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German Pages 575 [576] Year 2016
Wilfried Sühl-Strohmenger (Hrsg.) Handbuch Informationskompetenz
Handbuch Informations kompetenz 2. Auflage Herausgegeben von Wilfried Sühl-Strohmenger Unter Mitwirkung von Martina Straub
ISBN 978-3-11-040329-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-040336-7 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-040342-8 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Satz: fidus Publikations-Service GmbH, Nördlingen Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck Einbandabbildung: Planinasum / iStock / thinkstock ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com
Table of Contents Abkürzungsverzeichnis
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Wilfried Sühl-Strohmenger Zur Einführung: Neudefinition von Informationskompetenz notwendig?
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Grundlagen, Methoden, Technologien Thomas Hapke Informationskompetenz anders denken – zum epistemologischen Kern von „information literacy“ 9 Fabian Franke Standards der Informationskompetenz – neue Entwicklungen in Deutschland, Großbritannien und den USA 22 Andreas Klingenberg Referenzrahmen Informationskompetenz für alle Bildungsebenen Anne-Kathrin Mayer Empirische Erfassung von Informationskompetenz Hermann Rösch, Wilfried Sühl-Strohmenger Informationskompetenz in ethischer Perspektive Eric W. Steinhauer Informationskompetenz und Rhetorik
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42
52
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Roland Mangold Informationspsychologische Grundlagen der Informationskompetenz
74
Anne-Katharina Weilenmann Mobil, vernetzt, „always on“ – Lebenswelten junger Menschen und Informationskompetenzförderung der Bibliotheken 82 Harald Gapski Big Data – neue Herausforderungen für Informationskompetenz und Bildung Magnus Pfeffer, Heidrun Wiesenmüller Resource Discovery Systeme 105
94
VI
Inhaltsverzeichnis
Dirk Lewandowski Suchmaschinenkompetenz als Baustein der Informationskompetenz
115
Werner Hartmann Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein? 127
Vorschule und Schule Sonja Gust von Loh, Maria Henkel Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
139
Birgit Eickelmann Förderung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule
151
Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz – am Beispiel der Teaching Library Vorarlberg 159 Nathalie Mertes Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften
171
Antje Brunner, Katrin Rauhut ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes für Informationskompetenz 181
Hochschulstudium Ulrich Meyer-Doerpinghaus Förderung wissenschaftlicher Informationskompetenz in deutschen Hochschulen 195 Medea Seyder Informationskompetenz an Massenuniversitäten – Wherever, Whenever! Jens Renner Bibliotheken an Hochschulen in Bayern: Bestandsaufnahme und Modell Ansbach 210
201
Inhaltsverzeichnis
VII
Peter Tremp Informationskompetenz und forschungsorientiertes Studium – ein Beitrag aus der Hochschuldidaktik 219 Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter Grenzverschiebungen: Wissenschaftliches Schreiben, Schreibwerkstätten und Informationskompetenz 227 Anne Linsler, Michael Mönnich Förderung von Informationskompetenz in der KIT-Bibliothek unter besonderer Berücksichtigung der Ausbildung von Lernkompetenz als zentraler Komponente von Informationskompetenz 245 Ladina Tschander Fit für die Bachelorarbeit – wie Institutsbibliotheken Blended Learning einsetzen können 257 Lennart Güntzel Informationskompetenz institutionell verankern am Beispiel der Universitätsbibliothek Bern 269
Wissenschaft und Forschung Inka Tappenbeck Informationskompetenz im Wissenschaftssystem
279
Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr Informationsservices auf Augenhöhe – So können Bibliotheken den Forschungsprozess proaktiv unterstützen Alice Keller Publikationskompetenz
289
307
Markus Malo Plagiat und Zitat. Eine Skizze zur Entstehung des Begriffs geistiges Eigentum und seiner Nutzung in der Wissenschaft 323 Nicole Walger Die Vermittlung akademischer Integrität – Das Beispiel der Johannes GutenbergUniversität Mainz (JGU) und ihrer Universitätsbibliothek 335
VIII
Inhaltsverzeichnis
Jens Hofmann, Stephanie Kolbe Förderung von Informationskompetenz bei Promovierenden – das Beispiel der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg 347
Lernen und Lehren in der Bibliothek Detlev Dannenberg Eine neue Bibliothekspädagogik für die Generation Y?
359
Ulrike Hanke, Wilfried Sühl-Strohmenger Bibliotheksdidaktik zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz 369 Maren Krähling Wissen vor Ort – räumliche Angebote und interne Organisation können die Vermittlung von Informationskompetenz stärken 382 Richard Stang Veränderte Lerninfrastrukturen an der Schnittstelle von Öffentlichen Bibliotheken und Erwachsenenbildung – Konzeptionen und Modelle 391 Kerstin Keller-Loibl Förderung von Lese- und Informationskompetenz mit dem Spiralcurriculum Heike vom Orde Informationskompetenz und intergenerationelles Lernen
398
406
Benno Homann Situationsorientierte Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz: Das FIT-Konzept der Universitätsbibliothek Heidelberg 415 Thorsten Bocklage, Julia Rübenstahl, Renke Siems Informationskompetenz als Kuratieren von Wissensräumen
427
Sabine Rauchmann Welche Qualifikationen benötigen Bibliothekarinnen und Bibliothekare zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz? 439 Ulrike Scholle Kompetenzen für Teaching Librarians
449
Inhaltsverzeichnis
IX
Länderprofile Thomas Henkel, Brigitte Schubnell Informationskompetenz in der Schweiz – neue Entwicklungen
461
Michaela Zemanek Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich Jane Secker, Geoff Walton Information Literacy in the UK
485
Fabian Franke, Benno Homann Informationskompetenz in Deutschland Literaturverzeichnis Stichwortverzeichnis
523 561
500
470
Abkürzungsverzeichnis ACRL Association of College & Research Libraries AGIK Arbeitsgruppe Informationskompetenz des Bibliotheksverbundes Bayern ANCIL A New Curriculum for Information Literacy BMBF Bundesministerium für Bildung und Forschung CILIP Chartered Institute of Library and Information Professionals DBS Deutsche Bibliotheksstatistik DBV Deutscher Bibliotheksverband e. V. DDDM Data-Driven-Decision-Making DIN Deutsches Institut für Normung DQR Deutscher Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen ECTS European Credit Transfer System EQR Europäischer Qualifikationsrahmen für Lebenslanges Lernen Fa. M.I Fachangestellte/r für Medien- und Informationsdienste FAU Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg FBA Fachbereichsarbeit FH Fachhochschule HAW Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg HdM Hochschule der Medien (Stuttgart) HoC House of Competence (KIT Karlsruhe) HRK Hochschulrektorenkonferenz HWRh Historisches Wörterbuch der Rhetorik ICILS International Computer and Information Literacy Study IFLA International Federation of Library Asscociations INFOKOS Informationskompetenz für Schüler e. V. IK Informationskompetenz IL Information Literacy IoT Internet of Things JGU Johannes Gutenberg-Universität Mainz Kibiz Kinderbildungsgesetz KIT Karlsruher Institut für Technologie LMS Learning Management System MIL Media and Information Literacy Massive Open Online Course MOOC NIK Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg OER Open Educational Resources PLE Personal Learning Environment Resource Discovery System RDS RFID Radio Frequency Identification SERP Search Engine Results Page SLUB Sächsische Landes- und Universitätsbibliothek Dresden UZH Universität Zürich VDB Verein Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare VLB Vorarlberger Landesbibliothek Bregenz VWA Vorwissenschaftliches Arbeiten ZBIW Zentrum für Bibliotheks- und Informationswissenschaftliche Weiterbildung (Köln) ZPID Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation
Wilfried Sühl-Strohmenger
Zur Einführung: Neudefinition von Informationskompetenz notwendig? Die erste Auflage des Handbuchs Informationskompetenz1 hatte den Versuch unternommen, für Deutschland, Österreich und die Schweiz das Konzept der Informationskompetenz vielschichtig und in möglichst allen wichtigen Facetten systematisch darzustellen: aus der Sicht verschiedener Disziplinen, mit Bezug auf Aspekte des Verständnisses von Informationskompetenz sowie der Wissensordnung, sodann mit Blick auf die zentralen Praxisfelder der schulischen Bildung, des Studiums, der Wissenschaft, ferner im Hinblick auf didaktische Erfordernisse im Kontext des sich wandelnden Lehr-Lernorts Bibliothek, schließlich im Rahmen von Überblicksartikeln zum Stand der Informationskompetenzentwicklung in den deutschsprachigen Ländern. Die Aufnahme des Handbuchs in der Fachöffentlichkeit und darüber hinaus war lebhaft. Etliche Beiträge wurden und werden zitiert, so dass die erhofften Impulse auf die Weiterentwicklung des Verständnisses von Informationskompetenz tatsächlich eingetreten zu sein scheinen. Auf der anderen Seite bietet die erste Auflage des Handbuchs den damaligen Erkenntnisstand zur Informationskompetenz gegen Ende des Jahres 2011. Die ursprünglich kritisierte Verengung auf den bibliothekarischen Sektor ist zwar noch nicht deutlich aufgelöst, jedoch sind Perspektiven auf andere Felder schon sichtbar gemacht worden: Psychologie, Medien- und Kommunikationswissenschaft, Pädagogik und Didaktik, verschiedene Wissenschaftsdisziplinen wie Theologie oder Jura, ferner der Blick auf das Wissensmanagement, um nur einige Fachgebiete zu nennen. Warum schon jetzt eine zweite Auflage, wenige Jahre nach Erscheinen der Erst auflage des Handbuchs Informationskompetenz? Zum einen zeigte die intensive Aufnahme des Handbuchs, dass an der Thematik Informationskompetenz weiterhin starkes Interesse besteht, sowohl im Bibliotheks- und Informationswesen als auch im Hochschul-, Bildungs- und Weiterbildungssektor generell. Dies belegen auch internationale Studien zum IT-Verhalten Jugendlicher wie beispielswiese die ICILS-Studie, oder die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz zur Informationskompetenz vom November 2012. Zum anderen scheint gerade das Format „Handbuch“ mit zahlreichen kompakt gehaltenen und vielfach auch exemplarisch angelegten Best Practice-Modellen dem Bedarf sowohl der bibliotheks- und informationswissen-
1 Vgl. Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Unter Mitarb. von Martina Straub. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. (Print und e-Version).
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Wilfried Sühl-Strohmenger
schaftlichen Aus- und Weiterbildung als auch der Praxis in den bibliothekarischen und sonstigen Einrichtungen zu entsprechen. Bietet das neue Handbuch also eine Neudefinition von Informationskompetenz? Nein, zumal es „die“ Definition von Informationskompetenz nicht geben kann. Aber in dem vorliegenden Band mit seinen 46 Artikeln werden neue Sichtweisen auf Informationskompetenz eröffnet, ohne indes auf einige gesicherte Grundlagen zu verzichten. Konsens besteht weitgehend dahingehend, dass Informationskompetenz – die Beherrschung basaler Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Lesen und Schreiben sowie informationstechnisches Knowhow voraussetzt, – grundlegende Orientierungsfähigkeit in komplexen Informations- und Wissensräumen, wie sie Bibliotheken, Massenmedien und auch das Internet darstellen, beinhaltet, – Neugier und Offenheit für neue Informationen oder Medien, auch in sich wandelnden technologischen und sozialen Kontexten, ermutigt und fördert, – ausgehend von dem je individuellen Informationsbedarf ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten des selbstständigen Suchens, Auffindens, kritischen Auswählens und Verarbeitens von Information und Medien auf verschiedenen Anspruchsebenen umfasst, im Kontext des persönlichen Wissensmanagements, – insofern der bewussten didaktisch fundierten Förderung durch Schulungen und Kurse oder durch sonstige Formen der Unterstützung bedarf, – ein Bewusstsein der gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen und ethischen Aspekte des Umgangs mit Information schafft, das Teilen von Information im Rahmen von Lern-, Forschungs- oder Interessengruppen berücksichtigt. Neuerdings ist die enge Verzahnung bei der Nutzung und Verarbeitung von Informationsressourcen mit anderen Sphären stärker in den Fokus gerückt, wie beispielsweise mit den sozialen Netzwerken, dem Hervorbringen neuer Information (Publizieren), mit der Informations- und Kommunikationstechnologie sowie mit der mobilen Nutzung von Information. Zum anderen hat sich das Verständnis von Informationskompetenz, auch unter dem Eindruck sich wandelnden Informationsverhaltens2 in digitalen und heterogenen Medienwelten, weiter ausdifferenziert3, mit Schwerpunktverschiebungen. Das Suchen und Finden von Information bleiben zwar grundlegend, jedoch gewinnt der
2 Siehe dazu u. a.: Wollschläger-Tigges, Martin: Informationsverhalten als Grundlage für die Gestaltung von Veranstaltungen zum Erwerb von Informationskompetenz. In: Informationspraxis (2015) H. 2. Preprint-Fassung. http://informationspraxis.de/wp-content/uploads/sites/6/2015/08/wollschläger_020815.pdf (Stand: 30.09.2015). 3 Exemplarisch dazu der anregende Sammelband: Rethinking information literacy. A practical framework for supporting learning. Ed. by Jane Secker & Emma Coonan. London: Facet Publ. 2013.
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Wissensbildungs- und Publikationsprozess immer mehr an Bedeutung, und zwar zunehmend im kollaborativen Rahmen (Wissensnetzwerke, Wissenskommunikation) und mit Nutzung mobiler Devices. Das Konzept „Metaliteracy“4, das die Überarbeitung der ACRL Standards of Information Literacy for Higher Education in den USA hin zu einem flexiblen Rahmenkonzept der Information Literacy stark geprägt hat, bringt diese Schwerpunktverlagerungen auf den Begriff. Auch in Großbritannien sind neue Entwicklungen bei der Definition von Information Literacy sichtbar: Das Seven Pillars-Modell hat sich zu einem neuen Modell der Information Landscape gewandelt (s. Beitrag von Jane Secker), die nicht mehr dem Prinzip eines linear verlaufenden Prozesses stetiger Vervollkommnung der Informationskompetenz folgt, sondern einer kreisförmigen Anordnung, mit der informationskompetenten Person im Zentrum folgt. Der Weg zu verbesserter Informationskompetenz ist demzufolge kein gradliniger, kontinuierlich von einer auf die folgende Stufe voranschreitender, sondern ein komplexer, zirkulär Vorgang, der unabgeschlossen ist und der Metareflexion bedarf, also des Nachdenkens über die eigene Informationspraxis. Die Fokussierung des Themas Informationskompetenz auf den Bibliothekssektor ist nicht mehr so ausgeprägt wie noch vor einigen Jahren, allerdings bringt das Handbuch deutlich zum Ausdruck, dass nach wie vor die Bibliotheken die Förderung von Informationskompetenz auf ihre Fahnen geschrieben haben. Zwar erkennen immer mehr Öffentliche wie Wissenschaftliche Bibliotheken die Förderung von Informations- und Medienkompetenz als eine ihrer Kernaufgaben, realisieren insofern im Rahmen der Teaching Library ein differenziertes Einführungs-, Schulungs- und Kursprogramm, nicht mehr beschränkt auf Studienanfängerinnen und Studienanfänger, sondern ausgedehnt auf Schülerinnen und Schüler, auf fortgeschrittene Studierende5, teilweise nun auch auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, aber sie verstehen sich auch im bildungs- und forschungsunterstützenden Sinn. Als überlegt gestalteter Lern- oder Wissensraum6 bieten sie Beratung bei Bildungs- und Studienvorhaben, als Serviceeinrichtung kümmern sie sich um die Unterstützung des elektronischen Pub-
4 Vgl. ferner: Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Metaliteracy. Reinventing information literacy to empower learners. Chicago, IL: Neal-Schuman 2014. 5 Hier stellt sich die Frage nach dem geeigneten Format. Siehe dazu: Renn, Oliver: „Anwenderschulung zur computergestützten Informationsbeschaffung für Fortgeschrittene“ oder doch lieber in die Coffee Lectures? In: Information, Wissenschaft & Praxis (2014). S. 190–194. 6 Dieser könnte sich in die Lernumgebungen des gesamten Hochschulcampus zuordnen. Vgl. dazu u. a.: Herrlich, Bernhard: Lernumgebung Hochschulbibliothek. Beitrag, Selbstverständnis sowie Ausdruck im Design. In: Lernumgebungen an der Hochschule. Auf dem Weg zum Campus von morgen. Hrsg. von Tina Skerlak [u. a.]. Münster [u. a.]: Waxmann 2014 (Medien in der Wissenschaft 66). S. 129– 157; ferner sind modellhafte Lernräume an Hochschulen durch Kooperationen gekennzeichnet: May, Anne u. Susanne Kannenberg: Entgrenzung und Zusammenarbeit – die Notwendigkeit von Kooperationen im Lernraum. In: ABI Technik (2014) S. 9–19. DOI 10.1515/abitech2014-0003 (Stand: 30.09.2015).
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Wilfried Sühl-Strohmenger
lizierens nach dem Open Access-Prinzip, um die Erschließung von Forschungsdaten (Stichwort: Big Data), um die Digitalisierung von historisch bedeutsamen Quellen und Sammlungen, um nur einige wichtige Bereiche zu nennen. Bibliotheken entwickeln sich zu wirksamen Akteuren im Bildungs- und Forschungsprozess, die längst nicht nur Bücher, Zeitschriften und Medien sammeln und zur Nutzung bereitzustellen, sondern aktiv alle mit der Bildung, dem Lernen, den Studieren und dem wissenschaftlichen Forschen verbundenen Prozesse unterstützen will. Informationskompetenz ist eine wesentliche Voraussetzung allen erfolgreichen Lernens, Studierens und Forschens, so dass sie tatsächlich eine Schlüsselqualifikation darstellt, sowohl bezogen auf die einzelnen Fachdisziplinen als auch bezogen auf den fachübergreifenden Sektor. Insofern bedarf es bei den Überlegungen zur Entwicklung und Förderung von Informationskompetenz einer pädagogischen und didaktischen Fundierung, wie sie eventuell im Rahmen einer „Bibliotheksdidaktik“7 angemessen wäre. Wenig sinnvoll erscheint es, die beratend-unterstützenden Dienstleistungen der Bibliotheken gegen Schulungen und Kurse zur verbesserten Informationskompetenz von Schülerinnen und Schülern, von Studierenden oder auch von Fortgeschrittenen auszuspielen. Vielmehr ist beides notwendig: eine möglichst nachhaltige Basis einfacher und komplexerer Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit Information und Medien zu legen durch formelle, in die Lehrveranstaltungen eingebettete und möglichst in das Curriculum integrierte Kursangebote, sodann auf jeweils individuelle Lern-, Studien- oder Forschungsvorhaben mit einem flexiblen Beratungsservice, etwa nach dem Vorbild der Wissensbar an der SLUB Dresden8 einzugehen. Im Rahmen des Fachreferats oder einer Rechercheberatung, wie sie beispielsweise die Bibliothek der Universität St. Gallen oder auch die UB Erlangen-Nürnberg modellhaft anbieten, ist eine solche Unterstützung in zahlreichen Hochschulbibliotheken seit Längerem grundsätzlich etabliert und könnte flankierend wie ergänzend zu Kursen wirksam werden. Unbestritten ist, dass Informationskompetenz auch ohne formelle Bildungsformate entwickelt werden, zum Beispiel durch informelles (beiläufiges) Lernen in der Bibliothek, im Kontext der Peer-Groups, irgendwo auf dem Campus, der sich nach und nach zu einem „Lernraum“9 entwickelt, beim Surfen im Internet, während der Kommunikation in sozialen Netzwerken oder auch schlichtweg auf der Fahrt in
7 Siehe dazu: Hanke, Ulrike u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Bibliothekdidaktik. Grundlagen zur Förderung von Informationskompetenz. Berlin, Boston: De Gruyter Saur 2015 (Bibliotheks- und Informationspraxis 58); ferner: Hanke, Ulrike, Martina Straub u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Informationskompetenz professionell fördern. Ein Leitfaden zur Didaktik von Bibliothekskursen. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2013 (Praxiswissen). 8 Siehe dazu: Mittelbach, Jens: Die Wissensbar der SLUB Dresden. Informationsvermittlung als echte Dienstleistung. In: BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen (2013) H. 3. S. 180–183. 9 Vgl. dazu u. a.: Hoebel, Friederike u. Michael W. Mönnich: Lernraum-Management – eine Aufgabe für Bibliotheken. In: B.I.T. online (2015) H. 1. S. 15–21.
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einem öffentlichen Verkehrsmittel. Wie hoch der Anteil dieser Art des Erwerbs von Informationskompetenz anzusetzen ist, lässt sich schwer abschätzen. Er sollte nicht unterschätzt werden, andererseits sollte insofern auch die Wirkung der formellen Kurse und Schulungen, wie sie Bibliotheken durchführen, nicht überschätzt werden. Jedoch belegen statistische Daten wie auch Erfahrungen der Teaching Librarians und der Schulungsbibliothekarinnen und -bibliothekare, dass die Nachfrage nach solchen Veranstaltungen nach wie vor lebhaft ist, allerdings an zeitliche und personelle Grenzen stößt. E-Learning ist deshalb als flankierendes Angebot unverzichtbar. Inwieweit durch reine Online-Kurse, auch durch MOOCs oder mithilfe OERs tatsächlich Informationskompetenz wirksam gefördert werden könnte, bleibt noch offen. Seitens der Studierenden bestehen weiterhin Vorbehalte gegenüber dem E-Learning, sofern es nicht begleitend zu präsent gehaltenen Lehrveranstaltungen eingesetzt wird.10 Den didaktischen Faktoren kommt ungeachtet dessen demnach auch beim E-Learning ein wesentlich höherer Stellenwert als organisatorischen Faktoren zu.
10 Vgl. dazu beispielsweise die empirische Studie von: Kreidl, Christian: Akzeptanz und Nutzung von E-Learning-Elementen an Hochschulen. Gründe für die Einführung und Kriterien der Anwendung von E-Learning. Münster [u. a.]: Waxmann 2011 (Medien in der Wissenschaft 59).
Grundlagen, Methoden, Technologien Im nachfolgenden Kapitel werden grundlegende, methodisch und technologisch orientierte Tendenzen des Verständnisses von Informationskompetenz skizziert, wie sie sich seit einigen Jahren herausschälen: Dieses wird weiter gefasst als früher, vor allem kommt die Reflexion über Information und Wissen hinzu, also eine erkenntnistheoretische (epistemologische) Dimension, die (nach Hapke) den Kern von Informationskompetenz als Teil der akademischen Bildung ausmache. Auswirkungen müsste eine solche Beschreibung des Kerns von Informationskompetenz auf die konkrete Entwicklung von Informationskompetenz mit ihren verschiedenen Dimensionen und Phasen haben. Die Standards der Informationskompetenz für Schülerinnen und Schüler oder für Studierende wären daraufhin kritisch zu befragen und eventuell zu modifizieren. Unter dem Einfluss des Europäischen bzw. des Deutschen Qualifikationsrahmens (EQR/DQR) für Lebenslanges Lernen können sie in einen Referenzrahmen für die Bildungsstufen „übersetzt“ worden, wie er im Auftrag des Deutschen Bibliotheksverbandes (DBV) und mit Beteiligung der gemeinsam von VDB und DBV getragenen Kommission Informationskompetenz erarbeitet worden ist. Ferner macht die lange Zeit vernachlässigte empirische Erfassung der Informationskompetenz, also der Einsatz geeigneter quantitativer Verfahren und qualitativer Methoden Fortschritte, jedoch weist das Konzept der Informationskompetenz viele Facetten auf, die eine Messung von Fördereffekten schwierig machen. Neben solchen forschungsbasierten Ansätzen kommen auch Aspekte der Ethik bei der Informationspraxis und der Rhetorik, die in enger Verbindung zum wissenschaftlichen Schreiben und Arbeiten zu verstehen ist, in den Blick. Informationspsychologische Erkenntnisse und Zusam-
menhänge zu den Mechanismen der Informationsverarbeitung behalten ihren hohen Stellenwert, ungeachtet (oder gerade wegen) der mobilen und vernetzten Informationspraxis der Generation Y, also derjenigen, die ungefähr zwischen 1984 und 1994 geboren wurden. In technologischer Hinsicht sind das E-Learning, die Herausforderungen von Big Data, Resource Discovery-Systeme sowie der Suchmaschinen wesentlich für die Informationskompetenz und werden im Rahmen jeweiliger Artikel näher behandelt.
Thomas Hapke
Informationskompetenz anders denken – zum epistemologischen Kern von „information literacy“ Abstract: Nach einem kritischen Blick auf Informationskompetenz („information literacy“) als Konzept und Praxis wird in diesem Essay deren Bezug zum wissenschaftlichen Arbeiten bzw. zum Forschungsprozess vertieft. Als Kern von Informationskompetenz vor dem Hintergrund akademischer Fachkulturen wird eine erkenntnistheoretische (epistemologische) Komponente sichtbar, eine „epistemic literacy“. Informationskompetenz ist Teil akademischer Bildung. Reflexion über Information ist Teil des Kerns jeder Informationskompetenz. Im akademischen Bereich umfasst diese eine Reflexion über das Phänomen Wissenschaft, deren Kennzeichen, Methoden und Theorie, deren Sichtbarkeit und Nutzen sowie deren Entwicklung hin zu einer „open science“. Der abschließende Bezug von Informationskompetenz zur globalen Herausforderung einer „Nachhaltigen Entwicklung“ zeigt, dass die epistemologische Komponente auch im Bereich der Allgemeinbildung bzw. im nicht-akademischen Bereich ihre Berechtigung hat. Keywords: Epistemologie, Forschungsprozess, Hochschulbildung, Informationskompetenz, Kritik, Wissenschaft, Wissenschaftliches Arbeiten
Informationskompetenz anders denken Aber was ist Philosophie heute […], wenn nicht die kritische Arbeit des Denkens an sich selber? Und […] zu wissen, wie und wie weit es möglich wäre, anders zu denken?1 Informieren heisst Differenzen bestimmen.2
1 Foucault, Michel: Der Gebrauch der Lüste. 2. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1990. S. 15–16. 2 Châtelet, François: Einleitung. In: Das XX. Jahrhundert. Hrsg. von François Châtelet. Frankfurt (M.): Ullstein 1975 (Geschichte der Philosophie: Ideen, Lehren 8). S. 7–11, hier S. 10. Thomas Hapke, Fachreferent für Verfahrenstechnik sowie stellvertretender Leiter an der Universitätsbibliothek der TU Hamburg-Harburg. Interessengebiete: Informationskompetenz, Digitale Bibliothek, Geschichte wissenschaftlicher Information und Kommunikation. Weblog: http://blog.hapke.de Twitter: @thapke; Universitätsbibliothek der TUHamburg-Harburg, Denickestr. 22, 21073 Hamburg; http://www.tub.tu-harburg.de/thomas-hapke/[email protected], ORCID: 0000-0002-5135-2693
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Thomas Hapke
Veränderte Umwelten von Information und Kommunikation – in den letzten Jahren z. B. das Social Web und Big Data – beeinflussen die Herausforderungen für einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Information. Nutzende sind heutzutage Mitproduzenten der Informationssysteme geworden, sei es durch ihr erfasstes Verhalten auf dem System, sei es durch aktives Beitragen zum Informationsangebot.3 Bibliotheken versuchen mit ihren Dienstleistungs-Aktivitäten, die Kompetenz ihrer Nutzenden zu fördern und gleichzeitig das Angebot ihrer Informationssysteme zu verbessern. Das Angebot sogenannter Discovery-Systeme und die Pflege von Link Resolvern soll dazu führen, dass Bibliotheken mit ihren Beständen und Services bei der Nutzung von Suchmaschinen sichtbar bleiben. Dies hat Auswirkungen auf Aktivitäten zur Förderung von Informationskompetenz.4 Wie Informationskompetenz verstanden wird, verändert sich in diesen sich wandelnden Informations- und Kommunikationsumgebungen. Notwendig ist daher ein kritisches Hinterfragen des Begriffs. Mit Foucault ist zu fragen, ob sich Informationskompetenz auch anders denken lässt. Was bleibt als Kern von Informationskompetenz erhalten, wenn sich Umgebung bzw. Kontext ändern? Information hängt eng mit Philosophie und Reflexion zusammen. Eine 2014 erschienene Einführung in das Philosophieren5 enthält Kapitel mit Überschriften wie „Anfangen“, „Fragen“, „Verstehen“, „Lesen“, „Erkennen und Begreifen“, „Ordnen“ sowie „Sprechen und Schreiben“. Alle genannten Kapitel thematisieren also auch Aspekte von Informationskompetenz. Das Wort „kritisch“ bedeutete im Griechischen ursprünglich scheiden, urteilen bzw. auch unterscheiden (krínein),6 was die Nähe von Information und Kritik deutlich macht. Das „Unterscheiden“ bzw. „auf Unterschiede achten“7 als Bedeutung von Kritik ist beim Thema Informationskompetenz deshalb so wichtig, weil Unterschiede im Kontext und in der Wahrnehmung unterschiedlichster agierender Menschen und Institutionen mit unterschiedlichsten Themen den konkreten Umgang mit Information und damit das Verständnis von Informationskompetenz beeinflussen. Dieses Verständnis wird im nächsten Abschnitt kritisch diskutiert. Nach einem kritischen Blick auf Informationskompetenz – als Konzept und Praxis sowie als Teil akademi-
3 Hapke, Thomas: Informationskompetenz 2.0 und das Verschwinden des „Nutzers“. In: Bibliothek. Forschung und Praxis (2007) H. 2. S. 137–149, hier S. 138–139. 4 Vgl. Böhner, Dörte: Verbessern Discovery Systeme die Informationskompetenz? In: 027.7 Zeitschrift für Bibliothekskultur (2013) H. 2. S. 47–57. 5 Berger, Wilhelm: Was ist Philosophieren? Wien: Facultas.wuv 2014. 6 Röttgers, Kurt: Kritik. In: Enzyklopädie Philosophie. Hrsg. von Hans Jörg Sandkühler. Bd. 2. Hamburg: Meiner 2010. S. 1317–1323. 7 Vgl. das zweite Zitat am Beginn dieses Abschnittes, das sich auch bei Berger, Was ist Philosophie (wie Anm. 5), hier S. 24 findet, sowie in Bezug zum wissenschaftlichen Arbeiten das Buch von Bardmann, Theodor M.: Die Kunst des Unterscheidens. Eine Einführung ins wissenschaftliche Denken und Arbeiten für soziale Berufe. Wiesbaden: Springer 2015.
Informationskompetenz anders denken
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scher Bildung – wird dann deren Bezug zum wissenschaftlichen Arbeiten bzw. zum Forschungsprozess hervorgehoben. Als Kern von Informationskompetenz wird dabei eine erkenntnistheoretische (epistemologische) Komponente sichtbar.
Informationskompetenz kritisch Kritik ist […] absolut unerlässlich für jegliche Veränderung.8 Competence is an effect, not the driving force for making things happen. It is knowing-in-practice produced by a particular mix of action with things.9
Ein kritischer Zugang zur Informationskompetenz umfasst eine kritische Analyse des Begriffes Informationskompetenz. „Critical information literacy“,10 „radical information literacy“,11 „deep information literacy“12 als kritische Medien- und Informationskompetenz13 hinterfragen ein gängiges Verständnis von Informationskompetenz und setzen dabei auch bei politisch-sozialen Machtverhältnissen an.14 Kritik im Sinne dieses Aufsatzes wird als intellektuelle Tugend und als emanzipatorische Kritik verstanden.15 Kritik und kritisches Denken sind Teil jeder Wissenschaft und können sogar als Kriterium für diese gesehen werden.16
8 Foucault, Michel: „Ist es also wichtig, zu denken?“ (1981). In: Schriften. In vier Bänden = Dits et écrits. Bd. 4 1980–1988. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2005. S. 219–223, hier S. 222. 9 Fenwick, Tara J. u. Richard Edwards: Actor-network theory in education. London: Routledge 2010, hier S. 27. 10 Vgl. Elmborg, James: Critical information literacy: definitions and challenges. In: Transforming information literacy programs. Intersecting frontiers of self, library culture, and campus community. Ed. by Carroll Wetzel Wilkinson & Courtney Bruch. Chicago, IL: Association of College and Research Libraries, A Division of the American Library Association 2012. S. 75–95. Sowie Accardi, Maria T. [u. a.] (Ed.): Critical library instruction. Theories and methods. Duluth, MN: Library Juice Press 2010. 11 Whitworth, Andrew: Radical information literacy. Reclaiming the political heart of the IL movement. Oxford: Chandos 2014. 12 Kutner, Laurie & Alison Armstrong: Rethinking information literacy in a globalized world. In: Communications in Information Literacy 6 (2012) H. 1. S. 24–33, hier S. 28. 13 Schiefner-Rohs, Mandy: Kritische Informations- und Medienkompetenz. Theoretisch-konzeptionelle Herleitung und empirische Betrachtungen am Beispiel der Lehrerausbildung. Münster: Waxmann 2012. 14 Vgl. auch Gregory, Lua & Shana Higgins (Eds.): Information literacy and social justice. Radical professional praxis. Sacramento, CA: Library Juice Press 2013. 15 Vgl. Jaeggi, Rahel u. Tilo Wesche (Hrsg.): Was ist Kritik? Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2009, hier S. 11. 16 Vgl. Hampe, Michael: Wissenschaft und Kritik: Einige historische Beobachtungen. In: Was ist Kritik? Hrsg. von Rahel Jaeggi u. Tilo Wesche. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2009. S. 353–371, hier S. 353–354.
