählung die Sicht der Kronostochter und Zeusgattin Hera (4.59f., 16.432, 18.356) wiedergibt (Sekundäre FokalisationP): DE JONG (1987) 2004, 103. 266 Anm. 5. Die Nennung der verwandtschaftlichen Beziehung zu Poseidon betont die gegenseitige enge Beziehung (JANKO zu 153–8). Heras Geschwisterehe mit Zeus “violates the incest taboo but at the same time underlines her unique equality of birth” (BURKERT [1977] 1985, 132; ausführlich und spekulativ KERÉNYI 1972, 76–92). 155 2. VH = 13.270; ≈ 4.225, 12.325 (µ. ἐς κ.); 6.124 (s.d.), 7.113, 8.448, 24.391 (µ. ἐνὶ κ.). — ποιπνύοντα: ποιπνύω bed. ‘keuchend/schnaufend geschäftig sein’; hier wie in 1.600 (s.d.) in Sekundärer FokalisationP; zur Bed. und Wortbildung auch 24.475–476n. 156 αὐτοκασίγνητον: ‘leiblicher Bruder’ (3.238n.). — δαέρα: ‘Schwager’ (3.180n.). — χαῖρε δὲ θυµῷ: VE-Formel (insges. 3× Il., 3× Od.). θυµῷ, meistens Füll-Element (1.24n., vgl. 20n.), intensiviert hier den Ausdruck ihres allgemeinen Wohlgefühls (im Inneren): ‘und sie empfand tiefe Lust’ (JAHN 1987, 230f.; LATACZ 1966, 52f.).

157–158 Gipfelpunkt: 154n. Auf die als Ausguck mit Blick auf Troia dienende Bergspitze setzt sich Zeus nach dem Ende der Götterversammlung auf dem Olymp (8.47–52) und wieder nach Agamemnons Aristie, 11.182–184; dort sieht ihn später auch Poseidon (13.13; zum Sitzen als Zuschauerhaltung vgl. 3.326–327n.). Die genauen Angaben zu Zeus’ Aufenthaltsort, die fast einen ganzen Vers füllen (ELLIGER 1975, 56), unterstreichen wohl Heras folgenreichen Eindruck (Sekundäre Fokalisation), ihr Gatte behalte sich in ruhiger Abgeschiedenheit (wie damals gegenüber Thetis: 1.498n.) die souveräne Lenkung der Geschehnisse vor, während ihr Bruder sich im Schlachtgetümmel abmühe. — Ida: im Südosten der Troas gelegenes Quellgebirge vieler Flüsse; auf einem seiner Gipfel, Gargaron, befand sich ein Kultplatz des Zeus (8.47f.; 22.170f.; 2.821n.; WORONOFF 1995, 219). — abscheulich: Ausdruck eines tiefen “Mißbehagen[s]” (LfgrE s.v. πέλοµαι 1135.53), das auf furchtsamer Distanzierung und Widerwillen beruht (LfgrE s.v. στυγερός 155 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); dazu αὐτοκασίγνητον καὶ δαέρα (156) als Apposition. — µάχην ἀνά: = ἀνὰ µάχην (R 20.2). 156 χαῖρε: zur augmentlosen Form R 16.1. — θυµῷ: präpositionsloser dat. loci (R 19.2). 157 Ζῆνα: = Δ∆ία (R 12.5). 158 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ: = αὐτῇ (R 14.1). — ἔπλετο: 3. Sg. Aor. zu πέλοµαι; ≈ ἐγένετο.

Kommentar

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245.11ff.; ZABOROWSKI 2002, 215; stygerós ‘schauerlich, schrecklich’ wird sonst oft von Todesgöttinnen, dem Kriegsgott Ares oder von Krankheiten gebraucht: LfgrE a.O.); hier in scharfem Gegensatz zu Heras intensivem Wohlgefühl beim Anblick Poseidons. Zeus’ ruhige Souveränität zeigt ihr, daß er jederzeit eingreifen und Poseidons Treiben zugunsten der Achaier ein Ende bereiten kann, und macht ihr so ihre Ohnmacht gegenüber den verhaßten Troern bewußt (schol. bT; AH; ERBSE 1970, 96f.; allg. zu Heras Schwäche SYNODINOU 1987, 17. 19. 22). Heras Gefühl der Ohnmacht erklärt sich aus ihrer Unwissenheit: Nach einer oberflächlichen Information in 8.473–476 enthüllt ihr Zeus erst in 15.59–77 seinen Plan genauer, und sie erfährt erst da, daß er die Troer nur vorläufig die Oberhand behalten und schließlich die Achaier Troia erobern läßt. Ζῆνα: nur noch in Od. 24.472 belegte Nebenform zu ererbtem Ζῆν (< idg. *Di̯ ēm, lat. diem; 7× Il., 1× Od., 2× Hes.), das allerdings außer in 8.206, 14.265, 24.331, Hes. Th. 884 als Ζῆν᾿ interpretiert werden konnte (G 77; SCHW. 1.576f.; vgl. 24.296n. a.E.). — πολυπίδακος Ἴδης: πολυπῖδαξ ‘quellenreich’ (16.825n.: πίδακος ‘Bergquell’), außer hom.h. 19.30 Beiwort des Quellgebirges Ida (s.o.), in der vorl. VE-Formel (insges. 5× Il., 1× hom.h.) und in Sperrung im Akk. (3× Il., 1× hom.h.; LfgrE s.v. πολυπίδακ-). Die Überlieferung schwankt hier und an den übrigen iliadischen Belegen mit Gen.-Formen zwischen πολυπίδακος mit kons. Stamm (hier die Lesart der meisten Hss.; außerdem bei Plat. Leg. 681E) und πολυπιδάκου mit o-Stamm (schol. AT, einige Hss.). Möglicherweise geht der auch sonst verbreitete Wechsel zwischen den Stämmen (24.565–567n. s.v. φυλακούς) schon auf (vor-)homerische Zeiten zurück (JANKO zu 157–8); es kann aber auch von Rhapsoden in nachhomerischer Zeit aus metrischen Gründen zum Gen. πολυπίδακος eine Flexion mit o-Stamm gebildet worden sein (LABARBE 1949, 240–242). — στυγερὸς δέ οἱ ἔπλετο θυµῷ: Variante zur VE-Formel φίλον ἔπλετο θυµῷ (337n.). Die Gegensätzlichkeit der beiden leidenschaftlichen Empfindungen (s.o.) wird durch den sprachlichen Parallelismus unterstrichen (156 χαῖρε δὲ θυµῷ – 158 στυγερὸς δέ οἱ ἔπλετο θυµῷ). Er würde durch die in schol. T bezeugte v.l. ἔπλετ᾿ ἰδούσῃ zerstört (BECHERT 1964, 299).

159–166 Typische SzeneP des Erwägens der besten Vorgehensweise (2.3–7n.), welche die Bedeutung der Entscheidung für das Folgende hervorhebt (hier die RetardationP des Geschehens, 153–353n.; AREND 1933, 107): (1) Hera überlegt (159), (2) wie sie Zeus bestricken kann (160); (3) sie entscheidet sich dafür (161), (4) zu Zeus zu gehen, ihn zu verführen und in Schlaf versinken zu lassen (162– 165); (5) sie geht sich schönmachen (166). Element 4, das in Sekundärer FokalisationP dargestellte Verfahren und sein Ziel, dient als Ankündigung der in 166– 353 ausführlich geschilderten Verführung (KRISCHER 1971, 116). Heras ganz natürliche Mittel (vgl. sprichwörtl. ‘die Waffen einer Frau’), die Erotik und der Schlaf, werden später durch Aphrodite und ihre Gabe sowie Hypnos personifiziert, Gottheiten, denen niemand widerstehen kann (198f., 233): WEST 2011, 291f. (zu 163–5). Die Ziele der Verführenden werden hier, anders als bei den kürzeren Darstellungen weniger raffinierter Fälle (dazu 153–353n.), für den Rezipienten

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von vornherein geklärt (JANKO zu 159–161). Im Vordergrund steht die Art der Ausführung, wobei die Besuche bei Aphrodite und Hypnos breiten Raum einnehmen und retardierend wirken, aber dadurch die Spannung steigern (153–353n.). 159 ≈ 1.551, 4.50, 15.49, 16.439, 18.357, 18.360, 20.309; 1. VH = 5.671, Od. 4.117, 20.93, 24.235; ≈ Od. 10.151; 2. VH = 5× Il., 3× h.Ap. ; ≈ Il. 8.471. — βοῶπις πότνια Ἥρη: βοῶπις bed. eigtl. ‘kuhäugig’. Ein Bezug zu Heras Kult als Herrin der Rinderherden ist nicht ganz auszuschließen (BURKERT [1977] 1985, 131; HÄUSSLER 1995, 82f.; es ist aber unwahrscheinlich, daß das Epitheton ein Relikt eines theriomorphen Kultes ist: LfgrE s.v. βοῶπις; KIRK zu 1.551; PÖTSCHER 1987, 79 mit Anm. 186; KIRK zu 1.551). Bildliche Zeugnisse aus archaischer Zeit legen jedoch nahe, daß man das Adj. damals als ‘großäugig’ verstanden hat, und im hom. Epos ist es entsprechend als generisches Schönheits-EpithetonP – wie λευκώλενος – von Hera, anderen Göttinnen und menschlichen Frauen verwendet (1.551n.; FG 16; vgl. zu Heras Schönheit 170–186n.). Ob der Wechsel zwischen der vorl. Formel (insges. 14× Il., s. Iterata) und dem (mit θεά erweiterbaren und flektierbaren) λευκώλενος Ἥρη (insges. 22× Il., darunter in 277, s.d.) kontextabhängig ist, läßt sich nicht immer eindeutig entscheiden (BECK 1986, gefolgt von THOMAS 2002, 3–7; FRIEDRICH 2007, 78–80: bei Heras Konflikten mit einer anderen Gottheit steht βοῶπις πότνια Ἥρη, das jedoch vermieden wird, wenn Tiere genannt werden; JANKO zu 15.92 und CORSINI 1992, 109f., weisen auf Fälle von gezwungenen Gruppierungen von BECK hin). Der Hiat in βοῶπις πότνια Ἥρη (< πότνια Hήρα) beweist das hohe Alter der Formel (1.551n.), die vielleicht im Ritus verwendet wurde (im hom. Epos meistens im Zusammenhang mit direkten Reden, auch 3× im Vok., belegt: CORSINI 1992, 111f.). Durch die Verdunkelung der ursprünglichen Bed. von βοῶπις bot sich möglicherweise ein immer beliebterer Ersatz mit der leicht verständlichen, anpassungsfähigeren neuen Formel mit λευκώλενος ohne Hiat an (HAINSWORTH 1978, 45; CORSINI a.O.; zur ursprünglichen Prosodie von βοῶπις 1.551n.). Zum Ehrentitel πότνια ‘Herrin’ 1.357n.; zur idg. Herkunft WEST 2007, 137f. 160 2. VH = 252, Od. 5.103, 5.137, ‘Hes.’ fr. 43(a).76 M.-W. (ergänzt); ≈ Hes. Op. 661, ‘Hes.’ fr. 43(a).52 und 303.2 M.-W. (Ζηνὸς ν. α.), Il. 15.242, Od. 24.164, h.Merc. 396 (Δ∆ιὸς νόος α.), Hes. Op. 483 (Ζηνὸς νόος α.), Il. 17.176 (Δ∆ιὸς κρέσσων νόος α.). — ἐξαπάφοιτο: redupl. themat. Aor., mit sekundär gebildetem Präs. ἐξαπαφίσκω (SCHW. 1.749; CHANTR. 1.398); nur in dieser Form in medialer Verwendung belegt, mit gleicher Bed. wie im Akt.: ‘verlocken, verleiten, verführen’ (mit schwächerer Nuance des Betörens, Berückens als bei ἠπεροπεύω, vgl. 3.39n.); mit Akk. der Person, ebenso mit Δ∆ιὸς νόον noch Hes. Th. 537; die Ergänzung zeigt, daß bei ἀπαφίσκω, anders als bei ἀπατᾶν, die Täuschung sich innerhalb der Person vollzieht, “insofern ihr (manipuliertes) Gefühl die Urteilskraft überspielt” (LfgrE s.v. ἀπαφίσκω 1006.32f.). Die Verführung ist hier das Instrument, mit dem Hera Zeus anschließend mit Hypnos’ Hilfe hintergehen könnte (15.31 ἀπατάων und 15.33 ἀπάτησας). Entsprechend sagt später Hypnos: αὐτῷ ἐγὼ µαλακὸν περὶ κῶµα κάλυψα· | Ἥρη δ᾿ ἐν φιλότητι παρήπαφεν εὐνηθῆναι (14.360f.): LfgrE a.O. 1006.61ff. — Δ∆ιὸς νόον αἰγιόχοιο: Kombination von Δ∆ιὸς νόον/-ς vor bukolischer Di159 πότνια Ἥρη: zum Hiat ↑. 160 ὅππως: = ὅπως (R 9.1).

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härese (1× Il., 5× Hes., 1× ‘Hes.’, 2× h.Merc., dazu 3× Il., 1× Hes., 2× ‘Hes.’ in Sperrung) mit der VE-Formel Δ∆ιὸς αἰγιόχοιο (insges. 13× Il., 9× Od., 10× Hes., 3× hom.h.): JANKO zu 159–161; vgl. JAHN 1987, 80. Zur unsicheren Bedeutung und Etymologie von αἰγίοχος 1.202n. (‘auf einer Ziege reitend’ od. ‘Aigis-haltend’; zur Aigis 2.446b–454n.).

161 = 2.5, 10.17, ‘Hes.’ fr. 209.1 M.-W., h.Ven. 235; ≈ (µοι) Od. 9.318, 9.424, 11.230; 2. VH = Il. 7.325, 9.94, Od. 24.52. — Der Formelvers dient als Element 3 der Typischen Szene des Erwägens der besten Vorgehensweise (159–166n.; 2.5n.). 162 ἐντύνασαν ἕ᾿ αὐτήν: Aktivisches ἐντύνω ‘bereitmachen’ in Verbindung mit einem Reflexivpronomen ist im hom. Epos noch selten (weitere Bsp. 8.529, 12.43); sonst wird das reflexive Verhältnis mit dem Medium ausgedrückt (CARLSSON 1912, 64; CHANTR. 2.178). Vielleicht betont die vorl. Konstruktion, daß Hera sich zunächst ohne Helferinnen selbst schön machen will (166–169n., 170–186n.; ALLAN 2003, 90: allg. Aktiv mit Refl.-Pron. bei Handlungen, die man normalerweise nicht an sich selbst vollzieht; CHANTR. a.O. z.St.: “souligne l’action du sujet sur lui-même”). WESTs Lesart ἕ᾿ ist der elidierte Akk. ἑέ des Reflexivpronomens; zur Herkunft solcher Formen PETIT 1999, 228: “les formes du thème dissyllabique … sont … si mal attestées qu’il est difficile de voir dans ἑέ, ἑοῖ autre chose que des créations occasionnelles, sans réelle portée.” Weniger wahrscheinlich ist die schon in der Antike bezeugte und von AH und LEAF übernommene Lesart ἓ αὐτήν; die Konsonanz im Anlaut von ἕ/ἑ, ἕο/ἑο, οἵ/οἱ (< h(ϝ)ε- *swed-, vgl. κήδιστος vs. κεδνός): DE LAMBERTERIE 1999, erwähnt von BEEKES s.v. ἑδανός. — τεθυωµένον: nur wie hier im Ptz. Perf. Med.-Pass. eines Verbums *θυόω belegt, zu θύον, einer Baum-Art mit aromatischem Holz (Od. 5.60), θύω ‘ein Rauch-/Brandopfer darbringen, opfern’ und θύος (6.270n.; FRISK s.v. θύος); ‘parfümiert’, ebenso neben ἀµβρόσιος bzw. ἄµβροτος h.Ven. 63, h.Ap.184 (LfgrE s.v. θυόω); prädikativ (LEAF). — ἦεν: ‘vorhanden war’ (AH). 173 2. VH ≈ 1.426, 21.438, 21.505; vgl. auch Od. 8.321, 13.4. — τοῦ: “ablativischer Genetiv: ‘von dem’” (AH). — καί: ‘auch nur’, konzessiv (AH). — †κινυµένοιο: Die in allen Hss. und Pap. überlieferte Form gehört zum Präsensstamm κίνυµαι, der zur Wurzel *kei̯ h2- (ἔκιον ‘gehen’) mit Nasalerweiterung gebildet ist (LIV s.v. *kei̯ h2- [S. 346]). κίνυµαι bed. ‘sich in Bewegung befinden’, hier iterativ (AH) und passivisch, vom Salböl (FAESI; LEAF zu 174; WILLCOCK): “‘wenn es’ (sc. auf seiner Trägerin) ‘hin und herbewegt wurde’” (LfgrE s.v. κίνυµαι; etwas anders LASER 1983, 156: gemeint sei wohl: wenn es benutzt wurde). Ein solcher Bezug auf das Salböl scheint JANKO problematisch (zu 172–4; gefolgt von WEST 2001, 227); κίνυµαι wird sonst nur von Armeen (4.281, 4.332, 4.427, Od. 10.332) und Menschen (10.280, Od. 10.556) gebraucht (DIHLE 1970, 85). WEST a.O. konjiziert deshalb καὶ κινυµένης Ζηνὸς κατὰ … δῶ, ‘wenn sie (Hera) sich auch nur in Zeus’ Haus bewegte’ (vgl. ἔκλαγξαν δ᾿ ἄρ᾿ ὀϊστοὶ ἐπ᾿ ὤµων χωοµένοιο | αὐτοῦ κινηθέντος in 1.47; Ζηνὸς statt Δ∆ιὸς aus metr. Gründen; Entstehung der Korruption durch versehentliche Angleichung des Partizips an das vorausgehende Pron. τοῦ). Zu JANKOs Bezug auf Heras Kleidung, ἑανόν, 172n. — κατὰ χαλκοβατὲς δῶ: Variante der VEFormel ποτὶ χ. δ., die in der Ilias ebenfalls immer nach Δ∆ιός steht (s. Iterata): LfgrE s.v. χαλκοβατές. κατά ist Aristarchs Lesart; das in der Überlieferung überwiegende ποτί, das nicht zu κινυµένοιο paßt, dürfte eher unter dem Einfluß von 1.426 entstanden sein (LEAF; WEST, app.crit.) als bei einem mündlichen Diktat des Dichters, der schon an den folgenden Vers dachte (JANKO 1998, 8f.). Das EpithetonP ist zu χαλκός und βαίνω gebildet und bedeutet ‘wo man auf Erz schreitet’ (1.426n.), d.h. mit Schwelle oder Fußboden aus Erz (vgl. 4.2 χρυσέῳ ἐν δαπέδῳ, 8.15 χάλκεος οὐδός, Od. 7.89 ἐν χαλκέῳ … οὐδῷ: HOEKSTRA zu Od. 13.4). Da die Schwelle oft in Verbindung mit βαίνω genannt wird, ist sie wohl eher gemeint (ROUGIER-BLANC 2005, 144). Der genaue Bezug zur Realität ist nicht klar. Man hat zwar nur Steinschwellen aus der hom. Zeit gefunden, aber Metall scheint in der Architektur geometr. Zeit eine repräsentative Rolle gespielt zu haben, und es kann auch hölzerne, mit Bronzeblech verkleidete Schwellen gegeben haben (HELBIG [1884] 1887, 107f.; AH; DRERUP 1969, 110f. 132f.; vgl. 169n.). In einer assyr. Inschrift wird eine in Bronze gegossene Schwelle eines Palastes erwähnt (BOWIE zu Od. 13.4), und es ist möglich, daß solcher Luxus im Westen bekannt war. Sicher soll das Epitheton bei Homer jeden173 τοῦ: ‘dessen’ (R 17), zu verbinden mit ἀϋτµή (174), bezieht s. auf ἐλαίῳ (171; ebenso τῷ in 175); zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. — δῶ: = δῶµα.

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falls besonderen Glanz und die Pracht der Götterpaläste oder des märchenhaften Hauses des Alkinoos andeuten, entsprechend seiner Funktion als Metall der Heroenzeit (6.3n.): LfgrE a.O.; HOEKSTRA a.O.; vgl. 18.370-371n. – δῶ bed. ‘Haus’, wohl Ableitung von δέµω/δῶµα (1.426n.). Zu einsilbigen Substantiven am VE mit vorausgehendem choriambischem Attribut s. WITTE (1912) 1979, 111f.

174 Der Ausgangspunkt ist hier der Olymp, über dem sich der Himmel wölbt (LfgrE s.v. οὐρανός 871.19ff.). Sonst werden etwas kürzere Wendungen (ohne ‘Erde’) als Metaphern für die Wirkung von Tönen und Licht verwendet (60n., 2.153n.). Die Steigerung unterstreicht das verführerische Potential von Heras “Waffe”, dem parfümierten Salböl (ähnl. NAGLER 1974, 57f.; BENNETT 1997, 128). ἔµπης: nimmt das konzessive καί in 173 auf: ‘doch, nichtsdestoweniger’ (LfgrE s.v. 567.40ff.); die Bed. ‘gleichermaßen’ (schol. T; JANKO zu 172–4) ist nirgends belegt (LEAF). — ἵκετ᾿ ἀϋτµή: flektierbare VE-Formel (noch Od. 16.290, 19.9, 19.20). ἀϋτµή ‘Hauch, Wehen’, hier ‘Hauch, Geruch, Duft’ von dem parfümierten Hautöl, der sich durch die Bewegung im ganzen Luftraum verbreitet (LfgrE s.v. ἀυτµή 1618.41ff.).

175–177 Zur allgemein verbreiteten Pflege der Haare gehört das Einölen, das die Haare glänzen läßt (175, 177; 19.126, Od. 15.332, hom.h. 24.3), eine aus dem Orient stammende, wohl schon in mykenischer Zeit verbreitete Sitte (19.126– 127n.; LASER 1983, 154f.; SHELMERDINE 1995, 128f.); darauf folgt das Kämmen (176a), das nur hier im fgrE erwähnt wird, aber durch Funde von Kämmen aus myk. und homerischer Zeit illustriert wird (MARINATOS 1967b, 28–31, mit Taf. B IIIc und Ve–f), und schließlich das Herrichten der Frisur, der Zöpfe oder gedrehten Locken (176b–177). Heras verführerische Schönheit, durch die Pflege noch hervorgehoben, wird durch viele Epitheta betont (von ihrem Körper: 175 kalón ‘schön’, noch 170 himeróentos ‘reizend’; von ihren Haaren: 176 phaeinóus ‘schimmernd’, 177 kalóus ‘schön’). 175 χρόα καλὸν ἀλειψαµένη: nimmt ἀλείψατο aus 171 auf (wo χρόα aus 170 ἀπὸ χροὸς ἱµερόεντος zu ergänzen ist); zu solchen an Vorhergehendes anknüpfenden Wiederholungen, hier nach mehreren Versen Abstand wie in 11.5ff. und 12.294, s. CHANTR. 2.359. — ἀλειψαµένη ἰδέ: Der Sinneinschnitt, hier mit Hiat (wie oft vor ἰδέ, vgl. z.B. 2.697, 6.469; RUIJGH 1957, 55), nach dem Longum des 5. Metrons folgt einem langen, ‘schweren’ Wort wie in 4.112, 12.400, Od. 6.86 u.ö.: FRÄNKEL (1926) 1960, 106f. — ἰδέ: 164b–165n. — χαίτας: oft im Pl., ‘langes, wallendes Haar’ (LfgrE s.v. χαίτη 1098.49), als Objekt zu πεξαµένη und (nur sinngemäß) auch zu ἀλειψαµένη; das Haar ist deshalb ‘glänzend’ vom Öl (176 φαεινούς; AH). 176 πεξαµένη: πέκω, schon myk. belegt, mit der gleichen idg. Wurzel wie lat. pecto, bed. ‘kämmen’ (nur hier; in Od. 18.316 πείκετε ‘(Wolle) karden’): LfgrE. — πλοκάµους ἔπλεξε: figura etymologica zum Wortstamm πλεκ-, idg. *plek’-, lat. -plico, plecto, dt. 174 ἐς: = εἰς (20.1). 175 ῥ(α): = ἄρα (R 24.1).

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flechten, mit πλέκω ‘flechten, drehen’ (nur hier von Haaren, Od. 10.168 von einem Seil; LfgrE s.v. πλέκω) und πλόκαµος. Dieses, mit dem Suffix -αµος gebildet (RISCH 45), ist nur hier u. hom.h. 24.3 mit Bezug auf das Haar von Göttinnen belegt, jedoch als Hinterglied in ἐϋ-, καλλι-, λιπαρο-, χρυσοπλόκαµος, z.T. häufig verwendeten Schönheits-Epitheta weiblicher Figuren, verbreitet (vgl. 6n., 326n., 6.379–380n., 19.126–127n.). Das Wort muß also die normale Frauenfrisur bezeichnet haben und ‘Flechten, Zöpfe’ oder ‘gedrehte Locken’ bedeuten (was zur überwiegenden Zahl der bildlichen Zeugnisse paßt, die allerdings schematisiert sein können): LfgrE s.v. πλόκαµος. 177 ἐκ κράατος ἀθανάτοιο: VE-FormelP, am VA modifiziert mit der kontrahierten Form κρατός/κρατί in 1.530, hom.h. 1, fr. D.6 West, hom.h. 6.7, 32.4 (1.530n.; JANKO zu 175–7). ἀθάνατος erhält als Attribut von Körperteilen eines Gottes die Bedeutung ‘einem Gott gehörig’ (16.704n.). κράατος: zu κάρη ‘Kopf’; nur noch im Dat. κρᾱ́ατι (Od. 22.218) und Akk. κρᾱ́ατα (Il. 19.93 [s.d.]) belegte Formen mit /rā/ < *r̥ h2; im Gen. viel häufiger ist die kontrahierte Form κρᾱτός (21× fgrE, vgl. 1.530, s.o.), neben den selteneren Bildungen καρήατος und κάρητος zu κάρη (mit /arā/): LfgrE s.v. κάρη; RIX (1976) 1992, 73. Diese Formen sind wahrscheinlich altererbt (vgl. myk. Instr. ka-ra-a-pi: DMic. s.v. ka-ra-a-pi), wobei ᾱ statt zu erwartendem ion. η verschieden erklärt wird: äol. (FRISK; NUSSBAUM 1986, 177), Anpassung im Vokalismus an die jüngere, kontrahierte Form κρᾱτός (RISCH [1966] 1981, 467 Anm. 19), am Silbenende erhalten auch im Ion. (WYATT 1969, 100); weitere Erklärungen und Lit. bei WYATT a.O.; LfgrE a.O.

178–179 Athene: Nach dem Mythos hat Zeus’ Tochter Athene (FG 8) das Textilhandwerk erfunden und die Menschen darin unterwiesen (Od. 7.110f., 20.70–72): BURKERT (1977) 1985, 141. 404 Anm. 22. Sie stellt wie menschliche Frauen Kleider selbst her (zur Textilarbeit der Frauen im Oikos 3.125n., 3.387–388n.), für sich (5.734f., 8.385f.) und hier für die ältere Hera wie die Chariten für Aphrodite (5.338): VAN WEES 2005, 20. Ebenso wirkt Hephaistos für andere Götter (167n.). Athene – die Hera auch sonst unterstützt (1.194f., 5.711ff., 8.350ff.: JANKO zu 178–9) – als Schöpferin des Kleides weist auf dessen göttliche Qualität hin und damit auf dessen Potential, Zeus zu beeindrucken (vgl. auch Athenes Bekleidung der Pandora Hes. Th. 573f.). 178 ≈ 21.507. — ἑανὸν ἕσαθ᾿: figura etymologica zu *ϝεσ-, lat. vestis (schol. T; JANKO zu 175–7; vgl. zur gleichen Wurzel die häufige Junktur von εἵµατα mit ἕννυµι: 16.670n.). — ἑανόν: Kleidungsstück für Frauen, dessen Ursprung, Form, Material und Befestigung umstritten sind (180n.; 3.385n.; LORIMER 1950, 378: hier ist nicht ersichtlich, ob es aus Leinen oder Wolle besteht). 179 ἔξυσ(ε): Das Simplex ist nur noch in Od. 22.456 vom Glätten des Fußbodens gebraucht und muß ‘glätten, schaben’ bedeuten; hier ist wohl ein abschließendes Glätten des Stoffes oder Aufrauhen der Wolle für Noppen gemeint (LEAF; MARINATOS 1967a, 3; LfgrE s.v. 177 κράατος: Gen. Sg. von κάρη ‘Kopf’ (↑). — ἀθανάτοιο: zur metr. Dehnung der Anfangssilbe R 10.1. 178 ἀµφὶ … ἕσαθ᾿: sog. Tmesis (R 20.2); ἕσαθ᾿ (= ἕσατο) ist Aor. Med. zu ἕννυµι; zum einfachen σ R 9.1. — ἀµβρόσιον (ϝ)εανὸν (ϝ)έσαθ᾿, ὅν (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.5. 179 τίθει … ἔνι: = ἐνετίθει (R 16.1, R 20.1–2).

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ξύω). — ἀσκήσασα: Das Ptz. Aor. koinzidiert mit ἔξυσ(ε) (drückt also keine Vorzeitigkeit aus: LfgrE s.v. ἀσκέω 1407.50f.; SCHW. 2.300f.; vgl. z.B. 6.7, 6.217). ἀσκέω ‘mit Sorgfalt bearbeiten’ wird mit Bezug auf die Arbeit von Spezialisten verwendet (von Göttern auch 240, Hes. Th. 580), v.a. in der Metallbearbeitung und im Textilhandwerk (Hes. Op. 546: Filzhut), hier zur Kennzeichnung des letzten Arbeitsschrittes, der repräsentativ für die ganze Arbeit steht (s.o.; LfgrE s.v. ἀσκέω 1406.10ff. 1407.43ff.; JANKO zu 178–9). Ähnlich wird wohl der Wortstamm in den myk. Begriffen a-ke-te-re (= ἀσκητῆρες) und a-ke-te-ri-ja (= *ἀσκήτριαι) zur Bezeichnung bestimmter Metall- bzw. Textilarbeiter(innen) verwendet, die vermutlich fertige Werke auszuschmücken hatten (KILLEN 1979, 165f.; DMic s.v. a-ke-te u. s.v. a-ke-ti-ra2). — τίθει δ᾿ ἔνι δαίδαλα: δαίδαλον, meist im Pl. verwendet, bez. etwas kunstvoll Hergestelltes, wie Verzierungen auf Metall in 18.482 (Schild), eine goldene Fibel in Od. 19.227, einen Kopfputz in Hes. Th. 581, hier ‘Zierat, Schmuck’ (19.13n.; LfgrE s.v.). Es ist nicht ganz klar, was mit τίθει ἔνι ‘setzte ein’ gemeint ist, und deshalb bleibt auch unsicher, wie man sich den Schmuck vorzustellen hat. Da τίθει δ᾿ ἔνι auf das die eigentliche Herstellung abschließende ἔξυσε folgt, hat man an nachträgliches Besticken des Stoffes gedacht (LEAF; dafür spräche viell. auch die Tatsache, daß hier nicht ἐµπάσσειν ‘wirken’, t.t. für eine andere Technik, gebraucht ist: LORIMER 1950, 379 Anm. 1) oder an das Anbringen von Metall, v.a. Goldfolie (KARDARA 1960, 349, die archaische Darstellungen von Göttinnen zum Vergleich heranzieht; MORRIS 1992, 19 mit Anm. 39, mit orientalischen Bsp. und Lit.). Es wäre aber auch denkbar, daß τίθει … ἔνι hier synonym zu ἐνέπασσεν verwendet ist und die verbreitete Technik des Wirkens, d.h. Einwebens von Bildern oder Mustern in den Stoff, bezeichnet (3.126n.; vgl. auch 6.294 [s.d.] = 15.107); dafür spricht, daß Hes. Op. 64 πολυδαίδαλον ἱστόν diese Stelle aufzunehmen scheint (LfgrE s.v. ἀσκέω 1407.68ff.; TICHY 1983, 300 Anm. 19; zu Hes. NEITZEL 1975, 30). In diesem Fall läge hier ein hysteron proteron vor (nachträgliche Beschreibung eines wichtigen, das Kleid besonders verschönernden Arbeitsschrittes). Zum deskriptivdurativen Impf. τίθει nach Aor. ἔξυσε vgl. z.B. Od. 14.13 (mit HOEKSTRA z.St.). — δαίδαλα πολλά: formelhaft, am VE auch 18.400, Variante δαίδαλα πάντα 5.60, 19.13; vor der Zäsur B 2 in 18.482, Hes. Th. 581.

180 Spangen: Es ist umstritten, welche Befestigung (Nadeln oder Fibeln) an welcher Stelle (vorne an der Brust oder am Rande der Brust unter dem Schlüsselbein) gemeint ist und wie man sich also das Kleid vorzustellen hat. Die hier verwendete Terminologie für die Befestigung ist schon für die antiken Gelehrten nicht eindeutig; archäol. bezeugt sind kleine Gewandnadeln in der ganzen Bronzezeit, Fibeln erst von etwa 1200 v. Chr., vom 11. Jh. an lange Gewandnadeln und Fibeln in Gräbern an den Schultern der Toten (BIELEFELD 1968, 38–41; SNODGRASS 1971, 226–228; HALLAGER 2012). Entsprechend letzteren Funden aus der geom. Zeit und nachhom. Darstellungen und auch, weil große Nadeln an der Brust zu gefährlich scheinen, hat man bei der vorl. Stelle an einen péplos, ein ungenähtes, wollenes, an den Schultern mit Nadeln zusammengeheftetes Tuch gedacht (6.90n.; STUDNICZKA 1886, 97–99, gefolgt von HELBIG [1884] 1887, 200–202; LEAF, 180 χρυσείῃς … ἐνετῇσι: zur Flexion R 11.1.

Kommentar

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App. G, S. 596; VAN WEES 2005, 4–6). Eine Befestigung vorne vor der Mitte der Brust in einem genähten Kleid mit V-förmigem, mit kleinen Nadeln oder Fibeln verengbarem Ausschnitt ist aber auch gut möglich (schol. A; HELBIG 1. Aufl., 1884, 137; LORIMER 1950, 379. 405); ein solches Kleid entspricht vielleicht dem myk. Ideogramm *146 mit der Beischrift we, möglicherweise für /we-ha-no/ = heanós (178). Das heanós genannte Kleid myk. Herkunft wäre dann, wie die hier genannte Befestigung zeigen würde, ursprünglich vom péplos zu unterscheiden (MARINATOS 1967a, 19–21. 35–38; LfgrE s.v. ἑανός; JANKO; SHEAR 2000, 65).

ἐνετῇσι: hapaxP; subst. Adj. zu ἐνίηµι: ‘Hineingestecktes’, ‘Fibel’ oder ‘Gewandnadel’; die semantische Abgrenzung gegenüber περόνη (nur in Od. 19.226 u. 256 sicher ‘Fibel’; 5.425 wohl ‘Gewandnadel’: JANKO) und πόρπη (18.401, h.Ven. 163, ‘Spange, Brosche’) ist nicht klar (LfgrE). — περονᾶτο: zu περόνη (s.o.), ‘hindurchstechen’; um Kleider zu befestigen, noch 10.133: LfgrE.

181 Gürtel: Die Frauenkleider wurden gegürtet getragen, wie z.B. auch aus Od. 5.231, 10.544 hervorgeht (vgl. 1.429n.; MARINATOS 1967a, 12; BIELEFELD 1968, 8f.). Zum archäol. Befund BIELEFELD a.O. 8. 33. 58; BENNETT 1997, 3–17, 43–57. 127 Anm. 9. — hundert: hebt vor allem die Wirkung des Gürtels hervor (2.448n.). — Troddeln: Fransen an Gürteln sind aus myk. Zeit und durch spätere Funde aus dem Orient archäol. belegt (MARINATOS 1967a, 28 u. Tafel A VIIe; BIELEFELD 1968, 33); für das Griechenland der geom. und arch. Zeit fehlen gesicherte Beispiele (BIELEFELD a.O. 33f.; SHEAR 2000, 202 Anm. 105); vielleicht hängt die Fundlücke mit der Tatsache zusammen, daß Troddeln in den Falten des damals verbreiteten Frauenkleides, des péplos, nicht sichtbar gewesen wären (LEAF, App. G, S. 598). Die Fransen des Gürtels könnten deshalb wie die Befestigung des Kleides für ein Gewand myk. Ursprungs sprechen (181n.), aber auch auf orientalischen Einfluß deuten (HELBIG [1884] 1887, 207–210; STUDNICZKA 1886, 122f.; BIELEFELD a.O. 33). Auf der erzähltechnischen Ebene dient die Erwähnung der Fransen dazu, die ebenfalls hundert Quasten der Aigis, ihr charakteristisches Merkmal, zu evozieren (2.448n.). Athene – in 178 eben genannt – hat die Aigis in 2.446ff. fast wie eine “magische Kraft” verwendet, um die Achaier in ihrem Kampfwillen zu bestärken; ebendieses Ziel verfolgt Hera (KEIL 1998, 99). Die Fransen lassen somit an dieses strategische Ziel denken; der Frauengürtel, der wohl an seine wichtige Funktion in sexuellem Kontext erinnert (Od. 11.245, h.Ven. 164; dazu FAULKNER z.St.), wird wie der Gürtel eines Kriegers bei seiner Rüstung angelegt (170–186n.) und soll eine starke Wirkung auf Zeus entfalten: BENNETT 1997, 127f.; KEIL a.O. 98–100. Dieses Motiv einer ‘liebesmagischen, erotischen Waffe’ wird mit Aphrodites Zauberband wiederaufgenommen und erweitert (214n.): KEIL a.O. 99. ζώσατο … ζώνην: von der Mehrzahl der Hss. gestützte fig. etymologica (FEHLING 1969, 156).

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182 Ohrgehänge: Ohrschmuck wird auch in Od. 18.297f. u. hom.h. 6.8f. erwähnt und ist wohl auch in h.Ven. 87 gemeint (FAULKNER zu h.Ven. 87). Er ist auf den minoisch-myk. Fresken außer auf Thera nicht sichtbar, und es gibt sonst nur sehr spärliche Beispiele für seinen Gebrauch in myk. Zeit; in geom. Zeit (u.a. in Lefkandi) ist er jedoch belegt (HIGGINS [1961] 1980, 62–64. 74f. 86; BIELEFELD 1968, 36. 57f.; POPHAM u.a. 1980, 220f., mit pl. 231; POPHAM u.a. 1982, 236f.; COLDSTREAM 1982, 264–267 mit Tafel 26; oriental. Bsp. bei KARDARA 1961 mit pl. 35f.; SHEAR 2000, 65. 202 Anm. 108; zur Entwicklung des Ohrschmucks bis in hom. Zeit HADACZEK 1903, 1–27; kurz DNP s.v. Ohrschmuck). ἄρα ἕρµατα ἧκεν: ἕρµατα ‘Ohrringe, Ohrgehänge’, zu εἴρω ‘reihen’, lat. serere; nur noch Od. 18.297 (LfgrE s.v. ἕρµα II u. εἴρω II). Die Hiate vor und nach ἕρµατα sind auffällig (LEAF). Der erste läßt sich mit einem Sinneinschnitt erklären (Zäsur A 3, s. M 6; vgl. etwa VAN LEEUWEN 1894, 78; Parallelen zu einem Hiat nach einem daktylischen Wortschluss nach dem ersten Metron z.B. auch in 1.203, 9.247, Hes. Th. 532: SCHWARTZ 1923, 71; Hinw. FÜHRER). Der zweite Hiat ist metrisch unausweichlich, könnte aber mit der Lesart ἕρµατ᾿ ἕηκεν beseitigt werden (Hinw. WACHTER; zu ἕηκεν vgl. 1.48n.; CHANTR. 1.481). — ἐϋτρήτοισι λοβοῖσιν: Das Kompositum ἐΰ-τρητος ‘gut durchbohrt’ zu τρητός (in der Formel τρητοῖς ἐν λεχέεσσιν, 3.448n.) ist sonst nur bei Hes. Th. 863 belegt; Epitheton zu dem ebenfalls hom. hapax λοβός ‘Ohrläppchen’ (KEIL 1998, 129); mit ἐν δὲ τρητοῖσι λοβοῖσιν in hom.h. 6.8 ist die Junktur möglicherweise aufgenommen, ebenfalls mit Bezug auf die Schmückung einer Göttin, Aphrodite.

183 = Od. 18.298. — Die Adj. beziehen sich vermutlich auf die Form und evtl. Farbe der Ohrringe sowie auf die Wirkung ihres Materials, da letztere im folgenden beschrieben wird (s.u.; BIELEFELD 1968, 4; LfgrE s.v. µορόεις). Wahrscheinlich hat man sich Ohrringe in der Form eines Reifens vorzustellen, von dem drei granulierte Zapfen mit runden, einem Auge ähnlichen Enden hängen. Dieser Typus ist in Phönizien spätestens im 9. Jh. in Gebrauch. Ohrringe derselben Form aus Lefkandi, die phönizischen Einfluß zeigen, aber wohl ein lokales Produkt sind (2. Viertel des 9. Jh.), erinnern ganz besonders an die hom. Beschreibung: Ihre drei Zapfen sind jeweils traubenartig in Granulationstechnik strukturiert (schon FELLNER 1873, 33, vermutet eine beerenartige Struktur; zum Aussehen auch HADACZEK 1903, 25f.; KARDARA 1961, mit pl. 35f., zur Herkunft und Entwicklung des dreiarmigen Typus und zur Granulationstechnik, auch in nachhom. Zeit; zu den Ohrringen aus Lefkandi POPHAM u.a. 1980, 221 mit pl. 231; COLDSTREAM 1982, 266 mit Tafel 26d; weitere Vermutungen zum Aussehen der Ohrringe bei BIELEFELD a.O.; MAXWELL-STUART 1987, 414f.; JANKO zu 182–3). Zu Ohrringen, die an Beeren erinnern, würde auch myk. und geom. Schmuck aus Metallfolien passen, der Granatäpfel nachahmt (RICHTER 1968, 145 Anm. 1108; COLD182 ἐν … ἧκεν (+ Dat.): ‘steckte …in’; zur sog. Tmesis (R 20.2). 183 τρίγληνα (µ)µορόεντα: zur Prosodie M 4.6. — ἀπελάµπετο: zum Medium R 23.

Kommentar

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1977, 56. 79 mit fig. 13e u. 25). — Reiz: Zum Schönen, versinnbildlicht in den Strahlen, s. 6.410n. Der überirdische Glanz, der oft Göttliches kennzeichnet (FAULKNER zu 83–90), läßt den Ohrschmuck zu einem mächtigen Reiz – fast einem Zaubermittel – werden, der Zeus’ Begehren wecken soll (LATACZ 1966, 87; MADER 1970, 201 mit Anm. 3). Seine angestrebte Wirkung mag an die Kampfkraft erinnern, in die sich ein Krieger bei der Rüstung “kleidet” (19.36n.): MADER 1970, 201. STREAM

τρίγληνα: nur noch im Iteratvers (s.o.); zu γλήνη ‘Pupille, Augapfel’ (in 494 u. Od. 9.390): ‘mit drei Augen’ (LfgrE; auch zu γλήνεα ‘glänzende Schätze, Kostbarkeiten’ [24.192n.]: FRISK s.v. γλήνη); vgl. die Bezeichnung τριόττιδες, wörtl. ‘Drei-Augen’, für athen. Halsringe (schol. bT). — µορόεντα: Das Epitheton ist sonst nur im Iteratvers im fgrE belegt; es ist mit dem Suffix -(ϝ)εντ- gebildet, das ‘reich versehen mit etw.’ bedeutet (RISCH 151). Die Wortbildung steht somit der schon antiken Deutung des Epithetons als ‘maulbeerähnlich’ entgegen (zu µόρον ‘Maulbeere’: LfgrE; JANKO zu 182–3; RISCH 153: ‘maulbeerförmig (?)’). Eher wahrscheinlich ist die Bed. ‘aus mehreren Teilchen bestehend’ zu µόρος ‘Teil’ (MEIER-BRÜGGER 1989, 67: als Hypothese; zu verschiedenen weiteren Deutungsversuchen schon in der Antike s. LEAF). — χάρις: wie in Hes. Th. 583 von Schmuck: ‘Wirkkraft, die Begehren hervorruft, Reiz, erotisch gefärbte Anziehung’ (LATACZ 1966, 87); in emphatischer Stellung nach der Zäsur B 2 (AMMANN 1922, 33), noch verstärkt durch πολλή am VE.

184 Kopftuch: Das Schleiertuch wird aus praktischen Gründen (wie der Helm) – mit Ausnahme der Sandalen – zuletzt angezogen (ebenso Od. 5.232, 10.545). Es hat hier ambivalente Funktionen: Mit seinem verführerischen Potential (3.141n.) krönt es die äußere Aufmachung, mit der Hera möglichst erotisch auf Zeus wirken will. Ähnlich kulminiert Pandoras Ausstattung in Hes. Th. 574 in ihrem Kopfputz (NAGLER 1974, 55–58; LLEWELLYN-JONES 2003, 288, mit einer oriental. Parallele). Zugleich symbolisiert das Schleiertuch, das eine ehrbare Frau in der Öffentlichkeit trägt (3.141n.), Heras “respectability as the wife of Zeus and the queen of Olympus” bei ihrem Auftritt außer Haus (188; LLEWELLYN-JONES a.O. 129). κρηδέµνῳ: zu κάρη und δέω, eigtl. ‘Kopfbinde’ (FRISK s.v. κάρα; NUSSBAUM 1986, 62f., beide auch zu den versch. Erklärungen von κρη-; zu den Verwendungen des Wortes HOEKSTRA zu Od. 13.388); im hom. Epos wird κρήδεµνον für das Schleiertuch der Frauen verwendet, das vom Scheitel über Schultern und Rücken herabfällt und mit dem man den Kopf umhüllt (καλύψατο) und bei Bedarf das Gesicht verdecken kann (3.141n.; LfgrE; LLEWELLYN-JONES 2003, 28–30; geom. und aus dem frühen 7. Jh. stammende Darstellungen bei VAN WEES 2005, 8. 11). Es ist nicht ganz klar, ob das sonst noch 3× Il., 12× Od., 2× ‘Hes.’ und 6× hom.h. gebrauchte Wort und das etwas seltenere καλύπτρη Synonyme sind (vgl. Od. 5.232 κεφαλῇ δ᾿ ἐφύπερθε καλύπτρην; LLEWELLYN-JONES a.O. 32 vermutet, daß καλύπτρη eher als Standard-Ausdruck für ein Schleiertuch für den ganzen Körper dient; zu κάλυµµα 24.93n.). — δῖα θεάων: VE-FormelP, von vielen versch. Göttinnen, 184 θεάων: zur Flexion R 11.1.

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von Hera nur hier; zur verblaßten, nur noch hervorhebenden Bed. von δῖα (‘die Hehre’) und zu seiner Wortbildung sowie zum Verhältnis der vorl. Formel zur Wendung δῖα γυναικῶν 19.6b n.

185 1. VH ≈ 2.43, h.Ap. 122; 2.VH ≈ Od. 18.296, 19.234. — Sonne: Der Glanz der Textilien wird im hom. Epos häufig hervorgehoben (6.295n.), so auch sonst von Schleiertüchern (3.141 [s.d.], 3.419, 22.468, 24.94 [s.d.] u.ö.). Zur alten, schon in myk. Zeit üblichen Behandlung von Woll- und Leinenstoffen mit glänzendem Öl 6.295n. Der Vergleich hebt wie bei anderen Vergleichen von Textilien mit Gestirnen, Mond und Sternen (6.295 [s.d.], Od. 15.108, 19.234, 24.148) die luxuriöse Kostbarkeit des Stoffes hervor (zum Glanz als Hinweis auf den Wert der Schleiertücher 3.419n.; vgl. in 24.231 leuchtendweiße Textilien als wertvolles ‘Lösegeld’; HANDSCHUR 1970, 33); vermutlich hat man sich ihn als feinen Leinenstoff vorzustellen (STUDNICZKA 1886, 127; MARINATOS 1967a, 5). Der Vergleich mit dem größten Gestirn, der Sonne, unterstreicht die überirdische Ausstrahlung des Kleidungsstückes und seiner Trägerin zusätzlich; ähnlich wird die Schönheit von Odysseus’ Mantel in Od. 19.234 hervorgehoben (vgl. PRIER 1989, 44, der das affektive, göttliche Moment an der Sonne betont).

καλῷ: vgl. das EpithetonP καλλικρήδεµνος in Od. 4.623 (LfgrE s.v. καλλικρήδεµνος). — νηγατέῳ: vorwiegend als ‘neu gemacht’, ‘ungetragen’ oder ‘frisch’ verstanden (2.43n.). — λευκόν: zugleich ‘weiß’ und ‘leuchtend’: ‘weißleuchtend’; von Textilien auch 18.353, Hes. Op. 198, h.Ap. 121 (LEAF; LfgrE s.v. 1671.30); vgl. die VE-Formel λιπαρὰ κρήδεµνα (4× Od.) und das Epitheton λιπαροκρήδεµνος in 18.382 (s.d.). — ἠέλιος ὥς: nachgestelltes (und in diesem Fall akzentuiertes) ὥς wie 2.190, 3.2 u.ö. Zur Prosodie (Langmessung der Silbe vor ὥς) 2.190n.

186 = 2.44, 10.22, 10.132, Od. 2.4, 4.309, 20.126; ≈ Il. 24.340, Od. 1.96, 5.44, 15.550, 17.2; 1. VH = Od. 13.225. — glänzend: 171n. — band: zur Befestigung der Sandalen 2.44n. 187–223 Hera bittet Aphrodite um ihr Liebesband und erhält es. 187–223 Um Zeus zu verführen und wirksam zu hintergehen, benötigt Hera die Macht der Erotik und des Schlafs (ERBSE 1986, 93, betont deren Macht in diesem Zusammenhang). In zwei Szenen schildert der Erzähler, wie sich die Göttin diese beschafft, indem er diese Mächte in ihrer Verkörperung, als Aphrodite (187–223) und Hypnos (225–291), auftreten läßt: JANKO; WEST 2011, 291f. (zu 163–5). In der Szene mit Aphrodite wird die in fast allen traditionellen Verführungsszenen wirksame Rolle der Liebesgöttin als Verführerin auf Hera übertragen (153–353n.).

185 ἠέλιος ὥς: = ὡς ἠέλιος; zur Prosodie ↑. — ἠέλιος: = ἥλιος. 186 ποσσὶ δ᾿ ὕπο: = ὑπὸ ποσσί (R 20.2). — ποσσί: zum -σσ- R 9.1. — ὕπο (λ)λιπαροῖσιν: zur Prosodie M 4.6.

Kommentar

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Hera verwandelt sich beinahe selbst in Aphrodite (222–223n.). Die vielen Ähnlichkeiten mit der Schilderung von Aphrodites Verführung des Anchises in h.Ven. (153–353n., 170–186n.; Ida als Ort der Handlung: 293) legen die Vermutung nahe, daß die vorl. Szene durch einen vorhom. Aphrodite-Hymnos (mit ähnlichem oder gleichem Inhalt) beeinflußt sein könnte. Die Abweichungen von traditionellen Verführungsszenen (Aphrodite ist hier die Belogene, s.u., Hera nicht die betrogene Ehefrau, sondern die selbst Betrügende, Zeus der Getäuschte) ließen sich dann als parodistische Motiv-Umkehrungen deuten (FAULKNER Introd. 31, 33 u. zu h.Ven. 58–63; BRILLET-DUBOIS 2011, 109–111; CURRIE 2012, 555–557; zu den oriental. Einflüssen 153–353n., 170–186n.). – Der Dialog zwischen Hera und Aphrodite beginnt mit zwei symmetrisch gestalteten Reden (je drei Verse 190– 192, 194–196), auf die Heras längere Rede (198–210) als Mittelpunkt der ganzen Szene folgt; daran schließen sich zwei kurze Reden der Aphrodite an (212f., 219– 221), die die Beschreibung ihres Zauberbandes rahmen (214–218): JANKO. Dabei wird deutlich, wie vorsichtig und höflich Hera gegenüber ihrer Stieftochter und Gegnerin im Troianischen Krieg vorgeht (anders 5.418ff., 21.421ff.; s. 190n., 191–192n., 194n., 198b–199n., 198–210n.), wie die göttliche Hierarchie aber auch Respekt von der jüngeren Göttin erheischt (190n., 194n., 213n.; MINCHIN 2007, 20; 2011, 19–21). Die Ahnungslosigkeit der sonst oft selbst täuschenden Liebesgöttin wirkt komisch (vgl. ihre komische Rolle in 5.418ff.; REUCHER 1983, 282), nimmt Zeus’ Vertrauen angesichts der gleichen Lüge vorweg und kündigt somit Heras Erfolg an (PADUANO/MIRTO zu 187–196). Aphrodites Zauberband wird zwar wie andere Zaubermittel (Od. 5.346ff., 10.287ff.) nach seiner Übergabe und Anwendung nicht mehr genannt, ist aber wirksam (294): JANKO. Zu den grundsätzlichen Unterschieden zwischen den beiden Göttinnen im Kult PÖTSCHER (1987, 139. 143: bei Aphrodite geht es “um lustvolle Erotik und Sexualität im allgemeinen und bei Hera um lustvolle Erotik und Sexualität, orientiert auf einen Partner hin im Rahmen der Institution der Ehe oder auch als voreheliches […] Beisammensein”; Hervorhebung: PÖTSCHER); zu Heras Beziehung zu Aphrodite in der bildenden Kunst KAUFFMANN-SAMARAS 1997, 165–167; zu Aphrodite und ihrer Rolle im Troianischen Krieg FG 4. 187 ≈ 7.207, hom.h. 6.14; 1. VH = Od. 5.76, 6.227, 7.134, 8.282; ≈ Il. 16.198, 19.54, Od. 8.131, 16.340, 22.440, 22.457, h.Cer. 483. Der Vers schließt Heras Vorbereitungen ab, mit ähnlichem Wortlaut, wie er auch zur Zusammenfassung von Ankleideszenen in Hes. Op. 76 (Pandora), h.Ven. 64, 172 und hom.h. 6.14 (Aphrodite) verwendet wird (vgl. auch hom.h. 27.17, von Artemis). κόσµον, ‘Schmuck, Zierde’, umfaßt dabei alles in 170–186 Beschriebene. Gleichzeitig mag der Vers aber auch wie die ganze Ankleideszene an eine Rüstung erinnern, denn diese kann in der nur wenig variierten Formel (7.207 am VE ἕσσατο τεύχεα statt θήκατο κόσµον) oder zumindest strukturell vergleichbar zusammengefaßt 187 αὐτάρ: progressives ‘aber, doch’ (R 24.2).

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werden (αὐτὰρ ἐπεί ῥ᾿ ἕσσαντο περὶ χροῒ νώροπα χαλκόν in 383 [s.d.]; Οd. 24.467, 24.500); der verführerische Schmuck dient einem bestimmten Zweck wie Waffen: 170– 186n.; KRAFFT 1963, 104 Anm. 1; JANKO. — περὶ χροΐ: zur Bed. von χρώς 163–164a n.; die häufig verwendete Junktur (9× Il., 14× Od., 1× ‘Hes.’, 5× hom.h.) wird versfüllend gebraucht, ebenso wie ἀµφ᾿ ὤµοισιν oder περὶ στήθεσσιν in Ankleide- und Rüstungsszenen männlicher Figuren (LfgrE s.v. χρώς 1287.47ff.). — θήκατο: Der Aorist Med. auf -κ- ist eine Analogiebildung zum Aor. Akt. (wie die 3. Pl. κατέθηκαν [3× Il., 8× Od.]; zu den singularischen Aoristformen: 24.271n., mit Lit.); vgl. daneben die ältere Form 223 ἐγκάτθετο (HACKSTEIN 2002, 138f.).

188–210 Heras Gang zu Aphrodite und das Gespräch der beiden Göttinnen in Abgeschiedenheit (189) erinnern an Ankunfts- und Besuchsszenen (188 Aufbruch, 189 Anrede; zur Typ. Szene ‘Ankunft’ 496b–502n.; zum Besuch 195– 196n.). Die ungewöhnliche Bitte der Göttin erfordert besondere Umsicht, und so enthält naturgemäß die Art, in der Hera mit der Göttin Aphrodite Kontakt aufnimmt und mit ihr spricht, Elemente, wie sie auch in der Typischen SzeneP ‘Gebet’ (1.37–42n.; vgl. zu Thetis’ gebetsähnlicher Bitte 1.502–511n.) und in der hymnischen Dichtung vorkommen: die Bitte ‘gib’ (198; Element 7; 3.322n., 16.524, hom.h. 6.19, 10.5, 11.5, 26.12) und den Preis der Gottheit, der die Bitte gilt (198b–199n., Element 5): FARAONE 1990, 227f.; JANKO zu 198–9. 188 1. VH = Od. 1.441; ≈ Od. 2.5, 4.310. — βῆ ῥ᾿ ἴµεν ἐκ θαλάµοιο: ringkompositorischerP Abschluß der Szene, greift βῆ δ᾿ ἴµεν ἐς θάλαµον aus 166 auf; analog h.Ven. 58/66 in der gleichen Typischen SzeneP (FAULKNER zu h.Ven. 66); zur Formel βῆ ῥ᾿ ἴµεν 166n. — καλεσσαµένη: hier wird καλέω wie öfters sonst “with a strong element of exclusiveness, separation” verwendet, noch verstärkt durch ἀπάνευθεν (189), wie z.B. ἐκπρο- in h.Ap. 111, εἰς ἕ in Od. 22.436 oder ἀπονόσφι in Od. 15.529: LfgrE s.v. καλέω 1293.42ff. (das Zitat Z. 42); vgl. 24.582–583a n.

189 1. VH = 11.81; 2. VH ≈ Hes. Th. 24. — abseits: “Die Götter waren, wie gewöhnlich, in Zeus’ Halle versammelt: 224” (AH). Wie schon in der vorangehenden Szene (166–169n.: Hera macht sich im abgeschlossenen Schlafgemach schön) wird Heras heimliches Vorgehen hervorgehoben. πρὸς µῦθον ἔειπεν: VE-Formel (18× Il., 15× Od., 1× Hes., 5× hom.h.; zum Gebrauch und zu einer Variante 24.485n.); zur Form ἔειπεν 64n. 190 1. VH = 4.93, 7.48; ≈ 3.183, 6.215, 7.28, 10.401, 18.394, 19.315, Od. 20.381, h.Ap. 267. — ἤ ῥά νύ µοί τι πίθοιο: Heras Bitte ist als höfliche Frage formuliert (LfgrE s.v. πείθω 1097.29ff.). Das in fast allen Hss. gebotene ἦ wird nie in disjunktiven Doppelfragen verwendet (CHANTR. 2.11; LSJ s.v. ἦ). Der Optativ ist kupitiv, nähert sich aber auch einem Potentialis (CHANTR. 2.216) und legt zusammen mit ῥά, das die Evidenz suggeriert, schon 188 βῆ ῥ᾿ ἴµεν: vgl. 166n.; ῥ᾿ = ἄρα (R 24.1). — καλεσσαµένη: zum -σσ- R 9.1. 189 ἀπάνευθε: 30n. — πρὸς … ἔ(ϝ)ειπεν: = προσεῖπεν; zur sog. Tmesis R 20.2. 190–191 ἤ … | ἦέ: ‘ob … oder (ob)’. 190 τι: ‘irgend’, Akk. der Beziehung (R 19.1). — ὅττι: = ὅ τι (R 9.1). — κεν: = ἄν (R 24.5).

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ein Einverständnis nahe (GRIMM 1962, 30; WILLMOTT 2007, 136: “indirect illocutionary force”; vgl. schon schol. bT: ὑποθετικῶς ‘suggestiv’), wie in den Iterathalbversen 4.93 (Athene zu Pandaros) und 7.48 (Helenos zu Hektor). — φίλον τέκος: Die Anrede an eine jüngere Person ist freundlich (3.162n.), weist aber zugleich, wie auch Aphrodites respektvolles πρέσβα θεά zeigt (194), auf den Generationenunterschied zwischen der Kronostochter Hera (194) und der Zeustochter Aphrodite hin (193; BOEDEKER 1974, 37f.; spekulative religionshist. Folgerungen [Hera als Schönheitsgöttin von Aphrodite verdrängt] bei O’BRIEN 1998, 162). Ein Verwandtschaftsverhältnis in direkter Linie ist nicht mitgemeint: Aphrodite ist Heras Stieftochter, denn ihre Mutter ist Dione (5.370, vgl. auch 5.373): FG 4 (dort auch zu Hesiods etymologisierenden Erklärung, ihrer Herkunft ohne Mutter); JANKO zu 190–193. — ὅττι κεν εἴπω: flektierbare VE-Formel (1.294n.).

191–192 Vorwegnahme einer Weigerung des Adressaten als zweiter Alternative (schol. bT zu 192), wie sie angesichts von Heras wahrem Ziel – der Unterstützung der Achaier – eigentlich zu erwarten wäre (JONES). 191 ἀρνήσαιο: von der grundsätzlichen inneren Haltung, ‘sich ablehnend verhalten, unzugänglich sein’, was Aphrodite verneint (212; LfgrE s.v. ἀρνέοµαι). — κοτεσσαµένη: κοτέω bez. die anhaltende Abneigung (2.222b–223n.), hier im Partizip mit resultativer Bedeutung und von einer göttlichen Figur wie in 5.177, 16.386, 18.367, h.Cer. 254 (an dieser Stelle auch mit θυµῷ) u.ö. (LfgrE s.v. κοτέω). — τό: Akk. der Beziehung, vorausweisend auf οὕνεκα (192; WILLCOCK); ähnlich künden Neutra in 3.308, 15.207, Od. 9.442 einen folgenden Nebensatz an (CHANTR. 2.160). — θυµῷ: Lok. oder Instr., kann die Tiefe einer Empfindung signalisieren (‘von Herzen’), ist aber hier wie oft wohl reines Füll-Element (1.24n.; vgl. 50n.). 192 ἐγὼ Δ∆αναοῖσι, σὺ δὲ Τρώεσσιν: Der antithetisch gebaute Vers mit einer Zäsur in der Mitte (hier B 2), wie z.B. 16.282, 20.74, Od. 18.168, unterstreicht die gegensätzliche Parteinahme im Troianischen Krieg (FEHLING 1969, 296). — Τρώεσσιν ἀρήγεις: flektierbare Formel, am VE noch 1.408, 1.521, 5.507; 16.701 (δ᾿ ἀ.), vor der Zäsur C 2 13.9, 14.265. ἀρήγω, ‘auf js. Seite stehen, jm. beistehen’, von einer dauernden Tätigkeit, in der Ilias meist wie hier von der Unterstützung einer der Kriegsparteien durch eine Gottheit (LfgrE s.v. ἀρήγω 1235.26ff). 193 ≈ 5.375, h.Ven. 107, 191; 1. VH ≈ 47× Il., 24× Od.; 2. VH = Il. 3.374, 5.131, 5.312, 5.820, 14.224, 21.416, 23.185, Od. 8.308, h.Ven. 81, 107, 191; ≈ h.Ap. 195. — τὴν δ᾿ ἠµείβετ᾿ ἔπειτα: Rede-Einleitungsformel (52n.). — Δ∆ιὸς θυγάτηρ: Die Formel idg. Ursprungs wird v.a. für Aphrodite verwendet (3.374n.), am VE s. Iterata, vor der Zäsur B 1 in 5.348. Sie wird im Gegensatz zu ihrer metrisch gleichwertigen Variante, dem Epitheton φιλοµµειδής, in nicht-erotischem Kontext eingesetzt (3.374n.); hier betont sie neben der Verwandtschaft als Stieftochter Aphrodites Altersunterschied gegenüber der älteren Hera, der von ihr Respekt und Entgegenkommen verlangt (BOEDEKER 1974, 37f.; FRIEDRICH 2007, 112; vgl. 190n. zu φίλον τέκος).

191 τό: demonstrativ (R 17), ‘in der Hinsicht, deswegen’ (↑). 192 οὕνεκ(α): = οὗ ἕνεκα. — Τρώεσσιν: zur Flexion R 11.3.

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194 = 243; ≈ 5.721, 8.383 (Nom.); vgl. 5.815, Od. 1.10, 20.61; 2. VH ≈ h.Ap. 62. — Die Ganzvers-Anrede zeigt die Bedeutung der Angesprochenen (1.36n.). — πρέσβα: Vok. des Fem. von πρέσβυς, viell. ursprünglich /*presgu̯ i̯ ă/ (vgl. RISCH 135; depalatalisiert wie bei ἔρδω < /*wergjō/) oder aber parallel zu πότνα (Od. 5.215, 13.391, 20.61) mit ähnlicher Lautgeschichte (WACKERNAGEL [1914] 1953, 1127 Anm. 1; DE LAMBERTERIE 1990, 911), vgl. auch Il. 12.213 δῆµον statt δήµιον (RISCH 167); bed. ‘altehrwürdig’ (19.91n.), in der “titelhafte[n] Anrede” an die ältere Hera bezogen auf ihren höheren Rang (LfgrE s.v. πρέσβυς). — θύγατερ µεγάλοιο Κρόνοιο: Zeus, Poseidon, Hades und Hera sind Kinder des Kronos (203; FG 26; vgl. 2.205n.), Hera ist somit eine Generation älter als Aphrodite (190n.) und steht höher als sie in der Hierarchie der Götter. Nur Zeus und Kronos werden in der Figuren-SpracheP der Ilias µέγας ‘mächtig’ genannt (LfgrE s.v. µέγας 71.2ff.; BISSINGER 1966, 75: auch bei Hes. sonst fast nur von Titanen).

195–196 = 18.426–427f. (s.d.), Od. 5.89f. Die Verse sind Teil der Typischen SzeneP ‘(unerwarteter) Besuch’ (JANKO zu 194–7; vgl. 18.369–427n.). αὔδα: höfliche Aufforderung zum Reden, nicht eine Ermutigung zur Offenheit wie das eine intime Vertrautheit voraussetzende ἐξαύδα, µὴ κεῦθε νόῳ (1.363, 16.19, 18.74): LfgrE s.v. αὐδάω 1537.20ff.; MARTIN 1989, 190. Zur Höflichkeit gehört auch die daran anschließende Versicherung des guten Willens (195b) und die Aussicht auf die Realisierung des Anliegens (195b–196; vgl. MARTIN a.O. 190. 211). — φρονέεις: ‘im Sinne hast, denkst’ mit der Konnotation ‘beabsichtigst, willst’ (schol. D zu 195: ὅπερ βούλει): LfgrE s.v. φρονέω 1043.53f.; BÖHME 1929, 42. — θυµὸς ἄνωγεν: zur flektierbaren VE-Formel und zu θυµός als Subjekt 18.89b–90n. — εἰ: wie lat. dummodo, ‘wenn nur’ (TABACHOVITZ 1951, 45). — γε: “Rarely the important word comes first and γε at the end, instead of in the middle, of the phrase” (DENNISTON 150); anders WAKKER 1994, 309f.: wohl nicht auf εἰ, sondern auf τελέσαι zu beziehen. — τετελεσµένον ἐστίν: flektierbare VE-Formel τετελεσµένος/-ον/-α + Formen von εἶναι (18.4n.). τετελεσµένον rundet das schon in 195 begonnene WortspielP mit der Wurzel τελε- ab; solche Wortspiele sind in der Liebesmagie verbreitet, so auch in Sappho fr. 1.26f. Voigt ὄσσα δέ µοι τέλεσσαι | θῦµος ἰµέρρει, τέλεσον (FEHLING 1969, 136; PETROPOULOS 1993, 55 Anm. 68). τετελεσµένον muß hier ‘machbar’ bedeuten (so, daß man ans Ziel der erotischen Wünsche kommt; LfgrE s.v. τελέω 379.52ff.; schol. D zu 195–196: δυνατόν); es wird wie ein Verbaladj. *τελεστός verwendet, ähnlich wie ἐστὶ πεφυγµένον in 22.219 auch die Möglichkeit des Fliehens enthält (LEAF; JANKO zu 194–197). 197 ≈ 300, 329, 19.106 (τὸν …). — δολοφρονέουσα: kennzeichnet einleitend v.a. Heras listenreiche Gesinnung bei ihren Reden, hier besonders passend, wenn sie Aphrodite trotz deren Aufforderung (195 ὅ τι φρονέεις) hinsichtlich ihrer Ziele anlügt (198–210n.); ebenso charakterisiert es ihre List gegenüber Zeus in den Iteratversen (300n., 19.106n.; JANKO). So weist es die Hörer auf die Unwahrheit des Folgenden hin und hebt die Spannung, wie die Göttin im einzelnen vorgehen wird (DE JONG [1987] 2004, 204; ähnl. BECK 2005, 132). — προσηύδα: 2n. — πότνια Ἥρη: 159n. 195 ὅ τι: relativ, indefinit, ‘was auch immer’. — φρονέεις: zur unkontrahierten Form R 6. — ἄνωγεν: 105n.

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198–210 Heras Rede ist ganz ihrem taktischen Ziel angepaßt: Auf die direkte Bitte ‘gib’ (198a), die eine aufrichtige Erklärung erwarten läßt, folgt die Benennung des Verlangten, das mit einer Schmeichelei und einer Erinnerung an die Aufgabe einer Liebesgöttin verbunden wird (198b–199n.), bevor der Wunsch der Göttin legitimiert wird (200–210). Das geschilderte Vorhaben (200–207), die Reise weit weg von Troia, kommt scheinbar der Adressatin entgegen (200n.), und die Begründung, die Berufung auf die Verpflichtung gegenüber den Pflegeeltern, wirkt auch als moralische Verpflichtung gegenüber Aphrodite, während das Ziel, die Verbindung des Ehepaars (205), Heras Aufgabe als Hüterin der Ehe genau zu entsprechen scheint (ob man sich den Streit des Paares als Heras Erfindung vorzustellen hat [KULLMANN [1991] 1992, 106; JONES] oder als eine der Liebesgöttin und Zeus [304] bekannte und damit glaubwürdige Tatsache [HÄUSSLER 1995, 84 Anm. 111], läßt sich nicht entscheiden [FENNO 2005, 495 Anm. 35 vorsichtig eher für letzteres]; der Dichter hat jedenfalls ein altes Motiv für verschiedene Funktionen benutzt [205n.]). Die abschließende Ausmalung eines erhofften Erfolges (208– 210) endet mit der Aussicht auf die Dankbarkeit des Paares gegenüber Hera (210); gleiche Dankbarkeit wird also auch die Adressatin der Rede von dem Paar und von Hera selbst zu erwarten haben. Zur Taktik in der ganzen Rede schol. bT zu 198–199, 202 u. 210; JANKO; PADUANO/MIRTO; zum Aufbau NICKAU 1977, 94; APTHORP 1980, 144f.; vgl. auch 198a n. 198a Nachdem sie sich wie ein Krieger “gerüstet” hat (170–186n.), erbittet Hera zwei “Waffen”, mit denen Aphrodite alles bezwingt (199; Eust. 977.7ff.; TZAMALI 1996, 43; vgl. auch 216n. zur Liebesmagie); die Zweizahl des Verlangten mag vielleicht auch an das Dienerinnenpaar erinnern, mit dem eine ehrbare Frau auftritt (3.143n.; NAGLER 1974, 91). φιλότητα: 163–164a n. — ἵµερον: ‘Liebesverlangen’, als äußerer Impuls (3.139n.; zum Unterschied zu ἔρως [latenter Drang] 3.446n.).

198b–199 Hera schmeichelt Aphrodite wie später dem Schlaf (233; schol. bT; JANKO zu 198–210) und erhöht den Nachdruck mit dem Hinweis, das Verlangte entspreche genau ihren Fähigkeiten und Aufgaben als Liebesgöttin. Zugleich läßt der Erzähler sein Publikum durch die traditionelle Erinnerung an Aphrodites Macht (Hes. Th. 121f., h.Ven. 2f., 17, 34f., 251, vgl. Hes. Th. 203f.) vorausahnen, daß Zeus Heras Anziehungskraft erliegen wird: Auch als oberster Gott ist er nicht allmächtig und nicht gegen Angriffe und Intrigen anderer Götter gefeit (315f.; schol. bT; LOUDEN 2006, 99). 199 ≈ Od. 24.64, Hes. Th. 302, 588, ‘Hes.’ fr. 204.104 M.-W., h.Cer. 11, 22, h.Merc. 9, hom.h. 18.9. — δάµνᾳ: In den meisten Hss. ist δαµνᾷ überliefert, 2. Sg. Med., aus

198 ᾧ: bezieht auch φιλότητα ein. — τε: ‘episches τε’ (R 24.11). 199 ἀθανάτους: zur metr. Dehnung der Anfangssilbe R 10.1. — ἠδέ: ‘und’ (R 24.4).

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*δαµνάε(σ)αι von δαµνάω wie πειρᾷ in 21.459, 24.390 (s.d.); Aristarch vertritt δάµνᾳ (schol. A), mit einer einfacheren Kontraktion, zu δάµνηµι. Der Hiat vor ἀθανάτους ist aber bei beiden Lesarten hart; eine Hiatkürzung wäre möglich unter der Annahme eines ursprünglich allen Varianten zugrundeliegenden δάµνασαι (so BENTLEY [s. app. crit.]; VAN LEEUWEN 1894, 516; LEAF; CHANTR. 1.301), vielleicht in der Form δάµνααι (< *δάµναhαι < *δάµνασαι; vgl. 10.291, Od. 22.233 ἵσταο/ἵστασο in der Überlieferung; WEST 2001, 227). — ἀθανάτους ἠδὲ θνητοὺς ἀνθρώπους: Der Polare AusdruckP in dieser flektierbaren und mit anderen Konjunktionen variierbaren Formel ist typisch für die Hymnendichtung (s. Iterata), was zu der etwas an ein Gebet erinnernden Kontaktaufnahme paßt: JANKO zu 198–9; 188–210n.

200 ≈ 301; 1. VH ≈ 205. — Grenzen: Das Ende der Welt wird vom Ringstrom Okeanos (201) gebildet, der um die Erde herum fließt (1.423n., 18.607–608n., Od. 11.13, Hes. Op. 168ff., h.Ven. 227), eine Vorstellung, die Parallelen in den mesopotam. und ägypt. Flußkulturen hat und an idg. Mythen erinnert (LESKY 1947, 64f.; KIRK/RAVEN/SCHOFIELD [1957] 1983, 10–12; ROMM 1992, 11–26; WEST 1997, 145f.; JANDA 2005, 232–236). Das gleich darauf genannte göttliche Paar Okeanos und Tethys (201) wohnt somit ganz abseits von den anderen Göttern, was seine Sonderstellung unterstreicht (201n., 205n.; RUDHARDT 1971, 102). Indem Hera ein Ziel in so weiter Distanz nennt, macht sie eine Überprüfung unmöglich (schol. bT) und läßt Aphrodite glauben, sie werde geraume Zeit weit weg vom Geschehen vor Troia sein (PADUANO/MIRTO zu 198–210; vgl. auch 301n.; möglicherweise ist das Erzählmotiv von Heras Reise zu Okeanos der Beschreibung von Eos’ Bahn entlehnt: BOEDEKER 1974, 77f., vgl. 19.1–2n., h.Ven. 227). εἶµι … ὀψοµένη: in 205 wiederaufgenommen und in 304 wiederholt; betont Heras Absicht und damit das Bedürfnis nach Aphrodites Hilfe, während ἔρχοµαι ὀ. in 301 nur beiläufig gesagt ist (LÉTOUBLON 1985, 68; DE JONG [1987] 2004, 284 Anm. 96.). — πολυφόρβου: Poss.-Kompos. zu φορβή ‘Futter’: ‘viel Weide’, d.h. ‘Nahrung besitzend, fruchtbar’, hier, 301, 9.568 und h.Ap. 365 Epitheton von γαῖα/γῆ, in Hes. Th. 912 von Demeter; außerdem in ‘Hes.’ fr. 150.22 und 177.9 M.-W.; fast immer vor der Zäsur C 2, im Gegensatz zum Epitheton πουλυβότειρα von χθών am VE (LfgrE s.v. πολύφορβος; 3.89n.). — πείρατα γαίης: flektierbare VE-Formel (noch 301, Od. 4.563, 9.284, Hes. Th. 622, Op. 168, h.Ven. 227). πεῖραρ bed. in der Verbindung mit γαίης wie in 8.478, Hes. Th. 335, 518 ‘Grenze’ (6.143n.).

201 = 302. — Es ist seit der Antike umstritten, wie die Bezeichnungen der beiden Gottheiten zu verstehen sind, vor allem, da Okeanos und Tethys nur hier und im Iteratvers so genannt werden. Der als Ringstrom um die Erde vorgestellte Okeanos (200n.) wird in 246 als Ursprung von allem bezeichnet (s.d.), in 21.195–197 als Vater aller Gewässer. Deshalb und weil génesin ‘Ursprung’ wohl eine dauernde Funktion bezeichnet, hat man ‘Götter’ als Personifikationen der Gewässer aufgefaßt. Hier sind aber wohl kaum nur diese gemeint, da eine nähere Angabe 200 πείρατα: präpositionsloser Akk. der Richtung (R 19.2), abh. v. εἶµι.

