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German Pages 318 [329] Year 1993
Forschungen zum Alten Testament herausgegeben von Bernd Janowski und Hermann Spieckermann
6
Herrschaft, Königtum und Staat Skizzen zur soziokulturellen Entwicklung im monarchischen Israel
von
Hermann Michael Niemann
J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Hermann Michael Niemann, geb. 1948; 1967-1972 Studium der Evangelischen Theologie in Rostock und Berlin; ab 1972 Universitäts-Assistent im Fachgebiet Altes Testament der Rostocker Theologischen Fakultät, zugleich Lehrbeauftragter für Hebräisch; 1980 Promotion; 1983 Stipendiat des Lehrkurses des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes, Zweigstelle Amman, in Jordanien und Syrien; 1991 Habilitation; seit 1992 Akademischer Oberrat an der Theologischen Fakultät der Universität Rostock. Lehrauftrag am Fachbereich Evangelische Theologie der Universität Hamburg (SoSem. 1993).
Die Deutsche BibliothekNiemann,
Hermann
CIP-Einheitsaufnahme
Michael:
Herrschaft, Königtum und Staat: Skizzen zur soziokulturellen Entwicklung im monarchischen Israel / von Hermann Michael Niemann. Tübingen: Mohr, 1993 (Forschungen zum Alten Testament; 6) 978-3-16-157833-5 Unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISBN 3-16-146059-6 NE: GT
© 1993 J . C . B . Mohr (Paul Siebeck) Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen aus der Times Antiqua gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Gebr. Buhl in Ettlingen gedruckt und von Heinr. Koch in Tübingen gebunden. ISSN 0940-4155
Den Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunden in Rostock, Heidelberg und Kopenhagen zu Dank und Ehren
Vorwort Die hier veröffentlichten Untersuchungen bilden die zweite Hälfte einer unter dem Titel „Stadt, Land und Herrschaft. Skizzen und Materialien zur Sozialgeschichte im monarchischen Israel" im April 1990 der Theologischen Fakultät der Universität Rostock vorgelegten Arbeit. Sie wurde im Wintersemester 1990/91 als Habilitationsschrift aufgrund der Gutachten der Herren Professoren K.-D. Schunck, G. Wallis und K.-H. Bernhardt angenommen. Auf meinen Rostocker Lehrer Klaus-Dietrich Schunck geht die Anregung zurück, mich mit der Frage des Verhältnisses von Stadt und Land in Israel zu beschäftigen. Ich bin ihm für sein stetiges Interesse und seine Geduld sehr dankbar, die er mir und meiner Arbeit auch dann unverändert bewahrt hat, als Untersuchungsbereich und -methoden sowie Ergebnisse in andere Richtung gingen als ursprünglich von ihm gedacht. Die geographischen und sozialgeschichtlichen Struktur-Fragen und Begriffsanalysen, von denen meine Arbeit ausging und die sich in der 1. Hälfte der Habilitationsschrift niedergeschlagen haben (sie werden in absehbarer Zeit an anderer Stelle publiziert), drängten im Ergebnis nahezu zwangsläufig zu einer Weiterführung: Hatten in Israel die soziostrukturellen Entwicklungen der monarchischen Zeit auch soziokulturelle Veränderungen zur Folge - und wenn ja, durch welche Faktoren und mit welchen Ergebnissen im Bereich des gesellschaftlichen Lebens im allgemeinen und der Herrschaftsausübung im besonderen? Der Beantwortung dieser Fragen widmete sich der 2. Teil der Habilitationsschrift, der hiermit vorgelegt wird. Da er ein in sich abgerundetes Ganzes bildet wie auch der strukturgeographische und begriffsanalytische 1. Teil, werden beide Teile, auch wegen des sonst ausufernden Umfangs, separat publiziert. Am Zustandekommen der vorliegenden Arbeit haben neben Prof. Schunck Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde in Kopenhagen und Heidelberg den bedeutendsten Anteil. Der jetzige Prorektor der Universität Kopenhagen und frühere Alttestamentier am dortigen Institut für Biblische Exegese, Prof. John Strange, hat - zu DDR-Zeiten fast ein Wunder! - mit diplomatischem Geschick Wege gefunden, so daß ich auf seine Einladung hin in der Anfangsphase des Habilitationsprojekts eine Ausreisegenehmigung für vier grundlegende wertvolle Wochen des Literaturstudiums an der Kopenhagener Universität erhielt. Lisbeth und John Strange haben mich mit liebenswürdiger Herzlichkeit in dieser Zeit in ihr Haus und ihre Familie aufgenommen.
VI
Vorwort
Entscheidend für die Erarbeitung wurde der auf den „Lehrkurs des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Hl. Landes" 1983 zurückgehende Kontakt mit Frau Dr. Helga Weippert, Prof. Manfred Weippert und Dr. Ernst Axel Knauf in Heidelberg. Ohne das ständige briefliche und persönliche Gespräch mit ihnen, ohne ihre Kritik, zahllose Aufsatzkopien und großzügige Büchersendungen wäre es schwerlich möglich gewesen, die Arbeit um den Jahreswechsel 1989/90 abzuschließen, sie überhaupt zu schreiben, da das Thema breiteste Verwertung von Literatur erforderte, die in der DDR im allgemeinen, in Rostock im besonderen jedoch nur höchst lückenhaft vorhanden war. Ernst Axel Knauf hat mehrmals die Mühe und das zeitliche Opfer von Wochenendreisen nach Rostock über die damals noch existierende innerdeutsche Grenze nicht gescheut, um in stundenlangen Diskussionen meine Thesen einer unerbittlich-konstruktiven Kritik zu unterziehen. Mit Literatur haben neben den Genannten dankenswerterweise aber auch mehrfach Prof. Rudolf Smend (Göttingen), Prof. Eckart Otto (damals Osnabrück), Prof. Winfried Thiel (Marburg), Prof. Timo Veijola (Helsinki), Dr. Andreas Reichert (Tübingen), Dr. Ulrich Hübner (Mainz), Georg Steins (Münster) sowie in schon langjähriger Treue Frau Dr. Mechthild Kellermann und Dr. Diether Kellermann (Tübingen) geholfen. Prof. Bernd Janowski hat mir Anfang 1990, auch im Namen von Prof. Hermann Spieckermann, das Angebot unterbreitet, die noch nicht einmal eingereichte Habilitationsschrift in der Reihe FAT zu publizieren. Für dieses Vertrauen in meine Arbeit bin ich beiden Herren sehr dankbar. Herr Janowski hat mit ebenso freundlich-humorvoller wie interessierter und konstruktiver Ungeduld bewirkt, daß das Manuskript nach der Annahme als Habilitationsschrift trotz meiner starken Zusatzbelastung aufgrund des vakanten alttestamentlichen Lehrstuhls und in der ungewöhnlich turbulenten, kräftezehrenden Umbruchszeit an der Rostocker Universität 1990—1992, die geduldiger wissenschaftlicher Forschungsarbeit sehr abträglich war, nicht noch länger liegenblieb. Immerhin konnte bis zum endgültigen Abschluß der Manuskriptüberarbeitung im Mai 1992 noch manches an Literatur, das bis Dezember 1989 nicht zugänglich war, nachgetragen sowie eine größere Zahl von Titeln von 1990 und einzelne Arbeiten von 1991 wenigstens in den Anmerkungen eingearbeitet werden. H. M . N .
Inhalt Vorwort
V
Abkürzungen
IX
Einleitung
1
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
3
I. Funktionäre („Beamte")
3
1. Saul und Eschbaal
3
2. David
8
3. Salomo
17
4. Königliche Funktionäre im Südreich seit Rehabeam
41
5. Königliche Funktionäre im Nordreich seit Jerobeam 1
56
Exkurs: Relationen zwischen Samaria umwohnenden Sippen und der Residenz. Zum konkreten Hintergrund der Samaria-Ostraca II. Königliche Funktionalorte und-bauten als Herrschaftsmittel 1. Residenzorte 2. Befestigungs-Bautätigkeit: Grenzstädte, Wagen- und Pferdestädte, weitere Festungsorte a) Vereintes Reich/Südreich Juda b) Nordreich Israel 3. Ökonomisch ausgerichtete Funktionalorte und ökonomisch-herrschaftliche Bautätigkeit a) Königliche „Vorratsstädte" b) Krongut c) Häfen und „industrielle Standorte"
B) Recht und Gerichtsorganisation als Herrschaftsmittel
83 91 92 96 96 132 151 151 156 169
174
VIII
Inhalt
C) Kult und Kultorganisation als Herrschaftsmittel I. Vormonarchische Kultstätten II. Juda: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten?
185 185 192
III. Nordreich: Vom Königtum dominierte bzw. funktionalisierte Kultstätten? .
206
IV. Propheten und Kultstätten
216
V. Anmerkungen zu neueren Forschungsbeiträgen
227
1. G.W.Ahlström
227
2. M.Rose
236
3. R. Albertz
239
4. B. Lang
242
D ) Verwaltungsgliederung des Landes als Herrschaftsmittel I. Salomos „Provinzsystem" (lKön4,7ff.) II. Listen im Josuabuch
246 246 251
Rückblick
273
Literaturverzeichnis
283
Bibelstellenregister
307
Namen-und Sachregister
312
Register hebräischer Wörter
317
Abkürzungen
ABLAK AOTS BAR BN BTAVO DISO E EAEHL EI FrBr FrE GB GB 18 GK HAL JSOT (SS) KS MBr NBL NEB OLA OLB
1
OLB
2
SpBr PSAS TA
M. Nora, Aufsätze zur biblischen Landes- und Altertumskunde, 1. H.W. Wolff ed. Neukirchen-Vluyn 1971 D. W. THOMAS ed., Archaeology and Old Testament Study. Oxford 1967 Biblical Archaeology Review Biblische Notizen (M. GÖRG ed.). Bamberg/München Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients C.-F. JEAN - J . HOFTIJZER, Dictionnaire des Inscriptions Sémitiques de l'Ouest. Leiden 1965 Eisenzeit M . A V I - Y O N A H / E . STERN ed., Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land 1 - 4 . London 1975-1978 Eretz-Israel Frühbronzezeit Früheisenzeit Wilhelm Gesenius' Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, bearbeitet von F. BUHL. Berlin etc. 1915 = 1962 Wilhelm Gesenius: Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament. 18. Aufl. R . MEYER/H. DONNER ed., l.Lfg. Berlin etc. 1 9 8 7 Wilhelm Gesenius' Hebräische Grammatik. Völlig umgearbeitet von E. KAUTZSCH. 28. Aufl. Leipzig 1909 Hebräisches und Aramäisches Lexikon zum Alten Testament... dritte Aufl., neu bearbeitet von W . BAUMGARTNER et al., Lfg. 1 - 3 . Leiden 1967-1983 Journal for the Study of the Old Testament. (Supplement Series). Sheffield A. ALT, Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel. 1: 1953; 2: 1978; 3:1968. München Mittelbronzezeit M. G Ö R G / B . LANG ed., Neues Bibel-Lexikon. Zürich 1988ff. Die Neue Echter Bibel. Würzburg Orientalia Lovaniensia Analecta O. K E E L / M . KÜCHLER/C. UEHLINGER, Orte und Landschaften der Bibel. 1: Geographisch-geschichtliche Landeskunde. Zürich/Göttingen 1984 O. K E E L / M . KÜCHLER, Orte und Landschaften der Bibel. 2 : Der Süden. Zürich/Göttingen 1982 Spätbronzezeit Proceedings of the Seminar for Arabian Studies Tel Aviv. Journal of the Tel Aviv University Institute of Archaeology
X TUAT WHJP
Abkürzungen!Hinweis O. K A I S E R ed., Texte aus der Umwelt des Alten Testaments. 1/1-6. Gütersloh 1982-1985 A. M A L A M A T ed., The World History of the Jewish People. First Series: Ancient Times. Vol.4/2: The Age of the Monarchies: Culture and Society. Jerusalem 1979
Hinweis zu Querverweisen
in den
Anmerkungen
In den Anmerkungen wird bei Querverweisen auf (eine) andere Anmerkung(en) der Zusatz einer Seitenzahl in der Regel unterlassen, wenn sich der Querverweis auf eine Anmerkung desselben Kapitels bezieht.
Einleitung Ich meinerseits bin freilich für das „Neue", selbst wenn es nicht durchaus stichhaltig sein sollte; nur die Gedankenlosigkeit kann sich einbilden, daß wir auf alttestamentl. Gebiet es zu „objectiven", „gesicherten" Resulthaten . . . gebracht hätten. (BERNHARD DUHM an seinen Verleger
Gustav
Ruprecht, 14. 2. 1894)
Das Alte Testament ist ein theologisches Buch. Wo es historische Sachverhalte berichtet, finden wir sie in der Regel als Geschichtstheologie, als theologische Interpretation von Geschichte, nicht als historische Primärquellen. Indem die vorliegende Arbeit ihre Aufmerksamkeit auf soziokulturelle Entwicklungen im monarchischen Israel richtet, versucht sie einen Beitrag zur Sonderung von - plakativ-verkürzt und, wenn man will, mißverständlich ausgedrückt (theologischer) story und history im Alten Testament zu leisten. Die Bemühung um solche klärende Sonderung soll helfen, die primär theologischen Intentionen der alttestamentlichen Texte freizulegen. Sie sucht sie von der ungerechtfertigten und unangemessenen Belastung zu befreien, historischen Urteilen als Primärquelle dienen zu sollen. Damit bekommen die Texte ihre Rolle als theologische Zeugnisse zurück. Was sich bei der Sonderung vorläufig als historisches Material herausschält, kann der external evidence zur weiteren Prüfung gegenübergestellt werden. Sonderung von story und history, wenn sie gelingt, dient also sachgerechter Interpretation in theologischer und historischer Hinsicht. Aufgabe und Ziel der hier vorgelegten Untersuchungen sind damit sowohl historisch als auch theologisch ausgerichtet, primär freilich soziokulturell-historisch, theologische Exegese und Interpretation unterstützend. Das Ziel der Arbeit läßt sich so spezifizieren: Es soll die soziokulturelle Entwicklung Israels in monarchischer Zeit vom Bereich der Herrschaft und ihrer Struktur(en) und Entwicklung(en) sowie der Herrschaftsausübung her beleuchtet werden. Feststellungen hierzu sind bedeutsam für die Analyse des Entwicklungsstandes einer Gesellschaft insgesamt. Noch konkreter lautet meine spezielle Fragestellung: Wo, wie und (ab) wann entwickelt die monarchische Führungsspitze in Israel ein strukturierendes, machtstabilisierendes Instrumentarium als Herrschafts-
2
Einleitung
mittel? Wo, wie und (ab) wann werden solche Herrschaftsmittel eingesetzt? Wie weit reichen sie von der monarchischen Spitze hinab und (ab) wann wird eine Durchstrukturierung bis auf die Ebene der Durchschnittsbevölkerung und ihrer Ortschaften hinab erreicht und dort wirksam? Die Gliederung der Untersuchung ergibt sich aus den einzelnen Herrschaftsmitteln, deren Etablierung und Anwendung die gesellschaftliche Entwicklung Israels markieren. Das Ziel der Arbeit besteht in dem Versuch eines Beitrags zur Erhellung des strukturellen Entwicklungsweges Israels von einer vorstaatlichen zu einer staatlich strukturierten Gesellschaft. Wenn soziokultureller Existenz-Rahmen und Entwicklungsweg Israels in monarchischer Zeit mit Hilfe der vorgelegten sozialgeschichtlichen Ergebnisse und Hypothesen präziser erkannt und die religionsgeschichtlichen und theologischen Entwicklungen, die ihren literarischen Niederschlag im Alten Testament gefunden haben, im Rahmen der herausgearbeiteten soziokulturellen Entwicklungslinien besser verständlich werden, hat die Untersuchung ihr Ziel erreicht.
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel I. Funktionäre
(„Beamte")
Zu den Bezeichnungen der königlich-staatlichen Funktionäre („Beamte") in Israel sind in letzter Zeit vor allem zwei gründliche Untersuchungen vorgelegt worden 1 . Ich kann mich auf dieser Grundlage auf folgende konkrete Fragestellungen konzentrieren: Wie entwickelt sich der königliche Funktionärsstab und woher wird er rekrutiert? Welche Aufgaben haben die Funktionäre? Wie groß ist der Kreis dieser Leute und wie weit reicht er von der Umgebung des Königs hinab in die israelitischen Durchschnittsortschaften, also an die Bevölkerungsbasis? Welche Befugnisse und reale Macht haben die Funktionäre und wie setzen sie sie gegebenenfalls durch? Wo und wie werden außerhalb der Umgebung des Königs die Funktionäre aktiv?
1. Saul und
Eschbaal
Saul verfügte über eine Dienerschaft, zu der Hirten gehörten 2 , unter denen sich einer, Doeg, vermutlich eher durch persönliche Körperkraft oder andere „Führerqualitäten" auszeichnete als daß er eine Rangbezeichnung trug3. Wenn Saul „Boten" 4 ausschickt, dürften sie sich ebenfalls aus seiner Dienerschaft rekrutieren. Neben diesem recht durchschnittlichen „zivilen", besser wohl als häuslich-privat anzusprechenden Bereich stehen einige Funktionsträger, die Saul als militärischem Führer dienen. Abner führt die Saul zur Verfügung stehenden Bewaffneten an 5 , aus denen eine von David angeführte Gruppe wohl zum speziellen Schutz Sauls ausgesondert war6. Ein Mann war Sauls persönlicher Waffenträger 7 . Von einem durchstrukturierten militäri1
METTINGER 1 9 7 1 ; RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 ;
vgl. auch
DE VAUX
1964, 195ff. 206ff.;
YEIVIN
1979. 2
Vgl. lSam 21,8; 22,9.14.17 lSam 21,8: 'byr h-r'ym, zu 'byr vgl. HAL 6: „stark, gewaltig, Anführer"; STOEBE 1976, 394; RÜTERSWÖRDEN 1985,107 f.; vgl. aber jetzt auch K N A U F 1990b. 4 lSam 22,17: rsym. 5 lSam 14,50f.: srsb\ vgl. auch lSam 17,55; 26,5; 2Sam2,8. 6 lSam 22,14: David als sr 'l(cj.) msm't, zu msm't vgl. HAL 613: „Leibwache", „Gehorsamspflichtige". 7 lSam 31,4(ff); auch David gilt als Sauls Waffenträger, lSam 16,14ff.; 18,20ff. 3
4
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
sehen A p p a r a t kann m a n schwerlich sprechen. D a s Aufgebot einer N o m a d e n - oder Bauernsippe ist nicht anders strukturiert. Z u berücksichtigen ist auch, daß A b n e r zur Sippe Sauls gehört und David in sie integriert ist, wobei er in seiner Person die militärische Funktion mit der „zivilen" des „Unterhalters" Sauls verbindet 8 .
Die Gruppe der Funktionsträger Sauls geht also nicht über die unmittelbare häuslich-familiäre Umgebung und einen militärischen Minimalstab hinaus. Verwaltungsfunktionäre und -funktionen werden nicht sichtbar. Wo werden Funktionsträger Sauls in irgendeiner Weise aktiv? Sauls Kontakt mit Ahia/Ahimelech 9 ist offensichtlich nicht der eines Weisungsberechtigten zu Weisung ausführenden U n t e r g e b e n e n bzw. Funktionsträgern; die Nob-Priesterschaft steht in keinem erkennbaren Dienstverhältnis zu Saul 10 . O b sich D o e g in einer weisungsberechtigten Funktion in N o b aufhält 1 1 und welche das sein sollte, ist unbekannt. Die gelegentliche Zusammenarbeit der Nob-Priesterschaft mit Saul b e r u h t anscheinend auf einer freiwillig-gleichberechtigten E b e n e . A u c h Davids A u f e n t h a l t in Nob 1 2 liegt in derselben Linie. Seine Bitte u m Bewaffnung ist keine königlich autorisierte Verwaltungsanforderung. Ihre Gewährung wird durch Davids Bekanntheit u n d die ihm entgegengebrachte allgemeine Sympathie verständlich 1 3 . Auf freiwilliger Basis beruht auch die Z u s a m m e n a r b e i t der Zifiter mit Saul 14 . D a s zeigt schon seine f ü r einen Weisungsberechtigten u n d e n k b a r e Dankbarkeit für ihre Hilfe 1 5 .
Nun hat Saul in seiner mehrjährigen Herrschaft16 zweifellos seine Autoritätsbasis, nicht zuletzt durch militärische Erfolge, erweitern können17. D a ß er selbst aktiv u n d bewußt auf eine A u s d e h n u n g seiner Hausmacht hinarbeitete, wird schon durch die Verheiratung seiner Töchter bezeugt, womit er andere Familien
8 Zu Abner vgl. lSam 14,50f. u.ö.; zu Davids Doppelfunktion vgl. lSam 16,14-24; 22,14: Sollte diese Koppelung von martialischer und romantisch-künstlerischer, ja, musiktherapeutischer Funktion eine sekundäre ideologische Fiktion mit prodavidisch-antisaulidischer Spitze sein? 9 Vgl. lSam 14,3.18 und STOEBE 1976 z.ST, sowie lSam 21,2ff.; 22,9ff. 10 So auch STOEBE 1976, 395 11 Vgl. lSam 21,8 und die Überlegungen bei STOEBE 1976,394. 397 und jetzt K N A U F 1990b 12 lSam21,2-10 13 lSam 18,7.30 14 Vgl. die beiden Versionen in lSam 2 3 , 1 9 — 2 8 und lSam 2 6 , 1 - 2 5 und dazu die Kommentare z.St., bes. STOEBE 1 9 7 6 ; M C C A R T E R 1 9 8 4 A . Über die Motive der Zifiter, Saul zu unterstützen (innerjudäische Gruppenkonflikte?) läßt sich keine sichere Entscheidung mehr fällen. 15 lSam 23,21 16 Die aufgrund des schwierigen Textes in lSam 13,1 immer wieder einmal, zuletzt wieder von C L A U S S 1986, 47, vertretene Auffassung, Saul habe nur zwei Jahre geherrscht, hat mit aller wünschenswerten Gründlichkeit bereits S C H U N C K 1963, 108-124, bes. 120ff. widerlegt und überzeugend für eine wahrscheinlich 9jährige, allenfalls 12jährige Herrschaft plädiert (aaO, 124). 17 Vgl. insgesamt vor allem S C H U N C K 1963 , 80-138 und danach B L E N K I N S O P P 1972; DERS. 1974; E D E L M A N 1984; K N A U F 1990a, 157f.
I. Funktionäre
5
(„Beamte")
bzw. Ortschaften an sich band 18 . Aber Saul hatte anscheinend noch weitergehende Pläne in Richtung einer Ausdehnung und Stabilisierung seines Herrschaftsbereichs. Einen besonders wichtigen Punkt hat K.-D. Schunck m.E. überzeugend herausgearbeitet: Es gibt eine ganze Reihe guter Gründe für die Annahme, daß Saul nicht nur die Ortschaft Beerot dem Gebiet Benjamins angegliedert hat 19 , sondern daß er den Plan verfolgte, die bedeutende Stadt Gibeon, die innerhalb des Benjamingebietes ungleich zentraler als sein Heimatort Gibea lag, zu seinem Zentral- und Residenzort zu machen 20 . Wie er dabei im Einzelnen vorgegangen ist, ob und wieweit er in Gibeon noch vor seinem Tode Maßnahmen eingeleitet hat, die bei einer längeren Herrschaftsdauer als Grundlage und Ausgangspunkt einer organisierten Machtausübung und Herrschafts- bzw. Verwaltungsstruktur hätten dienen können, bleibt weitgehend im Dunkeln. Anscheinend kam es aber zu einem Zerwürfnis zwischen Saul und der Bevölkerung Gibeons (vgl. Ri 9, 22f.) 21 und möglicherweise zu Maßnahmen Sauls gegen Gibeon, was die Gibeoniter zu der blutigen Rache an seinen Nachkommen veranlaßte (2Sam 21). Einleuchtend ist aber die von Schunck geäußerte Vermutung, daß, die Identität von el-öib mit Gibeon einmal vorausgesetzt, eine Norderweiterung der Stadtmauer mit Einschluß der Wasserressourcen in der späteren E-I-Zeit mit der Besetzung Gibeons durch Saul in Verbindung zu bringen sein könnte 22 . Ist dies aber richtig, so leuchtet die weitere Annahme Schuncks umso eher ein, daß Saul sich die „Große Bamah" von Gibeon als eine religiöse Legitimation seiner Herrschaft und religiöses Zentralsymbol seines Herrschaftsbereiches zunutze machte einschließlich Zadoks, des Priesters Gibeons, der sich in den Dienst des siegreichen Saul stellte, wie er später zu David und nach Jerusalem übertrat 23 , eine Haltung, die in demselben Muster sich wiederholt, als die danitischen Priester von Dan sich von Jerobeam I. in Dienst nehmen lassen24. Ist dies alles richtig, so kann man immerhin sagen, daß Saul seinen durch seine Anfangserfolge errungenen Einfluß planmäßig zu befestigen und auszubauen suchte. Allerdings ist er allem Anschein nach nicht über die vermutliche Besetzung Gibeons als einen ersten Schritt lokaler Verwurzelung seiner Macht im Symbol einer Residenz hinausgekommen 25 , ein erster Schritt, der aber gemeinsam mit seinen Beziehungen ins Ostjordanland (Jabesch-Gilead) und der Zurückdrängung des Einflusses der nördlichen Nachbarn Benjamins 26 den Boden bereitete für den von Eschbaal erhobenen Anspruch der Herrschaft über „Gilead, und über die ,Asseriten' und über Jesreel und über 18 Vgl. lSam 18,19 (Merab heiratet Adriel von Mehola); lSam 25,44 (Michal wird vorübergehend David weggenommen und mit Paltiel von Gallim vermählt, vgl. aber 2Sam 3,15). Auch sonst zog Saul tüchtige Männer in seine Nähe (lSam 14,52). 19 S C H U N C K 1963,115 f. 20 Zu Belegen und Einzelheiten vgl. S C H U N C K 1963, 131 ff.; B L E N K I N S O P P 1972, 86; DERS. 1974, lff.; E D E L M A N 1984, 204; K N A U F 1990a, 158; D O N N E R 1984,179f. m. A.29ist skeptisch, vermag aber keine Gegengründe vorzubringen. 21
22
KNAUF 1990 a, 158.
Vgl.
23
24
f.; zum archäologischen Befund vgl. Vgl. auch u. S . 1 1 9 - 1 2 0 .
SCHUNCK 1 9 6 3 , 1 3 1
CHARD 1 9 7 6 , 4 4 6 - 4 5 0 .
REED 1967, 2 3 1
ff.;
PRIT-
V g l . SCHUNCK 1 9 6 3 , 1 3 4 - 1 3 7 .
Vgl. N I E M A N N 1985a, 61ff. llOff. 131ff. S C H U N C K spricht daher völlig zu Recht mehrfach von Sauls „Plänen" bzw. von seiner „Konzeption", die er „entworfen" und „begonnen" habe, die aber durch seinen Tod „abgebrochen worden" seien (1963,115. 131.137). 26 Vgl. S C H U N C K 1963,129ff., aber auch E D E L M A N 1984. 25
6
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
Ephraim und über Benjamin, Cnämlich über Israel in seiner Gesamtheit>" (2Sam 2,9) und ihn verständlich macht 2 7 . So wenig auch über Sauls Sohn Eschbaal bekannt ist, ergänzt es doch das Bild von Saul ein wenig. Seine von Abner angeführten Bewaffneten waren wie möglicherweise schon unter Saul bei konkreten Aktionen oder ständig in Streifscharen untergliedert, die jeweils einen Führer besaßen 2 8 . Ansonsten wird von Eschbaals Haushalt nur eine Pförtnerin oder Haushälterin erwähnt 2 9 . Welches Ziel hat das Auftreten von Eschbaals Funktionsträger Abner bei Gibeon (2Sam 2,12—17)? Der Kampf mit Davids Männern soll wohl auf jeden Fall der Wiederbefestigung der Autorität des Hauses Sauls im Westjordangebiet (und wohl nicht zufällig bei Gibeon, s.o.) nach dem Ausweichen ins ostjordanländische Mahanajim dienen und war wohl mindestens symbolischer und legitimierender Art, wie auch der Kampf in kleinem Rahmen und anscheinend ohne größere Anteilnahme der Israeliten stattfand 3 0 . Insgesamt blieb die reale Machtbasis des H a u s e s Sauls ungeachtet des in 2Sam 2 , 9 a n g e d e u t e t e n Anspruchs z. Zt. Eschbaals relativ beschränkt. Seine Autorität beruhte auf Sauls A n f a n g s e r f o l g e n g e g e n die Philister und zugunsten v o n Jabesch-Gilead und vielleicht auf der zeitweiligen Unterstützung durch Samuel 3 1 . Seine Basis bildeten sein „Haus" ( b y t ) , seine „Freunde" ( 2 S a m 3,6. 8) und sein Stamm ('m, l S a m 15,30; vgl. auch l S a m 2 2 , 6 f f . ) . A n s ä t z e z u m A u f b a u einer „zivilen" Binnen-Verwaltung sind jedenfalls nicht erkennbar, a b g e s e h e n v o n der Grundlegung dafür, als die man die B e s e t z u n g G i b e o n s z u m Z w e c k der Schaffung einer zentralen R e s i d e n z ansehen kann. Berührungen mit anderen S t ä m m e n , Ortschaften und deren B e w o h n e r n geschahen auf der Basis gleichberechtigter K o o p e r a t i o n und fallweiser Interessenübereinstimmung und o h n e den erkennbaren Anspruch herrscherlicher Weisungsbefugnis. Verwaltungsakte sind nicht bezeugt 3 2 . D i e relative Labilität der Herrschaft Sauls und Eschbaals belegt auch die Tatsache, daß Eschbaal aus d e m benjaminitischen Kerngebiet fliehen m u ß t e (2Sam 2,8). In dieselbe Richtung weist auch der schnelle Zerfall der Herrschaft des H a u s e s Saul. D i e 27
Vgl. dazu
1984,181 f.; E D E L M A N 1985; K N A U F 1990a, 158f., aber auch neuestens 1990. 28 lSam 4,2(ff): zwei sry gdwdym aus Beerot; zu gdwd II „Streifschar" vgl. HAL170. 29 2Sam 4,6; zum Text vgl. neben STOEBE 1976 z.St. zuletzt M C C A R T E R 1984b, 125 f. 30 Vgl. STOEBE 1976; S T O L Z 1981; M C C A R T E R 1984b z.St. 31 Vielleicht kann man im Anschluß an die Überlegungen SCHUNCKS zum Verhältnis Sauls zu Gibeon und Zadok die Vermutung wagen, daß die Entfremdung zwischen Saul und Samuel wenigstens mit verursacht worden sein könnte durch die am Ende der Saulzeit sich entwickelnde Verbindung zwischen Saul und Zadok. Zum Verhältnis Saul-Samuel vgl. neben D I E T R I C H 1 9 8 7 neuestens auch M O M M E R 1 9 9 1 . 32 Die in lSam 17,25 erwähnte „Steuerbefreiung" wird man nicht als Verwaltungsakt bezeichnen und auch nicht aus ihr schließen können, daß Saul vorher ein Besteuerungssystem eingerichtet habe. Vgl. mit Recht kritisch bzw. skeptisch zur Frage der Existenz von Steuern in Israel R Ü T E R S W Ö R D E N 1985,127ff.; vgl. in diesem Sinne zu lSam 17,25 auch STOEBE 1976, 324. 326f. Die „Steuerbefreiung" wird ein Element der Vorstellung späterer Zeit sein, die das historisch und literarisch schwierige Kapitel erzählerisch ausgestaltete (zu lSam 17 insgesamt STOEBE 1976,312-315). ( z . T . anders)
DONNER
NA'AMAN
I. Funktionäre
(„Beamte")
1
Gründe dafür liegen nicht nur im persönlichen, krankheitsbedingten Verfall Sauls und in Erfolg und Genie Davids und auch nicht allein im Zwist innerhalb des Hauses Sauls, den Abner und Eschbaal symbolisieren. Sie liegen auch in der Struktur und dem Charakter der Herrschaft des Hauses Saul: Bei und mit Erfolg besteht Autorität und Bereitschaft zu Loyalität und Gefolgschaft, bei und nach Mißerfolg (lSam 31) sinkt der Stern eines charismatischen Anführers, chiefs oder Sehs: Die Gefolgschaft versagt weitere Loyalität und löst sich auf. Die personellen Zerfallsgründe wurden offensichtlich eben nicht aufgefangen durch einen selbsttragenden strukturellen Binnenausbau der Herrschaft. Es fehlte ein strukturierter, lokal und regional verteilter und verwurzelter Funktionärsapparat. Das Haus Saul hat anscheinend keine die Herrschaft sichernden personellen, lokalen und regionalen Organisationsstrukturen mit sich gebracht 33 . Vielleicht war die Zeit der Herrschaft Sauls für die Entstehung solcher Strukturen zu kurz: Voraussetzung für ihre Entwicklung ist natürlich ihre ökonomische Möglichkeit. Saul und Eschbaal blieben nach ihrer realen Macht, ungeachtet durchaus anzunehmender weitergehender Pläne und Ansprüche, Herrscher eines regionalen chiefdoms („Stämmestaates") 34 . 33
M i t DONNER 1984, 1 8 0 f . 184 u n d LEMCHE 1988, 1 3 5 - 1 3 7 g e g e n EDELMAN 1 9 8 5 , 8 8 f . ,
die ohne überzeugende Grunde bei Saul ein straffes, verwaltungsmäßig gegliedertes Regiment mit „Distrikthauptstädten"(!) annimmt und auch von einer „Distriktliste" (!) Eschbaals spricht (2Sam 2,9). 34 Zur Definition von (chief und) chiefdom als zwischen egalitären Gesellschaften und „Staaten" stehender gesellschaftlicher Organisationsform vgl. SERVICE 1977, passim; H . T . W R I G H T 1 9 7 7 ; F L A N A G A N 1 9 8 1 ; FRICK 1 9 8 5 , b e s . 7 1 f f . 7 4 f f . ; E A R L E 1 9 8 7 ; B R E U E R 1 9 9 0 , 4 5 f f .
51 ff. 55ff. 68ff. Grundlegendes Kennzeichen eines „chiefdoms" ist - zweifellos verkürzt dies, daß es eine zweischichtige Gesellschaftsorganisation darstellt (chief mit persönlicher Klientel + Unterschicht) im Unterschied zum stärker, nämlich dreifach stratifizierten „Staat" (Herrscher mit Herrschaftsapparat + Oberschicht + Unterschicht). Dem chiefdom fehlt gegenüber dem Staat noch weitgehend im Unterschied zum „primären" = produzierenden und „sekundären" = verarbeitenden Sektor der „tertiäre Sektor" (der meist aus der Oberschicht rekrutierte, eine funktionale und institutionalisierte Zwischenschicht darstellende Apparat hauptamtlicher Funktionäre) zwischen Herrscher und Volk. Kennzeichnend für chiefdoms sind Reziprozität der Beziehungen (Tausch) sowie zentrale Redistribution durch den chief, der seine Autorität, sein Charisma ständig neu bewähren muß. Horizontale, interaktionsabhängige Formen der Rangbestimmung stehen noch gleichberechtigt neben vertikalen Strukturen. Bei weiterer Vertikalisierung und Hierarchisierung ( = Stratifikation) der Gesellschaft entsteht eine staatliche Organisation. Der Staat verfügt im Unterschied zum chiefdom über das Monopol der faktischen Gewalt, besitzt einen „Erzwingungsstab", Macht und Ränge sind institutionalisiert. BREUER weist aber auch darauf hin, daß Globalkategorien wie „Stamm" und „chiefdom" „nicht ausreichen, um das ganze Spektrum der vorstaatlichen Gesellschaften einzufangen" (68). So kommt es mir in der vorliegenden Arbeit überhaupt nicht auf die (Richtigkeit der) Zuweisung von Geschichtsphasen Israels zu dieser oder jener soziologischen Organisations-Kategorie (s.u. A. 129), sondern auf die Herausarbeitung dessen an, was Archäologie, Primär- und Sekundärquellen Israels zur Entwicklung der gesellschaftlichen Organisations-Strukturen, zur Entwicklung und den Formen der Herrschaft in Israel erkennen lassen. Zusammen mit weiteren notwendigen Untersuchungen mag dann die vorliegende Studie Forschern mit mehr soziologischem Fachverstand Material zur Zuwei-
8
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Diese Wertung bzw. Benennung hat allerdings keinen Einfluß auf die geschichtstheologische Bedeutung Sauls und verringert sie keinesfalls35.
2.
David
Mit David scheint die Verwaltung gegenüber Saul einen großen Entwicklungssprung zu machen; ganze Listen von Funktionären Davids finden sich. Folgt man dem alttestamentlichen Text, so werden noch vor der ersten Liste im Rahmen eines Sammelberichts über Davids erfolgreiche Kriege gegen die Nachbarvölker nsbym erwähnt, die er in Aram-Damaskus (2Sam 8,6; in IChr 18,6 ist nsybym ausgefallen) wie in E d o m (2Sam 8,14 36 ; IChr 18,13: nsybym) eingesetzt hatte. Von NSB abgeleitet, bedeutet die Bezeichnung recht neutral einen, der „hingestellt ist" (z.B. auf einen Posten), mit 1 verbunden einen, der „über etwas gestellt" ist 37 . Die BegriffsDiskussion, in der manchmal konkret-personal und verwaltungshierarchisch als Übersetzung „Vogt, Gouverneur, Präfekt", manchmal aber neutraler „Posten, Besatzung" vorgeschlagen wird, dürfte hier im letzteren Sinne zu entscheiden sein, nicht nur, weil die ersteren Vorschläge in verschiedenen Gesellschaften und Epochen einen bestimmten Sinn haben, der hier aber gerade in Frage steht, sondern vor allem, weil das neutrale „Posten" der hebräischen Wurzel entspricht und vom jeweiligen Kontext her konkretisiert werden kann. Für die o. g. Belege heißt das: David hat als sichtbares Zeichen seiner errungenen (realen oder nominellen) Oberherrschaft „Delegaten", „Repräsentanten" in Aram-Damaskus und Edom „aufgestellt", die neben der Repräsentanz-Aufgabe wohl auch für Tributentrichtung (2Sam 8,6) zuständig waren. Es liegt in der Natur der Situation, daß diese Repräsentanten in unterworfenem Gebiet, wenn nicht selbst Militärs, so doch mindestens von einer angemessenen militärischen Bedeckung begleitet waren 3 8 . Angesichts ihrer Aufgabe, Macht im Feindesland, also auf nicht ungefährlichem Posten zu repräsentieren, war es nicht besonders dringlich, daß die nsbym Verwaltungsspezialisten darstellten. Sollte es sich nicht um Militärs gehandelt haben, waren sie jedenfalls enge Vertraute Davids.
Die Listen der Funktionsträger Davids in 2Sam 8,16—18//lChr 18,15—17, 2Sam 20,23—26 und IChr 27,25—34 sind oft behandelt worden39. Sie werden sung der Geschichtsphasen Israels zu den (freilich unter den Forschern verschieden benannten und definierten) Kategorien gesellschaftlich-struktureller Evolution von Herrschaftsformen bereitstellen. 35 Zu Saul (und Eschbaal) insgesamt vgl. in letzter Zeit D O N N E R 1984, 173ff.; E D E L M A N 1984; LEMCHE 1988,133-137; K N A U F 1990a, 157-159 sowie DIETRICH 1987. 36 Zu 2Sam 8,13f. vgl. einerseits M . W E I P P E R T 1971, 285f., andererseits (skeptischer) K N A U F 1988e, 69, zum (bescheidenen) Umfang des von David „eroberten" Edom vgl. K N A U F 1988e, 68; DERS. 1984, 94f., zu Edom insgesamt vgl. nach WEIPPERT 1971 jetzt K N A U F 1990c. 37 Zu NSB Ni. vgl. GB und HAL s.v. sowie R E I N D L 1986 (s.u. A. 110), zur Diskussion des Titels zuletzt RÜTERSWÖRDEN 1985,107 ff. 38 M C C A R T E R 1984b, 249, spricht deshalb wohl zu Recht von „garrison". Zurückhaltender gegenüber diesen Kriegsberichten sind z. B. GARBINI 1988,25f. und K N A U F 1988e, 68f. 39 Vgl. in letzter Zeit neben den Kommentaren bes. METTINGER 1 9 7 1 , passim; auch DE V A U X 1 9 6 4 , 1 9 5 f f . 206ff.; RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , passim.
I. Funktionäre („Beamte")
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hier deshalb nur unter den eingangs genannten konkreten Fragestellungen betrachtet. Einige Beobachtungen zu den Listen 2Sam 8//lChr 18 und 2Sam 20 und ihr Verhältnis zueinander vorweg: 2Sam 8 nennt sechs Funktionsträger(gruppen) militärischer, ziviler und religiös-kultischer Aufgabenbereiche in einer urtümlich wirkenden, ungeordneten Aufreihung. Familienangehörige Davids halten dabei militärische und kultische Funktionen. Eine kultische und eine weitere militärische Funktion besetzen zuverlässige Parteigänger Davids aus seiner Frühzeit (Abjatar und Benaja). Die restlichen drei Funktionäre mögen erst später zu David gestoßen sein, wofür ihre zivile (Josafat und Seraja) bzw. kultische Funktion (Zadok 4 0 ) spricht. Diese Entwicklung entspricht völlig einem taktisch-politischen Kalkül und dem allgemeinen Muster eines planvollen Machterwerbs. IChr 18 unterscheidet sich, abgesehen von hier unwichtigen Details, nur darin, daß die Söhne Davids nicht mehr Priester, sondern „Erste an der Seite des Königs" sind 41 . Rang- bzw. Bedeutungsunterschiede sind nicht festzustellen. Im Unterschied zu 2Sam 8 ordnet 2Sam 20 die Funktionsträger sachlich nach ihren Funktionsbereichen: Die beiden Militärs zu Anfang, dann die Zivilisten, dabei zusätzlich Adoram (7 h-ms), am Ende die Priester, neben Zadok und Abjatar neu Ira, der Jairiter (khn l-dwd), der die Stelle der Söhne Davids einnimmt. Bieten die Listen ungeachtet der Variationen doch ein in Umfang und historischpolitischer Entwicklung relativ übereinstimmendes und einleuchtendes Bild des kleinen Kreises der Vertrauten in Davids Umgebung, so ändert IChr 27,25—34 das Bild anscheinend nicht unwesentlich. Dieser Komplex ist zweiteilig: V. 25—31 listet Funktionäre auf, die das Vermögen des Königs verwalten, V. 32—34 nennt bereits aus den anderen Listen bekannte, aber auch neue Funktionsträger der unmittelbaren Umgebung Davids, insgesamt sieben, deren jeweilige Herkunft und Funktion wiederum interessant sind: Joab, Davids Verwandter und Säule seiner Macht, fehlt natürlich nicht in dieser Aufzählung, wenn er auch am Ende erscheint. Vor allem aber ist im Laufe der Herrschaft Davids, völlig verständlich, sein (ziviler) Beraterkreis größer geworden: Erstgenannt ein Onkel Davids, Jonathan, dazu Ahitophel und Huschai der Arkiter (letzterer r' h-mlk), zwei Männer, die vielleicht nicht zufällig aus der lokalen Elite des Landes südlich bzw. nördlich Jerusalems stammten 42 . Ahitophel, der David durch seine 40
Über Josafats Herkunft ist nichts bekannt; sein gut israelitischer Name wie der Vatersname, dessen 2.Element unklar ist (NOTH 1928, 235), läßt israelitische wie nichtisraelitischkanaanäische Herkunft offen. Über Serajas Herkunft läßt sich ebensowenig sagen. Zu Zadoks möglicher Herkunft aus Gibeons Elite s. o. S. 5. 41 Diese Änderung muß nicht (nur) daran liegen, daß die Priesterschaft der Davidsöhne dem Chronisten suspekt war; der Chronist beließ immerhin den Söhnen des von ihm hochverehrten Königs eine Stellung in seiner nächsten Nähe, trifft aber, indem er sie des Priesterrangs entkleidet, eine geschichtlich vorstellbare Entwicklung des allmählichen Ersatzes der (hilfs-) priesterlichen Davidsöhne durch einen professionellen Priester, wie 2Sam 20,26 bezeugt, was umso besser vorstellbar ist, je gefestigter Davids Macht war und er weniger auf die Unterstützung seiner engsten Familienmitglieder angewiesen war. 42 Zum gbwl h-'rky, der Heimat Huschais, vgl. demnächst meine Studie: ,,'rs-X - eine nordisraelitische Regionalbezeichnung". Zum Titel „Freund des Königs" vgl. M C C A R T E R 1984b, 372; RÜTERSWÖRDEN 1985, 73ff. Ahitophel stammte aus Gilo (2Sam 15,12; 17,23), das nicht identifiziert ist, aber nach Jos 15,51 in einem Gebiet liegt, das zwischen der Region Hebron ( N O T H S „7. Gau" Jos 15,52 - 54 a) und der Jos 15,21 ff. einleitenden südlichsten Region
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
10
Beteiligung an Absaloms Aufstand letztlich enttäuschte, wurde durch Vertraute aus Davids Frühzeit, Abjatar 4 3 und den Sohn B e n a j a s , J o j a d a , ersetzt. Schließlich trat noch ein Mann unbekannter Herkunft, Jehiel b. Hachmoni, in Davids Umgebung bzw. in seine Familie ein, der die möglicherweise einflußreiche Funktion eines Prinzenbegleiters bekleidete, wird er doch gleich nach Davids Onkel und vor der Beratergruppe genannt. Was die Liste vermögensverwaltender Funktionäre in I C h r 27 betrifft, so sind schwerwiegende Argumente gegen ihre Herleitung aus der frühen Königszeit (David/Salomo) geltend gemacht worden, so daß man in ihr wahrscheinlich eher eine - sachlich durchaus zutreffende - Darstellung der Domänen-Besitzverwaltung judäischer Könige der 2. Hälfte der Königszeit ( J o s i a ? ) aus chronistischer Zeit sehen muß 4 4 . So ist für Davids „Funktionärs-Apparat" von dieser Liste abzusehen; für die Davidzeit bleibt es bei 2Sam 8,16—18//lChr 1 8 , 1 5 - 1 7 ; 2Sam 2 0 , 2 3 - 2 6 ; I C h r 2 7 , 3 2 - 3 4 als Analysegrundlage. D i e drei L i s t e n spiegeln einschließlich i h r e r V e r ä n d e r u n g e n im L a u f e d e r Z e i t a l l e m A n s c h e i n n a c h realistisch wider, -
d a ß D a v i d sich als K ö n i g zuerst m ö g l i c h s t s t a r k a u f seine F a m i l i e ( J o a b u n d
seine S ö h n e ) u n d a u f e n g e V e r t r a u t e aus d e r f r ü h e n Z e i t d e s K a m p f e s u m die M a c h t stützte ( B e n a j a und A b j a t a r ) , -
d a ß F a m i l i e n m i t g l i e d e r in b e s o n d e r s wichtigen F u n k t i o n e n b l i e b e n ( J o -
ab), auch hinzukamen (Jonathan, Davids Onkel), aber auch ersetzt wurden ( S ö h n e D a v i d s als P r i e s t e r ) , -
d a ß diese H a u p t s t ü t z e n seiner H a u s m a c h t v o r allem F u n k t i o n e n in d e n
sensiblen B e r e i c h e n d e r M a c h t e r h a l t u n g ( M i l i t ä r und religiöse L e g i t i m a t i o n ) ausübten, -
d a ß im i n n e n p o l i t i s c h - l e g i t i m a t o r i s c h e n B e r e i c h d e s K u l t e s im L a u f d e r
Z e i t a b e r a u c h in a u s g e w o g e n e r W e i s e n e b e n D a v i d s alten G e f ä h r t e n A b j a t a r d e r nichtisraelitische G i b e o n i t e r Z a d o k u n d d e r nordisraelitische Jairit I r a aus
(NOTHS „L.Gau", Jos 1 5 , 2 1 b - 3 2 a ) liegt und üblicherweise als „6.Gau" (Jos 15,48b—51a) gerechnet wird (NOTH 1971 a,91. 97; A . MAZAR 1981, 2). Zum Namen Ahitophel vgl. MCCAR-
1984 b, 357. Falls er mit dem Abjatar aus der Nob-Priesterschaft (vgl. 2Sam 8; 20) identisch ist. Oder sollte es ein anderer, neuer Berater des gleichen Namens sein? Zu beachten ist aber auch ein Textänderungsvorschlag RUDOLPHS (1955, 182; vgl. B H S App. z. St.), demzufolge Ahitophel nur durch den neuen Ratgeber Jojada b. Benaja ersetzt wurde, während RUDOLPH den Text nach dem Namen Jojada ergänzt: yw's l-mlk w-kwhnw „und nach Ahitophel war Jojada b. Benaja ,Ratgeber des Königs und sein Priester war' A b j a t a r . . . " TER
43
4 4 Vgl. GALLING 1954, 7 5 f . (Josiazeit); WELTEN 1969, 1 3 7 f . ; KNAUF 1985a, 13f. gegen ROTHSTEIN/HÄNEL 1927, 4 9 3 f . ; RUDOLPH 1955, 1 8 3 f . ; WILLIAMSON 1982, 177 (David-Salomo-
zeit). METTINGER 1971, 87, neigt mehr der David-Salomozeit zu, hat aber letztlich nur das schwache Argument, daß „the territorial scope of the l i s t . . . (Sharon v.29) is perfectly consonant with a date in the United Monarchy", weshalb er letztlich zugesteht:„In any case we may be quite sure that the list reflects pre-Exilic conditions" (s. aber o. GALLING, WELTEN und KNAUF). Daß der Chronist David die reiche und differenzierte Vermögensverwaltung, die er nach dem Muster spätmonarchisch-judäischer Tatbestände gezeichnet haben dürfte, zuschreibt, ist von seinem Davidbild her völlig verständlich: Wohlstand ist ein sichtbares Zeichen göttlichen Segens, also ein Element der Königsideologie; vgl. auch IM 1985.
I. Funktionäre („Beamte")
11
dem Ostjordanland 45 trat, David also mit fortschreitender Stabilität und zur fortschreitenden Stabilisierung seiner Herrschaft religiös-kultische Repräsentanten aus verschiedenen Bereichen in Jerusalem integrierte, - daß im Laufe der Zeit und im Verlauf der inneren Stabilisierung seines Herrschaftsbereiches nach politischer Logik und Nützlichkeit zivile Funktionen eingerichtet und - ebenfalls nach herrscherlicher Logik und Klugheit deren Funktionsträger in einigen Fällen nachweislich, in anderen vielleicht bzw. vermutlich aus der lokalen Elite des Landes stammten (Josafat als mzkyr, Seraja als Schreiber, Ado(ni)ram als der 7 h-ms46) wie die Gruppe der Ratgeber in IChr 27, 32ff., die klug gemischt neben Familienangehörigen Davids (Jonathan) und Vertrauten der alten „Kampfzeit" (Abjatar und Benajas Sohn) wiederum Angehörige der Landeselite des Nordens und Südens (Huschai und Ahitophel) enthielt. Die drei Listen sind also nicht als Alternativen gegeneinander auszuspielen, sondern ergänzen einander und spiegeln eine logische (personal-)politische Entwicklung wider. Wichtig ist nun, daß alle Funktionen und Funktionsträger in Davids unmittelbarer Umgebung („bei Hofe") angesiedelt, ihre Träger nach Herkunft und/ oder Funktion mit dem vergangenen und zukünftigen Schicksal Davids damit eng verbunden sind. Nur zwei Funktionen reichen in ihrem Aufgabengebiet über die unmittelbare Umgebung Davids hinaus und greifen ansatzweise in die Bevölkerungsebene hinab: Joab leitet das gegebenenfalls einzuberufende Aufgebot der Bewaffneten, was aber auf der Basis der freiwilligen Akklamation Davids zum Herrscher durch Juda und Israel geschah und somit keinen staatlich-verwaltungsorganisatorischen Funktionärsapparat voraussetzte. Nach 2Sam 20,24 soll nun aber David mit der Einsetzung eines Funktionärs 7 h-ms ein Fron-System in Israel eingeführt haben. Unter Salomo breiter bezeugt (lKön 4,6; 5,28; 12,18//2Chr 10,18), führte es zu einer Katastrophe für das davidische Königtum und zur persönlichen Katastrophe des einzigen im AT genannten /ws-Funktionärs, Ado(ni)ram, unter Rehabeam. Was aber wissen wir über ms z. Zt. Davids? Mettinger wundert sich, teils zu Recht, teils zu Unrecht, daß außer der Funktionsbezeichnung Ado(ni)rams z. Zt.Davids nie der Begriff vorkommt; der Sache nach sei lediglich auf lSam 12,31 (Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen) hinzuweisen 47 . An staatlich-königlichen (Bau-)Maßnahmen, die ms erforderten, sind textlich nur Befestigungs-/Sicherungsbauten um Jerusalem bezeugt; außerdem hatte David vermutlich Bauhilfskräfte zu stellen, als Hirams Fachhandwerker ihm in Jerusalem ein „Haus" (byt) bauten 48 . Obwohl dies nicht gerade viel ist, mag es genügen, um die Annahme zu rechtfertigen, daß tatsächlich 45 Zur Herkunft Iras vgl. zuletzt MCCARTER 1984B, 434; BLENKINSOPP 1969,156 erwog eine Herkunft aus Qirjat-Jearim (=Jeariter), und vermutet in seiner Priesterschaft einen Bezug zum Ladeaufenthalt dort. 46 S. u.A. 5 3 47
METTINGER 1 9 7 1 , 1 3 3
48
Vgl. 2Sam 5 , 9 - 1 1
12
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
schon David in der 2. Hälfte seiner Herrschaft einen /w-Funktionär zur Organisation nützlicher Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen benannte 4 9 . Aber ob dieser Funktionär in seiner Funktion über Kriegsgefangene (und nichtisraelitische/nichtjudäische Kanaanäer?) hinaus z. Zt. Davids Judäer und Israeliten tangierte, bleibt ganz unklar. Belege sehe ich nicht 50 . So hat es den Anschein, daß unter David noch nicht bzw. nur im ersten Ansatz von einer verwaltungsmäßig organisierten ms-Institution 51 gesprochen werden kann. Die entsprechenden begrenzten Aufgaben unter David in Jerusalem und evtl. in Ziqlag 52 sowie wenn Kriegsgefangene „anfielen", konnte ein einzelner, erfahrener Mann 5 3 mit einigen fähigen Helfern und über die zweite Hälfte der Davidzeit verteilt, bewältigen. Eine an die Basis der judäischen bzw. israelitischen Ortschaften hinabreichende »w-Institution mit ms-Funktionärsstab ist für die Davidzeit jedenfalls durch die Nennung Ado(ni)rams nicht zu belegen, wie auch die staatliche Bautätigkeit zur Davidzeit nach unserer gegenwärtigen Kenntnis nicht so umfangreich war, daß sie nur mit 49 Diese Auffassung fände beträchtliche Unterstützung, wenn es richtig ist, daß Teil esSeba' Str.VI ein „worker's camp" etwa aus dem 1. Viertel des 10. Jh. v.Chr. ist „for the builders of the royal city of Stratum V", bei dem die Arbeiter (Kriegsgefangene? vgl. 2Sam 12,31) in Zelten und Hütten um den Ort wohnten, die Leitenden (Adoram mit Architekten und Aufsehern?) die wenigen, flüchtig aus den verlassenen Gebäuden von Str.VII hergerichteten Bauten auf dem Teil bewohnten, von denen „the single sizeable house may have been the residence of the director of the project" ( H E R Z O G in H E R Z O G ed. 1984, 84f.). Ein solches Projekt zur Errichtung eines Süd-Grenzsicherungspunktes bzw. eines Stabilisierungspunktes, der den Herrschaftsanspruch Davids auch gegenüber der ziehbäuerlich-lokalnomadischen Bevölkerung dieses Nord-Negebgebietes (vgl. FINKELSTEIN 1984; K N A U F 1986, 1 7 5 ) südlich des judäisch-stationärbäuerlichen Bereiches Judas repräsentativ deutlich machte, würde gut in die 2.Hälfte der Davidzeit passen, der Umfang dieses Projektes freilich auch viele Kräfte und Mittel des Davidreiches binden, was das Fehlen von textlichen Informationen über weitere ms-Aktivitäten, über das METTINGER 1971, 133, sich wundert, etwas verständlicher macht. Ob freilich auch am nördlichen Grenzpunkt des von David beherrschten israelitischen Kern-Gebietes, in Dan, bereits Befestigungen z. Zt. Davids errichtet wurden, wie A H A R O N I vermutet (1974a, 13ff.), ist eher zweifelhaft. Der Ausgräber hat früher solche Bauten in Dan Jerobeam I. zuschreiben wollen ( B I R A N 1969, 122. 239; 1973, 110; 1974, 49), dachte danach aber (vermutlich mit Recht) eher noch später an Ahab (1977, 243; 1978, 268f.; 1980, 176ff.), wenn BIRAN auch andere Fortifikationsbauten vielleicht in die David- oder Jerobeamzeit setzen möchte (1977,243; 1978,268f.; 1980,176-179; 1981,103). 50
Man kann freilich vermuten, daß sich an Davids Bauten, die als Prestigeobjekte des anerkannten Stammesführers und damit auch als Prestigeobjekte des Stammes gelten konnten (zu Begriff und Bedeutung von „Prestige", „Prestigegütern" und „Prestigewirtschaft" s.u. A. 81), in gewissem Umfang auch judäische Stammesleute beteiligten, aber das bleibt Vermutung (vgl. NORTH 1984, 1008:„kein biblischer Verfasser verwirft aber mas für gute und notwendige Zwecke"); sollte es so gewesen sein, ist immer noch sehr fraglich, ob solche Beteiligten als unter einem ms-Beauftragten stehend und in eine ms-Institution eingebunden bezeichnet werden können. 51 METTINGER 1971,132-139; skeptisch W Ü R T H W E I N 1985, 41. 52 FRITZ 1990b, 78ff. hat neuestens mit bedenkenswerten Argumenten die Identifizierung von Ziqlag mit dem Teil es-.S'ei>a 'vorgeschlagen. 53 Es wird, auch aufgrund seines Namens, vermutet, daß Ado(ni)ram Nichtisraelit war (DE V A U X 1964, 229; METTINGER 1971, 133; RÜTERSWÖRDEN 1985, 72), der dann seinen Posten bei David aufgrund früherer Erfahrungen mit ms, die schon vorisraelitisch im syrisch-palästinischen Raum existierte (METTINGER 1971, 129ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 72f.; N O R T H 1984, 1007), bekam.
I. Funktionäre
(„Beamte")
13
einer verzweigten, durchorganisierten ws-Institution einschließlich entsprechendem Funktionärsstab unter Einbeziehung der israelitischen u n d judäischen Ortschaften und ihrer B e w o h n e r hätte bewältigt werden können 5 4 .
Für die Davidzeit ergibt die Untersuchung, daß alle überlieferten Funktionäre unmittelbar in Davids Umgebung verwurzelt waren, ihre Aufgaben reichten bis auf zwei Ausnahmen nicht in die Tiefe des Landes und auf die Ebene der durchschnittlichen Siedlung. Wo die Aufgabe eines Funktionärs aber doch über die unmittelbare Umgebung Davids hinausreichte, beim allgemeinen Aufgebot der Bewaffneten und bei der im Ansatz vorhandenen ms-Einrichtung, fehlt anscheinend ein organisierendes Funktionärsnetz, das bis in die durchschnittliche Siedlung hinabreicht: Solange der gesellschaftliche Konsens trägt, bedarf es für das allgemeine Aufgebot lediglich benachrichtigender Boten 55 ; für den seltenen ms-Einsatz kam z. Zt. Davids anscheinend der Israelit der Durchschnittssiedlung nicht in Betracht. Diese Ergebnis einer nahezu nicht vorhandenen verwaltungsorganisatorischen Binnenstrukturierung durch das Fehlen eines Funktionärsapparates mit Tiefenerstreckung hinab zur Normalsiedlung z. Zt. Davids verwundert auf den ersten Blick angesichts des glanzvollen Bildes des Davidreiches, das in der chronistischen Darstellung kulminiert56 und auch angesichts der langen Herrschaftsdauer Davids 57 . Ist es nicht unmöglich, ein so umfangreiches Gebiet so lange und mit einem minimalen Funktionärsstab zu leiten und zusammenzuhalten? Es gibt Gesichtspunkte, die die Erstaunlichkeit erklären bzw. mindern: Zunächst einmal war Davids Königtum weitestgehend ein auf militärische Aktion ausgerichtetes: Davids Hauptleistungen lagen wesentlich in Abwehr-, Stabilisierungsund Expansionskriegen. A n d e r s gesagt: Nach der erfolgreichen A b w e h r der unmittelbaren G e f a h r e n von außen hat er allem Anschein nach nicht mit einer Stabilisierung/ Strukturierung im Innern seines Bereichs fortgefahren und seine Grenzen sozusagen von 54 Dazu paßt die neuestens durch die Beiträge in BASOR 277/78 (1990) neu aufgebrochene Datierungsdiskussion um wichtige Schlüssel-Ausgrabungen Palästinas im 10./9.Jh. v.Chr. sowie um weitere methodologische Fragen, die größere Unsicherheiten bei der Zuordnung von Bauten zu David und Salomo schaffen als bisher angenommen (vgl. dazu auch u. A. 82). 55 Vgl. z.B.2Sam 20,4f.; 15,10 und später. Wenn das zu lange dauert, konnte man z. Zt. Davids auf die Söldner zurückgreifen (2Sam 20,6f.). Daß das Verfahren beim allgemeinen Aufgebot gelegentlich zu langsam funktionierte, könnte u.a. zu Davids Zensus-Versuch (2Sam 24//lChr 21) mit dem Ziel einer besseren Kenntnis und Strukturierung bzw. Organisation der verfügbaren Kräfte geführt haben, dazu s. u. 56 Vgl. neben IM 1985 vor allem Mosis 1973; NOTH 1943=1957,174ff. RUDOLPH 1955,141 ff. ist etwas zurückhaltender im Blick auf ein vorrangiges Anliegen des Chronisten, David als Ideal herauszustellen. Vgl. aber auch den differenzierenden Standpunkt von WILLI 1972, 10-12. - Zu David insgesamt vgl. in letzter Zeit DONNER 1984, 195 - 2 1 5 ; GARBINI 1988, 2 1 - 2 7 ; A . R . MÜLLER 1990; KNAUF 1990a, 159f., vgl. auch KAISER 1988 (zurThronnachfolgeerzählung). 57 Wie lange David tatsächlich herrschte, ist unbekannt, da die 40 Jahre von 2Sam 5,4f. sehr wahrscheinlich (wie die Salomos) gerundet sind (vgl. PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 21; KNAUF 1990a, 156f.; DERS. 1991b, 173f., vgl. auchu. A. 90).
14
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
innen befestigt und verteidigt, sondern gewissermaßen durch weitere Expansionskriege „Vorne-Verteidigung" betrieben, also die zu verteidigenden Grenzen nach außen verschoben. Damit wurden auch potentielle Probleme im Innern vorläufig hinausgeschoben. Dabei blieb der Binnenverwaltungsausbau auf der Strecke. Diese Strategie Davids war durch fehlende außenpolitische Bedrohung seines Gebiets zu seiner Zeit möglich. Daß David in Ortschaften und Regionen nicht strukturierend, d.h. machtpolitisch, eingegriffen hat, m.a.W. wie weitgehend die Eigenverwaltung der Siedlungen und Regionen von David unberührt erhalten blieb58, belegen nicht wenige Beispiele: 2Sam 19,9b—16 zeigt, wie diplomatisch werbend David den Ältesten seines eigenen Stammes Juda entgegentreten muß, um sie nach dem Absalomaufstand wieder zur Anerkennung seiner Autorität zu bewegen; um wieviel mehr fragil war dann die Anerkennung seiner Autorität durch die Israelstämme! 2Sam 19,17—24 zeigt David, der ja sonst oft nicht zimperlich mit ihm Mißliebigen umgegangen war, eine bemerkenswerte diplomatische Weisheit und Zurückhaltung gegenüber dem „Hochverräter" Simei aus Benjamin, dem Stamm nördlich seiner Residenz, vermutlich ausschließlich aus Diplomatie gegenüber Benjamin; was David am liebsten mit Simei sogleich getan hätte, läßt lKön 2,8f. erahnen. 2Sam 19,42—44 läßt hinter dem Streit der Männer Israels mit denen Judas noch das enorme Selbstbewußtsein jener erkennen, mit dem sie den Wert der erneuerten freiwilligen Autoritätsanerkennung für David durchschauten. Auch 2Sam 20,1—22 ist trotz des Scheiterns des benjaminitischen Aufstandes Zeugnis des Selbständigkeitsbewußtseins dieses Stammes. Zugleich zeigt das Kapitel dasselbe Bewußtsein für die Stadt Abel (V. 14ff.) wie der rücksichtslose Haudegen Joab umgekehrt seinen Respekt vor der freien Stadt vielleicht nicht nur aus taktischen Gründen bezeugt, um etwa das Leben von Männern seiner Truppe zu bewahren. David selbst drückt in demselben Kapitel aus, wie gefährlich es für ihn sein kann, wenn Aufständische und Separatisten „feste Städte" gewinnen (V. 6). Wie stark die Herrschaft Davids zwar auf seinen Erfolgen errichtet, aber ständig der freiwilligen Loyalität bedürftig war, zeigt insgesamt der Absalom-Aufstand (2Sam 15ff.): Die Loyalität David gegenüber ist sogar in seinem eigenen Stamm, seinem engen Ratgeberkreis und seiner Familie nicht automatisch gesichert, ist ein fragiles Verhältnis; sie richtet sich unmittelbar auf die Person des Königs und ist offenbar sogleich und einseitig aufkündbar. Ihre Zerbrechlichkeit ist anscheinend durch keine gewachsene, verzweigte Macht-/Verwaltungshierarchie mit dem König als ihrer organischen Spitze, der der Einzelne verpflichtet, in die er eingebunden wäre, stabilisiert und abgesichert59. Es lassen sich nun aber auch gegenläufige Tendenzen zur bisher festgestellten organisatorischen Zurückhaltung Davids und zur strukturellen Schwäche seiner Herrschaft namhaft machen, mit denen er seine Machtbasis im Innern seines Herrschaftsbereiches zu verbreitern und abzusichern suchte. 58 Deshalb scheint mir das von SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, bes.195—322 (vgl. auch 323 —367) grundsätzlich zutreffend gezeichnete Bild der „typische(n) israelitische(n) Stadt der Richterzeit" (322) und ihrer Selbstverwaltung weniger auf die sog. Richterzeit (EI), sondern eher auf die E-II-Zeit zuzutreffen. 59 Vgl. zur ständigen Notwendigkeit der Bewährung von Einfluß und Autorität und zu den Mechanismen der Institutionalisierung von Charisma und Macht aus ursprünglich freiwilliger Loyalität SERVICE 1977,78ff. 106ff. 131 ff.; B R E U E R 1990,34ff. 42ff. 51 ff. 55ff. 68ff.
I. Funktionäre
(»Beamte")
15
So machte er sich ein Faktum zunutze, das sich aus der sozialen Entwicklung am Übergang von E I zu E II ergeben hatte: Das Anwachsen der Siedlungs- und Bewohnerzahlen im zentralpalästinischen Bergland seit dem Ende der SpBr führte im Gefolge verbesserter ökonomischer und technologischer Bedingungen im Verlauf der E-I-Zeit zu einer weiteren Vermehrung bei Siedlungen und Bevölkerung 60 . Im Rahmen dieser sozioökonomischen und demographischen Entwicklung ergab es sich, daß in steigendem Maße Familienmitglieder, oft jüngere Söhne, die der Haushalt (das „Erbteil") der Kernfamilie bzw. der extended family nicht mehr ohne weiteres ökonomisch mit tragen konnte, gewissermaßen „freigesetzt" werden mußten, sich unabhängig ein Auskommen zu suchen. In dieser Situation verband sich das Interesse dieser „Freigesetzten" mit den Interessen überfamiliarer Strukturen, die hiermit ein gesellschaftliches Ventil für die vergrößerten, aber begrenzt versorgungsfähigen Familien boten, indem solche „Freigesetzten" als eine relativ unabhängige, frei verfügbare und mobile Klientel, etwa als n 'rym oder Soldaten in den Dienst des jungen Königtums oder auch in den eines Heiligtums treten konnten 61 . Diese frei verfügbaren, primär dem jeweiligen „Dienstherrn" und seinen Interessen verpflichteten Kräfte sind in ihrer Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung in Israel kaum zu überschätzen. Ein besonders bekanntes Beispiel sind die „Helden Davids" 62 . Zeichnet man ihre Herkunftsorte und -regionen, soweit bekannt und identifiziert, in eine Karte ein 63 , so wird deutlich, zu wie vielen Orten und Regionen und über welch ein relativ weites Gebiet vom Negebrand bis ins Gebirge Ephraim und darüber hinaus sich damit Beziehungen und Interessenverflechtungen ergaben. Weiterhin wird damit deutlich, daß offensichtlich besonders im Gebiet nördlich und südlich von Jerusalem die sozioökonomische Entwicklung in der von Stager beschriebenen Weise vorangeschritten war. Tendenziell in die gleiche Richtung der Interessenverbindung mit der lokalen judäischen Elite war David bereits in seiner Aufstiegszeit aktiv vorgegangen, als er sich gegenüber verschiedenen südjudäischen Gruppierungen, Ortschaften und ihren Ältesten als ordnungspolitischer Faktor empfahl 64 . 60
Die Untersuchung und Neubewertung der Vorgänge im zentralpalästinischen Bergland einschließlich Galiläas am Übergang von SpBr zu E I steht seit Jahren im Brennpunkt des Interesses der Forschung. Aus der schnell wachsenden Literatur sei auswahlweise folgendes hervorgehoben: KOCHAVI ed. 1972; A H A R O N I 1976a; C R Ü S E M A N N 1978; M . W E I P P E R T 1979; F R I T Z 1980; DERS. 1982; DERS. 1987; DERS. 1990a; DERS. 1990b; F R E E D M A N / G R A F ed. 1983; E N G E L / L O H F I N K / J Ü N G L I N G / K I N G in: Bibel u. Kirche H.2 (1983); B R A N D F O N 1983; M E Y E R S 1983; O T T O 1984; DERS. 1986; DE G E U S 1976; D O N N E R 1984, 117-164; G O N E N 1984; L E M C H E 1985; DERS. 1988,77ff.; CALLAWAY 1985; SCHOORS 1985; H O P K I N S 1985; DERS 1987; FRICK 1985; STAGER 1 9 8 5 ; H A U E R 1 9 8 6 ; C O O T E / W H I T E L A M 1 9 8 6 ; DIES. 1 9 8 7 ; AHLSTRÖM 1 9 8 6 ; M C G O V E R N
1987; K N A U F 1987; DERS.1988a, 62 A.306; 100, A.454; 106ff. 145; DERS. 1988c; L O N D O N 1989; u. H . W E I P P E R T 1991; archäologisch jetzt grundlegend FRITZ 1985, 114-149; FINKELSTEIN 1988; H. W E I P P E R T 1988,255ff. 344ff. 61 Dieses Bild beruht auf STAGER 1985, dort Einzelheiten sowie Karten- und Tabellenmaterial; ethnologisch vgl. B R E U E R 1990,63. 62 Vgl. bes. E L L I G E R 1935=1966; B . M A Z A R 1963=1986; unter den Kommentaren zuletzt M C C A R T E R 1984b, 487ff. 529; zur Chr.-Parallele R U D O L P H 1955, 141 ff.; W I L L I A M S O N 1982, 142ff.; Beispiele über die Helden Davids hinaus sind David selbst, Samuel, Gideon (Ri 6,15), Jiftach (Ri 11,1 ff.). 63 M C C A R T E R 1984b, 529. 64 Vgl. lSam 30,26-31 und dazu Z O B E L 1975; vgl. aber auch lSam 23,1-13; 25; vielleicht beruht die Einstellung der Zifiter für Saul und gegen David darin, daß sie von Davids M.
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A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
D a ß er diese Politik konsequent fortgesetzt und daß sie Früchte getragen h a t , zeigt sich an einer ganzen Reihe namentlich überlieferter, breit gestreut zwischen Südjuda und dem mittleren Ostjordanland ansässiger, wohlhabender Angehöriger lokaler Eliten, die in verschiedener Weise u n d in verschiedenen Situationen David ihrerseits mit Loyalität und materieller Unterstützung antworten 6 5 . D a v i d hat s o m i t b e g o n n e n , e i n e I n t e r e s s e n ü b e r e i n s t i m m u n g z w i s c h e n sich u n d l o k a l e n E l i t e n a n z u b a h n e n u n d h e r z u s t e l l e n , die b e i d e S e i t e n in e i n g e g e n seitiges Loyalitätsverhältnis e i n b a n d , g e g e n s e i t i g e A b h ä n g i g k e i t u n d E i n f l u ß m ö g l i c h k e i t e n schuf u n d für D a v i d e i n v o n seiner u n m i t t e l b a r e n U m g e b u n g bis h i n a b in die israelitische N o r m a l s i e d l u n g r e i c h e n d e V e r w a l t u n g s f u n k t i o n ä r s hierarchie w e i t e s t g e h e n d erübrigte u n d e r s e t z t e . D a m i t w a r e i n e E n t w i c k l u n g e i n g e l e i t e t , die für Israel w e s e n t l i c h w u r d e u n d d e n K e i m für e i n e s c h w e r w i e g e n d e g e s e l l s c h a f t l i c h e D i f f e r e n z i e r u n g b z w . sogar S p a l t u n g darstellte. Vor dem Hintergrund der hier vorgetragenen Auffassung verwundert es n u n nicht mehr, daß aus der Davidzeit nur ein einziger, vielleicht als „Verwaltungsakt" zu bezeichnender Vorgang tradiert wird: D e r Zensus in 2Sam 24//lChr 21 66 . E s ist wohl bezeichnend, daß mit der D u r c h f ü h r u n g J o a b und die „Heeresobersten" (V. 2) betraut werden, was gegen eine zivile und f ü r eine militärische Abzweckung spricht 6 7 . A b e r selbst dieser einzige „Verwaltungsakt", wenn es denn ein solcher war, ist gescheitert. Sein Scheitern wird theologisch begründet 6 8 . Es wäre sehr interessant zu wissen, was für eine Ursache hinter dem theologisch begründeten Scheitern des Zensus steht 6 9 . Nach der Überlieferung sollte er, von A r o e r ausgehend, über D a n und Tyros bis zurück nach Beerscheba f ü h r e n und so neben Juda auch ganz Israel einbeziehen (2Sam 24,5—7). Im Gegensatz zu 2Sam 24,9//lChr 21,5, die - für einen Zensus allerdings reichlich unpräzise - runde Zahlen bieten, berichtet I C h r 27,24, der Zensus sei unvollendet abgebrochen worden. „Schutz", wie auch Nabal, nichts hielten und die hüwa verweigerten. Zur Beziehung David judäische Lokalelite vgl. aber auch CRÜSEMANN 1978,214. 219ff.; JÜNGLING 1981. 65 Vgl. neben Ahitophel von Gilo (2Sam 15,12 und die Listen) und Huschai dem Arkiter (2Sam 15,32ff. und Listen) aus seinem Ratgeberkreis besonders Meribaal und Ziba (2Sam 9,4ff.; 16,lff.; 19,25ff.), Sobi b. Nachasch von Rabbat-Ammon (!), Machir b. Ammiel von Lodebar (der schon zu Saul in einem engeren Verhältnis stand, so daß Meribaal b. Saul bei ihm Unterschlupf gefunden hatte, 2Sam 9,4 f., also ein Mann, der dem jeweiligen Machthaber zuneigte, ohne von sich aus den Nachkommen des früheren Machthabers deshalb zu verraten) und den Gileaditer Barsillai von Rogelim (2Sam 17,27-29; 19,32ff.). 66 Vgl. neben den Kommentaren noch zur Literar- und Redaktionsgeschichte von 2Sam 24 VEIJOLA 1975,106ff.; M c C A R T E R 1984b, 514ff. 67 David wollte den Heerbann auflösen oder ändern ( V . R A D 1965, 37f.; HERTZBERG 1960, 340); M C C A R T E R 1984b, 512. 514. 516 weist neben militärorganisatorischen auf fiskalische (Re-) Organisationsgründe (Steuern), dagegen vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985,127ff. 68 R O T H S T E I N / H Ä N E L 1927, 489 betrachten den Zorn und das „Eingreifen Gottes", also die theologisch-religiöse Folge des Zensus' als Ursache des Abbruchs; R U D O L P H 1955, 183 beschränkt sich auf die Diskussion der chronistisch-theologischen Deutung der Zählung bzw. des Abbruchs bzw. der chronistischen „Reinwaschung" Davids. 69 Da der Abbruch nur in der Chronik (IChr 27,24; vgl. 21,6) berichtet wird, kann er ein Element des chronistischen Versuchs sein, die Schuld Davids etwas zu mildern; vgl. aber auch sogleich unten zu einem konkreten historischen Anlaß eines Abbruchs.
/. Funktionäre
(„Beamte")
17
Wieder erhebt sich die Frage: Warum? Im Bewußtsein der Unbeweisbarkeit sei die Hypothese gewagt, daß David mit dieser Maßnahme einen Ansatz versucht haben könnte, sich einen genaueren Überblick („Wissen ist Macht!") über das im Vergleich zu Juda ferner liegende und weniger überschaubare Israel zu verschaffen 7 0 . Damit läge doch ein im Ansatz machtpolitischer, über das nur militärische Interesse hinausgehender Akt dem Zensus zugrunde. Liegen wir mit dieser Vermutung ungefähr richtig, so mag die machtpolitische Absicht der davidischen M a ß n a h m e auch in Israel durchschaut worden sein, könnte zu Widerständen geführt und den in I C h r 27,24 überlieferten Abbruch der Aktion nach sich gezogen haben. A b e r dies alles ist Spekulation.Immerhin bleibt die Vermutung im R a h m e n des Wahrscheinlichen, daß man keineswegs zufällig im dem Judäer David ferner als seine judäische Heimatregion stehenden Israel verwaltungs- und damit machtpolitischen Maßnahmen Davids besonders mißtrauisch und ablehnend gegenüberstand.
David besaß einen begrenzten, kleinen Funktionärsstab in seiner unmittelbaren Umgebung, nicht aber eine durch eine Funktionärshierarchie repräsentierte, bis an die israelitische Durchschnittsortschaft hinabreichende Verwaltungsorganisation71 . In seiner Zeit finden sich aber erste Ansätze zu einer mehr oder weniger gezielt forcierten Übereinstimmung zwischen seinen Herrschaftsinteressen und den Interessen lokaler Eliten, die bei beiderseitiger Loyalität wenigstens indirekten gegenseitigen Einfluß und Ausbalancierung von Interessen ermöglichten und so eine königliche Binnenverwaltung in gewissem Maße aufwogen bzw. erübrigten, ohne die Unabhängigkeit der israelitischen Ortschaften und Regionen grundsätzlich in Frage zu stellen. Verständlicherweise gestaltete sich das Loyalitäts- und Interessenverhältnis zwischen David als Judäer und den Ortschaften und Regionen Israels labiler als dasjenige zwischen David und denen in Juda.
3.