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Thomas Hapke
Charakteristisch für den Begriff Informationskompetenz ist dessen Vielfalt und unterschiedliche Wahrnehmung. Zum Verständnis muss er mit verwandten Begriffen in Beziehung gesetzt werden. So kann „information literacy“ im Zusammenhang mit diskreten „literacies“ (Media, Digital oder Mobile Literacy) oder mit kombinierten wie „Transliteracy“ oder „New Media Literacy“ als „Metaliteracy“ gesehen werden.17 Ausgangspunkt dieses Beitrages ist ein kulturell geprägtes Verständnis von Information(skompetenz),18 das sich u. a. an französische Vorbilder einer „culture de l’information“ 19 anlehnt und das Fragen von Authentizität, Macht, Identität, Kreativität und Gedächtnis in der digitalen Informations- und Kommunikationsgesellschaft berücksichtigt.20 Informationskultur als kultivierter Umgang mit Information, als bewusstes, verantwortungsvolles und kompetentes Umgehen mit dem eigenen Informieren und Lernen umfasst ein „Sich selbst anders (kritisch) Sehen“ sowie die Betonung von Kontext und Beziehungen, so z. B. im Rahmen einer Fach-„Kultur“ oder einer sonstigen Gemeinschaft mit eigenen kulturellen und sozialen Strukturen. Informationskompetenz, bisher oft nur aus Sicht von Bibliotheken betrachtet, muss kritischer gesehen werden.21 Die Förderung von Informationskompetenz ist heutzutage essentieller Teil der Dienstleistungen von Bibliotheken, wobei Informationskompetenz nicht immer unter einem pädagogisierenden Blickwinkel gesehen werden muss.22 Wenn es Bibliotheken im Hochschulbereich vermeiden, ein Sendungsbewusstsein zu entwickeln, dafür aber bedarfsgerecht und anfrageorientiert mit ihren Angeboten auf die Bedürfnisse der Nutzenden reagieren, kann Informationskompetenz als ein Thema der Förderung von Schlüsselkompetenzen durch die Hochschule insgesamt betrachtet werden. Die Angebote der Bibliothek sind also Teil der Aktivitäten der Hochschule. Dadurch sind die Informationskompetenz-Aktivitäten der Bibliotheken zugleich eine gute Form des Marketings für die Bibliothek als Institution.
17 Vgl. Kap. 3 in Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Metaliteracy. Reinventing information literacy to empower learners. Chicago, IL: ALA Neal-Schuman 2014. 18 Mehr zum Hintergrund siehe Hapke, Thomas: Informationskompetenz in einer neuen Informationskultur. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 36–48. 19 Z. B. Maury, Yolande: Empowering through information culture: participatory culture, a stepping stone? A theoretical reflection. In: Worldwide commonalities and challenges in information literacy research and practice. Ed. by Serap Kurbanoğlu [u. a.]. Bd. 397. Springer 2013. S. 236–242. 20 Tredinnick, Luke: Digital information culture. The individual and society in the digital age. Oxford: Chandos 2008. 21 Vgl. Schuldt, Karsten: Das Unbehagen mit der Informationskompetenz. Weblog „Bibliotheken als Bildungseinrichtung“ bei WordPress.com. https://bildungundgutesleben.wordpress.com/2013/05/13/ das-unbehagen-mit-der-informationskompetenz/(Stand: 25.06.2015). 22 Schoenbeck, Oliver: Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 85–93.
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Üblich erscheint heutzutage eine dreiteilige Differenzierung, die die unterschiedlichen Sichten auf Informationskompetenz zusammenfasst.23 Das – zumindest bisher – in Bibliotheken dominierende, auf Standards basierende Verständnis von Informationskompetenz ist primär eine funktional-objektive Sicht des „Erwerbens“ von Fähigkeiten zum Umgang mit Information. Informationskompetenz wird hier wie eine Ware „erworben“ oder vermittelt, unabhängig vom konkreten Kontext des „Käufers“ und des Inhalts der Information. Der zweite, personenbezogene Ansatz betont das situative Agieren des Individuums im Informationsprozess. Es geht primär um subjektive Anforderungen und Affekte sowie um die Kultivierung von (Denk-) Gewohnheiten. Im Rahmen des dritten Blickes auf Informationskompetenz werden soziale, zwischenmenschliche Aspekte sowie das Potential zur Veränderung durch einen Umgang mit Information hervorgehoben. Auch Information und Kompetenz als Teile des Begriffs Informationskompetenz werden immer wieder differenziert diskutiert. Die wichtige Frage der deutschen Übersetzung von „literacy“ als Kompetenz wird selten diskutiert.24 Mit dem Blick auf Lehrkompetenzen im hochschuldidaktischen Bereich ist in Deutschland der Kompetenzbegriff selbst in der Diskussion.25 Kompetenzen, die ja immer handlungsbezogen sind, lassen sich auch anders denken, wie das zweite diesen Abschnitt einleitende Zitat verdeutlicht: statt als Voraussetzung als Ergebnis von Handlungen. Der französische Wissenschaftsphilosoph Bruno Latour bezeichnet Kompetenzen als „Plug-ins“26. Dabei umgeben diese den kompetent handelnden Menschen in Form von „Schichten“.27 Jede Handlung ist abhängig vom situativen Kontext und wird durch die Möglichkeiten, Widerstände und eigenen „Handlungen“ der beteiligten Subjekte und Objekte beeinflusst. „Kognitive Fähigkeiten liegen nicht ‚in mir‘, sondern sind in der gesamten formatierten Umgebung verteilt, die […] auch aus vielen
23 Vgl. Addison, Colleen & Eric Meyers: Perspectives on information literacy: a framework for conceptual understanding. In: Information research – an international electronic journal (2013) H. 3 bzw. Whitworth, Andrew: The reflective information literacy educator. In: Nordic Journal of Information Literacy in Higher Education (2012) H. 1. S. 38–55, Tabelle S. 42 und Lupton, Mandy & Christine Bruce: Windows on information literacy worlds: Generic, situated and transformative perspectives. In: Practising Information Literacy. Bringing Theories of Learning, Practice and Information Literacy Together. Ed. by Annemaree Lloyd & Sanna Talja. Burlington: Chandos (Elsevier) 2010. S. 3–27. 24 Auch hier wird die Problematik der Übersetzung nur am Rande gestreift: Ingold, Marianne: Informationskompetenz und Information Literacy. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 12–35. Siehe besonders S. 20–22. 25 Reinmann, Gabi: Lehrkompetenzen von Hochschullehrern: Kritik des Kompetenzbegriffs in fünf Thesen. In: Hochschuldidaktik im Zeichen von Heterogenität und Vielfalt. Doppelfestschrift für Peter Baumgartner und Rolf Schulmeister. Hrsg. von Gabi Reinmann-Rothmeier. Norderstedt: Book on Demand 2013. S. 215–234. 26 Latour, Bruno: Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2007. S. 352–368, zu Kompetenzen speziell S. 357 f. 27 Latour, Eine neue Soziologie (wie Anm. 26), hier S. 358.
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Vorschlägen, wie Kompetenz aufzubauen sei, aus zahlreichen kleinen individuellen Technologien [besteht].“28 Kognitive Fähigkeiten werden also nicht besessen, sondern immer wieder neu ausgewählt aus den vorhandenen Plug-ins, wenn man sie benötigt. Diese „versammeln“ sich quasi um ein Individuum, verändern sich in Abhängigkeit der konkreten Handlungssituation und haben eine Geschichte, die von individuellen Entwicklungen aber auch von den jeweiligen Kontexten abhängt. „Kompetenz, genauso wie Wissen ist kein Attribut einer singulären Entität, noch eines individuellen Akteurs, sondern eine Eigenschaft von Handlungen innerhalb eines AkteurNetzwerks.“29 Teil eines solchen Netzwerkes ist z. B. im Falle von Informationskompetenz auch das gesamte Informationssystem, das quasi selbst agiert, indem es reagiert, und das Ergebnisse liefert, die teilweise auch in Abhängigkeit von Recherchen anderer Agierender stehen. Es zeigt sich zudem, dass die Informationskompetenz von Nutzenden – hier verengt auf Recherchekompetenz – nur eine Komponente einer Vielfalt von Einfluss-Faktoren auf die realen Recherche-Ergebnisse z. B. in Discovery-Systemen ist. Neben Nutzenden sowie Spezialisten, die in die Informationstechnik bzw. -architektur eingreifen oder die Oberfläche der Informationssysteme gestalten, spielen auch vielfältige andere Faktoren wie Katalogisierungsregeln, die Struktur der (Meta-) Daten, die Existenz von Normdaten, die Art der maschinellen Indexierung oder die verwendeten Software-Produkte eine große Rolle.30 Im Alltag vielfältig und oft benutzt, erscheint zusätzlich die Bedeutung des Informationsbegriffes so vielfältig wie die Kontexte von dessen Benutzung. Dabei ist Information als Begriff selbst nie isoliert von verwandten Begriffen wie Daten, Kommunikation, Wissen, aber auch deren Träger, also die Medien und Dokumente, in seiner Bedeutung zu erfassen. Die Diskussion um den Informationsbegriff ist geprägt einerseits von Versuchen, einheitliche Informationstheorien zu schaffen, anderseits unterschiedliche Informationsbegriffe pluralistisch und gleichberechtigt nebeneinander stehen zu lassen.31 Die Verarbeitung von Information kann beim Menschen Wissen erzeugen, aus individuellem Wissen kann aber auch Information für andere entstehen. Der Zusammenhang zwischen Information und Wissen ist also eng verknüpft mit erkenntnis-
28 Latour, Eine neue Soziologie (wie Anm. 26), hier S. 365. 29 Dimai, Bettina: Innovation macht Schule. Eine Analyse aus der Perspektive der Akteur-Netzwerk Theorie. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2012, hier S. 61. 30 Vgl. etwas ausführlicher Hapke, Thomas: Informationskompetenz in sich ständig verändernden Informationsumgebungen – Zum Kern von Informationskompetenz. In: Informationskompetenz im Hochschulkontext. Interdisziplinäre Forschungsperspektiven. Hrsg. von Anne-Kathrin Mayer. Lengerich: Pabst Science Publishers 2014. S. 43–61, hier S. 43–46. 31 Vgl. den aktuellen Sammelband: Ibekwe-SanJuan, Fidelia & Thomas M. Dousa (Eds.): Theories of information, communication and knowledge. A multidisciplinary approach. Dordrecht: Springer Netherlands 2014.
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theoretischen (epistemologischen) Fragestellungen. Informationskompetenz im akademischen Bereich als „scholarly habitude“32 steht für jedes kritisch-reflektierte Handeln beim Umgang mit Daten, Informations- und Kommunikations- sowie Erkenntnis- bzw. Wissensprozessen. Sowohl die laufenden Veränderungen von Informationsumgebungen (DiscoverySysteme, Link Resolver) als auch die Vielfalt der Sichten auf Informationskompetenz lassen die Frage nach dem Kern, dem „Eigentlichen“ bzw. dem „Wesentlichen“ von Informationskompetenz stellen, was im nächsten Abschnitt bezogen auf wissenschaftliches Arbeiten thematisiert wird.
Informationskompetenz und Epistemologie als Teil wissenschaftlichen Arbeitens und akademischer Bildung […] students won’t really learn to navigate the worldwide […] information space in any meaningful sense until we teach them a bit about the nature and organization of knowledge. To understand the art of research […], one needs to understand competing theories of ‚truth‘.33 Wir müssen eine Erkenntnistheorie der Information entwickeln.34
Der ständige Wandel der Informationstechnologie wirft die Frage auf, welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Eigenschaften des Individuums im Bereich Informationskompetenz wichtig bleiben. Neben anderen individuellen Eigenschaften eines Menschen, die bei Informationsprozessen essentiell erscheinen,35 ist eine kritische Haltung ein
32 Diese Benennung bei Bivens-Tatum, Wayne: Some context for the latest P2P Review Column. Beitrag im Weblog „Academic Librarian: On Libraries, Rhetoric, Poetry, History, & Moral Philosophy“ 31.10.2013. http://blogs.princeton.edu/librarian/2013/10some-context-for-the-latest-p2p-reviewcolumn/ (Stand: 25.06.2015). 33 Bruckman, Amy S.: Student research and the internet. In: Communications of the ACM 48 (2005) H. 12. S. 35–37, hier S. 36; vgl. auch Hapke, Thomas: Studierende, Google, die Welt der Bibliotheken und deren kulturelle Bedeutung. Ein Essay zu einem Aufsatz von Amy Bruckman. In: Libreas (2006) H. 5. http://www.ib.hu-berlin.de/~libreas/libreas_neu/ausgabe5/009hap.htm (Stand: 25.06.2015). 34 Biase, Luca de: Die kulturellen und kognitiven Konsequenzen der Elektronik. In: Worüber müssen wir nachdenken? Was die führenden Köpfe unserer Zeit umtreibt. Hrsg. von John Brockman. Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch 2014. S. 553–555, hier S. 555. 35 Vgl. Hapke, Informationskompetenz in einer neuen Informationskultur (wie Anm. 18), hier S. 47–48.
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wesentlicher Kern von Informationskompetenz. Man könnte auch formulieren: Kompetenter Umgang mit Information „heisst vor allem denken.“ 36 Informationskompetenz als Teil akademischer Bildung und als Teil wissenschaftlichen Arbeitens knüpft direkt an den im letzten Abschnitt genannten kulturbezogenen Blick auf Informationskompetenz als Teil einer Fachkultur an. So wie das wissenschaftliche Schreiben lässt sich auch das Informieren „[…] nicht primär als individuelle Handlung, sondern als Handlung in einem Raum diskursiver Praktiken und kollektiver Bedeutungskonstruktion [verstehen …], als eine Art Akkulturierungsprozess, der die Studierenden in die disziplinären Forschungs- und Denk- und Kommunikationskulturen einführt und sie zu Mitgliedern einer Wissensgemeinschaft macht“.37 Ganzheitliche Hochschulbildung fragt nach der Entstehung und den Kennzeichen wissenschaftlichen Wissens im Forschungsprozess. Fragen des Life Cycle wissenschaftlicher Information führen letztendlich zu Fragen darüber, was mit wissenschaftlicher Wahrheit oder Wahrheit überhaupt gemeint ist. Zum Thema „Wissenschaftliches Arbeiten“38 gehört ein Nachdenken über Kennzeichen von wissenschaftlichen Texten oder von Wissenschaftlichkeit. Im Rahmen von Informationskompetenz kann gefundene Information nur dann wirklich bewertet werden, wenn eine Reflexion über die Entstehung von Information und Wissen sowie über die erkenntnistheoretische Problematik der Bewertung und Gültigkeit von Wissen und damit über die soziale Konstruktion von Wissen und Wissenschaft erfolgt. Ein solches Reflektieren als Teil der hier im französischen Sinne gemeinten Epistemologie, die so etwas wie eine Philosophie der Wissenschaften darstellt39 und die auch eine historische Komponente hat,40 findet innerhalb des normalen Curriculums besonders der Natur- und
36 Mayer, Philipp: Wissenschaftlich schreiben heißt vor allem denken. Zwölf Techniken für mehr Effizienz. In: Das Hochschulwesen (2010) H. 1. S. 28–32. 37 Kruse, Otto: Wissenschaftliches Schreiben und studentisches Lernen. Zürich: Hochschuldidaktik UZH 2012, S. 7 http://www.hochschuldidaktik.uzh.ch/instrumente/dossiers/Wissenschaftliches_ Schreiben_def.pdf (Stand: 25.06.2015). 38 Seit dem Wintersemester 2013/2014 wird vom Autor an der TUHH in Zusammenarbeit mit KollegInnen aus der TU-Bibliothek, der TU-Studienberatung, dem TU-Rechenzentrum, der TUHH-Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik sowie einer externen Dozentin ein Seminar zum „Wissenschaftlichen Arbeiten“ durchgeführt. Ein Weblog dient als „Schaufenster“ ins Seminar: http://www.tub.tuhh.de/ wissenschaftliches-arbeiten/Im ersten Teil des Seminars geht es immer auch um die Frage „Was kennzeichnet Wissenschaft?“, z. B. am Text „Die Idee der Wissenschaft“, Kapitel 3 in Tetens, Holm: Wissenschaftstheorie: eine Einführung. München: Beck 2013. S. 17–28. 39 Fichant, Michael: Die Epistemologie in Frankreich. In: Das XX. Jahrhundert. Hrsg. von François Châtelet. Frankfurt (M.): Ullstein 1975 (Geschichte der Philosophie: Ideen, Lehren 8). S. 118–158, hier S. 119. 40 Vgl. dazu Rheinberger, Hans-Jörg: Historische Epistemologie zur Einführung. Hamburg: JuniusVerl 2007. S. 11–12.
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Ingenieurwissenschaften kaum einen Platz. Zudem wird die Verbindung einer Epistemologie der Wissenschaften mit Informationskompetenz selten diskutiert.41 Durch die Hochschulrektorenkonferenz42 ist das Thema Forschung im Bereich Informationskompetenz betont worden,43 wenn auch daraus folgende Blicke auf die hier diskutierte Informationspraxis oft sehr objekt- und werkzeugorientiert wirken44 und die sozial-kulturelle Praxis zu wenig angesprochen wird. Information ist nie nur Repräsentation (im Sinne einer bloßen Kopie) sondern immer auch Transformation. Ein durch eine Information repräsentierter Sachverhalt verändert bzw. interpretiert diesen auch. Schon der Philosoph Ernst Bloch hat auf das Potential der Veränderung beim Informieren als Teil der Erkenntnis hingewiesen: „[…] Erkenntnis ist folglich nicht nur informierend über bereits Formiertes, sie informiert ebenso ihr Objekt über das darin noch nicht Formierte, sie wird aktive In-formation eines Wirklichen selbst.“45 Es kommt also eine Zukunfts-Komponente mit dazu, so dass Kompetenz beim Umgang mit Information auch eine transformatorische Komponente hat. Für eine transformatorische Bildung46 sind Lernprozesse dann Bildungsprozesse, wenn diese die Lernvoraussetzungen transformieren, also auch eine Reflexion über das eigene Wissen und Können in Gang setzen. Beim Erlernen wissenschaftlichen Arbeitens kommt also die Reflexion über Wissenschaft zum Tragen: „Es geht bei der Frage nach dem Verhältnis von Bildung und Wissenschaft […] um die Fähigkeit, dem Anspruch der Wissenschaft auf Mitteilung gerecht zu werden. Das heißt nicht einfach, zu hören, was sie zu sagen hat, sondern zu begreifen, was durch sie in welcher Form geteilt wird und wer oder was durch sie mitzuteilen und nicht mitzuteilen in die Lage versetzt wird.“47 Informationskompetenz als Kompetenz, wissenschaftlich zu
41 Eine Ausnahme sind Lascar, Claudia & Loren D. Mendelsohn: The evolution-intelligent design debate: a meaningful context for teaching the nature of science in information literacy. Part 1: Historical background and philosophical considerations. In: Science & technology libraries (2011) H. 4. S. 354–372. 42 Hochschulrektorenkonferenz: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen. http://www.hrk.de/themen/hochschulsystem/arbeitsfelder/informationskompetenz/(Stand: 25.06.2015). Sie dazu auch den Beitrag von Ulrich Meyer-Doerpinghaus in diesem Band. 43 Vgl. auch Adam, Michaele u. Jens Mittelbach: Mit Informationskompetenz im Forschungsprozess die Zukunft an der SLUB Dresden gestalten. In: GMS Medizin – Bibliothek – Information (2014) H. 1–2: Doc06. 44 Beispielsweise bei Horstmann, Wolfram [u. a.]: Der Wandel der Informationspraxis in Forschung und Bibliothek. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie 62 (2015) H. 2. S. 73–79. 45 Bloch, Ernst: Erkenntnis als Schlüssel und Hebel des Wirklichen. In: Tendenz – Latenz – Utopie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1978 (Gesamtausgabe/Ernst Bloch Erg.-Bd). S. 117–121, hier S. 120. 46 Vgl. Ahrens, Sönke: Experiment und Exploration. Bildung als experimentelle Form der Welterschließung. Bielefeld: Transcript-Verl. 2011. S. 9 ff. 47 Ahrens, Experiment (wie Anm. 46), hier S. 292.
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arbeiten und zu kommunizieren, umfasst damit ein Nachdenken zu Themen wie die Funktion und Problematik des Peer Reviews, der Zukunft des Publizierens und Open Access, Plagiate, Forschungsdaten, Zitatanalysen und deren aktuelle Herausforderungen bei alternativen Modellen zum Ranking von Forschung sowie zur Bedeutung von Urheberrechts-Fragen im elektronischen Alltag.48 Erkenntnisfördernde (epistemische, intellektuelle) Tugenden49 wie Objektivität, Genauigkeit, Neugierde, Aufgeschlossenheit, Geduld, Aufmerksamkeit, Skepsis, Wahrhaftigkeit, Strenge, Zuverlässigkeit und Einbildungskraft sind Teil praktischen wissenschaftlichen Arbeitens und Schreibens in Lehre und Forschung. Deren Ausbildung sollte daher Teil von Hochschulbildung sein. Auch Medien- und Informationskompetenz wurde schon als Tugend beschrieben.50 Im neuen amerikanischen Rahmenkonzept der Association of College and Research Libraries (ACRL), dem „Framework for Information Literacy for Higher Education“51, das die „Information Literacy Competency Standards“ ersetzen soll, ist die oben beschriebene epistemologische Komponente von Informationskompetenz implizit enthalten. Die „Frames“ sind gedacht als sogenannte „Threshold concepts“, also als „Schwellen-Begriffe“ oder „Kern-Komponenten“. Als „jewels in the curriculum“52 verändern diese das Verständnis nachhaltig und stehen im Sinne einer didaktischen Reduktion – „less is more“ beim Erstellen von Curricula53 – als Kernpunkte eines notwendigen Verständnisses der modernen Informationswelt (primär bezogen auf den akademischen Bereich) zwischen fachlichen Inhalten und pädagogisch-didaktischen Aktivitäten. Innerhalb der ersten beiden Frames, „Authority Is Constructed and Contextual“ und „Information Creation as a Process“ lassen sich Themen wie das Peer Review sowie der „Mythos der Objektivität“54 ansiedeln und damit, dass jede Information im
48 Dazu auch Association of College & Research Libraries: Intersections of scholarly communication and information literacy: creating strategic collaborations for a changing academic environment. http://acrl.ala.org/intersections/(Stand: 25.06.2015). 49 Vgl. auch Nievergelt, Oliver: Tagungsbericht: Epistemische Tugenden – zur Geschichte und Gegenwart eines Konzepts, 17.10.2013–18.10.2013 Zürich. http://www.hsozkult.de/conferencereport/id/ tagungsberichte-5223 (Stand: 25.06.2015). 50 Wilkinson, Lane: Information literacy: Standards, skills, and virtues. Sense & Reference on WordPress.com. 2013. https://senseandreference.wordpress.com/2013/06/05/information-literacy-standards-skills-and-virtues/(Stand: 25.06.2015). 51 Association of College & Research Libraries (ACRL): Framework for information literacy for higher education. 2015 http://www.ala.org/acrl/standards/ilframework (Stand: 25.06.2015). 52 Land, Ray [u. a.]: Conclusion: implications of threshold concepts for course design and evaluation. In: Overcoming barriers to student understanding. Threshold concepts and troublesome knowledge. Ed. by Meyer, Jan H. F. & Ray Land. 1. Aufl. London: Routledge 2012. S. 195–206, hier S. 198. 53 Cousin, Glynis: An introduction to threshold concepts. In: Planet – the bi-annual publication of the GEES Subject Centre (2006) H. 17. S. 4–5, hier S. 4. 54 Townsend, Lori [u. a.]: Threshold Concepts and Information Literacy. In: Portal: libraries and the academy (2011) H. 3. S. 853–870, hier S. 863.
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Kontext ihrer Entstehung zu bewerten ist. „Information Has Value“ thematisiert den Warencharakter von Information, aber auch deren Bedeutung als Mittel zum Lernen, zum Weltverständnis sowie zum Verhandeln um Einfluss. Produktion und Verteilung von Information werden also durch rechtliche und sozio-ökonomische Interessen beeinflusst. „Scholarship as Conversation“ betont ein wichtiges Kennzeichen von Wissenschaft, die immer Teil einer diskursiven Praxis ist, welche von Kommunikation und Wissensaustausch, aber auch von konkurrierenden Ansichten und Theorien lebt, die oft nur vorläufigen Charakter haben. „Threshold concepts“ gehen von der Theorie her phänomenologisch vom Denken der Lernenden und deren Erfahrungen aus. Sie thematisieren die Schwierigkeiten, Unsicherheiten und Ängste, die das Lernen begleiten und sind gut geeignet, um Verständnisschwierigkeiten von Lernenden zu benennen bzw. sich über diese zu verständigen. Die Nutzung von „Threshold concepts“ erfordert also ein „Listening for understanding“,55 das an die gerade populär werdende Nutzung ethnografischer Methoden im Bibliothekswesen erinnert. Kritisch gesehen sollten Threshold Concepts damit eigentlich nicht von einer beruflichen Organisation vorgegeben werden, sondern mit den und in Abhängigkeit von den Lernenden je nach Kontext immer wieder neu beschrieben werden. Deren Entwicklung wäre dann eher eine Methode, um Lernenden Herausforderungen ihrer eigenen Wahrnehmung und ihres eigenen Verständnisses der Informations- und Wissensgesellschaft bewusst zu machen, was mit zum Kern von Informationskompetenz gehören sollte.
Reflexion über Wissenschaft als Kernkomponente von Informationskompetenz Learning to know requires a capability to understand how knowledge organizes individual and social lives. Beyond the skills to access existing knowledge, we need an active capacity to create knowledge and make sense of the world. We could call this skill epistemic literacy. Epistemic literacy helps us to cope with heterogeneous and dynamic knowledge landscapes. It means that we understand how knowledge is created and what constitutes the social basis for learning and education. It means that we know what a good argument is, and what counts as evidence. It also means that we understand how and why different worldviews are created and how these lead to epistemic power struggles. Epistemic literacy is becoming socially and individually important as the Internet is rapidly eroding historically evolved social boundaries, institutions, and systems of meaning.56
55 Land [u. a.], Conclusion (wie Anm. 52), hier S. 199. 56 Tuomi, Ilkka: Epistemic literacy or a clash of clans? A capability-based view on the future of learning and education. In: European Journal of Education (2015) H. 1. S. 21–24, hier S. 22–23.
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Aufgrund der Komplexität des ständig weiter wachsenden Informationsangebotes mit allen Arten von Medien, deren Qualität immer schwerer zu beurteilen ist, erscheint ein Verständnis darüber notwendig, wie die unterschiedlichen Wissenschaften zu ihren Erkenntnissen und Ergebnissen kommen. Ein Nachdenken über Wissenschaft als Phänomen und Institution sowie damit verbunden über deren Kennzeichen und Theorie sowie zu Sichtbarkeit und Nutzen von Wissenschaft im Rahmen der gegenwärtigen Gesellschaft ist heute unabdingbar. Um wissenschaftlich begründete Entscheidungen in Alltag (z. B. beim Gesundheitsschutz) und Politik (etwa bzgl. der Umweltproblematik und des Nachhaltigkeits-Imperativs) treffen zu können, müssen Entscheidende ein grundlegendes Verständnis des Funktionierens von Wissenschaft haben. Die heutzutage notwendige Veränderung der Wissenschaften, die eine nachhaltig agierende Gesellschaft unterstützen müssen, kommt ohne ein Nachdenken über Informations- und Kommunikationsprozesse und deren Grundlagen nicht aus. Für eine nachhaltige Entwicklung ist also auch Informationsbildung bzw. -kompetenz notwendig. In der internationalen „Lyon Declaration on Access to Information and Development“ (Lyoner Erklärung über den Zugang zu Informationen und Entwicklung) ist dies in den Punkten 3 und 4 berücksichtigt: Ein besserer Zugang zu Informationen und Wissen […] stellt einen unverzichtbaren Stützpfeiler der nachhaltigen Entwicklung dar. […] Informationsvermittler wie beispielsweise Bibliotheken […] sind in der Lage, […] durch […] das Angebot von Bildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten zur Förderung des Zugangs zu den für die Menschen wichtigsten Informationen und Dienstleistungen sowie ihres Verständnisses [diese Entwicklung zu unterstützen].57
Die Herausforderung, wie und ob eine Transformation zu einer nachhaltigen Gesellschaft mit Hilfe von Wissenschaft und Technik gelingen kann, bedarf einer Form von transformativer Kompetenz. Medien- und Informationskompetenz ist Teil dieser „transformative literacy“ („the ability to read and utilize information about societal transformation processes, to accordingly interpret and get actively involved in these processes“).58 Notwendige Kennzeichen von Wissenschaften im Zeitalter der Nachhaltigkeit sind neben der Trans- bzw. Interdisziplinarität aber auch Kreativität und Offenheit, wobei gerade der letzte Punkt im Rahmen von Open Access und einer „Open Science“59 immer mehr an Bedeutung gewinnt.
57 IFLA International Federation of Library Associations and Institutions: The Lyon Declaration On Access to Information and Development. 2014. http://www.lyondeclaration.org/(Stand: 25.06.2015). 58 Schneidewind, Uwe: Transformative Literacy. Gesellschaftliche Veränderungsprozesse verstehen und gestalten. In: GAIA – Ecological Perspectives for Science and Society (2013) H. 2. S. 82–86, hier S. 83. 59 Bartling, Sönke & Sascha Friesike (Eds.): Opening science. The evolving guide on how the internet is changing research, collaboration and scholarly publishing. Cham: Springer 2014.
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Informationskompetenz an den Hochschulen als Teil von Bildung über Wissenschaft besitzt die im letzten Abschnitt betonte und im Eingangszitat zu diesem Teil nochmals beschriebene, erkenntnistheoretische Komponente als „epistemic literacy“. Der Bezug von Informationskompetenz zur globalen Herausforderung einer „Nachhaltigen Entwicklung“ zeigt, dass diese Komponente auch im Bereich der Allgemeinbildung bzw. im nicht-akademischen Bereich ihre Berechtigung hat. „Bildung“ als ein Zweck von Wissenschaft60 umfasst die Notwendigkeit des Nachdenkens über Wissenschaft auf einer Meta-Ebene, die Reflexion über die eigene Disziplin und deren sozial-gesellschaftliche Einbettung in die moderne Gesellschaft: Die Integration der Ethik, einschließlich der Entwicklung von geeigneten Lehrmethoden, die zur selbständigen Wertereflexion und zum Verständnis der jeweiligen Fächer in einem größeren Gesellschaftsrahmen befähigen, ist heute sicherlich das größte Desiderat in der schulischen und disziplinären Bildung.61
Ein Verstehen und Reflektieren der vielfältigen Aspekte wissenschaftlicher Methoden, des Umgangs mit Information und dem wissenschaftlichen Schreiben verbunden mit praktischer Erfahrung sollte verpflichtender Teil der Hochschulbildung in allen Fächern sein. Gerade fachbezogene Lehrveranstaltungen zur Wissenschaftsphilosophie und -geschichte böten einen Ort für so wichtige Themen wie Peer Review, das Urheberrecht oder die Bewertung durch Zitierungen. Der Kern von Informationskompetenz ist eine kritische Haltung und damit die Reflexion über Information, über die eigenen Lernprozesse, über die Entwicklung von Information und Wissen und deren Unterschiede, aber auch über die epistemologischen Herausforderungen im Rahmen der Bewertung von Wissen. Das abschließende Zitat aus einem auch für ein Nachdenken zur Förderung von Informationskompetenz empfehlenswerten Werk des französischen Philosophen Jacques Rancière weist auf eine weitere Nuance des Kerns von Informationskompetenz hin: So kann der unwissende Lehrmeister den Wissenden wie den Unwissenden bilden: indem er verifiziert, das er kontinuierlich sucht. Wer sucht, findet immer. Er findet nicht notwendigerweise, was er sucht, noch weniger, was er finden soll. Aber er findet irgendetwas Neues, das er mit der ‚Sache‘ in Beziehung bringt, die er bereits kennt. Das Wesentliche ist die kontinuierliche Wachsamkeit, die Aufmerksamkeit, die niemals nachlässt, ohne dass sich die Unvernunft einstellt […].62
60 Vgl. Kapitel 10 von Schummer, Joachim: Wozu Wissenschaft? Neun Antworten auf eine alte Frage. Berlin: Kadmos 2014. 61 Schummer, Wozu Wissenschaft? (wie Anm. 60), hier S. 172. 62 Rancière, Jacques: Der unwissende Lehrmeister. Fünf Lektionen über die intellektuelle Emanzipation. 2. Aufl. Wien: Passagen-Verl 2009, hier S. 46.