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fehlt. Andererseits sind Okeanos und Tethys als Stammeltern aller Götter singulär; nach Hes. Th. 133/136 sind sie die Kinder der Stammeltern Ouranos und Gaia und nur Eltern der zahlreichen personifizierten Gewässer (Hes. Th. 337–370, ‘Hes.’ fr. 343.4 M.-W.; eine Tochter des Okeanos wird noch in 18.399 genannt; Tethys wird sonst im fgrE nicht erwähnt). Nachhom. ist allerdings für einen orphischen Text (in Plat. Crat. 402B = fr. 22 Bernabé; vgl. Derveni-Pap. col. 23 Kouremenos [mit Komm.] = fr. 16F Bernabé) und für Thales (Aristot. Metaph. 983b20 = 1 A 12 DK) die Vorstellung von einer kosmogonischen Funktion des Wassers nachzuweisen. Sie findet sich wie diejenige Hesiods auch im Orient; die engste Parallele zum Paar Okeanos–Tethys stellt der Anfang des babylon. Epos Enuma elisch dar (Datierung umstritten, frühestens Ende 2. Jt.), in dem die Vermischung des süßwasserhaltigen Apsu mit dem Salzmeer Tiamat die Götterfamilie begründet. Okeanos dürfte Apsu entsprechen, Tethys – wohl auch etymologisch – mit Tiamat zu verbinden sein. Auch in anderen orientalischen (äg., mesopotam., alttestamentl.) Texten ist die Vorstellung eines ursprünglichen, Leben spendenden Stromes und Wassers zu finden. Es ist deshalb wahrscheinlich, daß verschiedene orientalische Mythen die Vorstellungen der Griechen mitgeprägt und sich gegenseitig immer wieder im Osten und in der Ägäis beeinflußt haben (so gibt es z.B. auch bei Hesiod Spuren einer Generation vor Ouranos und Gaia; Okeanos ist schlecht integriert in die Gruppe der Titanen: 202–204n.). Die epischen Dichter haben wohl aus der Tradition jeweils das Geeignete entnommen und es allenfalls der erzählerischen Intention angepaßt: Daß Okeanos und Tethys hier gerade in der vorl. Weise bezeichnet werden (zu anderen Epitheta 18.399n.) dürfte mit dem Zweck von Heras Erklärung zusammenhängen: Das Paar ist so alt-ehrwürdig durch seine schöpferische Rolle (205n.) und dauernd wichtig für die Erhaltung der Gewässer, daß Hera sich unbedingt darum kümmern muß, eine Wiedervereinigung mit Aphrodites Hilfe herbeizuführen. Auch die Tatsache, daß das Paar im folgenden als Heras Zieheltern dargestellt wird (202–204), Tethys’ Epitheton ‘Mutter’ und die Assonanz in ihrem Namen an (nichtep.) tḗthē ‘Großmutter’, sind wohl bedeutsam (LfgrE s.vv. Τηθύς u. µήτηρ 202.57f.). Lit.: zur Diskussion in der Antike KIRK/RAVEN/SCHOFIELD (1957) 1983, 14f.; RUDHARDT 1971, 54–65; KELLY 2008, 275f. Anm. 57; zur Bed. von génesin HOLT 1941, 79f.; RUDHARDT a.O. 37f.; KELLY a.O. 280 Anm. 66; zur Beziehung zu Hesiod u.a. FG 27; RUDHARDT a.O. 50f.; WEST 1983, 119f.; FANNINI 1987, 77f.; BREMMER 2008, 10f.; WEST 2011, 35; zu Thales LESKY 1947, 85; RUDHARDT a.O. 110–113; KIRK/ RAVEN/SCHOFIELD a.O. 93; zum Epos Enuma elisch BURKERT (1984) 1992, 92f.; WEST 1997, 383; kurz FG 34; ablehnend KELLY a.O. 274–285; zum Verhältnis Tethys–Tiamat BURKERT a.O. 92f.; WEST 1997, 147; gegen die Ableitung des Namens Tethys von Tiamat KELLY a.O. 282f.; zusammenfassend LfgrE s.v. Τηθύς; zu Okeanos–Apsu s. auch 18.399n.; zu anderen orientalischen Texten und auch zu

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einer Datierung des Einflusses auf griechische Vorstellungen KIRK/RAVEN/SCHOFIELD 10–17; RUDHARDT a.O. 112f.; JANKO zu 14.200–207; BREMMER 2008. ᾿ΩΩκεανόν τε θεῶν γένεσιν καὶ µητέρα Τηθύν: Ganzvers mit chiastischer Anordnung der beiden Namen und Epitheta, die die Trennung des Paares imitiert, ähnlich wie 1.7 (s.d.); abhängig von ὀψοµένη (AH, ohne Komma nach γαίης; anders WEST: Apposition zu πείρατα γαίης). — γένεσιν: nur noch im Iteratvers und 246; Abstraktum zu γίγνοµαι, ‘Ursprung’, in konkretem Sinne (LfgrE; AH). — µητέρα Τηθύν: vgl. die VE-Formel µητέρα θηρῶν (3× Il., 1× hom.h.) / µ. µήλων (flektierbar, 2.696n.) u. µ. χήρην 22.499: LfgrE s.v. Τηθύς.

202–203 empfangend: Rheia ist Heras Mutter (Hes. Th. 453, hom.h. 12.1; FG 26; RE s.v. Ῥέα, Sp. 339–341); die Bezeichnung des Pflegeverhältnisses und Rheias Übergabe zeigen, daß man sich die Aufnahme eines kleinen Kindes vorzustellen hat, das am entlegenen Aufenthaltsort des Okeanos vor dem Kampf des Bruders Zeus gegen den Vater Kronos (s.u.) in Sicherheit gebracht werden soll (200n.). Das steht im Widerspruch zu der Aussage in 295f., daß Hera noch vor dem Beginn des Kampfes heimlich mit Zeus verkehrte, d.h. erwachsen war (295–296n.). Von einer Pflegemutter werden auch Zeus (ebenfalls von Rheia gebracht, aber zu Gaia: Hes. Th. 477–480), Thetis (von Hera: 24.59f.) und Hephaistos aufgezogen, letzterer ebenfalls am Rand der Welt (von Thetis und der Okeanos-Tochter Eurynome, 18.394–399). Ob das hier genannte und sonst nie erwähnte Pflegeverhältnis eine ad hoc-Erfindung ist, läßt sich wohl nicht entscheiden, ist aber wahrscheinlich (WEST 2011, 292 [zu 201–7]); die Göttin kann damit jedenfalls sehr gut ihre Verpflichtung begründen und ihre Bitte stützen, ähnlich wie sie in 24.59–63 (s.d.) berechnend an ihre Rolle als Thetis’ Pflegemutter erinnert. Ausführlich dazu JANKO zu 203–4. 202 = 303; 2. VH ≈ 16.191; Od. 5.135, 7.256, 19.354, 23.335, Hes. Th. 480, ‘Hes.’ fr. 165.6 M.-W. — gut: emphatisch; Hera betont ihre Dankbarkeit und damit ihre Verpflichtung. ἔϋ: zur Form des Adverbs WEST 1998, XXf. — τρέφον ἠδ᾿ ἀτίταλλον: synonym. Doppelung (24.60n.). ἀτιτάλλω bed. ‘aufziehen’, oft wie hier von einem fremden Kind in einer Notsituation oder nur speziellen Lage und viell. – anders als das neutralere τρέφω – mit der Konnotation ‘sich freundlich zuwenden’ (16.191, Hes. Th. 480, ‘Hes.’ fr. 30.30, 165.6 M.-W.; hom.h. 26.4; LfgrE).

203b–204 hinab … setzte: Nach dem Sieg über seinen Vater Kronos und dessen Geschwister, die Titanen, verbannt Zeus sie in den Tartaros, unter den äußersten Rand des Okeanos (zur Verbannung 5.898, 8.478–481, 14.274/9 [s.dd.], 15.225, Hes. Th. 717–745, 811–814, 851f.; zum Ort Il. 8.13–16, 8.481, Od. 11.13; FG 26; LfgrE s.vv. Κρόνος 1550.43ff., Τάρταρος 321.5ff., Ὠκεανός 1333.42ff.; PRIESS 202 σφοῖσι: = Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). — δόµοισιν: zum Plural R 18.2. — ἔϋ: = εὖ. — ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4).

Kommentar

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1977, 19–23). Der in den hom. Epen vorausgesetzte und von Hesiod erzählte Mythos scheint auf einer gemeinsamen Tradition zu beruhen (FG 26; LÓPEZ-RUIZ 2010, 117) und hat Parallelen im Orient (assyr. u. hethit.: WEST zu Hes. Th. 133; FOSS 1997, 16f.; WEST 1997, 139; 2007, 162f.; BREMMER [2004] 2008b, 84–88). Okeanos, zu dem Hera in Sicherheit gebracht wird, ist somit nicht an den Kämpfen beteiligt, wie er sich auch von der Auseinandersetzung um Troia fernhält (20.7); diese Sonderstellung, die er auch bei Hesiod einnimmt (dort gegenüber seinen Brüdern im Titanenkampf), weist u.a. auf sein besonderes Alter und seine Macht hin (vgl. 201n., 246n.; RUDHARDT 1971, 52f.; PRIESS 1977, 18). 203 2. VH ≈ h.Ap. 339. — Ῥείας: ablativischer Gen. zu δέχοµαι wie in 1.596. Diese Lesart des Aristophanes v. Byzanz und Aristarch (schol. A u. T; Ῥείης Hss.) kann als Analogie zum noch a-haltigen Nom. Ῥέ͜α in 15.187 verstanden werden (letzterer wohl durch quantitative Metathese und Synizese aus *Rēi̯ ă). Die Nom.-Formen mit -είη /-έη (4× Hes., 7× hom.h.) sind evtl. analog zum Gen. Ῥείης (< *Rēiās) gebildet; vgl. Γῆ und γαῖαν in 19.259 (JANKO zu 203–4). — τε: wie in 3.189 (s.d.) nicht, wie üblich, bei einem wiederholten Geschehen; der mythische Charakter des Ereignisses verleiht ihm aber ebenso wie in Od. 7.323 eine gewisse Zeitlosigkeit (CHANTR. 2.241; RUIJGH 493). — εὐρύοπα Ζεύς: Zur flektierbaren VE-Formel, zur wahrscheinlichen Bed. ‘mit weitem Blick’ und zur Nom.Form auf -α s. 24.296n. 204 2. VH = Hes. Th. 413, 728, hom.h. 22.2. — γαίης νέρθε: νέρθε ‘unten, unter’ hier nicht wie meistens Adverb, sondern Post- bzw. Präposition mit Gen., hier γαίης, wie in Od. 11.302, ähnl. ἔνερθ᾿ in Il. 8.16 (LfgrE s.v. ἔνερθεν). ἔνεροι bzw. ἐνέρτεροι ‘die Unteren’ und (ὑπ)ένερθε(ν)/νέρθε(ν) sind oft in Bezug auf die Unterwelt gebraucht (3.278, 5.898, 8.16, 14.274 [s.d.], 15.188, 15.255, 20.61, Od. 11.302, Hes. Th. 720, 850, h.Cer. 357, 429). — καθεῖσε: sigmat. Aor. Akt. (trans.) zu καθίζω/καθέζω ‘Platz nehmen lassen, seinen Sitz zuweisen’, “‘ließ Wohnung nehmen’, d.h. sperrte ein” (LfgrE s.v. ἕζεσθαι 410.37). — ἀτρυγέτοιο: Zum Epitheton mit der Bed. ‘mit viel Geräusch, Brandung’ s. 1.316n. Die Junktur mit θαλάσσης bildet in Verbindung mit γαίης einen Polaren AusdruckP.

205–207 = 304–306. 205 1. VH ≈ 200 (s.d.). — Streit: Die Entfremdung des Paares ist wohl als ein personifizierter Konflikt der Elemente zu verstehen, ein Motiv kosmogonischer Mythen. Okeanos und Tethys haben ihre Rolle in der Schöpfung als Urahnen mit einer großen Nachkommenschaft erfüllt; nun leben sie getrennt, ähnlich wie bei anderen Kosmogonien Himmel und Erde (Hes. Th. 126f., ägypt. Mythos), die Gewässer oben und unten (1. Mose 26–34) oder das Süß- und Salzwasser sich geschieden haben (die babylon. Apsu und Tiamat, ebenfalls nach einem Streit; vgl. 201n.). Möglicherweise wirkt die Personifizierung so als humoristische Trivialisierung eines kosmogonischen Motivs und die geplante Vereinigung wie eine Bedrohung der Weltordnung durch ein neues Chaos. Die zerstrittenen Eheleute 205 σφ(ι): = αὐτοῖς (R 14.1). — νείκεα: zur unkontrahierten Form R 6.

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erinnern jedenfalls sicher an das nun herrschende, häufig streitende oberste Paar, Zeus und Hera, dessen sexuelle Vereinigung Hera eigentlich durch eine List bezweckt; diese Verbindung bedroht wiederum die Pläne des Himmelsgottes (153– 353n.). Eine Anspielung auf die Tradition, daß Zeus und Hera sich ein Stelldichein in der Nähe des Okeanos gaben (Pherekydes FGrHist 3F 16 = fr. 16a–c Fowler, Eur. Hipp. 742ff.; zur Hochzeit 347–351n.), könnte diese Parallele noch unterstreichen. Zur Stelle JANKO zu 200–7; LfgrE s.v. Τηθύς; WEST 1983, 120f.; 1997, 383. ἄκριτα: ‘unentschieden, zu keiner Entscheidung gebracht’, vgl. Od. 18.264 ἔκριναν µέγα νεῖκος, Hes. Op. 35 διακρινώµεθα νεῖκος (JANKO zu 205–7); das emphatisch vor der Zäsur C 2 gesetzte Wort betont die Schwierigkeit der Aufgabe und damit die Notwendigkeit von Aphrodites Hilfe. Die Dauer (‘endlos’: AH; LEAF; LfgrE) dürfte eher nicht gemeint sein, da das zeitliche Moment schon durch das folgende δηρὸν χρόνον (206) ausgedrückt wird. — νείκεα λύσω: Wie in ἀνδράσι νείκεα λύει (Od. 7.74, ebenfalls am VE) ist λύω hier i.S.v. ‘auflösen, abbrechen, beenden’ und so ‘entscheiden’ verwendet (LfgrE s.v. λύω 1728.62). 206 δηρόν: hier, im Iteratvers 305, h.Cer. 282 und hom.h. 28.14 nicht als bloßes Adverb, sondern adjektivisch zu χρόνον verwendet; ‘schon lange’ (LfgrE).

207 = 306; 1. VH ≈ Od. 10.335, 15.421, ‘Hes.’ Sc. 36, ‘Hes.’ fr. 195.36 M.-W.; 2. VH = Il. 9.436; ≈ 16.206; ferner 17.625, Od. 12.266, Theb. fr. 2.6 West. — befall’n: Emotionale Regungen werden häufig so ausgedrückt, daß ein Zustand jemanden ergreift (1.387n.) oder sogar überfällt (s. Iteratverse; HARRISON 1960, 177; CLARKE 1999, 93). εὐνῆς καὶ φιλότητος: emphatische synonymische Doppelung (1.160n.) mit der Bed. ‘Beilager’ (163–164a n., 3.441n., 3.445n.); als flektierbare Junktur am VA (s. Iteratverse) und am VE: 3.445, 6.25, 15.32, Od. 5.126, 23.219, ‘Hes.’ fr. 17(a).5 u. 177.12 M.-W. (ergänzt), hom.h. 32.14; vgl. Il. 14.209, 24.130. — χόλος ἔµπεσε θυµῷ: zu χόλος und θυµῷ 50n. 208–209 208 ≈ Od. 22.213. — εἰ … | … ἀνέσαιµι: Der Opt. kann kupitiv oder potential zu verstehen sein, wie nach εἰ in 7.28; zur Nähe der beiden Funktionen des Optativs vgl. 190n. zu πίθοιο; zu ihrer diachronen gegenseitigen Beeinflussung s. SCHW. 2.323, 327; CHANTR. 2.215, 275; WAKKER 1994, 384–396 (mit weiteren Bsp.). ἀνέσαιµι ist Aor. zu ἀνίζω ‘setzen, bringen auf etw.’, mit der lokalen Ergänzung εἰς εὐνήν wie in 13.657, Od. 14.280 ἐς δίφρον (LfgrE s.v. ἕζεσθαι: 409.27ff.), hier mit sexueller Konnotation analog zu dem aktivischen εὐνῆς ἐπιβήµεναι (19.176n.) kausativ ‘zum Besteigen des Bettes bewegen könnte’ (FAESI). — κείνω: Die von Aristarch bevorzugte und in den besten und 206–207 ἀλλήλων: ablativischer Gen. zu ἀπέχονται, wiederaufgenommen von εὐνῆς und φιλότητος. 208 κείνω: Akk. Dual (R 18.1). — παραιπεπιθοῦσα: = παραπεπιθοῦσα (vgl. R 20.1), reduplizierter Aor. zu παραπείθω. — κῆρ: Akk. der Bez. (R 19.1; ↑). 209 ἀνέσαιµι ὁµωθῆναι: zum Hiat R 5.6.

Kommentar

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meisten Hss. belegte Akk. Dual-Form entspricht homerischem Sprachgebrauch besser als der von Zenodot und Aristophanes v. Byzanz gelesene Gen. κείνων (zu φίλον κῆρ): κῆρ wird sehr häufig als Akk. der Beziehung gebraucht (allein 14× fgrE in der VE-Formel ἀχνύµενος κῆρ [19.57n.], dagegen κῆρ als Akk.-Obj. neben dem Gen. der Person nur 2× [23.37 und Od. 17.216]; hier κείνω … κῆρ im σχῆµα καθ᾿ ὅλον καὶ κατὰ µέρος (R 19.1, G 97): schol. A; LEAF. — φίλον: possessiv (3.31n.). — κῆρ: wohl wie θυµός beim Simplex πείθειν zur Bezeichnung einer emotionalen, rationaleren Argumenten weniger zugänglichen Instanz (im Gegensatz zu φρένας in 7.120, 13.788; VAN DER MIJE 2011, 449. 453). — ὁµωθῆναι: ‘sich vereinigen’, final-konsekutiver Inf., abhängig von ἀνέσαιµι; zum hom. hapaxP ὁµοῦµαι gebildet, einem Denom. zu ὁµός ‘gemeinsam’, das 8.291 im gleichen Kontext verwendet wird: ὁµὸν λέχος εἰσαναβαίνοι; in der Verbindung mit φιλότητι analog zum häufigen gleichbedeutenden µιγῆναι φιλότητι (19.176n.): AH; FAESI; KÖLLIGAN 2007, 501.

210 Als ‘lieb und ehrwürdig’ wird der Gast bei der Begrüßung bezeichnet (18.386, 18.425, Od. 5.88); Hera verweist auf ihre künftige Stellung als Besucherin bei ihren dankbaren Pflegeeltern (AH; JANKO zu 208–10; 24.111n.). φίλη τε καὶ αἰδοίη: Der Wortstamm φιλ- wird oft für Beziehungen zwischen einander sozial nahestehenden Personen wie Gästen und Gastgebern verwendet (s.o.), so auch in Verbindung mit αἰδ- (s.u.); s. auch 3.207n., 6.14n. zu φιλέω, 3.354n. zu φιλότης. Die Wiederholungen von φιλότης (207, 209) und φίλος (208, 210) betonen steigernd die beabsichtigte Verbindung zwischen dem angeblichen Ziel von Heras Bitte, der Versöhnung des Paares, und dessen Folge (Dankbarkeit der Zieheltern): HEBEL 1970, 142; JANKO zu 208– 210. αἰδοῖος ‘Scheu erweckend, ehrwürdig’ (3.172n.) wird auch jemand genannt, dem man zu Dank verpflichtet ist, wie hier, 18.394 (s.d.) und Od. 19.254 (Penelope zu ihrem ‘Gast’ Odysseus in Dankbarkeit für Informationen); vgl. 24.111n. zur Konnotation ‘Verpflichtung’ in αἰδῶ … τεήν. Die Junktur ist formelhaft und flektierbar (am VA 18.386, 18.425, Od. 5.88, am VE Od. 19.191, 19.254, hom.h. 29.10, in der Mitte wie hier Il. 10.114, Od. 11.360; über zwei Verse, mit δεινός, Od. 8.21f.); die Substantiva zum gleichen Stamm, αἰδώς und φιλότης, sind in Il. 24.111 (s.d.) u. Od. 14.505 verbunden. 211 1. VH ≈ 64 (s.d.); 2. VH = 3.424, 4.10, 5.375, Od. 8.362, Hes. Th. 989, ‘Hes.’ fr. 176.1 M.-W., h.Ven. 17, 49, 56, 65, Cypr. fr. 6.1 West; ≈ Il. 20.40, h.Ven. 155. Der Vers ist eine Variation von 193 (s.d.; SBARDELLA 1994, 30; vgl. auch 1.121n.). φιλοµµειδής, das Epitheton der Aphrodite bed. ‘welcher Lächeln eigen/lieb ist’ und wird meist in erotischem Zusammenhang verwendet (3.424n.), so auch hier, wo Hera Aphrodites Macht als Liebesgöttin braucht, um sich mit Zeus zu vereinen (187–223n.; BOEDEKER 1974, 34); möglicherweise haben auch die Wiederholungen des Stammes φιλ- in 207–210 (210n.) die Wahl des Epithetons und damit der Antwortformel beeinflußt (JANKO zu 211–3).

210 αἰεί: = ἀεί. — κε: = ἄν (R 24.5). — σφι: = αὐτοῖς (R 14.1); dat. auctoris (‘von ihnen’). — καλεοίµην: zur unkontrahierten Form R 6. 211 τήν: zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. — προσέ(ϝ)ειπε: = προσεῖπε.

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212 = Od. 8.358. — ἀρνήσασθαι: 191n.

213 1. VH ≈ hom.h. 23.1; 2. VH ≈ Od. 11.261, ‘Hes.’ fr. 10(a).102 (ergänzt), 16.12 (ergänzt), 43(a).81, 252.5 M.-W., h.Cer. 141, 264. — Armen: Aphrodites Begründung – Respekt vor der Gattin des höchsten Gottes – paßt, so wie sie formuliert ist, zu der Liebesgöttin, und kommt der Wahrheit wunderbar nahe (Dramatische IronieP): Aphrodite verhilft Hera zur Vereinigung mit Zeus (353). Deshalb ist die Athetese antiker Grammatiker (schol. A) des in allen Hss. überlieferten Verses verfehlt (ERBSE 1986, 200; JANKO zu 211–213). — des Besten: Die Stellung des obersten Gottes wird häufig so hervorgehoben (19.95n.). τοῦ ἀρίστου: ὁ dient hier als reiner Artikel bei der Apposition, was insgesamt relativ selten ist (ebenso z.B. 8.360, 11.614, Od. 18.333; G 99; K.-G. 1.580), bei ἄριστος aber häufiger vorkommt (24.242 [s.d.]). — ἀγκοίνῃσιν: ἄγκοιναι nur hier und in den Iterathalbversen belegt; bed. ‘Arme, Umarmung’ (LfgrE). — ἰαύεις: ‘übernachten, ruhen’ (19.71a n.), hier mit sexueller Konnotation, wie in 9.336, Od. 11.261, 5.154, 22.464 (LfgrE).

214 Band: Als Material hat man sich wie bei den sonst himás genannten Riemen (3.371: eines Helmes, 22.397: rindslederne Riemen) wohl Leder vorzustellen, mit eingestochenen oder eingeritzten Mustern (3.371n.; LfgrE s.v. κεστός); auch ein bestickter Stoffstreifen wäre möglich (LfgrE s.v. ἱµάς; JANKO zu 214–7; BREITENBERGER 2007, 78). Das Band wird nicht als Gürtel verwendet (der tief auf den Hüften getragen wurde), da es von Aphrodite aus dem Brustbereich gezogen wird (HELBIG [1881] 1884, 211). Man hat an ein loses Band in einer Falte des Gewandes gedacht (LEAF), das aber leicht verlorengehen könnte (BONNER 1949, 4); es ist auch nicht einsichtig, wie es in der Verborgenheit wirken sollte. Es ist sehr wahrscheinlich, daß an ein Objekt gedacht ist, das die Brust hervorhebt und betont, eine Art sexuell attraktiv wirkenden Büstenhalter: ein kreuzförmig zwischen den Brüsten und unterhalb der Achseln auf den Rücken durchlaufendes Band, wie es auf orientalischen, indischen, hellenistischen und römischen Darstellungen der Göttinnen Ishtar/Astarte/Aphrodite vom 3. Jt. an zu erkennen ist (BONNER 1949, 1f.; LfgrE s.v. ἱµάς; LESKY 1967, Sp. 46f.; LIMC s.v. Aphrodite Tafeln Nr. 372, 375, 1083); oder aber ein horizontal durchlaufendes Band unterhalb der Brust (LIMC a.O. Tafeln Nr. 61f.: hellenist. Statuen von Aphrodite); weniger wahrscheinlich ist eine Halskette über der Brust, wie in minoischen, geometrischen und späteren Bildern von Göttinnen bezeugt, vielleicht eine Umdeutung des orientalischen Bandes (BRENK a.O. 210f.; JANKO zu 214–7). Ein Brustband paßt zu seiner Funktion: Es verkörpert Aphrodites Anziehungskraft (ERBSE 1986, 200; BREITEN212 οὐδὲ (ϝ)έοικε: zum Hiat R 4.3. — τεὸν (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.5. — τεόν: = σόν (R 14.4). 213 Ζηνός: zur Flexion R 12.5. 214 ἦ: 3. Sg. Impf. zu ἠµί ‘sagen’. — στήθεσφιν: zur Flexion R 11.4.

Kommentar

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a.O. 74, 76). Es wirkt sofort auf Zeus (294, 315ff.; das Band krönt somit Heras Ausstattung, ihre attraktive “Rüstung”: 170–186n.; LESKY a.O.; GRIFFIN 1980, 29–31), und es ist auch gut denkbar, daß sein Gebrauch im Mythos vom Paris-Urteil (24.27–30n.; Eust. 979.61; JANKO a.O.) und in der Erzählung von Aphrodites Wirkung auf Paris (3.441–446; dazu BREITENBERGER 2007, 226 Anm. 54) vorausgesetzt ist. Das verführerische Band erinnert auch an Aphrodites unheimliche Macht, wie sie die Inschrift des Nestor-Bechers bei seinem Gebrauch ankündigt (CEG I 454, mit Berichtigung in CEG II 1989, zu Nr. 454), oder an Pandoras Ausstrahlung (Hes. Th. 588, Op. 65f.): FARAONE 1999, 98f.; BREITENBERGER a.O. 72–77. Es ist auch an die Funktion eines Bandes zu denken, Verführungsopfer an sich zu binden und zu lenken (Aphrodite bezähmt alle: 198f.; die Entfremdung zwischen dem Paar Okeanos und Tethys soll “gelöst” werden: lýsō 205n.; PIRENNE-DELFORGE 1993, 279; FARAONE 2003, 154ff.); sie ist weit verbreitet (vgl. Od. 5.346f.: Leukotheas Kopftuch, dort zur Rettung) und hat Parallelen in orientalischen Beschwörungen und Zaubersprüchen vom 10. Jh. an und in späteren griechischen Zaubertexten (ONIANS 1951, 366–368; BONNER 1949, 2; FARAONE 1990, 222–227; 1999, 101–110; allg. zu Liebeszauber GRAF 1996, 110 124ff.). Es ist deshalb möglich, daß die hier implizierte Wirkung Ursprünge in einem traditionellen Ritual mit einem Band und einem Gebet an Aphrodite hat, das aus dem Osten entlehnt wurde (vgl. auch den an ein Gebet erinnernden Dialog mit Aphrodite: 188–210n.; FARAONE a.O. 229, 241f.; 1999, 109f.; BENNETT 1997, 175; BREITENBERGER a.O. 75f.) und vielleicht im Zusammenhang mit einem Hochzeitsritual steht, ebenso wie Heras und Zeus’ ‘heilige Hochzeit’ (347–351n.; FARAONE a.O. 229, 242; 1999, 100. 109f.). Das Band ist hier aber nur noch die Krönung von Heras Ausstattung; seine Magie liegt in der Erzählung nicht in einem Ritual begründet, sondern in seinem erotischen Potential als die Attraktivität steigerndes Objekt. Deshalb wird es in der eigentlichen Verführungsszene mit Zeus (294ff.) nicht mehr erwähnt. BERGER

ἦ, καί: formelhafter Rede-AbschlußP (1.219n., 24.228n.). — κεστὸν ἱµάντα: ἱµάς ‘Riemen, Band’ (3.371n.); κεστός (hom. hapaxP) ist Verbaladj. zu κεντέω ‘(durch)stechen’ (s.o.; nur im Aor. κένσαι 23.337 i.S.v.‘anstacheln’ belegt), sonst nur noch in πολύκεστος (3.371n.): DELG; LfgrE. 215 ποικίλον: in emphatischem progressiven EnjambementP vor einem Relativsatz wie in den Beschreibungen in 5.735 und Od. 8.448; das in 220 wiederholte Adj. paßt zu κεστόν, ob man sich nun ein Muster oder eine Stickerei vorzustellen hat (214n.), denn es bedeutet ‘kunstvoll verziert’ und hebt wohl die Kompliziertheit und somit die Wirkkraft des Bandes voll verführerischer Liebesmagie hervor (BONNER 1949, 4; LfgrE; JANKO zu 214–7; vgl. Od. 8.447f. δεσµὸν … | ποικίλον, den vertrackten Knoten der Zauberin Kirke: Hinw. FÜHRER). — θελκτήρια: zu θέλγω ‘bezaubern’, also ‘Zaubermittel’, auch Od. 1.337, 215 δέ (ϝ)οι: zum Hiat R 4.3. — οἱ: = αὐτῇ (R 14.1). — τέτυκτο: 3. Sg. Plpf. zu τεύχω.

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8.509 (LfgrE); hier “bewitching powers of seduction, which are imagined as being present in the device and become effective through it” (BREITENBERGER 2007, 74). — τέτυκτο: ‘waren verfertigt, gewirkt’, d.h. die Darstellungen der Zauberkräfte und ihrer Macht (LfgrE s.v. τεύχω 435.1ff. u. 30). Das fast ausnahmslos überlieferte Plpf. trägt mehr als das Präs. dazu bei, die Erzählung lebendig zu machen (2.448n.).

216–217 2. VH v. 217 = 9.554. — Die Zaubermittel (215) werden aufgezählt (AH), die im verführerischen Brustband enthalten sind. “Der Gedanke, die schier unbegreifliche Macht der Liebe so zu vergegenwärtigen, ist schlechthin genial” (ERBSE 1986, 94; ähnl. BREITENBERGER 2007, 81). Die Aufzählung folgt einer Chronologie nach rückwärts, vom Geschlechtsverkehr über das Begehren bis zum anfänglichen Flirt (PADUANO/MIRTO zu 211–262; die ersten beiden Mittel greifen Heras Bitte in 198 auf), zusammengefaßt am Schluß mit der Funktion der Zaubermittel, der Verführung. Da von den Abstrakta nur ‘Verlangen’ (Hímeros) in nachhomerischen bildlichen Darstellungen als Personifikation belegt ist und die Abstrakta in der Literatur allesamt nur sehr beschränkte Parallelen haben (v.a. Hes. Th. 201, 224; s. dazu SHAPIRO 1993, 19; BREITENBERGER a.O. 80), liegt es nahe, an ad hoc-Bilder zu denken, die von traditionellen ekphráseis, Beschreibungen von Darstellungen auf Schilden, angeregt wurden, in denen Abstrakta vorkommen (5.740f., 11.30–40, 18.535; FG 31). Besonders ähnlich ist die Schilderung von Athenes Aigís (5.740f.), möglicherweise das Vorbild für die Beschreibung hier. So wie sich Athene mit den magischen Kräften ihrer Defensiv-Waffe schützt, sollen solche Kräfte bei Heras “Feldzug” (170–186n.) wirken (BREITENBERGER a.O. 76. 79–81; orientalische Parallelen zu dieser Verwendung von Abstrakta: WEST 1997, 383f.; BURKERT 2003, 180f.). Der Dichter überläßt es dabei seinem Publikum, sich diese Kräfte genauer vorzustellen (SHAPIRO a.O. 19; BURKERT a.O. 181); ob es in der Realität Darstellungen solcher Abstrakta neben derjenigen von ‘Verlangen’ gab (orientalischer Herkunft oder unter orientalischem Einfluß?), läßt sich nicht entscheiden (BREITENBERGER a.O. 79, 81). — raubt: Der Gedanke an die betörende Macht der Erotik, wie sie Aphrodite verkörpert, findet sich auch im Zusammenhang mit Helena (Od. 4.261–264, vgl. 23.218ff.), allgemein Od. 15.421f.; die Steigerung hier – die Erotik überwindet selbst den schärfsten Verstand – bereitet auf die Erzählung vor, wie Hera den vernunftbegabtesten Gott verführt (schol. bT; ähnl. JONES zu 215–7). ἔνι … ἐν … ἐν: Die Anapher ἐν erinnert an die Beschreibungen in 5.740f. (Athenes Aigis), 18.483 (s.d.), 18.535 (Achills neuer Schild), Hes. ‘Sc.’ 156 (Herakles’ Schild). Wie bei 5.740f. und anderen solchen Aufzählungen, z.B. Od. 9.132, 19.175ff., ist ein ἐστί oder ἦν zu ergänzen (FEHLING 1969, 195). — φιλότης: 163–164a n. — ἵµερος: 198a n. — ὀαριστύς: Ableitung auf -τῡ́ς (das im Gr. fem. und seltene Suffix findet sich in nomina 216 ἔνι: = ἐν-ῆν (R 20.1; ↑). 217 τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11). — περ: konzessiv (R 24.10).

Kommentar

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actionis prominent in lat. ac-tus usw. [= Supinstamm] und aind. Inf., ferner in ahd. fri-du) von denominativem ὀαρίζω (6.516, 22.127f., hom.h. 23.3) zu ὄαρ ‘Ehefrau’ (5.486, 9.327; RISCH 40f.); bed. ‘Liebesgespräch, -umgang’, wohl “‘intime[s], vertraulich scherzende[s] Gespräch (Flirt)’ als eine Vorstufe des Geschlechtsverkehrs” (LfgrE), wie ὄαρος (Hes. Th. 205, h.Ven. 249). — πάρφασις: παραίφασις noch in 11.793, 15.404; zu παράφηµι ‘Zureden, Zuspruch’, im erotischen Kontext ‘Verlockung, Verführung’. Damit wird die Funktion aller in 216 genannten ‘Zaubermittel’ (215) beschrieben; es ist deshalb am Ende von 216 zu interpungieren (LfgrE s.v. παραίφασις, gegen die Versuche, die asyndetische Verbindung zum vorherigen Vers anders zu erklären: d.h. πάρφασις als Apposition zu ὀαριστύς und beide Wörter als Hendidadyoin aufzufassen [schol. A u. bT; AH; FAESI] oder den ganzen Vers als erklärende Glosse zu diesem seltenen Wort [als Möglichkeit bei LEAF; WILLCOCK] oder als fehlerhaft [JANKO zu 216–7] zu verstehen). — ἔκλεψε νόον: νόος bed. hier ‘Denkfähigkeit’ (JAHN 1987, 84 mit Anm. 128); ἔκλεψε ist sog. gnom. Aor. (24.616n.). Die Verbindung meint somit ‘die Übersicht raubt, den Sinn betört’, vgl. dt. ‘den Verstand nehmen, rauben’; ähnlich 6.234 u. 19.137 φρένας ἐξέλετο (s.dd.), Hes. Th. 613 Δ∆ιὸς κλέψαι νόον, Archil. fr. 191.3 West vom ἔρως: κλέψας ἐκ στηθέων ἁπαλὰς φρένας (LfgrE s.v. κλέπτω; LUTHER 1935, 107). — πύκα: Adv. auf -α zu πυκ(ι)νός wie τάχα/ ὦκα zu ταχύς/ὠκύς (RISCH 363); hier und im Iteratvers metaph. von einem mentalen Vorgang wie πυκινήν in 2.55 (s.d.), ‘solid, intensiv, kohärent, konzentriert’ (LfgrE; CLARKE 1999, 89).

218 2. VH (formelhafte Rede-EinleitungP) insges. 17× Il., 26× Od., 2× h.Ven. — Die Folge von zwei Reden des gleichen Sprechers (212f., 219–221) ist ungewöhnlich (nur noch Od. 11.92–137, sonst mit Wechsel der Adressaten, so z.B. in Od. 5.21–42; s. dazu DE JONG); sie erklärt sich wohl aus der notwendigen Hervorhebung der Übergabe des zwischen den Reden beschriebenen Bandes (vgl. 219n.). ἔµβαλε χερσίν: ἐµβάλλειν χερσίν ‘in die Hände legen’ ist eine formelhafte flektierbare Verbindung, am VE Od. 1.438, 2.37, 18.103, außerdem in Il. 5.574, 17.40 (LfgrE s.v. βάλλω 28.24ff.). — ἐκ τ᾿ ὀνόµαζεν: ‘und redete sie an’; die urspr. Bedeutung der Wendung, ‘nannte sie beim Namen’, ist infolge des formelhaften Gebrauchs verblaßt (1.361n.; LfgrE s.v. 715.19ff.).

219 2. VH ≈ 223, h.Cer. 286; Hes. Op. 627. — nimm: Ähnlich streckt Ino dem fast ertrinkenden Odysseus ein magisches Objekt entgegen (Od. 5.346; LEAF; NAGLER 1974, 11). τῆ: ‘da!, nimm!’ (24.287n., auch zur Form). — τοῦτον ἱµάντα: Das Demonstrativpron. nimmt konkreten Bezug auf das den Figuren beim Gespräch inzwischen vorliegende Band und weist gleichzeitig das Erzählpublikum auf die vorherige Schilderung des betörenden Mittels hin (DE JONG 2012, 72; vgl. zur Struktur der Szene 187–223n.: die Reihenfolge 218 ῥά (ϝ)οι: zum Hiat R 4.3. — ῥα: = ἄρα (R 24.1). — οἱ: = αὐτῇ (R 14.1). — ἔφατ(o): Impf. von φηµί; Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23). — ἐκ … ὀνόµαζεν: sog. Tmesis (R 20.2). 219 τεῷ ἐγκάτθεο: zum Hiat R 5.6; ebenso ᾧ ἔνι in 220. — τεῷ: = σῷ (R 14.4). — ἐγκάτθεο: = ἐγκατάθου (R 20.1, R 6).

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Beschreibung – Rede mit einem Dem.-Pron. als Hinweis auf das geschilderte Objekt ist typisch). — κόλπῳ: hier sicher ‘weiblicher Busen’ (allg. zu den Bedeutungen von κόλπος 6.136n.), denn das Band muss wie ein Büstenhalter an der Brust befestigt werden (ἐγκάτθεο; zur Annahme, ein loses Band werde in eine bauschige Umhüllung gesteckt [LfgrE; LASER 1983, 32], 214n. u. BONNER 1949, 3).

220–221 nicht: Die unheimliche Macht des Bandes weist auf Heras Erfolg voraus (315ff.; ProlepseP; REUCHER 1983, 282). 220 von der Zäsur C 2 an = 10.370, Od. 4.493, 10.284; ≈ Il. 5.103, 11.589, 14.374, 18.132, Od. 15.213. — alles bereitliegt: faßt 215–217 zusammen (JANKO zu 218– 23). ποικίλον: 215n. — πάντα: ‘alles’, was du verlangst (198): AH; FAESI. — οὐδέ … φηµι: der gleiche Übergang vom imperativischen τῆ (219) zu einer Versicherung in einer ähnlichen Situation in Od. 5.346f. (219n.; AH). 221 2. VH ≈ 14.264, Od. 2.34, 6.180, 15.111, 17.355, 21.157, h.Merc. 62. — ἄπρηκτον: ‘ohne etwas ausgerichtet zu haben’ (AMMANN 1956, 23), aktivisch, nur hier von einer Person (dagegen 2.121 [s.d. u. LfgrE s.v.] von einer Handlung, ‘erfolglos’); ein weiteres Bsp. für ein Verbaladj. mit aktivischer Bed.: 24.49 τλητόν ‘leidensfähig’ (s.d., mit Lit.). — ὅ τι: Akk. der Beziehung zu ἄπρηκτον (LEAF), ‘in Beziehung zu dem, was’. — φρεσὶ σῇσι µενοινᾷς: µενοινάω ‘im Sinn haben, wollen’, hier: ‘vorhaben’ (19.164–165n.). φρεσὶ σῇσι, formelhaft zum Verb µενοινάω gestellt wie das semantisch damit austauschbare θυµῷ (s. Iteratverse u. 19.164–165n.; allg. zur Αustauschbarkeit der Seele-Geist-Lexeme 1.24n.), ist hier prägnant verwendet: Aus Aphrodites Sicht ersehnt Hera ein Mittel, um das Paar Okeanos und Tethys zu versöhnen, für das Publikum klingt aber auch der Sinn ‘insgeheim’, d.h. Heras Hintergedanke mit, den sie vor der Liebesgöttin verbergen muß; wieder (vgl. 213n.) läßt der Dichter die Liebesgöttin auf komische, unfreiwillige Weise der Wahrheit nahe kommen (Dramatische IronieP; s. JAHN 1987, 241f.; ebenso ist der Wunsch der Freier für den ‘Bettler’ Odysseus in Od. 18.112f. voll dramatischer Ironie; vgl. auch DE JONG zu Od. 2.15–37 und 14.53f.).

222–223 222 ≈ 1.595, 21.434 (von WEST athetiert); 1. VH = 5.426, 15.47, 23.555, Od. 4.609, 5.180, 13.287, 16.476, 23.111, ‘Hes.’ Sc. 115, h.Cer. 357; 2. VH v. 222 insges. 12× Il., 3× h.Ap.; ≈ Il. 8.471; 1. VH v. 223 ≈ 1.596; 2. VH = h.Cer. 286; ≈ Il. 14.219 (die Wiederholung der Worte signalisiert, daß die Anordnung genau ausgeführt wurde: DE JONG [1987] 2004, 209. 287 Anm. 30), Hes. Op. 627. — lächelte … | … lächelnd: Das durch die Wiederholung noch betonte Lächeln verrät Heras tiefe Befriedigung über das Gelingen ihrer ersten Täuschung, diejenige der Aphrodite (AH; JANKO zu 218–23; FRIEDRICH 2007, 78). Diese hat ihr 220 ᾧ ἔνι: = ἐν ᾧ (R 20.1–2). — τετεύχαται: zur Flexion R 16.2. — οὐδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 221 νέεσθαι: Inf. Präs. mit Fut.-Bedeutung. 222 φάτο: vgl. 218n.— πότνια Ἥρη: zum Hiat 159n. 223 ἔπειτα ἑῷ ἐγκάτθετο: zu den Hiaten ↑ u. R 5.6.

Kommentar

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unwissentlich Erfolg bei der Erreichung ihres Zieles, Zeus zu hintergehen, prophezeit (220f.); eine solche vage Voraussage galt als günstiges Omen (schol. A zu 223; JANKO a.O.). Das Lächeln weist wohl auch darauf hin, daß Hera nach der Übergabe des Zauberbandes in die Rolle der strahlenden, dank ihres Brustbandes äußerst attraktiven Liebesgöttin mit ihrem typischen verführerischen, oft täuschenden Lächeln geschlüpft ist (211n.; BOEDEKER 1974, 25; zur Verbindung von Lächeln und Täuschung vgl. Hes. Th. 205: FAULKNER zu h.Ven. 17).

ὣς φάτο, µείδησεν δέ: Zu diesem Rede-AbschlußschemaP und seinen Varianten s. 1.33n., 1.595n. Zum ‘positionsbildenden’ ny ephelkystikon G 33, 1.388n. — µείδησεν …, | µειδήσασα: Zum parataktisch-wiederholenden Stil wie in 1.595f. s. CHANTR. 2.359; weitere Bsp. auch bei FEHLING 1969, 147. — βοῶπις πότνια Ἥρη: 159n. Ob die Formel hier durch den Kontext, d.h. Heras geplante Opposition gegen Zeus und die Täuschung ihrer Gegnerin Aphrodite, bedingt ist (BECK 1986, 484 mit Anm. 18; CORSINI 1992, 109; FRIEDRICH 2007, 78), läßt sich nicht sicher sagen. — ἔπειτα ἑῷ: Diese Lesart der meisten Hss. entspricht τεῷ in 219. Der Hiat vor einer Form von ἑός findet sich auch vor derselben Formel in h.Cer. 286 und außerdem z.B. 11.47, Od. 4.338, ebenfalls an der Zäsur B 2; er läßt sich aus dem Gebrauch von ἑός analog zu ὅς (< *σϝός) erklären (JANKO zu 223–4).

224–225 die … | Hera: Der Abgang der einen Figur wird wie üblich, z.B. in 1.531ff., 18.145f. (s.d.), kurz zusammengefaßt, bevor die weiteren Aktionen der anderen Figur folgen (WEST 2011, 292 [zu 224]). 224 1. VH = Od. 5.242; ≈ Il. 5.398; 2. VH = 3.374, 5.131, 5.312, 5.820, 14.193, 21.416, 23.185, Od. 8.308, h.Ven. 81, 107, 191; ≈ h.Ap. 195. — Haus: aus dem sie von Hera gerufen worden war (189n.; FAESI). Δ∆ιὸς θυγάτηρ: 193n.

231–291 Hera besticht Hypnos, Zeus in tiefen Schlaf zu versetzen. 225–230 Heras ‘Reise’ zu Zeus stellt einen Teil der Typischen SzeneP ‘Ortsveränderung einer Gottheit’ dar (1.43–52n.), mit einer Wegbeschreibung (225–229, Element 3) und der Ankunft und Realisierung der Eingriffsabsicht (230–241, 5) als erster Etappe (die zweite: 281–285, 292f.); der Anfang der Szene, der Anlaß des Eingriffs (153–165, Element 1) und die Reisevorbereitungen (166–224, Element 2), bilden große, in sich geschlossene Szenen. Zugleich bildet die Schilderung auch den Beginn der Typischen SzeneP ‘Ankunft’ (1.496b–502n.): Hera bricht auf (225ff., Element 1) und kommt an (230, 2); darauf folgen die Elemente 3 (sie findet Hypnos, 231), 4 (sie nimmt Kontakt auf, 232) und 5 (sie spricht, 233–241). Die ganze Reise ist in einzelne Etappen mit geographischen Namen gegliedert, die wie bei anderen Götterreisen eine märchenhaft schnelle und leichte Bewegung über enorme Distanzen vor Augen führen (24.78n.; KULLMANN 1956, 92; oriental. 224 ἥ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); dazu Δ∆. θ. Ἀφροδίτη als Apposition: ‘sie aber, … Aphrodite’.

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und idg. Parallelen zu schnellen, weiten Reisen von Göttern bei WEST 1997, 112, u. 2007, 152). Die Schnelligkeit wird noch unterstrichen durch gliedernde Bewegungsverben, wenn jeweils eine Landschaft verlassen und eine neue betreten wird (225 ‘schwang sich herab und verließ’: Olymp; 226 ‘schritt über hin’: Pierien, Emathië; 227 ‘stürmte über’: Berge Thrakiens; 229 ‘schritt’: vom Athos aufs Meer; 230 ‘kam an’: Lemnos; die Gliederung bei KURZ 1966, 159), während das halb fliegende, halb schreitende Vorwärtskommen, die riesigen Schritte von Gipfel zu Gipfel, mit denen die Götter kultisch verbunden sind (227f., s. 226n. und vgl. 285, ähnlich von Poseidon 13.17–19 [JANKO], Hermes in h.Ven. 125; zu den Gipfeln 154n.), und der tiefe “Sturzflug” von den hohen Bergen (227n., 229n.) seewärts nach Lemnos die wunderbare Leichtigkeit betonen. Das Moment des Unglaublichen wird aber gleichzeitig zugunsten einer ‘realistischen’ anthropomorphen Gottesvorstellung eingeschränkt: Die geographischen Namen vermitteln einerseits dem Publikum einen plausiblen, nachvollziehbaren Eindruck von der Reise (schol. bT zu 226f., hervorgehoben von NÜNLIST 2009a, 61f.), andererseits folgt Heras Weg offensichtlich einer Schiffahrtsroute, einer “hodological route” (DE JONG 2012c, 44): sie nimmt einen großen Umweg in Kauf, um möglichst wie die antiken Küstenschiffe das offene Meer zu meiden (vgl. Od. 5.100f. Hermes zu Kalypso: ‘Wer liefe denn freiwillig durch das so große salzige Wasser, das unsägliche?’; FRIES 1929, 54–57; KULLMANN 1956, 93 Anm. 1; s. die Karte bei JANKO S. XXVI; zu solchen Götterreisen allg. bei Homer und in den hom. Hymnen DE JONG a.O. 43–48). Die ganze Reise wirkt damit als imposanter Zug quer durch einen großen Teil der bekannten Welt, wodurch wie bei Poseidons Fahrt zu Beginn des 13. Gesanges signalisiert wird, daß “eine bedeutende Gegenkraft zum Plan des Zeus in Anmarsch ist” (KURZ 1966, 159), und die Größe von Heras Vorhaben unterstrichen wird (vgl. 153–353n., 159–166n., 164b–165n., 170–186n., 198b–199n., 205n., 216–217n.). 225 = 19.114 (dort Zusammenfassung einer ganzen Reise: JANKO zu 225–30). — Olympos: 154n. ἀΐξασα λίπε: Der Bewegungseinsatz markiert den nächsten Abschnitt von Heras Vorgehen (166n.). — ῥίον Οὐλύµποιο: ebenso 8.25, 19.114. Zu ῥίον 154n.

226 1. VH ≈ Od. 5.50. — setzte auf: Hera tritt zwar noch mit den Füßen auf den Grund, berührt ihn bei ihrer raschen Bewegung aber kaum (228), “a cross between flying and stepping from one peak to the next” (JANKO zu 225–30; ähnl. FAESI zu Od. 5.50). — Piërien: Landschaft in Thessalien an der Nordostseite des Olymp und deswegen auch sonst erste Etappe von Götterreisen (Od. 5.50, h.Ap. 216): 225 Ἥρη: zum -η nach -ρ- R 2. — ἀΐξασα: zu ἀΐσσω ‘sich eilig bewegen, dahineilen’. — λίπε (ῥ)ῥίον: zur Prosodie M 4.6. — λίπε: zur augmentlosen Form R 16.1. — Οὐλύµποιο: zur Flexion R 11.2; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 226 Πιερίην u. Ἠµατίην: zum -η- nach -ι- R 2. — καὶ Ἠµατίην: zur sog. Hiatkürzung R 5.5.

Kommentar

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LfgrE; JANKO zu 225–30. Diese Bez. für eine Gegend ist schon im Myk. nachzuweisen (Name /Pi-we-ri-ja-ta/ zu */Piweria/): LEUKART 1994, 184. — Emathiën: nur hier im fgrE erwähnte Landschaft nördlich des Olymp; später wird von Polybios, Livius, Strabo und Ptolemaios damit Makedonien bezeichnet (LfgrE). ἐρατεινήν: generisches EpithetonP von geogr. Bezeichnungen (2.532n.).

227 Thraker: Das Gebiet der Thraker (Bundesgenossen der Troer) liegt zwischen dem Hellespont und dem Fluß Hebros (2.844n.), thrakisch wird in h.Ap. 33 aber auch das Gebiet der Chalkidike genannt, deren Berge, besonders der Athos, hier gemeint sind (LfgrE s.v. Θρῆϊξ; JANKO zu 225–30). σεύατ(o): asigmatischer α-Aorist (6.505n.); an dieser Versstelle auch in 6.505, 7.208, Od. 5.51 (nach dem Iteratvers, 226n.), h.Cer. 43 und h.Ven. 66 vom Aufbruch von Figuren, nachdem sie sich gerüstet oder angezogen haben (Hera 166–223): FAULKNER zu h.Ven. 66. — ἱπποπόλων Θρῃκῶν: ἱπποπόλος ‘Pferde züchtend’ an der gleichen Versstelle und als Epitheton der Thraker auch in 13.4. Daß die Pferdezucht in Thrakien eine besondere Rolle spielte, geht auch aus 10.436f. (schnelle Schimmel des Thrakers Rhesos), Od. 9.49f. (Kampf der thrakischen Kikonen zu Pferde) und dem Epitheton ἱπποτρόφος zu Thrakien in Hes. Op. 507 hervor (LfgrE). Die Bedeutung des Pferdes in den weiten Flußtälern Thrakiens, in denen sich eine Wagen- und Reiterkultur der Aristokratie vom 2. Jt. an entwickelte und bis zur Römerzeit lebendig blieb, wird auch archäologisch bestätigt (z.B. durch Funde von Pferdetrensen, Tonmodellen von Wagen, Darstellungen eines fahrenden oder reitenden Gottes: WIESNER 1963, 30. 48. 54f. 59f.; THRAKER-KATALOG 2004, 82. 93f. 132f. 251f. 258. 264. 351). — νιφόεντα: ‘schneeig, schneebedeckt’, Epitheton von Berggipfeln, z.B. vom Olymp 18.616; zu ὄρεα am VE auch Od. 19.338 (KIENZLE 1936, 25). Zum Anlaut mit positionsbildender Langkonsonanz aus (σ)νιφ- ‘Schnee’ 3.222n.

228 1. VH ≈ 1.499, 5.754, 8.3, hom.h. 19.11. — berührte … nicht: Hera fliegt fast (226n., 225–230n.). ἀκροτάτας κορυφάς: “Apposition des Teiles zum Ganzen” (d.h. ὄρεα in 227; AH); ebenso 8.47f. Ἴδην … | Γάργαρον, 2.144f. θαλάσσης, | πόντου Ἰκαρίοιο, Od. 8.362 Κύπρον … Πάφον u.ö. (K.-G. 1.289 Anm. 12). — µάρπτε: µάρπτω bed. ‘packen, ergreifen’, hier ‘berühren’ (LfgrE). — ποδοῖϊν: in Verbindung mit µάρπτω nur hier im Dual (sonst im Pl.: 21.564, 22.201). Die Gen./Dat. Dual-Endung -οιιν (att. kontrahiert -οιν) ist im fgrE in der 3. Dekl. außer zu πούς (noch 14.477, 15.18, 18.537, 21.271, 23.770, Od. 16.6, 19.444, ‘Hes.’ Sc. 158) nur in Σειρήνοιϊν belegt (Od. 12.52 u. 167; G 67): ELLENDT (1861) 1979, 66. Sie ist von den ο-Stämmen auf die 3. Dekl. übertragen worden. Es ist gut möglich, daß diese Endung letzlich derjenigen des Dat./Lokativ Pl. entspricht (-οῖϊν < *oi̯ (h)in ‘klug’) hervorhebt, welch ungeheure Macht einen so scharfen Verstand überwältigt (Eust. 987.17; JANKO; 2.55n.; vgl. 14.164b–165n. zu φρεσὶ πευκαλίµῃσιν u. 216–217n. zu πύκα φρονεόντων). Es ist aber auch möglich, daß mit φρένες mehr der Sitz der Emotionen gemeint ist: Dann steht πυκινάς proleptisch: das Sinnesempfinden wird dicht gemacht, überlagert; vgl. 17.83 Ἕκτορα δ᾿ αἰνὸν ἄχος πύκασε φρένας und den proleptischen Gebrauch von µέλαιναι bei φρένες in 1.103 [s.d.]): LfgrE s.v. πυκινός 1633.25ff. 295–296 1. VH von 295 = Od. 10.462; ≈ 9.447; 2. VH von 295 ≈ 2.232, Od. 8.271, 19.266, Hes. Th. 306; 2. VH von 296 ≈ Hes. Th. 469. — Der Hinweis auf Zeus’ und Heras voreheliche Verbindung war in der Antike berühmt (Kallimachos fr. 75.4, mit app. von Pfeiffer; Theokrit 15.64 zitiert ein Sprichwort: πάντα γυναῖκες ἴσαντι, καὶ ὡς Ζεὺς ἀγάγεθ᾿ Ἥραν [s. dazu GOW 1950, 283]; Sotades fr. 16 Powell; BURKERT [1982] 2003, 109 mit Anm. 51); damit verbunden sind auch voreheliche Rituale auf Naxos und Paros (Kallimachos fr. 75.4 Pfeiffer; schol. bT zu 14.296; BURKERT [1977] 1985, 401 Anm. 35; PÖTSCHER 1987, 143ff. Anm. 327). Schon in der Antike hat man aber darauf hingewiesen, daß dieses Stelldichein ohne Wissen der Eltern, Kronos und Rhea, nicht zu der Aussage paßt, daß Kronos von Zeus entmachtet wurde, als Hera noch ein kleines Kind war (202–204n.; schol. bT zu 14.296; BURKERT [1982] 2003, 109 mit Anm. 51; JANKO zu 295–6; GANTZ 1993, 57). Es ist deshalb wahrscheinlich, daß der Iliasdichter das Motiv erfunden hat (JANKO zu 203–204 u. 295– 296; GANTZ 1993, 58; WEST 2011, 294 [z.St.]), möglicherweise übertragen aus einem anderen Mythos (etwa von Zeus’ heimlicher Vereinigung mit Mētis, Tochter des 201 bzw. 302 erwähnten Paares Okeanos und Tethys [Hes. Th. 886f.], einem Mythos, der wohl mit den Erzählungen von Hephaistos’ Zeugung, Geburt und Verbannung und von dem durch Hera gegen Herakles entfesselten Seesturm verbunden war, auf die in der vorherigen Szene mehrfach angespielt ist: JANKO zu 295–296; 231–291n.; 249–261n.; es ist wahrscheinlicher, daß sich lokale Rituale und Bräuche aus dem in der Ilias erzählten Mythos entwickelt haben [so schol. bT zu 14.296], als umgekehrt [so NILSSON [1940] 1967, 430f.; PÖTSCHER 294 µιν … φρένας: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); µιν = αὐτόν (R 14.1). — ἔρος: = ἔρως (↑). 295 ἐµισγέσθην: 3. Pers. Dual Impf. Med. zu µίσγω = µείγνυµι (R 18.1). 296 φοιτῶντε … λήθοντε: Ptz. Nom. Dual. — τοκῆας: zur Flexion R 11.3.

Kommentar

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1987, 145 Anm. 327]). Das Motiv der vorehelichen, heimlichen Verbindung der beiden Gottheiten ist wie bei Erzählungen menschlicher Vereinigungen ein pikantes Detail (6.24n.), das Zeus’ neu erwachtes Verlangen betont und zum heimlichen Vorgehen Heras, dieses Verlangen auszunutzen, paßt (REUCHER 1983, 283; JANKO a.O.; BURKERT [1982] 2003, 109; PADUANO/MIRTO zu 263–311; SCODEL 2002, 145). οἷον ὅτε: “‘wie’ damals, ‘als’” (AH); wie in 3.443ff. wird die begehrte Vereinigung mit der ersten verglichen (KLOSS 1994, 172). — πρώτιστον: besser bezeugte Lesart als die sonst nach οἷον ὅτε nur in 9.447 belegte Variante πρῶτόν περ (app. crit.; JANKO); zur Suffixkumulierung 1.105n. — ἐµισγέσθην φιλότητι: zu φιλότης ‘Liebe’ i.S.v. Geschlechtsverkehr 3.441n.; zur Verbindung mit µείγνυµι 3.445n. Die Dualform in ἐµισγέσθην betont Zeus’ Verlangen (CHANTR. 2.26). — λήθοντε: modal zu φοιτῶντε (AH).

297 1. VH ≈ 23.582, 24.286, Od. 15.150, 16.166, h.Cer. 63, h.Ven. 81 (στῆ δ(έ) am VA insges. 50× Il., 18× Od., 2× hom.h.); 2. VH (Rede-EinleitungP): 17× Il., 2× Od., 2× h.Ven. — trat: Einer ankommenden Person entgegenzutreten ist eine typische Geste der Begrüßung vor einer Anrede (9.185ff., 11.645f., 11.777f., 15.185ff.): AREND 1933, 34; KIRK zu 5.170; zur Typischen SzeneP ‘Besuch’ 24.477–478n. Zeus’ Bewegung, veranlaßt durch sein Verlangen (294n.), verdeutlicht aber auch, daß er nun seinen Sitz verläßt, auf dem er über die Einhaltung seines Planes gewacht hat (8.51f., 8.206f. 13.7–9), und Heras Absichten, ihn abzulenken, ‘entgegenkommt’ (KURZ 1966, 51. 85 Anm. 21). ἐκ τ᾿ ὀνόµαζεν: urspr. ‘nannte … beim Namen’, verblaßt zu ‘und redete … an’ (6.253n.).

298–299 Zeus stellt einen Widerspruch zwischen Heras offensichtlichem Zielbewußtsein und dem Fehlen ihres Wagens fest (AH). Warum die Göttin auf ihrer Reise vom Olymp zum Gargaron nicht wie bei anderen Ortsveränderungen einen Wagen benutzt (wie in 5.720ff. geschildert; vgl. 8.41ff. Zeus’ Fahrt), wird nicht gesagt (WEST 2011, 294 [z.St.]) und bewußt ausgespart. Seine Frage verrät sein Verlangen (294): Er durchschaut Heras List nicht und hofft, daß er ihr Ziel ist und sie keinen Wagen bei sich hat, um weiter weg zu reisen; so nähert er sich (297), um sie zu verführen (schol. bT zu 298; JANKO zu 294 u. 298–9; PADUANO/MIRTO zu 263–311). Möglicherweise schwingt auch Mißtrauen in Zeus’ Frage mit, da seine Gattin zuvor gegen sein Verbot den Wagen benutzt hatte, um zum Schlachtfeld zu fahren (8.371ff.); das würde zu den wiederholten Erinnerungen an die Uneinigkeit der Götter passen (153–353n.): KELLY 2007, 137. 298 2. VH ≈ 309. — πῇ µεµαυῖα: ähnl. Fragen nach dem Ziel in 7.24 (Apollon zu Athene: τίπτε … µεµαυῖα), 8.413 (Iris zu Hera und Athene: πῇ µέµατον), 13.307 (πῇ … µέµονας).

297 ἐκ … ὀνόµαζεν: = ἐξονόµαζεν (R 20.2). 298 µεµαυῖα: Ptz. zu µέµονα ‘streben, den Drang haben’. — Οὐλύµπου: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); ebenso 309. — τόδ(ε): ‘hierher’, od. ‘diesen ⟨Weg⟩, ⟨auf⟩ diesem ⟨Gang⟩’ (↑).

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Ilias 14

— τόδ᾿ ἱκάνεις: flektierbare VE-Formel (noch 309, 24.172, Od. 1.409, 10.75, 19.407). τόδε ist Akk. des Ziels (JANKO zu 298–9) oder des Inhalts (AH): 24.172n. 299 ≈ 5.192 (ἐπιβαίην). — ἵπποι δ(έ): δέ adversativ (‘[und] doch’): AH; seltene Anfangsstellung eines Sach-Subjekts als Anschlußthema vor einem verneinten Verb (“Pferde? sind nicht da”) wie in 13.659 (AMMANN 1922, 33). — κ᾿ ἐπιβαίης: Die Modalpartikel ist in allen Hss. belegt und wird in solchen finalen Relativsätzen nur ganz ausnahmsweise ausgelassen (CHANTR. 2.249), und zudem steht sie im Iteratvers 5.192; Zenodots und Aristophanes’ von Byzanz Lesart ohne Partikel beruht auf einem selteneren Sprachgebrauch (JANKO zu 298–9).

300 = 329, 19.106; ≈ 197 (τὴν …). — mit List im Sinn: Im Dialog mit Zeus werden beide Reden Heras mit dem formelhaften dolo-phronéousa eingeführt und damit ihre Schwindeleien angekündigt (der vorgeschobene Grund für ihre Reise und für ihren Abstecher hierher, in 329 die vorgetäuschte Abneigung gegen eine Vereinigung). Die Formel spiegelt das Thema der Diós apátē (153–353) sowie die unharmonisch gewordene Beziehung der beiden Ehegatten, die im Gegensatz steht zur ehelichen Eintracht (homo-phrosynē), wie sie etwa in der Odyssee zwischen Odysseus und Penelope dargestellt wird (O’BRIEN 1998, 179; BECK 2005, 132). δολοφρονέουσα: 197n. — προσηύδα: 2n. — πότνια Ἥρη: 159n.

301–311 Zeus’ Frage und Feststellung (298f.) und Heras Antwort sind in RingkompositionP gestaltet, wobei die Frage (298) in 309–311 beantwortet (mit Catchword-TechnikP: ‘kommst du vom Olymp herab’, ‘komme ich vom Olymp herab’) und Zeus’ Bemerkung über das Gespann (299) in 307f. aufgenommen wird; im innersten Teil des Rings erklärt Hera das (angebliche) Ziel ihrer Reise (301–306): LOHMANN 1970, 146f. Dabei läßt der Erzähler Hera teilweise ihre Worte wiederholen, mit denen sie gegenüber Aphrodite ihre Bitte um das Busenband begründet hat (302–304, 304–306, s.dd.; zu anderen solchen Wiederholungen von Reden der gleichen Person gegenüber wechselnden Adressaten 2.371/373f. n., 18.56–62n., 19.65–66n.). Beide Male dient die erfundene Geschichte einer List, was mit derselben Rede-EinleitungsformelP unterstrichen wird (300n.; NICKAU 1977, 94f.). Die Geschichte wird aber an den Adressaten angepaßt: hier steht Zeus’ Frage im Vordergrund und wird gleich zu Beginn der Rede beantwortet (301ff.; in 200ff. dienen dieselben Worte dagegen als Begründung der Bitte: Eust. 987.40ff.; NICKAU a.O. 94); und während gegenüber der Liebesgöttin die Verpflichtung Heras betont wird, werden die dem Göttervater bekannten Umstände von Heras Aufnahme bei Okeanos und Tethys (203f.) weggelassen (DE JONG [1987] 2004, 190f.; vgl. 18.441n.), wobei das angegebene Ziel, die Wiedervereinigung des Paares, 299 παρέασι: = πάρεισι (R 16.6). — καὶ ἅρµατα: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — τῶν: demonstr.-anaphor. Pron. in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). — κ(ε): = ἄν (R 24.5). 300 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — δολοφρονέουσα: zur unkontrahierten Form R 6. — πότνια Ἥρη: 159n.

Kommentar

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Zeus’ begehrliche Stimmung aufnimmt (304–306, s.d.). Der Hinweis auf die Dankbarkeit des Paares (208–210) ist dagegen hier unnötig und wird ausgelassen (HEBEL 1970, 143; die in einem Pap. überlieferten Vv. 306a–c = 208–210 sind eine Konkordanzinterpolation: APTHORP 1995, 174–176). Heras List geht aber über die erfundene Begründung der Reise hinaus; sie nutzt auch Zeus’ Frage nach ihrem Erscheinen ohne Pferdegespann auf dem Ida geschickt aus, um als respektvolle, ergebene Ehefrau zu erscheinen, die den Gatten nicht verärgern möchte – ein Bescheid, der seine Leidenschaft (294) nur noch steigern kann und ihm das Gefühl gibt, selbst der Verführer zu sein (schol. T zu 299; schol. bT zu 309; JANKO zu 298–9; SOWA 1984, 83; vgl. 298–299n.). Hera verführt ihren Gatten somit direkt durch das Zauberband und indirekt durch ihre scheinbar ehrbaren Ziele (PADUANO/MIRTO zu 263–311). 301 ≈ 200. — Grenzen: vielleicht eine “variierende (iron.?) Wiederaufnahme von Zeus’ adynatonartiger Drohung” gegenüber Hera in 8.478, er verfolge seinen Plan und kümmere sich nicht um sie, auch wenn sie sich sozusagen auf den Kopf stelle (LfgrE s.v. Τηθύς). ἔρχοµαι: ‘ich bin auf dem Wege’ wie in 11.839, 13.256 (AH; LÉTOUBLON 1985, 68); zum Gegensatz zu εἶµι (200/304) 200n.

302–303 = 201–202 (s.d.). 304–306 = 205–207 (s.d.). Zenodot und Aristarch, die auch sonst zur Athetese von Iteratversen neigen (19.388–391n.; JANKO 1992, Introd. 23 Anm. 17), athetierten diese Verse, da sie nur zu Heras Bitte an Aphrodite um das Busenband paßten, hier aber unnötig seien und Hera damit riskiere, daß Zeus mit zu Okeanos und Tethys aufbrechen wolle (schol. A), oder daß sie Zeus’ Verlangen trüben könnten (ablehnend referiert in schol. b, T). Heras anzügliche Angabe ihres vorgeblichen Ziels, die Wiedervereinigung des Paares, ist aber ein “subtiles Spiel mit der Wahrheit” (NICKAU 1977, 96 Anm. 35), dazu bestimmt, Zeus’ Begehren nach ihr zu verstärken (so schon schol. b, T); sie gibt ihm sozusagen die Stichworte (‘schon lange’ 305, ‘Lager und Liebe’ 306, Zorn 306, ‘deinetwegen’, betont, 309 – Zeus’ Antwort: ‘wir … aber’ 314, ‘in Liebe gelagert’ 314, ‘noch nie’ 315): LEAF zu 301–3; JANKO zu 300–306; NICKAU a.O. Die Auskunft über den Zweck der Reise kann auch dazu dienen, einem späteren Vorwurf des Göttervaters vorzubeugen, Hera sei nur gekommen, um ihn zu verführen (schol. b; LÜHRS 1992, 233), und das ‘harmlose’ Ziel steigert die Wirkung ihres angeblich vorsichtigen und rücksichtsvollen Vorgehens gegenüber ihrem Gemahl (309–311; JANKO a.O.). Eine Athetese der Verse würde schließlich auch die Struktur des ganzen Dialoges zerstören (292–353n.; JANKO a.O.). 301 γαίης: zum -η- nach -ι- R 2. 302–306 = 201–207 (s.dd.).

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Ilias 14

307 Pferde: gemeint ist das Pferdegespann mit dem Wagen, vgl. 3.113n., 16.367b– 368n. (Pferde und Streitwagen). — Ida: 157n.

πρυµνωρείῃ: hom. hapaxP; Kompositum aus πρυµνός ‘an der Basis’ (31–32n.; in Eur. El. 445 auch in bezug auf Berge) und ὄρος mit dem Suffix -ι̯ α wie bei anderen geographischen Bezeichungen, z.B. dem Synonym ὑπώρεια (20.218); ‘am untersten Teil, am Fuß des Berges’; für das Gegenteil wird ἄκρος und κορυφή verwendet (157, 292, 332, 352, 15.5): LfgrE; RISCH 137; KURT 1979, 110. — πολυπίδακος Ἴδης: 157n. 308 2. VH = Od. 20.98, h.Cer. 43. — ἐπὶ τραφερήν τε καὶ ὑγρήν: τραφερός ist Adj. zu τρέφω mit der Bed. ‘festwerden, gerinnen lassen’ (wie in 5.903 von der Käseherstellung); nur in der vorl. Formel (s. Iterata) als substantiviertes Fem. wie ὑγρή im Polaren AusdruckP belegt: ‘über das Feste und das Flüssige’, d.h. die Erde und das Meer, ähnl. ἠµὲν ἐφ᾿ ὑγρήν | ἠδ᾿ ἐπ᾿ ἀπείρονα γαῖαν 24.341f. (s.d.), Od. 1.97f., 5.45f.: LfgrE s.v.; LEAF. 309 2. VH ≈ 298. — νῦν δέ: Rückkehr zu Zeus’ Frage (zum Bezug von νῦν auf die Situation SCHW. 2.571). — τόδ᾿ ἱκάνω: 298n. 310 µετέπειτα: im folgenden Kondizionalsatz ausgeführt (AH); das Wort ist zwar viel seltener, nur noch 4× Od., als das von Zenodot und Aristophanes von Byzanz bevorzugte µετόπισθε (schol. A, T), das aber schlechter bezeugt (s. app.crit.) und vielleicht unter dem Einfluß von Stellen mit ähnlichem Kontext wie 1.82, Od. 5.147 entstanden ist (JANKO zu 310–312). 311 2. VH = 7.422, Od. 11.13, 19.434. — οἴχωµαι: “‘gegangen sein werde’; da Here in Wirklichkeit nicht σιωπῇ geht, so erwartet man statt αἴ κε mit Konj. εἴ mit Opt.; der ganze Gedanke ist in der Form gegeben, als ob Here augenblicklich ihre Erwägung anstellte” (AH). — βαθυρρόου Ὠκεανοῖο: βαθύρροος zu ῥέω, ‘mit tiefen Fluten’, Epitheton von großen Flüssen wie dem Ringstrom Okeanos (fast immer im Gen., in der vorl. VE-Formel, s. Iterata; außerdem h.Merc. 185 Ὠ. β. vor der Zäsur C 2); Variante βαθυρρείτης 21.195, Hes. Th. 265. 312 = 1.560, 5.764, 8.469, 14.341, 22.182, 24.64, Od. 1.63, 5.21, 24.477; ≈ (τὸν …) Il. 20.19, Od. 12.384, 13.139, 13.153, Rede-EinleitungsformelP (1.58n. mit Lit.; BECK 2005, 284f.). — νεφεληγερέτα: 293n.

313–328 Zeus’ Rede beginnt mit einer Aufforderung (313f.), gefolgt von der Aussage über sein großes Verlangen (315f., éros), woran sich der sog. ‘Frauen-Katalog’ (‘Leporello’) anschließt (317–327), und endet nochmals mit dem Hinweis auf das Verlangen (328, éramai ‘begehre’). Die Einfügung einer katalogartigen Aufzählung in einen Rahmen ist verbreitet (z.B. 5.381–409, 7.234–243, 11.656–665; 309 σε᾿ εἵνεκα: zum Hiat R 5.1; σέ(ο) = σοῦ (R 14.1); εἵνεκα: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 310 χολώσεαι: = χολώσῃ; zur unkontrahierten Form R 6. — αἴ κε: = ἐάν (R 22.1, R 24.5). — σιωπῇ: ‘ohne es dir zu sagen’. 311 Ὠκεανοῖο: zur Flexion R 11.2. 312 τήν: zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. — νεφεληγερέτα: 293n. 313 κεῖσε: = ἐκεῖσε.

Kommentar

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vgl. auch 16.70ff., wie hier mit Negationen-Häufung [16.64–82n.]): LOHMANN 1970, 53 Anm. 93. 147. Der KatalogP ist nach dem traditionellen Prinzip aufgebaut, wonach verschiedene mythische Ereignisse eines bestimmten Typs – hier die Verbindungen von Zeus mit göttlichen und sterblichen Frauen – gesammelt und geordnet sind (WEST 1997, 384); Frauen bilden öfter das Thema epischer Kataloge (wie Od. 5.118–128, Hes. Th. 886–923, 938–944; ‘Hes.’ fr. 1–245 M.-W.; JANKO; zu einer orientalischen Parallele WEST a.O.; aind. Kataloge bei WEST 2007, 314). Das traditionelle Material ist aber vom Iliasdichter innovativ verwendet worden: Die zunehmende Verkürzung der einzelnen Glieder (die Söhne werden ab 326 nicht mehr erwähnt, in 323 werden mehrere Frauen genannt), wie sie typisch für Kataloge ist (z.B. 16.173–197: WEST 2011, 114; DE JONG zu Od. 11.225–330), malen den Eindruck einer den Göttervater immer mehr überwältigenden (vgl. 316), drängenden Empfindung (aufgrund deren er nicht auf Heras Rückkehr von Okeanos warten kann). Die Dringlichkeit wird noch durch eine aufsteigende Linie unterstrichen: Auf fünf sterbliche Frauen, die nach der Bedeutung ihrer von Zeus gezeugten Söhne angeordnet sind (Peirithoos, Perseus, Minos und Rhadamanthys, Herakles, der Gott Dionysos) folgt in immer knapperen Wendungen die Aufzählung von zwei Göttinnen mit göttlichen Kindern; an letzter Stelle steht Hera selbst, sprachlich abgehoben (nach der Zäsur C 2): 2.741n.; Eust. 988.34ff.; HEBEL 1970, 133; JANKO; GAERTNER 2001, 302; PERCEAU 2002, 95f. 242 Anm. 58; ein Vergleich mit dem systematischen Katalog sterblicher Frauen, gefolgt von Göttinnen, in Hes. Th. 886–923, 938–944 bei PRIESS 1977, 47; JANKO. Zum möglichen kultischen Hintergrund einzelner Mythen 317n., 321n., 322n., 323n. — Seit der Antike athetierten Gelehrte den Katalog (u.a. Aristarch, Aristophanes von Byzanz [schol. A zu 317], AH, FAESI, BOLLING 1944, 139), weil er nicht zur Situation passe, Zeus’ Werbung um Hera; er sei nur eine gelehrte Interpolation. Dagegen spricht aber die kunstvolle Struktur der gesamten Rede (s.o.) und des ganzen Dialogs (292–353n.) und die dadurch unterstrichene vielfältige Funktion des Katalogs. Zeus’ Erinnerung an frühere Vereinigungen hat eine Parallele in Paris’ Worten 3.442–446 in analoger Situation und entspricht vielleicht einem typischen Element von Verführungsszenen (FAULKNER zu h.Ven. 143–154); in ihrer das Gegenüber und sich selbst der eigenen Stärke versichernden Funktion läßt sie sich gewissermaßen als Gegenstück zur Berufung auf die eigene Genealogie in Herausforderungsreden vor dem Kampf verstehen (KELLY 2007, 424f.). Die Aufzählung von Zeus’ Eroberungen wirkt einerseits als burleske Beleidigung gegenüber der Ehefrau, aber gleichzeitig auch als SelbstDarstellung eines Gottes, der von seinem erotischen Verlangen beherrscht wird (SAMMONS 2010, 65f.). Die Intensivierung bis zur Pointe am Schluß und die Länge der Rede unterstreichen auch den komischen Kontrast zwischen dem Status des Himmelsgottes und der indirekten Dominanz Heras, die eben noch die re-

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spektvolle Ehefrau spielte (301–311n.), zwischen Zeus als nur vordergründig schmeichelndem, werbendem Freier und als von seinem Verlangen beherrschtem ‘Opfer’ Heras, zwischen der offenen Erinnerung an zahllose Affären, die zu teilweise schlimmen Eifersuchtsausbrüchen der Gattin führten (323n., 327n.), und der Tatsache, daß Hera nun, wo sie kurz vor dem Ziel der Verführung steht, diese nicht mit einer unüberlegten Reaktion gefährden darf (vgl. 330–340n.; ausführlich SAMMONS a.O. 67–73). Der Katalog ist aber nicht zu sehr ausgeschmückt: Durch die Priamelform (s.u.) wird letztlich die Wirkung von Heras gesamter, sorgfältig vorbereiteter Erscheinung (159–291) und ihre absolute, ewige Vorrangstellung unter allen menschlichen und göttlichen Frauen hervorgehoben, wie sie auch schon Aphrodite betont hatte (212f.) und wie sie im ganzen Epos faßbar ist (1.518– 527n., 1.546n., 1.611, 4.59–61, 5.892f., 8.407f., 16.432, 18.364–366, 153–353n.). Deshalb werden auch die einzelnen Liebschaften anders als in anderen Katalogen (wie z.B. in Od. 11.235–327) lediglich aufgezählt, ohne eine Schilderung näherer Umstände, wie etwa Zeus’ Metamorphose bei seiner Verführung Europes. Lit.: ERBSE 1986, 214; JANKO; LATEINER 1995, 42; PADUANO/MIRTO zu 312–353; ALDEN 2000, 8. 45–47; MINCHIN 2001, 95; JONES zu 313–328. Die Aussage in 315f. wird in einer Priamel erläutert (wie z.B. in 6.450–455, s.d., 9.378– 391), die die temporalen (oὐ πώ ποτε) und quantitativen (ὧδε) Elemente in einer negativen Reihung aufnimmt (οὐδ᾿ ὁπότ᾿/ὅτε, ‘auch nicht, als’, anaphorisch) und in einer Schlußfolgerung bekräftigt (νῦν, ὥς): RACE 1982, 29. 36. In 317–325 schließt sich an den verneinten Temporalsatz jeweils noch ein Relativsatz an (eingeleitet durch anaphorisches ἣ τέκε; in 323ff. wird das Schema durch die chiastische Anordnung Semele-Alkmene, HeraklesDionysos variiert), worauf nur noch eine Aufzählung von drei verkürzten Gliedern folgt (326f., οὐδ᾿ ὅτε … οὐδ᾿ ὁπότε … οὐδέ, ‘auch nicht … noch … noch’): Eust. 988.34ff.; FEHLING 1969, 315; ebd. 213 allg. zur Variation; PERCEAU 2002, 95. Nur ein Temporalsatz enthält ein anaphorisches Verb (317; ἔραµαι in 328 nimmt nur dieses und ἔρος in 315 auf), als ob der Sprecher mit Rücksicht auf die Adressatin eine Wiederholung vermiede (Eust. 988.38; JANKO). 313 VE = Od. 12.126. — ἐστί: Vollverb, ‘ist möglich’; zum Akzent 6.267n. — καὶ ὕστερον: ‘auch später noch’ (AH). 314 ≈ 3.441; 2. VH = Od. 8.292, vgl. Il. 24.636. — φιλότητι: zur Bed. ‘Liebe, Geschlechtsverkehr’ 3.441n. — τραπείοµεν: Aor. Pass. mit medialer Bed. zu τέρπω (3.441n.).

