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German, Greek Pages 438 [436] Year 2016
HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR
SAMMLUNG WISSENSCHAFTLICHER COMMENTARE
HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR (BASLER KOMMENTAR / BK) AUF DER GRUNDLAGE DER AUSGABE VON AMEIS-HENTZE-CAUER (1868–1913)
HERAUSGEGEBEN VON
ANTON BIERL UND JOACHIM LATACZ
GENERALREDAKTION:
MAGDALENE STOEVESANDT
DE GRUYTER
HOMERS ILIAS GESAMTKOMMENTAR (BASLER KOMMENTAR / BK) HERAUSGEGEBEN VON
ANTON BIERL UND JOACHIM LATACZ BAND IX SECHZEHNTER GESANG ( Π ) FASZIKEL 2: KOMMENTAR VON
CLAUDE BRÜGGER MIT UNTERSTÜTZUNG VON RUDOLF FÜHRER, FRITZ GRAF, MARTIN A. GUGGISBERG, IRENE DE JONG, SEBASTIAAN R. VAN DER MIJE, RENÉ NÜNLIST, JÜRGEN v. UNGERN-STERNBERG, RUDOLF WACHTER UND MARTIN L. WEST †
DE GRUYTER
Die Erarbeitung des Ilias-Gesamtkommentars wird finanziert vom Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Bern, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft, Basel, der Max Geldner-Stiftung, Basel, der Frey-Clavel-Stiftung, Basel, und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur. Für vielfältige Unterstützung danken wir besonders Herrn Prof. Dr. Peter Blome (Basel).
ISBN 978-3-11-020653-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-042646-5 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-042353-2 ISSN 1864-3426 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
INHALT
Vorwort ……………………………………………………………………… Hinweise zur Benutzung (mit Abkürzungsverzeichnis)
VII
……………………
IX
……………………………………
1
Tabellarischer Überblick über die Handlung des 16. Gesangs ………………
8
24 Regeln zur homerischen Sprache (R)
Kommentar
…………………………………………………………………
Bibliographische Abkürzungen
……………………………………………
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VORWORT Die Erarbeitung und Veröffentlichung des vorliegenden Kommentars zum 16. Gesang der Ilias wäre ohne die wohlwollende wissenschaftliche Begleitung durch viele Kolleginnen und Kollegen nicht möglich gewesen. Ich danke allen voran der Projektleitung – Prof. Dr. Joachim Latacz und Prof. Dr. Anton Bierl – sowie den TeamMitgliedern Marina Coray, Martha Krieter-Spiro, Magdalene Stoevesandt und Katharina Wesselmann ganz herzlich für die freundschaftliche Zusammenarbeit auch in den vergangenen sechs Projektjahren. Ich danke unserer Expertin und unseren Experten (ihre Namen sind auf dem Titelblatt aufgeführt) für unzählige wertvolle Hinweise, Anregungen und Korrekturen; die verbliebenen Lücken, Ungenauigkeiten und Fehler liegen ganz in meiner Verantwortung. Ich danke den Kolleginnen und Kollegen im ‘Rosshof’, dem gemeinsamen Dach der Basler Altertumswissenschaften, für den regen wissenschaftlichen Austausch ebenso wie für alle gemeinsamen Momente ‘neben und ohne Homer’. Auch den Mitarbeitenden der Bibliothek Altertumswissenschaften und der Universitätsbibliothek Basel spreche ich meinen Dank für die unkomplizierte Zusammenarbeit aus. Für gewissenhafte Korrekturarbeiten am Ende der Projektphase danke ich Xenia Buchwald und Elena Iakovou von der Universität Göttingen; sie wurden uns durch ‘unseren’ Verlag de Gruyter (Berlin) vermittelt. Dafür und für die sorgfältige Drucklegung danke ich den Verantwortlichen des Verlags – u.a. Katharina Legutke und Serena Pirrotta – herzlich. Für die langjährige Finanzierung des Basler Homer-Kommentars gehört mein großer Dank dem SNF (Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung), der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, der Freiwilligen Akademischen Gesellschaft Basel, der Frey-Clavel-Stiftung Basel, der Max Geldner-Stiftung Basel und der Universität Basel. Last but not least danke ich meiner Familie für ihre ‘homerische’ Geduld während meiner nun zu Ende gehenden akademischen Laufbahn. – Im vorliegenden Band, dem – wie in dieser Reihe üblich – der griechische Text der Ilias in der Ausgabe von Martin West zugrundeliegt (Bibliotheca Teubneriana, 1998/2000), ist die einschlägige Literatur nicht selten in größerer Zahl aufgeführt; dadurch soll die Leserin, der Leser die Möglichkeit erhalten, die gegebenen Interpretationen durch eigene Lektüre zu ergänzen, zu vertiefen oder zu modifizieren. Stets
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Ilias 16
unverzichtbar – auch dort, wo er nicht genannt wird – ist der fundierte, oft treffend formulierte und nicht selten augenzwinkernde Kommentar von Richard Janko (Cambrige 1992 u.ö.).
Basel, im März 2015
Claude Brügger
HINWEISE ZUR BENUTZUNG 1. Im Kommentar sind vier Erklärungs-Ebenen graphisch voneinander abgesetzt (vgl. HK 41): a) In Normaldruck erscheinen die wichtigsten Erläuterungen für Benutzer aller Adressatenkreise. Griechischkenntnisse sind hier nicht vorausgesetzt; griechische Wörter werden in Umschrift wiedergegeben (Ausnahme: Lemmata des LfgrE, s. HK 41 [1]). b) In etwas kleinerer Schrift erscheinen genauere Erklärungen zum griechischen Text. Dieser Teil entspricht einem gräzistischen Standardkommentar. c) In Petit-Druck stehen spezifische Informationen zu verschiedenen Teilgebieten der Homer-Forschung. d) Unter einem Trennstrich erscheint am Fuß der Seite der ‘Elementarteil’, der besonders Schülern und Studenten eine Hilfestellung zur ersten Texterschließung bieten will. Der Elementarteil erklärt neben Prosodie und Metrik v.a. die homerischen Wortformen. Er basiert auf den ‘24 Regeln zur homerischen Sprache’ (unten S. 1ff.), auf die mit dem Kürzel ‘R’ verwiesen wird. Sehr häufige Phänomene (z.B. fehlendes Augment) werden nicht durchgängig registriert, sondern ca. alle 100 Verse in Erinnerung gerufen. — Auf Angaben zum homerischen Wortschatz wurde weitgehend verzichtet; hierfür sei auf das Spezialwörterbuch von AUTENRIETH/KAEGI verwiesen. Komplexe Probleme werden sowohl im Elementarteil als auch im Hauptkommentar aufgegriffen; im Elementarteil werden sie kurz zusammengefaßt, im Hauptkommentar ausführlicher diskutiert. Solche Stellen sind im Elementarteil durch Pfeil (↑) kenntlich gemacht. Querverweise im Elementarteil (im Typus ‘vgl. 73n.’) beziehen sich dagegen auf notae innerhalb des Elementarteils, nie auf den Hauptkommentar.
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Ilias 16
2. Auf die Kapitel des Prolegomena-Bandes wird mit den folgenden Kürzeln verwiesen: FG/FM FOR G HK GT M MYK xxxP STR
Zum Figurenbestand der Ilias: Götter/Menschen Formelhaftigkeit und Mündlichkeit Grammatik der homerischen Sprache Einleitung: Zur Homer-Kommentierung Geschichte des Textes Homerische Metrik (samt Prosodie) Wort-Index Homerisch – Mykenisch Hochgestelltes ‘P’ hinter einem Begriff verweist auf die BegriffsDefinitionen in der ‘Homerischen Poetik in Stichwörtern’.* Zur Struktur der Ilias
In der englischen Ausgabe des Prolegomena-Bandes (Berlin/Boston 2015) ist außerdem folgendes Kapitel enthalten: NTHS
New Trends in Homeric Scholarship
3. Formelsprache Nach dem Vorbild des ‘Ameis-Hentze(-Cauer)’ werden wiederholte Verse und Halbverse regelmäßig registriert (vgl. dazu HK 30); auf andere formelsprachliche Elemente (bes. Versanfangs- und -endformeln) wird nur so häufig hingewiesen, daß der Gesamteindruck von der Formelhaftigkeit der homerischen Sprache vertieft wird. 4. Typische SzenenP Zu jeder Typischen Szene wird im Kommentar an geeigneter Stelle die ‘Idealform’ konstituiert, indem eine kumulative, durchnumerierte Zusammenstellung aller in Ilias und Odyssee vorkommenden charakteristischen Szenen-Elemente vorgelegt wird; die Ziffern der an der kommentierten Stelle tatsächlich aktualisierten Elemente erscheinen fett. Jede weitere Stelle verweist auf die Erstbehandlung und verwendet Numerierung und Fettdruck nach dem gleichen Prinzip.
* Mehrteilige Begriffe wie Dramatische IronieP, Sekundäre FokalisationP und Typische Sze-
neP sind in dem alphabetisch angeordneten Kapitel jeweils unter dem Anfangsbuchstaben des – durch die Majuskel als Teil des Begriffs gekennzeichneten – Adjektivs zu finden.
Hinweise zur Benutzung
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5. Abkürzungen (a) Bibliographische Abkürzungen Die bibliographischen Abkürzungen s. unten S. 365ff. (b) Primärliteratur (zu den verwendeten Textausgaben s. unten S. 368–370) Aisch. Apollod. Apoll. Rhod. Apoll. Soph. Arat. Certamen Chrest. Et.M. Eust. fgrE Hdt. Hes. ‘Hes.’ hom.h. h.Ap., h.Bacch., h.Cer., h.Mart., h.Merc., h.Ven. Il. Il. parv. Il. Pers. Nost. Od. Prokl. Schol. schol. A (etc.) Soph. Thuk. Vit. Hom. Her. Xen.
Aischylos (Ag. = ‘Agamemnon’, fr. = Fragmente) Apollodor zugeschriebene Werke (Bibl. = Bibliotheke, Epit. = Epitome) Apollonios Rhodios Apollonius Sophista Aratos (Phain. = Phainomena) Certamen Homeri et Hesiodi, ‘Wettstreit zwischen Homer und Hesiod’ ‘Chrestomathie’ (Inhalts-Angabe des Proklos zum ‘Epischen Kyklos’) Etymologicum Magnum Eustathios frühgriechisches Epos (Sammelbezeichung für Homer, Hesiod und hom. Hymnen) Herodot Hesiod (Op. = Opera, ‘Werke und Tage’; Th. = ‘Theogonie’) Hesiod zugeschriebene Werke (Sc. = Scutum, ‘Schild des Herakles’, fr. = Fragmente) Sammelbezeichnung für die homerischen Hymnen einzelne homerische Hymnen: an Apollon, – an Bacchus/Dionysos, – an Ceres/Demeter, – an Mars/Ares, – an Mercurius/Hermes und – an Venus/Aphrodite ‘Ilias’ Ilias parva, ‘Kleine Ilias’ (im ‘Epischen Kyklos’) Iliou Persis, ‘Zerstörung Troias’ (im ‘Epischen Kyklos’) Nostoi, ‘Heimkehrgeschichten’ (im ‘Epischen Kyklos’) ‘Odyssee’ Proklos (s.o. s.v. Chrest.) Scholion, Scholien scholion in der Handschrift A (etc.) Sophokles (fr. = Fragmente) Thukydides Vita Homeri Herodotea Xenophon
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Ilias 16 (c) Übrige Abkürzungen (Die allgemein üblichen Abkürzungen und die unter 2. und 3. genannten Kürzel sind hier nicht aufgenommen.) * < > | ↑
rekonstruierte Form entstanden aus geworden zu markiert Vers-Anfang bzw. Vers-Ende verweist vom Elementarteil auf das entsprechende Lemma im Hauptkommentar a/b nach Verszahl bezeichnet die 1. bzw. 2. Vershälfte a/b nach Verszahlbezeichnet nur im app. crit. angeführte Zusatzverse A 1, B 1 (etc.) bezeichnet Zäsuren im Hexameter (vgl. M 6) abh. abhängig a.E. am Ende ähnl. ähnlich a.O. am (angegebenen) Ort app. crit. apparatus criticus (West) archäol. archäologisch AT Altes Testament att., Att. attisch, das Attische Bed., bed. Bedeutung, bedeutet Bez., bez. Bezeichnung, bezeichnet dir., indir. direkt, indirekt ebd. ebendort ep. episch fgrE frühgriechisches Epos fr. Fragment (fragmentum) geogr. geographisch gr., Gr. griechisch, das Griechische hethit. hethitisch hist. historisch hom. homerisch Hss. Handschriften idg. indogermanisch Introd. Introduction i.S.v. im Sinne von jd., jm., jn., js. jemand, jemandem, jemanden, jemandes Komp. Kompositum Lit. Literatur metr. metrisch myk., Myk. mykenisch, das Mykenische
Hinweise zur Benutzung n., nn. NS od. prosod. Ptz. s. sc. s.d. s.o., s.u. s.v., s.vv. t.t. typ. u. urspr. V., Vv. VA VE vgl. VH viell. v.l. Vok. vorl. z.St.
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lat. nota, notae* Nebensatz oder prosodisch Partizip siehe scilicet siehe dort* siehe oben, siehe unten sub voce, sub vocibus terminus technicus typisch und ursprünglich Vers, Verse Vers-Anfang Vers-Ende vergleiche Vers-Hälfte vielleicht varia lectio Vokativ vorliegend zur Stelle
* Mit ‘14n.’ wird auf den Kommentar zu Vers 14 innerhalb des vorliegenden Bandes, mit
1.162n. auf den Eintrag zu V. 162 im 1. Gesang verwiesen. – Mit ‘in 19.126 (s.d.)’ od. ‘vgl. 24.229ff. (s.d.)’ wird primär auf die betr. Stellen im Homer-Text, sekundär auf einen oder mehrere Kommentar-Einträge dazu verwiesen (beim ersten Beispiel ist der relevante Kommentar-Eintrag unter 19.126–127 zu finden, beim zweiten steht Einschlägiges unter 24.229– 234 und 24.229–231).
24 REGELN ZUR HOMERISCHEN SPRACHE (R) Die folgende Zusammenstellung der charakteristischsten Eigenarten der homerischen Sprache legt den Akzent auf die Abweichungen von der attischen Schulgrammatik. Sprachgeschichtliche Erläuterungen sind hier nur ausnahmsweise beigegeben (sie sind in der ‘Grammatik der homerischen Sprache’ [G] im Prolegomena-Band zu finden, auf deren Paragraphen am rechten Rand verwiesen wird). R 1 Die hom. Sprache ist eine Kunstsprache, die geprägt ist durch: 1.1 das Metrum (kann Umgestaltungen aller Art bewirken); 1.2 die Technik der oral poetry (für viele häufig wiederkehrende Inhalte werden Formeln verwendet, oft in metrisch unterschiedlich einsetzbaren Varianten); 1.3 verschiedene Dialekte: Grunddialekt ist das Ionische; dieses ist mit Formen aus anderen Dialekten, insbes. dem Äolischen (sog. Äolismen), durchsetzt, die oft zugleich Varianten nach 1.1 bzw. 1.2 liefern.
G 3 3
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Lautlehre, Metrik, Prosodie R2
Lautwandel ᾱ > η : Im ion. Dialekt ist älteres ᾱ zu η geworden, im 5–8 nicht-att. Ion. (also auch bei Homer) auch nach ε, ι, ρ (1.30: πάτρης).
Bei Homer dennoch nachzuweisendes ᾱ ist im allgemeinen: 2.1 ‘jung’, d.h. nach dem ion.-att. Lautwandel entstanden (1.3: ψυχάς); 2.2 oder aus der äolischen Dichtungstradition übernommen (1.1: θεά). R3
Vokalkürzung: Langvokale (v.a. η) vor Vokal (v.a. ο/ω/α) werden im 39f. Wortinnern häufig gekürzt, aber nicht durchgängig (z.B. G. Pl. βασιλήων statt metrisch unmöglichem viersilbigem -έων; auch die damit verbundene Quantitätenmetathese [Längung des kurzen zweiten Vokals] tritt oft nicht ein [z.B. G. Sg. βασιλῆος statt -έως]).
R4
Digamma (ϝϝ ): Der ion. Dialekt Homers kannte kein Phonem /w/ (wie in engl. will) mehr. Dieses ist aber 4.1 teils im Mykenischen oder in alphabetschriftlichen Dialekten direkt bezeugt (myk. ko-wa /korwā/, korinth. ϙόρϝα); 4.2 teils etymologisch zu erschließen (z.B. hom. κούρη – mit Ersatzdehnung nach Schwund des Digamma – gegenüber att. κόρη);
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Ilias 16 Häufig ist das Digamma bei Homer zudem aus dem Metrum erschließbar, nämlich bei 4.3 Hiat (s. R 5) ohne Elision (1.7: Ἀτρεΐδης τε (ϝ)άναξ); 4.4 Hiat ohne Kürzung des langvokalischen Auslauts (1.321: τώ (ϝ)οι, vgl. R 5.5); 4.5 Bildung von sog. Positionslänge bei Einzelkonsonanz (1.70: ὃς (ϝ)είδη). 4.6 Teilweise ist Digamma nicht mehr berücksichtigt (1.21: υἱὸν ἑκηβόλον, urspr. ϝεκ-).
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R5
Hiat: Zusammenprall von vokalischem Auslaut mit vokalischem Anlaut (hiatus ‘Klaffen’) wird vermieden durch: 5.1 Elision: Kurzvokale und -αι in Endungen des Mediums werden elidiert 30/ (1.14: στέµµατ’ ἔχων; 1.117: βούλοµ’ ἐγώ; 5.33: µάρνασθ’ ὁπποτέροι- 37 σι), gelegentlich auch -οι in µοι/σοι (1.170). Aus Elision resultierender Hiat wird belassen (1.2: ἄλγε’ ἔθηκεν). 5.2 Ny ephelkystikon: Nur nach Kurzvokal (ε und ι), v.a. D. Pl. -σι(ν); 33 3. Sg. Impf./Aor./Perf. -ε(ν); 3. Sg. und Pl. -σι(ν); Modalpartikel κε(ν); Suffix -φι(ν), vgl. R 11.4; Suffix -θε(ν), vgl. R 15.1; liefert zugleich metrisch willkommene Varianten. 5.3 Kontraktion über die Wortfuge hinweg (als Krasis notiert: τἄλλα, 31 χἡµεῖς). Hiat ist v.a. zulässig bei: 5.4 Schwund des Digamma (vgl. R 4.3); 5.5 sog. Hiatkürzung: langer Vokal/Diphthong im Auslaut wird gekürzt (1.17: Ἀτρεΐδαι τε κα α ὶ ἄλλοο ι ἐϋκνήµιδες; 1.15 [mit Synizese: R 7]: ͜ ἀνὰ σκήπτρῳ); χρυσέῳ 5.6 metrischer Zäsur oder allgemein Sinneinschnitt; 5.7 nach -ι und ‘kleinen Wörtern’ wie πρό und ὅ.
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R6
Vokalkontraktion (z.B. nach Ausfall eines intervokalischen /w/ [Di- 43– gamma], /s/ oder /j/) ist in der hom. Sprache häufig nicht durchgeführt 45 (1.74: κέλεαι [2. Sg. Med. statt -ῃ]; 1.103: µένεος [G. Sg. statt -ους]).
R7
Synizese: Gelegentlich müssen zwei Vokale einsilbig gelesen werden, insbesondere bei Quantitätenmetathese (1.1: Πηληϊάδε͜ω: R 3), aber auch beim G. Pl. -έων. (Im Text wird Synizese durch einen Bogen markiert, 1.18: θε͜οί.)
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R8
Zerdehnung (sog. diektasis): Kontrahierte Formen (z.B. ὁρῶντες) werden oft ‘zerdehnt’ wiedergegeben (ὁρόωντες); damit wird die vom Metrum geforderte prosodische Gestalt der älteren, unkontrahierten Formen (*ὁράοντες, ⏖–⏑) künstlich wiederhergestellt. Ähnlich wird im Inf. Aor. -εῖν als -έειν geschrieben (statt älterem *-έεν).
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24 Regeln zur homerischen Sprache (R) Wechsel von Lang- und Kurzkonsonant ergibt metrisch willkommene Varianten (die meist urspr. aus verschiedenen Dialekten stammen: R 1.3): 9.1 τόσ(σ)ος, ποσ(σ)ί, Ὀδυσ(σ)εύς, ἔσ(σ)εσθαι, τελέσ(σ)αι; Ἀχιλ(λ)εύς; ὅπ(π)ως, etc. 9.2 Ähnliche Flexibilität ergibt der Anlautwechsel in π(τ)όλεµος, π(τ)όλις.
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R9
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R 10 Adaptation ans Metrum: Drei (oder mehr) kurze Silben hintereinander 49f. oder eine einzelne zwischen zwei langen (beides unmetrisch) werden vermieden durch: 10.1 metrische Dehnung (ᾱ̓ ᾱ̓θάνατος, δῑῑ ογενής, ο ὔ ρεα statt ὄρεα; µένεα πνεε ί οντες statt πνέ-); 10.2 veränderte Wortbildung (πολεµήϊος statt πολέµιος; ἱππιοχαίτης statt ἱππο-).
Formenlehre Die hom. Sprache weist teils vom Attischen abweichende, teils zusätzliche Flexionsformen auf: R 11 Beim Nomen sind insbesondere zu nennen: 11.1 1. Deklination: 68 G. Pl. -άων (1.604: Μουσάων) und -έων (1.273: βουλέων); D. Pl. -ῃσι (2.788: θύρῃσι) und -ῃς (1.238: παλάµῃς); G. Sg. m. -ᾱο (1.203: Ἀτρεΐδαο) und -εω (1.1: Πηληϊάδεω); 11.2 2. Deklination: 69 G. Sg. -οιο (1.19: Πριάµοιο); D. Pl. -οισι (1.179: ἑτάροισι); 11.3 3. Deklination: 70– G. Sg. der i-Stämme: -ιος (2.811: πόλιος) und -ηος (16.395: πόληος); 76 G./D./A. Sg. der ēu-Stämme: -ῆος, -ῆϊ, -ῆα (1.1: Ἀχιλῆος; 1.9: βασιλῆϊ; 1.23: ἱερῆα); D. Pl. -εσσι bei s- und anderen Konsonantstämmen (1.235: ὄρεσσι); 11.4 G./D. Sg./Pl. auf -φι (1.38: ἶφι; 4.452: ὄρεσφι); oft metrisch willkom- 66 mene Variante (z.B. βίηφι neben βίῃ). R 12 Abweichende Stammbildung (und damit Flexion) zeigen u.a. folgende Nomina: 12.1 νηῦς: G. Sg. νηός, νεός, D. νηΐ, A. νῆα, νέα; N. Pl. νῆες, νέες, G. νηῶν, νεῶν, D. νηυσί, νήεσσι, νέεσσι, A. νῆας, νέας. 12.2 πολύς, πολύ (u-Stamm) und πολλός, πολλή, πολλόν (o/ā-Stamm) werden beide durchdekliniert.
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12.3 υἱός: G. Sg. υἱέος, υἷος, D. υἱέϊ, υἱεῖ, υἷϊ, A. υἱόν, υἱέα, υἷα; N. Pl. 53 υἱέες, υἱεῖς, υἷες, G. υἱῶν, D. υἱάσι, υἱοῖσι, A. υἱέας, υἷας. 12.4 Ἄρης: G. Ἄρηος, Ἄρεος, D. Ἄρηϊ, Ἄρεϊ, Ἄρῃ, A. Ἄρηα, Ἄρην, 53 V. Ἆρες, Ἄρες. 12.5 Ähnlich komplexe Flexionsreihen noch bei γόνυ (G. γούνατος neben 53/ γουνός, N./A. Pl. γούνατα nb. γοῦνα), δόρυ (δούρατος, -τι etc. neben 77 δουρός, -ί etc.); Ζεύς (Δ∆ιός, Δ∆ιΐ, Δ∆ία nb. Ζηνός, Ζηνί, Ζῆν/Ζῆνα). R 13 Ungewohnte Steigerungsformen sind u.a.: χερείων, χειρότερος, χερειότερος (neben χείρων); ἀρείων (neben ἀµείνων). Auch zu Substantiven können Steigerungsformen treten, z.B. βασιλεύτερος, βασιλεύτατος.
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R 14 Abweichende Pronominalformen: 14.1 Personalpronomen: 1. Sg. G. ἐµεῖο, ἐµέο, µεο, ἐµέθεν (sehr selten: µοι, z.B. 1.37) 2. Sg. G. σεῖο, σέο, σεο, σέθεν; D. τοι 3. Sg. G. εἷο, ἕο, ἕθεν, ἑθεν; D. οἷ, ἑοῖ, οἱ; A. ἕ, ἑέ, ἑ, µιν 1. Pl. N. ἄµµες; G. ἡµέων, ἡµείων; D. ἧµιν, ἄµµι; A. ἡµέας, ἄµµε 2. Pl. N. ὔµµες; G. ὑµέων, ὑµείων; D. ὔµµι; A. ὑµέας, ὔµµε 3. Pl. G. σφείων, σφεων; D. σφισι, σφι; A. σφέας, σφε, σφεας, σφας 1. Dual N./A. νώ, νῶϊ; G./D. νῶϊν 2. Dual N./A. σφώ, σφῶϊ; G./D. σφῶϊν 3. Dual N./A. σφωε; G./D. σφωϊν
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14.2 Interrogativ-/Indefinitpronomen: G. Sg. τέο/τεο; D. Sg. τεῳ; G. Pl. τέων; entsprechend ὅττεο, ὅτεῳ etc.
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14.3 Demonstrativ-anaphorisches Pronomen (= ‘Artikel’, vgl. R 17): gleiche Endungen wie bei den Nomina (R 11.1–2); N. Pl. m./f. oft mit anlautendem τ (τοί, ταί).
83
14.4 Possessivpronomen: 1. Pl. 2. Sg./Pl. τεός 3. Sg./Pl. ἑός, ὅς
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ᾱ̔µός ῡ̔µός σφός
14.5 Relativpronomen: Als Relativpronomen fungiert häufig das demonstrativ-anaphorische Pronomen (14.3).
83
R 15 Die kasusähnlichen Adverbbildungen stehen im Grenzbereich Formenlehre/Wortbildung. Sie können metrisch willkommene Varianten zu den echten Kasus bilden: 15.1 ‘Genetiv’: -θεν (woher?, s. auch R 14.1), z.B. κλισίηθεν (1.391); 15.2 ‘Dativ’: -θι (wo?), z.B. οἴκοθι (8.513); 15.3 ‘Akkusativ’: -δε (wohin?), z.B. ἀγορήνδε (1.54).
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24 Regeln zur homerischen Sprache (R)
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R 16 Beim Verb verdienen besondere Beachtung: 16.1 Augment: fehlt häufig (was zu Assimilation führen kann, z.B. ἔµβαλε statt ἐνέβαλε, κάλλιπον statt κατέλιπον, vgl. R 20.1); dient der Anpassung ans Metrum.
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16.2 Personalendungen: 86/ 2. Sg. -θα (1.554: ἐθέλῃσθα) 93 1. Pl. Med. -µεσθα neben -µεθα (1.140: µεταφρασόµεσθα) 3. Pl. Med. (v.a. Perf.) -ᾰται/-ᾰτο neben -νται/-ντο (1.239: εἰρύαται) 3. Pl. -ν (mit vorangehendem Kurzvokal) neben -σαν (mit entsprechendem Langvokal), v.a. Aor. Pass. -θεν neben -θησαν (1.57: ἤγερθεν) Oft liegt der Unterschied zu att. Formen lediglich in der nicht vollzogenen Kontraktion (vgl. R 6) zwischen Verbalstamm und Endung. 16.3 Konjunktiv: bei athemat. Stämmen oft kurzvokalisch (ἴοο µεν zu εἶµι, εἴδοο µεν zu οἶδα); bei σ-Aoristen dann gleichlautend mit dem Ind. Fut. (1.80: χώσεε ται). – Ausgang der 3. Sg. Konj. neben -ῃ auch -ησι(ν) (1.408: ἐθέλησιν).
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16.4 Infinitiv: äol. -µεν(αι) (v.a. athemat. Verben) neben ion. -ναι (z.B. ἔµ(µ)εν und ἔµ(µ)εναι neben εἶναι); äol. -ῆναι neben ion. -εῖν (2.107: φορῆναι); them. -έµεν(αι) (1.547: ἀκουέµεν; Od. 11.380: ἀκουέµεναι); them. Aor. -έειν (2.393: φυγέειν; 15.289: θανέειν).
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16.5 Formen mit -σκ- stehen für wiederholte Handlungen in der Vergangenheit (1.490: πωλέσκετο).
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16.6 Als abweichende Formen von εἰµί sind v.a. zu merken: Ind. Präs.: 2. Sg. ἐσσι u. εἶς, 1. Pl. εἰµεν, 3. Pl. ἔασι(ν); Impf.: 1. Sg. ἦα, 3. Sg. ἦεν u. ἔην, 3. Pl. ἔσαν (vgl. 16.1); Fut.: 3. Sg. ἔσ(σ)εται; Ptz. ἐών, -όντος; zum Inf. 16.4.
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Syntax R 17 ὅ , ἥ , τ ό (zur Flexion R 14.3) ist selten ‘reiner Artikel’, sondern hat überwiegend die ältere, demonstrativ-anaphorische Funktion. R 18 Numerus: 18.1 Der Dual ist relativ häufig; Dual- und Pluralformen können frei kombiniert werden. 18.2 Der Plural dient gelegentlich nur der Anpassung ans Metrum (1.45: τόξα).
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R 19 Kasusgebrauch: 19.1 Akkusativ der Beziehung ist besonders häufig (u.a. im sog. σχῆµα καθ’ ὅλον καὶ κατὰ µέρος: zwei Akkusative bezeichnen je das Ganze und einen Teil davon, 1.362: τί δέ σ ε φ ρ έ ν α ς ἵκετο πένθος;). 19.2 Gelegentlich erfolgen lokale Herkunfts-, Orts- und Richtungsangaben ohne Präposition (1.359: ἀνέδυ … ἁλός; 1.45: τόξ᾿ ὤµοισιν ἔχων; 1.322: ἔρχεσθον κλισίην). R 20 Präpositionen: 20.1 Weisen eine größere Formenvielfalt auf: ἄν (= ἀνά; apokopiert, oft mit Assimilation: ἂµ πεδίον, 5.87; vgl. R 16.1); ἐς (= εἰς); εἰν, ἐνί, εἰνί (= ἐν); κάτ (= κατά; s. zu ἀνά); πάρ, παραί (= παρά); προτί, ποτί (= πρός); ξύν (= σύν); ὑπαί (= ὑπό); 20.2 sind in Verwendung und Stellung unabhängiger (1) in bezug auf das Nomen (d.h. eher adverbiell gebraucht), oft auch nachgestellt als Postposition, sog. Anastrophe (und dann häufig mit Akut auf der Anfangssilbe: z.B. ᾧ ἔ πι, 1.162); (2) in bezug auf das Verb (d.h. nicht zwingend als Präverb mit dem zugehörigen Verb verbunden, sog. Tmesis: ἐπὶ µῦθον ἔτελλε, 1.25); dies liefert metrisch willkommene Varianten.
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R 21 Modusgebrauch: 100 21.1 Der Modusgebrauch und die Verwendung der Modalpartikel (κε/κεν = ἄν) sind weniger streng geregelt, als in der att. Schulgrammatik beschrieben. 21.2 Die Funktionen von Konjunktiv und Futur lassen sich nicht immer scharf trennen. R 22 Charakteristisch homerische Konjunktionen sind: 101 22.1 kondizional: αἰ (= εἰ); 22.2 temporal: εἷος/εἵως (= ἕως, ebenfalls belegt) ‘während’, ἦµος ‘als’, εὖτε ‘als’, ὄφρα ‘während, bis’; 22.3 kausal: ὅ τι, ὅ; 22.4 komparativ: ἠΰτε ‘wie’; 22.5 final: ὄφρα. R 23 Diathesenwechsel: Bei manchen Verben werden Akt.- und Med.-For- 100 men als metrisch willkommene Varianten ohne erkennbaren Bedeutungsunterschied verwendet, z.B. φάτο/ἔφη, ὀΐω/ὀΐοµαι. R 24 Partikeln mit teilweise vom späteren Gebrauch abweichenden Verwen- 101 dungsweisen: 24.1 ἄρα, ἄρ, ῥα, ῥ’: signalisiert oder suggeriert Evidenz, etwa ‘ja, (denn) also, natürlich’; oft wohl v.a. aus metrischen Gründen gesetzt (bes. ῥ’ zur Hiatvermeidung, vgl. R 5).
24 Regeln zur homerischen Sprache (R) 24.2 ἀτάρ, αὐτάρ (etymolog. zu trennen, aber bei Homer nach metrischen Gesichtspunkten ohne Bedeutungsunterschied verwendet): ‘aber, doch’; teils adversativ (1.127: σὺ µὲν … αὐτὰρ Ἀχαιοί), teils progressiv (1.51: αὐτὰρ ἔπειτα), seltener apodotisch (wie δέ, s.d.). 24.3 Apodotisches δέ: δέ kann nach vorausgehendem Nebensatz (Protasis) den Hauptsatz (Apodosis) einleiten (z.B. 1.58). Gelegentlich werden auch ἀλλά (z.B. 1.82), αὐτάρ (z.B. 3.290, vgl. 1.133) und καί (z.B. 1.494) apodotisch verwendet. 24.4 ἦ: ‘wirklich, in der Tat’; fast ausschließlich in direkten Reden. – Abgeschwächt in den Verbindungen ἤτοι (z.B. 1.68), ἠµὲν … ἠδέ ‘einerseits … andererseits’ und ἠδέ ‘und’. 24.5 κε(ν): = ἄν (vgl. R 21.1). 24.6 µέν: nicht nur als Vorbereitung einer Antithese (mit nachfolgendem δέ), sondern häufig noch in seiner urspr. rein emphatischen Bedeutung (≈ µήν, µάν; z.B. 1.216). 24.7 µήν, µάν: hervorhebend; wenn alleinstehend, bei Homer fast nur in neg. Aussagen (z.B. 4.512) und bei Imperativen (z.B. 1.302); sonst verstärkend bei anderen Partikeln, bes. ἦ und καί (z.B. 2.370, 19.45). 24.8 οὐδέ/µηδέ: konnektives οὐδέ/µηδέ steht bei Homer auch nach affirmativen Sätzen. 24.9 οὖν: fast nur in Verbindung mit temporalem ἐπεί und ὡς, ‘(als) nun also’ (z.B. 1.57). 24.10 περ: betont das vorangehende Wort; spez. konzessiv, bes. bei Partizipien (1.586: κηδοµένη περ ‘wenn auch betrübt’); steigernd (1.260: ἀρείοσι ἠέ περ ὑµῖν ‘mit noch Besseren als euch’); limitativ-kontrastierend (1.353: τιµήν περ ‘wenigstens Ehre’). 24.11 ‘Episches τε’: steht in generalisierenden Aussagen (z.B. 1.86, 1.218), bes. häufig auch im ‘Wie-Teil’ von Gleichnissen (z.B. 2.90). 24.12 τοι: zur Partikel erstarrter dat. ethicus des Personalpron. der 2. Person (und oft nicht klar von diesem zu unterscheiden); appelliert an die besondere Aufmerksamkeit des Adressaten, etwa ‘⟨denk⟩ dir, ⟨sag’ ich⟩ dir’. 24.13 τοιγάρ: ‘daher’ (von τοι ≈ σοι zu trennen; das Vorderglied gehört zum Demonstrativstamm το-, vgl. τώ ‘darum’); leitet bei Homer stets die Antwort auf eine Bitte ein (z.B. 1.76).
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TABELLARISCHER ÜBERBLICK
ÜBER DIE HANDLUNG DES 16. GESANGS (‘PATROKLIE’)
1–100 1–100
101–277 101–123 124–197
198–256
257–277 278–418 278–357
358–418
Patroklos und Achilleus Patroklos kehrt voller Sorge über die Lage der Achaier von seinem Erkundungsgang zurück. Er erhält auf seine dringenden Bitten hin von Achilleus den Auftrag, den Kämpfenden mit den Myrmidonen zu Hilfe zu kommen und die Troer von den Schiffen wegzutreiben. Wappnung des Patroklos und Auszug der Myrmidonen Die Achaier sind in höchster Not: Aias muß vor Hektor weichen, die Troer legen Feuer an das erste Schiff. Patroklos legt Achilleus’ Rüstung an und läßt durch Automedon die Pferde vor den Wagen spannen; Achilleus mobilisiert die Myrmidonen. Katalog der Anführer. Achilleus richtet eine Kampfparänese an die Myrmidonen, spendet Zeus ein Trankopfer und bittet ihn für Patroklos um Erfolg und unversehrte Rückkehr aus dem Kampf. Zeus gewährt nur den ersten Teil der Bitte. Auszug und Angriff der Myrmidonen unter Patroklos’ Führung. Flucht der Troer Die Troer geraten beim Anblick des Patroklos (in Achills Rüstung) in Panik und liefern den Griechen ein Rückzugsgefecht. Kämpfe Mann gegen Mann. Die Troer fliehen über den Graben zur Stadt zurück. Patroklos schneidet ihnen den Fluchtweg ab.
Tabellarischer Überblick über die Handlung 419–683 419–430 431–461 462–507 508–562
563–665
666–683
684–867 684–783
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Zweikampf zwischen Patroklos und Sarpedon; Kampf um Sarpedons Leichnam Sarpedon tritt Patroklos entgegen und hält dessen Siegeslauf vorübergehend auf. Zeus und Hera einigen sich darauf, daß Sarpedon unter der Hand des Patroklos fallen soll. Patroklos und Sarpedon greifen einander an. Sarpedon ruft im Sterben seinen Kameraden Glaukos zu Hilfe. Glaukos bittet Apollon um Heilung seiner Wunde und ermahnt die Troer, Sarpedons Leichnam zu retten. Patroklos ruft seinerseits die Griechen dazu auf, den Leichnam zu erbeuten. Der Kampf um Sarpedons Leichnam wogt hin und her, mit Verlusten auf beiden Seiten; dazwischen Wortgeplänkel zwischen Aineias und Meriones. Zeus verleitet Patroklos zum Angriff auf Troia, die Troer und ihre Bundesgenossen weichen zurück. In diesem Moment gelingt es den Griechen, Sarpedons Rüstung zu erbeuten. Zeus beauftragt Apollon, die Bestattung von Sarpedons Leichnam einzuleiten. Hypnos und Thanatos überführen den Toten in seine Heimat Lykien. Patroklos dringt siegreich bis zur Stadtmauer von Troia vor und fällt durch Angriffe von Apollon, Euphorbos und Hektor Apollon gebietet Patroklos in dessen fatalem Siegesrausch Einhalt an der Stadtmauer von Troia. Patroklos tötet Hektors Wagenlenker Kebriones. Patroklos und Hektor kämpfen miteinander um Kebriones’ Leichnam, der schließlich von den Griechen erbeutet wird. Patroklos wird von Apollon, Euphorbos und Hektor getötet; Wortwechsel zwischen dem sterbenden Patroklos und seinem Besieger Hektor; Prophezeiung von Hektors Tod.
KOMMENTAR Die Ereignisse des 16. Gesangs der Ilias (Aristie des Patroklos, sog. ‘Patroklie’) spielen am 3. Kampftag des Epos (d.i. am 26. Tag der Ilias-Handlung insgesamt); dessen Darstellung erstreckt sich über 8 Gesänge (11.–18. Gesang: STR 21f. mit Abb. 1 u. 2; vgl. STOEVESANDT 2004, 58–60) und wird von einem großen Spannungsbogen zusammengehalten: im 11. Gesang verheißt Zeus dem Hektor, dieser werde noch an diesem Tag siegreich bis zu den Schiffen der Achaier vordringen (11.185–213). So erfüllt Zeus die Bitte des Achilleus, den Troern zu helfen und die Achaier im Kampf um Leben und Tod zu den Schiffen zurückzudrängen, damit Agamemnon seinen Fehler einsehe (1.407–412; vgl. Achills Schwur 1.233–247; gegenüber der Bittgesandtschaft der Achaier wiederholt und verschärft Achilleus seine Haltung: ‘ich werde nicht wieder kämpfen, bevor nicht Hektor zu den Schiffen der Myrmidonen vorgedrungen ist’ [9.646–655]; zur Entstehung und Entwicklung des ‘Groll’-Motivs in der Ilias s. LATACZ [1985] 2003, 113–130). Tatsächlich müssen Agamemnon, Diomedes, Odysseus, Machaon und Eurypylos verwundet aus dem Kampf ausscheiden und muß Aias der troianischen Übermacht weichen (11.248ff.). An diesem Punkt rechnet Achilleus, der die Geschehnisse auf dem Schlachtfeld aus der Ferne mitverfolgt (11.599–601), mit dem Umschlag: ‘jetzt werden die Achaier mich kniefällig anflehen; die Bedrängnis ist unerträglich geworden’ (11.609f.). Er schickt seinen Gefährten Patroklos zu Nestor, um sich zu erkundigen, ob es sich bei dem einen der Ausscheidenden um Machaon, den Arzt, handle (11.611–615); dieser Botengang sollte für Patroklos ‘der Anfang des Unheils’ werden (11.604: ProlepseP). Nestor gibt Patroklos nämlich den Rat, Achilleus zum Wiedereintritt in den Kampf zu bewegen oder ihn wenigstens darum zu bitten, selbst an dessen Stelle mit den Myrmidonen in den Kampf ziehen zu dürfen (11.796–803). Auf dem Rückweg erlebt Patroklos hautnah die Not der Achaier, als er dem verletzten Eurypylos begegnet und dessen Wunde behandelt (11.806–848). In der Zwischenzeit tobt die Schlacht an der Befestigungsmauer des Schiffslagers weiter, bis Hektor ein Tor gewaltsam aufbrechen kann (12. Gesang). Es kommt zum Kampf bei den Schiffen. Unter der Einwirkung der Götter wogt die Schlacht hin und her (13.–15. Gesang). Patroklos bricht angesichts der bedrohlichen Lage endlich von Eurypylos auf, in der Hoffnung, Achilleus zum Kämpfen bewegen zu können (15.390–404). In dem Mo-
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Ilias 16
ment, als Hektor am Heck von Protesilaos’ Schiff steht und einzig Aias die Troer noch davon abzuhalten vermag, Feuer an das Schiff zu legen (15.704–746), kommt Patroklos wieder bei Achill an. Erschüttert und in Tränen aufgelöst steht er bei ihm (16.1ff.). Zwar sind die Troer noch nicht unmittelbar zu Achills Schiffen vorgestoßen – d.h. Achilleus sieht sich wegen seiner Ankündigung in 9.646–655 (bes. 655: ‘bei meiner Hütte und meinem Schiff’) noch nicht in der Lage, ohne Gesichtsverlust wieder in den Krieg einzugreifen (16.61b–63) –, doch gibt er immerhin Patroklos’ Bitte nach, ihn mit den Myrmidonen in den Kampf ziehen zu lassen. Unterdessen muß Aias zurückweichen; das erste Achaierschiff steht in Brand (16.102– 123). Es beginnt die – ausführlich erzählte (777n.) – Aristie des Patroklos. Dieser große Spannungsbogen hat bis heute viel Kritik erfahren (ausführliche Diskussion unter Berücksichtigung der älteren Lit. bei AH, Anh. zu Il. 11, S. 68–82; EICHHOLZ 1953; ALDEN 2000, 182–185; WEST 2011, 51–58; bes. scharfe Kritik bei JACHMANN 1958, 56–77. 80f.). Um hier nur zwei Steine des Anstoßes herauszuheben: (1) Achilleus erwarte im 11. Gesang – wie wenn nicht kurz zuvor im 9. Gesang bereits eine Delegation von Heeresführern bei ihm vorstellig geworden wäre (sog. Presbeia) – erneut eine Bittgesandtschaft und ein Wiedergutmachungsangebot von seiten der Achaier (PAGE 1959, 304–310; dagegen die Deutung von SCHADEWALDT [1938] 1966, 81: “Die Achaier haben den Achill im I [= 9. Gesang] nicht ‘kniefällig’, d.h. um jeden Preis, gebeten, sondern ihm einen Vergleich angetragen”; vgl. TSAGARAKIS 1971, 257–263; LLOYD-JONES 1981, 25–27; REICHEL 1994, 118–120 [mit Lit. in Anm. 23]; unten 72b–73n.; zu den Bezügen zwischen dem 9. und 16. Gesang im einzelnen s.u. 3–4n., 48–100n., 60–63n., 72b–73n., 83–96n.); (2) vom verletzten Machaon (s.o.) sei nach Patroklos’ Rückkehr zu Achilleus im 16. Gesang nicht mehr die Rede, auch nicht im Katalog der Verwundeten 25–27 (WILAMOWITZ 1916, 118: “Man darf sich wundern, daß kein Rhapsode den Machaon eingefügt hat, von dem Patroklos reden müßte”; dagegen die Deutung von BETHE 1914, 143–150: “Auf [den] Rat Nestors also kommt es dem Dichter an, Achills Frage nach Machaon dient ihm nur dazu, den Patroklos zu Nestor zu bringen” [ebd. 144]; ähnl. ROTHE 1910, 342f.; REINHARDT 1961, 264; LESKY [1962] 1966, 74f.). Hintergründig hat der Botengang des Patroklos die Funktion, Achilleus in der Erzählung (zumindest in Erwähnungen) präsent zu halten und die Patroklie vorzubereiten (VON DER MÜHLL 1952, 238; zu Achills latenter Präsenz vgl. LATACZ [1985] 2003, 154–156; [1995] 2014, 304f.; zur Vorbereitung der Patroklie AH, Anh. zu Il. 11, S. 50); erzähltechnisch wird dieses Ziel durch die wirkungsvolle Wiederaufnahme und Verklammerung der Handlungsstränge und durch DeckszenenP erreicht, s. im vorl. Gesang u.a. 1n., 101n., 102–123n., 124n. (SCHADEWALDT a.O. 74–79. 94; vgl. schol. bT zu 15.405 [dazu NÜNLIST 2009, 83–85]; HELLWIG 1964, 98–100. 103; KURZ 1966, 163; DI BENEDETTO [1994] 1998, 247 Anm. 22; RENGAKOS 1995, 29f.).
Kommentar
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Einen Überblick über die Handlung des 16. Gesangs (s. auch die tabellarische Übersicht oben S. 8f.) ermöglichen u.a. folgende Kommentar-Einträge: 5–100n. (mit 7–19n., 21–45n., 48–100n., 60–63n., 83–96n.), 102–123n. (mit 122–123n.), 130–277n./130–144n., 168–197n., 198–209n., 231–252n. (mit 249–252n.), 255–256n., 268– 277n., 278–418n., 306–357n., 358–418n. (mit 394–418n. u. 399–418n.), 419–683n. (mit 431– 461n., 492–501n., 508–536n., 563–568n., 569–592n., 608–632n., 633–683n.), 684–867n. (mit 712–783n., 777–804n., 784–867n.). Einzelnes: • zu Patroklos: die Figur des P. und ihre Genese 2n. (allg. zu P.’ Funktion in der Ilias s. die knappe, aber umfassende Behandlung im LfgrE s.v.); an P. gerichtete Apostrophen des Erzählers 20n.; die Bezeichnung des P. als nḗpios ‘Tor’ 46–47n., 684–691n. u. 833n.; die Bezeichnung des P. als therápōn ‘Kampfgenosse’ 165n.; das Waffentausch-Motiv (P. legt Achills Rüstung an) 130–144n. u. 278–283n.; die ‘Handlungskette’ Sarpedon–Patroklos– Hektor–Achilleus 419–683n. (bes. zum Leichenkampf-Motiv 496n., 569–592n., 754–782n., 762–763n., 781–782n.; zu den Parallelen zwischen Patroklos’ und Hektors Tod 818– 863n.); die Beurteilung von P.’ Verhalten vor seinem Tod 684–867n., 684–691n., 685n., 745–750n. u. 784–867n.; • zu weiteren Figuren: Apollon 94n., 513n., 666n., 700n., 715–726n., 791n., 844–850n.; Euphorbos 806b–815n., 808n., 810–811n.; Sarpedon 419n., 456–457n., 502–505 mit nn., 663–665n., 666–683n.; • zu den GleichnissenP (Auswahl): 7–11n., 155–167n., 259–267n., 297–302a n., 384–393n., 406–410n., 428–430n., 589–592n., 633–637n., 742b–743n., 751–754n., 756–761n., 765– 771n., 823–828n.; • zu Typischen SzenenP, Typischen EreignissequenzenP u.ä. (alphabetisch): ABC-Schema 287–290a n., Androktasie-Szene 306–357n. (auch 399–418n., 692–697n.), Aristie 130– 683n., ‘dreimal – beim vierten Mal’ 702–711n., Erwägen zweier Möglichkeiten 646b– 655n. u. 713–732n., Gebet 231–252n. u. 513–529n., Kampfszene 284–290a n., Libation 220b–254n., ‘rebuke pattern’ 538–583n., Rüstung 130–144n., Schlachtvorbereitung 130– 277n., Triumphreden 830–842n., Zweikampf 419–683n.; • zu den Namen ‘Achilleus’ und ‘Achaier’ 21–22n.; zur ‘Mehrfachverwendung’ von Eigennamen 345n.; zu Graben und Mauer des Schiffslagers 369n.; zu neoanalytischen Deutungen 419–683n., 684–867n., 806b–815n. (jeweils a.E.); zu alternativen Handlungsverläufen, zu ‘Wenn nicht’-Situationen und zum ep. Schicksalsbegriff 431–461n., 434n., 646b–655n., 707n., 779–780n.; zu den Blutstropfen des Zeus und zur Dunkelheit auf dem Schlachtfeld 459–461n., 567–568n.
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Ilias 16
1–100 Patroklos und Achilleus: Patroklos kehrt voller Sorge über die Lage der Achaier von seinem Erkundungsgang zurück. Er erhält auf seine dringenden Bitten hin von Achilleus den Auftrag, den Kämpfenden mit den Myrmidonen zu Hilfe zu kommen und die Troer von den Schiffen wegzutreiben. 1 “Der Kampf um das eine Schiff ist auch ein Kampf um das ganze Schiffslager” (FAESI). Gemeint ist das Schiff des gleich zu Kriegsbeginn gefallenen Protesilaos (2.698–709), wie aus 15.704–717 hervorgeht; es dient in der Ilias gelegentlich als topographischer Fixpunkt (286n.). – Insofern der Tod des Protesilaos ein “poetisch wichtiges Ereignis innerhalb der Gesamtgeschichte” darstellt (2.698n.), liegt hier eine Motivübertragung von Protesilaos auf sein Schiff vor: er selbst ist als erster Grieche vor Troia getötet worden – das Vorderglied seines Namens prōtbed. ‘erster’ (wohl ‘der erste der Mannen’) –, und ebenso wird sein Schiff als erstes von den Troern in Brand gesteckt: v. SCHELIHA 1943, 192; HEUBECK (1950) 1991, 469; SCHEIN 1984, 42 Anm. 43; eine ähnl. Motivübertragung findet sich im Versteinerungsmotiv des Niobe-Mythos im 24. Gesang (24.599–620n.). Allg. zu Name u. Figur des Protesilaos: LfgrE s.v. (mit Lit.). — Der erste Vers des 16. Gesangs ist ein SummaryP. Dessen typ. Einleitung – gr. hōs hoi men …: ‘so (kämpften) diese’ (öfter auch Sg. hōs ho men …) – bereitet häufig wie hier einen SzenenP-Wechsel vor (1.304n., 1.318a n.; “appositive summary”: RICHARDSON 1990, 31–33 mit Anm. 37 [S. 213]; DE JONG zu Od., Introd. XII; schon in den Scholien beobachtet, sog. paragraphḗ: NÜNLIST 2009, 60f.). Die Wendung dient zudem hier und zu Beginn der Gesänge 9, 12, 18, 20, 22, 23 u. Od. 6, 7 als Schnittstelle für die (nachhom.) Buchgrenze (schol. bT z.St.; NANNINI 1995, 19–25; NÜNLIST a.O.; allg. zur Bucheinteilung s. die Lit. in 19.1–39n. a.E.). Gleicher Art sind die Szenenwechsel 101f. (Kampfgeschehen) u. 124f. (wieder Achilleus/Patroklos): Verzahnung der beiden Schauplätze (SHEAR 2000, 115; RINON 2008, 32). π ε ρ ί : ‘um’, im übertragenen Sinn bei Verben des Kämpfens/Wettstreitens, d.h. um etwas zu gewinnen oder zu verteidigen (SCHW. 2.502; CHANTR. 2.128). — ν η ὸ ς ἐ ϋ σ σ έ λ µ ο ι ο : flektierbare FormelP an versch. Vers-Positionen; wie hier vom 3. Metron an im Gen./Akk. Sg. od. Dat. Pl. insgesamt 7× Il., 3× Od. Zu ἐΰσσελµος 2.170n. (‘mit guten Ruderbänken’ od. ‘mit gutem Deck’); allg. zu den Schiffs-Epitheta 1.12b n. — µ ά χ ο ν τ ο : Das Impf. signalisiert, daß die nacheinander erzählten Handlungen (1ff.) simultan verlaufen (1.318a n.).
2 2. VH = 5.570, 19.251. — Patroklos ist der Sohn des Menoitios (14n.), Waffengefährte (20n.) und Freund des Achilleus (19.4–6a n. mit Lit.). Zur Figur des Pa1 ὥς: = οὕτως. — οἵ: = οὗτοι; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — νηός: = νεώς (R 12.1). — ἐϋσσέλµοιο: = εὐσέλµου; zum -σσ- R 9.1; zur Flexion R 11.2. — µάχοντο: zur augmentlosen Form R 16.1. 2 Ἀχιλῆϊ: zum einfachen -λ- R 9.1; zur Flexion R 11.3. — παρίστατο (Impf.): ‘stellte sich neben jn., trat zu jm.’.
Kommentar
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troklos s. 1.307n.; FM 2; JANKO, Introd. zu Il. 16, S. 313f.; LfgrE s.v. 1062.21ff., 1063.11ff. (Patroklos ist für die Ilias-Handlung von so zentraler Bedeutung, daß die oft diskutierte und bisher ungelöste Frage nach der Genese der Figur – also ob Patroklos der voriliadischen Sagentradition angehört oder ob er erst vom Iliasdichter zu dem gemacht wurde, was er ist – beinahe müßig ist). Zu Patroklos als ‘Stellvertreter’ des Achilleus s.u. 165n. (in dieser Funktion gilt Patroklos als Parallele zu Enkidu, dem Freund des Gilgamesch im gleichnamigen babylonischen Epos: NTHS 56 mit Lit.). Zu bildlichen Darstellungen s. die Lit. im LfgrE a.O. 1061.64ff. (und vgl. unten 784–867n. a.E.). – Patroklos ist wohl Kurzform zu Patrokléēs (Vv. 7, 125 u.ö.; nachhom. Patroklḗs). Der Name ist auch historisch belegt (LGPN) und bedeutet wahrscheinlich ‘der seinem Vater Ruhm verschafft’ (TICHY 1990, 132; LfgrE); das Hinterglied ist schon im Myk. Bestandteil mehrerer Eigennamen (MYK s.v. κλέος; RISCH 1987, 6f.). — V. 2 bildet eine verkürzte Typische Szene ‘Ankunft’ (1.496b–502n.): (4) die Figur tritt heran (Patroklos, nämlich nachdem er 15.405 von Eurypylos aufgebrochen war). An die Stelle von Element 5 (die Figur spricht) treten Patroklos’ Tränen (WEST 2011, 313). Π ά τ ρ ο κ λ ο ς δ (έέ ): typischer Satzanfang, 18× Il. am VA, 5× nach ὣς φάτο (Zäsur A 3); davon insgesamt 14× im 16. Gesang. — π ο ι µ έ ν ι λ α ῶ ν : flektierbare VE-FormelP (Dat./ Akk.), häufiges generisches EpithetonP von Herrschern und Heerführern (44× Il., 12× Od., 9× Hes., je 1× Il. Pers. [fr. 6 West] und Asios [fr. 1.3 West]; Lit.: 1.263n.; HAUBOLD 2000, 17ff.); meist von Agamemnon (2.243n.), von Achilleus nur noch 19.386 (dort ohne Eigenname). Eine kontextbezogene Bedeutung ist angesichts der Ubiquität der Formel unwahrscheinlich, aber aufgrund des nur zweimaligen Gebrauchs für Achilleus – hier zudem in Sperrung zum Eigennamen – nicht auszuschließen (so etwa ALDEN 2000, 66: “a significant description by the poet to the audience of Achilles [the shepherd] who is needed to defend the troops [flocks]”; ähnl. HAUBOLD a.O. 65f. 80f.; etwas anders SHIVE 1987, 74f.: “Patroclus came to Achilles as a man comes to the shepherd of his people […], a child to a parent”). Zu den Kriterien für die kontextbezogene Interpretation eines Epithetons s. DE JONG zu Il. 22, Introd. 27f. – Zu λαοί ‘Mannen, Männer unter Waffen, Krieger’ (und Sg. λαός ‘Kriegsvolk’) s. 1.10n; 24.1n.
3–4 ≈ 9.14f. (3b–4 = 9.14f.). — Der VergleichP mit der Quelle illustriert die Menge der ungehemmt vergossenen Tränen; diese korreliert ihrerseits mit der Ausweglosigkeit der Situation, die Patroklos bei seinem Gang durch das Achaierlager erkannt hat. In einer ähnlichen Situation befindet sich Agamemnon zu Beginn des 9. Gesangs (die Troer auf dem Vormarsch, die Achaier auf dem Rückzug) – auch er ‘weint wie eine Quelle’ (9.14f. mit fast identischem Wortlaut). An beiden Stellen wird Achilleus wieder ins Spiel gebracht: im 9. Gesang mit der – allerdings erfolglosen – Gesandtschaft, hier im 16. Gesang mit der – sozusagen zur Hälfte erfolgreichen – Bitte des Patroklos (insofern als zwar nicht Achilleus selbst, sondern Patroklos als sein Stellvertreter die Myrmidonen wieder in den Kampf führen wird). Es ist daher denkbar, daß der Erzähler bewußt zweimal denselben Ver-
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gleich verwendet hat, um eine Fernbeziehung zwischen den beiden Situationen herzustellen (WHITMAN 1958, 279f.; SCOTT 1974, 130f.; MOULTON 1977, 103f.; BEYE 1984, 8; LÉTOUBLON 2007, 140f.; READY 2011, 172f.; MACLEOD, Introd. 45; zu einem weiteren Beispiel einer möglichen Fernbeziehung vgl. unten 297– 302a n.). Allg. zu wiederholten Vergleichen und – seltener – Gleichnissen EDWARDS, Introd. 24 Anm. 29 (Stellensammlung; im 16. Gesang noch 482–486); ausführlicher SCOTT a.O. 127–140; BEYE a.O.; DI BENEDETTO (1994) 1998, 148– 151; vgl. 6.506–514n. Die Vv. 3–4 sind raffiniert gestaltet: die beiden einander entsprechenden Begriffe δάκρυα und ὕδωρ stehen rahmend am VA (3) bzw. VE (4); der Stamm ὑδρ- (2x VE, vgl. 160f.) und das Verb χέω werden wiederholt. V. 3 enthält zweimal die Reihenfolge Substantiv–Adjektiv, V. 4 zweimal Adjektiv–Substantiv (Hinweis FÜHRER).
3 “Weinen steht nicht im Widerspruch zum homerischen Heldenideal”: 19.5–6a n. Wenn Achilleus Patroklos’ Weinen nachher dennoch tadelt, tut er es nicht grundsätzlich, sondern weil er nicht will, daß man um der Achaier willen Tränen vergießt; s. 7–19n. — Im Unterschied zum modernen Verständnis wird Quell-, Flußund allg. Trinkwasser im fgrE verhältnismäßig selten als ‘klar’ bezeichnet (leukós: 23.282, Od. 5.70, Hes. Op. 739; aglaós: Il. 2.307, 21.345, Od. 9.140), dafür öfter wie hier als ‘dunkel, schwarz’ (3: mélas, 4: dnopherós), außer in der vorl. VEFormel (Stellen s.u.) noch in Il. 2.825 (Aisepos), 21.202 (Skamander), Od. 4.359 (Wasservorrat auf dem Schiff), 6.91 (Wasser für die Kleiderwäsche) u. 13.409 (Quelle, aus der Eumaios’ Schweine trinken). Die antiken und modernen Versuche, die Ursache dieser Farbzuschreibung zu bestimmen, sind vielfältig: (a) fehlende Lichteinstrahlung (d.h. Beschattung), (b) dunkler oder kontrastierender Untergrund, (c) große Wassertiefe (und damit korrelierend: große Wassermenge), (d) unruhige Wasseroberfläche, (e) natürliche Trübung des Wassers (vgl. moderne Flußnamen wie dt. Schwarzbach, Schwarzwasser, engl. Blackwater, frz. Eau Noire, türk. Karadere – alle mehrfach vorkommend), (f) Herkunft des Quellwassers aus der Tiefe der Erde. Die (in der Sache nicht weit auseinanderliegenden) Deutungen (a), (b) und (c) werden am häufigsten vertreten, s. u.a. schol. A u. D zu 9.14 u. 16.3; IRWIN 1974, 196–198 (Deutungen a und c); LEAF zu 9.14 u. JANKO zu 16.3–4 a.E. (b); HANDSCHUR 1970, 220, u. SIFAKIS 1998, 178f. (b und c); ARNOULD 1994, 19–21 (c); ferner AH, Anh. zu Od. 4.359 (d); HERZHOFF 2008, 116 Anm. 54 (e); GRAND-CLÉMENT 2011, 385f. (f); einen Abriß über das Konzept des ‘dunklen’ Wassers in der antiken (Natur)philosophie gibt FERRINI 1995. – Neben den physikalischen Erklärungen sind zwei andere Aspekte in Betracht zu ziehen: (g) formelsprachliche Übertragung der Farbe vom regelmäßig als ‘dunkel’ bezeichneten Meer (s.o. c/d) auf die übrigen Gewässer (MOREUX 1967, 257–259; zu 3 ὥς τε: ‘wie’; zum ‘epischen τε’ R 24.11.
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den Meeres-Epitheta vgl. 24.79n. mit Lit.); (h) die Farbe widerspiegelt metaphorisch den Charakter der Situation, hier die ‘betrübte, düstere’ Stimmung des Patroklos (Hinweis DE JONG; vgl. 66n.). δ ά κ ρ υ α θ ε ρ µ ὰ χ έ ω ν : flektierbare Halbversformel (= 18.17, 18.235 [Antilochos bzw. Achilleus weinen um Patroklos]; ≈ 7.426, Od. 4.523, 24.46), Erweiterung von –⏕ δάκρυ χε- (8× Il./Od.); zum gesamten Formelsystem ‘Tränen vergießen’ s. HORROCKS 1980, 6–8. Die Häufung der Formel innerhalb der Patroklos-Episode unterstreicht möglicherweise deren “intensité dramatique” (MONSACRÉ 1984, 174f.). – θερµός gehört mit θαλερός (2.266n.) u. τέρην (11n.) zu den EpithetaP von δάκρυ(ον) (außer Iterata noch Od. 19.362), vgl. MONSACRÉ a.O. 174–182; jedes dieser Epitheta ist generisch. — ὥ ς τ ε : häufige Einleitung von Gleichnissen und Vergleichen (2.289n. mit Lit.). — κ ρ ή ν η µ ε λ ά ν υ δ ρ ο ς : flektierbare VE-Formel (Nom., Gen., Dat., Akk.), in der Ilias stets in Vergleichen und Gleichnissen (9.14 = 16.3 [dazu δνοφερὸν … ὕδωρ im folgenden Vers], 16.160 [dazu µέλαν ὕδωρ 161], 21.257), ferner Od. 20.158, hom.h. 19.20.
4 = 9.15; 1. VH (bis zur Zäsur C 1) ≈ 13.63, hom.h. 19.4; VE = 385. — Der Relativsatz führt das Epitheton ‘(Quelle) mit dunklem Wasser’ (3b) weiter aus; zur erläuternden und präzisierenden Funktion von Rel.-Sätzen bei Komposita vgl. 24.479n. (mit weiteren Stellen). — Die Assoziation von Weinen und Fels läßt möglicherweise an die in Stein verwandelte trauernde Niobe denken, “the iconic lamenter of Greek myth”, vgl. 24.602–617 (DUÉ 2010, 291). α ἰ γ ί λ ι π ο ς : nach herkömmlicher Deutung ‘steil, senkrecht (aufragend)’, 4× Epitheton zu πέτρη, 1× Inselname (2.633, Kontingent des Odysseus); vgl. ἠλίβατος (35n.), προβλής u. ὑψηλός (407n.); ELLIGER 1975, 93 (Epitheta von πέτρη in Vergleichen). Die Etymologie von αἰγίλιψ ist jedoch unsicher (LfgrE u. BEEKES s.v.; MANESSY-GUITTON 1988, 426–428; Deutung i.S.v. ‘vom Wasser benetzt’ bei JANDA 2014, 448–459). — δ ν ο φ ε ρ ό ν : s.o. 3n.
5–100 Der Dialog zwischen Achilleus und Patroklos folgt wie z.B. 1.201–219 (Achilleus/Athene) und 24.193–227 (Priamos/Hekabe) dem Muster A–B–A’ (BLOM 1936, 41). Er bildet das längste in direkter Rede ausgeführte Gespräch zwischen den beiden Figuren in der Ilias. Einzig in 11.605–615 wird ein kurzer Dialog wiedergegeben, an den übrigen Stellen (1.337f., 9.201–204, 16.124–129) spricht nur Achilleus (Anweisungen an Patroklos); nach Patroklos’ Tod findet noch ein Dialog zwischen dessen Totengeist und Achilleus statt (23.68–108): KAHANE 1994, 138–141. Das vorl. Gespräch “(läßt) wie kaum ein anderes Homers Meisterschaft in der Schilderung seelischer Regungen erkennen: Achill im Zwiespalt zwischen dem Wunsch, des Freundes Bitte zu erfüllen, und dem noch immer gärenden Zorn gegen Agamemnon, Patroklos, von dem Willen beseelt, den Achäern zu helfen, ohne – was fast unmöglich erscheint – Achills Ehre zu verlet-
4 τε: ‘episches τε’ (R 24.11). — πέτρης: zur Form (-η- nach -ρ-) R 2. — χέει ὕδωρ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — χέει: zur unkontrahierten Form R 6.
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zen, kämpfen gleichsam in dieser Wechselrede miteinander und zugleich ein jeder mit sich selbst” (v. SCHELIHA 1943, 257). Die enge Vertrautheit der beiden kommt auch darin zum Ausdruck, daß der Dialog einige sprachliche und inhaltliche Elemente mit den Unterredungen zwischen Thetis und Achilleus (also Mutter und Sohn) in den Gesängen 1 und 18 teilt: ‘warum weinst du?’ (7 ≈ 1.362 = 18.73), ‘sprich es aus!’ (19 = 1.363 ≈ 18.74), darauf die Antwort – ‘tief seufzend’ (20 ≈ 1.364 = 18.78) – mit ausführlicher Darstellung der jüngsten Ereignisse (21ff., 1.365ff., 18.79ff.) und mit einem als dringende Bitte oder als Absicht vorgetragenen Aktionsplan (36ff., 1.393ff., 18.88ff./114ff.), der die Fortsetzung maßgeblich beeinflußt (Kampfboykott im 1. Gesang, Auszug der Myrmidonen unter Patroklos im 16., Aufgabe des Boykotts im 18. Gesang). Zu den Parallelen zwischen Il. 1 und 16 s. auch LEDBETTER 1993 u. RABEL 1997, 154ff. (beide mit teilweise spekulativen Deutungen); zum Freundschaftsverhältnis zwischen Achilleus und Patroklos s. 19.4–6a n. (mit Lit.) und unten 195n. (‘Gefährte’). 5 = 23.534 (Achilleus, als Eumelos beim Wagenrennen als letzter im Ziel ankommt); ≈ 11.599 (Achill sieht von weitem den verwundeten Machaon); 1. VH = 11.814 (Patroklos begegnet dem verwundeten Eurypylos); vgl. auch 16.431. — Die Formulierung ‘B sieht A’ steht so oder ähnlich oft bei SzenenP-Wechseln mit Auftritt einer Figur (hier Achilleus, bereits durch V. 2 vorbereitet): 124n. — Achills humane Haltung (hier: ‘er empfand Jammer’) tritt in der Ilias oft hinter seinem Groll gegen Agamemnon und seinem Rachewunsch an Hektor zurück, ist aber als Grundzug immer vorhanden, s. außer den Iteratstellen die Großmut Achills gegenüber gefallenen Gegnern (Eëtion: 6.417–419a n.; 24.580–595n.) und v.a. die Ereignisse des 24. Gesangs (Achills Erbarmen mit Priamos), die an der vorl. Stelle gewissermaßen vorbereitet werden. Lit.: 24.33–54n. a.E.; KIM 2000, bes. 28–31. 58–65. 118–120. 173f.; MOST 2003, 67f. τ ὸ ν δ ὲ ἰ δ ὼ ν ᾤ κ τ ι ρ ε …: wiederkehrende Versstruktur mit unterschiedlichen Füllungen: τὸν/τοὺς/τὴν δὲ/µὲν, ἰδών/ἰδοῦσ’, γήθησε/ἐλέησε/νείκεσσε/ἐνόησε/ῥίγησε/ᾤκτιρε, danach das Subjekt als verskomplettierende (Nomen-Epitheton-)Formel (13× Il., 2× Od.; vgl. 1.33n.). Im anschließenden Vers folgt wie hier eine Rede-EinleitungsformelP in 4.255f., 4.336f., 11.345f., 11.814f., 15.12f., 16.431f., 23.534f., Od. 24.504f. — ᾤ κ τ ι ρ ε : ‘Jammer, Rührung, Mitleid empfinden’ (24.516n.). — π ο δ ά ρ κ η ς δ ῖ ο ς Ἀ χ ι λ λ ε ύ ς : 21× Il., stets am VE. Zu ποδάρκης (distinktives EpithetonP des Achilleus) s. 1.121n., 24.668n.; zu δῖος als Helden-Epitheton 1.7n. (vgl. unten 365n.).
6 Formelhafte Rede-EinleitungP (s. 1.201n. und unten). — Die ‘gefiederten Worte’ (gr. épea pteróenta) bilden die häufigste Nomen-Epithetonformel des fgrE: DEE 5 τόν: = τοῦτον (R 17). — δὲ (ϝ)ιδών: zur Prosodie R 4.3 (vgl. lat. videre). 6 µιν … ἔπεα … προσηύδα: doppeltes Akk.-Objekt. — ἔπεα: zur unkontrahierten Form R 6. — µιν: = αὐτόν (R 14.1).
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2010, 285. Zur Deutung von ‘gefiedert’ i.S.v. ‘sicher dahinfliegend und daher treffsicher’ s. 1.201n. mit Lit.; ferner LfgrE s.v. πτερόεις; REECE 2009, 315–319. κ α ί µ ι ν φ ω ν ή σ α ς : flektierbare VA-Formel (µιν/σφεας, φωνήσας/φωνήσασ’: 21× Il., 31× Od. [wovon 2× wahrscheinl. interpoliert], 3× hom.h.), außer Od. 14.439 stets in Kombination mit der hier vorl. 2. VH. — ἔ π ε α π τ ε ρ ό ε ν τ α π ρ ο σ η ύ δ α : flektierbare VE-Formel (προσηύδα/-ηύδων: 55× Il., 59× Od. [wovon 3× wahrscheinl. interpoliert], 3× ‘Hes.’, 8× hom.h.); zur Verwendung als Rede-EinleitungsformelP (in der 1. VH oft mit Ptz. zur Angabe der Verfassung, der Absicht oder des Standorts des Sprechers) s. PARRY (1937) 1971; EDWARDS 1970, 9. 10f. 14; KELLY 2007, 143–148. – Zu πτερόεις s. auch unten 773n.
7–19 Achilleus’ Rede ist “a delicate combination of friendship and irony”: WILLCOCK (ähnl. v. SCHELIHA 1943, 257f.; OWEN 1946, 146; MACLEOD, Introd. 41; MINCHIN 2010, 395; PORTER 2010, 452f.; zur Ironie vgl. auch unten 12–18n.). Die Rede soll (a) das Gespräch mit Patroklos, der weinend – d.h. auch sprachlos: schol. bT zu 3 – dasteht, in Gang bringen (u.a. durch die Suggestivfragen 12–18: DANEK 1988, 191f.; ähnl. Funktion z.B. auch in den Reden 24.362–371 u. 24.379–385 [Hermes zu Priamos, s.d.]), (b) dabei eine Atmosphäre der Vertrautheit und Offenheit schaffen, v.a. durch das Thema der gemeinsamen Heimat in 12–16 sowie durch die Aufforderung, sich auszusprechen (19 mit AH; MINCHIN 2007, 184f.), und gleichzeitig (c) Patroklos – und damit indirekt dem Publikum – Achills eigene Sichtweise nahelegen (18: die Achaier seien in Bedrängnis ‘wegen ihres eigenen Vergehens’). Zwar deutet der Erzähler in V. 5 an, wie er Achills Rede verstanden wissen will (ṓiktire): Ausdruck des Mitgefühls für Patroklos (WILAMOWITZ 1916, 117; BURKERT 1955, 93f.; SCODEL 2014, 70f.). Andererseits ist aus Patroklos’ Erwiderung in V. 22 (mē nemésa: “nimm es nicht übel!”) zu schließen, daß in der Rede ein mißbilligender Ton mitgehört werden muß, bes. in 17f., aber wohl auch schon im Gleichnis (7–11n.): die Achaier haben es nicht verdient, daß man sie beweint; hierin drückt sich Achills anhaltender ‘Groll’ (1.1, 1.488) gegen die Achaier aus (17–18n.; BONNAFÉ 1983, 94; LEDBETTER 1993, 486f.; zum Bezug von V. 22 auf die Aussage in 17f. vgl. schol. bT u. AH zu 22; EDWARDS 1987, 257; anders HOHENDAHL-ZOETELIEF 1980, 22f.: Patroklos entschuldige sich mit mē nemésa vorwegnehmend für seine in 29ff. folgenden Vorwürfe). 7–11 Im hom. Epos gibt es gut zwei Dutzend VergleicheP und GleichnisseP, in denen Kinder eine Rolle spielen (vgl. 259–267n.), ausdrücklich eine kóurē (‘Mädchen’) auch in 2.872 (vom mit Gold geschmückten Nastes, dem Anführer des karischen Kontingents). Sie gewähren – wie viele andere Gleichnisse bei Homer – einen Einblick in das ‘unheroische’ Alltagsleben zur Zeit des Iliasdichters (LESKY 1967, 37; EDWARDS 1987, 103f.; EDWARDS, Introd. 35f.; Scholien: RICHARDSON 1980, 276). An der vorl. Stelle steht die Hilflosigkeit, Abhängigkeit und Anhänglichkeit des Kindes im Vordergrund; dabei bleibt offen, ob das Kind sein Ziel, von der Mutter hochgehoben zu werden, erreichen wird. Gleichnisse mit ähnl. Thematik: 4.130f. (Mutter verscheucht Fliege), 8.271 (Kind schmiegt sich an Mutter),
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12.433–435 (aufreibender Einsatz der Mutter zugunsten ihrer Kinder), Od. 5.394– 397 (Kinder sind froh über Genesung des Vaters), außerdem oft in Tiergleichnissen (Elterntier füttert Jungtier oder beschützt Junges vor Feinden, z.B. Il. 9.323f., 12.167–170, 16.259–265, 17.4f., 17.133–136). Dieselben Motive – weinen, am Mantel ziehen, die körperliche Nähe von Mutter/Vater suchen – kommen auch außerhalb von Gleichnissen vor: 21.493–514 (Aphrodite, von Hera geschlagen, flüchtet sich zu Zeus), 22.490–504 (imaginiertes demütigendes Waisendasein des Astyanax; das Zupfen am Mantel ist dort zugleich die Geste eines Bettlers). Im Hinblick auf den militär. Kontext (zu dem das vorl. Gleichnis in einem markanten Kontrast steht: 633–637n.) ist eine weitere Konnotation hier nicht unerheblich: das Kind als Bild für den unkriegerischen, weichlichen Menschen (2.289f., 2.337f., 7.235f., 11.389f. u.ö.). Darin mag ein leiser Tadel am – notabene älteren (11.787) – Patroklos zu hören sein, etwa ‘nimm dich zusammen, stell dich nicht so an!’ (“plutôt des encouragements à la fermeté que véritablement des injures”: MONSACRÉ 1984, 81f. mit Anm. 18 [S. 219]; “friendly rebuke”: JANKO zu 7–19; verfehlt REUCHER 1983, 308: “von oben herab und in spöttischem Tonfall”; SCHEIN 1984, 117: “makes fun of him”; anders JACHMANN 1958, 302–304, der einen tadelnden Ton gänzlich ausschließt). Zum vorl. Gleichnis allg. s. ausführlich PORTER 2010; außerdem COFFEY 1957, 129; MOULTON 1977, 103f.; LE MEUR 2009, 64f.; READY 2011, 180f.; eigenwillige Deutung bei GACA 2008 (Darstellung der Mutter als Kriegsflüchtling); insgesamt zu Kindergleichnissen FRÄNKEL 1921, 90–95; SCOTT 1974, 73f.; INGALLS 1998, 17–21; KELLY 2007, 265–267; PRATT 2007, 31f. – Gleichnisse in Direkten RedenP sind in der Ilias deutlich seltener als solche im Erzähler-TextP (2.289n. mit Lit.; ferner READY 2011, bes. 31ff.; hier kommen die beiden Typen innerhalb weniger Verse nebeneinander vor und beziehen sich auf dasselbe Ereignis: 3f. Erzähler, 7ff. dir. Rede; s. DE JONG [1987] 2004, 125f.: “two very different pictures”; ähnl. 12.131ff./167ff., 16.742/745ff. [745–750n.]). Achilleus verwendet als einzige FigurP der Ilias zwei Gleichnisse, das eine in 9.323f. (Muttervogel umsorgt die Jungen bis zur eigenen Erschöpfung), das andere hier: “the peculiar power of Achilles’ two similes […] places them among the gems of this epic, and hence of world literature” (FRIEDRICH/REDFIELD 1978, 273); dazu kommen diverse Vergleiche (MOULTON 1977, 100f., u. EDWARDS, Introd. 39). Sie alle sind Ausdruck des dichterischen Bestrebens, Achilleus einen individuellen Sprachstil zu verleihen (GRIFFIN 1986, 53; HAINSWORTH zu 9.323–4; allg. MARTIN 1989, 146ff.; vgl. auch 24.544–545n.). Auf inhaltlicher Ebene erscheint Achill in den beiden Gleichnissen darüber hinaus als verantwortlich für das Wohlergehen seiner Leute – freilich wird er ausgerechnet Patroklos nicht vor dem Tod bewahren können (s. bes. 18.100–106; zum Motiv der Mutterrolle/“parental care” in Gleichnissen u. in bezug auf Achilleus: MOULTON a.O. 100–106; SCHEIN 1984, 107; LEDBETTER 1993, 483–485; MILLS 2000, bes. 8. 13–15; PRATT a.O. 35–38).
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7 ‘Weinen/Tränen’ (gr. dakry-) bildet das Stichwort für das folgende Gleichnis, wiederaufgenommen sowohl im Wie-Teil (V. 10) als auch im So-Teil (11): FEHP LING 1969, 145f.; EDWARDS, Introd. 31. Zur ringkompositorischen Anlage von Gleichnissen mit Hilfe solcher Stichwörter vgl. u.a. 2.87/91, 2.459/464, 2.480/ 483, 2.781/784, 16.259/267, 16.352/356, 16.406/409, 16.641/644, 24.482–484; VAN OTTERLO 1948, 49ff.; FEHLING a.O. 145f. Zur Struktur des vorl. Gleichnisses: KAHANE 1994, 110; BENEDIKTSON 2013, 30–32. τ ί π τ ε δ ε δ ά κ ρ υ σ α ι : τίπτε (= τί ποτε, ‘was denn, warum denn’) kann Tadel oder Befremden signalisieren (z.B. 1.202, 16.721, 22.8, 24.90). Im Gegensatz etwa zu einfühlsamem τί κλαίεις (Thetis zu Achilleus: 1.362, 18.73) dürfte die vorl. Wendung also einen leichten Tadel enthalten (LfgrE s.v. τίπτε) oder sogar ironisch sein (12–18n.); vgl. 7–11n. — δ ε δ ά κ ρ υ σ α ι : intensivierendes Perf., ‘in Tränen aufgelöst sein’ (Mensch), ‘von Tränen überströmt sein’ (Wangen), ‘verweint sein’ (Augen): δεδάκρυνται δὲ παρειαί 22.491, Od. 20.353, ὄσσε Od. 20.204. — Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς : Die Namensform Πατροκλέης ist im fgrE nur im Vok., Gen. und Akk. belegt, die Kurzform Πάτροκλος (V. 2 u.ö.) dagegen in allen Kasus und insgesamt deutlich häufiger (in einem Verhältnis von ca. 5:1); dasselbe Nebeneinander im hom. Epos bei Ἐχεκλέης (189, Gen.) u. Ἔχεκλος (694, Akk.) (wobei es sich um zwei verschiedene Figuren handelt); s. auch G 56; MEIER-BRÜGGER 1992, 42. Die drei Vokativformen Πατρόκλεις (15× Il.), Πάτροκλε (9× Il.) und Πάτροκλ’ (830) garantieren metrische Flexibilität (KAHANE 1994, 109f.). – Zur kontrahierten Vok.-Form -εις s. WEST 1998, XXV; für unkontrahiertes -εες plädieren hingegen VISSER 1987, 151 Anm. 213, u. BLANC 2008, 203f. — ἠ ΰ τ ε : ‘wie’ (2.87n.). 8 ν η π ί η , ἥ …: Mit einem Attribut (oder einer Apposition) im EnjambementP und einem anschließenden Relativsatz gehen einfache Vergleiche (hier ἠΰτε κούρη, vgl. 2.872) fließend in ein ausführlicheres Gleichnis über, vgl. 156f., 582f.: LEE 1964, 10f.; EDWARDS, Introd. 26. Allg. zum Adjektiv im progressiven Enjambement LA ROCHE 1897, 171–173 (Stellensammlung). – νήπιος hat hier wohl die neutrale Bed. ‘klein’ (i.S.v. ‘unmündig, unverständig’), wird aber später (46) als wertender Erzählerkommentar (‘der Tor!’) auf Patroklos angewendet werden: 46–47n.; TSAGARAKIS 1982, 13; EDMUNDS 1990, 55. 67f. 9 2. VH ≈ 6.518, Od. 15.73. — ε ἱ α ν ο ῦ : Kleidungsstück für Frauen (3.385n.); zur metr. Dehnung am VA CHANTR. 1.103. — ἁ π τ ο µ έ ν η … κ α τ ε ρ ύ κ ε ι : Die Wortwahl legt eine konative Bed. der Präsensformen nahe, im Gegensatz etwa zu 3.385 χειρὶ … ἑανοῦ ἐτίναξε λαβοῦσα (sc. Aphrodite das Gewand der Helena), 22.493 χλαίνης ἐρύων (sc. der bet7 ἠΰτε: ‘wie’ (bei Vergleichen). 8 νηπίη, ἥ: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — νηπίη: zur Form (-η nach -ι-) R 2. — θ’: = τε (4n.). — ἅµα: mit Dat. ‘zusammen mit …’, hier ‘neben … her’. — θέουσ(α): zu θέω ‘laufen’; zur Elision R 5.1. — ἀνελέσθαι: Med. ‘zu sich nehmen, auf den Arm nehmen’; Inf. abh. von ἀνώγει. — ἀνώγει: Plpf. zu präsentischem Perf. ἄνωγε, ‘auffordern, heißen (zu tun)’ (sc. ‘die Mutter’, zu ergänzen aus µητρί). 9 εἱανοῦ: = ἑανοῦ ‘Gewand, Kleid’ (Anfangssilbe metr. gedehnt: R 10.1). — ἁπτοµένη: mit Gen. ‘jn. bei/an etw. fassen’. — ἐσσυµένην: Ptz. Perf. zu σεύοµαι ‘eilen, in Eile sein’.
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Ilias 16
telnde Astyanax bei einem Freund des Vaters); s. LfgrE s.v. ἅπτω 1122.2ff. (‘indem sie Versuche macht, sie am Gewand zu fassen, …’). Zum Präs. de conatu allg. K.-G. 1.140– 142 (bes. zum Ptz. 141f.); SCHW. 2.259. — κ α ί τ (εε ): καί hat wohl koordinierende Funktion, τε verallgemeinernde (‘episches τε’), im Gleichnis auch 160, 22.31 u.ö.; vgl. 24.335n.; RUIJGH 764f.; CHANTR. 2.343. Wohl falsch AH: “καί zu ἐσσυµένην in konzessivem Sinn”. 10 π ο τ ι δ έ ρ κ ε τ α ι : δέρκοµαι bed. ‘blicken’ im prägnanten Sinn von ‘einen bestimmten Blick haben, mit einem bestimmten Ausdruck blicken’, hier wohl ‘flehend anblicken’: AH; SNELL (1939) 1975, 13f.; vgl. 3.342n. — ὄ φ ρ (α α ): gibt die Absicht wieder, die im flehenden Blick liegt: ‘damit’ (vgl. BAKER 2014, 30f.); anders, nämlich temporal ‘bis’, schol. b; JANKO zu 7–10 a.E.; WATHELET 1999, 374.
11 2. VH ≈ 19.323, Od. 16.332. — Der Vers schließt das Gleichnis ringkompositorisch ab; er enthält wie V. 7 die folgenden Elemente: Vergleichswort ‘wie’, Vokativ ‘Patroklos’, Stichwort ‘du weinst’ (dazu 7n.). Die Wiederholung der Anrede trägt bes. Emphase (2.284n., 6.429–430n.; vgl. unten 29n., 241n. [im Gebet]). τ ῇ ἴ κ ε λ ο ς : als Einleitung des So-Teils im Gleichnis auch Od. 4.249, 5.54, Hes. Op. 535, Sc. 392 (τῷ ἴκελος/οι). — τ έ ρ ε ν κ α τ ὰ δ ά κ ρ υ ο ν ε ἴ β ε ι ς : flektierbare Formel für ‘weint(e)’ nach der Zäsur B 2 (s. Iterata); Variante nach B 1: θαλερὸν κατὰ δάκρυον εἰβ(Il. 24.9, Od. 11.391), vom 3. Metron an: πυκνὸν ὑπ’ ὀφρύσι δάκρυον εἰβ- (Od. 4.153), nach der Zäsur A 4: ἐλεεινὸν ὑπ’ ὀφρύσι δάκρυον εἰβ- (2× Od.), schließlich nach C 1: κατὰ δάκρυον εἰβ- (2× Od.); weitere Variante: flektierbares (κατὰ) δάκρυ χέουσ(α)/χέοντ(ος) (1.413n.). – δάκρυον εἰβ- ist sekundäre Bildung zu δάκρυα λειβ- (3× Il., 6× Od.; HASLAM 1976, 203–207; REECE 2009, 158f.); zum kollektiven Sg. δάκρυον s. SCHW. 2.41; CHANTR. 2.29; zum generischen EpithetonP τέρεν 3.142n. u. 19.323n. (Bedeutung, Verwendung; vgl. oben 3n. zu δάκρυα θερµὰ χέων).
12–18 Es ist umstritten, was für eine Haltung Achilleus’ Fragen zugrunde liegt: sind sie “aufrichtig gemeint” (JACHMANN 1958, 305f.; ebenso DE JONG [1987] 2004, 170) oder “schauspielert Achill” (REUCHER 1983, 308; ebenso VAN LEEUWEN zu 7–19; SCODEL 2014, 62f.)? Beide Deutungen sind möglicherweise zu extrem: Achilleus hatte Patroklos ja ausdrücklich zur Erkundung der Lage im Achaierheer ausgeschickt (11.605–617; zum Anschluß des 16. an den 11. Gesang s.o. die Einleitung S. 11f.). Wenn er jetzt fragt, ob er so weine, weil er schlechte Nachrichten aus der Heimat mitbringe, bedeutet das, daß Achill nur derartige Nachrichten als beweinenswert auffassen würde, nicht aber die (tatsächlich zu erwartende) Auskunft, daß sich die Achaier in höchster Not befinden – denn genau dadurch wünscht ja Achilleus persönliche Rehabilitation zu erlangen (1.407–412). In diesem Sinne sind die Fragen in 12f. (und die Anfangsfrage in 7 ‘warum bist du in Tränen aufgelöst?’) als ironisch aufzufassen (vgl. schol. bT zu 12–13 u. 14–16; 10 µιν: = αὐτήν (R 14.1). — ποτιδέρκεται: = προσδέρκεται (R 20.1). 11 τῇ (ϝ)ίκελος: zur Prosodie R 4.4; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — κατὰ … εἴβεις: sog. Tmesis (R 20.2).
Kommentar
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LEDBETTER 1993, 485f.; HEIDEN 2008, 200f.; PORTER 2010, 452; MINCHIN 2010, 395). – Die Aneinanderreihung von zwei oder mehr Vermutungen (in Frageform) ist im hom. Epos häufig (6.438–439n. mit Stellen, vgl. bes. Od. 2.28–32; JANKO zu 7–19), hier klar gegliedert durch anaphorisches ēé … ēé … ḗe … am VA von 12/13/17 (vgl. dazu 6.378–380n.; GÖBEL 1933, 27f.). Die je letzte Vermutung ist zugleich die richtige (KAKRIDIS 1949, 119f.; MACLEOD, Introd. 41; vgl. 50–55n.). ἠ έ … ἠ (έέ ) … | ἠ έ … | (3 Vv.) | ἦ ε : disjunktive Frage; im wesentlichen handelt es sich um drei Fragen: 12 (mit Doppelfrage), 13 und 17, wobei 12/13 thematisch nahe beieinander liegen und erst die letzte Frage (17) eine echte Alternative bildet (vgl. WEST 2001, 235; 6.378–380n.). Allg. zu ἦε SCHW. 2.565f. — ἠ έ τ ι … | ἠ έ τ ι ν (ὰ ὰ) … | ζώειν … | ζώει …: emphatische Folge von (hier leicht variierten) anaphorischen Versanfängen (vgl. z.B. 1.436ff., 2.382ff., 7.238ff., 16.25ff.; s. allg. FEHLING 1969, 192ff.). Bes. in 14f. unterstreicht die Anapher die Suggestivkraft der Rede (vgl. 7–19n.): ‘es ist kaum vorstellbar, daß du traurige Nachrichten aus der Heimat hast, denn unsere Väter leben ja noch’.
12 VE ≈ 22.451, 24.732, Od. 3.49, 4.177, 9.421, 23.253. — Der Name ‘Myrmidonen’ bezeichnet die Bewohner von Phthia (13n.) und somit Achills Heereskontingent im Troianischen Krieg (2.684n.; FM 2 mit Anm. 11). π ι φ α ύ σ κ ε α ι : eigtl. ‘zum Leuchten bringen, scheinen lassen’ (zu φάος, redupliziert), meist mit Worten: ‘erhellen, darlegen, offenbaren’ (LfgrE s.v. mit Lit.). — ἠ ’ ἐ µ ο ὶ α ὐ τ ῷ : steht betont am VE, gelegentlich wie hier im gleichen Vers in Antithese ‘dem X und/oder/ aber mir (dir, ihm) selbst’ (noch 3.51, 15.226, 23.126, 23.342, Od. 9.421, 15.168, 22.214, 23.253). Achilleus setzt die 1. und 2. Person geschickt in Antithesen ein: 12 ‘mir’, 13 ‘du als einziger’, 16 ‘wir’, 17 ‘du’, 19 ‘wir beide’ (Hinweis FÜHRER).
13–16 In der Ilias denkt Achilleus öfter an seinen zu Hause gebliebenen bejahrten Vater Peleus und bringt dabei zum Ausdruck, “wie beide sich vor der Nachricht vom Tod des anderen fürchten” (19.322–337n.; vgl. 24.486–489n.). 13 1. VH ≈ Od. 1.408, 2.30. — Die Landschaft Phthia liegt in Thessalien. Als Peleus’ Herrschaftsgebiet und Achills Heimat ist Phthia ein emotional besetzter Ortsname und als solcher fast immer wie hier in direkten Reden verwendet (Ausnahme: 2.683 im Schiffskatalog, s.d.; MACKIE 2002, 166f.). ο ἶ ο ς : ‘als einziger’, “so daß wir andern nichts davon wüßten” (AH; anders JANKO zu 12– 16: “a message from Phthia ⟨that concerns you⟩ alone”).
14 2. VH ≈ 11.785 (Nom.). — Menoitios wird in der Ilias ausschließlich in seiner Rolle als Vater des Patroklos erwähnt (FM 2). Ursprünglich aus dem lokrischen 12 ἠέ … ἠ(έ): ≈ πότερον … ἤ. — Μυρµιδόνεσσι: zur Flexion R 11.3. — πιφαύσκεαι: 2. Sg. Präs., konativ (‘willst mitteilen, bist im Begriff mitzuteilen’); zur unkontrahierten Form R 6. 13 Φθίης ἔξ: = ἐκ Φθίης (R 20.2). 14 ζώειν: = ζῆν. — µάν: = µήν (R 24.7), hier adversativ: ‘aber doch, freilich’. — ἔτι: mit ζώειν zu verbinden. — φασί: ‘man sagt, es heißt’.
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Ilias 16
Opūs stammend (in der Ilias ‘Opoeis’: 2.531n.), flieht Menoitios mit seinem Sohn, der als Knabe einen Totschlag begeht, zu Peleus nach Phthia, wo Patroklos mit Achilleus zusammen aufwächst (Weiteres zur Figur des Menoitios: DNP; vgl. 18.326n.). Der Name ist historisch oft belegt, auch in der Form Menoitēs/-tās (LPGN); zur mehrdeutigen Etymologie v. KAMPTZ 209. – Aktor ist ein verbreiteter sprechender Heroenname (‘Anführer’), oft von Nebenfiguren, hier und 11.785 vom Vater des Menoitios und Großvater des Patroklos, 16.189 vom Vater des Echekles (RE; LfgrE; vgl. 2.513n. [Vater der von Ares schwanger gewordenen Astyoche – ähnlicher Kontext wie 16.189]). µ ά ν : hebt das vorangehende Wort hervor, hier zusätzlich mit adversativer Funktion (die bei Homer selten nachweisbar ist: DENNISTON 334; s. auch SCHW. 2.569f.). — Μ ε ν ο ί τ ι ο ν Ἄ κ τ ο ρ ο ς υ ἱ ό ν : ≈ 11.785, mit Anklang an die Halbversformel Μενοιτίου ἄλκιµος/-ον υἱός/-όν (dazu 278n.); vgl. 1.35n. (zu ἀπάνευθε κιών); FOR 25. – Geläufige Struktur in der 2. VH: Personenname + Vatersname im Gen. + υἱός/ν (oder Vatersname im Gen. + Adjektiv + υἱός/ν), z.B. 2.638, 2.727, 2.736 usw., im 16. Gesang noch 177, 278, 401, 586; s. KAHANE 2005, 82 mit Anm. 59 S. 91 (unvollständige Liste).
15 Aiakos, Sohn des Zeus, ist Vater des Peleus und Großvater des Achilleus. Beide Nachkommen tragen in der Ilias das Patronymikon Aiakídēs, Peleus hier, 18.433 u. 21.189, Achill 16.134 u.ö. (s.d.). Die Voranstellung des Patronymikons vor den Eigennamen (etwa auch ‘der Tydeus-Sohn Diomedes’: 25, 74) gilt als poetisch; ‘alltäglicher’ ist die Reihenfolge Name–Patronymikon, wie sie etwa in 14 (‘Menoitios, Aktors Sohn’) und 21 (‘Achilleus, Peleus’ Sohn’) vertreten ist (WACKERNAGEL [1943] 1953, 198f.; WEST 2007, 76f.). Allg. zur Funktion des Patronymikons 1.1n. (zu ‘des Peleïaden Achilleus’); HORN 2014, 42f. – Indem Achilleus hier seinen und Patroklos’ Vater mit dem jeweiligen Eigennamen bezeichnet (anstelle von ‘mein und dein Vater’ o.ä.), verleiht er seiner Aussage einen offiziellen Charakter (vgl. AH). µ ε τ ὰ Μ υ ρ µ ι δ ό ν ε σ σ ι ν : VE-Formel (5× Il., 1× Od., davon 3× mit vorangehendem πολέσιν [240 u.ö.], ähnl. 4.388/13.661 πολέσιν µετὰ Καδµείοισιν/Παφλαγόνεσσιν). 16 ἀ κ α χ ο ί µ ε θ α : redupl. Aor. zu ἄχνυµαι/ἄχοµαι; das Aktiv (ἤκαχε: 822) hat kausative Funktion (‘betrübt machen’), das Medium entsprechend reflexive Funktion, vgl. 24.513n. zu τετάρπετο. Der Aor. dürfte hier ingressiv aufzufassen sein: ‘in Betrübnis/Bestürzung geraten’ (MUTZBAUER 1893, 323; AH; LfgrE s.v. ἄχνυµαι 1773.7ff.). Weiteres zur Bed. des Verbs: 19.312n. mit Lit.; ähnliche Zusammenhänge wie hier finden sich etwa in 822 (Tod des Patroklos), 23.223 (Gleichnis: Tod des Kindes), Od. 1.236 (Tod des Vaters), 15.356f. (Tod der Gattin des Laërtes), 16.342 (schlechte Nachricht). 15 µετά (+ Dat.): ‘(mitten) unter’. 16 κε … ἀκαχοίµεθα: Potentialis; κε = ἄν (R 24.5). — µάλ(α): mit ἀκαχοίµεθα zu verbinden. — ἀκαχοίµεθα: ‘in Betrübnis geraten’, + Gen. (τῶν) ‘wegen/über jn.’. — τεθνηώτων: ≈ ‘wenn sie tot wären’; zur Form R 3.
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17–18 Achilleus stellt nunmehr die ‘richtige’ Frage (7–19n., 12–18n.); Patroklos wird sie in seiner Antwort implizit bejahen (22ff.). – Schon im 1. Gesang hat Achilleus angedeutet, daß er die Hauptschuld an seiner Entehrung zwar Agamemnon selbst zuschreibt, aber auch alle anderen Griechen für mitverantwortlich hält (und darum in seine Rachebitte einbezieht: 1.407–410), da das Kollektiv bei der Beuteverteilung offiziell mitzuentscheiden hat (1.162; s. 1.162–168n.), aber im konkreten Fall gegen die Wegnahme der Briseïs nicht interveniert hat (AH; DE JONG [1987] 2004, 170; VAN WEES 1992, 135 mit Anm. 145 S. 370; HAMMER 2002, 100). Vgl. Achills Aussagen in 1.231f. (Agamemnon regiere über Nichtsnutze) und 1.299 (‘ihr habt mir genommen, was ihr mir gegeben hattet’), dazu 1.231n., 1.293n., 1.299n. (außerdem die Andeutung in 9.315f.). 17 Das Ethnikon ‘Argeier’ ist neben ‘Achaier’ und ‘Danaer’ eine der Bezeichnungen für die ‘Griechen’ (1.2n.; LATACZ [2001] 2010, 191ff.; [2011] 2014, 150ff.). σ ύ γ (εε ): betontes ‘du’ im Unterschied zu Achill selbst; Implikation: ‘ich nicht’ (Hinweis NÜNLIST). — ὀ λ ο φ ύ ρ ε α ι : Das Bed.-Spektrum des Verbs reicht von (innerlich) ‘Mitleid empfinden’ bis zu (hörbar) ‘jammern’; hier sind wohl beide Aspekte vertreten, vgl. 7 δεδάκρυσαι, 16 ἀκαχοίµεθα (LfgrE s.v. 661.6ff.). Dies gilt wohl auch für 11.815ff./15.398ff., wo Patroklos in seinen Reden an Eurypylos echtes Mitleid zeigt (mit ὀλοφυρόµενος in der jeweiligen Rede-Einleitung). Dagegen gebraucht Nestor das Verb in 11.656 ironisch: Achill ὀλοφύρεται υἷας Ἀχαιῶν – aber in Wahrheit Δ∆αναῶν οὐ κήδεται οὐδ’ ἐλεαίρει (11.665; vgl. AH z.St.). Zum themat. Zusammenhang der erwähnten Stellen KIM 2000, 106–108. — ὡ ς : indirekter Ausrufesatz, ‘wie (sehr) …’ oder ‘daß sie so …’ (≈ ὅτι οὕτως; Diskussion bei MONRO [1882] 1891, 238f.; K.-G. 2.370f.; MONTEIL 1963, 354f.). — ὀ λ έ κ ο ν τ α ι : ὀλέκω kommt im fgrE nur im Präs.-Stamm vor und bildet so komplementäre Formen zu (meist nicht-präsentischem) ὄλλυµι (LfgrE). Für sich genommen bez. das κ-Präsens “den ‘erfolgreichen’ Abschluß des Verbalvorgangs” (vgl. ἐρύκω): 1.10n.; DELG s.v. ὄλλυµι. 18 ν η υ σ ὶ ν ἔ π ι γ λ α φ υ ρ ῇ σ ι ν : flektierbare VA-Formel: Dat. Pl. (mit γλαφυρῇσ(ι[ν])) 12× Il. (und 2× im Vers-Innern), Akk. Pl. 16× Il., Gen. Sg. 1× Od. – Varianten: mit ἀνά 3× Il. (Akk. Pl.; Stellen: 295–296n.), ἐνί/παρά/ὑπέρ 4× Od. – Zu γλαφυρός als (häufigem) Schiffs-Epitheton s. 2.454n. (mit Lit.). — ὑ π ε ρ β α σ ί η ς ἕ ν ε κ α σ φ ῆ ς : ὑπερβασίη gehört als wertender Begriff zur Figuren-SpracheP, ‘Übertretung, Vergehen, schuldhaftes Verhalten’, in der Ilias sonst 2× vom Übermut junger Leute (3.105–110, 23.587–590), in der Odyssee 4× von den Freiern und dem Ziegenhirten Melanthios (LfgrE; DE JONG zu Od. 1.224–9 [Wortfeld] u. 13.190–3); vgl. auch Il. 9.501 (ὅτε κέν τις ὑπερβήῃ καὶ ἁµάρτῃ), Od. 1.7 (σφετέρῃσιν ἀτασθαλίῃσιν ὄλοντο).
19 = 1.363 (s.d.); 1. VH = 18.74. — Vgl. oben 5–100n., 7–19n. 17f. ἦε: ‘oder’. — νηυσὶν ἔπι: = ἐπὶ νηυσίν (R 20.2); zur Flexion R 12.1. — γλαφυρῇσιν: zur Flexion R 11.1. — σφῆς: Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). 19 νόῳ, ἵνα (ϝ)είδοµεν: zur Prosodie R 5.6 bzw. 4.3. — νόῳ: = νῷ (zu νοῦς), R 6. — εἴδοµεν: kurzvokal. Konj. (R 16.3) zu οἶδα. — ἄµφω: Dual (Nom., mit Präd. im Pl.: R 18.1).
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20 ≈ 1.364, 18.78 (Achilleus im Gespräch mit Thetis); 2. VH = 744, 843. Zur typischen Struktur der vorl. Rede-EinleitungP s. 1.58n. u. 24.55n. (beide mit Lit.; FRIEDRICH 2007, 40–43). Die Rede-Einleitung steht hier, wie oft in Dialogen, zugleich für den Abschluß der vorangehenden Rede (19.28n.). — Die Anrede des ErzählersP an eine seiner FigurenP (‘da sagtest du …, Patroklos’) gehört zu den bei Homer insgesamt seltenen Momenten, in denen der Erzähler einem Du gegenübertritt (sog. Apostrophen); ähnlich verhält es sich – wenn auch ohne Überschreitung der Grenze zur Figuren-Ebene – bei den (anonymen) Anreden an den Narrativen AdressatenP (vgl. 638–640n.) und bei den Musenanrufen (2.484–493n., unten 112–113n.; zur ‘Sichtbarkeit’ des Erzählers in der Ilias s. allg. DE JONG [1987] 2004, 18–20). Außer Patroklos (8× Il., nur 16. Gesang) werden auch Menelaos (7× Il.), Eumaios (15× Od.), Achilleus und Melanippos (je 1× Il.) sowie der Gott Apollon (‘Phoibos’, 2× Il.) mit einer Apostrophe bedacht (Stellensammlung z.B. bei RICHARDSON 1990, 237f. Anm. 5f.). Diese Erzähler-Anreden stehen zum größten Teil in den folgenden Zusammenhängen: wie hier in einer Rede-EinleitungP (noch 744 u. 843 sowie die Eumaios-Apostrophen in der Odyssee), im Anschluß an ein Gleichnis (z.B. 584, 754), in der Einleitung eines Gefallenenkatalogs (692) oder in der Schilderung einer für den Helden lebensbedrohlichen Situation (z.B. 787, 812; vgl. 843) (HENRY 1905, 7f.). Die Bedeutung dieser Apostrophen ist umstritten; in der Forschung lassen sich drei Hauptrichtungen unterscheiden. (1) Formelsprachliche oder metrische Bedingtheit: der Vokativ anstelle des Nominativs erlaubt (1a) die Plazierung der Eigennamen an bestimmten Vers-Positionen (vgl. M 10; die drei am häufigsten verwendeten Namen haben die Form ⏕ — ×), (1b) die traditionelle Bildung von Nomen-Epitheton-Formeln (wie die vorliegende) und (1c) die Berücksichtigung weiterer metrisch-prosodischer Erfordernisse (ausführlich BONNER 1905; MATTHEWS 1980; vgl. HOEKSTRA 1965, 138–140; VISSER 1987, 151f.; YAMAGATA 1989; zu den gr. Formen des Namens Patroklos s.o. 7n.); (2) Ausdruck der besonderen Beziehung zwischen Erzähler und Figur (vgl. DUBEL 2011), entweder (2a) affektiv: Sympathie des Erzählers für ‘seine’ Figur mit Übertragung der Sympathiewirkung aufs Publikum (PARRY 1972, 9ff.: “Menelaus, Patroclus, and Eumaeus are all […] treated with particular concern by the poet; are represented as unusually sensitive and worthy of the audience’s sympathy”; ähnl. die Scholien [bes. bT zu 16.787; weitere Stellen bei RICHARDSON 1980, 272, u. DE JONG (1987) 2004, 13]; BLOCK 1982, bes. 9. 15–17; 1986, 160f.; EDWARDS 1987, 37f.; RICHARDSON 1990, 170–174; KAHANE 1994, 104–113; COLLOBERT 2011, 207–210; DE JONG zu Od. 14.55), oder (2b) narrativ: Status-Erhöhung der Figur, indem sie zu einem exemplarischen Zuhörer gemacht wird (FRONTISI-DUCROUX 1986, 21–27; BAKKER 1997, 172f.; vgl. MARTIN 1989, 235f.); (3) dramaturgisches Gestaltungselement: die Apostrophen an Patroklos stehen einzig im 16. Gesang, also bei seiner Aristie und seinem Tod (der zur Aufgabe
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von Achilleus’ Kampfboykott führen wird); sie strukturieren Patroklos’ Auftritt, verdichten sich dabei gegen Ende des Gesangs (20, 584f., 692f., 744, 754, 787f., 812, 843) und erhöhen so das Pathos der Erzählung (PARRY a.O. 14: “crisis of the action”, 15: “crucial moment”; BALTES 1983, 47f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 42–45; FRIEDRICH 2007, 102f.; s. auch ALLEN-HORNBLOWER 2012 [mit den Apostrophen bereitet der Erzähler Achilleus’ Trauer um Patroklos vor]). Der Deutung (1) wird heute nur noch selten der Vorrang gegeben; vielmehr wird eine bewußte Verwendung der Apostrophen angenommen (Deutungen 2 und 3). Forschungsüberblick: KAHANE a.O. 153–155; DE JONG 2009, 93–97; spez. zu Eumaios STEINER zu Od. 17.272. — Die Nomen-Epitheton-Formel ‘Wagenkämpfer Patroklos’ impliziert, daß Patroklos auf dem Schlachtfeld, wie für viele hom. Krieger üblich, einen Streitwagen benutzt (ausdrücklich erwähnt in 145ff., 377ff., 427, 684f., 733; zum Streitwagengebrauch allg. s. 2.384n. u. 24.14n. mit Lit.; ferner LfgrE s.v. ὄχεα 896.65ff.; LUCE 1975, 111–119; BUCHHOLZ 2010, 29–38; vgl. auch RAAFLAUB 2011). In der Vorstellung des Erzählers fungierte Patroklos bis zu Achills Kampfboykott wahrscheinlich als dessen Wagenlenker und machte danach, bei seinem ‘Aufstieg’ zum stellvertretenden Anführer, seinerseits Automedon (FM 4) zum Wagenlenker (145, 219, 279, 472–475, 684, 864f.); nach Patroklos’ Tod wird Automedon als Ersatzmann noch einmal nachrücken und dann Achills Wagenlenker werden: 19.392n.; KRISCHER 1992. – Auf einem korinthischen Aryballos aus dem letzten Drittel des 7. Jh. v. Chr. ist Patroklos mit Namensbeischrift als Krieger dargestellt, der hinter einem (unbenannten) Wagenlenker auf dem Wagen steht: SNODGRASS 1998, 104f.; WACHTER 2001, 36 (mit weiterer Lit.). β α ρ ὺ σ τ ε ν ά χ ω ν : flektierbare Formel nach der Zäsur A 2 (Nom.: 1.364n.; Dat.: 18.70n.), meist als modifizierende Angabe in Rede-Einleitungen (KAIMIO 1977, 40f.). — Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς ἱ π π ε ῦ : Nur im 16. Gesang erscheint ἱππεύς im Sg., und zwar als Epitheton des Patroklos (20, 744, 812, 843, stets in der Apostrophe): “appellation honorifique” (DELEBECQUE 1951, 37); sonst regelmäßig im Pl. als allg. Bez. für die ‘Wagenkämpfer’. – Bedeutungsähnliche Epitheta: ἱπποκέλευθος (126n.), ἱππότα (2.336n.; im 16. Gesang von Peleus: V. 33), ἱππηλάτα (19.311n.; von Phoinix: V. 196), ἱππιοχάρµης (24.257n.); s. DELEBECQUE a.O. 36ff. 162ff. – Weitere Epitheta des Patroklos: διογενής (49n.), µεγαλήτωρ (257–258n.); zur Ökonomie des Nomen-Epitheton-Formelsystems bei Patroklos COLLINS 1998, 8f.; YAMAGATA 2012, 457f. (und allg. FOR 32). – Zur Form Πατρόκλεις s.o. 7n.
21–45 Patroklos unternimmt – nach Nestor 1.254ff. und der Gesandtschaft im 9. Gesang – den insgesamt dritten Versuch, zwischen Achilleus und den Achaiern zu vermitteln (vgl. LYNN-GEORGE 1988, 167f.: Patroklos stellvertretend für alle Achaier). Seine Rede gliedert sich in drei Abschnitte, in deren Mittelpunkt je eine betroffene Person bzw. Personengruppe steht (Griechen, Achilleus, Patroklos): 20 βαρύ: adverbiell.
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21–29a (bedrohliche Lage des Heeres), 29b–35 (scharfe Kritik an Achills unbeugsamer Haltung), 36–45 (Lösungsvorschlag). Im ersten Abschnitt reagiert Patroklos sachlich, wenn auch eindringlich, auf Achills ironische Fragen (7–19), im zweiten Abschnitt hält er seine Gefühle nicht länger zurück, im dritten greift er einen Ratschlag Nestors auf (der tragischerweise zu seinem eigenen Tod führen wird: 46– 47n.). Ungeachtet des großen Abstands zum 11. Gesang wirkt die Rede aufgrund der zum Teil wörtlichen Wiederholungen aus Nestors Ausführungen 11.656–803 (s. 23–27n., 36–45n.) wie eine Botenrede, wobei Patroklos im Mittelteil das ParadigmaP aus Nestors Jugendzeit durch seine persönliche Stellungnahme ersetzt. – Ähnliche, ebenso heftige Kritik an Achilleus’ Haltung äußern u.a. auch die Myrmidonen (203ff., s.d.), Aias (9.628ff.) und Apollon (24.33ff., s. 24.33–54n., 24.41b–44n., mit Lit.; vgl. auch unten 33n.). Zur Interpretation der ganzen Rede s. schol. bT passim; JANKO; ERBSE 1983, 13f.; SCHEIN 1984, 117f.; BOUVIER 2002, 410–414; zur Gliederung LOHMANN 1970, 275; zu den Wiederholungen aus dem 11. Gesang FINGERLE 1939, 268; REICHEL 1994, 139ff.; DI BENEDETTO (1994) 1998, 277; KELLY 2007, 325f. 329; zur Wiederholung als allg. Erzählkonvention 6.86–101n. mit Lit.; zur Typischen SzeneP ‘Botengang’ 1.320–348a n. – Zur rhetor. Gestaltung der Rede s. auch 21–22n., 23–27n., 23n., 29n., 42n., 43n., 44n. 21–22 ὦ Ἀ χ ι λ ε ῦ …, µ έ γ α φ έ ρ τ α τ ’ Ἀ χ α ι ῶ ν , | … ἄ χ ο ς β ε β ί η κ ε ν Ἀ χ α ι ο ύ ς : Das Wortfeld ἄχος sowie die Namen Ἀχιλλεύς und Ἀχαιοί sind in der Ilias naturgemäß stark vertreten. Dabei entsteht bisweilen wie hier – mit vierfachem ἀχ-Anlaut – der Eindruck eines WortspielsP: durch seinen Kampfboykott bereitet Achilleus den Achaiern áchos (EtymologisierungP, vgl. RANK 1951, 41–43; LOUDEN 1995, 33f.); zu ἄχος ‘(seelischer) Schmerz (aufgrund eines äußeren Geschehens)’ s. 2.169–171n. Weitere Stellen, an denen eine Verbindung eines oder beider Namen mit ἄχος denkbar ist: 1.240f. (Achills Schwur: Ἀχιλλῆος ποθὴ ἵξεται υἷας Ἀχαιῶν | …· … ἀχνύµενός περ [sc. Agamemnon]), 2.694 (τῆς [sc. Briseïs] ὅ γε κεῖτ’ ἀχέων [sc. Achilleus]; ähnl. 18.446), 9.249f. (Odysseus spricht: αὐτῷ τοι µετόπισθ’ ἄχος ἔσσεται, οὐδέ τι µῆχος | … ἐστ’ ἄκος εὑρεῖν), 11.656–658 (Nestor spricht: τίπτε … Ἀχιλεὺς ὀλοφύρεται υἷας Ἀχαιῶν | …; οὐδέ τι οἶδεν | πένθεος …), 16.55 (Achilleus über seine Entehrung: αἰνὸν ἄχος τό µοί ἐστιν), 16.599 (Tod eines Myrmidonen: πυκινὸν δ’ ἄχος ἔλλαβ’ Ἀχαιούς), 16.822 (Tod des Patroklos: µέγα δ’ ἤκαχε λαὸν Ἀχαιῶν) usw. (18.61f., 20.293ff., 22.424f., 23.46f., 23.136f., 23.222ff., Od. 11.486; ähnl. die Etymologisierung des Namens Odysseus durch ὀδύροµαι, ὀδύσσοµαι und δυσKomposita in der Odyssee: RANK a.O. 51ff.; DE JONG zu Od. 1.48–62). – Während der Name Achaioi in der Antike allem Anschein nach nur selten (vgl. Eust. 640.31ff. zu Il. 6.255 [s.d.]) ausdrücklich mit ἄχος in Verbindung gebracht wurde (dem Mythos zufolge haben die Achaier ihren Namen von Achaios, dem Sohn des Atheners Xuthos, s. z.B. schol. D zu 1.2), wurde der Name Achilleus u.a. wie folgt gedeutet: διὰ τὸ ἄχος … ἐπενεγκεῖν τοῖς Ἰλιεῦσιν (schol. D zu 1.1; ähnl. Et.M. s.v.: … ἐπενεγκεῖν τῇ µητρὶ καὶ τοῖς Ἰλιεῦσιν). Der Zusammenhang mit ἄχος wurde in neuerer Zeit wieder aufgegriffen: zunächst als Ableitung von einem Adj. *ἀχ-ίλος, wie ὀργίλος aus ὀργή, vgl. Πενθ-ίλος (so KRETSCHMER 1913), dann als Hypokoristikon zu *Ἀχί-λα(ϝ)ος, ‘ein Heeresvolk habend, das ἄχος hat’
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(Possessivkomp.; morpholog. Analyse bei PALMER 1963, 78–80; 1979, 256–258; inhaltliche Interpretation in bezug auf Achills Rolle in der Ilias mit weitreichenden Implikationen bei NAGY [1979] 1999, 69–71. 79–81. 111f.; CLAY 1983, 64f.; NAGY 1994; CASALI 2008, bes. 286ff.; NTHS 43; Einwände und Modifikationen bei LÉTOUBLON 1994, 289f., u. HOLLAND 1993). Letztlich bleibt die Etymologie von Ἀχιλλεύς aus sprachwissenschaftlicher Sicht jedoch bis heute unklar (DELG s.v.: “inconnue”; vgl. die verschiedenen Hypothesen bei v. KAMPTZ 348; HOLLAND a.O. 24f.; BADER 1999, 41–45; NIKOLAEV 2007); belegt ist der Name schon im Myk. (a-ki-re-u, Dat. a-ki-re-we, s. DMic s.v.).
21 = 19.216, Od. 11.478 (Ganzvers-Anrede; Sprecher ist an beiden Parallelstellen Odysseus). — Die Formulierung ‘bei weitem Bester der Achaier’ läßt an die Auseinandersetzung zwischen Achilleus und Agamemnon im 1. Gesang zurückdenken, bes. an 1.186 u. 281, wo Agamemnon sich selbst als phérteros ‘besser’ bezeichnet bzw. von Nestor so bezeichnet wird (s. 1.173–187n., 1.244n., 1.275– 284n., 2.761–779n.). Die Wendung erscheint an entscheidenden Stellen der Ilias: hier – und 271/274 mit dem synonymen Begriff áristos (1.186n.) – vor dem Wiedereintritt der Myrmidonen in den Kampf (während die anderen ‘Besten’ nicht mehr kampffähig sind: V. 23), in 19.216 vor Achills eigenem Wiedereintritt (s.d.), außerdem im Schiffskatalog 2.769; vgl. POSTLETHWAITE 1989; FRIEDRICH 2007, 101f. Zu phértatos ‘bester’ s. 1.186n., 2.769n.; zur Charakterisierung Achills als ‘bester’ LATACZ (1995) 2014, 322f. Anm. 122. – “(Patroclus’) formula of address is itself an argument” (SHEPPARD 1922, 153), d.h. Patroklos suggeriert, daß Achilleus als ‘Bester der Achaier’ es in der Hand habe, die momentan schwierige Lage zum Besseren zu wenden. Zum Signalcharakter von Ganzvers-Anreden s. 1.36n.; Listen von Ganzvers-Anreden bei PARRY (1928) 1971, 63; WENDEL 1929, 49–51. ὦ Ἀ χ ι λ ε ῦ : Es ist umstritten, ob und wie weit die Interjektion ὦ emotionale Beteiligung signalisiert (1.74n. u. 1.442n. mit Lit.). — Π η λ ῆ ο ς υ ἱ έ : Die Schreibweise Πηλῆος erfordert zwar die Kürzung der Anfangssilbe von υἱέ (zu lesen als ὑ-jέ), ist aber “durch den Rhythmus besser empfohlen” als das in den Hss. mehrheitlich überlieferte Πηλέως (seltener Πηλέος) υἱέ (mit Synizese Πηλέ͜ως): AH, Anh. zu Od. 11.478 (ähnl. DEBRUNNER 1923, 32 Anm. 8; CHANTR. 1.228); correptio im Wortinnern kommt im fgrE auch sonst gelegentlich vor (WEST zu Hes. Th. 15; CHANTR. 1.168). Weitere Lit.: 1.489n., 6.130n., 19.216n. 22 = 10.145 (Nestor zu Odysseus). — µ ὴ ν ε µ έ σ α : ‘nimm es nicht übel, sc. daß ich weine; denn meine Tränen sind berechtigt’ (vgl. LEDBETTER 1993, 487). Die Wortfamilie von νέµεσις bezeichnet die ‘Empörung’ über ein moralisches Fehlverhalten (3.156n. mit Lit.) und gehört der Figuren-SpracheP an; “µὴ νεµέσα seeks to override indignation which is acknowledged as justified with reference to some more pressing need”, vgl. 10.145, 15.115 21 ὦ Ἀχιλεῦ: zum Hiat R 5.7; zum einfachen -λ- R 9.1. — Πηλῆος: = Πηλέως; zur Flexion R 11.3 (vgl. R 3). — υἱέ, (µ)µέγα: zur Prosodie M 4.6, hier zudem an Zäsurstelle. — µέγα: adverbiell, ‘bei weitem’. 22 βεβίηκεν: Perf. zu βιάζω.
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(CAIRNS 2003, 34; oben 7–19n.). — τ ο ῖ ο ν γ ά ρ : Zur überleitenden Funktion von τοῖον γάρ in der Argumentation vgl. 24.153n.: es stützt das eben Gesagte (µὴ νεµέσα) und wird seinerseits durch die folgende Aussage (23ff.) konkretisiert. — β ε β ί η κ ε ν : sog. Resultativperfekt: ‘hat überwältigt und hat in seiner Gewalt’ (bei Homer verhältnismäßig selten belegt: SCHW. 2.263f.; CHANTR. 2.199; MEISTER 1921, 122–124; TZAMALI 1996, 426). – Die Verbindung von abstrakten Nomina (bes. Bezeichnungen von körperlich-seelischen Zuständen) mit Verben des Ergreifens, Kommens u.ä. ist im Gr. häufig, vgl. 1.387n., 24.5n. (mit weiteren Stellen; vgl. auch unten 30n., 52n. a.E.; bes. zu Verbindungen mit ἄχος MAWET 1979, 317f.; RIJKSBARON 1997, 233–237; zu Umschreibungen dieses Typs allg. PORZIG 1942, 130–134). Das Akk.-Objekt in solchen Wendungen bilden wie hier (und z.B. 599) der ganze Mensch oder – häufiger – Lexeme des Wortfelds Seele-Geist (z.B. 52): 2.171n.
23–27 23 VE bis 27 = 11.658–662 (Nestor zu Patroklos), 23f. = 11.825f. (Eurypylos zu Patroklos), 23 VE ≈ Od. 8.36. — KatalogP der Verwundeten des dritten Kampftags: Diomedes (6.12n.; FM 3) ist durch einen Pfeilschuß des Paris am rechten Fuß verletzt worden (11.369–400, bes. 376f.), Eurypylos (2.736n.; FM 4) am rechten Oberschenkel (11.580–595, bes. 582–584); Odysseus (FM 3) ist von Sokos mit einer Stoßlanze am Brustkorb getroffen worden (11.428–488, bes. 434– 437), Agamemnon (FM 2) von Koon am Arm (11.251–283, bes. 251–253). Patroklos beschreibt einzig die Verletzung des Eurypylos präzise, weil er ihn selbst behandelt hat (11.806–848). Machaon wird, da er als Krieger weniger bedeutend ist, nicht mehr erwähnt (s. schol. D zu 25; Einleitung oben S. 11f.; ferner JANKO). – Der Katalog hat emphatische Funktion (GAERTNER 2001, 299f.). Namentlich die Vv. 25–27 (Namensliste) zeichnen sich rhetorisch durch Parallelismus (Prädikat – Partikel – Name) und leicht variierte Anaphorik am VA aus (“hebt hier das Drängende, Überwältigende der Situation hervor”: NESTLE 1942, 57; vgl. 12–18n.). Weitere gemeinsame Nennungen von Diomedes, Odysseus und Agamemnon: 14.27–29, 19.47–53 (s.d.). 23–24 Patroklos, der längere Zeit bei Eurypylos verweilt hat, kann nicht wissen, daß Agamemnon, Diomedes und Odysseus – wenn auch noch nicht vollständig genesen – in der Zwischenzeit bereits wieder eine Beratung abgehalten und das Heer zur Schlacht aufgestellt haben (bes. 14.27ff., 378ff.; REICHEL 1994, 97f. 203; anders WEST 2011, 312f.). Dennoch wirken die Formulierungen ‘schon alle, die früher zu den Besten gehörten’ und ‘sie liegen verwundet im Schiffslager’ für den Rezipienten wie dramatisierende Übertreibungen, um Achilleus die Dringlichkeit des Anliegens klarzumachen und ihn damit zum Einlenken zu bewegen (schol. bT; DI BENEDETTO [1994] 1998, 63f.; Analoges gilt für V. 28: Behandlung der Verwundeten durch die Ärzte). 23 µ ὲ ν γ ὰ ρ δ ή : An den übrigen drei Belegstellen dieser Partikelkombination (11.825 [Iteratvers], 14.55, Od. 6.242) korrespondiert µέν jeweils unmittelbar mit δέ (vgl. 14.55n.). Hier wird µέν in V. 28 nach der Namensliste gewissermaßen zunächst noch einmal aufgenommen und erst danach in V. 29 durch δ(έ) fortgeführt (vgl. GRAZIOSI/HAUBOLD zu
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6.127: “δέ signals the main point after two µέν clauses”). – Zu δή vgl. 127n. — ἄ ρ ι σ τ ο ι : bed. ‘beste’ im allgemeinsten Sinn (1.91n.), kann aber durch den jeweiligen Kontext eine Spezifizierung erfahren, hier die ‘Kriegstüchtigsten’ (vgl. ULF 1990, 24–32). 24 = 11.659, 11.826; 2. VH = 13.764. — ἐ ν ν η υ σ ί ν : d.h. ‘im Schiffslager’ (vgl. 1.12b n.). — β ε β λ η µ έ ν ο ι ο ὐ τ ά µ ε ν ο ί τ ε : βάλλω bed. ‘mit einer Wurfwaffe treffen’ (im Fernkampf), οὐτά(ζ)ω ‘mit einer Stoß- oder Hiebwaffe treffen’ (im Nahkampf; Ausnahme: 467f. ἔγχεϊ), in 25–27 mit emphat. Anapher (dazu 12–18n.) entsprechend auf die einzelnen Helden bezogen (s.o. 23–27n.) (TRÜMPY 1950, 92f. 104–107; LATACZ 1977, 205; SAUNDERS 2004, 5; der unterschiedl. Wortgebrauch ist bereits in der Antike, bes. von Aristarch, thematisiert worden: LEHRS [1833] 1882, 51ff.). — ο ὐ τ ά µ ε ν ο ι : wohl altes Ptz. zum athemat. Wurzelaor. οὖτα mit passiv. Funktion; Präs. οὐτάω und οὐτάζω mit den Formen des sigmat. Aor. (οὔτησε/οὔτασε [317n.]), mit Aor. Pass. (οὐτηθείς, im fgrE nur 8.537) und Perf. Pass. (οὔτασται/οὐτασµένος) dürften demgegenüber sekundär sein (6.64n. mit Lit.). 25 = 11.660; ≈ 8.532. — ὁ Τ υ δ ε ΐ δ η ς κ ρ α τ ε ρ ὸ ς Δ∆ Δ∆ιι ο µ ή δ η ς : Varianten: Τυδεΐδης ‒ ‒ κρατερὸς Δ∆ιοµήδης (3× Il. nach Zäsur A 3), Τυδεΐδεω Δ∆ιοµήδεος (flektierbar: 74n.; zur Voranstellung des Patronymikons 15n.). κρατερὸς Δ∆. steht insgesamt 19× am VE, 1× im Vers-Innern; im übrigen ist κρατερός vereinzelt gener. EpithetonP mehrerer anderer Helden (LfgrE s.v. 1522.54ff.). – Zum Artikel 358n. (bei Τυδεΐδης nur hier u. Iteratverse; weitere Parallelen zum Artikel bei Patronymika: 11.614, 13.698, 14.460, 23.303, Od. 11.519). 26 = 11.661. — δ ο υ ρ ι κ λ υ τ ό ς : generisches EpithetonP mehrerer Helden zwischen den Zäsuren B 1 und C 2 (PARRY [1928] 1971, 64–67; 2.645n.), dem Eigennamen jeweils nachgestellt; im 16. Gesang außer von Odysseus auch von Automedon 472 und Meriones 619. – In bezug auf Odysseus scheint bes. im 11. Gesang (Kampfschilderung) eine kontextbezogene Bed. des Epithetons möglich (11.396/401/661); sie dürfte hier noch nachwirken: COSSET 1983, 195; FRIEDRICH 2007, 86. 117; vgl. BOUVIER 2002, 410 Anm. 165.
27 = 11.662 (wird dort als Konkordanzinterpolation verdächtigt: WEST 2001, 13 Anm. 31. 214); ferner VE = 11.583/810 (ebenfalls von Eurypylos). — Der Oberschenkel ist ein typischer Ort der Verwundung durch Pfeil oder Speer; Stellen: LfgrE s.v. µηρός 194.49ff.; s. auch HAINSWORTH zu 11.263; MORRISON 1999, 143f. (nach der Lokalisierung geordnete Liste von tödlichen Verletzungen). 28–29 Neben den bekannten Ärzten Machaon und Podaleirios, die in erster Linie Fürsten und Krieger sind wie die anderen gr. Helden auch (im Schiffskatalog: 2.729–733; im Kampf: 4.202–204, 11.505–520, 11.833–836), werden hier und 13.213 (und viell. 11.835) namentlich nicht genannte, vermutlich ‘professionelle’ Ärzte erwähnt. Sie zählen in der zivilen Welt der Odyssee zu den demioergói, den ‘öffentlichen Arbeitern’, die hohes Ansehen genießen (Od. 17.383–386; vgl. Il. 11.514). Lit.: 2.732n.; LASER 1983, 96–102. Zur Behandlung der Kriegsverletz24 κέαται: = κεῖνται (R 16.2). 26 Ὀδυσεύς: zum einfachen -σ- R 9.1. — δουρικλυτος: zu δουρι- vgl. R 12.5. — ἠδ(έ): ‘und’ (R 24.4).
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ten s. eingehend LASER a.O. 104ff.; SALAZAR 2000, 126ff. – Patroklos erwähnt die Ärzte hier möglicherweise weniger um der (ohnehin nicht mehr ganz zutreffenden: 23–24n.) Sachinformation als um des Gegensatzes willen: ‘die körperlich verletzten Helden sind heilbar, während sich der innerlich verletzte Achilleus als unbeweglich erwiesen hat’ (schol. bT zu 29; MARTIN 1983, 18f.; s. auch 29n.). 28 µ έ ν τ (εε ): Es ist unklar, welche Funktion solitäres τε in µέν τε hat, vgl. 4.341, 13.47 u.ö. (meist nach Pronomina): RUIJGH 759 (nach Art einer verallgemeinernden Aussage); CHANTR. 2.342 (“valeur contingente” i.S.v. ‘da und dort, soweit möglich’); vgl. 836n. zu δέ τε. – µέν bereitet hier die Antithese (σὺ) δέ vor (vgl. 23n.). — π ο λ υ φ ά ρ µ α κ ο ι : iliad. hapaxP, ‘die über viele(rlei) Heilmittel verfügen’; in Od. 10.276 u. Vit. Hom. Her. § 32 West von Kirke (φάρµακον dort i.S.v. ‘Zaubermittel’). Zur Verwendung von Heilmitteln in myk. Zeit u. bei Homer LASER 1983, 119ff.; TZAVELLA-EVJEN 1983. — ἀ µ φ ι π έ ν ο ν τ α ι : in gleichem Zusammenhang (Behandlung eines Verwundeten) auch in 4.220, 13.656.
29 2. VH ≈ 10.167. — Der vorwurfsvolle Ton wird durch die Wiederholung der Anrede ‘Achilleus’ (21 und hier) verstärkt (11n.). ἀ µ ή χ α ν ο ς ἔ π λ ε (οο ): ‘dir war nicht beizukommen’ (Hinweis FÜHRER). ἀµήχανος gehört zur Figuren-SpracheP und bed. ‘jd., gegen den man kein Mittel findet’ (passivisch): schol. A (dazu NÜNLIST 2012, 209), 19.273a n. (‘unzugänglich, eigensinnig, unbeeinflußbar’); bisweilen wird auch eine schillernde akt.-pass. Bed. angenommen: ‘you will do nothing and nothing can be done with you’ (SHEPPARD 1922, 153; ähnl. BOUVIER 2002, 411).
30 Patroklos nimmt mit chólos ‘Zorn’ letztlich Bezug auf die Ereignisse im 1. Gesang (interne AnalepseP), deren Folgen bis jetzt anhalten (Boykott); der Ausdruck ‘chólos des Achilleus’ fiel in 1.192, 224, 283 (vgl. 1.1, 1.488: mḗnis ‘Groll’). µ ὴ ἐ µ έ γ ’ ο ὖ ν ο ὗ τ ό ς γ ε : d.h. ‘nicht mich und nicht dieser (ein solcher) Zorn’, vgl. 5.258 εἴ γ’ οὖν ἕτερός γε φύγησιν, 5.827 µήτε σύ γ’ Ἄρηα τό γε δείδιθι (zu doppeltem γε DENNISTON lxii). γ’ οὖν entspricht, wie att. γοῦν, einem verstärkten γε, dt. ‘jedenfalls’ (DENNISTON 448, 450; REYNEN 1958, 91f.; PATILLON 1999, 731f.). Zur Emphase in Patroklos’ Formulierung s. WALSH 2005, 130; zudem liegt ein pathet. Asyndeton vor (Hinweis FÜHRER). — ο ὗ τ ό ς γ ε : οὗτος kann einen abwertenden od. feindseligen Unterton enthalten (CHANTR. 2.169; vgl. AH). — λ ά β ο ι χ ό λ ο ς : Zum Verb des Ergreifens (oder Befallens, Überkommens) s. 22n. zu βεβίηκεν und 1.387n. zu χόλος λάβεν (mit Lit.; GRUBER 1963, 23); zu χόλος ‘(Jäh)zorn’ 1.81–82n.; CLARKE 1999, 92ff.; CAIRNS 2003, passim (bes. 24– 26. 29–31). — φ υ λ ά σ σ ε ι ς : ‘(eine bestimmte Einstellung) bewahren, aufrechterhalten, bedacht sein (auf)’ wie 24.111 (vgl. 686n.); hier vom Zorn: ‘hegen’ (pejorativ: ‘du verharrst in deinem Zorn’). – VE ὃν σὺ φυλάσσεις = Od. 2.350 (Wein, den Eurykleia ‘aufbewahrt’). 28 τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11). 29 ἕλκε’ ἀκειόµενοι und ἔπλε’, Ἀχιλλεῦ: zu den Hiaten nach Elision R 5.1; ἀκειόµενοι ist konativ: ‘bemüht zu heilen’. — ἔπλε’: = ἔπλεο (< *ἔπλεσο), 2. Sg. Aor. zu πέλοµαι ‘sich erweisen als, sein’. 30 µὴ ἐµέ: zum Hiat R 5.7.
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31 Mit dem Hinweis auf die Nachwelt fordert Patroklos Achilleus auf, durch seinen Einsatz für die Gemeinschaft ein Beispiel zu sein und sich dadurch zugleich Ruhm zu erwerben. Das Motiv der Nachwelt enthält hier also zweierlei Sinnrichtungen: (a) musterhafte Vorgehensweise (vgl. die Charakterisierung der exemplarischen Vergeltungsmaßnahmen in 3.286f., 3.351–354, 8.512–516), (b) Aussicht auf persönlichen Ruhm (gr. kléos, ein Grundwert idg. Gesellschaften; vgl. 7.87–91, 22.304f., Od. 1.298–302). Das Medium, in dem Achills Taten für spätere Generationen tradiert werden, ist das Epos selbst (es liegt also eine sog. Selbst-Referentialität vor; vgl. NTHS 62). – Zu den Facetten von Nachwelt, Ruhm und SelbstReferentialität an den einschlägigen Stellen in der Ilias s. 2.119n., 2.325n., 3.287n., 6.356–358n., DE JONG zu Il. 22.304–5 (alle mit Lit.); zur exemplarischen Funktion der Ilias allg. s. HOWIE 1995; GRETHLEIN 2006, 322–328. α ἰ ν α ρ έ τ η · τ ί σ ε ’ ἄ λ λ ο ς ὀ ν ή σ ε τ α ι : bemerkenswerte sprachl. und inhaltl. Ähnlichkeit mit 11.763 (Nestor zu Patroklos über Achilleus): oἶος ἧς ἀρετῆς ἀπονήσεται (AH: “deine Tapferkeit wird keinem außer dir nützen”; JANKO; NAGLER 1974, 144f.; LOWENSTAM 1993, 105f.); wahrscheinlich greift Patroklos absichtlich Nestors Gedanken auf (vgl. 36–45 mit n.). — α ἰ ν α ρ έ τ η : ‘Unglücksheld’ (vgl. AH), Vok., hapaxP (sonst Name der Gattin des Aiolos [DNP]). Von einem, der zwar über ἀρετή verfügt, diese aber αἰνῶς ‘auf schreckliche Weise’ – d.h. verderbenbringend – anwendet: Oxymoron (schol. bT; FEHLING 1969, 287; JANKO [mit Nennung ähnlicher Wortbildungen]). Syntaktisch kann die Anrede entweder zum Vorangehenden (30 σύ) gezogen werden oder einen Neueinsatz bilden (so WEST 2001, 235: “new expostulation”). — π ε ρ : genaue Funktion hier umstritten, entweder steigernd ‘gerade einer, der später leben wird’ (AH: “berechnet auf Achills Ruhmliebe”; DENNISTON 482: “attention momentarily concentrated on posterity”) oder konzessiv ‘mag er auch erst noch geboren werden’ (d.h. weder Jetzige noch Spätere, vgl. CHADWICK 1996, 242); weniger wahrscheinlich BAKKER 1988, 260f.: “minimal linguistic significance”.
32 2. VH = 9.495; ≈ 1.341, 1.398, 1.456; VE insges. ≈ 14× Il. (flektierbar). — Die Wendung ‘den schmählichen Untergang abwehren’ kommt wiederholt im Zusammenhang mit Achilleus’ Boykott vor: 1.341 warnt Achill mit den gleichen Worten davor, daß man ihn dereinst genau dazu brauchen werde, den Griechen ‘den Untergang abzuwehren’. An der vorl. Stelle will der Erzähler durch Patroklos’ Wortwahl vielleicht implizieren, daß es nun soweit ist (vgl. 74f.). Allerdings weigert sich Achilleus nach wie vor (18.450 im Rückblick der Thetis); immerhin wird er in 16.80f. zu ebendiesem Zweck Patroklos in den Kampf schicken (erneut dieselbe VE-Formel in V. 80). Vgl. NAGY (1979) 1999, 75f.; BLICKMAN 1987, 3. ἀ ε ι κ έ α : ‘schmählich’, gehört zur Figuren-SpracheP (1.97n.).
31 τί … ὀνήσεται: ‘was für einen Nutzen wird er von dir haben?, wie soll er sich an dir freuen?’. — σε’: = σεο (R 14.1). 32 αἴ κε: = ἐάν (R 22.1, 24.5). — Ἀργείοισιν: zur Flexion R 11.2.
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33–35 Die Abstammung ist ein wichtiges Identifikationsmittel epischer Helden (6.145n.; ALDEN 2000, 153–167, bes. 156–158). Indem Patroklos im Gedankenspiel Peleus (als dessen Sohn er Achilleus in der Anrede V. 21 ausdrücklich bezeichnet hat) und Thetis provozierend durch nicht-anthropomorphe ‘Eltern’ ersetzt, spricht er Achill jegliche Menschlichkeit ab (33: ‘erbarmungslos’, 35 ‘ohne Milde, hart’). Die Vorhaltungen wirken um so stärker, als die Eltern zu rohen Elementen entpersonalisiert werden: die Nereïde Thetis wird hyperbolisch zum Meer (in dem sie lebt; vgl. FG 20), und Peleus, dessen urspr. Heimat das Pelion-Gebirge gewesen sein soll (vgl. 143f.), zum Felsen. Lit.: schol. b zu 34f.; MARG 1938, 74– 76; BURKERT 1955, 74f. 94; MOST 1993; PÖTSCHER 1998, 103–105; KIM 2000, 116; BOUVIER 2002, 412; eine Parallele in der akkad. Mythologie, allerdings von einem Tierwesen, bei WEST 1997, 386. – Ein etwas anderer Vorwurf der Unmenschlichkeit folgt in V. 203 (Thetis habe Achill mit Galle statt mit Muttermilch aufgezogen), erneut verbunden mit der Bezeichnung ‘Erbarmungsloser’ (204). πατὴρ … Πηλεύς | οὐδὲ Θέτις µήτηρ, γλαυκὴ … θάλασσα | πέτραι τ’ ἠλίβ α τ ο ι : Die rhetor. Gestaltung unterstreicht die Emotionalität der Aussage: die vier Subjekte stehen chiastisch sowohl im Verhältnis zu ihrem Prädikatsnomen bzw. Attribut als auch im Verhältnis zueinander (Πηλεύς : πέτραι / Θέτις : θάλασσα, mit je gleichem Anlaut).
33 Nicht nur Patroklos, sondern auch Phoinix (9.496f.), Aias (9.632) und die Myrmidonen (16.204, von Achilleus selbst referiert) bezeichnen Achill als nēleḗs ‘erbarmungslos’ (ähnl. Nestor 11.665, Apollon 24.44). Achill ist außer Polyphem (Od. 9.272 u.ö.) das einzige Lebewesen im fgrE, das diese Bezeichnung erhält (die positive Verwendung 19.229 steht in anderem Zusammenhang, s. 19.228–229n.). Impliziert ist natürlich jeweils der Appell, die Hartherzigkeit aufzugeben, vgl. Odysseus in 9.301f. (LfgrE s.v.; PAUL 1969, 49; FRIEDRICH 1975, 145f.; GRIFFIN 1986, 39f.; KIM 2000, 28. 32. 178–181; vgl. 24.33–54n., 24.44n.; eine Liste von vergleichbar heftigen Anwürfen im hom. Epos bei CLASSEN 2008, 116 Anm. 66). ν η λ ε έ ς : ‘mitleidlos’ (Vokativ); zur Wortbildung 3.292n. — ο ὐ κ ἄ ρ α … ἦ ν : dt. präsentisch ‘mitnichten also⟨, wie ich jetzt sehe,⟩ ist …’; “the familiar idiom with the imperfect, used when one realizes that one has been under a misapprehension”, vgl. V. 60: WEST zu Hes. Th. 560; SCHW. 2.279f.; LfgrE s.v. ἄρα 1160.55ff.; DENNISTON 36f.; ausführlicher WACKERNAGEL (1920) 1926, 185; HOOKER (1992) 1996, 49–51; s. auch 3.183n. (zu τοι … δεδµήατο). Zur affirmativen Variante ἄρα + Impf. s.u. 203n. — ἱ π π ό τ α Π η λ ε ύ ς : ἱππότα ist generisches EpithetonP, s. 2.336n. zu Wortbildung u. Verwendung (Endung -τᾰ wohl vom Vok. übernommen; zu solchen kunstsprachlichen Entwicklungen s. auch JANKO 2012, 23). Das Epitheton wird 23.89 noch einmal für Peleus verwendet (Sprecher: Patroklos’ Totengeist), sonst überwiegend für Nestor.
33 ἱππότα: Nom. Sg.
Kommentar
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34 1. VH = 18.332. — γ λ α υ κ ή : als Adj. hom. hapaxP, als Eigenname bei Homer geläufig (Glaukos [FM 10], ferner die Nereïde Glauke 18.39); bei Hes. substantiviert ἡ γλαυκή ‘die See’ (Th. 440; vgl. 24.341n. a.E.). Die Bed. von γλαυκός ist umstritten: (a) reines Farbwort (im Bereich graublau, hellblau), s. JANKO zu 33–5; PÖTSCHER 1998, 97f. 105ff.; (b) Glanzwort: ‘glänzend, blank’ (mit der Konnotation ‘starr, hart’ oder ‘drohend, gefährlich’, vgl. schol. D), s. LfgrE s.v.; GÖBEL 1855, 527; HANDSCHUR 1970, 67ff.; ELLIGER 1975, 96; schwankend LEAF (a oder b); (c) Charaktereigenschaft: ‘furchtbar, wild’, s. LEUMANN 1950, 148ff. (wenig wahrscheinlich). Die Epitheta des Meeres (dazu allg. 24.79n.) weisen oft auf die Meeresfarbe hin, also hier (a) oder (b). 35 1. VH = Od. 13.196; 2. VH ≈ Il. 23.484, Od. 18.381. — ἠ λ ί β α τ ο ι : Bed. unsicher (BEEKES; LfgrE: ‘schroff’; ältere Erklärungen bei AH, Anh. z.St.), 10× Epitheton zu πέτρη (vgl. 4n.). — ὅ τ ι : ‘daß’ i.S.v. ‘ich sage/frage dies, weil’ oder ‘ich schließe dies daraus, daß’ (24.239–240n. mit Lit.; ferner BONIFAZI 2012, 193–195). — ἀ π η ν ή ς : ‘hart, teilnahmslos’, auch ‘rechthaberisch, selbstherrlich’ (LfgrE; CLARKE 1999, 100 Anm. 101).
36–45 ≈ 11.794–803 (Nestor zu Patroklos, vgl. 21–45n.; die meisten Modifikationen betreffen Pronominal- und Verbalformen; Veränderungen des Wortlauts nur 796/38, 798/40; vgl. REICHEL 1994, 141f.); 41b–43 = 18.199b–201 (vgl. 42–43n.). — Patroklos verlangt von Achilleus, daß er wenigstens ihn, Patroklos, mit den Myrmidonen in den Kampf ziehen lasse und ihm seine Rüstung überlasse (sog. Waffentausch-Motiv: 278–283n.), damit sich durch die Täuschung des Feindes ein kurzfristiger Erfolg einstelle. Er übernimmt dabei Nestors strateg. Ratschlag wörtlich (s. Iteratverse; zu Nestors Rolle als Ratgeber vgl. 2.362–368n.), ohne den Urheber zu benennen (zu ähnl. Fällen 6.269–278n.; DE JONG zu Od. 5.1–42). Für das Verschweigen können Gründe sowohl (a) auf der Figuren-Ebene als auch (b) auf der Erzähler-Ebene angeführt werden: (a) die Befürchtung, “daß Achill alles zurückweist, was von den Achaiern kommt” (REICHEL 1994, 141; ähnl. DE JONG [1987] 2004, 282 Anm. 73; RABEL 1997, 157f.); (b) die Absicht des Erzählers, daß Patroklos nicht bloß als Vermittler, sondern “als künftig handelnd eingreifender Held in der Phantasie des Hörers leben [soll]” (SCHADEWALDT [1938] 1966, 89; ähnl. ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 217) – d.h. Patroklos macht sich Nestors Rat zu eigen (ALDEN 2000, 255–257; DENTICE DI ACCADIA 2012, 215; vgl. 46–47n.). ε ἰ δ ὲ … | …, | ἀ λ λ ’ ἐ µ έ π ε ρ π ρ ό ε ς : ‘wenn schon nicht du, so wenigstens ich’ (FRÄNKEL 1925, 9; DENNISTON 483f.; CHADWICK 1996, 245; vgl. 523n.). Ähnlich 9.300–302, 12.348f.; s. auch 1.81–82n., unten 264–265n. (οἳ δέ).
36 ≈ 11.794. — Daß Thetis ihrem Sohn eine Prophezeiung zukommen läßt, ist nicht außergewöhnlich; darin geht es i.d.R. um Achilleus’ kurzes Leben und seinen Tod 34 τίκτε: zur augmentlosen Form R 16.1. 35 τοι: = σοι (R 14.1). — νόος: = νοῦς (R 6). 36 σῇσι: = σαῖς (R 11.1).
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Ilias 16
nach Hektors Tod (1.352, 1.415–418, 9.410–416, 18.95f. [s.d.], 21.275–278) sowie um den Tod des Patroklos (17.400–411, 18.8–11 [s.d.]). Weitere, außerhalb der Ilias überlieferte Prophezeiungen der Thetis warnen Achilleus ebenfalls vor seinem Untergang; so solle er nach der Ankunft an der troianischen Küste nicht als erster an Land gehen (Apollod., Epit. 3.29) oder bestimmte Gegner nicht töten, um danach nicht selbst zu fallen (ebd. 3.26; Aithiopis, Prokl. Chrest. § 2 West); s. JANKO zu 49–50; EDWARDS zu 18.95–6 a.E.; SLATKIN (1991) 2011, 35; BURGESS 2009, 17–19. Patroklos (und vor ihm Nestor in 11.794) setzt wohl eine derartige Prophezeiung voraus (Tod auf dem Schlachtfeld); diese dient aber in erster Linie als rhetor. Argument, d.h. als provokative Folie für den tatsächlichen Grund: Achilleus’ Hartherzigkeit (SHEPPARD 1922, 153f.; KAKRIDIS 1949, 110f.; REINHARDT 1961, 46; WILLCOCK 1977, 48f.; vgl. KULLMANN 1956, 112f.: Götterweisung als “typische Form des Handelns”; WEST 2011, 223f: “a poetic device and variable to suit different contexts”). Entsprechend wird Achilleus in 50f. Patroklos’ Vermutungen zurückweisen und den aus seiner Sicht wahren Grund anführen: die Verletzung seiner Ehre (50–55n., 52–59n.; WILLCOCK zu 50–1; LLOYDJONES 1971, 19f.; BARTH 1989, 21f.; WILSON 2002, 111; BURGESS a.O. 52f.). Andere, wenig plausible Deutungen: Nestor und Patroklos werfen Achilleus implizit Feigheit vor, insofern als er durch Rücksichtnahme auf die Prophezeiung den Tod auf dem Schlachtfeld vermeiden wolle (schol. bT zu 36f. u. 41 a.E.; JANKO zu 21– 45 a.E.; JAHN 1987, 215); sie räumen ihm taktvoll die Möglichkeit ein, sich auf eine höhere Macht in Form der Prophezeiung berufen zu können (REINHARDT 1920, 269f.; ALDEN 2000, 250. 260). 37 ≈ 11.795, 16.51; 2. VH ≈ Od. 10.549. — κ α ί : explikativ/präzisierend (AH u. LEAF zu 11.795; BARTH 1989, 22; vgl. 24.390n. mit Lit.). — π ό τ ν ι α µ ή τ η ρ : VE-Formel zur Bez. von Göttinnen und hochgeehrten Frauen (21× Il., 13× Od., 3× h.Cer.), 9× als Periphrastische BenennungP für Thetis verwendet (1.357n., 6.264n.). 38 ≈ 11.796, Panyassis fr. 19.8 West; 2. VH ≈ Il. 18.452 (s.d.; zu ähnl. Wendungen vgl. HAUBOLD 2000, 199f.). — ὦ χ ’ : ὦκα ‘schnell’ scheint oft mit besonderem Nachdruck gesagt zu sein (vgl. 2.244n., 24.37b n., 24.133n.), hier verstärkend von Patroklos ‘eingefügt’: 11.796 ἀλλὰ σέ περ προέτω > ἀλλ’ ἐµέ περ πρόες ὦχ’ (anders EIDE 1999, 107f.: Versfüller).
39 ≈ 11.797; 2. VH (nach der Zäsur A 4) ≈ 8.282. — ‘Licht’ ist eine Metapher für ‘Rettung’ (6.6n.; WEST 2007, 482), von Patroklos auch in V. 95; hier implizit im Gegensatz zu Achills Unbarmherzigkeit (KIM 2000, 114f.). Licht und Feuer spie37 τινά: sc. θεοπροπίην. — πάρ: = παρά (R 20.1). — Ζηνός: Gen. zu Ζεύς (R 12.5). — ἐπέφραδε: ἐ-πέ-φραδε, reduplizierter Wurzelaor. zu φράζω ‘weisen, anzeigen, kundtun’. 38 ἀλλ(ὰ) … περ: ‘so doch wenigstens’. — πρόες: Imp. Aor. zu προίηµι, sc. in die Schlacht. — ὄπασσον: Imp. Aor. zu ὀπάζω ‘(mit)schicken’ (Kausativum zu ἕποµαι); zum -σσ- R 9.1. 39 φόως: zur ep. Zerdehnung (φάος > φῶς > φόως) R 8.
Kommentar
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len in der Patroklos-Handlung – wie auch in den Aristien anderer Helden – eine große Rolle, vgl. 70b–72a n. (das Strahlen des Helms), 80–82n. (Angriff der Troer mit Feuer), 122–123n. (brennendes Schiff), 777–780 (Sonnenstand). Lit.: WHITMAN 1958, 135–137; BREMER 1976, 59–73. α ἴ κ ε ν : ‘ob ich wohl …’, d.h. ‘in der Hoffnung, daß; damit vielleicht’ (1.207n., 6.94n.; CHANTR. 2.282f.; ausführlich WAKKER 1994, 365–379); ebenso in V. 41.
40 Vgl. 11.798 u. 16.64 (wobei in V. 64 die Wiederholung im Sinne einer Bejahung durch Achilleus zu deuten ist: AREND 1933, 11); 2. VH ≈ 8.530, 11.49, 11.725, 12.77, 18.277, 18.303. — Das Anlegen der Rüstung folgt in 130–144 (Beinschienen, Brustpanzer, Schwert, Schild, Helm, Speere). Die Formulierung ‘um die Schultern, an den Schultern’ ist typisierende Verallgemeinerung im Zusammenhang mit dem An- u. Ablegen von Rüstungsteilen, obschon eigentlich nur Panzer, Schwert und Schild um die Schultern getragen werden (3.328n.; TRÜMPY 1950, 76–79, mit Korrekturen bei SOMMER 1977, 92–99; LfgrE s.v. τεῦχος 425.55ff.). τ ὰ σ ὰ τ ε ύ χ ε α : vgl. 64 ἐµὰ … τεύχεα (Achill spricht); auch wo im folgenden ein Personalpron. oder Gen.-Objekt fehlt, ist unzweifelhaft Achills Rüstung gemeint: 129, 130, 248, 279, 17.125, 130 usw. (zur Eindeutigkeit der Bezugnahme s. REINHARDT 1961, 310–314).
41 ≈ 11.799; 2. VH = 14.78, 18.199 (vgl. 42–43n.). — Die anfängliche Täuschung der Troer durch den Auftritt des Patroklos in Achills Rüstung – vordergründige Funktion des Waffentausch-Motivs (vgl. 36–45n.) – wird 16.278–283 geschildert (s.d.). – Kämpfer sind an ihrer Rüstung zu erkennen (5.450, 16.278–283), und zwar am ehesten an Schild, Helm und Pferden (5.181–183, 11.526f.; s. AH; KIRK zu 5.182–3; HAINSWORTH zu 11.798–9; PATZER 1996, 173). Zur gewaltigen Wirkung von Achills Erscheinung vgl. 19.374–383n., 20.41–46, 22.131–144, ferner 18.203–231 (ohne Rüstung, dafür mit göttlicher Überhöhung; s. 18.203–221n.), 19.14–17 (die neue Rüstung; s.d.), 20.441–443 (lauter Schrei). π ο λ έ µ ο ι ο : nomen actionis, also ‘das Kämpfen, der Kampf’ (2.453n. mit Lit.; LfgrE s.v. 1335.41ff.).
42–43 = 11.800f., 18.200f. (zum dreifachen Vorkommen des Verspaars s. DE JONG [1987] 2004, 283 Anm. 84: “partly due to similarity of situation […] and partly to common knowledge”; allerdings wird die dritte Stelle von West als Konkordanzinterpolation ausgeschieden [18.200–201n.]); 2. VH von 42 außerdem = 4.114, 20.317, 21.376, Od. 23.220. — Das beste Beispiel dafür, wie dringend die Achaier eine ‘Atempause’ nötig hätten, ist Aias: er hat in der Bedrängnis keine Gelegenheit, Atem zu holen (109–111). Die erwünschte Kampfunterbrechung erfolgt dann 40 ὤµοιϊν: Dativ Dual zu ὦµος ‘Schulter’ (vgl. R 18.1); präpositionsloser dat. loci (R 19.2). — τὰ σὰ τεύχεα: Akk.-Objekt zu δός. — θωρηχθῆναι: final-konsekutiver Inf. 41 σοὶ (ϝ)ίσκοντες: zur Prosodie R 4.4; (ἐ)ίσκω (+ Dat.) ist faktitives Präs. zu ἔοικα: ‘vergleichen, gleichsetzen mit, halten für’.
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in dem Moment, als das brennende Schiff gelöscht und die Troer zurückgedrängt werden (293, 301f.; s. 293n.; REINHARDT 1961, 345–347). Anschließend werden die Kämpfe jedoch fortgesetzt. Zum Motiv ‘Pause im Kampf’ s. 19.201n. (nominal, hier 43), 19.227n. (verbal, hier 42). 42 Τ ρ ῶ ε ς … Ἀ χ α ι ῶ ν : emphatische Antithese von VA und VE (HIGBIE 1990, 38f.; vgl. z.B. 24.360n.); ähnlich bemerkenswert die antithetische Kontaktstellung Ἀργεῖοι. Τρώων δέ … in V. 69, Ἀχαιῶν. | Τρῶες δ(έ) … in V. 277f. (vgl. 2.352n., 24.469n.; EDWARDS 1966, 143). — ἀ ρ ή ϊ ο ι : ‘mit Ares verbunden, kriegerisch’; generisches EpithetonP, 7× in der vorl. VEFormel, ferner von verschiedenen Kriegern (u.a. 9× von Menelaos [310–311n.] und je 1× von Achilleus, Eudoros und Peisandros [alle drei im 16. Gesang: 166, 179, 193]) und von Rüstungen. — υ ἷ ε ς Ἀ χ α ι ῶ ν : flektierbare VE-Formel, periphrastische Kollektivbezeichnung, vgl. die biblische Wendung ‘die Söhne Israel’ (1.162n.; weitere Lit: LfgrE s.v. υἱός 701.3ff.; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.255). 43 τ ε ι ρ ό µ ε ν ο ι : zur idg. Wurzel *ter- ‘reiben, bohren’ (lat. terere), also ‘aufreiben’, sowohl physisch ‘erschöpfen’ als auch psychisch ‘unter Druck setzen, bedrängen’ (LfgrE; FRISK). — ὀ λ ί γ η δ έ τ ’ ἀ ν ά π ν ε υ σ ι ς π ο λ έ µ ο ι ο : nach MAZON ‘il faut si peu de temps pour souffler à la guerre’ (ähnl. LA ROCHE zu 11.801: “die Erholung vom Kriege ist kurz, d.h. sie braucht nicht lange zu sein”; FAESI u. AH zu 11.801: “auch eine kurze Rast ist doch immerhin eine Rast”). Die Wendung trägt sprichwörtlichen Charakter (DE JONG a.O.). Gnomische Aussagen dienen öfter dazu, Ratschläge zu unterstreichen (STENGER 2004, 6–9). Typisch ist dabei (a) die lakonische Formulierung durch einen Nominalsatz, vgl. 630 (LARDINOIS 2001, 99 mit Anm. 32; abstrakte Verbalnomina eignen sich dafür besonders: JONES 1973, 14f.), (b) die Wiederaufnahme eines Verbs durch ein stammverwandtes Substantiv: ἀναπνεύσωσι – ἀνάπνευσις (LARDINOIS 1997, 218; allg. PORZIG 1942, 31ff.), und (c) die Stellung der Gnome am Ende (oder gegen Ende) der Rede (1.218n.; AHRENS 1937, 23. 52; LOHMANN 1970, 24. 66f. 72; STENGER a.O. 9).
44 = 11.802. — Mit ‘wir Unermüdeten’ sind Patroklos und die Myrmidonen gemeint, die seit den Ereignissen des 1. Gesangs auf Achills Geheiß nicht mehr an den Kämpfen teilgenommen haben (2.771ff., 24.394f.). ἀ κ µ ῆ τ ε ς κ ε κ µ η ό τ α ς : Die Antithese durch ein stammverwandtes Begriffspaar in Kontaktstellung (beide Wörter zu κάµνω: Verbaladj. bzw. Ptz.) vermittelt den Eindruck einer Redensart und unterstreicht so die Aussage. Ähnliche WortspieleP: φρονέων/ἄφρων (Theognis 625), θνητός/ἀθάνατος (z.B. 154, Od. 5.213, Hes. Th. 942); s. FEHLING 1969, 282f.; WEST 2007, 110f. 45 ≈ 11.803, 14.146, 16.376; 1. VH ≈ 16.655; 2. VH = 2.91 u.ö. — ὤ σ α ι µ ε ν : Die Bed. des Potentialis schwankt zwischen ‘Fähigkeit’ (‘wir wären imstande, sie zurückzustoßen’) und
42 ἀναπνεύσωσι: dazu 43 τειρόµενοι, ‘aufatmen von der Bedrängnis’ (Konstruktion mit Ptz. wie bei den Verben des Aufhörens). — υἷες: zur Flexion R 12.3. 43 τειρόµενοι· ὀλίγη: zum Hiat R 5.6. — τ(ε): ‘episches τε’ R 24.11. 44 ῥεῖα: = ῥᾳδίως. — ἀϋτῇ: ‘Kampfgeschrei, Kampf’, dat. causae zu κεκµηότας.
Kommentar
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‘Wahrscheinlichkeit’ (‘wir würden sie wohl zurückzustoßen’): WILLMOTT 2008, 246. — ν ε ῶ ν ἄ π ο κ α ὶ κ λ ι σ ι ά ω ν : VE-Formel (8× Il., 2.91n.); metr. Variante: µελαινάων ἀπὸ νηῶν (304n.; HOEKSTRA 1965, 127).
46–47 Der baldige Tod des Patroklos (777–863, bes. 855) wird in der Ilias mehrfach angedeutet oder ausdrücklich angekündigt (interne ProlepseP), entweder wie hier durch den Erzähler selbst (auch 11.604, 16.684–687; in der Apostrophe an Patroklos 16.693, 16.787) oder durch Zeus als höchsten Gott (8.475f., 15.64–67: dir. Reden; 16.250–252: Reaktion auf Achills Gebet; 16.647: Überlegungsszene; vgl. auch Apollon 16.724f.). Die Verdichtung der Prolepsen im 16. Gesang steigert die Erwartung beim Publikum und unterstreicht die Bedeutung des Ereignisses für die GeschichteP der Ilias; s. RUTHERFORD 1982, 153f.; DE JONG (1987) 2004, 85; RICHARDSON 1990, 136f.; GRETHLEIN 2006, 210–214; EDWARDS, Introd. 9. – Hier und 686 wird Patroklos in einem Erzählerkommentar zudem als (méga) nḗpios ‘der (große) Tor!’ bezeichnet, d.h. er verkennt die Sachlage, er schätzt die Situation nicht objektiv und daher falsch ein; meist führt eine derartige fehlgeleitete Erwartung wie im Falle des Patroklos zum Tod des Betreffenden: Dramatische IronieP, hier verstärkt durch aufeinander bezogenes ‘flehend’/‘sich den Tod erflehen’ (lissómenos/litésthai) und das starke Reflexivpron. hoi autṓi ‘sich selbst’ (zu nḗpios s. ausführlich 2.38n. mit Lit.; ferner DUCKWORTH 1933, 77; DE JONG a.O. 86f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 26–32; INGALLS 1998, 32–34; GRETHLEIN a.O. 217–223; KELLY 2007, 205–208; bes. zu ‘sich selbst’ als “tragic reflexivity” JEREMIAH 2012, 78. 141ff.). Der Erzählerkommentar hat hier daher weniger die Funktion, Patroklos (negativ) zu werten, als vielmehr Sympathie für ihn einzufordern: Patroklos wird so zur tragischen Gestalt (RICHARDSON a.O. 156; DI BENEDETTO a.O. 30; vgl. GRIFFIN 1986, 40). 46 1. VH ≈ h.Cer. 324. — ὣ ς φ ά τ ο λ ι σ σ ό µ ε ν ο ς : Rede-AbschlußP mit Ptz. zur Präzisierung der Rede-Absicht ‘bitten, flehen’ (in der Rede-Einleitung V. 20 nicht ausgedrückt), ebenso 21.73/97f., 22.81/90f.: DE JONG (1987) 2004, 202; ähnl. ὣς ἔφατ’ εὐχόµενος in V. 249 u.ö.); zu den Fällen, in denen die Rede-Absicht sowohl in der Rede-Einleitung als auch im Rede-Abschluß genannt ist, s. 2.224n. mit Lit. – Zum variantenreichen Typus der Rede-Abschlußformel insgesamt s. PATZER 1972, 15–22. — µ έ γ α ν ή π ι ο ς : ‘sehr töricht’, hier im Erzählerkommentar fast exklamativ ‘der große Tor!’; flektierbare Junktur, auch Od. 9.44 (Odysseus’ Gefährten verweilen bei den Kikonen statt abzureisen), Hes. Op. 131 (wörtl. von einem ‘großen Kind’ im silbernen Zeitalter), 286 u. 633 (Anrede µέγα νήπιε Πέρση). Die Verbindung von adverbialem µέγα mit einem Adj. ist im fgrE bei Ausdrücken des Hervorragens geläufig (v.a. bei Komparativen und Superlativen, z.B. im 16. Gesang 271 µέγ’ ἄριστος), bei anderen Adjektiven hingegen selten (noch 1.158 µέγ’ ἀναιδές, 45 ὤσαιµεν: zu ὠθέω ‘stoßen, drängen’. — προτὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 4.3; προτί = πρός (R 20.1). — νεῶν ἄπο: = ἀπὸ νεῶν (R 20.2). — κλισιάων: zur Flexion R 11.1. 46 φάτο: 3. Sg. Impf. zu φηµί; zum Medium R 23. — µέγα: adverbiell, ‘sehr’.
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Ilias 16
h.Cer. 486 µέγ’ ὄλβιος, h.Merc. 30 µέγ’ ὀνήσιµον; nachhom. Belege bei BISSINGER 1966, 257f.). — ἦ γ ά ρ : ‘wahrlich, in der Tat’, Ausdruck der Figuren-SpracheP, nur hier und Od. 4.232 im Erzähler-TextP zur Einleitung einer Wertung durch den Erzähler (DE JONG 1988, 188; vgl. 1.355n.). Überhaupt erscheint ἦ im hom. Epos nur 8× im Erzähler-Text (im 16. Gesang noch 362 u. 687): CUYPERS 2005, 50–52. — ἔ µ ε λ λ ε ν : Schicksalsbestimmung in der Vergangenheit, dt. ‘er sollte …’; von “Tatsachen, die nur die Götter / das Los wissen und die dank seiner retrospektiven Sicht der allwissende Erzähler in der Erzählung ankündigen kann” (LfgrE s.v. µέλλω 113.42ff.; DE JONG [1987] 2004, 87), in Verbindung mit νήπιος hier u. 2.36–40, 12.112–115, 17.495–498, 20.466, Od. 3.146, ähnl. Od. 24.469–471. 47 ο ἷ α ὐ τ ῷ : 46–47n. — θ ά ν α τ ό ν τ ε κ α κ ὸ ν κ α ὶ κ ῆ ρ α : synonymische Doppelung (vgl. 1.160n.), formelhaft (noch 21.66, Od. 22.14); bedeutungsähnliche Junkturen, u.a. θάνατον καὶ κῆρ(α/ας) (2× Il., 12× Od., 2× ‘Hes.’ fr., 1× h.Cer.): 2.352n., unten 333–334n., 687n.; zu κήρ ‘Tod, Verhängnis’ s. 2.301–302n. mit Lit. – κακός wirkt hier neben λιτέσθαι wie ein Oxymoron (ebenso in 3.173 neben ἁδεῖν, in 16.494 neben ἐέλδεσθαι, s. AH: “kontrastierend”); 6× Epitheton von θάνατος (3.173a n.). — λ ι τ έ σ θ α ι : effektiver/komplexiver Aor., ‘sich etw. erbitten, erflehen’, vgl. Aor. ἐπαµῦναι nach ἔµελλον in 18.98f. (AH; BASSET 1979, 71–73). WortspielP mit 46 (φάτο) λισσόµενος.
48–100 Hin- und hergerissen von unterschiedlichen Gefühlen (Zorn, Mitleid) und Motiven (Ehre, Entschädigung, Kriegsnot, Kampfleidenschaft), geht Achilleus auf Patroklos’ Bitte ein (wodurch indirekt Menoitios’ Vorhersage erfüllt wird, daß Achilleus den Ratschlägen des Patroklos Folge leisten werde: 11.785–789). Er trifft die fatale Entscheidung, Patroklos in den Kampf zu schicken – dessen einzigen und letzten Kampf in der Ilias. Damit hat die vorl. Rede eine ähnliche Tragweite wie Achills Äußerungen im 1. Gesang (Entzweiung mit Agamemnon, Beginn des Kampfboykotts) und im 9. Gesang (Absage an die Bittgesandtschaft); bes. auf letzteren wird hier öfter zurückverwiesen (namentlich 52–63 → 9.646– 655). Zur Deutung der Rede im einzelnen s. 5–100n., 52–59n., 53–54n., 60–63n., 64–82n., 83–96n., 97–100n.; Lit. zur Rede: SCHADEWALDT (1938) 1966, 135f.; HOWALD 1946, 77–79; OWEN 1946, 147–155; WHITMAN 1958, 197–200; LOHMANN 1970, 274f.; EDWARDS 1987, 257–259; LEDBETTER 1993, 488f.; GILL 1996, 200–202; RINON 2008, 32–34; speziell zu den (früher umstrittenen, heute allg. anerkannten) Bezügen zwischen dem 9. und dem 16. Gesang EICHHOLZ 1953; TSAGARAKIS 1971; SCODEL 1989; REICHEL 1994, 118–120. – Die Rede gliedert sich in drei Abschnitte: (a) Achilleus begründet die Fortsetzung seines Kampfboykotts (49–63), (b) erteilt Patroklos den Auftrag, in den Kampf zu ziehen (64–82) und (c) gibt ihm Verhaltensanweisungen (Warnungen) (83–100). Der zweite und dritte Abschnitt sind in sich je als RingkompositionP gestaltet (64–82n. [dort exemplarisch auch zu weiteren stilistischen Merkmalen der vorl. Rede], 83– 96n.; LOHMANN 1970, 60–65; JANKO zu 49–100, 49–63, 64–82, 83–100). 47 οἷ αὐτῷ: = ἑαυτῷ (R 14.1); zum Hiat R 5.7.
Kommentar
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48 = 19.419, 22.14; ≈ 18.97; weitere Iterata (1. VH) s. 19.419n. — Rede-EinleitungsformelP (1.517n.; KELLY 2007, 224f.; zum flexiblen Typus der Formel s. 1.58n. mit Lit.). – Zur VE-Formel ‘der mit den Füßen schnelle Achilleus’ s. 24.138n. (Schnelligkeit als Grundeigenschaft des Achilleus). Zur komischen Wirkung solcher stehenden EpithetaP auf das moderne Publikum 1.58n. ὀ χ θ ή σ α ς : Das Verb umfaßt verschiedene Grade emotionaler Erregung (CAIRNS 2003, 22f.; LfgrE); hier am ehesten “›aufgebracht‹ durch Mißverständnis und Erinnerung an die Beleidigung” (LfgrE s.v. 904.11f. mit Bezug auf 50f. bzw. 54f.); andere Deutungen: AUDIAT 1947, 51–53 (ohne Konnotation von Ärger oder Zorn: ‘ému, affecté’, nämlich durch die Worte seines besten Freundes: 52); SCULLY 1984, 21 (Ausdruck von Achills Bewußtsein von der Tragweite seiner Entscheidung in 64ff., wie bei Zeus in 1.517). – Mit ὀχθήσας eingeleitete Reden beginnen entsprechend der Erregung kraftvoll (oft mit ᾤ µοι oder auch ὦ πόποι): LfgrE a.O. 903.37ff.
49 ‘Von Zeus abstammend’ (gr. diogenḗs) ist ein generisches EpithetonP von Helden (1.337n.); bei Patroklos nur in der vorl. Vokativformel.
ᾤ µ ο ι : Ausdruck verschiedener negativer Emotionen, hier wohl Empörung (1.149n.; oben 48n. zu ὀχθήσας); zur Schreibung von ᾤ (mit Iota) s. WEST 1998, XXXVII. — δ ι ο γ ε ν ὲ ς Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς : 5× Il. (1.337, 11.823, 16.49/126/707), stets nach der Zäsur A 3. Zum Vok. Πατρόκλεις 7n. — ο ἷ ο ν ἔ ε ι π ε ς : ‘was hast du da gesagt!, was redest du da!’, zusammen mit der prosod. Alternative ποῖον ἔειπες (konsonant. Anlaut) 5× Il., 4× Od., stets am VE, mit exklamativer Funktion (außerdem 3× Il. als Objektsatz am VE). Stets im ersten Vers einer Rede zum Ausdruck des Widerspruchs: ‘du hast nicht recht’ (KELLY 2007, 185f.; vgl. 440n.). Zur Versstruktur mit Interjektion, Anrede und der vorl. Wendung vgl. 7.455, 8.152, Od. 13.140; ohne Interjektion: Il. 13.824, 22.178, Od. 2.85, 2.243, 17.406. Asyndet. Anschluß des nachfolgenden erklärenden Verses auch 7.455f., 22.178f., Od. 13.140f., 17.406f.
50–55 Achilleus verneint Patroklos’ Vermutungen (36f.) mit teilweise den gleichen Worten und mit anaphorischem óute … óute ‘weder … noch’; dabei führt die Anapher priamelartig zur korrekten Auskunft 52ff. (allá ‘sondern …’): 6.383–385n. mit Lit. und Stellensammlung; JANKO zu 7–19. 50 ≈ Od. 1.415, 2.201; vgl. Il. 1.85. — Es ist umstritten, ob Achilleus grundsätzlich die Existenz (oder zumindest Kenntnis) einer solchen Prophezeiung leugnet (so FAESI, JANKO) oder ob er lediglich verneint, von einer solchen Prophezeiung in seiner Haltung beeinflußt zu sein (so LEAF; BARTH 1989, 21f.; vgl. oben 36n.). Die Fortsetzung in V. 51 spricht eher für ersteres, die Formulierung in V. 50 eher für letzteres: οὔτε … ἐµπάζοµαι ‘ich gebe nichts darauf’ (LfgrE s.v.), ἥν τινα οἶδα ‘von welcher auch immer ich Kenntnis habe’ (AH: “in wegwerfendem Tone gesprochen”). 48 πόδας: Akk. der Beziehung, zu ὠκύς (R 19.1). 49 ᾤ µοι: ‘weh mir’. — διογενές: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — ἔειπες: = εἶπες (< ἔ(ϝ)ειπες: R 6). 50 τινα (ϝ)οῖδα: zur Prosodie R 4.3.
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Ilias 16
51 ≈ 11.795, 16.37 (s.d.); 2. VH ≈ Od. 10.549.
52–59 Achilleus legt seine Befindlichkeit in doppelter Ausführung dar: einmal verallgemeinernd (52–55), danach speziell und konkret auf den Anlaß, die Wegnahme der Briseïs, bezogen (56–59): AHRENS 1937, 28; HEBEL 1970, 114f.; vgl. LARDINOIS 2000, 645. Er “spricht […] zu Patroklos in aller Breite von dem erlittenen Unrecht, nicht weil er es nötig hätte, dem Freund die Ursache des Grolles darzulegen […], sondern weil all diese Dinge mit unverminderter Kraft in seinem Inneren leben”: LESKY (1962) 1966, 77. Seine Entrüstung darüber, daß er von Agamemnon entehrt worden ist (58f.: interne AnalepseP zum 1. Gesang), kommt dabei leitmotivisch in immer wieder ähnlichen Worten zum Ausdruck (1.161–168, 1.229f., 1.298–301, 1.355f., 9.330–336, 9.342–344, 9.367–369, 9.646–648; ähnliche Äußerungen auch im Munde anderer: 1.506f., 18.444f. [jeweils Thetis, vgl. 18.444–456n.], 2.239f. [Thersites], 1.275f., 9.106–111 [jeweils Nestor]). Der erste Teil trägt durch die Verallgemeinerungen (ὁππότε … ἐθέλησιν; τὸν ὁµοῖον; ἀνήρ, ὅ τε κράτεϊ προβεβήκῃ) einen gnomischen Charakter (vgl. die ähnl. Formulierung in 15.208–210 [53–54n.]). Er ist formal durch das Stichwort αἰνὸν ἄχος gerahmt (in V. 52 mit vorausweisendem τόδε, in V. 55 mit anaphorischem τό) und zeichnet sich durch Alliterationen aus (52/53/54/55: α-, 53: ο-; s. LARDINOIS 2001, 101f.; allg. zu Alliterationen 2.50– 52n. mit Lit.). Die Wendung πάθον ἄλγεα θυµῷ (55) bildet den Übergang zum zweiten Teil (56–59), der mit explikativem Asyndeton anschließt (56n.) und den vorangehenden Teil präzisiert (Benennung der betroffenen Personen: das Ich, die Achaier, Agamemnon; einzig Briseïs wird durch das – im Kontext unmißverständliche – Appellativum κούρη umschrieben, dies jedoch betont am Vers-/Satzanfang). 52 = 8.147, 15.208, Od. 18.274; ≈ 2.171; 1. VH ≈ Il. 4.169. — α ἰ ν ὸ ν ἄ χ ο ς : Nomen-Epitheton-Formel (10× Il./Od., wovon 9× wie hier nach der Zäsur A 3, 1× am VA [16.55]; außerdem mit umgekehrter Wortstellung und/oder in Formelsprengung 5× fgrE; ähnl. αἷµα µέλαν/µέλαν αἷµα 529n.; s. dazu HAINSWORTH 1968, 66f.). Achilleus reagierte unmittelbar nach Agamemnons Androhung, Briseïs für sich zu beanspruchen, bereits mit ἄχος (1.188, Erzähler-Text); zu ἄχος als “Grundgestimmtheit” des Achilleus s. LATACZ (1995) 2014, 319f. Zur Verwendung der Formel in einem anderen Zusammenhang s.u. 508n.; allg. zu ἄχος 2.169–171n. — α ἰ ν ό ν : ‘furchtbar, schrecklich’; Etymologie ungeklärt (DELG mit Suppl.). Epitheton u.a. von heftigen inneren Zuständen wie ἄχος, κότος (so z.B. 449), µῆνις, χόλος (LfgrE s.v.), vom Krieg (z.B. φύλοπις αἰνή: 256n.) sowie von Lebewesen (440n.). — κ ρ α δ ί η ν κ α ὶ θ υ µ ὸ ν ἱ κ ά ν ε ι : κραδίην καὶ θυµόν ist flektierbare Formel (Nom. 8× fgrE, Akk. 9×) und synonym. Doppelung (vgl. 2.171n.), hier gleichbedeutend mit µε (JAHN 1987, 208). Allg. zu den seelisch-geistigen Instanzen im fgrE (außer κραδίη und θυµός z.B. auch φρένες V. 61) s. 1.24n. – Zum Gebrauch von ἱκάνειν ‘(über)kommen’ bei abstrakten Nomina (bes. körperlich-seel. Zustände) s. 22n. a.E.; LÉTOUBLON 1985, 154ff.
52 τόδ(ε): vorausweisend auf 53f.
Kommentar
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53–54 Achilleus fordert wie schon im 1. Gesang Ranggleichheit mit Agamemnon (1.163: ‘habe nie ein Geschenk von gleichem Wert’, s.d.); dem widersprach dort Agamemnon selbst (1.185–187: ‘bin mächtiger’) wie auch Nestor in seinem Vermittlungsversuch (1.277–281, s. 1.275–284n.). Damit verbunden ist die Frage nach dem Kriterium für die soziale Rangordnung: politische Macht oder militärische Stärke? (hier: 54 bzw. 57; s. 1.173–187n.). Im 15. Gesang ärgert sich Poseidon mit z.T. ähnl. Worten über seine Herabsetzung durch Zeus, obwohl er doch ‘gleiche Ehre, gleichen Anteil’ habe (15.185f., 15.208–210 [wobei 15.208 = 16.52]); s. VAN WEES 1992, 122–124; LOWENSTAM 1993, 72–77. In beiden Auseinandersetzungen dürften sich Wertediskussionen zur Zeit des Dichters spiegeln (s. allg. LATACZ [1985] 2003, 46ff.; [2001] 2010, 245ff.; [2001] 2014, passim). τ ὸ ν ὁ µ ο ῖ ο ν : ‘den an Geburt und Wert gleichstehenden’ (AH), engl. ‘peer’. Der Artikel hat substantivierende Funktion; ob auch generalisierende, ist umstritten (pro: LEAF; WACKERNAGEL [1924] 1928, 134. 140; CHANTR. 2.165; vgl. LfgrE s.v. ὁµοῖος: ‘seinesgleichen’; contra, da bei Homer im allgemeinen nicht nachzuweisen: SNELL [1929] 1975, 206f.; SCHW. 2.22f.). Vgl. Od. 17.218 αἰεὶ τὸν ὁµοῖον ἄγει θεὸς ὡς τὸν ὁµοῖον. — ἐ θ έ λ η σ ι ν : ‘es beliebt ihm’ (AH: ‘er erfrecht sich’, vgl. 15.210: ‘maßt sich an’; ferner 1.287f.).
54 Zu géras ‘Ehrgeschenk’ 1.118–129n. (Zeichen der Anerkennung, Statussymbol), 1.162–168n. (Befugnisse des Kollektivs und des Heerführers bei der Verteilung; dazu auch READY 2007, bes. 4–13. 25–41; zu 16.56f. ebd. 32–34: Achilleus betont sein Vorrecht auf das Ehrgeschenk aufgrund seiner persönlichen Leistung). ἄ ψ : urspr. ‘weg’ (LfgrE), hier verstärkend zu ἀφελέσθαι, in 58 zu ἐκ χειρῶν ἕλετο, 86 zu ἀπονάσσωσιν (in der Bed. ‘zurück’). Allg. zu solchen pleonastisch verwendeten Adverbien TZAMALI 1996, 199f. mit Lit. — ὅ τ ε : i.d.R. eine kausale Konjunktion (‘da’), hier mit Konj. jedoch weniger plausibel; daher wohl wie 17.757 u. viell. Od. 14.221 als Rel.-Pron. aufzufassen (verallgemeinernd zu ἀνήρ): schol. bT; AH; CHANTR. 2.286; RUIJGH 463f. 55 2. VH = 9.321; ≈ 13.670, 18.397, Od. 13.263, 15.487; vgl. Od. 1.4, 13.90; VE außerdem = Il. 18.224, Od. 12.427, 14.310, 17.13. — ἄ λ γ ε α : impliziert sowohl die ‘Mühen und Gefahren des Kampfes’ (die Achilleus nicht genügend gewürdigt sieht: 1.162–168) als auch bes. die eigentliche, durch Agamemnon erlittene ‘Erniedrigung’, erläutert in 56–59 (PUCCI [1982] 1998, 13f. 15f.; vgl. AH; LEAF; MAWET 1979, 178f. 185). Zum zwiespältigen Verhältnis der Griechen zum Kampf vgl. 1.166n., 2.453–454n.
56–57 Mit ‘junge Frau’ ist Briseïs gemeint (1.184n.; FM 2), mit ‘Stadt’ Lyrnessos (in der Troas), die Heimat der Briseïs. Briseïs wird auch sonst gelegentlich ohne ihren Eigennamen erwähnt (im 16. Gesang auch V. 85; vgl. 52–59n. a.E.), ebenso 53 ὁππότε: mit Konj. verallgemeinernd: ‘(immer) wenn’; zum -ππ- R 9.1. — ἀνήρ: ‘ein (beliebiger) Mensch, jemand’. — ἐθέλησιν: 3. Sg. Konj. (R 16.3). — ἀµέρσαι: Inf. Aor. zu ἀµέρδω ‘berauben’. 54 ὅ τε: ≈ ὅστις (zu ἀνήρ). — προβεβήκῃ: ‘ist (an Macht) überlegen’ (Konj. Perf.). 55 τό: demonstrativ (R 17), hier auf 53f. verweisend.
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Ilias 16
Lyrnessos (noch 19.296). Lyrnessos kommt in der Ilias nur im Zusammenhang mit der Eroberung durch Achilleus vor, vgl. 1.366n. (Beutezüge), 2.690n. (Lokalisierung), 19.60n. (externe AnalepseP). – Zum Motiv ‘Frau als Beutestück’ 6.426n. 56 ≈ 18.444 (vgl. die Iteratverse zu 58f.); 2. VH ≈ 16.698, 21.544. — κ ο ύ ρ η ν …: erklärendes Satz-Asyndeton. — ἔ ξ ε λ ο ν : sc. aus der Kriegsbeute (1.369n.). 57 δ ο υ ρ ὶ … κ τ ε ά τ ι σ σ α : vgl. δουρικτήτην (9.343, hom. hapaxP): Figuren-SpracheP des Achilleus (GRIFFIN 1986, 57; READY 2007, 33f.). — π ό λ ι ν ε ὐ τ ε ί χ ε α : Die Schlußsilbe von πόλις (Nom./Akk.) ist auch in 1.19, 2.329, 6.152, 11.711 und 16.69 gelängt: M 4.6 (auslautendes -ν oder -σ als Doppelkonsonant). An der vorl. Stelle ist auch eine Formelmodifikation (in weiterem Sinne) denkbar, vgl. die formelhaften Wendungen πόλιν Τροίην εὐτείχεον ἐξαλαπάξαι (1.129, ≈ 8.241) und Ἴλιον ἐκπέρσαντ’ εὐτείχεον (2.113 u.ö.); ähnl. 2.329n. – εὐτείχεα ist im fgrE nur hier Epitheton von Lyrnessos (sonst 6× von Troia: 1.129n.) und nur hier als s-Stamm der 3. Dekl. (sonst 2. Dekl. εὐτείχεος; dieses aber wohl sekundär: 1.129n.; JANKO; BLANC 2008, 138 Anm. 42; vgl. allg. MEISSNER 2006, 181f.).
58–59 V. 58 = 18.445 (1. VH vgl. 9.344); V. 59 = 9.648. — Der gr. Begriff metanástēs (hier in Verbindung mit dem Attribut ‘ehrlos’) bezeichnet einen Einwohner, der nur eingeschränkte Rechte hat und daher “gegenüber den Adligen und Vollmitgliedern der Gesellschaft von minderem Rang ist” – ein Status, der zu Übergriffen geradezu einlädt (LfgrE s.v. ἀτίµητος; vgl. 1.11n. s.v. ‘nicht geachtet hatte’). Der VergleichP ist ein Ausdruck von Achills tiefer Verletzung und dient der Verunglimpfung Agamemnons, vgl. 9.646–648; allg. zu Vergleichen in Achilleus’ Reden s.o. 7–11n. (mit Lit.). ἐ κ χ ε ι ρ ῶ ν : hom. Ausdruck für das Entgleiten von Zügeln, Waffen u. anderen Dingen (8.137, 15.714 u.ö.) und für das Verschießen von Wurfgeschossen (5.657, 12.45 u.ö.); hier und 9.344, 18.445 übertragen von der gewaltsamen Wegnahme eines Besitzes (vgl. LfgrE s.v. αἱρέω 365.26ff.), stets im Zusammenhang mit Briseïs (Figuren-SpracheP des Achilleus [Hinweis FÜHRER]). — κ ρ ε ί ω ν Ἀ γ α µ έ µ ν ω ν | Ἀ τ ρ ε ΐ δ η ς : emphat. progressives EnjambementP wie 2.576f. (Erzähler-Text, s.d.), 9.368f. (Rede des Achill), Antithese Ἀτρεΐδης – ἀτίµητον µετανάστην (VA/VE, vgl. 42n. zu Τρῶες … Ἀχαιῶν). Zur Flexibilität der Formelbestandteile Ἀτρεΐδης und κρείων Ἀγαµέµνων s. HIGBIE 1995, 45–47; zur VE-Formel κρείων Ἀγαµέµνων 1.102n.; 273–274n. — ὡ ς ε ἰ … µ ε τ α ν ά σ τ η ν : Akk.-Objekt nach Verb des Wegnehmens ([ἀφ]έλετο): AH; SCHW. 2.82; SHIPP (1953) 1972, 293. Zur Ellipse des (aus ἕλετο zu übernehmenden) Prädikats bei ὡς εἰ s. 19.16b–17n. — µ ε τ α ν ά σ τ η ν : wohl aus µετά ‘mit, mitten unter’ + ναίω ‘wohnen’ (vgl. µεταναιέτης Hes. Th. 401, περιναιέτης Il. 24.488, nachhom. µέτοικος): ‘Mitwohner, ›Hintersasse‹’ (vgl. 24.531–533n.); 56 ἄρα: ‘bekanntlich, ja’ (R 24.1). — ἔξελον: zu ἐξαιρέω ‘aussuchen, auswählen’; zur augmentlosen Form R 16.1. — υἷες: zur Flexion R 12.3. 57 δουρί: zur Form R 12.5. — κτεάτισσα: zum -σσ- R 9.1. 58 τήν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17), nimmt κούρην (56) wieder auf. 59 ὡς εἴ τιν’ … µετανάστην: ‘(nahm mir Briseïs weg) wie einem rechtlosen Mitwohner’.
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so WACKERNAGEL (1924) 1928, 246f.; LEUKART 1994, 66; HAMMER 2002, 94–96; FRISK; LfgrE. – Anders LEUMANN 1950, 183 Anm. 30; ALDEN 2000, 223f. Anm. 221; READY 2011, 36–38; DELG: ‘Umsiedler, Auswanderer, Flüchtling’, zu µετά ‘um-’.
60–63 Zwar ist die Bedingung für eine Rückkehr in die Schlachtreihen, mit der Achilleus sich nach der Ablehnung des Angebots der Gesandtschaft (vgl. 72b– 73n.) in 9.650–655 selbst gebunden hat und auf die er hier ausdrücklich verweist (61b–63), noch nicht ganz erfüllt: noch ist Hektor mit seinen Troern nicht bis zum Lager der Myrmidonen vorgedrungen (vgl. Einleitung S. 11f.). Dennoch kommt Achilleus widerwillig allmählich zur Einsicht, daß er seinen Groll nicht weiterhin im gleichen Maße aufrechterhalten kann und darf, weil er die Griechen sonst in eine völlig ausweglose Notlage brächte (80–82), die dann auch ihm nichts mehr nützen würde (da die Wiederherstellung seiner Ehre durch die Griechen nicht mehr möglich wäre [84–86; vgl. 83–96n.]). Im Hintergrund wirkt wohl auch sein Mitleid gegenüber Patroklos nach (vgl. 5n., 7–19n.). Beides – Einsicht und Mitleid – schlägt sich in seiner Erlaubnis nieder, daß dieser mit den Myrmidonen wieder ins Geschehen eingreifen darf (64ff.); s. OWEN 1946, 147–150; MOTZKUS 1964, 131–133; TSAGARAKIS 1971, 264–267; SCODEL 1989 (bes. 91f. 99); SCHMITT 1990, 253f.; MUELLNER 1996, 158f.; KIM 2000, 117; RINON 2008, 32– 34; bes. zum Bezug auf den 9. Gesang: SCHADEWALDT (1938) 1966, 128f.; REDFIELD (1975) 1994, 18; ERBSE 1983, 14; DI BENEDETTO (1994) 1998, 281 Anm. 3; LATACZ (1995) 2014, 335f. – Die Wendung ‘diese Dinge wollen wir abgetan sein lassen’ (60) erhält “ihre eigentliche Bedeutung freilich erst […], wenn sie in 18.112 gegenüber Thetis und in 19.65 gegenüber Agamemnon bestätigt wird”, d.h. nach Patroklos’ Tod, durch den “ein größerer Zorn den geringeren verdunkelt (hat); und die größere Rache wird sich nur vollziehen lassen, wenn auf den äußersten Vollzug der geringeren verzichtet wird”: LOSSAU 1979, 125; vgl. 19.65–66n. Die wiederkehrenden Satzeinschnitte in der Zäsur C 2 mit nachfolgenden integralen EnjambementsP geben Achilleus’ Erregung wieder: EDWARDS 1966, 148 mit Anm. 85; KIRK 1976, 163; SCHEIN 1984, 118f.; BAKKER 1997, 154f.; vgl. 6.407–412n., unten 335–341n. 60 1. VH (bis C 2) = 18.112, 19.65; VE = 23.670. — ἀ λ λ ά : Abbruchsfloskel, ‘lassen wir es dabei bewenden!’, vgl. 1.140, 9.701, Od. 14.183 (LfgrE s.v. ἀλλά 528.47ff.; HEBEL 1970, 115). — τ ὰ µ έ ν : solitäres µέν nach ὅ, ἥ, τό kann emphat. Funktion haben (≈ µήν); bisweilen ist jedoch ein vorbereitender Hinweis auf etwas anderes nicht auszuschließen (‘fürs erste, vorerst’), hier wohl auf 64 τύνη δ(έ); vgl. 2.101n.; DENNISTON 380–382. — π ρ ο τ ε τ ύ χ θ α ι ἐ ά σ ο µ ε ν : ‘(vorher) geschehen sein lassen, auf sich beruhen lassen’. Zur Bed. von προ-τεύχω und von ἐάω mit Inf. s. 19.65n.; zur Deutung von ἐάσοµεν als adhortativem Konj. s. CHRISTENSEN 2010, 562. — ο ὐ δ ’ ἄ ρ α π ω ς ἦ ν : ‘und es ist ja auch in keiner Weise möglich’ (33n.); ἄρα signalisiert Achills Einlenken.
60 ἐάσοµεν: kurzvokalischer Konj. (R 16.3).
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61–62 ἀ σ π ε ρ χ έ ς : eigtl. ‘mit Eifer, heftig’, hier viell. ‘unablässig’ (mit α copulativum oder intensivum: SCHW. 1.433; DELG s.v. σπέρχοµαι; RISCH 216; LfgrE); vgl. Od. 1.20 ἀσπερχὲς µενέαινεν (Variante: Il. 19.68 ἀσκελέως µενεαινέµεν, s.d.), ‘Hes.’ Sc. 454 σπερχνὸν … κοτέων. — ἐ ν ὶ φ ρ ε σ ί ν : Seele-Geist-Lexem, stets vor der Zäsur B 2 (2.301–302n.). Zur Vielfalt des Ausdrucks ‘im Herzen / im Innern zürnen’ s.u. 584–585n. — ἤ τ ο ι ἔ φ η ν γ ε | ο ὐ … κ α τ α π α υ σ έ µ ε ν , ἀ λ λ (ά ά ): Zur Wortstellung s. PELLICCIA 1995, 338 Anm. 114 (Negation nicht, wie sonst üblich, bei ἔφην, sondern beim Inf. und am VA, um den Gegensatz οὐ – ἀλλά zu verdeutlichen); vgl. CHANTR. 2.335. — ἤ τ ο ι ἔ φ η ν γ ε : ‘verily I did say’ (OWEN 1946, 149), vgl. 830n. (und zum Bezug auf Il. 9 die Lit. in 60–63n.). – VE = Od. 11.430, ≈ Il. 22.280 (2. Sg.). — ο ὐ π ρ ὶ ν …, ἀ λ λ ’ ὁ π ό τ ’ ἂ ν δ ή : ‘nicht eher …, sondern erst dann, wenn …’, emphat. Wechsel der Konstruktion (statt zweimaligem πρίν) wie 21.340 (AH); ähnl. 19.306–308 (19.306n.). Zu δή s. 127n. — µ η ν ι θ µ ό ν : Nominalbildung auf -θµό- zu denominativem µηνίω (SCHW. 1.492f.), im fgrE nur im 16. Gesang belegt (und außerhalb Homers so gut wie gar nicht); gehört zur Figuren-SpracheP (hier und 202 in direkten Reden des Achilleus, 282 in Sekundärer FokalisationP auf Achilleus bezogen). Im Vergleich zu µῆνις (1.1n.) wird µηνιθµός als der expressivere Begriff angesehen, der zudem die Dauer betonen kann, vgl. 202 πάνθ’ ὑπὸ µηνιθµόν (HOLT 1939, 190; MAWET 1979, 310f.; 1981, 154; GRIFFIN 1986, 52); die Unterscheidung ist aber nicht in jedem Fall deutlich: 282 µηνιθµὸν ἀπορρῖψαι ≈ 9.517 µῆνιν ἀπορρίψαντα, hier µηνιθµὸν καταπαυσέµεν ≈ h.Cer. 350f. (Περσεφόνειαν) µήνιος … παύσειεν (vgl. WATKINS [1977] 1994, 572–574: µηνιθµός metr. Variante zu µῆνις).
63 2. VH = 6.328; ≈ 1.492 (s.d.), 14.37, hom.h. 11.3. — Die Schiffe der Myrmidonen liegen in der Vorstellung des Erzählers am rechten Rand des Schiffslagers (aus der Perspektive der gr. Angreifer gesehen): 11.5–9 mit HAINSWORTH z.St.; JANKO zu 13.681; CLAY 2011, 48. 50. ἀ φ ί κ η τ α ι : Sg., weil die Wendung ἀϋτή τε πτόλεµός τε als ein Begriff empfunden wurde: ‘Kriegslärm, -geschrei’; vgl. 333–334n. (zu ἔλλαβε …). — ἀ ϋ τ ή τ ε π τ ό λ ε µ ό ς τ ε : synonymische Doppelung, mit Begriffen aus dem kriegerischen Bereich häufig (1.492n.), vgl. 91 πολέµῳ καὶ δηϊοτῆτι, 251 πόλεµόν τε µάχην τε; der eine der beiden Begriffe kann im engern Sinn den Schlachtenlärm oder das Kampfgeschrei bezeichnen: 246 µάχην ἐνοπήν τε, 366 ἰαχή τε φόβος τε (KRAPP 1964, 53–55; KAIMIO 1977, 81). Zum Schlachtenlärm der Troer 76–79n.
64–82 Achilleus stimmt Patroklos’ Vorschlag zu, ihn in seiner (Achills) Rüstung in den Kampf zu schicken. – Das Motiv ‘die Troer kämpfen jetzt außerhalb ihrer Stadt bei den Schiffen der Achaier’ ist typisch für Kampfparänesen während Achills Boykott (5.787–791 Hera, 13.95–110 Poseidon; vgl. FENIK 1968, 75. 61 κεχολῶσθαι: Inf. Perf. zu χολόοµαι, ‘zornig, erbost sein’. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — ἤτοι: ‘in der Tat, wirklich’ (R 24.4). 62 καταπαυσέµεν: Inf. Fut. (R 16.4). 63 νῆας: zur Flexion R 12.1. — ἀφίκηται: Sg., da die Wendung ἀϋτή τε πτόλεµός τε als ein Begriff empfunden wurde. — πτόλεµος: zum Anlaut πτ- R 9.2.
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121); Achilleus seinerseits spricht selbstbewußt wiederholt von seiner – tatsächlichen oder potentiellen – Überlegenheit über die Troer (1.240–244, 9.352–355, 19.67–73; vgl. 18.105n.). Die Verknüpfung der beiden Motive zeigt, daß die Situation jetzt auf Messers Schneide steht und eigentlich Achills Eingreifen erfordern würde. Die kritische Lage wird mit sprachlichen Mitteln unterstrichen: mit zahlreichen Enjambements (vgl. 60–63n. a.E.), Ringkompositionen (64f./80ff. Patroklos, 67/80f. ‘mit aller Macht beim Schiffslager bzw. vom Schiffslager weg’), Metaphorik (bes. 66n.), Antithetik (66 dunkel – 71 hell [vgl. 39n.], 66f. massive Übermacht der Troer – 67f. Einengung der Achaier, 68 wenig Platz – 69 ganz Troia, usw.) und mit dreifacher Anapher der Negation (70 Achilleus, 74 Diomedes, 76 Agamemnon); vgl. LOHMANN 1970, 60–62. 64 Vgl. 40 (s.d.), 19.10. — τ ύ ν η : emphatisches σύ (‘du, nicht ich’), markiert den Gegensatz ‘Achilleus – Patroklos’; zu Form und Verwendung s. 19.10n.; JANKO; PRINCE 2002, 14; LfgrE. — κ λ υ τ ὰ τ ε ύ χ ε α : häufige Junktur (19.10n.). — δ ῦ θ ι : übliche Ausdrucksweise für das Anziehen von Kleidern und Anlegen von Rüstungen (oder Teilen davon): ‘eintauchen in, schlüpfen in’; vgl. 19.36n. 65 φ ι λ ο π τ ο λ έ µ ο ι σ ι : in der Ilias nur in den Gesängen 16–23 und nur im Pl., generisches EpithetonP von Völkernamen (Achaier, Argeier, Danaer, Leleger, Myrmidonen, Troer) sowie 1× bei ἑταῖροι (von den Myrmidonen): 19.269n.; PARRY (1928) 1971, 99f.; vgl. 835n.
66 Das Bild der dunklen Wolke suggeriert den bedrohlichen, unheilbringenden Charakter des Ansturms der Troer (JANKO zu 66–9; vgl. 4.275–282: Schlachtformation mit Wolkengleichnis). Die Wolke dient im hom. Epos gelegentlich als Metapher für eine “(unzählbare, dichte, an- und abschwellende) Menge” (LfgrE s.v.; vgl. MOULTON 1979, 290; DANEK 2006, 53f.) – außer hier noch 4.274, 23.133 (Fußsoldaten), 17.755 (Vögel) –, öfter jedoch für Umhüllung (schützend oder unsichtbar machend, etwa bei göttl. Intervention: 5.186, 5.345, 23.188 u.ö.; vgl. 19.205–206n.) oder für Finsternis (die die Augen umgibt: von Schmerz und Tod, z.B. 18.22 [s.d.], 20.417f.; vgl. 316n.). Das Farbattribut kyáneos ‘dunkel’ unterstreicht die Bedrohlichkeit und Dichte der Wolke, sowohl in ‘meteorologischer’ (u.a. Od. 12.405: Sturm) als auch in metaphor. Verwendung (so hier und Il. 5.345, 20.417f., 23.188; auch mélas ‘dunkel’: 16.350, 18.22 u.ö.); vgl. 349–350n. a.E. ε ἰ δ ή : eigtl. ‘wenn wirklich’, hier mit kausaler Färbung: ‘da nun einmal, da ja’ (FAESI; AH) – aus dem folgenden Text geht keinerlei Zweifel an dem Sachverhalt hervor (bes. 69f., 73, 78f.). Zu den unterschiedlichen Nuancen von εἰ δή s. WAKKER 1994, 351–357; PULLEYN 2000; GOLDSTEIN 2009 (Kap. “The Semantics-Pragmatics Interface”); vgl. 24.140n. — ἀ µ φ ι β έ β η κ ε ν : eigtl. ‘beiderseits stehen über’, d.h. ‘umringen, sich rings um etw. 64 τύνη: = σύ. — ὤµοιϊν: 40n. — δῦθι: Imp. zum Wurzelaor. δῦναι. 65 ἄρχε … µάχεσθαι: ‘gehe den Myrmidonen voran in den Kampf, führe sie in den Kampf!’ (final-konsekutiver Inf.).