Salomo
Für Salomo wird nur an einer Stelle von Funktionären berichtet: lKön 4, wobei zwischen den Funktionären seiner unmittelbaren Umgebung (lKön 4,1—6) und einer jenen anscheinend in der Funktions- und Arbeitsebene nicht gleichgestellten Gruppe (lKön 4,7—19), die einem Funktionär der unmittelbaren Umgebung Salomos untersteht (lKön 4,5), zu unterscheiden ist72. Zu70 Sollte der Zensus nach den Aufständen Absaloms und Simeis mit ihrer nordisraelitischen Beteiligung stattgefunden haben, ließe das eine solche Maßnahme umso dringlicher für David erscheinen! Salomo hat diesen ersten Versuch zur Integration der Nordgebiete tendenziell fortgesetzt (lKön 4,7-19, s.u. zu diesem Text). 71 Anders zuletzt LEMCHE 1988,137.139-142.148f. 151 72 Zu beiden Listen vgl. zuletzt vor allem R E H M 1979, 47ff.; GRAY 1980,129ff.; N O T H 1983, 55ff.; HENTSCHEL 1984, 35ff.; W Ü R T H W E I N 1985, 38ff., früher SANDA 1911, 64ff.; vgl. zur Interpretation auch METTINGER 1971; RÜTERSWÖRDEN 1985; zu lKön 4,7ff. vgl. noch besonders G . E . W R I G H T 1967; OTTOSSON 1969,215ff.; A H A R O N I 1976; DERS. 1984, 318ff.; AHLSTRÖM 1982a, 3 1 ff.; R Ö S E L 1984; T H I E L 1985; N A ' A M A N 1986a, 167ff. Zu erwähnen ist noch unter
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
nächst ist der Blick auf die Salomo unmittelbar umgebenden Funktionäre zu werfen. Die Gruppe der hier bei Salomo srym73 Genannten umfaßt 11 Personen, eine leichte Zunahme gegenüber David. Gegenüber David fällt vor allem die starke Zunahme ziviler Funktionäre (Elihoref und Ahia als sprym74, Josafat als mzkyr75, Asarja b. Nathan als 7 h-nsbym16, Sabud als r'h h-rnlk11, Ahisar als 1 h-byt7S und Adoniram als 7 h-ms, insgesamt 7 der 9 [ + 2 ] Funktionäre) auf, deren drei die Liste nach Asarja b. Zadok, dem Priester, an der Spitze eröffnen, ehe an 5. Stelle Benaja allein das Militär vertritt; Zadok und Abjatar als Priester an 6. und 7. Stelle sind Zusatz 79 . Dann schließen die Liste wieder vier Zivilfunktionäre. Das klare Übergewicht des Zivilen (7 Funktionäre von 9) spiegelt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit und realistisch die unbestrittene Tatsache, daß Salomo keine Kriege führte, vielmehr vorrangig Innenpolitik sowie Außenpolitik mit friedlichen Mitteln betrieb. In seinem unmittelbaren Funktionärsstab steht Wandel neben Kontinuität im Vergleich zu den Funktionären seines Vaters: Von David Übernommene im gleichen (bzw. erweiterten) Bereich (Josafat, Benaja, Adoniram) stehen neben neuen Männern in schon bei David vorhandenen Funktionen (Asarja b. Zadok, Elihoref, Ahia und Sabud) und neuen Männern in neuen Ämtern (Asarja b. Nathan als Haupt der nsbym und Ahisar 7 h-byt). Neben direkter personeller Kontinuität von drei schon davidischen Funktionären ist beachtenswert, daß die unmittelbare Umgebung des Königs sich selbst - ein bewährtes Mittel zu Gewinnung loyaler Funktionäre - teilweise regeneriert 80 .
Hält sich die Hinwendung Salomos zu einer in die Tiefe reichenden Binnenverwaltung trotz erkennbarer Entwicklung doch in Grenzen, so ist die Salomo die Funktion desphh (lKön 10,15), vielleicht ein „Statthalter" in eroberten Gebieten, vermutlich mit repräsentativen, d.h. zivilen und zugleich militärischen Befugnissen (vergleichbar mit Davids nsyb in Damaskus?), aber das bleibt unklar, falls der Titel überhaupt in die salomonische Zeit gehört (vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 113f.). Dazu wird Salomo noch von Fall zu Fall Leute in Dienst gezogen haben (als 'bd, lKön 11,26—28). 73 Vgl. zu sr umfassend RÜTERSWÖRDEN 1985, 20-95. 74 Zu diesem Amt vgl. METTINGER 1971,25ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 85ff. 75 METTINGER 1971, 52ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 89ff. 76 Vgl. vor allem METTINGER 1971,111 ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985,91.107ff. 77 METTINGER 1971, 63ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985,73ff. 78 METTINGER 1971, 70ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985,77ff. 79 Abjatar wurde von Salomo verbannt (lKön 2,26f.); an Zadoks Stelle trat offenbar sein Sohn Asarja (lKön 4,2); vgl. zur Streichung von V. 4 bzw. zu seinem Charakter als Zusatz GRAY 1980, 130; WÜRTHWEIN 1985 , 38f. m. A. 3f. Ob aber auch Benaja (V.4a) hier zu streichen ist (WÜRTHWEIN aaO), scheint mir angesichts seiner auch unter Salomo bewährten Rolle (lKön 2!) nicht so sicher (vgl. so auch METTINGER 1971,10f.). 80 Der Priester Asarja als Sohn Zadoks (nach IChr 5,34f. allerdings dessen Enkel); vielleicht waren Asarja b. Natan und Sabud b. Natan Söhne des davidischen „Hofpropheten" (so HENTSCHEL 1984, 36, schon SANDA 1911, 68, zurückhaltender z.B. Nora 1983, 64, viel zuversichtlicher GRAY 1980, 133). Solche Familienkontinuitäten gibt es auch bei den 12 nsbym, vgl. A. 111. Daß Ahimaas, der Schwiegersohn Salomos (lKön 4,15) ein Sohn Zadoks war, wie NA'AMAN 1986a, 177f. A.15 aufgrund von 2Sam 15,27 meint, ist nicht sicher, wenn auch möglich. - Zu Kontinuität und Wandel in Davids und Salomos Funktionärsstab vgl. auch METTINGER 1971,12ff.
I. Funktionäre („Beamte")
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Erweiterung in zwei B e r e i c h e n bzw. bei zwei Funktionären bei S a l o m o beträchtlich. Zunächst gilt das für den m.s-Bereich und seinen Funktionär. E s ist allgemein anerkannt, daß S a l o m o mit verschiedenen B a u m a ß n a h m e n seine größte organisatorische Leistung im innenpolitischen Bereich vollbracht hat, die ihm wesentliches Prestige einbrachten 8 1 . Hiermit hing der Faktor ms wesentlich z u s a m m e n , der aber auch letztlich seinen Machtbereich w i e d e r auseinanderbrechen ließ. Seine diesbezüglichen M a ß n a h m e n brauchen hier nicht in allen Einzelheiten untersucht zu w e r d e n , weil es mir darum geht zu prüfen, wieweit sie grundsätzlich und durch seine Beauftragten für diese Maßn a h m e n die E b e n e der Israeliten und ihrer Siedlungen berührten. Salomos Baumaßnahmen kann man in zwei Gruppen gliedern, in diejenigen in Jerusalem und diejenigen außerhalb der Residenz. l K ö n 9,15—23 faßt alle Bauunternehmungen zusammen 8 2 , während die Bauorganisation für den Tempel in Jerusalem, 81
Zur Folgewirkung gehört die Legende vom Besuch der Königin von Saba (lKön 10,1-13; vgl. PRITCHARD ed. 1974; D O N N E R 1984, 219f.; K N A U F 1988a, 29f.; DERS. 1989, 85f.) und die Sprichwörtlichkeit seiner Weisheit bis zu Formulierungen heutiger Forscher (vgl. z.B. KATZENSTEIN 1973, 114: „Solomon constitutes Israels age of splendor" cHervorhebung v.mir>). Zu Begriff und Bedeutung von „Prestige", „Prestige-Wirtschaft" und „PrestigeGütern" vgl. FRIED 1967, 32f. 73ff. 106ff. 115. 118. 131ff.; STRECK ed. 1987,164-167; BREUER 1990, 42. 45ff. 52. 58. 63ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 133f.; M O R E N Z 1969 (speziell in Ägypten). Neben dem prestigeträchtigen Komplex baulich-organisatorischer Maßnahmen muß aber als mindestens ebenbürtig - wenn nicht langfristig bedeutender - seine religiös bzw. kultischorganisatorische Leistung herausgestellt werden, indem er allem Anschein nach JHWH „offiziell" in den Jerusalemer Tempel und Kult eingeführt hat (lKön 8,12f.) (vgl. K N A U F 1990a, 160). Zur Charakterisierung von Person, Herrschaft und Traditionen (über) Salomo(s) zwischen historisch Feststellbarem und geschichtstheologisch-ideologischer Gestaltung vgl. u. a. D O N N E R 1984,217 -225; PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974,17-39; SCHLEY 1987; GARBINI 1988, 17. 27-33; LEMCHE 1988, 139-142; KAISER 1988; K N A U F 1988a, 29-31; DERS. 1990a, 160f.; DERS. 1991b; H. u. M. WEIPPERT 1989. Die kulturelle Differenz zwischen dem (bescheid e n e < r e > n ) 10. und dem (entwickelten) 9. Jh. v. Chr sowie das kulturelle Gefälle von Nord nach Süd hat eindrucksvoll H. WEIPPERT 1988, 510—530 herausgearbeitet; vgl. auch die Darstellung der Diskrepanz zwischen der Tradition in lKön 3—11 und dem archäologischen Befund im Palästina des 10. Jh. v. Chr. bei PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 35f. 82 Für Ergänzungen zum Palastkomplex in Jerusalem vgl. lKön 7,1 — 12. - Die Diskussion, was Salomo archäologisch an Bauten zugeschrieben werden kann, ist neuestens wieder in Bewegung geraten durch die BASOR-Aufsatzserie von WIGHTMAN 1 9 9 0 , HOLLADAY 1 9 9 0 , USSISHKIN 1 9 9 0 , STAGER 1 9 9 0 , FINKELSTEIN 1 9 9 0 und DEVER 1 9 9 0 . Die Diskussion kann hier nicht in extenso eingearbeitet und dargestellt werden; wichtig scheint mir u. a.: 1. Archäologische Funde in Hazor, Megiddo und Geser können schwerlich allein von der einzigen, äußerst kargen Formulierung in lKön 9 , 1 5 . 1 7 - 1 9 ( B N Y ) her als gesichert salomonisch gelten (vgl. schon PRITCHARD 1 9 7 4 , 2 4 — 2 9 ) . - 2 . Das BASOR-Heft und seine Beiträge machen verschiedene methodologische Probleme deutlich, so z.B. daß der für die Datierung so wichtige Keramikvergleich nicht auf einer simplen Keramiktypologie beruhen kann, weil nicht nur isolierte Täler ihre eigene konservativere Typologie haben gegenüber Handel und Austausch ausgesetzten Orten der größeren Täler im Norden und der Küstenebene, sondern auch daß „the strong regionalism" „of ceramic assemblages" „even in some limited, geographically homogeneous areas" „makes a straight-forward comparison quite a tricky task". Insofern sind Kera-
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
seiner Bedeutung entsprechend, in lKön 5,15—32 herausgehoben und vorgezogen berichtet wird. Danach lag der bedeutendste, zumindest aber prestigeträchtigste Teil seiner Bau-Maßnahmen in der Residenz: byt YHWH und Palastkomplex, mlw' und (weitere) Befestigungsanlagen Jerusalems 83 . Hinzu kommen zu diesen, mehr oder weniger Repräsentativcharakter tragenden Bauten noch in ihrem Umfang nicht abschätzbare, da allein durch BNY (lKön 9,15. 17. 19) angedeutete Bau-Maßnahmen in den nach außen dem Landesschutz, nach innen aber auch der Herrschaftslegitimation und -stabilisation dienenden Festungsstädten Hazor, Megiddo, Geser, Unter-Bethoron, Baalat und Tamar in der Wüste 84 , Vorrats-, Wagen- und Pferdestädten. mikvergleiche kreuz und quer durchs Land problematisch. Ebenso kann der Fund von unterschiedlicher Keramik in privaten und öffentlichen Bauten an verschiedenen Stellen desselben Stratums eines Ortes zu irreführenden Schlüssen führen. „The limitations of the ceramic data currently available make it premature to attempt etablishing a comprehensive Iron II chronology" (vgl. mit weiteren Beispielen FINKELSTEIN 1990, 116f. sowie zu weiteren methodischen Grundsatzproblemen D E V E R 1990). Aus der methodischen „Sackgasse" subjektiver (und ideologischer), vom Bibeltext her interpretierender Sicht auf archäologische Funde können wohl am ehesten Untersuchungen wie die von HOLLADAY 1990 führen, der begonnen hat „to apply truly sophisticated levels of statistical analyses to ceramic assemblages"; solange das nicht geschieht, ist es schwer, im 10. und 9. Jh. v. Chr. (und auch später?) etwas zu datieren „with confidence, much less make historical correlations via the literature, biblical or otherwise" ( D E V E R 1990, 122f.). 3. Das BASOR-Heft zeigt eine neue interpretative Unsicherheit bzw. Verunsicherung weniger durch die zu diskutierende Herabdatierung um ca. 80 Jahre der Befunde wichtiger Schlüssel-Ortslagen durch WIGHTMAN 1990, sondern durch das bisherige Fehlen solcher Arbeiten wie die von HOLLADAY 1990. BASOR 277/78 „makes evident... the disagreements" im Blick auf „two larger matters: the completeness and reliability of retrieved data (plus now, quantification of results...) and the problem of interpretation at the point of assessing the data". Es besteht „a fundamentally unresolved unclarity in our theoretical and interpretative perspective" (RAST 1990, 2f.). An konkreten Einzelheiten sei noch erwähnt, daß USSISHKIN 1990, 71 ff. wie FINKELSTEIN 1990, 113f. gegenüber z.B. DEVER (1984; DERS. 1986) bezweifeln, daß alle 6-Kammer-Tore „salomonisch" seien wie bisher angenommen; USSISHKIN stellt das bei Megiddo VA-IVB, evtl. auch in Lachisch Str.IV (9. Jh.) in Frage, FINKELSTEIN auch für das bisher Salomo zugeschriebene Tor in Geser. Mit Recht hat schließlich USSISHKIN 1990,76f. wieder einmal daraufhingewiesen (vgl. u. a. schon RUPPRECHT 1972; DERS. 1977, 30—32), daß BNY in lKön 9,15. 17—19 nicht nur „ neu bauen", sondern auch „aus-" und „umbauen" heißen kann und völlig offen läßt, auf welche Bauten Salomos der genannten Orte es sich bezieht. 83
Vgl.dazu KOSMALA 1964; A P - T H O M A S 1967, 277ff.; D O N N E R 1977; KENYON 1968, 64ff.; 1973, 36ff.; DIES. 1974; B A R - Y O S E F et al. 1976, 579-647, bes.580ff.; OTTO 1980a, passim, bes. 49ff.; Y A D I N ed. 1976; SHILOH 1984; H . W E I P P E R T 1988,455-76. Zur MilloDeutung vgl. neuestens STEINER 1989. Zur Frage, ob Salomo das „Haus JHWHs" baute oder einen vorhandenen Jerusalemer Stadttempel übernahm, um- und ausbaute, bleibt ernster Beachtung wert RUPPRECHT 1972; DERS. 1977; vgl. auch GARBINI 1988, 17. 22ff. 27. 30f. 89; K N A U F 1991b. Wichtiger aber als die Bau- oder (nur) Aus-Bau-Frage sind Salomos Verdienste bei der Etablierung des JHWH-Kults in Jerusalem (s. o. A. 81). 84 Es hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten, wollte man angesichts der o.A. 82 genannten neuen Diskussion in BASOR 277/78 und der äußerst unpräzis-pauschalen biblischen Auskünfte in lKön 9,15—23 nun überhaupt keine Baumaßnahmen Salomos in Hazor, Megiddo und Geser mehr annehmen. Aber neue Unsicherheiten sind entstanden; Reduktionen von bisher Angenommenem mögen notwendig werden. Bei den drei südlichen Festungsorten Salomos wissen wir wiederum archäologisch gar nichts; zur (unsicheren) IdentifiDIES.
I. Funktionäre („Beamte")
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Zweifellos stellte das eine organisatorische und finanzielle Leistung und einen vorläufigen Höhepunkt für Israel seit Anfang der E I dar. Ebenso unzweifelhaft bedurfte es, auch wenn Hiram von Tyros besonders für die Bauten der Residenz Spezialisten neben Materialien stellte, ms-Arbeiter in nicht geringer Zahl, denen Ado(ni)ram samt ihm unterstellten Hilfsaufsehern 8 5 organisierend vorstand. Zwar soll die in der Zeit Salomos vollbrachte Leistung keineswegs ungerechtfertigterweise verkleinert werden; es sind aber doch einige Anmerkungen zu den Dimensionen angebracht, da die sehr massierte Darstellung ad maiorem regis gloriam in l K ö n 3—10, wie hier zunächst kommentarlos reproduziert, den Eindruck eines palästinischen Harün ar-Raschtd oder eines überragenden Renaissance-Herrschers entstehen läßt - wie es denn auch geschehen ist und wohl auch geschehen sollte 86 . Die Bau-Maßnahmen in Jerusalem waren tatsächlich - neben dem theologisch-religionspolitisch grundlegenden Beitrag Salomos zur Verwurzelung der JHWH-Verehrung in seinem Jerusalemer Palast-Tempel ( l K ö n 8,12f.) und dessen Folge-Wirkungen für Juda/Israel insgesamt - die materiell auf lange Sicht bedeutendsten Leistungen Salomos. Es ist jedoch wahrscheinlich falsch, aufgrund von l K ö n 9,17—19 von 6 Grenzfestungsstädten und Vorratsstädten und Wagen- und Pferdestädten zu sprechen. Wie Würthwein zuletzt betont hat 87 , sind die sechs Festungsstädte wohl mit den Wagen- und Pferdestädten identisch, die zugleich auch als Vorratsstädte gedient haben dürften 8 8 . Über den Umfang des salomonischen (Aus-)Baus von Unter-Bethoron, Baalat u n d T a m a r wissen zierung von Baalat vgl. N O T H 1983, 213f. Zur Identifizierung von Tamar mit der hirbe bei 'En Hasb, 32km sw des Südendes des Toten Meeres vgl. A H A R O N I 1963, 30ff., zustimmend N O T H 1983, 214; zur weitergehenden Diskussion vgl. aber OLB 2, 267—70. Nach MITTMANN 1977, 220ff. ist Tamar die „Palmenstadt" von Dtn 34,3. 85 Der bekannteste war Jerobeam b. Nebat, der als 'bd (vgl. dazu R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 4ff.) Salomos zur Aufsicht gesetzt wurde (PQD Hi.) über die Fronarbeit (sbl, zum Verhältnis von sbl und ms vgl. METTINGER 1971,137ff.) des bytywsp (lKön 11,26—28). Zu den weiteren Hilfsaufsehern und den überlieferten Arbeiterzahlen (lKön 5,27—30; 9,23; 2Chr 8,10 vgl. die Kommentare, bes. W Ü R T H W E I N 1985, 56f. 113f.; N O T H 1983, 92ff. 218f. sowie METTINGER 1971,135ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 41 f. Vgl. auchu. A. 147. 86 Vgl. die in A. 81—83 genannten kritischen Stimmen zu den Dimensionen der SalomoDarstellung bzw. zu „History and Ideology" ( G A R B I N I ) . 87 W Ü R T H W E I N 1985, U l f . , anders AHLSTRÖM 1982a, 36; N O T H 1983, 215f.; T H I E L 1985, 306 f. 88 Ob sie zugleich als Redistributionszentren des Herrschers gedient haben, ist nicht nachweisbar, wenn auch nicht ausgeschlossen, da die Redistribution in Herrschaften wie der Salomos eine nicht unwichtige Rolle spielt als Mittel der Machtstabilisierung (durch Güteraneignung) und als Nachweis der Existenzberechtigung (Legitimation) der Herrschaft (zu „Redistribution" vgl. POLANYI 1957, 250-256; F R I E D 1967, 116-118. 183f.; SERVICE 1977, 109ff. 128f. 131 ff. u.ö.; H.T. W R I G H T 1977, bes. 385ff.; FRICK 1985, 78f. 86; E A R L E 1987, 292; STRECK ed. 1987, 224-227; B R E U E R 1990, 9. 45ff. 55ff. 63ff. 68ff.). Hier wären weitere Klärungen der Rolle der Pfeilerhäuser als evtl. (auch) diesem Zweck dienende Einrichtungen notwendig; in diese Erwägungen sind auch die bisherigen Ergebnisse bei der Feststellung von „staatlichen" Speicherkapazitäten der E II einzubeziehen ( B O R O W S K I 1987, 71 ff.). Auf diese Fragen wird unten noch näher einzugehen sein. Daß in der Eisenzeit in Israel/Juda die Möglichkeit und der Nutzen herrschaftlicher Redistribution als segensreich für die Bevölkerung, zumal in Notzeiten, die immer vor der Tür standen, bekannt war, zeigt deutlich die Josephsgeschichte (Gen 47,13-26, vgl. dazu CRÜSEMANN 1978, 148ff.; O H L E R 1979, 121. 134. 196f.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 131; K N A U F 1988a 139m. A. 593). In derselben Linie der herr-
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
wir mangels Ausgrabungen nichts. In Hazor, Megiddo und Geser, wo ja bereits aus vorisraelitischer Zeit eine Basis für den Ausbau bestand, also nicht auf der „grünen Wiese" neu gebaut werden mußte, sind Salomos Baumaßnahmen nach archäologischen Ergebnissen bescheidener gewesen als früher angenommen; die nachsalomonischen Bauten in Megiddo und Hazor haben diejenigen Salomos in beachtlichem Maß übertroffen 89 . Zudem ist zu bedenken, daß beide Komplexe, Jerusalemausbau und die sechs Festungsgrenzstädte, auf einen großen Zeitraum von ca. 30 friedlichen Jahren oder mehr verteilt realisiert werden konnten, obwohl darüber nichts Genaueres überliefert ist90. Trotz dieser Reduktion des traditionellen Bildes von Salomo als „Groß-Bauherr" konnten alle seine Vorhaben nur durch den organisierten Einsatz von zahlreichen msArbeitskräften bewältigt werden, deren Leiter, wie gesagt, Ado(ni)ram war, ausgestattet vermutlich mit entsprechenden Erfahrungen 91 . Gegen die Annahme der Existenz einer gewissen Anzahl von (Unter-) Aufsehern für die ms- bzw. ml '^-Leistenden ist nichts einzuwenden. Die hier wichtigste Frage ist aber die: Wer waren die ms-Leistenden? Kriegsgefangene, wie vermutlich bei David? Ob es solche (noch) z. Zt. Salomos gegeben hat, ist fraglich. So wird dem biblischen Text entsprechend 92 meist angenommen, daß Nichtisraeliten des Machtbereiches Salomos herangezogen wurden. Tatsächlich gibt es aber gute Gründe zu der Vermutung, daß die Arbeitsanforderungen auch Israeliten trafen 93 . Nur so läßt sich vor allem die heftige Reaktion zumindest der Nordgruppen Israels bei Rehabeams Herrschaftlich-königlichen Redistribution liegen vielleicht die landwirtschaftlichen Erschließungsmaßnahmen spätjudäischer Könige (2Chr 26,10, vgl. eingehender unten S. 127ff. 159ff.). 89 Zu Megiddo vgl. bisher SCHOFIELD 1967, 309ff.; ( A H A R O N I / ) Y A D I N 1977, 847-856; KEMPINSKI 1977, 213-218, bes. 216«.; D E V E R 1979, 275. 289ff. (Lit.); Y A D I N 1979, 194ff. In Hazor hat Salomo nur die westliche Hälfte des Teils ummauert (mit Tor), ehe im 9. Jh. (Ahab) der Ostteil ebenfalls ummauert, die Stadt weiter ausgebaut wurde ( K U S C H K E 1977, 141 ff., bes. 142f.;(AHARONI/) Y A D I N 1976, 474-495,bes. 485. 487 (Str. X = Salomo), 485. 489. 491. 494 (Str. VIII-VI = Omriden), vgl. auch Y A D I N 1972, 135ff. (Salomo). 165ff. (Ahab); zum archäologischen Befund in Hazor, Megiddo und Geser in salomonischer Zeit vgl. PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974,24—29; zum Vergleich der 3 Orte z. Zt. Salomos und Ahabs vgl. Y A D I N 1972, 147-164. 165ff. 165ff. Neuestens H. WEIPPERT 1988, 428f. (Hazor). 429-431 (Geser). 431-434 (Megiddo) in E IIA sowie 515. 518-521 (Hazor). 515. 521-525 (Megiddo) in E IIB. - Wieweit bisherige Zuweisungen von Bauten u.a. zu Salomo nach der neu aufgebrochenen Diskussion über archäologische Data im 10. und 9. Jh. v. Chr. (s.o. A. 82) Bestand haben, bleibt abzuwarten. Wichtig ist u. a. der von USSISHKIN 1990,73f. (vgl. H. WEIPPERT 1988, 518. 521) herausgestellte Orts-Funktionswechsel von Megiddo Str.VA-IVB zu Str. IVA (s.u. A. 96). 90 Abgesehen von lKön 6,37f. (ca. 7Tempelbaujahre) wirken die 13 Palastbaujahre (lKön 7,11) und ihre Summierung (lKön 9,10) verdächtig gerundet (2Chr 8,1 nur noch 20 Jahre!). Der Wert der angegebenen Daten dürfte wie bei Davids und Salomos je 40 Regierungsjahren relativ gering sein, vgl. PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 21; K N A U F 1990a, 156f.; DERS. 1991b,173f. (vgl. Mescha-Inschrift Z. 8:40 Jahre Omridenherrschaft in Moab, dazu D E A R M A N 1989,164-167). 91 Vgl. o.A. 53 92 Vgl. lKön9,20f.//2Chr8,7f. 93 Vgl. lKön 5,27. 29; 11,28 gegen lKön 9,22//2Chr 8,9, dazu u.a. DE V A U X 1964, 2 2 8 f . ; W Ü R T H W E I N 1985,56.113; RÜTERSWÖRDEN 1985,11; T H I E L 1985,310; N A ' A M A N 1986a, 1 7 2 f f .
I. Funktionäre („Beamte")
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schaftsantritt erklären, die ja direkt auf ms-Arbeit B e z u g nimmt 9 4 . Ist dies richtig, so liegt n e b e n der Verpflichtung zu gelegentlichen Waffendienst mit der potentiellen ms-Dienstleistungsanforderung eine mögliche Einwirkung auf die E b e n e der israelitischen Durchschnittssiedlung vor, repräsentiert durch die dienstanfordernden und organisierenden Funktionäre. Voraussetzung ist natürlich eine beiderseitige Loyalität und ein K o n s e n s , der d e n A n s p r u c h des Herrschers auf Dienstleistungen seitens der D i e n s t l e i s t e n d e n anerkennt. Loyalität und K o n s e n s blieben anscheinend bis S a l o m o s Tod gewahrt 9 5 . D a s m a g , was den israelitischen Bevölkerungsteil betrifft, weniger mit der Einsehbarkeit des Wertes repräsentativer, gemeinschaftliches Prestige schaffender B a u t e n in Jerusalem, vielleicht eher schon mit der Einsehbarkeit von grenzschützenden und gesellschaftsstabilisierenden M a ß n a h m e n durch Aktivitäten in den drei Festungsorten H a z o r , M e g i d d o und G e s e r erklärt w e r d e n können 9 6 , w e n n 94
Wenn ms in lKön 12,4. 9. lOf. 14 auch nicht direkt genannt wird, ist die Anspielung durch °(w)l kbd, 'bdh qsh (vgl. Ex 1,14; 2,23 u.ö.) sowie durch die provokative Entsendung und Tötung Ado(ni)rams, der ausdrücklich als 'sr 1 h-ms bezeichnet wird (lKön 12,18), deutlich genug. Für die Arbeit-Leistenden machte es keinen Unterschied, ob von dbr h-ms (lKön 9,15) oder von ml'kh (lKön 9,23) gesprochen wurde. 95 Noch während der Verhandlungen um die Anerkennung Rehabeams auch durch die Nordgruppen bestehen diese nur auf einer Erleichterung (1K 12,4.9: QLL Hi., vgl. Jona 1,5) der Lasten, ohne anscheinend die gelegentliche ms grundsätzlich in Frage zu stellen und ihre Abschaffung zu fordern; vgl. auch N O R T H 1984,1008. Kann man übrigens die beiden Bezeichnungen '(w)l kbd und 'bdh qsh sodeuten, daß die Abneigung der Nordgruppen sich nur auf ms und ml'kh richtete, daß also evtl. Viktualienabgaben nicht als unzumutbar abgelehnt wurden? (vgl. unten zu lKön 4,7ff.) - Übrigens spielen freiwillige Loyalität und eine stets aufkündbare Akzeptanz seitens der Glieder der Gemeinschaft gegenüber dem Gruppen-/Stammesführer wie auch von diesem ständig neu unter Beweis zu stellende Autorität bzw. Charisma bzw. Prestige (s.o. A. 81) in vor- und frühstaatlichen Gesellschaften eine wesentliche Rolle; daneben fehlt noch weitgehend ein „Erzwingungsstab", physische Durchsetzungs- und Dauergewalt. Mit der Entwicklung von staatlichen Strukturen verlieren bzw. verändern freiwillige Akzeptanz sowie Autorität, Charisma bzw. Prestige ihren Charakter und Stellenwert und institutionalisierte Macht-Strukturen treten an ihre Stelle; vgl. zum hier stark verkürzt Angedeuteten differenzierter (und mit z.T. unterschiedlichen Begriffen und Wertungen) neben F R I E D 1967 und SERVICE 1977zuletzt B R E U E R 1990, bes. 9ff. 34ff. 45ff. 49. 51f. 55ff. 71 f. 96 Die stabilisierende und schützende Funktion von Hazor (gegen die Aramäer) und Megiddo und Geser (gegen die Küstenebene) mag vielleicht den Nordgruppen, deren Verhältnis namentlich gegenüber den Philistern auf ungünstigeren Erfahrungen beruhte als dasjenige der Judäer (vgl. Z O B E L 1975), tatsächlich einleuchtend gewesen sein. Zum Topos königlichen Bauens als herrschaftslegitimierender Tätigkeit vgl. A H L S T R Ö M 1982a, l f f . lOff. 27ff.; W E L T E N 1973, 9ff.; SERVICE 1977, 113. 134. Art und Umfang salomonischer Baumaßnahmen (militärisch-grenzsichernd und/oder repräsentativ, eine zivile Verwaltung vorbereitend und aufbauend? vgl. auch u. zu lKön 4,7ff.) sind freilich in Hazor, Megiddo und Geser gegenüber dem durch die Literatur in A. 89 repräsentierten Wissensstand durch BASOR 277/ 78 (1990) (vgl. o. A. 82) unsicherer geworden. U S S I S H K I N 1990, 73f. deutet Megiddo Str. VAIVB als zivilen königlichen Stützpunkt (freilich kann man auch an ein autochthones regionales Zentrum, was Megiddo immer war, ohne Königseinfluß denken; aber daß in Megiddo ein königlicher Militärführer oder Abgesandter wenigstens zeitweise residierte, ist auch möglich c l K ö n 4,12>), der in Str. IVA einen Funktionswechsel, nun sicher unter königlicher Ägide, zur stark ausgebauten Grenzfestung durchmachte (gleich nach 925 v. Chr. oder später). Für
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
zugleich der m.s-Dienst zeitlich und räumlich gestreut angefordert wurde. Zur Erklärung dessen, daß erst am Ende der Zeit Salomos das Aufbegehren gegen ms hervorbrach, und auch das wohl nur durch die arrogante Fehleinschätzung Rehabeams, mag auch eine von Mettinger betonte Unterscheidung dienen. Danach wäre zwischen permanentem m.s-Dienst (ms cbd) bei Nichtisraeliten und einfachem, zeitweisem /m-Dienst (ms) für Israeliten zu unterscheiden97. Dennoch:„Die Zeit trägt die Last." Besonders wenn im Blick auf die israelitischen Gruppen auf dem Nordteil des zentralpalästinischen Berglandes Elemente neuerer Landnahmevorstellungen98 Richtiges treffen, denen zufolge mindestens Teile der später Israel bildenden Neu-Siedler auf dem Bergland sich aus dem Umland kanaanäischer Städte abgesetzt hatten, da die sozialen Probleme sich dort im Zusammenhang sozioökonomisch bedingter Bevölkerungs-Verschiebungen und direkter Unterdrückung durch ägyptische Fronarbeit und indirekter Bedrückung durch ägyptische Forderungen an kanaanäische Vasallen-Stadtherren verschärft hatten, der (oder ein) geschichtliche(r) Exodus also sozusagen in Palästina stattfand „als massenhafte Auswanderung aus einer alten Lebens- und Wirtschaftsweise in eine neue" (Knauf) 99 , traf Salomo mit dem wi-Dienst eine äußerst empfindliche Stelle, war sie ein ÄrgerHazor hält H. WEIPPERT 1988,429 in Str. X - I X (vor 900 v. Chr.) einen Palast oder festungsartiges Gebäude nicht für ausgeschlossen, wobei wiederum offen bleibt, ob es sich um ein salomonisch veranlaßtes, ziviles und/oder militärisches Bauwerk oder um einen Fluchtbau der lokalen Bevölkerung handelt. Aber: Waren Hazor, Megiddo und Geser z . Z t . Salomos Grenz-Orte (zum Machtgebiet Salomos vgl. auf der Grundlage der Scheschonk-Liste KNAUF 1991b, 174-176. 181 f.)? Falls sie tatsächlich sein nordisraelitisches Einflußgebiet nach N und W abgrenzten, wären Salomo-Baumaßnahmen als Grenzschutz und damit ms gegenüber der Bevölkerung einsehbar. Auf jeden Fall waren Hazor und Megiddo immer wichtige Regionalzentren. Bildeten sie dagegen keine Grenzfunktionalorte, mögen, falls dortige Bauten als salomonisch gedeutet werden dürfen, sie als öffentliche Bauten dem Bestreben Salomos nach festerer Integration des Nordens und dem Verwaltungsaufbau gedient haben (s.u. zu l K ö n 4,7ff.). Das könnte sie wiederum bei der Bevölkerung verdächtig gemacht haben, die sich nicht nur ungern „verwalten" ließ, sondern dann möglicherweise die /m-Fordcrung nicht einsah: Beides führt zu lKön 12,1 — 19! - Wie weit es Israeliten interessierte, daß Salomo J H W H einen (ursprünglich dynastischen) Tempel in Jerusalem um- und ausbaute (RUPPRECHT 1972; DERS. 1977), ist schwer zu sagen. Immerhin hat David die Lade als israelitisches Kultsymbol nach Jerusalem geholt, um das Interesse der Nordgruppen an Jerusalem zu wecken, wiederum (nach l K ö n 6,23—28) haben „Männer Israels", weniger Salomo, eine primäre Rolle gespielt bei der Einholung der Lade in den Tempel (JANOWSKI 1991,253—255), auch wenn die Lade bald keine Rolle mehr spielte, weil sie die erhoffte Wirkung anscheinend nicht erzielte (SPIECKERMANN 1989,88ff. 93 m. Anm. 12; JANOWSKI 1991,255f.). Damit stimmt zusammen, daß solche kultisch-ideologischen und symbolischen Versuche der Davididen den schnellen Abfall des Nordens in keiner Weise verzögerten: Jerobeams sorgenvoller Gedanke l K ö n 12,26f. ist ausjudäisch-dtr. Perspektive formuliert und belegt kein brennendes Interesse der Israeliten am Jerusalemer Kult. 97
METTINGER 1971, b e s . 1 3 4 - 1 3 9 ; vgl. d a g e g e n WÜRTHWEIN 1985, 112f. m . A . 19 ( L i t . ) ;
vgl. auch DONNER 1987, 5 9 - 6 1 . 98 Vgl. dazu o. S. 15 mit A. 60 99 KNAUF 1988a, 106-110 (Lit.)
I. Funktionäre
(„Beamte")
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nis, wenn nicht eine Provokation, die Konsens und freiwillige Loyalität der Nordisraeliten untergrub. Das Ergebnis bei R e h a b e a m s Herrschaftsantritt ist bekannt. B e i allem kann nun aber die Inanspruchnahme durch gelegentliche Arbeitsleistung nicht als ein die A u t o n o m i e der israelitischen Siedlungen grundlegend berührender verwaltungsorganisatorischer und damit machtpolitischer Eingriff betrachtet werden, wenn er auch unzweifelhaft die betroffenen Siedlungen ökonomisch belastete. An dieser Stelle soll wenigstens kurz die Frage berührt werden, mit welchen Mitteln aus welchen Quellen Salomo seine Baumaßnahmen finanziert haben mag. Zu nennen sind 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Tribute (lKön 10,14f.) Krongüter Handelsbesteuerung in seiner Hauptstadt (lKön 10,15) Zwischenhandelsgewinne (lKön 10,28f.) Fernhandel in Kooperation mitTyros (lKön 9 , 2 6 - 2 8 ; 10,22) 1 0 0 Landverpfändung (lKön 9,10—14) Geschenke (lKön 10,25) 1 0 1 .
Ob und wieweit es sich bei diesen angegebenen Finanzquellen Salomos grundsätzlich und in ihren Zahlen- und Mengenangaben mehr oder weniger um spätere „Ideologie" und Eulogie des 9. und der folgenden Jhh. v. Chr. handelt: Wichtig ist hier nur, daß alle diese Einkünfte und potentiellen Baufinanzierungsquellen nicht die israelitische Normalsiedlung und ihre Bewohner belasteten! Anders war es möglicherweise bei dem Kompensationsgeschäft, in dem Salomo landwirtschaftliche Produkte in großem Umfang gegen tyrisches Baumaterial und Handwerksleistungen lieferte (lKön 5,24f.). Ob die Landwirtschaftsprodukte alle von Krongütern stammten, ist angesichts der Menge 100 Auch wenn von Salomo nicht ausdrücklich Krongut erwähnt wird, kann über dessen Existenz seit David, der schon saulidischen Besitz übernahm, kein Zweifel bestehen, vgl. DE VAUX 1964, 201 ff. (m. Belegen). Zum Krongut insgesamt vgl. u.a. NOTH 1927=1971, 159ff.;
DERS. 1932, 6 0 f . ; ALT 1 9 5 5 = 1 9 6 8 , 3 4 8 f f . ; WELTEN 1969; METTINGER 1971, 8 0 - 1 0 1 ; AHARONI
1984, 371 ff. Zu den Einkünften der Könige vgl. auch den Überblick bei DE VAUX 1964, 224ff. (zu Steuern und Zehnten vgl. aber RÜTERSWÖRDEN 1985, 127ff.). - Zu lKön 10,14f. vgl. aber die berechtigten Bedenken zu Text und historischer Ausdeutbarkeit bei NOTH 1983, 228f.; WÜRTHWEIN 1985, 122f. - Zum Zwischenhandel mit Pferden/Wagen und zum Fernhandel Salomos vgl. aber die kritische Reduktion und Korrektur der eulogischen Darstellung lKön 10,23—28 bei SCHLEY 1987. Zum Realitätsgehalt und zu den populären (ideologischen) Übertreibungen dieser und der vorhergenannten ökonomischen Aktivitäten Salomos gegenüber vergleichbaren (realistischen) Zahlen und Angaben im AT vgl. neben den Kommentaren PRITCHARD in PRITCHARD ed. 1974, 3 2 f f . ; KNAUF 1991b, 170. 175ff. 180ff. 101 Solche Repräsentativgeschenke (sie berühren sich der Sache nach mindestens partiell mit „Prestigegütern" und deren Austausch, vgl. o. A. 81) zwischen hochgestellten Persönlichkeiten sind nicht eigentlich als Einnahmen zu bezeichnen, weil sie nach dem Prinzip do ut des
gegeben werden, vgl. grundsätzlich MAUSS 1968 sowie SERVICE 1977, 9 3 f f . ; EARLE1987, 284.
Ob kleinere Höflichkeitsgeschenke (Belege bei DE VAUX 1964, 225) ökonomisch ins Gewicht fallen, ist sehr fraglich.
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
falls die Angaben einigermaßen zutreffend und nicht auch ein Element der Ideologie zum Ruhme Salomos sind-zweifelhaft. So ist es möglich, daß ein Teil der Lieferungen aus der Bevölkerung erhoben wurde. Aber wie und auf welcher Berechtigungsgrundlage? Nun hat U. Rüterswörden überzeugend nachgewiesen, daß bis in die Spätzeit der israelitischen Monarchie - abgesehen von vereinzelten Sonder-Umlagen 102 - kein geregeltes , regelmäßiges Steuer- und Abgabensystem bestand neben der Institution der mnhh und dem Zehnten, auf die Tempel/Priesterschaft(en) und Königtum gleicherweise und gewissermaßen konkurrierend Anspruch erhoben 103 . Kann man die Hilfs-Vorstellung heranziehen, daß bei dem traditionsreichen kanaanäischen Stadt-Heiligum Jerusalems, das nach Salomos Grundlegung allmählich aus dem Rahmen eines davidisch-dynastischen Hausheiligtums hinauszuwachsen begann, wozu die Jerusalemer dynastische Kultideologie einen entscheidenden Beitrag leistete 104 , ein gewisses Maß an Verständnis von Seiten nicht nur der Judäer, sondern auch der Israeliten für die Leistung eines Beitrages neben dem vom König zu tragenden Hauptanteil als gegeben vorausgesetzt werden kann? Die Notwendigkeit der Hilfsvorstellung nimmt in dem Maß ab, in dem man mit K. Rupprecht und anderen akzeptiert, daß Salomo den Tempel nicht neu errichtete, sondern um- und ausbaute und entsprechend weniger Geld, Material und Leistungen benötigte.
Bleibt die Frage eines Beitrags der Bevölkerung zum Aus- und Umbau des Tempels z. Zt. Salomos letztlich offen, stehen aber ms-Arbeitsleistungen in Jerusalem und im übrigen Lande wohl außer Zweifel. Man kann vermuten, daß gelegentliche ms- Leistungen als eine Art von akzeptierter Ersatzleistung für die sehr wahrscheinlich nicht existierende Einrichtung direkter Steuern angesehen wurden, wie ms-Arbeit ebenfalls als Ersatz für den unter Salomo stark, wenn nicht ganz zurückgegangenen Waffendienst der Bevölkerung, den jetzt das Berufs-Söldnerheer leistete, apostrophiert worden sein mag. Nochmals: Lediglich gelegentlich geforderte Arbeitsleistungen können nicht als die Autonomie der israelitisch-judäischen Durchschnittssiedlung berührender herrschaftlicher Eingriff betrachtet werden. War dies aber alles an herrschaftlicher Einwirkung und strukturierender Organisation in der Durchschnittsortschaft, so erweist sich das Salomo-Reich als noch schwach binnenstrukturiert. Der entwickelte Staaten kennzeichnende „Erzwingungsstab" (S.Breuer), der in vor- und früh„staatlichen" Gesellschaften fehlt wie das Monopol physischer legitimierter Gewalt, fehlt anscheinend weitgehend noch z. Zt. Salomos: Die Nordgruppen kündigen Salomos Nachfolger die Loyalität auf und gehen ihrer Wege (lKön 12,1 — 16); der Herrscher des ehemals anerkannten Hauses David ist machtlos - und gefährdet (lKön 12,18). Vgl. 2Kön 15,19f. (Menahem); 2Kön 23,35 (Jojakim) So gegen die häufige Meinung (vgl. z. B. DE VAUX 1964,226f.; REDFORD 1972; THIEL 1982, 245; vgl. auch u. A. 131) überzeugend RÜTERSWÖRDEN 1985,127ff. 104 Aus der sehr umfangreichen Literatur zur vorisraelitischen Religion und zu Kult/ Theologie/Ideologie Jerusalems und deren Ausbau seit David und Salomo vgl. nur STOLZ 1970; OTTO 1976; DERS. 1980a; DERS. 1980b; DERS. 1986a; NIEHR 1990,167 ff.; JANOWSKI 1991 (Lit.!); KNAUF 1991b, 182-184; vgl. auch VEIJOLA 1975; METTINGER 1976. S. auch u. S.203ff. mit A. 106 ff. 103
I. Funktionäre („Beamte")
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Der soeben vorläufig festgestellten Binnenstruktur- und Organisationsschwäche der Herrschaft Salomos scheint nun aber ein Text deutlich zu widersprechen: Die Liste der zwölf nsbym Salomos von lKön 4,7—19, „die den König und sein Haus mit Speise versorgten, je einen Monat im Jahr lag jedem die Versorgung ob" (V. 7). Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck, hier liege ein nüchternes Verwaltungsdokument und damit ein direkt historisch auswertbares Traditionsstück vor. Innerhalb des Rahmenverses 7 verrät freilich 7aßb Nähe zu den Vorstellungen von lKön 5,2f. 7f., die zweifellos mit ihrer Begeisterung für verschwenderische Prestigewirtschaft wiederum ein deutlich ideologisches Element darstellen (vgl. auch lKön 9,28; 10,1 ff. 14ff.), so daß V.7aßb eine spätere, einengende Deutung der Liste sein dürfte105. Nun ist die Liste V. (7aa) 8—19 seit langem mit viel Aufmerksamkeit bedacht worden; sie bildet ein starkes Argument, wenn man Salomo als einen klugen, weitblickenden Herrscher darstellen will, der sein außerjudäisches Interessengebiet durch eine flächendeckende Verwaltungs-Gliederung als Herrschaftsmittel mit „Gouverneuren" an der Spitze von Verwaltungseinheiten effektiv im Griff hielt106. Ist diese Annahme historisch zutreffend?107 Vor dem geographisch-herrschaftsstrukturellen sowie organisatorisch-funktionalen Aspekt der sogenannten salomonischen „Provinzen", der an späterer Stelle 108 behandelt wird, möchte ich hier zunächst den personellen Aspekt der sog. „Liste der Gouverneure" oder „Vögte Salomos" behandeln.
Folgende formale, strukturelle und sachliche Feststellungen scheinen mir zur Analyse und Auswertung wichtig: 1. Neben fünf Funktionären, für die lediglich der Vatersname erwähnt ist 109 , stehen sieben mit eigenem Namen. 2. Vier nsbym110 sind mit dem König persönlich eng verbunden, zwei davon als 105 V gl. W Ü R T H W E I N 1985,41. 43 f. 106 Fast ohne Ausnahme spricht man seit Jahrzehnten bei diesem Text von „Verwaltungsgliederung", „Provinzen", „Gauen", „Distrikten" und deren „Gouverneuren", „Vögten", „Präfekten" und ihren „Provinz-" oder „Distrikt-Hauptstädten" etc. Für Literaturnachweise vgl. unten A. 115. 107 Daß lKön 4,7-19 im Kontext von lKön 2 - 9 genau diesen Eindruck hervorrufen sollte und auch tatsächlich hervorgerufen hat, also in seiner ihm gegebenen literarisch-ideologischen Funktion sehr erfolgreich war, zeigt die Geschichte der Exegese. "'s S. u. Kap. D (S. 246-251 m. A. 2-20). 109 Zur Deutung dieses Phänomens vgl. ALT 1950=1968,198ff. 110 Wörtlich „Aufgestellte" (mit einem bestimmten Auftrag eines Auftraggebers gegenüber bzw. über < 1> jemandem), „Hingestellte", (NSB); ein unspezifisch-umfassender Ausdruck wie deutsch „Vorgesetzter" (vgl. R E I N D L 1986, 556-559). Vgl. auch G B s.v., 515-517; HAL s.v., 674b—675a (interpretiert freilich das zutreffende „Vorgesetzter" sogleich wieder im Sinne des im Deutschen semantisch als Terminus technicus festgelegten „Vogt, Statthalter"); für altsüdarab. NSB = „set up, place" vgl. B E E S T O N - G H U L - M Ü L L E R - R Y C K M A N S 1982,99; zum Westsemit. DISO 184. Vgl. auch o. A. 37.
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Schwiegersöhne Salomos (V. 11. 15), die anderen waren vermutlich Glieder von Hoffunktionärsfamilien 1 11. 3. Den Schwiegersöhnen des Königs und den vermutlichen Verwandten der Hoffunktionäre sind übereinstimmend Randgebiete der Herrschaft Salomos (Hügelland von Dor; Naphtali; Asser < u n d Sebulon?>) sowie das besonders wichtige Städtegebiet der Jesreelebene von Taanach und Megiddo bis Bet-Schean und bis Abel-Mehola und das angrenzende Gebiet 1 1 2 anvertraut. M. E. ist es kein Zufall, daß besonders zuverlässige Beauftragte für diese Randgebiete und für ökonomisch-politisch besonders wichtige Gebiete zuständig sind, die alle außerhalb des israelitischen Kerngebiets, dem zentralpalästinischen Bergland, liegen. 4. Bei vier anderen nsbym wird unmittelbar nach dem Namen zunächst ein Ort genannt, in ( b e ) dem der jeweilige Funktionär allem Anschein nach seinen Wohnsitz hat und von dort sein „Zuständigkeitsgebiet" betreut (V. 9. 10. 13. 14). Alle zwölf „Zuständigkeitsbereiche" sind überaus unterschiedlich, sehr summarisch und unpräzise beschrieben, eigentlich überhaupt nicht „beschrieben", nicht einmal grob umrissen, sondern nur pauschal als Region genannt oder durch einen oder mehrere Orte oder durch einen Ort und eine Region vage angedeutet. In einem der hier in Frage stehenden vier Fälle wird überhaupt nur der vermutliche Wohnort des Funktionärs genannt (V. 14 113 ). In den anderen drei Fällen folgt nach dem vermutlichen Wohnsitz die Andeutung des Zuständigkeitsgebietes durch weitere Ortsnamen (V. 9), durch einen Ortsnamen sowie eine Region (V. 10) bzw. nur durch eine Region (V. 13 114 ). Als vermutliche Wohnsitze finden wir konkret Makaz (V. 9), Arubbot (V. 10), Ramot-Gilead (V. 13), Mahanajim (V. 14). Üblicherweise deutet man die Orte nicht einfach und vorsichtig, wie hier vorgeschlagen, als Wohnsitze, sondern sogleich konkret und kühn als „Provinz-Hauptstädte", „Distriktzentren" der Funktionäre o.a. 1 1 5 - mit allem, was bei diesen weitrei111 Baana b. Ahilud (V. 12) wohl Bruder von Josafat b. Ahilud, dem mzkyr (2Sam 8,16; 20,24); Baana b.Huschai (V. 16) wohl Sohn des r'h dwyd (2Sam 15,37; 16,16, zum Terminus vgl. METTINGER 1971, 63ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985,73ff.); vgl. auch noch u. A. 123 (zu Simei b. Ela). 112 Was hinter MT b'lwt (V. 16), das zu Baana b.Huschai gehört, steckt, weiß man nicht. Soweit die Kommentare es nicht bei der Konstatierung der Unklarheit belassen ( N O T H ; W Ü R T H W E I N ; H E N T S C H E L ) , wird seit T H E N I U S ' (1873, 37f.) Vorschlag w-b-miwt (sr) von manchen Kommentatoren an die „tyrische Leiter" gedacht ( u.a. § A N D A , 1911, 83; G R A Y , 1980, 139; SIMONS 1959, 352), was in der Tat gut und konkret zu dem daneben zu Baana gehörenden Gebiet Asser paßt. Wenn nicht der graphische Weg von dem (zudem bekannten!) zb(w)lwn zu (ungeläufigem) b'lwt im Althebr. wie in der Quadratschrift etwas schwierig zu begründen wäre, ebenso wie ein Hörfehler dieser Art, könnte man statt des obigen Vorschlags, der das Gebiet nw von Asser beschriebe, auch an das sebulonitische Gebiet, das Asser in der sw.liehen Gegenrichtung benachbart ist, denken (so schon ALT 1913, 14f=1978, 84f.; A H A R O N I 1984, 325;zuletzt wieder N A ' A M A N 1986a, 178. 192f.). 113 Zum he locale in der seltenen Funktion der Ortsbezeichnung, wo sich etwas befindet, vgl. BL§65o(S.527). 114 „Ben-Geber in Ramot Gilead - < > , zu ihm gehörte der Landstrich Argob < > "; zu den hier ausgelassenen Glossen vgl. zuletzt W Ü R T H W E I N 1 9 8 5 , 42 m. A . 4 - 5 ; u. A. 120. 115 Vgl. SANDA 1911, 73 (V. 14:„Regierungssitz" Mahanajim); aaO, 81 (V. 13: „Zentrum des Steuerbezirks" sei Ramot); SANDA spricht oft von „Präfekturen" und „Präfekten", DE V A U X 1964, 216 vom „Hauptort" Ramot des Gebiets von b. Geber ( V . 13), OTTOSSON 1969, 217f. vom „Zentrum" Bet-Schean, Ramot, Mahanajim usw. G R A Y 1980, 137 nennt Arubbot das „administrative Zentrum" des 3.„Distrikts"; N O T H 1983, 68 etwas vorsichtiger: Makaz =
I. Funktionäre („Beamte")
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chend interpretierenden Begriffen sogleich im Hintergrund semantisch mitschwingt. Eine solche klassifizierende Orts-Deutung ist aber vor allem bei b. Deker (V. 9) und bei b. Hesed (V. 10) äußerst fraglich, weil Makaz und Arubbot nicht bzw. nicht sicher identifiziert sind 116 , sonst nie erwähnt werden, also wohl recht unbedeutend waren, während die den beiden Funktionären weiterhin zugeordneten Orte ihrer Regionen bedeutender und als „Provinz-Hauptstädte" viel geeigneter wären, viel bekannter und sicher oder ziemlich sicher identifiziert sind 117 . Die ihnen beiden zugeordneten Orte und Regionen stellen auch keinen naturräumlich oder sozialräumlich geschlossenen Organismus dar 118 ; dies und die Nichtidentifikation bzw. Unsicherheit der Identifizierung bei „Dienstsitz", ebenso zu Arubbot ( S . 68), Ramot ( S . 71), Mahanajim ( S . 72). N A ' A M A N 1986a, 190f. bezeichnet Ramot und Mahanajim als „Gouverneurssitz", „Hauptstadt" und „Distriktszentrum"; vgl. auch AHLSTRÖM 1982a, 44f. Von „Provinzen", „Gauen" bzw. „Distrikten" oder gar einem „Distriktsystem" Salomos sprechen in dieser Tendenz viele, z.B. ALT 1913=1978; W R I G H T 1967; METTINGER 1971, 111 ff.; GRAY 1980, 134ff. 249; D O N N E R 1970, 44f.; D E R S . 1984, 226f.; A H A R O N I 1976; D E R S . 1984,318ff.; R E H M 1979,48; W Ü R T H W E I N 1985, 41 ff.; T H I E L 1985; N A ' A M A N 1986a, 167ff.; FRITZ 1987, 99; LEMCHE 1988, (137-)143; AHLSTRÖM 1982a, 44f. (A. geht sogar so weit, eine Untergliederung der „Distrikte" in „Subdistrikte" zu vermuten mit „subcenters" z.B. für Steuersammlung, deren eines Teil Mubarak Str.VIII sei , das aber vielmehr ein befestigtes Gehöft gewesen ist < H . WEIPPERT 1988, 479>). Nach ISHIDA (1979,475 m. A. 25) zeigt das System der Distrikte gar, daß unter Salomo Israels „nationale Identität" (!) vollendet gewesen sei. Dagegen setzt R Ö S E L 1984 mit Recht „Gaue" Salomos in Anführungszeichen! 116 Vgl. zu Makaz SIMONS 1959,349; GRAY 1980,137; N O T H 1983,68; zu Arubbot N O T H 1983, 68f. und dagegen M. D O T H A N 1975, 100-102 (Teil el-Asawir im 10.Jh. v. Chr. unbesiedelt!); R Ö S E L 1984, 89. - Obwohl bereits A L T 1913, 3ff. = 1978, 77ff. gezeigt hat, daß das schwer identifizierbare Arubbot in lKön 4,10 nicht durch das benachbart stehende Socho (= Hirbet es-Suweke) in Juda, sondern durch Socho (= Suweket er-Räs) am Westrand des samarischen Gebirges wenigstens in seiner ungefähren Lage zu bestimmen ist, hat GB 18 1987,94 „Arubboth, Stadt i. Juda" nicht nur unkorrigiert aus GB 17 1915 = 1962, 63 übernommen, sondern sogar dessen vorsichtiges „wahrscheinlich" gestrichen. 117 V. 9: Schaalbim = vermutlich Selbtf, Bet-Schemesch = Teil Hirbet er-Rumele\ Ajalon = Yälö\ Bet-Hanan = vielleicht Bet I'nän (?? vgl. BHH IV < 1 8 9 > 1 5 ; aber auch Z A D O K 1 9 8 8 , 4 7 f . ; K E L M / M A Z A R 1 9 9 1 , 5 6 ) . Davon wäre nach Größe, Lage und Bedeutung zweifellos BetSchemesch, aber auch Ajjalon als „Provinzhauptstadt" geeignet, während von Makaz ausgerechnet am wenigsten, nämlich nichts als der Name bekannt ist. - V. 10: Zur Identifikation von Socho vgl. A. 116; zum „Land Hefer" werde ich demnächst an anderer Stelle ausführlich handeln; vgl. vorläufig N O T H 1 9 8 3 , 6 9 ; R Ö S E L 1 9 8 4 , 8 9 . 118 Das stellt zu V. 10 nach A L T auch R Ö S E L 1984, 89 fest; es gilt aber (gegen z. B. A H A R O N I 1984, 326f. ; AHLSTRÖM 1982a, 33) nicht nur für diese beiden Gebiete, sondern auch für das „Zuständigkeitsgebiet" von V. 11 (vgl. auch R Ö S E L 1984, 90) und besonders V. 12 ( R Ö S E L 1984, 85). Unklarheiten bestehen auch bei anderen „Zuständigkeitsgebieten": Ist „Naphthali" als Stammesgebiet (sozialräumlich) oder als Landschaft (naturräumlich) gemeint? Bei „Gebirge Ephraim" (V. 8) kann man an ein naturräumliches Gebiet denken, oder ist es „amputiertes" Stammesgebiet, um den Stamm Ephraim zu reglementieren (METTINGER 1971, 119 F.; W Ü R T H W E I N 1985,45), also sozialräumlich-politisch zu deuten? Vgl. dazu zuletzt R Ö S E L 1984, 86; N A ' A M A N 1986a, 180ff. Anscheinend kommt wegen dieser Schwierigkeiten um die Abgrenzung der „Provinzen" die Diskussion nicht zur Ruhe, aber auch, weil unidentifizierte Orte und unabgrenzbare Regional-Bezeichnungen, bei einem neuen Versuch ältere Ergebnisse wieder verschieben und unsicher machen. Welche verwaltungstechnisch fragwürdigen
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Makaz und Arubbot schließt auch jede Spekulation aus, die Orte seien vielleicht das natürliche Zentrum, der natürliche Zentralort des jeweiligen Zuständigkeitsgebietes der beiden Funktionäre. Was stellen dann die vier Orte dar, wenn sie nicht „Provinzhauptstädte", „Distriktzentren", Gebietszentren auf naturräumlicher oder sozialräumlicher Basis waren? Die beobachteten eigenartigen Tatbestände lassen sich m . E . am einfachsten so erklären, daß die vier Orte Wohn- und Herkunftsorte der Funktionäre darstellen 119 , sie selbst Salomo verbundene, angesehene Angehörige der jeweiligen Ortselite waren, die Einfluß in den durch weitere Orte bzw. Regionen angedeuteten Gebieten besaßen, den sich Salomo zunutze machen wollte. Neben b.Deker in (und aus) Makaz und b. Hesed in (und aus) Arubbot kann man dann bei b. Geber (V. 13) und seinem vermutlichen Vater Geber b. Uri (V. 19) entsprechend annehmen, daß sie der Ortselite von Ramot-Gilead entstammten und beide zusammen (von Ramot aus?) für Gebiete nördlich und südlich von Ramot zuständig waren 120 . Nicht sicher zu klären ist es, warum „Provinzen" und Provinzgrenzen in der Diskussion herauskommen, zeigen Karten ( A H A R O N I 1984, 314; N A ' A M A N 1986a, 189) in ihrer Unterschiedlichkeit, wobei N A ' A M A N (aaO, 179ff. 184. 186. 190f.) selbst (wie A H A R O N I 1984, 320. 322. 324; OTTOSSON 1969, 218; R Ö S E L 1984, 85f.) bei mehreren „Provinzen" die Unmöglichkeit der Ziehung von Außengrenzen zugesteht. Der Versuch, den Knoten durchzuhauen, indem man behauptet, die „Provinzgebiete" würden nur „abriged" genannt ( N A ' A M A N 1986a, 167; vgl. A H A R O N I 1984, 319f.) scheint attraktiv. Aber man fragt sich, warum so extrem unterschiedlich genau beschrieben wird. N A ' A M A N stellt in seinem Streben nach klaren Provinzgrenzen die Dinge methodisch und zeitlich auf den Kopf, wenn er das „boundary system" des Josuabuches in die David-/ Salomozeit datiert und mit ihm im Hintergrund die lückenhaften „Provinz"-Gebiets-Andeutungen in lKön 4,7ff. zu präzisieren sucht (1986a, 78-80.194ff.). Vgl. MITTMANN, der hinter Jos 13 den Verwaltungsbezirk Ahinadabs b.Iddo (lKön 4,14) erkennen möchte (1970, 232ff.) und A H A R O N I 1984, 318-327, der ebenfalls nur durch Unterlegung der „Provinzen" von lKön 4,7 ff. mit den Josualisten halbwegs abgrenzbare „Provinzen" gewinnt. A H A R O N I behauptet auch, daß es ein „Original" der Liste lKön 4,7ff. mit unverkürzten ausführlichen „Provinzbeschreibungen" gegeben habe (1984, 319f. 324). Diese Vermutung zu beweisen ist unmöglich. AHLSTRÖM weiß noch mehr als A H A R O N I und N A ' A M A N und kennt sogar Unterdistrikte und Beispiele von deren „subcenters" (1982a, 44f.)! Vgl. zur Sache auch A. 120. 123. 119 Als solche - nur als solche - waren sogar die sonst unbedeutenden, wenig oder nichtssagenden Ortsnamen Makaz und Arubbot nennenswert, parallel zu dem bekannteren Wohnund Herkunftsort Ramot von Geber b. Uri und b. Geber. Diese Deutung ist etwas anderes als die Deutung als „Dienstsitz", der den Beauftragten vom König zugewiesen worden sein soll oder als „Provinzhauptstadt" oder ähnlich (s. o. A. 115) und verändert die Gesamtdeutung des Charakters und der Funktion der nsbym, wie zu zeigen sein wird. Die bloße Herkunft aus einem Ort oder einer Region wird gewöhnlich durch die Beziehungsendung -l (vgl. z.B. Ri 12,11.13.15; lSam 6,14; lKön 16,34; 21,1; 17,1; Mi 1,1; Nah 1,1) oder mit min bezeichnet (vgl. z.B. Ri 5,14; 12,8; 13,2; 17,7; lSam 1,1; 9,1; lKön 13,1; Am 1,1.5). Wenn man den Ton auf den andauernden Wohnort legt, der freilich als Dauerwohnort zugleich auch die Herkunft bezeichnet, kann be- auf den Wohn- und Herkunftsort bzw. das Herkunftsgebiet zugleich weisen (so auch im Ugarit.: GB 1 8 ,120b ); vgl. Ri5,15 (neben Ri 5,14!); Am 6,1; lSam 25,2; Jer 1,1. Unterstützend wird be- als Wohn- und Herkunftsorts-Präformativ manchmal mit ywsb kombiniert (Ri 10,1; lKön 13,11 u. ö.), freilich nicht hier in lKön 4,7ff. in der Kürze der tabellarisch-statistischen Aufzählung, wo primär der Name (V. 8a!) und danach das Zuständigkeitsgebiet von Interesse sind. 120
In V. 13 ist wahrscheinlich als Beschreibung des b. Geber anvertrauten Gebietes nur „zu ihm gehörte der Landstrich Argob " ursprünglich (vgl. BHS App.; N O T H 1941, 78f. 91 A.3 = 1971, 371f. 381 A . l l l ; D E R S . 1983, 72; W Ü R T H W E I N 1985, 42). Was
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(„Beamte")
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in Mahanajim ein weiterer Beauftragter neben ihnen für das Ostjordanland saß (V. 14). Immerhin ist der Ort bedeutend innerhalb der Geschichte der Sauliden und auch Davids 1 2 1 und nimmt eine beherrschende Mittelstellung zwischen dem nördlichen und sich hinter „Landstrich Argob" (Dtn 3, 4. 13f.; lKön 4,13) verbirgt, ist ebenso unklar wie seine genaue geographische Lage, die durch die verschiedenen Glossen des V. 13 kaum geklärt wird (vgl. NOTH 1941, 9 0 - 9 8 = ABLAK 1, 1971, 380-387; D E R S . 1946-51, 9 - 1 8 = ABLAK 1, 1971, 441—449; DERS. 1983, 72). Man kann nur vermuten, daß es sich um einen relativ schmalen Streifen (hbl\) Land im Grenz-Gebiet zwischen israelitischen, gileaditischen und aramäischen Interessen- und Siedlungsbereichen handelt, der sich durch einen aus Ramot stammenden salomonischen Vertrauensmann von Ramot (Teil er-Ramit) aus beobachten ließ, also nicht allzuweit von dort entfernt (in nordwestlicher Richtung?) lag. Die Beauftragung einer einheimischen Autoritäts- und Vertrauensperson Salomos für das Gebiet deutet darauf hin, daß es sich um eine wichtige Grenzzone handelte. Ob der „Landstrich" nur (oder auch) israelitisch besiedelt war und deshalb schützend beobachtet oder nicht israelitisch besiedelt und deshalb im Interesse künftiger Gebietsausweitung Israels im Auge behalten und beeinflußt werden sollte? Dtn 3,4.13f. setzen israelitischen Besitz später unbefangen voraus, vielleicht aufgrund von lKön 4,13. Wenn man mit S. MITTMANN (1970, 224ff.) annimmt, daß israelitische Ansiedlung im nördlichen Ostjordanland nach Osten zu in vorköniglicher Zeit begrenzter war als noch von NOTH angenommen, wird die Beauftragung eines in Salomos Interesse handelnden einheimischen Beauftragten sehr verständlich, wenn z. Zt. Davids „nach der Niederwerfung der Aramäer und Ammoniter die nichtisraelitischen Teile des nördlichen Ostjordanlandes dem israelitischen Staatsverband einverleibt wurden" (MITTMANN 1970,231) und die militärische Unterwerfung stabilisiert werden sollte. MITTMANN stützt seine Vermutung allerdings allein mit lKön 4,13, aber dieser Text steht hier ja gerade in Frage. - Wenn der „Landstrich Argob" nördlich/nordwestlich von Ramot lag, leuchtet ebenfalls ein, daß Geber b.Uri (V. 19) für den Bereich südlich von Ramot Salomos Interessen vertreten sollte. Es besteht kein Grund, den MT, der mit 'rs gl'd den Zuständigkeitsbereich Gebers südlich von Ramot bezeichnet, mit L X X b l in „Gad" zu ändern (so mit Recht z.B. OITOSSON 1969, 218-220; RÖSEL 1984, 87f.; AHARONI 1984, 324 u.a. gegen MITTMANN 1970, 240m. Anm. 93; NOTH 1983, 74; WÜRTHWEIN 1985, 42). Die Änderung der L X X b l versteht sich leicht dadurch, daß LXX und viele danach bis heute Ramot-Gilead als „Hauptstadt" der im folgenden beschriebenen „Provinz" (Gilead V. 13) auffassen, weshalb V. 19 nicht nochmals auch Gebers Vater dasselbe Gebiet „Gilead" wie seinem Sohn zugesprochen werden konnte: So wurde „Gilead" zu „Gad"! Es fragt sich nur, ob „Gilead" hier im älteren, engeren Gebrauch oder im späteren, weiteren Gebrauch mit Einschluß des Landes nördlich des Jabboks gemeint ist (vgl. zu beidem NOTH 1941 58ff. 71 ff. 81 ff. 89ff= ABLAK 1, 1971, 354ff. 365ff. 373ff. 380ff.; MITTMANN 1970, 224ff.). Wegen der Effektivität mag die Zuständigkeit b. Gebers nicht zu weit von Ramot nach Süden reichen, aber wie weit? Manche Forscher wundern sich, wieso es für das mittlere Ostjordanland zwei „Gaue" und „Vögte" gegeben habe (V. 13 + 14) ( N O T H 1941, 90ff. = ABLAK 1, 380ff.; MITTMANN 1970, 232ff.). MITTMANN wendet ein hohes Maß an Scharfsinn auf die Klärung der Grenzziehung zwischen den „Gauen" von V. 13 + 14, ohne zu einem präzisen Ergebnis zu kommen. Die Verwunderung kann aber entfallen, wenn nach meiner Hypothese mit Ramot und Mahanajim die Wohnund Herkunftorte der Beauftragten gemeint sind, aus denen sie ohne präzise abgegrenzte „Provinzen" Einfluß und Autorität im Interesse Salomos ausüben sollten: b. Geber von Ramot nach Nordwesten, Geber b. Uri von Ramot nach Süden und Ahinadab von Mahanajim aus mindestens in der Ortsregion, ohne angegebene Ziel-Zone. - Ob die von LAPP auf Teil erRamitJRumet Stratum VIII (10. Jh. v. Chr.) entdeckte kleine Zitadelle (37 x 32 m) als Sitz von Geber b. Uri und b. Geber gedeutet werden darf (AHLSTRÖM 1982a, 38), ist unsicher. 121 Vgl. 2Sam2,8; 4,1 ff.; 17,24ff.; 18-19 und SCHUNCK 1963a = 1989,49ff.; zur Identifikation (Tulal ed-Dahab) vgl. COUGHENOUR 1989, zum archäologischen Befund GORDON and
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A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
dem südlichen Ostjordanland ein. Das könnte genügen, einen Beauftragten zusätzlich zwischen die umfänglichen Bereiche der beiden anderen ostjordanischen Beauftragten in der Stadt zu postieren. O b Ahinadab b. Iddo aus der Lokalelite Mahanajims stammt, ist unklar, aber möglich 122 . Falls er tatsächlich aus Mahanajim stammte, kann dies neben der wichtigen Lage des Ortes ein Grund sein, ihm Verantwortung in seinem Herkunftsort zu übertragen, wenn Salomo mit ihm nun einmal einen Vertrauten dort besaß. 5. Es bleiben drei Beauftragte, die es verbindet, daß für sie kein Ort als Wohnsitz genannt ist, und sie für naturräumlich (Gebirge Ephraim, V. 8) bzw. sozialräumlich (Issachar, V. 17; Benjamin, V. 18) abgegrenzte Regionen zuständig sind. D i e Vermutung liegt nahe, daß ihnen als Vertrauensleuten des Königs deshalb diese Gebiete zugewiesen wurden, weil sie aus ihnen stammten und deshalb mit ihrer Autorität den König dort optimal repräsentieren konnten 1 2 3 . Sind die hier geäußerten Vermutungen richtig, kann zu der oben geäußerten Beobachtung im Blick auf die Schwiegersöhne die vergleichbare Möglichkeit nicht ausgeschlosZur Funktion der Ortslage zur Saul- und Davidzeit C O U G H E N O U R 1 9 8 9 (logistisches Zentrum des nahen Erzabbaus < ? > ) . 122 Ob Ahinadab b. 'd' etwas mit ydw b. Sacharjahu, einem Stammesführer über das gileaditische Halbmanasse in IChr 27,21 zu tun hat (so B. H A L P E R N bei N A ' A M A N 1986a, 178 A.15), ist sehr zweifelhaft. 123 Gegen YEIVIN 1979,166. Simei b.Ela, für Benjamin zuständig (V. 18), ist wohl identisch mit einem Vertrauten Davids (lKön 1,8). Das macht Sinn, denn für Salomo war das an die Residenz im Norden grenzende Benjamin wichtig. Daß er Benjaminit war, ist durch den „davidischen" Besitzverwaltungsfunktionär Simei von Rama (IChr 27,27) nicht zu sichern, denn das Verzeichnis stammt sehr wahrscheinlich nicht aus der Davidzeit (gegen u. a. RUDOLPH 1955, 183f.; DE V A U X 1964, 203f.; METTINGER 1971, 87; WILLIAMSON 1982, 177; BOROWSKI 1987, 28), sondern aus der Josiazeit ( G A L L I N G 1954,75f.; W E L T E N 1969, 137f.; D O N N E R 1984, 205f.; K N A U F 1985a, l i m . A.47. 13f.), allerdings könnte der Name aus lKön 1,8; 4,18 hierher geraten sein! Freilich kommt der Name Simei noch für einen benjaminitischen Zeitgenossen Davids und Salomos, den Sauliden Simei b.Gera, vor (2Sam 16,5ff.; lKön 2,8ff.), außerdem für einen weiteren Benjaminiten (IChr 8,21), allerdings auch bei einem Rubeniten (IChr 5,4), einem Simeoniten (IChr 4,26f.) und einigen Leviten sowie einem Nachkommen Davids (IChr 3,19). Der Vatersname des Emissärs Salomos begegnet später wieder bei einem Benjaminiten (IChr 9,8) und zweimal in Königsfamilien des Nordreichs (lKön 16, 6. 8. 13f.; 2Kön 15,30; 7,1; 18,1.9), aber es ist unbekannt, ob diese Benjaminiten waren. Vgl. noch den Sohn Kalebs (1 Chr 4,15). Über die Möglichkeit benjaminitischer Herkunft Simeis b. Ela ist also nicht hinauszukommen, wenn er auch sicher, was wichtiger ist, ein Vertrauter Davids war. - Daß b. Hur vom Gebirge Ephraim stammt (V. 8), ist noch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ein bekannter Träger dieses Namens kalebitischer Judäer war (vgl. IChr 2,19F.; 4,4). Personennamen mit dem Element h(w)r (vgl. K N A U F 1988a, 89. 166) kommen auch bei Midianitern, in Benjamin und Gad vor (Zusammenstellung bei SANDA 1911, 74f.). Ein Ephraimit dieses Namens macht dann guten Sinn, wenn man annimmt, daß die „Exodus-Mose-Gruppe", in deren Überlieferung sich der Name Hur findet (Ex 17,8ff.), in Ephraim aufgegangen ist ( S C H U N C K 1963, 15ff.). - Über Josafat b. Paruach (V. 17) ist nichts bekannt; trotzdem kann er aus dem ihm anvertrauten Gebiet Issachar stammen (aus dem für das Issachargebiet wichtigen Ort Jesreel < ? > , vgl. A H A R O N I 1984, 325). Ist das richtig, so liegt sein Herkunfts- und Wohnort und sein Wirkungs-Gebiet inmitten des Zuständigkeitsgebietes von Baana b. Ahilud (V. 12), so daß auch dieses Ineinandergeschobensein von zwei Zuständigkeitsgebieten gegen abgegrenzte „Provinzen" und für personenbezogene, auf sie, ihre Herkunft und ihren Wohnort zugeschnittene Zuständigkeiten der nsbym zum optimalen Nutzen Salomos durch ihre Autorität vor Ort spricht. VILLIERS 1 9 8 3 .
I. Funktionäre („Beamte")
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sen werden, daß sie nicht - wie oben vermutet - primär wegen ihrer Eigenschaft als Schwiegersöhne und als solche besonders vertrauenswürdig und mit der Autorität des Königsverwandten ausgestattet, in wichtige Rand-/Grenzregionen geschickt wurden, sondern umgekehrt als Eliteangehörige der ihnen anvertrauten Regionen ausgewählt und dann durch Verheiratung mit Salomo-Töchtern eng an das Königtum gebunden und in ihrer Loyalität bestärkt wurden.
Während Saul sich im Führungszirkel seiner Herrschaft noch nahezu ausschließlich auf seine eigene Sippe stützte 124 , zeigt der (relativ kleine) Kreis der Führungskräfte Davids eine deutliche Erweiterung über seine Familie hinaus125. Die Liste der Beauftragten Salomos zeigt in dieser Tendenz eine konsequente Weiterentwicklung, indem er neben Mitgliedern seiner Familie und Gliedern bzw. Abkömmlingen seines ererbten Hofes (srym, lKön 4,1—6) zunehmend Männer seines Vertrauens aus örtlichen und regionalen Eliten im nichtjudäischen Norden seines Herrschafts- und Interessengebietes als „Außen-Beauftragte" wählte und anscheinend dort als eine Art von Interessenvertreter installierte (nsbym, Wz. NSB!); nach dem Motiv und ihrer Aufgabenstellung von Salomo her wird noch zu fragen sein. Fest steht, daß er seinen Herrschaftsanspruch im nichtjudäischen Norden damit auf eine verbreiterte Basis stellte und stabilisierte. Bei seinem Vorgehen in dieser wichtigen organisatorischen Frage wird eine konzeptionelle Grundlinie deutlich: Salomo hat seinen Emissären ihre Gebiete a) entsprechend ihrer Zuverlässigkeit und nach der Wichtigkeit des Gebiets zugeteilt; dabei bekamen besonders zuverlässige Königsverwandte und bewährte Hofleute ökonomisch und verkehrspolitischstrategisch besonders wichtige bzw. abgelegene und als Rand-/Grenzgebiete wichtige und sensible Bereiche (V. 11. 12. 15. 16)126. b) Er setzte sie so ein, daß sie ihre entweder von König und Hof abgeleitete und/oder ihre eigene Lokal-/ Regional-Autorität den königlichen Interessen optimal dienstbar machen konnten (V. 9. 10. 13. 19, vielleicht auch V. 8. 14. 18). c) Manchmal konnte aber ein Emissär - aus welchen konkreten Gründen im Interesse Salomos auch immer - auch für (einen Teil) ein(es) Stammesgebiet(es) zuständig sein, aus dem er nicht stammte bzw. es konnten Zuständigkeitsgebiete von nsbym scheinbar ineinandergreifen 127 . Alles bisher Festgestellte spricht dafür, daß die 124
S.o.S.3-8. Vgl. 2Sam 8,16-18//lChr 18,15-17; 2Sam 20,23-26 und o. S. 8-17. 126 Daß der Arkiter Baana b. Huschai (V. 16) den fernen Bereich „Asser" nach Tyrus hin bekam, nicht aber Ephraim, an dessen Südrand der gbwlh-'rky lag, liegt vielleicht auch daran, daß nach E D E L M A N 1985 bleibende Beziehungen zwischen ehemaligen Asseriten, die jetzt auf dem Gebirge Ephraim wohnten, und ihrem Asser-Herkunftsgebiet anzunehmen sind, so daß ein Arkiter vom Südrand Ephraims mit einem Vertrauensvorschuß im Herkunftsgebiet der ephraimitischen Asseriten im Norden rechnen konnte. 127 Bei b. Deker (V. 9) greift sein vermutlicher Bereich aus der Schefela bis ins Benjamingebiet hinein, wo eigentlich Simei b. Ela (V. 18) für Benjamin zuständig war, falls nämlich BetHanan in b. Dekers Gebiet benjaminitisch besiedelt war, wie Z A D O K 1988, 47f. ansprechend vermutet. Weiterhin könnte das Issachargebiet des Josafat b. Paruach (V. 17) sich möglicher125
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Zuständigkeitsbereiche der nsbym eher personell auf ihre jeweilige Art der Herkunft und Beziehung zu König und H o f und die damit ihnen z u k o m m e n d e , von dort abgeleitete oder ihnen selbst in ihren Herkunftsorten und - R e g i o n e n eigene Autorität und die daraus resultierende Wirkungsmöglichkeit abgestellt waren, nicht aber umgekehrt Beauftragte für vorher nach einem Raumaufteilungsplan territorial abgegrenzte „Provinzen" oder „Gaue" ernannt wurden. D e n n o c h mußte natürlich aus Praktikabilitätsgründen möglichst ein gewisses flächendeckendes Netz von Beauftragten erreicht werden, ein Ziel, d e m die Verfügbarkeit von zuverlässigen Kandidaten gelegentlich Grenzen setzte, so daß manche geographisch sehr problematischen „Provinzen" zustande komm e n (V. 10.12; V. 13 in Zusammenhang mit V. 14 und V. 19) 128 . Von Bedeutung für die nähere Bestimmung der gesellschaftlichen Rolle derjenigen nsbym, die nicht Königsfamilien- und Hofmitglieder waren, ist nun die Frage, o b sie, modern ausgedrückt, hauptamtliche Funktionäre waren oder nebenamtlich die königlichen Interessen und Ansprüche vertraten. Die Konsequenz aus der Beantwortung dieser Frage ist folgende: Wenn sie in ihrem Herkunftsgebiet dem Herrscher vor allem durch ihr Ansehen als Angehörige der Elite repräsentativ dienten, dabei aber ihr normales Leben als örtliche/regionale Elitäre fortsetzten, sind sie, je weniger vom Herrscher delegierte direkte Macht sie besaßen, desto eher nach kultursoziologischem Verständnis noch nicht oder erst im Ansatz als funktionalisierte Elite, als eine institutionalisierte Zwischenschicht zwischen Herrscher und Volk, m . a . W . als Teil eines „tertiären Sektors", zu bezeichnen. Kultursoziologen sprechen in diesem Falle, wenn eine institutionalisierte Zwischenschicht hauptamtlicher Funktionäre noch fehlt, also eine zwei-, nicht eine dreischichtige Gesellschaft vorliegt, noch nicht von einem Staat, wo die Macht durch eine Funktionärselite institutionalisiert und organisiert ist, sondern von einem chiefdom, wo die Macht zunächst personalisiert und konzentriert (beim chief) ist 129 . weise territorial mit dem Gebiet des Baana b. Ahilud (V. 12) überschneiden, da jener für Issachar(iten) zwischen dem ausgedehnten Städtegebiet des letzteren zuständig war. Auch bei Ahinadab in Mahanajim und Geber b. Uri in Gilead (= südlich von Ramot) sind Überschneidungen eher wahrscheinlich, wenn man - wie üblich - abgegrenzte „Provinzen" oder „Gaue" voraussetzt (s. aber A. 120). Akzeptiert man aber meine Grund-Hypothese zur Funktion der nsbym, so entfällt der Zwang zu immer neuen, immer wieder scheiternden Versuchen scharfer Abgrenzung der angeblich vorhandenen „Provinzen". Die unklaren Grenzziehungen erklären sich eben nicht als Kompetenzüberschneidungen, sondern dadurch, daß pauschal Zuständigkeitsregionen angegeben werden und vom Herkunfts- und Wohnort nach außen offen Salomos Interessen vertreten werden sollten ohne Angabe von Außengrenzen der Wirksamkeit der Beauftragten, so daß Überschneidungen nur scheinbar auftreten. 128 Auch von hier zeigt sich, daß die hin und her gehende Diskussion um die „Abgrenzung" von „Provinzen" Salomos im Grunde gar nicht zu einem klaren Ergebnis mit klaren Grenzziehungen kommen kann, weil Voraussetzung und Ansatz der Grenzdiskussion unangemessen sind. 129 Vgl. dazu SERVICE 1977passim, bes. 12f. 31. 35-40. 46. 73f. 80ff. 106-144. 147-161; T.H. W R I G H T 1977; FRICK 1985, bes. 74ff.; E A R L E 1987; K N A U F 1989. In der Sache ähnlich, aber mit anderer Terminologie nennt F R I E D 1967 die dem chiefdom entsprechende vorstaatliche Entwicklungsstufe stratified society, D O S T A L 1985 spricht von „entwickelter tribaler Klas-
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Das Faktum, daß in Jerusalem einer der unmittelbaren Hof-Funktionäre Salomos, Asarja b.Nathan (lKön 4,5), anscheinend eine koordinierende Ober-BeauftragtenFunktion bekleidete, spricht dafür, daß die vermutlich der lokalen/regionalen Elite ihrer Funktionsbereiche entstammenden nsbym nicht in Jerusalem bzw. von Jerusalem aus, sondern in ihrer heimatlichen Umgebung, wo ihre Autorität zur Geltung kommen konnte, die Interessen des Königs vertraten, also in ihrer gewohnten Lebens- und Arbeitsweise verharrten 130 . Das spräche für noch nicht voll institutionalisierte, sondern im wesentlichen „ehrenamtliche" Funktionäre. Dagegen darf bei den beiden Verwandten der Hof-Funktionäre Salomos unter den Beauftragten wohl doch schon von institutionellen Funktionären gesprochen werden, während für die Schwiegersöhne Salomos dasselbe gilt mit dem Unterschied, daß sie zugleich zur Herrscherfamilie gehörten. Das bedeutet, ist die Datierung der Liste lKön 4,7—19 in die 2. Hälfte der Salomozeit richtig, daß wir hiermit ein erstes Anzeichen dafür besitzen, daß seine Herrschaft in dieser Zeit partiell begann, sich von dem Status eines chiefdoms in Richtung eines Staates zu entwickeln.