315 1. VH = 3.442. — noch niemals: Übertreibung und Generalisierung als rhetorische Mittel wie in 1.106 (s.d.), 1.541, 3.60 (s.d.), 19.290 (KULLMANN 1992, 230).

314 νῶϊ: Nom. Dual des Pers.-Pron. der 1. Pers. (R 14.1). — ἄγε: urspr. Imp. zu ἄγω; zu einer Partikel erstarrt, die Aufforderungen Nachdruck verleiht: ‘auf, los’. — τραπείοµεν: 1. Pl. Konj. Aor. Pass. zu τέρπω (R 16.3; ↑). — εὐνηθέντε: Nom. Dual mask. des Ptz. Aor. Pass. (mit medialer Bed.) von εὐνάω.

Kommentar

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ὧδε: wiederaufgenommen von ὥς in 328. — ἔρος: 294n. — γυναικός: prägnant: ‘sterbliche Frau’ (ebenso 24.58, s.d.), wie ἀνδρῶν ‘sterblicher Männer’ in 342 (schol. T).

316 1. VH = 9.637, 18.113, 19.66, Od. 21.87; ≈ Il. 9.703, 14.39, 17.22, Od. 5.191. — herumgelegt: ein ähnliches Bild vom Eros wie vom Schlaf (164b–165n., 253; vgl. 2.19n. und 294 ‘umhüllte’). — bezwungen: Eros ist ein mächtiger Urtrieb (353, Hes. Th. 122; vgl. 198b–199n.). θυµὸν ἐνὶ στήθεσσι: 39n. — περιπροχυθείς: hapaxP; zu χέω; mehrfaches präpositionales Verbalkompositum wie διεξίµεναι, 6.393, ἀποπροελών Od. 17.457 u.a. (SCHW. 2.428– 430).

317 ‘Gattin des Ixion’ ist eine Periphrastische BenennungP für Dia (schol. T; DNP s.v. Dia), wohl in komischer Absicht: “his phrasing makes him [Zeus] sound like an adulterer” (JANKO zu 317–318). Von Ixion, dem König der thessalischen Lapithen, wird erzählt, daß er versuchte, Hera zu verführen (Pind. Pyth. 2.21–48, dort auch zu seiner Strafe als ewiger Büßer, auf ein Rad geflochten), vielleicht als Rache für die Verführung seiner Frau Dia durch Zeus (dieser hatte Pferdegestalt angenommen, Eust. 101.1–3). Der Name Dia, ein “weibl. Pendant” zu Zeus (< idg. *di̯ ḗu̯ s, gr. Gen. Diós), weist jedenfalls auf einen Zusammenhang der beiden Mythen hin (LfgrE s.v. Πειρίθοος 1110.63ff.; JANKO a.O.). Zur unklaren Beziehung zur myk. Gottheit Di-wi-ja DNP; vgl. auch 19.6b n. Ἰξιονίης: ‘zu Ixion gehörig’, archaisches Zugehörigkeitsadjektiv (2.20n.), ebenso bei ἄλοχος in Od. 3.264, Il. parv. fr. 29–30.2 West (JANKO zu 313–328).

318 2. VH ≈ 7.366 (Priamos), 17.477 (Patroklos), Od. 3.110 (Patroklos), 3.409 (Neleus), ‘Hes.’ fr. 190.7 M.-W. (ergänzt; Alkaios?). — Peirithoos: Lapithenherrscher (1.262–270n., 2.740n.), Vater des Polypoites (2.740n.); als Sohn des Zeus auch in 2.741 genannt; er versuchte nach dem Mythos, zusammen mit Theseus Persephone aus der Unterwelt zu entführen (‘Hes.’ fr. 280.12ff. M.-W., Minyas fr. 7.9ff. West), wohl eine Motivparallele zur Verführung seiner Mutter durch Zeus und zu Ixions Frevel (317n.; LfgrE s.v. Πειρίθοος 1111.7ff.). ἣ τέκε: flektierbare VA-Formel (noch 320, 322, Hes. Th. 901, 913, 7× ‘Hes.’, z.T. ergänzt; ὃς τέκε 21.159, Variante ἣ δ᾿ ἔτεκ(ε) 2× Il., 2× Hes., 5× ‘Hes.’, 1× hom.h.). Diese und weitere, im folgenden (bis 327n.) genannte Parallelen sind traditionelle Elemente der Katalogdichtung (313–328n.). — Πειρίθοον: aus *Περί-θοος mit metr. Dehnung, myk. Pe-ri-to-wo, also ‘der sehr Schnelle’ (vgl. Epitheta wie πόδας ὠκύς 1.58n., θόος 2.758n.): LfgrE s.v. Πειρίθοος 1110.42ff. — θεόφιν µήστωρ᾿ ἀτάλαντον: flektierbare VEFormel (s. Iterata). µήστωρ bed. ‘der kluge Pläne zu ersinnen weiß’ (6.97n.). Die anderen Ableitungen auf -τωρ haben in den übrigen Kasus Vollstufe (-τορ-); die Beibehaltung der

315–316 µ(ε) … | θυµόν: Akk des Ganzen und des Teils (R 19.1). — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — στήθεσσι: zur Flexion R 11.3. — ἐδάµασσεν: zum -σσ- R 9.1. 317 ἠρασάµην: ingressiv. 318 θεόφιν: = θεοῖς (R 11.4).

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Dehnstufe bei dem nur formelhaft gebrauchten µήστωρ in fast allen Formen (außer dem Akk. Pl. und im Eigennamen Μήστωρ 24.257) gilt als Altertümlichkeit (RISCH 29; LfgrE s.v. µήστωρ). ἀτάλαντος urspr. ‘von gleichem Gewicht’, dann ‘gleich wie, ebenbürtig’ (LfgrE s.v. ἀτάλαντος 1471.49ff.; zur Wortbildung 2.169n.).

319 Danaë: Die noch ‘Hes.’ Sc. 216 (und wohl in ‘Hes.’ fr. 129.14f. M.-W.) genannte Tochter des Akrisios, des Königs von Argos, wird wegen eines Orakels, ihr Sohn werde ihren Vater töten, in eine Kammer gesperrt; nachdem sie dennoch von Zeus, der als Goldregen bei ihr eingedrungen ist, ein Kind empfangen hat, setzt Akrisios sie mit dem kleinen Perseus auf dem Meer aus (‘Hes.’ fr. 135.1–5 M.-W., Pherekydes FGrHist 3 F 10 = fr. 10 Fowler); dieser Mythos wird hier wohl als bekannt vorausgesetzt (LfgrE s.v. Ἀκρίσιος; JANKO zu 319–20). Δ∆ανάης: eigtl. Ethnikon, die ‘Danaërin’, wie Chrysëis (?) (LfgrE s.v. Περσεύς; zum Ethnikon 1.2n. u. vgl. 1.11n.). — καλλισφύρου: Schönheitsepitheton (‘mit schönen Fesseln’; 1.143n.) wie die bei Hes. an derselben Versstelle stehenden Varianten τανίσφυρος und ἐύσφυρος, Beiwort von Heroinen und Göttinnen, von Danaë auch ‘Hes.’ fr. 129.14 M.W. (ergänzt). — Ἀκρισιώνης: Femininbildung zum Patronymikon auf -ίων, ‘Tochter des Akrisios’ (LfgrE s.v. Ἀκρισιώνη); ähnlich stehen Patronymika nach καλλίσφυρος in 9.557 (Εὐηνίνης), Hes. Th. 507 (Ὠκεανίνη), ‘Hes.’ fr. 23(a).20 u. 136.10 M.-W. (Ἀργειώνης, ergänzt): LfgrE s.v. καλλίσφυρος; JANKO zu 313–328.

320 2. VH ≈ 11.248 (Nom.), Od. 8.382, 8.401, 9.2, 11.355, 11.378, 13.38, Hes. Th. 543, ‘Hes.’ fr. 10(a).28, 196.2 M.-W. — Perseus: Der Sohn des Zeus und der Danaë (319n.) ist der Großvater des Eurystheus (eines Vetters des Herakles, der diesem seine zwölf Aufgaben auferlegte; vgl. 19.95ff. mit nn., bes. 19.116n., 19.123n.). Περσῆα: Die Langmessung der Endsilbe ist auffällig (wie in 1.45 [s.d.], 5.827, Od. 10.141), erklärt sich aber durch die Stellung vor der Zäsur B 1 (M 8) und vielleicht durch Analogie zu anderen Namen auf -ῆα vor positionsbildenden Liquiden und Nasalen (z.B. bei Ὀδυσσῆα µεγαλήτορα in Od. 5.81, 5.149, 23.153, Δ∆ιοκλῆα/Ἐπικλῆα/Βαθυκλῆα/Πατροκλῆα µεγάθυµον in Il. 5.547, 12.379, 16.594, 16.818 u.ö.): HARTEL 1873, 63. — ἀριδείκετον: verbales Rektions-Kompositum zu derselben Wurzel wie in δείκνυµι, bed. ‘sehr berühmt’; mit dem gen. partitivus ἀνδρῶν (SCHW. 2.116): BEEKES s.v. ἀριδείκετος.

321 2. VH ≈ Od. 19.546, ‘Hes.’ Sc. 327. — Phoinix ist Sohn des Agenor, König von Sidon oder Tyrus, der eponyme (namengebende) Heros der Phönizier. Die oriental. Herkunft ist auch deutlich durch seine Verbindung mit der Tochter des Arabos, ‘Hes.’ fr. 137 M.-W. (EDWARDS 1979, 68f.); diese Genealogie vereint 319 περ: betont ὅτε und drückt dadurch eine Steigerung aus (R 24.10); als Prädikat erg. hier und in den folgenden Vv. ἠρασάµην. 320 Περσῆα: zur Metrik ↑. 321 κούρης: zur Form R 2, R 4.2. 324 παῖδα: prädikativ.

Kommentar

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Boiotien, mit dem Phoinix über seinen Bruder Kadmos, den legendären Gründer von Theben, verbunden ist (4.385, 4.388, 4.391, 5.804, 5.807, 10.288, 23.680), mit dem Orient (zu den Beziehungen zwischen Theben und dem Orient schon in der ausgehenden Bronzezeit EDWARDS 1979, 117–137; LATACZ [2001] 2010, 184–191. 305–318; WEST 1985, 150f., verweist auf die Kontakte Euboias mit den Phöniziern vom 9. Jh. an; MORRIS 1992, 176, auch zur Beziehung der Phönizier mit Kreta; ein Überblick über die Forschung bei POPHAM 1994). Phoinix ist Vater der Europe (‘Hes.’ fr. 140 u. 141.7f. M.-W.; Asius fr. 7 West); nach Späteren, wie ‘Ps.-Apollod.’ 3.1.1, ist sie jedoch Tochter des Agenor (LfgrE s.v. Φοῖνιξ 981.43ff.; JANKO zu 321–2; WEST 1997, 442. 448). Zeus entführte sie in Gestalt eines Stieres nach Kreta (‘Hes.’ fr. 140 M.-W.): LfgrE s.v. Εὐρώπη II; DNP s.v. Phoinix; zu einem möglicherweise boiot. Ursprung dieses Verführungs-Mythos WEST 1985, 146f.; zu seinem vermutl. religiösen Hintergrund aus der minoischen und myk. Bronzezeit EDWARDS 1979, 187f. mit Anm. 206; zu oriental. Parallelen zu Mythen von der Vereinigung eines Gottes in Stiergestalt mit einer sterblichen Frau (od. auch mit einer Kuh) MORRIS 1992, 176f.; WEST 1997, 443–445. 451f.; zu einer boiot. Darstellung Europas mit möglicherweise orientalischen Attributen aus dem 7. Jh. (in LIMC s.v. Europe I Nr. 91) EDWARDS 1979, 77. τηλεκλειτοῖο: ‘weitberühmt’ (zur Verwendung und zu Varianten 6.111n.).

322 Minos: wohl urspr. vorgr. Appellativum, viell. minoischer Herrschertitel; im Mythos Eigenname: König von Kreta (13.450, Od. 11.322f., 17.523, 19.178f., ‘Hes.’ fr. 140 u. 144 M.-W.), als Sohn des Zeus und der Europe auch in 13.449f., Od. 11.568, ‘Hes.’ fr. 140 und 141.13 M.-W. (ergänzt) erwähnt (Minos’ Abstammung wurde wohl nach der Identifizierung des boiot. mit dem kret. Rhadamanthys [s.u.] zum Mythos von Europe hinzukonstruiert, s. WEST 1985, 147; zu Sarpedon als weiterem Sohn der Europe und des Zeus 6.198b–199n.); Vater der Ariadne (Od. 11.321f.), Gatte der Pasiphaë, die den ‘Minotaurus’ gebar (‘Hes.’ fr. 145 M.W.); Großvater des Idomeneus (13.450): LfgrE. Minos wird als Richter und erster Gesetzgeber Kretas und der ganzen menschlichen Gesellschaft überhaupt genannt (auch als Totenrichter; Od. 11.568–571, ‘Plat.’ Min. 318c–e, Plat. leg. 624a; Gorg. 523e f.) sowie als weithin zur See herrschender König (Hdt. 3.122, Thuk. 1.4), wohl ein Reflex der ‘minoischen’ Epoche auf Kreta (DNP s.v. Minos; zu orientalischen Parallelen WEST 1997, 136. 452; MORRIS 1992, 176–183, die Einflüsse aus Ägypten, Kanaan und Israel auf das minoische Kreta annimmt). — Rhadamanthys: Der Bruder des Minos wird noch Od. 4.564, 7.323 u. ‘Hes.’ fr. 140 u. 141.13 M.-W. genannt; sein Aufenthalt an den Grenzen der Erde als Richter ist in der Odyssee vorausgesetzt (nach Platon, Apol. 41a1–5, Gorg. 523e–526d u. Pind. Ol. 2.75 wirkt er wie Minos als Totenrichter). Sein Name ist vorgr., ägäischen Ursprungs (WEST 1985, 145, vermutet in ihm aufgrund lokaler Mythen eine vorgr., zugleich in Boiotien und Kreta verehrte Kult-Figur; Einzelheiten zu seinen Be-

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ziehungen zum minoischen Kreta bei EDWARDS 1979, 111). Es ist deshalb möglich, daß Parallelen zum ägypt. Totenrichter Osiris bis auf bronzezeitl. Kontakte mit dem Orient zurückgehen (dazu u.a. DREW GRIFFITH 1998, 217; 2001, 232; LfgrE s.v. Ῥαδάµανθυς 1.53ff.); auch Änlichkeiten mit dem mesopotam. Gilgamesch sind aufgefallen (WEST 1997, 452 mit Anm. 41. 612). ἀντίθεον: generisches EpithetonP versch. Helden (1.264n.). Μίνων: Der in 13.450 und Od. 11.568 gebrauchte und von zwei Pap. belegte Akk. Μίνωα ist nur möglich ohne τε. Zenodots Lesart, die in einem Pap. und der Vulgata überliefert ist, hat die kontrahierte Endung -ω. Analog zu der Variante Ἄρην (5.909, ‘Hes.’ Sc. 425) neben dem viel häufigeren Ἄρηα (JANKO zu 321–2) ist aber auch Μίνων, die in ein paar Hss. überlieferte, von WEST bevorzugte Lesart Aristarchs, möglich. Die athematische Flexion ist älter (WACHTER 2001, 181).

323–325 Semele … Alkmene … | … Herakles … | … Dionysos: Den Heroinen Semele und Alkmene ist die Beziehung zu Theben gemeinsam, und beide ziehen in besonderem Maße Heras Eifersucht auf sich (323n.). Dionysos folgt vermutlich auf Herakles, weil er im Gegensatz zu diesem eindeutig ein Gott ist (JANKO; zu Herakles’ Sterblichkeit 18.117–121a n.; zur aufsteigenden Linie im Katalog 313– 328n.). Σεµέλης … Ἀλκµήνης … | ἥ ῥ᾿ … | ἣ δὲ … Σεµέλη: Namen stehen öfter in einer Art Chiasmus (z.B. 5.592ff., 9.529ff, h.Ap. 15f.): FEHLING 1969, 302. Die Geburt der Kinder wird in der umgekehrten Reihenfolge erwähnt (rel. ἥ ῥ᾿ in 324 bezieht sich auf die letztgenannte Alkmene, während dem. ἣ δέ in 325 durch Σεµέλη verdeutlicht wird): WILLCOCK.

323 Semele: Tochter des Kadmos von Theben (Hes. Th. 940, 975, hom.h. 7.57); ihre Verbindung mit Zeus und Dionysos als ihr Sohn werden auch Hes. Th. 940– 942, h. Bacch. 5 West, hom.h. 7.1 u. 56–58 erwähnt. In hom.h. 26.1–4 und bei Pindar, Pyth. 3.98f., wird auf die Umstände von Dionysos’ Geburt angespielt: Die schwangere Semele hatte auf Anstiften Heras Zeus gebeten, sich ihr in seiner wahren Gestalt zu zeigen, worauf der Wettergott dies als Blitz tat und sie damit tötete, den ungeborenen Dionysos aber rettete, auf die Welt kommen und aufziehen ließ. Sie war also zunächst sterblich (Hes. Th. 942), wurde dann aber später von Dionysos aus dem Hades geholt und zur Göttin erhoben (Hes. Th. 940–942, Diod. 4.25.4; zum ganzen Mythos DNP s.v. Semele; OTTO [1933] 1960, 62–70). Zu ihrem Kult bes. in Theben OTTO a.O. 64f.; DNP a.O. (beide auch zu der aus sprachl. und religionshist. Gründen widerlegten Theorie einer thrak. Herkunft, vgl. 325n. zu Dionysos als myk. Gott); zur Ikonographie LIMC s.v. Semele. — Alkmene: Enkelin des Perseus (ihr Vater, Elektryon, König von Mykene oder Tiryns, ist ein Sohn des Perseus: ‘Hes.’ Sc. 3 u. fr. 135.8, 193.19f. M.-W. [jeweils ergänzt]) und Gattin des Amphitryon (Od. 11.266), mit dem sie wegen eines Mordes nach Theben flieht (‘Hes.’ Sc. 1–3). In Amphitryons Abwesenheit wird sie von Zeus besucht und gebiert darauf Herakles nach einer durch Hera verursachten Verzögerung, damit dieser dem früher geborenen Eurystheus dienen muss (19.96–

Kommentar

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133 [s.d.], Od. 11.266–268, Hes. Th. 943f., ‘Hes.’ Sc. 27–37, hom.h. 15.1–3): FM 6; LfgrE; DNP; zu den über die Ilias verstreuten Hinweisen auf den HeraklesMythos 19.133n.; vgl. 249–261n. — Theben: in Boiotien, gilt als Gründung des Kadmos, des Vaters der Semele (321n.; vgl. 2.198n. [s.v. Mykalessos]). 324 2. VH = Hes. Th. 509 (vgl. Hes. Th. 308); ≈ Od. 11.299. — κρατερόφρονα: Kompositum zu φρένες wie ἄφρων (24.157n.), δαΐφρων (2.23n., 6.161–162n.), ὀλοόφρων (2.723n.); ‘mit starken φρένες, voll Kampfkraft, unbezwinglich’, u.a. als zusammenfassende Charakterisierung übermenschlicher Heroen wie Herakles, Kastor und Polydeukes, Atlas bei ihrer Geburt (s. Iterata): LfgrE. — γείνατο παῖδα: flektierbare Formel (meist VE; auch ἐγείνατο; insges. 2× Il., 3× Od., 10× Hes./‘Hes.’, 1× hom.h.). ἐγεινάµην ist eine trans. s-Aorist-Form neben intrans. them. Aor. ἐγενόµην (SCHW. 1.746, 1.756; WYATT 1969, 119f. Anm. 19).

325 2. VH ≈ Od. 11.287, 12.125, Hes. Th. 940, ‘Hes.’ fr. 193.19 M.-W. (ergänzt), h.Ap. 25, Cypr. fr. 10.1 West. — Dionysos: zu seiner Verehrung seit myk. Zeit und seiner Marginalität im Epos FG 10; 6.132n.; eine Synthese seiner Facetten bei BIERL 1991, 13–20; HENRICHS s.v. Dionysus 2012. — Freude: Meistens bezieht man das auf Dionysos als Weingott (schol. T; OTTO [1933] 1960, 53f.; DNP s.v. Dionysos Sp. 651, mit dem Hinweis auf eine mögliche Beziehung zwischen dem Wein und dem Gott schon auf einem myk. Täfelchen, PY Xa+b 1419); denn in Hes. Th. 941 u. Op. 614 sowie in ‘Hes.’ (?) P.Oxy. 2509.7 Lobel wird er polygēthḗs ‘viel Freude bereitend’ genannt, in ‘Hes.’ Sc. 400 = ‘Hes.’ fr. 239.1 M.-W. sind Wein(trauben) als chárma ‘Gegenstand der Freude’ bezeichnet (LfgrE s.v. πολυγηθής; zur Herkunft des Textes von P.Oxy. 2509.7 JANKO 1984). Dionysos erhält außerdem in hom.h. 26.11 das Epitheton polystáphylos ‘mit vielen Weintrauben’; vgl. auch Panyassis fr. 13 West (erster und zweiter Trunk für Dionysos): LfgrE s.v. Δ∆ιόνυσος; zum myk. Täfelchen GRANATA 1991, 625f.; PALAIMA 1998, 209f. 220 Anm. 24. Allerdings ist die Verbindung mit Wein, die nirgends in der Ilias belegt ist, hier nicht sicher, und es ist auffällig, daß anderswo der als Sohn der Semele charakterisierte Gott als Ekstasegott hervorgehoben wird (h. Dionys. D 8–11f. West; vgl. auch h.Ap. 25); der Bezug bleibt also offen, “und dennoch signalisiert gerade diese prägnante Charakteristik, wie wohlbekannt die von Dionysos vermittelte Wonne … sein mußte, so dass ein bloßer Hinweis darauf genügen konnte, und ebenso, welche zentrale Bedeutung diese offenbar spezifisch mit Dionysos verbundene religiöse Erfahrung … besaß” (SCHLESIER 2011, 182). χάρµα: Verbalnomen zu χαίρω, prädikativ: ‘als Gegenstand der Freude’ (3.50–51n.); auch sonst von Personen bei der Geburt (s. Iterata u. vgl. hom.h. 16.2–4 τὸν ἐγείνατο | … | χάρµα µέγ᾿ ἀνθρώποισι [Asklepios]): LfgrE; LATACZ 1966, 122–125.

325 βροτοῖσιν: zur Flexion R 11.2.

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326 Demeter: Göttin des Ackerbaus (FG 9), Tochter des Kronos und der Rheia (Hes. Th. 453f., h.Cer. 75), von Zeus Mutter der Persephone (Od. 11.217, Hes. Th. 912–914, ‘Hes.’ fr. 280.20 M.-W.).

καλλιπλοκάµοιο: ‘mit schönen Haarflechten’ (vgl. 176f.), generisches Epitheton P von Frauen, vgl. 18.407n., 18.592 u.ö.; Synonym: ἐϋπλόκαµος, von Demeter Od. 5.125 (LfgrE); zum Wortfeld 6.379–380n. — ἀνάσσης: Das Fem. zu ἄναξ wird primär als Titel von Göttinnen verwendet: in der Il. nur hier, sonst noch als Anrede an Athene Od. 3.380, an eine Figur, von welcher der Sprecher nicht weiss, ob sie eine Göttin oder ein Mensch ist, Od. 6.149, 6.175, h.Ven. 92, außerdem von Demeter noch h.Cer. 75, 492 und von Persephone bzw. Selene in h.Cer. 440, hom.h. 32.17 (LfgrE; vgl. 18.46n. zum Namen Kallianassa).

327 Leto: von Zeus Mutter der Zwillinge Apollon und Artemis (21.498f., Od. 11.580, Hes. Th. 918–920); wird vor allem in ihrer Mutterfunktion erwähnt (FG 18; LfgrE; zu ihrer Bedeutung neben Zeus in archaischer Zeit mit dem Hinweis auf 21.498f., Od. 11.580, h.Ap. 205f. DNP). Daß Zeus Leto neben Hera erwähnt, ist besonders hart, da Heras Eifersucht bekanntlich die schwangere Leto über die Ägäis bis nach Delos trieb (Od. 6.162f.; h.Ap. 45ff., 95ff.) und Apollon und Artemis ihre Gegner im Troianischen Krieg sind (JANKO zu 326–327; vgl. Eust. 988.54). — du: Hera ist von Zeus Mutter der Kinder Hebe, Ares und Eileithyia (5.892, 11.270f., Od. 11.604, Hes. Th. 921f., 952, ‘Hes.’ fr. 25.29 M.-W.), außerdem nach 1.572, 578 auch von Hephaistos (nach Hes. Th. 927f. ohne Zeus gezeugt, wohl als Parallele zu Athenes Geburt aus dem Haupte des Zeus): WEST zu Hes. Th. 922 u. 927; ERBSE 1986, 217. ἐρικυδέος: ‘ehrwürdig, hehr’ (3.65n.), von Leto auch in der VE-Formel ‘Gen. des Namens einer Göttin + ἐρικυδέος + υἱός/-ν’ in h.Ap. 182, h.Merc. 176, 189, 416; vgl. Λητὼ … Δ∆ιὸς κυδρὴ παράκοιτις Od. 11.580, Λητοῖ κυδίστη h.Ap. 62. 328 = 3.446; 2. VH ≈ Od. 22.500, h.Merc. 422; von der Zäsur C 2 an = Il. 11.89, Hes. Op. 618. — ὥς: nimmt ὧδε wieder auf (315n.). — σεο: enklitisch, denn der Gegensatz bezieht sich nicht auf die geliebten Frauen, sondern auf die Zeit: (οὔ … ) ποτε (315) – νῦν (328). — γλυκὺς ἵµερος αἱρεῖ: zu ἵµερος ‘Liebesverlangen’ und zu γλυκύς 198a n. u. 3.139n.; zu αἱρεῖ 3.446n., vgl. 14.207n.

329 = 300 (s.d.), 19.106; ≈ 197. 330–340 Heras Rede nimmt keinerlei Bezug auf den vorherigen Katalog (313–328); sie geht nur auf Zeus’ Aufforderung zur sofortigen Vereinigung ein (314 eunēthénte ‘in Liebe zu lagern’ – 331 eunēthḗnai ‘in Liebe im Bett gelagert’ bilden den äußeren Ring um die Aussage über Zeus’ Verlangen und um den Katalog, 313– 328n., RingkompositionP; nýn ‘jetzt’ in 331 greift nýn in 328 auf). Auf diese 326 καλλιπλοκάµοιο (ϝ)ανάσσης: zur Prosodie R 4.3. 327 ὁπότε (Λ)λητοῦς: zur Prosodie M 4.6. — σε᾿ αὐτῆς: zum Hiat R 5.1. σε(ο) = σοῦ (R 14.1).

Kommentar

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Weise wirkt die sonst oft eifersüchtig reagierende Gattin des Himmelsgottes listig (329) und ganz auf ihr Ziel konzentriert, um dessentwillen sie auch ein schamhaftes Verhalten an den Tag legt (1. Teil der Rede, 330–336). Dieses Verhalten ist für Hera, die Beschützerin der Ehe, natürlich (sie hatte es gerade selbst mit ihrer vorgetäuschten Hilfe für das Paar Okeanos und Tethys gezeigt, 198–210n.); es dient aber hier selbstverständlich ihrem Plan, Zeus möglichst weit vom Schlachtfeld zu entfernen, und legitimiert ihren Vorschlag, in ihr Gemach auf dem Olymp zu gehen (2. Teil der Rede, 337–340). Damit ist der Raum gemeint, in dem die Verführung zuerst vorbereitet worden war (166–169n.). Es ist nicht ganz ausgeschlossen, daß man auch an die Geheimverriegelung des Zimmers denken soll, die nur Hera beherrscht (168n., hier natürlich nicht erwähnt), und daß somit das Motiv anklingt ‘ein Gott schließt einen anderen ein’ (5.385–7, vgl. zu Ares und Aphrodite 333–335n.). Dieser Anklang kann verschieden gemeint sein: vielleicht soll er komisch wirken, vielleicht ist aber auch an Zeus’ Kampf gegen die Titanen (202–204n.) und somit an eine Theomachie zu denken (153–353n.). Zur ganzen Rede schol. bT zu 338; JANKO; REINHARDT 1961, 516; LOHMANN 1970, 147f.; MAURITSCH 1992, 90f. mit Anm. 6; WEST 2011, 295 (zu 330–336). Die Wiederholungen des Wortstamms εὐν- (331, 336, 340) rahmen die beiden Teile der Rede; durch das viermalige τοι in 337–340 betont Hera, daß die Verantwortung für die erotische Vereinigung allein bei Zeus liegt, während sie selbst sich schamhaft gibt (ähnl. JANKO).

330 = 1.552, 4.25, 8.462, 16.440 (s.d.), 18.361; vgl. 14.83; 2. VH = 8.209; ≈ 13.824, Od. 2.85, 2.243, 17.406. Die Sprecherin des Formelverses ist immer Hera, die sich erlauben kann, ihren Gemahl offen zu kritisieren. Zeus läßt sich davon aber nicht immer beeindrucken (ROUSSEAU 2001, 151; PUCCI 2002, 28). — Kronide: s. FG 26. αἰνότατε: Ausdruck der Empörung, hier natürlich gespielt (16.440n., auch zum übrigen Gebrauch). — ποῖον … ἔειπες: immer am VE und stets im ersten Vers einer Rede zum Ausdruck des Widerspruchs (16.49n.). — µῦθον ἔειπες: flektierbare VE-Formel (1.552n.). 331–335 Seit der Antike (schol. A) versteht man das Satzgefüge unterschiedlich (schol. A; AH, Anh. zu 330ff.): entweder (1) als zwei Perioden, die erste 331f. mit Protasis εἰ … λιλαίεαι, Apodosis τὰ δὲ προπέφανται ἅπαντα; dann die Frage πῶς κ᾿ ἔοι, gefolgt von der Protasis εἴ τις … ἀθρήσειε … δὲ … πεφράδοι, auf die in einem neuen Satz die Apodosis οὐκ ἂν ἐγώ γε … νεοίµην (335) antwortet (AH; FAESI; WEST) oder (2) als eine Periode (mit Komma nach ἅπαντα): πῶς κ᾿ ἔοι (333a) als eine von zwei Protaseis (εἰ … λιλαίεαι … τὰ δὲ προπέφανται und 333b–335a εἴ τις… ἀθρήσειε … δὲ … πεφράδοι)

330 ποῖον: prädikativ, ‘als was für eines (hast du dieses Wort gesprochen)’, d.h. ‘was ist das für ein Wort, das du gesagt hast’. — ἔειπες: = εἶπες. 331 ≈ 360. — ἐν φιλότητι … εὐνηθῆναι: 314n.

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gerahmte Apodosis (so LEAF und JANKO; unentschieden WILLCOCK). Dies ist vorzuziehen: Eine von zwei Protasis-Sätzen umgebene Apodosis hat Parallelen in 2.258–264 (s.d.), 5.212–216 u.ö. (LEAF). Eine einzige Periode leitet auch besser in einer Steigerung zur eigentlichen Befürchtung, der Verletzung des Schamgefühls vor der Göttergesellschaft (333–335n.), die im emphatischen πεφράδοι am VA in 335 gipfelt. δέ in 332 ist dann gemäß seinem häufigeren Gebrauch konnektiv aufzufassen (dagegen AH, FAESI: adversativ (AH, FAESI; WILLCOCK: viell. apodotisch). 331 ≈ 360. — ἐν φιλότητι … εὐνηθῆναι: 314n. 332 1. VH = 11.183, 15.5, 22.171, Hes. Th. 1010. — Ἴδης ἐν κορυφῇσι: 292n.

333–335 Heras Befürchtung entspricht genau dem, was in der Erzählung des Sängers Demodokos Od. 8.266–366 beim Ehebruch von Ares und Aphrodite geschieht: Sie werden von Helios bemerkt (Od. 8.271, 302), was die Benachrichtigung des Hephaistos und schließlich das Gelächter aller Götter bei ihrem Anblick zur Folge hat (Od. 8.270, 300ff., vgl. bes. 305): NESTLE 1905, 171; BURKERT (1960) 2001, 111f. Daß die Götter nicht nur auf die Menschen auf dem Schlachtfeld, sondern auch auf ihresgleichen schauen, ist normal: Hera beobachtet z.B. Thetis bei Zeus (1.536–538), Poseidon seinen Bruder Zeus (13.10), Hera ihren Gatten (157f., vgl. 135–152n.), Zeus die kämpfenden Götter (20.22ff.). Erheiternd ist natürlich, daß Hypnos die beiden in Heras Auftrag beobachtet (286–291). 333 ἔοι: Die themat. 3. Sg. Opt. ἔοι findet sich auch in 9.142, 11.838, Od. 17.421, 19.77, dazu ἔοις in Il. 9.284 (G 90; CHANTR. 1.287). — θεῶν αἰειγενετάων: 244n. 334 ἀθρήσειε: urspr. ‘den Blick intensiv auf ein Ziel richten, scharf sehen’; bed. wie in 3.450 ‘erspähen’, wobei hier mitklingt, daß dieses direkte, umfassende Schauen für das Objekt unangenehm ist (ebenso von den Achaiern gegenüber einem fallenden troischen Krieger in 12.391): LfgrE; PRIER 1989, 28. 335 πεφράδοι: redupl. Aor. zu φράζω (SCHW. 1.748), ‘zeigen’, optisch und mit begleitenden Worten, wie in 14.500 (LfgrE s.v. 1004.29ff.). — οὐκ ἂν … νεοίµην: eine Antwort auf die Frage πῶς κ᾿ ἔοι, parataktisches Asyndeton mit der Funktion einer Apodosis (zu εἴ τις ἀθρήσειε … πεφράδοι, vgl. 331–335n.), wie der Nachsatz in Od. 18.225 (AH). 336 2. VH = 3.410, 24.463, Od. 22.489. — νεµεσσητὸν δέ κεν εἴη: νεµεσσητόν ‘empörend’ ist Figuren-SpracheP; mit der vorl. Wendung wird das Vorhergehende – die Unmöglichkeit, sich gleich auf dem Ida zu vereinen – begründet (24.463n.; δέ explikativ: RACE 2000, 216 Anm. 23; vgl. auch 1.10n. s.v. ὀλέκοντο δέ).

332 1. VH = 11.183, 15.5, 22.171, Hes. Th. 1010. — Ἴδης ἐν κορυφῇσι: 292n. 333 ἔοι, εἰ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5; ἔοι = εἴη (↑). — νῶϊ: Akk. Dual des Pers.-Pron. der 1. Pers. (R 14.1), ebenso in 344. — αἰειγενετάων: zur Flexion R 11.1. 334 εὕδοντ(ε): Ptz. Präs. Akk. Dual. 335 τεόν: = σόν (R 14.4). 336 ἀνστᾶσα: = ἀναστᾶσα (R 20.1). — κεν: = ἄν (R 24.5).

Kommentar

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337 ≈ Od. 13.145, 18.113; 1. VH ≈ Il. 15.53, 15.724; 2. VH ≈ 23.548. — φίλον ἔπλετο θυµῷ: VE-Formel (s. Iteratverse und noch 7.31, 10.531, 11.520, Od. 8.571, 14.397, h.Ap. 527; Varianten: Il. 14.158 (s.d.), Od. 20.304. ἔπλετο ist Aor. zu πέλοµαι, neben dem Präs. ἐθέλεις mit Gegenwartsbezug, ‘ist’ (6.433–434n.).

338 ≈ 166 (s.d.). — Sohn: Hephaistos ist Zeus’ und Heras Sohn (167n.; zu Hesiods abweichender Version s. 327n.). θάλαµος: Das zentrale Wort wird in der Aufforderung in 340 mit ἔνθα wiederaufgenommen (vgl. 337n.), ähnlich wie in 23.549–551 (AH). — φίλος: wohl eher possessiv (‘eigen’) als affektiv (‘lieb’): zu den versch. Bed. von φίλος 1.20n., 3.31n.

339 = 167 (s.d.). 340 2. VH ≈ 17.647, Od. 16.28, ‘Hes.’ fr. 116.5 M.-W. (ergänzt). — κείοντες: (κατα-) κείω, zu κεῖµαι, hat eine desiderative Bed., ‘sich schlafen legen wollen’ (wie noch in Od. 8.315, 19.340), und wird meistens in Verbindung mit Verben der Bewegung wie ein Fut. gebraucht; es ist noch in 1.606, 23.58 und 12× Od. belegt (LfgrE s.v. κεῖµαι 1363.42ff.; HOLLIFIELD 1981, 173–177). Zur Wortbildung mit dem futur.-desiderativen Suffix *-(h1)si̯ e/o- HOLLIFIELD a.O. 184–188. — εὔαδεν: zur Wurzel *σϝαδ- ‘süß, angenehm sein, gefallen’; äol. Aor. (ϝ als υ geschrieben) < *ἔ-ϝ(ϝ)αδε < *ἔ-σϝαδε, mit ion. ν ἐφελκυστικόν für die vorl. Variante der Formel (s.o. die Iterata), ion. ἅδε in 12.80 (1.24n.; LfgrE s.v. ἁνδάνω 799.15ff.; SCHW. 1.224, 227; HOEKSTRA 1965, 146). Der Aor. ist wie ἔπλετο in 337 auf die Gegenwart bezogen (AH; ähnl. Bsp. bei CHANTR. 2.184). — εὐνή: ‘Beilager’ (207n.); als nomen actionis aufzufassen, das den Inf. εὐνηθῆναι vertritt, ähnl. wie θάνατος in 3.173 den Inf. θανεῖν (LfgrE s.v. ἁνδάνω 800.30ff.). Die Grammatiker Zenodot und Aristophanes von Byzanz (schol. A) lasen ἴοµεν … εὐνήν, ‘laß uns … zu Bett gehen’ (mit parenthetischem ἐπεί νύ τοι εὔαδεν); das wirkt jedoch reichlich gezwungen (JANKO). 341 = 312 (s.d.). — νεφεληγερέτα: 293n. 342–343a 342 ≈ 5.827. — µήτε … τό γε δείδιθι µήτε … | ὄψεσθαι: δείδιθι ist einer der seltenen Imp. Perf.; stativ: ‘hab keine Angst’, wie im ähnl. Vers 5.827 und wie δείδιτε in 20.366 (SCHW. 2.340; ebd. 2.675: ≈ µὴ δείσῃς µήτε – µήτε); davon hängt der AcI µήτε θεὸν … µήτε τιν᾿ ἀνδρῶν | ὄψεσθαι ab, wie in Od. 22.39f. οὔτε θεοὺς δείσαντες, … | οὔτε τιν᾿ ἀνθρώπων νέµεσιν κατόπισθεν ἔσεσθαι (dort AcI in Parallele zu einem Akk. der Person; SCHW. 2.675f.). τό ist dann Objekt zu dem emphatisch am VA stehenden ὄψεσθαι (‘fürchte nicht, daß ein Gott oder einer der Menschen das sieht’; AH; als Möglich337 ῥ(α): = ἄρα (R 24.1). — ἐθέλεις: erg. µιγῆναι. — τοι: = σοι (R 14.1), ebenso im folgenden Vers. 338 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5). 339 ἐπῆρσεν: 167n. 340 ἴοµεν: kurzvokalischer Konjunktiv (R 16.3). 341 = 312 (s.d.). 343 τοι: versichernd, etwa ‘(denk) dir’ (R 24.12). 344 διαδράκοι: 3. Sg. Opt. Aor. zu διαδέρκοµαι ‘durch etw. hindurch erblicken’. — Ἠέλιος: = Ἥλιος. — περ: steigernd (R 24.10).

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keit bei LEAF). Weniger wahrscheinlich ist die kompliziertere Konstruktion, nach der τό Akk. des Inhalts zu δείδιθι wie in 5.827 wäre, zu dem der AcI epexegetisch gestellt würde (‘hab keine Angst davor, nämlich daß ein Gott oder einer der Menschen sieht’; CHANTR. 2.310; noch weitergehend mit θεόν u. τιν(α) als Akk.-Obj. und bloßem ὄψεσθαι epexegetisch zu τό LfgrE s.v. δείδω 230.60f.; JANKO zu 342–345).

343 Wolke: Nebel und Wolken dienen Göttern auf dem Schlachtfeld zum eigenen Schutz oder zur Rettung einzelner Krieger (3.380b–381n., 18.205–206n.) und können auch anderen Gottheiten die Sicht nehmen (sonst vom Olymp hinunter: 13.523f. Ares auf das Schlachtfeld, h.Ap. 98 Eileithyia auf Apollons Geburt auf Delos; JANKO zu 13.521–5). νέφος ἀµφικαλύψω: ≈ am VE 16.350 (s.d.), Od. 4.180, Hes. Op. 555 (jeweils mit νέφος als Subjekt); vgl. Il. 20.417 νεφέλη … ἀµφεκάλυψεν. νέφος ist häufiger als das ebenfalls altererbte, oft gleichbedeutende νεφέλη (350, lat. nebula): KOPP 1939, 284; RISCH 79. Zu ἀµφικαλύψω erg. νῶϊν (AH).

344 aus Gold: wie anderes, was zur göttlichen Sphäre gehört; von Wolken auch 18.205f. (s.d.), 15.523, h.Ap. 98; von versch. Gegenständen der Götter 180, 239 (s.d.); vgl. auch 169n. Das Gold wirkt auch in 13.523 und h.Ap. 98 undurchsichtig für andere Götter; in 17.551 hüllt sich Athene dagegen für ihren Gang aufs Schlachtfeld in eine purpurne, unheimlich wirkende Wolke (LfgrE s.v. χρύσε(ι)ος 1269.8ff.; HANDSCHUR 1970, 143). — Helios: Der Sonnengott (FG 38), der als allsehender Zeuge Bedeutung hat (3.103–104n.) und Ares’ und Aphrodites Liebeslager verriet (Od. 8.271/302, vgl. 333–335n.), kann nur vom mächtigen Wettergott Zeus, der als ‘Wolkensammler’ (293n.) den Himmel verdunkeln kann, an der Sicht gehindert werden (BREMER 1976, 96). οὐδ(ὲ): folgerndes Asyndeton (AH; Bsp. u. Lit. 24.439n.), verdeutlicht τοῖον in 343. — διαδράκοι: δέρκοµαι bed. ‘intensiv blicken’ (vgl. 141n.), hier wie in den meisten Komposita transitiv: ‘spähend hindurchblicken, durchdringend erblicken’, wie auch ὀξύτατον in 345 zeigt, das in 17.675 und 23.477 adverbial zum Verb gestellt wird; Komposita mit δέρκοµαι werden auch in Od. 11.16 und Hes. Th. 760 für Sonnenstrahlen verwendet, die nicht durch Wolken dringen können (vgl. Od. 9.146 von Odysseus und seinen Gefährten im Nebel): LfgrE s.v. δέρκοµαι. 345 οὗ … πέλεται: οὗ ablativ., gen. originis; ‘von dem … ausgeht, ausstrahlt’ (AH). — καί: ‘doch’, vorbereitet von περ in 344, gibt dem Relativsatz eine konzessive Färbung (RUIJGH 320). — ὀξύτατον: ‘scharf’ i.S.v. ‘durchdringend, unangenehm für die Sinne’; ebenso von der Sonne in 17.372 (Hitze im Kampf unter den Strahlen der Sonne), h.Ap. 374 (Sonnenstrahlen bewirken Verwesung): CHADWICK 1996, 212; auch von seelischem und phys. Schmerz: 19.125n. Entsprechend der Bed. von φάος als ‘Sicht, Fähigkeit zu sehen’ (s.u.) schwingt aber (wie im Dt.) auch die Bed. ‘scharf’ i.S.v. ‘sehr genau’ mit, wie in 17.675, 23.477, ähnl. 3.374 u.ö. (BECHERT 1964, 389; BREMER 1976, 39 Anm. 58). — 345 τε: zum ‘epischen τε’ R 24.11. — ὀξύτατον: prädikativ. — πέλεται: ‘pflegt zu sein’. — φάος: = φῶς. — εἰσοράασθαι: zur ep. Zerdehnung R 8.

Kommentar

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φάος: ‘Licht’ und zugleich ‘Sicht, Fähigkeit zu sehen’ entsprechend der antiken Vorstellung vom Sehen (236n.); in Bezug auf die Sonnenstrahlen auch in Od. 11.16 (LEAF; JANKO zu 342–345). — εἰσοράασθαι: finaler Inf.; die mediale Form ὁράοµαι hebt den Bezug des Sehens auf das Subjekt, den Eindruck, den das Gesehene auf das Subjekt macht, hervor (BECHERT 1964, 389; ALLAN 2003, 100. 424. 426).

346 Der Vers bildet mit der 2. VH von 353 einen Rahmen um die Vereinigungsszene (JANKO zu 346–353). — Kronos’ Sohn: 247n., vgl. 194.

ἦ ῥα, καί: formelhafter Rede-AbschlußP mit ausdrücklich wiederholtem Subjekt (24.302n.). — ἀγκὰς ἔµαρπτε: Das auch in 353 vorkommende Adv. ἀγκάς ‘in den Armen, in die Arme’ geht wohl zurück auf elidiertes ἀγκάσ(ι), den schwundstufigen Dat. Pl. von ἀγκών ‘Ellbogen, Arm’ in Verbindungen mit ἑλεῖν wie in 24.227, Od. 7.252 (LfgrE s.v. ἀγκάς; CHANTR. 1.251). µάρπτω bed. ‘packen, ergreifen’; hier ‘umfangen’, mit ἀγκάς ‘umarmen’ (LfgrE s.v. µάρπτω 39.4ff.); vgl. die Verbindungen von ἐν ἀγκοίνῃσι(ν) mit ἰαύεις/ἰαῦσαι/µιγεῖσα/πεσοῦσα (213n.). — πάϊς: zur Orthographie WEST 1998, XXV. — ἣν παράκοιτιν: flektierbare VE-Formel (noch 4.60 [von WEST athetiert], 18.365, ᾧ παρακοίτῃ Hes. Th. 928). παράκοιτις bed. ‘Lagergenossin, Gattin’; zur Wortbildung vgl. 3.138n. (ἄκοιτις).

347–351 Die Beschreibung, wie Zeus und Hera sich unter einer Wolke (350f.) auf einem Blumenbett (347–349) im Tau (351) vereinen, basiert auf Vorstellungen, wie sie in Mythen tradiert wurden: (1) kosmolog.: vom Wettergott Zeus (FG 24; COOK 1925), der in seinem Heiligtum auf dem Ida sitzt (dessen Gipfel wie bei anderen Bergen oft von Wolken umhüllt ist: HERZHOFF 1984, 259) und der Erde Regen und Tau spenden kann (BURKERT [1977] 1985, 108. 126; BOEDEKER 1984, 10–18. 31–79; zu der idg. Vorstellung von der Verbindung des Himmels und der Erde WEST 2007, 181–183). Die Erde bringt als Symbol ihrer Fruchtbarkeit die Blumen hervor, die im Frühling als erste erscheinen (zum Realismus vgl. auch 290n.; zu den einzelnen Blumen 348n.; oriental. Parallelen bei BURKERT [1984] 1992, 94 mit 203 Anm. 20). (2) Da Hera schon in myk. Zeit kultisch mit Zeus verbunden erscheint (GÉRARD-ROUSSEAU 1968, 94f.; zu einer mögl. Beziehung Heras zu der Erd-Göttin O’BRIEN 1993, 139. 183; AVAGIANOU 1991, 66f.), sind Mythen über ihre Vereinigung schon für diese Zeit anzunehmen (DNP s.v. Hieros Gamos); der früheste Beleg für (mutmaßliche) Darstellungen von Hera und Zeus als Hochzeitspaar stammt aus dem 8. Jh. (LIMC s.v. Hera 683ff., Abb. Nr. 197– 210; AVAGIANOU 1991, 19–73; manches ist wohl von der hom. Schilderung beeinflußt: BURKERT [1977] 1985, 132; AVAGIANOU 1991, 56f.; zum orientalischen Einfluß CREMER 1982). Solche Mythen liegen auch einem Ritual zugrunde, das erst seit klassischer Zeit bezeugt ist (u.a. in Athen, Argos, Samos): dem sog. 346 ἦ: 3. Sg. Impf. zu ἠµί ‘sagen’. — ῥα: = ἄρα (R 24.1). — ἥν: = Poss.-Pron. der 3. Pers. (R 14.4). 347 τοῖσι : dat. commodi. — ὑπό: adv., unten, darunter’. — φύεν: zur augmentlosen Form R 16.1; transitiv, duratives Impf.: ‘ließ wachsen’.

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Hierós Gámos, der ‘Heiligen Hochzeit’, in der in einer Zeremonie (z.B. Prozession) an Zeus’ und Heras Hochzeit als Vorbild für die Hochzeit von Menschenpaaren erinnert wurde (AVAGIANOU 1991, 75–112; DNP s.v. Hieros Gamos; BURKERT [1977] 1985, 108). So könnte die Schilderung des Blumenlagers hier mit dem Mythos von Zeus’ und Heras Hochzeit im Göttergarten am Rande des Okeanos verbunden werden (BARRETT 1974, 303–305; RUDHARDT 1971, 88f.); zur hom. Erzählung paßt auch Heras Beziehung zu Blumen, die sicher auch mit ihrer Funktion als Ehegöttin zu tun hat (RICHARDSON zu h.Cer. 6ff.; PÖTSCHER 1987, 139. 141; O’BRIEN a.O.; HÄUSSLER 1995, 81f.). Deutlich steht bei allen Darstellungen die erotische Komponente im Vordergrund (BERMEJO BARRERA 1988, 20f.; LIMC a.O. 683). (3) Diese verbindet Hera mit Aphrodite, deren Band weiter wirkt (214n., 292–353n.; zum Unterschied zwischen Hera und Aphrodite 187– 223n. a.E.): Die goldene Wolke erinnert an Zeus’ Goldregen über Danaë (Pind. Pyth. 12.17; vgl. 319n.) oder seinen Goldnebel über der Nymphe Aigina (Pind. Paean 6.137–140; BOEDEKER 1984, 18f.), während duftende, liebliche Blumen in Liebesszenen wie hier als Brautbett dienen (Hes. Th. 279, Apoll. Rhod. 4.1141ff.), zu verführerisch schönen Kränzen geflochten werden (für Pandora: Hes. Th. 576f., Op. 75, vgl. auch Cypr. fr. 6 West) oder in Verführungsszenen von jungen Mädchen gepflückt werden (h.Cer. 6, 425; MADER 1970, 204 Anm. 4; RICHARDSON a.O. u. zu h.Cer. 6; LfgrE s.v. ἄνθος 875.24ff.; von einer Verführung inmitten von Blumen ist auch in Archil. fr. 196a.42 West die Rede). Die Liebesgöttin läßt in Hes. Th. 194 Blumen unter sich sprießen, ähnlich wie die oriental. Göttin Inanna (WEST 1997, 384). Alle diese mythischen Vorstellungen schaffen einen Hintergrund für einen göttlichen locus amoenus in numinoser Atmosphäre (die Wolke ist golden, 351n.), in der die Natur mit den Göttern ebenso harmoniert wie etwa bei Poseidons Aufbruch aus dem Meer (13.27–29; weitere Stellen 5.777, 19.362f., 21.387f.; BONNAFÉ 1984, 78f.; KELLY 2008, 281 mit Anm. 71). Die Schilderung schafft so einen dezenten Rahmen: Die Wolke verbirgt das weitere Geschehen, und die Herkunft der Tautropfen (aus der Wolke) wird offen gelassen (schol. bT zu 347–351; JANKO 346–353; allg. zur Zurückhaltung des Iliasdichters bei der Darstellung von Sexualität 24.130–131a n.). Der idyllische Rahmen wirkt gleichzeitig als Hintergrund zum Agieren der anthropomorphen, individualisierten Götter etwas komisch: die Natur unterstützt Heras Täuschung (BOEDEKER 1984, 18. 55). 347 χθὼν δῖα: δῖα ist hier wohl prägnant i.S.v. ‘fruchtbar’ zu verstehen (ebenso z.B. 24.532 [s.d.], Hes. Op. 479, ‘Hes.’ Sc. 287, hom.h. 30.3; vgl. andere Epitheta der Erde mit der Bed. ‘fruchtbar’: πουλυβότειρα 3.89 [s.d.], βωτιάνειρα h.Ap. 363 [s. 1.155n.], ζείδωρος 2.548 [s.d.], vgl. φυσίζοος 3.243 [s.d.]; LfgrE s.v. χθών 1209.5ff.). Möglicherweise bezeichnete es urspr. die Erdgöttin als Gemahlin des Zeus (WEST 2007, 193; vgl. zur myk. Bed. ‘zu Zeus gehörig’ 1.7n. u. oben 317n.). — νεοθηλέα ποίην: ähnl. h.Merc. 27, Hes. Th. 576. ποίη (zu ποιµήν), ‘Wiesenbewuchs’, d.h. ‘Gras und Blumen’, bildet hier den

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Oberbegriff zu den in 348 folgenden Pflanzen: ‘Blumen’, wahrscheinlich solche mit ähnlicher Erscheinungsform und Blütezeit (LfgrE s.v.; schol. D; HERZHOFF 1984, 262f., mit Hinweis auf vergleichbare Aufzählungen nach einem Oberbegriff in 16.766f., Od. 5.63f. [auf ὕλη folgen jew. versch. Baumnamen]). ποίη ist wie νεοθηλής ‘neu gesprossen, frisch sprießend’ (zu θάλλος) nur hier in der Ilias belegt; es steht ebenfalls in numinosem Zusammenhang in Hes. Th. 194 (Aphrodite), 576 (Pandora), hom.h. 19.26 (Pan) (LfgrE s.vv.); vielleicht deuten die Belege zusammen mit denjenigen von χθὼν δῖα auf eine Verwendung traditioneller Elemente in Hymnen auf die Erde (JANKO zu 347–8; vgl. 347–351n. zur Vorstellung von der befruchteten Erde).

348 2. VH ≈ h.Cer. 426, Cypr. fr. 5.3 West, wo der Krokus und die Hyazinthe, stark duftende Frühlingsblumen, ebenfalls in numinos-erotischem Zusammenhang miteinander verbunden sind (MURR [1890] 1969, 253–257; LfgrE s.vv. κρόκος, ὑάκινθος; RICHARDSON zu h.Cer. 6; außerdem hom.h. 19.25f.). — Lotos: Damit ist vermutlich das gleichzeitig mit dem Krokus und der Hyazinthe (s.u.) auf dem Ida gelb-blühende Scharbockskraut gemeint (ranunculus ficaria), das auch in feuchten Ebenen wächst und als Pferdefutter verwendet wird, eher als der schon in der Antike genannte Klee, der später im Jahr erscheint und dem Krokus und der Hyazinthe weniger gleicht (HERZHOFF 1984, 263ff.; vgl. 347n.; 2.776n.; zum lōtós der Lotophagen HERZHOFF a.O. 268–271; 2.776n.). — tauigen: Vielleicht ist an die fettglänzend-grünen Blätter des Scharbockskrautes zu denken (HERZHOFF 1984, 264); Tau deutet aber im Zusammenhang mit Pflanzen vor allem auf Fruchtbarkeit, hier diejenige, durch welche die vom Himmel genährte Erde Blumen für das Liebeslager hervorbringt (347–353n.). Eine erotische Konnotation hat die Verbindung von Tau und Blumen wohl auch in ‘Hes.’ fr. 26.18–21 M.-W. (allerdings ergänzt) und Sappho fr. 96.7–14 Voigt, während in Il. 23.588, Od. 13.245, h.Merc. 107 und in späterer Literatur die Bedeutung des Taus für die Landwirtschaft (Getreide und Futterpflanzen) im Vordergrund steht (24.419n.; BOEDEKER 1984, 31f. 38–41. 57. 60). — Krokos: Der Krokus, auch Safran genannt, ist in Griechenland (wo er auf minoischen Fresken zu sehen ist: BAUMANN [1982] 2007, 122 Abb. 224) und vor allem in den Gebirgen Anatoliens verbreitet (DNP s.v. Krokus). Auf dem Ida bildet der gelbe crocus gargaricus und der weiß- und blaublühende crocus biflorus im Mai nach dem Schmelzwasser “ganze Teppiche” (HERZHOFF 1984, 261; LEAF 1912, 11 mit Anm. 1). Die Pflanze wurde im Orient angebaut und von den Phöniziern zum Färben von Textilien verwendet (19.1n.; von ihnen stammt viell. das Lehnwort krókos: LfgrE s.v. κρόκος). — Hyakinthos: meist als Sternhyazinthe, scilla bifolia, identifiziert (LEAF; HERZHOFF 1984, 262; AMIGUES 1992, 27: hyacinthus orientalis nicht auszuschließen), eine Pflanze mit blauen Blüten, die auf dem Ida wie auf anderen Gebirgen Südeuropas und Kleinasiens im

348 ἑρσήεντα ἰδέ: zum Hiat R 5.6. — ἰδέ … ἠδ(έ): ‘und … und’ (↑ bzw. R 24.4).

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Frühling gleichzeitig mit dem Krokus blüht (LEAF a.O.; HERZHOFF a.O.; DNP s.v. Hyakinthos [2]). Eine vergleichbare Aufzählung von Pflanzen: 21.350f. (RUIJGH 1957, 55). — ἰδέ: 164b– 165n. — ἑρσήεντα: zu ἐέρση ‘Tau’ (351 im Pl. ‘Tautropfen’), ‘tauig, frisch’, sonst nur noch 24.419 (s.d.), 24.757 von Hektors (nicht verwesendem) Leichnam, h.Merc. 107 wie hier von Pflanzen (LfgrE s.v. ἐερσήεις, ἑρσήεις). 349 2. VH ≈ 20.325. — µαλακόν: wie hier öfter zusammen mit anderen Adj. (24.796), im Enjambement auch in Od. 9.133; von einem Pflanzenteppich als Untergrund für das Beilager ebenfalls in Hes. Th. 279, als Epitheton von λειµών in numinosem Zusammenhang h.Cer. 7, h.Ap. 118, hom.h. 19.25 (LfgrE). — ἔεργεν: nur auf ὑάκινθον bezogen, weil dessen Weichheit und Dichte besonders hervorgehoben ist (AH). Die Bed. von ἐέργω ‘zusammenhalten, fernhalten’ scheint hier mit derjenigen von ἀείρω ‘heben’ vermischt, und man hat sich die Blumen wohl wie ein dickes Polster vorzustellen: ‘hielt (sc. sie, Zeus und Hera) von der Erde fern und nach oben’ (LfgrE s.v. ἀπό 1054.13ff.; AH). Antike Lesarten wie ἄειρε oder Zenodots ἵν᾿ ἀπὸ χθονὸς ἀγκαζέσθην zeigen, daß der Text schon früh nicht mehr verständlich war (WEST, app. crit.; JANKO zu 349–53).

350 2. VH ≈ 20.150; vgl. die 1. VH v. 15.308 (εἱµένος … νεφέλην). — legten … sich: Zeus’ Liegen signalisiert seine Passivität hinsichtlich des Kampfgeschehens (vgl. seine Bewegung in 297 [s.d.]), die Poseidon ausnützen kann, bis sein Bruder Zeus aufsteht und damit wieder aktiv das Geschehen leitet (15.6; KURZ 1966, 51). ἐπὶ … ἕσσαντο: ‘zogen sie über sich’, wobei die Wolke wie die Obergewänder in Od. 20.143 als (hier vor Blicken schützende) Decke dient (282n.; AH).

351 goldnen: 344n. καλὴν χρυσείην: flektierbare VA-Formel (2× Il., 9× Od., 1× ‘Hes.’, 2× hom.h.). — στιλπναί: hom. hapaxP, zu στίλβω ‘glänzend’, viell. nicht nur rein ästhetisch, sondern auch mit der Konnotation der Fruchtbarkeit (vgl. 348n.), wie στίλβω in Od. 6.237 und Il. 3.392 (s.d.). — Der nur in schol. T zu 352 überlieferte Zusatzvers δή ῥα τότ᾿ ὀφθαλµοῖσι Δ∆ιὸς χύτο νήδυµος ὕπνος verdeutlicht unnötig Hypnos’ Mitwirkung, die in 352f. vorausgesetzt ist (vgl. 231, 241, 278, s.dd.; LEAF; JANKO zu 349–53). ἐέρσαι: ‘Tautropfen’ (348n.). Die Herkunft des prothetischen Vokals ε in ἐέρση und in der Variante ἐερσήεις in 24.419 neben ἑρσήεις (348) ist umstritten (BEEKES 1969, 66. 76ff. 93: kein Laryngal, wohl Analogie zu Dubletten wie ἐέλδοµαι/ἔλποµαι; WYATT 1972, 103: kein Laryngal, Einfluß des /r/ am Schluß der Silbe; PETERS 1980, 316f.: urspr. ein Laryngal, nicht immer dann Kontraktion; heute herrscht der laryngalistische Ansatz vor, vgl. EWA s.v. varṣ [II.522f.], LIV s.v. *h2u̯ ers- [S. 291f.], NIL 356f.; zu den Schwierigkeiten bei prothetischen Vokalen allg. G 25).

352–15.4 Das Motiv ‘jd. schläft ein, so daß er etwas nicht bemerkt’ (24.445–446n.), hier nach der eingehenden Schilderung von Heras Intrige, ermöglicht eine besonders spannende Retardation der Vordergrundhandlung, des von Zeus geplanten 349 µαλακόν, ὅς: zur Prosodie M 8. 350 τῷ ἔνι: zum Hiat R 5.7; = ἐν τούτῳ (R 20.2, R 17). — λεξάσθην: 3. Pers. Dual Aor. Med. v. λέχοµαι ‘sich (hin)legen’. — ἐπὶ … ἕσσαντο: ἐφέσσαντο (R 20.2), zu ἐφέννυµι. — δὲ (ν)νεφέλην: zur Prosodie M 4.6.

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Einfalls der Troer ins Schiffslager (52–63n.): Jeden Moment kann der Göttervater wieder aufwachen (358f.) und die von seinen Gegenspielern Hera und Poseidon unterstützte Zurückdrängung der Troer rückgängig machen (was dann 15.4ff. auch geschieht): HELLWIG 1964, 67. 352 1. VH ≈ Od. 13.92; 2. VH ≈ Il. 14.292 (s.d.), 15.152. — schlief: Schlaf nach dem Verkehr auch in 3.448, Od. 8.295, h.Ven. 170 (153–353n.). ἀτρέµας: Adv. zu ἀτρεµέω ‘sich nicht bewegen’ (zur unklaren Herkunft des Suffixes -α [vor Vokal -ας] SCHW. 1.516, 620, 622; RISCH 363f.): ‘unbeweglich, ruhig’, in Bezug auf das von außen gesehene Verhalten einer Person (LfgrE). Hier zeigt es wohl an, daß Hypnos (354) Zeus beobachtet (Sekundäre FokalisationP), bevor er sich zu Poseidon aufmacht, und sieht, daß der Göttervater tief schläft und das Geschehen um ihn nicht wahrnimmt, ähnlich wie Odysseus vor der Landung auf Ithaka in Od. 13.92 (s.o.: Iteratvers). — πατήρ: zu dieser Periphrastischen BenennungP von Zeus 3.276n.; hier mit Sekundärer Fokalisation, aus der Sicht des Hypnos. — ἀνὰ Γαργάρῳ: ἀνά mit Dat. (Lok.) bez. die Ruhelage: ‘oben auf, an’ (SCHW. 2.441).

353 überwältigt: Schlaf und Liebe sind nicht personifiziert, sondern in der vorl. Verbindung wie abstrakte Mächte zu denken, derart, wie sie in Od. 6.2 auf Odysseus wirken (‘von Schlaf und Erschöpfung überwältigt’) und im magischen Band enthalten sind (216–217n.): schol. T; AH; WEST 2011, 295 (z.St.). Die Verantwortlichen für Zeus’ Zustand, Hera, die (freilich ahnungslose) Liebesgöttin Aphrodite und der Schlafgott Hypnos, werden zwar nicht explizit genannt; ihr Wirken ist aber im vorl. Kontext vorausgesetzt (zu Hypnos WEST a.O.; Hypnos weist auch auf seine Hilfe in 359 hin). Die Vorbereitungen der Verführung und die Dialoge zwischen Hera und ihren Helfern stehen im Vordergrund der Erzählung; Zeus’ heftiges Verlangen und die Müdigkeit nach dem Beischlaf folgen daraus ganz natürlich. Die Beschreibung des Göttervaters, der von seiner Gegenspielerin, der perfekt ‘gerüsteten’ Gemahlin (170–186n.), getäuscht daliegt, soll möglicherweise einen komischen Kontrast zur Schilderung der Niederlage und des Todes eines Kämpfers erzielen (das Verb dámnēmi ‘bezwingen’ wird oft in diesem Kontext gebraucht, vgl. LfgrE s.v. δάµνηµι 214.72ff.; zur Verbindung des Schlafs mit dem Tod 231n. und 14.482n.): TAPLIN 1992, 170f. — hielt: 213n. ὕπνῳ καὶ φιλότητι δαµείς: zu ὕπνῳ und φιλότητι als logischem Subjekt von δαµείς 259n. — ἀγκάς: 346n.

354–522 Poseidon erfährt, daß Zeus schläft, und hilft den Achaiern nun vermehrt und (im Gegensatz zu V. 136) offen. Er ordnet einen Waffentausch zwischen schwächeren und besseren Kämpfern an und führt das so verstärkte achaiische Heer in die Schlacht. Die beiden Heere stoßen aufeinander. Hektor wird von Aias schwer ver352 ὥς: = οὕτως. — ηὗδε: = ἐκάθευδε. 353 δαµείς: Ptz. Aor. Pass. zu δάµνηµι.

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wundet und muß vom Schlachtfeld gebracht werden. Im Massennahkampf setzen sich allmählich die Achaier durch, und die Troer flüchten in Panik unter großen Verlusten. Das letzte Drittel des 14. Gesanges stellt die Konsequenzen dar, die sich aus der Diós apátē (153–353n.) ergeben: den Höhepunkt von Poseidons Unterstützung, nachdem er den Widerstand der Achaier wiederhergestellt hatte (13.10ff.), und damit verbunden die Erfolge der Achaier: Der beste Troer wird kampfunfähig gemacht (und auf narrativer Ebene seine Flucht für den 22. Gesang reserviert; 402–439n.; WINTER 1956, 124), und viele Troer fallen (exemplifiziert in fünf Einzeltötungen: 440–505n.) und flüchten (506–15.4n.). Kurz darauf erwacht Zeus, zwingt Poseidon zum Rückzug und läßt die Troer wieder bis ins Schiffslager vorrücken (15.4ff.; zur ganzen Poseidon-Handlung MICHEL 1971, 61). 354–401 Poseidons Unterstützung; Zusammenstoß der Heere Nach der durch den Szenenwechsel (Diós apátē, 153–353n.) bedingten Unterbrechung knüpft die Erzählung an die anfangs des 13. Gesanges begonnene Schilderung an, wie Poseidon die Achaier unterstützt (135–152n.). Dabei bereitet die überleitende Benachrichtigung des Meeresgottes durch Hypnos, Zeus schlafe tief (354–361), auf eine straffe, steigernde Darstellung von Poseidons Reaktion und ihrer Wirkung vor (363–401), die Spannung weckt und zum Höhepunkt – zur Palíōxis, der Zurückdrängung der Troer (402–522), insbesondere ihres besten Kämpfers Hektor – führt (402–439). Diese Steigerung wird erreicht, indem Motive aus 13.1–14.152 wiederaufgenommen und verändert werden (135–153n.): Der Gott wird durch Hypnos’ Nachricht zu verstärkter Hilfe angespornt (354–362n.); er richtet seine Paränese nicht mehr nur an einzelne achaiische Gruppen (wie in 13.47–58, 13.95–124, 13.219f., 13.232–238) oder an Agamemnon (139–146), sondern an das ganze Heer (363–377); er übernimmt explizit die Führung (384; angekündigt 374) und erteilt einen taktischen Rat, den Waffentausch (370–377n.), der sofort umgesetzt wird (378–383). Während er in früheren Reden in erster Linie darauf abzielte, den Abwehrwillen der Achaier trotz Achills Kampfenthaltung wiederherzustellen (13.47–58, 13.95–124, 13.219f., 13.232–238, 14.139–146), geht es ihm jetzt darum, ihr Vertrauen in ihre Fähigkeit zu stärken, die Troer auch ohne Achill erfolgreich zurückzudrängen (368f.), und ihre Kampfkraft so zu erhöhen, daß sie sich auf Hektors Abwehr konzentrieren können (364f.; 385–387n.); die Achaier sollen also von der Defensive zur Offensive übergehen. Die Wirkung ist im Vergleich zu früheren Paränesen entsprechend größer und unmittelbarer: Der Waffentausch wird im ganzen Heer durchgesetzt (381f.), und zwar durch die verwundeten Anführer, die sich nach einer Beratung in verzweifelter Lage entschlossen hatten, das Heer wenigstens anzufeuern (128–134). Nun in ihrem Vorhaben von Poseidon gestärkt (Doppelte MotivationP), finden sie auch noch die Kraft dazu, die Masse zu ordnen

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(379; dazu gehören wohl auch die von ihnen schon geplanten Paränesen; die Parallele zur Szene nach Diomedes’ Rede in 110–132 wird auch noch sprachlich unterstrichen: 384n.). Der Gott führt die Achaier danach – nun völlig offen – gleich zum Ansturm (384–401), dessen ungeheure Wucht durch die Reaktion des Meeres (392n.) und ein durch Gleichnisse hervorgehobenes Kampfgeschrei verdeutlicht wird (394–401n.). Zur ganzen Szene MICHEL 1971, 42f. 61. 134; NICOLAI 1973, 103; FRAZER 1985, 8f.; JANKO zu 354–401 u. 383–387. Die dem Aufbau des Erzählten zugrundeliegende Chronologie wird von WHITMAN/ SCODEL 1981, 5. 7. 9, bestritten (gefolgt von JANKO zu 354–401): Nach 353 würden nur die in 13.774ff. geschilderten Herausforderungen einzelner Kämpfer (Paris, Hektor, Aias) rekapituliert, bevor das Kampfgeschrei in 393–401 die Rückkehr zu dem nach 13.837 verlassenen Handlungsfaden markiere. Die explizite Steigerung von Poseidons Hilfe nach seiner Benachrichtigung durch Hypnos (354–362n.) sowie die Paränese an das ganze Heer und der Waffentausch als Rüstung der Masse vor ihrer Aristie (370–377n.) bereiten aber auf einen Neueinsatz der Schlacht vor (SCHADEWALDT [1938] 1966, 115 Anm. 1; MICHEL a.O. 43. 61. 80; RENGAKOS 1995, 27; DANEK 1999, 86 Anm. 34); zur Funktion des Kampfgeschreis s.o. u. 147– 152n.; zur These von WHITMAN/SCODEL s. auch 1–152n.; 402–439n. u. vgl. auch 440–505n. zum Massenkampf. 354–362 Ohne explizit beauftragt zu sein (was ganz außergewöhnlich ist), aber im Wissen um Heras Einverständnis (241n., 264–266n.; AH zu 15.41), benachrichtigt Hypnos den Meeresgott von Heras geglückter List; denn dieser hat wegen der Wolke über dem Paar (343–345) nicht sehen können, daß Zeus eingeschlafen ist. Poseidon kann jetzt offen (in 13.357 noch heimlich; in 136 verkleidet) und energischer die Achaier unterstützen (357 nȳn ‘jetzt’, 362 mállon ‘mehr’), allerdings nur kurz (358); der Hinweis darauf hebt die Spannung (in 15.4 erwacht Zeus): JANKO. 354–356 Die Rückverwandlung von Hypnos’ vogelähnlicher Gestalt in sein wahres Aussehen muß ebensowenig geschildert werden (290n.) wie seine Entfernung vom hohen Baum (BANNERT 1978, 38; LeerstelleP). Der Gang des Schlafgottes zu Poseidon verbindet das Geschehen auf dem Ida mit demjenigen auf dem Schlachtfeld (KURZ 1966, 116; Standardform von Szenenwechseln: BASSETT [1938] 2003, 48f.; RICHARDSON 1990, 110f.) und wird in der verkürzten Form der Typischen SzeneP ‘Botengang’ dargestellt (1.320–348a n.): 2 ‘Aufbruch’ (354), 5 ‘Herantreten’ (356), 6 Redeeinleitung (typ. Formel: 2.172n.) und Rede (356–360); Element 1 ‘Auftragserteilung’ fehlt, ähnlich wie in Il. 3.121 (s.d.), 23.198f., Od. 4.24, 4.528, 4.679, 8.270f., 12.374 sowie 10.244 (dort meldet der Bote ebenso zusätzlich, was er beobachtet hat, vgl. Il. 14.286 mit Od. 10.232: beide Boten warten; FÜHRER 1967, 148f.; DE JONG [1987] 2004, 181).

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354 1. VH = Od. 14.501; ≈ Il. 11.805; VA = 2.183, 11.617, 12.352, 17.119, 17.698, Od. 22.99; VE = 242 (s.d.). — βῆ δὲ θέειν: Zur Verb-Doppelung 2.8n. — ἐπὶ νῆας Ἀχαιῶν: nach der Zäsur A 4 ebenfalls 1.371, 15.305, 24.203 (s.d.), 24.519; häufiger am VE (24.118n.). — νήδυµος Ὕπνος: = 242 (s.d.). 355 1. VH ≈ Od. 10.245, 15.41, 16.329, 16.334, 16.467; 2. VH = Il. 9.183, ‘Hes.’ fr. 253.2 M.-W.; ≈ Il. 13.43, 13.59, 13.677, 15.222, Od. 11.241 (Nom.), ‘Hes.’ fr. 17(a).13 M.-W. (Gen.), Il. 23.584, Hes. Th. 15 (Akk.). Vier-Wort-Vers mit epexegetischer Funktion: Dadurch wird der Empfänger von Hypnos’ Botschaft, Poseidon, hervorgehoben (1.75n., 16.125–126n.; vgl. 7.404). — γαιηόχῳ: Epitheton Poseidons unklarer Etymologie und Bedeutung: -οχος wird wegen lakon. γαιάϝοχος zu ὀχεῖσθαι gestellt; das Epitheton würde dann also ‘der unter der Erde fährt’ bedeuten (nämlich als unterirdischer Fluß: als Hypothese bei FG 23; LfgrE; FRISK u. DELG s.v. γαιάοχος; vgl. auch αἰγίοχος 160n.) bzw. wahrscheinlicher ‘der die Erde bewegt, erschüttert’ (MEILLET 1924, 252; s.v. vexo; TRÜMPY 1986, 72–74; als Hypothesen bei DELG; BEEKES). Letztere Bedeutung würde auch gut zu Poseidons Epitheta ἐννοσίγαιος (hier folgend) und ἐνοσίχθων passen (TRÜMPY 1986, 74; 135n.). — Ἐννοσιγαίῳ: 135n. 356 = 4.203, 13.462, 16.537, Od. 4.25, 17.552, 22.100; ≈ Od. 10.377, 17.349, h.Cer. 112; 1. VH (z.T. mit Ptz. im Fem.) außerdem 14× Il., 1× Od., 1× h.Cer., stets mit einem Verb des Sagens in der 2. VH (2.172n.). — ἔπεα πτερόεντα προσηύδα: 2n. 357 πρόφρων: prädikativ, ‘offen, rückhaltlos, offensiv’ (1.77n.; LfgrE s.v. 1581.14f.). — Ποσείδαον: Diese Lesart mit der kurzen Endsilbe des Vokativs im longum hat Parallelen, z.B. Θέτι in 24.88 (s.d.). — ἐπάµυνε: Die Lesart mit dem durativen Präsens (AH: ‘wehre weiter ab’) entspricht der Aufforderung zu verstärkter Hilfe besser als die v.l. mit dem Aor. ἐπάµυνον (s. app.crit.). 358 κῦδος ὄπαζε: κῦδος bildet in der Verbindung mit ὀπάζειν eine flektierbare VEFormel (7× Il., 2× Od., 1× Hes., 1× h.Merc.); es bed. ‘Hochgefühl des Übergewichts, der Überlegenheit’ (3.373n.), das Poseidon den Achaiern dadurch verleiht, daß er nach einer einpeitschenden, siegesgewissen Kampfparänese (364–377) und einem einleuchtenden taktischen Befehl (Waffentausch: 376f.) die Führung übernimmt (angekündigt 374) und an der Spitze des Heeres vorangeht (384). Auf der narrativen Ebene ist nun der Punkt erreicht, an dem die Diós apátē ihre volle Wirkung entfaltet: Der Zeus-Plan (1.509 mit 1.524; 8.473– 477) wird retardiert. Zu den Wendungen für ‘κῦδος verleihen bzw, verwehren’ s. LfgrE s.v. κῦδος 1576.4f.; 49f. – ὀπάζω bed. hier als Kausativum zu ἕποµαι (19.238–240n.) ‘folgen machen, zuteil werden lassen, verleihen, gewähren’; da es mit Αbstrakta wie κῦδος als 354 βῆ: zur augmentlosen Form R 16.1. — θέειν: finaler Inf.; zur unkontrahierten Form R 6. — νῆας: zur Flexion R 12.1. 355 ἀγγελίην: zum -η- nach -ι- R 2. — ἐρέων: Ptz. Fut., ‘um zu sagen’ (att. ἐρῶν; zur unkontrahierten Form R 6). — γαιηόχῳ Ἐννοσιγαίῳ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 356 ἱστάµενος (ϝ)έπεα: zur Prosodie R 4.5. — ἔπεα: zur unkontrahierten Form R 6. 357 Δ∆αναοῖσι: zur Flexion R 11.2. 358 σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1). — µίνυνθα: ‘kurz, nur für kurze Zeit’ (Adv.). — περ: konzessiv (R 24.10). — ὄφρ(α): ‘während, solange’ (R 22.2).