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gelegt haben’, von einer (echten) Wolke auch in Od. 12.74, von seel. Zuständen in Il. 6.355 u. Od. 8.541 (anders Il. 1.37: ‘beschützen’, s.d.; PORZIG 1942, 110f.). – Zum Dativ νηυσίν anstelle des üblicheren Akk. bei ἀµφιβαίνω: SCHW. 2.156 Anm. 4. 67 ῥ η γ µ ῖ ν ι θ α λ ά σ σ η ς : VE-Formel, sonst mit ἐπὶ od. παρὰ (1.437n.; LfgrE s.v. ῥηγµ.). 68 κ ε κ λ ί α τ α ι : zu κέκλιµαι ‘(an einem Ort) liegen’, hier ‘gedrängt sein, festsitzen’ (AH; vgl. Porphyrios zu 16.67f.; JANKO zu 15.737–40; PSYROUKI-TOMBROU 1993). — ἔ χ ο ν τ ε ς : möglicherweise prägnant, ‘bewahren, behaupten’ (MADER 1970, 82). 69–70a Ἀ ρ γ ε ῖ ο ι . Τ ρ ώ ω ν δ έ : zur Antithese 42n. — Τ ρ ώ ω ν … π ό λ ι ς : Junktur für ‘Troia’ (13× Il., 2× Od.; ferner 1.164 Τρώων … πτολίεθρον); vgl. 1.19n., unten 830n. — π ό λ ι ς … | θ ά ρ σ υ ν ο ς : πόλις hier in Synekdoche = ‘Stadtgemeinde, Einwohner’ (gemeint die männlichen, wehrfähigen), vgl. schol. D zu 69; LfgrE s.v. 1375ff. θάρσυνος ist nur noch 13.822f. λαὸς Ἀχαιῶν | θάρσυνος belegt; an der vorl. Stelle prädikativ aufzufassen (zur antiken Gleichsetzung mit dem Ptz. τεθαρσηκυῖα s. schol. D zu 70; MATTHAIOS 1999, 424; zur Zweiendigkeit KASTNER 1967, 31f.). Zur gelängten Schlußsilbe von πόλις 57n. (vgl. Τρώων τε πόλις/ν καί … 3× Il., gleiche Vers-Position). — ἐ π ὶ π ᾶ σ α β έ β η κ ε ν : ἐπιβαίνω hier absolut gebraucht (‘ist herangerückt, liegt im Angriff’), sonst jedoch in dieser Bed. stets mit Dat., vgl. bes. 11.460/13.332 (VE) ἐπ’ αὐτῷ πάντες ἔβησαν (Angriff auf einen einzelnen Griechen), ferner 751. Τρώων … βέβηκεν greift zurück auf die Metapher in V. 66 (Τρώων νέφος ἀµφιβέβηκεν) und verstärkt sie (‘ganz Troia’).
70b–72a Der Glanz von Achills Rüstung wird tatsächlich eine Panik unter den Troern verursachen: 278–283 und – mit der neuen, von Hephaistos geschaffenen Rüstung – 20.44–46; speziell zur Wirkung eines glänzenden Helms 6.116n., 6.466–473n. (Hektor und Astyanax). – Waffen und Rüstungsteile zeichnen sich im Epos sowohl aufgrund ihrer Beschaffenheit (Metall) wie auch als typische HeldenAttribute (die dem Gegner Eindruck machen) durch strahlenden Glanz aus, vgl. 134n., 279n.; KAKRIDIS 1961, 290f.; CAMEROTTO 2009, 117–119; allg. zum Waffenglanz-Motiv 19.374–383n.; bes. zu Metallhelmen vgl. die Lit. in 413n. a.E. — Der drastische Hinweis auf die Flußbetten, die sich bei der Flucht der Troer mit Toten füllen werden, bildet wie 2.860f. eine interne ProlepseP von Achills Flußkampf im 21. Gesang (wo der seltene Begriff énaulos ‘Bachbett’ wiederkehrt: 21.283/312); schol. bT zu 71–2; JANKO zu 70–1; EDWARDS, Introd. 21f. Auch das Motiv ‘gefüllt mit Toten’ kehrt mit ähnl. Wortlaut im 21. Gesang wieder: 21.218. κ ό ρ υ θ ο ς : das im fgrE übliche Wort für ‘Helm’; etwas seltener, aber meist bedeutungsgleich: κυνέη, τρυφάλεια, πήληξ (s. bes. 793–797): LfgrE s.v. κόρυς mit Lit; 3.316n.; 67 ἐπικρατέως: ‘übermächtig’. — οἳ δέ: dazu als Apposition Ἀργεῖοι (V. 69). — δὲ (ϝ)ρηγµῖνι: zur Prosodie R 4.5; ῥηγµῖνι ist präpositionsloser dat. loci (R 19.2). 68 κεκλίαται: 3. Pl. Perf. Med.-Pass. (R 16.2); zur Bed. ↑. 69 πόλις(ς) ἐπί: zur Prosodie M 4.6, hier zudem an Zäsurstelle. — ἐπὶ … βέβηκεν: ‘ist herangerückt’; sog. Tmesis (R 20.2). 71 τάχα: ‘schnell, bald’. — κεν: = ἄν (R 24.5), Potentialis.
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SHEAR 2000, 57–59; FRANZ 2002, 52–57. — λ ε ύ σ σ ο υ σ ι : eigtl. ‘(etwas Helles) sehen, klar vor Augen haben’ (ἐγγύθι λαµποµένης), vgl. 127 (LfgrE; KÖLLIGAN 2007, 265f.). — µ έ τ ω π ο ν : wohl ‘die Stirnseite (des Helms)’, die dem Feind zugewandt ist: EBELING; AH.
72b–73 Achilleus mußte der Gesandtschaft im 9. Gesang eine Absage erteilen, weil Agamemnon nicht persönlich zu ihm kam und seine Vertreter ihm nur eine materielle Genugtuung, aber keine Entschuldigung anboten. Daher wartet er weiterhin auf eine grundlegende Verhaltensänderung Agamemnons; der gr. Begriff ḗpia steht für ‘Freundlichkeit’, engl. ‘kindness’ (JANKO; DUCKWORTH 1933, 87–89; OWEN 1946, 149f.; EICHHOLZ 1953, 139f. 143–147; WHITMAN 1958, 193; MOTZKUS 1964, 126–128; THORNTON 1984, 133 Anm. 31; LATACZ [1995] 2014, 326– 336; SCODEL 2008, 148–150; zur Diskussion über den Zusammenhang zwischen dem 9. und dem 16. Gesang s.o. Einleitung S. 11f. und 60–63n.). ἤ π ι α ε ἰ δ ε ί η : εἰδέναι kann eine moral. Einstellung oder ein soziales Verhalten bezeichnen (2.213n.); in der Verbindung mit ἤπια z.B. auch von Eumaios’ Haltung gegenüber Odysseus: ‘freundlich, loyal’ (Od. 13.405 u.ö.); vgl. schol. D; SCHADEWALDT (1938) 1966, 129. — ν ῦ ν δ έ : ‘so aber’ (2.82n. mit Lit.: “Einführung eines wirklichen […] Sachverhaltes”; 1.354b–356n.: Figuren-SpracheP des Achilleus). — σ τ ρ α τ ὸ ν ἀ µ φ ι µ ά χ ο ν τ α ι : στρατός hier konkret vom ‘Heerlager’ (AH; LfgrE). Die Wendung evoziert “das Gegenteil der Situation vor Achills Groll, wo die Achaier nur vor Troia kämpften” (AH; zu dieser thematischen Umkehrung s. allg. MORRISON 1994 [Hinweis DE JONG]).
74–77a Diomedes und Agamemnon gehören zu den Verwundeten, die Patroklos 25ff. aufgezählt hat (23–27n.). Die Frage, warum Achilleus gerade diese beiden herausgreift, hat schon die Antike beschäftigt (schol. A zu 9.709, b u. T zu 16.74, bT zu 16.76, D zu 16.86): implizite Replik auf frühere indirekte Vorwürfe der beiden an Achilleus (7.113f. Agamemnon, 9.698f. Diomedes)? auf Prahlereien (8.110f., 9.48f., beide Male Diomedes)? auf militär. Anweisungen (9.708f. Diomedes, 11.15f. Agamemnon)? In all diesen Fällen erwiese Achilleus sich als schadenfroh, gegenüber Agamemnon möglicherweise stärker (77: ‘verhaßtes Haupt’) als gegenüber Diomedes (JANKO zu 64–82). Wahrscheinlich handelt es sich aber in Anbetracht der aktuellen Lage um die nüchterne Feststellung, daß der Ausfall von zwei der wichtigsten Griechen (Diomedes als Kämpfer, Agamemnon als Befehlshaber) spürbare Folgen haben wird, verbunden mit der Genugtuung, daß die Voraussage 1.240–244 nun eingetroffen ist, vgl. 79n. (LEDBETTER 1993, 489; zur bedeutenden Rolle des Diomedes als ‘Ersatzfigur’ für Achilleus s. 6.96–101n. mit Lit.; STOEVESANDT 2004, 172). 74 Τ υ δ ε ΐ δ ε ͜ ω Δ∆ Δ∆ιι ο µ ή δ ε ο ς : flektierbare Formel nach der Zäsur A 3 (Gen./Dat./Akk. 7× Il.; außerdem 3× Vok. am VA, 1× Akk. im Vers-Innern); vgl. 25n.; zur Wortstellung 15n. 73 ἤπια (ϝ)ειδείη: zur Prosodie R 4.3. 74 Τυδεΐδε͜ω Δ∆ιοµήδεος: zur Flexion R 11.1 (Synizese R 7); zur unkontrahierten Form R 6.
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75 µ α ί ν ε τ α ι : ‘wütet’, von Diomedes’ Speer auch 8.111 (dir. Rede; ebenfalls ἐν παλάµῃσιν am VE), von Patroklos’ (waffenführenden) Händen 16.245, vom Feuer 15.606, sonst immer von Personen (6.101n. mit Lit.); ähnl. z.B. 14.455 ‘der Speer springt von der Hand’ (s.d.). Zur rhetorischen ‘Vermenschlichung’ von Waffen (die Intention des Kriegers wird auf seine Waffe übertragen) und zu den Parallelen in der idg. Dichtung s. HAINSWORTH zu 11.574; JANKO zu 13.444; EDWARDS, Introd. 51; WEST 2007, 462; NÜNLIST 2009, 210f. (alle mit weiterer Lit.); s. auch unten 613n. Zur Verwendung des Begriffs µανία in kriegerischem Kontext s. ECK 2012, 137–141. — ἀ π ὸ λ ο ι γ ὸ ν ἀ µ ῦ ν α ι : flektierbare VE-Formel (noch 1.67, 16.80); Variante: ἀεικέα λοιγὸν ἀµυν- (5× Il., s. 32n. mit Iterata), bloßes λοιγὸν ἀµυν- (weitere 6× Il.).
76–79 Schon beim Aufmarsch im 3. Gesang sind die Troer durch ihr Geschrei aufgefallen, dort allerdings nicht aufgrund ihres Erfolgs, sondern aufgrund von Disziplinlosigkeit (3.2n., 3.8–9n.; vgl. BENARDETE 1963, 8f.). Hier steht positiv die Befehlsgewalt Hektors im Mittelpunkt; dadurch ergibt sich ein nachdrücklicher Gegensatz zur stimmlichen (und körperlichen) Absenz Agamemnons und zur entsprechenden Führungslosigkeit der Achaier, von Achilleus hyperbolisch unterstrichen durch ‘hallt ringsum’ / ‘die ganze Ebene’ (78f.). “So fallen akustische Raumerfüllung und militärische Raumbeherrschung zusammen” (WILLE 2001, 54). 76 ο ὐ δ έ π ω : modal, ‘und … überhaupt nicht’ (3.306n. mit Lit.). — ἔ κ λ υ ο ν α ὐ δ ή σ α ν τ ο ς : flektierbare Junktur in der 2. VH (noch 10.47, Od. 3.337, 4.505, h.Cer. 299); Varianten: ἔκλυες εὐξαµένοιο (236, Iterata s. 236–238n.) und ἔκλυ(ον) αὐδῆς/-ήν/ἀρῆς (2× Il., 6× Od.); vgl. HOEKSTRA 1965, 74 Anm. 3. 77 ἐ χ θ ρ ῆ ς ἐ κ κ ε φ α λ ῆ ς : wohl ein emotionaler ‘afterthought’ als Ausdruck von Achills fortwährendem Hass auf Agamemnon (schol. bT; Hinweis FÜHRER), syntaktisch entweder zu ὀπός (AH) oder zu αὐδήσαντος zu ziehen (FOURNIER 1946, 229f.). – Der Kopf ist das Resonanzorgan der Stimme: 11.462 (Odysseus) ἤϋσεν, ὅσον κεφαλὴ χάδε φωτός (LASER 1983, 18). ἐχθρός gehört zur Figuren-SpracheP, in der Ilias u.a. 3× am VA aus dem Munde des Achilleus (hier sowie 9.312, 9.378, stets gegen Agamemnon gerichtet: DI BENEDETTO [1994] 1998, 110f.; LOUDEN 2006, 129f.). – Die Alliteration mit ek- (schon 76 ἔκλυον) untermalt möglicherweise die Gegenüberstellung Agamemnons mit dem überlegenen Hektor ([H]ek-). — Ἕ κ τ ο ρ ο ς ἀ ν δ ρ ο φ ό ν ο ι ο : Zur Nomen-Epitheton-Formel und ihrer kontextbezogenen Verwendung – Hektor als bedrohlicher, gefährlicher Gegner – s. 24.509n.; in dir. Rede des Achilleus auch 1.242 u. 9.351, außerdem 16.840 in einer von Hektor fingierten Achilleus-Rede (s.d).
75 ἀπὸ … ἀµῦναι (+ Gen.): ‘etw. von jm. abwehren’, final-konsekutiver Inf.; zur sog. Tmesis R 20.2. 76 Ἀτρεΐδε͜ω (ϝ)οπός: zur Prosodie R 4.4 (vgl. lat. vox); zur Synizese R 7. ὀπός ist Genetivobjekt zu ἔκλυον. — αὐδήσαντος: ingressiv, ‘den Ruf erheben’; mit Ἀτρεΐδεω zu verbinden. 77 Ἕκτορος: sc. ‘die Stimme Hektors’.
Kommentar
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78 ἀ λ α λ η τ ῷ : onomatopoetisch, ‘Kampfgeschrei’ (2.149n.).
79 Achills Kampfboykott hat seinen Zweck erfüllt, die Troer sind in der Übermacht: 1.242f., 1.409f. π ᾶ ν π ε δ ί ο ν : die Troische Ebene (2.465a n.) als Schauplatz der Kämpfe. — µ ά χ ῃ : lokativisch oder instrumental aufzufassen (PORZIG 1942, 172f.; SCHW. 2.170; CHANTR. 2.78).
80–82 Zum Sachzwang, in dem Achilleus sich befindet, s. 64–82n. u. 60–63n. Mit der konzessiven Satz-Einleitung ‘aber auch so’ impliziert Achilleus, daß die Bedingungen 61b–63 (Troer bei den Schiffen der Myrmidonen) und 72b–73a (Agamemnons Entschuldigung) noch nicht erfüllt sind (JANKO; OWEN 1946, 151f.). Die dazwischen liegenden und daher den gedanklichen Anschluß erschwerenden Vv. 74–79 sind gelegentlich als spätere Ergänzung verdächtigt worden (AH; WEST 2011, 314); sie dienen jedoch der Erläuterung (74 ‘denn’) von 73b ‘jetzt aber kämpfen sie um das Heerlager’ und sind daher wohl als Parenthese aufzufassen. — Der Brand der Schiffe bildet ein Leitmotiv der Gesänge 8–16 (Überlegenheit der Troer, Kampf bei den Schiffen), vgl. bes. 8.180–182 (Hektor spricht), im 16. Gesang noch 113, 122f., 124 (Stichwort ‘Heck’, s.d.), 127, 293, 301: HAINSWORTH zu 9.230–1; WHITMAN 1958, 135f.; Stellensammlung bei SCHEIBNER 1939, 113; vgl. SCHADEWALDT (1938) 1966, 67 (Motiv der Sorge um die Schiffe); MACKIE 2008, 169–171 (Besiegelung von Troias eigenem Untergang). ἀ λ λ ὰ κ α ὶ ὧ ς : VA-Formel (10× Il., 7× Od., 1× Hes.); zur Verwendung (i.S.v. ‘dennoch’) s. SCHMID 1964, 13f. — ἀ π ὸ λ ο ι γ ὸ ν ἀ µ ύ ν ω ν : 75n.
81 Wie die Troer ‘mit Übermacht’ (gr. epikratéōs) die Schiffe der Achaier belagern (67), soll Patroklos nun ‘mit voller Macht’ die Troer angreifen und von den Schiffen verjagen (vgl. 64–82n.: Ringkomposition). Dies wird namentlich in 293 u. 301 gelingen (wiederholte Stichwörter: ‘vertreiben’, ‘Schiffe’, ‘Feuer’). π υ ρ ὸ ς α ἰ θ ο µ έ ν ο ι ο : VE-Formel (7× Il., 2× Od., 3× Hes.; in der 1. VH Il. 22.135; mit dazwischen gestelltem µένος 6.182). 82 1. VH ≈ 13.319, 15.702. — ἐ ν ι π ρ ή σ ω σ ι : Zur Konstruktion des Verbs mit Gen. πυρός (gen. part. anstelle eines dat. instr.) s. 2.415n. (‘in Brand setzen’); zu weiteren Bedeutungen s.u. 349–350n. — φ ί λ ο ν : nur hier Attribut zu νόστος, mit prägnanter affektiver Bed.: ‘lieb’ i.S.v. ‘ersehnt’ – zumal es Achilleus bestimmt ist, im Kampf um Troia zu sterben: 78 Τρωσὶ κελεύοντος: bei κελεύω steht im hom. Epos öfter der Dativ der Person: ‘zurufen, antreiben’. — περιάγνυται: vom Schall, der sich bricht und zurückgeworfen wird, ‘hallt ringsum’. 79 νικῶντες: hier ‘die Oberhand haben über’. 80 ὧς: ‘so’. 81 ἔµπεσ(ε): Imp. Aor. zu ἐµπίπτω ‘einfallen, angreifen’. 82 ἐνιπρήσωσι: zu ἐµπρήθω ‘in Brand setzen’ (πυρός: ‘durch Feuer’). — ἀπὸ … ἕλωνται: sog. Tmesis (R 20.2).
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9.412f. (HOOKER [1987] 1996, 514f.; ROBINSON 1990, 99f.; vgl. 24.700n., ferner 24.4n. mit weiterer Lit. zur Diskussion der Bed. von φίλος).
83–96 Achilleus sieht in der Entsendung des Patroklos – zumal wenn dieser seinen Auftrag im Eifer ‘übererfüllen’ sollte – zwei Gefahren: (a) Patroklos könnte ihm, Achilleus, durch seinen etwaigen Erfolg ‘die Schau stehlen’, so daß die Griechen keinen Anlaß mehr hätten, Achilleus unter Wiederherstellung seiner Ehre (s.u.) in die Gemeinschaft der Kämpfenden zurückzuholen (84–90; auch noch im Zweikampf mit Hektor fürchtet Achilleus, ein anderer könnte ihm ‘seinen’ Erfolg streitig machen: 22.205–207 [s. DE JONG z.St.]), und (b) Patroklos könnte sich selbst in Gefahr bringen, indem er durch allzu übermütiges Vordringen das Eingreifen eines Gottes – Apollons – provozieren würde (91–96). Beides lasse sich vermeiden – so mahnt Achilleus seinen Freund mehrfach (und zwar in einer Art RingkompositionP: 87 | 89f. || 91f. | 95 [LOHMANN 1970, 63f.]) –, indem er nach der Vertreibung der Troer sogleich umkehre (87, 95: affirmativ) und nicht weiter den Kampf mit ihnen suche (89f., 91f.: negativ). Dem entspricht auch der Wortlaut der Klage nach Patroklos’ Tod 18.13f. (s. 18.13n.). Die zweite Situation (b) wird tatsächlich eintreten (91–94n.), so daß die zuerst genannte Gefahr (a) – die Achilleus hier eigentlich als die für ihn folgenreichere hinstellt, nämlich der Gesichtsverlust – irrelevant wird: Achilleus wird im 19. Gesang von sich aus in die Gemeinschaft der Kämpfenden zurückkehren, um seinen Freund zu rächen (vgl. bes. 19.56–64n., 19.65–66n., 19.67–70n.). – Für die Wiederherstellung seiner Ehre (des höchsten Werts des ep. Adelskodex: 1.11n., 24.57n.) nennt Achilleus drei Bedingungen (84–86): sämtliche Griechen müssen seinen Status anerkennen; sie müssen ihm Briseïs zurückgeben; sie müssen ihn mit Geschenken entschädigen. D.h. Achilleus ist jetzt zur Annahme einer kollektiven Wiedergutmachung bereit. Diese Konzession ist – wie schon in 60–63 angedeutet (s.d.) – darauf zurückzuführen, daß Achilleus die Lage im Vergleich zu der Situation im 9. Gesang (als Agamemnon ihn ‘kaufen’ wollte, indem er ihm Briseïs und viele weitere Geschenke bereits einmal anbot: 9.260ff.) neu einschätzt: er sieht ein, daß er über kurz oder lang wieder mitkämpfen wird (wird mitkämpfen müssen). In diesem Sinn erfüllt sich nun Phoinix’ Mahnung am Ende des Meleager-ParadeigmasP (9.604f.): “Wenn du den Kampf ohne Geschenke wieder aufnimmst, wirst du nicht mehr gleichermaßen geehrt sein”. Lit. (mit Diskussion älterer oder abweichender Deutungen): schol. bT; DRERUP 1921, 364–367; DUCKWORTH 1933, 87–89; SCHADEWALDT (1938) 1966, 129f.; EICHHOLZ 1953, 140–142; MOTZKUS 1964, 129f.; DE ROMILLY 1983, 30f.; FERRARI 1986, 36–38; SCODEL 1989, 93f.; REICHEL 1994, 119f.; ALVIS 1995, 37f.; WILSON 2002, 111f.; RINON 2008, 33; SCODEL 2008, 17f.
Kommentar
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83 ὥ ς τ ο ι … θ ε ί ω : modal, ‘wie …’; der (prospektive) Konj. – hier ohne Modalpartikel – hat die Funktion eines Fut., vgl. 2.139 ὡς ἂν ἐγὼ εἴπω, πειθώµεθα πάντες (G 100; SCHW. 2.312f., 664). — µ ύ θ ο υ τ έ λ ο ς : ‘Umsetzung, Realisierung, Ausführung des Auftrags/Befehls’, vgl. 9.625f. δοκέει µύθοιο τελευτὴ | τῇδέ γ’ ὁδῷ κρανέεσθαι, 19.107 ψεύστης εἰς, οὐδ’ αὖτε τέλος µύθῳ ἐπιθήσεις (s.d.), 19.242 ἅµα µῦθος ἔην, τετέλεστο δὲ ἔργον u.a.m (GUNDERT 1983, 150–157). Anders (i.S.v. µῦθον τέλειον) DÖDERLEIN 1858, 277; CHRISTENSEN 2009, 146f. – Der Inhalt des Auftrags folgt asyndet. in 87: ἐκ νηῶν ἐλάσας ἰέναι πάλιν; zu µῦθος als “authoritative speech-act” MARTIN 1989, 22–26. — ἐ ν φ ρ ε σ ὶ θ ε ί ω : flektierbare VE-Formel (auch ἐνὶ/ἐπὶ statt ἐν: 3× Il., 3× Od., 2× h.Ap.), ‘zu bedenken/beachten geben, ans Herz legen, einschärfen’, vgl. 19.121, Od. 11.146, h.Ap. 257, 534 (jeweils mit ἔπος als Obj.); die Wendung “unterstreicht die Bedeutsamkeit der folgenden Information” (19.121n.; PORZIG 1942, 113; WEST 1966, 147ff.; KELLY 2007, 232). — θ ε ί ω : Bei den athemat. Verbalstämmen u. Wurzelaoristen auf -η (hier θη- zu τίθηµι) zeichnet sich der Konj. Aor. durch große Formenvielfalt aus (bedingt durch die sprachgeschichtliche Lautentwicklung, vgl. GT 7): (a) kurzvokal. Konj. (G 89), wohl urspr. (nur wenige Belege: Od. 17.472 βλήεται, 18.183 παρστήετον); (b) mit Quantitätenmetathese (G 40) (Il. 2.475 µιγέωσιν, 11.348/22.231 στέωµεν, 19.402 ἕωµεν [zu ἄµεναι], Od. 16.383/24.437 φθέωµεν/φθέωσι, 24.485 θέωµεν; ἀφέῃ in Il. 16.590 [zu ἵηµι] ist eine Analogiebildung), (c) mit Wiederherstellung der urspr. prosod. Konstellation durch Ersatzdehnung (-ει- vor -ο-/-ω-) od. Zerdehnung (-η- vor -η/ῃ-), die verbreitetste Form im fgrE (hier θείω, insgesamt 7×, θείοµεν 5×, θήῃς/θήῃ 6× [u.a. V. 96]; βείω 6.113, βείοµεν 3×, βήῃ 9.501/16.94; δαείω 4× [u.a. V. 423]; φθήῃ 861; u.a.m.); (d) mit Kontraktion (selten, z.B. θῆσιν Od. 16.282 [3. Sg., zur Schreibweise WEST 1998, XXXI]; βῇ Od. 2.358 u. Hes. Op. 740, βῶσιν Od. 14.86; δαῶµεν Il. 2.299; φθῆσιν 23.805 [3. Sg.]). Lit.: LA ROCHE 1866, 405–410; MEISTER 1921, 154. 159. 161–163; WERNER 1948, 21–29 (mit Tabelle 28f.); CHANTR. 1.458–461. 84 τ ι µ ὴ ν … κ α ὶ κ ῦ δ ο ς : ‘Ehre und Ansehen’; die gleiche Verbindung auch 17.251, in assoziativem Zusammenhang 1.278f., 16.88/90. Die Betonung des Ehrbegriffs kommt in der Wiederholung der Wörter zum Ausdruck: τιµὴν µεγάλην/ἀτιµότερον (ringkompositorischeP Antithese 84/90), 2× κῦδος ἀρ- (84, 88); allg. zu solchen emphat. Wortwiederholungen s. Verdenius zu Hes. Op. 188; vgl. unten 89–92n. – Zum Motiv ‘die Ehre wiedergewinnen von jm.’ (hier von den Danaern) vgl. 1.159–160n., LfgrE s.v. τιµή 521.30ff.; zu κῦδος ‘Stärke, Erfolg, Prestige’ 19.204n.; DE JONG zu Il. 22.205–7. — κ ῦ δ ο ς ἄ ρ η α ι : flektierbare VE-Formel (11× Il., 1× Od., 1× Hes.), außerdem Il. 18.294 am VA, 16.88 u. 22.207 nach der Zäsur A 3; s. MUELLNER 1976, 108–110; vgl. 3.373n. 85 1. VH ≈ 1.90. — π ά ν τ ω ν : wohl betont, ‘alle ohne Ausnahme’, d.h. auch Agamemnon. — ἀ τ ά ρ : ‘und zwar’ (epexegetisch: AH); anders LfgrE: ‘aber, hingegen’ (adversativ),
83 πείθεο: = πείθου (Imp. Präs.); zur unkontrahierten Form R 6. — τοι: = σοι (R 14.1). — θείω: Konj. in der Funktion eines Futurs (R 21.2). 84 ὡς ἄν: final, ‘auf daß, damit’; zur Modalpartikel R 21.1. — ἄρηαι: 2. Sg. Konj. Aor. Med. zu ἄρνυµαι ‘erwerben, gewinnen’; zur unkontrahierten Form R 6. 85 ἀτάρ: ‘aber, doch’ (R 24.2). — οἵ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17), sc. die Griechen.
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nämlich 84 ‘du mir’ – 85 ‘aber sie (οἵ) mir’. — π ε ρ ι κ α λ λ έ α κ ο ύ ρ η ν : Briseïs (56–57n.). Die Nomen-Epitheton-Formel findet sich sonst nur noch in ‘Hes.’ fr. 193.11 M.-W. (ergänzt); vgl. die Varianten ἑλικώπιδα κούρην (Il. 1.98, von Chryseïs, mit prosod. wirksamem Digamma-Anlaut; außerdem 3× Hes. Akk./Dat.), εὐώπιδα κούρην (Od. 6.113/142, h.Cer. 333), καλυκώπιδι κ. (h.Cer. 8); ferner spez. von Athene γλαυκώπιδι κ. (24.26n.). 86 2. VH ≈ Od. 19.460, vgl. Hes. Th. 412. — ἀ π ο ν ά σ σ ω σ ι ν : eigtl. ‘jn. aussiedeln’ (Med. ‘emigrieren’: 2.629, Od. 15.254), hier ‘zurückschicken’; zum verstärkenden ἄψ s. 54n. — ἀ γ λ α ὰ δ ῶ ρ α : Nomen-Epitheton-Formel, an der vorl. Vers-Position 2× Il., 4× Od., sonst meist am VE (19.18–19n.); zu ἀγλαός ‘glänzend, attraktiv’ s. 1.23n. 87 1. VH ≈ 293. — ἰ έ ν α ι : imperativischer Inf. (ebenso 89 λιλαίεσθαι, 92 ἡγεµονεύειν, 95 τρωπᾶσθαι, 96 ἐᾶν). Früher oft als futurischer Imp. gedeutet, begleitet von prospektiven Kondizional- oder Temporalsätzen (an der vorl. Stelle εἰ 87, ἐπήν 95; partizipial: ἐλάσας 87 [dazu AH; HENTZE 1902, bes. 108; TZAMALI 1996, 300f.]); heute wird weniger das zeitliche als vielmehr “das menschliche Verhältnis des Sprechenden zur Handlung und dem Handelnden” in den Vordergrund gestellt (AMMANN 1927, 332): demnach sind es Anweisungen, auf deren Umsetzung der Sprecher im Unterschied zum gewöhnlichen Imperativ keinen direkten Einfluß nehmen kann, sondern die er der Verantwortung des Adressaten überlassen muß (AMMANN a.O. 329ff.; NEUBERGER-DONATH 1980: “obligative infinitive”); nach ALLAN 2010 sind es gar Anweisungen, die auf ein konventionelles Lösungsverfahren oder Verhaltensmuster rekurrieren (“proper procedural action”). Inf. statt Imp. ist noch heute als verkürzte Ausdrucksweise weit verbreitet, z.B. ‘alles aussteigen!’. — α ὖ : hat nur an wenigen Stellen im fgrE adverbiale Funktion: ‘wieder, noch einmal, schon wieder’, hier ‘darüber hinaus’ (LfgrE s.v. 1528.26ff.; ähnl. KLEIN 1988, 270). Zu αὖ als Partikel s. 477n. 88 Zu Achills Vertrauen in Zeus s. 227n. — ἐ ρ ί γ δ ο υ π ο ς π ό σ ι ς Ἥ ρ η ς : VE-Formel zur Bezeichnung des Zeus, stets in dir. Reden im Zusammenhang mit Eiden (7.411, 10.329), Gebeten (Od. 8.465, 15.112/180) oder anderen Formen göttlicher Unterstützung (Il. 13.154 und hier). Die Formel ist metr. äquivalent zu Ὀλύµπιος ἀστεροπητής (1.580n.) sowie zu konsonantisch anlautendem πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε (1.544n.) und Κρόνου πάϊς ἀγκυλοµήτε͜ω (2.205n.); s. PARRY (1928) 1971, 77f. 181f. – ἐρίγδουπος gehört zu den WetterEpitheta des Zeus (1.354n.), auch in der VA-Formel Ζηνὸς ἐριγδούπου/-οιο (3× fgrE) und singulär 5.672 Δ∆ιὸς υἱὸν ἐριγδούποιο (HIGBIE 1990, 201). 89–96 Die in Zenodots Exemplar überlieferte Fassung der Verse (s. app.crit.) wurde schon von Aristarch abgelehnt: schol. A zu 89 u. T zu 89f.; JANKO mit Lit. 89–92 Stark rhetorisch geprägte Aufforderung mit anaphorischem VA (µὴ / Τρωσὶ / µηδ’ / Τρῶας), mit der Wortwiederholung πολεµίζειν … φιλο-πτολέµοισιν … πολέµῳ (vgl. dazu 84n.) und dem Mittelreim der beiden Partizipien ἐπαγαλλόµενος/ἐναιρόµενος (91f.). 86 ποτὶ δ(έ): = πρὸς δέ (R 20.1), adverbiell, ‘dazu noch’. — πόρωσιν: 3. Pl. Konj. Aor. eines defektiven Verbs (πορεῖν, ‘verschaffen, geben’). 87 ἐλάσας: Ptz. Aor. zu ἐλαύνω, ‘sobald du ⟨die Troer⟩ … weggetrieben hast’. — πάλιν: ‘zurück’, d.h. ‘kehrtmachen’. 88 δώῃ: 3. Sg. Konj. Aor. zu δίδωµι.
Kommentar
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89 2. VH ≈ 3.133, ‘Hes.’ Sc. 113. — λ ι λ α ί ε σ θ α ι : ‘begehren’, s. 3.133n. zur Wortbildung sowie zur Konstruktion mit Inf. od. Gen.; vgl. unten 208n. (zu ἐράασθε). 90 1. VH = 835, 17.194 (vgl. 65n.). — φ ι λ ο π τ ο λ έ µ ο ι σ ι ν : 65n. — ἀ τ ι µ ό τ ε ρ ο ν … µ ε θ ή σ ε ι ς : ‘damit würdest du mir den letzten Rest Ehre wegnehmen’; ähnl. LEAF: “a rhetorical way of saying ›you will prevent my obtaining any τιµή‹”. — δ έ : kann öfter eine begründende Nuance in sich tragen und ist wie γάρ verwendet (schol. A u. T; DENNISTON 169; RACE 1999/2000, passim, z.St. 214f.; allg. zur Parataxe 1.10n. s.v. ὀλέκοντο δέ).
91–94 Achilleus’ Warnung hat auf Erzähler-Ebene zugleich die Funktion einer spannungssteigernden ‘Prophezeiung’, die dann auch wirklich erfüllt werden wird (ProlepseP; vgl. REINHARDT 1961, 33: “Warnungen sind dazu da, um in den Wind geschlagen zu werden”; WEST 2011, 314: “The typical storyteller’s device of the warning that is disregarded”). 684ff. verfolgt Patroklos die Troer zur Stadtmauer, 788ff. überfällt Apollon den weit vorgerückten Patroklos von hinten und bereitet so dessen Tötung durch Hektor vor (vgl. 684–867n., 784–867n.; zu den ProlepsenP in bezug auf Patroklos’ Tod s. 46–47n.; zu Apollons Rolle unten 94n.). 91–92 µ η δ ’ ἐ π α γ α λ λ ό µ ε ν ο ς … | … ἐ ν α ι ρ ό µ ε ν ο ς … ἡ γ ε µ ο ν ε ύ ε ι ν : Das erste Ptz. ist kausal zu ἡγεµονεύειν, das zweite modal (und dabei enger mit dem Prädikat verbunden): AH zu 91. — π ο λ έ µ ῳ κ α ὶ δ η ϊ ο τ ῆ τ ι : einer der im hom. Epos vielfältigen Ausdrücke für ‘im Kampf’ wie z.B. ἐνὶ κρατερῇ ὑσµίνῃ (447n.), µάχῃ ἐνὶ κυδιανείρῃ (6.124n.); flektierbare VE-Formel (Gen./Dat./Akk., 6× Il.), vgl. ferner πολέµου καὶ αἰνῆς δηϊοτῆτος (3× Il.), πόλεµόν τε λιπὼν καὶ δηϊοτῆτα (13.250), VE ἐν δηϊοτῆτι (815, 17.2). Zur synonymischen Doppelung 63n., zu δηϊοτής 3.20n.
93 Zum Olymp als Wohnsitz der Götter vgl. 1.497n.; NOUSSIA 2002, 491ff. µ ή : ‘daß nur nicht’ (warnend). — ἀ π ’ Ο ὐ λ ύ µ π ο ι ο : Junktur nach der Zäsur A 2 (5× Il., 5× Hes.) oder B 2 (1× hom.h.); Variante ἀπ’ Ὀλύµπου nach B 1 (2× Il.) und am VE (1× Hes.). — θ ε ῶ ν α ἰ ε ι γ ε ν ε τ ά ω ν : flektierbare VE-Formel (2.400n.).
94 Der Name ‘Apollon’ fällt emphatisch am Satzende (präzisierend nach 93 ‘einer von den Göttern’). Apollon spielt in der Ilias eine große Rolle (nach Zeus) und steht auf seiten der Troer (sehr ausgeprägt 15.220ff.). Er wird den Siegeslauf des Patroklos beenden (698–711, 788–804), Achilleus ablenken (21.544–22.24) und generell dafür sorgen, daß Troia nicht vor der Zeit erobert wird (698–701 mit n.): FG 5; TSAGARAKIS 1977, 34–45; ERBSE 1986, 169–184; GRAF 2009, 9–25; vgl. 18.454n., 24.18–21n. 89 ἐµεῖο: = ἐµοῦ (R 14.1), Gen. zu ἄνευθεν ‘ohne’. — πολεµίζειν: hier ‘weiterkämpfen’. 92 ἐναιρόµενος: Medium ohne Bed.-Unterschied zum Aktiv ἐναίρω ‘töten’ (R 23). — προτὶ (Ϝ)ίλιον: zur Prosodie R 4.3; προτί = πρός (R 20.1). — ἡγεµονεύειν: absolut gebraucht, ‘Anführer sein’ (oder im Dt. ein Objekt ergänzen: ‘die Männer’ o.ä.). 93 Οὐλύµποιο: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — θεῶν: gen. part. zu τις. 94 ἐµβήῃ: 3. Sg. Konj. Aor. zu ἐµβαίνω, hier ‘dazwischentreten, einschreiten’; zur ep. Zerdehnung R 8. — τούς: sc. die Troer (ebenso 96). — φιλεῖ (ϝ)εκά(ϝ)εργος: zur Prosodie R 4.4.
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φ ι λ ε ῖ : φιλεῖν/φίλος bez. oft die Begünstigung oder sogar tatkräftige Unterstützung eines Menschen durch einen Gott (vgl. die Lit. in 24.61n.; ferner ADKINS 1972, 11ff.; LfgrE s.v. 921.42ff. [‘hält eng mit den Troern zusammen’]). — ἑ κ ά ε ρ γ ο ς Ἀ π ό λ λ ω ν : VE-Formel (9× Il., 1× Od., 8× hom.h.). Das Epitheton bed. urspr. wohl ‘nach freiem Willen wirkend’, dürfte im fgrE aber als ‘aus der Ferne wirkend’ verstanden worden sein (1.14n., 1.147n.; LfgrE; vgl. unten 513n. a.E.). Prosod. äquivalente Alternative: Δ∆ιὸς υἱὸς Ἀπόλλων (720n.; Überlegungen zur inhaltl. Differenzierung der beiden Formeln bei JANKO 1981, 253; FRIEDRICH 2007, 80f.). Formel-Varianten: ἑκηβόλῳ Ἀπ. (513n.), ἑκατηβόλου Ἀπ. (711n.). 95 1. VH ≈ h.Merc. 221. — φ ά ο ς : Mit ‘Licht’ spielt Achilleus wohl auf Patroklos’ Selbsteinschätzung in V. 39 an: CatchwordP (Hinweis NÜNLIST); zur Licht-Metapher 39n. — ἐ ν ν ή ε σ σ ι ν : d.h. ‘im Schiffslager’ (wie 24); die Junktur steht nur hier am VE (mit emphat. run-over word θήῃς am nächsten VA), sonst nach der Zäsur A 3 (16× Il., 6× Od., 1× Hes.). 96 τ ο ὺ ς δ έ τ (εε ): Das mehrheitlich überlieferte deiktische τούσδε ist hier wenig passend; urspr. vielleicht τοὺς δ’ ἐάαν; τε hat wohl die Funktion, den Hiat zu vermeiden (RUIJGH 700; vgl. 24.17n. mit Lit.). — δ η ρ ι ά α σ θ α ι : denominatives Verb zu δῆρις ‘Streit, Kampf’ (urspr. ‘Zerspaltung, Zwietracht’: FRISK; BEEKES); wie µάρνασθαι (195n.) hat es einen archaischen Charakter und wird bedeutungsgleich zu µάχεσθαι verwendet (Konnotation: ‘sich im Kampf abmühen, lange ringen’, vgl. 756).
97–100 Achilleus schließt seine Warnungen an Patroklos mit einem überspitzten Wunsch ab (formal ein Gebet: LATEINER 1997, 252), in dem es nur noch ein ‘ich’ und ein ‘du’ gibt (Achilleus und Patroklos), ein emphatisches ‘wir beide’ (so wie auch in der Rede 7ff. ganz am Ende ein ‘wir beide’ steht: 19). Damit nimmt Achill die enge Verflechtung der beiden Figuren in der folgenden Handlung vorweg: Patroklos wird an Achills Stelle und mit dessen Rüstung in den Kampf ziehen, Achilleus wird zwecks Rache für den gefallenen Patroklos seinen Boykott aufgeben. Allerdings werden beide noch vor der Eroberung Troias tot sein, vgl. 707– 709, 17.404–407 (eine Art Dramatische IronieP in V. 99f., auch wenn Achilleus über sein Schicksal unterrichtet ist): WHITMAN 1958, 198–200; vgl. MUELLER (1970) 1978, 118; MORRISON 1992, 101; BURGESS 2009, 49; EDWARDS zu 17.404–411. Gleichzeitig dringt in dem Wunsch die Vielfalt von Achills Emotionen durch: der Groll gegen die Griechen, die enge Beziehung zu Patroklos, die (in der Ilias-Handlung während des Kampfboykotts unterdrückte) Kampfleidenschaft (WILAMOWITZ 1916, 121f.; HOWALD 1946, 79; KAKRIDIS 1971b, 510f.; MUELLER [1984] 2009, 54; SCHEIN 1984, 119f.; LEAF; MACLEOD, Introd. 24f.); alles zusammen führt zu einem übersteigerten Autarkie-Streben (STANLEY 1993, 167; ALVIS 1995, 34–38; vgl. Achills Gebet an Zeus 233ff., bes. 237–241 [mit 237n.]). Die Wunschvorstellung, Troia allein (bzw. zu zweit) zu erobern, hat ihre Parallele in 95 τρωπᾶσθαι: dicht. Nebenform zu τρέπω, ‘sich (zur Flucht) wenden’, hier ‘kehrtmachen, umkehren’. — ἐπήν: = ἐπ(ειδ)άν. — νήεσσιν: zur Flexion R 12.1. 96 θήῃς: 2. Sg. Konj. Aor. zu τίθηµι. — πεδίον κάτα: = κατὰ πεδίον (R 20.2).
Kommentar
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9.48f. (Diomedes, in ähnlich erregter Rede wie hier Achilleus: ‘wir aber, ich und Sthenelos, werden kämpfen, bis wir das Ende von Ilios erleben’); auch in den Geschichten der älteren Generation tritt das Motiv des ‘Einzelkämpfers’ auf: 1.271 Nestor, 4.387f. Tydeus, 5.641f. Herakles (KAKRIDIS a.O. 509f.; vgl. LOHMANN 1970, 222). Auf diese Weise erlangt der ep. Held größtmögliche Ehre und Ruhm (vgl. ULF 1990, 7f.; LOWENSTAM 1993, 105f.; ferner FRIEDRICH 1975, 145 mit Anm. 62 [S. 201]: “fiat honor, pereat mundus”). Zu den wiederholten ProlepsenP von Troias Untergang: 6.447–449n. (im 16. Gesang noch 698f.: Fast-Eroberung). Die Passage zeichnet sich durch rhetorische Stilisierung aus (VA-Anapher µήτέ τις 98/99 [vgl. 50–55n.], Antithese ὅσσοι ἔασιν – νῶϊν … οἶοι 98/99f., Metaphern ἐκδυῖµεν 99, κρήδεµνα λύωµεν 100). Sie hat in der Antike und in der Homer-Analyse jedoch viel sprachliche (z.B. wegen νῶϊν [99n.]) und inhaltliche Kritik erfahren: schol. T (ὅτι παιδιώδης καὶ ἀδύνατος ἡ εὐχή, εἶθ’ ὅτι φθονερά, εἶτα ἐρωτική; vgl. auch 97n.); AH, Anh.; LEAF; WILAMOWITZ a.O.; BOLLING 1944, 151f.; KAKRIDIS a.O. 508f.; NICKAU 1977, 223ff.
97 = 2.371 u.ö. (s.d.). — Götteranrufung in der Funktion eines beteuernden Ausrufs (2.371n.; AH zu Od. 7.311), sonst stets zur Einleitung eines vergleichenden – und dabei oft unerfüllbaren – Wunsches (‘wäre/geschähe x doch so wie y’ u.ä.; GARVIE zu Od. 7.311–13; MUELLNER 1996, 102 Anm. 21); insofern “ist auf keinen der Götternamen ein besonderes Gewicht zu legen” (FAESI zu 97–100 a.E., als Antwort auf die schon antike Kritik [schol. T zu 97–100], die Anrufung Apollons – der ja am Tod von Patroklos und Achilleus beteiligt sein wird – sei hier deplaziert; ähnl. WEST 2011, 314). Zu Dreierreihen von Göttern allg. 2.478–479n. 98 µ ή τ έ τ ι ς ο ὖ ν : οὖν steht nicht nur im hom. Epos öfter in Verbindung mit wiederholtem εἴτε, oὔτε oder µήτε, und zwar teils (wie hier) im ersten, teils im zweiten Glied: “οὖν emphasizes the duality […] of the ideas negatived” (DENNISTON 419; Stellensammlung bei AH zu 8.7). Zu wiederholtem µήτέ τι(ς) vgl. 8.7, Od. 14.387, οὔτέ τι(ς) Il. 5.817, Hes. Op. 649, h.Merc. 444f. – Zur Akzentsetzung WEST 1998, XVIII. — θ ά ν α τ ο ν φ ύ γ ο ι : Zu den verschiedenen Verbindungen von θάνατος und φυγεῖν s. CLARKE 1999, 245. Die vorl. Junktur kommt im hom. Epos insgesamt 4× vor (immer an der gleichen Versstelle). — ὅ σ σ ο ι ἔ α σ ι ν : = ‘alle’, vgl. 5.267 ὅσσοι ἔασιν ὑπ’ ἠῶ τ’ ἠέλιόν τε (MONTEIL 1963, 215f.). VE = 2.125 (ἐφέστιοι ὅσσοι ἔασιν). 99 ν ῶ ϊ ν : i.d.R. Gen./Dat., bisweilen als prosod. Alternative zu üblicherem Nom./Akk. νῶϊ verwendet (hier Nom.); s. BOLLING 1933, 301–305; VAN DER VALK 1949, 139f.; CHANTR. 1.265f.; JANKO zu 13.326–7. — ἐ κ δ υ ῖ µ ε ν : restituierte Optativform (24.665n.). Zur metaphorischen Verwendung vgl. Od. 20.53 (Athene zu Odysseus) κακῶν δ’ ὑποδύσεαι ἤδη.
97 αἲ γάρ: = εἰ γάρ (Einleitung eines Wunschsatzes). 98 φύγοι: ‘entkommen, -gehen’ (Aor.). — ὅσσοι: = ὅσοι (R 9.1). — ἔασιν: = εἰσίν (R 16.6). 99 νῶϊν: hier als Nom. Dual (statt νῶϊ: R 14.1), ‘wir beide’. — ἐκδυῖµεν: 1. Pl. Opt. Aor. zu ἐκδύω (mit Akk.) ‘entrinnen, entkommen’.
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100 Die Eroberung und Zerstörung von Troia bildet naturgemäß ein Leitmotiv der Ilias (24.244b–246n. mit weiteren Hinweisen); oft hat es wie hier proleptische Funktion, vgl. 698f., 707ff. (6.447–449n.). Τ ρ ο ί η ς ἱ ε ρ ὰ κ ρ ή δ ε µ ν α λ ύ ω µ ε ν : Kopfbekleidung oder Kopfschmuck (Schleier, Kopfbinde, Stirnband, Diadem o.ä.) dient in der gr. Lit. wiederholt als Metapher für Stadtmauern (vgl. dt. ‘Mauerkranz, -ring’); mit κρήδεµνον noch Od. 13.388 Τροίης λύοµεν λιπαρὰ κρήδεµνα, ‘Hes.’ Sc. 105 Θήβης κρήδεµνον (ähnl. Il. 19.99 u.ö. ἐϋστεφάνῳ ἐνὶ Θήβῃ), h.Cer. 151 κρήδεµνα πόληος; nachhom. Parallelen bei WEST zu Hes. Th. 978. Die genaue Konnotation der Metapher ist unklar (Schmuck?, Schutz?, runde Form?, hochragende Form?); die vorl. Formulierung impliziert untergründig einen Vergleich der eroberten Stadt mit einer kriegsgefangenen Frau, der der neue Besitzer den Schleier vom Kopf reißt (die Entfernung des Brautschleiers gilt als rituelles Zeichen für die vollumfängliche Gewalt des Mannes über die Frau). Lit.: HOEKSTRA zu Od. 13.388; NAGLER 1974, 44–60 (bes. 53f.); DURANTE 1976, 106f.; MONSACRÉ 1984, 68f.; SCULLY 1990, 33f.; REECE 2009, 257f.; zum Brautschleier an sich s. 3.419n. — ἱ ε ρ ά : generisches EpithetonP von Städten (1.38n.), bes. von Troia (VE-Formel Ἴλιος ἱρή 6.96n., ferner Od. 1.2 Τροίης ἱερὸν πτολίεθρον): BOWRA 1960, 17; LOCHER 1963, 36–52; SCULLY 1990, 16–23. 78f. 137–140. In der vorl. Junktur mit κρήδεµνα (das sonst 5× Od. das Epitheton λιπαρά hat) dürfte das Attribut auf Formulierungen wie die in Od. 1.2 belegte zurückgehen (PARRY [1930] 1971, 310).
101–277 Wappnung des Patroklos und Auszug der Myrmidonen. 101–123 Die Achaier sind in höchster Not: Aias muß vor Hektor weichen, die Troer legen Feuer an das erste Schiff. 101–111 Bis auf drei Ausnahmen (108 πελεµίξαι, 111 ἀµπνεῦσαι, ἐστήρικτο) stehen sämtliche Verben dieses Abschnitts im Präsensstamm (finite Formen im Impf., infinite im Präs.) und unterstreichen die permanent fortschreitende Intensität des Geschehens: 102 ‘konnte nicht mehr standhalten’, ‘wurde ständig bedrängt’, 103 ‘zwang ihn allmählich in die Knie’, 106 ‘ermattete nach und nach’ usw. Zu weiteren stilist. Gestaltungselementen in diesem Abschnitt s.u. 104–105n., 111n.; zu einzelnen ‘dramatischen’ Motiven 105n., 109–111a n. (vgl. schol. bT zu 101–111, 104–105, T zu 107–111; dazu RICHARDSON 1980, 277. 278).
101 = 5.274, 5.431, 7.464, 8.212, 13.81, 18.368, 21.514 sowie 16× Od. – Rede-AbschlußformelP in Gestalt eines SummaryP, das zugleich einen Szenenwechsel zu einer Parallel-Handlung einleitet (DE JONG [1987] 2004, 206; RICHARDSON 1990, 31f.; KELLY 2007, 226–228; s. auch 1n., 102–123n., 24.141–142n.). Hier entbehrt der Zusammenhang zwischen vorangegangener Aussage (bes. 97ff.) und der nachfolgend wieder aufgegriffenen Handlung (102ff.) nicht einer gewissen Tragik: während Achill und Patroklos von der Eroberung Troias sprechen, steckt Hektor 100 ὄφρ(α): ‘damit’ (R 22.5). 101 ὥς: = οὕτως. — οἵ: = οὗτοι; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — ἀγόρευον: zur augmentlosen Form R 16.1.
Kommentar
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das erste Achaierschiff in Brand. Dies führt dann zum definitiven ‘Marschbefehl’ Achills (TAPLIN 1992, 178; SHEAR 2000, 115; vgl. RICHARDSON a.O. 116 mit Anm. 14 S. 230). – Der Verzicht des Erzählers, Patroklos eine ausdrückliche Zustimmung zu Achills Gebot 87ff. in den Mund zu legen, ist ein stillschweigendes Signal dafür, daß dieses Gebot nicht eingehalten werden wird (684ff.): DUCKWORTH 1933, 23. 102–123 Der Erzähler knüpft hier mit den identischen Worten ‘Aias hielt nicht mehr stand …’ an die zuletzt geschilderte Situation auf dem Schlachtfeld an (15.727–746, wobei 15.727 = 16.102), als Aias (der sog. ‘Große Aias’: 358n.) in höchster Verzweiflung sich vom Schiffsheck zurückzog und die andringenden Troer mit seiner Lanze abwehrte. Während des Dialogs Patroklos–Achilleus wurden die Kämpfe im Hintergrund fortgesetzt (RICHARDSON 1990, 226; DI BENEDETTO [1994] 1998, 247 Anm. 22; allg. zu gleichzeitigen Handlungsverläufen DE JONG 2007, 30; vgl. Prinzip der kontinuierlichen ZeitP). Inzwischen hat sich die Situation für Aias verschlimmert; der ständige Beschuß erschöpft ihn vollends, die Troer legen Feuer an das Schiff. Bei alledem legt der Erzähler Wert darauf, Aias’ Leistung in keiner Weise zu schmälern: es ist die göttliche Einwirkung, der Aias letztlich nachgibt (schol. T zu 103: mégiston enkṓmion, ‘höchstes Lob auf Aias’ [zum Begriff SCHMIDT 1976, 204f. Anm. 5]; SCHADEWALDT 1965, 304; zur göttl. Einwirkung s.u. 103n., 119–122a n.). Damit erweist sich Aias hier tatsächlich als der zweitstärkste Achaierheld nach Achilleus (2.768, s.d.). Zwar hat er – anders als etwa Diomedes (5. Gesang), Teukros (8.266–334), Agamemnon (11.15–283) und Idomeneus (13.206–515) – keine typische Aristie in der Ilias, aber er tritt an markanten Stellen der Handlung in den Vordergrund: 6.5ff. (Durchbruch der Achaier; s.d.), 7. Gesang (unentschiedener Zweikampf mit Hektor), 9. Gesang (Teilnehmer der Bittgesandtschaft zu Achill), 11.–17. Gesang (Rückzugskämpfe der Achaier, mehrfache Auseinandersetzung mit Hektor bis hin zur Verteidigung von Patroklos’ Leichnam), s. SCHADEWALDT (1938) 1966, 68–70; DI BENEDETTO (1994) 1998, 213. 217–221; STOEVESANDT 2004, 209–214 (Hektor–Aias); Nachzeichnung der gesamten iliadischen Aias-Handlung: LfgrE s.v. Aias. Während Aias in 15.674ff. den Abwehrkampf – zumindest anfänglich – an verschiedenen Stellen von den Schiffdecks aus und mit einer für Seeschlachten geeigneten überlangen Lanze bewältigt, scheint er in der vorl. Szene wieder auf dem Boden und mit einer normalen Lanze (oder einem Speer) bewaffnet zu kämpfen, so daß Hektor mit seinem Schwert nahe an ihn herantreten kann (114). Dieser vermeintliche Widerspruch hat früher zu analytischen Schlußfolgerungen geführt (s. z.B. AH zu 102; AH, Anh. zu 15, Einleitung S. 116– 119 [bes. 118]; AH, Anh. zu 16.102–129 [mit älterer Lit.]); freilich erfordert die detaillierte Darstellung von Aias’ Bedrängnis nun auch eine in jeder Hinsicht schwächere Position des Helden – abgesehen davon, daß man sich Zeit und Handlung überhaupt als vorangeschritten denken muß: Aias ‘hielt nicht mehr stand’, s. HELLWIG 1964, 71–75 (“der gegebene Augenblick der Haupthandlung bestimmt die Situation beim Aufgreifen des Fadens”: ebd.
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75, mit Parallelen; vgl. auch 3.380a n.). Das Schiff des Protesilaos dient dabei durchgehend als Kulisse (15.704ff., 16.122b–124): VON DER MÜHLL 1952, 243. – Anders FRAZER 1983 (δόρυ 114 = ‘Schiffslanze’ 15.677; ebenso WILLCOCK zu 114; contra JANKO zu 114–118); zu den gängigen gr. Begriffen für Stangenwaffen s.u. 139–140n. 102 = 15.727; 2. VH ≈ 11.576 (ebenfalls Aias), vgl. ferner 5.622 = 13.511. — β ι ά ζ ε τ ο : i.d.R. als trans. Med. konstruiert, als Passiv nur 4× Il. von Aias: hier, Iteratvers, 11.576, 11.589, immer in Verbindung mit βελέεσσι(ν) (DI BENEDETTO [1994] 1998, 110).
103 Die Vorstellung, daß in Krisensituationen hinter den menschlichen Handlungen auch ein göttlicher Wille steht, ist im fgrE weit verbreitet (sog. Doppelte MotivationP), vgl. z.B. 1.5, 1.188–222 (mit n.), im 16. Gesang 119–122a (mit n.), 688– 691. Zur vorl. paratakt. Formulierung ‘Zeus und die Troer’ vgl. 6.228 ‘ein Gott und ich’, 20.94 ‘unter den Händen des Achilleus und der Athene’, 22.359 ‘Paris und Apollon’ (LESKY 1961, 25f.; Variante ‘Gott durch die Hand des X’: unten 543n.). Beim Stichwort ‘Gedanke/Plan des Zeus’ (gr. Zēnós nóos) ist darüber hinaus konkret an Zeus’ Plan zu denken, nach dem er zu Achills Gunsten die Achaier in Not bringen will (Erfüllung von Thetis’ Bitte im 1. Gesang; vgl. 1.5n. zu ‘Zeus’ Wille …’; KELLY 2007, 172f.; ALLAN 2008, 207f.); auf die Verwirklichung wird in der Ilias fortwährend hingewiesen, zuletzt ausführlich 15.592–604 (DI BENEDETTO [1994] 1998, 246–248; Stellen bei BARCK 1976, 45 Anm. 123). Zeus’ Interventionen gegen Aias (hier und 11.544–547) stehen ganz im Dienste der ThetisBitte, denn grundsätzlich ist Zeus dem Griechen Aias wohlgesinnt (ausdrücklich in 13.821f., 17.645–650; WHITMAN 1958, 173; DUFFY 2008, 82f.; zu Zeus’ Einflußnahme auf das Kampfgeschehen zusammenfassend ERBSE 1986, 229–234). — Zum Ausdruck von kriegerischer Unterlegenheit (bis hin zum gewaltsamen Tod) wird im hom. Epos oft wie hier das Verb ‘bezwingen/bezwungen werden’ verwendet, z.B. auch 16.543 (‘ein Gott bezwingt jemanden ›unter den Händen eines anderen‹’ u.ä.; s.d. mit Parallelen), 19.9 (‘durch den Willen der Götter bezwungen’); auch das direkte tätliche Eingreifen der Gottheit wird als ‘bezwingen’ beschrieben (z.B. 5.746, 16.816, 16.845) (KULLMANN 1956, 59; vgl. 812–813a n. a.E.). δ ά µ ν α µ ι ν …: Der asyndet. Anschluß erläutert V. 102 (AH; weitere Lit. zum erklärenden Asyndeton: 19.90n.). Zur Kongruenz des Prädikats mit dem nächstliegenden Subjekt SCHW. 2.610f.; CHANTR. 2.18f. — Ζ η ν ό ς τ ε ν ό ο ς : nicht periphrastisch ‘Zeus’, sondern prägnant ‘Gedanke/Plan des Zeus’, ebenso 15.242, 16.688, Δ∆ιὸς βουλή 1.5 u.ö.: JAHN 1987, 77–81; vgl. BÖHME 1929, 54f.; BAKKER (2002) 2005, 151. — Τ ρ ῶ ε ς ἀ γ α υ ο ί : VE-Formel, noch 7.386, 10.563. ἀγαυός ist generisches EpithetonP von Menschen und Göttern, mit positiver Konnotation: ‘bewundernswert, erhaben’ (LfgrE; 3.268n.; STOEVESANDT 2004, 29. 37).
102 βελέεσσιν: zur Flexion R 11.3. 103 δάµνα: 3. Sg. Impf. zu δάµνηµι = δαµά(ζ)ω. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). — Ζηνός: Gen. zu Ζεύς (R 12.5). — νόος: = νοῦς (R 6).
Kommentar
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104–105 Zu 104 vgl. ‘Hes.’ Sc. 226 (δεινὴ δὲ περὶ κροτάφοισι), zu 105 Il. 16.794 (κυλινδοµένη καναχὴν ἔχε). — β ά λ λ ο ν τ ε ς … | … β α λ λ ο µ έ ν η … β ά λ λ ε τ ο : nachdrückl. Emphase durch Wortwiederholung (βάλλοντες ist zugleich runover word), vgl. 1.505ff. (τιµή u. Verwandtes, ebenso 84n.). Weitere Wiederholungen im vorl. Abschnitt: 2× βελέεσσιν (102, 108), 3× αἰεί (105, 107, 109 [107–108n.]), 2× παντ- (110, 111). – βάλλετο erläutert insbesondere die vorangehende partizipiale Aussage βαλλοµένη, s. 19.376n. mit Parallelen und Lit. (ferner schol. bT; KAKRIDIS 1949, 121). – Passivisches βάλλοµαι bed. im fgrE immer ‘getroffen werden’ (JANKUHN 1969, 63), im Präs. ‘andauernd/wiederholt getroffen werden’. — δ ε ι ν ὴ ν … φ α ε ι ν ὴ | π ή λ η ξ … κ α ν α χ ή ν : Die Voranstellung eines Adj. über die Versgrenze hinweg (integrales EnjambementP) ist im fgrE verhältnismäßig selten (meist mit ἄλλος, πᾶς, πολύς u.ä. sowie mit Adj., die auch sonst mehrheitlich am VE stehen, wie hier φαεινή u. 338 καλόν). Hier erzeugt das doppelte Enjambement durch die chiast. Anordnung erhöhte Spannung, vgl. dagegen schlichteres ἀµφὶ δέ οἱ κροτάφοισι φαεινὴ σείετο πήληξ 13.805. Lit.: LA ROCHE 1897, 169f.; PARRY (1929) 1971, 264f.; EDWARDS 1966, 125–130 (“an outstanding instance of intentional breaking of the rules for special poetic effect”: ebd. 130); KIRK 1976, 150; JANKO zu 13.611–12 a.E. u. zu 16.104–6; vgl. 18.18–19n. (zu λυγρῆς | … ἀγγελίης). — φ α ε ι ν ή : gener. EpithetonP, überwiegend von Waffen und anderen (i.d.R. aus Metall gefertigten) Gegenständen (vgl. 284, 704), seltener von Körperteilen (z.B. Augen: 645). — κ α ν α χ ὴ ν ἔ χ ε : ‘klapperte, rasselte, klirrte’ (vgl. 19.365– 366n.); periphrastisches ἔχω zum Ausdruck von akust. Phänomenen wie 794 (wiederum καναχήν, von einem Helm), 18.495 u. h.Ap. 185 (βοήν bzw. καναχήν, von Musikinstrumenten): MUTZBAUER 1893, 76f.; PORZIG 1942, 117; 18.495a n. Ohne Periphrase Il. 12.36f. κανάχιζε δὲ δούρατα πύργων | βαλλόµεν(α).
105 Das Motiv ‘Lärm von Waffen oder Rüstungsteilen’ unterstreicht als akustisches Signal – ebenso wie das Motiv ‘Kampfgeschrei der Männer’ – die Intensität und Dramatik des Geschehens auf dem Schlachtfeld (z.B. noch 361, 565f., 635–637), bes. den Tod eines Kriegers (325 u.ö.; s. KRAPP 1964, 185ff., bes. 193f.; WILLE 2001, 42–44; vgl. 24.512n.). Dabei wird die (psychologische) Wirkung des Lärms gelegentlich als ‘schrecklich’ bezeichnet (KRAPP a.O. 237f.; KAIMIO 1977, 60f.; WILLE a.O. 72; unten 566n.). Wo wie hier Waffen oder andere Rüstungsteile lediglich Lärm machen, ohne beschädigt zu werden, wird zugleich die Qualität des betreffenden Gegenstands und die Standhaftigkeit des damit ausgerüsteten Kriegers hervorgehoben (KRAPP a.O. 193f.). – Das dröhnende Geräusch des Helms setzt ebenso wie sein Glanz metallene Beschaffenheit voraus, vgl. 12.160f., 13.530, 15.647f., 16.794 (s. die Lit. zu Helmen in 70b–72a n.). 106 Aias’ Schild scheint aufgrund seiner soliden Bauweise (7.219ff.) sehr schwer zu sein; in 13.710f. ist sogar von Männern die Rede, die ihm den Schild bei großer 104f. κροτάφοισι: zur Flexion R 11.2. — αἰεί: = ἀεί (ebenso 107 αἰέν). 106 κάπ: = κατά (R 20.1); desgleichen 109 κάδ. — εὐποίηθ’: = εὐποίητα. — ὅ: sc. Aias; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — ὦµον: Akk. der Beziehung (R 19.1).
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Erschöpfung abnehmen (ihr Fehlen ist hier ein zusätzliches Indiz für die aktuelle Notlage); vgl. JANKO zu 106–11. Im übrigen wird die linke Schulter im fgrE nur noch bei der Beschreibung von Fehlschüssen erwähnt: 5.16f., 16.478f. (Waffe fliegt über die linke Schulter hinweg). φ ά λ α ρ (α α ): nicht sicher bestimmbare metallene Teile des Helms, zum Schutz oder zur Zierde (hom. hapaxP; nach schol. D Schmuckscheibchen in der Mitte des Helms, in der Neuzeit oft als ‘Metallbuckel’ aufgefaßt [z.B. AH], vgl. lat. phalerae): JANKO zu 104–6 u. 13.132–3; LfgrE; zu wohl verwandtem φάλος s.u. 216n. – ‘Phalara’ od. ‘Phalerae’ ist heute ein archäol. t.t. für gebuckelte oder reliefierte Metallscheiben. — ε ὐ π ο ί η θ ’ : εὐποίητος nur hier und 636 (βοῶν ‘Schilde’, vgl. 12.105 τυκτῇσι βόεσσιν) von Rüstungsteilen, in der Ilias sonst nur noch 5.466 (vom Stadttor).
107–108 Zur bes. Beschaffenheit von Aias’ Schild s. die Beschreibung in 7.219ff. (ANSELMI 1998; vgl. 18.193n.). ἔ µ π ε δ ο ν α ἰ ὲ ν ἔ χ ω ν σ ά κ ο ς …·· ο ὐ δ ’ ἐ δ ύ ν α ν τ ο | … π ε λ ε µ ί ξ α ι : im weiteren Sinn ein rhetorisch Polarer AusdruckP (322n.). πελεµίζω bed. eigtl. ‘zum Zittern, Wanken, Pendeln, Beben bringen’ (u.a. von Personen, Speeren, Bäumen, Olymp); die Etymologie ist unbekannt (mögliche Verwandte sind πάλλω oder πόλεµος): FRISK; BEEKES. — α ἰ ὲ ν … α ἰ ό λ ο ν : zusammen mit αἰεί in den Vv. 105 u. 109 möglicherweise ein (rein klangliches, schwerlich etym.) WortspielP mit dem Namen ‘Aias’; Αἴας … αἰέν auch in V. 358 (RANK 1951, 35; LOUDEN 1995, 31). – αἰόλος (eigtl. ‘schimmernd’: 19.404n.) ist auch 7.222 Attribut von Aias’ Schild und hat in diesem Zusammenhang wohl eine ähnl. Bed. wie ποικίλος (134n.), d.h. es bezieht sich auf die dekorative Oberfläche (ANSELMI 1998, 64–68). — ἔ χ ω ν : prägnant ‘festhalten, in der Hand halten’ (und zwar in der linken), vgl. u.a. 7.224 (σάκος) πρόσθε στέρνοιο φέρων, 20.162f. ἀσπίδα … | πρόσθεν ἔχε στέρνοιο. Zum Schulterriemen, der dem Träger einen Teil des Schildgewichtes abnimmt, s.u. 803n. — ο ὐ δ ’ ἐ δ ύ ν α ν τ ο … β ε λ έ ε σ σ ι ν : wegen des Subjektswechsels (sc. ‘die Troer’) wohl als Parenthese aufzufassen (Subj. des vorangehenden wie des nachfolgenden Satzes ist Aias). – οὐδ’ ἐδύναντο ist flektierbare VE-Formel (9× Il., 2× Od., 1× h.Ap.). — ἀ µ φ ’ α ὐ τ ῷ : d.h. ‘⟨den Schild⟩ um ihn / an ihm’ (AH; LEAF).
109–111a Vom Schweiß als Begleiterscheinung der (physischen) Erschöpfung der Kämpfenden ist in der Ilias wiederholt die Rede (2.388–390n. mit Stellen; GRAZ 1965, 89–91). Das Ringen nach Luft (gr. ásthma) ist ebenfalls Ausdruck der Anstrengung, so auch 826 im Gleichnis (KRAPP 1964, 25–29; CLARKE 1999, 146f.); die Verbindung der Kennzeichen Atemnot und Schweiß findet sich noch 15.241f. (von Hektor, vgl. 15.10f.), die plastische Formulierung ‘Schweiß fließt aus dem Leibe’ auch 23.688f., Od. 11.599f. – Zur dringend nötigen ‘Atempause’ (hier ‘aufatmen’) s. 42–43n. 107 οὐδ(έ): im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 108 πελεµίξαι ἐρείδοντες: als Akk.-Objekt ist zu beiden Verben σάκος zu ergänzen; zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἐρείδοντες: hier ‘wiederholt treffen’; konzessiv.
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109 ≈ 15.10 (bis zur Zäsur C 2); VE ≈ 23.688, Od. 11.599. — ἀ ρ γ α λ έ ῳ : Epitheton u.a. von körperlichen Beschwerden (ἄσθµα hier u. Iteratvers; ἕλκος 11.812, 16.528; κάµατος 13.85; νοῦσος 13.667 u. 2× Hes.); s. MAWET 1979, 212f. 110 1. VH = 23.689; ≈ 13.28, 23.112, Od. 17.171; VE ≈ Od. 12.433. — ἐ κ µ ε λ έ ω ν : ‘aus dem Leibe’ (zur Bed. von µέλεα vgl. 24.359n.).
111 Sentenzartige Zusammenfassung der Schilderung von Aias’ Not. π ά ν τ ῃ … κ α κ ὸ ν κ α κ ῷ ἐ σ τ ή ρ ι κ τ ο : ‘Not reihte sich an Not’ (AH), ‘Unheil war getürmt auf Unheil’ (LfgrE s.v. στηρί(ζω)). Polyptoton zum Ausdruck der Häufung (verstärkt durch πάντῃ), wie 19.290 δέχεται κακὸν ἐκ κακοῦ αἰεί (s.d., mit Parallelen u. Lit.).
112–113 V. 112 = 2.484, 11.218, 14.508. – V. 113: 1. VH ≈ 11.219, 14.509. — Die Musenanrufe der Ilias stehen an bedeutsamen Stellen der ErzählungP, hier an “der eigentlichen Wende der Handlung überhaupt, als die Troer ihren Gegenangriff weit vorgetragen haben […] und Hektor Aias den Speer kappt, ehe Feuer in die Schiffe geworfen wird” (BANNERT 1988, 17; so z.B. auch 14.508n.; LEAF; CALHOUN 1938, 161f.; MINTON 1960, 299f.; MINCHIN 2001, 170–172; allg. zu den Musenanrufen 2.484–493n. mit weiterer Lit.). Darüber hinaus verweisen die Musenanrufe in 14.508–510 (‘wer zuerst …’) und an der vorl. Stelle (‘wie zuerst …’) durch die Superlative implizit auf denjenigen in 2.761f. zurück: wer war der beste unter den Griechen; die Antwort lautet ‘Aias, solange Achilleus nicht mitkämpfte’ (2.768n.; THORNTON 1984, 42f.). – Ausführlich zu den sprachlichen und inhaltlichen Einzelheiten von V. 112: 2.484n.; 2.484–486n. (zum Binnenreim auch unten 174n.). — Die Fragestellung ‘wie … zuerst?’ ist eine Variation der üblicheren Frage ‘wer war der erste?’ (11.218–220, 14.508–510 [14.509n.]; MINTON 1962, 210f.; DE JONG [1987] 2004, 51; PERCEAU 2011, 42; vgl. 284n. zur Angabe ‘als erster’). Die Antwort schließt 114ff. asyndetisch an und erfolgt in Gestalt einer ‘Nahaufnahme’ (PERCEAU 2002, 162f.; auf das Erzähltempo bezogen JANKO zu 114–18: “a superb slow-motion effect”; ähnl. 793–804n.). Die Schilderung wird ringkompositorischP abgeschlossen (113 ≈ 124: VAN OTTERLO 1948, 68). — Zum Motiv des Feuers vgl. 80–82n. Ὀ λ ύ µ π ι α δ ώ µ α τ ’ ἔ χ ο υ σ α ι : flektierbare VE-Formel (1.18n.), von den Musen und den olympischen Göttern. — δ ή : suggeriert Evidenz und damit Konsens zwischen Sprecher und Adressat (hier auf der Erzähler-Ebene; ein anderes Bsp. in V. 127 mit n., dort auf der 109 ἀργαλέῳ ἔχετ(ο): zum Hiat R 5.6; ἔχετο ‘wurde beherrscht von, litt an’. — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). 110 µελέων: zur unkontrahierten Form R 6. — πολύς: prädikativ, ‘reichlich, in Menge’. — εἶχεν: intr. (+ Inf.), ‘konnte, kam dazu, hatte Gelegenheit’. 111 ἀµπνεῦσαι: = ἀναπνεῦσαι (R 20.1). 112 ἔσπετε: ‘sagt (an)’. 113 ὅππως: zum -ππ- R 9.1. — νηυσίν: zur Flexion R 12.1.
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Figuren-Ebene). An die Musen gerichtet meint die Partikel hier ‘wie ihr euch erinnert’, an die Zuhörer (indirekt) ‘was zu erwarten war’; so auch 14.509 im Musenanruf (CUYPERS 2005, 55ff., z.St.: 57). — ν η υ σ ὶ ν Ἀ χ α ι ῶ ν : VE-Formel, meist mit Präp. ἐπί (1.559n.; insgesamt 13× Il., 1× Od.; außerdem 1× Il. im Vers-Innern, 2× Il. VE νηυσὶν Ἀχαιούς).
114–118 Darstellungen, wie Waffen unwirksam gemacht (Adamas’ Lanze 13.562f., Teukros’ Bogensehne 15.461–465) und Treffer vereitelt werden (Pandaros’ und Teukros’ Pfeilschüsse 4.130 bzw. 8.311 u. 23.865; vgl. auch 5.661f., 15.520–522), veranschaulichen die Dramatik der jeweiligen Szene (ähnl. die Fehlleistungen in den Leichenspielen des 23. Gesangs: 23.383f., 391f., 774f. u. 865; bibl. Parallelen in 6.306n.). Als Urheber werden stets Götter genannt (oder wenigstens vermutet, vgl. 119ff.), die ihren Schützling retten wollen (KULLMANN 1956, 146; FENIK 1968, 67. 104. 142; JANKO zu 15.461–70; vgl. oben 103n., ferner Jörgensens PrinzipP). Hier wird das Motiv um der Dramatik willen ins Gegenteil verkehrt: es ist die Waffe des Unterlegenen, die zerstört wird, so daß der Angreifer im Vorteil ist. Demnach ist die vorl. Szene “ganz nach der Art der Verwundungsszenen gestaltet […]: Herantreten, Schlag, Waffe, Treffstelle, Wirkung” (KURZ 1966, 29). 114–115 Hektor “nimmt für diesen entscheidenden Schlag, der Aias endgültig zur Aufgabe zwingt, geradezu Maß” (KURZ a.O. 95). Es handelt sich hier um den bisher größten Erfolg, den Hektor in der Direktbegegnung mit einem namhaften gr. Helden in der Ilias erringen kann (FARRON 1978, 47; allg. zu Hektors kriegerischen Leistungen 6.402–403n.; unten 652–658n.; zu seiner Charakterisierung in der Ilias ROTHE 1910, 138–141; STRASBURGER 1954, 101–106; STOEVESANDT 2004, 199ff., bes. 212–214). 114 Ἕ κ τ ω ρ Α ἴ α ν τ ο ς : Die beiden Hauptakteure werden prominent am Satzanfang/VA genannt. — δ ό ρ υ µ ε ί λ ι ν ο ν : Nomen-Epitheton-Formel zwischen den Zäsuren B 1 und C 2 (5× Il.). Eschenholz eignet sich aufgrund seiner Zähigkeit und Elastizität besonders gut für Lanzen und Speere (DNP). Zur Verwendung des Adj. s. auch 6.65n. (zu µείλινον ἔγχος); allg. zu den Speer-Epitheta HÖCKMANN 1980, 313f.; PARASKEVAIDES 1984, 25–27. — ἄ γ χ ι π α ρ α σ τ ά ς : flektierbare VE-Formel (insgesamt 6× Il., 3× Od.). παραστάς ‘nahe (oder seitlich) herangetreten’ steht meist neben einem Verb des Treffens/Verletzens (wie hier und 404; KURZ 1966, 94f.) oder des Sagens (dazu 6.75n.; vgl. 537n.). 115 ἄ ο ρ ι µ ε γ ά λ ῳ : ἄορ wird im fgrE ohne Bed.-Unterschied zu ξίφος und φάσγανον verwendet. Das Schwert ist eine typische Nahkampfwaffe (114 ἄγχι παραστάς) und dient zum Hauen und zum Stechen; es erhält gelegentlich wie auch die Lanze (140f.) und andere Waffen ein (ornamentales) EpithetonP der Bed. ‘groß’, so auch 5.146, 20.459 (ξίφεϊ µεγάλῳ). Lit.: LfgrE s.vv.; FOLTINY 1980, 232ff.; SHEAR 2000, 49ff.; FRANZ 2002, 67ff.; unten 332n.; zu µέγας BISSINGER 1966, 130–132. — α ἰ χ µ ῆ ς π α ρ ὰ κ α υ λ ό ν : “Speerspitzen […] wurden mit einer Tülle auf den Schaft gesetzt und dort festgenagelt” (FRANZ 2002, 114 µείλινον: ‘aus Eschenholz’ (µελίη); Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 115 ἄορι (µ)µεγάλῳ: zur Prosodie M 4.6. — ὄπισθεν: adverbiell, ‘hinten’.
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66); καυλός dürfte diese Tülle (metallene Hülse/Muffe, vgl. 6.320n.) bezeichnen: LfgrE s.v. (mit Diskussion u. Lit.); JANKO zu 13.162; EDWARDS zu 17.297 (mit archäol. Lit.). 116 ἀ ν τ ι κ ρ ὺ δ ’ ἀ π ά ρ α ξ ε : Beide Wörter kommen im hom. Epos i.d.R. im Zusammenhang mit körperlichen Verletzungen vor: ἀντικρύ ‘geradeaus’ von Lanzen oder Pfeilen, die durch einen Körperteil oder einen Rüstungsgegenstand hindurchdringen (z.B. 346f.), ἀπαράσσω ‘abschlagen’ von abgetrennten (oder συναράσσω von zerschmetterten) Körperteilen (z.B. 324, s.d.). An der vorl. Stelle ist in übertragener Weise eine Waffe statt ein Kämpfer von der Gewalteinwirkung betroffen; die Wendung bed. hier entweder lokal ‘gerade durchschneiden’ oder modal ‘völlig abhauen’ (AH; LfgrE s.vv.; vgl. 380n.). — Τ ε λ α µ ώ ν ι ο ς Α ἴ α ς : VE-Formel (21× Il.). 117 π ῆ λ (εε ) … τ ῆ λ ε : Die Assonanz imitiert viell. die beiden Teile der Lanze (WortspielP: DI BENEDETTO [1994] 1998, 221). Zu einem anderen Wortspiel mit πῆλαι vgl. 141–144n., zur Anapher in der bukol. Dihärese 24.10–12n. 118 2. VH ≈ 13.530 (Helm), Od. 18.397 (Krug: πρόχοος). — α ἰ χ µ ὴ χ α λ κ ε ί η χ α µ ά δ ι ς : möglicherweise lautmalerische Häufung von kh-Lauten, in Verbindung mit dem Wortstamm χαµα- nicht selten, zum Teil wie hier mit Alliteration (χύντο χαµαὶ χολάδες 4.526/21.181; ohne Alliteration: αὐτίκα δ’ ἐξ ὀχέων σὺν τεύχεσιν ἄλτο χαµᾶζε 3.29 u.ö.; ferner Verbindungen von χαµα- mit χείρ 15.714, h.Merc. 298 oder χέω 6.134, 6.147 u.ö., vgl. Od. 18.397 [Iteratvers]); ähnl. unten 290n. a.E.; 2.50–52n. – αἰχµὴ χαλκείη ist flektierbare VA-Formel (Nom./Dat., 11× Il.); zum Bronzegebrauch im hom. Epos s. 6.3n. — β ό µ β η σ ε : onomatopoetisches Verb, ‘machte bumm’, vom dumpfen Ton eines fallenden Gegenstands (s. Iterata; dt. üblicherweise mit Umkehrung Prädikat/Partizip ‘fiel dröhnend’): KRAPP 1964, 191 mit Anm. 2; TICHY 1983, 94f. Zum Waffenlärm vgl. 105n.
119–122a Aias ‘erkennt und anerkennt’ die verhängnisvolle Zerstörung seiner Lanze durch Hektor als – unheilverheißendes – göttliches Signal und nimmt es als solches hin (ProlepseP). So ‘erschaudert’ auch Teukros im Kampf gegen Hektor, als plötzlich die Sehne seines Bogens reißt und der Bogen seinen Händen entgleitet (15.461–470), und jammert Menelaos über das beim Hieb zersplitterte Schwert (3.361–368); desgleichen ‘erkennt’ Hektor eine göttliche Einwirkung in seiner plötzlichen Mutlosigkeit (16.656–658 [658n.]), Aias an anderer Stelle in der hohen ‘Trefferquote’ der Troer (17.626–632), Hektor im plötzlichen Verschwinden des Deïphobos (22.299–303), Nestor im Zerwürfnis der Griechen während der Rückfahrt (Od. 3.165f.); weitere göttl. Signale sind Blitz und Donner (bes. 8.133– 140, 8.169–176) und andere unerwartete Erscheinungen, vgl. 6.183n. (MUGLER 1963, 189f.; GRIFFIN 1980, 44; ERBSE 1986, 232; FRONTISI-DUCROUX 1986, 61f.; 116 ἀπάραξε: ‘hieb (die Spitze vom Schaft) ab’ (zu ἀπ-αράσσω) . — τὸ µέν: dazu als Apposition κόλον δόρυ, d.h. den bloßen Lanzenschaft ohne Spitze. 117 πῆλ(ε): 3. Sg. Aor. zu πάλλω ‘schwingen’. — αὔτως: ‘nur so, nutzlos’. — ἀπ’ αὐτοῦ: gemeint ist die Lanze (δόρυ). 118 χαλκείη: zur Form (-η nach -ι-) R 2.
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HAMMER 1998, 132ff.; zum verwandten Motiv, daß Figuren eine Gottheit an ihrem Auftreten erkennen, s. 24.460–461n.; zum Zusammenwirken von menschl. und göttl. Handeln [Doppelte MotivationP] s.o. 103n.; zum ‘heiligen Schauder’ BURKERT 2010; vgl. ZINK 1962, 17f.). In Kampfschilderungen wie hier steht eine solche göttliche Einflußnahme als typisches Motiv zu Beginn des Rückzugs eines Helden oder einer Kriegspartei (z.B. 8.66–79, 11.544–547; KIRK 1962, 75f. 78; FENIK 1968, 110. 164; vgl. 14.65–81n.; allg. zum Motiv des Rückzugs unten 122– 123n.); in der Schlacht gegen Götter oder von Göttern unterstützte Gegner anzutreten empfiehlt sich nämlich auch für einen hom. Helden nicht (5.596–606, 17.97–105, 20.97–102 u.ö.). – Die vorl. Szene ist inhaltl. u. sprachl. mit 15.461ff. (oben erwähnt) verwandt, s. JANKO zu 119–21; DI BENEDETTO (1994) 1998, 203f. 119 κ α τ ὰ θ υ µ ὸ ν ἀ µ ύ µ ο ν α : formelhafte Verbindung, noch Od. 10.50, 16.237, außerdem κατὰ θυµὸν ἀµύµονος Αἰγίσθοιο/Ἀντιλόχοιο Od. 1.29, 4.187. – Zu ἀµύµων ‘vortrefflich’ s. 6.22–23n.; das Adj. steht gelegentlich wie hier bei Sachen, menschl. Fähigkeiten und Tätigkeiten, meistens jedoch bei Eigennamen (von Menschen; von einem Tier nur V. 152: Pedasos; s. die Einteilung im LfgrE s.v.). — ῥ ί γ η σ έ ν τ ε : wie 530 γήθησέν τε nur einmal bezeugte Variante einer typ. Junktur nach der Zäsur C 2 mit einem Prädikat im sigmat. Aor. + τε (36× fgrE φώνησέν τε [24.193n.], 2× τάρβησέν τε); vgl. FINKELBERG 1989, 184. 120 2. VH ≈ 15.467. — ἔ ρ γ α θ ε ῶ ν : ‘das Wirken der Götter’ (AH), ‘daß hier Götter wirkten’ (PORZIG 1942, 61); wohl Objekt ἀπὸ κοινοῦ zu γνῶ und ῥίγησεν i.S.v. ‘er erkannte schaudernd’ (LEAF zu 119; LfgrE s.v. ῥιγέω; anders z.B. AH zu 119 u. LA ROCHE 1861, 196: ῥίγησέν τε parenthetisch; schol. A zu 119–120 erwähnt beide Möglichkeiten); ähnl. 530f. ἔγνω … γήθησέν τε, | ὅττι. — ὅ ῥ α π ά γ χ υ …: möglicherweise Sekundäre FokalisationP nach γνῶ: Aias’ Erkenntnis und Gedanken. Dafür spricht der Gebrauch von Ζεὺς ὑψιβρεµέτης (s. 121n.) und bes. von πάγχυ: als wertender Begriff ist πάγχυ typisch für die Figuren-SpracheP (vgl. 12.67f.); s. DE JONG (1987) 2004, 110 u. 143. — µ ά χ η ς ἐ π ὶ µ ή δ ε α κ ε ῖ ρ ε ν : ‘durchkreuzte/vereitelte die Schlachtpläne, die Kampfstrategie’, vgl. den Iteratvers sowie 8.7f. (Zeus spricht) µήτέ τις … πειράτω διακέρσαι ἐµὸν ἔπος. (ἐπι)κείρω bed. sonst ‘(Haare) schneiden’, ‘(Sehne u.ä.) durchschneiden’, ‘(Futter) abbeißen, abfressen’, ‘(Hab und Gut) aufzehren’, hier in übertragenem Sinn verwendet, wohl mit Bezug auf die ‘gestutzte’ Lanze; s. die Scholien z.St.; AH; LfgrE s.v. κείρω. Anders ONIANS (1951) 1988, 187f.; HENDRY 1997; WEST 2011, 315; LfgrE s.v. µήδεα: µ. = ‘männl. Glied’, also ‘kastrierte den Kampf’ (d.h. ‘machte ihn unwirksam’); vgl. in wörtl. Verwendung Hes. Th. 180f. µήδεα … ἤµησε, 188 µ. ἀποτµήξας (Mythos von Uranos u. Kronos).
121 ≈ 12.68; 2. VH = 7.21, VE außerdem = 13.347, 23.682. — Zum Gedanken, daß ‘Zeus für die Troer den Sieg wollte’, vgl. 11.317–319 (Diomedes), 17.331f. (Apollon zu Aineias), 13.347f. (Erzähler), 17.595f. (Erzähler; Zeus donnert); Ge119 γνῶ: = ἔγνω (3. Sg. Ind. Aor.). 120 ὅ: = ὅτι ‘(nämlich) daß; weil’ (R 22.3). — ῥα: = ἄρα ‘ja’ (R 24.1). — ἐπὶ … κεῖρεν: ‘(Pläne) durchkreuzen, vereiteln’; zur sog. Tmesis R 20.2.
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gensatz (Zeus ‘nimmt den Sieg’): 16.689, 17.177; alle Passagen mit gegenseitigen wörtl. Entsprechungen (KELLY 2007, 223f.; Liste der Wendungen mit ‘Sieg’ bei TRÜMPY 1950, 192f.). Zu Zeus’ Willen s. 103n.
Ζ ε ὺ ς ὑ ψ ι β ρ ε µ έ τ η ς : flektierbare VA-Formel, meist im EnjambementP (11× fgrE; Stellen: 1.354n.; dort auch allg. zu den Wetter-EpithetaP des Zeus; zum Formelsystem ‘Zeus’ PARRY [1928] 1971, bes. 39 u. 55).
122–123 Das eigentliche entscheidende Ereignis – das erste Schiff wird in Brand gesteckt (80–82n.; vgl. 1n.) – wird kurz, aber wirkungsvoll dargestellt und von anderen bedeutsamen Erzählelementen begleitet: vom Musenanruf und der nachfolgenden ‘Nahaufnahme’ einerseits (112–113n.) und von Achills Marschbefehl und der nachfolgenden Wappnung des Patroklos andererseits (124ff.). Der Brand dauert im Hintergrund an, bis die Myrmidonen 257ff. wieder in den Kampf eintreten und Patroklos 293 das Feuer löscht: BETHE 1914, 29–31 (mit zu weitreichenden Schlußfolgerungen); KIRK 1962, 381; GRIFFIN 1980, 44; EDWARDS 1987, 259; RENGAKOS 1999, 315 (“Durch das Zusammenspiel beider Retardationsarten, der Unterbrechung der Handlungsbewegung und der gleichzeitigen Verlangsamung des Erzähltempos, wird Spannung […] erzeugt”). — Das Zurückweichen eines Kriegers ist ein typisches Motiv in Kampfschilderungen: Rückzugsphase (KIRK a.O.; FENIK a.O. 98. 232; STOEVESANDT 2004, 108f.). Zu den sprachl. Gestaltungsmöglichkeiten des Motivs s. KURZ 1966, 144ff. (mit Stellensammlung). Hier bildet es eine ringkompositorischeP Anknüpfung an 102 (‘er konnte nicht mehr standhalten; er wurde nämlich von den Geschossen überwältigt’): Aias’ Rückzug ist Voraussetzung dafür, daß die Troer das Feuer legen können. Die Ringkomposition wird gestützt und ergänzt durch das zweifache SummaryP in 101 u. 124 und die wiederholte Nennung des Zeus in 103 u. 121 (JANKO zu 101–24; vgl. auch unten zur ‘Kadenz’ in 122f.). χ ά ζ ε τ ο : ‘wich nach und nach, Schritt für Schritt’; Impf. ist bei χάζοµαι häufig (AH; KURZ 1966, 145; vgl. 101–111n.). — ἐ κ β ε λ έ ω ν : umschreibend bei Rückzug oder Leichenbergung, ‘aus dem Gefecht, außer Schußweite’ (6× Il., außerdem ὕπεκ β. 2× Il.): 14.130n. — ἀ κ ά µ α τ ο ν π ῦ ρ : VE-Formel (7× Il., 2× Od.), prosod. Variante zu θεσπιδαὲς πῦρ (vgl. Il. 15.597f. θεσπιδαὲς πῦρ | ἐµβάλοι ἀκάµατον). Bei Homer ist ἀκάµατος distinktives EpithetonP von πῦρ und bez. dessen potentielle Energie (bei Hesiod auch von Körperteilen: Händen, Füßen, Stimme). Eine kontextbezogene Verwendung – die möglicherweise durch bedeutungsähnliches ἀσβέστη φλόξ im folgenden Vers unterstützt wird – ist hier nicht ganz auszuschließen; dadurch würde ein Gegensatz zwischen dem erschöpf-
122 τοί: ≈ οὗτοι; zur Form R 14.3. — ἔµβαλον: = ἐνέβαλον (R 16.1, R 20.1). — ἀκάµατον: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 123 τῆς: gemeint ist das Schiff; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — κατ’ … κέχυτο: ‘hatte sich ergossen, ausgebreitet über’ (mit Gen.); zur sog. Tmesis R 20.2.
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ten Aias und dem ‘unermüdlichen, unaufhaltsamen’ Feuer erzeugt (GRAZ 1965, 101–104; LfgrE s.v. θεσπιδαής; allg. zum Formelsystem ‘Feuer’ PARASKEVAIDES 1984, 74f.). – Die zweimalige Stellung eines einsilbigen, aber bedeutungsschweren Wortes am VE (πῦρ 122, φλόξ 123) ist auffällig: Kadenz zum Abschluß der Kampfschilderung 102–123 (TAPLIN 1992, 178. 291). Einsilbler am VE sind sonst relativ selten, bes. ohne Zäsur C 2 wie in V. 123 (BEEKES 1972, 5; MAGNELLI 2004, 25f.; FANTUZZI/SENS 2006, 115. 119f.; Statistik ebd. sowie bei O’NEILL 1942, 139; Wörter-/Stellenliste bei HOENIGSWALD 1991, 1–9). — ν η ῒ θ ο ῇ : Nomen-Epitheton-Formel (14× fgrE, wovon 5× im Enjambement am VA; im Vers-Innern stets mit Präp.; zum Pl. νηυσὶ θοῇσιν s. 201n.). θοός ist das häufigste SchiffsEpithetonP bei Homer (PARRY [1928] 1971, 109–112; KURT 1979, 47–50; 1.12b n.). — ἀ σ β έ σ τ η : Das hom. Epos weist bei Komposita gelegentlich fem. Endungen auf, vgl. 1.99, 2.447, 16.329 (SCHW. 2.38; 6.266n. mit weiterer Lit.). — κ έ χ υ τ ο : Wahrscheinlich liegt hier der sog. “prägnante Gebrauch” des Plpf. vor; dieser präsentiert eine Handlung “als schon in der Vergangenheit im Ergebnis vorliegend” (SCHW. 2.288f.; ebenso K.-G. 1.152f.); demnach: ‘und schon stand das Schiff sofort in Flammen’.
124–197 Patroklos legt Achilleus’ Rüstung an und läßt durch Automedon die Pferde vor den Wagen spannen; Achilleus mobilisiert die Myrmidonen. Katalog der Anführer. 124 SummaryP mit Szenenwechsel (1n.) nach dem Typus ‘Figur beobachtet die vorangehende Handlung’ (19.340n.; BAKKER 1997, 190–194). Der Vorgang des Beobachtens wird dabei teils vom ErzählerP (z.B. 278, 419 u.ö.), teils wie hier von der FigurP selbst erwähnt (127; vgl. 11.526f.) oder geht lediglich implizit aus dem Kontext hervor (z.B. 2.155ff.; s. HELLWIG 1964, 101; DE JONG [1987] 2004, 106f. mit Anm. 18 S. 267; RICHARDSON 1990, 111–114). Mit dem vorl. Szenen-Neueinsatz ‘aber Achilleus …’ rückt die Patroklos-Handlung ganz in den Vordergrund (HELLWIG a.O. 9; KURZ 1966, 163f.). — Die Schiffe sind so aufgestellt, daß das Heck ins Landesinnere, der Bug zum Meer zeigt (um im Notfall sofort in See stechen zu können): GRAY 1974, 102–105. Die ‘Hecks der Schiffe’ bilden ein Leitmotiv im Kampf um das Schiffslager: 19.135n. ἄ µ φ ε π ε ν : wörtl. ‘beschäftigt sein, sich mit etw. befassen, sich um etw./jn. kümmern’, mit ‘Feuer’ als Subjekt in übertragener Verwendung: ‘umzüngelte, umloderte’, in 18.348 = Od. 8.437 in bezug auf einen Kochtopf über der Feuerstelle. — α ὐ τ ὰ ρ Ἀ χ ι λ λ ε ύ ς : VEFormel nach der Zäsur C 2, häufig bei Szenenwechsel (24.3n. a.E., mit Lit.; s. auch 1.194n.; BAKKER 1997, 100f. 109f. 111). 125–126 Vier-Wort-Verse (1.75n.) fallen durch ihr ‘Gewicht’ auf (im vorliegenden Abschnitt außerdem durch ihre Häufung: 125, 126, 132, 134). Hier liegen typische Vertreter vor: Satz im Enjambement (124f.), eigenständiger Satz (häufigste Kategorie; oft mit Imperativ/Voka-
124 πρυµνήν: prädikativ, ‘am Heck’ (Adj. πρυµνός; zu τήν ist νῆα zu ergänzen). — ἄµφεπεν: 3. Sg. Impf. zu ἀµφι-έπω. — αὐτάρ: ‘aber, doch’ (adversativ: R 24.2).
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tiv und am Rede-Anfang: 126), epexegetischer Satzabschluß (mit einleitendem Adj., emphatisch: 132, 134); häufig enthalten solche Verse Eigennamen (125, 126, 134). Einteilung und Statistik aller Vier-Wort-Verse bei BASSETT 1919.
125 Die Geste des Schenkelschlagens läßt sich durch die ganze Antike hindurch nachweisen (im fgrE noch 12.162, 15.113, 15.397, Od. 13.198, h.Cer. 245), auch als pathetisches Darstellungsmittel in Rhetorik und Drama (GRAF 1991a, passim). Sie drückt meist eine starke Besorgnis oder Erregung aus, bis hin zu Trauer, im fgrE jeweils gefolgt von einer direkten Rede (LfgrE s.v. πλήσσω 1291.65ff.: “as reaction to unexpected, unwelcome turn of events, a gesture of anger and/or grief, alarmed concern”; SITTL 1890, 12. 21f. 25; LOWENSTAM 1981, 32–34; Belege bei JANKO zu 15.113–14 u. WEST 1997, 200 mit Anm. 101). Hier unterstreicht die Geste die Wahrnehmung der für die Griechen fatalen Gefahr, die vom Brand des ersten Schiffs ausgeht (vgl. 80–82n.); darüber hinaus dürfte sie einen signifikanten Bezug zu 15.397 herstellen, als Patroklos angesichts der Lage auf dem Schlachtfeld Eurypylos mit derselben Geste seinen Aufbruch ankündigt (WHITMAN 1958, 136; JANKO zu 124–5; nach LOWENSTAM a.O. 31–67 würde die Geste sogar den bevorstehenden Tod der jeweiligen Figur andeuten, also des Patroklos bzw. Achilleus). – Das Schenkelklopfen als Ausdruck der Erheiterung ist erst von der Spätantike an belegt (GRAF a.O. 52). µ η ρ ὼ π λ η ξ ά µ ε ν ο ς : vgl. h.Cer. 245 ἄµφω πλήξατο µηρώ, 4× fgrE (ὣ) πεπλήγετο µηρώ (VE). Es ist umstritten, ob sich der sigmat. und der redupl. Aor. semantisch unterscheiden; letzterer ist jedenfalls die ältere Form (CHANTR. 1.397; HOEKSTRA 1969, 50f.) und kann Iterativität signalisieren (LATACZ 1966, 64; LfgrE s.v. πλήσσω 1291.24ff.; vgl. V. 728). 126–130 Gruppen von fünf oder mehr Versen, in denen das Satzende jeweils mit dem VE zusammenfällt, sind in der Ilias sehr selten (HIGBIE 1990, 69f.: 9×, mehrheitlich im Zusammenhang mit Reden). Hier sind die Sätze zudem stark parataktisch und asyndetisch, was auf Dringlichkeit und pragmatische Kürze schließen läßt (schol. A zu 128; WILAMOWITZ 1916, 123 Anm. 2; KIRK 1976, 159; FRIEDRICH 2000, 18). – Für die Interpunktion mit Parataxe: schol. A zu 128; AH, Anh. zu 126–129; LEAF zu 128 (anders CLASSEN 1867, 16f., u. CHANTR. 2.353: V. 127 sei als Parenthese aufzufassen, so daß sich 128 hypotaktisch an 126 anschließen würde). 126 Zur Füllung des Verses durch die Bezeichnung einer Figur mittels Nomen-EpithetonFormel, Apposition oder Umschreibung des Eigennamens vgl. 175, 189, 541, 554, 586, 738, 865; allg. zur Satzstruktur (ὄρσεο + Subjekt) s. 553–554n. — ὄ ρ σ ε ο : ‘erhebe dich, mache dich auf’, typische Aufforderung am Rede-Anfang, mit Nachdruck auf der Eile (vgl. 129 θάσσον), jeweils gefolgt von einer Anrede (6× fgrE); s. 19.139n. (dort auch zur Form). — δ ι ο γ ε ν ὲ ς Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς ἱ π π ο κ έ λ ε υ θ ε : singuläre Kombination der beiden Nomen125 µηρώ: ‘beide Schenkel’ (Akk. Dual). — Πατροκλῆα: zur Form R 3. — προσέειπεν: ἔειπεν = εἶπεν (< ἔ(ϝ)ειπεν: R 6). 126 διογενές: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
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Epitheton-Formeln διογενὲς Πατρ. (49n.) und Πατρ. ἱπποκέλευθε (noch 584, 839; 2× Figuren-RedeP, 1× Apostrophe); zur Form Πατρόκλεις s.o. 7n. – ἱπποκέλευθε ist distinktives EpithetonP des Patroklos und fungiert als metr. Variante zu ἱππεῦ (20n.); es bed. wohl ‘der seinen Weg mit dem Wagen zurücklegt’ (schol. D; UNTERMANN zu 839; LfgrE s.v.). 127 δ ή : Mit δή – das nicht als koordinierende Partikel fungiert (FRIEDRICH/REDFIELD 1978, 279 Anm. 8) – wird die Aussage als gemeinsame Erfahrung von Sprecher und Adressat dargestellt, eine Grundlage für die Verständigung über das weitere Vorgehen (BAKKER 1997, 75f.: “marker of evidentiality”; vgl. 112–113n., 24.351n.). Anders DENNISTON 214ff.: Emphase in pathet. Situationen. — π α ρ ὰ ν η υ σ ί : Junktur nach der Zäsur A 4 (38× Il., 2× Od.). — δ η ΐ ο ι ο : gehört zur Figuren-SpracheP (namentlich als Epitheton zu πῦρ immer in dir. Rede außer 16.301: GRAZ 1965, 112; LfgrE s.v.). Zu Prosodie (mit Kürzung des Binnenhiats: ⏖–⏑) und Bed. (‘feindlich, zerstörerisch’) s. 2.415n.; im Zusammenhang mit πῦρ möglicherweise sekundär mit δαίω ‘brennen’ in Verbindung gebracht: RISCH 114; BEEKES s.v. — ἰ ω ή ν : traditionell als ‘Schall’ verstanden (zur Interjektion ἰώ: DELG), von einer Stimme oder einem Instrument, auch vom Wind (dann auch als ‘Wehen, Schwung, Ansturm’ gedeutet); vom Feuer nur hier (‘Prasseln’?), in der Kombination mit λεύσσω (dazu 70b–72a n.) möglicherweise als Synästhesie aufzufassen (KRAPP 1964, 184. 287; GRAZ 1965, 278), vgl. Od. 9.166f. Κυκλώπων δ’ ἐς γαῖαν ἐλεύσσοµεν … | καπνόν τ’ αὐτῶν τε φθογγὴν ὀΐων τε (was aber besser als Zeugma aufzufassen ist: HEUBECK z.St.). Als Alternative bietet sich eine neutrale Grundbed. an, etwa ‘(spezifische) Wirkung’ (so DANEK 1988, 91–97, mit ausführl. Diskussion). Wahrscheinlich war die Bed. von ἰωή schon in hom. Zeit nicht mehr klar. Weitere Lit.: LfgrE s.v.; JANKO zu 126–9.
128 2. VH ≈ Od. 8.299, 14.489. — Achilleus wiederholt seinen Gedanken 81b–82. µ ή : unabhängiger Befürchtungssatz, ‘daß nur nicht gar’ (AH; WACKERNAGEL [1924] 1928, 277; K.-G. 1.224; SCHW. 2.674f.); zur Negation mit οὐκ(έτι) WACKERNAGEL a.O. 278. 304; CHANTR. 2.336f. — φ υ κ τ ά : ‘Möglichkeit zur Flucht, Entrinnen’; der Neutr. Pl. eines (Verbal)adj. kann als abstraktes Subst. dienen (GARVIE zu Od. 8.299; LfgrE s.v. φυκτ(ός)). 129 δ ύ σ ε ο : Zum häufigen Asyndeton bei Aufforderungen s. SCHW. 2.632f. Zur Form δύσεο s. 19.36n. — τ ε ύ χ ε α : ‘meine Rüstung’ (40n.). — θ ά σ σ ο ν : ‘schleunigst, unverzüglich’ (AH; LfgrE; K.-G. 2.306), außer h.Merc. 212 immer in Aufforderungs- od. Absichtssätzen, außer ebd. und Il. 12.26 immer in dir. Rede. Zum Akzent WEST 1998, XX (s.v. ἄσσον). — ἐ γ ὼ δ έ κ ε … ἀ γ ε ί ρ ω : Der prospektive Konj. (mit oder ohne Modalpartikel) im selbständigen Hauptsatz hat die Funktion eines emphat. Futurs, ‘und ich werde dann …’ (SCHW. 2.311; CHANTR. 2.211; G 100). — λ α ὸ ν ἀ γ ε ί ρ ω : flektierbare VE-Formel (6× fgrE).
130–683 Typisierte EreignissequenzP ‘Aristie’ (KRISCHER 1971, 23–36. 53f.; HOWIE 1996, 198–205; CAMEROTTO 2009, 49–61): (1) Anlegen der Waffen (130ff.), (2) Glanz der Waffen, (3) Einzelkämpfe (284ff.), (4) Ansturm auf die gegneri-
127 δηΐοιο: zur Flexion R 11.2. 128 ἕλωσι: sc. ‘die Troer’. — οὐκέτι φυκτὰ πέλωνται: ‘und es kein Entrinnen mehr gibt’. 129 τεύχεα: ‘⟨meine⟩ Rüstung’ (V. 40, 64). — κε … ἀγείρω: κε = ἄν (R 24.5), ἀγείρω ist 1. Sg. Konj. Aor. (Konj. in der Funktion eines Futurs: R 21.2).
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schen Reihen, (5) Verfolgung des Heeres (306ff., 377ff., 394ff.), (6) Verwundung des Helden, (7) seine Genesung, (8) siegreicher Zweikampf (419ff.; “Monomachie” in KRISCHERs Terminologie [a.O. 24]), (9) Kampf um den Leichnam des getöteten Gegners (508ff.). In der Aristie des Patroklos fehlen auffälligerweise die Elemente (2) (dazu s. unten 130–144n. mit Verweis auf 19.374–383n.) und (6)– (7); letztere sind “in der Patroklie wegen des tragischen Ausgangs weggelassen”: eine Verwundung noch vor dem Zweikampf “verliert ihren Sinn, wenn dem Helden bestimmt ist, nach eben dieser Monomachie zu fallen” (KRISCHER a.O. 29). 130–277 Die Schilderung des Wiedereintritts der Myrmidonen in den Kampf enthält naturgemäß Elemente der Typisierten EreignissequenzP ‘Schlachtvorbereitung’ (2.86b–401n.; SCHADEWALDT [1938] 1966, 29f.: “Kampferöffnung”; HAINSWORTH 1966, 161ff.: “armies joining battle”; KELLY 2007, 101ff.: “major battle preparations”). Anstelle einer Heeresversammlung oder Beratung der Heeresführer steht im 16. Gesang zu Beginn das Gespräch zwischen Achilleus und Patroklos (1–129). Es folgen im wesentlichen: Rüstung des Anführers und der Truppe (130–154 bzw. 155–167), Sammlung und Aufstellung des Heeres (‘Truppenschau’ in Katalogform, 168–197), Feldherrnrede (Kampfparänese des Achilleus 198–212, des Patroklos 268–275), Libation und Gebet (220b–256), Ausrücken des Heeres und Angriff (257–277); s. die teilweise divergierenden Gliederungen bei ALBRACHT 1886, 5–9; SCHADEWALDT a.O. (leicht modifiziert durch MORRISON 1992, 42f.); HAINSWORTH a.O.; LATACZ 1977, 60; STOEVESANDT 2004, 71–76. Die vorl. Passage ist durch die gleichmäßige Verteilung von Reden, Handlung und Gleichnissen kunstvoll gegliedert: Rüstung – Myrmidonen/Gleichnis (155–167, danach Katalog) – Kampfparänese des Achilleus (198–209) – Myrmidonen/ Gleichnis (210–220a) – Gebet des Achilleus (220b–256) – Myrmidonen/Gleichnis (257–267) – Kampfparänese des Patroklos (268–275) – Kampfbeginn (276f.) (FENIK 1968, 118. 190f.; ACETI 2008, 140 Anm. 336; JANKO zu 101–277 a.E.). 130–144 Es gibt vier große Rüstungsszenen in der Ilias: im 3. Gesang (Paris), im 11. (Agamemnon), hier (Patroklos) und im 19. Gesang (Achilleus); sie “markieren […] wesentliche Punkte der Handlungsentwicklung” (DANEK 1988, 209ff. [Zitat: 209]; vgl. BOWRA 1952, 266; WILLCOCK 1990, 5f.) und leiten – mit entsprechenden Anpassungen – die sog. Aristie des jeweiligen Helden ein (militär. Großtat, “final shootout in a western movie”: EDWARDS 1987, 72; s. ausführlich KRISCHER 1971, 23–36; PATZER 1972, 28–30. 33f. 39f.; SHANNON 1975, 26f.; BANNERT 1988, 11–16). Durch die ausführliche Beschreibung entsteht eine PauseP in der erzählten Handlung (OWEN 1946, 156; KELLY 2007, 320; 24.266–274n. [dort auch zur narrativ-dynamischen Gestaltung solcher Beschreibungen]). – Wie Patroklos Achills Rüstung anlegt, ist mit den Elementen der Typischen SzeneP ‘Rüstung’ beschrieben (3.328–338n. mit Lit.): (1) allg. Ankündigung der Rüstung (130), Anlegen (2) der Beinschienen (131f.) und (3) des Brustpanzers (133f.), Umhängen
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(4) des Schwertes (135–136a) und (5) des Schildes (136b), (6) Aufsetzen des Helms (137f.), (7) Ergreifen zweier Speere (139–144). Daß Patroklos die große Lanze des Achilleus nicht ergreift – als einzigen von allen Rüstungsteilen (140– 144) –, ist nicht nur mit markanten Worten hervorgehoben (eine Negation weist auf eine Abweichung vom Standard hin und ruft so eine neue Erwartung hervor: DE JONG [1987] 2004, 61ff.; 2004, 22 [“presentation through negation”]; vgl. 6.369–389n. und unten 139–140n.), sondern wirft mit ihren negativen Vorzeichen auch einen Schatten auf das weitere Geschehen, insofern als Patroklos Achilleus’ Position nur mit Einschränkungen wird ausfüllen können und seine Aristie sogar mit einer tödlichen Niederlage enden wird, wie u.a. bereits in 46f. angekündigt worden ist (AREND 1933, 93; ARMSTRONG 1958, 348; REINHARDT 1961, 313. 318f.; FENIK 1968, 191; RUSSO 1968, 286; PATZER a.O. 35–37; GRIFFIN 1980, 36; BANNERT a.O. 159f.; LÉTOUBLON 2007, 142–145; auch das Fehlen eines ausgeprägten Waffenglanz-Gleichnisses [19.374–383n.] könnte den unheilvollen Verlauf signalisieren: KRISCHER a.O. 29. 36; SCOTT 1974, 116 Anm. 18; EDWARDS a.O. 260). Umgekehrt wird durch den Verzicht auf die Lanze ein KeimP für die spätere Rolle dieses Gegenstands gelegt: Achilleus wird die Lanze bei seiner eigenen Wappnung 19.387ff. hervornehmen, 20.273ff. gegen Aineias und 21.161ff. gegen Asteropaios richten und schließlich 22.312ff./367 mit ihr Hektor töten, in dessen Besitz alle übrigen Rüstungsteile des Achilleus gelangt sind (REINHARDT a.O. 314f.; PATZER a.O. 38f.; SHANNON a.O. 70–84; BANNERT a.O. 48f. 159; SAUNDERS 2004, 16f.). – Zu den Einzelheiten der Typischen Szene ‘Rüstung’ s. bes. die nn. zu 3.330ff., 19.372f. und 19.387ff. Zu bildlichen Darstellungen von Patroklos’ Auszug s. LIMC s.v. Achilleus S. 115–117. Iteratverse und Unterschiede zu den anderen Rüstungsszenen: (a) 131–133 = 3.330–332, 135–138 = 3.334–337 (die Beschreibung des Brustpanzers in V. 134 bzw. 3.333 und der Wurfwaffe[n] in 139 bzw. 3.338 ist an die jeweilige Situation angepaßt); (b) 131–133 = 11.17–19, 135 ≈ 11.29, 137f. ≈ 11.41f., 1. VH von 139 = 11.43 (Szene im 11. Gesang durch Beschreibungen stark erweitert); (c) 131–133 = 19.369–371, 135f. = 19.372f., 141–144 = 19.388–391 (Szene im 19. Gesang durch Beschreibungen und Gleichnisse stark erweitert: 19.364b–391n.; dort auch zu den signifikanten strukturellen und inhaltlichen Parallelen zwischen den Szenen hier und im 19. Gesang). Vergleich der vier Szenen und ihrer Adaptationen bei AREND a.O. 94f.; WIESSNER 1940, 79f.; REINHARDT a.O. 310–313. Tabellarische Übersicht über die Iteratverse: MUELLER (1984) 2009, 159; SHEAR 2000, 120.
130 ≈ 7.206 (Aias); 1. VH = 1.345, 9.205, 11.616 (jeweils nach einer Rede des Achilleus), 16.710 (nach einer Rede Apollons; vgl. PATZER 1972, 22–26: “Der Vers 16.130 steht […] über seine wörtlich in mehrfachen parallelen Zusammenhängen wiederholte Formel hōs pháto, Pátroklos de ‘so sprach er, Patroklos aber 130 φάτο: 3. Sg. Impf. zu φηµί; zum Medium R 23.
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…’ in einem Netz von Fernbeziehungen” und macht es “durch seine leitmotivische Wiederkehr sinnfällig” [Zitat: 24]; ebenso BANNERT 1988, 12f.). — Der Vers an sich – mit Rede-AbschlußformelP und Feststellung der sofortigen Befehlsausführung (ohne ausdrückliche Antwort des Angeredeten) – folgt einem geläufigen hom. Erzählschema, auch wenn hier besondere Eile geboten sein mag: BARCK 1976, 146 (Stellensammlung); vgl. 1.345n., 24.77n. Zum variantenreichen Typus der Rede-Abschlußformel insgesamt vgl. 46n. mit Lit. – Patroklos wird öfter als stillschweigend Handelnder dargestellt (KAHANE 1994, 139; BECK 2012, 169f. 172); allg. zu den Gesprächen zwischen Achilleus und Patroklos s. 5–100n. ν ώ ρ ο π ι χ α λ κ ῷ : flektierbare VE-Formel (2.578n.), meist wie hier vom Anlegen einer kompletten Rüstung gebraucht (mit χαλκός als Sammelbegriff). Die Bed. des Epithetons ist unbekannt (traditionell i.S.v. ‘glänzend’ aufgefaßt; Liste von Deutungsversuchen im DELG s.v.); prosod. Alternative: αἴθοπι χαλκῷ (VISSER 2002, 98f.; FRIEDRICH 2007, 125), ferner – jedoch nie für ‘Rüstung’ gebraucht – ἤνοπι χαλκῷ (408n.).
131–132 = 3.330f. u.ö. (s.d.). — Wie hier die Beinschienen werden auch im folgenden sämtliche Rüstungsteile näher beschrieben, sei es durch (meist nachgestellte) Epitheta (passim), Partizip (132), Relativsätze (139, 143) oder parataktisch angeschlossene Erläuterungen (138, 141f.). Die Darstellung äußerer Schönheit ist einerseits “Ausdruck innerer Güte und Qualität” und charakterisiert andererseits den Träger der Rüstung als Helden (WILLENBROCK [1944] 1969, 44f.). — Zu den episphýria ‘Knöchelschützern’ s. 3.331n. κ α λ ά ς : häufig emphatisch als runover word am VA, gefolgt von einer weiteren Beschreibung des betreffenden Gegenstands (19.11n., mit Lit.). 133 = 3.332 u.ö. (s.d.; zum Brustpanzer vgl. unten 312n.). — π ε ρ ὶ σ τ ή θ ε σ σ ι ν : Junktur nach der Zäsur B 2 (13× Il., 1× Od., 3× ‘Hes.’), stets zur Lokalisierung von angelegten Rüstungsteilen, Waffen oder Kleidungsstücken. 134 π ο ι κ ί λ ο ν ἀ σ τ ε ρ ό ε ν τ α : Die beiden Attribute beschreiben wohl eher allg. die Herstellungsweise und das Aussehen des Brustpanzers als eine konkrete künstlerische Verzierung desselben. ποικίλος ist öfter Epitheton von kunstvoll gefertigten Rüstungen oder Teilen davon und bezieht sich auf die Vielfalt der verwendeten Materialien und Bestandteile (z.B. Bronzebeschläge, die sich dekorativ vom Grundmaterial Leder abheben: 6.504 mit n.; vgl. 3.332n.). Bei ἀστερόεις ist die Ausgangslage schwieriger; es kann sowohl (a) wörtliche (‘voll von Sternen, mit Sternen verziert’) als auch (b) übertragene Bed. haben (‘funkelnd wie ein Stern’). Zu (a): ἀστερόεις bez. im fgrE meistens den ‘gestirnten Himmel’ (flektierbare Nomen-Epitheton-Formel: 6.108n.), und auf nachhom. Darstellungen – namentlich auf rotfigurigen Vasen – sind Sterne die beliebteste Dekoration von Brustpanzern (ALDRETE u.a. 2013, 41–43). Andererseits ist in 18.370 – der Glanz von Hephaistos’ Palast – mit Si131 κνήµῃσιν: zur Flexion R 11.1. 134 ποδώκεος: zur unkontrahierten Form R 6. — Αἰακίδαο: zur Flexion R 11.1; Gen. abh. von θώρηκα.
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cherheit die übertragene Bed. (b) belegt (s. 18.370–371n.). Für Übertragung sprechen auch hier die glänzenden Metallteile. Der helle Glanz gerade von Achills Panzer wird auch 17.214 u. 18.131 vorausgesetzt; der von Hephaistos neu geschaffene Panzer wird ihn noch übertreffen (18.610 ‘strahlender als der Glanz des Feuers’). Auch andere Epitheta heben den Glanz eines θώρηξ hervor (Liste der Epitheta bei TRÜMPY 1950, 10f.; zum Waffenglanz-Motiv 70b–72a n., 130–144n.). Weitere Diskussion und Lit.: LfgrE s.v. ἀστερόεις u. JANKO zu 134–5, beide zugunsten von (b). — π ο δ ώ κ ε ο ς Α ἰ α κ ί δ α ο : VE-Formel für ‘Achilleus’ im Gen. (2.860n.; Dat./Akk. ποδώκεϊ/α Πηλεΐωνι/α: 24.458n.); prosod. Variante mit vokal. Anlaut: ἀµύµονος Αἰ. (nur 16.140 u. 854), Ἀχιλλῆος θείοιο (19.279n.). Zum Patronymikon ‘Aiakide’ s.o. 15n.; zur metr. Vielfalt der Patronymika des Achilleus 1.1n.; HIGBIE 1995, 49–52. – Zum ‘äol.’ Gen. auf -αο s. CHANTR. 1.69f., 1.200f.
135–138 = 3.334–337 u.ö. (s.d.). — Zum Helmbusch und seiner eindrucksvollen Wirkung, bes. wenn er in Bewegung ist (3.337n., 6.469n.), vgl. auch Vv. 215– 217; zu den Helm-Epitheta 216n. 139–140 ε ἵ λ ε τ ο δ ’ ἄ λ κ ι µ α δ ο ῦ ρ ε : Der Erzähler hat versch. Möglichkeiten, das Ergreifen der Stangenwaffe(n) zu formulieren (sowohl für militär. als auch für zivile Zwecke [z.B. Auftritt in Volksversammlung]): 1. VH (a) εἵλετο δ’ ἄλκιµον ἔγχος oder (b) εἵλετο δ’ ἄλκιµα δοῦρε, 2. VH (c) ὅ bzw. τά οἱ παλάµηφιν ἀρήρει oder (d) ἀκαχµένον ὀξέϊ χαλκῷ bzw. δύω κεκορυθµένα χαλκῷ. Stellen: 3.338 = Od. 17.4 (a+c), Il. 10.135 = 14.12 = 15.482 = Od. 1.99 = 15.551 = 20.127 (a+d), Il. 11.43 = Od. 22.125 (b+d). Die Kombination b+c liegt nur hier vor: die Angabe, daß die beiden Speere in Patroklos’ Hand ‘passen’, ist bes. aussagekräftig, da die große Lanze des Achilleus dies eben nicht tut (140ff.): 130– 144n.; JANKO zu 16.130–9; ARMSTRONG 1958, 346f. Weitere Lit. zu den Formelvarianten: HAINSWORTH zu 11.43; JANKO zu 15.479–82. — ἄ λ κ ι µ α : ‘wehrhaft, tüchtig im Krieg, schlagkräftig’; Attribut u.a. von Waffen (ἔγχος, δοῦρε), Herz (ἦτορ: 209n.), Sohn (υἱός: 278n.), Mann (ἀνήρ: 689); vgl. LfgrE. — δ ο ῦ ρ ε … | ἔ γ χ ο ς : ‘zwei Wurfspeere … Stoßlanze’. δόρυ und ἔγχος werden im fgrE weitgehend synonym verwendet (vgl. z.B. 317/318, 404/406/409, 466/468, 820/828; vgl. 284n.); doch tritt an gewissen Stellen, so auch hier, der urspr. Bedeutungsunterschied hervor: δόρυ ist der leichtere Wurfspeer (von dem der Krieger ein zweites Exemplar in Reserve hat), ἔγχος die längere Stoßlanze (3.18n.; BAKKER [1992] 2005, 26–29 [mit weiterer Lit.]). Hier betont die prägnante Gegenüberstellung die besondere Rolle von Achills Lanze (BAKKER a.O. 29). Allg. zu den Speer-Begriffen im fgrE HÖCKMANN 1980, 312ff.; PARASKEVAIDES 1984, 22ff. — π α λ ά µ η φ ι ν : Im Myk. 136 αὐτάρ: ‘aber, doch’ (progressiv, ≈ ‘und’: R 24.2). 137 κρατὶ … ἔπ(ι): = ἐπὶ κρατί (R 20.2); κρατί ist Dat. zu τὸ κάρη (= κάρα) ‘Haupt, Kopf’. 138 δεινόν: adverbiell. 139 δοῦρε: Dual (R 18.1; zur Form vgl. R 12.5). — τά (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; τά ist demonstr.-anaphor. Pronomen in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5); ebenso 143 τήν, 146 τόν. — οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — παλάµηφιν: lokativischer Dat. Sg. (R 11.4). — ἀρήρει: ‘paßten’ (Plpf. zu ἀραρίσκω). 140 οἶον: ‘allein, als einzige(n)’.
Kommentar
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kennzeichnete das Suffix -φι(ν) vornehmlich den plural. Instrumentalis der a- und der konsonant. Dekl., teilweise auch den Lokativ und/oder Ablativ (umstritten). Im fgrE ist es hingegen semantisch weitgehend funktionslos und ermöglicht metr. Flexibilität in der Bildung von Gen.- u. Dat.-Formen aller Deklinationsklassen (sowohl im Pl. als auch wie hier im Sg.), meist in ablativischer, instrumentaler oder – wie hier – lokativischer Verwendung, seltener partitiv oder bei ‘reinen’ Kasus (G 66; 2.363n.; im 16. Gesang noch 246, 281, 487, 734, 762, 773, 811, 826). Weitere Lit.: CHANTR. 1.234–241; RISCH 361f.; HAINSWORTH zu 11.350; JANKO zu 13.588–90; RIX (1976) 1992, 158f.; HAJNAL 1995, 133ff. (Gebrauch im Myk.; Zsf. 246). 289–311 (Gebrauch im hom. Epos); RUIJGH 1995, 68–71; THOMPSON 1998. — ἔ γ χ ο ς δ ’ ο ὐ χ ἕ λ ε τ (οο ): Das am Satzanfang dem negierten Prädikat vorangestellte Objekt oder Adverbial kann Emphase tragen, bes. wie hier am VA: 2.194n. a.E., 2.488n. u.ö.; zur Wirkung der Negation 130–144n. — ἀ µ ύ µ ο ν ο ς Α ἰ α κ ί δ α ο : s.o. 134n. a.E.; Akk.-Variante: ἀµύµονα Πηλεΐωνα (2.674n.); zu ἀµύµων 119n.
141–144 = 19.388–391. Zu Geschichte und Herkunft der Lanze und ihrer Bezeichnung als Pēliás melíē (wörtlich: ‘vom Pelion stammende Esche’) s. 19.387–391n. u. 19.390n.; zur Beschreibung der Lanze (a) mit einer asyndetischen Reihung von Epitheta (141 [vgl. 183n. a.E.]), (b) mit dem Motiv ‘ein anderer kann nicht, was der Held mit Leichtigkeit kann’ (141f.) und (c) mit dem WortspielP (Assonanz) pállein/pḗlai ‘schwingen’, ‘Pelion’ und implizit ‘Peleus’ s. 19.388–389n.; ferner LORD 1995, 83–85; LÉTOUBLON 2007, 144. 145–154 Wie im 11. und 19. Gesang werden hier unmittelbar im Anschluß an die große Rüstungsszene die Pferde in die Kampfvorbereitungen mit einbezogen (11.47ff., 19.392ff.). Von der Typischen SzeneP ‘Abfahrt mit dem Wagen’ (19.392–424n.) kommt hier nur Element (1) Anschirren der Pferde ausdrücklich vor (AREND 1933, 90); dabei werden die unsterblichen Pferde Xanthos und Balios eingeführt (zuvor nur kurz und ohne Namen in 2.770 erwähnt), die dann v.a. im 19. Gesang eine Rolle spielen werden (TAPLIN 1992, 188–190). Die Tatsache, daß den beiden ein sterbliches Pferd, Pedasos, beigesellt wird (154), könnte ein Hinweis auf den bevorstehenden Tod des Patroklos sein (ähnlich wie der Umstand, daß Patroklos Achills Lanze nicht ergreift: 130–144n.). Die hier in 152–154 vorl. Erwähnung des Pedasos bildet einen KeimP für die Darstellung seines Todes durch Sarpedon (466–475). Lit.: ARMSTRONG 1958, 347f.; HEATH 1992, 394; STANLEY 1993, 174 (mit Lit. in Anm. 22); CLAY 2009, 36f. – Zu Xanthos und Balios (Namen, Genealogie, Fähigkeit zu sprechen) s. 19.399n., 19.400n., 19.404–418n. 145–148 Die Einführung Automedons (zu seiner Rolle in der Ilias s.o. 20n.) ist durch die Nennung seines Namens und die Erwähnung der Pferde ringkomposito142 µιν: = αὐτό (R 14.1), auf ἔγχος (140) bezogen. 143 Πηλιάδα (µ)µελίην: zur Prosodie M 4.6. — πόρε: vgl. 86n. 144 φόνον: ‘Ursache des Todes’. — ἔµµεναι: = εἶναι (R 16.4), final-konsekutiver Inf.
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rischP umrahmt: 145/148 (JANKO). Bisher war Automedon nur in 9.209 kurz aufgetreten (ähnliche Fälle einer ‘nachträglichen’ Einführung bei RICHARDSON 1990, 215 Anm. 13; vgl. Prinzip des ‘ad hoc-Erzählens’P). Die Bedeutung des Automedon wird unmittelbar nach Patroklos’ Tod erneut hervorgehoben: 864f. mit Ganzvers-Benennung (dazu allg. 571n.). 145 1. VH ≈ 11.620, 19.392 (ähnl. 13.400). — Zum Streitwagengebrauch im hom. Epos s. die Hinweise in 20n. (betreffend Patroklos als ‘Wagenkämpfer’). ζ ε υ γ ν ῦ µ ε ν : Zur metr. Dehnung (-ῡ-) vgl. 24.425n. (διδοῦναι); CHANTR. 1.487. Dagegen regulär ζευγνύµεν (-ῠ-) 15.120.
146 ≈ 7.228. — Zum Begriff der Ehre als Ausdruck der Wertschätzung s. 24.57n. Ἀ χ ι λ λ ῆ α ῥ η ξ ή ν ο ρ α : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur B 1 (im Gen./Dat./Akk., vgl. V. 575), 4× Il., 1× Od., 1× Hes. Th. – ῥηξήνωρ ist distinktives EpithetonP des Achilleus und bed. ‘der die (Reihen der) Mannen durchbricht’ (wie z.B. 15.615 ῥῆξαι στίχας ἀνδρῶν): LfgrE; Liste der distinktiven Helden-Epitheta bei PARRY (1928) 1971, 92; spekulativ zur Verwendung des Epithetons SHIVE 1987, 82–86.
147 Zur Verläßlichkeit und Loyalität unter Kämpfern vgl. 18.235n. Hier ist vorausgesetzt, daß sich der Wagenlenker hinter dem zu Fuß weiterkämpfenden Helden bereithält, um ihn auf Zuruf hin wieder aufzunehmen (ALBRACHT 1886, 21; AH). δ έ : begründend (AH; 90n.). — ἔ σ κ ε : 225n. 148 κ α ί : bezieht sich auf den ganzen Satz: ‘auch, entsprechend’, also wie in V. 145 befohlen (AH z.St. u. zu 8.440; vgl. 18.50n.). — ὠ κ έ α ς ἵ π π ο υ ς : flektierbare VE-Formel (Nom./ Akk., 3.263n.), gehäuft im 16. Gesang (noch 370, 380, 383, 833, 866); prosod. Alternative: µώνυχες ἵπποι (Nom./Akk., 375n.); vgl. PARRY (1928) 1971, 113f. 149 1. VH ≈ 19.400 (s.d.). — ἅ µ α π ν ο ι ῇ σ ι π ε τ έ σ θ η ν : d.h. ‘so schnell wie der Wind’ (24.342n.; ‘fliegen’ als Metapher für große Geschwindigkeit ist zeitlos: 2.764n.); von Xanthos u. Balios auch 19.415.
150 “Die Geburtsgeschichte der Pferde beglaubigt ihre Schnelligkeit”: LfgrE s.v. Ποδάργη. Harpyien sind die personifizierte Kraft der Stürme (19.400n.; JANKO zu 149–50). In der gr. Ikonographie werden sie i.d.R. als Frauen mit Flügeln darge145 ζευγνῦµεν: Inf. (R 16.4). — ἄνωγεν: präsentisches Perf.; Subj. ist Patroklos. 146 Ἀχιλλῆα (ϝ)ρηξήνορα: zur Prosodie R 4.5. 147 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — ἔσκε: = ἦν (R 16.5). — µάχῃ ἔνι: = ἐν µάχῃ (R 20.2; zum Hiat vgl. M 12.2). — µεῖναι: final-konsekutiver Inf.; hier mit Akk. ‘warten auf, erwarten’. 148 τῷ: gemeint ist Patroklos. — ὕπαγε ζυγὸν … ἵππους: ‘führte die Pferde unter das Joch’ (ζυγόν Akk. der Richtung: R 19.2). 149 τὼ … πετέσθην: Dual Impf.; τώ in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5). — ἅµα (+ Dat.): ‘zusammen mit’. — πνοιῇσι: = πνοαῖς; zur Flexion R 11.1; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 150 Ζεφύρῳ ἀνέµῳ ἅρπυια: zu den Hiaten vgl. M 12.2.
Kommentar
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stellt (LIMC s.v. Harpyiai). Im vorl. Zusammenhang jedoch hat man sich Podarge vielleicht in Pferdegestalt vorzustellen: Podarge ist ein typischer Pferdename (152n.; Belege im DNP; im Myk. ist po-da-ko ‘Podargos’ ein Rindername: VENTRIS/CHADWICK [1956] 1973, 105). – Der Zephyros bezeichnet den (Nord-) Westwind (2.147–148n.). τ ο ὺ ς …: zweiter, begründender Rel.-Satz nach 149 τὼ … πετέσθην; zu aufeinanderfolgenden Rel.-Sätzen s. CHANTR. 2.243f. (und vgl. unten 157–158n. zu τοῖσίν τε …).
151 1. VH ≈ Od. 21.49, h.Merc. 72; 2. VH = Od. 11.21. — Die Wiese repräsentiert sowohl die Pferde-Weide als auch den locus amoenus, den Ort von Verführung, Schwängerung und/oder Geburt (vgl. 6.21ff., 14.346ff., 14.444f., Hes. Th. 278f.), oft in der Nähe eines Gewässers (LfgrE s.v. λειµών; allg. zum locus amoenus vgl. die Lit. in 2.305–307n.). – Der Okeanos, in der damaligen Vorstellung ein Ringstrom um die Erde, repräsentierte das Ende der Welt (1.423n., 14.200n.; LfgrE). ῥ ό ο ν Ὠ κ ε α ν ο ῖ ο : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk., 2× Il., 2× Od., 1× Hes. Op.); vgl. die Variante Ὠκεανοῖο ῥοάων 3.5n.
152 Das ‘Beipferd’ (parḗoros [471n.], engl. ‘outrigger’ oder ‘trace-horse’) läuft an langer Leine neben dem eigentlichen (mit dem Joch versehenen) Zweigespann her, vgl. 8.80ff., 16.466ff. (WIESNER 1968, 20–22, modifiziert von JANKO zu 470– 5; CROUWEL 1992, 44f.). Der Zweck eines solchen Beipferds auf dem Schlachtfeld ist unklar, zumal in der vorl. Kombination mit zwei unsterblichen Zugpferden (so schon schol. bT; neuzeitl. Vermutungen bei WIESNER a.O.: Führungspferd; POWELL 1991, 193f.: Ersatzpferd; TURFA/STEINMAYER 1993: Flankenschutz). Zudem kommen beide in der Ilias erwähnten Beipferde zu Tode, aber keines der eigentlichen Gespannpferde; sie sind daher wohl hauptsächlich ein Mittel des Erzählers, die Dramatik zu erhöhen (Gefährdung Nestors im 8. Gesang, des Patroklos im 16.), s. 145–154n.; DELEBECQUE 1951, 98–102; HEITSCH 1990, 157f.; KELLY 2007, 128; JANKO zu 152–4; LfgrE s.v. Πήδασος. – Hinweise auf (wenige) archäol. Befunde für Beipferde bei WIESNER a.O. 66. 99; MOORE 1982; BOHEN 1988, 11; HEITSCH a.O. 158 Anm. 6. — Pferdenamen beziehen sich i.d.R. auf Fellfarbe od. Schnelligkeit: Xanthos ‘Falbe’, Balios ‘Schecke’ (19.400n.), Aithon/ Aithē ‘Fuchs’, Lampos ‘Schimmel’, Podargos ‘Schnellfüßiger’ (8.185 u.ö.; vgl. Podarge V. 150, Hund Argos in der Odyssee) (KÖRNER 1932, 37f.; DELEBECQUE a.O. 146; MAEHLER 1996). Der Name ‘Pedasos’ ist etym. nicht geklärt, aber ein Anklang an gr. pēdáō ‘springen’ ist naheliegend (LfgrE s.v., mit Lit.; JANKO zu 152–4 a.E.; ob darüber hinaus eine Assoziation mit dem berühmten myth. Pferd Pegasos vorliegt, ist umstritten: JANKO a.O.; WEST 2011, 316). Pedasos erscheint 151 λειµῶνι: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2). — παρὰ (ῥ)ρόον: zur Prosodie M 4.6. 152 ἵει: 3. Sg. Impf. zu ἵηµι, hier ‘ließ hineingehen in, spannte ein in’.
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in der Ilias auch als Personenname [PN] und als Ortsname (6.21n.; ähnl. Xanthos auch als PN und Flußname, Lampos auch als PN, s. den Figurenindex im Prolegomenaband); zur Mehrfachverwendung von Namen s.u. 345n. (zu Erymas). ἀ µ ύ µ ο ν α : 119n.
153 1. VH ≈ 10.266. — Die Herkunftsgeschichte eines Gegenstands bildet ein typ. hom. Erzähl-Element, mit externer AnalepseP entsprechend dem Prinzip der ausführlichen DarstellungP (2.101–108n.). Implikation: Pedasos ist ein Beutepferd von hoher Qualität, das eine besondere Wertschätzung durch seinen Besitzer Achill genießt, ähnlich wie die Becher des Achilleus 225–227n. und des Priamos 24.234–237a n. (Hinweise FÜHRER u. NÜNLIST). – Mit der ‘Stadt des Eëtion’ ist Thebe (auch ‘Hypoplakische Thebe’) in der südlichen Troas gemeint. Der Herrscher Eëtion, Vater der Andromache, wurde bei der Eroberung der Stadt durch Achilleus getötet; vgl. 2.691n. u. 6.394–399n. (dort auch zur übrigen Beute, die die Griechen in Thebe machten [u.a. Chryseïs]). ἤ γ α γ (εε ): zu ἄγω ‘(mit Gewalt) wegführen’ 1.139n.
154 1. VH ≈ 22.9, ‘Hes.’ Sc. 73. — Vgl. 145–154n. — Der antithetische Hinweis auf die Sterblichkeit des Pedasos bildet einen KeimP für dessen Tod in 466ff. θ ν η τ ὸ ς … ἀ θ α ν ά τ ο ι σ ι ν : Die beiden Attribute stehen als Gegensatzpaar meist im gleichen Kasus (‘Sterbliche und Unsterbliche’); in unterschiedlicher syntaktischer Stellung – und dadurch mit verstärkter Kontrastwirkung – hier und Od. 5.213, 19.593, Hes. Th. 942. 967f. ≈ 1019f., Op. 253, ‘Hes.’ fr. 273.1f. M.-W., h.Ven. 51. 250; zum verwandten Polaren AusdruckP ‘Gott – Mensch’ vgl. 176n. – Allg. zu stammverwandten Gegensatzpaaren 44n.
155–167 Der Wolf erscheint in den GleichnissenP der Ilias als angriffslustiges, in Rudeln jagendes, blutdürstiges Raubtier (16.156–166, 16.352–357; Wolfsvergleiche: 4.471f., 11.72f.; Wölfe zusammen mit anderen Raubtieren: 13.101–106; mehr Sprichwort als Gleichnis: 22.262–267; s. SCOTT 1974, 71; CLARKE 1995, 138 Anm. 5; vgl. die deutlich häufigeren Löwengleichnisse [dazu 3.23n.], die aber im Unterschied zu den Wolfsgleichnissen die Aktionen von Einzelhelden beschreiben und nicht von ganzen Kampftrupps [schol. A u. bT zu 352]). Das vorl. Gleichnis ist “one of Homer’s best” (JANKO zu 156–63) und gehört zu den “anschaulichsten Verhaltensschilderungen des Wolfs in der ganzen antiken Literatur” (RE Suppl. 15 s.v. Wolf, 985). “Gleich nach dem Töten der Opfer beginnen die Wölfe, sie schnell aufzufressen. Sie zerren und reißen von allen Seiten an der Beute und verschlingen große Fleischstücke. […] Da der Wasserbedarf sehr groß ist, leben Wöl153 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — ποτ’ … ἑλὼν: ‘einst, als er … erobert hatte’. — ἤγαγε: ‘wegführte, erbeutete’. 154 καί: = καίπερ (mit Ptz.). — ἐών: = ὤν (R 16.6). — ἕπεθ’: = ἕπετο (Impf.), ‘konnte Schritt halten mit’; zur augmentlosen Form R 16.1. — ἀθανάτοισιν: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
Kommentar
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fe immer in der Nähe von Wasser”: OKARMA/LANGWALD (1997) 2002, 48. 50. – Das Gleichnis spiegelt jedoch weniger das äußere Verhalten als die innere Verfassung der – seit langem auf den Wiedereintritt in den Kampf wartenden – Myrmidonen (KRAPP 1964, 298; vgl. 157–158n.), und es eilt gewissermaßen der Erzählung voraus, indem es über die Darstellung der Kampfgier hinaus, die sich im geschäftigen Treiben der Truppe und ihrer Anführer äußert, den erfolgreichen Angriff vorwegnimmt (AH zu 164; SCHADEWALDT [1952a] 1965, 147–150; MAINOLDI 1984, 99; MINCHIN 2001, 153–155; zum Teil überinterpretiert bei FRÄNKEL 1921, 11. 73–75. 106). Dabei erweckt der ‘animalische’ Charakter der Schilderung (z.B. 158f. ‘einen Hirsch reißen und zerfleischen’, ‘vom Blut rot’, 161 ‘Wasser lecken’, 162 ‘Blut erbrechen’) eine gewisse Ambiguität oder Diskrepanz zwischen Gleichnis und (zu erwartender) Heldentat (SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 50–52; BONNAFÉ 1984, 49f.; STANLEY 1993, 169f.; HOFMEISTER 1995, 296–301. 302; MINCHIN a.O.; NEAL 2006, 215–217; vgl. SCOTT a.O. 124f.). – Liste von Gleichnissen innerhalb der Typisierten EreignissequenzenP ‘Schlachtvorbereitung’ (130– 277n.): SCOTT a.O. 37f.; STOEVESANDT 2004, 413f.; KELLY 2007, 105. Rhetorisch zeichnet sich das Gleichnis aus (a) durch einen ringkompositorischen Aufbau (vgl. 7n.): Achilleus treibt die Myrmidonen dazu an, sich zu rüsten (155f.) ‘wie die Wölfe’ (156) innere Verfassung (157: φρεσίν, ἀλκή) fressen/Blut (159: αἵµατι φοινόν) ‘dunkles Wasser’ (160/161) erbrechen/Blut (162: φόνον αἵµατος) innere Verfassung (162f.: θυµὸς ἄτροµος, στήθεσιν) ‘so die Myrmidonen’ (164) Achilleus treibt sie dazu an, sich zu rüsten (165ff.); (b) durch eine Häufung von hapax legomenaP: φοινός, ἀγεληδόν, λάπτω, περιστένοµαι; vgl. JANKO zu 156–63; HOFMEISTER a.O. 298; (c) durch Alliterationen: ἄσπετος ἀλκή (157), δῃώσαντες δάπτουσιν (158f.), πᾶσιν δὲ παρήϊον … φοινόν (159); s. LEE 1964, 16f.; allg. zur Alliteration 2.50–52n. (mit Lit.). – Das vorl. Gleichnis hat gewisse sprachl. u. inhaltl. Gemeinsamkeiten mit dem Schakalgleichnis 11.474ff. (bes. 474f. 479), vgl. HOFMEISTER a.O. 299. — Die angebliche Verselbständigung des Gleichnisses und der Wechsel zwischen Achilleus (155), den ‘Anführern’ (164), Patroklos (165) und erneut Achilleus (166) hat wiederholt zur Tilgung von Teilen des Gleichnisses geführt, so etwa der Vv. 158– 165 durch WEST 2001, 236 (mit Lit.); 2011, 49 (“Gothic gruesomeness”); Verteidigung des überlieferten Texts bei SHOREY 1922, 243f.; FRÄNKEL a.O. 73ff.
155 Die Rüstung anzulegen (gr. thōrḗssō/-omai) impliziert auch innere Kampfbereitschaft, vgl. 157; bes. deutlich in 218 (s.d.).
155 Μυρµιδόνας: Akk.-Objekt zu θώρηξεν, ‘er ließ die M. sich bewaffnen, sich rüsten’.
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ἐ π ο ι χ ό µ ε ν ο ς : hier ‘hin und her gehend, von einem zum andern gehend’ (LfgrE), oft in militär. Zusammenhang vom inspizierenden, anspornenden oder befehlenden Heeresführer: 6.104 (Simplex, s.d.), 14.381, 15.279, 16.496 u.ö., ähnl. ἐπιπωλέοµαι in der ‘Epipolesis’ (Heerschau) des 4. Gesangs (vgl. LÉTOUBLON 1985, 100). 156 1. VH (bis zur Zäsur C 2) ≈ 10.151; VE = 4.471, 11.72. — σ ὺ ν τ ε ύ χ ε σ ι ν : Junktur stets zwischen den Zäsuren B 1 und C 2 (25× Il., 1× Od.), im Zusammenhang mit dem Anlegen der Rüstung u.a. auch in der VE-Formel σὺν τ. θωρηχθέντες (18.277 u.ö.). Sonst oft prägnant gebraucht: ‘in voller Rüstung, kampfbereit’ (3.29n.; z.B. vom Streitwagen springen und kämpfen: 426n.; wachen statt schlafen: 18.269). — ο ἳ δ ὲ λ ύ κ ο ι ὥ ς : wird 164 wiederaufgenommen durch τοῖοι; das Prädikat folgt 166: ῥώοντ(ο). – Nachgestelltes ὥς ‘wie’ bildet meistens Positionslänge oder (wie hier) Hiat; es scheint daher urspr. einen konsonant. Anlaut gehabt zu haben, etwa /j-/ (wie das ‘normale’ ὡς) oder /w-/ (Digamma, vgl. gotisch swe ‘wie’). Diskussion dieser und weiterer Deutungen: 2.190n.; CHANTR. 1.126; RUIJGH 856ff.; MONRO (1882) 1891, 348; MONTEIL 1963, 334f.; DURANTE 1971, 82f.
157–158 Wehrkraft und Kampfesmut (im Gr. meist durch alkḗ und thymós ausgedrückt, seltener durch ḗtor) sind Leitmotive in der vorl. Schlachtvorbereitung der Myrmidonen: 209, 210, 219, 242, 257f., 264, 266, 270, 275 (zunehmende Häufigkeit der Begriffe). Hier im Tiergleichnis liegt möglicherweise imagery interaction vor, also Übertragung eines Begriffs aus der menschlichen Sphäre auf die tierische (vgl. 259–267n. mit Verweis auf 2.87n.). — Der Hirsch erscheint in den Gleichnissen stets als Opfer von Raubtieren: 1.225n. (Stellen: 3.24n.). Die Größe des erlegten Tiers erhöht einerseits den Status des Jagenden und gewährleistet andererseits eine ausreichende Menge an Nahrung (ebenso der Hirsch, den Odysseus auf Aiaia tötet: Od. 10.157–184); vgl. schol. T; BUCHHOLZ u.a. 1973, 45. – Berge (mit der Konnotation von einsamer, karger Natur und Wildnis) sind im fgrE öfter der Schauplatz von Gleichnissen, bes. auch im 16. Gesang: 297ff., 352ff., 428ff., 633ff., 756ff., 765ff. (ELLIGER 1975, 83f. 89–91; vgl. 2.456n.; allg. zur Funktion von Bergen im Mythos BUXTON 1994, 86–95). ὠ µ ο φ ά γ ο ι : in der Ilias typischerweise von wilden Raubtieren wie Löwen, Schakalen und (nur hier) Wölfen, stets in Krieger-Vergleichen (LfgrE; zur nachhom. Verwendung FAULKNER zu h.Ven. 124; vgl. ὠµηστής 24.82n.). Das Motiv ‘rohes Fleisch essend’ wird gelegentlich mit bes. Effekt direkt auf Menschen übertragen (24.207a n., 24.212–213n.). — τ ο ῖ σ ί ν τ ε …, | ο ἵ τ (εε ): Der erste Relativsatz gibt eine allg. Charakterisierung, der zweite führt die Gleichnishandlung weiter (AH; CHANTR. 2.244); zum erweiternden Rel.-Satz im Anschluß an die Vergleichseinleitung (λύκοι ὣς | ὠµοφάγοι) s.o. 8n. — π ε ρ ὶ φ ρ ε σ ί ν : Die für Menschen üblichen seel.-geistigen Instanzen werden auch auf Tiere übertragen, so auch θυµός 156 οἵ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). 157 τοῖσιν: in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5); als Prädikat ist ἐστίν zu ergänzen. — τε: ‘episches τε’ (R 24.11), im vorl. Gleichnis mehrfach wiederkehrend. 158 οὔρεσι: Dat. Pl. zu ὄρος; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
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in 162 u. 468, ἦτορ in 264 (s. 488n.). – περὶ φρεσίν ist singuläre Junktur, viell. beeinflußt durch 156 τεύχεσιν (und 158 οὔρεσι) an derselben Vers-Position; häufiger dagegen Akk. περὶ φρένας: 6× fgrE (und hier als v.l. belegt: app.crit.). Es ist schwer zu entscheiden, ob περί als Adv. (πέρι ‘überaus, sehr’) aufzufassen ist (so SCHW. 2.423) oder als Präp. (so AH; WILLCOCK; SULLIVAN 1979, 160); beides möglich: CHANTR. 2.126. — ἀ λ κ ή : mit mentaler Komponente, zumal in Verbindung mit φρένες: ‘Kampfgeist, Wehrkraft’, vgl. 4.245 µετὰ φρεσὶ γίγνεται ἀλκή, 17.111 ἐν φρεσὶν ἄλκιµον ἦτορ (3.45n. u. 19.36n. mit Lit.).
159 Blut ist in den Gleichnissen und in der Erzählung der Gesänge 11–18 verhältnismäßig stark präsent: Signal für die zunehmende Brutalität des 3. Kampftags (NEAL 2006, 203–222; 2006a, 23–27; Stellensammlung: NEAL 2006, 205; eine analoge Zunahme zeigen die Leichenschändungen: SEGAL 1971, 18ff.). – Blut wird im fgrE typischerweise als dunkel bezeichnet (529n.; LfgrE s.v. αἷµα 306.30ff.); die hier vorl. Bez. als (dunkel)rot ist seltener und erhöht möglicherweise die schreckenerregende Wirkung (HANDSCHUR 1970, 121–124); vgl. dazu im Kontrast das ‘dunkle Wasser’ 160f. (NEAL a.O. 216: “pictorial and chiastic juxtaposition”). π ᾶ σ ι ν δ ὲ … φ ο ι ν ό ν : wohl parenthetisch aufzufassen, so daß καί τ’ ἀγεληδὸν ἴασιν syntaktisch an δάπτουσιν anschließt (RUIJGH 766 Anm. 3). — φ ο ι ν ό ν : ‘rot’, etym. nicht sicher zu bestimmen, vom Erzähler möglicherweise mit φόνος in Verbindung gebracht (αἵµατι φοινόν ≈ 162 φόνον αἵµατος): schol. T; BEEKES u. LfgrE s.v.; DÜRBECK 1977, 123– 128; BRIAND 1997, 150f.; vgl. Od. 18.97 φοίνιον αἷµα, Il. 23.717 (Striemen) αἵµατι φοινικόεσσαι (wobei das Verhältnis von φοινός zu φοίνιξ ‘Purpur’ unklar ist: FRISK).
160 2. VH = 21.257. — “Der Weg zur Quelle, die Gier nach dem Wasser ist ein stehendes Motiv, mit dem Homer Tiere in Bewegung setzt”: FRÄNKEL 1921, 74 (der das Gleichnis dann so deutet, daß sich die Myrmidonen so um ihren Führer drängen wie die Wölfe um die Quelle); ähnl. 13.492f., 16.825, Od. 10.159f., ferner Il. 6.508. – Wölfe leben und jagen in Rudeln, i.d.R. bestehend aus einem Elternpaar und den Nachkommen der letzten Jahre (OKARMA/LANGWALD [1997] 2002, 54f.). Zum ‘dunklen Wasser’ 3n. (vgl. Od. 13.409f. von Eumaios’ Schweinen). ἀ γ ε λ η δ ό ν : denominatives Adv. mit modaler Funktion (2.89n. mit Lit.; ferner RAU 2006). — ἀ π ὸ κ ρ ή ν η ς : mit 161 λάψοντες … ὕδωρ zu verbinden (vgl. schol. zu 160 u. 161).
161 Die Zunge des Wolfs ist lang, die Zungenspitze dünn und leicht löffelförmig (Abb. auf der Seite www.runningwiththewolves.org/Anatomy.htm, rechts [Stand: 01.03.2015]; vgl. AH: “naturgetreu geschildert”). ἁ ρ α ι ῇ σ ι ν : etym. unklar, seit der Antike meist als ‘dünn, schmal’ gedeutet (schol. D; vgl. 18.411n.; WHITE 2002, 328f.); zum aspirierten Anlaut WEST 1998, XVII.
159 παρήϊον: = παρειά ‘Wange’. — φοινόν: als Prädikat ist ἐστίν zu ergänzen. 160 ἀγεληδόν: adv., ‘im Rudel, rudelweise’. 161 λάψοντες: zu λάπτω ‘schlürfen, schlabbern’ (onomatopoetisch).
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162–163 Das Erbrechen ist entweder ein rein fiktives Bild für die Blutgier der Wölfe (vollgefreßen und blutüberströmt) oder aber Übertragung eines natürlichen Vorgangs: Wölfe füttern die Welpen mit vorgekauter od. vorverdauter Nahrung, die sie auswürgen (OKARMA/LANGWALD [1997] 2002, 37); vgl. die ‘Kompilation’ verschiedener biolog. Phänomene im Bienengleichnis 2.87–94 (s.d.). φ ό ν ο ν α ἵ µ α τ ο ς : ‘den blutigen Mord’ (Übersetzung VOSS; ähnl. AH: ‘den blutigen Fraß’); φόνος i.S.v. ‘Gegenstand des Mordens’, also das gefressene Fleisch; dazu αἵµατος gen. materiae, ‘blutig, voll Blut’ (LfgrE). Anders KOLLER 1967, 151. 155: ‘Blut des Blutbads’ (ebenso NEAL 2006, 204f. 216). — ἐ ν δ έ τ ε θ υ µ ό ς : VE = 17.744 (vgl. ἐν δέ οἱ ἦτορ 1.188n.). ἐν eher zu στήθεσιν (die Junktur θυµὸς/ν ἐνὶ στήθεσσι ist sehr häufig: 691n.) als zu ἐστι (ἔνεστι), vgl. auch 22.451f. ἐν δέ µοι αὐτῇ | στήθεσι πάλλεται ἦτορ (EDWARDS 1966, 134). — θ υ µ ὸ ς | … ἄ τ ρ ο µ ο ς : d.h. das ‘Herz’ der Wölfe ist ‘furchtlos’, ihr ‘Mut unerschütterlich’, ihre ‘Kampfes-/Angriffslust ungebrochen’ (vgl. µένος ἄτροµον 5.125f., 17.156f.); der Ausdruck nimmt ἄσπετος ἀλκή (157, s. 157–158n.) wieder auf: MAINOLDI 1984, 99. — π ε ρ ι σ τ έ ν ε τ α ι : in der Antike als περιστενοχωρεῖται oder περιτείνεται gedeutet, also ‘ist ringsum beengt, gespannt, voll’ (schol. A, D; so auch AH, LEAF), wobei der Wortstamm im fgrE sonst stets gelängt ist (στείνοµαι). Wahrscheinlicher ist jedoch der Bezug auf στένω ‘stöhnen’, nicht im Sinne von ‘es stößt ihnen auf, sie rülpsen’ (so MUTZBAUER 1893, 132f.), sondern als eine Art Selbstanstachelung wie 20.169–171 (Löwengleichnis): ἐν δέ τέ οἱ κραδίῃ στένει ἄλκιµον ἦτορ | … | …, ἑὲ δ’ αὐτὸν ἐποτρύνει µαχέσασθαι (ähnl. Eurymachos beim Versuch, den Bogen zu spannen, Od. 21.245– 255; JANKO zu 156–63 a.E.); dann bezöge sich die ganze Aussage von ἐν δέ τε θυµός … an auf die allg. Eigenart der Wölfe und nicht speziell auf ihre Verfassung nach dem Essen, was auch den Übergang zum So-Teil erleichtern würde. Ungewöhnlich bleibt bei dieser Deutung freilich das Medium (das sonst nicht bei στένω, sondern nur bei den mit Suffix versehenen Formen στενάχοµαι/-ίζοµαι belegt ist). Weitere Diskussion: LfgrE s.v στένω.
164 Die Junktur ‘Führer und Berater’ (gr. hēgḗtores ēdé médontes) ist eine formelhafte synonymische Doppelung (vgl. 1.160n., 2.79n.), 14× Il., 9× Od., stets in der 2. VH und mit vorangehendem Völkernamen im Gen. (Myrmidonen nur hier, sonst Argeier [Stellen: 2.79n.], Danaer, Troer, Lykier, Phaiaken). Gemeint sind nicht nur die großen Heerführer, sondern alle, die eine Führungsfunktion innehaben und daher im Epos nicht immer mit Namen erwähnt sind; so dürften auch hier mehr (Unter-)Anführer impliziert sein als nur die im nachfolgenden Katalog genannten fünf dem Achilleus eng vertrauten (VAN WEES 1986, 287f.; HELLMANN 2000, 56). – Die Reihenfolge der beteiligten Figuren in 164ff. bildet eine Klimax: Anführer – Patroklos – Achill (danach 168ff. eine ausgeprägt ‘hierarchische’ Klimax: 50 Schiffe – je 50 Männer – 5 Anführer – Achill); vgl. 2.761–779n.
162 ἄκρον: prädikativ zu ὕδωρ, ‘an der Oberfläche’. 164 ἠδέ: ‘und’ (R 24.4).
Kommentar
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165 = 17.388 (Kampf um Patroklos’ Leichnam); ≈ 16.865; 2. VH = 134 u.ö. (s.d. zur VE-Formel). – Zur Wortstellung vgl. 297n. a.E. — Mit therápōn ist hier Patroklos gemeint (weitere Stellen: 18.151–152n.). Zu Bed. und Verwendung des gr. Begriffs therápōn ‘Kampfgenosse’ s. 24.396n.; zur Funktion des therápōn als Wagenlenker vgl. unten 243n. Ausgehend von der heth. Wurzel tarp- (tarpalli-, tarpašša-) mit der Bed. ‘Stellvertreter, Ersatzmann’ und dem damit verbundenen Ritual, drohendes Unheil auf eine Drittperson abzuleiten, hat man in der ähnlich klingenden Bezeichnung therápōn einen Hinweis darauf sehen wollen, daß Patroklos urspr. ein solcher ritueller Stellvertreter des Achilleus gewesen sei (VAN BROCK 1959, 117ff.; NTHS 49 mit Lit.; weiterentwickelt u.a. von SINOS 1980, 29ff., u. TARENZI 2005). Die sprachl. und semant. Gleichsetzung von tarp- und therap- ist freilich höchst unsicher; der Stamm therap- ist wahrscheinlich schon im Myk. belegt (MYK u. DMic. mit Lit.; vgl. allg. FRISK u. DELG, jeweils mit Suppl.). Andererseits läßt sich aus der Iliashandlung auch unabhängig vom Begriff tarp-/therápōn der Eindruck gewinnen, daß Patroklos eine Art alter ego des Achilleus ist und für ihn eine Stellvertreterfunktion innehat, s. mit unterschiedl. Ausdeutungen u.a. WHITMAN 1958, 199–203 (Patroklos als Verkörperung der ‘menschlichen Seite’ des Achilleus); LORD (1960) 2000, 195 (“double”); PATZER 1972, 41–44 (“Motiv des stellvertretenden Kämpfers”); VAN NORTWICK 1992, 39–88 (Patroklos als “Second Self”); CAVALLINI 2009 (Patroklos’ Tod nach Art eines Sündenbock-Rituals); bes. zum rituell anmutenden Tod des Patroklos unten 791n. 166 ῥ ώ ο ν τ (οο ): eigtl. ‘Wellenbewegungen machen’, hier ‘sich eilig bewegen, sammeln, drängen’, ähnl. 11.50 (LfgrE; vgl. 24.616n. a.E.; zur Etymologie 18.411n.). — ἀ ρ ή ϊ ο ς : 42n. (nur hier von Achill, möglicherweise um die Wiederholung eines Epithetons der Bedeutung ‘schnell’ nach V. 165 zu vermeiden: SHIVE 1987, 32f. mit Anm. 46 S. 164; ähnl. Fall in 24.785: φαεσίµβροτος ἠώς statt ῥοδοδάκτυλος ἠώς [s.d.]). 167 ≈ 2.554; 1. VH ≈ 15.270. — ὀ τ ρ ύ ν ω ν : spezifischer Ausdruck für das Anspornen zum Kampf (FINGERLE 1939, 125; KRAPP 1964, 87ff.). — ἵ π π ο υ ς τ ε κ α ὶ ἀ ν έ ρ α ς ἀ σ π ι δ ι ώ τ α ς : d.h. ‘Wagenkämpfer und Fußsoldaten’, vgl. 4.297f. (LfgrE s.vv. ἀσπιδιώτ(ης), ἀσπιστ(ής)). Der Pl. ἵπποι ‘Gespann’ kann den (vom Gespann gezogenen) Streitwagen – und hier wohl auch dessen Besatzung – implizieren, s. 6.232n. Eine ganze Reihe von Deverbativa und Denominativa auf -(τ)ής wird im hom. Epos synonym in der Bed. ‘(tüchtiger) Krieger’ verwendet (RISCH 34); im 16. Gesang noch ἀσπιστής (490), αἰχµητής (493), πολεµιστής (492 [s.d.], 493), κορυστής (603); zu den metrisch gleichwertigen Varianten der VE-Formel s. 2.1–2a n. a.E. (ἀσπιδιώτης nur hier und im Schiffskatalog 2.554). Zur Verbindung von ἀνήρ mit einer Funktionsbezeichnung vgl. unten 170n. (ἄνδρες … ἑταῖροι).
168–197 KatalogeP sind ein wesentliches Element mündlicher Heldendichtung (2.494–759n. S. 147 [mit Lit.]), gerade auch vor der Schilderung entscheidender Kämpfe wie hier, wo der Katalog Bestandteil der Typisierten EreignissequenzP 166 ἐν … τοῖσιν: ‘(mitten) unter diesen’. 167 ἀνέρας: = ἄνδρας; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
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‘Schlachtvorbereitung’ ist (130–277n.; herausragend natürlich der Schiffs- und der Troerkatalog im 2. Gesang). Der vorl. Katalog zeichnet sich durch mehrere, z.T. lange ‘anecdotes’ (‘Personenexkurse’) aus, wie sie sich gelegentlich auch im Schiffskatalog finden, so etwa – mit ähnl. Thematik (Genealogie) – in 2.513–515, 2.658–670, 2.714f., 2.741–744 (2.494–759n. S. 148; FRIEDRICH 1975, 47f. 105– 107). Nicht zuletzt dadurch erzeugt der Katalog auf Erzähler-Ebene vordergründig eine PauseP (HOWALD 1946, 80f.; OWEN 1946, 156; RICHARDSON 1990, 37f.); im Hintergrund läuft die Handlung freilich weiter: 198f. ist die ordnungsgemäße Aufstellung des Kontingents vollzogen. Der vorl. Katalog unterstreicht Achills unangefochtene Position innerhalb seiner Truppe und verleiht dem Auszug der Myrmidonen grandeur. Diese Funktion ist ganz auf den aktuellen Erzählmoment beschränkt, was sich nicht zuletzt auch darin zeigt, daß die hier genannten Anführer im anschließenden Kampfgeschehen, das ganz im Zeichen von Patroklos stehen wird (218–220), keine Rolle mehr spielen werden (SCHADEWALDT [1938] 1966, 30 Anm. 2; MERZ 1953, 62f.; ANDREWES 1961, 129f.; KÜHLMANN 1973, 51f.; KELLY 2007, 123 [mit Parallelen]; vgl. KIRK zu 4.295–6; HOFMEISTER 1995, 304f.). – Inhaltlich erweist sich der Katalog als komplementär zum entsprechenden Eintrag im Schiffskatalog 2.681–694: die beiden Passagen teilen sich lediglich die beiden Angaben ‘50 Schiffe’ und ‘Achilleus’; die Liste der Unteranführer wird nun hier, vor dem ersten ‘richtigen’ Einsatz der Myrmidonen, ausführlich gegeben (Prinzip des ‘ad hoc-Erzählens’P; HEUBECK [1949] 1984, 119; LATACZ 1977, 59; STANLEY 1993, 314 Anm. 58). – Formal folgt der von der Nennung des Achilleus (168/198) umrahmte Katalog dem aufzählenden Muster ‘die soundsovielte Einheit befehligte X’ (ausgeprägt auch in 12.93ff.), wobei die einzelnen Einträge wie u.a. auch im ‘Frauen-Katalog’ des Zeus 14.315–328 tendenziell immer kürzer werden – die beiden zuletzt erwähnten Anführer, Phoinix und Alkimedon, haben ihre großen Auftritte anderswo (im 9. bzw. 17. Gesang, vgl. 196n., 197n.): HEUBECK a.O. 119f.; KÜHLMANN a.O.; EDWARDS 1980a, 98; WEST 2011, 114 (zu 2.494–510). Zur Gliederung in fünf Einheiten s.u. 171n. 168 1. VH ≈ 6.244, 16.170, Certamen § 10 West. — Die Anzahl der Schiffe (hier 50) ist repräsentativ: sie steht in Relation zur Bedeutung Achills und seiner Truppen (2.685n.; s. allg. 2.494–759n. S. 154). Fünfzig ist eine Typische ZahlP (6.244– 246n. mit Lit.; JANKO zu 168–72); bes. in Besitzangaben spielt sie eine bedeutende Rolle (NAGLER 1974, 211). Zum Schiffs-Epitheton ‘schnell’ s. 1.12b n. 169 VE = 2.509, Od. 12.90, Certamen § 10 West; ≈ Od. 14.14. — δ ι ί φ ι λ ο ς : Trotz der ungewöhnlichen Stellung (nicht im selben Vers wie das Nomen) trägt das Epitheton wohl
168 ᾗσιν: = αἷς (R 11.1). 169 ἐς: = εἰς (R 20.1). — δὲ (ϝ)εκάστῃ: zur Prosodie R 4.3; ἑκάστῃ sc. νηΐ.
Kommentar
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keine besondere Emphase. Es steht immer zwischen den Zäsuren B 2 und C 2: Versfüller (PARRY [1928] 1971, 164f.; EDWARDS 1966, 164; allg. zu διίφιλος 24.472n. [dort allerdings möglicherweise prägnante Verwendung]).
170 Eine Besatzung von 50 Mann gilt gemeinhin als Normalwert für die Kriegsschiffe des hom. Epos, vgl. 2.719f. (s.d. und 2.510n.; GRAY 1974, 108f.; STOEVESANDT 2004, 67f. mit Anm. 245 [mit weiterer Lit.]). Zum Begriff hetáiros ‘Kamerad’ s. 24.4n.; “die Ruderer waren zugleich die Kämpfer” (AH). ἄ ν δ ρ ε ς … ἑ τ α ῖ ρ ο ι : Verbindung von Gattungs- und Funktionsbezeichnung (2.474n. mit Lit.); ähnl. ἑταῖρος ἀνήρ 17.466, Od. 8.584. — ἐ π ὶ κ λ η ῗ σ ι ν : ‘an den Dollen’; eine Dolle ist “ein senkrecht an der Seitenbordwand […] stehender, oben hakenförmiger Pflock, an dem mithilfe eines Seils oder eines Lederriemens das Ruder (‘Riemen’) befestigt wird” (LfgrE s.v. 1444.1ff.; KURT 1979, 141–143); vgl. das Epitheton πολυκληΐς 2.74n.
171 Die Gliederung in fünf militär. Einheiten hat Parallelen in 4.293–296, 11.56–60 (Nestor bzw. Hektor + 5 Anführer), 12.86–104 (12.87: ‘fünffach eingeteilt’, jeweils mehrere Anführer pro Einheit); weitere Belege bei SINGOR 1991, 37f. – Das Verhältnis von zehn Schiffen zu einem Anführer ist auch in 2.494f./509 (Boioter) und 2.618f. (Epeier) belegt (LATACZ 1977, 60). Sprachlich wird die Gliederung durch die anaphorische Numerierung am VA verdeutlicht: 173/179/193/196/197; ähnl. 12.87 (5 Anführer) 88/93/94/98/[101], Od. 10.349 (4 Mägde) 352/354/356/358. 172 ≈ Hes. Th. 403. — σ η µ α ί ν ε ι ν : abs. ‘das Kommando innehaben’, entspricht ἦρχε 173/ 196 und ἡγεµόνευεν 179/193; daneben µέγα κρατέων ἤνασσεν vom Oberbefehl des Achilleus (ähnl. 1.288f. mit allen drei hier vorl. Verben: κρατέειν, ἀνάσσειν, σηµαίνειν [1.287– 289n.]). Zur Verbindung µέγα κρατέειν vgl. 1.78f. (s.d.).
173–195 Bei den ersten drei Anführern im Katalog – Menesthios, Eudoros, Peisandros – dürfte es sich um ad hoc-Erfindungen handeln; sie ergänzen das bekannte Myrmidonen-Personal (Phoinix [196], Alkimedon [197], Automedon [145]; vgl. 168–197n. a.E., 571n.): alle drei treten nur in der vorl. Passage auf, ihre Namen und diejenigen ihrer Verwandten sind sprechend (kriegerisch: Menesthios, Echekles, Aktor, Peisandros, Maimalos; zu Hermes passend: Eudoros, Polymele) und kommen zu einem großen Teil mehrfach als unterschiedl. Figuren in der Ilias oder anderen Sagenkreisen vor (Menesthios, Polydore/-doros, Boros, Perieres, Polymele, Phylas, Echekles/-klos, Peisandros; zu den Details s.u. die einzelnen nn. Weiteres zur Mehrfachverwendung von Namen: 345n. [zu Erymas]; zur Häufung von sprechenden Namen in Katalogen vgl. die Listen der Nereïden 18.39–49 [s.d. a.E.] und der Phaiaken Od. 8.110–119 [mit DE JONG z.St.]). Außerdem weisen die Genealogien der ersten beiden Anführer untereinander – ebenso wie in Hinsicht auf 170 ἔσαν: = ἦσαν (R 16.6). 172 σηµαίνειν: final-konsekutiver Inf. zu ἐπεποίθει (≈ ‘denen er vertraute, daß sie …’).
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die Genealogie der Aressöhne Askalaphos und Ialmenos 2.512–515 im Schiffskatalog – deutliche Parallelen auf, mit dramatischer Steigerung in der Biographie des Eudoros (außereheliche Söhne der ‘schönen Polydore’ bzw. ‘schönen Polymele’, Götter als biologische Erzeuger, sterbliche Männer als standesgemäße Väter, reiche Brautgaben bei der Heirat): HEUBECK (1949) 1984, 119f.; TRÜB 1952, 17; MERZ 1953, 62–64; PRIESS 1977, 70. 83. 162–166; vgl. die ähnl. Häufung von ad hoc erfundenen Figuren in 4.295f. (mit KIRK z.St.); anders KULLMANN 1960, 132f. (“Übernahme der Gestalten aus anderem Zusammenhang”), und (1965) 1992, 185 (“altes Gut bewahrend”); vgl. JANKO zu 168–97. – Die Darstellung von Menesthios und Eudoros als sterbliche Göttersöhne spiegelt möglicherweise Achilleus’ Status als Sohn des Peleus und der Göttin Thetis wider: SHEPPARD 1922, 159; HOFMEISTER 1995, 304ff. (mit weitreichenden Schlußfolgerungen). Sprachlich und stilistisch weist die Passage vielfältige Berührungspunkte mit hymnischen (hom.h.) und genealogischen Texten (‘Hes.’ fr.) auf; Nachweise bei TRÜB 1952, 50–55; JANKO 1982, 150; ders. zu 179–92, 179–81, 188–92; vgl. 14.313ff. (mit JANKO z.St.).
173 Es ist umstritten, was im hom. Epos unter stíches ‘Reihen’ genau zu verstehen ist. Der Sg. ist nur hier und 20.362 belegt (Gen. stichós), sonst steht das Wort immer im Plural. Mögliche Deutungen: (a) Reihen einer dichtgeschlossenen Heeresformation, vgl. 211ff. (LATACZ 1977, 45ff.); (b) selbständig agierende kleinere Formation mit eigener Kampffront (‘Kampftrupp, Kolonne’) (SINGOR 1991, 25f.; 1995, 193f.; vgl. LEUMANN 1975, 80f.); weniger wahrscheinlich (c) ‘Schlachthaufe’, ohne Konnotation einer bestimmten Ordnung (VAN WEES 1986, 293f.; 1997, 674f.). Während der Sg. in 20.362 die ‘vorderste Reihe, Frontlinie’ des feindl. Heeres bezeichnet, ist die vorl. Stelle schwierig zu deuten. Mit Blick auf 168–170 (‘50 Schiffe’) könnte weiterhin (1) von der Einteilung der Flotte die Rede sein; demgegenüber könnte der Anschluß in 198f. (‘alle mit ihren Führern aufgestellt, gut geordnet’) auf (2) die Einteilung des Landheers deuten. Falls (1) Marine-Einheit, dann stichós hier = ‘Schiffsreihe’ (JANKO; nach LATACZ a.O. 60–62 ist von einer “Reihe der in Kiellinie einander folgenden Schiffe” auszugehen [62]). Diese Verwendung ist in der Ilias jedoch auf die vorl. Passage beschränkt; im Schiffskatalog des 2. Gesangs kommt der Sg. stich- nicht vor (vgl. bes. die Aufzählung der vier Anführer 2.620–624: 2.624 ≠ 16.196). Daher spricht der vorl. Kontext möglicherweise eher für (2) stichós = Infanterie-Einheit, und zwar nicht bloß i.S.v. ‘Reihe’, sondern ‘Bataillon’ o.ä. (500 Mann, sofern man die 168ff. angegebenen Zahlen wörtlich nimmt), vgl. CUNLIFFE u. LfgrE (s. auch ‘Phalanx’ 280n.). Demnach hat der Erzähler den Katalog, der eine Ergänzung zum Schiffskatalog bildet (168–197n.), auf die aktuelle Situation angepaßt: Aufstellung des Heers für den
173 ἰῆς: = µιᾶς.
Kommentar
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Kampf zu Lande. — Menesthios ist Kurzform zu (zwar nicht im fgrE, jedoch hist. belegtem) Menesthenēs, ‘der mit Standkraft Ausharrende’ (v. KAMPTZ 62f., 116f., 209); vgl. Menestheus (2.552n.), Menesthēs (5.609). Der Name Menesthios wird in der Ilias für zwei verschiedene (nur je einmal erwähnte) Figuren verwendet: für einen Myrmidonen hier, für einen Boioter 7.9 (vgl. oben 173–195n.). – In Heereskatalogen heben Epitheta und andere Attribute/Attributsätze (hier ‘mit schimmerndem Panzer’) die Eignung der jeweiligen Anführer hervor (HELLMANN 2000, 59), so bes. auch 179/193 ‘kriegerisch’, 186 ‘überlegen in Lauf und Kampf’, 194f. ‘der hervorstach im Kampfe’; vgl. die Liste der vor Troia gefallenen Helden Od. 3.109–112 (wo 112 ≈ hier V. 186). Zu der damit verbundenen Frage nach ‘dem Besten’ (bes. 186, 194f.; Od. 3.108) vgl. 2.761–779n. u. 2.761–762n. τ ῆ ς µ ὲ ν ἰ ῆ ς : fortgesetzt durch 179 τῆς δ’ ἑτέρης usw. (vgl. 171n.). Durch die Formulierung mit ἰῆς (statt z.B. πρώτης) vermeidet es der Erzähler, eine Rangfolge zu suggerieren (Hinweis FÜHRER). — α ἰ ο λ ο θ ώ ρ η ξ : nur hier und 4.489 (von Antiphos, Sohn des Priamos); Possessivkomp.: ‘der einen schimmernden Panzer trägt’, bezogen auf den Glanz des Metalls (vgl. αἰόλος 19.404n., αἰολοµίτρης 5.707, κορυθαιόλος 6.116n., παναίολος 4.186 u.ö. [LfgrE]). Versifikatorisch hat das Epitheton die Funktion, den Vers zwischen der Zäsur C 2 und dem VE ‘aufzufüllen’ (nach vorangehendem Eigennamen: BASSETT 1905, 119ff., mit Zusammenstellung der vier- und fünfsilbigen Epitheta am VE; JANKO zu 173–5 verweist auf Alternativen wie ὄρχαµος ἀνδρῶν u.ä.).
174–176 Hohe (wenn nicht gar göttliche) Abkunft – hier vom Flußgott Spercheios – ist ein Charakteristikum des Adels. Im Epos dargestellte Genealogien heroisieren daher die betreffende Figur – selbst wenn sie wie hier nur einmal auftritt – und dienen der Legitimation und Selbstvergewisserung des von der Führungsschicht gebildeten Publikums (LEAF zu 177; MERZ 1953, 68–71; STRASBURGER 1954, 22; HOEKSTRA 1981, 54f.; HELLMANN 2000, 32f.; STOEVESANDT 2004, 129; GRETHLEIN 2006, 63–77; vgl. LATACZ [1985] 2003, 42ff. 61f.). Abkömmlinge von Göttern treten in der Ilias häufig auf (namentlich von Flußgöttern auch 5.541ff.: Alpheios, 21.139–143/157–160/184–187: Axios, ferner Od. 11.235–257: Enipeus bzw. Poseidon in dessen Gestalt); s. STRASBURGER a.O. 22f.; PRIESS 1977, 83; MAURITSCH 1992, 47–50. 174 Der Spercheios (Hauptfluß in Mittelgriechenland) durchströmt Peleus’ Reich und mündet in den Malischen Golf. Peleus hatte dem Spercheios ein Haaropfer des Achilleus gelobt, wenn dieser heil aus dem Krieg zurückkehren sollte (23.140ff.). Die Personifikation von Flüssen ist in Griechenland geläufig, ihr Kult verbreitet (FG 28); zum selbstverständlichen Nebeneinander von Fluß und Gott vgl. auch die Darstellung des Skamandros im 21. Gesang (CLARKE 1999, 274ff.). Typischer Vier-Wort-Vers (125–126n.): Verwandtschaftsangabe mit Eigennamen, öfter im Schiffs-/Troerkatalog, z.B. 2.847 (BASSETT 1919, 225f.). — Σ π ε ρ χ ε ι ο ῖ ο … π ο τ α µ ο ῖ ο : syntaktisch bedingter Binnenreim (im 16. Gesang noch 112, 421, 773; ohne syntakt. Bezug 547; annähernd reimend 261, 279); eine emphat. Wirkung ist im hom. Epos wie auch bei
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den Endreimen (216f., 789f., ferner 259ff.) weder mit Sicherheit nachzuweisen noch auszuschließen; positive Deutung möglich in 112 (= 2.484 u.ö., feierlicher Hymnenstil im Musenanruf: 2.484–486n.), 279, 636, 758 (s.d.), 24.245n. Allg. zu den Reimen VAN LEEUWEN (1894) 1918, 41f. (mit älterer Lit.); FEHLING 1969, 86–89; RICHARDSON zu h.Cer. 238; bes. zu den durch Sperrung von Substantiv und Attribut entstandenen Reimen, die in der alexandrinischen und v.a. römischen (neoterischen) Dichtung häufig anzutreffen sind, PATZER 1955, 80f. 86; BÜHLER 1960, 53f. — δ ι ι π ε τ έ ο ς π ο τ α µ ο ῖ ο : VE-Formel (4× Il., 3× Od., 1× ‘Hes.’), metr.-prosod. Variante: ἐϋρρεῖος ποταµοῖο (5× Il.). Das Epitheton bedeutete urspr. vielleicht ‘am Himmel fliegend’ (von Vögeln h.Ven. 4) und wurde möglicherweise schon zu Homers Zeit nicht mehr richtig verstanden (SCHMITT 1967, 221–236; BATTEZZATO 2000, 146f.; WEST 2007, 350; FAULKNER zu h.Ven. 4; OLSON zu h.Ven. 4–5; vgl. schol. D: ‘von Zeus fallend’ [d.h. als Regen herabfließend] oder ‘durchscheinend’); Übersicht über antike und moderne Deutungen bei HOOKER (1979) 1996, 439–441; STEFANELLI 1995, 229–238; in gebotener Kürze auch LfgrE u. BEEKES s.v. – Neuere, aber wenig wahrscheinliche Deutungen nehmen speziell auf ägypt. Formulierungen Bezug (διιπετέος ποτ. kommt in Od. 4.477/581 als Apposition zu ‘Nil’ vor): STEFANELLI a.O.; GRIFFITH 1997.
175 Polydore – ‘die mit den vielen Geschenken’ – ist der Name mehrerer myth. Figuren (mit z.T. sich überschneidenden Rollen), s. JANKO zu 173–8 und DNP s.v.; hier bes. passend, da Polydore ‘unermeßliche Brautgaben’ einbringt (178; polýdōros ist auch ein Epitheton von ‘Ehefrau’: 6.394n.). Die männl. Namensform lautet Polydoros (20.407ff. u.ö., Sohn des Priamos). – Polydore entspringt der Verbindung des Peleus mit einer Frau vor seiner Hochzeit mit Thetis; für die Frau werden in der gr. Mythentradition verschiedene Namen genannt (BOUVIER 2002, 328– 337; JANKO a.O.). Polydore ist also eine Halbschwester des Achilleus, der in der Ilias sonst stets als Einzelkind erscheint (24.538–542n.; ähnl. Odysseus: eine Schwester wird nur Od. 15.363f. erwähnt). κ α λ ὴ Π ο λ υ δ ώ ρ η : ≈ 16.180 καλὴ Πολυµήλη, Od. 3.464 καλὴ Πολυκάστη, ähnl. Il. 9.556 καλῇ Κλεοπάτρῃ.
176 2. VH ≈ Hes. Th. 380. — Zum Polaren AusdruckP ‘Gott – Mensch’ s. 24.259n.; zur umgekehrten Formulierung ‘die Göttin beim Manne’ s. 2.821n. ἀ κ ά µ α ν τ ι : ‘unermüdlich’, hier viell. i.S.v. ‘nicht versiegend’ (schol. b zu 174); nur hier Epitheton eines Flusses, sonst des Helios (18.239n.) und 1× von einem Eber, der erst nach langem Kampf von einem Löwen überwältigt wird (16.823; dazu BALTES 1983, 45); stets an gleicher Vers-Position. – Zum Eigennamen Akamas vgl. unten 342n.
177–178 Boros ist vermutlich schon während der Schwangerschaft der offizielle Ehemann der Polydore und damit zugleich der rechtmäßige Vater des Menesthios geworden, während Polymele (179ff.), wie Polydore vor der Ehe geschwängert, ihr Kind wohl noch vor der Heirat mit Echekles gebar und deswegen dann dem 175 Πηλῆος: zur Flexion R 11.3 (vgl. R 3). 176 θεῷ: ‘mit dem / beim Gott’.
Kommentar
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Großvater (d.h. ihrer eigenen Familie) zur Erziehung überließ (LEAF zu 191; WICKERT-MICKNAT 1982, 86; MAURITSCH 1992, 48f.). Parallelen zur doppelten Vaterschaft gibt es inner- und außerhalb der gr. Mythologie viele, z.B. Zeus/Peirithoos (Frau: Iphidameia, Sohn: Polypoites, 2.740ff.), Zeus/Amphitryon (Frau: Alkmene, Söhne: Herakles und Iphikles, ‘Hes.’ Sc. 27ff.), Poseidon/Aktor (Frau: Molione, Söhne: Kteatos und Eurytos, ‘Hes.’ fr. 17(a)/(b) M.-W.); s. JANKO zu 176–8; HIRSCHBERGER 2004, 74f. Parallelen zur Erziehung eines Kindes durch einen nahen Verwandten (hier 191): 11.223f. (Iphidamas durch Großvater Kisses), 13.465f. (Aineias durch Schwager Alkathoos); s. JANKO zu 13.463–7. — Boros erscheint nur hier als Gatte der Polydore und Ziehvater des Menesthios, dagegen 5.43f. als Vater des Phaistos (Verbündeter der Troer). Die Herkunft des Namens ist nicht geklärt; historisch nicht belegt (v. KAMPTZ 321f.; LfgrE; vgl. JANKO zu 173–8). Perieres – d.h. ‘überragend an Gunst/Gefallen’ (zum gr. Stamm [w]ēr1.572n.) – ist ein in der gr. Mythologie mehrfach belegter Name, so etwa in ‘Hes.’ fr. 10(a).27 M.-W. und späteren Quellen als Sohn des Aiolos, in schol. T als Sohn des Dioplethes, Enkel des Myrmidon (wohl ad hoc-Erklärung); vgl. RE; DNP; JANKO zu 173–8. — Der künftige Bräutigam wirbt um seine Braut mit dem Angebot von hédna ‘Brautgaben’, das er im Fall einer Heirat einzulösen hat (WICKERTMICKNAT a.O. 90–92; SCHEID-TISSINIER 1994, 87–102; LfgrE s.v. ἕδνα; RICHARDSON zu 22.49–51 [mit Lit.]). Diese Sitte ist Teil der in der hom. Gesellschaft etablierten Geschenkkultur zur Errichtung und Erhaltung sozialer Beziehungen und als Ausdruck von Macht u. Reichtum (z.B. FINLEY [1954] 1977, 61ff. 120ff.). 177 ἐ π ί κ λ η σ ι ν : im fgrE nur im adv. Akk., ‘unter dem Namen’ (von einem Beinamen, Zweitnamen; s. 18.487n. a.E.), hier ‘nominell, angeblich’ (LfgrE). 178 2. VH = Od. 19.529. — ἀ ν α φ α ν δ ό ν : ‘offiziell’, von der rechtmäßigen Eheschließung; deverbatives Adv., vgl. 160n. zu ἀγεληδόν. — π ο ρ ώ ν : wohl modal (‘indem, wobei’); dagegen temporal-kausal die Alternative ἐπεὶ πόρε µυρία ἕδνα 190, 22.472, Od. 11.282 (VISSER 2011, 8; vgl. EDWARDS 1966, 157 mit Anm. 111; FRIEDRICH 2007, 76). — ἀ π ε ρ ε ί σ ι α ἕ δ ν α : ‘unermeßliche Brautgaben’, VE-Formel (noch Od. 19.529, ‘Hes.’ fr. 198.10 M.-W.). Das Epitheton ist im Erzähler-Text wie hier wohl ornamental, in dir. Rede hyperbolisch gebraucht (SCODEL 2008, 76–80), vgl. einerseits ἀπερείσι’ ἄποινα (1.13n.), andererseits µυρία ἕδνα 190, 22.472, Od. 11.282, ‘Hes.’ fr. 43(a).21 M.-W. (und 1× VA: ebd. fr. 26.37).
179 2. VH = 2.698, 16.193 (strukturgleiche Verse in Heereskatalogen). — Eudoros (‘der mit den schönen Geschenken’) ist in der Ilias nur hier bezeugt, “gleichsam eine Hypostase des Hermes” (RE s.v. Eudoros) in dessen Rolle als dṓtōr eáōn ‘Geber von Gutem/Gütern’ (Od. 8.335; s. unten 180n. zu Polymele; zur Wendung 177 Βώρῳ: sc. τέκε (175). — υἷϊ: zur Flexion R 12.3. 178 ῥ’: = ἄρα (R 24.1). — ὄπυιε: sc. Πολυδώρην. — ἀπερείσια (ϝ)έδνα: zur Prosodie R 4.3. 179 τῆς δ’ ἑτέρης: sc. στιχός (173).
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dṓtōr eáōn vgl. 24.528n.). Die weibl. Namensform Eudore wird für Naturgottheiten gebraucht (Hes. Th. 244, 360). ἀ ρ ή ϊ ο ς : 42n.; hier konkretisiert durch 186 περὶ … µαχητήν.
180 Der Vers gibt in knapper Form gewissermaßen den Inhalt der 181ff. ausführlicher erzählten Geschichte an (schol. bT). — (Reigen-)Tanz und Gesang finden im fgrE oft in kultischem Zusammenhang statt, hier im Rahmen des Artemiskults (183); s. allg. SCHADEWALDT (1944) 1965, 62f.; WEGNER 1968, 32–35; LfgrE s.v. χορός. – Der gr. Begriff parthénos (hier parthénios ‘Sohn einer parthénos’) hat “soziale, nicht sexuale” Bedeutung, d.h. er bezeichnet nicht die ‘Jungfrau’ in biologischem Sinn, sondern die geschlechtsreife, heiratsfähige (aber noch unverheiratete) junge Frau (vgl. 184 ‘heimlich’): WICKERT-MICKNAT 1982, 104f.; MAURITSCH 1992, 59. Das Kind einer solchen Frau hat entsprechend als vorehelich zu gelten, wobei dieser Umstand in der hom. Gesellschaft nicht per se mit einem Makel behaftet ist: WICKERT-MICKNAT a.O. 84–86; MAURITSCH a.O. 48 (vgl. 6.22–23n., 6.24n., 24.495–498n.). – Polymele, ‘die mit den vielen (Schaf- und Ziegen)herden’, ist wie Polydore ein mehrfach verwendeter Name (u.a. für die Mutter des Iason: ‘Hes.’ fr. 38 M.-W.); hier passender Name für eine Geliebte des Hirtengottes Hermes (LfgrE; OTTO [1929] 1947, 108–114; NILSSON [1940] 1967, 505f.; VAN WINDEKENS 1961, 298). Das Adj. polýmēlos ist als Epitheton des Hermeslieblings Phorbas (14.490f.) und von Hermes’ Heimat Arkadien (h.Merc. 1f.) belegt (2.705n.), die männl. Namensform Polymelos in V. 417 für einen Troer oder troischen Bundesgenossen, der von Patroklos getötet wird (der männl. Name ist auch nachhom. sowohl mythologisch als auch historisch belegt). χ ο ρ ῷ : eher (a) zu καλή als (b) zu ἔτικτε, d.h. (a) ‘die schöne im Reigentanze’ (schol. A, D; AH); zum (singulären) adnominalen Dat. bei καλός vgl. Junkturen wie 6.477 ἀριπρεπέα Τρώεσσιν (mit n.), 11.385 κέρᾳ ἀγλαέ (LfgrE s.v. κέρας a.E.), 24.261 χοροιτυπίῃσιν ἀριστοι (PORZIG 1942, 128f.); wie in diesen Junkturen dürfte καλή sogar superlativische Funktion haben: ‘die schönste im Reigentanze’ (LfgrE s.v. καλός 1308.3ff.; χορός 1242.5ff.). Auch die strukturgleichen Verse h.Cer. 234 u. Il. 2.628, in denen die 2. VH gänzlich von der Nomen-Epitheton-Formel der Mutter bzw. des Vaters eingenommen wird, legen es nahe, hier χορῷ καλή als zusammengehöriges Attribut zu deuten. – Wenn (b), dann mit Bezug auf den Zeitpunkt der Empfängnis (‘sie wurde anläßlich eines Reigentanzes Mutter’: MUSSIES 1999, 216f.; ‘sie gebar als Ergebnis der Begegnung beim Tanz’: WEST 2001, 236; vgl. FISCHETTI 1970, 43f.).
181 1. VH ≈ 9.665, Od. 1.52, 1.72, 11.85, h.Merc. 100, hom.h. 18.4 (mit verschiedenen Eigennamen). — Der Name Phylas ist von phylḗ ‘Stamm, Geschlecht’ abgeleitet. Hier und in ‘Hes.’ fr. 252.1 M.-W. ist es der Name eines Großvaters, dessen Enkelkind jeweils aus der Vereinigung der Tochter mit einem Gott entspringt; sonst Name zweier Könige aus dem Sagenkreis des Herakles (RE, DNP, LfgrE s.v.). – Die Nennung des Phylas hier und 191 bildet einen ringkompositorischenP Rahmen um die Biographie des Eudoros (FRIEDRICH 1975, 48).
Kommentar
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κ ρ α τ ὺ ς Ἀ ρ γ ε ϊ φ ό ν τ η ς : Hermes (FG 17); zum Titel ‘Argos-Töter’ s. 2.103n.; zur VEFormel 24.345n.; zu den Epitheta des Hermes 24.24n.
182 ‘Liebe auf den ersten Blick’ ist ein geläufiges Erzählmotiv in Affären zwischen Gott und Mensch (z.B. auch h.Ven. 56f.: Aphrodite/Anchises; s. FAULKNER z.St.) sowie im späteren gr. Liebesroman (ROHDE [1876] 1914, 158–160; LÉTOUBLON 1993, 137–139). Kultische Anlässe (hier Tanz) bilden dabei eine typ. Gelegenheit für die Entführung einer Frau, weil Frauen dann regelmäßig in der Öffentlichkeit auftreten, vgl. h.Ven. 117–120 (Parallele zur vorl. Episode), h.Cer. 2–5 (Hades/ Persephone), Apollonios Rhod., Argonautika 1.211–215 (Boreas/Oreithyia), Plutarch, Theseus 31.2 (Theseus+Peirithoos/Helena); BOEDEKER 1974, 47–49; LONSDALE 1993, 170f. 222ff.; unten 183n. (Artemis). Weitere Lit. zum Tanz: 18.494n. ὀ φ θ α λ µ ο ῖ σ ι ν : emphatisch bei Verben des Sehens, signalisiert Emotionalität (24.206n.; vgl. AH). – Die (flektierbare) Junktur mit ἰδών findet sich an der vorliegenden Vers-Position 2× Il., 4× Od., 1× ‘Hes.’; auch am VA (3.28n.) und VE (18.135n.).
183 ≈ h.Ven. 118; (von der Zäsur A 3 an) = ‘Hes.’ fr. 23(a).18 M.-W.; ≈ h.Ven. 16, ferner Od. 4.122; 2. VH ≈ Il. 20.70, hom.h. 27.1. — Artemis erscheint als Anführerin von tanzenden Mädchen auch in h.Ven. 117–120 u. hom.h. 27.15/18 (vgl. Od. 6.102–106, h.Ap. 197–199). Der Artemis geweihte Mädchenchöre sind später im gr. Kult weit verbreitet, bes. im Zusammenhang mit weiblichen Initiationsriten; gut bezeugt ist z.B. das Ritual ‘Arkteia’ im att. Brauron (DNP s.v. Artemis; SHAPIRO u.a. 2004, 325–330; BURKERT [1977] 1985, 151; CALAME 1977, 174– 190. 252–304; LONSDALE 1993, 171–193). χ ρ υ σ η λ α κ ά τ ο υ : Im Anschluß an schol. D wird das allein für Artemis verwendete (distinktive) EpithetonP als ‘mit goldenen Pfeilen’ gedeutet (vgl. Artemis ἰοχέαιρα 6.428n.), auch wenn ἠλακάτη im fgrE stets ‘Spinnrocken’ bedeutet, s. bes. das etymologisierende WortspielP in Od. 4.122/131/135: Helena mit einem Spinnrocken vor sich wird mit Artemis χρυσηλάκατος verglichen. Die beiden Bedeutungen sind wohl auf die ähnl. Gestalt der beiden Gegenstände zurückzuführen (DUE 1965; CLADER 1976, 60f.; JANKO z.St.; WEST zu Od. 4.122; FAULKNER zu h.Ven. 16; OLSON zu h.Ven. 16–17; LfgrE; anders VAN LEEUWEN z.St.; WICKERT-MICKNAT 1982, 29: Spinnrocken passend zu Artemis als Göttin der Mädchen, die dabei sind, die weiblichen Tätigkeiten zu erlernen). — κ ε λ α δ ε ι ν ῆ ς : ‘rauschend, lärmend’, traditionell mit Artemis’ Leben in der Natur (bes. mit dem Jagdlärm) in Bezug gebracht (KRAPP 1964, 212; DUE a.O. 2f.); eine Assoziation mit Festlärm – hier vom Tanz und Gesang der jungen Frauen – ist jedoch nicht ausgeschlossen (FAULKNER a.O.; LfgrE). – Asyndet. Epitheta-Reihungen dienen der Emphase (LA ROCHE 1897, 175ff. 181ff. [Stellensammlung]; K.-G. 2.341f.), zwei ‘schwere’, charakterisierende Attribute z.B. auch in 235.
184 VE = 2.515 (Ares/Astyoche). — Im Obergeschoß befinden sich die Frauengemächer (evtl. Reminiszenz an den myk. Palast: 2.514n.). Im hom. Epos ist das
182 ἠράσατ(ο): zu ἔραµαι, ‘hatte sich verliebt’.
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Obergeschoß Rückzugsort der Frau, bes. in der Odyssee dramaturg. Hilfsmittel für die ‘Inszenierung’ von Penelopes Verhalten (ROUGIER-BLANC 2005, 242ff.). ε ἰ ς ὑ π ε ρ ῷ ’ ἀ ν α β ά ς : flektierbare Junktur (nach der Zäsur A 3 noch Od. 2.358, 23.1, häufiger jedoch am VA: 7× Od.). 185 1. VH = Od. 24.10; 2. VH ≈ Od. 16.230, Hes. Th. 412, h.Merc. 470, ferner Od. 9.201, 19.413. — ἀ κ ά κ η τ α : Epitheton des Hermes (noch Od. 24.10, ‘Hes.’ fr. 137.1 M.-W.; von Prometheus Hes. Th. 614). Wie διάκτορος Ἀργεϊφόντης und ἐριούνιος (2.103n. bzw. 24.360n.) etym. unklar; schon in den Scholien mit verneintem κακός (i.S.v. ‘harm-los, gütig’) oder mit einem arkad. Berg namens Akakēsion in Verbindung gebracht (ausführlich LfgrE; DELG; JANKO zu 185–7). Formal wohl wie µητίετα, ἱππότα u. dgl. zu deuten (s. 1.175n., 2.336n.). — ἀ γ λ α ὸ ν υ ἱ ό ν : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk.), sonst fast immer mit vorausgehendem Vater- oder Mutternamen im Gen. (2.736n.). — π ό ρ ε ν … υ ἱ ό ν : Da πόρε an anderen Stellen im fgrE gelegentlich mit δῶρα verbunden wird (vgl. 86 und bes. die Iterata zur 2. VH von 185: πόρεν δέ οἱ ἀγλαὰ δῶρα u.ä.), ergibt sich hier ein subtiles WortspielP mit Εὔδωρον (186): der Sohn ist ein ‘glänzendes Geschenk’ des Hermes an Polymele (SCHULZE 1892, 104 Anm. 1; ΑΗ; SCHEID-TISSINIER 1994, 91f.; vgl. 179n.; ähnl. Polydore 175n.); demnach ist Hermes als Subj. zu πόρεν anzunehmen (und nicht Polymele), vgl. Il. 18.436 (Thetis spricht) υἱὸν … µοι δῶκε (sc. Peleus) γενέσθαί τε τραφέµεν τε (SCHEID-TISSINIER a.O. 18; LfgrE s.v. πορεῖν 1462.4ff.).
186 ≈ Od. 3.112, 4.202; zum VE vgl. 520n. — Zur Hervorhebung der Qualität der einzelnen Anführer s.o. 173n. (Epitheta in Heereskatalogen). Die Kombination von Schnelligkeit und Kampfkraft findet sich ausdrücklich auch 15.570 und an den Iteratstellen (alle von Antilochos; s. 18.2n. zu seiner Überlegenheit im Lauf) sowie Od. 17.315 (vom Hund Argos); natürlich ist auch Achilleus bekannt dafür. π ε ρ ὶ … µ α χ η τ ή ν : vgl. 1.258 περὶ δ’ ἐστὲ µάχεσθαι. — θ ε ί ε ι ν τ α χ ύ ν : Inf. zur näheren Bestimmung des Adjektivs, wie δεινὸς λέγειν u.ä. (K.-G. 2.13–15).
187–188 Die Wiederholung desselben Gedankens im gleichen Satz – ‘als Eileithyia ihn ans Licht geführt und er die Sonne erblickt hatte’ – ist typisch für mündliches Erzählen, im 16. Gesang z.B. auch 335b–336 ‘sie hatten einander verfehlt und erfolglos geschossen’ (JANKO zu 335–6; oft von Einzelwörtern, bes. als sog. synonymische Doppelung in der Verbindung zweier sinnverwandter Substantive oder Verben, vgl. 47n., 63n., 191n.; 1.160n. mit Lit.). – Die Aussage ‘sie gebar ihn’ knüpft an V. 180 an (‘den sie gebar’) und führt die Handlung – nach dem Rückblick auf die Ereignisse vor der Geburt (181b–186) – weiter. 187 1. VH (bis zur Zäsur B 2) = 11.478, 16.453, Od. 13.271; ≈ Od. 12.55, 12.197, 21.205, ferner h.Merc. 356, hom.h. 26.7. — Zur Geburtsgöttin Eileithyia und ihrem Epitheton s. 19.103n. 185 ἀκάκητα: Nom. Sg. (↑). — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῇ (R 14.1). 186 περί: adv., zu ταχύν (und µαχητήν), ‘überaus, hervorragend’.
Kommentar
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α ὐ τ ὰ ρ ἐ π ε ὶ δ ή : häufige Nebensatz-Einleitung am VA, auch αὐτὰρ ἐπὴν δή (13× Il., 24× Od., 3× Hes., 8× hom.h.; außerdem 2× Hes. am VE). 188 1. VH ≈ 19.118, ferner h.Ap. 119. — ἐ ξ ά γ α γ ε … φ ό ω σ δ ε : 19.103n. — ἠ ε λ ί ο υ ἴ δ ε ν α ὐ γ ά ς : wie dt. ‘erblickte das Licht der Welt’; Sonnenlicht ist charakteristisch für die Welt der Lebenden. Die vorl. Formulierung mit ‘Sonnenstrahlen’ (u.a. auch VE ὑπ’ αὐγὰς ἠελίοιο 4× Od.) bildet eine – stilistisch viell. gehobene – Variante zum häufigeren φάος ἠελίοιο ‘Sonnenlicht’ (18.11n.). Beide Wendungen stehen meist in der Bed. ‘leben / am Leben sein’, Gegensatz ‘sterben / in der Unterwelt sein’; spez. von der Geburt (mit Aor. ἰδεῖν) nur hier u. h.Ap. 71, h.Ven. 256 (LfgrE s.v. αὐγή; BREMER 1976, 37; WEST 2007, 86f.).
189 Ähnl. Satzstruktur in ‘Hes.’ fr. 10(a).99 M.-W. (2. VH ergänzt); zur Füllung des Verses durch Umschreibung eines Eigennamens vgl. 126n. — Echekles (‘der über Ruhm verfügt’) ist im fgrE nur hier bezeugt; als Name historischer Personen mehrfach belegt (RE u. LGPN). Je ein Troianer namens Echeklos (Kurzform von Echekl[e]ēs) wird getötet in 16.694 (durch Patroklos) und 20.474 (durch Achill); vgl. Echios 416n. Zu Aktor s.o. 14n. κ ρ α τ ε ρ ὸ ν µ έ ν ο ς : In Verbindung mit einem unmittelbar vorangehenden Eigennamen im Genetiv (hier Ἐχεκλῆος, 23.837 Λεοντῆος κρ. µένος ἀντιθέοιο, 4× ‘Hes.’ mit div. Namen) dürfte die Bed. der Nomen-Epitheton-Formel zur bloßen Umschreibung des Eigennamens verblaßt sein (abstractum pro concreto, hier also = ‘Echekles, Sohn des Aktor’). Solche archaisch wirkenden Umschreibungen enthalten meist eine Assoziation mit ‘Kraft’ wie z.B. ἱερὸν µένος Ἀλκινόοιο 7× Od. (mit vokal. Anlaut gegenüber konsonant. κρατερόν), βίη Ἡρακληείη 2.658n. (“formelhafte Titulatur”), Πυλαιµένεος λάσιον κῆρ 2.851n., Πατροκλῆος λάσιον κῆρ unten 553–554n.; sie erleichtern die Versifikation metr. ungünstiger Eigennamen oder dienen der Versfüllung (oft mit gener. EpithetonP am VE, hier – passend zum genealog. Kontext – mit Patronymikon): BÖHME 1929, 86 mit Anm. 4; SNELL (1939) 1975, 28f.; RUIJGH 1995, 82f.; WEST zu Od. 2.409; anders SCHMITT 1967, 109–111: “die Griechen […] glaubten ihre Herrscher im Besitz eines besonderen µένος” (110f.). – Prägnante Bed. hat die Nomen-Epitheton-Formel indessen in 10.479 (πρόφερε κρατ. µένος), 17.742 (κρατ. µ. ἀµφιβαλόντες), Od. 11.220 (πυρὸς κρατ. µ.), ‘Hes.’ fr. 33(a).34 ([θῆ]κεν κρατ. µ.) und wohl auch – trotz Eigennamens – in Il. 7.38: Ἕκτορος ὄρσωµεν κρατ. µένος. 190 1. VH = Od. 15.238; 2. VH = 22.472, Od. 11.282. — Siehe 177–178n., 178n. 191 1. VH ≈ 22.25 (Priamos; vgl. 13.368), 22.37, h.Merc. 201 (ohne Eigenname); 2. VH ≈ Od. 19.354, ‘Hes.’ fr. 165.6 M.-W. (ἔϋ τρέφ-, Sg.); Il. 14.202, 14.303 (ἔϋ τρέφ-, Pl.); Od. 5.135, 7.256, 23.335 (ἠδὲ ἔφασκεν/ον). — ὁ γ έ ρ ω ν : ‘der Alte’, sonst meist von Nestor, Phoinix, Priamos (24.164n.; dort auch zum bestimmten Artikel). — ἔ τ ρ ε φ ε ν ἠ δ ’ ἀ τ ί τ α λ λ ε ν : synonym. Doppelung (24.60n.). Zur Sache s.o. 177–178n. 188 πρό: adv., ‘vorwärts, hervor’. — φόωσδε: ‘ans Licht’; zur ep. Zerdehnung (φάος > φῶς > φόως) R 8; zum Suffix R 15.3. — ἠελίου (ϝ)ίδεν: zur Prosodie R 4.4; ἠελίου = ἡλίου, ἴδεν = εἶδεν (zur augmentlosen Form R 16.1); Subjekt: Eudoros. 189 τὴν µέν …: sc. Πολυµήλην (und 191 τὸν δ(έ) sc. Εὔδωρον). 190 δώµατ(α): zum Plural R 18.2. — µυρία (ϝ)έδνα: vgl. 178n.