Fabian Franke
Standards der Informationskompetenz – neue Entwicklungen in Deutschland, Großbritannien und den USA Abstract: Der Beitrag stellt nationale und internationale Weiterentwicklungen der Standards der Informationskompetenz vor. Er beschreibt den Gemeinsamen Referenzrahmen Informationskompetenz in Deutschland, das New Curriculum for Information Literacy (ANCIL) in Großbritannien und das Framework for Information Literacy for Higher Education der Association of College & Research Libraries (ACRL) in den USA. Diesen Ansätzen ist gemeinsam, dass sie nicht nur Fähigkeiten der Informationskompetenz definieren, sondern den Erwerb von Informationskompetenz als dynamischen Lernprozess verstehen. Keywords: Informationskompetenz, Standards, Referenzrahmen, Schwellenkonzepte
Eine neue Sicht auf Standards Standards und Normen bilden die Grundlage für professionelles Handeln. Standards der Informationskompetenz definieren Lernziele und beschreiben Methoden und Konzepte, um diese zu erreichen. Sie legen fest, welche Fähigkeiten eine informationskompetente Person besitzt. Damit unterstützen sie die Entwicklung von Angeboten zur Förderung von Informationskompetenz. In der ersten Auflage des Handbuchs wurden die Bedeutung und der Nutzen von Standards für die bibliothekarische Praxis diskutiert, vorliegenden Standards beschrieben und ihre Umsetzung an den Hochschulbibliotheken analysiert. Dieses Update geht auf aktuelle Entwicklungen in Deutschland, Großbritannien und den USA ein, die derzeit durchaus noch kontrovers diskutiert werden und deren Praxisrelevanz sich noch beweisen muss. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht mehr von Standards sprechen, sondern sich Referenzrahmen, Curriculum oder Schwellenkonzepte (threshold concepts) nennen. Sie enthalten keine bloßen Aufzählungen von Fähigkeiten, die zur Informationskompetenz gehören, sondern bilden die Grundlage für die flexible und individuell anpassbare Gestaltung von Lernprozessen. Sie haben jedoch
Dr. Fabian Franke ist Direktor der Universitätsbibliothek Bamberg und Vorsitzender der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von DBV und VDB. Er befasst sich seit Jahren mit dem Thema Informationskompetenz und hat dazu zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt sowie Vorträge bei internationalen und nationalen Kongressen und Bibliothekartagen gehalten.
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weiterhin das Ziel, den Bibliotheken Empfehlungen an die Hand zu geben, ihre Leistungen vergleichbar zu machen und zur Qualitätssicherung beizutragen.
Deutschland: Referenzrahmen Informations kompetenz (2015)1 Der gemeinsame Referenzrahmen Informationskompetenz wurde von Andreas Klingenberg im Auftrag der Kommission Schule und Bibliothek des Deutschen Bibliotheksverbands erarbeitet und zuerst 2011 präsentiert. Er war zu diesem Zeitpunkt für die Vermittlung von Informationskompetenz in Schulen konzipiert und enthielt die vier Teilkompetenzen Suchen, Prüfen, Wissen, Darstellen. Um den Referenzrahmen auch im Hochschulbereich anzuwenden, hat die Gemeinsame Kommission Informationskompetenz des Deutschen Bibliotheksverbands und des Vereins deutscher Bibliothekare und Bibliothekarinnen 2015 die fünfte Teilkompetenz Weitergeben ergänzt. Damit deckt der Referenzrahmen vollständig die in den Definitionen von Informationskompetenz genannten Kompetenzen ab. Jeder Teilkompetenz sind vier Arbeitsschritte oder Kriterien gemäß dem folgenden Basisraster zugeordnet: Tab. 1: Referenzrahmen Informationskompetenz. Suchen
Prüfen
Wissen
Darstellen
Weitergeben
Wissensbedarf formulieren
Thematische Relevanz
Formulieren
Einfachheit
Nutzungs bedingungen klären
Quellen finden
Sachliche Richtigkeit
Vergleichen
Semantische Redundanz
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Kognitive Strukturierung
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Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Kriterien
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1 Klingenberg, Andreas: Entwurf eines gemeinsamen Referenzrahmens Informationskompetenz. www.schulmediothek.de/fileadmin/pdf/referenzrahmen_ik_111111.pdf. 2011. (Stand: 01.10.2015); Klingenberg, Andreas: Referenzrahmen hoch 5. Informationskompetenz für alle Bildungsebenen. Vortrag beim 104. Deutscher Bibliothekartag in Nürnberg 2015. http://nbn-resolving.de/urn/resolver. pl?urn:nbn:de:0290-opus4-19147 (Stand: 01.10.2015). Siehe dazu im Einzelnen den Beitrag von Andreas Klingenberg in diesem Band.
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Die entscheidende Idee des Referenzrahmen besteht darin, dass für jeden Arbeitsschritt und für jedes Kriterium sechs Niveaustufen definiert werden, die analog zu den Strukturen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen mit A 1, A 2, B 1, B 2, C 1, C 2 bezeichnet werden. Hier ist ein Beispiel für den Arbeitsschritt Nutzungsbedingungen klären der Teilkompetenz Weitergeben: Tab. 2: Niveaustufen der Teilkompetenz „Weitergeben“. Weitergeben
Nutzungsbedingungen klären
Nachhaltige Informations kompetenz
C2
Die Diskussion um urheberrechtliche Fragen verfolgen und Nutzungsbedingungen für eigene Publikationen festlegen
C1
Das Urheberrechtsgesetz verstehen und anwenden sowie grundlegende Nutzungsbedingungen fremder Publikationen ermitteln
Selbständige Informations kompetenz
B2
Die Grundregeln des Urheberrechtsgesetzes nennen
B1
Den Grundgedanken des Urheberschutzes mit eigenen Worten erläutern
Elementare Informations kompetenz
A2
Die grundlegenden formalen Angaben zur Beschreibung eines Textes festhalten
A1
Autor und Titel eines Textes benennen
Dieser erweiterte Referenzrahmen Informationskompetenz ist nun einsetzbar für alle Bildungsebenen im Sinne des lebenslangen Lernens. Er ergänzt und integriert die Standards der Informationskompetenz für Studierende des Deutschen Bibliotheksverbands von 2009. Die Gemeinsame Kommission Informationskompetenz des Deutschen Bibliotheksverbands und des Vereins deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare bereitet die Publikation und Impulse für die Umsetzung auch an den Hochschulbibliotheken vor.
Großbritannien: A New Curriculum for Information Literacy – ANCIL (2011)2 Jane Secker und Emma Coonan formulierten n 2011 in ihrem neuen Curriculum für Informationskompetenz den Gedanken, dass Informationskompetenz aus einem
2 Secker, Jane & Emma Coonan: A new curriculum for information literacy. arcadiaproject.lib.cam. ac.uk/docs/ANCIL_final.pdf (Stand: 01.10.2015); Secker, Jane & Emma Coonan (Eds.): Rethinking information literacy. A practical framework for supporting learning. London: Facet 2012.
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„Kontinuum“ von Fähigkeiten, Kompetenzen und Verhaltensmustern besteht. Secker und Coonan beschreiben ihren Ansatz u .a. als – holistisch: er unterstützt Studieren und Lernen als Prozess anstatt einzelne Fähigkeiten zu vermitteln; – modular: er besteht aus aufeinander aufbauenden Modulen für das gesamte Undergraduate-Studium, anstatt aus einzelnen unabhängigen Kursen; – aktiv: er enthält aktivierende und reflektierende Methoden; – flexibel: er ist anwendbar in allen „UK Higher Education Institutions“. Das Curriculum umfasst zehn so genannte „strands“: – Strand 1: Übergang von der Schule zur Hochschule (Transition from school to higher education), – Strand 2: Selbstständig lernen (Becoming an independent learner), – Strand 3: Wissenschaftliches Arbeiten (Developing academic literacies), – Strand 4: Bewerten von Informationen (Mapping and evaluating the information landscape), – Strand 5: Fachspezifische Informationsquellen entdecken (Resource discovery in your discipline), – Strand 6: Informationen verwalten (Managing information), – Strand 7: Informationsethik (Ethical dimension of information), – Strand 8: Wissen präsentieren und kommunizieren (Presenting and communicating knowledge), – Strand 9: Neues Wissen schaffen (Synthesising information and creating new knowledge), – Strand 10: Informationssoziologie (Social dimension of information). Die Autorinnen teilen diese Handlungsstränge in vier Kategorien ein: – Lernen lernen (Strands 1, 2, 10), – Wissenschaftliche Arbeitstechniken entwickeln (Strand 3), – Fachspezifische Kompetenzen (Strand 4, 5), – Schlüsselfähigkeiten (Strand 6), – Umgang mit Informationen (Strands 7, 8, 9). Den einzelnen Strands sind spezifische Inhalte und Lernziele zugeordnet, sie enthalten Vorschläge für didaktische Methoden und Prüfverfahren. Hier ist ein Beispiel für Strand 4 Informationen bewerten:
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Tab. 3: Strand 4 „Informationen bewerten“. Strand 4: Mapping and evaluating the information landscape Strand content
Learning outcomes
Example activities
Example assessment
Identify trusted Select appropriate Students explore a number of source formats resources for your sources – for instance real and spoof websites (e. g. http://www. assignment, discriminating between dhmo.org/) ‐ and consider good how they identify trustworthy quality academic sources sources and other Compare a subject entry in sources Wikipedia with an entry in a Develop evaluative noncurrent encyclopedia criteria for recognizing and discuss their relative value and selecting trustworthy Examine monographs, journals, sources of academic reports and other formats quality in your discipline
Devise a list of criteria for assessing trustworthiness and credibility of source formats Students locate a book, a journal article and a website not on their reading list and consider in pairs therelative value of what they have found to their assignment
Who are the experts in the field? How do we know?
Identify the key experts in your field Analyse what makes an expert in your discipline
Choose a noteworthy author in the discipline and evaluate his/ her impact through citations. Does this author qualify as an expert? Justify.
Tutor feeds back on student evaluation of expertise
Evaluating source material and its appro priateness for your specific purpose
Use information sources appropriately to develop or support your argument Develop evaluative criteria for assessing ways of using source material in your work
Distinguish and discuss how you might use source material (to check facts, to grasp background information, to support your argument, to undermine someone else’s argument (…) look at a sample text and categorise the reasons why they have used source material
Marks in first-year assignments explicitly awarded for appropriate use of evidence and sources
ANCIL betont also den Prozesscharakter des Erwerbs von Informationskompetenz und die Eigenverantwortung der Studierenden. Es enthält auch konkrete Lernziele („learning outcomes“), die an die klassischen Standards angelehnt sind, ergänzt durch Empfehlungen für die Praxis.
Standards der Informationskompetenz – neue Entwicklungen
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USA: Framework for Information Literacy for Higher Education (2015)3 Das Framework for Information Literacy for Higher Education wurde ab März 2013 von einer Task Force der Association of College & Research Libraries (ACRL) entwickelt und im Januar 2015 dem Board of Directors der ACRL zur Genehmigung vorgelegt. Anstelle von Lernzielen und einer Aufzählung von Fähigkeiten besteht dieser Rahmen aus sechs Schwellenkonzepten (threshold concepts), die ergänzt werden durch Wissenspraktiken (knowledge practices) und Dispositionen (dispositions). Nach Meyer & Land4 ist ein Schwellenkonzept ein Portal, das eine neue vorher unzugängliche Denkweise eröffnet. Wissenspraktiken werden in dem Framework definiert als Fähigkeiten, die Lernende aufgrund der Beschäftigung mit einem Schwellenkonzept entwickeln. Dispositionen sind Präferenzen und Fähigkeiten, die Präferenzen in die Realität umzusetzen. Das Framework der ACRL setzt also eine große Eigenverantwortung aller Beteiligten beim Prozess des Erwerbs von Informationskompetenz voraus. Lernziele müssen individuell entwickelt werden und sind nicht allgemeingültig aus klar festgelegten Standards ableitbar. Studierende haben mehr Eigenverarbeitung bei der Erzeugung von und beim Umgang mit Wissen, Dozierende haben mehr Eigenverantwortung bei der Ausarbeitung und Umsetzung von Lernplänen, Bibliothekarinnen und Bibliothekare haben mehr Eigenverantwortung bei der Entwicklung eines spezifischen Angebots und der Intensivierung der Zusammenarbeit mit den Fakultäten. Die sechs Schwellenkonzepte des ACRL-Framework lauten: – Autorität ist konstruiert und kontext-abhängig (Authority is constructed and contextual). – Die Erzeugung von Information ist ein Prozess (Information creation as a process). – Der Wert von Information (Information has value). – Forschung ist Fragen (Research as inquiry). – Wissenschaft ist Austausch (Scholarship as conversation), – Suchen ist strategische Entdeckung (Searching as strategic exploration). Auch hier soll mit dem Schwellenkonzept „Forschung ist Fragen“ anhand eines Beispiels der Zusammenhang zwischen Schwellenkonzepten, Wissenspraktiken und Dispositionen verdeutlicht werden:
3 http://www.ala.org/acrl/standards/ilframework (Stand: 01.10.2015). 4 Threshold Concepts and Transformational Learning. Ed. by Jan H. F. Meyer [u. a.]. Rotterdam: Sense Publishers 2010.
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Fabian Franke
Threshold concept: Research as Inquiry Description: Research is iterative and depends upon asking increasingly complex or new questions whose answers in turn develop additional questions or lines of inquiry in any field. Experts see inquiry as a process that focuses on problems or questions in a discipline or between disciplines that are open or unresolved. Experts recognize the collaborative effort within a discipline to extend the knowledge in that field. Many times, this process includes points of disagreement where debate and dialogue work to deepen the conversations around knowledge. This process of inquiry extends beyond the academic world to the community at large, and the process of inquiry may also focus upon personal, professional, or societal needs. The spectrum of inquiry ranges from asking simple questions that depend upon basic recapitulation of knowledge, to increasingly sophisticated abilities to refine research questions, use more advanced research methods, and explore more diverse disciplinary perspectives. Novice learners acquire strategic perspectives on inquiry and a greater repertoire of investigative methods.
Knowledge Practices Learners who are developing their information literate abilities – formulate questions for research based on information gaps or reexamination of existing, possibly conflicting, information; – determine an appropriate scope of investigation; – deal with complex research by breaking complex questions into simple ones; – limiting the scope of investigations; use a variety of research methods, based on need, circumstance, and type of inquiry; – monitor gathered information and assess for gaps or weaknesses; organize information in meaningful ways; – synthesize ideas gathered from multiple sources; and – draw reasonable conclusions based on the analysis and interpretation of information.
Dispositions Learners who are developing their information literate abilities – consider research as open-ended exploration and engagement with information; – appreciate the fact that a question may appear to be very simple, but still disruptive and important to research; – value intellectual curiosity in developing questions and learning new investigative methods;
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– maintain both an open mind and a critical stance; value persistence, adaptability, and flexibility, and recognize that ambiguity can be beneficial in the research process; – seek multiple perspectives during information gathering and assessment; – seek appropriate help when needed; – follow ethical and legal guidelines in gathering and using information; and – demonstrate intellectual humility (i. e. recognize their own intellectual or experiential limitations). Scholarship. Das Beispiel macht sehr deutlich, dass das Framework keine fertigen Konzepte auf Basis vorgegebener Lernziele enthält, sondern vielmehr Optionen für die Integration in die individuellen Lernprozesse aufzeigt.
Fazit und Ausblick Standards der Informationskompetenz befinden sich derzeit national und international in einer Phase der Neuformulierung und Neuausrichtung. In Deutschland konzentrieren wir uns darauf, einen gemeinsamen Referenzrahmen für alle Bildungsebenen zu entwickeln. Die Bezeichnung der verschiedenen Niveaustufen entspricht derjenigen des allgemein anerkannten Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für den Sprachenerwerb. In Großbritannien und den USA wird nach einer vollkommen neuen Form der bisherigen Standards gesucht. Sie sollen nicht einzelne Lernziele und Fähigkeiten definieren, sondern den eigenverantwortlichen Lernprozess der Studierenden unterstützen. Inwieweit die Einbindung von Threshold Concepts in das Framework der Association of College and Research Libraries in den USA die Bibliotheken bei der Entwicklung ihrer Angebote unterstützen kann, wird derzeit kontrovers diskutiert. Aber auch in Deutschland muss sich noch zeigen, ob der gemeinsame Referenzrahmen eine breite Akzeptanz in Schulen und Hochschulen, bei Lehrerinnen und Lehrern, Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern und Bibliothekarinnen und Bibliothekaren aus verschiedenen Bibliothekstypen erfahren wird. Er bietet aber auf jeden Fall die Chance für eine gemeinsame Vorgehensweise zur Förderung von Informationskompetenz in Deutschland.
Andreas Klingenberg
Referenzrahmen Informationskompetenz für alle Bildungsebenen Abstract: Der Referenzrahmen Informationskompetenz stellt Informationskompetenz in mehreren Teilkompetenzen auf unterschiedlichen Niveaustufen dar. Damit steht sowohl für den einzelnen Lernenden und als auch für Anbieter von Veranstaltungen zur Informationskompetenz ein einheitlicher Bezugsrahmen für alle Bildungsebenen zur Verfügung. Der Beitrag stellt Entstehung, Struktur und Anwendungsmöglichkeiten des Referenzrahmens Informationskompetenz dar. Keywords: Informationskompetenz, Information Literacy, Referenzrahmen, Framework, Rahmenplan, Curriculum, Lernziel, Niveau, Standards der Informationskompetenz, Lebenslanges Lernen
Förderung von Informationskompetenz: heterogen und unübersichtlich Unter Bibliothekarinnen und Bibliothekaren gibt es unterschiedliche Arten zu beschreiben, was es heißt, informationskompetent zu sein: von reinen Definitionen des Begriffs Informationskompetenz über regionale und nationale Standards bis hin zu Spiralcurricula Öffentlicher Bibliotheken. Jede diese Herangehensweisen ist für verschiedene Phasen des Lernens gedacht und in unterschiedlichen Detailierungsgraden ausformuliert, je nach Zielgruppe und Bibliothekstyp. Der Begriff „Informationskompetenz“ hatte trotzdem lange wenig Ausstrahlung über die bibliothekarische Welt hinaus. Lehrende an Schulen und Hochschulen kannten den Begriff anfangs kaum1, obwohl es natürlich eine Vielzahl an Überschneidungen mit Schlüsselkompetenzen, Lern- und Arbeitstechniken und zum wissenschaftlichen Arbeiten gibt.
1 Erste verlässliche Hinweise auf eine positive Entwicklung sind beschrieben in Gapski, Harald u. Thomas Tekster: Informationskompetenz in Deutschland. Überblick zum Stand der Fachdiskussion und Zusammenstellung von Literaturangaben, Projekten und Materialien zu einzelnen Zielgruppen. Düsseldorf: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen 2009. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/ Dipl.-Inform.wirt (FH) Andreas Klingenberg. Seit 2005 Lehrbeauftragter und Dozent im Bereich Wissenschaftliches Arbeiten und Informationskompetenz. 2006 bis 2012 Leiter der Fachbibliotheken Detmold und Höxter der Hochschule Ostwestfalen-Lippe. Seit 2012 Leiter der Bibliothek der Hochschule für Musik Detmold. Vorstandsmitglied von INFOKOS – Informationskompetenz für Schüler e. V. von 2006 bis 2014. Vorträge, Workshops und Fortbildungen zur Informationskompetenz. Seit 2012 Mitglied der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv.
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Ähnliche Probleme hatte es lange Zeit auch im Bereich des Fremdsprachenerwerbs gegeben, wo sowohl Schulen und Universitäten, als auch Einrichtungen der außerschulische Bildung und Erwachsenenbildung verschiedene Kurse und Zertifikate anboten. Durch die Erarbeitung des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen2 konnten einige dieser Hindernisse erfolgreich überwunden werden. Diesem guten Beispiel folgend startete die Kommission Bibliothek und Schule des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) 2010 eine Initiative zur Schaffung eines vergleichbaren Werkzeugs für die Vermittlung von Informationskompetenz in Deutschland: Den Referenzrahmen Informationskompetenz. Im Jahre 2011 wurde im Rahmen des 100. Deutschen Bibliothekartages in Berlin der erste vollständige Entwurf der Fachöffentlichkeit vorgestellt3. Es folgten zahlreiche Workshops für Öffentliche Bibliotheken und Schulbibliotheken. Parallel entstanden mehrere Arbeitshefte der Reihe „Selbständig lernen durch Recherche“4, die auf dem Referenzrahmen Informationskompetenz basieren sowie weitere Anwendungen in der Praxis, z. B. durch die Stadtbücherei Warendorf5. Interesse am Konzept des Referenzrahmens Informationskompetenz gab es auch im Ausland, von Belgien6, über die Schweiz7 und Kamerun8 bis nach Brasilien9.
lfm-nrw/Aktuelle_Forschungsprojekte/Informationskompetenz_in_Deutschland_August_09.pdf (Stand: 29.07.2015). 2 Goethe-Institut: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen. Lernen, lehren, beurteilen. http://www.goethe.de/z/50/commeuro/deindex.htm (Stand: 28.07.2015). 3 Klingenberg, Andreas: Klare Niveau-Zuordnung als Ziel. Entwurf eines gemeinsamen Referenzrahmens Informationskompetenz. In: BuB 64 (2012) H. 2. S. 147–148. 4 Z. B. Pausch, Marion [u. a.]: Selbständig lernen durch Recherche. Klasse 5/6. mit 13 Arbeitsblättern. Hannover: Transfer Medien; Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen an der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover 2011 (Cheopps 1). 5 Klingenberg, Andreas: Der Referenzrahmen Informationskompetenz für die Praxis. Starthilfe für die gemeinsame Vermittlung dieser Schlüsselqualifikation. urn:nbn:de:0290-opus-12251 (Stand: 16.09.2015). 6 Der „Rahmenplanorientierte Leitfaden zur Vermittlung der Informations- und Medienkompetenz (IMK)“ des Ministeriums der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens basiert zum Teil auf dem Referenzrahmen Informationskompetenz. http://www.bildungsserver.be/desktopdefault.aspx/tabid2515/(Stand: 16.09.2015). 7 Bernasconi, Cécile: Ist die Informationskompetenz an Schweizer Gymnasien angekommen? urn:nbn:de:0290-opus4-19869 (Stand: 16.09.2015). 8 Uwe Jung, Leiter der Bibliothek des Goethe-Instituts Yaounde, Kamerun hat mit seinem Beitrag „Compétence informationelle“ 2011 eine vollständige Übersetzung des Referenzrahmens Informationskompetenz ins Französische angefertigt. 9 Klingenberg, Andreas: Competência Informacional e Midiática para Jovens. Porto Alegre 2012. Vortrag im Rahmen der Buchmesse sowie Workshop an der Faculdade de Biblioteconomia e Comunicação der Universidade Federal do Rio Grande do Sul. Siehe https://forumbibliotecasrs.wordpress. com/2012/10/31/palestra-e-workshop-andreas-klingenberg/(Stand: 18.09.2015).
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Andreas Klingenberg
2012 beauftragten die Vorstände des Vereins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare (VDB) und des Deutschen Bibliotheksverbandes (dbv) die Gemeinsame Kommission Informationskompetenz mit der Weiterentwicklung des Referenzrahmens für alle Bildungsebenen.
Der Referenzrahmen Informationskompetenz Seit der Veröffentlichung der wenig zufriedenstellenden deutschen Ergebnisse der PISA-Studie im Jahr 2000 und der SteFi-Studie im Jahr 2001 betonen Bibliothekarinnen und Bibliothekare gerne die Bedeutung ihrer Bibliotheken als Lernorte. Es fand tatsächlich auch ein Paradigmenwechsel in der Rolle der Bibliothekarin und des Bibliothekars statt, die sich seitdem mehr und mehr als Lehrende und Unterstützer von Lernprozessen verstanden wissen wollen. Aber Bibliothekarinnen und Bibliothekare sowie Lehrerinnen und Lehrer sprechen unterschiedliche Sprachen, zumindest wenn es um die Vermittlung von Informationskompetenz geht: Während Letztere über Bildungsstandards streiten, diskutieren die Erstgenannten unterschiedliche Definitionen von Informationskompetenz; während Lehrerinnen und Lehrer ein Methodencurriculum entwerfen, verabschieden Bibliothekarinnen und Bibliothekare Standards der Informationskompetenz. Am ehesten sprechen beide Gruppen noch eine ähnliche Sprache, wenn es um Spiralcurricula geht. Eines der Hauptanliegen des Referenzrahmens Informationskompetenz ist es daher, eine gemeinsame Sprache für beide Professionen zu finden und nicht weiter aneinander vorbei zu reden. Die Struktur des Referenzrahmens basiert einerseits auf Teilkompetenzen der Informationskompetenz und andererseits auf unterschiedlichen Niveaustufen. Der erste Schritt zur Entwicklung eines Referenzrahmens ist es daher, Teilkompetenzen der Informationskompetenz zu bestimmen.
Fünf Teilkompetenzen Die Definition von Informationskompetenz der Association of College and Research Libraries (ACRL) von 1989 hat breite Akzeptanz gefunden und beschreibt vier Teilkompetenzen: „To be information literate, a person must be able to recognize, when information is needed and have the ability to locate, evaluate, and use effectively the needed information.“10 Der Referenzrahmen Informationskompetenz umfasst
10 Association of College and Research Libraries: Presidential Committee on Information Literacy. Final Report. Washington, D. C. 1989. http://www.ala.org/acrl/publications/whitepapers/presidential (Stand: 13.07.2015).
Referenzrahmen Informationskompetenz für alle Bildungsebenen
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fünf Teilkompetenzen mit deutlich anderer Fokussierung: „Recognize“ und „locate“ sind zu „Suchen“ zusammengefasst; die Teilkompetenz „evaluate“ wird zu „Prüfen“ und die vierte, sehr weit gefasste Teilkompetenz „use“ ist durch die Schaffung der Teilkompetenzen „Wissen“, „Darstellen“ und „Weitergeben“ noch feiner aufgegliedert (Tabelle 1). Tab. 1: Beziehung der Begriffe der ACRL-Definition und der Teilkompetenzen des Referenzrahmens Informationskompetenz. ACRL 1989
Referenzrahmen Informationskompetenz
Recognize
Suchen
Locate Evaluate
Prüfen
Use
Wissen Darstellen Weitergeben
Während die Kombination von „recognize“ und „locate“ zu „Suchen“ nur eine Zusammenfassung und Vereinfachung ist, stellt die Aufteilung von „use“ in „Wissen“, „Darstellen“ und „Weitergeben“ eine qualitative Differenzierung dar. „Wissen“ meint hier den eigentlichen Lernprozess, also das Aneignen von neuem Wissen, welcher von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren manchmal vernachlässigt wurde, weil dieser seit jeher zentraler Tätigkeitsbereich der Lehrer ist. Aber wie nützlich sind Initiativen zur Vermittlung von Informationskompetenz, wenn der Kernprozess des Lernens mehr oder weniger ignoriert wird? Der nächste Schritt zur Schaffung eines Referenzrahmens Informationskompetenz besteht darin, die Inhalte der Teilkompetenzen weiter auszuarbeiten. Daher ist jede der fünf Teilkompetenzen in vier Arbeitsschritte oder Kriterien untergliedert, um deutlich beschreiben zu können, was es heißt, informationskompetent zu sein (Tabelle 2). Tab. 2: Das Basisraster des Referenzrahmens Informationskompetenz (Version 1). Suchen
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Wissen
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Wissensbedarf formulieren
Thematische Relevanz
Formulieren
Einfachheit
Nutzungsbedingungen klären
Quellen finden
Sachliche Richtigkeit
Vergleichen
Semantische Redundanz
Zitate kennzeichnen
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Andreas Klingenberg
Tab. 2(fortgesetzt) Suchen
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Quellen auswählen
Wissen
Darstellen
Weitergeben
Formale Richtigkeit Einordnen
Kognitive Strukturierung
Quellen nennen
Informationen isolieren
Vollständigkeit
Strukturieren
Kognitiver Konflikt
Netzwerke nutzen
Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Die vierte Teilkompetenz „Darstellen“ verwendet als Kriterien die Dimensionen der Verständlichkeit von Unterrichtstexten wie sie von Norbert Groeben erstmals 1972 beschrieben wurden11. Eine gute Durchmischung dieser vier Kriterien führt demnach zu verbesserter Verständlichkeit von Texten: – Stilistische Einfachheit bedeutet kurze Satzteile, aktive Verben und aktiv-positive Formulierungen zu verwenden sowie Nominalisierungen zu vermeiden. Weitere Kriterien sind die Verwendung persönlicher Wörter und die Vermeidung von Satzverschachtelungen. – Semantische Redundanz bedeutet keine wörtlichen, sondern sinngemäßen Wiederholungen wichtiger Textinformationen zu verwenden sowie Weitschweifigkeit zu vermeiden. – Kognitive Strukturierung bedeutet die Verwendung von Strukturierungen, Hervorhebungen sowie das Einfügen von Zusammenfassungen und Beispiele, weiterhin das Herausarbeiten von Unterschieden und Ähnlichkeiten. – Kognitiver Konflikt bedeutet die Betonung von Neuheiten und Überraschungen, von Inkongruenzen sowie das Aufzeigen alternative Problemlösungen und das Stellen von Fragen. Da sich der Referenzrahmen Informationskompetenz auch an den einzelnen Lernenden richtet, zum Beispiel um einschätzen zu können, wie informationskompetent sie oder er ist, lassen sich die Arbeitsschritte und Kriterien auch als Fragen oder leicht verständliche Bezeichnungen darstellen (Tabelle 3).
11 Groeben, Norbert: Die Verständlichkeit von Unterrichtstexten. Dimensionen und Kriterien rezeptiver Lernstadien. Münster: Aschendorff 1972 (Arbeiten zur sozialwissenschaftlichen Psychologie 1) sowie Christmann, Ursula u. Norbert Groeben: Dimensionen der Textverständlichkeit. Verständlichkeitsstrategien. In: Handbuch Lesen. Hrsg. von Bodo Franzmann [u. a.]. München: Saur 1999. S. 183– 191.
Referenzrahmen Informationskompetenz für alle Bildungsebenen
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Tab. 3: Das Basisraster des Referenzrahmens Informationskompetenz (Version 2). Suchen
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Wissen
Darstellen
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Was will ich wissen?
Passt das zum Thema?
In eigenen Worten ausdrücken
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Wie darf ich es nutzen?
Wo könnte ich es finden?
Ist das wahr?
Mit anderen Infos vergleichen
Variiert
Wer hat es geschrieben?
Wo steht es?
Ist das richtig geschrieben?
In einen Zusammenhang einordnen
Geordnet
Woher stammt es?
Was steht da?
Ist das alles?
Mehrere Infos sinnvoll verknüpfen
Überraschend
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Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Beide Raster können zur Beschreibung von Informationskompetenz allgemein, aber auch zur Beschreibung von Aktivitäten zur Vermittlung von Informationskompetenz von Bibliotheken, Schulen und Hochschulen genutzt werden. Da beide Raster jeweils dieselben Sachverhalte beschreiben, können sie unabhängig voneinander oder auch parallel verwendet werden, je nach Situation. Die fünf Teilkompetenzen Suchen, Prüfen, Wissen, Darstellen, Weitergeben sollten immer auch als Abfolge eines Prozesses zur Aneignung von neuem Wissen, als Schritte eines Lernprozessen betrachtet werden (Abbildung 1). Suchen
Prüfen
Wissen
Darstellen
Weitergeben
Abb. 1: Prozess der Aneignung neuen Wissens.