Ohne den repräsentativen, Salomos Herrschaftsanspruch ideell stabilisierenden Aspekt der Funktion der Beauftragten zu unterschätzen, muß weiter gefragt werden, ob und wenn ja, welche eventuellen weiteren Funktionen sie in ihren Bereichen im Interesse Salomos vertreten haben können. Dazu nennt lKön 4,7; 5,7f. zweierlei: Versorgung des Hofes mit Lebensmitteln und Versorgung der Rosse und Wagenpferde der Streitmacht Salomos. Diese Aufgabenstellung der nsbym ist meist akzeptiert 131 , in letzter Zeit aber auch ange-
sengesellschaft", K N A U F 1990a, 157 vom „Stammesstaat". Zur Kritik am „Neoevolutionismus" F R I E D ' S und SERVICE'S vgl. neuestens B R E U E R 1990, der terminologisch ebenfalls vom chief dorn zwischen egalitären und staatlichen Gesellschaften spricht, aber andere Entwicklungslinien zieht: Zwischen chief dorn und Staat steht kein Bruch, sondern es liegt eine Weiterentwicklung vor: Vertikalisierungen und Hierarchisierungen der Verwandtschaftsbeziehungen sind fortgeschritten, horizontale Integration tritt zurück; das chief dorn war durch Austausch bestimmt, von dem der Staat unabhängig ist. Gesellschaftlich-hierarchische Ränge werden nicht mehr durch Interaktion gewonnen, sondern sind durch konische Struktur vorgegeben. Charisma/Autorität wird monopolisiert und appropriiert durch den herrschenden Clan. Wenn ich B R E U E R richtig verstehe und versuchsweise auf Israel/Juda anwende, befindet es sich z. Zt. Salomos auf dem Weg vom chiefdom zum „archaischen Staat", genauer auf dem Weg, der durch die Typen „konischer Klanstaat", „Prestigegüter-System" und „patrimonial strukturierter Staat" gekennzeichnet ist. Dabei ist m.E. B R E U E R S (gegen F R I E D gerichtete) Feststellung nicht unproblematisch, daß bereits da, wo eine Gesellschaft stratifiziert ist, von „Staat" gesprochen werden muß (vgl. noch P R I C E 1978 u. o. A. 34) 130 Dabei können die Ben-X Genannten, entsprechend A . A L T S Beobachtung (s. o. A . 109) Väter gehabt haben, die schon irgendwann z. Zt. Davids in Kontakt und Vertrauensverhältnis mit dem Jerusalemer Hof gekommen waren, weshalb die Söhne nach der traditionellen Weise als Ben-X benannt wurden. Dazu gehört auch einer der Schwiegersöhne Salomos (V. 11). 131 Daneben werden ohne Beleg Steuereintreibung und Administration ihrer „Provinzen" genannt, so die meisten Kommentare, früher S A N D A 1911, 73, zuletzt R E H M 1979, 52; G R A Y 1980, 130f. 135f.; Nora 1983, 66. 78; vgl. auch D E V A U X 1964, 217; D O N N E R 1970, 44; D E R S . 1984, 227; S T E R N 1978,78; A H L S T R Ö M 1982a, 33; A H A R O N I 1984,326; PINTORE (b. R Ö S E L 1984, 87); T H I E L 1985, 305(ff); C L A U S S 1986,86.154; N A ' A M A N 1986a, 167ff.
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A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
zweifelt worden132. Waren dies also die einzigen, die Haupt- oder eher Nebenaufgaben, oder handelt es sich überhaupt nicht um eine zutreffende Beschreibung der «sfoym-Funktion? Dazu ist zu b e d e n k e n , daß das Versorgungs-Rotationssystem für beide Bereiche sehr mechanisch gedacht ist und recht unrealistisch die Gegebenheiten des landwirtschaftlichen Jahresablaufs außer Acht läßt 1 3 3 . Problematisch ist für diese Auffassung auch die beträchtliche Verschiedenheit der Regionen in G r ö ß e und wirtschaftlicher Kapazität. Es m u ß auch erstaunen, daß die Hof- und Pferdeversorgung allein von den 12 nsbym außerhalb Judas zu bewerkstelligen gewesen sein soll 134 . Wozu dienten denn die Erträge der judäisch-davidischen Krongüter, von denen man zuerst die Versorgung des H o f e s erwarten sollte? A m ehesten kann m a n noch für wahrscheinlich halten, daß die nsbym zur Versorgung der in ihrem Bereich liegenden (Grenz-?)Festungsorte ( l K ö n 9,15. 17—19) beizutragen hatten. Wäre das der reale Kern und eine tatsächliche Funktion der geographisch betroffenen nsbym, so k ö n n t e das Ausspinnen zur Idee des kompletten 12Monats-Rotationssystems schließlich ein „Schreibtisch-Produkt" und ähnlich theoretisch wie das angebliche Freistellen der Israeliten vom »«-Dienst ( l K ö n 9,22) sein. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist jedoch auffällig, daß von keinem der nsbym als Wohnsitz eine der Festungsstädte im N o r d e n (Hazor) und Westen (Megiddo, Geser, U n t e r - B e t h o r o n ) genannt ist, was verwaltungsorganisatorisch und militärstrategisch sowie von der vermuteten Versorgungsaufgabe her zu erwarten wäre! 1 3 5 A u ß e r Megiddo werden sie sogar 132 Vgl. schon DE V A U X 1964, 218 (der an der traditionellen Aufgabenstellung für die Emissäre festhält, aber sich mit Recht nicht vorstellen kann, wie das System praktisch funktioniert haben soll); kritisch in letzter Zeit aber W Ü R T H W E I N 1985, 43f.; H O P K I N S 1983, 197; grundsätzlich mit Recht kritisch zur königlichen Steuereintreibung R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 127ff. Auch M E T T I N G E R 1971,119f.; G R A Y 1980, 131 haben neben ökonomischen Beweggründen Salomos bei den „Provinzgründungen" immerhin auf politisch-repressive Gründe verwiesen, wobei eher von diplomatisch-integrativem Vorgehen Salomos gesprochen werden sollte. 133 Vgl. W Ü R T H W E I N aaO; A H A R O N I 1984, 325 f. Was die Speicherkapazitäten in E I und E II betrifft, so zeigt B O R O W S K I 1987, 7 1 - 8 3 , daß solche, die man „staatlich" nennen könnte, in auffallend geringer Zahl zu beobachten sind, jedenfalls sind weniger als erwartet gefunden worden. 134 Wahrscheinlich mußte auch Juda Leistungen erbringen, war aber nicht in das nsbymSystem für die Nordgebiete einbezogen; V. 19bß mit der Erwähnung eines weiteren nsyb für Juda (unter der Voraussetzung, daß „Juda" hier durch Haplographie ausgefallen ist; V. 20 beginnt mit „Juda"!) ist anscheinend (wie V. 19a) späterer Zusatz, vgl. schon ALT 1913,18f = 1978,88f., zuletzt Nora 1983,67; A H A R O N I 1984,318; R Ö S E L 1984,88; W Ü R T H W E I N 1985,44f.; T H I E L 1985, 299f. m. A . 9; dagegen M E T T I N G E R 1971,121ff.; G R A Y 1980,140; N A ' A M A N 1986a, 173-175. 194. 135 Das könnte man besonders bei Baana b. Ahilud (V. 12) erwarten, der auch für Megiddo zuständig, sowie für Ahimaaz (V. 15), der für Naphtali verantwortlich war, wozu Hazor gehört. T H I E L 1985, 307 nimmt das als „plausibel" an, ohne freilich einen schlüssigen Beweis zu bieten, denn daß der sog. Nord- oder der Südpalast in Megiddo Str. VA-IVB unbedingt Sitz des nsb, nicht aber die zweifellos anzunehmende Zentrale der Militärbesatzung in Megiddo gewesen sei, wäre erst zu beweisen (vgl. D E V E R 1979, 292f. < L i t . > ) . So einleuchtend die FeststellungUSSISHKINS (1990,73f., vgl. H. W E I P P E R T 1988,518. 521) vomFunktions-Wechsel Megiddos (VA—IVB: ziviles Regional-Zentrum; gleich nach 925 v. Chr. oder später: IVA stark ausgebaute Grenzfestung) auch ist, bleibt doch ganz offen, wer in Str. VB-IVA residierte: ein königlicher nsb, der aus Taanach stammte (und dort
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nicht einmal der bloßen Erwähnung für wert gehalten! Das spricht nochmals für die Deutung der ersten Ortsnamen in V. 9. 10.13.14 als ihre Wohn- und Herkunftsorte statt als „Provinz-Hauptstädte". Überdies legt sich nahe, ihre Aufgabe vom militärischen Bereich weitgehend zu trennen, denn es gibt zudem keinen Beleg dafür, daß sie eine militärische Durchsetzungsmacht (Truppen) bei sich hatten. Schließlich haben weder sie noch die von Salomo ausgebauten 1 3 6 und besetzten Festungen im Norden die erneute Separation der Nordstämme verhindert oder nur verzögert. Bei der Einsetzung der nsbym ein finanzorganisatorisches Planungskalkül (Steuererhebung) zu vermuten 1 3 7 , wäre in der 2. Hälfte der Herrschaft Salomos 1 3 8 zwar gut zu verstehen: Wenn man annehmen darf, daß die 7 (?) Jahre Tempelaus- und Umbau 1 3 9 und die 13 (?) Jahre Bauzeit für den Palastkomplex ( l K ö n 6,37; 7,1) und vielleicht teilweise gleichzeitig Baumaßnahmen welchen Umfangs auch immer in den sechs Festungsstädten 1 4 0 im 1. und 2. Drittel seiner Herrschaft lagen, leuchtet es ein, daß sich etwa in der 2.Hälfte seiner Regierung die Frage immer dringender zu stellen begann, wie die verbrauchten Gelder (zumal bei abnehmendem Tributaufkommen, l K ö n 11,14ff. in Verbindung mit 2Sam 8,6, und vielleicht noch steigenden Kosten für aufwendige Hofhaltung, l K ö n 5 , 1 - 8 ; 10; 11,1—7) ersetzt werden konnten. Die Verpfändung des Landes Kabul ( l K ö n 9,10—14) macht jedenfalls die Finanz-, mindestens aber Liquiditätsprobleme sichtbar. Falls aber dieses oft vermutete Nebenziel der m/jym-Entsendung überhaupt bestand: Von seiner Realisierung oder einer Wirkung dieser vermuteten Aufgabe der nsbym ist absolut nichts bekannt, ja, sie ist durch die Beweisführung U . Rüterswördens 1 4 1 ganz unwahrscheinlich geworden.
Umgekehrt muß nun aber auch gefragt werden, was wohl positiv für die Funktion(en) der nsbym festzustellen ist. in der Regel wohnte? lKön 4,12) oder ein Stützpunktkommandant oder - warum nicht? - ein lokaler Kleinherrscher? Und wer saß in dem von H. WEIPPERT 1988, 429 in Hazor Str. X - I X nicht ausgeschlossenen Palast oder festungsartigen Gebäude (falls es denn ausgerechnet in die Zeit Salomos gehört): Ein königlicher nsb (lKön 4,15) oder ein königlicher Militärführer oder - warum nicht? - ein lokaler Kleinherrscher oder war der Bau ein lokaler Fluchtbau der Bevölkerung? Nicht nur diese Fragen sind offen, sondern nach der neu aufgebrochenen Diskussion (BASOR 277/78, vgl. oben A. 82) die Zuweisung von Baulichkeiten zum 10. oder 9. Jh. v. Chr. Aber selbst wenn sich ein Zusammenhang zwischen nsbym und öffentlichen Bauten in Hazor und Megiddo ausgerechnet und exakt in der Salomozeit beweisen läßt, handelt es sich um ein nur für Megiddo und Hazor sich örtlich ergebendes Zusammentreffen und Zusammenwirken von ziviler(?)/militärischer (?) Ortsführung und nsbym, kann aber nicht für alle nsbym verallgemeinert werden. Aber auch gegenüber dieser Vermutung muß eingewandt werden, daß Hazor in V. 15 nicht einmal genannt ist und Megiddo in V. 12 nicht an erster Stelle als nsb-Sitz steht, was kein Problem gewesen wäre, wie V. 9. 10. 13. 14 zeigen. 136
Bei der offenen archäologischen Datierungs-Diskussion (s. oben A. 82) unter Vorbe-
halt! 137
S. o . A . 131 So wird die Liste lKön 4,7ff. auch nahezu einhellig datiert, vgl. z . B . METTINGER 1971, 112; A H A R O N I 1984,327; T H I E L 1985,306 A . 28; N A ' A M A N 1986a, 176f. und schon SANDA 1911, 73; anders AHLSTRÖM 1982 a, 32. 139 Vgl. RUPPRECHT 1972; DERS. 1977; GARBINI 1988,27ff.; K N A U F 1991b. 140 Vgl. aber o . A . 82. 141 1985,127 ff. 138
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Dabei spricht m. E. das zu ihrer Herkunft, ihrer Verteilung und über die Art, Umfang und Gliederung der ihnen anvertrauten Gebiete Vorgetragene am ehesten dafür, in den nsbym Beauftragte mit besonderem Vertrauen des Königs zu sehen, die vor allem durch ihre von der persönlichen Beziehung zum Herrscher abgeleiteten Autorität bzw. durch ihre Autorität als Angehörige der lokalen bzw. regionalen Elite, innerhalb derer sie im Interesse des Königs wirksam werden sollten, zur festeren Integration der (nord-) israelitischen Gruppen und Regionen und der darüber hinausreichenden Gebiete in das judäisch-davidische Herrschaftsgebiet beitragen sollten. Mit dieser herrschaftsstabilisierenden, ideologischen Funktion kann sich sehr wohl eine verwaltungsorganisatorische Planungs-Absicht142 verbunden haben, für die aber die Beauftragten erst den Boden vorzubereiten hatten. Daß sie, trifft diese Planungs-Absicht zu, nicht sehr weit damit kamen, zeigt der schnelle Abfall der Nordregionen und -gruppen nach Salomo; die erhoffte Stabilisierung des Herrschaftsanspruchs Salomos ist also kaum zur Wirkung gekommen143. Darüber hinaus dürfte als realistische Vermutung hinsichtlich zusätzlicher Funktionen der nsbym neben ideologisch unterstützender und/oder organisatorischer Beteiligung bei ms/ml Anforderungen vielleicht noch gelegentliche Beihilfe zur Festungsversorgung bei denjenigen annehmbar sein, deren Gebiet einen königlichen Funktionalort (Festung) enthielt sowie gelegentliche Hof-Lieferungen am ehesten bei den Jerusalem am nächsten wohnenden Beauftragten. Insgesamt ist erkennbar: Salomo erweiterte die Zahl der Funktionäre seiner unmittelbaren Umgebung schwerpunktmäßig im innenpolitischen und ökonomischen Bereich (7) auf Kosten des religiös-kultischen (1) und des militärischen (1) Bereichs. Dieser Kreis setzte sich vorzugsweise aus bereits unter David bewährten Funktionären und deren Nachkommen und Verwandten zusammen. Der vergrößerte Hof-Funktionärskreis war aber weiterhin zum größten Teil für zentrale Leitungsaufgaben abgestellt. Während die militärische Inanspruchnahme der Bevölkerung sogar abnahm, ist einzig bei der Heranziehung zu ms-Diensten eine ökonomische Einwirkung des Herrschers in die Ebene der Durchschnittssiedlung feststellbar, die aber die lokale und regionale Autonomie anscheinend nicht berührte, wenn sie auch ökonomisch belastende Auswirkungen gehabt hat. Einen konzeptionell weiterreichenden und schwerwiegenderen Eingriff mit kaum sauber trennbarer ideologischer und ökonomischer Abzweckung begann Salomo in der 2. Hälfte seiner Herrschaft ins Werk zu setzen. Salomo strebte durch die Installation von Königsverwandten und Hoffunktionären in ökonomisch und verkehrspolitisch-strategisch wichtigen sowie abgelegeneren Gebieten und von Männern seines Vertrauens aus lokalen und regionalen Eliten des israelitischen Kernlandes (zentralpalästinisches Bergland von Ephraim bis Galiläa einschließlich des Ostjordanlandes) als 142 Die Ausführung solcher Absicht staatlicher Landesgliederung als politisches Herrschaftsmittel ist für Juda der Josiazeit in Jos 15,21-44. 48-62 erhalten geblieben, wie unten (S. 251-268) zu zeigen ist. 143 Deshalb ist es unverständlich, wieso A H L S T R Ö M 1982a, 59 behaupten kann, man solle nicht annehmen, daß die Distriktorganisation Salomos nach seinem Tode verfiel, vielmehr habe Jerobeam I . darauf zurückgegriffen. Woraus A H L S T R Ö M das schließt, bleibt sein Geheimnis (vgl. u. Kap.D, A. 18).
I. Funktionäre
(„Beamte")
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Repräsentanten planmäßig eine festere politisch-ideologische und evtl. auch ökonomische Integration seiner Interessengebiete im Norden außerhalb Judas an. Die Entsendung dieser Beauftragten zielte vor allem auf stabilisierende Repräsentanz seines Herrschaftsanspruchs im Norden, vielleicht auch mit dem Hintergedanken an ökonomische Nebeneffekte (ideologische und/oder organisatorische Beteiligung bei ms/ml'kh; gelegentliche Festungs- und Hofversorgung). Daß Salomo auch auf den Aufbau einer stabilisierend wirkenden herrschaftsstrukturell-gesellschaftlichen Interessen-Übereinstimmung zwischen sich und der Elite zielte, aus der seine nsbym stammten, ist vielleicht zu modern gedacht. Der entsprechende Effekt mag jedoch partiell eingetreten sein und in der wachsenden gesellschaftlichen Differenzierung des Nordreiches im 8./ 7.Jh. v.Chr. erkennbar werden. Die konkrete Verteilung der Beauftragten geschah anscheinend mit kluger Überlegung: Den ebenso wichtigen wie schwierigen Auftrag der Repräsentanz und Tätigkeit in israelitischen Randgebieten (oder schon außerhalb seines Einflusses) und der ökonomisch und strategisch-verkehrspolitisch wichtigen Jesreelebene übertrug Salomo verständlicherweise besonders zuverlässigen, ihm und seinem Schicksal als Herrscher besonders verbundenen Angehörigen seiner Familie und Verwandten bewährter Hof-Leute. Ihre Autorität in den anvertrauten Gebieten beruhte auf dem Ansehen Salomos bzw. des Hauses Davids sowie - soweit sie aus den ihnen anvertrauten Gebieten/Orten stammten - auf ihrem eigenen Ansehen. Für die anderen Gebiete setzte er vermutlich so weit wie möglich Angehörige der dortigen lokalen und/oder regionalen (Stammes-)Eliten ein, die sein Vertrauen besaßen und seine Interessen/seinen Herrschaftsanspruch auch außerhalb Judas mit Hilfe ihrer Autorität als Eliteangehörige ihrer Orte und Regionen vertreten und stützen konnten. Die geographisch-regional ungleichmäßige Verteilung der Beauftragten durch Salomo 144 erklärt sich vielleicht aus der nicht unbegrenzten Verfügbarkeit zuverlässiger Beauftragter, die mindestens zwei von drei funktional notwendigen Eigenschaften besitzen mußten: 1. Vertrauen bei Salomo, 2. Herkunft und Wohnsitz in einem Bereich außerhalb Judas, in dem Salomo seinen Einfluß durch einen Beauftragten zu stabilisieren wünschte, 3. vorzeigbare, vom Herrscher delegierte Autorität (Königsverwandter, Hof-Funktionär) bei Nichtabstammung aus dem anvertrauten Gebiet. Wenn es sich bei den nsbym teils um „hauptamtliche" (V. 11 f. 15f.) und teils um „nebenamtliche" = „ehrenamtliche" Beauftragte (V. 8—10. 13 f. 17—19) handelte, wird in dieser Maßnahme Salomos eine Übergangsphase von einer nur auf der Herrscherfamilie und Hof-Funktionärsfamilien basierenden zu einer landesweit Lokal- und Regionaleliten einbeziehenden Herrschaftsorganisation sichtbar, wenn auch letztere Elite noch nicht sicher bzw. voll als „hauptamtliche" Funktionärsschicht („tertiärer Sektor") gelten kann, da sie in 144 Vgl. die kartographischen Versuche bei G . E . WRIGHT 1967; AHARONI 1984, 314 (Karte 2 3 ) ; DERS. 1976; NA'AMAN 1 9 8 6 a , 189.
40
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
ihrer lokalen und regionalen Verwurzelung verblieb145. Kultursoziologisch heißt das, daß Salomos Herrschaft hier einen Ansatz zum Übergang von einem chiefdom zu einem Staat zeigt146. Dies gilt allerdings nur für den Norden des israelitisch-salomonischen Kerngebiets. Für den Süden (Juda) fehlt sogar dieser Ansatz einer «.sfoyw-Organisation. Was den m. E. vorrangigen integrativen und legitimatorischen Aspekt der nsbym-Funktion betrifft, so mochte er in Juda, Salomos Heimat, wenig notwendig erscheinen. Daher ist zu vermuten, daß Juda, was die Funktionärsschicht, den „tertiären Sektor" betrifft, auch unter Salomo noch weiter als chiefdom anzusprechen ist. Auch wenn von Salomo materielle und /ns-Dienste von der Durchschnittsbevölkerung verlangt und von ihr geleistet wurden und dabei Beauftragte 147 des Königs in den israelitischen Siedlungen auftraten, kann dies noch nicht als direkter königlicher Eingriff verwaltungsorganisatorisch-machtpolitischer Art in die lokale und regionale Selbstverwaltung bezeichnet werden. Dazu steht nicht im Widerspruch, daß die ökonomische Belastung der (nord-) israelitischen Bevölkerung am Ende der Salomozeit einen Grad erreicht hatte, der zur Aufkündigung des freiwilligen Loyalitätsverhältnisses der Nordgruppen gegenüber dem Hause David führte. Das geschah mit einer relativen Leichtig145
Wir wissen über ihre vermutete ideologisch-repräsentative Hauptfunktion und die vermuteten wenigen weiteren Nebenfunktionen im Interesse Salomos hinaus nicht, in welchem Maße sie einerseits ihrer normalen Tätigkeit vor Ort weiter nachgingen und in welchem Maße sie andererseits durch die Funktion als nsbym in Anspruch genommen waren. Einen Eindruck von Sympathisanten des Königs (David), die in ihren Orten verblieben, ihm zugeneigt waren und gelegentliche (auch materielle) Hilfe gewährten, ohne aber Funktionen anzunehmen, vermittelt 2Sam 19, 32—41: Barzillai bleibt an seinem Ort, aber sein Sohn wird Höfling (ein potentieller nsb)\ 146 Neben dieser personellen Komponente der Entwicklung vom chiefdom zum Staat gibt es weitere kennzeichnende Komponenten, vgl. die A. 129 genannte Literatur. - Es sei auch hier betont, daß es mir angesichts der offenen Diskussion um Termini und den Gang der Entwicklung gesellschaftlicher Strukturen unter Anthropologen, Ethnologen und Soziologen hier nicht auf die Zuweisung von Abschnitten der Geschichte Israels zu einer spezifisch zu benennenden Phase gesellschaftlich-struktureller Entwicklung von Prä-Staatlichkeit, ProtoStaatlichkeit und Staatlichkeit ankommt, sondern um einen Beitrag zur klareren Erkenntnis der Stufen bzw. Phasen der Entwicklung in Israel selbst. Die Benennung (als chiefdom, „Stammesstaat" o . a . < o . A. 129; s.auch u. S.282 < R ü c k b l i c k > ) ist dabei von sekundärer oder tertiärer Bedeutung. 147
Sie müssen keineswegs mit nsbym identisch gewesen sein. So war Jerobeam b. Nebat, ein 'bd Salomos (zu 'bd vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 4ff.) als einer, der Aufsicht führte (PQD Hi.) über sbl des „Hauses Joseph" (lKön 11,26-28), wahrscheinlich Ado(ni)ram und nicht dem nsb b. Hur des Gebirges Ephraim ( l K ö n 4,8) unterstellt. Besonders interessant ist es, daß Jerobeam als Funktionär Salomos für Ephraim und Manasse selbst Ephraimit war ( l K ö n 4,26), also der regionalen Elite seines Aufgabengebietes entstammte. Seine Haltung, als „das Maß der Belastung durch die Davididen voll war" in den Augen der Nordgruppen, mag beispielhaft sein für diejenigen Funktionsträger Salomos, denen die Solidarität mit ihrem Ort oder ihrer Region unter den Nordgruppen denn doch höher stand als die Loyalität zu den judäischen Davididen, natürlich abgesehen von den nsbym, die mit Salomo verwandt waren bzw. zu seinem Hof gehörten durch Verwandtschaft.
I. Funktionäre („Beamte")
41
keit, die das Unabhängigkeitsbewußtsein und das Wissen u m die Freiwilligkeit der Loyalität deutlich unterstreicht.
4. Königliche
Funktionäre
im Südreich
Juda seit
Rehabeam
E s geht u m f o l g e n d e Fragen: Welche königlichen Funktionsträger sind uns in der davidischen R e s i d e n z und im Lande Juda in biblischen und außerbiblischen Q u e l l e n überliefert? W e l c h e Funktionäre greifen in ihren Funktionen v o m H o f bis in die B e v ö l k e r u n g s e b e n e hinab und wie tun sie e s ? Vor allem: Berühren sie die Verwaltung der Ortschaften der B e v ö l k e r u n g s e b e n e ? Wie steht es u m die Herausbildung einer „hauptamtlichen" Schicht v o n Funktionären einer königlichen Verwaltung („tertiärer Sektor")? D i e Funktionsträger sollen in drei Gruppen gegliedert betrachtet werden: 1. Funktionäre, deren A u f g a b e n b e r e i c h auf die R e s i d e n z Jerusalem als Stadt b e z o g e n ist, 2. in Jerusalem „stationierte" militärische Funktionäre, 3. Funktionäre der unmittelbaren U m g e b u n g des Königs am H o f . D a s H a u p t a u g e n m e r k gilt dabei, wie gesagt, der Frage, o b königliche Funktionäre bis in die B e v ö l k e r u n g s e b e n e hinab wirksam w e r d e n o d e r auch Funktionärsgruppen leitend beaufsichtigen, die dies tun. Ad 1: Von einer solchen Funktionärsgruppe ist am wenigsten überliefert; eine verwaltungsorganisatorische Einwirkung auf die Bevölkerungsebene ist hier auch von vornherein wenig wahrscheinlich. Jerusalem war als „Stadt Davids", als Residenzort der Davididen 148 entscheidend vom Königshof her geprägt. Für spezielle (Haupt-)Stadtaufgaben ist Funktion und Titel des fr h-'yr überliefert 149 , dem Wachoffiziere und sicherlich eine entsprechende Wachmannschaft untergeordnet war 150 . D a der Wachoffizier bei der Verhaftung Jeremias am Benjamintor den Verhafteten den srym des Hofes überstellt, ist anzunehmen, daß sr h-'yr und Wachmannschaft nicht vom Hof unabhängige städtische Funktionäre waren, sondern dem König unterstanden 1 5 1 . Das kann ein Hinweis darauf sein, daß srym, die im Zusammenhang mit und in Jerusalem erwähnt werden 1 5 2 , in erster Linie königliche Spitzenfunktionäre sind neben in Jerusalem zeitweise oder fallweise 148 Zur Kritik der einflußreichen These A L T S 1925=1968, 243ff.; DERS. 1930=1978, lff., bes. 45ff.; DERS. 1951 = 1978a, 116f. u.ö.) zum davidischen „Stadtstaat" Jerusalem vgl. bes. BUCCELLATI 1967, 162ff.; SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 381ff., wonach Jerusalem unter (den) David(iden) nicht Stadtstaat, sondern Residenzstadt war. 149 2Kön 23,8; 2Chr 34,8; für einen außerbiblischen Beleg vgl. das Siegel des sr h-'r (!) bei
AVIGAD 1 9 8 6 , 3 0 - 3 3 . 150
Jer 37,12-16 (ein b Ipqdt im Benjamintor Jerusalems) Es dürfte sich um Mitglieder derselben Truppe handeln, die auch am Königspalast Wache halten (lKön 14,27f.//2Chr 12,10). Vgl. auch die Palastwache z. Zt. Ataljas (2Kön 11,4); vgl. auch 2Sam 15,1; lKön 1,5 und insgesamt RÜTERSWÖRDEN 1985, 30—32. 152 Vgl. z.B. 2Kön 24,12; Jes 1,23; Jer 29,2; 34,10.19. 21; 37,11-16; Zeph 3,3; Klgl 1,6; 2,9; 5,12; Ez 17,12; 2Chr 22,8; 29,20, evtl. auch 2Kön 11,14; vgl. auch u. mit A. 196. 151
42
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
oder auch ständig anwesenden srym des Landes 153 . Hinweise, daß Jerusalem eine städtische Selbstverwaltung von srym als lokale Elite an der Spitze unabhängig vom Königshof besessen hätte, sehe ich nicht 154 . Das entspricht auch dem bereits beobachteten bleibenden Dualismus zwischen Juda und Jerusalem 1 5 5 , zwischen Königshof/Königsstadt einerseits und dem 'm h-'rs mit seiner Elite (srym) an der Spitze. Jerusalem war anscheinend als davidische Residenz nie voll in das judäische Stammesterritorium integriert, sondern blieb eine besondere territoriale Einheit mit einer gewissen Distanz zu Juda, was schließlich auch die Notwendigkeit des Synoikismos nach 587/86 v.Chr. bestätigend zeigt (Neh 11). Es ist offensichtlich, daß von den königlichen Funktionären mit Aufgaben speziell für die Stadt Jerusalem keine verwaltungsorganisatorische Wirksamkeit ins Land hinaus und bis zu den judäischen Ortschaften hinab ausging. Ad 2: Von dieser Gruppe wird weniger und weniger Differenziertes berichtet als nach gewöhnlicher Auffassung und Erwartung zu vermuten ist 156 . Der sr h-sb' gehört zur unmittelbaren Umgebung des Königs in Jerusalem 1 5 7 . Sein Titel ist auch außerbiblisch-epigraphisch belegt 158 . Ab Salomo sind - wohl als unmittelbar beigeordnete Spitzenmilitärs des obersten Heerführers - sry h-sb' am Hof bezeugt 159 . Sind diese Militärführer als Spitzen der Heeresleitung in Jerusalem stationiert, so ist das Verhältnis eines spätmonarchisch erwähnten srys < 'hd> 'sr hw'pqyd 7 'nsy hmlhmh160 zu den anderen Spitzenmilitärs sowie seiner Leute zum Heer nicht völlig klar. Es könnte sich im Unterschied zu dem fallweise einzuberufenden Heer des sr h-sb', zu dessen Unterstützung es in Jerusalem einen oder mehrere Mitarbeiter 1 6 1 gab, um eine ständige Jerusalemer Verfügungs- und Elitetruppe begrenzten Ausmaßes 1 6 2 handeln, möglicherweise von der Palast- und Leibwache 163 unterschieden; vielleicht war der srys 153 Jer 29,2; 26,10. 16; 34,19; Ez 17,12; 2Chr 12,5; 29,20; in Jer 52,10 dürften von den srym Judas diejenigen gemeint sein, die bei der Belagerung in Jerusalem gerade anwesend waren. S. auch im Folgenden unten. 154 Jedoch hatten die Bewohner ihre Ältesten: 2Kön 23,lf.; Klgl 1,19; 2,10; 4,16; 5,12. 155 S.o. passim. 156 Umfassend zum Militär und seinen Rängen etc. nach DE V A U X 1 9 6 6 , 1 3 ff. jetzt R Ü T E R S -
WÖRDEN 1 9 8 5 , 2 3 f f . 157
158
V g l . RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 3 5 f .
Lachisch-Ostracon Nr. 4, Z. 14: KAI 193, vgl. PARDEE 1982, 81-89; JARO§ 1982, 91-93 (Nr. 74); CONRAD 1985,221f.; SMELIK 1987,112-115. 159 lKön 1,25; vgl. auch IChr 27,3.5 (in V. 3: sry h-sb 'wt), vgl. weiter RÜTERSWÖRDEN 1985, 36 f. 160 2Kön 25,19//Jer 52,25. 161 Vgl. 2Kön 25,19//Jer 52,24f.; nach 2Chr 26,11 gibt es einen Schreiber für Musterungen sowie einen swp (dazu RÜTERSWÖRDEN 1985, 109—111) unter Oberaufsicht eines sr h-mlk z. Zt. Ussias. In Dtn 20,1—9 wird die Heeresstruktur mit sry sb 'wt und strym verallgemeinert, wobei die sry sb 'wt wohl eher Heeresoffiziere als die „Generäle" vom Hof sind. 162 Vgl. lKön 10,26 (Salomozeit); 2Chr 17,13ff. (neben Truppen in Festungen auch in Jerusalem unter sry 'Ipym, wobei die hohen Zahlen natürlich nicht als realistisch für die Jerusalemer Garnison gelten können. In 2Kön 24,14 könnte diese Residenz-Elitetruppe (kl hsrym w- 't kl gbwry h-hyl) von 10000 Mann gemeint sein, sicher einschließlich einer Verstärkung anläßlich der Belagerung durch die Babylonier. 163 Vgl. z.B. lKön 14,27f.//2Chr 12,10; 2Kön ll,4ff. 15 ( sry h-m'ywt l-kry w-l-rsym), vgl. zu den Palastwachen o. A. 151, sowie die Gruppen von hmsym 'ys rsym, die einem Thronprätendenten zustehen (2Sam 15,1; lKön 1,5).
I. Funktionäre („Beamte")
43
der zivile Inspekteur und Aufseher aller in Jerusalem anwesenden Truppen 1 6 4 . D a ß im wesentlichen nur Spitzenmilitärs am Hofe selbst ständig anwesend waren und deshalb auch - soweit anwesend - exiliert wurden 165 , ist kaum zu bezweifeln; die Masse der normalen Heeresoffiziere wird weitgehend mit den Soldaten zusammen jeweils aus den Ortschaften und Verwandtschaftsgruppen 1 6 6 einberufen und deshalb auch nach 587/86 v. Chr. im Lande verblieben sein 167 . Als ständig oder fallweise auf der Ebene zwischen Jerusalemer Hof und Bevölkerungsebene im Sinne einer königlichen Militärverwaltungsorganisation agierend, finden sich dann nur der Schreiber des obersten Heeresführers für die Einberufungen 1 6 8 , der vermutlich jeweils etliche Helfer und Mitarbeiter zugeteilt bekam sowie die königlichen Festungs-/Garnisonskommandanten, die biblisch freilich nur sehr selten ausdrücklich erwähnt werden 1 6 9 , dafür aber namentlich in außerbiblisch-epigraphischen Zeugnissen 170 . 164 Etwas anders DE V A U X 1 9 6 6 , 2 8 . D E V A U X hat ansonsten sehr gut den Unterschied verschiedener (auch die Bezeichnung) wechselnder Elite-(Söldner-)Truppen neben dem Volksheer herausgearbeitet ( 1 9 6 6 , 2 0 - 2 4 ) . 2Kön 24,12.14 166 2Chr 17,14; 25,5; 26,12; zugbwr/'yshylvgl. SCHÄFER- LICHTENBERGER 1983, 313-321. 167 Vgl. 2Kön 25,23 ff.; Jer 40,7 ff.; 41-43 (sry h-hylym, zum Terminus vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985,34 f.). 168 2Kön 25,19//Jer 52,24f.; 2Chr 26,11. 169 2Chr 3 3 , 1 4 (sry hyt), vgl. RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 3 5 . 170 Das Ostracon von Mesad Hasavyähü, Z.1.12, erwähnt h-sr, wohl den Kommandanten der Festung, ohne Personennamen ( P A R D E E 1982, 20f.; JAROS 1982, 77; SMELIK 1987, 90 und schon KAI Nr. 200 ; unentschieden CRÜSEMANN 1983 , 76f.). - Das Ostracon Arad Nr. 40 (Ende des 8. Jh. v. Chr.) nennt Malkiyahu wohl den Kommandanten, ohne aber einen Titel zu erwähnen (vgl. A H A R O N I 1981,70-74; PARDEE 1978,323ff.; DERS. 1982, 63 - 65; SMELIK 1987, 96f. Arad Nr. 1 — 18 sind Briefe an (außer Nr. 17) Elyasib b.Es(i)yahu, wahrscheinlich auch ein Kommandant von Arad, obwohl auch wieder kein Titel genannt ist (Zeit Josias), vgl. A H A R O N I 1981, 12-38; PARDEE 1978, 291-318; DERS. 1982, 30-57; JAROS 1982, 82-88 (Auswahl); SMELIK 1987, 98-105 (Auswahl). Der vermutliche Kommandant Elyasib besaß drei Siegel, vgl. A H A R O N I 1981,119f.; H E R R 1978,84 (Nr. 5 - 7 ) , vgl. Ostraca Nr. 4, Z. 2; Nr. 7, Z. 8f.; Nr. 13, Z. 3. Auch einer seiner Untergebenen namens Nahum hatte ein Siegel: Ostracon Nr. 17, Z. 6f. Interessant ist auch die Erwähnung eines Vorgesetzten oder gleichgestellten Nachbarkommandanten des Elyasib namens Hananyahu, der vielleicht in Beerscheba saß, vgl. Ostraca Nr. 3, Z. 3f.; Nr. 16 (aber auch ohne Titel), vgl. hierzu A H A R O N I 1981,17f.; PARDEE 1982, 34f. 48—50. Schließlich wird in Arad Nr. 24 ein Elisa b. Yirmeyahu, vermutlich Kommandant in Ramat-Negeb erwähnt, auch wieder ohne Titel (vgl. A H A R O N I 1981, 46—49; PARDEE 1982, 58-61). Nur in Arad Nr. 26, Z. 2 findet sich evtl. ein Titel, der zum Festungskommandanten gehören könnte: 'dny sr, aber es ist umstritten, ob es sich um einen Titel oder bei sr um einen Teil eines Personennamens handelt, vgl. dazu A H A R O N I 1981,52; PARDEE 1982,62. Erwähnenswert ist schließlich noch ein vermutlicher Brief von König Joahas b. Josia an Elyasib b. Es(i)yahu (Arad Nr. 88, vgl. A H A R O N I 1981, 103f.) mit der Mitteilung, er sei König geworden, was die Bedeutung Arads als Festung und Elyasibs als des Kommandanten bekräftigen würde. - In den Ostraca aus der königlichen Festungsstadt Lachisch (um 589/8 v. Chr.) wird ein gewisser Y'ws erwähnt, wiederum ohne Titel, aber wahrscheinlich der Ortskommandant. Der ebenfalls mehrfach erwähnte Hosiyahu, der an jenen schreibt, dürfte ein Befehlshaber eines Außenpostens Lachischs sein. In Ostracon Nr. 3, Z. 14f. findet ein Konyahu b.Elnatan mit dem Titel sr h-sb' Erwähnung, also entweder der Oberbefehlshaber des Gesamtheeres (er zieht zu Verhandlungen nach Ägypten!) oder ein anderer hoher „Heeres-General"; vgl. hierzu (und zu den Lachisch-Ostraca insgesamt) PARDEE 1982,
44
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
A d 3: Von den aus der David- und Salomozeit bekannten Hoffunktionären findet man später die „Schreiber" relativ regelmäßig bezeugt 171 , ebenso begegnet wiederholt der 7 h-byt112, dessen Titel auch außerbiblisch belegt ist 173 . In die Nähe der Funktion des 7 hbyt gehört die nur Jes 22,15 erwähnte Funktion des skn174, die nach Rüterswörden 175 dem hohen Hofamt eines Wesirs entspricht und außenpolitische Aktivitäten einschließlich grenzüberschreitender Strafverfolgung umfassen kann. Auch das Amt des mzkyr176 hat nach Salomo im Südreich weiter existiert 177 . Einen Hoffunktionär 'lh-ms findet man nach dem Tode des salomonischen Amtsträgers z. Zt. Rehabeams ( l K ö n 12,18) nicht mehr erwähnt. So ist unsicher, ob bei der einzigen überlieferten Aktion, wo möglicherweise mit Hilfe von ms-Dienstleistungen unter Asa die Grenzorte Geba und Mizpa gegen das Nordreich befestigt wurden ( l K ö n 15,22f.), ein koordinierender königlicher ms- Funktionär beteiligt war. Unmöglich ist dies nicht 178 , jedoch stellt der Text mit einer angeblichen Beteiligung „ganz Judas", „keiner blieb frei", die Sache überdimensioniert dar; die begrenzte Aufgabe könnten wohl auch die Bewohner der betroffenen Orte, vielleicht unter Anleitung, ausgeführt haben. Neben diesen schon traditionellen Hoffunktionen, bei denen sich Funktionärs-„Dynastien" bildeten 179 , finden sich weitere, von denen früher nichts bekannt ist mit teils sehr speziellen, teils sehr allgemeinen Aufgaben und Bezeichnungen: 67-114 (zu Ostracon Nr. 3 bes. 81-89) sowie JAROS 1982, 9 1 - 9 3 ; CONRAD 1985, 620 - 624, bes. 621 f.; SMELIK 1987,108-121, bes. 112-115 und schon KAI Nr. 193. 171 Vgl. z.B. 2Kön 12,11 f. (Zeit des Joas); 2Kön 18,18.37; 19,2; Jes 36,3.22 (Zeit Hiskias); 2Kön 22,3ff. (Zeit Josias); Jer 36,10.20f. (zwei verschiedene Schreiber z. Zt. Jojakims); Jer 37,15 (Zeit Zedekias). Vgl. insgesamt DE VAUX 1964, 212f.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 85ff.; zu „Schreiber"-Siegeln vgl. AVIGAD 1986,28f. (s.u. A. 180). 172 Vgl. z.B. 2Kön 18,18. 37; 19,2; Jes 36,3. 22; 37,2 (Zeit Hiskias); Jes 22,15ff. (Zeit Hiskias, vgl. dazu WILDBERGER 1978,835—839; RÜTERSWÖRDEN 1985, 79f.); in 2Kön 15,5 wird mit diesem Titel sogar Jotam b. Ussia bezeichnet. Vgl. insgesamt RÜTERSWÖRDEN 1985, 77ff. 173
V g l . RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 7 7 ; SMELIK 1 9 8 7 , 1 2 7 ; AVIGAD 1 9 8 6 , 2 1 - 2 3 ( z w e i v e r s c h i e d e -
ne Siegel eines Mannes dieses Titels mit Namen Adoniyahu, von dem drei Bullen gefunden wurden sowie eine Bulle eines gewissen Natan 'sr < '> l byt). 174 Von SKN „pflegen, sorgen, sich (etw.) annehmen". 175
1 9 8 5 , 7 9 - 8 5 ; vgl. a u c h DE VAUX 1964, 212; WILDBERGER 1978, 8 3 3 f f . ; a n d e r s GRAY 1980,
249 („Distriktpräfekt"). 176 RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 8 9 - 9 1 u n d s c h o n DE V A U X 1 9 6 4 , 2 1 4 . 177
Vgl. 2Kön 18,18.37; Jes 36,3.22 (Zeit Hiskias); 2Chr 34,8 (Zeit Josias); für ein mzkyrSiegel vgl. jetzt auch ABU TALEB 1985,21 ff. 178 Tatsächlich existiert vom Ende des 7.Jh. v.Chr. das Siegel eines in der Bibel nicht genannten Mannes pl'yhw 'sr 7 h-ms, vgl. AVIGAD 1980, 170-173; JAROS 1982, 79f., Nr. 59; Smelik,1987,127f. So mag gelegentliche ms-Anforderung weiter existiert haben, sicherlich nach den Salomo-Rehabeam-Ereignissen vernünftig reduziert auf einsichtige Maßnahmen. 179 Als besonders deutliches Beispiel vgl. den Schreiber Schafan (2Kön 22,3ff.) und dessen Sohn Achikam (2Kön 22,12); Schafan hatte einen Sohn Eleasa als Gesandten Zedekias (Jer 29,3) und Achikam einen Sohn Gedalja (2Kön 25,22; vgl. Jer 40f.). Achikam wiederum hatte einen Bruder, der ebenfalls am Hof agierte (Gemarja, Jer 36,10.12), der wiederum einen Sohn Michajehu (Jer 36,11). Gemarja b.Schafan besaß ein Büro im Tempelvorhof (Jer 36,10), wodurch die Verbindung von Hof- und Tempelfunktion(är)en belegt ist. In der Schafanfamilie begegnen interessanterweise mit Jaasanja (Ez 8,11) und Achikam als „Ältesten" neben den srym der Familie nebeneinander Funktionsträger der lokalen Selbstverwaltung und königliche (undTempel-) Funktionäre! Als Negativbeispiel einer Funktionärssippe kann Eljakim b. Hilkijahu (Jes 22,20ff.) gelten. Zu Funktionärsfamilien vgl. auch RÜTERSWÖRDEN 1985,115f.
I. Funktionäre
(„Beamte")
45
Ein „Ober-Quartiermeister" ist z. Zt. Zedekias 180 , ein „Kleiderverwalter" z. Zt. Josias 181 bezeugt, beide zweifellos in unmittelbarer Nähe des Königs. Eine Palastwache samt Führern (srym) kann wohl immer vorausgesetzt werden, auch wenn sie nur z. Zt. Rehabeams ( l K ö n 14,27) und Ataljas (2Kön 11,4ff.) genannt wird. Häufig werden srysym erwähnt, Hoffunktionäre zur Verfügung des Königs mit verschiedensten Aufgabenbereichen, auch für ad-hoc-Aufträge, gelegentlich auch für militärische Aufgaben 1 8 2 . Daß judäische Könige zeitweise besetzte außerisraelitische Gebiete durch zweifellos aus ihren engsten Hof-Vertrauten ausgewählte Beauftragte ( n s b y m ) verwalten ließen, zeigt l K ö n 22,48 1 8 3 für die Zeit Josafats. Eine wichtige, aber auch schwer in ihren Funktionen präzise zu bestimmende Gruppe sind die 'bdym. Rüterswörden hat eine ebenso knappe wie instruktive Übersicht zu den mehreren hundert Belegen erarbeitet unter Einschluß von '¿»¿-Belegen auf Siegeln, Ostraca und Inschriften 184 . Sieht man von hier nicht belangreichen Belegen von 'bd „zur Umschreibung des Verhältnisses zwischen König und Volk", „ 'bd des Königs als Arbeiter" und „als Soldat" ab, so ist mit Rüterswörden zum ,,'bd des Königs am Hofe", in welchem Bereich der 'bd des Königs am weitaus häufigsten vorkommt, folgendes festzuhalten: Deutlicher als die vielfältigen Aufgaben der ' b d y m des Königs, die freilich nicht über Hof und Haus (byt) des Herrschers hinausgehen, ist die persönliche enge gegenseitige Anteilnahme, die Verbundenheit der 'bdym mit, aber auch die Abhängigkeit vom König 185 . Die 'bdym können auch eine beratende Aufgabe am Hof erfüllen 186 , eine Funktion, für die bei Ahitophel die Quasi-Amtsbezeichnung^'s dwd (2Sam 15,12, vgl. 17,14) auftritt 187 . Im spätmonarchischen Juda findet sich eine solche Quasi-Amtsbe-
180 Wörtlich: „Oberster der Ruhe", Jer 51,59. Wahrscheinlich handelt es sich um den Bruder des Baruch, des Schreibers Jeremias. Von diesem Serajahu b. Nerijahu wurde ein Siegel gefunden (2. H. 7. Jh. v. Chr., AVIGAD 1978a, 56; JARO§ 1982, 79, Nr. 57), ebenso wie von Baruch selbst (AVIGAD 1978a; DERS. 1986,28f.). 2Kön 22,14. Vgl. z.B. 2Kön 23,11 (Josiazeit); 2Kön 24,12; Jer 29,2 (Jojachin); 2Kön 25,19//Jer 52,25; Jer34,19; 38,7ff. (Zedekia); Jer 41,16 (Zeit Gedaljas); lChr28,l (Davidzeit) und lSam 8,15 sind vermutlich Rückprojektionen dieses Amtes, vgl. dazu die Kommentare, zu lSam 8, 181
182
15 VEIJOLA 1 9 7 7 , 9 5 . 112. 1 2 0 ; CRÜSEMANN 1 9 7 8 , 6 6 f f . ; RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 1 0 0 ; z u d e n
srysym vgl. auch DE VAUX 1964, 197. 183
V g l . M . WEIPPERT 1971, 3 0 6 f . ; WÜRTHWEIN 1984, 2 6 3 f . ; GRAY 1980, 4 5 7 ; anders SANDA
1911,503. 184 1985, 4 - 1 9 ; DERS. 1986, 997-999; für zwei Siegelbullen vgl. AVIGAD 1986, 2 3 - 2 5 ; vgl. auch SMELIK 1987,130 ff. 185 RÜTERSWÖRDEN 1985, bes. 12-19. 9 3 - 9 5 186 RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 1 9 . 187 In IChr 27,33 hört sich die Bezeichnung Ahitophels yw 's l-mlk vielleicht ein wenig mehr wie ein Titel an, besonders in Parallele zum folgend genannten Huschai, dem r'h-mlk\ aber ein weiterer „Berater" Davids, sein Onkel Jonatan, wird etwas weitschweifig in V. 32 mit Eigenschaften genannt, die ihn neben der verwandtschaftlichen Zuverlässigkeit zum Berater prädestiniert erscheinen lassen. Es kommt wohl auf bestimmte Eigenschaften an, um den König zu beraten, so daß „Berater" wohl doch eher eine Quasi-Sammelbezeichnung für „Weise und Lebenserfahrene" ist als immer eine „Ressort"-Bezeichnung; an einen Titel
denken aber doch DE VAUX 1 9 6 4 , 1 9 6 f . ; METTINGER 1 9 7 1 , 6 5 , demzufolge der yw's das A m t des
r'(h) aufgesogen habe.
46
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Zeichnung yw's noch in Jes 1,26; 3,3, aber dort wie auch bei einigen noch späteren Belegen gibt es Zweifel, ob es sich u m eine reguläre Amtsbezeichnung handelt oder lediglich Leute bezeichnet, die durch Alter, A n s e h e n und Einfluß Rat zu geben vermögen 1 8 8 . E b e n s o dürften z. Z t . Rehabeams 1 8 9 die beiden G r u p p e n der zknym und yldym, die ihn beraten {W'S), wohl kein spezifisches festumgrenztes Beratergremium darstellen, sondern die E r f a h r e n e n und die ihm vertrauten Altersgenossen (V. 8) am Hof insgesamt meinen. D a m i t ist das tradierte Material an H o f f u n k t i o n ä r e n in Jerusalem nahezu erschöpft, jedenfalls soweit, als sie durch eine mehr oder weniger konkrete Funktionsbezeichnung ausgewiesen sind, eine abgrenzbare G r u p p e bilden oder eine einigermaßen klar umrissene A u f g a b e wahrnehmen. Allerdings war letzteres schon bei den letzten beiden G r u p p e n nicht eindeutig: Eine b e r a t e n d e Funktion war nicht mit einer festen Amtsbezeichnung vertreten. E i n e solche Funktion dürften fast alle Hoffunktionäre auch ausgeübt h a b e n . U n d 'bd ist auch eher ein Relationsbegriff 1 9 0 , bezogen auf den König, weniger ein präziser Amtsbegriff. Letzteres gilt ebenfalls für die zahlreich bezeugten srym191. Mit den srym geht die Betrachtung zu einer G r u p p e in der U m g e b u n g des Königs über, die einen besonderen Akzent besitzt. Rüterswörden hat im Ergebnis umfassender Untersuchung herausgearbeitet, daß ungeachtet gelegentlicher Überschneidungen zwischen 'bdym u n d srym die ersteren speziell als „Palastpersonal" in engerer U m g e b u n g des Königs aufzufassen seien, während die letzteren einen „weiteren Kreis" bilden und beide als „Hofstaat" zusammengefaßt werden k ö n n e n . W ä h r e n d 'bd ein „Relationsbegriff" ist, ist sr eher ein „Statusbegriff". „ D e r 'bd gehört in den Herrschaftsbereich des Königs", ist „abhängig vom König"; „der sr ist eine G r ö ß e , die neben König, Priester und Prophet als eine tragende Institution des Volkes erscheint", „eine G r u p p e von Funktionsträgern, die an der Herrschaftsausübung" teilhat 1 9 2 . D a m i t , als Relations- bzw. Statusbegriffe, sind 'bdym und srym sachlich zwei verschieden akzentuierte Sammel-, keine „Fachressort"-Begriffe f ü r die meisten der oben einzeln aufgeführten Hoffunktio1 Q3 nare . 188 Mit Belegen und Lit. vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 106f. R . weist allerdings auf das Chronistische Geschichtswerk, wo yw's als Amtsbezeichnung zu verstehen sei sowie auf den „ T h r o n n a m e n " p V y w ' s (Jes 9,5). 189 lKön 12,6. 8f. 13f.; vgl. dazu die Kommentare. 190
191
RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 9 4 ; DERS. 1986.
Umfassend nach SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983 , 243 ff. zuletzt RÜTERSWÖRDEN 1985, 20—95; zur Etymologie ebd., 60 - 6 3 . 192 RÜTERSWÖRDEN 1985, 93 f. „Eine Mittelstellung zwischen diesen srym und den 'bdym des Königs nehmen jene Beamten ein, deren Titel zwar mit sr gebildet ist, die jedoch andererseits - dies gilt gerade für die Militärführer - auch als 'bdym bezeichnet werden können. Offiziere werden gelegentlich summarisch als srym bezeichnet und mit h-sr angeredet; dies beruht auf einer Verselbständigung des Elements sr, das eigentlich nur ein Bildeelement ist, in ihren Titeln; von den srym, den höchsten Beamten, deren Titel oft nicht mit sr gebildet werden, sind sie zu unterscheiden." (RÜTERSWÖRDEN aaO, 94f.). 193 Außerhalb beider stehen nach RÜTERSWÖRDEN 1985, 93 (vgl. z. B. 2Kön 24,12; Jer 29,2; 34,19; IChr 28,1) die srysym und die yw'sym, wobei der letztere Begriff (s.o.) eher eine Eigenschaft und ein Verpflichtung aller wichtigen Hoffunktionäre und Hofmitglieder bedeutet als ein festumrissenes Amt. - Eine weitere allgemein-umfassende Bezeichnung für „Große" des Königs(hofes): 'nsym m-r'y pny h-mlk (2Kön 25,19//Jer 52, 25), vgl. auch DE VAUX 1964,196. - Ein Status- und Würdebegriff, nicht aber eine Amtsbezeichnung ist es auch, wenn
I. Funktionäre
(„Beamte")
47
Im Unterschied zu den eng auf den König bzw. Hof bezogenen 'bdym ist bei den srym nun aber zu beachten, daß schon ihre Bezeichnung als solche semantisch keineswegs notwendig auf einen König bzw. ein Königsamt bezogen ist. D a s wird offensichtlich bei einer Reihe von Belegen, wo sr mit ethnischen bzw. geographischen Termini verbunden ist 194 ; bezeichnend sind auch z . B . J e s 3 , 1 - 4 . 14; Jer 8,1; 24,1; 25,18; 26, 10. 16; 29,2; 34,19; 52,10; 2Kön 24,14f. 1 9 5 ; Ps 68,28; 2Chr 12,5; 24, 17. 23, wo srym Judas als Landeselite in gewissem Bezug zu Königtum und Jerusalem stehen,aber nicht als „beamtete" srym. des H o f e s zu kennzeichnen sind, im Gegensatz zu Stellen, die Rüterswörden als Belege für srym als königliche Spitzenfunktionäre zusammengestellt hat 1 9 6 . D a n n m u ß m a n bei der Bezeichnung sr mit einem breiten Spektrum rechnen, deren Vertreter einerseits unter dieser Sammelbezeichnung am Hof verschiedenartig engagiert sind, andererseits aber als „tragende Institution des Volkes" (Rüterswörden) auf der Volks-, Orts- u n d Regionalebene als Elite wurzeln. Reicht also die Verwendbarkeit von sr über den Hof weit hinaus, liegt nichts näher als dies, daß sich die Gesamtgruppe der srym in Jerusalem und am Hof mindestens zum Teil aus der srym-Elite der Ortschaften u n d Regionen Judas rekrutierte. Graphisch kann m a n sich das vorstellen wie u. S. 48. Das aber bedeutet, daß man bei der am H o f e anwesenden Gesamtgruppe der srym nur bei ständigen Amtsinhabern mit ir-Bezeichnung u n d .sr-Status 197 sowie Inhabern erblicher/vererbter Ä m t e r (Hoffunktionärsfamilien), nicht aber in jedem Fall eines am Hof anwesenden sr von „Beamten", „Funktionären des Königs" sprechen sollte 198 . Die A n n a h m e scheint mir kaum abweisbar, daß zum weiteren Kreis des Hofes, evtl. unter der Bezeichnung srym subsummierbar, durch zeit- bzw. fallweisen Aufenthalt und durch jemand als „groß", als „Großer" bezeichnet wird, wobei diese Bezeichnung wie bei den srym in Bezug auf den König und seinen Hof (2Kön 5,1; 10,11; 25,9; Jer 52,13; Jona 3,7) oder eine Residenz (2Kön 10,6) gleichbedeutend mit der Bezeichnung rb (rbym h-mlk, Jer 41,1, vgl. aber z. St. BHS App.; zum Verhältnis von sr und rb vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 56f. 63), aber auch allgemein für die Elite des Volkes (Ex 11,3; Lev 19,15 ; 2Sam 7,9; Mi 7,3 bzw. für die Besitzelite (lSam 25,2; 2Sam 19,33; 2Kön 4,8) Verwendung findet. 194 Zusammenstellung der Belege: RÜTERSWÖRDEN 1985,43. 195 In V. 15 stehen die 'yly (so Q statt K 'wly) h-'rs („Gewalthaber" des Landes, H A L 39a), vgl. Ex 15,15; Ez.17, 13; 31,11; Jer 25,34), womit sicherlich die sonst als srym Bezeichneten gemeint sind, im Unterschied zu den srym als Spitzenfunktionäre am Hof (V. 12) und den srym als Militärs (V. 14). Diese 'yly h- 'rs dürften in Mi 7,3 unter der Bezeichnung sr (und spt und gdwl) gemeint sein. 196 1985, 44. 65(ff). Bei RÜTERSWÖRDENS Belegsammlung kann man aber bei manchen Belegen streiten, ob es sich wirklich um königliche Spitzenfunktionäre oder nicht doch um Mitglieder der regionalen bzw. lokalen Eliten handelt: z. B. bei Num 21,18; Jes 23,8; Jer 4,9; 26,(10) 11. 12. 16. 21; 44,17; Mi 7,3; Ps 119,23. 161; 148,11; Hi 3,15; 29,9; 34,19; Spr 8,16; Koh 10,7; 2Chr 24,10. In 2Sam 19,7; 2Kön 24,14 handelt es sich eher um Militärführer als um Hofleute. Auch bei den „Großen" (s. o. A. 193) gibt es Belege, wo es durchaus unsicher ist, ob es sich um „Große" des Königs oder solche der Volkselite handelt. 197 Mit letzterem sind Spitzenfunktionäre der seit den Listen 2Sam 8; 20 und lKön 4,2—6 überlieferten Ämter (RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 7 1 — 9 1 ) gemeint, deren Amtsbezeichnung nicht das Element sr enthält. 198 So z.B. noch RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 6 9 - 7 1 u.ö., wie überhaupt derTitel seines ansonsten sehr präzisen und nützlichen Buches durch den Begriff „Beamte" m. E. zu eng formuliert ist und die „nichtbeamteten" Funktionäre des Königs auszuschließen scheint. Das mindert jedoch keineswegs den Wert der Studie.
48
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Militär- sryn
K Ö N I G - - 's r y m--
srysym
-VOLK
etc. c
bdy
wie auch immer entstandene d a u e r h a f t e Beziehungen zu Hof u n d Königsfamilie 1 9 9 Glieder der Elite des Landes (srym) gehörten, die sich aber deshalb keineswegs (alle) dauerhaft aus ihren lokalen und regionalen Verwurzelungen lösten 2 0 0 . Bei diesen srym 199
Beziehungen zum und Funktionen am Hof, die Würde und Status und damit Macht mit sich bringen, ob nun zeitweise oder dauerhaft, können für und durch Künstler (vgl. lSam 16,14-23), Ratgeber (2Sam 15,12), Ehren-„Pensionäre" (2Sam 9; 19,34-41), Elitesoldaten („Helden") (vgl. 2Sam 15,18-22; 23,8-39 und auch schon lSam 14,52), überhaupt begabte junge Männer, die in ihrer (Groß-)Familie aus wirtschaftlichen oder anderen Gründen nicht genügend Existenzmöglichkeiten oder Entwicklungschancen haben (vgl. im Einzelnen STAGER 1985, bes. 24ff.) entstehen. Besonders wichtig ist aber das Netz von Beziehungen des Königshofes zu Familien der Orts- und Landeselite, das im Rahmen und Verlauf einer kontinuierlich regierenden Herrscherdynastie über mehrere Jahrhunderte hinweg durch die nicht aus der Königsfamilie oder ausländischen Dynastien stammenden Haupt- und Nebenfrauen der Könige entsteht. So entstanden durch Königinnen Beziehungen des Jerusalemer Hofes zu folgenden Orten: zu Gibea durch Asas Mutter (lKön 15,11), zu Beerscheba durch Joas' Mutter (2Kön 12,1), zu Jotba durch Amons Mutter (2Kön 21,19), zu Bozkat durch Josias Mutter (2Kön 22,1), zu Libna durch Joahas' und Zedekias Mutter (2Kön 23,31), zu Ruma durch Jojakims Mutter (2Kön 23,36). Aus der Jerusalemer Elite stammen die Mütter Amazjas (2Kön 14,2), Asarjas (2Kön 15,2) und Jojachins (2Kön 24,8) bzw. ihre Familien wurden dadurch Glieder der Jerusalemer Elite. Insgesamt heirateten zehn Südreichskönige Frauen aus sieben Orten und neun verschiedenen lokalen Familien. Vielleicht sind die Zahlen aber noch höher, denn von Josafat (lKön 22,42), Jotam (2Kön 15,33), Hiskia (2Kön 18,2) und Manasse (2Kön 21,1) sind die Namen der Mütter ohne Herkunftsort überliefert. So ist lediglich bei Rehabeam (lKön 15,2) eine innerdynastisch-davidische Heirat und bei Joram eine Heiratsverbindung mit den Omriden zu konstatieren. Nichts bekannt ist natürlich über die Herkunft von königlichen Nebenfrauen, ebenso wie darüber, in welche Ortseliten Königskinder verheiratet wurden. Daß sich von daher aber auch wieder zahlreiche Verknüpfungen mit Jerusalem und dem Hof ergaben, steht außer Zweifel. 200 D O N N E R trennt schroff kanaanäische und israelitische „Beamtenschaft", wobei nur die Kanaanäer in ihren Familienverbänden verblieben seien und weiter von ihrem Besitz lebten, während die israelitischen „Beamten" zunächst nur (aber nicht als Besoldung, sondern nur zur ökonomischen Absicherung) Ländereien des Königs erhielten, weil sie aus ihren Familienver-
I. Funktionäre („Beamte")
49
hätten wir dann im Unterschied zu den sozusagen ständigen „beamteten" Spitzenfunktionären sowie dem übrigen Hofstaat mit oder ohne sr-Dienstbezeichnung keine dem Königsdienst von vornherein bzw. ständig verpflichteten, sondern dem Hof beigeordnete oder besser: sich mehr oder weniger freiwillig in Interessenübereinstimmung beiordnende „Spitzen" oder „Stützen der Gesellschaft", Mitglieder der lokalen/regionalen Elite des Landes und „frei(willig)e Teilhaber der Macht" zu sehen. Sie tragen durch diese mehr oder weniger starke Einbindung in den Hof, die „Landeszentrale", dann auch Verantwortung, können Befehle geben, aber auch vom König erhalten, sind „aufgestiegen", können dann aber auch fallen 201 . Ihre verschieden verursachte Parteinahme führte zu gesellschaftlicher Differenzierung, die die allgemeine und vielfältig verwendete Bezeichnung sr auf den ersten Blick etwas verwischt, die aber die Propheten spätestens seit dem 8. Jh. v. Chr. durch die Breite ihrer keineswegs nur auf König und Hof-srym beschränkten, sondern auch gegen die sich vertiefende sozioökonomische Stratifikation in den einzelnen Ortschaften und zwischen ihren Bewohnern gerichteten sozialen Kritik bloßlegten 202 . bänden unter Verlust ihrer nhlh ausgeschieden seien; im Laufe der Zeit hätten die „Kanaanäer-Beamten" u.a. durch „Bauernlegen" ihren Besitz erweitert, worin ihnen die israelitischen „Beamten" allmählich folgten (1963 = 1979, 496ff.; vgl. auch D I E T R I C H 1976, 15). Aber ob diese Unterscheidung von „israelitischen" und „kanaanäischen" „Beamten" angesichts der neueren Auffassungen von der Entstehung Israels (vgl. o. m. A. 60. 99) weitgehend innerhalb Kanaans in dieser Schärfe noch aufrechtzuerhalten ist, scheint mir sehr zweifelhaft (vgl. inzwischen auch N I E H R 1990, 183). Im großen und ganzen scheint mir die gesellschaftliche Differenzierung, wie sie in der Entstehung einer Status- und Besitzelite ablesbar ist, unabhängig von einer solchen künstlichen Aufspaltung verlaufen zu sein, wie ja nach D O N N E R auch beide „ethnischen Beamtengruppen" exakt denselben gesellschaftlich negativen Weg nehmen. Daß die religiös-ethischen Grundsätze des Jahweglaubens der frühisraelitischen Gesellschaft, wie sie in der Sozialkritik der Propheten zum Ausdruck kommen (vgl. zum Hintergrund u. a. K O C H 1971,242ff. 249ff. = 1979,574ff. 583ff.), die beiden angeblichen Zweige der „Beamtenschaft" auch nicht getrennt angreifen, spricht gegen die Trennung einer „israelitischen" von einer „kanaanäischen Beamtenschaft". Im Sinne dieser Überlegungen weist R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 120, darauf hin, daß die srym nicht wie die 'bdym in die königliche Versorgung einbezogen sind, was die Selbständigkeit der srym unterstreicht, besonders der Landes-iVym! Zur Praxis der Vergabe von Kronland an Funktionäre vgl. noch R Ü T E R S W Ö R D E N 1985,125 ff. 201
202
V g l . RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 6 8 - 71.
Vgl. Am 2 , 6 - 8 ; 3,9-11; 4,1-3; 5,10-15; 8 , 4 - 6 ; Mi 2,lff.; 3,1-4. 9 - 1 2 ; 6,9-12; 7,1-6; Jes 1,10-17. 23; 3,1-4,1; 5,8-24; 10,1-4; 29,20f.; für srym in vorköniglicher Zeit vgl. schon Ri 5,15. Ri 10,18 und Ps 68,28 sind wohl terminologische Rückprojektionen aus königlicher Zeit. Die prophetische Kritik und Polemik läßt sich kaum mit Recht nur auf König(shof) und Hoffunktionäre einschränken. Es geht vielmehr um das wachsende Auseinanderfallen von - vergröbert - zwei gesellschaftlichen Hauptschichten, der (immer mehr) Besitzenden, d.h. (vor allem) der höfischen und (weniger) der lokalen Besitzelite (Oberschicht) einerseits und der verarmenden Masse der Bevölkerung (Unterschicht) andererseits (vgl. K O C H 1971, 242ff. = 1979, 574ff.; auch R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 116f. 135, weist auf das Nebeneinander von sr und zkn in der prophetischen Sozialkritik; vgl. aucho. A. 179). Insofern ist die schroffe Trennung von Königskritik und prophetischer Sozialkritik u.a. bei R Ü T E R S WÖRDEN 1985, 137f. wohl dahingehend einzuschränken, daß doch ein gewisser, wenigstens partieller Zusammenhang besteht. Bei Hosea richtet sich die Kritik an Israel insgesamt, nicht nur, aber natürlich auch, an die Oberschicht, wobei Hos 5,10; 7,16; 9,15 die lokalen srym der Status- und Besitzelite einschließt; vgl. auch U T Z S C H N E I D E R 1980, 125ff. Ebenfalls allgemein
50
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Diese „nichtbeamteten" srym aus der Status- und Besitzelite des Landes, deren Einfluß auf die gesellschaftliche Entwicklung kaum überschätzt werden kann 2 0 3 , waren anscheinend das wesentlichste, lange aber auch das einzige Kommunikationselement zwischen Residenz und König einerseits und Volk und Ortschaften andererseits, denn keine der überlieferten A u f g a b e n der H o f f u n k t i o n ä r e greift erkennbar in die örtlichen Selbstverwaltungen ein. Mit Hilfe dieser durch die örtliche und regionale Elite, aber auch am besten auf diesem dezentralen Wege vermittelten Kommunikation dürfte gelegentliche indirekte Beziehung des Königtums zur örtlichen Bevölkerungsebene erfolgt sein, konkret beispielsweise bei von der Bevölkerung für das Landesinteresse (Festungsbauten, Militärdienst, Z e h n t e r < ? > 2 0 4 ) vom König hin und wieder einmal angeforderten Leistungen u n d geleisteten Diensten. Die lokale und regionale Statusund Besitz-Elite m u ß t e bei gelegentlichen Sonderumlagen 2 0 5 selbst zusätzlich in die finanzielle Bresche springen. U m g e k e h r t aber waren die srym auch der Kanal oder A r m , durch den der 'm h-'rs von der Basis her Einfluß am H o f e ausübte, gelegentlich sogar sehr massiv, etwa bei Thronbesetzungs-Problemen im Hause Davids 2 0 6 . Nach der festgestellten Rolle der Oberschicht ('m h-'rs) u n d ihrer Spitze am Hof (srym) ist es nur konsequent, daß sie in Konflikte der Residenz bzw. des Königshauses stets dynastiestabilisierend eingriff.
Als Zwischenergebnis ist vor allem festzuhalten: Der „Hofstaat" in Jerusalem ist seit Salomo strukturell im wesentlichen unverändert geblieben, wenn auch beim Personal Erweiterungen und neue Funktionsbezeichnungen im Laufe der Zeit aufgetreten sind, von denen aber nicht sicher ist, ob die eine oder andere Funktion für frühere Zeit nur nicht belegt ist. Am wichtigsten ist zweierlei: Nach dem Verschwinden des zentralen an srym übt Zeph 1,8; 3,3 scharfe Kritik, sicherlich einschließlich der Status- und Besitzelite des Landes. Da kleidet es den „Reformator" Josia gut, daß er bald darauf und im Unterschied dazu die breite Basis der zknym des Landes einbezieht (2Kön 23,1 f.). 203 Vgl. auch SERVICE 1977, 106ff.; R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 117 A. 13 (Lit.). Mit Recht hat R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 144f. angesichts der problematischen Erfahrungen Israels mit der Schicht der Status- und Besitzelite, aber auch der Hof -srym, darauf hingewiesen, daß in Ezechiels „Verfassungsentwurf" diese srym nicht mehr vorkommen; bei 'bdym des Königs wird eine Versorgungsordnung rechtlich(-utopisch) verankert (Ez 46,16—18). 204 Zum Problem des Zehnten vgl. früher z.B. DE V A U X 1964, 226f.; JAGERSMA 1981; dagegen jetzt mit Recht R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 129ff. Ob die „Königsmahd" (Am 7,1) ein „Recht" des Königs (im ganzen Land??) war (DE V A U X 1964, 226f.), scheint mir sehr zweifelhaft aus Bodenrechts- und Praktikabilitätsgründen; eher handelt es sich um einen Ausdruck für eine „Spitzenernte" (vgl. „Kaiserwetter"), zur Sache vgl. die Kommentare. 205 S. o . A . 102; Jojakim legt die Finanzlast auf die Landes-Besitzelite um (2Kön 23,35: S A N DA 1912, 359; W Ü R T H W E I N 1984, 467), ebenso Menahem (2Kön 15,20, vgl. S A N D A 1912, 186f.; W Ü R T H W E I N 1984, 380, zu gbry h-hyl s. o. A . 166). 206 Vgl. 2Kön 11 (dazu besonders L E V I N 1982); 14,19-21; 21,23; 23,30; insgesamt auch C R Ü S E M A N N 1978. 'm h-'rs ist m . E . ein umfassender Begriff für die judäische freie Bevölkerung ( = „Oberschicht" = Elite, im Unterschied zur „Unterschicht" < Arme, Witwen, Waisen, Sklaven, Klienten>) außerhalb Jerusalems, die lokal durch ihre jeweiligen Ältesten und am Hof durch die (kleinere Gruppe der) srym des Landes Juda, also die Spitze der landjudäischen Besitz- und Status- ( = Macht-)Elite repräsentiert wird (zur Diskussion um 'm h- 'rs vgl. zuletzt L E V I N 1982, 64ff. und SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 391ff.). Vgl. ethnologisch jetzt B R E U E R 1990,71 f.
I. Funktionäre
(„Beamte")
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ms-Beauftragtenamtes unter Rehabeam 207 ist einzig im Bereich gelegentlicher Militärkonskription eine Hoffunktion zu erkennen, die fallweise, nicht kontinuierlich, die Ebene der Bevölkerung berührt, aber dies, wie gesagt, nicht als ständiger, verwaltungsorganisatorisch-machtpolitischer Akt 208 . Außerdem: Auf der Basis sich entwickelnder gegenseitiger Interessenübereinstimmungen hat die lokale/regionale Landeselite auf verschiedenen Wegen und durch verschiedene Gegebenheiten in einem stetigen, nicht durch Revolten konkurrierender Einzel- und Gruppen-/Stammes-Interessen unterbrochenen Prozeß Einfluß und Positionen als Teilhaber königlicher Autorität gewonnen, ohne dabei freilich notwendig und auf Dauer am Hof anwesend sein zu müssen. Die Betrachtung der Hoffunktionäre und ihrer Aufgaben hat durch die lückenhafte, mehr oder weniger zufällige und ungleichmäßige Tradierung ein nur punktuelles, nicht ein flächiges Bild gesellschaftlich-struktureller Entwicklung ergeben. Dieses Bild wird nun aber nicht unwesentlich ergänzt und bestätigt durch ein in den letzten Jahren ständig gewachsenes Corpus von Siegeln und Bullen mit umfangreichem Namen- und Funktionsbezeichnungsmaterial. Aber schon das in bezeichnender Weise im Laufe der Geschichte Israels und Judas anwachsende Auftreten von Siegeln/Bullen ist vielsagend. Die Zusammenstellung von Herr 2 0 9 ergibt folgendes Bild: 9. Jh. v . C h r . 2 unsichere Beispiele (eins aus dem Nordreich) 8. Jh. v . C h r . 4 frühes 8. Jh. v . C h r . 12 + 2 unsichere Beispiele = 48 (8. Jh. insgesamt) 2 1 0 Mitte 8. Jh. v . C h r . 30 spätes 7. J h . v . C h r . frühes 41 7. J h . v . C h r . 28 + 2 unsichere Beispiele = 108 (7. J h . insgesamt) 2 1 1 Mitte 7. J h . v . C h r . 37 spätes 1. Hälfte 6. Jh. v . C h r . 4 + 1 unsicheres Beispiel = 5 212
207 Vgl. oben mit A. 178. Wie schon gesagt, ist anzunehmen, daß im Interesse des Landes bzw. Königs gelegentlich Arbeitsleistungen von der Bevölkerung angefordert und von ihr auch geleistet wurde, aber zweifellos nicht mehr im Krisen hervorrufenden Maße der Zeit Salomos. Daß über der Bevölkerung gerechtfertigt erscheinende gelegentliche Leistungsforderungen nichts überliefert worden ist, ist deshalb einleuchtend, denn im umgekehrten Falle ungerechtfertigter Forderungen gibt es auch entsprechenden Protest (vgl. Jer 22,13ff.). Für königliche Funktionalbauten, bei denen vermutlich Leistungen angefordert wurden vgl. u. S. 121 ff. 208 S. o. Auf die Frage einer evtl. verwaltungsorganisatorischen Wirksamkeit von königlichen Funktionalorten (Festungen usw.) wird u. genauer einzugehen sein. 209 1978; die hier interessierenden hebräischen Siegel finden sich S. 82-150 (Nr. 1 - 1 6 3 ) . 210 Abzüglich von 13 Beispielen aus dem Nordreich. 211 Abzüglich von 5 Beispielen aus dem Nordreich. 212 Zu der Sammlung von H E R R ist anzumerken, daß eine Reihe von Siegeln zwar im Jerusalemer Antikenhandel gekauft ist, aber der genaue Herkunftsort nicht feststeht.