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192 1. VH ≈ h.Cer. 290, 436; 2. VH ≈ ‘Hes.’ fr. 180.2 M.-W. — ὡ ς ε ἴ θ ’ ἑ ὸ ν υ ἱ ὸ ν ἐ ό ν τ α : ‘wie wenn es sein eigener Sohn wäre’; zu ὡς εἰ + Ptz. s. 24.328n. mit Lit. (bei den Stellen zu ergänzen: ‘Hes.’ Sc. 198); vgl. ὡς εἰ + Subst.: 58–59n.
193 Zu den Iterata vgl. 179n. — Peisandros (‘der die Männer überredet’, d.h. zum Gehorsam bringt) erscheint als Anführer der Myrmidonen nur hier. Hingegen wird der Name im fgrE auch für zwei Troianer verwendet (die beide im Kampf umkommen; zu ihrer Rolle als Statisten s. STRASBURGER 1954, 81; vgl. FM 12; unten 306–357n.) sowie für einen der Freier der Penelope (wird ebenfalls getötet: Od. 22.268). Zu historischen Trägern dieses Namens s. RE/DNP. 194 2. VH (von Zäsur A 4 an) ≈ Od. 17.213, 20.174; (von der Zäsur B 2 an) = Il. 16.596; ferner 2.579. — Der Vatersname Maimalos ist als literar. Name ein hapaxP, als hist. Name in Delphi bezeugt (4./3. Jh.: LGPN IIIB s.v.). Hier wohl als Bildung zu gr. maimáō ‘streben, rasen’ zu verstehen (von aggressivem innerem Drang): der ‘Stürmer’, als Ausdruck der kriegerischen Qualität des Anführers, die in 194f. hervorgehoben wird (dazu 173n.; zum Namen vgl. v. KAMPTZ 245). Μ α ι µ α λ ί δ η ς , ὅ ς …: Patronymikon im Enjambement als Überleitung zum Rel.-Satz, vgl. z.B. Τυδεΐδης, ὅς … 5.362 (6.13n. mit Lit.).
195 1. VH = ‘Hes.’ fr. 25.2 M.-W. — Patroklos ist der Gefährte des Achilleus par excellence (schol. bT; KAKRIDIS 1963, 63); zur häufigen Periphrastischen BenennungP als hetáiros ‘Gefährte, Kamerad’ s. 24.4n. – Die vorl. Rangordnung bezieht sich auf das jetzt in den Kampf ziehende Myrmidonenkontingent; aufs ganze gr. Heer bezogen gilt Achilleus selbst als Maßstab (met’ amýmona Pēleḯōna ‘nach dem edlen Peleussohn’ 2.674 u.ö.; vgl. 2.768f.). ἔ γ χ ε ϊ : metonymisch für ‘im Kampf’, ebenso in 808f., 834f. (stets im Zusammenhang mit µεταπρέπω o.ä.): BAKKER (1991) 2005, 20. — µ ά ρ ν α σ θ α ι : archaisches Wort, bedeutungsgleich mit µάχεσθαι (24.395n.; vgl. 96n.); Inf. abhängig von µετέπρεπε (K.-G. 2.14f.; SCHW. 2.360; CHANTR. 2.302f.).
196 1. VH ≈ 2.623, 12.98; 2. VH = 9.432; ≈ 19.311. — Phoinix ist der Erzieher und Berater Achills. Er hat seinen wichtigsten Auftritt im 9. Gesang (im Rahmen der Bittgesandtschaft), danach nur noch sporadisch (außer hier noch 19.311, 23.360; in 17.555ff. nimmt Athene Phoinix’ Gestalt an); s. FM 5; 19.311n. (dort auch zum Epitheton hippēláta ‘Wagenritter’). Wie Alkimedon (197n.) wird Phoinix in der Ilias sonst nirgends in einer Anführerposition geschildert: beide gehören zum engsten Vertrautenkreis Achills und erscheinen möglicherweise deswegen im vorl. Myrmidonenkatalog (vgl. LfgrE s.v. Phoinix 981.4ff.; oben 168–197n. a.E.). 192 ἀµφαγαπαζόµενος: zum Medium R 23. — θ’ = τε (‘episches τε’: R 24.11). — ἑόν: Poss.-Pron. der 3. Person. — ἐόντα: = ὄντα (R 16.6). 193 τῆς δὲ τρίτης: sc. στιχός (173/179), ebenso 196 τετάρτης, 197 πέµπτης. 196 ἱππηλάτα: Nom. Sg.
Kommentar
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197 vgl. 17.467. — Alkimedon (‘der mit Wehrkraft waltet’; Kurzname: Alkimos) ist zusammen mit Automedon (145) de facto der wichtigste Kämpfer im Myrmidonenkontingent nach Achilleus und Patroklos (19.392n.; kriegerischer Auftritt in 17.466ff.). Er wird hier in der Ilias zum ersten Mal – und nur hier als Anführer – erwähnt (vgl. 168–197n. a.E., 196n.). Es ist umstritten, ob die FigurP in der Tradition vorgegeben war und zum festen Personal der Troiageschichte gehörte (HEUBECK [1949] 1984, 119f.; KULLMANN 1960, 133f.) oder ob der Erzähler sie ad hoc eingeführt hat (JANKO zu 193–7; WEST 2011, 316); ähnliche Diskussion im Falle des Patroklos: 2n. (mit Hinweis auf 1.307n.); grundsätzliche Überlegungen zur Schwierigkeit, eine Figur als traditionell oder als erfunden zu deklarieren, bei v. SCHELIHA 1943, 64f.; FM 1 Anm. 3. — Der Name Laërkes bedeutet ‘der, der Schutz für die oder vor den Männern (laói) bietet’ (v. KAMPTZ 88; zum Hinterglied vgl. 3.229 [Aias] hérkos Achaiṓn ‘Schutzwehr für die Achaier’). Er ist der Sohn eines Haimon (17.467; Haimon ist der Name mehrerer Figuren in der Ilias – aus der späteren gr. Lit. ist unter diesem Namen v.a. Antigones Verlobter bekannt). Der Name Laërkes kommt sonst nur noch Od. 3.425f. vor (ein Schmied in Nestors Reich) und ist literarisch und historisch nicht weiter belegt. 198–256 Achilleus richtet eine Kampfparänese an die Myrmidonen, spendet Zeus ein Trankopfer und bittet ihn für Patroklos um Erfolg und unversehrte Rückkehr aus dem Kampf. Zeus gewährt nur den ersten Teil der Bitte. 198–209 Die Kampfparänese des Achilleus ist Bestandteil der Typisierten EreignissequenzP ‘Schlachtvorbereitung’ (130–277n.; zu typischen Motiven s. 200–201n., 209n.). Ungewöhnlich daran ist, daß sie noch in der frühen Aufstellungsphase und von einem nicht selbst an der Schlacht beteiligten Anführer gehalten wird – Patroklos als tatsächlicher Anführer wird sich wie üblich erst unmittelbar vor dem Angriff an seine Leute wenden: 268ff. (HAINSWORTH 1966, 164f.; MΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 83). Dieser Umstand ebenso wie der geschickte Rückgriff auf die Anschuldigungen zeigen, daß Achilleus seine Truppe fest im Griff hat (ULF 1990, 106 mit Anm. 50; KARAVITES 1992, 143f.; VAN WEES 1992, 140f.; HELLMANN 2000, 56f.). – Die Rede ist ringkompositorischP: 200/209 aktuelle Aufforderung (mit Imperativ der 3. Person jeweils am VE; zur Häufung von Imperativen vgl. 2.381– 393n.), 201f./207f. die Zeit der Kampfenthaltung, im Zentrum die ‘Rede in der Rede’ (203–206; s.d.; LOHMANN 1970, 21). Allg. zu Kampfparänesen 268–277n. 198 1. VH ≈ 7.207, 14.187, 19.54 sowie 7× Od., 2× hom.h. 199 2. VH = 1.25, 1.326, 1.379; VE = Od. 23.349. — κ ρ ί ν α ς : κρίνω ‘einteilen’ wie 2.362, 2.446. — κ ρ α τ ε ρ ὸ ν δ ’ ἐ π ὶ µ ῦ θ ο ν ἔ τ ε λ λ ε ν : Die Rede-Einleitung erinnert (wie die 198 αὐτάρ: ‘aber, doch’ (progressiv, ≈ ‘und’: R 24.2). — ἅµ(α): mit Dat. ‘zusammen mit’. — ἡγεµόνεσσιν: gemeint: die eben genannten Anführer; zur Flexion R 11.3.
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Rede selbst) an die Ereignisse im 1. Gesang, wo sie dreimal für Reden des Agamemnon verwendet wird (s. Iterata; 1.25n.). Damals zog sich Achilleus wegen Agamemnon aus dem kämpfenden Heer zurück, jetzt schickt er seine Leute wieder in den Kampf, wobei er ausdrücklich auf den Kampfverzicht hinweist (bes. 202). Im Unterschied jedoch zu Agamemnons übler Schmähung des Priesters Chryses (1.25 = 1.379) und seinem kompromißlosen Auftrag an die Herolde (1.326) ist Achills κρατερὸς µῦθος hier als konstruktive Äußerung zu verstehen, entsprechend der paränetischen Funktion der so eingeleiteten Ansprache an die Truppe: ‘kraftvolle Rede’ (LfgrE s.v. κρατερός 1524.60f.; ähnl. AH: ‘nachdrückliche Mahnung’); ἐπιτέλλω bed. demnach ‘(einem, der auszieht,) etwas mit auf den Weg geben’ (LfgrE s.v. 386.2f.; ähnl. 9.252/259, 11.785/790: FINGERLE 1939, 104).
200–201 Der Rückgriff auf Drohungen (oder Prahlereien), die gegenüber dem Feind geäußert wurden, ist ein beliebtes Motiv in Kampfparänesen (8.229–234, 13.219f., 20.83–85, 21.475–477; FENIK 1968, 129; SLATKIN [1988] 2011, 122f.; MARTIN 1989, 72f.; STOEVESANDT 2004, 304; WEST 2007, 478). µ ή τ ι ς … λ ε λ α θ έ σ θ ω : µή mit Imp. der 3. Person ist im Gr. von Homer an geläufig (SCHW. 2.343); hingegen ist µή mit Imp. Aor. selten (sowohl 3. Person [nur noch Od. 16.301 µή τις … ἀκουσάτω] als auch 2. Person [dazu 18.134n. mit Lit.]). – λελαθέσθω ist redupl. Aor., wohl mit kausativer Bed., d.h. ‘sich vergessen machen, absichtlich verdrängen’ (19.136n. mit Lit.; zum Formenbestand des redupl. Wurzelaorists bei Homer: CHANTR. 1.395–398). — ἀ π ε ι λ ά ω ν … | … ἀ π ε ι λ ε ῖ τ ε : figura etymologica; zudem stehen beide Wörter an gleicher Vers-Position (nach der Zäsur B 2). 201 1. VH ≈ 14.57, 16.547, 21.135, ferner 13.84 (παρά). — ν η υ σ ὶ θ ο ῇ σ ι ν : Nomen-Epitheton-Formel (12× fgrE, außer nach der Zäsur A 3 auch am VE, meist mit Präp.); zum Sg. νηῒ θοῇ 122–123n. (dort auch zum Epitheton); zu weiteren Varianten 24.1n. 202 ὑ π ὸ µ η ν ι θ µ ό ν : ὑπό + Akk. hier und 22.102 νύχθ’ ὕπο τήνδ’ ὀλοήν temporal: ‘unter’ i.S.v. ‘während’, hier verstärkt durch πάνθ’ (SCHW. 2.532; CHANTR. 2.144), vgl. dt. ‘untertags’, ‘unter der Woche’. Zu µηνιθµός 61–62n.
203–206 Die vorliegende ‘Rede in der Rede’ (‘embedded speech’; dazu allg. DE JONG [1987] 2004, 171–179; NÜNLIST 2002; BECK 2008; 6.164–165n.) ist funktionell mit den tis-RedenP verwandt: es handelt sich um eine wiederholte, so oder ähnlich lautende repräsentative Aussage einer Gruppe anonymer Personen (202: ‘jeder von euch’, 207: ‘immer wieder gesagt’; FINGERLE 1939, 293; SCHNEI199 στῆσεν: zur augmentlosen Form R 16.1. — ἔϋ: = εὖ. — δ(έ): ‘apodotisches δέ’ (R 24.3). — ἐπὶ … ἔτελλεν: zur sog. Tmesis R 20.2. 200 µοι ἀπειλάων: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — ἀπειλάων: zur Flexion R 11.1. 201 νηυσὶ θοῇσιν: zur Flexion R 12.1 bzw. 11.1. — ἀπειλεῖτε: Impf.; zur augmentlosen Form R 16.1. 202 πάνθ’ ὑπὸ µηνιθµόν: d.h. ‘während der ganzen Zeit meines Grolls’. — καί µ’ ᾐτιάασθε: loser parataktischer Anschluß an den Relativsatz. — ᾐτιάασθε (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3; zur ep. Zerdehnung R 8.
Kommentar
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1996, 146). Die wörtliche Wiedergabe der Äußerungen anderer (hier von Achills eigenen Leuten) ist rhetorisch bes. wirkungsvoll (ähnlich, aber in indir. Rede, Apollon zu Aineias 20.83–85); sie appelliert in persuasiver Absicht an Pflichtgefühl, Glaubwürdigkeit und Konsequenz (vgl. Odysseus bei der Wiedergabe von Kalchas’ Prophezeiung in 2.323–332, s.d.; MARTIN 1989, 72f.; ferner unten 207n.). Auf der Erzähler-Ebene bildet das Zitat eine kompletive interne AnalepseP (vgl. 19.86a n.); die – innere und äußere – Unruhe der durch Achilleus am Kämpfen gehinderten Myrmidonen kommt bes. auch in 2.778f., 24.394f., 24.403f. (‘sind unmutig’) zum Ausdruck.
DER
Wie die direkten Reden sind auch die ‘Reden in der Rede’ durch Rede-Einleitungen und -AbschlüsseP abgesetzt (NÜNLIST a.O. 222. 226f.), hier allerdings in singulärer Weise: weder αἰτιάοµαι (202) noch βάζω (207) haben sonst im hom. Epos diese Funktion (schol. A zu 203; EDWARDS 1970, 25; NÜNLIST 2009, 106); sie sind hier als Wörter der FigurenSpracheP bedeutsam: Achill empfindet die Worte der Myrmidonen als ‘Anschuldigungen’ bzw. als ‘In-den-Ohren-Liegen’ (Impf.; vgl. LfgrE s.vv.). Desgleichen ist ταῦτα nur dreimal in Abschlußformeln enthalten (wie hier nach erzählter Rede auch in Od. 12.389, ferner Il. 12.173: FÜHRER 1967, 38). – Die vorl. Rede ist ringkompositorischP gestaltet: χόλοςMotiv 203/206, ‘bei den Schiffen zurückhalten’ vs. ‘mit den Schiffen zurückfahren’ 204f.
203 Daß Achilleus mit ‘du schrecklicher Peleus-Sohn’ die – tadelnde – Anrede der Myrmidonen selbst zitiert, ist nicht ohne (Selbst)ironie (vgl. FRIEDRICH 2007, 100).
σ χ έ τ λ ι ε : gehört zur Figuren-SpracheP, ‘hart(näckig), grausam, schrecklich’, in vorwurfsvollem Ton wie 2.112, 24.33 (mit nn.), von Achilleus auch 9.630 (im Munde des Aias) und wahrscheinlich 22.41 (im Munde des Priamos, s. DE JONG z.St.). — Π η λ έ ο ς υ ἱ έ : flektierbare Formel (Vok./Nom.) vor der Zäsur B 2 (6× Il., 1× Od.), mit vorangehendem Epitheton noch Od. 24.36 (ὄλβιε; vgl. 18.18–19n.). Zur kurzvokal. Form Πηλέος CHANTR. 1.223f.; CRESPO 1994; G 76. — χ ό λ ῳ ἄ ρ α σ ’ ἔ τ ρ ε φ ε : χόλος bed. im fgrE sonst i.d.R. ‘Zorn’ (auch im vorliegenden Kontext: 206), so daß hier zu übersetzen wäre ‘hat dich für den Zorn aufgezogen’ (vgl. 1.418 Thetis zu Achill: σε κακῇ αἴσῃ τέκον [s.d.]; 23.141f. Achilleus ἀπεκείρατο χαίτην, | τήν ῥα Σπερχειῷ ποταµῷ τρέφε) oder freier ‘hat dich zum Zorne erzogen’. Seit der Antike wird jedoch – wohl zu Recht – angenommen, daß χόλος hier konkret ‘Galle’ bedeute (nachhom. χολή, mit dt. ‘Galle’ etym. verwandt) und der Dativ als instrumentalis aufzufassen sei: ‘hat dich mit Galle aufgezogen’ (statt mit Muttermilch; gemeint ist natürlich dasselbe: Achills Neigung zum Zorn): schol. A; LEAF; LASER 1983, 46f.; WEST 2001, 237; HANSON 2003, 185f. 187f.; ferner DE JONG zu Il. 22.94 (χόλος dort möglicherweise = ‘Schlangengift’). Zum Vorwurf der Unmenschlichkeit vgl. oben 33–35n. – Ob über die singuläre Verwendung von χόλος ‘Galle’ hinaus mit den folgenden geistreichen Anspielungen zu rechnen ist, muß offen bleiben: (a) gemäß antikem Brauch entwöhnten stillende Mütter ihre Säuglinge, indem sie ihre Brustwarzen mit bitteren Stoffen – u.a.
203 χόλῳ ἄρα: zum Hiat vgl. M 12.2.
98
Ilias 16
Gallensaft – bestrichen (Diphilos fr. 75 Kassel/Austin; Soranos, Gynaec. 2.47; Eustathios, Reden auf die Große Quadragesima, 5.886f.; s. PADEL 1992, 23f.: “[…] a paradox: Achilles was nourished by what is used to turn a baby away”; vgl. CLARKE 1999, 93 Anm. 82); (b) gemäß einer antiken Sagentradition (die in der Ilias nicht aufscheint) hat Cheiron den kleinen Achilleus mit Innereien von wilden Tieren (Löwen, Bären) ernährt: JANKO mit Verweis auf Apollod., Bibl. 3.13.6 (vgl. dazu schol. D zu 16.36); ROUSSEL 1994, 558–563; anders Il. 18.57: Achilleus wird von Thetis aufgezogen. — ἄ ρ α : ‘wie sich herausstellt’, signalisiert eine Folgerung aus der gegenwärtigen Situation heraus (vgl. 24.750n.), gelegentlich erläuternd zu wertendem Adj. (hier σχέτλιε), vgl. 3.182f. (µάκαρ … ὀλβιόδαιµον), 8.177f. (νήπιοι), 11.816–818 (δειλοί), 17.142 (εἶδος ἄριστε), 22.477f. (δύστηνος). – Zur negierten Variante οὐκ ἄρα + Impf. s. 33n.
204 Der Vers bringt auf den Punkt, welche Konsequenzen Achills Groll auf die Myrmidonen selbst hat: sie dürfen gegen ihren Willen nicht kämpfen. – Zu nēleés ‘Erbarmungsloser!’ s.o. 33n.; hier emphatisch eingeschobener Vokativ am Anfang einer Scheltrede wie in 21.583–585 ‘Törichter!’, 22.261 ‘Verhaßter!’, im Innern einer Rede 17.149–151 ‘Rücksichtsloser!’ (HIGBIE 1990, 47). 205 (bis C 2) = 2.236; (vom 3. Metron an) ≈ 3.283, 13.381; 2. VH = 3.283. — Vom Wortlaut her der gleiche rebellisch-provokative Aufruf wie im 2. Gesang durch Thersites (2.236). In der Drohung ist die Forderung enthalten, etwas gegen die unliebsame Situation zu unternehmen (konkret: den Groll abzulegen und mit den Myrmidonen wieder in den Kampf zu ziehen). Letztlich spiegelt sich darin wiederum Achills eigene Androhung, unverrichteter Dinge heimzukehren, wenn Agamemnon ihm gegenüber nicht einlenke (1.169f., 9.356–363; vgl. JANKO zu 199– 209). Zum Motiv der vorzeitigen (oder auch der vereitelten) Heimfahrt s. 1.169– 171n.; REINHARDT 1961, 107–109; MARONITIS 2004, 63–76. ο ἴ κ α δ έ π ε ρ : περ vermittelt einen emphat. Kontrast zu παρὰ νηυσὶν ἔχεις (vgl. 2.236n.): ‘ab nach Hause!’. — π ο ν τ ο π ό ρ ο ι σ ι ν : ornamentales EpithetonP von Schiffen (1.439n., 1.421n.); im Vergleich mit 2.236 wird die Füllfunktion des Epithetons am VE deutlich. 206 2. VH ≈ 9.436, 14.207, 14.306 (ἐπεὶ χόλος ἔµπεσε θ.); ferner 17.625 (δέος), Od. 12.266 (ἔπος), Thebaïs fr. 2.6 West (κακόν). — κ α κ ὸ ς χ ό λ ο ς : singuläre Junktur, κακός ‘schlimm’ i.S.v. ‘schädlich, unheilvoll’ (ähnl. 9.636f. ἄλληκτόν τε κακόν τε | θυµόν, ebenfalls in bezug auf Achilleus). Weitere wertende Attribute zu χόλος im Zusammenhang mit Achills Groll sind ἀργαλέος (10.107), ἐπιζάφελος (9.525), θυµαλγής (4.513, 9.260), alle in dir. Rede. — θ υ µ ῷ : Zur Lokalisierung von Achills Groll in θυµός, φρένες, κῆρ oder ἦτορ s. JAHN 1987, 196ff.: die einzelnen Lexeme sind semantisch gegeneinander austauschbar (Stellen u. Statistik ebd. 196); vgl. 1.188n. 204 ἔχεις ἀέκοντας: ‘du hältst sie gegen ihren Willen zurück’; zur unkontrahierten Form R 6. 205 ποντοπόροισιν: zur Flexion R 11.2. 206 αὖτις: = αὖθις. — ῥα: = ἄρα, suggeriert Evidenz (R 24.1), ‘eben, ja’. — τοι: = σοι (R 14.1). — ἔµπεσε: zur augmentlosen Form R 16.1.
Kommentar
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207 Achilleus hebt die Einstimmigkeit und die Häufigkeit der Proteste hervor – beides verpflichtet die Myrmidonen zu entsprechendem Einsatz (vgl. 203–206n.).
τ α ῦ τ ά µ ’ … ἐ β ά ζ ε τ ε : singulärer Rede-AbschlußP, s. 203–206n. a.E. Das elidierte µ’ läßt sich als µε oder als µοι lesen (schol. A vs. schol. T). Bei beiden Kasus ist die folgende Übersetzung möglich: ‘dies sagtet ihr zu mir’ (zum doppelten Akk. mit µε vgl. z.B. die Rede-EinleitungsformelP καί µιν φωνήσας ἔπεα πτερόεντα προσηύδα [V. 6 u.ö.]); beim Akk. µε ist darüber hinaus an die – im hom. Epos freilich noch seltene – Wendung ‘jm. etw. Gutes/Böses sagen’ zu denken (Od. 4.690 οὔτε τινὰ ῥέξας ἐξαίσιον οὔτε τι εἰπών, ähnl. Od. 22.313f.). Lit.: AH u. LA ROCHE 1861, 245–247 (dopp. Akk. bei Verben des Anredens); K.-G. 1.323f. u. SCHW. 2.81 (Gutes/Böses sagen); LEAF u. LfgrE s.v βάζω (µε oder µοι möglich; LfgrE a.O.: ‘damit lagt ihr mir in den Ohren’). — ν ῦ ν δ έ : Achilleus kehrt zum gegenwärtigen Moment zurück: ‘jetzt könnt ihr beweisen, daß es euch die ganze Zeit ernst war’; die Wendung ist charakteristisch für Achills Sprache (sonst meist in übertragener Bed.: 1.354b–356n.; vgl. 2.82n.).
208 Der Ausdruck ‘das große Werk der Schlacht’ steht in Antithese sowohl zu den Drohungen der Myrmidonen, nach Hause zurückzukehren (205f., 207 ‘immer wieder gesagt’), als auch zu dem ihnen auferlegten Nichtstun; s. BARCK 1976, 134 (Antithese ‘Wort – Tat’). – Ähnl. Formulierungen in 11.734 (Kampf der Pylier und Epeier), 12.416 (Mauerkampf), Od. 22.149 (Freierkampf). φ υ λ ό π ι δ ο ς : eines der hom. Wörter für ‘Kampf, Schlacht’ (6.1n.). — ἕ η ς : hat die Funktion eines Relativpronomens; singuläre Analogiebildung entweder zu neutr. ὅου (so die Lesart der Vulgata in 2.325; s. AH; SCHW. 1.104; CHANTR. 1.83) oder zum Possessivpron. ἑός (SCHW. 1.610; JANKO). — τ ὸ π ρ ί ν : emphatisch i.S.v. ‘in der ganzen früheren Zeit’ (6.125n. mit Lit.; ferner DE LA VILLA 2013, 230–233), hier u. 5.54, 13.105 verstärkt durch γε. — ἐ ρ ά α σ θ ε : ‘leidenschaftlich begehren’ (bei Homer und Hesiod eigtl. von sexuellem Verlangen), übertreibende Formulierung wie 9.63f. (ἀθέµιστος …, ὃς πολέµου ἔραται ἐπιδηµίοο) oder auch 16.89 (λιλαίεσθαι πολεµίζειν; s. KLOSS 1994, 31f.); vgl. dagegen sachlicheres ἐσσυµένους πολέµου (24.404, ähnl. 11.717), µέµασαν πολεµίζειν (7.3, ähnl. 13.214f.). Zur “représentation érotique du combat” s. MONSACRÉ 1984, 63ff. – ἐράασθε ist eine sekundäre, thematische Flexionsform (durch Zerdehnung) zu athemat. ἔραµαι wie ἀγάασθε Od. 5.119 zu ἄγαµαι (SCHW. 1.681; RISCH 320; LfgrE s.v. ἔραµαι).
209 Die Rede schließt mit einem für Kampfparänesen typischen Motiv, der Aufforderung “zur Besinnung auf die eigene Kampfkraft” (STOEVESANDT 2004, 300 mit Anm. 897 [Stellensammlung]). – Die Abwehr- und Kampfkraft (gr. alkḗ, hier in der Nomen-Epitheton-Formel ‘wehrhaftes Herz’) bildet im 16. Gesang ein Leitmotiv (157–158n.); es wird wiederaufgenommen im Rede-AbschlußP 210: ‘Kraft und Mut’ (desgleichen im Übergang vom Gleichnis zum Erzählertext 264/266). 207 θαµ(ά): adv., ‘häufig, immer wieder’. — πέφανται: 3. Sg. Perf. zu φαίνοµαι, ‘ist erschienen’. 208 µέγα (ϝ)έργον: zur Prosodie R 4.3. — ἕης: = ἧς. — ἐράασθε: zur ep. Zerdehnung R 8.
100
Ilias 16
ἔ ν θ α : ‘da, dabei, unter diesen Umständen’ (24.25n.; AH). — τ ι ς : hat beim Imp. der 3. Person die Bed. ‘jeder’, entspricht 210 ἑκάστου; auch im verneinten Imp. (‘keiner’, z.B. 200). Typisch für Kampfparänesen, vgl. 2.382–384, 17.227f., 17.254f., Kallinos fr. 1.5 u. 1.9 West, Tyrtaios fr. 10.31 u. 11.29f. West (s. 2.355n.; FINGERLE 1939, 98). — ἄ λ κ ι µ ο ν ἦ τ ο ρ ἔ χ ω ν : ≈ 2. VH von 264, hom.h. 27.9; ähnl. Il. 5.529 ἄ. ἦ. ἕλεσθε. – ἄλκιµον ἦτορ steht in der Ilias stets in kriegerischem Kontext, von Kämpfern (hier u. 5.529, 21.571f.) oder von Tieren im Gleichnis (264, 17.111f., 20.169). Zur Bed. von ἄλκιµος/ἀλκή s. 157– 158n. – An der Iteratstelle 264 wird ἦτορ ἔχοντες anschließend durch κραδίην καὶ θυµὸν ἔχοντες wiederaufgenommen (266; vgl. hier 210 ὤτρυνε µένος καὶ θυµόν); zur semantischen Austauschbarkeit der ‘Seele–Geist’-Lexeme s. JAHN 1987, 203. 206. — Τ ρ ώ ε σ σ ι µ α χ έ σ θ ω : flektierbare VE-Formel (11× Il., 2× Od.), der Figuren-SpracheP angehörig (10× direkte Rede, 3× Sekundäre FokalisationP, so u.a. 576). 210 = 6.72 u.ö. (s.d.). Ιn der Ilias nur nach Kampfparänesen: die Rede erzielt die gewünschte Wirkung (so auch 275). — ὣ ς ε ἰ π ώ ν : flektierbare VA-Formel, Rede-AbschlußP: 19.130n.
211–217 Zweites Gleichnis in der Ereignissequenz ‘Schlachtvorbereitung’ (zu deren Gliederung s. 130–277n.). Es veranschaulicht die Wirkung der Kampfparänese: die Soldaten verbessern ihre Formation – dichtgefügt und lückenlos, undurchlässig und abwehrstark (vgl. REUCHER 1983, 314, mit Bezug auf Vv. 155–167: “die wölfische Wildheit wird hier umgegossen in militärische Disziplin”). Das Gleichnis gehört zu einer im fgrE relativ geringen Anzahl von Gleichnissen handwerklichen oder künstlerischen Inhalts (MOULTON 1977, 91 [Stellensammlung in Anm. 8]; vgl. bes. 23.712f. [stabiles Haus], 24.317–319 [Türe, s.d.] und im vorl. Gesang 482–484 [Holzfällen/Schiffbau]). Wie bei Homer üblich werden die technischen Einzelheiten (212f.) nicht statisch-deskriptiv dargestellt, sondern dynamisch-narrativ (Herstellungsprozeß; s. dazu 24.266–274n.). Dem Bild von Dichte und Solidität entspricht die formale Struktur (mit dichtgedrängter Abfolge von Stichsatz 211, Wie-Satz 212f. und – verdoppeltem – So-Satz 214ff./217) wie auch die sprachliche Gestaltung mit (a) Wiederholung der einschlägigen Stichwörter (3× ararískō ‘zusammenfügen, -schließen’, 2× pyk(i)nós ‘dicht’ [das Gleichnis rahmend]; 3× anḗr ‘Mann’, 4× kórys ‘Helm’, 3× aspís ‘Schild’), (b) chiastischer Anordnung (Mann [212] – Helm – Schild [214] | Schild – Helm – Mann [215]) und (c) mehrfachem Polyptoton (215, in dreigliedriger Gestaltung; zugleich rein daktylischer Vers); ähnl. 13.130–133, ferner 11.150f. – Lit.: JANKO; FRÄNKEL 1921, 38; HOFMEISTER 1995, 302f.; ROUGIER-BLANC 2002, 105f. 106f.; bes. zur Wortwiederholung in Gleichnis und Erzählung VAN OTTERLO 1948, 51; LEE 1964, 14; EDWARDS, Introd. 27f. 31; oben 7n.; zum Polyptoton GYGLI-WYSS 1966, 54f. 91; FEHLING 1969, 229 (“eins der kraftvollsten und schönsten Schmuckmittel der poetischen Sprache”); EDWARDS a.O. 59; WEST 2007, 114f. 210 ὥς: = οὕτως.
Kommentar
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211 Zum Begriff stíches ‘Reihen’ vgl. 173n. Die hier beschriebene geschlossene Formation wird als eine Art Synaspismos (‘Schild an Schild’) bezeichnet, eine nur in spez. Situationen eingenommene Sonderform der Phalanx (LATACZ 1977, 64f. 201; SCHWARTZ 2009, 157–167; vgl. unten 215–217n.); sie wird daher oft als Indiz dafür angeführt, daß der Erzähler die – in seiner Zeit bereits bekannte – Technik des Hoplitenkampfes auf die Helden seines Epos zurückprojiziert hat (LATACZ 1977, bes. 251–255; RAAFLAUB 1993, 53f.; KULLMANN [1995] 2002, 38; 2002a, 89; JANKO zu 13.126–35; SCHWARTZ a.O. 108–115; weitere Diskussion mit teilweise abweichenden Folgerungen u.a. bei HAINSWORTH 1966, 164f.; HOPE SIMPSON/LAZENBY 1970, 2f. [narrative Ausschmückung]; SEARS 2010 [Myrmidonen bilden eine Spezialtruppe]; SNODGRASS 1993; VAN WEES 1994; 1997, 674f.; HELLMANN 2000, 100–112 [nicht als Hoplitentaktik deutbar]). — ‘König’ ist Periphrastische BenennungP für Achilleus aus der Perspektive der Myrmidonen (ähnl. 1.331, 2.778, 24.449 mit nn.; zur Stellung Achills vgl. 198–209n.). Zum (myk. und hom.) Begriff basiléus allg. 1.9n. mit Lit. (ferner SHEAR 2004 [zu Homer bes. 69ff.]; HORN 2014, 36ff.; zur Etymologie JANKO 2014). µ ά λ λ ο ν : zum Akzent WEST 1998, XX (s.v. ἄσσον). — ἄ κ ο υ σ α ν : ‘(zu)hören’ impliziert ‘auf jn. hören’, vgl. 2.98; unten 249n. a.E.
212–213 2. VH von 212 ≈ Hes. Op. 624 (vgl. 1. VH von 24.798); 213 = Il. 23.713 (Vergleich). — Im fgrE werden verschiedene Arten von Bauwerken aus Stein beschrieben: ganze Gebäude hier u. Od. 10.210f. (Kirke); Gebäudeteile Il. 6.244/ 248, Od. 23.192f. (Wohn-/Schlafzimmer der Priamoskinder bzw. des Odysseus); freistehende Mauern Od. 6.266f./9.184f./14.5–10 (Platz bei den Phaiaken, Hof des Polyphem bzw. Eumaios). Alle diese Beschreibungen haben die Funktion, die ästhetische oder technische Qualität des Mauerwerks hervorzuheben (hier eindeutig letzteres: 213; vgl. PLOMMER 1977, 78). Deswegen ist die archäologische Einordnung der beschriebenen Bauwerke schwierig: das durchschnittliche Wohnhaus der myk., geom. und archaischen Zeit ist ein (einstöckiger) Flechtwerk- oder Lehmziegelbau (Steine wurden nur für das Fundament verwendet, selten – etwa in Zagora auf Andros im 9./8. Jh. – für ganze Häuser), und Mauerbau mit exakt behauenen Steinen (Polygonalmauerwerk) ist archäologisch erst vom 7. Jh. v. Chr. an nachweisbar: DRERUP 1969, 106–108. 132 (der die ‘Kleinsteinigkeit’ für das Hauptcharakteristikum hält); MÜLLER 1974, 85f.; MÜLLER-WIENER 1988, 64–74; HIESEL 1990, 6–8; ROUGIER-BLANC 2005, 321–324; Zagora: CAMBITOGLOU u.a. 1988, 149f.; kurze Übersicht über die gr. Architektur von der myk. bis zur geom. 211 ἄρθεν: = ἤρθησαν (R 16.1–2), 3. Pl. Aor. Pass. zu ἀραρίσκω, ‘sich zusammenschließen’. — βασιλῆος: zur Flexion R 11.3 (vgl. R 3). 213 ὑψηλοῖο: zur Flexion R 11.2. — ἀλεείνων: Ptz. Präs. de conatu (‘abzuwehren versuchend/bestrebt’).
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Ilias 16
Epoche bei REBER 2008; zum möglichen Einfluß der phönizischen Quaderbautechnik vgl. SEYBOLD/VON UNGERN (1993) 2009, 71 mit Lit. in Anm. 98. ὡ ς δ ’ ὅ τ ε : geläufige Gleichnis-Einleitung, mit Ind. oder – wie hier – Konj. (mit und ohne Modalpartikel); s. 2.147–148n. (und zum Konj. auch unten 260n.). — π υ κ ι ν ο ῖ σ ι … ὑ ψ η λ ο ῖ ο : Attribute zu ‘Haus’ oder Teilen eines Hauses (19.355–356n. bzw. 24.281n.).
214 ≈ Od. 19.32. — Zu den ‘Schilden mit den Buckeln’ s. 19.360n. mit Lit.; ferner SHEAR 2000, 39f. ἄ ρ α ρ ο ν : Die Form erweckt nach 212 ἀράρῃ (Konj. des themat. Aor.) den Anschein eines aktivischen Aorists, ist hier aber intrans. (so nur noch Od. 4.777) und hat die Funktion eines Plpf. – möglicherweise kann ἀραρ- selbst als (schwacher) Perfektstamm gedeutet werden (RISCH 243; HACKSTEIN 2002, 152f. [beide mit älterer Lit.]); vgl. LfgrE s.v. 1176.40ff.: “das komplizierte Paradigma des viell. umgangssprachlich […] nur noch eingeschränkt geläufigen Verbs kann evtl. zu Unsicherheit in der Formenbildung geführt haben” (ähnl. WEST zu Od. 4.777; JANKO zu 211–217). — ἀ σ π ί δ ε ς ὀ µ φ α λ ό ε σ σ α ι : flektierbare VEFormel (6.117–118n.); zu ihrer Verwendung bei gehäuftem Vorkommen von Rüstungsteilen s. PARRY (1928) 1971, 116f.
215–217 = 13.131–133. Das Bild einer (mehr oder weniger) kompakten Kampfformation wird in der Ilias auch sonst öfter evoziert: 4.427f., 7.61f., 12.105, 13.800, 15.618f., 17.267f., 19.359–361. — Zur stilist. Gestaltung von V. 215 vgl. 211– 217n. (mehrfaches Polyptoton). 216 Zum Helmbusch vgl. 135–138n. (mit Verweis auf 3.337n., 6.469n.). ψ α ῦ ο ν : eher in absoluter Verwendung (dt. ‘berührten einander’) als mit Genetivobjekt νευόντων (zu ψαύω + Gen. vgl. 23.519, 23.806): NÄGELSBACH 1834, 313 (vgl. unten 217n.). Dazu φάλοισιν dat. instr. (‘berührten einander mit den Platten’). — ἱ π π ό κ ο µ ο ι : Possessivkomp., eigtl. ‘mit den Haaren eines Pferdes versehen’, EpithetonP zu ‘Helm’ wie ἵππουρις, ἱπποδάσεια u.a.m., nur im 12., 13. und 16. Gesang (hier, 338 u. 797) belegt. Allg. zum System der Helm-Epitheta DÜNTZER (1864) 1979, 98; GRAY 1947, 114–119; PARASKEVAIDES 1984, 27–30; zu den gr. Begriffen für ‘Helm’ 70b–72a n. — φ ά λ ο ι σ ι ν : ein seit der Antike umstrittener Terminus, wahrscheinlich Metallplatten zur Verstärkung des (Leder-)Helms, daher durch das Epitheton λαµπροῖσι als ‘glänzend’ beschrieben (3.362n.; JANKO zu 13.132–3 [beide mit Lit.]). 217 = 13.133; 2. VH = 15.703. — ν ε υ ό ν τ ω ν : Gemeint sind die Krieger, die ihren Kopf hin und her (oder: auf und ab) bewegen (= Subjekt des nachfolgenden Satzes). Genetiv entweder abhängig von κόρυθες (gen. poss.; WILLCOCK zu 13.133) oder nach Art eines gen. absolutus (CLASSEN 1867, 173f.; AH zu 13.133).
218–220a Gegen Ende der Schilderung der Schlachtvorbereitungen werden die Anführer – hier Patroklos u. Automedon, in 2.477ff. Agamemnon, in 19.362ff. Achil214 ἄραρον: ‘schlossen aneinander an’ (intrans.). 215 ἔρειδε: hier ‘stoßen an’. — ἀνέρα … ἀνήρ: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); ebenso 218 ἀνέρε.
Kommentar
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leus – nachdrücklich aus der Menge herausgehoben (vgl. 19.362–364n.; RICHARD1990, 120f.): 218 ‘vor allen andern’, ‘zwei Männer’; 219 ‘in gleicher Gesinnung’; 220 ‘vor den Myrmidonen’. SON
218 2. VH ≈ 12.421. — θ ω ρ ή σ σ ε σ θ ο ν : bez. hier wie auch sonst öfter das Herstellen der inneren Kampfbereitschaft: ‘stimmten sich auf den Kampf ein’ (Impf.; s. LfgrE u. 2.11n.; ähnl. BEKKER 1872, 40; AH: ‘schickten sich an, in den Kampf zu ziehen’); die äußere Kampfbereitschaft ist durch das Anlegen der Rüstung in 130ff. ja bereits erstellt. 219 2. VH (von der Zäsur C 1 an) = 15.710, 17.267; ≈ 13.487; ferner Od. 3.128 (1. VH). — ἕ ν α θ υ µ ό ν : nicht von der Einmütigkeit als Grundeigenschaft, sondern vom übereinstimmenden Handeln in einer bestimmten Situation (in 15.710 sind die beiden gegnerischen Parteien als ἕνα θ. ἔχοντες bezeichnet, vgl. dagegen 20.32 δίχα θ. ἔχ.). Stellen: Iterata; ähnl. ἶσον θυµόν 13.704, 17.720 (VA). Lit.: MARG 1938, 47–50; SNELL 1965, 34–43 (bes. 35–38); CLARKE 1999, 119f. — θ υ µ ὸ ν ἔ χ ο ν τ ε ς : flektierbare VE-Formel, meist mit vorangehendem Αttribut (8× Il., 4× Od., 7× Hes., 6× hom.h.); auch am VA (1× Hes.) und nach der Zäsur A 3 (5× Il., 1× Od., 1× hom.h.).
220b–254 Ausgedehnte Variante der Typischen SzeneP ‘Libation eines einzelnen’ (24.283–321n.): An die Stelle der (1) Aufforderung zur Libation tritt hier die Typische Szene ‘Gang in die Schatzkammer’ (220b–227n.); danach (2) Reinigung des Gefäßes und Waschung der Hände (228–230a, betont durch Wiederholung desselben Verbs für ‘waschen’ 229f. [zu solchen emphat. Wiederholungen vgl. 84n.]), (3) Trankspende mit Wein (230b, 231b), (4) Gebet (231–248), (5) Reaktion des Gottes (249–252), anschließend Rückkehr in die Unterkunft und Zurücklegen des Gefäßes in die Truhe (253f.; bildet zusammen mit 220ff. den Rahmen der Szene). – Libationen sind ein typischer Ritus der Heroen- und Adelswelt (BURKERT [1991] 2001, 88); sie sind oft wie hier – vgl. bes. 231, 253 – mit einem Gebet verbunden (24.287n.; CITRON 1965, 56ff.; CORLU 1966, 71f. 75f.) und erfolgen vor gefährlichen Unternehmungen (24.70n.; JANKO zu 225–7). Hier ersetzt die Libation darüber hinaus gewissermaßen eine Abschiedsszene zwischen Achilleus und Patroklos – die Ausführlichkeit und Feierlichkeit der vorl. Schilderung ist Zeichen für die “Bedeutung dieses Augenblicks”: AREND 1933, 77f.; v. SCHELIHA 1943, 260f.; WHITMAN 1958, 250; vgl. 225–227n. 220b–227 Adaptation der Typischen SzeneP ‘Gang in die Schatzkammer’ (24.191– 237a n.): (1) Hineingehen in die Hütte (statt Hinabsteigen in die Kammer): 220b– 221a, (3) Beschreibung der dort befindlichen Truhe und ihres Inhalts: 221b–224 (mit externer AnalepseP: Auszug Achills nach Troia, vgl. 18.58f.), (6/7) Geschichte und besonderer Wert des ausgewählten Gegenstands: 225–227; (8) Rückkehr, impliziert in 231. Daß die Truhe und ihr Inhalt an dieser Stelle ausführlich be218 πάντων … προπάροιθε: Präp. (hier als Postposition verwendet) mit Gen., ‘vor allen’, d.h. ‘an der Spitze, an der Front’ (ebenso 220 πρόσθεν). — ἀνέρε θωρήσσεσθον: Dual.
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schrieben werden, weil ein Gegenstand daraus für die Handlung bedeutsam wird, entspricht dem Prinzip des ‘ad hoc-Erzählens’P (mit Herkunftsgeschichte des Gegenstands: 2.101–108n. mit Lit.; ferner GRETHLEIN 2008, 35ff. 47f.). 220 α ὐ τ ὰ ρ Ἀ χ ι λ λ ε ύ ς : 124n. a.E.
221 1. VH ≈ 19.241. — Truhen dienen der Aufbewahrung und dem Transport von Textilien und wertvollen Gegenständen (24.228n.). β ῆ ῥ ’ ἴ µ ε ν : flektierbare VA-Formel (24.95n.; möglicherweise Analogiebildung zum Imp. βάσκ’ ἴθι: YATES 2014; zur Verb-Doppelung s. auch 2.8n.). Die Wendung hat wohl eine zeremonielle Nuance (6.296n.). – Angesichts des wiederholten Vorkommens der Formel im Satz-Innern – außer hier z.B. auch 12.299, 20.484, Od. 17.604 – dürfte ῥ(α) rein metr. Funktion haben (Hiatvermeidung). Anders RUIJGH (1990) 1996, 643–645; BAKKER 1997, 101; ALLAN 2009, 146: ‘aber Achilleus – er ging …’ (‘Achilleus’ bildet das Themawort [278n.], ῥ(α) “marks an intonational boundary” [BAKKER a.O.]). — κ λ ι σ ί η ν : Zu Achills Unterkunft im Heereslager vgl. 24.448–456n., 24.448n. — ἀ ν ό ε ι γ ε ν : zur Form 24.228n.
222–224 Wie sich Thetis um ihren Sohn gekümmert hat, als er in den Krieg zog, so kümmert sich Achilleus jetzt um seinen Kameraden Patroklos: die Libation mit dem ausgewählten Becher soll für den bestmöglichen Schutz sorgen (WILLENBROCK [1944] 1969, 49f.; HOFMEISTER 1995, 303f.); insofern dürfte der Hinweis auf die schützenden Kleider an der vorl. Stelle eine “starken Funktionswert” aufweisen (KULLMANN 1960, 264). Es gehört freilich zur Pflicht des Daheimbleibenden (i.d.R. die Mutter oder Gattin), für den Abreisenden den ‘Koffer’ zu packen, z.B. Od. 19.255ff. (DE JONG zu Od. 5.263–8 mit Stellen). – In der Zeit vor und während Achills Abfahrt nach Troia hat Thetis in der Vorstellung des Erzählers noch in Phthia gelebt (24.83n.; JANKO zu 220–32). κ α λ ῆ ς δ α ι δ α λ έ η ς : flektierbare VA-Formel (19.380n.). Achills Gerätschaften werden öfter als ‘kunstvoll’ charakterisiert (24.597n.; allg. zu den Elementen von Gegenstandsbeschreibungen MINCHIN 2001, 109f.). – Zur asyndetischen Epitheta-Reihung s. 183n. a.E. — Θ έ τ ι ς ἀ ρ γ υ ρ ό π ε ζ α : flektierbare VE-Formel, außer 16.574 (Akk.) stets im Nom. (insgesamt 10× Il., 1× Hes., 1× h.Ap., meistens mit vorangehendem θεά: 19.28n.). Zum distinktiven EpithetonP ‘silberfüßig’ s. 1.538n.
223–224 Zur Vielfalt der hom. Begriffe im Wortfeld für Textilien s. 24.229–231n. und 24.230–231n., zur Männerbekleidung 24.163n., zum Bettzeug 24.644–648n. 220 πολεµιζέµεν: finaler Inf.; zur Form R 16.4. 221 βῆ ῥ’ ἴµεν: ‘schritt aus, um zu gehen’, d.h. ‘machte sich auf den Weg’; ῥ’ = ἄρα (R 24.1), ἴµεν = ἰέναι (R 16.4). — ἐς: = εἰς (R 20.1). — κλισίην: zum -η- nach -ι- R 2. — χηλοῦ … ἀπό: = ἀπὸ χηλοῦ ‘von der Truhe’; dazu καλῆς δαιδαλέης. — ἀνόειγεν: 3. Sg. Impf. zu ἀνοίγω ‘öffnen, (Deckel) abheben’. 222 δαιδαλέης: zum -η- nach -ε- R 2. — τήν: in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5). — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). 223 νηός: zur Flexion R 12.1. — ἄγεσθαι: finaler Inf. (θῆκε ἄγ. ≈ ‘gab ihm aufs Schiff mit’).
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χ ι τ ώ ν ω ν | χ λ α ι ν ά ω ν τ ε : χιτών und χλαῖνα kommen im fgrE oft gemeinsam vor (SHEAR 2000, 61 mit Anm. 4 [Stellensammlung]).
224 Das Wind-Motiv erinnert an die Metaphorik des Gleichnisses 212f.: der Schutz vor dem Wind symbolisiert den Schutz im Kampf (HOFMEISTER 1995, 303f.). Streng chiastisch gestalteter Vers mit semantisch komplementären Attributen im Zentrum. — ἀ ν ε µ ο σ κ ε π έ ω ν : ‘vor dem Wind Schutz bietend’, hom. hapaxP (sonst nur in der Spätantike belegt [Nonnos]), vgl. ἀλεξάνεµος (Od. 14.529, von Eumaios’ χλαῖνα, mit dazugehöriger ‘Vorgeschichte’ in 14.457ff.), χειµάµυνα (Aisch. fr. 449 Radt, Soph. fr. 1112 Radt), φάρµακον αὐρᾶν (Pindar, Ol. 9.97), ferner σκέπας … ἀνέµοιο (4× Od. von windgeschützten Orten); zur Wortbildung LfgrE (formal ein Possessivkompositum, Hinterglied jedoch mit verbaler Funktion wie in χαµαιεῦναι: 235n.).
225–227 Der Becher steht klimaktisch an letzter Stelle in der Beschreibung des Truheninhalts: er wird im folgenden – wie auch andere Gefäße in der Ilias – eine besondere Rolle spielen; in seinem Gebrauch zeigt sich außerdem die starke emotionale Bindung zwischen Gefäß und Besitzer sowie die Bedeutung des (seinerseits stark emotional geprägten) aktuellen Anlasses: EDWARDS 1980, 2; GRIFFIN 1980, 17f.; 24.234–237a n. (dort: Priamos vor seinem Gang zu Achill). Zum gr. Begriff dépas – eine Art Trinkgefäß, auch für Libationen geeignet – vgl. 24.101n.; LfgrE s.v.; HÖLSCHER/KRAUSKOPF 2005, 191ff. – Der Becher ist hier nicht weiter beschrieben; statusgemäß dürfte er jedoch aus Edelmetall gefertigt sein (vgl. 24.285: aus Gold). ο ὐ δ έ τ ι ς ἄ λ λ ο ς | ο ὔ τ ’ ἀ ν δ ρ ῶ ν π ί ν ε σ κ ε ν … | ο ὔ τ έ τ ε ῳ σ π έ ν δ ε σ κ ε θ ε ῶ ν : Beschreibung durch Negation: “Je mehr Negationen, desto mehr tritt der oder das Betreffende hervor” (AREND 1933, 15f. [Zitat: 16]; DE JONG zu Od. 9.116–41 [mit Lit. in Anm. 23]). – Konstruktionswechsel in V. 227: Nom. τις → Dat. τεῳ; Subj. von σπένδεσκε ist Achilleus (vgl. dagegen z.B. 18.403f. οὐδέ τις ἄλλος | εἴδεεν οὔτε θεῶν οὔτε θνητῶν ἀνθρώπων). “[F]or the violent metaphor of a god drinking from the cup there is substituted the literal libation which typified the gods’ draught” (LEAF; vgl. AH). 225 ἔ σ κ ε : Zur Produktivität der σκ-Bildung (hier noch 226, 227; ebenso 550f.) s. 24.12a n. mit Lit. (ferner SCHW. 1.710–712; PAGNIELLO 2007); die iterativ-frequentative Funktion kommt v.a. in ‘niemand trank, niemand spendete’ zum Ausdruck, während ἔσκε ‘war’ eher durative Funktion hat (3.180n.; vgl. BÜHLER 1960, 135f.; zu ἔσκε als ererbtem Primärstamm s. RIX [1976] 1992, 229). — τ ε τ υ γ µ έ ν ο ν : ‘(von Hand) gefertigt, hergestellt’, ohne nähere Qualifizierung (14.9n.); von Gefäßen auch 23.741, Od. 4.615, 9.223, 15.115, 20.153. — ο ὐ δ έ τ ι ς ἄ λ λ ο ς : flektierbare VE-Formel (Nom. mask./fem.: 4× Il., 9× Od., 1× h.Cer.; Dat. mask.: 1× Il.; Akk. mask./fem.: 3× Od.). 224 ἀνεµοσκεπέων: zur unkontrahierten Form R 6. 225 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — ἔσκε: ≈ ἦν (R 16.5); Iterativform wie 226 πίνεσκεν, 227 σπένδεσκε. — τετυγµένον: Ptz. Perf. Pass. zu τεύχω. — οὐδέ: im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8).
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226 α ὐ τ ο ῦ α ἴ θ ο π α : Zum Hiat s. 24.641n. — α ἴ θ ο π α ο ἶ ν ο ν : flektierbare VE-Formel (24.641n.), im 16. Gesang nochmals V. 230.
227 In der Ilias läßt sich wiederholt eine engere Beziehung zwischen Achilleus und Zeus erkennen (ERBSE 1986, 234; STANLEY 1993, 372f. Anm. 6): im 1. Gesang plädiert Thetis bei Zeus erfolgreich zugunsten ihres Sohns, 9.608 bekundet Achill selbstsicher sein Vertrauen auf Zeus’ Unterstützung (vgl. 16.88), im 19. Gesang läßt Zeus Achilleus mit Ambrosia und Nektar stärken (19.340ff.), in der Triumphrede über Asteropaios 21.184–199 verweist Achilleus auf seine Abstammung von Urgroßvater Zeus, 21.272–283 betet er ein zweites Mal direkt zu Zeus (Bedrängnis im Flußkampf), im 24. Gesang leitet Zeus zu Achills Gunsten eine (versöhnliche) Lösung für die Rückführung von Hektors Leichnam ein (bes. 24.110, 561). ὅ τ ε µ ή : ≈ εἰ µή; sonst stets mit Prädikat im Opt. (13.319, 14.248, Od. 16.197, 23.185): AH; LEAF zu 13.319; MONTEIL 1963, 280f.; VERGADOS zu h.Merc. 93. — Δ∆ Δ∆ιι ὶ π α τ ρ ί : Formel an verschiedenen Stellen im Vers (24.100n.; zur Bedeutung 3.276n.). Außerdem bildet der Vok. Ζεῦ πάτερ die übliche Anrufung des Zeus im Gebet (1.503n.).
228 Schwefel, ein gelber nichtmetallischer Feststoff, ist an sich geruchlos, bildet aber in Verbindung mit Luft ebenso wie bei der Verbrennung Schwefeldioxid; dieses Gas ist farblos und riecht stechend. Die desinfizierende (bakteriostatische, fungizide) Wirkung von Schwefel machte man sich in der Antike durch Räuchern zunutze, bes. auch für die kultische Reinigung, vgl. Od. 22.481–494: Reinigung des Raums nach dem Freiermord. Schwefelvorkommen in der Antike: Melos, Nisyros (Ägäis), Liparische Inseln, Neapel, Capua. Lit.: FERNÁNDEZ-GALIANO zu Od. 22.481; PAOLETTI 2004, 21f. (mit weiterer Lit.); BLÜMNER 1887, 23–25; PARKER 1983, 227f.; WILSON 2006, 473; vgl. 14.415n. τ ό ῥ α τ ό τ (εε ): Rückkehr zur Haupthandlung nach einer Digression (hier Stichwort χηλός 221/228), vgl. 10.318, 11.231, 13.646, 15.644, 16.577, Od. 20.291, Hes. Th. 635 (mit WEST z.St.), Sc. 77. – Neutrum τό als Rel./Dem.-Pron. steht nur noch 7.224 (τὸ πρόσθε) u. 22.307 (τό (ϝ)οἱ) am VA. Ob die Langmessung des τό hier (a) auf die Verdoppelung des konsonant. Anlauts von ῥα zurückzuführen (M 4.6) oder (b) als metr. Lizenz am VA zu erklären ist (M 15), wurde schon in der Antike diskutiert (Aristarch plädiert für einfaches ῥ-): schol. A u. T (mit ERBSE z.St.); LA ROCHE 1866, 389f. 391f.; AH; JANKO zu 228–30 a.E.; DE JONG zu Il. 22.307; zu (a) vgl. Od. 22.327 | κείµενον ὅ ῥ’ Ἀγέλαος, zu (b) Il. 21.352 | τὰ περὶ … 229 π ρ ῶ τ ο ν , ἔ π ε ι τ α δ (έέ ): VA-Formel (6.260n.); zur ausdrücklichen sequentiellen Gliederung s.u. 495–497a n. — ὕ δ α τ ο ς κ α λ ῇ σ ι ῥ ο ῇ σ ι ν : ‘mit reinen Wassergüssen’, singulä-
226 αἴθοπα (ϝ)οῖνον: zur Prosodie R 4.3. 227 τεῳ: = τινι, dazu als gen. part. θεῶν. — ὅτε µή: ‘es sei denn, außer’. 228 τό: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — ἐκάθηρε: 3. Sg. Aor. zu καθαίρω ‘reinigen’. — θεείῳ: ‘Schwefel’. 229 ἔνιψ(ε): zu νίπτω/νίζω ‘waschen’ (hier Akt., 230 Med.).
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rer feierlich-zeremonieller Ausdruck für üblicheres ὕδατι 7.425, 11.830/846, Hes. Op. 739, h.Ap. 120 (z.T. mit Attributen versehen); vgl. ποταµοῖο ῥοῇσιν (669 ≈ 679 u. Od. 6.216: Reinigung von Sarpedons Leichnam bzw. des Odysseus auf Scheria). καλός als Epitheton von kultisch verwendetem Wasser hat wohl die Konnotation ‘rein’ (h.Ap. 120f., vgl. Hes. Op. 739 ὕδατι λευκῷ; vom Kleiderwaschen Od. 6.86f.).
230 Die rituelle Händewaschung (s. dazu 1.449n. mit Lit.; ferner LASER 1983, 148f.) bildet Element 2 der Typischen Szene ‘Libation’ (220b–254n.). α ὐ τ ό ς : ‘tut auch (sich) selbst, was er vorher mit etwas oder jd. anderem getan hat’, vgl. z.B. 7.172f. ὀνήσει … Ἀχαιούς, | καὶ δ’ αὐτὸς ὃν θυµὸν ὀνήσεται, ebenfalls mit Wechsel Aktiv/Medium (LfgrE s.v. 1655.21ff., 1662.77ff.; HAHN 1954, 264 Anm. 216).
231–252 Achills Gebet an Zeus folgt formal eng der Typischen SzeneP ‘Gebet’ (1.37–42n. mit Lit.; ferner DE JONG zu Od. 2.260–7; KELLY 2007, 250–253): (1) Gebetsgeste (hier Libation und Blick zum Himmel, 231b–232a), (2) Verb des Betens (231a), (3) Nennung der Gottheit (indirekt in V. 227 und 232b), (5) Anrufung der Gottheit (invocatio/Epiklese, mit Nennung ihrer Titel, ihrer Abkunft, ihrer Attribute und Kultorte: 233–235), (6) früher erbrachte oder – so hier – empfangene Leistungen (236–238), (7) Wunschbitte (239–248), (8) formelhafter Abschluß (249a), (9) Reaktion der Gottheit (249b–252, s. 249–252n.). Inhaltlich jedoch weist das vorl. Gebet – das von seiner Intention her als ‘Bitte um göttliche Hilfe’ (JONES 1996, 112f., mit Stellensammlung in Anm. 14) und als ‘Fürbitte’ (BECKMANN 1932, 15–19; CORLU 1966, 69; JAKOV/VOUTIRAS 2005, 114) eingeordnet werden kann – eine stark individuelle Prägung auf (AUBRIOT-SÉVIN 1992, 53f.), etwa durch die (im hom. Epos unübertroffene) Länge, die außergewöhnliche Anrufung des Zeus von Dodona (233–235 mit nn.) und die Komplexität der Bitte (in zwei Teilen: 239ff. Bitte um militärischen Erfolg und 246ff. zugleich Bitte um unversehrte Rückkehr; ähnl. 7.202–205; s. FERRARI 1986, 38f.; LATEINER 1997, 261; JANKO zu 233–48 a.E.). Das Gebet spiegelt die momentane problematische Lage des Achilleus – und durch ihn auch diejenige des Patroklos – wider (vgl. 83– 96n. u. 60–63n.), wie besonders die modifizierenden Bezugnahmen auf seine eigenen Aussagen von früher zeigen: (a) Die Thetis-Bitte (1.503ff., hier V. 236) verlangte von Zeus die volle Unterstützung für die Troer, nun soll er aber den Achaiern (bzw. den Myrmidonen) helfen (SCHEIN 1984, 120; NIMIS 1987, 40f.; HAUBOLD 2000, 77f.) – in gewisser Weise eine Zurücknahme der Thetis-Bitte (MÜLDER 1929, 40ff., bes. 42f.; KELLY a.O. 253f.); (b) der Auftrag an Patroklos (64f./80–96, hier 240f.) lautete auf Vertreibung der Troer von den Schiffen und sofortige Rückkehr ins Lager unter Wahrung von Achills Ruhm und Prestige; nun soll Patroklos nach Achills Vorstellung aber doch auch selbst Erfolg haben und dabei mit Zeus’ Hilfe seine militär. Überlegenheit gegen Hektor unter Beweis stellen – genau damit aber gefährdet Achilleus den zweiten Teil seiner Bitte, die sichere Rückkehr seines Gefährten (an der er bis zum Eintreffen der Todesnachricht nie zweifelt): REUCHER 1983, 315; ALVIS 1995, 39–41; HOFMEISTER 1995,
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313f.; JANKO zu 242–8; vgl. 17.404–411, 18.13f. (s.d.), 19.328–333n. Der Erzählerkommentar 249–252 (Reaktion des Zeus) wird Achills Bitten ‘korrigieren’ (s.d.; HOFMEISTER a.O. 302; zu den Versuchen, den scheinbaren Ungereimtheiten durch textkritische Eingriffe zu begegnen, s. AH, Anh. zu 16, Einl. S. 17f.; JANKO zu 236–8; WEST 2001, 237 [und 12 Anm. 28]). 231–232a = 24.306–307a (s.d.); 232a ≈ 7.423, Hes. Th. 761. — Achilleus tritt aus seiner Hütte unter freien Himmel und spricht sein Gebet ‘im Hof’, d.h. in privatem Rahmen als Freund des Patroklos (DONNAY 2005; PUCCI 2012, 440f.). Eine Assoziation des gr. Begriffs hérkos ‘Umzäunung, Hof’ mit dem sog. ‘Zeus Herkeios’, dem Schützer von Haus und Gehöft, ist hier wenig wahrscheinlich (anders schol. bT zu 231); Achilleus ruft ja den – fernen – Zeus von Dodona an. Zum ‘Zeus Herkeios’ vgl. Od. 22.334f. (mit Altar); s. auch 24.306–307a n. η ὔ χ ε τ (οο ): εὔχοµαι kann bei Homer auch allein – ohne folgendes verbum dicendi – direkte Reden einleiten: CORLU 1966, 84f.; EDWARDS 1970, 18 (vgl. dagegen z.B. an der Parallelstelle 24.306f. ηὔχετ(ο) … καὶ φωνήσας ἔπος ηὔδα); im Rede-Innern indirekt wiederaufgenommen durch ἐµὸν ἔπος ἔκλυες εὐξαµένοιο (236); in der Rede-AbschlußformelP 249 dann als Ptz. zu ἔφατ(ο) (zur Angabe der Rede-Absicht: 46n.).
232 Der Blick zum Himmel ist eine übliche Gebetshaltung (3.364n. mit Lit.; ferner PUCCI 2012 [z.St. 440f.]). – Zeus merkt auf, als der für ihn reservierte Becher zum Einsatz kommt, und beobachtet die Szene; s. 24.331n. mit Parallelen (dazu auch LfgrE s.v. λανθάνω 1628.60ff.). Indem der Erzähler schon vor Beginn der Rede feststellt, daß der Adressat zuhört, erzeugt er Spannung: JANKO zu 231–2; Parallelen finden sich v.a. in Versammlungsszenen (8.4 Götter, 8.492 Troer im Feld, 19.256 Griechen). Δ∆ Δ∆ίί α … τ ε ρ π ι κ έ ρ α υ ν ο ν : Die flektierbare VE-Formel Ζεὺς τερπικέραυνος (24.529– 530n.) erscheint im fgrE insgesamt 5× in Formelsprengung; zu den Wetter-Epitheta des Zeus s. 1.354n. (vgl. unten 298n.).
233–235 Die Beschreibung des Zeus von Dodona in der invocatio zeichnet das Bild eines der ältesten, urtümlichsten und damit auch ehrwürdigsten Kultgötter Griechenlands und verleiht dem Gebet einen äußerst feierlichen Charakter (JANKO zu 233–48; s. PÖTSCHER 1966, 124f.; PARKE 1967, 6f.; KEIL 1998, 48–52 [“religiöse(r) Archaismus, der konsequenterweise sprachliche Archaismen nach sich zog”: ebd. 51]; DIETERLE 2007, 35; vgl. Herodot 2.52). Schon die Antike konnte über die Einzelheiten der vorl. Passage nur Vermutungen anstellen (Quellen bei DIETERLE a.O. 276ff.; VELARDI 2012, 57ff.; bes. Scholien, Strabon, Stephanos v. Byzanz). Demgegenüber vermittelt Od. 14.327–330 das vertraute Bild von Dodona als Kultstätte (mit den zentralen Elementen Zeus-Orakel und Eiche des Zeus). 231 ηὔχετ’ …, λεῖβε δέ: die Trankspende ist Begleithandlung zum Gebet, δέ also gewissermaßen unterordnend (vgl. 237 µὲν … δέ). — ἕρκεϊ: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2).
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Zum heutigen Wissensstand über Dodona s. ausführlich PARKE 1967; DIETERLE 2007; QUANTIN 2008; in der nötigen Kürze DNP s.v. – Die Anrufung einer spezifischen lokalen Gottheit verleiht der Bitte besonderen Nachdruck (514–516n., 24.291n.). Achilleus verwendet öfter geographisch-ethnographische Details in seinen Reden (“rhetorical expansion”: 24.544–545n. mit Lit.; vgl. WEST 2011, 317). 233 Feierliche Ganzvers-Anrede (2.412n.; zur Epitheta-Häufung in der Gebetssprache s. 6.305n., mit Lit.). Der i.d.R. mit ‘Herr’ übersetzte Begriff (w)ánax ist ein im Myk. lebendiger, im hom. Epos verblaßter Herrschertitel; Epitheton von Menschen u. Göttern (darunter meistens von Zeus, Apollon, Poseidon): 1.7n., 2.102n. — Der Name ‘Pelasgier/-isch’ wird im fgrE in unterschiedl. Bezügen verwendet: (1) Bez. des Myrmidonengebiets (‘Pelasgisches Argos’, 2.681 [s.d.], mit der Landschaft ‘Hellas’ 2.683; VISSER 1997, 644–661; vgl. unten 234n. zu den Sellói/Hellói); (2) Bundesgenossen der Troer, geographisch nicht klar lokalisierbar (2.840– 843 mit n., 10.429, 17.288f.); (3) ein kretisches Volk (Od. 19.177). Es ist verlockend, die vorl. Benennung des Zeus mit (1) in Zusammenhang zu bringen; freilich liegen Dodona (im heutigen Epirus [Nordwestgriechenland]) und Achills Heimat (im heutigen nordöstlichen Mittelgriechenland) in größerer Distanz zueinander, und Dodona gehört in der Ilias zum Kontingent des Guneus (2.748–755 [s.d.], mit den Stammesnamen Ainiëner und Peraiber). Da auch ‘Hes.’ fr. 319 M.-W. Dodona als ‘Sitz der Pelasger’ bezeichnet, muß also wohl eine erweiterte Verwendung des Namens angesetzt werden: (4) Bewohner der Gegend um Dodona. Versuche, ein zweites Dodona im Myrmidonengebiet zu (er)finden, sind angesichts der vorausgesetzten Berühmtheit des Zeusheiligtums von Dodona als verfehlt zu betrachten. Weitere Diskussion: LfgrE s.v. Pelasgós; DNP s.v. Pelasgoi; PARKE 1967, 3–7 (pelasgisch hier i.S.v. ‘weit weg im Norden’; vgl. LOPTSON 1981; HOFMEISTER 1995, 310); DIETERLE 2007, 28–30 (i.S.v. ‘vorgriechisch, urzeitlich’; so auch die regelmäßige Verwendung des Begriffs durch die späteren gr. Autoren, mit der zusätzlichen Konnotation ‘autochthon’, s. DNP a.O. mit Stellenangaben; Durchsicht der antiken Belege bei LOCHNER-HÜTTENBACH 1960, 97ff.). ἄ ν α : alte Vok.-Form neben ἄναξ, nur in der Anrede an Götter, in der Verbindung Ζεῦ ἄνα 3× Il./Od. am VA (2.102n., 3.351n.; BECKMANN 1932, 33; KEIL 1998, 48f.). — τ η λ ό θ ι ν α ί ω ν : singuläre Variante der ebenfalls für Zeus verwendeten VE-Formel αἰθέρι ναίων (2.412n., dort ebenfalls Gebetsanrede; vgl. Od. 12.135 VE τηλόθι ναίειν; Gegenteil: ἐγγύθι ναίει VE 1× Od., 3× Hes. Op.). τηλόθι bezieht sich auf die Distanz Troia–Griechenland (vgl. das – pathetische – Motiv ‘fern der Heimat sterben’: 461n.) und steht mehrfach im Zusammenhang mit (oder in Reden des) Achilleus: 18.99, 24.86, 24.541 (GRIFFIN 1986, 55). ν α ί ω ν : In ναίων (nochmals 235 ναίουσ(ι)) könnte außerdem eine Anspielung auf den Kulttitel des Zeus von Dodona, ‘Naios’, vorliegen (vgl. ebenfalls zweimaliges ναίω in ‘Hes.’ fr. 240 M.-W. in ähnl.
233 Ζεῦ (ϝ)άνα: zur Prosodie R 4.4; ἄνα ist Vok. zu ἄναξ.
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Kontext); freilich ist dieser Kulttitel erst vom 4. Jh. an sicher belegt (und in seiner Bed. letztlich ungeklärt): LHÔTE 2006, 407–420; QUANTIN 2008, 29–33 (zu ναίω ‘wohnen’); anders PÖTSCHER 1966, 126–135 (zu νάω ‘fließen’ [in bezug auf die in der Gegend vorhandenen Quellen]); JANKO zu 234–5.
234 Die Identifikation der Sellen bereitet v.a. in zweierlei Hinsicht Schwierigkeiten: (1) Von der Schreibweise her wird der Name sowohl als Sellói wie auch als Hellói überliefert. Sellói ist die einheitliche Lesart der Vulgata und an der vorl. Stelle nicht zu bezweifeln (WEST 2001, 237); sie wird darüber hinaus mit einem Fluß namens Sellḗeis in Verbindung gebracht (2.659n.; schol. A zu 15.531 u. 16.234); Hellói dagegen wurde wegen des Anklangs an Hellopíē (Name der Landschaft um Dodona nach ‘Hes.’ fr. 240 M.-W.), Hellás/Héllēnes u.ä. ins Spiel gebracht (Stellen bei JANKO zu 234–5 u. REECE 2009, 204ff.). Möglicherweise stehen alle diese Namen miteinander in Zusammenhang: der unterschiedliche Anlaut (s-/h-) kann sprachgeschichtlich bedingt sein. (2) Von der Bezeichnung her kann Sellói entweder der Name eines Volkes sein (dem die Orakelpriester entstammen) oder der Name der Priesterschaft selbst; die Charakterisierung in V. 235 läßt eher letzteres vermuten (spezifische Funktionsbezeichnung). – Ausführliche Diskussion zu (1) und (2): schol. A, D u. T z.St.; RE s.v. Hellói (Suppl. V, 963–965); LfgrE s.v. Hellói; FRIEDERICH 1935, 8–19; HAMMOND 1967, 367ff.; DIETERLE 2007, 30ff.; REECE a.O. 201ff.; VELARDI 2009, 67ff. µ ε δ έ ω ν : ‘waltend über (Dodona)’, in Gebetsanrufungen mit dem Gen. des Herrschaftsbereichs: SCHW. 2.109; LfgrE. — δ υ σ χ ε ι µ έ ρ ο υ : ‘mit schlimmen Wintern, eiskalt’ o.ä., in der Ilias distinktives (und geographisch-meteorologisch passendes) EpithetonP von Dodona, das auf einer Ebene am Nordhang des Tomaros liegt und von mehrheitlich schneebedeckten Bergen umgeben ist (2.750n.; JEBB 1892, 201; PARKE 1967, 3; VISSER 1997, 725f.; LfgrE s.v. δυσχείµερος; vgl. HAMMOND 1967, 16–18). Zur v.l. polypídakos ‘quellenreich’ (die Kallimachos vorgelegen haben muß: schol. T) s. RENGAKOS 1993, 83f. — ἀ µ φ ὶ δ ὲ …: Übergang von der Partizipialkonstruktion (ναίων, µεδέων) zur Parataxe, mit finitem Verb (ναίουσ(ι)): AH.
235 Die ungewaschenen Füße und das Liegen auf dem nackten Boden sind wohl Ausdruck einer starken Erdverbundenheit des Kults. Das Tabu der Fußwaschung hat vielleicht den Zweck, die “aus der Berührung mit der Erde gewonnene magische Kraft […] zu erhalten” (LfgrE s.v. ἀνιπτόποδες, mit Lit.; PÖTSCHER 1966, 143–145; JANKO zu 234–5; ähnl. DIETERLE 2007, 32f.; Parallelen bei PARKE 1967, 23–27; zu den antiken Deutungen RENGAKOS 1992, 32f.). Dies steht im Kontrast zum hom. Brauch, vor jeder kultischen Handlung für die nötige Reinheit zu sorgen (vgl. 228–230; bes. deutlich in 6.266–268: Hektor weigert sich, Zeus mit verschmutzten Händen ein Trankopfer darzubringen): KEIL 1998, 50; vgl.
235 χαµαιεῦναι: mit Kürzung des Binnenhiats ⏑ ⏑ – ⏑ zu lesen (vgl. R 5.5).
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auch die komplette Umwertung des Verses durch den Komiker Eubulos, der die Attribute auf schmarotzende Philosophen bezieht: MONTANARI (1976) 1995. σ ο ί : Deutung umstritten, wohl eher Possessivpron. im Nom. Pl. (AH u. LEAF, zu ὑποφῆται) als Personalpron. im Dat. Sg. (dann entweder zu ἀµφί [LfgrE s.v. ναίω 296.53ff.] oder als dat. comm. [EBELING s.v. ἀµφί II.A.a]); s. auch die Diskussion bei REECE 2009, 203. — ὑ π ο φ ῆ τ α ι ἀ ν ι π τ ό π ο δ ε ς χ α µ α ι ε ῦ ν α ι : Häufung von hom. hapax legomenaP (vgl. KEIL 1998, 20); zum archaischen Stil s. 233–235n. – Wie bei ὑποκριτής/ὑποκρίνεσθαι (‘erklären’ i.S.v. ‘Bescheid geben, antworten’ oder ‘erläutern, deuten’) läßt sich das Vorderglied ὑπο- bei ὑποφῆται nicht mit letzter Sicherheit deuten: ‘stellvertretender Sprecher, Verkünder’ (des Gottes) oder ‘Deuter, Interpret’ (des Orakels); s. die z.T. divergierenden Interpretationen bei WACKERNAGEL (1924) 1928, 239f.; FASCHER 1927, 27–32. 51–54 (≈ προφήτης); ELSE 1959, 100; PARKE 1967, 10; LfgrE s.v.; bes. zu ὑπο- PATZER 1970, 645f. – ἀνιπτό-ποδες ist ein dreiteiliges Kompositum, dessen “Vorderglied […] selbst ein Kompositum ist”: ‘ungewaschen’ (RISCH 229). Die negierte Form unterstreicht die Unüblichkeit des Verhaltens wie ἀµετροεπής und ἀκριτόµυθος in bezug auf Thersites (2.212/246), ἀµιτροχίτων von den Lykiern (419, s.d.). – χαµαιεῦναι ist formal ein Possessivkomp. mit lokativischem Vorderglied (χαµαί + εὐνή, ‘das Lager auf dem Boden habend’), der Funktion nach aber ein verbales Rektionskompositum (‘auf dem Boden schlafend’): RÜEDI 1969, 37–43 (bes. 39f.) u. 49f.; RISCH 210 (zum Lokativ ebd. 220).
236–238 = 1.453–455 (1.453 mit leichter Variation); außerdem 236 ≈ 14.234 (wobei das VE von 14.234 = VA von 16.238); 2. VH von 236 ≈ 9.509, Od. 2.30/42; 2. VH von 237 ≈ 822; 2. VH von 238 = 8.242, ≈ 1.41 u.ö. (s.d.). — Die fast wörtliche Wiederholung der drei Verse aus dem Gebet des Chryses an Apollon nach der Rückgabe der Chryseïs im 1. Gesang soll möglicherweise die Aufmerksamkeit auf die unterschiedliche Haltung des Chryses bzw. des Achilleus in der Auseinandersetzung mit den Achaiern lenken: während Chryses mit dem Gebet den Konflikt (sc. mit den Griechen um Chryseïs) für beendet erklärt, läßt Achilleus den Konflikt (sc. zwischen ihm und Agamemnon) letztlich weiter bestehen (bes. 239) (MÜLDER 1929, 42f.; AUBRIOT-SÉVIN 1992, 234f. mit Anm. 127; LOWENSTAM 1993, 113 Anm. 132; ALDEN 2000, 258f. mit Anm. 192; JANKO zu 233–48; vgl. DI BENEDETTO [1994] 1998, 375; Liste von wiederholten Reden oder Redeteilen bei DE JONG [1987] 2004, 243–245). – Zur Begründung einer Bitte nach dem Prinzip da quia dedisti s. BECKMANN 1932, 48; LANG 1974/75, 311–314; PULLEYN 1997, 5 Anm. 10 (Stellensammlung); ebd. 19 u. 27 Anm. 15 (nichtgr. Parallelen); zu den typischen Elementen der Gebetssprache s. 1.453n., 1.455n. 236 ‘Mein Wort’ bezieht sich auf das durch Thetis vermittelte Anliegen des Achilleus in 1.503ff. und wird rückblickend als eigenes Gebet des Achilleus betrachtet,
236 ἠµέν: korreliert mit 238 ἠδ(έ), ‘einerseits … andererseits’ (R 24.4), hier im Sinne von ‘wie … so’ oder ‘wenn … dann’. — ἐµὸν (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.5.
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so auch in der Perspektive des Zeus (15.72ff.) und der Thetis 18.75 (s.d., mit Lit.; ferner COMBELLACK 1965, 51f. Anm. 7; NICKAU 1977, 82; REICHEL 1994, 120f.). ε ὐ ξ α µ έ ν ο ι ο : Gen. in Kongruenz mit dem Possessivpron. ἐµόν (wie wenn ἔπος µου stünde), s. 3.180n. (zu κυνώπιδος). Zur VE-Formel vgl. 236–238n. (Iterata) u. 76n.
237 = 1.454; 2. VH ≈ 16.822. — Die timḗ ‘Ehre’ genießt einen derart hohen Stellenwert in der heroischen Gesellschaft, daß sie sogar auf Kosten der eigenen Leute verteidigt und durchgesetzt wird: ULF 1990, 7; HAUBOLD 2000, 50. 76f.; HOLMES 2007, 51f. mit Anm. 11; s. auch 1.11n., 1.159–160n. Zu Achills ‘autarker’ Haltung vgl. seinen Wunsch 97–100 (s.d.). τ ί µ η σ α ς : in bezug auf Achilleus oft prägnant ‘die Ehre wiederherstellen, Genugtuung verschaffen’, so auch 1.505, 1.559 (LfgrE s.v. 516.14ff.; vgl. 84n.). — λ α ὸ ν Ἀ χ α ι ῶ ν : flektierbare Formel (6.223n.).
239 1. VH ≈ 13.49, Od. 16.132; 2. VH ≈ Il. 19.42. — Daß Achilleus im Schiffslager verbleiben will, bedeutet, daß er weiterhin nicht am Kampf teilnehmen wird (ähnlich auch 1.492, 14.367, 18.64, ferner von Agamemnon 9.332). γ ά ρ : signalisiert den Übergang von der Gebetseinleitung zur Wunschbitte, ähnl. 517. — ν η ῶ ν ἐ ν ἀ γ ῶ ν ι : ‘im Schiffslager’, 19.42n. (dort νεῶν mit sekundär gekürztem -ε- anstelle des hier noch vorhandenen -η-: HOEKSTRA 1965, 127f.).
240–241a Achill faßt im Gebet seine Absicht zusammen, Patroklos in den Kampf zu schicken (vgl. 38f., 64f., 126/129). Auf der Figuren-Ebene dient dies Informationszwecken – nämlich als Grundlage für die nachfolgende Wunschbitte an Zeus –, auf der Erzähler-Ebene ist es eine Bekräftigung kurz vor der Verwirklichung der Absicht. 240 2. VH = 23.60, Od. 11.495 (s.o. 15n. a.E.); ≈ Il. 4.388, 13.661. 241 Eine zweite – in der Regel wie hier kürzere – Anrede innerhalb derselben Rede unterstreicht die Gebetsbitte: ‘Zeus mit dem weiten Blick’ (BECKMANN 1932, 40– 42; allg. zu emphatisch wiederholten Anreden oben 11n.). µ ά ρ ν α σ θ α ι : finaler Inf., dem Sinne nach wie 18.237f. ἔπεµπε … ἐς πόλεµον, 18.452 πέµπε … πόλεµόνδε (beide Stellen ebenfalls im Zusammenhang mit Patroklos). — τ ῷ κ ῦ δ ο ς ἅ µ α π ρ ό ε ς : singuläre Formulierung, insofern als προίηµι sonst nie auf Abstrakta 237 τίµησας: 2. Sg. Aor.; zur augmentlosen Form R 16.1. — µὲν … δ(έ): signalisiert hier Koinzidenz (‘…, indem …’). — ἐµέ, (µ)µέγα: zur Prosodie M 4.6, hier zudem an Zäsurstelle. — µέγα: adv., ‘sehr, stark’. — ἴψαο: 2. Sg. Aor. zum defektiven Verb ἴπτοµαι ‘unter Druck setzen, bedrängen’; zur unkontrahierten Form R 6. 238 τόδ(ε): vorausweisend. — ἐπικρήηνον: 2. Sg. Imp. Aor. zu (ἐπι)κραίνω (urspr. *κρᾱαίνω), ‘erfüllen’ (ἐπι- mit verstärkender Funktion). 239 µενέω: Futur; zur unkontrahierten Form R 6. 240 ἕταρον: = ἑταῖρον. — πολέσιν: = πολλοῖς (R 12.2). 241 τῷ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17), = Patroklos. — πρόες: Imp. Aor. zu προίηµι.
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bezogen wird (außer auf Gesprochenes wie ἀγγελίαι, ἔπος u.ä.), sondern meist auf Personen u. Waffen (V. 38 Patroklos zu Achilleus: ἀλλ’ ἐµέ περ πρόες; dann hier viell. κῦδος ‘Überlegenheit, Erfolg, Triumph’ quasi als Begleitperson im Kampf, vgl. LEAF mit Verweis auf 4.415 κῦδος ἅµ’ ἕψεται, 17.251 κῦδος ὀπηδεῖ). Zu den üblichen Verbindungen von κῦδος 24.110n. (meist δίδωµι, ὀπάζω; z.B. 88, 730). – Zum Asyndeton beim Übergang zur Aufforderung 129n. (zu δύσεο, mit Lit.); hier stellt das Dem.-Pron. τῷ die thematische Verbindung her. — ε ὐ ρ ύ ο π α Ζ ε ῦ : nur hier belegte Vokativvariante der flektierbaren VEFormel εὐρύοπα Ζεύς/Ζῆν (24.296n.), ähnl. µητίετα Ζεῦ 1.508 (sonst nur Nom.): KAHANE 1994, 104 Anm. 75. Viell. hat das Epitheton hier in der dir. Rede kontextbezogene Bed.: ‘Zeus mit dem weiten Blick’ möge Patroklos im Auge behalten (COSSET 1990, 11–13).
242–245 ‘Complex prayer’ in der Terminologie von LANG 1974/75, 309f.: Gebete, die durch Angabe eines Zwecks – hier ‘daß auch Hektor es erfahre, ob …’ – erweitert sind, “provide fuller explanation of the speaker’s situation and state of mind” (LANG a.O. 310), so auch 524–526. Hier ist es ein Signal für die problematische Lage des Achilleus (s.o. 231–252n., dort auch Lit. zur – in der vorl. Deutung nicht übernommenen – neuzeitlichen Athetese der Vv. 242–245). 242 ≈ 19.169. — ἦ τ ο ρ ἐ ν ὶ φ ρ ε σ ί ν : 19.169–170n.; zum ἦτορ von Kriegern vgl. 209n.
243 2. VH ≈ 2.611, 13.223, ferner 13.238. — Daß Patroklos ‘auch allein zu kämpfen versteht’, spielt möglicherweise auf seine Funktion als Wagenlenker an (dazu 20n.; KRISCHER 1992, 99f.): der Wagenlenker agiert sonst stets im Hintergrund des Helden (s. allg. 3.262n.; VAN WEES 1986, 288). Zugleich kommt hier die hohe militär. Selbsteinschätzung des Achilleus zum Ausdruck, die zur Voraussetzung der Iliashandlung gehört, s. z.B. 2.768–770. – Zu gr. therápōn ‘Kampfgenosse’ (244) s.o. 165n. mit Verweis auf 24.396n. ε ἴ σ ε τ α ι : Wendungen mit prägnanter Verwendung von Verben des Wissens (so hier), Sehens (ἰδεῖν) oder Erkennens (γιγνώσκειν) sind oft sarkastisch: ‘etwas am eigenen Leib (zu) spüren (bekommen)’; sie finden sich z.B. in 1.185f., 1.302f., 2.237f. (weitere Stellen: 24.242n.; LfgrE s.v. οἶδα 540.51ff.). – Das Futur (εἴσεται) ist abhängig von ὄφρα (wie bei att. ὅπως), im fgrE noch 8.110f. (gleicher Wortlaut) u. Od. 17.6f. Lit.: SCHW. 2.651; CHANTR. 2.273; allg. zur Nähe von Futur und (kurzvokal.) Konj. im hom. Epos G 100; K.-G. 1.217–219 (vgl. nachher zu ἐπίστηται). — ο ἶ ο ς : ‘(ganz) allein, auf sich gestellt, ohne Hilfe’ (im Kampf), wie 13.79f., 13.457, 20.26f., 22.39 (LfgrE). — ἐ π ί σ τ η τ α ι : Konj. mit futurischer (hypothetischer) Bedeutung, während in V. 245 der Ind. Präs. µαίνονται eine bekannte Tatsache wiedergibt (AH). Zur v.l. ἐπιστέαται – wohl ein Ionismus – s. RENGAKOS 1993, 79f. Anm. 1; KIDD 1997, 458 (zu Arat. Phain. 817).
242 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ ἦτορ: ‘ihm das Herz’ (mit dat. comm.), ≈ ‘sein Herz’; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — ὄφρα: final (R 22.5). 243f. εἴσεται: Futur zu οἶδα, ‘erfahren wird’. — ἤ … | … ἦ: ‘ob … oder (ob)’. — ἦ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4.
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244 Die Hände stehen im hom. Epos oft für die (erfolgreiche) Aktivität im Kampf, z.B. 1.165f., 2.373f.; im 16. Gesang noch 420, 624, 630 (GROSS 1970, 373; MONSACRÉ 1984, 53f.).
ἡ µ έ τ ε ρ ο ς θ ε ρ ά π ω ν : ἡµέτερος i.S.v. ἐµός ist typisch für Achills Figuren-SpracheP, vgl. 19.73, 24.567 u.ö. (FLOYD 1969, 122–124); die damit verbundene Konnotation (pluralis maiestatis, sociativus oder modestiae) ist schwer zu bestimmen (für sociativus SLOTTY 1927, 353; für modestiae ZILLIACUS 1953, 17; weitere Lit.: 24.556n.). — τ ό τ ε : korrespondierend mit 245 ὁππότ(ε), mit limitierender Bedeutung: ‘nur dann, wenn …’; ähnl. 9.702f. (Achilleus hat Agamemnons Geschenke zurückgewiesen): τότε δ’ αὖτε µαχήσεται, ὁππότε κέν µιν | θυµὸς … ἀνώγῃ ‘er wird erst dann wieder kämpfen, wenn …’, 21.340f. (Hera fordert Hephaistos auf, den Fluß Xanthos in Brand zu setzen): µηδὲ πρὶν ἀπόπαυε τεὸν µένος, ἀλλ’ ὁπότ’ ἂν δὴ | φθέγξοµ’ ἐγὼν ἰάχουσα, τότε σχεῖν ἀκάµατον πῦρ ‘erst dann, wenn ich laut rufe, …’. — χ ε ῖ ρ ε ς ἄ α π τ ο ι : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk., 10× Il., 3× Od., 4× Hes.; die vorl. Fortsetzung µαίνονται hat eine Parallele in 13.77f. µαιµῶσιν). Das Epitheton bedeutet urspr. wohl ‘unaussprechlich’, wurde dann aber als ‘unberührbar > unwiderstehlich, schrecklich’ verstanden (1.567n.). Die Wendung charakterisiert Hektors Gegner auch in 7.309, 13.77ff., 13.318 (Aias), dagegen Hektor selbst in 17.638 (vgl. 13.49ff.); s. GROSS 1970, 366 Anm. 5; EIDE 1986, 11f. (Lit. in Anm. 9); KELLY 2007, 338f. 245 µ α ί ν ο ν θ ’ : 75n. — µ ῶ λ ο ν ἄ ρ η ο ς : VE-Formel (4× Il., mit vorangehendem µετά noch 7.147), s. 2.401n. (auch zur Bed. von µῶλος: wahrscheinlich ‘Anstrengung’ > ‘Kampf’). Zum sog. metonymischen Gebrauch von Ἄρης/ἄρης vgl. 543n. 246 2. VH ≈ 12.35. — ἀ π ὸ ν α ῦ φ ι : Zum Suffix s. 139–140n. (zu παλάµηφιν); hier ablativisch. — µ ά χ η ν ἐ ν ο π ή ν τ ε : ἐνοπή ‘Lärm, Kampfgeschrei’ (3.2n.) steht gerne in Verbindung mit semantisch ähnlichen Begriffen: 3.2 κλαγγή, 10.13 ὅµαδος, 24.160 γόος (KAIMIO 1977, 81; allg. oben 63n. zu ἀϋτή τε πτόλεµός τε). Möglicherweise wird hier noch einmal auf das laute Gebaren der Troer angespielt (76–79, s.d.; vgl. 782n.). — δ ί η τ α ι : nur hier mit einem unbelebten Objekt – es sei denn, man fasse µάχην ἐνοπήν τε konkret auf: ‘lärmende Streitmacht’, vgl. LfgrE s.v. µάχη 48.46ff.; ähnl. 251 ἀπώσασθαι πόλεµόν τε µάχην τε (dazu GRAZ 1965, 150: “les guerriers perçus impersonnellement et collectivement dans leur action même”; TRÜMPY 1950, 268 Anm. 465) sowie 301 ἀπωσάµενοι δήϊον πῦρ (GRAZ a.O. 151: “le feu y apparaît sous l’aspect d’un danger concrétisé sous la forme de la masse anonyme des incendiaires”). Allerdings wird ἀπώσασθαι auch 12.276 u. 15.503 mit Abstrakta verbunden: νεῖκος bzw. κακά. – Beim defektiven Verb δίηµι/δίω sind Präs. und Aor. sind nicht immer klar unterscheidbar, hier wohl aoristisch (AH; LfgrE; vgl. 18.162n.). 247 ≈ Od. 15.447; 2. VH ≈ 17.622. — ἀ σ κ η θ ή ς : ‘ohne Schaden’, stets im Zusammenhang mit der Rückkehr aus dem Kampf oder von einer Schiffahrt (LfgrE; EDWARDS 1985, 65f.). — θ ο ὰ ς ἐ π ὶ ν ῆ α ς : flektierbare Formel nach der Zäsur B 2 (24.1n.). — ἱ κ έ σ θ ω : d.h. 245 µαίνονθ’: = µαίνονται (R 5.1). — ὁππότ(ε): mit Konj., iterativ (R 21.1); zum -ππ- R 9.1. — ἐγώ περ: ‘ich selbst, auch ich’ (vgl. R 24.10). — µετά (+ Akk.): ‘(mitten) in … hinein’. — ἄρηος: zur Flexion R 12.4. 246 κ(ε): = ἄν (R 24.5). — ναῦφι: Gen. Pl. (R 11.4). — δίηται: 3. Sg. Konj., ‘(ver)jagen’.
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‘laß ihn zurückkehren’. Im hom. Epos kann die Gebetsbitte sowohl mit dem Imperativ (in der Ilias überwiegend) als auch mit dem Optativ (in der Odyssee überwiegend) ausgedrückt werden, wobei der Imp. wahrscheinlich größeres Selbstbewußtsein signalisiert (BECKMANN 1932, 49–52; PULLEYN 1997, 150f.). An der vorl. Stelle sind beide Formen überliefert (Vulgata ἵκοιτο, einzelne Handschriften sowie Papyri ἱκέσθω); Imp. wird bevorzugt von CAUER (1895) 1921, 20f. (paßt besser zu Achilleus), u. WEST 2001, 237 (lectio difficilior; vgl. auch ebd. 87 Anm. 9). 248 2. VH = Carmen Naupactium fr. 6.4 West. — τ ε ύ χ ε σ ι … ξ ὺ ν π ᾶ σ ι : ‘in voller Rüstung’, d.h. gänzlich unversehrt (schol. bT; LfgrE s.v. τεῦχος 427.28ff.; in diesem Sinne wohl auch V. 368); sonst meist ‘vollständig gewappnet’ (für den Kampf): 3.29n. – Hier enthält die Wendung auf der Erzähler-Ebene wohl eine Anspielung auf den Umstand, daß Patroklos in Achills Rüstung (d.h. τεύχεσι = ‘mit meiner Rüstung’: 40n.) in den Kampf zieht und diese dort verlieren wird: dramat. IronieP (vgl. AH; REINHARDT 1961, 313f.). — ἀ γ χ ε µ ά χ ο ι ς : ‘Nahkämpfer’, Epitheton zu ἕταροι (s. Iteratvers), θεράποντες (272, 17.165; wie hier in bezug auf Achilleus und die Myrmidonen) und zu Völkernamen (13.5, ‘Hes.’ Sc. 25); ähnl. Bildung: ἀγχιµαχηταί (2.604n.). Zur Unterscheidung Nahkampf–Fernkampf vgl. 24n. (βάλλω/οὐτάζω).
249–252 Gebetsabschluß und Reaktion der Gottheit – die beiden letzten Elemente der Typischen Szene ‘Gebet’ (231–252n.) – entsprechen zunächst der Norm und lassen wie meist im hom. Epos die Erfüllung der Bitte erwarten (V. 249 mit Iterata [s.u.]; vgl. auch 232 ‘er entging Zeus nicht’; MORRISON 1991, 149). In 250–252 erfolgt jedoch eine entscheidende Modifikation: Zeus gewährt lediglich die Vertreibung der Troer (≈ 239–246 im Gebet), aber nicht die unversehrte Rückkehr des Patroklos (≈ 247f.) – “the arrangement of generalization […] followed by significant exception […] is a rhetorical device designed to produce both emphasis and surprise”: KIRK zu 5.131–2 (ähnl. DI BENEDETTO [1994] 1998, 22; JANKO zu 249– 52; in der Funktion vergleichbar ist z.B. das Motiv ‘alle schlafen – X schläft nicht’: 2.1–2a n.). Die vom ErzählerP vorweggenommene ausdrückliche Zurückweisung eines Gebets ist im hom. Epos vergleichsweise selten (noch 2.419f., 3.302, 6.311 [mit nn.], ähnl. 12.173f.; LATEINER 1997, 260f.; KELLY 2007, 251– 253; etwas häufiger gibt es Gebete, die stillschweigend unerfüllt bleiben [s. ebd.]). Die Zurückweisung läßt sich durch die Nichtvereinbarkeit von menschlichem Wollen und göttlichem Planen erklären (d.h. letztlich durch den Handlungsplan des Erzählers): Patroklos’ Tod steht fest, wie das Publikum aus mehrfachen ProlepsenP bereits weiß und hier erneut bestätigt bekommt (46–47n.; MIKALSON 1989, 96; MORRISON a.O. 150f.; PARKER 1998, 116f.); damit ist das Schicksal des Patroklos endgültig besiegelt (Scharnierstelle in der Ilias-Handlung: AUBRIOT-SÉVIN 1992, 54; DI BENEDETTO a.O.; LATEINER 1997, 248. 265–267). “That knowl-
248 ξύν: = σύν (R 20.1). — πᾶσι: auch auf ἑτάροισιν zu beziehen.
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edge sets Achilles’ prayer in an ironic perspective that renders it tragic”: SCHEIN 1984, 120; ähnl. SCHADEWALDT (1938) 1966, 109; MUELLER (1984) 2009, 55. 249 = 24.314, Od. 20.102 (Bitte des Priamos/Odysseus um ein Vorzeichen); ≈ Il. 15.377 (µέγα δ’ ἔκτυπε); mit anderen Subjekten in der 2. VH: 1.43/1.457/16.527 (Apollon), 5.121/ 23.771/Od. 3.385/6.328 (Athene), Od. 9.536 (Poseidon); 1. VH allein = Il. 5.106, 8.198, 20.393, Od. 2.267, h.Ap. 370; ≈ Il. 6.311 (fem.), 10.295 (Pl.); 2. VH ≈ 1.357, h.Cer. 39 (Mutter). — Zur Rede-Abschlußformel s. 46n. (ὣς ἔφατ’/φάτο + Ptz.); 231–232a n. (εὐχόµενος); 1.43n. (formelhaft nach Gebeten). κλυεῖν mit einem Gott als Subj. bedeutet i.d.R. ‘hören und erhören’ (vgl. 211n. a.E., 236, 514n.; zur Doppeldeutigkeit an der vorl. Stelle s. PULLEYN zu 1.43). Zur VE-Formel µητίετα Ζεύς s. 1.175n.
250–252 Zum Gedanken, daß Zeus das eine gibt und das andere nicht, vgl. 9.37–39, 20.242f., 24.527ff. (mit 24.529–530n.). Die Verse zeichnen sich durch eine klare Struktur aus: 250 ist in sich selbst parallel gestaltet (ἕτερον µὲν ἔδωκε, ἕτερον δ’ ἀνένευσεν, gewissermaßen eine vorweggenommene Zusammenfassung: schol. T zu 249f.); 251f. nehmen mit µὲν … δῶκε, … δ’ ἀνένευσε den vorangehenden Vers mit demselben Parallelismus und unter Wiederholung der Prädikate präzisierend auf (vgl. z.B. 11.243f.: πολλὰ δ’ ἔδωκεν· πρῶθ’ ἑκατὸν βοῦς δῶκεν …). 250 τ ῷ δ (έέ ): bezieht sich vom logischen Zusammenhang her eher auf Achilleus als auf Patroklos, auch wenn danach in 251f. Πάτροκλον als Subjektsakk. hinzuzudenken ist: Achilleus war der Betende, und ihm gewährt Zeus die Bitte oder schlägt sie ab. Zur Wiederholung des Demonstrativpron. im obliquen Kasus (249 τοῦ δ’, 250 τῷ δ’) bei gleichbleibendem Subjekt vgl. h.Cer. 250f. (und Od. 4.819f., dort allerdings emphatisch), bei wechselndem Subj. Il. 2.643f., 2.700f., 6.342f., Od. 24.533f. u.a. — ἀ ν έ ν ε υ σ ε ν : Zum Zurückwerfen des Kopfes als (in Griechenland noch heute gängige) Geste der Ablehnung s. 6.311n. 251 1. VH vgl. 301. — π ό λ ε µ ό ν τ ε µ ά χ η ν τ ε : flektierbare VE-Formel (Akk. wie hier, aber mit Anlaut πτόλ-: 13.11; Nom. Pl. 1.177, 5.891, Hes. Th. 926, Thebaïs fr. 2.10 West; mit umgekehrter Reihenfolge der Substantive Il. 7.232 u.ö., 12.436 u.ö.). Zur synonymischen Doppelung s.o. 63n. 252 σ ό ο ν : zur Form 1.117n. — µ ά χ η ς ἒ ξ ἀ π ο ν έ ε σ θ α ι : = 20.212, ≈ 5.763 (µ. ἐξ ἀποδίωµαι), ferner 2.84 βουλῆς ἒξ ἦρχε νέεσθαι (s.d.); zu den VE-Formeln mit gedehntem ᾱ̓πο- s. HOEKSTRA 1978, 18–23.
253–254 Zusammenfassender Abschluß der Szene (vgl. 220b–254n.), mit naturgemäß weitgehend chiastischer Anordnung der Handlungsschritte: 221 Gang in die Unterkunft, 228 Gefäß in der Truhe, 231 Gebet und Libation – 253 Libation und Gebet, 254a Gang zurück in die Unterkunft, 254b Gefäß wieder in der Truhe. 249 ἔφατ(ο): 3. Sg. Impf. zu φηµί; zum Medium R 23. — τοῦ: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — µητίετα: Nom. Sg., ‘reich an µῆτις’. 251 µέν (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.5. — ἀπώσασθαι: Subjektsakk. Πάτροκλον (ebenso 252). 252 σόον: = σῶν ‘heil, unversehrt’; zur ep. Zerdehnung R 8. — µάχης ἔξ: = ἐκ µ. (R 20.2). — ἀπονέεσθαι: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); zur unkontrahierten Form R 6.
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253 2. VH ≈ 3.350, 17.46, 17.498, Od. 13.51. — ἤ τ ο ι ὃ µ έ ν : eine der zahlreichen (wohl v.a. metrisch bedingten) Partikelgruppen, die die Elemente ‘Subjekt’ und ‘Satzverbindung’ enthalten: VISSER 1987, 147f. 187f.; 6.404n. (16× Il. am VA). ἤτοι hat oft die Funktion von µέν (399n.) oder tritt wie hier verstärkend zu µέν hinzu (RUIJGH [1981] 1996). — σ π ε ί σ α ς τ ε κ α ὶ ε ὐ ξ ά µ ε ν ο ς : ≈ Od. 3.45, ferner Il. 24.253, Od. 15.258. Zur traditionellen Verbindung der beiden Verben MUELLNER 1976, 34f.; vgl. oben 220b–254n. 254 1. VH ≈ 11.623.
255–256 Achilleus nimmt wieder seine Zuschauerhaltung ein: er steht an einem bestimmten Ort und beobachtet mit einer Mischung aus Sehnsucht und Besorgnis (JANKO zu 253–6: “the mingled longing and concern”) das Kampfgeschehen, ohne sich selbst zu beteiligen (so schon 11.600f., und zwar vom Heck seines Schiffes aus; vgl. 127 ‘ich sehe Feuer’); als handelnde Figur wird Achilleus erst wieder zu Beginn des 18. Gesangs in den Blick kommen, und zwar ‘vor den Schiffen’ (vgl. 18.3–5n.; dazwischen noch der Erzählerkommentar 17.404–411 über Achills Ahnungslosigkeit in bezug auf das Schicksal des Patroklos und natürlich mehrfache Namensnennung im Zusammenhang mit Patroklos, mit seinen Pferden, seiner Rüstung usw.). — Mit ‘denn noch wollte er …’ gibt der Erzähler eine Deutung oder Erklärung für die eben genannte Handlung (RICHARDSON 1990, 148f. [mit Stellensammlung S. 235]); dabei sind Deutung durch den Erzähler und Sekundäre FokalisationP nicht immer strikt unterscheidbar (vgl. DE JONG [1987] 2004, 110–113). 255 VA = Od. 16.166 (und στῆ δ(έ) am VA 49× Il., 20× Od., 2× hom.h.); VE = 21.65, 21.177, 24.236 (s.d.), ‘Hes.’ fr. 204.54 M.-W.; ≈ Il. 9.177, 17.702, Od. 3.342, 3.395, 7.184, 7.228, 13.40, 18.427, 21.273 (θυµός, Nom.). — σ τ ῆ : ‘stellte sich hin’; die stehende Haltung deutet Achills erhöhte Aufmerksamkeit an (HELLWIG 1964, 62; KURZ 1966, 56f. 65f.) – eine Mittelstellung zwischen der bloßen Sitzhaltung (Inaktivität: 1.349n.; 19.4–6a n.) und dem aktiven Sich-Erheben (18.203–204n.). Allg. zum Motiv ‘jd. stellt sich vor jn./etw. hin’ s. KELLY 2007, 141–143. — ἔ τ ι : ‘immer noch, nach wie vor, weiterhin’: Achilleus setzt seine Beobachtungshaltung fort, vgl. 11.600f., 16.127. Übersicht über die Bedeutungen von ἔτι bei BÄUMLEIN 1861, 118f.; CUNLIFFE s.v. — δ (έέ ): ≈ γάρ (90n.). — θ υ µ ῷ : zeigt an, “daß das dargestellte Geschehen besonders intensiv abläuft”, hier in bezug auf Achills Verlangen, zuzuschauen (TZAMALI 1996, 70f. [mit Lit.]; dort auch zur Frage, ob der Dat. lokativisch oder instrumental aufzufassen sei: wohl eher ersteres).
256 ≈ 4.65, 5.379; 2. VH ≈ 6.1. — Der Erzähler lenkt den Blick des Rezipienten zusammen mit demjenigen des Achilleus aufs Schlachtfeld (257ff.), s. RICHARDSON 1990, 114 mit Anm. 10 (S. 229). ε ἰ σ ι δ έ ε ι ν : Der Inf. Aor. auf -έειν gehört der hom. Kunstsprache an und findet sich nur bei einsilbigen Aoriststämmen (im 16. Gesang noch 383 βαλέειν, 761 ταµέειν). Neuere Lit.: NIKOLAEV 2013. — Τ ρ ώ ω ν κ α ὶ Ἀ χ α ι ῶ ν : flektierbare Junktur an verschiedenen 255 πάροιθ(ε): Präp. mit Gen. (κλισίης). — ἐλθών: ≈ ἐξελθών. 256 εἰσιδέειν: Inf. (R 16.4).
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Vers-Positionen (Gen. nach der Zäsur A 4 insgesamt 11× Il., 1× Od. u. am VE 1× Il.; Nom. nach der Zäsur A 1 2× Il. [darunter 770], am VE 1× Il.; Akk. 7× Il. am VE). — φ ύ λ ο π ι ν α ἰ ν ή ν : flektierbare VE-Formel (15× fgrE), s. 6.1n.; zu αἰνός auch oben 52n.
257–277 Auszug und Angriff der Myrmidonen unter Patroklos’ Führung. Letztes Element der Typisierten EreignissequenzP ‘Schlachtvorbereitung’, wiederum gleichmäßig gegliedert durch Handlung, Gleichnis und Rede (130–277n.) und ringkompositorisch gerahmt (257f. ≈ 276: Angriff auf die Troer) (JANKO zu 210–56). 257–258 2. VH von 258 ≈ 10.486, 16.783. — Der Satz wirkt nach hinten und nach vorne verbindend: er knüpft über die Gebetsszene hinaus an die vorangehende Rüstung und Aufstellung des Heeres an (198ff.; bes. 211 stíches ‘Reihen’, hier éstichon ‘marschierten los’; 218f. die Stichwörter ‘Patroklos’, ‘sich rüsten’ in vergleichbarer Handlung wie hier; s. HAINSWORTH 1966, 160), und er nimmt die folgenden Ausführungen 259–277 zusammenfassend vorweg (AH; allg. zu solchen ‘Überschriften’ 6.156–159n. mit Stellensammlung u. Lit.). µ ε γ α λ ή τ ο ρ ι … µ έ γ α φ ρ ο ν έ ο ν τ ε ς : ‘beherzt, mit großer Energie’ bzw. ‘hochgemut, von Kampfgeist erfüllt’ – Patroklos wie Myrmidonen rücken in der gleichen kampfesfreudigen, zuversichtlichen Stimmung aus. µεγαλήτωρ könnte hier also kontextbezogene Bedeutung haben, ist sonst aber generisches EpithetonP (6.283n.), von Patroklos auch nach seinem Tod 17.299 (vgl. außerdem 16.818 Πατροκλῆα µεγάθυµον, bei dessen Zurückweichen; allg. zu den Epitheta des Patroklos 20n. a.E.; zur metr. Komplementarität von µεγαλήτωρ und µεγάθυµος PARRY [1928] 1971, 86. 90). – µέγα φρονέων/-έοντε(ς) bezeichnet regelmäßig die Haltung des Angreifenden, und zwar von Griechen wie von Troern (in Gleichnissen teilweise auf Raubtiere bezogen); im 16. Gesang gehäuft (noch 758, 824; insgesamt 8× Il., wovon 7× wie hier nach der Zäsur B 2; BÖHME 1929, 49; KELLY 2007, 369f.). — ἐ ν Τ ρ ω σ ὶ … ὄ ρ ο υ σ α ν : ‘fielen in die Troer ein, stießen in die Reihen der Tr. vor’, ähnl. 783 (Patroklos) Τρωσὶ κακὰ φρονέων ἐνόρουσεν.
259–267 Das Wespen-GleichnisP – das dritte Gleichnis im Rahmen der Typisierten EreignissequenzP ‘Schlachtvorbereitung’ (vgl. 130–277n., 155–167n.) – illustriert das Ausrücken der Myrmidonen; das Stichwort ‘sie strömten hervor’ (259) greift dabei zurück auf ‘marschierten los’ (258) und wird im So-Teil präzisierend wiederholt (267: ‘strömten aus dem Schiffslager’). Über die schnelle Massenbewegung hinaus verdeutlicht das Gleichnis – in Fortführung des Wolfsgleichnisses 155ff. – die Haltung der Ausrückenden: sie sind angriffslustig und entschlossen, den Feind abzuwehren (ähnl. die Wespen und Bienen im Gleichnis 12.167–170: Verteidigung gegen vorüberziehende Jäger oder gegen Honigsammler; vgl. DI BENEDETTO 1987, 263f. Anm. 3). Ihre aggressive Haltung wird in zwei Schritten aufgebaut: (1) die Wespen werden durch Knaben mutwillig gereizt (zum Verhal-
258 ἔστιχον: ‘marschierten los, rückten aus’. — ὄφρ(α): temporal, ‘bis’ (R 22.2).
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ten der Knaben vgl. 15.362–364: ein Junge zerstört im ausgelassenen Spiel seine Sandburg), (2) sie greifen infolgedessen jeden beliebigen Passanten an. Das Scharnier zwischen (1) Ausgangslage und (2) Folge bildet V. 262 mit seiner prägnanten Aussage ‘gemeinsames Übel für viele’ (vgl. V. 329 ‘ein Übel für viele Menschen’ [Chimaira], ferner Archilochos fr. 93a.7 West ‘gemeinsames Übel’, in positiver Wendung Tyrtaios fr. 12.15 West ‘gemeinsames Wohl für Stadt und Bevölkerung’, Herodot 7.53 ‘gemeinsames Wohl für alle’, ferner Certamen § 11 West ‘[Gerechtigkeit schafft] gemeinsamen Nutzen durch persönlichen Einsatz’; SNELL 1969, 21f.). Das Gleichnis erhält dadurch in weitestem Sinne einen politischen Charakter, während die Wespen ihrerseits “a strikingly anthropomorphic touch” aufweisen: 261 ‘Häuser’, 264 ‘wehrhaftes Herz’, 265 ‘sie wehren sich für ihre Kinder’: KIRK 1976, 6f.; ähnl. SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 31; allg. zur sog. imagery interaction 2.87n. Ob und wie weit man weitere Details des vorl. Gleichnisses auf die konkrete Situation beziehen kann, ist umstritten (z.B. die provozierenden Knaben ≈ die angreifenden Troer; der nichtsahnende Wanderer ≈ die vom Gegenangriff überraschten Troer; der Schutz der Wespenkinder ≈ die Verteidigung der Schiffe); sie bilden wohl eher einen natürlichen Bestandteil der dargestellten Bildwelt und müssen nicht – jedenfalls nicht in erster Linie und nicht in jedem Fall – die Ereignisse getreu abbilden oder antizipieren. – Lit. zum Gleichnis insgesamt und zum Verhältnis der beiden Teile (1) und (2): KAKRIDIS (1960) 1971; KRISCHER 1971, 46f.; SCOTT 1974, 157–159; KIRK a.O. 6–8; LATACZ 1977, 252–255; HOFMEISTER 1995, 311f.; ERBSE 2000, 266–268; LE MEUR 2009, 61; JANKO zu 259–65. Zur umstrittenen erweiterten Deutung der Details (in unterschiedlicher Weise etwa bei TSAGARAKIS 1982, 146; HOFMEISTER a.O. 312f.; SCOTT 2009, 160) s. die Vorbehalte u.a. bei REUCHER 1983, 315f.; LOWENSTAM 1993, 5f.; ERBSE a.O. Zu einer etwaigen proleptischen Funktion des Gleichnisses – die Troer werden erfolgreich abgewehrt werden – s. DUCKWORTH 1933, 14f. (Weiteres zu proleptischen Gleichnissen in 751–754n. mit Lit.). Zu Kindergleichnissen s.o. 7–11n. (darunter öfter das Motiv ‘Eltern beschützen ihre Jungen’: “vivid comparisons to an audience whose fighting men too often had to do just that” [HAINSWORTH zu 12.167–70]); zu Insektengleichnissen 2.87–94n. mit Lit. (ferner READY 2012, 75–77). Wespen erscheinen als Vergleichsmotiv noch in 12.167ff.; eine biblische Parallele ist verzeichnet bei WEST 1997, 249. Stilistisches: zu den Alliterationen (5× ε- 259f., 3× π- 265) vgl. 155–167n. (Absatz c). Zum Beinahe-Reim am VE von 259–261 (und Beinahe-Binnenreim 261) vgl. 174n. Zur Häufung von EnjambementsP KIRK a.O. 153f. Zur ringkompositorischen Anlage von Gleichnissen mit wiederholtem Stichwort s. 7n. (hier (ἐξ)εχέοντο 259/267).
259 Das aggressive Verhalten von gereizten Wespen (v.a. bei Störung ihrer Brutstätte) ist damals wie heute gut bekannt, vgl. außer 264 ‘wehrhaftes Herz’ z.B. auch Aristophanes, Wespen 1104f. u.ö. (MARCOVICH 1962, 289f.; DAVIES/KATHI-
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1986, 75f.; Erlebnisberichte bei HAMPE 1952, 10f.; KAKRIDIS [1960] 1971, 140; ERBSE 2000, 267f.).
RITHAMBY
α ὐ τ ί κ α : steht oft verstärkend bei Handlungen, die selbst ein Einsetzen oder Angreifen ausdrücken: ERREN 1970, 35ff. (z.St. 37) u. 56. — σ φ ή κ ε σ σ ι ν ἐ ο ι κ ό τ ε ς : typ. Vergleichsformel vor der Zäsur C 2 (-σιν ἐοικότ- 16× Il., 4× Od., 2× Hes. Th.): HOEKSTRA 1981, 49f. — ἐ ξ ε χ έ ο ν τ ο : ‘sie strömten aus’, charakteristisches Verb zum Ausdruck einer Massenbewegung, vgl. das Ausströmen 19.356ff. (mit Schneeflocken-Gleichnis: 19.357– 361n.): KURZ 1966, 140; FENNO 2005, 478f.
260 Der Hinweis auf die Lage des Wespennests am Wegrand ist betont (runover word; anschließende Präzisierung in V. 261 [s.d.]): er bereitet das Motiv des Wanderers vor, vgl. 6.15 (reicher Mann wohnt am Weg und nimmt Reisende auf), 7.142–144 (Lykurg erschlägt Areïthoos in einem Hohlweg), 12.167–170 (Wespen am Wegrand wehren sich gegen Jäger); BECKER 1937, 16. 47. ο ὓ ς … ἐ ρ ι δ µ α ί ν ω σ ι ν : In den hom. Gleichnissen steht in den Nebensätzen teils Ind., teils wie hier Konj. (zu den Rel.-Sätzen mit Konj. s. RUIJGH 399–403; CHANTR. 2.245; zu den Temp.-Sätzen 2.147–148n.; allg. zum Konj. im NS SCHW. 2.312f.). — ἐ ρ ι δ µ α ί ν ω σ ι ν : kausativ ‘aggressiv machen, zum Kampf reizen’ (LfgrE); hom. hapaxP neben ἐριδαίνω (16.765 u.ö.), viell. denominativ zu ἔρισµα (4.38) wie ὀνοµαίνω/θαυµαίνω < ὄνοµα/ θαῦµα u.ä., oder aber zu ἐρίζω wie σκυδµαίνω zu σκύζοµαι (RISCH 290; CHANTR. 1.343). — ἔ θ ο ν τ ε ς : Bed. unsicher, wird oft mit ἔθος/εἴωθα in Zusammenhang gebracht, also ‘gewohnheitsmäßig, wie es ihre Art ist’; prägnanter dagegen die Bed. ‘aufwühlend, stochernd’ (schol. D: βλάπτοντες; dann viell. mit ὠθέω verwandt), noch 9.539f. vom Kalydonischen Eber, der die Felder des Oineus verwüstet, und Call. fr. 55 Pfeiffer vom Löwen von Nemea (FRISK, DELG, BEEKES u. LfgrE s.v.; HAINSWORTH zu 9.540; TOSI 1997, 232–234). 261 Der Vers bildet gleichsam eine Erläuterung für die im fgrE selten vorkommenden Begriffe εἰνόδιος, ἐριδµαίνω, ἔθων (260); solche ‘selbsterläuternden’ Verstärkungen (Epexegesen) – hier als Partizipialkonstruktionen – haben sonst meist die Form von Relativsätzen und dienen der Emphase (24.479n. a.E., mit weiteren Belegen). — κ ε ρ τ ο µ έ ο ν τ ε ς : Vgl. 24.649–658n. zur Bed. ‘provozieren’, was auch hier gemeint sein dürfte (ERBSE 2000, 267; ähnl. LfgrE: ‘ärgern’), auch wenn das Verb nur an der vorl. Stelle eine nichtverbale Provokation bezeichnet – für Aristarch u. Aristophanes v. Byz. mit ein Grund, den Vers zu athetieren (nebst dem erwähnten Wiederholungscharakter von V. 261 nach 260: schol. A; Argumente gegen die Athetese bei VAN DER VALK 1964, 448f.; SCOTT 1974, 158f.; LÜHRS 1992, 93; ERBSE a.O. 266f.). — ο ἰ κ ί ’ ἔ χ ο ν τ α ς : flektierbare VE-Formel (1× Il., 2× Od., 3× Hes.). οἰκίον von der Tierbehausung u.a. auch 12.168 (Wespen; vgl. 12.169 δόµος), 12.221 (Adler), h.Merc. 555 (Bienen); s.o. 259–267n. zum Anthropomorphismus.
260 εἰνοδίοις: = ἐν-οδίοις; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 261 αἰεί: = ἀεί. — ὁδῷ ἔπι: = ἐφ’ ὁδῷ (R 20.2). — ἔπι (ϝ)οικί’ ἔχοντας: zur Prosodie R 4.3 bzw. 5.1.
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262 Zum sprichwörtlichen Charakter des Verses s. 259–267n. ν η π ί α χ ο ι : (viell. expressive) Nebenform zu νήπιος (RISCH 175f.; 2.338n.), aber – anders als dieses – nur von Kindern (‘klein, dumm’, 3× Il.; vgl. 8n.; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.408); hat hier wie 46 νήπιος die Funktion eines Erzählerkommentars (s. 46–47n.). — ξ υ ν ὸ ν δ έ …: begründet die Wertung der Knaben als νηπίαχοι (AH; KAKRIDIS [1960] 1971, 140; zu begründendem δέ s. 90n.; bes. nach νήπιος u.ä: RACE 1999/2000, 222–224). Zur Verwendung von ξυνός im fgrE s. 18.309n. — τ ι θ ε ῖ σ ι : im fgrE übliche ion. Form der 3. Pl. Präs. (< *τίθεντι): G 92; CHANTR. 1.298. Vgl. διδοῦσιν 19.265n. 263 τ ο ὺ ς δ (έέ ): vorangestellt, um den Bezug auf σφῆκες zu verdeutlichen (wie 11.116 ἣ δ’ εἴ περ τε zu 113 ἐλάφοιο, 22.191 τὸν δ’ εἴ πέρ τε zu 189 κύων: AH u. DE JONG zu 22.191); bildet zugleich die Überleitung zum zweiten Teil des Gleichnisses: Darstellung der Folgen, die sich aus der Reizung der Wespen ergeben (vgl. 259–267n.). — ε ἴ π ε ρ : ‘wenn auch (nur)’, konzessiv (gedanklich mit παρά ‘daran vorbei’ und bes. ἀέκων ‘unabsichtlich’ zu verbinden), mit iterativem Konj.: HENTZE 1907, 358; FRÄNKEL 1925, 9; RUIJGH 519f. — τ ί ς τ ε : ‘ein beliebiger’, verstärktes τις (wie lat. quisque: 14.90n., mit Lit.; vgl. AH, Anh.); alternativ läßt sich τε zu εἴ περ ziehen (wie z.B. an den beiden oben zu τοὺς δ(έ) zitierten Stellen; vgl. die Überlegungen dazu bei RUIJGH 711–714). — κ ι ώ ν : Das defektive Verb hat trotz aor. Form meist imperfektive Bedeutung: LfgrE s.v. κίε; KÖLLIGAN 2007, 162f. — ἄ ν θ ρ ω π ο ς ὁ δ ί τ η ς : formal eine typ. Verbindung von Gattungsbegriff und Funktionsbez. (2.474n. mit Lit.); ungewöhnlich ist die Verwendung von ἄνθρωπος statt ἀνήρ: nur zusammen mit ὁδίτης (noch Od. 13.123, im Plural; überhaupt ist singularischer Gebrauch von ἄνθρωπος im fgrE selten [z.B. 315]); s. LfgrE s.v. 903f.; LEAF; BENARDETE 1963, 2.
264–265 Mit der Wortwahl ‘mit wehrhaftem Herzen’ nimmt der Erzähler Bezug auf Achills Kampfparänese (209): der Angriff steht nunmehr unmittelbar bevor. Zum Leitmotiv ‘Wehrkraft/Kampfesmut’ s. 157–158n., zur Übertragung menschlicher Begriffe auf die Tierwelt 488n.; allg. zum Anthropomorphismus im vorl. Gleichnis 259–267n. κ ι ν ή σ ῃ : entweder objektiv ‘put into motion, mobilize’ (KAKRIDIS [1960] 1971, 139f.) oder subjektiv ‘aufstören, aufscheuchen’ (AH; LfgrE); vgl. 280. — ἀ έ κ ω ν : hier ‘unabsichtlich’ (LfgrE; WILLIAMS 1993, 186 Anm. 4); in dieser Bed. nur noch ‘Hes.’ fr. 171.8 M.-W. (Apollon tötet versehentlich Hyakinthos). — ο ἳ δ ’ … ἔ χ ο ν τ ε ς | … π ᾶ ς π έ τ ε τ α ι : distributive Apposition mit πᾶς anstelle von üblichem ἕκαστος (z.B. 351: AH; allg. zur distributiven App. K.-G. 1.286f.; SCHW. 2.616). Zur Kongruenz des Prädikats mit der 262 ξυνόν: = κοινόν. — πολέεσσι: = πολλοῖς (R 11.3, 12.2). — τιθεῖσιν: = τιθέασιν; Subjekt: παῖδες. 263 τούς: sc. die Wespen; demonstr.-anaphor. Pron. (R 17), in V. 264 durch οἳ δ(έ) wiederaufgenommen. — παρὰ … κιών: sog. Tmesis (R 20.2); κιών ist Ptz. eines defektiven Verbs mit der Bed. ‘gehen’. — τε: ‘episches τε’ (R 24.11). 264 ἀέκων: zur unkontrahierten Form R 6. — δ(έ): apodotisch (R 24.3). 265 πρόσσω: zum -σσ- R 9.1. — ἀµύνει (ϝ)οῖσι: zur Prosodie R 4.4; οἷσι ist Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4).
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Apposition statt mit dem Subj. s. K.-G. 1.287 (mit nachhom. Belegen); HAHN 1954, 201; CHANTR. 2.15. — ο ἳ δ (έέ ): ‘apodotisches δέ’ kann nach Kondizional- und Konzessivsätzen adversative Bedeutung haben (‘doch’) und steht dann oft bei einem (betonten) Pronomen, so auch 1.137, 4.261–263, 12.245f., Od. 13.143f. (AH); ähnl. ἀλλά in V. 38 (36–45n. a.E.). — ἄ λ κ ι µ ο ν ἦ τ ο ρ ἔ χ ο ν τ ε ς : 209n. — π ρ ό σ σ ω : wie hier und 382 (Pferde) öfter im Zusammenhang eines Angriffs (‘vorwärtsstürmen’, mit ἵεµαι u.ä., auch von Menschen und Waffen; s. LfgrE). – Zur p-Alliteration 259–267n. a.E. — ο ἷ σ ι τ έ κ ε σ σ ι ν : VE = 17.133 (Löwe im Gleichnis), Od. 10.61; ≈ Od. 2.178, 8.243 (σοῖσι), 3× ‘Hes.’ (σφετέροισι), ferner Il. 12.222 (τεκέεσσιν ἑοῖσιν). – τέκος 4× Il. von einem Tierjungen. 266 2. VH ≈ Hes. Op. 340. — τ ῶ ν … κ ρ α δ ί η ν κ α ὶ θ υ µ ό ν ἔ χ ο ν τ ε ς : Einleitung des SoTeils ohne Vergleichspartikel (vgl. 752n.). — κ ρ α δ ί η ν κ α ὶ θ υ µ ό ν : in V. 52 reine seel. Instanz (s.d., auch zur Formelhaftigkeit), hier prägnant von der ‘Gesinnung, inneren Haltung’ (mit Gen. τῶν ‘deren Gesinnung’, d.h. ‘der Wespen’), vgl. 1.225 (Achilleus zu Agamemnon) κραδίην δ’ ἐλάφοιο sc. ἔχων, 16.219 ἕνα θυµὸν ἔχοντες (s.d.).
267 ≈ Epigoni fr. 7.2 Bernabé / fr. adesp. 2.6 Davies; 2. VH = 11.500, 11.530 (dort im Perfekt), 13.169, 13.540; ≈ Od. 24.48, Hes. Th. 849, ferner Il. 11.50 (im VersInnern). — Zur rahmenden Wiederaufnahme von V. 259 (‘strömten hervor’) s.o. 259–267n. – Das Angriffsgeschrei ist ein “taktisches Mittel zur gegenseitigen Ermutigung der Kämpfer und zur Abschreckung des Gegners”: STOEVESANDT 2004, 88 (s. auch KRAPP 1964, 68–76); es wird nach der Kampfparänese noch verstärkt durch den Widerhall an den Schiffen (276f.); weitere Stellen im 16. Gesang: 428– 430 Patroklos und Sarpedon, 565f. die beiden gegnerischen Heere, 784f. Patroklos. Das Epitheton ásbestos ‘unauslöschlich’, eigentlich Attribut der Flamme (z.B. 123), wird übertragen auch vom Lachen (1.599 u.ö.) und vom (Kampf-) Geschrei (s. Iterata) verwendet: “Angabe der Lautstärke und Intensität der Geräusche, ihrer überwältigenden Kraft und wohl auch ihrer zeitlichen und räumlichen Ausdehnung” (KRAPP a.O. 227; vgl. KAIMIO 1977, 54; LfgrE); zur Synästhesie von Feuer und Lauten vgl. 2.93 mit n. (vom ‘Lauffeuer’ eines Gerüchts). β ο ὴ … ὀ ρ ώ ρ ε ι : vgl. 633 ὀρυµαγδὸς ὄρωρεν u.ä. (2.810n.).
268–277 Kampfparänese des Patroklos, letztes Element der Typisierten EreignissequenzP ‘Schlachtvorbereitung’ (130–277n.). Typische Struktur: Rede-EinleitungsformelP ‘er rief laut’ o.ä. (268 mit Iterata) – Anrede an das Heer (269) – Kampf-Appell (270 mit Iterata) – Argumentation (271–274: Ehre; Vertrauen in die eigene Tapferkeit und diejenige des Heeresführers) – Rede-Abschlußformel und Reaktion des Heeres (275–277). Patroklos stellt den bevorstehenden Einsatz unter die offizielle ‘Doktrin’ des Achilleus, wie die betonte Verwendung der Begriffe ‘Ehre’ und ‘Bester’ (271, 274) sowie die wörtliche Wiederholung der Konsequenzen, die sich für Agamemnon aus Achills Kampfboykott ergeben sollten 267 ὀρώρει: 3. Sg. Plpf. zu ὄρνυµι; intrans., ‘sich erheben’.
Kommentar
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(273f. = 1.411f., zudem 274 ≈ 1.244), andeuten: indem die Myrmidonen Achilleus mit der erfolgreichen Abwehr der Troer Ehre verschaffen, wird auch die Wiederherstellung seiner Ehre von seiten Agamemnons vorbereitet, und indem sie ihre Leistungsfähigkeit nun tatkräftig unter Beweis stellen, demonstrieren sie, welche militärische Einbuße ihre Abwesenheit bedeutet hatte (MUELLNER 1996, 134; vgl. schol. bT zu 273–4; REUCHER 1983, 316; LATACZ [1995] 2014, 324f.; KIM 2000, 26). – Lit. zu Kampfparänesen allg.: FINGERLE 1939, 82–129 (“Feldherrnreden”, “Kampfaufrufe”); STOEVESANDT 2004, 275–304; BECK 2005, 152f.; Listen von Kampfparänesen bei LATACZ 1977, 248–250, u. HELLMANN 2000, 85f. Anm. 68. Die neuzeitliche Homerforschung hat die Rede (oder Teile davon) wegen der zahlreich vorkommenden Iteratverse, wegen der vermeintlich unpassenden Wiederholung von 1.411f. (dort in der Funktion einer Drohung) und wegen des scheinbar glatten Anschlusses von V. 278 an 267 oder 258 verworfen (AH, Anh. zu Il. 16, S. 18f.; LEAF zu 259 u. 273; WILAMOWITZ 1916, 126f.). Siehe dagegen die oben gegebene Deutung (und bes. zur Typik der Kampfparänese mit ihren Iteratversen FINGERLE 1939, 110 Anm. 21).
268 1. VH = 9.658; 2. VH = 6.66, 6.110, 8.172, 11.285, 15.346, 15.424, 15.485, 17.183. — Formelhafte Rede-EinleitungP bei Kampfparänesen, außer hier (Patroklos) und 6.66 (Nestor) 7× von Hektor (6.66n.; FINGERLE 1939, 87; KELLY 2007, 200f.). Oft wie hier in Verbindung mit dem Formelvers 270 (s.d. die Iterata). ἑ τ ά ρ ο ι σ ι ν ἐ κ έ κ λ ε τ ο : = 18.343, Od. 14.413, h.Bacch. 16; hier mit der VE-Formel ἐκέκλετο µακρὸν ἀΰσας (9× Il.) kombiniert. – (ἐ)κέκλετο ist redupl. Wurzelaorist zu κέλοµαι (vgl. λελαθέσθω 200–201n.); κέλοµαι hat die Grundbed. ‘antreiben’ und ist wahrscheinlich verwandt mit κέλλω ‘ein Schiff am Ufer auflaufen lassen, mit dem Schiff landen’ (dazu auch κέλης ‘Rennpferd’ Od. 5.371, lat. celer ‘schnell’); die im hom. Epos oft vorliegende sekundäre Bed. ‘zurufen’ (so auch hier) ist viell. durch die klangliche Nähe zu καλέω ‘rufen’ bedingt; s. FRISK u. BEEKES s.v. κέλλω. – Zum Begriff hétaros ‘Kamerad’ s. 24.4n.
269 2. VH = 1.1, 1.322, 9.166, 16.653, 24.406, Od. 11.467, 24.15; ≈ Od. 8.75. — Ganzvers-Anrede (21n.), passend im Mund des Patroklos in seiner Funktion als Achills Stellvertreter (vgl. FRIEDRICH 2007, 103). Zur ‘offiziellen’ PatronymikonFormel ‘Peleus-Sohn Achilleus’ s. 1.1n. (vgl. 24.406n.). Μ υ ρ µ ι δ ό ν ε ς , ἕ τ α ρ ο ι : Zur Prosodie (urspr. Digamma-Anlaut bei ἕταρος?) s. 19.345n.
270 = 6.112 (Vulgattext), 8.174, 11.287, 15.487, 15.734, 17.185. Typischer Appell in Kampfparänesen (KELLY 2007, 202–204), außer hier (Patroklos) und 15.734 (Aias) 5× in Reden Hektors (MACKIE 1996, 91f.). — Die Aufforderung ‘seid Männer!’ ist ein Appell zu solidarischem Verhalten gegenüber den eigenen Leuten 268 ἐκέκλετο (+ Dat.): reduplizierter Aor. zu κέλοµαι ‘antreiben, ermahnen, zurufen’. — µακρόν: adv., ‘weithin hörbar, laut’. 269 Πηληϊάδε͜ω Ἀχιλῆος: zur Flexion R 11.1 bzw. 11.3; zur Synizese R 7. 270 ἀνέρες: = ἄνδρες; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
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und zu Mut im Kampf gegen die Feinde, außer in den Iteratversen auch 5.529, 15.561/661 (BASSI 2003, 33f.; GRAZIOSI/HAUBOLD 2003, 68f.; STOEVESANDT 2004, 300; PAGANI 2008, 335f.). — Die Wendung ‘sich an die Kampfkraft erinnern, der Wehrhaftigkeit gedenken’ ist eine häufige Umschreibung für Angriffslust und Tapferkeit, und zwar in bezug sowohl auf die mentale Einstellung als auch auf den praktischen Kampfeinsatz; Gegenteil: ‘die Kampfkraft/Wehrhaftigkeit vergessen (d.h. fahren lassen)’ (357, s.d.), negiert ‘sie ließen die Kampfkraft nicht fahren, sondern griffen zielstrebig an’ (601f.). µ ν ή σ α σ θ ε : ‘seine Gedanken/Aufmerksamkeit richten auf, denken an’ (s.u. 357n.). — θ ο ύ ρ ι δ ο ς ἀ λ κ ῆ ς : VE-Formel (21× Il., 1× Od.), stets nach Verben des Erinnerns, Wissens, Vergessens, Erstrebens oder Nachlassens (COLLINS 1998, 78f.); vgl. ferner VE θοῦριν ἐπιειµένοι ἀλκήν (18.157n.). – Zu ἀλκή 157–158n.; zum Epitheton θοῦρις ‘stürmisch, ungestüm’ 18.157n. (verwandt mit θορεῖν ‘springen’).
271 VE = 17.164 (und 272 = 17.165), Od. 22.29; ≈ Il. 6.209, Od. 23.121, hom.h. 15.1. — Mit dem Begriff der ‘Ehre’ wird sowohl Achills Auftrag von V. 84 wiedergegeben als auch zugleich auf die (wiedergutzumachende) ‘Entehrung’ Achills durch Agamemnon angespielt (274; s. 84n., 237n.). Zur Formulierung ‘bei weitem der Beste’ s.o. 21n. Π η λ ε ΐ δ η ν : Das Patronymikon (wiederaufgenommen aus V. 269) vertritt den Eigennamen allein (und zwar in über zwei Dritteln seiner Belegstellen im hom. Epos: LfgrE); ähnl. 438 Μενοιτιάδης. — τ ι µ ή σ ο µ ε ν : τιµάω i.S.v. ‘Krieger verschaffen dem König durch ihren tapferen Einsatz Ehre’, ebenso in bezug auf Agamemnon 1.159 (τιµὴν ἀρνύµενοι), 1.174f. (ἄλλοι, | οἵ κέ µε τιµήσουσι): AH; LfgrE s.v. 517.4ff. 272 = 17.165 (Glaukos über Achill u. die Myrmidonen); 1. VH = 22.89, Od. 1.61; ≈ Il. 2.725, 8.183; 2. VH (von Zäsur B 2 an) ≈ 248, Od. 1.109. — κ α ὶ ἀ γ χ έ µ α χ ο ι θ ε ρ ά π ο ν τ ε ς : sc. ἄριστοί εἰµεν, d.h. ‘… der der Beste ist … wie auch wir im Nahkampf geübte Gefährten ⟨die Besten sind⟩’ oder ‘… der der Beste ist … mitsamt uns, seinen im Nahkampf geübten Gefährten’ (“Erweiterung des Subjekts ὅς”: AH; vgl. schol. T). Mit θεράποντες (vgl. 165n.) sind hier alle Myrmidonen gemeint, gewissermaßen Achills ‘Heeresgefolge’ – eine symbolische Bezeichnung, die “affektisch auf die Unterordnung der Soldaten unter (ihren) Führer” zielt (LfgrE s.v. 1019.22.ff.; vgl. MUELLNER 1996, 134). – Zu ἀγχέµαχοι 248n.
273–274 = 1.411f. (Achill zu Thetis; Patroklos hat die Worte in der Vorstellung des Erzählers wohl von Achill selbst erfahren: DE JONG [1987] 2004, 283 Anm. 83); außerdem 1. VH von 273 ≈ 24.688; 274 ≈ 1.244 (erste Drohung Achills); vgl. 268–277n. — Zum Begriff der átē ‘Verblendung’ und zur Charakterisierung von Agamemnons Handeln s. 1.412n., 19.88n.
271 ὡς ἄν (+ Konj.): final (im hom. Epos auch mit Modalpartikel: R 21.1). — τιµήσοµεν: kurzvokal. Konj. Aor. (R 16.3). — µέγ(α): adv., ‘bei weitem’.
Kommentar
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Ἀ τ ρ ε ΐ δ η ς ε ὐ ρ ὺ κ ρ ε ί ω ν Ἀ γ α µ έ µ ν ω ν : ‘Langformel’ 10× Il., 1× Od., davon 3× als Ganzvers-Formel mit VA ἥρως, sowohl in direkter Rede als auch im Erzähler-TextP verwendet (1.102n.; vgl. oben 58–59n.); vielleicht mit ironischer Nuance (1.355n.). — ὅ τ (εε ): hier wohl faktisches ‘daß’ (s. 1.244n. mit Diskussion).
275 = 210 (u.ö., s.d. [Formelvers]). Im vorl. Zusammenhang verklammert der gemeinsame Abschlußvers die beiden Kampfparänesen des Achilleus und des Patroklos formal und inhaltlich (die Kampfparänese des Stellvertreters Patroklos hat bei den Soldaten die gleiche Wirkung wie die des Heereskommandanten). 276a Die Myrmidonen gehen zum geschlossenen Angriff über (Anknüpfung an die Handlung 257f.: Ausrücken des Heers; s. LATACZ 1977, 252f., zur Verbindung von Wespengleichnis, Kampfparänese und Angriff). ἐ ν δ ’ ἔ π ε σ ο ν : wie Achill in V. 81 befohlen hatte: ἔµπεσ’ ἐπικρατέως (schol. bT). — ἀ ο λ λ έ ε ς : ‘dicht gedrängt, geschlossen’, von der Angriffsformation wie 211ff., vgl. 12.77f., 13.39f., 13.136 u.ö. (LfgrE).
276b–277 = 2.333b–334 (weitere Iterata s.d. und 2.334n.). — Die Angriffslust korreliert mit der akustischen Intensität, verstärkt durch den Widerhall an den Schiffen (2.333–335n.; vgl. 19.41n.); zum Angriffsgeschrei s.o. 267n. σ µ ε ρ δ α λ έ ο ν : ‘schrecklich, furchtbar’, vom akustischen oder optischen Eindruck, stets am VA (2.309n. mit Lit.; ferner KELLY 2007, 135f.; LfgrE). — ὑ π ’ Ἀ χ α ι ῶ ν : VE-Formel (8× Il.; vgl. 303n.); mit den ‘Achaiern’ sind hier entweder nur die Myrmidonen gemeint (AH; vgl. schol. T zu 276) oder doch alle Achaier, die “ihrerseits erneut Mut fassen und zum Angriff eilen, zumal wenig später fortwährend von ‘Danaern’ (295, 301) und ‘Achaiern’ (303) die Rede ist” (KRAPP 1964, 298 Anm. 2; in diesem Sinn auch JANKO zu 266–77).
278–418 Flucht der Troer. Der Gegenangriff des Patroklos bzw. das Rückzugsgefecht und die Flucht der Troer werden mit Hilfe von Motiven dargestellt, die für epische Kampfschilderungen konventionell sind: Erschrecken beim Anblick des Helden (hier Patroklos; 278–283 [s.d.]); erster Einzelerfolg des Helden und Rückzug der Gegner (284–305, mit abschließendem Gleichnis); Überlegenheit der Achaier (Katalog von Tötungen, sog. Androktasie-Szene: 306–357, mit abschließendem Gleichnis); Bedrängnis des Troerführers (358–363; das Geplänkel zwischen Aias und Hektor läßt an deren Kampf bei Protesilaos’ Schiff zurückdenken [15.674ff., 16.102–123]); Flucht der Troer und ihrer Pferde zum Graben und darüber hinweg (364–393, mit einleitendem und mit abschließendem Gleichnis); weitere Siege des Patroklos (394–418, fortgeführt 419ff. im Zweikampf mit Sarpedon). Diese Handlungsstruktur hat – bei an274 ἥν: Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). — οὐδέν: ‘in keiner Weise, überhaupt nicht’; Akk. der Beziehung (R 19.1). 276 ἐν … ἔπεσον: sog. Tmesis (R 20.2).
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derem Personal – eine enge Parallele in 5.1–94 (STRASBURGER 1954, 63–65; FENIK 1968, 9f. 191f.; ausführlich zum vorl. Abschnitt ebd. 191–200). – Die Position der Troer verschlechtert sich schrittweise: Panik und Wanken der Front (280/283), einsetzende Fluchtbewegung im Bereich des umkämpften Schiffes (294–296), Rückzugsgefecht auf der ganzen Linie (303–305, durch die Androktasie-Szene 306ff. exemplifiziert), Flucht (356f.; auch Hektor vermag nur noch kurz standzuhalten: 362f.), Chaos und Panik am/im Graben (Menschen, Pferde, Wagen: 366ff.); vgl. die Paraphrase bei ALBRACHT 1886, 49, sowie die Strukturskizzen bei FENIK 1968, 194; LATACZ 1977, 106f.; STANLEY 1993, 171; STOEVESANDT 2004, 373. Bes. zu den Fluchtphasen als Erzähl-Elementen in der Ilias s. 6.1–72n. mit Lit.; ferner LATACZ a. O. 212–214; KELLY 2007, 117–121; PAGANI 2008, 401–406. – Die fünf Gleichnisse des vorl. Abschnitts haben gliedernde und sinngebende Funktion (v.a. die Reihe der Wettergleichnisse, s. 297–302a n.): KRISCHER 1971, 53f.; MOULTON 1977, 33–38; NIMIS 1987, 87–92 (mit etwas einseitiger Deutung); STANLEY a.O. 170f. 278–357 Die Troer geraten beim Anblick des Patroklos (in Achills Rüstung) in Panik und liefern den Griechen ein Rückzugsgefecht. Kämpfe Mann gegen Mann. 278–283 Der Anblick eines gegnerischen Helden kann Erschrecken auslösen: 3.30f. (Menelaos), 5.571f. (Menelaos u. Antilochos), 11.345, 15.279f. (Hektor), 12.331 (Sarpedon u. Glaukos), 20.44–46 (Achilleus). Hier wird diese Wirkung provoziert (41n.): Nestor hatte Patroklos empfohlen, Achills Rüstung zu diesem Zweck anzulegen (11.798–803 ≈ 16.40–45 [36–45n.]). – Die hier mit dem Waffentausch beabsichtigte (und erreichte) Täuschung des Gegners kommt in der weiteren Handlung nicht mehr zum Tragen (lediglich noch einmal angedeutet in der Begegnung Sarpedon/Patroklos 423–425 [vgl. unten 278n., 279n., 424–425n., 492–501n.]); schon in V. 543 nennt Glaukos wie selbstverständlich Patroklos als Sieger über Sarpedon. Daher wurde die Waffentausch-Geschichte in der analytischen Homerforschung als spätere Zudichtung beurteilt (z.B. BETHE 1914, 80–86. 95) und in der Oral-Poetry-Forschung als “slight imperfection” des mündlichen Erzählers angesehen, der zwei Versionen miteinander verschmolzen habe (KIRK 1962, 220f.). Der Waffentausch als solcher ist jedoch eng mit den Ereignissen der Gesänge 16– 22 verknüpft und wird wiederholt nicht nur in Erinnerung gerufen, sondern auch für die Handlung und deren Deutung fruchtbar gemacht, bes. beim Tod des Patroklos, als Apollon ihn der Rüstung entledigt (793–804n.), bei der Übernahme der Rüstung durch Hektor (17.186f./201–208 u.ö.), bei der ‘Bestellung’ der neuen Rüstung im 18. Gesang (18.130–137 [s.d.] u.ö.) und bei der Tötung Hektors durch Achilleus (22.322f./368f.); s. KAKRIDIS 1961, 295f. mit Anm. 4; REINHARDT 1961, 330; REICHEL 1994, 128–135 (mit Stellensammlung). “Dabei erweist sich dieser Tausch […] in vielfältiger Brechung als eine verhängnisvolle Halbheit” (MARG [1957] 1991, 202): Patroklos traut sich in Achills Rüstung zu viel zu und verliert, durch einen Gott zu Fall gebracht, sein Leben (784ff.; vgl. oben 130–
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144n.); Hektor maßt sich an, Achills Rüstung zu tragen (17.198ff.), und fällt im Kampf gegen deren früheren Träger (22.330ff.) – und mit Hektors Tod ist auch Achills eigener Tod besiegelt. “Indem diese Waffen die Reihe um gehen […], jedesmal als trügerisches Versprechen des Sieges und Verführung in den Tod, um zuletzt an Achill zurückzufallen, entsteht […] eine Art von Kreislauf der Vergeltung”: REINHARDT a.O. 309f.; weitere Lit.: MARG a.O. 202f.; ARMSTRONG 1958, 349; REINHARDT a.O. 318–329; BERGOLD 1977, 107; EDWARDS 1987, 256; TAPLIN 1992, 186; READY 2011, 82–85; MÄNNLEIN-ROBERT 2014, 200–202; JANKO, Introd. zu Il. 16, S. 310f. (Eher marginal bleibt der Aspekt des Waffentauschs als “Schutz und Feiung des Hetairos, den sein Herr in die Gefahr schickt”: REINHARDT a.O. 317. 318; KAKRIDIS a.O. 289 Anm. 3; SHANNON 1975, 25f.; vgl. 14.370–382, 17.210–212. Der hom. Erzähler vermeidet es weitgehend, solche magischen Phänomene zu erwähnen: 793–804n.). – Das Täuschungsmotiv muß angesichts dieser weitreichenden Implikationen des Waffentauschs notwendigerweise immer mehr in den Hintergrund treten: würden die Troer Patroklos “die ganze Zeit für Achill halten, so wäre der tatsächlichen Rückkehr des Peliden in die Schlacht zuviel an Wirkung vorweggenommen” (REICHEL a.O. 130), und eine Aussage von seiten der Troer wie ‘das ist ja gar nicht Achill, das ist bloß Patroklos’ würde “Patroklos’ Aristie” und ihre schicksalhaften Konsequenzen “herabsetzen” (MARG a.O. 202 Anm. 2; ebenso REINHARDT a.O. 317 [vgl. ebd. 314]; BOWRA 1962, 50; EDWARDS a.O. 255). 278 1. VH ≈ 15.379, 17.724; 2. VH s.u.; vgl. auch 818. — Zum vorl. Typus des Szenenwechsels (Figur beobachtet etwas) s.o. 124n. Daß sich unter der Rüstung Patroklos (und nicht Achill) verbirgt, wissen zunächst nur der Erzähler und das Publikum (ParalepseP; vgl. die Nennung des Hermes in 24.353 [24.352n.]); ähnl. 420: im Erzähler-Text ‘Patroklos’, in Sarpedons Rede 423f. ‘damit ich erfahre, wer der Mann hier ist, der so überlegen ist’; s. schol. bT (dazu NÜNLIST 2003, 64f.; 2009, 127); DE JONG (1987) 2004, 104f.; ferner REINHARDT 1961, 316; anders z.B. AH zu 281 (die Troer schließen “aus dem Erscheinen des Patroklos, daß Achill […] auch selbst bald auf dem Schlachtfeld erscheinen werde”). Τ ρ ῶ ε ς δ (έέ ): Themawort am Satzanfang, zugleich emphat. Antithese zu 277 VE ὑπ’ Ἀχαιῶν (42n.); ähnl. 419 Σαρπηδὼν δ(έ) (in Gegenüberstellung zu nachfolgendem Πατρόκλοιο 420). Lit.: BAKKER 1997, 100 (u. 177f. zu V. 818); ALLAN 2009, 141–149. — Μ ε ν ο ι τ ί ο υ ἄ λ κ ι µ ο ν υ ἱ ό ν : Periphrastische BenennungP des Patroklos (zu Menoitios 14n.); flektierbare VE-Formel (Nom./Akk., 12× Il.; im 16. Gesang noch 307, 626, 665, 827); zur Struktur der 2. VH s. 14n. a.E. – ἄλκιµος/ν υἱός/ν findet sich 15× Il. (Patroklos, Automedon, Diomedes, Meges), 5× Hes. (Herakles), 1× h.Merc. (Hermes); zum Epitheton s. 139–140n.
278 εἴδοντο: zum Medium R 23.
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279 ≈ 13.331; 1. VH = 6.18 (Axylos/Kalesios), 13.331 (Idomeneus/Meriones); 2. VH ≈ 6.418/13.719, 12.195. — Mit ‘ihn selbst und seinen Kampfgenossen’ sind in Wirklichkeit Patroklos und Automedon gemeint, die von den Troern aber wohl als Achilleus und Patroklos identifiziert werden (eine Paarung, die in den Kämpfen des Troianischen Kriegs vor Achills Boykott vielleicht normal war, vgl. 20n.). σ ὺ ν ἔ ν τ ε σ ι : ἔντεα ist prosod. Alternative zu τεύχεα ‘Waffen, Rüstung’ (6.418n.); σύν soziativ-komitativ ‘was man auf dem Leib hat’ (SCHW. 2.489; TRÜMPY 1950, 251 Anm. 194) oder instrumental (AH, LEAF), vgl. einerseits 156 σὺν τεύχεσιν (θώρηξεν), andererseits 13.801 (Troer) χαλκῷ µαρµαίροντες; ferner ἐν ἔντεσι 19.384n. — µ α ρ µ α ί ρ ο ν τ α ς : ‘glitzernd, funkelnd’, möglicherweise onomatopoetisch, meist von Lichtreflexen auf Metall: 3.397n.; vgl. 663f. Hier mit Beinahe-Binnenreim (θεράποντα σ-; ähnl. 13.801) und mit ‘schwerem’ spondeischen VE: der bedrohliche Glanz von Patroklos’ Auftritt in Achills Rüstung kommt möglicherweise auch in der Sprache zum Ausdruck, ähnl. von Aphrodite 3.397 (zu vergleichbaren Stilmitteln s. 384n., 484–485n., 636n.; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.232–3; zur Problematik hom. Reime 174n.). Allg. zum Glanz epischer Waffen 70b–72a n.
280 1. VH = 5.29, 18.223; vgl. 16.509. — Das Verhalten der Troer weist Anzeichen einer Stressreaktion auf (‘fight or flight’, Massenpanik): Wahrnehmung der – tatsächlichen oder vermeintlichen – Bedrohung (278), Denkblockade und affektische Erregung (280a), unkontrollierte und unkoordinierte Fluchtbewegung (280b, 283), Überlebensinstinkt (283). – Die Wendung ‘jn. in Aufregung versetzen, aufwühlen, anstacheln’ (gr. thymón orínein) steht im hom. Epos häufig zum Ausdruck großer Erregung nach einer Rede oder Erscheinung (vgl. 2.142n., 3.395n., 18.223n.); meist wird dabei verstärkend hervorgehoben, daß ‘alle’ betroffen sind: 2.143n. ὀ ρ ί ν θ η : ‘wurde aufgewühlt, in Aufregung versetzt’; zur übertragenen Verwendung (bei Affekten) s. 24.467n. — φ ά λ α γ γ ε ς : ‘Schlachtreihen, Glieder’, also Teile einer größeren Heeresformation (inkl. ‘gewöhnliche’ Soldaten), im hom. Epos oft gleichbedeutend mit στίχες (173n.) verwendet (LATACZ 1977, 48f.; weitere Lit. im LfgrE s.v. und bei RAAFLAUB 1993, 54 Anm. 49; BUCHHOLZ 2010, 97–103). Αusführliche Darstellung eines (geordneten) Aufmarschs von φάλαγγες: 4.422–432.
281 ≈ 8.474. — Zur indirekten Wiedergabe von Gedanken und Gefühlen der Masse durch den Erzähler (‘sie meinten …’) s. 6.108–109n. ἐ λ π ό µ ε ν ο ι : constructio ad sensum mit Bezug auf die Soldaten der φάλαγγες (erleichtert durch die Nachwirkung des Themaworts Τρῶες 278): schol. A, D u. T zu 280f.; LEAF; zum Phänomen allg. SCHW. 2.602f.; CHANTR. 2.20f.; Parallelen bei VAN LEEUWEN zu 5.638. – Zu ἔλποµαι ‘meinen, erwarten’ (von einer falschen Annahme) s. 3.112n. — π α ρ ὰ ν α ῦ φ ι : ‘bei den Schiffen’ (variierbare Formel vor der Zäsur B 2: ἀπὸ/παρὰ ναῦφι: 5× Il., 1× Od.). Unter dem Einfluß von ἀπορρῖψαι eigtl. ablativisch zu deuten wie 8.474 πρὶν ὄρθαι παρὰ ναῦφι … Πηλεΐωνα, 18.305 παρὰ ναῦφιν ἀνέστη δῖος Ἀχιλλεύς: SCHW. 2.172f.; THOMP280 ἐκίνηθεν: = ἐκινήθησαν, ‘gerieten in Bewegung, ins Wanken’ (R 16.2). 281 ἐλπόµενοι: ‘vermutend, erwartend’.
Kommentar
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1998, 224 (mit Beispielen). Zum Suffix -φι 139–140n. (zu παλάµηφιν). — π ο δ ώ κ ε α Π η λ ε ΐ ω ν α : flektierbare VE-Formel (Akk. 10× Il., Dat. 2× Il.): 24.458n.; vgl. 134n. a.E. SON
282 Der Vers läßt möglicherweise eine Lebensweisheit anklingen (Hinweis FÜHRER). Der Parallelismus des Satzbaus (2× Objekt+Inf.) unterstreicht die inhaltliche Antithese, ebenso z.B. 7.93, 14.192, 16.701 (14.192n. mit Lit.; vgl. ferner LAUSBERG [1960] 1990, 359ff., bes. 361). µ η ν ι θ µ ό ν : 61–62n. — ἀ π ο ρ ρ ῖ ψ α ι : metaphor. Verwendung des Verbs auch 9.517, in gleichem Zusammenhang (Rede des Phoinix); weitere Wendungen mit der Bed. ‘den Groll beenden’: µ. καταπαυσέµεν 62, µῆνιν ἀποειπών 19.35/75. — φ ι λ ό τ η τ α ἑ λ έ σ θ α ι : gemeint ist wohl ‘Frieden schließen, sich versöhnen’. φιλότης i.S.v. ‘(offizielle, vertragliche) Versöhnung, Einigung, Friedensschluß’ steht gelegentlich im Gegensatz zu πόλεµος (4.15f., Od. 24.475f. u.ö.) und in Verbindung mit ἀρθµός/ἀρθµῆσαι ‘Vereinbarung, Bund’ (Il. 7.301f.: Hektor und Aias nach Kampfabbruch, mit Waffentausch; h.Merc. 524f.: Versöhnung zwischen Apollon und Hermes) oder ὅρκια πιστά ‘unter Eidopfer geschlossener Vertrag’ (Il. 3.73f. u.ö.; Od. 24.476/483 [zudem ebd. 486 εἰρήνη]): LfgrE s.v. ἀρθµῆσαι; TRÜMPY 1950, 184f.; KAKRIDIS 1963, 44f. (wo die vorl. Stelle besser unter “rétablissement de l’accord entre deux partis” einzuordnen wäre); etwas anders BENVENISTE 1969, 341ff., u. KARAVITES 1992, 48ff. (beide stellen beim hom. Gebrauch von φιλότης den Aspekt der persönl. Beziehung in den Vordergrund: ‘Freundschaftsbund, Gastfreundschaft’). – Die Bed. von ἑλέσθαι (mit abstraktem Objekt) ist hier schwer zu bestimmen, entweder mental ‘sich etw. aussuchen, optieren für’ (vgl. Telemach Od. 16.148f.: “wenn die Menschen alles selber wählen könnten, πρῶτόν κεν τοῦ πατρὸς ἑλοίµεθα νόστιµον ἦµαρ”) oder konkret ‘annehmen, sich etw. (von jm.) nehmen, bekommen’ (vgl. Od. 4.746 ἐµεῦ δ’ ἕλετο µέγαν ὅρκον [ähnl. Il. 22.119]; Il. 7.482 u.ö. κοιµήσαντ(ο) … καὶ ὕπνου δῶρον ἕλοντο). Demnach läßt sich die Antithese von ἀπορρῖψαι – ἑλέσθαι u.a. wie folgt wiedergeben: ‘verwerfen – wählen’, ‘ablegen – annehmen’.
283 = 14.507 (Reaktion der Troer auf die Greueltaten des Peneleos), Od. 22.43 (dort nur in wenigen Hss. enthalten); 2. VH ≈ Il. 6.57, Od. 1.11, 9.286, 12.287/ 446, 17.47. – Aristoteles soll diesen Vers für “den am meisten schreckenerregenden” (deinótaton) bei Homer gehalten haben: schol. T; RICHARDSON 1980, 276. π ά π τ η ν ε ν : ‘umherspähen, Ausschau halten’, oft in Angst oder Gefahr (KELLY 2007, 264f.; LfgrE). — α ἰ π ὺ ν ὄ λ ε θ ρ ο ν : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk., insgesamt 13× Il., 10× Od., ferner je 1× Il./Od. nach der Zäsur A 3). Zu αἰπύς ‘jäh’ s. 6.57n. (AffektWort, hier in Sekundärer FokalisationP).
284–305 “[D]ie Tötung eines Führers übt eine Schockwirkung auf dessen Kontingent […] aus, sie ist das Signal für die Flucht eines ganzen Front-Abschnitts” (LATACZ 1977, 211; vgl. WEST 2011, 318 [zu 294–6]), für die erfolgreiche Partei wirkt sie umgekehrt wie ein Befreiungsschlag; regelmäßig wird dabei die Tüchtig283 δὲ (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. — ὅπῃ: ‘auf welchem Weg, in welche Richtung, wohin’. — φύγοι: obliquer Optativ.
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keit des Getöteten hervorgehoben, vgl. z.B. 6.5–11, 11.744–746 (STRASBURGER 1954, 50f.; LATACZ a.O.; HELLMANN 2000, 154; WEST 2007, 490; 6.5–11n.; ähnl. schon schol. bT zu 290–1). – Formal gliedert sich die vorl. Passage in eine Detailschilderung (284–292), ein SummaryP aus der Vogelschau (293–296) und ein abschließendes Gleichnis mit nochmaligem Summary (297–305), ein Rhythmus, der im großen und ganzen auch im folgenden beibehalten wird (erneut in 306–357, 358–376 u. 377–393); vgl. RICHARDSON 1990, 16f. 284–290a Eine hom. Zweikampfszene besteht i.d.R. aus folgenden Elementen (NIENS 1987, XII–XIV; TSAGALIS 2004, 179–181): (1) Nennung des Angreifers und (2) des Angegriffenen, (3) differenzierte Bezeichnung der Aktion (mit einem oder mehreren Verben), (4) verwendete Waffe, (5) Nennung des getroffenen Körperteils, (6) Wirkung des Geschosses oder Folge der Verwundung, (7) Darstellung des eingetretenen Todes (wobei die Elemente (6) und (7) wie hier zusammenfließen können). Erweiternd können u.a. folgende Elemente hinzutreten: (2a) Angaben zur Biographie des Opfers, (3a) Angaben über die Kampfumstände, (6a) Gleichnis (hier nicht realisiert). D.h. konkret: ‘(1) Patroklos (3) schleuderte als erster [dazu 284n.] (4) den Speer, (3a) gerade hinein in die Mitte …, und (3) traf (2) Pyraichmes, (2a) der die Paioner … hergeführt hatte; den (3) traf er (5) in die rechte Schulter, (6) der aber fiel mit einem Schrei rücklings in den Staub (implizit 7)’. Die vorl. Szene hat formal und inhaltlich eine exemplarische Funktion für das nachfolgende Geschehen (Rückzug der Troer, Androktasie-Szene): BEYE 1964, 353. – Weitere Lit. zu den Elementen der hom. Kampfszenen (mit teilweise unterschiedl. Begriffen und/oder Einteilungen): STRASBURGER 1954, 15– 42; VISSER 1987, 44–57; MORRISON 1999. Zu ganzen Reihen von Kampfszenen (sog. Androktasie-Szenen) s.u. 306–357n. 284 ≈ 13.502, 14.402 (bis zur Zäsur C 2; bei beiden Stellen handelt es sich um Zweikampfschilderungen); 2. VH = 14× Il. (wovon 11× in den Gesängen 13–17), ferner ≈ 399. — Die Angabe ‘als erster’ bezeichnet weniger den Beginn der Kämpfe (faktisch) als vielmehr den Beginn der detaillierten Kampfschilderung (narrativ) innerhalb einer bestimmten Kampfphase, unter Hervorhebung einzelner Helden: prṓtos ‘als erster’ leitet als “Selektionssignal” die “Exemplifizierung des Schlachtablaufs” ein (LATACZ 1977, 83f.; VISSER 1987, 232; DE JONG [1987] 2004, 50f. [“zooming in”]; DE JONG/NÜNLIST 2004, 77f.; WEST 2011, 148; s. auch 6.5n.); im 16. Gesang noch 307 u. 593 vom Angreifer, 399 vom Opfer; ähnl. 112f. ‘wie … zuerst’ (s.d.) sowie die rhetor. Frage ‘wen hat X als ersten getötet?’ (692n.). — Der Speer ist die in den Kampfszenen des hom. Epos am häufigsten verwendete Waffe (Statistik bei STOEVESANDT 2004, 112f.). 284 δουρί: zur Flexion R 12.5.
Kommentar
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δ ο υ ρ ὶ φ α ε ι ν ῷ : VE-Formel (22× Il., gehäuft in den Gesängen 13–17 [HAINSWORTH 1976, 84], im 16. Gesang 284, 399, 409, 466, 477). Die Wendung ist im Unterschied zu ihren Varianten (s.u.) meistens mit einem Verb des Zielens (oder Verfehlens) verbunden: “a spear in its quality of being thrown (i.e. not yet entering a body) is typically ›shining‹, and not ›sharp‹” (BAKKER [1992] 2005, 28 Anm. 20; vgl. ebd. 34 Anm. 33; anders z.B. CIANI 1974, 103: “l’attributo appare irrigidito e disespressivizzato”; ähnl. HAINSWORTH a.O. 84f.; statistisch ist φαεινός mit 50 Belegen [LfgrE] fast so häufig als Epitheton von Waffen belegt wie ὀξύς, s. LfgrE s.v.). – Demgegenüber zeigen die Formelvarianten in ihrer Verwendung folgende Tendenz: (a) ὀξέϊ δουρί (im 16. Gesang 317 [s.d.], 806), mit vokal. Anlaut, von einzelnen, tatsächlich ausgeführten Tötungen (s.o. das Zitat von BAKKER), und (b) ὀξέϊ χαλκῷ, in statisch-generischen Aussagen (BAKKER a.O. 29ff.; 24.393n.; hier 623, 819); (c) νηλέϊ χαλκῷ, metrisch gleichwertig mit δουρὶ φαεινῷ, aber mit “an overtone of menace and imminent terror” (BAKKER a.O. 35f.; 3.292n., 6.31–32n.; im 16. Gesang 345, 561, 761), schließlich (d) ἔγχεϊ µακρῷ, mit ὀξέϊ δουρί metr. gleichwertig und im Gebrauch verwandt (5× Il., 2× Od., 2× ‘Hes.’; nicht im 16. Gesang); s. 139–140n. zum – nicht immer relevanten – Unterschied δόρυ/ἔγχος (während χαλκός in (b) und (c) metonymisch für jede mit Metallteilen versehene Waffe stehen kann). Weitere Lit.: PARRY (1928) 1971, 183; PARASKEVAIDES 1984, 23f.; BAKKER (1991) 2005, 8f.; FRIEDRICH 2007, 125.
285 ≈ 5.8; 1. VH ≈ 4.541, 5.67, 13.652; 2. VH ≈ 11.148, 15.448. — Die ‘Mitte’ ist dort, wo die Schlacht am heftigsten tobt und ein Angriff am wirksamsten ist (vgl. schol. bT zu 286); ähnl. 5.8ff. (Diomedes stürmt mitten in die Menge und tötet Phegeus), 11.148ff. (Agamemnon im Massenkampf), 15.445ff. (Teukros erschießt Kleitos, der den Troern zu Hilfe kommt, ‘wo sich die meisten Reihen zusammenballten’), 16.377f. (Patroklos fährt in den Tumult der fliehenden Troer). An der vorl. Stelle schießt Patroklos seinen Speer “seemingly at random” und trifft – “naturally” – einen Anführer (JANKO zu 284–92); ähnl. 4.494ff. (Odysseus wirft den Speer, ‘um sich spähend’, und trifft einen Priamossohn) und 15.573ff. (Antilochos trifft auf dieselbe Weise Melanippos, einen Vetter Hektors) (FENIK 1968, 192). κ λ ο ν έ ο ν τ ο : ‘sich zusammenballen’, bezieht sich auf das Gewühl und Gedränge (κατὰ µέσσον, ὅθι πλεῖστοι) im Kampf und bes. während der Flucht (LfgrE; 18.7n.).
286 1. VH = 7.383, 10.35, Od. 15.223; 2. VH = Il. 2.706. — Der Name des Protesilaos, des ersten gr. Gefallenen nach der Landung in Troia (1n.), erscheint in der Ilias nach dem Schiffskatalog (2.695ff.) einzig in Verbindung mit seinem Schiff als topograph. Fixpunkt (hier u. 13.681, 15.705; das Heereskontingent von Phylake wird seither durch Podarkes angeführt). Zum Motiv des Schiffshecks vgl. 124n. µ ε γ α θ ύ µ ο υ : ‘mit großer Energie/Leidenschaftlichkeit, hochgemut’, generisches EpithetonP von Helden und Völkern (von Protesilaos auch 2.706), einmal von einem Tier (488n.). Öfter wie hier vor der Zäsur C 2 mit nachfolgendem Personennamen oder Patronymikon 285 µέσσον: zum -σσ- R 9.1. — ὅθι: ‘wo’ (vgl. R 15.2). 286 νηῒ πάρα: = παρὰ νηΐ (R 20.2).
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Ilias 16
(z.B. µεγ. Πηλεΐωνος: 19.75n.) oder mit vorangehendem Personennamen (z.B. 571 Ἀγακλῆος µεγ.); s. HOEKSTRA 1965, 24.
287–290a Kurze Szene im ABC-SchemaP: Teil A (287a) antizipiert zusammenfassend das in Teil C (289–290a) genauer geschilderte Ereignis, Teil B (287b–288) stellt die vom Ereignis betroffene Person (das Opfer) mit Hilfe eines typischen ‘Nachruf’-Motivs näher vor (vgl. 284–290a n., Element 2a), nämlich der ‘Heimat’ (6.12–19n. mit Lit.; BEYE 1964, bes. 346–349; VISSER 1987, 48–50. 56; Stellensammlung zu solchen biographischen Angaben bei RICHARDSON 1990, 44f. mit Anm. 14 [S. 215]; STOEVESANDT 2004, 128). Formal werden A- und C-Teil oft durch Wiederaufnahme eines Stichworts (hier: ‘traf’ 287/289; ähnl. 570/577) ringkompositorischP miteinander verknüpft (6.9n.). 287 Pyraichmes ist der Anführer der Paioner (2.848). Er gehört zu denjenigen Figuren, die im Troerkatalog erwähnt werden und im Verlauf der Iliashandlung fallen (SHEAR 2000, 92f. mit Anm. 141 S. 217; Anführer an seiner Stelle wird Asteropaios: 21.139ff.). Sein sprechender Name bedeutet entweder ‘dessen Lanze von Feuer (oder: wie Feuer) ist’ oder ‘der mit Feuer und Lanze’ (2.848n.; LfgrE mit Lit.): sein Tod nimmt das “Erlöschen des Schiffbrandes” vorweg (WIESSNER 1940, 81; ähnl. Eust. 1060.15ff.; WHITMAN 1958, 132; LOWENSTAM 1981, 120f.; STANLEY 1993, 170). Weiteres zur Figur: WATHELET s.v. – Pyraichmes ist das erste namentlich genannte Kriegsopfer im 16. Gesang (Liste der von Patroklos getöteten Gegner bei SINGOR 1991, 53 Anm. 110; komplette Liste aller Gefallenen der Ilias bei STOEVESANDT 2004, 388ff.). Er ist u.a. zusammen mit Kleobulos (330n.) auf einer spätkorinthischen Hydria (2. Viertel des 6. Jh.) dargestellt, die die Kämpfe des 16. Gesangs in verkürzter Weise wiedergibt: WACHTER 2001, 90f. 308f.; LIMC s.v. Pyraichmes; explizit gegen eine iliadische Vorlage des Vasenbilds: LOWENSTAM 1997, 35–39. — Die Paioner sind die westlichsten Verbündeten der Troer, wohl illyr. Stamm, wohnhaft im Gebiet des Axios, des Hauptflusses von Makedonien (heute Vardar); ihre Hauptstadt Amydon ist nicht lokalisierbar (2.848n., 2.849n., LfgrE s.v.). In den Kämpfen der Ilias treten sie nur hier und im 21. Gesang (Zweikampf Achilleus – Asteropaios) hervor; vgl. WEST 2011, 318. κ α ὶ β ά λ ε : VA-Formel (17× Il., 1× Od.), nach vorangehendem ἀκόντισε δουρὶ φαεινῷ (hier 284 VE) auch 5.612, 11.578, 17.348, nach τιτύσκετο δουρὶ φ. 13.160, 13.371. — Π α ί ο ν α ς ἱ π π ο κ ο ρ υ σ τ ά ς : Nomen-Epitheton-Formel der 2. VH (noch 21.205; Μῃόνες ἱππ. 10.431, ἀνέρες ἱππ. 2.1, 24.677, ἱππ. bei Personenname ‘Hes.’ fr. 10(a).52 M.-W.). Variante: Παίονας ἀγκυλοτόξους Il. 2.848 (und im Nom. 10.428). – Zur Bed. des Epithetons ἱπποκορυστής s. 2.1–2a n. (Bezug auf die Helmbüsche aus Pferdeschwanzhaaren; zur Funktion der Helmbüsche vgl. 3.337n.); prosod. Variante (mit konsonant. Anlaut): χαλκοκορυστής (358n.). 287 βάλε: ‘traf’.
Kommentar
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288 ≈ 2.849 (s.d.); 2. VH = 21.157; ≈ 21.141.
289–290 Typische Struktur der Darstellung einer Tötung: ‘den traf er an dem und dem Körperteil; der aber fiel (o.ä.)’, vgl. im 16. Gesang 465, 606f. (VISSER 1987, 292–294. 297f.). – Die rechte Schulter ist eine häufige Lokalisierung von Treffern bei Mensch und Tier (Pferd: 468; Eber: Od. 19.452) in Ilias (stets in kriegerischem Kontext) und Odyssee (u.a. 3× vom Zweikampf Odysseus–Iros), hier tödlich: (ebenso 321–325, 342–344; KIRK zu 5.46). Die rechte Schulter ist durch den auf der linken Seite getragenen Schild (vgl. 106f.) weniger gut geschützt als die linke (LORIMER 1950, 203). Verletzungen im Bereich des Schultergürtels und der Schlüsselbeine enden im hom. Epos in der Mehrheit tödlich (bes. 8.325f., 22.324f.; TSAGARAKIS 1976, 4–6; Stellensammlung bei HAINSWORTH zu 11.263 u. MORRISON 1999, 143f.). – “Der Sturz des Getroffenen wird bei etwa zwei Drittel der in der Ilias dargestellten Einzelkämpfe mit tödlichem Ausgang erwähnt”: KURZ 1966, 31f.; vgl. 284–290a n. (Element 6). Er wird gerne mit Details ausgeschmückt: erwähnt werden die Fallrichtung (auf den Rücken oder aufs Gesicht [z.B. 310f.]), der Ort, wohin er fällt (in den Staub, auf die Erde [ebd.], auf einen bereits gefallenen Krieger [579n.]), der Schmerzensschrei (290 mit Iterata), der von der Rüstung verursachte Lärm (325n.): KURZ 1966, 19f.; MORRISON 1999, 130; bes. zum Motiv ‘Staub/Erde’ 486n.; zu den Schmerzensschreien STOEVESANDT 2004, 122–124. Auch die Flucht der Gefährten (290) ist ein typ. Motiv im Zusammenhang mit dem Tod eines Anführers, vgl. z.B. 11.744ff. (WEST 2007, 490, mit weiteren Parallelen). 289 2. VH = 4.522, 13.548, 15.434; ≈ Od. 18.398 (ferner Il. 4.108, 7.145/11.144/12.192, 7.271). — δ ε ξ ι ὸ ν ὦ µ ο ν : Junktur nach der Zäsur A 3 (nur hier und 468) und am VE (6× Il., 4× Od.). — ἐ ν κ ο ν ί ῃ σ ι ν : Junktur am VE (16× fgrE), am VA (5×), nach der Zäsur A 3 (22×) und im 4./5. Metron (1×); oft im Zusammenhang mit Dingen, die zu Boden fallen, oder mit Menschen und Tieren, die tödlich verletzt zu Boden stürzen (im 16. Gesang noch 469 u. 471 Pferd, 741 Augen); vgl. ἐν στροφάλιγγι κονίης (775–776n.). 290 1. VH ≈ 5.68, 20.417 (ebenfalls von sterbenden Kriegern); 2. VH vgl. 18.37. — κ ά π π ε σ ε ν : 17× im hom. Epos am VA, davon allein 6× im 16. Gesang (290, 311, 414, 580, 662, 743); daneben κὰδ δ’ ἔπεσ(εν) 469 u.ö. (s.d. zu den Iterata). — ο ἰ µ ώ ξ α ς : vom Aufschrei bei körperlichem oder seelischem Schmerz (24.591n.; vgl. oben 289–290n.); zur Koinzidenz des Ptz. Aor. mit dem Prädikat s. 24.170n. (φθεγξαµένη). — ἕ τ α ρ ο ι δ έ µ ι ν ἀ µ φ (ίί ): Die Verbindung von ἕταροι (dazu 24.4n.) und ἀµφί (und Komposita) ist im fgrE häufig (s. die Formeln in 2.417, 18.233, 19.212, alle mit Iterata); sie drückt nicht nur die räumliche, sondern auch die emotionale Nähe der ‘Umgebung’ zu ihrem Anführer aus, bes. in Situationen von Trauer und Tod. — ἐ φ ό β η θ ε ν : ἐφόβηθεν ist Folge des ἐν γὰρ 289 τὸν … δεξιὸν ὦµον: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); τόν = Pyraichmes. 290 κάππεσεν: = κατ-έπεσεν (R 20.1, 16.1). — µιν ἀµφ(ί): = ἀµφ’ αὐτόν (R 20.2, 14.1). — ἐφόβηθεν: = ἐφοβήθησαν (R 16.2); φοβέοµαι hat im hom. Epos die Bed. ‘fliehen’.
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Πάτροκλος φόβον ἧκεν (291, sozusagen eine “parataktische Agensangabe” zum Passiv ἐφόβηθεν: JANKUHN 1969, 109f.) und wird wiederholt in 294 (VE): ‘flohen aufgeschreckt’ (LfgrE; 6.41n.). Die Emphase durch Wiederholung des Wortstamms φοβ- (ähnl. 15.326f.) wird in V. 291 durch dreifaches πα- viell. lautmalerisch verstärkt (Παίονες, Πάτροκλος, ἅπασιν; vgl. 118n.: Häufung des kh-Lauts).
291 Der ‘denn’-Satz gibt eine Deutung durch den Erzähler (255–256n.). ἐ ν … φ ό β ο ν ἧ κ ε ν : ‘Furcht/Schrecken einjagen und dadurch zur Flucht veranlassen’, ebenso 15.326f., ähnliche Objekte in 11.538f. κυδοιµόν, 16.729f. κλόνον, ferner 16.656 ἀνάλκιδα θυµόν (vgl. dazu 355n.). Subjekt solcher Wendungen ist häufiger eine Gottheit als ein Mensch, vgl. 449n. (KULLMANN 1956, 76f.; GRAZ 1965, 180f.).
292 ≈ 11.746; 2. VH = 6.460; ≈ 16.551, 17.351. — “Sterbende Krieger werden öfter emphatisch als die ‘Besten’ ihrer Gruppe bezeichnet” (6.7–8n.; Litotes ‘nicht der schlechteste’: 570). Damit erweisen sie sich auch am Ende ihres Lebens noch als dem für die hom. Helden verbindlichen Verhaltenskodex verpflichtet, nämlich ‘stets der Beste zu sein’, vgl. 6.208, 6.460, 7.90, 11.784 (6.208n.; STRASBURGER 1954, 31f.; ULF 1990, 47f.; LfgrE s.v. ἀριστεύω). 293 1. VH ≈ 87; 2. VH ≈ 21.381. — Mit dem wörtlichen Anklang an V. 87 (‘von den Schiffen vertreiben’, dort Rede des Achilleus) wird suggeriert, daß der von Achilleus erteilte Auftrag nun erfüllt wird (vgl. 83–96n.; AH); ähnliche Anklänge im folgenden: ‘von den Schiffen vertreiben’ 301 ≈ 251 (Zusage des Zeus), ‘ein wenig aufatmen’ 302 ≈ 42f. (Rede des Patroklos, = 11.800f. Rede des Nestor). — Das Löschen des Feuers bildet zusammen mit V. 301 die letzte Erwähnung des leitmotivischen Schiffbrands (80–82n.; 122–123n.): die vom brennenden Schiff ausgehende Gefahr ist endgültig abgewendet. ἐ κ ν η ῶ ν δ (έέ ): Zu δέ an dritter Stelle nach eng zusammengehöriger Wortverbindung (hier Präp. + Subst.) 24.273–274n. a.E. — α ἰ θ ό µ ε ν ο ν π ῦ ρ : singuläre Akkusativ-Variante zu πυρὸς αἰθοµένοιο (81n.) anstelle der üblichen VE-Formeln (a) ἀκάµατον πῦρ (prosod. gleichwertig, 122–123n.) und (b) θεσπιδαὲς πῦρ (mit konsonant. Anlaut, 7× Il., 1× Od.). Die zunächst naheliegende Vermutung, daß (a) das Epitheton ἀκάµατος (hier in schol. A als v.l. bezeugt) im Moment des Erlöschens unpassend wäre, läßt sich nicht bestätigen, da es 21.341 in ähnlichem Kontext verwendet wird: σχεῖν (‘hemmen’) ἀκάµατον πῦρ (GRAZ 1965, 78 Anm. 1, plädiert sogar zugunsten von ἀκάµατος als lectio difficilior: “épithète exprimant l’intensité” [ebd. 260]). Desgleichen besteht für (b) eine Parallele in 21.381: κατέσβεσε θεσπιδαὲς πῦρ (freilich würden dann an der vorl. Stelle mit ἡµι-δαής [294] und θεσπ-εσίῳ [295] zwei Attribute mit identischen Wortbestandteilen folgen; zur Vermeidung
291 ἐν … ἧκεν: zur sog. Tmesis R 20.1. 292 ἀριστεύεσκε: Iterativform (R 16.5). 293 νηῶν: zur Flexion R 12.1. — ἔλασεν: = ἤλασεν (zur augmentlosen Form R 16.1); sc. Τρῶας. — κατὰ … ἔσβεσεν: ‘brachte zum Verlöschen’ (zur sog. Tmesis R 20.1).
Kommentar
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solcher Wiederholungen s.u. 298n. zu στεροπηγερέτα Ζεύς). Es dürfte also von einem ‘Verstoß’ gegen die Formel-Ökonomie auszugehen sein (JANKO zu 293–6; vgl. FOR 32).
294 Das realistische Detail, daß das Schiff halb verbrannt an Ort und Stelle zurückbleibt, verhilft der Szene trotz der Kürze der Darstellung zu großer Anschaulichkeit und Emotionalität (schol. b u. T zu 293/294; RICHARDSON 1980, 277. 278; vgl. JANKO zu 293–6). Möglicherweise besteht darüber hinaus ein Bezug zu 2.700f., wo das Haus desselben Protesilaos aufgrund seines frühen Todes in Troia als ‘halb gebaut’ bezeichnet wird (2.701n. a.E.: “gehört zu den rührenden Elementen”; vgl. DI BENEDETTO [1994] 1998, 111f.). Beide Adjektive (‘halb verbrannt’, ‘halb gebaut’) sind im hom. Epos hapax legomenaP. 295–296 295b–296 ≈ 12.470f. (wobei 296 = 12.471), unter umgekehrten Vorzeichen: Danaer auf der Flucht, nachdem die Troer die Mauer durchbrochen haben (vgl. MUELLER [1984] 2009, 171; CLARK 1997, 146f.); außerdem 1. VH von 296 = 15.488; 2. VH von 296 ≈ 2.797. — θ ε σ π ε σ ί ῳ ὁ µ ά δ ῳ … | … ὅ µ α δ ο ς δ ’ ἀ λ ί α σ τ ο ς : ὅµαδος bez. den Lärm und Tumult im Kampf, bisweilen den Kampf selbst (so wohl hier 296, vgl. bes. 2.797 πόλεµος δ’ ἀλίαστος ὄρωρεν): 19.81–82n. mit Lit.; LfgrE. – θεσπέσιος ‘von überwältigender Wirkung, gewaltig’, oft von Lärm (2.457n.); Attribut zu ὅµαδος auch 13.797 (dort von einem Sturm), ferner u.a. zu ἀλαλητός 18.149 (wie hier bei einer Flucht, s.d.), ‘Hes.’ Sc. 382f. (beim Zweikampf Herakles–Kyknos); vgl. unten 357n. (zu δυσκελάδου). – ἀλίαστος ‘unentrinnbar, wovor man nicht ausweichen, dem man sich nicht entziehen kann’, in kriegerischem Zusammenhang in den Iteratversen sowie 14.57 (µάχη), 20.31 (πόλεµος) (LfgrE). — Δ∆α Δ∆ α ν α ο ί : d.h. wohl alle Griechen: 276b–277n. a.E. (vgl. 17n.). — ἐ π έ χ υ ν τ ο : hier ‘nachdrängen, -stoßen’, ebenso 15.654 (AH; KURZ 1966, 140; vgl. 259n. a.E.). — ν ῆ α ς ἀ ν ὰ γ λ α φ υ ρ ά ς : = 12.471, 15.488; s.o. 18n.
297–302a Die Wetter-GleichnisseP der Ilias zeigen eine vielfältige Ausgestaltung (Wolken, Wind, Sturm, öfter in Verbindung mit Meereswogen) und Funktionalität (Vergleichsbild für Menschenmengen und ihre Reaktionen, ihre Bewegungen; für Bedrohung und Verzweiflung; für Lärm); Listen bei LEE 1964, 69, u. SCOTT 2009, 200f.; vgl. MUELLER (1984) 2009, 106. ‘Schönes’ Wetter ist dabei sehr selten: hier veranschaulicht das Verscheuchen der Wolke die Vertreibung der Troer und der mit ihnen verbundenen Gefahr weg vom Schiffslager, und die Aufhellung des Himmels suggeriert die Erleichterung der Griechen; das vorl. Gleichnis schildert also “Ereignisse und Empfindungen” (FRÄNKEL 1921, 22) und vermittelt ein Stimmungsbild, vgl. die dt. Metaphern ‘Aufheiterung, Lichtblick’; ähnl. 7.4–7 (der günstige Fahrtwind erleichtert den Seeleuten die Arbeit) und 8.555–561 (mit 557f. = 16.299f.: die Wachtfeuer der hochgemut in der Ebene lagernden Troer sind so
294 λίπετ(ο): Aor. Med. mit Pass.-Bed., ‘blieb zurück’. — αὐτόθι: ‘ebenda, an Ort und Stelle’ (vgl. R 15.2). — τοί: demonstr.-anaphor. Pron. (R 14.3), dazu als Apposition Τρῶες. 295 ἐπέχυντο: intrans. Aor. zu ἐπιχέοµαι. 296 ἀνά: ‘durch … hindurch, entlang’. — ἐτύχθη: Aor. Pass. zu τεύχω ‘bereiten, machen’.
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hell und zahlreich wie die Sterne am wolkenlosen und windstillen Himmel, über die der Hirte im Felde sich freut), ferner 5.522–527 (die Griechen harren aus, so wie die Windstille die Wolken an ihrem Ort ruhen läßt). Lit.: CAUER (1895) 1923, 471f.; FRÄNKEL a.O.; ELLIGER 1975, 91–93; BREMER 1976, 64–66; REUCHER 1983, 316f.; STOEVESANDT 2004, 245f.; WILLCOCK u. JANKO zu 297–300. – In der Patroklos-Szene 284ff. kommen Wettermotive gehäuft vor und steigern sich analog zur zunehmenden Dramatik der Handlung bis hin zum verheerenden Sturm (Klimax): es folgen 364–367 Bewölkungsaufzug → Troer beginnen zu fliehen (Gleichnis, s.d.), 374f. Staub wirbelt bis zu den Wolken auf (Erzähler-Text), 384– 393 Herbststurm mit Überschwemmungen → Flucht der Troer mit ihren Pferden (Gleichnis). Die insgesamt drei Gleichnisse “(stellen) die aufeinanderfolgenden Etappen der Flucht der Troer dar” (KRISCHER 1971, 54) und unterstreichen so den Handlungsfortschritt (vgl. 2.455–483n., 5. Punkt); dabei erscheint zudem jedesmal Zeus als ‘Wettermacher’ (298, 365, 386): er erfüllt das Anliegen von Achilleus und Patroklos, die Troer von den Schiffen zu vertreiben, vgl. 250–252 (WILAMOWITZ 1916, 134 [“korrespondierende Gleichnisse”]; WHITMAN 1958, 151f.; KRISCHER a.O. 53–55; SCOTT 1974, 113f.; MOULTON 1977, 33–35. 37f. 42; THALMANN 1984, 18; SCOTT 2009, 160; bes. zu den sprachlichen Parallelen in den drei Gleichnissen DI BENEDETTO 1987, 267f.). – Ob zum ähnlichen Gleichnis 8.555ff. (s.o.) eine Fernbeziehung vorliegt (dort sind die Troer zum Achaierlager vorgerückt, hier müssen sie wieder abziehen), ist – nicht nur wegen der unsicheren Textkonstitution (s. 299–300n.) – umstritten: BOWRA 1930, 93f. (“the repetition is too slight […] to be immediately obvious to any listener”; so auch SCHADEWALDT [1938] 1966, 98f. Anm. 4); zuversichtlich MOULTON a.O. 34; DI BENEDETTO a.O. 267; JANKO a.O.; allg. zu wiederholten Gleichnissen oben 3–4n. 297 = ‘Hes.’ Sc. 374; 1. VH ≈ Od. 10.104, Hes. Th. 632; 2. VH ≈ Od. 9.481, hom.h. 33.4. — Zum Gebirge als Schauplatz von Gleichnissen s.o. 157–158n. ὡ ς δ ’ ὅ τ (εε ): 212–213n. (hier mit Konj. [298] und Ind. [299f.]). — ἀ φ ’ : prägnant ‘von … weg’ (κινήσῃ, im So-Teil des Gleichnisses durch ἀπωσάµενοι wiederaufgenommen). — ὑ ψ η λ ῆ ς κ ο ρ υ φ ῆ ς ὄ ρ ε ο ς µ ε γ ά λ ο ι ο : chiast. Wortstellung bei syntakt. voneinander abhängigen Nomina wie z.B. Od. 5.52 δεινοὺς κόλπους ἁλὸς ἀτρυγέτοιο (Hinweis FÜHRER); mit den Attributen im Zentrum z.B. Il. 16.687 κῆρα κακὴν µέλανος θανάτοιο, mit Parallelismus 1.499 ἀκροτάτῃ κορυφῇ πολυδειράδος Οὐλύµποιο, 14.17 λιγέων ἀνέµων λαιψηρὰ κέλευθα, 16.165 ἀγαθὸν θεράποντα ποδώκεος Αἰακίδαο u.a.m.; öfter wie hier bei der Beschreibung von Naturgewalten (19.267n. mit Lit.).
298 Zu Zeus als Wettergott s. FG 24; zum vorl. Motiv von Zeus als ‘Wolkenbeweger’ vgl. bes. 5.522f., Od. 12.405f. 298 κινήσῃ: hier mit 297 ἀφ’ ‘wegbewegen, entfernen’; verallgemeinernder Konj. ohne Modalpartikel (R 21.1). — στεροπηγερέτα: Nom. Sg.
Kommentar
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π υ κ ι ν ή ν : Epitheton zu ‘Wolke’ auch 5.751 = 8.395, Hes. Op. 553, ferner assoziativ 11.305/309. — σ τ ε ρ ο π η γ ε ρ έ τ α Ζ ε ύ ς : singuläre Nomen-Epitheton-Formel für Zeus, metrisch äquivalent mit (a) νεφεληγερέτα Ζεύς (666n.) und (b) Ζεὺς τερπικέραυνος (232n.), vgl. die Liste bei PARRY (1928) 1971, 39. (a) kommt hier wegen unmittelbar vorangehendem νεφέλην aus stilist. Gründen wohl nicht in Frage, und außerdem vertreibt Zeus hier eine Wolke (vgl. oben 293n. die Diskussion zu αἰθόµενον πῦρ): LEAF; PARRY a.O. 187f.; COMBELLACK 1976, 54; LOWENSTAM 1981, 7–9; 1993, 33–35; EDWARDS 1997, 273; FRIEDRICH 2007, 82. Andererseits scheint (b), jedenfalls im Nom., nur in bestimmten Kontexten verwendet worden zu sein (“Zeus’ strict or harsh nature”: LOWENSTAM 1981, 25f.; 1993, 33f.; vgl. 24.529–530n., ferner 2.781n.). Ob στεροπηγερέτα Ζεύς eine traditionelle (und zufällig nur einmal vorkommende) Formel oder eine ad hoc erfundene Junktur ist, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen: daß das Epitheton im Kontext ohne prägnante Bed. bleibt (LEAF; PARRY a.O.; LOWENSTAM 1981, 8 Anm. 24), spricht zunächst für Traditionalität; daß es sich bei ‘Blitze-Sammler’ jedoch um eine (sachlich falsche) Analogiebildung zu ‘Wolken-Sammler’ handelt, deutet auf ad hoc-Erfindung hin: MUELLER (1984) 2009, 148. σ τ ε ρ ο π η γ ε ρ έ τ α : Hinterglied zu ἀγείρω, so die seit der Antike gängige Auffassung: RISCH (1954) 1981, 337 (vgl. schol. D zu 1.511/517, schol. zu Od. 1.63, jeweils zu νεφεληγερέτα). Bei Apoll. Soph. s.v. hingegen als Ableitung von ἐγείρω gedeutet: ‘Blitze-Erreger’, viell. um dem Komp. auf diese Weise doch noch einen Sinn zu geben; so auch AH, Anh. z.St.; FRAENKEL 1910, 32 Anm. 1; LEUKART 1994, 291. Zur Verwechslung ἀγείρω/ἐγείρω vgl. 24.789n. Zur Endung -τᾰ oben 33n. a.E. (ἱππότα).
299–300 = 8.557f. (die Authentizität von 8.557f. ist umstritten: LÜHRS 1992, 219–222; RENGAKOS 1993, 70; WEST 2001, 204f.; KELLY 2007, 406f.); ≈ h.Ap. 22, 144; 2. VH ≈ 12.282 (wo die 1. VH ≈ 16.297). — ἔ κ τ ’ ἔ φ α ν ε ν … | … ὑ π ε ρ ρ ά γ η : Aoristformen sind in den hom. Gleichnissen i.d.R. augmentiert; möglicherweise drücken sie ebenso wie die Präsensformen (z.B. 156ff., 259ff.; Präs. u. Aor. kombiniert: 352–357 [s.d.]) weniger eine bekannte, zeitlose Tatsache aus (traditionelle Auffassung des sog. gnomischen Aor., z.B. CHANTR. 2.185f.) als vielmehr das Bestreben des Erzählers nach Vergegenwärtigung u. Veranschaulichung (BAKKER [2001] 2005, 131f. 133–135). Nochmals anders AH: “der Aor. von dem Eintritt der Handlung” (‘deutlich treten hervor … bricht darunter hervor’). — ἄ σ π ε τ ο ς α ἰ θ ή ρ : αἰθήρ bez. im hom. Epos den Himmelsraum, und zwar bes. als Schauplatz meteorolog. Geschehens: ‘Atmosphäre’ (vgl. 1.412n.); dabei kann αἰθήρ in prägnanter Verwendung den ‘heiteren, klaren, strahlenden Himmel’ bezeichnen (außer hier auch 365, 17.371). Als Ortsangabe wird αἰθήρ teils synonym zu οὐρανός verwendet, teils davon geschieden (nämlich als ‘Luftraum’ unterhalb des Himmels, so wohl hier u. 365; vgl. Wendungen wie δι’ αἰθέρος οὐρανὸν ἷκεν [2.458: Glanz, 17.425: Lärm]). Lit.: LEAF Appendix H, Bd. 2, S. 599ff.; KOPP 1939, 318–321. – Zur Junktur (= 8.558) vgl. 8.556 νήνεµος αἰθήρ (VE). 301 2. VH ≈ 18.13, ferner 9.347, 9.674. — Zum wörtlichen Anklang an V. 251 (Zusage des Zeus) vgl. 293n. — ὥ ς : = οὕτως. — ἀ π ω σ ά µ ε ν ο ι … π ῦ ρ : vgl. 246n. — δ ή ϊ ο ν : 127n. 299 ἐκ … ἔφανεν: = ἐξεφάνησαν (R 16.2; zur sog. Tmesis R 20.2), ‘deutlich sichtbar werden, hervortreten’. 300 οὐρανόθεν: zur Form R 15.1. — ὑπερράγη: intr. Aor. zu ὑπορρήγνυµι, hier ‘unter der zerreißenden Wolkendecke hervorbrechen’.
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302 2. VH = 17.761 (vgl. Hes. Th. 876). — Das ‘Aufatmen’ erfolgt wie von Nestor und Patroklos erhofft: 42–43n., 293n. Weshalb sie bloß ‘ein wenig’ aufatmen, wird sogleich in 302b–304 erklärt. π ο λ έ µ ο υ δ ’ … ἐ ρ ω ή : πολέµου ist in Analogie zu den verbalen Formulierungen 723 u.ä. (dazu 722–723n. a.E.) als gen. obiectivus aufzufassen, also ‘Nachlassen im Kampf’ (PORZIG 1942, 25; LfgrE). So steht πολέµου δ(έ) hier im Gegensatz zur Verbalhandlung νηῶν µὲν ἀπωσάµενοι … πῦρ (301).
303–305 Der Gegensatz ‘nicht Flucht, sondern Rückzug unter Widerstand’ dient der Spannungserhöhung, vgl. 5.700–702, 22.250–253; zum “Entgegentreten als Widerstandsgeste” s. KURZ 1966, 91; allg. zur Unterscheidung und Bewertung von Rückzug und Flucht in der Ilias: LATACZ 1977, 194ff.; RINON 2008, 98ff. Der vermeintliche Widerspruch in 303f. (‘denn noch flohen die Troer nicht’) zu den Versen 280, 283, 290f., 294f. (wo in zunehmendem Maße von der Angst und Flucht der Troer und ihrer Verbündeten die Rede ist) hat dazu geführt, daß Teile des Abschnitts 297–376 als nachträgliche Erweiterungen disqualifiziert wurden; Zweck der Erweiterungen sei es gewesen, die Androktasie-Szene 306–357 zur Darstellung der griechischen Überlegenheit einzuführen (in diesem Sinne schon schol. bT) und darin die wichtigsten Helden noch einmal auftreten zu lassen (so wie danach in 358ff. auch Aias und Hektor noch einmal auftreten, nachdem sie bereits zu Beginn des Gesangs im Mittelpunkt gestanden hatten): AH, Anh. zu Il. 16, Einl. S. 20–22; NIENS 1987, 79–83; WEST 2011, 318f. (alle mit älterer Lit.); ähnl. FENIK 1968, 193–195 (“unwelcome intrusion”: ebd. 194). Demgegenüber wurde versucht, im betreffenden Abschnitt eine Entwicklungslinie mit graduellen Veränderungen der Kampfsituation nachzuweisen, gestützt namentlich auf die klimaktische Reihe der Gleichnisse (dazu 297–302a n.); die Betonung liegt darauf, daß ‘die Troer noch nicht Hals über Kopf flohen’: LATACZ 1977, 106f. (“Front-Auflösung”); MOULTON 1977, 37; REUCHER 1983, 317f.; vgl. die Paraphrase in 278–418n. (und die beiden oben genannten Parallelstellen 5.700ff., 22.250ff.). Anders PAGANI 2008, 401 Anm. 202: “rapida anticipazione della disfatta successiva”. 303 ≈ 6.73, 17.319; 2. VH außerdem = 17.336. — ἀ ρ η ϊ φ ί λ ω ν ὑ π ’ Ἀ χ α ι ῶ ν : VE-Formel (4× Il., s. Iterata); zu ἀρηΐφιλος 2.778b n. (generisches EpithetonP, jedoch meist von Menelaos [dazu 3.21n.]); zur VE-Formel ὑπ’ Ἀχαιῶν oben 276b–277n. 304 vgl. 5.700; 2. VH = 17.383, 24.780. — π ρ ο τ ρ ο π ά δ η ν : hom. hapaxP, ‘überstürzt, Hals über Kopf (fliehend)’, zu προτρέποµαι (5.700). Ausführlicher zu Wortbildung und Verwendung s. LfgrE. — µ ε λ α ι ν ά ω ν ἀ π ὸ ν η ῶ ν : VE-Formel (3× Il.; vgl. 45n.); ähnl. µελ. ἐπὶ νηῶν (3× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’). 305 ἀ λ λ ’ ἔ τ ’ ἄ ρ (α α ): = Od. 22.237 (ebenfalls nach οὔ πω); ἄρα unterstreicht den Gegensatz zwischen οὔ πώ τι und ἀλλ’ ἔτ(ι), dt. ‘eben’ (LfgrE s.v. ἄρα 1149.63ff.; vgl. 308n.).
302 γίνετ’: = ἐγίγνετο (Imperfekte auch Vv. 303–305). 303 οὐ … πω: = οὔπω. — τι: Akk. der Beziehung (R 19.2), ‘in irgendeiner Hinsicht’; verstärkt die Negation, hier also ‘noch keineswegs, noch gar nicht’.
Kommentar
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306–357 Androktasie-Szene: KatalogP von Einzeltötungen nach dem typischen Schema homerischer Kampfszenen (284–290a n.), exemplifiziert den Schlachtverlauf. Parallelen: 5.37ff., 6.5ff.; knapper 14.508ff., 15.328ff. (die vorl. Passage weist Ähnlichkeiten v.a. mit derjenigen des 5. Gesangs auf: STRASBURGER 1954, 63–65; FENIK 1968, 9f.). Überlebende Opfer gibt es in solchen Szenen nie – nur “Sieg oder Vernichtung” (MARG 1976, 13f.; ähnl. VAN WEES 1996, 38f.; SALAZAR 2000, 128. 131). “(S)uch detailed sequences of battle scenes were part of what the audience paid to hear, comparable, perhaps, to the violence and special effects which are at present a great attraction in film. If we think of our sports telecasting analogy, such a scene could be compared to the case when a particularly elegant moment is replayed numerous times: not so the action will become more clear, but just so the viewers can savour the delicious moment again and again”: NIMIS 1987, 89; ähnl. LATACZ (1985) 2003, 166. – Die vorl. Androktasie-Szene wird umrahmt durch ein SummaryP zu Beginn und am Ende mit ähnlichem Wortlaut (306f./351; 2.760n. [Schiffskatalog]; VAN OTTERLO 1948, 68; NIENS 1987, 78) und abgeschlossen durch ein Gleichnis (352–357; KRISCHER 1971, 61). Sie umfaßt neun Einzeltötungen (wobei natürlich unbeweisbar bleibt, ob der Erzähler oder das Publikum ‘mitgezählt’ haben). Die Typische ZahlP Neun scheint Unvollständigkeit zu signalisieren, d.h. daß der Kampf noch weitergehen wird (vgl. unten 399–418n. mit Lit.); erneut neun Tötungen in 415–418, 694–696 (Gefallenenlisten), dreimal neun in 785 (bloße Konstatierung); allg. zu Neunerlisten 2.96n., 24.249–251n.; zur Neunzahl im militär. Kontext SINGOR 1991, 39–41. 50–55. 1. Patroklos gegen Areïlykos 2. Menelaos gegen Thoas 3. Meges gegen Amphiklos 4. Antilochos (Sohn des Nestor) gegen Atymnios 5. Thrasymedes (Sohn des Nestor) gegen Atymnios’ Bruder Maris 6. Aias gegen Kleobulos 7. Peneleos gegen Lykon 8. Meriones gegen Akamas 9. Idomeneus gegen Erymas Von den Griechen hatten vier bereits im 5. Gesang einen gemeinsamen Auftritt in einer Androktasie-Szene: Idomeneus, Menelaos, Meriones, Meges (5.43–75); acht (alle außer Meges) kommen im 17. Gesang erneut innerhalb eines Handlungszusammenhangs vor (die Griechen ziehen sich zurück, bergen Patroklos’ Leichnam und benachrichtigen Achilleus): REICHEL 1994, 297 (zu einer ähnlichen Gruppierung s. 535–536n.). Von den Troern sind alle bis auf Akamas bloße Statisten, die 305 ἀλλ’ ἔτ’ ἄρ’ ἄνθ’: = ἀλλὰ ἔτι ἄρα ἄντα; ἄρα ‘eben’ (R 24.1), ἄντα ‘entgegen, gegenüber’ (Adv.). — νεῶν δ’ ὑπόεικον: ‘sie wichen aus dem unmittelbaren Bereich der Schiffe zurück, sie wichen ein wenig von den Schiffen zurück’.