Kommentar

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Objekt fast immer von göttlichem Subjekt ausgeht, ist es viell. ein Archaismus des Gebetsstils (LfgrE s.v. 725.55f.). — ἔτι εὕδει: Der Hiat, der sich nach ἔτι auch 7.217, 17.354 und Od. 24.351 findet (JANKO zu 354–62), dürfte sich aus rhythmischen Gründen erklären (daktylischer Wortschluß, vgl. 285, s.d.). 359 2. VH ≈ Od. 18.201, Hes. Th. 798. — Ζεύς: in emphat. Enjambement, von αὐτῷ ‘ihm in Person’ und ἐγώ (AH: “mit Selbstgefühl”) noch hervorgehoben. — περὶ κῶµα κάλυψα: κῶµα, das nur in der hier vorl. VE-Formel vorkommt (s. Iterathalbverse), bed. eine – hier und in Od. 18.201 durch (gottgesandten) Schlaf herbeigeführte – ‘Benommenheit, Betäubung’ (hier eine leichte: µαλακόν ‘sanft’, übertragen: 24.677–678n.); sie schaltet das Bewußtsein des “liebes- und schlaftrunkenen” Göttervaters für die Geschehnisse auf dem Schlachtfeld aus (WIESMANN 1972, 6f. [das Zitat S. 6]; KEIL 1998, 146–149). Hier ist das Wort als Objekt von (περι-)καλύπτω verwendet, das in metaphor. Verwendung nicht nur mit ἔρος (294n.), sondern vor allem häufig mit solchen Lexemen als Subjekt verbunden ist, die eine überaus starke Einwirkung auf das Bewußtsein ausdrücken: Ohnmacht und Tod (14.438–439n., 16.349–350n.). Es soll so vielleicht das Bedrohliche, Gewaltsame, Machtvolle des stolzen Sprechers Hypnos hervorheben (HEIKKILÄ 1992, 52; KEIL a.O.; vgl. 153– 353n. zu den Anspielungen auf eine Theomachie). 360 ≈ 331 (s.d.). — παρήπαφεν: Kompositum von ἀπαφίσκω (160n.) mit derselben Bed. ‘täuschen und verführen’, wobei das Präverb παρά die Vorstellung des Überredens und Täuschens verstärkt (ähnl. z.B. Od. 14.488, bei παραπείθειν in Od. 22.213 u. παρειπεῖν Il. 1.555): LfgrE s.v. ἀπαφίσκω 1006.50ff.; CHANTR. 2.120.

361 2. VH ≈ h.Ap. 355, 537, vgl. Od. 10.526, ‘Hes.’ fr. 43(a).6, 240.4 M.-W., h.Ap. 273, h.Merc. 578, h.Ven. 3; von der Zäsur C 2 an = 3× Od., 7× Hes., 4× hom.h.; vgl. Il. 15.54. — ging: Der Aufbruch des Schlafgottes, der den Menschen überall Schlaf bringen geht (Hes. Th. 762f.; JANKO zu 231), signalisiert das Ende der Szene (zu solchen Abgängen KURZ 1966, 105). ὣς εἰπών: VA-Formel (74× Il., 42× Od., 3× Hes., 11× hom.h.); mit ὃ µέν ähnl. wie die modifizierte Formel ὣς ὃ µὲν εἰπών (2.70b, s.d.). — κλυτά: generisches EpithetonP, ‘wovon zu hören ist, berühmt’ (2.742n.). — φῦλ(α): φῦλον bed. ‘Geschlecht, Stamm, Gattung’; die VE-Formel φῦλ᾿ ἀνθρώπων ist oft eine Periphrase für ‘alle’ (LfgrE s.v. 1059.11 u. 1060.6ff.); hier wird damit der menschliche Bereich im Gegensatz zum göttlichen bezeichnet (LfgrE s.v. ἄνθρωπος 886.38ff.). Die metr. Variante θνητοὺς ἀνθρώπους

359 περὶ … κάλυψα: sog. Tmesis (R 20.2); zur augmentlosen Form R 16.1. 360 Ἥρη: zum -η nach -ρ- R 2. — παρήπαφεν: sc. αὐτόν (Zeus). — εὐνηθῆναι: Pass. mit medialer Bed., ‘sich schlafen legen, schlafen’. 361 ὥς: = οὕτως. — ὅ … τόν (362): zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. 362 ἀµυνέµεναι: zur Flexion R 16.4. 363 προθορών: Ptz. Aor. zu προθρῴσκω ‘nach vorne springen, einen Satz vorwärts machen’. 364 δὴ ͜αὖτε: ‘schon wieder’; zur Synizese R 7. 365 Πριαµίδῃ, ἵνα: zum Hiat R 5.6. — Πριαµίδῃ: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).

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findet sich nur im Polaren AusdruckP als Gegenbegriff zu ἀθανάτους (199n.; JANKO zu 354–362).

362 stärker: Zur anspornenden Wirkung von Hypnos’ Rede 354–401n., 354–362n. Daß eine Figur, oft eine Gottheit, eine andere ermahnt, ernstlich oder noch intensiver etwas zu betreiben, was die andere schon wollte, kommt öfters vor, so 13.74 (Aias über Poseidon), 4.73, 19.349, 22.186 (Zeus treibt Athene an), 15.380, 15.604 (Zeus die Troer), 16.211 (Achilleus die Myrmidonen); ähnlich werden die Achaier durch Hektors Rückzug angefeuert (14.441): FRAZER 1985, 9. µάλλον: zum Akzent WEST 1998, ΧΧ. — ἀνῆκεν: ‘hatte angetrieben’ (AH), oft von einer Gottheit, z.B. auch 5.882, 20.118 (LfgrE s.v. ἵηµι 1152.13ff.), und häufig i.S. einer Ermutigung zu aggressiven, kühnen Handlungen (wie hier, 5.422, 5.882, Od. 17.425; THORNTON 1984, 39f.).

363–377 Es gibt hier und im folgenden nirgends einen Hinweis, wie man sich Poseidons Auftritt vorzustellen hat. Er hatte in 136 (s.d.) als alter Mann Agamemnon angesprochen und dann in übermenschlicher Weise das Heer mit einem Kampfschrei ermutigt (147–152n.). Die Art, wie er sich nun an die Front stellt (363), um gut sicht- und vernehmbar wie ein Heerführer zu reden, und die Tatsache, daß er damit auf keine erstaunte Reaktion der Menschen zu trifft, spricht dafür, ihn als Menschen zu denken (zumal er sich 364, 369, 374 in die Masse der Kämpfenden einbezieht und in 374 die Führung übernimmt), während er in 384– 387 übermenschlich scheint (s.d.). Der Erzähler räumt wohl absichtlich der Phantasie des Hörers Spielraum ein, um seine Konzentration auf den Antrieb der Achaier zu einer Überwindung der Troer noch zu steigern (KULLMANN 1956, 123; ULF 1990, 143 Anm. 133; JANKO zu 363–377; PADUANO/MIRTO; vgl. die fehlenden Hinweise auf Poseidons Gestalt in 147–152, s.d.; allg. zu göttlichen Epiphanien BIERL 2004, 43–46). – Die Paränese des Gottes enthält Themen früherer Reden (139–146, 13.47–58, 13.95–124, 13.232–238; JANKO): Sie appelliert an das Ehrgefühl der Achaier und beginnt mit dem Vorwurf, sie seien zu schlapp (364, ebenso 13.95–98, 13.114–122, 13.234, ähnl. auch Reden anderer in 4.242–246, 4.340, 5.787, 8.229; JANKO; MICHEL 1971, 42; STOEVESANDT 2004, 299f.), um dann auf die Gefahr – Hektors prahlerische Drohung, das Schiffslager einzunehmen – hinzuweisen (364–366, wie in 13.52–54, 13.122–124; ebenfalls mit dem Gedanken, daß der Gegner Ruhm erwirbt, 8.234–241, 17.417–419; dazu JANKO; VAN WEES 1996, 23; HELLMANN 2000, 86); die Erinnerung an Hektor wird in 374f. nochmals aufgenommen, diesmal aber verbunden mit der zuversichtlichen Hoffnung auf einen Sieg. Hektors Selbstbewußtsein wird mit Achills Abwesenheit vom Kampf begründet (366f., 5.788–791, vgl. 7.112–114, 13.107–110), dessen Unentbehrlichkeit aber verneint (368, wie in 139ff.; zu den Hinweisen auf Achill 1–152n., 42–51n.). Entscheidend ist gemäß dem Redner, daß sich die Kämpfer auf die Solidarität und ihre Verantwortung füreinander besinnen (368f., vgl. 2.363, 5.529–532, 13.56, 13.151, 13.235–238, 13.481, 15.561–564, 17.357–359,

Kommentar

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17.721f.; WINTER 1956, 120; VAN WEES a.O. 17, HELLMANN a.O. 87; STOEVESANDT a.O. 295). Der Sprecher selbst, als Verkörperung der achaierfreundlichen Götter (143), bereitet mit einer Ankündigung (374) seine Führung vor (378–391). So tritt er an Agamemnons Stelle, der in seiner Rede an Nestor ebenfalls von Hektor und Achill gesprochen hatte, aber in defätistischer Art (42–51n.), statt die Achaier aufzumuntern (FRAZER 1985, 7). Der Gott macht außerdem weitergehende Vorschläge als Diomedes (128–132), indem er einen Waffentausch anregt (370–377n.), der in 378–382 ausgeführt wird. 363 ersten: die prómachoi, die Kämpfer in der ersten Reihe der Phalangenformation (3.16n.). ἐν πρώτοισι: ‘unter die ersten’; zu ἐν + Dat. bei Richtungsangaben SCHW. 2.455f.; vgl. 131n. — µέγα: entweder zu ἐκέλευσεν, ‘laut’ (AH; LfgrE s.v. µέγας 76.25ff.) oder zu προθορών, ‘nachdem er einen großen Satz gemacht hatte’ (LEAF; WILLCOCK; KRAPP 1964, 223 Anm. 3; LfgrE s.v. θρῴσκω 1068.68ff.): Nach schol. T ist beides möglich; wegen der Wortstellung und weil µέγα sonst nie mit κελεύω und auch sonst nicht mit Verben verbunden wird, die keine Lautäußerung angeben, ist der Bezug zu προθορών allerdings näherliegend (Hinw. VAN DER MIJE). 364 καὶ δὴ͜ αὖτε: ‘gerade jetzt/denn schon wieder’ (DENNISTON 250); eine vorwurfsvolle, ungeduldige Frage (impliziert die ewige Wiederholung), ähnl. Od. 12.116 καὶ δὴ αὖ (ungeduldiger Vorwurf der Kirke an Odysseus); δὴ αὖτε auch in 2.225 (ebenfalls eine Frage, s.d.) und 19.134 (LfgrE s.v. αὖτε 1583.55ff.; vgl. auch Sappho fr. 1.15f. Voigt). — µεθίεµεν: Der Sprecher bezieht den Tadel auch auf sich (363–377n.), ähnl. in seiner Paränese an die jungen Achaier in 13.114 (JANKO zu 364–6); µεθίηµι ebenfalls in einer empörten Frage 15.553 (FAESI); vgl. Kallinos fr. 1.3 West, Tyrtaios fr. 12.44 West; zur Bed. des Wortes s. LATACZ 1977, 214f.

365 1. VH ≈ 15.597; 2. VH ≈ 16.84. — daß …: ironischer Finalsatz wie in 97–98 (s.d.). Daß der Erfolg aller sich im Ruhm des Anführers spiegelt, ist ein oft geäußerter Gedanke (4.415f., 8.175f., 8.215f., 8.236f., 15.596–598, 18.293f.): VAN WEES 1996, 23. 68 Anm. 65. Πριαµίδῃ: emphat. Enjambement wie in 2.817 (s.d.). — κῦδος ἄρηται: flektierbare VE-Formel (insges. 11× Il., 1× Od., 1× Hes.; Il. 4.95, 17.419 und Od. 22.253 auch mit καί), außerdem Il. 18.294 am VA, 2× nach der Zäsur A 3: 16.84n. ἄρηται ist themat. Aor. von ἄρνυµαι ‘erlangen’, κῦδος bed. ‘Herausgehobenheit, Prestige’ (358n.; LATACZ 1966, 85. 131).

366 so: d.h. er werde die Schiffe einnehmen und Prestige gewinnen (365; zu dieser Drohung 42–51n.).

366 ὅ: zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. — οὕνεκα: Krasis für οὗ ἕνεκα (R 5.3), ‘(deswegen,) weil’. 367 νηυσίν ἔπι: zur Flexion R 12.1; = ἐπὶ νηυσίν (R 20.2). — γλαφυρῇσι: zur Flexion R 11.1. — ἦτορ: Akk. der Beziehung (R 19.1).

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εὔχεται: ‘gibt an, prahlt’ (1.91n.). Diese Lesart aller Handschriften paßt besser zu Hektors selbstgewissen Äußerungen, wie schon Aristarch bemerkte, und Poseidons früherer Darstellung des troischen Anführers (13.54), als Zenodots ἔλπεται (schol. A; JANKO zu 364–6; vgl. Zenodots Lesart ἔλποµαι in 8.526).

367 bleibt: von Achilleus, der nicht am Kampf teilnimmt, auch 1.492, 13.747, 16.239 (s.d.), 18.64. νηυσὶν ἐπὶ γλαφυρῇσι: flektierbare VA-Formel (Dat. Pl. 12× Il., s. 16.18n., auch zu Varianten). Zu γλαφυρός als Schiffsepitheton s. 2.454n. (mit Lit.). — κεχολωµένος: zum Wortstamm χολ- 50n. — ἦτορ: bei χολόοµαι mit anderen Seele-Geist-Lexemen austauschbar (16.584–585n.).

368 Sehnsucht: Hier wird analeptischP an Achills Voraussage einer militärischen Notlage in 1.240 erinnert und gleichzeitig vom Sprecher diese Voraussage als falsch hingestellt und Achills Wunsch negiert. Daß der eigene Heerführer vermißt wird, findet sich auch sonst öfters als Motiv (1.240n.). κείνου: κεῖνος drückt manchmal wie hier soziale Distanzierung aus (Verachtung, Zorn etc.), so auch in 9.678 und 20.106 von Achilleus, in 13.109 und 13.232 von Agamemnon und denen, die nicht kämpfen wollen (BONIFAZI 2012, 60f.). — ποθή: ‘Vermissen’ (weniger affektbetont als πόθος, 6.362n.). — οἱ ἄλλοι: ἄλλος mit Artikel wie in 1.342, 2.665, Od. 24.79 u.ö. (CHANTR. 2.162). 369 1. VH ≈ Od. 7.222. — Vier-Wort-Vers, im Enjambement (16.125–126n.). — ὀτρυνώµεθ(α): medial: ‘uns aufjagen, bemühen’ (LfgrE s.v. ὀτρύνω 852.65ff.). Der Eventualis enthält auch eine Mahnung, ähnlich wie in 9.393, 10.107 einen Wunsch (TABACHOVITZ 1951, 55).

370–377 Die Rede enthält einen taktischen Vorschlag (so wie z.B. auch die Reden in 12.60–79, 15.294–299): Die Waffen sollen so verteilt werden, daß die besten (noch waffenfähigen) Kämpfer über die besten Rüstungen verfügen; dadurch soll die Schlagkraft und Effizienz des Gesamtheeres erhöht werden (376f.; zum Waffentausch als Schutz der besseren Kämpfer auch 16.278–283n. a.E.). Dies ist als Notmaßnahme zu verstehen: Da die kampfkräftigsten Anführer verwundet sind (1–152n.) und die ‘kleineren’ Kämpfer immer mehr bedrängt werden, sind die letzten Reserven auszuschöpfen. Auch die Vorsichtigen (131f.) müssen als prómachoi an die Front (LATACZ 1977, 149f.); vgl. Nestors Aufstellung der Schwächeren im Zentrum in 4.297–300, und Thoas’ Aufforderung in 15.294–299, daß die Besten Hektor standhalten und den Rückzug der Masse decken sollen (FRAZER 1985, 8 mit Anm. 14, auch zu der Anordnung ohne genauere Lokalisierung in 368 κείνου: = ἐκείνου. — τι: Akk. der Beziehung (R 19.1); verstärkt die Negation. — ἔσσεται: = ἔσται (R 16.6). — κεν: = ἄν (R 24.5). 369 ἀµυνέµεν: zur Flexion R 16.4. 370 = 74 (s.d.). 371 ὅσσαι: zum -σσ- R 9.1. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — ἠδέ: ‘und’ (R 24.4).

Kommentar

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2.362–368 [s.d.]). Der Waffentausch erhöht somit auch den moralischen Druck, nicht als Feigling und schlechter Kämpfer dazustehen und die guten Waffen aus der Hand zu geben (schol. bT zu 382; FRAZER 1985, 8). Auf erzähltechnischer Ebene erhöht er die Spannung und trägt zur Motivierung des Kampferfolgs der Achaier bei (402–439n.; vgl. auch 15.616: die am besten Bewaffneten leisten Hektor den größten Widerstand; JANKO; STANLEY 1993, 157). Er gleicht einer Rüstungsszene vor den folgenden Kämpfen (402–522), in denen sich das ganze Heer hervortut, entsprechend der Aristie eines einzelnen Helden (allg. zu Rüstungsszenen 3.328–338n.): JANKO ZU 354–401. Der Rat zum Waffentausch ist somit ein wichtiger Bestandteil von Poseidons Unterstützung der Achaier bei der Zurückdrängung der Troer. Seine Ausführung wird schon in Nestors und Thrasymedes’ Tausch ihrer Schilde vorweggenommen (9–12n.), und das taktische Prinzip dahinter mag später an Patroklos’ Versagen in Achilleus’ Waffen erinnern (WINTER 1956, 121 Anm. 1). Wie das Heer seine Waffen mitten im gegenseitigen Aufmarsch (147ff.) tauschen soll, ist nicht ganz leicht denkbar. Vielleicht muß man sich ein Patt oder eine Kampfpause vorstellen (WINTER a.O. 121; JANKO; vgl. auch die Unterhaltung von Glaukos und Diomedes während der Schlacht: 6.120n.). – Man hat u.a. aus dieser Stelle auf zwei verschiedene Kategorien von Kämpfern geschlossen, schwer bewaffnete adlige prómachoi und schlechter bewaffnete laói hinten (RE s.v. Schlachtordnung 436–438; SINGOR 1991, 44; 1995, 189). Der Text gibt aber lediglich einen Hinweis auf “unterschiedliche Bewaffnung […] nur in qualitativer Hinsicht” (HELLMANN 2000, 65; zu den Schilden s. 376–377n.). Es ist nur anzunehmen, daß diejenigen, die sich eine bessere Rüstung leisten konnten, im Normalfall als Adlige an der Front kämpften (LATACZ a.O. 149; vgl. HELLMANN a.O.), wobei es allerdings nicht zwingend ist, dass die Vermögendsten mit der besten Rüstung immer die besten Kämpfer waren und somit a priori zur Elite gehörten (LATACZ a.O. 153; RAAFLAUB 2008, 65). 370 = 74 (s.d.). 371 ≈ 15.296. — ἀσπίδες: attractio inversa (eigtl. Objekt zu ἑσσάµενοι), wie in 75 (s.d.), in einigen Hss. durch die weniger idiomatische Lesart ἀσπίδας ersetzt (LEAF). Zu den beiden Bezeichnungen für den Schild, ἀσπίς und σάκος (376), 9–11n. — ἄρισται … ἠδὲ µέγισται: µέγιστος wird auch in 15.296 und in hom.h. 23.1 mit ἄριστος verbunden (vgl. µέγας im Positiv in der VE-Formel ἠύς τε µέγας τε 2.653n.), zudem mit anderen Superlativen wie κάλλιστος Il. 10.436, χαριέστατος 6.90, 6.271. 372 ἑσσάµενοι: von Waffen sonst mit χαλκόν verbunden (383, 12.464, 19.233, Od. 24.467, 24.500), τεύχεα (4.432, 7.207) und einmal einem Fell (10.334), also vor allem Panzer; nur hier von Schilden, wobei wohl an das Anlegen des Schildbandes zu denken ist (AH; JANKO zu 370–7); vgl. auch ἐν … δύτω in 377 (s.d.). — παναίθῃσιν: hapaxP; ad372 ἑσσάµενοι: Ptz. Aor. zu ἕννυµαι (R 9.1). — κορύθεσσιν: zur Flexion 11.3. 373 ἔγχε᾿ ἑλόντες: zum Hiat R 5.1.

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jektivisches Determinativkompositum mit παν- im Vorderglied, zu αἴθω ‘in Glut versetzen’, bed. ‘ganz/sehr funkelnd’, vom Metallglanz, metr. bedingte Variante zu παναίολος (6× Il., ‘Hes.’ Sc. 139), “Epitheton metallglänzender Defensivwaffen” (LfgrE s.vv. πάναιθος u. παναίολος [dort das Zitat]; schol. D). Inwiefern der Glanz ein Zeichen für die Qualität der Helme ist, läßt sich nicht genau sagen: Soll er neuere Helme oder Metallhelme im Gegensatz zu Lederhelmen bezeichnen? (JANKO zu 370–7; zum Material Leder 3.316n.).

373 längsten: also die besten (JANKO zu 370–377), d.h. bezüglich der Reichweite. ἔγχε᾿ ἑλόντες: flektierbare VE-Formel (noch 21.397, Od. 14.220, 22.25, 22.271).

374 bis zur Zäsur C 2 ≈ 7.286; von der Zäsur C 2 an ≈ Il. 5.103, 10.370, 11.589, 14.220, 17.637, 18.132, Od. 4.493, 10.284, 15.213. — gehn wir: in 384 wiederaufgenommen (AH zu 371). οὐδ(έ) … φηµί: der gleiche Übergang von der Aufforderung (ἴοµεν) zur Versicherung wie in 11.589, 14.220 (s.d.). 375 ≈ 13.40, 13.80, 15.604. — Ἕκτορα Πριαµίδην: flektierbare VA-Formel, nur in der Ilias (insges. 7× Nom., 3× Dat., 5× Akk.). — µάλα περ µεµαῶτα: flektierbare VEFormel: noch 17.181, 24.298 (s.d.), Od. 22.172, ‘Hes.’ fr. 35.3 M.-W. 376–377 Diese Verse sind außer in einem Pap., der nur 377 enthält, überall überliefert; sie wurden allerdings von Zenodot ausgelassen bzw. wie von seinen Nachfolgern Aristophanes und Aristarch athetiert, mit dem Argument, größere Schilde wären im Kampf hinderlich (schol. A zu 376, schol. T zu 376–7). Doch Poseidon hat bereits in 371 die größten Schilde zugleich als die besten bezeichnet; wie der Passus über Aias’ Turmschild (7.219–233n.) zeigt, verband man mit Waffen von besonderer Größe die Vorstellung von überragender heroischer Stärke (vgl. dazu auch 6.319n.; vgl. VAN WEES 1992, 19f. allg. zur Größe der Schilde). Ob man hier konkret an die altererbten Langschilde zu denken hat (4.404–406n., 7.219; VAN DER VALK 1964, 395), ist demgegenüber nebensächlich. Zum ebenfalls beanstandeten hapax µενέχαρµος 376n. 376 ὃς δέ κ᾿ ἀνήρ: = 4.306, 19.167. — µενέχαρµος: verbales Rektionskompositum, Vorderglied zu µένειν, Hinterglied zu χάρµη ‘Kampf’ (4.509, 5.608, 17.161), bed. ‘standhaft im Kampf’; “jüngere Βildung” (hapaxP) neben µενεχάρµης, das immer am VE als Epitheton von Antilochos (3× Il.) und anderen Helden (3× Il., 1× ‘Hes.’) verwendet wird: LfgrE. — ἔχῃ: Aristarchs Lesart mit dem Ind., ἔχει, ist zwar möglich (wie 9.324 der Wechsel vom Konj. zum Ind. zeigt), aber weniger elegant und weniger gut überliefert (LEAF; JANKO zu 376–7). — ὀλίγον: ‘klein’, wie Od. 20.259 von einem Tisch; ὀλίγον σάκος wird ἀσπίδι µείζονι in 377 chiastisch gegenübergestellt (LfgrE s.v. 644.48ff.). — σάκος ὤµῳ: ebenso am VE 15.474, mit Gen. ὤµων 15.125; vgl. auch 11.527 ἀµφ᾿ ὤµοι374 ἴοµεν: kurzvokalischer Konjunktiv (R 16.3). — αὐτάρ: = ἀτάρ, progressiv (R 24.2). — ἐγών: = ἐγώ. — οὐδ(έ): steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 375 Πριαµίδην: 365n. — µενέειν: unkontrahierter (R 6) Inf. Fut. — περ: konzessiv (R 24.10). — µεµαῶτα: Ptz. zu µέµονα ‘streben, den Drang haben’. 376 ὃς δέ κ(ε): erg. ἔῃ (ᾖ). — κ(ε): = ἄν (R 24.5). — ὤµῳ: präpositionsloser dat. loci (R 19.2).

Kommentar

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σιν ἔχει σάκος in der 1. VH. Der Schild wurde mit einem Band über die vorgeschobene Schulter getragen (404–406n., 16.802f.; TRÜMPY 1950, 78). 377 χείρονι φωτί: formelhafte Verbindung, auch am VE (Od. 11.621) und im Akk. nach der Zäsur A 3 (Il. 17.149), neben der Variante mit Gen. Sg./Nom. Pl. χείρονος/-ες ἀνδρός/ ἄνδρες in Od. 20.82, 21.325. — δότω … δύτω: Der Reim und die Alliteration werden noch betont durch die chiastisch gestellten Wendungen χείρονι φωτί … ἀσπίδι µέζονι; in 382 wird das Paar mit ἔδυνε … δόσκεν wiederaufgenommen (JANKO zu 376–7). — ὁ δ(έ): “dasselbe Subjekt wie in δότω, fast = ‘er selbst’” (AH). — ἐν … δύτω: ‘hineinschlüpfen, anlegen’, mit Dat. wie in 10.254, 23.131, Od. 24.496 (LfgrE s.v. δύνω 359.50ff.).

378 = 133 (s.d.). 379 verwundet: 128n. — selber: zu autós zur Bezeichnung des besonderen persönlichen Beitrags s. 24.589–590n. ἐκόσµεον: zu κοσµέω i.S.v. ‘(An)ordnen der Streitmacht’ 1.16n., 2.554n.; hier ist auch die Zuteilung der Waffen gemeint (370–377): DILLER 1956, 52. — οὐτάµενοι: 128n.

380 = 29 (s.d.). Nestor wird nicht erwähnt, da er keine Wunden hat (JANKO). Ἀτρεΐδης: 22n. 381 2. VH ≈ 6.235, 6.340. — οἰχόµενοι … ἐπὶ πάντας: ‘hin und hergehend zu allen’, durch die Reihen, um bei ihrer Inspektion je nachdem einen Waffentausch anzuordnen; ἐποίχοµαι wird oft in militär. Zusammenhang verwendet (16.155n.). — ἄµειβον: kausativ: ‘wechseln lassen’, d.h. den Tausch bei den anderen anordnen und überwachen (LfgrE s.v. ἀµείβω 620.57ff.; AH). 382 ἐσθλὰ µὲν ἐσθλὸς … χέρεια δὲ χείρονι: “antithetisches Paar von Polyptota” (FEHLING 1969, 224); mehrfache Polyptota in einem Vers finden sich auch in 2.363, 13.130, 16.215 (s.d.), Od. 7.120f., Hes. Op. 25f. (JANKO zu 13.130–1; EDWARDS, Introd. 59). Oft wird wie hier mit Polyptota eine Gegenseitigkeit ausgedrückt (WEST zu Hes. Op. 23; WEST zu Od. 1.311; idg. Parallelen in WEST 2007, 113–116). Der Gegensatz ἐσθλός – χερείων, der in einem anderen Kontext u.a. auch in 1.576 (s.d.) = Od. 18.404 erscheint, nimmt hier das Paar µενέχαρµος – χείρων aus 376f. auf (ἐσθλός paßt zu Waffen wie zu Kämpfern): GYGLI-WYSS 1966, 93. 383 = Od. 24.467, 500; ≈ Il. 7.207. — νώροπα χαλκόν: flektierbare VE-Formel (2.578n.; zu prosod. Alternativen 16.130n.). χαλκός bezeichnet die komplette Rüstung (LfgrE s.v. χαλκός 1125.63ff.). Die Bed. des Epithetons ist unbekannt; es wird traditionell als ‘glänzend’ verstanden.

377 δότω, ὅ: zum Hiat R 5.6. — ὅ: demonstrativ-anaphorisch (R 17); ebenso οἵ und τοῦ 378. 378 ἔφαθ᾿: Impf. von φηµί; Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23). 379 βασιλῆες: zur Flexion R 11.3. — ἐκόσµεον: zur unkontrahierten Form R 6. — περ: konzessiv (R 24.10). 380 Ὀδυσεύς: zum einfachen -σ- R 9.1. 382 δόσκεν: Iterativ zu δίδωµι (R 16.5); Subjekt ist der jeweilige ἐσθλός. 383 ἕσσαντο: 372n.

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384 1. VH = 134 (s.d.). Der Anklang an den Aufbruch der Anführer, die Notmaßnahmen ergreifen wollen (133f.), unterstreicht die Veränderung seit Poseidons Erscheinen (354–401n.). — führte sie: Daß eine Gottheit ein Heer führt und als Vorkämpfer unterstützt, ist ein in der Ilias verbreitetes Motiv (5.592 Ares und Enyo, 15.260f., 15.307, 15.355ff. Apollon, 18.516 Ares und Athene, 20.95 Athene), das die Intensivierung des Kampfes unterstreicht (hier die Intervention in größter Bedrohung, 354–401n.; vgl. Simonides fr. 11.30f. West): KURZ 1966, 131; ROLLINGER 1996, 172. Auch in orientalischen Texten heth., assyr. und bibl. Herkunft werden Siege im Kampf einem göttlichen Anführer und Frontkämpfer zugeschrieben (ROLLINGER a.O.; WEST 1997, 209f.; KITTS 2005, 189–193). — ErdErschüttrer: 135n. βὰν ῥ᾿ ἴµεν· ἦρχε … σφι: 134n. — Ποσειδάων ἐνοσίχθων: VE-Formel (insges. 14× Il., 10× Od., 4× Hes.); zur Variante κρείων ἐνοσίχθων 150–151a n.; zur Bed. von ἐνοσίχθων 135n.

385–387 Poseidons Schwert verkörpert die Macht und Wirkung seines Trägers wie andere Attribute von Gottheiten: die Aigis von Zeus, Apollon und Athene (2.446b–454n.), Ares’ und Athenes Waffen (5.594, 5.745f., 8.389f., 18.518), Aphrodites Band (214n., 216–217n.), Hermes’ und Kirkes Stab (24.343n., Od. 10.238, 10.389); ähnl. auch Zeus’ Hand in 15.695 (MUELLER [1984] 2009, 118) oder die Personifikationen in Ares’ Gefolge in 4.440, 5.593: 2.446b–454n.; SCHADEWALDT (1938) 1966, 90; GRIFFIN 1980, 30; assyr. Parallelen bei ROLLINGER 1996, 173–177; WEST 1997, 209; eine biblische z.B. in 5. Mose 32.41. An der vorl. Stelle wird die Wirkkraft des Schwertes explizit genannt (385 deinón ‘furchtbar’, 386b–387) und noch durch eine Beschreibung seines Aussehens erklärt (385–386a), die wie bei Schilderungen anderer göttlicher Waffen seine Größe (vgl. 2.448f. 5.594, 8.390, 18.518) und vor allem seine übernatürliche, jeden Angreifer blendende Helligkeit hervorhebt (vgl. 15.309, 17.594f., 20.95; assyr. Parallelen: ROLLINGER a.O.). Die Funktion des Schwertes, die Kämpfer der Gegenpartei mittels eines Tabus von dem göttlichen Träger und damit von seinen Schutzbefohlenen fernzuhalten, hat in den hom. Epen Parallelen: Ähnlich kann die Aigis in 15.229f./309f./318–322, 17.596, Od. 22.297–299 Schrecken erregen und einschüchtern (vgl. auch die Furcht vor einem Gott in 20.130f., Diomedes’ Kühnheit in 5.432ff. und die mit Phobos, dem Schrecken, umkränzte Aigis in 5.738f.); aber mit einer Ausnahme (5.842 Ares) töten die Götter nicht selbst und nicht direkt einen Menschen im Kampf (zum Tabu EHNMARK 1935, 19. 94; speziell zur Aigis 2.446b–454n.; zum Verhalten der Götter in einer Schlacht WEST 2011, 295f., zu 384 βάν: = ἔβησαν (R 16.2). — ἴµεν: final-konsekutiver Inf.; zur Form R 16.4. — σφι: = αὐτοῖς (R 14.1). 386 µιγῆναι : Inf. Aor. Pass. (mit medialer Bed.) zu µείγνυµι/µίσγω, hier i.S.v. ‘sich nahen’ (↑).

Kommentar

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370–382). Die so betonte Gefährlichkeit des Schwertes dient dem ErzählerP gleichzeitig dazu, einerseits den Erfolg der hinter Poseidon stehenden Achaier, ihre Abwehr der Troer und insbesondere ihres Anführers Hektor zu erklären, andererseits einen Grund anzugeben, weshalb es nicht zu einem Zweikampf zwischen Poseidon und Hektor oder einem anderen Troer kommt (JANKO zu 383–7; WEST a.O. 296, zu 386–7). 385 2. VH = 8.221; vgl. ferner 16.473, Od. 10.439, 11.231. — ἄορ: im fgrE ohne Bedeutungsunterschied zu ξίφος (496) und φάσγανον (405) verwendet: 16.115n. — τανύηκες: ‘mit langgestreckter Spitze’, signalisiert die Wirksamkeit der Waffe (allg. zu den SchwertEpitheta 16.332n.); steht in Antithese zu παχείῃ ‘dick, muskulös’ (16.473n.; LfgrE). — χειρὶ παχείῃ: VE-Formel, bed. ‘mit starker Hand’ (3.376n.; zu παχύς, das die kraftvolle Aktion hervorhebt, auch 16.473n.).

386 1. VH ≈ ‘Hes.’ Sc. 322. — Blitzstrahl: Der Glanz von Metallwaffen in Bewegung wird auch sonst mit einem Blitz verglichen (10.153f., 11.66, 13.242ff.; vgl. asteropḗ in 19.363 [s.d.] u.ö. in der Bed. ‘Blitzen’ von Metallwaffen); das veranschaulicht ihre Gefährlichkeit (vgl. 386f.): LfgrE s.v. ἀστεροπή 1443.6ff. Vielleicht geht der Vergleich auch auf die Vorstellung vom Blitz des Poseidon zurück (der Dreizack hat sich möglicherweise aus dem Blitzbündel oriental. Götter entwickelt) sowie von dem goldenen Schwert des Wettergottes Zeus, das seine Waffe, den Blitzstrahl, verkörperte (11.184; MALTEN 1925, 154; SCHACHERMEYR 1950, 165f. 183; COOK 1965, 712). Jedenfalls ist wohl angedeutet, daß Poseidon versucht, Zeus’ Macht, die sich im Blitz manifestiert, auszuüben (JANKO zu 383–7; PADUANO/MIRTO zu 354–401; zu Poseidons Verhältnis zu Zeus 135– 152n.). τῷ … µιγῆναι: τῷ ist bezogen auf ἄορ und als dativus comitativus abhängig von µιγῆναι ‘sich mit etw. mischen, auf etw. treffen’ (vom Einzelkampf auch 21.469): ‘diesem zu nahen’ (AH; LfgrE s.v. µίσγω 227.72ff.). — οὐ θέµις ἐστί: ‘es ist nicht Ordnung, es ist unmöglich, verboten’ (LfgrE s.v. θέµις 992.34ff.; zu θέµις ‘geltende Ordnung’ s. auch 2.73n.); “das Präsens ἐστί von der dem Schwert allzeit anhaftenden Eigenschaft” (AH). 387 ἐν δαῒ λευγαλέῃ: Variante zu ἐν δαῒ λυγρῇ (13.286 [mit µιγήµεναι], 24.739, Hes. Th. 650, 674); das seltene δαΐ ‘Kampf’ ist archaisch (24.739n.). λευγαλέος, vom gleichen Stamm wie λυγρός und verwandt mit lat. lugere, gehört zu den Adjektiven mit Calandschem Suffix auf -αλέος wie ἀργαλέος, σµερδαλέος (RISCH 104); es bed. ‘leidvoll’ und ist Epitheton u.a. auch zu πόλεµος in 13.97 (LfgrE). — δέος: in emphatischer Stellung vor der Zäsur C 2 (AMMANN 1922, 33); wiederholt den Anlaut δε- von δεινόν in 385 (JANKO zu 383–7). — ἰσχάνει: Deverbativum zu ἴσχω (RISCH 272), ‘zurückhalten’; ähnl. von relig. Scheu h.Cer. 479 σέβας ἰσχάνει αὐδήν (LfgrE). 388 1. VH ≈ 8.55, 11.56, 18.243, 20.3. — ἑτέρωθεν: ‘auf der anderen Seite, andererseits’; signalisiert regelmäßig einen Szenenwechsel oder einen Perspektivenwechsel des Erzäh387 λευγαλέῃ, ἀλλά: zum Hiat R 5.6. — λευγαλέῃ: zum -η- nach -ε- R 2. — ἀλλὰ δ(ϝ)έος: zur Prosodie R 4.5.

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lers; steht immer vor der Zäsur B 2, meist nach vorausgehendem Personen- od. Völkernamen (1.247a n.). — ἐκόσµει: 379n. — φαίδιµος Ἕκτωρ: VE-Formel (29× Il.), auch in 390 und 402; zum generischen EpithetonP φαίδιµος 6.144n.

389 spannten: Die Metapher vom ‘Spannen des Kampfes’ – oft mit Zeus oder einem anderen Gott als Subjekt – ist ein dynamisches Ausdrucksmittel zur zusammenfassenden Schlachtdarstellung aus der Vogelschau; insbesondere bezeichnet sie (a) die Zuspitzung (‘In-tens-ivierung’) der Kämpfe (mit der Implikation hoher Verluste und/oder einer langen Kampfdauer), an der vorl. St. den auf den Ansturm folgenden Neuansatz der Schlacht (354–401n.; FAESI; LfgrE s.v. τανύω 313.25ff.; s.v. τείνω 346.26ff.); ähnl. 13.358–360, 16.662, 17.400f., 17.543–545, 17.736f.; (b) in Verbindung mit íson ‘gleich’ den unentschiedenen Gleichstand der Schlacht (11.336f., 12.432–438, 15.406–413, 20.100–102, Hes. Th. 637f.). Der Ursprung der Metapher ist nicht eindeutig geklärt; Verwendung (b) geht wohl auf das Bild der Waage (99n., 510n., 16.658n., 22.208–213, 12.432ff. mit Gleichnis) oder der Richtschnur (15.406ff. mit Gleichnis) zurück. Bei Verwendung (a) ist das Bild des Bogens, der bis zum Zerreißen gespannt wird, naheliegend, da das Verb öfter für das Spannen des Bogens verwendet wird (z.B. von Pandaros in 4.112); auch an den Begriff eines Raumes ist zu denken, der sich zwischen zwei Polen “ausspannt”, d.h. sich ausbreitet und sich allenfalls ausdehnt (wie vom Sturm 16.365n. oder der Nacht 16.567n.). Hier wäre dann gemeint, daß die Pole Poseidon und Hektor ein energiegeladenes Spannungsfeld, eine fürchterliche (ainotátēn) Konfrontationsfläche schaffen. Man hat auch an das Bild des Tauziehens gedacht, bes. in 13.358ff. (MICHEL 1971, 55f.; HEUBECK [1972] 1984, 88–92; BERGREN 1975, 45–57. 190f.; speziell zur vorl. St. auch HEUBECK [1949] 1984, 124). Weitere Diskussion (mit teilweise unterschiedlichen Deutungen): HAINSWORTH zu 11.336; JANKO zu 13.358–60; EDWARDS zu 17.400–1; VAN DER VALK 1964, 97–99; SLATKIN 2011, 168–171; FENNO 2012; vgl. auch ein ähnl. Bild in 7.101–102. δή ῥα τόθ᾿: VA-Formel, meist wie hier am Satzanfang (24.457n.); zur umstrittenen Bedeutung von δή 24.351n. — αἰνοτάτην: prädikativ, proleptisch (AH); ein naturgemäß pejoratives Attribut zu ἔρις wie das formelhafte κρατερός an der Parallelstelle 16.662 (s.d.). — ἔριδα πτολέµοιο: ἔριδα bed. hier ‘Auseinandersetzung, Streit, Konfrontation’; es ist hier wie in 17.253 mit dem Synonym πτολέµοιο als Attribut verbunden; ähnl. νεῖκος … πολέµοιο in 13.271, Od. 18.264, 24.543, νεῖκος … | φυλόπιδος in Il. 20.140f., ἔριδα ἄρηος 5.861; vgl. auch ἔριδος … καὶ … πτολέµοιο in 13.358 (AH). Zur häufigen Verbindung von Synonyma aus dem Bereich ‘Kampf/Krieg’ 1.492n.; spez. zum “attributiven Ver-

389 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — πτολέµοιο: zur Flexion R 11.2; zum Anlaut R 9.2. — τάνυσσαν: zum -σσ- R 9.1. 391 ἤτοι: R 24.4. 392 ποτί: = πρός (R 20.1), ebenso in 394. — νέας: = ναῦς (R 12.1). 393 µεγάλῳ ἀλαλητῷ: zum hiatüberbrückenden unsilbischen ι (megáloj alaletoi) M 12.2.

Kommentar

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hältnis” TRÜMPY 1950, 124. — τάνυσσαν: τανύω ‘spannen’ (nach vorne und nach hinten: BERGREN 1954, 54) mit einem Abstraktum wie πεῖραρ, µάχη, πτόλεµος, ἔρις, πόνος als Akk.-Objekt auch in 11.336, 13.359, 16.662, 17.401; ähnlich mit verwandtem τείνειν 12.436, 15.413, 17.543, 17.736, 20.101, Hes. Th. 638.

390–391 1. VH = 13.563. — Poseidáon … Hektor: Dieses Bild eines göttlichen und eines menschlichen Antagonisten als treibender Kräfte der beiden Kriegsparteien ist ungewöhnlich (die Gleichwertigkeit wird durch den Chiasmus noch hervorgehoben): MICHEL 1971, 134f.; STOEVESANDT 2004, 201. Es hebt Hektor als den besten Kämpfer und als den von Troern wie von Bündnispartnern anerkannten Oberkommandierenden hervor (6.402–403n.), deutet aber auch seine Gefährdung an: Hektor muß vorübergehend gleichsam die Rolle des Gottes Zeus einnehmen, der als Gegenspieler seines Bruders Poseidon (13.358–360, mit dem gleichen Bild) die Troerpartei Achill zuliebe begünstigt (1–152n.; 12.436–438), nun aber, von Hera hintergangen, schläft (153–353n.). Dieser großen Aufgabe ist Hektor als Mensch natürlich nicht gewachsen; so wird er, während Zeus schläft, von Aias schwer verwundet (402–439n.) und kann seinen Siegeslauf erst fortsetzen, als Zeus die Führung wieder übernimmt – und auch das nur so lange, bis dieser den Wunsch des Achilleus erfüllt hat. Danach läßt Zeus, wie es das Schicksal verlangt, wieder die Achaier siegen und muß am Ende auch Hektors Tod geschehen lassen (22.167–186). Weitere Lit.: REUCHER 1983, 285; PADUANO/MIRTO zu 354–401; SCHÄFER 1990, 93; STOEVESANDT a.O. — schwarzmähnig: Die Verbindung von Pferden mit dem feuchten Element läßt sich bei vielen idg. Völkern nachweisen (SCHACHERMEYR a.O. 63–117; gr. Bsp. bei BURKERT [1977] 1985, 138). Poseidon wurde vielleicht ursprünglich als pferdegestaltiger Rappe verehrt (SCHACHERMEYR 1950, 48. 137f.; ähnl. JANKO zu 13.562–3); er ist Herr der Pferde (23.277, 23.307, 23.584f., h.Ap. 230–8, hom.h. 22.5) und wird nachhom. auch Híppios genannt; gleichzeitig ist er auch Herr der (feuchten) Erdtiefe, in der die Unterwelt liegt (135n.). Das Epitheton, das auch Pferden (20.224, Theb. fr. 11 West) sowie Hades (h.Cer. 347) beigegeben wird, hat wahrscheinlich mit dieser Beziehung Poseidons zu Pferden und zur Unterwelt zu tun (SCHACHERMEYR 1950, 48; RICHARDSON zu h.Cer. 347). In hom. Zeit dürfte man die dunkle Farbe auf die düsteren Farben des stürmischen Meeres bezogen haben; vgl. Od. 12.60: die Gattin Amphitrite wird kyanṓpis ‘dunkeläugig’ genannt (RE s.v. Poseidon Sp. 547; SCHACHERMEYR a.O. 159f.). Zu Poseidons Beziehung zu Pferden allg. FG 23; LfgrE s.v. Ποσειδάων 1473.50ff., 1474.13ff.; RICHARDSON zu h.Cer. 347; SCHACHERMEYR a.O. passim. κυανοχαῖτα: Kompositum mit dem gleichen Stamm wie κυάνεος ‘dunkel, schwarz’ (1.528n., 18.564n.): ‘mit dunkler, schwarzer Mähne’; von Poseidon noch 13.563, 15.174, 15.201, 20.144, Od. 3.6, 9.528, 9.536, Hes. Th. 278, hom.h. 22.6 (LfgrE). Der Nom. auf -τα hier und in 13.563 (neben -της in 20.144, Od. 9.536, Hes. Th. 278) ist als Analogie zum

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Vok. aufzufassen, der in 15.174, 15.201, Od. 9.528, hom.h. 22.6 belegt ist (SCHW. 1.560; RISCH [1954] 1981, 332); vgl. νεφεληγερέτα 293 (s.d.) u. µητίετα 1.175 (s.d.). 391 2. VH ≈ 5.833. — ἤτοι: betont am VA, ‘wahrhaftig’. — ἀρήγων: Das Verb bezeichnet eine Unterstützung von außen, meist von Göttern (192n.); hier ist es zeugmatisch auch auf Hektor bezogen (JANKO zu 388–391).

392 1. VH = Od. 9.484, 9.541; 2. VH ≈ Il. 1.487. — Meer: Das Meer am Rand des Schiffslagers (30–36n.) bildet sonst nur den Hintergrund der Kämpfe (KRAPP 1964, 168), in Sekundärer FokalisationP entweder als erste Station eines möglichen Rückzugs der Achaier in ihre Heimat (2.159, 9.682f., 14.75f.) oder aber als bedrohliche Kulisse für die schlimmstenfalls zwischen verbrannten Schiffen und dem Meer eingeschlossenen Achaier (1.409 [s.d.], 13.143, 16.67f., 18.294; zum Leitmotiv des Schiffsbrandes 16.80–82n.). Auch hier soll dieses Meer ambivalente Vorstellungen wecken, aber als aktive, elementare Naturgewalt: Es ist solidarisch mit seinem achaierfreundlichen Gebieter Poseidon (zu dessen Herrschaftsgebiet 135n.), ähnlich wie die Natur Heras Täuschung unterstützt (347–351n. mit der engsten Parallele zur vorl. St., 13.27–29; vgl. auch Alkaios fr. 307c Voigt; eine sumer. Parallele bei WEST 1997, 381f.; zu solchen Stellen allg. DE JONG 2012b, 36); das Meer kann aber auch das Schiffslager überfluten, ist also im allgemeinen wie Poseidon potentiell gefährlich für alle Menschen (385–387n.). Das Bild von dem aufwallenden, tosenden Meer bildet somit den Hintergrund im Bild vom aufmarschierenden Heer der Achaier mit dem Gott an der Spitze und trägt zur Vorstellung eines maßlosen Lärms bei (393b). Diese Vorstellung wird in den folgenden Vergleichen mit einem Meeressturm (mit ähnlicher Motivik) und weiteren Naturgewalten noch vertieft (394–401n.; zu der Spannung bewirkenden Steigerung s. auch 354–401n.). Zur ganzen Stelle schol. bT z.St.; AH (incl. Anh. z.St.); PADUANO/MIRTO zu 354–401; JANKO zu 392–401. ἐκλύσθη: zu κλύζω, Pass.: ‘wurde aufgewühlt, wallte auf’. — κλισίας τε νέας τε: zu verschiedenen VE-Formeln mit dieser Subst.-Verbindung s. 1.306n.; zu κλισίη (‘Zelt, Hütte, Baracke’) 24.448–456n.

393 ≈ Hes. Th. 686, 2. VH ≈ 12.138, Od. 24.463. — Gebrülle: Das Angriffsgeschrei dient als taktisches Mittel zur Selbstermutigung bzw. Abschreckung der Gegner unmittelbar vor dem Zusammenstoß (147–152n., 16.267n.; s. auch 14.1n., 14.60). Die Rolle der Akustik bei der Beschreibung von Kampfphasen ist sehr groß (Geschrei wie hier, Dröhnen der Marschierenden [2.95n.], Klirren der Waffen und Rüstungen [14.24b–26n.]) Das akustische Element verstärkt wie andere Hinweise auf das Erleben der Kämpfer (z.B. Schwitzen, Staub; 2.388–390n., 3.13n., 16.109–111a n.; VAN WEES 1996, 6) den Anschauungsrealismus, markiert hier als Angriffssignal aber auch den Beginn der bis zu 15.4 fortgesetzten Schilderung des Kampfes (Markierungen von Kampfphasen z.B. auch 13.39–41, 15.381– 384; KRAPP 1964, 74). – Zu der These, daß das Kriegsgeschrei einen Einschnitt in der Handlung markiere und nach einer Art Rekapitulation der in 13.774ff. geschil-

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derten Ereignisse (354–401) die Rückkehr zur Erzählsituation von 13.809–837 signalisiere (Anbahnung des Kampfes zwischen Aias und Hektor), s. 1–152n., 354–401n. µεγάλῳ ἀλαλητῷ: ἀλαλητῷ ist onomatopoetisch; auch sonst häufig vom Angriffsgeschrei (2.149n.); zu µεγάλῳ ‘laut’ 3.221n.

394–401 Alle drei GleichnisseP haben denselben Vergleichspunkt, den enormen Lärm, der die Intensität des Geschreis und damit die destruktive Energie und das Aggressionspotential der anmarschierenden Heere veranschaulicht (393 megálōi alalētṓi ‘mit lautem Kriegsruf’, 401 deinón aysántōn ‘der schrecklich Schreienden’; 394–395n., 396–397n., 398–399n., 16.105n.). Die Bilder können schon in einzelnen Gleichnissen und in kürzerer Form, auch als VergleicheP, die Intensität eines Kampfes illustrieren (394–395n., 396–397n., 398–399n.). Hier bringt der Erzähler sie alle miteinander in negierter Form in einer Priamel (vgl. 6.450–455n.) mit einer Steigerung auf den Vergleichspunkt hin (im letzten Gleichnis 399 málista méga ‘am meisten gewaltig’), so daß die Höhe des Geräuschpegels nun einerseits unvergleichlich stärker als der Lärm erscheint, den elementare Naturgewalten entfachen, die Brandung (394f.), ein Waldbrand (396f.) oder ein Sturm (398f.; ein negativer Vergleich auch Od. 13.86f.); das Geschrei ist über-natürlich laut, da es unter dem Einfluß des Gottes Poseidon steht (weitergehende Verbindungen göttlichen Kampfes mit Naturkatastrophen ohne Gleichnisse: 20.57–60 der kämpfende Poseidon verursacht Erdbeben, 21.233–250 der Flußgott Skamander Überschwemmungen; diese Stellen und bibl. u. assyr. Parallelen bei KITTS 2005, 201). Die Parallelität wird andererseits dadurch unterstrichen, daß in jedem Gleichnis die Elementargewalt auf einen mehr oder weniger Widerstand leistenden ‘Gegner’ trifft, ähnlich wie die zwei Heere beim Zusammenstoß (das Meer aufs Land, das Feuer auf den Wald, der Wind auf die Eichen); vielleicht wird sie auch durch Personifizierungen gefördert (schon durch 392f. vorbereitet, s.d.): Die Woge, Poseidons Element, ‘brüllt’ in 394, erregt vom personifizierten Nordwind, Boreas, in 395, der Sturm ‘tobt’ in 399 (JANKO zu 394–9). Schließlich wird auch durch die anschauliche Schilderung der Spitzen des Lärmpegels (395 der besonders heftige Nordwind, 397 der Waldbrand, der gerade erst beginnt, sich von unten die Abhänge hinauf zu verbreiten, 399 der Sturm, der zuoberst in den Kronen der Bäume am stärksten bläst) der in 402–522 folgende hitzige Kampf wie ein “gewaltiges Naturgeschehen” angekündigt (WULFERT 1958, 65). Lit. zur Verbindung von Gleichnissen und Vergleichen, hier so homogen wie sonst selten (z.B. 2.477–479, 13.39, 17.20–23): FRÄNKEL 1921, 109; MOULTON 1977, 18–49, bes. 28 Anm. 16; zur vorl. Stelle schol. bT zu 394–399; JANKO zu 392–401; KAIMIO 1977, 94. 102; EDWARDS, Introd. 28; RACE 1982, 35. Die Reihung mit anaphorischem οὔτε und das wiederholte τόσον/τόσσος/τόσσον (394, 396, 398) halten alle drei Gleichnisse zusammen. Am ähnlichsten sind die mit einem drei-

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fachen VergleichP gebauten Verse 17.19–23 (οὔτε … τόσσον … οὔτε … οὔτε …, ὅσσον); auch die Priamel in 6.450–455 (s.d., mit Lit.) bezieht sich auf die Intensität, und in der Priamel in 315–328 (s.d.) findet sich eine ähnliche Reihung mit οὐδέ. Die drei hier auf je zwei Verse verteilten Gleichnisse sind abwechslungsreich gebaut, indem im zweiten Vers einmal eine Partizipialkonstruktion (395), dann ein Temporalsatz (397) und zuletzt ein Relativsatz (399) folgen. Die Bedeutung der Akustik wird durch viele Schallwörter unterstrichen, die dadurch teilweise fast synonym wirken (schon 393 von den Heeren ἀλαλητῷ, dann von der Brandung βοάᾳ, vom Feuer βρόµος, vom Wind ἠπύει und – vom gleichen Wortstamm wie βρόµος – βρέµεται, nachher von den Heeren φωνὴ … ἀϋσάντων [400f.]), was vielleicht auch durch Lautmalerei ähnlich wie in 2.209f. (s.d.) oder 13.796ff. verstärkt wird (z.B. häufige β- und π-Anlaute in 395f.). Zur sprachl. Gestaltung der Priamel: JANKO zu 394–9; PORZIG 1942, 81; ELLIGER 1975, 85 Anm. 34.

394–395 Das GleichnisP von der Woge, die sich im Sturm am Festland bricht, knüpft an die Schilderung des Meeres beim Schiffslager an und steigert die Vorstellung eines unermeßlichen Lärms (392n.). Das Bild wird häufig für Gleichnisse mit dem Motiv ‘Wind und Wogen’ beigezogen (2.209f.; 2.394–396 [s.dd.], 4.422– 426; JANKO zu 394–9; zum Motiv 16–22n.); hier deutet der Lärm der Brandung als primärer Vergleichspunkt wie in 17.263–266 auf die Intensität des Angriffgeschreis und damit auf die geballte Energie von Heeren im Anmarsch hin (LEINIEKS 1986, 14; weitere Lit. s. 2.144–149n.). Möglicherweise soll das Gleichnis außerdem das Bild des Meeres vor dem Sturm in 16–22 und die verzweifelte Lage der Achaier vor Poseidons Intervention als Kontrast evozieren (WHITMAN 1958, 146f.; STANLEY 1993, 155). 394 βοάᾳ: metaphorisch von der Natur: ‘brüllt’ (394–401n.), auch in 17.265 (mit derselben Motivik, 394–395n.) und Hes. Op. 511 (vom Wald, wenn der Nordwind weht): LfgrE s.v. βοάω. Zur Vorstellung des Wassers als einer Person mit Mund vgl. z.B. 4.426 ἀποπτύει ‘speit’, 14.36 στόµα ‘Mündung’ (s.d.): FENNO 2005, 487 Anm. 26.

395 2. VH ≈ 5.697, Od. 10.507. — Boreas: Der Nordwind ist ein kräftiger Wind (19.358n.; zur Personifikation 394–401n.). Βορέω: Diese Lesart der meisten Hss. beruht auf einer Ionisierung und Modernisierung einer älteren Formel (πνοιὴ Βορέᾱο: 5.697, Od. 10.507) durch Quantitäten-Metathese und Kontraktion einer älteren Formel (ion. Βορέηο > Βορέεω > Βορέω: G 45 u. 68); sie findet sich auch noch sonst im fgrE, z.B. 23.692, Hes. Th. 870 (CHANTR. 1.65; HOEKSTRA 1965, 32). Die Modifikation der Formel erklärt wohl auch den Hiat Βορέω (< Βορέα(ο)) ἀλεγεινῇ.

394 βοάᾳ: zur Form R 8. 395 ποντόθεν: ‘von der See her’; zur Form R 15.1. — Βορέω ἀλεγεινῇ: zum Hiat ↑. 397 οὔρεος: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — τ(ε): zum ‘epischen τε’ hier und 399 R 24.11. — καιέµεν: final-konsekutiver Inf.; zur Form R 16.4. 399 ἠπύει: ‘tost’.

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396–397 Feuer in GleichnissenP und VergleichenP veranschaulicht oft das Zerstörungspotential und die Aggressivität eines Heeres oder eines einzelnen Kämpfers (der ‘hitzige’ Kampf selbst ist wie ein Feuer: 18.1n., 17.737). Meistens wird dann naturgemäß das optische Moment des Feuers betont (der Glanz der Rüstung oder der Augen wird verglichen: 1.104n.; 2.455–458, ebenfalls von einer Heeres-Masse in Bewegung [s.d.]; 18.154n. mit Lit.; 19.375–380a n.; Bezug auf eine Masse im Anmarsch wie hier, aber ohne expliziten Hinweis auf Glanz: 2.780, 13.39f.); mitunter steht aber das Geräusch brennenden Holzes im Mittelpunkt, hier “das Getöse und Geprassel des Waldbrandes” (KRAPP 1964, 183; 397n.), in 22.410f. das Geprassel brennender Hausbalken, 23.216 das eines Scheiterhaufens: MUGLER 1963, 104f.; KRAPP a.O.; eine biblische Parallele bei WEST 1997, 384. 396 πυρὸς … αἰθοµένοιο: VE-Formel πυρὸς αἰθοµένοιο (18.1n.), hier wie in 6.182, Od. 11.220 in Formelsprengung (JANKO zu 394–9). — †ποτί: Das nur einmal in der indirekten Überlieferung belegte und von AH übernommene πέλει wäre an sich sehr passend; es wäre aber unverständlich, wieso es in allen Hss. und vier Papyri durch die problematischen Lesarten ποτί bzw. ποθί ersetzt worden wäre (ALLEN 1931, 23). ποθι ‘irgendwo’ ist nach γε sinnlos (ALLEN a.O.), ποτί ‘zusätzlich’ (ALLEN a.O.; CHANTR. 2.131 Anm. 2) und πότι = πρόσεστι (JANKO) passen noch weniger (WEST 2001, 228).

397 1. VH = 3.34, 16.634, 16.766, Hes. Th. 860, Hes. Op. 510, h.Merc. 287; ≈ Il. 2.456, 11.87, Hes. Th. 865. — Gebirges: Ein Waldbrand wird in 20.490f. ebenfalls am Bergabhang lokalisiert, in 2.456 auf einem Berggipfel, 15.605f. allgemein in den Bergen (in 11.155–157 sind die Berge als Schauplatz des Gleichnisses wohl vorausgesetzt): 2.456n. mit Lit. ὤρετο: themat. Aor. (noch 12.279, 22.102) als metr. Variante neben athemat. ὦρτο (7.162, Od. 3.176 u.ö.), abgeleitet aus den sekundär gebildeten Konj. ὄρηται (Od. 16.98, 16.116, 20.267) und Opt. ὄροιτο (Od. 14.522): RIX (1965) 2001, 29 Anm. 13; vorsichtig CHANTR. 1.97, 392.

398–399 Der (oft stürmische) Wind verdeutlicht in Gleichnissen und Vergleichen häufig wie hier den Lärm und die Intensität eines Ansturms oder Angriffs und damit auch die Energie und Motivation der Kämpfer (SCOTT 1974, 154; LEINIEKS 1986, 14; JANKO zu 394–9, alle mit Stellen). Meistens ist der Meeressturm gemeint (zum Motiv ‘Wind und Wogen’ 16–22n., 394–395n.), manchmal aber auch ein Sturm auf dem Land wie hier (12.132–134; mit einem sehr ähnlichen Bild, ebenfalls in den bewaldeten Bergen 16.765–769; außerdem 13.334–336, 17.53– 58, 17.739, 21.346f.), oder es kommt nur der Himmel in den Blickwinkel (5.522– 526, 16.364f.; ganz unbestimmt 12.40, 12.375, 13.39, 20.51). 398 Eichen: Diese Bäume gelten seit jeher als besonders stark und widerstandsfähig: in 12.132–136 werden sie in einem Gleichnis für achaiische Kämpfer genannt (ACETI 2008, 119 Anm. 274 u. 277). δρυσὶν ὑψικόµοισιν: flektierbare Formel (ebenso am VE Od. 9.186, 12.357, vor der Zäsur B 2 Od. 14.328, 19.297, vor der Zäsur C 1 Il. 23.118, Hes. Op. 509, ‘Hes.’ Sc. 376);

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ὑψίκοµος, zu κόµη ‘Haar’ in metaph. Sinn, ‘Laub’, bed. ‘hochbelaubt, hochbedeckt’, metr. Variante ὑψικάρηνος (Il. 12.132, h.Ven. 264): LfgrE. 399 ὅς τε µάλιστα: µάλιστα verstärkt µέγα, vgl. µάλιστα neben einem Superlativ in 2.56f. (s.d.), 2.220 u.a. Es ist nicht klar, worauf der Superlativ zu beziehen ist; ein Bezug auf das Meer oder das Feuer, die genannt wurden (AH), würde deren Stärke herabsetzen; es wird auch nicht ein spezieller Wind hervorgehoben (WEST 2001, 228). Vielleicht bed. µάλιστα µέγα ‘besonders laut’, und man muß εὖτε µάλιστα µέγα βρέµεται ‘wenn er besonders laut heult’ verstehen; der Temporalsatz würde dann den Erweiterungen in den zwei vorhergehenden Gleichnissen entsprechen (395 Partizipial-Konstruktion, 397 Temporalsatz, s. 394–401n.): WEST a.O. — βρέµεται: vom Wind wie in 15.627: ‘braust, heult’ (2.210n.; LfgrE). — χαλεπαίνων: hier wie in Od. 5.485 von Unwettern; mit βρέµεται ‘wütet, tobt’ (LfgrE; vgl. 256 [s.d.]; s. auch 394–401n. zu Personifikationen).

400–402 Die Verse nehmen 390–393 auf und bilden so einen Ring um die Gleichnisse (JANKO zu 392–401). 400 1. VH ≈ 10.418. — ἔπλετο: ‘hatte sich erhoben’, vgl. 3.3 κλαγγὴ … πέλει (WAANDERS 2000, 262). 401 1. VH ≈ 16.566; 2. VH = 16.430, ‘Hes.’ Sc. 412, 436; ≈ Il. 15.726. — δεινόν: ‘schreckenerregend’, von der psychologischen Wirkung des Kriegsgeschreis auch 16.566, ähnl. 11.10 von Eris (WILLE 2001, 72 Anm. 470; zu δεινός von Klängen allg. KAIMIO 1977, 60; zur Wirkung des Lärms im Kampf s. auch 393n.). — ἀϋσάντων: 147n.

402–439 Zweikampf Aias-Hektor: Hektor greift Aias an, verfehlt ihn aber und wird von ihm mit einem Stein so schwer verwundet, daß er in Ohnmacht fällt und hinter die Schlachtlinie in Sicherheit gebracht werden muß. 402–439 Nachdem Achill sich vom Kampf zurückgezogen hat, ist Aias als der zweitstärkste Achaier (FM 3) Hektors Hauptkontrahent geworden (SCHADEWALDT [1938] 1966, 69f.; STOEVESANDT 2004, 209). Ihre Konfrontationen beginnen mit dem zeremoniellen Zweikampf in 7.66–312, bei dem sich der troische Anführer als unterlegen erweist; darauf weicht er Aias aus (11.542), wird aber durch seine Erfolge beim Kampf um die Schiffe so in seinem Selbstbewußtsein gestärkt, daß er auf Aias’ Herausforderungsrede und das Wahrzeichen, das seine Niederlage ankündigt (13.821f.), seinerseits mit provozierenden Worten reagiert (13.824–832; vorher schon, 13.191, versucht Aias vergeblich, Hektor anzugreifen). Der erwartete Zweikampf findet aber nicht statt; unter Poseidons Hilfe formieren sich die Achaier neu, tauschen die Waffen und ziehen los. Nun wird nach dem Zusammenprall der Massen der Schlachtverlauf mit einem repräsentativen, einen Höhepunkt darstellenden Zweikampf geschildert (3.15–37n.; ähnl. z.B: 13.361: DÜNTZER 1872, 129f.; WINTER 1956, 123). Man hat den Abbruch der Konfrontation der beiden Gegner am Ende des 13. Gesanges als ungewöhnlich empfunden und mit der Werkgenese erklärt (Einschub von 1–401; zum analytischen Standpunkt LEAF, In401 δεινόν: adverbialer Akk. (↑).

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trod. zu 14, 63f.; FENIK 1968, 156; MUELLER [1984] 2009, 179; WEST 2011, 287, zu 13.809–837) oder aber mit der Erzähltechnik des Iliasdichters, Gleichzeitiges nacheinander darzustellen (das in 1–401 Dargestellte wäre faktisch gleichzeitig mit dem bis 13.837 Geschilderten zu denken: 1–152n.; JANKO zu 14.1–152 u. 14.402–522). Zur Kritik an dieser These 1–152n. u. allg. zur homerischen Behandlung gleichzeitiger Geschehnisse DE JONG 2007, 30f. Eine andere Erklärung ist durchaus möglich, denn es gibt eine Parallele zu einem solchen Abbruch: in 20.155 wird ebenso der Kampf der Götter verlassen und in 21.383 wiederaufgenommen (JANKO zu 402–522). Die Unterbrechung am Ende des 13. Gesangs hatte für Spannung gesorgt (JANKO a.O.); nach einem “Neuansatz der Schlacht” (DANEK 1999, 86 Anm. 34) endet nun die Reihe der Zusammenstöße der beiden Gegner im entscheidenden Kampf, ihrem Höhepunkt (ebenso mehrfache Begegnungen bis zur definitiven Konfrontation zwischen Hektor und Achill im 20. bis 22. Gesang; SCHADEWALDT [1938] 1966, 70; RENGAKOS 1995, 28; vgl. auch die verspätete Reaktion des Deïphobos auf eine Herausforderung des Idomeneus in 13.445– 459/13.516f.). Hektors Unterlegenheit gegenüber Aias, noch unterstrichen durch die Diskrepanz gegenüber seinen Worten in 13.824–832, wird wieder deutlich (WINTER 1956, 174; MUELLER a.O. 46). Der Kampf, der Fall des Helden, seine Bergung und sein Zustand nach der Verwundung werden so ausführlich geschildert, daß sich sowohl seine Tapferkeit (Hektor liefert Aias immer wieder einen zähen Kampf; STOEVESANDT 2004, 214) als auch seine Verwundbarkeit offenbaren; diese weist auf seinen Tod durch Achill voraus, für den er hier nach dem Werkplan (STR 22) noch ‘aufgespart’ werden muß (zum Todesmotiv 408n., 410– 422nn., 433n., 437–439n., 438–439n.; BROCCIA 1967, 80f.; DE ROMILLY 1997, 40; NEAL 2006, 81. 118. 121f.). Aias’ Sieg im Zweikampf wird auch durch den Umschwung der Lage begünstigt (Zeus’ Unaufmerksamkeit; 153–353n.; MICHEL 1971, 61) und stellt somit einen spannenden Höhepunkt von Poseidons Versuch dar, die Troer zurückzudrängen, die ohne ihren Anführer schließlich die Flucht ergreifen (507; KELLY 2007, 194). Nachdem Zeus erwacht ist und Hektor wieder gestärkt hat, wird dieser schließlich Feuer in ein Schiff legen und Patroklos töten, aber im Kampf um den Leichnam des Patroklos Aias erneut unterliegen (15.415, 16.114ff., 17.123ff.). 402–420 Der Kampfablauf folgt der Typisierten EreignissequenzP ‘A wirft ein Geschoß gegen B, ohne zu treffen; B verwundet A’ (schol. bT zu 14.402; FENIK 1968, 11). Der ganze Kampf wird entsprechend seiner Bedeutung (402–439n.) mit genauen Detailangaben (404–406n.), einem Gleichnis (414–417n.) und einem Hinweis auf Hektors Emotionen (406) dargestellt (NIENS 1987, 168).

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402 ≈ 13.502, 16.284 (bis Zäsur C 2; bei beiden Stellen handelt es sich um Zweikampfschilderungen); vgl. 17.304. — als erster: gr. prṓtos (und Akk. prṓton) weist jeweils auf den Beginn der Kampfschilderung einer bestimmten Kampfphase hin (LATACZ 1977, 103f.; DE JONG [1987] 2004, 51, mit Stellensammlung Anm. 26 S. 259; vgl. 509n.), hier nach der Frontbildung und dem Anmarsch (383– 401) auf den Anfang neuer Kämpfe, den Zweikampf zwischen Aias und Hektor (402–439), wobei Hektor als der Angreifer hervorgehoben wird. An 4 von 22 Belegstellen steht der Akk. prṓton zur Bez. des ersten Opfers (11.420, 12.191, 16.399; im Nom. 17.597), an den übrigen Stellen wie hier der Nom. mit Bezug auf den – meist erfolgreichen – ersten Aggressor in einer neuen Kampfphase, von dem erzählt wird (mit Aias: 6.5, 12.378, 13.809). Daß der so eingeführte Held eine Niederlage erleidet, bleibt die Ausnahme (so nur noch Ares im Götterkampf 21.391ff.; 13.502 ist der Angreifer Aineias zwar erfolglos, wird aber nicht verwundet). Die prṓtos-Formel steigert hier also die Spannung, indem sie zunächst die Erwartung weckt, daß Hektor siegen wird; durch die Enttäuschung dieser Erwartung wird dann (wie bei Ares in 21.391ff.) wiederum Hektors falsche Einschätzung des Risikos unterstrichen, wie sie sich schon in seiner Herausforderung an Aias in 13.824–832 gezeigt hat (zur Selbstüberschätzung Hektors vgl. auch schol. bT zu 14.402). Αἴαντος … φαίδιµος Ἕκτωρ: Weil Aias der stärkste noch unverwundete Gegner unter den Achaiern ist, hat ihn Hektor herausgefordert (13.824–832) und greift ihn jetzt an. Da er lange nicht mehr erwähnt worden war, steht sein Name hervorgehoben am Versanfang, derjenige des eben noch erwähnten Angreifers (390) am Versende; zu dieser ungewöhnlichen Stellung des Genetivs als Zielkasus bei einem Eigennamen mit ἀκόντισε (vgl. 8.118, 13.516, 14.461, 15.429: keine EN; Iteratverse: Nom. am VA) DÜNTZER 1872, 129; FAESI; BAKKER 2005, 13, mit einem Vergleich von 17.304, wo nach ἀκόντισε am VE δουρὶ φαεινῷ steht. Zum formelhaften VE φαίδιµος Ἕκτωρ 388n.

403 Lanze: die in hom. Kampfszenen am häufigsten verwendete Waffe (Statistik bei STOEVESANDT 2004, 112f.; s. auch FOR2 44a). τέτραπτο πρὸς ἰθύν: Aias hatte Hektor den schildbewehrten Rücken zugekehrt und sich ihm nun zugewandt, eine Haltung, wie sie in der Erzählung über die erfolgreiche Abwehr der Troer durch die Achaier zu erwarten ist (NIENS 1987, 168 Anm. 2). ἡ ἰθύς bed. ‘gerade Richtung’ (6.79n.); der Achaier steht dem Troer also ‘in die gerade Richtung, gerade entgegen’. Diese Lesart einiger Papyri hat eine Parallele in ἀν᾿ ἰθύν ‘geradewegs gegen die Strömung’ in 21.303 (WEST, app. crit.), während im Text der Vulgata, πρὸς ἰθύ οἱ (Neutr. des Adjektivs ἰθύς), die Stellung des Dativs des Enklitikons οἱ zum Präverb πρός ganz ungewöhnlich wäre (LEAF; CHANTR. 2.132; anders JANKO zu 402–408, der aber keine Parallele mit einem Enklitikon anführt). — οὐδ᾿ ἀφάµαρτεν: davor zu erg. καὶ βάλε, 402 ἀκόντισε: zur augmentlosen Form R 16.1. 403 ἔγχει, ἐπεί: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — οὐδ(έ): steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8).

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mit dem es 11.350, 13.160, 21.591, 22.290 einen rhetorisch Polaren AusdruckP bildet, wenn es wie hier einen wirkungslosen Treffer bezeichnet, d.h. wenn die Waffe an der Rüstung abprallt (404–406n.; JANKO zu 402–408; KELLY 2007, 155 Anm. 1; allg. Lit. zu diesem Ausdruck 3.59n.). Die negative Aussage, betont am VE, weist auch darauf hin, daß es sich nicht um einen der Lanzenwürfe handelt, bei denen das Ziel verpaßt und ein anderer getötet wird (ἀκόντισε, wie in 402, kombiniert mit positivem ἁµαρτάνω z.B. 4.490f., 8.118f., 13.516/518; ohne ἁµαρτάνω 14.461 u.ö.; KELLY a.O. 155).

404–406 Die Stelle, an der Hektors Lanze Aias trifft, wird außerordentlich aufwendig beschrieben (FRIEDRICH 1956, 37; vgl. die Detailliertheit, mit der manche Verwundungen geschildert werden: 6.9–11n.): Sie ist vorn auf der Brust des Kämpfers, über die die Tragriemen des Schwertes und des Schildes gespannt sind und – zu erg. – wo sie sich kreuzen, da sie über die rechte bzw. die linke Schulter geführt werden (2.388–389n., 2.45n.; 18.479–480n.; LORIMER 1950, 182; NIENS 1987, 168 mit Anm. 2; JANKO zu 402–8). Man hat sich Aias wohl mit nackter Brust vorzustellen, vielleicht mit einem Untergewand, jedenfalls ohne Panzer, mit dem Langschild, seiner typischen Schutzwaffe (18.193n.), auf dem Rücken – ähnlich wie der angreifende Kämpfer bei einer Löwenjagd auf einem mykenischen Dolch dargestellt ist und wie der große Kämpfer Aias auch sonst in der Ilias erscheint (vgl. 11.545: Aias wirft den Schild auf den Rücken und wendet sich zur Flucht; ein Panzer wird nie erwähnt): LORIMER a.O.; zu den Schilden 2.388– 389n.; SNODGRASS (1967) 1984, 17 Abb. 3. 21–26; zum Fehlen des Panzers schon schol. bT zu 406. Aus der Zeit vor 1450 v. Chr. fehlen in ganz Griechenland sichere Hinweise auf den Gebrauch von Panzern, woraus man geschlossen hat, daß sie nicht nötig waren, weil die Langschilde ausreichenden Schutz boten. Aus späterer myk. Zeit sind metallene Panzer belegt, wie sie im Orient auch schon viel früher verbreitet waren (TRÜMPY 1950, 32; SNODGRASS a.O. 20f. 32–35. 38; CATLING 1977, 83–87; BUCHHOLZ 2010, 222f.). Die detaillierten Angaben zur Trefferstelle hier entsprechen der Bedeutung der beiden Kämpfer und ihrer Auseinandersetzung (402–439n., 406n., vgl. 412n.) und heben die Wucht und damit die Qualität von Hektors Wurf hervor: nur zwei Tragriemen übereinander können Aias vor einer Verletzung bewahren, während in 12.401ff. schon Sarpedons einzelner Tragriemen widerstandsfähig genug ist (WEST 2011, 296, zu 403; der Mythos von Aias’ Unverwundbarkeit wird hier nicht vom Erzähler zur Erklärung herangezogen; er ist viell. auch erst nachhom.: JANKO zu 402–8; vgl. 16.793– 804n. zu Patroklos); gleichzeitig weist der Widerstand der Riemen darauf hin, daß Hektors Wurf doch zu schwach war, und kündigt wohl so dessen Niederlage und die Schilderung der erfolgreichen Zurückdrängung der Troer an (NIENS 1987, 168).

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404 ≈ 12.401. — τῇ … τετάσθην: bestimmt die Trefferstelle zu dem zu ergänzenden καὶ βάλε (403n.): FAESI. — τελαµῶνε: man hat an einen Anklang an Aias’ Epitheton Τελαµώνιος gedacht (JANKO zu 409–12; WHALLON 1969, 11. 65f., hebt die Verbindung von Τελαµώνιος mit τελαµών hervor; zum Epitheton 409n.); es ist nicht auszuschließen, daß es dem Erzähler bei der Wahl der Trefferstelle u.a. um dieses Wortspiel ging (404–406n.).