Der ideale Prozess verläuft linear vom Suchen neuer Informationen über das Prüfen der Ergebnisse zur Integration neuen Wissens in den eigenen Wissensbestand, um das Produkt schließlich verständlich darzustellen und weiterzugeben, sei es als Text oder als Vortrag oder als Lehrveranstaltung. Tatsächlich verläuft dieser Prozess rekursiv. Wenn beispielsweise die gefundenen Informationen die Prüfung nicht bestehen, wird in der Praxis ein neuer, modifizierter Suchprozess erforderlich sein. Nachdem die fünf Teilkompetenzen beschrieben und in jeweils vier Arbeitsschritte bzw. Kriterien aufgegliedert sind, muss der Referenzrahmen nun auf verschiedene Niveaustufen abgebildet werden.
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Sechs Niveaustufen Der Referenzrahmen Informationskompetenz basiert auf der Grundidee, in unterschiedlichen Niveaustufen beschreiben zu können, was es heißt, informationskompetent zu sein. Wie der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen ist er in sechs Niveaustufen von A1 bis C2 unterteilt12 (Abbildung 2). Die Niveaustufe A bildet beginnend mit der Grundschule die Elementare Informationskompetenz. Auf dieser Ebene erhält der Lernende einen ersten Einblick in Aspekte der Informations- und Problemlösungskompetenz, dazu zählt auch die Lesekompetenz. Vom Lernenden wird beispielsweise erwartet, eine einfache Frage mithilfe eines leicht verständlichen Textes zu beantworten, ohne auf eine Unterstützung durch einen Lehrer oder Bibliothekar verzichten zu müssen. Die Selbständige Informationskompetenz der Niveaustufe B wird mit Beendigung der Weiterführenden Schule erreicht. Selbständig meint hier vor allem, weitgehend ohne Unterstützung durch Lehrer oder Bibliothekar zu handeln, d. h. suchen und schreiben zu können. Die Niveaustufe C beschreibt die Nachhaltige Informationskompetenz auf der Grundlage akademischer Bildung, Fort- und Weiterbildung sowie allgemein im Sinne des Lebenslangen Lernens. Diese Stufe der Informationskompetenz kann insofern als nachhaltig bezeichnet werde, als der Lernende in der Lage sein soll, auf dem Laufenden zu bleiben und seine individuelle Informationskompetenz durch Transfer auf neue, unbekannte Situationen und Zusammenhänge immer wieder zu erneuern, zum Beispiel indem bekannte Suchinstrumente für neue Fragestellungen genutzt oder unbekannte Suchinstrumente selbständig erschlossen werden. Jede der genannten Niveaustufen ist in zwei jeweils drei Jahre umfassende Stufen unterteilt. Damit wird eine noch differenzierte Beschreibung der Teilkompetenzen und damit die erheblich bessere Passung auf die Stufen einer Lernkarriere ermöglicht.
12 Goethe-Institut: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen. Beschreibung der Gemeinsamen Referenzniveaus. http://www.goethe.de/Z/50/commeuro/303.htm (Stand: 28.07.2015).
Referenzrahmen Informationskompetenz für alle Bildungsebenen
C2 C1 B2 B1 A2 A1
Weiterbildung Studium, Beruf Sekundarstufe II Sekundarstufe I Sekundarstufe I Primarstufe
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Nachhaltige Informationskompetenz
Selbständige Informationskompetenz
Elementare Informationskompetenz
Abb. 2: Die Niveaustufen des Referenzrahmens Informationskompetenz.
Nach Schaffung der grundlegenden Struktur des Basisrasters und der Bestimmung der unterschiedlichen Niveaustufen muss der Referenzrahmen mit praxisbezogenen Deskriptoren gefüllt werden. Da bereits zahlreiche Lehrprogramme von Bibliotheken und Schulen zu einzelnen Aspekten der Informationskompetenz existieren, werden als nächstes diese Konzepte in Hinblick auf ihren Nutzen für den Referenzrahmen Informationskompetenz untersucht. Die in den Konzepten zum Teil sehr verstreut und nur selten eindeutig genannten Aspekte der Informationskompetenz müssen schließlich den verschiedenen Niveaustufen des Referenzrahmens zugeordnet werden.
Informationskompetenz in existierenden Lehrplänen Bei genauem Hinsehen findet man in den Fach-Lehrplänen der einzelnen Bundesländer zahlreiche Ähnlichkeiten und Anknüpfungspunkte an das Konzept der Informationskompetenz, obwohl der Begriff dort nicht ausdrücklich verwendet wird. Es gibt eine Reihe erfolgreicher Ansätze von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, Aspekte der Informationskompetenz in den Lehrplänen der Bundesländer zu identifizieren. Darunter z. B. die Übersicht der Arbeitsstelle Bibliothek und Schule des Büchereivereins Schleswig-Holstein13, das Spiralcurriculum14 und die Curricularen
13 Arbeitsstelle Bibliothek und Schule des Büchereivereins Schleswig-Holstein (Hrsg.): Verankerung der Zusammenarbeit zwischen Bibliotheken und Schulen in den Lehrplänen Schleswig-Holsteins und den Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Rendsburg 2006 (Arbeitsmaterialien der ABS 1). http://www.schulmediothek.de/oeb_und_schule/spiralcurriculum/Schleswig-Holstein.pdf (Stand: 13.07.2015). 14 Schu:Bi-Schule und Bibliothek: Spiralcurriculum. Übersicht über die Schulungsmodule von Klasse 1–12. Oldenburg 2010. http://www.schubi-ol.de/pdf/Spiralcurriculum10_04_09.pdf (Stand: 13.07.2015).
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Andreas Klingenberg
Vorgaben15 der Initiative Schu:Bi für Niedersachsen und das Curriculum der Schulbibliothekarischen Arbeitsstelle Frankfurt am Main16 für Hessen sowie die Arbeit zur Informationskompetenz an Schulen von Esther Krähwinkel17. Gemeinsam ist den bibliothekarischen Ansätzen der starke Fokus darauf, Lehrerinnen und Lehrer von der Nutzung der Bibliotheken für den Unterricht zu überzeugen. Da die Schulen gezwungen sind, die Anforderungen der Lehrpläne zu erfüllen, können sich die Bibliotheken mit ihren Angeboten als Partner anbieten und Lernprozesse direkt unterstützen. So liefern diese Konzepte tatsächlich gute Argumente für den Besuch der Bibliothek. Basierend auf diesen Konzepten sind die Deskriptoren des Referenzrahmens in ihren fünf Teilkompetenzen mit jeweils vier Arbeitsschritten oder Kriterien in je sechs Niveaustufen ausformuliert. Der Referenzrahmen besteht damit insgesamt aus sechs Tabellen mit jeweils 20 Deskriptoren.
Deskriptoren mit fünf Eigenschaften Nach dem Vorbild des Gemeinsamen Referenzrahmens für Sprachen müssen die Deskriptoren folgende fünf Eigenschaften18 aufweisen: – Positive Formulierungen, – Bestimmtheit/Eindeutigkeit, – Klarheit, – Kürze, – Unabhängigkeit. Am Beispiel des Arbeitsschritts „mit anderen Informationen vergleichen“ der Teilkompetenz „Wissen“ werden die o. g. Kriterien deutlich (Tabelle 4): Die Deskriptoren beschreiben keine Defizite der Lernenden, sondern benennen, welche Kompetenzen jemand bereits besitzt. Sie sind eindeutig formuliert, und vermeiden damit Fehlinterpretationen. Sie sind weiterhin kurz und klar formuliert, kommen beispielsweise ohne Fachsprache aus: Da sich der Referenzrahmen Informationskompetenz gerade
15 Schu:Bi-Schule und Bibliothek: Curriculare Vorgaben (CuVo) des Niedersächsischen Kultusministeriums und der Kultusministerkonferenz der Länder zur Einbeziehung von Bibliotheken in den Unterricht. Oldenburg. http://www.schubi-ol.de/pdf/SpiralcurriculumCUVO10_04_09.pdf (Stand: 13.07.2015). 16 Hofmann, Helga (Hrsg.): sba-Curriculum. Bibliotheksziele und Praxisbausteine (Jahrgangsstufe 1–10). Frankfurt a. M.: Stadtbücherei Frankfurt am Main, Schulbibliothekarische Arbeitsstelle 2009. 17 Krähwinkel, Esther: Informationskompetenz und Schulen. Studie im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis. Frankfurt a. M.: DGI 2007. 18 Goethe-Institut: Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen. Die Entwicklung von Deskriptoren der Sprachkompetenz. www.goethe.de/z/50/commeuro/a.htm (Stand: 28.07.2015).
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auch an Nicht-Bibliothekare wendet, wurden Fachbegriffe wie OPAC usw. vermieden. Und schließlich ist jeder einzelne Deskriptor unabhängig von anderen Deskriptoren verständlich. Tab. 4: Formulierung von Deskriptoren am Beispiel des Arbeitsschritts „Vergleichen“ der Teilkompetenz „Wissen“. Nachhaltige C 2 Aus neuen Informationen unterschiedlicher Quellen und Informationskompetenz Vorwissen eine eigene Haltung entwickeln C 1 Neue Informationen und Bekanntes durch weitere Quellen in einen größeren Zusammenhang stellen Selbständige B 2 Aus neuer Information und Bekanntem eine eigenständige Informationskompetenz Aussage formulieren B 1 Aus neuer Information und Bekanntem eine Aussage zu einer vorgegebenen Frage formulieren Elementare A 2 Eine neue Information mit dem bereits Bekannten vergleichen Informationskompetenz A 1 Eine neue Information erkennen
Das folgende Beispiel verdeutlicht, wie der Referenzrahmen Informationskompetenz dazu genutzt werden kann, Aktivitäten zur Vermittlung von Informationskompetenz zu beschreiben und in einem Gesamtzusammenhang zu verorten.
Ein Praxisbeispiel für die Grundschule: Das Klassen-Tierbuch19 Schülerinnen und Schüler sollen Informationen zu ihrem individuellen Lieblingstier suchen. Ziel ist es, später gemeinsam ein Nachschlagewerk zu allen Lieblingstieren der Klasse zu erstellen. Der Suchprozess wird geleitet und unterstützt durch einen vorgegebenen Tiersteckbrief, für den die folgenden Informationen gefunden werden müssen: – Name des Tieres, – Eine Abbildung, – Mein Tier lebt in …,
19 Niedersächsisches Kultusministerium, Landesverband Niedersachsen im Deutschen Bibliotheksverband: Schule, Tageseinrichtung für Kinder, Bibliothek. Ein Wegweiser zur Zusammenarbeit. Hannover 2006. http://www.schulmediothek.de/oeb_und_schule/spiralcurriculum/Niedersachsen.pdf (Stand: 13.07.2015).
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– Mein Tier ernährt sich von …, – Mein Tier … legt Eier. Als Erstes müssen sich die Schülerinnen und Schüler für ein Lieblingstier entscheiden. Zum Ausfüllen des Tiersteckbriefes kann anschließend z. B. die Schulbibliothek aufgesucht werden, um passende Bücher zu finden, die wahrscheinlich die gesuchten Antworten liefern. Damit ist durch diese Übung bereits ein Aspekt des Basisrasters abgedeckt, und zwar der Arbeitsschritt „Wo könnte ich es finden?“ der Teilkompetenz „Suchen“ (Tabelle 4). Tab. 4: Hervorgehoben sind die Teilkompetenzen, die im Beispiel des „Tier-Klassenbuches“ thematisiert werden. Suchen
Prüfen
Wissen
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Einfach
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Wo steht es?
Ist das richtig geschrieben?
In einen Zusammenhang einordnen
Geordnet
Was steht da?
Ist das alles?
Mehrere Infos sinnvoll verknüpfen
Überraschend
Arbeitsschritte
Kriterien
Arbeitsschritte
Kriterien
Als nächstes gilt es zu entscheiden, welches der gefundenen Bücher wahrscheinlich die benötigten Informationen enthält. Jedes Buch muss also geprüft werden, zum Beispiel indem man die Seiten überfliegt, das Inhaltsverzeichnis ansieht oder das Register nutzt. An dieser Stelle muss die Schülerin oder muss der Schüler entscheiden, ob die Inhalte bei der Beantwortung der Fragen helfen bzw. – um bei der Formulierung des Basisrasters aus der Teilkompetenz „Prüfen“ zu bleiben – eine Antwort auf die Frage „Passt das zum Thema?“ geben. Als dritten Schritt müssen die neuen Erkenntnisse in den eigenen Wissensbestand integriert werden. Zumeist wird Schreiben die am besten geeignete Aktivität in dieser Phase des Prozesses sein. Durch das Notieren der neuen Informationen können diese bereits erlernt oder zumindest besser memoriert werden. Im Falle des Tier-Klassenbuches werden die neuen Informationen in die Lücken des Tier-Steckbriefes eingetragen, die Schülerinnen und Schüller müssen entsprechen der Teilkompetenz „Wissen“ des Basisrasters die neuen Informationen „In einen Zusammenhang einordnen“. Der letzte Schritt besteht darin, eine kurze Präsentation vor der Klasse zu erarbeiten und das eigene Lieblingstier mit seinen ganz besonderen Eigenschaften vorzustellen. Unvorhergesehene oder auch lustige Details gehören dazu, denn diese können
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von den Zuhörern besser behalten werden; das „Darstellen“ soll „überraschend“ erfolgen. Das Beispiel zeigt, wie einfach mit Hilfe des Referenzrahmens überprüft werden kann, welche Anteile an der Vermittlung von Informationskompetenz derartige Aktivitäten haben. Darüber hinaus können Bibliothekarinnen und Bibliothekare sowie Lehrerinnen und Lehrer somit reibungslos eine Arbeitsteilung vereinbaren.
Der Referenzrahmen für alle Bildungsebenen Ausgehend von den Niveaustufen A 1 bis B 2, welche die Primarstufe und die Sekundarstufen I und II umfassen, sind vor allem die Standards der Informationskompetenz für Studierende20, die 2009 vom dbv verabschiedet wurden, Vorbild für die Niveaustufe C 1. Diese waren auch Anlass, die fünfte Teilkompetenz „Weitergeben“ in den Referenzrahmen Informationskompetenz zu integrieren21. Darüber hinaus sind Dokumente, wie die 2008 von der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA) veröffentlichten Richtlinien zur Informationskompetenz für Lebenslanges Lernen22 bei der Ausformulierung der Niveaustufe C 2 berücksichtigt. Es bleibt zu hoffen, dass der Referenzrahmen Informationskompetenz23 die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen kann. Dazu bedarf es u. a. des Engagements der Bibliotheksverbände, vertreten beispielsweise durch die Gemeinsame Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv, aber auch jedes einzelnen Bibliotheksbeschäftigten. Die Entwicklungen in anderen Ländern, z. B. in Großbritannien mit dem „Digital and information literacy framework“24 oder dem „Framework for Information Literacy for Higher Education“25 der ACRL in den USA, zeigen deutlich, dass wir uns auch im internationalen Vergleich auf einem guten Weg befinden.
20 Deutscher Bibliotheksverband: Standards der Informationskompetenz für Studierende. 2009. http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Kommissionen/Kom_Dienstleistung/Publikationen/Standards_Infokompetenz_03.07.2009_endg.pdf (Stand: 13.07.2015). 21 Klingenberg, Andreas: Referenzrahmen hoch 5. Informationskompetenz für alle Bildungsebenen. urn:nbn:de:0290-opus4-19147 (Stand: 29.07.2015). 22 Lau, Jesús: Richtlinien zur Informationskompetenz für Lebenslanges Lernen. 2008. http://www. ifla.org/files/assets/information-literacy/publications/ifla-guidelines-de.pdf (Stand: 13.07.2015). 23 Den vollständigen Referenzrahmen Informationskompetenz finden Sie auf www.informationskompetenz.de. 24 Reedy, Katharine & Robin Goodfellow: Digital and information literacy framework. http:// www.open.ac.uk/libraryservices/subsites/dilframework/dilframework_view_by_level.pdf (Stand: 08.09.2015). 25 Association of College and Research Libraries (ACRL): Framework for Information Literacy for Higher Education. http://acrl.ala.org/ilstandards/(Stand: 08.09.2015).
Anne-Kathrin Mayer
Empirische Erfassung von Informationskompetenz Abstract: In Forschung und Anwendungspraxis werden Verfahren zur empirischen Erfassung von Informationskompetenz benötigt, um beispielsweise Theorien und Modelle zu überprüfen oder Schulungsveranstaltungen systematisch zu evaluieren. Das Kapitel gibt einen Überblick verschiedener Erhebungsmethoden (Selbst- und Fremdeinschätzungsverfahren, Leistungstests), stellt Gütekriterien dar, die für ihre Beurteilung herangezogen werden können, und erläutert das Vorgehen bei der Konstruktion solcher Verfahren. Keywords: Reliabilität, Validität, Normierung, Wissenstests, Fragebögen, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, Multimethodale Diagnostik
Ziele der empirischen Erfassung von Informationskompetenz Die Erfassung von Informationskompetenz kann der Beschreibung des Kompetenzniveaus und der Ermittlung des Schulungsbedarfs bestimmter Gruppen (z. B. Studierende, Wissenschaftler/innen) dienen. In der bibliothekarischen Praxis erfolgt sie meist, um die Wirksamkeit von Schulungsveranstaltungen nachzuweisen und zu optimieren. Informationskompetenztests erlauben es ferner, Teilnehmende gezielt Kursen auf unterschiedlichen Niveaustufen zuzuweisen oder Schulungsinhalte auf den Lernbedarf abzustimmen. Letzteres bietet sich insbesondere für Online- oder Blended Learning-Kurse an, in denen aus den Ergebnissen von Vortests individualisierte Empfehlungen für die Auswahl der Lernmaterialien abgeleitet werden können.1 Schließlich ist die Überprüfung von Theorien und Modellen der Informationskompetenz durch empirische Forschungsarbeiten unverzichtbar. Die Ergebnisse dieser
1 Leutner, Detlev: Instructional design principles for adaptivity in Open Learning Environments. In: Curriculum, plans, and processes in instructional design. Ed. by Norbert M. Seel & Sanne Dijkstra. Mahwah: Erlbaum 2004. S. 289–307. Dr. Anne-Kathrin Mayer, Diplom-Psychologin (1994), Promotion zur Dr. rer. nat. (2001). Seit 2012 Ressortleiterin Forschung am ZPID – Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation. Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: Psychologische Diagnostik und Testkonstruktion, Messung und Förderung von Informationskompetenz, Analysen des Informationsverhaltens über die Lebensspanne.
Empirische Erfassung von Informationskompetenz
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Arbeiten fließen wiederum in die Anwendungspraxis ein, die mit ihrer Hilfe fundierter, zielgerichteter und so letztlich erfolgreicher gestaltet werden kann.
Erhebungsmethoden im Überblick Informationskompetenz kann grundsätzlich mittels objektiver oder subjektiver Verfahren erfasst werden. Fragebögen oder Interviews, die Selbstbeurteilungen oder Fremdeinschätzungen (z. B. durch Lehrende) erheben, werden als subjektive Verfahren bezeichnet, da die gewonnenen Antworten lediglich persönliche Sichtweisen widerspiegeln. Das Niveau der Informationskompetenz wird beispielsweise aus Berichten über das Informationsverhalten erschlossen, d. h. die Fragen beziehen sich darauf, ob bzw. wie häufig die Personen Verhaltensweisen zeigen, die aus Expert/ innensicht als „informationskompetent“ eingestuft werden (z. B. bei der Recherche wissenschaftliche Fachdatenbanken nutzen).2 Alternativ werden direkte Zuschreibungen von Kompetenzen bzw. Selbstwirksamkeitsüberzeugungen3 erhoben: Personen geben auf mehrstufigen Rating-Skalen (z. B. 1 = „stimmt überhaupt nicht“ bis 5 = „stimmt völlig“) an, wie hoch sie ihre Fertigkeiten einschätzen (z. B. „Wenn ich Informationen suche, weiß ich genau, welche Informationsquellen ich heranziehen muss, um relevante Informationen zu meiner Fragestellung zu finden.“). Subjektive Verfahren sind vergleichsweise einfach zu konstruieren und mit geringem Aufwand durchzuführen und auszuwerten. Ihr Kernproblem liegt jedoch darin, dass Personen nur unvollkommen in der Lage sind, ihre Kompetenzen einzuschätzen. Hinzu kommt, dass die Antworten auch absichtlich verfälscht werden können, um sich beispielsweise als besonders kompetent darzustellen. In objektiven Verfahren lassen sich Antworten demgegenüber eindeutig als „richtig“ oder „falsch“ einstufen. Prototypische objektive Verfahren sind Wissenstests mit gebundenem Antwortformat (z. B. Multiple-Choice), in denen die korrekten Lösungen angekreuzt werden müssen. Teilweise kommen auch Fragen, die kurze offene Antworten erfordern, zum Einsatz. Ein Beispiel für ein Multiple-Choice-Item aus einem Test zum Recherchewissen findet sich in Abbildung 1.
2 Timmers, Caroline F. & Cees A. W. Glas: Developing scales for information-seeking behaviour. In: Journal of Documentation (2010). S. 46–69. 3 Behm, Thomas: Informationskompetenz und Selbstregulation. Zur Relevanz bereichsspezifischer Selbstwirksamkeitsüberzeugungen. In: Informationskompetenz im Hochschulkontext – Interdisziplinäre Forschungsperspektiven. Hrsg. von Anne-Kathrin Mayer. Lengerich: Pabst 2015. S. 151–162.
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Anne-Kathrin Mayer
Welche Option ist am sinnvollsten, wenn Literatur nicht in Ihrer (Universitäts-) Bibliothek zu finden ist? □
Bei Bibliotheken in benachbarten Städten anfragen, im Zweifelsfall dort hinfahren.
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Die Literatur per Fernleihe bestellen.
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Es gibt keine Alternative zum Kauf des Buchs/der Zeitschrift.
Abb. 1: Beispielaufgabe aus einem Multiple-Choice-Wissenstest.4
An derartigen Tests wird häufig kritisiert, dass spezifisches (Fakten-)Wissen nicht mit Informationskompetenz im Sinne der Fähigkeit gleichzusetzen sei, dieses Wissen in situationsangemessenes Informationsverhalten umzusetzen. Eine realitätsnähere und dennoch ökonomische Alternative sind Situational Judgment Tests5, 6. Sie bestehen aus kurzen Beschreibungen von Situationen, die informationskompetentes Verhalten erfordern, und jeweils mehreren Verhaltensweisen, die in der Situation gezeigt werden können. Die Aufgabe der Befragten ist es, die in der Situation „kompetenteste“ Verhaltensweise auszuwählen oder jede Verhaltensweise bezüglich ihrer Angemessenheit zu bewerten und die Optionen so in eine Rangreihe zu bringen (Beispiel siehe Abbildung 2). Die Auswertung erfolgt mithilfe eines Antwortschlüssels, der auf Grundlage von Expert/innenurteilen konstruiert wird.
4 Leichner, Nikolas: Multimethodale Erfassung von Informationskompetenz. In: Mayer, Informationskompetenz im Hochschulkontext (wie Anm. 3), hier S. 87. 5 Balceris, Michael: Medien- und Informationskompetenz. Modellierung und Messung von Informationskompetenz bei Schülern. Dissertation. Universität Paderborn 2011. http://digital.ub.uni-paderborn.de/hs/content/titleinfo/326245 (Stand: 01.09.2015). 6 Rosman, Tom [u. a.]: Measuring psychology students‘ information-seeking skills in a situational judgment test format: construction and validation of the PIKE-P test. In: European Journal of Psychological Assessment (2015). Advance online publication. doi:10.1027/1015-5759/a000239 (Stand: 01.09.2015).
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Empirische Erfassung von Informationskompetenz
Sie suchen in einer Fachdatenbank nach Längsschnittstudien („longitudi völlig sehr gut nal study“) zur Wirksamkeit der kognitiven Verhaltenstherapie („cognitive u ngeeignet geeignet behavior therapy“). Wie gehen Sie vor, um möglichst wenige Studien zu 1 2 3 4 5 übersehen? A) Ich führe zwei Suchen nach den Schlagworten (Thesaurusbegriffen) „cognitive behavior therapy“ und „longitudinal studies“ und verknüpfe diese Suchen mit UND.
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B) Ich gebe „cognitive behavior therapy longitudinal“ in die Suchmaske ein.
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C) Ich suche nach dem Schlagwort (Thesaurusbegriff) „cognitive behavior therapy“ und im Datenbankfeld, das die Information über die Untersuchungsmethode enthält (Methodology) nach „Longitudinal Empirical Study“. Dann verknüpfe ich die beiden Suchen mit UND.
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D) Ich suche nach dem Schlagwort (Thesaurusbegriff) „longitudinal study“ und im Datenbankfeld, das die Information über den Forschungsbereich enthält (Classification Codes) nach „Cognitive Therapy“. Dann verknüpfe ich die beiden Suchen mit UND.
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Abb. 2: Beispielaufgabe aus einem Situational Judgement Test.7
Eine noch höhere Realitätsnähe weisen standardisierte Leistungsüberprüfungen auf, in denen praktische Anforderungen gestellt werden, wie sie auch im Bildungs- oder Arbeitskontext zu bewältigen sind. Beispielsweise können Rechercheaufgaben8 vorgegeben oder komplexere Anforderungen wie die Zusammenstellung eines Portfolios oder einer Bibliografie9 gestellt werden. Dabei kann sowohl aus dem Ergebnis (d. h. der Qualität der gefundenen Informationen oder des erstellten Endprodukts) als auch dem beobachteten Vorgehen bei der Bearbeitung (d. h. der Nutzung geeigneter Werkzeuge zur Informationsrecherche und -aufbereitung) auf die Informationskompetenz der Testpersonen geschlossen werden. Voraussetzung hierfür ist wiederum das Vorliegen eines Auswertungsschlüssels, der eindeutige Vorschriften zur Beurteilung des Ergebnisses und / oder des Vorgehens enthält. Da standardisierte Durchführung und Auswertung solcher Aufgaben jedoch vergleichsweise zeitaufwändig sind, werden sie in Forschung und Praxis nur selten eingesetzt.10 Hinzu kommt, dass sie bezüglich der
7 Rosman, Tom u. Peter Birke: Fachspezifische Erfassung von Recherchekompetenz durch prozedurale Wissenstests: Psychologie vs. Informatik. In: Mayer, Informationskompetenz im Hochschulkontext (wie Anm. 3), hier S. 112. 8 Leichner, Nikolas [u. a.]: Assessing information literacy programmes using information search tasks. In: Journal of Information Literacy (2014). S. 3–20. 9 Oakleaf, Megan: Dangers and opportunities: a conceptual map of information literacy assessment approaches. In: portal: Libraries and the Academy (2008). S. 233–253. 10 Prinzipiell können auch Leistungen, die im natürlichen Umfeld erbracht wurden (z. B. schriftliche Hausarbeiten in Schule oder Studium) anhand eines standardisierten Auswertungsschlüssels ausge-
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Gütekriterien (vgl. Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren“) meist ungünstiger abschneiden als Tests mit gebundenen Antwortformaten. Werden die Ergebnisse verschiedener Methoden miteinander verglichen, zeigt sich in der Regel, dass subjektive und objektive Informationskompetenzmaße nur gering miteinander zusammenhängen.11 Informationskompetenz wird daher idealerweise multimethodal, d. h. mithilfe einer Kombination verschiedener Erhebungsverfahren erfasst, so dass verschiedene Beurteilungsperspektiven einander ergänzen.12
Gütekriterien für Erhebungsverfahren Die Qualität von Fragebögen, Tests und Auswertungsschlüsseln wird anhand inhaltlicher und statistischer Kriterien beurteilt. In der so genannten „Klassischen Testtheorie“ wird zwischen Haupt- und Nebengütekriterien unterschieden.13 Die drei Hauptgütekriterien werden mit den Begriffen Objektivität, Reliabilität und Validität bezeichnet. Als wichtigstes Nebengütekriterium ist die Normierung aufzuführen:14 Objektivität: Als „objektiv“ kann ein Verfahren bezeichnet werden, wenn die mit ihm erzielten Ergebnisse unabhängig von der Person sind, die das Verfahren anwendet. Eine wichtige Voraussetzung hierfür bildet seine möglichst weitgehende Standardisierung im Hinblick auf (a) die Durchführung (z. B. präzise Angaben über zulässige Hilfsmittel bei der Bearbeitung oder die erlaubte Bearbeitungszeit), (b) die Anzahl, Formulierung und Abfolge der Fragen oder Testaufgaben, (c) das Antwortformat (gebundene Antworten anstelle freie Formulierungen), (d) die Auswertung (Regeln zur Bewertung einzelner Antworten und ihrer Zusammenfassung zu übergeordneten Werten) und (e) die Interpretation (z. B. Grenzwerte für die Zuordnung zu bestimmten Kompetenzstufen). Reliabilität: Der Begriff der Reliabilität bzw. Zuverlässigkeit bezieht sich auf den Grad der Genauigkeit, mit dem ein Verfahren das interessierende Merkmal erfasst.
wertet werden. Allerdings beeinträchtigt die mangelnde Kontrolle der Untersuchungssituation (z. B. der aufgewendeten Bearbeitungszeit) die Objektivität und Zuverlässigkeit der Ergebnisse (vgl. Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren“). 11 Leichner, Nikolas: Multimethodale Erfassung von Informationskompetenz bei Psychologiestudierenden. Dissertation, Universität Trier 2015. http://ubt.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2015/934/(Stand: 02.09.2015). 12 Rosman, Tom [u. a.]: Combining self-assessments and achievement tests in information literacy assessment: empirical results and recommendations for practice. In: Assessment and evaluation in higher education (2015). S. 740–754. 13 Moosbrugger, Helfried u. Augustin Kelava: Testtheorie und Fragebogenkonstruktion. 2. überarb. Aufl. Berlin: Springer 2012. 14 In der Literatur zur Testkonstruktion finden sich zahlreiche weitere Nebengütekriterien, die aus Platzgründen nicht erläutert werden.
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Die Reliabilität wird in Form statistischer Kennwerte angegeben. Dabei lassen sich mehrere Methoden der Reliabilitätsschätzung unterscheiden (interne Konsistenz, Testhalbierungsreliabilität; Paralleltestreliabilität, Testwiederholungsreliabilität). Jeweils gilt, dass ein Verfahren eine Messgenauigkeit von mindestens .80 aufweisen sollte, wenn auf seiner Grundlage Entscheidungen über einzelne Personen getroffen werden sollen (z. B. Zuweisungen zu Kompetenzstufen). Bei Instrumenten, die ausschließlich für Gruppenvergleiche (z. B. in Evaluationsstudien) verwendet werden, gelten üblicherweise Werte im Bereich von .50 bis .70 noch als akzeptabel.15 Hohe Sorgfalt bei der Aufgabenformulierung, z. B. mit Blick auf Verständlichkeit und Eindeutigkeit, trägt wesentlich zur Sicherung der Reliabilität bei. Validität: Der Begriff Validität (Messgültigkeit) bezeichnet das Ausmaß, in dem ein Verfahren tatsächlich das interessierende Merkmal abbildet. Validität stellt damit das zentrale Gütekriterium eines Erhebungsverfahrens dar, und es gilt möglichst vielfältige Argumente für ihre verschiedenen Aspekte zusammenzutragen: (a) Inhaltsvalidität: Ein Verfahren ist inhaltlich valide, wenn es das interessierende Merkmal entsprechend seiner Definition repräsentativ und angemessen abbildet. Die Inhaltsvalidität wird aus logischen Überlegungen oder Expertenurteilen erschlossen. Einen Spezialfall bildet die curriculare Validität, die im Kontext von Schulungsveranstaltungen relevant ist: Sie ist umso höher, je repräsentativer die Testinhalte für die gemäß Lehrplan vermittelten Kompetenzen sind. (b) Konstruktvalidität: Von hoher Konstruktvalidität kann gesprochen werden, wenn sich mit dem Verfahren empirische Befunde ermitteln lassen, die den theoretischen Annahmen über das interessierende Merkmal entsprechen. Beispielsweise sollten die Ergebnisse von Personen in einem Informationskompetenz-Wissenstest relativ eng mit denen in anderen Leistungstests zur Informationskompetenz zusammenhängen, da beide Tests theoretisch das gleiche Merkmal abbilden (konvergente Validität). Weniger eng sollten z. B. die Zusammenhänge mit einem Intelligenztest ausfallen, da die beiden Merkmale sich gemäß der Theorie unterscheiden (divergente Validität). (c) Kriterienbezogene Validität: Hohe kriterienbezogene Validität weist ein Verfahren dann auf, wenn es mit seiner Hilfe möglich ist, Gruppenzuordnungen oder Bewertungen von Personen vorzunehmen. Wenn ein Informationskompetenztest beispielsweise in der Lage sein soll, Personen(gruppen) mit hoher und niedriger
15 Da es sich bei Informationskompetenz um ein sehr heterogenes Merkmal handelt, werden die genannten Werte mitunter schwer zu erzielen sein. Ein Test kann jedoch trotz niedriger Reliabilitätskennwerte in der Praxis nützlich sein, wenn überzeugende Belege für seine Validität (insbesondere die Inhaltsvalidität, vgl. Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren: Validität“) erbracht werden.