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nur hier auftreten, und auch dies nur, um sogleich zu sterben (“kleine Kämpfer” / “minor warriors”: STRASBURGER 1954, 11f.; GRIFFIN 1980, 103f.; “literary cannon-fodder”: BEYE 1964, 358; “morituri”: HELLMANN 2000, 92. 166f.; vgl. unten 345n.). – Die neun Einzelszenen weisen mehrere verbindende Elemente auf (viele davon sind typisch: STRASBURGER a.O. 64f.; KIRK 1962, 79): die ersten beiden Opfer geben sich aufgrund der Flucht bzw. des Rückzugs eine Blöße und werden an der entsprechenden Stelle getroffen (308n., 312n.); bei den Opfern Nr. 1, 3, 5, 7 und 9 werden Körperteile zerschmettert, durchschnitten oder abgetrennt; Opfer Nr. 3 und 5 greifen an, ihre Gegner kommen ihnen aber zuvor und verletzen sie am Oberschenkel bzw. Oberarm, ‘Finsternis bedeckt die Augen’ beider; Opfer Nr. 4 und 5 sind ein Brüderpaar, besiegt von einem Brüderpaar (317–329n.); Opfer Nr. 6 und 7 werden durch einen Schwertstreich am Hals tödlich verletzt; Opfer Nr. 6 und 8 werden auf der Flucht (vgl. Nr. 1 u. 2) von einem Griechen eingeholt und getötet. Mitte und Schluß des Katalogs werden durch spezielle Motive hervorgehoben: die Mitte (Nr. 4/5) durch den ‘Nachruf’ (NIENS a.O. 78; vgl. 326– 329n.), der Schluß (Nr. 9) durch die ausführliche, drastische Schilderung der Verletzung. Der zunehmende Schweregrad der Verletzungen ist ein Abbild der zunehmenden Verschlechterung der Lage auf seiten der Troer (VAN DER VALK 1964, 432f. Anm. 258; zu den ausgefalleneren Verletzungsbeschreibungen der Ilias s.u. 404b–410n. mit Lit.). Gleichzeitig besteht eine rege variatio in der Verwendung von anatomischen Details und in der Formulierung des Todes (schol. A u. bT zu 16.339 [dazu NÜNLIST 2009, 199f.]; JANKO zu 306–57; MUELLER [1984] 2009, 80f.; vgl. 312n., 316n., 325n.). Die Erzählung ist trotz des grundsätzlich parataktischen Stils komplex und dichtgedrängt: “There is a good chance, then, that […] we see the technical brilliance of Homer himself” (KIRK 1998, 44; ähnl. ders. 1976, 167–169; HAINSWORTH 1991, 27f. mit Anm. 9 [S. 157]; RENGAKOS 1995, 29f.). – Ausführliche Interpretation der vorl. Passage (Motivik, Diktion) bei FENIK 1968, 195–198; NIENS 1987, 71–79; allg. Charakterisierung der hom. Androktasie-Szenen bei MARG 1976, 10–14; PATZER 1996, 142–146; HAWKINS 1998, 181–188; HORN 2014, 81–84. 306 = 15.328. — Typische Einleitung einer Androktasie-Szene (‘Mann kämpft gegen Mann’), vgl. außer 15.328 auch 4.457, 5.37, 8.256, 13.170: BEYE 1964, 352f. ἔ ν θ α δ (έέ ): ἔνθα in einem weiteren, temporalen Sinn (‘da, dann’) kommt in Kampfschilderungen häufig vor und markiert gelegentlich wie hier einen Neueinsatz der Erzählung, mit Fokussierung auf einzelne Helden (Selektionssignal; so etwa auch 692 ἔνθα τίνα πρῶτον … [mit Iterata], ferner 7.8, 8.78, 12.182 u.ö.); oft jedoch ist seine Funktion von einer satzverbindenden Partikel wie δέ kaum zu unterscheiden (im 16. Gesang 337, 399, 659; verstärkt ἔνθ’ αὖ 477 [s.d.], 603; i.S.v. τότε nach temp. Nebensatz mit ὅτε 463, 787). Lit.: 306 ἕλεν: = εἷλεν (zur augmentlosen Form R 16.1).
Kommentar
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BOLLING 1950, 372. 373f.; VISSER 1987, 212. 244f.; BAKKER 1997, 69 Anm. 36; LfgrE; zu ἔνθα in ‘Wenn nicht’-SituationenP 698n. — ἀ ν ὴ ρ … ἄ ν δ ρ α : Wiederholung desselben Worts zum Ausdruck der Kontinuität und Reziprozität, ebenso 4.472, 16.215, 20.355 (FEHLING 1969, 221ff. [z.St. 225]; WEST 2007, 111–114 [z.St. 113]). — ἕ λ ε ν : ἑλεῖν hat in diesem Kontext die Bed. ‘überwältigen’, manchmal sogar ‘töten’: LfgrE s.v. αἱρέω 348.13ff.; TSAGARAKIS 1976, 7–11; SAUNDERS 2004, 10. — κ ε δ α σ θ ε ί σ η ς ὑ σ µ ί ν η ς : Die Bedeutung der Wendung wird durch die Schlachtentwicklung im 15. Gesang erhellt: auf die Aufforderung des Thoas hin, stehenzubleiben und Hektor entgegenzutreten (15.296f.), ordnen sich die Achaierführer neu und bilden eine Front: ὑσµίνην ἤρτυνον (15.303; ähnl. 11.215f.); Hektor greift an, die Achaier halten zunächst stand: ὑπέµειναν ἀολλέες (15.312; zu ἀολλέες oben 276a n.); Apollon interveniert, die Achaier erschrecken und beginnen zu fliehen: ἐφόβηθεν (15.326; hier V. 290/294); darauf folgt der auch hier vorliegende Vers und leitet die Androktasie-Szene ein (15.328ff., Überlegenheit der Troer). Mit κεδασθείσης ὑσµίνης ist also das Aufbrechen der geschlossenen Reihen und damit der Übergang vom Kampf in geordneten Formationen bis hin zur wahllosen Verfolgung der Flüchtenden gemeint; in diesem Sinne schon schol. bT zu 15.328: τῆς τάξεως διαλυθείσης· τότε γὰρ ἄλλοι ἄλλῃ φέρονται (ähnl. schol. D; AH zu 15.328; JANKO zu 15.326–42 [“one side’s line breaks and the other scatters in pursuit”]; LATACZ 1977, 213; Liste von ähnl. Wendungen bei ALBRACHT 1886, 34). – ὑσµίνη ist wie (nur im Dat. belegtes) δαΐ ein archaisches Wort für ‘Kampf’, oft gleichbedeutend mit µάχη und πόλεµος verwendet; die Etymologie (zu einer idg. Wurzel mit der Bed. ‘in Bewegung geraten, kämpfen’) läßt eine Grundbed. ‘Kampfgetümmel’ vermuten (LATACZ a.O. 138; DELG; LfgrE; zu weiteren Nuancen – etwa ‘Front [in Bewegung]’ – s. TRÜMPY 1950, 162–165).
307 1. VH = 5.38; 2. VH ≈ 278 u.ö. (s.d.). — Mit der Angabe ‘als erster’ setzt der Erzähler nach V. 284 (s.d.) neu ein. ἡ γ ε µ ό ν ω ν : gen. part. zu ἀνήρ, vgl. 5.37f. ἕλε δ’ ἄνδρα ἕκαστος | ἡγεµόνων.
308 VE vgl. 11.583. — Areïlykos ist ein gr. Determinativkompositum (‘durch Ares ein Wolf’ oder metonymisch-lokativisch ‘im Kampf ein Wolf’, das Vorderglied auch in Areïthoos [7.8], das Hinterglied in Autolykos [Großvater des Odysseus]; zum Wolf vgl. 155–167n.). Der Name ist hier für einen Troer gebraucht, in 14.450f. für den Vater des Griechen Prothoënor (zur Mehrfachverwendung von Namen s.u. 345n.); als historischer Name nicht belegt. Weiteres s. LfgrE u. WATHELET s.v.; v. KAMPTZ 93, 105, 184. – Areïlykos ist der erste der insgesamt 27 namentlich genannten Gegner, die im 16. Gesang durch die Hand des Patroklos fallen (Liste bei SINGOR 1991, 53 Anm. 110); zudem werden summarisch weitere 27 namenlose Opfer erwähnt (785); zur Neunzahl vgl. oben 306–357n. — In der hier dargestellten Haltung – zur Flucht gewandt und dem verfolgenden Feind den Rücken darbietend – werden in der Ilias mehrheitlich Troer getroffen (ähnlich wie 307 Μενοιτίου ἄλκιµος: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 308 Ἀρηϊλύκου: gen. poss. zu µηρόν.
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hier: 5.40f., 5.56f., 8.257–259, 11.446–448, 13.545f., 17.578f., 20.401f., 20.487– 489; außerdem 12.427–429 in einer allgemeinen Kampfschilderung, 20.413f. von einem unvorsichtigen Troer, 8.94f., 13.288–291 u. 22.283 hypothetisch in dir. Rede; s. FENIK 1968, 225; MACKIE 1996, 48f.; PAGANI 2008, 381–386 [mit tabellarischer Stellensammlung]; allg. zu den Verlusten der Troer in den Fluchtphasen STOEVESANDT 2004, 103–105). – In der vorl. Szene 306–357 wird regelmäßig daran erinnert, daß die Troer sich auf dem Rückzug befinden (Element 3a einer typischen Kampfszene: ‘Kampfumstände’ [284–290a n.]), so auch 312 (ungenügende Schilddeckung), 331 (Flucht durch das Gedränge verhindert), 342 (durch den Verfolger eingeholt), 343 (im Begriff, auf den Wagen zu steigen [s.d.]): FENIK a.O. 15 (zu 5.37–84, wo die Flucht bei jedem Einzelkampf konstatiert wird); vgl. 6.36n. – Der Oberschenkel ist eine der möglichen ungeschützten Stellen bei einem fliehenden Krieger (312n.; vgl. 27n.). α ὐ τ ί κ ’ ἄ ρ α : αὐτίκα präzisiert das temporale Verhältnis zwischen Prädikat (βάλε) und Partizip (στρεφθέντος): ‘kaum hatte Areïlykos sich gedreht, traf Patroklos ihn sogleich am Schenkel’; desgleichen 9.453f., 24.226 u.a. (AH; LfgrE s.v. αὐτίκα 1608.75ff.). – ἄρα kennzeichnet “Angaben […], die etwas Genanntes modifizierend oder spezifizierend wiederholen”, hier in bezug auf V. 306; ähnl. 4.397f., 14.508–512, 18.37b–46 (GRIMM 1962, 10; vgl. LfgrE s.v. ἄρα 1148.52ff.: “Konkretisierung durch Nennung des Namens”; anders BAKKER 1997, 101 [s.o. 221n.]; BONIFAZI 2012, 274ff. [“discourse marker”]). – Die späte Stellung des ἄρα im Satz hat Nikanor dazu bewogen, am Ende von V. 307 (statt nach ἡγεµόνων) zu interpungieren. Dagegen spricht aber der insgesamt ähnliche Satzbau 5.38–41, wovon hier eine verkürzte Form vorzuliegen scheint; dabei hat der Satzanfang in V. 307 πρῶτος δὲ … υἱός wahrscheinlich die Funktion eines Themaworts (schol. A; LEAF; WEST im app.crit.; BAKKER a.O. mit Anm. 28; zum Begriff ‘Themawort’ vgl. 278n.).
309 2. VH = 13.388, 15.342, 16.821, 17.579, Od. 22.295; ≈ Il. 5.538, 17.518, Od. 24.524. — Daß eine Waffe den Körper vollständig durchdringt, bedeutet für den Betroffenen i.d.R. den Tod (NIENS 1987, 41f. Anm. 4, mit Stellensammlung). ἔ γ χ ε ϊ ὀ ξ υ ό ε ν τ ι : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel, nur hier und Od. 19.33 (ἔγχεα τ’ ὀξ.) am VA, sonst immer am VE (Dat. 6× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’; Akk. 1× Il.); metr. Variante zu ἔγχεϊ χαλκείῳ (3.380a n.): BAKKER (1991) 2005, 9f. – ὀξυόεις ist ein ep. Wort, Epitheton auch von δόρυ (14.443) und βέλος (Batrachomyomachie 194), wohl als metr. bequeme Variante zu ὀξύς verwendet, wie z.B. φαιδιµόεις < φαίδιµος, vgl. die VE-Formel ὀξέϊ δουρί 317 (schol. bT zu 7.11; RISCH 154; KIRK zu 5.48–50). Es ist unklar, ob ὀξυόεις urspr. eine Ableitung zu ὀξύη ‘Buche’ darstellt (also ‘aus Buchenholz’), vgl. µείλινον ἔγχος (114n.): schol. D zu 5.50; DELG; JANKO zu 13.584–5. — δ ι ά π ρ ο : ‘ganz hindurch’; zur Schreibweise WEST 1998, XVIIIf. — χ α λ κ ὸ ν ἔ λ α σ σ ε ν : flektierbare VE-Formel (auch 3. Pl. sowie Inf.); außer den identischen Iteratversen auch in 13.607, 13.647, 24.421. 309 ἔγχεϊ ὀξυόεντι: zum Hiat R 5.7. — ἔλασσεν: = ἤλασεν (3. Sg. Aor. zu ἐλαύνω, hier ‘stoßen, treiben’); zur augmentlosen Form R 16.1; zum -σσ- R 9.1.
Kommentar
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310–311 2. VH von 310 + VA von 311 ≈ 413f., 579f., 21.118f.; nur 2. VH: ≈ 15.543, 17.300. — In Kampfdarstellungen werden öfter Knochen durchbohrt oder zerschmettert, meistens Schädel- oder Extremitätenknochen, vgl. 324, 347, 740f. (LASER 1983, 6). – Zum Motiv ‘Sturz des Getroffenen’ s. 289–290n. — Thoas ist ein geläufiger gr. Name (zu thoós ‘schnell’), in der Ilias mehrfach verwendet: (a) Troer (nur hier), (b) Anführer des aitolischen Kontingents (2.638n.), ferner (c) Herrscher von Lemnos (14.230n.). Der Name wird sowohl hier als auch in 19.238f. (dort ist der Grieche gemeint) zusammen mit dem Phyleus-Sohn Meges (hier V. 313) und den Nestorsöhnen (hier 317) genannt: JANKO zu 311–12. – Weitere mythologische Belege von Figuren namens Thoas: DNP s.v.; historische Belege: LGPN; s. ferner LfgrE u. WATHELET s.v. ῥ ῆ ξ ε ν δ ’ ὀ σ τ έ ο ν ἔ γ χ ο ς : Die Satzstellung Prädikat–Objekt–Subjekt ist im Gr. verhältnismäßig selten: FRASER 2002, 60f. 74f. — π ρ η ν ὴ ς ἐ π ὶ γ α ί ῃ | κ ά π π ε σ (εε ): = 413f., ≈ 579 (πρηνὴς ἐπὶ νεκρῷ [sc. Sarpedon] | κάππεσεν), 17.300 (πέσε πρηνὴς ἐπὶ νεκρῷ [sc. Sarpedon] |), 21.118 (πρηνὴς ἐπὶ γαίῃ | κεῖτο). – πρηνής und πίπτω sowie der intrans. Aor. ἤριπε (319) beziehen sich i.d.R. auf einen sterbenden oder toten (dt. ‘gefallenen’) Krieger, selten auf einen Sturz ohne Todesfolge (6.43, 14.418; unklar 16.378f. [s.d.]); zu πρηνής s. 2.414n. mit Lit., zu πίπτω KURZ 1966, 19f.; LfgrE s.v. 1259.32ff., 54ff.; PURVES 2006, 182f. — Μ ε ν έ λ α ο ς ἀ ρ ή ϊ ο ς : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur A 4 (Nom./Akk., 9× Il.), vgl. 3.339n.; bes. zu ἀρήϊος oben 42n. – Mehrere Epitheta beschreiben Menelaos’ kriegerische Haltung: ἀρηΐφιλος (3.21n.), βοὴν ἀγαθός (2.408n.), κυδάλιµος (4.100 u.ö.). — ο ὖ τ α : Wurzelaor. (oben 24n. mit Verweis auf 6.64n.); als Waffe ist die Lanze hinzuzudenken (NIENS 1987, 73).
312 = 400. — Der Schild wird normalerweise vor der Brust – oder allgemeiner vor dem Rumpf – gehalten (7.224, 20.162f., 22.313f.). Beim Rückzug oder bei ungeschickter Manipulation gibt er jedoch Körperstellen frei, die durch ihn sonst gut geschützt sind, z.B. auch 4.468f. (seitlicher Brustkorb), 11.423–425 (Unterleib), 12.389 (Arm), 16.400 (Brust [Iteratvers]), ‘Hes.’ Sc. 460f. (Oberschenkel, wohl auch 308f. bei Areïlykos vorausgesetzt): AH zu 308; JANKO zu 311–12; HAINSWORTH zu 11.375ff.; allg. zur Rolle des Schilds in den Zweikämpfen der Ilias vgl. BERSHADSKY 2010, 7f. 10f. 15. – Die hom. Krieger tragen i.d.R. einen (aus Metall, Stoff und/oder Leder) gefertigten Panzer (3.332n. mit Lit.; außerdem SHEAR 2000, 46–48; BUCHHOLZ 2010, 214ff.); daß er bei einem Treffer durchschlagen/ durchbohrt wird, übergeht der Erzähler als selbstverständlich: 4.480f., 5.18f., 310 ὀστέον: zur unkontrahierten Form R 6. — ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — γαίῃ: = γῇ; zum -η nach -ι- R 2. 311 κάππεσ(ε): 290n. — ἀτάρ: ‘aber, doch’, hier progressiv: ‘dann’ (R 24.2), in weiterem Sinn korrelativ zu 307 πρῶτος. — οὖτα: 3. Sg. Aor. zu οὐτά(ζ)ω. 312 στέρνον: Akk. der Beziehung (R 19.1), zu γυµνωθέντα (‘entblößt’ i.S.v. ‘ungedeckt’). — παρ’ ἀσπίδα: ‘neben dem Schild’.
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5.145 usw. (LORIMER 1950, 203f. [mit Stellensammlungen in Anm. 2–4]; VAN WEES 1994, 135f.); vgl. aber 14.404–406n. (Aias kämpft mit nackter Brust). σ τ έ ρ ν ο ν : ‘Brust’ im allg. Sinn, im fgrE deutlich seltener als gleichbedeutendes στῆθος; in der Bed. ‘Brustbein’ (medizin. t.t.) erst bei Galen. – Liste der tödlichen Brustverletzungen bei MORRISON 1999, 144. — λ ῦ σ ε δ ὲ γ υ ῖ α : VE-Formel (7× Il., zudem 2× ὑπέλυσε δὲ γυῖα, 3× λύντο δὲ γυῖα, 1× ὑπέλυντο δὲ γυῖα [341], 1× λύθεν δ’ ὕπο φαίδιµα γυῖα [805]), ‘schlaff machen, zusammenbrechen lassen’, im Akt. i.d.R. euphemistisch für ‘töten’, Mediopassiv meist von einem psychosomat. Geschehen (z.B. 805; Ausnahme: 341); vgl. 332n. (λῦσε µένος), 6.27n. (ὑπέλυσε µένος καὶ … γυῖα), 24.498n. (γούνατ’ ἔλυσεν); weitere Lit.: HAINSWORTH, Introd. 12f.; MORRISON 1999, 131; SAUNDERS 2004, 10f.
313 2. VH ≈ 13.545 (mit gleicher Satzstruktur). — Der Phyleus-Sohn heißt Meges und ist Enkel des Augeias (2.627n.; FM 4). Als Anführer eines Kontingents von 40 Schiffen (2.625ff.) und mit Auftritten in den Gesängen 5, 10, 13, 15, 16 und 19 gehört Meges zu den Figuren mit einer nicht unbedeutenden Nebenrolle. – Amphiklos ist Kurzform zu Amphiklḗs, ‘der ringsum Ruhm hat’; in der Ilias nur hier, historisch in beiden Formen gut bezeugt (LGPN). — Das Schießen auf heranlaufende Feinde ist ein typisches Motiv in den Kampfszenen (Element 3a: ‘Kampfumstände’ [284–290a n.]): 5.98f., 11.95f., 12.387–389, 13.182f., 13.190f., 16.411f., 20.386f., ferner 5.238, ‘Hes.’ Sc. 333–335 (dir. Reden). Φ υ λ ε ΐ δ η ς δ ’ Ἄ µ φ ι κ λ ο ν : Die Anordnung Subjekt – δέ – Objekt (auch Obj. – δέ – Subj.) am VA ist ein häufiges Muster zu Beginn einer Einzelkampfschilderung (in der vorl. Szene noch 330, 342, 345; ähnl. 335); vgl. VISSER 1987, 93–99.
314 1. VH = 322 (“phrase-cluster”: HAINSWORTH 1976, 86). — Das Motiv, daß “ein Krieger dem Angriff eines anderen zuvorkommt”, gehört “zu den wiederkehrenden Elementen der iliadischen Schlachtschilderungen”; anschließend nochmals in V. 322 (STOEVESANDT 2004, 166f., mit Stellensammlung). — Präzisierende anatomische Angaben wie hier (‘wo der Oberschenkelmuskel am dicksten ist’) verleihen der Verletzung vordergründig einen realistischen Anschein, haben aber letztlich eine dichterisch überhöhende Funktion i.S.v. ‘genau an der letalen Stelle’, so bes. 5.305f., 8.81–86, 13.545–549, 13.567–575, 16.481, 22.325 (FRIEDRICH 1956, 43f. 52f.; SALAZAR 2000, 130; Stellensammlung: KELLY 2007, 126f.). Medizinisch betrachtet kann eine Oberschenkelverletzung durch großen Blutverlust zum Tod führen, allerdings nicht sofort: “Very few wounds in the Iliad would cause sudden death, yet most Homeric fighters seem to die that way or very rapidly. It is simply a convention, and not only an ancient one. Before modern cinematic realism made death unpleasantly bloody, cowboys would drop dead 313 δοκεύσας: mit Akk. + Ptz., ‘den Augenblick abpassen, wo jd. …’. 314f. ἔνθα πάχιστος | µυὼν ἀνθρώπου πέλεται: πάχιστος prädikativ, ‘wo der menschl. Muskel am dicksten ist’; πέλεται = ἐστίν.
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tidily with an Apache arrow impacted in the shoulder-blade” (SAUNDERS 2003, 132; s.a. ebd. 148f.; 1999, 359–361; GRMEK 1983, 59f.). ὀ ρ ε ξ ά µ ε ν ο ς … σ κ έ λ ο ς : Mediales ὀρέγοµαι wird im fgrE nur 3× mit einem Akk. verbunden (noch 322f. ὦµον und 23.805 χρόα, jedesmal in Partizipialkonstruktion mit φθάνειν ‘zuvorkommen’). Die Deutung ist umstritten: (a) intrans., mit Akk. des Ziels (‘mit der Lanze ausholen, sich [st]recken nach, zielen auf’: SOMMER 1977, 107ff., bes. 114–127; das Moment des ‘Treffens’ wäre dann in φθάνειν enthalten, zudem ausdrücklich in 322 οὐδ’ ἀφάµαρτεν); (b) trans., mit Akkusativobjekt (‘treffen’: DE BOEL 1988, 117ff., bes. 120f.). – Zur Koinzidenz des Ptz. Aor. mit dem Prädikat (ἔφθη) s. 24.170n. (φθεγξαµένη). — π ρ υ µ ν ὸ ν σ κ έ λ ο ς : ‘das (obere) Ende, der Ansatz des Beins’, in weiterem Sinn ‘der Oberschenkel’, analog 323 (u. 13.532) πρυµνὸς βραχίων vom ‘Oberarm’ (beim Schultergelenk); zu πρυµνός als Bez. der Basis oder des dickeren Endes vgl. 14.31–32n. mit Verweis auf LfgrE s.v. (die antike Deutung als ‘Unterschenkel’ – so z.B. schol. bT – ist sachlich falsch: ERBSE z.St.; RENGAKOS 1994, 136). – σκέλος ist hom. hapaxP, aber im Corpus hippocraticum als t.t. geläufig (LfgrE). — π ά χ ι σ τ ο ς : vgl. 473 παχέος παρὰ µηροῦ (s.d.); der Oberschenkel wird von mehreren kräftigen Muskelsträngen durchzogen (LfgrE s.v. σκέλος; SAUNDERS 1999, 359f.; 2003, 148 [dort auch zur früheren Annahme, es sei der Musculus glutaeus maximus, der Gesäßmuskel, gemeint; Amphiklos wird jedoch von vorne getroffen]). – Zum VE vgl. 4× Il. ἔνθα µάλιστα (bes. 13.568f. mit ähnl. Kontext). 315 VE ≈ 20.416. — µ υ ώ ν : ‘Muskel’, im fgrE nur hier und 324; zur unsicheren Schreibweise (v.l. µυιών) s. WEST 2001a, 130. — ἔ γ χ ε ο ς α ἰ χ µ ῇ : flektierbare VE-Formel (Nom. 20.416, Akk. 16.505 [mit Formelsprengung]); prosod. Alternative zu δουρὸς ἀκωκή 323n. (vgl. EDWARDS zu 20.416–8).
316 2. VH = 6.11 u.ö. (s.d., insgesamt 11× Il., 1× hom.h.). — Die Wendung ‘Dunkelheit umhüllte ihm die Augen’ ist ein formelhafter Ausdruck für das Eintreten des Todes (vgl. 503n.), im Gegensatz zur Wendung ‘das Licht sehen’ = ‘leben’ (188n.). Sie ist aus der Perspektive des Sterbenden formuliert wie dt. ‘ihm wurde schwarz vor Augen’ (MARG 1976, 12: “innere[r] Befund”). – ‘Umhüllen’ (und ‘umgießen’: 344n.) ist eine geläufige Ausdrucksweise für Bewußtseinsveränderungen bis hin zum Bewußtseinsverlust (Tod, Ohnmacht, Schlaf, Affekte): 2.19n. mit Lit.; ferner BREMER 1976, 40–42; CLARKE 1999, 241f.; vgl. 18.22n. ν ε ῦ ρ α : Grundbed. ‘Sehnen’, nur hier vom menschl. Körper, im vorl. Kontext vielleicht ‘Muskelstränge’ (LASER 1983, 11). “Beabsichtigt ist wohl, der Beschreibung ein weiteres grausiges Detail hinzuzufügen”: NIENS 1987, 73f. — δ ι ε σ χ ί σ θ η : intrans. ‘zerreißen’, iliad. hapaxP (vgl. Od. 9.70f. vom Wind, der die Segel zerreißt). — τ ὸ ν δ ὲ σ κ ό τ ο ς ὄ σ σ ’ ἐ κ ά λ υ ψ ε ν : Zu den zahlreichen Varianten der Wendung ‘Finsternis kam über seine Augen’ s. 6.11n. (mit Lit.; ferner MUELLER [1984] 2009, 84f.; TURKELTAUB 2005, 179f.). Wie σκότος werden auch ἀχλύς, νύξ, νεφέλη sowie θανάτου µέλαν νέφος als Begriffe
316 τὸν … ὄσσ(ε): Akk. des Ganzen und des Teils; τόν ist demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); ὄσσε = ‘Augen’ (Dual).
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der Dunkelheit im Zusammenhang mit dem Tod verwendet (LfgrE s.v. ἀχλύς 1763.77ff.). Vgl. im folgenden die Vv. 325, 333f., 344, 350 (s. 349–350n.), 414, 502f., 607, 687.
317–329 Kämpfende Brüderpaare (und ihre Rache füreinander, ihr Tod) sind ein typisches ep. Motiv; daß jedoch gleich zwei Brüderpaare gegeneinander kämpfen, kommt in der Ilias nur hier vor (FENIK 1968, 11. 196; JANKO zu 317–329 [S. 358]; 6.21–28n., mit Lit.; bes. zur Bruderrache FENIK a.O. 12. 88; HELLMANN 2000, 113; allg. zum Vergeltungsmotiv unten 398n.). – Der Auftritt der beiden Lykier Atymnios (317n.) und Maris (319n.) antizipiertP den großen, ebenfalls tödlich endenden Auftritt von Sarpedon selbst in 419ff. (WIESSNER 1940, 81; ACETI 2008, 90f.; JANKO zu 317–329 [S. 357f.]; allg. zu solchen Antizipationen EDWARDS, Introd. 19ff.). Der doppelte Brüderkampf wird auf sprachl. Ebene durch die komplexe syntakt. Struktur und den Subjektswechsel gespiegelt: Νεστορίδαι δ’ ὃ µὲν … Ἀντίλοχος – Waffe (318) – ἤριπε δὲ …· Μάρις δ(ὲ) … · τοῦ δ’ … Θρασυµήδης – Waffe (323f.) – δούπησεν δὲ …; dazu kommen die ungewöhnl. Stellung von ἄφαρ am Satzende (323n.) u. die Häufung von Prädikaten am VA und VE in 322/324/325. Vgl. auch die Analyse bei BAKKER 1997, 101ff.
317 Nestor hat im hom. Epos insgesamt sieben Söhne; sechs davon sind in der Liste Od. 3.413–415 genannt (ohne Antilochos, da dieser im Troianischen Krieg umkommt: Od. 4.187f.), wobei vier nur in der dortigen Opferszene auftreten. Bedeutendere Rollen haben in der Odyssee Peisistratos (Freund des Telemachos), in der Ilias Thrasymedes (14.10n.) und vor allem Antilochos (FM 4); die letzten beiden agieren wie hier öfter gemeinsam (19.238–240n.). — Der Lykier Atymnios kämpft zusammen mit seinem Bruder Maris (319n.) in Sarpedons Kontingent (327). Der Vater der beiden, Amisodaros, soll in Lykien die Chimäre großgezogen haben (328f.; die nachhom. Belege für weitere mögliche Sagenzusammenhänge werden diskutiert bei ACETI 2008, 205–210). Der Name Atymnios taucht in der Ilias noch im Patronymikon des Paphlagoners Mydon auf (5.580f.: Atymniades, ebenfalls von Antilochos getötet [BEYE 1964, 356f.]; zu den Paphlagonern s. 2.851n.) und scheint im übrigen ein karischer Name zu sein; dafür sprechen Namen wie Tymnes, Vater des Histiaios, des Herrschers von Termera in Karien (Herodot 5.37, 7.98), sowie Tymnessos und Tymnos, zwei karische Städte (Steph. Byz. s.vv.; zu Tymnos s. DNP mit Lit.; zu Tymnessos – im Griechischen auch numismatisch, im Lykischen inschriftlich bezeugt [tuminehi] – BORCHHARDT u.a. 2003; NEUMANN 2007, 388f.). Der Namensbestandteil -ymn- dürfte generell kleinasiatischer Herkunft sein, so etwa im Namen der Stadt Methymna und des Berges Lepetymnos auf Lesbos sowie im lyk. Personennamen A-/Ermedymnos (vgl. v. KAMPTZ 165; SCHERER 1976, 42f.). Falls das Präfix a- Zugehörigkeit bezeich-
317 δουρί: zur Flexion R 12.5.
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nen sollte, wäre Atymnios ‘der aus Tymnos’ (v. KAMPTZ 288f.; SCHERER a.O.). Weitere Lit.: v. KAMPTZ 287f.; WATHELET s.v.; JANKO zu 16.317–329 (S. 358f.). Ν ε σ τ ο ρ ί δ α ι ὃ µ ὲ ν …: distributive Apposition (mit einem Nominativ des Ganzen [Themawort]: 3.211n.). Mit 319 Μάρις δ(έ) wird die Konstruktion durchbrochen; ὃ µέν wird eigentlich erst durch τοῦ δ’ ἀντίθεος Θρασυµήδης … in V. 321 fortgeführt, ähnl. 12.400– 404 (schol. A; AH; CHANTR. 2.15f.; HAHN 1954, 207f.). — ὃ µ έ ν : dazu als Apposition im Enjambement Ἀντίλοχος (318; ähnl. 339f., 479f.). Die Verbindung eines demonstrativ-anaphor. Pronomens mit einem Namen (oder einer Nomen-Epitheton-Formel) im gleichen Kasus ist ein typisches Phänomen mündlichen Erzählens: BAKKER 1997, 91f. 198f.; vgl. schol. A, b, T zu 3.18. — ο ὔ τ α σ (εε ): wohl sekundäre Bildung zum athemat. Wurzelaor. οὖτα (24n. a.E.; MEISTER 1921, 103f.; TUCKER 1990, 211f.). — ὀ ξ έ ϊ δ ο υ ρ ί : flektierbare VEFormel (Dat. 11× Il., Akk. Pl. ὀξέα δοῦρα 3× Od.; außerdem Nom./Akk. Pl. 4× Il. im VersInnern [u.a. 772]). Zur Verwendung der Formel s.o. 284n.; zum synonymen Gebrauch von δόρυ und ἔγχος (318) s.o. 139–140n.; zur verwandten VE-Formel οὔτασε δουρί s.u. 597n. 318 λ α π ά ρ η ς : ‘Lende’; weitere Begriffe zur Lokalisierung von Verwundungen im Bauchbereich sind γαστήρ (465n.), κενεών (821n.), νηδύς ‘Bauch’, ζώνη ‘Hüfte’, βουβών ‘Leiste’, πρότµητις (-σις) ‘Nabelgegend’ (LASER 1983, 33f.; vgl. auch 481 φρένες [s.d.], ferner 13.568 αἰδοίων τε µεσηγὺ καὶ ὀµφαλοῦ – wo Verletzungen besonders schmerzhaft sein sollen [13.568f.]). Liste der tödlichen Bauchverletzungen in der Ilias bei MORRISON 1999, 144. — χ ά λ κ ε ο ν ἔ γ χ ο ς : VE-Formel (Nom./Akk. 17× Il., 5× Od., 2× ‘Hes.’; außerdem 1× Il. am VA; 3.317n.). Die Wendung steht meist im Zusammenhang mit einem erfolgreichen oder fast erfolgreichen Treffer (im Falle, daß der Gegner noch rechtzeitig ausweicht: 610), während metr. äquivalentes µείλινον ἔγχος bei Fehlschüssen gebraucht wird oder wenn das Geschoß wieder aus der Wunde herausgezogen wird (6.65n.; PARRY [1928] 1971, 183; COSSET 1983, 196–198; vgl. 309n.). – Das Attribut bezieht sich auf die bronzene Lanzenspitze, vgl. 118 αἰχµὴ χαλκείη (3.380a n.; vgl. unten 345n. a.E.).
319 1. VH = 20.456; ≈ 5.58, Od. 22.296. — Maris ist wie Atymnios (317n.) ein kleinasiat. Name, inschriftlich belegt in Phrygien und Kilikien (SCHERER 1976, 43); in der Form Mares myth. Figur im pseudohesiodeischen Epos Melampodie (‘Hes.’ fr. 271.1 M.-W.); s. auch v. KAMPTZ 328; WATHELET s.v.; LfgrE s.v. ἤ ρ ι π ε : intrans. Aor. zu ἐρείπω, ‘stürzte zu Boden’, d.h. ‘fiel, starb’ (310–311n.; vgl. 289– 290n.); fast immer am VA (20× Il., 1× Od., 2× Hes.; Ausnahmen: Gleichnis 482 mit Iterata sowie 3× Komposita von ἤριπε). Subjekt ist Atymnios. — α ὐ τ ο σ χ ε δ ά : nur hier bezeugte Nebenform zu αὐτοσχεδόν (9× fgrE), ‘in/aus unmittelbarer Nähe, im Nahkampf’, stets mit Verben des Kämpfens, Angreifens oder Treffens (so auch bloßes σχεδόν: 828 u.ö., σχεδόθεν 807 u.ö.; s. TRÜMPY 1950, 92. 98. 107). Deverbatives Adv. zu ἔχω/ἔσχον i.S.v. ‘sich haltend an, anschließend’ > ‘nahe’ (FRISK s.v. σχεδόν; vgl. 160n. zu ἀγεληδόν). Zur Form auf -α: LfgrE u. RAU 2006, 216f. (‘Pluralisierung’); weitere Lit. zum Adv. auf -δόν: 2.89n. 318 λαπάρης: Gen. abh. von δι-ήλασεν, ‘durch die Lende hindurch’; -η- nach -ρ- R 2. 319 προπάροιθε: hier adv., ‘nach vorne, vornüber’. — δουρί: dat. sociativus, ‘mit dem Speer in der Hand’.
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320 1. VH ≈ 13.550, 15.579; 2. VH ≈ 4.494, 13.660, 18.337, 23.23. — Zorn als Auslöser eines Gegenangriffs ist ein typisches Motiv in Rächungsszenen: 4.494, 13.660/662, 16.546, 16.553, 16.585, 24.736 (STOEVESANDT 2004, 233; WALSH 2005, 175–182); zum Rachemotiv allg. 398n. – ‘Bruder’ ist Periphrastische BenennungP in Sekundärer FokalisationP durch Maris; unterstreicht zusammen mit V. 326 ‘zwei Brüder’ das Bruderpaar-Motiv (Hinweis DE JONG; vgl. 317–329n.). Vier-Wort-Vers (125–126n.). — Ἀ ν τ ι λ ό χ ῳ ἐ π ό ρ ο υ σ ε : Hiat vielleicht aufgrund einer ‘Formelmodifikation’ aus Ἀντίλοχος δ’ ἐπόρουσε (13.550, 15.579).
321 Vor den Toten zu treten hat die Konnotation ‘in schützender Absicht’, ebenso 4.129, 11.396f. (KURZ 1966, 92; KELLY 2007, 141f.); auch ‘um den Toten’: 4.532, 5.299, 17.4/267/355/359. τ ο ῦ : possessiver Gen. zu ὦµον (323) wie in V. 308 Ἀρηϊλύκου zu µηρόν: SOMMER 1977, 124–127; DE BOEL 1988, 120 mit Anm. 10. — ἀ ν τ ί θ ε ο ς Θ ρ α σ υ µ ή δ η ς : Nomen-Epitheton-Formel am VE, noch Od. 3.414; prosod. äquivalente Variante: αἰχµητὴς Θρ. ‘Hes.’ fr. 35.10 M.-W.; metr. Varianten: ὑπέρθυµος Θρ. Od. 3.448, µενεπτόλεµος Θρ. Il. 10.255, Od. 3.442; Akk. Θρασυµήδεα ποιµένα λαῶν Il. 9.81, Gen. Θρασυµήδεος ἱπποδάµοιο 14.10 (s.d.). – ἀντίθεος ‘göttergleich’ ist ein generisches EpithetonP zahlreicher Heroen (LfgrE s.v.; DEE 2000, 497; am häufigsten von Sarpedon [648–649n.] und Odysseus; außerdem im Pl. u.a. 2× von den Lykiern [421n.]). Zum Nebeneinander der metrisch äquivalent verwendbaren Epitheta ἀντίθεος u. ἱππόδαµος (Thrasymedes) bzw. ἀντίθεος u. ἴφθιµος (Lykier) s. PARRY (1928) 1971, 185–187 (auf mehrere Helden ‘übertragbare’ Epitheta); SACKS 1987, 154–161 (durch den Kasus bedingte Unterschiede). 322 1. VH = 314 (s.d.). — ‘Treffen und nicht verfehlen’ bildet einen rhetorisch Polaren AusdruckP (allg. Lit.: 3.59n. a.E.). — ο ὐ δ ’ ἀ φ ά µ α ρ τ ε ν : VE-Formel (4× Il.; ferner 2× im Vers-Innern nach καὶ βάλεν); ähnl. VA 3.215 οὐδ’ ἀφαµαρτοεπής. 323 Zur Schulter s.o. 289–290n. — ἄ φ α ρ : zu ἔφθη ὀρεξάµενος, ‘schnell (bevor …)’ (πρὶν οὐτάσαι); die Stellung eines Adv. am Satzende ist im fgrE selten (vgl. etwa θοῶς 5.533): AH; LfgrE s.v. 1695.73ff., 1698.23ff. (mit weiteren Belegen aus nachhom. lyr. Texten). — π ρ υ µ ν ὸ ν … β ρ α χ ί ο ν α : 314n.; zur Wortbildung von βραχίων vgl. 821n. (zu κενεῶνα). — δ ο υ ρ ὸ ς ἀ κ ω κ ή : flektierbare VE-Formel (Nom./Dat. 6× Il., 1× Od.); Variante: 315n.
324 “The Homeric spear does not inflict a neat puncture but an extensive wound”: HAINSWORTH zu 11.95–6; skeptischer SAUNDERS 2003, 159f.: Diskrepanz von Waffe und Wunde. δ ρ ύ ψ ’ ἀ π ὸ µ υ ώ ν ω ν : entweder ‘riß den Arm von den Muskeln ab’ (so schol. D; LEAF; HAHN 1954, 269 Anm. 335) oder ‘entblößte den Arm von den Muskeln, schälte den Arm 320 κασιγνήτοιο: gen. causae zu χολωθείς; zur Flexion R 11.2. 321 τοῦ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). 322 οὐδ(έ): im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 323 ὦµον: Akk.-Objekt zu ὀρεξάµενος. 324 ἀπὸ … ἄραξεν: sog. Tmesis (R 20.2); ebenso 325 κατὰ … ἐκάλυψεν.
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aus den M.’ (AH; LASER 1983, 10); vgl. LfgrE: ‘abfetzen’. — ἄ χ ρ ι ς : hier wahrscheinlich = ‘gänzlich’ (LfgrE; KIRK zu 4.522). — ἀ π ὸ … ἄ ρ α ξ ε ν : ‘schlug herunter, schlug ab’ (sc. den Oberarmknochen aus dem Schultergelenk): LfgrE; SAUNDERS 1999, 361; 2003, 159. – Das zweifache ἀπὸ im Vers unterstreicht die Wucht des Treffers: es geht alles sehr schnell. 325 ≈ 15.578 (Konkordanzinterpolation); 2. VH ≈ 6.11 u.ö. (s.d.; 316n.). — δ ο ύ π η σ ε ν δ ὲ π ε σ ώ ν : VA-Formel (19× Il., 2× Od.), stets von einem zu Tode getroffenen Krieger (Element 6 der typischen Kampfszene: 284–290a n., 289–290n.), mit Bezug auf den dumpfen Aufprall auf dem Boden und viell. auch auf das Rasseln der Rüstung beim Fall (6× Il. und 1× Od. jeweils explizit in der 2. VH mit ἀράβησε δὲ τεύχε’ ἐπ’ αὐτῷ festgehalten): KRAPP 1964, 189; vgl. 822n. – Zur variatio in der Kombination und Formulierung der beiden Elemente (a) ‘stürzte krachend zu Boden’ und (b) ‘starb’ (z.B. noch 344, 599) s. KIRK zu 5.42 u. 5.58; MUELLER (1984) 2009, 84f.; PAGANI 2008, 387 (Stellensammlung). — κ α τ ὰ δ ὲ …: anstelle des üblicheren τὸν/τὴν δὲ … (316n.; κατὰ δέ sonst nur noch als v.l. in 15.578), viell. weil τὸν δέ bei gleichbleibendem logischen Subjekt nach δούπησεν selten ist: 250n. (BEKKER 1872, 162f.; KELLY 2007, 395f.; vgl. HIGBIE 1990, 162f.).
326–329 Biographische Angaben über die Gefallenen – sog. ‘Nachrufe’ – bilden eine typische Erweiterung von hom. Kampfszenen; hier steht das Motiv ‘Genealogie des Opfers’ im Vordergrund (287–290a n.). 326 ὣ ς τ ὼ µ ὲ ν …: SummaryP (1n.), wie öfter am Ende eines Kampfs (5.84, 5.627, 11.309 usw.; ähnliche Summaries – ebenfalls nach dem Tod eines Bruderpaars – in 5.559f. und 11.262f.), jedoch nur hier so ausführlich (mit zusätzlichen Angaben zu den betreffenden Figuren): FENIK 1968, 88; RICHARDSON 1990, 213 Anm. 37. – Der Dual τώ konnotiert ‘die zwei Brüder’, in Korrelation zu δοιοῖσι κασιγνήτοισι (pathetisch: JANKO zu 326–9). — κ α σ ι γ ν ή τ ο ι σ ι δ α µ έ ν τ ε : Zum Dat. der beteiligten Person bei δάµνηµι s. 3.183n.
327 2. VH ≈ 5.663/692. — ‘Erebos’ ist ein auf eine idg. Wurzel zurückgehendes Wort für ‘Dunkelheit’, meist in Richtungs- u. Herkunftsangaben (‘in das / aus dem Erebos’), gleichbedeutend mit der ‘Unterwelt’, wo Hades und die Toten wohnen (ein im hom. Erzählertext selten verwendetes Bild für den Tod: 625n.); in der hesiod. Genealogie Nachkomme des ‘Chaos’: DELG; LfgrE; WEST zu Hes. Th. 123. β ή τ η ν ε ἰ ς Ἔ ρ ε β ο ς : singulärer, kraftvoller Ausdruck für ‘sie starben’ (JANKO zu 326–9). Zu ähnl. Wendungen s. 3.322n. (δῦναι δόµον Ἄϊδος εἴσω), 6.19n. (γαῖαν ἐδύτην); ferner Od. 20.356 ἱεµένων Ἔρεβόσδε (von den εἴδωλα), Hes. Op. 153 βῆσαν ἐς εὐρώεντα δόµον κρυεροῦ Ἀΐδαο (von den Menschen des ehernen Geschlechts). — ἐ σ θ λ ο ὶ ἑ τ α ῖ ρ ο ι : flektierbare VE-Formel (Nom. Pl. / Akk. Sg., insgesamt 5× Il., 7× Od.), prosod. Variante πιστὸς/ὸν ἑταῖρος/ον (18.235n., mit Lit.). ἐσθλός “is largely descriptive (‘competent’, ‘valorous’, ‘useful’) not moralistic (‘good’)”, also ‘tüchtig, trefflich’ (DE JONG zu Il. 22.359–60; 19.122n. mit Lit.; ferner YAMAGATA 1994, 192ff.).
326 ὥς: = οὕτως. — τὼ … δαµέντε: Dual; τώ demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); δαµέντε ist Ptz. Aor. Pass. zu δάµνηµι/δαµά(ζ)ω. 327 βήτην: Dual, ‘sie gingen’.
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328 Der Name Amisodaros ist wie Atymnios und Maris nichtgr., zudem nur hier belegt. Das Hinterglied -daros erinnert an andere lyk. Namen wie Pandaros (dessen Heimat freilich nicht das bekannte Lykien ist, sondern eine gleichnamige Gegend nordöstlich von Troia [LfgrE s.v. Λυκίη; WEST 2011, 64]) und Pixodaros (auch karisch; ZGUSTA 1964, 431f.; NEUMANN 2007, 269f.; DNP), aber auch an Namen, die in Linear B bezeugt sind, wie qa-si-da-ro, tu-*56-da-ro u.a.m. (HEUBECK 1961, 57; MÜHLESTEIN [1965] 1987, 6; BILLIGMEIER 1970, 178f. 182; SCHERER 1976, 41f.; v. KAMPTZ 347; DMic s.vv.). – Amisodaros’ Rolle als Erzieher der Chimaira ist einzig an der vorl. Stelle belegt; entsprechend rätselhaft bleiben auch die (wenigen) nachhom. Belege zu seiner Figur (schol. T referiert eine Deutung des Historikers Xenomedes, wonach Amisodaros der Herrscher von Karien und der Schwiegervater des Bellerophontes gewesen sei [der anderswo aber Iobates heißt: 6.170n.]; nach einer anderen Vermutung ebd. habe die Erwähnung des Erziehers lediglich die Aufgabe, der Chimaira-Geschichte historische Plausibilität zu verleihen); s. auch RE s.v. – Zur Chimaira s. 6.179–182n. ἀ κ ο ν τ ι σ τ α ί : ‘Speerwerfer’, iliad. hapaxP, später t.t. für eine Abteilung von Leichtbewaffneten, hier wohl verallgemeinert = ‘Krieger’; vgl. 167n. (zu ἀσπιδιώτης).
329 2. VH ≈ Hes. Th. 570; vgl. Op. 223. — Zur Wendung ‘ein Übel für viele Menschen’ vgl. 262 (Wespengleichnis, s. 259–267n.). ἀ µ α ι µ α κ έ τ η ν : Epitheton mit unsicherer Etymologie und mannigfaltiger Verwendung, viell. ‘mit stürmischem Wesen’ (6.179n.; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.179); zur fem. Endung s.o. 122–123n. (zu ἀσβέστη).
330 2. VH ≈ 13.541. — Der sog. ‘Kleine Aias’, Sohn des Oïleus (FM 3; 2.527n.), steht in der Ilias meist hinter seinem Namensvetter, dem Sohn des Telamon, zurück und hat nur wenige Einzelauftritte, bei denen er zudem gelegentlich einen ambivalenten Eindruck hinterläßt (so z.B. 13.202ff.: er schleudert den abgeschlagenen Kopf eines Gegners Hektor vor die Füße, 14.520ff.: ist auf die Verfolgung von Flüchtenden spezialisiert, 23.748ff.: unterliegt Odysseus im Laufwettkampf, da Athene ihn ausgleiten läßt; positiv dagegen 14.442ff. [14.442n.]). Hier fängt er – dank seiner Schnelligkeit? – einen Troer, der im Gedränge steckengeblieben ist, und tötet ihn: schol. bT; WHITMAN 1958, 164f.; 14.520n. — Der Name Kleobulos kommt im fgrE nur hier vor; er ist danach aber in der ganzen gr. Welt geläufig (vgl. WATHELET s.v. [mit Anm. 3]; LGPN s.v.; inschriftlich auf einer spätkorinthischen Hydria mit der Darstellung der Kämpfe des 16. Gesangs, Lit. dazu oben 287n. [zu Pyraichmes]) und bedeutet wahrscheinlich ‘mit berühmtem Rat’ (oder 328 υἷες: zur Flexion R 12.3. — ῥα: = ἄρα, ‘bekanntlich, ja’ (R 24.1). 329 πολέσιν: zur Flexion R 12.2. — κακόν: prädikativ, ‘als ein Übel/Unheil für …’. 330 Κλεόβουλον: Akkusativobj. zu ζωὸν ἕλε, nicht zu ἐπορούσας (das mit Dativ konstruiert wird).
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‘der durch seinen Rat Ruhm hat’): v. KAMPTZ 87; zum Vorderglied vgl. in der Ilias den Namen Kleopatre (9.556). Über die Figur ist sonst nichts bekannt. 331 Krieger, die entweder (wie Kleobulos) durch ein Mißgeschick nicht kampffähig sind oder gar unbewaffnet vom Gegner überrascht werden, geraten zunächst lebend in die Hände ihres Gegners, was ihnen die Gelegenheit gibt, um Schonung für ihr Leben zu bitten; so Adrestos, der aus dem Wagen gefallen ist (6.37ff.; VA von 331 ≈ 6.38), Peisandros und Hippolochos, nachdem sie die Herrschaft über ihr Gespann verloren haben (11.122ff.), Lykaon, der aus Erschöpfung seine Waffen abgelegt hat (21.34ff., bes. 49ff.). Hier ist die Bitte um Schonung entweder im Sinne einer LeerstelleP zu ergänzen (sie bleibt jedoch wie an den genannten Parallelstellen unerfüllt), oder Kleobulos hat, was wahrscheinlicher ist, gar keine Gelegenheit, eine solche Bitte anzubringen: er wird ‘auf der Stelle’ getötet (JANKO zu 330–4; FENIK 1968, 197; WICKERT-MICKNAT 1983, 33–37; STOEVESANDT 2004, 149f.; 6.37–65n.; vgl. GOULD 1973, 81). β λ α φ θ έ ν τ α κ α τ ὰ κ λ ό ν ο ν : ‘im Gewühl verheddert’ (LfgrE s.v. κλόνος), ‘im Gedränge eingekeilt’ (KURZ 1966, 22 Anm. 23); βλάπτοµαι hat im hom. Epos oft die Bed. ‘aus dem Tritt kommen’ o.ä. (6.39n.). Die Junktur κατὰ κλόνον noch 713, 789 und 21.422 (stets an der gleichen Vers-Position). — α ὖ θ ι : ‘auf der Stelle’, öfter im Zusammenhang einer Tötung, vgl. bes. τοῦ δ’ αὖθι λύθη (ψυχή τε) µένος (τε) (5.296, 8.123, 8.315, 17.298).
332 2. VH ≈ 20.475. — Mit dem Schwert wird dem Gegner oft die letzte, tödliche Wunde beigefügt; Ausführende des Schwertstreichs sind dabei i.d.R. berühmte Helden wie hier Aias (NIENS 1987, 31f.; SHEAR 2000, 49f.; vgl. oben 115n.). Der Hals ist ein typischer Ort der (tödlichen) Verwundung durch Schwert, Speer, Pfeil oder Steinwurf (GRMEK 1983, 55f.; Stellen: MORRISON 1999, 143 Anm. 65); vgl. unten 339n. zur Enthauptung durch Schwerthieb. λ ῦ σ ε µ έ ν ο ς , π λ ή ξ α ς ξ ί φ ε ι : in bezug auf die Anordnung der Satzglieder ein hysteron proteron (Implikation: es geschieht alles sehr schnell); eine ähnliche Formulierung, jedoch in der ‘richtigen’ Reihenfolge, findet sich in 11.240: ‘schlug ihm das Schwert in den Hals und löste die Glieder’ (JANKO zu 330–4; CLARKE 1999, 240 Anm. 21). Zur Koinzidenz des Ptz. Aor. (πλήξας) mit dem Prädikat (λῦσε µένος) s. 24.170n. (φθεγξαµένη). — λ ῦ σ ε µ έ ν ο ς : wie λῦσε δὲ γυῖα (312n.) Ausdruck für ‘töten’; µένος bed. ‘Energie, Elan, Vitalität’: BÖHME 1929, 11–19 (zur Junktur µένος λύειν ebd. 13f. mit Stellensammlung in Anm. 2); REDFIELD 1975, 171–174; BREMMER 1983, 57–60; JAHN 1987, 40–45; LfgrE; vgl. 1.103n., 6.27n. — κ ω π ή ε ν τ ι : in der Ilias stets am VE (Iteratvers und 15.713), wohl nicht einfach ‘mit einem Schwertgriff versehen’, sondern prägnant ‘mit schönem, starkem Schwertgriff versehen’ (EBELING; RISCH 153; vgl. LORIMER 1950, 275f.). Zum Schwertgriff allg. s. 1.219n. mit Lit.; zum System der Schwert-Epitheta DÜNTZER (1864) 1979, 105; PARASKEVAIDES 1984, 20–22; TRÜMPY 1950, 62f.
331 ἀλλά (ϝ)οι: zum Hiat R 4.3; οἱ = αὐτῷ.
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333–334 = 20.476f. (vgl. 332n.); von der Zäsur C 2 an = 5.82f.; außerdem 334 = Il. parv. fr. 29.5 West; zur 2. VH von 334 s. 24.132n. (insgesamt 6× fgrE). — Blut, das aus der Wunde fließt oder spritzt oder sogar einen Gegenstand (Waffe, Körperteil, Erde usw.) erwärmt, tränkt, besudelt oder färbt, bildet ein drastisches Detail in Verwundungsdarstellungen, vgl. 5.100 (Brustpanzer mit Blut bespritzt), 5.113 (Blut spritzt durch das Gewand), 16.348f. (Augen mit Blut gefüllt), 16.795f. (Helmbusch von Blut besudelt), 17.51f. (Haare mit Blut getränkt), 20.470f. (Gewandbausch mit Blut gefüllt) usw. (NEAL 2006, 203–209; HOLMES 2007, 60–62; vgl. 159n.). Im Vergleich mit der expliziten Formulierung in 340 (‘das Schwert drang ganz ein’) wird die Tiefe und damit die Letalität der Wunde hier auf indirekte Weise evoziert: ‘das ganze Schwert wurde warm’ (schol. bT zu 11.534f. u. 20.476f. [mit NÜNLIST 2009, 209f.]; FRIEDRICH 1956, 45; zum Umstand, daß Metall normalerweise kalt ist, s. 5.75 mit schol. D z.St.). – In der Formulierung ‘der Tod ergriff jn.’ erscheint der Tod “as a figurative victor who always comes after his mortal counterpart and completes the former’s work”: TSAGALIS 2004, 181f. ὑ π ε θ ε ρ µ ά ν θ η : Das Präfix ὑπο- hat versch. Deutungen erfahren: (a) ‘allmählich, nach und nach’, viell. hervorgegangen aus der lok. Bed. ‘von unten (d.h. von der Spitze) her’: SOMMER 1934, 8 Anm. 3; SCHW. 2.524; CHANTR. 2.138; (b) ‘ein wenig, teilweise’ (mit Abschwächung des Hauptbegriffs): LSJ; KRETSCHMER 1935/36, 207f. (‘angewärmt’); (c) von der Einwirkung, ‘dadurch, dabei, davon’: LA ROCHE 1861a, 43; LEAF; ELSE 1959, 97. Wegen ihrer geringen Aussagekraft im Kontext dürfte die Deutung (c) am wenigsten passend sein. – Ähnl. Problematik in 5.502 (geworfelte Spreu auf der Tenne): αἳ δ’ ὑπολευκαίνονται ἀχυρµιαί, (a) ‘wird allmählich weiß’ oder (b) ‘wird ein wenig weiß (weißlich)’; Od. 7.126 (von reifenden Trauben): ὑποπερκάζουσιν, (a) ‘werden allmählich dunkel’ oder (b) ‘werden stellenweise dunkel’; s. LfgrE s.vv. ἀχυρµι(ή) u. ὑποπερκάζω; DÜRBECK 1985, 35–37. — τ ὸ ν δ ὲ κ α τ ’ ὄ σ σ ε : VE = 5.82, 20.476; ähnl. τὼ δέ οἱ ὄσσε 19.365n., ἐν δέ οἱ ὄσσε 19.16n., Verb + δέ οἱ ὄσσε 16.792 (≈ Od. 12.232, 20.204). Zum Bild vgl. oben 316n. — ἔ λ λ α β ε … θ ά ν α τ ο ς κ α ὶ µ ο ῖ ρ α : Sg., da die beiden Substantive als ein Begriff empfunden wurden (vgl. oben 63n.): ‘Todeslos’ i.S.v. ‘unausweichlicher Tod’ o.ä., ebenso 24.132 παρέστηκεν θάνατος καὶ µοῖρα (s.d.). – Zum Verb des Ergreifens bei körperlichseel. Vorgängen s. 22n. zu βεβίηκεν, 30n. zu λάβοι; in ähnl. Zusammenhang: 607 στυγερὸς δ’ ἄρα µιν σκότος εἷλεν (CLARKE 1999, 242f.). — π ο ρ φ ύ ρ ε ο ς θ ά ν α τ ο ς : πορφύρεος kann Farbe und/oder Bewegung bezeichnen (‘purpurfarben, schillernd, wallend’: 24.645n.; ebenso das Verb πορφύρω 14.16n.). Da der vorl. Formelvers in der Ilias stets unmittelbar auf eine Erwähnung von Blut folgt (5.82 αἱµατόεσσα δὲ χεὶρ πεδίῳ πέσε, hier u. 20.476 ὑπεθερµάνθη ξίφος αἵµατι), liegt eine Bed. ‘blutrot, blutig’ nahe (in 17.360f. ist πορφύρεος selbst Attribut zu αἷµα): DIETRICH 1965, 198 Anm. 12; KIRK zu 5.82–3; GRAND-CLÉMENT 2004, 130f. Möglich ist auch eine metaphor. Bedeutung: ‘dunkel, düster’ wie auch bei anderen Epitheta von Tod, Nacht o.ä. (AH zu 5.83; MOREUX 1967, 263–268). Anders TICHY 1983, 282f. Anm. 150, u. LONGO 1998, 127f.: geht auf das ‘Schwarzwerden vor Augen’ zurück (vgl. 316n.); ECK 2012, 187–193: Farbwechsel der Augen des Sterbenden; KELLY 2007, 236f.: signalisiert Bedrohung. – Allg. zu den Epitheta von θάνατος:
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VERMEULE 1979, 39. 219f. — µ ο ῖ ρ α κ ρ α τ α ι ή : VE-Formel (24.132n.); κραταιή ist das häufigste Epitheton von µοῖρα neben ὀλο(ι)ή (DIETRICH 1965, 194f.; vgl. 849n.).
335–341 Die Szene ist formal in einem weiteren Sinn nach dem ABC-SchemaP gestaltet (287–290a n.), wobei Teil B (335b–336) keine Figurencharakterisierung enthält, sondern die unmittelbare Vorgeschichte auf dem Schlachtfeld (und zwar nach Art einer synon. Doppelung im hysteron proteron: ‘sie hatten einander verfehlt und erfolglos geschossen’, vgl. 187–188n.). Teil C (337–341) wird durch das aus V. 335 wiederaufgenommene Stichwort ‘sie stießen zusammen’ eingeleitet und beschreibt das Geschehen detailliert in kurzen, parataktisch gereihten und stark enjambierten Sätzen (FRIEDRICH 1956, 102 Anm. 1; KIRK 1976, 102f. [“violent and staccato action”]; BAKKER 1997, 154f.; JANKO zu 335–6; vgl. 60–63n. a.E. und 345–350n. a.E.). – Vom Kampfverlauf her folgt die Szene der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (3.340–382n.; unten 419–683n.); realisiert sind die Elemente (3) erste, mit Speeren ausgetragene Kampfrunde, hier durch den beidseits erfolglosen Speerwurf geprägt (“initial miss”: FENIK 1968, 145f.), und (4) zweite, mit anderen Waffen (hier Schwertern) ausgetragene Kampfrunde, hier durch den gleichzeitigen Angriff der beiden Gegner charakterisiert (“simultaneous attack”: ebd.), wobei der Troer lediglich die Rüstung seines Gegenübers zu beschädigen vermag, der Grieche ihm hingegen einen tödlichen Schwerthieb versetzt. Engste (jedoch ausführlichere) Parallele: 13.601ff. – Lit.: FENIK a.O. 145f. 197; MUELLER (1984) 2009, 79; STOEVESANDT 2004, 170f.; JANKO zu 335–41. 335 Peneleos ist der prominenteste Anführer der Boioter (2.494n.). Er tötet auch 14.487ff. (s.d.) seinen Gegner (Ilioneus) mit einem Schwerthieb gegen dessen Hals – und zwar nachdem er zuvor erfolglos Akamas angegriffen hat, der nun hier 342ff. durch Meriones fällt. In 17.597–600 erleidet Peneleos eine leichte Verwundung durch Polydamas. Der Name ist wahrscheinlich mit ‘Penelope’ verwandt (zu pēnélops, Bez. eines Wasservogels; LfgrE mit Lit.). — Der Name Lykon kommt im fgrE nur hier vor; er ist später aber in der ganzen gr. Welt geläufig (vgl. WATHELET s.v.; LGPN s.v.). Urspr. wohl Kurzform zu einem Kompositum wie Lykophontēs, Lykophrōn o.ä. (‘Wolf-’). Über die Figur ist sonst nichts bekannt (WATHELET a.O.). σ υ ν έ δ ρ α µ ο ν : effektiver Aor., ‘stießen zusammen’; das Kompositum ist im fgrE nur in dieser Episode (335, 337) belegt. Vgl. συνίτην 476n. 336 ἤ µ β ρ ο τ ο ν …, µ έ λ ε ο ν δ ’ ἠ κ ό ν τ ι σ α ν : s.o. 335–341n. 337 ξ ι φ έ ε σ σ ι : 339 durch φάσγανον wiederaufgenommen; zur Austauschbarkeit von ξίφος, φάσγανον und ἄορ im hom. Epos s. 115n. – Zur Form s. G 70. 335 ἔγχεσι µέν: der Gegensatz folgt in 337 (τὼ δ’ αὖτις ξιφέεσσι). 336 ἤµβροτον: Aor. zu ἁµαρτάνω ‘verfehlen’ (mit Gen.). — µέλεον: adv., ‘vergeblich, erfolglos’.
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338 1. VH (bis zur Zäsur C 2) ≈ 13.614. — ἱ π π ο κ ό µ ο υ κ ό ρ υ θ ο ς φ ά λ ο ν : 216n. — ἀ µ φ ί : wohl adverbiell i.S.V. ‘brach daran (sc. am Helm) entzwei’, vgl. 3.362f. ἀµφὶ δ’ ἄρ’ αὐτῇ (sc. κόρυθι) | … διατρυφὲν (sc. ξίφος) ἔκπεσε χειρός. — κ α λ ό ν : καλός ist Epitheton zu φάσγανον auch in 15.713, 23.807f., hier mit dem Bezugswort im Enjambement (ähnl. 13.611 εἵλετο καλὴν | ἀξίνην, s.o. 104–105n.): vielleicht emphat. Kontrast zwischen der Schönheit des Schwerts und seiner Zerstörung. – Zur v.l. καυλόν vgl. 115n. (eigtl. Tülle an der Speerspitze; hier wahrscheinlich der Fortsatz der Schwertklinge, der vom Schwertgriff umgeben ist, der sog. Erl oder die Angel; d.h. das Schwert zerbrach um den Griffansatz herum. Diskussion und Lit. im LfgrE s.v.; JANKO zu 338–40).
339 VE ≈ 20.481. — Schwerter (hier u. 3.362f.), Speere (13.161f., 16.801, 17.607) und Pfeile (11.584) können im Kampf zerbrechen: handfestes Zeichen des Mißerfolgs (vgl. 3.363n.; BERGOLD 1977, 111). Daß hier unmittelbar danach das Schwert des Peneleos (fast) den ganzen Hals durchschneiden kann (gar eine komplette Enthauptung z.B. in 20.481–483), unterstreicht den Gegensatz zwischen Sieger und Opfer. – Schwerthiebe auf den Hals führen im hom. Epos regelmäßig zur Enthauptung (10.455–457, 11.146f., 14.496–498 [dort ebenfalls Peneleos], 20.481f., Od. 22.326–329; vgl. oben 332n.); allg. zu den Enthauptungsszenen MUELLER (1984) 2009, 82. – Treffer ‘unter dem Ohr’ (oder ‘unter dem Kiefer und unter dem Ohr’) sind stets tödlich (Il. 13.177f., 13.671, 16.606, 17.617; ebenso ‘am Ohr’ / ‘über dem Ohr’ 11.109 bzw. 15.433; MORRISON 1999, 143f.): “der Helm ließ den untersten Abschnitt des Halses unbedeckt” (AH). Auch Odysseus schlägt den Iros mit der Faust ‘unter dem Ohr am Hals’ (Od. 18.96 mit STEINER z.St.). ὃ δ (ὲὲ ) …: mit nachfolgendem Eigennamen im Enjambement (317n. zu ὃ µέν), hier bei schon bekannter Figur (bereits in V. 335 benannt): BAKKER 1990, 16; 1997a, 296. — θ ε ῖ ν ε ν : ‘hieb, schlug, traf (tödlich)’; in kriegerischem Kontext meist vom Schwertstreich/ -hieb (TRÜMPY 1950, 97f.). Neben dem reduplizierten themat. Wurzelaor. ἔπεφνον ‘tötete’ gilt der sigmat. Aor. ἔθεινα (< *ἔ-θεν-σα) als sekundär (beide zur idg. Wurzel *gu̯ hen[3.281n.]): SCHW. 1.755; CHANTRAINE (1945) 1961, 180f.
340–341 Die Darstellung, wie das Schwert ‘ganz eintaucht’, hat eine enge Parallele in 21.117f. (Achilleus tötet Lykaon); vgl. 333–334n. Der lediglich noch an einem Hautfetzen hängende Kopf ist “eine äußerst manierierte Vorstellung, die […] keine Parallele bei Homer hat” (NIENS 1987, 76; ähnl. FRIEDRICH 1956, 27; anders SAUNDERS 2003, 144: “If one accepts that the neck can be severed by a single
337 τὼ … συνέδραµον: Dual- und Pluralformen können frei kombiniert werden (R 18.1). — ξιφέεσσι: zur Flexion R 11.3. 338 ἤλασεν: 3. Sg. Aor. zu ἐλαύνω ‘schlagen, treffen’. 339 ἐρραίσθη· ὅ: zum Hiat R 5.6. — οὔατος: = ὠτός, ‘Ohr’ (Gen.). 340 ἔσχεθε: poet. Nebenform zu ἔσχε. — οἶον: ‘einzig, allein’.
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sword blow, clearly it can be almost severed, which is what is described here”). Eine Steigerung erfährt die Gräßlichkeit in der übernächsten (und letzten) Tötung dieser Androktasie-Szene (345ff., s.d.) und dann zunehmend im weiteren Verlauf der Ilias (SEGAL 1971, 20 mit Anm. 3). ἔ σ χ ε θ ε : absolut ‘hielt stand, hielt aus, hielt noch’ (AH; LEAF; VAN LEEUWEN [mit Parallelen]); ähnl. 740f. οὐδέ οἱ ἔσχεν | ὀστέον (Steinwurf). 341 δ έ ρ µ α : im fgrE sonst meist von der ‘abgezogenen Tierhaut’; von der menschlichen, vom Körper gelösten Hautschicht nur noch in Od. 13.431f. (Athene legt Odysseus die Haut eines alten Mannes um). Vgl. LfgrE s.vv. δέρµα und ῥινός. — ὑ π έ λ υ ν τ ο δ ὲ γ υ ῖ α : 312n.
342 2. VH (von der Zäsur C 1 an) = h.Merc. 225 (vgl. Nost. fr. 12.1 West [im VersInnern]); ≈ Il. 16.809 (vgl. 1. VH von 22.166). — Meriones ist Unteranführer der Kreter (FM 4; dort auch zum Namen [Anm. 17]) und tritt in Kampfszenen öfter siegreich hervor (im 16. Gesang nochmals 603ff.). Als Gefolgsmann des Idomeneus agiert er häufig mit diesem zusammen, so auch hier (Idomeneus 345ff.; s. MICHEL 1971, 68f.); zudem wird sein Kampfeinsatz hier weitgehend mit den gleichen Worten beschrieben wie derjenige des Idomeneus in 5.45–47. Zur Verankerung des Meriones in der ep. Erzähltradition s. 2.651n. u. 19.238–240n. — Den Namen Akamas tragen in der Ilias zwei Figuren, beide auf troianischer Seite; hier handelt es sich um einen Anführer der Dardaner (zusammen mit Aineias), Sohn des Antenor (2.822f.); in 14.488f. entkommt er zwar dem Ansturm des Peneleos (335n.), nun gelingt ihm die Flucht jedoch nicht mehr: Meriones holt ihn ein und tötet ihn. Der andere Akamas ist ein Anführer der Thraker (2.844n.), der in 6.5–11 durch die Hand des Aias fällt. Zum (an sich gr.) Namen s. 2.823n. und oben 176n. (‘der Unermüdliche’). — Zum Motiv ‘A holt B ein und tötet ihn’ vgl. 5.65f. u. 13.567f. (an beiden Stellen A wie hier = Meriones; dazu FENIK 1968, 18), 16.597f.; zum Motiv des auf der Flucht getöteten Troers s.o. 308n. κ ι χ ε ί ς : eigtl. zu *κίχηµι wie τιθείς zu τίθηµι. Die Formen des alten redupl. Präs.-Stamms *κίχηµι wurden jedoch als (athemat.) Aor. mißverstanden (z.B. Konj. κιχείω 1.26 u.ö.); Ptz. κιχείς ist nur hier belegt. *κίχηµι selbst wurde durch das sekundäre Präs. κιχάνω ersetzt, zu dem seinerseits ein themat. Aor. entstand (ἔκιχον; metr. gleichwertiges Ptz. κιχών Od. 15.157). Lit.: SCHW. 1.688, 1.698; FRISK; DELG; RUIJGH/VAN KRIMPEN 1969, 114ff.
343 = 5.46 (und 1. VH von 344 = 5.47); außerdem 2. VH (von der Zäsur C 1 an) = 5.98, 11.507, 22.133, Od. 19.452; ≈ Il. 14.450, Od. 17.462, 17.504, 18.95 (ohne
341 παρηέρθη: ‘fiel/hing zur Seite herab’. — κάρη· ὑπέλυντο: Hiat R 5.6; κάρη (= τὸ κάρα) ‘Kopf’. — ὑπέλυντο … γυῖα: das Prädikat kann bei einem Neutr. Pl. im Sg. oder Pl. stehen. 342 κιχείς: Ptz. Aor., ‘einholen’. 343 νύξ(ε): Aor. zu νύσσω ‘stechen, treffen’. — ἵππων ἐπιβησόµενον: ‘ihn, der im Begriff war, auf den Wagen aufzusteigen’.
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κατά). — Das Besteigen des Wagens impliziert die Absicht der Flucht, wie 5.38– 41, 5.45–47, 7.13–16, 8.256–260. ν ύ ξ (εε ): vom Nahkampf, meistens ‘mit der Lanze stoßen, stechen’ (vgl. 345f., 404f.), seltener zeugmatisch ‘mit Schwert und Lanze’ (vgl. 637) oder ohne Waffe (‘mit den Händen / mit dem Ellbogen stoßen’: 704n., Od. 14.485): TRÜMPY 1950, 96f.; LfgrE.
344 1. VH = 5.47, 5.294, 8.122, 8.260, 8.314, 15.452, 17.619, 20.487; 2. VH = 5.696; ≈ Od. 22.88 (und 1. VH von Il. 20.421). — Zu Wendungen der Bedeutung ‘stürzte zu Boden und starb’ vgl. oben 325n., zur ‘Dunkelheit über den Augen’ 316n. — Das Verb ‘sich ergießen’ (hier mit der ‘Dunkelheit’ als Subjekt) beschreibt in bildhafter Weise den Vorgang einer Bewußtseinsveränderung (bis hin zum Tod, so auch V. 414): 2.19n. mit Lit.; ähnl. Verwendung: ‘umhüllen’ (316n.). 345–350 Singuläre Beschreibung einer Schädelperforation mit Anklängen an den üblichen Typus, wie er in 11.95–98, 12.182–186 u. 20.395–400 vorliegt (THORNTON 1984, 93–100): der Gegner stößt mit der Lanze zu (hier 345f.), der Helm hält nicht stand (hier nicht explizit gesagt), die Lanzenspitze dringt durch den Schädelknochen und zerbricht ihn (346f.), das Gehirn wird mitverletzt (vgl. hier 347). Zur Verletzung der Zähne und Augen s.u. 348n. bzw. 349–350n. – Die Blutung aus Mund und Nase und die Einblutung in die Augen(höhlen) sind charakteristische Symptome einer Schädelverletzung (anders SAUNDERS 1999, 361f., der der vorl. Beschreibung jegliche Kohärenz abspricht). Allg. zu den Kopfverletzungen in hom. Kampfszenen MUELLER (1984) 2009, 81f.; ausführlich MYLONAS 2008; Stellensammlung bei MORRISON 1999, 143, u. MYLONAS a.O. Rein paratakt. Struktur, verbunden mit δέ, typisch für mündl. Erzählen; produktionsästhet. Deutung bei BAKKER 1997, 68f.: “What we have here are not so much narrative statements asserting temporal sequence as descriptive visual details as they pass through the speaker’s consciousness” (wie eine Abfolge von unterschiedlichen Kameraeinstellungen im Film).
345 Idomeneus ist Anführer der Kreter; er gehört zum engeren Führungszirkel der Griechen (FM 3; 2.645n.), sein Gefolgsmann ist Meriones (342n.). – Erymas ist der Name zweier Angehöriger der Troer-Partei, die im Abstand von nur 70 Versen nacheinander im Kampf fallen (hier gegen Idomeneus, in 415 gegen Patroklos [dort wohl ein Lykier aus Sarpedons Heer, vgl. 419f.]). Dadurch wird augenfällig, wie der Erzähler auf einen Vorrat von Namen zurückgreift, um Statisten zu benennen (SCHADEWALDT [1938] 1966, 59 Anm. 1; SINGOR 1991, 52f.; MINCHIN 2001, 82–84; SAUNDERS 2004, 6–8; vgl. 2.851n. [Pylaimenes]; allg. zur Mehrfachverwendung von Namen: schol. bT zu 13.643; FRIEDLÄNDER 1860, 817ff.; BOWRA 1930, 77–79; BEYE 1964, 354f.; WATHELET 1989, 29f.; NÜNLIST 2009, 240–242; zum Begriff ‘Statisten’ [morituri] 306–357n.). Solche Namen lassen sich oft von Ortsnamen ableiten (Liste bei PERDICOYANNI-PALÉOLOGOU 2001, 334–337) oder 344 κατὰ … κέχυτο: 123n.
Kommentar
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passen semantisch zum Kontext (vgl. 173–195n., 175n., 180n., 399n.; LEHRS [1833] 1882, 454–458; MÜHLESTEIN [1969] 1987 passim, z.B. 35f.; MINCHIN a.O.). Hier ist beides möglich: (1) zur pamphylischen Stadt Erymna/Orymna oder allenfalls zum arkadischen Gebirge Erymanthos (ZGUSTA 1964, 175; LfgrE s.v. ‘Erymas’); (2) zum gr. Wortstamm ery- ‘schützen, retten’ (dann als Kurzname zu – freilich nicht belegtem – Erymachos o.ä.: v. KAMPTZ 193; RISCH 27; WATHELET s.v.; vgl. Erylaos mit eindeutig gr. Kompositionselementen in V. 411 – nur wenige Verse vor der zweiten Nennung des Erymas in V. 415). – Über Erymas ist nichts weiter bekannt; auch historisch ist der Name nicht belegt. ν η λ έ ϊ χ α λ κ ῷ : zur Verwendung der Nomen-Epitheton-Formel 284n.; hier von der Stoßlanze: δόρυ χάλκεον (346). – χαλκός bez. eigtl. das Material der Lanzenspitze (318n. a.E.), steht aber sehr oft als pars pro toto für die ganze Waffe (14.28n. a.E.).
346 ≈ Od. 10.162 (Odysseus erlegt einen Hirsch). — Zur Darstellung, wie die Waffe durch den Körper hindurchfährt, vgl. 4.481f., 5.99f., 20.416 u.a.; im AT 2. Samuel 2.23: ‘Da stieß ihn Abner mit dem Schaft des Spießes in den Leib, so daß der Spieß hinten herauskam.’ δ ό ρ υ χ ά λ κ ε ο ν : Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur B 1 oder C 1 für die mit einer Bronzespitze versehene Stangenwaffe (5× Il. [wovon 3× im 16. Gesang], 2× Od.); metr. äquivalent: δόρυ µείλινον (114n.; PARRY [1928] 1971, 183); bedeutungsgleich: χαλκήρεα/ -ϊ δοῦρα/δουρί (6.3n.), δοῦρε … κεκορυθµένα χαλκῷ (3.18n.), χάλκεον ἔγχος (318n.). 347 ὀ σ τ έ α λ ε υ κ ά : Nomen-Epitheton-Formel an versch. Vers-Positionen (24.793n.; dort auch zum ornamentalen Epitheton ‘weiß[lich]’). Mit ὀστέα ist hier wohl die ‘Schädelbasis’ gemeint (LASER 1983, 6).
348 Die Zähne sind bei Schädelverletzungen öfter involviert (5.74f., 5.290f., 16.404f., 17.617f.), aber nirgends in einem Ausmaß wie hier (‘herausgeschmettert’, sonst bloß ‘durchbohrt’ oder ‘ausgeschlagen’): FRIEDRICH 1956, 27; FENIK 1968, 198. ο ἱ : sympathetischer Dativ (SCHW. 2.189; CHANTR. 2.71f.; TZAMALI 1996, 270f.), beinahe possessivisch ‘seine Augen’ (daher in der Linguistik auch als ‘externer Possessor’ bezeichnet); vgl. z.B. 435, 517, 519.
349–350 Augenverletzungen kommen in der Ilias auch in 13.616f. (mit JANKO z.St.), 14.493ff. (s.d.) u. 16.741f. (740–741n.) vor. Das Blut in den Augen nimmt hier gleichsam den Tod vorweg, vgl. 316 ‘Dunkelheit umhüllte ihm die Augen’: NEAL 2006, 206f.; vgl. 792n. – Zum Bild der schwarzen Wolke s. 66n., 316n. 346 τὸ δ(έ): mit δόρυ χάλκεον zu verbinden. 347 κέασσε: zu κεάζω ‘spalten, zerschmettern’ (Präs. im hom. Epos nicht belegt). 348 ἐκ … ἐτίναχθεν: 3. Pl. Aor. Pass. (R 16.2), ebenso ἐνέπλησθεν; zur sog. Tmesis R 20.2. — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). 349 τὸ δ(έ): sc. αἷµα (Akk.).
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Ilias 16
τ ὸ δ ’ ἀ ν ὰ σ τ ό µ α κ α ὶ κ α τ ὰ ῥ ῖ ν α ς | π ρ ῆ σ ε : dt. mit Umkehrung von Subjekt und Objekt ‘Blut spritzte/schoß ihm durch den Mund hinauf und die Nasenlöcher hinab’, d.h. ‘er blutete aus Mund und Nase’, ähnl. Od. 18.97 (Iros), 22.18f. (Antinoos) (AH; CHANTR. 2.114; etwas anders JANKO zu 345–50: “he vainly blows the blood from his nose and mouth, gaping as he gasps for breath”). Zur flektierbaren Formel στόµα τε ῥῖνές τε s. 14.467–468n.; vgl. κατὰ ῥινῶν (Gen.) ‘durch die Nasenlöcher hinab’ 19.39n. – Bei πρῆσε liegt möglicherweise die Vorstellung einer expandierenden Bewegung zugrunde (GRAZ 1965, 224–226; LfgrE; vgl. 2.415n.), hier in bezug auf Blut mit der Bed. ‘hervorquellen/ -schießen lassen’ (ähnl. ἀναπρήθω von Tränen: 9.433, Od. 2.81), sonst meist ‘in Brand setzen’ (s.o. 82n.). — θ α ν ά τ ο υ δ ὲ µ έ λ α ν ν έ φ ο ς ἀ µ φ ε κ ά λ υ ψ ε ν : ≈ θανάτοιο µ. ν. ἀ. (Od. 4.180), θάνατος δέ µιν ἀµφ. (Il. 5.68), θανάτου τέλος ἀµφ. (Hes. Op. 166), τέλος θανάτοιο κάλυψεν (502n.), νεφέλη δέ µιν ἀµφεκάλυψεν | κυανέη (20.417f.); nicht vom Tod νέφος ἀµφικαλύψ- in 14.343 (Unsichtbarkeit) u. Hes. Op. 555 (Regenwolke); vgl. 6.11n., oben 316n. Zur Vorstellung des Todes als ‘dunkel, düster’ vgl. 333–334n. 351 1. VH (bis zur Zäsur C 1) = 2.760; ≈ 2.487. — SummaryP wie 306, mit wörtlichen Anklängen (RingkompositionP); s. 306–357n. — ο ὗ τ ο ι ἄ ρ (α α ): mit starker Deixis: “There you have them; those were the leaders of the Danaans” (BAKKER [1999] 2005, 80f.). — ἕ λ ο ν … ἕ κ α σ τ ο ς : distributive Apposition (vgl. 264–265n.).
352–357 Wie in 155–167 (s.d.) illustriert das Wolfsgleichnis den Kampfmut und die Kampfkraft der Griechen; hier werden diese Eigenschaften jedoch weniger durch das Verhalten der Wölfe selbst dargestellt als vielmehr durch die Defizite auf seiten der Beutetiere bzw. der Troer: diese sind ‘ohne Kampfgeist’ (gr. análkida thymón, 355) bzw. ‘lassen die Kampfkraft fahren’ (alkḗs) und wenden sich zur ‘Flucht’ (356f.); der Umstand, daß die Jungtiere vom Hirten nicht beaufsichtigt und ihrer Mütter beraubt werden, verstärkt den Eindruck des ungleichen Kräfteverhältnisses, den die vorangehende Androktasie-Szene im einzelnen vermittelt hat: die Griechen sind weit überlegen, die Troer geradezu hilflos (AH; FRÄNKEL 1921, 92; REUCHER 1983, 317; BONNAFÉ 1984, 56f.; MAINOLDI 1984, 99; zur gliedernden Funktion der Gleichnisse in der Darstellung des Kampfverlaufs s. 278–418n. a.E.). – Die Unachtsamkeit des Hirten (354) ist ein geläufiges Motiv in Raubtier-Gleichnissen (FRÄNKEL a.O. 7f. 60; JANKO zu 15.323–5; s. auch 3.11n., 18.161–164n.), hier passend zum Jagdverhalten der Wölfe, die lieber unbewachte und isolierte Beutetiere jagen (Xen., Hipparchicus 4.18f.); ebenso typisch ist die Auswahl ‘Lämmer oder Zicklein’ (352): mehrere Vergleichsobjekte sind bes. in Tier-Gleichnissen häufig (2.460n., 2.800n.; vgl. 2.474–477n. [Liste von Ziegen- und Schafgleichnissen]).
350 πρῆσε: ‘ließ spritzen’ (Subjekt: Erymas). — χανών: ‘mit offenem Mund’. — ἀµφεκάλυψεν: sc. ‘ihn’ (Erymas). 351 ἄνδρα (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3.
Kommentar
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Formal ist das Gleichnis durch die strukturelle Übereinstimmung von Wie- und So-Satz gekennzeichnet (352/356), mit Wiederholung des Stichworts ἐπέχραον (allg. dazu 7n.). – Wie schon beim ersten Wolfsgleichnis (155–167n. a.E.) haben auch hier die Einbettung des Gleichnisses und die Details des Vergleichsbilds Kritik erfahren, u.a. daß sich V. 358 nahtlos an 351 anschließen lasse und daß das Motiv des unaufmerksamen Hirten gar nicht zu Hektors Rolle passe, der sich durch ‘Geschicklichkeit im Kampf’ (359) und durch den Schutz seiner Leute (363) auszeichne (WEST 2001, 238; 2011, 319 [mit älterer Lit.]; dagegen SHOREY 1922, 250f.: “There is no reason for excising it except the bare possibility of making continuous sense without it”; zum im Vergleichsbild gut verankerten Hirtenmotiv vgl. oben sowie REUCHER 1983, 317; Grundsätzliches oben 259–267n.: natürl. Bestandteil der dargestellten Bildwelt). 352 1. VH (bis zur Zäsur C 2) ≈ 356. — ἄ ρ ν ε σ σ ι ν … ἠ ’ ἐ ρ ί φ ο ι σ ι ν : Dativvariante der Junktur ‘Lämmer und Zicklein’ (nur hier); Gen. ἀρνῶν ἠδ’ ἐρίφων (24.262 u.ö. [s.d.], stets am VA), Akk. ἐρίφους τε καὶ ἄρνας (Od. 9.226, VE). — ἐ π έ χ ρ α ο ν : defektives Verb im Aor. (*χραϝ-), ‘anfallen, herfallen über’ (CHANTR. 1.393; LfgrE s.v. χραεῖν). 353 VE ≈ 12.146, 14.290. — σ ί ν τ α ι : ‘Räuber’ (zu σίνοµαι ‘schaden’), nur hier und 2× von Löwen (11.481, 20.165), stets in Gleichnissen und im Enjambement am VA (MAINOLDI 1984, 101). — ὕ π ε κ µ ή λ ω ν α ἱ ρ ε ͜ ό µ ε ν ο ι : Die vorl. Verwendung von ὕπεκ steht an der Schwelle zwischen (a) der wörtlichen (lokalen) Bed. ‘unter … hervor, unter … weg’ und (b) der übertragenen Bed. ‘ent-’ (wie ‘entwenden’); Bed. (a) ist im fgrE sonst nur noch an wenigen Stellen belegt, z.B. 8.503f. ἵππους | λύσαθ’ ὕπεξ ὀχέων (LA ROCHE 1861a, 48f.; ELSE 1959, 93f.; CHANTR. 2.145f.). Zur Orthographie von ὕπεκ (Kompositum, Akzent) s. WEST 1998, XVIIIf. — α ἱ ρ ε ͜ ό µ ε ν ο ι : Kontrahiertes -εο- wird in der Überlieferung regelmäßig mit der ionischen Lautung -ευ- notiert; zur Restitution von -εο- im Homertext s. WEST 1998, XXII; GT 7; Vorbehalte dazu: G 45 mit Anm. 25; PASSA 2001 (z.St. 398 Anm. 1). — µ ή λ ω ν … α ἵ : Das Relativpronomen richtet sich hier nach dem natürlichen Geschlecht des Subjekts (Muttertiere): AH. Ob ein lautlicher Anklang von µήλων an µητέρων mitgehört wurde, muß offen bleiben (RUIJGH 365 Anm. 9; vgl. LEAF). Umgekehrte Konstellation in 5.137/140: ὄϊες → τὰ (µῆλα); vgl. 11.244f. mit HAINSWORTH z.St. 354 1. VH ≈ 5.649. — ἀ φ ρ α δ ί ῃ σ ι : Zur ‘Unachtsamkeit’ des Hirten s.o. 352–357n.; zum ‘poetischen Plural’ bei Abstrakta der a-Stämme 2.588n. — δ ι έ τ µ α γ ε ν : Die Zerstreuung des Kleinviehs bildet einen KeimP für die Zersprengung der Troer sowohl im Erzählertext (374 τµάγεν) als auch im Gleichnis (390 ἀποτµήγουσι, Zerstörung der Landschaft bei einer Sturmflut): Stichwort für den Zusammenbruch der Ordnung (NIMIS 1987, 89). – διέτµαγεν ist formal ein Aor. Pass. zu τµήγω ‘schneiden, trennen’ (Nebenform zu τέµνω), mit intrans. Funktion (PULLEYN zu 1.531). — ο ἳ δ ὲ ἰ δ ό ν τ ε ς : VE-Formel (24.320–321n.). 352 λύκοι (ϝ)άρνεσσιν: zur Prosodie R 4.4, zur Flexion von ἄρνεσσιν R 11.3 (ebenso 353 ὄρεσσιν). — ἠ’ ἐρίφοισιν: zum Hiat R 5.1; ἠ(έ) = ἤ. 353 τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11). 354 ἀφραδίῃσι: zur Flexion R 11.1. — διέτµαγεν: ‘hatten sich getrennt, zerstreut’ (intrans. Aor., vgl. R 16.2; -τµ- zu τέµνω). — δὲ (ϝ)ιδόντες: zur Prosodie R 4.3.
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Ilias 16
355 2. VH ≈ 656. — δ ι α ρ π ά ζ ο υ σ ι ν : Parallelen zur häufigen Kombination von Präsens und Aorist im Gleichnis (hier ἐπέχραον, διέτµαγεν) bei CHANTR. 2.186; vgl. oben 299– 300n. — ἀ ν ά λ κ ι δ α θ υ µ ὸ ν ἐ χ ο ύ σ α ς : Gegensatz 264 ἄλκιµον ἦτορ ἔχοντες. ἄναλκις bedeutet nicht ‘feige’ (im Sinne einer dauernden Eigenschaft), sondern in der momentanen Situation ‘ohne Kampf-/Widerstandsgeist’, ebenso von Hektor 656 (6.74n.; zum Begriff ἀλκή s. 157–158n.). – θυµὸν ἐχ- ist flektierbare VE-Formel (219n.). 356 1. VH ≈ 5.527, 15.622; (bis zur Zäsur C 2) ≈ 352. 357 2. VH = 15.322. — δ υ σ κ ε λ ά δ ο υ : hom. hapaxP, von der Flucht (φόβος), die von ‘schrecklichem Lärm’ begleitet ist (rufende und schreiende Soldaten, Waffenlärm usw.), vgl. 294f. ἐφόβηθεν | … θεσπεσίῳ ὁµάδῳ, 366 ἰαχή τε φόβος τε (ähnl. 373), 18.149f. (Achaier) θεσπεσίῳ ἀλαλητῷ | φεύγοντες (schol. bT; KRAPP 1964, 66f.; KAIMIO 1977, 75f.). Geräusche beherrschen das folgende Geschehen auch weiterhin: 361, 366, 373, 393. — µ ν ή σ α ν τ ο , λ ά θ ο ν τ ο δ έ : prägnante Gegenüberstellung (in gewisser Weise ein rhetorisch Polarer AusdruckP, vgl. 322n.), mit chiastischer Anordung φόβοιο δυσκελάδου – θούριδος ἀλκῆς. Zur Formulierung mit µιµνήσκοµαι und λανθάνοµαι s. 19.147–148n. a.E. (‘seine Gedanken/Aufmerksamkeit richten auf, sich besinnen auf’) bzw. 6.265n. (‘nicht mehr denken an, fahren lassen’) mit Lit.; vgl. im 16. Gesang 270 µνήσασθε δὲ θούριδος ἀλκῆς, 601f. οὐδ’ … ἀλκῆς ἐξελάθοντο, 697 φύγαδε µνώοντο, 771 µνώοντ’ ὀλοοῖο φόβοιο, 776 λελασµένος ἱπποσυνάων. — θ ο ύ ρ ι δ ο ς ἀ λ κ ῆ ς : VE-Formel, s. 270n.
358–418 Die Troer fliehen über den Graben zur Stadt zurück. Patroklos schneidet ihnen den Fluchtweg ab. Nach den Einzelkämpfen 306ff. (Androktasie-Szene) konzentriert sich die Handlung nun auf die militärischen Hauptakteure des 16. Gesangs: Aias, Hektor, Patroklos. In deren Verhalten (und den dazugehörigen Gleichnissen) spiegelt sich das Geschehen auf dem Schlachtfeld: letzte Widerstandsversuche der Troer gegen die Griechen (Hektor/Aias), ihre Flucht zum Graben und darüber hinweg (Hektor), Nachsetzen der Griechen (Patroklos). Die einzelnen Elemente sind typisch für Fluchtschilderungen, wie etwa ein Vergleich mit 11.148–180 ergibt (vgl. HAINSWORTH z.St.; FENIK 1968, 85; LATACZ 1977, 212–214). Die vorl. Darstellung – bes. in den Vv. 358–393 – lebt vom raschen, wiederholten Wechsel zwischen Widerstand und Flucht, Griechen und Troern, Menschen und Pferden, Erzählung und Gleichnis und imitiert so das herrschende Chaos (REINHARDT 1961, 198–200; FENIK a.O. 194f.; THALMANN 1984, 18; STANLEY 1993, 170f.; vgl. 278–418n., 364–393n.); dabei verwendet der Erzähler verschiedene Signale für summarische und iterative Handlungen (358 ‘immer’, 370 ‘viele’; Häufung von Imperfekten, bes. 358–363, 367, 369, 378f.; s. RICHARDSON 1990, 21–23). Der Schauplatz verlagert sich zusehends vom Schiffslager weg zur Ebene und zur Stadt hin (vgl. HELLWIG 1964, 25; unten 394–418n.). – 355 αἶψα: d.h. ‘sogleich, nachdem sie sie gesehen hatten’ (ἰδόντες). 356 ὥς: = οὕτως.
Kommentar
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Durch den Siegeslauf des Patroklos (394–418, s.d.) erreicht der Kampf schließlich seinen vorläufigen Höhepunkt (vor dem Zweikampf Patroklos–Sarpedon); auf diese Weise sind Anfang und Ende der Troerflucht durch katalogische Einzelkämpfe – und damit durch eine Vielzahl von namentlich genannten gefallenen Troern – hervorgehoben (306ff. am Schiffslager, 394ff. vor den Mauern Troias). Gleichzeitig tritt Hektor – im Kampfgeschehen zunehmend in die Rolle des Angegriffenen gedrängt (durch Aias 358f., durch Patroklos 382f.) – auch in der Erzählung immer stärker in den Hintergrund, bis es 712ff. zur direkten Begegnung mit Patroklos kommt (STANLEY a.O. 170; DI BENEDETTO [1994] 1998, 222f.; STOEVESANDT 2004, 214f.). 358–393 Die Darstellung von Hektors Verhalten hat Anstoß erregt: “Hektor, der eben noch [363] als Beschützer der Seinigen gefeiert wurde, ist 367 plötzlich allen andern in der Flucht voraus” (FRIEDRICH 1956, 119); auch das angeblich ‘obskure’ Gleichnis 364ff. (z.B. LEAF zu 364 u. 365) und die Nennung des im 15. Gesang von Apollon eingeebneten, nun aber wieder zu einem kaum überwindbaren Hindernis gewordenen Grabens (z.B. AH zu 369) sind oft kritisiert worden; man hat daher wahlweise die Vv. 358–363 (FENIK 1968, 193f.; MOULTON 1977, 34f.), 364–371 (LEAF zu 364; VON DER MÜHLL 1952, 246), 369–371 + 377–383 (WILAMOWITZ 1916, 130; WEST 2011, 320 [“secondary insertion”]) oder 380– 383 (LEAF zu 380; VON DER MÜHLL a.O. 246f.) in Frage gestellt. Zu möglichen Deutungen des Abschnitts in seiner Gänze s. jedoch 358–418n., 358–363n., 367b–368n. (Kampfverlauf und Hektors Rolle), 364–367a n. (Gleichnis) und 369n. (Funktion des Grabens in der Erzählung); generelle Kritik an etwaigen Tilgungen u.a. bei REINHARDT 1961, 200f. Anm. 13.
358–363 “Immer allgemeiner wird die Flucht, nur Hektor bleibt noch zurück, obgleich er alles verloren sieht, langsam dem Feinde weichend, um den Rückzug der Seinen zu decken” (ALBRACHT 1886, 49). Bedeutsame Umkehrung der Situation 114–123: Im Gegensatz zu 114ff. hat Aias jetzt, nach der Abwehr des Feuers von den Schiffen, wieder die Oberhand über Hektor (aber wie in 13.190–192 gelingt es ihm nicht, den durch seinen Schild geschützten Hektor zu verletzen), und Hektor muß nun – wie Aias in 119ff. – ‘erkennen’ (362), daß das Kampfglück zu seinen Ungunsten umschlägt. Zu Aias’ Leistungen in der Ilias s. 102–123n. (mit Lit.). 358–361 Das sog. Gamma-Akrostichon mit dem Namen ‘ΑΙΑΣ’ (waagerecht am VA von 358, senkrecht als Akrostichon in 358–361) ist wohl zufällig entstanden; für Dichtung, die in mündlicher Tradition steht, ist die Annahme von bewußt gestalteten Akrosticha wenig wahrscheinlich (HILTON 2013, bes. 91f.; vgl. 24.1–5n. zum Akrostichon ΛΕΥΚΗ).
358 ‘Der Große Aias’ heißt bis heute so (Sohn des Telamon, Anführer des salaminischen Kontingents: FM 3; 102–123n.) im Gegensatz zum sog. ‘Kleinen Aias’, der seinen jüngsten Auftritt 330ff. hatte (330n.). Aias’ Körpergröße wird in NomenEpitheton-Formeln wie auch in individuellen Beschreibungen erwähnt: 3.227n.
358 ὁ (µ)µέγας: zur Prosodie M 4.6. — αἰέν: = ἀεί. — ἐφ’ Ἕκτορι: ἐπί + Dat. zur Angabe des Ziels.
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Ilias 16
Α ἴ α ς δ ’ ὁ µ έ γ α ς : In der Verbindung von Eigenname (od. Substantiv) und Attribut (Adj. od. Patronymikon) steht im hom. Epos gelegentlich adnominales ὁ/ἡ/τό, sowohl bei Voranals auch bei Nachstellung des Attributs (z.B. 25 ὁ Τυδεΐδης κρατερὸς Δ∆ιοµήδης; Liste der möglichen Kombinationen bei BASSET 2006, 109–113; Stellensammlung bei STUMMER 1886, 37–41). Ob ὁ/ἡ/τό dabei eine Funktion hat, die über den (später geläufigen) bestimmten Artikel hinausgeht, ist umstritten (“hebt deiktisch hervor”, also magnus ille Aiax: SCHW. 2.22; “met l’accent sur la valeur déterminative et restrictive de l’adjectif”: BASSET a.O. 113. 119 [ähnl. CHANTR. 2.163]; dagegen für reine Artikelfunktion SCHMIDT 2004, 18–20; vgl. G 99; 24.164n.). Auch hier ist die Entscheidung schwierig; es gibt Parallelen sowohl (a) mit als auch (b) ohne ὁ, ohne erkennbaren grundsätzlichen Bed.-Unterschied: (a) 14.459f. Αἴαντι δὲ … | τῷ Τελαµωνιάδῃ, (b) 9.169 Αἴας τε µέγας, 3× Il. Αἴαντα µέγαν Τελαµώνιον υἱόν, 12× Il. µέγας Τελαµώνιος Αἴας u.a.m. Daher ist anzunehmen, daß ὁ hier nicht zwingend nötig ist, um den Großen vom Kleinen Aias (330ff.) zu unterscheiden (auch wenn es die Unterscheidung unterstützen mag: schol. A, T; AH; 14.460n.), denn auch in anderen Passagen steht bei solchen Abfolgen kein ὁ (z.B. 13.681 → 13.695/701 → 13.702; 17.235/237 → 17.256 → 17.279). Andererseits ist es aber auch nicht nötig, ὁ zu tilgen, da es eben – wenn auch wenige – Parallelen gibt (Konjektur Αἴας δὲ µέγας: Nauck [app.crit.]; LEAF; JANKO zu 358–63). — Ἕ κ τ ο ρ ι χ α λ κ ο κ ο ρ υ σ τ ῇ : flektierbare VE-Formel (Dat. 5× Il., Akk. 3× Il.; davon 6× Il. 13–16); weitere Varianten (metr. gleichwertig): Ἕκτορα ποιµένα λαῶν (2× Il.), Ἕκτορος ἀνδροφόνοιο/ἱπποδάµοιο (77n., 717n.); prosod. Variante des Epithetons (mit ident. Hinterglied): ἱπποκορυστής (287n.). – χαλκοκορυστής bed. wahrscheinlich ‘mit Bronze-Helm’ (6.199n.; ähnl. χαλκοχίτων ‘mit ehernem Panzer[hemd]’ [1.371n.]); es wird in der Ilias außer in 6.199 (Sarpedon) immer für Hektor gebraucht (also beinahe distinktives EpithetonP: CAMEROTTO 2009, 120f.); vielleicht steht es wie κορυθαιόλος in Zusammenhang mit Hektors ‘Helm-Episode’ in 6.466ff. (LfgrE s.v. χαλκοκορυστής; vgl. 6.466–473n.). 359 1. VH = 13.585. — ἵ ε τ ’ ἀ κ ο ν τ ί σ σ α ι : Zur Formulierung vgl. außer dem Iteratvers (Menelaos gegen Helenos) auch 383 ἵετο γὰρ βαλέειν (Patroklos gegen Hektor), 761 ἵεντ’ ἀλλήλων ταµέειν χρόα (erneut Patroklos/Hektor), ferner 8.301/310 βαλέειν δέ ἑ ἵετο θυµός (Teukros zielt zweimal auf Hektor), 13.386f. (Asios gegen Idomeneus). Dabei haben die Infinitive ἀκοντίσσαι u. βαλέειν resultative Bed.: ‘treffen’. — ἰ δ ρ ε ί ῃ π ο λ έ µ ο ι ο : Wie die Ausführung in 360f. zeigt (Handhabung des Schilds), bezieht sich der Begriff ἰδρείη konkret auf kriegshandwerkliche Fertigkeit und militärisches ‘Know-how’ (BARCK 1976, 63; LfgrE; vgl. 243 ἐπίστασθαι πολεµίζειν), ebenso 7.237–241 (mit Hektors eigenen Worten); Gegensätze: ἀφραδίῃ πολέµοιο (2.368n.), βίῃ (7.197f.).
360 2. VH = h.Merc. 217; ≈ Od. 22.488, h.Ap. 450. — Zur Beschichtung der hom. Schilde mit Leder s. 18.481n.; zum Schutz der Schultern durch den Schild 289– 290n. (und zur Formulierung vgl. 17.492, Od. 14.479).
359 ἀκοντίσσαι· ὅ: zum Hiat R 5.6; zum -σσ- R 9.1. — δὲ (ϝ)ιδρείῃ: zur Prosodie R 4.3. 360 ὤµους: Akk. der Beziehung (R 19.1), zu κεκαλυµµένος.
Kommentar
163
ἀ σ π ί δ ι τ α υ ρ ε ί ῃ : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel (ebenfalls am VA 13.163, in Formelsprengung 13.160f., beide im Akk.); weitere Varianten (metr. äquivalent): ἀσπίδος/ -ας εὐκύκλου(ς) (5× Il., wovon 4× am VA), ἀσπίδος ἀµφιβρότης (3× Il., stets VA). — ε ὐ ρ έ α ς ὤ µ ο υ ς : flektierbare VE-Formel (3.210/227, Od. 22.488, h.Ap. 450, h.Merc. 217; Nom. Od. 18.68; Dual εὐρέε τ’ ὤµω Il. 16.791, 23.380).
361 Der (Waffen)lärm ist ein Indikator für die Heftigkeit des Kampfes (105n.); Pfeile und Speere sind typische Angriffswaffen (gemeinsam erwähnt z.B. auch 8.514, 11.191, 13.584f., 15.313f., 16.772f., 21.113). ὀ ϊ σ τ ῶ ν τ ε ῥ ο ῖ ζ ο ν κ α ὶ δ ο ῦ π ο ν ἀ κ ό ν τ ω ν : stilistisch auffällige Formulierung: Chiasmus, Häufung von o-Lauten, onomatopoetische Geräuschwörter (‘Schwirren’ bzw. ‘dumpfer Aufschlag, Dröhnen’: schol. b u. T; PLATT 1921, 142; RICHARDSON 1980, 285; TICHY 1983, 92–94. 96f.; zu δοῦπος vgl. auch 325n.). Außerdem kann die Verbindung der beiden Geräuschwörter mit σκέπτοµαι (‘spähen, Ausschau halten nach etw.’) als Synästhesie gedeutet werden: KRAPP 1964, 286; WILLE 2001, 78f. – δοῦπον ἀκόντων ist VE-Formel (noch 11.364, 20.451).
362 2. VH = 7.26, 8.171; VE außerdem = 17.627, Od. 22.236. — Zum Motiv, daß eine Figur einen Handlungsumschlag ‘erkennt’ (und akzeptiert), vgl. 119–122a n. (dort durch ein göttliches Signal vermittelt, hier jedoch allein aufgrund der Einsicht in die veränderte Lage: Übermacht der Griechen; ähnlich, aber mit Übermacht der Troer: 17.626f.). — Der Wendung vom in der Schlacht umschlagenden Sieg liegt die Vorstellung eines dynam. Wechsels zwischen Überlegenheit und Unterlegenheit zugrunde, vgl. die Formulierungen ‘die Schlacht war gleichmäßig gespannt’ (Gleichstand, 12.436), ‘die Schlacht zur Seite biegen’ (‘die Schlacht wenden’: 14.510, s.d.), ‘Zeus, der als Herr des Krieges waltet, läßt die Waagschale sinken’ (19.223f. mit n.; vgl. 658n.), ‘das Seil abwechselnd spannen’ (13.358– 360), ‘der unbeständige (oder: hin- und herwechselnde) Ares’ (gr. alloprósallos, 5.830–834), ‘der Sieg wechselt bei den Männern’ (6.339; ähnl. 3.439f.). ἦ µ ὲ ν δ ή : Partikelkombination mit starker Emphase, außer an der vorl. Stelle immer in direkten Reden (2.798n.); nach CUYPERS 2005, 46f., hat ἦ µὲν δή (wie µάν/µήν/µέν überhaupt) die Funktion, Einwände des Adressaten vorwegzunehmen, hier also des Rezipienten: “›Did Hector not realize, then, that the Trojans were losing this battle?‹ (yes, he did, but even so …)” (im originalen Wortlaut bei CUYPERS versehentlich auf Aias statt auf Hektor bezogen); dt. etwa ‘natürlich erkannte er …, aber …’; vgl. WAKKER 1997, 228f. — ἑ τ ε ρ α λ κ έ α ν ί κ η ν : Die Nomen-Epitheton-Formel (s.o. die Iterata) bezeichnet den ‘umschlagenden Sieg’, d.h. den Umschwung der Schlacht zugunsten ‘der anderen’ Partei (ἑτερ-), die zuvor schwächer war und jetzt durch ‘Abwehrkraft’ zum Sieg kommt (hier die Achaier); s. AH; LEAF zu 7.26; FERNÁNDEZ-GALIANO zu Od. 22.236. Weniger wahrscheinlich ist die 361 σκέπτετ(ο): hier i.S.v. ‘achten auf, sich schützen vor’. — τε (ῥ)ροῖζον: zur Prosodie M 4.6. 362 γίνωσκε: ‘erkannte nach und nach, mußte erkennen’.
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Ilias 16
Deutung ‘Sieg, der durch die Hilfe von ›anderen‹ (namentlich von Göttern) zustandekommt’: ἑτερ- bez. schwerlich eine ‘andere’ – d.h. externe, dritte – Instanz (so aber CASABONA 1967; JANKO zu 358–63; KELLY 2007, 200). Weitere Diskussionen mit abweichenden Ergebnissen bei TRÜMPY 1950, 273f.; LfgrE s.v.
363 Das uneigennützige Einstehen für andere ist ein Motiv, das später in der PolisEthik der archaischen Elegie geläufig, aber auch in der Ilias schon bezeugt ist: 3.9n.; 18.129n. (mit Lit.); LATACZ 1977, 213f.; KULLMANN (1995) 2002, 37f.; CLASSEN 2008, 184f.; s. auch 496n. (zur Solidarität mit gefallenen Kameraden). ἀ λ λ ὰ κ α ὶ ὧ ς : d.h. trotz der Einsicht in die veränderte Lage; VA-Formel (80–82n.). — σ ά ω : 3. Sg. Impf., noch 21.238; als 2. Sg. Imperativ in Od. 13.230 u. 17.595; wohl zu athematischem *σάωµι ‘retten, am Leben erhalten’ (AH; JANKO zu 358–63 a.E. u. STEINER zu Od. 17.595 mit Verweis auf CHANTR. 1.307). Lit. zur älteren Auffassung, wonach kontrahiertes *σάοε zugrundeliege (zu themat. σαόω) und daher *σάου zu schreiben sei, bei LEUMANN (1957b) 1959, 267 Anm. 2. — ἐ ρ ί η ρ α ς ἑ τ α ί ρ ο υ ς : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk. Pl. 5× Il., 14× Od.; Nom. Sg. Il. 4.266; im Vers-Innern 3.47). Ob und wieweit das EpithetonP (‘zuverlässig, teuer’: 3.47n.) kontextbezogen aufgefaßt werden kann, ist unklar (LfgrE s.v.; ROISMAN 1984, 43).
364–393 Der Abschnitt ist ringkompositorischP angelegt (darin außerdem eine Parallelkonstruktion AB, vgl. die Struktur des Niobe-Paradeigmas 24.599–620n.), s. THALMANN 1984, 17f.; JANKO: 1 Wettergleichnis (Flucht der Troer am Graben) (364–367a) 2 Hektor enteilt mit seinem Gespann (367b–369a) 3 die Troer scheitern mit ihren Wagen (369b–371) 4 A Patroklos verfolgt die Troer (372–373a) 5 B chaotische Flucht, die Pferde rennen davon (373b–376) 4’ A’ Patroklos verfolgt die Troer (377–378a) 3’ B’ die Troer scheitern mit ihren Wagen (378b–379) A” Patroklos verfolgt Hektor (380–383a) 2’ B” Hektor enteilt mit seinem Gespann (383b) 1’ Wettergleichnis (Flucht der Pferde durch die Ebene) (384–393) “At the center of the pattern (373–376), and so accorded particular emphasis, stands the definitive statement of the Trojans’ retreat, ›back to the city from the ships and huts‹” (THALMANN a.O. 18). 364–367a Das GleichnisP illustriert den Lärm und Schrecken während der Flucht der Troer. Der Wie-Teil ist sehr knapp gehalten; das Motiv ‘Lärm und Schrecken’ muß dem So-Teil entnommen und mit der allgemeinen Vorstellung von der Wirkung eines Unwetters (vor dem sich alle in ungeordneter Flucht in Sicherheit bringen) kombiniert werden: ‘elliptisches’ Gleichnis (EDWARDS, Introd. 32; ebenso 363 ὧς: = οὕτως. — ἀνέµιµνε, σάω: Impf. de conatu, ‘versuchte standzuhalten / zu retten’.
Kommentar
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CAUER [1895] 1923, 471 Anm. 5; KRAPP 1964, 265; WILLCOCK zu 364–5; allg. zu solchen elliptischen Gleichnissen EDWARDS a.O.; LEE 1964, 6–8; anders FRÄNKEL 1921, 22; SHOREY 1922, 248; SCOTT 1974, 114: dahinziehende Wolke = fliehendes Troerheer). Das vorl. Gleichnis ist das zweite in einer Reihe von Wettergleichnissen, die aufeinander Bezug nehmen (dazu eingehend 297–302a n. mit Lit.; ferner 278–418n. a.E.); darüber hinaus bildet es mit dem kurz vorangegangenen Wolfsgleichnis 352ff. ein “balancing pair” (dort der Angriff der Griechen, hier die Flucht der Troer): EDWARDS a.O. 40. 364 Mit dem Olymp ist einerseits der Berg als Schauplatz meteorologischen Geschehens gemeint – Wolken sammeln sich natürlicherweise an Bergen, vgl. 297f. (schol. A [dazu SNIPES 1988, 214; NÜNLIST 2009, 296]; AH; SALE 1984, 13f.) –, andererseits ist wohl auch an den mythologischen Wohnsitz des Wettergottes Zeus gedacht, der ja im folgenden Vers genannt ist (vgl. JANKO zu 364–5: “Zeus’ mountain-top”; oben 93n.). ὡ ς δ ’ ὅ τ (εε ): 212–213n. — ἀ π ’ Ο ὐ λ ύ µ π ο ι ο : formelhafte Junktur (93n.). — ο ὐ ρ α ν ὸ ν ε ἴ σ ω : ‘in den Himmel(sraum) hinein’ (vgl. AH; LEAF, Appendix H, S. 599f.; 3.3n. a.E.); VE-Formel (noch 8.549, 11.44). 365 1. VH (bis zur Zäsur B 1) = h.Cer. 70. — α ἰ θ έ ρ ο ς ἐ κ δ ί η ς : ‘unmittelbar nach strahlendem Himmel’ (LfgrE s.v. αἰθήρ 294.8ff.), ‘after clear weather’ (JANKO zu 364–5). Zu zeitlichem ἐκ (‘unmittelbar nach’) s. KOPP 1937, 321 Anm. 2; SCHW. 2.464; JANKO zu 364– 5; anders (Herkunft: ‘aus … heraus’) AH, Anh.; CHANTR. 2.99. – Zu αἰθήρ s. 299–300n. — δ ί η ς : δῖος ist das hom. Epitheton par excellence; sein Anwendungsbereich ist außerordentlich vielfältig u. meist rein ornamental (1.7n., 1.141n.; LfgrE). Als Epitheton zu αἰθήρ (auch Od. 19.540, h.Cer. 70; nachhom. Belege bei WEST zu Hes. Th. 697) evoziert es jedoch die urspr. Bed. von διϝ-: ‘Himmel, Tag’ (idg. *dieu-/diu̯ -; davon auch ‘Zeus’ als Himmelsgott, lat. dies ‘Tag’, aind. divyá ‘himmlisch’), also ‘taghell, heiter’ (vgl. LfgrE a.O.; JANKO a.O.; nachhom. εὐδία ‘schönes Wetter’). — ὅ τ ε τ ε … τ ε ί ν ῃ : In Nebensätzen von Gleichnissen steht oft Konj. (bei iterativem ὅτε τε auch 2.782, 5.500f.): RUIJGH 491f.; CHANTR. 2.256. Die Form τείνῃ kann Präs. od. Aor. sein; da es aber der einzige Präs.-Beleg dieses Verbs im fgrE wäre, liegt Aor. näher (so auch Konj. Aor. in der ähnl. Wendung 17.547f. ἶριν … τανύσσῃ); anders KÖSLING 1998, 191f. (duratives Präs.). — λ α ί λ α π α τ ε ί ν ῃ : vgl. dt. ‘ein Sturm überzieht das Land’. Wetter-/Himmelsphänomene werden ‘ausgestreckt, gespannt (über etw.)’ (τείνω/τανύω; s. LfgrE s.vv.; MOULTON 1979, 290–293), so auch der Regenbogen (Il. 17.547f.), der Nebel (Hes. Op. 549) oder die Nacht (567 [s.d.], Od. 11.19 [ewige Nacht der Kimmerier]), mit Zeus als Subj. außer hier auch 567, 17.547f. (vgl. das Bild vom ‘Spannen des Kampfes’ durch Zeus 662n.). – λαῖλαψ ist “[d]er herantosende, alles in schwarze Wolken hüllende und Regen ausgießende Sturm”, bes. der Herbststurm mit seinen schlimmen Folgen: 384ff. (KOPP 1939, 270f.; TICHY 1983, 315f.; LfgrE). 364 Οὐλύµπου: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — οὐρανὸν εἴσω: = εἰς οὐρανόν. 365 τε: ‘episches τε’ (R 24.11).
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366 ≈ 4.456 (ebenfalls nach Gleichnis); 2. VH (von Zäsur B 1 an) = 4.456, 12.144, 15.396. — Zum Lärm während der Flucht vgl. 357n.; zum Lärm der Troer 76–79n. — ἐ κ ν η ῶ ν : ‘(Flucht) aus dem Schiffslager’ (vgl. 24n.). — γ έ ν ε τ ο ἰ α χ ή τ ε φ ό β ο ς τ ε : periphrastisch für ‘sie lärmten und flohen erschreckt’, d.h. ‘sie flohen unter großem Lärm’. Zum Sg. des Prädikats γένετο s. 63n. (zu ἀφίκηται): “ein Begriff”, hier ἰαχή τε φόβος τε ‘Fluchtlärm’, im weiteren Sinn eine synon. Doppelung wie 63 ἀϋτή τε πτόλεµός τε (s.d.), Hes. Th. 708 ἰαχήν τ’ ἐνοπήν τε (vgl. LfgrE s.v. φόβος 970.43ff.). Zur Bed. von φόβος vgl. 291n. – ἰαχή τε φόβος τε ist flektierbare VE-Formel (Nom. s. Iterata, Dat. 373). — γ έ ν ε τ ο ἰ α χ ή : (ϝ)ι(ϝ)αχή (19.41n.) bildet oft Position, im 16. Gesang noch 373 u. 785 (Stellensammlung bei CHANTR. 1.139f.). Zugleich steht γένετο regelmäßig vor der Zäsur C 1 (wobei das folgende Wort meist mit Doppelkonsonant anlautet, im 16. Gesang noch 508 u. 581).
367a Der Hinweis auf die fehlende Ordnung bildet die implizite Erfüllung sowohl der warnenden Voraussage des Polydamas 12.223–227 (bes. 225: ‘wir werden ou kósmōi – ohne Ordnung – denselben Weg zurückkommen von den Schiffen’) als auch der drohenden Voraussage von Hektors Flucht durch Aias 13.817–820 (STOCKINGER 1959, 35–37. 40). ο ὐ δ ὲ κ α τ ὰ µ ο ῖ ρ α ν : κατὰ µοῖραν mit der metr. Form ⏑ – – – (*κατὰ µµ- < *κατὰ σµ-) charakterisiert vielteilige Handlungen, die einen geregelten Ablauf erfordern (meist mit vorangehendem πάντα [6× Od. am VA]): Opfertier zerlegen (Od. 3.457), Schiff fahrbereit machen (Od. 4.783, 8.54), Ziegen melken (Od. 9.245 u.ö.); hier mit Negation von einer ‘planlosen, chaotischen, überstürzten’ Flucht (LfgrE s.v. µοῖρα 248.45ff.; FINKELBERG 1987, 137f.; SARISCHOULIS 2008, 44f.; anders DIETRICH 1965, 208f.: “(not) in order, either according to rank or according to their tribes”, was sich aber mit dem übrigen Gebrauch der Wendung schwerlich vereinbaren läßt). Zum weiteren Gebrauch von κατὰ µ. vgl. 1.286n. (mit Verben des Redens), 19.255–256n. a.E. (rituell). — π έ ρ α ο ν : selten bezeugte Endung für 3. Pl. Impf. bei Verben auf -άω (nur noch Od. 12.436 κατεσκίαον und 16.5 ὕλαον); sonst kontrahiert (φοίτων Il. 2.779, (ἐ)νίκων 9.130 u.ö., τόλµων 12.51, u.a.m.) oder mit sekundärem Ausgang -εον (ἤντεον 7.423, µενοίνεον 12.59, ὀµόκλεον 15.658). Diskussion der Formen bei MEISTER 1921, 76f.; CHANTR. 1.52f., 78f., 361; SHIPP (1953) 1972, 35f.
367b–368 Hektor hat nach dem verzweifelten Versuch, für seine Leute einzustehen (363), als einer der letzten seinen Wagen bestiegen, um zu fliehen (FAESI zu 363; ALBRACHT 1886, 49). Die Darstellung seiner Flucht, wie ‘seine schnellen Pferde ihn davontragen’ und er so immerhin den Graben schadlos überwindet und wie anschließend die übrigen Troer mit ihren Streitwagen scheitern, findet ihr Gegenstück in der Darstellung von Patroklos’ Angriff 377–383, dem Hektor entgeht (mit 383b ≈ 367b–368a): “Es ist dies die erste Berührung zwischen den beiden Hauptgegnern der Patroklie. Die Flucht zu Beginn weist auf das umgekehrte Ende” (nämlich Hektors Sieg; REINHARDT 1961, 199); vgl. 364–393n. – Wie man sich 366 τῶν: sc. Τρώων; demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). 367 πέραον: Impf. zu περάω ‘durchqueren, hinüberkommen’ (sc. über den Graben [V. 369]).
Kommentar
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den Vorgang von Hektors Flucht angesichts des herrschenden Chaos am Graben genau vorzustellen hat, läßt die Erzählung offen. Überspringt das Gespann den Graben, so wie es dasjenige des Patroklos 380 tun wird und wie Hektor selbst 8.178f. (zitiert unten 369n. a.E.) prahlerisch angekündigt hat (dort allerdings in bezug auf die Eroberung des Achaierlagers)? In diesem Sinne WEST 2011, 320 (der Erzähler habe die Darstellung des Überspringens für Patroklos aufsparen wollen und hier daher ausgelassen); anders MANNSPERGER 1995, 348f. mit Anm. 65 (Hektor habe eine für die Durchfahrt günstige Stelle benutzt). Grundsätzlich zur Fiktion des Geschehens DELEBECQUE 1951, 77f. (das Überspringen mit Gespann und Streitwagen ist in der Realität gar nicht möglich); RAAFLAUB 2011, 23f. (die Wagenbenutzung in Fluchtphasen dient der Erzeugung von Spezialeffekten). Allg. zum Graben 369n. Ἕ κ τ ο ρ α δ ’ ἵ π π ο ι | ἔ κ φ ε ρ ο ν ὠ κ ύ π ο δ ε ς : vgl. 383 = 866 τὸν δ’ ἔκφερον ὠκέες ἵπποι (ähnl. Od. 3.496), Il. 23.376 ποδώκεες ἔκφερον ἵπποι, alle in der 2. VH. Mit ἵπποι ist das Pferdegespann mit dem Streitwagen gemeint. Zum Streitwagengebrauch im hom. Epos s. die Hinweise in 20n. (im Zusammenhang mit Patroklos als ‘Wagenkämpfer’). – Die flektierbare Nomen-Epitheton-Formel ἵπποι ὠκύποδες steht oft im EnjambementP und/oder in Formelsprengung; ähnl. wie hier 10.568f., 12.50f., Od. 23.244f. (EDWARDS 1966, 150f.; JANKO zu 366–9). Allg. zu den Pferde-Epitheta 2.383n. — Ἕ κ τ ο ρ α δ ’ ἵ π π ο ι : Zu Neuauftritten und Szenenwechseln nach der Zäsur C 2 s. 1.194n. (vgl. αὐτὰρ Ἀχιλλεύς 124n.). — σ ὺ ν τ ε ύ χ ε σ ι ν : 156n.; hier wohl mit der Konnotation ‘unversehrt’ (248n.; vgl. FAESI; anders LEAF: ‘in spite of the weight of his armour’). — λ ε ῖ π ε : λείπειν räumlich ‘hinter sich lassen’ (LfgrE s.v. 1659.38f.), das Impf. vielleicht i.S.v. ‘mußte hinter sich lassen’. Zur Verbindung mit λαόν vgl. 15.218 (Poseidon) λίπε λαὸν Ἀχαιϊκὸν (‘ließ im Stich’).
369 Auf Nestors Anregung hin (7.337b–343) haben die Griechen ihr Schiffslager mit Mauer und Graben befestigt (7.436b–442; die Götter werden nach dem Abzug der Griechen dafür sorgen, daß die Anlage wieder eingeebnet wird: 12.10–35). Die Mauer ist von Toren unterbrochen, die für (die eigenen) Streitwagen passierbar sind (7.339f./438f.; vgl. 12.120–123); der Graben ist mit aufragenden Pfählen verstärkt und soll die Überquerung durch (gegnerische) Streitwagen verhindern (7.341f./440f.; vgl. 12.49–59). Diese Bauten werden im Verlauf der Ilias-Handlung vom ErzählerP nach Bedarf eingesetzt: im 8. Gesang lassen sich die Griechen zwischen Graben und Mauer zusammendrängen (8.213ff.), bis Diomedes als erster sein Gespann wieder ‘aus dem Graben treiben’ kann (8.255); wenig später fliehen sie erneut zu den Schiffen, nachdem ‘sie durch die Pfähle und den Graben gekommen waren’ (8.343); im 12. Gesang treibt Hektor seine Leute an, ‘den Graben zu durchqueren’, aber die Pferde scheuen: der Graben ist wegen der steilen Böschungen und der Pfähle weder überspringbar noch durchfahrbar (12.49ff.); die Troer 369 οὕς: constructio ad sensum. — ἀέκοντας: zur unkontrahierten Form R 6.
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stellen die Wagen daher vor dem Graben ab, greifen zu Fuß an (12.75ff.) und stürmen ein erstes Mal die Mauer (12.469f.); bei ihrer Flucht zu Beginn des 15. Gesangs ‘gehen sie durch die Pfähle und den Graben hindurch’ (15.1f.); bei ihrem nächsten Angriff eilt ihnen Apollon voraus, ebnet einen Teil des Grabens ein und reißt die Mauer ein (15.260f./355ff.), so daß die Troer samt ihren Streitwagen ins Schiffslager einfallen können (15.384f.); bei dem an der vorl. Stelle nun einsetzenden Rückzug der Troer aus dem Schiffslager hinaus bildet der Graben erneut – wie im 12. Gesang – ein schwer überwindbares Hindernis (16.368b–371), außer für Hektor (367f.) und Patroklos (377–383); und im 24. Gesang könnte Priamos Graben, Mauer und Wachen ohne Hermes’ Hilfe nicht unbemerkt passieren (24.443–447, s.d.). So treten Graben und Mauer nur bei speziellen Geschehnissen – und auch dann jeweils situationsbezogen – in den Blick des Erzählers (DELEBECQUE 1951, 103–109; MANNSPERGER 1995 passim); ebenso z.B. die Torriegel derselben Mauer (dazu 24.446n.), die Skamanderfurt (24.351n.), überhaupt die einzelnen topographischen Fixpunkte wie Grabmäler, Bäume usw. (2.793n., 24.349n.) sowie das Skäische Tor und andere Gebäude der Stadt Troia (MANNSPERGER 1992, 234f. 236f.; vgl. BOWRA 1962, 49f.: “technique of mentioning only what is relevant to the plot”; s. auch CLAY 2011, 56ff.). Dieser selektive Umgang des Erzählers mit (Mauer und) Graben ist nicht immer verstanden worden: “Many find […] the ditch a deeper obstacle than did the Trojans” (JANKO zu 364–93), so etwa AH, Anh. zu Il. 16, S. 22; LEAF zu 364; FENIK 1968, 193f.; BLÖSSNER 1991, 105; zu den entsprechenden Athetesen s.o. 358–393n. Weitere Versuche einer konstruktiven Deutung bei BETHE 1914, 140 (die Ereignisse am Graben “geben ein lebhaft bewegtes Bild”); REINHARDT a.O. (s. das Zitat oben 367b–368n., danach: “Verschwindet der Graben, so verschwinden mit dem Graben auch Patroklos und Hektor”); BOYD 1995, 194–196. 202–205 (die Mauer fungiert als Ersatz für den Hauptverteidiger des Schiffslagers, Achilleus); WEST 2011, 320 (“[t]he causeway that Apollo made in 15.357 is naturally ignored in this context”; vgl. ebd. 205f. zu 8.213f.); PORTER 2011 (Graben als fiktionales Objekt). Allg. Lit. zur kompositionellen Freiheit Homers bei VAN DER VALK 1964, 158f. mit Anm. 335. Τ ρ ω ϊ κ ό ν : Das Adj. ist im fgrE nur 5× belegt: 3× bei λαός (hier und 17.723f., 21.295f., ebenfalls im Enjambement), 2× bei πεδίον (10.11, 23.464); sonst Τρώϊος/Τρῳός (z.B. 393), Τρωϊάς/Τρῳάς (z.B. 831). — ο ὓ ς ἀ έ κ ο ν τ α ς : Pl. nach Sg. λαόν (368): constructio ad sensum (schol. T; vgl. 281n. mit Lit.). — ὀ ρ υ κ τ ὴ τ ά φ ρ ο ς ἔ ρ υ κ ε ν : möglicherweise (rein klangliches) WortspielP mit ὀρυκ-/ἔρυκ-; beide Wörter im selben Satz auch 7.341f. (Nestor): βαθεῖαν ὀρύξοµεν … τάφρον, | ἥ χ’ ἵππον καὶ λαὸν ἐρυκάκοι, 8.178f. (Hektor): τὰ δ’ οὐ µένος ἁµὸν ἐρύξει· | ἵπποι δὲ ῥέα τάφρον ὑπερθορέονται ὀρυκτήν. Weiteres Wortspiel in 370f. ἐν τάφρῳ ἐρυσάρµατες … | … ῥυµῷ λίπον ἅρµατ(α) (ebenfalls mit Häufung der Silbe -ρυ-, ferner 2× ἁρµατ-). – ὀρυκτή ist distinktives Epitheton zu τάφρος (7× Il.) und bed. ‘gegraben’, d.h. ‘künstlich angelegt’ (LfgrE s.v. ὀρύσσω/ὀρυκτή).
Kommentar
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370 ἐ ρ υ σ ά ρ µ α τ ε ς ὠ κ έ ε ς ἵ π π ο ι : Kombination zweier VE-Formeln: ὠκέες ἵπποι (148n.), ἐρυσάρµατας ἵππους (15.354, ‘Hes.’ Sc. 369), s. HAINSWORTH 1968, 77. Das EpithetonP (ϝ)ερυσάρµατες hat eine prosod. Alternative in ἐριαύχενες (18.280n.); es ist umstritten, ob es ornamentale oder kontextbezogene Funktion hat (ornamental: LESKY 1951, 204; HAINSWORTH a.O.; spezifisch von Zugpferden: PARRY [1928] 1971, 113 Anm. 1; DELEBECQUE 1951, 153). Immerhin weisen die beiden Belegstellen der Ilias eine inhaltliche Entsprechung auf: in der Passage um 15.354 setzen die Troer über den Graben und fallen ins Schiffslager ein, hier versuchen sie auf dem gleichen Weg zu fliehen. – Zur Häufung von ὠκέες ἵπποι im Kontext (noch 380, 383) vgl. 5.240/257/261/275 (sog. Formel-‘cluster’).
371 1. VH (bis zur Zäsur C 1) = 6.40; 2. VH = 507 (s.d.). — Zum Bruch der Verbindungsstelle von Joch und Deichsel – hier durch das unebene Gelände begünstigt – s. 6.40n. mit Lit. ἄ ξ α ν τ (εε ): Die Wendung ist wohl urspr. für einen Streitwagen konzipiert (an der Iteratstelle Dual ἵππω [6.38]) und wird hier unverändert auf eine Mehrzahl von Streitwagen übertragen (LEAF; JANKO zu 370–1; DEBRUNNER 1926, 15f.; PLATH 1994, 318). — ἀ ν ά κ τ ω ν : d.h. die ‘Herren, Meister’ der Pferde (2.777b–778a n.; YAMAGATA 1997, 3).
372 ≈ 11.165 (Agamemnon; vgl. 11.154); VE außerdem ≈ 13.361, 15.687, 15.732. — Patroklos setzt hier ebenso wie Agamemnon im 11. Gesang (V. 165) zur Verfolgung der Troer bis unter die Mauern Troias an – und beide werden auf dem Höhepunkt ihres Siegeslaufs erneut mit einem bis auf den Namen identischen Vers indirekt miteinander parallelisiert: 11.180 ≈ 16.699 (PETERS 1922, 114f.). σ φ ε δ α ν ό ν : ‘heftig, ungestüm’, adverbieller Akk., verwandt mit att. σφόδρα (FRISK). Stets in Verfolgungsszenen (3× Il.), unklar, ob (a) mit ἕπετο zu verbinden (so eindeutig 21.542 ἔφεπ(ε)) oder (b) mit κελεύων; für (a) z.B. KURZ 1966, 132, für (b) LfgrE s.v. κελεύω 1376.58ff. (mit Verweis auf 17.356 πολλὰ κελεύων); nach schol. A zu 11.165 auch ἀπὸ κοινοῦ möglich (vgl. ESPERMANN 1980, 146). 373 2. VH ≈ 366 (s.d.). — κ α κ ὰ φ ρ ο ν έ ω ν : Wendungen der Bedeutung ‘feindlich gesinnt sein, Böses antun’ (so etwa auch ὀλοὰ φρονέων 701, ἀείκιζεν 24.22n.) enthalten nicht eine absolute moralische Kritik, sondern bezeichnen die Auswirkung des Vorgangs auf den Betroffenen: hier auf die Troer (Dativ), die durch Patroklos ‘Schaden’ oder ‘Unheil’ – aber eben nicht ‘Unrecht’ – erleiden (DE JONG [1987] 2004, 138ff.). – Flektierbare Formel nach den Zäsuren A 2 (insgesamt 5× fgrE) und B 2 (6× fgrE); in bezug auf Patroklos und die Troer auch in V. 783.
370 τάφρῳ (ϝ)ερυσάρµατες: zur Prosodie R 4.4. 371 ἄξαντ(ε): Ptz. Aor. Dual zu ἄγνυµι ‘zerbrechen’ (trans.); zum Nebeneinander von Dual u. Plur. R 18.1. — ἐν πρώτῳ ῥυµῷ: ‘vorn an der Deichsel’. — ἅρµατ’ ἀνάκτων: ἀπὸ κοινοῦ zu ἄξαντ’ und λίπον; der Digamma-Anlaut von ἀνάκτων ist nicht berücksichtigt (R 4.6). 372 κελεύων + Dat.: ‘zurufen, antreiben’. 373 ἰαχῇ τε φόβῳ τε: dat. modi (‘unter panischem Geschrei’; vgl. oben 366n.).
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Ilias 16
374 Der aufgewirbelte Staub als Begleiterscheinung von Massenbewegungen offenbart die Dynamik des Vorgangs (3.13n.); so auch vom Rückzug der Griechen zu den Schiffen 2.150f., von den anrückenden Griechen 3.13f., von den Pferden im Kampfgemenge 5.502ff. (vgl. 13.334ff.: Gleichnis vom Kampfgemenge). π ά σ α ς … ὁ δ ο ύ ς : d.h. alles, was ein Fluchtweg hätte sein können (BECKER 1937, 17; LfgrE s.v. ὁδός 495.48ff.). — ἐ π ε ὶ ἄ ρ : meistens in Figuren-SpracheP und in Gleichnissen; nur hier, 8.269 und h.Ap. 158 im Erzähler-TextP (24.42–43n.). — τ µ ά γ ε ν : 354n.
375 Nach dem Verlust der Wagen (samt Krieger u. Wagenlenker, vgl. 378f.) flüchten die Pferde nun herrenlos Richtung Troia zurück; in diesem Sinne wohl auch 393 (allenfalls stehen die Pferde dort stellvertretend für das ganze troische Heer). µ ώ ν υ χ ε ς ἵ π π ο ι : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk., 19.424n.; dort auch zur Bed. ‘Einhufer’); prosod. Alternative: ὠκέες ἵπποι (148n.). 376 ≈ 45 u.ö. (s.d.); 1. VH = 12.74 (vgl. 3.313 ≈ 24.330 ἄψορροι προτὶ Ἴλιον, im VersInnern); zur 2. VH s. 45n.
377–378a Zum Zentrum des Kampfes vgl. 285 mit n. ὀ ρ ι ν ό µ ε ν ο ν : ‘sich chaotisch bewegen’ (14.14n.). — τ ῇ ῥ (α α ): Auf τῇ folgt oft eine verstärkende Partikel (ῥα, δή, περ): LfgrE s.v. 446.32f., 63ff., 447.62ff.; GRIMM 1962, 25.
378b–379 Es ist zunächst unklar, ob die Vv. 378b–379 (a) eine Folge von Patroklos’ Angriff darstellen oder (b) einen Begleitumstand. Eine mögliche Paraphrase im Sinne von Variante (a): ‘Die Männer fielen, von Patroklos getroffen oder gerammt, kopfüber aus ihren Wagen und gerieten unter die Achsen seines (d.h. Patroklos’) Wagens; ihre nunmehr leeren Wagen rasselten dahin’, bzw. (b): ‘Die Männer fielen, über den von Körpern und Wagen übersäten Boden fahrend, kopfüber aus ihren Wagen und gerieten unter die Achsen ihrer (oder ihrer Landsleute) Wagen; die Wagen kippten dabei mit Getöse um’. Variante (a) wird gestützt durch die Parallele 11.177–180 (der Verfolger tötet den jeweils hintersten Fliehenden, der dann kopfüber aus dem Wagen fällt) und durch den entsprechenden Hinweis in schol. bT zu 378f. a.E.; zur Zugehörigkeit der Achsen zu Patroklos’ Wagen s. WILLCOCK u. LfgrE s.v. πρηνής. Variante (b) wird gestützt durch die Parallelen 374 τµάγεν: ‘zersprengt waren’ (vgl. 354n.). — ἀέλλη: hier ‘Staubwirbel, -wolke’. 375 σκίδναθ’: = σκίδνατο (Impf.), ‘sich ausbreiten’. — ὑπαί: = ὑπό (R 20.1); hier zusammen mit ὕψι (374) ‘hoch hinauf bis unter die Wolken’. — τανύοντο: ‘liefen in gestrecktem Galopp’. 376 προτὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 4.3; προτί = πρός (R 20.1). — νεῶν ἄπο: = ἀπὸ νεῶν (R 20.2). — κλισιάων: zur Flexion R 11.1. 377 ᾗ: ‘auf welchem Weg, in welcher Richtung, wo’. — πλεῖστον: prädikativ, ‘am zahlreichsten’. — ὀρινόµενον (ϝ)ίδε: zur Prosodie R 4.5. 378 τῇ: ‘dorthin’. — ἔχ(ε): ‘lenken, steuern’ (intr.). — ὀµοκλήσας: ‘mit Rufen antreibend (sc. die Pferde), unter lautem Zuruf’. — φῶτες: ‘Männer’ (Sg. ὁ φώς).
Kommentar
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6.38–43 (ein Hindernis führt zum Sturz des Kriegers aus dem Wagen) u. 18.230f. (Troer kommen in panischer Flucht ‘an ihren eigenen Wagen’ um [s.d.]) sowie durch die Paraphrasen in schol. bT zu 378f. u. 379; zur Zugehörigkeit der Achsen s. FAESI u. AH (“der eigenen Wagen”); ähnl. Eust. 1065.13f. (Wagen der jeweils nachfolgenden Troer). Alles in allem dürfte Auffassung (b) im vorl. Zusammenhang – wo Patroklos in erster Linie dem fliehenden Hektor nachsetzen will, ohne sich durch die übrigen Troer aufhalten zu lassen – plausibler sein: ein zusätzliches Detail in der Schilderung des herrschenden Chaos (wie 366f., 370f., 373b–376; vgl. 358–418n., 364–393n.) und damit epexegetisch zur Aussage ‘wo er das Heer am zahlreichsten in erregter Bewegung sah’ (377). Weitere (weitaus grausigere) Schilderungen vom Gewühl am Boden, über das Wagen hinwegfahren: 11.531ff. ≈ 20.495ff., 20.394f. ὑ π ὸ δ ’ ἄ ξ ο σ ι : Achsen – ein idg. Begriff (u.a. myk. a-ko-so-ne [Nom. Pl.], lat. axis) – waren gewöhnlich aus Holz, in der Mitte od. im hinteren Teil des Wagens positioniert, weit über die Wagenbreite hinausragend u. fest mit dem Wagen verbunden (d.h. die Räder drehten auf den Achsen): LfgrE; WIESNER 1968, 46. 68; CROUWEL 1981, 78ff.; 1992, 34; PLATH 1994, 297–300. ὑπό steht mit lokativischem Dat. “auch bei Bewegungsverb, proleptisch”, d.h. ‘sie fielen unter die Achsen’: SCHW. 2.525; CHANTR. 2.140. — φ ῶ τ ε ς : ‘die Männer’, nimmt 377 λαόν wieder auf (gemeint: die Troer). Poetisches Wort mit unbekannter Etym. (DELG/Suppl.; BEEKES); synonymisch verwendete prosod. Alternative zu ἄνδρες: 2.164n. — ἔ π ι π τ ο ν | π ρ η ν έ ε ς : i.d.R. von sterbenden/toten Kriegern, hier jedoch viell. nur vom Sturz aus dem Wagen, ohne gleichzeitige Todesfolge (310–311n.; BROCCIA 1963, 40 Anm. 57; LfgrE s.v. ὄχεα 898.39ff.: “unklar”). — ὀ χ έ ω ν , δ ί φ ρ ο ι : zusammen mit ἅρµα und ἵπποι bedeutungsgleich verwendete Wörter für ‘Streitwagen’ (LfgrE s.v. ἅρµα 1315.16ff., ὄχεα 896.22ff.); bes. zu ἅρµα 2.775b n., δίφρος (eigtl. ‘Wagenkasten’) 3.262n., ἵπποι 167n., ὄχεα 3.29n. — ἀ ν α κ υ µ β α λ ί α ζ ο ν : hapaxP, wahrscheinl. – wie oben in Paraphrase (b) bevorzugt – ‘unter Getöse umkippen / sich überschlagen’ (vgl. LEAF), mit Anklang an κύµβαλον (ein Schlaginstrument, ‘Becken, Zymbel’), an κύµβαχος ‘vornüber’ (5.585f.) u. viell. auch an κυβιστάω ‘einen Sprung/Überschlag machen’ (745n.); zum imitativ-lautmalerischen Charakter des Worts schol. bT zu 379: ἅµα δὲ καὶ βοµβῶδες ὂν τὸ ῥῆµα ἔδωκεν ἔµφασιν τῇ ἀνατροπῇ (dazu RICHARDSON 1980, 285f.); zum Motiv der kippenden Wagen vgl. 23.435f. (Wagenrennen). Dagegen reine Beschränkung auf den akustischen Aspekt bei TICHY 1983, 206f.; APTHORP 1990, 6 Anm. 33; KÖLLIGAN 2007, 436; LfgrE s.v.: vom ‘Rasseln’ der (leeren) Wagen wie 11.159–161, 15.452f.; vgl. oben Paraphrase (a). – Beide Deutungen schon in schol. D; weitere Diskussion im LfgrE a.O. und bei JANKO zu 377–9.
380 Mit den Pferden sind die Pferde des Achilleus gemeint, die Patroklos lenkt, wie aus 382b–383a (Verfolgung Hektors) deutlich wird. “(D)er leichte Sprung der Wunderpferde über den Graben bildet den rechten Gegensatz zum heillosen Drunter und Drüber der troischen Fahrzeuge […] und bereitet die weiteren Mirakel der 380 ὑπέρθορον: zu ὑπερθρώσκω ‘überspringen’. — ἵπποι: sc. des Patroklos.
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Ilias 16
Patroklie vor”: FRIEDRICH 1956, 115 (vgl. 367b–368n. zu Hektors Überquerung des Grabens, 369n. zum Graben als Hindernis); zum Motiv ‘den Graben überspringen’ vgl. 8.179, 12.52f. ἀ ν τ ι κ ρ ύ : ‘geradeswegs’, auch modal ‘ganz und gar’; häufig von Waffen (im 16. Gesang V. 116 vom Schwert, 285 u. 346 von der Lanze), daher hier vielleicht mit der Konnotation ‘pfeilgerade’ (LfgrE s.v. 938.50ff.). Die Etymologie des Hinterglieds ist unklar (DELG; BEEKES). — ὠ κ έ ε ς ἵ π π ο ι : VE-Formel (148n.); zur Häufung im vorl. Kontext 370n. a.E. 381 Der Vers fehlt in den Papyri und den meisten Handschriften und gilt als Konkordanzinterpolation aus 16.867 (wobei 866 = 383): ἄµβροτοι, οὓς Πηλῆϊ θεοὶ δόσαν ἀγλαὰ δῶρα. Die Interpolation sollte wohl verdeutlichen, wessen Pferde in V. 380 gemeint sind. Aber da der Erzähler zuvor (152–154) und danach (467–469) ausdrücklich ein drittes, sterbliches Pferd in Patroklos’ Gespann erwähnt (Pedasos), wäre V. 381 sachlich sogar unpassend; s. ausführlich APTHORP 1990; ferner LEAF; JANKO zu 380–3; WEST 2001, 13. 382 1. VH ≈ 13.291 (von einem prómachos), 15.543 (von einer Speerspitze). — ἐ π ὶ δ ’ Ἕ κ τ ο ρ ι † κ έ κ λ ε τ ο θ υ µ ό ς † : Wenn die mit Ausnahme eines Papyrus (v.l. κεκλυτο) einhellig überlieferte Lesart κέκλετο Sinn geben soll, müßte man sie als verkürzte Konstruktion ohne AcI interpretieren: ‘sein Herz drängte ⟨ihn,⟩ gegen Hektor ⟨loszustürmen⟩’, vgl. z.B. 12.300f. (κέλεται δέ ἑ θυµὸς … ἐλθεῖν), Od. 17.554f. (µεταλλῆσαί τί ἑ θυµὸς … κέλεται): schol. T (παρεκελεύετο γὰρ αὐτοὺς κατὰ τοῦ Ἕκτορος ὁρµᾶν) u. LEAF zu 380. Zur Ellipse eines Verbs der Fortbewegung VAN LEEUWEN; K.-G. 2.563f.; zur Ellipse des Akk.-Objekts 24.154n.; zur Vielfalt der Wendungen ‘mein Herz treibt mich’ PELLICCIA 1995, 100f. – WEST 2001, 238, konjiziert κέκλιτο: “his heart was set towards Hector”. 383 = 866: Hier verfolgt Patroklos den flüchtenden Hektor, dort greift Hektor Automedon an – beide Verfolgten entkommen (vgl. JANKO zu 864–7). — ἵ ε τ ο γ ὰ ρ β α λ έ ε ι ν : Deutung durch den Erzähler (255–256n.). Zu ähnl. Formulierungen s. 359n.; zur Endung -έειν 256n.
384–393 Das dritte Wettergleichnis bildet innerhalb der Troerflucht-Szene eine Klimax (297–302a n.) und zeichnet sich durch seinen Umfang (es ist eines der längsten hom. Gleichnisse überhaupt, vgl. die Liste bei MINCHIN 2001a, 35 Anm. 33) und durch seinen ‘moralischen’ Gehalt aus. Es ist auf den – schon im zweiten Gleichnis 364ff. zentralen (364–367a n.) – akustischen Aspekt des Fluchtgeschehens zugespitzt: dem Tosen der über die Ufer tretenden Bäche entspricht im Griechischen wörtlich das Schnauben der davonhetzenden Pferde (391 stenáchousi ≈ 393 stenáchonto: Gleichnis-Stichwort, vgl. 7n.). Dabei evoziert das Gleichnis durch die Darstellung von Überschwemmung und Verheerung als göttlicher Strafe das katastrophale Ausmaß der Flucht (die Masse der Troer wird von den verfolgenden Achaiern gewissermaßen überrollt und geht in dem Chaos unter, das sich über die ganze Ebene ausbreitet). Es ermöglicht daneben evtl. eine Sinngebung auf moralischer Ebene: die Niederlage der Troer, ja vielleicht die Zerstörung 382 ἱέµενοι· ἐπί: zum Hiat R 5.6. — κέκλετο: reduplizierter Aor. zu κέλοµαι ‘antreiben’ (↑). 383 βαλέειν: Inf. (R 16.4). — τὸν δ(έ): sc. Hektor.
Kommentar
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Troias überhaupt mag als Strafe für die Entführung der Helena und/oder für den Vertragsbruch im 4. Gesang erscheinen (d.h. für diejenigen Bereiche, die durch Zeus Xenios bzw. Zeus Horkios geschützt werden [s.u.]; allgemeiner das Gleichnis 21.522–525: Achilleus verbreitet Tod unter den Troern wie in einer durch göttlichen Zorn in Brand gesetzten Stadt). Zu dieser Deutung des Gleichnisses s. CAUER (1895) 1923, 470f.; VAN DER VALK 1964, 475; KRISCHER 1971, 54f.; MOULTON 1977, 35–37. 100f.; JANKO; ähnl. BONNAFÉ 1984, 27 (proleptisch auf Troias Untergang zu beziehen); gegen die Annahme, daß das Gleichnis in irgendeiner Weise eine Bestrafung der Troer impliziere (weil die Vv. 387f. allgemein auf ‘krumme Rechtssprüche in der Versammlung’ Bezug nehmen und nicht konkret auf eine Mißachtung der Gastfreundschaft): VAN ERP TAALMAN KIP 2000, 396f.; vermittelnde Position: STOEVESANDT 2004, 246–249 (Troias Untergang ist “mitbedingt durch die gnadenlose Härte” der Götter in ihrer Rache an den Troern); unwahrscheinlich SCOTT 2009, 160, der das Unrecht der gr. Seite zuweist; weitere Deutungen bei FRÄNKEL 1921, 27f. (das Darniederliegen der Erde stehe für die “Qual und Not” der Troer); KRAPP 1964, 255 (wie Mensch und Tier vor Überschwemmungen fliehen, so die Troer vor Patroklos); KAIMIO 1977, 98 (“general confusion of a mass of people in flight trampling on all objects in their path”; ähnl. FAESI zu 393; WEST 2011, 320f.). – Das Motiv der Gottesstrafe dient jedenfalls dazu, den Eindruck von der Wucht und dem Lärm der Wassermassen zu verstärken (NAGLER 1974, 149f.; WEST 1997, 386; vgl. den verheerenden Niederschlag des Zeus im Gleichnis 5.87–92). Die Darstellung der (pauschalen) Bestrafung der Menschen durch Zeus ist in dieser Deutlichkeit in der Ilias allerdings einzigartig (abgesehen von der Seuche, mit der Apollon im 1. Gesang aus spezifischem Anlaß das gr. Heer schlägt); am nächsten kommen Stellen wie 13.623–627 (Strafe für Mißachtung der Gastfreundschaft) und 19.258–260 (Strafe für Meineid), ferner die Quintessenz der Litai-Erzählung 9.510–512 (Strafe für Unerbittlichkeit; in der Odyssee sind derartige Aussagen häufiger, bes. prägnant 9.270f., 13.213f., 14.83ff.). Zeus erscheint dabei meistens spezifisch als Schützer der Gastfreundschaft (Zeus Xenios, auch Hikesios) und des Eids (Zeus Horkios); seine Rolle als Hüter von Recht und Ordnung im allgemeinen ist aber nicht ohne Parallelen: die ‘mit der Rechtspflege betrauten’ Achaierfürsten haben die ‘Satzungen’, die ‘von Zeus’ kommen, zu ‘bewahren’ (Il. 1.238f.; ähnl. 9.98f.). Schließlich sind noch solche Stellen anzuführen, an denen sich der Unmut des Zeus wie hier durch ein außergewöhnliches meteorologisches Geschehen bemerkbar macht: 2.780ff. (Typhoeus, 2.782n.), 7.478ff. (nächtlicher Donner beim Mauerbau), Od. 12.415ff. (nach dem Frevel an den Helios-Rindern). Lit. zu Zeus und zur göttlichen Strafe: NILSSON (1940) 1967, 419–421; CHANTRAINE 1954, 73–76; DIETRICH 1965, 324f.; LLOYD-JONES 1971, 4–8; BURKERT (1977) 1985, 249; MUELLER (1984) 2009, 133f.; GRAF 1991, 352–354; ALLAN 2006, 10f.; speziell zu Zeus Xenios/Hi-
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kesios/Horkios 3.103–104n., 19.258–260n., 24.157–158n.; vorderoriental. Parallelen bei WEST 1997, 124–128; gegen die Annahme des Konzepts einer gerechten göttlichen Strafe im hom. Epos: WILAMOWITZ 1931, 356f.; GILL 1980; WINTERBOTTOM 1989; VAN WEES 1992, 146f.; HEATH 2005, 164f. – Das Thema ‘Recht und Gerechtigkeit in Staat und Gesellschaft’ wird von Hesiod in ‘Werke und Tage’ ausführlich diskutiert; die Ähnlichkeit der vorl. Stelle mit Hes. Op. 219–224 u. 250f. unter teilweise wörtlichen Anklängen ist unübersehbar (Dike wird von den Königen verschleppt, es werden krumme Urteile gesprochen, Unheil kommt über die Menschen, die drohende Vergeltung der Götter wird nicht beachtet; vgl. auch Hes. Op. 256–264: Dike hinterbringt ihrem Vater Zeus die Ungerechtigkeiten der Könige). Die Vv. 386–388 oder 387f. werden daher oft als spätere, durch Hesiod beeinflußte Interpolation verdächtigt (z.B. LEAF z.St.; MUNDING 1961, 165–168; BLÖSSNER 1991, 19–26). Jedoch mag der implizite Appell an die göttliche Gerechtigkeit innerhalb der adligen Welt der hom. Epen wie so viele andere Gleichnisse einen Einblick in das alltägliche Leben und Denken der (gewöhnlichen) Menschen geben (soziologisch-politisch als “Schrei aus der Tiefe” gedeutet bei FINSLER [1908] 1924, 182; NILSSON a.O. 421; LESKY 1967, 40). Entsprechend für Priorität der hom. Passage (mit teilweise unterschiedlichen Argumenten) WILAMOWITZ 1928, 66f.; BERTELLI 1966/67; LLOYD-JONES a.O.; ERLER 1987, 15f.; YAMAGATA 1994, 19f. 90f.; HAMMER 2002, 231 Anm. 71; neutral WALCOT 1963, 17–20; THALMANN 1984, 192f. Anm. 48; JANKO z.St. a.E. (Homer und Hesiod beziehen sich unabhängig voneinander auf ein allgemeines Konzept). 384 ὑ π ὸ λ α ί λ α π ι … β έ β ρ ι θ ε χ θ ώ ν : ‘Die Erde liegt unter der drückenden Wucht des Sturmes finster da’ (AH). Die Konnotationen des Verbs βρίθω ergeben sich am ehesten aus der Verwendung einerseits für die Erde, die von Früchten, Blumen etc. ‘schwer beladen’ ist (18.561 [Schildbeschreibung], h.Cer. 472f., hom.h. 30.9), andererseits für die erdrückende Kraft von Niederschlägen (typ. Gleichnismotiv: 5.87ff., 12.278ff.; bes. ὅτ’ ἐπιβρίσῃ Δ∆ιὸς ὄµβρος 5.91, 12.286). Das spondeische VE imitiert möglicherweise den Druck der Last (vgl. 279n. a.E.). – Zu ὑπό + Dat. ‘unter der Wirkung, dem Einfluß von’ bei aktivischen Verben SCHWYZER (1943) 1983, 30–33 (u. SCHW. 2.526); häufig in der Verbindung ‘durch js. Hände’ (ὑπὸ χερσίν u.ä.: 420, 438, 698f. u.ö.) und bei Verben mit der Bed. ‘umkommen’ o.ä. (z.B. 489), vgl. ALIFFI 2002; UNTERMANN zu 699. — κ ε λ α ι ν ὴ … χ θ ώ ν : κελαινός ist Attribut u.a. zu κῦµα (3× fgrE), λαῖλαψ (11.747), χθών (nur hier), αἶα (‘Hes.’ Sc. 153), wohl mit affektiver Bed. (überwiegend in dir. Reden, eingelegten Erzählungen und Vergleichen verwendet), ähnl. ἐρεµνός (Epitheton u.a. zu λαῖλαψ, γαῖα): ‘dunkel, düster, finster’, nämlich durch den Sturm, hier in prädikativer Stellung ‘die Erde liegt finster da’ (AH; MOREUX 1967, 261; HANDSCHUR 1970, 193–197; LfgrE). Zum Epitheton-‘Tausch’ gegenüber 11.747 (κελαινῇ λαίλαπι, hier λαίλαπι … κελαινὴ … χθών) vgl. 22.309/5.864 (διὰ νεφέων ἐρεβεννῶν bzw. ἐκ νεφέων ἐρεβεννὴ φαίνεται ἀήρ; DE JONG zu Il. 22.309).
Kommentar
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385 1. VH ≈ 12.279, Hes. Op. 524 (ἤµατι χειµερίῳ, ὅτ’); Il. 21.5 (ἤµατι τῷ προτέρῳ, ὅτ’); 5.5 (ἀστέρ’ ὀπωρινῷ); ferner VA-Formel ἤµατι τῷ, ὅτε (2.351n.). — Die Angabe ‘an einem Herbsttag’ bezieht sich auf die Erntezeit, wenn die Schäden durch Überschwemmungen besonders gravierend sind. — ἤ µ α τ (ιι ): Elision von -ι kommt im fgrE verhältnismäßig selten vor (24.26n. mit Lit.; ferner LA ROCHE 1869, 110ff.). — ὅ τ ε : in der Funktion eines Relativums zu ἤµατ’ ὀπωρινῷ, ‘an einem Herbsttag, an dem …’; demgegenüber ist ὅτε in V. 386 Temporalkonjunktion, mit iterativem Konj. ohne Modalpartikel: ‘immer wenn, sooft’ (RUIJGH 40, 490). — λ α β ρ ό τ α τ ο ν : prädikativ zu ὕδωρ; Implikation: ‘wenn es am heftigsten regnet’ (LfgrE; vgl. 2.147–148n.).
386 2. VH = Od. 5.147; ≈ Od. 19.83. — Zeus gilt als Urheber der Niederschläge (19.357n.). Der Göttername, im hom. Epos öfter emphatisch nachgestellt (TZAMALI 1996, 427), steht hier zugleich als runover word am VA: Zeus bildet das Scharnier zwischen dem Unwettermotiv und dem Strafmotiv im vorl. Gleichnis. – Mit den genannten Männern sind in erster Linie die gérontes oder basilḗes gemeint, die die Verantwortung für die Rechtsprechung innerhalb ihrer Gemeinschaft tragen (18.503ff., Hes. Th. 81ff., Op. 225ff.): CARLIER 1984, 172–177; VERDENIUS zu Hes. Op. 38; YAMAGATA 1997, 11; vgl. 18.502–503n. δ ή : kann vor vokal. Anlaut Hiat, Hiatkürzung oder Synizese bilden; die hier in einem Teil der Überlieferung bezeugten hiatvermeidenden Partikeln (ῥ’, τ’; s. app.crit.) sind daher unnötig, vgl. z.B. 13.633, 23.374, Od. 6.110, 13.383 (alle δὴ ἀ-): JANKO zu 386–8. – Zu δή im Erzählertext vgl. 112–113n. — κ ο τ ε σ σ ά µ ε ν ο ς χ α λ ε π ή ν ῃ : κοτεσσάµενος zu κότος ‘Ingrimm’, also nicht von einem Zornausbruch, sondern von der inneren (andauernden) Haltung (1.81–82n., 2.222b–223n.; LfgrE; CAIRNS 2003, 30f.). Dagegen χαλεπαίνω vom aggressiven Verhalten (‘Zeus läßt die Menschen seinen Ingrimm spüren, verfährt hart mit ihnen’): AH; LfgrE s.v.; IRMSCHER 1950, 25f.; CAIRNS a.O. 23f. 31; vgl. 24.369n.
387 2. VH ≈ Hes. Th. 85, Op. 221. — Die agorḗ ‘Versammlungsplatz, Markt’ ist “zugleich der Ort des Rechts, der Rechtsprechung und der friedlichen Streitbeilegung” für die betroffene Gemeinschaft, vgl. die Gerichtsszene in der Schildbeschreibung (18.497ff.; ähnl. Od. 12.439f.): HÖLKESKAMP 1997, 9–12 (Zitat: 10); 2002, 315–318 (mit weiterer Lit. in Anm. 70); s. auch 1.54n. β ί ῃ : ‘gewaltsam’, d.h. ‘unter Ausnutzung ihrer Machtposition’ (LfgrE s.v. 60.51f.; WEST zu Hes. Op. 274–5), Gegensatzbegriff zu δίκη/Δ∆ίκη (388) wie in Hes. Op. 275 δίκης ἐπάκουε, βίης δ’ ἐπιλήθεο (ähnl. 213 ἄκουε δίκης µηδ’ ὕβριν ὄφελλε). — σ κ ο λ ι ὰ ς … θ έ µ ι σ τ α ς : Das Bild von den ‘krummen’ und den ‘geraden’ Rechtssprüchen ist weit verbreitet, so z.B. einerseits Hes. Op. 221 σκολιῇς δὲ δίκῃς κρίνωσι θέµιστας, 261f. λυγρὰ 385 ἤµατ(ι): τὸ ἦµαρ = ἡ ἡµέρα. — ὀπωρινῷ, ὅτε: zum Hiat R 5.6. — ὀπωρῑνῷ: zur metr. Dehnung R 10.1. 386 ὅτε … χαλεπήνῃ: verallgemeinernder Konj. ohne Modalpartikel (R 21.1), ebenso 387. — κοτεσσάµενος: medialer Aor. zu aktivischem Präs. κοτέω (R 23). 387 εἰν: = ἐν (R 20.1).
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Ilias 16
νοεῦντες | ἄλλῃ παρκλίνωσι δίκας σκολιῶς ἐνέποντες, andererseits Il. 18.508 δίκην ἰθύντατα εἴποι, Hes. Op. 9 δίκῃ δ’ ἴθυνε θέµιστας, Th. 85f. διακρίνοντα θέµιστας | ἰθείῃσι δίκῃσιν; vgl. dt. ‘das Recht beugen’; vorderoriental. Parallelen bei WEST 1997, 230. Vermutungen über den Ursprung dieser Vorstellung bei WEST zu Hes. Th. 85–86 (Linie von Grenzsteinen), VERDENIUS zu Hes. Op. 7 (Richtschnur des Zimmermanns). — κ ρ ί ν ω σ ι θ έ µ ι σ τ α ς : θέµιστας ist Akk. des Inhalts, also ‘Rechtssprüche ergehen lassen, Urteile fällen’: LSJ s.v. κρίνω; HIRZEL 1907, 34 Anm. 3 (allerdings mit falscher Deutung der θέµιστες); VERDENIUS zu Hes. Op. 221. – Zum Konj. im Relativsatz bei Gleichnissen s. 260n. (hier begünstigt durch den vorangehenden ὅτε-Satz mit Konj. [385n.]). 388–393 Stilistisch auffällige Passage aufgrund von Wortwiederholungen (‘Reimen’) am VE in 388f. ἀλέγοντες/ῥέοντες, 389/391 -ουσι ῥέοντες/-ουσι ῥέουσαι, 390f. -ουσι χαράδραι/ -ουσι ῥέουσαι, 391/393 µεγάλα στενάχουσι ῥέουσαι/µεγάλα στενάχοντο θέουσαι (vgl. 174n.). Ferner p-Alliteration in 389–390a, ähnl. Od. 17.436 (vgl. 155–167n. [Absatz c]).
388 2. VH = Hes. Op. 251 (in ähnlichem Zusammenhang, vgl. 384–393n. a.E.). — Über die Tragweite des gr. Begriffs díkē bei Homer und Hesiod ist viel diskutiert worden (Bibliographien im LfgrE s.v. δίκη und bei SULLIVAN 1995, 174 Anm. 1). Während häufig die konkrete Bedeutung ‘Rechtsspruch, Urteil’ vorliegt (vgl. 542, 18.508 [s.d.]), dürften einzelne Stellen einen ideellen oder moralischen Gehalt aufweisen: ‘Rechtlichkeit, Rechtschaffenheit, Gerechtigkeit’, so bes. hier und Od. 14.83f., Hes. Op. 9, 217, 269, 275; s. DICKIE 1978 (z.St. 98); VERDENIUS zu Hes. Op. 9; SULLIVAN a.O. 177–190 (z.St. 179); etwas anders LfgrE u. LESKY 1985, 17–28: das ‘Recht’ als “allgemeines […] Ordnungsprinzip” (LfgrE s.v. δίκη 304.49), “Recht schlechtweg” (LESKY a.O. 21). – In Verbindung mit ‘aus-/vertreiben’ läßt sich díkē hier personifiziert als Göttin Dike auffassen (analog zur Verwendung des Verbs in 6.158, Od. 16.381f., Hes. Th. 820: Bellerophon / die Freier / die Titanen werden aus ihrer Heimat vertrieben; in Hes. Op. 220f./224 wird Dike ‘gewaltsam gefangengenommen’ und ‘vertrieben’). Dike gilt als Tochter des Zeus und der Themis; sie und ihre Schwestern Eunomia und Eirene bilden die Gruppe der Horen (Hṓrai: Hes. Th. 901f.; FG 35). Zu Dike als Gottheit s. HIRZEL 1907, 138ff.; EHRENBERG 1921, 67ff.; DNP s.v.; LIMC s.v. (mit Lit.); zur Problematik der Personifikationen im fgrE FG 28ff.; WEST zu Hes. Op. 213. θ ε ῶ ν ὄ π ι ν : ὄπις wohl ‘Blick’ (zu ὀπ- wie in ὄπωπα), 6× im fgrE vom wachsamen Blick der Götter auf die Menschen mit nachfolgender Vergeltung für begangene Fehler (ähnliche Vorstellungen: εὐρύοπα Ζεύς 241n., Δ∆ιὸς ὀφθαλµός Hes. Op. 267 [mit WEST z.St.], im AT Sprüche 15.3 ‘die Augen des Herrn sind an allen Orten, sie schauen auf Böse und Gute’, ferner Helios Il. 3.277 [s.d. mit Lit.; ferner WEST 2007, 171f.]). Volksetym. viell. mit ὄπισθεν in Zusammenhang gebracht (‘die Strafe danach’): Od. 5.146f. (Hermes zu Kalypso) Δ∆ιὸς δ’ ἐπ-οπί-ζεο µῆνιν, | µή πώς τοι µετ-όπι-σθε κοτεσσάµενος χαλεπήνῃ (≈ hier 386; zur Assoziation ὄπις/µῆνις MUELLNER 1996, 36 mit Anm. 16). Lit.: DELG; GRIFFIN 1980, 181f.; BURKERT (1981) 2001, 97–100 (mit unwahrscheinl. Deutung; Einwände bei VERDENIUS zu Hes. Op. 187 Anm. 456); RAKOCZY 1996, 67–69; LfgrE s.v. ὄπις (mit Bibl.).
Kommentar
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389 2. VH = Od. 19.207. — Hochwasser führende Flüsse kommen als Gleichnismotiv auch 4.452, 5.87f., 11.492f., Od. 19.207 vor. Das geschilderte Geschehen erfaßt das ganze Land von den Bergen bis zum Meer einschließlich der ‘Werke (d.h. Kulturland) der Menschen’ (392): ELLIGER 1975, 78. τ ῶ ν δ έ τ ε : Mit τῶν sind die ungerechten ἄνδρες gemeint, also ‘die Flüsse in deren Land’ (schol. T; LEAF). Zur paratakt. Weiterführung des Gleichnisses s. SCOTT 1974, 155f. 390 κ λ ε ι τ ὺ ς … ἀ π ο τ µ ή γ ο υ σ ι χ α ρ ά δ ρ α ι : Die Mehrdeutigkeit der Wörter erschwert die genaue Bestimmung des geschilderten Vorgangs: (1) χαράδρη bed. sowohl (1a) ‘Schlucht, Einschnitt’ als auch (1b) ‘der durch die Schlucht fließende Bach, Wildbach’ (LSJ; LfgrE; hier ist Bed. (b) wegen 391 ῥέουσαι näherliegend); (2) κλειτύς (eigtl. ‘Abhang’, zu κλίνω; zur Form s. app.crit. u. WACKERNAGEL 1916, 74f.) entweder (2a) ‘Berghang, Hügel’ (so seit den Scholien die meisten Interpreten) oder (2b) ‘Uferböschung’ (LfgrE s.v. mit Verweis auf Od. 5.470: Odysseus an der Flußmündung ἐς κλειτὺν ἀναβάς; hier jedoch wegen πολλάς weniger plausibel); (3) ἀποτµήγω entweder (3a) ‘abschneiden’ (AH; REINHARDT 1961, 200 Anm. 13 [der diese Bed. auch in 354 und 374 postuliert: ‘(von den anderen) abgeschnitten sein’]; JANKO zu 389–92) oder (3b) ‘durchschneiden’ (LEAF; LfgrE s.v. τµήγω 561.23ff.). Am wahrscheinlichsten ist die Vorstellung von Wildbächen (1b), die sich durch die angrenzenden Hänge (2a) fressen und so die Landschaft zerklüften (3b); die Kulturen werden dabei durch Erosion und Überschwemmungen beschädigt (392). 391 2. VH ≈ 393, ferner 2.784 (außerdem µεγάλα στοναχ-/στεναχ- am VE in 23.172, Od. 14.354). — ἅ λ α π ο ρ φ υ ρ έ η ν : ἅλς bezeichnet meist wie hier den küstennahen Teil des Meeres (PAGE 1959, 228; LfgrE). πορφύρεος (24.645n. mit Lit.; vgl. oben 333–334n.) ist nur hier EpithetonP zu ‘Meer’ (vgl. ebenfalls einmaliges, metr. gleichwertiges ἅλα µαρµαρέην 14.273 [JANKO zu 14.271–4]). Am nächsten kommt die Verbindung κῦµα πορφύρεον (6× fgrE, 1.482n.), also viell. ‘dunkel wogendes Meer’ (vgl. 14.16 ὡς δ’ ὅτε πορφύρῃ πέλαγος [s.d.] bzw. die verschiedenen Meeres-Epitheta mit der Bed. ‘dunkel’ 24.79n.), wohl in verblaßter ornamentaler Verwendung (FERRINI 2000, 66–71). — σ τ ε ν ά χ ο υ σ ι ῥ έ ο υ σ α ι : dt. ‘flossen rauschend/tosend’ (KAIMIO 1977, 89); die (menschl.) Konnotation ‘stöhnen’ von στενάχω ist hier zunächst weniger deutlich als z.B. in 2.95/781/784 von der Erde, die vom Lärm der sich bewegenden Lebewesen dröhnt und unter der Belastung stöhnt (2.95n.); 23.230 vom Meer, das rauscht und aus Trauer über Patroklos’ Tod stöhnt; 24.79 von der See, die rauscht und stöhnt, wenn Iris hineinspringt (LfgrE s.v. στένω). Vgl. 393n.
392 2. VH ≈ Hes. Op. 409. — Zur Vorstellung, daß Ungerechtigkeit zu Verderben und Gerechtigkeit zu Gedeihen führt, vgl. Od. 19.109–114, Hes. Op. 225–247; WEST zu Hes. a.O.; ERLER 1987; WEST 1997, 321f., u. 2007, 422–424 (alle mit Parallelen). 389 τε: ‘episches τε’ (R 24.11). 390 κλειτύς: Akk. Pl., ‘Abhänge’. 391 ἐς: = εἰς (R 20.1). — πορφυρέην: zum -η- nach -ε- R 2. — µεγάλα: adv., ‘laut’. 392 µινύθει: intr., ‘schwinden, zugrunde gehen’. — τε (ϝ)έργ(α): zur Prosodie R 4.3.
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Ilias 16
ἐ π ι κ ά ρ : entweder ‘kopfüber, überstürzt, jählings’ (so die traditionelle Auffassung, zu κάρη ‘Kopf’; zur Univerbierung NUSSBAUM 1986, 75–94; s. auch JANKO zu 389–92) oder ‘herab’ (ἐπικατα- mit Assimiliation an ῥέουσαι: FORSSMAN 1967; vgl. NUSSBAUM a.O. u. 261–266; DELG s.v. κάρ). — ἔ ρ γ ’ ἀ ν θ ρ ώ π ω ν : VE-Formel (noch 19.131, Od. 6.259, 14.84); zur Bed. vgl. 19.131n. (‘bebaute Felder, landwirtschaftliche Kulturen’).
393 1. VH ≈ 23.291 (dort jedoch von ‘Pferden [aus der Zucht] des Tros’); 2. VH ≈ 391 (s.d.). — Vgl. 375n. ἵ π π ο ι Τ ρ ῳ α ί : Feminines ἵππος ist im fgrE verhältnismäßig selten, teils (a) in prägnanter Bed. ‘Stute’ (dann i.d.R. aus berühmter Zucht oder mit besonderen Eigenschaften wie z.B. Rennpferde im 23. Gesang, s. 2.763n.), teils (b) ohne erkennbaren Geschlechtsunterschied generisch vom ‘Pferd’ oder Pl. ‘Gespann’, so hier nach mask. ὠκέες/µώνυχες ἵπποι 370/ 375 und ähnl. 8.104 (mask.) / 113 (fem.) (WILLCOCK zu 8.113; HAINSWORTH zu 11.597), ferner die Variante ἵππων ὠκειάων 2× Il. am VE (und 1× in Formelsprengung) neben häufigerem ὠκέες ἵπποι/ὠκέας ἵππους (oben 148n.). Durch die Verbindung mit θέουσαι kann im vorl. Fall eine Assoziation an (a) Rennpferde freilich nicht ganz ausgeschlossen werden. — σ τ ε ν ά χ ο ν τ ο θ έ ο υ σ α ι : eher vom ‘Stöhnen, Keuchen, Schnauben’ der Pferde selbst (so u.a. AH; KRAPP 1964, 144f. 255) als vom ‘Dröhnen, Donnern’ ihrer Hufe (so LfgrE s.v. στενάχω a.E.); vgl. 489 vom stöhnenden Stier. Zur typischen Wiederaufnahme des Gleichnis-Stichworts (391) s.o. 7n.
394–418 Die Fluchtbewegung in Richtung der Stadt kommt durch Patroklos zum Stillstand (FENIK 1968, 114; vgl. 8.343–347, 11.181–217, 21.1–5). “Patroklos sucht nun vor allen den Hektor einzuholen (382) und fährt darum durch die Reihen der fliehenden Troer hindurch dem davonstürmenden Gegner nach; dadurch kommt er wie der fliehende Hektor vor die vordersten Reihen des troischen Fußvolkes, die er […] zu den Schiffen zurücktreibt, den Weg zur Stadt ihnen wehrend. […] Darauf springt Patroklos vom Wagen […] und wütet verheerend unter den Flüchtigen” (ALBRACHT 1886, 49; zum Abspringen vom Wagen 398n.). Auf diese Weise wird in der Ebene der Schauplatz für den folgenden Zweikampf zwischen Patroklos u. Sarpedon (419ff.) sowie für Patroklos’ erneuten (dann aber für ihn tödlich ausgehenden) Vormarsch gegen Troia (684ff.) vorbereitet (KRISCHER 1971, 29f.; ähnl. WIESSNER 1940, 81). – In 394–398 wird die momentane Situation auf dem Schlachtfeld – die sich mit dem Vorpreschen des Patroklos während der durch das Gleichnis 384ff. umschriebenen Fluchtbewegung weiterentwickelt hat (vgl. DeckszeneP) – zusammenfassend aus der Vogelschau dargestellt, danach (399–418) durch die katalogartige Schilderung und zuletzt Aufzählung einzelner Kämpfe des Patroklos exemplifiziert. Diese Exempla bilden ihrerseits die Vorstufe zum krönenden Zweikampf von Patroklos und Sarpedon: SCHADEWALDT (1938) 1966, 10; STRASBURGER 1954, 60f.; FENIK a.O. 22f.; KÜHLMANN 1973, 35.
393 στενάχοντο: zum Medium (nach Aktiv στενάχουσι in V. 391) R 23.
Kommentar
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394 ἐ π ε ὶ ο ὖ ν : Der Satz “vollzieht […] eine zusammenfassende Deutung, geht dabei aber zugleich etwas über das bisher Gesagte hinaus. […] die bisherige Handlung (wird) abgeschlossen und eine neue heraufgeführt” (REYNEN 1957, 21; ähnl. BAKKER 1997, 115). — ἐ π έ κ ε ρ σ ε φ ά λ α γ γ α ς : Implikation: Patroklos durchbricht die Reihen, gelangt so an die Spitze des flüchtenden Heeres und schneidet diesem den Weg zur Stadt ab (395f.; zur Bed. ‘abschneiden’ vgl. die v.l. ἀπέκερσε: schol. D; LEAF); ähnl. 6.6 ῥῆξε φάλαγγα ‘die Reihen durchbrechen’ (FAESI; MUTZBAUER 1909, 53; BENVENISTE 1969a, 80; vgl. oben 120n., dort ἐπικείρω in übertragenem Sinn ‘durchkreuzen’). – Zum Begriff φάλαγγες s.o. 280n. 395 π α λ ι µ π ε τ έ ς : wahrscheinlich zu πέτοµαι, also ‘flugs zurück’ (SCHMITT 1967, 233; LfgrE s.v.; anders schol. bT u. D: zu πίπτω, ‘nach hinten fallend’), im fgrE nur hier und Od. 5.27 (Zeus: ‘auf daß die Freier παλιµπετές heimkehren’). 396 ἐ π ι β α ι ν έ µ ε ν : ‘(eine Stadt) betreten’, mit Gen. πόληος/πόλιος auch von der Phaiakenstadt Od. 6.262 (AH; LEAF; JANKO zu 394–8 a.E.); ähnl. Ἴλιον εἰσανέβησαν von den flüchtenden Troern Il. 6.74 u.ö.
397 Der nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ gebaute Vers (dazu allg. 1.145n.; weitere Lit.: 24.60n.) beschreibt die Begrenzung des Schlachtfelds und damit die Bedrängnis der Troer (in diesem Sinne AH, Anh. z.St.). Die im vorliegenden Zusammenhang wichtigste Ortsangabe steht emphatisch und mit Epitheton versehen am VE (die Stadtmauer von Troia, zu der hin die Troer flüchten und von der Patroklos sie wieder zurückdrängt); am VA steht das – im Vers und in der Vorstellung des Erzählers gegenüberliegende – Schiffslager der Griechen. Zur Topographie des Schlachtfelds s. 6.4n., 14.30–36n. (mit Appendix), 24.351n. (dort auch zur Bezeichnung ‘Fluß’ = Skamandros/Xanthos und zu dessen Lage). τ ε ί χ ε ο ς ὑ ψ η λ ο ῖ ο : Nomen-Epitheton-Formel am VE (noch 12.388, 16.702, 21.540) und am VA (16.512), von der Stadtmauer Troias hier und 702, 21.540, von der gr. Lagermauer 12.388, 16.512 (AH; JANKO zu 394–8).
398 2. VH ≈ Od. 23.312 (Odysseus’ Rache an Polyphem). — Im Ausdruck ‘er tötete hinterherstürmend’ ist vorausgesetzt, daß Patroklos vom Wagen herabgestiegen ist und den Troern zu Fuß nachsetzt, wie dann in 404 ‘nahe herangetreten’ deutlich wird (Streitwagen werden nur für die schnelle Fortbewegung auf dem Schlachtfeld verwendet, nicht für den Kampf selbst: 2.384n.; vgl. oben 20n.). Das Auf- und Absteigen vom Wagen ist ein so selbstverständlicher Vorgang, daß seine Erwähnung öfters unterbleibt (schol. bT zu 411; LORIMER 1950, 325; JANKO zu 411–414; EDWARDS zu 20.495–502); um so bedeutsamer ist dann Patroklos’ Sprung vom Wagen zu Beginn seiner Zweikämpfe mit Sarpedon (427 [426n.])
395 ἔ(ϝ)εργε: Impf. zu εἴργω ‘(zurück-/ab-)drängen’. — πόληος: Gen. zu πόλις (R 11.3, R 3). 396 ἱεµένους: ‘wie sehr sie es auch versuchten’ (konzessiv). — ἐπιβαινέµεν: Inf. (R 16.4), mit Gen. zur Angabe des Ziels. 398 πολέων …: d.h. ‘nahm Rache für die vielen toten Achaier’; πολέων = πολλῶν (R 12.2).
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bzw. Hektor (733): WILLCOCK zu 378. — Die Rächung gefallener Kameraden (oder Verwandter, s.o. 317–329n.) ist ein geläufiges Motiv homerischer Kampfszenen; dabei erfolgt die Rache meist an einem beliebigen Gegner und nicht am eigentlichen Täter, z.B. 581ff.: Patroklos rächt sich für Epegeus an Sthenelaos (FENIK 1968, 139; STOEVESANDT 2004, 233f. mit weiterer Lit.; vgl. auch 14.459– 464n.). Nur gelegentlich wird dabei eine Tötung wie hier ausdrücklich als poinḗ ‘Buße, Vergeltung’ bezeichnet oder verbal durch (apo)tínō/tínymai ‘büßen (lassen)’ umschrieben: 13.414–416, 14.482–484, 17.34f.; Vergeltung kommt nicht zustande: 13.659 (3.290n.; TRESTON 1923, 29–31; WILSON 2002, 30). Zu einem prominenten Thema wird das Vergeltungsmotiv im letzten Drittel der Ilias: Achilleus übt Rache für den Tod des Patroklos (explizit in 18.91–93, 21.133–135, 22.270– 272, ferner 21.27f. von den zwölf Jünglingen, die Achill an Patroklos’ Grab opfern wird [dazu 18.336–337n.]; RABEL 1997, 160). µ ε τ α ΐ σ σ ω ν : ‘nachstürmend, angreifend’; µετ(α)- enthält eine lokale und eine intentionale Nuance, d.h. ‘mitten in die Troer hinein (stürmen)’ und ‘hinter ihnen her (stürmen, d.h. sie verfolgen)’ (KURZ 1966, 133 Anm. 35, bzw. AH). — ἀ π ε τ ε ί ν υ τ ο : Zur Schreibweise mit -ει- anstelle von herkömmlichem -ι- s. 3.278b–279a n.
399–418 Androktasie-Szene (306–357n.) nach Art einer Aristie (d.h. einer Siegesserie des Helden: STOEVESANDT 2004, 97): Patroklos tötet 1. Pronoos, 2. Thestor, 3. Erylaos, 4. Erymas, 5. Amphoteros, 6. Epaltes, 7. Tlepolemos, 8. Echios, 9. Pyris, 10. Ipheus, 11. Euhippos, 12. Polymelos (zu Zwölfergruppen von Kriegern vgl. 18.230–231a n.). Der Aufbau der Szene mit drei ausführlichen Tötungsbeschreibungen (399–414) und neun in Listenform genannten Gefallenen (415–418) entspricht der Tendenz, daß ein Katalog gegen Ende kürzer wird (168–197n., 6.5– 36n.); zugleich beschleunigt sich die Erzählung und zielt so auf Sarpedons Auftritt hin (schol. bT zu 415–7; STRASBURGER 1954, 60f.; NIENS 1987, 87f.; JANKO zu 399–418; MINCHIN 2001, 92f.; ACETI 2008, 91; vgl. 394–418n. a.E., 692–697n.). Diese Hinführung zum Höhepunkt, dem Zweikampf mit Sarpedon, wird möglicherweise unterstützt durch die gedachte Abfolge ‘neun – der zehnte’ in 415ff. (SINGOR 1991, 40. 43; RABEL 1997, 160; allg. zur Abfolge ‘neun – der zehnte’ 2.326–329n.; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.174; zur Neunzahl oben 306–357n.). Ähnliche Listen wie hier (415–418) finden sich wiederholt in der Ilias (11.299ff., 16.694ff., 24.249ff.; mit 6 Figuren: 5.703ff.; mit 7 Figuren: 5.677f., 13.91ff., 21.209f.; mit 8 Figuren: 8.273ff.); sie werden oft durch einen Formelvers – hier 418 (s.d.) – abgeschlossen (BROCCIA 1963, 29–32; FENIK 1968, 68f. 120; EDWARDS 1980a, 99; JANKO zu 415–18; KELLY 2007, 267; WEST 2011, 166 [zu 5.677f.]). Die Namen der Opfer sind griechischer Herkunft, die Figuren treten als bloße Statisten auf (vgl. 306–357n.; Details s.u. in den jeweiligen nn.); mit 419f. (Sarpedon sieht ‘seine Gefährten’ fallen) wird nachträglich suggeriert, daß es sich bei den zwölf Getöteten um Lykier, also Bundesgenossen der Troer, handelt.
Kommentar
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399–414 Patroklos’ Kampf gegen Pronoos und gegen Thestor stellt sich als eine zusammenhängende Szene dar: Thestors Verbleib im Streitwagen (402ff.) läßt vermuten, daß er als Wagenlenker des Pronoos fungiert (schol. bT zu 399f.; WILLCOCK zu 401); der gemeinsame Tod eines Helden und seines Wagenlenkers ist ein typ. Motiv (6.17–19n.; FENIK 1968, 60–62), hier außerdem durch 399 ‘als ersten’ und 402 ‘zum zweiten Mal’ eng miteinander verbunden. Durch die ausführlichere Darstellung und durch das Gleichnis erfährt der zweite Teil (401b–410) gegenüber dem ersten (399–401a) eine Steigerung, und die nachfolgende dritte Tötung wirkt in Hinsicht auf die Waffe und die Verletzung noch ein Stück schrecklicher (411– 414n.); zur “dynamischen Entwicklung der gesamten Sequenz” s. NIENS 1987, 83–86 (Zitat 84); vgl. VISSER 1987, 147 (zitiert in 399n.). 399 2. VH ≈ 284. — Pronoos (‘der Vorausschauende, Umsichtige’: LfgrE mit Lit.) ist als Name im fgrE nur hier, nachhom. hingegen sowohl myth. als auch hist. mehrfach belegt (RE s.v.; WATHELET s.v.; LGPN s.v.). Im vorl. Kontext kann der Name in der Assoziation mit prṓtos (2× pro-) einen iron. Effekt haben (STANLEY 1993, 170; JANKO zu 399–400 mit Verweis auf Eustathios): der Kluge fällt als erster; gleichermaßen ziehen auch Seher und Sehersöhne trotz entsprechender Vorzeichen oder Warnungen in den Krieg und kommen dann um (2.831ff., 2.858ff.; STOEVESANDT 2004, 142). Zur Verwendung von Eigennamen, die zur Situation passen, vgl. 175n., 179n. u. bes. 345n. (mit weiterer Lit.). — Zur Angabe ‘als ersten’ vgl. 284n. (hier aber anders als in 284 auf das erste Opfer bezogen, nicht auf den ersten Angreifer; ebenso 11.420, 12.191, 17.597: DE JONG [1987] 2004, 51). ἔ ν θ ’ ἤ τ ο ι : ἤτοι hat die Funktion von µέν; so wird “das Publikum […] auf eine weitere, wichtigere Tötungsszene (das Ende des Thestor, beschrieben in den Versen 401–410) vorbereitet” (401 ὃ δέ), ebenso 463 ἔνθ’ ἤτοι Πάτροκλος → 466 Σαρπηδὼν δ(έ) (VISSER 1987, 146–148 [Zitat 147], basierend auf RUIJGH [1981] 1996 [vgl. 253n.]; in diesem Sinne auch schon AH zu 463). Zu ἔνθα als Selektionssignal s. 306n.; die Verbindung ἔνθ’ ἤτοι kommt nur hier und 463 vor (BAKKER 1997, 107 Anm. 40: “a good case of clustering”). — β ά λ ε δ ο υ ρ ὶ φ α ε ι ν ῷ : singuläre Kombination der gebräuchlichen Junkturen βάλε δουρί (8× VE, 3× nach der Zäsur A4, nur hier nach C 1; s. HIGBIE 1990, 167f.) und δουρὶ φαεινῷ (284n.), sozusagen Kurzform für die häufige VE-Formel ἀκόντισε δουρὶ φαεινῷ (14× Il.). 400 = 312 (s.d.). 401–405 Die kleinteilige Gliederung des Satzaufbaus mit den grammatikalischen Inkonzinnitäten (401 ὃ δέ = Patroklos, 402 ὃ µέν = Thestor [mit Parenthese 402b–404a], 404 ὃ δ(έ) erneut = Patroklos, aus 401 wiederaufgenommen; außerdem 401f. Ellipse des Prädikats, sc. ‘traf’ o.ä.) läßt sich als bes. starke Ausprägung gesprochener Sprache, d.h. mündlichen Erzählens deuten: RUSSO 1994, 382; detaillierte Interpretation bei BAKKER 1993, bes. 4–6. 9–13; ähnl. FERRARI 1986, 40 (der die Ursache der Unregelmäßigkeiten v.a. im ungewöhnl.
400 στέρνον: Akk. der Beziehung (R 19.1), zu γυµνωθέντα.
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Gebrauch der Wendung δεύτερον ὁρµηθείς sieht [402n.]). Parallelen zur Ellipse des Prädikats in 401f. finden sich in 13.427/434, 15.430/433, 16.463/465, 17.610/617 (jeweils im ABC-SchemaP, vgl. 463–465n.): BAKKER 1993, 10f.; 1997, 107f.; JANKO zu 15.429–35. Zu ὃ µέν als Einleitung einer Parenthese BAKKER 1993, 12; 1997, 84 Anm. 76 (Belegstellen: 8.257b, 15.447–451, 16.789f., 20.463–469, Od. 10.159f.; τὸ µέν: Il. 2.101). – Zum Satzbeginn in 401 mit ὃ δέ (= Krieger in der Hauptrolle, hier Patroklos) nach der Zäsur B 1 vgl. 20.472, 20.474 (Achilleus); VISSER 1987, 194 Anm. 268; BAKKER 1993, 9 Anm. 20.
401 1. VH = 325 u.ö. — Mit dem Namen Thestor werden in der Ilias drei verschiedene Figuren bezeichnet: (a) ein Troer oder troischer Bundesgenosse (nur hier), (b) der Vater des Sehers Kalchas (1.69, Patronymikon; nachhom. einer der Argonauten), (c) der Vater des von Sarpedon getöteten Griechen Alkmaon (12.394, Patronymikon). Zumindest bei (b) ist Thestor ‘Beter’ ein pointiert verwendeter sprechender Name. Historisch ist der Name mehrfach belegt (1.69–73n.; v. KAMPTZ 266; RE s.v.; WATHELET s.v.; LGPN s.v.). – Enops ist im Gr. zugleich ein Adj. (ḗnops ‘glänzend’), das im vorl. Kontext vorkommt (408; zur Assoziation s.d.). Der Name ist historisch nicht belegt (WATHELET s.v.); im fgrE ist Enops “a nobody dignified by the repetition of his name” (JANKO zu 14.442–8): er erscheint auch als Vater des Satnios (troischer Bundesgenosse, 14.443–445) und als Vater des Klytomedes (Gegner Nestors im Faustkampf an den Leichenspielen für Amarynkeus, 23.634 [Nestor-Erzählung]), ferner als v.l. für Oinops in Od. 21.144 (Vater des Opferschauers Leodes). δ ο ύ π η σ ε ν δ ὲ π ε σ ώ ν : 325n. — Ἤ ν ο π ο ς υ ἱ ό ν : VE = 23.634; ≈ Od. 21.144 (v.l. Οἴνοπος υἱ-), Il. 5.152, 17.312 (Φαίνοπος υἱ-). Zur Struktur des Namens in der 2. VH s.o. 14n. 402 1. VH ≈ 467. — δ ε ύ τ ε ρ ο ν ὁ ρ µ η θ ε ί ς : hier von einem ‘zweiten’, ‘nächsten’ Angriff desselben Kriegers (Patroklos) gegen einen neuen Gegner; sonst vom Wechsel innerhalb eines Zweikampfs: A schießt als erster, Gegner B greift als zweiter an (mit ὁρµάοµαι oder ὄρνυµαι und Nom. δεύτερος: 3.349, 5.855 [nach 3.346/5.851 πρόσθε(ν)], 16.467, 17.45, 21.595f.; ähnl. 5.17, 16.479 [ὕστερος]; mit einem Verb des Werfens: 7.248f., 7.268f., 20.273, 21.169f.; BEYE 1964, 351; KURZ 1966, 101; FERRARI 1986, 40). Die vorliegende Adaptation dient wohl der Verklammerung der Tötungsszenen von Pronoos und Thestor (399–418n.). — ὃ µ έ ν : 401–405n. — ε ὐ ξ έ σ τ ῳ ἐ ν ὶ δ ί φ ρ ῳ : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel (Gen. ἐϋξέστου ἐπὶ δίφρου: Od. 17.602, 24.408; Dat. wie hier, aber mit anderen Epitheta: Il. 17.464 ἱερῷ ἐνὶ δ., 23.335 ἐϋπλέκτῳ ἐνὶ δ. [vgl. ‘Hes.’ Sc. 306 ἐϋπλεκέων δ’ ἐπὶ δίφρων]; am VA: Od. 19.101 δίφρον ἐΰξεστον). εὔξεστος wird nur hier dreisilbig gelesen (PLATH 1994, 218. 224f.); allg. zum Epitheton 24.271n.; zu δίφρος ‘Wagen(kasten)’ oben 378b–379n. u. bes. 3.362n.
401 ὃ δέ: Patroklos; in 404 wiederaufgenommen durch ὃ δ’. — Θέστορα, (Ϝ)ήνοπος: zur Prosodie R 4.3. 402 ἐνί: = ἐν (R 20.1).
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403–404a Über den Tod seines Herrn erschrocken, läßt Thestor die Zügel fahren und duckt sich im Wagenkasten: der Erzähler stellt im gr. Text den letzten Punkt (das Sich-Ducken) voran, da dieser die Voraussetzung für das weitere Geschehen (404b–410) bildet; daß Thestor vor Schreck (‘psychologische’ Ursache) die Zügel hatte fahrenlassen (erste ‘Reaktion’), wird in einem erläuternden ‘denn’-Satz mit anaphorischem ek ‘aus’ nachgetragen. Beide Motive sind typisch für Kampfszenen: FENIK 1968, 62. 83; KELLY 2007, 163f.; JANKO zu 401–10 (Parallelen für das Erschrecken des Wagenlenkers: 13.394–401, 18.225; für das Loslassen der Zügel: 5.582f., 8.137, 11.128, 17.619). – Eine geduckte Haltung wird von Kriegern in der Ilias sonst meist in der Absicht eingenommen, einem unmittelbar heranfliegenden Speer auszuweichen (s.u. 611–612n.). Das Sich-Ducken des Thestor ist “Zeichen des Schreckens und der Hilflosigkeit” (KURZ 1966, 55). ἐ κ … π λ ή γ η φ ρ έ ν α ς : wie dt. ‘es hatte ihm die Sinne verschlagen, er hatte den Kopf verloren’, und zwar vor Schreck (nachhom. ἐκπλήττοµαι ‘erschrecken’); darin ist der Verlust der Geistesgegenwart und der normalen Reaktionsfähigkeit impliziert, ähnl. 13.394–401, 16.805f. (s.d.): SNELL 1977, 46–48; SULLIVAN 1988, 122f.; LfgrE s.v. πλήσσω 1293.6ff.; bes. zu φρένες als Ort intellektueller Prozesse – ‘Verstand’, ‘(rechter) Sinn’ – vgl. 1.115n.; LASER 1983, 42f.; VAN DER MIJE 2011; LfgrE s.v. φρένες 1017.10ff. – Ähnliche Wendungen: 6.234, 19.137 (Zeus raubt einem Menschen die Sinne, s.d.), 13.434ff., 16.805f. (Betäubung ergreift js. Sinne, s.d.). — ἐ κ δ ’ ἄ ρ α χ ε ι ρ ῶ ν : flektierbare VE-Formel (= 5.582, 17.298; Sg. χειρός 11.239, 13.529, Od. 22.83; ἐν δ’ ἄρα χειρί 6.318, 8.493). — ἡ ν ί α ἠ ΐ χ θ η σ α ν : Bei ἡνία als Subj. steht meist pluralisches Prädikat (PLATH 1994, 352f.); zum θη-Aorist von ἀΐσσω 24.97n.; zum Hiat vgl. 17.734 πρόσσω ἀΐξας (VA; ein urspr. konsonantischer Anlaut des Verbs ist nicht nachweisbar: DELG).
404b–410 Eine der ausgefalleneren und grausameren Tötungsszenen der Ilias, wobei das Anglergleichnis (406–410n.) einen wesentlichen Teil der Drastik ausmacht: FENIK 1968, 61f. 199f.; NIENS 1987, 84f.; kritisch zur ‘phantastischen’ Darstellung FRIEDRICH 1956, 11–13; Versuch einer anatomisch plausiblen Deutung der Verletzung bei SAUNDERS 2003, 137f.; kurze Paraphrasen aller ausgefallenen Tötungsszenen bei VERMEULE 1979, 97–99; MUELLER (1984) 2009, 81–83; vgl. bes. 5.580ff. (Wagenlenker bleibt kopfüber im Boden stecken), 16.737ff. (Wagenlenker fällt wie ein Springer/Taucher kopfüber aus dem Wagen). 404b Die seitliche Position des Angreifers schlägt sich in der Verwundung des (geduckten) Opfers nieder: ‘am rechten Kiefer’ (405; ähnl. 20.472–474: durchs eine Ohr zum anderen hinaus; KURZ 1966, 95). ν ύ ξ ε π α ρ α σ τ ά ς : vom Nahkampf; zu νύξε 343n., zu παραστάς 114n. (und 398n.). 403 ἧστο (ϝ)αλείς: zur Prosodie R 4.3; ἀλείς Ptz. Aor. zu εἰλέοµαι ‘sich ducken’. — ἐκ … πλήγη: sog. Tmesis (R 20.2). — φρένας: Akk. der Beziehung (R 19.1). 404 ἠΐχθησαν: zu ἀΐσσω, hier ‘entgleiten, entfallen’.
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405 2. VH ≈ 5.291. — Der Kiefer erscheint als Ort der Verletzung sonst nur in der Wendung ‘unter dem Kiefer und dem Ohr’ (13.671, 16.606, 17.617 [alle tödlich]; in 17.617f. werden durch die Lanze zusätzlich die Zähne ausgeschlagen und die Zunge durchgeschnitten). Zu den Zähnen s.o. 348n. δ ι ὰ δ ’ α ὐ τ ο ῦ π ε ῖ ρ ε ν ὀ δ ό ν τ ω ν : Der durchbohrte Körperteil steht bei πείρω und περάω meist mit Präposition: διά noch 4.502, 20.479, εἴσω 4.460, 6.10, ἀµφί Hes. Op. 205 (dagegen Akk. ohne Präp. 5.291), also: ‘durchbohrte seine Zähne (Zahnreihen)’. In Analogie zu 20.479f. τόν γε (sc. Deukalion) φίλης διὰ χειρὸς ἔπειρεν (sc. Achilleus) | αἰχµῇ ist hier weiterhin Patroklos als Subjekt anzunehmen (und nicht etwa die Waffe wie in 4.460, 4.502, 6.10) und der instrumentale Dativ ἔγχεϊ aus V. 404 zu übernehmen; wie schon 404f. νύξε … γναθµόν (‘traf ihn am Kiefer’) und nachher 406 εἷλκε ist τόν auch hier “stillschweigend vorausgesetzt” (LfgrE s.v. νύσσω 449.62f.); ferner entspricht das im Attischen geläufige, im fgrE noch seltene αὐτοῦ dem hom. φίλος in 20.479 in seiner Funktion als unbetontes Poss.-Pron., und zwar bezogen auf den ‘Besitzer’ des betroffenen Körperteils. Diskussion der Konstruktion (mit unterschiedlichen und teilweise abweichenden Deutungen) bei DÖDERLEIN 1853, 122; AH mit Anh.; LEAF; TRÜMPY 1950, 120; DE BOEL 1988, 149.
406–410 Patroklos ‘angelt’ Thestor aus dem Wagen: das GleichnisP illustriert Verwundung und Tod eines Kriegers; dieselbe Funktion eines Gleichnisses im 16. Gesang noch 482ff./487ff. (Sarpedon), 742/745ff. (Kebriones), 823ff. (Patroklos) (Liste bei STOEVESANDT 2004, 422f.); es steht genau in der Mitte der Androktasie-Szene 399–418 (STANLEY 1993, 170f.; vgl. STRASBURGER 1954, 60). Die Parallelität von Gleichnishandlung und verglichener Handlung ist frappant und unterstreicht den bizarren Charakter des Vorgangs (schol. bT zu 406–409; FRÄNKEL 1921, 87; STRASBURGER a.O. 39; SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 81; MOULTON 1977, 104; JANKO zu 401–10; ähnl. Od. 12.251ff.: Tod von Odysseus’ Gefährten durch Skylla [LEAF zu 406]). Wie in den Vv. 3f. (Quelle) und 7–11 (Mädchen) wird Patroklos’ Verhalten mit einem gänzlich unkriegerischen, alltagsnahen Motiv verglichen; dadurch erscheint seine Tat hier im Kampf als mühelos, das Verhalten des Opfers dagegen als verächtlich, wie auch die unterschiedliche Sitzhaltung 403 vs. 407 zum Ausdruck bringt (KURZ 1966, 55; SCOTT 2009, 161; vgl. STRASBURGER a.O.); ähnl. der Taucher-Vergleich 742ff. (dort mit ausdrücklichem Spott, s. 745–750n.). – Fischfang und Fischverzehr werden im fgrE außer in Vergleichen (24.80–82, Od. 10.124, 12.251–254, 22.384–388; viell. auch Il. 5.487) weitgehend ausgeklammert: hom. Helden essen i.d.R. Fleisch (24.80–82n. u. JANKO zu 16.407–8 mit weiterer Lit.; ferner SHEAR 2000, 143f.; BERDOWSKI 2008). 406 1. VH vgl. 3.78, 7.56, 8.72, 22.212. — ε ἷ λ κ ε : Gleichnis-Stichwort, ringkompositorisch wiederholt im So-Teil 409 (7n.). — δ ο υ ρ ὸ ς ἑ λ ώ ν : wie ‘an der Hand fassend’ u.ä.; “die in seinem (sc. Thestors) Munde steckende Lanze wird als ein zu ihm gehöriger Teil angese-
406 δουρός: Gen. abh. von ἑλών (‘jn. an etw. fassen’); zur Flexion R 12.5. — φώς: ‘Mann’.
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hen”: AH. — ἄ ν τ υ γ ο ς : ‘Wagenrand’, d.i. “der den oberen geschwungenen Rand der Brüstung bildende Holm des Wagenstuhls” (LfgrE s.v. ἄντυξ; WIESNER 1968, 15f. 104; PLATH 1994, 292ff.). — ὡ ς ὅ τ ε τ ι ς …: sonst stets nach der Zäsur A 3, dabei bisweilen wie hier gefolgt von einem einsilbigen Wort (z.B. 482 δρῦς). – Das Prädikat fehlt im WieTeil, ist aber als Gleichnis-Stichwort (s.o.) davor und danach präsent; zur Ellipse des Präd. in Gleichnissen (auch 8.306ff., Od. 11.413ff.) s. RUIJGH 637f.; SCOTT 1974, 160f.