405 Silbernägeln: Silbernägel befestigen den Überzug des Griffes an der Klinge und bestehen aus festerem Metall mit einem Beschlag der Köpfe aus Silber. Schwerter mit Silbernägeln hat man in Gräbern aus myk. Zeit (15. Jh.) und aus dem 7. Jh. (Zypern) gefunden. Lit.: 2.45n.; FOLTINY 1980, 237 (mit Abb. 46 a. b). 268f. und Taf. XXIIIe; KARAGEORGHIS 1967, 38. 43 mit Plate XLV Nr. 95; KILIAN-DIRLMEIER 1993. σάκεος: allg. Schildbezeichnung (3.335n.). — φασγάνου ἀργυροήλου: ἀργυρόηλος ‘mit silbernen Nägeln (beschlagen)’ ist ein Epitheton bei Begriffen für ‘Schwert’ (immer am VE): bei φάσγανον noch in 23.807 (Akk.) und bei der metr. Variante ξίφος 7× Il., 4× Od. (2.45n. mit Lit.; 1.190n.). Da einerseits das daktylische φάσγανον auf die allg. myk. Bez. für ‘Schwert’ pa-ka-na /phasgana/ zurückzugehen scheint (MYK s.v. φάσγανον) und nachhom. nur poetisch belegt ist (LSJ s.v.) und auch das Epitheton ἀργυρόηλον viell. sehr alt ist und myk. Wurzeln hat, und da andererseits Schwerter mit Silbernägeln aus der Zeit zwischen dem 15. und 7. Jh. v. Chr. bisher nicht gefunden worden sind (s.o.), könnte das VE φάσγανον ἀργυρόηλον eine altererbte Formel für Schwerter sein, die in der hom. Zeit schon lange nicht mehr in Gebrauch waren (der Gen. auf -ου hier mit Hiatkürzung wäre eine jüngere Bildung: JANKO zu 402–408; allg. zu nachmyk. -ου RIX [1976] 1992, 138f.): 2.45n.; LfgrE s.v. ἀργυρόηλος mit Lit.; KIRK zu 2.45; LATACZ (1985) 2003, 64f.; skeptisch KARAGEORGHIS 1967, 267f. (die fünf gefundenen Exemplare in Zypern könnten für Kontinuität und Bekanntheit des Dichters mit solchen Schwertern sprechen).

406 nach der Zäsur C 2 = 22.291. — Wut: Zorn als Reaktion des Angreifers auf einen Fehlschuß (der Gegner ist nicht oder nur unwirksam getroffen) wird auch in 13.165 (Meriones) und 16.616 (Aineias) und wie hier mit Bezug auf Hektor in 22.291 hervorgehoben. Der Ärger gründet jeweils auf der Tatsache, daß nur wenig fehlte, daß ein durchaus guter Wurf den Gegner entscheidend getroffen hätte (hier 403, vgl. 407), und auf dem Verlust einer Lanze (die zweite ist hier in 419 erwähnt, während in 22.291ff. Hektor erkennen muß, daß er über keine mehr verfügt; zur Bewaffnung mit zwei Lanzen 3.18n.). Entsprechend der Bedeutung 404 τῇ: ‘auf dem Wege, wo’ (Demonstrativum zu πῇ, hier relativisch: R 14.5). — ῥα: = ἄρα (R 24.1), ebenso in 407. — δύω τελαµῶνε: Nom. Dual (R 18.1). — στήθεσσι: zur Flexion R 11.3. — τετάσθην: ‘gespannt waren, sich spannten’: 3. Dual Plpf. Med.-Pass. zu τείνω. 405 ὅ … ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — σάκεος(ς), ὅ: zur Prosodie M 4.6 (zudem Zäsurstelle); zur unkontrahierten Endung von σάκεος R 6. 406 τώ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4. — τώ: Nom. Dual von ὅ, mit demonstr.-anaphor. Funktion (R 17). — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1), ebenso 407. — ῥυσάσθην: 3. Dual Aor. Pass. zu ἔρυµαι (↑). — χώσατο: ingressiv.

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Hektors für Troia (402–439n.) signalisiert der Zorn hier auch sein Bewußtsein, wie folgenreich sein mißglückter Schuß sein könnte. Dem troischen Anführer war es schon gelungen, ins Schiffslager einzudringen (12.–14. Gesang); nun hat er die Chance vertan, Aias, den Besten unter den kämpfenden Achaiern (den zweitbesten aller Achaier nach Achilleus), der sich immer wieder als der Stärkere erwiesen hat (7.268ff., 13.190ff., wie auch später: 17.715ff.), obwohl er ungedeckt war, zu töten, und hat ihn statt dessen mit seinem Angriff gereizt (schol. b und T zu 406). Während es dem erfolglosen Angreifer an den beiden genannten Stellen im 13. und 16. Gesang gelingt, sich unversehrt zurückzuziehen, wird Hektor bei seinem Rückzug denn auch tatsächlich zur Zielscheibe des Gegners: Aias tötet ihn fast (408ff.). Lit.: LfgrE s.v. χώοµαι 1293.25ff.; FENIK 1968, 125; PADUANO/MIRTO zu 402–448; KELLY 2007, 322 Anm. 1; zum Verhältnis zu 22.291ff., der Schilderung von Hektors Tod, s. 402–439n. ῥυσάσθην: 3. Dual Aor. Med. zu ῥύοµαι (thematisch, mit schwundstufiger Wurzel *u̯ ru-e/o-) bzw. ἔρυµαι (athematisch, mit Vollstufe in der Wurzel: *u̯ er-u-) ‘schützen, bewahren’; Lit. zur Formenvielfalt dieses Verbums 24.499n.; LIV s.v. *u̯ er- (S. 684f.). — τέρενα χρόα: Nomen-Epitheton-Formel, immer im Akk. und nach der Zäsur B 1 (noch 4.237, 13.553, Hes. Th. 5, Op. 522). χρώς bed. ‘Haut, Körper’ (14.163–164a n.). τέρην ‘zart’ (3.142n.) wird in der Ilias als Epitheton von χρώς i.S.v. ‘verletzlich’ gebraucht, von der Gefährdung im Kampf (vor allem durch Geschosse) wie hier noch in 13.553, ähnlich wie λευκός in 11.573, 15.316 und wohl λειριόεις in 13.830 sowie ἁπαλός vom Hals in 3.371 (s.d.): LfgrE; JANKO zu 402–8 u. 13.830–2. — χώσατο: χώοµαι bezeichnet im Gegensatz zu χολοῦσθαι öfter den Zorn einer FigurP über den eigenen, das Ansehen beschädigenden Fehler, so wie hier über einen unwirksamen Schuß (s.o.) oder – wie im Falle Agamemnons – über die folgenreiche Herabsetzung des eigenen besten Kämpfers (1.244): CAIRNS 2003, 29f.; zum Ansehen 1.159–160n. 407 = 22.292; 2. VH ≈ Hes. Th. 182; nach der Zäsur C 2 = Il. 5.18, 11.376, 16.480. — βέλος ὠκύ: formelhafte Junktur, an verschiedenen Verspositionen: nach A 4 (5 × Il.), nach C 1 (1× Il.), am VE (1× Il., 1× Od.); vgl. das ähnlich klingende ὀξὺ βέλος nach A 3 (2× Od.). — ἐτώσιον: ‘wirkungslos, erfolglos’ (18.104n.), wahrscheinlich mit urspr. anlautendem ϝ, das hier wohl den Hiat nach ὠκύ überbrückt (DELG s.v. ἐτός; Hiat an der Zäsurstelle wäre allerdings möglich). — ἔκφυγε χειρός: VE-Formel (s. Iterata), stets in Verbindung mit einem Ausdruck für ‘vergeblich’ (ἅλιος, ἐτώσιος), in der Ilias nur von Geschossen.

408 = 3.32, 11.585, 13.566, 13.596, 13.648, 16.817, ≈ 13.165, 13.533. Mit dem Formelvers wird der Rückzug eines Kriegers in den Schutz seiner Heeresgruppe bezeichnet (409, 13.567, 13.650 apiónta/-os ‘davongehend’), nachdem er sich durch einen Angriff exponiert hat (zu der Ausnahme 3.32 s.d.; zu den während des Massenwurfkampfes aus der Front hervorspringenden Vorkämpfern, den próma407 ὅττι: = ὅτι (R 9.1). — ῥα (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — ἐτώσιον: prädikativ. 408 ἑτάρων: = ἑταίρων.

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choi, allg. 3.16n.). Der Rückzug gehört zur Taktik des prόmachos-Kampfes und wird als vernünftige Entscheidung gewertet: 11.189, 11.354, 16.656f., vgl. 22.137ff. (LATACZ 1977, 131f.; KIRK zu 3.32; PAGANI 2008, 395): Er erfolgt, weil nach einem erfolglosen Angriff (oft auch nach dem Verlust eines Lanze wie hier; 402–439n., 11.585, 13.165f., 13.532f., 13.564–566, 13.647f.; zum speziellen Kontext in 16.817 s.d.) und/oder nach einer Verwundung (11.584f., 13.595f.) das Risiko bei Fortsetzung des Kampfes zu groß würde (die Wendung kḗr aleéinōn ‘versuchte den Tod zu vermeiden’ weist auf die große Gefahr hin: NEAL 2006, 101). Die Formel suggeriert deshalb die jeweilige Übermacht der Gegner des Kämpfers: Wenn er nicht verwundet ist (wie hier), wird er meistens auf dem Rückzug mit tödlichen Folgen angegriffen (13.566/573ff., 13.648/654, 16.818ff./ 855), was somit auch hier zu erwarten ist und die Spannung der Hörer steigen läßt (402–439n.; zu 3.32 s.d.; beim erfolgreichen Rückzug des Meriones in 13.165, 13.533 wird bezeichnenderweise nur eine verkürzte Formel verwendet). Entsprechend der Tendenz der Ilias, die Troer als die schwächeren Kämpfer erscheinen zu lassen, werden insgesamt mehr Troer als Achaier auf dem Rückzug dargestellt, sei es mit dem vorl. Formelvers (noch 3.32, 13.566, 13.596, 13.648ff.) oder mit anderen Worten (z.B. 11.446ff., 16.813, 17.129ff.; vgl. 17.30ff.; 16.308n.). Daß gerade Hektor öfter zurückweichen und Schutz im troischen Heer suchen muß (hier, 11.189, 11.354, 16.656f., vgl. 22.137ff.), spiegelt die exponierte Stellung des Anführers als stärksten troischen Kämpfers und seine Verbundenheit mit seinem Heer (die er erst im 22. Gesang verliert). Zur Formel LfgrE s.v. χάζοµαι 1989.4ff.; FENIK 1968, 140; speziell zu Hektor kurz STRASBURGER 1954, 103; RINON 2008, 102. ἔθνος: ‘Heerhaufen, Menge’ (3.32n.). — κῆρ(α): ‘Tod(esschicksal)’: 2.301–302n. — ἀλεείνων: de conatu, mit finalem Nebensinn (3.32n.). Verben mit dem Stamm ἀλ-εϝ-/ ἀλ-υ ‘vermeiden, entkommen’ werden naturgemäß oft mit κῆρα (1× auch mit θάνατον) verbunden, so v.a. in der Formel ἀλεύατο κῆρα µέλαιναν (3.360 = 7.254 = 11.360 = 14.462, s.d.) oder in Junkturen mit flektiertem ἀλύσκω (4× Il., 8× Od.), wobei 15.287 – die Feststellung, Hektor sei nach seiner Ohnmacht dem Tod entronnen: ἐξαῦτις ἀνέστη κῆρας ἀλύξας – wie ein Echo der vorl. Stelle wirkt, sowie 1× mit ἀλυσκάνω (Od. 22.330): Stellen im LfgrE s.vv. ἀλεείνω, ἀλέοµαι, ἀλύσκω, ἀλυσκάνω. 409 1. VH bis zur Zäsur A 4 = 5.36, 8.125, 8.317, Od. 9.398, 14.420, ‘Hes.’ Sc. 332, 424; ≈ Il. 1.440, 18.389, Od. 7.275, 15.367, 15.478 (τὴν µ. ἔ.), Il. 11.323 (τοὺς µ. ἔ.), 11.229 (τὰς µ. ἔ.); vgl. Il. 24.719 (s.d.). — 2. VH = 11× Il.; von der Zäsur C 1 an 9× Il. (s.u.). — ἀπιόντα: ἀπιέναι ist im hom. Epos fast nur im Partizip und meistens zur Bezeichnung eines Rückzugs verwendet (wie hier noch 13.567 und 13.650 nach der Formel 408 [s.d.]). Das Verb kann eine Umwendung des Kämpfers, der den Rücken dem Gegner zudreht (13.650ff.), oder den Rückwärtsgang implizieren (13.566ff.); auf letzteres weist hier die

409 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); Obj. zu βεβλήκειν (412).

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Verwundung auf der Brustseite (412) und die Tatsache, daß Hektors Schild nach seinem Sturz auf ihn fällt (419): schol bT zu 409; AH; SAUNDERS 1999, 354f. mit Anm. 30. — µέγας Τελαµώνιος Αἴας: VE-Formel. µέγας ist ein generisches Krieger-EpithetonP (2.653n.; BISSINGER 1966, 17, der auch auf die Baumgleichnisse hinweist, vgl. 414n.); zu Aias’ Größe, die wohl auf einer traditionellen Vorstellung von übermenschlich großen Helden beruht, 3.229n. Τελαµώνιος ist fast ausschließlich ein Epitheton von Aias (neben der VE-Formel noch 13× Il. nach der Zäsur B 1, 4× Il. nach der Zäsur C 1; nur 3× von Aias’ Halbbruder Teukros; zum Gebrauch als Epitheton AITCHISON 1964, 134; ANSELMI 1998, 89–110). Es ist mit dem Zugehörigkeitssuffix -ιος gebildet und dürfte urspr. ein Appellativum sein, das man später als Patronymikon empfand und dazu den Namen Τελαµών als Bezeichnung für Aias’ Vater bildete (8.283, 13.177, 17.293, 17.284, Od. 11.553, ‘Hes.’ fr. 250 M.-W.): LfgrE s.v. Τελαµών mit Lit.; Eust. 995.15; vgl. 6.5n.; zum Alter der Mythen um Telamon WILAMOWITZ 1884, 246; AITCHISON 1965, 135; ANSELMI a.O. 112f.; WILLCOCK 2004, 54. Das Appellativum wird allg. von τλῆναι ‘tragen’ abgeleitet und als ‘Träger’ verstanden (zu τελαµών, mit dem Suffix -µών eines nomen agentis: FRISK s.v.; RISCH 53), aber verschieden gedeutet: (1) als ‘Schildträger, Schild tragend’ (Aias wäre nach seinem typ. Langschild mit dem Schildriemen benannt, der ihn hier rettet; Eust. 995.15; AITCHISON a.O. 135; WHALLON 1969, 11; ANSELMI 1998, 114f.); oder aber (2) als ‘(Himmels)Träger, Pfeiler’, ähnlich wie der ebenfalls zu τλῆναι gebildete Name Atlas, eine Bezeichung, die zu Aias’ riesenhafter Größe paßte (VON DER MÜHLL 1930, 35f., v. KAMPTZ 257f.; als Hypothese bei LfgrE, FRISK, BEEKES s.v. τελαµών; vgl. auch den möglicherweise von derselben Wurzel gebildeten Namen Tantalos).

410–411 2. VH von 410 ≈ 15.391, 15.685; 411 bis zur Zäsur C 2 ≈ 13.579; bis A 3 ≈ 13.617. — Steinblock: Sonst folgt auf die in 408 verwendete Formel für den Rückzug eines Kämpfers ein Lanzenwurf (PADUANO/MIRTO zu 402–448); der Stein hier hat ein Potential als besonders gefährliche Waffe und weist auf Aias’ Kraft hin, wie er sie schon einmal gegen Hektor gezeigt hat (7.268ff., 15.11; NEAL 2006, 25; zur Steigerung 402–439n.; vor allem die Stärksten benutzen Steine als Waffen: 16.411n.; allg. zum Kampf mit Steinen, der meistens Verwundungen und den Tod nach sich zieht, 3.80n.). Durch die Verletzung mit dem Stein wird der Anführer der Troer außer Gefecht gesetzt und kommt dem Tod nahe (412ff.). Das Motiv ‘Stein’ bezeichnet somit die Zurückdrängung der Troer vom Schiffslager (354–522n.) so wie ihr erfolgreiches Eindringen unter Hektor (12.445ff.: Hektor bricht das Tor ein); an die Nähe des Kampfes zu den gefährdeten Schiffen, deren Aufstellung in 14.30ff. geschildert worden war, erinnert die Herkunft des Steines als Schiffsstütze (410f.; STANLEY 1993, 155; WEST 2011, 296).

410 τά: in der Funktion eines Rel.-Pron. (R 14.5); zum Plural ↑. — πολλά: prädikativ, ‘in großer Zahl’. — θοάων: zur Flexion R 11.1. — ἔχµατα: prädikative Apposition zu τά, ‘als Stützen’. — νηῶν: = νεῶν (R 12.1). 411 πάρ: = παρά (R 20.1). — ἀείρας: = ἄρας.

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χερµαδίῳ, τά … ἔχµατα … | … ἐκυλίνδετο, τῶν ἓν ἀείρας: Der Plural τά in der Parenthese (ἔχµατα dazu prädikativ) nimmt den in χερµαδίῳ enthaltenen Gattungsbegriff auf und entspricht οἷα wie ἅ in Od. 12.97; vgl. Od. 13.223 (AH; K.-G. 1.55). Lit. zur constructio ad sensum allg. 16.281n.; sie ist wohl als Merkmal mündlichen Sprechens zu beurteilen (vgl. 75n.). τῶν ἓν ἀείρας führt den angefangenen Satz weiter (Anakoluth) und nimmt mit τῶν auf τά in der Parenthese Bezug; es ist eine Variante von formelhaftem τῶν ἕν᾿ ἀειραµένη am VA in 293, Od. 15.106. — θοάων: häufigstes EpithetonP von Schiffen (1.12b n.). — ἔχµατα: Das schon im Myk. bezeugte Neutr. /ekhma/ ‘Tischstütze’ zu ἔχω muß allg. ‘Stütze’ bedeuten (RISCH 49; DMic s.v. e-ka-ma-te-qe; in 12.260 von Bastionen, 13.139 eines Felsens), hier zur Aufrechthaltung von Schiffen, wozu neben Felsbrocken wie hier auch Balken, ἕρµατα, dienen (1.486n.; LfgrE; Steine als Stützen von Schiffen: Hes. Op. 624–626).

412 Hektor wird, während er sich hinter erhobenem Schild rückwärts zurückzieht, vorne an der Brust unter dem Schlüsselbein verwundet (SAUNDERS 1999, 354f.). Wie bei Hektors Wurf wird in der detaillierten Beschreibung der Trefferstelle hervorgehoben, wie knapp Aias sein Ziel (hier den Hals) verfehlt hat; dies sowie die Beschreibung der Wucht des Wurfes in 413ff. lassen Aias’ Treffer, obwohl er nicht tödlich ist, als ‘Meisterleistung’ erscheinen (FRIEDRICH 1956, 37; ähnl. WINTER 1956, 123; vgl. 404–406n.). Die Erwähnung des Halses, der meistens tödlich verletzt wird (5.657, 7.12, 20.455 u.ö.), antizipiert vielleicht in einer Steigerung gegenüber der Verletzung am Hals beim zeremoniellen Zweikampf gegen Aias (7.262) Hektors Tod durch Achills Schuß durch die Kehle (22.324ff.; ProlepseP; NEAL 2006, 121f.; zu den Verletzungen am Hals s. die Tabelle in STOEVESANDT 2004, 388ff.). βεβλήκειν: Das Plpf. wird öfters, z.B. auch 4.492, 5.66, Od. 22.258, prägnant gebraucht, wenn das Ergebnis schon als vorliegend dargestellt werden soll: ‘schon hatte er getroffen’ (SCHW. 2.288). Die Lesart mit ny ephelkystikon vermeidet einen Hiat (WEST 1998, XXVI; app.crit.). — ὑπὲρ ἄντυγος: zum (ledernen) Schildrand 6.117–118n. — ἀγχόθι: mit der gleichen Bed. wie ἀγχοῦ, ‘nahe’; hier Präp. mit Gen. (LfgrE s.v. ἄγχι 106.8ff.).

413 1. VH ≈ 11.147. — kreiselgleich: Die Wirkung des Wurfs wegen der Wucht des Steins wird durch die einzelnen Bewegungen des Getroffenen in ihrer Abfolge hervorgehoben und durch einen VergleichP (413) und dann durch ein GleichnisP (414–417) verdeutlicht (FAESI zu 415; SCOTT 1974, 41). Getroffen vom Stein (412), dreht sich Hektor um seine Achse und taumelt umher (413), wohl schwindlig, genau wie ein von Hand oder von der Peitsche angetriebener Kreisel, der dann kurz “vor dem Umfallen eine torkelnde Bewegung” macht (ERBSE [2000] 2003, 142 Anm. 15; ähnl. KURZ 1966, 25); danach fällt der Kämpfer wie ein Baum (414–417n.). – Der Kreisel ist ein schon im Alten Ägypten belegtes Spielzeug; ein

412 δειρῆς: zum -η- nach -ρ- R 2. 413 στρόµβον … ὥς: = ὡς στρόµβον. — περὶ … ἔδραµε: zur sog. Tmesis R 20.2.

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spätgeometr. Exemplar weist Rillen für die Peitschenschnur auf (LASER 1987, 98f. mit Abb. 38d). – Bewegungen werden oft durch Vergleiche anschaulich gemacht (z.B. auch 11.546, 12.385f., 15.679ff.: COFFEY 1957, 119; SCOTT 1974, 82), und die Wucht eines Geschosses oder eines Fußtritts kann auch sonst etwas zum Drehen bringen, so den Rumpf des toten Hippolochos (11.147, mit ähnlichem Wortlaut in der 1. VH), ein abgeschlagenes Haupt (13.204, ebenfalls mit einem Vergleich mit einem Spielzeug, einem Ball) oder Patroklos’ Augen (16.792, s.d.). Deswegen ist wohl auch nicht an eine Drehbewegung des Steins zu denken (KURZ a.O. 25 Anm. 32; zurückhaltender JANKO: “a spinning stone seems more natural, but the order of events favours applying the image to Hektor”; anders schol. bT; FRÄNKEL [1921] 1977, 56); das Bild vom taumelnden Hektor unterstreicht eher die Ohnmacht des Opfers und trägt – zusammen mit den vorausgegangenen Motiven ‘Wirkungslosigkeit des Wurfes’ und ‘Rückzug’ (406n., 408n.), Stein als Waffe und Trefferstelle nahe am Hals (412n., vgl. 410–411n. zum Stein) und der folgenden Schilderung des Sturzes (414–417n.) – dazu bei, den bevorstehenden Tod des Helden erahnen zu lassen (FAESI: vgl. auch 11.354, wo Hektor nach Diomedes’ Schuß auf den Helm sich auf die Erde stützen muß, bevor es ihm schwarz vor Augen wird). στρόµβον: zu στρέφω, ‘Kreisel’ (LfgrE). — ἔσσευε: kausativ: ‘versetzte in (kreiselnde) Bewegung’ (LfgrE s.v. σεύοµαι, ἔσσευα 99.2). — περὶ δ᾿ ἔδραµε: parataktisch, als Folge der drehenden Bewegung, mit Subjektswechsel (von Hektor): ‘lief ringsum, beschrieb laufend einen Kreis’, wie der Kreisel, also ‘taumelte rundum’ (LfgrE s.v. δραµεῖν; AH; FAESI; KURZ 1966, 25).

414–417 Nachdem Hektors erste Reaktion, sein Taumeln, mit einem Kreisel in Bewegung verglichen worden ist (413n.), wird nun mit einem Baum-GleichnisP mit mehr statischen Elementen veranschaulicht (PADUANO/MIRTO zu 402–448), wie bedeutsam der erst nachher geschilderte Fall des troischen Anführers ist (418– 420). Bäume, die gefällt werden, stehen öfters in Gleichnissen und einmal in einem VergleichP für fallende Kämpfer, die wie hier an der Brust oder am Kopf verwundet worden sind und deshalb das Bewußtsein verloren haben (436ff.; 16.482–486n.; ACETI 2008, 119 Anm. 274). Das vorl. Baumgleichnis veranschaulicht somit, wie gravierend die Verwundung ist, und verstärkt die Erwartung des Publikums, Aias’ Angriff werde tödlich sein (vgl. 402–439n., 406n., 408n., 410– 411n., 412n., 413n., 419–420n., 421n., 422n.; KRISCHER 1971, 73; JANKO; NEAL 2006, 118). Einzelne Motive unterstreichen die Dramatik der Stelle, an der der Beste der Troianer aus dem Kampf ausgeschaltet wird: die Eiche, der stärkste Baum (414n.), der Blitzschlag, verursacht vom höchsten Gott (414n.) und der tiefe Schrecken eines Beobachters (415–417n.).

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414 Zeus: Daß ein Baum vom Blitz des Zeus gespaltet wird, findet sich auch ‘Hes.’ Sc. 421f. Der Blitz ist sonst im fgrE Zeus’ Waffe gegen ungehorsame Götter (8.405/419, 15.117, 21.198, Hes. Th. 690ff., 846ff.) und gegen Menschen (8.133, Od. 5.128, 24.539, h.Ven. 288, v.a. auf Odysseus’ Schiff: Od. 5.131f., 7.249/ 12.387, 12.416/14.306, 23.330f.); vgl. auch oben 386n. Zu Zeus als Gewittergott FG 24; idg. und oriental. Parallelen bei WEST 1997, 115; 2007, 168. 238–251. Zum ererbten Epitheton ‘Vater’ 3.276n. – Der Blitz des Zeus als Ursache für das Fallen des Baumes stellt eine Steigerung gegenüber der Axt der Menschen dar, die in anderen Gleichnissen die Bäume fällt (4.482–487, 13.178–180, 13.389–391 = 16.482–484): Die erschreckende Waffe des Gottes verdeutlicht die furchtbare Wucht von Aias’ Steinwurf (KRISCHER 1971, 73; zwei aind. Parallelen für den Vergleich von getöteten Kämpfern mit Bäumen, in die Blitze einschlagen, bei WEST 2007, 495). Wegen dieser durch verschiedene Details noch betonten Wirkung (414–417n.) ist nicht anzunehmen, daß mit Zeus’ Blitz ironisch auf die Passivität des Himmelsgottes, seinen Schlaf, verwiesen wird, die Aias erst den Sieg ermöglicht (ERBSE [2000] 2003, 144 mit Anm. 20, gegen JANKO ZU 414–7: solche Assoziationen würden ablenken); er mag aber an die furchtbare Wirkung von Poseidons blitzgleichem Schwert erinnern (386n.; WHITMAN 1958, 136). — Eiche: Unter den mächtigen Bäumen, die auf die Stärke und Größe der Helden weisen (16.482–486n.), ist die hier ausschließlich genannte Eiche am härtesten und daher am schwersten zu fällen (KRISCHER 1971, 73; JANKO a.O.); sie verkörpert Widerstand wie im Gleichnis für die zwei Heere im Ansturm (398n.), das hier wohl assoziiert wird (JANKO a.O.), und entspricht dem stärksten der troischen Kämpfer (ELLIGER 1975, 94). Daß Zeus gerade eine Eiche trifft, die tatsächlich besonders anfällig für Blitze ist, entspricht der Verbundenheit idg. Gewittergötter mit Eichen (WEST 2007, 240 mit Anm. 9. 242. 248; NAGY [1974] 1990, 195–197) und dürfte nicht als paradox empfunden worden sein (ähnlich ERBSE [2000] 2003, 144, gegen JANKO a.O.). ὑπὸ πληγῆς: ὑπό bed. ‘unter der Einwirkung von’ (SCHW. 2.528; vgl. 16.384n.). Die Lesart πληγῆς einiger Hss. und Papyri (app.crit.) entspricht besser als ῥιπῆς ‘Anstoß’ der (wie in 15.117 Δ∆ιὸς πληγέντι κεραυνῷ und Hes. Th. 855, 857) indirekten Einwirkung des Zeus’ durch einen Blitz (WEST 2001, 228f.; anders JANKO zu 414–7). — ἐξερίπῃ: Im thematischen Aor. ist (ἐξ)ερείπω intransitiv und bed. ‘(heraus)fallen von’, sehr oft von stürzenden, fast immer tödlich getroffenen Kriegern (16.310–311n.; zur Stellung im Vers 16.319n.); in einem Baumgleichnis auch 13.389, ferner von Bäumen in 21.243/246, ‘Hes.’ Sc. 421 (s.o.): LfgrE s.v. ἐρείπω; vgl. 15n.

415–417 Wie in anderen Gleichnissen (z.B. 4.275, 8.559, 21.346f.) verdeutlicht die Reaktion eines Beobachters (416) auf das Naturereignis die Stimmung (SEVERYNS 414 ὅθ’: ὅτε + Konj. bei Homer auch ohne Modalpartikel (R 21.1). — ἐξερίπῃ: 3. Sg. Konj. Aor. zu ἐξερείπω (↑).

Kommentar

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1948, 161; ERBSE [2000] 2003, 143); hier gleicht sein heftiges Erschrecken bei einem Blitzeinschlag dem Schock über den Fall des troischen Anführers (FRIEDRICH 1982, 123; ERBSE [2000] 2003, 143; vgl. andere zusätzliche Motive bei Baumgleichnissen, die das Pathos erhöhen: 16.482–486n., 17.53ff., 18.56f.: MUELLER [1984] 2009, 106). Der Schrecken wird noch unterstrichen durch die Bild-Elemente, daß die Eiche ganz in der Nähe gestanden hat (417) und völlig entwurzelt ist (415) und der Schwefelgestank enorm ist (415n.), während die Erinnerung an Zeus, verkörpert im gefährlichen Blitz, das Gleichnis ringkompositorisch einrahmt (414, 417): JANKO zu 414–7; ELLIGER 1975, 94. Der Schrecken ist so groß, daß der Einschlag dem Beobachter jede Zuversicht nimmt (416; schol. A), der einzige Hinweis auf die mögliche Stimmung der Troer bei Verwundung und Fall Hektors (WINTER 1956, 123; SCOTT 1974, 70f.; FRIEDRICH 1982, 123); vgl. die Wirkung einer (tödlichen) Verwundung auf die Umgebung in der Erzählung, z.B. in 16.290, 16.508f. (s.d.) und 16.548–553 (s.d.): KURZ 1966, 23. 415 Schwefel: Blitze werden im hom. Epos mit Schwefelgeruch verbunden. Der stechende Gestank beruht aber eigentlich auf Ozon; als Folge eines Blitzeinschlags auch in 8.135 und bei Odysseus’ Schiff in Od. 12.417/14.307 erwähnt (LfgrE s.v. θέειον; LILJA 1972, 199; zum Schwefel allg. 16.228n. mit Lit.). πρόρριζος: zu ῥίζα ‘Wurzel’ und πρό- mit der ererbten Bed. ‘fort, weg (von)’ wie lat. pro-fundus ‘grundlos’ (WACKERNAGEL [1924] 1928, 238): ‘entwurzelt’; ebenfalls in einem Gleichnis, am VA, prädikativ und proleptisch zu einem Verb des Fallens und mit klangähnlichem VE (ὁρµῇ; dazu FOR 25) in 11.157 (LfgrE; AH); hier in emphatischem Enjambement. Der entwurzelte Baum ist ein Kontrast zu den fest verwurzelten, jedem Widerstand trotzenden Eichen als Bild für standhafte Kämpfer in 12.132–134. — δεινὴ … ὀδµή: δεινή emphatisch nach der Zäsur A 4; eine klanglich ähnliche Formulierung u.a. in 2.41 (s.d.). 416 αὐτῆς: Als bloßes anaphorisches Pron. der 3. Pers. in obliquen Kasus ist αὐτός im fgrE noch selten: 1.4n. — περ: verstärkt die Negation wie in Od. 8.212 (DENNISTON 482; BAKKER 1988, 278). — θράσος: Subjekt von ἔχει (‘erfüllt’), bed. ‘Mut’ wie das sonst in der Ilias ausschließlich belegte θάρσος (6.126n.); zum Schwanken ρα/αρ G 15. Nur in att. Prosa wird zwischen θάρσος ‘Mut’ und θράσος ‘Tollkühnheit, Unverschämtheit’ unterschieden (WEST zu Hes. Op. 319; LSJ s.v. θράσος). — ὅς κεν ἴδηται: ebenso am VE 17.93, 17.100, 18.467. Ausführlich zur syntaktischen Einbettung BECHERT 1964, 102f. 417 2. VH ≈ 21.198; nur Δ∆ιὸς µ. 5.907, 17.409, Od. 4.27, 11.255, 11.268, 16.403, Hes. Op. 4. — χαλεπός: ‘schlimm, gefährlich’, wie in 21.335 von einem Sturm (LfgrE s.v. χαλεπός 1104.37ff.; AH), in Sekundärer FokalisationP (Perspektive des Beobachters; JANKO zu 414– 415 γίνεται: = γίγνεται; Vollverb, δεινή steht attributiv zu ὀδµή. 416 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); Obj. von ἔχει, nimmt ὅς vorweg. — κεν: = ἄν (R 24.5). — ἴδηται: Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23). 417 ἐών: = ὤν (R 16.6). — µεγάλοιο: zur Flexion R 11.2. 418 κονίῃσιν: zur Flexion R 11.1.

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17). — δέ: häufig kausal (1.10n.; K.-G. 2.275), hier wie oft nach χαλεπός in solchen eingeschobenen Begründungen; dient als metrische Variante zu γάρ (z.B. 5.391, 19.80; RACE 2000, 221 Anm. 34). — Δ∆ιὸς µεγάλοιο κεραυνός: nimmt πληγῆς πατρὸς Δ∆ιός aus 414 wieder auf und erinnert nochmals an Zeus’ Macht. κεραυνός ‘Blitz’ ist vielleicht ursprünglich der Name eines idg. Gewitter-Gottes, dessen Funktion Zeus übernahm (LfgrE; WEST 2007, 243f. mit Lit.).

418 ≈ 4.482; ‘Hes.’ Sc. 365; 2. VH ≈ 5.583, 5.588, 13.617, 16.741. — Die Bewegung des Fallens überhaupt (16.310–311) und der Staub stehen oft im Zusammenhang mit Menschen, die tödlich verletzt zu Boden stürzen (16.289–290n.); dadurch wird wie mit seinem Taumeln (413n.) Hektors Tod suggeriert (NEAL 2006, 118; vgl. 414–417n.). ἔπεσ᾿ … ἐν κονίῃσιν: Flektiertes πίπτω (und Komposita) wird sehr oft mit der Junktur ἐν κονίῃσι(ν) formelhaft verbunden (6.453n., 16.289n.). — ὦκα: Dies ist die Hauptlesart; sie ist besser als Aristarchs ὠκύ, das weder zu µένος paßt noch als Adverb belegt ist (JANKO zu 418–420). — µένος: bed. ‘Energie’; in Verbindung mit dem Gen. Ἕκτορος wird es oft (16.189n.) zur Umschreibung des Eigennamens gebraucht, aber hier wohl nicht rein formelhaft, sondern es ist mitgemeint, daß Hektor bei seinem Sturz sein Bewußtsein verliert (BÖHME 1929, 86; CHADWICK 1996, 192).

419–420 Der Fall der Waffen und der Rüstung wiederholt fast den Sturz und unterstreicht die Wucht des Steinwurfs. Das Loslassen der Lanze, der Fall und Widerhall der Rüstung sind typisch für einen tödlich getroffenen Kämpfer (s. Iteratverse) und lassen erneut Hektors Tod erwarten (KURZ 1966, 28). 419 2. VH ≈ 13.543. — entfiel: Ebenso lassen tödlich Verwundete (naturgemäß) etwas los, so in 17.298f. (den Fuß des toten Patroklos) und in Od. 22.83f. (das Schwert): LfgrE s.v. βάλλω 28.7f. — Lanze: die zweite, die er noch nicht geworfen hat (406n.; AH). ἔκβαλεν: ἐκβάλλω, hier mit Gen. χειρός, bedeutet wie in Od. 17.490, 19.362 (von Tränen) ‘fallen lassen’ (LfgrE s.v. βάλλω 27.71ff.). — ἑάφθη: nur hier und im Iterathalbvers; Herkunft und Bed. waren schon in der Antike umstritten; meistens als ‘fiel herunter’ verstanden (MEISTER 1921, 110 mit Anm. 2; JANKO zu 13.541–3; als Hypothese bei LfgrE s.v. ἀφθῆναι). ἑάφθη: Überwiegend als schwundstufiger Aor. von der Wurzel *sengu̯ - erklärt, mit der vielleicht ἰάπτω ‘werfe hinab’ und dt. ‘sinken’ gebildet sind: ‘fiel herunter’ (MEISTER 1921, 110 mit Anm. 2; als Hypothese bei DELG a.O.; LIV a.O.). Neuer Versuch von MEIER-BRÜGGER 1989a, 91–93. 95f. Anm. 1–7, mit Doxographie (ihm folgend LfgrE s.v. ὀµφή; DELG Suppl. s.v. ἐάφθη; als Möglichkeit bei LIV s.v. *sengu̯ h [S. 532]): schwundstufiger Aor. Pass. *ἔµφω < *sénku̯ ho, dt. singen,‘ wurde zum Klingen gebracht’ (von Schild und Helm, die beim Fall klirren).

420 1. VH = 13.544; von der Zäsur A 3 an = 12.396, 13.181, ‘Hes.’ Sc. 423; 2. VH = 6.504; ≈ 4.226, 10.322, 10.393, h.Ven. 13. Der Vers fehlt u.a. im Venetus A und in mehreren Pap. (app.crit.) und könnte auf einer Konkordanzinterpolation aus 13.544 und 12.396/13.181 be420 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — τεύχεα: zur unkontrahierten Form R 6.

Kommentar

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ruhen; er wird deswegen von WEST und JANKO (zu 418–420) athetiert. Lautes, hallendes Geräusch der Rüstung eines Fallenden (sonst nach einem tödlichen Treffer), ein verbreitetes Motiv, wird auch mit der Formel ἀράβησε δὲ τεύχε᾿ ἐπ᾿ αὐτῷ hervorgehoben (10× Il., 1× Od.): LfgrE s.v. ἀραβέω. — ἀµφὶ … οἱ: ‘rings um ihn’ (FRITZ 2005, 96); ἀµφί bei Geräuschverben bezeichnet “oft einen Widerhall”, hier das Dröhnen (LfgrE s.v. ἀραβέω 1164.66ff.). — βράχε: 3. Sg. Aor eines defektiven Verbs der Bed. ‘erdröhnte, krachte’; zum onomatopoet. Aor. 19.13n. — τεύχεα ποικίλα χαλκῷ: VE-Formel (s.o.). τεύχεα, immer im Pl., bed. ‘Rüstung’ (3.29n.), ποικίλα χαλκῷ ‘kunstvoll mit Bronze verziert’, d.h. mit Bronzebeschlägen (6.504n.).

421–439 Entsprechend der Bedeutung des Geschehens werden Hektors Bergung und sein Zustand anschaulich und ausführlich geschildert (FRIEDRICH 1982, 123; NIENS 1987, 170). Es ist normal, Verwundeten beizustehen, sie zu schützen und für ihren Abtransport zu sorgen, indem sie bis zum Wagen gestützt oder getragen werden (FENIK 1968, 113. 145; VAN WEES 1996, 16. 64 Anm. 42; STOEVESANDT 2004, 232, mit Anhang 4; KELLY 2007, 296f.; zu entsprechenden Stellen in aind. Lit. WEST 2007, 486). Für ihren Anführer zeigen die Troer eine besonders eindrückliche Umsicht, “Solidarität und Disziplin” (STOEVESANDT a.O. 232). Es wird allerdings auch deutlich, daß aus heutiger Sicht meistens nur geringe Hilfe geleistet werden konnte und Wasser (435f.; 11.829f.) und frische Luft genügen mußten (TZAVELLA-EVJEN 1983, 186; SALAZAR 2000, 138f.; das Motiv des Wassers nimmt Machaons Wundversorgung von 6f. auf: STANLEY 1993, 155; ärztl. Hilfe: 4.190ff., 13.213, vgl. 11.514f.). Hektors Entfernung vom Schlachtfeld unterstreicht seine Niederlage und läßt Schlimmes vorausahnen (22.136ff.; KeimP; RINON 2008, 102f.); die Hilflosigkeit des Anführers, der getragen werden muß, entspricht dem Zustand anderer verwundeter Troer (Sarpedon: 5.663ff.; Deïphobos: 13.533ff.) und steht im Gegensatz zu dem der verletzten Achaier Agamemnon (11.264ff.), Diomedes (11.397ff., vgl. 5.111ff.), Odysseus (11.487ff.), Machaon (11.517f.) und Eurypylos (11.592ff.), die sich selbst zu den Wagen schleppen (nur der Achaier Teukros wird in 8.334 getragen; NEAL 2006, 99). Die Enjambements (423, 424, 430) und die Sätze, die über das Versende hinauslaufen (425f., 427ff.), malen vielleicht die Hektik nach dem Sturz des troischen Anführers.

421 bis zur Zäsur C 2 ≈ Od. 10.323; 1. VH ≈ 4.506, 5.343, 17.213, 17.317, 18.160, ‘Hes.’ Sc. 451; 2. VH ≈ Il. 22.369. — aufschreiend: Im Glauben, Hektor sei tot (422n.), erheben die Achaier ein Triumphgeschrei, wie Kämpfer sonst, die Gegner getötet haben und die Leichen zu sich ziehen (4.506, 17.316 im Formelvers). Sie eilen herbei, wie nach der tatsächlichen späteren Tötung Hektors (22.369; NEAL 2006, 118), und es entbrennt ein Kampf wie um eine Leiche (422n.; NIENS 1987, 421 µέγα (ϝ)ι(ϝ)άχοντες: zur Prosodie ↑. — µέγα: Adv. — υἷες Ἀχαιῶν: ist Apposition zum demonstrativen, vorausweisend-präsentierenden Pronomen οἵ (R 17). — υἷες: zur Flexion R 12.3.

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170). Die schrillen Schreie der Achaier stehen im Gegensatz zum Klirren von Hektors Waffen (418–420, s.dd.) und führen die akustischen Signale weiter, die die Bedeutung von Hektors Fall, der dem eines Toten gleicht, seiner Ohnmacht und seiner Erholung unterstreichen (fortgesetzt von stöhnenden Lauten, 432, von schwerem Atem 15.10 [viell. auch 436, s.d.], schließlich von Hektors schwacher Stimme 15.246ff.): KRAPP 1964, 80. 270. 304. 335. µέγα ἰάχοντες: Ein Digamma im Anlaut verhindert oft den Hiat und längt mitunter die vorhergehende Silbe (hier von µέγα, sonst auch von σµερδαλέα; vor ἰάχω auch 18.160 [s.d.] u.ö.): WILLCOCK. Zur Junktur µέγα/µεγάλα + ἰάχω und ihren Varianten 18.158b– 160n.; zu µέγα 4n., 147n. und zu ἰάχω 148–149n. — υἷες Ἀχαιῶν: 106n.

422 2. VH ≈ 12.44. — Hoffnung: Der Erzähler läßt die Erwartung der Figuren, Hektor sei tot (später, 15.286–289, explizit von Thoas geäußert) und man könne ihm die Rüstung abnehmen, von den Hörern teilen, erhöht so die Spannung und klärt die Situation erst 423f. mit einer Negation und dann noch deutlicher in 432 auf (s.d.): KRAPP 1964, 304; DE JONG (1987) 2004, 65. 261 Anm. 54; zur Spannungssteigerung schon schol. bT zu 14.424; vgl. auch Hektors eigene Einschätzung, 15.251f.; zur Spoliierung und zum hohen Wert erbeuteter Rüstungen 6.28n. und 16.500n. ἐλπόµενοι: von einer falschen Annahme auch 3.112 (s.d.). — ἐρύεσθαι: wohl Inf. Fut. ohne intervokalisches σ wie in 22.67 (CHANTR. 1.451f.). — θαµειάς: prädikativ, ‘in dichter Folge’, und emphatisch vor αἰχµάς im Enjambement wie in 12.44 (HIGBIE 1990, 56); zur Wortbildung 19.383n. 423 ποιµένα λαῶν: sc. Hektor; zur Formel s. 22n. 424 οὐτάσαι: ‘aus der Nähe treffen und verwunden’ (128n.), im Gegensatz zu βαλεῖν wie in der VE-Formel βεβληµένοι οὐτάµενοί τε (4× Il.) u.ö. (TRÜMPY 1950, 92; LATACZ 1977, 205). — πρίν: weist auf das eben Gesagte zurück: ‘zuvor’ (AH). — περίβησαν: περιβαίνω bed. meistens ‘sich schützend über bzw. um einen Verwundeten oder Gefallenen stellen’, so über Patroklos’ Leichnam 17.6, 80, 137, 286 oder die verwundeten Teukros 8.331 und Hypsenor 13.420 (LfgrE s.v. βαίνω 19.72ff.; vgl. 16.321 στὰς πρόσθεν [s.d.]). — ἄριστοι: ‘die Besten’, d.h. die Führungsschicht (3.250n.).

425–426 Der Bedeutung Hektors gemäß wird, wie bei der Bergung von Sarpedons Leichnam in 16.535f. (s.d.), die Elite der Troer und ihrer Bundesgenossen namentlich genannt (ähnlich schol. bT zu 424; LOSSAU 1989, 394). Die fünf entsprechen etwa den Anführern der fünf Heeresgruppen, die beim Sturm auf die Schiffsmauer in 12.84–107 erwähnt werden, aber Paris und einige andere fehlen, darunter Helenos (13.593ff.) und Deïphobos (13.527ff.), beide verwundet, und die von Idomeneus getöteten Helden Asios und Alkathoos (13.396ff., 13.427ff.). Die vermin422 ἐλπόµενοι (ϝ)ερύεσθαι: zur Prosodie R 4.4. — ἐλπόµενοι: = ἐλπίζοντες. 423 τις(ς) ἐδυνήσατο: zur Prosodie M 4.6 (zudem Zäsurstelle). 424 πρίν: Adv.

Kommentar

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derte Zahl der besten Kämpfer, die ihren verletzten Anführer schützen, läßt somit die Verluste der Troer deutlich werden (SHEPPARD 1922, 144; PADUANO/MIRTO zu 402–448; JANKO; ACETI 2008, 87; WEST 2011, 296). 425 ≈ 16.535; 2. VH ab der Zäsur C 1 ≈ 11.59, 13.490, 15.340, 21.579; vgl. 21.545. — Der Vers ist nach dem Gesetz der wachsenden Glieder gebaut (29n.). — Polydamas … Aineias … Agenor: troische Unteranführer (16.535–536n.). δῖος: 3n.

426 ≈ 2.876. — Sarpedon: zum Anführer der Lykier 2.876n., 16.419–683n. — Glaukos: zweiter Anführer neben Sarpedon (2.867n., 6.119n., 16.492n.). In 12.387–391 wird erzählt, wie er beim Ansturm an die Mauer von Teukros am Arm verwundet wird, zurückspringt und sich ins Heer zurückzieht. Da er später unter Schmerzen Apollon bittet, ihm seine Wunde zu heilen, um Sarpedons Leichnam retten zu können (16.508–526), scheint es merkwürdig, daß die Verletzung hier nicht erwähnt und Glaukos unter den Anführern aufgezählt wird, die Hektor schützen. Man hat an eine Nachlässigkeit des Dichters (JANKO zu 425f.; ACETI 2008, 88 mit Anm. 192) oder an einen späteren Einschub gedacht (LEAF; WEST 2011, 64. 296; Vorschlag, zu athetieren: s. app.crit. u. AH Anh.). Die Bitte des sterbenden Sarpedon an Glaukos, seine Spoliierung nicht zuzulassen (16.491ff.), setzt aber voraus, daß dieser auf dem Schlachtfeld präsent geblieben ist, wohl um die anderen anzuspornen, wie die verwundeten achaiischen Anführer (128–131, 130n., vgl. 379f.). Die Wunde am entblößten rechten Arm (12.389), die den Lykier hindert, die Lanze zu betätigen (16.520), ist nicht so gravierend, daß er nicht ebenso wie die anderen mit dem linken Arm den Schild über Hektor halten kann (WILLCOCK; REICHEL 1994, 261 Anm. 8; die Umstände sind also, anders als ACETI a.O. meint, nicht gleich wie bei Sarpedons Tod).

ἀµύµων: sehr häufiges generisches EpithetonP von Personen (1.92n.); konventionell als ‘untadelig’ verstanden, aber wahrscheinlich i.S.v. ‘vortrefflich’ (6.22–23n.).

427–428 den andern: “die gewöhnlichen Kämpfer” (AH), was die gemeinsame Aktion aller Troer zum Schutze ihres Anführers unterstreicht (421–439n.). — Schilde: Verwundete und Getötete werden normalerweise durch Schilde geschützt, etwa 4.113, 5.297/300, 8.272, 8.330f., 17.7, 17.132 (KELLY 2007, 396; SHEAR 2000, 30. 175 Anm. 21). 427 τῶν τ᾿ ἄλλων: Zenodots τ(ε) entspricht der additiven Funktion besser als das überwiegend überlieferte δ(έ) (WEST, app.crit. u. 2001, 229). — ἀκήδεσεν: ἀκηδέω, nur noch 23.70: Denominativum zu ἀκηδής ‘sorglos’ (24.417n.): ‘vernachlässigen, sich nicht kümmern’; der Aor. auf -εσ- entspricht demjenigen anderer solcher Denominativa wie αἰδέοµαι, ἀκέοµαι, τελέω (LfgrE; RISCH 308).

427 τίς (ϝ)ε᾿ ἀκήδεσεν: zur Prosodie R 4.5 bzw. 5.2; ἑ(ο) = αὐτοῦ (R 14.1).

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428 ἀσπίδας εὐκύκλους: ebenfalls am VA 5.453 und 12.426 (letzterer Vers von WEST athetiert), nach der Zäsur A 3 13.715, im Gen. Sg. als v.l. überliefert in 5.797. Das Epitheton εὔκυκλος bed. ‘mit gutem κύκλος/guten κύκλοι versehen’, d.h. mit wertvollen Ringschichten wie Agamemnons Schild in 11.32ff., oder aber vom Ganzen, ‘wohlgerundet’, vgl. πάντοσ᾿ ἐΐση (3.347n.; LfgrE s.v.; zum Begriff κύκλος BORCHHARDT 1977, 3; zu den versch. Schildtypen 2.388–389n.; zu den Schichten von Schilden 6.117–118n., 18.481n.). — σχέθον: σχεθ- dient als Aoriststamm zum Präsensstamm ἴσχω, mit punktueller Bed. (1.219, gleichfalls vom Schutz durch Schilde 4.113): CHANTR. 1.329; zum Suffix -εθs. auch G 60; 2.303–304n.; 18.211n. 429b–432 = 13.535b–538. Die Verse im 13. Gesang schildern die Bergung des Deïphobos, des Lieblingsbruders von Hektor; sie passen im 13. Gesang vielleicht etwas besser, da der verletzte Troer dort selbst den Wagen besteigt und zur Stadt geht und nicht getragen und dann nur zum Fluß gefahren wird (429/13.535 ἵκεθ᾿, 432/13.538 προτὶ ἄστυ) und da er nicht bewußtlos ist und das Stöhnen leichter vorzustellen ist (432/13.538 βαρέα στενάχοντα): FAESI; WEST 2011, 296. Die dortige Erzählung könnte vielleicht auf die vorl. Szene vorausweisen (LOSSAU 1989, 395). 429 1. VH bis zur Zäsur C 2 ≈ 17.718. — ἐκ πόνου: zum ‘Kampf’ als ‘Mühsal’ 1.162n., 2.401n., 6.77n.; hier räuml. (ἐκ πόνου entspricht ὄπισθε µάχης ἠδὲ πτολέµοιο in 430): LfgrE s.v. πόνος 1447.19ff. 430 2. VH = 7.232, 11.255, 13.536, 15.160, 15.176. — ὠκέας: Pferde-EpithetonP, im Enjambement auch 13.536, sonst in VE-Formel (3.263n., dort auch zur Herkunft aus idg. Dichtersprache). — µάχης ἠδὲ πτολέµοιο: VE-Formel (s.o.); zur synonymischen Doppelung 1.492n.

431–432 = 13.537f. — Wagen: Die Kampfwagen dienen auch zum VerwundetenTransport (2.384n.), z.B. auch dazu, Agamemnon (11.273f.), Diomedes (11.399f.), Odysseus (11.487f.) und Deïphobos (Iteratverse) vom Schlachtfeld ins sichere Schiffslager bzw. nach Troia zu fahren (HELLMANN 2000, 144). — stöhnte: Helden stöhnen vor Schmerzen, wie hier, oder vor Erschöpfung, Trauer oder Zorn (LfgrE s.v. στενάχω), wobei das meist formelhaft ausgedrückt und so als “eher nebensächliches Motiv” behandelt wird (STOEVESANDT 2004, 123); es fällt allerdings auf, daß nur wenige nicht tödlich Verwundete stöhnen (noch Teukros in 8.334 und Deïphobos an der Parallelstelle), wohl ein Zeichen ihrer Schwäche (SALAZAR 2000, 151f.; NEAL 2006, 65f.). Hier ist das Stöhnen das erste Lebenszeichen des troischen Anführers (JANKO zu 427–432; NEAL a.O. 118). 428 αὐτοῦ: von πάροιθεν (427) abh. Gen., ‘vor ihm’. 429 ἀείραντες: = ἄραντες. — ὄφρ(α): ‘bis’ (R 22.2). — ἵκεθ᾿: 3. Sg. Aor. Med. von ἱκάνω ‘erreichen’. 430 οἵ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — ὄπισθε: hier Präp. mit Gen. — ἠδέ: ‘und’ (R 24.4). — πτολέµοιο: zum Anlaut R 9.2; zur Flexion R 11.2. 431 ἅρµατα: zum Plural R 18.2. 432 οἵ: die Pferde (429). — προτὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 5.4. — προτί: = πρός (R 20.1).

Kommentar

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καὶ ἅρµατα ποικίλ᾿ ἔχοντες: ποικίλος ‘kunstreich verziert, bunt’ ist ein EpithetonP von Wagen, auch im Iteratvers und in den VE-Formeln ἐς ἅρµατα ποικίλα βάντες 5.239 / ἀνά θ᾿ ἅ. ποικίλ᾿ ἔβαινον Od. 3.492, 15.145, 15.190 / καὶ ἅ. ποικίλα χαλκῷ Il. 4.226, 10.322, 10.393, h.Ven. 13. Wie die letztgenannte Formel zeigt, weist ποικίλος oft auf Bronzebeschläge hin, bei Auslassung von χαλκῷ ist aber auch denkbar, daß ein Schimmern von Elfenbein oder von unterschiedlichen Hölzern (PLATH 1994, 182) oder aber Malerei gemeint ist (WEST 2007, 470, mit dem Hinweis, daß die Farbe der Wagen auf den myk. Täfelchen oft verzeichnet ist und viell. zur Identifikation der Wagen in der Schlacht beitrug). — φέρον βαρέα στενάχοντα: flektierbare Formel am VE (noch im Iteratvers und 8.334, 13.423, Od. 4.516, 5.420, 23.317; verkürzt Od. 10.76) und nach der Zäsur A 2 (1.364n.). In adv. βαρέα ‘schwer, tief’ ist wohl auch ‘bedrückt’ mitgemeint (LfgrE; KAIMIO 1977, 41).

433–434 = 21.1f., 24.692f. 433 Furt: Die Furt des Xanthos (= Skamander) ist ein topographischer Fixpunkt in der troischen Ebene (2.793n. mit Lit.; 6.4n. mit Lit.; HERZHOFF 2011, 232. 243 Anm. 110; STRAUSS CLAY 2011, 103 mit Anm. 25). Ihre Erwähnung impliziert wohl nicht eine Überquerung, denn sie ist vermutlich ein Teil der Grenze zwischen dem sicheren und dem gefährlichen Bereich, was ihre Rolle außerhalb der eigentlichen Kampfszenen erklärt (24.351n. mit Lit.; WEST 2011, 25), hier möglicherweise auch als Metapher für Hektors Zustand zwischen Tod und Leben (NEAL 2006, 118; zum Skamander als Grenzstation s. auch 24.328n.; HERRERO DE JÁUREGUI 2011, 44 mit Anm. 21; allg. zu solchen Motiven NTHS 46). Zur problematischen Topographie der troischen Ebene s. Appendix (S. 243ff.). ἷξον: thematischer s-Aorist (6.172n.), in Analogie zu ἷξε entstanden (LEUMANN [1953] 1959, 240f.; ROTH [1970–1974] 1990, 80). — ἐϋρρεῖος ποταµοῖο: VE-Formel (s. Iteratverse in 433–434n.; außerdem 6.508, 15.265). Die Gen.-Form des Fluß-Epithetons ἐϋρρεής (ἐΰρροος vom Skamander auch 7.329; LfgrE) ist aus ἐϋρρεέος kontrahiert (WERNER 1948, 43f.).

434 = 21.2, 24.693 (s.d.); ≈ 2.741. — Xanthos: anderer Name für den Fluß Skamander (6.4n.). — zeugte: Die göttliche Herkunft des Flusses (wie aller Flüsse: 201n.) zeigt sich auch in seiner Macht als Schutzgottheit des troischen Landes (6.402–403n.) gegenüber Achilleus im 21. Gesang (vgl. 21.184ff., 21.223, 21.380): PRIESS 1977, 84.

δινήεντος: ‘reich an Strudeln’, generisches Epitheton P wichtiger Flüsse, v.a. in Kleinasien (2.877n.), insges. 8× vom Xanthos/Skamander (21.332 Ξάνθον δινήεντα am VA); zum Formelsystem mit Bezug auf den Skamander RICHARDSON zu 21.1–2. — τέκετο: Der Aor. Med. bezeichnet, wie meist, den Zeugungsakt des Mannes (6.154–155n.).

433 ἷξον: 3. Pl. Aor. Akt. von ἵκω ‘erreichen’ (↑). 434 ἀθάνατος: Anfangssilbe metrisch gedehnt (R 10.1).

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435 Wasser: Daß der Troer Hektor gerade von Wasser aus dem Skamander belebt wird und die Herkunft des Flusses ausdrücklich genannt ist (434), erklärt sich möglicherweise auch aus seiner besonderen Beziehung zu dem Fluß als dem Beschützer der Troas (434n.), Zeus’ Sohn (vgl. 15.12 und 15.242, als Zeus ihn stärkt; zu Hektors Beziehung zu Zeus vgl. auch 22.168ff.); ähnlich wird der verwundete Zeus-Sohn Sarpedon zum Baum des Zeus, einer Eiche, transportiert (5.692f.): SCHRADE 1952, 66 mit Anm.; NEAL 2006, 254. Hektor wird später, als er von Zeus gestärkt wieder in den Kampf zieht, mit einem dahinstürmenden Pferd verglichen, das oft im Fluß badet (15.265): NEAL 2006, 118. ἐξ ἵππων: Plural und Dual von ἵππος stehen bei Homer öfter in der Bed. ‘(von Pferden gezogener) Wagen’ (6.232n.). 436 1. VH ≈ 5.697; 2. VH ≈ Od. 9.146, 19.476. — χεῦαν: Wurzel-Aor. zu χέω (3.10n.). — ἀµπνύθη: Etymologie und Bedeutung von ἀµπνύθη sind umstritten. Die Form gilt überwiegend als medialer schwundstufiger Aor. auf -θη- mit metr. Dehnung zu ἀναπνέω ‘Atem holen’ (nach einer Anstrengung; z.B. in 16.42, 19.227, 22.222). Für das Medium wird wegen der Verwendung von ἀµπνύθη in 5.697 (Sarpedons Verwundung) und von dem medialen Wurzel-Aor. ἄµπνυτο in 11.359 (Hektors Verletzung) und in 22.475 (Andromaches Ohnmacht) eine Entwicklung zur spez. Bed. ‘das Bewußtsein wiedererlangen’ vorausgesetzt (LfgrE s.v. πνέω 1301.8ff. mit Lit.; CLARKE 1999, 139f.). Wegen des Bedeutungsunterschiedes zwischen Aktiv und Medium wird aber auch eine Wurzel πνῡ- ‘bei Bewußtsein, im Vollbesitz seiner Geisteskräfte sein’ erwogen und die Form ἀµπνύθη ‘kam wieder zu Bewußtsein’ u.a. zu πεπνυµένος gestellt (SCHULZE 1892, 322f., LEAF zu 5.697, HARĐARSON 1993, 194f., und LIV s.vv. *pneu̯ - [S. 489] und *pneu̯ H- [S. 489]): zur Diskussion um die Etymologie vgl. auch 24.377n. mit Lit. zu πεπνυµένος. Beide Theorien zur Etymologie der Form gehen wegen der Parallelen auch für die vorl. Stelle davon aus, daß an ein Erwachen aus Bewußtlosigkeit gedacht ist. Man hat eingewendet, ein solcher Zustand passe nicht zu Hektors Stöhnen (432; SAUNDERS 1999, 355f.; so auch WEST 2011, 296, s. 429b– 432n.), das aber medizinisch bei leichterer Bewußtlosigkeit möglich ist. Sicher ist jedenfalls, daß eine Rückkehr aus einer mehr oder weniger großen Benommenheit und nicht ein bloßes Atemholen gemeint ist (SAUNDERS a.O. 356: ‘he started to make sense again’), bevor der Held in erneute Ohnmacht fällt (438–439n.). – Das in den meisten Hss. überlieferte ἀµπνύνθη ist durch eine Analogie zu Formen wie ἐκλίνθη entstanden (app.crit.; CHANTR. 1.404; vgl. 3.78n. zu ἱδρύθησαν). — ἀνέδρακεν: hapaxP; Aor. zu ἀναδέρκοµαι ‘die Augen aufschlagen’ (nachhom.: ἀναβλέπω); die Bed. wird durch den Instrumentalis ὀφθαλµοῖσιν verstärkt (LfgrE s.v. δέρκοµαι; FRIEDRICH 1956, 36).

437–439 Während der Erzähler verletzte Achaier Reden halten oder ihre Wunden behandeln läßt, womit er ihre Tapferkeit betont, stellt er nur troische Helden – Aineias, Sarpedon und Hektor – ohnmächtig und in ihrer Verletzbarkeit und

435–436 µιν: = αὐτόν (R 14.1). — πέλασαν: zu πελάζω (+ Dat.) ‘jmd. einer Sache näher bringen’, hier ‘herablassen auf’. — κὰδ … χεῦαν: κάδ = κατά (R 20.1); zur sog. Tmesis R 20.2. — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — ὀφθαλµοῖσιν: zur Flexion R 11.2.

Kommentar

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Hilflosigkeit dar (Stellen s. 421–439n., 438–439n.; ebenso werden nur die Götter, die auf seiten der Troer sind, Aphrodite und Ares, verletzt gezeigt). Hektor, ohne den Troia nicht überleben kann (15.68–71; deshalb ausführl. Schilderung: Prinzip der ausführlichen DarstellungP), ist in besonders schlimmem Zustand (in noch schlimmerem als Sarpedon und Aineias, die sich schneller erholen, 5.447f. bzw. 5.697f.). Es wird betont, daß er dem Tode nahe kommt (437n., 438–439n.); das Motiv ‘sterbender Hektor’ wird so weiter fortgeführt (BROCCIA 1967, 80–82). So scheint der Held zwischen Tod und Leben zu schweben, bis er in 15.9–11 wieder in den Blick gerät und von Zeus, der unterdessen geschlafen hat, gestärkt wird (242; NEAL 2006, 84. 87. 118f. 125f.; REINHARDT 1961, 208f., zur Entsprechung zwischen 14.346–353 und 432–439: “höhere Art der Ironie”). 437 2. VH ≈ 5.798, 16.667. — Knieen: “erstes Zeichen der zurückgekehrten Lebenskraft” (KURZ 1966, 58). — Blut: Dies deutet auf eine Verletzung der Brustwand hin, die eine Quetschung und Blutung der Lunge mit evtl. Rippenfrakturen verursacht. Das Blut wird dann zum Mund herausgehustet (haemoptysis): SAUNDERS 1999, 355. Die unsichtbare, innere Verwundung infolge eines Steinwurfs, wie sie sonst nur selten und dann mit tödlichen Folgen vorkommt, weist so auf die großen Schmerzen des Troers und auch auf die Bedeutung des troischen Anführers in der Erzählung hin (vgl. 15.60f.; NEAL 2006, 120f.; aind., air. und hebr. Parallelen zu Schilderungen solcher Verletzungen wichtiger Helden bei WEST 2007, 489; Schmerzen von Verwundeten werden auch sonst thematisiert: Agamemnon 11.268–272, Diomedes 11.398: VAN WEES 1996, 7); zum Todesmotiv 412n. ἑζόµενος δ᾿ἐπὶ γοῦνα: ‘sich aufsetzend bis zum Knien’, d.h. er richtete sich aus der liegenden Stellung auf und schaffte es, indem er sich mit den Händen abstützte, bis zum Knien, für das keine griechische Bezeichnung belegt ist (schol. D: διαναστὰς ἐπὶ γόνατα; LfgrE s.v. ἕζοµαι 408.75ff.; KURZ 1966, 58). — κελαινεφὲς αἷµ(α): zur NomenEpitheton-Formel und zur Bed. ‘dunkel’ von κελαινεφές 16.667–668n. — ἀπέµεσσεν: ἐµέω bed. ‘erbrechen, ausspucken’, lat. vomere, vom Blutspucken nach einer Verletzung ebenso von Hektor noch 15.11, ähnlich wie 23.697 αἷµα παχὺ πτύοντα (LfgrE s.v. ἐµέω). Die Lesart ἀπέµασσεν ‘wischte ab’ von Zenodot und einigen Hss. beruht vermutlich auf der gewollten Vermeidung einer für einen Anführer als allzu drastisch empfundenen Beschreibung (vgl. schol. bT zu 437); dagegen spricht aber die Anschaulichkeit (s.o.) und die Wiederaufnahme in 15.11 (JANKO zu 436–7).

438–439 Nacht: Die Nacht, die die Augen umhüllt, ist ebenso wie die Dunkelheit auch sonst eine Metapher für die Ohnmacht, die hier in längere Bewußtlosigkeit übergeht (5.319 von Aineias, 11.356 von Hektor, 22.466 von Andromache; SAUN437 ἑζόµενος: = καθεζόµενος. — γοῦνα: = γόνατα (R 12.5). 438–439 αὖτις: = αὖθις. — κὰδ … ἐκάλυψε: vgl. 435–436n. — δέ (ϝ)οι: 435–436n. — ὄσσε: 236n.

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1999, 356, mit medizinischen Gründen für die Bewußtlosigkeit als Folge auch von Hektors Bewegung); die Nacht steht aber auch für den Tod (16.503n.; BREMER 1976, 42), auf den hier vielleicht vorausgedeutet wird (LOSSAU 1989, 395; LEUZZI 2008, 286; vgl. MORRISON 1992, 125 Anm. 2). ‘Umhüllen’ (und ‘umgießen’: 316n.) steht häufig in Wendungen, die eine Bewußtseinsveränderung umschreiben: 2.19n., 16.316n. DERS

πλῆτο: Gegenstück zum kausativen πέλασαν in 435: Wurzel-Aor. zu πελα-, πλη-, πιλν‘sich nähern, erreichen’ (LIV s.v. *pelh2- [S. 470f.]); die Verbindung des Stammes mit χθονί mit der Bed. ‘auf die Erde fallen, aufschlagen’ (hier dazu ἐξοπίσω) findet sich auch in 23.368 (vom Wagen) und ‘Hes.’ fr. 309 M.-W. und ähnlich mit (ἐπ᾿) οὔδεϊ in 468 (von einem getroffenen Kämpfer) und in 19.92f. (s.d.; dort auch zum Richtungsdativ): LfgrE s.v. πελάζω 1122.18ff.; HARĐARSON 1993, 181. — κὰδ δέ οἱ ὄσσε | νὺξ ἐκάλυψε µέλαινα: Der Satz stellt eine Kombination aus mehreren formelhaften Elementen dar: (1) νύξ mit dem EpithetonP µέλαινα (insges. 10× Il., 3× Od., 4× Hes., 3× h.Merc.; vgl. 24.366n.), (2) den formelhaften Verbindungen von νύξ und καλύπτω (ἀµφὶ δὲ ὄσσε κελαινὴ νὺξ ἐκάλυψεν 5.310, 11.356; τὸν/τὴν δὲ κατ᾿ ὀφθαλµῶν ἐρεβεννὴ νὺξ ἐκάλυψεν 5.659, 13.580, 22.466; außerdem 10.201, 13.425), (3) der Formel τὸν δὲ σκότος ὄσσ᾿ ἐκάλυψεν (519; 6.11n.) und (4) der VE-Formel τὼ δὲ οἱ ὄσσε (19.365–366n.): HIGBIE 1990, 164; 2005, 133–136, zum ganzen Formelsystem. Die Lesart κάδ der meisten Hss. wird von dem ähnlichen κατὰ δὲ σκότος ὄσσ᾿ ἐκάλυψεν in 16.325 gestützt, während Aristarchs τὼ δέ οἱ ὄσσε wohl wie in 16.106 die Apokope (in κάδ) zu vermeiden sucht (JANKO zu 438–9). — βέλος: ‘Geschoß’, d.h. der Stein (410; wie in Od. 9.495 u.a.): LfgrE s.v. βέλος 51.48ff. Der Stein als Geschoß ist Subjekt, weil er als erste konkrete Ursache weiterwirkend gedacht wird (ἐδάµνα Impf.: ‘hielt gefesselt’; AH); ebenso βέλος mit δάµνηµι/δαµάω 5.106, 5.278, ähnl. Od. 22.246 (SCHW. 2.65; CARLSSON 1912, 79; AMMANN 1922, 32f.). — δ(έ): explikativ: “die Wirkung des Steinwurfs [ist] so stark, daß Hektor … erneut zu Boden sinkt” (VON DER MÜHLL 1952, 225). — θυµόν: hier physisch (das Geschoß schwächt Hektors vitale Energie, so daß er nicht aufstehen, geschweige denn kämpfen kann), vgl. νέον δ᾿ ἐσαγείρατο θυµόν in 15.240 bei Hektors Erholung; ebenso bei der Ohnmacht von Menelaos 4.152, von Sarpedon 5.698 und Andromache 22.475 (LfgrE s.v. θυµός 1080.48ff.; BÖHME 1929, 98; SULLIVAN 1995, 55).

440–505 In fünf Einzelkämpfen zeigt sich, wie die Achaier die Oberhand gewinnen. “Nachdem der stärkste Troerheld ausgeschieden ist, wird in den Erschlagungen das stufenweise Ansteigen der achäischen Überlegenheit und Abnehmen der troischen Kampfkraft sichtbar” (WINTER 1956, 124; Hervorhebung: WINTER). Dadurch stellt sich dem Publikum die spannende Frage, wie lange die Troer ohne Hektor aushalten werden (JANKO zu 402–522n.), und es wird der Rückzug der Troer, die Palíōxis, angebahnt (353–522n.). Dabei stehen Einzelkämpfe exemplarisch für den Massennahkampf, wie die Hinweise auf die Menge der Kämpfer in 440, 448, 458, 475, 486, 506 zeigen (WINTER a.O.). Ein Massennahkampf wie hier und 15.474–545, 17.343–369 bedeutet, daß die Prómachoi, die Frontkämpfer

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(3.16n.), zunächst “Mann gegen Mann mit Stoß und Hieb” kämpfen und daß durch Ausweichbewegungen und Fehltreffer (mit Ersatztötungen) sowie Racheversuche Dritter auch die Dahinterstehenden immer mehr in ein Handgemenge geraten (LATACZ 1977, 206–209; das Zitat S. 209). Dargestellt wird ein Kettenkampf, bei dem Achaier und Troer abwechselnd einen Gegner töten, wobei jeder die vorangehende Tötung an dem Täter zu rächen versucht (FENIK 1968, 10; “chain-reaction killings”: JANKO zu 402–522 u. 440–1), wie in 4.457–538, 5.533– 589, 12.378–396, 13.170–205, 13.361–672, 15.419–591, 16.569–632, 17.274–351 (STOEVESANDT 2004, 100 Anm 343; zu den sog. Ersatztötungen 459–464n.). – Hier ist eine symmetrische Kampfkette mit fünf Tötungen aufgebaut: Die Erfolge der Achaier, die ausführlicher als diejenigen der Gegenpartei geschildert werden (JANKO zu 402–522), bilden wie bei anderen Ketten den Rahmen und das Zentrum, was den höheren Opferzahlen auf seiten der Troer entspricht und die Bewegung hin zur Flucht vorbereitet (FRIEDRICH 1956, 24f.; STOEVESANDT a.O. 99f.). Auf (1) eine Art einleitende Schilderung (Aias, Sohn des Oïleus, tötet Satnios, 440–448) folgen je zwei parallele Tötungsszenen: (2) Polydamas tötet Prothoënor (449–458) und (3) Aias, Sohn des Telamon, tötet Archelochos (459–475), – denen die beiden Tötungen (4) von Promachos durch Akamas (476–486) und (5) von Ilioneus durch Peneleos (487–505) entsprechen. Die beiden Szenen-Paare sind durch je eine Ersatztötung (3. und 5. Tötung; JANKO zu 475–8) und die Teilnahme der beiden Söhne des Antenor, Archelochos und Akamas (463n., 464n.), miteinander verklammert, ebenso wie durch Aias’ Tat im Mittelpunkt, die Akamas’ Rache zur Folge hat (die Hervorhebung des Aias entspricht seiner Rolle während des ganzen dritten Schlachttages, 402–439n.). Alle diese Tötungen außer der ersten werden durch Triumphreden miteinander verbunden (454–457, 470–474, 479–485, 501–505; 454–457n.; eine ähnliche Reihe in 13.374–13.630); die Formelverse, die sie abschließen (458, 475, 486, s.dd.), tragen zur Gliederung bei (KRAPP 1964, 317; ebenso die Wiederholungen nach den Klagereden im 24. Gesang [24.746n.]; RitornellkompositionP). Die Art der Verwundungen (an der Lende, der Schulter, im Nacken, am Kopf und spez. am Auge) wird variiert, und die besonders grausame Tötung und der Hohn in der mittleren Szene (459–475) erfahren nochmals eine Steigerung durch die entsetzliche Tat des Peneleos, die zur Flucht der Troer führt (zur Struktur der ganzen Szenenfolge FRIEDRICH 1956, 20. 24f.). Es wird somit demonstriert, wie sich die Achaier mit allen Mitteln durchsetzen (493–500n.). Die Schilderungen grausamer Verwundungen, die fast immer Troer treffen und oft von unsäglichem Hohn der Sieger begleitet werden (MUELLER [1984] 2009, 83; STOEVESANDT a.O. 118), dienen so dazu, die Stärke der Helden in einer gewissen “Ästhetik des Schrecklichen” (LATACZ [1998] 2014, 179) zu zeigen (STOEVESANDT a.O. 122; ähnlich VAN WEES 1996, 39). Sie sind besonders im 13. und 14. Gesang verbreitet; zusammen mit dem hier sehr wichti-

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gen Motiv der Rache (Polydamas rächt Satnios’ Tod, 449; Aias rächt den Tod des in der Nähe stehenden Kämpfers, 459f.; Akamas rächt seinen Bruder Archelochos, 483–485; Peneleos rächt seinen boiotischen Landsmann, 487f.; 459–464n., 470– 475n., 479–485n., 493–500n.) weisen diese Szenen wohl auf die wachsende Brutalität des Kampfes hin, bis mit Patroklos’ Eintritt in den Kampf, seinem Wüten auf dem Schlachtfeld und seinem grausamen Tod, dem Achilleus’ Rache folgen wird, ein Höhepunkt erreicht wird (16. Gesang; MUELLER a.O. 81. 83. 89f. 99). Die wiederholte Verwendung von οὐτάω in 443, 446f. (mit ἐγγύθεν ἐλθών), 476, 489, 493, das ‘aus der Nähe verwunden’ bedeutet (128n.), weist auf die Darstellung eines Massennahkampfes (VISSER 1987, 63 mit Anm. 98). Mit βάλε in 450, ἀκόντισε in 461 und ἔβαλεν in 465 ist ein Wurfkampf aus nächster Nähe gemeint, ebenso wie in den Schilderungen von Nahkämpfen in 17.347 στῆ δὲ µάλ᾿ ἐγγὺς ἰών, καὶ ἀκόντισε und 15.540f. (LATACZ 1977, 180. 182. 207. 209 mit Anm. 102).

440 1. VH ≈ 16.419. — sahen: Das Verbum der Wahrnehmung leitet wie öfters einen Szenenwechsel ein (16.419n.) und unterstreicht nochmals (vgl. 402–439n., 410–411n., 414–417n., 421–439n., 425–426n.) Hektors Bedeutung für die Troer: Durch seine Verwundung und sein Ausscheiden sind die Achaier so ermutigt, daß sie mit neuem Elan auf die Gegner einstürmen, ähnlich wie in 11.284ff. Hektor auf Agamemnons Verwundung hin mit einer Offensive beginnt (440–507n.; Eust. 996.49f.; NEAL 2006, 109); die Troer, deren Reaktion nicht einmal erwähnt wird, werden in die Defensive gedrängt, bis die Achaier die Rückkehr des inzwischen geheilten Hektor bemerken und nun ihrerseits wieder zurückweichen müssen (15.279ff.; WINTER 1956, 124f.; LATACZ 1977, 103f.; NEAL a.O.). νόσφι κιόντα: Die VE-Formel scheint etwas besser in Od. 8.286 (Hephaistos geht weg) und in Il. 11.284 zu passen, wo der im Vergleich zu Hektor weniger stark verwundete, nicht bewußtlose Agamemnon ins Schiffslager wegfährt (AH; JANKO zu 440–1; vgl. 429, 432); da aber Hektors Bewegung weg vom Schlachtfeld und nicht sein Zustand im einzelnen entscheidend für die Wahrnehmung seiner Kampfgegner ist, ist eine Korrektur durch die weniger gut bezeugte Lesart ἐόντα ebenso unnötig wie in 11.284 (WEST app.crit.). 441 = 8.252 (Ermutigung der Achaier durch ein Vogelzeichen); ≈ 15.380 (die Troer halten ein Vorzeichen für günstig); 2. VH von der Zäsur C 1 an = 4.222; ≈ 15.477, 17.103, 17.161, 19.148, Od. 22.73. — µάλλον: 97–98n. — µνήσαντο δὲ χάρµης: flektierbare VEFormel (s.o.; in Sperrung 13.721f., vgl. auch 19.153n.). Zu den häufigen Verbindungen von µιµνήσκοµαι ‘seine Gedanken/Aufmerksamkeit richten auf, denken an’ bzw. dessen Gegenteil λήθοµαι ‘vergessen’ mit χάρµης ‘Kampf-Eifer, Angriffslust’ oder ἀλκῆς s. 6.265n. und 19.147–148n.