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fachlicher Rechercheerfahrung zu unterscheiden, sollten fortgeschrittene Studierende höhere Testwerte erzielen als Studienanfänger/innen. Besonders wichtig ist hier die prognostische Validität, d. h. die Fähigkeit des Tests, zeitlich später erfasste Leistungen vorherzusagen. So wäre ein fachlicher Informationskompetenztest, den Studierende vor der Anfertigung ihrer schriftlichen Abschlussarbeit absolviert haben, dann prognostisch valide, wenn sein Ergebnis mit der späteren Note der Abschlussarbeit korreliert. Normierung: Die Normierung eines Tests schafft einen Bezugsrahmen, der es erlaubt, individuelle Testergebnisse eindeutig innerhalb der Merkmalsverteilung einer Vergleichsgruppe einzuordnen und damit beispielsweise als „durchschnittlich“, „hoch“ oder „niedrig“ zu klassifizieren. Zur Normierung eines Verfahrens wird dieses einer größeren Gruppe (mindestens 150 Personen), die repräsentativ für die Zielgruppe und den vorgesehenen Einsatzbereich des Verfahrens ist, zur Bearbeitung vorgelegt. Bei einem späteren Einsatz des Verfahrens wird der Testwert einer Person mit der Werteverteilung der Normgruppe verglichen. Eine Normierung ist nicht erforderlich, wenn ein anderweitiger Bezugsrahmen für die Ergebnisinterpretation existiert, d. h. wenn (a) das Testergebnis mit einem inhaltlich begründeten Kriterium verglichen werden soll (z. B. für die „erfolgreiche“ Teilnahme an einer Schulung mindestens 50 % der Aufgaben im abschließenden Wissenstest gelöst werden müssen) oder (b) man lediglich an Gruppenvergleichen interessiert ist (z. B. die Testwerte einer geschulten Gruppe mit denen einer ungeschulten Kontrollgruppe vergleichen will).
Konstruktion von Erhebungsverfahren Die Entwicklung von Leistungstests bzw. Fragebögen erfolgt in einem mehrschrittigen Prozess mit Rückkopplungsschleifen16, der in Abbildung 3 schematisch dargestellt wird. Definition des Messgegenstands: Im ersten Schritt gilt es eine Arbeitsdefinition des zu erfassenden Merkmals zu entwickeln, an der sich die Konstruktion orientieren soll. Beispielsweise ist zu entscheiden, ob Informationskompetenz in ihrer gesamten Breite oder nur in ausgewählten Aspekten (z. B. Recherchekompetenz) erfasst werden soll und ob allgemeine oder fachspezifische Informationskompetenzen den Messgegenstand bilden sollen. Die Festlegungen erfolgen unter Rückgriff auf die einschlägige Fachliteratur, z. B. Standards der Informationskompetenz (siehe Franke, in diesem Band), Theorien und Modelle der Informationskompetenz oder – im Kontext
16 Kemper, Christoph [u. a.]: Testkonstruktion. In Lehrbuch Psychologische Diagnostik. Hrsg. von Gerhard Stemmler u. Jutta Margraf-Stiksrud. Bern: Huber 2015. S. 157–221.
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der Evaluation spezifischer Schulungsveranstaltungen – die vorab festgelegten LehrLernziele; ergänzend kann das Erfahrungswissen von Experten einfließen. Zu präzisieren ist schließlich, in welchen z. B. durch Alter und Bildungsgrad definierten Zielgruppen das Verfahren einsetzbar sein soll (z. B. Studierende, Wissenschaftler/innen) und zu welchem Zweck es benötigt wird (z. B. zur Bestimmung der Merkmalsprägung einzelner Personen oder zum Gruppenvergleich). 1. Definition des Messgegenstands
2. Festlegung des Testformats und Entwicklung eines Testentwurfs
3. Empirische Erprobung des Testentwurfs
4. Analysen der Testgüte
5. Validierung
6. Normierung
Abb. 3: Schritte der Entwicklung eines Erhebungsverfahrens.
Festlegung des Testformats und Entwicklung eines Testentwurfs: Im nächsten Schritt wird die Entscheidung über die Form des Verfahrens getroffen. Zunächst muss festgelegt werden, ob ein subjektives oder ein objektives Verfahren entwickelt werden soll. Im Falle eines objektiven Verfahrens muss zwischen den oben beschriebenen Typen von Leistungsüberprüfungen (z. B. Wissenstest, Situational Judgment Test) entschieden werden. Basierend darauf sind Antwortformat (z. B. gebunden oder offen) und
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Darbietungsmedium (Papier-und-Bleistift-Test oder computerbasiertes Verfahren) zu spezifizieren17. Der nach diesen Vorgaben erstellte erste Testentwurf enthält üblicherweise mehr Fragen bzw. Aufgaben als für die Endfassung vorgesehen. Dies dient zum einen dazu, im Zuge der empirischen Erprobung noch ungeeignete Aufgaben ausschließen zu können. Zum anderen kann es vor allem bei Leistungstests sinnvoll sein, eine größere Menge von Aufgaben zu entwerfen, um daraus mehrere „Paralleltests“ zu erstellen, die bei Wiederholungsmessungen (etwa vor und nach Teilnahme an einer Schulung) eingesetzt werden können. Auf diese Weise lässt sich verhindern, dass die Testergebnisse durch die Erinnerung an bereits früher bearbeitete Testaufgaben verfälscht werden. Empirische Erprobung des Testentwurfs: Die Erprobung des Testentwurfs verläuft in zwei Phasen: Zunächst werden im Rahmen einer Pilotstudie an einer kleineren Stichprobe aus der Zielgruppe des Verfahrens (ca. 15 bis 20 Personen) Rückmeldungen über die Verständlichkeit der Aufgaben und Instruktionen gesammelt. Unklare, missverständliche Testteile können so optimiert werden, bevor das Verfahren in einer größeren Stichprobe (je nach Testumfang und -ziel mindestens ca. 80 bis 100 Personen) eingesetzt wird. Die Vorgabe erfolgt hier sinnvollerweise zusammen mit anderen Verfahren, die zur Konstruktvalidierung (siehe Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren: Validität“) dienen können. Analysen der Testgüte: Die Überprüfung der Testgüte erfolgt mithilfe statistischer Analysen. In ersten Rechenschritten werden die einzelnen Aufgaben untersucht: Wie leicht bzw. schwierig sind sie zu lösen? Wie hängen die Antworten auf unterschiedliche Aufgaben miteinander zusammen? Auf diese Weise können Aufgaben identifiziert werden, die ungeeignet sind, um Kompetenzunterschiede zwischen Personen aufzudecken, oder die scheinbar ein anderes Merkmal erfassen als die übrigen Aufgaben. Zusätzlich wird die Reliabilität des Verfahrens nach mindestens einer der in Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren: Reliabilität“ genannten Methoden bestimmt, und es werden erste Analysen zur Validität durchgeführt. Im Idealfall ergeben die Auswertungen, dass das Verfahren unverändert oder nach einer Kürzung eine akzeptable Reliabilität aufweist und erste positive Hinweise auf seine Validität vorliegen. Ist dies nicht der Fall, werden eine grundlegende Revision des Verfahrens und die Vorgabe an einer neuen Stichprobe unumgänglich sein. Validierung: Die Validierung unter den im Kapitel „Gütekriterien für Erhebungsverfahren: Validität“ genannten Aspekten sollte an einer neuen Stichprobe erfolgen, um die Eignung des Verfahrens für unterschiedliche Stichproben zu belegen. Wie die in der schematischen Darstellung (Abbildung 3) eingezeichnete Rückkopplungs-
17 Vgl. spezifisch für die Entwicklung von Informationskompetenztests: Neely, Teresa Y.: Information literacy assessment: standards-based tools and assignments. Chicago, IL: American Library Association 2006.
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schleife verdeutlicht, dienen die im Zuge der (Konstrukt-)Validierung gewonnenen Ergebnisse gleichzeitig der Prüfung theoretischer Annahmen über das zu messende Merkmal und wirken damit auch auf die Merkmalsdefinition zurück. Normierung: Validierung und Normierung werden sinnvollerweise miteinander verknüpft, um Zeit- und Kostenaufwand zu minimieren. Es gibt zahlreiche verschiedene Arten von Normwerten, die in Lehrbüchern zur Testkonstruktion18 näher beschrieben werden; hier finden sich auch Erklärungen dazu, welche Art von Normen unter welchen Bedingungen bevorzugt werden sollte. Wollen Bibliothekarinnen und Bibliothekare ohne methodisch-statistische Ausbildung Tests zur Erfassung von Informationskompetenz nach dem beschriebenen Schema selbst entwickeln, ist es empfehlenswert, Personen einzubeziehen, die über statistisch-methodische Kenntnisse im Bereich der Testkonstruktion verfügen. Grundkenntnisse über die Konstruktion und Bewertung von Testverfahren sind jedoch sicherlich auch für Anwender/innen hilfreich, um für ihre jeweiligen Bedürfnisse geeignete Verfahren auswählen und aktiv an der Konstruktion neuer Verfahren mitwirken zu können.
18 Z. B. Moosbrugger u. Kelava, Testtheorie (wie Anm. 13).
Hermann Rösch, Wilfried Sühl-Strohmenger
Informationskompetenz in ethischer Perspektive Abstract: Die Förderung von Informationskompetenz umfasst nicht nur spezifische, auf den praktischen Umgang mit Literatur und Information bezogene Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, sondern hat auch übergreifende, universale Dimensionen zu berücksichtigen, die sich auf die verantwortliche und die verantwortungsvolle Informationspraxis erstreckt. Es geht also nicht nur um Bibliotheks-, Recherche- oder IT-Kompetenz, sondern auch um ethisch reflektiertes Handeln, wenn Schülerinnen und Schüler, Studierende, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und alle sonstigen Menschen, die sich im Rahmen des Lebenslangen Lernens um eine Verbesserung ihrer Informationskompetenz bemühen. Informationskompetentes Handeln basiert also nicht nur auf Bibliotheks-, Recherche- und IT-Kompetenz, sondern setzt auch ethische Reflexion voraus. Aber welche ethischen Aspekte der Informationskompetenz gibt es überhaupt? Wie können sie in ein Kursprogramm einbezogen, wie können sie in den verschiedenen Schulungsveranstaltungen zur Geltung gebracht werden? Wie kann ethisches Verhalten in der Informationspraxis überprüft werden? Mit diesen Fragen befasst sich der nachfolgende Beitrag. Keywords: Menschenrechte, Demokratie, Wissenschaftsethik, Plagiarismus, Datenschutz, Privatsphäre, Informationszugang, moralisches Urteil, Bibliotheksethik, Informationsethik
Hermann Rösch ist seit 1997 Professor am Institut für Informationswissenschaft der FH Köln. Neben den Themenbereichen Informationsdienstleistungen und Informationsmittel widmet er sich historischen, soziologischen und ethischen Fragen des Bibliotheks- und Informationsbereichs. 2007–2015 war er Mitglied des IFLA-Komitees „Freedom of Access to Information and Freedom of Expression“ (FAIFE), dessen stellvertretenden Vorsitz er zeitweise innehatte. 2010 bis 2015 war er Mitglied der Ethikkommission der BID. Wilfried Sühl-Strohmenger war von 1986 bis 2015 an der Universitätsbibliothek Freiburg als Dezernatsleiter und Fachreferent tätig. Sein besonderes Interesse galt und gilt weiterhin dem Lehr-Lernort Bibliothek (Teaching Library) und der didaktisch fundierten Förderung von Informationskompetenz. 2010 bis 2015 war er Mitglied der Ethikkommission der BID, außerdem langjährig aktiv im VDB. Als Lehrbeauftragter ist an den Universitäten Freiburg, Wien und Zürich tätig, sodann als Autor und als Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen und als freier Dozent aktiv.
Informationskompetenz in ethischer Perspektive
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Begründung der Förderung von Informationskompetenz Zuerst wird im Folgenden erläutert, welche Gründe es für die Förderung von Informationskompetenz gibt, dann werden die diversen Standards daraufhin untersucht, welchen Bezug sie zu ethischen Aspekten aufweisen, ehe schließlich die Konsequenzen aufgezeigt werden. Informationskompetenz lässt sich pragmatisch begründen: Die Informationsgesellschaft fordert neben den Grundfertigkeiten Rechnen, Schreiben und Lesen die Entwicklung von Informationskompetenz als umfassendere und übergreifende Kulturtechnik, um sich in der Gesellschaft mit Erfolg behaupten zu können. Bis zum 17. und 18. Jahrhundert hatten sich in Europa Gesellschaften entwickelt, deren Komplexität nur aufrecht erhalten und evolutionär gesteigert werden konnte durch die allgemeine Verbreitung der Kulturtechniken Lesen und Schreiben. Dies hatte zur Einrichtung von Volksschulen und deren verpflichtendem Besuch geführt. Auf dieser Grundlage erst konnte sich der Übergang von agrargesellschaftlichen zu industriegesellschaftlichen Strukturen forciert vollziehen. Die Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts ist darauf angewiesen, dass der größte Teil der Bevölkerung mindestens basale Kenntnisse im Umgang mit Computern besitzt, Software nutzen kann und über entsprechende Recherche- und Navigationsfähigkeiten verfügt. Damit aber ist weder eine voll zureichende Begründung für die Förderung von Informationskompetenz gegeben, noch ist Informationskompetenz in ihrem Spektrum insgesamt beschrieben. Weitere politische und soziale, vor allem aber ethische Aspekte lassen sich zur Begründung der Notwendigkeit von Informationskompetenz anführen. In ethischer Hinsicht ließe sich Informationskompetenz als Anspruch dahingehend formulieren, dass sie ein Menschenrecht ist.1 Wenn Informationskompetenz Voraussetzung zur Teilnahme an wesentlichen gesellschaftlichen und politischen Prozessen ist, dann gebieten die Grundsätze der Gleichheit und der Gleichbehandlung, allen Menschen in gleicher Weise die Chance zu gewähren, die notwendigen Kompetenzen zu erwerben, um am öffentlichen Leben teilnehmen zu können. Neben Lesen, Schreiben und Rechnen bedarf es der Informationskompetenz, um Zugang zu den Kommunikationskanälen und Medien zu gewinnen, in denen Kultur, Wirtschaft, Politik, Geselligkeit, Religion, Sport usw. in immer stärkerem Maße zugänglich werden. Die Angebote zum Erlernen von Informationskompetenz fallen damit in das Feld staatlicher Daseinsvorsorge oder anders ausgedrückt: Informationskompetenz
1 Siehe dazu: Sturges, Paul & Almut Gastinger: Information literacy as a human right. In: Libri: International Journal of Libraries & Information Services (2010). S. 195–202. doi: 10.1515/libr.2010.017 (Stand: 05.08.2015).
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Hermann Rösch, Wilfried Sühl-Strohmenger
muss in gleichem Umfang vermittelt werden wie die anderen grundlegenden Kulturtechniken auch. Informationskompetenz ist ein konstitutives Element für die demokratische Teilhabe, sie ist ein Erfordernis des demokratischen Rechtsstaates: Nur so ist informationelle Grundversorgung möglich (Beschaffung, Verständnis und Bewertung von Informationen), nur auf der Grundlage ausreichender Informationskompetenz ist Partizipation als selbstbewusste Teilnahme an öffentlichen Diskursen möglich, nur so ist Kontrolle von Macht durch demokratische Öffentlichkeit möglich. Informationskompetenz umfasst den ethischen Umgang mit Information, insbesondere die Vermeidung von Plagiarismus, die Beachtung von Urheberrechten, den Respekt gegenüber dem Recht auf geistiges Eigentum in den Anwendungsfeldern: Wissenschaft, Studium, Schule, Beruf, Wirtschaft.2 Sodann impliziert dies die Anerkennung guter wissenschaftlicher Praxis (Wissenschaftsethik), wie sie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in ihren Grundsätzen verabschiedet hat.3 Zentral sind darüber hinaus die Beachtung des Datenschutzes, der Schutz der Privatsphäre als alter Konflikt zwischen Informationsfreiheit und Datenschutz, ferner das Recht am eigenen Bild. Datenschutz und Schutz der Privatsphäre sind auch Themen von Informationskompetenz, die sich in einem erweiterten Verständnis auch auf die verantwortliche Anwendung von Social Media-Diensten erstreckt. Hier besteht ein prinzipieller Konflikt zwischen dem Erfordernis der Transparenz – Hackerangriffe zielen darauf ab – sowie dem Anspruch auf Datenschutz. Konflikte bestehen auch zwischen individueller Freiheit und Sozialverträglichkeit, zwischen Meinungsfreiheit und Schutz vor übler Nachrede, wie er im Kontext von Social Media erneut auftaucht. Es geht um die Einhaltung sozialverträglicher Standards im Umgang mit anderen, also einer Art von Gratwanderung zwischen Respekt und berechtigter Kritik im Umgang mit Äußerungen über andere Menschen wie umgekehrt den Bewertungen von andere(n) über die eigene Person. In einer demokratischen Gesellschaft ist der freie, ungehinderte Zugang zu Information ein Grundrecht. In Artikel 5, Absatz 1 heißt es:
2 Dies wird im IFLA-Ethikkodex für Bibliothekarinnen und andere im Informationssektor Beschäftigte ausdrücklich bekräftigt: „Bibliothekarinnen und andere im Informationssektor Beschäftigte bieten Dienstleistungen zur Förderung der Lesefähigkeit an. Sie fördern die Informationskompetenz, einschließlich der Fähigkeit, Informationen zu identifizieren, zu lokalisieren, zu bewerten, zu ordnen, zu erzeugen, zu nutzen und zu kommunizieren. Sie fördern außerdem den ethischen Gebrauch von Informationen, um Plagiate und sonstige Arten von Informationsmissbrauch zu unterbinden.“ Vgl. IFLA-Ethikkodex für Bibliothekarinnen und andere im Informationssektor Beschäftigte. http://www. ifla.org/files/assets/faife/codesofethics/germancodeofethicsfull.pdf (Stand: 05.08.2015). 3 Siehe dazu: Deutsche Forschungsgemeinschaft: Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis: Denkschrift. Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“. Erg. Aufl. Weinheim: Wiley-VCH 2013; vgl. dazu die Beiträge von Markus Malo bzw. von Nicole Walger in diesem Band.
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Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.4
Allgemein zugängliche Quellen können sein: Bibliothekskataloge, Bücher, Zeitschriften – sei es in Printform oder elektronisch – das Internet mit seiner enormen Vielfalt an Zugängen, Diensten und Quellen. Diese in der jeweils nötigen Breite wie Tiefe für die eigenen Bildungs-, Studien- und Forschungszwecke ausschöpfen zu können, ist ein legitimer Anspruch jedes Individuums. Bibliothekarinnen und Bibliothekare verpflichten sich dazu, diesem Anspruch durch möglichst transparente Dienste sowie durch die Förderung von Informationskompetenz zur Geltung zu verhelfen. Andererseits sehen sie sich in der Rolle, die existierenden rechtlichen Schranken für die Informationsnutzung zur Geltung zu bringen, also die Beachtung von Urheberrechten und von Copyright-Bestimmungen.
Ethische Aspekte in den Standards der Informationskompetenz Die Kernelemente von Informationskompetenz sind nach den Big6-Skills5 das Erkennen des Informationsbedarfs, das Suchen und Auffinden der Information, das Auswählen und Verarbeiten der Information sowie das Präsentieren und Kommunizieren des Ergebnisses. In allen diesen Phasen spielen jeweils auch ethische Überlegungen und Erwägungen eine Rolle, insbesondere bei den produktiven Phasen des Informationsprozesses, also bei der Nutzung und Weiterverarbeitung der gewonnenen Informationen. In dieser Richtung wird das Konzept der Informationskompetenz erweitert im Sinne der Metaliteracy6, die über die genannten Aspekte der Informationskompetenz die kreative, produktive Seite in ihren diversen Ausprägungen sowie den kollaborativen Charakter des Umgangs mit Information hervorhebt. Auch den affektiv-emotionalen Implikationen bei der Informationspraxis in der nicht leicht durchschaubaren digital geprägten Informationswelt räumt Metaliteracy einen höheren Stellenwert ein, als das früher der Fall war. Informationskompetente Personen sind demnach gleichzeitig Autorinnen und Autoren, Verteilerinnen und Verteiler, Verlegerinnen und Verleger, sie reflektieren ihr Handeln im Informationsprozess, der auch
4 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. In der Fassung vom 21. Juli 2010 (BGBl I, S. 944). Verfügbar unter http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/gg/gesamt.pdf (Stand: 17.07.2015). 5 Big6 skills overview. http://big6.com/pages/about/big6-skills-overview.php (Stand: 17.07.2015). 6 Vgl. Mackey, Thomas P. & Trudi Jacobson: Metaliteracy: reinventing information literacies to empower learners. London: Facet Publ. 2014.
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von Zweifel oder Angst begleitet sein kann. Konsensualisierte ethische Grundwerte sowie rechtliche Bestimmungen, sofern sie im Einklang mit Grundwerten stehen, werden von informationskompetenten Personen beachtet. Dies hat Eingang in alle bislang vorgelegten Standards der Information Literacy und der Informationskompetenz gefunden. In den deutschen Standards der Informationskompetenz, wie sie vom Deutschen Bibliotheksverband (dbv) im Jahr 2009 verabschiedet wurden, bezieht sich der fünfte Standard explizit auf die ethische Dimension: Die informationskompetenten Studierenden sind sich ihrer Verantwortung bei der Informationsnutzung und -weitergabe bewusst. Um diesen Standard erfolgreich erfüllen zu können, sollen die informationskompetenten Studierenden Gesetze, Verordnungen, institutionelle Regeln sowie Konventionen befolgen, die sich auf den Zugang und die Nutzung von Informationsressourcen beziehen. Sie sind sich der ethischen, rechtlichen und sozioökonomischen Fragestellungen bewusst, die mit der Nutzung von Information und Informationstechnologie verbunden sind. Im Mittelpunkt dieses Standards steht also die individuelle Verantwortung bei der Nutzung wie bei der Weitergabe der Information – es geht darum, die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis einzuhalten und sich fair gegenüber Kommilitoninnen und Kommilitonen, Lehrenden oder anderen Forscherinnen und Forschern allgemein zu verhalten. Dies ist der komplexeste und am schwierigsten zu erfüllende Standard, der dringend einer Konkretisierung bedarf. Bibliothekarische Bildungsangebote, beispielweise zur Prävention des Plagiarismus7 allein genügen dazu nicht, auch seitens der Institutionen (Schule, Hochschule) selbst müssen im Rahmen des Unterrichts und der Lehre die ethisch-rechtlichen Fragen bei der Informationsnutzung zur Sprache kommen. In den Standards der ACRL8 (Association of College & Research Libraries) bezieht sich ebenfalls der fünfte Standard auf die ethischen Gesichtspunkte der Information Literacy, neben den ökonomischen, rechtlichen und sozialen Aspekten: The information literate student understands many of the economic, legal, and social issues surrounding the use of information and accesses and uses information ethically and legally. Anhand der Ausführungsindikatoren soll sich erweisen, ob die in diesem Standard formulierten Anforderungen erfüllt wurden, d. h. ob die Studierenden viele ethische, rechtliche und sozioökonomische Themen zur Information und zur Infor-
7 Siehe dazu u. a.: Malo, Markus: Das Schreiben der Anderen. Informationskompetenz und Plagiarismus. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 290–300. 8 Association of College & Research Libraries (ACRL): Information literacy competency standards for higher education (February, 2000). http://www.ala.org/acrl/standards/informationliteracycompetency (Stand: 07.07.2015).
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mationstechnologie verstehen, ob sie die damit verbundenen Regeln und Einstellungen befolgen, wenn sie Zugang zur Information suchen und diese nutzen. In der überarbeiteten Version der ACRL-Standards nach dem neuen Rahmenkonzept9 wird die Prozesshaftigkeit und die Kontextualität des aktiven, kreativen und kollaborativen Umgangs mit Information stärker betont. Der Wert von Information sowie die Chancen und Risiken ihrer vielfältigen Verwertbarkeit sollen zu Bewusstsein gebracht werden. Dazu gehören die Beachtung des Copyrights, faire Nutzung von Informationsressourcen, Unterstützung der Open Access-Bewegung und der Respekt vor originären Ideen und Gedanken anderer Personen. Der produktive, iterative Charakter der Prozesse ist in diesem Rahmenkonzept wesentlich. Ethische Erwägungen ziehen sich durch alle Prozessphasen hindurch und sind daher nicht einem bestimmten Standard zugewiesen. Ähnlich hebt das SCONUL-Modell der Seven Pilars of Information Literacy10 beim Aspekt des „Manage“, also der Organisation von Informationen, die ethischen Aspekte hervor: Can organise information professionally and ethically. Dazu gehört es zu verstehen, dass man sich der Verantwortlichkeit dahingehend bewusst sein müsse, sich bei allen Aspekten im Zusammenhang mit der eigenen Informationspraxis, betreffend den Umgang mit Information und ihre Verbreitung, ehrlich zu verhalten, vor allem im Hinblick auf Urheberrechte, auf Plagiarismus und auf die Achtung geistigen Eigentums. Die Standards akademischer Integrität sind aufrecht zu erhalten. Betont wird die Wichtigkeit, Information und Daten unter Beachtung ethischer Normen zu speichern und mit anderen zu teilen. Die Rolle der Fachleute, seien sie Datenmanager oder Bibliothekarinnen und Bibliothekare, soll im Hinblick auf ihren Rat, ihre Hilfe und Unterstützung im Zuge des Informationsmanagements verstanden und anerkannt werden. Weiterhin sind die britischen CILIP Information Literacy Skills von 2012 zu nennen11, die ethische Reflexion und Verantwortlichkeit bei der Informationsnutzung hervorheben: – Know why information should be used in a responsible, culturally sensitive and ethical (professional, business, personal ethics) manner. – Respect confidentiality and always give credit to other people’s work.
9 Association of College & Research Libraries (ACRL): Framework for information literacy for higher education (February, 2015). http://acrl.ala.org/ilstandards/wp-content/uploads/2014/11/Frameworkfor-IL-for-HE-draft-3.pdf (Stand: 27.07.2015). 10 SCONUL Working Group on Information Literacy: The SCONUL Seven Pillars of Information Literacy. Core model for higher education. Prepared by Moira Bent & Ruth E. Stubbings. April 2011. http:// www.sconul.ac.uk/sites/default/files/documents/coremodel.pdf (Stand: 18.06.2015). 11 Chartered Institute of Library and Information Professionals (CILIP): Information literacy skills (2012). http://www.cilip.org.uk/sites/default/files/documents/Information%20literacy%20skills.pdf (Stand: 27.07.2015).
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– Understand the nature and uses of bias, in order to report appropriately. – Where appropriate, provide a balanced (unbiased) report. Diese Zielsetzungen berühren Themen des geistigen Eigentums, des Plagiarismus, unfairer Nutzung, der Informationsfreiheit, des Datenschutzes, Regeln des Handelns und ethische Prinzipien, wie sie von der betreffenden Institution dargelegt wurden. Ein Beispiel sind „CILIP’s Ethical Principles and Code of Professional Practice for Library and Information Professionals“. In „A New Curriculum for Information Literacy (ANCIL)“ beschreibt Lyn Parker die ethische Dimension der Information12, am Beispiel der Universität Sheffield, an deren Bibliothek die Entwicklung von Informationskompetenz einen hohen Stellenwert genießt. Es gibt dort Zentren für Exzellenz des Lehrens und Lernens, in denen das forschungsbasierte Lernen gefördert wird. Konzipiert wurde ein Tutorial (mit einem Quiz), das ein Modul zum Plagiarismus enthält. Im Jahr 2007 entstand eine Arbeitsgruppe der Universität zu Qualität und Standards, in der auch die Universitätsbibliothek vertreten war und das Tutorial entwickelte. Die Arbeitsgruppe formulierte Empfehlungen insbesondere zum Umgang mit Plagiarismus, die vor allem eine nachhaltige Integration des Tutorials und der Thematik in die Institute, die Studiengänge und Studienpläne beinhalteten. Zugrunde liegt die Überzeugung, dass Plagiarismus vielfach nicht auf bösen Absichten beruht, sondern auf missverständlicher Anwendung von Paraphrasierungen und mangelhaften Kenntnissen korrekten Zitierens. Wenn die Förderung von Informationskompetenz stärker als bislang in die Seminare und Kurse integriert ist, könnten die Probleme bei der Beachtung von Autoren- und Urheberrechten effektiver behandelt werden. Barbara Schultz-Jones vertritt dezidiert die Auffassung, dass ethisches Verhalten bei der Informationsnutzung gezielt unterrichtet werden muss.13 Studierenden müsse beigebracht werden, unterschiedliche Perspektiven zu suchen, Information in ethischem Sinn zu sammeln und zu nutzen, ferner soziale Werkzeuge verantwortlich und sicher einzusetzen. In Anknüpfung an Kants kategorischen Imperativ formuliert Schultz-Jones vier Prinzipien: Eigentumsrecht, Recht auf Privatheit, soziale Verantwortung, Selbstrespekt. Daraus gewinnt sie konkrete Ansatzpunkte für ethische Themen. Allerdings bedarf es geeigneter Lernumgebungen, um die notwendigen Diskussionen und Reflexionen über diese Themen im festen Kontext der Informationskompetenz auch tatsächlich leisten zu können.
12 Vgl. Parker, Lyn: Strand Seven: The ethical dimension of information. In: Rethinking information literacy. A practical framework for supporting learning. Ed. by Jane Secker & Emma Coonan. London: Facet Publ. 2013. S. 79–94. 13 Vgl. Schultz-Jones, Barbara: Information Literacy – Ethics. Oslo, Norway, 11. April 2013. http:// www.ifla.org/files/assets/school-libraries-resource-centers/schultzjones_infoliteracyethics.pdf (Stand: 28.01.2015).