52
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Neben dem Material von Herr ergab ein von Avigad 213 zusammenfassend veröffentlichter Fund eines großen Bullen - „Archivs", dessen Bestandteile seit 1975 sukzessive im Antikenhandel Jerusalems auftauchten, insgesamt 255 Bullen von 211 verschiedenen Siegeln. Der Fundort, angeblich Teil Bet Mirsim in Südjuda, ist aber unsicher. Die Bullen stammen aus dem Ende des 7./Anfang des 6. Jh. v. Chr. Damit wird das Bild wesentlich erweitert und die festgestellte Tendenz starker Zunahme von siegelbesitzender Elite in Juda im Laufe des 7. Jh. v. Chr. nachdrücklich unterstützt. Einige Einzelheiten verdeutlichen das Bild: Neben 10 Bullen mit „titles of officials" 214 enthält die Hauptmasse (200 Bullen von 158 verschiedenen Siegeln) Besitzer- und Vatersnamen zuzüglich 12 Bullenfragmente von 11 verschiedenen Siegeln nur mit Vatersnamen der Besitzer 215 . Der Rest sind Bullen mit Fragmenten von Namen und Bullen mit Ornamentalmotiven sowie 5 unlesbare Bullen 216 . Besonders interessant für die Entwicklung der gesellschaftlichen Schichtung in Juda ist es, daß das Corpus der Bullen acht Personen nachweist, die zwei Siegel besitzen, vier Personen mit drei, eine Person mit vier Siegeln sowie eine Person, die sogar sechs Siegel besessen hat 217 . Dadurch wird innerhalb der siegelbesitzenden Elite-srym eine deutliche Status- bzw. Besitzrang-Abstufung erkennbar. Wer mehrere Siegel besitzt, besitzt soviel, daß er mehr als einen Verwalter anstellen muß, der mit dem Siegel seines Herrn sich ausweist und autoritativ handeln darf (Gen 41,42). Neben einzelnen und kleineren Gruppen von Siegel-/Bullenfunden, die das Bild weiter bereichern und bestätigen 218 , ist schließlich noch ein umfangreicherer Fund von 1982 zu nennen, der sogar in kontrolliertem stratigraphischem Kontext in Jerusalem zutage kam und 51 Bullen, davon 41 lesbar, aus der 2. Hälfte des 7./Anfang des 6. Jh. v. Chr. ans Licht brachte 219 . D i e Tendenz ist signifikant: Nach bisher kaum wahrnehmbaren A n f ä n g e n am E n d e des 9. Jh. steigt die Zahl der Menschen, die ein Siegel benötigen, weil sie Besitz akkumulierten, der zu kennzeichnen oder durch Verträge abzusichern war oder sie ihren Status oder anderes vertraglich zu sichern hatten, im 8. Jh. deutlich und kontinuierlich, im 7. Jh. geradezu rapide weiter an. E s liegt am nächsten, in den Siegelbesitzern eine Schicht in Juda zu erkennen, die durch Besitz und Einfluß sich immer deutlicher nicht nur als Elite aus der B e v ö l k e rung, sondern auch aus der Elite als srym abzuheben begann und in sich auch noch geschichtet war, wie die Besitzer mehrerer Siegel (private und A m t s Siegel?) zeigen. Von der zeitlichen Entwicklung her kann man den Tatbestand 213
1986 AaO, 21-33 (Nr. 1-10): 3 Bullen von 2 verschiedenen Funktionären 7h-byt; 2 Siegelbullen von verschiedenen 'bdy h-mlk, 3 Bullen von 3 verschiedenen bny h-mlk\ das Siegel des Berechyahu b.Neriyahu h-spr sowie eine Bulle eines sr h- V. 215 AaO, 33-106 (Nr. 11-180) 216 AaO, 107-112 (Nr. 181-211) 217 AaO, 20 218 LEMAIRE 1986: 17 nordwestsemitische Siegel, davon 5 (+ vielleicht 3) hebräische Siegel bzw. Bullen vom (Ende 9.?) Anfang des 8.Jh. v.Chr. bis 7.Jh. v.Chr.; DERS. 1985: 6 hebräische Siegel vom Ende des 8. bis Anfang des 6. Jh. v. Chr.; AVIGAD 1987: 1 Frauensiegel (Datum:?). 219 In der Davidstadt, Areal G , Str. 10: SHILOH 1 9 8 6 ; vgl. auch SHILOH/TARLER 1 9 8 6 . 214
I. Funktionäre
53
(„Beamte")
so interpretieren, daß diese Elitebildung unter assyrischer Oberherrschaft220 sozioökonomisch zumindest auch durch eine Steigerung von produziertem Mehrwert (Surplus) stimuliert wurde, der teilweise von den Assyrern als Tribut (oder auch von im Lande befindlichen assyrischen Funktionären?), teilweise aber auch rentenkapitalistisch221 von der judäischen Elite abgeschöpft wurde. Diese epigraphisch dokumentierte gesellschaftliche Entwicklung steht in engster Beziehung zu der ihr folgenden prophetischen Kritik seit der 2. Hälfte des 8. Jh. v.Chr. 222 . Über diese außerbiblischen Belege zur Elitebildung in Juda hinaus finden sich besonders in den historischen Büchern des AT nur vergleichsweise wenige Hinweise und Aussagen über die Elite der Ortschaften an der Bevölkerungsebene Judas223. Das liegt wahrscheinlich nicht nur an der vorrangigen Blickrich220
Zum zeitgeschichtlichen und religiös-kulturellen Hintergrund zuletzt umfassend SPIEK-
KERMANN 1982; vgl. a u c h d i e K r i t i k v o n ZENGER 1986, 4 4 5 - 4 4 7 , b e s . 4 4 6 , d e r erst
den
politischen Bruch mit Assur annimmt, dann die theologische Begründung bzw. den theologischen Bruch mit dem von Assur aufgedrängten Kult, letzteren aber auf der Basis allmählich entstandenen Widerstands im Jerusalemer Tempel gegen die assyrische religiöse Überfremdung; m . E . wollte Josia wahrscheinlich politisch unabhängig von Assur (und Ägypten) werden, was die Priesterschaft wegen ihrer kultischen Opposition gegen die assyrische Überfremdung unterstützte, ebenso wiederum Josia, da es in seinem Sinne war, eine starke Residenz mit Zentralkult (ideologisch legitimierende Komponente) zu schaffen, zuzüglich evtl. eines finanzpolitischen Hintergrunds (vgl. CLABURN 1973). 221 Z u Begriff und Sache des „Rentenkapitalismus" vgl. grundlegend BOBEK 1959, 279ff.; DERS. 1974; DERS. 1979; auch WIRTH 1971, 154f. 216-219. 264f. 298f. u. passim; DERS. 1973;
DERS.
1 9 7 5 ; LORETZ
1 9 7 5 ; DE PLANHOL 1 9 7 5 , 5 6 f f . ; DE G E U S
1 9 8 2 , 5 4 f f . ; DOSTAL
1987,
360—363. Rentenkapitalistische Konsumption und Akkumulation des Surplus' statt Re-Investition zur Produktionssteigerung sind kennzeichnend für die antike Wirtschaftsweise, speziell für diejenige in Randgebieten; der Rentenkapitalismus ist überhaupt ein Sekundärprodukt der antiken Wirtschaftsweise unter dem Einfluß von entstehendem Handelskapital. Im Zusammenhang mit dieser Wirtschaftsweise und der damit verbundenen vorkapitalistischen Einstellung zum Besitz, wo der Besitz neben der Konsumption vorrangig als umverteilter Besitz dem Prestige des Besitzers dient, steht die wirtschaftsgeschichtliche Entwicklung der Redistributions- und Prestigewirtschaft als Weiterentwicklung aus der Stufe der Reziprozität. Reziprozität ist kennzeichnend für vorstaatliche Gesellschaften. Zu Begriff und Sache der Reziprozität, der Redistribution, Prestigegütern und Prestigewirtschaft in chiefdom- und frühstaatlichen Gesellschaften vgl. neben der in A. 81. 88 genannten Literatur SERVICE 1977, 93f. 109ff. 112ff. 128. 131. 361 u. passim; H . T . WRIGHT 1977; FRICK 1985, 78f. 86. 195. 199ff.; RÜTERSWÖRDEN 1985, 1 3 2 f f . ; EARLE 1987; BREUER 1990; z u r a n t i k e n W i r t s c h a f t v g l . KIPPEN-
BERG ed. 1977; FINLEY 1980, bes. 123ff. 137ff. 166ff. 173ff. 188f. 210. 222
S. o. mit A. 200. 202. Hier ist (z.B. neben Jes 3,14 und den anderen Belegen in A. 202) nur 2Kön 23,1 f. zu nennen, wo Josia die Ältesten von Juda (und Jerusalem?) bzw. die Männer von Juda zusammenruft; V. 17 erwähnt die „Männer der Stadt" (Betel). Weder die Tatsache, daß Josia auf die Ortselite zurückgreift noch ihre Benennung als „Älteste" und nicht als sry yhwdh, ist zufällig. Zum einen zeigt sich damit, daß die lokale Selbstverwaltung im wesentlichen durch die Königszeit weithin dieselbe wie in E I geblieben ist (was SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 195-367 beschreibt, ist die Situation in E II entsprechend den Texten, die sie behandelt, nicht < n u r > die „vorstaatliche Zeit"). Zum anderen zeigt die Formulierung, daß Josia sich eben nicht an die Spitze der Besitz- und Status-Elite, die 223
54
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
tung der Texte und Autoren auf die „große Linie" der Geschichte und die überragenden Ereignisse der Tagespolitik. Vielmehr kann man das Schweigen durchaus mit Recht auch als Zeichen eines weitgehend ungestörten Eigenlebens und der Eigen Verwaltung des m h-'rs in seinen Ortschaften werten 224 , in das, wie die Untersuchung der Funktionärs-Aufgabenbereiche am Königshof von sich aus ergab, von Seiten des Hofes und seiner Funktionäre so gut wie nicht, jedenfalls kaum erkennbar, eingegriffen wurde. Wenn Kommunikation stattfand, lief sie aller Wahrscheinlichkeit nach über die lokale/regionale Oberschicht, deren Spitze, die Status- und Besitzelite der srym, bis zum Hof reichte. Man kann daher sagen, daß in dieser gesellschaftlichen Situation die lokale und regionale Elite einen in die Tiefe der Bevölkerungsebene reichenden königlichen Lokalverwaltungsapparat als organisierendes Macht- und Herrschaftsmittel weitgehend ersetzte, was mindestens konfliktdämpfend wirkte, ohne daß diese im wesentlichen lokalverwurzelt bleibende Elite aber als „hauptamtliche" Funktionärsschicht („tertiärer Sektor") im typischen Sinne anzusprechen wäre225. Zur Begründung dieser im Blick auf die judäische Verwaltungsorsrym, sondern an die (breite) Orts-Oberschicht ('m h- Vi) wandte, wobei diese „basisdemokratische" Maßnahme mit der Abzweckung seiner strukturellen Pläne zusammenhing, für die er sich einer breiteren Basiszustimmung versichern mußte und wollte als sie die srym bieten konnten. Die von ihm geplante Zentralisierung mit dem äußerlich augenfälligsten Teil, der Kultzentralisierung (vgl. oben A. 220) beinhaltete weniger eine direkte oder indirekte partielle Verminderung der Rolle der Spitze der Status- und Besitzelite (srym) als Zwischenglied zwischen König und freier Orts-Oberschicht, sondern eine direkte Verbreiterung der Einflußmöglichkeit des Königs auf die Volksbasis, die dann nicht mehr nur über die Spitze der Statusund Besitzelite des Landes lief. Damit konnte also der Bezug der Bevölkerungsbasis zum König und der Residenz und kultischen Zentrale enger und direkter geknüpft werden. Die Auswirkung der (nie verschwundenen, aber) besonders von Josia in den Vordergrund gerückten lokalen Ältesten-Selbstverwaltung zeigt sich am und nach dem Ende des Königtums im Dtn (19; 21,1-9. 18-21; 22,13-21; 25,5-10); zu den „Ältesten" vgl. SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983,228ff. 290ff.; BUCHHOLZ 1988. 224 Yg[ a ber oben A. 202. Für eine immer noch gute Zeichnung des Alltagslebens der Israeliten vgl. KÖHLER 1953 = 1980, bes. 48-100. 143-171. Vgl. auch DE VAUX 1964, 222f., der nach einer umfassenden Darstellung der Umgebung des Königshofes, seiner „Beamten" und der „Verwaltung", die den Eindruck sehr differenzierter Durchstrukturierung der Orte und des Landes vermittelt, am Ende bündig und zum vorher Dargelegten etwas gegensätzlich, aber m. E. zutreffend feststellt, daß „außerhalb der Hauptstädte... die Sorge um die örtlichen Angelegenheiten wohl bei den Ältesten" gelegen habe (vgl. auch aaO, 161). 225
Es sei hier darauf hingewiesen, daß im Laufe der Untersuchung dieses bisher nur auf der Analyse der königlichen Funktionsträger basierende Urteil durch gesellschaftspolitische Veränderungen im letzten Drittel des 7. Jh. v. Chr. (Josiazeit) etwas differenziert werden wird. Diese Veränderungen waren so bedeutsam, daß sie, nicht zuletzt durch den fast unmittelbar folgenden Schock der Katastrophe von 587/6 v. Chr., dem Ende der Staatlichkeit, als gewissermaßen letzterreichter Stand der gesellschaftlichen Entwicklung Judas in der dann entstehenden rückblickenden Geschichtsaufarbeitung im DtrG die Darstellung der gesellschaftlichen Wirklichkeit vor Josia beeinflußt haben. Vor diesem Hintergrund müssen von meiner Darlegung abweichende Formulierungen z. B. DONNERS verstanden werden, wenn er z. B. von einer „Beamtenschaft im flachen Lande der Reiche Juda und Israel" spricht, die ich nicht feststellen kann, oder von einer „institutionelle(n) Verfestigung und verwaltungstechni-
I. Funktionäre
(„Beamte")
55
ganisation von der bisherigen Sicht abweichenden Feststellung, die sich bisher nur aus der Untersuchung der königlichen Funktionsträger ergab und in der weiteren Untersuchung noch weiter zu prüfen ist, soll aber vorläufig schon auf folgende allgemeine Gesichtspunkte hingewiesen werden: - Auf den Lebensraum des Südreiches Juda in relativ abgeschiedener Bergland-Randlage abseits der großen Nord-Süd-Durchgangsstraßen (im Unterschied zum Nordreich!), - auf die weitgehende ethnische Einheitlichkeit Groß-Judas mit nur wenigen nichtjudäischen, aber assoziierten Randgruppen im Süden (Negeb) und Norden (Benjamin) innerhalb eines relativ kleinen, überschaubaren und zusammenhängenden Territoriums (im Unterschied zum Nordreich!), - eine autochthone, kontinuierlich herrschende Dynastie ohne Umstürze (im Gegensatz zum Nordreich!), - ein integrierendes „Dach" des Südreiches durch das religiös-kultische Zentralsymbol des Heiligtums in Jerusalem (bei Tolerierung von Lokalkulten bis auf Josia) als Kern der judäisch-davidischen Königsideologie 226 (im Unterschied zum Nordreich!), - ein auf Stammeszusammengehörigkeit basierender, dem davidischen Königtum grundsätzlich loyal gegenüberstehender 'm h- 'rs (lokale und regionale Oberschicht) 227 sowie deren (partiell/zeitweise) am Hof präsente Spitze (Status* und Besitz-Elitäre: srym), die, im Lauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte ohne Revolten und Brüche und sogar durch Königsfrauen und -nebenfrauen, Hoffunktionäre, Heeresoffiziere und Elitesoldaten („Helden") die Umgebung des Königs in der Residenz und in den königlichen Funktionalorten kontinuierlich speisend, ein Netz aus Kommunikationssträngen zwischen Hof, Hauptstadt und Ortschaften des Landes ergaben (weitgehend im Unterschied zur oft durch Umstürze unterbrochenen Entwicklung im Nordreich!).
sche(n) Durchformung" seit David, der „eines sorgsam gegliederten Staatsapparates bedurfte, in dem nach dem Prinzip der Arbeitsteilung Ressorts der militärischen, zivilen und kultuspolitischen Verwaltung gleichmäßig vertreten waren" mit „ministerialen Spitzen dieses Systems" (DONNER 1963 = 1979, 494; vgl. auch RÜTERSWÖRDEN 1985,126: „ . . . schon zur Zeit Davids und Salomos die Verwaltung durchaus ausgeprägt"; vgl. auch LEMCHE 1988, 1 3 9 < f f . > ) . M . E . wird hier die vorjosianische judäische Gesellschaft rückblickend und riickprojizierend dargestellt, wie sie sich in Ansätzen seit Josia oder allenfalls seit Hiskia entwickelt hatte - zudem in einer modernen Terminologie, wie sie der Wirklichkeit eines abgelegenen vorderasiatisch-bäuerlichen Bergland-Kleinstaates, der rückwärtigen Bergland-Peripherie der entwickelteren palästinisch-phönizischen Küstenstädte am Ende der 1. Hälfte des 1. Jt. v. Chr. nicht gerecht wird. Vgl. auch noch u. A. 228. 226 Vgl ( j a z u umfassend zuletzt BERNHARDT 1961; VEIJOLA 1975; METTINGER 1976; W . H . SCHMIDT 1987,210ff. (Lit. 370f.) und o. S. 2 0 3 - 2 0 5 ; zum weiteren (altorientalischen) Umfeld v g l . b e s . FRANKFORT 1 9 4 8 = 227
1978.
V g l . o . A . 2 0 6 m i t L i t . s o w i e CRÜSEMANN 1 9 7 8 ; DIETRICH 1 9 7 9 .
56
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Angesichts dieser eine kontinuierliche und stabile gesellschaftliche Entwicklung begünstigenden Gegebenheiten, innerhalb derer die sich herausbildende Elite selbst ein Stabilitätsfaktor, vermutlich einer der wichtigsten, war, kann es m.E. gar nicht verwundern, daß es entgegen häufiger (ausgesprochener oder unausgesprochen vorausgesetzter) Anschauung zu einer nennenswerten königlichen Verwaltungsbürokratie in Juda, soweit die bisherigen Untersuchungen erkennen lassen, nicht gekommen ist228. Deren Aufgabe hat allem Anschein nach die lokal und regional verwurzelte Elite besser, jedenfalls konfliktdämpfend, mindestens -verzögernd, erfüllt als es vermutlich eine aufgepfropfte ortsfremde „Bürokraten"-Schicht vermocht hätte.
5. Königliche Funktionäre im Nordreich seitJerobeam
I.
Es geht wieder um die Frage nach königlichen Funktionären als personale Mittel der Herrschaft und darum, ob bzw. wie sie bei der Ausübung ihrer Funktionen bis auf die lokale Bevölkerungsebene wirksam werden. Über Einzelheiten der Hof- und Verwaltungsorganisation im Nordreich sind wir weit weniger detailliert unterrichtet als über diejenigen im Südreich. Liegt das daran, daß die als Quellen in Frage kommenden Texte der historischen Bücher aus judäischer Sicht, mit Hauptinteresse an Juda und mit einem nordreichskritischen Blick berichten? Daneben kommen für das Nordreich unter den Prophetenbüchern nur Arnos und Hosea in Frage. Jerobeam, ein Ephraimit, war königlicher Aufseher über die Dienstleistenden des ganzen „Hauses Joseph" und verfügte so über Einfluß auf dem gesamten Gebirge Ephraim 229 . Der negative Aspekt seiner Tätigkeit als cbd Salomos auf dem sbl- Sektor wurde vermutlich durch seinen Widerstand gegen Salomo230 in den Augen der Nordgruppen neutralisiert. Es spricht für sein politisches Gespür, daß er als eine herrschaftliche Maßnahme seinen Wohnsitz als Ephraimit zunächst im manassitischen231 Sichern mit seiner alten Tradition nahm 232 , das außerdem - wiederum klug und bezeichnend - sehr nahe an der Grenze zur anderen, der ephraimitischen Hauptstammesmacht lag, und dessen Ortsgebiet besonders südlich und östlich an das Ephraimgebiet grenzt 233 . Diese geschickte Positionierung seines ersten Sitzes zwischen beiden Hauptkräften auf dem zentralpalästinischen Gebirge erinnert an die Wahl Jerusalems zwischen Juda und Israel durch 228
Gegen z. B. DE VAUX 1964, 206 und passim (mit argumenta e silentio: „entwirft die Bibel nur ein unvollständiges Bild dieser Zentralverwaltung") und DONNER (S. o. A. 225). 225
230
lKön 11,26-28
lKön 12,2ff. Vgl. Num 26,31; Jos 17,7ff.; ELLIGER 1930,265ff. lKön 12,25; vgl. zur alten Bedeutung Sichems Ri 9 und Gen (12,6f.;) 33,18-20; (35,4; 37,12-14; Dtn 27; Jos 24,32); vgl. insgesamt JAROS 1976, bes. 67ff.; OTTO 1979. 233 Jos 17,7 ff. und dazu ELLIGER 1930,265 ff. 231
232
I. Funktionäre („Beamte")
57
David. Mit (dem Zweitwohnsitz?) Pnuel 234 reklamierte Jerobeam seinen Anspruch auf die israelitischen Gebiete im Ostjordanland, wiederum wohl keineswegs zufällig nicht im mit saulidisch-davididischen Traditionen behafteten Mahanajim. Dafür, daß er in beiden Orten nennenswerte herrschaftliche Bauten errichtet hat, gibt es keine näheren Hinweise 235 , obwohl man vermuten kann, daß die Orte befestigt wurden bzw. vorhandene Befestigungen aktiviert worden sind 236 . Selbst in seinem weiteren Wohnsitz im manassitischen Tirza ist zu seiner Zeit nur von einem byt die Rede 2 3 7 , nicht von einem Palast 238 . Ob Sichem-Pnuel-Tirza ein Nacheinander oder eher ein Nebeneinander, etwa
234 lKön 12,25; auch nach OLIVIER 1983, 119f. ist Pnuel nur ein Stützpunkt, keine Hauptstadt, kein Wohnort Jerobeams. Zur Identifizierung vgl. neuestens COUGHENOUR 1989 (Teil ed-Dahab el-Garbi = Mahanajim, Teil ed-Dahab es-Sarql = Pnuel) und T H I E L 1991. 235 Obwohl er ja nach lKön 11,27 f. organisatorische Erfahrungen besaß. 236 Vgl. auch OLIVIER 1983, 119f. Zum archäologischen Befund Sichems vgl. G.E. W R I G H T 1967a; DERS. 1978, 1083ff.; JAROS 1976, 11 ff.; H . W E I P P E R T 1977, 293-296 (Lit.). Nach der Zerstörung der E-I-Zeit gewann Sichern nie mehr die frühere Bedeutung der durch Befestigung, Palast- und Tempelbauten und gute Verkehrslage ausgezeichneten Ortschaft der MBr und SpBr zurück, obwohl sie im 9. Jh. v.Chr. (also nicht schon z. Zt. Jerobeams I.) eine Kasemattenmauer erhielt. 724 v. Chr. zerstörte Salmanassar V. den Ort. In dieser Zeit zwischen dem 9. und der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. sind keine Tempel- oder Palastbauten neben den Wohnhäusern Sichems festgestellt worden. WRIGHTS Deutung eines großen Vorratsgebäudes auf den Ruinen des Tempels (Str.IXa oder VIII , W R I G H T 1978, 1093) und der Stadt als „tax collection center" ist zweifelhaft (vgl. u. mit A. 690), besagt jedenfalls nichts für die Zeit Jerobeams, wie auch WRIGHTS zuversichtliche Behauptung nicht eindeutig nachgewiesen ist, daß Jerobeam I. die bronzezeitlichen Befestigungen reparierte ( W R I G H T aaO), obwohl das nicht nur vorstellbar, sondern auch durch lKön 12,25 gedeckt ist (w-ybn yrb'm 'tskm). - Zu Pnuel: Auch hier ist eine Bau- und Befestigungstätigkeit Jerobeams I. archäologisch nicht nachweisbar. Die Tulül ed-Dahab sind bisher nicht ausgegraben worden. In zwei Surveys haben G O R D O N and VILLIERS (1983,275ff.) festgestellt, daß der mehrfach größere West-Teil mehrere Bauterrassen, doppelte Befestigungsmauer und Haupttor aufweist. Die meiste Keramik stammt (auf dem West-Teil) aus E-I-B/C, weniger aus E II (anscheinend schnelles Aufblühen in E I) und hellenistischer Zeit; auf dem Ost-Teil gibt es mehr E-Keramik. Beide Tulül sind „eminently defensible" (284). Auf dem Ost-Teil finden sich lange Mauerzüge und zeigen die Absicht der Verteidigungsverbindung. Ein genaues Datum der Befestigungen ist nur nach Ausgrabungen auszumachen. Besiedlung in E I und II ist also nachgewiesen, auf dem West-Teil stärker. Die extensiven Kasemattenmauern auf dem West-Teil können nach G O R D O N / V I L L I E R S aus E oder auch aus hell.-frühröm. Zeit stammen, evtl. in der Eisenzeit gegründet. Vielleicht kann man danach annehmen, daß der E-IIAusbau, wenn er denn in diese Zeit gehört, jedenfalls noch nicht in die Zeit Jerobeams I., sondern eher in die relativ stabile Omridenzeit (oder später?) fiel, wofür die Kasemattenbefestigungen sprechen könnten. Vermutungen zur Funktion der Orte bei COUGHENOUR 1989; vgl. neuestens auch T H I E L 1991. 237
lKön 1 4 , 1 7 ; die häuslichen Verhältnisse hören sich bescheiden-privat an; man fühlt sich an die Verhältnisse Sauls erinnert, dessen „Hofhaltung" sich im Rahmen seines byt 'b abspielte (YEIVIN 1 9 7 9 , 1 4 8 ) ; OLIVIER 1 9 8 3 , 1 2 0 f . bestreitet, daß Jerobeam überhaupt in Tirza residiert habe, indem er MT (mit LXX) in lKön 14,17 in ,Zereda', Jerobeams Heimatort, ändert; aber das bleibt eine unsichere Hypothese (DE V A U X 1 9 5 6 , 1 3 5 ) . 238 Dagegen ist bei Salomo immerhin ausdrücklich von einem byt h-mlk die Rede (lKön 9,10), bei Ahab von einem hykl (lKön 21,1; vgl. u.A. 275. 281), bei Simri (von Baesa übernommen) von einem 'rmwn byt h-mlk in Tirza (lKön 16,18).
58
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
in einer Art von Pfalzsystem, darstellen, ist unsicher 2 3 9 . Jedenfalls hat J e r o b e a m anscheinend auf das machtpolitische Symbol einer unzweideutig hervorgehobenen Residenz möglicherweise bewußt - verzichtet. D a z u und zu der A n n a h m e , daß er wechselnde Residenzen bewohnte, paßt es, daß nichts von einer „Hofhaltung" b e k a n n t ist 240 . Die Tendenz zum Residieren in manassitischem Gebiet mag aber durchaus einem machtpolitischen Kalkül zur Integration von Ephraim-Manasse als Kern seiner Herrschaft entsprechen. In dieselbe integrative Richtung geht sehr wahrscheinlich die religionspolitische Absicht der Einrichtung königlicher Kulte mit ihren Stiersymbolen in Bethel und D a n 2 4 1 sowie die volkstümlichen Priesterbestallungen 2 4 2 . Schließlich handelte er auch volkstümlich-traditionell und integrativ durch Veranstaltung bzw. Einrichtung eines Festes für das Volk 2 4 3 , ein - abgesehen von d e m vom Jerusalemer Kult ablenkenden A s p e k t - zeitloses „Rezept" für Herrscher aller A r t u n d Zeiten, auch, aber nicht nur anläßlich ihres Herrschaftsantritts. Dabei ist zu beachten, daß das Fest an einem traditionellen Kultort, nicht aber in seiner bzw. einer seiner Residenzen stattfindet. Letzteres kann einen doppelten Grund haben: Einmal unterstützt das Fest am traditionsreichen Heiligtum die religiöse Legitimation der H e r r s c h a f t , andererseits bestärkt das Nichtstattfinden in einer der Residenzorte die obige Auffassung, daß auf Jerobeams Residenzorten kein machtpolitisches Gewicht lag, ihre machtpolitische Funktion eher sekundär war. D i e s alles spricht dafür, d a ß J e r o b e a m b. N e b a t mit e i n e m b e m e r k e n s w e r t g e r i n g e n A u f w a n d an F u n k t i o n ä r e n (überliefert sind ü b e r h a u p t k e i n e A n g a b e n d a z u ! ) , v e r w a l t u n g s o r g a n i s a t o r i s c h e n u n d b a u l i c h e n s o w i e a n d e r e n herrs c h a f t s r e p r ä s e n t a t i v e n u n d - s i c h e r n d e n M a ß n a h m e n regiert hat. V o n königlic h e n F u n k t i o n ä r e n als e i n e m H e r r s c h a f t s m i t t e l , das bis in d i e B e v ö l k e r u n g s e b e n e der O r t e u n d R e g i o n e n h i n a b r e i c h t e , ist nichts b e k a n n t . V i e l m e h r basierte seine immerhin zwei Jahrzehnte währende Herrschaft allem A n s c h e i n n a c h n e b e n d e m g e s a m t g e s e l l s c h a f t l i c h e n K o n s e n s , der sich z u n ä c h s t i m w e s e n t l i c h e n aus einer a n t i d a v i d i d i s c h e n G r u n d h a l t u n g der N o r d g r u p p e n s p e i s t e , nur auf e i n e m e i n z i g e n n i c h t i d e e l l e n „ H e r r s c h a f t s m i t t e l " , d e r V e r f ü g u n g ü b e r die ( v o n S a l o m o ü b e r n o m m e n e n ? ) i m N o r d e n in ihren G a r n i s o n e n ( H a z o r u n d M e g i d d o ) stationierten P o s t e n 2 4 4 , d i e aber - s o w e i t b e k a n n t - nur a u ß e n p o l i 239 Vgl. am umfassendsten zu den Anfängen der Entwicklung der Nordreichs-Residenzen bis Omri: OLIVIER 1983 (mit Lit. zur Forschungsgeschichte). OLIVIER spricht mit Recht bei keinem Residenzort vor Samaria unter Omri von „Hauptstadt"; Sichern war ihm zufolge die einzige Residenz Jerobeams I., aber keine Hauptstadt, ebensowenig wie Tirza als Residenz Baesas. 240 Vgl schon A. 237; auf die Residenz Tirza und ihre Entwicklung wird unten (S. 139 m. A. 635 - 639) näher eingegangen. 241
242
l K ö n 1 2 , 2 6 - 3 0 ; vgl. NIEMANN 1985A, 7 2 f . m . A . 54. 118(ff). 124f. m . A . 239.
lKön 12,31; 13,33; NIEMANN 1985a, 119f. 132. lKön 12,33; vgl. die Kommentare z.St.; Zeremonien und Feste gehören zu den wichtigsten integrierenden Legitimationselementen („nicht-rechtliche Verstärkung") von „Häuptlingstümern" (chiefdoms), aber nicht nur zu solchen (vgl. SERVICE 1977, 127—131; STRECK ed. 1987, 53-56). 244 Umfang? Anzahl?? Sie werden in der Zeit nach dem Auseinanderfallen des SalomoReiches erst unter Ela erwähnt (lKön 16,9), aber wohl nicht erst unter dessen Vater Baesa 243
1. Funktionäre
(„Beamte")
59
tisch gegen Rehabeams Juda eingesetzt worden245, also nicht als innenpolitisches Machtinstrument anzusprechen sind, sondern sogar innenpolitisch integrativ wirkten, da sie die antidavidisch-antijudäische Ausgangstendenz der Nordgruppen und damit Jerobeams Herrschaftsanspruch unterstützten und seine Existenzberechtigung als Führer unterstrichen. Neben diesem einzigen Machtmittel nach außen mit seiner integrativ-stabilisierenden Wirkung nach innen dürften vor allem zwei mehr oder weniger ideelle Faktoren Jerobeams Herrschaft weiter stabilisiert haben: Einmal hat er alles zu unterlassen sich bemüht, was die Empfindlichkeit der Nordgruppen im Blick auf ihre Selbständigkeit nach den Erfahrungen mit Salomo über ein tolerables Maß hinaus herausgefordert hätte: Zurückhaltung gegenüber zentralistischen Maßnahmen, etwa durch Verzicht auf das Symbol einer funktional-integrativen Haupt-Residenz 246 . Vielmehr stützte sich Jerobeam allem Anschein nach auf seinen eigenen Stamm unter kluger „Hofierung" der benachbarten Manassiten durch die manassitischen Residenzen Sichern und Tirza. Ebenso wirksam, wenn nicht sogar noch bedeutender, waren seine, ebenfalls den antidavidischen Impetus seines Anfangs verstärkenden, religionspolitisch das Nordreich gegen Juda abgrenzenden Kultmaßnahmen 247 einschließlich der seine Autorität stärkenden Priesterinvestituren248 sowie populärer Festveranstaltungen249. Als weitere ideelle Autoritätsbasis oder als Grundlage für die beiden Vorgenannten muß die prophetische Legitimation Jerobeams durch Ahia von Silo gelten250, deren Gewicht durch die anscheinend erforderliche, ausführlich überlieferte Rücknahme 251 nur noch unterstrichen wird. Insgesamt erweckt die Herrschaft Jerobeams strukturell einen relativ schwachen bzw. bescheidenen Eindruck, gegenüber Salomo vielleicht sogar organisatorisch einen gewissen Rückschritt. Der mag unter den Nordgruppen aber keineswegs als solcher gesehen worden sein wie Jerobeam selbst offensichtlich eine starke und weitblickende Persönlichkeit gewesen ist (lKön 11,28; 12,25ff.), war der Impetus, der zur Trennung von dem davididischen Juda geführt hatte, doch gerade ein bewußt antistrukturell-zentrifugaler bzw. dezentraler. D.h. die negativ ausgedrückt - Strukturschwäche des Reiches Jerobeams war genau (neu) aufgestellt, sondern, von Salomo möglicherweise aus den Nordgruppen angeworben, dort nach dem Zerfall des salomonischen Reiches verblieben sein. 245 Vgl. l K ö n 15,6 246 Vgl. richtig OLIVIER 1983, 121ff. 131. Für Samaria wurde nie eine „Theologie der Hauptstadt" als ideologisches Herrschaftsmittel wie für Jerusalem entwickelt - oder ist sie uns nur nicht überliefert? 247 Vgl. l K ö n 12,26-30; NIEMANN 1985a, 73. 112.118f. 124f. 132 248 Vgl. l K ö n 12,31; NIEMANN 1985a, bes. 119. 132; vgl. auch o. mit A. 241-243. 249 Vgl. l K ö n 12,32-33; o. mit A. 242-243. 250 Vgl. lKön 11,29ff.; vgl. dazu H. WEIPPERT 1983. Mit Recht weist OLIVIER 1983,127f. 131, dagegen auf das Fehlen einer Königsideologie im Nordreich, stattdessen auf eine egalitäre ( m . E . besser: tribale) dezentrale gesellschaftliche Grundhaltung auf der Basis von Führungstraditionen (Mose und Exodus). 251 Vgl. l K ö n 14,1-18
60
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
das, was die verschiedenen Gruppen wollten, positiv ausgedrückt: lokale und regionale Unabhängigkeit für die vielen verschiedenen Gruppen im auch geomorphologisch vielgestaltigen Nordreich252. Ob aber selbst das bescheidene Maß an Zentralismus und Autorität Jerobeams auf die Dauer noch zuviel für die Nordgruppen war? Jerobeams Sohn und Nachfolger Nadah b. Jerobeam hat bald durch die Belagerung des philistäischen Gibbeton möglicherweise nicht nur seine SW-Grenze gegen die Philister stabilisieren wollen, sondern sich auch Prestige und Autorität als neuer, siegreicher Herrscher schaffen und sich so legitimieren wollen253. Trifft letztere Motivation zu, hatte sie kaum Erfolg. Handelt es sich beim sogleich während dieser Belagerung stattfindenden Umsturz des Issachariten Baesa um eine Aktion von Israeliten außerhalb des Gebirges Ephraim gegen den Machtblock Ephraim/Manasse auf dem zentralpalästinischen Gebirge oder um eine solche mit engerem Stammeshintergrund: Issachar contra Manasse (-Ephraim) oder nur um einen persönlichen Putsch innerhalb des Heerlagers durch den Militärführer Baesa? Für letzteres kann sprechen, daß Baesa sich als tüchtiger Krieger254 vom einfachen Soldaten zum Führer255 heraufgearbeitet hatte. Er besaß auch politischen und organisatorischen Weitblick, denn falls nicht schon Jerobeam sich nicht nur in Tirza niedergelassen hat, sondern auch schon mit dem Ausbau zur wirklichen Residenz begonnen hat, muß spätestens Baesa es gewesen sein, denn in der sehr kurzen Zeit seines Sohnes Ela bzw. des Usurpators Simri, 1—2 Jahre nach BaesasTod, existierte in Tirza ein 'rmwn byt
252
Daß sich die Nordgruppen nach der Erfahrung mit Salomo (und David) überhaupt wieder mit Jerobeam auf einen Führer einigten, ist wohl zunächst eher aus dieser Erfahrung und mit der Zielrichtung gegen die davidisch-judäische Einheitsführung als mit einer langfristig-perspektivischen Absicht für eine einheitliche Herrschaft zu erklären. M.a.W. die Einigung auf den einen Führer Jerobeam war eher einheitlich-abgrenzend, kräftebündelnd und zweckbestimmt gegen die Davididen und Juda als einheitlich-konstruktiv auf eine zukünftige einheitliche Nordgruppenführung ausgerichtet; vgl. auch OLIVIER 1983, 127ff. Angesichts dieser Sachlage scheint es mir zweifelhaft, in dieser Zeit für das Gebiet der Nordgruppen von „Staat" zu sprechen, eher angebracht wäre (complex) chiefdom, „Stämmestaat" oder ein entsprechender Begriff (s. o. A. 34.129). 253 Vgl. lKön 15,27; DONNER 1986,258; TIMM 1980,40. Das Verhaltensmuster begegnet oft (z.B. Saul: lSam 10,17-11,15; Jonathan: lSam 14; David: lSam 17; 18,17ff.; 2 3 , 1 - 5 ; 30,lff. 26-31) 254 Vgl. lKön 16,5. 255 Aus dem „Staub" (!pr) (=aus dem Stand des einfachen Kriegers?) zum ngyd (lKön 16,2), vgl. zum Titel RÜTERSWÖRDEN 1985, lOlff.
I. Funktionäre
(„Beamte")
61
h-mlk256, dem ein Funktionär 7 h-byt vorstand257, ein organisatorisches Unternehmen, das sicher eher in die 23 Jahre Baesas (906—883 v. Chr.) als in die Wirren nach seinem Tode paßt. Auch den Gegensatz zu Juda betrieb Baesa weiter, wobei die - letztlich mißglückte - Besetzung und Befestigung von Rama neben der militärischen Grenzsicherung möglicherweise zugleich als ein kräftiges Ärgernis „vor der Haustür" Asas von Juda gedacht war258 und damit eine plakativ-legitimatorische Absicht zugunsten der Herrschaft Baesas mitenthalten haben kann. Auch vom Hause Baesas aus Issaschar wurde mit dessen Sohn Ela der Versuch unternommen, eine Dynastie zu installieren259, die territorial zu dem von Jerobeam zusammengefügten Komplex Ephraim/Manasse nun Issachar kumulativ fügte, was das Begräbnis Baesas in der von ihm beibehaltenen Residenz Tirza, also außerhalb seines Stammesgebietes, zeigt260. Man sieht, daß Baesa und Ela sich, gestützt auf das Militär, eher an ihre Herrschaft und die Residenz als an ihren Herkunftsstamm gebunden fühlen. Dieser Ansatz zur herrscherlich-konzeptionellen Kontinuität wie auch der nach dem Vorgang Nadabs von Ela wiederholte Versuch der Profilierung und Legitimation durch die (freilich zugleich grenzsichernde) Belagerung des philistäischen Gibbeton 261 kann dafür sprechen, daß, wenn nicht von Anfang an, so doch im Laufe der 23jährigen Herrschaft Baesas eher ein persönliches Machtkalkül Baesas als ein stämmepolitischer Impuls oder ein Gegensatz Issachars zu Ephraim/Manasse ihn angetrieben hat. 256 Wohl weniger ein ausgedehnter Palast als (wegen 'rmwn) vielleicht ein befestigter „Wohnturm" (vgl. NOTH 1983, 349; zu einem solchen Wohnturm auf Teil el-'Oreme vgl. jetzt HÜBNER 1988 (8. Jh. v. Chr.!). Archäologisch ist dieses Bauwerk freilich nicht nachgewiesen. D e r A u s g r ä b e r DE VAUX (ZU d e n E i n z e l h e i t e n d e r G r a b u n g vgl. DE VAUX 1956; DERS. 1967,
371 ff.; DERS. 1976, 395-404; zusammenfassend H. WEIPPERT 1977, 344f. < L i t . > ) meint, daß die bronzezeitliche (seit MBr IIB) Befestigung (Mauer und Tor) in E I + II weiterbenutzt wurde, da keine Zerstörung zwischen SpBr und E nachgewiesen werden konnte und direkt auf der SpBr-Schicht eine gleichförmige Bebauung mit 4-Raum-Häusern der E I - I I A festgestellt wurde. Beim Wiederaufbau nach der Selbstverbrennung Simris in seinem „Wohnturm", wohl im Zusammenhang mit der Zerstörung durch Omri ( l K ö n 16,17f.), blieb ein großes Gebäude unvollendet, das DE VAUX als von Omri begonnenen Residenzbau deutet, bevor er nach Samaria umzog. Die Gesamtdeutung der Ausgrabungen der Eisenzeit durch CHAMBON 1984 hat allerdings manche wichtige Korrektur an den Deutungen von DE VAUX ergeben. So hat z.B. die Nachprüfung die Deutung des „unvollendeten Gebäudes" 411 als „begonnenem Residenzbau Omris" gerade nicht bestätigt (vgl. zu den involvierten Gebäuden 411 < a u s Str.VIIc oder V l l d ; H. WEIPPERT weist es anscheinend eher Str.VIId oder e zu: 1985, 180> und 148 < a u s Str.VIId> CHAMBON 1984, 38ff.; zur kritischen Prüfung des Befundes H. WEIPPERT 1 9 8 5 , 1 8 0 ) . 257
Vgl. l K ö n 16,18 mit l K ö n 16,9.
258
V g l . l K ö n 1 5 , 1 7 - 2 2 ; 1 5 , 3 2 ; z u m G r e n z v e r l a u f SCHUNCK 1 9 6 3 , 1 6 9 .
259
Vgl. l K ö n 16,6.8. 260 v g l l K ö n es gehört zur Ideologie einer Residenz (Hauptstadt), daß der König dort begraben wird (OLIVIER 1983,123). Vgl. l K ö n 16,15; vgl. o. mit A . 253.
62
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
Eine organisatorische Entwicklung von der Dynastie Jerobeams zur Dynastie Baesas mit der Folge einer beginnenden strukturellen Verfestigung ist erkennbar: - Wiederholter Versuch einer Dynastiegründung, wenn auch beidemal gescheitert, in diesem Zusammenhang - wiederholter kriegerischer Versuch einer legitimierenden Profilierung als berechtigter Nachfolge-Herrscher, - Stabilisierung und Legitimation nach innen durch Expansion und Aggression nach außen (gegen Juda), - vermutlich Fortsetzung der Religionspolitik Jerobeams 262 , - von wechselnden Herrscherwohnsitzen zur Etablierung einer ständigen Residenz und Beginn ihres Ausbaus (Tirza), - erstmals bei Baesa/Ela Erwähnung eines Hoffunktionärs 1 h-byt2(c\ - Während bei Jerobeam sich die herrscherliche Legitimation wesentlich aus dem antidavidisch-antijudäischen Impuls mit dem Auslöser der durch Dienstleistungen überstrapazierten Loyalität herleitete, stand bei dem Heerführer Baesa (wie auch bei Simri) anscheinend eher ein persönlicher militärisch-machtpolitischer Impetus im Vordergrund 264 . Bei aller relativen Entwicklung ist in den knapp 50 Jahren beider Dynastien dennoch keine nennenswerte verwaltungsorganisatorische Entwicklung und Strukturierungsbemühung erkennbar, zumal solche, die durch königliche Funktionsträger bis in die Bevölkerungsebene der Ortschaften eingegriffen hätte. Die einwöchige Episode des Militärputsches Simris, des Führers der Hälfte der Streitwagentruppen 265 , ist insofern erwähnenswert, weil sie nicht nur das Weiterbestehen dieser Waffengattung samt ihrer Führungselite im Nordreich dokumentiert, sondern auch ein neuerliches Beispiel für den im Unterschied zum Südreich starken militärischen Charakter von Herrschaft und Herrscherfolge im Nordreich unterstreicht. Das Heer zeigt sich bei Baesa wie bei Simri als ambivalenter Faktor, indem es nach außen zwar zur Stabilität beiträgt, nach innen aber sich wiederholt als Ausgangsbasis für herrscherliche Diskontinuität erweist.
262
Vgl. l K ö n 16,1-7. Die Formulierung zum von Simri ausgerotteten Hofstaat Baesas (lKön 16,10f.) (einschließlich dessen 7 h-byt?) erwähnt ausdrücklich nur die nächste Verwandtschaft (glyw) und seine Freunde (r'hw, vgl. BHS App., MT Sg.), so daß man bei dem 7 h-byt vielleicht sogar ebenfalls an ein Glied der Sippe Baesas denken kann und der „Hofstaat" im wesentlichen aus dem byt 'b Baesas bestanden hätte, strukturell dann nur wenig weiter entwickelt war als der Hofstaat Sauls (s. o. A. 237 und o. S. 3 - 8 ) und derjenige Jerobeams b. Nebat sowie derjenige Davids in der Anfangsphase, die sich alle aus machtpolitischen Gründen vorrangig mit zuverlässigen Familienmitgliedern umgaben. 264 Dieser persönliche Wille zur Macht zeigt sich auch durch die totale Eliminierung der Vorgängerdynastie durch Baesa (lKön 15,27—29) und Simri ( l K ö n 16,10f.). 265 Vgl. l K ö n 16,9-20 263
I. Funktionäre
(„Beamte")
63
Mit Omri, dem sr sb' 7 ysr'P66 wird im Heerlager vor Gibbeton zum drittenmal ein Militärführer nach dem Abbruch der vorherigen Dynastie zum König ausgerufen. Bei diesem Herrschaftsübergang wird zweierlei Wichtiges erkennbar: Einmal legt man nun inzwischen - war es Absicht und Planung oder beginnt sich eine Struktur durchzusetzen? - im Nordreich allem Anschein nach Wert auf die kontinuierliche Existenz eines Herrschers, und zwar bei Heer und Bevölkerung! Denn zum anderen tritt bei diesem dritten Fall des Herrschaftsanspruchs aus dem Militär267 dem Herrschaftsprätendenten des Militärs ein anderer Herrschaftsanwärter, Tibni b. Ginat entgegen, der nicht genauer auszumachende Volksteile hinter sich hatte268. Die reale Macht lag aber offensichtlich schon so deutlich beim Militär, daß hier wie auch nahezu ausschließlich von jetzt ab bis zum Ende des Nordreiches die Macht bei den häufigen Herrschaftsübergängen letztlich innerhalb der Militärführung und der engeren Herrscherumgebung weitergegeben wurde. Neben diesem Element der Veränderung steht ein taktisch kluges wie praktisch-sinnvolles Element der Kontinuität, zumal dann, falls Omri nichtisraelitischer Herkunft war269, daß er nämlich zunächst mit Tirza die Residenz seiner Vorgänger auf israelitischem Stammesboden übernahm 270 , bevor er nach sechsjähriger Konsolidierung seiner Macht weitergehende Pläne in die Tat umzusetzen begann. In dem Bestreben zur Gewinnung einer stammesunabhängigen Residenz folgte Omri partiell dem Handlungsmodell Davids gegenüber Jerusalem, aber ohne das Risiko der Eroberung einer nichtisraelitischen Stadt, vielmehr durch Grundstückskauf und Neugründung der Residenz Samaría als Eigenbesitz271. Ob die Residenzgründung gerade an dieser Stelle zusätzlich ein taktisches Zugeständnis an die Bevölkerung des Kerngebietes des Nordreiches auf dem zentralpalästinischen Bergland, speziell Manasses, war272, ist nicht sicher, aber möglich. 266
Vgl. lKön 16,16 In lKön 16,16f. ist mit „ganz Israel" die im Kriegslager vor Gibbeton versammelte Heeresmacht, keine Volksrepräsentanten- (=Ältesten-)Versammlung gemeint. 268 YGI LKÖN 16,21 f., auch wenn überTibnis Herkunft nichts Sicheres auszumachen ist (so sind mit Recht SANDA 1911, 403; Nora 1983, 350; WÜRTHWEIN 1985, 198 zurückhaltender als GRAY 1980, 365F.; J . A . SOGGIN: Tibni, King of Israel in the First H a l f o f t h e 9TH Century. OT and Oriental Studies, Biblica et Orientaba 29 < 1 9 7 5 > , 5 0 - 5 5 war mir unzugänglich). Der Riß zwischen den beiden Revoltengruppen verlief, wenn ich lKön 16,21 f. richtig verstehe, nicht einfach zwischen Volk und Militär, sondern zwischen Volksteilen unter Tibnis Führung auf der einen und Volksteilen und dem Militär unter Omris Führung auf der anderen Seite (anders 267
DONNER 1986, 2 5 9 ) . 26g So NOTH 1928, 63; DERS. 1983, 348f.; Vgl. aber TIMM 1982, 22. Daß er speziell aus Issachar stammte (SANDA 1911, 402f.; AHARONI 1984, 344; vgl. STAGER 1990, 103f.), ist nicht über alle Zweifel erhaben. 270 Vgl. lKön 16,23; nach Num 26,33; 27,1; 36,11; Jos 17,3 ist Tirza manassitisch. Der aufgrund der archäologischen Deutungen DE VAUXS früher in Tirza vermutete Neuaufbau einer Residenz nach der Zerstörung durch Omri (lKön 16,17f.) hat sich als nicht zutreffend erwiesen (s. o. A. 256). 271 Vgl. lKön 16,24; archäologisch vgl. jetzt STAGER 1990. 272
V g l . SANDA 1911, 403.
64
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Es soll und braucht hier bei der breiter als andere Phasen des Nordreiches bezeugten Omridenzeit kein vollständiges Bild gezeichnet zu werden273, vielmehr geht es lediglich um die Funktionäre der Omriden in Hof, Residenz und Heer. Eine neue Qualität erreichte Omri jedenfalls durch die Gründung der Dauerresidenz Samaría 274 als gekauftem Eigenbesitz. Damit ist die Entstehung eines Hofstaates im Palast 275 verbunden, von dem für die Zeit Ahabs und seiner beiden Nachfolger zwar nicht in der Differenziertheit des Hofes Salomos berichtet wird, der aber die Funktion des 7 h-byf16, srysym211, einen sr h-'yr Samarías 278 , 'bdym 2 1 9 , Männer der Umgebung des Königs und Boten 2 8 0 kennt; auch in der omridischen Nebenresidenz Jesreel 281 sind srysym bezeugt 282 . Zum Hofstaat Samarías gehören weiter Prinzenerzieher 283 , die zu den Würdenträgern der Residenz 284 zählten, unter die auch srym und zknym2'6'' zu subsummieren sein dürften, ebenso wie ein weiterer Kreis von Vertrauten des Königs mit wahrscheinlich beratender Funktion 2 8 6 . Zum Hofstaat gehören schließlich auch der 7 h-mlthh2S1 und rsym2S&. Nicht direkt zum Hofstaat zu rechnen sind die Ältesten der Residenz, die die Familien der Bewohner vertreten, die aber in Verbindung mit dem und im Abhängigkeitsverhältnis zum Hof gestanden haben werden 2 8 9 . 273
Vgl. TIMM 1982; D O N N E R 1986,260ff.; A H A R O N I 1984, 344ff. Vgl. lKön 16,24; das unterstreicht vor allem OLIVIER 1983, 130. 132; vgl. früher A L T 1951, 2ff. = 1978a, 116ff.; DERS. 1954 = 1968, 258ff.; BUCCELLATI 1967, 186ff.; TIMM 1982, 142ff.; SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 396ff.; D O N N E R 1986, 267 (zur Diskussion um den Charakter und die staatsrechtliche Stellung Samarias im Vergleich zu Jerusalem); STAGER 1990. 275 Vgl. lKön 22,39 (byt h-sn); 2Kön 7,11 (byt h-mlk)\ Am 3,15 (byt h-hrp und byt h-qys sowie bty h-sn) 276 Vgl. lKön 18,3(ff) (Ahab); 2Kön 10,5 (Joram). 277 Vgl. lKön 22,9//2Chr 18,8; vgl. 2Kön 8,6. 278 Vgl. lKön 22,26 (sr h-'yr; zu diesem Titel vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985,38 ff.; AVIGAD 1986, 30f.); 2Kön 10,5 (7 h- "yr); diesem unterstanden Stadt(tor)wächter (2Kön 7,10f.). 279 lKön 20,6; 2Kön 7,12f.; 9,11 280 Vgl. 2Kön 6,32 281 Dort besaß Ahab einen königlichen Palast (hykl) (zum Begriff vgl. OTTOSSON 1977, 409f.; H. WEIPPERT 1988, 535), den er selbst nur als byt bezeichnet (lKön 21,lf.) und der Ort einen Turm (mgdl) (2Kön 9,17) (eine Zitadelle oder eine Burg oder eher einen Fluchtturm, zu mgdl vgl. KELLERMANN 1984b, 642f. (mit Belegen und Diskussion). - Weswegen SCHÄFERLICHTENBERGER 1983, 399—401, Jesreel, das sie ausdrücklich und mit Recht als „Residenz" bezeichnet, ohne daß es ein königliches Verwaltungszentrum sei, in ihrer Überschrift als „israelitische Hauptstadt" (S. 399) benennt, die aber, so wiederum zutreffend, „niemals in Opposition zu Samaria" trat, ist unklar. - Zu Jesreel vgl. neuestens O E M I N G 1989; WILLIAMSON 1991. 282 Vgl. 2Kön 9,32. 283 2Kön 10,1.5 ('mnym, von 'MN11, vgl. HAL62a = „Wärter, Vormund"). 284 Vgl. auch die gdly h- 'yr 2Kön 10,6.10. 285 2Kön 10,1.5 286 2K10,1. 11 (gdlym, myd'ym, khnym). 287 2Kön 10,22: mlthh: ass. Lehnwort:„Kleiderkammer", vgl. GRAY 1980,561. 288 2Kön 10,25 (RÜTERSWÖRDEN 1985, 30f.) 289 2Kön 10,1.5 274
I. Funktionäre („Beamte")
65
Neben diesen auf Hof und Residenz funktional beschränkten Funktionsträgern steht der Militärapparat des Nordreiches, dem die Omriden selbst entstammten und der deshalb verständlicherweise dasjenige Herrschaftsinstrument darstellte, auf dem sie am erfolgreichsten zu „spielen" vermochten: 2Kön 4,13f. erscheint der sr h-sb' als der zweite Mann am Hof neben dem König, wenn eine möglichst einflußreiche Persönlichkeit in einem Fall gesucht wird, die einen Fürsprecher außerhalb bzw. über der Ebene der Verwandtschaftsgruppe ( m ) erfordert. Unter dem sr h-sb' stehen die Heeresobersten (sry h-hylym)290. Das hierarchische Verhältnis der sl(y)sym291 zu den srym des Heeres ist nicht völlig klar, aber es wird sich bei jenen nicht um subalterne Heeresoffiziere handeln 292 . Die Belege zeigen, daß sie als Elitemilitärs verschieden einsetzbar sind; stets aber haben sie Vertrauensposten, slsym werden auffälligerweise erst seit den Omriden und konzentriert im Nordreich erwähnt 2 9 3 , was als Anzeichen eines Ausbaus der Heeresstruktur unter der omridischen Militärdynastie gewertet werden kann, speziell des Ausbaus eines dem Herrscher besonders verbundenen und verpflichteten „Berufsoffizierscorps", vermutlich neben den subalternen Offizieren des gelegentlich einberufenen Volksheeres 294 . Dem allem entspricht die zur Herkunft der Omriden aus dem Militärapparat passende, durchdacht angelegte Politik, vor allem Ahabs, die stark von militärstrategischen Gesichtspunkten ausging - von der geopolitischen Situation und der stammesmäßigen Vielfalt des Nordreiches her auch ausgehen mußte! Dafür gibt es mehrere Anzeichen: Durch die dynastische Heirat Ahabs mit der phönizischen Prinzessin Isebel 295 und die Verheiratung von deren Tochter Atalja mit Joram von Juda 2 9 6 hielten sich die Omriden den Nordwesten und den Süden krisenfrei. Das war aber auch dringend notwendig, denn die Auseinandersetzungen mit den Aramäern bildeten das permanente Hauptproblem ihrer Dynastie, ob die Aramäer nun bis Samaria vordrangen 2 9 7 , ob die Omriden mit Judas Unterstützung ihre Ansprüche im Ostjordanland bei Ramot-Gilead gegen die nördlich benachbarten 290 2Kön 9,5(ff); vgl. auch die sry hmsym in 2Kön l,9ff. der Garnison Samarias (zu diesen Dienstgraden RÜTERSWORDEN 1985,23ff. 34ff.). 291 Der slys wird üblicherweise als der „Dritte" (Mann) auf dem Streitwagen, als Schildträger (daher auch Schildträger, Adjutant des Königs) gedeutet (GB 834b; KBL 977b; DE V A U X 1964, 199; DERS.1966, 26). Zum Terminus vgl. aber zuletzt N A ' A M A N 1988. 292 Vgl. Ez 23,23 und die dortigen Parallelbegriffe; auch 2Kön 7,2. 17. 19 (diensthabender Offizier am Tor der Residenz ('sr l-mlk ns'n 'l ydw), also ein persönlicher Adjutant); 2Kön 9,25 (Adjutant Jehus); 2Kön 10,25; auch Pekach b. Remalja war vor seinem Putsch slys des Königs (2Kön 15,25). 293 Ihr Auftreten in der Sammelnotiz lKön 9,22 ( W Ü R T H W E I N 1985, 109: Der Vers ist dtr. innerhalb vordtr. Kontext ClKön 9,15. 17*. 18. 19*. 23>)//2Chr 8,9 und Ex 14,7; 15,4 sowie Ez 23,23. 25 ist von hier aus zu erklären. 294 Die Sorgfalt, mit der der Militärherrscher Ahab auf die Einsatzbereitschaft seiner Truppen, zumal der Streitwagen achtet, ist in einer scheinbar nebensächlichen Einzelheit (oder legendarischen Ausmalung, die dennoch realistisch an das Gedächtinis einer militärisch geprägten Zeit und deren Herrscher anknüpfen mag) erhalten geblieben: lKön 18,5 sorgt er sich persönlich um das Wohlergehen der Pferde. Wohl nicht zufällig aus der Omridenzeit (Ahasja) wird auch eine Notiz für die Durchstrukturierung des Heeres in 50erEinheiten mit je einem sr hmsym überliefert (2Kön l,9ff.). 295 Vgl. lKön 16,31 296 2Kön 8,18. 26 297 Vgl. lKön 20; 2Kön 6,24ff.
66
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Aramäer verteidigten 298 oder die Aramäer „nur" durch Streifscharunternehmen die Nordgrenze Israels heimsuchten 299 , immer fühlten sie sich durch Aram bedroht und herausgefordert 300 . Mehr und dauerhafteren Erfolg hatte Ahab immerhin im Südosten: Er konnte seine Grenze zum Nachteil Moabs nach Süden vorschieben und halten 301 , bis Mescha die für Israel unstabile Situation um den Tod Ahabs und den schnell hintereinander erfolgenden Thronwechsel seiner beiden Nachfolger Ahasja und Joram zum Abfall nutzte 302 . Zu einer durchdachten Vorbereitung der Expansion Ahabs gegen Moab könnte durchaus die Befestigung Jerichos (lKön 16,34) gehört haben; damit gewann Ahab einen festen Ausgangspunkt an der Südostflanke seines westjordanischen Kernlandes. Schließlich zeigt auch der beachtenswerte Umfang des Kontingents, mit dem Ahab sich am Abwehrkampf der syrisch-palästinischen Kleinkönige gegen Assur im Jahre 853 v.Chr. bei Qarqar beteiligte, daß er über eine beträchtliche Streitmacht verfügte 303 . Insgesamt durchlief die Herrschaft der Omriden drei Phasen; zunächst ein grundlegendes Formativum mit Omri, bei dem besonders die Einrichtung der ständigen Residenz hervorzuheben ist. D a n n folgte eine Phase militärischer Sicherung nach außen gegenüber A r a m im N o r d ( o s t ) e n und gegen M o a b im Südosten, die trotz nur wechselnder und zeitweiser Erfolge gegen Aram immerhin durch die bloße Tatsache der militärischen Dynamik im wesentlichen die Grenzen stabil halten, gegen M o a b sogar vorschieben konnte, was für das 298
Vgl. lKön 22,2; 2Kön 8,28f.; 9 2Kön 5,2; 6,23; vgl. auch 2Kön 6,8ff. 2Kön 5,7; vgl. insgesamt zu den Kriegen der Omriden A H A R O N I 1984, 346ff.; vgl. auch T I M M 1982, bes. 181 ff. 185 ff.; D E A R M A N 1989, bes. 157ff. 167ff. 196 ff.; H. W E I P P E R T 1988a (zu 1 Kön 22 und grundsätzlich zur alttestamentlichen „Geschichtsschreibung" ). 301 Mescha-Inschrift Z . 4ff., bes. 5 - 8 . lOf. 18f.; T I M M 1982, 158ff.; N I E M A N N 1985b, 171 (Lit.). Zur Mescha-Inschrift vgl. jetzt umfassend D E A R M A N ed. 1989. 302 Vgl. T I M M und N I E M A N N (A. 301); der gemeinsame Feldzug Jorams b. Ahab mit Josafat von Juda und dem König von Edom gegen Moab (2Kön 3, 6—27), der von manchen als in dieser Zeit historisch glaubwürdig erachtet wird ( z . B . R E H M 1982, 40-48; G R A Y 1980, 468f.; BARTLETT 1983 eliminiert aus der Erzählung Josafat und den König von Edom und glaubt, daß allein Joram den - erfolglosen - Feldzug unternommen habe, während später die Prophetenerzählung mit den beiden anderen Königen hinzugekommen sei ), gelegentlich aber auch in seinem historischen Gehalt zurückhaltend beurteilt wird ( W Ü R T H W E I N 1984, 284f.; für unhistorisch, wenigstens im Blick auf die genannten Königsnamen, hält ihn D O N N E R 1986, 250. 273,), ist nach B E R N H A R D T 1971, in die Zeit von Meschas Nachfolger und in die Zeit Joas' (um 800 v. Chr.) zu setzen. Diese These hat T I M M 1982,171 ff. ausgebaut. Vgl. aber neuestens K N A U F 1988f, 175; D E A R M A N 1989,196ff. 201ff. 303 Nach der Monolith-Inschrift Salmanassars III. (11,91 f.) waren es 2000 Streitwagen und 10000 Mann und damit im Blick auf die Streitwagenmacht das größte Kontingent der syrischpalästinisch-arabischen Koalition; zum Text vgl. die Transkription bei M. W E I P P E R T 1971, 600f.; Übersetzungen: ANET278f.; TGI 3 49f.; TUATI/4, 361. Freilich könnte die Streitwagenzahl ad maiorem regis gloriam überhöht sein ( A H A R O N I 1984, 347: 20 statt 2000; vielleicht trifft N A ' A M A N 1976, 102, mit 200 Wagen das Richtige). Man kann annehmen, daß Ahab Kräfte dieses sicherlich verlustreichen Einsatzes im Norden an der Südostfront gegen Moab gefehlt haben, wo das Geschehen möglicherweise nicht unbemerkt geblieben war und Mescha nur in seinen Plänen und Vorhaben zum Abfall von Israel bestärkt haben kann. 299 300
I. Funktionäre
(„Beamte")
67
Landesinnere Ruhe schuf, aber wohl daneben wenig Kraft und Zeit für eine dauerhafte und differenzierte Herrschaftsorganisation im Sinne einer tiefenwirksamen Verwaltungsstrukturierung ließ304. Hier muß allerdings eine Einschränkung gemacht werden: In l K ö n 20,14f. 17. 19 werden z. Zt. Ahabs sry h-mdynwt erwähnt, mdynh ist aramäisches Lehnwort im Hebräischen 3 0 5 und kommt sonst nur noch nachexilisch 306 vor. Nach dieser H e r k u n f t des Begriffs und der Bedeutung „Verwaltungsbezirk", „Gerichtsbezirk", „Provinz" könnte man vermuten, daß A h a b (oder schon Omri?) seinen Herrschaftsbereich verwaltungsorganisatorisch in Bezirke aufteilte. Dagegen meint Würthwein aufgrund dieses vereinzelten Belegs in der Königszeit und der massiven nachexilischen Bezeugung, die Bezeichnung sei hier anachronistisch eingefügt worden, zumal er V. 13 f. für nachdeuteronomistisch erklärt 3 0 7 . D a n n bleiben aber die vordeuteronomistischen Belege V. 15. 17. 19. Während die Vermutung, die mdynwi-Strukturierung sei aus 304 Insofern ist DONNERS Urteil, der eine „entschlossen(e) und planvoll(e) . . . innenpolitische Konsolidierung" des Omridenreiches konstatiert, wenigstens im Blick auf die (zivilen) Verwaltungsmaßnahmen differenziert zu betrachten (1986, 263). OLIVIER 1983, 130 nimmt im Unterschied zur Zeit zwischen lerobeam I. und Simri, wo der ständige Machtwechsel „prevented the formation of an effective bureaucracy and an elite class in close alliance with the crown and court", an, daß „during the period of the Omrides did it (seil, das Königtum) become fully institutionalized because of its immediate connection to a capital and centralized administration" (Hervorhebung von mir) (vgl. auch DONNER 1986, 270, dessen „Beamtenschaft des Verwaltungsapparates" im flachen Land schwerlich nachweisbar ist, vielmehr m. E. nicht existiert hat). Aber das trifft eben nur eingeschränkt zu: Nach den von OLIVIER zutreffend aufgestellten Kriterien für eine wirkliche Hauptstadt (aaO, 122—126) besaßen die Omriden zwar jetzt in Samaria eine eigene Dauerresidenz, ideologisch wohl genauso wichtig wie die Königswürde selbst (122f.); aber ob sie vor der Zeit Jerobeams II. tatsächlich das ökonomische Zentrum des gesamten Landes war, ist unsicher. Auf jedem Fall ist es nicht nachweisbar, daß Samaria die Hauptstadt im Sinne des uneingeschränkten Zentrums der Landesadministration war, die die Stämme- und Lokalautorität eingrenzte (124f.), denn weder die postulierte Landesadministration noch eingegrenzte Stammes- und Lokalautorität sind irgendwie belegt (vgl. dazu im Gegenteil meine Untersuchung der Samaria-Ostraca unten!). Was OLIVIERS 4.Kriterium betrifft („Hauptstadt als einigendes politisches Zentrum", aaO, 125f.), so besaß Samaria zwar als Elemente dessen eine „Akropolis" mit Palast und königlicher Hauskapelle (WALLIS 1976, 490), Vorratshaltungs-Installationen und Arsenal, aber ob diese Einrichtungen über die königliche Residenz, das byt h-mlk im umfassenden Sinne, hinaus dem gesamten Lande unmittelbar dienten, ist nicht beweisbar (auf den archäologischen Befund in Samaria ist unten noch genauer einzugehen). Und ob das von OLIVIER als Kriterium genannte „nationale Heiligtum" in Samaria ein wirkliches „nationales Heiligtum" war, ob diese Rolle nicht vielmehr Betel (und Dan) spielten (WALLIS 1976, 490ff.), ist nachdrücklich zu fragen! Ohne die große Bedeutung der Gründung der Residenz Samaria in Frage zu stellen, ist doch zweifelhaft, ob Samaria „einigendes Zentrum" (inwiefern??) für die Nordgruppen war. So scheint es mir gegen OLIVIER eher berechtigt, von Samaria als einer bedeutenden „Residenz", einer „Königsstadt" (WALLIS aaO) zu sprechen, aber allenfalls eingeschränkt von einer wirklichen, in jeder Beziehung landesweite Funktionen ausübenden „Hauptstadt", wie es zum Begriff einer Landesmetropole gehört. Vgl. auch u. S. 9 2 - 96. 305
Vgl. GB 400; H A L 521 a; DISO 143 Besonders häufig im Buch Ester als Bezeichnung persischer Statthalterbezirke sowie in E s r a 2 , l ; Neh 1,3; 7,6; 11,3. 307 1984,239 306
68
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
Salomos angeblicher „Provinz"-Einteilung l K ö n 4,7 ff. herzuleiten 3 0 8 , sehr unwahrscheinlich und durch nichts zu bekräftigen ist 3 0 9 , scheint es mir gegen W ü r t h w e i n doch nicht von der H a n d zu weisen, d a ß angesichts der ständigen, w e n n auch feindlichen N a c h b a r s c h a f t der O m r i d e n mit A r a m hier ein wenigstens begrifflich aramäisch vermittelter Ansatz zu einer G l i e d e r u n g des N o r d r e i c h e s in der Omridenzeit sichtbar w e r d e n könnte 3 1 0 . Angesichts des e h e r militärischen als „zivilen" C h a r a k t e r s der omridischen H e r r s c h a f t liegt es m . E . a b e r n ä h e r , bei d e n mdynwt an ein militärorganisatorisches statt an ein zivilverwaltungsorganisatorisches Herrschaftsmittel zu d e n k e n . D a n n d e u t e n die mdynwt nicht auf ein das N o r d r e i c h lückenlos gliederndes ziviles Verwaltungssystem, sondern auf Bezirke, die das N o r d r e i c h im großen R a h m e n in Militärbezirke u n t e r der Leitung eines sr des Königs einteilten. Solche Militärbezirke d ü r f t e n am e h e s t e n G e b i e t e um die von A h a b a u s g e b a u t e n königlichen Festungsstädte M e g i d d o u n d H a z o r gewesen sein 3 1 1 , vielleicht auch R a m o t f ü r das (nördliche) O s t j o r d a n l a n d u n d evtl. Samaria selbst 3 1 2 . F ü r eine solche D e u t u n g , wobei vermutlich nur 3—4 mdynwt a n z u n e h m e n sind, spricht auch die relativ geringe, realistisch a n m u t e n d e Z a h l von 232 n'rym313 d e r sry hmdynwt, in d e n e n mit R e c h t eine E l i t e t r u p p e bzw. G a r d e d e r (3—4) srym g e s e h e n wird u n d die mit ihren F ü h r e r n angesichts der B e l a g e r u n g Samarias in die R e s i d e n z b e o r d e r t w o r d e n ist 3 1 4 . Diese militärpolitische D e u t u n g sowie die Tatsache des völligen Schweigens ü b e r die mdynwt-Gliederung in der Folgezeit sprechen gegen eine D e u t u n g als u m f a s s e n d e zivilorganisatorische Provinzgliederung des Nordreiches 3 1 5 . D a m i t ist aber keineswegs ausgeschlossen, d a ß die den O m r i d e n folgende Jehudynastie die E i n r i c h t u n g der (3—4) Militärbezirke beibehielt 3 1 6 . D a s wäre u m s o wahrscheinlicher, w e n n auch noch später die assyrische Provinzgliederung des Nordreiches nach 734 v. C h r . an dieses Militärbezirkssystem a n k n ü p f t e .
308
S o DE V A U X 1 9 6 4 , 2 2 0 F . ; YEIVIN 1 9 7 9 , 1 6 6 ; d a g e g e n a b e r a u c h s c h o n S A N D A 1 9 1 1 , 4 7 8 ;
GRAY 1 9 8 0 , 4 2 5 . 309 Immerhin ist auffällig, daß diese Bezeichnung bzw. Gliederung niemals vorher und nachher in der monarchischen Zeit Erwähnung findet; zu l K ö n 4,7ff. s.o. S. 27—41 und u. S. 246-251. 310 Zu einem weiteren syrisch-terminologischen Einfluß am Beispiel des FunktionärsTerminus srys vgl. RÜTERSWÖRDEN 1985, 123; vgl. den ebenfalls wohl syrisch vermittelten Terminus für die königliche „Kleiderkammer" 2Kön 10,22 (o. A. 287). 311 Vgl. l K ö n 22,39, wo freilich keine Ortsnamen genannt werden; zum Ausbau Megiddos und Hazors hauptsächlich unter Ahab vgl. o . A . 89 und im Folgenden. Die von Ahab ausgebauten Festungsstützpunkte werden auch noch am Ende der Omridenzeit (Joram) in 2Kön 10,2 erwähnt, aber wiederum ohne einzelne Ortsnamen. 312 Ob sich von diesen Militärbezirken teilweise die assyrische Provinzeinteilung Israels mit den Festungsstädten als assyrische Militärverwaltungsstützpunkte erklären läßt (Hazor + Megiddo = Provinz Magiddü ; Ramot = Provinz Gal'adda ; Samaria: Vasallenkönigtum = Provinz Sämerlna ) ? Vgl. zur assyrischen Provinzbildung u. a. OTZEN 1979; AHARONI 1984,389ff.; DONNER 1986, 308 und schon ALT 1929 = 1978,188ff. 313 Vgl. l K ö n 20,15 314
315
V g l . SANDA 1 9 1 1 , 4 7 8 f . ; ä h n l i c h GRAY 1 9 8 0 , 4 2 4 f . ; W Ü R T H W E I N 1 9 8 4 , 2 3 9
So aber anscheinend DE VAUX 1964,220f.; DERS. 1966,22f. Wenigstens strukturell, wenn auch bei der bekannt blutigen Ablösung/Auswechslung der dem Haus Omri verbundenen Führer durch Jehu mit neuen Befehlshabern besetzt? 316
I. Funktionäre
69
(„Beamte")
Trifft dies alles etwa das Richtige, so liegt aber lediglich eine Landesstrukturierung im Blick auf den königlichen Militärapparat und personal repräsentiert durch die sry h-mdynwt vor, die keine direkte Bedeutung für und Auswirkung auf die lokale und regionale Selbstverwaltung der Ortschaften auf der Bevölkerungsebene hatte. Darüber, ob sie als Basis für eine spätere, weitergehende Zivilverwaltungsorganisation gedacht war, kann man nur spekulieren. Der Entwicklungsbruch des Sturzes der Omriden hemmte auf jeden Fall eine evtl. Entwicklung, wenn geplant, zumal in dem Umsturz, wie bei nahezu jedem Umsturz im Nordreich, die Führungselite der gestürzten Dynastie weitgehend eliminiert wurde, von Jehu bekanntlich besonders radikal (2Kön 20). Neben diesem wahrscheinlich lediglich militärisch motivierten Ansatz der Landesstrukturierung ist für die Omriden keine weitere verwaltungsorganisatorische Bemühung überliefert, die sich an entsprechend eingesetzten königlichen Funktionären ablesen ließe. Mit Ahabs Nachfolgern Ahasja (852-851 v.Chr.) und Joram (851-845 v. Chr.) trat die Omridynastie bereits in die dritte und letzte Phase ein, die mit dem Abfall Moabs unter Mescha und der nachlassenden militärischen Dynamik deutlich als Phase des Niedergangs gekennzeichnet ist. Das Nordreich war gerade noch zu Abwehrkämpfen gegen Aram in der Lage, wobei Joram vor Ramot verwundet317 und die Omridendynastie anschließend durch Jehu vernichtet wurde. Diese Endphase der Omriden erinnert in einigen Aspekten an den Übergang von David zu Salomo: Dort wie hier deutliches Zurücktreten der militärischen Dynamik, dort wie hier Verlagerung von Aktivitäten auf ökonomisches Gebiet318, was beides einen Keim von Stagnation, wenn nicht Niedergang in sich trug. Salomo wie Ahasja und Joram fehlte wohl persönlich die militärische Schwungkraft ihrer Väter. So bereitete derselbe Militärapparat, aus dem die Omriden kamen, ihnen durch Jehu schließlich das Ende. Über die königlichen Funktionäre am Hof, in der Residenz und im Militär der immerhin rund hundertjährigen Herrschaft der Dynastie Jehu sind wir relativ schlecht informiert, ungeachtet der ausführlichen Beschreibung ihrer martialischen Anfangsphase 319 .
317
2Kön8,28f.;9,l-15a Vielleicht kann dafür der handelsökonomische Vorstoß Ahasjas von Israel zu gemeinsamer Schiffahrt mit Josafat v. Juda beispielhaft stehen (lKön 22,50), was Josafat freilich ablehnte; 2Chr 20,35-37 stellt die Sache anders dar: Danach machte Josafat mit Ahasja handelspolitisch gemeinsame Sache, wofür jener aber prophetische Kritik erhielt und das Unternehmen vor Beginn scheiterte; zu einer differenzierten (zeitlichen) Erklärung auf der Grundlage von lKön 22 vom Scheitern der Schiffe Josafats und einem dann folgenden Hilfsangebot Ahasjas vgl. R U D O L P H 1955, 263, der dazu neigt, die Kooperation für glaubwürdig zu halten (aaO, 264f.). Vgl. aber dagegen W I L L I 1972, 219 und, W I L L I folgend, W I L L I A M S O N 1982,302f., sowie M I C H E E L 1983, 5 3 - 5 5 und W E L T E N 1973, 38. 318
319
2Kön 9f.; zur Jehudynastie insgesamt vgl.
MINOKAMI 1 9 8 9 .