442–448 Szene im ABC-SchemaP: Vv. 442f. (A-Teil) antizipieren zusammenfassend das in 446–448 (C-Teil) näher geschilderte Ereignis, während 444f. (der B-

440 κιόντα: Ptz. Aor. Akk. Sg. mask. eines defektiven Verbums mit der Bed. ‘gehen’. 441 θόρον: Aor zu θρῴσκω.

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Teil, s.d.) einen Rückblick, den sog. ‘Nachruf’, auf das Leben des Opfers enthalten. Wie oft, werden der A- und der C-Teil formal durch die Wiederaufnahme eines Stichworts (443/447 óutase ‘stieß’, das gleiche Verbum auch 489/493) ringkompositorisch verknüpft (zum Schema 6.12–19n.; 16.287–290a n., jeweils mit Lit.; zur Verknüpfung 6.9n.; VAN OTTERLO 1948, 42; VISSER 1987, 56). 442 1. VH ≈ 7.162, 8.256, 23.288, Od. 1.113, 8.197, 9.449, 14.220, 17.31, 17.328; 2. VH = 2.527, 13.66, 17.256, 23.473, 23.488, 23.754; ≈ 13.701, 14.520. — allererster: 402n. — Aias: Der sog. ‘Kleine Aias’, der Anführer der Lokrer, tritt meistens zusammen mit seinem ihm überlegenen Namensvetter auf, dem Sohn des Telamon (402–439n.), und wird als Kämpfer vor allem in den Gesängen 12–18 erwähnt, zuvor 13.701ff. und später bei der Flucht der Troer 520 (s.d.). Er wird ambivalent beurteilt (520n.); hier wird sein Kampfeseifer durch seine Nennung als erster Angreifer positiv hervorgehoben (FM 3; 2.527n., 16.330n.); zu seiner Schnelligkeit 520n. πρώτιστος: zur emphatischen Suffixkumulierung 295–296n. — Ὀϊλῆος ταχὺς Αἴας: VE-Formel (s. Iterata); Variante nach Αἴας in der 1. VH Ὀϊλῆος ταχὺς υἱός (13.701, 14.520). Dient als metr. Verlängerung des Namens Aias wie das Patronymikon Ὀϊλιάδης, das in 12.365, 13.203, 13.712, 14.446, 16.330, 23.759 belegt ist (2.527n.). Der Name von Aias’ Vater ist sowohl als ᾿Οϊλεύς (so immer im hom. Epos) als auch als Ἰλεύς (‘Hes.’ fr. 235.1 M.-W.; Il. Pers., Prokl. Chrest. 3 p. 146 West; Stesichoros, Pindar, Inschr.) überliefert; dazu und zur Form Ὀϊλῆος 2.527n. mit Lit.

443 ≈ 5.336, 11.421. — Lanze: 403n. Σάτνιον: Der historisch nicht belegte Name ist wahrscheinlich eine Ableitung mit Kürzung (aus Σατνιοείσιος) von dem Namen des noch 6.34 und 21.87 genannten Flusses Σατνιόεις in der Troas, an dessen Ufer der nur hier erwähnte troische Bundesgenosse als Sohn einer Flußnymphe geboren sein soll (444f.; zur Lokalisation des Flusses 6.34–35n.; zum Namen des Flusses LfgrE s.v. Σατνιόεις; NEUMANN 1999, 276f.; zum PN v. KAMPTZ 302; entschieden für die Ableitung, aber ohne Kürzung, NEUMANN a.O. 277 mit Anm. 17). Ableitungen von Flußnamen mit denominativem -ιο finden sich auch in den Namen Σιµοείσιος (4.474, zu Σιµόεις 21.307) oder Σκαµάνδριος (5.49, 6.402 [s.d.]; v. KAMPTZ 116; SCHERER 1976, 33). — οὔτασε δουρὶ … ὀξυόεντι: Kombination von formelhaftem οὔτασε δουρί (12×, darunter 476, am VE [16.597n.]; 5.336, 11.421 und 16.317 mit Sperrung zwischen dem Versinnern und dem Versende) und ἔγχεϊ ὀξυόεντι (6× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’ am VE; 16.309 im Versinnern): HIGBIE 1990, 174; zur Kombination von Tötungs-/Verwundungsverben mit entbehrlichem δουρί / ἔγχεϊ BAKKER/FABBRICOTTI 1991 (s. auch FOR 44a). ὀξυόεις, ‘scharf’, dient bei Homer vermutlich nur noch als metr. Variante zu ὀξύς (vgl. 5.336, 11.421 οὔτασε(ν) … ὀξέϊ δουρί), hat aber wohl ursprünglich eine andere Bed., ‘aus Buchenholz’ (16.309n.; FRISK; BEEKES s.v. ὀξύα). — µετάλµενος: ἄλµενος ist Ptz. des athemat. Aor. zu ἅλλοµαι (3.29n.); µετάλµενος bed. ‘nachdem er 442 ᾿Οϊλῆος: erg. υἱός (↑); zur Flexion R 11.3. 443 δουρί: zur Form R 12.5.

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nachgesprungen war’ (AH; das würde zu seiner Schnelligkeit passen, 442n.) oder ‘nachdem er auf (ihn) eingesprungen war’ (LfgrE s.v. ἅλλοµαι 547.9f.: wie ἐπάλµενος).

444–445 ‘Nachruf’ (442–447a n.) auf Satnios mit dem typ. Motiv ‘Geburt in ländlicher Umgebung’, in pathoserregendem Kontrast zur Erzählung von der Tötung des Troers. Parallelen und Lit. s. zu 6.21–28, wo der Nachruf assoziativ mit der vorl. Stelle verbunden scheint (der Name eines Opfers, Pedasos, ist als Ortsname mit dem hier erwähnten Fluß Satnioeis in 6.34f. verbunden, 6.22ff. werden ebenfalls eine Wasser-Nymphe und ein Hirte als Eltern genannt): KIRK zu 6.21–2. Ἠνοπίδην … | Ἤνοπι: zur Wiederholungsfigur 2.628n.

444 Enopiden: zur Bed. des in 445 genannten Namens Enops und zu weiteren Belegen 16.401n. — Nymphe: Nymphen sind Göttinnen von bestimmten Gewässern oder sonstigen Lokalitäten (FG 36) und halten sich entsprechend an ihnen auf (24.616n.); daher folgt in der Genealogie des Nymphensohns die präzise Herkunftsangabe (444f.; ebenso 20.390–392, vgl. 2.865): STRASBURGER 1954, 23. Die Abstammung von einer Göttin verleiht einer Figur besondere Bedeutung; ebenso werden Aisepos und Pedasos (6.21f., s.d.) sowie Iphition als Söhne von Quell-/Flußnymphen hervorgehoben (20.382–385): MERZ 1953, 61. Die idyllische Zeugung paßt zu den sonstigen Nachrufen auf Troianer, die weniger heroische Elemente enthalten als die der Achaier (STOEVESANDT 2004, 130f.). Das Motiv ‘Göttin verbindet sich unter freiem Himmel mit einem Hirten’, wird wie hier überwiegend mit Kleinasien, speziell mit dem Ida-Gebirge verbunden; ob das mit troischen Lokalsagen zu tun hat oder darauf zurückzuführen ist, daß es sich bei diesen Geburtsgeschichten ursprünglich um Variationen der Erzählung von Kybeles Verbindung mit einem Menschen handelt, ist unklar (PRIESS 1977, 82; LARSON 2001, 23. 194; allg. zum Bezug der Ilias zu Mythen außerhalb des troischen Sagenkreises NTHS 45; vgl. auch das Motiv ‘junger Mann begegnet als Hirte, auf seinem rite de passage außerhalb der normalen Menschenwelt, dem Göttlichen’, z.B. in Hes. Th. 22ff., 1. Samuel 16.11 und Amos 7.14f. [Hinweis von v. UNGERN-STERNBERG]). Ἠνοπίδην, ὅν: Das Patronymikon im progressiven EnjambementP erleichtert den Anschluß des folgenden Rel.-Satzes (6.13n., mit Lit.). — ἄρα: scheint an die Vertrautheit des Hörers mit der Geschichte von Satnios’ Geburt zu appellieren, möglicherweise suggeriert die Partikel aber nur die Bekanntheit und hebt die Geschichte damit hervor, da Enops wohl keine traditionelle Figur ist; ähnlich läßt wohl ἄρα in Od. 14.449 den Kauf des Schweinehirten Mesaulios durch Eumaios als etwas Vertrautes erscheinen (GRIMM 1962, 30f.). — νηΐς: nähere Bestimmung zu νύµφη: ‘Najade, Quell-/Flußnymphe’ (6.21–28n.). — ἀµύµων: 426n.

445 2. VH ≈ 3.187, 4.475, Od. 6.97, Hes. fr. 343.12 M.-W. — Rinder: Die Angehörigen der Führungsschicht betrieben Landwirtschaft und betätigten sich auch als 444 ἄρα (ν)νύµφη: zur Prosodie M 4.6.

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Hirten. Reiche Bauern konnten aber auch andere anstellen oder Sklaven als Hirten einsetzen wie Odysseus den Schweinehirten Eumaios (RICHTER 1968, 35f.). Junge Männer, die Tiere hüten, werden auch sonst im fgrE genannt: 5.313, h.Ven. 76ff. (Anchises), 15.547f. (Melanippos), 11.106 (zwei Söhne des Priamos, vgl. auch Paris, 24.29n.), Od. 13.222 (Athene gleicht einem solchen jungen Mann), wobei es nicht immer klar ist, ob sie in fremden Diensten stehen (HAUBOLD 2000, 18) oder die Tiere ihrer Familie hüten (vgl. auch Apollons Dienst bei Laomedon, in Il. 21.448 erwähnt; zu altoriental. Mythen von jungen Prinzen als Hirten LARSON 2001, 83). παρ᾿ ὄχθας Σατνιόεντος: παρ᾿ ὄχθας/ὄχθῃσιν ist oft formelhaft mit ποταµοῖο oder einem Flußnamen im Gen. verbunden (am VE: s. Iterata; mit vorangestelltem Gen. 4× Il., 1× ‘Hes.’; vgl. Od. 9.132; am VA Il. 11.499, mit Sperrung 6.34).

446 ≈ 5.72; von der Zäsur B 1 an = 11.396, ≈ Od. 17.71. Ὀϊλιάδης: 442n. — δουρικλυτός: generisches EpithetonP mehrerer Helden zwischen den Zäsuren B 1 und C 2, dem Namen jeweils nachgestellt (16.26n.), möglicherweise kontextbezogen verwendet (443). — ἐγγύθεν ἐλθών: VE-Formel (24.360n.).

447b–448 um ihn: d.h. um seine Leiche (vgl. 16.764). Wie bei anderen Leichenkämpfen, z.B. in 5.297ff., 15.544ff., wird nicht berichtet, ob der Partei des siegreichen Kämpfers die Spoliierung des Gefallenen gelingt, denn nun steht bereits der nächste Angriff, hier auf Prothoënor, im Mittelpunkt (STOEVESANDT 2004, 229 mit Anm. 671; zum Kampf um eine Leiche und die Spoliierung 422n., 16.496n.). 447 ≈ 6.64; 1. VH = 517. — οὔτασε κὰλ λαπάρην: κάλ als apokopierte, an den Anlaut des folgenden Wortes assimilierte Form von κατά, wie im Kompositum καλλείψειν (89), ist wie andere solche Formen alt und wohl äol. Herkunft (SCHW. 1.407); die Lesart mancher Papyri, οὖτα κατά, dürfte deshalb auf einer unnötigen Angleichung an 6.64 beruhen (WEST, app.crit.; VAN DER VALK 1964, 179; JANKO zu 442–8; vgl. 438–439n. zu κάδ). λαπάρη bed. die ‘Lende, Weichen’; zu weiteren Begriffen, welche Verwundungen im Bauchbereich lokalisieren, 16.318n. — ἀνετράπετ(ο): wie in 6.64 mit der Bed. ‘fiel zurück auf den Rücken’ (KURZ 1966, 22). — ἀµφὶ δ᾿ ἄρ᾿ αὐτῷ: am VE noch 3.362 (mit αὐτῇ); am VA 5.299, 17.4. 448 = 2.40; 16.764 (letztere Stelle ebenfalls vom Kampf um eine Leiche). — Τρῶες καὶ Δ∆αναοί: flektierbare VA-Formel (Nom./Gen./Dat.; Stellen: Iteratverse sowie 3.417, 8.431, Od. 8.82). — σύναγον: 148–149n. — κρατερὴν ὑσµίνην: flektierbare Formel für die ‘kraftvoll, wuchtig geführte Schlacht’ (2.40n.; 16.447n.). ὑσµίνη ist hier wie µάχη ‘Kampf’ verwendet; zur Grundbed. ‘Kampfgetümmel’ und zur Bezeichnung eines Handgemenges 16.306n., 18.243n.

447 κάλ: = κατά (R 20.1; ↑).

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449 Polydamas: 425n. Er tritt nur an diesem dritten Kampftag der Ilias in Erscheinung; ein Kampfeinsatz mit einer Tötung wird auch in 15.339, 15.518, 17.600 vermerkt (zu seiner Rolle insgesamt FM 9; 16.535–536n.; 18.249–253n.). τῷ δ᾿ ἐπὶ … ἦλθεν ἀµύντωρ: ἐπί ist Präverb zu ἦλθεν, ‘kam heran’, das in Kampfszenen oft eine neue Person einführt und so eine umständliche Erklärung unnötig macht (KURZ 1966, 122; vgl. die Kürze auch bei der Angabe der Verwundung in 450). Es ist hier mit dem dat. commodi τῷ verbunden und wie in 13.384, 15.540 formelhaft am VE mit prädikativem ἀµύντωρ konstruiert, einem nomen agentis zu ἀµύνω, ‘Abwehrer, Verteidiger’ (entsprechend ἐπίκουρος in 21.431), hier zugunsten eines Gefallenen wie in 13.384 (entsprechend ἀµύνω von der Abwehr einer Spoliierung in 13.464, von Patroklos’ Leiche 17.273, 17.563): LfgrE s.v. ἐλθεῖν 539.45ff.; 545.23ff., 32f., 40ff.; s.v. ἀµύντωρ). — ἐγχεσπάλος: ‘speerschwingend’ (noch 2.131, 15.605), hier, wo Prothoënor verwundet wird (451), wohl kontextbezogen wie oben δουρικλυτός (FRIEDRICH 2007, 107; vgl. 18.249n.); zum Akzent 2.131n.

450 2. VH von der Zäsur C 2 an = 5.46, 5.98, 11.507, 16.343 (s.d.), 22.133, Od. 17.462, 17.504, 18.95, 19.452. — Pánthoos: Polydamas und seine Brüder Euphorbos (16.808) und Hyperenor (516, 17.23f.) sind Söhne des Panthoos, der zum troischen Ältestenrat gehört (3.146n.; FM 9). — traf: einer der vergleichsweise seltenen Erfolge der Troer im Nahkampf mit dem Speer (STOEVESANDT 2004, 113). — Prothoënor: einer der böot. Anführer (2.495), der vom Erzähler wohl für den Schiffskatalog erfunden wurde (2.495n.; KULLMANN 1960, 70). Seine relativ geringe Bedeutung kommt hier u.a. dadurch zum Ausdruck, daß er nur durch den Namen seines Vaters individualisiert wird (451, vgl. 444f.); allerdings wird sein Tod nicht allzu kurz geschildert (2.494–759n. [S. 147]). Boiotische Kämpfer, die als Kollektiv in 13.685 genannt waren, treten im folgenden vermehrt auf (476 Promachos, s.d., 487 u.ö. Peneleos, s.d., 15.329 Arkesilaos, 15.340 Klonios, 17.605 Leïtos); zur Tendenz des Iliasdichters, Figuren nach ihrer Herkunft zusammen zu gruppieren, MARKS 2012, 103; zur Größe des boiotischen Kontingents und zu seiner Rolle 2.494–510n.; SHEAR 2000, 92. 217 Anm. 139. — rechte Schulter: weniger gut durch den Schild geschützt und deshalb oft verwundet, was meistens zum Tod führt (16.289–290n. mit Lit.). Προθοήνορα: sprechender Name der wohl erfundenen Figur (s.o.): bed. ‘den Männern voranstürmend’, als Kompositionsfuge wohl analogisch zu Wörtern des Typs φυγοπτόλεµος [statt φυγε-]): SOMMER 1948, 173; v. KAMPTZ 67. Der Name ist hist. unbelegt, dürfte aber im myk. Namen to-wa-no (vermutl. *Θοϝάνωρ) eine verkürzte Parallele haben (DMic. s.v.; LfgrE).

451 ≈ 13.519. — Areílykos: Der Name ist sonst nur als Name eines Troers in 16.308 verwendet; zu seiner Bildung (bed. ‘durch Ares ein Wolf’ oder ‘im Kampf 450 Προθοήνορα δεξιὸν ὦµον: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). 451–452 δι(α) … | ἔσχεν: ‘drang hindurch’ (zur sog. Tmesis R 20.2).

Kommentar

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ein Wolf’) 16.308n.; zur Mehrfachverwendung von Namen 16.345n. — Schulter: Eine Waffe durchbohrt den Körper meistens mit tödlichen Folgen (452; ebenso dringt sie im Iteratvers und in 15.342 durch die Schulter; 517 z.B. durch die Weichen): 16.309n. ὄβριµον ἔγχος: VE-Formel (auch 498); das Epitheton bed. ‘groß, massig, wuchtig’ (3.357n.). 452 = 13.520; von der Zäsur A 2 an = 11.425, 13.508, 17.315. — ἐν κονίῃσι πεσών: flektierbare formelhafte Verbindung (6.453n.). Zur Schilderung des Sturzes 418n. — ἕλε γαῖαν ἀγοστῷ: Herkunft und Bed. von ἀγοστός waren schon in der Antike unbekannt (Schol. z.St.; LfgrE s.v. ἀγοστῷ; FRISK). Das Wort wird nur in der Ilias in der vorl. Formel und bei hellenist. Dichtern (dort mit der Bed. ‘flache Hand, Ellbogen, Arm’: LSJ) verwendet. Die Formel beschreibt offenbar die Geste eines Sterbenden. Entsprechend anderen Formeln, die den Eintritt des Todes signalisieren, wie ὀδὰξ λάζεσθαι/ἑλεῖν γαῖαν/οὖδας (2.418n.; vgl. auch 5.75, viell. der vorl. Formel nachgebildet) scheint ἑλεῖν als ‘ergreifen, fassen’ und ἀγοστῷ als ‘mit (der zum Fassen gekrümmten, verkrampften) Hand’ vom Iliasdichter verstanden worden zu sein sein; die Vorstellung von einem Sterbenden, der mit der Hand an die Erde faßt, wäre dann die gleiche wie in der Wendung ὃ κεῖτο … κόνιος δεδραγµένος ‘in den Staub gekrallt’ (16.486n.): LfgrE a.O. 453 ≈ 13.413, 13.445, 14.478; jeweils zur Einleitung von Triumphreden (6.66n.). — ἔκπαγλον: adv., mit verblaßter, aber noch spürbarer urspr. Bed. (‘entsetzlich’ i.S.v. ‘einschüchternd’; vgl. 2.222b–223n.). — ἐπηύξατο: von εὐξαµένοιο in 458 wieder aufgenommen; zur Bed. ‘stolz von sich sagen’ 1.91n., 2.160n. — µακρὸν ἀΰσας: VE-Formel (6.66n.); zur Bed. von ἀΰω 147n.

454–457 Triumphreden werden nach der Verwundung oder der Tötung eines Gegners zur Stärkung des Selbstbewußtseins und zur Einschüchterung der anderen Kriegspartei gehalten und richten sich an den Gegner oder dessen Kameraden (PATZER 1996, 174f.; STOEVESANDT 2004, 306f.; allg. zu Triumphreden KYRIAKOU 2001, 271–277). Hier steht die Triumphrede in einer Reihe mit weiteren solchen Reden, in denen jeder den vorhergehenden Redner zu überbieten sucht (470–474, 479–485, 501–505), mit ähnlicher rhetorisch-psychologischer Kriegsführung wie in 13.374–454 (JANKO zu 449–53), wobei die Achaier erneut den stärkeren psychologischen Druck ausüben und zuletzt die Troer in die Flucht schlagen (506ff.; STOEVESANDT a.O. 317; das Verfahren ist agonistisch als Teil des Kampfes und verstärkt den Eindruck des Todes für die Hörer). Die Rede ist sehr sarkastisch (‘Aufnahme’ der Waffe in den Körper 456, ihr Gebrauch als Stütze beim Gang in den Hades 457; schol. bT zu 457), wie andere Triumphreden (auf Troerseite noch 16.617 [s.d.]: der Gegner als Tänzer; auf Achaierseite 13.374ff.: Spott über den Bräutigam, 13.415ff.: der Getötete als Begleiter des anderen Toten, 16.742ff.: Vergleich mit einem Taucher; vgl. auch 17.27f.). Zu 453 Πουλυδάµας: zur metr. Dehnung der Anfangssilbe R 10.1. — µακρὸν ἀΰσας: ‘weithin hörbar’, d.h. ‘laut aufschreiend’.

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solchen Schmähungen, mit denen neben Schimpfwörtern und anderen Herabsetzungen der Gegner verunglimpft wird, s. 6.123–143n.; STOEVESANDT a.O. 324f.; DE JONG zu 22.286. 454–455 nicht fruchtlos: Solche ‘Erfolgsmeldungen’ finden sich nur in Triumphreden von Troianern (Pandaros in 5.103 u. 284, Paris in 11.380, ähnlich Akamas in 482f.), der Partei, die letzlich besiegt wird: “Es ist, als wolle der Dichter den schon durch seine ‘Kameraführung’ erweckten Eindruck verstärken, daß Treffer für die Troianer – und nur für sie – kommentierungswürdige Glücksfälle darstellen” (STOEVESANDT 2004, 329, mit Bezug auf die negative Gefallenenbilanz der Troer). 454 Panthoïden: 450n. Die Verwendung des eigenen Namens (= Tertiäre FokalisationP) ist emphatischer Ausdruck des Selbstbewußtseins; sie findet sich u.a. auch in Hektors Triumphrede in 16.833 (s. die Stellensammlung in 1.240n. und vgl. 16.496n.). οὐ µὰν αὖτ(ε): = 13.414. αὖτ(ε) bed. ‘hinwiederum’, wie 469; gemeint ist die Vergeltung für Satnios’ Tötung und Hektors Verwundung durch Aias (AH; JANKO zu 454–7). — οἴω: dient oft der Abschwächung einer Aussage (‘glaub’ ich’); hier sarkastisches understatement wie auch 456 und in der Triumphrede in 5.350 (KELLY 2007, 363); dazu und zu den wohl nur metrisch genutzten Formvarianten Akt./Med. s. 1.59n. — µεγαθύµου: ‘hochgemut’, generisches EpithetonP von Helden (1.123n.), hier mit viel Selbstbewußtsein (CORLU 1966, 49). Es steht öfter wie hier vor der Zäsur C 2 mit nachfolgendem Patronymikon (16.286n.). 455 1. VH = 23.843, Hes. Th. 692; ≈ Od. 5.454. — χειρὸς ἄπο στιβαρῇς: χείρ wird formelhaft mit στιβαρός verbunden, am VA (s. Iterata), VE (Il. 12.397, 23.711, Od. 4.506, 8.84, 8.189, 18.335, Hes. Th. 715) und im Vers-Innern (Il. 13.505, 15.126, 16.615, 23.686, Od. 12.174, Hes. Th. 675). στιβαρός als Epitheton der Hand bed. ‘muskulös, stark, kraftvoll’, hier wie in den Iterata dynamisch in bezug auf einen Wurf; ebenso παχύς zu χείρ in Il. 21.590, Od. 20.299 (LfgrE s.v. στιβαρός); vgl. auch 13.410 οὐδ᾿ ἅλιόν ῥα βαρείης χειρὸς ἀφῆκεν. — πηδῆσαι: zur rhetorischen ‘Vermenschlichung’ von Waffen (hier wird die Bewegung des Kriegers auf seine Waffen übertragen) 16.75n.; ebenso ἅλλοµαι von einem Geschoß in 4.125 (ALLAN 2003, 230); in der Verbindung mit ἅλιον noch in der Formel ἅλιον βέλος ἔκφυγε χειρός 5.18, 11.376, 16.480 (s.d.; verkürzt 11.380): JANKO zu 402–408. 456 κόµισε χροΐ: ‘nahm in seinen Leib auf’, anscheinend derber Ausdruck der Kriegersprache, “der das passive Erleiden … wie das Verwahren eines Beutestücks umschreibt” (LfgrE s.v. κοµίζω 1480.56f.), im Akt. (ohne χροΐ) noch 463, im Med. in 22.286.

454 µάν: verstärkt die neg. Aussage (R 24.7). — οἴω: = οἴοµαι/οἶµαι; Akt. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Med. R 23. — Πανθοΐδαο: zur Flexion R 11.1. 455 χειρὸς ἄπο: = ἀπὸ χειρός (R 20.2). — ἅλιον: prädikativ, ‘vergeblich’. 456 µιν: = αὐτόν (R 14.1), bezogen auf τις Ἀργείων. — ὀΐω: = οἴω (454n.).

Kommentar

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457 2. VH von der Zäsur C 1 an = 3.322, 7.131, 11.263, 24.246, Od. 9.524, 11.150, 11.627, 23.252, h.Ven. 154; von der Zäsur C 2 an = Il. 6.284, 6.422, 22.425, ‘Hes.’ Sc. 151, Theb. fr. 3.4 West. — Hades: ‘Haus des Hades’ ist eine geläufige Wendung, die den Tod umschreibt (3.322n., 6.19n.); eine plastische Vorstellung ist auch in 13.414–416 faßbar (LEVY 1948, 420f.). Zur im Dt. üblichen Namensform ‘Hades’ (gegenüber hom. ‘Aḯdes’) s. 1.3n., zum mythologischen Hintergrund FG 14. αὐτῷ: emphatisch in Anfangsstellung: ‘auf eben den’ (LEAF). — σκηπτόµενον: zu σκῆπτρον, nur im Ptz. Med., noch Od. 17.203, 17.338, 24.158. Vgl. den Gebrauch von Speeren als Stütze in 38 (JANKO zu 454–7). — Ἄϊδος: zur Form, zum Anlaut und zur Etymologie 3.322n.

458 = 13.417, 14.486. — Rede-AbschlußformelP; leitet zu einer durch die Rede ausgelösten Handlung über (459ff.), hier aus dem gleichen Impuls wie in 1.188 (ähnl. 2.142, s.d.). áchos bezeichnet einen plötzlichen seelischen Schmerz (oft wie hier über den Tod eines Kameraden), verbunden mit Ohnmachtsgefühlen (2.169– 171n.); hier wird das Gefühl hervorgerufen durch die Triumphrede des Polydamas (euxaménoio), der mit seiner überlegenen, spöttischen Haltung seinen Gegnern ihre Niederlage verstärkt bewußt macht (ANASTASSIOU 1973, 56). ἄχος γένετ(ο): Junktur im Vers-Innern, gefolgt von ὀρίνω (459) wie 14.486f. u.ö. (16.508n.). Ähnlich nach einer Niederlage 475 Τρῶας δ᾿ ἄχος ἔλλαβε θυµόν. — εὐξαµένοιο: vgl. 453n.; kausaler gen. obiectivus oder gen. absolutus ohne Subjekt, das aus dem Zusammenhang zu ergänzen ist (ebenso z.B. 5.667, 15.191 zu verstehen möglich; allg. dazu SCHW. 2.400f.).

459–464 Eine Tötung ruft häufig Mitleid, Trauer oder Zorn auf seiten der Partei des Opfers hervor (458f.). Alle Kriegskameraden, nicht nur Verwandte, fühlen sich dadurch mitverantwortlich, den Toten zu rächen (auch 14.486ff.; 16.398n.; CANTARELLA 1979, 226; LENDON 2000, 1–11; STOEVESANDT 2004, 233 mit Lit.), eine Aufgabe, die meist erfolgreich von einem einzelnen Kämpfer als Vertreter übernommen wird (460n.; WILSON 2002, 32). Das häufige Motiv der Rächung bildet so das erzählerische Scharnier vieler Einzelkampf-Schilderungen (458n., 440– 507n.). Dabei wird meistens nicht der Täter, sondern ein beliebiger Gegner getötet, weil der Krieger schlecht gezielt hat (4.489ff., 15.429ff., 17.608ff.) oder weil der Täter (wie hier in 462f. Polydamas) ausweicht (FENIK 1968, 127f.). Dieses Motiv, die sog. Ersatztötung (16.611–612n.), erlaubt so dem Dichter, einen Helden einerseits erfolgreich agierend zu zeigen, andererseits zu ‘schonen’, da er nach dem Handlungsplan (vorerst) nicht sterben kann (BANNERT 1988, 30; STOE457 αὐτῷ: gemeint ist der Speer. — κατίµεν: zur Form R 16.4. — εἴσω (Postposition): ≈ εἰς (vgl. R 20.1–2). 458 ἔφατ(ο): Impf. von φηµί; Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23).

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2004, 233f.). An der vorl. Stelle würde der Tod die wichtige Rolle des Polydamas als Warner vorzeitig beenden (18.249ff.; WEST 2011, 297), weshalb wohl der Held durch die vorl. Ersatztötung verschont wird, was sonst Helden ersten Ranges, unter den Troern Hektor, Aineias und Sarpedon, vorbehalten ist (LOSSAU 1991, 8 mit Anm. 14; s. auch 463n., 470–475n.). VESANDT

459 ≈ 13.418, 14.487, 17.123; VA ≈ 1.16, 1.375, Od. 13.37, 17.500, 21.277. Der Formelvers leitet wie τὸν/τὼ δὲ πεσόντ᾿ ἐλέησεν + Name (5.561, 5.610, 17.346, 17.352) und τοῦ δέ + Name + µάλα θυµὸν ἀποκταµένοιο χολώθη (4.494, 13.660 [16.320n.]) öfter eine Rächungsszene ein (459–464n.): STOEVESANDT 2004, 233 Anm. 688. — Αἴαντι: Die Dat.Endung -ι ist auch sonst im hom. Epos manchmal lang zu messen, oft, wie hier, vor der Zäsur (24.119n.). Die Länge der Endung, die ihre Parallele in der myk. Endung des Dativs auf -ei findet, muß allerdings in Aias’ Namen (noch 15.674, 17.123) nicht sekundär sein, denn sie paßt zu dem vermutlich hohen Alter der Figur des Aias, auf das sein Turmschild (404–406n.), seine Riesen-Gestalt (3.229n.) und die nur für ihn gebrauchte Formel ἕρκος Ἀχαιῶν (1.283b–284n.) weisen: WATHELET 1962, 13; WEST (1988) 2011, 48f. — δαΐφρονι: generisches EpithetonP; bed. urspr. wohl ‘klug’, dann in Verbindung mit δαΐ ‘im Kampf’ gebracht und als ‘kampfesmutig’ interpretiert (6.161–162n.), hier möglicherweise kontextbezogen: Aias ist derjenige, der reagiert (SNELL 1978, 60). — θυµὸν ὄρινεν: θυµὸν ὀριν- ist flektierbare VE-Formel (8× Il., 3× Od., 1× ‘Hes.’). ὀρίνω, urspr. ‘in Bewegung setzen, aufwühlen’, hier wie in dem Formelvers ὡς φάτο, τοῖσι/τῷ/τῇ δὲ/δ᾿ ἄρα θυµὸν ἐνὶ στήθεσσιν ὄρινεν (2.142n.) von der durch die Rede bewirkten Auslösung der Emotion (Wut, Rachebedürfnis); als Subjekt zu ὄρινεν ist der (ἐπ)ευξάµενος zu denken (AH; 458n.).

460 nächsten: Diese Begründung und die Erklärung in 464, warum es gerade Archelochos trifft, rahmen die Tötungsszene und verleihen ihr größeres Gewicht (NICOLAI 1973, 55). Aias handelt repräsentativ für alle Achaier, die von Prothoënors Tod betroffen sind (458; ANASTASSIOU 1973, 56), wobei die Erklärung des Erzählers ungewöhnlich ist (dazu allg. mit Lit. 16.255–256n.): Der übliche Grund dafür, daß ein bestimmter Held einen Gefallenen rächt, ist eine persönliche Bindung freundschaftlicher oder verwandtschaftlicher Art (459–464n.); oft wird auch gar kein Grund genannt (z.B. 13.203, 13.581; s. WEST 2011, 297). τῷ Τελαµωνιάδῃ: Τελαµωνιάδης ist eine Variante zu Τελαµώνιος (zur Wortbildung RISCH 148; zu Τελαµώνιος 409n.). Zu τῷ: Der Name Aias wird mit oder ohne Artikel gesetzt. Es ist umstritten, ob adnominales ὁ/ἡ/τό bei einem Attribut mehr als die Funktion eines Artikels hat; die Verbindung Αἴας Τελαµωνιάδης / Τελαµώνιος kommt auch ohne ὁ vor (16.358n.). Hier dient wohl τῷ zusammen mit dem Patronymikon zur hervorhebenden Unterscheidung von dem 442 (s.d.) auftretenden ‘Kleinen Aias’.

459 ὄρινεν: zur augmentlosen Form R 16.1. 460 τοῦ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); abh. von ἄγχι ‘nahe bei’.

Kommentar

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461 ≈ 13.516; 2. VH = 12× Il. (wovon 9× in den Gesängen 13–17), ferner ≈ 16.399. — wegging: 408n. ἀκόντισε: 403n. — δουρὶ φαεινῷ: VE-Formel, gehäuft in den Gesängen 13–17, meistens mit einem Verbum des Zielens; zu den Varianten 16.284n. mit Stellen und Lit. 462 2. VH = 3.360, 7.254, 11.360; zu Varianten 408n. — ἀλεύατο: zur Form 3.360n. Während ἀλέοµαι/ἀλεύοµαι punktuell ‘einer Gefahr (hier Aias’ Speer) ausweichen’ bedeutet, wird ἀλεείνω durativ i.S.v. ‘eine Gefahr meiden’, sie nicht herankommen lassen, verwendet (408n.): LfgrE s.v. ἀλύσκω 585.20ff. — κῆρα µέλαιναν: VE-Formel (2.859n.); zur Bed. von κήρ als ‘Tod(esschicksal)’ 2.301–302n.; zum Epitheton µέλας, das auf der Vorstellung von einer schwarzen Wolke beruht, die sich über das Bewußtsein der Sterbenden senkt, 2.834n.

463 1. VH = Od. 19.451. — zur Seite: Seitwärts weicht auch Paris in 3.360 aus; zu den verschiedenen Techniken, mit denen Treffer vermieden werden, 16.611–612n. – Polydamas gelingt es noch ein weiteres Mal, einem Geschoß auszuweichen (15.520), was seine Bedeutung – er ist an sich ein zweitrangiger Kämpfer – in einer Ersatztötungs-Szene erhöht (LOSSAU 1991, 8 Anm. 14; vgl. 459–464n., 470– 475n.). Sonst sind es meist Achaier, nicht Troer, von deren geschickten Ausweichmanövern der Erzähler in den Ersatztötungs-Szenen berichtet (STOEVESANDT 2004, 164). — Antenor: gehört zum troischen Ältestenrat; Vater zahlreicher Söhne (FM 9). λικριφὶς ἀΐξας: ebenso in der 1. VH Od. 19.451; vgl. ebenfalls am VA ἀντίος/πρόσσω/ δεξιὸς/ὀρθὸς (ἀν)αΐξας Il. 15.694, Od. 22.90/Il. 17.734/24.320/Od. 21.119. λικριφίς bed. ‘quer, seitlich (ausscherend)’ und wird sonst bei Homer nur noch im Iterathalbvers verwendet, jeweils mit Assonanz -ικ (LfgrE). Man hat das Wort mit dem aus klass. Zeit belegten λέχριος ‘schräg, quer, schief’ in Verbindung gebracht (DELG s.v. λέχριος; Bedenken bei BEEKES s.v. λέχριος) und vermutet eine Wortbildung mit dem alten, urspr. Instr.-Suffix -φι mit einer Ergänzung -ς (vgl. die ebenfalls adverbialen νόσφι, σφι und ἄχρις, ἀµφίς; SCHW. 1.551; RISCH 356. 362; zum wohl ererbten Akzent WACKERNAGEL [1914] 1953, 1128f.). Die Formel dürfte deshalb sehr alt sein (HOEKSTRA 1981, 28 mit Anm. 80). — κόµισεν: 456n.

464 Archélochos: wird nur im Troerkatalog (2.823) und beim Sturm aufs Schiffslager (12.100) neben seinem Bruder Akamas (476) als ein Anführer der troischen Dardaner genannt (2.823n., dort auch zu seinem sprechenden Namen). — ja: zu diesem Kommentar des Erzählers 460n. — Untergang: Die pathetische Aussage, daß Aias Archelochos und nicht sein eigentliches Ziel Polydamas trifft, hebt Polydamas’ Verschonung als Besonderheit hervor (PADUANO/MIRTO zu 449–485; JANKO zu 461–4; weitere Hinweise auf Polydamas’ Bedeutung 463n., 470–475n.). 461 καρπαλίµως: zu verbinden mit ἀκόντισε. — δουρί: zur Form R 12.5. 462 Πουλυδάµας: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1), ebenso in 469. 464 τῷ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); von βούλευσαν abh. dat. incommodi (‘dem’ i.S.v. ‘gegen den’). — ῥα: = ἄρα (R 24.1).

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Der Tod wird zwar vom Schicksal bestimmt (16.433–438n.); die Götter können aber dazu beitragen, daß er eintritt, und werden daher öfter (wie z.B. auch in 16.693 [s.d.], 18.115f., Od. 16.446f.) stellvertretend für das Schicksal genannt (die Bezeichnung theói ‘Götter’ kann hier umfassend gemeint sein: JÖRGENSEN 1904, 365): GRUPPE 1906, 991f.; EHNMARK 1935, 79; ERBSE 1986, 286. βούλευσαν: zur Bed. ‘beschließen und ins Werk setzen’ 2.114n.

465–468 Die Beschreibung der Verwundung läßt zwar naturgemäß einiges offen und bietet Probleme, doch eine realistische Deutung scheint möglich. Es ist allerdings physisch ganz unmöglich, daß ein Speer – im Gegensatz zu einem Schwert (14.496ff. [s.d.], 16.339n.) – durch das ganze dicke Gewebe eines menschlichen Halses so dringt (465f.), daß er einen Menschen enthaupten kann (SAUNDERS a.O. 357f.). Man hat die Beschreibung deshalb als “Scheinrealismus” beurteilt (FRIEDRICH 1956, 26; ähnlich JANKO zu 465–9), bedingt durch die Übernahme einer im Zusammenhang mit Schwertstreichen gebrauchten Formel (466n.) oder durch das Bestreben des Dichters, die überlegene Stärke des angreifenden Achaiers zu betonen (s.u.; VAN WEES 1996, 39; NEAL 2006, 24; jeweils mit Parallelen für kraftvoll geschleuderte, tief eindringende Geschosse wie in 14.517f. [s.d.], 20.413–420, 20.472–474, 20.481–483). Weil man eine Enthauptung angenommen hat, hat man die in 467f. geschilderten Folgen des Treffers so verstanden, daß zuerst der abgetrennte Kopf hinunterfällt und dann der restliche Körper auf dem Boden aufprallt. Es ist jedoch wahrscheinlicher, daß eine realistische Tötung beschrieben ist (welche Muskeln oder Sehnen genau getroffen werden, ist allerdings nicht völlig klar: SAUNDERS a.O. 358) und daß ein einziger schneller “Fallvorgang” gemeint ist (sprachlich in der Umklammerung der ganzen Beschreibung durch tóu am VA v. 467 und pesóntos am VE v. 468, ‘des … Fallenden’, deutlich), der “durch die Reihenfolge des Auftreffens der Körperteile am Boden angedeutet wird”: […] “Der Kopf verliert durch den Treffer seinen natürlichen Halt […], knickt nach vorn”, und dadurch gerät der ganze Körper in ein Übergewicht nach vorn und fällt so, daß der Getötete “mit dem Kopf zuerst aufschlägt” (mit dem Gesicht samt Mund und Nase zum Boden hin; diese Präzisierung schließt sowohl einen Purzelbaum aus [von älteren Kommentatoren erwogen; vgl. dazu FRIEDRICH a.O. und JANKO a.O.] als auch eine Enthauptung): KURZ 1966, 26f.; ebenso SAUNDERS a.O.; als Hypothese kurz schon bei LEAF zu 467 und FRIEDRICH a.O. Die geschilderte Tötung stellt somit vielleicht eine Variante des Motivs der Nackenverletzung dar, bei welcher der Kopf herabhängt (499n., 16.339ff., s.d.: SAUNDERS a.O.), und trägt zur Abwechslung innerhalb der ganzen Tötungsszene bei (440–505n.; zur variatio in solchen Passagen 16.306–357n.). Einerseits dürfte die detaillierte Schilderung auf diese Weise einem mit dem Kampf vertrauten Publikum einen gewissen ästhetischen Genuß verschafft haben, verbunden mit der Genugtuung darüber, daß wieder (wie fast immer) die Art der Verletzung eines Troers die

Kommentar

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enorme Stärke und Wucht eines Angriffs durch einen achaiischen Helden illustriert (s.o.); andererseits reiht sich die drastische Schilderung in die Serie der zunehmend grausigeren Tötungen ein, mit denen die wachsende Brutalität des Krieges unterstrichen wird (440–507n.). 465 1. VH ≈ 15.433; 1. VH bis zur Zäsur A 4 = 4.459, 6.9; ≈ 13.651, 15.445, 16.586, 21.591 (καί ῥ᾿ ἔβαλε). — Nacken: Die Vorstellung ist wohl so, daß Aias zufällig Archelochos von hinten trifft, als dieser wegrennt (461n.): LASER 1983, 11; SAUNDERS 1999, 358.

συνεοχµῷ: ‘Verbindung’ (LfgrE), hapaxP, zu συνέχω, entweder als metr. Variante mit prothetischem Vokal ε zu *συνοχµός (vgl. ἐν ξυνοχῇσιν ὁδοῦ ‘wo der Weg sich vereint’ in 23.330 sowie späteres ὄχµος ‘Festung’; FRISK [1941] 1966, 329f.; von RISCH 1956, 73, favorisierte Hypothese; erwogen von CHANTR. 1.183) oder zu einem Perf. *συνέοχα (SCHW. 1.492; HOLT 1939, 193; als Hypothese bei RISCH 46). Der genaue Punkt der Verbindung zwischen Kopf und Nacken, an den ein Speer unter dem Hinterkopf gelangen kann, so daß der Kopf nach vorn knickt, ist nicht zu bestimmen (SAUNDERS 1999, 358). 466 2. VH = 10.456, ‘Hes.’ Sc. 419. — νείατον ἀστράγαλον: ἀστράγαλος ist eine Wortbildung zu ὀστ-έον ‘Knochen’, als r-Stamm (wie ὄστρ-ακον) mit -γ-Erweiterung (*ostṛ-g-) und dem ererbten Suffix -αλ-, das sich auch in anderen Körperbezeichnungen findet (ὀµφαλός, lat. umbilicus, ‘Nab-el’, γύαλον ‘Höhlung, Wölbung’, eigtl. der Hand, auf den Harnisch übertragen: RISCH 108); der Anlaut α- erklärt sich vielleicht durch Assimilation (FRISK; anders BEEKES 1969, 51). Das Wort, das ‘Halswirbelknochen’ bedeutet, ist noch in Od. 10.560, 11.65 verwendet (von Elpenor, der vom Dach stürzt); es ist Synonym von σφονδύλιον in Il. 20.483 (LfgrE). νείατος bed. zunächst ‘der unterste’, dann auch ‘der äußerste’ (zur Wortbildung 2.824n.); hier muß es den Halswirbelknochen bezeichnen, der als letzter, äußerster, d.h. hier als oberster beim Ansatz zum Kopf liegt (LfgrE s.v. νείατος; LASER 1983, 6f.). — κέρσε: zu κείρω, ‘durchschneiden’. Die Aor.-Formen mit erhaltenem -σ- sind häufiger (7× Il., 2× ‘Hes.’) als diejenigen mit Ersatzdehnung (κείρασθαι u. ἀπεκείρατο, 2× Il., 1× Od.); erstere sind Archaismen, zur Wurzel *(s)ker- gebildet (vgl. LIV s.v. [S. 556f.]; RISCH 249; RISCH [1956] 1981, 126f. 132), während die Formen mit Ersatzdehnung analogisch zum Präsens sind (vgl. ferner DELG s.v. κείρω; SZEMERÉNYI bei FORBES 1958, 269; RUIJGH [1986] 1996, 392). — τένοντε: τένων, eigtl. Partizip Aor. zu τείνω, bed. ‘Sehne, Band, Muskel’ (16.587n.; LfgrE); hier im Dual sind vielleicht “die beiden Faszien der Nackenmuskulatur” gemeint (LASER 1968, 11; ebenso SAUNDERS 1999, 358), die vom Helm nicht geschützt sind, wie auch die Verletzungen in 15.451 und 20.481f. zeigen (LORIMER 1950, 242). 467–468 1. VH von 467 ≈ 4.507. – Die Daktylen in 467 malen wohl das schnelle Kippen des Körpers und den Aufprall des Kopfes auf dem Boden, während die Spondeen in 468 viel-

465 ῥ(α): = ἄρα (R 24.1). — καὶ αὐχένος: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 466 ἀστράγαλον(ν), ἀπό: zur Prosodie M 4.6. — ἀπὸ … κέρσε: zur sog. Tmesis R 20.2. — ἄµφω … τένοντε: Akk. Dual (R 18.1). 467 προτέρη: zum -η nach -ρ- R 2. — τε (ῥ)ρῖνες: zur Prosodie M 4.6.

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leicht die etwas langsamere Bewegung der Beine verdeutlichen sollen (auf die Lautmalerei weist JANKO zu 465–9 hin, allerdings im Rahmen seiner Vorstellung, daß Kopf und Körper getrennt zu Boden stürzen, 465–468n.). — προτέρη: “auf den Hauptbegriff κεφαλή bezogen”, sinngemäß aber auch auf die einzelnen Teile στόµα und ῥῖνες (AH). — στόµα τε ῥῖνές τε: flektierbare Formel, am VE im Akk. noch 23.395, 23.777, ähnl. ἀνὰ στόµα καὶ κατὰ ῥῖνας 16.349, am VA Od. 5.456. Der Plural ῥῖνες ‘Nasenlöcher’ wird für die ganze Nase verwendet. — πλῆντ(o): 438n. 469 2. VH = 12.88; ≈ 11.57, 13.790. — αὖτ(ε): im Sinne einer Vergeltung wie in 454 (s.d.), hier auch noch als Erwiderung auf die Triumphrede in 454–457 (AH). — ἐγέγωνεν: Der Perf.-Stamm ist ohne entsprechende Präs.-Bildung belegt (CHANTR. 1.426; traditionell zu γιγνώσκω gestellt: SCHW. 1.770; RISCH 345; neuer etymolog. Vorschlag bei HACKSTEIN 2002, 187–193: zu tochar. A ken- ‘rufen’); dieser Stamm bed. ‘sich vernehmlich machen’, mit Dat. in einer Rede-Einleitung hier und 23.425 sowie 6× formelhaft in der Ilias ‘zurufen’ (LfgrE). Die (fakultativ) augmentierte Perf.-Form (wie hier noch 24.703 [s.d.], Od. 8.305; von anderen Stämmen δείδιε 18.34, 24.358, ἐπενήνοθε 2.219 u.a.) ist eine ältere Form des Plpf. der 3. Sg. Akt. (SCHW. 1.777). — ἀµύµονι: 426n.

470–475 In der zweiten Rede der Reihe von Triumphreden sind Genugtuung und Sarkasmus gegenüber Polydamas’ Worten noch gesteigert (454–457n.): Während dieser den Getöteten nur unbestimmt als ‘einen der Achaier’ bezeichnet (456 tis Acháiōn), hebt Aias voll Genugtuung den Status seines Opfers hervor, der wesentlich von seiner Herkunft aus einer führenden troianischen Familie geprägt ist. Das in Triumphreden verbreitete Genealogie-Motiv (6.152–211n.) dient somit dazu, den getöteten Troer als ‘gleichwertig’ mit dem gefallenen Boioter Prothoënor darzustellen (PADUANO/MIRTO zu 449–485; STOEVESANDT 2004, 329–331). Eine echte Kompensation ist wichtig für eine Vergeltung (483–485n.; auch im zivilen Leben: 18.498, s.d.), nicht nur rein numerisch, sondern auch bezüglich des sozialen Ranges der Getöteten, ihrer timḗ (1.11n.); das wird auch in 13.446f. (drei Opfer für einen Gefallenen) und besonders in 17.538f. deutlich, wo die Tötung eines zweitrangigen Kämpfers als nicht genügend bewertet wird (LfgrE s.v. ἄξιος; FENIK 1968, 135; WILSON 2002, 155). Das Genealogie-Motiv rückt auf diese Weise Aias’ Erfolg in den Vordergrund und macht der Gegnerpartei den Verlust erst recht bewußt (475). Daß der Schuß eigentlich nicht Archelochos galt, wird dabei als irrelevant suggeriert (wichtig ist die erfolgte Rache: 459–464n.), auch wenn der verschonte Polydamas durch die Betonung des hohen Ranges von Aias’ (Ersatz-)Opfer indirekt nun seinerseits in seiner Würde gehoben wird (ebenso wie durch seine eigene Kampfleistung, 463n.; LOSSAU 1991, 8 Anm. 14. 17). Die “grimmige Befriedigung” des vom Vorredner gereizten Sprechers (459f., s.d.; NICKAU 1977, 159) wirkt um so stärker, als die Frageform in 471f., die vorgetäuschte Unsicherheit (471–474) und die Aufforderung, die Identität des Opfers zu

468 περ: betont das vorangehende Wort (R 24.10). — γοῦνα: zur Form R 12.5.

Kommentar

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bestätigen (470), vordergründig den Rang des Opfers, in Wahrheit aber die erfolgreiche Tötung betonen (WINTER 1956, 125; JANKO zu 470–474); zudem verstärkt der Hinweis auf den zuerst auf den Boden treffenden, entstellten Kopf die Ironie (474): WEST 2001, 229. Der im Vergleich zu Polydamas’ Hohn in 454–457 erhöhte Sarkasmus wird durch die Information des Erzählers über den Namen und die Herkunft des Opfers in 463f. vorbereitet und nochmals im Erzählerkommentar hervorgehoben (475a; solche zusätzlichen Informationen nach Reden sind selten): schol. bT zu 14.475; DE JONG (1987) 2004, 89. 205; STOEVESANDT 2004, 316. Zur Erzählkonvention, daß die Gegner sich gegenseitig kennen, 6.123–143n. mit Lit.; VAN WEES 1996, 31. 70 Anm. 84; es bleibt dem Publikum überlassen, sich die nicht erzählrelevanten Gründe – z.B. frühere Begegnungen im Kampf, Information durch Gefangene, Desertionen, Gesandtschaften – für Aias’ Kenntnis vorzustellen (CAUER [1895] 1909, 395f.; BASSETT [1938] 2003, 130; zu entsprechenden Spekulationen in den Scholien NÜNLIST 2009, 125). 470 2. VH = Od. 3.101, 4.331; ≈ Od. 4.314, 22.166; von der Zäsur C 1 an = Od. 12.112, 23.35; ≈ 3.327, 11.148. — φράζεο: ‘gib acht’, wie in 18.254, 24.354 (LfgrE s.v. φράζω 1010.50ff.). — Πουλυδάµα: Diese Vokativform des konsonantischstämmigen Namens mit der Endung der 1. Deklination ist die von allen Hss. überlieferte Lesart und findet sich auch in 12.231, 13.751, 18.285 (WEST 1998, XXXIVf.). — νηµερτὲς ἐνίσπες: flektierbare VE-Formel, Variante von νηµερτὲς ἔειπες (3.204n.). ἐνίσπες ist 2. Sg. Imp. zum schwundstufigen Wurzel-Aor. im Kompositum ἐνι-σπ- zu ἐνέπω ‘(an-/ein-)sagen’ (zum Verbum 2.484n.; zum Präverb auch G 59). Das archaische Verb wird für besonders wichtige Mitteilungen verwendet, so in Musenanrufungen (508n.) oder wie hier in Verbindung mit Formen von νηµερτής in Aufforderungen, die Wahrheit zu sagen, oder Bestätigungen (LfgrE s.v. ἐνέπω; Stellen s. Iterata). νηµερτές ‘treffend’ (zur Wortbildung 1.514n., 6.376n.) ist dann i.S.v. ‘genau, wie es ist’, d.h. ‘wahrheitsgemäß’ gebraucht; hier ist gemeint, Polydamas solle das Folgende ehrlich zugeben (LUTHER, 1935, 41; LfgrE s.v. νηµερτής 364.4ff.). ἐνίσπες: Der Imperativ auf -ς unklarer Herkunft ist schon in der Ilias bei athematischen Aor.-Stämmen belegt (z.B. 1.338 in δός), während er bei thematischen Formen nur in ἐνίσπες vorkommt (att. und in Inschr. in σχές u. Komposita u. bei einigen anderen Verben): SCHW. 1.800. Der Akzent wird wie bei einsilbigen Oxytona-Stämmen in Komposita (z.B. att. ἐπίσχες) zurückgezogen: SCHW. 1.390; CHANTR. 1.467. Die Überlieferung schwankt öfter (wie hier z.B. noch 11.186, Od. 3.101, 3.247) zwischen ἐνίσπες und ἔνισπε (app.crit.); letztere, wohl als Präsens empfundene Form, ist aber nur Od. 4.642, h.Cer. 71 metrisch nötig (CHANTR. a.O.).

471–472a ≈ 13.446f. — Προθοήνορος ἀντὶ πεφάσθαι | ἄξιος: ἄξιος ‘etw. aufwiegend, gleichwertig’ wird hier mit dem Inf. konstruiert (‘ist dieser Mann es vielleicht nicht wert?’), ebenso, aber unpersönlich, in 13.446f.; ähnlich 11.514f. ἰητρὸς … ἀντάξιος | … ἐκτάµνειν … τ᾿ … πάσσειν. ἀντί ‘als Ausgleich’ verdeutlicht den in ἄξιος enthaltenen

470 φράζεο: zur unkontrahierten Form R 6. 471 Προθοήνορος ἀντί: = ἀντὶ Προθοήνορος (R 20.2).

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Gedanken des “Aufrechnens” (LfgrE s.v. ἄξιος [das Zitat 972.54] u. ἀντάξιος). πεφάσθαι ist Perf. Pass. zu θείνω und bed. ‘gefallen sein, tot daliegen’ (24.254n.).

472b schlecht: Das Opfer bewährte sich im Kampf (LfgrE s.v. κακός 1283.34ff.; 1284.12ff.), so wie man es von einem Anführer aus einer bedeutenden Familie erwartet (natürlich ist in erster Linie an die männlichen Mitglieder gedacht). Möglicherweise ist hier auch schon (und nicht nur in den folgenden Versen) das Aussehen – gute körperliche Voraussetzungen zum Kämpfen – mitgemeint (so ULF 1990, 28; vgl. Vermutungen zur Herkunft aufgrund des Aussehens in Od. 4.64, 6.187 u.ö., wie hier mit Polyptoton Od. 17.217; vgl. auch 126–127n.). οὐ µέν: begründet mit einer emphatischen Verneinung die rhetorische Frage (AH: ‘doch wahrlich nicht’). — κακὸς … κακῶν ἔξ: Das Polyptoton gehört zu einer Gruppe von Wiederholungen, in denen das erste Wort mit dem zweiten in einer Beziehung steht, indem ein Pers.-Pron. mit einem Poss.-Pron. kombiniert wird (z.B. in 24.542) oder Polyptota durch den Gen. poss. und Verbindungen mit τε/καί wie in der VE-Formel Πρίαµος Πριάµοιό τε παῖδες 1.255 (s.d.) oder wie hier mit einer Präp. und οὐδέ gebildet werden (diese Verbindung entspricht derjenigen der häufigen synonymischen Doppelung mit Wiederholung der Wortnegation [2.447n., 19.346n.]). Die Präp. drückt dabei meistens wie an der vorl. Stelle die Abstammung und damit implizit die Vererbung einer Eigenschaft aus, so z.B. auch in Archil. fr. 23.13 West u. Hdt. 4.3.4 (FEHLING 1969, 218; GYGLI-WYSS 1966, 92). Das Polyptoton mit κακός ist im hom. Epos sehr häufig, so wie hier mit dem Gedanken der Gleichartigkeit von Menschen auch Od. 17.217 oder als Ausdruck des kontinuierlichen, gehäuften Unglücks (19.290b n., 16.111n.). Das Polyptoton läßt an eine sprichwörtliche “Volksweisheit” denken, vgl. Plat. Menex. 237a: ἀγαθοὶ δὲ ἐγένοντο διὰ τὸ φῦναι ἐξ ἀγαθῶν (GYGLI-WYSS a.O.). 473 2. VH = 6.299. Vier-Wort-Vers mit Eigennamen (16.125–126n.). — ἱπποδάµοιο: 10n.

474 von der Zäsur C 1 an = 2.58; ≈ Od. 6.152, 13.80. — dem: Antenor. κεφαλήν: Die Lesart κεφαλήν wird nur von einem einzigen Papyrus überliefert, während in allen Hss. und in zwei Pap. γενεήν steht. Für den Bezug auf den Kopf sprechen die Parallele in Od. 1.208f. αἰνῶς µὲν κεφαλήν τε καὶ ὄµµατα καλὰ ἔοικας | κείνῳ und die Wichtigkeit des Hauptes bei der Beschreibung von Archelochos’ Verwundung und seinem Fall vornüber (465–468n.): WEST 2001, 229. Andererseits spricht die Überlieferungslage klar für γενεήν. Für das Wort, das ‘Familie, Geschlecht, Herkunft’ bedeutet, ist dann allerdings die spezielle, sonst nicht belegte Bedeutung ‘familiäre Ähnlichkeit’ anzunehmen, für die sich die meisten Gelehrten aussprechen (z.B. FAESI, JANKO zu 470–4; Bedenken bei AH; LEAF; ablehnend WEST a.O.; vgl. LfgrE s.v. γενεή 128.43ff.: entweder “Kontamination von ‘er sieht ihm ähnlich’ u. ‘er scheint aus seiner Familie zu sein’; oder ‘hinsichtlich seiner – am Aussehen erkennbaren – Herkunft gleicht er ihm am meisten’”). Aristophanes

472 µέν: ≈ µήν (R 24.6). — κακῶν ἔξ: = ἐκ κακῶν (R 20.2). 473 κασίγνητος(ς) Ἀντήνορος: zur Prosodie M 4.6. — ἱπποδάµοιο: zur Flexion R 11.2. 474 κεφαλήν: Akk. der Beziehung (R 19.1). — ἄγχιστα (ϝ)ε(ϝ)ῴκει: zur Prosodie R 4.3. — ἄγχιστα: Adv.

Kommentar

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v. Byz. las φυήν mit ähnlicher Bedeutung, das an Verse wie 2.58 (φυήν τ᾿ ἄγχιστα ἐῴκει) erinnert (app.crit.). Es ist nun nicht ganz ausgeschlossen, daß die leicht verständliche Lesart κεφαλήν auf einer Konjektur beruht, um das Problem mit γενεήν zu beseitigen (JANKO a.O.), und daß γενεήν entsprechend als lectio difficilior zu verteidigen ist (so CAUER [1895] 1909, 32). — ἄγχιστα: ‘am nächsten, am engsten’ (2.58n.). — ἐῴκει: Plpf. von ἔοικα ‘gleich sein’ mit imperfektiver Bedeutung: ‘(als er noch lebte, dachte ich, daß) er glich’ (FAESI; LEAF). ἐῴκει: Die Bildung der Plpf.-Form ist nicht klar (entweder mit Reduplikation, ohne Augment: < *(ἐ)(ϝ)ε(ϝ)οίκει, mit wie im Att. geschriebener Längung von οι; oder ohne Reduplikation, mit gelängtem Augment vor ϝ und späterer Quantitätenmetathese: < *ἠϝοίκει (CHANTR. 1.479; HAUG 2002, 123; vgl. die v.l. in Od. 14.289 ἐεώργει: dazu SCHULZE 1892, 265f. Anm. 3).

475 1. VH ≈ 3.235, 5.128, 22.356, 23.240, 23.470, Od. 21.218; 2. VH von der Zäsur C 1 an ≈ 16.599, 23.468; vgl. h.Cer. 40. — packte Schmerz: zum plötzlichen Schmerz als Handlungsimpuls und als überleitendem Motiv 458n., 459– 464n.; zum Verbum des Ergreifens bei körperl.-seel.Vorgängen 207n. ἦ ῥ(α) …, … δ(έ): formelhafter Rede-AbschlußP (24.302n.) mit Subjektswechsel wie in 6.390, 24.643, Od. 3.337 (mit αὐτάρ in Od. 22.292): LfgrE s.v. ἦ. — εὖ γινώσκων: konzessiv, denn das Präsens γινώσκω hat eine perfektiv-intensive Bed., ‘kennen, wissen, im Bilde sein’ (hier sc. daß das Opfer Antenors Sohn war). Wie in 22.356 tritt εὖ verstärkend hinzu (LfgrE s.v. γιγνώσκω 157.3ff.; GIANNAKIS 1997, 234). — Τρῶας … θυµόν: Als Akkusativobjekt in Periphrasen für Gefühlsregungen oder körperliche Vorgänge kommt eine Bezeichnung für den ganzen Menschen (z.B. ein Eigenname) oder – häufiger – ein Lexem des Wortfelds Seele-Geist vor (2.171n.); hier sind die beiden Begriffe im Akk. des Ganzen und des Teils kombiniert (ebenso z.B. 2.171, 23.46f., ‘Hes.’ fr. 33(a).23f. M.-W., h.Cer. 40, 90, h.Ven. 243, alle auch mit Subj. ἄχος).

476–477 Der Fall des Boioters Promachos wird nur ganz kurz mit wenigen typischen Elementen einer Kampfszene in 476 beschrieben (Nennung des Angreifers, des Angegriffenen, der Aktion und der Waffe; zu den hom. Kampfszenen 16.284– 290a n.). Nachdem noch die Umstände genannt sind (477n.), wird entsprechend der Darstellung zunehmender achaiischer Erfolge (440–505n.) gleich nach der Triumphrede des Akamas (479–485n.) auf die Reaktion der Achaier übergeleitet (486ff.): KURZ 1966, 33; JANKO zu 475–8. 476 Akámas: Bruder des Archelochos (464n.), als Antenoride in Hektors Nähe auch 11.60 genannt; in 16.342–344 von Meriones getötet (s.d.). — Prómachos: nur in der vorl. Szene erwähnt (noch 482, 503 [s.d. zu seinem Vater]); zu solchen Statisten, nur dazu bestimmt, zu sterben, 16.306–357n. mit Lit. – Die Statistenrolle und der zur Situation passende Name Promachos ‘Vorn-Kämpfer’ (3.16n.; v. KAMPTZ 58, 219) weisen auf eine ad hoc erfundene Figur (JANKO zu 475–8); vielleicht ist sein Name aber von demjenigen eines Epigonen (ebenfalls boitischer 475 ἦ: 3. Sg. Impf. zu ἠµί ‘sagen’. — γινώσκων: = γιγνώσκων. — Τρῶας … θυµόν: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). — ἔλλαβε: zum -λλ- R 9.1.

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Herkunft) inspiriert (KULLMANN 1960, 150 Anm. 2; vgl. 503n.); er ist auch hist. belegt. — Boioter: 450n. οὔτασε δουρί: 443n.

477 Bruder: Anders als beim Kampf um Satnios’ Leiche (448) ist hier nur éin Verteidiger der Leiche genannt, was mit dem erhöhten Erzähltempo einhergeht (476– 477n.; weitere Einzelkämpfer um eine Leiche z.B. 5.297–302, 13.181–183: VAN WEES 1996, 16. 65 Anm. 45). Das Motiv der kämpfenden und einander rächenden Brüder (dazu 16.317–329n.) wird in 475 vorbereitet (weitere Bsp.: 11.248–253, 11.428f., ein Versuch zur Rache in 20.419ff.). Zur Tatsache, daß die erfolgreiche Rächung durch Troianer seltener ist als diejenige durch Achaier, s. STOEVESANDT 2004, 233; vgl. auch 476–477n. — zerrte: Promachos wird wie andere Kämpfer beim gefährlichen Versuch getötet, den gefallenen Gegner am Fuß wegzuziehen, um ihn zu spoliieren (zum Motiv der Spoliierung 422n., zu den Leichenkämpfen 447b–448n.; speziell zur Gefahr 16.577n.; VAN WEES 1996, 54f.; zum Zerren am Leichnam 18.155n., 18.536–537n., 18.539–540n., mit weiteren Stellen und Lit.). ἀµφὶ … βεβαώς: βεβαώς ist Ptz. des reduplizierten Wurzelperfekts zu βαίνω, att. βεβώς (SCHW. 1.770). Die unkontrahierte Form findet sich im Mask. auch in 5.199, 9.582, 11.522, 13.708, Od. 5.130, ‘Hes.’ Sc. 195, 307, 324 und hom.h. 31.9; zur bei Homer noch häufig fehlenden Kontraktion allg. s. G 43–45. ἀµφιβαίνω mit der Grundbed. aus der Tierwelt ‘mit gespreizten Beinen über einem/etw. stehen’ (1.37n.), steht öfter ‘sich (schützend) über einen Leichnam stellen’ (hier über den gefallenen Archelochos), so auch in 5.299 (Aineias über Pandaros) und 17.4, 17.359, 17.510 (jeweils die Achaier über Paroklos): LfgrE s.v. βαίνω 14.22ff.; ähnlich περιβαίνω in 424 (s.d.). — ὑφεῖλκε ποδοῖϊν: ähnl. am VE εἷλκε π. 18.537, ‘Hes.’ Sc. 158, ποδὸς ἕλκῃ Od. 18.10, am VA u. im Versinnern εἷλκε ποδός bzw. ποδὸς εἷλκε Il. 11.258, 13.383, 17.289. ὑφεῖλκε ist Impf. de conatu, ‘versuchte (Archelochos’ Leichnam) von unten (weg)zuziehen’, d.h. unter dem über ihm stehenden Akamas (LfgrE s.v. ἕλκω 556.18ff.). Zur Form ποδοῖϊν 228n. 478 ≈ 13.413, 13.445, 14.453 (s.d.). — ἐπηύξατο: in 486 wiederaufgenommen; dazu τῷ ‘über ihn triumphierend, sich rühmend’, wie in 11.431 mit Dativ, vergleichbar mit ἀΰω ἐπί τινι in 5.101, 5.283, 5.347, 8.160 (FAESI z.St. u. zu 5.101).

479–485 In Akamas’ Rede, der dritten in einer Reihe von Triumphreden (454– 457n.), läßt sich eine Steigerung gegenüber der vorangehenden Rede des Aias beobachten: Der Redner richtet sich nun explizit an alle Gegner (479; in 470 wird nur Polydamas angeredet), beschimpft sie und zeigt sich unbeeindruckt von dem vorher Gesagten (479n.). Aias’ ironischer Hinweis auf die erkennbare Abstammung des Toten (470–475n.) wird durch die zynische Umschreibung des Todes 477 ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); verweist auf Πρόµαχον (476). — ποδοῖϊν: Gen. Dual von πούς (R 18.1); gen. part. zur Bezeichnung des ergriffenen Körperteils. 478 ἔκπαγλον: Adv. — µακρὸν ἀΰσας: 453n. 479 Ἀργεῖοι ἰόµωροι: zum Hiat R 5.6. — ἀπειλάων: zur Flexion R 11.1.

Kommentar

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des namentlich genannten Gegners übertrumpft (482n.), und der Gedanke an die Verwandtschaft und an die Vergeltung für eine Tötung (470–475n.) ist hier nicht nur Ausdruck der Genugtuung (hier über die Rache für den Bruder), sondern dient zugleich auch als Drohung: Akamas erhebt den Anspruch, daß alle Troer zur (Blut-)Rache bereit seien (480–481n., vgl. 501–505n.). Ähnlich wird das Rachemotiv in einer Reihe von Triumphreden in 13.414ff. u. 13.446f. zur Herausforderung und Drohung verwendet, während es in 17.538f., 21.133–135 und in 22.331ff. die grimmige Genugtuung über den Vollzug der Rache für Patroklos’ Tod ausdrückt. Zur ganzen Rede JANKO; zum Rache-Motiv in Triumphreden VAN WEES 1996, 53. 78 Anm. 139; STOEVESANDT 2004, 316f. 479 1. VH = 4.242. Vier-Wort-Vers mit Vokativ (16.125–126n.). — unersättlich: Akamas verwahrt sich gegen die Triumphrede des Aias (470–474) und gegen sonstige Schmähreden von Achaiern, indem er mit Hinweis auf seinen eigenen Erfolg all dies als bloße Angeberei darstellt und selbst Drohungen ausspricht (480f.). Ähnlich weist Hektor Aias’ Drohungen zurück (13.824–832). Daß beide Redner Troer sind, ist vielleicht bezeichnend und deutet wohl letzlich auf eine im Grunde defensive Haltung; an der vorl. Stelle steht die Flucht der Troer denn auch kurz bevor (506ff.), und Akamas wird bald getötet (476n.): LfgrE s.v. ἀπειλή; STOEVESANDT 2004, 320. 325f. Zu Beschimpfungen des Gegners allg. STOEVESANDT a.O. 319ff.; vgl. auch 1.159n., 16.617n. ἰόµωροι: Die Etymologie und entsprechend die Bedeutung des nur noch in 4.242 belegten Wortes sind ungeklärt; sicher ist nur, daß es sich um ein Schimpfwort handelt. Das Vorderglied ist wahrscheinlich zu ἰά ‘Stimme, Geschrei’ gebildet, während das Hinterglied -µωρος möglicherweise ‘groß, berühmt, glänzend’ bedeutet (auch in ἐγχεσίµωρος, viell. ‘speerberühmt’, 2.692n., und in dem wohl sekundär gebildeten ὑλακόµωρος ‘groß im Bellen’ in Od. 14.29, 16.4); Akamas würde die Achaier dann als bloße ‘Prahler, Maulhelden’ bezeichnen, was zum folgenden ἀπειλάων ἀκόρητοι paßte: LfgrE; FRISK s.vv. ἰόµωροι u. ἐγχεσίµωρος; DELG; KIRK zu 4.242. — ἀπειλάων ἀκόρητοι: ἀπειλή, nur im Pl. verwendet, bed. meist ‘Drohung, prahlerische Ankündigung’ (16.200–201n.); hier steht es dagegen mit Bezug auf eine vergangene Handlung (Kampferfolg des Aias und der anderen Achaier) in der Bed. ‘Angeberei, Großsprecherei’, analog zum Gebrauch von ἀπειλέω in 8.150 (LfgrE). ἀκόρητος ‘unersättlich’ (Verbaldadj. mit α privativum zu κορέννυµι, mit gedehntem η) wird im hom. Epos immer metaphorisch verwendet und außer hier stets mit dem gen. part. eines Begriffs aus dem Wortfeld ‘Kampf, Krieg’ verbunden, positiv als Auszeichnung (7.117, 12.335, 20.2) oder aber negativ von den Gegnern nach einer Tötung (‘unersättlich im Kampf’ 13.621/639; vgl. ἄατος/ἆτος πολέµοιο 6.203n.). Die vorl., sonst nicht belegte Verbindung mit ἀπειλάων soll deshalb wohl nach ἰόµωροι den Gegensatz zwischen Wort und Tat nochmals besonders hervorheben: Die Achaier sind ‘unersättlich’ darin, über ihre Gegner zu triumphieren, was Akamas mit Hinweis auf seinen eigenen Erfolg als übertrieben und hohl zurückweist.

480–481 Die Hoffnung auf einen Durchbruch gegen den Feind ist in einer Triumphrede natürlich (auch 13.620/630, 21.133–135: STOEVESANDT 2004, 310). Akamas’

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Zuversicht erweist sich aber bald zumindest etwas aufgesetzt angesichts seines Rückzuges (488f.) und der kurz darauf einsetzenden Flucht der Troer (506f.); vgl. das Motiv des wechselnden Glückes im Kampf (3.439f., 18.308, Od. 11.537). 480 θην: ‘fürwahr, gewiß’, 5× am VA οὔ θην (2.276n.; CUYPERS 2005, 59–61), in drohendem oder prahlendem Ton auch 11.365, 13.620 (ebenfalls nach einer Tötung in einer Triumphrede), 17.29; entspricht µάν im ähnlichen Vers 17.41 οὐ µὰν … ἀπείρητος πόνος ἔσται (LfgrE). — πόνος … καὶ ὀϊζύς: ὀϊζύς bed. ‘Weh, Jammer’; es bezeichnet bei Homer oft die Mühe und Plage im Kampf und wird auch in 13.2, Od. 8.529 (Akk.) in synonymischer Doppelung mit πόνος verbunden (sonst bez. die Wendung das mühevolle Leben der Sterblichen im Gegensatz zu dem der Götter: Hes. Op. 113, ‘Hes.’ Sc. 351: Gen.; vgl. auch hom.h. 33.17 ὀϊζυροῖο πόνοιο, mit Bezug auf die Mühen von Seeleuten): 6.285n.; LfgrE. 481 ἡµῖν … ὔµµες: als Gegensätze emphatisch am VA bzw. am VE; die äol. Form ὔµµες stellt wohl die betontere Form gegenüber der ion. (ὑµεῖς) dar: MEIER-BRÜGGER 1986, 140. 142. — ὧδε: sc. wie Promachos (AH). — κατακτενέεσθε: zu den zwei überlieferten Stämmen des Futurums von κτείνω, κτεν- mit e-Stufe und κταν- mit Angleichung an den Aor., 6.409n.

482 Prómachos: Akamas’ Kenntnis des Namens erklärt sich aus einer Erzählkonvention (470–475n.); die Namensnennung zeigt den Versuch des Sprechers, Aias’ ironische Frage nach der Identität seines Opfers (470–474) zu übertrumpfen (JANKO zu 479–485). — schläft: Das Bild des Schlafes für den ihm äußerlich gleichenden Tod und entsprechende Vergleiche und Paarungen sind sehr alt und verbreitet (idg. u. oriental. Parallelen: WEST 1997, 573; 2007, 387f.). Im frühgriechischen Epos kann dabei im negativen Sinne die Gefährlichkeit des Schlafes betont werden (231n.) oder aber die Unaufhebbarkeit des Todes als eines ewigen, erzwungenen Schlafes (11.241, ebenfalls von einem Gefallenen, Od. 22.470); der (sanfte) Schlaf kann aber auch als Euphemismus oder Vergleich für den Tod verwendet werden, um diesem die Schärfe zu nehmen (Od. 13.80, 18.201f., ‘Hes.’ fr. 278.13 M.-W.; Stellen bei WÖHRLE 1995, 24–43; JANKO zu 14.231, beide auch zur nachhom. Lit.; allg. kurz LACORE 1997, 37). Hier wird mit dem Anklang an die Wendung ‘vom Schlaf bezwungen’ (24.5n.) eine euphemistische Verwendung des Schlafs für Promachos’ Tod suggeriert, die durch das emphatisch an den VA von 483 gestellte énchei emōi ‘von meiner Lanze’ sogleich als Zynismus entlarvt wird (WÖHRLE 1995, 24; vgl. 22.271). Zur ‘Erfolgsmeldung’ des Troianers 454– 455n. φράζεσθ(ε): Erwiderung auf φράζεο (470). — ὕµιν: zum Akzent WEST 1998, XVIII. — δεδµηµένος εὕδει: klingt wohl an die flektierbare VE-Formel δεδµηµένος ὕπνῳ an

480 οἴοισιν: zur Flexion R 11.2. — ἔσεται: = ἔσται (R 16.6). 481 κατακτενέεσθε: zur unkontrahierten Form R 6. — ὔµµες: = ὑµεῖς (R 14.1).

Kommentar

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(24.5n., 24.677–678n.; vgl. Hes. Op. 116; JANKO zu 479–485), was die Metapher vom Tod als Schlaf noch verstärkt (s.o.).

483–485 Buße: Verletzte und getötete Kämpfer werden oft von ihren Kriegskameraden gerächt (459–464n.). Hier handelt es sich speziell um eine Blutrache durch einen Bruder des Gefallenen (zu Brüderpaaren im Kampf 477n.): Gemäß der Bedeutung der Familie und des óikos als “entscheidende[r] soziale[r] Einheit” für den Einzelnen (STEIN-HÖLKESKAMP 1989, 25f.; vgl. 113–125n.; Od. 16.97f. = 115f.; GLOTZ 1904, 47f.) verpflichtete eine Tötung die Angehörigen zur Solidarität, d.h. zur Blutrache: Die Tötung – als beschämender Verlust an Ehre, timḗ, empfunden und hier als ‘Schaden’, arḗ, bezeichnet (485) – mußte zwingend durch die Tötung des Täters selbst oder eines Vertreters seines oikos bzw. seiner Kriegspartei kompensiert werden. Diese Buße (poinḗ, s. 483–484a n.) erfüllte neben der sozialen auch die psychologische Funktion, den Schmerz über den Verlust des Angehörigen zu erleichtern (Stellen zur Blutrache im Krieg: 477n.; außerdem: 17.34–42 Rache für den Bruder, 13.463–467 Schwager, 13.659, 15.110–118 Sohn, 15.422ff., 15.545–558, 16.491–501 Cousin; zur Blutrache außerhalb des Krieges 24.480–484n., mit Stellen und Lit., auch zur Möglichkeit des Täters, durch Wergeld oder Flucht ins Exil der Blutrache zu entgehen; weitere Lit.: GLOTZ 1904, 47–93, mit zahlreichen Stellen; TRESTON 1923, 30; WILSON 2002, 27. 157, mit einer hebr. Parallele). Hier wird das Motiv der Blutrache in einer Triumphrede verwendet (479–485n.); sonst dient es aber vor allem zur Erklärung für die Motivation der Kämpfer und damit als Erzählscharnier vor einem neuen Angriff (z.B. 17.34–42), oder die Aufforderung zur Blutrache wird als Motiv in Kampfparänesen gebraucht (13.463–467; vgl. 14.440–505n.); in 24.736f. (Andromaches Befürchtung) wirkt es proleptisch (s.d.). 483–484a VA v. 483 bis zur Zäsur A 4 = 22.271; ≈ 16.618. — ποινή | … ἄτιτος: ἄτιτος ist Verbaldj. zu τίνω/τείνυµαι mit α privativum (RISCH 20. 211); hier, mit Bezug auf ποινή (immaterielle) ‘Buße’, bedeutet es metaphorisch ‘unbezahlt’ (sonst nur noch 13.414 von einem Toten: ‘ungerächt’) und kommt wohl ποινὴ δ᾿ οὔ τις … ἐγίνετο in 13.659 gleich; ebenso verbindet sich τίνω mit dem wurzelverwandten ποινή, aber mit dem Verb im Medium, 16.398 ἀπετείνυτο ποινήν (wie hier mit Bezug auf den Kampf), Od. 23.312f., ‘Hes.’ fr. 204.84 M.-W. (LfgrE s.v. ἄτιτος; zur Etymologie und Bed. von ποινή 3.290n.). ἄτιτος: Die metrisch notwendige Skandierung ἄτῑτος bereitet Schwierigkeiten, weil das Wort in 13.414 und die anderen Verbaladjektive mit demselben verbalen Hinterglied, ἄντιτος und παλίντιτος, alle entsprechend ihrer Wortbildung mit kurzem ι gemessen werden (Schwundstufe: RISCH 20); außerdem wird von einem Wort, das aus drei Kürzen besteht, normalerweise die erste, nicht die zweite Silbe gedehnt (CHANTR. 1.99). Das fast einhellig überlieferte ἄτῑτος ist aber wohl trotzdem zu halten und auch nicht umzustellen (zu anderen Lesarten s. WEST app.crit.), da die Längung durch eine Parallele

483 ἐµῷ, ἵνα: zum Hiat R 5.6. — τι: Akk. d. Beziehung; verstärkt die Negation. — κασιγνήτοιο: gen. obiectivus zu ποινή. 484 δηρόν: Adv., ‘lange’. — ἔῃ: = ᾖ. — τε: zum ‘epischen τε’ R 24.11 (↑).