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Gegenstände ethisch orientierter Informationskompetenz Mäkinen et al. betonen die wichtige Rolle des Lehrenden im Hinblick auf die Unterstützung der Lernenden bei der eigenständigen Aneignung ethischer Informationskompetenz „When we speak of edification or education and when educational institutions increasingly invest to self-directed learning, students should be able to realize the benefits that ethically right actions offer. If students realize this by themselves, the educators have got their message across effectively.“14 Welsh und Wright unterscheiden folgende Literacies: cultural literacy, library literacy, network literacy, media literacy, government literacy, financial literacy und eben die ethical literacy15, also „ethische Informationskompetenz“: Dazu rechnen sie insbesondere einige Prinzipien der wissenschaftlichen Kommunikation und des akademischen Verhaltenskodex: Der Publikationszyklus sei auf Qualität hin auszurichten, wie sie im Rahmen des Peer-Review-Verfahrens und durch das Veröffentlichen der entsprechenden wissenschaftlichen Erkenntnisse in anerkannten wissenschaftlichen Zeitschriften gewährleistet sei. Zu unterscheiden seien diese seriösen Journale von populärwissenschaftlichen Magazinen. Der Verhaltenskodex des Wissenschaftlers umfasse Respekt, Seriosität und Integrität. Hinzu kämen aber auch auf Seiten der Studierenden Verpflichtungen, zum Beispiel: regelmäßig die Kurse zu besuchen, pünktlich und aufmerksam zu sein, dem Lehrpersonal und den Kommiliton(inn)en mit Respekt auf dem Campus wie im Cyberspace zu begegnen. Hass und Beleidigungen dürften in einer Online-Umgebung nicht toleriert werden. Man solle darauf achten, dass E-Mail, Online Chats und Textbotschaften zwar nützlich, aber nicht sicher seien. Die Arbeiten, die man an der Universität liefere, sollten die eigenen sein. Die Beachtung des Copyrights sei wichtig, Plagiarismus sei nicht zu tolerieren. Es gehe um „fair use“ und „fair dealing“ sowie um akademische Seriosität die sich insbesondere bei der Vermeidung von Plagiaten zeige. Fremdes Gedankengut zu paraphrasieren, ohne auf die Urheber korrekt durch Zitate hinzuweisen, sei auch Plagiarismus. Im Hochschulbereich geht es um eine gute wissenschaftliche Praxis, wie sie die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen wissenschaftlicher Selbstkontrolle gesichert sehen will.16 Zu guter wissenschaftlicher Praxis gehören insbesondere die
14 Vgl. Mäkinen, Olli [u. a.]: Good and bad in information retrieval: Information literacy and ethics. In: Technological developments in education und automation. Ed. by Magued Iskander [u. a.]. Dordrecht [u. a.]: Springer 2010. S. 113–118. 15 Vgl. Welsh, Teresa S. u. Melissa S. Wright: Information Literacy in the Digital Age. An evidencebased approach. Oxford: Chandos Publ. 2010 (Chandos Information Professional Series). S. 53–69. 16 Vgl. Deutsche Forschungsgemeinschaft: Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Safeguarding Good Scientific Practice. Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der
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Erfüllung anerkannter Standards der Originalität und Qualität einer wissenschaftlichen Untersuchung, die Offenlegung der verwendeten Forschungsmethoden, die deutliche Unterscheidung eigener Aussagen und fremden Gedankenguts, das mit Quellenbelegen nachprüfbar auszuweisen ist, und die Pflicht zur Publikation der Forschungsergebnisse. Die Denkschrift hebt die „Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und anderen“ als ethische Norm und Grundlage der von Disziplin zu Disziplin verschiedenen Regeln wissenschaftlicher Professionalität, d. h. guter wissenschaftlicher Praxis, hervor. Der Plagiatsfall Guttenberg hat Anlass gegeben, erneut nach dem Funktionieren einer solchen Selbstkontrolle der Wissenschaft zu fragen.17
Informationskompetenz und bibliothekarische Berufsethik Das Informationswachstum in der Informationsgesellschaft ist nur zu bewältigen, wenn Menschen über Fähigkeiten der Auswahl, der Bewertung und der Verarbeitung verfügen, also „informationskompetent“ sind. Diese Schlüsselqualifikation muss im Prozess des Lebenslangen Lernens frühzeitig erworben werden.18 Im Rahmen der von ihnen angebotenen Kurse und Schulungen können Bibliothekarinnen und Bibliothekare ihren berufsethischen Grundsätzen Geltung verschaffen, am wirkungsvollsten mithilfe von Präsenzveranstaltungen, in denen die Interaktion mit den Lernenden unmittelbar möglich ist. Neue Lernformen wie E-Learning könnten aus informationsethischen Gründen jedoch problematisch sein, weil sie beispielsweise anonymisierend wirken19, was nicht unbedingt nachteilig sein muss. „Die Notwendigkeit zur Etablierung bestimmter Niveaus an Informationskompetenz lässt sich unschwer aus informationsethischen Prinzipien wie Überwindung des digital divide oder dem freien Zugang zu Information herleiten.“20
Wissenschaft“. Denkschrift. Weinheim: Wiley-VCH 1998 (s. auch die erg. Aufl. von 2013). 17 Vgl. Hüttemann, Kirsten: Selbstkontrolle in der Wissenschaft. Wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft „gute wissenschaftliche Praxis“ sichern will. In: Forschung & Lehre (2011) H. 4. S. 280–281. 18 Vgl. u. a. Lux, Claudia u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching Library in Deutschland. Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz als Kernaufgabe für Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken. Wiesbaden: Verlag Dinges & Frick 2004 (B.I.T. online – Innovativ 9). 19 Vgl. Hammwöhner, Rainer u. Christian Wolff: Gesellschaftliche und interdisziplinäre Aspekte der Informatik. In: Handbuch Medien- und Bildungsmanagement. Hrsg. von Michael Henninger u. Heinz Mandl. Weinheim: Beltz 2009, hier S. 280. 20 Vgl. Hammwöhner u. Wolff, Aspekte (wie Anm. 19).
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Ethische Aspekte der Informationskompetenz sind in den Standards der Informationskompetenz für Studierende niedergelegt.21 Im fünften Standard heißt es: Die informationskompetenten Studierenden sind sich ihrer Verantwortung bei der Informationsnutzung und -weitergabe bewusst, d. h.: Sie befolgen Gesetze, Verordnungen, institutionelle Regeln sowie Konventionen, die sich auf den Zugang und die Nutzung von Informationsressourcen beziehen, und sie sind sich der ethischen, rechtlichen und sozio-ökonomischen Fragestellungen bewusst, die mit der Nutzung von Information und Informationstechnologie verbunden sind. Die entsprechenden ethischen Essentials wurden oben dargestellt.
Zur Entwicklung ethisch fundierten Informations verhaltens durch Lehr-Lernprozesse In jeden Prozess des Lehrens und des Lernens fließen – bewusst oder unbewusst – moralische und ethische Prämissen und Einstellungen mit ein. Der Erwerb von Wissen hat immer eine ethische Dimension, denn Bildung ist die Voraussetzung von Mündigkeit und diese zeigt sich auch darin, dass Menschen selbstbestimmt ihren Alltag bestreiten, dass sie in öffentlichen Angelegenheiten mitbestimmen können und wollen, dass sie Verantwortung übernehmen und Solidarität gegenüber Schwächeren zeigen.22 Reicht es aus, die eigenen ethisch-moralischen Grundsätze über die Lerninhalte zur Geltung zu bringen? Nehmen Studierende diese ethischen Lernziele bewusst, also mittels kognitiver Prozesse, oder eher unbewusst auf, eventuell über emotionales Lernen? Zur Beantwortung der Fragen könnte in der Erziehungswissenschaft bei der Werteerziehung oder aber beim ethischen Lernen für Erwachsene angesetzt werden.23 Nach deren Erkenntnissen wirken bei der Moralentwicklung Kognition und Emotion zusammen. Lawrence Kohlberg hat dazu mit seinen Arbeiten zur moralischen Urteilsbildung und zur Moralentwicklung wesentliche Erkenntnisse geliefert, Jürgen Habermas den hohen Stellenwert des diskursiven Aushandelns moralischer Urteile
21 Deutscher Bibliotheksverband e. V. (dbv): Nationale Standards der Informationskompetenz für Studierende. http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Sektionen/sektion4/Publikationen/2009-03-31_Standards_Informationskompetenz_entwurf.pdf (Stand: 28.01.2015). 22 Vgl. Klafki, Wolfgang: Neue Studien zur Bildungstheorie und Didaktik – Zeitgemäße Allgemeinbildung und kritisch-konstruktive Didaktik. 4., durchges. Aufl. Weinheim [u. a.]: Beltz 1994 (Reihe Pädagogik). 23 Vgl. dazu u. a.: Hohmann, Reinhard: Weit verzweigte Lernorte. Ethisches Lernen in der allgemeinen Erwachsenenbildung. In: Weiterbildung. Zeitschrift für Grundlagen, Praxis und Trends (2009) H. 4. S. 28–30.
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auf rationaler Grundlage heraus gearbeitet.24 Ein ethisches Urteil muss demnach argumentativ begründet werden. „Dies kann durch ethische Lernprozesse befördert werden, die selbst wiederum diskursiv sind, sich also durch kommunikative, beratende, argumentative Verfahren auszeichnen.“25
Konsequenzen für die Vermittlung von Informationskompetenz Wenn jetzt in den Bibliothekskursen zur Förderung von Informationskompetenz diesen Erkenntnissen einigermaßen entsprochen werden soll, muss ethische Kompetenz angestrebt werden – in informationsethischer Hinsicht und auch bezüglich bibliothekarischer Berufsethik, denn unter beiden Aspekten ergeben sich für „lehrende Bibliothekare“ Verpflichtungen. Ethische Kompetenz impliziert, durch ethische Reflexion ein moralisches Problem in einer gegebenen Situation identifizieren und lösen zu können. Dies umfasst also die Fähigkeit, sich mithilfe argumentativer Prozesse ein moralisches Urteil zu bilden. Teil der Problemlösung ist selbstverständlich, nicht nur zu einer ethisch fundierten Erkenntnis zu kommen, sondern das eigene moralische Verhalten daran zu orientieren. „Ethisches Lernen hat dann stattgefunden, wenn ein moralisches Problem aufgrund eines Kompetenzzuwachses in mindestens einer der vier Dimensionen, d. h. in den Bereichen erweiterten Wissens, gestiegener Urteilskompetenz, erhöhter Sensibilität und/oder gestärkter Motivation nach dem Lernprozess besser bearbeitet werden kann als zuvor.“26 Wissen, Fertigkeiten und Qualifikationen allein sind noch keine Kompetenzen, sondern hinzu kommen müssen „interiorisierte, also zu eigenen Emotionen und Motivationen verinnerlichte Regeln, Werte (Bewertungen) und Normen“, also: „Kompetenzentwicklung muss Wertinteriorisation einschließen“27 . Regeln, Normen und Werte müssen darüber hinaus in eigene Emotionen und Motivationen einbezogen
24 Siehe Habermas, Jürgen: Moralbewusstsein und kommunikatives Handel. 10. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010 (Suhrkamp Taschenbuch 422); in diesem Zusammenhang ist auch das kognitive Modell der Moralentwicklung bei Kohlberg von Bedeutung: Kohlberg, Lawrence: Die Psychologie der Moralentwicklung. Hrsg. von Wolfgang Althof [u. a.]. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2002 (Suhrkamp Wissenschaft 1232). 25 Kruip, Gerhard u. Katja Winkler: Moraltheoretische, entwicklungspsychologische und andragogisch-konzeptionelle Grundlagen ethischen Lernens. Grundsätzliche Überlegungen. In: Ethisches Lernen in der allgemeinen Erwachsenenbildung. Hrsg. von Helga Gisbertz [u. a.]. Bielefeld: Bertelsmann 2010 (EB-Buch 30), hier S. 25. 26 Kruip u. Winkler, Grundlagen (wie Anm. 25), hier S. 25 f. 27 Erpenbeck, John u. Lutz von Rosenstiel: Vom Oberlehrer zur Kompetenzhebamme. Kompetenzentwicklung als Zukunft der Weiterbildung. In: Weiterbildung. Zeitschrift für Grundlagen, Praxis und Trends (2009) H. 4. S. 7.
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werden. In diesem Zusammenhang gewinnt die emotionale Labilisierung, also ein Anrühren, Irritieren, Aufbrechen und Umorientieren, an enormer Bedeutung, da es ansonsten kein handlungswirksames Lernen und Umlernen von Bewertungen, kein Kompetenzlernen und keine Kompetenzentwicklung geben kann. Der Erwerb moralischer Kompetenz fordert also „eine je vom einzelnen in seiner Praxis unter Beweis zu stellende Willensbildung gemäß der theoretisch vermittelten Einsicht in das Gute sowie eine dieser Willensbestimmung entsprechende Handlung.“28 Dieser Ansatz setzt allerdings voraus, dass die Bibliothekarinnen und Bibliothekare ihrerseits selbst eine solche Wertinteriorisation geleistet haben müssen, um in der Lage zu sein, dies auch bei den Nutzerinnen und Nutzern von Informationsangeboten beim Kompetenzlernen zur Geltung bringen zu können. In die Lernzielbestimmungen müssen dementsprechend neben den kognitiven auch affektive Lernziele aufgenommen werden. Solche Lernziele wären den Kursangeboten zur Förderung von Informationskompetenz zugrunde zu legen, die vornehmlich auf die im fünften Standard der Informationskompetenz für Studierende, wie sie der Deutsche Bibliotheksverband beschlossen hat, dargelegten Aspekte abzielen.
Resümee Überlegungen zum politischen und sozialen Stellenwert von Informationskompetenz im 21. Jahrhundert führen schnell zu der Einsicht, dass Informationskompetenz prinzipiell ethische Implikationen besitzt. Die meisten Standards zur Informationskompetenz aus der jüngeren Zeit tragen dem implizit, in einigen Fällen gar explizit Rechnung. Angesichts dieses Befundes erscheint es notwendig, die einzelnen Aspekte ethisch orientierter Informationskompetenz im Detail herauszuarbeiten und zu beschreiben. Im nächsten Schritt geht es darum, Vorschläge zu entwickeln, wie die entsprechenden ethischen Aspekte in die einzelnen Maßnahmen zur Förderung von Informationskompetenz integriert werden können. Aufgabe der bibliothekarischen Angebote ist es zudem, dabei sowohl die Grundwerte der bibliothekarischen Berufsethik zur Geltung zu bringen als auch jene der weiter gefassten Informationsethik. Ziel ist es zum einen, alle Beteiligten in den Stand zu versetzen, in jeder Phase des Informationsprozesses wertbezogene Probleme, Konflikte und Dilemmata identifizieren und durch ethische Reflexion lösen zu können. Darüber hinaus geht es darum, das eigene Informationsverhalten, sei es bei produktiver oder konsumtiver Betätigung grundsätzlich an den ethisch konsensualisierten Grundwerten zu orientieren.
28 Pieper, Annemarie: Einführung in die Ethik. Tübingen [u. a.]: UTB 2008 (UTB 1637), hier S. 161.
Eric W. Steinhauer
Informationskompetenz und Rhetorik Abstract: Informationskompetenz wird überwiegend als Beherrschung informationstechnischer Fertigkeiten verstanden. Im Zentrum stehen neben der Kenntnis einschlägiger, meist elektronischer Rechercheinstrumente die Formulierung korrekter Suchanfragen sowie die Interpretation von Suchergebnissen. Ausgeblendet werden dabei genuin fachliche Aspekte der Informationssuche, für die die Propädeutik der jeweiligen Wissenschaftsdisziplin zuständig sein soll. Übersehen wird dabei, dass es vor dem Hintergrund rhetorischer Fragestellungen für die Formulierung von Suchstrategien, besonders aber für die Auswertung von Suchergebnissen Kriterien allgemeiner Art gibt, deren strukturelle Kenntnis nicht zwingend in den Bereich der Fachpropädeutik fällt. Eine rhetorische Theorie der Informationssuche steht überdies in einem sehr engen Zusammenhang zur Einübung in akademisches Schreiben und korrektes wissenschaftliches Arbeiten. Mit der Rhetorik als verbindender Fragestellung können daher die Vermittlung von Informationskompetenz und die Einführung in wissenschaftliches Schreiben und Arbeiten sinnvoll verknüpft und auch curricular zusammengedacht werden. Keywords: Akademische Integrität, Rhetorik, Bücherkunde, Information Retrieval, Publikationsformen, Wissenschaftskunde, Literärgeschichte, Rhetoric and Composition
Hinführung Die Vermittlung von Informationskompetenz wird meist dem Bereich der so genannten Schlüsselqualifikationen zugerechnet.1 Gemeint sind damit Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich keiner spezifischen Fachlichkeit zuordnen lassen, die aber für die professionelle Beschäftigung mit einzelnen Wissenschaften als unerlässliche Voraussetzung angesehen werden.2
1 Schüller-Zwierlein, André u. Richard Stang: Bibliotheken als Supportstrukturen für lebenslanges Lernen. In: Handbuch Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Hrsg. von Rudolf Tippelt u. Aiga von Hippelt. 5. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag 2011. S. 523. 2 Mertens, Dieter: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (1974) Nr. 7. S. 36–43. Prof. Dr. jur. Eric W. Steinhauer ist Bibliotheksdirektor an der FernUniversität in Hagen und leitet dort das Dezernat Medienbearbeitung. Er ist Honorarprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin.
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Die Idee, Schlüsselqualifikationen als eigene Studien- oder Unterrichtsinhalte auszuweisen, ist im Grunde alt. Sie erinnert an die mittelalterliche Universität, in der die Kenntnis der so genannten artes liberales die Voraussetzung war für ein Studium an den höheren Fakultäten der Theologie, der Jurisprudenz und der Medizin.3 Die artes liberales waren ihrerseits unterteilt. An ihrem Anfang stand zunächst das trivium, das sich in den Fächern Grammatik, Rhetorik und Dialektik mit der sprachlichen Seite der höheren Bildung befasste.4 Im Kontext der klassischen Rhetorik, wie sie seit der Antike bis zur Zeit der Aufklärung zum europäischen Bildungsgut gehörte, wurden zwar nicht dem Begriff, wohl aber der Sache nach auch Fragestellungen verortet, die man heute als Informationskompetenz bezeichnet.5 Natürlich hatte es die klassische Rhetorik nicht mit den aktuell diskutierten Problemen von Informationskompetenz zu tun, denn ein modernes, durch Kataloge und Datenbanken erschlossenes System der Informationsversorgung ist eine Entwicklung des späten 20. Jahrhunderts. Dies mag auch der Grund sein, warum Rhetorik als Bezugswissenschaft sowohl in der Praxis als auch in der Theorie des gegenwärtigen Bibliotheks- und Informationswesens so gut wie nicht vorkommt. Dabei könnte die Rückbesinnung einer sich mittlerweile als eigene propädeutische Disziplin begreifenden Informationskompetenz auf ihre rhetorischen Wurzeln wichtige Impulse nicht nur für die Weiterentwicklung dieser Kompetenz angesichts der Herausforderung vernetzt und digital arbeitender Wissenschaft geben,6 sondern auch dabei helfen, ihre Fragestellungen und Probleme in die Arbeit der einzelnen Fachwissenschaften besser zu integrieren. Die unbefriedigende Stellung der Informationskompetenz in der Praxis der Hochschulausbildung mag gerade darin ihren Grund haben, dass ihre Inhalte als zu technisch und abstrakt erscheinen und ihr Bezug zur Fachwissenschaft meist nur als lose und additiv wahrgenommen wird.7 Im Rahmen dieses Beitrages werden zunächst die den einzelnen Arbeitsschritten der klassischen Rhetorik innewohnenden Aspekte von Informationskompetenz aufgezeigt. Daran anschließend wird erläutert, warum jegliche Form der Informationssuche, zu deren möglichst guter Durchführung ja die Informationskompetenz befähigen soll, in eine rhetorische Situation eingebettet ist. Eine solche rhetorische Situation kennzeichnet aber nicht nur ein einzelnes Informationsproblem, sondern
3 Scaglione, Aldo: Artistenfakultät. In: Historisches Wörterbuch der Rhetorik (künftig: HWRh.). Hrsg. von Gert Ueding. Bd. 1. Tübingen: Niemeyer 1992. Sp. 1109. 4 Bernt, Günter: Artes liberales – I. Begriff. In: Lexikon des Mittelalters. Bd. 1. Stuttgart [u. a.]: Metzler. Sp. 1058. 5 Vgl. Klein, Josef: Beweis, Beweismittel. In: HWRh. Bd. 1 (1992). Sp. 1531. 6 Vgl. auch Bernecker, Roland: Information, in: HWRh. Bd. 4 (1998). Sp. 380. 7 Vgl. Tappenbeck, Inka. Vermittlung von Informationskompetenz – Perspektiven für die Praxis. In: Tradition und Zukunft. Die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen – eine Leistungsbilanz zum 65. Geburtstag von Elmar Mittler. Hrsg. von Margo Bargheer u. Klaus Ceynowa. Göttingen: Universitätsverlag, 2005. S. 64.
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ist gewissermaßen auch ein grundlegendes Ordnungs- und Organisationsprinzip von Wissenschaft, soweit sie sich in einzelne Disziplinen gliedert und in Publikationen äußert. Diese Rhetorizität des wissenschaftlichen Arbeitens wird sich als Folge digitaler Transformationen der Wissenschaften in Richtung auf Open Science bzw. vernetzte Arbeitsumgebungen noch deutlich verstärken. Im Zuge der breit geführten Diskussion um Plagiate in der Wissenschaft und die angemessene Vermittlung von Kenntnissen im Bereich der akademischen Integrität sind spätestens bei der Frage nach dem angemessenen Zitat rhetorische Überlegungen unerlässlich, um jenseits des bloß Technisch-Bibliographischen, das ja in Form von Zitatstilen und Literaturverwaltungsprogrammen auch im Kontext von Informationskompetenz thematisiert wird, sinnvolle Kriterien für die Notwendigkeit eines Beleges und die im jeweils konkreten Fall angemessene Quelle zu entwickeln.8 Hier könnte auch eine Perspektive liegen für eine Integration von Informationskompetenz in einen größeren propädeutischen Zusammenhang.
Informationskompetenz in der klassischen rhetorischen Arbeit In der klassischen Rhetorik, wie sie wirkungsgeschichtlich bedeutsam bei Autoren wie Cicero und Quintilian überliefert wird, geht es um die kunstgerechte Verfertigung einer in der Regel frei vorgetragenen, auf die Erweckung von Zustimmung zielenden mündlichen Rede.9 Dabei werden neben rhetorischen Figuren und Kunstgriffen, die heutzutage in einer verengenden Sicht als das eigentliche Thema der Rhetorik gelten, bestimmte Stadien der Redeproduktion von der Stoffsuche (inventio) bis zur Aufführung der Rede (actio) unterschieden und besprochen. Fragen der Informationskompetenz sind in diesem Zusammenhang bei der inventio und hier bei der systematischen Suche nach Argumenten bzw. Beweisen zu verorten.10 Zwei Prinzipien leiten dabei die Arbeit des Rhetors, nämlich erstens ein topisches Denken und zweitens der Blick auf den Adressatenkreis der Rede, denn alle Argumente und Formulierungen müssen dem Gegenstand der Rede und ihrem Zuhörerkreis angemessen (aptum) sein.11 Die klassische Rhetorik legt bei der Suche nach Argumenten ihren Schwerpunkt auf durch sie selbst hervorgebrachte, also „(rede)künstliche“ Beweise. Dabei geht es
8 Damit wird auch das Feld des wissenschaftlichen Schreibens angesprochen. Siehe dazu den Beitrag von Gabriela Ruhmann und Marcus Schröter in diesem Band. 9 Ottmers, Clemens: Rhetorik. 2. Aufl. Stuttgart [u. a.]: Metzler 2007. S. 6–13. 10 Ueding, Gert: Klassische Rhetorik. 4. Aufl. München: Beck 2005 (Beck Wissen). S. 55 f. 11 Ueding, Gert u. Bernd Stellbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte, Technik, Methode. 5. Aufl. Stuttgart [u. a.]: Metzler, 2011. S. 224–226, 239–243.
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vor allem um die Ausarbeitung rhetorischer Figuren und raffinierte Schlussfolgerungen. Nur am Rande erwähnt werden in der klassischen Rhetorik auch die „unkünstlichen“ Beweise, zu denen im Kontext vor allem der Gerichtsrede bereits ergangene Urteile, Gesetzestexte, Meinungen von juristischen Autoritäten und dergleichen mehr gerechnet werden.12 Diese Inhalte entsprechen nach unserem heutigen Verständnis Publikationen. Der klassischen Rhetorik sind sie leicht zur Hand, eine besondere Technik, sie aufzufinden, scheint nicht erforderlich. Dass freilich schon in der Antike die Kenntnis einschlägiger Quellen und ihre Zugänglichkeit ein Problem waren, lässt sich an der Geschichte der wohl wichtigsten Rechtssammlung am Ausgang der Antike, dem Codex Justinianus ersehen, dessen Zusammenstellung auch durch eine weit verbreitete Unkenntnis juristischer Literatur motiviert war.13 An dieser Stelle kann festgehalten werden, dass die Konsultation einschlägiger Publikationen schon in der klassischen Zeit Teil des rhetorischen Arbeitsprozesses war. Eine ausgearbeitete Theorie der Informationsbeschaffung freilich sucht man bei den antiken Rhetorikern vergeblich. Sie haben jedoch im Rahmen der inventio mit der topischen Arbeitsweise eine Technik für die Entwicklung von Argumenten vorgestellt, die sich auch auf die Informationssuche übertragen lässt. Im Kern geht es bei der Topik um eine systematische und konzeptionell bewusste Befragung eines gegebenen Sachverhaltes, um für eine bestimmte Redesituation relevante Aspekte und Argumente zu „entdecken“.14 Dabei werden als sedes argumentorum verschiedene loci identifiziert, an denen bestimmte Arten von Argumenten gefunden werden können. Am Ende des Mittelalters wurden diese loci beispielsweise in der Theologie bestimmten Arten von gewichteten Quellen zugeordnet, aus denen Argumente für die Wahrheit und Verbindlichkeit theologischer Sätze entnommen werden können (Bibel, Kirchenväter, usw.).15 Überträgt man dieses Konzept auf die Literatursuche, was in dieser Form in der klassischen Rhetorik freilich nicht passiert und in der theologischen Lehre von den loci nur angedeutet ist, so ergibt sich hieraus ein Strukturprinzip der möglichen Quellen, das nach formalen (Literaturgattungen) und nach inhaltlichen Gesichtspunkten (Schriftenreihen, Fachzeitschriften, Autoren) unterscheidet. Hier liegt auch der Ursprung der so genannten „Bücherkunden“ und „Literärgeschichten“, die vor allem ab dem 17. Jahrhundert die für wissenschaftliches Arbeiten notwendige Quellenkenntnis vermittelt haben und als frühe Vorläufer des heutigen Konzepts von Informationskompetenz angesehen werden können.16
12 Ueding und Stellbrink, Rhetorik (Anm. 10). S. 239. 13 Steinhauer, Eric: Juristische Informationskompetenz. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012 (Handbuch). S. 362–372. 14 Kühlmann, Wilhelm u. Wilhelm Schmidt-Biggemann: Topik. In: Reallexikon der Deutschen Literaturwissenschaft. Hrsg. von Jan-Dirk Müller. Bd. 3. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2003. S. 646–649. 15 Seckler, Max: Loci theologici. In: Lexikon für Theologie und Kirche. Hrsg. von Walter Kasper. 3. Aufl. Bd. 6. Freiburg [u. a.]: Herder 1997. Sp. 1015 f. 16 Werner, Tilo: Historia Literaria. In: HWRh. Bd. 10. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012. Sp. 361–365.
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Seit dem Aufkommen größerer Fachdatenbanken und digitaler Bibliothekskataloge ist der bücherkundliche Ansatz jedoch weitgehend verschwunden und hat einem technisch-instrumentellen Verständnis von Information Retrieval Platz gemacht.17 Das der alten Bücherkunde zugrundeliegende topische Denken jedoch und die rhetorische Perspektive der Adressatenbezogenheit (aptum) haben auch im Zeitalter der digitalen Nachweisinstrumente nichts von ihrer Sinnhaftigkeit verloren.
Die rhetorische Dimension von Informationsproblemen Ausgehend von den Überlegungen der klassischen Rhetorik, fällt es nicht schwer, die Informationsprobleme der Gegenwart rhetorisch zu strukturieren bzw. ihre rhetorische Dimension zu erkennen. Teilt man den Rechercheprozess in drei Arbeitsschritte auf, nämlich die Fragestellung, die Durchführung der Recherche mit Hilfe von Informationsmitteln und schließlich die Auswertung der gefundenen Informationsergebnisse, so ist hier vor allem der zweite Schritt Gegenstand der Vermittlung von Informationskompetenz. Für die Auswertung der Rechercheergebnisse, vor allem aber die Fragestellung wird überwiegend die jeweilige Fachwissenschaft als zuständig und kompetent angesehen.18 Demgegenüber vermag die rhetorische Perspektive an dieser Stelle allgemeine, fachübergreifende Kriterien aufzustellen, die zu einer gut ausgebildeten Informationskompetenz gehören. Zwei Aspekte sind hier von besonderer Bedeutung. Zum einen sollte man sich in allen Stadien der Informationssuche immer vor Augen halten, für welchen Verwendungszweck die Information gesucht wird (Referat in der Schule, Hausarbeit im Master-Studium, Dissertation). Dies hat notwendigerweise Auswirkungen auf die Tiefe der Recherche und die Auswahl der näher zu konsultierenden Quellen. Dieser Punkt mag trivial erscheinen, wird in der Praxis aber meist nicht beachtet. Was die gefundenen Quellen betrifft, so ist hier vor allem die Suche in Datenbanken und Katalogen problematisch, weil die Suchergebnisse nach formalen Kriterien ausgegeben werden. Ohne eine Kenntnis der einschlägigen topoi und loci der jeweiligen Disziplin ist eine sinnvolle, vor allem aber eine effektive Auswertung von Suchergebnissen kaum möglich. Um dies zu verdeutlichen,
17 Stock, Wolfgang G.: Information Retrieval. Informationen suchen und finden. München [u. a.]: Oldenbourg 2007. S. 38–43. Zum Verhältnis von Literärgeschichte und Bibliographie vgl. Herse, Wilhelm: Literärgeschichte (Gelehrtengeschichte) als Wissenszweig des Bibliothekars. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 50 (1933). S. 528–535. 18 Franke, Fabian: Standards der Informationskompetenz für Studierende. In: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Hrsg. von Rolf Griebel [u. a.]. Bd. 1. Berlin: De Gruyter 2014 (De Gruyter Reference), hier S. 245.
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gilt es, den Blick auf die Publikations- und Kommunikationsstruktur von Wissenschaft zu richten.
Die rhetorische Struktur der Wissenschaften und ihrer Publikationen Nicht ohne Berechtigung in der Sache schützt das Grundgesetz das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit in enger Nachbarschaft zu den Grundrechten der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, denn Wissenschaftsfreiheit wird auch als kommunikatives Grundrecht angesehen. Tatsächlich ist Wissenschaft bei Licht besehen nichts weiter als ein großes Gespräch, das freilich meist in Form von Publikationen geführt oder wenigstens dokumentiert wird. Wer dabei „mitreden“ will, und das meint, wer wissenschaftlich arbeiten möchte, muss die Struktur dieses „Gesprächs“ namens Wissenschaft verstehen. Hier spielen nämlich bestimmte wichtige Autoren eine relevantere Rolle als andere, und Publikationen in bestimmten Verlagen, Reihen und Zeitschriften sind bedeutender als andere. Um also ein Rechercheergebnis über den Stand eines Problems in einer bestimmten Wissenschaft zu erhalten, muss man bei der Auswertung von Rechercheergebnissen auf diese Aspekte achten.19 Eine entsprechende strukturelle Sensibilität zu vermitteln, muss auch zu den Aufgaben von Informationskompetenz gehören.20 Wissenschaft rhetorisch zu verstehen, befähigt, in der Fülle von Informationen den Überblick nicht zu verlieren. Manche Wissenschaften wie etwa die Jurisprudenz oder die Theologie leisten in ihren Kommentaren und Handbüchern für einen nicht geringen Teil der Publikationen diese aus der Rhetorizität der Wissenschaft sich ergebende Relevanzgewichtung. Nur kurz erwähnt sei, dass es gerade Handbücher, bestimmte Zeitschriften oder Schriftenreihen sind, die eine Gliederung der Wissenschaft in überschaubare „Gesprächseinheiten“, mithin in Disziplinen ermöglichen und begleiten.21 Publikationen bilden damit nicht nur strukturell den Verlauf von Fachdiskussionen und fachlichen Communities ab, sie besitzen als solche, nämlich als Publikationsort einen Informationswert, den erst eine rhetorische Sicht, nicht aber bereits eine bloße Datenbankrecherche erkennbar macht.
19 Vgl. auch Capurro, Rafael: Hermeneutik der Fachinformation. Freiburg [u. a.]: Alber 1986 (AlberBroschur Philosophie). S. 121–140. 20 So fordern Kocher, Ursula u. Carolin Krehl: Literaturwissenschaft. Studium, Wissenschaft, Beruf. Berlin: Akad. Verl. 2008 (Akademie-Studienbücher : Literaturwissenschaft). S. 85 die Kenntnis zentraler Nachschlagewerke und Grundlagenwerke als Baustein von Informationskompetenz. 21 Dass ein Fach wie „Wissenschaftskunde“ zum traditionellen Curriculum der bibliothekarischen und buchhändlerischen Ausbildung gehört, hat mit dessen hoher Orientierungsleistung für die berufliche Auskunftstätigkeit zu tun, vgl. Helbig, Gerhart u. Edwin Klingner: Wissenschaftskunde. 9. Aufl. Düsseldorf: Verl. Buchhändler heute 1993 (Das Fachwissen des Buchhändlers).
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Es versteht sich von selbst, dass eine wissenschaftlich relevante Äußerung die in den Publikationen verborgenen rhetorischen Strukturen erkennen und beachten muss, will sie in einer bestimmten Wissenschaft anschlussfähig sein. Die Missachtung dieser Struktur und die etwas naive Meinung, allein die Zugänglichkeit zu einem Inhalt sei schon hinreichende Bedingung für seine Rezeption, mag einer der Gründe sein, warum eine Transformation der überkommenen Publikationsformate in eine offenere Struktur (Open Access) allen auf der Hand liegenden Vorteilen für die Wissenschaftskommunikation zum Trotz so schwerfällig ist.