AHARONI
1984, 352FF.;
DONNER
1986, 280ff.;
70
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
Immerhin steht fest, daß ein Teil des Hofstaates der Omriden bereit war, sich dem Usurpator zu unterwerfen und anzuschließen 320 , was ihn aber nicht davor bewahrte, schließlich doch umgebracht zu werden 3 2 1 . So dürfte die Jehudynastie einen neuen Hofstaat aufgebaut haben, der sich strukturell kaum von dem der Omriden unterschieden haben mag, obwohl uns dafür keinerlei Aussagen vorliegen. Ganz deutlich ist jedoch, daß die Jehudynastie eine stark militärisch basierte Herrschaft war, wie sie mit Jehu selbst ja auch aus dem Heer hervorging 322 . Das war auch dringend notwendig, da die Aramäer eine die Dynastie ständig begleitende und beunruhigende akute Bedrohung bildeten 323 . Den Tiefpunkt des „Kriegsglücks" erlitt Israel anscheinend unter Joahas, wo das Heer stark dezimiert war 324 , während unter Joas nach Hasaels Tod immerhin Erfolge gegen Aram zu verzeichnen waren 3 2 5 , wie Joas auch die militärische Provokation Amazjas von Juda zurückschlug 326 , allerdings sich auch gegen Streifscharen Moabs zu wehren hatte 3 2 7 . Unter Jerobeam II. ist immerhin von das Nordreich stabilisierenden Erfolgen gegen Aram (Hamat und Damaskus) die Rede 3 2 8 . Dennoch ist über Einzelheiten der Heeresstruktur kaum etwas überliefert 3 2 9 . Auch darüber, ob die evtl. z. Zt. Ahabs geschaffene Militärbezirksorganisation von der Jehudynastie übernommen wurde, ist nichts bekannt 3 3 0 . Jedenfalls waren die gut 50 Jahre des Joas und des Jerobeam II. nicht von die Herrschaft ernsthaft bedrohenden militärisch-außenpolitischen Problemen belastet, eher von innerer Stabilität gekennzeichnet und deshalb wohl auch die wirtschaftlich erfolgreichste Zeit des Nordreiches - mit der negativen Kehrseite der wachsenden sozialen Differenzierung auf dem Hintergrund des konsumptiven, luxuriösen Wohlle-
320
2Kön 10,5 2Kön 10,11 322 Jehu war einer der sry h-hyl (2Kön 9,5f.) und wurde von diesem Kreis zum König proklamiert (2Kön 9,13). Die „militärische Herkunft" der Nimsiden steht neben den vielen Kriegen wohl dahinter, wenn von vier der fünf Glieder der Jehudynastie ihre „militärische Tüchtigkeit" ausdrücklich betont wird (2Kön 10,34 < J e h u > ; 13,8 ; 13,12; 14,15 ; 14,28 cJerobeam II.>, auch wenn Joahas schwere militärische Niederlagen einstekken mußte gegen Aram (2Kön 13,7). Ebenso erfolglos war Joas gegen Moab (2Kön 3, < 4 f . > 6ff.) (vgl. o.A. 302). 323 2Kön 10,32f.; 13,3. 7. 14ff. 22; zur Charakterisierung der Jehudynastie im Unterschied 321
zu d e n O m r i d e n vgl. DONNER 1986,280. 324 2Kön 13,7; vgl. AHARONI 1984,354; Joahas zahlte auch 806 v. Chr. Tribut an Adadnirari III. (TGI 3 53f.). 32 5 2Kön 13,24f.; vgl. AHARONI 1984, 354f. 32 * 2Kön 14,8ff. 327 2Kön 13,20; zu Joas' erfolglosem Gegenschlag gegen Moab (2Kön 3, 6ff.)(falls historisch) vgl. o.A. 302. 328 2Kön 14,25-28; vgl. Am 6,13f. (Erfolge im Ostjordanland, Lodebar, Karnajim); AHA-
RONI 1984,355 f.
329 vgl 2Kön 13,7; Hos 1,5 beschreibt den militärischen Charakter der derzeitigen Herrschaft in Israel im Bild des „Bogens" (vgl. WOLFF 1961, 20f.; RUDOLPH 1971, 52f.), Am 4,10 nennt n'rym (Elitesoldaten, vgl. die n'ryrn der sry h-mdynwt Ahabs, lKön 20, 14. 15. 17. 19; W O L F F 1969, 261; RUDOLPH 1974, 179), Kriegsrosse und -lager; vgl. auch die militärische Gliederung der Städte im Blick auf ihr Heeresaufgebot (Am 5,3). 330 Vgl. aber o. S. 68 mit A. 312.
I. Funktionäre
(„Beamte")
71
b e n s der Oberschicht, wie e s Arnos und H o s e a drastisch beschreiben 3 3 1 . H a n d e l 3 3 2 und Kunsthandwerk 3 3 3 blühten, Landeselite und H o f hatten Schätze angehäuft 3 3 4 . Kein Wunder, daß in den A u g e n H o s e a s die Jehudynastie in ihrer E n d p h a s e in anderem Licht erschien als m a n sie anfangs vermutlich g e s e h e n hatte 3 3 5 .
Insgesamt stellten die Nimsiden einerseits eine deutlich militärisch charakterisierte Herrschaft dar, ein Faktum, dem sie gemeinsam mit der durch Jehus Tribut an Salmanassar III. 841 v. Chr. abgewendeten assyrischen Gefahr ihre lange Dauer verdankten. Die militärische Kraft reichte aber dennoch nicht über das Maß hinaus, das eine gewisse Ruhe im Landesinnern verschaffen konnte336. Andererseits waren, damit zusammenhängend, die letzten 5 Jahrzehnte durch eine stark konsumptive Lebensweise der Oberschicht gekennzeichnet, die zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit ging und mit dem Ergebnis wachsender sozialer Stratifikation einherging. Es ist daneben nichts zu erkennen, was für die Entwicklung und Existenz einer Verwaltungsbürokratie königlicher Funktionäre mit Wirkungen bis auf die lokale Ebene spräche. Über die Revolte Sallums, der den letzten Nimsiden Sacharja b. Jerobeam stürzte, ist fast nichts bekannt. Wahrscheinlich handelte es sich wieder um einen Umsturz innerhalb der Hofkreise. Jibleam (= Hirbet Bel'ame), wo Sallum den König ermordete 337 , liegt am Nordabfall des samarischen Gebirges zur Jesreelebene hin, nahe bei Bet-Haggan338. Besaßen die Könige dort eine Sommerresidenz? Sallum könnte einen Aufenthalt von König und Hofstaat dort zum Umsturz genutzt haben. Daß er sich immerhin in Samaria etablieren konnte, wenn auch nur für einen Monat339, spricht dafür, daß er einen gewissen Anhang am Hof besaß; es ist auch nicht überliefert, daß er, wie Jehu, den Hofstaat ausgemordet hätte. Jedenfalls blieb diese vermutliche Hofrevolte eine Episode. Nicht sehr viel mehr als über Sallum ist über Menahem b. Gadi bekannt. Daß 331
V g l . z . B . H o s 4 , 8 ; 7 , 5 ( ? ) ; 8 , 1 3 ; 1 2 , 9 ; 1 3 , 6 ; A m 3 , 9 - 1 1 . 15; 4 , 1 - 3 ; 5 , 1 0 - 1 2 ;
6,1-7;
8 , 4 - 6 (zu Arnos vgl. jetzt FLEISCHER 1989).
332 Vgl. Hos 12,2 (Ölexport?, zu politischen Hintergedanken beim Ölexport nach Ägypten vgl. RUDOLPH 1971,226). 8f.; A m 8,4ff. 333 Hos 8,4; 9,6; 13,2 334 Hos 1 2 , 9 ; 1 3 , 1 5 335 Vgl. Hos 1,4 mit der Darstellung des JHWH-Eiferers Jehu und den „Taten von Jesreel" (2Kön 9; 10,1—30). Für den (wirtschaftlichen) Höhepunkt der Jehudynastie unter Jerobeam II. (wie vielleicht auch zur Zeit Salomos) mag ein Wort von Polybios passen: „Wenn ein Staat, der unbeschadet durch viele und große Gefahren gegangen ist, das Höchstmaß seiner Macht erreicht und über eine volle und unangefochtene Souveränität verfügt, dann ist offenbar, daß die lange Frist des Wohlstands kostspielige und üppige Sitten aus sich gebären muß und daß die Seelen der Menschen sich in ehrgeizigem Wettstreit erhitzen und im Streben nach Würden allzu begierig und begehrlich werden." (SERVICE 1977,382). 336 337 338 339
Vgl. die Charakterisierung der Nimsidenzeit durch DONNER 1986, 280(ff). 2Kön 15,10 Dort wurde auch Ahasja v. Juda durch Jehu ermordet (2Kön 9,27). 2Kön 10,13
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
er von Tirza her gegen Sallum in Samaria heranzog, muß nicht heißen, daß er von dort stammte340 und hinter seinem Coup eine Konkurrenz der verlassenen Residenz der Zeit vor den Omriden gegenüber Samaria oder eine Stammesrivalität steht. Falls er aber Manassit war, macht die Eroberung und Ausmordung Tappuachs, der vom manassitischen 'rs tpwh getrennten ephraimitischen Stadt Tappuach341 Sinn als manassitische Aktion zur Korrektur eines geographisch vielleicht als unnatürlich empfundenen Zustandes sowie zur Begründung einer Hausmacht Menahems und als legitimatorischer Beweis seiner militärisch-herrscherlichen Eignung. Für eine mehr stammes- als militärbasierte Herrschaft Menahems mag sprechen, daß weder von weiteren Militäraktionen noch von einer besonderen „militärischen Tüchtigkeit" Menahems in der ihn betreffenden deuteronomistischen Rahmennotiz 342 die Rede ist, wie es z. B. bei allen Nimsiden außer Sacharja, ungeachtet wirklicher militärischer Erfolge, schematisch geschah. Andererseits hat gerade Menahem zur Abwendung der Assyrergefahr bzw. zur Gewinnung der RückendeckungTiglat-Pilesers III. für seine - doch wohl usurpatorische - Herrschaft mit einem Tribut an den Assyrer die Besitzelite der Orte und Stämme belastet343, was nicht gerade zu seiner Popularität auf der Bevölkerungsebene beigetragen haben wird. Bleibt bei Menahem und seinem ihm für ca. 1 Jahr folgenden Sohn Pekachja344 einigermaßen unklar, ob ihre Herrschaft sich mehr auf Stammesloyalität oder auf diejenige des Militärs (oder auf beides?) stützte, und läßt sich über die Struktur ihres Funktionärsapparates nichts ermitteln, so steht immerhin fest, daß mit Pekach b. Remalja, einem slys des Pekachja 345 , die Dynastie Menahems wieder durch einen Putsch der Militärelite am Hof gestürzt wurde346. In Pekachs Zeit fällt als Vorbote des endgültigen Endes des Nordreiches der schwere 340 Das nimmt DONNER 1986, 303 an, freilich ohne Beweis. Falls der „große Bau in Tornähe", den H.WEIPPERT 1977, 345 mit Zurückhaltung vielleicht als „Gouverneurssitz" (Menahems?) ansprechen wollte, mit Gebäude 148 gleichzusetzen ist, so hat sich der Bau inzwischen lediglich als ein „besonders groß und gut gebautes Wohnhaus" (4-Raum-Haus) erwiesen (H. WEIPPERT 1985,182). 341 Vgl. o. S . 5 6 m . A. 233 342 2Kön 15,21 343 2Kön 15,19f. (gbwry h-hyl); zu Menahem vgl. M. WEIPPERT 1973. 344 2Kön 15,23f. 345 2Kön 15,25 346 Der Umsturz spielt sich diesmal nicht, wie früher im Nordreich öfters, im Heerlager, sondern (wie z . B . auch bei E l a b . Baesa) in der Residenz, diesmal in Samaria im 'rmwn byt h-' mlk ab (2Kön 15,25). Interessant ist die Bemerkung, daß bei der Ermordung des Königs „50 Mann von den Gileaditern bei ihm waren": Da „bei ihm" sich wohl auf Pekach bezieht, heißt das, daß Pekach sich auf Gilead, wohl seine Heimat, stützen konnte, wodurch seinem Umsturz als Adjutant Pekachjas der Charakter einer Hofmilitärrevolte aber nicht genommen wird, hinter dem auch ein Gegensatz zwischen der assurfreundlichen Politik Menahems und Pekachjas und der eher damaskusfreundlichen Politik des Aram zugeneigten Pekach stehen
d ü r f t e (vgl. WÜRTHWEIN 1984, 3 8 2 f . u n d s c h o n SANDA 1 9 1 2 , 1 8 6 f f . ; GRAY 1980, 6 2 3 f f . ; REHM
1982,150ff. wie zuletzt HENTSCHEL 1985, 70ff.).
1. Funktionäre („Beamte")
73
Einfall Tiglat-Pilesers III. im Norden und Osten Israels347 und der erfolglose Versuch Pekachs und Rezins von Damaskus, Juda in eine Koalition gegen Assur zu zwingen348. Man kann mit gutem Recht bezweifeln, daß Pekach Zeit, Kraft und Motivation zu verwaltungsorganisatorischen Maßnahmen gehabt hat. Jedenfalls ist nichts in dieser Hinsicht und nichts an Funktionären solcher Aufgabenbereiche auszumachen. Dasselbe gilt für die Zeit Hoseas b. Ela, den letzten Herrscher Israels. Überliefert ist lediglich die Tatsache, daß er eine Verschwörung gegen Pekach anzettelte349. Da keinerlei Hinweis existiert, daß er ein Militär und „militärisch tüchtig" war, liegt die Vermutung nicht fern, daß er zum Hofe Pekachs gehörte und Mitverschworene dort besaß. Dafür spricht, daß er sich fast ein Jahrzehnt in Samaria halten konnte 350 . Nachdem er 732 v. Chr. assyrischer Vasall geworden war351, nutzte er in seinem 7. Jahr die Beziehungen seines Hofes nach Ägypten zu einem Verschwörungsplan zusammen mit Ägypten gegen Assur352, was aber schnell zu seiner Verhaftung durch die Assyrer und 720 v. Chr. zur Einnahme Samarias, zum ruhmlosen Ende Hoseas und des Nordreiches überhaupt geführt hat353. Die Skizze der Herrschaften des Nordreiches, ihrer sozialen Verwurzelungen und die Frage nach ihren Hof-, Residenz- und Heeresfunktionären hat auffallend wenige Anhaltspunkte ergeben, die für eine verwaltungsorganisatorische Gliederung als königliches Herrschaftsmittel sprächen, wie sich auch keine Funktionsträger bezeugt fanden, die im königlichen Auftrag organisierende Macht bis auf die lokale und regionale Bevölkerungsebene ausgeübt hätten. Das muß auf den ersten Blick Erstaunen erregen angesichts der immerhin knapp 200jährigen Existenz des Nordreiches. Zur Erklärung kann man sogleich darauf hinweisen, daß die strukturelle Stabilisierung und Entwicklung durch die ständigen Umstürze immer wieder unterbrochen worden war. Aber es hat immerhin doch zwei Dynastien gegeben, die über 30 (Omriden) bzw. knapp 100 Jahre (Nimsiden) währten. Aber auch bei ihnen ist zu bemerken, daß sie, bedingt durch die im Gegensatz zu Juda gefährdete geopolitische Lage des Nordreiches ständig alle Hände voll zu tun hatten, um sich äußerer Gefahren zu erwehren, so daß für innenpolitisch stabilisierende Aufgaben der Landes- und Herrschaftsstrukturierung allem Anschein nach zu wenig Kraft und Zeit blieb. Darüber hinaus spielte zweifellos die zentrifugal wirkende Stämmeund Gruppen Vielfalt des Nordreiches eine Rolle. Es ist insofern auch bezeichnend, daß in der relativ stabilen Ahabzeit zuerst und vor allem ein Ansatz zu 347
2Kön 15,29 Vgl. Jes 7,1—9; 2Kön 15,37; zum Syrisch-Ephraimitischen Krieg vgl. die K o m m e n t a r e z.St., bes. WILDBERGER 1980,262ff., auch HERRMANN 1980, 306ff.; DONNER 1986, 303ff. 349 2Kön 15,30 350 2Kön 17,1 351 2Kön 17,3; OTZEN 1979 352 2Kön 17,4; 18,9f. 353 2Kön 1 7 , 4 - 6 (vgl. dazu jetzt überzeugend NA'AMAN 1990); 2Kön 18,9-11. 348
74
A) Binnenverwaltung
als
Herrscbaftsmittel
einer a n s c h e i n e n d lediglich militärorganisatorisch m o t i v i e r t e n G l i e d e r u n g (mdynwt) f e s t z u s t e l l e n w a r , a b e r das ist - w i e d e r u m b e z e i c h n e n d e r w e i s e - a u c h alles, w a s sich auf d i e s e m G e b i e t tat. W e d e r ist sicher, d a ß d i e s e G l i e d e r u n g n a c h d e m E n d e d e r O m r i d e n durch die N i m s i d e n w e i t e r g e f ü h r t o d e r gar a u s g e b a u t w o r d e n ist, n o c h ist i r g e n d e t w a s ü b e r e i n e W e i t e r e n t w i c k l u n g in R i c h t u n g e i n e r regionalen königlichen Zivilverwaltungsgliederung bekannt. H a t e s also g e w i s s e r m a ß e n „ v o n o b e n " k e i n e zivilverwaltungsorganisatorische Strukturierung als H e r r s c h a f t s m i t t e l i m N o r d r e i c h g e g e b e n , stellt sich d i e F r a g e , o b vielleicht E r g ä n z e n d e s sichtbar wird, w e n n m a n v o n der l o k a l e n u n d r e g i o n a l e n B e v ö l k e r u n g s e b e n e her fragt, o b dort i r g e n d w e l c h e A u s w i r k u n g e n herrschaftlicher M a c h t a u s ü b u n g u n d M a c h t a n s p r ü c h e durch d e n E i n s a t z u n d das A u f t r e t e n k ö n i g l i c h e r F u n k t i o n s t r ä g e r sichtbar w e r d e n . D a s hierzu r e l e v a n t e Textmaterial ist b e s c h e i d e n , andererseits e i n d e u t i g , i n d e m es deutlich l o k a l e S e l b s t v e r w a l t u n g d o k u m e n t i e r t u n d v o n k ö n i g l i c h e r E i n f l u ß n a h m e in l o k a l e B e l a n g e , d . h . k ö n i g l i c h e V e r w a l t u n g s o r g a n i s a t i o n in der R e g e l k e i n e R e d e sein k a n n . F o l g e n d e T e x t e z e i g e n das e x e m p l a r i s c h : l K ö n 21 354 : V. 8 schreibt Isebel Briefe an die Ortselite von Jesreel ( z k n y m und hrym) im „Fall N a b o t " , geht also nicht mit Gewalt zu Werke, was vielleicht möglich, aber offenbar untunlich erschien. D a s dürfte nicht nur M e t h o d e zur Verdeckung der geplanten U n rechtstat gegenüber Nabot sein, sondern auch der Weg, der den Anschein der Legalität bei einem angeblichen Kapitalverbrechen wie Gottes- u n d Majestätsbeleidigung wahrte. Man kann dabei bezweifeln, daß die in der Erzählungsformulierung deutlich durchscheinende Unterschiebung der Tat Nabots (V. 10) im Brief (falls es den gab u n d er nicht nur ein erzählerisches E l e m e n t ist) so erkennbar formuliert war; dieser A k z e n t kann auf den Erzähler zurückgehen, der eindeutig auf seiten Nabots stand und den Eindruck der Niedertracht Isebels herausstellen wollte. Die Abfassung der Briefe im N a m e n und mit Siegel A h a b s (V. 8) gibt der A u f f o r d e r u n g an die Ortselite Jesreels ohnedies ein solches Gewicht, daß man von einer Weisung sprechen k a n n , der sich die f ü h r e n d e n Kreise des Ortes, in dem ja auch der König zur Besitzelite zählte, k a u m entziehen konnten 3 5 5 . Wie dem auch sei, es ist jedenfalls bemerkenswert, daß im O r t der königlichen Nebenresidenz mit dem scheinrechtlichen Verfahren, wie Isebel es vorschlägt, formalrechtliche Rücksicht gegenüber der lokalen Gerichtshoheit geübt wird, auch wenn der König selbst involviert ist. Ist dies in einem so exponierten O r t u n d bei einem so schwerwiegenden Verbrechen der Fall, dürfte dasselbe auf jeden Fall in jedem anderen O r t und bei geringfügigeren Anlässen ebenso gegolten haben. E b e n s o deutlich in d i e s e R i c h t u n g weist 2 K ö n 4 , 1 3 f . : Die Sunamitin lebt innerhalb des offensichtlich voll ausreichenden Schutzes (auch Rechtsschutzes) ihrer Verwandtschaftsgruppe ('m) u n d bedarf keiner Fürsprache oder Vermittlung bei Autoritäten außerhalb oder über der E b e n e der Verwandtschaftsgruppe, als deren höchstmögliche Beispiele König und Oberster H e e r f ü h r e r erwähnt werden. 354
Zu diesem Kapitel und dem „Fall Nabot" vgl. neben den Kommentaren BOHLEN 1978;
z u m b o d e n r e c h t l i c h e n A s p e k t DYBDAHL 1981, 1 5 2 - 1 6 2 . 355
Vgl. die Briefe Jehus in 2KönlO,lff. mit ähnlichen Charakteristica.
I. Funktionäre
(„Beamte")
75
Wird die gelegentliche Notwendigkeit einer solchen Vermittlung und Schlichtung 356 durch eine über oder außerhalb der Sippe stehende Instanz hier angedeutet, so findet sich ein konkreter Fall in 2Kön 8,1—6357. Die in den beiden Beispielen angeführte Art der Vermittlung durch eine übergeordnete Autorität ist eine typische machtstabilisierende Funktion von Herrschern (chiefs358).
Stellen diese wenigen, aber wohl repräsentativen Beispiele die rechtlichverwaltungsmäßige Selbständigkeit der von ihrer jeweiligen Oberschicht bzw. deren Elite geführten Ortschaften auch gegenüber dem Herrscher heraus, so ist weiter nach der Stellung dieser selbständigen lokalen Eliten zum Königtum zu fragen. Es liegt auf den ersten Blick nahe, mit dem Südreich und dem dort herausgearbeiteten Verhältnis von Königtum und Orts- und Regionalelite zu vergleichen. Bei näherem Hinsehen stellen sich aber gravierende Unterschiede heraus: Die Ausgangslage für eine einheitliche und gleichartige sowie geradlinige Entwicklung im Nordreich ist durch die Vielzahl der Stämme und Gruppen, die geomorphologische Differenziertheit der Regionen und ihre damit gegebene mindestens latente zentrifugale Neigung, überhaupt den größeren Umfang des Gesamtterritoriums viel ungünstiger gewesen als in Juda. Weiterhin ist durch die überwiegend zu beobachtende Herkunft der Herrscher aus dem Militär bzw. der höfischen Umgebung der jeweiligen Vorgänger359 ihre Verwurzelung in der Bevölkerungsebene geringer als in Juda. Entsprechend gering ist die Einflußnahme des Volkes oder vielleicht sogar sein Interesse am Wechsel der Herrschaften - wieder im Gegensatz zur mehrfachen Aktivität des 'm h- 'rs bei Revolten in Juda. Wenn sich Glieder der lokalen und regionalen Elite mit dem Herrscher verbunden hatten, standen sie in der Gefahr, bei der nächsten Revolte mit eliminiert zu werden. So verhinderten die Revolten ein gutes Stück weit eine sich pyramidal entwickelnde, breitere Elite in der Oberschicht mit Bindung an das Königtum. Im Unterschied zum Südreich fehlten auch lange einen gesellschaftlichen Konsens fördernde, einigende Symbole, wie Juda sie in Jerusalem, den Davididen und dem Jerusalemer Tempel von Anfang an besaß. Es ist zweifelhaft, ob Samaria jemals für alle Nordreichsbewohner einen vergleichbaren integrierenden Stellenwert besaß; die wechselnden Dynastien haben diese Integrationskraft wohl kaum besessen. Gab es also im Nordreich im Unterschied zum Südreich weniger Anlässe und Motive für Bewohner der Ortschaften und Regionen, grundsätzliche, umfas356
Vgl. 2Sam 14,2ff.; 15,2-6; lKön3,16-28 Vielleicht hatte der König selbst das durch die Auswanderung erledigte Gut eingezogen? Vgl. CH § 30 (TUATI/1,48) zur Rechtslage im Babylonien Hammurapis. 35 8 Vgl. SERVICE 1977, 37f. 134ff. 359 Lediglich Jerobeam I. und vielleicht Baesa und Tibni bildeten Ausnahmen mit einem überwiegenden Rückhalt in Stämmen bei ihrer Königserhebung; bei Menahem ist dasselbe möglich, aber er kam zunächst aus dem Hofbereich (?) wie auch Pekach. 357
A) Binnenverwaltung
76
als
Herrschaftsmittel
sende sowie stetige Kooperation mit dem Königtum über formale Akzeptanz und fallweise Unterstützung hinaus, etwa bei äußerer Bedrohung, zu suchen, stellt sich die Frage, ob ein Bestreben zur Herstellung eines machtstabilisierenden Konsenses vielleicht von Seiten des Königtums zu belegen ist. Ansatzmöglichkeiten zu einer Interessenverbindung bzw. zur Gewinnung von Loyalität und Kooperation mit der Orts- und Regionalelite boten sich über die Königsfamilien, die Familien der königlichen Haupt- und Nebenfrauen und Hoffunktionäre einschließlich der Spitzenmilitärs. Dabei konnten sich aber keine elitären Kontinuitäten mit ihrer stabilisierenden Funktion wie im Südreich bilden, weil die jeweilige Hofelite bei den meisten Herrschaftsumbrüchen ausgerottet, günstigstenfalls auf den vorherigen Status innerhalb der Herkunftsorte und -regionen zurückgeworfen wurde. Einzelheiten wie etwa Angaben über Königsfrauen sind aber nicht überliefert. Immerhin können vereinzelte Beispiele für die Existenz und Entwicklung von Loyalitätsverhältnissen und Interessenübereinstimmungen zwischen Gliedern lokaler/regionaler Eliten und dem Königtum namhaft gemacht werden, wozu sich naturgemäß desto mehr Gelegenheit bot, je länger eine Dynastie regierte. Ein symptomatisches Beispiel bildet der Priester Amazja am ausdrücklich als „königliches Heiligtum" bezeichneten Kult von Betel360 z. Zt. Jerobeams II. Eine ähnliche, dem König unmittelbar verbundene Loyalität kann man am Heiligtum von Dan annehmen361. Gerade die Feststellung, daß im königlichen Heiligtum und Ort Bethel bekanntermaßen starke Interessen der Nordreichsherrscher aus ideologisch-legitimatorischen Gründen und außenpolitisch wie innenpolitisch stabilisierenden Motiven der religionspolitischen Abgrenzung gegenüber Juda existierten, die zudem aufgrund der altehrwürdigen Tradition Betels362 im Unterschied zu anderen, mit der einen oder anderen Dynastie allein verknüpften Tradition aller Wahrscheinlichkeit nach ausnahmslos von allen Nordreichskönigen gepflegt wurden, macht es sehr wahrscheinlich, daß die lokale Elite Betels, einschließlich der priesterlichen, in ganz besonderem Maße dem Königtum loyal verbunden war und sich kooperativ verhielt. Vor diesem Hintergrund gewinnt die gelegentlich in ihrem Wert oder in ihrer Zuordnung zur Ahabzeit in Zweifel gezogene363 Notiz lKön 16,34 an Gewicht. Danach hat ein gewisser Hiel von Bethel in der Zeit Ahabs Jericho „gebaut". Wie und warum dabei seine beiden Söhne umkamen 364 , kann hier auf sich beruhen. Daß Hiel königlicher „Beamter" war, der im Auftrag Ahabs handelte, wird nicht gesagt365. Die Frage, wann Jericho in der Eisenzeit besiedelt war mit ableitbaren Folgerungen zu Sinn und Zweck des „Bauens" Hiels sowie zu seiner Datierung, ob tatsächlich zur Ahabzeit oder nicht, wobei im letzteren Fall die Ausdeutbarkeit der Notiz sich eher noch verminderte, ist seit der Untersuchung von H. und M. Weippert beantwortbar geworden durch deren Feststellung, daß Jericho die gesamte Eisenzeit 360
Am 7,10-13 Vgl. NIEMANN 1985a, 118ff. 131 ff. 362 Vgl. Gen 28,10-22 363 So zuletzt von TIMM 1982, 4 8 f . (ihm folgend DONNER 1986, 273) ohne durchschlagende Gründe. Vgl. dazu SANDA 1911, 411 f.; H. u.M. WEIPPERT 1976, 148; R E H M 1979,167; GRAY 1980, 369f.; NOTH 1983,355f.; WÜRTHWEIN 1985,204; CLAUSS 1986,196. 365 Gegen SANDA 1911,411; R E H M 1979,167; Nora 1983, 355; WÜRTHWEIN 1985,203. 361
I. Funktionäre
11
(„Beamte")
hindurch kontinuierlich mehr oder weniger stark besiedelt war 3 6 6 . Ist daher kein grundsätzlicher Zweifel an der Möglichkeit von Bau- oder Ausbau- oder Befestigungstätigkeit oder am ehesten bescheidener Bautätigkeit zur Ausbesserung367 von Befestigungen in welchem U m f a n g auch immer gerechtfertigt, sehe ich nichts, was zu Mißtrauen gegenüber der Aussage des Verses veranlaßte. Zwar ist, wie gesagt, nicht ausdrücklich von königlicher Beauftragung Hiels die R e d e , eine solche ist aber von der strategischen Lage am Südostzipfel des Nordreiches gegenüber Juda und gegen Mescha an den Jordanfurten in Richtung auf M o a b zur Zeit A h a b s überaus einleuchtend 3 6 8 . Bei dem Versuch noch genauerer zeitlicher Einordnung gibt es unterschiedliche Vorschläge: D e r Ausbau des exponierten Nordreichsortes als Zwischenstützpunkt Israels macht vor und während der von Mescha bezeugten erfolgreichen Expansion Omris und A h a b s gegen Moab 3 6 9 wohl doch besseren Sinn als nach d e m Tode Ahabs 3 7 0 . Z w a r kann m a n zu dieser Zeit den Ausbau auch motivieren, nämlich nun als defensive M a ß n a h m e , hat aber den Text von V. 34 mit der Z u o r d n u n g zu A h a b gegen sich. Wichtiger als diese zeitliche Detailfrage ist dies, daß mit Hiel allem Anschein nach ein Glied einer Ortselite, ohne ausgesprochenermaßen bzw. nachweislich (Hof-)Funktionär des Königs zu sein, unter persönlichem Einsatz und O p f e r , vielleicht auf Wunsch und wohl jedenfalls (auch) im Interesse des Königs eine für das Landeswohl wichtige (Bau-)Aufgabe in einem O r t ausführt, von d e m nicht textlich bezeugt, aber geographisch-strategisch wahrscheinlich ist, daß er ein königlicher Funktionalort war. Man m u ß zugeben, daß in der Episode etliches im Dunkel bleibt: D a s genauere Verhältnis König - Hiel und die Funktion des letzteren, die Frage des Todes der Söhne, der exakte U m f a n g von Hiels Aufgabenstellung. A b e r das, was klar ist, ist wichtiger: Ein M a n n aus Betel, als solcher dem König verbunden, offenbar ein fähiger Spezialist, ob organisatorisch oder handwerklich, damit Glied der Elite seines Ortes, übernimmt mit allen diesen Voraussetzungen, aber ohne ausdrücklich als königlicher Funktionär ausgewiesen zu sein, eine militärstrategisch wichtige Vertrauensaufgabe. So ist Hiel ein Beispiel für ein Mitglied einer Ortselite, das mit dem Königtum, ohne ausdrücklich in eine Funktion eingebunden zu sein, kooperierte, ein „freier Mitarbeiter" in Interessenübereinstimmung mit dem Königtum.
Einen wichtigen Einblick in das Verhältnis der Lokal- und Regionalelite des Nordreiches zum Königtum, das andere Akzente aufweist als das Verhältnis Königtum - Elite in Juda, vermag eine Betrachtung der Samaria-Ostraca zu verschaffen371. Sie sind auch deshalb hier heranzuziehen, weil sie gern im Zusammenhang mit dem Krongut als einer ökonomischen Machtbasis des
366
1976, bes. 113f(f); 131.134ff. 145 « So mit Recht auch H. u. M . W E I P P E R T 1976, 148;
3 7
REHM
1979, 167;
NOTH
1983, 355F.;
WÜRTHWEIN 1 9 8 5 , 2 0 3 . 368
In dieser Art denken auch SANDA 1911, 411; GRAY 1980, 371; N O T H 1983, 355; W Ü R T H 1985,203. 369 Mescha-Inschrift Z. 5—9; vgl. SANDA 1911, 411 (denkt aber an eine defensive Maßnahme Ahabs gegen Meschas Vordringen); N O T H 1983,355; W Ü R T H W E I N 1985, 203. 370 Dann aber als defensive Maßnahme des Nordreiches, vgl. SANDA 1 9 1 1 , 4 1 1 ; H. u.M. WEIPPERT 1 9 7 6 , 1 4 8 ; unentschlossen GRAY 1 9 8 0 , 3 6 9 - 3 7 1 . 371 Auswahl-Ausgaben: KAI Nr. 183-186; JAROS, 1982, Nr. 16-27 (S. 51-57); TU AT 1/3, 248F.; vgl. auch A H A R O N I 1984, 374-376. WEIN
78
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Königtums und mit Landvergabe an königliche Funktionäre372 sowie schließlich auch als Belege für eine Landesgliederung betrachtet werden, alles zumindest indirekte Herrschaftsmittel der Könige. Es ist hier nicht notwendig, den Problemkomplex der Samaria-Ostraca in allen Einzelheiten darzustellen 373 . Ich konzentriere mich auf folgende Fragen: Was dokumentieren die Ostraca? Geben sie Einblick in die königliche Binnenverwaltung des Nordreiches? Wenn ja, was ergibt sich für die Frage nach der Verwaltung der Durchschnittsortschaften ? Im Blick auf die Datierung der Ostraca hat Aharoni überzeugend dargelegt, daß die beiden Gruppen der auf das Jahr 9 bzw. 10 sowie auf das Jahr 15 datierten Ostraca am ehesten in der Zeit des Joas (800-785/802-787 v. Chr.) und des Jerobeam 11.(785-749/ 787—747 v. Chr.) anzusetzen sind 374 . Weiter hat Aharoni mit Recht herausgestellt, daß zwischen den Absender-Sippen bzw. -Orten bzw. -Personen einerseits und den Empfängern andererseits keine wechselseitige Beziehung besteht 3 7 5 . Er weist auch darauf hin, daß Lieferungen aus einem Sippenterritorium an verschiedene Personen gehen, was bedeute, daß der Empfänger Lieferungen von dem ihm von der Krone übertragenen Landbesitz erhalte, und daß eine Person aus verschiedenen Sippenterritorien Lieferungen erhalten könne 3 7 6 . D a nun die Sippenzugehörigkeit der Empfänger nicht feststeht, kann m . E . auch der Fall vorliegen, daß ein (orts- und sippenfremder) Empfänger nicht nur von ihm übertragenen Ländereien, sondern auch von der eigenen Sippe (dem eigenen Gut) Lieferungen erhält 377 . Die kleinen Liefermengen bedeuten, daß es sich natürlich nicht um komplette Ernteerträge, sondern um Beihilfen von Fall zu Fall und 372
Hier ist gegenüber der bisherigen Forschung zu fragen, woraus eigentlich mit Sicherheit hervorgehen soll, daß es sich um Krongut-Lieferungen handelt. Aus dem Formular der Ostraca, von dem man aus methodischen Gründen ausgehen muß, geht dies offensichtlich nicht hervor! Der einzige, freilich unsichere „Beweis" ist doch der, daß die Ostraca im Palast von Samaria gefunden worden sind! Ich will allerdings nicht bestreiten, daß sich unter den Lieferungen auch solche von Krongütern befanden, zumal diejenigen, wo die LieferungsOstraca keinen Empfängernamen enthalten und wohl auch diejenigen von den beiden Weinbergen krm htl und krrn yhw'ly. Aber das ist nur ein kleiner Teil. Sowohl die Einzelheiten des Formulars als auch der Fundort des Palastes in Samaria lassen sich, wie ich zu zeigen versuchen werde, neben der Krongut-These (so besonders METTINGER 1971, 91f. nach Früheren , aber diese These ungerechtfertigt auf alle Ostraca ausdehnend; ähnlich auch SMELIK 1987, 56f. cLieferungen an Höflinge aus königlichen Domänen>) auch noch anders und nur teilweise als Krongut-Lieferungen erklären, außerdem gänzlich ohne die Annahme einer steuerlichen Deutung (so früher z.B. ALBRIGHT < b . METTINGER 1971, 91 A.10> und zuletzt A H A R O N I ) . 373
Vgl. die Übersicht bei
AHARONI 1 9 8 4 , 3 7 1 - 3 8 5
(Lit.!) sowie u.a.
METTINGER
8 9 - 9 2 ; RAINEY 1 9 6 7 ; DERS. 1 9 7 9 ; DERS. 1 9 8 2 ; KAUFMAN 1 9 8 2 ; RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 ,
1971, 123F.;
sowie die in A . 3 7 1 genannte Lit. 1984,381 f.; SMELIK 1987, 58f.; vgl. neuestens aber RAINEY 1988 (Joas' 15. und seines Ko-Regenten Jerobeam 9./10. Jahr fallen auf 784/3 v. Chr.); eine Datierungsalternative in TU AT 1/3, 248 (Menahem/Pekach), aber ohne durchschlagende Gründe. Zur Sprache der Samaria-Ostraca vgl. K N A U F 1990d, 15. 375 A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 8 0 ; auch METTINGER 1 9 7 1 , 9 1 . 376 A H A R O N I 1984, 379F.; vgl.im Einzelnen dazu u. S. 83 - 85 (Exkurs). 377 So mit A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 7 9 und jetzt auch RAINEY 1 9 8 8 , 7 1 - 7 3 gegen METTINGER 1 9 7 1 , SMELIK 1 9 8 7 , 5 0 — 6 0 374
AHARONI
I. Funktionäre
(„Beamte")
79
für die Zeit des Aufenthalts des Empfängers am H o f e handelt, der kein ständiger sein muß 3 7 8 . Aharoni scheint zunächst zurückhaltend gegenüber der Meinung, die Sippenterritorien seien Verwaltungsdistrikte 3 7 9 sowie dagegen, die Lieferungen als Steuern anzusprechen 3 8 0 , denn dann frage es sich, warum die Lieferungen nicht mit den Territorien übereinstimmen; eine Besteuerung m u ß im Blick auf die Notwendigkeit der Akzeptanz konsequent und lückenlos sein. Sippennamennennung neben Nichtnennung spricht gegen die Existenz von Steuern bzw. A b g a b e n auf Verwaltungsdistrikt- und Sippengebietsbasis. Vielmehr m u ß m . E . hauptsächlich eine personale Beziehung zwischen Absender/Ort/Sippe u n d E m p f ä n g e r bestehen 3 8 1 . Wegen der verschiedenartigen „Formular e " mit oder ohne Sippennamen eine Verwaltungsreform zu postulieren, die eine Phase der Abgabeerfassung ohne Sippennamen von einer Phase mit Sippennamen trennt 3 8 2 , ist nicht zwingend: Zwar treten Sippennamen in den Ostraca der J a h r e 9/10 bis auf zwei A u s n a h m e n nicht, im Jahr 15 dagegen meist auf, aber die A r t der Datenerfassung auf den Ostraca zwischen Jahr 9/10 und Jahr 15 ist überhaupt an m e h r e r e n Stellen verschieden und auch verschieden ausführlich 3 8 3 . D e r Unterschied kann sich aus m e h r e r e n 91f.; SMELIK 1987, 56; R Ü T E R S W Ö R D E N 1985, 123F., die anscheinend nur an Höflinge der Residenz denken, die von Krongut versorgt werden. 378 A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 7 8 ; vgl. u. S . 8 3 - 8 5 (Exkurs). Wieso SMELIK 1 9 8 7 , 5 6 , meint, daß der (zeitweilige oder längere) Hofaufenthalt es mit sich bringe, daß diese Leute dadurch an den Hof gebunden und nicht mehr in der Lage seien, von eigenen Gütern sich Versorgungsbeihilfen kommen zu lassen, verstehe ich nicht. 379 A H A R O N I 1984, 380f. 382; vgl. aber zur Meinungsänderung bei A H A R O N I selbst unten A . 388. 380 A H A R O N I 1984, 378. 380f.; so auch mit Recht M E T T I N G E R 1971, 91 f.; SMELIK 1987, 56. Auch diese seine Meinung nimmt A H A R O N I (aaO, 382f.) wieder zurück und spricht nachdrücklich von „Steuerlasten", „Steuereintreibungen". 381 Das geht m. E. eindeutig daraus hervor, daß die Lieferungen fast immer an eine Person gehen, wie die Ostraca auch trotz der Wechsel im Formular fast immer einen EmpfängerPersonennamen enthalten (s.u.A. 383), meist auch von einer Absender-Person, während alles andere variiert. Die als Absenderangaben lediglich einen Weinbergs-(Orts-) Namen enthaltenden Ostraca sind natürlich Lieferungen von königlichen Weinbergen, was keiner weiteren Absender-Angabe personeller Art bedurfte (vgl. A. 389). 382 So mit A H A R O N I 1984,380f.; vgl. aber die Inkonsequenzen A H A R O N I S (u. A . 388). 383 Der folgende Ordnungsversuch leitet sich von der Zusammenstellung A H A R O N I S 1 9 8 4 , 3 7 4 - 3 7 6 ab, da mir keine vollständige Ausgabe in korrekter Transkription vorliegt. Es ist zu beachten, daß A H A R O N I möglicherweise die Reihenfolge der Angaben gelegentlich schematisiert hat; so lautet Ostracon Nr. 2 nach dem Abdruck bei SMELIK 1 9 8 7 , 5 5 : an PN (= Personenname) aus ON ( = Ortsname) von PNN ( = Personennamen), während bei A H A R O N I Ostracon Nr. 2 unter Typ 3 den ON vorangestellt hat. Das ergäbe zwar Änderungen in der versuchsweise von mir zusammengestellten Typik und der Belegzahl der Typen, ändert aber nichts an der Existenz der verschiedenen Kombinationstypen der Angaben als solcher. an PN von PN 1 x o J ; l x J.15 = 2 Typ 1 Typ 2 aus ON an PN 8 x J.9; 6 x J.10; 2 x oJ = 16 Typ 3 aus ON an PN von PNN 2 x J.10 = 2 Typ 4 aus ON von SN an PN von PN 9 x J.15; 3 x oJ = 12 von PN = 12 Typ 5 von SN an PN 10 x J.15; 2 x oJ von SN an PN 2 x J.10; 1 x J.15; 1 x oJ = 4 Typ 6 Typ 7 von SN von PN = 1 1 x oJ von PN 1 x J.10; 1 x J.15; 1 x o J Typ 8 = 3 von SN Typ 9 l x J.17(!);lxoJ = 2
80
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
anderen Faktoren statt einer völlig unbewiesenen Verwaltungsreform herleiten, zumal, wie auch Aharoni 3 8 4 feststellt, sich die Frage stellt, warum überhaupt Sippennamen erwähnt werden, da Ortsname, Personenname/Empfänger + Personenname/Absender zur Dokumentation hinreichen und nicht einzusehen ist, was die Sippennamennennung erforderlich macht 385 . Die zusätzliche Sippenerwähnung kann z.B., da sie nahezu ausschließlich bei den Ostraca des Jahres 15 auftritt, von einem anderen, neuen Lagerverwalter und dessen anderen Dokumentationsgewohnheiten herrühren 3 8 6 . Außerdem ist es äußerst unwahrscheinlich, daß Sippen-Territorien nicht auch z. Zt. der Ostraca der Jahre 9/10 existierten; warum wurden sie dann nicht genannt? Je persönlicher die (SN = Sippenname; J = Jahr, oJ = ohne Jahresangabe; Zahl am Ende der Zeile = Anzahl der Belege bei A H A R O N I ) Deutungsversuch des Hintergrundes der Relationstypen: Typ 1: Persönliche Beziehung zwischen Absender und Empfänger (innerhalb von Sippe, Familie, Ort) oder Abhängigkeit Typ 2: Empfänger besitzt einen Hof/einen gesamten Ort, jedenfalls liegt eine persönliche Beziehung vor Typ 3: Empfänger besitzt mehrere Güter oder hat mehrere abhängige Personen/Lieferanten Typ 4: Empfänger hat mehrere Güter/Abhängige in verschiedenen Orten/Sippen (deshalb unterscheidende ON/SN/PN) Typ 5: Empfänger hat mehrere Güter/Abhängige in verschiedenen Sippen (deshalb unterscheidende SN/PN) Typ 6: Sippe schickt Unterstützung (freiwillig oder aus Abhängigkeitsgründen?) an Empfänger Typ 7: Lieferung eines aus welchen Gründen auch immer Lieferpflichtigen an den König (?) (vom Krongut?) Typ 8: Lieferung eines am Hof persönlich Bekannten (vom Krongut?) an den König Typ 9: Lieferung aus einer aus welchen Gründen auch immer dem König lieferpflichtigen Sippe 384 1984,381 385 Schwierigkeiten bei der Identifizierung der Herkunft der Lieferung und dem Empfänger kann es bei den Formularen 1 - 5 nicht geben, ob eine Sippe genannt (Typ 4 + 5) ist oder nicht (Typ 1 - 3 ) ; die übrigen Angaben genügen. Bei Typ 7 kann es sich mangels eines persönlichen Empfängers eigentlich nur um Lieferungen von Krongut(pächtern) an den König handeln, wobei der Personenname des Liefernden zur leichteren Identifizierung in einem Fall durch den Sippennamen ergänzt wurde, in den drei anderen Fällen scheint der Absender-Personenname ausgereicht zu haben. Lediglich bei Typ 6 (4 Beispiele aus Jahr 10, Jahr 15 bzw. o. J.) sowie Typ 9 (2 Beispiele aus Jahr 17 bzw. o. J.) ist der Sippenname die einzige Identifizierungsmöglichkeit, aber da der Empfänger bei Typ 6 eine Einzelperson ist, konnte sie aus dem Sippennamen den (oder die) Liefernden identifizieren; dabei dürfte es sich um Elitevertreter der entsprechenden Sippen (Schemida und Abieser), die am Hof anwesend waren, gehandelt haben. Warum eine Sippe in den nur zwei Fällen des Typs 9 (wem?) liefert, bleibt ein wenig unklar (evtl. dem Königshof). So kann von einer echten Notwendigkeit der Sippennennung in lediglich 6 von 54 Lieferungsfällen ( = 11%) die Rede sein, eine sehr schmale Basis für die These einer Verwaltungs-Territorialreform auf Sippenbasis, wobei gegen diese Reform die Verteilung dieses kleinen Teils der Ostraca auf die Formulare 6 + 9 und vor allem die Verteilung auf die Jahre 10 (2 X), 15 (1 X), 17 (1 X) und o. J. (2 X) spricht; vgl. aber auch A. 383. 386 So mit Recht M E T T I N G E R 1 9 7 1 , 9 1 , der aber dies wiederum unnötigerweise mit einer angeblichen Verwaltungsreform Jerobeams II. verbindet (vgl. u. A. 388).
I. Funktionäre („Beamte")
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Beziehungen und Kenntnisse der beiden Relations-Pole Empfänger und Absender waren, desto weniger Angaben reichten zur sicheren Identifikation aus. Da die Lieferungen aber nicht mit Steuern in Zusammenhang stehen 387 , die eine übersichtliche und korrekt-nachprüfbare Dokumentation erforderten, sondern von konkreten Lieferantenpersonen an konkrete Empfänger gingen, ist der Personenname, nicht der Sippenname entscheidend. Es geht also, wie auch Aharoni zunächst anzunehmen scheint, um Belieferung von Empfangsberechtigten während ihres Aufenthalts in Samaría, nicht um Steuern 388 . Besonders wichtig ist die Feststellung, daß nie 389 der Personenname des 387
Vgl. neben AHARONIS berechtigter Ablehnung dessen im Falle der Ostraca (vgl. aber A . die zutreffende grundsätzliche Bestreitung von Steuern bei RÜTERSWÖRDEN 1 9 8 5 , 1 2 7 ff. Am Hof gab es wohl immer verschiedene Kostgänger (lKön 1 8 , 1 9 ) . 388 So neben METTINGER 1971, 91f.; SMELIK 1987, 56 zunächst auch A H A R O N I 1984, 378f. 380f.; anders DERS. aber aaO, 382f. A H A R O N I versucht im weiteren Verlauf seiner Darlegungen eine Begründung der Sippennennungen auf manchen Ostraca zu finden. Dabei widerspricht er ohne mir erkennbare neue Argumente seinen eigenen Auffassungen von 1—2 Seiten vorher: War er S. 380 noch geneigt, die Sippennamen als Hinweis auf Sippenterritorien statt Verwaltungsdistrikte zu sehen (m. E. völlig zu Recht) und schien S. 381 skeptisch gegen NOTHS Vermutung einer Verwaltungsreform z.Zt. Jerobeams II., weil die Sippennamen für die Lieferungsidentifizierung wegen der ausreichend genauen Namenangaben im Jahr 15 keine erkennbare Bedeutung hätten (m.E. richtig), nimmt er S.382 unter Berufung auf eine angebliche Volkszählung Jerobeams II. nach IChr 5,17 (das ist aber eine Angabe in einem historisch zweifelhaften, mehrfach geschichteten Text, vgl. R O T H S T E I N / H Ä N E L 1927, 99-101; GALLING 1954, 28; R U D O L P H 1955, 47; W I L L I 1972, 195 m.A. 30; KARTVEIT 1987, 69-74. 164-167; die Kommentatoren gehen aber alle nicht auf die Detailfrage der Historizität der Volkszählung ein, auch neuestens WILLIAMSON 1982, 65 nicht; gegen A H A R O N I bezieht sich m.E. die Eintragung IChr 5,17 nur auf die Gaditen < l C h r 5,11 —16>, nicht auf das gesamte Nordreich. Vor allem hat aber Mosis nachgewiesen, daß die mit YHÉ Hitp. ausgedrückte „Einschreibung" wenig mit einer Volkszählung oder einem Steuerzensus zu tun hat, sondern offensichtlich eine Vorstellung einer ganz späten nachexilischen Gruppe ist ) schließlich doch an, daß es sich zwar nicht bei den Sippennamen um Verwaltungsbezirke (m.E. hat er darin Recht), sondern um Sippenterritorien handele (auch das ist m. E. richtig), aber die Steuern, um die es sich nun (aaO, 382f.) plötzlich doch gegen seine eigene, vorher geäußerte Meinung handeln soll, seien nach der angeblichen (m. E. nicht nachgewiesenen) Volkszählung auf die Sippen verteilt worden; dagegen sprechen aber die Beispiele aus Jahr 15 mit PN ohne SN und bei Belegen mit SN sind dann doch die PNN überflüssig (s. o. A . 383). A H A R O N I fährt fort: „Trotzdem wurden die Orte selbst nicht auf die verschiedenen Verwaltungsdistrikte neu verteilt" (aaO, 382). Natürlich nicht, denn solche Verwaltungsdistrikte gab es ja gar nicht, wie auch A H A R O N I wenige Zeilen vorher selbst gesagt hat, sondern lediglich Sippenterritorien. Das hindert A H A R O N I aber nicht, auf derselben Seite 382 vom „Verwaltungsbezirk" „Gebirge Ephraim" und auf der folgenden Seite (383) auch wieder von einem „Verwaltungsdistrikt" (Manasse = Nordteil des Gebirges Ephraim) zu sprechen. Hier scheint mindestens terminologisch einiges durcheinanderzugehen; möglicherweise steht die (zu) moderne Ansicht bei A H A R O N I im Hintergrund, daß ein Königreich doch irgendwie verwaltungsmäßig strukturiert sein müsse. Es ist ganz unmotiviert, daß A H A R O N I (aaO, 382f.) aufgrund einer nicht existierenden Volkszählung die Abgaben an in Samaría anwesende Elitäre der um Samaria liegenden Sippenterritorien und Orte plötzlich (gegen sich selbst, aaO, 379f.) doch als „Steuerlasten", „Steuereintreibungen" bezeichnet und sogar aus dem Nichts eine „exakte, gut organisierte Verwaltung" z. Zt. des Joas und des Jerobeam II. behauptet. 388)
389 Abgesehen von den Lieferungs-Ostraca von den beiden königlichen Weinbergen krm htl und krm yhwly (vgl. A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 7 8 (Lit.); RAINEY 1 9 6 7 ; DERS. 1 9 7 9 ; DERS. 1 9 8 2 ;
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A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Absenders fehlt, der zur Identifikation der Lieferung unverzichtbar ist, ob n u n zusätzlich noch ein Sippenname und/oder ein O r t s n a m e genannt ist. D a s zeigt nochmals, daß es vorrangig um eine persönliche Relation zwischen E m p f ä n g e r und A b s e n d e r geht, also um Lieferungen an zeitweise oder ständig in Samaria lebende Eliteangehörige, die von ihren persönlich-familiären oder ihren Sippen gehörenden und/oder von ihnen von der Krone übertragenen Besitztümern je und dann kleine Unterhaltsbeihilfen empfingen. Es ist aber (gegen Aharoni) weder beweisbar, daß es sich um Steuern handelt 3 9 0 , noch ist mit den Ostraca ein System von Sippendistrikten zum Zweck der Steuererhebung oder zum Zweck einer königlichen Verwaltungsorganisation belegbar 3 9 1 , ebensowenig ein „Verwaltungsdistrikt Manasse" bzw. ein Verwaltungsbezirk „Gebirge E p h r a i m " 3 9 2 . Belegt ist allerdings durch die Ostraca, daß die B a u e r n in den manassitischen Ortschaften u m Samaria nach wie vor tribal organisiert lebten 3 9 3 . Es spricht nichts d a f ü r , daß das Königtum die Sippenterritorien organisiert hat. Es ist interessant und m . E . bisher nicht genügend beachtet worden, daß die in den Ostraca registrierten Lieferungsorte und -regionen nur auf ein relativ kleines Gebiet um Samaria beschränkt sind 3 9 4 . D a s spricht auch wieder gegen die „Steuer-These", denn Steuern müßten aus dem ganzen L a n d wenigstens teilweise in die Residenz geliefert werden, auch wenn ein Teil aus anderen Landesgebieten für den Unterhalt der dortigen königlichen Funktionaleinrichtungen (Festungen) einbehalten worden ist. D a s G e b i e t , aus d e m die Lieferungen stammen, umfaßt nur eine Fläche von ca. 35 x 25 k m , d. h. das um Samaria h e r u m liegende manassitische Gebiet d e r Sippen Schemida, Abieser, H e lek, Asriel, Hogla, Noa u n d Sichern (Tirza wird in den Ostraca nicht erwähnt). Wenn das kein Zufall ist, zeigt es 395 , daß zum einen die Lieferungsempfänger sich aus d e m tribalen Bereich Manasses rekrutierten u n d daß zum anderen das an vermutliche Hofleute 3 9 6 , die 1982, vgl. o. A. 372. 381. Die richtige Feststellung, daß es sich hier um Lieferungen aus Krongut handelt, verallgemeinert M E T T I N G E R 1971, 92 auf alle Ostraca - zu Unrecht. 390 S. o . A . 380. 388. Dagegen sprechen auch die kleinen Liefermengen, die Tatsache, daß Lieferungen wie Absender in keiner Weise flächendeckend verteilt sind, ebenso, wie auch A H A R O N I (aaO, 377. 380) betont, die Überschneidungen bei den Empfängern. 391 Gegen A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 8 3 ; vgl. oben A. 3 8 0 . 3 8 8 . Falls METTINGER 1 9 7 1 , 9 1 mit „Distrikten", die die Absenderorte bildeten, etwas anderes meint als Sippendistrikte, trifft das nicht zu. 392 Gegen A H A R O N I 1984,382F., s.o. A . 388. 393 So auch A H A R O N I 1 9 8 4 , 3 8 3 . Die Sippenerwähnungen besagen nicht mehr und nicht weniger als dies, daß die Sippen als Lebensstrukturen weiterexistierten, aber nicht, daß das Königtum die Sippen in Form von Verwaltungsdistrikten institutionalisierte (so anscheinend KAUFMAN
METTINGER 1 9 7 1 , 9 1 ) . 394 Vgl. auch schon M E T T I N G E R 1 9 7 1 , 9 2 , der aber zu einer zu engen Deutung dieses Tatbestandes kommt, daß nämlich dieses enge Herkunftsgebiet der Ostraca dagegen spreche, daß hier persönliche Besitztümer der Empfänger die Lieferungen lieferten, sondern alles (nur) für Krongüter spreche; vgl. dagegen meine differenzierende Deutung u. (Exkurs). 395 Wiederum gegen eine umfassende Verwaltungsdistrikt-Ordnung mit Besteuerungsabsicht sprechend! 396 An beide Arten von Empfängern denkt mit Recht auch A H A R O N I 1984, 379f., dagegen M E T T I N G E R 1971, 92 (s. o. A. 394) und SMELIK 1987, 56 zu Unrecht nur an Hofelitäre, die vom Krongut versorgt werden. Das ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil dann um die Residenz eine massierte Akkumulation von Königsland entstanden wäre auf Kosten der angestammten Bevölkerung, wodurch soziale Spannungen in einem Maße forciert wären, an dem dem Königtum nicht im entferntesten gelegen sein konnte. Man vergleiche auch, welche Probleme
I. Funktionäre („Beamte")
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aber auch Nichtmanassiten gewesen sein können, verliehene Krongut sich naheliegenderweise zunächst aus dem Gebiet um die Residenz ergab. Es liegt nun auf der Hand, daß die Könige in Samaria als vor allem auf das Militär, weniger auf eine Stammes- oder gar Stämme-Hausmacht gestützte Herrscher in hohem Maße daran interessiert sein mußten, sich um ihre Residenz herum eine stabile Zone der Loyalität und des Einflusses zu schaffen. Dazu genügte zweifellos verstreutes, durch Zufall erworbenes Krongut in keiner Weise. Ein ungleich wirksameres Stabilisierungsmittel war die Herstellung von Beziehungen und Bindungen zwischen dem Hof und der Elite der umliegenden Orte und Regionen. Dazu kommen neben Krongutverleihungen die bereits erwähnten 397 Möglichkeiten der Anknüpfung von Beziehungen und Bindungen durch Heiraten von König und Hofmitgliedern mit Gliedern der umwohnenden Elitefamilien, Ehrenämter und Einbeziehungen verschiedener Art in den weiteren Hofkreis in Frage. Dieses Heranziehen und Einbeziehen, zumal von Angehörigen der Elite der Samaria nördlich und südlich unmittelbar benachbarten Sippen Hogla und Helek, läßt sich m.E. bemerkenswert detailliert aus den Samaria-Ostraca nachweisen.
Exkurs Relationen zwischen Samaria umwohnenden Zum konkreten Hintergrund der
Sippen und der ResidenzSamaria-Ostraca
Ahima ist Absender einer Lieferung aus der Sippe Schemida (zu den Sippen- und Ortsidentifikationen vgl. im Einzelnen Aharoni 1984, 372-384) (Nr. 32, Jahr 15), aber zugleich Empfänger von 3 (oder 4) Lieferungen aus der Sippe Schemida (Nr. 37—39 < + 40>, Jahr 15); das erklärt sich leicht, wenn er als Mitglied der Sippenelite zeitweilig dieselbe - aus welchen Gründen auch immer - am Hof vertrat und versorgt wird, umgekehrt aber auch selbst von „zu Hause" einen anderen Sippenvertreter bei dessen Hofaufenthalt (mit) versorgt. Ähnlich Ahinoam: Er empfängt in Samaria Unterhaltsbeihilfe aus seinem vermutlichen Wohnort Jazit (Sippe Hogla, Nr. 9,10,19, vielleicht auch Nr. 11 , Jahre 9 + 10) sowie in einem Fall (Nr. 8, Jahr 9) aus Geba, ebenfalls aus seiner Sippe Hogla, wo er entweder ebenfalls Besitz hatte oder als Mitglied der Sippenelite eine Unterstützung während seines Hofaufenthalts erhielt. Das Fehlen von Absender-PN mag den Charakter der sippeninternen Unterstützung unterstreichen. Auch hier ist es am wahrscheinlichsten, daß Ahinoam zur Sippenelite gehört und von eigenem und/oder sippeneigenem Gut Unterhalt bekommt. Ähnlich auch der Fall des Schamarjahu: Er erhält eine Sammellieferung von 5 verschiedenen Leuten (von ihm Abhängigen?, dann wäre er Großgrundbesitzer, oder Sippengenossen, in jedem Fall gehört er zur Sippenelite) aus Porajim (Nr. 1, Jahr 10); weiterhin bekommt er Beihilfe aus Asnot-Par'an (Nr. 14, Jahr 9) undTetel (Nr. 21, Jahr 10) ohne Absenderangabe, was auf sippeninterne Unterstützung deuten mag, da er auch schließlich pauschal eine Lieferung der Sippe Abieser (Nr. 13, Jahr 10) erhält. Da die drei Orte nicht identifiziert sind, ist es annehmbar, daß sie alle dieser Sippe zugehörten. So würde auch hier ein Sippenelitär bei einem längeren oder (zwei?) kürzeren Hofaufenthalten von eigenen es Ahab bereitete, auch nur ein Grundstück in Jesreel einzutauschen, geschweige denn zu kaufen (lKön 21). 397 S . schon o. und A H A R O N I 1984,379; SMELIK 1987,57
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
und/oder Sippenländereien unterstützt. Die beiden folgenden Beispiele zeigen, daß das System der Hofaufenthalte sich entwickelte, erweitert und verfestigt hat: Gaddiyau ist Empfänger einer Sammellieferung aus Azza (Sippe Helek, Nr. 2, Jahr 10; 4 persönliche Absender: Abhängige oder Sippengenossen) sowie einer weiteren Lieferung des Ortes ohne Absendernamen (Nr. 17, Jahr 10), außerdem 3 (+1) Lieferungen aus Kozo (Nr. 4—6 < + 7?>, Jahr 9, Sippe Helek) ohne Absenderangabe, weiterhin 1 Lieferung aus Hazerot (Nr. 18, Jahr 10, Sippe Helek, ohne Absender), schließlich 1 Lieferung aus Sefer (Nr. 16, Jahr 10, Sippe Schemida, ohne Absender). Dieser Fall ist interessant und schwierig durch den Empfang aus zwei verschiedenen Sippen: Entweder man nimmt an, daß der Empfänger zu keiner der beiden Sippen gehörte, was nahelegte, in ihm einen Hoffunktionär mit mindestens vier Krongütern in zwei Sippengebieten zu sehen oder ihn als Angehörigen und Elitär einer der beiden Sippen zu sehen, der zusätzlich neben Lieferungen aus seiner eigenen Sippe auch noch aus einem Krongut (Hazerot) versorgt wurde. Die Frage ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Vielleicht spricht aber doch das meiste für eine Herkunft Gaddiyaus aus der Sippe Helek: Es ist äußerst unwahrscheinlich und würde den Interessen des Königtums stracks zuwiderlaufen, handelte es sich in den Lieferorten Azza, Kozo und auch noch Hazerot alles um ortsumfassende Krongüter. Eine solche massive königliche Besitzergreifung und Beschlagnahme von Land und ganzen Ortschaften der die Residenz unmittelbar südlich benachbarten Sippe Helek würde nur Unruhe und Feindschaft gegen und Unsicherheit für das Königtum stiften. Deshalb ist es wahrscheinlich, daß Gaddiyau ein oder das Sippenhaupt Heleks war, aus einem der drei Orte, am wahrscheinlichsten aus Azza oder Kozo, wo die meisten Lieferungen herkamen, stammte und von dort versorgt wurde. Im Gegenteil mußte dem Königtum an einer Anbindung Gaddiyaus und seiner Sippe an den Hof liegen, was mit der Verleihung von Krongut in der westlich entfernter gelegenen Sippe Schemida (Ort Sefer) geschah. Daß die Anbindung Gaddiyaus (und seiner Sippe) gelang, zeigt sein Sohn Heles b. Gaddiyau, der im Jahr 15, also unter dem nächsten König (Jerobeam II.) auch am Hof weilt und sogar erweiterte Krongutlieferungen aus der Sippe Schemida bekommt (Nr.30. 33—35. 49, vielleicht auch Nr.32). In diese Linie paßte es, wenn Meronyau b. Gaddiyau ein Sohn dieses Gaddiyau wäre und in dem südlich seiner Heimatsippe Helek gelegenen Sippenterritorium Asriel ein Krongut verwaltete, von wo er eine Lieferung (Nr. 42, Jahr 15) an einen gewissen Yedayau nach Samaria schickt, vielleicht ein weiterer Elitär der Familie Gaddiyau bzw. der Sippe Helek. Auf jeden Fall scheinen durch das Königtum Elitäre der Samaria im Süden unmittelbar benachbarten Sippe Helek gezielt und bevorzugt und auf Dauer (mindestens über zwei Generationen) mit Erfolg an den Hof gezogen und gebunden worden zu sein, was deren Besitz und Status zweifellos steigert - und das Königtum und seine Residenz stabilisierte! Dasselbe gilt, wenn auch in geringerem Maße, für die Samaria im Norden benachbarte Sippe Hogla, wie das Beispiel Ahinoams zeigt. Als letztes Beispiel sei Asa b. Ahimelek genannt: Auch er erhält Lieferungen von drei verschiedenen Absendern aus Hazerot (Sippe Helek, Nr. 22-26, Jahr 15). Das scheint mir nach dem Parallelfall Gaddiyau ebenfalls dafür zu sprechen, daß Asa am Hof von der Sippe Helek unterstützt wurde, besonders aus Hazerot, vielleicht seinem Herkunftsort, wobei für seinen Status als EliteMitglied der Sippe Helek spricht, daß er auch aus dem zu Helek gehörenden Ort BaalMeon immerhin 1 Lieferung erhält (Nr. 27, Jahr 15). Die an ihn gerichteten 2 Lieferungen aus Elmatan (Nr. 28, Jahr 15, Sippe Abieser) und Sefer (Nr. 29, Jahr 15, Sippe Schemida, dasselbe Krongut < ? > , aus dem sein Sippengenosse Gaddiyau schon im Jahr
I. Funktionäre
(„Beamte")
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10 beliefert wurde) dürften dann von verstreutem Krongut der entfernteren Sippe Schemida im Westen (sowie Abieser) stammen. Mit Asa hätten wir dann einen zweiten Eliteangehörigen der Sippe Helek, an deren Einbindung in den weiteren Hofkreis der König in Samaria so aktives Interesse haben mußte. - Sind diese Überlegungen einigermaßen richtig, zeigen sie, daß die häufig vertretene, einlinige Annahme, die Ostraca dokumentierten (ausschließlich) Lieferungen aus dem Krongut an den König und Hoffunktionäre (so zuletzt Mettinger 1971, 91 f.), mindestens eingeschränkt und differenziert werden muß. Neben den Lieferungen aus den beiden Weinbergen (ohne Adressaten, also sicher an den Hof) sowie weiteren Lieferungen ohne Adressaten in Samaria, die sicherlich für die Hofversorgung aus Krongütern kamen, stehen viel zahlreichere Lieferungen, die am Hof länger oder kürzer anwesende Eliteangehörige von Orten und Sippenregionen unterstützten und von deren eigenem oder sippeneigenem Besitz und/ oder von ihnen verliehenem Krongut stammten. Besonders wichtig ist es, daß anscheinend speziell Elitäre der unmittelbaren Nachbarsippengebiete um Samaria sich auch für längere Zeit an den Hof ziehen ließen (oder freiwillig dorthin kamen), und das Königtum ihren Status wie ihre Abhängigkeit vom Hof durch zusätzliche Krongutsverleihung förderte und damit letztlich die königliche Herrschaftsbasis in kluger Weise festigte und verbreiterte. Die obigen Beispiele zeigen, daß in der Entwicklung keineswegs ein Zufall waltete, sondern von Seiten des Königtums eine sozioökonomische und damit eine soziopolitische legitimierende und herrschaftsstabilisierende Linie erkannt und verfolgt wurde. So muß man entgegen Aharoni wenigstens partiell ein wechselseitiges Hin und Her zwischen manassitischer Orts- und Regionalelite des unmittelbaren Umlandes von Samaria und dem Hof hinter den Ostraca erkennen, das durchschaubarem wechselseitigem Interesse des Königtums und der Besitz- und Status-Elite der Sippen diente und nicht zufällig die Residenz und das nächstumliegende manassitische Gebiet betraf mit der Folge der Machtstabilisierung des Königtums auf Kosten fortschreitender sozialer Stratifikation auch innerhalb der betroffenen manassitischen Sippen. Das Knüpfen solcher Bindungen geschieht selbstverständlich nicht über Nacht. Deshalb ist es vollkommen natürlich, daß wir den m . E . in den Samaria-Ostraca dokumentierten Niederschlag des Wachsens solcher Relationen in der zweiten Hälfte der am längsten kontinuierlich herrschenden Dynastie des Nordreiches überliefert finden. D i e s e s k o n k r e t i s i e r t e H i n t e r g r u n d b i l d der S a m a r i a - O s t r a c a , das d i e d o k u m e n t i e r t e n R e l a t i o n e n z w i s c h e n s a m a r i s c h e m H o f u n d E l i t e d e s manassitis c h e n U m l a n d e s als e i n E l e m e n t herrschaftlicher S t a b i l i s i e r u n g s b e s t r e b u n g e n u n d k o n k r e t e r I n t e r e s s e n in der R e s i d e n z r e g i o n e r k e n n e n läßt, k a n n selbstverständlich nicht für das g e s a m t e G e b i e t d e s N o r d r e i c h e s v e r a l l g e m e i n e r t werden 3 9 8 . D i e F r a g e bleibt d e s h a l b S p e k u l a t i o n , o b d i e s e s V o r g e h e n der A n f a n g e i n e r g e p l a n t e n A u s d e h n u n g d e s V e r f a h r e n s auf w e i t e r e G e b i e t e g e w e s e n s e i n k ö n n t e . E s wird a b e r n o c h m a l s klar, d a ß aus d e n O s t r a c a k e i n e V e r w a l t u n g s b e zirksstruktur für d a s N o r d r e i c h h e r a u s g e l e s e n w e r d e n k a n n . E s h a n d e l t sich u m e i n e S o n d e r s i t u a t i o n der (extratribalen?) R e s i d e n z Samaria u n d ihres tribalen U m l a n d e s , die d i e K ö n i g e auf d e m W e g e der A n b i n d u n g d e r tribalen E l i t e in 398 Z . B . gegen AHARONI 1984, 383; eine Verallgemeinerung ist auch aus linguistischen Gründen nicht möglich, denn die „Sprache" der Samaria-Ostraca kann nicht für das gesamte Nordreichsgebiet vorausgesetzt werden (KNAUF 1990d, 15-17).
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A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
eine nähere, stabilisierende Beziehung zueinander zu bringen suchten. Damit wird indirekt die ungebrochene Existenz und Tragfähigkeit der Stämmestruktur und der Orts- und Stämmeselbstverwaltung unter der Monarchie unterstrichen399. Freilich trugen die samarischen Herrscher, ob nun bewußt oder unbewußt, durch die Anbindung von lokalen und regionalen Elitären an den Hof zur gesellschaftlichen Stratifikation bei. Negativ verdient festgehalten zu werden: Die Samaria-Ostraca lassen kein das Nordreich insgesamt umfassendes bzw. erfassendes und so als Herrschaftsmittel dienendes Instrument der Verwaltungsorganisation erkennen. Sie bilden auch kein zu verallgemeinerndes Beispiel (wirtschafts) administrativer Durchorganisation und Regionalisierung des Nordreiches. Da die Lieferungsempfänger in Samaria aller Wahrscheinlichkeit nach Hoffunktionäre, denen Kronländereien der Umgebung zur Versorgung übertragen wurden, sowie Glieder der Elite der Samaria umgebenden manassitischen Sippenorte und -regionen waren, kann man aus den Samaria-Ostraca keine in den Ortschaften und Regionen installierten königlichen Verwaltungsfunktionäre erschließen. Ein direkter königlicher Eingriff in die Autonomie der Ortschaften und Regionen ist somit von hier aus nicht nachweisbar. Wie sah es über die Samariaregion hinaus im Lande im Blick auf königliche Verwaltungsadministration als Herrschaftsmittel aus? Darüber ist nichts bekannt. Es mag verstreutes Krongut auch dort gegeben haben, das neben der Residenz auch königliche Funktionalorte mitversorgt hat. Aber dafür fehlen uns alle Informationen. Soweit es solches Krongut gab, hat es sehr wahrscheinlich ebensowenig administrative Auswirkungen auf die Selbstverwaltung der Ortschaften der Bevölkerungsebene gehabt wie in der Umgebung Samarias. In einem Satz: Während es sich bei den mdynwt z. Zt. Ahabs höchstwahrscheinlich lediglich um eine militäradministrative Einrichtung gehandelt hat, was dem vorrangig militärischen Charakter speziell der Omridynastie entspricht, ist im Nordreich kein Hinweis auf eine durchgängige zivile, durch königliche Funktionäre repräsentierte Verwaltungsorganisation mit dem Ziel und der Folge der Stabilisation königlicher Macht festzustellen. Ziehen wir eine Bilanz: Der kleine Kreis der Funktionäre Sauls setzte sich noch aus Angehörigen seines byt 'b zusammen. Seit David eine ständige Residenz in Jerusalem installiert hatte, entwickelte sich aus seiner Verwandtschaft und persönlichen Gefolgsleuten seiner vorköniglichen Phase ein begrenzter Kreis von Hof-Funktionären mit Schwerpunkt Heer, Kult und Palastpersonal. Dessen Autorität 399
Wenn O L I V I E R 1983, 124f., den Hauptstadtcharakter Samarias ab Omri u.a. mit dem Kriterium des Landesadministrationszentrums bestimmt, womit gleichzeitig die Stämmeautorität begrenzt werde, zeigt sich hier, daß Samaria eben gegen Olivier auch z. Zt. der Jehudynastie mindestens dieses Kriterium nur sehr eingeschränkt erfüllte, also höchstens in eingeschränktem Maße als (Landes-) Hauptstadt bezeichnet werden kann (vgl. auch schon o. A. 304).
I. Funktionäre
(„Beamte")
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beruhte auf der persönlichen Autorität Davids: M. E. kann vielleicht auch hier noch von einem byt gesprochen werden. Eine Verwaltungsorganisation seines Reiches zum Zweck der Machtstabilisierung mittels des personalen Faktors königlicher Funktionäre mit Wirkung bis auf die Ebene der Ortschaften der Bevölkerung ist nicht erkennbar. Salomo erweiterte den Kreis der Hoffunktionäre, zumal auf dem zivilen Sektor, mit besonders folgenschwerer Wirkung durch organisierte Inanspruchnahme der Bevölkerung für /ra-/.?M-Dienstleistungen. Daneben ist lediglich eine Maßnahme Salomos festzustellen, die in Richtung verwaltungsorganisatorischer Strukturierung des Reichsgebietes mit dem Ziel der Machtstabilisierung weist: Die Entsendung, Verteilung und Installation von Vertrauten Salomos in die Nordgebiete Israels außerhalb Judas zum Zweck der festeren Integration dieser Gebiete und Gruppen (lKön 4,7ff.). Dieser weitsichtige Versuch wurde aber letztlich zunichte gemacht durch die Aufkündigung der freiwilligen Loyalität der Nordgruppen, die sich vor allem durch die übermäßige Inanspruchnahme durch Dienstleistungen in ihrer Autonomie beeinträchtigt fühlten, und hatte offensichtlich keine strukturpolitischen Folgen in den Nordgebieten. Seit Rehabeam blieb der Kreis der Hoffunktionäre in der Residenz Jerusalem im wesentlichen stabil; nennenswerte Erweiterungen um neue Hoffunktionen und -funktionäre sind nicht zu verzeichnen, eher eine Einschränkung im Blick auf den (oder die) Funktionär e ) für Dienstleistungen der Bevölkerung. Zur Stabilität und Kontinuität überhaupt wie auch bei den Hoffunktionären im besonderen trug die relative geographische Abgeschiedenheit und Geschlossenheit des Gebietes Judas bei sowie die Tatsache, daß Juda im wesentlichen aus einem Stamm mit wenigen assoziierten Gruppen im Süden und Norden bestand und die davididische Dynastie die Loyalität ihres Stammes genoß sowie schließlich mit der davididischen Residenz ein unumstrittenes Zentrum und mit dessen Tempel ein integrierendes religiöses Symbol besaß. Allerdings bestand und verfestigte sich auch ein latenter Dualismus zwischen Juda und Jerusalem, da die Residenz als Eigenbesitz der Davididen nie voll in das judäische Stammesterritorium integriert worden ist. Dieser Dualismus war aber kein antagonistischer: So vereint die Bezeichnung srym sowohl Mitglieder der Jerusalemer Hofelite als auch Angehörige der lokalen und regionalen Landes- und Stammeselite Judas. Letztere zeigte sich als Führungs- und Repräsentationskraft des m h-'rs loyal gegenüber den davididischen Herrschern ihres Stammes nicht nur in sozioökonomischer Hinsicht, sondern auch durch Unterstützung der Dynastie in Fällen dynastie- und hofinterner Streitigkeiten und damit in Interessenübereinstimmung mit dem Herrscherhaus im Blick auf die soziopolitische Stabilität und Kontinuität. Diese Loyalität und Interessenübereinstimmung erübrigte offensichtlich den Aufbau und die Organisation einer landesweiten königlichen Verwaltungsbürokratie, für die es tatsächlich auch keine Hinweise auf lokaler und regionaler Ebene gibt. Ist das geringfügige Hervortreten der lokalen und regionalen Selbstverwal-
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
tung der Bevölkerungsebene in den alttestamentlichen Texten somit kein Anzeichen ihrer Nichtexistenz, ihres Zurücktretens bzw. gar Zurückdrängens ihrer Bedeutung durch die Jerusalemer Herrscher, sondern erklärt sich aus dem Gesichtswinkel und der Darstellungstendenz der biblischen Texte, die die Spitzen lokaler Selbstverwaltung meist nur im Zusammenhang von deren Auftreten in der Residenz oder bei gesamtgesellschaftlichen Anlässen erwähnt, findet dies weitere Bestätigung, wenn Josia nach längerer Zeit Älteste und Männer Judas zum Zwecke der Propagierung und breiten lokalen Verwurzelung seiner zentralistischen Absichten in die Residenz ruft (2Kön 23,1 f.). Josias Zentralisationsbestrebungen kamen allem Anschein nach zu spät, um noch durchschlagende Wirkungen auf die strukturelle Organisation des Südreiches zu gewinnen und wurden wohl auch in ihrer weiteren Entwicklung gehemmt durch Josias zu frühen Tod. Wenn in dieser Zeit, dem letzten Drittel des 7. und dem Anfang des 6. Jh. v. Chr., in Jerusalem auffällig häufig von srym (des Hofes und des Landes) die Rede ist, dann kann das, wie ich vermuten möchte, nicht nur an der durch das Jeremiabuch besonders breiten Textbasis dieser Zeit, sondern auch in dem in dieser Zeit verstärkten Zug der lokalen und regionalen Elite zur Residenz und umgekehrt dem verstärkten Interesse der Herrscher an politischer und sozialer Übereinstimmung mit der Landeselite begründet sein. Diese verstärkte Einbeziehung der Spitzen des 'm h-'rs hatte allerdings keine erkennbaren Auswirkungen auf die soziopolitische Verwaltungsorganisation des Landes im Sinne einer durch diese Elite bewirkten Organisierung des Landes vom Residenzzentrum des Landes her, wohl aber kann diese Konzentration von Landeselitären in der Residenz am Ende der monarchischen Zeit in der hervorgehobenen Stellung Jerusalems innerhalb der (exilisch-)nachexilischen Bürger-Tempel-Gemeinde noch spät eine Auswirkung gehabt haben. Insgesamt muß man aber für die monarchische Zeit feststellen: Da von einer lokalen und regionalen Verwaltungsadministration königlicher Funktionäre in Juda keine Rede ist, können die autonomen Ortschaften der Bevölkerungsebene als solche nicht als Herrschaftsmittel betrachtet werden. Das Nordreich entstand aus einem antistrukturellen Impuls gegenüber Juda bzw. den judäischen Davididen mit Auslöser der überzogenen DienstleistungsInanspruchnahme. Daher erklärt sich das nach der Separation deutliche Fehlen strukturorganisatorischer Maßnahmen hinsichtlich einer Residenz und Funktionären von Jerobeam bis zum Anfang der Omrizeit. Die kultorganisatorischen Maßnahmen Jerobeams dienten mindestens ebensosehr der Abgrenzung von Juda wie der Integration der Nordgruppen und -regionen. Eine Wende von separatistisch-autonomistischen zu integrativ-konstruktiven Bemühungen markiert Omri mit der Gründung der Dauerresidenz Samaria. Nach rudimentären Anfängen einer Hofstaatbildung bis vor Omri neben Beibehaltung der im Norden verbliebenen Militäreinrichtungen aus der Salomozeit war damit die Basis für die Entwicklung eines Residenz- und Hoffunktionärskreises gelegt.