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gestützt wird (Hdt. 5.92.2, in einem hexametrischen Orakel: πολύτῑτος) und vielleicht als ungewöhnliche metrische Dehnung oder als Anlehnung an τῑνω/τείνυµαι zu erklären ist (LfgrE a.O.; FAESI).

484b–485 wünscht: Der Satz führt Akamas’ Verhalten auf ein allg. akzeptiertes Prinzip zurück, er spricht fast eine Art Lebensweisheit aus. – Das Bedürfnis eines Sterbenden nach schneller Rache muß nicht bedeuten, daß man sich vor ungerächten und daher gefährlichen Toten fürchtete; entsprechende Vorstellungen sind in den hom. Epen nicht klar faßbar (TRESTON 1923, 30; CANTARELLA 1979, 230; GIORDANO 1999, 97; vgl. 24.591–595n.). τώ: 35n. — τε … εὔχεται: εὔχεσθαι mit dem Inf. bedeutet oft ‘beten’ (so auch an der vorl. St. nach LfgrE s.v. (ἐπ)εύχοµαι 821.48; CHANTR. 2.310); hier aber, wie in Od. 21.211 ohne Hinweis auf eine Gottheit, ist es wohl einfach i.S.v. ‘wünschen’ verwendet (CORLU 1966, 80f.); nicht ganz ausgeschlossen ist aber auch ‘sich auf etw. berufen, sich rühmen’ (vgl. Patroklos’ und Hektors Anspruch auf Vergeltung für ihren Tod in 16.851–854 bzw. 22.359f.; PERPILLOU 1972, 177 Anm. 12; MUELLNER 1976, 97; REYNEN 1983, 120; als Möglichkeit bei WILSON 2002, 147). – τε ist zwar nur in einigen Hss. überliefert, aber das in fast allen Hss. und in einem Pap. überlieferte κε (app.crit.) bereitet Probleme: Die Modalpartikel wird sonst nicht mit dem Ind. Präs. verbunden (hier εὔχεται); daher hat man εὔχεται als Form des kurzvokalischen Konj. zu einem athematischen Aor. εὔγµην erklärt (SCHW. 2.352: als Hypothese; JANKO zu 484–5). Der athematische Stamm ist aber nur mit εὖκτο in Theb. fr. 3.3 West belegt, eine mehrdeutige und nicht sicher altererbte Form (NARTEN 1968, 11f.; LIV s.v. *h1u̯ egṷh- [S. 253]). Außerdem wäre dann ein prospektiver Konj. anzunehmen (JANKO a.O.: ‘may well pray’; zum prospektiven Konj. mit Modalpartikel im Hauptsatz s. auch SCHW. 2.311), was im Kontext einer Triumphrede nicht ganz befriedigt. Deshalb wird von WEST 1998 u.a. τε gelesen und die Aussage als generalisierend verstanden (ep. τε), wobei καί vor τε dann adverbial ‘auch’ bedeutet, ebenso wie in 9.159 (von Hades) τούνεκα καί τε βροτοῖσι θεῶν ἔχθιστος ἁπάντων (καί τε auch 10.224 [ebenfalls mit ep. τε], Od. 17.485; weitere Bsp. bei CHANTR. 2.310). Zur Diskussion der Probleme s. AH Anh. (für Lesart τε, mit Bedenken); RUIJGH 344 und 771–774 (liest τε), auch zu weiteren Versuchen; JANKO a.O. (für κε). 485 γνωτόν: γνωτός bed. wohl ‘Bruder’, was hier zum Kontext der Rede, zu einer Rächung durch den Bruder (483), paßt (LfgrE s.v. γνωτός); möglich ist aber wie an anderen Stellen auch eine allgemeinere Bedeutung ‘enger Verwandter’, entsprechend der generalisierenden Aussage (s.o.; GATES 1971, 71 Anm. 81; zur Bed. v. γνωτός allg. 3.174n.). Das Wort wird wie hier auch sonst im Zusammenhang mit sozialen Verpflichtungen gebraucht (Blutrache: 13.697, 15.336, 17.35; Begräbnis: 15.350; Hilfe im Kampf: 22.234): GATES 1971, 27. — ἀρῆς ἀλκτῆρα: flektierbare Formel (ἀρῆς ἀλκτῆρα/-ες) nach der Zäsur B 2 noch 18.100, 18.213, ‘Hes.’ Sc. 29, 128, in Formelsprengung im Nom. Hes. Th. 657. ἀλκτήρ bed. ‘Abwehrer, Schützer’, als Bezeichnung einer allg. erwarteten Rolle (18.100n.). ἀρή wird nur in der vorl. Formel und als Objekt zu ἀµῦναι gebraucht (24.489n.), mit der Bed. ‘Schaden, Verderben’ i.S.v. “Schädigung von Leben und Besitz, welche die Angehörigen […] zu Beistand oder Rache verpflichtete” (LfgrE s.v. ἀρή II 1233.45ff.); hier ist speziell 485 ἐνὶ (µ)εγάροισιν: zur Prosodie M 4.6. — ἐνί: = ἐν (R 20.1).

Kommentar

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die Schmach einer ungerächten Tötung gemeint (483–485n.; LfgrE a.O. 1234.13ff.; WILSON 2002, 27 Anm. 65. 157). — ἐνὶ µεγάροισιν … λιπέσθαι: ἐνὶ µεγάροισ(ιν) ist formelhaft nach der Zäsur B 2 und zwischen A 2 u. B 1/2 (1.396n.); es bed. eigtl. ‘in der Halle’, hat aber oft die Bed. ‘zu Hause’ (mit emotionaler Konnotation): 24.209a n. λιπέσθαι ist passivisch verwendet: ‘zurückgelassen werden, hinterbleiben’, ebenso von einem rächenden Verwandten Od. 3.196 (LfgrE s.v. λείπω 1659.16ff.; LEAF), in Verbindung mit ἐν(ὶ) µεγάροισ(ι) in einer flektierbaren VE-Formel (1× Il., 4× Od., 19.339n.) oder in Sperrung wie an der vorl. St. und in Od. 16.120 bzw. über zwei Verse 2× Il., 1× Od. Diese formelhafte Verbindung ist wohl der Grund dafür, weshalb hier ἐνὶ µεγάροισιν steht, das zum Kontext, der Tötung im Kampf, eigentlich nicht ganz paßt (LfgrE s.v. ἀρή II 1234.25ff.: Übertragung aus Stellen uns verlorener Texte erwogen, wo ἐν µεγάροισιν mit ἀρῆς ἀλκτῆρα λιπέσθαι kombiniert war; vgl. dagegen 22.333f.: ἀοσσητὴρ … | νηυσὶν ἔπι … λελείµµην). ἀρῆς: Diese Lesart, eine lectio difficilior, ist zwar nicht in den Hss. und nur als Lesart Zenodots überliefert (app.crit.; schol. A, b, T z.St.), wird aber durch ἀρῆς ἀλκτῆρα der Vulgata in 18.100 und bei Hes. (s.o.), durch die Verbindung ἀρὴν … ἀµῦναι in 24.489 u.ö. (s.d.) sowie durch ἀλεξιάρη in Hes. Op. 464 gestützt. Vermutlich weil das nur noch in zwei Formeln verwendete ἀρή als schwer verständlicher Archaismus empfunden wurde, entstanden hier und 18.213 die Lesarten Ἄρεος bzw. später attizisierend Ἄρεως und ionisierend Ἄρεω (vgl. auch die Überlieferung von 24.489): Ἄρης ist dann appellativ i.S.v. ‘Kampf, Kampfwut’ gemeint und wurde mit ἀρή als ‘Schaden, Verderben (im Krieg)’ in Verbindung gebracht. Diese Formen passen hier aber metrisch nicht gut (eine Synizese wäre nötig, die bei Ἄρεος sonst nicht vorkommt) und ergeben keinen Sinn (ein Sterbender braucht keinen Schutz vor dem Kampf); Ἄρεος als Ersatz schon des Erzählers für bereits damals dunkles ἀρῆς (so JANKO zu 484–485) ist deshalb abzulehnen. Lit.: LfgrE s.v. ἀρή II 1233.71ff.; VAN DER VALK 1964, 586–588; WEST zu Hes. Th. 657.

486 = 458 (s.d.). — εὐξαµένοιο: vgl. 478n.

487 ≈ 459 (s.d.). — Penéleos: der wichtigste boiot. Anführer (16.335n., auch zur Herkunft des Namens; er ist ein boiot. Lokalheros: 2.494n.; LARSON 2007, 37). Seine Rache für die gefallenen Landsleute, Prothoënor und Promachos (450n.), ist deshalb naheliegend (zu der hom. Darstellung der Boioter als Gemeinschaft LARSON a.O. 35–37), und die grausige Tötung hier (496ff.) entspricht seiner Enthauptung eines Gegners in 16.339–341 (s.d.). 488–489a hielt nicht stand: Die negativ formulierte Aussage (statt einer positiven wie in 462, s.d.) weist wohl auf die Abweichung vom Verhalten eines mutigen Kriegers hin: Von Akamas wäre ein Gegenschlag gegen den ihm ebenbürtigen Peneleos zu erwarten gewesen, um so mehr, nachdem er in seiner Triumphrede so große Drohungen ausgesprochen hatte (479–485n.; JANKO zu 489–505; STOEVESANDT 2004, 164f.; zum Motiv ‘ein Krieger kommt dem Angriff eines anderen zuvor’ 16.314n.; zur “presentation through negation” 16.130–144n.). 486 = 458 (s.d.). 488–489 ὅ … ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17); gemeint sind Akamas bzw. Peneleos. 489 Πηνελέῳο (ϝ)άνακτος: zur Prosodie R 4.3. — Ἰλιονῆα: zur Flexion R 11.3.

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ὡρµήθη δ᾿ Ἀκάµαντος: ὁρµάω mit Gen. des Zieles wie 4.335, 21.595 oder wie bei ὀρέγω in 6.466 (s.d.): K.-G. 1.351. — Πηνελέῳο: zur Form WEST 1998, XXXIV; vgl. LfgrE s.v. — ἄνακτος: 233n.

489b–499a Zur Ersatztötung s. 459–464n. Die Szene ist wie in 14.442–447a (s.d.) im ABC-Schema geschildert (A 489: antizipierend: Verwundung, B 490–492: Nachruf, C 493–499a: Verwundung und Tötung im Detail), mit ringkompositorischem Rückgriff in 493 auf 489. 489b Ἰλιονῆα: Der später historisch belegte Name des im fgrE nur hier erwähnten Ilioneus ist von Troias Bezeichnung Ἴλιος (1.71n.) abgeleitet, ähnlich wie Ἀϊδωνεύς als Bezeichnung von Hades in 5.190 und viell. auch die Namen Ὀθρυονεύς (13.363) und Ἐτεωνεύς (Od. 4.22) von Ortsnamen her gebildet sind (V. KAMPTZ 125. 292; LfgrE s.vv.). Der Name ist viell. ad hoc erfunden (WINTER 1956, 127) und soll möglicherweise wie andere Namen troischer Opfer, die von Toponymen aus der Troas abgeleitet sind – Simoeisios (4.474), Skamandrios (5.49), Satnios (443n.) und Tros (20.463) – Troias Untergang andeuten (vgl. SCHEIN 1984, 86 Anm. 18).

490–492 Im Rückblick auf Ilioneus’ Leben, dem ‘Nachruf’ (442–447a n.), wird der Reichtum besonders hervorgehoben. Dieses Motiv als solches kann sich auf den Gefallenen (5.708, 6.14, 13.664, 17.576ff.) oder wie hier auf den Vater beziehen (5.9, 5.152ff., 5.543f., 5.612f., 11.427, 13.171, 16.595f.). Reichtum ist mit einem erhöhten Status verbunden (STEIN-HÖLKESKAMP 1989, 44) und verschafft ein angenehmeres Leben; das Motiv des Reichtums im Nachruf auf den so grauenvoll Getöteten (493–499a) erregt somit Pathos (wie 16.594–599, s.d.), hier noch gesteigert durch den Hinweis darauf, daß Ilioneus der einzige Sohn seines Vaters war (492): Durch seinen Tod ist der Familienbesitz ohne einen Erben und geht verloren, ein Verlust, dessen Bedeutung 5.152ff. im Nachruf auf zwei Söhne eines begüterten Mannes explizit benannt wird (vgl. auch Od. 7.148–150: Odysseus wünscht den Phaiaken Reichtum und Erben; zur Problematik des Einzelkindes s. auch 24.538–542n.): MERZ 1953, 33–36; STOEVESANDT 2004, 139–141; zum Motiv des Reichtums auch 6.12–19n. 490 Φόρβαντος: Der Name Φόρβας ist eine Ableitung zu φορβή ‘Weide’ mit dem Suffix -ντ-, kann aber auch eine Kurzform zu Namen wie Εὔφορβος (16.808, s.d.) darstellen: v. KAMPTZ 168, 243. Denselben Namen trägt der Vater eines Beutemädchens von Achilleus (9.665); er paßt hier besonders gut zu einem reichen Viehbesitzer (490f.). Da mit dem in verschiedenen Sagenkreisen vorkommenden Heros Phorbas als Vater des Augeias und des Aktor, einem Herdenbesitzer (Diodor 4.69.2f., ‘Ps.-Apollod.’ 2.88 = 2.5.5), ein Träger dieses Namens auf dem Festland belegt ist (RE s.v. Phorbas Sp. 527–531), ist es nicht ausgeschlossen, daß der Name zu einem dem Erzähler bekannten Mythos aus Griechenland gehörte und auf einen Troer übertragen wurde (HOEKSTRA 1981, 62f.). — πολυµήλου: Possessiv-Kompositum, ‘mit vielen (Schaf- und Ziegen)herden’, das auf den Reichtum an 490 τόν: in der Funktion eines Rel.-Pronomens (R 14.5). 491 ὄπασσεν: zum -σσ- R 9.1.

Kommentar

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Vieh hinweist wie πολύιππος in 13.171, πολυβούτης und πολύρρην (9.154, 9.296, ‘Hes.’ fr. 240.3 M.-W.): RISCH 184; zu weiteren Stellen und dem Namen Πολυµήλη s. 16.180n. Zur Bedeutung von Herdenbesitz in der agrarisch orientierten hom. Gesellschaft 2.106n.; vgl. auch 122–124a n. u. 124–125a n.

491 von der Zäsur B 1 an = Od. 14.62. — Hermes: In den hom. Epen wird auf Hermes’ kultisch bedeutende Funktion als Beschützer des Kleinviehs und seiner Hirten nur angespielt (auch 16.179ff.: Geliebte des Hermes mit passendem Namen Polymele [s.d.]; Od. 14.435: der Schweinehirt opfert Hermes; FG 17). Seine Rolle als Hirtengott ist vor allem in Hes. Th. 444, ‘Hes.’ fr. 217.2f. M.-W., h.Merc. 491ff., 567ff. sowie in späterer Zeit faßbar (Semonides fr. 20 West, Beinamen epimḗlios ‘Herdenwächter’, kriophóros ‘Widderträger’, nómios ‘Hirten gehörig’, im Kult, Vasenbilder): LfgrE; LEAF; OTTO (1929) 1956, 111f.; NILSSON (1940) 1967, 505f.; VAN WINDEKENS 1961, 291–298; VERNANT (1963) 1996, 188f.; VERGADOS zu h.Merc. 491–492 u. 567–573. Zur Vorstellung, daß die Götter den Menschen Gaben verleihen, 3.54–55n.; zu Hermes speziell als dṓtor eáōn, ‘Geber von Gutem/Gütern’, 16.179n. Daß Hermes im Grunde auf der Seite der Achaier steht (FG 17), ist zweitrangig; seine Funktion als Herdengott ist wichtiger (vgl. 24.334– 338n.: Hermes als Geleiter des Priamos). ἐφίλει: φιλεῖν/φίλος bezeichnet oft die Begünstigung eines Menschen durch einen Gott (16.94n.). — ὄπασσεν: 358n.; zur Verbindung mit κτῆσιν vgl. Od. 18.19; Hes. Th. 420, 974 mit ὄλβον als Objekt. 492 τῷ … ὑπὸ … τέκεν: ‘von ihm (d.h. Phorbas) … empfing ein Kind’ (2.714n.).

493–500 Diese Szene stellt den Höhepunkt in der Folge von Schilderungen einzelner Tötungen dar (440–505n.) und ist daher detailliert dargestellt: Zwei Verwundungen desselben Opfers durch den gleichen Kämpfer werden in ihren Wirkungen vor Augen geführt (was in den vom 13. Gesang an geschilderten Kämpfen sonst nur in 13.177f./202f. vorkommt): (1a, 493) Verwundung mit der Lanze am Auge, (1b, 494a) Ausstechen des Augapfels, (1c, 494b–495a) die Lanze durchdringt Auge und Hinterkopf, (1d, 495b–496a) Sterbegebärde des Opfers; (2a, 496b– 497a) Verwundung mit dem Schwert, Enthauptung, (2b, 497b–498a) Niederfallen des Hauptes mit dem Helm, (2c, 498b–499a) die Lanze steckt im Auge, (2d, 499b–500), drohende, triumphierende Gebärde (WINTER 1956, 126f.). – Enthauptungen kommen auch sonst vor (16.339n.), und das Aufspießen des Kopfes erinnert an die verbreitete Mißhandlung und Entstellung von Leichnamen (18.175b– 177n., dort allerdings von Hektor nur geplant: SEGAL 1971, 23; 24.22n.). Die besonders grauenvolle Tötung erklärt sich aus der Wut des Täters Peneleos über den Tod seines Landsmannes Promachos (487n.) und aus seinem “gesteigerte(n) Rachebedürfnis” (STOEVESANDT 2004, 230 Anm. 677), das seinen Schmerz mil492 τῷ … ὑπό: = ὑπὸ τῷ (R 20.2); ebenso ὀφθαλµοῖο διάπρο in 494. — ὑπὸ (µ)µήτηρ: zur Prosodie M 4.6. — µοῦνον: = µόνον (< µόνϝον: R 4.2).

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dern soll, wie der Hinweis auf den Ausgleich durch die Tötung in der Triumphrede zeigt (501–505n.; VAN WEES 1996, 39. 52f.; LENDON 2000, 5; STOEVESANDT a.O.). Durch die Vorführung des gepfählten Hauptes sollen alle Troer Zeugen der Rache werden und die Überlegenheit der achaiischen Kämpfer anerkennen (es fällt auch auf, daß gerade Peneleos später wiederum auf besonders grauenvolle Weise tötet, 16.339n.); ähnlich wird auch am Anfang der von Poseidon begünstigten Kämpfe zum Auftakt ein Troer enthauptet und dessen Haupt den Feinden entgegengeschleudert (13.202ff.): SHEPPARD 1922, 145 Anm. 3. Die brutale Tötung und die Triumphgeste stellen somit die Steigerung der vorangehenden Kämpfe dar. Sie demotivieren und schüchtern die Gegner so ein, daß sie deren Flucht auslösen (WINTER a.O. 128; JANKO zu 489–505). “Die Achaier haben sich hier nicht nur physisch, sondern auch im Einsatz psychologischer Mittel als die Stärkeren erwiesen” (STOEVESANDT a.O. 317); bezeichnenderweise erleidet nie ein Achaier ein solch “grausiges Schicksal” wie Ilioneus (STOEVESANDT a.O. 230 Anm. 677). 493 2. VH ≈ 17.47. — θέµεθλα: zu τίθηµι, mit dem seltenen Suffix -θλο/η wie γενέθλη, ἱµάσθλη (RISCH 43f.), immer im Pl.: ‘Grund, Tiefe’, noch 17.47 von der Kehle und Hes. Th. 816 vom Ozean; mit der Bed. ‘Augenhöhle’ entspricht es ῥίζαι in Od. 9.390 (LfgrE). 494–495a γλήνην: 183n. — δόρυ: Die Waffe wird als Subjekt thematisch hervorgehoben, was zu einer lebendigen Erzählung beiträgt; ebenso z.B. 13.442, 13.504, 15.465 (AMMANN 1922, 33; NICOLAI 1973, 79; weitere Bsp. mit (δι)ελθεῖν LfgrE s.v. ἐλθεῖν 544.11–23). — ὀφθαλµοῖο: Die Wiederholung des Wortes an der gleichen Versposition nach 493 betont den Horror (JANKO zu 493–8). — διάπρο: ‘ganz hindurch’; zur Schreibweise WEST 1998, XVIIIf.; hier Präp. mit Gen. wie in 4.138, 5.281; oft zur genauen Beschreibung von (häufig tödlichen) Verwundungen, ebenso z.B. mit ἤλ(υ)θε 5.66f., 7.260f. (CHANTR. 2.146; NIENS 1987, 41f. mit Anm. 4). — ἰνίου: der Höcker, den der Hinterkopf in der Mitte bildet: SAUNDERS 1999, 398f., mit Verweis auf Aristot. HA 491a33. Man hat als Trefferstelle auch eine Sehne im Genick oder den Nacken selbst erwogen (LEAF; JANKO zu 493–8; LfgrE); diese Stellen würden aber weder zu Aristoteles’ Definition noch zur anschließenden Enthauptung passen (der Speer wäre hinderlich): SAUNDERS a.O. Die Lokalisierung am Hinterkopf ist auch an der anderen Belegstelle möglich (5.73: Verwundung ebenfalls durch einen Speer, der vom Hinterkopf her durch die Zähne geht).

495b–496a ≈ 21.115f.; von der Zäsur C 2 an ≈ Od. 24.397; vgl. Il. 4.523, 13.549; 2. VH v. 495: ≈ Od. 9.417; von der Zäsur C 2 an = Od. 5.374. — setzte sich: Diese Bewegungen stellen die erste Phase des Zusammenbruchs nach einer schweren Verwundung dar: Der betäubte und halb geblendete Ilioneus sinkt hin, und seine Hände suchen Halt; ebenso ist das Sich-Setzen und/oder das Ausbreiten der Hände in 4.522f., 13.548f., 13.653 als Sterbegebärde zu verstehen, während in 21.115 das 494 ἐκ … ὦσε: zur sog. Tmesis R 20.2. 495 διὰ (ϝ)ινίου: zur Prosodie R 4.3. — χεῖρε: Akk. Dual (R 18.1). — πετάσσας: Aor. zu πίτνηµι ‘ausbreiten’; zum -σσ- R 9.1.

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Ausbreiten der Hände Resignation ausdrückt (WINTER 1956, 88f. Anm. 1, auch zu weiteren Sterbegebärden; KURZ 1966, 56). 496b 2. VH = 12.190, 20.284, 21.116; ≈ 4.530. — Schwert: Der tödliche Schwerthieb nach einer Verwundung mit der Lanze stellt öfter einen Höhepunkt der Erzählung dar und hebt die Kampfkraft der jeweiligen achaiischen Sieger hervor (4.530f. Thoas, 5.584 Antilochos, 16.339f. erneut Peneleos, 20.458f. u. 20.481f. Achilleus): 16.332n.; NIENS 1987, 31f. 32 Anm. 2; SHEAR 2000, 50. ἐρύσσαµενος ξίφος ὀξύ: ὀξύς ist ein häufiges Epitheton von ξίφος (am VE: s. Iterata, außerdem Od. 21.431; im Versinnern noch 11× Od.), und die Verbindung von ξίφος mit ἐρυσσάµενος findet sich im Versinnern noch 3.361, 13.610, Od. 9.300, 10.126, 10.294, 10.535, 11.48.

497 hieb: Solche Schwerthiebe, mit denen (wie hier und 16.339f.) ein Haupt oder Glieder von einem Körper getrennt werden (5.81, 5.146f.), setzen den Gebrauch eines starken Eisenschwertes voraus (LORIMER 1950, 271; zum Eisen als Material von Waffen 6.3n.). αὐχένα µέσσον ἔλασσεν: am VE 10.455, Od. 22.328; die Verbindung αὐχένα µέσσον, bezogen auf eine Verwundung mit dem Speer, findet sich außerdem in 5.657, 20.455 am VE. ἐλαύνω bed. oft ‘schlagen, treffen’, wie hier von einem Schwerthieb von oben herab auf den Hals in den Iteratversen, ferner von Schwerthieben auf das Ohr (11.109), die Schläfe (5.584, 13.576, letztere Stelle wie hier mit folgendem ἀπαράσσω), die Schulter (5.80), den Kopf (20.475) und den Helmbügel (13.614, 16.338): TRÜMPY 1950, 96f.; LfgrE s.v. ἐλαύνω 517.71ff.; 518.8ff.

498 1. VH ≈ 20.482. — Helm: Die Helme schützten das Gesicht, den Hals und die Ohr-/Schläfenpartie gegen Hiebwaffen weniger gut, weswegen diese Partien oft angegriffen wurden (BUCHHOLZ 2010, 135). αὐτῇ σὺν πήληκι: Der dativus sociativus mit αὐτός wird manchmal durch σύν verdeutlicht, so noch 9.194, Od. 13.118, h.Ap. 148 und auch in Lit. späterer Zeit (SCHW. 2.164; vgl. dt. ‘mit-samt’). πήληξ bed. ‘Helmbusch’ und als pars pro toto ‘Helm’ (zu weiteren, synonym verwendbaren Bezeichnungen für Helme 3.316n.); wie anders bezeichnete Helme ist er aus Metall (16.104, s.d.), “mit einem Busch aus Pferdehaar” (16.795, 797) und mit Buckeln versehen (16.106): LfgrE. — ὄβριµον ἔγχος: 451n.

499 Mohnkopf: VergleicheP mit Pflanzen – besonders wie hier Vergleiche von Gefallenen mit Pflanzen – weisen oft auf die Vergänglichkeit der Menschen hin (6.146–149n., 18.56–57n., beide mit Lit.). In 8.306–308 wird ebenfalls das Bild

496 δὲ (ϝ)ερυσσάµενος: zur Prosodie R 4.3. 497 ἀπήραξεν: ‘schlug ab’ (zu ἀπ-αράσσω). 498 αὐτῇ σὺν πήληκι: ‘mitsamt dem Helm’ (↑). — κάρη· ἔτι: zum Hiat R 5.6. — κάρη: = att. τὸ κάρα ‘Kopf’ (Akk. Sg.). 499 ἦεν: = ἦν (R 16.6). — ὀφθαλµῷ. ὅ: zum Hiat R 5.6. — ἀνασχών: sc. den abgetrennten Kopf.

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des Mohns, der eine große Blüte auf einem langen, dünnen Stengel trägt, für einen getroffenen Krieger verwendet; während dort das Gewicht des durch den Helm beschwerten Hauptes im Vordergrund steht, ist es hier vor allem die Farbe des blutigen Kopfes auf der langen Lanze, die an das Rot des Mohns erinnert. Durch den Vergleich wird somit das Groteske, Grausige des Todes betont, ähnlich wie im Vergleich eines verstümmelten Körpers mit einer Walze in 11.147 oder eines abgeschlagenen Hauptes mit einem Ball in 13.204 (FAESI; MOULTON 1977, 97; JANKO zu 499f.; STOEVESANDT 2004, 270). φή: Partikel mit der Bed. ‘wie’, die nur noch in 2.144 (als umstrittene Lesart), h.Merc. 241 (als Konjektur), ‘Hes.’ fr. 204.138 M.-W. sowie in an die homerische Sprache anklingenden Stellen bei Antimachos (fr. 121 Wyss = fr. 156 Matthews) und Kallimachos (fr. 260.58 Pfeiffer = Hec. fr. 74.17 H.) vorkommt. Weil Aristarch das Wort für unhomerisch hielt, faßte er φή als gleichbedeutend mit ἔφη auf, was aber zu einer unnatürlichen Aussage führt (‘er sagte, indem er [das Haupt] als Mohnkopf emporhielt’) und schlecht zum folgenden Vers paßt (500n.). Die mögliche Verwandtschaft des Wortes mit Begriffen aus anderen idg. Sprachen (BEEKES s.v.) und die Belege bei hellenistischen Dichtern sprechen für eine Verwendung von φή als archaische Vergleichspartikel an dieser Stelle (2.144n.; JANKO zu 499f.; RENGAKOS 1993, 28; vgl. WEST 2001, 45, zu 2.144). — κώδειαν: ‘Mohnhaupt’, hom. hapaxP (LfgrE). 500 2. VH = 10.461, 11.379, 13.619, 17.537, 20.424, 21.183; ≈ 6.54, 10.377, 12.163, 15.114, 15.398, 17.119, 24.307, Od. 13.199. — πέφραδε: ‘zeigte’ (335n.). — καὶ εὐχόµενος ἔπος ηὔδα: Variante zur Einleitung von Triumphreden, neben ὁ δ᾿ ἐπηύξατο + Name + Epitheton (11.449, 20.388, 22.330, h.Ap. 362), Name + ἔκπαγλον ἐπηύξατο µακρὸν ἀΰσας (453n.), καὶ οἱ ἐπευχόµενος ἔπεα πτερόεντα προσηύδα (16.829n.): LfgrE s.v. εὔχοµαι 822.49ff. Der Vers wurde von Aristarch athetiert (schol. A zu 499–500): Ein Interpolator habe den Vers eingefügt, weil er φή in 499 als Vergleichspartikel verstanden und daher geglaubt habe, ein Verbum des Sagens ergänzen zu müssen (ἔπος ηὔδα). Nach Aristarchs Auffassung ist φή jedoch selbst das Verbum des Sagens (ἔφη), wodurch mit V. 500 eine unnötige Wiederholung entstanden sei. Die heutige Auffassung von φή als archaische Vergleichspartikel spricht aber gegen eine Interpolation des Verses, der die triumphierende Geste des Peneleos weiter ausmalt (499n.; ERBSE 1960, 415; LÜHRS 1992, 87f.).

501–505 In Peneleos’ Triumphrede (dazu allg. 454–457n.) werden zwei Motive verknüpft: (1) das Rachemotiv und der Gedanke an den Ausgleich (459–464n., 470–475n.), realisiert in der Tötung des Ilioneus als Vergeltung für diejenige des Promachos, und (2) das verbreitete Motiv der Klage der hinterbliebenen Eltern gefallener Helden (in direkten Reden von Feinden ist das Motiv noch in 11.452f., 21.122ff., 22.348ff. belegt, ähnl. 17.27f.; der Gedanke an die Hinterbliebenen findet sich überhaupt häufig: 4.477f., 5.153ff., 13.644ff., 17.53ff., 19.334ff., 500 Τρώεσσι: zur Flexion R 11.3. — εὐχόµενος (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.5. 501 εἰπέµεναι: zur Flexion R 16.4. — ἀγαυοῦ (ϝ)ιλιονῆος: zur Prosodie R 4.4. — Ἰλιονῆος: zur Flexion R 11.3. 502 γοήµεναι: finaler Inf. Präs. Akt. zu γοάω, ‘daß sie klagen sollen’; zur Flexion R 16.4.

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20.206ff., 20.408ff., 23.222f., 24.486ff.; auch nachhom. in frühen Epigrammen und bei Hdt. 1.87.4: MERZ 1953, 48; GRIFFIN 1980, 123; STOEVESANDT 2004, 312 Anm. 940). Hier ist das Motiv besonders prägnant und verstärkt den höhnischen Ton, weil der Getötete der einzige Sohn seiner Eltern ist (492; JANKO; STOEVESANDT 2004, 132f. 316f.). Die Aufforderung in 501f. impliziert vielleicht überdies, daß Ilioneus’ Eltern nach einem fluchtartigen Rückzug der Troer benachrichtigt werden sollen (JANKO: “the Trojans are to take the news back home, because they will now flee”); diesem würde dann die siegreiche Rückfahrt der Achaier in ihre Heimat entgegengestellt. Der Hohn und die vermutlich damit verbundene Drohung verstärken somit die Wirkung durch die Demonstration der ‘Trophäe’. 501 Ilioneus: zur Voraussetzung, daß der Sprecher den Namen kennt, 470–475n. a.E. εἰπέµεναί µοι: εἰπέµεναι ist imperativischer Inf. mit der Bed. ‘melden, ausrichten’, mit folgendem Inf. (502 γοήµεναι) wie in 6.114f., 15.57f. und öfter in der Od. (6.86n.). Der imperativische Inf. ist weniger direkt als der gewöhnliche Imp. (16.87n.); er wird öfter wie hier gebraucht, wenn etwas als sozial angemessene, einem bestimmten Ablauf folgende Handlung (hier der Benachrichtigung der Angehörigen nach der Tötung eines Kämpfers) dargestellt wird (ALLAN 2010, 225); µοι ist dat. ethicus (CHANTR. 2.72). — Τρῶες: formt mit Τροίης in 505 einen Ring (JANKO zu 501–5); dieser soll wohl den Gegensatz zu den Achaiern hervorheben (505 Ἀχαιῶν am VE; vgl. 501–505n.). — ἀγαυοῦ: generisches EpithetonP von Menschen und Göttern; Bed. unsicher, am ehesten ‘bewundernswert, erhaben’ (3.268n.). Wie hier steht der Gen. ἀγαυοῦ auch an den anderen elf Belegstellen der Ilias immer wie hier zwischen den Zäsuren B 2 und C 2 vor Konsonant (hier urspr. ϝ), was wahrscheinlich wie auch bei manchen anderen Formeln auf eine vorhom. Endung *-oo deutet (also Daktylos im 4. Metrum): HAINSWORTH zu Od. 5.1; JANKO zu 501–5; zur Restitution von Formeln G 45 Anm. 24.

502 1. VH = Od. 6.51; bis zur Zäsur A 4 = 1.441, 1.578, 17.196, 24.594, Od. 6.67; vgl. Od. 10.8. — klagen: zur Totenklage 24.719–776n.; zur Klage speziell der Ehefrau vgl. 5.412ff. πατρὶ φίλῳ: parallel zu ἀνδρὶ φίλῳ in 504 (JANKO zu 501–5). — ἐν µεγάροισιν: ‘zu Hause’, wo die Großfamilie mit Mutter, Vater, Kindern und Enkeln lebt (24.497, 24.539; 14.484b–485n.; NOWAG 1983, 69 mit Anm. 82). 503 ἡ … δάµαρ: Der Artikel hat hier wohl noch demonstrative, hervorhebende Funktion (SCHW. 2.22; CHANTR. 2.161; zur Diskussion vgl. G 99 u. 1.11n., 16.358n.). δάµαρ bed. ‘Gattin’, nach HAJNAL 1998, 54, hier in ursprünglichem rechtlichen Sinn als Vermögensverwalterin ihres verstorbenen Gatten verwendet (3.122n.; dort auch zu einer mögl. semant. Entwicklung). — Ἀλεγηνορίδαο: Patronymikon auf -ίδης (1.1n.; RISCH 149) zu Ἀλεγ503 οὐδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — δάµαρ(ρ) Ἀλεγηνορίδαο: zur Prosodie M 4.6. — Ἀλεγηνορίδαο: zur Flexion R 11.1. 504 φίλῳ ἐλθόντι: zum Hiat R 5.6. — γανύσσεται: zum -σσ- R 9.1. — ὁππότε: = ὁπότε (R 9.1). — κεν: = ἄν (R 24.5).

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ήνωρ, “verbales Rektionskompositum mit themat. verbalem Vorderglied” Ἀλεγ- (zu ἀλέγω, wie Οὐκ-αλέγων, 3.148n.) und Hinterglied -ήνωρ (pluralisch; RISCH 64: wie der Name Antenor): ‘der sich um seine Männer, Leute kümmert’: LfgrE; v. KAMPTZ 61, 96, 179. Vielleicht wird hier Promachos mit dem Patronymikon genannt, um eine Verwechslung mit dem (in Alcmaeonis fr. 11 Bernabé genannten) Epigonen Promachos, Sohn des Parthenopaios, auszuschließen (KULLMANN 1960, 125). Nach schol. b zu 2.494f. ist Alegenor Onkel von Peneleos und Promachos somit der Cousin des Sprechers (JANKO zu 449–53).

504 freuen: Die Freude über die Rückkehr eines Kriegers aus der Schlacht ist ein typisches Motiv des Heldenepos (6.480–481n.); hier wird es als “das Wesentlichste an der Heimkehr” dargestellt (LATACZ 1966, 160) und steht in scharfem Gegensatz zur Klage der Angehörigen in 502. ἀνδρὶ φίλῳ: 502n.; der Zusammenhang legt eine prägnante Bed. von φίλος, ‘lieb, geliebt’, nahe (zum Gebrauch von φίλος 3.31n.; vgl. 1.20n.). — ἐλθόντι γανύσσεται: γάνυµαι bed. ‘sich innig (er)freuen’ und ist wie hier in Il. 20.405, Od. 12.43 mit dem dat. causae verbunden (ohne Dat. nur 13.493), in einer Konstruktion mit einem prädikativen Partizip wie in Od. 12.43 (νοστήσαντι) und wie χαίρειν ebenfalls im Kontext einer Heimkehrsituation (Il. 24.705f., Od. 2.249f., letzteres ebenfalls mit ἐλθόντι, 10.419, 19.463): AH; LATACZ 1966, 157. γανύσσεται: γά-ν-υ-µαι ist ein nasalinfingiertes Präsens mit Suffix -υ- zur Wurzel *geh2u̯ - ‘hell, froh sein’, die auch in γαίων (1.405), γανάω (19.359n.) vorliegt und mit der γηθέω (140) verwandt ist; davon abgeleitet ist der Name Γανυ-µήδης (5.266, 20.232): DELG; BEEKES; LIV s.v. *geh2u̯ - (S. 184). Das Nasalinfix und das folgende υ sind wie bei τανύω (z.B. 389 τάνυσσαν), ἀνύω (z.B. Od. 16.373 ἀνύσσεσθαι) in die anderen Tempora übertragen worden, hier ins Fut. (RISCH 258).

505 nach Hause kehr’n: Die Heimkehr der Achaier übers Meer stellt die gegenläufige Bewegung zu der (wohl fluchtartig gemeinten) Bewegung der Troianer in ihre Stadt dar, wie sie tatsächlich sofort einsetzt (506f.); beide Kriegsparteien erscheinen dabei als Überbringer von Todesnachrichten an die Angehörigen der Gefallenen (JANKO zu 501–5). σὺν νηυσί: Das fast ausnahmslos überlieferte σύν (nur Zenodot und Aristophanes v. Byz. lasen ἐν) hat Parallelen in formelhaftem σὺν νηυσὶ νεώµεθα in 2.236 und 16.205 (s.d.; JANKO zu 501–5). — κοῦροι Ἀχαιῶν: VE-Formel zur Bezeichnung aller Achaier (1.473n.).

506–522 Die besonders grauenvolle Tötung eines Landsmannes führt zur panischen Flucht der Troer. Die Achaier verfolgen sie und töten viele. 506–15.4 Die nach Hektors Ausscheiden zunehmend intensiven Kämpfe (440– 505n.) offenbaren allmählich immer mehr die Schwäche der Troer, bis diese durch Peneleos’ entsetzliche Tat und seine höhnischen Worte das kalte Grauen überkommt (das Zittern unterstreicht ihre Unterlegenheit: KELLY 2007, 342) und sie sich zur Flucht wenden (STOEVESANDT 2004, 89. 317; daß dies alle Troer auf dem Schlachtfeld betrifft, wird in 506f. mit pántas ‘alle’ und hékastos ‘jeder’ unterstri505 Τροίης: zum -η- nach -ι- R 2. — νηυσί: zur Flexion R 12.1.

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chen). Ähnlich führt die Tötung eines Einzelnen oder Patroklos’ Erscheinen in Achills Rüstung zu Panik und Flucht in 5.9ff. und 6.5–72 (6.5–11n.) bzw. 16.284– 296 (s.d.). Auf diese Weise wird die Kette der gegenseitigen Rächungen unterbrochen (in Od. 24.472–548 durch die Götter; LENDON 2000, 4), und mit der Flucht haben Zeus’ Gegner – Hera und Poseidon, dessen Einwirkung in 510 explizit erwähnt wird – ihr Ziel, die Troer vom Schiffslager zurückzuhalten, erreicht (153– 353n.; REICHEL 1990, 129). Wie üblich in solchen Fluchtphasen fliehen die Kämpfer ohne Ordnung, nur beseelt von dem Wunsch sich zu retten (507), denn die Risiken vor allem der Langsamsten sind gewaltig (520–522, 8.339f., 11.178f.). Die Verluste der unterlegenen Partei sind bei einer Massenflucht enorm; sie werden oft durch Kataloge von Tötungsszenen illustriert: ein Blutbad unter Troern durch Achaier außer hier noch 5.37–83, 6.5–11, 16.306–357; umgekehrt ein Gemetzel unter Achaiern durch Troer in 15.328ff., die Entsprechung zur vorliegenden Szene: Die hier beginnende Flucht der Troer, die erst jenseits des strategisch günstigen Grabens ihren Abschluß findet (15.1–4) und sich in einen geordneten Rückzug wandelt (15.277f. im Rückblick), geht in eine entsprechende Gegenbewegung über, als die Achaier nach Hektors unerwarteter Heilung erneut zum Schiffslager zurückgedrängt und auf der Flucht getötet werden (508n.): WINTER 1956, 141. Zur Fluchtphase generell 6.1–72n.; 16.278–418n.; 16.306–357n.; LATACZ 1977, 212f. Das Ende der Szene und des 14. Gesangs fallen nicht zusammen: zu den nachhomerischen Buchgrenzen STR 21 Anm. 22. 506 ≈ Od. 22.42; 1. VH ≈ 3.95 (s.d.); 2. VH ≈ 3.34, 8.452, 17.67, 24.170, Od. 18.88; vgl. Il. 7.215, 20.44. In einigen Hss. u. in schol. A ist eine andere Formel überliefert: χλωρὸν δέος εἷλεν (flektierbar, 7.479, 8.77, 17.67, 6× Od., h.Cer. 190; s. app.crit.); diese wird aber immer für die Furcht vor etwas Übermenschlichem verwendet (etwas Göttlichem, einem Ungeheuer oder einer Naturerscheinung) und paßt deshalb hier nicht (KELLY 2007, 341). — ἔλλαβε: zur Langkonsonanz 3.34n.; zur Verbindung abstrakter Nomina mit Verben des Ergreifens 2.2n., 24.5n.; zur Verbindung mit τρόµος 3.34n., 24.170n. — γυῖα: ‘Glieder’ (3.34n.). 507 = 16.283 (s.d.), Od. 22.43; 2. VH ≈ Il. 6.57, Od. 1.11, 9.286, 12.287/446, 17.47. — πάπτηνεν: ‘umherspähen, Ausschau halten’ (16.283n.). — αἰπὺν ὄλεθρον: 99n.; hier wie in den Iteratversen in sekundärer FokalisationP: DE JONG (1987) 2004, 142. 275 Anm. 10.

508 = 2.484, 11.218, 16.112. Wie alle Musenanrufe (2.484–493n.) steht auch dieser an einer Nahtstelle der Erzählung (verdeutlicht mit nȳn, ‘nun’: 2.484n.), an der ein kritischer Moment erreicht ist: Weil Zeus von Hera getäuscht worden und in 506 φάτο: Impf. von φηµί; Med. ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied zum Akt. (R 23). — τοὺς … γυῖα: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). — τούς: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17). — ὑπὸ … ἔλλαβε: zur sog. Tmesis R 20.2; zum -λλ- R 9.1 und ↑. 507 πάπτηνεν: zur augmentlosen Form R 16.1. — δὲ (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. — ὅπῃ: ‘wohin’. — φύγοι: obliquer Optativ.

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Schlaf gesunken war (153–353), hatte Poseidon verstärkt den Achaiern helfen (354–401n., vgl. 510n.) und den Plan des Zeus vereiteln können, die Troer bis zu den Schiffen vordringen zu lassen (52–63n.). Die Achaier waren nach Hektors Ausschaltung (402–439n.) in die Offensive gegangen und hatten in vielen Einzelkämpfen allmählich die Oberhand gewonnen (440–505n.), bis schließlich das besonders grauenhafte Ende eines troischen Kämpfers und der entsprechend ausgekostete Triumph seines achaiischen Gegners (487–505) die Wende, d.h. die Flucht der Troer, herbeigeführt hatte (510: ékline ‘wandte’): Nun beginnt die Palíōxis, die Zurückdrängung der Troer von den Schiffen (506–15.4n.; zum Begriff 139– 146n.). Damit ist einer der Höhepunkte des Massenkampfes seit dem Ausscheiden Achills aus dem Kampf erreicht (BECK 2005, 171). Ähnlich steht die mit einem Musenanruf vergleichbare Frage nach den Erfolgen eines Einzelnen in 5.703f. am Höhepunkt einer Schlacht in einer ebenso mit göttlicher Unterstützung gegen Zeus’ Willen unternommenen achaiischen Offensive (MINTON 1960, 301–306). Die an den vorl. Musenanruf anschließende Erzählung verweilt aber nicht lange bei der Schilderung der erfolgreichen Tötungen flüchtender Troer (511–522): Schon in 522 (s.d.) wird an Zeus’ Macht erinnert, die sich, als der Göttervater erwacht ist (15.4), schnell in einer raschen Stärkung der Troer zeigt: Sie rücken wieder vor und setzen schließlich das vorderste Schiff der Achaier in Brand (15.12– 16.123). Der Musenanruf steht somit an einem bedeutsamen Moment, in dem auf einen kurzfristigen Erfolg unweigerlich eine Phase der achaiischen Defensive folgen wird, und markiert so zusammen mit den Anrufungen zu Beginn und gegen Ende des dritten Schlachttages, wie sich allmählich Zeus’ Wille durchsetzt und es beinahe zur Katastrophe für die Achaier zu kommen scheint: angefangen von der Verwundung und Kampfunfähigkeit der Anführer (11.218: Musenanruf vor Agamemnons Aristie, die zu seiner Verletzung führt, 28n.) über die kurzfristige Palíōxis hier bis zum Brand eines Schiffes (Musenanruf in 16.112, als Aias weicht [s.d.]). Zu dieser narrativen Funktion des Musenanrufes, deren Bedeutung oft verkannt wurde (vgl. 509n.), CALHOUN 1938, 161f.; MINTON 1960, 295–299 mit Anm. 10. 12; zum Zweck aller Musenanrufe, beim Publikum besondere Aufmerksamkeit für das Folgende zu wecken und für Faktentreue und Vollständigkeit der (hier in 509f. inhaltlich umrissenen) angekündigten Erzählung zu garantieren, sowie zur formalen Verwandtschaft von Musenanruf und Gebet 2.484–493n.; NTHS 14 u. 62. — mir: eine der seltenen Nennungen des ErzählerP-Ichs (2.484n.). — Musen: Die Zeustöchter sind die oberste auktoriale Instanz (2.484n.). ἔσπετε: 470n. — Μοῦσαι … ἔχουσαι: zum Gleichklang 2.484–486n. — Ὀλύµπια δώµατ’ ἔχουσαι: flektierbare VE-Formel, zur Bezeichnung der olympischen Götterfamilie (1.18n.).

Kommentar

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509 1. VH = 11.219; ≈ 6.5, 10.532, 12.378, 13.170, 13.809, 14.511, 16.113, 16.593, 23.862, h.Cer. 314. — Die hier vorl. Frage und allgemein die Feststellung, daß ein Krieger als ‘erster’ angegriffen hat (402n., 511), ist verbreitet zu Beginn von Kampfschilderungen. Bei der Schilderung eines Getümmels (hier einer Fluchtphase: 506–15.4n., 511–522n.) hat sie eine erzähltechnische, nicht handlungschronologische Bedeutung (FORD 1992, 78: “organizing question”): Sie dient (wie die Frage nach den Opfern eines Kämpfers in 5.703, 8.273, 11.299, 16.692 [s.d.]) als Selektionssignal für die Exemplifizierung des Verlaufs der Fluchtphase (16.284n.; zum traditionellen agonistischen Hintergrund der Frage nach dem besten Kämpfer 2.761–762n.). So hebt der Superlativ, noch intensiviert durch die Anrede an die Musen (508n.; Stellen s. Iterata; ähnl. auch 2.761), zwar die Leistung eines einzelnen Helden hervor, aber dies muß nicht unbedingt das auslösende Moment der Wende sein (6.5n.): Hier ist es die Unterstützung durch Poseidon (510n.). Daß gerade Aias’ Leistung betont wird, paßt zu seiner Rolle im 14. Gesang (402–439n., 459–475, s.d.) und in den Kämpfen des 3. Schlachttages überhaupt; entsprechend wird durch den Musenanruf in 16.112–113 (s.d.) hervorgehoben, daß er der letzte war, der im Kampf um die Schiffe den Widerstand gegen die Troer aufgab. δή: An die Musen gerichtet bedeutet die Partikel hier ‘wie ihr euch erinnert’, an die Zuhörer (indirekt) ‘was zu erwarten war’ (16.112–113n.), im Anschluß an 506f. (Schilderung der Reaktion der Troer). — βροτόεντ(α): zu βρότος (7n.), daher weniger allgemein als αἱµατόεις mit der Bed. ‘mit getrocknetem Blut beschmiert’ verwendet (LfgrE). Es steht sonst meist als Epitheton zu dem mit ἀνδράγρια (s.u.) bedeutungsähnlichen Wort ἔναρα, wobei die Verbindung ἔναρα βροτόεντα an 3 der 9 Belegstellen dieselbe Versposition einnimmt wie hier die Wendung βροτόεντ᾿ ἀνδράγρια (8.534, 10.570, 22.245, s. 6.480n.). Zur Hervorhebung des Blutes in den Gesängen 11–18 als Zeichen zunehmender Brutalität des Kampfes 16.159n.; hier signalisiert es das Gemetzel während der Fluchtphase (506– 15.4n.). — ἀνδράγρι(α): Kompositum mit dem Vorderglied zu ἀνήρ und dem Hinterglied zu äol. ἀγρέω ‘fangen, nehmen’, ἄγρα ‘Jagd’ (271n.); die Wortbildung im einzelnen ist nicht ganz klar (Ableitung mit dem Suffix -ιο- zur Bezeichnung von Konkreta zum verbalen Rektionskompositum *ἀνδρ-αγρός ‘Menschenjäger, -fänger’ oder Analogiebildung nach dem ebenfalls zu ἀγρέω gebildeten Kompositum ζωάγρια ‘Beute aus dem Fang eines lebendigen Menschen, Entgelt für Lebensrettung’ [dazu 18.407n.]: LfgrE mit Lit.); das Wort muß jedenfalls ‘das, was einem Menschenjäger gehört, was man beim Einfangen und Töten eines Menschen erlangt’, d.h. ‘Beute’ (Waffen, Rüstung) bedeuten (LfgrE; RISCH [1949] 1981, 286; RISCH 115f., 207, 217). Das hapaxP, wohl ein Archaismus wegen des Anklangs an die Jagd (CHANTRAINE 1956, 46f.), ist hier als Variante zum Synonym ἔναρα gebraucht (s.o. zu βροτόεντα): LfgrE; zum Zusammenhang zwischen der Jagd auf Tiere und der Aggression gegen Menschen BURKERT (1972) 1997, 26–31. Die Beute besaß einen sehr hohen Wert (422n.); das erklärt, weshalb ἀνδράγρια ἤρετο hier wie (ἐξ)εναρίζειν 509 ἀνδράγρι᾿ Ἀχαιῶν: zum Hiat R 5.1. — Ἀχαιῶν: von πρῶτος abh. gen. part.

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‘einem getöteten Gegner die Rüstung nehmen’ an vielen Stellen (z.B. 24, 513) wie ein Synonym zu Verben des Tötens verwendet wird (zu (ἐξ)εναρίζειν 24b n.).

510 gewendet: Damit wird gleichzeitig das Ergebnis von Poseidons Hilfe, die zur Flucht der Troer geführt hat, zusammengefaßt (354–522n., 354–401n.) und Poseidons Unterstützung beim Gemetzel in der Fluchtphase des Kampfes unterstrichen (508n.). Nach einem längeren Abschnitt ohne explizite Erwähnung des Gottes wird so das Publikum daran erinnert, wie prekär und von göttlicher Unterstützung abhängig die Erfolge der Achaier sind, und auf die gleich einsetzende Gegenreaktion in 15.4ff. vorbereitet, nämlich Zeus’ Stärkung der Troer und ihr neuerliches Vordringen (STRASBURGER 1954, 58; BECK 2005, 170). Durch das Bild des eigenmächtig den Verlauf des ganzen Kampfes bestimmenden Gottes, das sonst Zeus vorbehalten ist (8.171, 17.627, 19.223b–224: s.d. u. 16.362n.), wird das Außerordentliche, Brüchige der Situation noch hervorgehoben. ἤρετ(ο): bei Eustathios belegter themat. Aor. von ἄρνυµαι ‘erlangen’ (app.crit.; zur sonstigen Überlieferung des Ind. Aor. ausschließlich mit -α- 3.373n.), mit ἀνδράγρια als Objekt verbunden wie φέρειν mit ἔναρα in 8.534: LfgrE s.v. ἄρνυµαι 1331.37ff. — ἔκλινε µάχην: κλίνω ‘zur Seite biegen, umbiegen, lehnen’ wird öfter mit Bezug auf die Schlacht gebraucht; mit Personal-Objekt ‘(den Feind) werfen, in die Flucht schlagen’ (Τρῶας δ᾿ ἔκλιναν Δ∆αναοί in 5.37, ähnl. Od. 9.59); mit µάχη wie hier oder πόλεµος als prägnantem Obj.: ‘(den Verlauf) wenden, einen anderen Verlauf nehmen lassen’ (passivisch in Hes. Th. 711: ἐκλίνθη δὲ µάχη, und Il. 11.509: πολέµοιο µετακλινθέντος); wie andere Verben, z.B. τανύω in 389 (s.d.), veranschaulicht es somit die Vorstellung eines dynamischen Gleichgewichts zwischen Überlegenheit und Unterlegenheit (16.362n.), wobei vielleicht auch an das Bild der Waage zu denken ist (vgl. 19.223f. mit dem Komm. z.St.; LEAF zu 11.509; GUNDERT 1983, 149 Anm. 2; skeptisch LfgrE s.v. κλίνω 1448.19ff.). — κλυτὸς Ἐννοσίγαιος: 135n.

511–522 Androktasie-Szene: Katalog von exemplarischen Einzeltötungen, welche die Verluste der flüchtenden Troer bzw. die Erfolge der Achaier unter der Einwirkung Poseidons (510) veranschaulichen (14.506–15.4n.; vgl. 6.29–36n.; 16.306– 357n. mit Lit., auch zur Wirkung solcher Kataloge auf die Hörer; zu den Opfern der Troer auf einer Flucht insgesamt 16.308n.). Der Musenanruf (508n.) weist auf diesen “Höhepunkt der Konsequenzen, die sich aus der Diós apátē ergeben haben” hin; der Katalog bildet somit eine ideale Abrundung der ganzen Episode: VISSER 1987, 248 Anm. 311, gegen SCHADEWALDTs Bemerkung ([1938] 1966, 115f. Anm. 1. 10), die Grenze zwischen dem 14. und 15. Gesang hätte besser schon nach V. 507 gesetzt werden sollen; zu analytischer Kritik an dem Passus MINTON 1960, 298 Anm. 10. Die Einzeltötungen in rascherer Folge als z.B. in den Katalogen 5.37ff., 6.5ff. und 16.306ff. geben das Gemetzel durch die schnell verfolgenden Achaier wieder (16.306–357n.; MINTON 1962, 190 Anm. 5; 1960, 298), 510 ῥ(α): suggeriert Evidenz: ‘ja, bekanntlich’ (R 24.1).

Kommentar

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wobei kunstvoll variiert wird: Je zwei etwas ausführlichere Szenen der Tötung eines Anführers durch Aias bzw. Menelaos (511f. und 516–519, s. 512n.) rahmen eine Liste mit drei Siegern – Antilochos, Meriones, Teukros – über jeweils zwei Opfer (513–515); als klimaktischer Abschluß folgt in 520–522 der Hinweis auf das Wüten des ‘Kleinen Aias’ und seine vielen anonymen Opfer. Die Reihenfolge der Namen ist wohl in erster Linie versifikatorisch bedingt (wie in 2.404–409n., s.d.); die beiden Aianten, der Sohn des Telamon und der Sohn des Oïleus, eröffnen und beenden den Katalog (MUELLER [1984] 2009, 32). Die genannten Achaier sind diejenigen, die noch unverwundet sind und sich schon im 13. Gesang hervorgetan haben (13.581ff.: Menelaos), z.T. nachdem sie von Poseidon ermutigt worden waren (die beiden Aias in 13.46ff.; Teukros, Meriones und Antilochos in 13.91ff.; s. BEYE 1964, 361; zu den Verwundungen 516n.); die acht namentlich genannten troischen Opfer (neben einer großen Zahl anonymer Opfer, 520) sind teilweise nur hier genannte, vermutlich ad hoc erfundene “Kataloghelden” (so Hyrtios, Mermeros, Prothoon; s. WINTER 1956, 113f. Anm. 1), gehören teils aber auch zu der am Vorabend nach Troia gelangten Verstärkung (13.790–794; so Phalkes, Morys, Hippotion und vielleicht Periphetes; s. 513–515n.; zu Hyperenor 516n.); sie sind alle bestenfalls zweitrangige Figuren, die nicht wie Sarpedon, Hektor, Polydamas und Aineias für spätere Kämpfe aufgespart werden mußten (WATHELET 1988, 632). Variation wird (1) durch die unterschiedliche Zahl der Elemente der hom. Kampfszenen erreicht (allg. zu diesen Elementen 16.284–290a n.): in 513–515 nur der Sieger und der Opfer, in 511f. erhält das Opfer ein Patronymikon, in 516–519 werden der getroffene Körperteil und die Waffe genannt sowie der Tod veranschaulicht; in 520–522 wird der Sieger charakterisiert; daneben aber auch (2) durch die abwechselnden Tötungsverben (οὖτα, ἐξενάριξεν, κατέκτα, ἐνήρατο, οὔτασε, δῃώσας, εἷλεν; s. Eust. 1000.1; TRÜMPY 1950, 125; VISSER 1987, 166 Anm. 230; zur Generierung solcher ‘Tötungsverse’ mit Determinanten und Variablen FOR 40) und (3) durch unterschiedliche Wortstellungen (vgl. z.B. 513 und 514; MUELLER [1984] 2009, 32), wobei möglicherweise Alliterationen die Struktur unterstreichen (auf µ, vielleicht auch auf π in 513–515; STRASBURGER 1954, 57; JANKO zu 511– 22).

511 ≈ 6.5, 12.378; ≈ 13.170; 1. VH: s. 509n. — Aias: 402–439n. — Hyrtios: nur hier genannter Anführer der Myser, der wie der Kikone Mentes (17.73) im Troerkatalog nicht neben den anderen Anführern seines Kontingents erwähnt wird (vgl. 2.858; zu Mentes 2.846n.; zu solchen und ähnlichen Abweichungen der sonstigen Erzählung vom Schiffskatalog REECE 2009, 187). Τελαµώνιος: 409n. — ῞Υρτιον: historisch nicht belegter, in der Lit. nur hier vorkommender Name (v. KAMPTZ 346). Er ist evtl. thrakischer Herkunft, was zu einem Myser paßt (512n.), und stellt möglicherweise eine Kurzform zu Ὑρτάκιος dar; dieser Name erinnert an Ὕρτακος, den Namen des Vaters des troischen Anführers Asios (2.837n.), und den gleichnamigen kretischen Ortsnamen, der ebenfalls thrakischen Ursprungs zu sein scheint

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(v. KAMPTZ 12f., 143, 313, 346; vgl. SCHERER 1976, 37, mit Hinweis auf hist. belegte kleinasiat. Personennamen der seines Erachtens gleichen Gruppe). — οὖτα: Wurzelaor. wie in 518 οὐταµένην, wohl älter als die sigmat. Aoristformen οὔτασε/οὔτησε zu οὐτάω (128n.): 6.64n. Das Verbum nimmt hier in der Antwort (509n.) βροτόεντ᾿ ἀνδράγρια ἤρετο aus 509f. auf und ist wie öfter, z.B. auch in 517, im Sinne einer tödlichen Verwundung im Massennahkampf gebraucht, während βάλλω meist die Verletzung im Wurfkampf bezeichnet. Beide Verben – οὐτάω an der vorl. St., βάλλω in 4.473 – werden dabei wie die allgemein verwendeten Tötungsverben ἑλεῖν, κτείνειν oder ἐξεναρίζειν in einem Satz verwendet, in dem bloß Täter, Opfer und die Tat genannt sind (FAESI zu 511f.; VISSER 1987, 45f. 63 mit Anm. 98; vgl. 128n. u. 511–522 n.).

512 Vgl. 15.330. — Myser: Die Myser, ein thrakischer Volksstamm, sind in der Iliashandlung Bundesgenossen der Troianer; ihr Siedlungsgebiet grenzt im Osten an die Troas an (2.858n.). Das erste Opfer wird als Anführer (also: als besonders kampftüchtiger Mann) gekennzeichnet, was mit der Charakterisierung des letzten im Katalog namentlich genannten Opfers (516 ‘Hyperenor, den Hirten der Männer’) einen Rahmen bildet und im Vier-Wort-Vers (16.125–126n.) so die militärische Leistung der Achaier hervorhebt (STRASBURGER 1954, 31). Γυρτιάδην: Patronymikon zu dem nicht belegten Namen Γύρτιος. Der Gleichklang mit dem Namen des Sohnes, Ὕρτιος, legt eine ad hoc-Erfindung des Erzählers nahe (JANKO zu 511–22), die sich aber auf bestehendes Namensgut stützen kann: Der Name erinnert an Ortsnamen wie Γυρτώνη, Γυρτών (Thessalien, 2.738n.), Γόρτυν (Kreta), deren Wurzel als nicht-gr. beurteilt wird (HEUBECK 1961, 60f.; allg. zur Wurzel auch BEEKES s.v. χόρτος). — καρτεροθύµων: eigtl. ‘mit starkem θυµός’, d.h. ‘von kraftvoller, unbändiger Art’ (ebenso verbal 5.806 von Tydeus: θυµὸν ἔχων ὃν καρτερόν), fast immer am VE stehendes Epitheton zur Hervorhebung einzelner Helden (5.277, 13.350, Od. 21.25) und Gottheiten (Hes. Th. 225, 476, 979), hier und in Hes. Th. 378 (Windgottheiten) von Personen-Gruppen (LfgrE). Wohl weil καρτερόθυµος sonst nicht bei Völkernamen steht, und vor allem unter dem Einfluß von 2.867 mit ähnl. 2. VH, ἡγήσατο βαρβαροφώνων, hat man βαρβαροφώνων auch hier gelesen (schol. T); es ist aber weder in Hss. noch in Pap. überliefert, und καρτεροθύµων paßt zu einem anderen positiven Epitheton der Myser, ἀγχέµαχοι, ‘im Nahkampf kämpfend’ (13.5, ebenfalls im Gen.; die Bed. von ἀγέρωχοι, eines anderen Epithetons der Myser, in 10.430 ist unbekannt): JANKO.

513–515 Die Namen der troischen Opfer sind teilweise wohl 13.791f. entnommen (513n., 514n., 515n.). Ihre Namensträger gehören zu den Heerführern, die aus dem Grenzgebiet zwischen Phrygien und Mysien zur Ablösung gekommen sind und intensiv kämpfen (13.789f., 13.793f., 2.863n.). Ihre Tötung – ebenso wie die des Mysers Hyrtios und des Hyperenor (512n.) – stellt somit einen bedeutenden militärischen Erfolg der achaiischen Kämpfer dar. Die Auswahl gerade der Namen Morys, Phalkes, Hippotion und Periphetes aus der Liste in 13.791f. sowie die Ergänzung mit Namen unbedeutender Figuren (Mermeros 513, Prothoon 515) hat wohl metrische Gründe (s.dd.): VISSER 1987, 127f.

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513 Antilochos: Sohn Nestors (FM 4); seine Nennung in einer Verfolgungsszene soll vielleicht an seine besonders große Schnelligkeit denken lassen (vgl. 520n.; zu seiner Beweglichkeit 18.2n.). Der Vers ist nach derselben Struktur wie 6.20 (s.d.) und 11.335 gebildet. — Φάλκην: hist. unbelegter Name unklarer Herkunft, auch in 13.791 genannt (v. KAMPTZ 378). — Μέρµερον: nur hier vorkommender Troer (nicht mit dem gleichnamigen Vater eines Mannes in Griechenland in Od. 1.259f. identisch): LfgrE; VISSER 1987, 175 mit Anm. 240, dort auch zu in späterer Lit. belegten Namensvettern unklaren Alters. Der Kämpfer trägt einen sprechenden Namen: µέρµερος ist eine Intensiv-Reduplikationsbildung zu *(s)mer- (vertreten in µερµηρίζω, ‘überlegen, grübeln’, z.B. 159; ebenso lat. me-mor) und bed. ‘was viel Sinnen, Sorgen bereitet’, d.h. ‘schrecklich, entsetzlich’ (6× Il., immer im Pl. µέρµερα). Der Name ist historisch nicht belegt (v. KAMPTZ 21, 109, 238; BEEKES); solche sprechenden Namen werden im hom. Epos häufig unbedeutenden Figuren gegeben, hier wohl ad hoc aus metrischen Gründen (VISSER a.O. 175f.). — ἐξενάριξεν: 509n. a.E.

514 Merionés: Unteranführer der Kreter (FM 4); er ist häufig erfolgreich im Kampf und tötet öfters Flüchtende (16.342n.). Zu Meriones’ hohem Alter in der Erzähltradition 2.651n. u. 19.238–240n. — Morys: Sohn des Hippotion (13.792). Sein historisch nicht belegter Name ist nicht-gr., ebenso wie andere Namen mit der gleichen Endung, Rhadamanthys (322n.), Phorkys (2.862n.), der ebenfalls in 13.792 genannte, aus demselben Ort stammende Palmys sowie Aineias’ Großvater Kapys (20.239): v. KAMPTZ 376. — Hippotión: Vater des Morys (s.o.) und des Askanios (13.792f.; Askanios ist wohl identisch mit dem in 2.862 genannten phrygischen Anführer, s.d.; LfgrE s.v. Ἀσκάνιος; VISSER 1987, 130–132 mit Anm. 184. 185). Die Tatsache, daß somit Vater und Sohn gemeinsam vor Troia kämpfen (und hier sogar gleichzeitig fallen), ist nur metrischen Gründen und der Assoziation an V. 13.792 geschuldet, wo beide Namen vorkommen; sie wird in der Ilias nicht thematisiert (ähnlich erklären sich die Paare Mekisteus/Echion 13.422, 15.339, Peiroos/Rhigmos 2.844, 20.484f.; anders ist es im Falle Nestors: er zeichnet sich durch sein atypisches hohes Alter aus, was auch dadurch hervorgehoben wird, daß seine Söhne Antilochos und Thrasymedes am Kampf beteiligt sind, vgl. 10n.; zu Pylaimenes/Harpalion 2.851n.): VISSER 1987, 136–139. Eine Rekonstruktion der wahrscheinlichen Vers-Genese bei VISSER 1987, 124–139. — Ἱπποτίωνα: mit denominativem -ων erweitertes Patronymikon auf -ιος zu ἱππότα (52n.); ebenso gebildet ist z.B. Κρονίων (247 u.ö.): RISCH 56f.; v. KAMPTZ 147, 272. — κατέκτα: auch sonst verwendete Prädikatform zur Komplettierung eines Verses nach einem auf Vokal auslautenden Wort (12.378, 13.170; nach einem Konsonanten folgt die Variante ἔπεφνεν, z.B. 15.329, 16.785): VISSER 1987, 139. 196f. 200; zum Formelsystem synonymisch verwendeter Verben des Tötens 6.12n.

514 κατέκτα: Wurzelaor. zu κατακτείνω (3. Sg.). 515 ἐνήρατο: Aor. zu ἐναίρω ‘töten’; Med. ohne Bed.-Unterschied zum Akt. (R 23).

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515 Teukros: Sohn des Telamon, Halbbruder des Aias und oft neben diesem im Kampfeinsatz (vgl. 511): FM 4. Er ist der beste Bogenschütze der Achaier (16.511n.), daneben aber auch ein guter Speerkämpfer (13.313f.), wie seine Erfolge in 13.170ff. und wohl auch hier und in 6.31 zeigen, wo die Waffe nicht angegeben ist (LfgrE). — Periphetes: Der Troer wird nur hier erwähnt, und sein Name dürfte als metrisches Füll-Element des Verses dienen, einerseits primär der Erinnerung des Erzählers an den in 13.791 erwähnten Polyphetes (513–515n.) geschuldet, andererseits sekundär der Assoziation an den nicht unbedeutenden, wohl traditionellen achaiischen Namensvetter Periphetes, der in 15.638–652 genannt ist (VISSER 1987, 89f. mit Anm. 138). Zur Struktur und zur Genese des Verses VISSER 1987, 80. 88–90. — Προθόωνα: Der Name des nur hier vorkommenden Troers ist zu Πρόθοος (2.756, nomen agentis eines verbalen Rektionskompositums, zu πρό u. θέω) mit dem gleichen Suffix wie Ἱπποτίων gebildet (514n.) und bed. ‘Voraus-Stürmer’, ein sprechender Name (vgl. Προθοήνωρ 450n. u. πρόµαχος 3.16n.): v. KAMPTZ 16, 132; RISCH 56; GARCÍA-RAMÓN 2000, 207f. 211. — Περιφήτην: zu περί und φηµί gebildetes verbales Kompositum als Name (ähnl. wie Πολυφήτης 13.791, Εὐφήτης 15.532, Ἀντιφάτης 12.191, vgl. nachhom. προφήτης), bed. ‘ringsum’, d.h. ‘laut, hervorragend sprechend’, als Name eigentlich nur für den Namensvetter, den Sohn eines Herolds, passend (15.638–640), an den der Erzähler hier vermutlich dachte (s.o.): LfgrE; v. KAMPTZ 31f.; VISSER 1987, 89.

516 Atride: Menelaos, denn Agamemnon ist kampfunfähig (28n., 129ff., 19.47– 53n.): WILLCOCK. — Hyperenor: Sohn des Panthoos, eines Mitglieds des troischen Ältestenrates (3.146n.), und Bruder des Polydamas (449n.) und des Euphorbos (16.808n.). Letzterer erfährt in 17.24ff. von Menelaos, Hyperenor habe ihn, den Atriden, mit einer Schmährede herausgefordert und Widerstand geleistet und sei darauf von ihm getötet worden, worauf Euphorbos vergeblich versucht, Hyperenors Tod an Menelaos zu rächen (17.34ff.). Der Widerstand und eine Herausforderungsrede passen nicht zur vorliegenden Fluchtphase (JANKO zu 511– 22), motivieren jedoch das Verhalten der Figuren in der erwähnten Erzählung im 17. Gesang und sind dort wohl ad hoc erfunden (JANKO a.O.); zu solchen kleineren Unstimmigkeiten zwischen einer kurzen und längeren Version desselben Ereignisses und Parallelen – z.B. 2.827/4.106–111 Pandaros’ Bogen ist Apollons Geschenk/von Pandaros hergestellt – s. SCODEL 1999, 69. ῾Υπερήνορα: Der auch als Adj. in ‘Hes.’ fr. 199.6 M.-W. belegte Name ist wohl ein präp. Rektionskompositum mit dem Vorderglied ὑπέρ und – wie Προθοήνωρ (450n.), Ἀλεγήνωρ (503n.) – dem Hinterglied -ηνωρ zu ἀνήρ (RISCH [1944] 1981, 41; zu dem schon myk. in /a-ta-no/ Ἀντήνωρ belegten Bildungstyp von Eigennamen DELG s.v. ἀνήρ); der Name bedeutet vermutlich ‘über den Männern stehend’ (RISCH a.O.; zu einem anderen Versuch v. KAMPTZ 100). — ποιµένα λαῶν: 22n., 512n.

Kommentar

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517 1. VH = 447 (s.d.); ≈ 6.64; 2. VH ≈ 13.507f., 17.314f. — Gedärm: Die Vorstellung, daß die Stoßlanze wie hier oder der Wurfspeer durch den Bauch und das Gedärm dringt und die Eingeweide durch die Wunde hervorquellen läßt, findet sich auch in 4.525f., 20.416–418, 21.180f. (LfgrE s.v. ἀφύω, ἀφύσσω 1733.19ff.). Die anschauliche Beschreibung der tödlichen Verletzung (451n.) ist effektvoll (16.504n., mit Parallelen) und verdeutlicht die Wucht des Stoßes und damit die Kraft des angreifenden achaiischen Kämpfers, hier des Menelaos (VAN WEES 1996, 39. 72 Anm. 99; vgl. 404–406n., 412n. zur Wucht eines Wurfs). διὰ δ᾿ ἔντερα χαλκὸς ἄφυσσεν: ἀφύσσω bed. ‘schöpfen’, häufig von Wein (3.295n.), διαφύσσω mit dem Subjekt χαλκός ist hier und an den Iteratstellen (s.o.) metaphorisch i.S.v. ‘hindurch(gehen und dabei heraus-)schöpfen’ verwendet. “ἔντερα (ist) also sowohl zu ἀφύσσω Objekt als auch zu διά und einem zu ergänzenden Verb der Bewegung” (LfgrE s.v. ἀφύω, ἀφύσσω 1733.25ff.). Zu χαλκός als Bezeichnung für die bronzene Spitze und Tülle einer Stoßlanze oder eines Wurfspeers bzw. wie hier als pars pro toto für die ganze Waffe 3.348n.

518–519a 2. VH v. 518 = 17.86. — Leben: Ebenso entweicht die psychḗ aus einer tödlichen Wunde in 16.505 (s.d.; in 9.409 aus dem Mund, in 16.856 u.ö. aus dem Leib). Hier wird die verletzte Körperöffnung explizit genannt, mit dem gleichen Ausdruck wie im Iterathalbvers 17.86, wo von Blut die Rede ist (des sterbenden Euphorbos, Hyperenors Bruder, 516n.). Dies und auch die verwendeten Verben epéigomai (‘unter Druck drängen’) und séuomai (‘hervorschießen’, in 21.167 von hervorsprudelndem Blut) weisen darauf hin, daß hier das Bild des hervorquellenden Blutes zugrunde liegt. Der Verlust des Blutes bedeutet das Sterben, den Verlust des – hier als psychḗ bezeichneten – Mediums des Lebens, den ‘Lebensgeist’, der in der Unterwelt zum ‘Totengeist’ wird. Zur vorl. St. WARDEN 1971, 98; LfgrE s.v. σεύοµαι 99.45ff.; vgl. BÖHME 1929, 21 Anm. 5; zur Bed. von psychḗ, ‘Lebensgeist, Seele’ (nicht im modernen psychologischen Sinn), 1.3n., 16.856n., 24.168n. mit Lit. Zu alten bildlichen Darstellungen des Sterbens sonst 16.469n. mit Lit.; bezeichnend ist die Raschheit der Bewegung weg vom Körper (wie in 16.856, 22.362, 23.100f. von der psychḗ, in 13.671f., 16.606f. [s.d.] vom thymós, der vitalen Energie): KURZ 1966, 112 Anm. 42. δῃώσας: δῃόω bed. ‘niedermetzeln, töten’ (18.195n.), hier speziell, mit der Waffe als Subj., ‘nachdem es (sc. das Erz) ⟨den Leib⟩ aufgeschlitzt hatte’, ähnlich wie die Lanze in 7.247 einen Schild beschädigt (δαΐζων); vgl. auch 17.65 (ein Löwe zerreißt die Beute beim Fressen): LfgrE; AH. — κατ᾿ οὐταµένην ὠτειλήν: ὠτειλή bez. eine meist tödliche Wunde (19.25n.). Das Wort ist hier das Subjekt des passivisch verwendeten οὐτάω (zu dessen Bed. 128n.) und bezeichnet das effizierte Obj. (vgl. 5.361 ἕλκος, ὅ µε βροτὸς οὔτασεν

517 κάλ: = κατά (R 20.1). — διὰ … ἄφυσσεν: zur sog. Tmesis R 20.2, zur Bed. ↑. 519 ἔσσυτ(ο): Aor. zu σεύοµαι ‘hervorschießen, eilen’. — τὸν … ὄσσ(ε): Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). — τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3 u. R 17). — ὄσσ(ε): 236n.

240

Ilias 14

ἀνήρ): AH. Die Junktur mit der Bed. ‘durch die geschlagene (d.h. offene, klaffende) Wunde’ (FAESI zu 17.86) ist viell. als figura etymologica gebildet (TRÜMPY 1950, 94, zur Vorstellung des Dichters; nach HARÐARSON 1993, 186, liegt tatsächlich beiden Wörtern dieselbe idg. Wurzel zugrunde; skeptisch FRISK; BEEKES s.v. ὠτειλή).