Informationskompetenz und Open Science Das Verständnis von Wissenschaft als Gespräch, das durch bestimmte Publikationsformate und wichtige Autoren strukturiert wird, gilt nicht nur in der überkommenen Welt der gedruckten Publikationen und ihrer elektronischen Pendants. Mit dem Aufkommen von Formaten des Web 2.0, insbesondere durch wissenschaftliche Blogs und andere Formen von Social Media gewinnt die kommunikative Vernetzung der Wissenschaft an Bedeutung.22 In den sozialen Medien publizierte Inhalte werden immer seltener in klassischen Datenbanken nachgewiesen, was jedoch nicht heißt, dass sie deshalb für die wissenschaftliche Diskussion keine Rolle spielen. Im Gegenteil. In bestimmten sich gerade formierenden Disziplinen wie aktuell in den Digital Humanities sind es nicht mehr die traditionellen Publikationsformen, die eine fachliche Kohärenz der wissenschaftlichen Kommunikation herstellen, sondern immer öfter reine Online-Formate wie wissenschaftliche Blogs.23 Um hier eine Relevanzabschätzung vornehmen zu können, ist die Person des Autors und seine Eingebundenheit in eine spezifische wissenschaftliche Community, kurz seine rhetorische Situation ein unerlässliches Kriterium der Informationsbewertung.24 Wenn von Open Science im Sinne einer vernetzt und digital arbeitenden Wissenschaft die Rede ist, dann muss auch über wissenschaftliche Netzwerke wie Mendeley, academia.eu oder ResearchGate gesprochen werden, bei denen Funktionalitäten von Literaturverwaltungsprogrammen mit denen sozialer Medien verschmelzen.25
22 Dazu Tochtermann, Klaus: Science 2.0 – 10 Thesen für Informationsinfrastruktureinrichtungen der Zukunft, In: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement (wie Anm. 18) Bd. 2. S. 1025–1033. 23 Beispielhaft sei das Portal „de.hypotheses“ genannt, dazu König, Mareike: Wissenschaftliche Blogs zwischen Deutschland und Frankreich. Die Blogplattform Hypotheses.org. In: Deutschland und Frankreich im 20. Jahrhundert. Akademische Wissensproduktion über das andere Land. Hrsg. von Michel Grunewald [u. a.]. Bd. 4. Bern [u. a.]: Lang 2014. S. 241–255. 24 Vgl. Gassner, Julia: Internet-Rhetorik. In: HWRh. Bd. 10. Sp. 417. 25 Vgl. Schiefner, Mandy: Social Software und Universitäten. Eine kritische Analyse des Status quo. In: Medien & Bildung. Institutionelle Kontexte und kultureller Wandel. Hrsg. von Torsten Meyer [u. a]. Wiesbaden: VS Verlag 2011. S. 311–312.
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Die genannten Portale und vergleichbaren Dienste nehmen bei der professionellen Informationssuche eine immer wichtigere Stellung ein. Dabei zirkulieren relevante Inhalte entlang sozialer und kommunikativer Beziehungen in einer Weise, dass entsprechende Netzwerke die klassischen Informationsinfrastrukturen (Bibliotheken, Datenbanken) zwar nicht ganz ersetzen, aber in immer stärkerem Maße ergänzen. Die persönliche Empfehlung von Publikationen unter den Peers in den jeweiligen Netzwerken wird von vielen Wissenschaftlern übrigens als willkommener Relevanzfilter erlebt, um in der Fülle an Publikationen Wichtiges nicht zu verpassen.
Rhetorik und Informationskompetenz im Kontext akademischer Integrität Nicht nur die seit einigen Jahren in Teilen der Wissenschaft sehr erfolgreichen sozialen Medien lassen rhetorisches Wissen als sinnvollen Inhalt einer umfassend verstandenen Informationskompetenz erscheinen, auch Entwicklungen, die unter dem Begriff der „Akademischen Integrität“ diskutiert werden,26 sprechen für eine Einbeziehung rhetorischen Denkens. Im Zusammenhang mit Plagiaten in Dissertationen wurde eine intensive Diskussion über die richtige und angemessene Zitierweise in wissenschaftlichen Arbeiten geführt.27 Dabei ging es nicht nur um das bibliographisch korrekte Zitat, was als solches schon immer Gegenstand von Informationskompetenz war,28 sondern auch um die angemessene Quelle und die Notwendigkeit, bestimmte, in einem Fach selbstverständliche Aussagen überhaupt belegen zu müssen. Gerade die Frage nach der angemessenen Quelle ist problematisch, denn es geht ja nicht bloß darum, „irgendwo“ einen Beleg für eine Aussage zu finden, sondern die Quelle so zu wählen, dass sie auch in der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin akzeptiert wird und diskursiv anschlussfähig ist. Hier kann der richtige Beleg ohne Kenntnis der Publikationskultur und der Relevanz einer Quelle im „Fachgespräch“ einer einzelnen Wissenschaft nicht zuverlässig gefunden werden.
26 Vgl. Schuh, Dominik Schuh: Auf dem Weg zur akademischen Integrität. Ziele und Maßnahmen des Projekts „Akademische Integrität“. In: Information. Wissenschaft & Praxis (2014). S. 41–50. Siehe dazu auch den Beitrag von Nicole Walger in diesem Band. 27 Vgl. Dreier, Thomas u. Ansgar Ohly (Hrsg.): Plagiate: Wissenschaftsethik und Recht. Tübingen: Mohr Siebeck 2013. 28 Jele, Harald: Wissenschaftliches Arbeiten. Zitieren. 3. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer 2012.
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Ausblick Im Zuge der Bologna-Reformen haben verschiedene Schlüsselqualifikationen in den Studienordnungen eine deutliche Aufwertung erfahren. Davon hat auch die Informationskompetenz profitiert. Im Studienalltag freilich werden entsprechende Veranstaltungen von den Studierenden oft als lieblose Pflichtübung erlebt, die überdies inhaltlich wenig oder nur sehr formal an das eigentliche Studienfach angebunden sind. Dies könnte durch die Integration rhetorischer Fragestellungen überwunden werden. Mag die Rhetorik auch für die Informationskompetenz interessante neue Perspektiven beinhalten, ihre Stärke liegt jedoch auf einem ganz anderen Gebiet. Die Rede ist vom bewusst und angemessen gestalteten sprachlichen Ausdruck. Hier hat sie nicht nur zu Fragestellungen der Akademischen Integrität, sondern vor allem zur klassischen Propädeutik im Sinne einer Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten und das wissenschaftliche Schreiben viele Berührungen und Gemeinsamkeiten. Aus dieser Gemeinsamkeit heraus könnten integrierte Lehrveranstaltungen im Kontext der einzelnen Fächer angeboten werden. Ein mögliches Vorbild hierfür wären die Kurse in „Rhetoric and Composition“, die im anglo-amerikanischen Bereich sehr verbreitet sind und dort auch schon mit Aspekten von Informationskompetenz verknüpft werden.29 Dieser Ansatz ist insoweit vielversprechend, als er Informationsprobleme nicht künstlich isoliert und rein technisch bespricht, sondern dort behandelt, wo sie der Sache nach hingehören, nämlich bei der Erstellung konkreter Texte für konkrete Adressaten in einer konkreten, von einer bestimmten Fachlichkeit geprägten Informations- und Kommunikationssituation.30 In jedem Fall eröffnet die rhetorische Perspektive für die Informationskompetenz vielversprechende und interessante Perspektiven. Treibender Motor ist hier der digitale Wandel. Wurde in der Frühzeit der ersten Datenbanken und Online-Kataloge Informationskompetenz vor allem im Sinne technisch zu beherrschender RetrievalFähigkeit verstanden, so dass eine im Stil der alten Bücherkunde und Literärgeschichte arbeitende Praxis ausgedient zu haben schien, so ist es heute gerade die digitale Vernetzung, die für eine Neubewertung der Rolle der Rhetorik für eine zeitgemäße Informations- und Medienkompetenz spricht. Dass die Informationskompetenz dabei zu ihren Wurzeln im Trivium der mittelalterlichen Universität zurückehrt, wenn sie stärker in den Prozess der Wissenschaftskommunikation eingebettet wird, ist eine feine Ironie der Geschichte für alle, die in der zunehmenden Digitalisierung der Wis-
29 Lynn, Stephen: Rhetoric and composition. An introduction, Cambridge, MA [u. a.]: Cambridge Univ. Press 2010, sowie D‘Angelo, Barbara J. & Barry M. Maid: Moving beyond definitions. Implementing information literacy across the curriculum. In: The Journal of Academic Librarianship (2004). S. 212–217. 30 Steinhauer, Eric W. u. Kathrin Höhner: Akademische Integrität und die Bekämpfung von Plagiaten als Handlungsfelder für Hochschulen und ihre Bibliotheken. Überlegungen von der Zweiten Mainzer Tagung zur Akademischen Integrität. In: Information Wissenschaft & Praxis (2014), hier S. 30.
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senschaft die abendländische Buch- und Bildungskultur bedroht und dem Untergang geweiht sehen.31
31 Reuß, Roland: Ende der Hypnose. 4. Aufl., Frankfurt a. M. [u. a.]: Stroemfeld 2013.
Roland Mangold
Informationspsychologische Grundlagen der Informationskompetenz Abstract: Als leistungsfähiges System, das die Anforderungen seiner Umwelt erfolgreich zu bewältigen vermag, nimmt der menschliche Organismus permanent Informationen aus seiner Umgebung auf, verarbeitet diese und gibt Informationen an seine Umgebung ab. Innerhalb der Informationsarchitektur des Menschen besteht das Repräsentationssystem aus Sinnesorganen, Arbeits-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis und wird beim Wahrnehmen, Erkennen, Verstehen, Speichern und Abrufen von Informationen intensiv genutzt. Die Vorgänge im Repräsentationssystem interagieren mit motivationalen und emotionalen Zuständen, die dem Erlebenssystem zugeordnet werden. Aus informationspsychologischen Erkenntnissen zu den Prinzipien der menschlichen Informationsverarbeitung lassen sich gestaltungsrelevante Empfehlungen zur Steigerung der individuellen Informationskompetenz sowie eines positiven Informationserlebens ableiten. Keywords: Menschliche Informationsverarbeitung, Informationspsychologie, Informationsarchitektur, Wahrnehmen, Erkennen, Verstehen, Gedächtnis, Informationserleben
Nutzerzentrierte Gestaltung von Informationsmedien Informationsdesigner werden konzipieren und gestalten Informationsmedien unterschiedlicher Art (z. B. Printmedien, elektronische Medien) mit dem Ziel, den Anwendern eine kompetente Nutzung der dargebotenen Inhalte zu ermöglichen. Voraussetzung hierfür ist, dass Informationsgestalter ein Verständnis für die Informationsarchitektur entwickeln, die Basis der menschlichen Informationsverarbeitung ist. Wenn sie verstehen, wie eine solche Architektur beschaffen ist und welche Verarbeitungsprozesse darin ablaufen, können die zu erstellenden Informationsangebote auf die Besonderheiten dieser Architektur abgestimmt und nutzerzentriert gestalRoland Mangold wurde nach dem Studium der Psychologie 1986 an der Universität Mannheim promoviert und hat sich dort 1992 habilitiert. Nach seiner Tätigkeit als Hochschuldozent an der Universität Saarbrücken und Lehrstuhlvertretung an der Universität Mannheim wurde er 2001 als Professor für Informations- und Medienpsychologie im Studiengang Informationsdesign an die Hochschule der Medien in Stuttgart berufen. Er hat u. a. Forschungsprojekte zur Benennung von Objekten, zu den Wirkungen von Gewalt in Nachrichten und zu emotionalen Gratifikationen bei der Filmrezeption angeleitet. Im Zentrum seiner gegenwärtigen Forschungsaktivitäten stehen Untersuchungen zu den Prinzipien einer nutzerzentrierten und bedürfnisorientierten Gestaltung von Informationsmedien sowie zum Erleben von Raum bei reduzierter Beleuchtung.
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tet werden. Durch geeignete Gestaltungsmaßnahmen kann die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass die Aufnahme und Verarbeitung der dargebotenen Informationen in der richtigen Richtung verlaufen und ein zusätzlicher Aufwand oder gar ein Scheitern vermieden wird. In der Informationspsychologie1 werden wissenschaftliche Erkenntnisse aus Bereichen der Wahrnehmungs-, Denk-, Lern-, Motivations- und Emotionspsychologie zusammengetragen und daraus Empfehlungen für die nutzerzentrierte Gestaltung von Informationsmedien abgeleitet.
Informationsmedium
Wahrnehmen
Verstehen
Speichern
motivationale & emotionale Zustände
Anwenden
Abrufen
Abb. 1: Phasen der Verarbeitung aufgenommener Informationen.
In welcher Weise die menschliche Informationsnutzung durch Gestaltungsmaßnahmen optimiert werden kann, ergibt sich aus einer Betrachtung der unterschiedlichen Phasen, die bei der Verarbeitung medial angebotener Inhalte durchlaufen werden (vgl. Abbildung 1). Im ersten Schritt wird ein begrenzter Ausschnitt des Informationsangebotes mit Hilfe der Wahrnehmungsorgane (insbesondere mit den Fernsinnen Sehen und Hören) aufgenommen. Im nächsten Schritt wird versucht, die aufgenommenen Informationen zu verstehen, ihnen also einen Sinn bzw. eine Bedeutung zu verleihen. War der Verstehensprozess erfolgreich, kann wiederum ein ausgewählter Teil der aktuell verarbeiteten Informationen im Gedächtnis gespeichert werden. Die dort verankerten Inhalte können zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen und für die Erreichung spezifischer Ziele eingesetzt bzw. angewandt werden. In allen Phasen bestehen enge Wechselbeziehungen zwischen der ablaufenden Verarbeitung einerseits und motivationalen und emotionalen Zuständen der Person andererseits. Maßnahmen zur Informationsgestaltung wirken sich auf alle Phasen der Verarbeitung aus. Wird beispielsweise ein schwieriger Text aus einem Lehrbuch mit geeigneten Abbildungen versehen, kann dadurch das Verstehen signifikant erleich-
1 Mangold, Roland: Informationspsychologie: Wahrnehmen und Gestalten in der Medienwelt. 2. Aufl. Berlin [u. a.]: Springer 2015.
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tert werden. Wenn der Informationsnutzer dazu gebracht wird, sich intensiv mit dem Textinhalt auseinanderzusetzen, indem er spannende Probleme löst oder mit anderen Lernenden über die Inhalte diskutiert, nimmt die Wahrscheinlichkeit einer überdauernden Verankerung im Gedächtnis enorm zu. Enthält der Text klar erkennbare Anwendungsbezüge, ist zudem die Wahrscheinlichkeit eines gelungenen Abrufs bzw. einer Anwendung hoch.
Eine Architektur für die menschliche Informationsverarbeitung In der Informationspsychologie wird der menschliche Organismus als System aufgefasst, das Informationen aus seiner Umgebung aufnimmt, diese intern verarbeitet und in Form von Handlungen wiederum Informationen an seine Umgebung abgibt. Umgebung Kurzzeitgedächtnis Informationsmedium
visueller Sinn auditiver Sinn
Arbeitsgedächtnis
Speichern
Langzeitgedächtnis
Abrufen
Erkennen & Verstehen Kapazitätsverteilung
Veränderung der Umwelt
Motorik
Anwenden motivational-emotionales System
Abb. 2: Informationsarchitektur des Menschen.2
2 In Anlehnung an Lang, Annie: The limited capacity model of motivated mediated message processing. In: The SAGE handbook of media processes and effects. Ed. by Robin L. Nabi [u. a.]. Thousand Oaks: SAGE Publications 2009. S. 193–204.
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Die Beschaffenheit der Informationsarchitektur des Menschen ist eine notwendige Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der menschlichen Informationsverarbeitung. Conant und Ashby3 zeigen, dass nur solche Systeme ihre Umgebung erfolgreich zu bewältigen vermögen, die in der Lage sind, Abbilder ihrer Umwelt intern zu repräsentieren und zu manipulieren. Das in Abbildung 2 im oberen Teil dargestellte Repräsentationssystem bildet die zentrale kognitive Teilstruktur eines Modells der menschlichen Informationsarchitektur, das sich am Limited Capacity-Modell von Lang4 orientiert. Innerhalb dieser Teilstruktur wird der mit den Sinnesorganen aufgenommenen Information zunächst im Arbeitsgedächtnis Bedeutung verliehen; d. h. sie wird erkannt und verstanden. Als Ergebnis wird im Arbeitsspeicher ein Abbild bzw. eine Repräsentation dieser Bedeutung aufgebaut und weiter verarbeitet. Zwischenergebnisse der ablaufenden Informationsverarbeitung können im Kurzgedächtnis abgelegt und dort wieder abgerufen werden. Dabei ist sowohl die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses als auch des Kurzzeitgedächtnis sehr stark begrenzt: Im Arbeitsgedächtnis können lediglich vier bis fünf Informationen gleichzeitig bearbeitet werden, das Kurzzeitgedächtnis speichert etwa fünf bis neun Elemente für eine Zeitdauer im Minutenbereich. (Allerdings kann die Speicherkapazität des Kurzzeitgedächtnisses dadurch erhöht werden, dass Elemente zu sinnvollen Einheiten – sog. Chunks – zusammengefasst werden. In einem solchen Fall bezieht sich die genannte Kapazitätsbeschränkung auf fünf bis neun Chunks mit einer entsprechend größeren Zahl von Einzelelementen.) Ausgewählte Informationen werden aus dem Arbeitsgedächtnis in das Langzeitgedächtnis übertragen und dort überdauernd verankert. Sowohl die Kapazität des Langzeitgedächtnisses als auch die Speicherdauer für dort enthalten Inhalte werden als grundsätzlich unbeschränkt angenommen. Neben dem kognitiven Repräsentationssystem umfasst die Informationsarchitektur zudem ein motivational-emotionales Erlebenssystem (im unteren Teil von Abbildung 2). In diesem Teilsystem stehen Bedürfnisse, Motive, Ziele und Gefühle im Vordergrund. Der Zusammenhang zwischen Motivation und Emotion ergibt sich daraus, dass Menschen bestrebt sind, positive emotionale Zustände zu erreichen bzw. aufrecht zu erhalten und negative Zustände zu vermeiden.
Verarbeitung im Repräsentationssystem Innerhalb des Repräsentationssystems laufen fortwährend drei grundlegende Prozesse ab. (i) Im Rahmen des Enkodierens werden von den Sinnesorganen aufge-
3 Conant, Roger C. & W. Ross Ashby: Every good regulator of a system must be a model of that system. In: International Journal of Systems Science (1970) H. 1. S. 89–97. 4 Lang, The limited capacity model (wie Anm. 2).
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nommene Informationen in ein Format überführt, in dem sie im Arbeitsgedächtnis dargestellt und weiter verarbeitet werden können. Dieses Repräsentationsformat ist symbolischer Natur und spiegelt die Bedeutung des Informationsinputs für den Menschen wider; somit entspricht das Enkodieren der bereits beschriebenen Phase des Erkennens und Verstehens. (ii) Durch das Speichern im Langzeitgedächtnis werden Informationen langfristig verfügbar gemacht. (iii) Als dritter grundlegender Prozess tritt das Abrufen von Informationen aus dem Langzeitgedächtnis hinzu. Unterschiedliche Vorgänge wie Erkennen und Verstehen, Urteilen und Entscheiden oder Problemlösen beziehen in hohem Maße im Langzeitgedächtnis vorhandenes Vorwissen ein; das Ergebnis solcher Verarbeitungsprozesse entsteht im Wechselspiel von neu aufgenommenen und bereits im Gedächtnis verankerten Informationen. Der Abruf folgt dem Assoziationsprinzip: Es wird ein bestimmter Abrufreiz vorgegeben und derjenige Gedächtnisinhalt abgerufen, der zu diesem Abrufreiz ähnlich ist. Dies erklärt, warum ein Gedächtnisabruf scheitern kann – der Abrufreiz war in einem solchen Fall (noch) nicht hinreichend ähnlich zur gesuchten Information. Wird eine Information gelernt, also im Langzeitgedächtnis gespeichert, dann werden Hinweise zum Kontext, in dem dieser Lernvorgang stattgefunden hat, ebenfalls gespeichert. Auch beim Erinnern bildet der aktuelle Kontext einen Teil des Abrufreizes. Als Konsequenz ist der Erfolg eines Abrufs umso wahrscheinlicher, je größer die Übereinstimmung zwischen Lernkontext und Abrufkontext ausfällt (Enkodierspezifität5). Auch jeweils vorherrschende Emotionen sind als Kontext sowohl Bestandteile von Gedächtnisinhalten als auch von Abrufreizen. Aus diesem Grund ist die Abrufwahrscheinlichkeit größer, wenn der emotionale Zustand einer Person beim Einspeichern und der emotionale Zustand beim Abrufen einander entsprechen (Stimmungskongruenz6). Beim Erinnern stellen abgerufene Informationen häufig – in Abhängigkeit vom Erfolg des Gedächtniszugriffs – lediglich Fragmente der ursprünglich wahrgenommenen bzw. gespeicherten Information dar. Solche Erinnerungsfragmente werden vom kognitiven System ergänzt und vervollständigt. Da sich diese Vervollständigung an den Erwartungen bzw. Schemata der Person orientiert, kommt es bei der Rekonstruktion von gespeicherten Informationen zu charakteristischen Verzerrungen, die in hohem Maße von situativen Faktoren im Erinnerungskontext beeinflusst sind. Grundsätzlich gilt für jeden Verarbeitungsvorgang im kognitiven System das Prinzip der beschränkten Verarbeitungskapazität. Jeder Prozess benötigt für seinen Ablauf eine gewisse Menge an Kapazität. Dabei erfordern die Prozesse je nach ihrer Art eine unterschiedliche Kapazitätsmenge: gut eingeübte und automatisierte Prozesse (z. B. Fahrradfahren) benötigen weniger Kapazität als Prozesse, in denen Informationen tiefgründig und intensiv verarbeitet werden (z. B. beim Schachspiel). Dabei
5 Tulving, Endel & Donald M. Thomson: Encoding specificity and retrieval processes in episodic memory. In: Psychological Review (1973) H. 80. S. 352–373. 6 Bower, Gordon H.: Mood and memory. In: American Psychologist (1981) H. 36. S. 129–148.
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ist die Gesamtmenge der für die Verarbeitung verfügbaren Kapazität begrenzt; daraus ergibt sich die bereits genannte Einschränkung, dass lediglich drei bis vier Verarbeitungsvorgänge parallel im Arbeitsgedächtnis ablaufen können. Die Kapazitätsaufteilung erfolgt kompensatorisch; erhält ein Prozess mehr Kapazität, geht dies zu Lasten anderer Prozesse. Falls ein Prozess nicht diejenige Kapazitätsmenge bekommt, die für eine vorgesehene Ausführung erforderlich gewesen wäre, scheitert der Prozess zwar nicht, aber die Verarbeitung verläuft oberflächlicher und liefert als Ergebnis eher eine Abschätzung als eine bestmögliche Lösung. Mit wenig Kapazität ausgeführte Prozesse sind zudem kaum willentlich kontrollierbar, sie laufen unbewusst ab und sie führen weniger wahrscheinlich zu einer Speicherung der Informationen im Gedächtnis (vgl. Tab. 1). Tab. 1: Auswirkungen unterschiedlicher Kapazitätszuteilung. Verarbeitungsaspekt
große Kapazitätsmenge
geringe Kapazitätsmenge
Steuerbarkeit
gut kontrollierbar
kaum kontrollierbar
Verarbeitungstiefe
tief
oberflächlich
Art der Verarbeitung
logisch-rational
heuristisch
Ergebnis
bestmögliche Lösung
gute Lösung
Bewusstheit
bewusste Verarbeitung
nicht bewusste Verarbeitung
Speicherung
Speicherung im Gedächtnis
keine Speicherung im Gedächtnis
Verarbeitung im Erlebenssystem Nach der sog. Kognitiven Wende um 1960 wurden zwar – als Kontrast zum Behaviorismus – in der Psychologie wieder verstärkt innere Vorgänge beim Menschen untersucht. Allerdings bestanden mit der Kognitiven Psychologie einerseits und der Motivations- und Emotionspsychologie andererseits über viele Jahre hinweg getrennte Forschungsbereiche, bei denen es nur wenige Ansätze zu einer integrativen Sichtweise gab. Ein Vorzug des hier beschriebenen Modells der menschlichen Informationsarchitektur ist, dass darin sowohl kognitive als auch motivationale und emotionale Aspekten der Informationsverarbeitung gemeinsam betrachtet werden. Die aktuelle Motivationslage sowie vorherrschende emotionale Zustände wirken über den Mechanismus der Kapazitätsverteilung auf ablaufende Verarbeitungsprozesse ein. So erhalten Inhalte, die mit vorherrschenden Bedürfnissen bzw. Zielen in Verbindung stehen, automatisch mehr Kapazität. Dies erklärt, warum zu Interessen einer Person kompatible Inhalte im Allgemeinen sehr viel leichter verarbeitet und behalten werden. Die Verbindung von Emotionen mit Besonderheiten der Kapazitätsverteilung
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lässt sich mit Hilfe des sog. Cognitive Tuning-Modells7 erklären. Diesem Ansatz zufolge haben Hinweise zu emotionalen Zuständen einer Person die Funktion, im Hinblick auf ein optimales Verhalten notwendige Einstellungen des kognitiven Apparates vorzunehmen. Wenn sich eine Person in negativer Stimmung befindet, zeigt dies die Existenz eines Problems an. Um zu einer Lösung dieses Problems zu gelangen, wird dem kognitiven System eine größere Menge Kapazität für die Verarbeitung aufgenommener Informationen zugeteilt. Entsprechend fällt die Verarbeitung problembezogener Informationen rationaler und tiefgründiger aus und unterstützt so die Suche nach einer Lösung. Dagegen zeigt eine vorherrschende positive Stimmung die Abwesenheit von Problemen an; entsprechend wird der Kapazitätseinsatz für die Verarbeitung aufgenommener Informationen reduziert, wodurch diese eher oberflächlicher und heuristisch ausfällt. Die hier angedeuteten Unterschiede konnten in zahlreichen Studien zum Zusammenhang zwischen Stimmung und Denken aufgezeigt werden.8
Folgerungen für die Informationsgestaltung Zum kompetenten Umgang mit Informationen gehört auch die effiziente und effektive Nutzung von Informationen aus Medien. Hierzu sollten die medialen Informationsangebote so gestaltet sein, dass sie zu den Verarbeitungsprozessen der Menschen passen. Auf der Grundlage des hier beschriebenen Modells der menschlichen Informationsarchitektur können Empfehlungen formuliert und begründet werden: Gestalten für Wahrnehmen: Generell ist die Menge an Informationen riesig, die auf den Menschen einströmt. Damit wichtige Informationen überhaupt aus dieser Menge herausstechen, müssen sie auffällig (z. B. groß, farbig, sich bewegend) sein und sich vom Kontext abheben. Durch die Orientierung an Prinzipien der „guten Gestalt“ (Symmetrie, Nähe, Ähnlichkeit, Geschlossenheit, gute Fortsetzung) werden Verarbeitungsprozesse unterstützt, die das Erkennen der Bedeutung in der nächsten Phase vorbereiten. Gestalten für Verstehen: Auf das Vorwissen der Person abgestimmte Informationsdarbietungen sind besser verständlich. Bei Textmedien wird dem Leser durch die Bereitstellung geeigneter Verstehenshilfen (Advance Organizer, treffende Überschriften, erläuternde Abbildungen) das Erarbeiten der Textbedeutung wesentlich erleichtert; durch solche Zusatzinformationen werden Textlücken geschlossen und das für das Verstehen relevante Vorwissen wird aktiviert.
7 Kuschel, Stefanie [u. a.]: Going beyond information given: how approach versus avoidance cues influence access to higher order information. In: Social Psychology and Personality Science (2010) H. 1. S. 4–11. 8 Vgl. Bless, Herbert: Stimmung und Denken. Ein Modell zum Einfluss von Stimmungen auf Denkprozesse. Bern: Hans Huber 1997.
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Gestalten für Speichern: Die Qualität der Speicherung aufgenommener Informationen im Langzeitgedächtnis hängt in hohem Maße von der Tiefe der Verarbeitung und den dabei geschaffenen Verknüpfungen mit vorhandenem Vorwissen ab. So kann beim Wissenserwerb durch die Beantwortung von Testfragen, durch die Bearbeitung vorgegebener Problemstellungen oder durch Diskussionen mit anderen Lernenden der Grad der Auseinandersetzung mit dem Lernstoff intensiviert und die Behaltensleistung verbessert werden. Gestalten für Abrufen und Anwenden: Gedächtnisinhalte sind erfolgreicher abrufbar, wenn bereits Anknüpfungspunkte zum gesuchten Inhalt vorliegen. Daher kann durch eine authentische und möglichst konkrete Darstellung ein Bezug zum realen Anwendungsfall (etwa in Form von Beispielen) geschaffen und so ein späterer Gedächtniszugriff erleichtert werden. Gestalten für Informationserleben: Nutzer interaktiver Informationsmedien erwarten nicht nur einen Zugang zu den gesuchten Informationen, der den Kriterien der Usability genügt; vielmehr sollen soll die Mediennutzung positive Erlebnisse bewirken und grundlegende Bedürfnisse der Person befriedigen.9 Zu beachten ist dabei jedoch, dass Menschen, wie bereits erwähnt, Informationen in positiver Stimmung auf andere Weise verarbeiten als in negativer. Bei schwierigen Lerninhalten dürfte es beispielsweise angezeigt sein, durch das Lernmaterial eine nicht allzu euphorische Stimmung auszulösen und nicht vom Ziel der Informationsaufnahme abzulenken.10 Interessant sind in diesem Zusammenhang auch neuere Erkenntnisse, wonach Formen und Farben als Gestaltungsaspekt der Informationsdarbietung bei den Nutzern zu bestimmten motivational geprägten Haltungen führen, die wiederum zur zu bearbeitenden Aufgabe passend sein können oder nicht. Eckige Formen in den Farben rot oder grau führen beispielsweise zu einer Einstellung, bei der Nutzer exakt arbeiten und Fehler eher vermeiden. Runde Formen sowie orange oder blaue Farben dagegen sind für solche Aufgabenstellungen günstiger, bei denen es weniger auf die Fehlervermeidung, sondern eher auf Produktivität ankommt.11
9 Burmester, Michael [u. a.]: Information Experience: Informationen zum Erlebnis machen. In: Information. Wissenschaft & Praxis (2013) H. 64. S. 252–259. 10 Das kann beispielsweise bei Infotainment- und Edutainment-Angeboten zum Problem werden, bei denen der Unterhaltungsanteil übertrieben hoch ist; vgl. Mangold, Roland: Infotainment und Edutainment. In: Lehrbuch der Medienpsychologie. Hrsg. von Roland Mangold [u. a.]. Göttingen: Hogrefe 2004. S. 528–542. 11 Dries-Tönnies, Therese [u. a.]: Visual characteristics’ inherent impact on people‘s strategic orientation. In: Proceeding CHI EA ‘15 Proceedings of the 33rd Annual ACM Conference Extended Abstracts on Human Factors in Computing Systems. New York: ACM 2015. S. 1863–1868.
Anne-Katharina Weilenmann
Mobil, vernetzt, „always on“ – Lebenswelten junger Menschen und Informationskompetenzförderung der Bibliotheken Abstract: Permanente Vernetzung, allgegenwärtiger Zugang und Zugriff zu Informationen, Internet der Dinge, Wearables – Eigenschaften, die nicht nur für das 21. Jahrhundert bestimmend sind, sondern zunehmend auch die Lebenswelten junger Menschen prägen. Welche Konsequenzen hat dies für die Vermittlung von Informationskompetenz? Nach einer kurzen Darstellung des „jungen Lebensgefühls“ werden die markanten Linien in der Entwicklung von Informationskompetenzförderung aufgezeichnet, dabei auch neurologische Erkenntnisse betrachtet. Mit dem Begriff „Inspiration Literacy“, dem Finden der angemessenen Balance zwischen Online- und Offline-Welt, wird eine zusätzliche Komponente eingeführt. Anschließend wird ein dreistufiges Szenario zur Schulung von Informationskompetenz entwickelt, basierend auf adaptiven Systemen, Smartphones und Wearables. Keywords: Lebenswelten junger Menschen; Informationskompetenzförderung; Inspiration Literacy; Neuroinformationswissenschaft
Einleitung Das Medium Internet fasziniert die Menschen, mit all seinen diversen Ausprägungen (positiver und negativer Art) begeistert, beflügelt es, zieht seit seiner Erfindung alle Generationen in seinen Bann. Die bestechende und visionäre Idee von Vannevar Bush (1945), mit dem sogenannten Memex ein Instrument zu schaffen, mit welchem sich die gesamte persönliche Kommunikation eines Individuums speichern und wieder abrufen lässt,1 konnte als solche zwar nie realisiert werden, ist heute in Form des World Wide Web jedoch aktueller denn je. Bush (1945) sieht den Memex als Erweite-
1 Vgl. Bush, Vannevar: As we may think. In: The Atlantic. July 1945. http://www.theatlantic.com/ magazine/archive/1945/07/as-we-may-think/303881/(Stand: 31.07.2015). Anne-Katharina Weilenmann besitzt einen Master der Donau-Universität Krems (MSc Bibliotheksund Informationsmanagement). Sie ist als Referentin für Datenbank- und Internetrecherche tätig (Höhere Fachschule für Sprachberufe, Zürich, sowie an der Haute Ecole de Gestion, Genf). Organisation von Fachtagungen. Zurzeit Arbeit am persönlichen Dissertationsprojekt zur Dekonstruktion des wissenschaftlichen Artikels.