I. Funktionäre („Beamte")
89
Die häufigen Umstürze an der Herrschaftsspitze des Nordreiches ließen dabei kaum generationenübergreifende Funktionärsfamilientraditionen entstehen. Am Hof in Samaria, grundsätzlich vergleichbar dem in Jerusalem aufgebaut, fehlt im Vergleich zum Südreich verständlicherweise ein zentraler m.s-Funktionär, aber auch das Amt des mzkyr sowie (ein) khn(ym); für die letztere Funktion kann man aber sicher auf Betel weisen. Berater, deren Bezeichnungen aus dem Südreich bekannt sind, mögen sich hinter Bezeichnungen wie gdlym u. ä. des Nordreiches verbergen. Nur im Nordreich sind Prinzenerzieher erwähnt, deren Fehlen im Südreich aber auf Traditionslücken zurückgehen kann. Der militärische Apparat am Hof einschließlich der Funktion der slsym scheint, dem notgedrungen stärker militärisch ausgerichteten Charakter des Nordreiches entsprechend, entwickelter gewesen zu sein als am Hof des Südreiches, wie ja auch die Herrscher im Nordreich zum größten Teil aus ihm hervorgingen bzw. im Nordreich eine durchgängig sich im Laufe der Zeit verstärkende Tendenz der Machtweitergabe in Militär- und Hofkreisen herrschte. Wie bereits gesagt, waren für das Nordreich sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich die Möglichkeiten für einen sich pyramidal aufbauenden und stabil-kontinuierlich sich verbreiternden Funktionärsstamm durch die ständigen Um- und Abbrüche der Revolten ungleich ungünstiger als im Südreich. Selbst die beiden länger bestehenden Dynastien von ca. 30 bzw. 100 Jahren Dauer erwiesen sich als verwaltungsorganisatorisch wenig produktiv. Der omridische Ansatz militärverwaltungsorganisatorischer Landesgliederung, repräsentiert durch sry h-mdynwt, war vermutlich sehr weitmaschig angelegt und ohne Auswirkung auf die zivile Verwaltungsadministration, offenbar auch, abgesehen von einer evtl. Aufnahme in Form assyrischer Militärbezirkseinteilung, ohne irgendeine Nachwirkung in nachomridischer Zeit. Lokale und regionale srym des Landes treten im Gegensatz zum Südreich deutlich weniger (in der Überlieferung) hervor. Dagegen finden sich einzelne, aber symptomatische Beispiele einer ausgeprägten örtlichen und Sippenautonomie. Jedoch wird man kaum bezweifeln können, daß den samarischen Herrschern der machtstabilisierende Nutzen einer guten und möglichst engen Beziehung zur lokalen und regionalen Tribalelite verborgen geblieben ist. Das zeigen, wenn auch nur an zwei Beispielen, bezeichnenderweise die beiden länger herrschenden Dynastien, denen für konzeptionelle Vorhaben Zeit zur Verfügung stand und zwar - wiederum bezeichnenderweise - nicht in ihrer formativen Anfangsphase, sondern in ihrer Stabilisierungsphase: die Omriden mit dem Ansatz einer anscheinend allerdings auf den militärischen Bereich beschränkten mdynwt-Verwaltungsstrukturierung; für die Nimsiden ergibt sich eine solche Bemühung aus den Samaria-Ostraca. Sie zogen danach Eliteangehörige der um ihre Residenz herum wohnenden manassitischen Sippen, besonders solche der nördlich und südlich unmittelbar angrenzenden Sippen Hogla und Helek, an den samarischen Hof - bzw. diese ließen sich ziehen - , vermut-
90
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
lieh zu Ehrenaufenthalten zeitweiliger Natur, Einbeziehung in welcher Art auch immer in den weiteren Hofkreis oder auch - mit dem zusätzlichen Mittel der Krongutverleihung bzw. Mitversorgung aus Krongut als Anreiz - zur Übernahme von Hoffunktionen. Damit bewirkten die samarischen Herrscher nicht nur eine innenpolitisch wichtige, machtstabilisierende Interessenübereinstimmung und Beziehung, sondern schufen zugleich ein der (extratribalen?) Residenz fehlendes „befriedetes" und stabiles Umland als erweiterte territoriale Basis und Kern ihres Reiches, freilich auf Kosten des sozialen Friedens und mit der Folge wachsender sozialer Stratifikation, nachweislich besonders um Samaria herum400. Ungeachtet dessen ist im Nordreich wie im Südreich die Installation einer Verwaltungsorganisation königlicher Funktionäre mit direkten Einwirkungen auf die lokale Verwaltung und unter Beeinträchtigung von deren Autonomie, abgesehen von den Auswirkungen der sozialen Stratifikation, nicht festzustellen. Im Nord- wie im Südreich kann man also nicht eigentlich von königlichen Funktionären als einem personalen Herrschaftsmittel sprechen. Glieder der lokalen und regionalen Elite, die eine soziopolitische Position zwischen Durchschnittsbevölkerung und Herrscher eingenommen haben, ohne doch regelrechte königliche („beamtete", institutionelle) Funktionäre und in Funktionen eingebunden zu sein, haben durch die sich ergebende, mindestens partielle Interessenübereinstimmung mit dem Königtum die zu erwartende Funktionärsschicht teilweise überflüssig gemacht, teilweise aber auch selbst durch die durch sie geförderte Stratifikation und Spaltung der Gesellschaft die Macht in den Händen der ökonomisch und militärisch potenten Herrschaftselite stabilisiert, wobei im Südreich die demselben Stamm wie die Herrscher angehörende Elite anscheinend eher von sich aus die Dynastie stützte, während im Nordreich, soweit erkennbar, das Interesse an einer Anbindung der Elite an die Residenz als konzeptionelles Element der Innenpolitik anscheinend erst seit den Nimsiden nachweisbar ist und eher von den samarischen Herrschern ausging sowie sich speziell auf die unmittelbar Samaria umgebenden Sippen 400 Wie es in dieser Hinsicht im Nordreich weiter von Samaria entfernt aussah, bleibt unsicher. Vielleicht zeigen die o. angeführten Belege stabiler Sippenstruktur eine weniger schroffe Spaltung und Stratifikation des Nordreiches an als sie durch die Samaria-Ostraca und die bitteren Anklagen vor allem des Arnos gerade gegen Samarias „schmarotzende" Bevölkerung erkennbar wird. Wenn es richtig ist, nach meiner Deutung der Ostraca darin die Widerspiegelung einer speziellen Situation um die Residenz zu sehen, die nicht ohne weiteres für das gesamte Gebiet des Nordreiches verallgemeinert werden kann, wäre im Lande die gesellschaftliche Spaltung vielleicht nicht überall so schroff gewesen wie um die Residenz. Dann läge die Annahme näher, daß die lokale und regionale Elite fern(er) von Samaria weder vom Königtum in vergleichbarem Maße angezogen wurde noch in vergleichbarem Maße zur sozialen Differenzierung beigetragen hätte. Das Königtum hätte verständlicherweise mit dem Ansichziehen der lokalen und regionalen Elite um die Residenz herum begonnen. Auf jeden Fall fehlt ein dem Südreich vergleichbares landesweites Indiz für eine sich entwickelnde Status- und Besitz-Elite, wie es im Südreich das rapide Wachsen der Zahl der Siegelbesitzer im 8. und 7. Jh. v. Chr. bildet.
II. Königliche Funktionalorte
und
91
-bauten
richtete. Grundsätzlich gilt aber für das gesamte Südreich ab 8. Jh. v. Chr., im Nordreich vorrangig und nachweislich jedenfalls für das Umland von Samaria im 8.Jh. v.Chr., daß horizontale Solidarität innerhalb der Ortschaften sich zunehmend kreuzte mit vertikaler Solidarität401 zwischen Teilen der lokalen (und regionalen) Oberschicht ('m h-'rs) bzw. deren Spitze (der Besitz- und Statuselite: srym) sowie Hof und Residenz-Elite (srym) 402 .
II. Königliche
Funktionalorte
und -bauten als
Herrschaftsmittel
Neben dem personalen Herrschaftsmittel eines Verwaltungsfunktionärsapparates bildet Bautätigkeit in Ortschaften bzw. die Errichtung von Ortschaften ein wichtiges Kennzeichen und Ausdrucksmittel herrschaftlicher Macht. Das hat mit Recht in letzter Zeit besonders Ahlström betont 403 . Dabei kommt der Positionierung und Verteilung königlicher Funktionalorte über das beherrschte Territorium eine wesentliche Bedeutung für die Effizienz der Funktionalorte zu, wie aus jener auch Rückschlüsse auf die Funktionen der Orte und Bauten abzulesen sind. Es empfiehlt sich, bei der Betrachtung zunächst der davidisch-salomonischen Zeit und dann der Zeit der getrennten beiden Reiche die herrscherliche Bautätigkeit nach folgenden Kategorien zu prüfen: 401 Z u m Begriff vgl. WUNDER 1 9 8 6 , 1 9 - 2 1 . 31, zur Sache vgl. auch BREUER 1990, 34ff. 51 f. 55ff. 65. 69ff. Freilich gab es auch innerhalb der Orte vertikale Solidarität: H e r r e n und ihre Klienten. 402 Die hier vorgetragene Auffassung von einer eher bescheidenen, durch nicht besonders viele königliche Funktionäre vor allem am Hof und allenfalls in einigen königlichen Funktionalorten repräsentierten königlichen Verwaltungsorganisation als Herrschaftsmittel, die vielmehr im lokalen und regionalen Bereich im Lande unter „Einsparung" eines verzweigten eigenen delegierten Funktionärsapparates sich der lokalen und regionalen Eliten zu versichern und zu bedienen suchte, m. a. W. einer im Blick auf Verwaltungsfunktionäre strukturell schwach entwickelten Herrschaft in beiden israelitischen Reichen, unterscheidet sich neben
g e l e g e n t l i c h s c h o n a n g e m e r k t e n A u f f a s s u n g e n u . a. v o n DE VAUX, DONNER u n d AHARONI
besonders von solchen wie YEIVIN 1979, aber auch REVIV 1979, mit denen nicht eine ausführliche detaillierte Auseinandersetzung geführt wurde, auch weil deren Quellenbewertung und -behandlung sich von der meinen z. T. recht stark unterscheidet, so daß eine Auseinandersetzung Punkt für Punkt zu weit führen würde. Es ist übrigens bezeichnend, daß DE VAUX (1964 passim) ein sehr verzweigtes, anscheinend omnipotentes und ubiquitäres königliches Verwaltungsnetz zeichnet, dann aber auf 2 Seiten (1964, 2 2 1 - 2 2 3 ) zu der zutreffenden Feststellung der weitgehenden A u t o n o m i e der Orte im Lande kommt, auch unter Hinweis auf unsere lückenhaften Quellen, ohne daß die Rolle der lokalen Eliten als ambivalentem Zwischenglied zwischen H ö f e n und Durchschnittsorten und ihrer Bevölkerung zur Erklärung herangezogen und genauer gewürdigt wird. 403 1982a, l f f . lOff. 27ff.; vgl. auch zum Topos „königliches B a u e n " WELTEN 1973, 9f. u. passim, zur integrativen und legitimierenden Rolle des Bauens in chiefdoms vgl. RENFREW 1974, 84; SERVICE 1977,113; speziell zur Rolle des Königs bei Kultbauten vgl. FRANKFORT 1948 = 1978, 267ff. 342; RENFREW 1974,77F.; SERVICE 1977,266. Vgl. auch u. Kap. C, A . 217.
92
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
1. Residenzorte 2. Befestigungs-Bautätigkeit (Grenzorte, Wagen- und Pferdestädte, weitere Festungsorte) 3. Ökonomisch ausgerichtete Orte und ökonomische Bautätigkeit (Königliche Vorratsstädte, Krongut und deren Orte und Bauten sowie Häfen und „industrielle Standorte") 1.
Residenzorte
Olivier hat „characteristic features" für die Bestimmung eines Ortes als „Hauptstadt" zusammengestellt 404 . Danach ist eine Hauptstadt a) „the focal point of institutionalized kingship", b) „the focal point of all peace time economic activities" c) „the centre point of the country's administration" d) „the unifying political centre", enthaltend - eine „defendable acropolis" (Palastkomplex) - das Nationalheiligtum - einen „storage sector" (Schatzhaus, Arsenal, weitere Vorratsgebäude), evtl. zusätzliche Repräsentationsbauten, die die Hauptstadt zum „symbol of the nation" machen. Nach Buccellati405 erfüllen Jerusalem und Samaria diese Merkmale, indem sie a) die in jeder Hinsicht führende Rolle in den beiden israelitischen Reichen spielen, b) geographisch im Herzen der Staaten liegen, c) demographisch die bevölkerungsreichsten Orte waren, d) politisch als Königsresidenzen und Regierungssitz die Hauptstädte waren, e) sozial und ökonomisch den höchsten und progressivsten Lebensstandard boten, f) administrativ die Zentren des bürokratischen und juridischen Apparats bildeten, g) militärisch die stärksten Städte und die strategischen Zentren der Verteidigung darstellten, h) kulturell das Beste der Nation in Literatur, Architektur und Kunst in sich versammelten, i) religiös als Sitz des Königtums bedeutend waren und k) das jeweilige ideologische Symbol des Nord- bzw. Südreiches darstellten. Wenn diese Charakterisierungen den Idealtypus einer Hauptstadt beschreiben sollen, kann man ihnen nur zustimmen. Faßt man aber vor dem Hinter404 405
1983, 121 ff.; vgl. auch WENDEHORST/SCHNEIDER 1979, VIff, bes. Xff. 1967, 223 f.
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
93
grund der obigen Merkmale die herrschaftlichen Residenzen im Laufe der monarchischen Zeit Israels ins Auge, so können Gibea und Gibeon 406 für das Reich Sauls, Hebron407 und Rämat Rähel408 für das Südreich sowie Sichern409, Pnuel410, Tirza411 und Jesreel412 für das Nordreich zwar als mehr oder weniger bedeutende zeitweilige Residenzen bzw. Nebenresidenzen bezeichnet werden413. Da aber bei allen lediglich das eine oder andere der obigen Merkmale für eine Hauptstadt anzutreffen ist, nicht aber mehrere, die meisten oder gar alle, kann man bei ihnen nicht von Hauptstädten414, sondern besser lediglich von Residenzen sprechen. Es müssen m. E. aber auch bei Jerusalem415 und Samaria416 im Gegensatz zu Olivier und Buccellati einzelne Vorbehalte im Blick auf deren uneingeschränkte Bezeichnung beider Orte als Hauptstädte gemacht werden. Einige der „Hauptstadtkriterien" treffen nämlich auf Samaria und sogar Jerusalem durchaus nicht oder nur eingeschränkt zu. Geht man die Kriterien durch, so zeigt sich bei Oliviers Aufstellung, daß Samaria die Kriterien a und b erfüllt, wogegen c nach den bisherigen Ergebnis406
V g l . z u G i b e a SINCLAIR 1 9 6 0 ; DERS. 1 9 6 4 ; P . L A P P 1 9 6 5 ; DERS. 1 9 7 0 ; SINCLAIR
1976,
4 4 4 - 4 4 6 ; GALLING/H. WEIPPERT 1977, 9 6 f . ; N . LAPP e d . 1981, b e s . 2 3 f f . 2 9 f f . 3 7 f f . ; HÜBNER
1987; zu den alttestamentlichen Belegen vgl. SCHUNCK 1963, bes. 116ff. Zu Gibeon vgl. REED 1 9 6 7 , 2 3 1 f f . ; PRITCHARD 1 9 7 6 , 4 4 6 - 4 5 0 ; KUSCHKE 1 9 7 7 , 9 7 F . ; SCHUNCK 1 9 6 3 , b e s . 2 8 f f . 1 3 1 f f . ; BLENKINSOPP 1 9 7 2 ; DERS. 1 9 7 4 . 407
Vgl. BUCCELLATI 1967, 223; KNAUF 1 9 9 0 a , 159F.; z u m a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d vgl.
H. WEIPPERT 1977,144f.; OLB 2, 675ff. 408
V g l . AHARONI 1962; DERS. 1964; DERS. 1 9 6 7 a ; DERS. 1 9 7 8 , 1 0 0 0 - 1 0 0 9 ; O L B 2 , 5 9 6 - 6 0 6 ,
bes. 601-603; H. WEIPPERT 1988,445. 597-599. 6 7 0 - 673. 409
G . E . WRIGHT 1 9 6 7 a , 3 5 5 f f . ; DERS. 1978, 1083f.; JARO§, 1976, 2 4 f f . ; H . WEIPPERT 1977,
293-296. 410
G O R D O N / V I L L I E R S 1 9 8 3 ; COUGHENOUR 1 9 8 9 ; T H I E L 1 9 9 1 .
411
D E VAUX 1956, 1 2 5 - 1 4 0 ; DERS. 1967, 3 7 1 - 3 8 3 ; DERS. 1976, 3 9 5 - 4 0 4 ; H . WEIPPERT
1 9 7 7 , 3 4 4 F . ; CHAMBON 1 9 8 4 ( d a z u H . WEIPPERT 1 9 8 5 , 1 7 8 - 1 8 3 ! ) ; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 5 1 6 f . 412
O E M I N G 1 9 8 9 ; WILLIAMSON 1 9 9 1 ( v g l . a u c h o . A . 2 8 1 )
413
Dabei ist freilich das Residieren keines Königs, auch nicht Jerobeams I., in Pnuel nachweisbar (s. o.). Es ist auch bezeichnend und spricht wiederum gegen Salomos angebliche Einrichtung von „Provinzen" mit „Provinzzentren", daß keines der nach lKön 4,7ff. vermuteten „Provinzzentren" eine Nachfolgewirkung in Form einer Residenz von Nordreichsherrschern gefunden hat. 414 Dagegen mit Nachdruck besonders OLIVIER 1983 gegen die unbekümmerte Rede von „Hauptstädten", vgl. in letzter Zeit z.B. H. WEIPPERT 1977, 266 (bei Samaria), BROSHI 1982, 5ff.; SCHÄFER-LICHTENBERGER 1983, 399 (Jesreel!) und viele andere. 415 Zum archäologischen Befund in Jerusalem vgl. auswahlweise aus der mir zugänglichen L i t e r a t u r KOSMALA 1964, 8 2 0 f f . ; KENYON 1968; AP-THOMAS 1967, 2 7 7 f f . ; KENYON 1973, 1 3 f f . ; B A R - Y O S E F e t a l . 1 9 7 6 , 5 7 9 f f . ; D O N N E R 1 9 7 7 , 1 5 7 - 1 6 5 ; BROSHI 1 9 7 4 , 2 1 - 2 6 ; KENYON 1 9 7 4 ; OTTO 1 9 8 0 a ; Y A D I N e d . 1 9 7 6 ; SHILOH 1 9 8 4 ; DERS. i n L i P i r t s K i e d . 1 9 8 5 , 1 1 3 - 1 4 6 ; O E M I N G i n
GUNNEWEG 1987,180ff.; insgesamt zum davidischen und salomonischen Jerusalem: H. WEIPPERT 1 9 8 8 , 4 5 5 - 4 7 6 . 416
V g l . ACKROYD 1 9 6 7 , 3 4 3 f f . ; KENYON 1 9 7 3 , 7 1 f f . ; H . WEIPPERT 1 9 7 7 , 2 6 5 - 2 6 9 ;
DIES.
1 9 8 8 , 5 1 3 - 5 1 6 . 5 3 5 - 5 4 0 ; AVIGAD 1 9 7 8 , 1 0 3 2 - 1 0 5 0 ; W A L L I S 1 9 7 6 ; WIGHTMAN 1 9 9 0 ; STAGER 1 9 9 0 ; FINKELSTEIN 1 9 9 0 ; D E V E R 1 9 9 0 .
94
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
sen mangels eines bis auf die Bevölkerungsebene reichenden FunktionärsAdministrationsapparates nur sehr eingeschränkt, nämlich auf die Administration königlicher Funktionalorte, zutrifft. Das Kriterium d gilt ebenfalls nur stark eingeschränkt, insofern in und für Samaria niemals eine, etwa derjenigen Jerusalems vergleichbare, Ideologie (Theologie) entwickelt worden ist, die als Basis eines integrativen „unifying" „symbol of the nation" hätte gelten und dienen können - oder wissen wir nur nichts von ihr, sollte sie restlos verloren gegangen, nicht überliefert sein? Bezeichnenderweise fehlt in Samaria auch, abgesehen vom zeitweiligen königlichen Ba ¿«/-Heiligtum z. Zt. der Omriden, ein „Nationalheiligtum". Diese Defizite werden durch den königlichen Palastkomplex, Vorratsbauten usw. keinesfalls wettgemacht. Die Prüfung Samarias anhand der Kriterien Buccellatis führt zum gleichen Ergebnis: Samaria war sicher die politisch wichtigste Ortschaft (a + d) im Herzen des Landes (b) mit wenn nicht der zahlreichsten417 so doch der differenziertesten Bevölkerung (c) und als Dauerresidenz dementsprechend mit dem höchsten Lebens- und Kulturstandard ausgestattet (e + h). Daß Samaria militärisch die stärkste Stadt und strategisches Zentrum der Landesverteidigung war (g), ist mindestens im ersten Teil des Kriteriums keineswegs gesichert418, während der zweite Teil zutreffen dürfte. Daß Samaria als Sitz des Königtums eine religiöse Dignität besessen hätte (i) ist wiederum ebensowenig nachweisbar419 wie die Kriterien/und k, deren Fehlen für Samaria schon oben (Kriterium b bei Olivier) angemerkt wurde. Es dürfte am wichtigsten für die Beurteilung des Charakters Samarias sein, daß dieser Residenz die integrativ bedeutenden Elemente des Zentralkults für das ganze Territorium sowie 417 Sargon II. will 720 v. Chr. 27290 Einwohner Samarias ( A N E T 284f.; T G I 3 60: 27280!) gefangengenommen h a b e n . In der Z a h l dürften aber auch B e w o h n e r des U m l a n d e s mit enthalten sein (H. WEIPPERT 1977, 267). Z u m E n d e Samarias 720 (!) v. Chr. vgl. jetzt NA'AMAN 1990 a. 418 Archäologisch vgl. o . A . 416, zuletzt H . WEIPPERT 1988 5 3 5 - 5 3 9 . U n b e k a n n t ist der genaue U m f a n g der eisenzeitlichen Stadt, weil der Verlauf der Stadtmauer (wenn es eine solche gab) u n b e k a n n t ist. Es ist möglich, daß Samaria aus der Akropolis-Residenz auf dem Hügel sowie einer Anzahl von benachbarten N e b e n b a u t e n bestand, während Menschen, die zu Hof und „Stadt-Bevölkerung" zählten, in den U m g e b u n g s o r t e n wohnten. Drei F a k t o r e n können d a f ü r sprechen, d a ß Samaria tatsächlich „ n u r " eine Residenz mit N e b e n b a u t e n , nicht aber eine stark mit M a u e r n befestigte Haupt-Siarfi war: Die trotz der Bekanntheit der G e f a h r und der Belagerungskünste der Assyrer schnelle E i n n a h m e Samarias (720 v. C h r . ) und die vorherige, überraschend problemlose Verhaftung König Hoseas (vgl. dazu überzeugend NA'AMAN 1990a) sowie schon f r ü h e r 2Kön 15,14, wonach M e n a h e m b. Gadi anscheinend ziemlich ungehindert o h n e Belagerung nach Samaria durch's Palasttor „hineinkommt" und Sallum erschlägt. 419
In diesem Z u s a m m e n h a n g wird gern auf das „Kalb von Samaria" (Hos 8,5f.) verwiesen; dabei handelt es sich aber u m den Stier von Betel (ALT 1954 = 1968, 295 A . 2 ; WOLFF 1961, 179f.; RUDOLPH 1971, 164; JEREMIAS 1983,106f.). D a s b e d e u t e t nicht, daß die Residenz keine königliche „Kapelle" gehabt hätte ( l K ö n 16,32; 2Kön 10,18—27). Sie hatte aber keine nachweisliche B e d e u t u n g für das L a n d . Von einer „Theologie der Residenz Samaria" ist immerhin nichts überliefert.
II. Königliche Funktionalorte
und -bauten
95
soweit wir wissen - einer „Ideologie/Theologie der (Haupt-) Stadt" fehlten. Damit reduziert und konzentriert sich die Rolle und der Charakter Samarias für das jeweilige Herrscherhaus auf diejenige der - zweifellos bedeutenden Residenz mit zentraler funktionaler Bedeutung für die königlichen Funktionalorte im Lande, während eine verwaltungsorganisatorische Bedeutung und Funktion für die Ortschaften der Bevölkerungsebene fraglich bleibt, sich jedenfalls bisher im Blick auf königliche Funktionäre nicht nachweisen ließ. Es sei betont, daß Samaria dessenungeachtet politisch, sozioökonomisch und kulturell die bedeutendste Ortschaft des Nordreiches war, eine Qualität, die sie aber weniger ihrer funktionalen Bedeutung für die Ortschaften der Bevölkerungsebene als vielmehr ihrer Rolle als herrschaftliche Residenz verdankte. So bildete Samaria die Zentrale der herrschaftsinternen Verwaltung. Die Bedeutung der Stadt für die Ebene der Durchschnittsortschaften war aber anscheinend begrenzter als die gängige Bezeichnung als Hauptstadt auf den ersten Blick annehmen läßt. Was nun Jerusalem angeht, so treffen Oliviers Kriterien a + b zweifellos auf Jerusalem zu. Bei c gilt die gleiche Einschränkung wie bei Samaria mangels eines in die Ortschaften der Bevölkerungsebene hinab wirksamen königlichen Verwaltungsfunktionärsapparats. Kriterium d trifft auf Jerusalem in höherem Maße als bei Samaria zu, da nicht nur Palastkomplex einschließlich Vorratsinstallationen und weitere Repräsentativbauten textlich gesichert sind, die zusammen mit dem Jerusalemer Tempel und der an ihn und die davididische Dynastie anknüpfenden „Ideologie/Theologie der Stadt und der Dynastie" 420 Jerusalem im Laufe der Zeit zum „symbol of the nation" werden ließen. Dieser starke, ideologisch integrative Faktor konnte sogar an vordavididische Traditionselemente anknüpfen 421 und wurde anscheinend bereits in der Zeit Davids und Salomos zielstrebig ausgebaut422. Dementsprechend ist unter den Kriterien Buccellatis lediglich bei / (=01iviers Kriterium c) der erwähnte Vorbehalt anzumelden, während bei Kriterium b die ab Rehabeam nichtzentrale Lage Jerusalems anscheinend kaum negative Auswirkungen für das Südreich mit sich brachte 423 bzw. durch die innertribal-judäische Loyalität der Südreichsbevölkerung ausgeglichen wurde. So kann bei Jerusalem von Residenz- und Hauptstadt uneingeschränkter gesprochen werden als bei Samaria, da in jenem Fall eine bruchlose und sogar wachsende landesweite Akzeptanz bestand. Die sich bei Kriterium c (Olivier) bzw. / (Buccellati) in beiden Fällen zeigende verwaltungsorganisatorisch-personale Strukturschwäche hinsichtlich bevölke420 421
Vgl. u. S. 203ff. Z u r Ideologie als Reserve-Sozialstruktur vgl. SALZMAN 1978. Darauf wird im Folgenden ebenfalls noch n ä h e r einzugehen sein; vgl. immerhin u . a .
STOLZ 1970; OTTO 1976; DERS. 1 9 8 0 a ; DERS. 1 9 8 0 b ; DERS. 1 9 8 6 a ; zuletzt a b e r b e s o n d e r s NIEHR 1 9 9 0 , 1 6 7 f f . ; JANOWSKI 1991.
422 Yg] dazu die vorige A n m . und noch unten S. 203 ff. 423 Z u den Grenzverschiebungen, die sich in Jerusalems nördlichem Vorland im Laufe der monarchischen Zeit ergaben, die jedoch immer auf benjaminitisches Gebiet beschränkt waren und judäischesTerritorium nicht b e r ü h r t e n , vgl. SCHUNCK 1963, bes. die Karte S. 169
96
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
rungswirksamer Funktionäre der Nordreichs- wie der Südreichsherrschaft wurde im Südreich durch die integrierende Kraft der Ideologie von Hauptstadt und Dynastie ausgeglichen, weniger gut dagegen im Nordreich durch militärische Dynamik der Dynastien, die nicht nur durch die ständigen Umstürze, sondern auch durch die ebenfalls ständigen außenpolitischen Bedrohungen beeinträchtigt und behindert, kaum zu herrschaftsstabilisierenden Strukturmaßnahmen kamen. Man kann insgesamt sagen: Jerusalem wurde in wachsendem Maße integrierendes Zentrum des Südreiches und damit eine mit Urbanen Metropolen der Antike vergleichbare Hauptstadt 424 , und zwar nicht zufällig nach der Zerstörung Samarias. Samaria war dies in demselben Maße nie; es war als Residenz bedeutend, wenn die herrschende Dynastie stark war.
2.
Befestigungs-Bautätigkeit: Grenzstädte, Wagen- und Pferdestädte, weitere
a) Vereintes Reich!Südreich
Festungsorte
Juda
Während David als Bauherr wenig hervorgetreten ist425, nimmt in der Zeit Salomos die herrschaftliche Bautätigkeit etwas breiteren Raum ein426. Diese unterschiedliche Akzentsetzung herrschaftlicher Aktivität entspricht dem verschiedenartigen Charakter beider Herrschaften, indem David sein Reich durch militärische Dynamik nach außen im Innern sicherte („Vorwärtsstrategie", „Vorneverteidigung"), während Salomo den seinerzeit erlahmenden militärischen Schwung durch bauliche Absicherung der Binnengrenzen, verbunden mit (heirats-)politischen und (handels-)diplomatischen Maßnahmen auszugleiA U C H DIE steigenden Bevölkerungszahlen Jerusalems nach den Schätzungen B R O ( 1 9 7 8 , 1 0 - 1 5 ; DERS.,1974, 2 1 - 2 6 ).
424 VGL SHIS
425 2Sam 5,9 (Befestigungsbauten und erster Palast ); 2Sam 6; 2 4 , 1 8 - 2 5 (erster Kultplatz, aber noch kein Tempel, l K ö n 3,2; 5,16). Insgesamt ist das an Davidbauten in Jerusalem relativ wenig (H. WEIPPERT 1988, 455—457). Von A H A R O N I (1974a, 13—16) in die Davidzeit datierte Bauten auf Teil el-Qädt sind sehr wahrscheinlich erst (Jerobeam?) Ahab zuzuschreiben (vgl. N I E M A N N 1985a, 265f. < L i t . > ; D E V E R 1979, 272; H E R Z O G 1986, 8 9 - 9 1 < f f . > ; H . WEIPPERT 1988, 540). Zuletzt hat H E R Z O G in Megiddo Str. V A David die Paläste 6000 und 1723 und „die 2.Phase der Häuserreihen" zugeschrieben (1986, 108); zur Diskussion vgl. aber KEMPINSKI 1977, 216f.; D E V E R 1979, 292f.; U S S I S H K I N 1990; FINKELSTEIN 1990; D E V E R 1990; vgl. auch u. mit A . 6 2 0 - 6 2 4 . Zu Davids Aktivitäten beim Ausbau von Teil es-Seba'Str. V vgl. u. mit A . 443. 462; H E R Z O G 1986, 119-122. 124; zu Zweifeln an der Zuweisung von Str. V zum 10.Jh. v. Chr. und zur Zuweisung zum späten 9. Jh. v. Chr. vgl. D E V E R 1979,283 < L i t . > ) ; OLB 2 , 2 0 2 . Zu Teiles-Seba'vgl. zuletzt FRITZ 1990b. 426 Jerusalemer Tempel(aus)bau: l K ö n 6; 7,13ff. (vgl. RUPPRECHT 1972; DERS. 1977); archäologisch vgl. G . R . H . W R I G H T 1985 , 254—267. Jerusalemer Palast Salomos: l K ö n 7 , 1 - 1 2 ; zu weiteren Befestigungsbauten in Jerusalem und außerhalb: l K ö n 9,15ff. Archäologisch zum Jerusalem Salomos H . WEIPPERT 1988, 457 —476. Ein Überblick zur „Monumental Architecture in Ancient Israel in the Period of the United Monarchy" bei D E V E R 1979.
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
97
c h e n suchte 4 2 7 . D a ß zur S i c h e r u n g der ü b e r d e h n t e n G r e n z e n die K r ä f t e a b e r nicht a u s r e i c h t e n , b e g a n n sich s c h o n w ä h r e n d s e i n e r H e r r s c h a f t z u zeigen 4 2 8 . N a c h l K ö n 9 . 1 5 . 17—19. 2 4 , w o S a l o m o s B a u m a ß n a h m e n z u s a m m e n g e f a ß t sind, w u r d e n n e b e n d e m H a u p t b a u p l a t z der J e r u s a l e m e r R e s i d e n z s e c h s Städte a u s g e b a u t , d e r e n A u s w a h l u n d L a g e b e z e i c h n e n d sind: H a z o r 4 2 9 , M e g i d d o 4 3 0 , G e s e r 4 3 1 , U n t e r - B e t h o r o n 4 3 2 , Baalat 4 3 3 u n d Tamar 4 3 4 (vgl. K a r t e 1 [S. 106]. Karte 2 [S. 146]). H a z o r , Megiddo u n d Geser boten als alte, b e d e u t e n d e Kanaanäerstädte relativ gute Voraussetzungen zum (Wieder-) A u f b a u bzw. A u s b a u als königliche Funktionalorte. Die baulichen Übereinstimmungen k ö n n e n auf einen konzertierten Ausbau schließen lassen 435 . H a z o r beherrscht den Nord(ost)en, Megiddo und Geser sichern die strategisch 427 lKön 3,1; 9,16. 24; 11,1-8 (Heirats- und Haremsdiplomatie); lKön 5,15-32; 9,10-14; 10,1-29 (Handelsdiplomatie). Zum historischen Gehalt letzterer Berichte vgl. o. S. 19ff., bes. A. 81-83. 96.100. « 8 lKön 11,14-28 (29-39). 40; zu V. 29ff. vgl. H. WEIPPERT 1983. 429 Die Siedlung von Str. XB-A (2.H. 10. Jh. v. Chr.) bestand wohl nur aus einer befestigten (königlichen??) Zitadelle von c a . 6 — 7 acres ( Y A D I N 1 9 7 2 , 1 3 5 — 1 4 6 ) ; zum archäologischen Befund vgl. insgesamt Y A D I N 1 9 6 7 , 2 4 5 f f . ; DERS. 1 9 7 2 , bes. UOff. 1 2 9 f f . ; KENYON 1 9 7 3 , 53ff.;
Y A D I N 1 9 7 6 , 4 7 4 - 4 9 5 ; K U S C H K E 1 9 7 7 , 1 4 1 - 1 4 4 ; FRITZ 1 9 8 3 , 3 1 - 3 3 ; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 4 2 8 F .
zum Torbau Salomos (?) (und Späterer) (Str.XB) vgl. auch
H E R Z O G 1 9 8 6 , 9 1 f.
sowie
WIGHT-
MAN 1 9 9 0 ; USSISHKIN 1 9 9 0 ; FINKELSTEIN 1 9 9 0 u n d D E V E R 1 9 9 0 . 430
Zum archäologischen Befund:
SCHOFIELD 1 9 6 7 , 3 0 9 f f . ; KENYON 1 9 7 3 , 5 8 f f .
93ff.; A H A -
RONI/YADIN 1 9 7 7 , 8 3 0 - 8 5 6 ; KEMPINSKI 1 9 7 7 , 2 1 3 - 2 1 8 : F R r r z 1 9 8 3 , 2 2 - 3 0 ; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 4 3 1 - 4 3 4 ; WIGHTMAN 1 9 9 0 ; USSISHKIN 1 9 9 0 ; FINKELSTEIN 1 9 9 0 ; D E V E R 1 9 9 0 ;
zu den Torbauten
vgl. HERZOG 1 9 8 6 , 9 3 - 1 0 8 , b e s . 9 6 f f . 431 Zum archäologischen Befund vgl. DEVER 1967, 4 7 - 6 2 ; DERS. 1971, 94-132; KENYON 1973, 68ff.; DEVER 1976, 428-443; KEMPINSKI 1977, 9 0 - 9 3 ; D E V E R 1984, 206-18; DERS. 1986, 9 - 3 4 ; H . WEIPPERT 1988, 429-431; zum Torkomplex vgl. H E R Z O G 1986, 113-117 sowie insgesamt WIGHTMAN 1990; HOLLADAY J r . 1990; USSISHKIN 1990; FINKELSTEIN 1990; D E V E R 1990. 432 Vgl. OELGARTE 1 9 1 8 , 7 3 - 8 9 ; HENTSCHKE 1 9 6 2 , 2 2 7 ; vgl. auch unten S . 118 m . A .
552-554. 433 So MT, gemeint ist wohl Ba'ala (=Ba'lat Jehuda, IChr 13,6), der alte (ältere) Name (eines Heiligtums bei) Kirjat-Jearim(s) (SCHUNCK 1963, 97ff. 145. 150; vgl. auch N o r a 1983, 213f.; A H A R O N I 1984, 220. 269; OLB 2, 7 9 4 F . ; anders W Ü R T H W E I N 1985, 111; unentschieden GRAY 1980, 248; zur Diskussion vgl. noch VRIEZEN 1975, 136 A. 3; der einzige Beleg in der Literatur für eine Oberflächenuntersuchung in Der el-Azhar < F . T. C O O K E , A A S O R 5, 1923/ 24, 115, nach V R I E Z E N 1975, 157 A. 78>, wonach die Ortslage vielleicht schon in SpBr existierte, war mir unzugänglich). Zum Ort vgl. auch Kap. C, S. 192f. mit A. 51—54. 434 Nach A H A R O N I 1963, 30 — 4 5 = 'En Hasb am W-Rand des Wädi el-'Araba (so auch N o r a 1983, 214); nach MITTMANN 1977, 228ff.: 'En el-'Arus = 'En Tamar; zur Diskussion vgl. OLB 2,264-270. 435 Zum Beleg solcher konzertierter (königlicher?) Aktivität wird gern auf die ähnlichen 6Kammer-Torkomplexe von Hazor, Megiddo, Geser und Asdod (vgl. jetzt auch Timna) hingewiesen, vgl. u.a. A H A R O N I 1974a, 13-16; H E R Z O G 1986, 91f. 93ff. 113ff., für Teil esSeba' aaO, 119 ff. Zur Diskussion um die Datierung der Toranlagen, d. h. um die Frage, ob sie Salomo zugeschrieben werden müssen, vgl. neuestens WIGHTMAN 1990; H O L L A D A Y , J r . 1990; DEVER 1990, besonders aber USSISHKIN 1980; DERS., 1990; FINKELSTEIN 1990. Nicht gesichert ist danach nicht nur die Zuweisung aller solcher Tore gerade zur Zeit Salomos; es ist auch nicht
98
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
wichtige Ebene Jesreel bzw. die Westgrenze gegenüber der Küstenebene. Soweit die Ausgrabungen es erkennen lassen, scheinen jedoch Hazor, Megiddo und Geser im 10. Jh. v. Chr. noch nicht überwiegend und eindeutig königlich dominierte Funktionalorte gewesen zu sein, eher Wohnorte israelitischer Durchschnittsbewohner, denn der Anteil der öffentlichen Gebäude an der Ortsfläche besonders in Megiddo und Hazor ist zu dieser Zeit allem Anschein nach noch merklich geringer als im 9. Jh. v. Chr. 4 3 6 . Ihre Funktion im königlichen Sinne im 10. Jh. ist daneben angesichts der datierungsmäßigen und interpretatorischen Unklarheiten bei den archäologischen Ergebnissen auch nicht völlig eindeutig zu bestimmen. Angesichts der traditionellen strategischen Wichtigkeit der drei Orte liegt natürlich die Annahme einer (königlichen) Grenzsicherungsfunktion nahe. Gesichert ist eine solche Auffassung aber deshalb nicht, weil nicht völlig sicher ist, daß die Schutz- und Befestigungs-Bauten jedenfalls königlich-salomonisch, nicht aber lokal veranlaßt sind, falls und soweit sie denn in die Salomozeit gehören 4 3 7 . Ist aber der archäologische Befund im Blick auf die Bauten-Urheber sowie funktional nicht eindeutig, ruht alles auf l K ö n 9,15. 17—19, wo aber leider nur allgemein von „(aus)bauen" (BNY) in nicht militärisch und/oder zivil spezifizierender Art gesprochen wird. So könnte sich Salomos (Aus-)Bautätigkeit in den drei Orten lediglich auf Repräsentationsbauten 4 3 8 konzentriert haben. Das deutete auf ein salomonisches Motiv in Richtung Prestigegewinn und Einflußstabilisierung im Norden hin, also Integration der Nordgebiete und -gruppen, neben dem der weitere Gedanke strategischer Grenzsicherung freilich nicht ausgeschlossen ist. Es handelte sich dann gewissermaßen um eine ParallelMaßnahme Salomos zu der Entsendung der nsbym ( l K ö n 4,7ff.): Falls die in Frage kommenden „Palast"-Bauten in Hazor und Megiddo auf königliche und salomonische Initiative zurückgingen, deutet dies wie l K ö n 4,7 ff. auf Salomos Bemühung um Integration der Nordgebiete. Daß es sich um Parallelmaßnahmen handelte, die nicht von vorn herein verknüpft waren, wird daran deutlich, daß von den drei Orten allein Megiddo überhaupt im Bereich eines nsb genannt wird, aber nicht als sein Wohn- und Herkunftsort, sondern als einer der Orte seiner Bemühungen um Repräsentation und Prestige für Salomo, als der Ort nahe seinem Wohn- und Herkunftsort Taanach, der traditionell ausgeschlossen, daß es sich um ein Phänomen, ein Element der Architektur-Entwicklung speziell der E IIA-Zeit (ca. 1000-900 v. Chr.), also ein Element eines Epochenstils handelt, so daß die Torkomplexe nicht notwendig alle auf einen staatlich-königlichen Auftraggeber zurückgehen müssen, sondern vielleicht auf einen Impuls der Architekturentwicklung der palästinischen Küstenebene (vgl. H. W E I P P E R T 1988, 440-441), also von philistäischen Baumeistern auch in lokalem Auftrag ausgeführt worden sein können. 436 Für Hazor vgl. o. A . 429, für Megiddo o. A . 430, für Tamar o. A . 434. Vgl. auch K N A U F 1991b, 180ff.; Kartenskizzen bei H. W E I P P E R T 1988, 429f. 431; ( A H A R O N I / ) Y A D I N 1977, 848 (Megiddo); D E V E R 1976, 429 (Geser); Y A D I N 1972,111 (Hazor). 153 (Megiddo). 437 S. o. S. 19-23 mit A. 81-96 und S. 97 A. 435. 438 In Megiddo vielleicht „Palast 1723" und vielleicht auch „Palast 6000" mit der ihn unter Umständen umgebenden Kasemattenmauer, nicht aber die spätere, über „Palast 1723" hinweglaufende Massivmauer sowie auch nicht das sog. „salomonische Tor" (vgl. H. W E I P P E R T 1988, 431 f. 434)? Residierte und repräsentierte in „Palast 1723" zeitweilig der aus Taanach stammende und dort wohnende nsb Baana b. Ahilud (lKön 4,12), während im tornahen „Palast 6000" zum Schutz des Tors und im Schutz der evtl. Kasemattenmauer um den Palast ein salomonischer Militärführer und eine Soldateneinheit ständig stationiert war? Für Hazor vgl. H. W E I P P E R T 1988, 429 (vielleicht im 10. Jh. ein „Palast oder festungsartiges Gebäude an die Stadtmauer angebaut" (Str. X - I X ) (vgl. lKön 4,15??).
II. Königliche Funktionalorte und. -bauten
99
große regionale Bedeutung hatte und insofern für (s)eine Funktion als zeitweilige Residenz von Nutzen war. Vergleichbares mag für den nsb von Naphtali (lKön 4,15) gelten, bei dem Hazor aber nicht einmal genannt wird. Ob und wieweit Hazor und Megiddo bei dieser Deutung bereits organisatorisch-administrative Funktionen der Binnenverwaltung besaßen, ist unbekannt. Bei Tamar, Unter-Bethoron und Baalat, die das judäische „Hausmachts"-Gebiet Salomos gewissermaßen umgaben, sind wir mangels Ausgrabungen völlig auf lKön 9,15. 17—19 angewiesen; was Salomo dort „(aus-)gebaut" hat, ist wieder unbekannt. Von ihrer Lage her läßt sich aber für die ihnen vom Königtum zugedachte Funktion folgendes vermuten: Tamar sicherte an der Nordwestecke der Araba-Senke die Südostgrenze und diente zugleich als Stützpunkt für die Sicherung der Handelswege nach Süden in Richtung des Golfs von Aqaba. Auch für den Ausbau der beiden Orte Unter-Bethoron und Baalat kann eine Sicherungsfunktion angenommen werden, freilich wohl eine etwas andere als meist angenommen, soweit bei allen 6 Orten in lKön 9,15. 17—19 an Grenzfestungen zum Außenschutz des Kernbereichs von Israel/Juda gedacht wird: Beide Orte liegen eben nicht an der westlichen Außengrenze zur Küstenebene hin. Weiter westlich als Unter-Bethoron liegt Geser, westlich von Baalat liegen Bet-Schemesch und Zora als feste Städte 439 . Damit bilden beide Orte allenfalls Elemente eines gestaffelten Sicherungssystems des nordjudäischen Kernlandes und dienten wohl vorrangig dem speziellen Schutz des nördlichen bzw. südlichen Zugangsweges durch die Ebene Ajjalon bzw. das Wädi es-Sarär hinauf auf das Gebirge nach Jerusalem. Obwohl in Unter-Bethoron und Baalat keine Ausgrabungen stattgefunden haben, liegt es wie bei den anderen drei von Salomo im Norden (aus-)gebauten Festungsorten nahe, daß keine reinen königlichen Funktional-Festungsorte vorliegen, sondern Befestigungsmaßnahmen im königlichen Auftrag innerhalb der Wohnstädte vorgenommen wurden 440 . In lKön 9,19 werden Wagen- und Pferdestädte (V y h-rkb und 'ry h-prsym) Salomos genannt 441 . Um welche Orte handelt es sich? Sind es spezielle Städte oder waren die Wagen, Pferde und Mannschaften in den obigen sechs Festungsgrenzstädten sowie evtl. weiteren Ortschaften untergebracht? Es ist in der Tat auffällig, daß niemals einer dieser Garnisonsorte für die für Israel aufsehenerregende und moderne Kriegswaffe, mit der noch David nichts anzufangen wußte oder zu tun haben wollte 442 , namentlich genannt wird. Das macht die von Würthwein vertretene Auffassung wahrscheinlich, unter Verständnis des lKön 9,19a beginnenden waw als waw explicativum die Vorrats-, Wagen- und Pferdestädte mit den sechs o.g. königlichen Funktionalorten gleichzusetzen443. Die Stationierung dieser Waffe hatte - wenn sie denn außerhalb 439
S. u.m. A. 534-538 (Bet-Schemesch) undu.m. A. 539 (Zora) Vgl. die Lit. in A. 432 (zu Unter-Bethoron) und A. 433 (zu Baala). Belege: lKön 9,19//2Chr 8,6; lKön 10,26//2Chr 9,25; 2Chr 1,14; vgl. neben den Kommentaren z.St. noch DE V A U X 1966, 24-28; H. W E I P P E R T 1977, 250-255; zum mesopotamischen Hintergrund der Streitwagenwaffe vgl. M A Y E R 1978. 442 2Sam 8,4, vgl. M C C A R T E R 1984b, 249; oder steckt hinter der Bemerkung eine David zugeschriebene Fremdgötterabwehr (vgl. 2Kön 23,11, zu diesem Text vgl. SPIECKERMANN 1982,245-256)? Vgl. auch Dtn 17,16. 443 W Ü R T H W E I N 1985, 109. 112; anders Nora 1983, 216; T H I E L 1985 , 306. Als Stationierungsort für Streitwagen kommt noch Jerusalem hinzu, s.u. S. 102 m. A. 447. Ob aller440 441
100
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
von Jerusalem historisch zutreffend und auch der Salomozeit zuzuschreiben ist - neben dem Verteidigungszweck vermutlich speziell bei Hazor, Megiddo und Geser den Sinn, gegenüber den nichtjudäischen Nordgebieten als Demonstration des königlich-salomonischen Machtanspruchs 4 4 4 und der Fähigkeit, Schutz bieten und eine pax Israelitica garantieren zu können, kurz: herrscherlicher Legitimation zu dienen 4 4 5 , eine der Einsetdings Unter-Bethoron und Baala(t) wegen ihrer geomorphologischen Situation (bedeutende) Streitwagengarnisonen gewesen sind, ist wohl zu bezweifeln. (Woher hatte Salomo eigentlich die vielen Streitwagen c l K ö n 5,6; 10,23-25. 26—29, zur Vorsicht gegenüber dem Aussagegehalt vgl. SCHLEY 1987 und o. S. 19ff. m. A. 8 1 - 9 0 > , die David noch verachtete, und was wollte er mit ihnen: Eine Art repräsentative „Schweizergarde"?) Hinzu kommt, daß im späteren Südreich die Streitwagenwaffe anscheinend kaum mehr eine Rolle gespielt hat, nachdem die bedeutenderen alten Kanaanäerorte Hazor, Megiddo und Geser zum Nordreich gehörten, wo diese Waffengattung weiter gepflegt wurde (oder hat der Aufschwung der Streitwagenwaffe unter Ahab < T G I 3 50 Nr. 19> bei der Ausmalung der Salomozeit rückwirkend die Hand des Erzählers mit geführt? Für einen vergleichbaren Vorgang vgl. K N A U F 1991b,174ff.; im übrigen stammt der früher gern als Stallanlage für die „salomonischen" Streitwagenpferde beanspruchte Pfeilerhauskomplex in Megiddo nicht aus der Salomo-, sondern aus der Omridenzeit < A h a b > , vgl. A. 445). Vielleicht waren Unter-Bethoron und Baala(t) eher Vorratsorte neben ihrer Funktion der Zugangssicherung für Jerusalem von Westen her (vgl. SCHUNCK 1963, 100; V R I E Z E N 1975, 153). Erstaunlich ist das Fehlen von Beerscheba und/oder Ziqlag in der Reihe der 6 königlichen Funktionalorte; es bleibt eine Lücke der Grenzsicherung im SW. Sollte Teil es-Seba' Str.VI/V entgegen der Datierung der Ausgräber nachsalomonisch (s.o.A. 425) und deshalb nicht genannt sein? Oder liegt die Nichtnennung auch daran, daß Teil es-Seba' nach David zeitweise außerhalb des von Salomo kontrollierten Gebietes lag (vgl. K N A U F 1991b, 181 f.)? 444
Vielleicht sollte man bei einer altorientalischen und kleinen, erst am Anfang ihrer Formationsperiode stehenden Gesellschaft wie dem davidisch-salomonischen Israel weniger von (entpersonalisierter,-korporativer, institutionalisierter staatlicher) Macht des Herrschers, sondern von Einfluß und Autorität sprechen (vgl. SERVICE 1977, 106ff. u. passim; zum öffentlichen Bau massiver Monumente in solchen vor- bzw. früh„staatlichen" Gesellschaften SERVICE 1977, 113. 134, speziell in Israel D E V E R 1979; WHITELAM 1986 (weitere Lit. in Kap. C , A. 217), zur Rolle der Redistribution e i n Israel evtl. durch die königlichen „Vorratsstädte" und vielleicht auch durch die Pfeilerhäuser angedeutet> SERVICE 1977, 109ff. 112—114. 128. 131. 361 u.ö.; weitere Lit. zur Sache s. A. 81. 88. 221). 445 Vgl. auch W Ü R T H W E I N 1985, 112; vgl. oben m. A. 444. Es fragt sich, ob die Zahlen der Pferd- und Wagenmacht Salomos real sind (vgl. DE V A U X 1966, 25; o. A. 443; vgl. Ahabs Wagenzahl bei Qarqar, o. 66 m. A. 303; 99f. m. A. 443); wo sollten solche Mengen untergebracht sein, wenn Baala(t), Unter-Bethoron und Megiddo als Wagengarnisonen z. Zt. Salomos ausfielen? Die früher gern als Pferdeställe bezeichneten Pfeilerhäuser (zur Diskussion vgl. besonders FRITZ 1977; HoLLADAY,Jr. 1986) haben nämlich wohl nicht direkt etwas mit Streitwagentruppen zu tun, sondern sind eher Kasernen (s. FRITZ,aaO, 44f.) oder königlichfunktionale Mehrzweckbauten, die auch dem Handel dienen konnten (vgl. dazu unten Näheres). Sie finden sich in großen Komplexen in königlichen Funktionalorten (Megiddo, Teil esSeba', Teil el-Hasl), einzeln auch in Hazor, Bet-Schemesch, Teil 'Aräd V I I I , Tel 'Esdär I I I , auch auf Teil Qastle, Teil AbüHawäm IV und Hirbet el-Msäs II, vielleicht auch in Hirbet Gazze (dazu B E I T - A R I E H / C R E S S O N 1982, 262f.). Der vielleicht berühmteste Pfeilerhauskomplex in Megiddo stammt auch nicht aus der Zeit Salomos (Str. VA-IVB), wie früher angenommen, sondern aus der Zeit Ahabs (Str. IVA) (vgl. A H A R O N I / Y A D I N 1977, 848; FRITZ 1977, 32f.). M.E. handelt es sich um in königlichen Funktionalorten gern und besonders ausgedehnt benutzte Bauten, deren funktionale Eingrenzung nur auf Kasernen (FRITZ) allerdings nicht sicher ist; man sollte vielmehr an multifunktional verwendbare Bauten denken, neben Käser-
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
101
zung der salomonischen Emissäre in den Nordgebiete ( l K ö n 4,7ff.) parallele Maßnahme. Salomos sechs Funktionalorte neben Jerusalem sollten somit sehr wahrscheinlich eine innenpolitisch seine Herrschaft legitimierende propagandistische Funktion erfüllen. Hinzu kommt eine vermutlich begrenzter als früher anzunehmende außenpolitischmilitärische Funktion der Grenzabsicherung, wobei zwischen Baalat, Unter-Bethoron und Tamar einerseits und Hazor, Megiddo und Geser andererseits in der oben angedeuteten Weise ein gradueller Unterschied bestehen mag: Bei jenen (freilich recht punktueller) militärischer Grenzschutz für das judäische Hausmacht-Gebiet, bei diesen vorrangig Repräsentation und Legitimation mit Ziel der Integration - auch mit dem evtl. begrenzt eingesetzten Mittel militärischer Präsenz als (den Nordgruppen einsichtiger?) Grenzschutz-Faktor, freilich wiederum recht punktuell. Mit der vorgeschlagenen Deutung von l K ö n 9,15. 17—19 wird allerdings das Bild Salomos als überragender und glänzender Bauherr reduziert 446 , wenn er auch unbestreitbar Beachtliches auf dem Bausektor, besonders in Jerusalem, geleistet hat.
Als Zwischenergebnis ist hier festzuhalten, daß das Königtum Salomos mit der begonnenen, jeweils verschiedenartig ausgeführten Funktionalisierung der bisher betrachteten sechs Orte in den Fällen von Hazor, Megiddo und Geser anscheinend kaum ersichtlich und nachweisbar in die Selbstverwaltung der jeweiligen Ortsbevölkerung eingegriffen hat; wieweit das dagegen in UnterBethoron, Baalat und Tamar der Fall war, ist nicht festzustellen. Vermutlich ist es aber doch eher unwahrscheinlich, daß in Unter-Bethoron und Baalat das Königtum über militärische Befestigungsmaßnahmen und die Stationierung von Truppen hinaus die der Bevölkerung zum eigenen Schutz und dem des gesamten Gemeinwesens verständlich gemacht werden konnte, lokale Verwaltungsautorität beansprucht oder übernommen hat. Die Zielrichtung des Versuchs m.E. primär der Repräsentation und Herrschafts-Legitimation ist erkennbar; darüber hinaus können von der Lage der drei Orte Judas, aber auch der drei Nord-Ortschaften in dieselbe Richtung gehende, plakative militärische Schutz-Maßnahmen Salomos vermutet werden. Eingriffe des Jerusalemer Königtums in Lokal- und/oder Regionalverwaltung, etwa mit dem Ziel der Durchstrukturierung des Landes bzw. dem Aufbau eines Binnenverwaltungs-Apparates, sind jedoch nicht erkennbar, vermutlich auch nicht einmal wahrscheinlich, da lKön 4,7ff. in der oben vorgetragenen Deutung auch erst den Versuch und Anfang einer solchen herrschaftlich-strukturellen Integration in der Salomozeit dokumentiert. Nun sind ja nach Salomo den Davididen die wichtigen drei nördlichen Funktionalorte (Vorrats-, Wagen- und Pferdestädte oder was immer sie funktional darstellten und wieweit sie im 10. Jh. v. Chr. wirklich schon königliche nen auch an Handels-, Vorrats-, überhaupt königliche Redistributionszwecke (dagegen F R I T Z 1 9 7 7 , 44f.; vgl. insgesamt und differenzierend H. W E I P P E R T 1 9 8 8 , 540-543). Die grundsätzliche Deutung von HoLLADAY,Jr. 1986 als Ställe für „ordinary domestic animals" spricht nicht gegen meine Vorstellung multifunktionaler Verwendung. 446 So mit W Ü R T H W E I N 1985,112, anders T H I E L 1985.
102
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Funktionalorte waren) verlorengegangen. Da es mangels archäologischer Erkenntnisse unsicher ist, ob und in welchem Maße Unter-Bethoron, Baalat und Tamar überhaupt Wagenstreitmacht-Garnisonen besaßen, ist es möglich, daß diese Waffengattung im wesentlichen nur in Jerusalem dem Südreich verblieb447. Wo und in welcher Weise finden sich königliche Funktional-, speziell Festungs- und Sicherungsbauten und -orte über die sechs bzw. ab Rehabeam nur noch drei verbliebenen hinaus? In diesem Zusammenhang ist zunächst die Besiedlung in Südjuda und dem nördlichen und zentralen Negeb ins Auge zu fassen, wo durch Surveys und Ausgrabungen bemerkenswerte Erkenntnisse über zahlreiche Siedlungen seit dem Ende des 11. bzw. im 10. Jh. v. Chr. gewonnen worden sind. Eine größere Anzahl von Siedlungsanlagen im Zentralnegeb gehört durch die häufig gewählte interpretierende Bezeichnung als „Iron Age Fortresses" anscheinend in den hier zu behandelnden Zusammenhang königlicher Sicherung der Südgrenze. Diese Baugruppen treten in zwei Zeitphasen auf, einmal am Ende des 11. und vor allem im 10.Jh. v. Chr., zum anderen zwischen 800 und 600 v. Chr. Neben der genaueren Datierung standen in der Diskussion etwa des letzten Jahrzehnts besonders die Frage der äußeren Form (Grundriß) der Ansiedlungen und deren Interpretation sowie die der Funktion der Siedlungen im Mittelpunkt, letzteres besonders im Zusammenhang mit Überlegungen, wer wohl die Bewohner bzw. Urheber dieser „Forts" gewesen seien. R . Cohen 4 4 8 hat ovale, rechteckige, quadratische u n d „Forts" mit T ü r m e n unterschieden u n d sie als königliche Grenzsicherungsanlagen des LO.Jh. z. Z t . Salomos interpretiert, wobei einige der Anlagen im Negeb-Hochland schon ins ausgehende 11. Jh. v. Chr. gehörten. Meshel 4 4 9 sah ebenfalls die „Forts" als königlich verursachte Anlagen zur Südgrenzsicherung u n d zum Straßenschutz im N e g e b an, klassifizierte sie aber vor allem nach ihrer G r ö ß e . Mit Recht hat dagegen Herzog 4 5 0 kritisiert, daß alle diese Bauten homogener N a t u r seien und funktional gleich interpretiert würden. Vom B e f u n d auf Teil es-Seba'IX—VI ausgehend, trifft er eine wichtige Differenzierung: M a n müsse zwischen relativ großen „enclosed Settlements" {Teil es-Seba' VII) und einigen anderen NegebOrtslagen 4 5 1 einerseits und kleineren Negebsiedlungen mit K a s e m a t t e n m a u e r n andererseits unterscheiden, wobei jene eher (zivile) Familien-/Sippensiedlungen, diese eher militärisch ausgerichtete Siedlungen seien. Jene seien von solchen Kernsiedlungen wie 447 Vgl. lKön 10,26//2Chr 9,25; 2Chr 1,14. Ihre Bedeutung für Juda war freilich wohl bescheiden im Unterschied zum Nordreich. Ob das in 2Kön ll,16//2Chr 23,15 erwähnte Pferdetor, anscheinend zwischen Tempel und Königspalast gelegen, mit Streitwagen-Pferden zu verbinden ist, ist unsicher (eher königliche Wagenpferde). Das mit diesem Tor nicht identische (GRAY 1980, 578f.; GUNNEWEG 1987, 72) „Pferdetor" an der Ostseite des Tempelbezirks zum Kidrontal hinaus (Jer 31,40; Neh 3,28; vgl. B H H 831 f. < K a r t e > kommt vielleicht eher für einen Zusammenhang mit Wagentruppen in Frage. 448
COHEN 1979; DERS. 1980; MESHEL/COHEN 1980. 449 1977 450
1983,41-49 Z.B. Mesad Refed, Mesad Hatira, Horvat Rahba (vgl. die Zusammenstellung auf der Karte S. 42 Fig. 1; 45, Fig. 2); zu beiden ersteren Anlagen vgl. früher MESHEL/COHEN 1980. 451
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
103
Teil es-Seba' VIT (im 11.Jh. nach Südosten) bzw. Kadesch Barnea und El-Qusema (im lO.Jh. nach Nordwesten) ausgestrahlt. Die anderen Negebsiedlungen seien die kleinen quadratischen Festungen mit kleinen offenen Begleitdörfern, verstreut in der Wüste Zin, die auf königliche Initiative zurückgingen452. Bildet die zwischen „zivilen" Siedlungen und königlich initiierten Grenzschutzbaugruppen differenzierende Sicht Herzogs schon einen akzeptablen Fortschritt, so hat Knauf in einer Kritik gegenüber Cohen 453 die Frage nach Bewohnern und Funktion der „Fortresses" weitergetrieben. Er wendet sich wie Herzog gegen die einheitliche Interpretation der vier im Grundriß unterschiedlichen Bautypen als königliche Festungen, was allenfalls auf die „Forts" mit Turm zutreffen könne, und deutet die Anlagen im Negeb-Hochland, die oberhalb der 100-mm-Isohyete liegen und damit für Kleinviehzucht und gelegentlichen Feldbau geeignet, außerdem geschützt abseits von internationalen Verkehrswegen liegen, von einer „umweit- und sozialgeschichtlich orientierten Archäologie" her als „Vorratshäuser und ,Fluchtburgen' einer lokalen Bevölkerung" 454 . „Die Varianz der Grundrisse deutet an, daß die Bewohner des Negeb-Hochlandes im lO.Jh. ethnisch und sozial keine Einheit bildeten, und daß mehr ,nomadisch' orientierte Gruppen, denen ich die ,ovalen' Anlagen zuschreiben möchte, neben mehr ,nördlich' orientierten standen, die quadratischer' bauten." 455 . Unabhängig von Knauf hat Finkelstein456 die Interpretation der sog. „Fortresses" in derselben Richtung überzeugend weitergeführt und differenziert sowie in ein einleuchtendes historisches Gesamtbild gebracht. Er zeigt, daß die Anlagen auf den „Zin-NegevHighlands" zivile Siedlungen der lokalen Bevölkerung waren. Darauf weisen deren nicht so dicke und feste Mauern im Vergleich zu den nördlichen Kasemattenmaueranlagen; auch die Streuung und weiträumige Verteilung spreche gegen ein königliches Festungssystem. Zur Frage der Kurzlebigkeit der Siedlungen erklärt Finkelstein einleuchtend, daß sich diese lokale Ziehbauernbevölkerung ansiedelte, als die Sicherheitslage relativ stabil war; Einflüsse benachbarter Kulturen, der Zugang zu externen ökonomischen Ressourcen neben der Kleinviehhaltung erklären sich in diesem Zusammenhang und erlauben ihnen teilweise den Verzicht auf Herdenhaltung und Wanderungen im 12.—11. Jh. v.Chr. Zeugnisse der Prosperität des Gebiets bietet z.B. Hirbet el-MsäsIl (2. H. 12. Jh. bis Ende 11. Jh. v. Chr.) mit Belegen für Metallurgie, ägyptisch-kanaanäischer Architektur, phönizischer und midianitischer Keramik. Das deutet auf die Möglichkeit von Handelsbeteiligung dieser Gruppen neben gelegentlichem Ackerbau 457 . Die materiellen Verbindungen mit dem Norden (Juda) sind durch scheibengedrehte Keramik und 4-Raum-Häuser belegt. Neben Kleinviehzucht tritt Haltung von Großvieh als Zeichen 452 Vgl. noch die historische Synthese bei HERZOG 1 9 8 3 4 4 . 4 6 - 4 8 sowie den Überblick über „Adaptive Strategies in the Archaeology of the Negev" von BARON 1981. 453
454
KNAUF 1986,175
Diese Bevölkerung stand, „wie die Funde von ,importierter' scheibengedrehter Keramik neben .einheimischer' handgemachter zeigen, mit ihren Nachbarn im Norden in intensivem Kontakt... und (haben) sich möglicherweise, obwohl überwiegend .nomadisch' lebend, dem Staatsverband Judas im 10. Jh. zugehörig gefühlt... Eine gewisse Festigkeit der Baulichkeiten war erforderlich, da sich ihre Bewohner aller Wahrscheinlichkeit nach der zur Zeit Davids oder kurz zuvor im Negeb aufgetauchten, wahrscheinlich bereits protobeduinischen Amalekiter (l.Sam.30,17...) zu erwehren hatten." ( K N A U F aaO). 455 Ebd. 456 1984,189-209; vgl. H . WEIPPERT 1988,483f. 457 Vgl. FINKELSTEIN 1988a; H . WEIPPERT 1988,406f.
104
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
stationären Bauerntums 4 5 8 . Häuser außerhalb der Negeb-„enclosures" weisen auf die Sicherheit der politischen Situation. Diese seßhafte Phase begann im 12. Jh. und fand einen Höhepunkt Ende des 11./ Anfang des 10. Jh. v. Chr. Als dann im Norden Juda erstarkte 4 5 9 , entstand ein Konfliktpotential. Allerdings brauchten die judäisch-davididischen Herrscher die zeitweilig seßhaft gewordenen Nomaden nicht zu bekämpfen. Mit ihrem Zurückdrängen (oder Rückzug?) aus dem (Durchgangs-)Handel gingen sie wieder zum Wandern über, was das Verlassen der „Forts" zwanglos erklärt. Die Zerstörung von Hirbet el-Msäs IIA geht parallel mit der judäischen Intensivierung der Besiedlung von Teil es-Seba' und der Festung Arad. So hat das davidisch-judäische Königtum, wie Finkelstein resümiert, in einer klug ausgewogenen Politik mit einzelnen Stützpunkten im Südjuda-Negeb-Bereich „Flagge gezeigt" und für Stabilität, für eine pax Iudaica gesorgt, es anscheinend aber verstanden, die Lokal-Nomaden (Ziehbauern) partiell zu integrieren 460 , dabei in ihrer Handelsselbständigkeit bzw. alleinigen Rolle im (Zwischen-) Handel zu begrenzen, jedoch ohne nennenswerte Repression, so daß ein Ausbau weiterer Festungen sich erübrigte, ohne daß die Stabilität gefährdet war. Diese aus den umweit- und sozioarchäologischen Gegebenheiten im Bereich der sog. Negeb-„Forts" erschlossene, ausgleichende und konstruktive Politik Judas wird auch dadurch wahrscheinlich, daß sie mit textlichen Belegen der frühen Zeit Davids und dessen Beziehungsverhältnissen mit südjudäischen Gruppen vollkommen übereinstimmt 461 . Ist diese Sicht in ihren Grundzügen richtig, bleibt hervorzuheben, daß die Herrschaft in Jerusalem ihre Schutzmachtfunktion bzw. den e n t s p r e c h e n d e n Anspruch und ihre Autorität in Südjuda und im N e g e b nicht in F o r m eines dichten Administrations- und/oder Festungsnetzes etablierte und demonstrierte, sondern durch eine weitsichtige Mischung v o n punktueller, auf vereinzelte königliche Stützpunkte konzentrierter Präsenz und partieller Integration der lokalen B e v ö l k e r u n g die Vorteile und Interessenübereinstimmungen unter einer v o n ihr garantierten pax Iudaica nahezubringen verstand, die O p p o s i t i o n reduzierte o d e r gar nicht erst a u f k o m m e n ließ. W e l c h e A n s i e d l u n g e n Südjudas und des N e g e b k o m m e n als königliche Funktionalorte v o n A r t und Positionierung in Frage? Hirbet el-Msas Str. II FRITZ 1980, bes. 132ff.; DERS. in DERS./KEMPINSKI eds. TCHERNOV/DRORI in FRITZ/KEMPINSKI eds. 1983, 213ff.; FRICK 1985, 159ff.; H . WEIPPERT 1988, 402-407; u. a. zur Chronologie vgl. jetzt aber D E V E R 1990a. 459 Yg[ 2Sam 8; für Hirbet el-Msäs folgenreich war Davids Oberherrschaft über Edom (2Sam 8,14), damit kam der Ort in eine empfindliche Interessenzone Davids auf dem Weg nach Edom zu liegen; vgl. hier aber auch K N A U F 1988e. 460 Finkelstein spricht gewöhnlich von Nomaden, während die von ihm beschriebene Bevölkerung sozialökonomisch wohl genauer als „lokalnomadisch" bzw. „ziehbäuerlich" bezeichnet werden sollte, deren „sedentarization" sie zu „Stationärbauern" machte. Der wichtige Aufsatz enthält mehrere nützliche Karten und den m. W. vollständigsten Katalog von „Iron Age ,Fortresses'" (S. 203-206: 47sites). 461 Vgl. lSam 22,1-5; 23,14ff.; 24f.; 27; 30, bes. Vv. 26-31, dazu Z O B E L 1975); s.auch die zahlreichen Gefolgsleute aus Davids Frühzeit aus S- und O-Juda in 2Sam 23,8—39; vgl. noch FINKELSTEIN 1984,202 m. A. 7. 458 VGL zu
1983, 227ff.;
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
10. Jh. v. Chr. Teil es-Seba "V
Teil el-Milh Teil 'Aräd X I Tamar Teil el-Hlefel
105
(zum Folgenden vgl. Karte 1; s. nächste Seite) (David), befestigte Stadt, königlicher Hauptstützpunkt des SW-Gebiets, mit Beerscheba (Btr es-Seba*) zusammen Drehscheibe zwischen Südjuda und Negeb 4 6 2 ab Mitte 10.Jh. v . C h r . , feste Stadt, Süd-(ost)stützpunkt, zerstört E n d e 10. Jh. 4 6 3 ab 2. H . 10. Jh. v. Chr. oder erst 9. Jh.(?), Festung u n d SOStützpunkt 4 6 4 SO-Stützpunkt an handelsstrategisch wichtiger Straße 4 6 5 ab Mitte 10. Jh. v. Chr. (? eher s. u. 8. Jh.) Festung u. H a n delsstützpunkt 4 6 6
9. Jh. v. Chr. Teil es-Seba'IV Teil el-Milh Teil 'Aräd X
(Dever: spätes 9. J h . v. Chr.)
462 VGL insgesamt AHARONI ed. 1973; HERZOG ed. 1984, außerdem AHARONI 1975 a, 160-168; DERS. 1974b; DERS. 1975; W Ü S T 1977, 36; OLB 2, 185-209. Zur Identifizierung mit Ziqlag vgl. FRITZ 1990b; zur (herrschaftlichen) Ortsfunktion vgl. H . WEIPPERT 1988,615 A . 10. Vgl. die Datierungskorrektur bei DEVER 1979, 281-283 (Lit.), wonach Str. VI ins späte 10.Jh., Str.Vins späte 9. Jh. und Strata I I I - I I ins 8./7. Jh. v. Chr. gehören. 463 Der Ort liegt an einer wichtigen Wegeverbindung von Jerusalem und Arad bis Tamar nach Edom. Nach den begrenzten und bisher unvollkommen publizierten Ausgrabungen bestand der Ort nach der Zerstörung Ende 10.Jh. v. Chr. und nach einer (unbefestigten) Zwischenphase im 9.—7.Jh. mit einer schwächeren Mauer als früher weiter; die meisten Funde stammen vom Ende dieser Zeit. Die Keramik ähnelt nach dem Ausgräber Arad VI, En-Gedi und Rämat Rähel\ dies und der Fund eines Pfeilerhauses kann für eine königliche Funktionalisierung des Ortes sprechen. Vgl. zum archäologischen Befund KOCHAVI 1977, 771-775; OLB 2, 351f(353f.). 464 Vgl. archäologisch AHARONI 1968, 2 - 3 2 ; AHARONI (/AMIRAN) 1975, 7 4 - 8 9 ; AHARONI 1981; HERZOG et al. 1984, 1 - 3 4 ; O L B 2, 209-233; H . WEIPPERT 1988, 403. 408f. 477. 482f. 513. 550.556-558. 616f. 623-625. Nach DEVER 1979, 284m.A. 31, wäre auch hier die Datierung mindestens ein Jahrhundert herunterzusetzen, so daß ihm zufolge Str. X frühestens ins späte 9. Jh. v. Chr. gehört. 465 Die Ortslage ist wichtig für den Verkehr vom und nach dem Süden zur Küste des Mittelmeeres hin und nach Jerusalem, sie ist nach schriftlicher Überlieferung von E I bis in spätbyzantinische Zeit fast ununterbrochen besiedelt gewesen (vgl. MITTMANN 1977, 228ff.); archäologisch sind ab 9. Jh. v. Chr. weiterführende Einzelheiten nicht nachweisbar (vgl. OLB 2, 267-270). 466 Zu archäologischen Einzelheiten vgl. GLUECK 1970, 106-137; DERS. 1977, 713-717; O L B 2, 279—288. Vermutlich muß aber aufgrund von Ergebnissen von ROTHENBERG (RoTHENBERG/GLASS 1983; vgl. auch PRATICO 1985; KNAUF/LENZEN 1987; H. WEIPPERT 1988, 482) die GLUECK'sche Datierung vom 10. auf das 8. Jh. herabgesetzt werden. Weiterhin wird Teil el-Hlefe mit Elat (nicht mehr mit Ezion-Geber = öeztret Far'ün) zu identifizieren sein (vgl. u. S. 170f. m. A. 804-807). Historisch hätte nach KNAUF (1988e, 72; DERS. 1990c, 469) Mitte des 8. Jh. v. Chr. Ussia b. Amazja das Nordende des Golfs von Aqaba besetzt und Elat als Nachfolgesiedlung von Ezion-Geber gegründet.
106
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
K a r t e 1: K ö n i g l i c h e F u n k t i o n a l o r t e (z. T. n u r zeitweilig b z w . partiell königlich funktionalisiert) in J u d a •
10. J h . v. C h r ;
A9.Jh.;
O 8. J h . ;
• 7. J h .
1 Jerusalem; 2 G i b e a ; 3 G e b a ( ? ) ; 4Mizpa; 5Gibeon ( ? ) ; 6Kephira; 7 B a a l a ( t ) ; 8 U n t e r Bethoron ( 8 . / 7 . J h . ? ) ; 9Ajjalon ( ? ) ; lOGeser (8. J h . ? ) ; l l T i m n a ( ? ) ; 1 2 Z o r e a ( ? ) ; 13 Bet-Schemesch ( ? ) ; 14 Teil es-Säft; 1 5 A s e k a ; 1 6 S o c h o ; 17Adullam; lSQe'ila (8. J h . ? ) ; 19Moreschet-Gat; 20Libna ( ? ) ; 21 Telles-Seh Ahmed el-'Areni; 2 2 M a r e s c h a ; 23Lachisch; 24 Teil el-Hasv, 25 Teil Bet Mirsim ( ? ) ; 26 Teil el-Huwelfe ( ? ) ; 2 7 Teil esSeri'a (10.7/7. J h . ? ) ; 28 Teil es-Seba'; 2 9 H i r b e t el-Garra; 30 Teil el-Milh; 31 Teil 'Ar'ara; 3 2 H i r b e t Gazze; 3 3 A r a d (10. J h . ? ) ; 3 4 M a o n ; 35Debir (9. J h . ? ) ; 3 6 Z i f ; 3 7 A d o r a j i m ; 3 8 H e b r o n ; 3 9 B e t - Z u r (8. J h . ? ) ; 4 0 T e q o a ; 4 1 E t a m ; 42Betlehem; 4 3 H i r b e t Sälih; 4 4 E n - G e d i ; 4 5 Teil el-Hlefe; 46 öeztret Far'ün; 4 7 T a m a r ; 48 Kuntilet Agrüd; 49 TellelQederat; 5 0 M e s a d Hasavyähü (um 600 v. Chr.)
II. Königliche Funktionalorte und -bauten Tamar Kuntilet
'Agrüd
107
ab ca. 850 v. Chr., (königliche) Straßenfestung 41
8. Jh. v.Chr. Teil es-Seba' III Teil es-Seba'\l (Ende des 8. Jh.v.Chr. aufgegeben) Teil el-Milh Teil 'Aräd IX (Ussia) Teil 'Aräd VIII (Hiskia, spätes 8. Jh. v. Chr.) Tamar (?) Teil el-Hlefe (Ussia) (baulich vgl. Arad X - V I I I ) Neu hinzu kommen im i .Jh. v . C h r . : Teil el-Qederat ( 8 . - 7 . Jh. v. Chr.) Festungsstützpunkt und Zentrum weiterer benachbarter Anlagen, SW-Grenzstützpunkt + Handelsstraßen-Sicherung nach Süden 468 gegründet von Hiskia 469 Hirbet el-Garra gegründet von Hiskia 470 Teil 'Ar'ara (Ende 8. oder erst 7. Jh. v. Chr.?) 4 7 1 Mesad Misor ha-Ruah? (bis ca. 750 v.Chr.) Kuntilet 'Agrüd
7. Jh. v. Chr. Teil es-Seba'I Teil el-Milh Teil 'Aräd VII
(kleinere Festung als die vorhergehenden) (vgl. Arad VI; aus dieser Zeit am meisten Keramik) (Manasse)
467 Zum archäologischen Befund vgl. M E S H E L 1978a; DERS. 1978b. Auf einem Vorratsbehälter fand sich die Inschrift: l-sr'r = „to the chief functionary (.ST) of the city, the governor, Commander or the like" ( M E S H E L 1978b, 52f.; DERS. 1978a, 18), aber 'r sollte m.E. aufgrund des asa. > „mountain, citadel" (Wz. 'RR, vgl. BEESTON et al. 1982,20) nicht als „city", was die Ortslage zweifellos nicht war, sondern als „Schutzort", „(befestigter) Posten", die Inschrift also „dem Kommandeur des Berg-/Schutzorts/der Zitadelle (gehörig)" verstanden werden; sr'r zu lesen und als Personennamen zu verstehen ( A V I G A D 1986, 32, A . 31) ist weniger einleuchtend. Zu der Anlage vgl. auch noch H. WEIPPERT 1988,617—619. 468 Zu den archäologischen Einzelheiten vgl. C O H E N 1978; DERS. 1980a; DERS. 1981; DERS. 1982; DERS. 1982a; DERS. 1983; M . D O T H A N 1977, 697-699; O L B 2, 177-184; H . WEIPPERT 1988,481. 617 f. 469 Im 7. Jh. v. Chr. Ausbau zur starken Festung mit dicken Kasemattenmauern gegen Edom; zum archäologischen Befund vgl. B I R A N / C O H E N 1979, 124f.; B E I T - A R I E H 1981, 243-245; DERS. 1982, 69f.; OLB 2, 350f. 354. Vgl. auch H . WEIPPERT 1988, 593. 607. 609f. 614f. 470 Am O-Fuß des Hügels eine 1 ha große unbefestigte Siedlung, auf dem Hügel eine 1 ha große befestigte Siedlung; drei Schichten aus der späten Eisenzeit (7./6. Jh. v. Chr.). Massive Stadtmauer mit Vor- und Rücksprüngen, gleichzeitig mit Arad Str. VIII; gute Straßenlage nach Süden! Archäologisch vgl. B I R A N / C O H E N 1975, 171; DIES. 1976, 139f.; DIES. 1977, 250f.; DIES. 1978, 197-199; DIES. 1981, 131f.; OLB 2, 337-341; H. WEIPPERT 1988, 593. 607. 609. 614f. 645. ( B I R A N / C O H E N : Aroer in the Negev. EI 15 (1981), 250—273 war mir unzugänglich). 471 Festung der späten Königszeit; drei Seiten Kasemattenmauer, eine Seite massiv mit einem Tor; zum archäologischen Befund vgl. A H A R O N I et al. 1958, 239-242; DERS. 1967, 6f.; OLB 2, 311 f.