407 Das Ufer wird in den hom. Gleichnissen “durchwegs als Steilküste gesehen. Der ragende Fels, die jähe Klippe begegnet uns immer wieder”, z.B. 2.394ff.: LESKY 1947, 173. π έ τ ρ ῃ ἔ π ι π ρ ο β λ ῆ τ ι : singuläre Junktur, ≈ hom.h. 7.3 ἀκτῇ ἔπι προβλῆτι; metr. Varianten: πέτρῃ ἔφ’ ὑψηλῇ (429, ‘Hes.’ Sc. 406), πέτρῃ ἔπ’ ἠλιβάτῳ (h.Merc. 404). — ἱ ε ρ ὸ ν ἰ χ θ ύ ν : Zu ἱερός in Verbindung mit Begriffen, denen auf den ersten Blick keine ‘Heiligkeit’ eignet, s. 24.681n. mit Lit. Keine der antiken und modernen Interpretationen der vorl. Verwendung ist wirklich überzeugend: (a) wie ein heiliges Tier oder ein Opfertier ‘kräftig, groß’; (b) in Anlehnung an ved. iṣirá- ‘lebendig, zappelnd’; (c) ‘heilig’ i.S.v. ‘einer bestimmten Gottheit, namentlich Poseidon, geheiligt’ oder ‘menschlichem Verfügungsbereich entzogen’; (d) Bezeichnung einer bestimmten Fischart (Liste der in der Antike in Betracht gezogenen Fische bei RENGAKOS 1992, 25). Die Annahme, ἱερός sei “merely a metrically useful filler”, hat daher viel für sich: JANKO zu 407–8 (vgl. WÜLFING-v. MARTITZ 1960, 299, mit Hinweis auf FRIEDRICH 1956, 12. 118 Anm. 1, der von einer “starken Abnutzung des Wortes” ausgeht). Lit. zu den am häufigsten vertretenen Bedeutungen: (a) ‘groß’ schol. A; LESKY 1947, 20; RENGAKOS a.O.; LfgrE s.v. ἱερός 1143.47ff.; (b) ‘zappelnd’ LOCHER 1963, 62; BENVENISTE 1969a, 196; CLARKE 1995a, 300f. 305; ähnl. HOOKER 1980, 20 (“perpetually darting through the water”); (c) Hinweis GRAF (Fischfang als ‘Transgression’); MARTÍNEZ 1997. 408 θ ύ ρ α ζ ε : übertragen ‘aus dem Wasser heraus’ wie 21.29, 21.237, Od. 5.410, 12.254 und θύρηθι Od. 14.352. — λ ί ν ῳ κ α ὶ … χ α λ κ ῷ : d.h. mit Faden und Metallhaken (Angelhaken). — ἤ ν ο π ι χ α λ κ ῷ : VE-Formel, nur in ‘zivilen’ Zusammenhängen, noch 18.349 u. Od. 10.360 (vom Kochkessel); Varianten für kriegerische Zusammenhänge: αἴθοπι χαλκῷ (12× fgrE, davon 11× von der Rüstung, 1× von einem Waffenteil), νώροπι χ. (130n.; stets von der Rüstung oder Rüstungsteilen). Die Bed. von ἦνοψ ist unklar (traditionell mit ‘glänzend’ wiedergegeben: 18.349n.). Zum wohl assoziativen Zusammenhang mit Enops (401n.) vgl. VON DER MÜHLL 1952, 247 (“Patroklos […] tötet […] den Sohn des Enops ἤνοπι χαλκῷ”); JANKO zu 401–10 (Enops “is soon reforged back into an epithet for bronze”). 409 κ ε χ η ν ό τ α : ‘mit offenem Mund’ (wie ein Fisch an der Angel: AH); zur Form mit -η(neben Aor. χανών 350) s. HACKSTEIN 2002, 229f. — δ ο υ ρ ὶ φ α ε ι ν ῷ : 284n.
410 Thestor fällt auf das Gesicht wie Adrestos, als er aus dem abgehängten Wagen herausgeschleudert wird (6.42f.). – Im hom. Epos wird der Tod oft als Trennungs408 θύραζε: allg. ‘heraus’ (sc. ziehen). — καὶ (ϝ)ήνοπι: zur Prosodie R 4.4. 410 κὰδ δ’ … ἔωσε: Aor. ‘stieß nieder, schleuderte zu Boden’, sog. Tmesis (R 20.2; apokopiertes κάδ R 20.1, vgl. 412 κάκ). — ἐπὶ στόµ(α): ‘aufs Gesicht’. — µιν: = αὐτόν (R 14.1).
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vorgang dargestellt (hier ‘die Lebenskraft verließ ihn’), im 16. Gesang bes. noch 453, 505, 856 (und bei einem Tier 469). Das entschwindende Element heißt dabei thymós, psychḗ o.ä. (‘Lebenshauch, -kraft, ›Seele‹’). Lit.: WARDEN 1971, 99. 102; BREMMER 1983, 74f.; SAUNDERS 2004, 9f.; ausführlich GARLAND 1981, bes. 47ff. u. 56; JAHN 1987, 32ff.; SOURVINOU-INWOOD 1995, 56ff.; CLARKE 1999, 129ff.; ECK 2012, 179ff. λ ί π ε θ υ µ ό ς : wie 4.470; an die Stelle des Subjekts kann außer θυµός auch ψυχή und/oder αἰών treten (453n.; vgl. bes. Od. 18.91 µιν ψυχὴ λίποι αὖθι πεσόντα), an die Stelle des personalen Objekts (hier µιν) ὀστέα (742b–743n. a.E.) oder ἀνδροτῆτα καὶ ἥβην (857n.); ähnl. ferner 469 ἀπὸ δ’ ἔπτατο θυµός, 606f. θυµὸς | ᾤχετ’ ἀπὸ µελέων (s.d.). Zu θυµός i.S.v. ‘Lebenskraft, vitale Energie, Leben’ vgl. außerdem θυµὸν ἀΐσθων 468n., θυµὸν ἀποφθινύθουσι 540n., ἀπὸ θυµὸν ἕλοιτο 655n., θυµὸν ὀλέσσαι 861n.
411–414 Die dritte Tötungsszene – die letzte vor dem Gefallenenkatalog 415–418 – bildet nochmals eine Steigerung zu den beiden vorangegangenen (399–414n.), v.a. durch den Einsatz eines Steins als (Ersatz-)Waffe (411) und durch das Ausmaß der Verwundung (Zertrümmerung des Kopfs, 412): NIENS 1987, 86f. Sie hat eine enge Parallele in 577–580 (wo 578–580 ≈ 412–414): Hektor trifft Epegeus mit einem Stein am Kopf; durch diese Parallele führt der Erzähler die Fäden der Patroklos- bzw. der Hektor-Handlung (die sich zum Ende des Gesangs ja vereinigen werden) immer näher zusammen (MUELLER [1984] 2009, 171; NIENS 1987, 93f.). 411 1. VH ≈ 415, 696; 2. VH = 20.288; ≈ 4.527, 16.511, Od. 5.428. — Erylaos ist ein Troer (oder troischer Bundesgenosse) und kommt nur hier vor. Der Name (‘der das Kriegsvolk schützt’) scheint ad hoc geschaffen zu sein (vgl. 345n. zu Erymas); er kommt in der nachhom. Epik noch einmal vor, historisch ist er gar nicht belegt (außer in der längeren Form Erysilaos): WATHELET s.v. Erylaos; LGPN s.v. Erysilaos. – Zum Motiv ‘Schießen auf heranlaufende Feinde’ s. 313n. Steine werden v.a. von den stärkeren Helden als Waffen eingesetzt, im 16. Gesang namentlich von Patroklos (hier, 586f. u. 734f.) und Hektor (577f.; s. NEAL 2006, 25f.). Allg. zu Steinen als – nicht immer tödlichen – Geschossen s. 3.80n. mit Lit.; ferner PRITCHETT 1991, 1–67, bes. 3–6. 66f.; SAUNDERS 2003, 163f. Anm. 10; KELLY 2007, 294f. α ὐ τ ὰ ρ ἔ π ε ι τ (α α ): typische Satzverbindung in Erzählungen: 24.273–274n.; bes. zur Verwendung in Tötungsszenen VISSER 1987, 168–170 (αὐτὰρ ἔπειτα ist gewissermaßen das Substitut für das – gleichbleibende und daher nicht noch einmal zu nennende – Subjekt). 412–414 ≈ 578–580. — Die k-Alliteration in 412f. dürfte die Gewalt des Vorgangs untermalen: HIGBIE 1990, 118.
411 ἐπεσσύµενον: Ptz. Perf. zu ἐπι-σεύοµαι ‘heranstürmen, -stürzen’.
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412 = 20.387; ≈ 578; 1. VH = 20.475. — Vgl. 345–350n. mit Lit. zu den Kopfverletzungen in der Ilias. — π ᾶ σ α κ ε ά σ θ η : ‘brach ganz auseinander’; πᾶς in prädikativer Funktion wie 801 πᾶν … ἄγη … ἔγχος.
413 ≈ 579; außerdem 2. VH = 21.118; ≈ 15.543, 16.310, 17.300 (s. 310–311n.). — Die Annahme von AH, daß der Helm unbeschädigt bleibe, “aber infolge der furchtbaren Erschütterung innerhalb desselben die Hirnschale auseinander(springe)”, ist in der vorgestellten Wirklichkeit unwahrscheinlich; der gr. Text ist auch gar nicht zwingend so zu verstehen – der Helm kann ebensogut seinerseits entzwei sein. In Kampfszenen werden Helme oft dann erwähnt, wenn sie herunterfallen, von einer Waffe durchbohrt oder zerschlagen werden oder eine (tödliche) Kopfverletzung nicht zu verhindern vermögen (SHEAR 2000, 196 Anm. 551; LfgrE s.v. κόρυς 1493.47ff.). κ ό ρ υ θ ι β ρ ι α ρ ῇ : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur A 1 oder A 4 (wie hier mit ἐν noch 579; im bloßen Dativ 20.162; Akk. 11.375, 18.611, 22.112). Das EpithetonP wird nur bei Begriffen von Helmen gebraucht (κόρυς, τρυφάλεια [19.380b–381a n.]); seine Bed. ‘schwer, solide’ läßt wohl – wie auch andere Helm-Epitheta (χαλκείη, χαλκήρης, χαλκοπάρῃος) – auf Metallhelme oder zumindest mit Metallteilen versehene Helme schließen (LfgrE s.v. κόρυς 1493.29ff.; zu frühen Metallhelmen BUCHHOLZ u.a. 2010 u. MÖDLINGER 2013; Lit. zum System der Helm-Epitheta: 216n.).
414 = 580; ≈ 13.544. — Zum Verb ‘sich ergießen’ s.o. 344n. ἀ µ φ ὶ δ έ µ ι ν : so auch 580, dagegen 13.544 ἀµφὶ δέ οἱ: die Konstruktionen von ἀµφί mit Akk. und mit Dat. haben weitgehend gleiche Bedeutung (LABARBE 1949, 84f.: “variante assez naturelle”; SCHW. 2.437; LfgrE s.v. ἀµφί 661.57ff.). — θ υ µ ο ρ α ϊ σ τ ή ς : ‘Leben vernichtend’ (18.220n.), Epitheton zu θάνατος (stets bei letalen Kopfverletzungen, s. Iterata) und zu δήϊοι (591, 18.220). – Das dreimalige Vorkommen dieses auffälligen Kompositums im 16. Gesang (414, 580, 591) läßt an ein “phrase-cluster” denken (HAINSWORTH 1976, 85).
415–417 Zur Neunerliste s.o. 399–418n. und allg. 306–357n. Jeder Vers nennt drei Getötete; als Füllung dienen in V. 415 die Satzverbindung ‘und dann’ (autár épeita, 411n.) und in 416f. je ein Patronymikon (und zwar in chiastischer Stellung: Name/Patronymikon – Name – Name | Name – Name – Patronymikon/Name); s. LfgrE s.vv. Tlepolemos u. Pyris (jeweils mit Parallelen). 415 Zu Erymas s.o. 345n. Der Troer oder troische Bundesgenosse Amphoteros – vielleicht i.S.v. ‘Beidhänder’ (v. KAMPTZ 234) – hat hier seinen einzigen Auftritt. Der Name kommt in der gr. Mythologie noch einmal vor (Sohn des Alkmaion; s. WATHELET s.v.) und ist historisch mehrfach belegt (LGPN s.v.). Epaltes ist wahrscheinlich eine Namensvariante zu Ep(h)ialtes (Riese, der zusammen mit seinem Bruder Otos Ares gefangenhielt und den Olymp stürmen wollte: 5.385ff., 412 κάκ: 410n. 413 βριαρῇ· ὅ: zum Hiat R 5.6.
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Ilias 16
Od. 11.307ff.), also ‘Anspringer’ (v. KAMPTZ 77); Alternative: zum Namen Altes (König der mit den Troern verbündeten Leleger: 21.86f.), ‘Ernährer, Erhalter’ (v. KAMPTZ 261). Die Form Epaltes ist nur hier belegt. 416 Tlepolemos ist ein verbreiteter (und auch historisch belegter) gr. Name (‘der im Krieg aushält’), in der Ilias nur hier als Troer oder troischer Bundesgenosse, sonst der Sohn des Herakles und Anführer des rhodischen Kontingents (2.653n.), von Sarpedon getötet (5.655ff. – der Name Sarpedon wird an der vorl. Stelle auch wieder bald fallen: 419). Der Name Damastor (‘der Bezwinger’) gehört in der Odyssee dem Vater des Freiers Agelaos (Od. 22.212 u.ö., ebenfalls Patronymikon) und nachhom. verschiedenen myth. Figuren (WATHELET s.v.); historisch ist er nur in der Form Damastes/-as belegt (LGPN s.v.). – Echios ist eine Kurzform zu Echekles (189n.), Echepolos o.ä. (RISCH 118; v. KAMPTZ 117; WATHELET s.v.; G 56; myk. e-ki-wo enthält ein Digamma und ist nicht restlos geklärt, s. DMic mit Lit.). Mit dem Namen Echios werden in der Ilias mehrere Figuren bezeichnet: (1) ein Troer oder troischer Bundesgenosse (nur hier), (2) der Vater eines Mekisteus (8.333, 13.422; vgl. 15.339, wo ein Echios und ein Mekisteus – Sohn und Vater? – gleichzeitig umkommen [JANKO zu 13.422]). Historisch nicht belegt. – Pyris läßt sich sowohl (1) als griechischer Name erklären, und zwar als Kurzform zu einem Namen mit pyr- ‘Feuer’ wie z.B. Pyraichmes V. 287 (v. KAMPTZ 113; WATHELET s.v.; WACHTER 2001, 218), wie auch (2) als lykischer Name (v. KAMPTZ 362; SCHERER 1976, 43). Für (1) spricht, daß alle anderen Namen des vorl. Katalogs gr. Herkunft zu haben scheinen (vgl. LfgrE s.v.) und Pyris bereits im Myk. (pu-ri: DMic s.v.) und dann wieder hist. belegt ist (LGPN I s.v. [Thasos, 5./4. Jh.]). 417 Nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ gebauter Vers (vgl. dazu die Hinweise in 397n.). – Ipheus ist eine singuläre Kurzform zu einem Namen mit iphi‘mit Macht’ (Iphidamas, Iphikle[e]s; G 56; v. KAMPTZ 201f.); vgl. Iphitos (2.518, 17.306), weibl. Variante Iphis (9.667). Historisch nicht belegt. Euhippos (‘der mit den guten Pferden’, auch als Adjektiv belegt: h.Ap. 210 u.a.) ist ein geläufiger gr. Name und sowohl myth. als auch hist. häufig belegt; als Bezeichnung eines Troers oder troischen Bundesgenossen nur hier (v. KAMPTZ 193; WATHELET s.v.; LGPN s.v.). Zum Namen Polymelos (‘der mit den vielen Herden’) s.o. 180n. Das Patronymikon Argeades läßt auf den Vatersnamen Argeas schließen (zu argós ‘weiß, glänzend’ [1.50n.]). Der Name Argeas ist hist. belegt (LGPN IIIB s.v. [Thessalien, hellenistisch]), außerdem ist Argeadai der Name des makedon. Herrschergeschlechts (WATHELET s.v.; Stammbaum im DNP s.v.). Ἰ φ έ α : Zur kurzvokal. Endung vgl. Πηλέος 203n. — Ἀ ρ γ ε ά δ η ν Π ο λ ύ µ η λ ο ν : klanglich verwandt mit der nachhom. belegten VE-Formel Ἀρκαδίης πολυµήλου (h.Merc. 2 u.ö.).
Kommentar
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418 = 8.277 (von WEST nicht in den Text aufgenommen) u. 12.194; 2. VH ≈ Hes. Op. 510, fr. 165.16 M.-W. — Daktylischer Abschlußvers von Gefallenenkatalogen mit der Implikation: “So gewaltig und tüchtig ist der Held, daß er alle die Aufgezählten hintereinander erschlug” (STRASBURGER 1954, 53f.). Hier steht die Wendung ‘alle der Reihe nach’ außerdem ringkompositorisch zu 398 (‘nahm Rache für viele’): Grundaussage des Katalogs per se. π έ λ α σ ε χ θ ο ν ί π ο υ λ υ β ο τ ε ί ρ ῃ : ‘zu Boden befördern’ i.S.v. ‘töten, zur Strecke bringen’ (wie ‘fallen’ = ‘umkommen’: 310–311n.), “a grim formular paraphrasis, […] pathetic combination of creation and destruction” (HAINSWORTH zu 12.194, mit Hinweis auf 3.243 [s.d. zu φυσίζοος a.E.]). Ob die Formulierung urspr. auf das Fällen von Bäumen oder auf das Besiegen (schweizerisch: ‘Bodigen’) des Gegners im Ringkampf zurückgeht, muß offen bleiben (GRETHLEIN 2006, 92f., bzw. KURZ 1966, 23). — χ θ ο ν ὶ π ο υ λ υ β ο τ ε ί ρ ῃ : flektierbare VE-Formel (3.89n.).
419–683 Zweikampf zwischen Patroklos und Sarpedon; Kampf um Sarpedons Leichnam. Der Zeus-Sohn Sarpedon (FM 10; 2.876n.; WATHELET s.v.; WATHELET 1989, 80– 84), zusammen mit Glaukos Anführer der Lykier, hat in der Ilias drei größere Auftritte: im 5. Gesang tötet er Tlepolemos, den Sohn des Herakles (5.627–698), im 12. Gesang reißt er die Brustwehr der griechischen Lagermauer ein (12.290–435), und in der vorl. Episode fällt er im Kampf gegen Patroklos. Schon in den beiden früheren Passagen gerät er in Gefahr: 5.660–662 wird er von Tlepolemos am Bein verletzt (und fällt 5.696–698 beim Entfernen der Waffe in Ohnmacht), 12.400–405 wird er von Aias und Teukros am Schildriemen bzw. am Schild getroffen; beide Male ‘wehrt ihm Zeus den Tod noch ab’, wie der Erzähler in beiden Passagen festhält (vgl. auch 5.674f.) – eine ProlepseP des nunmehr unvermeidlichen Todes, den Zeus selbst in 15.65–68 eindeutig angekündigt hat (438n.; vgl. die Diskussion zwischen Zeus und Hera 431ff.): EBERHARD 1923, 39–41; MORRISON 1992, 55; REICHEL 1994, 259f. (ebd. 258ff. zu weiteren Beziehungen zwischen dem 5., 12. und 16. Gesang); NEAL 2006, 122–125. Besonders Sarpedons ‘Beinahe-Tod’ im 5. Gesang (Ohnmacht, vgl. 502–505n.) kann als AntizipationP der vorl. Szene gelten: WIESSNER 1940, 83; MERZ 1953, 17–19; NEAL a.O. 123f.; BARKER 2011. Zu Darstellungen Sarpedons in der bildenden Kunst vgl. u.a. den Ostfries des Siphnierschatzhauses in Delphi (525 v. Chr., Sarpedon als Gefallener im Krieg um Troia) und den berühmten rotfigurigen Kelchkrater des Euphronios (Bergung durch Hypnos und Thanatos, Ende 6. Jh.; LIMC s.v. Sarpedon; SARAÇOĞLU 2005, 63ff.; TSINGARIDA 2009). – Für Patroklos in seiner Rolle als Stellvertreter des Achilleus bedeutet der Zweikampf mit Sarpedon eine Auszeichnung: “Es bedarf keines Wortes, um 418 πουλυβοτείρῃ: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1).
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Ilias 16
wieviel die Aristie des Patroklos dadurch, daß der Hetairos einem Landeskönig, einem Sohn des Zeus entgegentritt, gesteigert wird” (REINHARDT 1961, 341f.; ähnl. WILAMOWITZ 1916, 136; OWEN 1946, 158; KIRK 1998, 45f.; JANKO zu 419–683 [S. 370]). Zugleich nimmt dabei Patroklos’ Schicksal seinen Lauf: durch den Sieg (und 653ff./691 durch Zeus) angestachelt, stößt er übermütig gegen die Tore von Troia vor und erleidet dort seinen Tod (s.u. 684–867n.). — Die Konfrontation zwischen Patroklos u. Sarpedon ist nach der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ gestaltet (3.340–382n.; zur Stellung der Zweikämpfe innerhalb der Schlachtbeschreibungen s. 3.15–37n.): (1) Die beiden Gegner gehen aufeinander zu (419–430, bes. 426ff.), (2) anstelle der Herausforderungsreden steht ein Götterdialog (431– 461n.), (3) erste, unentschiedene Kampfrunde (462–475), (4/5) zweite Kampfrunde mit dem Sieg des Patroklos und den letzten Worten des sterbenden Sarpedon (476– 503a), (7) Herausziehen des Speers aus dem Leichnam (503b–507). Danach folgt der ausführlich geschilderte Kampf um Sarpedons Leichnam (508ff., vgl. bes. 532f., 559f.), die Spoliierung des Toten (Element (8), faktisch erst 663–665) und die Überführung des Leichnams nach Lykien (666–683). – Element (3) enthält zweimal das Erzählmotiv der sog. Ersatztötung (die Verdoppelung ist für die Ilias singulär): zuerst trifft Patroklos Sarpedons Wagenlenker Thrasydemos (daß Patroklos eigentlich auf Sarpedon gezielt haben dürfte, wird nicht gesagt, also implizite Ersatztötung wie 13.506: Idomeneus trifft im Zweikampf mit Aineias den Oinomaos, 16.737: Patroklos trifft Hektors Wagenlenker Kebriones), danach verfehlt Sarpedon Patroklos und trifft dessen Beipferd Pedasos (ausdrückliche Ersatztötung, Opfer ‘nur’ ein Tier); Patroklos ist dadurch bereits in der ersten Runde als überlegen (wenn auch, aufgrund des Verlusts von Pedasos, als verletzlich) dargestellt (vgl. 145–154n.). Element (4) bringt die Entscheidung: Sarpedon verfehlt Patroklos erneut (477 ≈ 466; zwei Fehlschüsse hintereinander auch bei Teukros: 8.300ff./309ff.), Patroklos dagegen trifft Sarpedon tödlich. Diese zweite Kampfrunde wird nicht wie sonst häufig mit anderen Waffen (z.B. Schwertern) ausgetragen, sondern wie die erste mit Speeren. Die Beschreibung des Ablebens (502ff.) wird durch zwei Gleichnisse (482–491) und Sarpedons Rede (492–501) in die Länge gezogen (485n.); überhaupt ist die ganze Episode durch die Häufung typischer Kampfszenen-Elemente sowie durch Detailreichtum (z.B. 466–475) ausgeweitet und dadurch herausgehoben. Lit.: FENIK 1968, 203f.; KIRK 1976, 75f.; TSAGARAKIS 1982, 112–114; NIENS 1987, 89f. 92f.; BANNERT 1988, 30f.; LOSSAU 1991, bes. 8f., 15f.; STOEVESANDT 2004, 161ff. (bes. 163, 171, 187); ACETI 2008, 113f. 115f. 118; WEST 2011, 322f.; JANKO zu 462–75 u. 476–507; spez. zum Waffengebrauch MUELLER (1984) 2009, 79f. Paraphrasierende Interpretation der gesamten Episode bei ACETI a.O. 90–154. — Die Schilderung von Sarpedons letztem Auftritt und Tod (A) weist mehrere motivische und sprachliche Gemeinsamkeiten mit dem Tod von (B) Patroklos 16.684ff. und (C) Hektor 22.131ff. auf; dadurch wird die der Ilias zugrundeliegende Handlungskette heraus-
Kommentar
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gestrichen (vgl. 15.65–68): Sarpedon wird von Patroklos getötet, Patroklos von Hektor, Hektor von Achilleus und – außerhalb der Ilias-Handlung – Achilleus von Paris (FENIK 1968, 205. 217f.; SEGAL 1971, 41f. 43; LEINIEKS 1973/74, 104–106; CIANI 1974a, 116–118; RUTHERFORD 1982, 152f.; MUELLER [1984] 2009, 28–30; THALMANN 1984, 45–47; ACETI 2008, 122f. 130f.; DE JONG zu Il. 22, Introd. 13–15; weitere Details, bes. zu B und C, bei MUELLER a.O.; RICHARDSON zu 22.330–67; unten 818–863n.). Die auffälligsten Gemeinsamkeiten: • Götterdialog (Zeus empfindet mit Sarpedon bzw. Hektor Mitleid und möchte beide vor dem Tod bewahren; Hera bzw. Athene widersprechen; Zeus fügt sich): A 16.431–461, C 22.166–187 (wobei 16.441–443 = 22.179–181, 16.450 ≈ 22.169); in B greift Apollon wiederholt direkt in den Kampf ein (16.700–711, 729f., 788–804). – Redewendung ‘die Götter haben zum Tod gerufen’: B 16.693, C 22.297. • Die beiden Gegner springen vom Wagen ab und greifen an; das erste Opfer ist jeweils ein Wagenlenker (Thrasydemos bzw. Kebriones; sog. Ersatztötung): A 16.426f., B 16.732f./755; vgl. 712–783n. • Ein Gleichnis bringt die kämpferische Ebenbürtigkeit der beiden Gegner zum Ausdruck: A 16.428–430, B 16.756–761. • Der Sieger trifft seinen Gegner erst im zweiten Anlauf: A 16.462–481, C 22.273–327. • Löwengleichnis im Anschluß an die tödliche Verwundung: A 16.487–491, B 16.823–828; in C vgl. 22.262 (Achilleus: es gibt keine Eintracht zwischen Löwen und Menschen). • Der Sterbende spricht unter großer Anstrengung seine letzten Worte: A 16.491– 501, B 16.843–854, C 22.337–343/355–360. Er prophezeit dem Sieger den Tod: B 16.851–854, C 22.358–360. • Eintritt des Todes, Entweichen der Lebenskraft: A 16.502–505, B 16.855–857, C 22.361–363 (wobei 16.502 = 16.855 = 22.361). • Der Sieger setzt seinen Fuß auf den Leichnam und zieht die Waffe heraus: A 16.503–505, B 16.862f., C 22.367. • Spoliierung des Opfers: A 16.495–501 (Appell zur Verhinderung der Spoliierung) und 16.663–665 (tatsächliche Spoliierung), B 16.793–804 (vorzeitige Abnahme der Rüstung durch Apollon) und 17.556–559 (Appell), wobei 16.498– 501 ≈ 17.556–559 (‘Schimpf und Schande’); in C vgl. 22.339–343 (Bitte um Rückgabe an die Eltern). • Verunstaltung des Leichnams durch Blut, Staub, Erde usw.: A 16.638–640, C 22.401–405; vgl. B 16.795–797 (vom Helm). • Völlig unterschiedlich ist die Nachgeschichte der drei Leichname gestaltet: A 16.666ff. (Sarpedons Leichnam wird dem Kampf entzogen und von Hypnos und Thanatos [Schlaf und Tod] zur Bestattung nach Lykien überführt),
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Ilias 16
B 17.1ff. (Patroklos ist Mittelpunkt einer ausgedehnten Leichenkampfdarstellung); C 22.395ff. (Hektors Leichnam wird von Achilleus am Streitwagen angebunden und ins Griechenlager geschleift; im 24. Gesang wird er von König Priamos gegen Lösegeld zurückgeholt). Außerdem weist die Handlungsstruktur der vorl. Episode enge Parallelen zur Memnon-Geschichte in der ‘Aithiopis’ auf, einem nur aus Paraphrasen und bildlichen Darstellungen bekannten nachhomerisch verschriftlichten Epos des Epischen Kyklos (vgl. STR 23 mit Abb. 3): ein aus weiter Ferne hergereister troianischer Bundesgenosse göttlicher Abstammung (Sarpedon aus Lykien, Sohn des Zeus, bzw. Memnon aus Aithiopien, Sohn der Eos, der Göttin der Morgenröte) fällt gemäß Götterbeschluß (Gespräch zwischen Zeus und Hera, Seelenwägung des Zeus) unter der Hand eines Myrmidonen (Patroklos bzw. Achilleus), der wenig später selbst unter Mithilfe von Apollon einem Troer (Hektor bzw. Paris) zum Opfer fällt. Der Leichnam erfährt eine besondere Behandlung (Sarpedon wird von Hypnos und Thanatos in die Heimat überführt und dort verehrt, Memnon wird von Eos geborgen und unsterblich gemacht). Es ist höchst umstritten, ob die Parallelen (a) auf Abhängigkeit der einen von der anderen Erzählung – namentlich der Ilias von der Aithiopis – beruhen (so postulieren es die Vertreter der neoanalytischen Forschung) oder (b) auf allgemeine Erzählmuster zurückgehen. Lit.: JANKO, Introd. zu Il. 16 (S. 312f.); ders. zu 419– 683 (S. 372); HEUBECK (1950) 1991, 463f.; HOWALD 1951; SCHADEWALDT (1952b) 1965, 160. 165f. 169; SCHOECK 1961, 23–26. 58–61; DIHLE 1970, 17–20; CLARK/ COULSON 1979; WEST 2003, 1–7; KULLMANN 2005, 21; CURRIE 2006, 31–39; ACETI 2008, 231–262; BURGESS 2009, 77f. Grundlegend zur Diskussion über das Verhältnis von Ilias und Aithiopis s. u.a. WEST a.O.; ALLAN 2005, 11–16; KULLMANN a.O.; CURRIE a.O.; zum Verhältnis von Neoanalyse und oral poetry FINKELBERG 2011; TSAGALIS 2011. Zu weiteren im Fokus der Neoanalyse stehenden Passagen s. 684–867n. a.E., 18.17n., 18.95–96n. 419–430 Sarpedon tritt Patroklos entgegen und hält dessen Siegeslauf vorübergehend auf. 419 1. VH ≈ 14.440. — Das Verb der Wahrnehmung (‘als er nun sah’, Beobachtung der vorangegangenen Handlung) dient als Signal für den Szenenwechsel (124n. mit Lit.), öfter wie hier bei der Einleitung eines Gegenangriffs (KIRK zu 5.95; FENIK 1968, 19. 71. 200; ACETI 2008, 92f.; WEST 2011, 155). – Durch die Bezeichnung ‘Gefährten’ läßt der Erzähler nachträglich den Eindruck entstehen, daß Atymnios und Maris nicht die einzigen Lykier waren, die im Kampf gegen die Achaier umgekommen sind (317–329), sondern daß es auch andere lyk. Opfer
419 ἴδ(ε): = εἶδε; zur augmentlosen Form R 16.1.
Kommentar
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gab, besonders in der vorangehenden Gefallenenliste (vgl. 399–418n.); dadurch wird Sarpedons Auftritt gerechtfertigt (WEST 2011, 321). Darüber hinaus könnte die Bezeichnung ‘Gefährten’ affektive Funktion haben (Sekundäre FokalisationP) und auf figurenpsychologischer Ebene Sarpedons Eingreifen motivieren (Hinweis DE JONG; ähnl. 581). Σ α ρ π η δ ὼ ν δ (έέ ): Themawort (278n.; vgl. WIESSNER 1940, 81). Der Name ‘Sarpedon’ ist historisch von rund 400 v. Chr. an belegt (LGPN); schon zuvor kommt er mehrfach in geogr. Bezeichnungen vor (u.a. als Insel der Gorgonen [Cypria fr. 30 West] sowie im Namen eines thrak. Vorgebirges bei der Mündung des Hebros in die Nordostägäis und eines Kaps an der kilikischen Mittelmeerküste [Herodot 7.58.2: Sarpēdoníē ákrē; schol. zu Apoll. Rhod. 1.211–215; WATHELET u. DNP s.v.; JANKO zu 419–683 [S. 372]; zum Suffix -ēdōn in Ortsnamen s. v. KAMPTZ 159f.). — ὡ ς ο ὖ ν : ist meist wie hier (ἴδε) mit einem Verb der Wahrnehmung verbunden und “knüpft […] an die auslaufende Linie der einen Handlung den Beginn einer zweiten” (REYNEN 1958, 67ff. [Zitat 70; z.St. 73f.]; DE JONG [1987] 2004, 105 mit Anm. 12 S. 266). — ἀ µ ι τ ρ ο χ ί τ ω ν α ς : hom. hapaxP, ‘die den χιτών ohne die µίτρη tragen’, wobei Aussehen und Funktion der mítrē im einzelnen unklar sind. Vielleicht handelt es sich um eine (gurtähnliche) Bronzeplatte, die den Brustpanzer auf Bauchhöhe verstärkt (Diskussion unter Einbeziehung älterer Lit.: LfgrE s.v. µίτρη; VAN WEES 1994, 135f.; BENNETT 1997, 115–123, bes. 118; ACETI 2008, 92 Anm. 199). Dann wäre der Tod des Thrasydemos, der wegen eines Treffers just in die Bauchgegend als nächster Lykier sein Leben lassen muß (465), eine Folge dieser ‘ungenügenden’ Ausrüstung (LORIMER 1950, 250). Zu solchen spezifisch verwendeten singulären Epitheta vgl. 235 ἀνιπτόποδες (s.d.); als allgemeineres (und metr. gleichwertiges) Pendant käme allenfalls die VE-Formel ἐϋκνήµιδας ἑταίρους in Frage (Od. 10.203, 23.319; JANKO zu 419–421). Die Etym. von ‘Sarpedon’ ist nicht geklärt; einige Annäherungsversuche: (a) myk. sa-ra-pe-da, dürfte aber eher Bez. eines bestimmten Landguts sein (zu gr. pédon ‘Boden, Flur’; s. DMic); (b) lyk. Männername Serpodis, vgl. zrppedu in unklarem Kontext auf der sog. Xanthos-Stele (ZGUSTA 1964, 462; NEUMANN 2007, 439; JENNIGES 1998, 130f.); (c) heth. šarpa- ‘vornehmes Sitzmöbel; Gerät’, zugleich Name eines anatol. Bergs (BÖRKER-KLÄHN 1994, 321f.); (d) kar. šar- ‘oben, über’ i.S.v. ‘eine hohe Position innehabend’ (DURNFORD 2008; YAKUBOVICH 2012, 132f.), ≈ lyk. hri- (NEUMANN a.O. 97f.).
420 ≈ (mit verschiedenen Variationen) 434, 438, 452 (“una sorta di ›ritornello‹”: ACETI 2008, 94f.); 1. VH ≈ 490, 543 (und mit umgekehrter Wortstellung 699); VA+VE ≈ 21.208; vgl. ferner 5.559/564, 16.854, 22.446. — Sarpedon weiß hier noch nicht, daß es sich um Patroklos handelt: 423f.; s. 278n. mit Lit. (zur vorl. Stelle bes. ACETI a.O. 93f.). – Zum Verb ‘bezwingen’ s.o. 103n. χ έ ρ σ ’ ὕ π ο : zu ὑπό ‘unter der Wirkung, unter dem Einfluß von’ vgl. 384n. (zu ὑπὸ λαίλαπι …). — Π α τ ρ ό κ λ ο ι ο Μ ε ν ο ι τ ι ά δ α ο : ‘lange’ (sich über vier Metren erstreckende) Nomen-Epitheton-Formel (5× Il. [wovon 3× im 16. Gesang: 420, 434, 452], 1× Od., stets
420 χέρσ’ ὕπο: = ὑπὸ χερσί (R 20.2). — Πατρόκλοιο Μενοιτιάδαο: zur Flexion R 11.2 bzw. 11.1.
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nach der Zäsur A 3); mit Formelsprengung 18.93 Π. … Μενοιτιάδε͜ω, mit Umkehrung 16.554 Μενοιτιάδε͜ω Πατροκλῆος. – Zum Vater Menoitios s.o. 14n.
421–425 Tadelnde Kampfparänese des Sarpedon. Bei diesem Typus geht dem eigentlichen Kampf-Appell ein Tadel voraus (hier ‘Schämt euch …! Wohin flieht ihr?’; FENIK 1968, 48f.); der Akt des Tadels ist möglicherweise bereits in der Rede-Einleitung angedeutet (421n.). Εine Reaktion des Heers auf die Rede wird nicht (wie sonst häufig) geschildert (FINGERLE 1939, 89). Allg. zur Kampfparänese und ihren Elementen s. 268–277n. mit Lit.; zur verwandten Form der Scheltrede vgl. 2.225–242n. mit Lit. (ferner MINCHIN 2007, 23ff. [bes. 27–38]. 150–152). – Sarpedons Absichtserklärung, dem Wüten des Gegners selbst Einhalt gebieten zu wollen, bereitet einen neuen Schlachtabschnitt vor (FINGERLE a.O. 99; SCHEIBNER 1939, 83f.; Stellensammlung von solchen Absichtserklärungen in Kampfparänesen bei PAGANI 2008, 332f. 336f.; vgl. z.B. 20.360ff.). Entsprechend folgt auf die Rede unmittelbar der Angriff Sarpedons (426). Zugleich bedeutet die Entscheidung, dem Gegner entgegenzutreten, hier den eigenen Tod (CLAY 2009, 36). 421 ≈ 12.408 (ebenfalls Rede-Einleitung einer Kampfparänese des Sarpedon; vgl. 268n.). — ἀ ν τ ι θ έ ο ι σ ι … Λ υ κ ί ο ι σ ι ν : Die Lykier heißen nur hier und im Iteratvers 12.408 ἀντίθεοι, sonst ἴφθιµοι (659 [s.d.], metrisch gleichwertiges Epitheton an derselben Versstelle wie hier: 321n. mit Lit.) und ἀσπισταί (in einer VE-Formel im Gen. Pl., 490 u.ö.). – Zum Binnenreim s. 174n. — κ α θ α π τ ό µ ε ν ο ς : ‘auf jn. einreden, in jn. dringen, jm. ins Gewissen reden’ (1.582n.), hier absolut gebraucht (Dat. Λυκίοισιν zu κέκλετο). Die genaue Nuance ist schwer zu bestimmen, eher regulär ‘scheltend’ (AH) als ‘(freundlich) mahnend’ (LfgrE s.v. ἅπτω 1124.57ff.: “Sarpedon [will] auch die durch den Tod so vieler Kameraden Erschreckten beruhigen”).
422 Typische Eröffnung von Kampfparänesen (KELLY 2007, 243f.), häufiger von den Griechen ‘aidṓs, Argeier!’ (5.787, 8.228, 13.95, 15.502, alle VA). aidṓs (wörtlich ‘Scham, Scheu, Rücksicht’: 24.44n.) ist in dieser Wendung ein nominativischer Ausruf (SCHW. 2.65f.) und bedeutet nicht ‘Schande über euch!’, sondern appelliert an die Solidarität und das Ehrgefühl der Krieger (wodurch ihre Kampfbereitschaft gesteigert werden soll); gemeint ist: ‘gebt acht auf eure Kameraden (und Angehörigen) und scheut die Vorwürfe, die euch jene wegen eurer Feigheit machen könnten’, vgl. 15.561–564, 15.661–666 (LfgrE s.v.; VERDENIUS 1945, 52–55; SCHEIN 1984, 177–179; CAIRNS 1993, 68–70; KEMPER 1993, 27f.; PAGANI 2008, 353–356). – Die rhetorische Frage ‘wohin flieht ihr?’ bildet einen paränetischen Topos, vgl. 8.94 (Diomedes zu Odysseus), Od. 6.199 (Nausikaa zu den Die421 κέκλετ(ο): reduplizierter Aor. zu κέλοµαι ‘zurufen, ermahnen, antreiben’ (mit Dat.). — ἄρ(α): ‘also, natürlich’ (signalisiert Evidenz: R 24.1). — ἀντιθέοισι … Λυκίοισιν: zur Flexion R 11.2. 422 πόσε: ‘wohin?’. — θοοὶ ἔστε: zur sog. Hiatkürzung R 5.5.
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nerinnen); indische Parallele bei WEST 2007, 478; Listen von ähnlichen unwilligen Fragen in Kampfparänesen bei FINGERLE 1939, 97, und STOEVESANDT 2004, 299f. Anm. 894. Der einzige Vers der Ilias, der asyndetisch drei in sich geschlossene Sätze enthält: “Sarpedon uses the opening sentences to get the attention of his men (and Homer may use them to recapture his audience) and explains in his next sentence what he intends to do” (HIGBIE 1990, 106f.; vgl. Eust. z.St.). Hingegen kommen Verse mit drei durch δέ verbundenen Sätzen wiederholt vor, namentlich in Rede-AbschlußformelnP (z.B. 5.352, 14.270, 15.442, 17.33, 21.423, 23.12, 24.358 [Hinweis FÜHRER]). — ν ῦ ν θ ο ο ὶ ἔ σ τ ε : θοός, eigtl. ‘schnell’ (zu θέω ‘laufen’), kann als Attribut von Kriegern oder von Ares die Bed. ‘behende, kriegstüchtig’ o.ä. annehmen (vgl. 494), also ‘jetzt (flieht nicht, sondern) seid angriffslustig!’. Denkbar ist auch eine ironische Anspielung auf die Schnelligkeit selbst: ‘jetzt seid ihr schnell (sc. im Fliehen) – aber seid lieber schnell im Angreifen!’, mit Auffassung des Imperativs ἔστε als Indikativ (θοοί ἐστε) (so BUTTMANN 1825, 62f.; LfgrE s.v. θοός 1054.31ff.). Diese zweite Deutung verstärkt zwar den Spott, ist aber weniger wahrscheinlich: (1) Die Asyndese, die in νῦν θοοὶ ἔστε vorliegt, kommt v.a. bei Aufforderungen und bei Antithesen vor (vgl. 129n. zu δύσεο bzw. K.-G. 2.342); (2) der folgende Satz 423 ἀντήσω γὰρ ἐγώ ‘denn ich will entgegentreten …’ schließt sich an einen (aufrichtig gemeinten) Imp. besser an als an eine Verspottung (schol. bT; LEAF; JANKO zu 422–5; PAGANI 2008, 347).
423 Sarpedons Entschluß, Patroklos entgegenzutreten, hat proleptischenP Charakter: “programming the major encounter” (WEST 2011, 321). τ ο ῦ δ ’ ἀ ν έ ρ ο ς : ausgeprägt deiktisch, mit Wiederaufnahme in 424 (ὅδε; ähnl. 5.174f. τῷδ’ … ἀνδρὶ …, | ὅς τις ὅδε …; vgl. 424–425n.). Gen. bei ἀντ(ι)άω ‘sich jm. im Kampf entgegenstellen, es mit jm. aufnehmen’ wie 7.231, Od. 16.254 (LfgrE s.v. ἀντάω 9212.22ff.; etwas anders LEAF: Gen. anstelle des Dat., ‘meeting an opponent’). — ὄ φ ρ α δ α ε ί ω : VE = 10.425, Od. 9.280; ≈ Il. 2.299. – Zur Form -είω vgl. 83n. (zu θείω).
424–425 = 5.175f. Die Handlung weist an den beiden Stellen im 5. und im 16. Gesang eine ähnliche Struktur auf: ein Grieche tötet zahlreiche Troer (AndroktasieSzene: 5. Gesang Diomedes, 16. Gesang Patroklos), worauf ein Verbündeter der Troer (dort Aineias, hier Sarpedon) dazu aufruft, dem überlegenen Gegner – dessen Identität im Augenblick noch unbekannt ist – Paroli zu bieten (Diomedes bildet wie Patroklos eine Art Stellvertreter für Achilleus: 74–77a n. a.E. mit Verweis auf 6.96–101n.). Anders als z.B. in 1.453–455 = 16.236–238 (s.d.) ist hier wohl nicht mit einer direkten inhaltlichen Bezugnahme zwischen den beiden Stellen und ihren Wiederholungsversen zu rechnen (FENIK 1968, 27; DE JONG [1987] 2004, 185f.): die Frage nach der Identität des Gegners ist nämlich konventionell; sie dürfte aber an der vorl. Stelle mit Blick auf das Motiv der ‘Täuschung durch Waf-
423 ἀνέρος: = ἀνδρός; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — ὄφρα: final (R 22.5). — δαείω: Konj. zum defektiven Verb δαῆναι (Aor.), ‘durch Erfahrung herausbekommen, -finden’.
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fentausch’ (278–283n. mit Lit.) für den Rezipienten nicht ohne Pointe sein (STAN1993, 172; ACETI 2008, 97; anders u.a. EDWARDS 1987, 261).
LEY
424 = 5.175; 1. VH ≈ 21.315; 2. VH = 8.356; VE κακὰ πολλά ⏑ – ×: 5× Il., 9× Od., 1× ‘Hes.’. — ὅ δ ε : prädikativisch, zu übersetzen mit ‘hier’: AH; KIRK zu 5.175–6. — κ ρ α τ έ ε ι κ α ὶ … κ α κ ὰ π ο λ λ ὰ ἔ ο ρ γ ε : stark subjektiv gefärbt: “In a word like κακά the emotional involvement and subjective interpretation of [Sarpedon] as a focalizer surfaces” (DE JONG 1987a, 107). κρατέει hat in dir. Rede einen pejorativen Ton (LfgrE s.v.) und bedeutet ‘seine Überlegenheit ausspielen’: ‘is acting violently’ (KIRK zu 5.175–6). Zum (zusammenfassenden) Perf. ἔοργε neben dem (aktualisierenden) Aor. ἔλυσεν (425) s. 2.272n. mit Lit. sowie AH zu 5.175: ‘… ⟨bis jetzt⟩ viele Untaten vollbracht hat, da er ⟨zuletzt⟩ … tötete’. 425 = 5.176; ähnl. 15.291, Od. 14.69, 14.236. — π ο λ λ ῶ ν τ ε κ α ὶ ἐ σ θ λ ῶ ν : flektierbare Junktur, oft im Zusammenhang mit dem Tod eigener Leute (6.452n. mit Stellen; Gen. Pl. wie hier auch 5.176, 22.44). — γ ο ύ ν α τ ’ ἔ λ υ σ ε ν : flektierbare VE-Formel (24.498n.), euphemistisch für ‘töten’ (312n. mit Lit.).
426 = 4.419; von der Zäsur A 3 an = 3.29, 5.494, 6.103, 11.211, 12.81, 13.749. — Das Abspringen vom Wagen ist ein typisches Kampfmotiv: AREND 1933, 91 Anm. 2; TSAGARAKIS 1982, 94; MUELLER (1984) 2009, 170. Durch das Abspringen signalisieren Sarpedon und Patroklos (427) ihre Kampfbereitschaft (6.103n.; KURZ 1966, 149; ACETI 2008, 97); zu Patroklos’ nachahmender Reaktion auf Sarpedons Abspringen (427 ‘als er es sah’) vgl. 12.80–83 (Hektor/Troer). ἦ ῥ α , κ α ί : formelhafter Rede-AbschlußP bei gleichbleibendem Subj. (24.302n.). — σ ὺ ν τ ε ύ χ ε σ ι ν : d.h. ‘vollständig gerüstet’ (156n.). — ἄ λ τ ο χ α µ ᾶ ζ ε : VE-Formel (12× Il., s. 24.469n.); zum Akzent von ἄλτο WEST 1998, XX. 427 1. VH = 9.666, 11.647, 16.733, 16.763. — δ ’ ἑ τ έ ρ ω θ ε ν : markiert oft die zweite von zwei parallel ablaufenden Handlungen, verbunden mit einem Perspektivenwechsel und meist auf einen Personennamen oder eine Kollektivbezeichnung folgend (1.247a n.); im 16. Gesang noch 733, 763 (Iterata) und 755 (δ’ αὖθ’ ἑτέρωθεν). — ἐ π ε ὶ ἴ δ ε ν : flektierbare Junktur nach der Zäsur B 2 (9× Il., 9× Od., 2× hom.h.; MUGLER 1943, 42f.). — ἔ κ θ ο ρ ε δ ί φ ρ ο υ : variierbare Junktur am VE (2× ‘Hes.’ Sc. θόρε δίφρου, Il. 5.39 ἔκβαλε δ., 5.585/13.399 ἔκπεσε δ.).
428–430 = ‘Hes.’ Sc. 405–406 + 412; 428 = Od. 22.302; 1. VH von 428 ≈ Od. 16.217; 2. VH von 429 ≈ 758, 824, ‘Hes.’ Sc. 176; 1. VH von 430 ≈ Od. 14.30; 2. VH von 430 = Il. 14.401, ‘Hes.’ Sc. 436; ≈ Il. 15.726. — Das erste von drei GleichnissenP in der vorl. Zweikampfszene: (1) Patroklos und Sarpedon 424 ὅς τις: = ὅστις. — κρατέει: zur unkontrahierten Form R 6. — πολλὰ (ϝ)έ(ϝ)οργεν: zur Prosodie R 4.3 (vgl. (ϝ)έργον). 425 γούνατ(α): zur Flexion R 12.5. 426 ἦ: 3. Sg. Impf. zu ἠµί ‘sagen’. — ῥα: = ἄρα (R 24.1). — ὀχέων: zur unkontrahierten Form R 6. — ἄλτο: Aor. zu ἅλλοµαι ‘springen’. 427 ἐπεὶ (ϝ)ίδεν: zur Prosodie R 4.4. — ἔκθορε: Aor. zu ἐκθρῴσκω ‘springen aus …’.
Kommentar
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gehen wie zwei Geier aufeinander los; (2) Sarpedon stürzt wie ein Baum, der gefällt wird, zu Boden (482–486); (3) Patroklos tötet Sarpedon wie ein Löwe einen Stier (487–491); zugleich das erste rein kriegerische Gleichnis mit Bezug auf Patroklos nach 3f., 7ff., 406ff. (es folgen 582ff., 752ff., 756ff.; MOULTON 1977, 104f.). – Raubvögel sind ein typisches Vergleichsmotiv zur Beschreibung von Kriegern, so etwa auch 582–585, 22.139–143 (FENIK 1968, 140. 189. 207; SCOTT 1974, 78; DE JONG zu Il. 22.138–44; allg. zu Vogelgleichnissen 2.459–466n.). Das vorl. Gleichnis illustriert in direktem Vergleich das Angriffsgeschrei der beiden Gegner (dazu 267n.); darüber hinaus suggeriert es deren Gefährlichkeit (Krallen und Schnäbel der Geier) und Ebenbürtigkeit (zwei Tiere der gleichen Art bekämpfen einander; so in der Ilias nur noch 756–761, erneut von Patroklos: Kampf mit Hektor um den Leichnam des Kebriones [SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 46; vgl. 756n.]). Die anschließende Götterszene (in deren Hintergrund der im Gleichnis angedeutete Angriff bis V. 462 weiterlaufen wird: DeckszeneP [KRISCHER 1971, 64]) wird dann aber – wie schon die ProlepseP in 15.67 (438n.) – den Ausgang des Zweikampfs vorwegnehmen: Patroklos wird siegen (in diesem Sinne schließlich eindeutig das dritte Gleichnis dieser Reihe: 487ff.; vgl. SCOTT a.O. 43f.; ACETI 2008, 120; SCOTT 2009, 162f.). Ausführl. Deutung des Gleichnisses bei BALTES 1983, 36–38; ACETI a.O. 98f.; JOHANSSON 2012, 148f.; JANKO; zu den Gleichnissen, die einen Gleichstand veranschaulichen: KRISCHER 1971, 61–67; STOEVESANDT 2004, 414f. (Stellensammlung). 428 Iteratverse s.o. 428–430n. — ο ἳ δ ’ , ὥ ς τ (εε ): Gleichnis-Einleitung (7× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’). — α ἰ γ υ π ι ο ί : ‘Geier’, wahrscheinlich ‘Bartgeier’ (LfgrE s.v.; ARNOTT 2007, 11; JOHANSSON 2012, 147f.). — γ α µ ψ ώ ν υ χ ε ς : Epitheton der αἰγυπιοί, ‘mit krummen Krallen’ (vgl. dt. ‘Greifvögel’), nur hier und in den Iteratversen. — ἀ γ κ υ λ ο χ ε ῖ λ α ι : Epitheton von Raubvögeln, ‘mit krummen Schnäbeln’ (v.l. ἀγκυλοχῆλαι ‘mit krummen Krallen’, wegen Bedeutungsgleichheit mit γαµψώνυχες weniger passend; in Batrachomyomachie 294 Attribut von Krebsen). Lit. zu den beiden Lesarten und zur Wortbildung: LfgrE s.v.; JANKO; WEST 2001, 238f.; MCNELIS/SENS 2011.
429 Zum Gebirge als Schauplatz von Gleichnissen 157–158n.; hier möglicherweise zugleich vorbereitend auf die anschließende Szene auf dem Götterberg Ida 431ff. π έ τ ρ ῃ ἔ φ ’ ὑ ψ η λ ῇ : Nomen-Epitheton-Formel 407n. — κ λ ά ζ ο ν τ ε : Präs. κλάζω im fgrE nur hier u. ‘Hes.’ Sc. 406, sonst meist Perf. (430 κεκλήγοντες). — µ ά χ ω ν τ α ι : Das Verb hat im fgrE nur selten ein Tier zum Subj. und dürfte daher hier – zur Situation passend – von der menschl. auf die tierische Sphäre übertragen sein (ebenso 758, 824), während κλά-
428 οἵ: = οὗτοι; zur demonstr.-anaphor. Funktion R 17. — τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11). 429 πέτρῃ ἔφ’: = ἐπὶ πέτρῃ (R 20.2); zum -η nach -ρ- R 2. — µεγάλα: adv., ‘laut’. — κλάζοντε µάχωνται: Dual- und Pluralformen können frei kombiniert werden (R 18.1). — µάχωνται: verallgemeinernder Konj. ohne Modalpartikel (R 21.1).
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ζειν (hier κλάζοντε/κεκλήγοντες) gleichermaßen von Mensch u. Tier verwendet wird und somit von Natur aus zu beiden Sphären gehören dürfte (sog. imagery interaction: 2.87n., ähnl. 259–267n.; z.St. bes. SILK 1974, 16f.; LONSDALE 1990, 2f.). – Zum Konj. in Gleichnissen 260n.; die Hss. bieten öfter wie hier den Ind. als v.l. (SCHW. 2.669; RUIJGH 594). 430 Iteratverse s.o. 428–430n. — κ ε κ λ ή γ ο ν τ ε ς : Wiederholung des Gleichnis-Stichworts (vgl. 7n.). Intensivierendes Perf.; zur Form auf -οντες s. die Lit. im LfgrE s.v. 1431.61ff., ferner WEST 2001, 164f.
431–461 Zeus und Hera einigen sich darauf, daß Sarpedon unter der Hand des Patroklos fallen soll. Unmittelbar bevor Patroklos und Sarpedon aufeinandertreffen, schaltet der Erzähler eine retardierendeP Götterszene ein (GUNDERT 1983, 119 mit Anm. 2; ACETI 2008, 99), die mit Blick auf die Parallelen in 20.288–325 (Poseidon und Hera verhandeln das Schicksal des Aineias) und 22.166b–187 (Zeus und Athene dasjenige Hektors) als Typisierte EreignissequenzP bezeichnet werden kann: “a duel between two important warriors is interrupted for a scene on Olympus where the fate of one of the men is discussed” (FENIK 1968, 37. 202f. [Zitat: 203]). Durch Mitleid mit dem geliebten Helden (hier Sarpedon) bewegt, stellt ein Gott (hier Zeus) das Schicksal dieses Helden zur Debatte (retten oder sterben lassen); eine andere Gottheit (hier Hera) gibt eine abwehrende Antwort; der Held wird gerettet (im 20. Gesang) bzw. stirbt (hier und im 22. Gesang): DE JONG zu Il. 22.166–87; FENIK a.O.; PAUL 1969, 35f.; PATTONI 1998, 12–15 (mit detailliertem Vergleich der Passagen im 16. und 22. Gesang); ACETI a.O. 100–103. – Das vorliegende Göttergespräch erweist sich als eine in die göttliche Sphäre versetzte Mischung von typischen Redeformen in hom. Kampfszenen: (1) es steht strukturell an der Stelle der vor Zweikämpfen üblichen Herausforderungsreden, z.B. 5.630ff. Tlepolemos/Sarpedon, 6.121ff. Diomedes/ Glaukos, 20.176ff. Achilleus/Aineias, 21.148ff. Achilleus/Asteropaios, 22.248ff. Hektor/Achilleus (alle mit demjenigen Formelvers eingeleitet, der hier unmittelbar auf die Götterszene folgt: 462; KIRK 1962, 373 [knappe Andeutung]; LÉTOUBLON 1983, 36; WEST 2011, 321f.; allg. zu den Herausforderungsreden der Ilias: LÉTOUBLON a.O.; STOEVESANDT 2004, 305f.); (2) das Gespräch gleicht trotz der RedeEinleitungP 432 (‘Zeus sprach zu Hera’) formal in gewissem Sinne einem Entscheidungsmonolog, in dem sich ein Krieger unter erschwerten Bedingungen zum Standhalten durchringt: Anrede an sich selbst (Interjektion ōi moi egṓn – wörtlich ‘o mir, ich!’ – am Rede-Anfang [433], keinerlei Bezugnahme auf das Du), Schwanken zwischen ‘sich dem Kampf entziehen’ und ‘sich dem Kampf stellen’ (435–438, in den eigentlichen Monologen mittels Kondizionalsätzen ausgedrückt: ‘wenn einerseits … wenn andererseits’), Entscheid für (und nur ausnahmsweise gegen) den Kampf (Par430 ὥς: = οὕτως.
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allelen: 11.403ff. Odysseus, 17.90ff. Menelaos, 21.552ff. Agenor, 22.98ff. Hektor; Lit.: VOIGT 1934, 97f.; PATTONI a.O. 8–15; ACETI a.O. 103–106; allg. zur Vielfalt des hom. Monologs FENIK a.O. 96–98; RUSSO 1968, 288–294; FENIK 1978; DI BENEDETTO [1994] 1998, 158–170; PELLICCIA 1995, 121–128). Die Darstellung des Schwankens und der Entscheidung folgt dabei der Typischen SzeneP des Erwägens zweier Möglichkeiten (646b–655n.): (1) Zeus überlegt hin und her, ob er entweder (2) Sarpedon lebend aus der Schlacht retten oder (3) im Kampf sterben lassen soll; (5) gemäß Heras Rat (439–457) entscheidet er sich (4) für die zweite Möglichkeit (458, ausgeführt in 666ff.). Die Elemente (1)–(3) (435–438), die sonst i.d.R. vom Erzähler in indirekter Rede wiedergegeben werden (z.B. 646ff.), sind hier Zeus selbst in den Mund gelegt. Eine göttliche Intervention (Element 5) ist in solchen Szenen geläufig; hier besteht sie in einer eindringlichen Rede der Hera (und zwar von Gott zu Gott). Oft wird wie hier die zweite Handlungsvariante bevorzugt (Element 4), sie schließt hier jedoch im Sinne einer Kompromißlösung einen wesentlichen Bestandteil der ersten Handlungsvariante mit ein, nämlich Sarpedons Überführung nach Lykien: Sarpedon soll nicht einfach nur vor Troia sterben, sondern in seiner Heimat eine gebührende Bestattung erhalten (TAPLIN 1992, 238. 262f.: ‘compromise’; SCHÄFER 1990, 106: ‘Ersatzhandlung’; ACETI a.O. 107–109; HEIDEN 2008, 205). – Mit diesem Ergebnis ist impliziert, daß die Debatte über Sarpedons Tod (der spätestens seit 15.65–68 feststeht: 438n.) im Grunde genommen nicht so sehr eine theologische ist (wiewohl sie die Aufgabe hat, den Tod des halbgöttlichen Sarpedon von der Hand des Menschen Patroklos zu rechtfertigen: SCHÄFER a.O.; ACETI a.O. 95 Anm. 204; vgl. unten 433–438n., 441n.), sondern daß sie vielmehr dazu dient, der Darstellung von Sarpedons Untergang Bedeutsamkeit und Pathos zu verleihen (schol. bT [dazu NÜNLIST 2009, 270 mit Anm. 14]; EDWARDS 1987, 262; WEST 1997, 179f. [mit Parallelen]; JANKO; ähnl. der Götterdialog 22.166b–187 über Hektor: DE JONG zu Il. 22.166–87). Durch die Erörterung von Handlungsalternativen erscheint der tatsächliche Gang der Handlung als vom Erzähler so gewollt und in den vorgegebenen Rahmen des Mythos passend (radikal formuliert u.a. von EBERHARD 1923, 20: “Das Schicksal bei Homer ist […] ein universales dichterisches Motivierungsmittel”; OWEN 1946, 158f.: “fate is here what the poem demands”; s. auch REDFIELD [1975] 1994, 133–135; HOOKER [1980] 1996, 358–360; SCHEIN 1984, 63f.; RICHARDSON 1990, 193f.; ELMER 2013, 152; JANKO, Introd. 5f.; 2.155n.). Dabei wird das Publikum in seinem Denken und Fühlen einbezogen: “The poet constantly reminds the audience that the events cannot be changed, but that the audience can understand and judge them” (SCODEL 2002, 192f.; ähnl. OWEN a.O.); zugleich kann Zeus’ Mitleid auf die Rezipienten überspringen, zumal die Bestattung erst nach einer längeren ‘Leidenszeit’ des Leichnams erfolgen wird (666ff.; s. BASSETT 1930, 144f.; DI BENEDETTO a.O. 283f.; PUCCI 2002, 29f.). – Außer dem Mitleidsmotiv (dazu unten 431n.) wird hier das im letzten Drittel der Ilias ebenfalls immer wich-
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tiger werdende Vater-Sohn-Motiv eingeführt (hier Zeus/Sarpedon; s. 19.322–337n., 24.362–439n.; unten 459–461n.). 431–432 Zeus befindet sich seit 11.181ff. auf dem Ida-Gebirge und beobachtet von dort aus das Geschehen auf dem Schlachtfeld (so auch schon 8.48–443) – sein Standort wird in 677 und 17.594 implizit bestätigt; in 18.356 scheint Zeus dann aber wieder auf dem Olymp zu sein. Hera hingegen ist bereits 15.78f. vom Ida auf den Olymp zurückgekehrt; ihre jetzige Präsenz auf dem Ida wird stillschweigend vorausgesetzt: der Ortswechsel von Gottheiten wird – wie die Verfügbarkeit von Götterboten (2.7n.) und andere Selbstverständlichkeiten (vgl. 398n., 532–547n. a.E.) – in der Erzählung nicht immer ausdrücklich konstatiert, vgl. 666 (LeerstelleP; schol. A u. T zu 432 mit Hinweis auf die Athetese der Vv. 432–458 durch Zenodot; schol. A zu 666; FAESI, Einleitung 10–12; MEINEL 1915, 50f.; DE JONG [1987] 2004, 43; NÜNLIST 2009, 157–161; MACKIE 2014 [z.St. 11]; bes. zu Zenodots – unnötiger – Athetese s. LEHRS [1833] 1882, 336; AH, Anh. S. 23f.; JANKO zu 431–61 [S. 375]; ausführlich, aber mit Verteidigung von Zenodots Position, NICKAU 1977, 140–154). 431 1. VH ≈ 8.350, 15.12 (und vgl. 16.5); 2. VH s.u. — Szenenwechsel nach dem Typus ‘Figur beobachtet die vorangehende Handlung’ (124n. mit Lit.). Zum Motiv der zuschauenden Götter 19.340n. Der Auftritt des Zeus ist durch die vorausgehenden Wettergleichnisse, in denen Zeus eine wichtige Rolle spielt (297ff., 364ff., 384ff.), vorbereitet (SHEPPARD 1922, 163: “climax”; vgl. 297–302a n.). – Göttliches Erbarmen (v.a. des Zeus) manifestiert sich oft im Zusammenhang mit dem Tod eines Helden (SCHADEWALDT 1965, 309; FENIK 1968, 170; PAUL 1969, 22f.; KIM 2000, 175–178; EDWARDS zu 17.194–209), so bes. auch an der Parallelstelle 22.166b–187 vor Hektors Tod (wo “die Töne etwas gedämpfter sind”: BURKERT 1955, 84; PAUL a.O. 35f.) sowie leitmotivisch im 24. Gesang (24.19n.). τ ο ὺ ς δ ὲ ἰ δ ὼ ν ἐ λ έ η σ ε : Da Zeus in erster Linie gegenüber Sarpedon Erbarmen zeigt, ist das Objekt τούς hier wohl lediglich auf ἰδών, aber nicht (wie sonst in dieser Junktur regelmäßig: 8.350, 15.44, 17.441, 19.340) auch auf ἐλέησε zu beziehen (AH; PAUL 1969, 36 Anm. 5; vgl. WEST 2011, 322). — ἐ λ έ η σ ε : Die griechische Wortfamilie ele- bezeichnet im fgrE über den Affekt des Subjekts hinaus (‘Mitleid’) den daraus entstehenden Impuls zum Handeln (‘sich erbarmen’): 19.340n., 24.44n. — Κ ρ ό ν ο υ π ά ϊ ς ἀ γ κ υ λ ο µ ή τ ε ͜ ω : VE-Formel (7× Il., 1× Od.; s. 2.205n., auch zum Epitheton). Hier anstelle der im fgrE deutlich häufiger verwendeten metr. gleichwertigen Variante πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε (458n.), vgl. bes. 15.12 in Kombination mit der vorl. 1. VH; die ‘Ersetzung’ kam entweder durch den Nachklang von 428 ἀγκυλοχεῖλαι zustande (JANKO zu 431–2; WEST 2011, 322) oder weil Zeus im vorl. Zusammenhang in erster Linie Sarpedons Vater ist und nicht der Vater aller Menschen und Götter (Hinweis FÜHRER); vgl. auch HAINSWORTH, Introd. 30. 431 δὲ (ϝ)ιδών: zur Prosodie R 4.3. — ἀγκυλοµήτε͜ω: zur Flexion R 11.1, zur Synizese R 7.
Kommentar
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432 ≈ 18.356; 1. VH ≈ 21.497, Od. 8.334 (PN im Akk.; vgl. auch die 2. VH von Il. 8.138, 10.340), Il. 1.224, 10.81 (PN im Akk. ohne de), 22.278 (PN im Nom.); 2. VH = 18.356, hom.h. 12.3; ≈ h.Ven. 40, ferner 4.441, 11.257, 12.371, ‘Hes.’ fr. 280.21 M.-W. (vgl. auch Il. 16.456 mit Iterata). — Daß der Erzähler Zeus ausgerechnet die pro-achaiische Hera um Rat fragen läßt, wo es doch um die Rettung eines Troer-Verbündeten (und zudem Stiefsohns der Hera) geht, könnte damit begründet werden, (a) daß das Problem Zeus persönlich derart bewegt, daß er mit seiner nächsten Vertrauensperson (die hier ausdrücklich als ‘Schwester und Gattin’ eingeführt wird) darüber zu sprechen wünscht (so wie z.B. Priamos mit Hekabe in 24.193ff.: 24.193–227n.; ähnl. Fall einer Verwandtschaftsbezeichung: 14.155–156n.), oder (b) daß er nach der Aussprache zu Beginn des 15. Gesangs weiterhin die Kooperation mit Hera sucht (vgl. 15.49f.). Ein weiterer möglicher Grund läßt sich auf der Erzähler-Ebene festmachen: (c) Hera ist die ‘richtige’ Person, um Zeus zu widersprechen, analog zu den Streitigkeiten der beiden über die Unterstützung der einen oder anderen Kriegspartei etwa am Ende des 1. Gesangs oder zu Beginn des 4. Gesangs (ERBSE 1986, 214f.; SCHÄFER 1990, 94–96. 105; HEIDEN 2008, 170f. 197; vgl. 440–443n.). 433–438 Die hom. Götter haben keine letzte Gewalt über Leben und Tod (18.464f. [Beteuerungsformel: 18.464–467n.], Od. 3.236–238; VOIGT 1934, 83f.; CHANTRAINE 1954, 72f.; BURKERT 1955, 82f.; allg. zum Verhältnis von Gottheit und Schicksal: NILSSON [1940] 1967, 364–366; v. FRITZ 1955, 317f.; BURKERT [1977] 1985, 129f.; ERBSE 1986, 284–292; vgl. unten 434n.). Daher hat Zeus hier keine echte Wahl, wie Hera in den Vv. 441–449 durch ihren Hinweis auf eine Art ‘ungeschriebenes Gesetz’ oder ‘kosmische Ordnung’ deutlich machen wird: ERBSE a.O. 201f. 287f.; GRAZIOSI/HAUBOLD 2005, 90–92; ALLAN 2006, 7f.; NEAL 2006, 129f. Die Erörterung der beiden Alternativen (435–438) dient vielmehr der Emotionalisierung der Szene (s.o. 431–461n.). 433 ᾤ µ ο ι ἐ γ ώ ν : VA-Formel (8× Il., 6× Od.), Ausdruck von Trauer und/oder Verzweiflung, oft im Monolog (vgl. dazu 431–461n.; PELLICCIA 1995, 123 Anm. 23; PATTONI 1998). Zur Schreibung von ᾤ (mit Iota) s. WEST 1998, XXXVII. — φ ί λ τ α τ ο ν ἀ ν δ ρ ῶ ν : dieselbe Verbindung 15.111, ebenfalls von einem Göttersohn (Askalaphos, Sohn des Ares), ähnl. 5.378 (Aineias, Sohn der Aphrodite), vgl. oben 94n. zu φιλεῖ. Hier kontextbezogenes EpithetonP im Gegensatz zu metr. äquivalentem ornamentalem χαλκοκορυστήν von Sarpedon in 6.199 (FRIEDRICH 2007, 107). Bei der Erwägung von Hektors Rettung nennt Zeus diesen in ähnlicher Weise φίλον ἄνδρα (22.168, s. DE JONG z.St.; freilich hat sich Hektor v.a. durch seine Opfergaben beliebt gemacht: ACETI 2008, 102 Anm. 225). Angesichts des be432 προσέ(ϝ)ειπε: = προσεῖπε. 433 ἐγών: = ἐγώ. — ὅ τε: = kausales oder faktisches ὅτι, erläutert den Ausruf ᾤ µοι ἐγών (vgl. R 22.3). — µοι: dat. ethicus.
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vorstehenden Tods des als ‘lieb(ster)’ bezeichneten Menschen erhält die Wendung eine tragische Note: GRIFFIN 1980, 195. 434 ≈ 420 u.ö. (s.d.). — µ ο ῖ ρ (α α ): “Beside the agent or goddess Moira [s. dazu 24.49n.], the poet of the Iliad knows an impersonal moira in the phrase µοῖρά (ἐστιν) which is imagined as static, or as a general force well advanced from the concept of a divine figure of death. This impersonal moira […] still solely concerns death, but tends to become a figure of speech, when it is equivalent in meaning to ›must‹”: DIETRICH 1965, 200 (u. 220); ähnl. MUELLER (1984) 2009, 130f.; SARISCHOULIS 2008, 57f.; allg. zum iliadischen Schicksalsbegriff 2.155n. — ὑ π ὸ Π α τ ρ ό κ λ ο ι ο … δ α µ ῆ ν α ι : Beispiel für den im hom. Epos noch seltenen Gebrauch von ὑπό + Gen. für die handelnde Person beim Passiv (6.134n. mit Lit.; hier anstelle von χέρσ’ ὕπο Π. 420/452 oder ὑπὸ χερσί 438) sowie für die passivische Funktion des -(θ)η-Aorists (‘bezwungen werden’ statt intr. ‘unterliegen’: JANKUHN 1969, 67f. 97f.; ALIFFI 2002, 413–415; GEORGE 2005, 15f.; LfgrE s.v. δάµνηµι 213.40ff.).
435–438 Zur Typischen SzeneP des Erwägens zweier Möglichkeiten s.o. 431–461n.
435 2. VH ≈ 10.4, Od. 3.151, 4.843. — δ ι χ θ ὰ … µ έ µ ο ν ε : διχθά ‘zweifach, in zwei Richtungen’ ist typisch für Erwägungsszenen und bereitet die beiden Alternativen vor (ἤ … ἦε): 14.21n. – µέµονε bed. eigtl. ‘(wohin / nach etwas) streben’ (etym. zu µένος), hier in der Verbindung mit διχθά Ersatz für metr. unpassendes µερµηρίζειν (wie ὁρµαίνω ein typisches Verb des Überlegens): ‘schwankt zwischen zwei Entschlüssen’ (AH); s. BERTOLÍN CEBRIÁN 1996, 22; PATTONI 1998, 9–11; ACETI 2008, 105 mit Anm. 233. — µ ο ι : sympathetischer Dativ (348n.). — κ ρ α δ ί η µ έ µ ο ν ε φ ρ ε σ ὶ ν ὁ ρ µ α ί ν ο ν τ ι : Beim Vorgang des Überlegens/Erwägens wird im fgrE oft eine seelisch-geistige Instanz als Agens (hier κραδίη, zu µέµονε) und/oder als Lokalisierung (hier φρεσίν, zu ὁρµαίνοντι) angeführt; sachlich ist damit nichts anderes gemeint als ‘etw. bei sich überlegen’ o.ä. Zur vorl. Formulierung vgl. bes. 1.188f. ἐν δέ οἱ ἦτορ | στήθεσσιν … διάνδιχα µερµήριξεν, 21.551 u.ö. πολλὰ δέ οἱ κραδίη πόρφυρε µένοντι, Od. 18.344f. u.ö. ἄλλα δέ οἱ κῆρ | ὥρµαινε φρεσὶν ᾗσιν (JAHN 1987, 191. 284f.; oft auch θυµός, z.B. 646 φράζετο θυµῷ: SULLIVAN 1995, 55f.; allg. zu den miteinander austauschbaren seelisch-geistigen Instanzen 1.24n.). 436 2. VH ≈ 13.765. — µ ά χ η ς ἄ π ο δ α κ ρ υ ο έ σ σ η ς : konsonantisch anlautende Variante zu ἀπὸ κρατερῆς ὑσµίνης (dazu 447n.). — δ α κ ρ υ ο έ σ σ η ς : ‘tränenreich’, eigtl. von Personen (V. 10), als Beiwort von µάχη, πόλεµος u.a. übertragen i.S.v. ‘Tränen verursachend’, vgl. πολύδακρυς (3.132n.); negativ behaftetes Gegenstück zum metr. äquivalenten κυδιάνειρα, passend zu Zeus’ Sichtweise (JANKO zu 433–9); allg. zu den (pejorativen) KriegsEpitheta 6.1n. a.E., 6.330n. (vgl. im 16. Gesang noch 494 πόλεµος κακός); zur oft negativen Beurteilung des Kriegs in der Ilias insgesamt 1.162n., 2.453–454n.; MONSACRÉ 1984, 138; ECK 2012, 197ff.
434 µοῖρ(α): sc. ἐστίν, mit AcI (Σαρπηδόνα δαµῆναι). 435 κραδίη: = καρδία; zum -η nach -ι- R 2. 436 ἤ: ‘ob’ (und 438 ἦε ‘oder ob’). — µιν: = αὐτόν (R 14.1). — ἐόντα: = ὄντα (R 16.6). — µάχης ἄπο: = ἀπὸ µάχης (R 20.2).
Kommentar
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437 2. VH = 514; ≈ 673, 683. — Lykien wird in der Ilias wiederholt als reich und fruchtbar dargestellt: 5.481, 6.174, 12.313f., 12.319f. (2.877n.; ACETI 2008, 164f.); zur Kennzeichnung Lykiens als “ferne Heimat” und damit als “Gegengewicht zu Troia” s. HAUBOLD 2011 (Zitat: 385); allg. zu Lykien BRYCE 2006, 144– 150. – Zum Motiv der vorzeitigen Heimkehr (hier durch die ‘Entrückung’ angedeutet) vgl. 205n. θ ε ί ω : zur Form 83n. — ἀ ν α ρ π ά ξ α ς : (ἀν/ἐξ)αρπάζω ist der übliche Begriff für das göttliche Entrücken eines Helden aus einer gefährlichen Kampfsituation (24.24n.); allg. zum Motiv KULLMANN 1956, 125–131; STOEVESANDT 2004, 222; WEST 2007, 484. — ἐ ν π ί ο ν ι δ ή µ ῳ : flektierbare VE-Formel (ἐν + Dat.: 3× Il., 3× Od., 1× Hes. Th.; ἐς + Akk. 2× Od., 1× Hes. Th., 1× hom.h.), stets in Verbindung mit einem Länder- oder Völkernamen; klanglich verwandt mit VE-Formeln, die das durch den Akzent unterschiedene Wort δηµός ‘Fett’ enthalten: πίονι δηµῷ / πίονα δηµόν / πίονα δηµῷ (7× fgrE; WEST zu Hes. Th. 971; NAGLER 1974, 5ff. 37ff.; CECCARELLI u.a. 1998, 49ff.; allg. zu Formelsystemen dieses Typs s. FOR 25). – Zu δῆµος ‘Gemeinde-, Wohngebiet, Land’ s. 2.198n.
438 1. VH ≈ 6.368, 10.310, 10.397; 2. VH ≈ 420 u.ö. (s.d.). — Sarpedons Tod wird in 15.65–68 angekündigt (interne ProlepseP aus dem Mund des Zeus) und in 460f. bestätigt (Erzählerkommentar). Aufgrund von feinen Andeutungen läßt sich sein Tod bereits in 5.662 (‘noch wehrte der Vater ihm den Untergang ab’), 5.674f., 5.685–688, 12.322–328 und 12.402f. erahnen (419–683n.; EDWARDS, Introd. 9; MORRISON 1992, 85; NEAL 2006, 122–125). ἤ δ η : ‘nunmehr, jetzt, sofort’, i.S.v. ‘jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, daß …’, vgl. 648 (s. auch 3.98n.; K.-G. 2.120f.; WAKKER 2002, 8ff.). — Μ ε ν ο ι τ ι ά δ α ο : Das Patronymikon vertritt den Eigennamen allein (an 11 von 20 Belegstellen: 1.307, 9.211 u.ö.; im 16. Gesang [insgesamt 6 Belegstellen] nur hier); vgl. 271n. — δ α µ ά σ σ ω : Zeus verwendet pathetisch die 1. Person (mit kausativer Funktion); Hera wird die Aussage in neutraler Formulierung wieder aufnehmen: ἔασον … δαµῆναι (451f.) (ACETI 2008, 102f.; vgl. 543n.). 439 = 1.551, 4.50, 18.360, 20.309 (z.T. mit demselben Folgevers wie hier, s. 440n.); 1. VH (τὸν δ’ / τὴν δ’): 48× Il., 24× Od., 2× h.Ven. (Rede-EinleitungsformelP: 1.121n.; weitere Lit.: 24.372n.; KELLY 2007, 176 Anm. 1). — β ο ῶ π ι ς π ό τ ν ι α Ἥ ρ η : flektierbare NomenEpitheton-Formel der 2. VH (Nom./Vok.: 14× Il., 3× h.Ap.), s. 1.551n. u. ausführlich 14.159n. (auch zum Epitheton βοῶπις ‘großäugig’, zur VE-Formel πότνια Ἥρη, zum Hiat und zur Formelvariante θεὰ λευκώλενος Ἥρη).
440–443 Der Anfang von Heras Rede hat in bezug auf Wortlaut und Inhalt Parallelen in 4.25–29 u. 22.178–181 (vgl. die nächsten nn.): Hera bzw. Athene weisen jeweils mit aller Deutlichkeit einen Plan des Zeus zurück, in dem dieser den Gang des Geschehens ändern will (4.14ff.: Friedensschluß zwischen Griechen und Troern; 22.174ff.: Rettung Hektors vor dem Tod durch Achilleus; s. MORRISON 437 θείω: deliberativer Konj. in indirekter Rede; τίθηµι ἐν hier ‘versetzen, bringen nach …’. 438 ἦ’ ἤδη: zum Hiat nach Elision R 5.1. — δαµάσσω: deliberativer Konj.; zum -σσ- R 9.1.
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1992, 113; PUCCI 2002, 28ff.); die Parallelität der Passagen unterstreicht die für die Troia-Geschichte maßgebende Verkettung der Schicksale von Sarpedon, Patroklos und Hektor (419–683n.). 440 = 1.552, 4.25, 8.462, 14.330, 18.361; 2. VH = 8.209. — Der Ausruf ‘was für ein Wort hast du da gesprochen!’ wird mit einer Ausnahme stets von Hera an Zeus gerichtet (8.209 Poseidon an Hera): 14.330n.; PUCCI 2002, 28; KELLY 2007, 225f.; vgl. oben 49n. α ἰ ν ό τ α τ ε Κ ρ ο ν ί δ η : emotionaler Ausdruck der Empörung; αἰνός wird außer in Götteranreden (s. Iterata + 8.423 [Iris zu Hera]; KIRK zu 1.552) nur selten auf Lebewesen bezogen (noch Od. 10.219 von Kirkes Raubtieren, 11.427 Agamemnon über Klytaimestra; zum sonstigen Gebrauch s. 52n.). Hera nimmt αἰνός in V. 449 wieder auf (sozusagen von den Auswirkungen von Zeus’ Verhalten). — µ ῦ θ ο ν ἔ ε ι π ε ς : flektierbare VE-Formel (1.552n.). 441–443 = 22.179–181 (in ähnlicher Situation vor Hektors Tod); 1. VH von 441 ≈ 24.537; 2. VH von 441 ≈ 15.209; 443 = 4.29, 22.181.
441 Die Sterblichkeit ist eine Grundbedingung menschlichen Daseins, selbst wenn ein Held wie Sarpedon, Askalaphos oder Achilleus eine Gottheit als Elternteil hat (448–449a n.): er wird früher oder später sterben müssen (vgl. 12.322–328, 15.140f., 18.464ff., 21.108–113, Od. 3.236–238; REDFIELD [1975] 1994, 99–102; SARISCHOULIS 2008, 41). π ά λ α ι : ‘längst, seit jeher’ (vgl. LfgrE s.v. 935.21ff.). — π ε π ρ ω µ έ ν ο ν α ἴ σ ῃ : πεπρωµένον (auch 3. Sg. πέπρωται/-το) wird allg. mit der idg. Wurzel perh3- ‘verschaffen’ in Verbindung gebracht (LIV 474f.) und ist so mit gr. πορεῖν ‘geben, verleihen’ verwandt: ‘dem Schicksal gegeben/bestimmt/verfallen’ (AH); mit Umkehrung von Subj. u. Dativobj. 3.309 ὁπποτέρῳ θανάτοιο τέλος πεπρωµένον ἐστίν, Cypria fr. 9 West Κάστωρ µὲν θνητός, θανάτου δέ οἱ αἶσα πέπρωται, in unpersönl. Konstruktion mit AcI Il. 18.329 ἄµφω … πέπρωται ὁµοίην γαῖαν ἐρεῦσαι (s.d.). – Wie µοῖρα (434n.) steht αἶσα oft im Zusammenhang mit Tod und Sterben und meint dann ‘Schicksal, Geschick, Todeslos’ in prägnanter Bed. (z.B. 24.224, 24.428; vgl. 1.418n.). In gänzlich anderem Kontext steht die Wendung ὁµῇ πεπρωµένον αἴσῃ 15.209: konkret ‘zu gleichem Anteil bestimmt’, mit Bezug auf die gleichmäßige Aufteilung der Herrschaft unter den drei Göttern Zeus, Hades, Poseidon. – Lit.: LEITZKE 1930, 31. 37f.; BIANCHI 1953, 106–108; SARISCHOULIS 2008, 38f.; JANKO zu 15.209–11; etwas anders DIETRICH 1965, 251f. 265f. (αἶσα = ‘span of life’); spekulativ ONIANS (1951) 1988, 382–386 (πεπρωµένον zu hypothetischem *περόω ‘binden’, wie ὀλέθρου πείρατ’ ἐφῆπται [7.402 u.ö.], hier in Antithese zu 442 ἐξαναλῦσαι). 442 ἄ ψ : ‘wieder’, “die Schicksalsbestimmung gleichsam rückgängig machend” (AH), verstärkend zu ἐξαναλῦσαι; zu ἄψ als Ausdruck der Wiederherstellung des urspr. Zustands s. 19.138n. — θ α ν ά τ ο ι ο δ υ σ η χ έ ο ς : Nomen-Epitheton-Formel (noch 18.464, 22.180, stets in Reden von Göttern). θάνατος hier im WortspielP mit (ἄνδρα) θνητὸν (ἐόντα): ein Sterb440 ποῖον: eigtl. prädikativ, ‘als was für eines …’. — τόν: zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17.
Kommentar
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licher kann dem Sterben gar nicht entrinnen (JANKO zu 441–3). – δυσηχής sonst 7× Il. Epitheton von πόλεµος (im Gen.; stets an derselben Vers-Position wie hier), wohl als Kompositum zu ἠχέω aufgefaßt (vgl. h.Ap. 64 ‘von schlechtem Ruf’), also mit Bezug auf den lärmigen Charakter des Kriegs ‘schrecklich tönend’ (vgl. 63, 105 [mit n.], 357; KRAPP 1964, 15f.); von schol. D zu 7.376 auf die Schreie der Sterbenden bezogen, was auch zu θάνατος passen würde. Bei Apoll. Soph. s.v. und in modernen Interpretationen wird als Alternative die Ableitung von ἄχος erwogen (‘mit schlimmem Leid’), s. DELG u. LfgrE s.v. — θ α ν ά τ ο ι ο … ἐ ξ α ν α λ ῦ σ α ι : viell. ‘aus den Schlingen des Todes befreien’, nur hier und im Iteratvers 22.180, wie Od. 12.200 ἐµέ τ’ ἐκ δεσµῶν ἀνέλυσαν (sc. den Odysseus nach dem Sirenen-Abenteuer). Zur Metapher vgl. 6.143n. a.E.; AT Psalm 18.5. Ähnl. Od. 10.286 (Hermes zu Odysseus) σε κακῶν ἐκλύσοµαι ἠδὲ σαώσω sowie die folgenden Wendungen (Subjekt ist stets eine Gottheit): ἐκ θανάτοιο σαῶσαι (Il. 22.175, Od. 4.753; ähnl. Il. 4.12), ὕπεκ θανάτου ἀγαγεῖν (20.300), θανάτοιο νόσφιν ἀποκρύψαι (18.464f.), κῆρας ἀµύνειν (4.11, 12.402; ähnl. 21.548). – Zu Verben mit zwei Vorsilben s. CHANTR. 2.144f.
443 = 4.29 (ebenfalls Hera), 22.181 (Athene). — Der trotzig-drohende Vers – i.S.v. ‘tu’s nur; du wirst dann die Folgen deines Handelns zu spüren bekommen!’ – steht an den Iteratstellen am Rede-Ende (JANKO zu 441–3). Hier läßt Hera eine Erläuterung folgen, welche Konsequenzen Zeus’ Eingriff hätte, und zeigt eine mögliche Lösung auf (450ff.). π ά ν τ ε ς ἐ π α ι ν έ ο µ ε ν : flektierbare Junktur im Vers-Innern (Iteratverse und 7.344, 9.710, 23.539, Od. 4.673, 7.226, 8.398, 13.47, 18.66). — θ ε ο ὶ ἄ λ λ ο ι : VE-Formel (11× Il., 8× Od., 1× Hes. Th., wovon 10× nach ἀθάνατοι [18.115–116n.] und 5× nach καί [14.120n.]).
444 = 1.297, 4.39, 5.259, 9.611, 16.851, 21.94, Od. 11.454, 16.281/299, 17.548, 19.236/495/570; ≈ h.Ap. 261; 1. VH = Il. 15.212, 23.82, Od. 24.248, h.Merc. 550; ≈ Od. 15.27, ‘Hes.’ Sc. 330; 2. VH = Hes. Op. 107; ≈ 274. — Mit der vorl. Überleitungsformel führt der Sprecher nicht einen grundsätzlich neuen Punkt ein, sondern ‘spricht Klartext’ und formuliert eine konkrete Anweisung, Warnung oder Drohung, die sich aus dem Vorangehenden ergibt; dt. etwa ‘ich muß dir noch etwas sagen’, ‘übrigens …’, ‘was noch anzumerken ist’, ‘aufgepaßt!’: 1.297n.; PULLEYN zu 1.297; MUGLER 1969, 8f.; CHRISTENSEN 2010, 552f. ἐ ν ὶ φ ρ ε σ ί : formelhaft, stets zwischen den Zäsuren B 2 u. C 2 (JAHN 1987, 267); zur Bed. von φρένες s.o. 403–404a n. 445 ζ ώ ν : Die Bildung von ζώς (noch 5.887) ist umstritten; oft wird Kontraktion aus ζωός (436 an gleicher Vers-Position) angenommen (CHANTR. 1.48; JANKO zu 444–9), möglicher443 ἔρδ(ε): ‘tu’s!’. — ἀτάρ: ‘aber, doch’ (R 24.2). — τοι: = σοι (R 14.1). 444 τοι (ϝ)ἐρέω: zur Prosodie R 4.4; ἐρέω = ἐρῶ (R 6), ‘werde sagen’. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — βάλλεο: 2. Sg. Imp. Medium, vgl. dt. ‘sich etw. zu Herzen nehmen’. — σῇσιν: R 11.1. 445 αἴ κε: = ἐάν (R 22.1, 24.5). — ζών: = ζωόν. — πέµψῃς: hier und 447 ‘unter göttl. Schutz geleiten, retten’. — Σαρπηδόνα (ϝ)όνδε: zur Prosodie R 4.3. — ὅνδε δόµονδε: zur Form R 15.3; ὅς ist Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4).
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weise handelt es sich jedoch um eine urspr. Form (sog. Wurzelnomen: SCHW. 1.424; RISCH 6f.; vgl. MEISTER 1921, 92). — π έ µ ψ ῃ ς : Mit der Wahl dieses Verbs, das in 447 u. 454 (und 671/681) leitmotivisch wiederkehrt, leitet Hera von der Idee der ‘Entführung, Entrückung’ (so Zeus 437 ἀναρπάξας) über zur Idee der ‘Überführung’ (des Toten): ACETI 2008, 108f. — ὅ ν δ ε δ ό µ ο ν δ ε : Die Verdoppelung der allativen Partikel -δε ist auffällig, viell. eine ‘Flexion’ von Gen. οἷο δόµοιο (Od. 1.330 u.ö.): SCHW. 1.624; HOEKSTRA zu Od. 14.424; FEHLING 1969, 86f. – Zu -δε beim Possessivpron. vgl. ἡµέτερόνδε/ὑµέτερόνδε (5× fgrE, stets ohne δόµονδε); überhaupt ist die Partikel im hom. Epos in vielfältigem Gebrauch (Liste bei LEJEUNE 1939, 56). 446 φ ρ ά ζ ε ο , µ ή : ‘bedenke, ob nicht …; sieh zu, daß nicht …; du mußt damit rechnen, daß’ (vgl. BERTOLÍN CEBRIÁN 1996, 126f.). — τ ι ς … κ α ὶ ἄ λ λ ο ς : Implikation: ‘auch alle anderen’ (24.768n.). — ἔ π ε ι τ α : entweder ‘danach, zu einem späteren Zeitpunkt, in Zukunft’ (EBELING s.v.) oder ‘dann, in dem Fall’ (CUNLIFFE s.v.; vgl. unten 667–668n.). 447 ὃ ν φ ί λ ο ν υ ἱ ό ν : zur Junktur und ihrer Verwendung 19.4n.; hier wohl prägnant ‘seinen lieben Sohn’ (greift 433 φίλτατον ἀνδρῶν auf): MUELLER (1984) 2009, 146; NUSSBAUM 1998, 110 Anm. 44. – φίλον/-ος υἱόν/-ός ist flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach den Zäsuren A 4 (36× fgrE: 19.117n.) und C 1 (7× Il./Od.: 19.132n.) sowie am VE (31× fgrE: 586n.). — ἀ π ὸ κ ρ α τ ε ρ ῆ ς ὑ σ µ ί ν η ς : flektierbare Formel für die ‘kraftvoll, wuchtig geführte Schlacht’ (2.40n.); mit ἀπό wie hier auch 18.243 (VE) u. 16.645 (nach der Zäsur A 2 [s.d.]); mit ἐνί + Dat. 451, 648, 788 u.ö., im bloßen Dat. 567 (19.52n.); im bloßen Akk. 764 (mit Iteratvers 14.448; s. 764n.). Häufig, aber nicht ausschließlich, in der Figuren-SpracheP (im 16. Gesang hier u. 451 in dir. Rede; 567, 645 u. 648 wohl in Sekundärer FokalisationP; 788 in der Apostrophe des Erzählers; 764 im reinen Erzählertext). – Zur Bed. von ὑσµίνη s. 306n. a.E.
448–449a Die Aussage, daß ‘viele Söhne von Unsterblichen’ vor Troia kämpfen, ist eine übertreibende Argumentation: es sind verhältnismäßig wenige Helden, die einen göttlichen Elternteil haben (Listen bei schol. bT zu 449 und – umfassender – bei JANKO zu 444–9; s. auch KULLMANN 1956, 87f.). Eine bevorzugte Behandlung aufgrund ihrer göttlichen Abkunft wird in der Ilias außer bei Sarpedon auch bei Askalaphos (15.110ff.; THALMANN 1984, 45f.) und bei Achilleus diskutiert (20.86ff., 24.56ff. [24.57n., 24.58–59n., 24.72b–73n.]; auch die Herstellung der neuen Rüstung im 18. Gesang kann als bevorzugte Behandlung betrachtet werden). Aineias erfährt sie als einziger mehrfach direkt im Kampf (5.311ff., 5.344ff., 20.92f., 20.318ff.; er ist dazu bestimmt, den Troianischen Krieg zu überleben: 20.332ff.; vgl. auch 16.620–622). Schließlich hat Eos in der ‘Aithiopis’ für ihren toten Sohn Memnon die Unsterblichkeit durchsetzen können (Prokl. Chrest. § 2 West; dazu WEST 2013, 148f.). – Heras Argument ist inhaltlich verwandt mit dem Trostspruch ‘auch andere, sogar noch tapferere Helden müssen sterben’ (15.139– 141 [mit JANKO z.St.], 18.117f. [18.117–121a n.], 21.107). 446 ἐθέλησι: prägnant ‘den Wunsch, das Verlangen haben’; 3. Sg. Konj. (R 16.3).
Kommentar
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448 ≈ 2.803; 2. VH ≈ Od. 5.106. — π ε ρ ὶ ἄ σ τ υ : in lokaler Bed. (nicht ‘kämpfen um’): AH; 6.256n. Zu ἄστυ als topographischem Begriff 24.327n. — ἄ σ τ υ µ έ γ α Π ρ ι ά µ ο ι ο : flektierbare Formel (auch Πριάµου) am VA, nach der Zäsur A 3 oder im 3. Metron, 6× wie hier mit Präposition (2.332n.). 449 2. VH ≈ 8.449. — κ ό τ ο ν : 386n. — α ἰ ν ό ν : 52n., 440n. — ἐ ν ή σ ε ι ς : Normalerweise ‘flößen’ Götter den Menschen Mut oder Energie ‘ein’ (vgl. 19.37n.); hier einmalig von einer negativen Stimmung unter den Göttern selbst, vgl. 291n. mit Lit. (dort ebenfalls ungewohnte Verwendung unter umgekehrten Vorzeichen: Furcht unter den Menschen). 450–454 Auf die Protasis ‘wenn er dir lieb ist’ (450) folgt zunächst wider Erwarten ‘laß ihn sterben’ (451f.); die eigtl. Apodosis steht in 453f. (‘wenn er dir lieb ist, dann laß ihn nach seinem Tod in die Heimat zurückbringen’): ACETI 2008, 108f.; JANKO zu 450–5; zur paratakt. Anlage von 451–454 (ἤτοι µὲν – αὐτάρ) AH zu 451 mit Hinweis auf 1.182–184 (s.d.). 450 1. VH ≈ 1.541, Od. 14.378 (und 2. VH von Od. 7.320, 10.66); 2. VH ≈ 22.169. Vgl. ferner 23.548. — ε ἴ τ ο ι φ ί λ ο ς ἐ σ τ ί : greift auf ‘der liebste’ in 433 zurück: CatchwordTechnikP (AH). — ὀ λ ο φ ύ ρ ε τ α ι ἦ τ ο ρ : Zur (emotionalen) Konnotation ‘Mitleid’ s.o. 17n.; PAUL 1969, 38; KIM 2000, 107 Anm. 105. Zur Konstruktion mit einem Seele-GeistLexem als Agens vgl. 22.169 (Zeus in bezug auf Hektor) und 8.202 (Poseidon in bezug auf die Achaier: ὀλ. ἐν φρεσὶ θυµός); oben 206n., 209n. 451 ἤ τ ο ι µ έ ν : entspricht einem verstärkten µέν, fortgesetzt durch 453 αὐτάρ: RUIJGH (1981) 1996, bes. 523–526. — ἐ ν ὶ κ ρ α τ ε ρ ῇ ὑ σ µ ί ν ῃ : 447n. 452 ≈ 420 u.ö. (s.d.). 453 1. VH = 187 u.ö. (s.d.). — λ ί π ῃ ψ υ χ ή τ ε κ α ὶ α ἰ ώ ν : Die synonymische Doppelung ψυχή τε καὶ αἰών ist auch in Od. 9.523 (Gen.) belegt, ähnl. ψυχή τε µένος τε Il. 5.296 u.ö., θυµοῦ καὶ ψυχῆς 11.334 u.ö., stets im Zusammenhang mit Tod; außerdem kommen ψυχή und αἰών auch einzeln in Verbindung mit λείπειν vor: 5.696 τὸν δ’ ἔλιπε ψυχή bzw. 5.685 (u.ö.) µε … λίποι αἰών. Weitere Wendungen: 410n. mit Lit. (λίπε θυµός); spez. zu den ψυχή-Wendungen 24.168n.; JAHN 1987, 32ff. Zur Bed. von ψυχή s. 1.3n. u. 24.168n. (‘Leben’), zu αἰών ‘Lebenskraft’ 19.27n. mit Lit. (ferner COLLOBERT 2011, 72–75). – Zum gelegentlichen Konj. ohne Modalpartikel in hom. Temporalsätzen (so auch im Iteratvers 11.478) s. CHANTR. 2.256. 454–457 ≈ 671–675 (u. 681–683), wobei 456f. = 674f. (Zeus verwendet Heras Worte).
454 Tod (Thánatos) und Schlaf (Hypnos) sind Zwillinge und als solche komplementäre Personifikationen (14.231n. mit Lit.). Ihr Geleit steht für die würdevolle 448 περὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 5.4. 449 υἱέες: zur Flexion R 12.3. — ἀθανάτων: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — τοῖσιν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); bezieht sich auf ἀθανάτων. 450 τεόν: = σόν (R 14.4). 451 ἤτοι: R 24.4. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). 453 τόν: sc. Sarpedon. 454 πέµπειν: imperativ. Inf. — µιν: Akk.-Objekt zu φέρειν (↑). — φέρειν: final-konsek. Inf.
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Bestattung eines Helden, bes. auch in der nachhom. Ikonographie (SOURVINOUINWOOD 1995, 326f.; zu den Vasenbildern VERMEULE 1979, 145ff.; SHAPIRO 1993, 132ff.; WILLINGHÖFER 1996). π έ µ π ε ι ν µ ι ν Θ ά ν α τ ό ν τ ε φ έ ρ ε ι ν κ α ὶ … Ὕ π ν ο ν : Die syntaktische Zuordnung der Akkusative ist umstritten: (a) ‘schicke Tod und Schlaf, daß sie ihn mitnehmen’ (in diesem Sinne MUTZBAUER 1893, 110; JANKO zu 450–5); (b) ‘schicke ihn, daß Tod und Schlaf (Subjektsakk.) ihn mitnehmen’ (FAESI; AH). (a) ist vorzuziehen: Enklitika (hier µιν) stehen gemäß idg. Wortstellungsregel unabhängig von den syntaktischen Bezügen (hier zu φέρειν) möglichst an zweiter Stelle im Satz; hingegen spricht gegen (b), daß zur Angabe des Ziels bei πέµπειν ein Dativ zu erwarten wäre, also Θανάτῳ τε καὶ Ὕπνῳ (‘ihn jm. schicken’), wie 671/681 (ähnl. 575), Od. 24.418f.: LEAF; JANKO a.O.; LfgrE s.v. πέµπω 1144.43ff. – πέµπειν ist imperativischer Inf. (87n.), φέρειν finaler Inf. (Aktiv im Unterschied zu medialem φέρεσθαι in 671/681). — ν ή δ υ µ ο ν Ὕ π ν ο ν : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk. 5× Il., 3× Od.; nach der Zäsur A 3 je 1× Il./Od.). νήδυµος ist im hom. Epos distinktives EpithetonP zu ὕπνος, Bed. unsicher, vielleicht zu ἡδύς ‘süß’ unter Heranziehung eines vorangehenden ny ephelkystikon infolge Digamma-Schwund (2.2n. mit Lit.; zusammenfassend REECE 2009, 41–45) – “Sarpedon is borne away in a death as gentle as sleep, just as Odysseus is taken home in a sleep as heavy as death (Od. 13.80)”: JANKO zu 669–73. 455 VE ≈ 6.225, Od. 14.126. — Zum Motiv der Heimkehr eines Kriegers vgl. 205n. mit Lit. — Λ υ κ ί η ς ε ὐ ρ ε ί η ς : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel (Gen./Dat.) nach der Zäsur A 4 und am VE, 6× Il. (und ‘Hes.’ fr. 141.16 M.-W. [ergänzt]). εὐρύς ist generisches EpithetonP von Landschaften und Städten (6.137–174n.; LÉTOUBLON 2003, 29. 38ff. [Stellensammlung]). Zu Λυκίης εὐρείης δῆµον vgl. Λυκίης ἐν πίονι δήµῳ 437n.
456–457 = 674f.; außerdem 1. VH von 456 ≈ 7.85, 2. VH = Od. 15.273, ≈ Il. 6.239 (Akk.), ferner Od. 15.16; 2. VH von 457 = Il. 23.9, Od. 24.190, 24.296 (z.T. mit Rel.- statt Dem.-Pron.). — “Für die Ausrichtung von Bestattungen waren die unmittelbaren Familienangehörigen – das heißt Eltern, Ehegatten und Brüder – allein zuständig” (STEIN-HÖLKESKAMP 1989, 26); verallgemeinernde Doppelbezeichnungen wie hier (‘Brüder und andere nahe Verwandte’) finden sich auch in 15.350 ‘die männlichen und weiblichen Verwandten’, 24.793 ‘Brüder und Gefährten’. (In der Ilias gilt Sarpedon als Sohn des Zeus und der Laodameia [6.198f.]; Brüder sind sonst nirgends erwähnt. In der bei Hesiod bezeugten kanonischen Genealogie ist Sarpedon Sohn des Zeus und der Europa und damit Bruder von Minos u. Rhadamanthys [‘Hes.’ fr. 140 M.-W.; vgl. Il. 14.321f.]. Zum problematischen Verhältnis der beiden Mythosvarianten s. FM 10 Anm. 36; 6.198b–199n.; JANKO zu 419– 684 [S. 371]; DNP s.v. Sarpedon). Der Ausdruck ‘das ist die Ehre der Verstorbenen’ (vgl. dt. ‘jm. die letzte Ehre erweisen’) umschreibt die – sozialen, rituellen 455 εἰς ὅ κε: ‘bis’ (Temporalsatz); κε = ἄν (R 24.5). — δῆµον: Richtungsangabe ohne Präp. (R 19.2). 456 ἔνθά (ϝ)ε, τε (ϝ)έται: zur Prosodie R 4.3. — ἑ: = αὐτόν (R 14.1).
Kommentar
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usw. – Verpflichtungen der Hinterbliebenen gegenüber den Toten und schließt insbesondere das gesamte Totenritual von der Waschung des Leichnams bis zu seiner Bestattung und dem Leichenmahl ein (GARLAND [1982] 1984; CERCHIAI 1984, 61ff.; SOURVINOU-INWOOD 1995, 129f.; CLARKE 1999, 183f.; vgl. 24.580– 595n. mit Lit.; zu géras ‘Ehrenrecht, Privileg, Anrecht’ vgl. 24.70n.). — Das Grabmal ist der sichtbare Ausdruck für die Verehrung eines Helden über seinen Tod hinaus: 6.419a n. (mit Lit.), 24.16n.; ANDRONIKOS 1968, 32ff.; NAGY 1990, 132ff. Diese Funktion wird durch die Erwähnung im Epos sozusagen verdoppelt: nicht nur das Grabmal läßt den Helden in der Erinnerung weiterleben, sondern auch das Epos selbst, das die Geschichte dieses Helden erzählt; insofern baut der Erzähler mit dem Hinweis auf das (tatsächliche oder imaginative) Grabmal eine quasi-historische Brücke von der heroischen Vergangenheit in die Gegenwart der Rezipienten (JANKO zu 674–5; SCHEIN 1984, 47ff.; PATZEK 1992, 162ff.; DERDERIAN 2001, 49f.; DE JONG 2006, 198ff.). Zum historisch bezeugten Sarpedon-Kult in Lykien s. JANKO zu 419–683 (S. 372); KEEN 1998, 186ff. 208ff.; LATEINER 2002, 53f.; ACETI 2008, 109ff. 210ff. 267ff. Ob mit der vorl. Formulierung ‘Grabhügel und stḗlē (eigtl. Steinpfeiler)’ eine typisch lyk. Grabform, das Pfeilergrab, evoziert werden soll (so WATKINS 2008, 136f.), läßt sich freilich nicht sagen. τ α ρ χ ύ σ ο υ σ ι : ‘feierlich beisetzen’, in der Ilias noch im Iteratvers 674 sowie 7.85 (vom potentiellen Zweikampfgegner Hektors, ebenfalls mit Errichtung eines Grabmals). Die Etymologie ist unbekannt; eine Verwandtschaft mit ταρῑχευω ‘einbalsamieren’ ist sprachwissenschaftlich unwahrscheinlich (KIRK zu 7.85; DELG); meist wird eine Ableitung von idg. *terh2 ‘überwinden, überqueren’ (LIV 633f.) vermutet, und zwar entweder (a) i.S.v. ‘den Tod überwinden lassen, unsterblich machen’ (BADER 2002, 11f. 18f.) oder (b) unter Einbeziehung von lyk. tarḫu ‘Gott’ (eigtl. ‘der Überwinder, der Starke’) ‘wie einen Gott ehren, verherrlichen, mit einem Heroenkult ausstatten’ (KRETSCHMER 1940, 104f. 112; HEUBECK [1949/50] 1984, 111; SCHEIN 1984, 48; NAGY 1990, 131f. 139; 2012, 61–66; WEST 1997, 386); weitere Disk. u. Lit.: CLARKE 1999, 187 Anm. 61; ACETI 2008, 110f. Anm. 252 u. 254; LfgrE s.v.; vgl. unten 666–683n. — ἔ τ α ι : eigtl. ‘die eigenen Leute’ (6.239n.), also wohl nahe Verwandte (s.o.); anders VAN WEES 1992, 272: ‘Mitbürger’ (wie 22.346 bei Hektors Bestattung: ‘die Troer und ihre Frauen’). — τ ὸ γ ά ρ : Die Satzeinleitung mit Pronomen und γάρ ist für sentenzenartige Aussagen typisch (AHRENS 1937, 40f.).
458 = 4.68; 1. VH außerdem (mit anderen Subjekten) 19× Il., 2× Od., 2× h.Cer. (Rede-AbschlußformelP); 2. VH s.u. — ‘Der Menschen Vater und der Götter’ bildet eine Periphrastische BenennungP des Zeus mit Polarem AusdruckP zur Betonung seiner Autorität (24.103n.; vorderoriental. Parallelen bei WEST 1997, 108f.; allg. zur Bezeichnung des Zeus als Vater: 3.276n.). 457 γέρας: prädikativ. 458 ἔφατ(ο): 3. Sg. Ιmpf. zu φηµί; zum Medium R 23.
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ο ὐ δ ’ ἀ π ί θ η σ ε : ‘er widerstrebte nicht, sagte nicht nein, stimmte zu’; formelhafter Ausdruck für das Ausführen eines Befehls oder Befolgen eines Ratschlags (unabhängig vom Autoritätsgefälle zwischen Sprecher und Adressat: 1.345n., 6.102n.). Da die Ausführung erst im weiteren Verlauf der Handlung erfolgt, hat der Ausdruck hier rezeptionssteuernde Wirkung (KELLY 2007, 152ff.). — π α τ ὴ ρ ἀ ν δ ρ ῶ ν τ ε θ ε ῶ ν τ ε : VE-Formel (12× Il., 3× Od., 16× Hes., 1× hom.h., 1× Titan.; außerdem 2× Hes. πατὴρ δ’ ἀνδρῶν τε θεῶν τε).
459–461 Besondere (bevorstehende oder laufende) Kampfsituationen hebt der hom. Erzähler hervor, indem er Zeus mit außergewöhnlichen Wetter- oder Naturerscheinungen in den normalen Lauf der Natur eingreifen läßt: (a) vor dem zweiten großen Schlachttag donnert es die ganze Nacht hindurch (was die Krieger in Angst und Schrecken versetzt: 7.478–481), (b) am frühen Morgen des dritten Schlachttags fällt blutiger Tau (Vorzeichen für den Tod vieler Helden: 11.52b–55), (c) vor dem Kampf um die Lagermauer treibt ein Sturm den Achaiern eine Staubwolke entgegen (wobei Zeus ihren Verstand verwirrt: 12.252b–255), (d) während des Kampfs um Sarpedons Leichnam überzieht Zeus das Schlachtfeld mit ‘Nacht’ (wodurch er den Kampf erschweren und so Sarpedon ehren will: 16.567f. [s.d.]), (e) während des Kampfs um Patroklos’ Leichnam fällt Nebel just auf die Stelle, wo dieser liegt (wobei Zeus die Achaier zum Verteidigungskampf antreibt: 17.268b–273), (f) der Einzug der Götter in die Schlacht wird von Donner und Erdbeben begleitet (20.54ff.) (GRIFFIN 1980, 40f.; ähnl. einerseits die Wettergleichnisse 297–302, andererseits der durch Hera erzwungene Sonnenuntergang 18.240 [s.d.]). An der vorl. Stelle spielt ebenso wie in (d) und (e) die Sympathie des Wettergottes mit dem betreffenden Helden eine Rolle: hier will er ‘seinen lieben Sohn ehren’, in (d) den Kampf ‘um seinen lieben Sohn’ erschweren, in (e) die Erbeutung von Patroklos’ Leichnam – dem er ‘schon die ganze Zeit nie feind war’ – durch die Troer verhindern. In der Nachahmung der vorl. Stelle bei ‘Hes.’ Sc. 384f. setzt Zeus durch die Blutstropfen ein ‘Kampfzeichen’ zugunsten seines Sohns Herakles. Zur Deutung dieser Erscheinungen vgl. KAKRIDIS 1971a, 95: “the very presence of the supernatural darkness [= (d)] […] is an expression of honour and mourning for the Lycian hero, as was the shower of bloody raindrops […]. Such miracles do not happen every time a warrior is killed on the battlefield of Troy” (ähnl. STOCKINGER 1959, 44; PAUL 1969, 39–43; LATEINER 2002, bes. 60f.; FENNO 2008/9). Die Intensität des Schmerzes und der Trauer des Zeus um Sarpedon ist annähernd vergleichbar mit derjenigen der Thetis um Achilleus (s.u. 460n., 461n.): NEAL 2006, 130; RINON 2008, 135. – Auf erzählstrategischer Ebene haben solche Erscheinungen (Prodigien) eine vorausdeutende Funktion: STOCKINGER a.O. 120f.; FENIK 1968, 80; PAUL a.O. (zu hist. belegten Naturphänomenen im Rahmen von antiken Kriegen s. DUCREY 2012, 197ff.). — Die ‘blutigen Tropfen’ sind ein symbolisches Bild für die Trauer des Zeus über das Vergießen menschlichen Bluts auf dem Schlachtfeld, ähnl. der ‘von Blut triefende Tau’ 11.53f. (s.o.; die hom. Götter haben bekanntlich kein gewöhnliches ‘Blut’ [háima] in sich, son-
Kommentar
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dern ichṓr: 5.339ff.). Sarpedons Tod wird im folgenden ausdrücklich und wiederholt als blutig geschildert: 485f. (Sarpedon fällt und ‘umkrallt den blutigen Erdboden’), 638–640 (Körper ‘von Geschossen, Blut und Staub bedeckt’), 667f. (Zeus befiehlt Apollon, den Leichnam vom Blut zu reinigen); s. NEAL 2006, 198–203; allg. zur Erwähnung von Blut in der Ilias oben 159n. – Der Blutregen ist ein in Geschichtsschreibung, Dichtung, Prophetie und Sage weit verbreitetes Prodigienmotiv, z.B. Livius 34.45, Ovid Metamorphosen 15.788, Nonnos Dionysiaka 27.12–14, Oracula Sibyll. 12.55–57; antike u. mittelalterl. Belege bei TATLOCK 1914; COOK 1940, 478–481; MCCAFFERTY 2008; Parallelen aus dem altindischen u. nordischen Epos bei PAUL 1969, 42, u. WEST 2007, 408. Das Motiv ist möglicherweise auf einen mit (Sand-, Staub- oder anderen) Partikeln angereicherten Regen zurückzuführen (so schon Cicero De divinatione 2.58: ‘ex aliqua contagione terrena’). Weitere Lit.: LATEINER 2002; BÄCHTOLD-STÄUBLI 2006, 1445–1447.
ψ ι ά δ α ς : ψιάς ‘Tropfen’ ist hom. hapaxP (sonst nur noch in der Nachahmung bei ‘Hes.’ Sc. 384) und gehört zu einer Gruppe von Nomina auf -αδ-, die oft fachsprachlicher Natur sind und/oder Kollektiva bezeichnen (im hom. Epos z.B. ἰκµάς ‘Feuchtigkeit’, κεµάς ‘junger Hirsch’, νεκάδες ‘Leichenhaufen’, νιφάδες ‘Schneeflocken’, nachhom. ψακάς/ψεκάς ‘Tropfen, Sprühregen’): CHANTRAINE 1933, 349ff., bes. 351. 352f.; RISCH 146. — ψ ι ά δ α ς κ α τ έ χ ε υ ε ν ἔ ρ α ζ ε : Konnotiert einerseits Niederschlag (12.156–158 νιφάδες … πίπτον ἔραζε, | ἃς τ’ ἄνεµος … | … κατέχευεν ἐπὶ χθονί, ferner 16.385 Zeus χέει ὕδωρ), andererseits Tränen (Formel (κατὰ) δάκρυ χέουσα [1.413n.], ferner Od. 16.191 δάκρυον ἧκε χαµᾶζε); Diskussion bei LATEINER 2002, 48–50. — κ α τ έ χ ε υ ε ν ἔ ρ α ζ ε : flektierbare VEFormel, in der vorl. Variante nur hier, sonst mit Tmesis κατὰ δ(ὲ) / ἀπὸ δ(ὲ) … χεῦεν ἔραζε (1× Il., 3× Od.), ferner πίπτε(ι)/-ον ἔραζε (3× Il., 1× Od.). 460–461 Die beiden Verse geben Zeus’ Absicht und Motivation wieder: Sekundäre FokalisationP (DE JONG [1987] 2004, 119f.; ACETI 2008, 112f.); typ. Elemente: Periphrastische BenennungP (παῖδα φίλον), erläuternder Rel.-Satz, dativus ethicus οἱ, τηλόθι πάτρης (weitgehend der Figuren-SpracheP vorbehaltene Wendung): 24.85–86n., 24.86n.; JANKO zu 458– 61). – Der Relativsatz τόν οἱ Πάτροκλος … enthält eine interne ProlepseP (438n.).
460 Die timḗ ‘Ehre’ nimmt im hom. Wertesystem eine herausragende Stellung ein (1.11n.; vgl. oben 83–96n.) und steht im Wechselspiel mit philía ‘Freundschaft, Zuneigung’ (hier in páida phílon ‘seinen lieben Sohn’ enthalten: MUELLNER 1996, 149). An der vorl. Stelle enthält die Ehrung zwei Facetten. (1) ‘Eröffnungszeremonie’: wie Athene und Hera Agamemnons Aristie im 11. Gesang mit einem Donner eröffnen, ‘um den König zu ehren’ (11.45f.), so leitet Zeus Sarpedons Auftritt mit den Blutstropfen ein (STOCKINGER 1959, 170). (2) Kompensation: wie Thetis für ihren Sohn Achilleus zur Kompensation seines kurzen Lebens uneingeschränkte Ehre verlangt (1.505ff.), läßt auch Zeus seinen Sohn kurz vor dem Tod 460 τόν (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.5; τόν ist demonstr.-anaphor. Pronomen in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5); οἱ = αὐτῷ (R 14.1).
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Ehre erfahren, zumal er keine andere Möglichkeit hat, etwas für (den lebenden) Sarpedon zu tun: PAUL 1969, 39–43; CROTTY 1994, 97; LATEINER 2002, 50–52. 60f. (Zeus greift im allg. nie persönlich ins Geschehen ein: ERBSE 1986, 218f.). π α ῖ δ α φ ί λ ο ν : flektierbare Formel am VA u. nach der Zäsur A 3 (Akk./Dat., mask./fem.: 2× Il. [noch 1.447], 4× Od., 3× Hes., 2× h.Cer.); hier neben τιµῶν wohl prägnant vom ‘lieben Sohn’ (82n., ferner 1.20n.); vgl. 447n. (ὃν φίλον υἱόν), 460–461n. — ἔ µ ε λ λ ε ν : 46n.
461 ≈ 24.86 (und zu V. 460 vgl. 24.85): “Il fatto che la frase […] sia riutilizzata piú avanti nel poema per il pianto di Theti a causa dell’imminente morte di Achille […] dà l’idea dell’intensità dell’emozione di Zeus che il poeta voleva evocare nel passo del XVI” (DI BENEDETTO [1994] 1998, 284; ähnl. ACETI 2008, 113). — Das Motiv ‘fern der Heimat’ bewirkt Pathos (2.162n., 24.86n.). ἐ ν Τ ρ ο ί ῃ ἐ ρ ι β ώ λ α κ ι : flektierbare Formel (24.86n.).
462–507 Patroklos und Sarpedon greifen einander an. Sarpedon ruft im Sterben seinen Kameraden Glaukos zu Hilfe. 462 = 3.15, 5.14 u.ö. (insgesamt 11× Il.); ≈ 23.816 (ἀλλ’ ὅτε); 1. VH ≈ Od. 10.156, 12.368. Formelvers zur Einleitung von Zweikämpfen (3.15n.). Hier nimmt er nach dem GötterIntermezzo die Handlung auf dem Schlachtfeld wieder auf, mit wörtlichem Anklang der 2. VH an V. 430 (ACETI 2008, 114; WEST 2011, 322; vgl. oben 419–683n.). 463–465 Kampfszene im ABC-SchemaP (287–290a n. mit Lit.), hier wie in 401–405 mit scheinbarer Ellipse des Prädikats in Teil A (463; s. 401–405n. mit Lit.; bes. zur vorl. Stelle VISSER 1987, 46 Anm. 76. 145–155 [durch die Versifikation bedingt]; BAKKER 1997, 107f. [Merkmal mündlichen Erzählens]). Das Prädikat folgt in Teil C (465 βάλε) unter Wiederaufnahme des Objekts mit τόν. – Zum Motiv der (hier implizierten) Ersatztötung 419–683n. 463 ἔ ν θ ’ ἤ τ ο ι : 399n. — ἀ γ α κ λ ε ι τ ό ν : generisches EpithetonP (18.45n.; zu prosod. Äquivalenten JANKO zu 463–5; zu gleichbed. ἀγακλεής 738n., zu ἀγακλυτός 6.436–437n.). — Θ ρ α σ ύ δ η µ ο ν : Personennamen mit Hinterglied -δηµος/-δαµος sind schon im Myk. bezeugt (Eury-, Iphidamos u.a.; s. MYK; LANDAU 1958, 166), im hom. Epos jedoch nur hier. Als hist. Eigenname ist Thrasydemos/-damos (‘der mit dem tapferen Volk’) mehrfach überliefert (LGPN). Umgekehrt gibt es zu der Lesart Θρασύµηλον mit Ausnahme der Ableitung Thrasymēlidas (Name eines bei Thuk. 4.11.2 bezeugten Spartiaten) keine hist. Belege, wohl aber mehrere ep. Namen auf -µηλος/-µήλη (u.a. Polymele 180, Polymelos 417, Eumelos 2.714 u.ö.). Aufgrund der unsinnigen (oder bestenfalls ironisch-karikierenden) Bed. von Θρασύµηλος – ‘der Mut-Hammel’ oder ‘der mit der mutigen Herde’ – ist wohl die Lesart Θρασύδηµον vorzuziehen; sie ist u.a. in schol. A sowie als v.l. bzw. als Korrektur im Venetus A (in margine) und in einem Papyrus des 1. Jh. n. Chr. bezeugt (JANKO zu 463– 5; anders WATHELET s.v. [Θρασύµηλος sei lectio difficilior]; vgl. LEAF; v. KAMPTZ 10).
464 1. VH ≈ 653. — Zum gemeinsamen Tod von Wagenlenker u. Held 399–414n.
464 ῥ’: = ἄρα (R 24.1). — ἦεν: = ἦν (R 16.6).
Kommentar
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ἠ ΰ ς : ‘gut, tüchtig, wacker’, archaisches Wort (24.6n.). — ἄ ν α κ τ ο ς : generisches HeldenEpithetonP (vgl. 2.566n.), von Sarpedon auch 12.413/414 (als Heerführer der Lykier). In der Gegenüberstellung ἄναξ – θεράπων auch 11.322 (Thymbraios – Molion). 465 2. VH ≈ 21.406. – Zur Versstruktur s. 289–290n. — ν ε ί α ι ρ α ν … γ α σ τ έ ρ α : ‘unterer Teil des Bauches’; νείαιρα im fgrE und im Corpus Hippocraticum stets in Verbindung mit γαστήρ, viell. wie νείατος ‘unterster’ (821) zu νειός ‘Brachfeld’ gehörig (LfgrE s.v. mit Lit.; ferner BEEKES s.v. νειός). – Zu den Begriffen für ‘Bauch’ vgl. 318n. (mit Lit. zu den Bauchverletzungen; bes. zur mangelhaften Rüstung als mutmaßlicher Ursache der Bauchverletzung 419n. a.E.). — λ ῦ σ ε δ ὲ γ υ ῖ α : VE-Formel (312n.).
466–475 Ein vergleichbarer Zwischenfall ereignet sich im 8. Gesang (8.80ff.; s.o. 152n.): Nestors Beipferd – das an langer Leine nebenher geführte dritte Pferd – wird von Paris am Kopf getroffen; vor Schmerz springt es auf und wälzt sich am Boden; die Zugpferde scheuen; Nestor schneidet die Leinen des Beipferds durch. Hier machen die beiden Zugpferde (Xanthos und Balios, 148f.) eine abrupte Ausreißbewegung zur Seite, als das Beipferd (Pedasos) brüllend zu Boden stürzt; unter der dadurch hervorgerufenen Spannung kracht das Holz des Joches, und die Zügel lockern sich, geraten durcheinander und/oder verwickeln sich mit den Leinen des Beipferds. Nach Automedons Intervention (er haut mit dem Schwert diese Leinen durch) stellen sich die Pferde wieder gerade hin (in der Ausrichtung der Deichsel) und ziehen an, so daß sich die Zügel straffen. – Das Erzähltempo beschleunigt sich merklich auf den Sturz des Pedasos und die Verwirrung der beiden Zugpferde hin (kurze Kola in 468–471), um sich danach mit Automedons rettendem Eingriff wieder zu beruhigen (472–474 = ein Satz; 475 viele Spondeen). – Zum Motiv der sog. Ersatztötung (hier eines Pferdes) s.o. 419–683n. 466–468a 466 ≈ 477, vgl. ferner 15.521; 1. VH von 467 ≈ 402. — δ ε ύ τ ε ρ ο ς ὁ ρ µ η θ ε ί ς : bez. den Angriffswechsel im Zweikampf (402n.). — α ὐ τ ο ῦ µ ὲ ν ἀ π ή µ β ρ ο τ ε … | …, ὃ δ ὲ Π ή δ α σ ο ν ο ὔ τ α σ ε ν ἵ π π ο ν : αὐτός unterstreicht im fgrE oft den Gegensatz zwischen einer Person und ihrem Körper, ihrem Besitz oder ihrem sonstigen Umfeld; mehrfach wie hier von einem Pferdelenker/-besitzer im Gegensatz zu seinem Pferd oder Gespann, z.B. 3.113, 10.567/572, 16.833ff., 23.334f., 23.435ff., Od. 4.35f. (LfgrE s.v. αὐτός 1650.40ff., bes. 1653.31ff.; s. auch 1.4n., 2.317n.). – Strenggenommen wäre nach αὐτοῦ µέν als Gegensatz Πήδασον δέ zu erwarten (schol. A); eine ‘Verschiebung’ des δέ ergibt sich jedoch gerade im Falle von formelhaftem ὃ δέ bei gleichbleibendem Subjekt öfter: K.-G. 1.656f., 2.268; SCHW. 2.208; CHANTR. 2.159. — δ ο υ ρ ὶ φ α ε ι ν ῷ | … | ἔ γ χ ε ϊ : synonym von der Wurfwaffe verwendet (139–140n.); zur VE-Formel δουρὶ φαεινῷ 284n. — ο ὔ τ α σ ε ν ἵ π π ο ν | ἔ γ χ ε ϊ : irregulärer Gebrauch von οὐτάζω, das sonst nur für die Verwundung im Nahkampf (mit Hieb- und Stoßwaffen) verwendet wird, aber nicht bei Wurfwaffen (24n.; AH; LEAF; JANKO zu 467–9; zur antiken Diskussion vgl. WEST 2001, 58, sowie app.crit.). 466 ἀπήµβροτε: Aor. zu ἀφαµαρτάνω ‘verfehlen’ (mit Gen.). — δουρί: zur Flexion R 12.5. 467f. ἵππον | … ὦµον: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1).
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468 Zur rechten Schulter als Ort von Verwundungen s.o. 289–290n. ἔ β ρ α χ ε : onomatopoetisches Verb (19.13n. mit Lit.), hier: ‘schrie auf, brüllte’ (wie der verwundete Ares 5.859–863); vgl. µακών 469n. — θ υ µ ὸ ν ἀ ΐ σ θ ω ν : wie dt. ‘sein Leben aushauchen, den letzten Atemzug tun’ vom Zustand kurz vor dem Eintreten des Todes; im hom. Epos noch 20.403 (Hippodamas) θυµὸν ἄϊσθε καὶ ἤρυγεν, ähnl. θυµὸν ἀποπνείων (4.524, 13.654), hingegen von der Ohnmacht φίλον ἄϊον ἦτορ (15.252), ἀπὸ δὲ ψυχὴν ἐκάπυσσεν (22.467). Zur unklaren Etymologie und Bedeutung von ἀΐσθω (wohl ‘aushauchen’, vgl. ἄσθµα) s. BÖHME 1929, 99f.; CLARKE 1999, 130ff. mit Anm. 1 (mit Lit.). 139f.; KÖLLIGAN 2007, 430; JANKO zu 15.252–3. Allg. zur Verwendung von θυµός in epischen Formulierungen mit der Bed. ‘sterben’ s. 410n.
469 = Od. 10.163 (Hirsch), 19.454 (Keiler); 1. VH (bis zur Zäsur C 1) = Od. 18.98 (Iros); (bis zur Zäsur B 2) ≈ Il. 12.23, 15.538 (Rüstungsteile); VA = 11.676, Od. 24.540. — Zum Sturz und Aufschrei des Getöteten s.o. 289–290n. – Die bildliche Vorstellung von der – um einen modernen Ausdruck zu verwenden – ‘Seele’, die beim Tod entfliegt und den Körper leblos hinterläßt, ist alt und verbreitet; z.T. wird die Körperöffnung, durch die der Lebenshauch entschwindet, ausdrücklich benannt: Mund (9.409), tödliche Wunde (14.518f., s.d.), allg. aus dem Leib (16.856). Lit.: VERMEULE 1979, 7ff. 17ff. 25f. 28ff.; BREMMER 1983, 17. 74f.; ROSS 2006; WEST 2007, 490; vgl. oben 410n. ἐ ν κ ο ν ί ῃ σ ι : 289n.; erneut in 471 (vgl. die Häufung in 5.583/586/588). — µ α κ ώ ν : ‘brüllend’ o.ä. (vgl. 468 ἔβραχε), eine Art Todesschrei (dazu LfgrE s.v. µακεῖν mit Lit.; vgl. die Iteratverse). — ἀ π ὸ δ ’ ἔ π τ α τ ο θ υ µ ό ς : in dieser Formulierung nur von Tieren, außerdem 23.880 ὠκὺς δ’ ἐκ µελέων θυµὸς πτάτο (Taube), hingegen von Menschen 13.671f./ 16.606f. ὦκα δὲ θυµὸς | ᾤχετ’ ἀπὸ µελέων (Euchenor/Laogonos), 16.856/22.362 ψυχὴ δ’ ἐκ ῥεθέων πταµένη (Patroklos/Hektor), ferner Od. 11.222 ψυχὴ δ’ ἠΰτ’ ὄνειρος ἀποπταµένη πεπότηται (Zustand der ψυχή im Tod), 24.1ff. (Vergleich der ψυχαί mit Fledermäusen). Lit.: CASWELL 1990, 15f.; CLARKE 1999, 148ff. (z.St. 152f.); MORRISON 1999, 131f.; bes. zu den hom. Formulierungen des Todes von Tieren HEATH 2005, 47f. 470 κ ρ ί κ ε : ‘›krick‹ machen’, vgl. dt. ‘knirschen, kreischen, krachen’, singuläre onomatopoetische Bildung (hapaxP), nachhom. κρίζω/κέκριγα: KRAPP 1964, 195; TICHY 1983, 58. 471 π α ρ ή ο ρ ο ς : ‘Beipferd’ (eigtl. ‘beigeschirrt’, zu παρά + ἀείρω i.S.v. ‘verbinden’: DELG; BEEKES); zur Sache 152n.
469 κὰδ δ’ ἔπεσ(ε), ἀπὸ δ’ ἔπτατο: sog. Tmesis (R 20.2; apokopiertes und assimilierte κάδ R 20.1). — µακών: Ptz. zum Aor. µακεῖν ‘schreien, brüllen’. — ἔπτατο: Aor. zu πέτοµαι. 470 τὼ … διαστήτην: Dual, ‘die beiden fuhren/sprangen zur Seite, stellten sich quer’; gemeint sind die beiden Zugpferde. — σφι: = αὐτοῖς (R 14.1). 471 σύγχυτ(ο): ‘(Zügel) gerieten durcheinander’, medialer Wurzelaor. zu συγ-χέω.
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472 Automedon ist Patroklos’ Wagenlenker (20n.). — τ ο ῖ ο … η ὕ ρ ε τ ο τ έ κ µ ω ρ : ‘fand dafür eine Lösung, machte dem ein Ende’ (AH), vgl. Od. 4.466f. οὐδέ τι τέκµωρ | εὑρέµεναι δύναµαι (Menelaos sitzt auf der Insel Pharos fest). — δ ο υ ρ ι κ λ υ τ ό ς : 26n. 473 = Od. 10.439, 11.231; vgl. ferner Il. 14.385. — τ α ν ύ η κ ε ς : Possessivkompositum, ‘mit langgestreckter Spitze’ (HOFFMANN 1940, 76; RISCH 190f.; LfgrE). Das quasi-distinktive Epitheton von ἄορ und ξίφος bez. “die lange, schlanke, zur Spitze hin allmählich auslaufende Schwertklinge” und signalisiert die Wirksamkeit der Waffe (FOLTINY 1980, 238; allg. zu den Schwert-Epitheta oben 332n.; zu ἄορ 115n.; vgl. ταναήκεϊ χαλκῷ 24.754n.). Außerdem 1× von Zweigen (768 τανυήκεας ὄζους nach 767 τανύφλοιόν τε κράνειαν), wohl in der Bed. ‘mit langen, dünnen Spitzen’ (im Gleichnis, evtl. mit Assoziation der Angriffswaffen: JANKO zu 765–9; mit botan. Genauigkeit HERZHOFF 1990, 266 Anm. 32: “gemeint sind die Knospenspitzen auf den Zweigenden”). — π α χ έ ο ς π α ρ ὰ µ η ρ ο ῦ : Wie τανύηκες hat auch παχύς ‘stämmig, muskulös’ emphat. Bed.: “kräftiger Körperbau […] als Voraussetzung für kraftvolle Aktion” (LfgrE s.v. παχύς 1082.18f.); die Emphase wird durch die Antithese ‘spitz – dick’ unterstrichen. – παρὰ µηροῦ ist VE-Formel (3× Il., 9× Od., stets im Partizipialsatz mit σπασσάµενος oder ἐρυσσάµενος vom Ziehen des Schwerts). 474 ο ὐ δ ’ ἐ µ ά τ η σ ε ν : µατάω ist nur bei Homer und späteren Epikern (Apoll. Rhod., Oppian) sowie bei Aischylos und Sophokles bezeugt. Seit der Antike werden zwei Bedeutungen angesetzt: (a) ‘zaudern, säumen’, (b) ‘etwas vergeblich tun, erfolglos sein, verfehlen’. Bed. (a) dürfte v.a. für 23.510 zutreffen (ebenfalls VE; Sthenelos nach dem Wagenrennen ἐσσυµένως λάβ’ ἄεθλον 23.511), ist aber auch an der vorl. Stelle nicht völlig auszuschließen (‘ohne zu zögern’); wahrscheinlicher ist jedoch (b): ‘und er verfehlte nicht, d.h. hatte Erfolg’, vgl. die verwandte VE-Formel οὐδ’ ἀφάµαρτεν (322n.); dadurch wird das Gelingen von Automedons Eingreifen unterstrichen (rhetorisch Polarer AusdruckP). Lit. für (a): AH; LSJ; MEIER-BRÜGGER 1989, 44; RENGAKOS 1994, 111f.; für (b) schol. T; FAESI; DÖDERLEIN 1850, 112 (freilich mit unhaltbarer Etymologie); LfgrE s.v. µατῆσαι. 475 Wiederherstellung der in 470f. durcheinandergebrachten Gespann-Ordnung: διαστήτην → ἰθυνθήτην, ἡνία σύγχυτ(ο) → ἐν ῥυτῆρσι τάνυσθεν (AH); vgl. 466–475n. — ἐ ν δ ὲ ῥ υ τ ῆ ρ σ ι τ ά ν υ σ θ ε ν : ῥυτῆρες nur hier im Zusammenhang mit Pferden, eigtl. ‘Zugriemen, Gurte’; zu ihrem Gebrauch s. 19.393n. (dort λέπαδνα). Implikation: die Pferde stellten sich so hin, daß sich die Zugriemen wieder strafften (PLATH 1994, 364–366). Möglich ist aber auch eine Gleichsetzung mit ἡνία (470), so daß ῥυτῆρες hier die verblaßte Bed. ‘Zügel’ hat (schol. D; AH; LEAF; WIESNER 1968, 19); unentschieden DELEBECQUE 1951, 184; LfgrE s.v. ῥυτήρ.
476–486 Zweite Kampfrunde (Element 4 der Typisierten Ereignissequenz ‘Zweikampf’: 419–683n.), mit zahlreichen Anklängen an die erste Kampfrunde 462– 472 τοῖο: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17), Neutr., verweist auf die beschriebene Situation. 473 σπασσάµενος: Aor. Med. zu σπάω ‘ziehen’ (zum -σσ- R 9.1). 475 ἐν … ῥυτῆρσι τάνυσθεν: wörtl. ‘spannten sich in den Zugriemen’; τάνυσθεν = ἐτανύσθησαν (R 16.1–2); zum Nebeneinander von Pl. und Dual (ἰθυνθήτην) R 18.1. — δὲ (ῥ)ῥυτῆρσι: zur Prosodie M 4.6.
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475 (477 ≈ 466: Sarpedon verfehlt; Wiederaufnahme einzelner weiterer Motive wie Schulter, Sturz mit Todesschrei, Wagengespann). 476 2. VH = 7.301, 20.253. — σ υ ν ί τ η ν : t.t. für den gegenseitigen Angriff zweier Kämpfer oder zweier Heere, z.B. 4.446f., 20.159f. (Stellen: LfgrE s.v. εἶµι 468.57ff.); vgl. συνέδραµον 335n. — ἔ ρ ι δ ο ς … θ υ µ ο β ό ρ ο ι ο : Zur Formel und zur Metapher (i.S.v. ‘an der Substanz zehrend’) s. 6.201–202n. und bes. 19.58n.; die Epitheta zu ἔρις sind oft pejorativ (662n.). — ἔ ρ ι δ ο ς π έ ρ ι : final od. modal, also ‘zum/im Streit, (Zwei)kampf’, wie Dativ ἔριδι in 20.66 ≈ 21.390 (θεῶν ἔριδι ξυνιόντων); ähnl. mit Verb des Kämpfens 7.301 ἐµαρνάσθην ἔριδος πέρι: LfgrE s.v. θυµοβόρος; HOGAN 1981, 26 Anm. 8. 477 ≈ 466; 1. VH = 5.471. — S. 466–468a n. — ἔ ν θ ’ α ὖ : 5× Il. am VA (noch 5.1, 5.471, 12.182, 16.603). Zu ἔνθα als Selektionssignal s. 306n. (Fokussierung auf einen einzelnen Helden). Die Partikel αὖ hat oft eine weiterführende, anknüpfende Funktion (vgl. 2.768n.) und tritt hier verstärkend zu ἔνθα hinzu (DÜNTZER [1868] 1872, 583–585; KLEIN 1988, 255f.; BONIFAZI 2012, 238f. [“zooming-in technique”]; allg. zu αὖ s. außer den Genannten auch LfgrE s.v.; REVUELTA PUIGDOLLERS 2009). 478–481a ≈ 5.16–19a (im 5. Gesang auf Diomedes bezogen: Τυδεΐδεω/-ης anstelle von Πατρόκλου/-ος; vgl. KIRK zu 5.16–17; CLARK 1997, 177f. 223f.). Zu 478 vgl. ferner 10.373.
478 Zu Fehlschüssen über die linke Schulter s.o. 106n.; zu Waffen, die über den Gegner hinwegfliegen, s.u. 611–612n. ἤ λ υ θ ’ ἀ κ ω κ ή : VE-Formel (5× Il., 1× Od.). 479 = 5.17; 2. VH ≈ 3.349, 17.45 (ὃ δὲ δεύτερος …). — ἔ β α λ (εε ): unklar, ob die Waffe oder der Krieger Subjekt ist, vgl. 405 (s.d.), 481. Formulierungen mit einer Waffe als Agens sind im fgrE nicht unüblich (im vorl. Kontext 478, 480): DE BOEL 1988, 135ff. — ὃ δ (ὲὲ ) …: Zur Verbindung von Pronomen u. Eigenname in Apposition (und im Enjambement: Πάτροκλος 480) s.o. 317n. (zu ὃ µέν). — ὕ σ τ ε ρ ο ς : 402n. (zu δεύτερον ὁρµηθείς). — ὤ ρ ν υ τ ο χ α λ κ ῷ : bez. den Angriff als Handlung “vor dem dann folgenden eigentlichen Waffengebrauch” (hier 481 ἔβαλ(ε)), daher χαλκῷ wohl als Instrumentalis aufzufassen (LfgrE s.v. χαλκός 1127.31ff.): ‘griff mit dem Speer an’, vgl. 497 VE µάρναο χαλκῷ. – χαλκός (dazu 345n. a.E.) wird im folgenden wiederaufgenommen durch 480 βέλος, 504 δόρυ, 505 ἔγχος.
480 ≈ 5.18; 2. VH = 11.376. — Die Wendung ‘das Geschoß flog nicht vergeblich’ wird stets kombiniert mit ‘(sondern) er traf …’ (hier 481): rhetorisch Polarer AusdruckP (ebenso 737). ο ὐ χ ἅ λ ι ο ν β έ λ ο ς : außer im vorl. Formelvers auch 11.380 (nach der Zäsur A 3): οὐδ’ ἅλιον βέλος ἔκφυγεν (ohne χειρός), 4.498/15.575 (2. VH): ὃ δ’ οὐχ ἅλιον βέλος ἧκεν; zu ἔγχος 13.410 (οὐδ’ ἅλιόν ῥα βαρείης χειρὸς ἀφῆκεν); mit ἁλιόω 16.727 οὐδ’ ἁλίωσε βέλος. — ἔ κ φ υ γ ε χ ε ι ρ ό ς : VE-Formel (5× Il., 1× Hes. Th.), stets in Verbindung mit einem Ausdruck für ‘(nicht) vergeblich’ (ἅλιος, ἐτώσιος), in der Ilias nur von Geschossen. 476 τὼ … συνίτην: Dual; sc. Patroklos u. Sarpedon. — ἔριδος πέρι: = περὶ ἔριδος (R 20.2). 478 ἤλυθ(ε): = ἦλθε. 479 οὐδ(έ): im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8).
Kommentar
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481 Anatomische Details – ‘wo die phrénes (s.u.) das Herz umschließen’ – dienen der Emphase (314n.). Tödliche Verletzungen im Brustkorbbereich sind in der Ilias häufig, im 16. Gesang noch 597f. (Stellensammlung bei MORRISON 1999, 144; die vorl. Stelle fehlt freilich). φ ρ έ ν ε ς : im fgrE nur selten von einem Körperorgan im anatomischen Sinn (noch 504, Od. 9.301), entweder spezifisch = ‘Zwerchfell’ (schol. D zu 504: “Homer nennt das Zwerchfell immer φρένες”; so auch die Verwendung des Begriffs im Corpus Hippocraticum; BÖHME 1929, 3ff.; LASER 1983, 42ff. [z.St. 45]) oder unspezifisch von den Organen/ Eingeweiden im mittleren Rumpfbereich rund ums Zwerchfell (Brustkorb/Oberbauch), vgl. Od. 9.301 στῆθος, ὅθι φρένες ἧπαρ ἔχουσι (IRELAND/STEEL 1975, bes. 193f.; SULLIVAN 1988, 21ff., bes. 26ff. [beide mit ausführlicher Diskussion abweichender Deutungen]; vgl. 1.103n.); anders u.a. JANKO u. CLARKE 1999, 74ff.: ‘Lungen’ (gestützt auf die These von ONIANS [1951] 1988, 23ff.); vgl. auch SAUNDERS 2003, 160f. — ἔ ρ χ α τ α ι : wohl zu εἴργω (3. Pl. Perf. Pass.) i.S.v. ‘sich schließen um, eng anliegen an’: CHANTR. 1.136, 421; BEEKES 1969, 63; HOEKSTRA zu Od. 14.73. — ἀ µ φ ’ ἁ δ ι ν ὸ ν κ ῆ ρ : VE = Od. 19.516. – κῆρ nur hier vom Herzen als Körperorgan, vgl. 660 ἦτορ (JAHN 1987, 9). ἁδινόν ‘dicht, gedrängt’ wohl eher in bezug auf die Beschaffenheit – also ‘fest, kräftig, muskulös’ (schol. bT; AH; LASER 1983, 36f.; vgl. JAHN a.O. 13) – als in bezug auf die Frequenz (‘heftig pochend, pulsierend’: LfgrE; LEAF zu 2.87; PUCCI [1993] 1998, 99).
482–491 Sarpedons Tod wird mit einer Reihe von zwei GleichnissenP (482–486, 487–491) ‘erzählt’: wie er fällt (482), blutend am Boden liegt (485f.), vor Wut und Schmerz brüllt (Todeskampf, 486/489; zur Scharnierfunktion des Brüllens vgl. 486n.) und seinen letzten Wunsch äußert (491); d.h. die Handlung schreitet mit Hilfe der Gleichnisse voran. In beiden Gleichnissen wird Sarpedon indirekt als würdiger, wenn auch unterlegener Gegner dargestellt (nachdem er im Geiergleichnis 428–430 als ebenbürtig erschienen war): der hohe Baum – wird gefällt, der Stier, Leittier der Herde (2.481) – wird getötet (vgl. 487–491n.). Sowohl das Baumgleichnis als auch das Löwe-Stier-Gleichnis sind typisch für die Illustration des Todes von Kriegern. Lit.: schol. bT zu 487–9; WILAMOWITZ 1916, 138; BOWRA 1930, 125f.; JACHMANN 1958, 332f.; KRISCHER 1971, 72–75; BALTES 1983, 38f.; REUCHER 1983, 322; ACETI 2008, 120f.; SCOTT 2009, 162f.; vgl. 428– 430n. und allg. zu Gleichnisreihen 2.455–483n. (die Kombination von Baum- und Löwengleichnis kommt in unterschiedlicher Ausgestaltung auch in 5.554–560, 16.756–771 u. 17.53–69 vor). 482–486 = 13.389–393 (s.u.). — In hom. Gleichnissen werden öfter mehrere Vergleichsobjekte aufgezählt (2.800n. mit Lit.; bes. SCOTT 1974, 154f.). Aufzählungen von jeweils drei Baumarten (hier Eiche, Pappel, Kiefer) finden sich (nicht nur
481 ἔνθ(α): Relativpron., ‘wo’. — τε: ‘episches τε’ (R 24.11), ebenso 483 (im Gleichnis). — ἔρχαται: ‘(wo die φρένες an das Herz) anschließen’; zur Flexion R 16.2.
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Ilias 16
in Gleichnissen) auch 767, 21.350, Od. 5.64, 5.239. Die mächtigen Bäume lassen Sarpedon implizit als groß und stark und seinen Sturz als gewaltig erscheinen (allg. zum Sturz des Getöteten 289–290n.); überhaupt stehen Bäume in Vergleichen und Gleichnissen öfter für Helden im Kampf, und zwar (a) für fallende (z.B. auch 4.482–489, 5.559f.) und (b) für standhaltende (z.B. 12.131–136); bei (a) liegt die vorausgegangene Verletzung regelmäßig wie hier im Kopf- oder Brustkorbbereich. Lit.: STRASBURGER 1954, 38f.; FENIK 1968, 126; SCOTT a.O. 70f.; BALTES 1983, 38; STOEVESANDT 2004, 268–273. 422f.; ACETI 2008, 118–120; ROOD 2008, 24–30; JANKO zu 13.178–80, 13.389–93 u. 13.389–91; altindische Parallelen: WEST 2007, 495. Vgl. auch unten 633–637n. – Das vorl. Gleichnis steht mit demselben Wortlaut und in ähnlicher Situation auch 13.389ff.: der troianische Bundesgenosse Asios und sein Wagenlenker kommen im Kampf gegen Idomeneus und Antilochos um (ein [durch analytische Denkweise geprägter] Vergleich der beiden Stellen bei FRIEDRICH 1956, 103–106; korrigierend JANKO zu 482–6; allg. zu wiederholten Gleichnissen s.o. 3–4n. mit Lit.). – Die im Relativsatz 483b– 484 gegebenen Details (Zimmerleute, Äxte, Schiffsbalken) “are necessary to us if we ourselves are to interpret and respond to the scene which we visualize. […] The introduction of men and their purposeful and productive occupations points up, by contrast, the pathos of the target scene: the wasteful killing, on the battlefield, of one of the bold Trojan allies. […] The simile, therefore, vivid because of its detailed imagery, gains further affective force”: MINCHIN 2001, 146f. (Zitat 147); ähnl. KURZ 1966, 23f. (“Tragik des Kriegertodes”); PORTER 1972, 14f. 18f.; MUELLER (1984) 2009, 106. δ ρ ῦ ς … ἀ χ ε ρ ω ΐ ς | … π ί τ υ ς β λ ω θ ρ ή : Nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ gestaltete Reihung (vgl. dazu die Hinweise in 397n.). 482 = 13.389; ≈ ‘Hes.’ Sc. 421; 1. VH ≈ Il. 4.462. — ἤ ρ ι π ε δ ’ ὡ ς … ἤ ρ ι π ε ν : Die Wiederholung des Prädikats im Gleichnis ist “eigentümlich ausdrucksvoll”: ‘er stürzte, wie wenn eine Eiche stürzt’ statt ‘er stürzte wie eine Eiche’: FEHLING 1969, 134f.; vgl. SILK 1974, 16f.; oben 211–217n. – Zu ἤριπε am VA s. 319n. — δ ρ ῦ ς : ‘Eiche’, im fgrE wegen ihrer stattlichen Größe gelegentlich mit den Epitheta ὑψικάρηνος u. ὑψίκοµος versehen, für den Schiffbau allerdings nur bedingt geeignet (zwar gute Beständigkeit im Wasser, aber hohe Dichte des Holzes, d.h. schweres Holz): MÜLLER 1974, 67 mit Anm. 283; MEIGGS 1982, 117f. (beide mit Hinweis auf Theophrast); allg. zur Holzverwendung im antiken Schiffbau BUCHHOLZ 2004, 89ff. — ἀ χ ε ρ ω ΐ ς : eine Pappel-Art, traditionell als ‘Silberpappel’ aufgefaßt (LfgrE s.v.), in neuerer Zeit gelegentlich mit der ‘Zitterpappel, Espe’ gleichgesetzt (HERZHOFF 1990, 266f. Anm. 34, mit weiterer Lit.). Auch Pappelholz eignet sich nicht für den Schiffbau (wegen seiner Weichheit und geringen Wasserbeständigkeit); der Baum ist hier wohl wegen seiner schlanken und hohen Gestalt gewählt (vgl. 482–486n.; MEIGGS a.O.
482 ἠ(έ): = ἤ.
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108f.; andere Deutung: die glatte Rinde der Pappel evoziert den Glanz der Rüstung des Helden [ACETI 2008, 119 mit Anm. 278]). 483 = 13.390; 2. VH ≈ 13.571. — π ί τ υ ς : ‘Kiefer’ (meist als ‘Schwarzkiefer’ identifiziert), auch Od. 9.186 als Baumaterial belegt und für den Schiffbau geeignet: LfgrE s.v. mit Lit. — β λ ω θ ρ ή : Epitheton von Bäumen (im nachhom. Epos auch von anderen Pflanzen); Etymologie und Bedeutung unbekannt, hier meist als ‘hochgewachsen’ aufgefaßt (Helden fallen auch sonst gelegentlich wie ein hoher Baum: 4.482ff. [bes. 484], 5.560). Deutungsversuche: Scholien zu 13.390; LEAF zu 13.390; JANKO zu 13.389–91; zur Etymologie: BECHTEL 1914, 82 (zu βλαστεῖν ‘sprossen’; vgl. FRISK s.v. βλαστάνω); BEEKES 1969, 193. 215f. (nichtgr. Wort). Zur Diskussion, ob βλωθρή ornamentale oder kontextbezogene (prägnante) Funktion hat, s. schol. a.O.; LfgrE s.v.; HERZHOFF 1990, 266f. Anm. 34 (“paßt auf diese höchstwüchsige Kiefernart ausgezeichnet”). — τ ή ν : grammatikalisch auf den letztgenannten Baum bezogen; inhaltlich ebenfalls am besten zu πίτυς passend (s. die vorangehenden nn.; MÜLLER 1974, 67). — τ έ κ τ ο ν ε ς ἄ ν δ ρ ε ς : VE-Formel (Iteratvers u. 6.315). τέκτων kann im fgrE auch den Schiffbauer bezeichnen, vgl. 15.410f., Od. 9.126f. (6.314b– 315n.). Zur Verbindung von Gattungs- und Funktionsbezeichnung s. 2.474n. mit Lit. 484–485 Möglicherweise lautmalerisch-imitierende Versgestaltung: 484 daktylisch (Fällarbeiten), 485 spondeisch (Sarpedon liegt am Boden); Häufung von Assonanzen in πελέκεσσι νεήκεσι νήϊον (-κεσσι -κεσι; νεή- νή-): LEAF zu 13.391; WortspielP; vgl. 279n. a.E. 484 ἐ ξ έ τ α µ ο ν : i.S.v. ‘abhauen, fällen’, vgl. 4.485f. (MUTZBAUER 1893, 317; LfgrE s.v. τάµνω 304.13ff.). — ν ή ϊ ο ν : sc. δόρυ, ‘Bauholz, Balken für ein Schiff’ (3.62n.); in der Ilias nur als Detail in Gleichnissen (3.60ff., 13.389ff., 15.410f., 17.742ff.).
485 = 13.392; 1. VH (bis zur Zäsur B 1) ≈ 8.100, 8.134, 13.385; VE = 20.483. — Die Darstellung des ‘Daliegens’ eines gefallenen Helden gehört zu den typischen Elementen homerischer Kampfszenen – naturgemäß meist an deren Ende, vgl. 284–290a n. (KURZ 1966, 18f. 33f.). Hier wird die Szene durch ein zweites Gleichnis, Sarpedons Rede an Glaukos und das Herausziehen des Speers durch Patroklos in die Länge gezogen (RetardationP: das Eintreten des Todes wird erst in 502ff. konstatiert). Dadurch kommt es zu einer Häufung von Ausdrücken der Bedeutung ‘töten/sterben/tot daliegen’ (485, 487, 489, 491, 502, 505), die der Schilderung von Sarpedons Todeskampf Intensität und Pathos verleiht (vgl. NIENS 1987, 90f.; ACETI 2008, 113f.; ECK 2012, 181f.; oben 419–683n.). π ρ ό σ θ ’ ἵ π π ω ν κ α ὶ δ ί φ ρ ο υ : Das Gespann steht seit Thrasydemos’ Tod (463–465) herrenlos da. Zur Junktur vgl. 5.107 πρόσθ’ ἵπποιϊν καὶ ὄχεσφιν (2. VH), Od. 4.590 τρεῖς ἵππους καὶ δίφρον (1. VH). — κ ε ῖ τ ο τ α ν υ σ θ ε ί ς : ‘lag hingestreckt’, d.h. ‘der Länge nach’ (vgl. κεῖτο µέγας µεγαλωστί 776n.) und ‘starr und reglos’: MARG 1976, 13. – VE-
483 τήν: in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5). — οὔρεσι: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2); Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 484 νεήκεσι: zu νε-ήκης, ‘mit frischer Spitze, frisch geschärft’ (vgl. 473 τανύ-ηκες). — εἶναι: final-konsekutiver Inf. (mit Prädikativum νηΐον ‘Schiffbauholz’).
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Formel (noch 13.392, 20.483); am VA κεῖτο ταθείς (13.655, 21.119); in Formelsprengung τανυσθεὶς | κεῖτο (Achill in der Reaktion auf die Nachricht von Patroklos’ Tod, 18.26f. [s.d.]), κεῖτ(ο) … τανυσσάµενος (der schlafende Polyphem, Od. 9.298).
486 = 13.393. — Zum Ausdruck ‘den Erdboden umkrallend’ vgl. einerseits die Formeln ‘faßte die Erde mit verkrampfter Hand’ (14.452n.) und ‘biß ins Gras’ (2.418n.), andererseits Wendungen des Inhalts ‘Blut rötete den Erdboden’ (z.B. 11.394, 13.655, 17.360f.). Die Verbindung der Motive ‘Blut’ und ‘Staub, Erdreich’ (etwa auch 13.614f., 15.118, 16.639 [nochmals Sarpedon, s.d.], 16.795f.) evoziert in drastischer Weise Verunstaltung und Tod (NEAL 2006, 196f. 200–202; vgl. JANKO zu 13.392–3). Allg. zur Erwähnung von Blut im 16. Gesang 159n. und bes. in der Sarpedon-Szene 459–461n.; von der Besudelung durch Blut 333–334n. Vier-Wort-Vers (additiver Partizipialsatz: BASSETT 1919, 223f.; vgl. 125–126n.; zur Häufung asyndetischer Partizipien “in lebhafter Darstellung” s. K.-G. 2.103f.). — β ε β ρ υ χ ώ ς : ‘brüllend’, onomatopoetischer Perfektstamm wie z.B. µεµυκώς 18.580n. (TICHY 1983, 63). Die beiden Partizipien βεβρυχώς und στενάχων (489, s. 489–491a n.) nehmen inhaltlich aufeinander Bezug und bilden so ein Scharnier zwischen den beiden Gleichnissen; “the bull ‘groans’ like a man in 489, whereas ‘roaring’ of Sarpedon in 486 is more appropriate in ordinary language to the bull” (KIRK 1976, 76; ähnl. LONSDALE 1990, 3: “the poet creates a hybrid that reflects the bestial and human aspects of human nature”; ACETI 2008, 121). – Zu den Schmerzensschreien sterbender Krieger 289–290n. — α ἱ µ α τ ο έ σ σ η ς : sc. ‘(Erdboden) der von Sarpedons eigener Wunde blutig wurde’ (schol. bT zu 13.393).
487–491 Stiere (oder Kühe, Rinder) als Opfer eines Löwen kommen wiederholt in Vergleichen und Gleichnissen sterbender Krieger vor: 5.161f., 5.554ff., 12.293, 17.61ff., 17.542, ferner in der Schildbeschreibung 18.579ff.; außerdem Stiere als Schlacht-/Opfertiere: 17.520ff., 20.403ff. Das vorl. Gleichnis illustriert Sarpedons Todeskampf (wie er stöhnt und sich zu einer Rede aufrafft): 482–491n. mit Lit. (bes. BALTES 1983, 38f.; ACETI 2008, 120–122; ferner FRAENKEL 1921, 83; BONNAFÉ 1984, 68f.; JANKO zu 487–9). Die Beschreibung des Stiers in 488 unterstreicht Sarpedons Status: er war Anführer der Lykier und einer der wichtigsten Verbündeten der Troer (FRIEDRICH 1956, 104). Patroklos seinerseits wird implizit mit dem siegreichen Löwen gleichgesetzt. – Zu Rindergleichnissen allg. vgl. 2.480–483n., zu Löwengleichnissen ausführlich 3.23n. 487 ἠ ΰ τ ε : als Konjunktion (7× Il. mit Ind., 1× mit Konj.) stets asyndetisch am Satzanfang (RUIJGH 853–855; vgl. 2.87n.). — ἔ π ε φ ν ε : redupl. themat. Wurzelaor. (339n. a.E.). Zur vergegenwärtigenden Funktion des Aorists in Gleichnissen 299–300n. 488 α ἴ θ ω ν α µ ε γ ά θ υ µ ο ν : vgl. die flektierbare VA-Formel αἴθωνες µεγάλοι (2.839n.; von βόες Od. 18.372). αἴθων bed. bei Tieren wohl ‘braun’ (2.839n., 18.161n., mit Lit.). µεγά486 κόνιος: zur Flexion R 11.3. — δεδραγµένος: zu δράσσοµαι (mit Gen.), ‘hineingreifen in, etw. umkrallen’; Perf. mit intensiver Bed. 487 ἠΰτε: ‘wie’ (R 22.4). — ἀγέληφι: zur Form R 11.4; hier Dat. zu µετελθών.
Kommentar
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θυµος ist nur hier von einem Tier gesagt (286n.), jedoch werden Tieren in den hom. Vergleichen öfter menschliche Eigenschaften (v.a. mentaler oder emotionaler Art) zugeschrieben, vgl. u.a. περὶ φρέσιν 157 (s. 157–158n.), µέγα φρονέοντε 758/824 u. bes. θυµὸς ἀγήνωρ (12.300 u.ö.): 24.42–43n. mit Lit.; ferner LONSDALE 1990, 45. — ἐ ν ε ἰ λ ι π ό δ ε σ σ ι β ό ε σ σ ι ν : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel an versch. Vers-Positionen (HOEKSTRA 1965, 67f.); am VE auch ‘Hes.’ fr. 240.2 M.-W. (Dat. wie hier), Il. 15.547, Od. 8.60, h.Merc. 216/370 (Akk.). εἰλίπους ist distinktives EpithetonP von βοῦς (6.424n. mit Lit.). 489–491a Chiasmus am Übergang vom Wie- zum So-Teil: Prädikat – Partizip – ὑπό + Dat. | ὑπό + Dat. – Partizip – Prädikat. — σ τ ε ν ά χ ω ν : von einem Tier auch 391 (Pferd); sonst wird von Stieren µεµυκώς (18.580, 21.237), ἐρεύγοµαι (18.580 [Adj. ἐρύγµηλος], 20.403ff.), ἀναβραχεῖν (Od. 21.48) und ἐριβρύχης verwendet (Hes. Th. 832); vgl. 486 βεβρυχώς. — ὑ π ὸ γ α µ φ η λ ῇ σ ι … | ὣ ς ὑ π ὸ Π α τ ρ ό κ λ ῳ : inhaltlicher Parallelismus, wobei die genaue syntaktische Funktion der beiden Präpositionen schwer zu bestimmen ist: die Spannweite reicht von lokaler Bed. bis hin zum Agens beim Passiv, vgl. ὑπὸ χερσί u.ä. ‘unter der Wirkung von …’ (384n. mit Lit.); s. die Überlegungen bei SCHW. 2.526; JANKUHN 1969, 85 Anm. 75; ALIFFI 2002, 420; GEORGE 2005, 61–67. – Zu Gebrauch und Etymologie von γαµφηλαί ‘Kinnbacken’ s. 19.394n. 490 2. VH = 541, 593. — Λ υ κ ί ω ν ἀ γ ὸ ς ἀ σ π ι σ τ ά ω ν : Periphrastische BenennungP von Sarpedon (in V. 541 als Apposition zum Eigennamen; ähnl. 5.647) sowie Glaukos (593; kürzere Variante: Λυκίων ἀγὸς ἀνδρῶν 7.13, 17.140). – ἀσπισταί sind die (schildtragenden) ‘Fußsoldaten, Krieger’ (LfgrE; vgl. 167n.); zu den Epitheta der Lykier s.o. 421n.
491 2. VH ≈ 10.522, 23.178, 24.591 (τ’ statt δ’); s. 24.591n. (“Formelvers für emotionale Situationen”). — “Heroes often do their utmost to dissimulate their pains and to preserve a heroic attitude” (VAN DER VALK 1964, 99); ähnl. V. 843: Einleitung der letzten Rede des Patroklos. Trotz der tödlichen Verwundung bäumt sich Sarpedon innerlich auf und kann nicht nur wie andere sterbende Helden schreien oder stöhnen (z.B. Asios, an der Kehle verletzt: 13.393; Hippodamas, am Rücken getroffen: 20.403), sondern auch artikuliert sprechen (wie Patroklos, am Rücken getroffen: 16.843; Hektor, am Hals durchbohrt: 22.329; vgl. 492–501n.). Eine nonverbale Alternative, die Kameraden auf die eigene Notlage aufmerksam zu machen, ist das Ausstrecken der Hände (4.523 [mit AH u. KIRK z.St.], 13.549). κ τ ε ι ν ό µ ε ν ο ς µ ε ν έ α ι ν ε : formal möglicherweise eine Variation der VE-Formel (κατα-) κτάµεναι µενεαίνων (6× Il., 2× Od., außerdem 1× Od. κτεῖναι µενεαίνετε; JANKO zu 490– 1). µενέαινε ist hier jedoch absolut gebraucht und bed. wahrscheinlich ‘bäumte sich innerlich auf’, ‘struggled’ (so – mit teilweise unterschiedlichen Nuancen – LfgrE; LEAF; JANKO a.O.; ADKINS 1969a, 17f. [das Verb impliziere “a powerful positive forward drive”]; ACETI 2008, 122; zum Gebrauch des Verbs s. auch 19.58 u. 24.22 mit nn.). Anders EBELING, AH und diverse Übersetzungen: ‘war voll Wut, schnaubte nach Rache’. – κτεινόµενος ist wie 488 αἴθωνα (µ)µεγάθυµον: zur Prosodie M 4.6. — εἰλιπόδεσσι βόεσσιν: Flexion R 11.3. 490 ὑπὸ Πατρόκλῳ: zu verbinden mit κτεινόµενος. — ἀσπιστάων: zur Flexion R 11.1.
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Ilias 16
alle medialen Formen von κτείνω passivisch: CHANTR. 2.180; JANKUHN 1969, 84–86. Das Präsens hat viell. die Nuance ‘im Todeskampf’.
492–501 Sarpedons Rede kurz vor seinem Tod gehört – wie die entsprechenden Reden von Patroklos u. Hektor 16.843ff. bzw. 22.337ff./355ff. (vgl. 419–683n.) – zu den ‘letzten Worten eines Sterbenden’; dadurch werden die drei genannten Helden (und in der ganzen Ilias nur sie) ein letztes Mal gewürdigt und bekommen die Sterbeszenen ein besonderes Gewicht (MUELLER [1970] 1978, bes. 106. 108f.; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 222ff.; ACETI 2008, 122f.; RAC s.v. Abschiedsreden; DNP s.v. Ultima verba; vgl. 24.744n.). Formal ist die Rede jedoch eine Kampfparänese mit der zentralen Bitte um Bergung des Leichnams und in dieser Hinsicht bes. mit Sarpedons Rede nach seiner Verwundung im 5. Gesang (5.684ff.) und mit Glaukos’ nachfolgender Rede 16.538ff. verwandt: “as much a rallying cry as a plea for aid” (SEGAL 1971, 39 Anm. 1; s. auch FENIK 1968, 69. 205; LATACZ 1977, 249 [Tabelle]; TSAGARAKIS 1982, 113f.; weitere Parallelen bei HELLMANN 2000, 86 Anm. 70). Durch den Verzicht auf einen Dialog des Sterbenden mit dem Sieger (wie er bei Patroklos und Hektor realisiert ist) vermeidet es der Erzähler, die Identität des Patroklos in Achills Rüstung vorzeitig zu lüften (Waffentausch-Motiv, 278–283n.): MARG (1957) 1991, 202 Anm. 2; EDWARDS 1987, 262; JANKO zu 476–507. – Die Rede ist “wohldisponiert” (AH zu 491): 492–494 (3 Vv.) Anrede an Glaukos mit captatio benevolentiae und allgemeinem Appell (mit dreimaligem polem- ‘Kampf/Kämpfer’ und zweimaligem nyn ‘jetzt’); 495–497 (3 Vv.) Kampfaufruf mit konkreter Anweisung ‘erstens … zweitens’; 498–500 (3 Vv.) Argumentation (Ehrbegriff), 501 abschließende Mahnung (mit Steigerung: ‘mit aller Kraft’, ‘das ganze Heer’): JANKO; FINGERLE 1939, 126–128; ACETI 2008, 125f.; allg. zur Struktur von Kampfparänesen oben 268–277n. – Appelle an die Tüchtigkeit und das Ehrgefühl von Anführern und Soldaten spielen “in den Kampfaufrufen aller Zeiten […] eine herausragende Rolle” (STOEVESANDT 2004, 298–304, mit weiteren Beispielen [Zitat: 298]). Besonders auf lykischer Seite sind die Ansprüche an den Ehrenkodex hoch, z.B. 12.315f. (Sarpedon zu Glaukos über die Pflicht der Heeresführer): ‘wir müssen bei den Lykiern jetzt unter den Ersten stehen und uns der brennenden Schlacht entgegenwerfen’, 16.549/551: Sarpedon ‘war stets eine Stütze der Stadt’ und ‘im Kampf der Beste’ (zu Sarpedons gelebtem Heldentum s. MUELLER a.O.; REDFIELD [1975] 1994, 99–103; CLAY 2009). Mit dem Argument des lebenslangen Ehrverlusts verpflichtet Sarpedon Glaukos moralisch dazu, alles daran zu setzen, daß sein Leichnam keinesfalls in die Hände der Feinde gelangt und so einer würdigen Bestattung entzogen wird (ähnl. 17.556ff., 18.178ff.: es wäre eine Schande, wenn der Leichnam des Patroklos den Hunden zum Fraß überlassen oder in einer anderen Weise verunstaltet würde). Auf diese Weise läßt der Erzähler Sarpedon ‘unbewußt’ Zeus’ Absicht unterstützen, den Leichnam nach der Schlacht zur Bestattung in die Heimat zu überführen.
Kommentar
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492 Glaukos ist nach Sarpedon zweiter Anführer der Lykier, als Krieger zwar eifrig und pflichtbewußt, aber wenig erfolgreich; so wird er kurz nach der an ihn persönlich gerichteten Kampfparänese Sarpedons (12.309ff.) von Teukros mit einem Pfeilschuß verwundet und zieht sich beschämt von der Front zurück (12.387ff.). Diese Wunde hindert ihn zunächst daran, Sarpedons Leichnam zu verteidigen (508ff., s. 508–536n.); nach der Heilung durch Apollon (527ff.) gelingt es Glaukos immerhin, den angreifenden Achaiern Widerstand zu leisten und einen Myrmidonen zu töten (593ff.); dennoch wird Patroklos in den Besitz von Sarpedons Rüstung gelangen (663ff.). Allg. zur Figur des Glaukos s. FM 10; 6.119n.; GRAZIOSI/HAUBOLD, Introd. 38f.; HAINSWORTH zu 12.387–8; STOEVESANDT 2004, 187f. Zur ‘narrativen Verfügbarkeit’ von Figuren (der Erzähler setzt hier die Anwesenheit des Glaukos voraus) s.u. 532–547n. und vgl. 14.426n. Γ λ α ῦ κ ε π έ π ο ν : vertrauliche Anrede, etwa ‘mein lieber Glaukos’ (6.55n.). “The speaker uses this vocative in order to bring a moral influence to bear upon […] a brother in arms when he calls upon him for help” (BRUNIUS-NILSSON 1955, 55f.). πέπον steht meist in der Verbindung ὦ πέπον am VA (so z.B. Sarpedon zu Glaukos 12.322), seltener wie hier nach trochäischem Namen (15.437 Τεῦκρε πέπον, ‘Hes.’ Sc. 350 Κύκνε π., ferner Od. 9.447 κριὲ π.) oder weiter im Vers-Innern, und ist in Kampfparänesen üblich (FINGERLE 1939, 123). — π ο λ ε µ ι σ τ ὰ µ ε τ ’ ἀ ν δ ρ ά σ ι : πολεµιστής sonst immer am VE und mit Epitheton (so z.B. im folgenden Vers 493; Wiederholung des Begriffs wie in 22.267/269); hier prägnant ‘tüchtiger Krieger’ (wie αἰχµητήν 493, vgl. 3.49n.), unterstrichen durch den Zusatz µετ’ ἀνδράσι i.S.v. ‘der Beste unter den Männern’ (“eine Art Superlativ”: FAESI; “a compliment”: JANKO zu 556–62), vgl. 13.461 ἐσθλὸν ἐόντα µετ’ ἀνδράσιν, 16.557 οἷοί περ πάρος ἦτε µετ’ ἀνδράσιν ἢ καὶ ἀρείους, 24.258 θεὸς µετ’ ἀνδρ., Od. 17.354 ἐν ἀνδρ. ὄλβιον (schol. A; AH; LEAF); allg. zu den ‘Krieger’-Begriffen auf -τής 167n. a.E. — ν ῦ ν σ ε µ ά λ α χ ρ ή : VE-Formel (noch 13.463, 22.268; ähnl. 11.409, 18.406 τὸν δὲ / τώ µε µάλα χρεώ). Zu χρή in militär. Aufforderungen vgl. 631, 721: “In der Ilias ist der Übergang von opus est zu oportet eigentlich immer fließend” (NESTLE 1942, 75 Anm. 1). 493 = 5.602, 22.269 (wobei VE 492 = 22.268), dort jeweils von Hektor; 1. VH ≈ Od. 16.242; 2. VH ≈ 21.589. — α ἰ χ µ η τ ή ν … π ο λ ε µ ι σ τ ή ν : Emphase durch synonymische Doppelung (1.160n.; vgl. oben 63n.). — θ α ρ σ α λ έ ο ν : in der Ilias immer positiv konnotiert (‘mutig, tapfer’) und nur in milit. Kontext (vgl. 19.169–170n.). 494 ἐ ε λ δ έ σ θ ω : ‘soll erwünscht sein’; ἐ(ϝ)έλδοµαι steht sonst immer nach der Zäsur B 2 und ist medial, hier jedoch entweder pass. (HENTZE 1910, 123; LfgrE) oder intrans. i.S.v. µελέτω wie 24.152 µηδέ τί τοι θάνατος µελέτω (KLOSS 1994, 147f.). — π ό λ ε µ ο ς κ α κ ό ς : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel (6.254n.). Zu den pejorativen Attributen bei Begriffen für ‘Kampf’ im hom. Epos s.o. 436n.; hier im Kontrast zu ἐελδέσθω (AH; vgl. z.B. 3.173 ὡς ὄφελεν θάνατός µοι ἁδεῖν κακός). — ε ἰ θ ο ό ς ἐ σ σ ι : Implikation ‘if you 493 ἔµεναι: = εἶναι (R 16.4). 494 τοι: = σοι (R 14.1). — ἐσσι: = εἶ (R 16.6).
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Ilias 16
really are swift (sc. show us and) get to war’ (PULLEYN 2000, 260). θοός ist in 5.571 u. 15.585 Epitheton zu πολεµιστής; zur Bed. s.o. 422n. (‘behende im Kampf, kriegstüchtig’).
495–497a = 532–534. Die Ausführung der Anweisung wird, wie im Epos üblich, beinahe wörtlich wiederholt (hier lediglich unter Anpassung des Prädikats 495 ‘treibe an’ → 532 ‘er trieb an’): 6.86–101n. a.E. mit Lit. – Auch Glaukos selbst verwendet in seinem Gebet eine ähnliche Formulierung: 525f. π ρ ῶ τ α µ ὲ ν … | … | α ὐ τ ὰ ρ ἔ π ε ι τ α : ausdrückliche sequentielle Gliederung wie Od. 22.448/452 (dort im Erzähler-Text); mit µὲν πρῶτα im ersten Glied z.B. Il. 11.301/304, 16.694/696 (in Rüstungsszenen µὲν πρῶτα … δεύτερον αὖ 3.330/332 u.ö.), mit µὲν πρῶτον 1.50f., mit µὲν πρώτιστα 2.405f. u.ö.; in antithetischer Stellung πρῶτον, ἔπειτα δέ 6.260, 11.167, 16.229, 17.64 (vgl. ALBERTI 1959). 495 ≈ 532; 2. VH außerdem ≈ 11.687. — ὄ τ ρ υ ν ο ν : spezifischer Ausdruck des Anspornens (167n.). Hier Imp. Aor. neben Imp. Präs. ὄτρυνε in V. 501: “va stimuler” vs. “continue à stimuler” (CHANTR. 2.196). Von Glaukos wiederaufgenommen in 525 und verwirklicht in 532. — ἡ γ ή τ ο ρ α ς ἄ ν δ ρ α ς : Verbindung von Gattungs- und Funktionsbez. (2.474n. mit Lit.); zu Begriff hēgḗtores ‘Anführer’ 164n.
496 = 533; 1. VH außerdem ≈ 5.508, 6.81, 10.167. — Die Verwendung des eigenen Namens (‘Sarpedon’) anstelle der 1. Person bewirkt rhetor. Emphase: Sarpedon als wichtigster Mann der Lykier (1.240n.; KELLY 2007, 84f.; zu Sarpedons Selbstbewußtsein vgl. 500n.). Sie erleichtert zugleich die Verswiederholung im Erzähler-TextP 533 (schol. A [dazu NÜNLIST 2009, 325 Anm. 30]). – Solidarität unter Kampfgenossen ist ein Bestandteil der hom. Ethik (363n.). Dazu gehört bes. die Bereitschaft, den Leichnam eines gefallenen Kameraden zu bergen, um ihn (und seine Rüstung: 500n.) nicht den Feinden als Beute zu überlassen und um ihm eine ordnungsgemäße Bestattung zukommen zu lassen; im 16./17. Gesang werden gleich drei Leichenkämpfe ausführlicher geschildert: um Sarpedon, um Kebriones (751ff.) und um Patroklos (17.1ff.) – eine Art Leitmotiv, das bis ans Ende der Ilias weiterwirkt (Hektors Leichnam); s. KIRK zu 5.298–9; FENIK 1968, 232f.; MUELLER (1984) 2009, 100f.; PATZER 1996, 172–174. 176–178; HELLMANN 2000, 113f.; STOEVESANDT 2004, 228–231; PAGANI 2008, 347f.; unten 781–782n. Vier-Wort-Vers (125–126n.): Infinitiv im Enjambement (BASSETT 1919, 222). — ἐ π ο ι χ ό µ ε ν ο ς : 155n. — ἀ µ φ ι µ ά χ ε σ θ α ι : mit Gen. ‘um jn. (herum) kämpfen’ i.S.v. ‘zu dessen Schutz, um dessen Besitz kämpfen’ (vgl. 1n. zu περί), d.h. lokale und übertragene Bed. von ἀµφί konvergieren, ebenso z.B. 825 πίδακος ἀµφί, 18.20 νέκυος ἀ., im Dativ ἀµφὶ νέκυι 16.526, im Akk. 775 ἀµφ’ αὐτόν (Dat. u. Akk. sind im fgrE bei ἀµφί deutlich häufiger, vgl. CHANTR. 2.87f.; JANKO zu 825; LURAGHI 2003, 259; HETTRICH 2012, 55f. 60).
496 πάντῃ: ‘überall(hin)’.
Kommentar
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497 κ α ὶ α ὐ τ ό ς : ‘in eigener Person’, sc.‘nachdem du die ⟨anderen⟩ Anführer zum Kampf angetrieben hast’. — π έ ρ ι µ ά ρ ν α ο : synonym zu vorangehendem ἀµφιµάχεσθαι (vgl. 195n.). — χ α λ κ ῷ : 479n. 498–499 2. VH von 498 = 17.556 (und VA von 499 ≈ 17.557, 501 = 17.559; dort Athene, in Phoinix’ Gestalt, zu Menelaos im Kampf um den Leichnam des Patroklos); VE von 499 ≈ 4.415, 15.498. — κ α ὶ ἔ π ε ι τ α … | … ἤ µ α τ α π ά ν τ α δ ι α µ π ε ρ έ ς : Die Häufung von Ausdrücken zur Bezeichnung einer für immer bestehenden Wirkung oder Folge ist im fgrE öfter anzutreffen (RICHARDSON zu h.Ap. 485), z.B. h.Merc. 291f. τοῦτο γὰρ οὖν καὶ ἔπειτα µετ’ ἀθανάτοις γέρας ἕξεις· ἀρχὸς φηλητέων κεκλήσεαι ἤµατα πάντα, h.Ven. 247f. αὐτὰρ ἐµοὶ µέγ’ ὄνειδος ἐν ἀθανάτοισι θεοῖσιν | ἔσσεται ἤµατα πάντα διαµπερὲς εἵνεκα σεῖο, sowie die VE-Formel διαµπερὲς ἤµατα πάντα (Od. 4.209, h.Ap. 485, h.Ven. 209). – καὶ ἔπειτα ‘auch in Zukunft, auch später noch’ (AH), wie Od. 2.60f. (καὶ ἔπειτα | λευγαλέοι τ’ ἐσόµεσθα), 21.131 (καὶ ἔπειτα κακός τ’ ἔσοµαι), 24.432 (καὶ ἔπειτα κατηφέες ἐσσόµεθ’ αἰεί); ähnl. Il. 15.140. – Zu διαµπερές vgl. 618n. — κ α τ η φ ε ί η κ α ὶ ὄ ν ε ι δ ο ς | ἔ σ σ ο µ α ι : ‘werde Anlaß zu Schimpf und Schande sein, werde zu Schimpf und Schande gereichen’ (synon. Doppelung). Zur Charakterisierung von Menschen durch Abstrakta wie ‘Schande, Unheil, Leid, Freude, Nutzen, Ruhm’ s. PORZIG 1942, 146f.; 3.50– 51n.; zur persönl. Konstruktion mit Prädikatsnomen s. MAWET 1979, 92ff. (am Beispiel von πῆµα); LfgrE s.v. κατηφείη. – Zum Wortfeld ‘Schande’ im fgrE s. HOFFMANN 1914, 37f.; STOEVESANDT 2004, 301f.; bes. zu κατηφείη ‘Blamage’ 3.51n.
500 = 15.428 (Hektor nach dem Tod seines Vetters Kaletor); 1. VH s.u. — Sarpedons Rüstung zu erbeuten gelingt den Griechen erst nach langen Kämpfen (663– 665; vgl. 545, 560). Zum Motiv der Spoliierung s. 6.28n. mit Lit.; ferner PATZER 1996, 172–174. – Sarpedon spielt in den Gesängen 12, 15 und 16 insgesamt eine derart bedeutende Rolle im Kampf um das Schiffslager – in 12.397–399 reißt er die Brustwehr der Lagermauer an einer Stelle komplett ein –, daß er selbstbewußt von sich sagen kann, er sei ‘im Schiffslager’ gefallen (strenggenommen hat sich das Kampfgeschehen seit Patroklos’ Eingreifen vom Schiffslager weg in die Ebene verlagert: 364ff., 394ff.). In diesem Sinn sagt dann auch Patroklos über Sarpedon (558): ‘der als erster die Mauer der Achaier gestürmt hat’ (eine Formulierung, die der Erzähler in 12.438 für Hektor verwendet hatte, der tatsächlich ins Achaierlager einzudringen vermochte; zu Sarpedons Rolle STOEVESANDT 2004, 184f.). Eine ähnliche Gewichtung des Kampfes am Schiffslager gegenüber dem tatsächlichen Verlauf findet sich in 8.475f.: Zeus kündigt einen Leichenkampf um Patroklos ‘bei den Hecks der Schiffe’ an, während Patroklos dann unter den Mauern Troias fallen wird (698ff.), wo der Kampf zunächst auch weitergeht (17.403f.); erst in einer späteren Phase wird es den Achaiern gelingen, den Leichnam in die Nähe des Schiffslagers zu bringen (REICHEL 1994, 91f. 96. 258. 261). – Andere 497 ἐµέ͜ο πέρι: = περὶ ἐµοῦ (R 20.2, 14.1); zur Synizese R 7. 499 ἔσσοµαι: zum -σσ- R 9.1. — ἤµατα: τὸ ἦµαρ = ἡ ἡµέρα. — εἴ κε: = ἐάν (R 24.5).
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Deutungen: FAESI u. LEAF (“a rhetorical reproach: it is more shameful that he should be despoiled just when he has stormed the enemy’s stronghold” [Zitat LEAF]); WILLCOCK u. ACETI 2008, 126 Anm. 303 (gemäß V. 395 habe sich der Kampf tatsächlich wieder zum Schiffslager hin verschoben). τ ε ύ χ ε α σ υ λ ή σ ω σ ι : flektierbare VA-Formel (8× Il.; zudem 5× VE τεύχε’ ἐσύλα 650n., 3× in Formelsprengung), Teil eines ausgefeilten Formelsystems zur Bez. der Spoliierung (HOEKSTRA 1981, 21f.; vgl. 559–560n. τεύχεα … ἀφελέσθαι). — ν ε ῶ ν ἐ ν ἀ γ ῶ ν ι : 239n.
501 = 17.559; 2. VH ≈ 15.695. — Zum Motiv ‘selber etwas tun und auch alle anderen dasselbe (oder etwas Ähnliches) tun lassen’ vgl. z.B. 2.191, 5.482f./485f., 5.822f., 10.108/146, 11.189f./204f., 13.56, 13.230, 15.475, 16.657f., 19.139, 24.156/185, 24.370f. – Aufforderungen zum Standhalten gehören zu den häufigsten Bestandteilen von Kampfparänesen (STOEVESANDT 2004, 300f.). ἀ λ λ (ά ά ): typ. Einleitung der Aufforderung am Ende einer Kampfparänese, vgl. 544 u.ö. (FINGERLE 1939, 127). — ἔ χ ε ο : ‘halte stand’, Med. in dieser Bed. nur hier anstelle des üblichen intrans. Aktivs (dazu 24.27n.): LEAF; LfgrE s.v. 846.33ff.; vgl. ἑστάµεναι κρατερῶς 11.410, 13.56. — ὄ τ ρ υ ν ε : ohne Inf. (wie z.B. 167) oder sc. Σαρπηδόνος ἀµφιµάχεσθαι (495f.). Anders AH (sc. κρατερῶς ἔχεσθαι). — λ α ὸ ν ἅ π α ν τ α : VE-Formel 3× Il., 2× Od.
502–505 Sarpedons Tod hat ein motivisches Vorspiel in der (nicht-tödlichen) Verwundung des Helden im 5. Gesang: 5.694f. wird der Speer aus der Wunde entfernt, 5.696 verläßt die psychḗ (‘Lebenshauch’) Sarpedon, worauf sich Dunkelheit über seine Augen ergießt (= Ohnmacht): 419–683n. – Zum scheinbaren Eindruck, daß Sarpedon nach 485f. in V. 505 “noch einmal” sterbe (WILAMOWITZ 1916, 138; ebenso AH zu 505), s.o. 485n.: eindringliche Darstellung des Todeskampfs. 502 = 855 (Patroklos), 22.361 (Hektor); 1. VH s.u.; 2. VH = 5.553. Periphrast. Formelvers für den Tod der drei Helden Sarpedon, Patroklos, Hektor (419–683n.).
ὣ ς ἄ ρ α µ ι ν ε ἰ π ό ν τ α : flektierbare Rede-AbschlußformelP (Akk./Dat., insgesamt 7× Il./ Od.); Variante: τὸν/τὼ µὲν ἄρ’ ὣς εἰπόντα/-ε 2× Il.; vgl. ὣς εἰπών 210n. — τ έ λ ο ς θ α ν ά τ ο ι ο : formelhafte Wendung (8× Il./Od., wovon 6× wie hier nach der Zäsur B 2; 1× Gen. θανάτου; 6× Il./Od./Hes. θανάτοιο/-ου τέλος oder θανάτοιο τέλοσδε; θανάτοιο τελευτήν ‘Hes.’ Sc. 357). Als Subj. ist die Wendung meistens wie hier mit (ἀµφε)κάλυψεν (5×, vgl. 316n.) oder mit Formen von κιχεῖν (3×) verbunden. – Gemeint ist wohl der ‘endgültige Tod’ (wie ἥβης µέτρον ‘volle Reife’, ἐπὶ γήραος οὐδῷ ‘im hohen Alter’ [24.487n.]), wobei im wesentlichen zwei Grundbedeutungen möglich sind: (1) statisch ‘das Ende(, das) im Tod (besteht), das tödliche Ende’, d.h. θανάτοιο ist gen. qualitatis (od. materiae od. appositivus) (3.309n.; AMBROSE 1965, 51f.; HEUBECK [1972] 1984, 89f.; RUSSO zu Od. 17.476; LfgrE s.vv. θάνατος u. τέλος); (2) dynamisch ‘der Vollzug/Eintritt des Todes’ (AH; K.-G. 1.265; WAANDERS 1983, 48–51; CLARKE 1999, 242f. Anm. 26; ECK 2012, 184f.).
502f. µιν … | ὀφθαλµοὺς ῥῖνάς θ’: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); µιν = αὐτόν (R 14.1). — µιν (ϝ)ειπόντα: zur Prosodie R 4.5. — θ’: = τε. — στήθεσι: zum Plural R 18.2.
Kommentar
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503 2. VH = 13.618 (und ≈ 1. VH von 6.65). — Die Erwähnung von ‘Augen und Nase’ bildet eine singuläre, emphat. Erweiterung zu V. 502 (Enjambement) und wird seit der Antike meist konkret als Verlust der Sehkraft und Aussetzen der Atmung gedeutet (schol. A, D), d.h. sämtliche Lebenszeichen sind erloschen. Am nächsten verwandt ist die geläufige Formulierung ‘Dunkelheit umhüllt die Augen’ (s. dazu 316n.; ähnl. ‘die Augen ergreifen’ 333f., ‘die Augen übergießen’ 344). — Dem gefallenen Gegner auf die Brust zu treten, um die Waffe leichter herausziehen zu können (dazu 504n.), ist zugleich eine Geste des Triumphs: 6.65n. 504 1. VH vgl. 814. — “A common element in wounding scenes, the removal of an embedded weapon is a spectacle for the poem’s audience” (NEAL 2006, 85; s. auch WILLENBROCK [1944] 1969, 59; FENIK 1968, 144; VAN WEES 1996, 55; SHEAR 2000, 53 mit Anm. 445ff.). Das Motiv – Element 7 der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (419–683n.) – bildet den triumphalen Abschluß der Zweikämpfe Patroklos–Sarpedon (hier), Hektor–Patroklos (862f.) und Achilleus– Hektor (22.367f.) und besiegelt den Tod des gefallenen Gegners, so auch 6.64f., 12.394ff., 13.177ff., 13.574f.; gelegentlich besteht gleichzeitig die Absicht, den Gegner zu spoliieren: 5.620f., 13.509ff., 22.367f. (und vielleicht 13.618f.). Ohne unmittelbare Todesfolge erscheint das Motiv in 4.527ff., 5.859, 13.528ff., 16.814, außerdem im Rahmen von Erste-Hilfe-Maßnahmen durch den Verwundeten selbst (11.456ff.) oder durch einen seiner Kameraden (5.112f., 5.694ff., 11.397f.), stets mit Betonung der Schmerzen (518n.), der Blutung oder der Ohnmacht, die mit dem Eingriff verbunden sind (FENIK a.O. 104; NEAL a.O. 85f.). – Die Schilderung, wie die phrénes (dazu 481n.) mit dem Speer zusammen aus dem Körper gerissen werden, gehört zu einer Gruppe von eher ausgefallenen Beschreibungen: “There is an almost baroque magnificence in the physical ruin of Homers’s heroes […]. For Homer the human body is a marvellous network of connecting parts he can pierce or sever or use for pictorial and emotional effects” (VERMEULE 1979, 96f.; ähnl. SAUNDERS 2003, 149; vgl. 404b–410n.). Zu vergleichen sind Darstellungen wie 17.297f. ‘blutige Gehirnmasse lief an der Tülle (d.h. am Speerschaft: 115n.) empor aus der Wunde’, 4.525f. = 21.180f. ‘Gedärme ergossen sich auf den Boden’, 13.507f. = 17.314f. ≈ 14.517f. ‘(die Waffe) ließ die Eingeweide hervorquellen’, 20.418/420 ‘(das Opfer) ergriff die Eingeweide mit den Händen’, 20.470f. ‘die Leber glitt heraus’, 20.482f. ‘Mark spritzte aus den Halswirbeln’ (bei einer Enthauptung): FRIEDRICH 1956, 44ff. (mit Hinweis auf Xen. Anabasis 2.5.33 [ebd. 49]); SAUNDERS a.O. 149ff. 160f. (mit Hinweis auf Ovid Met. 6.250ff.); 14.517n. χ ρ ο ό ς : kann den (verletzlichen) ‘Leib’ in seiner Gesamtheit bezeichnen: 19.27n.; GAVRYLENKO 2012. — δ ό ρ υ : synonym verwendet mit ἔγχος (505), s. 139–140n. — φ ρ έ ν ε ς : hier
504 χροός: = χρωτός. — προτί: = πρός (R 20.1); adv., ‘dazu, zudem’. — αὐτῷ: dem Speer.
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wohl wie in 481 als anatom. Begriff verwendet (s.d.). — ἕ π ο ν τ ο : In 12.395f. ‘folgt’ der Getroffene selbst dem Speer und fällt tot zu Boden (so andeutungsweise auch 13.177–181). 505 Der stilistisch markante Vers setzt den Schlußpunkt in Sarpedons Todeskampf: (a) während die Imperfekte in V. 504 – εἷλκε ‘zog’, ἕποντο ‘folgten’ – den Vorgang des Herausziehens in seinem ganzen Verlauf vor Augen führen (MUTZBAUER 1893, 44), konstatiert der Aorist ἐξέρυσ(ε) ‘zog heraus’ den Vollzug, was (b) durch den Chiasmus 504/505 (εἷλκε δόρυ + φρένες ἕποντο || ψυχήν + ἔγχεος ἔξερυσ’ αἰχµήν) und (c) durch das drastische Zeugma ‘Speerspitze und Leben herausziehen’ zusätzlich unterstrichen wird. Zu (c) vgl. 5.296 u.ö. λύθη ψυχή τε µένος τε (vgl. 332n.), 16.625 u.ö. εὖχος ἐµοὶ δοίης, ψυχὴν δ’ Ἄϊδι (s.d.; LfgrE s.v. ψυχή 1313f.; FAESI; FEHLING 1969, 278f.; WARDEN 1971, 97f.; weitere Belege für Zeugma in der Ilias: 1.533n., 3.73n., 24.8n.; VAN LEEUWEN zu 4.282). — ψ υ χ ὴ ν … ἐ ξ έ ρ υ σ (εε ): Im vorl. Zeugma ist psychḗ wohl lediglich als ‘Leben’ zu verstehen: ‘riß die Lanze heraus und nahm ihm damit das Leben’ (WARDEN a.O.). In anderen Beschreibungen wird die Körperöffnung, aus der die ψυχή entweicht, konkret benannt: 469n. – Für ψυχή sind öfter singuläre Formulierungen belegt (vgl. 453n., 625n., 24.168n.; JAHN 1987, 32ff.); nächste Parallelen: ψυχὴν ἐξ-/ἀφελέσθαι (22.257, 24.754, Od. 22.444).
506–507 Herrenlose Pferde fallen dem Feind (in der Ilias stets den Achaiern) anheim und werden wie jede andere Kriegsbeute i.d.R. durch die Gefährten des Siegers weggeführt: 5.25f., 5.165, 5.323ff., 5.589, 13.400f.; andere Beute: 13.640f., 16.664f., 17.130f. (FENIK 1968, 12; VAN WEES 1986, 288; STOEVESANDT 2004, 228f.). – Die Erbeutung von Sarpedons Gespann durch die Myrmidonen bildet gewissermaßen das Gegenstück zur Tötung des Pedasos durch Sarpedon (466ff.). 506 φ υ σ ι ό ω ν τ α ς : ‘schnaubend’, in 4.227 “vor Ungeduld” (AH z.St.), hier wohl in Panik (507), viell. zugleich als Ausdruck des Widerstands (KRAPP 1964, 144f.; JANKO zu 506–7). 507 2. VH = 371 (s.d.). — φ ο β έ ε σ θ α ι : ‘aufgeschreckt fliehen’ (vgl. 290n.), bei Pferden ‘scheuen, durchgehen’ (KURZ 1966, 31). — λ ί π ο ν ἅ ρ µ α τ ’ ἀ ν ά κ τ ω ν : “This is an example of a formulaic phrase (found in 371 above) used casually, without care for its exact meaning” (WILLCOCK): in 371 verloren die Gespanne deswegen die Wagen, weil die Deichseln brachen; hier ist der Wagen jedoch einfach leer, da Sarpedon und sein Wagenlenker Thrasydemos tot sind (hier zusammen als ἄνακτες ‘Herren, Meister’ bezeichnet [371n.]) – allenfalls müßten die Pferde sich vom Wagen losgerissen haben (LeerstelleP: AH). Solche ‘Unachtsamkeiten’ dürften Zeichen mündlichen Erzählens sein, so z.B. auch 13.423, wo die Achaier den toten Hypsenor, βαρέα στενάχοντα (VE-Formel), ins Schiffslager tragen (JANKO zu 13.419–23; VAN DER VALK 1964, 74f.; ferner COMBELLACK 1965). Weder die antike v.l. λίπεν (gemäß Aristarch 3. Pl. Aor. Pass. [schol. A u. T]) noch die neuzeitl. Konjektur ἅρµα(τ’) ἀνάκτες befriedigen restlos (LEAF; VAN DER VALK a.O.; KURZ 1966, 31 Anm. 43; WEST 2001, 239; zur v.l. vgl. auch SCHW. 1.759, zur Konjektur AH, Anh. z.St.). 505 τοῖο: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17; zur Flexion R 11.2); Gen. entweder possessiv zu ψυχήν oder i.S.v. ἐκ τοῖο zu ἐξέρυσ(ε); gemeint ist Sarpedon. 506 αὐτοῦ: ‘ebenda, an Ort und Stelle’. — σχέθον: poet. Nebenform zu ἔσχον, ‘hielten fest, hielten zurück’. — ἵππους: sc. des Sarpedon. — φυσιόωντας: zur ep. Zerdehnung R 8.
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508–562 Glaukos bittet Apollon um Heilung seiner Wunde und ermahnt die Troer, Sarpedons Leichnam zu retten. Patroklos ruft seinerseits die Griechen dazu auf, den Leichnam zu erbeuten. 508–536 In einer unerwarteten Wendung greift der Erzähler einen Handlungsstrang aus dem 12. Gesang wieder auf (511–512n.), um das ‘Nicht-Handeln’ auf troischer/lykischer Seite zu erklären, nämlich die Verwundung, die Glaukos 12.387ff. durch den Pfeil des Teukros erlitten hat und die ihn jetzt daran hindert, Sarpedon beizustehen (14.426n.; REICHEL 1994, 261; zur “presentation through negation” in V. 509 ‘konnte zur Abwehr des Todes nichts beitragen’ s.o. 130–144n. u. ACETI 2008, 135f.). Erst mit der Heilung wird die Handlungsfähigkeit wiederhergestellt und schlägt die Stimmung ins Positive um (530ff. ‘freute sich … trieb an … ging’). Eine Parallele für diese zweckbestimmte ‘Wiederverwendung’ einer Wunde gibt es im 5. Gesang: Diomedes wird von Pandaros verletzt (5.95ff.), Athene verleiht ihm auf sein Gebet hin Kraft (114ff., freilich ohne ihn zu heilen), Diomedes ist durch seine Wunde geschwächt, die Achaier in Not (780ff.), Athene steigt neben Diomedes auf den Streitwagen und fährt mit ihm in den Kampf (835ff.) – von der Wunde ist nicht mehr die Rede (ERBSE 1961, 172f.: “ein bloßes Hilfsmotiv, das die Fortführung der Handlung in der beabsichtigten Richtung gewährleistet”; vgl. MUELLER [1984] 2009, 78f.). – Glaukos’ Leiden, Gebet und Genesung lassen Sarpedons Tod noch dramatischer erscheinen und leiten eine Wende im Kampf ein, indem dank Glaukos’ Einsatzfähigkeit das Gleichgewicht zwischen Achaiern und Troern wiederhergestellt wird (was wiederum dazu führt, daß der Leichenkampf über längere Zeit hin- und herwogen wird: RetardationP). Zugleich dient die Szene dazu, “to foreground the theme of heroic fellowship: if one has to die in battle, then it is best to die like Sarpedon in the company of a friend” (MUELLER a.O. 58) – umgekehrt wird sich Achilleus den Vorwurf machen müssen, für Patroklos keine Hilfe gewesen zu sein (18.98ff.; MUELLER a.O.; ACETI 2008, 135f. 137). – Der Blickwechsel zur Verliererpartei hat eine Parallele in der Szene nach Patroklos’ Tod 855ff., wo nach dem Herausziehen der Todeswaffe (503ff./862ff.) und der (versuchten) Erbeutung der Pferde (506f./864ff.) ebenfalls die Reaktion der Gegner gezeigt wird, während der siegreiche Held vorübergehend in den Hintergrund tritt (508ff./17.1ff.); vgl. EDWARDS zu 17.9–42. Die Bedeutung der Wunde in der vorl. Passage wird durch die mehrfache Wiederholung einschlägiger Begriffe und Motive unterstrichen: ‘(seel. oder körperl.) Schmerz’ (508, 510b, 516, 518, 524, 528), ‘Wunde’ (511, 517 u. 523 ‘diese schwere Wunde’, 528), ‘(nicht) können’ (509, 515, 519, 520), ‘wehren, helfen’ (509, 512, 522), ‘kämpfen’ (520, 525, 526, 533); viermalige Beschreibung der Wunde und ihrer Heilung (509f., 517ff., 523f., 528f.), zweimalige Wiederaufnahme von Sarpedons Auftrag (495ff. → 524b–526 und 532–536).
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508 Der Vers hat in Syntax und Wortwahl Ähnlichkeiten mit 12.392, wo Sarpedon Schmerz empfindet, als Glaukos verletzt das Schlachtfeld verläßt (Verklammerung der beiden Szenen bei gleichzeitiger Umkehrung der Situation). — α ἰ ν ὸ ν ἄ χ ο ς : Nomen-Epitheton-Formel (52n.). ἄχος bez. einen plötzlichen seelischen Schmerz, einen von Ohnmachtsgefühlen begleiteten Schreckensmoment, oft durch den Tod eines Kameraden (hier Sarpedons) verursacht, Auslöser für eine Gegenreaktion (meist Rache-Angriff, z.B. 13.581ff., 16.581ff., 16.599ff.; hier situationsbedingt das Gebet um Heilung der Wunde): 2.169–171n. mit Lit. (u.a. MAWET 1979, 297). — ἄ χ ο ς γ έ ν ε τ ο : periphrast. Junktur im Vers-Innern, 8× Il./Od.; 13.402ff., 13.417f., 14.458f. u. 14.486f. wie hier gefolgt von einem Ausdruck der inneren Erregung (ὀρίνω; ähnl. 1.188f. µερµήριξεν). — φ θ ο γ γ ῆ ς ἀ ϊ ό ν τ ι : Beide Wörter beziehen sich im fgrE sonst nirgends auf artikuliertes Sprechen oder auf den Inhalt einer Rede, sondern stets auf einen Laut od. eine Stimme und deren Klang und Ausdruckswert (AH; LfgrE s.vv. ἄϊον u. φθέγγοµαι; allg. zu φθογγή/φθέγγοµαι FOURNIER 1946, 231f.; FÜHRER 1967, 26ff.; vom Todesschrei z.B. 10.457, Od. 22.329). Dennoch ist ein ausschließl. Bezug der vorl. Wendung auf Sarpedons Todesschrei in V. 486 (βεβρυχώς) gekünstelt; von der Sache her sind es gerade auch dessen letzte Worte (492–501), die Glaukos aufwühlen und ihm bewußt machen, daß er nichts ausrichten kann (509). – VE ≈ Od. 12.41, 23.326. — ἀ ϊ ό ν τ ι : Ptz. Aor. zu ἄϊον; Präs.-Formen (ἀΐω) sind sekundär (WEST 1998, XX; DELG u. BEEKES). 509 ὠ ρ ί ν θ η δ έ ο ἱ ἦ τ ο ρ : ‘wurde aufgewühlt, wallte auf’, 24.585 von Achill, Od. 17.46f. von Telemach; zu ὀρίνω bei Affekten 24.467n. (meistens in Verbindung mit θυµός, z.B. 280). — π ρ ο σ α µ ῦ ν α ι : An den beiden Parallelstellen 2.238 u. 5.139, wo das Verb im Präsens steht, scheint die Vorsilbe prägnante (additive) Funktion zu haben (LfgrE s.v. ἀµύνω 657.1ff.; vgl. SCHW. 2.509; CHANTR. 2.132): 2.238 (indir. Frage) ἤ ῥά τί οἱ χἠµεῖς προσαµύνοµεν ‘etwas zum (Abwehr-)Kampf beitragen’, 5.139 ἔπειτα δέ τ’ οὐ προσαµύνει ‘weiter abwehren’, hier im (komplexiven) Aorist entsprechend ‘zur Abwehr des Todes beitragen’; abgeschwächt MUTZBAUER 1909, 169: ‘Beistand bringen’.
510–511 Die Darstellung, wie ein Held an einer Wunde leidet, führt zu dessen Erhöhung, vgl. 5.794–798, 11.264–274. Hier wird das Leiden zusätzlich durch eine dir. Rede zum Ausdruck gebracht (517–519n.); s. SALAZAR 2000, 146ff.; NEAL 2006, 27ff. 65ff. – Das Zusammendrücken des Arms gibt eigentlich die natürliche Reaktion des Betroffenen unmittelbar nach seiner Verwundung wieder, wie z.B. 5.795–798 (Diomedes hebt den Schildriemen von seiner Wunde und wischt das Blut ab): SALAZAR 2000, 146. Hier läßt der Erzähler die Wunde gewissermaßen wieder akut werden: der reflexartige Griff zur verletzten Körperstelle ist wohl Ausdruck des Schmerzes, der Glaukos wieder wie im Moment der Verwundung überkommt. Etwas anders FAESI (“vorübergehende Linderung”), AH (“Erleichterung der Schmerzen”); noch konkreter gefaßt bei LEAF: “to relieve the tension of 508 γένετο: zur augmentlosen Form R 16.1. — ἀϊόντι: Ptz. Aor. zu ἀΐω + Gen. ‘etw. hören’. 509 δέ (ϝ)οι ἦτορ: zur Prosodie R 4.3 bzw. R 5.5 (sog. Hiatkürzung). — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — ὅ τ(ε): = kausales oder faktisches ὅτι (vgl. R 22.3).