519b = 4.461, 4.503, 4.526, 6.11, 13.575, 15.578, 16.316, 20.393, 20.471, 21.181; ≈ 16.325, h.Ap. 370. Formelhafter Ausdruck für das Eintreten des Todes (438– 439n., 6.11n.; 16.316n.). 520 2. VH = 13.701; ≈ 2.527, 13.66, 14.442 (s.d.), 17.256, 23.473, 23.488, 23.754. — Aias: der ‘Kleine Aias’ (442n.); die beiden Hinweise auf seine besonderen Erfolge (hier und 442ff.) rahmen die Schilderung der achaiischen Erfolgsphase 440–552. Seine Schnelligkeit, häufig wie hier durch Nomen-Epitheton-Formeln (s. Iterata), aber auch in der Erzählung (23.758f., 23.789–792) hervorgehoben, wird im folgenden (521f.) als Charakteristikum dargestellt (WEST 2011, 298). Leichtfüßigkeit wird im hom. Epos hoch bewertet; sie gilt in der Ilias vornehmlich als eine von Achilleus’ herausragenden Qualitäten (s. die Nomen-Epitheton-Formeln u. 13.324f., 21.599–22.213, 23.791f.: 24.138n.; STOEVESANDT 2004, 156); vgl. auch 15.570, wo Antilochos durch Menelaos gerühmt wird. Hier hinterlassen Aias’ Erfolge durch seine Schnelligkeit einen ganz leicht ambivalenten Eindruck, denn “it is no moral achievement to be fastest at killing men who are fleeing” (JANKO zu 521f. [Hervorhebung: JANKO], mit Hinweis auf Eust. 1000.13; vgl. auch zu Zeus’ Rolle 522n.), ebenso wie die Tötung eines lebend gefangenen Troers durch Aias in 16.330ff. zwiespältig wirkt (s.d.). Zur Genese des Verses VISSER 1987, 248f. — εἷλεν: zur Bed. ‘überwältigen, töten’ 16.306n. Die Voraussetzung für die Tötung, das Einholen der Flüchtenden (521f.), klingt im Verb wie in 5.50 und Od. 14.220 an (vgl. Il. 23.345 vom Einholen bei einem Rennen sowie Od. 8.330: LfgrE s.v. αἱρεῖν 348.75ff.). Zur Versifikationstechnik mit den verschiedenen Formen von ἑλεῖν in der Ilias VISSER 1987, 210–265. 521 1. VH ≈ 2.553, 23.632.

522 Zeus: Die allgemeine Aussage (FAESI) widerspricht nicht derjenigen über Poseidons Unterstützung der Achaier in 510. Der oberste Gott Zeus ist die bestimmende Macht über den Krieg (16.658n., 19.223b–224n., vgl. 384n., 8.335, 11.544, 13.794, 20.92f.; eine bibl. Parallele zu dieser wohl traditionellen Vorstellung von einem göttlichen Schlachtenlenker, 2. Mose 23.27, bei WEST 1997, 210); er kann beide Parteien in große Furcht versetzen, auch die Achaier. Daran wird hier erinnert und so ihre prekäre Situation unterstrichen (wie schon 510, s.d.). Damit 521 γάρ (ϝ)οί: zur Prosodie R 4.5. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — ἐπισπέσθαι: Inf. Aor. zu ἐφέποµαι, ‘nachsetzen, verfolgen’; final-konsekutiver Inf. zu ὁµοῖος. — ποσίν: dat. instr. — ἦεν: 499n. 522 τρεσσάντων: zum -σσ- R 9.1. — τε: zum ‘epischen τε’ R 24.11. — ἐν … ὦρσεν: zur sog. Tmesis R 20.2; als Objekt erg. αὐτοῖς (mit Bezug auf ἀνδρῶν in der 1. VH).

Kommentar

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weckt der Erzähler auch Spannung (ähnl. JANKO zu 521–2), wie lange der Göttervater wohl noch schläft, und leitet so zu der überraschend einsetzenden Erzählung von Zeus’ Erwachen und seiner sofortigen Unterstützung der Troer über (von 15.4b an). ἀνδρῶν τρεσσάντων: gen. abs. mit nicht sehr häufigem Ptz. Aor. (19.62n.): ‘sobald sich Männer zur Flucht gewandt hatten’ (AH). τρέω bed. ‘zurückschaudern, zurückweichen’ mit einer Bewegung, hier wie z.B. in 13.515, 22.143 ‘flüchten, wegrennen’; es erinnert an 506f. (s.d.; τρόµος gehört zum gleichen Wortstamm: FRISK s.v. τρέµω) und wird inhaltlich in 15.2 durch φεύγοντες, 15.7 ὀρινοµένους, 15.15 ἐφόβησε … λαούς wiederaufgenommen (LfgrE s.v. τρέω 613.35ff.; 614.23ff.). — ὅτε τε … ἐν φόβον ὦρσεν: Umschreibungen für φοβέω in der Bed. ‘Furcht/Schrecken einjagen und dadurch zur Flucht veranlassen’ werden mit φόβον als Objekt von folgenden Verben gebildet: ἐν … ὦρσε (wie hier 11.544, 13.362, ebenso am VE; zu anderen Objekten 2.451b–452n.), ἔµβαλε (17.118) und ἐν … ἧκε(ν) (15.327, 16.291, s.d.). Das Subjekt ist meistens göttlich (16.291n.; LfgrE s.v. φόβος 970.14ff.; s.v. φοβέω 965.53ff.). Nachdem der gen. abs. ἀνδρῶν τρεσσάντων (s.o.) zeitlich die Verfolgung (den Beginn der Flucht) bestimmt hat, fixiert der folgende Temporalsatz darauf bezogen nochmals allgemein den Zeitpunkt, zu dem die Flucht jeweils ausgelöst worden ist (FAESI; RUIJGH 40f., 492). Deshalb ist mit den meisten Hss. die Ind.Form ὦρσεν mit gnom. Aor. und generalisierendem τε zu lesen (s. app.crit.; zu der komplizierten Kontamination, die anzunehmen ist, um den in einigen Hss. überlieferten Konj. ὄρσῃ trotz der übergeordneten Vergangenheitstempora zu halten, RUIJGH a.O.).

APPENDIX TOPOGRAPHICA: SCHIFFSLAGER UND SCHLACHTFELD Von Joachim Latacz Vorbemerkung Die troische Topographie, so wie sie dem Schöpfer unserer Ilias vorschwebte, wurde in und seit der Antike vielfach zu rekonstruieren versucht. Der 14. Ilias-Gesang wirft besonders viele einschlägige Fragen auf. Daher scheint an dieser Stelle über die in den Einzelbänden des Kommentars verstreuten Einzelbemerkungen hinaus (s. z.B. 1.12b n., a.E.; 6.4n.; 24.351n.) eine Übersicht über die z.Z. erreichte Forschungslage geboten. Berücksichtigt werden können dabei, wie in einem primär literaturwissenschaftlichen Gesamtkommentar (Vers-Kommentar) nicht anders zu erwarten, nur die wichtigsten Diskussionspunkte. Eine umfassende systematische Neuverarbeitung der seit dem Cambridger Kommentar von KIRK et al. (1985–1993) erreichten Fortschritte – unter Einschluß insbesondere der Erkenntnisse der letzten Troia-Grabung (Universität Tübingen, unter der Leitung von Manfred Korfmann / Ernst Pernicka, 1988–2013) – bleibt vorerst ein Desiderat (die Publikation der – z.Z. ruhenden – Grabung hat bisher wegen der Fülle des Materials erst einen ersten Band im Umfang von 1087 (!) S. hervorgebracht: PERNICKA u.a. 2014; weitere Bände sind in Arbeit; der Versuch von Jenny STRAUSS CLAY 2011 kennt weder die laufenden Jahresberichte der Grabung in den Studia Troica 1/1991 bis 18/2009 noch die zahlreichen 1 wichtigen Einzel-Arbeiten zum Thema innerhalb dieser 18 Bände ). Im folgenden stehen die beiden Einzelprobleme ‘Position des achaiischen Schiffslagers’ und ‘Lage des Schlachtfelds’ im Blickpunkt.

1

Im ‘Preface’ des 136 S. umfassenden Büchleins bekennt die Verf.: “This project is so different from anything else I have done that it required many confidence-building measures from my friends and colleagues to help me see it through” (IX). Überdies scheint Autopsie (Troia und Troas) zu fehlen (keinerlei Erwähnung). Mittels narratologischer Überlegungen allein ist der topographische Problemkomplex aber nicht zu lösen. So enthält das Buch mindestens ebensoviele ansprechende Ideen wie Irrtümer. Im vorliegenden Rahmen ist eine eingehende Diskussion nicht möglich.

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Ilias 14

(I) Methodische Grundsatz-Überlegungen (1) Die sprachliche Beschreibung von Örtlichkeiten (= ‘Topographie’) kann grundsätzlich auf zwei Arten erfolgen; diese Unterscheidung (und alle damit verbundenen Konsequenzen) wurde(n) – wohl zum ersten Mal – getroffen und systematisch dargestellt von dem Gestaltpsychologen Karl BÜHLER in ‘Sprachtheorie’ 1934, 3. Aufl. 1999, Kap. II, §§ 6–9 (für das Verständnis der Topographie der Troas in der Ilias kurz ausgewertet von LATACZ [1985] 1994, 316f.). Das Werk gilt nach wie vor als eines der Grundlagenwerke der Literaturwissenschaft – was in der Folge insbesondere in der Klassischen Philologie bei thematisch gleichen oder ähnlichen Untersuchungen leider weitgehend unbekannt geblieben ist, z.B. auch bei Jenny STRAUSS CLAY 2011, wo Ergebnisse BÜHLERs ca. 80 Jahre später als neue Erkenntnisse vorgetragen werden (s. bes. S. 96, wo die Verf. mittels der gleichen vom Dichter verwendeten “deictic markers” – also “‘left’, ‘right’ […] ‘near’, ‘far’” usw. – ihre “reconstruction” durchführen will, mit denen bereits Bühler gearbeitet hatte und zur Erkenntnis der ‘Deixis am Phantasma’ [Terminus bei CLAY unbekannt] gekommen war). – Die eingangs genannten zwei Beschreibungsarten sind: A. In der Realität: Beschreibung durch direktes Hindeuten auf bestimmte Raumpunkte innerhalb bzw. außerhalb des Raums, in dem der Hindeutende und seine Adressaten sich gerade befinden (‘ich, hier, jetzt; dort, da vorn, dort hinten, oben, unten, dieses Haus da, jener Baum dort’, usw.): nach BÜHLER: ‘demonstratio ad oculos’. B. In der Fiktion (also in der Vorstellung = Imagination): Beschreibung durch ‘Deixis am Phantasma’: Der Beschreibende baut in seinem Kopf (= in seiner ‘Phantasie’) einen Raum auf, den er entweder (a) vollständig erfindet oder den er (b) selbst einmal persönlich erlebt hat und an den er sich (mehr oder weniger klar) erinnert oder den er (c) von anderen mündlich oder schriftlich vermittelt bekommen hat: ein Phantasma. Dieses Phantasma strukturiert er als ‘Zeigfeld’ mittels derselben Zeigewörter/Demonstrativa (‘hier, dort, dieser hier, jener dort’ usw.), die die Sprache für die Realität bereithält. Danach versucht er, den derart strukturierten Raum in die Vorstellung seiner Adressaten (= mündliche oder schriftliche Rezipienten) zu übertragen. – Diese Methode der (imaginativen) Raumkonstitution schafft einen imaginären gemeinsamen Erzählraum für Erzähler und Rezipienten, der – je nach den Fähigkeiten des Erzählers – beiden Parteien mehr oder weniger identisch vorschwebt. – Dies ist die bekannte Methode der Raumdarstellung in erzählender Literatur. C. Ein Sonderfall tritt ein, wenn der Beschreibende einen bestimmten Erzählraum (Phantasma), der ursprünglich auf realer Autopsie (nach I 1 A) des Erst-Erzählers aufgebaut wurde, (a) über eine Kette zeitlich aufeinanderfolgender mündlicher Nach-Erzähler, also am Ende eines längeren Überlieferungsweges (= ‘oral tradition /

Appendix topographica

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oral poetry’) vermittelt bekommen hat und (b) mit diesem vermittelten Erzählraum im Kopf den vom Erst-Erzähler autoptisch wahrgenommenen Realraum selbst zu Gesicht bekommt. Dieser Fall C liegt nach aller Wahrscheinlichkeit beim Erzähler der uns vorliegenden Ilias (um 700 v. Chr.) vor: Der Raum ‘Troia und die Troas’ entspricht in der Ilias in seiner Grundstruktur (Raum zwischen Hellespont und Ida-Gebirge, durchflossen von zwei Haupflüssen – genannt ‘Skamandros’ und ‘Simoeis’ –, mit vier im Westen vorgelagerten Inseln – genannt ‘Lemnos, Imbros, Tenedos, Lesbos’ –, usw.; s. KIRK, Introd. Bd. II [1990], S. 38f.; LATACZ [2002] 2014, 449–451) – der auch heute noch wahrnehmbaren geographischen Realität. Nach den vielfältigen intensiven paläogeologischen und geomorphologischen Forschungen in der Troas seit der Schliemann-Grabung, insbesondere durch das Team von İlhan Kayan seit 1975 (s. unten), entsprach er auch in der Spätbronzezeit um 1300/1200 v. Chr., also der anzusetzenden Zeit eines wie auch immer historisch zu beurteilenden ‘Troianischen Krieges’, in seiner Grundstruktur der geographischen Realität. Er kann also als Phantasma vom Erst-Erzähler, den wir in die Zeit des ‘Troianischen Kriegs’ oder jedenfalls bald danach zu setzen haben, nicht erfunden worden sein. Er muß viel2 mehr vom Erst-Erzähler an (der ihn höchstwahrscheinlich autoptisch ‘erlebt’ hat) die Erzählkette durchlaufen haben. Es ist sehr wahrscheinlich, daß er während dieser Überlieferungskette Strukturänderungen und – verglichen mit der Erstfassung des Phantasmas, und noch mehr mit dem Realraum – Strukturverzerrungen erfahren hat (s. z.B. KIRK, Introd. Bd. II, S. 37: “[…] transmission through generations of singers ha[s] distorted some of the details […]”). Diese Änderungen haben aber die räumliche Grundstruktur des überlieferten Phantasmas im großen ganzen offensichtlich nicht tangiert. Denn der Erschaffer (Autor, Dichter, Verfasser, Erzähler …) des uns vorliegenden Großtextes Ilias, der nach der neuesten Forschung (WEST 2011, 24–27; LATACZ [2011a] 2014, 75 [8]) die Troas aus eigener Anschauung gekannt haben muß und somit Phantasma und Realität in Beziehung zueinander setzen konnte, hat diese Grundstruktur übernommen. (2) Innerhalb dieser Grundstruktur, wie sie unter (C) umrissen wurde und die in der umrissenen Form eine Großstruktur ist, gibt es allerdings seit jeher in den Augen 2

Ein wesentliches Argument für diese Annahme könnte die Junktur θρῳσµὸς πεδίοιο in 11.56 (= 10.160, 20.3) bilden, zu der HAINSWORTH ad loc. bemerkt: “It is quite uncertain to what geographical feature, if any, the ‘rise’ in the plain refers” und das LfgrE – wesentlich hilfreicher – meint: “([…] vgl. dt. ‘Vor-sprung’) Anhöhe, viell. i.S.v. Terrassenstufe”. Eine reine Erfindung kann dieses spezielle topographische Detail nicht sein: dafür ist kein Motiv vorstellbar. Die Korfmann-Grabung hat jedoch ergeben, daß das Gelände südwestlich der Stadtmauer im Laufe der Jahrhunderte durch Erosion tatsächlich eine (höhenmäßig nicht stark ins Gewicht fallende) Terrassenstruktur annahm. Daß diese Wendung auf Autopsie erst des Ilias-Autors beruht, ist wegen der zweimaligen Wiederholung in anderen Zusammenhängen unwahrscheinlich: es scheint eine alte Formel vorzuliegen.

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Ilias 14

neuzeitlicher Leser und Erforscher des Literaturwerks Ilias, gemessen am jeweiligen Forschungsstand, gewisse Unklarheiten, Unstimmigkeiten oder gar Widersprüche. Dazu gehört die Frage, wo genau in der Troas im Phantasma (also vor dem ‘geistigen Auge’) des Dichters um 700 (a) das Schlachtfeld und (b) das Schiffslager anzusetzen seien und ob bzw. wie diese Ansätze sich mit der heute bereits recht gut erforschten paläogeologischen und geomorphologischen Realität des Troas-Raums im Zeitraum zwischen 1300/1200 und ca. 700 v. Chr. vereinbaren lassen. (3) Methodisch kann eine umfassende Antwort auf diese Frage nur auf der Grundlage zweier getrennter Arbeitsgänge erhofft werden: (a) Rekonstruktion des Phantasmas des Erzählers aus dem uns vorliegenden Text, (b) Vergleich des Rekonstrukts mit den Ergebnissen der (vom Text völlig unabhängigen) paläogeologischen Rekonstruktion des Realraums (b1) in der Spätbronzezeit, (b2) um 700 und (b3) mit der Situation von heute. Bisher ist eine solche Trennung und anschließende Zusammenführung der Arbeitsgänge, soweit ersichtlich, in konsequenter Form nicht erfolgt. Beide Arbeitsgänge werden vielmehr immer wieder – wenn auch oft verschämt (bes. in Fußnoten) – miteinander vermengt. (4) Dieses Versäumnis als ganzes kann im hier vorliegenden Kommentar-Rahmen, wie erwähnt, nicht nachgeholt werden. Wir konzentrieren uns allein auf zwei für die Textkommentierung wesentlich erscheinende Punkte der Frage. (II) Schiffslager und Schlachtfeld (1) Die Frage, wo das Schiffslager der Achaier vor Troia und das Schlachtfeld bei einer Kombination des Autor-Phantasmas mit der topographischen Realität der Troas gelegen haben könnten, wird seit der Antike bis heute immer wieder neu diskutiert. (1.1) Seit der Antike ist diese Frage ein Teil der übergeordneten Frage, ob das frühgriechische und hellenistische Ilion (= türkisch Hisarlõk) mit dem in der Ilias als Kriegsschauplatz fungierenden ‘Ilios’/‘Troiē’ identisch sei oder nicht. Diese Frage wurde bereits von Hellanikos in seinen Τρωϊκά um 400 v. Chr. gestellt und bejaht (PFEIFFER [1968] 1970, 304f.). Demetrios v. Skepsis in seinem Τρωϊκὸς διάκοσµος (um 150 v. Chr.: PFEIFFER a.O. 304) hat sie dagegen verneint. Demetrios beruft sich dabei auf seine Landsfrau Hestiaia von Alexandria Troás (PFEIFFER a.O. 305). Diese habe festgestellt, daß “the plain lying between Ilium and the Mediterranean Sea was a comparatively recent deposit [so schon Hdt. 2.10], and therefore questioned the Homeric view that this plain was the site of the Trojan War” (en.wikipedia.org/ wiki/Hestiaea [mit Quellenangabe]). (Daß Hestiaia mit “recent deposit” teilweise recht hatte, werden wir sehen.) Hestiaia und Demetrios schlossen daraus, das Schlachtfeld müsse weiter südlich bei Bunarbaschi (= Põnarbaşõ im Ida-Gebirge)

Appendix topographica

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gelegen haben: PFEIFFER a.O. 305. Noch Strabon (13.1.24–27 [17.136–144]) schloß sich an. Daß diese Ansicht bis zu Schliemann 1871 weit verbreitet war, ist bekannt. (1.2) Die Frage (‘Wo lag Troia? Und wo lag das Schlachtfeld? Wo das Schiffslager?’) wurde nach Schliemanns Wiederentdeckung und Ausgrabung Troias in zahlreichen Publikationen weiterdiskutiert. Zu den wichtigsten einschlägigen Arbeiten gehören BRÜCKNER 1912 und MEY (mit DÖRPFELD) 1926. Brückners und Meys Ergebnisse in bezug auf Schiffslager und Schlachtfeld hat COOK 1973 mit sehr positiver Bewertung zusammengefaßt. Zu BRÜCKNER sagt Cook u.a.: “But it [die Beşikbucht in ihrer Eigenschaft als ‘sea gate of the Trojan Plain’] received very little attention from scholars until the present century when, dissatisfied with the traditional image of the Achaean host with its 1,186 ships encamped for ten years on the north shore of the Trojan Plain with enemies in its rear [Hervorhebung: JL], Brückner sought in the early books of the Iliad for the proof that the true camp of the Achaeans was at Beşika.” (COOK 1973, 170)

Und zu MEY: “MEY’s excavation did not produce any evidence of the Achaeans’ camp having been at Beşika. At the same time, the fact remains that for an army with a thousand ships the north end of the Trojan Plain [Hervorhebung JL] on the narrows is an impossible camping site, and must sureley have been so three thousand years ago. For those who wish to regard the Homeric record as substantially accurate Beşika Bay must be a very much more satisfactory situation […].” (COOK 1973, 171f.)

(1.3) Die wohl beste Zusammenfassung nach COOK bis etwa zum Jahre 1988 (mit Nennung der wichtigsten Literatur incl. der ersten Ergebnisse der bereits 1982 begonnenen Korfmann-Expedition – darunter eben auch die These, daß nicht die Nordbucht der imaginierte Ort des Schiffslagers sei, sondern die Beşik-Bucht an der Westküste vor der Einfahrt in die Meerenge (s. Abb. 2) – bietet KIRK im CambridgeKommentar, Introd. Bd. II (1990), 36–50. Er nimmt die früheren Argumente auf und findet sie sehr beachtenswert, schließt aber in einer Art sacrificium intellectus, wie schon vor ihm Cook, mit der revocatio: “Mycenaeans were probably familiar with Beşika, and hostile ones among others may have landed there, but the Iliad account still firmly envisages the Achaeans as encamped on the Hellespont at the mouth of the Scamander.”

Dies wurde publiziert im Jahre 1990. Seitdem hat sich die Forschungslage verändert. Auf der Grundlage einer (a) i. J. 2015 von mir durchgeführten Zusammenstellung 3 sämtlicher für das Thema wichtigen Ilias-Textstellen und (b) der archäologischen Erkennnisse der Tübinger Troia-Grabung bis zum Jahre 2014 (Band 1 der Schlußpublikation, 2014) ergibt sich folgende Gegenüberstellung:

3

s. Anhang am Ende dieser Darstellung.

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Ilias 14

(2) Lage Troias, des Schiffslagers und des Schlachtfelds (2.1) Die wichtigsten themarelevanten Angaben der Ilias (Phantasma):

(2.2) Die wichtigsten themarelevanten Erkenntnisse der archäologischen TroiaForschung seit 1990 (s. dazu hier Abb. 1, S. 256):

(a) Troia liegt zwischen Hellespont und IdaGebirge, s. LATACZ 2014, 449–451 (mit Stellen und Erklärung von ‘Hellespont’: “[…] die heutigen Dardanellen samt der Meeresregion am südlichen Dardanellen-Ausgang”).4 Der Erst-Erzähler konnte schwerlich sagen: ‘zwischen Ida und der Nord-Ägäis’: in Griechenland war der einzig an dieser Stelle mögliche, weil sofort verständliche geographische Fixpunkt: ‘Hellḗs-pontos’ (nach einer uralten mythischen Erzählung, wörtlich: ‘das Meer der Helle’, einer mythischen Gestalt). (b) das Schiffslager liegt am Hellespont, s. LATACZ 2014, 449–451 (mit Stellen); (b1) wo dort genau, wird nicht explizit gesagt.

seit Schliemann 1871 bestätigt

4

Erste Annahme: Irgendwo in der NordBucht. So (sehr vorsichtig und weitere archäologische Forschung abwartend) noch KIRK, Introd. Bd. II (1990), S. 49f. (vgl. S. 36 oben). Aber: Schon “BRUCKNER 1912 und MEY 1926 wollten das Schiffslager der Griechen vor Troia in der Beşikbucht lokalisieren, konnten diese These aber mit ihren geologischen und archäologischen Untersuchungen nicht verifizieren”: JABLONKA 2014, 241 Anm. 70. Ebendort, in der Beşikbucht, lokalisierten das Schiffslager jedoch im Zuge der seit 1982 in der Umgebung Troias laufenden Tübinger Ausgrabungen: KORFMANN 1986 und öfter; KAYAN 1991; 1995; BASEDOW 2000, 158ff.; KAYAN 2009; LATACZ (2001) 5 2010, 89f.; JABLONKA 2014, 241.

Zu den in den letzten Jahren wieder einmal aufgekommenen Zweifeln an dieser Lokalisierung und den statt dessen vorgeschlagenen abwegigen Alternativ-Lokalisierungen s. LATACZ 2010, 29–35. 156–159. 5 In KAYAN 2014, 704, äußert sich Kayan auf den ersten Blick zwar skeptisch zu einem “Bronze Age natural harbour with an open water surface” [Hervorhebung: JL] an dieser Meeres-Stelle (die Gründe liegen in Kollegen-Mißverständnissen früherer Aussagen KAYANs zum Thema), bietet aber auf S. 708 mit Fig. 7 (hier: Abb. 2) ein sehr anschauliches Rekonstruktionsbild der jahrtausendelangen Geschichte dieser Bucht; seine Formulierung schließt überdies – mit der obigen Hervorhebung gelesen – einen geschützten Liegeplatz für an Land gezogene Bronzezeit-Schiffe gerade nicht aus.

Appendix topographica

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Was spricht geographisch, paläogeologisch und aus anderen Realgründen (z.B. ökonomisch) für die Beşik-Bucht? – (a) Die NordBucht (d.h. das Skamander-Simoeis-Mündungsgebiet: das Delta und damit das Meer [die eigentlichen Dardanellen]) war um 1300/1200 v. Chr. nur ca. 3 km von der Burg entfernt (hier Abb. 1): diese Distanz zwischen einer Belagerungsflotte und einer belagerten stark befestigten und wehrhaften hochgelegenen Burg ist zu gering (vgl. COOK oben unter 1.2); die Beşik-Bucht dagegen garantierte mit 7–8 km Distanz zur Burg einen ausreichenden Sicherheitsabstand (JABLONKA 2014 a.O.). – (b) Die Fläche zwischen Küste und Burg war damals Schwemmland/Sumpf (s. die zitierten Arbeiten von KAYAN): schwer zu durchqueren und überdies kein geeignetes Schlachtfeld. Um zum Schlachtfeld auf der Ebene (pedíon) südwestlich der Burg (s.u.) zu gelangen und zurückzukehren, hätte man jedesmal das Schwemmlandgebiet überwinden müssen (mit Pferden und Wagen!). – (c) In der NordBucht hätte eine große feindliche Flotte gleichsam in der Falle gesessen: die troianische Flotte (die es gegeben haben muß, s. JABLONKA 2014) hätte die Ausfahrt relativ leicht sperren können (s. schon COOK, oben unter 1.2, zu BRÜCKNER). – (d) Die BeşikBucht hat nach den dort gemachten Funden seit frühester Zeit als Landeplatz für den Fernhandel fungiert (BASEDOW 2000, 158– 165), sie war also als ‘Hafen von Troia’ bekannt; ihre auch militärische Nutzung lag daher nahe (noch 1839 und 1853 lagen die britische und die französische Flotte dort teilweise monatelang vor Anker [COOK 1973, 171, mit den Quellen]; noch 1908 [7] berichtet der ‘Black Sea Pilot’, zitiert von LEAF 1912 [‘Troy’], 357f., und weiterzitiert von COOK 1973, 170 Anm. 1: “it is not a rare occurence to see 200 or 300 vessels in Tenedos channel or in the other anchorages, waiting a favourable and enduring breeze”). Damit ist der Hauptgrund für die Attraktivität der Beşik-Bucht für die Handels- wie für die Kriegs-Schiffahrt von der Antike bis weit in die Neuzeit hinein benannt: der vor der Süd-Einfahrt in die eigentliche Meerenge in den Sommermonaten extrem starke Nordost-Gegenwind verbunden mit einer entspre-

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Ilias 14

(b2) Nach Il. 9.328 soll Achilleus ‘12 Städte mit Schiffen zerstört’ haben (gemeint sind Städte in der südlichen Troas bzw. auf den dort vorgelagerten Inseln).

(b3) Nach 8.560 ließ die troische Armee nachts ‘zwischen den Schiffen und dem Skamander’ ‘unzählige Feuer’ brennen.

(b4) Das Schlachtfeld liegt zwischen Skamandros (Xanthos) und Simoeis (Il. 6.4). Wer vom Schiffslager (seit dem 7. Gesang mit Mauer und Graben) in das Vorfeld der Stadt gelangen will (und dann weiter aufs Schlachtfeld), muß etwas weiter entfernt durch den Skamander hindurch (z.B. Anfang 21: die vom Schiffslager her fliehenden Troer gehen im Fluß nicht unter – er ist also nicht sonderlich tief –, sondern ducken sich nur unter die Zweige der Uferbäume).

chenden Nord-Süd-Oberflächenströmung (NEUMANN 1991) – Hindernisse, die gerade von den vergleichsweise leichten antiken Segelschiffen, die – auch mangels Schwerts – vor der Zeitenwende das Kreuzen vor dem Wind noch nicht oder erst im Ansatz beherrschten, kaum zu überwinden waren; die Beşik-Bucht als damals weiträumiger Warteplatz (wesentlich weiträumiger als heute) war daher offensichtlich die “letzte Tankstelle vor der Autobahn” (LATACZ [2001] 2010, 89f. mit Anm. 55–56a [Lit.]) und “port of trade” an der Peripherie zweier unterschiedlich entwickelter Kulturräume (JABLONKA/ ROSE 2004 bei LATACZ a.O. 96 mit Anm. 63a, nach POLÁNYI). (e) Es ist kaum vorstellbar, daß derartige Expeditionen aus der bzw. in die Nordbucht gegen die oben genannten Hindernisse (Nord-Süd-Strömung in den Dardanellen, Gegenwind bei Rückfahrt, dazu vermutungsweise troianische Wachmannschaften auf den Höhen beiderseits der Bucht sowie troianische Schiffe in den Dardanellen und an deren Süd-Ausgang) jederzeit nach Belieben möglich gewesen wären. Gleiches gilt für die in 7.467–475 genannten ‘vielen’ – nach 9.71–73 sogar ‘täglich’ (ἠµάτιαι) – zum Tauschhandel im Schiffslager eintreffenden Weinlieferungen von der Insel Lemnos. – Vgl. dagegen die von Troia kaum zu gefährdende und vor den Einfahrtschwierigkeiten in die eigentliche Meerenge geschützte Beşik-Bucht! (f) Dies wird man sich kaum innerhalb des Schwemmlands der Nord-Bucht vorstellen können. Auf weitere Argumente wird hier aus Raumgründen verzichtet. Sie sind dem Stellenkatalog im Anhang leicht zu entnehmen. Im Sommer und meist weit in den Herbst hinein war das Skamanderflußbett (wie noch heute) fast trocken.

Appendix topographica (b5) Die vieldiskutierte Furt (πόρος) dient im wesentlichen als Übergang für ‘schweres Gerät’ (Priamos’ Maultier-Lastwagen in 24.349–351; 692–694). (b6) Man kann von der Troia-Stadtmauer aus auf das Schlachtfeld blicken (und einzelne Helden – mit bloßem Auge – sogar identifizieren), z.B. in der Teichoskopie im 3. Gesang: vom ‘Skaiischen’ Tor (mit Torturm) aus, also – griechisch – vom ‘Linken’ Tor aus (‘links’ von den Griechen her gesehen, wie das ganze Werk hindurch). Andere Beispiele: (1) Verfolgungsjagd Achill-Hektor um die Burg im 22. Gesang: Hektors Eltern schauen von der Mauer am Skaiischen Tor aus auf das Geschehen hinab; (2) Andromache will Hektor in 6.433–439 vom Wiedereintritt in die Schlacht abhalten, wiederum am ‘Skaiischen’ = ‘Linken’ Tor. – In allen Fällen stehen beide Armeen einander in geringer Entfernung (Sichtweite) vor der Stadtmauer gegenüber: Das Schlachtfeld liegt also vor dem südlichen/südwestlichen Teil der Stadtmauer Troias. – Die zahlreichen weiteren Stellen zum ‘Linken’ Tor (alle mit gleicher Folgerung) s. im Anhang. (b7) Dreimal wird in der Ilias ein ‘Dardanisches Tor’ erwähnt (5.789; 22.194, 418). Seinen Namen verdankte es offenbar der Ausrichtung auf das ‘Dardanische’ Gebiet der Troas am Ida-Gebirge. Es spielt in der Ilias keine mit dem Südwesttor vergleichbare Rolle. Handlungsrelevant wird es nur im Zusammenhang mit Hektors Tod im 22. Gesang. – In 5.789 (evtl. auch in 22.194) scheint Δ∆αρδάνιαι πύλαι pluralisch in übertragenem Sinne namengebend für ‘alle Tore Dardanias [= Troias]’ verwendet zu sein. (b8) In Il. 6.4 wird das Schlachtfeld zwischen Skamander und Simoeis (µεσσηγὺς Σιµόεντος ἰδὲ Ξάνθοιο ῥοάων) angesetzt. Dies wird i.d.R. als Beweis dafür genommen, daß das Schlachtfeld im Phantasma des Autors im Norden der Burg gelegen habe, da er diese beiden Hauptflüsse der Troas erst dort zusammenfließen läßt: ἧχι ῥοὰς Σιµόεις συµβάλλετον ἠδὲ Σκάµανδρος [5.774]).

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Die Furt ist nicht (mehr?) nachweisbar.

Noch heute möglich.

Dieses ‘Linke’ Tor ist zusammen mit der gesamten Mauer aus den noch heute vorhandenen (als Touristen-Attraktion dienenden) Resten rekonstruiert worden (s. den minutiösen Bauplan, sogar des Mauerwerks [im hinteren Buchdeckel eingesteckt]) von Prof. KLINKOTT (TH Karlsruhe) 2004, 33–85 (vgl. hier Abb. 3): Das ‘Skaiische’ Tor ist danach das SW-Tor VI U, das KLINKOTT auf S. 76f. genauer analysiert. Es ist immer wieder neu konstruiert und dabei verstärkt worden, was evident macht, daß die größte Gefahr von SW her befürchtet wurde. Vom SW-Tor aber führt der Weg nach SW in die Ebene und ins Skamandertal und über den Skamander zur Beşik-Bucht. KLINKOTT a.O. 76 sieht in diesem Tor den sehr alten “Haupteingang VI T im Süden” (schon von Dörpfeld als Haupttor der Burg betrachtet: “Südtor” [genauer wäre ‘SüdostTor’]: KLINKOTT a.O. 55). Es war jederzeit durch Anbauten besonders stark befestigt (KLINKOTT a.O. 54–59). Das würde zur Funktion dieses Tores über dem besonders geschützten ‘Königsweg’ zur Burg passen).

In der Tat hinderte (und hindert) der von ca. 120 bis 40 m abfallende Ausläuferrücken des Ida-Gebirges, der sich bis in Meeresnähe durch die Ebene hinunterzieht und auf dessen Sporn Troia errichtet wurde und bis heute (als Ruine) stehen blieb (s. die Karten auf S. 215 und 221 in KAYAN 1995 [hier: Abb. 1]), den im Osten dieses Rückens fließenden Simoeis und den im Westen dieses Rückens fließenden Skamander an einer Vereinigung

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Ilias 14

(b9) Ein weiteres Argument für eine Lokalisierung des Schlachtfelds im Norden Troias stellt für viele Forscher die am Beginn des 12. Gesangs erzählte Geschichte von der vollständigen Zerstörung der Schiffslagerbefestigung – Graben und Mauer – und der Einebnung des Bodens durch Poseidon und Apollon nach Troias Fall und dem Abzug der Achaier dar: die Mündungen sämtlicher vom Ida-Gebirge zum Meer (ἅλαδε, 19) fließenden Flüsse (acht werden namentlich genannt) habe Apollon in eins gewendet (ὁµόσε στόµατ᾿ ἔτραπε, 24) und den resultierenden Riesenstrom neun Tage lang gegen die Mauer strömen lassen (usw.). – Da die genannten acht Flüsse auch um 1300/1200 bereits allesamt im Norden in den Hellespont mündeten, müsse der Riesenstrom die Schiffslagerbefestigung auch im Norden Troias vernichtet haben.

6

vor der Burg.6 Die Paläogeologie spricht jedoch gegen eine Lokalisierung des Schlachtfelds im Norden Troias: (a) Vor der modernen Trockenlegung des Geländes (nach teilweiser Kanalisierung kleinerer Flüsse bzw. Bäche und streckenweise auch des Skamander [heute Karamenderes ‚ayõ] selbst) war das Skamander-Delta Sumpf bzw. Sumpfboden, (b) das Areal war für militärische Konfrontationen zu klein, (c) das ‘Skaiische’ Tor, vor dem sich die Kämpfe abspielen, liegt im SW-Abschnitt der Burgmauer, die Troia auf der anderen, der Südseite der Burg schützt, (d) in der Nord-Mauer (von der noch winzige Reste gefunden werden konnten, s. KLINKOTT a.O.) kann es wegen des dortigen Steilhangs niemals wirkliche Tore gegeben haben. Dieser Fiktion in der Fiktion hat die Archäologie nichts entgegenzusetzen, da sie, als Menschenwerk, von Göttern unsichtbar Gemachtes nicht wieder sichtbar machen kann. Stellvertretend kann die Philologie lediglich darauf verweisen, daß es dem Autor dieser Geschichte offenkundig allein auf das Wunder der Totalvernichtung ankam und er sich an dieser Stelle über die topographische Position des Vernichteten (d.h. über die ‘phantasmatische’ Konsistenz seiner Erzählung) schwerlich Gedanken gemacht haben wird. Als Beweis kann diese Wundergeschichte jedenfalls nicht dienen.

Die verbreitete Auffassung, der Simoeis sei ein Nebenfluß des Skamander gewesen (so sogar noch KAYAN 2014, 697: “tributary”), läßt sich weder vom griechischen Wortlaut her halten – ῥοὰς … συµβάλλετον in 5.774 bedeutet ebensowenig ‘einmünden’ wie etwa τοὺς ἀµφοτέρους [sc. die beiden Heere] µάκαρες θεοὶ ὀτρύναντες | σύµβαλον in 20.54f. – noch von der geographischen Realität her: die beiden Flüsse fließen im Norden Troias entweder zusammen in der Form eines umgedrehten Y oder münden, wie auf den meisten topographischen Karten dargestellt, nicht weit voneinander entfernt in das Skamander-Delta (so auch HERZHOFF 2011, 231 Fig. 5 [hier: Abb. 4]).

Appendix topographica

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(3) Zusammenführung von (2.1) und (2.2): Resultat (3.1) Schiffslager: Wo genau das Schiffslager im Phantasma des Autors lag, sagt der Text nicht. Aus archäologischer Sicht ist die alte Annahme eines Schiffslagers in der Nord-Bucht im Laufe der Grabung allerdings von Jahr zu Jahr unwahrscheinlicher, der Ansatz in der Beşik-Bucht dagegen wahrscheinlicher geworden. (3.2) Schlachtfeld: Vor dem Hintergrund der weitgehenden Übereinstimmung von ‘Phantasma’ und paläogeologischer Erkundung ist die Lokalisierung des Schlacht7 feldes nördlich der Burg das Unwahrscheinlichere. (3.3) Fazit: Phantasma und moderne archäologische Rekonstruktion stimmen in mehr Punkten überein als nicht. Anhang: Stellensammlung Die folgende (soweit ich sehe, vollständige) Zusammenstellung aller auf Schiffslager und Schlachtfeld direkt oder indirekt bezüglichen Ilias-Stellen mit Kurzbeschreibung des jeweiligen Aussagekerns soll die vorstehende Argumentation nachvollziehbar, nachprüfbar und gegebenenfalls korrigierbar machen. Von Interpretationstendenzen ist dabei abgesehen. Aus diesem Grunde ist auch eine Sachgliederung vermieden und stattdessen die einfache Gliederung nach Ilias-Gesängen gewählt worden. – Abkürzungen: SL = Schiffslager, SF = Schlachtfeld. 1. Gesang: 34 (SL: Strandweg); 37f. (SL: Chryse … Killa … Tenedos: Südteil der Troas, s. 37–38n.); 125 (SL: Städte i.d. Troas); 163f. (SL: Städte i.d. Troas); 327f. (SL: Strandweg im SL, Mitte bis rechts außen; zur Anordnung der Schiffe auf Land s. 14.30–36n.); 366 (SL: Einnahme von Thebe); 390 (SL: Schiff nach Chryse). 2. Gesang: 228 (SL: Städte i.d. Troas); 464–473 (SF: Skamander-Ebene); 690f. (SL: Einnahme von Lyrnessos u. Thebe); 773f. (SL: Sport auf dem Strandweg/Strandstreifen bei Achills Unterkunft); 784f./801 (SF: Skam.-Ebene); 792–794 (SF: Ausguck vom ‘Grabmal des Aisyetes’ zum SL); 809–815 (SF: Sammelplatz der Troer vor der Stadtmauer: Batieia bzw. ‘Grabmal der Myrine’); 860f./874f. (SF: Prolepsis: Achill wütet im Skamander [21. Gesang]). 3. Gesang: 2–15 (SF: Aufmarsch der zwei Armeen in der Ebene [πεδίον] auf staubigem Untergrund); 133f. (Kampfpause; beide Armeen sitzen vor Troias Mauer); 145–154 (SF: Die Ältesten der Troer sitzen auf dem Turm [πύργος] des Skaiischen Tores [Σκαιαὶ πύλαι]); 161–242 (SF: Blick vom Turm auf die Armee der Achaier [Teichoskopie/Mauerschau]); 263 (SF: Priamos fährt durchs Sk. Tor in die Trennzone [µεταίχµιον] zw. den beiden Armeen [→ Vertrag] und kehrt 313 auf gleichem Wege wieder zurück). 4. Gesang: 505–516 (SF: Die Griechen, angetrieben von Athene, dringen immer weiter gegen die Stadt vor; auf der Gegenseite spornt Apollon die Troer von der Pergamos [d.h. der Akropolis] der Stadt aus an).

7

Der Vers 6.4 dürfte sehr alt sein. Wahrscheinlich gehörte er – sachlich, nicht unbedingt wörtlich gesehen – schon in die Topographie des Erst-Erzählers und wurde als knappstmögliche Lokalisierung des Schlachtfelds stets weitergereicht. Die Eingrenzung des Schlachtfelds durch die beiden Hauptflüsse der Troas-Ebene – Skamander im Westen, Simoeis im Osten – muß in der Überlieferungskette als Optimallösung erschienen sein.

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5. Gesang: 36 (SF: Ares wird niedergesetzt ἐπ᾿ ἠϊόεντι Σκαµάνδρῳ außerhalb des SF: Etym. u. Bed. von ἠϊόεις “uncertain”, viell. “with beach-like banks vel sim.”: LfgrE s.v.); 460 (SF: Apollon mahnt Ares von der Pergamos aus, Diomedes zu stoppen); 466 (SF: Ares zu den Troern: ‘Wollt ihr etwa sogar um das Sk. Tor kämpfen müssen?’); 693 (SF: die Eiche in der Nähe des Sk. Tores); 774 (SF-Nähe: Hera und Athene ‘parken’ ihren Wagen, wo ῥοὰς Σιµόεις συµβάλλετον ἠδὲ Σκάµανδρος); 789 (SF: das ‘Dardanische Tor’ [oder: ‘die Dardanischen = Troischen Tore’?]); 791 (SL: Das Schiffslager ist ‘fern von der Stadt’). 6. Gesang: 4 (SF: Die Schlacht tobt µεσσηγὺς Σιµόεντος ἰδὲ Ξάνθοιο ῥοάων); 237 (SF: Skaiisches Tor und Eiche [West übernimmt fälschlich statt φηγόν die v.l. πύργον: es liegt (metr. bedingtes) hysteron proteron vor, vgl. 9.354; 11.170]); 392f. (SF: Hektor muß [ἔµελλε], um zum SF zu gelangen, durch das Sk. Tor nach draußen); 433–439 (SF: Feigenbaum [ἐρινεός] in der Nähe des Sk. Tores). 7. Gesang: 59f. (SF: Athene u. Apollon auf der Eiche vor dem Sk. Tor, einen Zweikampf beobachtend); 86–91 (SL/SF: hypothet. Grabmal Achills am ‘weiten [πλατεῖ] Hellespont’); 332–343 (SL: Bau der Lagerbefestigung: Mauer und Graben, beschlossen); 434–441 (SL: Bau eines Massengrabhügels, daran sich anschließend Mauer mit Türmen und Graben); 467–475 (SL: Weinlieferung [Tauschhandel] mit Schiffen aus Lemnos). 8. Gesang: 41–52 (SL: Zeus verlegt seinen Sitz auf den ‘Gipfel der Ida’ [= Gargaron], um Troia und SL zu überblicken); 58f. (SF: alle Tore Troias [πᾶσαι πύλαι] werden göffnet: Das troische Gesamtheer zieht aus); 489–491 (SL: Hektor versammelt die Troer fern von den Schiffen am Skamander); 560–562 (SF/SL: unzählige Nachtfeuer der Troer brennen in der Ebene [ἐν πεδίῳ] zw. SL und Skamander). 9. Gesang: 71–73 (tägliche Weinlieferungen aus Thrakien); 76f. (SL: viele troische Lagerfeuer nahe bei den Schiffen); 87 (SL: Nachtessen von gr. Wachmannschaften zw. Mauer und Graben); 328f. (SL: Achilleus hat 12 Städte mit Schiffen und 11 zu Fuß in der südlichen Troas zerstört); 352–359 (SL: Hektor hat sich in Achills Abwesenheit nur bis zu Sk. Tor und Eiche vorgewagt); 657 (SL: Gesandtschaft am Uferweg zurück zu Agamemnon); 664–668 (SL: Achill schläft mit Beutefrau aus Lesbos, Patroklos mit solcher aus Skyros). 10. Gesang (ohne Berücksichtigung der Ursprünglichkeitsfrage): 11–16 (SL: Agamemnon blickt auf die troischen Feuer einerseits, auf das [dunkle] SL andererseits); 160f. (SL: Troer lagern bereits auf dem θρῳσµὸς πεδίοιο; s.o.); 187–189 (SL: die gr. Wachen); 198–202 (SL: Beratung der gr. Führer jenseits des Grabens); 209f. (SL: noch Beratung: ein gr. Spion soll die Absichten der Troer – weiter voran zu den Schiffen oder zurück in die Stadt? – erkunden); 410f. (einem gefaßten tr. Gegenspion wird ebendiese Frage gestellt); 414–416 (SL: tr. Spion verrät Gegenberatung der tr. Führer beim ‘Grabmal des Ilos’); 564 (SL: die gr. Kundschafter mit Beute zurück über den Graben). 11. Gesang: 47–56 (SL: Griechen ordnen ihre Streitkräfte vor dem Lagergraben, Troer beim θρῳσµὸς πεδίοιο); 104–106 (SL: Achilleus machte Gefangene in den Tälern des Ida); 166– 171 (SF: Troer flüchten über Grabmal des Ilos – Feigenbaum – Eiche bis zum Sk. Tor); 369– 372 (SF: Paris zielt vom Grabmal des Ilos aus auf Diomedes); 498–501 (SF: Hektor kämpft am linken Flügel beim Skamander): 624f. (SL: Achilleus hat Tenedos zerstört und Hekamede erbeutet); 806 (SL: Patroklos auf dem Uferweg von Nestor zurück zu Achilleus). 12. Gesang: 118f. (SL: An der linken Seite der Lagermauer kehren die Griechen gewöhnlich vom SF zurück). 13. Gesang: 32–38 (SL: Poseidon geht aus seiner Meereshöhle zwischen Imbros und Tenedos zum SL).

Appendix topographica

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14. Gesang: 30–36 (SL: Die Schiffe sind zu zahlreich selbst für den langen Strand der breiten Bucht zwischen den beiden Einfahrtshöhen; daher Staffelung nach oben hin); 433f. (SF: Hektor wird aus der Schlacht stadtwärts bis zur Skamander-Furt gefahren). 15. Gesang: 233 (SF: Zeus zu Apollon: Griechen sollen bis zu den Schiffen und dem Hellespont zurück fliehen); 343–345 (SF am SL: Griechen stürzen durch Lagergraben und Lagermauer ins SL); 357–359 (SL: Apollon reißt die Grabenränder ein und legt einen breiten Weg über den Graben); 739f. (SL: Aias: ‘Wir sitzen in der Troas ‹ans Meer gelehnt›’). 16. Gesang: 63f. (SL: Achill: ‘meinen Groll gebe ich erst auf, wenn die Troer bis zu meinen Schiffen gekommen sind!’); 394–398 (SF: Patroklos tötet die Troer zwischen den Schiffen, dem Skamander und der Stadtmauer); 700–709 (SF: Apollon zwingt vom Sk. Torturm aus den Patroklos viermal zum Rückzug). 17. Gesang: 319f. (SF: Fast wären die Troer in die Stadt geflohen); 403f. (SF: Der Kampf spielt sich weit entfernt von den Schiffen unter Troias Stadtmauer ab); 432 (SF: Die Pferde Achills wollen nach Patroklos’ Tod nicht zurück zu den ‘Schiffen am weiten Hellespont’). 18. Gesang: 254–256 (SF: Polydamas: ‘Zurück zur Stadt! Wir sind bei den Schiffen und weit weg von der Stadtmauer!’). 19. Gesang: keine einschlägige Stelle. 20. Gesang: 1–3 (SL/SF: Die Griechen rüsten sich bei den Schiffen, die Troer beim θρῳσµὸς πεδίοιο); 51–53 (SF: Ares treibt die Troer von der Pergamos und von der Kallikolone am Simoeis aus an); 144–155 (SF: Poseidon treibt die Griechen vom ‘Wall des Herakles’ an, Apollon und Ares die Troer von der Kallikolone aus). 21. Gesang: 1–16 (SF: Achilleus teilt die Troer: Die einen treibt er zur Stadt hin, die anderen in den Skamander); 544–549 (SF: Apollon, an die Eiche gelehnt, veranlaßt Agenor, gegen Achilleus zu kämpfen, damit die Troer sich unterdessen in die Stadt retten können); 603 (SF: Achill verfolgt Apollon in Agenors Gestalt gegen den Skamander hin). 22. Gesang: 35f. (SF: Hektor allein ist nicht geflohen und erwartet Achilleus vor dem Sk. Tor); 96f. (SF: Hektor wartet vor dem vorspringenden Torturm); 143–166 (SF: Achilleus jagt Hektor dreimal an Ausguck, Feigenbaum und Skamanderbrunnen vorbei um die Stadt herum); 194–196 (SF: Hektor versucht an den ‘Dardanischen Toren’ [dazu oben b7] Hilfe von der Stadtmauer zu erhalten); 208 (SF: Hektor und Achilleus kommen zum vierten Mal an die Brunnen); 360 (SF: Hektor zu Achill: ‘Auch für dich kommt der Tod am Sk. Tor!’); 413 (SF: Priamos will hinausgehen aus den Δ∆αρδάνιαι πύλαι); 462 (SF: Andromache langt am Sk. Tor an). 23. Gesang: 2 (SL: Die Griechen langen wieder am SL und dem Hellespont an); 59–61 (SL: Achill liegt stöhnend am Strand, direkt am Meer); 117f. (SL: Die Griechen schlagen im IdaGebirge Holz für einen Scheiterhaufen); 194f./208 (SL: Achill bittet den Boreas [Nordwind] und den Zephyros [rauher Westwind], das Feuer im Scheiterhaufen anzufachen); 213–216 (SF: Die Winde fallen ein). 24. Gesang: 349–351 (SF: Priamos mit dem Geschenke-Wagen an der Skamander-Furt); 443–447 (Hermes lenkt den Wagen über den Lagergraben und durch ein Lagertor ins SL hinein); 662f. (das Ida-Gebirge ist weit entfernt von der Stadt); 690–692 (SL: Hermes lenkt den Wagen nachts zurück zur Skamander-Furt); 709 (SF vor Troia: Die tr. Frauen treffen auf Priamos mit Hektors Leichenwagen nahe dem Sk. Tor).

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Abb. 1: Paläogeologische Rekonstruktion der Skamander-Ebene (KAYAN 1995, 221 Abb. 8)

Appendix topographica

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Abb. 2: Geomorphologische Entwicklung der Beşik-Bucht (KAYAN 2014, 708 Abb. 7)

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Abb. 3: Plan der Burgmauern von Troia VI/VII (KLINKOTT/BECKS 2001, 408 Abb. 461)

Appendix topographica

Abb. 4: Skizze der Flüsse in der Troas (Il. 12.20f.) (HERZHOFF 2011, 231 Abb. 5) 1 Adramyttion, 2 Portai, 3 Palaiskepsis, 4 Lampsakos, 5 Zeleia, 6 Troia

259

BIBLIOGRAPHISCHE ABKÜRZUNGEN 1. Ohne Jahreszahl zitierte Literatur (Standard-Werke) AH

Homers Ilias. Erklärt von K.F. Ameis und C. Hentze, Leipzig/Berlin 1 1868–1884 (Gesang 1–6 von Ameis, bearb. von Hentze; 7–24 von Hentze); letzte veränd. Aufl.: Bd. 1.1 (Gesang 1–3) 71913, bearbeitet von P. Cauer; Bd. 1.2 (4–6) 61908; Bd. 1.3 (7–9) 51907; Bd. 1.4 (10–12) 5 1906; Bd. 2.1 (13–15) 41905; Bd. 2.2 (16–18) 41908; Bd. 2.3 (19–21) 4 1905; Bd. 2.4 (22–24) 41906 (Nachdruck Amsterdam 1965). AH, Anh. Anhang zu Homers Ilias. Schulausgabe von K.F. Ameis, Leipzig 11868– 1886 (Erläuterungen zu Gesang 1–6 von Ameis, bearb. von Hentze; 7–24 von Hentze); letzte veränd. Aufl.: 1. Heft (1–3) 31896; 2. Heft (4–6) 2 1882; 3. Heft (7–9) 21887; 4. Heft (10–12) 21888; 5. Heft (13–15) 21897; 6. Heft (16–18) 21900; 7. Heft (19–21) 11883; 8. Heft (22–24) 11886. ArchHom Archaeologia Homerica. Die Denkmäler und das frühgriechische Epos. Im Auftrage des DAI hrsg. von F. Matz und H.-G. Buchholz, Göttingen 1967ff. Autenrieth/Kaegi Autenrieth, G. / Kaegi, A.: Wörterbuch zu den Homerischen Gedichten, Stuttgart/Leipzig 141999 (= Nachdruck von 131920, mit einem Geleitwort von J. Latacz und einer Einleitung von A. Willi; 1. Aufl. Leipzig 1873). Beekes Beekes, R.: Etymological Dictionary of Greek, with the assistance of L. van Beek, 2 Bde. (Leiden Etymological Dictionary Series, 10); Leiden/Boston 2010. Bowie zu Od. Homer Odyssey Books XIII and XIV, hrsg. von A.M. Bowie, Cambridge 2013. Chantr. Chantraine, P.: Grammaire homérique, Paris 61986–88 (11942–1953) (2 Bde.). Companion Morris, I. / Powell, B. (Hrsgg.): A New Companion to Homer, Leiden u.a. 1997. DELG Chantraine, P.: Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots, Paris 1968–1980 (21999). Denniston Denniston, J.D.: The Greek Particles, Oxford 21954 (11934). DMic Aura Jorro, F.: Diccionario Micénico, Madrid 1985–1993 (2 Bde.). DNP Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, hrsg. von H. Cancik und H. Schneider, Stuttgart/Weimar 1996–2003. Edwards Edwards, M.W.: The Iliad. A Commentary, Vol. V: Books 17–20, Cambridge 1991 u.ö.

262 Ernout/Meillet ER EWA Faesi Faulkner FernándezGaliano FOR2

Frisk Hainsworth Hainsworth Hoekstra HTN Janko de Jong zu Od. de Jong zu Il. 22 Jones Kirk K.-G.

v. Kamptz Leaf LfgrE

LIMC

Ilias 14 Ernout, A., Meillet, A.: Dictionnaire étymologique de la langue latine. Histoire des mots, Paris 41967 (11932). Encyclopedia of Religion, hrsg. v. Lindsay Jones, Detroit/London 22005 (15 Bde; 11987). Mayrhofer, M.: Etymologisches Wörterbuch des Altindoarischen, Heidelberg 1992ff. (3 Bde). Homers Iliade. Erklärt von J.U. Faesi. 5.–6. Aufl., besorgt von F.R. Franke, Berlin 1871–1887 (4 Bde.; 1. Aufl. Leipzig 1851–1852). Faulkner, A.: The Homeric Hymn to Aphrodite. Introduction, Text, and Commentary (Oxford Classical Monographs), Oxford 2008. Fernández-Galiano, M., in: A Commentary on Homer’s Odyssey, Vol. III: Books XVII–XXIV, Oxford 1992 (ital. Erstausgabe 1986). Latacz, J.: Formelhaftigkeit und Mündlichkeit, erweiterte Fassung in der engl. Ausgabe des Prolegomena-Bands (hrsg. von A. Bierl, J. Latacz, S.D. Olson), Berlin/Boston 2015. Frisk, H.: Griechisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1960–72 (3 Bde.). Hainsworth, B.: The Iliad. A Commentary, Vol. III: Books 9–12, Cambridge 1993 u.ö. Hainsworth, B., in: A Commentary on Homer’s Odyssey, Vol. I: Books I– VIII, Oxford 1988 (ital. Erstausgabe 1982). Hoekstra, A.: in: A Commentary on Homer’s Odyssey, Vol. II: Books IX– XVI, Oxford 1989 (ital. Erstausgabe 1984). Latacz, H. (Hrsg.): Homer. Tradition und Neuerung (WdF, 463), Darmstadt 1979. Janko, R.: The Iliad. A Commentary, Vol. IV: Books 13–16, Cambridge 1992 u.ö. Jong, I.J.F. de: A Narratological Commentary on the Odyssey, Cambridge 2001. Homer Iliad Book XXII, hrsg. von I.J.F. de Jong, Cambridge 2012. Jones, P.: Homer’s Iliad. A Commentary on three Translations, London 2003. Kirk, G.S.: The Iliad. A Commentary, Vol. I: Books 1–4, Cambridge 1985 u.ö.; Vol. II: Books 5–8, Cambridge 1990 u.ö. Kühner, R. / Gerth, B.: Ausführliche Grammatik der griechischen Sprache. Zweiter Teil: Satzlehre, Hannover 1898–1904 (2 Bde.; Nachdruck Hannover 1992). Kamptz, H. von: Homerische Personennamen. Sprachwissenschaftliche und historische Klassifikation, Göttingen/Zürich 1982 (urspr. Diss. Jena 1958). The Iliad. Ed. with Apparatus Criticus, Prolegomena, Notes, and Appendices by W. Leaf, London 21900–1902 (2 Bde.; 11886–1888). Lexikon des frühgriechischen Epos. Begründet von Bruno Snell. Im Auftrag der Akademie der Wissenschaften in Göttingen vorbereitet und hrsg. vom Thesaurus Linguae Graecae, Göttingen 1955ff. Lexicon Iconographicum Mythologiae Classicae, hrsg. von H.C. Acker-

Bibliographische Abkürzungen LIV

LSJ MHV NIL NTHS

Paduano/Mirto

RE Richardson zu Il. 21–24 Richardson zu h.Cer. Risch

263

mann und J.R. Gisler, Zürich u.a. 1981–1999 (18 Bde.). Lexikon der indogermanischen Verben. Die Wurzeln und ihre Primärstammbildungen. Unter Leitung von H. Rix und der Mitarbeit vieler anderer bearbeitet von M. Kümmel, Th. Zehnder, R. Lipp, B. Schirmer. Zweite, erweiterte und verbesserte Auflage bearbeitet von M. Kümmel und H. Rix, Wiesbaden 2001 (1. Aufl. 1998). Liddell, H.R. / Scott, R. / Jones, H.S.: A Greek-English Lexicon, Oxford 9 1940 (Nachdruck mit revidiertem Supplement 1996). Parry, M.: The Making of Homeric Verse. The Collected Papers of Milman Parry. Edited by Adam Parry, New York/Oxford 1971 (Nachdruck 1987). Wodtko, D.S. / Irslinger, B. / Schneider, C.: Nomina im indogermanischen Lexikon, Heidelberg 2008. Bierl, A.: New Trends in Homeric Scholarship, in der engl. Ausgabe des Prolegomena-Bands (hrsg. von A. Bierl, J. Latacz, S.D. Olson), Berlin/ Boston 2015. Omero, Iliade. Traduzione e saggio introduttivo di G. Paduano. Commento di M.S. Mirto. Testo greco a fronte (Biblioteca della Pléiade), Turin 1997. Paulys Real-Encyclopädie der Classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung, unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen hrsg. von G. Wissowa, Stuttgart 1894ff. Richardson, N.J.: The Iliad. A Commentary, Vol. VI: Books 21–24, Cambridge 1993 u.ö. Richardson, N.J.: The Homeric Hymn to Demeter, Oxford 1974.

Risch, E.: Wortbildung der homerischen Sprache, Berlin/New York 21974 (11937). Ruijgh Ruijgh, C.J.: Autour de ‘te épique’. Études sur la syntaxe grecque, Amsterdam 1971. Schadewaldt Homer Ilias. Neue Übertragung von W. Schadewaldt. Mit zwölf antiken Vasenbildern (insel taschenbuch 153), Frankfurt a.M. 1975 u.ö. (Nachdruck mit einer Einführung von J. Latacz: Düsseldorf/Zürich 2002). Schw. Schwyzer, E. / Debrunner, A. / Georgacas, D.J. / Radt, F. und St.: Griechische Grammatik (Handbuch der Altertumswissenschaft, 2.1.1–4), München 1939–1994 (4 Bde.). Vergados zu The Homeric Hymn to Hermes. Introduction, Text and Commentary by A. h.Merc. Vergados (Texte und Kommentare, 41), Berlin/Boston 2013. West zu Od. 1–4 West, S.: in: A Commentary on Homer’s Odyssey, Vol. I: Books I–VIII, Oxford 1988 u.ö. (ital. Erstausgabe 1981). West zu Hes. Op. Hesiod, Works and Days. Ed. with Prolegomena and Commentary by M.L. West, Oxford 1978 u.ö. West zu Hes. Th. Hesiod, Theogony. Ed. with Prolegomena and Commentary by M.L. West, Oxford 1966 u.ö. Willcock Homer, Iliad. Ed. with Introduction and Commentary by M.M. Willcock, London 1978–1984 (2 Bde.).

264

Ilias 14

2. Textausgaben* Aischylos (Radt) in: Tragicorum Graecorum Fragmenta, ed. St. Radt, Bd. 3, Göttingen 1985. Alkaios (Voigt) in: Sappho et Alcaeus. Fragmenta ed. E.-M. Voigt, Amsterdam 1971. Alcmaeonis (Bernabé) in: Poetarum Epicorum Graecorum Testimonia et Fragmenta, ed. A. Bernabé, Bd. 1, Stuttgart/Leipzig 21996 (11987). Antimachos (Wyss/Matthews) ¥ in: Antimachi Colophoni reliquiae, collegit, disposuit, explicavit Bernhardus Wyss (Bibliothecae Graecae et Latinae auctorium Weidmannium, 3), Berlin 1936. ¥ und in: Antimachus of Colophon. Text and Commentary by Victor Matthews (Mnemosyne, 155), Leiden 1996. Archilochos (West) in: Iambi et elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 1, Oxford 21989 (11971). CEG Hansen, P.A.: Carmina epigraphica graeca (Texte und Kommentare, 12 u. 15), Berlin/New York 1983–1989 (2 Bde.). Derveni-Pap. (Bernabé/Kouremenos) ¥ in: Poetarum Epicorum Graecorum Testimonia et Fragmenta, ed. A. Bernabé, Bd. 2, Fasz. 1: Orphicorum et Orphicis similium Testimonia et Fragmenta, Leipzig 2004. ¥ und in: The Derveni Papyrus. Ed. with introduction and commentary by Th. Kouremenos, G.M. Parássoglou and K. Tsantsanoglou (Studi e Testi per il Corpus dei Papiri Filosofici Greci e Latini, 13), Florenz 2006. ‘Epischer Kyklos’ (West) in: Greek epic Fragments from the Seventh to the Fifth Centuries BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. ‘Hesiod’, Fragmente (M.-W.) in: Hesiodi Theogonia, Opera et dies, Scutum, ed. F. Solmsen; Fragmenta selecta, edd. R. Merkelbach et M.L. West, Oxford 31990 (11970). Hipponax (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 1, Oxford 21989 (11979). Kallimachos (Pfeiffer) ¥ Callimachus, ed. R. Pfeiffer, Bd. 1: Fragmenta, Oxford 1949. ¥ Hekale auch in: Callimachus ‘Hecale’, ed. with introduction and commentary by A.S. Hollis, Oxford repr. 1997 (1990).

* Angeführt sind nur Ausgaben von Werken, bei denen die Vers-, Paragraphen- oder Fragmentzählung von Ausgabe zu Ausgabe differiert.

Bibliographische Abkürzungen

265

Kallinos (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 2, Oxford 21992 (11972). Orphica (Bernabé) in: Poetarum Epicorum Graecorum Testimonia et Fragmenta, ed. A. Bernabé, Bd. 2, Fasz. 1: Orphicorum et Orphicis similium Testimonia et Fragmenta, Leipzig 2004. P.Oxy. (Lobel) in: The Oxyrhynchus Papyri, Part XXX, ed. with notes by E. Lobel (Egypt Exploration Society, Graeco-Roman Memoirs, 44), London 1964. Pherekydes (FGrHist/Fowler) ¥ Nr. 3 in: Die Fragmente der griechischen Historiker (FGrHist) von F. Jacoby, Bd. 1, Leiden 21957 (Berlin 11923). ¥ und in: Early Greek Mythography, ed. R.L. Fowler, Bd. 1: Texts, Oxford 2000. Proklos (West) in: Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Sappho (Voigt) in: Sappho et Alcaeus. Fragmenta ed. E.-M. Voigt, Amsterdam 1971. Scholien zur Ilias (Erbse) Scholia Graeca in Homeri Iliadem (scholia vetera), rec. H. Erbse, Berlin 1969–1988 (7 Bde.). Scholien zur Ilias (van Thiel) ¥ Scholia D in Iliadem. Proecdosis aucta et correctior. Secundum codices manu scriptos, ed. H. van Thiel, 2014 http://kups.ub.uni-koeln.de/5586/ (12000, kups.ub.uni-koeln.de/ 1810/) (Stand: 01.03.2015). Semonides (West) in: Iambi et elegi graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 2, Oxford 21992 (11972). Simonides (Page/Poltera) ¥ in: Poetae Melici Graeci, ed. D.L. Page, Oxford 1962. ¥ und in: Simonides lyricus: Testimonia und Fragmente, Einleitung, kritische Ausgabe, Übersetzung und Kommentar von O. Poltera (Schweizerische Beitr. zur Altertumswiss., 35), Basel 2008. Simonides (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 2, Oxford 21992 (11972). Sotades (Powell) in: Supplementum Hellenisticum ediderunt H. Lloyd-Jones, P. Parsons, indices in hoc supplementum necnon in Powellii Collectanea Alexandrina confecit H.-G. Nesselrath (Texte und Kommentare, 11), Berlin 1983. Tyrtaios (West) in: Iambi et elegi graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 2, Oxford 21992 (11972).

266

Ilias 14

Vita Homeri Herodotea (West) in: Homeric Hymns, Homeric Apocrypha, Lives of Homer, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 496), Cambridge, Mass. / London 2003. Xenophanes (DK u. G.-P.) ¥ Nr. 21 in: H. Diels / W. Kranz (Hrsg.): Die Fragmente der Vorsokratiker. Griech./Dt., Bd. 1, Berlin 61951f. (Nr. 11 in der 1. Aufl. von 1903; Repr. Nachdr. Zürich 1984–1985). ¥ und in: B. Gentili / C. Prato (Hrsg.): Poetae elegiaci. Testimonia et fragmenta, Bd. 1, Leipzig 21988 (11979).

3. Monographien und Aufsätze Die Zeitschriften sind nach der Année Philologique abgekürzt.* Aceti 2008

Aceti, C.: Sarpedone fra mito e poesia, in: Eroi nell’Iliade. Personaggi e strutture marrative, hrsg. von Lara Pagani, Rom 2008, 1–269. Ahrens 1937 Ahrens, E.: Gnomen in griechischer Dichtung (Homer, Hesiod, Aeschylus), Diss. Halle 1937. Aitchison 1964 Aitchison, J.M.: Τελαµώνιος Αἴας and other Patronymics, in: Glotta 42, 1964, 132–138. Albracht 1895 Albracht, F.: Kampf und Kampfschilderung bei Homer. Ein Beitrag zu den Kriegsaltertümern (Beilage zum Jahresbericht der Königl. Landesschule Pforta), 2. Teil, Naumburg a.d. Saale 1895 (engl. Übers.: Battle and Battle Description in Homer. A Contribution to the History of War, London 2005). Alden 2000 Alden, M.J.: Homer Beside Himself. Para-Narratives in the Iliad, Oxford 2000. Allan 2003 Allan, R.J.: The Middle Voice in Ancient Greek. A Study in Polysemy, Amsterdam 2003. Allan 2010 Allan, R.J.: The infinitivus pro imperativo in Ancient Greek. The Imperatival Infinitive as an Expression of Proper Procedural Action, in: Mnemosyne 63, 2010, 203–228. Allen 1931 Allen, T.W.: Miscellanea – VII, in: CQ 25, 1931, 23–26. Alvino 1979 Alvino, A.: Hera tra menzogne e verità, in: Acme 32, 1979, 353–361. Aly 1939 Aly, W.: RE s.v. Tydeus, Stuttgart 1939, Sp. 1702–1709. Amigues 1992 Amigues, S.: HYAKINTHOS. Fleur mythique et plantes réelles, in: REG 105, 1992, 19–36. Ammann 1922 Ammann, H.: Untersuchungen zur homerischen Wortfolge und Satzstruktur, Freiburg i. Br. 1922. Ammann 1956 Ammann, H.: Zum griechischen Verbaladjektiv auf -τος, in: ΜΝΗΜΗΣ ΧΑΡΙΝ. Gedenkschrift Paul Kretschmer 2. Mai 1866 – 9. März 1956, Bd. 1, Wien 1956, 10–23. Anastassiou 1973 Anastassiou, I.: Zum Wortfeld ‘Trauer’ in der Sprache Homers, Diss. Hamburg 1973. * Eine kumulierte Liste findet sich unter: http://www1.uni-hamburg.de/Thesaurus/APh_List.pdf (Stand: 01.03.2015).

Bibliographische Abkürzungen Andersen 1978

267

Andersen, Ø.:. Die Diomedes-Gestalt in der Ilias (SO, Suppl. 25), Oslo 1978. Anderson 1997 Anderson, M.J.: The Fall of Troy in Early Greek Poetry and Art, Oxford 1997. Anselmi 1998 Anselmi, L.: Lo scudo di Aiace. Note archeologiche e lettterarie, in: Aevum Antiquum 11, 1998, 51–126. Apthorp 1980 Apthorp, M.J.: The Manuscript Evidence for Interpolation in Homer (Bibliothek der Klass. Altertumswiss., N.F. 2.71), Heidelberg 1980. Apthorp 1995 Apthorp, M.J.: Iliad 14.306c Discovered in the Syriac Palimpsest, in: ZPE 109, 1995, 174–176. Arend 1933 Arend, W.: Die typischen Scenen bei Homer (Problemata, 7), Berlin 1933. Arnott 2007 Arnott, W.G.: Birds in the Ancient World from A to Z (The Ancient World from A to Z); London/New York 2007. Avagianou 1991 Avagianou, A.: Sacred Marriage in the Rituals of Greek Religion (Europ. Hochschulschriften, Ser. 15, Bd. 54), Bern u.a. 1991. Bader 1965 Bader, F.B.: Les composés grecs du type de demiourgos (E&C, 57), Paris 1965. Bader 1969 Bader, F.B.: Alexandre et Cléopâtre, ou le problème du genre grammatical dans les noms propres composés du grec, in: RPh 43, 1969, 15–38. Bäumlein 1861 Bäumlein, W.: Untersuchungen über griechische Partikeln, Stuttgart 1861. Bakker 1988 Bakker, E.J.: Linguistics and Formulas in Homer. Scalarity and the Description of the Particle ‘per’, Amsterdam/Philadelphia 1988. Bakker 1997 Bakker, E.J.: Poetry in Speech. Orality and Homeric Discourse (Myth and Poetics), Ithaca/London 1997. Bakker 2005 Bakker, E.J.: Pointing at the Past. From Formula to Performance in the Homeric Poetics (Hellenic Studies, 12), Cambridge, Mass. / London 2005. Bakker-Fabbricotti 1991 Bakker, E. /Fabbricotti, F.: Peripheral and Nuclear Semantics in Homeric Diction. The Case of Dative Expressions for ‘Spear’, in: Mnemosyne 44, 1991, 63–84 (auch in: de Jong: Critical Assessments 1999, 382–400; Bakker 2005, 1–21). Bannert 1978 Bannert, H.: Zur Vogelgestalt der Götter bei Homer, in: WSt 91, 1978, 29–42. Bannert 1988 Bannert, H.: Formen des Wiederholens bei Homer: Beispiele für eine Poetik des Epos (Wiener Studien, Beiheft 13), Wien 1988. Barrett 1974 Barrett, W.S.: Euripides Hippolytos, ed. with introduction and commentary, Oxford 1974. Barth 1984 Barth, H.-L.: Die Fragmente aus den Schriften des Grammatikers Kallistratos zu Homers Ilias und Odyssee (Edition mit Kommentar), Bonn 1984. Basedow 2000 Basedow, M.A.: Beşik-Tepe. Das spätbronzezeitliche Gräberfeld (Studia Troica, Monographien 1), Mainz 2000. Bassett (1938) 2003 Bassett, S.E.: The Poetry of Homer (Sather classical lectures, 15) (11938), Lanham 22003 (edited with an introduction by Bruce Heiden). Baumann (1982) 2007 Baumann, H.: Flora mythologica. Griechische Pflanzenwelt in der Antike (Akanthus, 8), Kilchberg 11982, vollst. überarbeitete 5. Aufl. 2007.

268 Bechert 1964

Ilias 14

Bechert, J.: Die Diathesen von ἰδεῖν und ὁρᾶν bei Homer (MSS, Beiheft F), München 1964. Beck 2005 Beck, D.: Homeric Conversation, Cambridge, Mass. / London 2005. Beck 1986 Beck, W.: Choice and Context. Metrical Doublets for Hera, in: AJPh 107, 1986, 480–488. Becker 1937 Becker, O.: Das Bild des Weges und verwandte Vorstellungen im frühgriechischen Denken (Hermes, Einzelschriften 4), Berlin 1937. Beckmann 1932 Beckmann, J.Th.: Das Gebet bei Homer, Diss. Würzburg 1932. Beekes 1969 Beekes, R.S.P.: The Development of the Proto-Indo-European Laryngeals in Greek (Janua Linguarum, 42), Den Haag/Paris 1969. Bennett 1997 Bennett, M.J.: Belted Heroes and Bound Women. The Myth of the Homeric Warrior-King, Lanham u.a. 1997. Benveniste 1969 Benveniste, E.: Le vocabulaire des institutions indo-européennes, Bd. 2: pouvoir, droit, religion. sommaires, Paris 1969. Bergren 1975 Bergren, A.L.T.: The Etymology and Usage of πεῖραρ in Early Greek Poetry (American Classical Studies, 2), New York 1975. Bermejo Barrera 1988 Bermejo Barrera, J.C.: Zeus, Hera y el Matrimonio Sagrado, in: Polis 1, 1988, 7–24. Beye 1964 Beye, C.R.: Homeric Battle Narrative and Catalogues, in: HSPh 68, 1964, 345–373. Bielefeld 1968 Bielefeld, E.: Schmuck, ArchHom Kap. C, Göttingen 1968. Bierl 1991 Bierl, A.F.H.: Dionysos und die griechische Tragödie. Politische und ‘metatheatralische’ Aspekte im Text (Classica Monacensia, 1), Tübingen 1991. Bierl 2004 Bierl, A.: “Turn on the Light!” Epiphany, the God-Like Hero Odysseus and the Golden Lamp of Athena in Homer’s Odyssey (especially 19.1– 43), in: ICS 29, 2004 (Divine Epiphanies in the Ancient World), 43–61. Bierl u.a. 2004 Bierl, A. / Schmitt, A. / Willi, A. (Hrsgg.): Antike Literatur in neuer Deu– tung. Festschrift für Joachim Latacz anlässlich seines 70. Geburtstages, München/Leipzig 2004. Bierl 2012 Bierl, A.: Demodokos’ Song of Ares and Aphrodite in Homer’s Odyssee (8.266–366): An Epyllion? Agonistic Performativity and Cultural Metapoetics, in: Brill’s Companion to Greek and Latin Epyllion and its Reception, hrsg. v. M. Baumbach und S. Schär, Leiden/Boston 2012, 111–134. Bierl 2014 Bierl, A.: ‘Riddles over Riddles’: ‘Mysterious’ and Symbolic (Inter)Textual Strategies. The Problem of Language in the Derveni Papyrus, in: Poetry as Initiation: The Center for Hellenic Studies Symposium on the Derveni papyrus, hrsg. v. I. Papadopoulou, Washington 2014, 187–210. Bissinger 1966 Bissinger, M.: Das Adjektiv µέγας in der griechischen Dichtung (MSS, Beiheft K), München 1966 (2 Bde.). Blanc 2012 Blanc, A.: Étymologies grecques: formes en -εικ- (ἀεικέλιος, µενοιεκής, ἐπιεικτός), in: Glotta 88, 2012, 54–98. Blom 1936 Blom, J.W.S.: De typische getallen bij Homeros en Herodotos, I: Triaden, hebdomaden en enneaden, Nijmegen 1936. Boedeker 1974 Boedeker, D.D.: Aphrodite’s Entry into Greek Epic (Mnemosyne, Suppl. 32), Leiden 1974.

Bibliographische Abkürzungen Boedeker 1984

269

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Ilias 14

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Bibliographische Abkürzungen Cantarella 1979

271

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272 D’Acunto 2010

Ilias 14

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Bibliographische Abkürzungen Edwards 1979

273

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274 Fenoglio 2005

Ilias 14

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Bibliographische Abkürzungen Friedrich 1982

275

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Grethlein 2006

Grethlein 2007 Griffin 1978 Griffin 1980 Grimm 1962 Gruber 1963 Gruppe 1906 Güntert 1921 Gundert 1983 Gygli-Wyss 1966 Haas 1977

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Bibliographische Abkürzungen

283

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Ilias 14

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Palmer 1961 Panchenko 1994 Parker 1999 Parry (1928) 1971

Patzer 1972

Pelliccia 1995 Perceau 2002 Pernicka u.a. 2014

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Ilias 14

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