108 Teil 'Aräd VI Tamar (?) Teil el-Qederat Hirbet el-Garra Hirbet Gazze
Tell'Ar'ara
A J Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
(spätes 7./frühes 6. Jh. v. Chr., kleinere Festung als früher) ( 7 . - 6 . Jh. v . C h r . ) (starke Festung gegen Edom, Ende 7. Jh. v. Chr. zerstört) (Qina, Jos 15,22; gegründet erst von Josia < ? > , Festung mit Kasematten und 8 Türmen, ähnlich Arad VI und Teil elQederat )472 (massiv ummauerter Ort, vgl. Arad VIII, Straßenstützpunkt nach Süden gegen E d o m )
Als stabilste Elemente des Schutzgürtels erwiesen sich Teil es-Seba' (bis 7. Jh. v. Chr.), Teil el-Milh (bis 7. Jh. v. Chr.) und Teil 'Aräd (bis Anfang 6. Jh. v. Chr.), während von Tamar nach dem 10. Jh. textliche Belege fehlen, die archäologischen unklar sind. Die Funktion dieses bis Anfang des 7. bzw. durch das 7. Jh. v. Chr. stabilen Funktionalortgürtels ist klar: Südgrenzschutz und Sicherung der (Handels-)Wege nach Süden. Z. Zt. Hiskias und noch einmal unter Josia fällt die Verstärkung des Schutzgürtels parallel mit dem Verlust der südlichen Negeb-Herrschaft an die Edomiter ins Auge. Die vorstehende Skizze zeigt ein Nebeneinander, kein Ineinander 473 , aber auch kein Gegeneinander: Eine begrenzte Zahl von königlichen Funktionalorten zum Zweck der Grenzsicherung und der Absicherung der Verbindungen nach Süden steht neben oder zwischen einer nach einer stationären Phase im 10. Jh. v. Chr. nur begrenzt mit den königlichen Funktionalorten in Verbindung stehenden lokalnomadisch-ziehbäuerlichen Bevölkerung. Größere Bedeutung für diese Bevölkerung scheinen allein Teil es-Seba' = Ziqlag als „das logistische Zentrum der Südgrenze Judas"474 mit dem nahen Beerscheba als traditionellem Kommunikationsknotenpunkt zwischen (Süd-)Juda und Negeb besessen zu haben 475 . Bei der Suche nach evtl. königlichen Funktionalorten werfen wir nun einen Blick vom eben betrachteten Südrand des Einflußgebietes Judas auf den äußeren Gürtel des judäischen Kerngebietes und schreiten dabei eine Reihe von 472 Anscheinend ein Eckpfeiler der SO-Grenze Judas; am Hügel fand sich eine Siedlung des 7./6. Jh. v.Chr. mit einem Pfeilerhaus ( 6 x 1 4 m ) , gepflastertem Hof und 3 Räume mit gepflastertem Fußboden; Einzelheiten: AHARONI 1958, 3 2 - 3 5 ; BEIT-ARIEH/CRESSON 1982,
262F.; DIES. 1 9 8 3 , 2 7 1 f . ; DIES. 1991; O L B 2 , 2 3 3 f . ; H . WEIPPERT 1988, 579. 614. 616. V g l . auch TATUM 1991. Zur Identifizierung mit Qina vgl. MITTMANN 1 9 7 7 , 2 3 4 f . 473 Vgl. einerseits die Tatsache, daß über den Gebietsstreifen auf der Höhe des BeerschebaBeckens sich von Osten nach Westen ein ausgesprochenes /urym-Streu-Siedlungsgebiet hinzog (vgl. dazu umfassend im Einzelnen demnächst meine Untersuchung „Stadt und Land. Studien zur sozialen und strukturellen Entwicklung Altisraels"), andererseits die Zweigsiedlungen, die vom Umland größerer königlicher Funktionalsiedlungen wie Teil es-Seba' und Teil el-Qederat ausgingen (vgl. HERZOG 1983), also keine weiteren größeren Siedlungsknotenpunkte entstanden. 474 OLB 2,185 475 Das zeigt sehr schön der Überblick zu Beerscheba in OLB 2, 185ff. 193ff. 197f.; vgl. auch ALT 1956,17f.
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
109
Ortschaften vom Südosten über den Südwesten, Westen, Nordwesten und Norden Judas ab. 1.
TellZif
Der vermutlich ab E I besiedelte Teil476 hatte am Anfang der Eisenzeit Bewohner, die David anscheinend ablehnend gegenüberstanden477. Im Laufe der Eisenzeit, aus der viel E-II-Keramik gefunden wurde478, war Teil Zif aber anscheinend in das Reich Juda integriert479. /m/A>Stempel mit der Aufschrift zp4S0 und einige Steine mit Bossen481 deuten vielleicht auf königlichen Einfluß im Ort hin. Oder muß man über dieses königlich-ökonomische Engagement am Ende des 8. und im 7. Jh. v. Chr. hinaus auch militärisches annehmen 482 ? 2.
Hirbetel-Karm.il
Die Hirbe, deren Name wohl auch eine Landschaft bezeichnet483 und auf Weinbau hinweist, ist in ihrem größeren Westteil nach der Keramik nur römisch-byzantinisch besiedelt, auf dem kleineren Ostteil dagegen auch eisenzeitlich besiedelt gewesen484. Königliche Bauaktivitäten sind nicht festzustellen. Der Ort bzw. das Gebiet oder Leute des Gebiets standen aber in Beziehung zum frühen Königtum485. Ussia war im 8. Jh. v. Chr. anscheinend in dieser Gegend landwirtschaftlich aktiv486. 3 . Hirbet el-Ma 'in (Maon) Maon mag der Vorort des Gebietes Karmel gewesen sein487 und war die Heimat des kalebitischen Bauern und Viehzüchters Nabal (lSam 25). Die Baulichkeiten der Eisenzeit dürften dem relativ bescheidenen Fund an Keramik dieser Zeit 488 und der lokalnomadischen Subsistenzweise der Bewohner entsprochen haben. Imlk-Stempel489 deuten auf Krongut im Gebiet Karmel hin.
476 A L T 1926, 77; vgl. auch STOEBE 1964, 9; DERS. 1966, 16; KOCHAVI ed. 1972, 29. 68 (Nr. 178); OLB 2,747-749; AXELSSON 1987,37. 477 lSam 23,19; 26,1, vielleicht Kalebiter (IChr 2,42); vgl. STOEBE 1976,426f. 478 KOCHAVI ed. 1972,29. 68 (Nr. 178) 479 Jos 15,55 480 WELTEN 1969,152.175ff. 481 STOEBE 1966,16 482 Assyrer: 2Chr 11,8 4 83 JEPSEN 1959,74f.; OLB 2,751-754 484 Neben chalkolith., hellenist. u.röm.-byzant. (und einem MBr-Friedhof): KOCHAVI ed. 1972, 30. 77 (Nr. 222). 485 lSam 30,29 (LXX); 2Sam23,35//lChr 11,37 486 2Chr 26,10; vgl. u. m. A. 598 487 OLB 2,756f. 488 N O X H 1 9 3 4 = 1 9 7 i 8 6 ; KOCHAVI ed. 1972, 30. 77 (Nr. 231): neben vor allem E auch FrBr, Hell, und Röm.-Byz. 489 Eine Abb. bei KOCHAVI ed. 1972,77 (Nr. 231)
110
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
4. HirbetRäbüd (Debir, Qirjat Sefer)490 Die kanaanäische Stadt war erstmals in SpBr IIA (14. Jh. v. Chr.) ummauert 491 . Auf dem letzte SpBr-Stratum IIB ruht direkt E I (12. Jh. v. Chr.) auf. Die Stadt war danach bis zum Ende Judas besiedelt. Aus dem 10. Jh. v. Chr. (E IIA) sind einige Gräber freigelegt. Im 9. Jh. v. Chr. (E IIB, Stratum HIB) bestand eine 4m dicke Stadtmauer. Der Fund von Imlk-Stempeln in der Zerstörungsschicht IIB (E HC, Sanherib um 700 v. Chr.) zeigt anscheinend Interesse der judäischen Könige an dem Ort, das vielleicht, wie der Beiname Qirjat-Sefer zeigt492, mit einer handwerklichen Spezialisierung des Ortes auf Schreibmaterialherstellung zusammenhängt 493 . Man kann insofern vermuten, daß die Stadt vielleicht schon im Laufe des 9. Jh. v. Chr. durch diese Spezialität für das Königtum als den wichtigsten Verbraucher interessant wurde. Ob mit diesem wirtschaftlichen Interesse des Königtums und davon möglicherweise herrührendem wirtschaftlichen Aufschwung die Errichtung der beachtlichen Stadtmauer im 9. Jh. v. Chr. ursächlich zusammenhängt, ist allerdings nicht sicher. Immerhin beginnt im 9. Jh. v. Chr. für Israel, im 8. Jh. für Juda die eigentliche Periode von Schrift und Schreiben 494 , die für die Entwicklung und Konsolidierung eines staatlichen Gemeinwesens von fundamentaler Bedeutung ist495. Wenn für das 9. und beginnende 8. Jh. v. Chr. ein dirigistisch-administrativer Einfluß des Königtums in Debir auch nicht sicher nachweisbar ist, man vielmehr für diese Zeit auch mit der Möglichkeit einer lokal und regional günstigen ökonomischen Entwicklung der Ortschaft aus eigener Kraft und in eigener Regie rechnen kann, dürfte aber in der 2. Hälfte des 8. Jh. mit zunehmender Assyrergefahr naheliegen, daß das königliche Interesse an der Stadt, einer der nicht zahlreichen festen Städte südlich von Hebron, also an der Südflanke Judas, gewachsen ist. Darauf deuten die erwähnten Funde von /mWc-Stempeln496. Bedeutung und Gefährdung in dieser Zeit läßt die Totalzerstörung durch Sanherib erkennen. Als Konsequenz dessen dürfte danach die Verstärkung der Stadtmauer auf 7m (E HC, 7. Jh. v. Chr., Stratum IIA/IB) das Sicherheitsbedürfnis nach Süden dokumentieren und auf Josia, vielleicht aber doch eher schon auf Manasse zurückgehen 497 .
490
Zur Identifikation G A L L I N G 1954a; KOCHAVI 1974,26-32. Zum archäologischen Befund vgl. KOCHAVI 1974; K U S C H K E 1977, 56f.; KOCHAVI 1978, 995; OLB 2, 765-769 492 Ygi dazu im Einzelnen demnächst meine Untersuchung „Qaryah und Kopher. Zwei siedlungsgeographische Begriffe des Alten Testaments". 491
493
494
GALLING 1 9 5 4 a , 139
Vgl. M I L L A R D 1985; SMELIK 1987, 8ff. 22ff.; H. WEIPPERT 1988, 574. 579; K N A U F 1989; DERS. 1990 d, 12f(f). 495 Vgl. SCHENKEL 1983,61; GUMBRECHT 1983; A . und J. A S S M A N N 1983; G O O D Y 1988 passim, bes. 87ff. 91 f. 92ff. 100.112.121; K N A U F 1989; DERS. 1990d, 12f(f); BREUER 1990, 67f. 72. 496 KOCHAVI 1974,18 497 Die Tatsache, daß der Ort in der Festungsliste 2Chr 1 1 , 6 - 1 0 fehlt, die m.E. am wahrscheinlichsten in die Zeit Josias ( F R I T Z 1 9 8 1 ) ( N A ' A M A N 1 9 8 6 : Hiskia-Zeit) gehört (diese Alternative wird unten noch genauer nachzuprüfen sein), mag dafür sprechen, daß auch die Zeit Manasses in Frage kommt.
II. Königliche Funktionalorte und. -bauten 5. Teil Bei
111
Mirsimm
Die alte Hyksosstadt der MBr IIB war in SpBr II materiell ägyptisch beeinflußt und wurde Ende des 13. Jh. v . C h r . zerstört. Die E-I-Zeit ist baulich dürftig vertreten. Im 10. Jh. v. Chr. findet sich eine Kasemattenmauer mit einem West-Turmtor und einem Osttor 499 . Seit E II (9. Jh. v. Chr.) war der Ort durchgängig bis 587/86 v. Chr. besiedelt. Ein gewisser Wohlstand der Bewohner scheint sich evtl. nicht, wie früher angenommen, aus Färbereigewerbe, sondern aus Ölproduktion ergeben zu haben 5 0 0 . Als Beleg für königlichen Einfluß auf die Stadt kann man im letzten Viertel des 8. Jh. v. Chr. 4 ImlkStempel anführen 5 0 1 . In dieselbe Richtung mag evtl. der Fund zweier Krughenkel vom Ende des 8. Jh. v. Chr. mit der Aufschrift l'lyqm n 'rywkn502 weisen, besonders wenn der mit l'lyqm n'r ywkn gestempelte Henkel von einem Imlk-Gefäß stammt, wie vermutet wurde. Was dieser Eljakim dort (in Geschäftsverbindung mit dem König oder im Auftrag des Königs?) tat, ist unklar. War er Produzent von Vorratsgefäßen oder deren Inhalten, Mitarbeiter (n V) eines königlichen Funktionärs oder (königlicher) LieferungsOrganisator? Als Siegelbesitzer war er jedenfalls Angehöriger der sozialen Elite. D a ß die Ortschaft in die Verteidigungsvorbereitungen Hiskias gegen die Assyrer einbezogen worden ist, geht allenfalls aus den wenigen Imlk-Henkeln hervor: Ob das als Beweis ausreicht? Die erwähnte Kasemattenmauer läßt durch zeitliche und bauliche Ähnlichkeit mit Parallelen in Hazor, Megiddo, Geser und Bet-Schemesch vielleicht an eine königlich initiierte Maßnahme denken 5 0 3 , aber sicher ist das nicht. Möglicherweise ruhte aber in der Folgezeit das königliche Interesse, als die Südgrenze Judas weiter südlich im Negeb kaum gefährdet, jedenfalls im Süden gesichert war, weil die Stadtmauer stellenweise verfiel, so daß die Errichtung des Westturms ein schwaches Mauerstück im 9. Jh. v. Chr. sichern mußte 5 0 4 . Letzteres kann auch in Eigeninitiative der Bewohner geschehen sein. Von einem königlichen Funktionalort kann man dann wohl nicht durchgängig sprechen. Der Grundriß der Stadt, die allerdings durch die Ausgrabungen nur teilweise erkennbar geworden ist 505 , läßt nichts erkennen, was eindeutig auf königliche Administrationsbauten schließen läßt. So kann man mit Vorbehalt mit einem gewissen ökonomischen Interesse und Einfluß des frühjudäischen Königtums vermutungsweise rechnen; ein königlicher Militärposten am Ort ist nicht auszuschließen.
498
Vgl. archäologisch ALBRIGHT 1967, 207-220; DERS. 1975, 171-178; OLB 2, 773 -783; 1988,434-436. 441. 515. 529. 554. 556f. 593 OLB 2, 779-783 D A L M A N 1937, 77f.; EITAM 1979, 150-154; G . R . H . W R I G H T 1985, 310f.; O L B 2, 778.
H . WEIPPERT 499 500
782 f. 501
WELTEN 1969, 9 1
1975,178; Abb. in OLB 2, 779 Abb. 497. Ähnliche Stücke in Bet-Schemesch 1975, 253; OLB 2, 813) und Rämat Rähel ( A H A R O N I 1962, 59f.; DERS. 1978, 1006, vgl. auch unten mit A. 537). Daß der l'lyqm-Stempel ins späte 8., nicht ins 6. Jh. ( A L B R I G H T ) gehört, ywkn nicht König Jojachin ist und n'r somit hier keinen Königs-Funktionär meint, zeigte nach H. WEIPPERT 1988,576f. 678 jetzt GARFINKEL 1990. 503 OLB 2,782 504 OLB 2,779f. Vgl. ALBRIGHT 1975,171; OLB 2,780 Abb. 498; 782 502
ALBRIGHT
( G . E . WRIGHT
112 6.
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Teilel-Huwelfe
Die Identifikationsfrage ist nach wie vor umstritten 5 0 6 , die Grabungen sind noch im Gange. SpBr IIB (Stratum VIII, 13. Jh. v. Chr.) geht anscheinend bruchlos in E I / E I I A (Stratum V I I , 1200—900 v. Chr.) über. Innerhalb des 10. Jh. evtl. zeitweise unbesiedelt, besaß der Ort im 9./8. Jh. v. Chr. eine K a s e m a t t e n m a u e r ; dieses Stratum V I B (E II, 900—700 v. Chr.) wurde von Sanherib zerstört, danach war der O r t nur bescheiden bewohnt (E H C , Stratum V I A , 700 — 650 v. Chr.) 5 0 7 . Angesichts der unabgeschlossenen G r a b u n g , der bescheidenen Ergebnisse und der Unsicherheit einer Beziehung zu biblischen Texten, sind keine sicheren Schlußfolgerungen möglich. O b der F u n d eines ImlkStempels eine Einbeziehung in Hiskias Verteidigungssystem belegt 5 0 8 , m u ß unsicher bleiben. Die Zerstörung durch Sanherib trägt diese Beweislast wohl nicht allein. 7. Teil
es-Seri'a5"9
Die Festungsstadt des 13. Jh. v. Chr. kann aufgrund der reichen Ausstattung als Sitz eines ägyptischen Funktionärs oder Ägypten verbundenen lokalen Herrschers angesehen werden. Nach der Zerstörung Mitte des 12. J h . v. Chr. scheinen Philister das E r b e der Vorgänger angetreten zu haben (E I: Stratum VIII; l l . J h . v. Chr.). Wichtig ist, daß im 10. Jh. v. Chr. (Stratum V I I : E I I A ) intensive Bautätigkeit herrscht 5 1 0 . D e r Ort erlitt eine Zerstörung vielleicht durch E r d b e b e n A n f a n g des 9. Jh. v. Chr. E IIB (ca. 900—850/ 800 v. Chr.) fehlt! Erst im (späten?) 7. Jh. v. Chr. entstand wieder eine stark befestigte Siedlung 5 1 1 , deren Keramik(mischung) O r e n an Anwesenheit von königlichen Söldnern denken läßt 5 1 2 . E n d e des 7./Anfang des 6. Jh. wurde die Festungsstadt zerstört, danach gibt es Anzeichen assyrischer Besatzung. Die archäologischen Ergebnisse f ü r das 10./9. Jh. v. Chr. lassen hier, auch angesichts der exponierten Lage im Südwesten Judas einen königlichen Funktionalort vermuten. Diese Vermutung findet weitere Nahrung durch die anscheinend starke Befestigung in der krisenhaften Zeit des 7./6. J h . So könnte der Ort vielleicht eine königlich-judäische Grenzfestung gegen G e f ä h r d u n g aus Südwesten gewesen sein. Sicher ist dies freilich nicht.
506 Goschen? (En-)Rimmon? Für letzteres zuletzt BOROWSKI 1988, 21 ff.; zur Diskussion vgl. aber O L B 2, 935 und neuestens FRITZ 1990b, 80f. 84 (Horma?). 507 VGL z u m archäologischen Befund mit vorläufiger Stratigraphie: SEGER 1980, 223—226; DERS. 1981, 183-186; DERS. 1983, 1 - 2 3 ; DERS. 1987, 192-195; BOROWSKI 1988, 2 1 - 2 7 (Lit.); OLB 2, 935-939. 508 WELTEN 1969, 87f. Ob man die Kasemattenmauer des 9./8.Jh. v.Chr. königlicher Bauaktivität zuschreiben muß? 509 Zur ungeklärten Identifikation vgl. OLB 2,939; zum archäologischen Befund vgl. OREN 1978,1059-1069; DERS. 1982,155-166; OLB 2 , 9 3 9 - 9 4 3 , neuestens FRITZ 1990b, 81. sie Nach dem Ausgräber handelt es sich um Vorratsbauten, Wohnviertel; Binder- und Läufer-Technik ist zu beobachten. 511 E HC (OREN: E III), 7.16. Jh. v. Chr., Str. VI: eine SW-und eine NO-Zitadelle, 4 m dicke Mauern. 512 1 9 7 8 , 1 0 6 2 (OREN weist auf Parallelen, z. B.Mesad Hasavyähü und En-Gedi).
II. Königliche Funktionalorte 8.
und -bauten
113
Tellel-Hasi
Die Ausgrabungen 513 sind noch im Gange. Nach einer auf die letzte spbr Siedlung folgende Lücke findet sich im Unterschied zur Unterstadt die Akropolis im 10. Jh. v. Chr. wieder besetzt und mit einer dicken, turmbewehrten Mauer umgeben. In E II (2. H. 9. < ? > / 8 . - 6 . Jh. v. Chr., Str. Vlla-d) besteht der Ort anscheinend nur aus einer mit einem System von Stützmauern, erdgefüllten Kammern und Glacis ausgestatteten starken Festung auf der Spitze der Akropolis. Der Ort wird einleuchtend als Vorposten von Lachisch zum Schutz gegen die Küstenebene interpretiert. Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint es sich kaum um eine Wohnstadt, sondern um eine königliche Grenzfestung in Verbindung mit Lachisch zu handeln.
9.
Teiled-Duwer
(Lachisch)514
Auf dem Teil ist eine starke Hyksosstadt (MBr IIB) und eine stark ägyptisch beeinflußte Stadt der SpBr nachgewiesen. Wer die spbr Stadt zerstörte, ist unklar (Seevölker? Judäer?). Nach einer Lücke von 200 Jahren beginnt im 10. Jh. v. Chr. (Stratum V) israelitische Besiedlung, im 9. Jh. v. Chr. (Stratum IV) besteht eine befestigte judäische, überwiegend königlich funktionalisierte Stadt mit mächtiger Palastfestung, Mauer, Glacis und dem größten bisher in Israel gefundenen Torkomplex. Lachisch war wie Teil esSeba' Garnisonsstadt, nicht Wohnstadt 515 und blieb es durch das 9J8. Jh. v. Chr. Die Bedeutung dieser nach Jerusalem wichtigsten judäischen Grenzfestung zeigt die Flucht Amazjas dorthin vor einer Palastrevolte (2Kön 14,19f.). Ein weiterer Ausbau der Palastfestung mit Wiederaufbau der Umfassungsmauer (nach einem Erdbeben ca. 760 v.Chr.?) kennzeichnet Stratum III, das durch Sanherib nach der von ihm persönlich geleiteten Belagerung (wieder ein Zeichen für die hohe Bedeutung Lachischs!) zerstört wurde. Danach bestand zunächst nur spärliche Besiedlung. Unter Josia war Lachisch wieder königlich-judäische Festungsstadt (Stratum II), allerdings war das Lachisch Josias weniger stark und eindrücklich als dasjenige Hiskias, konnte aber dennoch neben Aseka und Jerusalem selbst gegen die Neubabylonier wieder am längsten von allen Städten standhalten (Jer 34,7). Für die Zeit Hiskias belegen die sehr zahlreichen ImlkStempel den königlichen Funktionalcharakter des Ortes 516 . Die Rolle Lachischs als wichtigste königliche Funktional-, Garnisons- und Festungsgrenzstadt nach der davididischen Residenz selbst und wohl gleich bedeutend im Westen wie Teil es-Seba'und Arad als Südfestungen steht außer Frage. Das wird auch dadurch unterstrichen, daß Lachisch (wie Megiddo im 9. Jh. v. Chr.) etwa zur Hälfte aus öffentlichen Gebäuden bestand. In dieselbe Richtung weist die Tatsache, daß Lachisch neben Teil el-HasT mit 513 O ' C O N N E L L / R O S E / T O O M B S 1977, 246ff.; DIES. 1978, 75ff.; O ' C O N N E L L / R O S E 1980, 221 ff.; DIES. 1980a, 73ff.; TOOMBS 1982, 67-69; A M I R A N / W O R R E L L 1976, 514-520; O L B 2, 928-931; DOERMAN/FARGO 1985,1-24. 514 Zum archäologischen Befund vgl. zusammenfassend T U F N E L L 1967, 296ff.; T U F N E L L / A H A R O N I / U S S I S H K I N 1977, 735-753; H . W E I P P E R T 1977, 196-198; G . R . H . W R I G H T 1983, 413-417; OLB 2, 881-923; H . W E I P P E R T 1988, 477-479. 525-529. 542f. 576f. 610-612; im Einzelnen; A H A R O N I 1975b; USSISHKIN 1977, 28-60; DERS. 1978,1-97; DERS. 1983, 97-179; EpH'al 1984,60-70 515 OLB 2, 892 (Hinweis auf Streitwagen der Garnison: Mi 1,13) 516 Nach W E L T E N 1969, 84—87, stammt von den seinerzeit bekannten Imlk-Stempeln fast die Hälfte aus Lachisch!
114
A) Binnenverwaltung
10.
Teil es-Seh
als
Herrschaftsmittel
Ahmedel-Aren!517
noch eine weitere königliche Zweig- und Vorposten-Festung besaß.
11.
Teil Sandahanna
(Marescha)
Königliche Bautätigkeit ist archäologisch nicht nachweisbar 5 1 8 , aber 17 frnM:-Stempel zeigen immerhin für das E n d e des 8. Jh. v. Chr. ein Bemühen Hiskias u m zusätzliche Grenzabsicherung, dem Josia gefolgt sein mag 5 1 9 . 12.
Telles-Säfi
Innerhalb von Stratum III (1000—587/86 v . C h r . ) ist ein maximal 4 m dickes Stadtmauerstück der E II entdeckt worden 5 2 0 . Ussia hat nach 2Chr 26,6 die Stadt erobert (auf D a u e r ? ) . Durch die 6 gefundenen Imlk-Stempel ist zwar keine Festung Hiskias am Ort bewiesen, aber eine Bemühung um Einbeziehung in den Westgrenzgürtel, einer Maßnahme, der auch hier Josia vermutlich gefolgt ist 521 .
13.
Teil el-Öudede
(Moreschet-Gat) 522
Die Ortslage war in E I verlassen, in E II (wann?) wiederbesiedelt. 3 km östlich von Teil Bornät, 4 k m nördlich von Marescha, 10 km nordöstlich von Lachisch gelegen, befand sich der Ort nicht gerade in vorderster Front gegenüber der Küstenebene und war keine königliche Festungs-Funktionalortschaft. Die 37 dort gefundenen /m/Zc-Stempel 523 lassen aber immerhin einen Beobachtungsposten, vielleicht sogar eine kleine Garnison 517 Vgl. S . YEIVIN 1 9 7 5 , 8 9 - 9 7 ; O L B 2 , 9 2 3 - 9 2 6 (ab 1 0 . Jh. bis Anfang 6 . Jh. v. Chr.); zu /m/yt-Henkeln vgl. W E L T E N 1 9 6 9 , 8 3 f . Vgl. auch Teiles-$uqaf(H. WEIPPERT 1 9 8 8 , 6 1 4 ) . 518 Zum archäologischen Befund vgl. A V I - Y O N A H / K L O N E R 1 9 7 7 , 7 8 2 - 9 1 ; OLB 2 , 8 5 4 - 8 6 1 . 519 Zu den (hiskianischen) W/fc-Stempeln W E L T E N 1969, 82, für Josia vgl. 2Chr 11,9 (dazu unten genauer). 520 Vgl. zum archäologischen Befund STERN 1978a, 1024-1027; OLB 2, 836-844 (Gat!); zur Identifizierungsdebatte vgl. aber W E L T E N 1969, 68—81 (Libna?) (s. aber u. zu Teil Bor-
nät). 521 Zu den /m/fc-Stempeln W E L T E N 1969, 68. In 2Chr 11,8 erscheint Gat als Festung Josias (s.u.). Von Josia wurde früher eine nahezu vollständige Restitution des Reichsgebietes Davids/Salomos angenommen (so in letzter Zeit noch A H A R O N I 1984, 413—416), vgl. aber dagegen mit Recht z.B. W E L T E N 1969, 163-167. Als Beleg für einen weiten westlichen Vorstoß Josias gilt allgemein der Stützpunkt Mesad Hasavyähü (vgl. in letzter Zeit C R Ü S E MANN 1983,74ff.), jedoch ist die Zuweisung dieses Stützpunktes zu Josia durch die gründliche Analyse von W E N N I N G 1989, 169—196 sehr zweifelhaft geworden, der einleuchtend für die Zeit Jojakims votiert. Immerhin meinte auch schon W E L T E N 1969, 166, daß Josia einzelne Orte am W-Rand der Schefela bzw. des O-Randes der Küstenebene besetzen konnte (Geser). Dann ist die Besetzung des Teil es-Säfi immerhin für Hiskia nach den dort gefundenen ImlkStempeln ( W E L T E N 1969, 68), aber auch für Josia möglich, zumal wenn man 2Chr 11,5-10 seiner Zeit zuordnet und den Teil mit Gat identifizieren darf. Für eine Besetzung der Ortslage durch Hiskia spräche es auch, wenn „eine Königsstadt des Philisterlandes, ja eingenommen und für sich befestigt h a t t e . . . " (zu diesem Sanheribtext vgl. HUTTER 1982, 49f. 89-91) mit N A ' A M A N 1974,35 mit Teil es-Säf¡zu identifizieren ist. 522
Zum archäologischen Befund vgl.
523
WELTEN 1969, 8 l ' f .
BROSHI
1977 a, 694-696; OLB 2, 849-853
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
115
dort vermuten u n d zeigen, wie Hiskia zur Verdichtung u n d Tiefenstaffelung seines Verteidigungsgürtels aus aktuellem A n l a ß der Assyrerbedrohung auch kleinere Ortschaften hinter der äußeren Kette starker Festungen einzubeziehen sich b e m ü h t e (vgl. auch Marescha).
14. Hirbet es-Seh Madkür (Adullam) Eine kleine, durch Hügellage aber wohl nicht ganz leicht einnehmbare Stadt 5 2 4 , möglicherweise von Josia in seine Grenzsicherung einbezogen 5 2 5 . 15. Teil Bornät
(Libna)
Die Ortslage besteht aus einer Unterstadt und d e m Teil 526 . Besiedelt war sie in E I und II; sie fiel nach 2Kön 8,22//2Chr 21,10 z. Z t . Jorams von Juda ab. D a ß sie 701 v. Chr. von den Assyrern belagert wurde (2Kön 19,8//Jes 37,8), m u ß nicht heißen, daß sie zu dieser Zeit judäisch war, denn Hiskia arbeitete mit den Philistern zusammen 5 2 7 ; auch sind in Libna keine Imlk-Stempcl gefunden worden. D a ß eine Frau Josias, H a m u t a l , die Mutter Joahas' und Zedekias (2Kön 23,31; 2 4 , 1 8 ) aus Libna stammte, beweist ebenfalls nicht, daß Libna judäisch war, da es sich um eine dynastische Heirat handeln kann. Immerhin ist bei der schon außerhalb des Hügellandes gelegenen Ortschaft nicht ausgeschlossen, daß Josia dort Einfluß gewonnen hat, da er ein Stück in die Küstenebene hinausgreifen konnte 5 2 8 .
16. Hirbet Teil Zakarlye
(Aseka) 5 2 9
D e r Teil liegt wie ein Wächter am Eingang des Wadi es-Sant zum Gebirge hinauf in der Schefela. N e b e n Siedlungsspuren schon der F r B r u n d M B r trug der Teil in der SpBr wohl eine kleine feste Siedlung. Es kann sich in der Früheisenzeit um einen Vorposten der Philister von Gat und E k r o n gehandelt haben. Zu Beginn der Königszeit mag A s e k a in israelitische H ä n d e übergegangen sein. Die exponierte Lage gegenüber der philistäischen Küstenebene könnte dazu geführt h a b e n , daß es sich im wesentlichen immer u m eine königliche Festung, kaum u m einen Bevölkerungsort gehandelt hat: A s e k a lag in E I als philistäischer Posten weit im Osten, als judäischer in E II weit im Westen. Z u r Zeit Hiskias ist Aseka jedenfalls als starke königliche Festung ausgebaut, was auch ImlkStempel belegen 5 3 0 , aber dennoch von Sanherib erobert worden. Josia hat die Festung so widerstandsfähig wieder aufgebaut 5 3 1 , daß sie mit Lachisch u n d Jerusalem zusammen am längsten den Neubabyloniern trotzen konnte 5 3 2 . Königlicher Einfluß in A s e k a ist damit 524
Vgl. DALMAN 1913,33f. ; OLB 2 , 8 4 6 - 8 4 8 Vgl. 2Chr 11,7 (zur Zuweisung zu Josia s. u. S. 124ff.) 526 Ausgrabungen haben nicht stattgefunden; vgl. immerhin ELLIGER 1934, 59—63; OLB 2, 880f. (Lit.); HThR 64,1971, 144 mit dem Nachweis von Keramik aus E I und II (nach OLB 2, 880) war mir unzugänglich. 527 Vgl. OLB 2, 880 52 s Vgl. o . A . 521 525
529 530
531 532
V g l . z u m a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d STERN 1 9 7 5 , 1 4 1 - 1 4 3 ; O L B 2, 8 2 6 - 8 2 9 STERN 1 9 7 5 , 1 4 3 ; WELTEN 1969, 67 f.
2Chr 11,9 Jer 34,7; Lachisch-Ostracon 4: KAI II, 194f.; JAROS 1982, 94, Nr. 75; TUAT1/6, 622f.;
SMELIK 1 9 8 7 , 1 1 6 - 1 1 8
116
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
am Ende des 8. und im (letzten Drittel des) 7. Jh. v. Chr. offenkundig, wie auch die Bauform der Akropolisfestung mit den Festungen von Kadesch-Barnea, Arad und Hirbet Gazze vergleichbar ist533 und damit auf zentrale Planung weist.
17. Hirbet Teil er-Rumele (Bet-Schemesch) 534 Bet-Schemesch war trotz der scheinbar strategisch günstigen Lage als Sperrfestung am Ausgang des Wädi es-Sarär in die Küstenebene schwer zu verteidigen und daher als Grenzfestung nicht von Bedeutung 535 . Jedoch trug die Lage des Ortes und eine anscheinend geschickte Schaukelpolitik der kanaanäisch-philistäisch-israelitischen Bevölkerung dazu bei, daß der Ort auf Dauer ein wohlhabender „Handels- und Industrieplatz" war und blieb536, was auch das judäische Königtum erkannt haben mag. Ob es sich am Ort ökomonisch engagierte? Ein Krughenkel mit dem Siegelabdruck des auch in Rämat Rähel (Hirbet Sälih) und Teil Bet Mirsim durch Siegelabdrücke bezeugten iyqm n 'r ywkn537 lädt zur Interpretation ein: Ob der Mann nun Produzent der gestempelten Vorratsgefäße oder des Inhalts oder ein Lieferant oder Überwachungs-Funktionär des Königs war, jedenfalls gehörte er zur Elite (eines der Orte oder des Hofes) und bezeugt mit der Streuung seiner Siegelabdrücke ökonomische Relationen zwischen der Residenz Rämat Rähel (Hirbet Sälih) und den Orten Bet-Schemesch und Teil Bet Mirsim, wo wiederum sein Siegelabdruck nahe bei Imlk-Siegeln gefunden wurde, wenn beide nicht sogar zum selben Vorratsgefäß gehörten. Die israelitisch dominierte Stadt Stratum II (ca. 1000—587 v. Chr.) besaß im Gegensatz zu der 2,2 m breiten Ringmauer von MBr IIB zunächst eine Kasemattenmauer wie das salomonische (?) Hazor und Megiddo, die aber nach der Zerstörung durch Scheschonk um 925 v.Chr. (lKön 14,25ff.) nicht mehr erneuert wurde. Ob diese Kasemattenmauer aber königliche Organisation und Verwaltungsdominanz beweist538, ist doch zweifelhaft. Von einer königlichen Funktional(grenz)stadt kann man wohl nicht reden, jedenfalls aber von einer wohlhabenden Stadt, an deren Wohlstand das Königtum vielleicht teilzuhaben suchte, falls das o.g. Siegel nicht doch einfach nur eine Handelsrelation u. a. zum Königtum, nicht aber königlichen Einfluß in Bet-Schemesch signalisiert.
18. Sar'a (Zorea) Die Ortslage ist nie archäologisch untersucht worden. Gerade weil das südlich jenseits des Wädi es-Sarär gelegene Bet-Schemesch keine Festungsstadt war, hat es eine gewisse Wahrscheinlichkeit, daß das nördlich gegenüber und hoch gelegene Zorea am Ende der
533 S T E R N 1975, 142f.; OLB 2, 827. 829. 234 (Hirbet Gazze). 255 (Arad). 183 (KadeschBarnea, vgl. dazu auch C O H E N 1983). 534 Zum archäologischen Befund E M E R T O N 1967, 197ff.; G . E . W R I G H T 1975, 248-253; OLB 2,805-817 535 OLB 2,806; vgl. auch 2Kön 14,11-14; 2Chr 25,17-24; 28,18 536 OLB 2,806-813 537 Belege s.o. A. 502; vgl. auch W E L T E N 1969, 66f. 182f. zu Imlk-Stempeln. 538 Zusammen mit großen Gebäuden und Silos scheint OLB 2, 811 f. das so zu deuten, aber warum sollte die wohlhabende Bevölkerung nicht selbst ihre Vorräte gelagert und verteidigt haben? Bet-Schemesch war damals „eine blühende, aber dörfliche Siedlung" (OLB 2, 812).
II. Königliche
Funktionalorte
und
-bauten
117
Königszeit in die Grenzsperrfestungen gegen Westen als Glied zwischen Aseka und Ajjalon eingereiht und befestigt worden ist 539 . 19. Teil el- Baläsl (Ti mn a) Auf dem Teil bestand schon eine Hyksosstadt (MBr IIB) 540 . Die Stadt der SpBr (Strata VII—VI) besaß keine Stadtmauer, war aber durch starke Außenmauern der Häuser am Rand des Teils geschützt. In E I (Stratum V, 12./II. Jh. v. Chr.) besetzten Philister den Ort 541 , der als östlicher Vorposten Ekrons gelten kann, und haben in E IIA (Stratum IV, 10./9. Jh. v. Chr.) Befestigungen errichtet, von denen eine Toranlage gefunden wurde; eine Akropolis findet sich im Nordosten der Stadt (Plan: OLB 2, 835). Hiskia hat anscheinend mit der Bevölkerung Ekrons („the officials, the patricians and the < c o m m o n > people" < A N E T 2 8 7 f . > ) im syrisch-palästinischen Aufstand seit 705/4 v. Chr. gegen deren König und gegen Assur paktiert 542 . Ob die Befestigung von Timna mit 4 m dicker Stadtmauer (8. Jh.) und 6-Kammer-Tor (Str. III, 8. Jh.; 4-Kammer-Tor Str.II, 7. Jh. v. Chr.) durch Padi von Ekron oder durch Hiskia initiiert wurde, ist kaum festzustellen; wohl letztlich doch von Padi. Oder sollte Hiskia schon vorher den EkronVorposten Timna erobert haben (2Kön 18,7f.)? Jedenfalls scheinen Imlk-Stempel543 zu belegen, daß Hiskia Timna in seine Verteidigungsmaßnahmen gegen Assur einbezog. Nach der Zerstörung Timnas durch Sanherib (ANET 287f.) hat vielleicht Josia in der Stadt von Stratum II (E HC) wieder Einfluß gehabt, wie Jos 15,10 zeigt. Falls aber Hiskia Timna nicht besaß, mag er im verbündeten ekronitischen Timna einen Posten haben einrichten können, wenn die Krugstempel das zu belegen vermögen. Ob Josia die Stadt insgesamt unter seinen Einfluß gebracht habt, muß offen bleiben. 20.
Teilel-öazarl(Geser)544
Geser gehörte ab Salomo zu Israel bzw. nach Salomo zum Nordreich 545 , nach 722 v. Chr. zur assyrischen Provinz Sämerina5*6. Insofern scheint Geser nicht hierherzugehören. Allerdings fanden sich 9 /m/A:-Stempel, die möglicherweise andeuten, daß Hiskia an der Nordwestecke seines Reiches zeitweise Einfluß in Geser gewinnen konnte 547 . Oder 539
2Chr 11,10; OLB 2, 804
540
Z u m a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d vgl. i n s g e s a m t KAPLAN 1978, 1 2 0 4 f . ; KELM/A. MAZAR 1 9 7 7 , 1 6 7 f . ; DIES. 1978, 1 9 5 f . ; DIES. 1979, 2 4 1 - 2 4 3 ; DIES. 1982; DIES. 1985; DIES. 1991; O L B 2 ,
833-835. Zur Toranlage Timnas im 9.-8.Jh. v.Chr. (4-Kammer-Tor mit Außentor) im Kontext anderer Tore (im Unterschied zu den Ausgräbern) vgl. USSISHKIN 1990. 541 Vgl. NIEMANN 1985a, 176-186 542 Zu diesem Aufstand und Sanheribs Feldzug vgl. 2Kön 18, 13-19,37; ANET 287f.; HUTTER 1982, 9 f f . 3 9 f f . 8 4 f f . ; SPIECKERMANN 1982, 1 7 0 f f . 3 4 6 f f . 364. 374F.; DONNER 1986,
322 ff. 543
V g l . KELM/A. MAZAR 1 9 7 9 , 2 4 3 ; DIES. 1 9 8 2 , 2 9 f . Z u m a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d : DEVER 1967, 4 7 - 6 2 ; DERS. 1971, 9 4 - 1 3 2 ; DERS. 1976, 428 - 4 4 3 ; DERS. 1984, 2 0 6 - 2 1 8 ; DERS. 1986, 9 - 3 4 ; KEMPINSKI 1977, 9 0 - 9 3 ; H.WEIPPERT 1988, 4 2 9 - 4 3 1 . 4 4 3 - 4 4 5 . 4 4 7 f . 556; n e u e s t e n s WIGHTMAN 1990; HoLLADAY,Jr. 1990; USSISHKIN 1990; FINKELSTEIN 1990; DEVER 1990. 544
545 546
l K ö n 9 , 1 5 - 1 7 ; VON RAD 1933, 3 0 - 4 2 ; USSISHKIN 1 9 9 0 , 7 6 f . GALLING 1 9 3 5 , 7 5 - 9 3 ; vgl. OTZEN 1979; ALT 1929 = 1978
547 WELTEN 1969, 65F.; Welten denkt wegen der Keilschriftdokumente (GALLING), der (m. E. überholten) Datierung der Bittschrift von Mesad Hasavyähü (s. o. A. 521) und seiner
118
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
sollten die gestempelten Krüge mit Krongut-Ernteerträgen gelegentlich auch exportiert worden sein? Wenn letzteres nicht der Fall ist, bilden die Stempel, wenn ich recht sehe, den einzigen Beweis für judäischen Einfluß in Geser am Ende des 8. Jh. v. Chr. Die relativ spärlichen Architekturreste von Stratum V in Geser lassen nicht an eine - von der strategischen Lage Gesers her zu erwartende - wichtige Grenz-Funktionalstadt Hiskias denken. Möglicherweise richtete er dort kurzzeitig einen kleinen Militärposten ein, zog sich aber wieder aus dem assyrischen Provinzgebiet zurück, als die Assyrergefahr akut wurde. Dazu paßt, daß Sanherib Geser nicht als eroberte Stadt Hiskias erwähnt 548 .
21. Yälö (Ajjalon) Archäologische Untersuchungen sind mir nicht bekannt 549 . Daß am Ort spätmonarchisch eine Festung oder vielleicht ein Posten existierte (2Chr 11,6), würde nach der strategischen Lage an einem wichtigen Aufweg ins Gebirge guten Sinn machen 550 , auch schlösse ein solcher Posten eine Lücke in der Nordgrenze Judas zwischen Zorea, Timna (und Geser?) im Westen sowie Kephira und Mizpa im Osten 551 . Mangels archäologischer Belege läßt sich aber nichts Sicheres über die durch 2Chr 11,6 angedeutete Möglichkeit eines königlichen Grenzpostens feststellen.
22. Bet 'Ür et-tahtä/el-föqä (Unter-/Ober-Bethoron) Nach Jos 16,3; 18,13f. verläuft die Grenze zwischen Ephraim und Benjamin südlich von Unter-Bethoron, während anscheinend Ober-Bethoron zu Benjamin gehört. Aber nach Jos 16,5 gehört auch Ober-Bethoron zu Ephraim 552 . Liegen hier Stammesgebietsdifferenzen bzw. Stämmebesitzbeschreibungen verschiedener Zeiten vor? Oder zieht der Verfasser von Jos 18,13f. die Grenze über einen Berg südlich von Unter-Bethoron und Ober-Bethoron unter Ausschluß also auch Ober-Bethorons aus Benjamin, so daß Ober-Bethoron wie auch nach Jos 16,5 an Ephraim fiele 553 ? Die Stammesgrenzfrage sollte getrennt werden von der hier wichtigen Frage, ob israelitische/judäische Herrscher einen der beiden Orte oder beide als Grenzfunktionalorte benutzten. Die bezeugte Befestigung von Unter-Bethoron durch Salomo 554 ist militärpolitisch verständlich: Ver(inzwischen als nicht zutreffend erwiesenen) Datierung der /mi/c-Stempel auch in die Josiazeit an letztere Zeit. Aber die Keilschriftdokumente (ca. 650 v. Chr.) widerstreiten nicht einer kurzzeitigen Besetzung durch Hiskia und die Bittschrift gehört in die Zeit Jojakims (s.o. A. 521); zur alleinigen Zuweisung der Imlk-Stempel zur Zeit Hiskias (gegen W E L T E N 1969, 10-46) vgl. U S S I S H K I N 1976,1-13; DERS. 1977,54-60; DERS. 1978,76-81; DERS. 1983,160ff.; MOMMSEN/PERLMAN/YELLIN 1984, 89-113; N A ' A M A N 1986, 5-21; H . W E I P P E R T 1988, 605-607. 614. 548 ANET287f.; darüber, ob Geser unter den 46 von Sanherib eroberten Orten war (aaO), ist Spekulation müßig. Man sollte an sich, da Sanherib wichtige Orte nennt (Lachisch, Aseka, eine Philisterstadt ), Gesers Nennung erwarten können, falls es eine nennenswerte Festung (Hiskias?) war. 549 Erwägungen zur Identifikation bei A L T 1926, 71f.; SIMONS 1959, 178 §328; 284 §536 (Teil el-Qöq 'ah bei Yälö) 550
551 552 553 554
V g l . BALY 1 9 6 6 , 9 3 - 9 5 ; H A R - E L 1 9 8 1 , 1 2 - 1 6 .
Nach SCHUNCK 1963, 169 lag Ajjalon nur z. Zt. Ussias/Ahas' außerhalb Judas. Vgl. auch IChr 7,24 Vgl. zum Problem SCHUNCK 1 9 6 3 , 1 5 1 . S. o. S. 97 mit A. 432
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
119
teidigung möglichst früh und vorn vor dem Gebirgszugang nach Jerusalem. Anders nach der Trennung Judas von den Nordgruppen: Solange das Nordreich existierte, ist von Seiten Judas nur eine Befestigung oder Posteneinrichtung in Ober-Bethoron möglich, da nach Jos 16,3. 5; 18,13f. die Zugehörigkeit Unter-Bethorons zum Nordreich nicht zweifelhaft ist. Danach wäre theoretisch auch wie zur Zeit Salomos, etwa durch Hiskia oder Josia, auch die Befestigung Unter-Bethorons wieder möglich. Beide sind ja anscheinend vor gelegentlichen oder auch nachdrücklicheren Übergriffen in assyrisches Provinzgebiet nicht zurückgeschreckt. Da aber weder Imlk-Stempel gefunden wurden noch überhaupt archäologische Ergebnisse vorliegen und beide Orte in 2Chr 11,5 ff. fehlen, ist es überhaupt fraglich, ob trotz der strategisch günstigen Verteidigungslage in der späteren Königszeit ein judäischer Nordgrenzposten bestand. Beweisbar ist es nicht. 2 3 . Hirbet
Keflre
(Kephira)
Kephira war in E II eine blühende Stadt: Eine große, befestigte Anlage mit Zitadelle und Unterstadt, strategisch günstig (hoch) gelegen und an wichtiger Straße zwischen Bergland und Küstenebene; auch 2 Imlk-Stempel wurden gefunden 5 5 5 . Das macht die Annahme eines königlichen Grenzpostens durch Hiskia im Ort wahrscheinlich, zumal wenn Ober-Bethoron keine Grenzsicherungsfunktion hatte. Durch Kephira wird die Grenzlücke zwischen Geser, Ajjalon (?) und Mizpa etwas verringert. Deshalb muß aber Kephira keineswegs insgesamt eine königlich dominierte Stadt gewesen sein.
24. El-Öib
(Gibeon?)
Die Identifikation ist wahrscheinlich, wenn auch nicht endgültig gesichert 556 . Es handelt sich um eine ca. 6 ha große, befestigte Stadt der EIIB/C 5 5 7 mit zwei Mauersystemen und zwei Wasserversorgungsanlagen. Probleme bei der Methodik der Ausgrabung, nur sehr begrenzte stratigraphisch verwertbare Grabungsfläche, z.T. unzureichend publizierte Keramik und Probleme der Dokumentation der Fundkontexte 5 5 8 mahnen zur Zurückhaltung bei der Deutung der Ergebnisse und bei Thesen zur Funktion der Ortschaft im Verhältnis zum Königtum. Möglicherweise war Gibeon weniger eine militärisch-funktional ausgerichtete (königliche) Grenzfestungsstadt als vielmehr nach einer Phase kultischer und residentieller Bedeutung in der frühen Königszeit 559 in E IIB/ C eine intensiv besiedelte 560 , wohlhabende Handwerker- und Bauernstadt mit guten Vorratshaltungsmöglichkeiten, die sich durch Mauern und Wasserbevorratung wirksam zu schützen wußte. Für ein ökonomisches Interesse des Königtums am Ort könnte es sprechen, wenn in Gibeon in den gefundenen Henkelkrügen mit der Aufschrift gb 'n (falls sie aus Gibeon stammen!) ein Produkt der Ortsregion gelagert und verschickt wurde, für das im Austausch ein Produkt von Krongütern in /m/fc-Stempel-Krügen 561 nach Gibeon geliefert wurde. Freilich ist nicht ausgeschlossen, daß es in Gibeon wegen 555
V g l . VRIEZEN 1975
556
Vgl. M. WEIPPERT 1 9 6 7 , 2 1 - 2 3 m . A . 5; FRITZ 1990b, 79.
557
Z u m a r c h ä o l o g i s c h e n B e f u n d v g l . REED 1967, 2 3 1 f f . ; PRITCHARD 1976, KUSCHKE 1977, 97F.; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 5 4 6 - 5 4 9 . 5 7 9 . 5 8 6 . 6 0 4 - 6 0 6 . 674F. 558 WELTEN 1969, 59F.; KUSCHKE 1 9 7 7 , 9 7 . 559
S.o. S. 5 mit A. 2 0 - 2 3 560 i m 9 _ 6 jh. v. Chr. sind drei Bauschichten zu beobachten. 561
WELTEN 1969, 5 9 f .
446-450;
120
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
der /m//c-Stempel auch eine königliche Garnison gab, aber das bleibt letztlich unbewiesen. So ist m. E. nicht nachweisbar, daß das Königtum in Gibeon eine die Lokalautonomie begrenzende Rolle spielte, z.B. durch Funktionalisierung des Ortes als Nordgrenzfestungsstadt. Vielleicht bestand zwischen der Ortschaft und dem Königtum eine ökonomisch beiderseitig vorteilhafte Verbindung - wie eventuell im Fall von Bet-Schemesch. 25. Teil en-Nasbe
(Mizpa) 5 6 2
Die in der SpBr unbewohnte Ortschaft entstand in der FrE neu und war mit ca. 1 m dicker Mauer mit Türmen umgeben. Um 900 v. Chr. wurde eine stärkere, ca. 4 m breite, außerhalb der früheren gelegene Mauer mit ca. 10 vorspringenden Türmen in unregelmäßiger Bauweise, vielleicht in mehreren Phasen gebaut 563 , vor der noch Glacis und Stützmauern lagen. Die Stadt bestand so, 587/86 v. Chr. evtl. weitgehend unversehrt 564 , bis ins 6. Jh. v. Chr. und später. In diesem Zusammenhang ist wichtig, daß die fast vollständig ausgegrabene, 3 ha umfassende Ortschaft fast komplett mit Wohnhäusern ausgefüllt war565 und öffentliche Gebäude nicht sicher auszumachen sind566. Anzeichen einer zentralen herrschaftlichen Stadtbauplanung sieht anscheinend McClellan in der Wohnbebauung besonders in Stadtmauernähe sowie in der Ringstraße und Querstraßen („peripheral streets") zum Zentrum hin für Phase B 567 . Daß die Ortschaft für das judäische Königtum als fester Ort „vor der Haustür" Jerusalems (lKön 15,17) und an der wichtigen Nordsüdstraße Jerusalem-Nablus immer von Bedeutung war, zeigt sich an der Befestigung durch Asa (lKön 15,22) bis hin zum zahlreichen Vorkommen von ImlkStempeln 568 . Soll man von einem königlichen Funktionalort reden? Ein ganz gewöhnlicher Ort der Durchschnittsbevölkerung war es wohl nicht. Wohnten hier zahlreiche Funktionäre oder Offiziere des Königs569? Das wäre von der Lage (Nordgrenze, Nähe zur Residenz) nicht unverständlich. Schwierigkeiten macht bei einer Deutung als Militär-Funktionärssiedlung, daß nur wenig Waffen gefunden wurden 570 . Und wäre Mizpa eine Garnisonsstadt gewesen: Wieso wurde sie nicht 587/86 v. Chr. erobert und zerstört? Vielleicht sollte man eher an eine befestigte Grenzstadt Judas denken mit einem beachtlichen Anteil königlicher Funktionäre neben der Normalbevölkerung, was der Stadt insgesamt besondere Fürsorge des Königtums bei Stadtplanung, -befestigung und -bebauung eingetragen haben mag.
562 Zum archäologischen Befund vgl. D I R I N G E R 1967, 329ff.; B R O S H I 1977, 912-918; H. W E I P P E R T 1977,227-228; M C C L E L L A N 1984,53-69; H. W E I P P E R T 1988,434f. 551-555. 563 Seit Asa (lKön 15,22//2Chr 16,6)? Leicht zugängliche Gesamt-Kartenskizzen: H. W E I P PERT 1988, 552; F I N K E L S T E I N 1988,62; M C C L E L L A N 1984, Fig.l. 564 Sitz Gedaljas (2Kön 25,22f.; Jer 40,6ff. 41); vgl. aber W E L T E N 1969,59 (eine Zerstörung der Mauer; wann?) 565 Vgl. aber B R O S H I 1977,916. 566 So anscheinend H. W E I P P E R T 1977, 228 gegen B R O S H I 1977,916 567 M C C L E L L A N 1984, passim (bes. 68f.); vgl. aber F R I T Z 1990b, 83 m. A. 30. 568 W E L T E N 1 9 6 9 , 5 7 — 5 9 (in Privathäusern gefunden). 569 Vgl. W E L T E N 1969, 58: Verteilung der Krughenkel auf Privathäuser, keine Ballung in Magazinen! Vgl. auch B R O S H I 1977,916. 570 VGL H . W E I P P E R T 1977, 228 (oder hat man so wertvolle Gegenstände eingesammelt/ recycliert, so daß das Nichtfinden nicht bezeichnend ist?).
II. Königliche Funktionalorte
26. öeba'
und -bauten
121
(Geba)
Geba liegt östlich der Hauptstraße von Nablus nach Jerusalem, an der nächst der Nordgrenze Judas zunächst Mizpa den Zugang zur Residenz vor einem von Norden kommenden Feind schützt; weiter südlich erfüllt Gibea noch einmal im 2.Glied diese Funktion. Ein beide Orte östlich umgehender Feind (Jes 10,27—34) traf aber u. a. auch auf Geba 571 . Asa hat nach lKön 15,22 neben vor allem Mizpa auch Geba als Festung ausgebaut. Der Wert Gebas als Grenzfestung nach Norden war allerdings durch die Abseitigkeit der Lage gegenüber Mizpa geringer, bildete dennoch aber einen zusätzlichen Schutz für Jerusalem. Immerhin liegt der Ort strategisch günstig am Südrand des tief eingeschnittenen Wädi es-Suwenlt gegenüber Michmas (lSam 13,16; 14,5) in guter Berglage. Da Grabungen m.W. fehlen, ist man ganz auf Texte angewiesen. Ob Jes 10,27b—34 reale militärische Operationen dokumentiert oder doch nur die Vorstellungen Jesajas darüber, wo der Feind von Norden anrücken könnte, welche Orte also bedroht sein könnten, festhält572? Der Jesajatext sagt nicht, ob und daß Geba z. Zt. dieses Textes573 eine (königliche) Festung war. Immerhin ist es unter Hinweis auf lKön 15,22 möglich, daß Befestigungen in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. noch bestanden oder aktiviert worden waren (von Ahas? oder Hiskia?). Ein schlüssiger Beweis fehlt. 27. Tellel-Fül
(Gibea) 5 7 4
Die Festung I wurde im 11.Jh. v.Chr. zerstört, Festung IIA-B wenig später nach gleichem Plan neu errichtet und ca. 950 v. Chr. aufgegeben. Erst im späten 8. und 7. Jh. findet sich wieder eine Festung (IIIA). Die Imlk-Stempel dieses Stratums sprechen für einen Nordstützpunkt Hiskias, der den Zugang nach Jerusalem mit schützen sollte. Festung HIB mag der Zeit (Manasses? oder) Josias zugewiesen werden (7.- frühes 6. Jh. v. Chr.), obwohl 2Chr 11,6-10 Gibea nicht erwähnt575. Das Umschreiten des Randes des judäischen Kernlandes zusammenfassend, ergibt sich, daß zu dem oben 576 festgestellten Schutzgürtel auf der Höhe des Beerschebabeckens nun am nördlicheren Binnenrand Südjudas im 10. Jh. v. Chr. vielleicht als Festungsstadt Teil es-Serl'a und evtl. ein königlicher Posten in Teil Bet Mirsim hinzukommt; beides bleibt aber sehr unsicher. Ob aufgrund einer Kasematten-Ummauerung und eines (!) /m/fc-Stempels im 9. und 8. Jh. Teil el-Huwelfe als königlicher Funktionalort bezeichnet werden kann, ob dort ein königlicher Posten stationiert war oder sonstiger königlicher Einfluß anzu571
Vgl. D O N N E R 1968,51 (Karte); zum Text W I L D B E R G E R 1980,423ff. (Karte: 431). Vgl. W I L D B E R G E R 1980, 430-432 573 Vgl. D O N N E R 1 9 6 8 , 4 6 (Syr.-Ephraimit. Krieg) 574 Zum archäologischen Befund vgl. SINCLAIR 1960; W E L T E N 1969, 60f.; SINCLAIR 1976, 444-46; G A L L I N G / H . W E I P P E R T 1977, 96; N . L A P P ed. 1981 (dazu H Ü B N E R 1987); H . W E I P P E R T 1988, 481. 484 575 Scharfe Kritik, auch an der 1964er Kampagne und deren verfeinerten/korrigierten Ergebnissen, übt jetzt methodisch und hinsichtlich der gewonnenen stratigraphischen Daten und Datierungen F I N K E L S T E I N 1988, 56—60: Falls überhaupt das „große Fort", das immer rekonstruiert wurde, existierte, gehört es (parallel zu den ähnlichen Anlagen in Teil 'Aräd, Teil el-Qederat und Hirbet Gazze) in die späte Eisenzeit). 576 S. 105-108 mit A. 462-475; vgl. auch Karte 1 (S. 106) zum Folgenden. 572
122
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
nehmen ist, dürfte doch eher zu bezweifeln sein. Spätestens am Ende des 8. Jh. v. Chr. können (durch Imlk-Stempel belegte) königliche Posten in Debir und Teil Bet Mirsim (+ Teil el-Huwelfell: nur ein Stempel!) existiert haben. Am Ende des 7. Jh. v. Chr. ist Teil es-SerT'a wieder als (judäische?) Festung existent, Debir besaß, falls die Mauerverstärkung königlich initiiert ist, einen königlichen Posten. Als vorrangig und relativ deutlich militärisch ausgerichteter königlicher Stützpunkt kann dann nördlich des genannten Schutzgürtels auf der Höhe des Beerscheba-Beckens im 10./Anfang 9. Jh. v. Chr. kein weiterer Ort zweifelsfrei genannt werden, im 7. Jh. v. Chr. nur Teil es-Serl'a (?), während in Debir und Teil Bet Mirsim von königlichen Funktionalstädten allenfalls sehr eingeschränkt und partiell gesprochen werden kann, da ein wirtschaftliches Engagement wie auch eine Beteiligung des Königtums an Befestigungen im 10., Ende des 8. und im 7.Jh. v.Chr. nicht sicher, wenn auch möglich ist. Ökonomisches Engagement des Königtums in Südjuda (Krongut) ist aber spätestens seit dem 8. Jh. v. Chr. im Gebiet von Zif, Karmel, Maon und Hebron anzunehmen. In den bedeutenderen Orten Debir und Teil Bet Mirsim sowie vielleicht in Teil el-Huwelfe kann sich unter Umständen solches königlich-ökonomische Interesse, wenn die entsprechende Vermutung richtig ist, mit militärischen Sicherungsmaßnahmen in den Orten (Posten, Garnison, Beteiligung an Befestigungen) verbunden haben. Vieles bleibt aber unsicher. Was Judas Westgrenze betrifft, so finden sich im 10. Jh. v. Chr. königliche Festungen in Teil el-Hasl und evtl. in Teil es-Seh Ahmed el-'Arenv, erst im 9. Jh. v. Chr. übernimmt die mächtige königliche Festungsstadt Lachisch die Haupt- und Schlüsselrolle zusammen mit Teil es-Seh Ahmed el- Arenl. Auch im 8. Jh. übt Lachisch gemeinsam mit den beiden genannten Vorposten diese Rolle aus; neben diesen traditionellen Festungen bemüht sich am Ende des 8. Jh. Hiskia um weitere Verstärkung. Neben der Festung Aseka nimmt er mehrere kleinere feste „Zivil"-Städte im östlichen Hinterland der großen Festungen in Anspruch und stattet sie anscheinend mit Posten aus (Marescha, Moreschet-Gat, Teil es-Säft). In dieser Methode folgt ihm im 7. Jh. v. Chr. Josia, der neben den traditionellen Hauptstützpunkten Lachisch samt Vorposten sowie Aseka vermutlich noch über Stützpunkte und Posten in Marescha, Teil es-Säfl, Adullam und Zorea verfügte, außerdem evtl. noch über weiter nach Westen vorgeschobene Stützpunkte 577 . Es scheint insgesamt, daß die Südgrenze Judas bis ins 8. Jh. v. Chr. wie die Westgrenze nur mit wenigen, aber starken Festungen auf der Höhe des Beerscheba-Beckens und um das Zentrum Lachisch gesichert wurden, ehe durch den aktuellen Anlaß der Assyrerbedrohung die Verteidigung vor allem an der Westgrenze noch mehr Aufmerksamkeit erfuhr, die königlichen Maßnahmen schließlich die Timna? (s.o. S. 117 m. A . 5 4 0 - 5 4 3 ) ; Libna? (s.o. S. 115 m. A . 5 2 6 - 5 2 8 ) ; das oft Josia zugeschriebene Mesad Hasavyähü entfällt mit der Zuweisung zur Zeit Jojakims (WENNING 1989).
II. Königliche Funktionalorte
und -bauten
123
Befestigungs-Grenz/mz'e zum Grenzgürtel verbreiterte und staffelte und zu diesem Zweck auch in „normale" judäische Wohnstädte eingriff (Karte 1). Bemerkenswert ist der Befund an der Nordgrenze 578 : Nachdem um 900 v. Chr. Mizpa wohl auf königliche Initiative (Asa) zur Hauptfestungsstadt der Nordgrenze Judas ausgebaut wurde, bestand der Ort in dieser Funktion und damit wohl relativ stark königlich dominiert 579 bis 587/86 v. Chr. Eine weitere Festung von diesem Rang ist an der Nordgrenze nicht hinzugekommen. Mizpa wurde im Osten der Nord-Südstraße von der festen Stadt Geba flankiert. Erst in der 2. H. des 8. Jh. v. Chr. (Hiskia) legte das Königtum aufgrund akuter Gefahren von Norden eine Kette von Posten in verschiedene Städte, von denen aber keine mit Sicherheit wegen dieser und durch diese Posten erkennbar in ihrer Lokalautonomie beschränkt wurde und als königlich dominierte Funktionalstadt bezeichnet werden müßte: Kephira, Mizpa, Gibea und vielleicht Geba bildeten einen schützenden Halbkreis nördlich um Jerusalem. Nächst Mizpa ist königliche Militärpräsenz vielleicht am deutlichsten in Kephira durch die Zitadelle zu vermuten, daneben in Gibea. Nordwestlich Jerusalems sieht es viel bescheidener mit der Nordgrenzsicherung aus: In Geser bestand vielleicht kurzzeitig ein Posten Hiskias. Ob Befestigungen in Timna Ende des 8. Jh. auf Hiskia zurückgehen oder auf die lokale Bevölkerung, ist nicht zu klären; letzteres mag doch wahrscheinlicher sein. Einen Posten und zeitweiligen Einfluß Hiskias dort deuten vielleicht Imlk-Stempel an. Anscheinend wurde besonderer Wert auf den unmittelbaren Schutz der Residenz im Norden gelegt; die Nordwestecke des Reiches erfuhr weniger Aufmerksamkeit, ganz im Unterschied zur Westgrenze. Im 7. Jh. v. Chr. kam vielleicht als Grenzposten Josias Ajjalon hinzu, was eine beträchtliche Lücke schloß zwischen Kephira und Timna; letzteres wurde möglicherweise unter Josia von Juda dominiert (Jos 15,10). Möglich ist eine weitere Nordwestgrenz-Verstärkung im 7. Jh. v. Chr. in Zorea. Nördlich der Residenz blieb es im 7. Jh. v. Chr. bei dem nördlichen Residenzschutz durch Kephira, Mizpa und Gibea (letzteres unter Manasse ). Unsicherheiten bleiben freilich! Im Unterschied zur Süd- und zur Westgrenze mit mehreren eindeutig königlichen Funktionalfestungsstädten seit dem 10./9. Jh. v. Chr., zu denen im 8./ 7. Jh. v. Chr. weitere hinzutraten und das Königtum den Verteidigungsgürtel durch sukzessive Einbeziehung einzelner Wohnstädte verstärkte, macht die Nordgrenze einen relativ schwach gesicherten Eindruck. Nur eine Festungsstadt (Mizpa), die aber zugleich Wohnstadt war, flankiert von einer Nebenfestungsstadt (Geba). Alle anderen Orte, die auch erst am Ende des 8. Jh. v. Chr. hinzukamen, besaßen lediglich königliche Posten und wurden vermutlich auf 578
Zur Nordgrenze Judas vgl. SCHUNCK 1963,169; s. o. Karte 1 [S. 106], Aber Einzelheiten einer evtl. königlichen (?) Ortsverwaltung sind unbekannt und auch archäologisch nicht zu belegen; eindeutig königlich bestimmte Verwaltungsbauten sind nicht auszumachen (vgl. o. A. 562). 579
124
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
königliche Initiative mit Befestigungen versehen oder solche ausgebaut. Das erklärt sich m.E. am wahrscheinlichsten so, daß diese Orte lediglich der nördlichen Vorfeldsicherung Jerusalems dienen sollten, während das den Südund Westgrenz-Großfestungen entsprechende Hauptbollwerk des Nordens Jerusalem selbst darstellte (vgl. Karte 1). Es scheint also, daß die judäischen Könige ihre militärische Landes- und Machtsicherung - und damit einen wichtigen Aspekt innenpolitisch-ideologischer Herrschafts-Legitimation - bis in das 8. Jh. v. Chr. wesentlich auf eine relativ begrenzte Zahl von Funktional-Grenzorten an der Süd- und West-, noch bescheidener an der Nord-Grenze konzentrierten, ehe sie ab dem späten 8. Jh. v. Chr. den Grenzgürtel durch Einbeziehung von einigen Wohnstädten - akut veranlaßt - verbreiterten. Von einer durchgängigen landesweiten und flächendeckenden Etablierung militärischer Präsenz im judäischen Binnen-Kernland, die einer inneren Herrschaftsstabilisierung dienen konnte, haben sie anscheinend abgesehen! Aber trifft das wirklich zu? Zwei Texte bzw. Tatbestände scheinen dem zu widersprechen. Nach 2Chr 11,5 — 12 etablierte Rehabeam im Unterschied zu dem für Juda bisher festgestellten, sich auf den Grenzbereich beschränkenden königlichen Festungsbau bzw. der Posten-Einrichtung ein praktisch ganz Juda überziehendes Netz von 15 Festungsstädten. Auf den ersten Blick scheint diese M a ß n a h m e als eine zeitlich und sachlich vollkomm e n verständliche und konsequente Weiterführung der salomonischen B e m ü h u n g e n u m die und in den 3 + 3 Haupt-Funktionalorte(n) im Nord- u n d Südteil seines Reiches 5 8 0 , die am E n d e der Formationsphase des davidisch-salomonischen „Stämmestaates" nunmehr eine Herrschafts-Stabilisierung im Innern folgen läßt. Seit langem ist aber e r k a n n t worden, daß diese Ortsliste nicht in die Zeit R e h a b e a m s gehört 5 8 1 . D i e g e n a u e r e Datierung ist aber noch umstritten. Fritz 5 8 2 zeigt unter Berücksichtigung der archäologischen D a t e n der erwähnten Orte sowie textlicher Belege, daß die Ortsliste einen breiten und tiefgestaffelten Gürtel von befestigten Orten dokumentiert, den Josia aus der E r f a h r u n g des Sanherib-Feldzuges gegen Juda präventiv und von Nordwest- über Südwest- und Südost- bis Nordostjuda sich hinziehen ließ, um damit das Land u n d letztlich die Residenz gegen Angreifer von Westen und Süden optimal zu schützen. N a ' a m a n bezieht die Imlk-Stempel in seine Argumentation ein und glaubt daher, daß die Verteilung der Imlk-Stempel, die nach neueren Untersuchungen nicht in zwei G r u p p e n auf die Hiskia- u n d die Josiazeit verteilt werden k ö n n e n , sondern alle aus der Hiskiazeit stammen 5 8 3 , eine durchorganisierte präventive M a ß n a h m e Hiskias darstellt, mit der er die 580 So wird auch das chronistische Motiv der Einfügung der Liste an dieser Stelle bei Rehabeam b. Salomo verständlich: vgl. FRITZ 1981,50*f; NA'AMAN 1986,7ff. 581 Zur Forschungsgeschichte vgl. neben den Kommentaren z.St. auch FRITZ 1981 und NA'AMAN 1986; für Rehabeam votierten zuletzt z.B. noch WELTEN 1969, 167ff.; AHARONI
1984,340ff. 582 FRITZ a a O ; vgl. a u c h H . WEIPPERT 1988, 6 1 3 f . 583 Gegenüber WELTEN 1969,10-46. 103-114, der noch mit zwei Phasen der Imlk-Stempel in der Hiskiazeit und dem 7. Jh. v. Chr. (Josia) rechnete, hat sich inzwischen gezeigt, daß alle
S t e m p e l z u r H i s k i a z e i t g e h ö r e n , vgl. USSISHKIN 1977, < 2 8 - 6 0 > 5 4 - 6 0 ; DERS. 1978, < l - 9 7 >
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
125
genannten Orte auf den drohenden Angriff der Assyrer von Westen her vorbereitet, wobei die vier auf den Stempeln genannten Orte die Zentren von Militärdistrikten und Verteilungsknotenpunkte seien 584 . So ansprechend diese Ansicht unter Einbeziehung der Imlk-Stempel auf den ersten Blick auch ist, erheben sich doch einige Bedenken, die die Datierung der Liste in die Zeit Josias wahrscheinlicher machen. Vor allem besteht keine so zwingende und nahtlose Kongruenz zwischen den Orten der Festungsliste und den Fundorten von /m/Ä-Stempeln, wie Na'aman nahelegt: D a ß 8 der 15 Orte, wo keine Stempel gefunden wurden, auch nicht ausgegraben worden sind, ist zwar ein Argument, aber ein schwaches und nur ein argumentum e silentio. Na'aman drängt auch die Tatsache in den Hintergrund, daß ein großer Teil der Stempelkrüge nicht militärischen, sondern zivilen Zwecken diente 585 . Auch sind einige der in der Liste als Festungen apostrophierten Orte sehr wahrscheinlich keine Festungen gewesen 586 . Es gibt Orte mit Funden von Stempeln, die eben nicht in der Ortsliste auftauchen 5 8 7 , umgekehrt aber auch, wie gesagt, Orte der Liste, in denen keine Stempel gefunden wurden. Alles das spricht gegen eine enge Kongruenz von Liste und Stempelfundorten als Verteidigungszentren. Ein Problem bildet auch Bet-Zur, das nach Ausweis der Ausgrabungen z. Zt. Hiskias nicht, sondern erst ab 650 v. Chr. wieder besiedelt, dabei aber unbefestigt war 588 . 76-81;
1983, 160ff.; MOMMSEN/PERLMAN/YELLIN 1984, 89-113; N A ' A M A N 1986; 1988, 605-607. 584 N A ' A M A N 1986,14ff.; zu Hiskia vgl. insgesamt HUTTER 1982 585 Neben der einen Hauptfunktion der gestempelten Krüge zur Versorgung von königlichen Militärstützpunkten ( W E L T E N 1969, 133-142. 143. 156; A H A R O N I 1984, 404-411; zu früheren Deutungen W E L T E N aaO, 118—133), in deren größtem, Lachisch, allein 314 Stempel (= 39%, Stand der Arbeit von W E L T E N ) gefunden wurden, tritt die andere Funktion der Versorgung des königlichen Haushalts aus dem Krongut, was der zweitgrößte Fund in Rämat Rähel, der Nebenresidenz, zeigt (147 Stempel = 18,3%, Stand v. 1969). Den drittgrößten Fundposten bildet die wichtigste N-Grenzfestung Mizpa (86 Stempel = 10,7%, Stand v. 1969), an vierter Stelle steht Gibeon (83 Stempel = 10,6%, Stand v. 1969), das wahrscheinlich keine königliche Grenzfestung, sondern ein Ort mit ökonomischen Akzent war, also ein „ziviler" Ort; an 6. Stelle folgt wieder ein „ziviler" Ort, der nicht Festung war, aber ein Ort blühender Wirtschaft (mit königlicher Beteiligung?): Bet-Schemesch (28 Stempel = 3,5%). Alle übrigen 19 Fundorte haben zusammen nur 146 Stempel = 18,15% (Stand von 1969)! Da ich A.MAZARS binnenländische „Militär-Signalstationen" sw.lich von Jerusalem (A. M A Z A R 1982b) eher „zivil" deuten möchte (s. u. S. 127ff.), ist z.B. auch der in Hirbet el-'Abhar gefundene Imlk-Stempel (aaO, 107) hierher gehörig. DERS.
H . WEIPPERT
586 Socho (2Chr 11,7) war Krongut, keine Festung (OLB 2, 844-846); Zifund Adorajim sind nicht als Festungsorte nachweisbar, ersteres eher Krongutsammelstelle; auch in Betlehem (OLB 2, 611 ff.) und Teqoa (SÜTTERLIN 1921, 31-46; OLB 2, 662ff.: Straßenposten 7km östlich der Straße Hebron-Jerusalem; archäologisch von einer Festung nichts auszumachen, nur ein undatiertes Kastell 100 Schritte vom Ort weg) sind keine eisenzeitlichen Festungsstädte, wenn in Betlehem auch ein Posten stationiert gewesen sein könnte (1 /mMc-Stempel). 587 Z . B . Qe'ila ( O L B 2, 788f.), Debir ( O L B 2, 767), Teil es-Seba\ Aro'er ( N A ' A M A N 1986, 12f.), Hirbet Garra, Teil 'Aräd, Timna (s.o. mit A. 543), Kephira (s.o. mit A. 555), Geser (s. o. mit A . 547), Moreschet-Gat (s. o. mit A . 523), Bet-Schemesch ( W E L T E N 1969,66f. 182f.). 588 Hirbet et-Tubeqa ist einer der höchstgelegenen Orte Judas, seine strategische Bedeutung besteht aber nicht in natürlicher Festigkeit (keine Quelle!), sondern in der verkehrsgeographischen Lage an der Hauptstraße Hebron-Jerusalem. Str. III (E I, 11.Jh. v. Chr.) wurde ca. 1000 v. Chr. zerstört, der Ort erst Ende E II (ca.650 v. Chr.) wieder besiedelt (bis 587 v. Chr.) und blieb unbefestigt, d.h. von einer Befestigung des Orts durch Rehabeam gibt es keine Spur (vgl. SELLERS et al. 1968; F U N K 1975,263-267; OLB 2,718-724; zu den Krugstem-
126
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Insgesamt wird nicht eindeutig klar, wieso die Existenz von Stempeln in einigen der Orte der Liste beweist, daß diese Liste jedenfalls der Hiskiazeit entstammen muß. Es bleiben also einige Unsicherheiten bei Na'amans These 5 8 9 , die vorerst die zuletzt von Fritz vorgeschlagene Datierung wahrscheinlicher erscheinen lassen.