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the inflamed part, or perhaps to vent his vexation at the wound”, und JANKO: “trying to stop the bleeding (cf. 518f.) and relieve the pain”. – Der ‘denn’-Satz (510b–511) bildet eine Erklärung des Erzählers (255–256n.). τ ε ῖ ρ ε : öfter vom Leiden eines verwundeten Kriegers: NEAL 2006, 28 mit Anm. 43.
511–512 Außerordentlich präzise interne AnalepseP mit wörtlicher Reminiszenz an die Verwundung in V. 12.388 (MUELLER [1984] 2009, 180; RICHARDSON 1990, 95–99 mit Anm. 17 S. 227; DE JONG 2007, 20; spez. in bezug auf die Kämpfe innerhalb der Ilias: HELLWIG 1964, 46f.). 511 2. VH ≈ 4.527, 16.411, 20.288; vgl. auch 1. VH von 12.388. — Teukros, der beste Bogenschütze der Achaier (13.313f.), ist Sohn des Telamon, Halbbruder des Aias (358n.), oft neben diesem im Kampfeinsatz (FM 4). Er tötet im 8. Gesang mehrere Troer und wird von Hektor verwundet; 12.387ff. macht er Glaukos durch einen Pfeilschuß kampfunfähig (worauf hier Bezug genommen wird) und trifft Sarpedon am Schildriemen. Zu den Teukros-Auftritten in der Ilias: LfgrE s.v. ὃ … µ ι ν … β ά λ ε ν : dopp. Akk. wie 5.795, mit οὔτασεν 5.361 (wobei ὅ als effiziertes Obj. oder als innerer Akk. gedeutet werden kann: LfgrE s.v. βάλλω 33.74ff.; SCHW. 2.79; CHANTR. 2.42; vgl. 14.518–519a n., 24.151n.). — δ ή : ‘bekanntlich’ (vgl. 112–113n.). 512 τ ε ί χ ε ο ς ὑ ψ η λ ο ῖ ο : zu ἐπεσσύµενον, wohl als gen. part. aufzufassen, also ‘einen Teil der Mauer bestürmen’, wie πεδίοιο 14.147, 22.26 (vgl. LEAF zu 12.388; SCHW. 2.111f.; CHANTR. 2.58f.); dagegen mit Akk. τεῖχος 12.143. – Zur Nomen-Epitheton-Formel s. 397n. — ὑ ψ η λ ο ῖ ο , ἀ ρ ή ν : Hiat in der Zäsur B 2 ist im fgrE nicht selten: 24.264n. — ἀ ρ ή ν : ‘Schaden, Verderben’, öfter in Verbindung mit einer Form von ἀµύνειν (24.489n.).
513–529 Typische SzeneP ‘Gebet’ mit der Bitte um göttliche Hilfe (231–252n.): (2/3) Verb des Betens u. Nennung der Gottheit (513), ohne (1) Gebetsgeste, viell. weil Glaukos wegen seiner Verletzung nicht in der Lage ist, seine Arme zu erheben (KELLY 2007, 250; die Geste fehlt freilich auch in anderen Gebetsszenen), (4/5) ‘höre, Herr!’, Epiklese mit Nennung von Titel und Kultorten (514–515a), (6) früher erbrachte Leistungen (515b–516, und zwar in etwas anderer Form: 514– 516n.), (7) Wunschbitte mit ausführlicher Darstellung der Not des Betenden (517– 526), zuletzt (8/9) formelhafter Gebetsabschluß (527a) und Reaktion der Gottheit (527b–529). – Das Gebet selbst ist, wie im hom. Epos häufig, dreigeteilt: (A) Anrufung (514–516), mit Scharnier in 515b–516 zu (B) Legitimierung der Bitte (517–522), (C) Bitte (523–526) (1.37–42n.; AUBRIOT-SÉVIN 1992, 199f. 218ff.; JANKO zu 514–26; JAKOV/VOUTIRAS 2005, 116f.). Die Bitte ist ihrerseits dreiteilig (‘heile die Wunde, stille die Schmerzen, gib mir Kraft!’: PULLEYN 1997, 145); in
511 µιν: = αὐτόν (R 14.1). — ἐπεσσύµενον: Ptz. Perf. zu ἐπι-σεύοµαι ‘heranstürmen, -stürzen’, dazu Gen. τείχεος als Richtungsangabe. — ἰῷ: zu ἰός ‘Pfeil’. 512 τείχεος: zur unkontrahierten Form R 6. — ὑψηλοῖο, ἀρήν: zum Hiat R 5.6. — ὑψηλοῖο: zur Flexion R 11.2. — ἑτάροισιν: = ἑταίροις (zur Flexion R 11.2).
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der ausführlichen Legitimierung (B), die durch den wiederholten Ausdruck ‘diese schwere Wunde’ mit der Bitte verklammert ist (517/523), wird die Erwartung einer vollständigen Heilung vorbereitet (REYNEN 1983, 61: “klingt […] geradezu, wie wenn ein Patient einem Arzt bei der Anamnese seine Beschwerden schildert”; AUBRIOT-SÉVIN a.O. 216f.: “plaidoyer”). Die Teile (A) und (C) schließlich sind durch die Wiederholung der Anrede ánax ‘Herr’ miteinander verbunden (514/523, ebenso Od. 5.445/450; s.o. 241n.; AH zu 523; JANKO zu 514–16). 513 1. VH = Od. 7.330; ≈ Il. 19.257. — Zu Apollon als Gott der Troer s.o. 94n. mit Lit. Seine Verbindung zu Lykien (514) ist mehrschichtig: in h.Ap. 179–181 ist er Herr über Lykien (und Mäonien, Milet, Delos), in der Ilias heißt er im Zusammenhang mit Pandaros Lykēgenḗs (4.101/119, wahrscheinl. verstanden als ‘in Lykien geboren’; vgl. 5.105), nachhom. Lýkeios. Unter diesem Titel hat er Kultstätten u.a. in Athen (das sog. Lýkeion/Lyceum mit gleichnamigem Gymnasion) und im lykischen Xanthos (das sog. Lētōon); die darauf basierende Annahme, der Gott und sein Name seien ursprünglich lykischer oder allg. kleinasiatischer Herkunft, ist heute allerdings – aufgrund mangelnder früher Zeugnisse in Lykien – umstritten; pro: BEEKES 2003; BROWN 2004; BEEKES s.v.; contra: FG 5; BRYCE 1990/91; GRAF 2009, 12. 120ff. 132ff.; s. auch ERBSE 1986, 177 mit Anm. 7; ACETI 2008, 135f. Anm. 324. Zur Etym. von Lykēgenḗs WEST 2013a, 257–262 (urspr. viell. ‘mit Licht geboren’, d.h. ‘dessen Geburt von Licht begleitet war’). – Ebenso unklar ist, ob Apollon hier (a) spezifisch als Heilgott angerufen wird oder (b) als (lykischer) Lokalgott; für (a): NILSSON (1940) 1967, 540f.; LASER 1983, 88–90; REUCHER 1983, 323 (“Nothelfer”); für (b): TSAGARAKIS 1977, 39f.; GRAF a.O. 15f. 79–81; WEST 2011, 323. Für (b) spricht Apollons Rolle im 1. Gesang, wo er primär in seiner Funktion als Gott der Insel Chryse und des Priesters Chryses agiert, während die Funktion des Heilgotts im fgrE ausdrücklich Paian (Paiḗōn) zugewiesen ist (zu dessen Verhältnis zu Apollon s. FG 21; GRAF a.O. 81–84; JOUANNA/LAMBRINOUDAKIS 2011, 225f.); vgl. auch 514–516n. ε ὐ χ ό µ ε ν ο ς δ ’ ἄ ρ α ε ἶ π ε ν : Rede-EinleitungP mit variabler Angabe der Sprecherhaltung (3× Il./Od. εὐχόµενος/εὐξάµενος [Iterata], 13× ὀχθήσας); mit 527 ὣς ἔφατ’ εὐχόµενος im Rede-Abschluß wiederaufgenommen (46n.). — ἑ κ η β ό λ ῳ Ἀ π ό λ λ ω ν ι : flektierbare VEFormel (Gen./Dat./Akk., 6× Il., 2× Hes., 4× hom.h.). Das Epitheton wird meist als ‘aus der Ferne treffend’ aufgefaßt: 1.14n. mit Lit.; BEEKES s.v. – Zu Formel-Varianten 94n. (a.E.).
514–516 Die Benennung der Kult- oder Aufenthaltsorte des angerufenen Gottes ist ein typ. Bestandteil der Anrufung, hier in relativischer Prädikation (vgl. 1.37f. [ebenfalls Relativsatz], 3.276 [Partizip], 16.233f. [Attribute, Partizipien]: ADAMI 1900, 242f.; NORDEN 1913, 168f.; BECKMANN 1932, 33. 36f.). Von der Anrufung 513 ἄρα (ϝ)εῖπεν: zur Prosodie R 4.3; ἄρα suggeriert Evidenz, ‘also, ja’ (R 24.1). — ἑκηβόλῳ Ἀπόλλωνι: zur sog. Hiatkürzung R 5.5; Anfangssilbe von Ἀπ. metr. gedehnt (R 10.1).
Kommentar
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einer lokalen Gottheit erhofft sich der Betende eine besondere Wirkung: 24.291n. Die Aufzählung ihrer Aufenthaltsorte beraubt die Gottheit der Möglichkeit, sich dem Gebet zu entziehen (zur Annahme ständiger göttlicher Aufmerksamkeit vgl. 3.277, 24.291: Helios bzw. Zeus sieht alles); solche Aufzählungen sind in nachhom. und auch in anderer idg. Dichtung häufig (ADAMI a.O. 227–229 [Stellensammlung]; AUBRIOT-SÉVIN 1992, 96 mit Anm. 246. 149 mit Anm. 88; WEST 1997, 272; 2007, 322f.; JANKO). – Der Satz ‘du vermagst von überall einen bekümmerten Mann zu (er)hören’ ist eine sog. dynamische Prädikation und bedeutet ‘du bist für mein Anliegen genau die richtige Gottheit’, vgl. 24.334f. (Zeus zu Hermes), Od. 5.25 (Zeus zu Athene): NORDEN 1913, 154. 221; BECKMANN 1932, 38; LATEINER 1997, 254; WEST 1997, 273; 2007, 324. In der Funktion entspricht die Aussage dem Prinzip da quia dedisti (236–238n.): LANG 1974/75, 312. 514 VA = Od. 5.445; 2. VH = 437 (s.d.). — κ λ ῦ θ ι : Gebetsanruf-Formel (1.37n.), korrespondierend mit 527 ἔκλυε (1.43n.); κλυεῖν ‘hören’ impliziert im Gebet ‘erhören’ (LfgrE s.v.; BECKMANN 1932, 25–27; anders MUELLNER 1976, 22 Anm. 11: neutral ‘hören’). — ἄ ν α ξ : in bezug auf Apollon mehrfach sowohl in der Figuren-SpracheP als auch im Erzähler-TextP (YAMAGATA 1997, 8; zu ἄναξ als Gebetsanrede vgl. 233n.). — π ο υ : gehört zur Figuren-SpracheP, hat modale Bedeutung, ‘wohl’ (24.488n. mit Lit.; ferner WAKKER 1997, 229f.). In der Götteranrufung auch beim Iambographen Ananios fr. 1: Ἄπολλον, ὅς που Δ∆ῆλον ἢ Πυθῶν’ ἔχεις … (folgen weitere Ortsnamen) (Hinweis WEST). 515 ε ἶ ς : Das emphatische runover word (EnjambementP) bereitet den Gegensatz zu πάντοσ’ ἀκούειν vor: ‘wo du auch bist – hören kannst du einen Betenden überall’ (MACLEOD zu 24.407; STEINER zu Od. 17.159). Zur sprachl. Erklärung der Form εἶς (bzw. εἰς in V. 538) s. HACKSTEIN 2002, 103ff. (ionische Umgangssprache?). — π ά ν τ ο σ (εε ): dt. ‘von überall (hören)’; Umkehrung der Perspektive (‘Schall kommt überallhin’) wie 4.455 τηλόσε δοῦπον … ἔκλυε, 11.21 πεύθετο … Κύπρονδε … κλέος (2.456n.; LEAF u. KIRK zu 4.455). 516 VE = 13.464, 15.245. — ἀ ν έ ρ ι κ η δ ο µ έ ν ῳ , ὡ ς ν ῦ ν ἐ µ ὲ κ ῆ δ ο ς ἱ κ ά ν ε ι : präzisierender ὡς-Satz mit stammverwandtem Begriff wie in 6.262f.; die Begriffswiederholung hat emphatische u. epexegetische Funktion (zur epexeget. Wiederholung FEHLING 1969, 165f.). – Wie die Fortsetzung des Gebets zeigt, sind in κῆδος ‘Kummer’ sowohl der ‘Schmerz’ wegen der Wunde als auch die ‘Trauer’ um den toten Sarpedon impliziert (ANASTASSIOU 1973, 106; MAWET 1979, 364f.; ähnl. 24.417 [s.d., mit weiteren Parallelen]). — ἀ ν έ ρ ι : Dat. bei verba audiendi (hier ἀκούειν) ist im Gr. sehr selten: ‘auf jn. hören, jm. Gehör schenken’ (24.335n.; CHANTR. 2.70; CORLU 1966, 78); zu ἀκούειν + Gen. s.u. 531n.
517–519 Kein anderer Krieger in der Ilias klagt über seine eigene Wunde; so bittet im 5. Gesang der gleichermaßen verletzte Diomedes Athene mit keinem Wort um 514 κλῦθι, (ϝ)άναξ: zur Prosodie R 5.4; κλῦθι ist 2. Sg. Imp. Aor. 515 εἶς: = εἶ. — ἐνί: = ἐν (R 20.1). — ἀκούειν: mit Dat. ‘hören auf, jm. Gehör schenken’. 516 ἀνέρι: = ἀνδρί; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — κηδοµένῳ, ὡς: zum Hiat R 5.6 (vgl. M 12.2). — ὡς: ‘wie (zum Beispiel)’.
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Heilung, sondern nur um Gelegenheit zur Rache; Glaukos’ Verhalten erscheint dadurch als weniger heroisch, was zur leicht proachaiischen Tendenz des Erzählers paßt (5.95ff.; SALAZAR 2000, 147f.; STOEVESANDT 2004, 122ff.; NEAL 2006, 67ff.; HOLMES 2007, 57f.). Der paratakt. Stil mit den Enjambements, der Häufung von Körperteil-Bezeichnungen und der Wiederholung des Personalpron. ‘mir’ unterstreicht die pathet. Intensität (bes. deutlich im Vergleich mit der Darstellung des Erzählers in 510–512): DI BENEDETTO (1994) 1998, 61f.; vgl. 6.386–389n. 517 ἕ λ κ ο ς … κ α ρ τ ε ρ ό ν : καρτερός/κρατερός nur hier und 523 Epitheton einer ‘schweren’ Wunde, vgl. κρατέρ’ ἄλγεα ‘starke Schmerzen’ 2.721 u.ö. Andere Epitheta zu ἕλκος: κακός 2.723, ἀργαλέος 528 u.ö., λυγρός 19.49 u.ö. (BENVENISTE 1969a, 78f.). Das Epitheton steht wie z.B. 7.299 δῶρα … περικλυτά und 14.66 τεῖχος … τετυγµένον “mit Nachdruck” im Hyperbaton (dagegen 523 καρτερὸν ἕλκος): AH. — µ ὲ ν γ ά ρ : µέν korreliert mit δέ in V. 521 (ἀνὴρ δ’ ὥριστος ὄλωλεν): AH. — µ ο ι : sympathetischer Dativ (348n.).
518 Körperliche Schmerzen eines Helden werden im hom. Epos nur bei nicht-tödlichen (vorübergehend zu Kampfunfähigkeit führenden) Verletzungen und dann meist im Moment ihrer Linderung ausdrücklich thematisiert, z.B. 4.191, 11.268: die Betreffenden beweisen eine gute Kriegsmoral (BENARDETE 1968, 15; NEAL 2006, 27ff.; vgl. 504n.). Darüber hinaus gehören Blutung (518f.) und Schweregefühl (Lähmung, 519) zu den typ. Elementen einer nicht-tödlichen Verletzung. ὀ ξ ε ί ῃ ς ὀ δ ύ ν ῃ σ ι ν ἐ λ ή λ α τ α ι : metaphorisch wie vom Schlag einer Waffe (das Attribut im wörtl. Sinn z.B. 317 ὀξέϊ δουρί, das Verb z.B. 338 ἤλασεν), ähnl. 5.399 κῆρ ἀχέων, ὀδύνῃσι πεπαρµένος, von seel. Schmerz 9.3 πένθεϊ δ’ ἀτλήτῳ βεβολήατο πάντες (vgl. 9.9, Od. 10.247), 19.125 τὸν δ’ ἄχος ὀξὺ κατὰ φρένα τύψε: LfgrE s.v. ἐλαύνω 518.54ff. (“Sonderfall”); MAWET 1979, 42f. Die vorl. Nomen-Epitheton-Formel noch 11.268/272 (im Gleichnis mit βέλος ὀξύ); zu ὀξύς bei physischem Schmerz s. 19.125n.; MAWET a.O. 41f.
519 Zur Darstellung von Blutungen in der Ilias ausführl. NEAL 2006, 45ff.; HOLMES 2007, 60ff.; bes. zur Stillung (wörtl. ‘Trocknung’) der Blutung vgl. 11.267/848. β α ρ ύ θ ε ι : vom innerlichen Schweregefühl, ‘ist erlahmt’; ebenso 11.583f., 20.480, mit anderem Verb (νάρκησε) 8.328f. (AH; LfgrE s.v. βαρύνω; vgl. 19.164–165n.). 520 σ χ ε ῖ ν ἔ µ π ε δ ο ν : entweder ‘sicher (auf ein Ziel) richten’ (AH; MUTZBAUER 1873, 79) oder eher ‘fest anpacken (und dann halten)’ wie 107 (Aias) ἔµπεδον αἰὲν ἔχων σάκος (MADER 1970, 69: “man sieht förmlich, wie Glaukos schon beim einfachen Versuch, die Lanze zu ergreifen, zurückzuckt”; LfgrE s.vv.). — ο ὐ δ ὲ µ ά χ ε σ θ α ι : flektierbare VE-Formel (7× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’); anstelle von οὐδέ auch µηδέ oder ἠδέ (11× Il., 1× Od.), anstelle 517 τόδε: ‘diese (Wunde) hier’, nämlich am Arm. — καρτερόν: = κρατερόν. — ἀµφί: ‘ringsum’ (sc. um die Wunde), d.h. ‘überall’. — χείρ: ‘Arm’, = 510 βραχίων. 518 ὀξείῃς ὀδύνῃσιν: zur Flexion R 11.1. — ἐλήλαται: Perf. Pass. zu ἐλαύνω, ‘ist geschlagen, getroffen, durchbohrt’. — οὐδέ: im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 519 τερσῆναι: intrans. Inf. Aor. zu τερσαίνω, ‘trocknen, trocken werden’. — βαρύθει: ‘beschwert, gelähmt sein’. — ὑπ’ αὐτοῦ: d.h. ‘unter der Wirkung, infolge der Wunde (ἕλκος)’.
Kommentar
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des Verbs auch Adj./Subst. µαχήµων/µαχητής (4× Il./Od.). Meist in redundanten Formulierungen (z.B. πολεµίζειν ἠδὲ µάχεσθαι 2.121 u.ö.; HAINSWORTH, Introd. 18f.), hier jedoch viell. als Klimax: ‘ich kann die Waffe nicht führen, geschweige denn mitkämpfen’. 521 2. VH ≈ 24.384 (Hektor; vgl. 17.689 Patroklos). — ἐ λ θ ώ ν : prägnant ‘auf einen Hilferuf hin kommen, persönlich kommen’, hier mit µάχεσθαι ‘hingehen und kämpfen’ i.S.v. ‘aktiv in den Kampf eingreifen’ (vgl. LfgrE s.v. ἐλθεῖν 535.44ff., 536.42ff., 537.68ff.). — δ υ σ µ ε ν έ ε σ σ ι ν : Figuren-SpracheP (3.51n.). — ἀ ν ὴ ρ δ ’ ὥ ρ ι σ τ ο ς : Die Verbindung von generischem ἀνήρ + Attribut mit präzisierendem Eigennamen zu Beginn des nächsten Verses (EnjambementP, hier 522 Sarpedon) ist eine rhetorisch wirkungsvolle epische Stilfigur (19.122n.), im 16. Gesang auch 570f., 798f., 806f. – Zu emphatischem ἄριστος mit Artikel (oft im Zusammenhang mit dem Tod eines Helden) s. EDWARDS 1984, 66–71; 24.242n.
522 1. VH = 5.683. — Glaukos kennt Zeus’ Bemühungen um Sarpedons Leben (431ff.) und dann um seinen Leichnam (666ff.) nicht; seine bittere Klage ‘Zeus steht nicht einmal seinem eigenen Sohn bei’ ist Ausdruck seiner eigenen momentanen inneren Verfassung. Letzten Endes hat Glaukos freilich recht: Sarpedon mußte sterben (BASSETT 1938, 135f.). Allg. zu Invektiven von Figuren gegen Götter 2.111–115n.; DE JONG zu Il. 22.14–20 u. RUTHERFORD zu Od. 20.201 (Lit.). Δ∆ Δ∆ιι ὸ ς υ ἱ ό ς : Epitheton von Sarpedon auch 5.672/675 (Akk.) und 5.683 (Nom. wie hier), sonst meist von Apollon (1.9, 1.21, 5.105 u.ö.; VE-Formel Δ∆ιὸς υἱὸς Ἀπόλλων 720n.) und Herakles (14.250n.). — ᾧ π α ι δ ὶ ἀ µ ύ ν ε ι : ἀµύνω ‘beistehen’ wird i.d.R. mit dem Dat. der Person konstruiert; die v.l. οὗ παιδός, wiewohl von Aristarch unterstützt (schol. A; MATTHAIOS 1999, 599f.), ist in der Überlieferung schlecht bezeugt (VAN DER VALK 1964, 162f.; JANKO; für Gen. LEAF; vgl. CHANTR. 2.56/70f.; unten 561n.); analoger Fall in 18.171 (s.d.). 523 ἀ λ λ ὰ σ ύ : VA-Formel, meist in Aufforderungen (1.127n.; bes. zu ἀλλά im letzten Teil einer Rede 2.360n.). — σ ύ π ε ρ : d.h. ‘wenn Zeus schon nichts unternimmt, so wenigstens du’ (36–45n. mit Lit. a.E.). — ἄ ν α ξ : 514n. — τ ό δ ε κ α ρ τ ε ρ ὸ ν ἕ λ κ ο ς : vgl. 517n. 524–525 κ ο ί µ η σ ο ν : metaphorisch ‘beruhigen, stillen’; in dieser Verwendung im fgrE noch 12.281 (Winde), Od. 12.169 (Wellen), nachhom. u.a. Sophokles Philoktet 650 (Wunde). In der Gebetserhörung (Erzähler-TextP) durch παῦσ’ ὀδύνας wiedergegeben (528). — δ ό ς : naturgemäß häufige Gebetsformulierung (MORRISON 1991, 153 Anm. 26; PULLEYN 1997, 218; JAKOV/VOUTIRAS 2005, 118). — κ ρ ά τ ο ς : ‘körperliche Kraft’ und damit (wie meist im fgrE) ‘Kraft zum Kämpfen’; in Verbindung mit δίδωµι auch 17.562 sowie – mit der Im521 δυσµενέεσσιν: Dat. zu µάχεσθαι; zur Flexion R 11.3. — ὥριστος: = ὁ ἄριστος (R 5.3). 522 ὅ: sc. Zeus (demonstr.-anaphor. Pron.: R 17). — οὐδ’ ᾧ: οὐδ(έ) = ‘nicht einmal’; ᾧ ist Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4); zur Prosodie R 4.6 (Digamma von ᾧ nicht berücksichtigt, eigtl. aus *swos, vgl. lat. suus). — παιδὶ ἀµύνει: zum Hiat R 5.7. 523 περ: einschränkend (R 24.10). — µοι, ἄναξ: zur Prosodie R 4.6 (vgl. 514n.). — ἄκεσσαι: Imp. Aor. zu ἀκέοµαι ‘heilen’; zum -σσ- R 9.1. 524 ὄφρ(α): final (R 22.5). 525 κεκλόµενος: reduplizierter Aor. zu κέλοµαι ‘antreiben, ermahnen, zurufen’. — ἐποτρύνω: das Akk.-Objekt ist aus ἑτάροισιν … Λυκίοισιν zu ergänzen.
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plikation ‘Überlegenheit, Sieg’ – 11.319, 13.743, 15.216, 20.121 (Subjekt ist stets eine Gottheit); vgl. BENVENISTE 1969a, 75f.; BREUIL 1989, 20–22. 49. — ὄ φ ρ (α α ) …: ‘complex prayer’ mit Angabe eines Zwecks (242–245n.). — ἑ τ ά ρ ο ι σ ι ν | κ ε κ λ ό µ ε ν ο ς : typ. Vokabular für die Einleitung einer Kampfparänese (vgl. 268n.). – Zum VA κεκλόµενος + Dativ vgl. 11.91, 15.353; der Dativ Λυκίοισι(ν) ist seinerseits an 6 von 8 Stellen mit einer Form von κέλοµαι verbunden (z.B. 421). — ἐ π ο τ ρ ύ ν ω π ο λ ε µ ί ζ ε ι ν : Variante zu ἐποτρύνει µαχέσασθαι (16.690, 17.178, 20.171) u. ἐποτρύνοντα µάχεσθαι (13.767, 17.117, 17.683), alle am VE. — V. 525 ist ein Vier-Wort-Vers, im Enjambement (s.o. 125–126n.). 526 ≈ 565. — ἀ µ φ ὶ … µ ά χ ω µ α ι : 496n. a.E. — ν έ κ υ ι : Zur Diphthongierung des -υι (ebenso 24.108) s. CHANTR. 1.50. — κ α τ α τ ε θ ν η ῶ τ ι : (eigtl. redundantes) Epitheton zu νέκυς/νεκρός (12× Il./Od., vgl. 18.173n.). Zur Form mit -ηω- s. G 95; CHANTR. 1.430f.
527–531 Die Wiederherstellung eines verwundeten Kriegers durch eine Gottheit wird in der Ilias viermal geschildert: 5.95–143 (Diomedes, von Pandaros getroffen, betet zu Athene, wird von ihr gestärkt [s. 508–536n.]), 5.445–448/512–516 (Aineias, durch Apollon entrückt, wird von Artemis u. Leto gepflegt), 15.239–262 (Hektor, in 14.409ff. von Aias getroffen, erholt sich allmählich, wird von Apollon wieder gestärkt), 16.508ff. (Glaukos betet zu Apollon, der seine Wunde umgehend heilt); s. FENIK 1968, 21f.; MUELLER (1984) 2009, 118f.; SALAZAR 2000, 135f. – Die vorliegende ‘Wunderheilung’ ist im Prinzip lediglich die beschleunigte Variante einer normalen ärztl. Behandlung (Wundversorgung, Schmerzstillung) und dient dem Erzähler dazu, die betroffene Figur für den nächsten Kampfeinsatz wieder verfügbar zu machen (SAUNDERS 2003, 134; vgl. SALAZAR a.O. 136). Dazu paßt, daß Apollon hier wohl als ‘aus der Ferne wirkend’ gedacht ist, während in 5.95ff. u. 15.239ff. Athene bzw. Apollon persönlichen Beistand leisten (KULLMANN 1956, 89 Anm. 2; NEAL 2006, 94 Anm. 92; KELLY 2007, 253). “Die Scheidelinie zwischen dem schlechthin Wunderbaren und dem, was nur fast oder vielleicht wunderbar ist, läßt sich in der Ilias nicht scharf ziehen. Viele göttliche Eingriffe stehen hart an der Grenze, eben noch diesseits oder gerade schon jenseits. Und wenn die Grenze überschritten wird, so treten wir damit noch nicht sofort in eine völlig fremde Welt”: FRÄNKEL (1951) 1962, 79; vgl. unten 793–804n. 527 = 1.43, 1.457; weitere Iterata: 249n. — Φ ο ῖ β ο ς Ἀ π ό λ λ ω ν : VE-Formel (32× Il., 2× Od., 4× Hes., 12× hom.h.; außerdem 1× hom.h. im Vers-Innern). Die flektierten Varianten stets am VA (Gen. Φοίβου Ἀπόλλωνος 10× fgrE, Akk. Φοῖβον Ἀπόλλωνα 2× fgrE), ferner Nom. Ἀπόλλων Φοῖβος im Vers-Innern (700n.); s. HIGBIE 1990, 183–187. – Zur Bed. des Beinamens Phoibos s.u. 667–668n.
528–529 Im fgrE wird eine Gebetsbitte i.d.R. umgehend erfüllt (MORRISON 1991, 148. 150; JANKO zu 508–31; vgl. 249–252n.). Hier wird die Erfüllung aller drei 526 κατατεθνηῶτι: zur Form R 3. 527 ὥς: = οὕτως. — ἔφατ(ο): 3. Sg. Impf. zu φηµί; zum Medium R 23.
Kommentar
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Einzelbitten konstatiert (MORRISON a.O. 148 mit Anm. 15): Schmerzen gestillt 524a/528a, Wunde geheilt 523b/528b–529a, Kraft wiederhergestellt 524b/529b. 528 2. VH = 11.812 (u. VA 528 = 11.813). — α ὐ τ ί κ α : zum asyndet. αὐτίκα bei der Erfüllung einer Bitte 2.442n. — π α ῦ σ ’ ὀ δ ύ ν α ς : geläufige Wendung für ‘Schmerzen stillen’, vgl. 4.191, auch t.t. im Corpus Hippocraticum (MAWET 1979, 49f.). — ἀ ρ γ α λ έ ο ι ο : 109n.
529 Daß eine Gottheit einem Helden Kraft o.ä. – hier ménos i.S.v. ‘Energie, Elan’ – einflößt, ist ein typisches ep. Motiv vor Schlachtbeginn (z.B. 2.450–452), im Kampf (z.B. 5.1–3) und/oder nach einem Gebet wie hier (DARAKI 1980, 9; LOUDEN 2006, 18f.; NEAL 2006, 38–40. 92–94; vgl. 2.451b–452n. [dort bes. auch zur zugrundeliegenden Doppelten MotivationP], 19.37n.). α ἷ µ α µ έ λ α ν : Nomen-Epitheton-Formel am VA u. im 3. Metron (4× Il., 1× ‘Hes.’ Sc.); Variante: µέλαν αἷµα 8× fgrE an versch. Vers-Positionen (sowie 1× in Formelsprengung [7.262]; ähnl. αἰνὸν ἄχος/ἄχος αἰνόν 52n.). Blut wird im Griechischen meist als ‘dunkel’ bezeichnet (1.303n.; Stellensammlung: NEAL 2006, 296). Das Epitheton evoziert (a) konkret den Kontrast zwischen (dunklerem) Blut und (hellerer) Haut und (b) metaphorisch den ‘dunklen, düsteren’ Tod: µέλας θάνατος 687n., θανάτου µέλαν νέφος 349–350n., πορφύρεος θάνατος 333–334n. (LfgrE s.v. µέλας 99.43ff. mit Lit.). — µ έ ν ο ς … ἔ µ β α λ ε θ υ µ ῷ : Die Aussage ‘Gottheit verleiht Energie’ weist im fgrE vielfältige Ausprägungen auf: 5.513 ἐν στήθεσσι µένος βάλε ποιµένι λαῶν, 10.366 µένος ἔµβαλ’ Ἀθήνη, 11.11/14.151/ 21.304 σθένος ἔµβαλ’ ἑκάστῳ/Ἀθήνη, 17.451 ἐν γούνεσσι βαλῶ µένος ἠδ’ ἐνὶ θυµῷ, 21.547 ἐν µέν οἱ κραδίῃ θάρσος βάλε. Andere Verben mit µένος als Obj.: ἐνίηµι (656n., 19.37n.), ἐµπνέω (19.159n.), ὄρνυµι (2.451b–452n.), τίθηµι (21.145 u.ö.). Lit.: KULLMANN 1956, 72–79; MUGLER 1963, 42f. 176–180; bes. zur Verwendung von ἐµβάλλω 19.88n.; zu µένος ‘Energie’ 332n.; zur Austauschbarkeit der seelisch-geistigen Instanzen (θυµός, κραδίη, στήθεα, φρένες) 2.451b–452n.; JAHN 1987, 44 mit Anm. 56. — ἔ µ β α λ ε θ υ µ ῷ : VEFormel (3× Il., 2× Od., 3× h.Ven. [Stellen: 3.139n.]; mit Präs.-Stamm ἐµβάλλεο/-ετε θυµῷ 2× Il., 1× Od.), i.d.R. im Zusammenhang mit Affekten und Erkenntnissen/Ratschlägen.
530 ≈ 22.296; von der Zäsur A 3 an ≈ 1.333, 8.446, ferner h.Ap. 375. Zur vielfältigen Verwendung des Verses s. 1.333n. mit Lit., ferner KELLY 2007, 336f. — Glaukos’ ‘Erkenntnis’ und ‘Freude’ beruhen auf der Wahrnehmung der göttlichen Einwirkung wie 119 ‘Aias erkannte … und ihn schauderte’ (s. 119–122a n.), hier jedoch mit positiver Reaktion ‘freute sich’ wie sonst oft bei einem Omen – so bes. 24.314–321 u. Od. 20.102–121 nach einem Gebet – oder nach persönlichem Zuspruch durch die Gottheit (Il. 22.224, Od. 24.545); weitere Stellen bei LATACZ 1966, 71. 74f. 150; s. auch JONES 1996, 110 mit Anm. 11; DE JONG zu Il. 22.224.
529 τέρσηνε: hier trans. (vgl. dagegen 519n.). — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — οἱ … θυµῷ: σχῆµα καθ’ ὅλον καὶ κατὰ µέρος im Dat. (vgl. R 19.1); οἱ = αὐτῷ (R 14.1). 530 ἔγνω (ϝ)ῇσιν: zur Prosodie R 4.4; ᾗσιν ist Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4; zur Flexion R 11.1). — ἐνί: = ἐν (R 20.1).
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ᾗ σ ι ν ἐ ν ὶ φ ρ ε σ ί : in Verbindung mit Verben des Erkennens möglicherweise mit prägnanter Bed.: ‘mit eigenem Verstand, von selbst’. “Auch ohne daß Apollon erscheint und die Erhörung seiner Bitte ankündigt, erkennt Glaukos allein durch die physischen Phänomene, die er an sich wahrnimmt, das Wirken des Gottes” (JAHN 1987, 239; ähnl. Stellen: 1.333 [s.d.], 22.296, 24.563 [s.d.]). — γ ή θ η σ έ ν τ ε : Das Verb bez. die “frohe Genugtuung” über die göttl. Hilfe (LATACZ 1966, 144ff., bes. 145f.). Zur Junktur Aorist + τε am VE s.o. 119n.
531 Der Satz gibt den Inhalt von Glaukos’ Erkenntnis und den Anlaß seiner Freude wieder: Sekundäre FokalisationP (DE JONG [1987] 2004, 110ff. mit Anm. 34); Signale: ‘schnell’, ‘der große Gott’, ‘erhörte’ (dasselbe Verb wie 515 in dir. Rede). ο ἱ … ἤ κ ο υ σ ε … ε ὐ ξ α µ έ ν ο ι ο : Dativobjekt bei ἀκούω ist zwar in V. 515f. eindeutig belegt (516n.), das vorl. Pron. οἱ kann aber – wie µοι in κλῦθί µοι – genetivische Funktion haben, so daß es mit εὐξαµένοιο kongruiert: WACKERNAGEL (1924) 1928, 77f.; allg. zu genetiv. οἱ/µοι 1.37n.; SCHW. 2.189f.; MEIER-BRÜGGER 1986. Anders (οἱ Dat., εὐξαµένοιο gen.abs.): AH; CHANTR. 2.70, 322f. — µ έ γ α ς θ ε ό ς : von Apollon auch 5.434 (Diomedes achtet ihn nicht), 19.410 (Urheber von Achills Tod). µέγας scheint dabei kontextbezogen zu sein: ‘mächtig’. Zu ‘groß’ als Götter-Epitheton 19.409–410n.; BISSINGER 1966, 64ff.
532–547 Die Schilderung, wie Glaukos das Heer in Bewegung setzt, ist klimaktisch aufgebaut: zuerst richtet er sich kollektiv an sein engstes Umfeld (Lykier; indirekte Rede), danach individuell an einzelne Troer und Dardaner (Namensliste; vgl. 535–536n.), darunter bes. Hektor (Kampfparänese in direkter Rede, stellvertretend für seine Ermahnungen an alle davor Erwähnten). Zur ‘narrativen Verfügbarkeit’ der Anführer mitten im Durcheinander der Schlacht s. JORDAN 1905, 99: “Der Dichter befiehlt; sie sind da” (ähnl. die Götter und Götterboten: 431–432n.). 532–533 ≈ 495f. (s.d.). — Die vorl. summarische Darstellung (‘trieb an’, ohne dir. Rede) wird durch den dritten Teil der Rede an Hektor (544–547) exemplifiziert. 534 Das weite Ausschreiten ist in der Ilias stets ein demonstratives Zeichen von Mut und Stärke (KURZ 1966, 136; BREMMER 1991, 16f.), hier wohl vom Selbstbewußtsein (oder gar Sendungsbewußtsein) des genesenen Glaukos (anders, wenn auch mit Vorbehalt, LfgrE s.v. βιβάς: “Ausdruck der Eile”). µ ε τ ὰ Τ ρ ῶ α ς : sonst nur in der VE-Formel µετὰ Τρῶας καὶ Ἀχαιούς (6× Il.: 3.264n.; Variante: µετὰ Τρῶας µεγαθύµους 10.205). — µ α κ ρ ὰ β ι β ά σ θ ω ν : flektierbare VE-Formel (Nom. 13.809, 15.676 u. hier; Akk. µακρὰ βιβάντα 3.22 [s.d.]); βιβάσθων ist wohl eine künstliche Nom.-Bildung am VE (neben µακρὰ βιβάς/βιβᾶσα 5× Il./Od. im Vers-Innern), viell. in Analogie zu 468 θυµὸν ἀΐσθων (PISANI 1943/44, 535–537; FRAENKEL 1952, 144f.; SHIPP [1953] 1972, 90). Zur Verwendung des Suffixes -θω SCHW. 1.703f.; RISCH 278f. 531 ὅττί (ϝ)οἱ: zur Prosodie R 5.4; zum -ττ- in ὅττι R 9.1. — ὦκ(α): ‘rasch’. 532 πρῶτα: = πρῶτον ‘zuerst’. 534 αὐτὰρ ἔπειτα: ‘aber dann, und dann’ (progressiv: R 24.2). — µετά + Akk. (Kollektivbegriff): ‘(mitten) in … hinein, (mitten) unter’. — κίε: Präteritum eines defektiven Verbs mit der Bed. ‘gehen’. — µακρά: Adv., ‘weit’.
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535–536 Polydamas, Agenor, Aineias und Hektor bilden sozusagen die Führungselite der Troer (inkl. Glaukos und Sarpedon). Polydamas und Agenor sind troische Unteranführer, deren Väter Panthoos bzw. Antenor beide dem troischen Ältestenrat angehören (FM 9; STOEVESANDT 2004, 174–176; zu Polydamas’ Rolle in der Ilias s. auch 18.249–253n., zu Panthoos 3.146n.). Aineias, Sohn von Anchises und Aphrodite, ist Anführer der Dardaner und gilt als zweiter Mann in Troia nach Hektor (FM 8; 2.820n.; STOEVESANDT 2004, 189–192). Zu Hektor s.o. 114–115n. – Die vier Genannten kommen in der Ilias noch zweimal gemeinsam vor: in 11.57–59 stellen sich die Troer unter ihrer Führung (ergänzt durch zwei Brüder des Agenor) zur Schlacht auf, und in 14.425f. beschützen Polydamas, Agenor und Aineias (samt Glaukos und Sarpedon) den von einem Stein getroffenen Hektor (14.425 ≈ 16.535 [14.425–426n.]); zu einer ähnlichen Gruppierung s. 306–357n. Zur gemeinsamen Nennung von Aineias und Hektor vgl. 6.75–80n. Ἀ γ ή ν ο ρ α δ ῖ ο ν : Nomen-Epitheton-Formel am VE (hier und 11.59, 13.490; ähnl. Ὑψήνορα δῖον 5.76) sowie nach der Zäsur B 2 (21.545); im Nom. δῖος Ἀγήνωρ (3× Il., stets am VE), analog θυµὸς ἀγήνωρ (26× fgrE) und καὶ ἀγήνορα/ι θυµόν/ῷ (24.42, Od. 11.562). — β ῆ δ ὲ µ ε τ (ά ά ): VA-Formel, stets gefolgt von einem oder mehreren Eigennamen im Akk. (5× Il.); außerdem 4× Il./Od. am VE βῆ δὲ µετ’ ἄλλους/ἄλλας/αὐτούς. — Α ἰ ν ε ί α ν τ ε κ α ὶ Ἕ κ τ ο ρ α : flektierbare Junktur, im Dat. an gleicher Vers-Position 6.75 u. 17.758, im Vok. am VA 6.77, im Nom. am VA 17.513 u. 17.534 (mit Umkehrung der Namen: Ἕκτωρ Αἰνείας τ(ε)), schließlich mit Sperrung der Namen 17.754 (Αἰνείας τ’ Ἀγχισιάδης καὶ φαίδιµος Ἕκτωρ). — Ἕ κ τ ο ρ α χ α λ κ ο κ ο ρ υ σ τ ή ν : 358n.
537 = 4.203, 13.462, 14.356, Od. 4.25, 17.552, 22.100; ≈ (fem. Sg.) Il. 4.92, 5.123, 18.169, 22.215, 22.228 (ähnl. Od. 10.377); ≈ (fem. Pl.) h.Cer. 112; ≈ (anderes Prädikat) Od. 17.349; zur 2. VH s.o. 6n. — Die nahe Position signalisiert Vertrautheit zwischen Sprecher und Adressat: “introduces intimate, secretive, or (feigned) affectionate words” (DE JONG zu Il. 22.215; ähnl. KURZ 1966, 95); hier wird die Eindringlichkeit unterstrichen, mit der Glaukos sein Anliegen vorträgt (vgl. 6.75n.). ἀ γ χ ο ῦ δ ’ ἱ σ τ ά µ ε ν ο ς : flektierbare VA-Formel (mask./fem.: 18× Il., 6× Od., 2× h.Cer.), stets mit einem Verb des Sagens in der 2. VH (Rede-EinleitungP); vgl. KURZ 1966, 87f.
538–683 “Almost all of the action from Π 538 to the end of Ρ is sustained by a sixfold […] repetition of the same pattern of Trojan rebuke (or consultation), charge and repulse. Moreover, this six-fold repetition occurs, with only one exception (16.721), in connection with a fight over the body of a fallen warrior” (FENIK 1968, 205: sog. ‘rebuke pattern’; die erwähnten Wiederholungen: 16.684ff., 17.1ff., 17.132ff., 17.319ff., 17.533ff.). Die Elemente dieser Typisierten Ereignis535 Πουλυδάµαντ’ ἔπι: = ἐπὶ Π. (R 20.2); Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 536 µετ(ά) + Akk. (Individuum): ‘hinter … her, zu … hin’. 537 ἱστάµενος (ϝ)έπεα: zur Prosodie R 4.5. — προσηύδα: als persönl. Objekt erg. αὐτόν.
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sequenzP: (1) Erfolg der Griechen (hier namentlich die Tötung Sarpedons); (2) Glaukos (oder Apollon) tadelt Hektor (oder Aineias) (538–547); (3) Hektor leitet einen Gegenangriff ein (548–553a); (4) die Griechen sammeln sich, z.T. unter Mithilfe des Aias, zum Widerstand (553b–562); (5) die Troer vermögen die Griechen zunächst zurückzutreiben (563–580); (6) nach hin- und herwogendem Kampf können die Griechen den Leichnam für sich gewinnen (581–665; hier greifen Zeus und Apollon ein und überführen Sarpedons Leichnam nach Lykien: 666–683). Oft wird der Kampf durch plötzliche Dunkelheit beeinträchtigt (hier 567f. [s.d.]) (FENIK a.O. 49f. 53. 159f. 205f. 209f.; JANKO zu 534–61). 538–562 Zwei aufeinanderfolgende Kampfparänesen der beiden Kriegsparteien (die eine an die Griechen, die andere an die Troer gerichtet) leiten einen dramatischen Moment im Schlachtgeschehen ein: 11.276–279/286–290, 15.486–499/502–513, 17.220–232/238–245+248–255, 20.354–363/366–372 u.a. (FINGERLE 1939, 86. 118; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 84f.). Der Bezug der beiden vorl. Reden aufeinander wird durch die strukturelle und inhaltliche Parallelität unterstrichen: (a) Anrede und Hinweis auf die dringende (538/556 nýn ‘jetzt’) Notwendigkeit einzuspringen (540 epamýnein, 556 amýnesthai), (b) aktuelle Situation: Sarpedon ist gefallen (541/558 ‘liegt tot da’), (c) Aufforderung zum Handeln (544/559 eingeleitet mit allá, gefolgt vom Motiv ‘Spoliierung und Schändung des Leichnams’; am Ende der beiden Reden 547/561 je eine Wendung für ‘mit der Waffe töten’): LOHMANN 1970, 124f.; RABEL 1997, 161; JANKO zu 538–47; Weiteres zu parallel gebauten Reden in 2.188–206n., 19.286–339n. Dabei ist anzunehmen, daß die beiden Reden und die damit verbundenen Heeresbewegungen in der Vorstellung des Erzählers gleichzeitig stattfinden; die beiden Handlungsstränge (532–553a/553b–562) vereinigen sich 563f. (LOHMANN a.O. 129f.; RICHARDSON 1990, 225ff. Anm. 14). 538–547 Tadelnde Kampfparänese des Glaukos (zum Typus s. 421–425n.; vgl. auch BELFIORE 2009, 19–24). Der Anredewechsel (538/544) dient wie auch sonst “als rhetorisches und kompositorisches Mittel” (LOHMANN 1970, 51 Anm. 89; vgl. schol. bT zu 544; FINGERLE 1939, 124; 2.225–242n., 19.185–197n., 24.56–63n., 24.725–745n.): der gezielte Tadel an Hektor (538ff.) führt über das argumentative Scharnier im Mittelteil (541ff.) zum allgemeinen Kampf-Appell an die Troer am Ende der Rede (544ff.; Kampfparänesen werden im fgrE regelmäßig mit Aufforderungen abgeschlossen: FINGERLE a.O. 126). Die lobende Charakterisierung Sarpedons läßt Hektors Verhalten als um so tadelnswerter erscheinen und soll die Troer um so stärker zur Gegenwehr motivieren (MARTIN 1989, 74: “juxtaposition of praiseworthy foil with blameworthy addressee”; BELFIORE a.O. 20). Zu Inhalt und Dreiteilung der Rede s. LOHMANN a.O. 124f.; ACETI 2008, 138f.; zum zentralen Thema der Kampfpärenese, dem Schutz des Leichnams, s.o. 492–501n. – Hektor als größter Held der Troer ist öfter Zielscheibe von Kritik, vgl. die unten
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538–540n. erwähnten Parallelen (6.75–80n.; BASSETT 1938, 186; FARRON 1978, passim [Zusammenfassung 55ff.]; STOEVESANDT 2004, 200f.). 538–540 In schwierigen Kriegslagen manifestieren sich Spannungen im Verhältnis zwischen dem obersten Heerführer und den Bundesgenossen, sei es auf gr. Seite (namentlich zwischen Agamemnon und Achilleus), sei es bei den Troern (namentlich zwischen Hektor und den Lykiern). Wiederkehrende Motive in den Auseinandersetzungen sind die weite Anreise der Bundesgenossen, ihre lange Abwesenheit von Hause, ihr selbstloser Einsatz zugunsten anderer und der geringe Lohn, der für sie dabei herausschaut (bis hin zum Gefühl, vom Heerführer im Stich gelassen zu werden). Glaukos wiederholt die vorliegende Kritik in 17.142–168 (vgl. MOULTON 1981); Parallelen finden sich naturgemäß in den Reden des Achilleus an Agamemnon und des Sarpedon an Hektor 1.149–168 bzw. 5.472–492. Lit.: KIRK zu 5.471; FENIK 1968, 51f. 169; DONLAN 2002, 157f. 159. 161–163; vgl. 2.762n. 538 ν ῦ ν δ ή : emphatisch, mit der Implikation ‘jetzt ist es so weit gekommen’ oder ‘das haben wir nun davon’ (vgl. 2.284n., 24.641n.). — λ ε λ α σ µ έ ν ο ς ε ἰ ς : schwerer Vorwurf, vgl. 5.834 (Athene wirft Ares vor, entgegen seiner Zusage die Achaier vergessen, d.h. im Stich gelassen zu haben), 23.69 (der Totengeist des Patroklos wirft Achilleus vor, er habe ihn vergessen). Das periphrast. Perfekt unterstreicht möglicherweise den Vorwurf (zum urspr. expressiven Charakter des periphrast. Perf. s. K.-G. 1.38f.; SCHW. 1.811f.).
539 2. VH (vom 3. Metron an) = 11.817, Od. 19.301, 24.290, h.Ap. 526. — Zum pathetischen Motiv ‘fern der Heimat’ s.o. 461n.; zur belastenden Trennung der Troia-Kämpfer von ihren Familien vgl. 2.136–137a n. ο ἳ σ έ θ ε ν ε ἵ ν ε κ α : variierbare VA-Formel (οἵ/οὕς/καί, σέθεν/ἕθεν: hier und 3.128, Od. 19.377, 23.304). — π α τ ρ ί δ ο ς α ἴ η ς : flektierbare VE-Formel (2.140n.; vgl. 832n.).
540 2. VH vgl. 13.109. — Im Vorwurf ‘du willst nicht helfen, bist nicht bereit zu helfen’ zeigt sich Glaukos’ starke Erregung: er unterstellt Hektor Vorsätzlichkeit oder zumindest Versagen. θ υ µ ὸ ν ἀ π ο φ θ ι ν ύ θ ο υ σ ι : ‘sie zehren ihr Leben auf, verlieren ihr Leben’, vgl. Od. 15.354 θυµὸν ἀπὸ µελέων φθίσθαι sowie die Wendungen in 410n. (mit Lit.). – φθινύθω ist reguläre Bildung aus φθίν(ϝ)ω + Suffix -θω (RISCH 271; TUCKER 1990, 350f.; LfgrE s.v.; zum Suffix vgl. 534n. a.E.). — σ ὺ δ (έέ ): nimmt σέθεν wieder auf, mit adversativer Funktion: AH. — ο ὐ κ ἐ θ έ λ ε ι ς : ‘du zeigst keine Bereitschaft’; negiertes ἐθέλειν steht öfter für fehlenden Kampfeinsatz (6.522–523a n.). — ἐ π α µ ύ ν ε ι ν : ‘zu Hilfe kommen, bei der Verteidigung helfen’; ἀµύνειν ist ein geläufiges Stichwort in Kampfparänesen, vgl. 556, 561. 541 ≈ 5.647; 2. VH s. 490n.; zur Füllung eines Verses durch die Bezeichnung einer Figur mittels Apposition vgl. 126n. — κ ε ῖ τ α ι Σ α ρ π η δ ώ ν : “Asyndeton gives bad news maxi538 λελασµένος εἰς: periphrastisches Perfekt (εἰς = εἶ), ‘du denkst nicht (mehr) an’. 539 σέθεν εἵνεκα: = σοῦ ἕνεκα (R 15.1, 10.1). — φίλων: ‘die Ihren, Angehörigen’. 541 ἀσπιστάων: zur Flexion R 11.1.
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mum impact”, fast wie eine – fettgedruckte und mit Ausrufezeichen versehene – Schlagzeile in der Zeitung (JANKO zu 541–7; ebenso AH u. 18.20–21n.); vgl. κεῖται ἀνήρ 5.467 u. 16.558 (ebenfalls in Kampfparänesen) und weitere Beispiele bei LOHMANN 1970, 125 mit Anm. 53. – Zu κεῖται ‘ist gefallen, liegt tot da’ s. 485n.
542 Die beiden Begriffe ‘Urteile’ und ‘Stärke’ stehen für eine erfolgreiche Tätigkeit als (ziviles) Staatsoberhaupt und (militär.) Heeresführer, nach innen und nach außen, in Friedens- und in Kriegszeiten, vgl. 3.179 ‘guter König und starker Lanzenkämpfer’ (s.d.), ferner Od. 19.109ff., Hes. Op. 225ff., h.Cer. 150–152 (schol. b; AH; JANKO zu 541–7; LfgrE s.v. σθένος 113.12ff.; MADER 1970, 216f.; VAN WEES 1992, 82; ACETI 2008, 139). ε ἴ ρ υ τ ο : Plpf. in der Funktion eines Impf. zu ἔρυµαι ‘schützen, bewahren’ (24.499n.). — δ ί κ ῃ σ ι : im Pl. konkret ‘die Rechtssprüche, Urteile’, kollektiv “die in solchen Entscheidungen sich manifestierenden Prinzipien: ›Recht, Gerechtigkeit‹” (LfgrE s.v. 303.78ff.), vgl. h.Cer. 151f. κρήδεµνα πόληος | εἰρύαται βουλῇσι καὶ ἰθείῃσι δίκῃσιν, Od. 3.244 περίοιδε δίκας ἠδὲ φρόνιν; s. LfgrE a.O. 303.72ff.; oben 388n. (dort Sg. Δ∆ίκη, personifiziert); 19.179–180n. — σ θ έ ν ε ϊ ᾧ : σθένος bed. im fgrE grundsätzlich ‘Körperkraft, physische Stärke’, kann aber auch die Bed. ‘Führungsstärke’ oder konkret ‘Heeresmacht’ annehmen (18.274n.; DE DECKER 2014, 121). Possessives ὅς geht auf *su̯ os zurück: σθένεϊ ᾧ = ⏖ – – (24.36–37a n., mit Parallelen).
543 Die Ausdrucksweise ‘ein Gott (hier Ares) tötet X durch die Hand oder Waffe des Y (hier Patroklos)’ beruht auf der hom. Vorstellung, daß göttliches Wirken und menschliches Handeln zusammenfallen können (6.228n. mit Lit.; oben 103n.). Während die namentliche Nennung des verantwortlichen Gottes im ErzählertextP selbstverständlich ist (so 13.434 Poseidon, 22.446 Athene; ähnl. Formulierungen in 15.613f., Od. 18.155f., beide Male erneut Athene), ist sie hier in der Figurenrede ungewöhnlich, zumal Ares in der vorliegenden Szene als Person gar nicht in Erscheinung tritt. So bezeichnet Hektor, als er in einer ähnl. Wendung von seinem Tod ‘unter den Händen der Achaier’ spricht, allgemein ‘die Götter’ als Urheber (6.368: Jörgensens PrinzipP), während Zeus (22.175f.) und Achilleus (22.270f.) konkret Athene nennen (Achilleus ist durch Athene selbst entsprechend informiert worden). In einer weiteren Parallelstelle bittet Menelaos Zeus um Unterstützung bei der Rache an Paris (3.351f.: ‘Zeus, … bezwing ihn [sc. Paris] unter meinen Händen!’). Vor diesem Hintergrund ist die Nennung des Ares hier wohl als rhetorisch aufzufassen, möglicherweise als Bestreben des Glaukos, Patroklos’ Leistung beim Sieg über Sarpedon zu schmälern (Hinweis VAN DER MIJE); ‘Ares’ steht dabei auf der Schwelle zum metonym. Gebrauch (dazu 2.381n., 6.203–204n.). – Der Name ‘Patroklos’ fällt hier wie selbstverständlich; der Erzähler führt das mit dem
542 ᾧ: Poss.-Pron. der 3. Person.
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Waffentausch verbundene Motiv der Täuschungsabsicht (Patroklos in Achills Rüstung) nicht weiter (dazu ausführlich 278–283n.). – Zum Verb ‘bezwingen’ 103n. ὑ π ὸ Π α τ ρ ό κ λ ῳ : Zu ὑπό ‘unter der Wirkung, unter dem Einfluß von’ s.o. 384n. — χ ά λ κ ε ο ς Ἄ ρ η ς : VE-Formel (5× Il.); an den übrigen Stellen (5.704/859/866, 7.146) eindeutig von Ares in persona (ähnlicher Befund bei θοῦρος Ἄρης 24.498n.). Prosod. Variante: ὄβριµος Ἄρης 613n. – χάλκεος bed. ‘erzgewappnet’, vgl. χαλκοκορυστής/-χίτων (358n.). 544–545 Verse mit ähnl. Wortstellung (zwei Verben chiastisch in der Vers-Mitte, Zäsur B 2).
544 2. VH ≈ 2.223, 17.254, Od. 1.119, 4.158. — Zur Solidarität mit einem gefallenen Kameraden s. 496n. Zum Anredewechsel 538–547n. ἀ λ λ ά : 501n. — φ ί λ ο ι : hier Anrede an eine ausgewählte Gruppe von Mitstreitern (genannt in 534–536) wie 2.56 (Rat der gr. Heerführer) u. 13.481 (Namensliste 478f.). Zu dieser und weiteren Verwendungen des Vok. φίλοι s. KAKRIDIS 1963, 8ff.; OPELT 1978, 181– 184. — ν ε µ ε σ σ ή θ η τ ε δ ὲ θ υ µ ῷ : parenthetisch, sozusagen πάρστητε untergeordnet; νεµεσ(σ)άω bez. hier u. 17.254f. (ähnl. Zusammenhang), Od. 2.64, 2.138 (Verhalten der Freier) die Empörung über das eigene Verhalten und dessen mögliche Folgen, fast = ‘schämt euch!’, ähnl. der ebenfalls paränet. Ausruf αἰδώς 422n. (v. ERFFA 1937, 33f.; VERDENIUS 1945, 49f.; CAIRNS 1993, 83ff.; 2003, 35f.; BELFIORE 2009, 22f.; LfgrE). Zu νέµεσις 22n.
545 2. VH = 19.26. — Die in Sorge vorweggenommenen Handlungen entsprechen den typischen Reaktionen eines siegreichen ep. Helden im Anschluß an die Tötung eines Gegners, vgl. 559f. mit wörtlichen Anklängen (Sarpedons Leichnam wird durch die Griechen keine Entstellung im eigentlichen Sinn erleiden, sondern nur durch die heftigen Kämpfe um ihn herum in Mitleidenschaft gezogen werden: 638–640). Zur gängigen (in der Ilias meist aber wie hier nur befürchteten oder angedrohten) Verunstaltung eines Leichnams s. 24.22n. ἀ π ὸ τ ε ύ χ ε ’ ἕ λ ω ν τ α ι : flektierbare Junktur, sonst stets am VE (559–560n.).
546–547 Glaukos verdeutlicht die Gefahr für Sarpedons Leichnam, indem er auf die zunehmende Heftigkeit der Kämpfe am 3. Kampftag hinweist (ACETI 2008, 140f.); gleichzeitig dürfte die Hervorhebung der eigenen Übermacht eine anspornende Wirkung auf die Adressaten der Rede haben (Hinweis VAN DER MIJE). – Aus der alleinigen Erwähnung der Myrmidonen läßt sich schließen, daß diese seit ihrem Wiedereintritt in den Kampf bes. aus der Sicht der betroffenen Lykier als die Hauptakteure auf gr. Seite gelten (vgl. 564). – Zum Zorn als Begründung für Rache s.o. 320n.; vgl. bes. 398 ‘Patroklos nahm Rache für viele’, 24.736–738 ‘aus Zorn …, weil sehr viele Achaier unter Hektors Händen umgekommen sind’.
544 πάρστητε: = παράστητε (R 20.1). 545 µὴ ἀπό: zum Hiat R 5.7; ἀπό in Tmesis zu ἕλωνται (R 20.2). — τεύχε’ ἕλωνται: zum Hiat R 5.1. — ἀεικίσσωσι: zum -σσ- R 9.1. 546 Δ∆αναῶν: gen. causae zu κεχολωµένοι. — κεχολωµένοι: intensivierendes Perfekt.
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Ilias 16
547 ≈ 21.135; 1. VH ≈ 201 u.ö. (s.d.). — τ ο ὺ ς … ἐ π έ φ ν ο µ ε ν : epexegetischer Relativsatz nach 546 ὅσσοι ὄλοντο (AH); mit ‘wir’ sind wohl nicht bloß die Lykier, sondern alle Troer und Bundesgenossen gemeint (JANKO). – Zum redupl. Wurzelaor. ἐπέφνοµεν 339n.
548–553a Glaukos’ Rede zeigt Wirkung; die Reaktion der Troer auf die Nachricht vom Tode Sarpedons folgt einem typischen Muster: (1) Affekt (hier 548 ‘Trauer’), (2) Handlungsimpuls (hier 552f. Gegenangriff); vgl. FENIK 1968, 163 (“response to bad news”); ACETI 2008, 142; 2.142n., 18.22n. 548 κ α τ ὰ κ ρ ῆ θ ε ν : wohl eine Umdeutung von *κατ’ ἄκρηθεν ‘von oben (bis unten), zur Gänze’ > ‘vom Kopf herab’ (vermeintlich zu κάρη ‘Kopf’); weitere Belege: Od. 11.588 (die Früchte über Tantalos’ Kopf), Hes. Th. 574, h.Cer. 182 (die mit einem Kopftuch bekleidete Pandora bzw. Demeter), ‘Hes.’ fr. 23a.23 M.-W. (Artemis träufelt Ambrosia über Iphigenies Haupt), außerdem ἀπὸ κρῆθεν ‘Hes.’ Sc. 7 (Alkmenes Ausstrahlung). An der vorl. Stelle ist ein konkreter Bezug auf den Kopf weniger zwingend, da πένθος sonst in den üblichen Seele-Geist-Instanzen wie φρένες, κραδίη, στήθεα, θυµός lokalisiert wird (abweichend: Il. 11.249f. κρατερόν ῥά ἑ πένθος | ὀφθαλµοὺς ἐκάλυψε κασιγνήτοιο πεσόντος). Umgekehrt bezeichnet die urspr. Form κατ’ ἄκρης in der Ilias stets die ‘komplette’ Zerstörung Troias (24.728–729a n.), während Od. 5.313 eine Welle ‘von oben’ über Odysseus hereinbricht (ἔλασεν µέγα κῦµα κατ’ ἄκρης). So sind hier letztlich beide Bedeutungen nicht auszuschließen: (a) ‘vom Kopf her’, (b) ‘gänzlich’. Für (a) Aristarch (schol. A); CHANTR. 2.113; WEST 2001, 239 (“the Trojans had heads but not ἄκραι”); für (b) LEUMANN 1950, 56–58 (‘entsetzlich’); LfgrE s.v. ἄκρηθεν (“‘gänzlich’ in gefühlsbetonter Steigerung”); JANKO zu 548–53 (‘utterly’); CASTELLANETA 2012, 20f. Ausführl. Diskussion bei LEJEUNE 1939, 58. 81ff.; REECE 2009, 249ff.; CASTELLANETA a.O. – Die Form *κατ’ ἄκρηθεν verhält sich zu κατ’ ἄκρης wie ἀπ’ οὐρανόθεν zu ἀπ’ οὐρανοῦ u.a. (zum Suffix -θεν s. G 66). — λ ά β ε π έ ν θ ο ς : Zum Verb des Ergreifens/Befallens (nur hier bei πένθος) vgl. 22n., 30n. Mit πένθος ist ‘der Schmerz, die Trauer’ über Sarpedons Tod gemeint.
549–551 Die Hervorhebung der bedeutenden Rolle Sarpedons in der troischen Allianz bildet eine AnalepseP; sie dient dazu, den gegenwärtigen heftigen Affekt der Troer verständlich zu machen (RICHARDSON 1990, 103 mit Anm. 29 S. 228; ACETI 2008, 142; vgl. 24.6–8n.). Entsprechend gibt es Signale für Sekundäre FokalisationP: den auf das logische Subj. bezogenen Dat. σφισιν (‘für sie’, impliziert ‘aus ihrer Sicht’) u. das figurensprachliche ἀλλοδαπός (550n.); ähnliche subjektiv gefärbte Passagen: 460f., 531, 24.27–30, 24.85–86 (alle mit n.); vgl. STOEVESANDT 2004, 184 Anm. 562. – Zur Häufung von Enjambements und kurzen Satzgliedern als Ausdruck von Emotionalität und Betriebsamkeit hier und in den folgenden Vv. (552–555) s. KIRK 1976, 165f.; HIGBIE 1990, 118–120; BAKKER 1997, 155; vgl. oben 335–341n. Außerdem sind die beiden Vv. 549 u. 550 rein daktylisch.
549 1. VH ≈ 2. VH von 5.892. — Der Ausdruck ‘Stütze der Stadt’ hat eine Parallele in Od. 23.121: die (im Freierkampf ermordeten) jungen Leuten auf Ithaka. Die 547 τούς: demonstr.-anaphor. Pronomen in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5).
Kommentar
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Auszeichnung eines Helden als ‘Stütze, Pfeiler, Bollwerk’ einer Gemeinschaft ist eine verbreitete ep. Metapher (SCHMITT 1967, 282f.; WEST 2007, 454f.), so etwa auch von Achilleus 1.283f. und von Aias 6.5 (s.d.) u. Od. 11.556. – Zu Sarpedons Bedeutung im Troianischen Krieg vgl. 419–683n., 558n. ἄ σ χ ε τ ο ν , ο ὐ κ ἐ π ι ε ι κ τ ό ν : dieselbe Epitheton-Verbindung auch 5.892 (vom µένος der Hera und ihres Sohns Ares; vgl. MAWET 1979, 270f.). Zu ἄσχετος ‘unwiderstehlich, überwältigend’ s. 24.707–709n. (24.708 πάντας γὰρ ἀάσχετον ἵκετο πένθος). οὐκ ἐπιεικτός bed. wahrscheinlich ‘unnachgiebig, unbezwinglich’ (zu ἐπι-(ϝ)είκω; im fgrE stets negiert): LfgrE; FRISK; GRAZ 1965, 97 Anm. 3; KELLY 2007, 89f.; andere Deutung bei BLANC 2012, 82ff.: aus ἐπι-hεκτός (zu ἔχω) ‘unaufhaltbar’. — ἕ ρ µ α π ό λ η ο ς : metaphor. Verwendung des seemännischen t.t. ἕρµατα ‘Stützbalken’ (zur Stabilisierung eines aufs Land gezogenen Schiffs: 1.486n.), also ‘Stütze, Stützpfeiler der Stadt’. Zur persönl. Konstruktion mit Prädikatsnomen vgl. 498–499n.; bes. zur häufigen prädikativen Verwendung der Substantive auf -µα 3.50–51n. mit Lit. 550 VE ≈ 661. — ἔ σ κ ε : 225n. — ἀ λ λ ο δ α π ό ς : gehört zur Figuren-SpracheP (im fgrE außer hier immer in direkter Rede), ‘aus einem anderen Land stammend’ (3.48n.).
551 1. VH = 2.578 (und VA außerdem = 13.492, 13.710); 2. VH (von der Zäsur B 2 an) = 6.460, 11.746, 16.292, 17.351. — Die Qualifikation als ‘Bester im Kampf’ ist Teil des ep. Adelskodex: 292n. 552 1. VH (bis Zäsur C 2) ≈ 12.106 (ῥ’ statt δ’, nach vorangehendem Nebensatz). — ἰ θ ὺ ς Δ∆α Δ∆ α ν α ῶ ν : ‘geradewegs auf die Danaer zu, gegen die Danaer’, vgl. 584 ἰθὺς Λυκίων (nach 582 ἴθυσεν), 602 ἰθὺς … αὐτῶν. Zum präpositionalen ἰθύς s. 24.471n. — λ ε λ ι η µ έ ν ο ι : ‘voll Begier, eifrig, fest entschlossen’ (4× Il., stets in kriegerischem Kontext); isoliertes Ptz. Perf. mit ungeklärter Etym.: WACKERNAGEL (1920) 1926, 169; TICHY 1983, 230f. Anm. 7; HAINSWORTH zu 12.106; BEEKES. — ἦ ρ χ ε δ ’ ἄ ρ ά σ φ ι ν : VE = Od. 24.9, außerdem nach der Zäsur A 3 4× Il., 1× h.Ap. – Variante ἦρχε δ’ ἄρ’ Ἕκτωρ (VE) 13.136, 15.306, 17.107, 17.262 (HIGBIE 1990, 75f.). — ἄ ρ ά σ φ ι ν : zum Akzent WEST 1998, XVIII.
553–554 Zum Zorn als Motivation für Rache s.o. 320n. Zur Satzstruktur vgl. 4.514f. αὐτὰρ Ἀχαιοὺς | ὦρσε Δ∆ιὸς θυγάτηρ κυδίστη Τριτογένεια, 13.154 ὦρσε θεῶν ὥριστος, ἐρίγδουπος πόσις Ἥρης, 16.126 ὄρσεο, διογενὲς Πατρόκλεις ἱπποκέλευθε (ähnl. 18.170); zur Füllung des Verses durch die Umschreibung eines Eigennamens vgl. 126n. — α ὐ τ ὰ ρ Ἀ χ α ι ο ύ ς : flektierbare VE-Formel (22× Il.): 19.63n.; ähnl. αὐτὰρ Ἀχιλλεύς (124n.). — Μ ε ν ο ι τ ι ά δ ε ͜ ω Π α τ ρ ο κ λ ῆ ο ς : Zur Bevorzugung die549 σφίσιν: = αὐτοῖς (R 14.1). — πόληος: Gen. zu πόλις (R 11.3). 550 ἔσκε: ἦν (R 16.5); Subjekt ist Sarpedon. — καὶ … περ ἐών: = καίπερ … ὤν (R 24.10, 16.6). — πολέες: = πολλοί (R 12.2). — ἅµ(α): mit Dat. ‘zusammen mit’. 551 ἐν: adverbiell, ‘darunter, unter ihnen’. — ἀριστεύεσκε: Iterativform (R 16.5). 552 βάν: = ἔβησαν (R 16.1–2). — σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1). 554 ὦρσε: Aor. zu ὄρνυµι. — Μενοιτιάδε͜ω Πατροκλῆος: zur Flexion R 11.1 bzw. 11.3; zur Synizese R 7.
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ser Lesart (statt Μενοιτιάδαο Πᾰτροκλῆος) s. WEST 2001, 239f. 246; allg. zum ion. Gen. -εω G 40. Zur Nomen-Epitheton-Formel oben 420n. — Π α τ ρ ο κ λ ῆ ο ς λ ά σ ι ο ν κ ῆ ρ : archaisch wirkende Umschreibung des Eigennamens, mit λάσιον κῆρ auch von Pylaimenes 2.851 (s.d.; allg. oben 189n.). Die behaarte Männerbrust dürfte Stärke symbolisieren, wobei die Behaartheit dann auf κῆρ als inneres Organ übertragen ist, vgl. dt. ‘Haare auf den Zähnen haben’ (1.189n.; KÖRNER 1929, 27f.; TREU 1955, 34f.). Wie sehr die Assoziation der Stärke hier mitgehört wurde (SULLIVAN 1996, 13: “energetic eagerness for battle”; vgl. prägnantes Ἀχιλλῆος ὀλοὸν κῆρ 14.139), muß offen bleiben.
555 = 13.46. — Sowohl der Große als auch der Kleine Aias sind im 16. Gesang bereits hervorgetreten: der Große Aias (Sohn des Telamon) erhielt zu Beginn des 16. Gesangs bis zuletzt die Verteidigung der gr. Schiffe aufrecht (102ff.; s. 102– 123n.) und traf später noch einmal auf Hektor (358ff.); der Kleine Aias (Sohn des Oïleus) reüssierte 330ff. gegen Kleobulos (Androktasie-Szene; s. 330n.). Innerhalb der Sarpedon-Episode haben die beiden Aias jedoch, trotz Patroklos’ Kampfparänese, keinen Auftritt mehr: sie bilden hier das würdige Pendant zu Hektor als dem Adressaten der Kampfparänese des Glaukos 538ff. (WEST 2011, 323f.; vgl. oben 538–562n.); außerdem werden sie öfter gemeinsam – oder auch nur der Große Aias allein – in Notsituationen zu Hilfe gerufen: 11.465ff., 12.354ff., 17.120ff., 17.508ff. (JANKO zu 554–5 mit Verweis auf das auch hier vorliegende sog. ‘rebuke pattern’ [538–683n.], in dem Aias regelmäßig eine Rolle spielt). Α ἴ α ν τ ε π ρ ώ τ ω : Asyndeton ist in Sätzen mit πρῶτος wiederholt belegt: 1.105, 13.91, 24.710 u.a. (NÄGELSBACH 1864, 275; JANKO zu 13.46). — Α ἴ α ν τ ε : Der Dual bezeichnet i.d.R. die beiden Helden namens Aias (Sohn des Telamon bzw. des Oïleus): 2.406n. mit Lit.; ferner JANKO zu 13.46; NAPPI 2002; WEST 2011, 270. — µ ε µ α ῶ τ ε κ α ὶ α ὐ τ ώ : flektierbare VE-Formel (3× Il.; außerdem 1× σπεύδοντα καὶ αὐτόν [8.293]; καὶ αὐτός i.S.v. ‘schon von sich aus’). Wiederaufgenommen im Rede-AbschlußP 562: καὶ αὐτοὶ ἀλέξασθαι µενέαινον (s.d.).
556–561 Zum Aufbau der Kampfparänese des Patroklos und den Parallelen zur vorangehenden Rede des Glaukos vgl. 538–562n.; sie hat außerdem mehrere Gemeinsamkeiten mit der Rede Poseidons (in Gestalt des Kalchas) an die beiden Aias im 13. Gesang: Rede-Einleitung 555 = 13.46, ‘Aias und Aias, ihr beide …’ 556 ≈ 13.47, Aufforderung zur Tapferkeit 557 ≈ 13.48, Angriff der Troer über die Lagermauer hinweg 558 ≈ 13.50. 556 Α ἴ α ν τ ε , ν ῦ ν : Die Längung eines kurzvokal. Auslauts vor νῦν ist auch 15.99, 22.303, 23.602 und Od. 4.685 belegt; vgl. M 4.6. — φ ί λ ο ν ἔ σ τ ω : Wie das Attribut φίλος selbst (82n.) enthält die Wendung φίλον ἐστίν eine possessive und eine affektive Nuance: ‘etwas ist jm. eigen’ bzw. ‘etwas ist jm. lieb’, oft im Sinne einer charakterlichen Neigung: ‘ist typisch für jn.’ (1.107n., 14.69n.) – was in gewisser Weise auch hier vorliegt: der Abwehr555 Αἴαντε πρώτω …: Akk. Dual. — µεµαῶτε: Ptz. zu µέµονα ‘streben, eifrig sein’. 556 σφῶϊν: ‘euch beiden’ (R 14.1).
Kommentar
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kampf ist eine Stärke vor allem des Großen Aias (vgl. 102–123n.). Mit dem Imp. ἔστω bed. die Wendung hier viell. ‘macht es zu eurer Sache, es sei in eurem Interesse’ (‘placeat’: LA ROCHE; ‘Beschluß’: FRÄNKEL [1951] 1962, 91f.; ‘vestri esto’: ROSÉN [1967] 1984, 34; vgl. die versch. Übersetzungsvorschläge zu ähnl. Stellen im LfgrE s.v. φίλος 948.28ff.).
557 1. VH ≈ Od. 11.394; VE ≈ 19.33. — Die Erinnerung an frühere Erfolge soll zu Höchstleistungen anspornen, vgl. 4.264, 13.228, 17.720f.: “Appell, sich selbst zu übertreffen” (LfgrE s.v. ἀρείων 1224.64; ähnl. STOEVESANDT 2004, 298f.). ο ἷ ο ί π ε ρ π ά ρ ο ς ἦ τ ε …, ἢ κ α ὶ ἀ ρ ε ί ο υ ς : prädikative Bestimmung zu dem in ἀµύνεσθαι enthaltenen Subjekt (σφώ ‘ihr beide’, aus σφῶϊν zu entnehmen): ‘euch ebenso ⟨tapfer⟩ zu wehren wie früher oder noch tapferer’ (AH); ἀρείους ist wohl (prädikativer) Akk. zu ⟨σφὼ⟩ ἀµύνεσθαι. — ἦ τ ε : Analogiebildung zu ἦµεν (statt ἦστε): SCHW. 1.677; CHANTR. 1.287; WEST 2001, 240. — µ ε τ ’ ἀ ν δ ρ ά σ ι : i.S.v. ‘die Tapfersten unter den Männern’ (492n. zu πολεµιστά). — ἀ ρ ε ί ο υ ς : Die kontrahierten Komparationsformen (-ω, -ους) sind im hom. Epos wiederholt vertreten, wenn auch insgesamt seltener als die unkontrahierten (-ονα, -ονες/ας): CHANTR. 1.255.
558 von der Zäsur A 4 an = 12.438 (von Hektor). Die (an sich schon bedeutende) Rolle Sarpedons im Kampf um das Schiffslager im 12. Gesang (wo er die Brustwehr der Lagermauer einreißt) wird im Rückblick überhöht, s.o. 500n. “Die leichte Ungenauigkeit mag rhetorischen Zwecken dienen […]. Die Erinnerung an den Mauersturm ist zweifellos dazu angetan, Aias in höchste Kampfbereitschaft zu versetzen; denn in dieser Situation hat der ‘Zweitbeste der Achaier’ in Sarpedon einen seiner stärksten Gegner gefunden”: STOEVESANDT 2004, 186f. (ähnl. schol. bT); weitere Diskussion bei HAINSWORTH zu 12.438; ANDERSEN 1990, 30; ACETI 2008, 144. – Wie Glaukos 541f. die Bedeutung Sarpedons für seine eigenen Leute (die Lykier) hervorgehoben hat, tut dies Patroklos jetzt aus der Sicht der Griechen; zu dieser Verschiebung der Perspektive s. DE JONG (1987) 2004, 151f. κ ε ῖ τ α ι ἀ ν ή ρ : 541n. — ἐ σ ή λ α τ ο : Aor. zu εἰσ-άλλοµαι ‘(die Mauer) stürmen’. Die vorl. Aoristbildung nur hier und im Iteratvers 12.438 (sowie im Konj. 11.192/207 u. 21.536), sonst stets Wurzelaor. ἄλτο (HAINSWORTH zu 12.438). — τ ε ῖ χ ο ς Ἀ χ α ι ῶ ν : Nomen-Epitheton-Formel am VE und vor der Zäsur C 2 (7× bzw. 3× Il.).
559–560 Patroklos erweist die Befürchtungen des Glaukos in V. 545 indirekt als berechtigt (s.d. zum Umgang mit dem getöteten Gegner): Erhöhung der Spannung. Σ α ρ π η δ ώ ν : emphat. VA-Position im Enjambement. — ἀ λ λ ’ ε ἴ µ ι ν ἀ ε ι κ ι σ σ α ί µ ε θ ’ : Wunschsatz mit εἰ als mildere Form eines Befehls oder, wie hier in der 1. Person, als Absichtserklärung: ‘auf, laßt uns ihn entstellen!’, vgl. den Adhortativus in ähnl. Zusammenhang 5.467/469 κεῖται ἀνὴρ … ἀλλ’ ἄγετ’ ἐκ φλοίσβοιο σαώσοµεν (24.74n. mit Lit.; TA557 οἷοί περ: περ steigernd (R 24.10), ‘gerade/genau so beschaffen, wie …’. — ἀρείους: Nom. (= ἀρείονες), Komparativ zu ἄριστος: ‘besser, stärker, tapferer’. 559 εἰ … ἀεικισσαίµεθ(α): Wunschsatz; zum -σσ- R 9.1. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). 560 ὤµοιϊν: Gen. Dual zu ὦµος ‘Schulter’ (vgl. R 18.1).
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1951, 115f.). – ἀλλά steht häufig bei Aufforderungen am Ende von Reden und markiert so den Übergang zum Handeln (2.360n.). — τ ε ύ χ ε ά τ ’ ὤ µ ο ι ϊ ν ἀ φ ε λ ο ί µ ε θ α : Die Ausdrucksweisen für die Aussage ‘Rüstung von den Schultern abnehmen’ sind im fgrE sehr vielfältig: im 16. Gesang ἀπό τ’ ὤµων τεύχε’ ἕληται 650 (s.d.), ἀπ’ ὤµοιϊν Σαρπηδόνος ἔντε’ ἕλοντο 663 (s.d.), ἀπ’ ὤµων τεύχε’ ἕλοντο 782 u.ö. (Iterata s.d.); ohne Nennung der Schultern 500, 545. Allg. zum Formelsystem der Spoliierung HOEKSTRA 1981, 21f. — ὤ µ ο ι ϊ ν : Die Längung der (eigentlich kurzen) Dualendung -ιν kommt im hom. Epos öfter vor und ist metr. bedingt (DEPLAZES 1991, 175 Anm. 624; ebd. 172ff. allg. zu den obliquen Dualformen im Griechischen; ferner RIX [1976] 1992, 141; MEIER-BRÜGGER 1992, 68f.). — τ ι ν ’ ἑ τ α ί ρ ω ν : ‘manch einen von den Gefährten’; zu τις ‘mancher’ s. SCHW. 2.214. 561 α ὐ τ ο ῦ ἀ µ υ ν ο µ έ ν ω ν : ἀµύνοµαι ‘sich für jn. wehren, für jn. kämpfen’ wird im fgrE mit blossem Gen. (auch 12.155 u.a.) oder mit περί + Gen. konstruiert (18.173 u.a.). — ν η λ έ ϊ χ α λ κ ῷ : 284n. BACHOVITZ
562 = 15.565 (dort ebenfalls im Anschluß an die Kampfparänese eines gr. Anführers); 2. VH ≈ 1.590, 5.779. — Daß der Kampfaufruf auf offene Ohren stößt (‘sie drängten auch selbst darauf, den Angriff abzuwehren), wird öfter konstatiert: 4.286f., 5.519ff., 8.293f., 13.73f./77ff., 15.603f., 16.555. ἀ λ έ ξ α σ θ α ι : ‘den Angriff abwehren’ (AH); im fgrE weitgehend gleichbed. mit ἀµύνεσθαι verwendet (556 in absolutem Gebrauch wie hier; vgl. 24.369/371; s. LfgrE s.v. ἀµύνω 651.39ff.; CHRISTENSEN 2012/13).
563–665 Der Kampf um Sarpedons Leichnam wogt hin und her, mit Verlusten auf beiden Seiten; dazwischen Wortgeplänkel zwischen Aineias und Meriones. Zeus verleitet Patroklos zum Angriff auf Troia, die Troer und ihre Bundesgenossen weichen zurück. In diesem Moment gelingt es den Griechen, Sarpedons Rüstung zu erbeuten. 563–568 Beginn der Schilderung des eigentlichen Kampfs um Sarpedons Leichnam. Für solche Momente verwendet der Erzähler gerne allgemeine Beschreibungen aus der Vogelschau (FENIK 1968, 79f.; RICHARDSON 1990, 33; s. auch 3.1– 14n. mit weiterer Lit. zu den ‘Panorama-Szenen’) sowie spezielle Elemente wie Götterzeichen, Gleichnisse o.ä. (BEYE 1964, 353: “picturesque introductions”), so auch 4.446ff., 14.388ff., 17.262ff. (zu der zuletzt genannten Szene im 17. Gesang vgl. unten 569–592n.). In der vorl. Passage erweckt der Erzähler den Eindruck einer gewaltigen Schlacht (Menge der Beteiligten: 563f.; Kampflärm: 566; Dauer und Intensität: 567f.; vgl. ACETI 2008, 145f.). Anschließend folgen vier Einzelkämpfe mit abwechselnder Siegerpartei (569–607): Hektor tötet Epegeus, Patroklos Sthenelaos, Glaukos Bathykles, Meriones Laogonos (14.440–505n. [“Kettenkampf”]; NIENS 1987, 93ff.; JANKO zu 563–644; vgl. 569–592n., 593–602n.).
Kommentar
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563 1. VH ≈ 3.340, 23.813; 2. VH = 11.215, 12.415, Hes. Th. 676 (jeweils mit vorangehendem hetérōthen ‘auf der anderen Seite’). — Die ‘Stärkung der Reihen’ erfolgt, indem die Krieger enger zusammenrücken und sich so gegenseitig decken: Frontbildung, vgl. 211–217 (bes. 215–217n.). – Zu den phálanges ‘Reihen’ 280n. 564 1. VH = 8.173, 11.286, 13.150, 15.425, 15.486, 17.184; ≈ 16.685 (Akk.); ≈ 6.78 (Gen.), 4.197/207 (Gen., mit ἤ); ≈ 11.285, 15.424, 15.485 (Dat., mit τε καί). — Chiastischer Vers mit den für die Szene wichtigsten Kontingenten im Zentrum: Troer – Lykier | Myrmidonen – Achaier (AH). Die Junktur ‘Myrmidonen und Achaier’ ist singulär; gemeint: ‘die Myrmidonen und die übrigen Griechen’ (vgl. 2.684n. a.E.). — Τ ρ ῶ ε ς κ α ὶ Λ ύ κ ι ο ι : flektierbare VA-Formel (s. Iterata, meist im Vok. in Verbindung mit καὶ Δ∆άρδανοι ἀγχιµαχηταί). 565 ≈ 526 (s.d.). — σ ύ µ β α λ ο ν … µ ά χ ε σ θ α ι : vgl. 12.377 σὺν δ’ ἐβάλοντο µάχεσθαι (Med.), 3.69f. ἐµ(ὲ) … καὶ … Μενέλαον | συµβάλετ(ε) … µάχεσθαι (trans.). Zum vorl. intrans. Gebrauch des Aktivs vgl. 21.578 ξυµβλήµεναι ἠὲ δαµῆναι (fast = ‘kämpfen’), mit Dativobjekt Od. 21.15 ξυµβλήτην ἀλλήλοιϊν; s. LEAF; SCHW. 2.219. — ἀ µ φ ὶ ν έ κ υ ι : zur Konstruktion 496n. a.E.
566 1. VH ≈ 14.401. — Zur Kombination von Angriffsgeschrei (267n.) und Waffenlärm oder Lärm der Rüstungen (105n.) als “Charakterisierung der Gesamtschlacht” s. KRAPP 1966, 185 (mit Parallelen: 4.446–451, 12.337–340). δ ε ι ν ὸ ν ἀ ΰ σ α ν τ ε ς : δεινόν ‘schrecklich’ im urspr. Sinn, ‘schreckenerregend (so daß es den anderen einen Schrecken einjagt)’, vgl. 706 (KRAPP 1964, 238; KAIMIO 1977, 60f.; oben 105n.). — µ έ γ α δ ’ ἔ β ρ α χ ε τ ε ύ χ ε α φ ω τ ῶ ν : µέγα δ’ ἔβραχε ist Junktur nach der Zäsur B 1 (noch 5.838: Wagenachse, h.Bacch. 45: Dionysos als Löwe), βράχε τεύχεα sonst ebenfalls nach B 1 (12.396, 13.181, 14.420, ‘Hes.’ Sc. 423); τεύχεα φωτῶν ist VE-Formel (noch 23.15). – Zum Aor. ἔβραχε ‘erdröhnen’ (vgl. dt. ‘krachen’) s. 19.13n.
567–568 Eigentlich wäre jetzt zu erwarten, daß Zeus gemäß Heras Ratschlag 450ff. die Überführung seines toten Sohns nach Lykien veranlaßt; aber dadurch, daß er beide Kriegsparteien mit vollem Einsatz um den Leichnam kämpfen läßt (und zwar bis zu dessen Unkenntlichkeit: 638ff.), will er Sarpedons ‘Wert’ steigern (REUCHER 1983, 324; ACETI 2008, 146). – Wenn ein Gott das Schlachtfeld mit Dunkelheit überzieht (oder diese von dort wieder vertreibt), muß das nicht ausschließlich praktische Konsequenzen haben (in dem Sinne, daß die Krieger nichts mehr bzw. wieder etwas sehen würden), sondern auch symbolische Bedeutung: “hier ist offenbar die Verfinsterung als mit Mühsal und Sterben verbunden gedacht”; darüber hinaus ist die Nacht – wie die Blutstropfen – Ausdruck von Zeus’ Trauer um seinen Sohn: FRÄNKEL (1951) 1962, 80f. (Zitat: 80); KAKRIDIS 1971a, 95; DI BENEDETTO (1994) 1998, 245; EDWARDS zu 17.268–73; oben 459–461n.
563 οἳ δ(έ): dazu als Apposition die Namen in V. 564. — ἀµφοτέρωθεν: ‘von/auf beiden Seiten’ (vgl. R 15.1). 566 µέγα: ‘laut’. — φωτῶν: ‘der Männer’ (Nom. Sg. ὁ φώς).
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Parallelen: Ares unterstützt die Troer, indem er ‘Nacht um den Kampf hüllt’ (5.506f.); Zeus ‘gießt’ im Kampf der Achaier um Patroklos’ Leichnam ‘viel Nebel um die Helme’ (17.268–270, 17.366–373, 17.643–650 [an dieser Stelle wird freilich die Beeinträchtigung der Sicht hervorgehoben]); Hera ‘breitet’ während Achills Kampf am Skamandros ‘tiefen Nebel aus’ (21.6f.); Auflösung der Dunkelheit: 15.668–670, 17.649f.; außerhalb des hom. Epos: Stellensammlung bei WEST 1997, 139f.; 2007, 480. Weitere Lit.: FENIK 1968, 22. 52f. (Bestandteil des sog. ‘rebuke pattern’: 538–683n.); KAKRIDIS a.O., bes. 93–96 (ausführlich zur Gestaltung und Funktion des Motivs); KIRK zu 5.127–30; EDWARDS a.O.; ferner 1.47n. Zum verwandten Motiv des unsichtbar machenden Nebels s. 3.380b–381n.
Mehrere Elemente sprechen für Sekundäre FokalisationP durch Zeus: ὀλοός (Figuren-Sprache, zweimal [567n.]), κρατερῇ ὑσµίνῃ (Figuren-Sprache [447n.]), φίλῳ περὶ παιδί (Periphrastische BenennungP), ὄφρα … εἴη (obliquer Opt.) (Hinweise DE JONG u. FÜHRER). 567 1. VH ≈ Od. 11.19; 2. VH ≈ Il. 17.543. — ἐ π ὶ ν ύ κ τ ’ … τ ά ν υ σ ε … ὑ σ µ ί ν ῃ : vgl. Od. 11.19 ἐπὶ νὺξ ὀλοὴ τέταται … βροτοῖσι (bei den Kimmeriern), Hes. Op. 549 ἀὴρ … τέταται µακάρων ἐπὶ ἔργοις (im Winter); zur Verwendung von τανύω in diesem Zusammenhang s.o. 365n. (λαίλαπα τείνῃ). Ob ἐπί hier (a) als Präverb in Tmesis mit τανύω zu verbinden ist (AH; so wohl auch Od. 11.19; analog Od. 18.137 von Zeus: οἶον ἐπ’ ἦµαρ ἄγησι, vgl. Hes. Th. 176 von Uranos: νύκτ’ ἐπάγων) oder (b) als Präp. zu ὑσµίνῃ gehört (LfgrE s.v. τανύω 315.1; so wohl auch ἐπὶ ἔργοις in Hes. Op. 549), läßt sich nicht sicher entscheiden; die Anzahl der Parallelen und die Wortstellung im Vers sprechen jedoch eher für (a). — ν ύ κ τ ’ ὀ λ ο ή ν : ὀλοός ‘Verderben bringend’ gehört zur Figuren-SpracheP (DE JONG [1987] 2004, 141f.; 1992, 9; zu Od. 3.130–85), hier mit Bezug auf den beabsichtigten ὀλοὸς πόνος (568, s.d.). ὀλοός ist Epitheton der Nacht (noch 22.102, Od. 11.19; Nyx: Hes. Th. 224, 757) u. anderer Naturphänomene (Feuer, Wind), ferner von Schicksal, Tod, Leid, Krieg (z.B. 568 πόνος [s.u.], 771 φόβος, 849 µοῖρα) sowie von Personen (24.39n.): GRAZ 1965, 127–129; SCHEIN 1984, 166 Anm. 48; LfgrE. Allg. zu den Epitheta der Nacht MUREDDU 1983, 64–66; DE JONG 1998, 130–133. — κ ρ α τ ε ρ ῇ ὑ σ µ ί ν ῃ : zur Formel 447n. 568 π ε ρ ὶ π α ι δ ί : περί mit (lokalem) Dativ zum Ausdruck des Kampfgegenstands ist insgesamt seltener als περί mit Gen. (LEAF; SCHW. 2.501; zu περί + Gen. 18.195n.). — ὀ λ ο ὸ ς π ό ν ο ς : Die Wiederholung des Attributs unterstreicht den direkten Zusammenhang zwischen νύξ und πόνος (JANKO zu 567–8; FEHLING 1969, 263; SEGAL 1971, 18f.). Zu πόνος ‘Mühsal des Kampfes’ s. 6.77n. (hier ausdrücklich mit Gen. µάχης; ähnl. 17.41f. πόνος … | … ἤ τ’ ἀλκῆς ἤ τε φόβοιο). – Eine affektive Häufung von o-Lauten und Liquida findet sich bei ὀλοός im Zusammenhang von Krieg auch 3.133 ὀλοοῖο λιλαιόµενοι πολέµοιο, 16.771 µνώοντ’ ὀλοοῖο φόβοιο.
569–592 In zwei komplementären, je 12 Verse umfassenden Szenen wird der hinund herwogende Kampf um Sarpedons Leichnam exemplarisch dargestellt (NIENS 1987, 93–96. 97f.): (1) 569–580 Vorstoß der Troer, Hektor tötet einen Myrmido568 ὄφρα: final (R 22.5).
Kommentar
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nen (Epegeus) mit einem Stein; (2) 581–592 Reaktion des Patroklos, der einen Troer (Sthenelaos) ebenfalls mit einem Stein tötet, und Rückzug der Troer. Beide Szenen sind jeweils erweitert: (1) durch einen ‘Nachruf’ (572–576), (2) durch Gleichnisse (582f., 589ff.). Auch die Heeresbewegungen am Anfang und am Ende des Abschnitts werden zueinander in deutlichen Bezug gesetzt (Vogelschau): 569 ‘zuerst stießen die Troer die Achaier zurück’ – 592 ‘die Achaier stießen die Troer zurück’ (KURZ 1966, 33; allg. zu unentschiedenen Kampfphasen: 6.2n.; STOEVESANDT 2004, 98–103; KELLY 2007, 106–108). Dazwischen – und auch in der anschließenden Glaukos-Bathykles-Szene – ergibt sich ein wiederholter Wechsel zwischen ‘Auszoomen’ (Gesamtaufnahme) und ‘Einzoomen’ (Detailaufnahme): 569 / 570ff. / 582ff. / 586f. / 588ff. / 593ff. / 599ff. (RICHARDSON 1990, 121f.; DE JONG/NÜNLIST 2004, 78f.; DE JONG 2007, 32; RAAFLAUB 2007/8, 475; vgl. 754– 782n.). – Die Schilderung des Kampfs um den Leichnam des Patroklos 17.274ff. wird über das traditionelle Repertoire hinaus in mehreren Details an den vorl. Abschnitt anknüpfen (Antizipation von SzenenP): 16.569 = 17.274 (Einleitungsvers), 16.577ff. ≈ 17.288ff. (beim Versuch, den Leichnam zu erbeuten, wird je ein Krieger durch Hektor bzw. durch Aias getötet [577n.]; beide sterben durch eine Kopfverletzung und fallen auf den umkämpften Leichnam [VE von 16.579 = 17.300]), 16.582f. ≈ 17.281f. (Gleichnis illustriert den Angriff des Griechen), 16.588 = 17.316 (Zurückweichen der Troer); s.o. 419–683n.; PETERS 1922, 109f. Anm. 4; FENIK 1968, 173f. 206; STOEVESANDT a.O. 100; JANKO zu 563–644 (unter Einbeziehung des Motivs der Dunkelheit, vgl. 567–568n.). – Zur Funktion der Parallelität von 411–414 u. 577–580 (mit teilweise wörtl. Wiederholung) s.o. 411–414n. 569 = 17.274. — ἑ λ ί κ ω π α ς Ἀ χ α ι ο ύ ς : flektierbare VE-Formel (6× Il.: 1.389n.); zur ungeklärten Bed. des generischen Epithetons s. 1.98n.
570–580 Kampfszene im ABC-SchemaP (287–290a n. mit Lit.): (A) ‘Epegeus wurde getroffen’, (B) sog. Nachruf, (C) ‘diesen traf …’ (mit Demonstrativpron. und Wiederaufnahme des Prädikats). – Das Nachrufmotiv ‘Exil nach Totschlag’ (572– 576, s. 24.480–484n. mit Lit.) dient der Emotionalisierung der Szene, vgl. Patroklos’ Reaktion 581/585 (MERZ 1953, 15f.; PRIESS 1977, 166; STOEVESANDT 2004, 135f.; DE JONG 2007, 21). Epegeus’ Schicksal spiegelt dasjenige des Patroklos wider: (1) beide finden nach einem Totschlag Aufnahme beim gastfreundlichen Peleus (Patroklos: 23.84–90; so übrigens auch Phoinix: 9.447–484); (2) beide werden mit Achilleus nach Troia entsandt (zur Ernennung von Flüchtlingen zu ‘Gefolgsleuten’ vgl. z.B. auch Lykophron im Gefolge des Aias 15.430–432 und Adrestos bei Kroisos Hdt. 1.41ff.; TRYPANIS 1963, 293ff.; GSCHNITZER 1976, 83 mit Anm. 181); und (3) beide kommen vor Troia um. Insofern dürfte Epegeus’ 569 ὦσαν: zu ὠθέω ‘stoßen, drängen’. — Τρῶες (ϝ)ελίκωπας: zur Prosodie R 4.5.
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Tod hier den bevorstehenden Tod des Patroklos antizipieren (vgl. 569–592n.). Lit.: STRASBURGER 1954, 30; SCHLUNK 1976, 202–204. 206; SACKS 1987, 133f.; STANLEY 1993, 173 mit Anm. 18; GIORDANO 1999, 104f.; NÜNLIST 2009a, 630. 570 Der Erzähler stellt emphatisch eine Erklärung für das im vorangehenden Vers konstatierte Zurückweichen der Achaier an den Satzanfang: ‘getroffen worden war nämlich …’; ebenso VA 17.598. — ‘Keineswegs der schlechteste Mann (unter den Myrmidonen)’ bildet eine Litotes, ebenso vom Nestor-Sohn Antilochos (präzisiert durch ‘überlegen in Lauf und Kampf’: Od. 4.199–202) und vom Freier Antinoos (‘nicht der schlechteste, sondern der beste, einem König gleich’: Od. 17.415f., ironisch); ähnl. Il. 15.11 ‘nicht der schwächste’, von Aias. Bei den Myrmidonen gilt sonst – abgesehen von Achilleus – Patroklos als ‘der beste’ (18.10n.); daher JANKO zu 570–4: “Do we fear for a moment that Patroklos is dead?”. Jedoch werden auch andere gefallene Krieger öfter als ‘beste’ bezeichnet: 292n. – Zur wirkungsvollen Stilfigur mit nachträgl. Nennung des Namens 521n. 571 1. VH ≈ 17.602. — Füllung eines ganzen Verses allein mit der Benennung einer Person signalisiert Bedeutsamkeit der betr. Person für die Erzählung (1.36n.): hier das erste namentlich genannte Opfer auf gr. Seite seit Patroklos’ Eingreifen. Durch die Nachstellung des Eigennamens wird eine zusätzliche Spannung erzeugt (6.7–8n. mit Parallelen: “effektvoll hinausgezögert”; vgl. TSAGARAKIS 1982, 130f.: “Dislocation of information […] does not seem to happen at random”). — Agakles ist als myth. Figur nur hier, als hist. Name öfter belegt; bedeutet ‘der großen Ruhm hat, sehr berühmt’, auch als Adj. gebraucht (738n.). Epēgeus ist wahrscheinlich wie Menesthios, Eudoros, Peisandros (173–195n.) und nachher Bathykles (594) ein ad hoc erfundener Name eines Myrmidonen (sonst nirgends belegt; zu den ‘Statisten’ der Ilias s.o. 306–357n.).
µ ε γ α θ ύ µ ο υ : 286n. — δ ῖ ο ς : generisches Helden-EpithetonP, an der vorl. Vers-Position überwiegend von Achilleus (5n. a.E.) und Odysseus, seltener von Eumaios; von weiteren Figuren wie hier nur je 1–3× (FOLEY 1999, 214f. mit Anm. 36 S. 311). — Ἐ π η γ ε ύ ς : so die Schreibweise der Mehrheit der Handschriften (inkl. Venetus A), bei Eustathios sowie in den meisten modernen Ausgaben und Übersetzungen hingegen Ἐπειγεύς/Epeigeus. Der Name ist wohl in Anlehnung an ἐπείγω ‘drängen’ zu deuten als “›Bedränger‹ der Feinde, oder weil er seinen Vetter (bedrängt und) getötet hat”: BOSSHARDT 1942, 99; RISCH 158. 572 Für die geogr. Lage des heute nicht mehr lokalisierbaren Ortes Boudeion werden in der Antike versch. Möglichkeiten vorgeschlagen: (1) in Thessalien (schol. D), und zwar entweder (a) in der Phthiotis selbst, also nahe dem von Peleus beherrschten Phthia (schol. bT), 570 βλῆτο: ‘war getroffen worden’, medialer Wurzel-Aorist zu βάλλω mit passiver Bed. — οὔ τι: τι verstärkt die Negation (303n.), ‘keineswegs’ (hier mit κάκιστος in Litotes). — µετά + Dat.: ‘unter, bei’. 572 ῥ’: = ἄρα (R 24.1). — Βουδείῳ εὖ: zum Hiat R 5.6.
Kommentar
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oder (b) in der Magnesia, dem Küstengebiet Thessaliens (Steph. Byz. s.v. Boudeia); (2) in Boiotien (Alternative in schol. bT); (3) Boudeia in Phrygien (Steph. Byz. a.O., nur der Vollständigkeit halber erwähnt). Für (1) spricht außer der mehrfachen Bezeugung der Umstand, daß in Thessalien eine Athena Boudeia verehrt wurde (Steph. Byz. a.O.; TRÜMPY 1994). Der von schol. bT vor allem gegen (1a) vorgebrachte Einwand – ein Mörder gehe i.d.R. nicht im eigenen Lande ins Exil (schol. bT) – läßt sich viell. dadurch entkräften, daß Epegeus selber ánax ‘Herrscher’ war (vgl. JANKO zu 570–4) und daher weniger zu befürchten hatte. — ε ὖ ν α ι ο µ έ ν ῳ : ‘wo sich’s gut wohnt’ (LfgrE s.v. ναίω 297.57ff.); gener. Epitheton von Orten und des Appellativums ‘Stadt’ (11× Il., 1× Od.; außerdem 1× Il. VE).
573 Die Wendung ‘zuvor, aber dann/jetzt’ modifiziert nachträglich die soeben gemachte Aussage (die den ursprünglichen Zustand beschreibt) und leitet einen für die aktuelle Situation maßgeblichen Umschlag ein, vgl. u.a. 6.124f. (Diomedes zu Glaukos: ich habe dich die ganze Zeit nie gesehen, aber jetzt bist du hervorgetreten), 13.439ff. (Alkathoos’ Panzer hielt bisher immer stand), Od. 4.517f. (Agamemnons Heimkehrgeschichte: wo früher Thyestes herrschte, herrscht jetzt Aigisthos), 15.225ff. (Melampus floh aus seiner Heimat Pylos und kam nach Argos), h.Cer. 450f. (das bisher stets fruchtbare Land bleibt durch Demeters Einwirkung kahl); an der vorl. Stelle sowie Od. 15.228 bezieht sich das ‘dann’ nicht wie sonst üblich auf die Erzählgegenwart, sondern auf einen unbestimmten Zeitpunkt davor (BARTH 1989, 17f. mit Anm. 48; CLARK 1997, 89f.; RICHARDSON zu h.Cer. 450– 1; JANKO zu 570–4; GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.125 [“›corrective‹ enjambment”]). – Verwandtenmord wird im fgrE nur in Rückblicken und paradigmatischen Mythenerzählungen erwähnt: noch 2.662f. (Tlepolemos erschlägt Likymnios, den Onkel seines Vaters), 9.566f. (Meleagros tötet einen Bruder seiner Mutter Althaia), 15.335f. (Medon tötet einen engen Verwandten seiner Stiefmutter), Od. 1.29ff. u.ö. (Agamemnon wird von Klytaimestra und Aigisthos ermordet und von Orestes gerächt), 11.273 (Oidipus erschlägt seinen Vater), 19.522f. (Aëdon tötet ihren Sohn und wird in eine Nachtigall verwandelt). Lit.: SEAFORD 1994, 11f. τ ὸ π ρ ί ν · ἀ τ ὰ ρ τ ό τ ε γ (εε ): VA = h.Cer. 451, ≈ Od. 4.518 (ohne γε); τὸ πρίν· ἀτὰρ (µὲν) νῦν Il. 6.125, Od. 4.32, h.Ap. 476. Zu τὸ πρίν s.o. 208n. — ἐ σ θ λ ὸ ν ἀ ν ε ψ ι ό ν : ἐσθλός ‘trefflich’ (327n.) dient öfter als Epitheton bei Verwandtschaftsbezeichnungen, bei Patronymika, bei ἑταῖρος u.a.m.; bei ἀνεψιός noch 10.519 (LfgrE s.v. ἐσθλός 735.76ff.). — ἐ ξ ε ν α ρ ί ξ α ς : eines der epischen Standardverben für ‘töten’ (urspr. ‘einem getöteten Gegner die Rüstung abnehmen’; 1.191n., 6.20n.). 574 Zu Thetis in Phthia s.o. 222–224n. — ἐ ς Π η λ ῆ ’ ἱ κ έ τ ε υ σ ε : d.h. ‘kam als Schutzflehender zu Peleus’, vgl. 9.479f. (Phoinix in ähnl. Situation) Φθίην δ’ ἐξικόµην … | ἐς Πηλῆα ἄναχθ’, ‘Hes.’ Sc. 13 (Amphitryon) ἐς Θήβας ἱκέτευσε … Καδµείους; DE BOEL 1988, 103. — Θ έ τ ι ν ἀ ρ γ υ ρ ό π ε ζ α ν : flektierbare VE-Formel, nur hier Akk. (222–224n.). 573 ἀτάρ: ‘aber, doch’ (R 24.2). 574 Πηλῆ(α): zur Flexion R 11.3.
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575 Ἀ χ ι λ λ ῆ ϊ ῥ η ξ ή ν ο ρ ι : 146n. 576 = Od. 14.71; ≈ Od. 11.169. — Ἴ λ ι ο ν ε ἰ ς ε ὔ π ω λ ο ν : VA-Formel (2× Il., 3× Od.); das Epitheton ist nur in dieser Formel belegt sowie Il. parv. fr 1.1 West (VE Δ∆αρδανίην εὔπωλον). Troia war für seine Pferdehaltung berühmt, vgl. ἱππόδαµος als Epitheton der Troer (2.230n. mit Lit.; ferner BOWRA 1960, 18). — ἵ ν α : ‘damit dort’ (final/lokal): 24.382n. mit Lit.; ferner MONTEIL 1963, 380; WILLMOTT 2007, 158–160. — Τ ρ ώ ε σ σ ι µ ά χ ο ι τ ο : 209n.
577 Wenn ein Krieger einen Leichnam bergen oder erbeuten will (meist durch Wegziehen am Fuß: 762–763n.), ist seine Aufmerksamkeit natürlicherweise eingeschränkt und sein Körper durch den Schild weniger gut geschützt; daß er in diesem Moment getötet wird, ist ein typisches Motiv im hom. Epos: 4.467ff., 11.257ff., 17.288ff. (FENIK 1968, 174. 206. 233; HORN 2014, 105; HAINSWORTH zu 11.258; EDWARDS zu 17.288–303). – Eine Liste der von Hektors Hand gefallenen Griechen findet sich bei SINGOR 1991, 54 Anm. 113. τ ό ν ῥ α τ ό θ ’ : 228n. — φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : VE-Formel (29× Il., wovon 11× in den Gesängen 16–18 [Patroklos-Handlung]); prosod. Alternative (vokal. Anlaut): ὄβριµος Ἕκτωρ (4× Il.). – φαίδιµος ist generisches EpithetonP von Helden (u. Körperteilen), am häufigsten von Hektor, seltener von Achilleus, Aias, Odysseus u.a. Es hat wohl lediglich ornamentale Bed. (‘strahlend, stattlich’): 6.144n.; DE JONG zu Il. 22.274–5; CAMEROTTO 2009, 88. – Wenig plausibel SACKS 1987, 105ff., 131ff. (das Epitheton stehe kontrastierend in pejorativem Zusammenhang: “The shine loses its luster” [ebd. 150]; vgl. BOUVIER 2002, 207f.). 578–580 ≈ 412–414 (s. 411–414n.); 578 außerdem ≈ 20.387. — Zum Stein als Waffe 411n.
579 ≈ 413 (s.d.); 2. VH + VA 580 ≈ 310f., 413f.; 2. VH ≈ 15.543, 21.118; VE = 17.300. — Zum Motiv ‘Sturz des Getroffenen’ s.o. 289–290n.; daß ein Krieger im Kampf um einen Leichnam über demselben stirbt, wird auch 4.493 u. 17.300 berichtet und 16.660–662 summarisch festgehalten (569–592n.; FENIK 1968, 174). 580 = 414 (s.d.); ≈ 13.544. 581–587 Patroklos (der seit der Tötung des Sarpedon hier erstmals wieder ins Rampenlicht tritt) rächt Epegeus an Sthenelaos (zu diesem Motiv 398n.; zur Szene insgesamt vgl. auch 569–592n., 588n.).
Die Vv. 581–585 sind ringkompositorischP gestaltet, mit zweimaliger Nennung des Patroklos: Affekt (ἄχος … ἑτάροιο) – ἴθυσεν – Gleichnis – ἰθὺς … ἔσσυο – Affekt (mit Steigerung: κεχόλωσο κῆρ ἑτάροιο) (JANKO zu 581–5).
575 ἅµ(α) … πέµπον ἕπεσθαι: ‘sie schickten ihn, in den Krieg mitzuziehen; schickten ihn (als Gefolgsmann) mit in den Krieg’ (ἕπεσθαι Inf.); vgl. 671. — Ἀχιλλῆι (ϝ)ρηξήνορι: R 4.5. 576 Ἴλιον εἰς: = εἰς Ἴλιον (R 20.2). 577 τόν ῥα: ‘den also’ (sc. Epegeus). — ἁπτόµενον: Das Ptz. entspricht einem Impf. de conatu, ‘als er sich anschickte, Hand an den Leichnam zu legen’. — νέκυος: sc. des Sarpedon. 578 κεφαλήν: Akk. der Beziehung (R 19.1).
Kommentar
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581 Versstruktur (Dat. + ἄχος γένετο + Gen. mit Ptz.) ≈ 12.392. — ἄ χ ο ς γ έ ν ε τ ο : 508n. (dort von Glaukos nach Sarpedons Tod). — φ θ ι µ έ ν ο υ ἑ τ ά ρ ο ι ο : zur Prosodie (urspr. Digamma-Anlaut bei ἕταρος?) s. 19.345n.
582–583 Der Vergleich von Krieger und Vogel ist typisch episch (428–430n.); zum Raubvogel, der auf kleinere Beutevögel Jagd macht, vgl. bes. 15.690ff., 17.460, 22.139ff., Od. 22.302f. (umgekehrte Perspektive, d.h. die Beutevögel fliehen vor dem Raubvogel: Il. 17.755ff., 21.493ff.). Das vorl. Gleichnis illustriert die Geschwindigkeit des Angriffs sowie die Aggressivität und Überlegenheit des Angreifers (HAMPE 1952, 17f.; SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 52–54; JOHANSSON 2012, 150–154; JANKO zu 582–3: “deadly speed”; allg. zum Vergleich ‘schnell wie ein Vogel’ 2.764n.). 582 1. VH = 17.281 (ebenfalls mit anschließendem Gleichnis); 2. VH (nach der Zäsur C 1) = 15.237. — Mit prómachoi ‘Vorkämpfer’ ist die erste Reihe der gr. Heeresformation gemeint (3.16n.; LATACZ 1977, 147. 159f.). Komplementär die prómachoi der Troer in V. 588. ἴ θ υ σ ε ν δ ὲ δ ι ὰ π ρ ο µ ά χ ω ν : = 17.281, verstärkende Variante der VA-Formel βῆ δὲ διὰ προµάχων (9× Il.), meist von erfolgreichen Kriegern; dagegen θῦνε διὰ προµάχων (5.250, 11.342, 20.412, nur im Satz-Innern) von Kriegern, denen der Tod bevorsteht. Zu ἰθύω ‘vorstoßen, vordringen’ 6.2n. — ἴ ρ η κ ι : ἴρηξ (att. ἱέραξ) scheint wie dt. ‘Falke’ / engl. ‘hawk’ eine Gattungsbez. zu sein, zu der versch. Greifvogelarten gehören; im Hinblick auf die 583 genannten Beutevögel könnte es sich hier evtl. um den – bekanntermaßen schnellen – Wanderfalken oder auch um den Sperber handeln (LfgrE; POLLARD 1977, 80f.; ARNOTT 2007, 66ff.; JOHANSSON 2012, 152). Hinweise zur unsicheren Etym. des Wortes in 18.616–617n.
583 Die Schnelligkeit des írēx (‘Falke’) wird im fgrE oft betont: 13.62, 13.819, 15.237f., Od. 13.86f., Hes. Op. 212. – Dohlen und Stare kommen 17.755ff. in ähnlichem Zusammenhang noch einmal gemeinsam vor. Sie pflegen in größeren Verbänden aufzutreten; die Dohlen fallen darüber hinaus durch ihre vielfältigen, meist hohen Rufe auf. Durch diese Assoziationen erscheinen die Troer und Lykier hier als ungeordnete, schreiende Masse, vgl. 3.2ff. (schol. A u. T zu 17.755; POLLARD 1977, 27f. 38f.; ARNOTT 2007, 104f. 200f.; JOHANSSON 2012, 152. 154). ὠ κ έ ϊ , ὅ ς τ (εε ): Attribut und Rel.-Satz haben erweiternde Funktion in Gleichnissen, oft im Enjambement wie hier (8n.). — ἐ φ ό β η σ ε : Zu den augmentierten Aoristformen in Gleichnissen s.o. 299–300n. — ψ ῆ ρ α ς : Die Handschriften überliefern zwei unterschiedliche Schreibweisen des Wortstamms: hier (und bei Quintus v. Smyrna) ψηρ-, 17.755 (und in der Mehrheit der übrigen nachhom. Lit.) ψᾱρ-. Nach Vermutung der Scholien wurde die Form ψᾶρας (mit zwei quantitativ unterschiedlichen -α-) aus klangästhetischen Gründen vermie-
581 ἑτάροιο: = ἑταίρου; gen. causae zu ἄχος. 582 ἴρηκι (ϝ)ε(ϝ)οικώς: zum Hiat R 4.3. 583 τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11).
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den (schol. T z.St. u. zu 17.755); sprachgeschichtlich ist die Differenz bis heute nicht sicher gedeutet (DELG s.v. ψάρ; JANKO zu 582–3; WEST im app.crit.).
584–585 Teilweise wörtliche Wiederaufnahme der Gleichnis-Einleitung 581f. (7n.). Die Apostrophe steht wie 754 nach einem (Angriffs-)Gleichnis, wohl mit dramatisierender und/oder emotionalisierender Wirkung (20n.; vgl. JANKO zu 581–5 a.E.). Zum Zorn als Auslöser eines Gegenangriffs s.o. 320n. (Rachemotiv: 581–587n.). ἰ θ ύ ς : 552n. — Λ υ κ ί ω ν … | … κ α ὶ Τ ρ ώ ω ν : auffällige Sperrung über Präd. u. Versgrenze hinweg, mit Λυκίων u. Τρώων an gleicher Vers-Position, imitiert viell. das ‘Vorwärtsstürmen’ des Patroklos; ähnl. Satzstellungen in Hes. Th. 3f. u. 253f. Zur Junktur ‘Troer und Lykier’ 564n. mit Iterata. — Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς ἱ π π ο κ έ λ ε υ θ ε : 126n. — κ ε χ ό λ ω σ ο … κ ῆ ρ : κῆρ gehört zu den austauschbaren Seele-Geist-Lexemen; so erscheint χολόοµαι auch in Verbindung mit θυµόν 4.494, ἦτορ 14.367, φρένα Od. 6.147, κραδίην h.Ap. 256 (1.24n., 1.44n.; JAHN 1987, 288f.). Zu den versch. Ausdrücken für ‘im Herzen / im Innern zürnen’ vgl. 61 κεχολῶσθαι ἐνὶ φρεσίν (Präpositionalausdruck) u. (mit χώοµαι) 616 θυµὸν ἐχώσατο (s.d.). – Lit. spez. zu χόλος s.o. 30n. — δ έ : begründend (AH; s.o. 90n.).
586 strukturell (VA + ‘X, des Y Sohn’) ≈ 15.445; VA außerdem = 13.651, 21.591; ≈ 4.459, 6.9, 14.465, 15.433 (τόν ῥ’). — Nach einer Apostrophe (hier 584f.) kehrt der Erzähler regelmäßig zum Gebrauch der 3. Person zurück, hier ‘und da traf er …’; ebenso 697, 789, 17.681, 17.705, 23.601 (und ohnehin im Anschluß an Apostrophen in Rede-Einleitungen): schol. A (dazu MATTHAIOS 1999, 391). — Sthenelaos ist ein Troer oder Lykier, der hier seinen einzigen Auftritt hat (zu den ‘Statisten’ der Ilias s.o. 306–357n.). Denselben Namen (in der kürzeren Form Sthenelos) tragen (a) einer der Anführer des südargolischen Kontingents (2.564, s. 2.563–565n.) und (b) der Sohn von Perseus und Andromeda (19.116n.). Der gr. Name bed. wahrscheinlich ‘mit starken Mannen’ und ist auch historisch bezeugt (v. KAMPTZ 68, 221; WATHELET u. LfgrE s.v.; LGPN s.vv. Sthenelaos, Sthenelas, Sthenelos). Ithaimenes kommt im fgrE ebenfalls nur hier vor (zur Bed. s.u.); nachhom. Name einer myth. Figur auf einem Gemälde des Polygnot (Pausanias 10.25.3); außerdem historisch belegt (LGPN). – Zur Füllung des Verses mit einer Apposition s.o. 126n. — Der Treffer ist angesichts der Verletzung (587) wohl tödlich, auch wenn der Erzähler es nicht ausdrücklich sagt (SAUNDERS 2004, 11f.). Ἰ θ α ι µ έ ν ε ο ς : formal wie Πυλαιµένης 2.851n., Ταλαιµένης 2.865n. – Vorderglied unklar (*ἰθα- ‘hier’ wie ἔνθα ‘dort’? oder zu ἰθαρός ‘heiter, rein’?), vgl. ἰθα(ι)γενής Od. 14.203 ‘einheimisch’ od. ‘rechtmäßig, vollbürtig’. Wegen kurzem ῐ- nicht zu ῑ̓θύς gehörig. Mögli585 ἔσσυο: Wurzelaor. (2. Sg.) zu σεύοµαι ‘eilen, stürmen, stürzen’. — Ἰθαιµένεος: Gen. Sg.; zur unkontrahierten Form R 6. — κεχόλωσο: 2. Sg. Plpf. Med. (κεχόλωµαι intensivierendes Perf.). — κῆρ: ‘Herz’ (Akk. der Beziehung: R 19.1). 586f. Σθενέλαον … | αὐχένα: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1). — ῥῆξεν … ἀπό: ‘trennte ab, zerriß’ (zur Stellung von ἀπό vgl. R 20.2; ebenso 588 χώρησαν … ὑπό ‘wichen zurück’). — τοῖο: d.h. τοῦ αὐχένος (demonstr.-anaphor. Pron., R 17).
Kommentar
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cherweise urspr. nichtgr. (kleinasiatisch?), dann gräzisiert. Lit.: RISCH 217; v. KAMPTZ 76f., 103, 199; WATHELET s.v.; DELG s.v ἰθαιγενής; SCHERER 1976, 44; MEISSNER 2006, 19. — φ ί λ ο ν υ ἱ ό ν : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk.: 10× Il., 17× Od., 3× ‘Hes.’, 1× hom.h.; vgl. 447n.); mit vorangehendem Vatersnamen im Gen. wie hier: 9× Od. (Ὀδυσσῆος), ‘Hes.’ fr. 257.1 M.-W. (Ἀρίσβαντος); mit Vatersnamen + Epitheton Il. 2.564 (Σθένελος, Καπανῆος ἀγακλειτοῦ φίλος υἱός), 12.355 (von Menestheus); vgl. 14n. a.E.
587 Patroklos tötet Sthenelaos auf ähnliche Weise wie Hektor zuvor Epegeus: mit einem Stein in die Halsgegend (NIENS 1987, 95f.; vgl. 569–592n.). Zum Hals als typ. Lokalisierung einer tödlichen Wunde 332n.; zum Stein als Waffe 411n. ῥ ῆ ξ ε ν δ ’ ἀ π ὸ τ ο ῖ ο τ έ ν ο ν τ α ς : ἀπό (ἄπο) wohl zu ῥῆξεν, τοῖο gen. poss., also ‘er zerriß dessen (d.h. des Halses) Sehnen’, vgl. einerseits 15.537 ῥῆξε δ’ ἄφ’ ἵππειον λόφον αὐτοῦ, andererseits 14.466 ἀπὸ δ’ ἄµφω κέρσε τένοντε (REEVE 1998, 253; weitere Parallelen: LfgrE s.v. ἀπό 1089.1ff.). — τ έ ν ο ν τ α ς : nicht immer klar definierbarer Teil des Bewegungsapparats: ‘Sehnen, Bänder, Muskeln’ (LfgrE; SAUNDERS 1999, 358; BOLENS 2000, 23–26), als Bestandteil des Halses auch 10.455–457, 14.465–468 (14.466n.), Od. 3.449f., ‘Hes.’ Sc. 418–420 (allesamt Tötungsszenen).
588 = 4.505, 17.316. Der Iteratvers beschreibt, wie die Troer im hin- und herwogenden Kampf unter dem Angriff eines gr. Helden zu weichen beginnen: im 4. Gesang durch Odysseus (der wie Patroklos Rache für einen gefallenen Gefährten nimmt), im 17. Gesang durch Aias (nach einem Vorstoß der Troer 17.274 = 16.569) (ALBRACHT 1886, 29; FENIK 1968, 175; vgl. 569–592n.). Das Zurückweichen erfolgt hier lediglich über eine kurze Distanz und vorübergehend: Glaukos wendet sich 593f. wieder zum Angriff; vgl. 6.107n. φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : Nomen-Epitheton-Formel (577n.); 7× Il. mit vorangehendem καί.
589–592 Das Gleichnis beschreibt aus gr. Perspektive die (begrenzte) Distanz, über die die Troer zurückweichen; es hat zwei inhaltlich und sprachlich enge Parallelen in 15.358f. u. 23.431f. (zu Distanzvergleichen allg. s. 3.12n. mit Lit.; SCOTT 1974, 20f.). Die Weite eines Speerwurfs ist im fgrE eine geläufige Maßangabe (ca. 40– 80 Meter): 10.357, 15.358f., 21.251, 23.529; vgl. JANKO zu 15.358–61; LATACZ 1977, 125. – Das verwendete Bild entstammt derselben Sphäre wie der Handlungskontext (14.147–152n. mit Parallelen): Speerwürfe sind ein Bestandteil des Kriegs – aber auch des Sports, vgl. den sportlichen Speerkampf zwischen Aias und Diomedes 23.798ff. (2.774–775a n.); die Kombination von Kampf und Sport findet sich z.B. auch in 808f. (Euphorbos ist im Lanzenwerfen, Wagenlenken und Laufen überlegen), 15.641f. (Periphetes ist im Laufen und im Kämpfen ausgezeichnet), 22.159ff. (Wettlauf und Wagenrennen als Vergleiche für die Verfolgung Hektors durch Achilleus): VISA-ONDARÇUHU 1999, 43–45. 50–52.
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589 ähnl. Versstruktur mit ident. VA und VE: 24.317. — α ἰ γ α ν έ η ς : αἰγανέη bez. einen leichten Wurfspeer mit Schleuderriemen für Jagd und Sport (2.774–775a n. mit Lit.). — ῥ ι π ή : hier ‘Flug’ (Grundbed. ‘Schwung, Wucht’: 19.358n.). — τ α ν α ο ῖ ο : ‘lang(gestreckt)’, iliad. hapaxP (zur Etym. LfgrE s.v. mit Lit.; ferner MEISSNER 2006, 62; BEEKES). Das Adj. ist nur hier und 1× bei Euripides (Ba. 831) zweier Endungen, hier viell. in Analogie zum auch sonst belegten VE -οιο τέτυκται (noch 6× Il./Od.): KASTNER 1967, 28f. 590 ἥ ν ῥ ά τ (εε ): Der Rel.-Satz mit ὅς ῥά τε + Konj. dient der Erweiterung des Gleichnisses (11× Il.: RUIJGH 441–443; vgl. 8n.). Allg. zu ὅς ῥά τε RUIJGH 353 u. 439ff. — ἀ φ έ ῃ : Konj. Aor. zu ἀφίηµι mit Kürzung anstelle von -ήῃ (ἀφήῃ 17.631, ἀνήῃ 2.34); s.o. 83n. zu θείω; SCHW. 1.792. — π ε ι ρ ώ µ ε ν ο ς : sc. σθένεος wie an der Parallelstelle 15.359: ‘seine Kraft erproben’; ebenso Od. 21.282 (Odysseus vor der Bogenprobe): LASER 1987, 14f. 55; JANKO zu 15.358–61. — ἀ έ θ λ ῳ : kann sowohl den Kampf im Krieg (3.126n.) als auch den Wettkampf im Sport bezeichnen; hier ist, in der Verbindung mit πειρώµενος, letzteres gemeint. 591 2. VH = 18.220. — Der Vers wird von West im Anschluß an FICK 1886, 501 (der 590f. für “durchaus müßig” hält) und v.a. an LEAF (“awkward line”) als “rhetorical expansion” gestrichen (WEST 2001, 12). Die 1. VH ἠὲ καὶ ἐν πολέµῳ sei aufgrund einer falschen Deutung von πειρώµενος ἠ’ ἐν ἀέθλῳ zu Unrecht ergänzt worden (richtig sei ‘im Training oder im Wettkampf’; s. aber oben 590n. zu πειρώµενος), und die 2. VH sei aus 18.220 übernommen (mit losem Anschluß von ὑπό): LEAF. Die Aufzählung mehrerer Vergleichsobjekte ist jedoch ein typ. Element von Gleichnissen (482–486n.); s. auch 589–592n. zur Verwandtschaft von Sport und Krieg. — δ η ΐ ω ν ὕ π ο : Der Mann warf den Speer ‘unter dem Druck der Feinde, bedrängt von den Feinden’ (AH; CHANTR. 2.143); zur Prosodie von δηΐων vgl. 6.81–82n. — θ υ µ ο ρ α ϊ σ τ έ ͜ ω ν : 414n. 592 Zur Handlungsstruktur vgl. 569–592n. — ἐ χ ώ ρ η σ α ν : ringkompositorischeP Wiederaufnahme des Gleichnis-Stichworts aus V. 588 (7n.). — ὤ σ α ν τ ο : Die Etym. von ὠθέω ist umstritten; daher ist unklar, ob ein Digamma-Anlaut anzunehmen ist (DELG u. BEEKES).
593–602 Mit einem überraschenden Befreiungsschlag verleiht Glaukos seinen Leuten wieder Mut und bringt den Rückzug zum Stillstand; die Griechen überwinden den Schrecken über den Verlust eines Mannes schnell und bieten Paroli. – Die Vv. 593–599 bilden eine Kampfszene im ABC-SchemaP (s. 287–290a n. mit Lit.). Der ‘Nachruf’ (Teil B, 595f.) enthält übliche Motive (‘Genealogie’, ‘Heimat’, ‘Reichtum’ des Gefallenen) und hat die Funktion, die Bedeutung des Opfers pathetisch hervorzuheben. Teil C (597ff.) knüpft mit einem Demonstrativpron. und sinnverwandten Verben (‘sich umwenden’, ‘töten’) an Teil A (594) an (vgl. 812). 589 ὅσση: ‘wie weit’; zum -σσ- R 9.1 (ebenso 592 τόσσον). — τέτυκται: 3. Sg. Perf. Pass. von τεύχω ‘bereiten, machen’, hier ‘ist ausgeführt’, verblaßt ‘ist’ (ῥιπὴ τέτυκται periphrastisch für ῥίπτεται o.ä.). 590 ἠ(έ): = ἤ. — ἀέθλῳ: = ἄθλῳ (zur unkontrahierten Form R 6). 591 δηΐων ὕπο: = ὑπὸ δηΐων (R 20.2). — θυµοραϊστέ͜ων: zur Flexion R 11.1; Synizese R 7. 592 Τρῶες(ς), ὤσαντο: zur Prosodie M 4.6 (hier zudem an Zäsurstelle); zum Medium R 23.
Kommentar
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593 2. VH = 490 (s.d.), 541. — Zur Angabe ‘als erster’ s.o. 284n. 594 Daß sich ein einzelner Held während des Rückzugs unversehens umdreht und auf der Stelle seinen Verfolger erschlägt, ist in der Ilias singulär (schol. bT zu 594 [dazu NÜNLIST 2009, 310–312]; FENIK 1968, 110. 207f.; STOEVESANDT 2004, 167; JANKO zu 593–9). Damit wird der Erzähler der Erwartung gerecht, die durch das Gebet des Glaukos an Apollon (524ff.) geweckt worden ist: “Glaukos must have at least one success in the battle for the body; this is it” (WEST 2011, 324; vgl. STOEVESANDT a.O. 187f.). — Der Name Bathykles bedeutet ‘mit tiefem (d.h. großem) Ruhm’ (≈ Agakles, s. 571n.; vgl. Pindar Ol. 7.53: kléos bathý ‘tiefer Ruhm’), veranschaulicht im Relativsatz 595f. ‘der an Reichtum hervorstach’ (EtymologisierungP des Namens: RANK 1951, 88). Hier ad hoc erfundener Name eines Myrmidonen (vgl. 571n. zu Epegeus); historisch mehrfach belegt (LGPN). Bathykles ist im 16. Gesang nach Epegeus das zweite namentlich genannte Opfer auf gr. Seite, wiederum ein Myrmidone. ἔ τ ρ α π ε τ (οο ): hier absolut ‘wandte sich ⟨zu seinen Verfolgern⟩ um’, vgl. Perf./Plpf. τετραµµένος/τέτραπτο in der Bed. ‘dem Feind zugewandt’ (5.605 πρὸς Τρῶας, 13.542 ἐπὶ οἷ, 14.403 πρὸς ἰθύν [s.d.], 17.227 ἰθύς, 17.598 πρόσω). Vielleicht impliziert der Aor. an der vorl. Stelle die Plötzlichkeit von Glaukos’ Bewegung (vgl. 598). – στρεφθείς (598) ist dann der gebräuchliche Ausdruck dafür, daß sich ein Einzelkämpfer mitten im Rückzug umdreht: Formelvers στῆ δὲ µεταστρεφθείς 11.595, 15.591, 17.114, ähnl. 17.732f.; ὑποστρεφθείς 11.567 (KURZ 1966, 82). Zur Wiederaufnahme von τρέποµαι durch στρέφοµαι vgl. 18.138f. (Thetis πάλιν τράπε(το) … | καὶ στρεφθεῖσ(α) …). — Β α θ υ κ λ ῆ α µ ε γ ά θ υ µ ο ν : Eigenname auf -κλῆα + µεγάθυµον auch 5.547 (Δ∆ιοκλῆα), 12.379 (Ἐπικλῆα), 16.818 (Πατροκλῆα), Od. 15.243 u. ‘Hes.’ fr. 136.16 M.-W. (Ὀϊκλῆα); ähnl. ebd. 70.33 (Ἵπποκλον µεγ.). Zum Epitheton s.o. 286n.
595 Chalkon ist der Name verschiedener myth. Figuren (RE s.vv. Chalkodon u. Chalkon); auch historisch belegt (LGPN). Entweder (a) Kurzform zu einem Kompositum wie Chalkodon (2.541n.), Chalkenor o.ä. oder (b) Denominativum zu chalkós ‘Erz’ (dann in der Bed. ‘mit Erzpanzer’ oder ‘Schmied’). Hier vielleicht mit Anspielung auf den Reichtum der Familie (596) als sprechender Name i.S.v. ‘reich an Erz’. Lit.: schol. T zu 594f.; RE a.O.; v. KAMPTZ 267, 279; JANKO zu 593–9; LfgrE. – Hellas bezeichnet im engeren Sinn einen Teil des Myrmidonengebiets in unmittelbarer Nachbarschaft zu Phthia (2.683n.); Herkunft des Phoinix (9.447f./478–480).
593 ἀσπιστάων: zur Flexion R 11.1. 594 Βαθυκλῆα (µ)µεγάθυµον: zur Prosodie M 4.6; zur Form auf -ῆα R 3. 595 Ἑλλάδι (ϝ)οικία: zum Hiat R 5.4; Ἕ. ist Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2); οἰκία ist im hom. Epos ein Pluralwort.
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Χ ά λ κ ω ν ο ς φ ί λ ο ν υ ἱ ὸ ν , ὅ ς : Es gibt im hom. Epos zahlreiche Fälle, in denen der Bezug des Relativpronomens unklar ist (vgl. 2.872n.): entweder (a) zum Sohn (d.h. zu υἱόν, hier = Bathykles) oder (b) zum Vater (hier Chalkon); auf inhaltlicher Ebene ist der Unterschied an der vorl. Stelle vernachlässigbar (die Familie ist eben reich und berühmt); wegen des Bezugs auf die Hauptperson (Pathos) und wegen der Etymologisierung des Namens dürfte jedoch (a) ὅς = Bathykles vorzuziehen sein (594n.; vgl. SULZBERGER 1926, 384. 393; LfgrE s.v. Χάλκων). — ο ἰ κ ί α ν α ί ω ν : flektierbare VE-Formel (8× Ptz., 1× 3. Sg. Impf.: 5× Il., 4× Od.); äquivalente Variante: δώµατα ναί-/δώµατ’ ἔναι- (1× Il., 6× Od., 5× Hes.). Zum Nachruf-Motiv ‘Heimat’ vgl. 593–602n. Zwei andere strittige Fälle zum Rel.-Pron.: (1) 5.59f. Φέρεκλον … Τέκτονος υἱὸν | Ἁρµονίδεω, ὃς … (Phereklos oder Tekton, ‘der es verstand, allerlei Kunstwerke herzustellen’); hier spricht für (a), daß Phereklos im Kontext wiederum die Hauptperson ist (AH zu 5.60; vgl. 2.872n.); im Anschluß daran heißt es (5.62–64), daß ‘dieser’ die unheilbringenden Schiffe des Paris gezimmert habe – eine Rolle, die die nachhom. Mythenerzählungen eindeutig Phereklos geben (WEST 2011, 154; vgl. LEAF zu 5.59: “the craft is represented as hereditary in three generations”); für (b) sprechen hingegen die Satzstellung (das Relativpron. folgt unmittelbar auf Ἁρµονίδεω im Enjambement am VA) und die EtymologisierungP des Namens (Tekton, ‘der Zimmermann’, hat die Schiffe gezimmert: sprechender Name [VAN LEEUWEN zu 5.63f.; KIRK zu 5.59–64]); in den Scholien wird zugunsten von (b) außerdem auf das Prinzip des kontinuierlichen GedankensP verwiesen (schol. A zu 5.60; schol. bT zu 5.60–2; dazu ausführl. NÜNLIST 2009, 326ff.). (2) 16.717–719 Ἀσίῳ, ὃς µήτρως ἦν Ἕκτορος … | …, υἱὸς δὲ Δ∆ύµαντος, | ὃς … (Asios oder Dymas, ‘der in Phrygien lebte’); hier sind beide Deutungen möglich, da eine strikte Differenzierung an der Aussage nichts ändert: die Familie stammt aus Phrygien. An den übrigen Stellen gibt meistens der Inhalt den Ausschlag für eine der beiden Möglichkeiten; (a) auf den Sohn zu beziehen: 5.43f. Φαῖστον … Μῃόνος υἱὸν | Βώρου, ὃς … (Phaistos, ‘der aus Tarne nach Troia gekommen war’), 5.69f. Πήδαιον … Ἀντήνορος υἱὸν, | ὃς … (Pedaios, ‘der unehelich war’), 5.612 Ἄµφιον Σελάγου υἱὸν, ὃς … (Amphios, ‘der in Paisos lebte und den das Schicksal nach Troia führte’), 23.288f. Εὔµηλος | Ἀδµήτου φίλος υἱὸς, ὃς … (Eumelos, ‘der in der Disziplin des Wagenrennens herausragte’); (b) auf den Vater zu beziehen: 15.638f. Περιφήτην, | Κοπρῆος φίλον υἱόν, ὃς … (Kopreus, ‘der als Bote des Eurystheus zu Herakles zu gehen pflegte’), 16.604 Λαόγονον, θρασὺν υἱὸν Ὀνήτορος, ὃς … (Onetor, ‘der Priester des Zeus war’; zudem steht hier der Vatersname unmittelbar vor dem Relativpron.; ebenso 5.77 von Dolopion, dem Priester des Skamandros). – Zu φίλον υἱὸν s.o. 447n.
596 ≈ 24.536 (Peleus); außerdem 1. VH = Od. 14.206; ≈ h.Merc. 529 (u. 2. VH von Hes. Op. 637). — ὄ λ β ῳ τ ε π λ ο ύ τ ῳ τ ε : synonymische Doppelung (1.160n.), ‘Wohlstand und Reichtum’ (24.536n.). Vgl. oben 594n.
597 2. VH (von der Zäsur B 1 an) = 13.438, 15.523 (ähnl. 15.528). — Zur Verletzung der ungedeckten Brust s.o. 312n. τ ὸ ν µ ὲ ν ἄ ρ α : VA-Formel, sonst stets mit elidiertem ἄρ’ (insgesamt 7× Il., 4× Od., 2× Hes. Th.). Mit anderen Formen des Demonstrativpron. (Nom./Gen./Akk., Sg./Pl./Dual): 35× Il., 26× Od., 1× h.Ap., 1× ‘Hes.’ Sc. — ο ὔ τ α σ ε δ ο υ ρ ί : VE-Formel (12× Il., ferner 1× Il. im Vers-Innern [HIGBIE 1990, 174–176; 14.443n.]). Zu οὐτά(ζ)ω s.o. 24n. 598 ≈ 5.65 (Meriones holt Phereklos ein und tötet ihn [Meriones wird im vorl. Zusammenhang ebenfalls auftreten: 603ff., wobei 605 ≈ 5.78]). — σ τ ρ ε φ θ ε ί ς : 594n. 596 Μυρµιδόνεσσιν: zur Flexion R 11.3. 597 τόν … στῆθος: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); τόν ist demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — ἄρα: ‘also’ (R 24.1). — δουρί: zur Flexion R 12.5.
Kommentar
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599–602 Die Emotionalität des Geschehens wird formal durch die chiastische Gegenüberstellung unterstrichen: Achaier (599b–600a: ‘überwältigender Schmerz’) – Troer (600b: ‘freuten sich sehr’) | Troer (601a: Sammlung) – Achaier (601b–602: Sammlung und Angriff). 599 ≈ 822; 1. VH s. 325n. — π υ κ ι ν ό ν : i.S.v. ‘überwältigend’ (24.480n.), vgl. Od. 11.88 πυκινὸν … ἀχεύων (von Odysseus im Angesicht seiner toten Mutter Antikleia), 19.516f. πυκιναὶ … µελεδῶναι (von Penelopes Sorgen). — ἄ χ ο ς … Ἀ χ α ι ο ύ ς : 21–22n. — ἄ χ ο ς ἔ λ λ α β ε : dieselbe Wendung auch 14.475 (Objekt: die Troer). Der durch ἄχος regelmäßig ausgelöste Handlungsimpuls wird hier in V. 601b–602 beschrieben: MAWET 1979, 297 (vgl. 508n.). Zum Verb des Ergreifens bei körperlich-seel. Vorgängen s.o. 22n. u. 30n. 600 ὡ ς ἔ π ε σ (εε ): ὡς wohl kausal zu ἄχος ἔλλαβε (so schon schol. A zu 599f.); nicht auszuschließen ist aber auch eine temporale Bedeutung (SCHW. 2.665; REYNEN 1958, 67f. mit Anm. 4; contra AH, Anh.). — ἐ σ θ λ ὸ ς ἀ ν ή ρ : Umschreibung für Βαθυκλῆα µεγάθυµον (594); dabei begründet ἐσθλός ‘trefflich’ (327n.) die Heftigkeit der Reaktion bei beiden Parteien. — µ έ γ α … κ ε χ ά ρ ο ν τ ο : redupl. Aor., ‘gerieten in große Freude, freuten sich sehr’, mit Konnotation der Schadenfreude (LATACZ 1966, 62f. 71f.; vgl. 1.255–256n.). Zu adverbiellem µέγα (6× im fgrE als Adv. zu χαίρω) s. 3.76n. 601 σ τ ὰ ν δ ’ ἀ µ φ ’ α ὐ τ ὸ ν ἰ ό ν τ ε ς ἀ ο λ λ έ ε ς : Auch wenn grammatikalisch der Bezug von ἀµφ’ αὐτόν auf den gefallenen Bathykles (600 ἐσθλὸς ἀνήρ) näherliegt, ist inhaltlich der Bezug auf die Hauptperson Glaukos (zuletzt 597 genannt) sinnvoller (schol. bT; FAESI; AH): die Troer haben neuen Mut gefaßt und scharen sich nun um ihren erfolgreichen Anführer, um wieder anzugreifen (Fortsetzung: ‘ließen die Kampfkraft nicht fahren’; zu ἀµφί + Akk. ‘um einen Anführer/Helden herum’ vgl. z.B. 4.90, 13.126, 16.165; zu ἀολλέες im Zusammenhang mit einem geschlossenen Angriff s.o. 276a n.). Hingegen ist es im hom. Epos nicht üblich, aus Schadenfreude oder im Triumph den gegnerischen Leichnam zu umringen (wohl aber, sich zum Schutz vor den Leichnam der eigenen Partei zu stellen: 321n.; ἀµφί ist dann mit Dat. konstruiert: 5.299 u.ö.). στὰν … ἰόντες bed. ‘sie eilten ⟨zu ihm hin⟩ und stellten sich um ihn auf’, vgl. z.B. 8.280 στῆ δὲ παρ’ αὐτὸν ἰών (und sprach ihn an).
602 Zum Ausdruck ‘die Kampfkraft (nicht) fahren lassen’ vgl. 270n. bzw. 357n. ἀ λ κ ῆ ς : ‘Abwehr, Kampf’ (3.45n.). — µ έ ν ο ς δ ’ ἰ θ ὺ ς φ έ ρ ο ν α ὐ τ ῶ ν : d.h. ‘die Achaier griffen die Troer an’: µένος bez. in militär. Zusammenhang die ‘Kampfeswut, Kampfkraft’ (allg. zu µένος 332n.); ähnl. Wendungen: 5.506 (Achaier und Troer) µένος χειρῶν ἰθὺς φέρον, 10.479 (Odysseus zu Diomedes:) πρόφερε κρατερὸν µένος, ferner 4.447 σύν ῥ’ ἔβαλον ῥινούς, σὺν δ’ ἔγχεα καὶ µένε’ ἀνδρῶν, 20.374 τῶν δ’ ἄµυδις µίχθη µένος. – Zu ἰθύς + Gen. s.o. 552n. Zu den periphrast. Wendungen mit φέρειν PORZIG 1942, 118f. 598 ἐξαπίνης: = ἐξαίφνης. — µιν: = αὐτόν (R 14.1). — κατέµαρπτε: Impf., ‘im Begriff war einzuholen’ (Subjekt: Bathykles). 599 δούπησεν: zur augmentlosen Form R 16.1. — ἔλλαβ(ε): zum -λλ- R 9.1. 601 στάν: = ἔστησαν (R 16.2). — ἀολλέες: zur unkontrahierten Form R 6. — οὐδ(έ): steht im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). 602 ἰθὺς … αὐτῶν: ‘ihnen entgegen’.
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Ilias 16
603–607 Erneut eine Kampfszene im ABC-SchemaP (287–290a n.) mit typischem ‘Nachruf’-Thema in Teil B, diesmal ‘Priestersohn’ (604–605n.; MERZ 1953, 58– 60; STRASBURGER 1954, 25f.; FENIK 1968, 11; STOEVESANDT 2004, 142–144). 603 entspricht in der Vers-Struktur 5.541; 2. VH = 4.457, 8.256 (alle mit dem Eigennamen des Getöteten im Folgevers: VISSER 1987, 226–230). — Zu Meriones s.o. 342n.; er ist der einzige gr. Held außer Patroklos, der zwischen Sarpedons und Patroklos’ Tod einen siegreichen Auftritt hat: SCHEIBNER 1939, 84f. Anm. 2; WEST 2011, 324 (zu 603–32). ἔ ν θ ’ α ὖ : 477n. — κ ο ρ υ σ τ ή ν : ‘behelmt’ i.S.v. ‘Krieger in Rüstung’ (18.163n.; vgl. oben 167n.); Komposita: ἱππο-/χαλκοκορυστής (287n. bzw. 358n.).
604–605 Der Tod von (mehrheitlich troianischen) Priestersöhnen – hier Laogonos, Sohn des Onetor – ist ein wiederholt vorkommendes Motiv in der Ilias (vgl. die Lit. in 603–607n.). Implikation: weder der Dienst am Gott noch der hohe Status im Volk können den Priestersohn vor dem Untergang bewahren. Parallelen: 5.9ff. Diomedes tötet Phegeus, den Sohn des Hephaistos-Priesters Dares (Phegeus’ Bruder Idaios wird von Hephaistos vor dem sicheren Tod gerettet), 5.76ff. Eurypylos tötet Hypsenor, den Sohn des Skamander-Priesters Dolopion, 5.148ff. Diomedes tötet Abas und Polyïdos, die Söhne des Traumdeuters Eurydamas, 11.328ff. Diomedes tötet Adrestos und Amphios, die Söhne des Sehers Merops (schon im Troerkatalog erwähnt: 2.830ff.), 13.663ff. Paris tötet Euchenor, den Sohn des korinth. Sehers Polyïdos. (Die Liste der troischen ‘Geistlichen’ in der Ilias ist durch den Vogelschauer und Seher Helenos [FM 8] u. die Athene-Priesterin Theano [FM 9] zu vervollständigen.) – Laogonos ist einer der zahlreichen Namen mit -la(w)o‘Volk, Mannen’ und bedeutet wohl ‘der im Kriegsvolk Geborene’ (v. KAMPTZ 73, 205f.; WATHELET s.v.). In der Ilias Name zweier Troer (noch 20.460: Sohn des Bias und Bruder eines Dardanos, getötet von Achilleus; zur Mehrfachverwendung von Namen s.o. 345n.). Historisch nur 1× belegt (Leōgonos: LGPN I). Onetor ist ein sprechender Name für einen Priester: ‘Förderer, Helfer’, mit dem für nomina agentis typischen Suffix -tōr gebildet wie Aktor ‘Anführer’ (14n.), Hektor ‘Beschützer’ (6.402–403n. a.E.), Kaletor ‘Rufer’ (24.577n.), Thestor ‘Beter’ (401n.) u.a.m. (v. KAMPTZ 171f.). Menelaos’ Steuermann Phrontis ist ebenfalls Sohn eines Onetor (Od. 3.282); historisch sind sowohl der Name selbst (Onētor, Onātor) als auch das Patronymikon (Onetorides) belegt (LGPN). – Zeus Idaios ist der Titel des lokalen Zeus mit Kultstätte im Ida-Gebirge (24.291n.). 604 θ ρ α σ ὺ ν υ ἱ ό ν : θρασύς in der Ilias 11× von Personen (stets Troer), darunter 7× von Hektor und 3× von Hektors Wagenlenker (24.71–72a n.; CAMEROTTO 2009, 129); nur hier
603 Τρώων: gen. part. zu ἄνδρα. — ἕλεν: = εἷλεν (R 16.1), vgl. V. 607. 604 ἰρεύς: = ἱερεύς.
Kommentar
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von einem ‘Statisten’ und nur hier als Attribut zu υἱός anstelle der an dieser Vers-Position üblichen Nomen-Epitheton-Formel φίλον υἱόν (447n.; bes. ähnl. Od. 3.398 Τηλέµαχον, φίλον υἱὸν Ὀδυσσῆος θείοιο [öfter auch im Nom.]) neben 4× νόθον/ος υἱόν/ός (738n.) und 2× ἐµὸν/ὸς υἱόν/ός (Il. 24.227, Hes. Op. 271 [dir. Rede]). Vielleicht ist φίλον υἱόν hier um der variatio willen vermieden (nach V. 586 u. 595); andererseits wird in schol. T aus inhaltlichen Gründen just die Lesart φίλον υἱόν vorgeschlagen (vgl. JANKO zu 603–7). — ῑ̓ ρ ε ύ ς : anstelle des mehrheitlich überlieferten (aspirierten) ῑ̔ρεύς restituierte Form in Anῑ̓ρ lehnung an die im ostion. Dialekt übliche (nicht-aspirierte) Form (WEST 1998, XVII; vgl. LOCHER 1963, 5–10).
605 ≈ 5.78; 2. VH = 5.78, 10.33, 13.218; ≈ 11.58, Od. 14.205. — ‘Wie ein Gott geehrt im Volk’ ist eine wohl alte hyperbolische Wendung zum Ausdruck hohen Ansehens und besonderer Wertschätzung, die mit materiellem Wohlstand einhergehen dürfte (im vorl. Fall des Priesters aufgrund der Abgaben aus dem Zeuskult: WEBSTER 1962, 455f.; BURKERT [1977] 1985, 96f.; DONLAN 1981/82, 160); 2× von Priestern (hier u. 5.78 [vom Hephaistos-Priester Dolopion]), 2× von Königen (10.33 Agamemnon; 13.218 Thoas, Herrscher über die Aitoler), 2× von weiteren angesehenen Personen (11.58 Aineias; Od. 14.205 Kastor, reicher Kreter, Figur aus einer Lügengeschichte des Odysseus); ähnliche Wendungen: aktivisch ‘jn. wie einen Gott ehren’ (Il. 9.155 u.ö. von Achilleus, Od. 5.36 u.ö. von Odysseus), ‘auf jn. wie auf einen Gott blicken’ (u.a. Il. 12.312 von Sarpedon und Glaukos, Od. 7.71 von Arete), ‘auf jn. wie auf einen Gott hören’ (Od. 7.11 von Alkinoos), ‘zu jm. wie zu einem Gott beten’ (u.a. Il. 22.394 von Hektor, Od. 8.467 Odysseus zu Nausikaa), ‘jn. wie einen Gott grüßen’ (Il. 22.434f. von Hektor), ‘jd. ist ein Gott unter den Männern’ (24.258 von Hektor [s.d.]). Vgl. BRUNIUS-NILSSON 1955, 130–132; HAINSWORTH zu Il. 10.32–3 u. Od. 8.467; DE JONG zu Il. 22.394. θ ε ὸ ς δ ’ ὥ ς : zum nachgestellten ὥς 156n.
606–607 = 13.671f. (dort vom Sohn eines gr. Sehers: FENIK 1968, 148); außerdem 1. VH von 606 (bis zur Zäsur C 2) = 17.617; 2. VH von 607 = 5.47. — Die Todesdarstellung besteht aus konventionellen Elementen: Lokalisierung des Treffers unter Kiefer und Ohr (405n.), Entschwinden der Lebenskraft (410n.), Dunkelheit als formelhafter Ausdruck für das Eintreten des Todes (316n.). ὦ κ α : entweder (a) modal auf die Bewegung bezogen ‘schnell’ (so jedenfalls 23.880 ὠκὺς δ’ ἐκ µελέων θυµὸς πτάτο) oder – wahrscheinlicher – (b) temporal von der Geschehensabfolge ‘sogleich’ (vgl. LfgrE). Wohl zu naturalistisch die Interpretationen von GRMEK 1983, 55 mit Anm. 84 (rascher Tod aufgrund der Verletzung der Halsschlagadern), und CLARKE 1999, 153 (rascher Tod, weil der Lebenshauch durch den vom Speer gewaltsam geöffneten
605 ἐτέτυκτο: ≈ ‘war’ (589n.). — θεὸς … ὥς: = ὡς θεός. — δήµῳ: dat. auctoris. 606 γναθµοῖο: zur Flexion R 11.2. — καὶ οὔατος: = καὶ ὠτός; zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 607 ἀπὸ (µ)µελέων: zur Prosodie M 4.6; unkontrahierte Form R 6. — µιν: = αὐτόν (R 14.1).
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Ilias 16
Mund augenblicklich entweicht). — ᾤ χ ε τ (οο ): Das “rasche Entschwinden der Seele aus dem Körper” wird auch durch ἔσσυτ’ ἐπειγοµένη (14.519) oder ἐκ ῥεθέων πταµένη … βεβήκει (16.856) beschrieben: KURZ 1966, 112 Anm. 42. — ἀ π ὸ µ ε λ έ ω ν : ‘vom Leibe weg’ (vgl. 110n.), stets beim Sterben (noch 7.131, 13.672, Od. 15.354); vgl. 469n. — σ τ υ γ ε ρ ό ς : ‘schaudererregend’, Epitheton bei Wörtern für Tod, Krankheit, Trauer, Kampf usw. (2.385n.; LfgrE). — σ κ ό τ ο ς ε ἷ λ ε ν : vgl. 334 ἔλλαβε … θάνατος (333–334n.).
608–632 Aineias’ Versuch, Laogonos an Meriones zu rächen, mißglückt: Meriones weicht aus (610–613). Denselben Mißerfolg hatte Aineias bereits im Kampf gegen Idomeneus (13.502ff.; allg. zu Aineias’ Bedeutung s.o. 535–536n.). – In seinem Ärger richtet Aineias eine kurze spöttische Drohrede an seinen Gegner (617f.), die dieser in schärferer und längerer Form erwidert (620–625, s.d.). “Derlei Wortgeplänkel […] gehören zum stehenden Verhalten zweier Gegner vom Einzelhelden Homers oder des Hildebrandliedes bis zu den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Staaten der Moderne” (BARCK 1976, 98; s. auch WEST 2007, 476f.), in der Erzählung stets verbunden mit einem Innehalten der Kämpfe (RAAFLAUB 2007/8, 480f.). Meriones’ Rede ersetzt gewissermaßen seinen militär. Gegenangriff (den er lediglich als Möglichkeit erwähnt [623–625]): “verbale Ersatzhandlung” (STOEVESANDT 2004, 310; vgl. REYNEN 1983, 166f.; PARKS 1990, 61; VAN WEES 1996, 72 Anm. 95). Solche Reden nach Fehlschüssen haben Ähnlichkeiten mit den üblichen Triumphreden (dazu 14.454–457n. mit Lit.) und finden sich auch 11.362ff. (Diomedes zu Hektor), 11.380ff. (Paris u. Diomedes), 22.279ff. (Hektor zu Achilleus); s. ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 126.135; STOEVESANDT a.O. 190. 307. 310. – Nach dem Wortwechsel interveniert Patroklos und tadelt Meriones dafür, daß er sich auf den mündlichen Schlagabtausch eingelassen habe (627–632). Dadurch findet der Zweikampf Aineias–Meriones sein vorzeitiges Ende (ähnl. 17.530ff. das Eingreifen der beiden Aias) – der ErzählerP “solves in a novel way the recurrent problem of concluding a duel between heroes who must both survive” (WEST 2011, 324 [zu 616–32; vgl. ebd. zu 603–32]; ähnl. JANKO zu 603–32) und geht unmittelbar zur Betrachtung der beiden Heere aus der Vogelschau über (633ff.), in der Patroklos’ Aufforderung ‘es gilt zu kämpfen’ (631) in globo umgesetzt wird; zudem wird durch Patroklos’ Erwähnung des ‘Leichnams’ (629) der eigentliche Leichenkampf wieder in den Vordergrund gerückt (633ff.) (etwas ratlos in der Deutung der vorl. Szene FENIK 1968, 157. 208; TSAGARAKIS 1982, 109f.). 608 2. VH ≈ 13.247. — ἐ π ὶ … ἧ κ ε ν : vgl. 812 ἐφῆκε. — δ ό ρ υ χ ά λ κ ε ο ν : 346n., 610n.
609 2. VH ≈ 13.158 (Deïphobos, von Meriones angegriffen), 13.807 (Hektor). — Meriones wagt sich unter der Deckung des Schildes aus der schützenden Umgebung seiner Mitkämpfer heraus (vgl. Iterata). Die Wendung geht vielleicht auf den 608 ἐπὶ Μηριόνῃ: ἐπί + Dat. zur Angabe des Ziels. 609 ὑπασπίδια: Adv. zu προβιβάντος. — προβιβάντος: erg. αὐτοῦ (sc. Meriones).
Kommentar
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Gebrauch des myk. Langschilds zurück, der den Körper in der ganzen Höhe schützte (6.117f. [s.d.], 15.645f.; HELBIG [1884] 1887, 317; contra TRÜMPY 1950, 26–28). Die geschilderte Situation – Aineias hofft Meriones zu treffen, dieser bückt sich nach vorne (611) – zeigt jedoch, daß dem Erzähler der in der Ilias übliche modernere, kleinere Rundschild vorschwebt (JANKO zu 13.156–158 a.E.). Zu den beiden Schildtypen 18.478–608n., Abs. B.2.a, mit Lit.; zum Amalgam-Charakter der hom. Epen (Vermischung von Elementen unterschiedlicher Zeit und Herkunft) s. die Lit. in 6.117–118n. a.E. ἔ λ π ε τ ο γ ὰ ρ …: Deutung durch den Erzähler (255–256n.). — π ρ ο β ι β ά ν τ ο ς : restituierte Form anstelle von einhellig überliefertem προβιβῶντος (3.22n. mit Lit.; ferner HACKSTEIN 2002, 111f.; vgl. oben 534n.).
610–613 = 17.526–529; außerdem 610 = 13.184, 13.404, 13.503, 17.305; 1. VH von 610 (bis zur Zäsur C 2) ≈ 22.274; 1. VH von 612 ≈ 17.437; 2. VH von 612 ≈ 13.443; 613 = 13.444. — Die Darstellung, wie Meriones der Waffe ausweicht und diese im Boden steckenbleibt, enthält mehrere typ. Elemente, die in der Ilias in unterschiedlichen Kombinationen wiederholt vorkommen (s. die nächsten nn.). 610 ἀ λ λ ’ ὃ µ έ ν : VA-Formel (14× Il., 10× Od.; ferner 1× Od. nach der Zäsur C 2; im Neutr. ἀλλὰ τὸ µέν am VA 2× Il., 2× Od.). — ἄ ν τ α ἰ δ ώ ν : ‘ins Angesicht schauend’, d.h. ‘entgegenblickend’ und so die Gefahr kommen sehend, d.h. er beobachtete die Flugbahn des Speers, um diesem ausweichen zu können (vgl. Iterata sowie 22.274f.). Zu ἄντα s. 24.630n. — χ ά λ κ ε ο ν ἔ γ χ ο ς : VE-Formel (318n.); nimmt hier in chiastischer Wortstellung δόρυ χάλκεον aus V. 608 wieder auf und wird durch 611 δόρυ µακρόν fortgesetzt (JANKO zu 609–13). Zur Synonymität von δόρυ und ἔγχος s.o. 139–140n.
611–612 Iterata s.o. 610–613n. — Hom. Helden vermeiden einen Treffer, (a) indem sie sich klein machen, d.h. sich wie hier in irgendeiner Weise ducken (noch 13.405/408, 15.520f., 20.276ff.; vgl. oben 403–404a n.) oder sogar in die Hocke gehen (22.274f.), oder (b) indem sie zur Seite ausweichen, und zwar entweder mit einer kleinen Drehung oder Biegung (3.360 u.ö. [s.d.]) oder mit einem Sprung zur Seite (14.462f.); s. KURZ 1966, 55. 147. Für die Darstellung, wie die Waffe den Gegner verfehlt (hier ‘hinter dem Rücken’ des Kriegers im Boden landet), vgl. die ähnlichen Situationen 13.408, 22.275 (Speer fliegt über den Gegner hinweg), 5.16, 16.478 (über die linke Schulter [106n.]), 10.373 (über die rechte Schulter). Daß die Waffe explizit in die Erde fährt, ist ein häufiges Motiv zur Verdeutlichung des Mißerfolgs: 10.373f. (mit Absicht am Gegner vorbei), 11.351f./357f. (am Helm abgeprallt), 11.377f. (Pfeilschuß durch den Fuß des Gegners hindurch), 11.573f. = 15.316f. (Fehlschüsse), 13.504f. (Gegner ist ausgewichen), 16.772f. (Fehlschüsse 610 ὅ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — ἄντα (ϝ)ιδών: zur Prosodie R 4.3. 611 πρόσσω: zum -σσ- R 9.1. — τὸ δ(έ): mit δόρυ µακρόν zu verbinden, ‘der aber, der lange Speer …’. — ἐξόπιθεν: ep. Nebenform zu ἐξόπισθεν, ‘dahinter, hinter ihm’.
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Ilias 16
von Speeren und Pfeilen), 17.527f. (Iteratverse zur vorl. Stelle), 20.276ff. (durch Schild hindurch, Gegner weicht aus), 21.69f. (Lykaon bückt sich, um Achilleus anzuflehen), 21.167f. (nach oberflächlichem Treffer am Arm), 21.171f. (Fehlschuß), 22.275f. (Gegner ist ausgewichen); s. DANEK 1988, 139f. Statt wie hier im Boden zu landen, kann das Geschoß beim Ausweichen des einen Gegners einen anderen, unbeteiligten Gegner treffen (sog. Ersatztötung: 13.184ff., 13.404ff., 14.462ff., 15.520ff., 17.305ff.; STOEVESANDT 2004, 161f. 164f. [weitere Lit. ebd. 161 Anm. 502]). – Das anschauliche Detail, daß der Speerschaft ‘erzittert / hinund herschwingt’, hat Parallelen in 13.504f., 17.528f. (Speer im Boden), 17.523f. (Speer im Leib des Getöteten); in bizarrer Variation 13.442–444 (Speer im Herzen des Getroffenen): KIRK 1962, 177f.; FENIK 1968, 133f.; DE JONG 2005, 10f.). δ ό ρ υ µ α κ ρ ό ν : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel am VE und nach der Zäsur A 4 (Nom./Akk. insgesamt 9× Il.), metr. Variante zu δόρυ χάλκεον/µείλινον (vgl. 608). Im Dat. δουρί τε µακρῷ 3× Il. u. 1× ‘Hes.’ (alle VE), im Pl. δούρατα µακρά 1× Il., 3× Od. (nach der Zäsur A 3 und am VE). — ο ὐ ρ ί α χ ο ς : wohl zu οὐρά ‘Schwanz’, also das Ende des Speerschafts, viell. auch der ‘Speerfuß, Lanzenschuh’ (spitzer metallener Beschlag, dank dem die Waffe mit dem Ende in den Boden gerammt werden konnte: 10.152f. [dort σαυρωτήρ genannt]); s. schol. D; TRÜMPY 1950, 58f.; weitere Lit. (auch zum archäol. Befund): LfgrE s.v. σαυρωτήρ; SHEAR 2000, 194 Anm. 495. — π ε λ ε µ ί χ θ η : 107–108n.
613 Iterata s.o. 610–613n. – Die Junktur ménos aphiénai bed. ‘seine Energie loslassen, den Schwung ausklingen lassen, sich verausgaben’ und ist nur im Zusammenhang mit ausschwingenden Speeren belegt (noch in den Iteratversen 13.444, 17.529). Sie erinnert einerseits an Formulierungen wie ménos lýein ‘die Energie lösen’ i.S.v. ‘töten’ (332n.), andererseits an das Gegenteil ‘Gottheit verleiht jm. Energie’ (529n.). Auffällig ist der Bezug des ménos auf die Dynamik von Unbelebtem (im fgrE überwiegend von Lebewesen; sonst nur noch vom Feuer, der Sonne, den Winden und Flüssen: 6.182n.; s. auch JAHN 1987, 41–44; CLARKE 1999, 111). Ob der Junktur deswegen eine alte animistische Vorstellung zugrundeliegt, ist unklar; die rhetorische ‘Vermenschlichung’ von Waffen ist im hom. Epos jedenfalls öfter bezeugt: 75n. – Ares erscheint hier als altertümliche, der Waffe innewohnende Wirkungsmacht, vgl. die Gemeinsamkeiten in den Beschreibungen von Ares und von Waffen u.a. im Epitheton óbrimos ‘gewaltig’ (s.u.) und in der Blutgier (‘Ares mit Blut sättigen’ 5.289 u.ö., ‘Speer begehrt sich am Fleisch zu sättigen’ 11.574 u.ö., 21.70); in 17.210–212 fährt ‘Ares, der schreckliche Enyalios’ (FG 6) gleichzeitig mit dem Anlegen der Rüstung in Hektor. Zur Diskussion 612 οὔδει: zu οὖδας ‘(Erd)boden’. — ἐνισκίµφθη, ἐπί: zum Hiat R 5.6. — ἐνισκίµφθη: ‘bohrte sich in die Erde, blieb in der Erde stecken’; ἐνί = ἐν (R 20.1). — ἐπί: adv., ‘dazu, dabei’. — πελεµίχθη: ‘erzitterte’. 613 µένος: sc. des Speers. — ἀφίει: 3. Sg. Impf., ‘(allmählich) loslassen’.
Kommentar
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über die Beurteilung von Ares in solchen Zusammenhängen s. AH und LEAF zu 13.444; LfgrE s.v. 1256.20ff.; KULLMANN 1956, 131f.; GRIFFIN 1980, 33–35; HOEKSTRA 1981, 68 mit Anm. 12f.; ERBSE 1986, 167f.; vgl. auch 543n. ἔ ν θ α δ ’ ἔ π ε ι τ (α α ): formelhafte Verbindung an versch. Vers-Positionen (5× Il., 6× Od.); ἔνθα behält dabei die lokale Bed. (stets nach Ortsangabe, hier 612 οὔδει; zum temporalen ἔνθα s.o. 306n.). — ὄ β ρ ι µ ο ς Ἄ ρ η ς : VE-Formel (6× Il.; prosod. Variante: χάλκεος Ἄρης 543n.). ὄβριµος ‘wuchtig, gewaltig’ hat im vorl. Formelvers (Dynamik des geschleuderten Speers) wohl prägnante Bed. (vgl. 14.44n. ὄβριµος Ἕκτωρ), zumal es auch Epitheton des Speers selbst sein kann (3.357n.). Allg. zu ὄβριµος LfgrE s.v.; CAMEROTTO 2009, 122–125.
614–615 = 13.504f. (an beiden Stellen verfehlt Aineias seinen Gegner, weil dieser dem Geschoß ausweicht: 610 = 13.503). Mit dem in 611–613 beschriebenen Vorgang unvereinbare Dublette, nur in wenigen späten Handschriften im Text oder als Marginalie überliefert: Konkordanzinterpolation (AH; JANKO; WEST 2001, 13). 616 Ärger über sich selbst nach Fehlschuß oder anderweitigem Verlust der Waffe empfinden auch Meriones (13.165f.) und Hektor (14.406f. u. 22.291f.): 14.406n.; vgl. ADKINS 1969, 13f. 17; CAIRNS 2003, 29f. θ υ µ ὸ ν ἐ χ ώ σ α τ ο : wie 20.29 θυµὸν … χώεται; zur Verbindung von Verben der Bed. ‘zürnen’ mit Seele-Geist-Lexemen s. 584–585n. — φ ώ ν η σ έ ν τ ε : VE-Formel (24.193n.).
617 Der Gegensatz zwischen Kampf und Tanz bildet ein beliebtes rhetorisches Motiv (24.260–262n. mit Lit.). Vordergründig nimmt Aineias auf Meriones’ geschickte Ausweichbewegung Bezug (610f.), macht mit dem spöttischen Vergleich letztlich aber seiner eigenen Frustration über den Fehlschuß Luft. Der Spott bezieht möglicherweise daraus eine besondere Pointe, daß die Kreter – Meriones stammt aus Kreta (2.645ff.) – generell als vorzügliche Tänzer galten und noch immer gelten (schol. b u. T; WILLCOCK; JANKO zu 617–619; Lit. zu archäol. Bezeugungen des Tanzes auf Kreta in 18.591n.). 618 κ α τ έ π α υ σ ε : ‘stoppen, ein Ende machen mit’, hier i.S.v. ‘töten’ (AH: ‘den Garaus machen’). — δ ι α µ π ε ρ έ ς : eigtl. ‘mitten hindurch, durch und durch’ (19.272n.), hier bei κατέπαυσε temporal (‘für immer’: schol. A; AH) oder modal (‘vollständig, ganz und gar’: LfgrE s.v. a.E.); vielleicht Kontamination mit der Vorstellung ‘wenn ich dich mitten hindurch getroffen hätte’ (zu ἔβαλον), vgl. 5.284, 5.657f., 17.309f. (LUTHER 1935, 155; oben 309n.). — ε ἴ … π ε ρ : ‘wenn nur’, mit Irrealis (LEAF; vgl. 263n.). 619 ≈ 13.254, 13.266 (ebenfalls Meriones), Od. 15.544 (Peiraios). — τ ὸ ν δ ’ α ὖ … ἀ ν τ ί ο ν η ὔ δ α : Rede-EinleitungP mit unterschiedl. Subjekten (Nomen-Epitheton-Formeln), auch mit τὴν bzw. αὖτε (24.333n.; FINGERLE 1939, 343; KELLY 2007, 217–200). — Μ η ρ ι ό ν η ς
616 θυµόν: Akk. der Beziehung (R 19.1). 617 τάχα: ‘schnell, bald’. — κεν: = ἄν (R 24.5), Irrealis. — καὶ … περ ἐόντα: = καίπερ … ὄντα (R 24.10, 16.6). 619 τόν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17).
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δ ο υ ρ ι κ λ υ τ ό ς : singuläre Nomen-Epitheton-Verbindung neben 2× prosod. äquivalentem Μηριόνης πεπνυµένος (Iterata). Möglicherweise ist die vorl. Wendung, obwohl seltener, die ‘eigentliche’ Nomen-Epitheton-Formel für Meriones – er profiliert sich in der Ilias als Krieger, nicht als kluger Redner –, während im 13. Gesang δουρικλυτός deswegen durch πεπνυµένος ‘ersetzt’ ist, weil Meriones’ Speer kurz zuvor zerbrochen war (13.159ff.; wegen der häufigen Verbindung mit ἀντίον ηὔδα lag πεπνυµένος als Ersatz nahe: 3.203n.); s. LfgrE s.v. πέπνυµαι 1161.10ff. In ähnlicher Anpassung an den Kontext heißt Meriones im 23. Gesang bei den Vorbereitungen für die Bestattung des Patroklos nicht ἀτάλαντος Ἐνυαλίῳ ἀνδρειφόντῃ (4× Il.), sondern θεράπων ἀγαπήνορος Ἰδοµενῆος (23.113/124): FRIEDRICH 2007, 107. – Zu δουρικλυτός s.o. 26n., zu πεπνυµένος 3.148n. u. 24.377n.
620–625 Meriones’ Erwiderung gliedert sich in zwei gleich lange Teile (620–622/ 623–625), die sich sprachlich und inhaltlich sowohl (a) auf die Drohrede des Aineias 617f. (Catchword-TechnikP) als auch (b) aufeinander beziehen (MARTIN 1989, 77: “Meriones has performed a poetic coup”; JANKO zu 620–6): (a) 620 Anrede, ‘auch wenn du stark bist’ ≈ 617 Anrede, ‘auch wenn du ein Tänzer bist’ 621 ‘die Energie auslöschen’ ≈ 618 ‘ein Ende machen’ 623ff. ‘wenn ich dich treffen würde, würde ich dich töten’ ≈ 618 ‘ich hätte dich getötet, wenn ich dich getroffen hätte’ (b) 620 ‘auch wenn du stark bist’ ≈ 624 ‘auch wenn du stark bist und auf deine Hände vertraust’ 622 ‘sterblich bist auch du geschaffen’ (Ende des 1. Teils) ≈ 625 ‘die ›Seele‹ dem Hades geben’ (Ende des 2. Teils) Die zweite Hälfte der Rede folgt asyndetisch auf die erste: Meriones setzt dem Unvermögen des Aineias seine eigene Siegeszuversicht entgegen und unterstreicht Aineias’ Sterblichkeit (622) mit der Androhung des Todes (625; ähnl. Todesdrohungen in 5.652–654 = 11.443–445). – Den Gedanken, daß auch der Stärkste gegen viele nichts ausrichten kann, äußern – freilich in anderem Kontext – auch Sarpedon u. Achilleus (12.410ff. bzw. 20.356ff., dort in Kampfparänesen: EDWARDS zu 20.353–9); ähnl. auch 15.140f., Od. 17.12f., 20.313 (FOLEY 1999, 226). 620 2. VH = Hes. Op. 704; ≈ Il. 12.410, 20.356 (Dat.), Hes. Th. 698 (Gen. Pl.). — Die Formulierung ‘es wird für dich schwierig sein …’ ist ein understatement für ‘es wird dir unmöglich sein’, verdeutlicht durch die Konzession ‘auch wenn du stark bist’ (620), durch die Hyperbel ‘allen Menschen’ (621) und durch die spöttische Bemerkung ‘sterblich bist auch du geschaffen’ (622). χ α λ ε π ό ν : meist wie hier in bezug auf das begrenzte menschl. Vermögen (schol. b; LfgrE s.v. 1105.14ff. mit weiterer Lit.). — ἴ φ θ ι µ ο ν : Auch wenn der fehlende Digamma-Anlaut eine Verbindung mit ἶφι (ϝῖφι) ‘mit Kraft’ aus sprachhist. Sicht unwahrscheinlich macht, 620 χαλεπόν: sc. ἐστιν (+ AcI: σε … σβέσσαι).
Kommentar
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dürfte das Adj. seit jeher als ‘kräftig, stark’ verstanden worden sein. Diese Bed. paßt an der vorl. Stelle ohne weiteres (vgl. z.B. auch 1.3n., unten 659n.). Scholien und Lit.: LfgrE s.v. 621 1. VH = 15.141; ≈ h.Ap. 162; ferner als VE-Formel πάντων τ’ ἀνθρώπων (14.233n.) und 3× Od. im Enjambement (πάντων | ἀνθρώπων). — π ά ν τ ω ν ἀ ν θ ρ ώ π ω ν …, ὅ ς κ ε : ‘von allen Menschen, wer auch immer …’, Implikation: ‘einer nach dem andern’, vgl. z.B. 15.730f. (singularisches Relativpron. im verallgemeinernden Rel.-Satz nach plural. Bezugswort: CHANTR. 1.21). — σ β έ σ σ α ι µ έ ν ο ς : ‘die Kampfkraft auslöschen’, emphat. Umschreibung für ‘töten’ (vgl. 332n.); vgl. 22.96 ἄσβεστον … µένος von Hektors Widerstandsgeist und 9.678 ‘Achill will nicht σβέσσαι χόλον’ (ebenfalls abstraktes Obj.).
622 Aineias ist sterblich, obwohl er Sohn der Aphrodite ist (vgl. 448–449a n.). ν υ : “von dem Redenden […] in erregterer Gemütsstimmung gebraucht, so daß man es je nach dem Inhalte der Rede verschieden übersetzen muß” (K.-G. 2.119), hier leicht ironisches ‘doch wohl’, ‘denk’ ich’ (AH); vgl. 859n. τί νυ. – Allg. zu νυ (v.a. zur Formelhaftigkeit) RUIJGH 1957, 57ff. 623 σ ε β ά λ ο ι µ ι τ υ χ ὼ ν µ έ σ ο ν : Das Ptz. von τυγχάνω erscheint im hom. Epos öfter präzisierend in Verbindung mit einem Verb des Treffens/Verletzens und der Angabe der getroffenen Körperpartie, z.B. 5.98f., 12.189; mit prädikativem µέσον auch 13.396f. — ὀ ξ έ ϊ χ α λ κ ῷ : VE-Formel (24.393n.; vgl. oben 284n. zu δουρὶ φαεινῷ). 624 α ἶ ψ α : nachdrückliche Einleitung der Folge (‘sofort’), vgl. 13.486, 17.159/162. — κ α ὶ κ ρ α τ ε ρ ό ς π ε ρ ἐ ώ ν : so auch ‘Hes.’ Sc. 101, am VA Il. 15.195, mit οὐδέ statt καί 15.164; stets auf körperliche Stärke bezogen. — χ ε ρ σ ὶ π ε π ο ι θ ώ ς : VE ≈ Od. 16.71, 21.132 (χ. πέποιθα); Variante βαρείῃ χειρὶ πιθήσας Il. 11.235, 17.48 (ähnl. Od. 21.315); im VersInnern Il. 12.135 (χείρεσσι πεποιθότες), Od. 8.181 (πεποίθεα χερσί); allg. zu den Junkturen mit πεποιθώς 6.505n. – Zur Bed. der (Arme und) Hände im Kampf s.o. 244n.
625 ≈ 5.654, 11.445. — Der Gang der ‘Seele’ in die Unterwelt (‘Hades’) ist ein mehrheitlich in der Figuren-SpracheP benutztes Bild für den Tod (CLARKE 1999, 168f.; im Erzählertext kommt es seltener vor, u.a. 1.3, 16.326f., 16.856). ε ὖ χ ο ς ἐ µ ο ὶ δ ο ί η ς , ψ υ χ ὴ ν δ ’ Ἄ ϊ δ ι : antithetischer Parallelismus mit dem Prädikat im Zentrum. Die Verbindung von διδόναι mit (a) εὖχος und (b) ψυχήν (‘Leben, Lebenshauch, Seele’) bildet ein Zeugma (vgl. 505n. mit Lit.); Verbindung (a) ist geläufig (Subjekt ist der unterlegene Gegner oder ein Gott, der den Sieger unterstützt [725n.]; Übersicht über die meist formelhaften Wendungen bei MUELLNER 1976, 108f.); Verbindung (b) hingegen ist nur im vorl. Formelvers belegt, hat aber Parallelen in Wendungen wie 1.3 ψυχὰς Ἄϊδι προΐαψεν (s.d.); vgl. 16.856n. (ψυχὴ … Ἄϊδόσδε βεβήκει). — ε ὖ χ ο ς : gehört zur FigurenSpracheP (während objektives κῦδος auch im Erzähler-Text verwendet wird, vgl. 725/730), ‘Gelegenheit zum εὔχεσθαι ›sich rühmen‹, Ruhmesrede, Siegesjubel’; Voraussetzung für εὖχος ist ein (verdienter) Sieg über den Gegner, meist wie hier (und 725) in hypothet. For621 σβέσσαι: Inf. Aor. von σβέννυµι; zum -σσ- R 9.1. — ὅς κε: ≈ ὅστις ἄν (R 24.5). — σε’ ἄντα: ‘dir entgegen, auf dich zu’ (feindl.); σε’ = σεο = σου (R 14.1); zum Hiat R 5.1. 622 ἀµυνόµενος: wohl final, ‘um sich zu wehren’. — τέτυξαι: ‘du bist’ (589n.). 623 καὶ ἐγώ: ‘auch ich, ich meinerseits’. — µέσον: prädikativ zu σε, ‘mitten in den Leib’.
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mulierungen vorweggenommen (STEINKOPF 1937, 31f.; CORLU 1966, 173ff. [bes. 180: “le communiqué de victoire que le héros prononce en faisant son propre éloge”]; LfgrE). Das zugehörige Verb wird u.a. für die Einleitung von Triumphreden verwendet (z.B. 829: Hektor über den sterbenden Patroklos; s.d.). — Ἄ ϊ δ ι : alte athemat. Form für ‘Hades’; zur Etym. – wohl ‘der Unsichtbare’ – s. 3.322n. mit Lit.; ferner DELG Suppl. — κ λ υ τ ο π ώ λ ῳ : ‘mit berühmten Fohlen/Rossen’ (im hom. Epos ausschließlich von Hades im vorl. Formelvers; in ‘Hes.’ fr. 10(a).23 M.-W. von Ion, bei Pindar fr. 243.2 von Poseidon). Der Hintergrund des Epithetons ist unklar; Erwägungen bei NILSSON (1940) 1967, 453f., u. RICHARDSON zu h.Cer. 18 (u.a. Anspielung auf chthonische Pferdeopfer oder auf die Entführung der Persephone durch Hades mit seinem Pferdegespann); vgl. 19.407–417n. a.E.
626–632 Patroklos’ Scheltrede ist letztlich eine Kampfparänese (421–425n.; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 113–115; zur Rede-Einleitung mit eníptō ‘schelten’ vgl. die Kampfparänesen 15.552ff., 17.141ff.; zum Rede-Abschluß s.u. 632n.). Scheltreden enthalten oft wie hier eingangs eine entrüstete Frage (vgl. z.B. 15.552ff., 23.473ff.) und am Ende die Handlungsaufforderung (2.225–242n.). – Mit Blick auf die nachfolgenden Geschehnisse ist Patroklos’ Rede nicht ohne Dramatische IronieP (“prelude to his tragedy”: SHEPPARD 1922, 165): zum einen wird Patroklos sich selbst zu einer – durch das Motiv des ‘Tänzers/Springers’ inhaltlich verwandten – Spottrede über einen Gegner hinreißen lassen (744ff.: Kebriones) und im Übermut kurz darauf ums Leben kommen (781ff.); zum anderen wird es just Meriones sein, der zusammen mit Menelaos Patroklos’ Leichnam den Händen der Feinde entreißen wird (17.717f./722ff.; zum Motiv der Leichenbergung vgl. in der vorl. Rede 628f.); s. JANKO zu 627–32; KELLY 2007, 192. 626 Patroklos wird im Kampf um Sarpedons Leichnam nach 581ff. erneut als Hauptperson in den Vordergrund gerückt (Fortsetzung seines Auftritts: 684ff.); zur ‘narrativen Verfügbarkeit’ der Anführer s.o. 532–547n. a.E.
ὣ ς φ ά τ ο · τ ὸ ν δ ’ ἐ ν έ ν ι π ε : Rede-AbschlüsseP mit ὣς φάτ(ο)/ἔφατ(ο) und erneuter RedeEinleitung im selben Vers sind relativ selten: außer den in 3.181n. genannten Stellen und den Ich-Erzählungen der Odyssee (z.B. Menelaos Od. 4.375, 4.382, 4.394, 4.398 usw. [1. u. 3. Sg.]) nur noch Od. 17.374, 21.175, h.Cer. 74, 118 sowie – mit dem verbum dicendi ‘schelten’ wie hier – h.Bacch. 25. — Μ ε ν ο ι τ ί ο υ ἄ λ κ ι µ ο ς υ ἱ ό ς : 278n.
627 2. VH = Od. 17.381 (Eumaios zu Antinoos), ähnl. Il. 2.246, 19.82, Od. 20.274; außerdem 1. VH strukturell ≈ Il. 3.399, 20.87, Od. 4.465, 4.492, 8.153, 11.463, 24.478. — Mit der konzessiv-adversativen Wendung ‘so esthlós ›tüchtig‹ du auch bist’ oder ‘wo du doch so esthlós ›tüchtig‹ bist’ gibt der Sprecher seinem Be-
626 ὥς: = οὕτως. — φάτο: 3. Sg. Impf. zu φηµί; zum Medium R 23; zur augmentlosen Form R 16.3. — ἐνένιπε: reduplizierter Aor. zu ἐνίπτω ‘schelten’. 627 τί: adv., ‘warum?’, hier ‘wie kommst du dazu?’.
Kommentar
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fremden über das ungebührliche Verhalten des Betroffenen Ausdruck, der wider besseres Wissen und Können gehandelt hat (630f.); vgl. 1.131n., 1.275n., 24.53n. τ α ῦ τ α : in Figurenreden mit Bezug auf eine eben gemachte Äußerung meist pejorativ ‘das da’ (DE JONG [1987] 2004, 287 Anm. 25). 628 2. VH = 1.519 (s.d.), 2.277, 21.480, Od. 18.326. — ὦ π έ π ο ν : ‘mein Lieber’, mit vorwurfsvollem Unterton (492n.). — ο ὔ τ ο ι : emphatisch am Satzanfang (AH). — ὀ ν ε ι δ ε ί ο ι ς ἐ π έ ε σ σ ι ν : typische Nomen-Epitheton-Formel mit zahlreichen Alternativen (mit Attributen der Bed. ‘schmähend’, ‘böse’, ‘freundlich’; Liste bei WALSH 2005, 159 Anm. 19; LfgrE s.v. ἔπος 662.6ff.). Urspr. wohl ὀνειδείοισι (ϝ)έπεσσι (24.771–772n. mit Lit.).
629 2. VH ≈ Od. 13.427, 15.31. — Die Formulierung ‘zuvor wird noch manchen die Erde festhalten’ ist ein rhetorisches Adynaton und bedeutet ‘eher wird es viele Tote geben, als daß die Troer weichen werden’ (24.550–551n.). Patroklos zerschlägt die dem Meriones unterstellte Hoffnung mit einer versteckten Drohung – auch Meriones könnte einer von den vielen Toten sein (ähnl. 8.166 und Iterata; LfgrE s.v. πάρος 987.46ff., 988.50ff.; JANKO zu 627–32). Die Dramatische IronieP will es freilich, daß Patroklos selbst bald zu den Toten gehören wird (626–632n.). – Zur Umschreibung des Todes (‘die Erde hält jn. fest, bedeckt jn.’ = ‘jd. ist tot’) s. 18.332n. mit Lit.; ferner SACKS 1987, 73ff.; WEST 1997, 236 (Parallele im Gilgamesch-Epos). 630–631 Die Polaren BegriffspaareP ‘handeln (bes. kämpfen) vs. reden’ (hier zweimal) sowie ‘Krieg vs. Versammlung’ kommen im hom. Epos in vielfältiger Gestalt vor (s. u.a. 1.77n. a.E., 1.258n., 2.201–202n., 2.370n., 18.106n.; weitere Stellen: 9.53f., 9.443, 12.213f.); hier sind die beiden Paare in einer prägnanten Gnome miteinander kombiniert (mit konkreter ‘Interpretation’ in V. 631); allg. zu Gnomen 43n. – Die Aufforderung, zu kämpfen statt viele Worte zu machen, findet sich auch 2.435, 13.292–294, 19.148–150, 20.244–258, 22.126–129, Od. 16.242. 630 Der formale Chiasmus ἐν χερσὶ – τέλος πολέµου | ἐπέων (τέλος) – ἐνὶ βουλῇ wird auf inhaltl. Ebene von einem semantischen Parallelismus überlagert: χερσὶ | ἐπέων u. πολέµου | βουλῇ (AHRENS 1937, 28f.). Außerdem besteht ein Chiasmus zusammen mit dem folgenden V. 631: πολέµου – ἐπέων | µῦθον ὀφέλλειν – µάχεσθαι (Hinweis FÜHRER). Zum Begriff der ‘Hände’ s.o. 244n. — τ έ λ ο ς π ο λ έ µ ο υ : ‘Resultat/Ziel/Ende des Krieges’, d.h. im vorl. Zusammenhang ‘militär. Entscheidung, Erfolg, Sieg’, ähnl. 15.741 ἐν χερσὶ φόως … πολέµοιο (schol. D; AH; AMBROSE 1965, 55; LfgrE s.v. τέλος; etwas anders WAANDERS 1983, 52: “performance”). — ἐ π έ ω ν δ ’ ἐ ν ὶ β ο υ λ ῇ : zu ἐπέων sc. τέλος, d.h. ‘Worte erfüllen ihren Zweck, erreichen ihr Ziel (ausschließlich) in der Ratsversammlung’; weniger
628 τοι: Partikel, verstärkt die Negation (R 24.12). 629 νεκροῦ: gen. separativus; gemeint ist Sarpedons Leichnam (zuletzt 577 erwähnt). — πάρος: adv., ‘eher, noch vorher’. — τινα: kollektiv ‘manch einen’. 630 ἐπέων: sc. τέλος; zur unkontrahierten Form R 6. — ἐνί: = ἐν (R 20.1).
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wahrscheinlich ist eine Verschränkung der Begriffe, also eigtl. ἐν ἔπεσι τέλος βουλῆς (analog zur ersten Hälfte der Gnome), ‘in Reden liegt der Vollzug einer Ratsversammlung’. Diskussion dieser beiden Verständnismöglichkeiten bei LEAF; AMBROSE a.O. 56f.; WAANDERS a.O. 53f.; CHRISTENSEN 2009, 147; vgl. in anderem Kontext µύθου τέλος 83n. 631 χ ρ ή : 492n. a.E. — µ ῦ θ ο ν ὀ φ έ λ λ ε ι ν : ‘viele Worte machen’ (AH; zu ὀφέλλειν vgl. 651n.). — ἀ λ λ ὰ µ ά χ ε σ θ α ι : VE-Formel (noch 13.253, 15.508; ähnl. 5.801 ἀ. µαχητής). 632 = 11.472 (Menelaos/Aias), 15.559 (Hektor/Melanippos): Formelvers im Anschluß an die (erfolgreiche) Aufforderung eines Helden zum aktiven Kampf (in zivilem Kontext Od. 1.125). ‘Pluralvariante’ (zwischen Anführer u. Heer oder andere Beziehungen): Il. 12.251, 13.833, Od. 2.413, 8.46, 8.104 (KURZ 1966, 130); 1. VH vgl. 726n. — ὣ ς ε ἰ π ὼ ν ὃ µ έ ν …: fortgesetzt durch XY δέ u.ä. zur betonten Darstellung der unmittelbar auf die Rede folgenden Handlung bzw. Reaktion von Sprecher und Adressat (vgl. z.B. 726; fem. ἣ µὲν ἄρ’ ὣς εἰποῦσ’ 5.133 u.ö.). Zur VA-Formel ὣς εἰπών 210n. — ἅ µ ’ ἔ σ π ε τ ο : formelhafte Junktur zwischen den Zäsuren B 2 und C 2 (10× fgrE); zur aspirationslosen Form ἔσπετο s. WEST 1998, XVII. — ἰ σ ό θ ε ο ς φ ώ ς : VE-Formel für verschiedene Helden (2.565n. mit Lit.; ferner HOEKSTRA 1965, 22f.), teils wie im vorl. Formelvers stellvertretend für den Eigennamen (hier Meriones), teils in Apposition zum Eigennamen.
633–683 Der Kampf um Sarpedons Leichnam geht in die letzte Runde: die Troer fliehen (656ff.), die Achaier nehmen Sarpedons Rüstung an sich (663ff.). Während das Geschehen selbst relativ statisch und summarisch dargestellt wird (in durchgehender Vogelschau), sorgen ausgewählte Erzählbausteine für die nötige Emphase: Gleichnisse (633ff., 641ff.), Einführung eines Narrativen AdressatenP (638ff., s.d.), Götterszenen (Typische Szene des Erwägens: 644ff., Götterdialog: 666ff.), Verswiederholung (Entrückung von Sarpedons Leichnam nach Lykien: 668ff. ≈ 678ff.); vgl. FENIK 1968, 208f. (sowie 177f. 215); RICHARDSON 1990, 15. 633–637 Das GleichnisP illustriert in erster Linie die Intensität des Kampflärms und damit die Intensität des (hier unentschiedenen) Kampfs überhaupt; derartige Gleichnisse kommen im hom. Epos mehrfach vor (z.B. auch 4.452–456, 14.394– 401: KRISCHER 1971, 64f.; KAIMIO 1977, 93–95; zur Beschreibung des Kampflärms allg. s.o. 105n.). In zweiter Linie suggeriert das Gleichnis das ‘Fällen’ der Krieger (Bäume) und die regelmäßig aufschlagenden Hiebe der Schwerter (Äxte), vgl. das Schnitter-Gleichnis 11.67ff. (schol. bT zu 633f. [dazu NÜNLIST 2009, 288]; MÜLLER 1974, 23; KAIMIO a.O. 95; WEST 2011, 324). Das Holzfäller-Motiv findet sich noch 11.86–90 (Mittagspause der Holzfäller als Zeitangabe) und implizit in den Vergleichen von fallenden Kriegern mit fallenden Bäumen (482–486n.); es stellt einen unkriegerischen, naturbezogenen Kontrast zur Haupthandlung her, wie das Gleichnisse oft tun – hier kurz darauf erneut im Fliegen-Gleichnis 641ff. (2.455–483n., 3. + 4. Punkt; KRAPP 1966, 250–254; SCOTT 2009, 163f.). – Das 631 τὼ οὐ: zum Hiat R 5.7; τώ = ‘darum’.
Kommentar
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vorl. Gleichnis besitzt eine wichtige erzählstrategische Position: (1) es bildet zusammen mit dem Gleichnis in 482ff. (Sarpedon fällt wie ein Baum) einen motivischen Rahmen um die Episode von Sarpedons Tod auf dem Schlachtfeld (WIESSNER 1940, 83; STANLEY 1993, 173); (2) es bereitet mit der (für Kampfschilderungen nicht untypischen) Betrachtung aus der Vogelschau die Erwähnung des Zeus 644ff. vor: FRÄNKEL 1921, 36 Anm. 1; DE JONG 1985, 263 (“nahezu Olympische(r) Standort”); RICHARDSON a.O. 121–123 (“a sign of his [sc. the narrator’s] godlike status with relation to the story”). Das Gleichnis zeichnet sich aus durch (a) enge Entsprechungen zwischen Wie- und So-Teil und (b) lautmalerische Elemente. Zu (a): τῶν δ’ ὥς – ὣς τῶν; ἀνδρῶν ὀρυµαγδὸς ὄρωρεν – τῶν ὤρνυτο δοῦπος; οὔρεος ἐν βήσσῃς – ἀπὸ χθονὸς εὐρυοδείης (vgl. 634n.); (b): Häufung von o-Lauten (bes. 633, 635f.); Alliteration ὀρυµαγδὸς ὄρωρεν | οὔρεος (633f.); Homoioteleuton τῶν … δρυτόµων ἀνδρῶν, χαλκοῦ τε ῥινοῦ τε, βοῶν τ’ εὐποιητάων, ξίφεσίν … ἔγχεσιν ἀµφιγύοισιν (BONNAFÉ 1984, 18: “le brouhaha est ici transcrit musicalement”; vgl. allg. GUILLEUX 2007; bes. zu Reimen 174n.). 633 τ ῶ ν δ ’ , ὥ ς τ ε : VA = 2.459, 12.278, 17.755. Wer mit τῶν gemeint ist, wird erst durch das Gleichnis klar: die Krieger der beiden Heere (ähnl. z.B. 11.67ff., 15.271ff., 16.641ff., 17.755ff.). — δ ρ υ τ ό µ ω ν : ‘Holzfäller’, bereits im Myk. belegt (du-ru-to-mo: MYK; DMic); weitere Zeugnisse zur frühen Holzfällertätigkeit bei BUCHHOLZ 2004, 26f. Zur Verbindung mit ἀνδρῶν s.o. 170n. (ἄνδρες … ἑταῖροι). — ὀ ρ υ µ α γ δ ὸ ς ὄ ρ ω ρ ε ν : VE-Formel (7× fgrE, sonst stets mit vorangehendem πολὺς δ’ und direkt vom Kampflärm, ferner 21.313 transitiv πολὺν δ’ ὀρυµαγδὸν ὄρινε; s. 2.810n.; KELLY 2007, 105f.). ὄ ρ ω ρ ε ν : Das von der Mehrheit der Handschriften überlieferte Plpf. ὀρώρει erregt Verdacht, da Plpf.(und Impf.-)Formen in hom. Gleichnissen unüblich sind. Als Alternative stehen der Ind. Perf. ὄρωρεν (so u.a. WEST im Text; bezeugt in schol. A und einer Handvoll Handschriften) oder der Konj. Perf. ὀρώρῃ zur Auswahl (der möglicherweise durch Itazismus zu ὀρώρει entstellt wurde; vgl. die beiden Lesarten in 11.477). Analoge Fälle: 4.483 πεφύκει, 17.435 ἑστήκει. Lit.: K.-G. 1.162; LfgrE s.v. ὄρνυµι 798.11ff.; VAN DER VALK 1964, 634; WEST 2001, 190.
634 ≈ 2.456. — Die räumliche Ausbreitung des Schalls ist natürlicherweise ein Gradmesser für seine Intensität (24.512n.; KRAPP 1964, 228f.; KAIMIO 1977, 83f.; WILLE 2001, 52ff.); bes. zum lauten Widerhall in den Bergen vgl. 4.455 (ebenfalls im Gleichnis). Das Adj. ‘mit weiten Straßen’ im So-Teil des Gleichnisses (635) “fügt zur Höhen- die Breitendimension hinzu” (WILLE a.O. 54 Anm. 310). ο ὔ ρ ε ο ς ἐ ν β ή σ σ ῃ ς : flektierbare VA-Formel (βήσσῃσ(ι[ν]); 5× Il., 3× Hes., 1× h.Merc.), evoziert eine waldreiche, wilde Landschaft (157–158n.), im Zusammenhang mit δρυτόµος auch 11.86f. — ἕ κ α θ ε ν … ἀ κ ο υ ή : aus der Perspektive des Zuhörers (statt ‘weithin hörbar’): 2.456n.; JANKO zu 633–4. – ἀκουή bed. hier ‘Schall’ (iliad. hapaxP), in der Odyssee ‘Kunde, Nachricht’ (Od. 2.308 u.ö.). 633 τῶν: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — τε: ‘episches τε’ (R 24.11). 634 οὔρεος: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — βήσσῃς: zur Flexion R 11.1. — γίνετ’: = γίγνεται.
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635–637 Die verallgemeindernde (‘unparteiische’) Schilderung des Geschehens vermittelt den Eindruck eines Kampf-Gleichstands, ebenso 641 (Parallelen bei LATACZ 1977, 189f.; STOEVESANDT 2004, 414f.; KELLY 2007, 106f.). τ ῶ ν … δ ο ῦ π ο ς … | χ α λ κ ο ῦ τ ε ῥ ι ν ο ῦ τ ε β ο ῶ ν τ ’ …, | ν υ σ σ ο µ έ ν ω ν : Die Art des Lärms wird in einer dreiteiligen Klimax präzisiert (vgl. 24.479n., 24.614–617n.): (1) der Lärm der beiden Heere (635 τῶν), (2) und zwar das dumpfe Dröhnen von Erz, Leder und Schilden (636, enthält seinerseits drei Glieder; vgl. 12.339f.), (3) nämlich wenn Schwerter und Lanzen auftreffen (637; zu Partizipialkonstruktionen in Lärmbeschreibungen – hier participium coniunctum, gelegentlich auch gen.abs. – vgl. u.a. 4.450f., 9.573f., 10.483f., 10.523f., 12.339f., Od. 14.412, 22.308f.). – δοῦπος bez. den dumpfen Lärm von aufschlagenden Gegenständen, bes. Waffen u. Rüstungen (325n., 361n.; LfgrE mit Lit.); namentlich das Krachen des χαλκός wird gelegentlich erwähnt, u.a. 12.151f., 13.497–499, 14.25f. (wobei 14.26 = 16.637). — ἀ π ὸ χ θ ο ν ὸ ς ε ὐ ρ υ ο δ ε ί η ς : VE-Formel (auch κατὰ, ὑπὸ, µυχῷ), in der Ilias nur hier, sonst 3× Od., 7× Hes., 1× h.Ap.; Varianten: (ἐπὶ) χθόνα πουλυβότειραν, (ἐπὶ) χθονὶ πουλυβοτείρῃ (418n. a.E.). – Das Hinterglied des Epithetons geht wohl auf ἕδος zurück (also ‘weiträumig’, vgl. Hes. Th. 117 Γαῖ’ εὐρύστερνος, πάντων ἕδος ἀσφαλὲς αἰεί und oben 634n. zur Schallausbreitung), wurde in hom. Zeit aber mit ὁδός in Verbindung gebracht (also ‘mit weiten Straßen’ od. ‘mit sich weithin erstreckenden Straßen’ [VERDENIUS zu Hes. Op. 197], vgl. εὐρυάγυια, Epitheton von Städten [2.12n.], h.Cer. 16 von χθών). Lit.: SCHMITT 1967, 246–248; RICHARDSON zu h.Cer. 16; DELG Suppl. s.v. 636 Weitgehend spondeischer Vers mit reimendem -οῦ τε … -οῦ τε und -ῶν … -ων sowie emphat. Polysyndeton: Wucht des Lärms (vgl. 279n. a.E.). Liste von metr. identischen Vv. bei LUDWICH 1866, 26f., u. DEE 2004, 488. Der anschließende V. 637 ist dagegen rein daktylisch: rege Aktivität der Krieger. — χ α λ κ ο ῦ τ ε ῥ ι ν ο ῦ τ ε β ο ῶ ν τ (εε ): Die Materialbezeichnungen stehen metonymisch oder als pars pro toto für die Waffen selbst wie z.B. µελίη (19.390n.). – Rindsleder ist üblicher Bestandteil hom. Schilde (360; s. 18.481n. mit Lit.). Das Nebeneinander der beiden Begriffe ‘Leder’ u. ‘Rindshäute’ ist wohl als Pleonasmus zu deuten, vgl. die ähnl. Häufungen in 4.447f. u. 5.452f. (schol. A; JANKO zu 635–7; Aristarch plädierte für Streichung des τ’ nach βοῶν, vgl. 13.406 ῥινοῖσι βοῶν καὶ νώροπι χαλκῷ [schol. A]; anders AH u. WILLCOCK [‘Bronze’ und ‘Lederzeug’ als “Hauptbestandteile der Rüstung” und lediglich βοῶν auf die Schilde zu beziehen], SHEAR 2000, 42 [ῥινοῦ τε βοῶν τε als zwei verschiedene Schildtypen]). Auch wenn Schilde zudem i.d.R. einen Metallbeschlag aufweisen (3.357n.), muß die Nennung von χαλκός im vorl. Vers nicht ausschließlich darauf bezogen werden, sondern dürfte für (den Lärm von) Waffen und Rüstungen in einem allg. Sinn stehen, vgl. 637 (LEAF). — ε ὐ π ο ι η τ ά ω ν : 106n. 637 = 14.26; ≈ 13.147, 15.278, 17.731. — ν υ σ σ ο µ έ ν ω ν : i.d.R. als reziprokes Med. interpretiert, bezogen auf τῶν in V. 635 (‘die Krieger stechen mit Schwertern und Lanzen auf635 τῶν: Wiederaufnahme aus V. 633. — εὐρυοδείης: zum -η- nach -ι- R 2. 636 τε (ϝ)ρινοῦ: zur Prosodie R 4.5. 637 νυσσοµένων: zu beziehen auf 636 χαλκοῦ τε ῥινοῦ τε βοῶν τ(ε). — ἀµφιγύοισιν: zur Flexion R 11.2.
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einander ein’: AH; SCHW. 2.233). Da aber der Gebrauch des reziproken Med. im Gr. sehr eingeschränkt ist, ist eher von einem Passiv auszugehen (ausführlich VAN DER MIJE 2004, 198–200): dargestellt ist der Lärm, der von der Rüstung ausgeht, wenn Schwerter und Lanzen auf sie prallen (wörtl. ‘wenn sie mit Schwertern … geschlagen / von Schwertern … getroffen werden’). Zur Grundbed. von νύσσω 343n. (‘stoßen, stechen’), zum iterativ-durativen Präs. 704n. — ἀ µ φ ι γ ύ ο ι σ ι ν : ‘mit geschwungener, blattförmiger Spitze’ (14.26n.).
638–640 Das drastische Motiv, daß ein Verwundeter oder Toter aufgrund seiner Entstellungen nur schwer zu identifizieren ist (hier vorbereitet durch das Gleichnis 633ff.), begegnet u.a. auch 7.424 (Tote auf dem Schlachtfeld), Sophokles Elektra 755f. (angeblicher Tod des Orestes), Euripides Medea 1196 (von Medea ermordete Königstochter), Aristophanes Lysistrate 636 (Drohung an den männl. Chorführer); vgl. GRIFFIN 1980, 137f.; NEAL 2006, 198–203 (ausführlich auch zur vorl. St.). – “Das Unerträgliche verlangt nach Lösung” (REINHARDT 1961, 343): wenig später wird Sarpedon – inzwischen von weiteren Leichen überhäuft (661f.) – von Apollon unbemerkt aus den Geschossen hinweggetragen und vom Blut gereinigt (Beginn des Bestattungsrituals: 666–683n.), um nach Lykien überführt zu werden (667ff./678ff.; vgl. 7.425f.; JANKO zu 666–83; ACETI 2008, 154; WEST 2011, 324). Sarpedons Leichnam erfährt also wie derjenige Hektors (24.18–21n.) trotz aller Versehrungen den Schutz eines Gottes; Glaukos’ Befürchtung in V. 545 erfüllt sich damit nicht. – ‘Da hätte auch ein scharfsinniger Mann Sarpedon nicht mehr erkannt’ ist eine pathetische rhetorische Wendung mit einem Narrativen AdressatenP; andere Bezeichnungen: “imaginary spectator” (LEAF zu 13.343; WEST 2011, 150 [zu 4.539–44]), “témoin virtuel” (FRONTISI-DUCROUX 1986, 67; ähnl. CLAY 2011, 23–26), “anonymous focalizer” (DE JONG [1987] 2004, 54–60 [Zitat: 58], mit Stellensammlung; DE JONG 2014; ähnl. RICHARDSON 1990, 239f.). Der Zuhörer/Leser wird dadurch mitten ins Geschehen hineingezogen (RICHARDSON a.O. 158f.; CLAY a.O.). ο ὐ δ ’ ἂ ν … | ἔ γ ν ω : Ind. Aor. mit Modalpartikel kann als Potentialis der Vergangenheit dienen: K.-G. 1.212f.; SCHW. 2.346f.; CHANTR. 2.227. — φ ρ ά δ µ ω ν : hom. hapaxP, ‘achtsam, scharfsinnig’; vgl. συµφράδµων 2.372, φραδής 24.354. — Σ α ρ π η δ ό ν α δ ῖ ο ν : Nomen-Epitheton-Formel am VE (noch 15.67) sowie je 1× nach den Zäsuren A 1 (‘Hes.’ fr. 141.14 M.-W., ergänzt) und B 1 (Il. 16.678); zusammen mit ἀντιθέῳ Σαρπηδόνι (648– 649n.) die einzige häufigere Nomen-Epitheton-Formel zu Sarpedon. – Ob man in δῖος, ein ‘Allerwelts’-Epitheton (365n.), eine kontextbezogene Bedeutung hineinlesen darf – der Gott Zeus habe ein Auge auf seinen toten Sohn Sarpedon (644f.) –, ist fraglich (so aber GRIFFIN 1980, 84, mit der Folgerung: “The epithet helps to bring out the human pathos, and also to underline the contrast of the human […] and the really divine”).
638 οὐδ’ … ἔτι: ≈ καὶ οὐκέτι (zu οὐδέ nach affirmativen Sätzen: R 24.8). — φράδµων περ: ‘ein noch so scharfsinniger, auch der scharfsinnigste’ (konzessiv-steigernd: R 24.10).
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639 2. VH ≈ 15.118, Od. 22.383 sowie 1. VH von Il. 16.796; vgl. ferner 21.325. — ‘Mit Geschossen und Blut und Staub’ bildet ein Polysyndeton (vgl. 636), das leicht zeugmatisch ist (‘einhüllen/bedecken’ paßt besser zu Blut und Staub als zu den Geschossen): VAN LEEUWEN zu 4.282; vgl. 505n. (Zeugma). – Zum Bild des schlimm zugerichteten Leichnams vgl. z.B. 22.371 ‘keiner trat zu Hektor heran, der nicht nach ihm stach’ und 24.421 ‘viele hatten ihre Waffe in ihn hineingestoßen’ (zu den mögl. Motiven dieser Praxis DE JONG zu Il. 22.371–5: den Tod sicherstellen, kollektive Vergeltung üben, eigene Überlegenheit ausspielen). Zur Verbindung ‘Blut und Staub’ s.o. 486n.; allg. zur häufigen Erwähnung von Blut im 16. Gesang und bes. in der Sarpedon-Szene 159n. bzw. 459–461n. – Die Besudelung durch Erde verbindet Sarpedon, Patroklos (794–800: sein Helm rollt über den Boden) und Hektor (22.401–404: sein Haupt wird über den Boden geschleift) in ihrem Tod; s. DE JONG zu Il. 22.401–4 und allg. 419–683n., 793–800n. 640 Die noch heute gängige Redewendung ‘von Kopf bis Fuß’ bezeichnet emphatisch den ganzen Körper, vgl. 18.353 (s.d.), 23.169. 641–644a Insektengleichnisse illustrieren die (lärmige) Massenbewegung von Heeren, hier bes. die Aufsässigkeit der sich um den Leichnam tummelnden Kämpfer (2.87–94n. mit Lit.; ferner READY 2012, 75–77; bes. zu den Fliegengleichnissen 2.469–473n.). Noch stärker als das Holzfällergleichnis (633–637n.) enthält das vorl. Gleichnis eine unkriegerische Note, die es freilich durch die naheliegende Assoziation ‘Fliegen an den übervollen Milcheimern’ → ‘Fliegen am blutüberströmten Leichnam’ sogleich wieder einbüßt (JANKO; FRÄNKEL 1921, 71; PORTER 1972, 13; NEAL 2006, 199f.; ACETI 2008, 148f.; SCOTT 2009, 163f. 169; zum Bild der Fliegen am Leichnam vgl. 19.25f.). Das Fliegengleichnis hat eine Parallele in der vorderoriental. Epik: die Götter sitzen wie Fliegen um das Opfer (WEST 1997, 249). – Zur Milchwirtschaft im fgrE s. 2.471n. mit Lit. 641 1. VH = 17.412; ≈ 644 (bis zur Zäsur C 2). — ο ἵ : die Krieger der beiden Heere (633n.). — π ε ρ ὶ ν ε κ ρ ὸ ν ὁ µ ί λ ε ο ν : ringkompositor. wiederaufgenommen im So-Teil 644 (7n.). 642–643 σ τ α θ µ ῷ ἔ ν ι : VA = 19.377, Od. 16.45, Hes. Th. 294. — π ε ρ ι γ λ α γ έ α ς κ α τ ὰ π έ λ λ α ς | … ὅ τ ε τ ε γ λ ά γ ο ς ἄ γ γ ε α δ ε ύ ε ι : Die temporale Bestimmung in V. 643 enthält zugleich eine begriffliche Erläuterung zum t.t. περιγλαγέας κατὰ πέλλας (vgl. 261n., 24.479n.): die Gefäße sind bis zum Rand voll Milch. – ἄγγος ist ein allg. Ausdruck für ‘Gefäß’ (im fgrE v.a. für Milch, Wasser, Wein u. Getreide verwendet; viell. schon myk. a-ke-a2 [DMic.]), πέλλα ist der (hölzerne) ‘Melkeimer’ oder das ‘Gefäß, in dem man die Milch zur Gerinnung stehenläßt’ (bei Polyphem Od. 9.223 als γαυλοί τε σκαφίδες τε bezeichnet): 639 κονίῃσιν: zur Flexion R 11.1. 640 εἴλυτο: 3. Sg. Plpf. Med.-Pass., ‘war eingehüllt’. — ἐς: = εἰς (R 20.1). 641 αἰεί: = ἀεί. 642 σταθµῷ ἔνι: = ἐν σταθµῷ (R 20.1–2).
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BRUNS 1970, 41f.; RENGAKOS 1994a, 123f.; KEIL 1998, 54f. – περιγλαγής u. πέλλα sind hom. hapax legomenaP, περιγλαγής gar ein absolutes hapax (zur Wortbildung RISCH 187f.: Possessivkomp., ‘ringsum Milch habend’, d.h. ‘randvoll mit Milch’); das altertümliche γλάγος ‘Milch’ ist ebenfalls nur hier u. im Iteratvers 2.471 belegt (zur Häufung von hapaxWörtern in Gleichnissen s. EDWARDS, Introd. 38). — β ρ ο µ έ ω σ ι : onomatopoet., ‘brummen, summen’, hom. hapax (TICHY 1983, 85f.). Zum Konj. im Gleichnis s.o. 260n.
643 = 2.471; 1. VH = Od. 18.367, 22.301. — Der Frühling ist die Jahreszeit der Vitalität und des Überflusses (2.471n.). 644a 1. VH ≈ 641 (s.d.). — ὣ ς ἄ ρ α τ ο ί : geläufige Einleitung des So-Teils von Gleichnissen (mit flektierbarem Pron.: 9× Il., 6× Od.); zugleich abschließendes SummaryP mit nachfolgendem Szenenwechsel (RICHARDSON 1990, 31 mit Anm. 37). – ἄρα knüpft an den Stichsatz 641 an: AH; GRIMM 1962, 25 Anm. 1.
644b–646a Wie Zeus ‘die Augen nie abwendet, sondern immer hinabsieht’, bildet inhaltlich eine Variante des Motivs der zuschauenden Götter (19.340n.) und ist formal ein rhetorisch Polarer AusdruckP (322n.). Darüber hinaus signalisiert der Erzähler möglicherweise, daß der höchste Gott gewissermaßen aus seinem eigenen Fehler gelernt hat; denn 13.3–7 hatte er seinen Blick abgewandt (ähnliche Formulierung) – mit gravierenden Folgen (JANKO zu 644–51). – Zeus dürfte sich in der Vorstellung des Erzählers nach wie vor auf dem Ida befinden, vgl. 431f., 677 (431–432n.; FAESI zu 644; HELLWIG 1964, 67f.). 645 ἀ π ὸ κ ρ α τ ε ρ ῆ ς ὑ σ µ ί ν η ς : Die Wendung (447n.) ist durch die VE-Formel ὄσσε φαεινώ von der üblichen VE-Position (vgl. 648 VE) ins Vers-Innere verdrängt worden (ὑσµίνη nur noch 13.713, 20.245 an dieser Versstelle, mit anderen Attributen): HAINSWORTH, Introd. 8f. — ὄ σ σ ε φ α ε ι ν ώ : Zu Verwendung u. Bed. der VE-Formel 14.236n. 646a κ α τ ’ α ὐ τ ο ὺ ς … ὅ ρ α : καθοράω und ὁράω κατά stets von Zeus, der vom Ida aus das Geschehen auf dem Schlachtfeld beobachtet (und eingreift) oder gewisse Länder im Auge behält (und beschützt): noch 11.336f., 13.3–6, 24.290f. (24.291n.; BECHERT 1964, 400ff.).
646b–655 Typische SzeneP des Erwägens zweier Möglichkeiten (1.188b–194n.; 14.20–24a n.; Stellensammlungen bei PELLICCIA 1995, 127f.; KELLY 2007, 193; DE JONG zu Od. 4.117–20): (1) Zeus überlegt, ob er (2) Handlung A (648–650) oder (3) Handlung B (651, nur kurz angedeutet) wählen soll (hier eigentlich Zeitpunkt A oder B: soll er Patroklos gleich jetzt sterben lassen oder erst etwas später? – daß er sterben muß, steht ja fest, auch und gerade bei Zeus [z.B. 15.65–67, 16.250–252]); (4) Zeus entscheidet sich für B (jetzt näher ausgeführt: 653–655). 643 ὥρῃ: zum -η nach -ρ- R 2. — εἰαρινῇ, ὅτε: zum Hiat R 5.6; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — γλάγος: Nebenform zu γάλα. — ἄγγεα: zur unkontrahierten Form R 6. — δεύει: ‘benetzt, befeuchtet’, d.h. ‘füllt’. 644 τοί: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17); zur Form R 14.3. 645 ὄσσε φαεινώ: Akk. Dual. 646 κατ’ αὐτοὺς … ὅρα: ‘schaute auf sie hinab’. — αἰέν: = ἀεί.
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Variante A ist in solchen Szenen tendenziell eher durch den Instinkt bestimmt und auf eine kurzfristige Lösung ausgerichtet, B eher rational und längerfristig; in aller Regel wird Variante B gewählt (AREND 1933, 109f.; DE JONG zu Od. 4.117–20; STEINER zu Od. 17.235–7). – Die Szenen des Erwägens – dazu gehört auch das Erwägen der besten Vorgehensweise (2.3–7n.) – stehen in Sekundärer FokalisationP und schaffen einen “Augenblick besonderer Spannung vor entscheidenden Ereignissen oder Entschlüssen” (AREND a.O. 109); hier gesteht Zeus Patroklos eine Gnadenfrist zu (ähnl. 17.198–209 in bezug auf Hektor) und schafft so – bei gleichzeitigem Rückzug Hektors (656–658) – die Voraussetzung dafür, daß die Achaier die Rüstung des Sarpedon an sich nehmen können und Patroklos seinen Siegeslauf über Achills Auftrag hinaus antreten kann (und auf diese Weise einen nicht einfach durch die Götter bestimmten, sondern durch eigenes Fehlverhalten mitbegründeten Tod erleidet). “This reprieve serves to retard the death of Patroclus but emphasizes its inevitability” (DUCKWORTH 1933, 67f.; s. RetardationP; in gleichem Sinne VOIGT 1934, 45; REINHARDT 1961, 330f.; FENIK 1968, 170; REUP CHER 1983, 325f.; WEST 2011, 324f.; zu den Prolepsen von Patroklos’ Tod s.o. 46–47n.). Zugleich geben Szenen des Erwägens einen Einblick in potentielle Handlungsalternativen des Erzählers (ROTHE 1910, 136f.; FRÄNKEL [1951] 1962, 82f. mit Anm. 16; VAN WEES 1992, 14f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 280–285; WEST a.O.; vgl. 24.25–26n.). – Es sind meistens Menschen und nur selten Götter, die im fgrE in einer typ. Szene des Erwägens dargestellt werden (Zeus noch 2.3ff.; bei Menschen ist es dann oft eine göttl. Intervention, die die Entscheidung beeinflußt: 713–732n.). Immerhin lehnen sich einzelne weitere Szenen von göttl. Entscheidungen mit einer ‘entweder–oder’-Alternative an die vorl. Szenenform an: 435–438 (Sarpedons Schicksal), 22.174–176 (Hektors Schicksal) (RICHARDSON 1990, 193 mit Anm. 63; DE JONG zu Il. 22.166–87; zur Rolle des Zeus vgl. 431n.). 646b–651 Daß Zeus sich die Entscheidung nicht leicht macht, zeigt der Erzähler sowohl in der Länge der Szene (3 Verse für Handlung A [648–650], 1+3 Verse für Handlung B [651, 653–655]) als auch in der Fülle des Ausdrucks (etwa 646b–647 statt gewöhnlichem ‘er überlegte bei sich’ [vgl. oben 435n.]; 648f. drei Ortsangaben ‘in der Schlacht’ + ‘dort’ + ‘über Sarpedon’; 651 ‘die jähe Kampfnot mehren’; spondeisches VE 647 u. 648); vgl. JANKO zu 650–1. Die syntakt. Bezüge sind nicht eindeutig, aber wahrscheinl. ist die indir. Doppelfrage 648– 651 von φράζετο abhängig und gehört πολλά (wie Od. 1.427, 20.10) als adv. Akk. zu µερµηρίζων (LA ROCHE zu 647; VOIGT 1934, 34f.; LfgrE s.v. φράζω 1009.42ff.; anders AH). Zu φράζοµαι statt üblicherem µερµηρίζω als Prädikat vor der Deliberativfrage vgl. u.a. 9.619, Od. 16.238, 16.260 (dort jeweils in dir. Rede und mit Konj. im Fragesatz); zur Verbindung von φράζοµαι u. µερµηρίζω vgl. Od. 16.237f. (ähnl. Il. 14.20 ὥρµαινε δαϊζόµενος); zur semant. Nähe der beiden Verben Od. 15.167/169, 16.256f., 24.127f. (VOIGT a.O. 31f. 34f.; PELLICCIA 1995, 129). – Abhängige deliberative Doppelfragen von Szenen des Erwägens stehen in dir. Reden im Konj., im Erzählertext meist im obliquen Opt.; δῃώσῃ u.
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ἕληται (650) bilden hier also eine Ausnahme (anschließend 651 Opt. ὀφέλλειεν). Mögliche Deutungen für diese Ausnahme: (a) φράζοµαι wird auch sonst fast immer mit Konj. verbunden (Opt. nur Od. 3.129 u. 15.202: ὅπως, h.Ap. 388f.: οὕς τινας); (b) die Subjekte der beiden Teilfragen sind unterschiedlich (Hektor/Patroklos) und stimmen auch mit dem Subj. des Hauptsatzes (Zeus) nicht überein: Zeus erwägt, was andere nach seinem Willen tun sollen (AH Anh. zu 650f.); (c) es besteht ein Unterschied zwischen dem “nächstliegende(n) Gedanke(n)” (Konj.) und einer “erst später hinzutretende(n) Erwägung” (Opt.) (K.-G. 2.538; CHANTR. 2.294; ähnl. VOIGT 1934, 35f.; das Nebeneinander der beiden Modi kann allerdings ebensogut als unproblematisch betrachtet werden, vgl. 18.308b n. u. 24.586n.); (d) Überlieferungsfehler (s. app.crit.: δῃώσαι/ει’ bzw. ἕλοιτο; MONRO [1882] 1891, 270f.). 646b VE ≈ Od. 15.202, 17.595, h.Cer. 313. — φ ρ ά ζ ε τ ο θ υ µ ῷ : Zur Bez. der seelisch-geistigen Instanz beim Vorgang des Überlegens s.o. 435n. – VE auf -ετο/-ατο/-εο/-αο θυµῷ ist im fgrE häufig (23× Il., 23× Od., 4× Hes., 2× hom.h.). 647 π ο λ λ ὰ µ ά λ (α α ): VA-Formel (8× Il., 5× Od., 1× Hes., 1× hom.h.). — ἀ µ φ ὶ φ ό ν ῳ : Die Präp. ἀµφί wird im fgrE überwiegend lokal oder in der Verbindung ‘kämpfen um’ (496n.) verwendet, selten in der (übertragenen) Funktion von att. περί, lat. de (wie 20.17 περὶ Τρώων … µερµηρίζεις), z.B. noch 13.381f. συνώµεθα … | ἀµφὶ γάµῳ, Od. 5.286f. µετεβούλευσαν θεοὶ … | ἀµφ’ Ὀδυσῆϊ (PORZIG 1942, 167; CHANTR. 2.88).
648–649 Die Erwähnung der drei Helden in einem Satz (‘jenen [sc. Patroklos] … Sarpedon … Hektor’) evoziert die Verkettung ihres Schicksals (419–683n.). ἤ δ η : ‘jetzt, sofort’ (438n.), Gegensatz 651 ἔτι ‘weiterhin’. — κ α ὶ κ ε ῖ ν ο ν : Das Demonstrativpron. gehört der Figuren-SpracheP an (hier Sekundäre FokalisationP) und drückt i.d.R. örtl. oder zeitl. Distanz aus (2.330n., 3.391n.). Unter diesem Aspekt steht es hier eher unerwartet: Patroklos ist sowohl im Text (im vorangehenden Vers) als auch pragmatisch (auf dem Schlachtfeld [zuletzt 626ff.] ebenso wie in Zeus’ Gedanken) gegenwärtig; es dient daher wohl – zusammen mit καί ‘auch’ (AH) – der emphatischen Gegenüberstellung von Patroklos und dem bereits toten Sarpedon; vgl. Od. 2.182–184 (Eurymachos wünscht Halitherses den Tod): Ὀδυσσεὺς | ὤλετο τῆλ’, ὡς καὶ σὺ καταφθίσθαι σὺν ἐκείνῳ | ὤφελες. Zugleich dürfte es Zeus’ innere Distanz gegenüber dem Gegner seines Sohnes ausdrücken (JANKO zu 650–1: bloßes Pronomen anstelle einer Nomen-Epitheton-Formel); BONIFAZI 2012, 60f. (“negative social distance”). — ἐ ν ὶ κ ρ α τ ε ρ ῇ ὑ σ µ ί ν ῃ : 447n. — ἀ ν τ ι θ έ ῳ Σ α ρ π η δ ό ν ι : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur A 3 (Dat./Akk., insgesamt 6× Il.). Zum Epitheton s.o. 321n. — φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : 577n. 650 1. VH ≈ 8.534, 11.153, 12.227, 17.566, 23.176, Od. 4.226, ‘Hes.’ Sc. 67 (stets vom Niederstrecken des Feindes; 8.534 u. Sc. 67 wie hier mit dem Motiv der Spoliierung in der 2. VH). — ἀ π ό τ ’ ὤ µ ω ν τ ε ύ χ ε ’ ἕ λ η τ α ι : Variante der VE-Formel ἀπ’ ὤµων τεύχε’ ἕλ-, s. die Iterata in 782n.; allg. zur Formulierung 559–560n. — τ ε ύ χ ε ’ ἕ λ η τ α ι : flektierbare VE-Formel (noch 7.122, 16.782, 16.846, 19.412, alle mit ἕλοντο; im Vers-Innern 545); Variante: τεύχε’ ἐσύλα (5.164, 6.28, 15.524, 17.60, 22.368). 648 ἠ’ ἤδη: ἠ(έ) = ἤ ‘ob’ (und 651 ἦε ‘oder ob’); zum Hiat R 5.1. — κεῖνον: = ἐκεῖνον. 649 αὐτοῦ: ‘ebenda, an Ort und Stelle’, nämlich über Sarpedons Leiche (ἐπ’ … Σαρπηδόνι).
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651 2. VH ≈ Od. 2.334. — ὀ φ έ λ λ ε ι ε ν : Subjekt ist Patroklos (sinngemäß = 653–655): AH (zu 650); LEAF; JANKO zu 650–1; LfgrE s.v. πόνος 1447.26ff. – Äolische Bildung aus sigmatischem Aor. *ὀφέλσειεν (ion. ὀφείλειεν): RISCH 249; CHANTR. 1.173. Allg. zur Etym. von ὀφέλλω ‘vermehren, steigern’ DELG Suppl. u. BEEKES s.v. — π ό ν ο ν α ἰ π ύ ν : Nomen-Epitheton-Formel (Il. 11.601 im Vers-Innern), ‘schwere Mühe’. Implikation: ‘noch mehr Krieger sollen im Kampf umkommen’. Zur Wendung πόνον ὀφέλλειν vgl. 2.420, Od. 2.334; zu πόνος ‘Mühsal des Kampfes’ 568n. Zum übertragenen Gebrauch des Adj. vgl. χόλον αἰπύν 15.223, φόνον αἰπύν 17.365, Od. 4.843, 16.379, βρόχον αἰπύν Od. 11.278, δόλον αἰπύν 2× Hes., 1× h.Merc.; zum Epitheton 283n. (Figuren-SpracheP).
652–658 Hektors Rückzug zur Stadt ist für Zeus das Mittel zum Zweck, um den Griechen den nötigen Freiraum zu schaffen (646b–655n.); zugleich wird dadurch die direkte Begegnung zwischen Hektor und Patroklos noch einmal retardiertP (vgl. 367b–368n.). Der Erzähler nimmt es dabei in Kauf, Hektor in ein teilweise schlechtes Licht zu rücken (656): ‘ohne Kampfgeist’ (ROTHE 1910, 136; REINHARDT 1961, 341; FARRON 1978, 47f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 222f.; RINON 2008, 102f.; vgl. oben 114–118n. a.E.). – Die von Zeus ausgelöste Flucht eines einzelnen Helden ist ein markantes Motiv in der Ilias (Nestor und Diomedes 8.133ff., Aias 11.544ff., Peneleos 17.593ff.; vgl. 15.320ff. Apollon/Achaier): SCHADEWALDT 1965, 304; PAGANI 2008, 392–395; allg. zu den Fluchtphasen in der Ilias (hier bis 725 andauernd) s. die Verweise in 278–418n. 652 = 13.458, 14.23, Od. 15.204, 18.93, 22.338, 24.239; ≈ Od. 5.474, 6.145, 10.153. Formelvers zum Ausdruck der Entscheidung zwischen zwei Handlungsalternativen (646b–655n.); eine Begründung für die Wahl wird i.d.R. nicht angeführt (Ausnahmen: Od. 6.147, 18.94; s. HENTZE 1904, 22f.). Mit der Bezeichnung der gewählten Alternative als ‘besser’ wird implizit ihre Umsetzung vorweggenommen (STEINER zu Od. 18.93; allg. zur proleptischenP Funktion von Szenen des Erwägens DUCKWORTH 1933, 16). — δ ο ά σ σ α τ ο : ‘schien’ (14.23n.). — κ έ ρ δ ι ο ν ε ἶ ν α ι : flektierbare VE-Formel (Inf., Impf., Opt.: 10× Il., 16× Od.). Zu κέρδιον ‘vorteilhafter’ s. 3.41n. a.E. (Figuren-SpracheP, hier Sekundäre FokalisationP).
653–655 Genauere Erläuterung der Handlungsvariante B (646b–655n.). 653 ≈ 24.406; 1. VH ≈ 464 (s.d.); 2. VH = 269 u.ö. (s.d.). Zu inhaltl. u. formal ähnlichen Vv. vgl. 865n. — ὄ φ ρ (α α ): Finalsatz statt Inf. nach dem Formelvers 652 ist ungewöhnlich, hier wohl durch den Subjektswechsel (Zeus → Patroklos) bedingt. Ein Finalsatz findet sich gelegentlich auch nach Verben des Begehrens u.ä. (6.361n.; CHANTR. 2.296–298; KALÉN 1941, 28–30; für eine Entwicklung zum gewöhnlichen ‘daß’ plädiert BAKER 2014, 24–27). – Anders VAN LEEUWEN zu 652–656 u. BOLLING 1949, 383: der ὄφρα-Satz bilde eine Parenthese, der Inhalt der Entscheidung werde parataktisch in V. 656 ausgedrückt (vgl. LEAF).
654 Hektor, hier in einem Atemzug mit der Gesamtheit der ‘Troer’ genannt, “macht meist, selbst richtungsgebend, die Bewegungen der Troer direkt mit. So ist er 652 δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). 653 Πηληϊάδε͜ω: zur Flexion R 11.1; zur Synizese R 7. — Ἀχιλῆος: zum einfachen -λ- R 9.1.
Kommentar
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jeweils das Zeichen der troischen Macht oder Ohnmacht, nicht nur Anführer, sondern mehr noch Mittelpunkt oder ‘Seele’ seines Volkes” (STRASBURGER 1954, 102f.); entsprechend genügt es, wenn Zeus ‘Hektor als allerersten’ (656) in die Flucht jagt, vgl. 657f. (“if Hector flees, they all will”: WEST 2011, 325). ἐ ξ α ῦ τ ι ς : ‘von neuem’, d.h. nach der Rückzugsbewegung der Troer 364–398 (bes. 376 ‘zurück zur Stadt’). — Τ ρ ῶ ά ς τ ε κ α ὶ Ἕ κ τ ο ρ α : flektierbare Junktur nach der Zäsur A 4 (Akk. noch 13.1, 13.129, 15.42; Dat. 10.318, 13.720 und – singulär nach der Zäsur B 1 – 17.719; Dat. mit δέ statt τε 12.255, 15.327, 16.730; Nom. Τρῶές τε καὶ Ἕκτωρ 8.158 u. 15.589, beide am VE); s. 19.63n. mit Lit. — Ἕ κ τ ο ρ α χ α λ κ ο κ ο ρ υ σ τ ή ν : 358n.
655 ≈ 5.691 (HOEKSTRA 1965, 118); 1. VH ≈ 45 u.ö. (s.d.). — Raum zu gewinnen und den Gegner zu dezimieren sind Kennzeichen eines siegreichen Angriffs. — Die Wendung ‘gegen die Stadt zurückstoßen’ erinnert mit wörtlichen Anklängen an 16.45 (Patroklos zu Achilleus, ≈ 11.803 Nestors Ratschlag). ἀ π ὸ θ υ µ ὸ ν ἕ λ ο ι τ ο : flektierbare VE-Formel (ἀπὸ/ἐκ), nur in finalen, kupitiven, hypothet. od. prospektiven Sätzen (Inf., Konj., Opt.): 13× Il., 4× Od. – Zu θυµός ‘Leben’ 410n.
656 2. VH ≈ 355. — Wehrlosigkeit einzuflößen bildet das Gegenteil zum üblicheren Motiv ‘Gottheit flößt Kraft u.ä. ein’ (529n.). π ρ ω τ ί σ τ ῳ : ‘als allererstem’; zur Suffixkumulierung G 80; SEILER 1950, 105; RISCH 95. — ἀ ν ά λ κ ι δ α θ υ µ ό ν : 355n. — θ υ µ ὸ ν ἐ ν ῆ κ ε ν : Üblichere Objekte zu ἐνίηµι sind u.a. φόβον (291, s.d.) und κλόνον (729f., s.d.); zu diesem Wortfeld würde die v.l. φύζαν gut passen (wie 15.62 ἀνάλκιδα φύζαν ἐνόρσας, 15.366 φύζαν ἐνῶρσας), während θυµόν möglicherweise als Beinahe-Homoioteleuton nach 655 VE θυµὸν ἕλοιτο zu erklären ist. Freilich ist die Junktur hier durch das Attribut ἀνάλκιδα qualifiziert (quasi ‘Wehrlosigkeit einflößen’). – Ein ähnl. Fall findet sich in V. 691 (s.d.). Lit.: LEAF; JANKO zu 653–7; KULLMANN 1956, 76f.; VAN DER VALK 1964, 105f.; PELLICCIA 1995, 93 Anm. 155. 657 1. VH = 22.399 (von Achilleus, der den toten Hektor an den Wagen gebunden hat: MUELLER [1984] 2009, 29f.); ≈ Od. 3.483; VE = Od. 4.37. — Zum Streitwagengebrauch im hom. Epos s. die Verweise in 20n. — ἐ ς δ ί φ ρ ο ν δ ’ ἀ ν α β ά ς : variierbare VA-Formel (Iteratverse), auch mit pronominalem Subjekt (5.364/837 ἣ δ’ ἐς δ. ἔβαινεν), mit umgekehrter Satzstellung (23.352) oder mit einem anderen Verb (11.273, 11.399, 13.657, 17.130 [alle mit Präfix ἀν-], Od. 14.280). — φ ύ γ α δ ’ ἔ τ ρ α π ε : sc. ἵππους (8.157, 8.257), in (ἐς) δίφρον impliziert. Zur Häufung von Begriffen der Bed. ‘fliehen’ (658 φευγέµεναι, 659 ἐφόβηθεν) vgl. 290n. – φύγαδε geht auf ein deverbatives Wurzelnomen mit Schwundstufe zurück (RISCH 6; zum Suffix vgl. 445n. a.E.). — κ έ κ λ ε τ ο : zur Form 268n.
658 Hektor ‘erkannte’ Zeus’ Intervention wohl aufgrund des ihn plötzlich überkommenden Gefühls der Entmutigung (119–122a n.; AH; ONIANS [1951] 1988, 326 655 ὤσαιτο: zum Medium R 23. — προτὶ (ϝ)άστυ: zur Prosodie R 5.4; προτί R 20.1. — πολέ͜ων: zur Flexion R 12.2; zur Synizese R 7. — ἀπὸ … ἕλοιτο: zur sog. Tmesis R 20.2. 657 κέκλετ(ο): reduplizierter Aor. zu κέλοµαι ‘zurufen, antreiben’. 658 φευγέµεναι: Inf. (R 16.4). — γνῷ: = ἔγνω (R 16.1). — ἱρά: = ἱερά.
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Anm. 2; PELLICCIA 1995, 93; KELLY 2007, 113). – Die heilige Waage ist ein Bild für die Kontrolle des Zeus über das Kriegsgeschehen (19.223f.) und kommt im Zusammenhang mit Hektor noch einmal kurz vor dessen Tod vor (22.208ff.); hier in übertragen-abstraktem Sinn: ‘Entscheidung’ (bezogen auf 652ff.), ähnl. h.Merc. 324 (Zeus soll den Streit zwischen Hermes und Apollon schlichten; s. LfgrE s.v. τάλαντον; LEAF; VOIGT 1934, 85f.; SCHADEWALDT 1965, 310). Allg. zum Bild der Zeus-Waage 19.223b–224n.; DE JONG zu Il. 22.208–13 (alle mit Lit.). Δ∆ Δ∆ιι ὸ ς ἱ ρ ὰ τ ά λ α ν τ α : Die kurze, prägnante Ausdrucksweise läßt darauf schließen, daß das Bild von der Zeus-Waage geläufig (d.h. wohl alt) ist, vgl. 8.69ff., 19.223f., 22.208ff. (NILSSON [1940] 1967, 366f.). Insbesondere das Attribut ἱρά dürfte auf eine urspr. konkrete Verwendung der Junktur ἱρὰ τάλαντα hinweisen (also i.S.v. ‘die dem Gott gehörende Waage’, vgl. χρύσεια τάλαντα 8.69, 22.209; LfgrE s.v. ἱερός 1142.69f.). Hier in der übertragenen Bed. ‘Entscheidung’ betont es “die Unausweichlichkeit des Götterwillens” (WÜLFING-v. MARTITZ 1960, 292). – Die u.a. auch in der VE-Formel Ἴλιος ἱρή (6.96n.) bezeugte zweisilbige Form ῑ̔ρός ist urspr. äolisch (LOCHER 1963, 9f.; WATHELET 1970, 356f.; JANKO).
659–662 Der Erzähler deutet im Kampf um Sarpedons Leichnam wiederholt den besonderen Einsatz des Glaukos und der Lykier um ihren gefallenen Anführer an: angefangen bei der von Apollon erbetenen Genesung des Glaukos (508ff.) über dessen ausdrücklichen Appell an die Lykier, für Sarpedon zu kämpfen (532f.; vgl. 564, 584f.), bis hin zum Widerstand des Glaukos in einer troianischen Rückzugsphase (593f.). Auch an der vorl. Stelle hätten die Lykier dem Fluchtdruck der Troer (656–658) nicht nachgegeben, wenn der Kampf um Sarpedon in ihren Augen nicht so brutal und verlustreich gewesen wäre (in 661f. ist die Beschreibung des grausamen Kampfes 633–644a vorausgesetzt). Mit diesem letzten, noch einmal gesteigerten Bild des lykischen Helden (‘tot unter vielen Toten’) endet der Kampf um seinen Leichnam: es folgen die Spoliierung durch die Griechen und die Bergung und Reinigung durch Apollon (vgl. JANKO: “Homer needed to re-establish his focus on Sarpedon’s corpse”). Daß nach der Flucht der Troer aufgrund von Hektors Mutlosigkeit ein unterschiedlicher Grund für die Flucht der Lykier angegeben wird, nämlich der Anblick ihres toten Anführers (660–662), hat Anstoß erregt (vgl. PAGANI 2008, 405f.). Die vermeintliche Unstimmigkeit wurde zu beseitigen versucht, entweder (a) indem man die Vv. 508–658 als spätere Zudichtung verwarf und 659f. als unmittelbare Reaktion der Lykier auf Sarpedons Tod deutete, in Analogie zu Stellen wie 11.744–746 (die Epeier fliehen unmittelbar nach dem Tod des Mulios) oder 16.287–292 u. 21.206–209 (die Paioner fliehen nach dem Tod des Pyraichmes [284–305n.] bzw. des Asteropaios) (LEAF; WILAMOWITZ 1916, 139f.; vgl. FENIK 1968, 210), oder (b) indem die Periphrastische BenennungP basileús ‘König’ nicht auf Sarpedon (‘am Herzen verletzt’), sondern auf Hektor (‘im Herzen verstört’) bezogen wurde (mit Deutung von ‘alle’ [660] i.S.v. ‘alle Troer und Bundesgenossen’ und mit Streichung von 661f. als nachträgliche, falsche Ergänzung) (s. app.crit.; WEST 2001, 12 Anm. 28; 2011, 325). Freilich heißt Hektor im hom. Epos nie basileús – der Bezug auf Sarpedon ist hier im Lykier-Kontext weitaus natürlicher, vgl. 12.318f. (LEAF). Versuche einer Deutung der Passage ohne Tilgung von Versen bei VAN LEEUWEN zu 659f.; JANKO; VAN DER VALK 1964, 579 Anm. 19; WILSON 2000, 14; vgl. oben.
Kommentar
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659 ο ὐ δ ’ … µ έ ν ο ν , ἀ λ λ ’ ἐ φ ό β η θ ε ν : Zum rhetorisch Polaren AusdruckP (322n.) vgl. 5.498 ὑπέµειναν … οὐδ’ ἐφόβηθεν; zur “presentation through negation” (οὐδ’ … µένον) s.o. 130–144n. – Zu ἐφόβηθεν 290n. — ἴ φ θ ι µ ο ι Λ ύ κ ι ο ι : zu den Lykier-Epitheta 421n.; die vorl. Nomen-Epitheton-Formel nur hier und 12.417, beide Male mit Negation und Impf. (‘die Lykier konnten nicht …’), so daß man das EpithetonP kontextbezogen auffassen könnte: ‘nicht einmal die Lykier waren stark genug, um standzuhalten’ (zur Bed. von ἴφθιµος s.o. 620n.); dafür spräche auch der analoge VA 4.387 ἔνθ’ οὐδὲ ξεῖνός περ ἐών … (konzessiv). Prägnante Bed. hat das Epitheton möglicherweise auch 12.376 ἴφθιµοι Λυκίων ἡγήτορες (VA, in positivem Zusammenhang: Besteigen der Mauer). 660–661a β α σ ι λ ῆ α : ‘ihren König, Heerführer’; Periphrastische BenennungP in Sekundärer FokalisationP (2.778b n. mit Lit.), mit besonderer Funktion im Kontext: weil ihr Heerführer tot ist, flüchten die Lykier (vgl. VAN LEEUWEN zu 659f.). — ἴ δ ο ν β ε β λ α µ µ έ ν ο ν ἦ τ ο ρ | κ ε ί µ ε ν ο ν ἐ ν ν ε κ ύ ω ν ἀ γ ύ ρ ε ι : Die Hauptaussage liegt in κείµενον; diesem untergeordnet ist βεβλαµµένον (i.S.v. ‘am Herzen verletzt’ = ‘tot’): ‘sie sahen, daß er tot in einer Menge von Toten lag’ (zur Unterordnung des einen Partizips s. NÄGELSBACH 1834, 283f.; CLASSEN 1867, 127–132; K.-G. 2.103f.). — β ε β λ α µ µ έ ν ο ν : als lectio difficilior zu bevorzugen (zudem in einem Papyrus bezeugt), auch wenn die Bed. ‘schädigen, verletzen’ für βλάπτω im hom. Epos noch kaum belegt ist (vgl. 331n.; CHEYNS 1979, 607f.). Die Lesart wurde in Teilen der Überlieferung zu βεβληµένον und βεβοληµένον ‘vereinfacht’ (VE βεβοληµένος ἦτορ auch in 9.9, freilich von seelischem Schmerz) oder durch δεδαϊγµένον ersetzt in Anlehnung an 17.535f. (δεδαϊγµένον ἦτορ | κείµενον) u. Od. 13.320; s. VAN DER VALK 1964, 579f.; JANKO zu 659–62; anders CHEYNS 1979 (pro βεβληµένον). — ἦ τ ο ρ : wohl konkret ‘Herz’ im anatom. Sinn: Patroklos hatte Sarpedon in die Herzgegend getroffen (481 φρένες … ἀµφ’ ἁδινὸν κῆρ), vgl. 22.452 πάλλεται ἦτορ ‘das Herz schlägt/pocht’ (JAHN 1987, 9). — κ ε ί µ ε ν ο ν ἐ ν : flektierbare VA-Formel (Il./Od. 9× Akk., 1× Gen.; außerdem 1× Il. im Vers-Innern), öfter wie hier von tot daliegenden Kriegern (18.235f., 21.201f., 24.702) oder anderen toten Lebewesen (12.208f., Od. 3.259f., 11.576f.) und von einem Verb des Sehens abhängig (noch Il. 12.208f., 18.235f., 24.702, Od. 11.576f.). — ἐ ν ν ε κ ύ ω ν ἀ γ ύ ρ ε ι : wörtlich ‘in der Ansammlung der Leichen’, “a bold and vigorous expression” (LEAF), vgl. 24.141 (νηῶν ἀγ., s.d.).
661b VE ≈ 550. — Dies ist eine der wenigen Stellen im hom. Epos, an denen Krieger ‘anonym’, also ohne Namensnennung, fallen; im 16. Gesang noch 785 (‘dreimal neun Männer’): VISSER 1987, 42f.; MORRISON 1999, 133 mit Anm. 23; PAGANI 2008, 416 Anm. 252 (alle mit Stellensammlungen); ferner 18.230–231a n. π ο λ έ ε ς γ ὰ ρ …: erläutert den Ausdruck ‘Versammlung der Leichen’ (RICHARDSON 1990, 146, der solche “explanations” als “a technique of composition, an alternative way of relating events” charakterisiert). – Zum Motiv, wie ein Krieger ‘über’ einem anderen fällt, 579n.
659 ἐφόβηθεν: = ἐφοβήθησαν (R 16.2). 660 βασιλῆα (ϝ)ίδον: zur Prosodie R 4.3; zur Flexion R 11.3; zur augmentlosen Form R 16.1. — ἦτορ: Akk. der Beziehung (R 19.1).
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662 2. VH ≈ 11.336. — Die Metapher vom ‘Spannen des Kampfes’ bezeichnet die Zuspitzung (‘In-ten-sivierung’, lat. (in)tendere ≈ gr. tanýein) der Kämpfe und impliziert, daß es viele Tote geben wird: 14.389n. mit Lit. und Parallelen. ε ὖ τ (εε ): ‘nachdem, seitdem’. εὖτε wird im hom. Epos meist wie hier als temp. Konjunktion verwendet (prosod. Alternative zu ὅτε): CHANTR. 2.255; s. auch die Lit. in 3.10n. — ἔ ρ ι δ α κ ρ α τ ε ρ ή ν : wie κρατερὴ ὑσµίνη (447n.) vom ‘gewaltigen, wuchtigen Kampf’; flektierbare Nomen-Epitheton-Formel, noch 13.358 (ebenfalls im Kontext mit τανύω), 20.48 (Personifikation der Eris, vgl. 11.3f. Ἔριδα … | ἀργαλέην). ἔρις wird naturgemäß öfter mit pejorativen Attributen verbunden, u.a. 3.7 κακή (s.d., mit Lit.), 14.389 αἰνοτάτη, 16.476 θυµοβόρος (19.58n.), 20.55 βαρεῖα. — ἐ τ ά ν υ σ σ ε Κ ρ ο ν ί ω ν : Die Kombination von Präd. (meist im Aor.) + Κρονίων bildet eine geläufige Struktur am VE (14× Il., 14× Od., 4× Hes., 2× hom.h.). – Zu τανύω in Verbindung mit einem abstrakten Akk.-Objekt s. 14.389n.
663–665 Die Spoliierung von Sarpedons Leichnam bildet das letzte Element der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (419–683n.); der Leichnam selbst fällt freilich nicht in die Hände der Griechen, sondern wird von Apollon nach Lykien überführt (666ff.) – anscheinend von allen unbemerkt (wie v.a. der Aussage des Glaukos 17.150f. zu entnehmen ist; s. JANKO zu 666–83; ACETI 2008, 154). Weitere Lit. zum Motiv der Spoliierung 500n. – Der Abtransport der Beute erfolgt regelmäßig wie hier durch die Gefährten des siegreichen Helden (506–507n.). 663 ≈ 19.412; 1. VH ≈ 8.194. — ο ἳ δ ’ ἄ ρ (α α ): signalisiert einen Themawechsel, fast = ‘die anderen aber’ (hier von der Gegenpartei), vgl. am VA 2.780, 3.8, 8.53, 12.154, und häufig nach der VA-Formel ὣς ἔφαθ’ (z.B. 24.265n.). — ἀ π ’ ὤ µ ο ι ϊ ν Σ α ρ π η δ ό ν ο ς ἔ ν τ ε ’ ἕ λ ο ν τ ο : ἔντεα bildet eine (vokal. anlautende) Variante zu τεύχεα, vgl. 19.412 ἀπ’ ὤµοιϊν Πατρόκλου τεύχε’ ἕλοντο (zur VE-Formel τεύχε’ ἕλοντο 650n. u. allg. 559–560n.).
664 1. VH = 18.131 (bis zur Zäsur C 1), 23.27. — Asyndetische Epitheta-Reihungen – hier ‘eherne, funkelnde’ – dienen der Emphase (183n. a.E.). Zur Beschreibung von Panzern in bezug auf Material und Aussehen vgl. 134n.; bes. zu marmáironta ‘funkelnd, glitzernd’ 3.397n.; CIANI 1974, 143f. τ ὰ µ έ ν : 60n.; µέν hier viell. mit impliziter Differenzierung zwischen Sarpedons Rüstung einerseits und seinem Leichnam andererseits (imaginativ als αὐτὸν δέ zu ergänzen): diesen erbeuten die Achaier ja gerade nicht; vgl. JANKO zu 663–5. — κ ο ί λ α ς ἐ π ὶ ν ῆ α ς : flektierbare Formel am VE (Akk. Pl. 10× Il., 1× Od.; Gen. Sg. 2× Od.; ferner Dat. Pl. mit ἐνί 2× Il., 4× Od.; Dat. Sg. mit παρά 1× Od.) und nach der Zäsur B 1 (Akk. Pl. 3× Il. [mit Ἀχαιῶν]; Dat. Pl. 4× Il.; Gen. Sg. 3× Od.; Akk. Sg. 3× Od.; Akk. Sg. mit ἀνά 1× h.Ap.; Dat. Sg. mit παρά 3× Od. [und an anderen Vers-Positionen 2× Il.]); s. 24.336n. 665 2. VH = 278 u.ö. (s.d.). 662 κάππεσον: = κατ-έπεσον (R 20.1, 16.1). — ἐτάνυσσε: zum -σσ- R 9.1. 663 οἵ: d.h. Patroklos und seine Leute; zum demonstr.-anaphor. Pron. R 17. — ὤµοιϊν: Gen. Dual (vgl. 560n.). 665 ἑτάροισι: = ἑταίροις; Dativobjekt zu δῶκε.
Kommentar
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666–683 Zeus beauftragt Apollon, die Bestattung von Sarpedons Leichnam einzuleiten. Hypnos und Thanatos überführen den Toten in seine Heimat Lykien. Bevor die Griechen Sarpedons Leichnam in ihr Lager ziehen können, leitet Zeus gemäß Heras Ratschlag (450ff.) die Bergung des Toten ein (zum Motiv der Entrückung eines Helden vgl. 437n.); dabei verwendet er in seinem Auftrag an Apollon dieselben oder zumindest ähnliche Worte wie Hera (454–457 ≈ 671–675), ohne die Urheberin zu benennen: er macht sich ihren Ratschlag zu eigen (zu einem analogen Fall s.o. 36–45n.). Sarpedons Bestattung erhält durch die dreimalige Erwähnung (1. Hera zu Zeus, 2. Zeus zu Apollon, 3. Erzählertext, also nach Art einer Botenszene) eine besondere Emphase (zur mehrfachen Wiederholung solcher Passagen s. 24.118–119n.; FINGERLE 1939, 261; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 210f.). – Die in gewisser Weise übernatürliche Szene ist “a very welcome breathing-space of beauty and compassion in the midst of the savage slaughter […]. The incident may be a digression within the episode, but it is structural in the poem. It gives us the emotional clew that serves to guide our feelings in what is to come […], the most terrible part of the story, the slaying of Hector […]. We go through by anticipation, in a miniature as it were, the range of emotions we are to experience on a greater scale through the conclusion of the poem. Here we have a death which we resent followed by a merciful picture of the broken body laid reverently in its native earth. There, in the closing books […], [we have] the final scene in which the poor abused body of Hector is at last borne home” (OWEN 1946, 159–161; vgl. SCHEIN 1984, 187; Antizipation von Szenen/MotivenP). – Die dem Gott Apollon aufgetragenen und von ihm anschließend vorgenommenen Handlungen entsprechen dem hom. Bestattungsritual, wie es auch bei Patroklos (18.343ff.) und bei Hektor (24.580ff.) in teilweise ähnlicher Formulierung dargestellt ist (s. 18.343–355n. u. 24.580–595n. mit Lit.; vgl. auch die Bestattung des Achilleus Od. 24.58ff.). Die hier wiederkehrenden Elemente sind: Waschung, Salbung, Bekleidung und Bestattung (mit Errichtung eines Grabmals); zuvor erfolgt hier situationsbedingt die Bergung des Leichnams; seine Überführung in die Heimat teilt die vorl. Szene mit derjenigen im 24. Gesang (Hektor; dazu ein detaillierter Vergleich bei MARONITIS 2004, 69ff.). – Bei alledem erfährt Sarpedon als Sohn des Zeus (der ja selbst der Auftraggeber ist) eine besondere Auszeichnung, gewissermaßen als Kompensation für den erlittenen Verlust des Lebens (vgl. 460f.): er wird mit Ambrosia gesalbt und in göttliche (ámbrota) Gewänder gehüllt (WortspielP: emphat. Wiederholung desselben Wortstamms). Ob die Behandlung mit Ambrosia darüber hinaus impliziert, daß Sarpedon unsterblich gemacht werden soll (wie Iphigenie nach ihrer Opferung in der Mythenversion von ‘Hes.’ fr. 23(a).21ff. M.-W.), geht aus dem Text nicht hervor (zum Verwendungszweck von Ambrosia s.u. 670n.). Eine solche Vorstellung wäre wohl auch unhomerisch: der hom. Krieger kommt nach dem Tod in den Hades (GRIFFIN 1980, 167). Zudem beziehen sich die meisten Parallelen für die Erlangung von Unsterblichkeit durch
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Ambrosia auf lebende Helden (u.a. Demophon in h.Cer. 237, Aristaios bei Pindar, Pythien 9.63, Achilleus bei Apoll. Rhod., Argonautika 4.871; weitere Belege bei RICHARDSON zu h.Cer. 237; CLAY 1981/82, 114–116; zum Sarpedon-Kult in Lykien s.o. 456–457n.). – Weitere Lit. zur vorl. Passage: JANKO zu 669–73; SOMVILLE 1999, 74f.; DELATTRE 2006, 265–270; ACETI 2008, 150–154. 666 = 15.220 (Zeus beauftragt Apollon, Hektor anzuspornen und die Griechen mit der Aigis zu erschrecken); ähnl. Versstruktur: 7.405, Od. 7.178, 13.49, 23.247; 1. VH (bis zur Zäsur C 1) = Il. 21.228; ≈ 21.435. — Wie bei der Heilung des Glaukos läßt sich nicht mit letzter Sicherheit feststellen, in welcher Funktion Apollon für die bevorstehende Aufgabe (Reinigung von Sarpedons Leichnam) geeignet ist: ob als lykischer Lokalgott (513n.) und/oder als Gott der kultischen Reinheit (24.18–21n. mit Lit.); s. auch JANKO zu 666–83; NICKAU 1977, 210–212; ACETI 2008, 151 Anm. 364; CLAY 2009, 37. – Zur ständigen ‘Verfügbarkeit’ der Götter (Zeus, der das Geschehen fortlaufend beobachtet [644–646], spricht Apollon unvermittelt an) s.o. 431–432n. κ α ὶ τ ό τ (εε ): öfter Auftakt zu göttl. Aktivitäten oder Interventionen (in der Ilias noch 1.426, 1.494, 8.69, 13.206, 15.220, 17.593, 20.375, 21.228, 22.209, 24.32). — ν ε φ ε λ η γ ε ρ έ τ α Ζ ε ύ ς : flektierbare VE-Formel (Nom. 22× Il., 8× Od., 3× Hes., 2× hom.h., 1× in einem nicht sicher zuweisbaren Epikerfragment [Titan. fr. 5.2 Bernabé]; Gen. Δ∆ιὸς νεφεληγερέταο 6× Il., 4× Hes., 1× h.Ap.); oft wie hier das Subjekt in Rede-EinleitungenP (24× fgrE). νεφεληγερέτα ist das häufigste Epitheton des Zeus (1.511n.; äquivalente Formeln: 298n.); zu nahöstl. Entsprechungen WEST 1997, 115. Zur Endung -ᾰ vgl. oben 33n. (ἱππότα).
667–668 1. VH von 667 ≈ 15.221; zu 668 s.u. 668–673n. — Die Herkunft und Bedeutung von Apollons Beinamen ‘Phoibos’ – in der Antike meist als ‘rein’ (oder ‘strahlend’) aufgefaßt, was im vorl. Kontext (Reinigung) durchaus passend wäre – ist unklar (1.43n. mit Lit.). Beinamen können wie hier und 788 selbständig für den Namen des Gottes stehen (vgl. 24.360n.); zur häufigeren Junktur ‘Phoibos Apollon’ s.o. 527n. – Die Reinigung des Leichnams ist ein integrierender Bestandteil des Bestattungsrituals (666–683n.), hier aber zusätzlich situativ begründet: der Leichnam ist mit Blut und Schmutz besudelt (639n.; zum Blutmotiv 459–461n.). ε ἰ δ ’ ἄ γ ε ν ῦ ν : ‘wohlan jetzt, auf jetzt’ (noch 19.108, Od. 1.271), Interjektion mit aufforderndem Charakter (Varianten: εἰ δ’ ἄγε (δή), ἀλλ’ ἄγε (νῦν/δή), νῦν δ’ ἄγε); FOLEY 1999, 224f. Wie hier am Rede-Anfang: 6.376, Od. 12.112, 23.35 (und nach Vok. Il. 17.685, Od. 2.178, 22.391). Zu εἰ in dieser Funktion s. 6.376n.; δ(έ) ist formelhaft erstarrt (GRAZIOSI/HAUBOLD zu 6.376). — φ ί λ ε Φ ο ῖ β ε : attributives φίλε nur hier und im Iteratvers zu einem Personennamen (beide Male Apollon), sonst stets zu einem Appellativum (meist Verwandtschaftsbez.): OPELT 1978, 182–184. — κ ε λ α ι ν ε φ ὲ ς α ἷ µ α : Nomen-Epitheton667 κάθηρον: Imp. Aor. zu καθαίρω, hier ‘jn. von etwas reinigen, etw. von jm. abwaschen’. 668 µιν: = αὐτόν (R 14.1).
Kommentar
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Formel, noch 5.798, 14.437 sowie 4× Il./Od. αἷµα κελαινεφές vor der Zäsur C 2. Zur Bez. des Bluts als ‘dunkel’ 529n. – κελαινεφής ist wohl urspr. Epitheton des Wettergottes Zeus (‘mit dunklen Wolken’: 1.397n.; vgl. 666 νεφεληγερέτα). Wie es zur Übertragung auf das Blut kam, ist letztlich unklar; die Junktur dient jedenfalls als “metr. Verlängerung” für αἷµα κελαινόν (s. LfgrE s.v. κελαινεφής, mit der einschlägigen Lit.). — α ἷ µ α κ ά θ η ρ ο ν | … Σ α ρ π η δ ό ν α : doppelter Akk. bei den Verben des Reinigens analog zu den Verben des Wegnehmens (24.419n.). — κ ά θ η ρ ο ν | ἐ λ θ ὼ ν ἐ κ β ε λ έ ω ν : Der Bezug von ἐλθών ist unklar; entweder (a) zu κάθηρον, i.S.v. ‘zu Hilfe eilen’ (‘geh hin und reinige ihn außer Schußweite’), oder (b) zu ἐκ βελέων, i.S.v. ‘weggehen’ (‘reinige ihn, nachdem du ⟨mit ihm⟩ außer Schußweite gegangen bist’). Für (a) spricht die übliche Verwendung von ἐλθών ‘hingehen und …’ (521n.; CHANTR. 2.99), für (b) die Logik: Apollon muß den Leichnam zuerst vom Schlachtfeld bergen, bevor er ihn reinigen kann (so eindeutig 678: ἐκ βελέων Σαρπηδόνα … ἀείρας) (AH; WILLCOCK; JANKO; WEST 2011, 325). – Zu ἐκ βελέων s.o. 122–123n. — κ α ί µ ι ν ἔ π ε ι τ α …: ἔπειτα kann im hom. Epos außer der rein zeitl. Bed. auch die Funktion haben, eine logische Folge zu verdeutlichen (‘da, also, dabei, demnach, in diesem Fall’), so öfter nach einem Bedingungssatz, einem Kausalsatz oder auch im Handlungsrésumé (vgl. 19.112–113n., 24.290n., 24.356n.; AH [mit Anh.] u. WEST zu Od. 3.62; CUNLIFFE s.v.; KLINGNER 1940, 364–366). Auch an der vorl. Stelle ist die nicht-temporale Auffassung möglicherweise befriedigender (‘reinige Sarpedon vom Blut und wasche ihn dabei im Fluß’) als die Annahme einer zweimaligen Reinigung des Leichnams – zuerst eine ‘Grobreinigung’, danach eine Waschung mit Wasser (so etwa FAESI; vgl. die Diskussion bei ACETI 2008, 151f.). In der Ausführung 678f. ist jedenfalls keine Rede mehr von zwei Reinigungen. Die Anweisung αἷµα κάθηρον enthält demnach die Ausgangslage, die anschließend präzisiert wird; vgl. καὶ … ἔπειτα in 14.255 = 15.28 (Hera erregt einen Sturm ›und‹ läßt Herakles ›dabei‹ nach Kos gelangen), Od. 14.233 (Odysseus als ‘Kreter’: ‘mein Hausgut mehrte sich schnell, ›und dadurch‹ wurde ich mächtig und geachtet’), 21.215 (Odysseus zu Melanthios und Eumaios: ‘ich werde euch Güter und Häuser in meiner Nähe beschaffen, ›und‹ ihr sollt ›dadurch‹ zu Freunden und Brüdern des Telemachos werden’). 668–673 ≈ 678–683 (wobei 672 = 682; die Vv. 669–671/673 u. 679–681/683 unterscheiden sich lediglich durch die Verbformen [dir. Rede bzw. Erzählertext]; vgl. JANKO zu 669–73). Zur Darstellung von Auftrag und Ausführung mit wörtl. Wiederholung s.o. 495–497n.
669 ≈ 679; 2. VH ≈ Od. 6.216. — Der Skamandros wird in der Ilias oft einfach als ‘der Fluß’ bezeichnet; zu seiner Lage am Rande des Schlachtfelds s. 24.351n. ἄ π ο π ρ ο : zu Zusammenschreibung/Akzent WEST 1998, XVIIIf.; vgl. SCHW. 2.428; LfgrE s.v. — φ έ ρ ω ν : Der Präsensstamm bed. eher ‘tragen’, der Aoriststamm eher ‘bringen’, daher ist hier trotz der Vorzeitigkeit (AH) das Ptz. Präs. gebraucht (vgl. die Gliederung bei MUTZBAUER 1893, 136ff.). — π ο τ α µ ο ῖ ο ῥ ο ῇ σ ι ν : häufiger poet. Ausdruck, außer in den Iterata auch 11.732, Od. 6.85, 9.450, 10.529, 12.1; hier ‘mit Flußwasser (waschen)’. ῥοαί kommt außerdem auch in Verbindung mit div. anderen Genetiven vor, vgl. 229, 719, 3.5n.
669 πολλόν: adv. Akk., zu ἄποπρο, ‘ganz weit weg, weit abseits’.
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670 ≈ 680; 1. VH ≈ h.Cer. 237; 2. VH ≈ Od. 7.265, 24.59 (Achills Bestattung), hom.h. 6.6; außerdem VE (von der Zäsur C 2 an) ≈ Il. 5.905, Od. 10.542, 14.320, 14.516, 15.338. — Außer als Nahrung verwenden die Götter Ambrosia auch als Salböl (hier und 680) oder als Reinigungsöl (14.170); es hält die Haut schön und schützt den Leichnam vor Verwesung wie das ‘ambrosische Rosenöl’, das Aphrodite 23.186f. auf Hektors Leichnam aufträgt; dem toten Patroklos träufelt Thetis zu demselben Zweck Ambrosia und Nektar durch die Nasenlöcher ein (19.38n.). – Zur Bekleidung des Leichnams s. 24.588n.; zum impliziten Motiv ‘Kleider machen Leute’ im fgrE s. FOLEY 1999, 259f. (bes. deutlich in der Odyssee: auf Scheria wird Odysseus durch Nausikaas Kleider zum Ehrengast, auf Ithaka durch die Lumpen zum Bettler; hier dient das Motiv wohl der Ehrung des Leichnams). Chiastisch gestalteter Vers mit zwei Imperativen auf -σον u. zwei Wörtern des Stamms ἀµβρο-: χρῖσον ἀµβροσίῃ – ἄµβροτα … ἕσσον (Häufung von ἀµβρο- auch 5.338f. [Aphrodite], 14.177f. [Hera], h.Ven. 62f. [Aphrodite]); ferner figura etymologica am VE: εἵµατα ἕσσον (freilich eine sehr häufige Junktur im fgrE). Zum “smooth and musical flow of the lines” s. EDWARDS 1987, 263 (mit Hinweis auf die figura etymologica auch im folgenden Vers 671: πέµπε … ποµποῖσιν). — ἄ µ β ρ ο τ α ε ἵ µ α τ α : Nomen-Epitheton-Formel (Iterata sowie h.Ap. 184 [am VA]); ἄµβροτα εἵµατα werden stets von Göttern verliehen (u.a. von Kalypso dem Odysseus, von den Nereiden dem toten Achilleus) oder von Göttern selbst getragen, ἄµβροτος also ‘den Göttern gehörig (oder von ihnen geschenkt)’. – ἄµβροτος ist Privativkompositum zu βροτός ‘sterblich, Mensch’ (*mr̥ -tó-, lat. mortuus, ved. mr̥ tá, negiert a-mŕ̥ta): LfgrE s.v.; FRISK u. BEEKES s.v. βροτός.
671–672 = 681f. (im Erzählertext, 3. Person); vgl. 454f. (s.d. zur Konstruktion des Satzes); 1. VH von 672 ≈ Hes. Th. 759. — Zu Schlaf und Tod s.o. 454n. In weiterem Sinn chiastisch gestalteter Vers: πέµπε … ποµποῖσιν | … κραιπνοῖσι φέρεσθαι (vgl. 670n.). — κ ρ α ι π ν ο ῖ σ ι : als Attribut sonst nur von Winden (z.B. Od. 6.171) und den Füßen (z.B. Il. 6.505), als Adv. auch in Sätzen mit göttl. (oder menschl.) Subjekt (z.B. 14.292). — δ ι δ υ µ ά ο σ ι ν : = διδύµοις ‘Zwillinge’, Analogiebildung zu Substantiven (und Eigennamen) auf -άων, z.B. ὀπάων ‘Begleiter’: CHANTRAINE 1933, 162f.; RISCH 57. 673 ≈ 437 (s.d.), 683. — Λ υ κ ί η ς ε ὐ ρ ε ί η ς : 455n. — π ί ο ν ι δ ή µ ῳ : 437n.
674–675 = 456f. (s.d.). — Die Vollendung der Bestattung durch die Angehörigen wird im Bericht 676–683 nicht mehr erwähnt; stattdessen wird der Erzähler in 684 zur Haupthandlung zurückkehren (vgl. DE JONG [1987] 2004, 288 Anm. 33). 676–683 Kurze Typische SzeneP ‘Ortsveränderung einer Gottheit’ (1.43–52n.): (1) Anlaß des Eingriffs (676), (3) Wegbeschreibung (677), (5) Realisierung der 670 περὶ … ἕσσον: sog. Tmesis R 20.2. — ἄµβροτα (ϝ)είµατα (ϝ)έσσον: zur Prosodie R 4.3. 671 πέµπε … ἅµα … φέρεσθαι: ‘gib ihn zum Transport mit’; φέρεσθαι ist trans. Medium (‘mitnehmen, heimbringen’) und finaler Inf. zu πέµπε … µιν ποµποῖσιν; vgl. 575. 672 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — ὦκα: Adv., ‘rasch’.
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Eingriffsabsicht (678ff.); vgl. KURZ 1966, 104f. – Zum Ida-Gebirge als Aufenthaltsort der Götter s.o. 431–432n. 676–677a = 15.236f. (dort Ausführung des Auftrags 15.220 [vgl. 666n.]); VA von 676 (ὣς ἔφατ’, οὐδ’ ἄρα) = 2.419, 4.198, 12.351, 15.236, ‘Hes.’ Sc. 368. — V. 676 bildet eine (nur hier u. im Iteratvers belegte) Alternative zur gebräuchlicheren Rede-Abschluß-P und Gehorsamsformel 458 ὣς ἔφατ’· οὐδ’ ἀπίθησε(ν) … (s.d.). Vielleicht betont der Erzähler durch πατρός die enge Beziehung zwischen Vater Zeus und Sohn Apollon (“filial obedience”: JANKO zu 15.236–43). Zu Apollons Rolle als ‘Erhörender’ vgl. auch 531 (dort im Zusammenhang mit Glaukos’ Gebet). — ἀ ν η κ ο ύ σ τ η σ ε ν : ‘nicht hören auf, nicht gehorchen’, in Litotes ‘bereitwillig Folge leisten’ (LfgrE); im fgrE nur hier und im Iteratvers (nachhom. öfter belegt). Denominatives Verb auf -έω zu einem negierten Verbaladjektiv (ἀνήκουστος, erst nachhom. belegt) wie ἀελπτέω ‘etwas nicht erwartet haben’ (7.310) zu ἄελπτος, ἀπιστέω ‘(be)zweifeln’ (Od. 13.339) zu ἄπιστος, auch in der Form νηκουστέω (Il. 20.14, mit negierendem Präfix wie in νηλεής ‘erbarmungslos’ u.ä.): TUCKER 1990, 82–84. 677 1. VH (bis zur Zäsur C 1) = 11.196, 15.79, 15.169 (alle mit anschließendem ἐς/εἰς), 15.237; ≈ 8.410. — κ α τ ’ Ἰ δ α ί ω ν ὀ ρ έ ω ν : formelhafte Junktur nach der Zäsur A 2 (6× Il., daneben 3× ἀπ’, 1× ἐξ). — φ ύ λ ο π ι ν α ἰ ν ή ν : 256n. (mit Verweis auf 6.1n.). 678–683 ≈ 668–673 (s.d.).
678 vgl. 668. — Nach der langen ‘Leidenszeit’ des Leichnams wird nun die Schnelligkeit der Bergung und Bestattung hervorgehoben: ‘sogleich’ (auch 671/681 ‘rasche Geleiter’, 672/682 ‘schnell’); vgl. 24.37b n.: eine rasche Bestattung ist aus pragmatischen Gründen erforderlich. α ὐ τ ί κ α δ ’ ἐ κ β ε λ έ ω ν : vgl. VA αὐτίκα δ’ ἐξ ὀχέων 5× Il. — Σ α ρ π η δ ό ν α δ ῖ ο ν : 638– 640n.
684–867 Patroklos dringt siegreich bis zur Stadtmauer von Troia vor und fällt durch Angriffe von Apollon, Euphorbos und Hektor. Nach der Bestattung des Sarpedon wird die Handlung genau dort wiederaufgenommen, wo sie unterbrochen worden ist: Zeus läßt Patroklos weiter vorstoßen, während Hektor sich mit den Troern und Lykiern zur Stadt zurückzieht (652ff. → 684ff./ 692ff./698ff./712ff.; FENIK 1968, 38. 209; CLAY 2011, 89). Die Episode folgt wie die vorangehende weitgehend dem ‘rebuke pattern’ (538–683n.), an das sich 783ff. die Schilderung von Patroklos’ Tod anschließt: (1) Hektor zieht sich nach einem Vorstoß der Griechen zur Stadtmauer zurück (684ff./712ff.), (2) Apollon tadelt Hektor (Kampfparänese: 715–726), (3/4) Gegenangriff Hektors und Widerstand der Griechen (727–750), (6) Kampf um den Leichnam des Kebriones (751–782). Das Ziel der Handlung, der – weil Hektor noch nicht fallen darf, ungleiche – Zweikampf zwischen Patroklos und Hektor (818ff.) und der Tod des Patroklos, wird durch die Ersatztötung des Kebriones und den Kampf um dessen Leichnam vorbereitet und 676 οὐδ(έ): im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8).
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zugleich retardiertP (712–783n.). Die Namen der beiden Haupthelden Patroklos und Hektor fallen dabei überdurchschnittlich häufig, z.B. je 2× in 730–733, 4× ‘Patroklos’ in 812–818, beide Namen in einem Vers 760 und 818, in zwei Versen 762f. und 839f. (ähnl. 827f.). – Durch einen langen Kommentar macht der Erzähler unmißverständlich klar, daß auf den (letzten) Höhenflug des Patroklos nun endgültig sein Fall folgen wird (684–691n.; zur Handlungskette Sarpedon – Patroklos – Hektor – Achilleus s.o. 419–683n.). Charakteristisch für Patroklos’ Handeln ist sein Siegesrausch nach der Bezwingung des Sarpedon, d.h. die Fehleinschätzung der Lage und die Überschätzung seiner selbst. Diese Entwicklung kommt zum Ausdruck in der Wertung von Patroklos’ Vorgehen als Fehler (685f.), in der Anspornung durch Zeus (688ff.), in der Tötung von zunächst neun, später dreimal neun Gegnern (692ff., 784ff.), im Angriff auf die Stadtmauer von Troia (698ff.), im zweimaligen Eingreifen des Gottes Apollon (698ff., 784ff.), im Eintreten in den Kampf gegen den von Apollon unterstützten Hektor (726ff.), in der Tötung und Verspottung von Hektors Wagenlenker Kebriones (737ff.), in der Überlegenheit der Achaier ‘gegen das Schicksal’ (779ff.), in der unvermittelten Entwaffnung des Patroklos durch Apollon (784ff.), in der Triumphrede Hektors (829ff.) und in Patroklos’ Prahlerei in seiner Entgegnung (847f.). Es tritt genau das ein, wovor Achill in den Vv. 87ff. gewarnt hatte: der durch den Erfolg herbeigeführte Übermut und Siegesrausch des Patroklos, die Anspornung durch Zeus und die Intervention Apollons. Lit.: WHITMAN 1958, 200f.; REINHARDT 1961, 339. 347f.; GUNDERT 1983, 121–124; BANNERT 1988, 42f. 161–163; NESSELRATH 1992, 1f.; TAPLIN 1992, 182–184; ALDEN 2000, 100f. 256f.; LEUZZI 2008, 280f.; KARAKANTZA 2014. – Thetis wird die Ereignisse der vorl. Passage in ihrer Rede an Hephaistos 18.453–456 kurz und prägnant zusammenfassen: Kampf am Skäischen Tor (hier 712 erwähnt), Tötung durch Apollon und Hektor (s.d., mit Lit.). – Formal ist die Passage von einer RingkompositionP in weiterem Sinn umrahmt (684ff./864ff.: Wagenlenker Automedon) und von zahlreichen wiederkehrenden (1) Motiven und (2) Sequenzen geprägt. (1): (a) Wagenlenker und Wagen, (b) 9 / 3×9 / 20 getötete Gegner, (c) Apollons Interventionen; (2): (a) Wagenlenker antreiben (684ff./727ff.), (b) dreimal – das vierte Mal (702ff./784ff.), (c) vom Wagen steigen (733/755; vgl. 712, 810), (d) ‘Zweikämpfe’ (in losem Sinn) zwischen Patroklos und Hektor (756ff./818ff.). Die folgende Graphik stellt diese Motive und Sequenzen in ihrer Verklammerung dar (komplexe Ringkomposition).
Kommentar
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684ff. Patroklos treibt seinen Wagenlenker Automedon an und verfolgt die Troer. 692ff. Patroklos (tötet 9 Troer, Angriff auf 712ff. Hektor (hält seinen die Stadtmauer [dreimal – beim vierten Wagen an, Intervention Mal], Intervention Apollons). Apollons). 727f./731f. Hektor treibt seinen Wagenlenker Kebriones an und verfolgt Patroklos. 733ff. Patroklos steigt vom Wagen und 755 Hektor steigt vom tötet Kebriones. Wagen. 756ff. ‘Zweikampf’ zwischen Patroklos und Hektor um den Leichnam des Wagenlenkers. 783ff. Patroklos (tötet 3×9 Troer, Angriff 806ff. Euphorbos (der 20 auf die Stadtmauer [dreimal – beim Griechen von ihrem vierten Mal], Intervention Apollons). Wagen gestoßen hatte). 818ff. ‘Zweikampf’ zwischen Patroklos und Hektor, Tötung des Patroklos. 864ff. Hektor greift den Wagenlenker Automedon an. Andere Strukturgraphiken bei FENIK 1968, 209; STANLEY 1993, 169. – Die Neoanalyse führt die vorl. Darstellung von Patroklos’ Tod auf mögliche andere epische Vorbilder zurück: (1) Patroklos’ Tod durch Apollon, Euphorbos und Hektor sei dem in der ‘Aithiopis’ geschilderten Tod des Achilleus nachempfunden: ‘Achilleus schlägt die Troer in die Flucht und verfolgt sie in die Stadt hinein, wird aber von Paris und Apollon getötet’ (Prokl. Chrest. § 3 West; s. KULLMANN [1991] 1992, 115– 118; WILLCOCK 1997, 176–178. 188; JANKO, Introd. zu Il. 16 [S. 312f.]). (2) Die ebenfalls für die ‘Aithiopis’ belegte Handlungskette ‘Antilochos wird von Memnon getötet, Memnon von Achilleus’ habe unter dem Motto ‘Achilleus rächt den Tod seines Freundes am Gegner und besiegelt damit seinen Tod’ Modell gestanden für die vorl. Handlungskette ‘Patroklos wird von Hektor getötet, Hektor von Achilleus’ (SCHADEWALDT [1952b] 1965, 175f.; KULLMANN a.O.; BOUVIER 2002, 379–399; zur Freundschaft zwischen Achilleus und Antilochos vgl. die Andeutungen in 23.556 u. Od. 24.78f.). Es ist freilich in beiden Fällen umstritten, wie weit die Parallelen tatsächlich gehen und wie relevant sie für die Ilias-Interpretation sind (BURGESS 1997 mit weiterer neoanalyt. Lit.; BURGESS 2009, 79–81), wenn nicht sogar von der Priorität der Ilias vor der ‘Aithiopis’/‘Memnonis’ auszugehen ist (so WEST 2003; weitere Lit. zum Verhältnis von Ilias und Aithiopis oben 419–683n. a.E.; dort auch weitere Diskussion zur Neoanalyse).
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684–783 Apollon gebietet Patroklos in dessen fatalem Siegesrausch Einhalt an der Stadtmauer von Troia. Patroklos tötet Hektors Wagenlenker Kebriones. Patroklos und Hektor kämpfen miteinander um Kebriones’ Leichnam, der schließlich von den Griechen erbeutet wird. 684–730 Der Erzähler bereitet auf beiden Kriegsseiten den Schauplatz für Patroklos’ Tod vor: Patroklos rückt so weit wie möglich vor (zur Stadtmauer von Troia: 702), Hektor zieht sich so weit wie möglich zurück (zum Skäischen Tor: 712). Mit komplementärer Intervention wendet Apollon die Einnahme Troias ab: er hält Patroklos auf (700ff.) und treibt Hektor zum Widerstand an (715ff.). Zuerst muß Patroklos sterben, bevor Hektor an der Reihe ist (dessen Tod ebenfalls beim Skäischen Tor seinen Anfang nehmen wird: 22.5f.). 684–691 “Patroklos vergißt die Warnung des Achill, läßt sich zur Verfolgung der Troer hinreißen und rennt damit in seinen Tod” (STALLMACH 1968, 35). Mit dem (erzählstrategischen) ‘Dilemma’, daß Patroklos nach der Tötung Sarpedons – einerseits aufgrund des ihm eigenen (Über-)Eifers (wie er schon zu Beginn des 16. Gesangs zum Vorschein kam, vgl. 46f.), andererseits aufgrund des ‘Willens des Zeus’ – weder ins Achaierlager zurückkehren noch Troia erobern kann, wirbt der Erzähler um Verständnis für die Figur des Patroklos, der nach seinem Plan ja letztlich zum tragischen Scheitern verurteilt ist. Durch eine Häufung von Darstellungsmitteln des Erzählers wird die Rezeptionshaltung des Publikums beeinflußt (DE JONG [1987] 2004, 18f.; Parallele: 12.110ff. über Asios): (1) wertende Kommentare in 685 (‘machte einen großen Fehler’) und 686 (‘der Tor!’); (2) (affirmativ formulierte) Variante einer ‘Wenn nicht’-SituationP in 686f.; (3) interne ProlepseP: Patroklos wird sterben (in 687 impliziert); (4) Gnome in 688–690; (5) Doppelte MotivationP in 691. Lit.: FRONTISI-DUCROUX 1986, 56f.; EDWARDS 1987, 263f.; DI BENEDETTO (1994) 1998, 30f.; COLLOBERT 2011, 169f.; bes. zu (1): 46–47n. u. 685n.; zu (3) ebenfalls 46–47n.; zu (4) 688–691n.; zu (5) DEICHGRÄBER 1952, 114f.; KULLMANN 1956, 144 mit Anm. 2; LESKY 1961, 22; STOEVESANDT 2004, 190 Anm. 578. 684–685 Der Text macht nicht deutlich, ob Patroklos den fliehenden Troern (a) mit dem Streitwagen oder (b) zu Fuß nachsetzt, d.h. ob er seinem Wagenlenker befiehlt, ihn während der Verfolgung (a) zu fahren (so ausdrücklich Hektor zu Kebriones 727f.) oder (b) zu begleiten. Für (a) spricht die Verwendung des Streitwagens für die rasche Überwindung einer Distanz bei der Flucht oder Verfolgung (das Auf- und Absteigen vom Wagen wird ohnehin nicht in lückenloser Regelmäßigkeit berichtet wird [398n.] – in V. 733 steigt Patroklos ‘erneut’ ab); für 684 ἵπποισι: zur Flexion R 11.2. — καὶ Αὐτοµέδοντι: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. — κελεύσας + Dat.: ‘zurufen, antreiben’.
Kommentar
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(b) spricht die sogleich anschließende Androktasie-Szene 692ff. (gekämpft wird in der Ilias zu Fuß) sowie die vorl. unspezifische Formulierung. Lit. für (a): LATACZ 1977, 218; SHEAR 2000, 44; für (b): AH; JANKO zu 684–7. ἵ π π ο ι σ ι κ α ὶ Α ὐ τ ο µ έ δ ο ν τ ι : singuläre Junktur neben gebräuchlichem ἵπποισι καὶ ἅρµασι (6× Il., 4× ‘Hes.’; ferner Il. 24.442 ἵπποισι καὶ ἡµιόνοις [dazu 24.350n.]).
685 1. VH ≈ 564 (s.d.); VE = Od. 4.503; ≈ Od. 4.509, vgl. h.Cer. 246. — Der gr. Begriff átē ‘Verblendung’ (hier verbal aásthē) ist schwer zu definieren; er erscheint meist in der Figuren-SpracheP (im 16. Gesang freilich 2× im Erzählertext: hier und 805; Statistik bei CAIRNS 2012, 17 Anm. 37) und charakterisiert eine unbedachte Handlung mit katastrophalen Folgen, hier dem Tod des Patroklos (1.412n. mit Lit.): der persönliche Erfolg und der Rückzug der Troer lassen Patroklos unüberlegt den Angriff auf Troia fortsetzen; er mißachtet dabei nicht nur Achills Auftrag, sondern auch die ihm als Menschen gesetzten Grenzen (vgl. dazu 705n.). Insofern Patroklos’ Tod von den Göttern gewollt ist, ist auch seine Verblendung von den Göttern indirekt mitverursacht, was hier vielleicht durch die Erwähnung des Zeus 688ff. nahegelegt wird: OTTO (1929) 1947, 274f.; BREMER 1969, 102–104; weitere Lit. oben in 684–867n. sowie CAIRNS 2012 (bes. 12ff. zu ‘external agents’ der átē). µ ε τ ε κ ί α θ ε : ‘ging/fuhr hinterher, folgte nach, verfolgte’; auf das Epos beschränktes Kompositum zum defektiven Präteritum ἔκιε (KÖLLIGAN 2007, 492f.). Die Erweiterung -αθ- hat wohl aor. Funktion (CHANTR. 1.328; RISCH 278; HAINSWORTH zu 11.51–2); das -ῑ́- dürfte metr. gelängt sein (UNTERMANN). Zu µετα- i.S.v. ‘verfolgen’ s. KURZ 1966, 132f. — κ α ὶ µ έ γ ’ ἀ ά σ θ η : ‘war diesbezüglich in großer Verblendung, handelte dabei in großer Verblendung, machte dabei einen großen Fehler’ – “καὶ µέγ’ ἀάσθη νήπιος ist das Resumé des geschilderten Geschehens [sc. 684f.], nicht nur Voraussetzung dafür”: GRUBER 1963, 59. Zur intrans. Bed. des Aor. ἀάσθη s. 19.112–113n. (‘war im Zustand der Verblendung’).
686–687 Das Motiv, daß ein Krieger aufgrund der Mißachtung einer Warnung zu Tode kommt, findet sich auch 2.831ff., 11.328ff. u. 13.663ff. (Prophezeiungen von Sehern an ihre Söhne noch vor dem Krieg); ähnl. 20.407ff. (der Vater hätte Polydoros wegen seines jugendlichen Alters nicht in den Krieg ziehen lassen): STRASBURGER 1954, 85; WÖHRLE 1999, 66 Anm. 65. – Gegenbeispiele (ein Krieger befolgt während des Kampfes die Warnung eines Kollegen oder eines Gottes, s. SCHMITT 1990, 190): 7.108ff./120f. (Menelaos), 8.130ff./157f. (Diomedes), 20.375ff./379f. (Hektor); vorübergehend auch Patroklos selbst in 16.705–711. 686 Zum Erzählerkommentar nḗpios ‘der Tor!’ s.o. 46–47n. u. 684–691n.
685 µέγ(α): adv., ‘sehr’. 686 δὲ (ϝ)έπος: zur Prosodie R 4.3. — Πηληϊάδαο: zur Flexion R 11.1. — φύλαξεν: zur augmentlosen Form R 16.1.
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δ έ : erläuternd (≈ γάρ) nach νήπιος, ebenso 833: RACE 1999/2000, 222–224 (vgl. 90n.). — ἔ π ο ς : konkret auf eine bestimmte Rede/Anweisung innerhalb der Ilias bezogen wie 2.807, 10.540, 15.566 (interne AnalepseP); hier: Achills Auftrag 87ff. — Π η λ η ϊ ά δ α ο : ‘Langform’ des Patronymikons; zur ‘äol.’ Endung (2× -αο neben 10× ‘ion.’ -εω) vgl. die Lit. in 134n. a.E. — φ ύ λ α ξ ε ν : ‘(im Herzen) bewahren, bedacht sein auf, einhalten’ (vgl. 30n.). 687 ἦ τ (εε ): beteuernd, ‘ganz bestimmt’, im hom. Epos 9× in der Apodosis eines Kondizionalsatzes (RUIJGH 795–803, bes. 800f.; DE JONG zu Il. 22.49–50); zu anderen Verwendungsweisen s. 3.56n. (‘sonst’), 18.13n. (‘und doch’). Junktur der Figuren-SpracheP, nur hier und 17.236 im Erzähler-Text (an beiden Stellen im Anschluß an νήπιος); s.o. 46n. zu ἦ γάρ (mit Lit.). — κ ῆ ρ α κ α κ ὴ ν µ έ λ α ν ο ς θ α ν ά τ ο ι ο : dichte, ausdrucksstarke Umschreibung für ‘Tod’, mit negativ besetzten Epitheta und mit Chiasmus Subst. – Adj. | Adj. – Subst. (vgl. dazu 297n.); ähnl. θάνατόν τε κακὸν καὶ κῆρα µέλαιναν (21.66, Od. 22.14; dazu oben 47n. und zur VE-Formel 2.859n.), ὑπέκφυγε κῆρα µέλαιναν (Il. 5.22 VE). Zu den Wendungen mit φυγεῖν (hier ὑπέκφυγε) s. CLARKE 1999, 245; weitere Wendungen mit der Bed. ‘dem Tod entgehen’ bei MORRISON 1999, 135f. Anm. 36. – κὴρ/κῆρε/κῆρες … θανάτοιο ist eine flektierbare Junktur (2.302/834, 8.70, 11.332, 12.326, 22.202/210, Od. 11.171/ 398, 14.207); zu κῆρα κακήν vgl. κακὰς … κῆρας Il. 12.113, Od. 2.316, 23.332; zum Begriff κήρ 2.301–302n. mit Lit. (ferner DIETRICH 1965, 243ff.): meist wie hier in der abstrakten Bed. ‘Verhängnis, Tod’ verwendet. – µέλανος θανάτοιο ist VE-Formel (insgesamt 5× fgrE: 2.834n.; zur zugrundeliegenden Vorstellung s. auch oben 316n.; BREMER 1976, 42f.). Zu den Epitheta von θάνατος s. die Lit. in 333–334n. a.E. (zu πορφύρεος θάνατος). 688–691 Mit einer gnomischen Aussage über die Allmacht des Zeus wird die Unerfüllbarkeit der vorangehenden Hypothese (686f.) unterstrichen: Zeus schaltet und waltet nach seinem Willen – so auch im Fall des Patroklos (691; s. AHRENS 1937, 29; ähnliche Gnomen: 15.490ff., 20.242f., 24.525ff., Od. 16.211f., Hes. Th. 442f., Op. 5ff.). Freilich hat die Anwendung der Gnome etwas Paradoxes an sich: Zeus spornt Patroklos zum Kampfe an – aber nicht um ihm den Sieg zu verleihen, sondern um ihn in den Tod zu treiben (vgl. die nächste n.). – Gnomen sind im Erzähler-Text relativ selten (3× Il., 2× Od.); in allen geht es um die Beziehung zwischen Gott und Mensch: LARDINOIS 1997, 230–232. Der durch die Gnome (und schon vorher durch den Erzählerkommentar 685f.) vermittelte Eindruck einer starken inneren Beteiligung des Erzählers verleiht dem Wendepunkt der Handlung besondere Emphase (RICHARDSON 1990, 144f.; vgl. 684–691n.). 688–690 ≈ 17.176–178 (Hektor zu Glaukos, der ihm Feigheit vorgeworfen hatte). Die Verse 689f. fehlen in mehreren Papyri und vielen Handschriften und werden daher im allgemeinen als Konkordanzinterpolation aus 17.177f. betrachtet (LA ROCHE; JANKO; VON DER MÜHLL 1952, 249 Anm. 37; WEST 2001, 13 mit Anm. 31). Die Interpolation scheint aber im Zusammenhang nicht ganz sinnlos zu sein: der Alternative ‘den Auftrag des Achilleus befolgen oder nicht befolgen’ (686) wird auf göttlicher Ebene eine zweite, analoge Alternative beigegeben: ‘Zeus kann Patroklos zurückscheuchen oder zum Kampf antreiben’, wodurch Patroklos’ Geschick ein weiteres Mal mit einer tragischen Note versehen wird (VAN DER VALK 1964, 29; EDWARDS zu 17.176–8).
Kommentar
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688 Δ∆ Δ∆ιι ὸ ς … ν ό ο ς : ‘Zeus’ Wille’, vgl. 103n. — κ ρ έ σ σ ω ν : Zur Schreibung mit -ε- s. WEST 1998, XX (s.v. ἄσσον). — ἠ έ π ε ρ : ‘als’; περ ist hier wohl bloße Verstärkung zu ἤ (DENNISTON 487; BAKKER 1988, 251).
689–690 = 17.177f.; 2. VH von 690 = 20.171. — “A god’s power is often emphasized by saying that he can do either of two opposite things” (WEST zu Hes. Th. 442–3), z.B. 24.343f., Od. 10.22, Hes. Th. 447 und die 688–691n. angegebenen Gnomen; auf konkrete Situationen bezogen: Il. 8.141ff., 14.71ff., 22.18f. Götterhandlungen werden öfter als ‘leicht’ beschrieben: 3.381n., 24.446n. (zu ‘gleich’). Zum Motiv ‘Sieg nehmen bzw. geben’ s.o. 121n. – Der Gedanke, daß auch ein tapferer Krieger in Schrecken versetzt und in die Flucht geschlagen werden kann, findet sich auch 13.300. φ ο β ε ῖ κ α ὶ ἀ φ ε ί λ ε τ ο : Zur Verbindung von (zeitlosem) Präs. und (gnomischem) Aor. s. K.-G. 1.159f.; RIJKSBARON (1984) 2002, 32; öfter in Gleichnissen: 355n. — ῥ η ϊ δ ί ω ς : im fgrE stets am VA (vgl. M 10.2), als runover word emphatisch. — ὁ τ ὲ δ ’ … ἐ π ο τ ρ ύ ν ε ι µ α χ έ σ α σ θ α ι : plausibelste Restitution des in mehreren Varianten überlieferten Textes (auch 17.178, 20.171); s. app.crit.; JANKO; anders RUIJGH 835f. — α ὐ τ ό ς : “hebt die Identität des Subjekts bei entgegengesetzten Handlungen hervor”, hier etwa ‘dann wieder’ (AH; vgl. LfgrE s.v. 1648.78ff.). 691 VA = 15.534 (ebenfalls Anwendung auf die aktuelle Situation); 2. VH = 17.570 (ähnl. Motiv). — Zur Doppelten MotivationP s.o. 684–691n. — θ υ µ ὸ ν … ἐ ν ῆ κ ε ν : möglicherweise Anspielung auf 656 Ἕκτορι … ἀνάλκιδα θυµὸν ἐνῆκεν: dort veranlaßt Zeus den Hektor zum Rückzug, hier den Patroklos zum Angriff. Über die Parallelität hinaus besteht eine kausale Verbindung: Hektors Rückzug bildet den Anlaß für Patroklos’ weiteres Vordringen (GUNDERT 1983, 122f.). – Zum Motiv ‘Kraft u.ä. einflößen’ s.o. 529n.; freilich kann der dem Menschen bereits innewohnende θυµός eigentlich nicht ‘eingeflößt’, sondern höchstens ‘erregt, angetrieben’ werden (ὀρίνω, ὀτρύνω); in 5.676 ‘wendet’ (τράπε) Athene Odysseus’ θυµός. Daher bietet die Überlieferung hier mehrheitlich θυµὸν … ἀνῆκεν (neben der v.l. ἐνῆκεν; vgl. die Parallelen im LfgrE s.v. ἀνίηµι 1152.8ff. [sonst freilich stets mit acc. personae]; 656n. mit Lit.). — θ υ µ ὸ ν ἐ ν ὶ σ τ ή θ ε σ σ ι ν : Junktur vom 3. Metron an und auch am VA, mit θυµός im Nom./Akk. (20× Il., 24× Od., 4× Hes., 1× hom.h.).
692–697 Kurze Androktasie-Szene (306–357n.) mit starker Typisierung: Einleitung in Frageform (692f.); Katalog der Gefallenen; ringkompositorischerP Abschluß mit der Konstatierung ‘diese tötete er’ in V. 697 (MINTON 1962, 207f.; VISSER 1987, 50. 57 [Typus C’]). Die Passage stellt summarisch die – vorerst nur für die Troer fatalen – Auswirkungen des vom Erzähler zuvor in den Vv. 684–691 dar688 αἰεί: = ἀεί. — τε: ‘episches τε’ (R 24.11) (auch 689). — νόος: = νοῦς (R 6). 689 καὶ ἄλκιµον ἄνδρα: steigernd ‘sogar einen wehrhaften Mann’ oder konzessiv ‘einen noch so wehrhaften Mann’. — ἀφείλετο: sog. gnom. Aorist. 690 ῥηϊδίως: = ῥᾳδίως. — ὁτέ: ‘ein andermal’ (hier ohne Korrelativum). 691 ὅς (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.5; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — ἐνί: = ἐν (R 20.1).
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gestellten ‘Aktionismus’ des Patroklos dar und deckt zugleich die – durch das hohe Erzähltempo kurz erscheinende – Zeit bis zu seiner Ankunft an der Stadtmauer Troias ab (698ff.); dabei wird der vordergründige Erfolg des Patroklos durch den Hinweis auf seinen bevorstehenden Tod (693) getrübt: Sieg auf Zeit, d.h. die Aristie ist Voraussetzung für Patroklos’ Tod. Demgegenüber markierte der erste (formal ganz ähnliche) Gefallenenkatalog (415–417) den eigentlichen Höhepunkt von Patroklos’ Aristie, unmittelbar vor seinem erfolgreichen Zweikampf mit Sarpedon (STRASBURGER 1954, 56f.; FRIEDRICH 1956, 117f. [“Finale”]; BANNERT 1988, 161f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 44). – Die Liste der neun Gefallenen 694–696 leitet in weiterem Sinne über zum Kampf gegen den implizit zehnten und wichtigsten Gegner: Hektor (an dessen Stelle sein Wagenlenker Kebriones umkommen wird; s. SINGOR 1991, 40. 43; oben 306–357n., 399–418n.). – Die Szene hat enge Parallelen zu den ebenfalls durch Fragen eingeleiteten Katalogen (a) 5.703–710, (b) 8.273–277 und (c) 11.299–304, s. die Iteratverse zu 692 (STRASBURGER a.O.; FENIK 1968, 68f.; BOUVIER 1997, 91; WEST 2011, 166): die Überlegenheit des Helden beruht jeweils auf göttlicher Einflußnahme, und drei der vier Kataloge enthalten auf der Dreizahl basierende Listen (a: 6, b: 8, c: 9, hier: 9); ferner haben (a) und (c) Hektor zum Subjekt (der Bezug zum Troerhelden wird hier durch die Fortsetzung der Handlung in 712ff. hergestellt sowie durch die Wiederaufnahme der 2. VH von 693 in 22.297 bestätigt: ‘die Götter rufen Patroklos bzw. Hektor in den Tod’); mit (c) hat die vorl. Stelle besonders viele Gemeinsamkeiten: jeweils im zweiten Vers eine nähere Angabe zu den Umständen (11.300: ‘als Zeus ihm [sc. Hektor] Ruhm gab’), identische syntaktische und metrische Struktur in 11.301f. u. 16.694f. (einschließlich ‘zuerst’ sowie ein Patronymikon), ‘Wiederverwendung’ des Namens Autonoos an derselben Position (ähnl. Melanippos hier und in b), ringkompositorische Zusammenfassung im Schlußvers (11.304/16.697). 692 ≈ 5.703 (3. Pl.), 11.299 (3. Sg.); 1. VH = 8.273 (3. Sg.); ferner vgl. Od. 9.14. — Vom Erzähler anschließend selbst beantwortete Frage als emphatische Einleitung der Androktasie-Szene, in der Sache verwandt mit den Musenanrufen (112– 113n.), wie diese an bedeutsamer Stelle innerhalb der Handlung (kurz vor Patroklos’ Tod), hier in kühner Weise mit der Apostrophe an Patroklos (693) verknüpft; zur daraus resultierenden Vermischung der Ebenen Muse/Erzähler/Figur/Publikum s. DE MARTINO 1977, 2; FRONTISI-DUCROUX 1986, 21f.; DE JONG (1987) 2004, 49f.; PERCEAU 2002, 173f.; CLAY 2011, 20f.; zu gr. und nicht-gr. Parallelen WEST 2011, 82f. – Die polare Frage nach dem ‘ersten’ und dem ‘letzten’ Gegner zielt weniger auf eine bestimmte Reihenfolge der Tötungen als vielmehr auf deren (große) Anzahl (exemplifiziert im nachfolgenden Katalog) und streicht damit die Leistung des Helden heraus: KEMMER 1903, 139; BEYE 1964, 352; DE JONG 1992, 2; DE JONG zu Od. 9.3–15 (“›aporia‹ motif”); bes. zur Bezeichnung ‘als ersten’ vgl. 284n. (Selektionssignal). – Zu éntha ‘da, dabei’ s.o. 209n.
Kommentar
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693 2. VH (von der Zäsur B 2 an) = 22.297 (Monolog Hektors; allg. zu den Parallelen zwischen Patroklos’ und Hektors Tod 419–683n. u. 818–863n.; zur Deutung der Iteratstelle s. z.B. STOEVESANDT 2004, 225: Hektor geht mit vollem Bewußtsein in den Tod); ≈ 20.4, 20.16; außerdem VE ≈ Od. 2.348, 11.410. — Zu den an Patroklos gerichteten Apostrophen s.o. 20n. ὅ τ ε … θ ε ο ὶ θ ά ν α τ ό ν δ ’ ἐ κ ά λ ε σ σ α ν : pathet. Formulierung für den bevorstehenden Tod aus dem Munde des allwissenden Erzählers, nur im Zusammenhang mit Patroklos und Hektor (Iteratvers, dort in Figuren-SpracheP); ähnl. 13.602 τὸν δ’ ἄγε µοῖρα κακὴ θανάτοιο τέλοσδε, 14.464 τῷ γάρ ῥα θεοὶ βούλευσαν ὄλεθρον. Die Formulierung steht hier in paradoxem Verhältnis zum vorangehenden Vers: Patroklos’ “Aristie ist in Wahrheit Ausdruck seiner Todesverfallenheit” (GUNDERT 1983, 123; s. auch GRIFFIN 1980, 42–44; CLAY 2002, 15 [“deeply ironic”]; DE JONG zu Il. 22.297; Prolepsen von Patroklos’ Tod: 46–47n.).
694–696 Jeder Vers nennt drei Getötete im Akk. (ebenso 415–417, s.d., auch zur Füllung mit Adv. [‘zuerst’, ‘und dann’] u. Patronymikon [‘Megas-Sohn’]). Subj. u. Präd. i.S.v. ‘er tötete’ sind aus 692 zu ergänzen (unmittelbar danach 697 am VA wiederaufgenommen; zu prädikatlosen Listen s. EDWARDS 1980a, 99 Anm. 41). Alle neun Troer-Namen lassen sich als gr. Namen deuten (zu den Details s. die einzelnen nn.); bei drei davon handelt es sich um Kurznamen (Echeklos, Perimos, Elasos). Sechs Namen werden im fgrE für zwei oder mehr Figuren verwendet (darunter Adrestos und Melanippos je 4×; s. die ‘Hitliste’ bei SHEAR 2004, 151 Anm. 554; allg. zur Mehrfachverwendung oben 345n.); nur einmal verwendet sind die Namen Perimos, Epistor, Elasos (zur Rolle der Figuren als ‘Statisten’ s.o. 306–357n.). Sämtliche Namen fangen mit A (2×), E (3×), M (3× inkl. Patronymikon) oder Π (2×) an, möglicherweise ein Merkmal mündlichen Erzählens (ähnl. die Häufung einzelner Initialen in den Listen 5.705ff.: O/T, 8.274ff.: O, 11.301ff.: A/O, 16.415ff.: E/Π; vgl. STRASBURGER 1954, 19f.). — µ ὲ ν π ρ ῶ τ α … | …, | α ὐ τ ὰ ρ ἔ π ε ι τ (α α ): sequentielle Gliederung (495–497a n.; µὲν πρῶτα in Gefallenenlisten auch 8.274, 11.301: πρῶτα nimmt πρῶτον aus der vorangehenden Frage [hier 692] wieder auf).
694 ≈ 11.301; vgl. auch 8.274. — Adrestos ist in der Ilias Name von insgesamt drei Troern und einem Griechen (s. 6.37–38n., auch zur Etymologie); auch hist. belegt (LGPN). – Autonoos kommt zweimal in einer Gefallenenliste vor: 11.301 als gr. Unteranführer (von Hektor getötet), hier als Troer (vgl. 692–697n. a.E.); ferner Name eines delphischen Heros (WATHELET s.v.); auch hist. belegt (LGPN). Der Name ist ein Possessivkomp. und bedeutet ‘mit eigenem Verstand’ (v. KAMPTZ 74f., 185). Echeklos ist Kurzform zu Echekl[e]ēs (189n.); hist. nicht belegt, in der Ilias für zwei Figuren verwendet: in 20.472–477 wird ‘nochmals’ ein Echeklos (Sohn des Agenor) – sowie ein Moulios (hier 696) – getötet, beide durch Achill. 695 Zur Versstruktur vgl. 11.302, 16.416; mit Patronymikon an erster Stelle 12.140, 19.239. — Perimos ist ein Kurzname, wahrscheinlich zu Perimēdēs, ‘reich an Plä693 θάνατόνδ(ε): zur Form R 15.3. — ἐκάλεσσαν: zum -σσ- R 9.1.
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nen’ oder ‘einer, dessen Rat über allem ist’ (v. KAMPTZ 216; UNTERMANN; vgl. z.B. Alkimos/Alkimedon 197n.). Perimos und Perimedes sind myk. belegt (DMic s.vv.), Perimedes auch hist. (LGPN) und mehrfach im fgrE (15.515, Od. 11.23, 12.195, ‘Hes.’ Sc. 187 [Namenkatalog]; weibl. Form Perimede ‘Hes.’ fr. 10(a).34 M.-W.). – Megas, ‘der Große’, als Name nachhom. literarisch (Pindar, Nem. 8.16/ 44) und hist. belegt (WATHELET; LGPN), hier eine erfundene Figur. Ob aufgrund des Vatersnamens ‘der Große’ auch Perimos volksetymologisch als ‘überlang’ i.S.v. ‘Riese’ aufgefaßt worden ist (EtymologisierungP; WATHELET u. LfgrE s.v. Perimos), muß offen bleiben. – Epistor (eigtl. Epi-ístōr) bedeutet ‘einer, der sich auf etw. versteht’ (so als Adj. in Od. 21.26; zur Bed. LfgrE; RENGAKOS 1994, 87; WATHELET). Singulärer Personenname. – Melanippos (‘mit schwarzen Pferden’, Possessivkomp.) ist Name verschiedener myth. Figuren (DNP); in der Ilias dreimal ein Troer und einmal ein Grieche (19.238–240n.), davon dreimal in einem Namenkatalog am VE (8.276, 16.695, 19.240: FENIK 1968, 147f.; vgl. 692–697n. a.E.). Auch hist. oft belegt (LGPN). 696 Zur Versstruktur vgl. Od. 4.457. — Elasos ist Kurzname zu Elasippos ‘Pferdetreiber’ (wie Damasos 12.183 zu Damasippos ‘Pferdezähmer’): v. KAMPTZ 155. Die Langform ist literar. (Platon, Kritias 144c; Quintus v. Smyrna, Posthomerica 1.229) und hist. belegt (LGPN), die Kurzform bei Pausanias 10.26.4 (Beschreibung von Polygnots Gemälde der Eroberung Troias: Elasos wird von Neoptolemos getötet; vgl. WATHELET). – Mulios heißt in der Ilias zweimal ein Troer (hier und 20.472 [s.o. 694n.]), einmal ein Grieche (11.739, in Nestors Erzählung), in der Odyssee der Herold und Diener des Amphinomos (Od. 18.423f.). Die Etymologie des Namens ist unsicher; zumindest an der zuletzt genannten Stelle könnte ein Bezug zu gr. moléin ‘laufen’ vorliegen (mit metr. Dehnung des -o-): ‘Geher, Läufer’ (sprechender Name: LfgrE mit weiterer Lit.). – Pylartes bedeutet wohl ‘Torschließer, -hüter’ (verbales Rektionskomp., Hinterglied zu gr. ararískō ‘zusammenfügen, [Tür] schließen’: v. KAMPTZ 77). Im hom. Epos dreimal als Epitheton des Hades (8.367, 13.415, Od. 11.277) und zweimal als Name eines Troers verwendet (11.491 und hier, jeweils am VE und am Ende einer Liste). Der Name ist zwar nicht hist., aber viell. myk. belegt (pu-ra-ta: DMic; LEUKART 1994, 85f.). Gelegentlich ist für eine pointierte Verwendung des sprechenden Namens Pylartes plädiert worden, sowohl (1) 11.490f. (die dort erwähnten Namen Pandokos, Lysandros, Pyrasos und eben Pylartes lassen sich alle mit Tod/Bestattung oder gar mit Hades selbst in Zusammenhang bringen) als auch (2) an der vorl. Stelle: entweder (a) erneut mit Bezug auf Hades – u.a. wegen des bevorstehenden Tods des Patroklos – oder (b) mit Bezug auf ‘Troia mit den hohen Toren (hypsípylos)’ (698). Zu (1): EMPERIUS 1842, 448; USENER (1897) 1913, 226ff. (bes. 228. 231); WATHELET 1989, 164; zu (2a): WATHELET s.vv. Pylartes u. Adrestos III; 696 αὐτάρ: ‘aber, doch’ (progressiv, ≈ ‘und’: R 24.2). — ἠδέ: ‘und’ (R 24.4).
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LOWENSTAM 1981, 68 Anm. 1; zu (2b): LfgrE s.v. Pylartes; LOWENSTAM a.O. Ob und wieweit solche Assoziationen realisiert worden sind, ist schwer zu sagen: VAN LEEUWEN zu 11.490f.; JANKO zu 692–7 (“Quests for meaning in such lists are clearly vain”); vgl. aber immerhin HAINSWORTH zu 11.490–1 (“There is some irony in the names”). 697 τ ο ὺ ς ἕ λ ε ν : einer der kürzesten Sätze im Erzähler-TextP der Ilias (ähnl. ὣς φάτο u. dgl., 18.516 οἳ δ’ ἴσαν: HIGBIE 1990, 97–99), asyndetisch den Katalog 694–696 abschließend. – Subjekt ist Patroklos (zur Rückkehr zur 3. Person nach der Apostrophe 586n.). Zu ἑλεῖν ‘töten’ 306n. (im folgenden Vers hingegen ‘eine Stadt einnehmen, erobern’). — φ ύ γ α δ ε µ ν ώ ο ν τ ο : In φύγαδε (657n.) ist ein Verb des Gehens impliziert (‘sie wandten sich zur Flucht’, ähnl. 5.252 µή τι φόβονδ’ ἀγόρευ’; zur Ellipse s. 382n. mit Lit.); µνώοντο beschreibt die mentale Komponente (‘sie waren bedacht auf, besannen sich auf Flucht’, vgl. 357n.): LEAF; JANKO zu 692–7 a.E.; BARTOLOTTA 2002, 134. — ἕ κ α σ τ ο ς : distributive Apposition, vgl. 351 (264–265n.).
698–701 Die Andeutung einer im Vergleich zur Tradition ‘verfrühten’ Eroberung Troias (‘Wenn nicht’-SituationP: 2.155–156n., 6.73–76n.) unterstreicht die Heftigkeit und Schnelligkeit von Patroklos’ Angriff – und damit auch seine ‘Verblendung’ (685f.), sein unkontrolliertes ‘Rasen’ (699): schol. D zu 699; FAESI zu 698ff.; SCHADEWALDT (1938) 1966, 54 (“ein Zug, der halb bewundernd, halb besorgt den überkühnen Wagemut […] charakterisiert”); KRISCHER 1979, 43f.; DE JONG (1987) 2004, 73. 79 (“a clear sign, indeed the climax, of this infatuation”: 73); NESSELRATH 1992, 1f. (die Szene hat “einen fast tragischen Charakter”). Der Eingriff des Gottes ist dichterische Ausgestaltung zur Vermeidung dessen, was ‘nicht sein darf’ (KULLMANN 1956, 44. 142; WHITMAN 1958, 229); ähnliche Funktion Apollons auch in 5.436ff., 17.319ff., 21.515ff., 21.544ff. (FENIK 1968, 175f.; überhaupt wird mehr als die Hälfte aller ‘Beinahe – wenn nicht’-Situationen durch einen göttlichen Eingriff umgebogen: LOUDEN 1993, 184). 698 = 21.544 (und 1. VH von 700 = 21.545); 2. VH ≈ 16.56. — ἔ ν θ ά κ ε ν : übliche Einleitung einer ‘Wenn nicht’-Situation (2.155–156n. mit Lit.); zu ἔνθα vgl. 306n.; zum Akzent WEST 1998, XVIII. — ὑ ψ ί π υ λ ο ν : generisches EpithetonP für eine (belagerte oder eroberte) Stadt: 6.416n. mit weiteren Hinweisen. 699 ≈ 11.180 (Agamemnon, ebenfalls kurz vor göttl. Eingriff; s. 372n.); 1. VH ≈ Od. 18.156, 24.97, h.Merc. 158 (vgl. auch 420n. zu den Iterata). — ὑ π ὸ χ ε ρ σ ί : ‘unter den (tötenden) Händen’ oder verblaßt ‘unter der Führung’ (vgl. 708n. σῷ ὑπὸ δουρί). – Zu (eigtl. instrumentalem) ὑπό + Dat. bei aktivischem Vorgang (hier ἕλον) s.o. 384n. mit Lit. (natürlicher beim Passiv: πόλις … | χερσὶν ὑφ’ ἡµετέρῃσιν ἁλοῦσα 2.374). — ἔ γ χ ε ϊ θ υ ῖ ε ν : flektier-
697 τούς: = τούτους; zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. — µνώοντο (ϝ)έκαστος: zur Prosodie R 4.3. — µνώοντο: 3. Sg. Impf., zu µιµνήσκοµαι; ep. Zerdehnung R 8. 698 κεν: = ἄν (R 24.5). — Τροίην: zum -η- nach -ι- R 2. — υἷες: zur Flexion R 12.3. 699 Πατρόκλου ὑπό: Hiat R 5.6. — πέριπρο: ‘rings vor sich, nach allen Seiten vorwärts’.
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bare VE-Formel, “typically used of warriors wreaking havoc amongst their opponents”, auch 11.180, 22.272 (DE JONG z.St.); zur Schreibweise von θυίω s. WEST 1998, XXXI.
700 1. VH = 21.545 (vgl. 698n.); 2. VH ≈ 12.154, 22.195, ‘Hes.’ Sc. 242. — Apollon zeichnet sich hier durch zwei besondere Eigenschaften aus: zum einen ist er der Beschützer Troias (dazu 94n.), zum anderen weist er die Menschen in der Ilias (v.a. die Griechen) wiederholt in ihre Schranken: 1.9ff. Agamemnon, 5.440ff. Diomedes, 22.8ff. u. 24.33ff. Achilleus, 24.605ff. Niobe (IRMSCHER 1950, 35; MUELLER [1984] 2009, 123f.; vgl. oben 698–701n.). – Zur Verwendung des gr. Begriffs pýrgos ‘Turm’ im fgrE und zu den archäol. Befunden s. 3.149n. Ἀ π ό λ λ ω ν Φ ο ῖ β ο ς : Nomen-Epitheton-Formel (noch 20.68, 21.515, 21.545, ‘Hes.’ fr. 307.1 M.-W.), stets an derselben Vers-Position (wobei das Wortende von Ἀπόλλων auf eine Stelle fällt, an der Wortende i.d.R. vermieden wird: M 11.1); deutlich häufiger ist die VE-Formel Φοῖβος Ἀπόλλων (527n. mit Lit.). — ἐ ϋ δ µ ή τ ο υ ἐ π ὶ π ύ ρ γ ο υ : variierbare VE-Formel, 10× fgrE (Sg./Pl., ἐΰ-/θεόδµητος, versch. Präpositionen u. Kasus, πύργος/τοῖχος/βωµός). ἐΰδµητος ist generisches EpithetonP von (soliden) Bauwerken und Städten; im vorl. Zusammenhang – Angriff auf Stadtmauer – viell. kontextbezogen zu verstehen (Hinweis auf die Wehrhaftigkeit der Befestigungsanlagen), vgl. 1.129n.; DE JONG zu 22.195.
701 Die Antithese (vgl. dazu 282n.) nimmt das Ergebnis von Apollons Intervention – Patroklos wird sich zurückziehen, Hektor sich zum Kampf wenden – andeutungsweise vorweg; Patroklos’ Tod erfolgt freilich erst bei Apollons nächster Intervention 783ff. (wo es von Patroklos heißt, daß er seinerseits ‘den Troern feindlich gesinnt’ sei: kaká phronéōn [783; vgl. 373n.]). ὀ λ ο ὰ φ ρ ο ν έ ω ν : ‘jm. feindlich gesinnt, auf js. Verderben aus(gerichtet)’; vgl. 373n. — Τ ρ ώ ε σ σ ι δ ’ ἀ ρ ή γ ω ν : flektierbare Formel (14.192n.; dort auch zur Bed. von ἀρήγω: meist von einer Gottheit, die eine der beiden Kriegsparteien unterstützt).
702–711 Die durch die Typische ZahlP Drei repräsentierte (und dadurch summarisch dargestellte) wiederholte Bemühung des Helden wird am Ende – ‘beim vierten Mal’ – zunichte gemacht: (1) Dreimal setzt Patroklos seinen Fuß auf einen Mauervorsprung oder -absatz (702f.), (2) dreimal wehrt Apollon ihn ab, indem er gegen seinen Schild stößt (703f.); (3) ‘aber als er zum vierten Mal einem Gott gleich anstürmte’ (705), (4) gebietet Apollon verbal Einhalt (706ff.); (5) Patroklos weicht zurück (710f.). Die Eroberung Troias, aber auch der Tod des Patroklos werden auf diese Weise aufgeschoben (RetardationP; JANKO zu 698–711: “We hold our breath when Apollo thrice thrusts Patroklos back, expecting a fatal blow the fourth time […]: but the poet prolongs the fighting, with agonizing suspense, until he repeats this motif at 784ff.”). – Die Funktion des ‘dreimal’-Musters liegt in der Steigerung der Dramatik; meistens ist damit ein markanter Wendepunkt in 701 ἔστη: wörtl. ‘(wenn er nicht) sich aufgestellt hätte’. — τῷ ὀλοά: zum Hiat R 5.7. — τῷ: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — φρονέων: zur unkontrahierten Form R 6.
Kommentar
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der Handlung oder wie hier zumindest eine Zäsur im Kampfgeschehen verbunden. Die ausführliche Form ‘dreimal – dreimal – beim vierten Mal’ findet sich in der Ilias insgesamt 5×: (a) 5.436ff., (b) hier, (c) 16.784ff., (d) 20.445ff., (e) 21.176ff.; die kürzere Form ‘dreimal – beim vierten Mal’ (f) 13.20, (g) 22.165ff./208ff. (Stellensammlungen, auch ohne ‘viertes Mal’, bei GERMAIN 1954, 11f. 28f.; RICHARDSON 1990, 212 Anm. 33; KELLY 2007, 194 mit Anm. 1). Die Passagen (a), (b), (c) und (d) weisen mehrere Gemeinsamkeiten auf: ein gr. Protagonist ist der Angreifer (Diomedes, Patroklos, Achilleus, wobei Diomedes wie Patroklos als ‘Stellvertreter’ des Achilleus angesehen werden kann: 74–77a n. a.E.), Apollon agiert als göttlicher Gegenspieler, Element (3) ist mit demselben Formelvers bezeichnet (hier V. 705). Im Detail: (a) Diomedes versucht Aineias zu töten, Apollon wehrt ihn ab und gebietet ihm Einhalt, Aineias wird entrückt (Struktur und Formulierung gleichen weitgehend der vorl. Stelle); (c) Patroklos greift erfolgreich die Troer an, Apollon schreitet ein (erst beim vierten Mal), Patroklos verliert die Besinnung, Hektor versetzt ihm den Todesstoß; (d) Achilleus greift den von Apollon bereits entrückten Hektor an, trifft ins Leere und hält eine Schmährede auf Hektor. Berühmt ist außerdem die Passage (g): Achill verfolgt Hektor dreimal um die Stadt, beim vierten Mal zeigt die Schicksalswaage des Zeus Hektors Ende an, der daraufhin von Apollon im Stich gelassen wird. Schließlich führen die Passagen (a), (b) u. (d) zur Rettung eines Helden (Aineias, Patroklos, Hektor), (c), (e) u. (g) zum Tod eines Helden (Patroklos, Asteropaios, Hektor). – Lit.: GÖBEL 1933, 1–15 (in der Tendenz analytisch); FENIK 1968, 46f. 212f.; BANNERT 1988, 40–57; DI BENEDETTO (1994) 1998, 227–229. 278f.; LOUDEN 2006, 25f.; KELLY a.O. 194–197; KIRK zu 5.436–9; JANKO zu 702–6; bibl. Parallelen bei LOUDEN a.O. 26.; übergreifende Abhandlungen zum 1,2,3/4-Schema z.B. bei BRANDT 2014. 702 “Wie Patroklos auf die Mauer selbst hinaufgekommen wäre, auszudenken, bleibt unserer Phantasie überlassen. Einen Weg zur Erstürmung der Stadt will der Dichter mit diesen Worten nicht angeben; ihm kommt es nur darauf an, eine ganz gewaltige, übermenschliche Tat seines Helden zu erzählen”: ALBRACHT 1895, 18. – Zum Motiv der Mauerbesteigung in der Ilias vgl. 6.433ff. (ebenfalls in einem dreimaligen Versuch); allg. zu Darstellungen von Stadtbelagerungen in Kunst und Literatur s. 18.509n. mit Lit.; ferner MORRIS 1989; HAINSWORTH zu 12.108–72. ἀ γ κ ῶ ν ο ς … τ ε ί χ ε ο ς : ἀγκών kann versch. Arten von ‘Biegungen’ bezeichnen, v.a. den ‘Ellbogen’. Was genau für ein Mauerelement hier gemeint ist, läßt sich nicht mit Sicherheit sagen: (a) (vorstehende) Ecke, Vorsprung (vgl. 22.97 πύργῳ ἔπι προύχοντι, Hdt. 1.180); (b) (nach innen gehender) Winkel, Nische; (c) (horizontaler) Absatz, Kante, Stufe (vgl. 12.258 κρόσσας … πύργων … καὶ … ἐπάλξις; Hdt. 2.125); s. schol. bT; LEAF; bes. für (c): LORIMER 1950, 433; VAN WEES 1992, 323 Anm. 8; HAINSWORTH zu 12.258–60; JANKO zu 702–6. — τ ε ί χ ε ο ς ὑ ψ η λ ο ῖ ο : 397n.
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703 Die Formulierung ‘dreimal zurückstoßen’ findet sich ähnlich in 5.437 (Apollon gegen Diomedes, mit Einbeziehung des Schilds wie hier 704) und 18.157f. (die beiden Aias gegen Hektor, im Kampf um Patroklos’ Leichnam). ἀ π ε σ τ υ φ έ λ ι ξ ε ν Ἀ π ό λ λ ω ν : viell. beabsichtigte Alliteration zur Betonung des Wegstoßens, vgl. z.B. 9.309 ἀπηλεγέως ἀποειπεῖν, 15.31 ἵν’ ἀπολλήξῃς ἀπατάων, 21.452 ἀπειλήσας δ’ ἀπέπεµπεν.
704 1. VH = h.Cer. 253. — Gelegentlich geht ein Gott in seiner eigenen Gestalt gegen einen Menschen ‘handgreiflich’ vor (GROSS 1970, 366ff.): 791f. (nochmals Apollon gegen Patroklos, ‘mit flacher Hand’), 1.197 (Athene packt Achilleus am Schopf), 4.541f. (Athene begleitet auf dem Schlachtfeld einen namentlich nicht genannten Mann [Gedankenspiel im Potentialis]), 5.835f. (Athene zieht Sthenelos aus dem Wagen), 15.694f. (Zeus treibt Hektor zum Angriff, möglicherweise metaphorisch aufzufassen: MOULTON 1979, 284f.), 20.326f. (Poseidon entrückt Aineias an den Rand des Schlachtfelds). Manchmal ist der Einsatz der Hände lediglich zu erschließen, so etwa an der Parallelstelle 5.437 (s.o. 703n.) sowie in 3.375 (Aphrodite löst das Kinnband von Paris’ Helm), 23.384 (Apollon schlägt Diomedes die Zügel aus der Hand). Die chiastische Wortstellung χείρεσσ’ ἀθανάτῃσι – φαεινὴν ἀσπίδα unterstreicht den Zusammenstoß zwischen Gott und Mensch. — χ ε ί ρ ε σ σ ’ ἀ θ α ν ά τ ῃ σ ι : variierbare VA-Formel (in der vorl. Gestalt noch h.Cer. 253; χερσὶν τ’ ἀθ. h.Cer. 232, ἀθανάτῃσιν χερσίν h.Ap. 125, im Vers-Innern ἀθανάτῃς χερσίν ‘Hes.’ Sc. 339). ἀθάνατος erhält als Attribut von Körperteilen oder Gegenständen der Götter die Bed. ‘einem Gott gehörig’, im hom. Epos nur 1.530, 14.177 (Kopf des Zeus), 13.19 (Füße des Poseidon); öfter bei Hesiod u. in hom.h. Zur fem. Endung des sonst zweiendigen Adj. ἀθάνατος s. SCHW. 2.38. — φ α ε ι ν ὴ ν ἀ σ π ί δ α : Nomen-Epitheton-Formel, noch 5.437 u. 22.97 sowie in Formelsprengung 3.357/ 7.251/11.435. Zur synonymen Verwendung von ἀσπίς u. σάκος (Bez. für Patroklos’ Schild in 16.136) s. 3.335n.; entsprechend ist φαεινός auch Epitheton zu σάκος: 8.272, 13.342. Das Attribut steht wohl in bezug auf die Metallbeschläge am Schild (vgl. 636n.). — ν ύ σ σ ω ν : ‘stoßen’, mit einem Schild als Ziel auch 7.260, 11.565, 12.404 (jeweils mit einer Lanze), hier mit den Händen ‘stoßen gegen, zurückstoßen’ (vgl. 343n.); Präs. mit iterativdurativer Nuance (‘immer wieder, hartnäckig’, vgl. 637).
705 = 5.438, 16.786, 20.447 (dort Konkordanzinterpolation); außerdem 1. VH = 22.208; 2. VH = 5.459, 5.884, 21.227. — Zur Wendung ‘das viertemal’ s.o. 702– 711n. — Die VE-Formel dáimoni ísos ‘einem Gott gleich’ (9× Il., 1× h.Cer.) wird in der Ilias stets für einen Helden in seiner Aristie gebraucht, und zwar meist im ungestümen Kampf mit einer Gottheit (Diomedes im 5. Gesang, Patroklos im 16. Gesang, Achilleus im 20./21. Gesang): “Die Kampfwut […] wird nicht der 704 ἀθανάτῃσι: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1); zur Flexion R 11.1. 705 ἐπέσσυτο: Wurzelaor. zu ἐπι-σεύοµαι ‘(her)anstürmen, sich stürzen auf’. — δαίµονι (ϝ)ῖσος: zum Hiat R 5.4.
Kommentar
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eines Gottes gleichgesetzt […], aber sie übersteigt menschliches Maß und erweckt Schauder” (ERBSE 1986, 261; ähnl. DIETRICH 1965, 310f.; WILFORD 1965, 221; DARAKI 1980, bes. 4f. 16f.; STOEVESANDT 2004, 266f.; LOUDEN 2006, 26f.). Der Vergleich dáimoni ísos enthält daher im Unterschied etwa zu uneingeschränkt lobendem theós hṓs ‘wie ein Gott’ oder theoéikelos ‘gottgleich’ die Konnotation der Grenzüberschreitung; in bezug auf Patroklos vgl. 11.604 u. 16.784 ‘dem Ares gleich’ (784n.; BRUNIUS-NILSSON 1955, 127–132; DIETRICH 1965, 310f.; GRAZIOSI/HAUBOLD 2005, 127f.; MUELLNER 1996, 12–16; vgl. 2.478–479n.). Allg. zum hom. Begriff ‘Daimon’ s. 3.420n. mit Lit.; ferner BRENK 1986, 2071ff. ἀ λ λ ’ ὅ τ ε δ ή : VA-Formel: 53× Il., 53× Od., 6× Hes., 5× hom.h. (24.31n.). 706 = 20.448 (Achilleus, nachdem er dreimal vergeblich auf den entrückten Hektor losgegangen ist); ≈ ‘Hes.’ Sc. 445; 1. VH = 5.439 (Apollon zu Diomedes nach dessen viermaligem Angriff); 2. VH = 6 u.ö. (s.d. zur VE-Formel). — δ ε ι ν ά : 566n. — ὀ µ ο κ λ ή σ α ς : öfter in Rede-Einleitungen zur Angabe der Rede-Absicht: scheltend, warnend, drohend (6.54n.).
707–709 Nach dreimaligem Zurückstoßen verlegt sich Apollon auf eine letzte – verbale – Intervention (“drohende Warnung”: KULLMANN 1956, 142). Die Kürze der Rede ist möglicherweise Ausdruck von Apollons Ungehaltenheit. Das Publikum wird sich bei Apollons Worten an die Anweisungen des Achilleus erinnern (87ff.), der hier zudem ausdrücklich als ‘Referenzwert’ erwähnt ist (“psychologisch geschickte Maßnahme”: BARTH 1989, 15; vgl. unten 709n.). Die Rede enthält indirekte Hinweise auf den Tod des Patroklos und des Achilleus noch vor der Eroberung von Troia (THALMANN 1984, 50; TAPLIN 1992, 197f.; allg. zu den ProlepsenP von Patroklos’ Tod 46–47n., zu den Prolepsen von Achills Tod 19.328– 333n.); zur Tatsache, daß Achilleus und Patroklos Troia weder einzeln noch gemeinsam erobern werden, s.o. 97–100n. 707 Die Benennung des ‘Schicksals’ (gr. áisa) durch Apollon (nämlich daß es Patroklos nicht bestimmt sei, Troia einzunehmen) hat dieselbe Funktion wie die ‘Wenn nicht’-SituationP auf der Erzähler-Ebene (die Achaier hätten Troia beinahe eingenommen, wenn nicht … [698ff.]): situative Begründung des Geschehens (ANDERSEN 1978, 72f.; DE JONG [1987] 2004, 81). Zum Begriff des ‘Schicksals’ als des vom Mythos vorgegebenen und im Epos übernommenen Gangs der Handlung s.o. 431–461n. – Die vorl. Aufforderung eines Gottes, zu weichen, hat inhaltliche und sprachliche Parallelen in 5.440 (Apollon zu Diomedes) und ‘Hes.’ Sc. 336 (Athene zu Herakles) (NANNINI 1995, 139f. Anm. 26). δ ι ο γ ε ν ὲ ς Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς : 49n. — ο ὔ ν ύ τ ο ι α ἶ σ α : ‘ist es doch keineswegs vom Schicksal bestimmt, daß …’ (τοι hier wohl Partikel: FORSSMAN 1997, 38 Anm. 6 [anders UNTERMANN]; zu νυ 622n.). Zu αἶσα vgl. 441n.; Formelhaftigkeit des VE: HOEKSTRA 1965, 122f. 706 δ(έ): apodotisch (R 24.3). — προσηύδα: Subjekt ist Apollon. 707 διογενές: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — αἶσα: zu ergänzen ἐστίν.
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Ilias 16
708 ≈ 21.584. — σ ῷ ὑ π ὸ δ ο υ ρ ί : ὑπὸ δουρί sonst stets konkret in bezug auf die Bezwingung eines menschlichen Gegners (z.B. 848 [s.d.], 861), hier wie 699 ὑπὸ χερσί in loserem Gebrauch von der Eroberung einer Stadt (ähnl. 18.341f. βίηφί τε δουρί τε µακρῷ | πιείρας πέρθοντε πόλις). — π έ ρ θ α ι : Inf. Aor. Med. mit passivischer Bed., singuläre Form (neben 3. Sg. Aor. Med. πέρθετο [12.15]). Vielleicht eine metr. bedingte hom. Neubildung (vgl. Iteratvers) in Analogie etwa zu ὄρθαι (zu ὄρνυµαι) oder δέχθαι (zu δέχοµαι): FORSSMAN 1997; DELG Suppl. — Τ ρ ώ ω ν ἀ γ ε ρ ώ χ ω ν : VE-Formel (5× Il.); zum generischen EpithetonP ἀγέρωχος s. 2.654n. (Bed. unklar, meist mit ‘hochherzig, stolz’ wiedergegeben).
709 2. VH ≈ 7.114 (wie hier von Achilleus), 21.107 (von Patroklos). — Zur Auszeichnung des Achilleus als ‘bester’ s.o. 21n.; sie wird hier als argumentum a fortiori verwendet (‘wenn es nicht einmal Achill vergönnt ist, Troia zu erobern, dann erst recht auch dir nicht’; vgl. BAKKER 1988, 79f.). ὑ π ’ Ἀ χ ι λ λ ῆ ο ς : ὑπό mit Gen. des Urhebers, parallel zu 708 σῷ ὑπὸ δουρί. — Ἀ χ ι λ λ ῆ ο ς , ὅ ς : Die Längung des Auslauts von Ἀχιλλῆος kann mit der Lizenz in der Zäsur B 1 erklärt werden (HARTEL 1873, 103. 118); viell. ist sie darüber hinaus durch die Analogie zu Formen mit Quantitätenmetathese (also Ἀχιλλέως) bedingt: CRESPO 1977, 42f.
710–711 ≈ 5.443f., wobei 711 = 5.444 (Apoll/Diomedes), ≈ 19.75 (Vier-Wort-Verse; s. 125–126n., 486n. [additiver Partizipialsatz]). — Aus Patroklos’ Reaktion auf Apollons Rede ist zu schließen, daß er den Sprecher erkannt hat (ähnl. Hektor in 20.375ff.) – auf welche Weise, läßt der Erzähler offen (PELLICCIA 1995, 276 Anm. 295; TURKELTAUB 2007, 66f. 69). 710 Rede-AbschlußP mit unmittelbarer Befehlsausführung (130n. mit Lit.). – Diomedes an der Parallelstelle 5.443 weicht lediglich ‘ein wenig’ zurück, desgleichen Sarpedon vor Aias 12.406f. und Aias vor den Troern 15.728; Hektor weicht 18.160 vor den beiden Aias ‘gar nicht’ zurück. Daß Patroklos ‘weit’ zurückweicht, dient hier möglicherweise weniger der Charakterisierung des Helden als vielmehr dazu, für die restliche Patroklos-Handlung (die inzwischen ja unmittelbar bei der Stadtmauer von Troia angelangt ist) buchstäblich wieder genügend Raum zu schaffen. Unterschiedliche Deutungen bei schol. A; SCHADEWALDT (1944a) 1965, 304; MUELLNER 1996, 15 mit Anm. 22; FUCHS 2000, 16; WEST 2001, 240. ἀ ν ε χ ά ζ ε τ ο : nimmt den Befehl χάζεο (707) wörtlich wieder auf (mit verstärkendem Präfix ἀνα- und zusätzlichem Adv. ὀπίσσω).
711 Hom. Götter reagieren auf menschliches Zuwiderhandeln typischerweise mit ‘Zorn’, Apollon u.a. auch wegen der Entehrung seines Priesters Chryses (1.75) 708 δουρί: zur Flexion R 12.5. 709 οὐδ(έ): ‘ja nicht einmal’. — ὅς περ: ‘der doch’ (R 24.10). — σέο: = σοῦ (R 14.1). — πολλόν: adv., ‘viel, weit, bei weitem’ (ähnl. 710); zur Form R 12.2. 710 ὥς: = οὕτως. — φάτο: 3. Sg. Impf. zu φηµί (Medium R 23). — ὀπίσσω: zum -σσ- R 9.1. 711 ἀλευάµενος (ϝ)εκατηβόλου: zur Prosodie R 4.5. — Ἀπόλλωνος: metr. gedehnt (R 10.1).
Kommentar
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oder gegen Niobe wegen ihrer Prahlerei (24.606); vgl. 24.53n., 24.116n.; IRM1950, 7; MUELLNER 1996, 8f.
SCHER
µ ῆ ν ι ν : zum Begriff 1.1n. (in der Ilias nur von Göttern u. Achilleus). — ἀ λ ε υ ά µ ε ν ο ς : konstatierender Aor., ‘und so/dadurch entging er, entzog er sich …’ (UNTERMANN; LfgrE s.v. ἀλέοµαι 475.47ff.). — ἑ κ α τ η β ό λ ο υ Ἀ π ό λ λ ω ν ο ς : flektierbare VE-Formel (Gen. hier u. 1.370, 5.444, Od. 20.278; Akk. Il. 17.333; Vok. ἑκατήβολ’ Ἄπολλον Od. 8.339 u. 6× h.Ap.). Zum Epitheton vgl. 513n. (u. 1.14n.). Zu Formel-Varianten 94n. (a.E.).
712–783 Der Erzähler wendet den Blick zu den Troern, die sich durch Patroklos’ Vorstoß in größter Bedrängnis befinden, aber durch Apollon wieder gestärkt werden (NESSELRATH 1992, 5 Anm. 3; vgl. 684–867n. mit Graphik; 684–730n.). Dabei bahnt sich der zu erwartende Zweikampf zwischen Hektor und Patroklos an (bes. 724f., 731f., 733–736, 755, 761), wird jedoch durch die Ersatztötung des Kebriones und den anschließenden Leichenkampf noch einmal aufgeschoben: AntizipationP, RetardationP (vgl. 367b–368n., 652–658n.; ähnl. 462ff. der Tod von Sarpedons Wagenlenker Thrasydemos im Zweikampf Patroklos–Sarpedon [419– 683n.]); s. AH zu 783; JANKO zu 684–776; STRASBURGER 1954, 81f.; REINHARDT 1961, 344; FENIK 1968, 61. 210. 221f.; FENIK 1974, 101; STOEVESANDT 2004, 163f.; KELLY 2007, 150f.; LEUZZI 2008, 282f.; WEST 2011, 326 (zu V. 755); allg. zu Wagenlenker-Tötungen 399–414n. 712 1. VH ≈ 6.237. — Die Ortsangabe ‘am Skäischen Tor’ zeigt den Rückzug bis an die Mauern Troias an (684–730n.). Das Skäische Tor ist wiederholt Schauplatz der Handlung (3.145ff., 6.237ff., 22.5ff., 22.359f.). Im Rückblick der Thetis auf die vorl. Episode (18.453) wird es ebenfalls ausdrücklich genannt (684–867n.). Zur Lage des Tors s. 3.145n. (u. Appendix im Kommentar zum 14. Gesang). µ ώ ν υ χ α ς ἵ π π ο υ ς : 375n.
713–732 Typische SzeneP des Erwägens zweier Möglichkeiten (646b–655n.), wie sie öfters in militärisch-taktischen Angelegenheiten vorkommt (5.671ff., 8.167ff., 10.503ff., 13.455ff.); hier mit denselben Elementen wie 646ff. und zusätzlich Element (5): eine göttliche Intervention beeinflußt die Entscheidung (dazu bes. 1.188b–194n.; AREND 1933, 110f.). Während Athene in 1.194 u. 10.507 in eigener Gestalt auftritt, tut Apollon dies hier in der Gestalt des Asios (715–726n.). Die Entscheidung fällt wie in 13.455ff. zugunsten der zuerst erwogenen Alternative (Variante A; sonst wird häufiger Variante B vorgezogen); sie wird durch Apollons Rat (724f.) freilich leicht modifiziert: Hektor wird sich im Kampf gegen die Griechen auf Patroklos konzentrieren (Ausführung in 727f., 731f. [wobei 724 ≈ 732]). – Zu Hektors Unentschlossenheit in schwierigen Situationen vgl. 538ff. (STOEVESANDT 2004, 95). 712 πύλῃς: plurale tantum, bez. ein einzelnes Tor (Pl. mit Bezug auf die beiden Torflügel, vgl. lat. fores). — ἔχε: ‘hielt an, stoppte’.
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Ilias 16
713 δ ί ζ ε γ ά ρ : Deutung durch den Erzähler (255–256n.). δίζε ‘war unentschlossen’ (hom. hapaxP, zu δίς) vertritt hier das in Szenen des Erwägens üblichere Verb µερµηρίζειν (vgl. 646b–651n.). — κ α τ ὰ κ λ ό ν ο ν : 331n.; hier zu ἐλάσσας (i.S.v. ‘sich wieder in das Getümmel mischend’: LfgrE s.v. κλόνος).
714 ‘Sich hinter die Mauer drängen’ ist die übliche Ausdrucksweise für die Troerflucht (24.662–663n. mit Stellensammlung). 715–726 Götter erscheinen Menschen gerne in der Gestalt eines nahen Verwandten oder Bekannten, um beim Adressaten Vertrauen und Autorität zu erlangen (vgl. schol. bT zu 717); dennoch gehört die angenommene Gestalt oft einer ad hoc erfundenen (jedenfalls nur im betreffenden Kontext vorkommenden) Figur, die zu diesem Zweck mehr oder weniger ausführlich charakterisiert wird (mit RingkompositionP: 716 ≈ 720), im Falle Apollons auch 17.71ff. (Mentes, Anführer der Kikonen), 17.322ff. (Periphas, Herold des Anchises), 17.582ff. (Phainops [717n.]). Zu solchen ‘Epiphanien’ in Ilias und Odyssee SCOTT 1912, 69ff.; MERZ 1953, 66ff.; KULLMANN 1960, 99f.; ERBSE 1980, 260f.; FUCHS 1993, 22 mit Anm. 38; DE JONG zu Od. 1.96–324; vgl. 2.21n. – Apollon treibt in seiner Rolle als Asios ein doppeltes Spiel: (a) “Der scheinbar vage Hinweis […] auf eine mögliche Unterstützung durch Apollon [V. 725] ist in Wirklichkeit, da von dem Gott höchstpersönlich gegeben, ein Versprechen”, ähnl. Athene Od. 4.826ff.: FUCHS 2000, 20 (vgl. ProlepseP [46–47n.]); (b) der Vergleich in V. 722 kehrt die tatsächlichen Verhältnisse ins Gegenteil: Apollon ist Hektor weit höher überlegen, als er in seiner Rolle als Asios auch nur zu wünschen vorgeben kann (NAGY 1990, 300; KELLY 2007, 174; JANKO zu 722–5; vgl. Dramatische IronieP). Die zugrundeliegende Denkfigur Asios : Hektor = Hektor : Apollon, in der Mathematik als ‘mittlere Proportionale’ oder ‘geometrisches Mittel’ bekannt (a : b = b : c), hat Parallelen u.a. in der Ilias (z.B. 9.480–495 Peleus : Phoinix = Phoinix : Achilleus) und bes. prägnant bei Heraklit (VS 12 B 79 Kind : Erwachsener = Erwachsener : Gott, ebd. 83 Affe : Mensch = Mensch : Gott): FRÄNKEL (1951) 1962, 435f.; LOHMANN 1970, 189f. mit Anm. 6. – Auf der Erzähler-Ebene hingegen ist ausdrücklich immer von Apollon, also dem Gott, die Rede (715, 720, 726): VOIGT 1934, 62f. Er verschwindet nach seiner erfolgreichen Rede unauffällig (FAESI zu 726) und somit unerkannt (KULLMANN 1956, 123; vgl. 24.460–461n.). 715 1. VH ≈ Od. 5.474, 6.145. — Das Herantreten signalisiert Vertrautheit zwischen Sprecher und Angeredetem (537n. mit Lit.); öfter in der Einleitung zu Ratschlägen und Kampfparänesen, die wie hier an Hektor gerichtet sind (6.75n.). 713 ἠέ: = ἤ, ‘ob’ (und 714 ἦ ‘oder ob’). — µάχοιτο: hier ‘weiterkämpfen’. — ἐλάσσας: Ptz. Aor. zu ἐλαύνω, intr. ‘(das Pferdegespann) lenken, fahren’; zum -σσ- R 9.1. 714 ἐς: = εἰς (R 20.1). — ὀµοκλήσειεν: hier mit AcI, ‘aufrufen, auffordern’. — ἀλῆναι: ‘sich zusammendrängen, sich sammeln’ (Inf. Aor. Pass. zu εἰλέω).
Kommentar
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Singuläre Κombination aus ὣς ἄρα οἱ φρονέοντι δοάσσατο κέρδιον εἶναι, dem üblichen Formelvers für das Fällen der Entscheidung (2× Od.; häufiger ὧδε δέ οἱ/µοι … 8× Il./Od. [s.o. 652n.]), und dem VE παρίστατο + Nomen-Epitheton-Formel im Nom. (2.244, 4.212, 18.70 [dort ebenfalls nach Ptz. im Dativ], 19.6, Od. 3.222). Im Unterschied zu ὥς/ὧδε ‘so’ (von der gefällten Entscheidung) bezeichnet rückbezügliches ταῦτα ‘dies’ die noch fortdauernde Erwägung, analog zum Formelvers ἕως ὃ ταῦθ’ ὥρµαινε κατὰ φρένα καὶ κατὰ θυµόν (1.193n.), der normalerweise in solchen Szenen mit (göttl. od. menschl.) ‘Entscheidungshelfer’ verwendet wird; vgl. PELLICCIA 1995, 231 (zum Formelvers); BAKKER (1999) 2005, 88f. (zu ταῦτα). — Φ ο ῖ β ο ς Ἀ π ό λ λ ω ν : 527n. 716 ≈ h.Ap. 449 (ebenfalls Apollon); 1. VH = 17.73, 21.213; ≈ 5.785, 20.224, Od. 11.241. — α ἰ ζ η ῷ τ ε κ ρ α τ ε ρ ῷ τ ε : etwa ‘rüstig und kräftig’, synon. Doppelung (wobei die Etym. von αἰζηός nicht geklärt ist: 2.660n.; BEEKES s.v.); vgl. die Junkturen θαλεροὶ αἰζηοί (14.4n.), ἀρηΐθοοι αἰζηοί (2× Il. im Gen.). – κρατερ(ός) τε steht in versch. Junkturen am VE, z.B. ἀµύµονά τε κρατερόν τε (18.55 u.ö.).
717 Die mehrfache Verwendung des Namens Asios im hom. Epos (vgl. allg. 345n.) ergibt eine komplexe Konstellation: hier erscheint Apollon als Asios, Sohn des Dymas, aus Phrygien, in 17.582f. als Phainops, Sohn des Asios, aus Abydos; hier ist es Hektors Onkel, dort sein bester Gastfreund. Der im Troerkatalog genannte Asios, Sohn des Hyrtakos, aus Arisbe (2.835ff.; FM 10), ist möglicherweise mit dem eben genannten Vater des Phainops identisch (hellespontisches Kontingent); der im 12./13. Gesang zusammen mit diesem Asios kämpfende ‘Adamas, Sohn des Asios’ (13.759/771) dürfte dann der Bruder des Phainops sein. Somit steht der an der vorl. Stelle genannte Asios als einziger außerhalb der Genealogie der hellespontischen Asios-Familie. Seine Abkunft von Dymas (in der Ilias ebenfalls nur hier vorkommend) teilt er mit der Gestalt, die Athene gegenüber Nausikaa annimmt: ‘Tochter des Dymas’ (Od. 6.22). – Zur Herkunft des Namens Asios vgl. 2.461n. (im Myk. belegt, aber wohl kleinasiatischen Ursprungs). Ἕ κ τ ο ρ ο ς ἱ π π ο δ ά µ ο ι ο : Nomen-Epitheton-Formel (am VE noch 22.161, 22.211, 24.804, am VA 24.724 [v.l.]; zur Verwendung neben prosod. äquivalentem Ἕκτορος ἀνδροφόνοιο s. 24.509n.; DE JONG zu Il. 22.161; zur Bed. des Epithetons 24.230n.).
718 Hier erfolgt die einzige Erwähnung Hekabes zwischen dem 6. und dem 22. Gesang (weitreichende Folgerung bei LOUDEN 2006, 108: “briefly suggests Hektor’s meetings with his female family members”, wobei der in Erwägung gezogene Rückzug in die Stadt Andromaches Rat 6.431ff. sehr nahekomme). Dymas erscheint in einem auf Papyrus überlieferten Fragment des epischen Kyklos wahr715 ἄρα (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; zu ἄρα R 24.1; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). 716 ἀνέρι (ϝ)εισάµενος: zum Hiat R 5.4. — ἀνέρι: = ἀνδρί; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — εἰσάµενος: zu εἴδοµαι ‘js. Gestalt annehmen, jm. gleichen’. 717 Ἀσίῳ, ὅς: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 718 αὐτοκασίγνητος (Ϝ)εκάβης: zur Prosodie R 4.5.
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scheinlich ebenfalls als Vater der Hekabe (WEST 2013, 86; s. auch oben 717n.); in anderen Quellen hingegen wird Kisseus als Vater der Hekabe angegeben (z.B. Euripides, Hekabe 3; s. schol. A u. T; WATHELET s.v. Hekabe). Die Herkunft des Namens Dymas – gr. oder kleinasiat.? – ist unklar (WATHELET s.v.). Ἑ κ ά β η ς : zum Digamma-Anlaut 24.193n.
719 Zu den Beziehungen zwischen Troia und Phrygien s. 24.544–545n.; zur geogr. Lage Phrygiens 2.862n. Sangarios ist ein phrygischer Grenzfluß, heute Sakarya, drittlängster Fluß der Türkei (3.187n.). 720 = 17.326, 17.585 (mit v.l. des Epithetons), 20.82 (alle Parallelstellen werden von WEST 2001, 12f., als redundante Rede-Einleitungen ausgeschieden, z.T. auch aufgrund der Überlieferungslage; vgl. 3.389n.); ≈ 2.22 (Traum), 2.795 (Iris); außerdem 2. VH = h.Ap. 531. — τ ῷ … ἐ ε ι σ ά µ ε ν ο ς : asyndet. Wiederaufnahme von 716f. — ἐ ε ι σ ά µ ε ν ο ς : nur für Gottheiten in Menschengestalt verwendet (2.22n.). — Δ∆ι Δ∆ ι ὸ ς υ ἱ ὸ ς Ἀ π ό λ λ ω ν : Nomen-Epitheton-Formel am VE (7× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’, 5× hom.h.; davon 10× mit vorangehendem ἄναξ [804n.]) und 1× h.Ap. im Vers-Innern; insgesamt 8× wie hier in einer Rede-EinleitungP. Vgl. 94n. (ἑκάεργος Ἀπόλλων), 522n. (Δ∆ιὸς υἱός).
721–725 Tadelnde Kampfparänese des Apollon/Asios (zum Typus s. 421–425n.; vgl. schol. bT zu 721), mit handlungslenkender Funktion (‘Regie-Anweisung’). Zwischen der Anrede und der unwilligen Frage einerseits und dem eigentlichen Appell andererseits ist eine Drohung eingeschoben (722f.); zu unwilligen Fragen s. die Lit. in 422n. Zu (Todes-)Drohungen gegen Drückeberger vgl. 2.391–393n.; JANKO zu 13.232–4. – Apollons Kritik bezieht sich auf Hektors Halt vor dem Skäischen Tor (712) und seine dadurch zum Ausdruck kommende innere Unentschlossenheit (713f.): PELLICCIA 1995, 231f.; zur kritischen Darstellung Hektors s.o. 538–547n., 652–658n., 713–732n. a.E. 721 Der Vers enthält eine wörtliche ‘Erinnerung’ an die Ankündigung des Zeus, wonach Hektor nicht ‘vom Kampf ablassen werde’, bis Achilleus nach Patroklos’ Tod wieder auf das Schlachtfeld zurückkehre: 8.473ff. τ ί π τ ε : 7n. — ο ὐ δ έ τ ί σ ε χ ρ ή : sc. ἀποπαύεσθαι. VE-Formel in paränetischem Zusammenhang (Tadel od. Ratschlag): 8× Il., 7× Od., 3× hom.h. (davon insgesamt 6× nach einem Verb auf -εαι); s. MARTIN 1989, 198–200. Zu χρή 492n. a.E. 722–723 2. VH von 722 ≈ 17.168; 1. VH von 723 = Od. 21.374 (mit VE 722 = Od. 21.373), 23.23. — Zur Deutung insgesamt s.o. 715–726n. Zum Motiv der persönl. Unterlegenheit
719 Φρυγίῃ: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2). — ναίεσκε: Iterativform (R 16.5) mit durativer Bed. — ῥοῇς ἔπι: = ἐπὶ ῥοαῖς (R 20.2, 11.1). 720 µιν: = αὐτόν (R 14.1), Akk. zu προσέφη. — ἐεισάµενος: = εἰσάµενος (prothet. Vokal). 721 τίπτε: = τί ποτε, ‘was/warum denn?’. — ἀποπαύεαι: unkontrahierte Form R 6. — οὐδέ: im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — τι: verstärkt die Negation (303n.) 722 αἴθ(ε): = εἴθε (vgl. R 22.1).
Kommentar
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vgl. Il. 7.457, 19.217, 20.434; zum Wunsch nach vermehrter Körperkraft u.a. 4.313 (mit ‘wie … so’), 7.157f. u. bes. Od. 21.372ff. (Telemach zu den Freiern; wie hier mit einer Drohung verbunden). — α ἴ θ ’ , ὅ σ ο ν …, τ ό σ ο ν …·· | τ ώ κ ε τ ά χ α σ τ υ γ ε ρ ῶ ς …: Die beiden Sätze sind syntaktisch selbständig, bilden inhaltlich aber ein kondizionales Gefüge (‘wenn – dann’). αἴθε + Opt. leitet einen (vom Sprecher als unerfüllbar gedachten, in der vorl. Konstellation [715–726n.] freilich ironischen) Wunschsatz ein, τώ κε τάχα die sich daraus ergebende Folgerung im Potentialis (ähnl. 2.371ff., 4.288ff., 7.157f., 22.41ff. [mit DE JONG z.St.], Od. 15.536f., 17.163f., 19.309f., 21.372ff.; Irrealis Od. 23.21ff.). Der kupitive Opt. wird im hom. Epos unabhängig von der Unterscheidung ‘erfüllbarer vs. nicht erfüllbarer Wunsch’ verwendet: CHANTR. 2.214f. (u. SCHW. 2.320f.). – στυγερῶς bed. ‘auf schreckliche Weise, mit schrecklichen Folgen’ i.S.v. ‘dann würdest du es schwer büßen, daß …’, ebenso Od. 21.374, 23.23, ähnl. Il. 1.186f. (AH; EDWARDS zu 18.463–7; FERNÁNDEZ-GALIANO zu Od. 21.374; VAN ERP TAALMAN KIP 2012, 547f.). — ἥ σ σ ω ν … φ έ ρ τ ε ρ ο ς : ‘schwächer … stärker, unterlegen … überlegen’, in Verbindung mit ὅσον … τόσον “a powerful antithesis”: JANKO zu 722–5. — φ έ ρ τ ε ρ ο ς ε ἴ η ν : flektierbare VE-Formel (oft mit vorangehendem πολύ): 17× Il., 9× Od., 1× Hes., 1× h.Cer.; mit Superl. 4× Il., 1× Od., 2× ‘Hes.’ (LABARBE 1949, 72ff.). — π ο λ έ µ ο υ ἀ π ε ρ ω ή σ ε ι α ς : variatio zu 721 µάχης ἀποπαύεαι, Variante der VE-Formel ἐρωῆσαι πολέµοιο (19.169–170n.). 724 ≈ 732; 2. VH ≈ 5.329. — Apollons Anweisung wird von Hektor in 732 ausgeführt, mit ähnl. Formulierung (495–497a n.; vgl. DI BENEDETTO [1994] 1998, 50f.: die Hinzufügung von V. 731 signalisiere, daß Hektor die Anweisung “con appassionato impegno” ausführe). — ἔ φ ε π ε : ‘die Pferde zu jm. lenken; mit dem Wagen hinfahren, um anzugreifen’: 24.326n. — κ ρ α τ ε ρ ώ ν υ χ α ς ἵ π π ο υ ς : VE-Formel (5.329, 16.724/732). Eine kontextbezogene Verwendung des EpithetonsP ist wenig wahrscheinlich (starke Hufe als Voraussetzung für einen schnellen Angriff?), vgl. aber 24.277n. (Maultiere), DE JONG zu Od. 10.212–9 (Löwen); LfgrE.
725 ≈ 7.81 (Hektor selbst spricht); 2. VH ≈ Od. 21.338, 22.7, ferner (mit Athene als Subjekt) Il. 7.154, Od. 9.317 (MUELLNER 1976, 108f.). — Das Motiv ‘Apollon verleiht den Troern Sieg o.ä.’ (hier in V. 730 wiederholt) kommt auch 7.20f., 15.326f. und (Apollon zusammen mit Zeus) 16.844f. vor; allg. zum Motiv ‘Gott verleiht Ruhm usw.’ KULLMANN 1956, 60–62. α ἴ κ ε ν : ‘in der Hoffnung, daß’ (39n.). — ἕ λ ῃ ς : ‘überwältigen, töten’, vgl. 306n.; µιν ἕλῃς hier im Chiasmus mit δώῃ δέ τοι εὖχος (AH). — ε ὖ χ ο ς : ‘Siegesjubel, Sieg’ (625n.).
726–733 Die Struktur dieser Verse spiegelt die rege Aktivität aller Beteiligten auf dem Schlachtfeld: eng verzahnte ParallelkonstruktionP A–B–A’–B’ mit A = Apollon (726 u. 728b–730) und B = Hektor (727–728a und 731f.), im zweiten Teil (728b–733) übergehend in das Prinzip des (nachfolgend mit einem Pfeil angedeu723 τώ: ‘dann’. — κε: = ἄν (R 24.5). — τάχα: ‘bald’. — ἀπερωήσειας: 2. Sg. Opt. Aor. zu ἀπερωέω ‘von etw. ablassen’. 725 ἔλῃς, δώῃ: 2. bzw. 3. Sg. Konj. Aor. — τοι: = σοι (R 14.1).
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teten) kontinuierlichen GedankensP: Apollon – [Griechen] – Hektor → Hektor (731) – [Griechen] – Patroklos → Patroklos (733). 726 = 13.239, 17.82 (und vgl. 14.361); 1. VH = 15.572, Od. 11.627, ‘Hes.’ fr. 31.6 M.-W.; vgl. oben 632n. — Formelvers für einen unerkannt abtretenden Gott (715– 726n. a.E.; Vergleich der betreffenden Szenen bei KURZ 1966, 107f.). Die Illusion wird kunstvoll ausgereizt: ‘der Gott ging wieder zurück in den Kampf der Männer’, mit betontem Gegensatz ‘Gott – Menschen’ (FAESI; EDWARDS zu 17.82). ὣ ς ε ἰ π ὼ ν ὃ µ έ ν …: 632n. — α ὖ τ ι ς : örtlich ‘wieder zurück’; anders BONIFAZI 2012, 268f. (“discourse marker”, verstärkend zu ὃ µέν). — π ό ν ο ν : d.h. ‘Kampf’ (568n.).
727 1. VH ≈ 8.318. — Kebriones ist ein unehelicher Sohn des Priamos (738) und somit Halbbruder Hektors (8.318), zugleich dessen dritter Wagenlenker (nach Eniopeus u. Archeptolemos, die beide im 8. Gesang umgekommen sind: 8.118ff., 8.311ff. [BANNERT 1988, 35. 38f.]). Kebriones hat weitere Auftritte in 11.521ff., 12.88ff., 13.789ff., und ist auf Vasenbildern des 6. Jh. v. Chr. dargestellt (LIMC; FRIIS JOHANSEN 1967, 81f. 219ff.). Der Name ist historisch nicht belegt; er wird mit dem anatolischen Orts- und Flußnamen Kebren (beide in der Troas gelegen) in Verbindung gebracht (HAINSWORTH zu 11.521; zur Stadt Kebren s. COOK 1973, 327ff.); anders v. KAMPTZ 293 (thrak. Name).
Κ ε β ρ ι ό ν ῃ … δ α ΐ φ ρ ο ν ι : δαΐφρων ist generisches EpithetonP (6.161–162n.), nur hier von Kebriones; die Versstruktur mit einem Eigennamen am VA + δαΐφρονι vor der Zäsur C 2 findet sich auch in 5.181, 13.418, 14.459, 14.487 (mit versch. Eigennamen). — ἐ κ έ λ ε υ σ ε : summarischer Befehl (mit indir. Rede): 24.302n. — φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : 577n. 728 ἵ π π ο υ ς ἐ ς π ό λ ε µ ο ν π ε π λ η γ έ µ ε ν : Die Häufung von p-Lauten imitiert viell. lautmalerisch das Knallen der Peitsche od. das Galoppieren der Pferde (PACKARD 1974, 243f.; vgl. 118n. zu kh-Lauten). – πεπληγέµεν ist redupl. Aor. mit iterat. Bed. (18.31n. mit Lit.), hier ‘⟨mit der Peitsche⟩ schlagen, ⟨mit Peitschenhieben⟩ antreiben’ (vgl. 23.362f. πέπληγόν θ’ ἱµᾶσιν). — α ὐ τ ὰ ρ Ἀ π ό λ λ ω ν : VE-Formel (noch 21.538 u. 3× h.Merc.).
729–730 Apollons Einflußnahme auf das Kampfgeschehen – hier als ‘schlimme Verwirrung, Durcheinander’ bezeichnet – bleibt im folgenden zunächst unauffällig (anders sein Wirken mit der Aigis 15.220ff., bes. 15.326f./365f.); immerhin erleben die Troer nach ihrem Rückzug (712ff.) wieder einen Aufschwung (727f., 731f.; Gleichstand: 777f.). Letztlich wird hier aber Apollons entscheidende Intervention gegen Patroklos 788ff. vorbereitet (vgl. einerseits 725: Hektors voraussichtlicher Siegesjubel über Patroklos, andererseits 788f.: Apollon geht in den Wirren des Kampfes auf Patroklos los): KeimP (JANKO zu 726–32; FINSLER [1916] 1918, 171; KURZ 1968, 108).
726 ὃ … θεός: θεός ist Apposition, ‘er, der Gott’. — ἄµ: = ἀνά (R 20.1). 728 πεπληγέµεν: Inf. Aor. (R 16.4) zu πλήττω.
Kommentar
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δ ύ σ ε θ ’ ὅ µ ι λ ο ν : zu solchen Junkturen 6.185n. (‘sich stürzen in’); δύσετο: themat. s-Aor. (3.262n.). — ἐ ν δ ὲ κ λ ό ν ο ν …: zu ähnl. Wendungen 291n. (bes. 11.538f. ἐν δὲ κυδοιµὸν | ἧκε κακόν); κλόνος bed. ‘Gewühl, Getümmel’, hier ‘Verwirrung’ (LfgrE; UNTERMANN). 730 ≈ 12.255, 15.327; VA = 11.539; 2. VH ≈ 18.456, 19.414. — Τ ρ ω σ ὶ ν δ ὲ κ α ὶ Ἕ κ τ ο ρ ι : 654n. — κ ῦ δ ο ς ὄ π α ζ ε ν : flektierbare VE-Formel (7× Il., 3× Od., 1× Hes.; ferner 1× Il. im Vers-Innern; intrans. Variante κῦδος ὀπηδεῖ 1× Il., 1× Hes.); zum möglichen Archaismus der Formel s. 14.358n., bes. zu κῦδος 19.204n. (‘Prestige, Erfolg’). 731 ἔ α ο ὐ δ ’ ἐ ν ά ρ ι ζ ε ν : ‘ließ die Griechen links liegen und bemühte sich nicht, sie zu töten’ (rhetor. Polarer AusdruckP: 322n.); ἐάω bed. im Kampfkontext sonst i.d.R. ‘unspoliiert liegenlassen (und den nächsten Gegner angreifen)’, so 5.148, 11.148f., 11.426, 20.456ff. 732 ≈ 724 (s.d.).
733–750 Kongeniale Paraphrase bei JANKO: “Kebriones’ fall is related in a full style with vivid details and powerful suspense. Patroklos has his spear in his left hand, saving it to use later […]. He grabs a stone: we see its shine and jagged edge. His cast is not in vain – he hits Hektor’s … driver, Priam’s bastard son (what a coup!). After this blend of headline and biography comes the usual coroner’s report. The stone hits Kebriones between his eyes, which fall out and land by his feet; he falls out and lands on his head! Complaints over his eyes’ absurd trajectory, especially when conjoined with his own, miss the wit, which begins before Patroklos’ jest and overrides naturalistic concerns. But this is Patroklos’ – and our – last laugh, as the fearsome peripeteia nears.” 733 ≈ 755 (Hektor); 1. VH = 427 u.ö. (s.d.); 2. VH ≈ 24.469 u.ö. (s.d.). — Das Abspringen vom Wagen ist ein typisches Kampfmotiv und signalisiert Kampfbereitschaft (426n.; Auf- und Absteigen werden nicht lückenlos berichtet: 398n.). ἀ φ ’ ἵ π π ω ν : ‘vom Wagen’ (167n.), Junktur nach Zäsur B 2 (5× Il.) u. am VE (4× Il./Od.).
734 1. VH ≈ 21.393 (und vgl. 17.604). — Die “weiterführende Hauptaktion” wird meist mit der rechten Hand ausgeführt (LfgrE s.v. σκαιός mit Lit.; vgl. 1.501n.). Zur steigernden variatio der verwendeten Waffen (hier Speer + Stein) vgl. 399– 414n.; NIENS 1987, 100 (“Intensivierung” durch “Verdoppelung des Parameters ›Waffe‹”). Zum Stein als Waffe 411n. 735 1. VH ≈ 12.380, Od. 9.499. — Die von den Helden verwendeten Steine werden öfters ausführlich beschrieben, z.B. auch 5.302ff. ‘so groß, daß ihn zwei Männer 729f. δύσεθ’ ὅµιλον ἰών: ‘ging weg und tauchte in die Menge ein’. — ἐν … | ἧκε: zu ἐνίηµι ‘einflößen, einjagen’, sog. Tmesis (R 20.2). 732 zur demonstr.-anaphor. Funktion von ὅ, ἥ, τό R 17. 733 ἄλτο: 3. Sg. Aor. zu ἅλλοµαι ‘springen’. 734 σκαιῇ, ἑτέρηφι: sc. χειρί; zu ἑτέρηφι R 11.4. — λάζετο: Impf. mit Aor.-Bed., ≈ λάβε. 735 τόν: in der Funktion eines Relativpron. (R 14.5), hier ≈ ‘so groß, daß …’. — οἱ: = αὐτῷ (R 14.1). — περὶ … ἐκάλυψεν: ‘umschloß’, sog. Tmesis (R 20.2).
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der heutigen Generation nicht zu heben vermöchten’, 7.264f. ‘dunkel, rauh, groß’, 7.270 ‘wie ein Mühlstein’, 12.380ff. ‘so groß, daß …’, 12.445ff. ‘unten dick, oben spitz usw.’ – Zur Vorstellung von gut in der Hand liegenden Waffen vgl. V. 139. µ ά ρ µ α ρ ο ν ὀ κ ρ ι ό ε ν τ α : Es ist unklar, ob µάρµαρον hier (a) als Adj. zu πέτρον (‘hellschimmernd, glitzernd’) oder (b) als Subst. (‘weißer Stein’, Apposition zu πέτρον) aufzufassen ist (LfgrE mit Lit.; DELG); für (b) spricht die substantiv. Verwendung in den Iteratversen. – Verletzungen durch einen Stein, der als ὀκριόεις ‘scharfkantig, spitzig’ charakterisiert ist, haben immer verheerende Folgen: 4.518ff., 8.324ff., 12.378ff., Od. 9.498f. — τ ό ν ο ἱ : Das anlautende Digamma des Personalpron. οἱ wird im fgrE selten vernachlässigt, vgl. 6.90n./6.101n.; JANKO zu 13.561. Zum sympathet. Dativ οἱ s.o. 348n. 736 ἐ ρ ε ι σ ά µ ε ν ο ς : in absoluter Verwendung ‘sich aufstemmen’, d.h. weit ausholen, den Körper anspannen und mit voller Wucht werfen; derselbe Vorgang mit ähnl. Formulierungen in 7.269 (ἧκ’ ἐπιδινήσας, ἐπέρεισε δὲ ἶν’ ἀπέλεθρον, ebenso Od. 9.538), 12.457f. (ἐρεισάµενος βάλε …, εὖ διαβάς); schol. D. — ο ὐ δ ὲ † δ ὴ ν ἅ ζ ε τ ο † φ ω τ ό ς : Die vom Gros der Handschriften überlieferte Lesart ist umstritten, da ἅζοµαι ‘scheuen’ in der Ilias nur in religiösem Kontext verwendet wird (mit Obj. im Akk., z.B. 1.21 ἁζόµενοι … Ἀπόλλωνα). Die bei Eustathios bezeugte Lesart χάζετο verträgt sich zwar ohne Anstoß mit Gen. φωτός und hat eine – wenn auch ebenso schwer verständliche – Parallele in 11.539 (µίνυνθα δὲ χάζετο δουρός: ‘Hektor ließ nur wenig ab vom Speer[kampf]’ oder ‘wich nur wenig vor dem Speer [der Feinde] zurück’), ist aber eine lectio facilior, die in den Hss. nur vereinzelt auftaucht. Für δήν (‘lange’) wird bisweilen die seltene lokale Bed. postuliert: ‘weit’ (VON DER MÜHLL 1932, 137). So ergeben sich folgende Übersetzungsmöglichkeiten (1) für ἅζετο: (a) ‘und nicht lange ließ er sich von dem Mann (Hektor) beeindrucken’ (nach MAZON; ähnl. schol. A, D); (b) ‘und nicht blieb er in Scheu fernab von Hektor’ (VON DER MÜHLL a.O.); (2) für χάζετο: (c) ‘und er griff Hektor sofort an, ging direkt auf Hektor los’ (Litotes οὐδὲ δήν: HAINSWORTH zu 11.538–9; CUNLIFFE s.v. χάζω); (d) ‘und er entfernte sich nicht weit vom Gegner’ (LfgrE s.v. χάζοµαι 1090.24ff.). Insofern dürfte der Satz, wie auch immer er zu restituieren ist, noch einmal wie ἧκε δ’ ἐρεισάµενος das intensive Bemühen des Patroklos zum Ausdruck bringen (i.S.v. ‘er warf den Stein ohne zu zögern’ o.ä. [VAN LEEUWEN; AH]). Alternative (freilich ohne unmittelbare Grundlage im überlieferten Wortlaut): ‘Patroklos schoß nicht weit an Hektor vorbei, der Stein traf Hektor knapp nicht’, in Anlehnung an verwandte Stellen wie 8.118ff. (bes. 119), 8.309ff. (311), 17.608ff. (609); so LSJ; FAESI; WEST 2001, 240. Weitere Diskussion: LA ROCHE im Anhang z.St.; LEAF; JANKO; KURZ 1966, 146 Anm. 81; WEST a.O.; STOEVESANDT 2004, 164 Anm. 508.
737 VE = 8.312 (von Archeptolemos). — Implizite Ersatztötung: Kebriones fällt an Hektors Stelle (419–683n.). ο ὐ δ ’ ἁ λ ί ω σ ε β έ λ ο ς : vgl. οὐχ ἅλιον βέλος (480n.); zusammen mit βάλε δ(έ) ein rhetor. Polarer AusdruckP (wie 480f.). — β ά λ ε δ ’ Ἕ κ τ ο ρ ο ς : Die von V. 733 an aufgebaute Spannung beim Wurf des Patroklos erreicht hier ihr Ziel: bis und mit βάλε δ’ Ἕκτορ- hält 736 οὐδὲ δ(ϝ)ήν: zur Prosodie R 4.5. — φωτός: Gen. zu φώς ‘Mann’ (sc. Hektor). 737 ἁλίωσε: hier ‘warf vergeblich’. — ἡνιοχῆα: zur Flexion R 11.3.
Kommentar
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der Erzähler die Erwartung aufrecht, daß Patroklos nun Hektor treffen werde (Ἕκτορα) – erst mit -ος ἡνιοχῆα wird sie getäuscht: NIENS 1987, 100; vgl. JANKO oben in 733–750n.
738 Zur versfüllenden Bezeichnung einer Figur s.o. 126n. Daß Kebriones ein Bruder Hektors ist, wurde bereits 8.318 gesagt; die vorl. Präzisierung erhöht die Bedeutung des Opfers: RICHARDSON 1990, 215 Anm. 13. — Das Motiv des unehelichen Sohns – in der Regel der Sohn eines vornehmen Helden – kommt in der Ilias mehrfach vor, meist im Augenblick seines Todes (STRASBURGER 1954, 23f.; FENIK 1968, 18; KELLY 2007, 278f.; Liste der außerehelichen Priamossöhne bei STOEVESANDT 2004, 131 Anm. 429). Zum nur geringfügig beeinträchtigten Status der unehelichen Kinder im hom. Epos s. 24.495–498n. ν ό θ ο ν υ ἱ ό ν : flektierbare Formel im Vers-Innern (4× Il. Nom./Akk.) und am VE (1× Il. Nom.); vgl. 604n. — ἀ γ α κ λ ῆ ο ς : generisches EpithetonP (von Priamos nur hier, außerdem 2× von Menelaos, 1× Hephaistos; zu gleichbedeutendem ἀγακλειτός 463n.; Eigenname Agakles 571n.). ἀγακλῆος Πριάµοιο ist singuläre metr. äquivalente Variante zu ἐϋµµελίω Πρ. (4.47, 4.165, 6.449); zum ‘Verstoß’ gegen die Formelökonomie SHANNON 1975, 66f. (ἐϋµµελίω Πρ. auf einen bestimmten Formelvers beschränkt); allg. FOR 32. – Zur Schreibung -κλῆος (statt -κλεέος) s. UNTERMANN; NUSSBAUM 1998, 156; BLANC 2008, 222f.
739 1. VH = 8.121 (vom Wagenlenker Eniopeus bei seinem Tod); ≈ 8.319 (von Kebriones); 2. VH ≈ 11.95. — Die Bemerkung, daß Kebriones ‘die Zügel der Pferde hielt’, impliziert, daß Kebriones unmittelbar während der Ausführung der ihm anvertrauten Aufgabe starb, also ‘mitten im Dienst’ (wie schon sein Vorvorgänger Eniopeus 8.121); der Hinweis wird gegen Ende der Episode rahmend wiederaufgenommen: ‘nicht mehr an die Kunst des Wagenlenkens denkend’ (776). – Treffer in die Stirn haben in der Ilias immer eine tödliche Schädelverletzung zur Folge (4.460f., 6.10f., 11.95ff., 13.615ff.; an der letztgenannten Stelle fallen wie hier die Augen heraus). Allg. zu Kopfverletzungen oben 345–350n. mit Lit. ἡ ν ί ’ ἔ χ ο ν τ α : etymologisierend zu 737 ἡνιοχῆα (UNTERMANN: “aktualisierend”). — µ ε τ ώ π ι ο ν : entweder prädikatives Adj. zu ἡνιοχῆα (‘an der Stirn’) oder vom Adj. abgeleitetes Subst. (als metr. bequeme Variante zu µέτωπον; Akk. der Beziehung): RISCH 115; UNTERMANN; NUSSBAUM 1986, 180f.; LfgrE. — ὀ ξ έ ϊ λ ᾶ ϊ : singuläre Junktur: das Epitheton macht die Schwere der Verletzung plausibel (ein Stein heißt auch in 12.446f. ὀξύς). Vgl. die VE-Formeln ὀξέϊ δουρί bzw. χαλκῷ (284n.).
740–741 Das Herausgleiten der Augen bei einem Schädelbruch ist ein “abenteuerliche(s) Motiv” (FRIEDRICH 1956, 28f.): die Augäpfel liegen nicht einfach in der knöchernen Augenhöhle, sondern sind durch mehrere Muskelbänder fixiert; die Verdoppelung des Falls (zunächst der Augen vor Kebriones’ Füße, dann des Ke739 λᾶϊ: Dat. Sg. zu λᾶας ‘Stein’. 740 σύνελεν: zu συν-αιρέω, hier ‘zerquetschen, zerschmettern’. — οὐδέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3. — ἔσχεν: intr., ‘hielt (stand)’.
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briones aus dem Streitwagen [742f.]) unterstreicht die Drastik (und Phantastik) des Geschehens, das eine Parallele in 13.614–618 hat (FRIEDRICH a.O.; SAUNDERS 1999, 351f. ≈ 2003, 145ff.; Weiteres zu Augenverletzungen in der Ilias: 349– 350n.; allg. zu den ausgefalleneren Verletzungsbeschreibungen: 404b–410n. mit Lit. [404ff. ist ebenfalls Patroklos der Urheber der Verletzung]). 741 2. VH = 5.583 (Zügel), 13.617 (ebenfalls Augen). — χ α µ α ὶ π έ σ ο ν : flektierbare Wendung im Vers-Innern (6× Il., 1× ‘Hes.’ Sc.). — ἐ ν κ ο ν ί ῃ σ ι ν : 289n. 742a 1. VH = Od. 22.4; ≈ Il. 21.601. — α ὐ τ ο ῦ π ρ ό σ θ ε π ο δ ῶ ν : ‘unmittelbar/gerade vor seinen Füßen’. Der Grammatiker Apollonios Dyskolos (De Adverbiis 176.13ff.) bespricht die Doppeldeutigkeit von αὐτοῦ: (a) Personalpron. im Gen. (dann also ›vor Kebriones’ eigenen Füßen‹, unwahrscheinlich ›vor Patroklos’ Füßen‹); (b) lokales Adverb (›an Ort und Stelle‹); ähnl. Diskussionen bei schol. T zu 4.11, A zu 16.561, bT zu 16.742 (vgl. ERBSE zu den Stellen; BÜHLER 1961, 125; MATTHAIOS 1999, 150. 534). Auffassung (b) dürfte hier prägnanter und daher vorzuziehen sein (vgl. AH; JANKO zu 740–4).
742b–743 ≈ 12.385f. (Aias tötet Epikles mit einem Stein; Epikles fällt vom Turm herunter); Od. 12.413f. (der im Sturm kippende Mast erschlägt den Steuermann, der vom Achterdeck herunterfällt; das Motiv des Schiffs klingt auch im vorl. Zusammenhang an: 746ff.). – 2. VH von 743 (von der Zäsur C 1 an) = Od. 3.455. — Die VE-Formel ‘einem Springer gleichend’ ist auch Il. 12.385 u. Od. 12.413 belegt (zu Vergleichen, die sowohl in der Ilias als auch in der Odyssee vorkommen, MOULTON 1977, 119). Ein kopfüber zu Boden stürzender Wagenlenker findet sich ferner in 5.585f. Zu weiteren “Vergleichen mit […] originellen Motiven” s. STOEVESANDT 2004, 270f.; neben den Iteratstellen z.B. 11.147 Walze, 14.499 Mohnkopf, 16.406ff. Fisch. Der vorl. Vergleich eröffnet eine Reihe von Gleichnissen in der – ebendadurch gelängten und erhöhten – Schilderung des Leichenkampfs um Kebriones (752ff., 756ff., 765ff.; zu Gleichnisreihen s.o. 297–302a n., 482–491n.; vgl. JANKO zu 751–76). – Die Darstellung von kopfüber herabstürzenden Kriegern (aus Streitwagen, von belagerten Stadtmauern u.ä.) ist schon früh bezeugt, etwa auf einem Fresko im sog. Megaron von Mykene (RODENWALDT 1921, 32f. 55f.), auf ägypt. Reliefs aus der Zeit des Ramses II. (Schlacht von Kadesch: DESROCHES NOBLECOURT 1996, 171; Schlacht von Dapur: ebd. 261f.) und auf assyr. Palastreliefs (BARNETT/FORMAN 1959, Abb. passim); ferner bei der Stierjagd (goldener Vaphio-Becher) oder auch beim Stiersprung (Fresko aus Knossos). – ‘X stürzt aus dem Wagen’ (so hier) oder ‘A stößt X vom Wagen’ (so 810) ist ein typ. Kampfmotiv: KURZ 1966, 19. 23; FENIK 1968, 15. ἀ ρ ν ε υ τ ῆ ρ ι : ‘einer, der kopfüber springt, der einen Kopfsprung macht’, also ‘Springer’ (an Land), ‘Taucher’ (im Wasser), viell. zu ἀρνειός ‘Schafbock’ (‘einer, der wie ein Bock 742 ἀρνευτῆρι (ϝ)ε(ϝ)οικώς: zur Prosodie R 4.3. 743 κάππεσ(ε): = κατ-έπεσεν (R 20.1, 16.1). — εὐεργέ͜ος: zur Synizese R 7.
Kommentar
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springt’: FRISK in Anlehnung an antike Deutungen [u.a. schol. D]; HAINSWORTH zu 12.384– 6; Vorbehalt bei BEEKES). Die Körperhaltung mit dem Kopf nach unten ist auch an den nachhom. Belegstellen vorausgesetzt: Arat. Phain. 655f. (Sternbild Kassiopeia steht auf dem Kopf), Herodas 8.42f. (Sturz auf die Stirn beim ‘Askoliasmos’ [Schlauchhüpfen]). — κ ά π π ε σ ’ ἀ π ’ ε ὐ ε ρ γ έ ͜ ο ς δ ί φ ρ ο υ : ≈ 2. VH von 5.585, 13.399 (εὐεργέος ἔκπεσε δίφρου, ebenfalls von Wagenlenkern); εὐεργής ist gener. EpithetonP (24.396n.), zu δίφρος nur an diesen drei Stellen. – Die vorl. prosod. Verwendung von εὐεργέος ist in zweierlei Hinsicht singulär: das Präfix εὐ- liegt im longum, die Endung -εος ebenfalls (Synizese); möglicherweise liegt Formeladaptation vor (aus εὐεργέος ἔκπεσε δίφρου): BOLLING 1923, 173; SHIPP (1953) 1972, 184; PLATH 1994, 212f.; PASSA 2001, 406; BLANC 2008, 139ff. — λ ί π ε δ ’ ὀ σ τ έ α θ υ µ ό ς : = 12.386, Od. 3.455; VE λίπε δ’ ὀ. θ. ἀγήνωρ Od. 12.414, λίπ’ ὀ. θ. ἀγήνωρ Il. 20.406, λίπῃ λεύκ’ ὀστέα θυµός Od. 11.221. Zur Bed. der Wendung 410n. 744 ≈ 24.649 (Achill zu Priamos), Od. 22.194 (Eumaios spottet über den ‘gehängten’ Melanthios; mit Apostrophe wie hier); 2. VH = 20 (s.d.), 843. — Die Apostrophe hier u. 754 umrahmt den Spott über Kebriones (“linea ›trionfalistica‹”: DI BENEDETTO [1994] 1998, 43f. mit Anm. 14). — ἐ π ι κ ε ρ τ ο µ έ ω ν : ‘provozierend, spottend, höhnend’ (24.649–658n.), von der Rede-Absicht, hier u. Od. 22.194 von der sarkastischen Triumphrede des Siegers (sonst i.d.R. mit Formen von ἐπεύχοµαι eingeleitet: 829n.; FINGERLE 1939, 212).
745–750 Der Erzähler läßt Patroklos in seiner Rede das im vorangehenden Vergleich (742) enthaltene Motiv des kopfüber Springenden aufgreifen (DI BENEDETTO [1994] 1998, 9f.; RABEL 1997, 162; vgl. 7–11n. [Gleichnisse im Erzähler-Text und in der Figurenrede mit Bezug auf dasselbe Ereignis]); er kostet es in einer – für seine sonst zurückhaltende Art sehr ausdrucksvollen – Mischung von Triumph- und Spottrede aus (FINGERLE 1939, 157f. 212; BOWRA 1952, 499f.; MUELLER [1984] 2009, 90; PARKS 1990, 60; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ 1996, 37; KYRIAKOU 2001, 264–267; STOEVESANDT 2004, 324f.; ähnl. 13.374ff., 13.414ff., 14.454ff., 21.122ff.; allg. zu Triumphreden 14.454–457n.; Stellensammlungen bei FINGERLE a.O. 151; ΜΠΕΖΑΝΤΑΚΟΣ a.O. 141f.; STOEVESANDT a.O. 424ff.). Auch wenn die verwendete Bildwelt – Zivilleben, Natur und Kultur, Fang von Meerestieren – stark an Gleichnisse erinnert, handelt es sich formal nicht um ein Gleichnis, sondern um eine karikierend-verhöhnende Metapher (MOULTON 1979, 287; SLATKIN [1988] 2011, 137f.; EDWARDS, Introd. 50; DE JONG zu Il. 22.286); in Motivik und Skurrilität ähnlich sind der Vergleich mit dem Fisch 406ff., das Etikett ‘Tänzer’ 617f. oder auch der Vergleich mit einem Kunstreiter 15.679ff. (406–410n., 617n.; KURZ 1966, 24f.; KRISCHER 1971, 75; SCOTT 2009, 165). Die ganze Rede wird von einer vielschichtigen, geradezu sarkastischen Ironie durchzogen (schol. T zu 745 u. bT zu 22.373f.; MINCHIN 2010, 535); im weitesten Sinn stehen sich Vitalität und Tod, Können und Versagen gegenüber (behender Sprung vs. plumper Fall, Lebensunterhalt vs. Untergang, erfolgreicher Tauchgang vs. Sturz auf den Boden, Überleben auf dem stürmischen Meer vs. unfreiwilliger Tod auf dem Schlachtfeld): STRASBURGER 1954, 39f.; KURZ a.O.; MOULTON a.O.; bes. zum Gegensatz Tanz – Kampf 617n. – Daß der Sieger sein Opfer nicht mit dem Namen anspricht,
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kommt öfter vor (Stellensammlung bei FINGERLE a.O. 155; zur literarischen Fiktion des Gesprächs mit einem Toten s. JORDAN 1905, 124; STOEVESANDT 2004, 306 mit Anm. 916); daß Patroklos von Kebriones jedoch durchgehend in der 3. Person spricht und das Akrobatenmotiv in der Schlußpointe verallgemeinernd auf die Troer insgesamt anwendet (750), weist darauf hin, daß er sich pauschal an alle Troer wendet (eine Art ÜbereckgesprächP; GOTTESMAN 2008, 10) – ein weiteres Zeichen seines Übermuts kurz vor seinem eigenen Fall, zumal er selbst wenig vorher (626ff.) Meriones davon abgebracht hatte, sich während des Kampfs in provozierenden Reden zu üben. Freilich erweist sich Patroklos gerade in diesem überlegenen Triumph als ein ebenbürtiger Gegner Hektors (vgl. 428–430n.; Interpretationen mit unterschiedlichen Nuancen bei REINHARDT 1961, 347f.; KELLY 2007, 221; SCODEL 2008, 26; SCOTT a.O.; JANKO zu 745–50). Der Spott wird unterstrichen durch die leitmotivische Wiederholung des Stamms κυβιστ(VE 745 = 749 ῥεῖα κυβιστᾷ [Ringkomposition] u. 750 κυβιστητῆρες) und durch das verächtlich-deiktische ἀνὴρ ὅδε (747, vorbereitet durch 745 ἦ µάλ’ ἐλαφρὸς ἀνήρ); die Skurrilität wird verstärkt durch eine Häufung von t.t.: κυβιστάω/-ητήρ, τήθεα, διφάω, δυσπέµφελος (die letzten drei sind hom. hapax legomenaP; PELLICCIA 1995, 169; 24.266–274n.). 745 VE = 749. — ὦ π ό π ο ι , ἦ µ ά λ (α α ): VA-Formel (noch 22.297, 22.373 und 10× Od., meist gefolgt von δή), Figuren-SpracheP. ὦ πόποι ist i.d.R. Ausdruck der negativen Überraschung (1.254n.; LfgrE s.v. πόποι) und unterstreicht hier gerade deswegen Patroklos’ Ironie (gespielte Bewunderung). Zu ἦ vgl. 46n. (‘wahrlich, in der Tat’), 6.255n.; zum häufigen Gebrauch von ἦ in iron. Aussagen HUNT 1890, 49–51. — ὡ ς ῥ ε ῖ α κ υ β ι σ τ ᾷ : kann (a) als Ausruf (‘wie leicht doch …!’) oder (b) als faktische Erklärung zu ἐλαφρὸς ἀνήρ gedeutet werden (‘da er so leicht …’), vgl. 17n. Für (a): AH; Interpunktion von WEST; Übersetzung von SCHADEWALDT; für (b): LA ROCHE; SCHW. 2.665; vermittelnd: CHANTR. 2.287; vgl. 749n. — κ υ β ι σ τ ᾷ : hier ‘springen’. Etym. und Bed. von κυβιστάω u. κυβιστητήρ (750) lassen sich nicht eindeutig festlegen; gemeint sind akrobatische Bewegungen wie Tänze, Sprünge, Purzelbäume, Überschläge u.ä. (18.603–606, Od. 4.18f.); auch von den im brennenden Fluß panisch emporschnellenden Fischen (21.353–355). Lit.: 18.605b–606n.; KURZ 1966, 22. 137f.; PÖTSCHER 1994, 109f.; bes. zur Etym. FRISK u. BEEKES. 746 κ α ὶ π ό ν τ ῳ ἐ ν : sc. im Gegensatz zu 749 ἐν πεδίῳ. — π ό ν τ ῳ ἐ ν ἰ χ θ υ ό ε ν τ ι : formelhafte Wendung, vgl. Od. 10.458 ἐν πόντῳ πάθετ’ ἄλγεα ἰχθυόεντι (ferner VA πόντον ἔπ’ ἰχθυόεντα Il. 19.378, 4× Od.; VA πόντος τ’ ἰχθυόεις hom.h. 27.9; 2. VH πόντον ⏑–⏖ ἰχθυόεντα Il. 9.4, 5× Od., h.Cer. 34). Eine kontextbezogene Deutung des Epithetons ‘fischreich’ liegt hier nahe: der Taucher wird einen ertragreichen Fang machen (747; AH). Demgegenüber läßt sich ein Bezug auf die Gefahren des Meeres für den Menschen – ‘Meer, in dem es von Raubfischen nur so wimmelt’ – nicht nachweisen (so aber u.a. GÖBEL 1855, 538f.; BUCHHOLZ u.a. 1973, 131; SACKS 1987, 45ff.): HAINSWORTH zu 9.4; LfgrE s.v. 745 ῥεῖα = ῥᾳδίως (hom. ῥηϊδίως). 746 εἰ δή που … γένοιτο: ‘gesetzt den Fall, er befände sich vielleicht …’.
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747 Der Verzehr von Fischen und Meerestieren kommt im fgrE fast nur in Gleichnissen u.ä. vor (406–410n. a.E.); im vorl. sarkastischen Zusammenhang verstärkt die Vorstellung, wie Meeresfrüchte gefangen und gegessen werden, wahrscheinlich den Anstrich des Niederen und Unheldischen (mikroprepés: schol. A; JANKO zu 745–50; vgl. READY 2011, 160ff.). τ ή θ ε α : hom. hapax, wohl ‘Seescheiden’ (Ascidiae; Weichtiere, die am Meeresboden leben; gewisse Arten sind genießbar): DELG; BEEKES; LfgrE; JANKO zu 747–8; DALBY 2003, 296. — δ ι φ ῶ ν : hom. hapax, ‘search(ing) after something deeply hidden’: VERDENIUS zu Hes. Op. 374; vgl. VAN LEEUWEN. 748 1. VH ≈ 2.702 (von Protesilaos bei der Landung an der Küste der Troas), 8.515 (νηὸς ἐπιθρ.). — ἀ π ο θ ρ ῴ σ κ ω ν : Das Präs. hat möglicherweise iterative Funktion (NÄGELSBACH 1864, 281; AH). — δ υ σ π έ µ φ ε λ ο ς : hom. hapax, wohl auf πόντος (746) zu beziehen: ‘stürmisch, rauh’, ebenso Hes. Th. 440. Weitere Diskussion zu Bed. und Etym. in den Scholien z.St.; FRISK; WEST zu Hes. Th. 440; JANKO zu 747–8; LfgrE. 749 ὣ ς ν ῦ ν …: i.d.R. als abhängiger Satz aufgefaßt (ὡς νῦν), und zwar eher begründend (AH; KALÉN 1941, 11) als exklamativ (MONTEIL 1963, 353): ‘so wie er jetzt …’ i.S.v. ‘nach dem zu urteilen, wie …’. Von WEST als eigenständiger asyndet. So-Satz aufgefaßt. 750 ἦ ῥ α κ α ὶ ἐ ν Τ ρ ώ ε σ σ ι : verallgemeinernde Folgerung i.S.v. ‘ihr Troer seid eher Akrobaten als Kämpfer’ mit der Implikation ‘ihr werdet bald auch tot sein’. Hingegen wohl zu eng gefaßt bei JANKO (Bezug auf den ‘Tänzer’ Meriones 617f., mit älterer Lit.) und bei PELLICCIA 1995, 155f. Anm. 90 (Bezug auf die Taucher im Meer); vgl. 745–750n. – Formal ähnliche Stelle: 23.103f. (Achilleus nach der Erscheinung des toten Patroklos) ὦ πόποι, ἦ ῥά τίς ἐστι καὶ εἰν Ἀΐδαο δόµοισιν | ψυχή (ὦ πόποι hier bereits in V. 745).
751–754 Patroklos stürzt sich auf den Leichnam des Kebriones, um ihn auf die eigene Seite zu ziehen und die Rüstung zu erbeuten (Spoliierung; s. dazu Lit.-Hinweise in 500n.). Die Heftigkeit von Patroklos’ stürmischer Bewegung wird durch ein Löwengleichnis illustriert: ein verwundeter Löwe ist besonders aggressiv und gefährlich (5.136–143, 20.164–175, 21.573–582; s. JANKO; NEAL 2006, 40f.; allg. zu Löwengleichnissen 3.23n.). Ähnliche Gleichnisse mit Löwen, die (a) in den Stall eindringen, um Beutetiere zu reißen, und (b) selbst zu Schaden kommen: 5.554–560 (wobei 1. VH 5.557 ≈ 2. VH 16.752; vgl. DI BENEDETTO 1987, 260f.), 12.299–308; zuerst (b), danach in gesteigerter Aggression (a): 5.136ff. – Die Verwundung und das letzte Aufbäumen des Löwen antizipieren Patroklos’ Tod: wie der Löwe wird Patroklos an seiner eigenen Stärke zugrundegehen (753) – selten ist die proleptischeP Funktion eines Gleichnisses so deutlich wie hier: schol. bT zu 753 (dazu SNIPES 1988, 213f.; NÜNLIST 2009, 297f.); DUCKWORTH 1933, 14f.; 747 πολλούς: sc. Menschen. — κορέσειεν: Opt. Aor. zu κορέω/κορέννυµι ‘satt machen’. — διφῶν: Ptz. zu διφάω ‘suchen’. 748 νηός: zur Flexion R 12.1. 750 ῥα: = ἄρα (R 24.1). — ἔασιν: = εἰσίν (R 16.6).
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KRISCHER 1971, 60; SCHNAPP-GOURBEILLON 1981, 82 (“l’image joue sur les deux registres du présent et du futur”); BALTES 1983, 41f. (mit detaillierter Deutung); MUELLER (1984) 2009, 111; LONSDALE 1990, 114f.; SCOTT 2009, 157ff. (z.St. 166); JANKO; EDWARDS, Introd. 31f.; DE JONG zu Il. 22, Introd. 24; vgl. 259– 267n., 18.318b–322n. – Formal wird das Gleichnis ringkompositorisch umrahmt (751 ≈ 754; s.o. 7n.) und von einer – hier besonders pathetisch wirkenden – Apostrophe an Patroklos abgeschlossen (LONSDALE a.O. 12; BECK 2012, 174f.). 751 1. VH ≈ 754, (756 und) 759; 2. VH ≈ 17.137, 17.706 (Leichenkampf um Patroklos). — Nach der Triumphrede wendet sich der Krieger öfter dem Leichnam zu (FINGERLE 1939, 155): 11.456, 13.383, 13.640, 17.540, 21.200, immer mit kurzer Rede-AbschlußformelP. ὣ ς ε ἰ π ώ ν : 210n. — ἐ π ὶ Κ ε β ρ ι ό ν ῃ … β ε β ή κ ε ι : vgl. 69–70a n. Zum iterativen Plpf. i.S.v. ‘ausschreiten, (große) Schritte machen’ WACKERNAGEL (1920) 1926, 167. — ἥ ρ ω ϊ : gener. EpithetonP (6.35n.) in der Funktion eines Versfüllers (Iterata u. 781, 22.298, 23.893). 752 ο ἶ µ α λ έ ο ν τ ο ς ἔ χ ω ν : Gleichniseinleitung ohne Vergleichspartikel, ebenso 21.252ff. αἰετοῦ οἴµατ’ ἔχων – τῷ εἰκώς …, 17.570ff. καί οἱ µυίης θάρσος ἐνῆκεν – τοίου µιν θάρσεος πλῆσε (LEE 1964, 64; RUIJGH 865). Weitere metapherähnl. Wendungen, v.a. aus dem Tierbereich: 1.225 (Augen eines Hundes, Herz eines Hirsches), 16.266 (τῶν [sc. der Wespen] … κραδίην καὶ θυµὸν ἔχοντες [im So-Teil eines Gleichnisses]), 17.20 (µένος eines Panthers, Löwen, Wildschweins [im Gleichnis mit ὅσσον – τόσσον]), 17.565 (Hektor πυρὸς αἰνὸν ἔχει µένος), Hes. Th. 832f. (Stimme eines Stiers, Löwen) (GRAZ 1965, 285f.). — ο ἶ µ α : ‘Schwung, Elan’, pejorativ ‘Ungestüm’, konkretisiert durch 754 ἄλσο, vgl. 21.252/254 (von Achilleus) αἰετοῦ οἴµατ’ ἔχων … ἤϊξεν (PORZIG 1942, 87f.; AH; LfgrE).
753 1. VH ≈ 4.108, Od. 22.286. — Gleichnis-Tiere weisen oft anthropomorphe Züge auf (vgl. 259–267n.); Parallelen aus der Menschenwelt zum Motiv ‘Treffer in die Brust’ finden sich in 11.144, 15.250, Od. 9.301, 22.286; zum Motiv der alkḗ ‘Kampfkraft, Wehrhaftigkeit’ s. die Stellensammlung bei LONSDALE 1990, 133. – Daß jemand durch sein eigenes Verhalten zugrundegeht, ist ein typisch episches Motiv: 1.205 (s.d.), 4.409, 6.407 (s.d.), 12.46, Od. 1.7, 10.437, 22.317/416, 23.67; ferner Il. 22.104. Die vorl. Stelle ist thematisch bes. verwandt mit 6.407 (Andromache zu Hektor: ‘dein ménos ›Drang‹ wird dich umbringen’) u. 12.46 (Eber oder Löwe im Abwehrkampf gegen Jäger: ‘seine Mannhaftigkeit tötet ihn’): CLARKE 1995, 150f. Zum Bezug auf Patroklos selbst s.o. 751–754n. ἑ ή : Zum indirekt-reflexiven Pron. (auf µιν zu beziehen) s. die Lit. im LfgrE s.v. ἑός (vgl. 24.36–37a n.). — ἔ β λ η τ ο … ὤ λ ε σ ε ν : Zu den augmentierten Aoristformen im Gleichnis vgl. 299–300n. — ὤ λ ε σ ε ν ἀ λ κ ή : ὄλλυµι mit abstraktem Subj. auch in Od. 21.284 ἄλη
752 τε: ‘episches τε’ (R 24.11). 753 ἔβλητο: 3. Sg. Aor. Med. (Wurzelaor.), mit passivischer Bed. — ἑή: Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4), ‘seine eigene’.
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τ’ ἀκοµιστίη τε (‘Umherirren und schlechte Verpflegung’), Hes. Op. 372 πίστεις … καὶ ἀπιστίαι (‘Vertrauen und Mißtrauen’); vgl. PORZIG 1942, 133f.
754–782 Die Schilderung des Kampfes um Kebriones’ Leichnam weitet sich zu einer Gesamtdarstellung der Situation auf dem Schlachtfeld aus. Der Leichenkampf bildet – wie schon derjenige um Sarpedon (569–592n.) – das narrative Zentrum im wiederholten Wechsel zwischen Detailaufnahme (‘Einzoomen’) und Gesamtaufnahme (‘Auszoomen’): 754–763a / 763b–771 / 772–776 / 777–780 / 781f. (vgl. LYNN-GEORGE 1996, 19). Zugleich steht er exemplarisch für den Kampfverlauf: zuerst über längere Zeit Gleichstand (754–778), dann plötzlicher Vorteil für die Achaier (779–782). Lit. zu unentschiedenen Kampfphasen: 569–592n. Den Gleichstand, überhaupt das stete Gegeneinander der beiden Parteien hebt der Erzähler sowohl inhaltlich als auch formal hervor (PARRY 1971a, LIII; DI BENEDETTO [1994] 1998, 89f.): 754/755 Πατρόκλεις, ἄλσο / Ἕκτωρ δ’ αὖθ’ ἑτέρωθεν … ἄλτο, 756ff. Gleichnis der beiden Löwen, 756ff./765 Häufung von Dualen, 760 Nennung der beiden Kontrahenten im selben Vers, 761/765/768/770 Häufung von ἀλλήλ- (vgl. 771 οὐδ’ ἕτεροι, 778 ἀµφοτέρων), 762f. Ἕκτωρ µὲν κεφαλῆφιν / Πάτροκλος δ’ ἑτέρωθεν … ποδός, 764/770 Τρῶες καὶ Δ∆αναοί / Τρῶες καὶ Ἀχαιοί, 765ff. Gleichnis der beiden Winde, 772ff./778 die Waffen, nicht die Krieger sind Subjekt, 772/774 anaphorisches πολλὰ δέ, 777f. Zeitangabe für den gleichmäßigen Handlungsverlauf – erst mit dem Abend kippt das Geschehen (779ff.). 754 1. VH ≈ 751. — ἄ λ σ ο : 426n. — µ ε µ ᾱ ώ ς : ‘begierig, eifrig, eilig’, metr. bequeme Variante zu µεµᾰώς (2.818n. mit Lit.; HOEKSTRA 1978, 4ff.; UNTERMANN; JANKO zu 754–5). 755 ≈ 733; 2. VH ≈ 24.469 u.ö. (s.d.). — δ ’ α ὖ θ ’ ἑ τ έ ρ ω θ ε ν : metr. Variante (‘Verlängerung’) zu δ’ ἑτέρωθεν (427n.), stets nach Zäsur A 3 (8× Il., 1× ‘Hes.’ Sc.; 1× Il. ohne δ’).
756–761 Das vorl. Löwen-Gleichnis teilt das Motiv der Ebenbürtigkeit der beiden Gegner mit dem Gleichnis in 428ff. (dort zwei Greifvögel: Patroklos u. Sarpedon, s. 428–430n.). Die für den Vergleich gewählten Tiere – Löwen statt Greifvögel – und der verglichene Handlungsmoment – Kampf um Beute statt Angriffsschrei – stellen eine Steigerung gegenüber 428ff. dar: hungrige Löwen sind aggressiv und hartnäckig (3.25n.), sie ‘kämpfen hochgemut / von Kampfgeist erfüllt’ (méga phronéonte máchesthon: 758), während die Greifvögel ‘laut schreiend kämpfen’ (megála klázonte máchōntai: 429). Hektor wird 6× mit einem Löwen verglichen (außer hier auch 12.41ff., 15.271ff., 15.630ff., 16.823ff. u. 18.161ff. – an der zweitletzten Stelle tötet er Patroklos wie ein Löwe einen Eber im Kampf um Wasser, an der zuletzt genannten Stelle läßt er sich so wenig von Patroklos’ Leichnam vertreiben wie ein hungriger Löwe von seiner Beute), Patroklos 3× (487ff. im Kampf gegen Sarpedon sowie im vorl. Kontext zweimal hintereinander: 751ff. und hier; das Publikum mag sich aufgrund dieser unmittelbaren Aufeinanderfolge die Frage stellen, ob der im vorangehenden Gleichnis angekündigte Tod des 754 µεµαώς: Ptz. zu µέµονα ‘streben, eifrig sein’.
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Löwen [753] nun, in der Auseinandersetzung mit dem anderen Löwen, eintreten wird, d.h. ob es bereits jetzt zu dem Kampf kommt, in dem Patroklos den vorhergesagten Tod finden wird – eine falsche Annahme, wie sich im lange Zeit unentschiedenen Verlauf des Leichenkampfs um Kebriones zeigen wird). Kebriones selbst schließlich wird durch die Gleichsetzung mit der Hirschkuh passend als Opfer gekennzeichnet. Lit.: MOULTON 1977, 104f.; BALTES 1984, 40–42; MUELLER (1984) 2009, 109. 110; DI BENEDETTO (1994) 1998, 143; SCOTT 2009, 165f.; BECK 2012, 174f.; JANKO zu 756–8; zum Hirsch in den hom. Gleichnissen s.o. 157–158n. – Imitation des vorl. Gleichnisses in ‘Hes.’ Sc. 402ff. 756 1. VH ≈ 759. — Daß zwei gleichartige Tiere (hier Löwen) gegeneinander antreten, ist als Gleichnismotiv ungewöhnlich (nur noch 428–430 [s.d.]; unklar 7.256f.) und daher für den vorl. Zusammenhang bezeichnend. Sonst treten sie immer in einmütiger Gemeinsamkeit auf: 5.554ff., 10.297, 13.198ff. (Löwen), 11.324f. (Eber), 15.323ff. (zwei nicht näher bezeichnete Wildtiere); ferner zwei Löwen in der Schildbeschreibung 18.579ff.; s. FENIK 1968, 58; JANKO zu 756–8. λ έ ο ν θ ’ ὥ ς : flektierbare Junktur nach der Zäsur B 2 und am VE (auch λέων ὥς, insgesamt 7× Il., 2× ‘Hes.’); zu ὥς 24.572n. — δ η ρ ῑ θ ή τ η ν : wohl wie ἱδρῡ́θησαν (3.78n. mit Lit.) die urspr. Form. Die von der Mehrheit der Handschriften überlieferte Form δηρινθήτην ist wegen des -ν- problematisch: entweder Analogiebildung zu Verben auf -ίνω (wie κλινθη-, κρινθη-, ὀρινθη-) oder Zusammenschreibung von δῆριν θήτην (nach δῆριν ἔθεντο 17.158; freilich ist Wortende nach zweisilbigem Wort im 5. Metron unerwünscht und die Form θήτην anderswo nicht bezeugt). Diskussion bei JANKO; REECE 2009, 36. – Zur Bed. s.o. 96n.
757 1. VH = 824 (vgl. 758n.); ≈ 3.10, 13.179; 2. VH ≈ ‘Hes.’ Sc. 402 (ἀµφὶ …). — Der Text macht nicht deutlich, ob einer der Löwen die Hirschkuh selbst erlegt hat (wie Patroklos den Kebriones; so LfgrE s.v. κτείνω 1561.9ff.) oder ob sie von Jägern getötet worden ist (so AH in Analogie zu 3.23, 11.475). Entgegen früheren Zweifeln (z.B. schol. T zu 756) ist es heute nachgewiesen, daß Löwen sich um Beutetiere streiten (SCHALLER 1972, 132ff.) und auch Aas fressen (3.23n. a.E.). – Das Gebirge bildet einen typischen Schauplatz von Gleichnissen, die in der Wildnis spielen (157–158n.); ähnl. das nächste Gleichnis (765ff.). ὄ ρ ε ο ς κ ο ρ υ φ ῇ σ ι : formelhafte Wendung an versch. Vers-Positionen (3.10n.). — κ τ α µ έ ν η ς : ‘getötet’, medialer Wurzelaor. zu κτείνω, mit passiv. Bed. (UNTERMANN; vgl. 491n.). 758 2. VH = 824. — ἄ µ φ ω π ε ι ν ά ο ν τ ε , µ έ γ α φ ρ ο ν έ ο ν τ ε : Parallelismus und Binnenreim evozieren viell. das Hin- und Herwogen des Kampfes (ähnlich lautmalerische Wirkung des Binnenreims möglicherweise in 4.223–225, 11.188, 22.2; vgl. 174n.). – Zur Längung des 756 τώ: = Patroklos u. Hektor (demonstr.-anaphor. Pron.: R 17); zum Dual R 18.1. — λέονθ’ ὥς: = ὡς λέοντε (Dual). — δηριθήτην: 3. Dual Aor., wohl ingressiv: ‘begannen den Kampf’. 757 ὥ: Dual des Relativpron. — κορυφῇσι: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2). 758 πεινάοντε, φρονέοντε: zur unkontrahierten Form R 6. — µάχεσθον: 3. Dual Präs.
Kommentar
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-α- in πεινάοντε s. G 49. Zur Bed. von µέγα φρονέων 257–258n.; zur Übertragung einer menschl. Einstellung auf ein Tier 488n.