Sicher scheint mir also zu sein, daß die Liste keine reine Festungsliste ist, wie der jetzige Kontext suggeriert590, wohl aber eine Liste mit Ortschaften, in die in der einen oder anderen Art und Intensität das Königtum (Josias) durch Aktivitäten, sei es Einrichtung eines militärischen Wegepostens oder einer Festung oder durch Befestigung eines „zivilen" Ortes, aufgetreten ist oder, wie die Listenorte Socho, Zif und Hebron zeigen, durch den Besitz von Krongut im Orts- oder Regionalbereich präsent war (vgl. Karte 1). Ist dies richtig, so stellt 2Chr 11,5—10 einen bisher so nicht festgestellten Beleg von Orten königlicher Aktivität verschiedener Art über das ganze Land verstreut dar und ist ein Beleg, daß spätestens im 7. Jh. v. Chr. das judäische Königtum nicht mehr nur mit der Residenz sowie einem Gürtel von militärischen Sicherungsbauten und -orten an den Außengrenzen Judas befaßt war, sondern auch im Landesinnern mindestens eine herrschaftliche, vor der Bevölkerung wohl außenpolitisch motivierte Schutzfunktion in einigen Ortschaften ausübte. Dabei ist eine Entwicklung sogar innerhalb des 7. Jh. v. Chr. erkennbar: Während Hiskia im militärischen Bereich neben den Grenzfestungen anscheinend erstmals west- und nordjudäische grenznahe Orte der Bevölkerung durch Einrichtung von Posten in Anspruch nahm, kommen bei Josia weitere in der Küstenebene, besonders aber in Südost- und Nordostjuda hinzu, mit Bet-Zur sogar einer mitten im Herzen Judas, falls letzterer nicht schon auf Hiskia zurückgeht. Es hat den Anschein, daß somit bisher nachweislich erst seit Hiskia und peln vgl. W E L T E N 1969, 90f. 183). Wieso dieser Krugstempelfund im Binnenland, außerhalb der Grenzfestungszone? Hiskia konzentrierte sich ja sonst auf die Grenzorte (abgesehen von Krongütern/Residenzen; zu einem Streufund vgl. W E L T E N 1969, 90 ). N A ' A M A N hält kurzerhand die Datierung bei SELLERS für falsch. Dann müßte man mangels einer Befestigung von Bet-Zur in E II nicht an eine (Grenz-)Festung, sondern allenfalls an einen Straßenposten Hiskias denken. 589 N A ' A M A N S These, die vier Orte, die auf den Stempeln genannt sind, seien Zentren von vier Militärbezirken (1986, 14ff.), ist nicht sehr wahrscheinlich. Hebron, Zif und Socho, drei der angeblichen Bezirkszentren, waren keine Festungen, m.E. vielmehr Sammelstellen für Kronguterzeugnisse in besonders komplexen Krongutgebieten, von wo die Krüge abgeschickt wurden, weshalb dort auch keine Funde von Stempeln gemacht worden sind (außer Socho), sondern dort, wo der Inhalt verbraucht wurde bzw. umgelagert, wobei gelegentlich auch Krüge zu Bruch gingen (Funde!). In den vier Stempelorten ( N A ' A M A N S „Bezirkszentren") sollen die Krüge nach N A ' A M A N gefüllt worden sein. Richtig! Aber dazu muß man m.E. die vier Orte nicht zu „Bezirkszentren" machen! Gegen N A ' A M A N S Vorstellung spricht besonders die unmittelbare Nähe von zwei angeblichen „Bezirkszentren": Hebron und Zif! Die Einrichtung so gelegener „Bezirkszentren" wäre geographisch äußerst ungeschickt und unwahrscheinlich (auch gegen A H A R O N I 1984, 366. 409-411). 590 S. o.A. 558
II. Königliche Funktionalorte
und
127
-bauten
veranlaßt durch die Vorbereitung auf die akute Bedrohung durch die Assyrer ein judäischer Herrscher in judäische Ortschaften direkt eingriff, allerdings auch nur aus aktuellem Anlaß und auf das militärische Ziel der Einrichtung von Posten beschränkt. Dasselbe wiederholte sich dann in etwas ausgedehntem Maße zur Zeit Josias, wenn vielleicht auch nicht aus so aktuell drohendem Anlaß, wohl aber jedenfalls auch aus der Erfahrung der Hiskiazeit. Sieht man von vereinzelten und auch nicht ganz sicheren Beispielen ab, wo man erwägen kann, ob das judäische Königtum nicht an der Entwicklung wirtschaftlichhandwerklich besonders erfolgreicher Ortschaften ökonomisch zu profitieren bzw. sich zu beteiligen suchte591, sich dabei zugleich als Schutzmacht profilierte und legitimierte, was sich zweifellos als herrschaftliche Gratifikation 592 gut darstellen ließ, sieht man also von solchen evtl. existierenden Einzelfällen sowie verstreutem Krongut bei verschiedenen Ortschaften im Lande ab, das durch die Imlk-Stempel erst in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. deutlich und epigraphisch nachweisbar wird und dessen Erträge wohl in den vier ImlkStempelorten gesammelt wurden, so ist herrschaftlicher Einfluß bis ans Ende des 8.Jh. v.Chr. in Juda nur an den Außengrenzen in mehr oder weniger eindeutigen königlichen Funktional-, genauer: Grenzschutzorten anzutreffen. Umgekehrt heißt das, daß die durchschnittliche judäische Ortschaft von königlicher Administration unberührt blieb, nicht königliches Herrschaftsmittel war. Das änderte sich, freilich in begrenztem Maße und durch aktuelle, von außen kommende militärische Bedrohung hervorgerufen, von den Außengrenzen her in Einzelfällen erst, soweit bisher erkennbar, in der 2. Hälfte des 8. Jh. v. Chr. Der zweite der beiden oben angekündigten Tatbestände, ein archäologisch erhobener, ist geeignet, weiteres Licht in die Entwicklung der Herrschaftsausübung judäischer Könige zu bringen. A . M a z a r hat 1982 über die E n t d e c k u n g einer A n z a h l v o n B a u t e n g r u p p e n westlich der Linie J e r u s a l e m / B e t - Z u r u n d e t w a in der Mitte z w i s c h e n B e t - S c h e m e s c h , S o c h o u n d Qe'ila i m i m W e s t e n , B e t l e h e m i m O s t e n auf d e m judäischen G e b i r g e g e l e g e n , in e i n e m in SpBr u n d E w e n i g b e s i e d e l t e n G e b i e t , das durch w e n i g W a s s e r q u e l l e n , w e n i g g u t e s , für d e n A c k e r b a u hinderlicherweise b e w a l d e t e s L a n d u n d schwierige Straßen g e k e n n z e i c h n e t war, berichtet 5 9 3 . D i e b e d e u t e n d s t e B a u g r u p p e , Hirbet 591 Vgl. z . B . Debir, Tell Bet Mirsim, Orten).
Abu
et-Twen,
besteht
Bet-Schemesch, Gibeon (s.jeweils oben zu diesen
592 Herrschaft legitimiert sich durch bestimmte Leistungen für die Gesellschaft (SERVICE 1977, 31. 36 u . ö . ) ; eine besonders wesentliche „Wohltat", die Herrschaft legitimiert, ist die Sicherung des Gebietes (SERVICE 1977, 99. 132. 137ff. 140). Bei einer solchen Herrschaft kann man nach SERVICE dann von einer staatlichen Herrschaft sprechen. M . E . kommt sie bei Hiskias systematischer (im Gegensatz zu der früher noch mehr punktuellen) Grenzsicherung erstmals deutlich zum Tragen. Dasselbe gilt ebenfalls spätestens für Hiskia, aber wahrscheinlich schon für frühere judäische Herrscher (s.unten im Einzelnen) in einem anderen Punkt: Legitimation der Herrschaft durch Redistribution (zu Begriff und Sache vgl. u . a . SERVICE 1977,109ff. 112-114. 128.131 ff. 359ff. u. ö. und schon o. S. 53 mit A . 221). 593
1982b, 8 7 - 1 0 9 ; vgl. H. WEIPPERT 1988,615; s. o. Karte 1 (S. 106 [schraffiert]).
128
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
aus einem isolierten viereckigen Gebäude von 30 x 30 m; die zum Teil mit (in einem Fall bis zu 16!) Pfeilern ausgestatteten Räume um einen Innenhof deutet Mazar als Wohn-, Vorrats-, Stall- und Werkstatträume. Vielleicht gab es ein 2. Stockwerk. Am Hügelfuß nahe dem Quadratbau fanden sich 10 verstreute Häuser eines kleinen, unbefestigten Dorfes. Die Lage auf einem Hügel mit guter Rundsicht und in einem ungünstigen Gebiet sprechen nach Mazar trotz der relativ schwachen Mauern gegen eine Deutung als „regional administration centre or the centre of a large royal estate", vielmehr für eine militärische Funktion. Zur Stützung dessen weist Mazar auf die „tenth Century Negev fortresses" und die (größeren) königlichen Festungen von Kadesch Barnea, Arad und Hirbet Gazze. Auf königliche Bau-Initiative weist nach Mazar die Verwendung von „monolithic pillars" wie in den Pfeilerhäusern königlicher Funktionalstädte. Die gefundene Keramik umfaßt im wesentlichen E II (weniges aus dem 9. Jh. bzw. vor dem 8. Jh. v. Chr., mehr schon aus dem 8. Jh., das meiste aus dem 7. Jh. v. Chr.); keine Zerstörung 587/86 v. Chr., nach kurzer Nichtbesiedlung nach 587/86 v. Chr. erneute Besiedlung (Jer 52,16!), aber nicht im Dorf, nur im Gebäude auf dem Hügel. Zwei ähnliche Quadratbauten fanden sich ca. 5 km nördlich (Der Bagl) bzw. nordwestlich (Hirbet et-Tibne), etwa 4—5 km südlich (2 km nördlich von Bet-Zur) ein weiterer mit kleinem zerstreutem Begleitdorf (Hirbet el-Qatt), knapp 3 km nördlich von Der Bagl vielleicht ein weiterer (Hirbet el-Abhar). Für eine militärische Funktion spricht nach Mazar auch, daß die auf Hügelspitzen gelegenen Quadratbauten in Sichtverbindung miteinander stehen. Die kleinen Festungen seien in dieser Pufferzone zwischen Zentraljuda und den Schefelafestungsstädten zur Überbrückung und Signalgebung gebaut. In 2Chr 27,4 findet Mazar als Datierungsfixpunkt die Zeit Jotams sowie in den dort erwähnten 'rym, byrnywt wmgdlym die in Frage stehenden Baugruppen und deren militärische Funktion. Man wird Mazar jedenfalls zustimmen, daß die relativ einheitliche Bauweise auf einheitliche, wohl königliche Urheberschaft weist. Die Datierung nur bzw. gerade auf Jotam ist aufgrund des Keramikbefundes, wie auch Mazar einräumt, aber keineswegs zwingend. Eine sukzessive Errichtung der Bauten bzw. Komplexe dürfte vielleicht seit Joas, jedenfalls aber seit Amazja und Ussia (2Chr 26,10!) erfolgt sein. Weniger wahrscheinlich oder jedenfalls zu einseitig erscheint mir aber Mazars Insistieren auf einer ausschließlich militärischen Funktion. Hier sollte differenziert und zugleich der Befund in einen weiteren Horizont herrschaftlicher Aktivitäten gestellt werden. Der Hinweis auf die Negeb-„fortresses" des lO.Jh. v. Chr. als Beleg für militärischen Charakter gilt nur in eingeschränktem Maße, wie Knauf und Finkelstein gezeigt haben 594 ; als Parallelen kommen nur die - freilich größeren und viel stärkeren - wirklichen königlichen Festungen etwa in Kadesch Barnea, Arad und Hirbet Gazze in Frage. Ein verteidigungspolitischer Schwerpunkt lag hier im zentraljudäischen Binnenland sicher nicht. Die dünnen Mauern und das anscheinend völlige Fehlen von Waffenfunden, von denen Mazar jedenfalls nichts erwähnt, rät auch zur Zurückhaltung bei militärischer Deutung. Festungen im Binnenland nahe südwestlich der Residenz scheinen von der Zeitlage nicht besonders dringlich. Ussia hatte vielmehr in Grenzbereichen Judas für Sicherheit gesorgt595. Daß Siedlungen oder Gebäude Palästinas auf Hügeln liegen, ist außerordentlich häufig und beweist allein keine militärische Funktion. Was den Hinweis Mazars auf die Fernsicht und das Signalgeben zum Überbrücken der Lücke zwischen 5«4 S. o. S. 103 mit A. 453. 456 5«5 s. o. S. 105-108 m. A. 462-475
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
129
Jerusalem und Schefelafestungen betrifft, so kann diese Aufgabe ohne weiteres auch in einer „zivilen" königlichen Funktionalsiedlung durch dortige zivile Funktionäre geschehen. Immerhin ist die Anwesenheit einzelner Soldaten in den Quadratbauten nicht völlig ausgeschlossen, aber doch nicht bewiesen. Der militärische Charakter von mgdlym, ein Begriff, mit dem Mazar einige der Quadratbauten in Verbindung bringt, ist nicht über allen Zweifel erhaben 5 9 6 . Der in 2Chr 27,4 genannte Terminus byrnywt, der bei Mazars „militärischer Interpretation" eine wichtige Rolle spielt, stammt wahrscheinlich aus viel späterer Zeit 597 . In der relativ stabilen und friedlichen, langen Herrschaft Ussias sind neben Grenzsicherungen ökonomisch-innenpolitische Aktivitäten bezeugt: Königliche Fürsorge für verstreutes Kronland (2Chr 26,10 598 ) und Bemühung um Fernhandel 5 9 9 . Dazu paßt es bestens, daß das Königtum systematisch die Hand auf weniger begehrtes Land im Landesinnern, wie es hier in Rede steht, legt, zumal nahe der Residenz, und damit nicht nur seine ökonomische Position stärkt, sondern auch mit ökonomischer Potenz seine Funktion als Schutzmacht demonstriert, die Fähigkeit zur Redistribution in Friedens- und Krisenzeiten 600 beweist und überhaupt Präsenz im Binnenland zeigt. Man braucht das nicht königliche Kolonisation zu nennen, aber im Endeffekt bedeutet es eine beginnende Durchdringung des Landesinnern als Herrschaftsmittel, wobei die herrschaftliche Erfassung von nichtbegehrtem, unumstrittenem Land eine Maßnahme ist, die keine bzw. nicht notwendig Konflikte mit der benachbarten Lokalbevölkerung provoziert, wenn und solange deren ökonomische und verwaltungsmäßige Selbständigkeit unberührt bleibt. D a ß das judäische Königtum Landarbeiter, Besitz und Vorräte im Lande besaß, ist belegt 601 und unumstritten. So kann ich nicht einsehen, warum Mazar die Deutung der Baugruppen als königliche „estates" mit Vorratshaltung und vielleicht z.T. Verarbeitung des im Umland von königlichen Landarbeitern Erarbeiteten strikt ablehnt. Wird diese Politik königlich-ökonomischer Landeserschließung allerdings lange geübt und ausgedehnt, sei es bei friedlicher außenpolitischer Lage und sicheren Außengrenzen (z.B. Ussia, Manasse, Josia), sei es in Krisenzeiten zur Unterstützung von Verteidigungsvorbereitungen (Hiskia, Josia), kann sie ebenso wie die königliche Einrichtung von Posten in den grenznahen Wohnorten der Bevölkerung spätestens seit Hiskia ein Ele1973,24-27 1973,19-24 598 Zum Text: W E L T E N 1973, 24-27. Vgl. zur Sache auch u. S. 160 mit A. 746. 599 Dazu s.u. S. 151 ff. ausführlicher („Ökonomisch ausgerichtete Funktionalorte und ökonomisch-herrschaftliche Bautätigkeit"); vgl. 2Kön 14,22 600 Zur Redistribution als wichtiger herrschaftslegitimierender, als Gratifikation dargestellter Aktivität eines Herrschers (big man, chief, König) vgl. o. A. 221.592. 601 IChr 27,25 - 31 (Davidzeit; der Text ist freilich spät, vgl. die Kommentare z.St. zur Diskussion, zuletzt K N A U F 1985a, 13f. und wohl ad maiorem regis gloriam David zugeschrieben, aber aus der Zeit Ussias, Manasses, Hiskias oder sogar erst Josias stammend, in deren Zeit intensivere Krongutaktivitäten und -organisation anzunehmen und sogar nachgewiesen sind). Für Ussia vgl. 2Chr 26,10 ('krym, dazu W E L T E N 1973, 25 m. A. 75) und Jer 52,16. Von den intensivierten ökonomischen (landwirtschaftlichen und handelspolitischen) Aktivitäten der Könige Judas seit Ussia und Hiskia her wird es verständlich, daß sie die für die Davididen im 10. Jh. v.Chr. so katastrophale ms-Dienstleistung wieder aktiviert haben, wie ein Siegel eines königlichen ms-Beauftragten des 7. Jh. v.Chr. zeigt ( A V I G A D 1980): Manasse? Josia? Jojakim?: für letzteren spräche Jeremias Polemik gegen unbezahlte Arbeit im Königsdienst (Jer 22,13ff.). 596
WELTEN
597
WELTEN
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A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
ment der Entwicklung sozialer Spannungen sein, wie sie für das 8. + 7. Jh. v. Chr. kennzeichnend waren.
Mir scheint es insgesamt erwägenswert, in den hier in Frage stehenden Baugruppen Beispiele einer königlich-zivilen Landeserschließung und -durchdringung, etwa ab Anfang des 8. Jh. v. Chr. (Amazja, Ussia), nicht aber vorrangig Anlagen militärischen Charakters zu sehen. Eine gelegentliche militärische Mit-Nutzung der auf den Hügeln gelegenen Hauptbauten, etwa zur Signalübertragung, durch dort residierende königliche Ökonomiefunktionäre, ist dabei durchaus möglich. In Kürze seien hier die wichtigsten Ergebnisse genannt unter der Hauptfragestellung, in welchen Orten zu welchen Zeiten und Zwecken sich königliches Bauen vorwiegend militärischen Charakters nachweisen läßt und ob und wie es die lokale Autonomie der Bevölkerung berührt bzw. einschränkt, m. a. W.: es geht um die Frage, ob, wann, wo und wie Ortschaften dem Königtum als (militärisches) Herrschaftsmittel dienten. David legte mit der Eroberung Jerusalems den Grund zu der Dauerresidenz - und damit einen entscheidenden Grundstein für die Entwicklung seines judäischen Stammesfürstentums (engl.: chiefdom) zum Stämmestaat. Salomo führte dies fort und stattete die Residenz mit herrschaftlichen Prestige- und Repräsentationsbauten aus: Er schuf - zweifellos seine größte und weittragendste Leistung - mit dem Ausbau des Jerusalemer Stadttempels und der feierlichen Inthronisation J H W H s darin nicht nur seiner Dynastie ein religiöses Zentralsymbol, sondern legte damit auch die Grundlage für die religiöse Entwicklung, die theologisch schließlich zum Deuteronomium, geschichtstheologisch zum Deuteronomistischen Geschichtswerk, zur theologischen Überhöhung des realen Symbols „Jerusalem" führte und die Katastrophe des totalen Zusammenbruchs von Staat und Volk überwinden half. Salomo bemühte sich durch Entsendung von zuverlässigen Delegaten, die Nordgruppen in seine Herrschaft einzubinden. Zugleich baute er drei Orte zu Funktionalstützpunkten um das judäische Kernland herum aus und versuchte - wir wissen nicht, in welchem Ausmaß - solche Stützpunkte auch im Gebiet der Nordstämme in Hazor und Megiddo sowie in Geser zu etablieren. Dabei erwies sich die Bemühung um Integration der Nordgruppen als nicht ausreichend effektiv. Im 10.Jh. v. Chr. gewann David durch einzelne Festungen im Negeb Schutzherrschaft und Autorität über die dortige lokalnomadisch-ziehbäuerliche, zeitweise stationär angesiedelte Bevölkerung. David konnte wahrscheinlich vor allem Teil es-Seba' (Ziqlag?) als „logistisches Zentrum Südjudas" etablieren. A b 9. Jh. v. Chr. verstärkte das judäische Königtum an der Süd-, West- und Nordgrenze durch einzelne starke königliche Festungen und Festungsstädte den Grenzschutz (besonders Arad, Teil el-Milh, Teil es-Seba', msknwt hinaus eher die A n a l y s e v e r s c h i e d e n e r a r c h ä o l o g i s c h e r h e b b a r e r Vorrats- u n d L a g e r h a l t u n g s i n s t a l l a t i o n e n auf d i e Spur herrscherlich-staatlicher Vorratshaltung u n d ö k o n o misch motivierter Bautätigkeit. Borowski hat neuestens eine nützliche typologisch-strukturelle und funktionale Z u sammenstellung geliefert 6 8 0 . E r unterscheidet oberirdische und unterirdische Lagerinstallationen und gliedert weiterhin die oberirdischen Installationen in Kornspeicher 6 8 1 , Vorratshäuser 6 8 2 , öffentliche Vorratsräume 6 8 3 sowie private Vorratsräume 6 8 4 . Unterirdisch unterscheidet er zwischen „grain pits" 6 8 5 , Silos 686 u n d Kellern 6 8 7 . Bei dieser Kategorisierung 6 8 8 kann m a n , was hier besonders wichtig ist, nach der G r ö ß e d e r Lagerkapazität und der Lage der Installationen entweder im öffentlichen Ortsbereich (bei oder in öffentlichen G e b ä u d e n , im Torgebiet) oder im privaten Wohn-Ortsbereich Schlüsse auf die gesellschaftliche Funktion bzw. die Urheber/Besitzer oder die Zielgruppe der Vorsehen Texten; es ist assyr. Lehnwort im Hebr. (KNAUF 1988a, 104f.). Bedenkt man, daß das omridische Nordreich mit mdynhlmdynwt eine Verwaltungsbezeichnung ebenfalls aus dem syrisch-mesopotamischen Bereich übernommen hat, so ist zu erwägen, ob msknwt als herrschaftliche Vorratsbezeichnung ebenfalls im Nordreich zuerst eingeführt und literarisch auf die salomonischen und ägyptischen Verhältnisse rückübertragen wurde. 678 Der summarische chronistische Bericht über Hiskias ökonomische Aktivitäten spiegelt offensichtlich ohne genauere lokale Spezifikation die sich archäologisch-epigraphisch in den /m//c-Stempeln niederschlagenden militärischen Versorgungs-Vorbereitungen in den vier bei Krongutzentren liegenden Sammelorten Socho, Zif, Hebron und mmst (LEMAIRE 1975 : 71mwäsl) wider. Es ist zu vermuten, daß in den vier Orten Vorratsinstallationen (msknwt o.ä.) existiert haben, ebenso wie die Zielorte der Imlk-Krüge Installationen besessen haben dürften (vgl. auch WELTEN 1969, 125 und u. A. 712), aber auch Lagermöglichkeiten in Kasemattenmauer-Abschnitten (vgl. dazu G. R. H.WRIGHT 1985, 308). Königliche Vorräte lagerten wohl auch in den landwirtschaftlichen Stützpunkten im Binnenland (s.o. S. 127-130 m . A . 593-601). 679
V g l . d i e Z u s a m m e n s t e l l u n g e n b e i H . WEIPPERT 1 9 7 7 , 3 0 8 F . ; BOROWSKI 1987, 83.
680 1987; 71—83; vgl. die (tabellarische) Zusammenfassung S.72. 82; zur Vorratshaltung vgl. auch DALMAN 1933,186-206; H. WEIPPERT 1977, 308f.; DIES. 1988, 395ff. 540-543. 604-607. 635f.; G. R. H. WRIGHT 1985, 298-309; EARLE 1987. J. D. CURRID: Archaeological Investigations into the Grain and Storage Practices of Iron Age Palestine. PhD Thesis: University of Chicago 1980 war mir nicht zugänglich. 681 1987,76-78 682 Ebd., 7 8 - 8 0 683 Ebd. 8 0 - 8 2 Ebd. 82 685 E b d . 72f. 686 Ebd. 7 3 - 7 5 687 Ebd. 75 f. 688 Zu einer ähnlichen Kategorisierung hauptsächlich nach Größe und Lage im Ort vgl. G. R . H . WRIGHT 1 9 8 5 , 2 9 9 F . ; vgl. a u c h EARLE 1987, b e s . 2 9 5 .
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
153
ratshaltung ziehen. Nimmt man die Kategorien Größe und Lage zusammen, so kommen tendenziell, wenn auch nicht ausschließlich, für den privaten Bereich vor allem unterirdische „grain pits" und oberirdische Vorratsräume, also kleinere Installationen, in Frage, für die öffentliche (lokale oder herrschaftliche) Vorratshaltung Kornspeicher, Vorratshäuser und große Silos, also größere Installationen, aber auch Vorratsräume und Keller bei öffentlichen Gebäuden und Bereichen; natürlich muß bei dieser groben Kategorisierung der Einzelfall geprüft werden 689 . Was nun die hier hauptsächlich interessierenden herrschaftlichen Vorratsbauten betrifft, so sind im eisenzeitlichen Israel Kornspeicher („granaries") nicht belegt 690 . Will man herrschaftliche Lagerhaltung feststellen, muß man nach Vorratshäusern, Vorratsräumen vor allem in und bei öffentlichen Gebäuden (Palästen, Tempeln, Torbauten) und großen Silos Ausschau halten. Die wohl eindeutigste und am leichtesten erkennbare herrschaftlich-ökonomische Vorratsbauform ist das Pfeilerhaus 691 . Mehrere zu Komplexen zusammengefaßte Pfeilerhäuser kommen in Megiddo Stratum IVA 6 9 2 , Teil es-Seba 'Stratum III + II 693 und Teil el-Hasi1694 vor. Einzelne Pfeilerhäuser finden sich in Hazor Stratum VIII + VII 6 9 5 , Teil el'Orême Stratum II 696 und Bet-Schemesch Stratum IIA 6 9 7 , vielleicht auch auf Tell Ta 'annek69s. Die Lage der Pfeilerhäuser in den Ortschaften spricht oft zusätzlich für eine öffentliche Funktion, freilich nicht in jeden Fall zwingend auch für eine königliche Urheberschaft 6 9 9 . Mit Ausnahme von Bet-Schemesch handelt es sich nämlich sicher oder wahrscheinlich sämtlich um Orte mit starker königlicher Präsenz und Funktionalisierung und damit bei den Pfeilerhäusern um königlich verursachte Funktionalbauten 7 0 0 . Was «» Vgl. auch G. R. H. W R I G H T 1985, 299. 300ff. 690 G. R . H . W R I G H T 1 9 8 5 , 3 0 3 ; BOROWSKI 1 9 8 7 , 7 6 - 7 8 . Vgl. neuestens aber vielleicht CURRID 1 9 8 9 (Sichern „Building 5 9 0 0 " ) ; freilich spricht nichts direkt für „government granary", zumal Sichern nie königlicher Funktionalort war, ausgenommen vielleicht kurzzeitig als vorübergehender Wohnsitz Jerobeams I. (vgl. o. A. 236). 691 Vgl. insgesamt zu „Pfeilerhäusern" FRITZ 1977; A H A R O N I in A H A R O N I ed. 1973, 14-16; H E R Z O G in A H A R O N I ed. 1973,23-30; DE G E U S 1984,70-81; G . R. H . W R I G H T 1985,306f.; H . WEIPPERT 1988, 540-543; HOLLADAY Jr. 1986. 692
FRITZ 1 9 7 7 , 3 0 - 3 3
693
FRITZ 1 9 7 7 , 3 3 F . ; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 5 4 1 .
694
FRITZ 1 9 7 7 , 3 4 f .
695 FRITZ a a O 696
FRITZ 1986,23. 25
697
FRITZ 1 9 7 7 , 3 4 f .
698 H . WEIPPERT 1988, 341; nichtisraelitische Pfeilerhäuser öffentlichen Charakters finden sich in Tell el-Qasîle Str. X und Teil Abu Hawäm Str. IV ( F R I T Z 1977, 40. 42f.). Zu einer (privaten) Entsprechung des langräumigen Pfeilerhauses in dem Typ des durch Pfeilerreihen gegliederten Breitraumhauses der E I vgl. FRITZ 1977, 40. 43f.; s.u. S. 155 m. A . 713. 699 Teil es-Seba' (neben dem Stadttor), Bet-Schemesch (nahe der Stadtmauer), Kinneret (neben dem Stadttor an der Stadtmauer), Megiddo (Nordkomplex, beim Stadttor; Südkomplex, an der Stadtmauer), Hazor (Stadtmitte: Y A D I N 1 9 7 2 , 111 Abb. 2 7 ) ; vgl. aber auch A.
698. 700 VGL J N diesem Sinne wohl auch H . WEIPPERT 1977,308; zur Diskussion um die Funktion der Pfeilerhäuser vgl. u. a. H E R Z O G in A H A R O N I ed. 1973,28f. ; FRITZ 1977; DERS. 1990b, 83; G . R . H . W R I G H T 1 9 8 5 , 3 0 6 f . ; BOROWSKI 1 9 8 7 , 7 8 F . ; H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 5 4 2 F . ; HOLLADAY J r .
1986. M.E. muß man jeden Fall für sich mit baulichen Spezifica, der Lage im Ort und den Spezifica des Ortes betrachten (s.u. gegenüber HOLLADAY Jr. 1986). Wenig wahrscheinlich ist
154
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Vorratshäuser betrifft 7 0 1 , so findet sich ein solches als dreischiffige Halle aneinandergereihter Langräume in Arad Stratum VIII 7 0 2 . Noch größere Vorratshäuser als langgestreckte Lagerräume befinden sich als Anbauten innerhalb der Akropoleis von Lachisch und Samaria 703 , ein kleineres in Hazor Stratum VIII als zweischiffiger A n b a u an das Pfeilerhaus 704 . Weitere Beispiele von Vorratshäusern nennt Borowski für Jericho (10. Jh. v. Chr.), Megiddo (10. Jh. v. Chr.), Bet-Schemesch (1. H . 10. Jh. v. Chr.), Teil en-Nasbe (9. Jh. v. Chr.), Teil Bet Mirsim (spätestens 9. Jh. v. Chr.) und Dotan (2. H . 7. Jh. v. Chr.) 7 0 5 . Auch hier fällt die Existenz von wohl öffentlichen Vorratshäusern in fast allen Fällen mit der sich bereits oben herausgestellten Annahme mehr oder weniger starker königlicher Funktionalisierung der Orte zusammen, was an königliche Urheberschaft der Vorratshäuser denken läßt. Da das Beispiel von Silo vormonarchisch, dasjenige in Dotan nachmonarchisch ist, können lediglich die Häuser in Bet-Schemesch und Teil Bet Mirsim lokale Einrichtungen der Bevölkerungen sein, falls man nicht königliches ökonomisches Engagement in beiden Orten annimmt 7 0 6 . Beispiele für öffentliche Vorratsräume 7 0 7 gibt es z . B . auf Teil el-Qädl, in Samaria, Taanach, Dotan 7 0 8 und Kinneret 7 0 9 . Mit Ausnahme von Dotan handelt es sich wieder um königliche Funktionalorte. Während zu Beginn der E IlC-Zeit Pfeilerhäuser als Mittel öffentlich-herrscherlicher Vorratshaltung noch in Gebrauch blieben (Teil es-Seba\ Hazor), kam in E HC eine andere Methode zunehmend auf, nämlich große zylindrische Schächte, wovon im assyrisch besetzten Megiddo Stratum III das eindrücklichste Beispiel vorliegt, andere in Hazor schon Stratum VII (9. Jh. v. Chr.) in Tor- und Stadtmauernähe sowie in BetSchemesch IIA (oder IIB) zu finden sind, aber auch Lagerung in Nebenräumen von
die Deutung (allein) als Pferdeställe (dagegen besonders FRITZ 1 9 7 7 ; HOLLADAY Jr. 1 9 8 6 votiert sehr dezidiert und differenziert für Ställe für „ordinary domestic animals" statt Pferde, seine Argumentation ist in einigen Punkten bedenkenswert, jedoch spricht schon die Lage der Pfeilerhäuser in einigen königlichen Funktionalorten (Teil es-Seba', Megiddo) dagegen und läßt HOLLADAY'S Deutung auch wieder zu einseitig-pauschal erscheinen), vielmehr sollte grundsätzlich von einer möglichen multifunktionalen Verwendung bzw. Verwendbarkeit ausgegangen werden unter Berücksichtigung der o. g. Spezifica (vgl. immerhin YADIN 1979,233), wie ich demnächst in meiner Untersuchung „Stadt und Markt im monarchischen Israel" zeigen werde; dabei kommt eine Verwendung als Kaserne (so bes. FRITZ 1 9 7 7 ; am deutlichsten vielleicht in Kinneret ) und/oder als Vorratsmagazin (so wohl H. WEIPPERT 1988, 542f.), aber m.E. auch als (königliche) Handelseinrichtung (Redistributionsfunktion des Herrschers!, vgl. die häufige Nähe zum Torplatz als Haupthandelsplatz, s . o . A . 699) in Frage. 701 Zur Charakterisierung vgl. BOROWSKI 1987,78-80; HERZOG in AHARONI ed. 1973,29f. 702 FRITZ 1977,40f. (Parallelen der Umwelt) 703
H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 5 4 0 - 5 4 3 , b e s . 542F.; A b b . v o n L a c h i s c h I V : S. 527, S a m a r i a : S. 538
704
FRITZ 1977,34
BOROWSKI 1987, 78-80; für ein früheisenzeitliches Vorratshaus in Silo vgl. HOPKINS 1987,188. 706 Zu Bet-Schemesch vgl. o. S. 116 m. A. 5 3 4 - 5 3 8 , zu Teil Bet Mirsim vgl. o. S. 111 m. A. 705
498-505. 707
Zur Charakterisierung vgl. BOROWSKI 1987,80.
708
BOROWSKI 1987, 8 0 - 8 2
709
FRITZ 1 9 8 6 , 1 9
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
155
(öffentlichen) G e b ä u d e n , in Kellern (besonders in ariden/semiariden Gebieten) u n d in Gruben 7 1 0 .
Dieser sehr wahrscheinlich unvollständige Überblick über herrschaftlichökonomische Bauten der Vorratshaltung711 zeigt tendenziell immerhin folgendes: Die bedeutendsten Ortschaften mit herrschaftlichen Vorratsinstallationen (Pfeilerhäusern), Megiddo, Hazor, Tellel-HasT, Kinneret, Taanach (?), TellesSeba'und Bet-Schemesch, hatten sich bereits aus anderen Gründen oben als königliche Funktional(grenz)orte (Bet-Schemesch wohl nur als Ort evtl. königlich-ökonomischen Engagements) erwiesen. Königlich ausgebaute Grenzschutz-Stützpunkte und Orte königlicher Vorratsinstallationen („Vorratsstädte", 'ry < h-> msknwt) sind also tatsächlich aus Gründen sachlich-funktionaler Affinität weitgehend identisch712. Die nächstbedeutende Gruppe der königlichen Vorratsbauten, die Vorratshäuser {msknwt), nachgewiesen im Südreich in Arad, Lachisch, Teil en-Nasbe sowie Bet-Schemesch und Teil Bet Mirsim, im Nordreich in Megiddo, Hazor und Samaria, kennzeichnen ebenfalls bereits aus anderen Gründen als (Grenz-)Funktionalorte bzw. Orte mit möglicherweise königlichem Wirtschaftsengagement erkannte Ortschaften. Öffentliche Vorratsräume in Dan, Samaria, Kinneret und Taanach signalisieren wiederum mehr oder weniger königlich funktionalisierte Orte, wie dies auch große öffentliche Silos, Vorratsnebenräume und Keller in Teil es-Seba', Bet-Schemesch, Teil en-Nasbe, Megiddo und Hazor tun. Man kann die grobe Regel aufstellen, daß die bedeutendsten öffentlich-herrschaftlichen Groß-Vorratsbauten sich in den bedeutendsten königlichen Funktionalorten finden. Weniger große Vorratsbauten finden sich in weniger stark bzw. nicht von Königtum funktional besetzten Ortschaften, m.a.W.: in vorrangigen Bevölkerungs-Wohnorten. Dort gibt es keine Pfeilerhäuser(-gruppen), sondern das diesen funktional und typologisch verwandte Breitraum-Pfeilerhaus (z.B. in Tel 'Esdär Stratum II und auf der Hirbet el-Msäs), das dem Wohnhaus (4-RaumHaus) enger verwandt ist und, sozusagen durch einen Raum erweitert, zum Pfeilerhaus weiterentwickelt wurde713. Privat-lokale Vorratshäuser gab es z.B. in Jericho und Dotan (nachmonarchisch) sowie Silo (vormonarchisch), Silos, Vorratsnebenräume, Gruben und 710
Vgl. insgesamt G. R. H. W R I G H T 1985 , 303f.; B O R O W S K I 1987, 7 3 - 7 6 ; H. W E I P P E R T 1988,604-607. 711 Hier ist nochmals auf weitere Möglichkeiten herrschaftlicher Vorratshaltung hinzuweisen, die sich nicht in separaten Installationen niederschlägt (z. B. Stadtmauerkasematten, vgl. G . R. H. W R I G H T 1 9 8 5 , 3 0 8 ) , sowie solche, die nur durch die mit Wfc-Stempeln angezeigte Vorratsorganisation Hiskias vor 7 0 1 v.Chr. (s.o. und zuletzt H. W E I P P E R T 1 9 8 8 , 6 0 5 - 6 0 7 ) , nicht aber durch aufweisbare Baulichkeiten zu erschließen sind. 712 A H A R O N I 1984, 409, möchte auch die vier auf den /m/fc-Stempeln genannten Orte, die wohl nahe bei größeren Krongutkonzentrationen gelegene Orte waren (s. auch oben S. 152 m. A. 678), als „Vorratsstädte" bezeichnen. 713 Vgl. F R I T Z 1977, 43f. (s. schon o. A. 698)
156
A) Binnenverwaltung
als Herrschaftsmittel
Keller nachweislich in Gibeon und Teil el-Fül. Neben privaten Vorratsräumen dürften aber sicherlich überall die „grain pits" die häufigste Art privater Vorratshaltung gewesen sein714. Das deutliche Schwergewicht großer Vorratsinstallationen in königlichen Funktionalorten militärischen Charakters dürfte auf eine primär militärischverteidigungspolitische Motivation herrschaftlicher Vorratshaltung neben weiteren herrschaftlichen Lagerinstallationen in Residenzen und (den vier) von den /m//c-Krugstempeln her bekannten Haupt-Sammelstellen von Kronguterträgen weisen. Das bedeutet zugleich, daß bei den herrschaftlichen Vorratsinstallationen in Israel weniger an eine herrschaftliche Redistributionsfunktion für die Bevölkerung gedacht ist715. Die Lage der großen Installationen im Torbereich und an der Stadtmauer (aber gelegentlich auch im Ortsinnern ) bietet für eine herrschaftliche und für eine zivil-lokale Funktion gleichermaßen praktische Vorteile. Eher gegen eine (zivile) Redistributionsfunktion herrschaftlicher Vorratsinstallationen spricht die Grenzlage der (ohnedies als Grenzschutzorte erkannten) meisten der in Frage kommenden Orte, die das Binnenland im wesentlichen ausläßt. Eine landesflächendeckende Verteilung königlicher Vorratsstädte sollte aber bei einer zivilen Redistributionsabsicht erwartet werden. In dieselbe Richtung weist es, daß nicht nur in EI—II in Israel keine „granaries" als Zeichen umfassender staatlicher Redistribution existieren, sondern die Josephserzählung geradezu wärmstens die Vorteile einer umfassenden herrschaftlichen Vorratshaltung für das Volk propagiert 716 offenbar weil es sie in Israel nicht gab, ebensowenig wie die in der Josephserzählung für Ägypten dargestellte umfassende, ja, alleinige Landverfügung des Königtums. b)
Krongut
Krongut ist ein ökonomisches Herrschaftsmittel des Königtums. Daß es in Israel Krongut gegeben hat, steht außer Frage717. Aus deuteronomistischer Perspektive bildete es einen sozial negativen Faktor, freilich von Israel selbst mit dem Wunsch nach einem König verursacht718. Ezechiel verlangt utopisch714
V g l . BOROWSKI 1987, 7 2 f . 8 2 f . m . A . 7; HOPKINS 1985, 151; FINKELSTEIN 1988, 2 6 4 - 2 6 9
(schon in E I landesweit grain pits)\ von einer „Grubenphase" vor „Dorfgründungen" in E I (Gruben für Vorrats- und Wohnzwecke) spricht H. WEIPPERT 1988,402. 715 Zur Rolle der Redistribution in chiefdoms und „primitiven Staaten" vgl. SERVICE 1977, 109ff. 112-114. 128. 131. 361 u . ö . und schon o . A . 221. 592. 600; zur Palastökonomie in kanaanäischen Stadtstaaten der SpBr vgl. G. R . H . WRIGHT 1985, 304; HELTZER 1982; DERS.
1976; LIVERANI 1975. Zum weiteren Umkreis vgl. LIPINSKI ed. 1979. Wenn es aber richtig ist, daß die Pfeilerhäuser u. a. auch eine gewisse Handelsfunktion ausübten (s. o. A. 700), hat das Königtum mit herrschaftlichen Vorratsinstallationen wie den Pfeilerhäusern doch wenigstens in Ansätzen zu einer Redistribution von Gütern beigetragen. 716 Vgl. Gen 41; 4 2 , 1 - 6 ; 47,13-26; RÜTERSWÖRDEN 1985,131 717 Vgl. noch das späte Echo Koh 2 , 4 - 7 718 l S a m 8 , b e s . V . 10-17
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
157
programmatisch eine Beschränkung von herrschaftlichem Landbesitz wie auch anderer Macht- und Repräsentationsmittel719. W ä h r e n d der m o n a r c h i s c h e n Z e i t w a r v e r m u t l i c h w e n i g e r d i e E x i s t e n z v o n K r o n g u t umstritten, z u m a l w e n n e s für herrschaftliche Z w e c k e der Prestigewirtschaft u n d d e s L a n d e s s c h u t z e s v e r w e n d e t w u r d e , s o n d e r n e h e r d i e A r t d e s E r w e r b s 7 2 0 u n d die s o z i a l e n F o l g e n der L a n d b e s i t z a k k u m u l a t i o n i m R e n t e n k a pitalismus innerhalb der s o z i a l e n Krise d e s 9. u n d 8. Jh. v. C h r . , w o z u n e h m e n d der B e s i t z s t a n d der B e v ö l k e r u n g in M i t l e i d e n s c h a f t g e z o g e n w u r d e . Ich k a n n m i c h im R a h m e n d i e s e r A r b e i t auf f o l g e n d e F r a g e s t e l l u n g e n k o n z e n t r i e r e n : W o gab es K r o n g u t ? Ist das K r o n g u t mit k ö n i g l i c h e n B a u m a ß n a h m e n , m i t k ö n i g l i c h e n F u n k t i o n a l o r t e n u n d / o d e r B e v ö l k e r u n g s w o h n o r t e n verb u n d e n ? W i e u n d w o f ü r w u r d e n K r o n g ü t e r o d e r g a n z e K r o n g u t o r t e als ö k o n o mische Herrschaftsmittel verwendet? Die Schwierigkeit einer präzisen Beantwortung gleich der ersten Frage belastet die Beantwortung der weiteren Fragen. A m sichersten greifbar ist Krongut wohl z. Z t . Hiskias im Südreich durch die ImlkStempeP21. Von entscheidender Bedeutung sind hier die vier O r t s n a m e n hbrn, swkh, zp und mm.it auf den Stempeln und die Funktion der Orte im R a h m e n der Krongutorganisation. G e n a u die aber ist umstritten. Für die bisherige Diskussion können abgesehen von älteren, überholten D e u t u n g e n die Interpretationen von Aharoni 7 2 2 und Welten 7 2 3 stellvertretend stehen, die sich in letzter Zeit umfassend mit der Frage befaßt h a b e n . Aharoni erklärt die vier Orte als Distrikthauptstädte für jeweils drei der f r ü h e r e n 12 „Distrikte" Judas nach Jos 15,21 ff. und bestimmt ihre Funktion als Sammelstellen für Naturalsteuern. D a ß nur vier O r t e für 12 Distrikte diese Funktion erfüllen, erklärt er mit einer die Administration erleichternden Verwaltungs-Neuordnung Judas z. Z t . Hiskias in Vorbereitung der Assyrerabwehr. Die vier Orte seien in diesem Z u s a m m e n h a n g die königlichen Hauptvorratsstädte. Diese verwaltungstechnische und militär-ökonomische D e u t u n g als Distrikthauptstädte ist aber sehr unwahrscheinlich. Welten hat schon auf die für Distrikthauptstädte und Steuersammlung überaus unpraktische Verteilung der O r t e , speziell auf das nahe Beieinanderliegen von H e b r o n und Zif hingewiesen 7 2 4 . Zwar war H e b r o n wichtiger Ort in der Frühzeit Davids, trat aber danach für die gesamte Zeit des Südreiches in einen politischen Windschatten hinter dem nördlichen Landeszentrum Jerusalem und dem südlichen Z e n t r u m Teil es-Seba' + Beerscheba. Als königlicher Funktionalort k o m m t H e b r o n nirgends zur Sprache, abgesehen von der hier in R e d e stehenden, näher zu bezeichnenden Funktion im Krongutsystem. Mangels Ausgrabun719
Ez 46,(16-) 18; vgl. auch schon D t n 17,16-20
720
V g l . d a z u DE VAUX 1 9 6 4 , 2 0 2 f f . ; WELTEN 1969, 1 3 3 f f . ; METTINGER 1971, 8 0 f f . 8 5 f . ; RAINEY 1 9 8 2 , 5 9 ; BOROWSKI 1987, 27. 721 V g l . z u m P r o b l e m k o m p l e x WELTEN 1969; METTINGER 1971, 9 3 - 9 7 ; USSISHKIN 1977, 2 8 - 6 0 , b e s . 5 4 f f . ; DERS. 1978, 7 6 - 8 1 ; RAINEY 1979; DERS. 1982; AHARONI 1984, 4 0 4 - 4 1 1 ; MOMMSEN etal. 1984, 8 9 - 1 1 3 ; H . WEIPPERT 1988, 605 - 607. 722 723 724
1984,404-411 1969,142-174 (bisherige Deutungen S. 118-142) 1969,123 f.
158
A) Binnenverwaltung
als
Herrschaftsmittel
gen ist auch über herrschaftliche Bauten nichts aussagbar. Der unbedeutende Ort Zif erscheint ebenfalls als Distrikthauptstadt schwerlich geeignet 725 . Socho war im Kreis der bedeutenden königlichen Grenzfunktionalorte an der Westgrenze Judas nur ein bescheidener Ort, wohl nicht mehr als ein bedeutendes Krongutzentrum 726 . Mmst schließlich ist nach wie vor nicht identifiziert; man kann nur vermuten, daß es nördlich von Hebron lag727. Ganz ungesichert ist auch Aharonis der Distrikthauptstadt-Hypothese zugrundeliegende Annahme einer Verwaltungsneuordnung bzw. Umbildung der 12-DistrikteGliederung in eine 4-Distrikte-Gliederung 728 . Hinzu kommt gegen Aharoni schließlich, daß die von ihm vermutete Funktion der vier Hauptstädte als Sammelstellen für Naturalsteuern schon deshalb zweifelhaft ist, weil es, wie besonders Rüterswörden zeigen konnte, ein (durchstrukturiertes) Steuererhebungssystem in Israel nicht gegeben hat 729 . Damit ist allerdings nicht gesagt, daß das Königtum nicht spezifische und unregelmäßige Einnahmen und Leistungen aus der Bevölkerung bezog bzw. auch in Konkurrenz zum Kultbetrieb oder aus ihm (an königlichen Heiligtümern) beanspruchte (mnhh) sowie gelegentliche, aktuell herausgeforderte Sonderumlagen erhob 730 . Na'aman 731 hat Aharonis Deutung insofern variiert, als er die 4 Stempelorte als Zentren einer Militärbezirkseinteilung Hiskias betrachtet und mit 2Chr 11,5—12 verbindet. Demgegenüber gilt aber ebenfalls das gegen Aharonis These Gesagte. Wie bereits oben 732 gezeigt wurde, stellt 2Chr 11,5—12 keine Militärbezirksgliederung dar, sondern dokumentiert einen gestaffelten Schutzgürtel in einem von Nordwesten nach Südosten laufenden breiten Halbkreis im Vorfeld Jerusalems, der halb Juda abdeckt und königliche Funktionalorte verschiedener Funktionen nennt sowie (gegen Na'aman und mit Fritz) am ehesten in die Josiazeit zu datieren ist. Da die Krugstempelfundorte (gegen Na'aman) keineswegs mit den Orten der Funktionalortliste 2Chr 11,5—12 deckungsgleich sind733 und auch 2Chr 11,5—12 weder aus der Hiskia- noch aus der Rehabeam-Zeit stammt, haben sie nichts miteinander zu tun 734 ; beide Ortsgruppen ergeben auch keine Distriktgliederung im Sinne Aharonis. Eine Distriktgliederung ist auch nicht aus den Relationen der 4 Krugstempelorte und der Empfängerorte der Krüge in dem Sinne abzuleiten, daß ein bestimmter Krugstempelort für eine geographisch präzise und sinnvoll abgegrenzte Region („Distrikt") allein zuständig wäre, wie Weltens Aufstellungen zeigen; vielmehr ist bei der Lieferungsverteilung eine quantitativ deutliche Bevorzugung größerer Festungen sowie der Residenz Rämat Rähel ( = Hirbet Sälih), also eine Lieferung nach Größe der Bedürfnisse vorherrschend, auch liefern Hebron und Zif nahezu an dieselben Orte 735 . Gegen eine Distriktgliederung aufgrund der Stempel spricht auch noch, daß die Stempel 725
S.o. S. 109 m.A. 476-482 Vgl. O L B 2 , 8 4 4 F . ; ohne zwingende Gründe dagegen R A I N E Y 1 9 8 2 , 5 9 ; DERS. 1 9 8 3 , 1 5 . 727 VGL. W E L T E N 1969,147ff.; R A I N E Y 1982,59; vgl. aber LEMAIRE 1975: 'Amwäs. 728 Dagegen auch R A I N E Y 1 9 8 2 , 5 9 . 729 S. o. S. 26 m. A. 102f. ( R Ü T E R S W Ö R D E N 1985,127ff.) 730 S. vorige Anm.; R A I N E Y 1982, 60f. deutet das bescheidene Vorkommen von ImlkStempeln im Beerschebagebiet so, daß Festungen und Funktionalorte nicht nur vom Krongut, sondern auch aus privaten lokalen Beiträgen versorgt wurden, auch aus Einkünften aus Heiligtümern und aus der mnhh, vgl. auch R Ü T E R S W Ö R D E N 1985,127ff. 731 1986 732 S.o. S. 124ff. m.A. 580ff. 733 S. o. S. 125 f. m.A. 585-590 734 Gegen METTINGER 1971,98(ff) 735 Vgl. W E L T E N 1969,151 f. 726
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
159
nur gleichzeitig und kurze Zeit aus aktuellem Anlaß der hiskianischen Assyrerabwehrmaßnahmen am Ende des 8. Jh. v. Chr. in Gebrauch waren. Die Krugstempelaktion war eine akut hervorgerufene, keine generelle ökonomische Maßnahme. Auf eine solche die Entstehung einer strukturellen regionalen Landesgliederung zu gründen, leuchtet kaum ein. Landesgliederungen entstehen nicht von heute auf morgen auf dem „Reißbrett" und im Zusammenhang kurzfristiger staatlich-militärischer Kriegsvorbereitungen, sondern entwickeln sich gewöhnlich auf der Grundlage z.B. ethnischer bzw. Gruppentraditionen, politisch-kriegerischer Ereignisse sowie in Anlehnung an geomorphologische Gegebenheiten 7 3 6 . Waren nun die 4 Stempelorte keine Distrikthauptstädte (Aharoni) und keine Steuersammelstellen (Aharoni) wie auch keine Hauptorte von Militärdistrikten (Na'aman), spricht alles für die von Welten vertretene konkrete Verknüpfung der Orte mit Krongütern. Die unsystematische geographische Verteilung der Orte erklärt sich am einfachsten und wahrscheinlichsten so, daß in der Nähe der Orte besonders bedeutende, umfangreiche Krongutkomplexe existierten 737 . Sie waren so die gegebenen Haupt-Sammel- und Umschlagplätze für die Verteilung der akut benötigten Güter zur Versorgung der königlichen Grenzfestungen und der Residenz(en), die aus Kronguterträgen am sichersten krisenfrei zu bewerkstelligen war, sicherer als aus sporadischen oder Sonderabgaben 7 3 8 . D a ß gerade bei diesen vier Orten sich (besonders viel) Krongut befand 7 3 9 , bedeutet nicht notwendig, daß die Orte zur Gänze Kroneigentum waren 7 4 0 und auch nicht, daß es nicht auch noch woanders verstreutes Krongut gab 741 . Von dem sicheren Beleg des Krongutes z. Zt. Hiskias durch die vier KrugstempelOrte als logistische Zentren bei Krongutkomplexen kommt man mit 2Chr 26,10 zu einem früheren, freilich etwas unsichereren und vor allem unbestimmteren, Beleg der Ussiazeit: „Auch in der Steppe ( m d b r ) baute er mgdlym und ließ viele Zisternen aushauen, denn er hatte großen Viehbesitz (mqnh) < s o w o h l > in der Schefela als in der Ebene ( m y s w r ) , dazu Ackerleute ( ' k r y m ) und Winzer auf den Bergen (h-hrym) sowie im Fruchtgartenland (krml); er liebte nämlich den Landbau (h-'dmh)." Die landschaftlichen Bezeichnungen sind so allgemein und umfassend gehalten, daß sie wohl mit Recht nicht als konkrete Regionalbezeichnungen, sondern als Appellativa aufgefaßt werden müssen 742 . Immerhin besagt 2Chr 26,10 trotz oder gerade durch diese geographische Unbestimmt736 Negativ formuliert: Allgemeine bloße Existenz von verstreutem (!) Krongut ist (allein) ebensowenig ein Impetus für die Einrichtung eines Distriktsystems wie die konkreten, ereignisbezogenen logistischen Verteidigungsmaßnahmen Hiskias. 737 Vgl. W E L T E N 1969,141; M E T T I N G E R 1971,95f. 738 So mindestens indirekt auch W E L T E N 1969,172(ff); vgl. auch R A I N E Y 1982, 59. 739 Auf frühe davidische Tradition bei diesen Orten, die zu Krongut geführt haben können, wurde seit langem verwiesen, vgl. W E L T E N 1 9 6 9 , 1 4 1 ; M E T T I N G E R 1 9 7 1 , 9 6 . 740 So kann man W E L T E N 1969,173f.; METTINGER 1971, 95f. verstehen. 741 Das geht aus den vielen Möglichkeiten der Entstehung von Krongut (s.o.A. 720) ebenso hervor wie aus IChr 2 7 , 2 5 — 3 1 (vgl. W E L T E N 1 9 6 9 , 1 3 8 ) und den folgenden Darlegungen (zur Ebene el-Buqe'a, Mesad Hasavyähü). 742 Das ist am sichersten bei mdbr, h-hrym und krml der Fall (vgl. R U D O L P H 1955, 282; W E L T E N 1969, 134 A. 7; anders R A I N E Y 1982, 58), obwohl krml (vgl. o. A. 483), mdbr (vgl. W E L T E N 1969, lOlf.) und h-hr (Jos 15,48, vgl. W E L T E N 1973, 28 A. 84) (im Gegensatz zu hhryrri) auch ganz konkrete, wenngleich große, umfassende Regionen bezeichnen können. Dasselbe gilt für myswr ( R U D O L P H 1955, 285: Moab; W I L L I A M S O N 1982, 337 erwägt daneben
160
A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
heit, daß Ussia verstreutes Krongut besaß und der Ausdehnung und Stärkung der königlichen Ökonomie als herrschaftlicher Machtbasis in allen ihren landwirtschaftlichen Zweigen besondere Aufmerksamkeit widmete einschließlich deren Schutz- und Lagereinrichtungen (mgdfyw 743 ) und den Arbeitskräften 7 4 4 . Man kann annehmen, daß die weitgefaßten Appellativa von 2Chr 26,10 den geographischen Rahmen der unter Hiskia dann konkreter durch die Sammelzentren angedeuteten Krongutschwerpunkte andeuten. Wenn es, wie oben 745 angenommen, richtig ist, die von A . Mazar im Bergland südwestlich von Jerusalem entdeckten Installationen und Siedlungskomplexe als Beispiele für eine herrschaftlich-landwirtschaftliche Landeserschließung im Interesse der königlichen Palastökonomie zu betrachten, bilden sie nicht nur eine konkrete Illustration zu 2Chr 26,10, sondern auch Anschauungsmaterial, wie das Königtum auf wenig begehrtes Land die Hand legte und Krongut konfliktfrei gewann, ohne nämlich die Landbesitzinteressen der Bevölkerung zu beeinträchtigen 746 . Nach 2Chr 27,4 kann man annehmen, daß Ussias Sohn Jotam diese Maßnahmen Ussias weiter verfolgte und den Krongutbesitz ausbaute 747 .
Zu dem verstreuten Krongut Ussias/Jotams lassen sich - im Unterschied zu Hiskia - mit den von A. Mazar beschriebenen Anlagen konkrete Bauten aufweisen, aber - wiederum im Unterschied zu Hiskia - keine speziellen Sammelzentren namhaft machen. Vielleicht ergänzen sich aber beide Tatbestände. Man kann vermuten, daß das einmal von davididischen Herrschern gewonnene Krongut im großen und ganzen kontinuierlich in ihrer Hand blieb, auch wenn auch die Scharonebene; RAINEY 1982, 58 nur letztere) und die weite Region der Schefela (vgl. zuletzt RAINEY 1980; DERS. 1983). 743 Vgl. S. 127-129. m. A. 593-601; auch W E L T E N 1969, 134; DERS. 1973, 25 - 2 7 ; W I L LIAMSON 1982, 336f.; BOROWSKI 1987, 106 meinen, daß diese landwirtschaftlichen Schutz„Türme" keinen Bezug zu militärischen Ereignissen haben. Der vorrangig militärische Charakter der Negebfestungen auf der Höhe von Beerscheba im 8./7. Jh. v. Chr. ist dagegen offensichtlich; vgl. noch unten A. 759. 744 Wer bearbeitete diese neuen Krongüter, wer waren die 'krym und krmyml Vgl. neben den Kommentaren z.St. vor allem W E L T E N 1 9 7 3 , 2 5 f . m. A. 7 5 . Es ist vorstellbar, daß es in der friedlich-prosperierenden Zeit Ussias zu einer Bevölkerungsvermehrung kam, bei der in manchen Familien Arbeitskräfte freigesetzt und vom König in nahegelegenen Krongütern beschäftigt wurden (zu einem vergleichbaren Vorgang in E I vgl. STAGER 1 9 8 5 ; OTTO 1 9 8 6 ) . 745 S.o. S. 127-129mit A. 593-601 746 Vgl. METTINGER 1971, 82—84. 89 (kein „clash" zwischen Königs- und Bevölkerungseigentum). - Nach DE PLANHOL 1975, 76 ist es kennzeichnend für sich entwickelnde Organisation zentralisierter Gesellschaften (Staaten), daß sie unbeanspruchte Zwischenräume zwischen intensiv bebauten Flächen in Nutzung nehmen (vgl. o. S. 129 mit A. 598. 600). 747 Für eine sich allmählich entwickelnde militärische Sicherung dieser Krongüter könnte der (allerdings späte!!) Begriff byrnywt bei Jotam (2Chr 27,4) sprechen, für Erweiterung die hier erwähnten 'rym neben den (bei Krongütern zunächst errichteten?) mgdlym auf dem gesamten Gebiet des Gebirges Juda und der Schefela (vgl. W E L T E N 1973, 20f. 28f.; DERS. 1969, 90f.). Der Text ist nach W E L T E N im Gegensatz zu 2Chr 26,10 aber chronistisch. - Das Bild wird vervollständigt durch den mehr der Absicherung des Reichsinnern als der Expansion dienenden Vorstoß Ussias von 2Chr 26,6 gegen das Philisterküstengebiet; er diente, wenn 2Chr 26,10b ursprünglich und kein Zusatz ist (so WELTEN), der Sicherung seiner landwirtschaftlichen Interessen in der Schefela.
II. Königliche Funktionalorte und -bauten
161
es gelegentlich an Funktionäre zur Nutzung/Verwaltung übergeben worden sein mag. D a n n ist es möglich, daß mit w a c h s e n d e m Krongut erst allmählich eine stärker durchorganisierte Krongutverwaltung entstanden ist. O b die vier logistischen Zentren aber erst durch die konkreten Verteidigungsmaßnahmen unter Hiskia diese Position erhielten, bleibt unklar. E i n e Entwicklung beim Krongut hin zu allmählich differenzierterer Organisation ist aber nicht nur bei w a c h s e n d e m Krongut notwendig und zu erwarten, wie es die Aktivitäten Ussias in Sachen Palastökonomie und Krongut markieren, sondern auch durch eine nachweisbare A u f w e r t u n g des Hoffunktionärsamtes des 7 h-byt bzw. des A m t e s im 8. Jh. v. Chr., also z. Zt. Ussias, zu beobachten 7 4 8 . D e r archäologische Krongutbeleg der Imlk-Stempel z. Zt. Hiskias und der textliche und archäologisch ergänzte B e l e g z. Zt. Ussias und Jotams läßt sich für die Hiskia- und die Folgezeit durch einen weiteren archäologischen Fund wahrscheinlich ergänzen. In der Ebene El-Buqe'a hat Stager in Weiterführung früherer Exploration durch Cross/Milik 749 drei Ansiedlungen untersucht: Hirbet Abü Tabaq, Hirbet es-Samrä' und Hirbet el-Maqäri750 Es handelt sich nach Stager um „paramilitary outposts" mit „outliers and nearby desert farms" 7 5 1 in einem an sich für Ackerbau ungünstigen, ariden Gebiet (mdbr, vgl. 2Chr 26,10), das aber als Weideland brauchbar ist. Mit angelegten Terrassen 752 auf den Wadiböden, mit Dämmen und Schleusen sind durch das Flutwasser, das fruchtbare alluviale Bodenablagerungen einschließlich Mikroflora auf die Wadifelder schwemmt und durch die ständige Frischwasserzufuhr die Bodenversalzung begrenzt, die Ertragsmöglichkeiten sogar vergleichsweise günstiger als in entsprechenden Gebieten ohne solche Installationen, so daß durch diese jeweilige winterliche „Düngung" sogar die Brache-Zwischenphase entfallen kann. Nahe den mit „U-shaped enclosure wall" 753 umgrenzten Farmen und deren Zisternen und Vieh-„corrals" befinden sich jeweils Schutzbauten 754 z.T. mit Kasematten(mauern) zu Wohn- und Lagerzwecken. Nach der gefundenen Keramik speziell von Hirbet Abü Tabaq, die der von 'En öidt
748 Vgl. DE V A U X 1964, 204; W E L T E N 1969, 239f.; METTINGER 1971, 88 (mit Hinweisen auf biblische Belege von entsprechenden Funktionären und gefundene Siegel derselben); vgl. aber auch die Kritik bei RÜTERSWÖRDEN 1985,78 ff. Danach wäre der (ältere) Titel n 'r eher mit der Krongutverwaltung zu verbinden (RÜTERSWÖRDEN 1985, 79m. A. 48). Zu biblischen und epigraphischen Zeugnissen auch spätmonarchischer Zeit dieses Titels vgl. neben METTINGER 1971, 88; DE V A U X 1964, 204 jetzt H E R R 1978, 96 (Nr. 31, spätes 8. Jh. v. Chr., Südreich). 119 (Nr. 82, Mitte 7. Jh. v. Chr., Südreich). 131 (Nr. 113, dto.). 749
1 9 5 6 , 5 - 1 7 ; CROSS 1 9 7 5 .
1972; DERS. 1976. Vgl. S . 106, Karte 1 (schraffiert). 1976,145; vgl. aber auch OLB 2,451-453. 752 Zu dieser Technik vgl. u.a. DE G E U S 1975; HOPKINS 1985, 36ff. 173ff. 208f. u. passim; BOROWSKI 1987, 15ff.; vgl. auch KEDAR 1957a; DERS. 1957b; MAYERSON 1962; EVENARI/ AHARONI/SHANAN/TADMOR 1958; EVENARI/SHANAN/TADMOR 1982 (Bibl.); E D E L S T E I N / G I B S O N 1982; G I B S O N / E D E L S T E I N 1985; K N A U F 1988a, 68. 753 1976, 146f. {Hirbet Abü Tabaq) 754 Hirbet Abu Tabaq: 30 x 60 m; Hirbet es-Samrä' :68 x 40 m; Hirbet el-Maqäri-, 32 x 32 m mit 6 runden Türmen in der Nähe. 750
STAGER
751
STAGER
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Stratum Vsehr ähnlich sei, datiert Stager die Anlagen auf das 7. Jh. v. Chr. 7 5 5 . D a aber in Hirbet es-Samrä' ein Imlk-Stempel gefunden worden ist 756 , kann man annehmen, daß mindestens diese Siedlung bereits am Ende des 8. Jh. v . C h r . angelegt worden ist. Sie waren nach Stager bis Ende 7./Anfang 6. Jh. v. Chr. besiedelt. Was war die Funktion, speziell die der rechteckigen/qadratischen Schutzbauten und wer war(en) der/die Urheber der Ansiedlung in diesem abgelegenen und ohne den landwirtschaftstechnologischen Aufwand wenig nutzbaren Landesteil? Stager denkt anscheinend an königlich initiierte „paramilitary outposts" 7 5 7 und meint, daß „the casemate fortresses" „not only as a military outpost but also as a facility for the storage and protection of the agricultural produce" dienten 758 . Man kann die Frage nach der Funktion der Siedlungen so stellen: Königlicher Grenzschutz mit begleitender Selbstversorgungs-Landwirtschaft der Besatzung (also vorrangig militärische Funktion < S t a g e r > ) oder königliche Landeserschließung unbeanspruchten Randlandes mit begleitenden Schutz- und Lagerbauten? D a ß es sich um königlich initiierte Baukomplexe handelt, ist zwar nicht völlig sicher, aber durch den Imlk-Stempel und die Ähnlichkeit mit den von Mazar beschriebenen Anlagen südwestlich Jerusalems ziemlich wahrscheinlich. Falls nicht die obige Alternative zu scharf und ausschließlich ist, scheint mir aber doch einiges für die zweite Möglichkeit nicht (vorrangig) militärischer Provenienz zu sprechen: Das Gebiet liegt nicht an vorderster Grenzlinie Judas und auch nicht bei einem besonders gefährdeten Grenzabschnitt. Die relativ dünnen Außenmauern (in Hirbet Abü Tabaq 1,25 m) sind kaum auf einen Schutz vor militärischem Angriff hin geplant und für einen solchen geeignet. Die aufwendigen technologischen Landwirtschafts-Anlagen sprechen für ein Hauptgewicht ökonomischer Zielstellung der Baukomplexe. Schließlich legt der Vergleich mit den Anlagen südwestlich Jerusalems, die m. E. wesentlich auch landwirtschaftlich-nichtmilitärischen bzw. nur nebenbei militärisch-nachrichtendienstlichen Charakter haben, auch hier die Vermutung nahe, eine ökonomische Aktion Hiskias und seiner Nachfolger im 7. Jh. v. Chr. im Interesse von Krongut und Palastökonomie und in Nachfolge der unter Ussia bezeugten Erschließung unbeanspruchten Randlandes anzunehmen, die auch hier den Vorteil hatte, Besitzrechte der Landesbevölkerung nicht zu beeinträchtigen 759 . 755 756
Silha 757
1972,2; DERS. 1976,146. 1972, 2; vgl. W E L T E N 1969, 92. Weitere Stempel der Gegend: Qumrän, Jericho, Horvat ( H . WEIPPERT 1 9 8 8 , 6 1 4 ) .
1976, 146 („Compound or fort"). 758 1972. 3f.; ob diese Neusiedlungen (von und seit Hiskia?, s.o.m. A. 756) u.a. auch mit Flüchtlingen aus dem Nordreich besetzt wurden? 759 In diesen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang gehören vermutlich auch solche Negebsiedlungen wie MesadMisor Ha-Ruah (vgl. EVENARI et al. 1958, 235. 245-248; OLB 2, 311f.). Sicher existierten sie im (8.-)7.Jh. v.Chr. unter dem Schutz der königlichen SGrenzfestungen und mögen von judäischen Königen wohlwollend protegiert worden sein. Ob das Fort (Abb. OLB 2, 312) deshalb aber ein vom König erbauter Schutzort (so anscheinend BOROWSKI 1987, 19f. 106) war, der neben landwirtschaftlichen auch militärischen Zwecken diente (als sich selbst versorgende Festung?), ist m.E. nicht sicher (zurückhaltend anscheinend auch STAGER 1976, 151f. 157; OLB 2, 311 f.). Man ist eher an die Siedlungen mit Schutzbauten der lokalen Bevölkerung unter dem Schutz der königlichen Festungen im 10. Jh. v. Chr. in diesem Gebiet erinnert (s. o. S. 102-104 m. A. 448-461); vgl. auch den von Welten betonten friedlichen, landwirtschaftlich-nichtmilitärischen Charakter der mgdlym (s.o.A. 743). Als solcher mag auch Mesad Misor ha-Ruah anzusprechen sein. Daß es sich um
II. Königliche Funktionalorte und. -bauten
163
Ein weiterer, wohl hierher gehöriger archäologischer Beleg für die Folgezeit ist zu erwähnen. Neuestens hat Wenning die Anlage von Mesad Hasavyähü einer eingehenden Prüfung unterzogen 7 6 0 . Wennings sorgfältige Analyse der örtlichen Keramik und die Einbeziehung des historischen Kontextes führt zu dem Ergebnis, daß es sich bei der kurzlebigen, einphasig-bruchlosen, ohne Zerstörung aufgegebenen Siedlung entgegen der früheren Ansetzung in die Josiazeit 761 um eine königliche Gründung der Zeit Jojakims zwischen 600 und 598 v. Chr. handelt 762 . Was die Funktion betrifft, so will Wenning sich anscheinend nicht festlegen im Blick auf die primäre Funktion. Sicher ist nach Wenning, daß die hafenlose Anlage an der Mittelmeerküste keinen Handelsstützpunkt darstellt 763 . Tatsächlich liegt eine multifunktionale Deutung am nächsten: Von einem Grenzfunktionalort kann trotz der exponierten Lage nicht gesprochen werden 764 , eher von einem königlichen festen Stützpunkt und Brückenkopf 7 6 5 , mit dem Jojakim die Gunst einer kurzen Autonomie nutzte, um „einen Korridor nördlich der philistäischen Städte zum Mittelmeer zu okkupieren oder . . . dort nur partiell bestehende Besitzrechte" zu reklamieren 7 6 6 . Nach Wenning scheint leitendes Interesse Jojakims „neben den wirtschaftlichen Interessen auch . . . ein politisches ,Flagge zeigen'" gewesen zu sein; der Brückenkopf sollte „nicht nur einem Sicherheitsbedürfnis oder dem Bezug zur Domäne" dienen, sondern den „Anspruch Judas auf Zugang zum Mittelmeer ostentativ" dokumentieren 767 . Andererseits hält Wenning wohl mit Recht auch ein deutliches ökonomisches Interesse Jojakims am Gebiet um Mesad Hasavyähü76S für wahrscheinlich, so daß Krongut qua Eroberungsrecht vorliegt, das durch Fronleistungen bearbeitet wurde 7 6 9 . Wenn Wenning formuliert: „Eine besondere Gefährdung der judäischen Besitzungen im Krongut handelt, ist jedenfalls m. E. nicht klar nachweisbar (wenn das Gebiet auch in den allgemeinen Begriff mdbr einbezogen sein kann, 2Chr 26,10). Auf jeden Fall liegt die Aufsiedlung, auf wessen Initiative auch immer, auch im königlichen Interesse und stand demzufolge wohl unter dessen Grenzsicherungsschutz. 760 1989; vgl. vorher bes. NAVEH 1962, 89-113; DERS. 1977, 8 6 2 F . ; für eine Literaturauswahl zum Ort und der dort gefundenen „Bittschrift" vgl. neben WENNING 1989,169f. auch PARDEE 1982,15ff.; CRÜSEMANN 1983, 74m. A. 6; SMELIK 1987,158; NIEHR 1987a, 91-94; zur Analyse der Bittschrift zuletzt M. WEIPPERT 1990 a. 761 So die bisherige einhellige Meinung, vgl. WENNING 1989,169-171 (Lit.) 762 Nach WENNING 1989, 192f. ist archäologisch auch eine Ansetzung z.Zt. Zedekias (zwischen 597 und 588 v. Chr.) möglich, wobei es sich dann um einen babylonischen Besatzungsposten handelte, aber WENNING hält diese Deutung vom historischen Kontext her selbst für weniger wahrscheinlich. 763 1989,173.175f. mit Einzelargumenten. WENNING 1 9 8 9 , 1 8 1 A . 47. 765
Abb. der L-förmigen festen Anlage mit ca. 3 m dicken Mauern und einer Öffnung (Tor) zum Meer bei WENNING aaO, 175. 766 WENNING 1 9 8 9 , 1 9 1 767 768
1989,181 Der Umfang des Einflußgebietes der Festung ist kaum festzustellen (WENNING 1989,
180). 769 WENNING 1 9 8 9 , 1 9 2 ; vgl. die Interpretation der Bittschrift des dort Frondienst Leistenden durch die in A. 760 genannten Autoren. Das Siegel des königlichen Funktionärspl'yhw 'sr 1 h-ms (AVIGAD 1 9 8 0 , 1 7 0 — 1 7 3 ) gehört in diese Zeit ( 7 . J h . v.Chr.) und wohl in diesen sozialen, administrativen Kontext. Zu Frondienst z. Zt. Jojakims vgl. Jer 2 2 , 1 3 — 1 7 .
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A) Binnenverwaltung als Herrschaftsmittel
Kiistenstreifen führte zur Errichtung von Mesad Hasavyähu'11", nimmt er anscheinend an, daß erst eine Landbesitzergreifung Jojakims im Interesse der Erweiterung des Kronguts und der Stärkung der Palastökonomie sowie vielleicht im Blick auf Verteidigungsvorbereitungen nach dem Vorbild Hiskias erfolgte, die dann durch den Schutzbau der „Festung" samt griechischer Söldnerbesatzung unter judäischem Kommando 7 7 1 gesichert wurde. Vielleicht ist es aber eine überscharfe Analyse, wollte man entscheiden, ob der ökonomische oder der (sicherheits)politische Aspekt primär sei. Jedenfalls existierte hier ein durch Fron bebautes Krongut, das angesichts exponierter Lage durch Schutzbau mit Besatzung gesichert war und neben Versorgungsgütern für die Besatzung vielleicht Überschüsse an die königliche Ökonomie lieferte (Karte 1 [S. 106]). H a b e n wir z u m Krongut bisher, v o m Sicheren z u m U n g e s i c h e r t e r e n fortschreitend , nur w e n i g e biblische Texte, aber eine R e i h e v o n epigraphischen und vermutlich hierher gehörigen archäologischen Zeugnissen aus der 2. H ä l f t e der Königszeit behandelt und sind dabei zu der Vermutung sich allmählich erweiternden Kronguts mit fortschreitendem Organisationsgrad g e k o m m e n , so findet sich mit IChr 27,25—31 ein mit archäologischen Mitteln nicht verifizierbarer Text, der für das Krongut schon z. Zt. D a v i d s eine sehr differenzierte Organisation mit e b e n s o differenzierten Verantwortungsbereichen zeigt. Dieser Text wird nicht selten für ein authentisches Dokument aus der Zeit des Vereinigten Königreichs gehalten 772 . Aber die für ein so hohes Alter angeführten Argumente sind durchweg nicht zwingend, wie zuletzt Knauf 7 7 3 an Einzelheiten gezeigt hat. So ist m . E . mit Recht auch schon früher an die Zeit Josias gedacht worden 7 7 4 . Der Text zeigt mindestens zweierlei: 1. Es handelt sich anscheinend um ein gelehrtes, land- und viehwirtschaftlich sachkundig systematisierendes Stück chronistischer Schreibtischarbeit, das OrganisatorischSachliches vom Krongut spätestens der spätmonarchisch-vorexilischen Zeit wahrscheinlich zutreffend bewahrt 7 7 5 . 2. Der Text belegt eine in der königlichen Palast-Krongut-Ökonomie im Laufe der monarchischen Zeit entstandene differenzierte Organisation und Administration, wie sie für ein allgemeines königliches Steuer-/Fiskalsystem gegenüber der Landesbevölkerung so nicht belegt und deshalb wohl auch nicht vorhanden war. 770
1989,192 Vgl. W E N N I N G 1989,171-177.180f. 192 zur (griechischen) Besatzung; zum (judäischen) königlichen Chef-Funktionär (sr) in der Bittschrift Z. 1.12 vgl. dieTextausgaben: z. B. P A R D E E 1982, 20f. (weitere Lit. zur Diskussion um seine Funktion und deren Bereich s. o. A. 760). 771
772
V g l . u . a . R U D O L P H 1 9 5 5 , 1 8 3 F . ; DE V A U X 1 9 6 4 , 2 0 3 F . ; M E T T I N G E R 1 9 7 1 , 8 7 ; W I L L I A M S O N
1 9 8 2 , 1 7 7 ; BOROWSKI 1 9 8 7 , 2 8 . 773 K N A U F 1985 a, l i m . A. 47.13f.; vgl. auch demnächst meine Studie „Qaryah und Kopher. Zwei siedlungsgeographische Begriffe des AT". 774 Vgl. G A L L I N G 1 9 5 4 , 7 5 F . ; W E L T E N 1 9 6 9 , 1 3 7 F . ; zuletzt D O N N E R 1 9 8 4 , 2 0 5 F . ; B E C K E R 1 9 8 6 ,
107. 775 Der Autor beweist landeskundliche Kenntnisse, wo was gut wächst und Herden gedeihen bzw. Menschen welcher Herkunft/Ethnie für bestimmte Arbeiten/Tierarten geeignet erscheinen. Für Krongut(entwicklung) der frühen Zeit (Saul-David) vgl. die Zusammenstellung der Belege bei METTINGER 1971,83 —85 und die weitere Literatur o. A. 720. Für königliche Bauten und Installationen besagen die biblischen Texte nichts.
II. Königliche Funktionalorte
und
-bauten
165
Was die Frage nach herrschaftlichen Bauten ökonomischer Bestimmung betrifft, so verlautet in diesem Text nur allgemein, daß das Königtum über Vorratsinstallationen in ' r y m , kprym und mgdlym verfügte (V. 25). Letztere erinnern an Ussias mgdlym in 2Chr 26,10 sowie die von A. Mazar und Stager beschriebenen Baugruppen im Südwesten und Südosten Jerusalems, bei den 'rym wird man an königliche Funktionalorte („Vorratsstädte") zu denken haben776. Vom Krongut der Nordreichskönige ist archäologisch und textlich weniger festzustellen als von demjenigen im Südreich777. Als Hauptquelle gelten gewöhnlich die Samaria-Ostraca. Da dieser Komplex bereits oben778 behandelt worden ist, mag hier nur an die dort gewonnenen Ergebnisse erinnert werden. Danach nehme ich an, daß die Ostraca nur zum Teil unter das Problem „Krongut der Nordreichskönige"779 verbucht werden können. M.E. handelt es sich vielmehr um Belegnotizen von Lieferungen a) vor allem vom Familienbesitz von Eliteangehörigen manassitischer Sippen der Umgebung von Samaria, die das samarische Königtum zeitweise oder dauernd an den Hof und in den Interessenbereich des Königtums zu ziehen suchte, um so seine gesellschaftliche Machtbasis zu erweitern und zu stabilisieren, ohne daß diese Elitäre notwendig königliche Funktionäre gewesen und geworden sein müssen, b) in vermutlich geringerem Umfang von wie auch immer in königlichen Besitz übergegangenen Gütern 780 , die an königliche Funktionäre am Hofe als Gratifikationen zur Nutzung übergeben worden sind. Selbstverständlich können sich beide Gruppen und Lieferherkünfte überschneiden, wenn manassitische Elitäre zusätzlich mit Lieferungen von königlichem Gut gratifiziert wurden und königliche Funktionäre neben Krongutlieferungen auch solche von eigenen Gütern erhielten781, was die beobachteten Überschneidungen (Lieferungen an eine Person von verschiedenen Orten/ 776
Zu kprym vgl. demnächst meine in A . 773 genannte Studie.
777
BOROWSKI 1 9 8 7 , 2 9
778
S. o . S . 7 7 - 8 6 m . A . 3 7 1 - 3 9 9 Vgl. dazu die Darstellung der Diskussionslage und -entwicklung bei METTINGER 1971,
779
8 9 - 9 2 s o w i e u . a . AHARONI 1 9 8 4 , 3 7 1 f f . ; RAINEY 1 9 6 7 ; DERS. 1 9 7 9 ; DERS. 1 9 8 2 ; K A U F M A N 1 9 8 2 ; SHEA 1 9 7 7 ; D O N N E R 1 9 8 6 , 2 8 3 f . 780
A n Lieferungen vom Krongut und vom an Funktionäre verliehenen Krongut denkt (zu)
ausschließlich METTINGER 1971, 8 9 - 9 2 ; vgl. auch RÜTERSWÖRDEN 1985, 124. METTINGER
meint, an Lieferungen von persönlichen Gütern der Empfänger zu denken sei auch deshalb unmöglich, weil dann alle Funktionäre der Könige aus der Umgebung Samarias stammen müßten, was unwahrscheinlich sei. Diese Schwierigkeit löst sich aber einfach durch meinen differenzierenden Vorschlag zur Deutung der mehrfach verschiedenen Absender-Empfänger-Relationen (s.o. S. 83—85, Exkurs). 781 So zutreffend auch RAINEY 1979,91 f.; anscheinend auch AHARONI 1984, 379f., der aber S. 383 von Steuereintreibungen spricht und das Krongut stark hervorhebt, weniger Lieferungen von Privatgütern; bei Lieferungen von letzteren denkt er auch nur an die in Samaria Diensttuenden (aaO, 379; vgl. auch SHEA 1977,26