759–761 Stilistisch überhöhte Formulierung für ‘so kämpften die beiden um Kebriones’: 759 altertüml. Formel mḗstōres aÿtḗs (i.d.R. als ‘Meister des Kampfs’ o.ä. übersetzt, s.u.), 760 Ganzvers zur Benennung von Patroklos und Hektor (mit chiastischer Stellung von Namen und Epitheta), 761 anschauliche Umschreibung für ‘töten’. Vgl. AH zu 759ff.; zum Nebeneinander der beiden Namen oben 684– 867n.; zur Struktur von V. 760 vgl. z.B. 1.7, 5.704, 17.754, 19.48. 759 1. VH ≈ 756. — µ ή σ τ ω ρ ε ς ἀ ϋ τ ῆ ς : Epitheton von Anführern (hier und 13.93, 13.479) und ganzen Heereskontingenten (4.328), stets am VE (Nom./Akk.), wohl mit verblaßter Bed. ‘kampferprobte Krieger’ (schol. D zu 4.328: ἐπιστήµονες µάχης). µήστωρ bed. eigtl. ‘wer durch Klugheit und Geschicklichkeit etw. zu bewirken weiß’: 6.97n.; LfgrE. Zur altertümlichen Flexion mit -ωρ- 14.318n. 760 Π ά τ ρ ο κ λ ό ς τ ε Μ ε ν ο ι τ ι ά δ η ς : sonst nur im Gen. belegte Nomen-Epitheton-Formel (420n.). — φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : 577n. 761 = 13.501 (Aineias u. Idomeneus); 2. VH (nach Zäsur C 1) = 12.427, 13.553. — ἵ ε ν τ (οο ): 359n. — τ α µ έ ε ι ν χ ρ ό α : ‘die Haut durchschneiden, ins Fleisch schneiden’, vgl. ταµεσίχρως (Speer-Epitheton 4.511, 13.340, 23.803); LfgrE s.v. χρώς 1286.38ff.; CIVILETTI 2012, 68ff. – Zu χρώς 504n.; zu -έειν 256n. — ν η λ έ ϊ χ α λ κ ῷ : d.h. ‘mit dem Speer’ (284n.).
762–763 Das Hin- und Herzerren eines Leichnams durch die beiden Kriegsparteien wird in einem drastischen Gleichnis in 17.389–397 veranschaulicht (Leichenkampf um Patroklos: Vergleich mit dem Spannen einer frisch abgezogenen Rindshaut). Aus der Mitte des 6. Jh. sind einige schwarzfigurige Vasenbilder erhalten, auf denen Krieger einen Gefallenen an Armen und/oder Beinen wegzuzerren versuchen (u.a. auf der weniger bekannten Henkelseite der berühmten DionysosSchale des Exekias; s. FRIIS JOHANSEN 1967, 192ff.; WILLINGHÖFER 1996, 68 mit Anm. 246; GIULIANI 2003, 282f.). – Daß der Gefallene ‘am Fuß/Bein’ oder ‘an den Füßen/Beinen’ weggezogen wird – sei es von einem Kameraden zwecks Rettung, sei es von einem Gegner zwecks Erbeutung –, ist ein typ. Motiv in hom. Leichenkampf-Schilderungen (HAINSWORTH zu 11.258; JANKO zu 13.383–5; vgl. oben 496n.): außer hier auch 4.463, 10.490, 11.258, 13.383, 14.477, 17.289, 18.155 (ferner die Todes-Dämonin Ker in der Schildbeschreibung 18.537). Das Wegziehen am Kopf hingegen ist singulär (in 3.369f. packt Menelaos Paris am Helm und schleppt ihn lebend weg, s. 3.370n.); es ist hier Ausdruck des intensiven Hin und Her (unterstrichen durch 762 ‘ließ ihn nicht los’). Zur inhaltlichen und sprachlichen Parallelität der beiden Verse 762/763 s.o. 754–782n.
761 ἵεντ(ο): 3. Pl. Impf. — ταµέειν: Inf. (R 16.4).
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Ilias 16
762 ≈ 15.716 (πρύµνηθεν). — κ ε φ α λ ῆ φ ι ν : zum Suffix -φι(ν) 139–140n.; hier gen. part. — ο ὔ τ ι : Zur Lesart οὔ τι hier und im Iteratvers anstelle des mehrheitlich überlieferten, aber bei Homer kaum bezeugten οὐχί s. BEKKER 1863, 152; WACKERNAGEL 1916, 31 Anm. 1; JANKO zu 15.716–17. Textkritisch unbestritten ist das ähnliche VE 21.72 οὐδὲ µεθίει.
763 1. VH = 427 u.ö. (s.d.). — Der Blick des Erzählers weitet sich wieder auf das gesamte Schlachtfeld: ‘die anderen aber …’ (s. 754–782n.). Die Troer sind inzwischen (nach 712ff.) wieder so weit hergestellt, daß sie den Griechen Paroli bieten können (Gleichstand der Schlacht). ο ἱ δ ὲ δ ὴ ἄ λ λ ο ι : VE-Formel (noch 11.524, 19.345, 20.23, Od. 1.26, 14.24); zum Neueinsatz nach der Zäsur C 2 s. 19.345n. – Zu δή als Signal für eine natürlicherweise zu erwartende Parallelhandlung s. CUYPERS 2005, 56 (‘of course’); vgl. oben 112–113n. 764 = 14.448; ≈ 2.40. — Τ ρ ῶ ε ς κ α ὶ Δ∆ Δ∆α α ν α ο ί : flektierbare VA-Formel (Nom./Gen./Dat.: Iteratverse u. 3.417, 8.431, Od. 8.82). — σ ύ ν α γ ο ν … ὑ σ µ ί ν η ν : wie lat. pugnam committere (2.381n.). — κ ρ α τ ε ρ ὴ ν ὑ σ µ ί ν η ν : VE-Formel (10× Il., davon nur hier u. 14.448 im bloßen Akk., sonst mit vorangehendem κατά); zu flektierten Varianten s.o. 447n.
765–771 Wie im vorangehenden Gleichnis 756ff. (Patroklos–Hektor) wird hier der Gleichstand des Kampfes beschrieben, nun aber – komplementär – auf der Ebene der beiden Heere (zur Kombination von Löwen- u. Baumgleichnis vgl. 482–491n. a.E.). “Die tiefen Schlachtreihen, der tiefe Forst, die spitz ragenden Äste, die spitz starrenden Lanzen, das Krachen und Splittern und Stürzen, der gewaltige Lärm – ein umfassender, weit ausgedehnter, im einzelnen nicht erfaßbarer Gesamtvorgang in einem knappen Gleichnis zusammengerafft, das nicht die Handlung ausschmückt, sondern sie vorwegnehmend ersetzt”: HAMPE 1952, 16; ähnl. KRAPP 1964, 262; BALTES 1983, 42f. (mit Tendenz zur Überinterpretation); JANKO zu 765–9. Das vorl. Gleichnis weist bedeutsame Gemeinsamkeiten mit dem Holzfällergleichnis in 635ff. auf, sowohl in bezug auf die Motivik (Bäume, Lärm, Aufzählung von Waffen [hier 772ff.]) als auch in bezug auf die Stellung im Handlungsverlauf (Leichenkampf). Die ‘Akteure’ (Winde, Bäume) wirken dabei nahezu anthropomorph. – Die gewaltige Wucht von Winden wird in den Gleichnissen öfter beschrieben, so auch 2.144ff., 9.4ff., 11.304ff., 13.795ff.; zum Widerstreit der Winde vgl. Od. 5.330–332 (die Winde treiben Odysseus’ Floß hin und her). 765 1. VH ≈ Od. 5.295; 2. VH ≈ Il. 22.128, Od. 18.38. — Der Ostwind (gr. éuros) wird in der Ilias nur hier u. 2.145 (ebenfalls in einem Sturmgleichnis) genannt, jeweils zusammen mit dem Notos, dem sturmbringenden Südwind (2.395n.). Die Winde sind als Subjekte zu ‘wetteifern’ wohl personifiziert (FG 37) zu denken.
762 κεφαλῆφιν: Gen. Sg. (R 11.4). — λάβεν: sc. Κεβριόνην. — οὔ τι: verstärkte Negation. 765 ἐριδαίνετον ἀλλήλοιϊν: Dual.
Kommentar
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Ε ὖ ρ ό ς τ ε Ν ό τ ο ς τ (εε ): an derselben Versstelle noch Od. 5.295; VE Il. 2.145, Od. 12.326. — ἐ ρ ι δ α ί ν ε τ ο ν : ‘wetteifern’ (das Verb wird im fgrE nie vom kriegerischen Kampf verwendet); mit Inf. (hier πελεµιζέµεν) auch Od. 18.38 und (mit epexeget. Inf.) Od. 15.321ff. 766 ο ὔ ρ ε ο ς ἐ ν β ή σ σ ῃ ς : 634n. — β α θ έ η ν … ὕ λ η ν : Nomen-Epitheton-Formel in Sperrung am VE (noch 5.555, 15.606, 20.491, stets in Gleichnissen; ferner Od. 17.316). βαθύς hier ‘dicht’ in bezug auf den Baumbestand, vgl. 768 (schol. bT; LfgrE). – Die im fgrE nur hier belegte Form βαθέην (mit langvokal. Endung neben 7× βαθεῖᾰν) ist wohl in Analogie zu Gen. βαθέης entstanden (Formelmodifikation): 5.555 βαθείης τάρφεσιν ὕλης > 15.606 βαθέης ἐν τάρφεσιν ὕλης (vgl. 5.142 βαθέης ἐξάλλεται αὐλῆς) > βαθέην πελεµιζέµεν ὕλην: HOEKSTRA 1965, 119 (zur Kürzung des Diphthongs -ει- vgl. ὠκέα Ἶρις u.a.m.: G 39; CHANTR. 1.73). Bei späteren ion. Autoren wie Herodot u. Hippokrates sind solche Nom.-/ Akk.-Formen auf -η(ν) bei Adjektiven auf -υς weiterhin in Gebrauch: SCHW. 1.474 Anm. 2; ROSÉN 1962, 97f. — π ε λ ε µ ι ζ έ µ ε ν : 107–108n. (hier viell. mit Anklang an πολεµίζω). 767 Nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ gebauter Vers (vgl. dazu die Hinweise in 397n.). Die drei Baumarten (alle im kollektiven Sg.) stehen epexegetisch zum Oberbegriff ὕλην (AH; ähnl. 14.347f. [14.347n.]); zur Aufzählung von drei Baumarten 482–486n. — φ η γ ό ν : Eichenart (vgl. δρῦς 482n.); zur möglichen Identifikation als Mazedonische Eiche (Quercus trojana) s. HERZHOFF 1990. — µ ε λ ί η ν : ‘Esche’, vgl. 114n. — τ α ν ύ φ λ ο ι ό ν τ ε κ ρ ά ν ε ι α ν : Die ‘Kornelkirsche’ liefert wie die Esche ein für die Herstellung von Speerund Lanzenschäften geeignetes hartes Holz (BUCHHOLZ 2004, 50f.); möglicherweise sind beide Baumarten gerade deswegen hier genannt: ihre aufeinanderschlagenden Äste (768f.) stehen für die im Kampf verwendeten Speere (LfgrE s.v. κράνεια). Die genaue Bed. des Epithetons τανύφλοιος (hom. hapaxP) ist unsicher, evtl. ‘mit langgestreckter, dünner Rinde’ (vgl. 473n.) – die Rinde der Kornelkirsche blättert schuppig ab; nachhom. mit Bezug auf versch. Baumarten verwendet. Doxographie im LfgrE s.vv. κράνεια u. τανύφλοιος. 768 ἔ β α λ ο ν : Aor. nach Präs. (765 ἐριδαίνετον) im Gleichnis: 355n.; bes. zum augmentierten Aor. in Gleichnissen 299–300n. — τ α ν υ ή κ ε α ς : ‘mit langgestreckter Spitze’ (473n.). 769 ἠ χ ῇ θ ε σ π ε σ ί ῃ : VA-Formel (insgesamt 7× Il., 2× Od.), und zwar 23.213 vom Brausen der Winde und 8.159, 12.252, 13.834, 15.355, 15.590 vom Angriffsgeschrei der Troer – beide Zusammenhänge (Wind und Krieg) klingen hier mit (KAIMIO 1977, 31; vgl. 2.209n.). Zu θεσπέσιος s. FORD 1992, 184f., u. 2.457n. (‘von überwältigender Wirkung, gewaltig’). — π ά τ α γ ο ς : Das onomatopoet. Wort bez. ein “helles, scharfes […] Geräusch, verursacht durch wiederholtes Aufeinanderschlagen (vgl. πατάσσω) bzw. Abbrechen harter Gegenstände” (u.a. 13.283 vom Zähneklappern), hier ‘Krach, Krachen, Getöse’, im Gegensatz zum “dumpfen Dröhnen (ἠχῇ) beim Zusammenschlagen der Äste”: LfgrE.
766 οὔρεος: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — βαθέην: = βαθεῖαν (vgl. R 2). — πελεµιζέµεν: Inf. (R 16.4), ‘ins Schwanken bringen’. 767 τε (µ)µελίην: zur Prosodie M 4.6 769 πάταγος: sc. γίνεται (vgl. 13.283). — τε (ϝ)αγνυµενάων: sc. ‘Bäume’ (Prosodie R 4.3).
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Ilias 16
770–771 = 11.70f., dort im So-Teil eines Schnittergleichnisses (ferner 778 ≈ 11.85); 2. VH von 770 ≈ 3.15 u.ö. (s.d.). — Τ ρ ῶ ε ς κ α ὶ Ἀ χ α ι ο ί : 256n. — µ ν ώ ο ν τ ’ ὀ λ ο ο ῖ ο φ ό β ο ι ο : Zur Wendung vgl. 357n. (ὀλοός 567n., φόβος 291n.); zur Häufung von o-Lauten 568n. a.E.
772–775a Komplexivschilderung eines Massenwurfkampfs als Erläuterung zu 771 ‘sie mordeten’ (LATACZ 1977, 123ff.). Die Intensität des Kampfs wird aus der Unzahl der eingesetzten Angriffswaffen ersichtlich, die teils im Boden steckenbleiben, teils auf die Schutzausrüstung prallen, teils (an der vorl. Stelle freilich nicht erwähnt) in den Körper der Gegner eindringen, so 11.571–574, 15.313–317; zu den Fehlschüssen auf den Boden s. bes. 611–612n. Die Passage wird umrahmt durch den Bezug auf den umkämpften Kebriones: ‘um K.’ 772, ‘um ihn’ 775. Zu den stilist. Feinheiten der Passage vgl. 754–782n. — π ο λ λ ὰ δ ὲ …: Anaphern mit πολύς (hier 772/774) sind häufig belegt (FEHLING 1969, 199f.; vgl. Anaphern mit konkreten Zahlen: 24.229–234n.). — ὀ ξ έ α δ ο ῦ ρ α : Nomen-Epitheton-Formel (317n. a.E.). 773 2. VH ≈ 15.580. — ἰ ο ί τ ε π τ ε ρ ό ε ν τ ε ς : πτερόεις ist im fgrE meistens Epitheton von ἔπεα (in übertragener Bed.: 6n.), im übrigen 4× Il. von ‘gefiederten’ Pfeilen (hier u. 4.117, 5.171, 20.68 in unterschiedlichen Junkturen), 5.453 u. 12.426 von λαισήϊα (eine Art Schutzausrüstung, genaue Bed. unklar: HAINSWORTH zu 12.425–6; LfgrE s.v. λαισήϊον), ‘Hes.’ Sc. 220 von den Flügelschuhen des Perseus. Zur Befiederung antiker Pfeile s. BUCHHOLZ 2010, 272–274. — π τ ε ρ ό ε ν τ ε ς … θ ο ρ ό ν τ ε ς : Zum Binnenreim s.o. 174n. – Pfeile ‘springen’ vom Bogen auch in 4.125 (ἄλτο), 15.314 u. 15.470 (θρῳσκ-), außerdem ist θορόντες eben erst in V. 770 vorgekommen. 774 χ ε ρ µ ά δ ι α µ ε γ ά λ (α α ): Variante der Nomen-Epitheton-Formel µεγάλοισί τε χερµαδίοισιν (VE 11.265, 11.541, 13.323), vgl. χερµάδιον … µέγα ἔργον (5.302f., 20.285f.).
775–776 ≈ Od. 24.39f. (Tod des Achilleus); vgl. Il. 18.26f.; außerdem 2. VH von 775 ≈ 21.503; VA von 776 = 12.381, ≈ h.Ap. 359. — Mitten in das intensive Kampfgeschehen tritt kontrastierend das Bild des Toten, der in voller Größe auf dem Boden liegt und zugleich von jeglicher menschlichen Aktivität Abschied genommen hat. Das erhebende Bild, das sonst nur von Achilleus verwendet wird (18.26, Od. 24.40), bewirkt Pathos und markiert durch die Verherrlichung des Kebriones den letzten Höhepunkt von Patroklos’ Aristie vor dessen Untergang: KAKRIDIS (1956) 1971, 57; KURZ 1966, 34; PARRY 1971a, LIIf.; GRIFFIN 1980, 106; DE ROMILLY 1983, 26–28; DI BENEDETTO (1994) 1998, 60 Anm. 7; LYNNGEORGE 1996, 19f.; bes. zum Motiv des ‘Daliegens’ s.o. 485n. – Zur Diskussion über das Verhältnis der drei Belegstellen zueinander (hier, 18.26 u. Od. 24.40) 770f. θορόντες: Ptz. Aor. zu θρώσκω ‘springen, anstürmen’ (773: ‘fliegen’). — δῄουν: zu δῃόω ‘morden, ein Gemetzel veranstalten’. — oὐδ’ ἕτεροι: ‘und keiner von beiden’ (R 24.8). 772 Κεβριόνην ἀµφ(ί): = ἀµφὶ Κεβριόνην (R 20.2). — δοῦρα: zur Flexion R 12.5. — πεπήγει: augmentloses Plpf. Akt. in intrans. Verwendung, ‘waren steckengeblieben, steckten fest’. 773 ἀπὸ (ν)νευρῆφι: Gen. Pl. (R 11.4); Prosodie M 4.6, ebenso 774 χερµάδια (µ)µέγαλ(α). 775 µαρναµένων: Gen. abh. von δοῦρα, ἰοί, χερµάδια (oder gen.abs.).
Kommentar
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s. 18.26–27n. mit Lit.; WEST 2011, 326 (das ‘Vergessen des Wagenlenkens’ paßt gut zu Kebriones, der Hinweis auf die Größe gut zu Achill). ἀ µ φ ’ α ὐ τ ό ν : Zur Bed. von ἀµφί vgl. 496n. a.E. — ἐ ν σ τ ρ ο φ ά λ ι γ γ ι κ ο ν ί η ς : pathet. Umschreibung für ‘auf dem Boden, im Staub’, vgl. ἐν κονίῃσιν 289n. – στροφάλιγξ ‘Wirbel’ (etym. zu στρέφω) ist ein weitgehend der ep. Sprache vorbehaltenes Wort; zu den insgesamt seltenen Nomina auf -ιγγ- RISCH 175. 776 ≈ Od. 24.40. — Die zunehmende ‘Schwere’ der Wörter (zwei-/vier-/fünfsilbig, vgl. ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ 397n.) und die Wort- u. Klangwiederholungen (mégas megalōstí, lelasménos: 3× -e-a-) verleihen dem rein daktyl. Vers eine gewisse Feierlichkeit. — κ ε ῖ τ ο µ έ γ α ς µ ε γ α λ ω σ τ ί : WortspielP mit Paronomasie, ähnl. 7.39 οἰόθεν οἶος u.a. (dazu STEFANELLI 2005); diese “Fügungen lassen sich besser übersetzen als sprachlich verstehen” (SCHWYZER [1940] 1983, 446 Anm. 1), z.B. ‘great in his greatness’ (HEUBECK zu Od. 24.39–40), ‘mightily in his might’ (EDWARDS 1987, 123) oder ‘groß in großem Raume’ (AH nach schol. D), vgl. 18.26f. µέγας µεγαλωστὶ τανυσθείς | κεῖτο (oben 485n.). Zur Suffixkumulierung in µεγαλωστί (-ως + -τί wie nachhom. νεωστί) vgl. πρώτιστος (656n.); Lit. zum Adverbsuffix -τί: 24.409n. (µελεϊστί). — λ ε λ α σ µ έ ν ο ς : vgl. 357n. — ἱ π π ο σ υ ν ά ω ν : d.h. die Geschicklichkeit im Lenken von Gespann u. Wagen (739n.); zum Pl. 354n.
777–804 Der Erzähler setzt gegen Ende der Patroklos-Episode zu einem ‘Crescendo’ an, einem Feuerwerk an pathetischen Motiven: Tageszeitmotiv (777–780n.), ‘dreimal – beim vierten Mal’ (784–789n.), Apostrophen (787n., 812, 843), Apollons Eingriff (784–867n.), Helmmotiv (793–800n.) usw. (FENIK 1968, 216; PARRY 1972, 13f.; FRONTISI-DUCROUX 1986, 25). 777–780 Hinweise auf die Tageszeit und/oder den Sonnenstand dienen weniger der zeitl. Einordung des Geschehens als vielmehr der Markierung eines Handlungsabschnitts (bes. Wende im Kampf). Die Verdoppelung der Zeitangabe hebt den Umschwung (hier 779f.) nach einer gleichförmigen Handlung (777f.) hervor; ebenso 8.66ff. (Vormittag/Mittag; Zeus nimmt die Waage, die Troer bekommen die Oberhand), 11.84ff. (Vormittag/Essenszeit; Durchbruch der Achaier wie hier); ähnl. 15.318ff. (keine eine eigentliche Zeitangabe, sondern Apollons Einsatz der Aigis). Darüber hinaus erzeugt die (zeitliche) Parallelisierung eines regelmäßigen Ereignisses (Feierabendzeit, Essenszeit: 779n.) mit dem unerwarteten Handlungsumschwung (oder mit der einmaligen Handlung) einen spannungsvollen Kontrast. Lit.: JANKO zu 777; HÖLSCHER 1939, 54; FENIK 1968, 81; RADIN 1988, passim, bes. 299–301; KELLY 2007, 111f.; LEUZZI 2008, 289–291. 777 ≈ 8.68 (und 778 = 8.67), Od. 4.400 (ἦµος δ’). — Die Mitte des Himmels bezeichnet den Tageshöchststand der Sonne (Mittag). Der aktuelle Handlungstag 776 λελασµένος: zu (ἐπι)λανθάνοµαι, ‘nicht mehr denkend an, nichts mehr wissend von’. 777 ὄφρα: temporal (R 22.2), korrespondiert mit 778 τόφρα ‘so lange’. — ἠέλιος: = ἥλιος. — ἀµφιβεβήκει: Plpf. in der Funktion eines Impf.; zur augmentlosen Form R 16.1.
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Ilias 16
(26. Tag der Ilias, 3. Kampftag) hat mit dem Sonnenaufgang 11.1ff. begonnen und wird mit dem Sonnenuntergang 18.239ff. enden. Dazwischen liegen die Zeitangabe 11.86ff. (Vormittag) und die vorl. Stelle (Nachmittag); die Erzählzeit scheint dadurch deutlich länger als die erzählte Zeit: JANKO; SCHADEWALDT (1938) 1966, 44; BOWRA 1952, 314; REICHEL 1994, 54; zur episch bedingten langen Dauer der Kämpfe s. RAAFLAUB 2007/8, 481f.
ὄ φ ρ α µ έ ν : Asyndetisches ὄφρα leitet im fgrE oft ein SummaryP ein (Stellen bei BOLLING 1955, 227). — ἀ µ φ ι β ε β ή κ ε ι : wörtl. ‘stand mit gespreizten Beinen auf/über’ (1.37n.). 778 = 8.67, 11.85, 15.319 (alle nach ὄφρα µέν im vorangehenden Vers). Formel für den ausgeglichenen Massenwurfkampf, dessen Ziel die (wahllose) Dezimierung des feindl. Heeres ist (LATACZ 1977, 120f.; LOSSAU 1991, 6f. Anm. 9; JANKO zu 15.318–19). Die Formel bez. hier nicht eine bestimmte Kampfphase, sondern faßt den jüngsten Kampfverlauf (in dem durchaus auch Nah- und Zweikämpfe vorgekommen sind) unter dem Aspekt des Gleichstands der Schlacht zusammen (754–782n.). — µ ά λ α : wohl wie in V. 16 zum Prädikat zu ziehen (hier also zu βέλε’ ἥπτετο, i.S.v. ‘in großer Zahl’), vgl. UNTERMANN; anders AH (zu ἀµφοτέρων, ‘durchaus von beiden Parteien’). — β έ λ ε ’ ἥ π τ ε τ ο , π ί π τ ε δ ὲ λ α ό ς : Chiasmus mit Häufung von p/t-Lauten in den Prädikaten; ἀµφοτέρων ist mit beiden Subjekten zu verbinden. — ἥ π τ ε τ ο : absolut gebraucht von Geschossen: ‘treffen’ im Gegensatz zu ‘vorbeifliegen’ (LfgrE); außer in den Iteratversen auch 17.631. Das Impf. hat iterative Funktion (ebenso bei πίπτε). — π ί π τ ε : zum Akzent WEST 1998, XXI.
779–780 Der hom. Erzähler berichtet öfter, daß beinahe etwas ‘gegen das Schicksal’ (eigtl. ‘über den zugewiesenen Anteil hinaus’) passiert wäre oder daß entsprechende Befürchtungen bestehen (2.155n.); die vorl. Stelle ist die einzige im hom. Epos, an der in der Darstellung des Erzählers tatsächlich etwas ‘gegen das Schicksal’ passiert. Mit áisa ‘Schicksal’ dürfte hier der durch Zeus’ Willen (1.5) eingeleitete Handlungsplan gemeint sein, gemäß dem die Achaier um Achilleus’ Ehre willen an den Rand einer Niederlage geführt werden sollen (103n.). Daß sie hier dennoch einen Zwischenerfolg erzielen, hängt damit zusammen, daß Patroklos vor seinem (danach um so jäheren) Tod ein heldenhafter Siegeslauf zugestanden wird (Aristie, vgl. 651–655): EBERHARD 1923, 52f.; FRÄNKEL (1951) 1962, 83; HEUBECK 1954, 72f.; NIMIS 1987, 44; SARISCHOULIS 2008, 86f.; WEST 2011, 327; JANKO zu 784–6. Die Erwähnung des Abends (779) verleiht dabei der Wendung ‘gegen das Schicksal’ eine besondere Pointe: einerseits erinnert die Zeitangabe an die Zusage des Zeus, den Troern unter Hektors Führung an diesem Tag bis zum Einbrechen der Dunkelheit die Überlegenheit über die Achaier zu gewähren (11.192–194), andererseits steht das nahende Tagesende symbolisch für den unmittelbar bevorstehenden Untergang des – übermütig agierenden – Patroklos (784ff.; FENIK 1968, 216; BREMER 1976, 66f.; RUTHERFORD [1996] 2013, 111; 778 βέλε’ ἥπτετο: zum Hiat R 5.1; βέλε’ = βέλεα (zur unkontrahierten Form R 6).
Kommentar
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vgl. TAPLIN 1992, 156). – Andere Deutung (‘gegen das Schicksal’ i.S.v. ‘wider Erwarten’ mit Bezug auf die außergewöhnliche Tapferkeit der Griechen) bei LEAF; DIETRICH 1965, 286; ERBSE 1986, 291f. 779 = Od. 9.58 (+ VA 780 = Od 9.59); 1. VH (bis zur Zäsur B 1) = Il. 1.475 u.ö. (s.d.). — Tageszeiten können wie hier (Ausspannen der Rinder) durch regelmäßige menschliche Tätigkeiten charakterisiert werden: am Abend wird die Arbeit auf dem Feld beendet und das Abendessen eingenommen (‘Feierabend’), genauer geschildert im Pflüger-Gleichnis Od. 13.28–35; die Tiere werden von der Weide heimgetrieben (h.Ven. 168f.); Gerichtsverhandlungen werden abgeschlossen (Od. 12.439f.); ähnl. die Mittagspause des Holzfällers in Il. 11.86ff. Vgl. aind. samgava ‘Vormittag’ (eigtl. Zeit, zu der die Kühe zum Melken zusammengetrieben werden), irisch búarach ‘Morgen’ (eigtl. Melkzeit): LEAF; HERMANN 1914, 50; NILSSON 1920, 27f. 30–33; WEST 2007, 184. µ ε τ ε ν ί σ ε τ ο : ‘war im Begriff, wieder zurückzukehren’ (nämlich vom Zenit zum Horizont: UNTERMANN), ‘neigte sich’ (LfgrE); zur Form νίσοµαι (zu νέοµαι, wohl redupl. Präs.) s. 18.566n. — β ο υ λ υ τ ό ν δ ε : i.d.R. temporal als Zeitpunkt aufgefaßt, zu dem man ‘die Rinder ausspannt’, also ‘gegen Abend’, analog zu anderen Begriffen mit dem Suffix -to-: ἄµητος ‘Ernte(zeit)’, ἄροτος ‘(Zeit des) Pflügen(s)’ u.a. (RISCH 26; PORZIG 1942, 342f.); dagegen lokale Deutung bei RADIN 1988, 298f. (‘zum Ort, wo man die Rinder vom Joch ausspannt’). Zum Gebrauch des Worts allg. LfgrE; DELG s.v. βοῦς; RENGAKOS 1994, 67. 780 κ α ὶ τ ό τ ε δ ή : VA-Formel (10× Il., 27× Od., 4× Hes., 1× h.Ap.; darunter mit prosod. bedingtem ῥ’ hier u. 23.822, Od. 7.143, 24.149). Teils am Satzanfang, teils nach vorangehendem temporalen Nebensatz (das καί ist dann apodotisch, vgl. BAKKER 1997, 79). — ὑ π ὲ ρ α ἶ σ α ν : Zur Deutung s.o. 779–780n.; zu ähnl. Wendungen 2.155n. (bes. 17.321 ὑπὲρ Δ∆ιὸς αἶσαν); zum Begriff αἶσα oben 441n. — φ έ ρ τ ε ρ ο ι ἦ σ α ν : VE-Formel (722–723n.). 781–783 Die Verknüpfung zweier Handlungen mit µέν – δέ kann Gleichzeitigkeit signalisieren (RENGAKOS 1995, 7f.; SEECK 1998, 139f. [“achrone Gleichzeitigkeit”]): Kaum sind die Griechen in den Besitz des Leichnams gelangt, unternimmt Patroklos bezeichnenderweise schon wieder den nächsten Vorstoß gegen die Troer.
781–782 Das Ergebnis der drei Leichenkämpfe im 16. und 17. Gesang wird variierend gestaltet: von Sarpedon können die Achaier die Rüstung erbeuten, aber nicht den Leichnam; von Kebriones sowohl die Rüstung als auch den Leichnam; von Patroklos können sie nur den Leichnam retten, aber nicht die Rüstung (des Achilleus, die ja weiterhin eine Rolle spielen wird: 17.192ff.) (JANKO zu 684–776). 781 ἐ κ … β ε λ έ ω ν : 122–123n. — ἥ ρ ω α : 751n. — ἔ ρ υ σ σ α ν : t.t. für das Bergen eigener oder das Erbeuten gegnerischer Leichen, vgl. 17.581, 18.152, 18.540.
779 ἦµος: temporal, ‘als’ (R 22.2). — βουλυτόνδε: zur Form R 15.3. 780 ῥ(α): = ἄρα (R 24.1). — φέρτεροι ἦσαν: zur sog. Hiatkürzung R 5.5. 781 ἐκ: mit βελέων zu verbinden. — ἥρωα (ϝ)έρυσσαν: zur Prosodie R 4.3; zum -σσ- R 9.1.
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782 1. VH = 17.714; 2. VH (von der Zäsur B 2 an) = 7.122, 16.846; ≈ 650 (ἕληται), 6.28, 15.524, 22.368 (ἐσύλα [500n.]), ähnl. ‘Hes.’ Sc. 468. — Τ ρ ώ ω ν ἐ ξ ἐ ν ο π ῆ ς : ‘aus dem Kampfgetümmel, aus den Reihen der Troer’, präzisierend zu ἐκ βελέων (vgl. UNTERMANN zu 781–782). Ob in ἐνοπή hier die Grundbed. ‘Kampfgeschrei’ mitempfunden wurde (so KRAPP 1964, 54: “es ist gleichsam zu hören, wie sehr die Troer sich dem Verlust der Leiche durch Schreien widersetzen”), muß offen bleiben (vgl. 246n.; schol. A zu 17.714; TRÜMPY 1950, 154). — ἀ π ’ ὤ µ ω ν τ ε ύ χ ε ’ ἕ λ ο ν τ ο : 559–560n.; zur VE-Formel τεύχε’ ἕλ- 650n. 783 2. VH ≈ 10.486 (Konj.). — κ α κ ὰ φ ρ ο ν έ ω ν : 373n. — ἐ ν ό ρ ο υ σ ε ν : 257–258n. a.E.
784–867 Patroklos wird von Apollon, Euphorbos und Hektor getötet; Wortwechsel zwischen dem sterbenden Patroklos und seinem Besieger Hektor; Prophezeiung von Hektors Tod. Der Siegeslauf des Patroklos wird definitiv – und radikal – gestoppt. Noch einmal (wie in 700–711) tritt Apollon Patroklos ‘beim vierten Mal’ (784–789n.) entgegen, diesmal jedoch (anders als dort) ohne Warnung und von hinten (791n.; zum Pathos, das der göttliche Eingriff der Szene verleiht, s. GRIFFIN 1980, 152f.; MUELLER [1984] 2009, 118; DI BENEDETTO [1994] 1998, 278f.). Damit erfüllt sich die Befürchtung, die Achilleus bei der Entsendung des Patroklos geäußert hat: 93f. (s. 91– 94n.). – Die Art und Weise, wie Patroklos zu Tode kommt (daß er zu Tode kommen würde, war nicht zuletzt aufgrund der wiederholten Prolepsen klar: 46–47n.), verleiht seiner Figur ambivalente Züge: einerseits hat er es geschafft, das Heer vor die Mauern Troias zu führen und dabei fast in einen Zweikampf mit Hektor einzutreten; deswegen braucht es die Interventionen eines Gottes, um ihn aufzuhalten, ja, insgesamt drei Akteure, um ihn zu töten: Apollon, Euphorbos, Hektor (849f.) – eine Steigerung des Motivs ‘Gegner stirbt erst nach dem zweiten Treffer’ (dazu FENIK 1968, 23. 61; MUELLER a.O. 79). Andererseits bekommt Patroklos die Folgen dafür zu spüren, daß er mit dem Angriff auf Troia und Hektor seine Kompetenzen überschritten und dem Willen seines Freundes Achilleus zuwidergehandelt hat (83–96n.): Apollon ‘de-montiert’ ihn buchstäblich und in übertragenem Sinne – er entblößt ihn (793–804n.) und liefert ihn seinen Gegnern aus, weit stärker als in anderen Situationen, in denen eine Gottheit die Waffe eines Helden unwirksam macht (dazu 114– 118n.) oder den Helden selbst wie in 13.434ff. außer Gefecht setzt (OTTO [1929] 1947, 196; REINHARDT 1961, 319–321; REUCHER 1983, 330f.; BANNERT 1988, 162f.; MUELLNER 1996, 16f.; PATZER 1996, 115f.; SARISCHOULIS 2008, 224; Vergleich mit der heroischeren Todesszene des Sarpedon bei MUELLER a.O. 57f.). Zugleich wird dadurch die Leistung Hektors (der nach dem Plan des Erzählers nun seinerseits dem Tod geweiht ist: 799f., 851ff.) ein Stück weit geschmälert: zwar ist die Unterstützung durch eine Gottheit im hom. Epos für sich genommen keine Schande, aber Hektor hat im wehrlosen Patroklos letztlich eine leichte Beute. “(V)on hier an bleiben Erhöhung und Verblendung in Hektors Gestalt weiter miteinander verbunden”; der Erzähler scheint ihm gegenüber eine Mischung von “Bewunderung, Un-
Kommentar
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mut und Mitleid” zu empfinden: SCHADEWALDT (1936) 1965, 258; s. auch KRISCHER 1971, 34f.; FARRON 1978, 48; EDWARDS 1987, 265; BANNERT a.O. 15f. 166f.; PATZER a.O. 173f.; STOEVESANDT 2004, 215–219. 339 (nuancierte Bewertung von Hektors Leistung); unten 830–842n.; zum weiteren Geschick von Achills Rüstung s. EDWARDS zu 17.123–139/183–7/205–6; TAPLIN 1992, 185ff.; ALLAN 2005, 6ff.; vgl. 850n. – Die ausführliche, emotional bewegende Schilderung von Patroklos’ Untergang bereitet das Publikum auf die heftige Reaktion des Achilleus vor, die dieser nach dem Verlust seines Gefährten zeigen wird: “Homer […] is motivating the terrific fury and grief of Achilles” (OWEN 1946, 163; ähnl. EDWARDS 1987, 265.). – Eine mögliche Illustration von Patroklos’ Tod findet sich auf einer spätarch. Metope aus dem Heraion von Foce del Sele (FRIIS JOHANSEN 1967, 277f.; LIMC Suppl. s.v. Patroklos). 784–789 Das Muster ‘dreimal – dreimal – beim vierten Mal’ (702–711n.) wird hier auf die Spitze getrieben: mit jedem Vorstoß neun Männer auf einmal zu töten, ist in der Tat gottgleich, d.h. übermenschlich, vgl. JORDAN 1905, 102; ROSCHER 1907, 30f.; oben 705n. (‘Grenzüberschreitung’). Daß Patroklos durch sein ‘Aresgleiches’ Verhalten – also letztlich durch sein Eingreifen im Kampf – zu Tode kommt (vgl. 786f.), deutet der Erzähler schon 11.604 an, als Patroklos auf den Ruf des Achilleus hin ‘dem Ares gleich’ aus der Unterkunft eilt: ‘das war für ihn der Anfang des Unheils’ (WHITMAN 1958, 200; NAGY [1979] 1999, 293f.). – Das ‘Dreimal’ wird implizit gespiegelt (und im Vergleich zu den 27 Opfern des Patroklos in gewisser Weise karikiert) in den drei Angriffen, die anschließend gegen den einen Mann, Patroklos, erfolgen: 1. Apollon, 2. Euphorbos, 3. Hektor (vgl. NIENS 1987, 101, und oben 784–867n.). 784 1. VH = 5.436, 20.445; ≈ 11.462. — ‘Dem Ares gleich’ (gr. atálantos Árēï) ist in der Ilias Epitheton von Aineias und Idomeneus (Pl., 1×), Automedon (1×), Hektor (2×), Meges (2×), Meriones (3×), Patroklos (nur hier) sowie Pylaimenes (1×), meist in Kampfsituationen oder in der Vorbereitung zum Kampf. Besondere Prägnanz erfährt die Wendung hier und 13.295 durch einen zweiten Göttervergleich (786 ‘einem Gott gleichend’, 13.298ff. Ares-Gleichnis). Lit.: JANKO zu 13.295–7; CAMEROTTO 2009, 131f. τ ρ ὶ ς µ ὲ ν ἔ π ε ι τ ’ ἐ π ό ρ ο υ σ ε …: Erläuterung zu V. 784 (mit Asyndeton u. Wiederaufnahme von ἐνόρουσεν). Zu ἔπειτα vgl. 667–668n. — θ ο ῷ ἀ τ ά λ α ν τ ο ς Ἄ ρ η ϊ : flektierbare VE-Formel (Nom./Akk.: hier und 8.215, 13.295/328/528, 17.72/536; außerdem ἀτάλ. Ἄρηϊ ohne θοῷ: 4× Il., 1× ‘Hes.’). Wie Δ∆ιὶ µῆτιν ἀτάλαντος (2.169n.) und ἀτάλαντος Ἐνυαλίῳ ἀνδρειφόντῃ (2.651n.; LATACZ [2001] 2010, 381f. 384–386) eine alte u. altertümliche Formel, meist attributiv verwendet, nur hier (und wahrscheinl. 8.215f.) prädikativ (LfgrE s.v. ἀτάλαντος). – Zu θοῷ hατάλαντος mit prosodisch wirksamem /h-/ s. 2.169n. mit Lit. 784 Ἄρηϊ: zur Flexion R 12.4.
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785 “Homer has Patroclus kill twenty-seven men in four words” (BENARDETE 1968, 35; zur Versgestaltung s. VISSER 1987, 45f. 206f.). Die Vervielfachung Typischer ZahlenP (hier ‘dreimal neun’) charakterisiert in gesteigerter Form “das ungestüme Vorwärtsdringen des Patroklos” (REUCHER 1983, 330). In seiner Aristie hat Patroklos bis hierhin bereits 27 namentlich genannte Gegner getötet (308n.; zum seltenen Vorkommen von ‘anonymen’ Opfern in der Ilias s. 661b n.). Zu Gruppen von neun Gefallenen s.o. 306–357n. (zu einer Parallele von 3×9 Opfern im irischen Epos WEST 2007, 482; allg. zu Parallelen der vorl. ‘Multiplikation’ in der gr. Lit.: VAN LEEUWEN). Das nächste Opfer im Sinne der Progression ‘neun – der zehnte’ (vgl. den kurzen Hinweis dazu in 399–418n.) wird dann Patroklos selbst sein. σ µ ε ρ δ α λ έ α ἰ ά χ ω ν : VA-Formel (7× Il., 1× Od.; flektiert hom.h. 28.11), bez. einen lauten Angriffsschrei: 19.41n. (dort auch zur komplexen Morphologie von ἰάχων). Zu σµερδαλέα 276b–277n.; zur Längung des Schlußvokals in der Zäsur A 4 s. 24.7n. (mit Lit.). 786 = 705 u.ö. (s.d.).
787–792 Apollons Intervention wird mit einer Epischen RegressionP eingeführt (BAKKER 1997, 113f.): (C) Patroklos muß sterben; (B) Apollon geht auf ihn zu; (A) Patroklos sieht den Gott nicht herankommen; (B’) Apollon tritt unsichtbar hinter ihn und (C’) trifft ihn (in weiterem Sinn gehört die gesamte anschließende Handlung bis zum Ende des 16. Gesangs zu C’). 787 ≈ 7.104 (von Menelaos, in einer ‘Beinahe’-Situation). — Die letzte Ankündigung von Patroklos’ Tod wirkt in der Verbindung mit der Apostrophe an den Betroffenen besonders pathetisch, vgl. 693 (schol. bT [übersetzt bei JANKO zu 787– 90]; DI BENEDETTO [1994] 1998, 178; RUTHERFORD [1996] 2013, 112; zu den gehäuften ProlepsenP im 16. Gesang s.o. 46–47n.). Sie dient zugleich als dramaturgischer Hinweis auf die Bedeutung der nachfolgenden Szene und steigert so die Spannung (vgl. BAKKER [1997b] 2005, 103f.). – Der Iteratvers 7.104 ist Teil einer kondizionalen Periode im Irrealis; dort vermag Agamemnon Menelaos davon abzubringen, sein Leben gegen Hektor aufs Spiel zu setzen. Hier ist Patroklos’ Untergang durch Hektors Hand dagegen definitiv: niemand – auch nicht sein Gefährte Achilleus – bewahrt ihn davor; Apollon greift sein Opfer sogar unsichtbar von hinten an (ALLEN-HORNBLOWER 2012 [bei Anm. 54–58]; vgl. DUBEL 2011, 142). ἔ ν θ ’ ἄ ρ α : zu temp. ἔνθα 306n. — β ι ό τ ο ι ο τ ε λ ε υ τ ή : ‘Ende des Lebens’, vgl. einerseits 4.170 µοῖραν ἀναπλήσῃς βιότοιο, andererseits µιν … τέλος θανάτοιο κάλυψεν 502n.
785 σµερδαλέα (ϝ)ι(ϝ)άχων: zur Prosodie R 4.3; σµερδαλέα ist adv. Akk. — φῶτας: ‘Männer’ (Nom. Sg. ὁ φώς). — ἔπεφνεν: ‘er tötete’ (Aoristform zu θείνω). 786 ἐπέσσυτο: 705n. — δαίµονι (ϝ)ῖσος: zum Hiat R 5.4. 787 τοι: = σοι (R 14.1). — βιότοιο: βίοτος = βίος; zur Flexion R 11.2.
Kommentar
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788 ἤ ν τ ε τ ο : Das Verb bed. neutral ‘auf jn. zugehen, jn. aufsuchen’ (intendierte Begegnung); erst der Kontext macht klar, ob freundlich (so Apollon gegenüber Hektor in 22.203f.) oder feindlich (hier verdeutlicht durch ἐνὶ … ὑσµίνῃ u. δεινός): LEUZZI 2008, 292f. – ἄντοµαι ist Denominativum zum Wurzelnomen ἄντ(α) ‘Gesicht’ (s. dazu 24.630n.). Es ist umstritten, ob ἤντετο Impf. od. Aor. ist; für Impf. z.B. MUTZBAUER 1893, 91 (i.S.v. ‘stand dir gegenüber’) u. UNTERMANN (‘war dabei entgegenzugehen’), für Aor. MONRO (1882) 1891, 37 (“always with clear aor. meaning”) u. LfgrE. Für Aor. spricht auch der Kontext: sämtliche Prädikate in 784–792 stehen im Aor. (Hinweis FÜHRER). — ἐ ν ὶ κ ρ α τ ε ρ ῇ ὑ σ µ ί ν ῃ : 447n.
789 Nachdem Patroklos in der vorangehenden Begegnung 698ff. den Gott noch erkannt haben dürfte (710–711n.), hebt der Erzähler diesmal hervor, daß er ihn nicht bemerkt habe (zur “presentation through negation” DE JONG [1987] 2004, 62f.; vgl. 130–144n.); die Erklärung folgt in V. 790: Apollon war unsichtbar. Das Nichtbemerken des Gottes “entspricht dem Nichterkennen der Situation durch Patroklos, der seine Kompetenz überschritten hat und daher längst dem Tode verfallen war”: KURZ 1966, 108. δ ε ι ν ό ς : Die Stellung des Attributs im Enjambement unterstreicht den – nicht zuletzt durch die Unsichtbarkeit bedingten – ‘bedrohlichen, gefährlichen’ Charakter Apollons in der vorl. Situation (UNTERMANN; EDWARDS 1966, 142; TSAGARAKIS 1982, 16f.; RUTHERFORD [1996] 2013, 112); ähnl. 5.739 von der Aigis, Od. 12.106 vom Sog der Charybdis, Hes. Th. 935 von Phobos u. Deimos, hom.h. 11.2 von Athene. Allg. zu δεινός bei Göttern s. 6.379–380n. — ὃ µ έ ν : Rückkehr zur 3. Person nach der Apostrophe (586n.). — κ α τ ὰ κ λ ό ν ο ν : 331n.
790 Der ‘Nebel’ (gr. ēḗr/aḗr) ist ein hom. Bild für ‘unsichtbar’ (WEST zu Hes. Th. 9), meist mit den Verben ‘verhüllen’, ‘übergießen’ oder ‘einkleiden’; sowohl von Göttern (14.282n.; von Apollon nochmals 21.549 und vielleicht 15.307f.) als auch von Helden (bei der Entrückung durch Götter: 3.380b–381n.; ferner Odysseus bei den Phaiaken [Od. 7.14–17/39–42] und bei der Ankunft auf Ithaka 13.189ff.); s. auch BOUVIER 1986, 238–240; FENNO 2008/9, 4f. ἠ έ ρ ι … π ο λ λ ῇ κ ε κ α λ υ µ µ έ ν ο ς : Kombination der VA-Formel ἠέρι καὶ νεφέλῃ κεκαλυµµένοι/αι (Od. 8.562 Phaiakenschiffe, 11.15 Kimmerier) und der VE-Formeln (ἐ)κάλυψε δ’ ἄρ’ ἠέρι πολλῇ (Il. 3.381, 11.752, 20.444, 21.597) / κεκάλυπτο δ’ ἄρ’ ἠέρι πολλῇ 21.549 (Apollon, während er den Troer Agenor unterstützt) / κεκαλυµµέναι ἠέρι πολλῷ Hes. Th. 9 (Musen). — ἠ έ ρ ι … π ο λ λ ῇ : variierbare Nomen-Epitheton-Formel (12× fgrE).
791 VA = 1.197, 17.486; 2. VH = 23.380 (Nom.); ≈ 2.265 (s.d.), Od. 8.528. — Daß Apollon sich hinter Patroklos stellt und ihm auf den Rücken schlägt, enthält die Implikation, daß Apollon Patroklos heimlich und überraschend angreift und damit
788 ἐνί: = ἐν (R 20.1). — κρατερῇ: zum -η nach -ρ- R 2. 789 ὅ: = οὗτος/Patroklos, τόν = τοῦτον/Apollon. — κατὰ κλόνον: mit ἰόντα zu verbinden. 790 ἠέρι: Dat. zu ᾱ̓ήρ. 791 στῆ δ’ ὄπιθεν: ‘trat von hinten (an ihn) heran, trat hinter (ihn)’. — εὐρέε … ὤµω: Dual.
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das nachfolgende un- (oder über-)natürliche Geschehen 792b–806a auslöst. Das Motiv ‘Angriff von hinten’ wird hier in zweierlei Hinsicht verschieden vom üblichen Gebrauch eingesetzt: (1) mit wohlwollender Absicht kommen von hinten Athene zu Achilleus (1.197; sie zieht ihn am Haar und erscheint ihm in eigener Gestalt) und Zeus zu Hektor (15.694f.; er treibt ihn mit der Hand von hinten an; vgl. Ares 5.595; s. ausführl. PUCCI [1985] 1998, 72f.); (2) normalerweise werden fliehende Krieger von hinten getroffen (308n.). Dadurch wirkt die vorl. Stelle außergewöhnlich: Apollon schickt hier Patroklos durch seinen Schlag ebenso in den Tod wie er 22.213 durch seinen Weggang Hektor dem Schicksal überlassen wird – die Figur des Patroklos hat ihre Aufgabe in der Ilias-Handlung erfüllt und kann jetzt ‘eliminiert’ werden. Man hat daher – mit wieviel Recht, ist wegen des Fehlens eindeutiger Indizien fraglich – von einer Opferung (CIANI 1974a, 122– 124; MUELLNER 1996, 16f.) oder sogar Hinrichtung gesprochen (LEUZZI 2008, 293f.), zumindest von einem ‘Ritual’ im weitesten Sinn (WILLCOCK zu 791–822; COLLINS 1998, 41–45; vgl. oben 165n.); möglicherweise geben Darstellungen auf att. Vasenbildern, die den soeben getöten Patroklos als Widder zeigen (mit Namensbeischrift), ebenfalls diese rituelle Vorstellung wider (GRIFFITHS 1985; COLLINS a.O. 44f.; TARENZI 2005, 34–38). – Eine ähnl. Geste wie hier findet sich bei der demütigenden Drohung des Odysseus gegen Thersites 2.265f. (Hieb mit dem Stab auf den Rücken; Thersites krümmt sich) und bei der Abstrafung der Aphrodite durch Athene 21.424f. (Schlag auf die Brust; Aphrodite sinkt zu Boden). ε ὐ ρ έ ε τ ’ ὤ µ ω : VE-Formel (360n.).
792 1. VH s.u. — Zur ‘Handgreiflichkeit’ des Gottes s.o. 704n. – Das Verdrehen der Augen ist die äußerlich wahrnehmbare Folge des heftigen Schlags auf den Rücken und signalisiert die Handlungsunfähigkeit, die Betäubung, den ‘Schock’ des Patroklos (‘wie vom Schlag getroffen’). Die Augen stehen auch sonst im Zusammenhang mit Bewußtseinsveränderungen: (a) Poseidon bannt die Augen des Alkathoos und lähmt ihn, so daß er nicht fliehen kann (13.435; s. TURKELTAUB 2005, 168); (b) Formulierungen wie ‘Finsternis bedeckte seine Augen’ u.ä. (316n.) bilden Metaphern für Bewußtlosigkeit und Tod (schol. D; MUELLNER 1996, 17); vgl. auch 349–350n. χ ε ι ρ ὶ κ α τ α π ρ η ν ε ῖ : formelhaft für die (eigtl. nach unten gerichtete) ‘flache Hand, Handfläche’ in versch. Gesten von Göttern u. Menschen, meist am VA (im Sg. auch h.Ap. 333 [Gebet] u. Od. 13.163f. [Versteinerung des Phaiakenschiffs]; im Pl. beim Schenkelklopfen [125n. mit Lit.]: 15.113f., 15.397f., Od. 13.198f.), einmal im Vers-Innern (Eurykleia betastet Odysseus’ Narbe: Od. 19.467f. [Pl.]); s. schol. bT; UNTERMANN; JANKO zu 791–2. Andere Deutung von καταπρηνής bei LEUMANN 1950, 77f.: ‘niederfahrend, -schlagend’. — 792 στρεφεδίνηθεν: = ἐστρεφεδινήθησαν (R 16.1–2). — δέ (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1). — ὄσσε: ‘Augen’, Nom. Dual; zur Verbindung mit einem Präd. im Pl. R 18.1.
Kommentar
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σ τ ρ ε φ ε δ ί ν η θ ε ν : dt. ‘er verdrehte die Augen’; das expressive hom. hapaxP (imitiert bei Quintus v. Smyrna 13.7) widerspiegelt die ‘Gewalt des Schlags’ (schol. bT); wohl ein sog. Dvandva (Kopulativkomp.) ‘drehen und wirbeln’ wie z.B. neugr. ἀνοιγοκλείνω ‘öffnen und schließen, auf- und zumachen’ (FRAENKEL 1913, 31–33; SCHW. 1.645; anders LEAF, UNTERMANN, RISCH 181: Denominativum eines Kompositums *στρεφεδίνης ‘Wirbel drehend’; vgl. στροφοδινέοµαι mit nominalem Vorderglied bei Aischylos Agam. 51).
793–804 Die Entwaffnung des Patroklos durch Apollon (der zu Beginn und am Ende der Darstellung ausdrücklich genannt ist: 793, 804) wird in ungefähr umgekehrter Reihenfolge zur Wappnung (130–144) geschildert: dort Beinschienen – Brustpanzer – Schwert – Schild – Helm – zwei Speere (mit Hervorhebung des letzten Rüstungsstücks), hier Helm – Lanze – Schild – Brustpanzer (mit Hervorhebung des ersten Rüstungsstücks: 793–800n.); s. BANNERT 1988, 162f.; DI BENEDETTO (1994) 1998, 278f.; LEUZZI 2008, 294. Wie aus der Erwähnung des Achilleus als des früheren Trägers des Helms in 796ff. klar hervorgeht, ist hier das Waffentauschmotiv vorausgesetzt (278–283n.; REINHARDT 1961, 319f. 326f.; REICHEL 1994, 131); dazu gehört auch, daß die von Patroklos getragenen Bestandteile von Achills Rüstung (Helm, Schild, Brustpanzer) lediglich herunterfallen, während die nicht von Achilleus stammende Lanze zerstört wird (801–802n.). Wahrscheinlich ist darüber hinaus impliziert, daß Achills Rüstung, die die Götter Peleus anläßlich seiner Hochzeit mit Thetis geschenkt haben (17.194–197, 18.83–85), eine magische Wirkung hat und dank ihrer Undurchdringlichkeit den Träger unverwundbar macht; die Entfernung der Rüstung durch einen Gott wäre dann die Voraussetzung dafür, daß ein hom. Held Patroklos verwunden bzw. töten kann (entsprechend wird Achill bei der Tötung Hektors – der zu diesem Zeitpunkt seine, d.h. Achills, Rüstung tragen wird – eine ungedeckte Stelle am Körper suchen müssen: 22.321–325). Freilich vermeidet es der hom. Erzähler weitgehend, solche magischen oder mysteriösen Phänomene beim Namen zu nennen (KAKRIDIS 1961, 297; GRIFFIN 1977, 40; MUELLER [1984] 2009, 118; EDWARDS 1987, 68. 255f. 296; vgl. 527–531n. a.E.). Im vorl. Fall ist die übernatürliche Qualität nur indirekt aus dem hom. Epos und aufgrund von nachhom. ikonogr. u. literar. Quellen zu erschließen, s. KAKRIDIS a.O. passim; EDWARDS 1990, 316–321; JANKO zu 130–154 a.E.; EDWARDS zu 18.84–5 und Introd. zu Il. 18, S. 140f.; DE JONG zu Il. 22.322. ἀ π ὸ µ ὲ ν κ ρ α τ ὸ ς κ υ ν έ η ν β ά λ ε … Ἀ π ό λ λ ω ν · | 7 Vv. | … ἄ γ η … ἔ γ χ ο ς | … | ἀ σ π ὶ ς ̣ … π έ σ ε …·· | λ ῦ σ ε δ έ ο ἱ θ ώ ρ η κ α … Ἀ π ό λ λ ω ν : “All this occurs instantaneously, but the poet must describe one detail after another […]. To the highly imaginative listener it must have been a thrilling moment” (BASSETT 1923, 119), “the effect is almost that of seeing a sequence of events in slow motion” (RUTHERFORD [1996] 2013, 112; vgl. DE JONG 2007, 32; JANKO zu 791–804; ähnl. 114–118 [dazu 112–113n.]). D.h. Apollon hat in der Vorstellung des Erzählers zugleich mit dem einen Schlag ohne zusätzliche Manipulationen auch den Helm abgeworfen usw.: REICHEL (1894) 1901, 78f. (macht für den Panzer freilich eine Ausnahme); KURZ 1966, 28f. (“[d]ie Wirkung von Apollons vernichtendem Schlag
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[…] wird […] in erster Linie an dem Versagen und Niederfallen der Waffen gezeigt”); BANNERT 1988, 162 (“Stück für Stück lösen sich die Waffen […] von ihm”); LfgrE s.vv. θώρηξ 1099.34ff., λύω 1727.60f.; anders SHEAR 2000, 178 Anm. 113 (Apollon löse manuell das Kinnband des Helms und die Lederriemen des Brustpanzers). – Die Darstellung hat eine chiastische Struktur: Apollon als Subjekt und aktivische Prädikate für das erste und das letzte Rüstungsstück, intrans. Prädikate (ἄγη, πέσε) für die beiden mittleren Stücke.
793–800 Der Erzähler macht den Helm in einem emotionalen Kommentar (DE JONG [1987] 2004, 18; RICHARDSON 1990, 163–165 mit Anm. 33) zum Sinnbild des Untergangs von Patroklos, von Hektor und letztlich auch von Achilleus, Sohn der Göttin Thetis (der bisher ebenso unbesiegt ist, wie der – von den Göttern stammende [17.194–196] – Helm unversehrt geblieben ist; vgl. 798n.): “Das sonst hoch getragene und durch den stolz nickenden Helmbusch (16.138) noch erhöhte Stück rollt nun unter die Füße der Pferde, was sonst glänzt und Glanz gibt, wird nun von Staub und Blut besudelt” (PATZER 1972, 37). Der Sinnbild-Charakter wird durch eine Verdichtung von verschiedenen pathetischen Motiven unterstrichen, die so oder ähnlich auch anderswo in der Ilias verwendet werden: (a) der Helm wird zu Boden geworfen (793), (b) er macht Lärm (794), (c) er rollt zwischen die Beine der Pferde (von denen im Kontext des Kampfes Mann gegen Mann nicht weiter die Rede ist) (794), (d) die Haare des Helmbuschs werden mit Blut und Schmutz besudelt (795f.); (e) außerdem wird der Gegensatz zwischen einem früheren Idealzustand und der (von Zeus herbeigeführten) jetzigen Veränderung betont (der Helm, der zuvor Achills anmutige Stirn schützte, liegt jetzt am Boden und geht auf Hektor über) (796–800), wobei (f) eine ausdrückliche Verbindung von Achilleus über Patroklos zu Hektor hergestellt wird (mit ProlepseP von Hektors Tod, nämlich durch Achilleus) (800). Die Parallelen zu (a): 13.577f. (Helenos schlägt Deïpyros den Helm vom Kopf), 14.497f. bzw. 20.481f. (Peneleos bzw. Achilleus schlägt Ilioneus bzw. Deukalion den Kopf mitsamt dem Helm ab); zu (b): s.o. 105n.; zu (c): 13.578f. (der Helm des Deïpyros rollt zwischen die Füße der Kämpfenden, von wo ein Achaier ihn wieder aufhebt), 14.410f. (Aias trifft Hektor mit einem Stein, der bei den Füßen der Kämpfenden herumrollte); zu (d): 15.537f. (der Helm des Dolops – dessen Helmbusch frisch mit Purpur gefärbt worden ist – fällt auf den schmutzigen Boden), 17.51f. (die Locken des toten Euphorbos werden vom Blut feucht); zu (e): 22.401–404 (Zeus gewährt den Griechen die Schleifung Hektors; das früher anmutige Haupt liegt auf dem staubigen Erdboden); zu (f): s. 419–683n. u. 799b–800n. – Literatur allg.: LEINIEKS 1973/74, 105; GRIFFIN 1980, 134ff., bes. 136f.; EDWARDS 1987, 264f.; LYNN-GEORGE 1988, 211f.; VAN NORTWICK 1992, 60; BRILLET-DUBOIS 1999/2000, 14f.; speziell zu (a): LONGO 1996, 45; zu (d): 639n. a.E.; FENIK 1968, 163; SEGAL 1971, 41f.; THALMANN 1984, 48; (e): SEGAL a.O.
Kommentar
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793 VA = 5.292, 10.458, 15.125, Od. 22.475. — V. 793 hat inhaltl. u. sprachl. Parallelen – außer den 793–800n. unter (a) genannten – in 6.472 (Hektor nimmt vor dem erschreckten Astyanax den Helm ab), 10.458 (Diomedes u. Odysseus nehmen Dolon den Helm ab), 15.125 (Athene hält Ares davon ab, in den Kampf einzuschreiten, indem sie ihm die Rüstung abnimmt), Od. 14.276 (Lügengeschichte des Odysseus, der als Bittflehender den Helm und die ganze Rüstung hingelegt habe). κ υ ν έ η ν : synonym mit τρυφάλεια (795) und πήληξ (797) für ‘Helm’ verwendet (70b– 72a n.; zur urspr. Bed. ‘Hundefell’ s. 3.316n.). — Φ ο ῖ β ο ς Ἀ π ό λ λ ω ν : 527n. 794 1. VH ≈ 24.165. — Die k-Alliteration (bereits 793) und die Häufung weiterer ‘harter’ Laute dürften das Geklirre des Helms imitieren (JANKO; LYNN-GEORGE 1988, 211). — κ α ν α χ ὴ ν ἔ χ ε : 104–105n. — π ο σ σ ὶ ν ὕ φ ’ ἵ π π ω ν : Es ist unklar, ob diese lok. Bestimmung (1) mit κυλινδοµένη (i.S.v. ‘rollte zwischen die Hufe der Pferde’) oder (2) mit καναχὴν ἔχε (‘machte unter den Hufen der Pferde ein Gerassel’) zu verbinden ist (sofern man nicht ohnehin von einem Bezug ἀπὸ κοινοῦ ausgehen will). Trotz der Wortstellung und des lok. Dativs dürfte Deutung (1) von der Sache her natürlicher wirken (vgl. 13.578 µετὰ ποσσὶ κυλινδοµένην, ebenfalls von einem Helm; s.o. Punkt (c) in 793–800n.) – dt. dann etwa ‘rollte rasselnd unter die Hufe’ –, während sich (2) allenfalls durch das Motiv der ‘unter den Füßen der Menschen und Pferde erdröhnenden Erde’ stützen ließe (2.465f., 20.157f.).
795 2. VH ≈ 23.732 (und vgl. 16.797). — Der Helmbusch ist bereits in der (freilich formelhaften) Rüstungsszene hervorgehoben worden (137f.). Zur Funktion des Helmbuschs aus Pferdehaar s. die Hinweise in 135–138n. – Die emphat. Wiederholung des Ausdrucks ‘mit Staub/Erde besudelt’ im ähnlich aufgebauten V. 797 (1. VH Nomen-Epitheton-Formel für Helm, 2. VH Verb ‘besudeln’) unterstreicht die Ungehörigkeit des Vorgangs. α ὐ λ ῶ π ι ς τ ρ υ φ ά λ ε ι α : Formel mit altertüml. Nomen (3.372n.) und schon in der Antike unklarem Epitheton (am VA nochmals 13.530, am VE im Dat. 5.182, in Formelsprengung 11.352f.) – “the metaphor, not the name, of a helmet” (WHITMAN 1958, 126). αὐλῶπις ist im fgrE das einzige Adj. auf -ωπις, das nicht ein Lebewesen beschreibt, und daher schwer zu deuten; es bezieht sich entweder auf das Rohrstück (αὐλός), an dem der Helmbusch befestigt wurde, oder auf im weitesten Sinne zylindrisch geformte Augenlöcher: STUBBINGS 1962, 515; ausführl. LfgrE s.v.; weitere Lit. bei KIRK zu 5.182–3. — δ ὲ ἔ θ ε ι ρ α ι : Wegen unsicherer Etym. ist unbekannt, ob ἔθειραι urspr. einen Digamma-Anlaut hatte (FRISK; BEEKES); Hiat kommt auch in 22.315 vor. Zum Gebrauch des Worts im fgrE s. 19.382n.
796 1. VH = 2. VH von 639 u.ö. (s.d.); 2. VH ≈ 18.386/425, 24.642, Od. 5.88. — Zu ‘Blut und Staub/Erdreich’ 486n.; zu blutbesudelten Gegenständen 333–334n. 793 τοῦ: = Patroklos (demonstr.-anaphor. Pron.: R 17); Gen. abh. von κρατός (oder ἀπὸ κοινοῦ von κρατός u. κυνέην). — κρατός: Gen. zu τὸ κάρα (hom. κάρη 798), ‘Haupt, Kopf’. 794 ἣ δέ: dazu als Apposition τρυφάλεια (795). — ποσσὶν ὕφ’: ὑπὸ ποσίν (R 20.2; R 9.1). 796 κονίῃσι: zur Flexion R 11.1. — πάρος γε: nämlich solange Achill selbst den Helm getragen hatte (798f.). — µέν: ≈ µήν (R 24.6). — ἦεν: = ἦν (R 16.6).
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ο ὐ θ έ µ ι ς ἦ ε ν : Die Wendung ‘es ist/war (nicht) thémis’ (oder ‘wie es thémis ist/war’) gehört der Figuren-SpracheP an; im Erzähler-TextP steht sie nur hier, 14.386 und ‘Hes.’ Sc. 22 (GRIFFIN 1986, 38). thémis wird dabei mit Blick auf die Nennung von Zeus in V. 799 meist als ‘göttl. Wille, göttl. Ordnung’ gedeutet, was auch zu den genannten Parallelstellen 14.386 (‘es ist nicht thémis, im Kampf mit Poseidon und seinem blitzgleichen Schwert zusammenzutreffen’) und ‘Hes.’ Sc. 22 (ὃ … Δ∆ιόθεν θέµις ἦεν) paßt; zudem wird der frühere Besitzer des Helms (Achill) hier selbst als ‘göttlich’ bezeichnet (798; s. z.B. BENVENISTE 1969, 103f.; YAMAGATA 1994, 74; JANIK 2003, 60f.). Eine noch weiter gefaßte Deutung versteht thémis mit Blick auf die zugrundeliegenden großen Zusammenhänge (Handlungskette Patroklos–Hektor–Achilleus, s. 793–800n.) als ‘Weltordnung’ (SAMPSON 2009, 51– 56: “natural or cosmic order” [56]; vgl. PELLOSO 2012, 72–76: “ordine teo-fisico”). 797 vgl. 795. — Vier-Wort-Vers (496n.). — ἱ π π ό κ ο µ ο ν : 216n. 798 ἀ ν δ ρ ὸ ς θ ε ί ο ι ο : Im Unterschied zum wohl formelhaften Ἀχιλλῆος θείοιο (19.279n.) dürfte das Attribut in der vorl. Periphrastischen BenennungP bedeutungsvoll und zugleich ambivalent sein: einerseits markiert es wie in 17.198–202 den “Gegensatz zum todverfallenen Hektor” (dem darüber hinaus die Rüstung des Achilleus nichts nützen wird: LfgrE s.v. θεῖος 988.3ff.; LEAF; JANKO zu 794–5), andererseits verblaßt die Göttlichkeit des Achilleus angesichts seines nun nicht mehr aufzuhaltenden Todes (THALMANN 1984, 48f.: “irony and incongruity”). — χ α ρ ί ε ν : Das Adjektiv bed. ‘reizend, anziehend’ und wird im hom. Epos gelegentlich kontrastierend zu einer Besudelung (hier des Helms) verwendet; es suggeriert so die Vergänglichkeit des Betroffenen (von Achilleus nochmals 18.23f. [πρόσωπον], von Hektor 22.402f. [κάρη]): 18.24n. mit Lit. – Als Attribut zu µέτωπον im fgrE noch bei Aristeas fr. 6 Bernabé / 2 (iii) Davies (von den einäugigen Arimaspen). 799a ῥ ύ ε τ ’ Ἀ χ ι λ λ ῆ ο ς : emphat. EnjambementP mit nachträglicher Nennung des Eigennamens nach ἀνδρὸς θείοιο: wirkungsvolle Stilfigur (521n.; EDWARDS 1966, 153).
799b–800 Hektors baldiger Tod wird auch 17.198–208 und 18.132f. mit dem Anlegen von Achills Rüstung verknüpft (18.132–133n.); überhaupt wird von 15.68 an Hektors Tod wiederholt explizit angekündigt (interne ProlepsenP; im 16. Gesang hier und 852–854; s. 18.92n. mit Lit.). Die vorl. Stelle zeichnet sich durch besonderes Pathos aus (vgl. 793–800n.): V. 800 vereinigt den höchsten Triumph Hektors – er wird Achills Helm tragen (1. VH) – mit seinem Untergang (2. VH; s. RUTHERFORD 1982, 154; [1996] 2013, 113). Der Gedanke, daß Zeus Hektor den Helm des Achilleus gibt, weil er bald sterben wird – “segno di gloria ma anche di morte imminente” (LEUZZI 2008, 286) –, findet sich auch in 15.610ff. (Zeus ehrt Hektor, weil er nur noch kurz zu leben hat [von WEST als interpoliert betrachtet]) und 17.206ff. (Zeus verleiht Hektor, nachdem dieser auch die übrigen Teile von 799 ῥύετ(ο): Impf. zu ἔρυµαι/ῥύοµαι ‘schützen’; dur. Impf: ‘schützte immer’. 800 ᾗ: Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). — κεφαλῇ: präpositionsloser dat. loci (R 19.2). — φορέειν: Frequentativum zu φέρειν; unkontrahierte Form R 6. — σχεδόθεν: hier = σχεδόν ‘nahe’ (aber 807 ‘von nahe, aus der Nähe’). — δέ (ϝ)οι: Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1).
Kommentar
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Achills Rüstung angelegt hat, Stärke als Kompensation dafür, daß er nicht mehr aus dem Kampf heimkehren wird): SCHADEWALDT (1938) 1966, 107; RICHARDSON 1990, 137; DI BENEDETTO (1994) 1998, 300; RACE 1999/2000, 218f. σ χ ε δ ό θ ε ν δ έ ο ἱ ἦ ε ν ὄ λ ε θ ρ ο ς : ähnl. 19.409 (Pferd Xanthos zu Achilleus): ἀλλά τοι ἐγγύθεν ἦµαρ ὀλέθριον, 18.133 (Thetis zu Achill über Hektor): φόνος ἐγγύθεν αὐτῷ. Die ablativ. Funktion des Suffixes -θεν ist in σχεδόθεν/ἐγγύθεν oft verblaßt (LEJEUNE 1939, 316. 321). — δ έ : ≈ γάρ (90n.; AH zu 799; RACE 1999/2000, 218f.).
801–802 Die Lanze des Patroklos wird in dem Augenblick, als sie durch Apollons Einwirkung zerbricht, mit fünf Attributen als groß und massiv gekennzeichnet (was durch die schiere Anzahl der Attribute noch unterstrichen wird); die Kernaussage ‘starke Waffe zerbricht’ wirkt dabei geradezu wie ein Oxymoron. Die Gegensätzlichkeit wird durch einen impliziten Bezug auf Achills berühmte Lanze (141: ‘schwer, groß, wuchtig’) verstärkt (Patroklos hatte an ihrer Stelle lediglich ‘zwei kräftige Speere’ in die Hand genommen; vgl. 130–144n.). Aus diesem Bezug ergibt sich ein “ironische(r) Hintersinn” (PATZER 1972, 37), eine “hintergründige Ironie” (BANNERT 1988, 160f. 163 [Zitat: 163]); s. auch LORD 1995, 83–85; DE JONG 2012, 32; allg. Lit. zur Epitheta-Reihung: 183n. a.E.; zur Häufung von Attributen vgl. etwa Od. 1.99f. (Lanze der Athene), 9.425f. (Widder des Polyphem), 12.118f. (Skylla), 15.405f. (Insel Syriē), 18.372f. (Rinder). 801 ≈ 3.367. — π ᾶ ν … ἄ γ η : prädikatives πᾶν wie in 412 (κεφαλὴ) πᾶσα κεάσθη. — δ ο λ ι χ ό σ κ ι ο ν ἔ γ χ ο ς : VE-Formel (3.346n.). 802 β ρ ι θ ὺ µ έ γ α σ τ ι β α ρ ό ν : Epitheton-Häufung zur Bez. der Lanze des Patroklos (hier), des Achilleus (141, 19.388) u. der Athene (5.746, 8.390, Od. 1.100): 19.388–389n. Vgl. die VE-Formel µέγα τε στιβαρόν τε als Epitheton von σάκος (5× Il., 1× Hes.) u. φάσγανον (22.307 mit DE JONG z.St.). — κ ε κ ο ρ υ θ µ έ ν ο ν : wörtl. ‘behelmt’, d.h. mit einer (Bronze-) Spitze versehen (3× VE-Formel δοῦρε δύω κεκορυθµένα χαλκῷ): 3.18n.; UNTERMANN.
803 Der (lederne) Tragriemen des Schildes dürfte i.d.R. über die linke, derjenige des Schwertes über die rechte Schulter geführt worden sein, so daß sich die beiden Riemen auf Brusthöhe kreuzten (14.404–406n., 18.479b–480n. mit Lit.; ANSELMI 1998, 76f.; vgl. Herodot 1.171.4; dagegen scheint Diomedes den Schildriemen über die rechte Schulter getragen zu haben: 5.98/5.796–798).
τ ε ρ µ ι ό ε σ σ α : iliad. hapaxP, sonst τερµιόεντα χιτῶνα Od. 19.242 (Gastgebergeschenk), Hes. Op. 537 (Winterbekleidung), myk. te-mi-dwe-ta *τερµίδϝεντα (häufiges Attribut von Wagenrädern, s.u.). Bildung wie µητιόεις ‘reich an µῆτις’ (RISCH 152 mit Anm. 139) zum nur bei Hesych belegten Vorderglied τέρµις = πούς. Entsprechend lauten die antiken Deutungen: ‘bis zu den Füßen reichend, (genügend) lang/groß, passend’ (z.B. schol. D; Hesych s.vv. τερµιόεν/-εντα/-εσσα). Man hat dabei teils an den myk. Langschild gedacht (TRÜMPY
801 χείρεσσιν: zur Flexion R 11.3. — ἄγη: intr. Aor. zu ἄγνυµαι ‘(zer)brechen, bersten’. 802 αὐτάρ: progressiv, ‘aber, und’ (R 24.2).
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1950, 24; ANSELMI 1998, 69f.; vgl. ἀσπὶς ποδηνεκής 15.645f.; allg. zum Langschild 2.388–389n.), teils an (wohl aus Stoff gefertigte) Schürzen, die den (Rund-)Schild nach unten verlängern (dargestellt auf den sog. Klazomenischen Sarkophagen [~550–450 v. Chr.]: PICARD 1955; BORCHHARDT 1977, 3; WEST zu Hes. Op. 537; es dürfte sich hierbei jedoch um eine nachhom. Erfindung handeln: COOK 1981, 124). Ausgehend vom Grundwort τέρµα ‘Ende’ (vgl. τέρµιος ‘letzter, äußerster’) bietet sich als Alternative die folgende Deutung an: ‘mit einem Rand versehen’, d.h. ‘mit breitem (od. verziertem od. auf andere Weise speziell gearbeitetem) Rand (oder Saum)’: HELBIG (1884) 1887, 174f. 320; LEJEUNE 1958, 20; MARINATOS 1967, 8; MEIER 1975, 75; UNTERMANN; DELG s.v. τέρµα; LSJ Suppl.; JANKO; bes. zu den Schildrändern: FRANZ 2002, 49f.; 18.479b–480n. Weniger wahrscheinl. ‘reich an Enden’ i.S.v. ‘mit Quasten versehen’ (GÖBEL 1858, 18f.; LEAF; zu den Troddeln der Aigis 2.448n.; vgl. das VE des Plusverses 3.338a ἄσπιδα τερσανόεσσαν, viell. ein Versehen für θυσανόεσσαν od. τερµιόεσσαν [LEAF zu 3.334; WEST app.crit. zu 3.338a]). Die Bed. von myk. te-mi-dwe-ta ist umstritten und daher für die Verwendung des Worts im hom. Epos wenig aufschlußreich; (a) basierend auf der erwähnten Hesych-Glosse (πούς): ‘mit Streben versehen, verstrebt’, in bezug auf die Befestigung der Speichen an der Felge (Gegensatz o-da-twe-ta ‘verzahnt’; beide Techniken lassen sich in den Linear B-Ideogrammen für ‘Rad’ wiedererkennen); (b) mehr am Grundwort τέρµα ‘Ende’ orientiert: ‘mit einem (flachen) Reifen versehen’ (Gegensatz o-da-twe-ta ‘mit Spikes versehen’); (c) aufgrund von zusätzl. Materialangaben wie ‘von Elfenbein’, ‘mit Horn’: Bez. einer nicht näher bestimmbaren Verzierung der Räder. Für (a) RUIJGH (1979) 1991, 142–144; PLATH 1994, 82–87; DMic s.vv.; für (b) VENTRIS/CHADWICK (1956) 1973, 370. 517; CHADWICK/BAUMBACH 1963, 248; ohne Entscheidung: CROUWEL 1981, 87f.; DUHOUX 2008, 276. – Lit. zu der weniger wahrscheinlichen Variante (c): LEJEUNE a.O. 21; CROUWEL a.O. 88; LUJÁN/BERNABÉ 2012, 630.
804 1. VH ≈ 4.215 (Machaon löst Menelaos den Gürtel; vgl. h.Ven. 164). — ἄ ν α ξ Δ∆ Δ∆ιι ὸ ς υ ἱ ὸ ς Ἀ π ό λ λ ω ν : VE-Formel (4× Il., 1× Od., 1× ‘Hes.’ fr. 235.1 M.-W., 4× hom.h.; außerdem flektierbares ἄναξ Δ∆ιὸς υἱός nach der Zäsur A 2: 1× Il., 2× hom.h.; zu Δ∆ιὸς υἱὸς Ἀπόλλων 720n.). Die Formel spiegelt die Rolle des Zeus in der vorl. Szene (JANKO zu 804– 5). Metr. äquivalente Formel: ἄναξ ἑκάεργος Ἀπόλλων (2× Il., 1× Od., 6× hom.h.; s. 94n.).
805–806a Meistens wird der hier in einer dreigliedrigen (in V. 805 zudem chiastischen) Reihung beschriebene körperlich-seelische Zustand des Patroklos als Folge von Apollons Schlag (d.h. als Fortsetzung von 792 ‘er verdrehte die Augen’) betrachtet, und zwar im Sinne einer Kampfunfähigkeit (Wehrlosigkeit) wie bei Alkathoos, der durch Poseidon in 13.434ff. betäubt und gelähmt wird (REINHARDT 1961, 322; SULLIVAN 1988, 140f.; PATZER 1996, 107f.; HERSHKOVITZ 1998, 151f.; WEST 2007, 488f. [mit weiteren Parallelen]). Möglicherweise liegt jedoch eine zweite Reaktion des Patroklos vor, nun nicht mehr auf den Schlag, sondern auf den Verlust der Rüstung, den er als Folge eines göttlichen Eingriffs erkennt, so wie z.B. Aias in der Zerstörung seiner Lanze ein Zeichen des Zeus erkennt (119– 122a n.): DEICHGRÄBER 1952, 115f.
804 θώρηκα (ϝ)άναξ: zur Prosodie R 4.3.
Kommentar
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805 2. VH ≈ 18.31, Od. 18.341. — ἄ τ η : Anders als z.B. 685 (s.d.) liegt hier keine durch den Betroffenen mitverschuldete ‘Verblendung’ vor (unbedachte Handlung), sondern vielmehr physisch eine Ausschaltung des Bewußtseins: ‘Benommenheit, Betäubung’ (AH; STALLMACH 1968, 37. 40; DOYLE 1984, 7f.); ähnl. ἐκ … πλήγη φρένας 403–404a n. (dort auch allg. zu φρένες; spez. zur Lokalisierung der ἄτη in den φρ. 19.88n.). Zur Verbindung Abstraktum (ἄτη) + Verb des Ergreifens vgl. 22n., 30n. (ähnl. 24.480 ἄνδρ’ ἄτη … λάβῃ). — λ ύ θ ε ν δ ’ ὕ π ο φ α ί δ ι µ α γ υ ῖ α : 312n. (hier i.S.v. ‘erschlaffen, den Halt verlieren, kraftlos/gelähmt werden’). φαίδιµα γ. ist VE-Formel (7× Il., 1× Hes.); zum Epitheton vgl. 577n. 806a VA = 11.545 (Aias wird von Zeus in Schrecken versetzt), 24.360 (Idaios sieht in der Dunkelheit einen Mann herankommen); ähnl. 22.293 (Hektor hat seinen letzten Speer verschossen). — τ α φ ώ ν : ‘wie gelähmt, paralysiert’ (24.360n.).
806b–815 Kampfszene im ABC-SchemaP (287–290a n. mit Lit.); außergewöhnlich ist, daß der B-Teil dem Angreifenden (Euphorbos) und nicht wie sonst üblich dem Angegriffenen (der hier freilich hinlänglich bekannt ist) gewidmet ist. Der Erzähler zeichnet dabei ein ambivalentes Bild von Euphorbos: obwohl aus naher Distanz und von hinten angreifend, fügt Euphorbos dem entblößten Patroklos lediglich eine Verwundung zu; danach holt er sich seinen Speer wieder und zieht sich ohne weiteren Kampf in die Menge zurück (Teile A und C; ähnl. im Nibelungenlied Hagen von Tronje, der Siegfried von hinten ersticht und dann flieht [JANKO zu 777–867, S. 409]). In Teil B (808–811) wird hingegen seine militärische Tüchtigkeit (809n.) und sein Erfolg im Krieg (810–811n.) hervorgehoben (die positive Charakterisierung wird in seinem Zweikampf gegen Menelaos 17.9ff. weitergeführt, bes. 17.51f./53ff./80f.). Der Auftritt dieser ambivalenten Figur erlaubt es dem Erzähler, einerseits den Gegner des Patroklos als nicht zu schwach und nicht zu stark erscheinen zu lassen, andererseits Hektors Sieg ein Stück weit zu relativieren (dazu 784–867n.). In der Folge ergibt sich daraus für Menelaos die Gelegenheit, Patroklos an Euphorbos – sozusagen Hektors Stellvertreter – zu rächen (ein direkter Zweikampf zwischen Menelaos und Hektor mit tödlichem Ausgang für Hektor wäre undenkbar – die Rache an Hektor bleibt Achilleus vorbehalten): schol. T zu 810f. a.E. (dazu NÜNLIST 2009, 56); BASSETT 1923, 119f.; MERZ 1953, 51; STRASBURGER 1954, 34f.; SCODEL 2002, 95f.; BURGESS 2003, 80; STOEVESANDT 2004, 145f. (“Der Held, der den ersten Streich gegen Patroklos führt und kurz darauf fällt […], darf kein Niemand sein”); ALLAN 2005, 4–6; WILLCOCK zu 808; allg. zur narrativen Funktion solcher Figurenbeschreibungen s. RICHARDSON 1990, 37f. (“add something to our assessment of the scene. […]
805 τὸν … φρένας: Akk. des Ganzen und des Teils (R 19.1); τόν = τοῦτον (R 17). — λύθεν … ὕπο: = ὑπελύθησαν (R 16.1–2, 20.2); im hom. Epos kann das Präd. bei einem Neutr. Pl. (hier γυῖα) im Sg. oder Pl. stehen. 806 δουρί: zur Flexion R 12.5.
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aid in the evaluation of the scene at hand”); Stellensammlung zum Motiv der Kriegstüchtigkeit in Figurenbeschreibungen: STOEVESANDT a.O. 128. In neoanalytischen Deutungen (vgl. 419–683n., 684–867n.) wird Euphorbos als Figuren‘Dublette’ des Paris gesehen, der zusammen mit Apollon Achilleus töten wird (MÜHLESTEIN [1972] 1987; JANKO zu 808–11), oder gar des Achilleus selbst, der in gewisser Weise Patroklos’ Tod verschulde (LOWENSTAM 1981, 122–124; NICKEL 2002); contra: ALLAN 2005, der nachweist, daß die Figur des Euphorbos allein aus dem vorl. Kontext heraus erklärbar ist; zusammenfassend s. auch HORN 2014, 237 Anm. 1035.
806b–807 2. VH von 806 = 20.488; ≈ 5.40, 8.95, 8.258, 11.447, 22.283 (stets von Flüchtenden, vgl. 308n.). — “Die Tat des Euphorbos ist die menschliche Fortsetzung des göttlichen Wirkens” (sc. des Apollon), wie die wörtlichen Anklänge unterstreichen: nahe Position des Angreifers, Angriff von hinten, Treffer an Rücken und Schultern (KURZ 1966, 84 [mit Anm. 18]. 92; LEUZZI 2008, 296; vgl. 791n.). Zur ambivalenten Rolle des Euphorbos s.o. 806b–815n. Zugleich wird durch den zweifachen Treffer am Rücken das Schicksal des Patroklos in aller Tragik illustriert, zumal hier nirgends gesagt wird, daß Patroklos sich zur Flucht gewandt habe (dies die übliche Situation, in der ein Krieger von hinten getroffen wird: 308n.); RENEHAN 1987, 109; SALAZAR 2000, 157; KELLY 2007, 140; LEUZZI a.O. ὀ ξ έ ϊ δ ο υ ρ ί : 317n. — ὤ µ ω ν µ ε σ σ η γ ύ ς : VA-Formel, sonst stets mit der Fortsetzung διὰ δὲ στήθεσφιν ἔλασσεν (5.41, 5.57, 8.259, 11.448, Od. 22.93); an der vorl. Stelle führt der Treffer nur zu einer nicht-tödlichen Verletzung (KELLY 2007, 139 mit Anm. 1). — σ χ ε δ ό θ ε ν β ά λ ε : σχεδόθεν nur hier in Kombination mit βάλλω, dem t.t. für den Fernkampf – bezeichnend für Euphorbos (806b–815n.); ähnl. nur noch 17.600 ἔβαλε σχεδὸν ἐλθών (s. 24n., 319n.; TRÜMPY 1950, 107; RENGAKOS 1993, 73). — β ά λ ε Δ∆ Δ∆ά άρδανος ἀνήρ: Präd. und Subj. (Herkunftsbezeichnung) sind spannungssteigernd ans Satzende, der Eigenname als Apposition im Enjambement an den nächsten VA verschoben (521n.; AMMANN 1922, 35; UNTERMANN zu 807f.; βάλλω + δουρί sind sonst i.d.R. eng miteinander verbunden: 399n. a.E. mit Lit.). — Δ∆ Δ∆ά ά ρ δ α ν ο ς ἀ ν ή ρ : Das Attribut ‘dardanisch’ wird hier synonym verwendet mit ‘troisch’, vgl. 17.80 Euphorbos ‘der Beste der Troer’ (s. 2.701n. [dort vom in der Ilias namenlos bleibenden Besieger des Protesilaos]; WEST 2011, 327).
808 2. VH ≈ 13.431, Od. 2.158. — Panthoos ist Angehöriger des troischen Ältestenrats, Vater u.a. von Euphorbos u. Polydamas: 535–536n. – Euphorbos (806b– 815n.) tritt nur in der vorl. Episode auf; er wird 17.1ff. von Menelaos getötet. Der Name Euphorbos bed. ‘der gute Weiden hat’ (Possessivkomp.) oder ‘der (die Herden) gut weiden läßt, gut füttert’ (verbales Rektionskomp.) (MÜHLESTEIN [1972] 1987, 79; WATHELET s.v.; UNTERMANN); hist. mehrfach belegt (LGPN; WATHELET); das Hinterglied (zu phérbō ‘weiden’) ist im Myk. bezeugt: MYK. — ἡ λ ι κ ί η ν ἐ κ έ κ α σ τ ο : Die verglichene Personengruppe bei κεκάσθαι ‘herausragen, sich auszeichnen’ steht meist wie hier im 807 ὤµων µεσσηγύς: = µεταξὺ ὤµων. — ἄνηρ: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 808 ἡλικίην: zum -η- nach -ι- R 2.
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Akk.; ἡλικίη fungiert dabei als Kollektivum (= ὁµηλικίη, s. Iterata): ‘Altersklasse, Altersgenossen’. Zu κεκάσθαι 24.535n.; LE FEUVRE 2008, 314f.; zu ἡλικίη PORZIG 1942, 206f.
809 1. VH = 11.503; 2. VH ≈ 342 u.ö. (s.d.). — Nach dem ‘Gesetz der wachsenden Glieder’ gebauter Vers mit Epitheton beim dritten Nomen (397n.). — ‘Lanze, Wagenlenken und schnelle Füße’ bezeichnen militärisch-sportliche Kategorien (589– 592n.; die ‘Lanze’ kann dabei metonymisch für Kriegstüchtigkeit im allgemeinen stehen: ‘im Kämpfen’ [195n.]). Die drei Fertigkeiten werden im vorl. Kontext in unterschiedl. Weise aktualisiert: Euphorbos trifft Patroklos mit dem Speer (806f.) und hat seinen Streitwagen schon mehrfach erfolgreich eingesetzt (810f.); die läuferische Leistung schließlich wird im Vatersnamen gespiegelt: Panthoos = ‘ganz schnell’. Als herausragende (a) Krieger, (b) Wagenlenker und (c) Läufer werden in der Ilias u.a. auch folgende Helden bezeichnet: (a) der Kleine Aias 2.530, der Große Aias 7.289 und Tydeus 14.124f., (b) Eumelos 23.289, (c) der Priamossohn Polydoros 20.410 und Antilochos 23.756. Zur Kombination (a)+(c) s.o. 186n. (Eudoros, Antilochos, Achilleus). – Die Betonung der Überlegenheit anhand von drei Kriterien findet sich auch 3.431 (Helena über Paris: Kraft, Arme, Lanze) u. 13.432 (Anchises’ Tochter Hippodameia: Schönheit, Arbeiten, Verstand), anhand sogar von vier Kriterien Od. 8.253 (Alkinoos über die Phaiaken: Schiffahrt, Füße, Tanz, Gesang); zur Verbindung von Konkreta (hier Lanze, Füße) u. Abstrakta (hier Wagenlenkung) s. PORZIG 1942, 128f. (ähnl. z.B. Il. 24.546 ‘Reichtum und Söhne’). 810–811 Euphorbos erhält das Profil eines Helden, der wie z.B. Nestor (der in seinem ersten Kampf 100 Männer in ihren Wagen getötet hat: 11.683f./717– 721/748f.) schon in jungen Jahren überdurchschnittliche Taten vollbringt: WEST 2007, 428f., mit Parallelen (vgl. auch Zweikampf Nestor–Ereuthalion 7.132ff.; allg. zur überhöhenden Charakterisierung des Euphorbos oben 806b–815n.). Die Jugendlichkeit des Euphorbos kommt auch im Gleichnis vom jungen Ölbaum 17.53ff. zum Ausdruck. Allerdings wird die hier erwähnte Parforce-Leistung im Stile einer Helden-Biographie in eine (nicht eindeutig bestimmbare) frühere Zeit verlegt, vielleicht in eine frühere Phase des Troianischen Kriegs (s. die Diskussionen in schol. A zu 810 und bT zu 810f.; ERHARDT 1894, 310f.). 810 Die Zwanzig ist eine Typische ZahlP zur Angabe einer großen runden Zahl, also ‘volle zwanzig’; hier als Folie für Patroklos, der seinerseits zuletzt 27 Gegner getötet hat (785) und gegenüber Hektor behaupten wird, daß er – wäre er nicht von Apollon außer Gefecht gesetzt worden – leicht mit 20 Angreifern wie Hektor zurechtgekommen wäre (847f. [s.d.]): LfgrE s.v. ἐείκοσιν; WALTZ 1933, 18f.; REINHARDT 1961, 489. Außer Patroklos verzeichnen in der Ilias nur noch Nestor 809 καρπαλίµοισιν: zur Flexion R 11.2. 810 ἐ(ϝ)είκοσι: = εἴκοσι. — βῆσεν: kausativ, ‘machte, daß sie ausstiegen; ließ aussteigen’.
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(810–811n.) sowie Hektor u. Achilleus eine bessere ‘Trefferquote’ als Euphorbos (Liste der getöteten Gegner bei SINGOR 1991, 53f. Anm. 110/112/113). — Hom. Krieger kämpfen i.d.R. zu Fuß, der Streitwagen wird lediglich zum Transport benutzt (etwa bei der Flucht: 343n.; weitere Hinweise zum Streitwagengebrauch: 20n.). Dennoch kommt es im Epos gelegentlich vor, daß nicht nur Wagenlenker, sondern auch Krieger anscheinend mitten im Kampf auf ihrem Wagen getroffen werden, außer an den unten aufgeführten Parallelstellen z.B. auch 5.608f., 8.312f.; an der vorl. Stelle dürfte das ‘Stoßen aus dem Wagen’ prägnant den Tod der betreffenden Gegner implizieren. κ α ὶ γ ὰ ρ δ ή π ο τ ε : καὶ γάρ, z.T. wie hier verstärkt durch δή, führt ein konkretes Beispiel zur Illustration einer vorausgehenden allgemein formulierten Aussage ein (19.95n.; DE JONG zu Il. 22.46); das temporale Adverb (hier ποτε, 19.95 νυ, Od. 22.29 νῦν) unterstreicht die Konkretisierung. — φ ῶ τ α ς ἐ ε ί κ ο σ ι : die gleiche Junktur mit umgekehrter Reihenfolge noch 3× Od. (ἐείκοσι φῶτας / εἴκοσι φῶτες); die Vers-Position des Zahlworts bleibt dabei unverändert (Wortende bei Zäsur C 2; so auch die Mehrheit der übrigen Belege von (ἐ)είκοσι und überhaupt von Wörtern der gleichen prosod. Gestalt; vgl. HAINSWORTH 1968, 63f.). — β ῆ σ ε ν ἀ φ ’ ἵ π π ω ν : ‘holte sie von ihrem Wagen herunter’, sonst meist als Element (6) ‘Fall des Kriegers’ in typ. Kampfszenen (289–290n.): 5.163f. ἐξ ἵππων … | βῆσε κακῶς ἀέκοντας, 5.19 ὦσε δ’ ἀφ’ ἵππων, 11.143/320 ἀφ’/ἐξ ἵππων ὦσε χαµᾶζε, 11.109 ἐκ δ’ ἔβαλ’ ἵππων, 20.489 ἀπὸ δ’ ἅρµατος ὦσε, Ausnahme 5.835 ἀφ’ ἵππων ὦσε χαµᾶζε: Athene stößt Sthenelos lebend aus Diomedes’ Wagen (KURZ 1966, 23; vgl. 742b–743n.). – Zur VE-Formel ἀφ’ ἵππων 733n.
811 1. VH ≈ Od. 10.154. — Die geläufige Vorstellung, daß das Kriegshandwerk erlernbar ist, findet sich auch in 2.823 u.ö. (‘jeglichen Kampfes kundig’), 9.440– 443 (Phoinix über Achilleus), 11.719 (Neleus über Nestor), 16.359 (Hektors ‘Know-how’), 21.487f. (Hera über Artemis); weitere Stellen: READY 2011, 131f. δ ι δ α σ κ ό µ ε ν ο ς π ο λ έ µ ο ι ο : Zum partitiven Gen. bei Ausdrücken des Lernens, Wissens, Kundigseins s. SCHW. 2.107f.; CHANTR. 2.55f.; er entspricht dem Inf. bei Tyrtaios fr. 11.27 West διδασκέσθω πολεµίζειν.
812–813a Korrigierende Aussagen wie hier i.S.v. ‘traf, aber tötete nicht’ spielen mit der Erwartungshaltung des Publikums, ähnl. 5.188/191; weitere Belege für solche “negative statements” bei DE JONG (1987) 2004, 64f. mit Anm. 52 (S. 261). – Die Angabe ‘als erster’ dient sowohl der Figurencharakterisierung als auch der Hörerlenkung: (1) sie unterstreicht Euphorbos’ jugendliche Tollkühnheit, (2) sie bereitet das Publikum auf den Todesstoß des Hektor – also des zweiten menschlichen Angreifers – vor (818ff.). – Zur Apostrophe ‘Patroklos’ s.o. 20n., 777–804n. 811 πρῶτ(α): ‘zum ersten Mal’. — ἐλθών: temp. (‘als’) od. konz. (‘obwohl’) zu übersetzen. — ὄχεσφι: Dat. Pl. zu ὄχεα ‘Wagen’; zur Flexion R 11.4. — διδασκόµενος: erläuternd zu πρῶτ’ ἐλθὼν …, ‘wobei er die Kriegskunst überhaupt erst lernte’. 812 ὅς: demonstr.-anaphor. Pron. (R 17). — τοι: = σοι (R 14.1).
Kommentar
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ὃ ς … ἐ φ ῆ κ ε β έ λ ο ς : Im ABC-Schema knüpft der C-Teil oft mit einem Demonstrativpron. und einem sinnverwandten Präd. an den A-Teil an (dort 807 βάλε): 593–602n. — Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς ἱ π π ε ῦ : 20n. — ο ὐ δ ’ ἐ δ ά µ α σ σ (εε ): δαµάζω ‘bezwingen’ kann in zugespitztem Sinn ‘töten’ bedeuten, d.h. hier (mit Verneinung): der Getroffene ist nur verwundet (ähnl. 5.106, 5.138 [Gleichnis], 5.191, 5.278; nur Rüstung getroffen 3.368). Anders 816 δαµασθείς: ‘bezwungen’ i.S.v. ‘unterliegend, außer Gefecht gesetzt’. Vgl. 103n.
813b–815 2. VH von 813 = 11.354. — Daß der Angreifer den Gegner (oder dessen Schild) ohne Todesfolge trifft und sich danach ins Gros des Heeres zurückzieht, um einem sofortigen Gegenschlag zu entgehen (wobei er gerade während des Rückzugs dennoch Gefahr läuft, getötet zu werden), ist ein verbreitetes hom. Kampfmotiv, so etwa auch 11.434ff. (Sokos), 13.159ff. (Meriones), 13.526ff. (erneut Meriones, der sich wie Euphorbos seine Waffe zurückholt), 13.560ff. (Adamas), 13.646ff. (Harpalion), 17.43ff. (erneut Euphorbos); vgl. 14.408n.; FENIK 1968, 102. 217; PAGANI 2008, 383. 384f. 393. 395. Im vorl. Zusammenhang wirkt der Rückzug freilich ambivalent (806b–815n.), wenn nicht sogar feige (STOEVESANDT 2004, 145. 272f.; PAGANI a.O. 397). α ὖ τ ι ς ἀ ν έ δ ρ α µ ε , µ ί κ τ ο δ ’ ὁ µ ί λ ῳ : Zur Darstellung des Rückzugs eines Kriegers vgl. den Formelvers 817 (s.d.) sowie die versch. Formulierungen 3.36 αὖτις καθ’ ὅµιλον ἔδυ, 5.599 ἀνά τ’ ἔδραµ’ ὀπίσσω (Gleichnis), 7.217f. ἀναδῦναι | ἂψ λαῶν ἐς ὅµιλον, 11.354 (wie hier, aber ohne αὖτις), 17.533 ἐχώρησαν πάλιν αὖτις, 20.379 αὖτις ἐδύσετο οὐλαµὸν ἀνδρῶν u.a. — µ ί κ τ ο : medialer Wurzelaor. zu µίσγοµαι/µείγνυµαι ‘sich mischen (unter)’ (SCHW. 1.751; CHANTR. 1.383; vgl. RISCH 234. 236f.); nur hier, im Iteratvers 11.354 u. in Od. 1.433 (mit Augment) belegt, selten in späterer Epik (vgl. HOEKSTRA 1965, 136); zur Schreibweise mit -ῐ- WEST 1998, XXXII.
814 1. VH ≈ 504. — Daß ein Held ‘nicht standzuhalten wagt’, ist ein typ. Kampfmotiv: 14.488f. (Akamas beim Ansturm des Peneleos), 15.582ff. (Antilochos, als Hektor ihm entgegenkommt), 22.136f./251f. (Hektor vor Achilleus): PAGANI 2008, 396ff. – Zum Herausziehen der Waffe s.o. 504n. ἁ ρ π ά ξ α ς : Im Unterschied zu neutralem ἕλκω u.ä. steht ἁρπάζω hier “vom furchtsamen, also hastigen und damit heftigen ‘Herausreißen’ der Lanze”: LfgrE s.v. 1343.17ff., 1345.22ff. — δ ό ρ υ µ ε ί λ ι ν ο ν : 114n. 815 VA + VE = 17.2. — γ υ µ ν ό ν π ε ρ ἐ ό ν τ (α α ): “[T]his brief comment […] emphasizes what the narrative already suggests to be the narrator’s judgment on the action” (nämlich die Ambivalenz von Euphorbos’ Rolle angesichts des wehrlosen Patroklos [806b–815n.]): RICHARDSON 1990, 160f. (mit Parallelen S. 236 Anm. 28). — ἐ ν δ η ϊ ο τ ῆ τ ι : vgl. 91–92n.
813 οὐδ(έ): im hom. Epos auch nach affirmativen Sätzen (R 24.8). — ἐδάµασσ(ε): zum -σσR 9.1. — ὃ µέν: bereitet 816 Πάτροκλος δέ vor. 814 χροός: = χρωτός. — µείλινον: ‘aus Eschenholz’; Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). 815 γυµνόν περ ἐόντ(α): = καίπερ γ. ὄντα (R 24.10, 16.6), ‘ohne Waffen, schutz-/wehrlos’.
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816 Zur Verbindung von göttlicher u. – hier durch den Speer vertretener – menschlicher Einwirkung vgl. die Formulierung von Patroklos in seiner bevorstehenden letzten Rede in 844–846 u. 849f. sowie allg. oben 103n. π λ η γ ῇ κ α ὶ δ ο υ ρ ί : Das nomen actionis πληγή nimmt 791 πλῆξεν wieder auf, das Konkretum δουρί wird aus V. 806 wiederholt (PORZIG 1942, 37). — δ ο υ ρ ὶ δ α µ α σ θ ε ί ς : flektierbare VE-Formel (10× Il.; vgl. 3.436n.). Zur Bed. von δαµάζω 812–813a n. a.E.
817 ≈ (ἂψ δ’) 3.32 (s.d.), 11.585, 13.566, 13.596, 13.648, 14.408; 1. VH (bis Zäsur C 2) = 13.165; ≈ (ἂψ δ’) 13.533; ferner 3.35 u.ö. (VA-Formel, s.d.). – Sonst stets auf Troer bezogener Formelvers für den Rückzug eines Kriegers in den Schutz seiner Heeresgruppe (14.408n.; KURZ 1966, 144f.), hier wie in 11.585 u. 13.596 aufgrund einer soeben erlittenen Verwundung; freilich kommt Patroklos – anders als Eurypylos und Helenos an den beiden soeben genannten Stellen – nicht weit und wird noch während des Rückzugs von Hektor getötet: 818ff. (der Tod während des Rückzugs widerfährt auch Adamas 13.566ff. und Harpalion 13.648ff., die sich aber – anders als Patroklos – unmittelbar nach einem erfolglosen Angriff zurückgezogen haben [813b–815n.]; ähnl. Hektor 14.408ff., der während des Rückzugs aber lediglich verwundet wird). ἔ θ ν ο ς : ‘Heerhaufen, Menge’ (2.87n., 3.32n.). — κ ῆ ρ ’ ἀ λ ε ε ί ν ω ν : de conatu (14.408n.).
818–863 Die inhaltlichen und strukturellen Parallelen, die zwischen den Darstellungen von Patroklos’ und Hektors Tod bestehen (vgl. 419–683n.), sind so eng und zahlreich, daß der Erzähler die beiden Szenen – so sehr sie auch auf typ. Elementen von Kampfszenen mit anschließender Triumphrede beruhen (s.u.) – mit Sicherheit in ausdrücklichen Bezug zueinander gesetzt wissen wollte; die zweite der beiden Szenen dürfte dabei als Erweiterung und Steigerung zur ersten angelegt sein (fünf statt drei Reden; zur vorl. Reden-Abfolge A–B–A’ s. die Stellensammlung bei BLOM 1936, 41). Dazu kommen weitere Gemeinsamkeiten der beiden Figuren: sie mißachten strategisch wichtige Hinweise ihrer Berater (Patroklos/Achilleus: 16.684–687; Hektor/Polydamas: 18.249–309, 22.99–103), Apollon u. Athene schwächen die Position von Patroklos bzw. Hektor entscheidend (16.784ff., 22.226ff.; Vergleich der beiden Passagen bei MUELLER [1984] 2009, 122f.), der Schauplatz ihres Untergangs ist vor oder zumindest nahe bei dem Skäischen Tor (16.712, 22.6). Hingegen bittet Patroklos im Unterschied zu Hektor (und anderen Troern) nicht um Schonung des Leichnams (oder des Lebens) (vgl. dazu schol. bT zu 847f.; BASSETT 1933, 50f.; WEST 2011, 328 [zu 844–54]; DE JONG zu 22.337– 54 u. 337–43). Ausführliche Deutungen und/oder tabellarische Übersichten bei: RICHARDSON zu 22.330–67; DE JONG zu 22.326–66; BASSETT 1923, 121; FINGER816 δουρί: sc. des Euphorbos. 817 ἄψ: ‘zurück’. — ἑτάρων: = ἑταίρων. — ἐχάζετο: Impf. de conatu, ‘versuchte/schickte sich an, sich zurückzuziehen’.
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LE 1939, 160f.; FENIK 1968, 217f.; LOHMANN 1970, 159–161 (“Übergreifende Komposition”); PARKS 1990, 61f.; TAPLIN 1992, 243–247; DE ROMILLY 1997, 42– 45. 157–162; ACETI 2008, 124 Anm. 294.
16.818–863 Patroklos’ Tod 818–828 Hektor zielt auf Patroklos und verwundet ihn tödlich am Bauch; Patroklos stürzt zu Boden. 829 Einleitung der Triumphrede (ἐπευχόµενος); es folgt ein Dialog mit 3 Reden, darunter die ‘letzten Worte’ des Patroklos. 830–833a ‘Du glaubtest Troia einnehmen zu können, du Tor’ (που ἔφησθα, νήπιε). 833b–836a Hektor als erfolgreicher Verteidiger Troias (µεταπρέπω). 836b ‘Die Geier werden dich fressen’. 843 Patroklos antwortet mit letzter Kraft (τὸν δ’ ὀλιγοδρανέων προσέφης). 844–850 Die Götter haben Patroklos an Hektor ausgeliefert; sonst hätten auch 20 Troer P. nicht überwältigen können. 851–854 ‘Bedenke!’: Todesprophezeiung an den Sieger. 855–857 Tod des Patroklos (identischer Wortlaut). 858 Kommentar Hektors (τὸν καὶ τεθνηῶτα προσηύδα). 859–861 Zurückweisung der Todesprophezeiung. 862f. Herausziehen der Waffe [Abnehmen der Rüstung bereits erfolgt: 846].
22.322–366 Hektors Tod 322–330a Achilleus zielt auf Hektor und verwundet ihn tödlich am Hals; Hektor stürzt zu Boden. 330b Einleitung der Triumphrede (ἐπηύξατο); es folgt ein Dialog mit 5 Reden, darunter die ‘letzten Worte’ Hektors. 331–333a ‘Du glaubtest Patroklos ohne Konsequenzen töten zu können, du Tor’ (που ἔφης, νήπιε). 333b–335a Achilleus als erfolgreicher Rächer des Patroklos (µέγ’ ἀµείνων). 335b–336 ‘Die Hunde und Raubvögel werden dich erbeuten’. 337 Hektor antwortet mit letzter Kraft (τὸν δ’ ὀλιγοδρανέων προσέφη). 345–354 Hektors Leichnam wird den Eltern auch für ein 20-faches Lösegeld nicht herausgegeben werden. 358–360 ‘Bedenke!’: Todesprophezeiung an den Sieger. 361–363 Tod Hektors (identischer Wortlaut). 364 Kommentar des Achilleus (τὸν καὶ τεθνηῶτα προσηύδα). 365f. Relativierung der Todesprophezeiung. 367–369a Herausziehen der Waffe und Abnehmen der Rüstung.
“This kind of repetition […] is a means towards embodying the tragic design of the whole poem, in which victory includes the sure promise of death for the greatest victors”: MACLEOD, Introd. 44 (zur Tragik s. auch FAESI zu 841; DE ROMILLY a.O.). – Die Darstellung von Patroklos’ Tötung folgt der Typisierten EreignissequenzP ‘Zweikampf’ (s. dazu 419–683n.): (4) letzte Kampfrunde (818ff.), (6) Triumphrede des Siegers (829ff.), (5) letzte Worte des Sterbenden (843ff.), (7) Herausziehen des Speers aus dem Leichnam (862f.); Element (8), die Spoliierung des Besiegten, ist durch Apollon vorweggenommen worden (793ff., 846).
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818–828 Kurze Kampfszene des Typs ‘Krieger greift Gegner beim Rückzug an’ (vgl. die in 813b–815n. zitierten Stellen; JANKO zu 818–22; STOEVESANDT 2004, 219), mit anschließendem Gleichnis. Allg. zu den auch hier vorl. typ. Elementen 284–290a n.; zur Beschreibung des Falls 822n.; zum Gleichnis 823–828n. – Die Szene weist ringkompositorische Elemente auf: Nennung von Hektor u. Patroklos (818/827f.), ‘tötet von nah mit dem Speer’ (820/828), die ‘Gewalt’ des Löwen gegen den Eber (Gleichnis 823/826) (VAN OTTERLO 1948, 36; BALTES 1983, 45f.). 818 1. VH = 15.484; ≈ 11.284, 15.422, 20.419; vgl. auch 16.278. — Zum Nebeneinander der beiden Namen Hektor und Patroklos s.o. 684–867n. Ἕ κ τ ω ρ δ ’ ὥ ς : VA-Formel (7× Il., davon 5× mit einem Verb der Wahrnehmung verbunden [Iterata]). ‘Hektor’ hat die Funktion des Themaworts (278n. mit Lit.). — Π α τ ρ ο κ λ ῆ α µ ε γ ά θ υ µ ο ν : Zur Junktur s. 594n. a.E. – µεγάθυµος ist generisches EpithetonP (286n.), nur hier von Patroklos (in 18.335 µεγαθύµου σεῖο φονῆος ist unklar, ob es zu Patroklos oder zu Hektor gehört [s.d.]); vgl. 257–258n. zu µεγαλήτορι.
819 1. VH ≈ 17.47, ‘Hes.’ Sc. 336, ferner Il. 7.264, 13.740, 21.403, Od. 7.280; 2. VH ≈ Il. 13.212, Od. 11.535 (Nom.). — “The neat chiasmus in 819 sums up and inverts 816f.”: JANKO zu 818–22. — Zum Rückzug aufgrund einer Verletzung s.o. 817n.; zum ‘Rückwärtsgang’ des Kriegers – Hektor wird Patroklos von vorne treffen – s. KURZ 1966, 145f.; 14.409n. ἂ ψ ἀ ν α χ α ζ ό µ ε ν ο ν : Der Formelvers 817 wird öfter wie hier durch ein bed.-gleiches Ptz. wiederaufgenommen (13.566f., 13.648ff., 14.408f.: ἀπιόντα/-ος). — ὀ ξ έ ϊ χ α λ κ ῷ : 623n. 820 1. VH ≈ (mit δέ οἱ statt ῥα οἱ) 4.529, Od. 15.95; (mit δέ σφ’ statt ῥα οἱ) Il. 24.283, Od. 8.300, 15.57, 20.173, 24.99, 24.439, ‘Hes.’ Sc. 325. Die Formel der 1. VH bez. nur hier und 4.529 eine feindliche Absicht. — ἀ γ χ ί µ ο λ ο ν : ‘nahe (zu ihm)’; Hektors Angriff aus der Nähe wird anschließend mit dem üblichen Nahkampf-Verb οὐτάω beschrieben (anders Euphorbos 807 σχεδόθεν βάλε, s. 806b–807n.). Wiederaufgenommen in 828 σχεδὸν ἔγχεϊ θυµὸν ἀπηύρα. — κ α τ ὰ σ τ ί χ α ς : ‘die Reihen entlang, durch die Reihen hindurch, in die Reihen hinein’ (vom Kampfgeschehen: hier und 5.590, 11.91, 11.343, 17.84; anders 3.326 ‘reihenweise’). Zur Bed. von στίχες s.o. 173n. — ο ὖ τ α δ ὲ δ ο υ ρ ί : Variante der VEFormel οὔτασε δουρί (597n.). Zum athem. Wurzelaor. οὖτα vgl. 24n. 821 ≈ Od. 22.295 (vgl. auch Il. 13.388); 1. VH = 5.857, 11.381; 2. VH = 309 u.ö. (s.d.). — ν ε ί α τ ο ν : ‘äußerster, unterster’; zur Wortbildung vgl. 2.824n. — κ ε ν ε ῶ ν α : ‘die Weichen’ (zu κενός: der ‘leere Raum’ zwischen Rippen u. Becken; Suffix -ων öfter bei Körperteilen, z.B. ἀγκών ‘Ellbogen’, ἀνθερεών ‘Kinn’, βραχίων ‘Oberarm’: RISCH 58), hom. Bez. für die Bauchgegend (318n.; vgl. auch νείαιραν κατὰ γαστέρα 465n.). — δ ι ά π ρ ο : 309n. 818 Πατροκλῆα (µ)µεγάθυµον: zur Prosodie M 4.6; zur Flexion R 11.3. 819 ἀναχαζόµενον, βεβληµένον: = ὅτι ἀνεχάζετο βεβληµένος. 820 ῥα (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.3; οἱ = αὐτῷ (R 14.1), Dat. abh. von ἀγχίµολον, ‘nahe zu ihm hin’. — οὖτα: 3. Sg. Aor. zu οὐτά(ζ)ω. 821 ἐς: = εἰς (R 20.1). — ἔλασσεν: = ἤλασεν (R 16.1; R 9.1).
Kommentar
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822 ≈ 599; 1. VH = 325 u.ö. (s.d. zur VA-Formel); 2. VH ≈ 1.454, 16.237. — Die vorl. VA-Formel vom dumpfen Fall des tödlich getroffenen Körpers wird oft gefolgt von der Feststellung, daß die Rüstung beim Aufprall rasselt (6× Il., 1× Od.: 325n.) oder daß der Sieger dem Getöteten die Rüstung abnimmt (5.617f., 15.524): beides wird hier vermieden, da Patroklos ja bereits ohne Rüstung dasteht (schol. bT; KRAPP 1964, 303; EDWARDS 1987, 265; LEUZZI 2008, 298). – Die 2. VH bewirkt Pathos: die Achaier haben ihren zur Zeit besten Anführer verloren (17.689f.; s. schol. bT). Zum Gedankengang vgl. auch 599f. (Tod des Bathykles). ἤ κ α χ ε : ‘stürzte das Heer in Betrübnis’, s.o. 16n.; zum möglichen WortspielP von ἄχος und Ἀχαιοί 21–22n. — λ α ὸ ν Ἀ χ α ι ῶ ν : 237n.
823–828 “Wieder stehen an einer entscheidenden Stelle des 16. Buches zwei typische Angriffstiere einander gegenüber, aber es sind nicht mehr zwei gleich starke Tiere, sondern ein Löwe und der ihm von Natur aus unterlegene Eber. Hektor ist gleichsam der Löwe geblieben, als der er im Gleichnis von 756ff. [sc. im Zweikampf um den Leichnam des Kebriones] gegen Patroklos gekämpft hatte, aber Patroklos ist zum unterlegenen Eber geworden […]. [D]ie beiden Gleichnisse […] markieren den Anfangs- und den Endpunkt der Kämpfe zwischen Hektor und Patroklos, Höhepunkt und Ende der Aristie des Myrmidonenführers”: BALTES 1983, 44f. Im einzelnen sind folgende Bezüge zwischen 823ff. und 756ff. zu nennen: (a) V. 824 = 1. VH von 757 + 2. VH von 758 (Schauplatz Gebirge, unerbittlicher Kampf, Dual); (b) Kampfmotiv: 825 Durst, 758 Hunger; (c) Kampf um ein begehrenswertes Objekt: 825 Quelle, 757 Hirschkuh. Auch ein Bezug auf das Gleichnis 487ff. (Sarpedons Tod) ist möglich: während der Stier (Sarpedon) dort kampflos zugrunde geht (im Vordergrund steht das Stöhnen des Stiers), kämpft der Eber (Patroklos) hier mit vollem Einsatz (823 ‘unermüdlich’, 826 ‘schwer keuchend’ sc. vor Anstrengung). Überhaupt gilt der Eber/Keiler als mutiges, kräftiges, wehrund standhaftes Tier, gerade auch im Vergleich mit Löwen (v.a. 7.256f., 13.471– 475, 17.20–22; nachhom. Quellen bei JANKO zu 823–6). Wildschwein und Löwe stehen öfter als Vergleichsobjekte nebeneinander (z.B. 7.256f., 8.338, 11.293), ein Zweikampf zwischen den beiden ist im fgrE aber nur hier und in der Schildbeschreibung ‘Hes.’ Sc. 168–177 dargestellt (die übrigen Eber-Gleichnisse sind meist als Jagdszenen gestaltet; der Tod eines Ebers wird dabei nirgends geschildert). So vermittelt die imagery interaction (2.87n., oben 429n.) über die vorangehende ambivalente Schilderung von Patroklos’ Tod hinaus (vgl. 784–867n.) einerseits das Bild eines starken, lange Zeit ungeschlagenen Patroklos (ähnl. die Zwillinge Krethon und Ortilochos im Löwengleichnis 5.554ff.), was im So-Teil durch den Hinweis auf die vielen getöteten Gegner (827) bestätigt wird, andererseits das 822 µέγα: adv., ‘sehr, heftig’.
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Ilias 16
Bild des siegreichen Hektor. Das vorl. Gleichnis ist vielfach und vielfältig behandelt worden: schol. bT zu 823; KRAPP 1964, 263; KRISCHER 1971, 74f.; SCHNAPPGOURBEILLON 1981, 46. 82f.; BALTES a.O.; STOEVESANDT 2004, 269f. 345; BECK 2005, 179f.; CAMEROTTO 2009, 164f.; READY 2011, 211f.; HAINSWORTH zu 11.292–3; JANKO a.O.; s. auch 406–410n., 419–683n. (in der Liste der Parallelen), 756–761n. Allg. zum Wildschwein im hom. Epos und auf frühen Abbildungen BUCHHOLZ u.a. 1973, 30ff.; SCOTT 1974, 58ff. 181; VERMEULE 1979, 88ff.
Zur ringkompositorischenP Anlage des Wie-Teils 823/826 (v.a. ἐβιήσατο χάρµῃ / ἐδάµασσε βίηφιν, Aorist) mit der Detailschilderung im Zentrum (824f., Präsens) vgl. 818–828n.; zur Kombination von Präsens und Aorist im Gleichnis s.o. 355n. 823 ὡ ς δ ’ ὅ τ ε : 212–213n. — ἀ κ ά µ α ν τ α : 176n. — χ ά ρ µ ῃ : ‘Kampfgier, Angriffslust’, verallgemeinert ‘Kampf’; hier ist die erste Nuance wahrscheinlich (dann instrumentaler Dat.), die zweite freilich nicht unmöglich (lokaler Dat.); s. die Diskussionen bei PORZIG 1942, 172f.; LATACZ 1966, 25f.; UNTERMANN; LfgrE. 824 1. VH = 757 (s.d.); 2. VH = 758 (s.d.). — Vgl. 823–828n.
825 Die ‘spärliche Quelle’ (bei der sich die durstigen Tiere zufällig treffen) bietet zu wenig Platz u. Wasser für zwei (schol. bT). Wasser als Gleichnismotiv: 160n.
π ί δ α κ ο ς : ‘Bergquell’ (hom. hapaxP; vom gleichen Stamm gebildet: πιδήεις 11.183, πολυπῖδαξ 14.157–158n.). Die Etym. ist unbekannt, hier viell. volksetym. gedeutet im WortspielP πίδακος ἀµφ’ / πιέµεν ἄµφω (JANKO; LfgrE). — ἀ µ φ (ίί ): ‘(kämpfen) um’ (496n.). — ἐ θ έ λ ο υ σ ι : ἐθέλω von Tieren auch 5.233 (dir. Rede), 13.572 (Gleichnis wie hier), 17.433 (Erzähler-Text), Hes. Op. 209 (Tierfabel). Zur Übertragung menschlicher Affekte auf Tiere in Gleichnissen 24.42–43n. mit Lit. (so auch µέγα φρονέοντε µάχεσθον V. 824, vgl. 823–828n.). — π ῑ έ µ ε ν : Das -ῑ- ist metr. gedehnt (im fgrE noch Od. 16.143 u. 18.3 belegt, πῐέµεν hingegen Od. 15.378 u. h.Cer. 209): UNTERMANN; allg. zu den Formen von πίνω LEUMANN (1957a) 1959; DELG. 826–827 π ο λ λ ὰ … ἀ σ θ µ α ί ν ο ν τ α …, | ὣ ς π ο λ έ α ς π ε φ ν ό ν τ α : Das WortspielP mit Reim vor der Zäsur B 2 unterstreicht die Gemeinsamkeiten zwischen dem ‘unermüdlichen’ Eber, der ‘viel keuchen’ mußte, und Patroklos, der ‘viele getötet’ hat (AH; LEAF; JANKO zu 823–6); πολέας πεφνόντα läßt außerdem an Zeus’ Ankündigung 15.66 zurückdenken, nach der Hektor den Patroklos töten werde πολεῖς ὀλέσαντ’ αἰζηούς. – ἀσθµαίνοντα bez. die Atemnot bei schwerer Anstrengung, das ‘Keuchen’, wie 109 von Aias (109–111a n.); hier in der Todesszene wird möglicherweise proleptisch auch das ‘Röcheln’ des Sterbenden angedeutet (wie z.B. 5.585, 21.181f.): schol. bT; KRAPP 1964, 163; LfgrE.
824 ὥ: Dual des Relativpron.; bezieht sich auf λέων und σῦν. — τ(ε): ‘episches τε’ (R 24.11), ebenso 826. — κορυφῇσι: Ortsangabe ohne Präp. (R 19.2); zum Plural R 18.2. — φρονέοντε µάχεσθον: Dual (Präs.). 825 ἐθέλουσι: Dual u. Pl. können frei kombiniert werden (R 18.1). — πιέµεν: Inf. (R 16.4). 826 πολλά: adv. ‘sehr, schwer’. — ἀσθµαίνοντα: sc. σῦν. — βίηφιν: instr. Dat. Sg. (R 11.4).
Kommentar
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827–828 Die beiden Kontrahenten sind auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung beide mit dem Vatersnamen versehen: Menoitios-Sohn, Priamos-Sohn (Emphase). Zum Nebeneinander von Patroklos u. Hektor vgl. oben 684–867n. 827 ≈ 18.455. — Μ ε ν ο ι τ ί ο υ ἄ λ κ ι µ ο ν υ ἱ ό ν : 278n. 828 2. VH ≈ 20.290 (‘Wenn nicht’-SituationP), 21.179 (Achill tötet Asteropaios und hält eine Triumphrede über den Gefallenen wie hier Hektor; vgl. 502–505n.; JANKO zu 823–6 a.E.). — Ἕ κ τ ω ρ Π ρ ι α µ ί δ η ς : flektierbare VA-Formel, nur Il. (7× Nom., 5× Akk., 3× Dat.); zudem 7× im Enjambement (Name u. Patronymikon auf zwei Verse verteilt). — σ χ ε δ ό ν : d.h. ‘im Nahkampf’, 820n. — ἔ γ χ ε ϊ : synonym mit 820 δουρί (139–140n.). — θ υ µ ὸ ν ἀ π η ύ ρ α : flektierbare VE-Formel (6.17n. a.E.). Zum Wurzelaor. ἀπηύρα 19.89n. a.E. 829 ≈ 21.409 (fem.), 21.121 (ἀγόρευεν), 21.427 (fem., ἥ δ’ ἄρ’, ἀγόρευεν); 1. VH ≈ h.Ap. 370 (ὣς φάτ’); 2. VH = 6 u.ö. (s.d. zur VE-Formel). – Der Wechsel zwischen προσηύδα und ἀγόρευεν in Rede-EinleitungsformelnP mit ἔπεα πτερόεντα ist durch den Adressatenkreis bedingt: προσηύδα leitet Reden an eine Einzelperson ein (so auch hier), ἀγόρευεν Reden od. Gespräche in einem Kollektiv (EDWARDS 1970, 10f.); die Hss. bieten öfter wie hier beide Verben (s. app.crit.). — ἐ π ε υ χ ό µ ε ν ο ς : ἐπεύχοµαι ist das typ. Verb in der Rede-EinleitungP von Triumphreden (FINGERLE 1939, 153f.; vgl. oben 625n.). Als Ptz. präzisiert es die Rede-Absicht (ähnl. Fälle in 46n., 706n.), hier vom triumphierenden, prahlenden Jubel über den besiegten Gegner (was Patroklos genau so wahrnehmen wird: 844 ἤδη νῦν … µεγάλ’ εὔχεο; ebenso 11.379/388 Paris/Diomedes, vgl. CORLU 1966, 51).
830–842 In nur wenigen hom. Triumphreden (dazu 14.454–457n. mit Lit.) stellt sich der Sieger so selbstbewußt in den Mittelpunkt wie Hektor hier (mag er auch tatsächlich der beste Verteidiger von Troia sein: 6.402–403n.); ähnl. noch Achill über Asteropaios 21.184ff. und über Hektor 22.331ff. Dazu paßt, daß er zweimal seinen eigenen Namen in der 3. Person anführt (833 und – in einer imaginierten Rede des Achilleus – 840). Jedoch läßt das Wissen über den Verlauf der Handlung – Patroklos war eine leichte Beute, Hektors eigener Tod steht bald bevor – den Rezipienten erahnen, daß das Selbstbewußtsein eher eine Selbstüberhebung oder gar Selbsttäuschung sein dürfte (schol. b zu 833f.; LOHMANN 1970, 116f.; REDFIELD [1975] 1994, 149f.; SCHEIN 1984, 185f.; DE ROMILLY 1997, 143f.; GRETHLEIN 2006, 244; SCODEL 2008, 26; JANKO zu 830–63; s. 837–842n. u. 784–867n.). Hektor operiert mit zwei Unterstellungen, die der Verspottung des Unterlegenen dienen; die eine betrifft Patroklos und liegt im Rahmen der tatsächlichen Gegebenheiten (830ff. → 698f.: Angriff auf Troia, freilich subjektiv ausgemalt: SCO827 ὥς: = οὕτως. — πολέ͜ας: = πολλούς (R 12.2); zur Synizese R 7. — πεφνόντα: Ptz. zum Aor. πεφνεῖν ‘töten’. 828 Πριαµίδης: Anfangssilbe metr. gedehnt (R 10.1). — ἀπηύρα: ‘nahm jm. etw. weg’ (mit dopp. Akk.), Wurzelaor. eines defektiven Verbs (vgl. 831 Ptz. ἀπούρας). 829 καί (ϝ)οι: zur Prosodie R 4.4; οἱ = αὐτῷ (R 14.1), zu ἐπ-ευχόµενος ‘über ihn triumphierend’. — ἐπευχόµενος (ϝ)έπεα: zur Prosodie R 4.5.
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DEL 2012, 326), die andere betrifft Achill und steht dem Erzähler-Bericht diametral entgegen, s. 837–842n. – Folgende typ. Elemente von Triumphreden kommen vor: Vokative (hier gehäuft, stets am VA: 830, 833, 837; “bezeichnend für den scharfen Ton”: FINGERLE 1939, 155), Spott über das Versagen des Gegners und Vorwurf der Naivität (830ff., 837ff.), (prophezeiend-drohender) Hinweis auf den Tod des Gegners (836); bes. ähnliche Motive finden sich in 11.450ff., 21.410ff., 21.583ff., 22.331ff. (vgl. FINGERLE a.O. 156f.; PELLICCIA 1995, 158f.; STOEVESANDT 2004, 319ff.). Außerdem bestehen enge inhaltl. Parallelen zur nachfolgenden Rede des Patroklos (844–854), die gewissermaßen eine Replik auf Hektors Rede ist: Vorwurf der leeren Prahlerei (830/844), Hektors Bedeutung bzw. Bedeutungslosigkeit (833ff./847f.), Entgegenhalten der Realität (‘dich aber’/‘du aber’: 836/850), Achill und der Tod des Angeredeten (837ff./851ff.); s. LOHMANN a.O. 115f. – Paraphrasierende Deutung der vorl. Rede bei LEUZZI 2008, 309–312. 830 Hektor spricht auch 15.351 von Troia als von ‘unserer Stadt’ (pro ásteos hēmetéroio; zu pólis/ásty vgl. 24.327n.), Sarpedon 5.489 u. 5.686 von ‘eurer Stadt’ (pólin hymḗn bzw. en pólei hymetérēi), Aias 13.815 ebenfalls von ‘eurer Stadt’ (pólis hymḗ, wie hier in bezug auf ihre Zerstörung). Die Junktur ‘Stadt der Troer’ (Trṓōn pólis: 69–70a n.) wird also an die verschiedenen (Sprech-)Situationen angepaßt. – Zum Leitmotiv der Zerstörung Troias s.o. 100n.
Π ά τ ρ ο κ λ (εε ): einziger Beleg für elidiertes Πάτροκλε (daneben unelidiertes Πάτροκλε VA 19.287, dort aber –⏖), in Hektors zweiter Rede dann Πατρόκλεις (859): metr. Varianten (7n.). — ἦ π ο υ ἔ φ η σ θ α : Damit unterstellt der Sprecher dem Angesprochenen eine bestimmte Absicht, Hoffnung oder Vorstellung, nur um sie sogleich als naiv zu entlarven, vgl. 5.473 (Sarpedon zu Hektor, νείκεσεν) φῆς που, 21.583 (Agenor zu Achilleus, µέγ’ ἀΰτει) ἦ δή που µάλ’ ἔολπας, 22.280 (Hektor zu Achilleus nach dessen Fehlschuß) ἤτοι ἔφης γε, 22.331 (Achilleus zu Hektor, ἐπηύξατο) ἀτάρ που ἔφης. – ἦ που entspricht dt. ‘nicht wahr?’, engl. ‘didn’t you?’; s. BOLLING 1929, 101; SICKING/OPHUIJSEN 1993, 61f.; allg. zu που 514n. — κ ε ρ α ϊ ξ έ µ ε ν : allseits akzeptierte Konjektur von Bekker (app.crit.) anstelle von überliefertem Präs. κεραϊζέµεν, in Analogie zum Futur ἄξειν in V. 832: LEAF; JANKO zu 830–1; CHANTR. 1.307. — ἁ µ ή ν : zur Form 6.414n.
831–832 Es entspricht hom. (und späterer) Kriegspraxis, Frauen (und Kinder) als Kriegsgefangene wegzuführen und zu versklaven; ähnl. Formulierungen: 4.238f., 6.454f., 8.165f., 20.193f., 24.731–735 (s.d.); WICKERT-MICKNAT 1983, 40–45. 831 ≈ 20.193; 1. VH = 9.139, 9.281; 2. VH = 6.455, 20.193. — ἐ λ ε ύ θ ε ρ ο ν ἦ µ α ρ : ‘(Tag der) Freiheit’ (6.454–455n.), hier im Gegensatz zu 836 ἦµαρ ἀναγκαῖον (s.d.; zur rahmenden Funktion der beiden Wendungen JANKO zu 830–1).
830 ἦ: ‘gewiß, sicherlich’ (R 24.4), hier ἦ που ‘nicht wahr?’. — ἔφησθα: φηµί subjektiv ‘wähnen, glauben, hoffen, sich einbilden’. — κεραϊξέµεν: Inf. Fut. zu κεραΐζειν (R 16.4). — ἁµήν: = ἡµετέραν (R 14.4).
Kommentar
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832 ≈ 9.428, 9.691; vgl. Od. 23.221; 1. VH ≈ Il. 4.239, 8.166; vgl. 23.829. — ἐ ν ν ή ε σ σ ι : 95n. — φ ί λ η ν ἐ ς π α τ ρ ί δ α γ α ῖ α ν : VE-Formel (16× Il., 13× Od., 1× ‘Hes.’; davon insgesamt 10× mit einer Form von νηῦς in der 1. VH). φίλος bed. hier ‘dein’ (vgl. 1.20n., 24.4n.; zur Verwendung der vorl. Formel für die versch. grammat. Personen [‘mein’, ‘dein’, ‘sein’ usw.] s. NUSSBAUM 1998, 106–111). – Zur kürzeren Variante πατρίδα γαῖαν s. 2.140n. (eine der häufigsten Nomen-Epitheton-Formeln des fgrE: DEE 2010, 285).
833–836 Hektor unterstreicht seine Selbstdarstellung als Schutzherr von Troia (dazu 6.402–403n., 24.499n.) (a) mit der Verwendung des eigenen Namens (vgl. 496n.; von Hektor noch einmal 7.75; in einer Triumphrede auch vom PanthoosSohn Polydamas 14.454), (b) mit der Verdoppelung ‘ich und mein Gespann engagieren uns mit voller Kraft’, (c) mit dem hyperbolischen Bild der in gestrecktem Lauf befindlichen Pferde (834) und (d) mit dem Hinweis auf seine eigene Exzellenz im Kampf (ähnl. 7.237–241). Vv. 834f. enthalten je zwei ‘schwere’ Wörter vor der Zäsur C 2 (ὀρωρέχαται πολεµιζέµεν, φιλοπτολέµοισι µεταπρέπω, darin 2× π(τ)ολεµ-): passend zu Hektors Selbstdarstellung?
833 2. VH = 8.88 (im Erzähler-Text). — Der Vokativ ‘du Tor!’ (gr. nḗpie) ist ein emphat. runover word (EDWARDS, Introd. 43) und hat qualifizierende Funktion zu 830 ‘du meintest/hofftest’. Implikation: ‘du hast dich einer Illusion hingegeben!’, s. 46–47n. mit Lit.; ferner (mit Stellensammlungen): 18.295n. (nḗpie als Vokativ in dir. Rede); STOEVESANDT 2004, 320 Anm. 956 (nḗpios in Reden auf dem Schlachtfeld); KELLY 2007, 207f. (nḗpios in dir. Reden von Hektor, wobei Hektor jeweils seinerseits fehlgeht: hier mit seiner falschen Annahme über Achills Auftrag an Patroklos 837ff.); LfgrE s.v. φηµί 894.19ff. (nḗpios im Kontext mit phēmi ‘meinen’ [hier 830], vgl. bes. 22.331ff.). ν ή π ι ε · τ ά ω ν : Die VA-Position von νήπιε ist um so emphatischer (s.o.), als τάων im fgrE sonst seinerseits immer am VA steht, an der vorl. Stelle also von dort verdrängt wurde (SCHW. 2.21). — δ έ : 686n. — ὠ κ έ ε ς ἵ π π ο ι : 148n. 834 π ο σ σ ὶ ν ὀ ρ ω ρ έ χ α τ α ι : “kühne Bezeichnung einer Fortbewegung durch die Haltung, die man bei ihr einnimmt” (UNTERMANN), Perf. ‘sind in gestrecktem Lauf, jagen dahin’ (schol. u. AH; ähnl. 375 τανύοντο δὲ µώνυχες ἵπποι); vgl. einerseits Plpf. 11.26 ὀρωρέχατο (Schlangen auf Agamemnons Panzer) ‘waren ausgestreckt, bäumten sich auf’ (AH z.St.), andererseits Aor. 13.20 ὀρέξατ’ ἰών (Poseidon) ‘schritt aus’, 23.99 ὠρέξατο χερσί (Achill) ‘langte nach (Patroklos’ Totengeist), versuchte ihn zu fassen zu kriegen’ (LfgrE s.v. ὀρέγω 762.53ff.). Zur vorl. Perfektbildung UNTERMANN; sie ist in der gr. Lit. nur hier u. 11.26 belegt. – Mediales ὀρέγοµαι + finaler Inf. (hier πολεµιζέµεν) auch h.Cer. 15f. — ἔ γ χ ε ϊ : ‘im Kampf’, 195n. — α ὐ τ ό ς : ‘ich selbst’ zur Unterscheidung von den Pferden (466–468a n.).
832 νήεσσι: zur Flexion R 12.1. 833 τάων: sc. γυναικῶν, mit πρόσθ(ε) ‘vor, zum Schutze von jm.’ (sc. kämpfen). 834 ὀρωρέχαται: 3. Pl. Perf. (R 16.2) zu ὀρέγοµαι ‘sich strecken’.
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835 1. VH = 90, 17.194. — φ ι λ ο π τ ο λ έ µ ο ι σ ι : 65n.; hier viell. prägnant als argumentum a fortiori: wenn schon die Troer kampffreudig sind, wieviel mehr dann Hektor (SALE 1994, 84f.; vgl. 833–836n. a.E.). — µ ε τ α π ρ έ π ω : vgl. Nestor, der von sich sagt ἱππεῦσι µετέπρεπον ἡµετέροισιν (11.720) u. µετέπρεπον ἡρώεσσιν (23.645). — ὅ : wohl = faktisches ὅτι ‘in bezug darauf, daß’ (MONRO [1882] 1891, 242; CHANTR. 2.285). Möglich ist auch die Deutung als Relativpron.: ‘der ich …’ (so auch SCHADEWALDT in seiner Übersetzung).
836 2. VH ≈ Od. 22.30 (τῶ σ’ …). — Das Liegenlassen des Leichnams als Beute für Aasvögel (und Hunde) ist ein häufiges Motiv in Drohungen an die Gegenpartei (oder in Befürchtungen um die eigenen Leute): 1.4n.; SEGAL 1971, 19; STOEVESANDT 2004, 312. Es tritt wiederholt in bezug auf Patroklos auf (DE ROMILLY 1997, 177–180): 17.127/241/255/272/558, 18.179 (vgl. auch 18.175–177). Wie meistens bleibt die Drohung folgenlos (bzw. die Befürchtung unbegründet): der Leichnam des Patroklos wird von den Griechen gerettet werden (18.231ff.). ἦ µ α ρ ἀ ν α γ κ α ῖ ο ν : singuläre Junktur, gleichbed. mit δούλιον ἦµαρ, also ‘Gefangenschaft, Versklavung’ (6.463 nach ἐλεύθερον ἦµαρ [6.455, hier 831]): schol. bT; SANTIAGO 1962, 147f.; GSCHNITZER 1976, 9; RAAFLAUB 1981, 188f.; WICKERT-MICKNAT 1983, 40; vgl. 6.454–455n., oben 831n. — δ έ τ (εε ): Die Mehrheit der hom. Belege von δέ τε signalisiert “un fait permanent” (RUIJGH 648ff.), was aber u.a. hier nicht zutrifft (ebd. 695ff.); befriedigende Erklärungen fehlen (Hiatvermeidung; Überlieferungsfehler für δ’ ἔτ(ι); “valeur éventuelle” [so CHANTR. 2.342]). Diskussion: DENNISTON 531; RUIJGH 696. 699f.; CHANTR. a.O. — ἐ ν θ ά δ ε : emphat., ‘an Ort und Stelle’, im Gegensatz zur Rückkehr in die Heimat (832): AH. — γ ῦ π ε ς ἔ δ ο ν τ α ι : flektierbare VE-Formel (Fut./Opt., 4× Il., 1× Od.).
837–842 ‘Rede in der Rede’ (‘embedded speech’: 203–206n.; dort a.E. auch zur üblichen Verwendung von Rede-Einleitung und -Abschluß bei solchen Reden [838/ 842]). Die imaginierte Rede beruht auf dem Motiv ‘väterliche Mahnung beim Abschied eines Kriegers’ (6.207–210n.); typ. Elemente: ‘eindringlich mahnen’ (838), ‘Abreise von zu Hause’ (838), der Inhalt der Mahnung (839–841), ‘(nicht) überzeugen’ / ‘(nicht) gehorchen’ (842). Der von Hektor dem Achilleus in den Mund gelegte Auftrag an Patroklos weicht – für den Rezipienten unschwer erkennbar (SCODEL 1999, 64, mit Parallelen) – völlig vom tatsächlichen Auftrag ab (87ff.), trifft aber ziemlich genau das, was Patroklos gegen Achills Willen de facto beabsichtigt hat (684ff.): “Es liegt eine gewisse Ironie darin, daß gerade Hektors Spekulationen […] dem Sterbenden die wahren Worte seines Freundes in Erinnerung rufen und ihm damit seine Verblendung schmerzlich bewußt machen müssen” (STOEVESANDT 2004, 322). Der Schmerz dürfte um so stärker sein, als Hektor gleichzeitig Achilleus unterstellt, den Tod des Patroklos in Kauf genommen zu haben (837, 842; DE JONG [1987] 2004, 176f.; MΠEZANTAKOS 1996, 232f.). Die Art, 835 ὅ: = ὅτι (R 22.3). — σφιν: = αὐτοῖς (R 14.1). 836 ἔδονται: 3. Pl. Fut., ‘sie werden (fr)essen’.
Kommentar
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wie Hektor am Ende seiner Triumphrede diese gezielte rhetor. Spitze gegen seine Gegner formuliert, sagt zugleich auch etwas über den Sprecher aus: In seinem Wahn, klüger und stärker als Patroklos und Achilleus zu sein, erweist sich Hektor selber als verblendet (WIESSNER 1940, 86; LOHMANN 1970, 116f. 159; JANKO zu 830–63; weitere Diskussion bei MΠEZANTAKOS a.O.; STOEVESANDT a.O. Anm. 963; BECK 2008, 169 Anm. 32). Einzelne Formulierungen weisen dabei frappante Ähnlichkeiten zur Diktion des Achilleus und anderer Griechen auf: 839n., 840n., 841n. – Hektor verwendet öfter imaginierte Reden: hier und 6.460f. (s. 6.459– 463n.), 6.479, 7.89f., 7.301f., 22.107 (mit DE JONG z.St.). 837 Zum pathet. Motiv ‘X konnte Y nicht schützen’ s. GRIFFIN 1980, 113–115. Achill wird im nachhinein genau dasselbe empfinden – auch wenn natürlich aus anderer Ursache, als Hektor es hier annimmt: er konnte seinem Freund nicht beistehen (18.98–100; s.d.). Zur Wendung ‘so esthlós ›tüchtig‹ er ist’ s.o. 627n. ἆ δ ε ί λ ’ : flektierbare VA-Formel (24.518n.), drückt meistens echtes Mitgefühl aus, in Reden an unterlegene Gegner jedoch Spott, so auch 11.452 in einer Triumphrede des Odysseus (HAINSWORTH zu 11.441: “offensively patronizing”; BRUNIUS-NILSSON 1955, 44f.; OPELT 1978, 180f.). Patroklos wird noch 4× als δειλός bezeichnet: 17.670, 23.65/105/221. — χ ρ α ί σ µ η σ ε ν : ‘konnte dich schützen, vor Schaden bewahren’, stets negiert verwendet (LfgrE); Etymologie unbekannt (BEEKES). 838 π ο υ : 514n.; hier “von dem vorausgesetzten Tun Abwesender” (24.488n. mit Lit.), wiederholt in V. 842. — µ ά λ α π ο λ λ ὰ … ἐ π ε τ έ λ λ ε τ (οο ): Junktur für eine nachdrückliche Ermahnung (‘eindringlich einschärfen’): 4.229, 5.197, 6.207, 21.230, Od. 12.268/273; s. 6.207n.; LfgrE s.v. τέλλω. Hier als Einleitung für die ‘Rede in der Rede’ wie 9.252, 11.785. — µ έ ν ω ν … ἰ ό ν τ ι : scharfer Gegensatz (‘zurückbleiben’ – ‘ausziehen’: AH), ähnl. 5.198 ἐρχοµένῳ ἐπέτελλε δόµοις ἔνι. Hektor unterstreicht damit seine Feststellung, daß Achill, indem er dem Kampf fernblieb, dem Patroklos kein Schutz sein konnte (837). 839 µ ή … ἰ έ ν α ι : Nach ἐπιτέλλω steht öfter imperativischer Inf.: PEARCE 1996, 294 mit Anm. 18; allg. zum imp. Inf. 87n. – ἰέναι ist die gleiche Verbform, die Achill in seiner Anweisung an Patroklos verwendet hatte: 87. — π ρ ί ν : im fgrE bald kurz (z.B. 573), bald lang gemessen (so hier u. 840): 24.245n. – Negierte πρίν-Sätze stehen öfter im Zusammenhang mit Achill, z.B. 9.650ff. (WILSON 1991). — Π α τ ρ ό κ λ ε ι ς ἱ π π ο κ έ λ ε υ θ ε : In 126 (s.d.) von Achill verwendet, hier von Hektor dem Achill in den Mund gelegt: KAHANE 1994, 110. 840 ν ῆ α ς ἔ π ι γ λ α φ υ ρ ά ς : 18n. — π ρ ί ν : als Konjunktion im fgrE auch nach neg. Hauptsatz meist mit Inf. (hier δαΐξαι): 2.355n. — Ἕ κ τ ο ρ ο ς ἀ ν δ ρ ο φ ό ν ο ι ο : Achill verwendet diese Nomen-Epitheton-Formel anderswo selber, um Hektor als bedrohlich und gefährlich 837 οὐδέ: ‘nicht einmal’. — τοι: = σοι (R 14.1), ebenso V. 838. — ἐών: = ὤν (R 16.6). 838 τοι: Dativobjekt zu ἐπετέλλετ(ο), mit participium coniunctum ἰόντι. — ἐπετέλλετ(ο): Medium ohne Bed.-Unterschied zum Aktiv ἐπιτέλλω (R 23). 839 πρίν: adv., ‘früher, eher’ (840 Konjunktion: ‘bevor’). — ἰέναι: prägnant ‘zurückkehren’. 840 νῆας ἔπι: = ἐπὶ νῆας (R 20.2); zur Flexion R 12.1.
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darzustellen (1.242, 9.351, 16.77 [s.d.]). Daß sie ihm hier durch Hektor in den Mund gelegt wird, wirkt daher ironisch, zumal Hektor den ‘Mann’ Patroklos nun tatsächlich ‘getötet’ hat (SACKS 1987, 166f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 138). Die Stellung am VE mit Bezugswort χιτῶνα im Enjambement erzeugt Emphase, vgl. 18.334f. (s.d.; EDWARDS 1966, 132). 841 2. VH (von χιτῶνα an) = 2.416 (s.d.). Hektor legt Achilleus die gleiche drastische Formulierung in den Mund, die Agamemnon 2.416f. verwendet hat; vgl. LEAF. — α ἱ µ α τ ό ε ν τ α : vgl. 13.640 ἔντε’ … αἱµατόεντα, 22.368f. τεύχε’ … | αἱµατόεντ’ (mit DE JONG z.St.). Das Attribut hat hier prolept. Funktion (AH), d.h. ‘so daß das Untergewand blutig wird’. — π ε ρ ὶ σ τ ή θ ε σ σ ι ν : 133n.
842 2. VH ≈ 4.104. — Die 2. VH enthält eine paradoxe Formulierung mit Oxymoron und WortspielP: ‘er hat dir, der du ohne Verstand bist, den Verstand überredet’ (gr. phrénas áphroni péithen), so auch im Erzähler-TextP 4.104 (nach Athenes Aufforderung an Pandaros, auf Menelaos zu schießen, d.h. den Friedensvertrag zu brechen). Hektors spöttische Mutmaßung ex eventu ist eine Bestätigung für die Feststellung des Erzählers 684ff., daß Patroklos zuletzt unbesonnen gehandelt habe: SULLIVAN 1988, 144f. 146f.; zur Paradoxie und zu áphrōn (hier ‘töricht, verblendet’) SNELL 1977, 49; zum Gebrauch des Begriffs phrénes als Bez. für eine ausgeprägt rationale Instanz 403–404a n. mit Lit. (bes. VAN DER MIJE 2011, 450); zum Wortspiel vgl. Od. 20.227f.; s. auch LfgrE s.vv. ἄφρων u. φρένες 1027.11ff.
ὥ ς π ο ύ σ ε π ρ ο σ έ φ η : wohl durch die Figuren-SpracheP bedingter einziger Beleg im fgrE für das Komp. προσφάναι im Rede-AbschlußP (anstelle von ὣς φάτο o.ä.), sonst stets in der Rede-Einleitung (20, 48 usw.) sowie in der Wendung ‘sagte nichts zu ihm’ (1.511 u.ö.; gänzlich unabhängig von dir. Rede nur Od. 11.565, 23.106). — π ε ῖ θ ε ν : “Verba dicendi im engern und weitern Sinne […] (stehen) oft im Imperfekt”; sie bezeichnen die “nachhaltige Wirkung” im “Tun eines andern”: SCHW. 2.277f. mit älterer Lit.; CHANTR. 2.192f.
843 ≈ 15.246 (Hektor, als er aus der Bewußtlosigkeit aufwacht), 22.337 (Hektor, von Achill tödlich verwundet); 2. VH = 20 u. 744. — Die Einleitung zu Patroklos’ letzter Rede stellt nicht nur eine Verbindung zu seiner ersten Rede im 16. Gesang her (20, s.d.), sondern auch zu Hektors Tod (22.337): 818–863n.; FRONTISI-DUCROUX 1986, 25 (“formule symétrique à celle qui a ouvert la série”); KAHANE 1994, 154 (mit Lit.); DI BENEDETTO (1994) 1998, 43f.; FRIEDRICH 2007, 102f. ὀ λ ι γ ο δ ρ α ν έ ω ν : modifizierendes Ptz. in der Rede-Einleitung, im fgrE nur hier und in den Iteratversen 15.246/22.337, wörtl. ‘wer nur wenig tun kann (δράω)’ (UNTERMANN mit weiterer Lit.), d.h. ‘schwach, mit letzter Kraft’, viell. mit der Konnotation der brechenden Stimme (KRAPP 1964, 17f.; ähnl. HEATH 2005, 89f.).
844–854 Patroklos’ Rede kurz vor seinem Tod gehört – wie die entsprechenden Reden von Sarpedon und Hektor in 16.492ff. bzw. 22.337ff./355ff. – zu den ‘letzten Worten eines Sterbenden’ (492–501n. mit Lit.; zur Parallelität der Szenen vgl. 841 στήθεσσι: zur Flexion R 11.3; Plural R 18.2. — δαΐξαι: Inf. Aor. zu δαΐζω ‘zerfetzen’.
Kommentar
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auch 818–863n.). Sie zeichnet sich durch eine beinahe übernatürlich klare Einsicht in die vergangenen und künftigen Ereignisse aus (vgl. 851–854n.) und bestätigt so die Handlungskette Sarpedon–Patroklos–Hektor–Achilleus (419–683n.): MUELLER (1984) 2009, 58 (Patroklos “in his death regains his mental composure”); HERSHKOVITZ 1998, 157 (“sudden perceptiveness”); BECK 2005, 182 (“awareness of the broader framework”). – Patroklos relativiert Hektors Triumphgebaren und damit seinen Sieg in zweierlei Hinsicht: erstens habe ihn Hektor nur dank der ‘Vorarbeit’ von Apollon und Euphorbos überwältigen können, zweitens stehe auch Hektor bald der Tod bevor, und zwar durch Achilleus’ Hand (zur Deutung als ‘Relativierung’ s. CORLU 1966, 51f.; REYNEN 1983, 139f.; DI BENEDETTO [1994] 1998, 59f.; ALLAN 2005, 6). Gleichzeitig dürfte es Patroklos wie etwa auch Diomedes in 5.601ff. oder Aineias in 20.97f. darum gehen, die “eigene Niederlage weniger schmachvoll erscheinen zu lassen” (STOEVESANDT 2004, 217f.; vgl. VAN DER MIJE 1987, 244f.; allg. zur Zurückweisung von Triumphworten in der Ilias 858–861n.). – Die Rede ist zweiteilig; der erste Teil (844–850) enthält eine RingkompositionP (mein Tod – der imaginierte Tod der anderen – mein Tod), überlagert von einem Parallelismus 844ff. Götter / 847f. Menschen / 849 Götter / 850 Menschen. Der zweite Teil (851–854) wird durch den Formelvers 851 eingeleitet. Am Anfang der Rede steht der Name Hektor, an ihrem Ende Achilleus (“Aptly, he [sc. Patroklos] dies with Akhilleus’ name on his lips”: JANKO zu 843–54). Leitmotive bilden das ‘Bezwingen des Gegners’ (845, 848, 854) und das Todesschicksal: “Der Moira in der Prophezeiung [sc. 853] entspricht die Moira im Ecce des Sterbenden [sc. 849]”: REINHARDT 1961, 323f. (Zitat: 324). Insgesamt weist die Rede zahlreiche Parallelen zur vorangehenden Rede Hektors auf (s. 830–842n. a.E. mit Lit.). – Paraphrasierende Deutung der vorl. Rede bei LEUZZI 2008, 312f. 844–850 Patroklos nennt auf göttlicher Seite (a) Zeus, (b) Apollon und (c) Moira (‘Anteil, Los, Schicksal’) als Hauptverantwortliche für seinen Tod. (a) Daß Zeus Patroklos’ Tod fest eingeplant hat, weiß der Rezipient explizit seit 15.65 (Ankündigung des Zeus; vgl. im 16. Gesang 250ff., 644ff., 688ff., indirekt auch 799f.), aber Patroklos? Schon die Scholien (bT zu 844f.) lösen das Problem mit der Annahme einer ParalepseP (ADKINS 1960, 15; DE JONG 2005, 14; zum Scholion NÜNLIST 2009, 123f.). Möglich wäre auch die verallgemeinernde Deutung von Zeus als allmächtigem Gott, in weitestem Sinn mit Moira in V. 849 gleichzusetzen (schol. T; JANKO zu 849–50; LEUZZI 2008, 312f.; vgl. Jörgensens PrinzipP); dafür könnte auch das Prädikat im Sg. sprechen (844f. ‘dir hat Zeus und Apollon den Sieg verliehen’ wie 849 ‘mich hat Moira und Apollon getötet’). (b) Den Apollon konnte Patroklos im Augenblick des Angriffs schwerlich erkennen (789–792, 805f.); aber einerseits ist es kein Geheimnis, daß Apollon sich für die Troer engagiert (so etwa auch Achill in seiner Warnung V. 94), andererseits hatte Patroklos bereits eine unliebsame Begegnung mit Apollon beim Angriff auf die Stadtmauer
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(698–711, vgl. 710–711n.): “he has put two and two together” (JONES 1996, 111f.; s. auch TSAGARAKIS 1977, 43; PELLICCIA 1995, 276f. Anm. 295; TURKELTAUB 2007, 57; LEUZZI a.O.; WEST 2011, 328 [zu 845]); ähnl. 1.64 (s.d.), 5.105 (mit KIRK z.St.), 11.363/20.450 (mit HAINSWORTH zu 11.362–7; weitere Parallelen bei JÖRGENSEN 1904, 368f.). (c) “In the mind of the hero, Moira is conceived to have an equally valid power of interference in his life as the gods; therefore if a person’s death can be directly attributed to a particular god, then beside him is ranged Moira, the goddess responsible for the fate of death”: DIETRICH 1965, 199. 201f. (wobei zwischen Móira als Gottheit und móira als abstrakter Instanz [434n.] häufig nicht genau unterschieden werden kann; vgl. FG 29; BIANCHI 1953, 120f.; CHANTRAINE 1954, 71; PÖTSCHER 1960, 24–28; TSAGARAKIS a.O. 126f.; ERBSE 1986, 276); ähnl. 18.119 Moira und Hera, 19.410 Gott und Moira (s.d.). Im vorl. Zusammenhang unterstützt die zusätzliche Erwähnung von Zeus und Moira die Schmälerung von Hektors Leistung durch die Betonung der übermenschlichen Wirkmächte (JONES a.O.; ECK 2012, 193; vgl. 844–854n.). 844 Die konzessiv-ironische Nuance des Ausrufs ‘triumphiere nur laut!’ bereitet die nachfolgenden Einwände vor (AH; REINHARDT 1961, 324; CORLU 1966, 52). ἤ δ η ν ῦ ν : Wendung der Figuren-SpracheP, stets mit Imp. verbunden (1.456n.). An den übrigen Stellen suggeriert die Wendung, daß ‘nunmehr’ der richtige Zeitpunkt sei, um etwas zu tun (1.456: Chryses bittet Apollon, die Seuche wieder zu beenden; Od. 10.472: die Gefährten erinnern Odysseus an die Heimkehr; 15.65: Telemach wünscht aus Sparta abzureisen; 16.168: Athene fordert Odysseus auf, sich Telemach zu erkennen zu geben). Demnach verstärkt ἤδη νῦν hier die iron. Wirkung: ‘da hast du dir ja die passende Gelegenheit ausgewählt, um laut zu triumphieren … erstens hast du den Sieg nicht dir selbst zu verdanken, und zweitens wirst auch du bald sterben’. Zu ἤδη ‘nunmehr’ s.o. 438n. — µ ε γ ά λ ’ ε ὔ χ ε ο : korrespondiert mit 829 ἐπευχόµενος (s.d.). Die Junktur wird meist vom Gebet gebraucht (4× Il., 1× Od. µέγα δ’ εὔξατο, immer an derselben Vers-Position), nur hier u. Od. 23.59 µέγ’ ἐπεύχεο vom Siegesjubel. – µεγάλα bed. ‘laut’, hier viell. pejorativ: ‘lauthals’ (vgl. KAIMIO 1977, 24f.). — ἔ δ ω κ ε ν : ‘hat (den Sieg) gegeben’ i.S.v. ‘hat Überlegenheit verschafft, Erfolg gewährt’, vgl. 7.203, 17.596; außer νίκην διδόναι kommt auch νίκην βούλεσθαι vor, stets mit einer Gottheit als Subj. (121n.; vgl. 725n.; verwandte Wendungen mit κῦδος 241n., mit εὖχος 625n.). – Zur Kongruenz des Präd. mit dem nächstliegenden Subj. s. SCHW. 2.610f.; CHANTR. 2.18f.; nachher im Relativsatz jedoch Pl. οἳ … ἐδάµασσαν.
845 Zu Zeus und Apollon s.o. 844–850n.; beide Götter in einem Vers auch 22.302, Od. 15.245; vgl. 97n. Zum Verb ‘bezwingen’ 103n. (im folgenden wiederaufgenommen in V. 848 [fiktive Gegner des Patroklos] und 854 [Hektor]). Ζ ε ὺ ς Κ ρ ο ν ί δ η ς : flektierbare Nomen-Epitheton-Formel vor Zäsur B 1 (Dat. 9.172, Akk. h.Merc. 57; in Formelsprengung Nom./Akk. Il. 4.166, 5.756, 9.18, 9.236), am VA (11.289, Hes. Th. 412, Op. 138, 158, 168) u. in versch. Varianten in der 2. VH (vgl. DEE 1994, 62f.). 844 µέγαλ(α): adv., ‘laut’. — εὔχεο: zur unkontrahierten Form R 6.
Kommentar
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846 2. VH = 782 u.ö. (s.d. u. 650n.). — Das runover word ‘leicht’ “erklärt, wie das ‘Überwinden’ gemeint ist; erst durch den folgenden Satz kommt der ironische Widerspruch heraus, das Mißverhältnis, in dem die Tat der Götter und der Anspruch Hektors stehen. Der Raub der Waffen gilt als die Vollendung, als das Symbol des Sieges”: REINHARDT 1961, 324 (mit Verweis auf 6.480f.). Zur ‘Leichtigkeit’ göttlichen Handelns s.o. 689–690n. – Der Hinweis auf die Rüstungsabnahme bezieht sich auf den in 793ff. geschilderten Vorgang. Mit der Wendung ‘jm. die Rüstung von den Schultern abnehmen’ ist sonst stets die Spoliierung eines gefallenen Gegners gemeint. 847–848 Patroklos’ Hypothese ist eine scharfe Spitze gegen “Hektors stolze Selbstdarstellung” in 840f. (LOHMANN 1970, 116; vgl. REINHARDT 1961, 324: “Antwort auf Hektors Triumph”). “Seine [sc. des Patroklos] Behauptung, daß er auf der Stelle zwanzig Helden von der Qualität Hektors hätte töten können, wenn die Götter sich nicht gegen ihn gestellt hätten, ist […] leicht als rhetorische Übertreibung zu durchschauen: die vorangegangenen Ereignisse haben ja gezeigt, daß Hektor Patroklos an sich ebenbürtig ist. Das allerdings nur knapp – und so enthält Patroklos’ übertreibende Behauptung doch ein Körnchen Wahrheit: Es bleibt der Eindruck zurück, daß der Kampf ohne Apollon leicht einen anderen Ausgang hätte nehmen können”: STOEVESANDT 2004, 218; vgl. JANKO zu 843–7. 847 Zur Zwanzig als Typische Zahl s.o. 810n. — τ ο ι ο ῦ τ ο ι δ (έέ ): ‘solche (Menschen) hingegen ⟨wie du⟩’, mit Nachdruck am Satzanfang (AH), im Gegensatz zu den eben genannten Göttern (das vorl. Präd. ἀντιβολέω läßt darüber hinaus an Apollons Angriff auf Patroklos zurückdenken: 790 VE ἀντεβόλησεν). – Das Verschweigen des ‘wie du’ nach τοιοῦτοι ist “a harsh ellipse” (JANKO zu 843–7). Eine deikt. Geste an den imaginierten Adressaten (so BOEGEHOLD 1999, 36f.) ist schwerlich hinzuzudenken, da der Sänger wegen der Phorminx (Begleitinstrument) kaum in der Lage war, während des Vortrags zu gestikulieren (DE JONG 2012a: deiktische Pronomina dienen in erster Linie der Veranschaulichung der Erzählung). 848 2. VH = 11.749; ≈ 5.653, 11.444; zur VE-Formel s. 816n. — π ά ν τ ε ς : wie τοιοῦτοι emphatisch am VA; der Satzkern πάντες ὄλοντο δαµέντες wird durch den Gleichklang des dreifachen -ντ(ες) hervorgehoben. — α ὐ τ ό θ ’ ὄ λ ο ν τ ο : flektierbare Junktur (3. Pl. oder Inf. Aor.), sonst stets am VE (3.428, Od. 9.496, 10.132, 15.327). — ἐ µ ῷ ὑ π ὸ δ ο υ ρ ί : Junktur nach den Zäsuren A 2 (4× Il., 1× ‘Hes.’, jeweils gefolgt von τυπείς [s. V. 861]) und B 2 (2× Il., ferner 2× Il. ἐµῷ δ’, jeweils gefolgt von δαµέντες/-α); vgl. V. 708 σῷ ὑπὸ δουρί. Zu ὐπὸ δουρί ‘unter der Wirkung von …’ 3.436n., oben 384n.
849 ≈ ‘Hes.’ fr. 280.2 M.-W. — Zur Verbindung ‘Schicksal u. Apollon’ 844–850n. 846 ῥηϊδίως: = ῥᾳδίως. 847 εἴ περ: konzessiv, ‘auch wenn, sogar wenn’; zu περ R 24.10. 848 κ(ε): = ἄν (R 24.5). — αὐτόθ(ι): ‘an Ort u. Stelle, eben hier’ (gemeint: ‘wo auch ich gefallen bin’). — ὄλοντο ἐµῷ: Hiat R 5.6. — δαµέντες: Ptz. Aor. Pass. zu δάµνηµι/δαµά(ζ)ω.
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Μ ο ῖ ρ ’ ὀ λ ο ή : Nomen-Epitheton-Formel nach der Zäsur A 3 (hier u. Iteratvers) u. am VA (21.83 und 5× Od.); zudem vereinzelt an anderen Vers-Positionen ὀλοιὴ µοῖρα Il. 22.5, in Formelsprengung ὀλοὴ … µοῖρα Hes. Op. 745. Zum Attribut ὀλοός 567n. — Λ η τ ο ῦ ς … υ ἱ ό ς : variierbare Junktur in der 2. VH, vgl. außer Iteratvers auch h.Merc. 314 Λ. ἀγλαὸς υἱός (und ebd. 500 am VA), 4× hom.h. Λ. (δ’) ἐρικυδέος υἱός, 3× hom.h. u. 1× ‘Hes.’ Sc. Δ∆ιὸς καὶ Λητοῦς υἱ-, Il. 1.9 Λητοῦς καὶ Δ∆ιὸς υἱός (VA, s.d.). — ἔ κ τ α ν ε ν : Sg. wie 844 ἔδωκεν (s.d. a.E.), im Iteratvers ὤλεσεν, 18.119 ἐδάµασσε (Moira u. Hera); vgl. JANKO.
850 Patroklos nennt seinen Gegner Euphorbos beim Namen. Daß die Gegner einander kennen, entspricht ep. Konvention (DE JONG 2005, 14–17). Aus der Schilderung der Begegnung Euphorbos – Patroklos (805ff.) geht nämlich nirgends hervor, daß es zu einem Wortwechsel zwischen den beiden gekommen wäre (im Gegenteil: Euphorbos zieht sich so schnell wie möglich zurück; vgl. AH zu 846–850). – Hektor ist in Patroklos’ Augen der ‘dritte’ Gegner nach Apollon (im Verbund mit Moira) und Euphorbos. Es bedeutet “eine Minderung des persönlichen Ruhms […], wenn einem ein menschlicher Mitstreiter beim Angriff auf einen Gegner zuvorkommt”, so auch 89f., 22.206f. (STOEVESANDT 2004, 218). Umgekehrt wird Euphorbos damit prahlen, daß er der erste von der Troerpartei war, der Patroklos traf (17.14f.). – Zur Bed. der Dreizahl in der Patroklie s.o. 784–789n. ἐ ξ ε ν α ρ ί ζ ε ι ς : wörtl. ‘die Rüstung abnehmen’, oft verallgemeinert ‘töten’ (6.20n.); hier viell. intendierte Doppeldeutigkeit in Anbetracht der Tatsache, daß einerseits im Falle von Apollon u. Euphorbos ausdrücklich ἔκτανεν gesagt wird und andererseits Hektor die urspr. dem Achilleus gehörige Rüstung nachher tragen wird, obschon er sie Patroklos nicht aus eigener Kraft abgenommen hat (17.125, 17.187, 17.205f., 22.323). Vgl. die Überlegungen bei REINHARDT 1961, 323. 331f.; BANNERT 1988, 166f.; ALLAN 2005, 6 mit Anm. 27 (“as if to imply that he [sc. Hector] has merely reaped the rewards of other people’s efforts”); weitere Lit. zu Achills Rüstung: 784–867n. – Das Präs. wohl i.S.v. ‘du bist der dritte, der …’.
851–854 Götter, Seher und Sterbende gehören zu denjenigen Figuren in Erzählungen, deren Voraussagen für das Publikum mit hoher Erfüllungssicherheit verbunden sind (zumal wenn die ProlepsenP wie im Fall von Hektors Tod mehrfach erfolgen, s.o. 799b–800n.): DUCKWORTH 1933, 18ff. 60ff.; FRONTISI-DUCROUX 1986, 59f.; MORRISON 1992, 133 Anm. 29; DE JONG 2007, 27. Die Annahme, daß Sterbende eine prophet. Begabung haben, ist in der Antike wiederholt belegt, u.a. bei Platon, Apologie 39c: schol. AT zu 854; DIETRICH 1965, 200 Anm. 1; RUTHERFORD 1982, 153 Anm. 38; JANKO zu 852–4 (alle mit – teilweise deckungsgleichen – Stellensammlungen). – In der Ilias sagt außer Patroklos auch Hektor als Sterbender seinem Gegner den Tod voraus (22.358–360; vgl. oben 818–863n.); beider Vorhersagen haben über die Rezeptionssteuerung hinaus die für den Augenblick wirksame Funktion “verbaler Selbstbehauptung”: STOEVESANDT 2004, 310. (Als 850 ἀνδρῶν: gen. part., ‘von/unter den Menschen’. — Εὔφορβος: sc. ἔκτανεν.
Kommentar
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reine Drohung ohne jeglichen prophetischen Anspruch wird die Passage gedeutet bei JOHNSTON 1999, 16 Anm. 40: “Patroclus is sure that his friend will avenge his death and wishes to frighten Hector with that certainty.”). — 851 = 444 u.ö. (s.d.). 852–853 (von der Zäsur B 1 an) = 24.131f. (s.d.; zum Verhältnis der beiden Stellen im 16. u. 24. Gesang DI BENEDETTO [1994] 1998, 310: “collegamento significativo tra Ettore e Achille in relazione al tema della morte”); 2. VH von 853 = 334 u.ö. (s. 24.132n.). — Daß Hektors Tod ‘schon nahe ist’, wird sich am nächsten Handlungstag der Ilias als zutreffend erweisen (22.361ff.). θ η ν : ‘gewiß, zweifellos’, mit οὐ 5× VA (2.276n., 14.480n.; WEST 2011, 328: “used in confident surmises”). — β έ ε (α α ι ): ‘wirst leben’, urspr. wohl kurzvokal. Konj. zur Wurzel von βίος/ζώω, im hom. Epos futurisch gebraucht (24.131b–132n.).
854 Zur emphat. Stellung des Namens Achilleus am Rede-Ende s.o. 844–854n. χ ε ρ σ ὶ δ α µ έ ν τ (ιι ): flektierbare Junktur an unterschiedlichen Vers-Positionen (noch 3.352, 10.452, 23.675, Hes. Th. 490), am VA nur hier. Elision von -ι ist im fgrE selten (G 30; weitere Lit.: 24.26n.); das wiederholte τοι 851/852 läßt jedoch keinen Zweifel daran, daß δαµέντ’ als Dat. zu deuten ist (GUILLEUX 2001, 74–76). Zum Verb ‘bezwingen’ 103n. — Ἀ χ ι λ ῆ ο ς ἀ µ ύ µ ο ν ο ς Α ἰ α κ ί δ α ο : singuläre Kombination zweier Achilleus-Formeln mit auffälliger Alliteration: Ἀχ. ἀµ. (noch 17.186, 22.113) und ἀµ. Αἰ. (140; 134n., 139–140n.).
855–857 = 22.361–363 (und 858 ≈ 22.364). Der Erzähler hat die markante Passage möglicherweise bewußt für die Darstellungen von Patroklos’ und Hektors Tod reserviert (MUELLER [1984] 1009, 28. 141; EDWARDS 1987, 297; JANKO 1998, 9f.; LÉTOUBLON 2007, 146; allg. zur Verbindung der beiden Szenen s.o. 419–683n., 818–863n.; paraphrasierende Interpretation bei LEUZZI 2008, 320ff.). 855 = 502, 22.361. — S.o. 502n. 856 Zum Tod als Trennungsvorgang (‘Lebenskraft verläßt Körper’ o.ä.) s.o. 410n., zum Gang der ‘Seele’ in den Hades 625n. (zur hier vorl. Formulierung vgl. v.a. 7.330, ‘Hes.’ Sc. 254). Das gr. Wort psychḗ bezeichnet im vorl. Zusammenhang – anders als etwa in V. 453 (s.d.) und wohl auch 505 – nicht nur abstrakt das ‘Leben’, sondern konkret das ‘Medium’ des Lebens, den ‘Lebenshauch’, die ‘Seele’ (freilich nicht im modernen psycholog. Sinn); ähnl. 14.518f. In personifizierter Gestalt ist psychḗ der ‘Lebensgeist’, der in der Unterwelt dann zum ‘Totengeist’, zur ‘Totenseele’ wird (z.B. Od. 24.1ff.): JAHN 1987, 27–38; weitere Diskussion des Begriffs: 1.3n., 24.168n. (mit Lit.). Zu den Seelendarstellungen in der gr. Ikonographie s. die Lit. in 469n.; ebd. zum Motiv der davonfliegenden ‘Seele’. ἐ κ ῥ ε θ έ ω ν : Das Wort ῥέθεα ist im fgrE nur hier, im Iteratvers 22.362 (von Hektors ψυχή) sowie 22.68 belegt (Priamos über seine eigene düstere Zukunft: ἐπεί κέ τις ὀξέϊ χαλκῷ 852 οὐδ’ αὐτός: ‘auch du selbst nicht’ (sc. ebensowenig wie ich). 855 µιν (ϝ)ειπόντα: zur Prosodie R 4.5; µιν = αὐτόν (R 14.1). 856 πταµένη: Ptz. Aor. zu πέτοµαι. — Ἄϊδόσδε: zur Form R 15.3.
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Ilias 16
| τύψας ἠὲ βαλὼν ῥεθέων ἐκ θυµὸν ἕληται [22.67f.]). Nach Ausweis der antiken Grammatiker bed. ῥέθος im äol. Dialekt urspr. ‘Gesicht, Antlitz’ (s. die Scholien zu 22.68). Da die ψυχή beim Tod den Körper z.T. ausdrücklich durch eine Öffnung verläßt – 9.408f. durch den Mund, 14.518f. durch eine Wunde (vgl. 469n.) –, wurde auch für die vorl. Stelle die von ‘Gesicht’ abgeleitete Bed. ‘Mund’ od. ‘Nase’ postuliert (so u.a. Dionysios Thrax in schol. a.O.; CLARKE 1999, 133f.). Jedoch ist in Analogie zu Wendungen wie 606f. ὦκα δὲ θυµὸς | ᾤχετ’ ἀπὸ µελέων (s.d. Iteratvers sowie zu ἀπὸ µελέων) eher von einer verallgemeinerten – und in der nachhom. Lit. weiterhin bezeugten – Bed. ‘Glieder, Leib’ auszugehen (so u.a. schol. A zur vorl. Stelle; LINKE 1977, 57f.; ERBSE 1993, 130–133). Weitere Darstellungen des Problems bei BEEKES u. LfgrE s.v. (inkl. älterer Lit.); SIDER 1997, 180; STEFANELLI 2011 (deren Deutung von ῥέθεα als ‘Worte’ freilich kaum überzeugen dürfte); Sammlung der nachhom. Belege: MASSIMILLA 2010, 337f. — Ἄ ϊ δ ό σ δ ε β ε β ή κ ε ι : VEFormel (noch Od. 3.410, 6.11; mit κατῆλθεν u.ä. Il. 7.330, 20.294, Od. 10.560, 11.65, ‘Hes.’ Sc. 254). — Ἄ ϊ δ ό σ δ ε : ‘in ⟨das Haus⟩ des Hades’, Gen. des Bereichs (SCHW. 2.120; CHANTR. 2.59; UNTERMANN); zum Suffix -δε G 66. — β ε β ή κ ε ι : ‘war schon auf dem Weg (zum Hades)’, vgl. KURZ 1966, 111f.; 606–607n. zu ᾤχετ(ο) (“rasche[s] Entschwinden”).
857 Die männl. Identität ist fest mit dem Körper verbunden: ‘das leibhaftige MannSein und die Vitalität verlassen habend’; vgl. die Dichotomie in 1.3f. ‘Seelen von Helden’ vs. ‘sie selbst’ sowie 24.6, wo Achill um ‘das Mann-Sein und die Tatkraft’ des toten Patroklos trauert, also um Eigenschaften, deren der Leichnam nun entbehrt (CLARKE 1999, 205f.). Insofern könnte die vorl. Wendung wie 24.6 sekundär fokalisiertP sein und den Inhalt der Klage wiedergeben (s. 24.6–8n.; Andeutung bei KRAUSE 1936, 145 Anm. 1). – Zum Motiv des frühen Todes 24.725n. Chiast. Vers mit den beiden asyndet. Partizipien im Zentrum. — π ό τ µ ο ν : ‘Los’, meist i.S.v. ‘Tod’ (18.95–96n.; DIETRICH 1965, 270f.). — γ ο ό ω σ α : γοάω/γόος bez. in der Ilias fast immer die rituelle, laut vernehmbare Totenklage (24.160n.). Die vorl. Wendung ist viell. durch die bei γοάω/γόος oft vorhandene Vorstellung beeinflußt, daß der Held aufgrund seines Todes nicht mehr heimkehren kann und der hinterbliebenen Familie Trauer bereitet: die Lebenskraft wird nicht mehr in den Körper zurückkehren (DERDERIAN 2001, 33). — ἀ ν δ ρ ο τ ῆ τ α : ‘das leibhaftige Mann-Sein’, wohl archaisches Wort, nur im vorl. Formelvers und nochmals von Patroklos 24.6 (s.d. mit Lit. und sprachgeschichtl. Erklärung der ungewöhnl. Prosodie; erneute ausführl. Behandlung der Forschungslage und neue, ungesicherte Hypothesen: BARNES 2011 [ἀνδροτῆτα Analogieform zu *ἀµ(β)ροτῆτα; avest. Parallele]; MASLOV 2011 [epenthet. -δ- prosodisch irrelevant, -νρ- nicht positionsbildend]).
858–861 Hektors Antwort an den nun toten Patroklos gehört zum Typus der ‘Zurückweisung von Triumph- und Drohworten’ (STOEVESANDT 2004, 325f., mit Stellensammlung) und entspricht im Handlungsablauf der Antwort des Achilleus an den toten Hektor in 22.364–366 (818–863n.). Die Haltung der beiden Sprecher 857 ὅν: Poss.-Pron. der 3. Person (R 14.4). — γοόωσα: ep. Zerdehnung R 8. — λιποῦσ(α): begründend zu γοόωσα. — ἀνδροτῆτα: prosodisch mit kurzer Anfangssilbe zu lesen: ⏖–⏑.
Kommentar
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könnte freilich nicht unterschiedlicher sein: während Hektor, der Patroklos eben noch seine Verblendung vorgehalten hat, nun selber die Hoffnung hegt, dem Tod aus dem Weg gehen und Achilleus besiegen zu können, fügt sich Achilleus mit einem nur geringen Vorbehalt (nämlich in bezug auf den Zeitpunkt des Todes) in sein Schicksal. Hektors fatale Selbstüberschätzung führt der Erzähler u.a. auch in dessen Antworten auf Aias’ Herausforderungsrede 13.824ff. und auf Polydamas’ Ratschlag 18.285ff. vor (dazu 18.285–309n.), Achills Todesgewißheit in dessen Antwort auf die Weissagung des Pferds Xanthos in 19.420ff. (19.420–423n. mit Lit.; DE JONG zu Il. 22.365–6; LOHMANN 1970, 117. 160f.; SCHEIN 1984, 182f.; STOEVESANDT a.O. 220f. [mit weiterer Lit. in Anm. 652]; LEUZZI 2008, 322f. 325; zur Dramatischen IronieP, die sich aus Hektors Haltung ergibt, GAERTNER 2001, 304 Anm. 37; allg. zu Reden an Tote PELLICCIA 1995, 154–161). 858 ≈ 22.364 (Achilleus; vgl. 818–863n.); 2. VH ≈ 6.144, 21.97. — Ausdrücklich an Tote gerichtete Reden haben auf der Figuren-Ebene eigentlich keinen Adressaten (außer wenn andere mithören, s. z.B. 745–750n.); sie dienen daher – auf der Erzähler-Ebene – der Charakterisierung des Sprechers (vgl. PELLICCIA 1995, 180). τ ε θ ν η ῶ τ α : zur Form mit -ηω- 526n. a.E. — φ α ί δ ι µ ο ς Ἕ κ τ ω ρ : 577n. 859 Vgl. 19.420 (Achilleus zu Xanthos) τί µοι θάνατον µαντεύεαι; (zur Parallele vgl. 858– 861n.). — τ ί ν υ : ‘warum nur, wozu nur?’, hier in ungehaltener Frage (1.414n.; bes. zu νυ 622n.). — α ἰ π ὺ ν ὄ λ ε θ ρ ο ν : 283n. 860 τ ί ς δ ’ ο ἶ δ ’ , ε ἴ κ (εε ): = 11.792, 15.403, Od. 2.332, 3.216. Rhetor. Frage, stets in zuversichtlicher Haltung gesprochen (DE JONG zu Od. 3.216–17): ‘doch wer weiß, ob nicht vielleicht …’ (AH). — ε ἴ κ (εε ): Im hom. Epos kann κε mit prospektivem Konj. auch in indir. Fragen stehen (CHANTR. 2.295). — Ἀ χ ι λ ε ύ ς , Θ έ τ ι δ ο ς π ά ϊ ς ἠ ϋ κ ό µ ο ι ο : = 4.512 (aus dem Munde des Troergotts Apollon). Die nur zweimal belegte Apposition ist viell. Formeln wie Ἑλένης πόσις ἠϋκόµοιο und Κρόνου πάϊς ἀγκυλοµήτεω nachgebildet (PARRY [1928] 1971, 81) und dient – nach 854 Ἀχιλῆος ἀµύµονος Αἰακίδαο – dazu, die göttliche Abkunft des Achilleus spöttisch zu betonen; sie läßt sich beinahe konzessiv übersetzen: ‘der doch der Sohn einer Göttin ist’ (AH; HIGBIE 1995, 50f.; vgl. SHIVE 1987, 39–41). Die Wendung ist um so auffälliger, als Metronymika im fgrE selten sind (vgl. WEST zu Hes. Th. 1002; MATTHAIOS 1999, 82. 265; HORN 2014, 43). – Zum gener. Epitheton ἠΰκοµος 24.466n.
861 ≈ 11.433, 12.250, 18.92, in drohender Haltung gesprochen (vgl. 18.92n.; KELLY 2007, 132), hier freilich an den toten Patroklos gerichtet. — Hektor nimmt Patroklos’ Formulierung aus V. 848 (Troer ‘unter meinem Speer bezwungen’) unter umgekehrten Vorzeichen wieder auf: Achilleus ‘von meinem Speer getroffen’ (JANKO zu 859–63; vgl. Catchword-TechnikP). 858 καὶ τεθνηῶτα: = καὶ τεθνεῶτα περ (konzessiv); zur Form τεθνηῶτα R 3. 861 φθήῃ: (prospektiver) Konj. Aor. zu φθάνω, dazu τυπείς: ‘vorher getroffen wird’. — ἀπὸ … ὀλέσσαι: konsekutiver Inf.; zur sog. Tmesis R 20.2; zum -σσ- R 9.1.
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φ θ ή ῃ … τ υ π ε ὶ ς … ὀ λ έ σ σ α ι : φθάνειν + Inf. ist nur vereinzelt und nur nachhom. belegt; daher ist φθήῃ hier regulär mit dem Ptz. (τυπείς) zu verbinden und ὀλέσσαι als konsekutiver Inf. aufzufassen: ‘ob Achilleus nicht zuvor getroffen wird, so daß er sein Leben verliert’ (K.-G. 2.76; LEAF), sc. ‘ehe mich das Verderben trifft’ (AH). — ἐ µ ῷ ὑ π ὸ δ ο υ ρ ί : 848n. — ἀ π ὸ θ υ µ ὸ ν ὀ λ έ σ σ α ι : flektierbare VE-Formel (7× Il., 1× Od., ferner Il. 1.205 ohne ἀπό [s.d.]). Zu θυµός ‘Leben’ s.o. 410n.
862–863 Das Herausziehen der Waffe aus dem Leichnam ist ein typ. hom. Kampfmotiv (504n., 818–863n. a.E.); hier nimmt Hektor seinen Speer wieder an sich, wie um seine Drohung von 860f. zu bekräftigen (der Speer wird in 861–864 insgesamt viermal genannt). Zum Gestus ‘Fuß auf die Brust setzen’ s. 503n. a.E. 862 2. VH = Od. 10.164 (und VA 863 ≈ Od. 10.165). — ὣ ς ἄ ρ α φ ω ν ή σ α ς : flektierbare VA-Formel als Rede-AbschlußP (24.468n.). — δ ό ρ υ χ ά λ κ ε ο ν : 346n. — ἐ ξ ὠ τ ε ι λ ῆ ς : flektierbare VE-Formel (Sg. 6× Il., 1× Od.; Pl. 1× Od.). ὠτειλή bez. i.d.R. die frische, blutende, tödliche Wunde, auch die Wunde an einem Leichnam (so Patroklos 18.351): 19.25n. 863 1. VH ≈ 5.620. — ε ἴ ρ υ σ ε : Aor. zu (ϝ)ερύω ‘(heraus)ziehen’; εἴ- entweder durch Kontraktion von ἐϝε- oder durch metr. Dehnung (CHANTR. 1.30). — λ ά ξ : Adv., ‘mit dem Fuß’; zur Wortbildung 6.65n. — ὕ π τ ι ο ν ὦ σ ’ ἀ π ὸ δ ο υ ρ ό ς : ὕπτιον ist proleptisch, ‘er stieß ihn vom Speer weg zurück auf den Rücken’ (LA ROCHE; AH). Zur Vorstellung, daß der Körper einer Waffe ‘nachfolgt’, vgl. die Stellenangaben in 504n. (‘folgte’).
864–867 Die Erbeutung der Pferde des besiegten Gegners ist zwar ein typ. hom. Kampfmotiv (506–507n.), dient hier aber v.a. der Entfernung Hektors vom eigentlichen Handlungsschauplatz; dadurch schafft sich der Erzähler Raum für die Darstellung von Menelaos’ Rache an Euphorbos in 17.1ff., vgl. 508–536n. u. 806b– 815n. (JANKO; KAKRIDIS [1956] 1971, 56; REINHARDT 1961, 332; STOEVESANDT 2004, 22f.; WEST 2011, 328). – Es ist in der Ilias der einzige Versuch eines Troers, das gegnerische Gespann zu erbeuten. Er ist von vornherein zum Scheitern verurteilt, wie durch die Betonung der außergewöhnl. Eigenschaften der Pferde angedeutet wird (867n.): Apollon wird Hektor 17.70ff. von der Verfolgung abraten, 17.481ff. vereiteln die Griechen endgültig Hektors Absicht (vgl. KURZ 1966, 31; ein Vorspiel zur vorl. Szene findet sich in der Dolonie [10.390ff.]). Vielleicht wird damit noch einmal auf die Selbstüberschätzung Hektors hingewiesen (858– 861n.): REUCHER 1983, 333; HEATH 1992, 393; STANLEY 1993, 172. – Die Motive ‘Automedon/Pferdegespann/Verfolgung’ knüpfen an den Anfang der Schilderung von Patroklos’ Tod an (684ff.): RingkompositionP (s. Graphik 684–867n.). 864–865 Automedons Rolle als Wagenlenker des Patroklos (20n.) wird hier noch einmal bedeutsam hervorgehoben: Ganzvers-Benennung in 865 (145–148n.; allg. zu versfüllenden Bezeichnungen 126n.). Ähnl. 20.407f.: αὐτὰρ ὃ βῆ (Achill) σὺν δουρὶ µετ’ ἀντίθεον Πολύδωρον | Πριαµίδην. 863 προσβάς: Ptz. Aor., ‘dagegentretend’. — ὦσ(ε): Aor. zu ὠθέω ‘stoßen’.
Kommentar
363
864 α ὐ τ ί κ α : 259n. — ξ ὺ ν δ ο υ ρ ί : Junktur nach der Zäsur A 4 (4× Il., nur hier ξύν statt σύν); ‘mit dem Speer in der Hand’ (SCHW. 2.489). — µ ε τ ’ … β ε β ή κ ε ι : ‘ging mit großen Schritten auf Automedon los’ (LfgrE s.v. βαίνω 10.7ff.; vgl. 751n.); zu µετά vgl. 6.21n. 865 ≈ 165, 17.388; 1. VH = 11.322; 2. VH = 134 u.ö. (s.d. zur VE-Formel). — Vier-WortVers (125–126n.) mit Parallelismus; inhaltlich u. formal ähnl. Verse (außer Iterata): 653, 23.113/124, Od. 4.23/217. — ἀ ν τ ί θ ε ο ν : generisches Epitheton (321n.). 866 = 383 (s.d.). — τ ό ν : sc. Automedon. — ἔ κ φ ε ρ ο ν : ἐκ- im Iteratvers 383 prägnant ‘aus dem Schiffslager’, hier verallgemeinert ‘davon(tragen)’ (sc. aus der Gefahr).
867 = 381 (dort wohl Konkordanzinterpolation); von der Zäsur A 4 an = 18.84, 24.534. — Die Götter schenkten Peleus anläßlich seiner Hochzeit mit Thetis zwei unsterbliche Pferde (Balios und Xanthos, vgl. 148ff., 17.443f., 23.277f. [dort wird Poseidon als Geber benannt]) sowie die Rüstung, die dann an Achilleus, Patroklos und Hektor übergeht (vgl. 17.194–197, 18.83–85); freilich wird in der Ilias nirgends explizit gesagt, daß die Pferde ein Hochzeitsgeschenk waren, aber schon in der Antike hat man das in diesem Sinne verstanden (schol. T [s.u.]; 19.399n. mit Lit.; ferner KULLMANN 1960, 233f.; WILSON 1974). Allg. zum Peleus-ThetisMythos in der Ilias s. 24.59–63n. mit Lit. – Das Attribut ‘die unsterblichen (Pferde)’ bildet ein emphat. runover word (EDWARDS 1968, 268). Implikation: sie sind für gewöhnl. Menschen nicht bezwingbar (so explizit Apollon zu Hektor 17.76ff.). ἀ γ λ α ὰ δ ῶ ρ α : VE-Formel (24.278n.). — Der in schol. T zitierte, an 18.85 angelehnte Plusvers mit dem ausdrückl. Hinweis auf die Peleus-Thetis-Hochzeit (ἤµατι τῷ, ὅτε γῆµε Θέτιν λιπαροκρήδεµνον) ist in der Überlieferung sonst nirgends bezeugt und daher als späterer pedantischer Zusatz zu deuten (JANKO; APTHORP 1980, 37 mit Anm. 10). – Die Buchgrenze 16.867/17.1 fällt zwar auf einen Szenenwechsel (Menelaos kommt in den Blick), die Haupthandlung erfährt aber keine bedeutende Zäsur (der Name Patroklos fällt bereits wieder in 17.2): JANKO; TAPLIN 1992, 291; vgl. 19.1–39n.
867 ἀγλαὰ δῶρα: prädikativ, ‘als … Geschenke’.
BIBLIOGRAPHISCHE ABKÜRZUNGEN 1. Ohne Jahreszahl zitierte Literatur (Standard-Werke) AH
AH, Anh.
AH zu Od.
AH, Anh. zu Od.
ArchHom Beekes Chantr. Companion Cunliffe DELG
Denniston
Homers Ilias. Erklärt von K.F. Ameis u. C. Hentze, Leipzig/Berlin 11868– 1884 (Gesang 1–6 von Ameis, bearb. von Hentze; 7–24 von Hentze); letzte veränd. Aufl.: Bd. 1.1 (Gesang 1–3) 71913, bearbeitet von P. Cauer; Bd. 1.2 (4–6) 61908; Bd. 1.3 (7–9) 51907; Bd. 1.4 (10–12) 51906; Bd. 2.1 (13– 15) 41905; Bd. 2.2 (16–18) 41908; Bd. 2.3 (19–21) 41905; Bd. 2.4 (22–24) 4 1906. Nachdruck Amsterdam 1965. Anhang zu Homers Ilias. Schulausgabe von K.F. Ameis, Leipzig 11868– 1886 (Erläuterungen zu Gesang 1–6 von Ameis, bearb. von Hentze; 7–24 von Hentze); letzte veränd. Aufl.: 1. Heft (1–3) 31896; 2. Heft (4–6) 2 1882; 3. Heft (7–9) 21887; 4. Heft (10–12) 21888; 5. Heft (13–15) 21897; 6. Heft (16–18) 21900; 7. Heft (19–21) 11883; 8. Heft (22–24) 11886. Homers Odyssee für den Schulgebrauch erklärt von K.F. Ameis (und, von der 5. Auflage an, C. Hentze), Leipzig 11856–1860; letzte veränd. Aufl. (bearbeitet von P. Cauer): Bd. 1.1 (Gesang 1–6), Leipzig/Berlin 131920 = 14 1940; Bd. 1.2 (Gesang 7–12) 111908 = 121922 = 131940; Bd. 2.1 (Gesang 13–18) 91910 (Nachdruck 1928); Bd. 2.2 (Gesang 19–24) 101911 (Nachdruck 1928). Nachdruck Amsterdam 1964. Anhang zu Homers Odyssee. Schulausgabe von K.F. Ameis, Leipzig 1 1865–1868; letzte veränd. Auflage (besorgt von C. Hentze): 1. Heft (1–6) 4 1890; 2. Heft (7–12) 31889; 3. Heft (13–18) 31895; 4. Heft (19–24) 3 1900. Archaeologia Homerica. Die Denkmäler und das frühgriechische Epos. Im Auftrage des DAI hrsg. von F. Matz u. H.-G. Buchholz, Göttingen 1967ff. Beekes, R.: Etymological Dictionary of Greek (Leiden Indo-European Etymological Dictionary Series, 10), Berlin/Boston 2009 (2 Bde.). Chantraine, P.: Grammaire homérique, Paris 61986–1988 (11942–1953) (2 Bde.). Morris, I. / Powell, B. (Hrsgg.): A New Companion to Homer, Leiden u.a. 1997. Cunliffe, R.J.: A Lexicon of the Homeric Dialect, London u.a. 1924 u.ö. Chantraine, P.: Dictionnaire étymologique de la langue grecque. Histoire des mots, avec, en supplément, les Chroniques d’étymologie grecque (1– 10), Paris 2009 (11968–1980). Denniston, J.D.: The Greek Particles, Oxford 21954 (11934).
366 DMic DNP
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Bibliographische Abkürzungen LfgrE LGPN
LIMC LIV
LSJ Macleod Mazon MHV NTHS Olson
Pulleyn RAC RE
Richardson zu Il.
367
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2. Textausgaben* Aischylos, Fragmente (Radt) in: Tragicorum Graecorum Fragmenta, Bd. 3, ed. St. Radt, Göttingen 1985. Ananios (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 2, Oxford 21992 (11972).
* Angeführt sind nur Ausgaben von Werken, bei denen die Vers-, Paragraphen- oder Fragmentzählung von Ausgabe zu Ausgabe differiert.
Bibliographische Abkürzungen
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Archilochos (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati, ed. M.L. West, Bd. 1, Oxford 21989 (11971). Certamen (West) in: Homeric Hymns, Homeric Apocrypha, Lives of Homer, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 496), Cambridge, Mass. / London 2003. Diphilos (Kassel/Austin) in: Poetae Comici Graeci, edd. R. Kassel et C. Austin, vol. 5, Berlin/New York 1986. ‘Epischer Kyklos’ • Epicorum Graecorum Fragmenta, ed. M. Davies, Göttingen 1988. • Poetarum epicorum Graecorum testimonia et fragmenta, pars I, ed. A. Bernabé, Stuttgart/Leipzig 21996 (11987). • Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Heraklit (VS) in: Die Fragmente der Vorsokratiker. Griechisch und deutsch von H. Diels, hrsg. von W. Kranz, Bd. 1, Berlin 61951 (11903). ‘Hesiod’, Fragmente (M.-W.) in: Hesiodi Theogonia, Opera et Dies, Scutum, ed. F. Solmsen; Fragmenta selecta, edd. R. Merkelbach et M.L. West, Oxford 31990 (11970). Kallimachos (Pfeiffer) Callimachus, ed. R. Pfeiffer, Bd. 1: Fragmenta, Oxford 1949. Panyassis (West) in: Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Porphyrios (MacPhail) Porphyry’s Homeric Questions on the Iliad. Text, Translation, Commentary by J.A. MacPhail Jr. (Texte und Kommentare, 36), Berlin / New York 2011. Proklos (West) in: Greek Epic Fragments. From the Seventh to the Fifth Century BC, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 497), Cambridge, Mass. / London 2003. Scholien zur Ilias • Scholia Graeca in Homeri Iliadem (scholia vetera), rec. H. Erbse, Berlin 1969–1988 (7 Bde.). • Scholia D in Iliadem. Proecdosis aucta et correctior. Secundum codices manu scriptos, ed. H. van Thiel, 2014 http://kups.ub.uni-koeln.de/5586/ (12000, kups.ub.uni-koeln.de/ 1810/) (Stand: 01.03.2015). • Aristarch, Aristophanes Byzantios, Demetrios Ixion, Zenodot. Fragmente zur Ilias, gesammelt, neu herausgegeben u. kommentiert von H. van Thiel, Berlin u.a. 2014 (4 Bde.). Scholien zur Odyssee (Pontani) Scholia Graeca in Odysseam, ed. F. Pontani (Pleiadi, 6), Rom 2007ff. Sophokles, Fragmente (Radt) in: Tragicorum Graecorum Fragmenta, Bd. 4, ed. St. Radt, Göttingen 21999 (11977).
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Tyrtaios (West) in: Iambi et Elegi Graeci ante Alexandrum cantati (s.o. s.v. Elegiaca Adespota). Vita Homeri Herodotea (West) in: Homeric Hymns, Homeric Apocrypha, Lives of Homer, ed. and transl. by M.L. West (Loeb Classical Library, 496), Cambridge, Mass. / London 2003.
3. Monographien und Aufsätze Die Zeitschriften sind nach der Année Philologique abgekürzt. Aceti 2008
Aceti, C.: Sarpedone fra mito e poesia, in: Eroi nell’Iliade. Personaggi e strutture narrative, hrsg. von Lara Pagani, Rom 2008, 1–269. Adami 1900 Adami, F.: De poetis scaenicis Graecis hymnorum sacrorum imitatoribus (Diss. Giessen), Leipzig 1900. Adkins 1960 Adkins, A.W.H.: Merit and Responsibility. A Study in Greek Values, Oxford 1960. Adkins 1969 Adkins, A.W.H.: εὔχοµαι, εὐχωλή and εὖχος in Homer, in: CQ 19, 1969, 20–33. Adkins 1969a Adkins, A.W.H.: Threatening, Abusing and Feeling Angry in the Homeric Poems, in: JHS 89, 1969, 7–21. Adkins 1972 Adkins, A.W.H.: Homeric Gods and the Values of Homeric Society, in: JHS 92, 1972, 1–19. Ahrens 1937 Ahrens, E.: Gnomen in griechischer Dichtung (Homer, Hesiod, Aeschylus), Diss. Halle 1937. Alberti 1959 Alberti, G.B.: L’uso delle particelle nella formula di correlazione πρῶτον … ἔπειτα, in: Maia 11, 1959, 44–62. Albracht 1886 Albracht, F.: Kampf und Kampfschilderung bei Homer. Ein Beitrag zu den Kriegsaltertümern (Beilage zum Jahresbericht der Königl. Landesschule Pforta 1886), Naumburg a.S. 1886 (engl. Übers.: Battle and Battle Description in the Iliad. A Contribution to the History of War. Translated by P. Jones, M. Willcock and G. Wright, London 2005). Albracht 1895 Albracht, F.: Kampf und Kampfschilderung bei Homer. II. Teil (Beilage zum Jahresbericht des Domgymnasiums zu Naumburg a/S.), Naumburg a.S. 1895 (engl. Übers.: s.o.). Alden 2000 Alden, M.: Homer Beside Himself. Para-Narratives in the Iliad, Oxford 2000. Aldrete u.a. 2013 Aldrete, G.S. / Bartell, S. / Aldrete, A.: Reconstructing Ancient Linen Body Armor. Unraveling the Linothorax Mystery, Baltimore 2013. Aliffi 2002 Aliffi, M.L.: Le espressioni dell’agente e dello strumento nei processi di ‘morte violenta’, in: Montanari 2002, 409–423. Allan 2009 Allan, R.J.: Orale elementen in de Homerische grammatica. Intonatieeenheid en enjambement, in: Lampas 42, 2009, 136–151. Allan 2010 Allan, R.J.: The infinitivus pro imperativo in Ancient Greek. The Imperatival Infinitive as an Expression of Proper Procedural Action, in: Mnemosyne 63, 2010, 203–228. Allan 2005 Allan, W.: Arms and the Man: Euphorbus, Hector, and the Death of Patroclus, in: CQ 55, 2005, 1–16.
Bibliographische Abkürzungen Allan 2006
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Allan, W.: Divine Justice and Cosmic Order in Early Greek Epic, in: JHS 126, 2006, 1–35. Allan 2008 Allan, W.: Performing the Will of Zeus: The Δ∆ιὸς βουλή and the Scope of Early Greek Epic, in: Performance, Iconography, Reception. Studies in Honour of Oliver Taplin, hrsg. von M. Revermann u. P. Wilson, Oxford 2008, 204–216. Allen-Hornblower 2012 Allen-Hornblower, E.: Revisiting the Apostrophes to Patroclus in Iliad 16, in: Donum natalicium digitaliter confectum Gregorio Nagy septuagenario a discipulis collegis familiaribus oblatum. A Virtual Birthday Gift Presented to Gregory Nagy on Turning Seventy by his Students, Colleagues, and Friends, Online-Publikation des Center of Hellenic Studies 2012, http://chs.harvard.edu/CHS/article/display/4702 (Stand 01.03.2015). Alvis 1995 Alvis, J.: Divine Purpose and Heroic Response in Homer and Vergil. The Political Plan of Zeus, Lanham 1995. Ambrose 1965 Ambrose, Z.P.: The Homeric Telos, in: Glotta 43, 1965, 38–62. Ammann 1922 Ammann, H.: Untersuchungen zur homerischen Wortfolge und Satzstruktur. Erster, allgemeiner Teil, Freiburg 1922. Ammann 1927 Ammann, H.: Die ältesten Formen des Prohibitivsatzes im Griechischen und Lateinischen, in: IF 45, 1927, 328–344. Anastassiou 1973 Anastassiou, I.: Zum Wortfeld ‘Trauer’ in der Sprache Homers, Diss. Hamburg 1973. Andersen 1978 Andersen, Ø.: Die Diomedesgestalt in der Ilias (SO, Suppl. 25), Oslo u.a. 1978. Andersen 1990 Andersen, Ø.: The Making of the Past in the Iliad, in: HSPh 93, 1990, 25– 45. Andrewes 1961 Andrewes, A.: Phratries in Homer, in: Hermes 89, 1961, 129–140. Andronikos 1968 Andronikos, M.: Totenkult, in: ArchHom Kap. W, Göttingen 1968. Anselmi 1998 Anselmi, L.: Lo scudo di Aiace: note archeologiche e letterarie, in: Aevum(ant) 11, 1998, 51–126. Apthorp 1980 Apthorp, M.J.: The Manuscript Evidence for Interpolation in Homer (Bibl. der klass. Altertumswiss., 2.71), Heidelberg 1980. Apthorp 1990 Apthorp, M.J.: Some Neglected Papyrus Evidence Against the Authenticity of Iliad 16.381, in: ZPE 81, 1990, 1–7. Arend 1933 Arend, W.: Die typischen Scenen bei Homer (Problemata, 7), Berlin 1933. Armstrong 1958 Armstrong, J.I.: The Arming Motif in the Iliad, in: AJPh 79, 1958, 337– 354. Arnott 2007 Arnott, W.G.: Birds in the Ancient World from A to Z, London u.a. 2007. Arnould 1994 Arnould, D.: L’eau chez Homère et dans la poésie archaïque: épithètes et images, in: L’eau, la santé et la maladie dans le monde grec (Actes du colloque organisé à Paris du 25 au 27 nov. 1992 par le Centre de recherche ‘Archéologie et systèmes d’information’ et par l’URA 1255 ‘Médecine grecque’) (BCH, Suppl. 28), Athen/Paris 1994, 15–24. Aubriot-Sévin 1992 Aubriot-Sévin, D.: Prière et conceptions religieuses en Grèce ancienne jusqu’à la fin du Ve siècle av. J.-C., Lyon u.a. 1992. Audiat 1947 Audiat, J.: Une formule homérique: µέγ’ ὀχθήσας, in: REA 49, 1947, 41– 57.
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391
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393
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