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rung des menschlichen Gehirns, als „enlarged intimate supplement to his memory“.2 Technologie gilt heute nicht mehr nur als Zusatz zum menschlichen Körper, sie wird zunehmend mit unserem Körper verzahnt. Dies führt zu einer schleichenden, unbemerkten Ver-Netzung, zu einer Verästelung, die immer filigranere Strukturen annimmt, um so allmählich alle unsere Lebensbereiche, unser gesamtes Lebensumfeld, zu durchdringen. Das Internet der Dinge ist Realität, Wearables3 ermöglichen es jedem einzelnen, die persönlichen Aktivitäten auf Schritt und Tritt aufzuzeichnen und sich selbst zu überwachen. Das physische Vernetzen von Menschen untereinander ist technisch bereits realisierbar, Kommunikation mittels Gedankenübertragung wird bis ins Jahr 2020 als Selbstverständlichkeit angesehen.4 Ohne es zu bemerken, ist das Internet längst zu einem integralen Bestandteil unseres Lebens geworden, bestimmt unser Verhalten und unsere Vorstellungen von der vernetzten Welt von morgen: „In the future, the boundaries between personal devices and the built environment will blur and physical spaces will be impregnated with new layers of information and content to be activated.“5 Die allgegenwärtige Vernetzung, das Auflösen von Grenzen, das nahtlose Ineinanderfließen verschiedenster Dienste, impliziert Mobilität und damit den Anspruch, überall und zu jeder Zeit auf das gesamte Informationsuniversum zugreifen zu können. Diese Haltung wird rein durch das Vorhandensein intuitiv bedienbarer Geräte und Gadgets noch gefördert: „The ‚i‘ nomenclature introduced by Apple reflects both a brand distinction and a personalized relationship with micro and nano devices. The mobile aspect of these devices has changed our relationship to place.“6 Die neue Lebensformel heisst „24/7/365 x 360“, 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr, 360°-Panorama, Kom-
2 Bush, As we may think (wie Anm. 1). 3 Unter „Wearables“ bzw. „Smart Wearables“ werden intelligente Kleinstsysteme verstanden, die in Alltagsgegenstände integriert sind und am Körper getragen werden. Sie dienen der Überwachung verschiedenster Körperfunktionen. Vgl. ITWissen: das große Online-Lexikon für Informationstechnologie. http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Smart-Wearables-smart-wearables.html (Stand: 31.07.2015). 4 In einer von Ericsson durchgeführten Studie zu den wichtigsten Trends für 2015 geben 40 % aller Befragten an, dass sie sich vorstellen könnten, mit entsprechender technischer Ausrüstung via Gedankenübertragung mit dem Gegenüber zu kommunizieren: „40 percent of smartphone users would like to use a wearable device to communicate with others directly through thoughts – and more than two-thirds believe this form of communication will be commonplace by 2020.“ Vgl. 10 Hot Consumer Trends 2015. Stockholm: Ericsson 2014. S. 4. http://www.multivu.com/players/English/7394951ericsson-hot-consumer-trends-2015/links/7394951-report.pdf. (Stand: 31.07.2015). Noch einen Schritt weiter denkt Kurzweil (2014) und entwirft dabei ein futuristisches Bild der „Menschheit 2.0“. Vgl. Kurzweil, Ray: Menschheit 2.0: die Singularität naht. 2., durchgesehene Aufl. Berlin: Lola Books 2014. 5 Future libraries: Workshops Summary and Emerging Insights. ARUP University 2015. S. 30. http:// publications.arup.com/~/media/Publications/Files/Publications/F/Future_Libraries_digital.ashx (Stand: 31.07.2015). 6 Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Metaliteracy: reinventing information literacy to empower learners. Chicago, IL: Neal-Schuman 2014. S. 47.
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munikation über alle Kanäle, auf Knopfdruck, omnipräsente Verfügbarkeit,7 und entwickelt sich zum bestimmenden Momentum unseres Handelns.
Lebenswelt der Generation Y/Z8 Gerade Jugendliche und Heranwachsende geraten durch die diversen Angebote neuer Informations- und Kommunikationstechnologien förmlich in einen Sog, dem sie sich kaum mehr (selbst) entziehen können. Laut dem „Connected World Technology Final Report“ (2014) gehört für 54 % der Generation Y/Z der Griff zum Smartphone zur ersten Tätigkeit am Morgen.9 Das Smartphone hat den Status des unverzichtbaren Begleiters eingenommen, ein Begleiter, der den ganzen Tagesablauf mitbestimmt: „You think of technology as a tool, […]“. „We think of it as a foundation; it underlies everything we do.“10 Die „Always on-Kultur“ und unermüdliche Beschäftigung mit Gadgets gibt den Rhythmus vor und wird zum pulsierenden Lebensgefühl: „She illustrates her point
7 Vgl. Kühne, Martina: Servicekultur im Netzzeitalter: Zwischen Algorithmen und Intuition – Wie digitale Dienste zu sinnlichen Erlebnissen werden. Zürich: GDI 2011. 8 In der Fachliteratur wird meist die Terminologie „Digital Natives“ bzw. „Digital Immigrants“ benützt, was zurecht kritische Stimmen hervorruft. Nach White/Le Cornu (2011) sind diese von Prensky (2001) eingeführten Begriffe irreführend: Prensky (2001) verbindet mit den „Digital Natives“ diejenige Bevölkerungsgruppe, die mit dem Internet und neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aufgewachsen ist, sich folglich bestens auskennt in der Anwendung und Benutzung. Dem gegenüber stehen die „Digital Immigrants“, diejenigen, welche sich die genannten Technologien zuerst mühsam aneignen müssen. White/Le Cornu (2011) nehmen das Ausmaß der Technologiebenutzung als Anhaltspunkt und teilen die beiden Gruppen in „Digital Visitors“ bzw. „Digital Residents“ ein. Die „Digital Visitors“ sind Gelegenheitsbenutzer, die „Digital Residents“ symbolisieren die PowerAnwender. Vgl. White, David S. & Alison Le Cornu: Visitors and residents: A new typology for online engagement. In: First Monday (2011), H. 9. http://firstmonday.org/htbin/cgiwrap/bin/ojs/index.php/ fm/article/viewArticle/3171/3049 (Stand: 31.07.2015); Prensky, Mark: Digital natives, digital immigrants. Part II: Do they really think differently? In: On the Horizon, Vol. 9 (2001) H. 6. S. 1–6. DOI: http:// dx.doi.org/10.1108/10748120110424843 (Stand: 31.07.2015). Da sich die Bezeichnung „Digital Natives“ nicht auf das Alter des Anwenders bezieht, werde ich in Anlehnung an „Generation Y“ (zwischen 18 und 30 Jahre) die Terminologie „Generation Y/Z“ verwenden, um die Alterskomponente zu berücksichtigen (Generation Z: ab dem Jahre 2000 Geborene). 9 Vgl.: Cisco Connected World Technology Final Report. [Ed.: Cisco]. San Jose: Cisco Systems, Inc., 2014. http://www.cisco.com/c/dam/en/us/solutions/collateral/enterprise/connected-world-technology-report/cisco-2014-connected-world-technology-report.pdf (Stand: 31.07.2015). 10 Prensky, Marc: Our Brains Extended. In: Technology-Rich Learning. Vol. 70 (2013). S. 22–27. http:// www.ascd.org/publications/educational-leadership/mar13/vol70/num06/Our-Brains-Extended.aspx (Stand: 31.07.2015).
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with the class of 2014 graduating students, who Instagrammed their selfies and Snapchatted their campus farewells before Ubering to the airport.“11 Die persönlichen Werte sowie die Einstellung zu Arbeit und Freizeit haben sich gewandelt. Auch hier sind die Übergänge fließend, die Generation Y/Z möchte ihren Lebensraum frei und selbstbestimmt gestalten können, kennt keine Einschränkungen. Arbeit ist nicht mehr an eine vorgegebene Zeit und einen einzelnen Ort gebunden, man erledigt die anstehenden Aufgaben in einer Weise, dass sie ins eigene Lebenskonzept passen. Kreativität, das Ausleben eigener Ideen, das Ausloten neuer Horizonte, sind wichtige Impulsgeber der agilen jungen Leute.12
Informationskompetenz(en) – ein Widerspruch zum modernen Lebensgefühl? Grenzenlose Mobilität, permanenter Zugang und Zugriff auf das Informationsuniversum, Multitasking, Rastlosigkeit, sind prägende Faktoren des modernen Menschen; sie legen Zeugnis ab einer rasanten Entwicklung zur gänzlich vernetzten Gesellschaft. Die Auswirkungen und Folgen, welche dies auf das Individuum haben wird, sind noch kaum einzuschätzen. Rushkoff (2014) nimmt dieses Lebensgefühl auf und definiert fünf Ausprägungen, die für den Moment von Unmittelbarkeit und Gleichzeitigkeit stehen: narrativer Kollaps (neue Phänomene passen nicht mehr in unsere Lebensgeschichte), Digiphrenie (wir befinden uns gleichzeitig in mehreren Selbsts und an mehreren Orten), Überspanntheit (der Versuch, große Zeitskalen in kleinere zu pressen), Fraktalnoia (in einer zeitlosen Welt muss Sinngebung auf Anhieb möglich sein) sowie Apokalypsie (apokalyptische Schlagzeilen wecken eine tiefe Sehnsucht nach einer Zäsur und einem völlig neuen Zustand).13 Der ganze Lebensinhalt wird also in immer kleinere Zeitintervalle gepresst, um sich simultan durch Realität und Virtualität zu bewegen; das neue Paradigma der Zukunft? Welche Bedeutung sollten Bibliotheken diesen gesellschaftlichen Veränderungen beimessen? Welche Implikationen hat dies für die Förderung von Informationskompetenz? Braucht es die Informationskompetenz heute noch, oder sind andere und zusätzliche Kompetenzen wünschenswert? Ist deren Vermittlung noch aktuell
11 Oblinger, Diana: Designing a future of digital engagement. In: From the President: an Educause Review Online. Blog. 2014. http://www.educause.edu/blogs/dianao/designing-future-digital-engagement (Stand: 31.07.2015). 12 Vgl. Bund, Kerstin: Glück schlägt Geld: Generation Y: Was wir wirklich wollen. Hamburg: Murmann-Verlag 2014. 13 Vgl. Rushkoff, Douglas: Present Shock: wenn alles jetzt passiert. Freiburg [im Breisgau]: OrangePress 2014. Weitere Informationen zum Buch sind auf der Website von Rushkoff zu finden: http:// www.rushkoff.com/present-shock/(Stand: 31.07.2015).
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oder eher eine überholte Form eines althergebrachten Bibliotheksverständnisses? Die Frage lässt sich nicht allein auf Kompetenzbildung reduzieren, sprengt den Rahmen von Informationsvermittlung, geht darüber hinaus: Sollte die Institution Bibliothek neu gedacht werden? Mit dem mobilen Zugang zum Internet und dem Aufkommen sozialer Medien wird die Art und Weise von Informationskompetenzvermittlung zurecht hinterfragt, es macht sich eine latente Verunsicherung bemerkbar, eine Neuorientierung scheint sich abzuzeichnen. Hapke (2015) weist darauf hin, dass sich das Verständnis von Informationskompetenz verändere14 und beleuchtet Informationskompetenz sehr umfassend in einem epistemologischen Kontext.15 Neben solchen rein theoretischen Ausführungen werden kreative Ansätze gesucht, um Schulungen zielgruppengerecht zu konzipieren; dabei reichen die Ideen vom Designing der Lerneinheiten16 über das Consulting17 bis zu One-Shot-Instructions.18 Anzeichen dafür, dass sich zurzeit auf dem Gebiet der Informationskompetenz vieles bewegt, zeigt auch die Tatsache, dass sich die Association of College and Research Libraries (ACRL) mit der Überarbeitung der Informationskompetenzstandards befasst.19 Als essentiellen Punkt einer neuen Perspektive versteht die ACRL Informationskompetenz als iterativen Prozess, in welchem die Studierenden sowohl als Informationskonsumenten als auch als Informationsschaffende gesehen werden.20 Der Diskurs um Informationskompetenz und deren Vermittlung lässt erkennen, dass es andersartige und zusätzliche Ideen braucht, um generell das Fördern von Kompetenz(en) in eine neue Richtung zu lenken, damit den Anforderungen der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts gerecht zu werden. Zeichnen sich neue Perspektiven ab, welche Tendenzen und Trends lassen sich wahrnehmen?
14 Vgl. Hapke, Thomas: Was unter Informationskompetenz verstanden wird, verändert sich. In: Hapke-Weblog: About information literacy, history, philosophy, education and beyond. 21. Juli 2015. http://blog.hapke.de/information-literacy/was-unter-informationskompetenz-verstanden-wird-veraendert-sich/(Stand: 31.07.2015). 15 Vgl. den Beitrag von Thomas Hapke in diesem Band. 16 Vgl. Mathews, Brian: From teaching to consulting: librarians as information literacy designers: an interview with Carrie Donovan. In: The chronicle. June 8, 2015. http://chronicle.com/blognetwork/ theubiquitouslibrarian/2015/06/08/from-teaching-to-consulting-librarians-as-information-literacydesigners-an-interview-with-carrie-donovan/(Stand: 31.07.2015). 17 Vgl. Mathews, From teaching to consulting (wie Anm. 16). 18 Vgl. 10 short lessons on one-shot instruction. Ed. by Megan Oakleaf [u. a.]. In: Communications in Information Literacy, (2012) H. 1. http://www.comminfolit.org/index.php?journal=cil&page=article& op=viewFile&path[]=v6i1p5&path[]=141 (Stand: 31.07.2015). 19 Vgl. Framework for information literacy for higher education. Ed. by the Association of College and Research Libraries (ACRL). Chicago, IL: Association of College and Research Libraries 2014. http://acrl.ala.org/ilstandards/wp-content/uploads/2014/02/Framework-for-IL-for-HE-Draft-2.pdf (Stand: 31.07.2015). 20 Vgl. Association of College and Research Libraries, Framework (wie Anm. 19).
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Den Versuch einer ausführlichen Zusammenstellung notwendiger und wünschenswerter Kompetenzen unternehmen Mackey/Jacobsen (2014).21 Rheingold (2010) legt den Fokus auf das Web 2.0 und die sozialen Medien, stellt dabei die soziale Medienkompetenz in den Raum, die er folgendermaßen umschreibt: „I focus on five social media literacies: Attention, Participation, Collaboration, Network awareness, Critical consumption.“22 Mit dem vernetzten Arbeiten, Offenlegen von Forschungsprozessen und Forschungsdaten sowie der Forderung nach einer „Open Science“23 ergeben sich für die Informationskompetenzvermittlung weitere Aufgabenfelder, um das sachgemäße Arbeiten mit Forschungsdaten sowie Datenkompetenz zu fördern. Koltay (2015) unterscheidet unterschiedliche Ausprägungen von Datenkompetenz24 und verweist auf „data information literacy“,25 „science data literacy“26 und „research data literacy“.27 Eine allgemeine Darstellung und Einordnung verschiedener Begrifflichkeiten zur Datenkompetenz unternimmt Stordy (2015).28 Insbesondere für die Generation Y/Z mit ihrer Anspruchshaltung von Gleichzeitigkeit und Unmittelbarkeit bedeutet Suchen und Finden, schnell und intuitiv, ohne grossen Aufwand, zu allem Relevantem vorzustoßen. Bloom/Deyrup (2012) beobachten das Suchverhalten von Studierenden und benennen dabei fünf Elemente, die den Suchprozess und das Endergebnis negativ beeinflussen: „(1) Foraging; (2) Google dependence (or preference); (3) Reliance on a single search strategy; (4) Habitual topic
21 Vgl. Mackay & Jacobson, Metaliteracy (wie Anm. 6). Die beiden Autor(inn)en unterhalten ebenfalls ein Blog mit der Bezeichnung „Metaliteracy“. http://metaliteracy.org (Stand: 31.07.2015). 22 Rheingold, Howard: Attention, and other 21st-century social media literacies. In: Educause Review (2010) H. 5. S. 14–24. http://www.educause.edu/EDUCAUSE+Review/EDUCAUSEReviewMagazineVolume45/AttentionandOther21stCenturySo/213922 (Stand: 31.07.2015). 23 Eine einheitliche Definition zu „Open Science“ existiert noch kaum, der Begriff wird denn auch sehr vage umschrieben, wie dies Tochtermann (2014) zum Ausdruck bringt: „Science 2.0 is happening, it is taking place […]“; Vgl. Tochtermann, Klaus: Science 2.0 Conference 2014, Opening Day 1: https://www.youtube.com/watch?v=7cXsKeh-ur4 (Stand: 31.07.2015). 24 Vgl. Koltay, Tibor: Data literacy: in search of a name and identity. In: Journal of Documentation (2015) H. 2. S. 401–415. http://dx.doi.org/10.1108/JD-02-2014-0026 (Stand: 31.07.2015). 25 Vgl. Carlson, Jacob [u. a.]: Determining data information literacy needs: a study of students and research faculty. In: Portal: Libraries and the Academy (2011) H. 2. S. 629–657. 26 Vgl. Qin, Jian & John D’Ignazio: Lessons learned from a two-year experience in science data literacy education: Proceedings of the 31st Annual IATUL Conference, 20–24 June 2010. http://docs.lib. purdue.edu/iatul2010/conf/day2/5 (Stand: 31.07.2015). 27 Vgl. Schneider, René: Research data literacy. In: Worldwide commonalities and challenges in information literacy research and practice. Ed. by S. Kurbanoglu [u. a.]. Cham: Springer International 2013. S. 134–140. S. 403. 28 Vgl. Stordy, Peter Howard: Taxonomy of literacies. In: Journal of Documentation (2015) H. 3. http:// dx.doi.org/10.1108/JD-10-2013-0128 (Stand: 31.07.2015).
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changing, and (5) Overuse of natural language and search stringing.“29 Holman (2011) befasst sich mit den mentalen Modellen im Kontext des Suchens und Findens. Dabei eruiert sie drei Modelle, „process view“ (der gesamte Suchprozess wird als Flussdiagramm dargestellt), „hierarchical view“ (Eingrenzen des Themas mittels Schlagwörter) sowie „network view“ (Netzwerksicht, Modell vernetzter Begriffe).30 Die Ebene der Informationsaufnahme und -verarbeitung bei verschiedenen Altersgruppen wird von Ferebee/Davis untersucht.31 Sie führen die Ausdrücke „technologically structured individuals“ (TSI)32 (nach 1980 Geborene) sowie „non-technologically structured individuals“ (NTSI)33 (vor 1980 Geborene) ein und können mittels funktionaler Magnetresonanz (fMRI) nachweisen, dass sich das Rechercheverhalten dieser beiden Gruppen stark unterscheidet, dass sich während der Aufzeichnung der Gehirnaktivität in den beiden Altersgruppen verschiedene Bilder ergeben: For the TSI, time perception is not sequential and time utilization is enhanced. They live in the moment. The way that a condition, state of being, or action persists for them is changeable, and far more stimulus memories interact to form the basis for their information processing than would occur for an NTSI.34
Studien dieser Art liefern zwar aufschlussreiche Erkenntnisse aus der Neurologie, die Forschung an der Schnittstelle von Neurologie und Informationswissenschaft gehört jedoch (noch) zu einem Desiderat. Erst wenige erkennen das Potenzial, das in dieser interdisziplinären Zusammenarbeit steckt. Um das Bewusstsein für gemeinsames Forschen auf diesem Gebiet zu stärken, befasst sich eine Expertengruppe unter der Bezeichnung „Gmunden Retreat“35 mit den Herausforderungen und zusätzlichen Möglichkeiten, die mittels neurowissenschaftlicher Experimente und Untersuchungen durchgeführt werden können. Mit der Fokussierung auf Gehirnfunktionalität und Informationsverhalten verfolgen ebenfalls Sturges/Gastinger (2014) ähnliche Ideen.36
29 Bloom, Beth S. & Marta Deyrup: The truth is out: how students REALLY search. In: Proceedings of the Charleston Library Conference 2012. S. 204. http://dx.doi.org/10.5703/1288284315103 (Stand: 31.07.2015). 30 Vgl. Holman, Lucy: Millennial students’ mental models of search: implications for academic librarians and database developers. In: The Journal of Academic Librarianship (2011) H. 1. S. 19–27. 31 Vgl. Ferebee, Susan & James Wayne Davis: Persuading library use in technologically structured individuals. In: Library Hi Tech (2011) H. 4. S. 586–604. 32 Vgl. Ferebee & Davis, Persuading library use (wie Anm. 31), hier S. 586. 33 Vgl. Ferebee & Davis, Persuading library use (wie Anm. 31), hier S. 586. 34 Ferebee & Davis, Persuading library use (wie Anm. 31), hier S. 600. 35 Die „Gmunden Retreats“ werden seit 2010 jährlich durchgeführt und stehen für eine innovative, sich langsam entwickelnde Wissenschaftsdisziplin mit dem Namen „NeuroIs“, die sowohl den Ansatz der Neurologie als auch die Informationswissenschaft symbolisieren soll. Vgl. NeuroIs: http://www. neurois.org (Stand: 31.07.2015). 36 Vgl. Sturges, Paul & Almuth Gastinger: The information literate brain. In: Worldwide Commonalities (wie Anm. 27), hier S. 31–40.
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Ein weiteres Indiz dafür, dass diese Forschungsrichtung an Dynamik gewinnt, ist die Neugründung der Open Access-Zeitschrift „Educational Neuroscience“ (EDN)37 aus dem Sage-Verlag. Diese Darstellung aktueller Literatur38 lässt zwei Richtungen erkennen: die Förderung von Informationskompetenz als Inhalt und Form (Art und Umfeld der Schulungen, Zielgruppen usw.) sowie das sich abzeichnende Feld neurologischer Untersuchungen zum Informationsverhalten (Informationsaufnahme und -verarbeitung). Noch kaum thematisiert im informationswissenschaftlichen Kontext werden die Auswirkungen, welche die Lebenskultur in der Online-Welt auf das Individuum nach sich zieht.39 Dabei wird die mentale Komponente zumeist außer Acht gelassen. Im Sinne einer umfassenderen, „ganzheitlichen“, Betrachtung ist es notwendig, diese Lücke zu schließen und eine weitere Dimension von Informationskompetenz hinzuzufügen, um damit eine Öffnung hin zur sozialen/psychologischen Ebene zu signalisieren. Dafür möchte ich den Begriff „Inspiration literacy“40 einführen und diesen Begriff wie folgt definieren: „Inspiration literacy“ bedeutet die Fähigkeit, eine angemessene Balance zu finden zwischen Online- und Offlinephasen, um die mentale Integrität und Ausgeglichenheit zu stärken. Dazu gehören bewusstes Einplanen von Onlineund Offlinezeiten, Fokussierung auf die wesentlichen Aufgaben, Erkennen der persönlichen Konzentrations- und Inspirationsintervalle, wachsame Neugierde, um Neues zu entdecken und zu gestalten.
Drei-Stufen-Modell zur Informationskompetenzvermittlung Was bedeuten diese sozio-technischen Veränderungen für Bibliotheken? Wie und wo können sich die Bibliotheken positionieren und proaktiv Einfluss nehmen, um die Studierenden fachgerecht und individuell zu unterstützen? In einem dreistufigen Szenario werden Ideen und Ansätze entworfen, wie das Fördern von Informationskompetenz in diesem Rahmen aussehen könnte.
37 Educational Neuroscience (EDN): an open-access, interdisciplinary peer-reviewed scientific journal: https://uk.sagepub.com/en-gb/eur/educational-neuroscience/journal202455 (Stand: 31.07.2015). 38 Dabei handelt es sich um das Aufzeichnen der wichtigsten Linien und Entwicklungen auf diesem Gebiet; eine umfassende Darstellung kann in diesem Rahmen nicht gegeben werden. 39 Intensive Forschung dazu betreibt u. a. die MIT-Professorin Sherry Turkle. Vgl. Turkle, Sherry: Alone together: why we expect more from technology and less from each other. New York, NY: Basic books 2011; Turkle, Sherry: Reclaiming conversation: the power of talk in a digital age. New York, NY: Penguin Press 2015. 40 Als deutsche Übersetzung bietet sich „Inspirationskompetenz“ an; es wird jedoch der englische Ausdruck verwendet, weil dieser die Bedeutung und Relevanz des Wortes besser wiedergibt.
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Informationskompetenzvermittlung soll genau da erfolgen, wo sich die Studierenden aufhalten, zeitunabhängig, personalisiert und bedarfsgerecht. Sie soll Orientierung bieten im Informationsuniversum, soll zur Komplexitätsreduktion beitragen. Als übergeordnetes Paradigma gilt für alle drei Stufen: knappe, aussagekräftige Inhalte, kontextbezogene, bedarfsgerechte Unterstützung. Der mobile Zugriff auf Inhalte jeglicher Art ist heute zur Selbstverständlichkeit geworden. Technologie hat sich als „externer Begleiter“ etabliert und bietet Unterstützung in allen möglichen Lebenslagen; sie rückt nicht nur immer näher an den Menschen heran, sie verbindet sich gänzlich mit dem menschlichen Körper (Wearables), kann wenn nötig gar in den Körper integriert werden kann. Dieses Umfeld kann als Szenario zur Vermittlung von Informationskompetenz umgesetzt werden, abgebildet als Drei-Stufen-Konzept, gleichzeitig soll damit die bereits erwähnte immer weiter fortschreitende Verzahnung von Technologie und menschlichem Körper zum Ausdruck gebracht werden: auf Stufe eins befindet sich ein sogenanntes Antwort-System, auf Stufe zwei, bereits einen Schritt näher beim Anwender, das Smartphone, auf Stufe drei kommen Wearables zum Einsatz, getragen auf dem eigenen Körper. Auf der ersten Stufe der Interaktion stehen die Antwortsysteme bzw. Response Systeme. Darunter werden Anwendungen verstanden, welche die Studierenden während der Vorlesung durch gezielte Hinweise (Prompts) unterstützen und so gleichzeitig den kommunikativen Austausch zwischen Dozenten und Studierenden fördern. Dies kann in Form von allgemeinem oder/und individuellem Feedback geschehen (metakognitive Prompts bzw. kognitive Prompts).41 Anhand von Fragebögen wird im Vorfeld der Wissensstand der Lernenden im Kontext der anstehenden Vorlesung abgeklärt. Mit diesen Angaben können die Prompts erstellt werden und bei Bedarf mittels Push-Software als individuelle Meldungen auf das Smartphone des einzelnen Studierenden geschickt werden. Dies könnte z. B. so aussehen: „Diese Folie ist besonders für die Prüfung relevant. Eine Frage, wie sie immer wieder in der mündlichen Prüfung gestellt wird, lautet beispielsweise: …“.42 Übertragen auf Informationskompetenzschulungen bedeutet dies auf einer allgemeinen Ebene, Schulungen proaktiv in Vorlesungen integrieren zu können, auf der individuellen Ebene, dass personalisierte Inhalte vermittelt werden können. Parallel zum Referat des Dozierenden können per SMS zum Lernstoff passende aufbereitete Inputs gestreut werden, dies könnten z. B. Namen einschlägiger Datenbanken sowie Name der zuständigen Fachperson in der Bibliothek sein. Damit kann bereits auf der Stufe der Vorlesung, also noch bevor der Studierende die Bibliothek betritt, auf entsprechende Einführungen hingewiesen
41 Vgl. Kapp, Felix [u. a,]: Metakognitive Unterstützung durch Smartphones in der Lehre: Wie kann man Studierende in der Vorlesung unterstützen? In: E-Learning zwischen Vision und Alltag: zum Stand der Dinge. Hrsg. von Claudia Bremer u. Detlef Krömker. Münster: Waxmann 2013. S. 293. http:// tinyurl.com/zgad8r9 (Stand: 31.07.2015). 42 Kapp [u. a.], Unterstützung durch Smartphones (wie Anm. 41), hier S. 293.
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werden und Kurs-Schulungen angeboten werden. Dies bedingt allerdings eine vorzügliche Zusammenarbeit zwischen Dozierenden und bibliothekarischem Fachpersonal, da im Vorfeld passende Fragen und zusätzliche „Wissenshappen“ aufbereitet werden müssen.43 Das Smartphone als Inputgeber (Stufe eins) wandelt sich nun auf Stufe zwei zum Dreh- und Angelpunkt für die Vermittlung verschiedenster Kompetenzen, sowohl die inhaltliche als auch die technische Dimension abdeckend. Auf der inhaltlichen Ebene kann nun die ganze Bandbreite mobiler Dienste ausgeschöpft und die Personalisierung noch einen Schritt weiter ausgebaut werden. Der Studierende kann ein auf sich zugeschnittenes persönliches Lern- und Studienprofil erstellen; darin kann er seine Informationsbedürfnisse (Studienrichtung), seine anstehenden Semesterarbeiten, Prüfungen sowie seine präferierten Lernzeiten angeben. Dieses Profil kann er optional in seinem Benutzerkonto der Bibliothek hinterlegen. Damit räumt er der Bibliothek die Möglichkeit ein, anhand dieses Profils eine individualisierte Schulung zu konzipieren und diese als mobile Wissensportionen anzubieten: kontextbezogene, leicht verständliche kleine Informationseinheiten zur richtigen Zeit in der richtigen Form. Die technische Dimension ist der Förderung der „Inspiration literacy“ vorbehalten. Um die übermäßige Smartphone-Benutzung einzudämmen, kann dem Anwender nicht nur signalisiert werden, wann eine technikfreie Zeit nötig ist, sondern, es können auch Anregungen und Inspirationen geliefert werden, um einen Moment dem „Nichts-Tun“ zu frönen. Als weiterer Schritt, die Studierenden noch näher „am Puls“ ihres Lebensnetzwerkes zu unterstützen, ist der Einsatz von Wearables. Sind Wearables zurzeit vor allem als zusätzliche kleine Helfer im Medizin- oder Sportbereich aktuell,44 so wird deren Einsatz zunehmend auch im Bildungsbereich thematisiert. Der Horizon Report (2014) gibt als Zeitfenster bis zur Einführung vier bis fünf Jahre an.45 Diese intelligenten Geräte, welche die täglichen Aktivitäten des Anwenders aufzeichnen, eignen sich vorzüglich für den Schulungsbereich. Werden Schüler und Studierende von morgen zukünftig mit Wearables ausgerüstet den Unterricht besuchen?46 Spinnt man diese Gedanken weiter, sind viele Szenarios möglich, um die vielfältigen Funktionen von
43 Vgl. Kapp [u. a.], Unterstützung durch Smartphones (wie Anm. 41). 44 Vgl. Bager, Jo: Wear-Ware: Apps und Watch Faces für Uhren mit Android Wear. In: c’t (2015) H. 3. S. 106. 45 Vgl. Johnson, Larry [u. a.]: NMC Horizon Report: 2014 Higher Education Edition. Austin, TX: The New Media Consortium, 2014. S. 44–45. http://www.nmc.org/pdf/2014-nmc-horizon-report-he-EN.pdf (Stand: 31.07.2015). 46 Der Einsatz von Wearables im Bildungsbereich ist nicht zu unterschätzen, mögliche Anwendungsszenarien werden bereits diskutiert. Vgl. Foote, Carolyn: IDEA WATCH: Wear to learn!?! Wearable technology – promises and problems. In: Internet@schools: An educator’s guide to technology and the Web, May 1, 2015. http://www.internetatschools.com/Articles/Column/Idea-Watch/IDEA-WATCHWear-to-Learn!!-Wearable-Technology-Promises-and-Problems-104006.aspx (Stand: 31.07.2015).
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Anne-Katharina Weilenmann
Wearables, im Besonderen von Smartwatches,47 auf dem Gebiet Informationskompetenz zu erkunden und auszuloten. Mit Smartwatches wird die Vermittlung von „Informationskompetenz am Handgelenk“48 realisierbar. Analog zu den Möglichkeiten, diese „Bibliothek am Handgelenk“ umzusetzen, d. h. jede Dienstleistung der Bibliothek auf die Smartwatch zu liefern, kann dies auch für Schulungen angewendet werden. So können die Informationseinheiten zu jeder Zeit, in der richtigen Form und Menge, auf die Smartwatch des Studierenden gesendet werden, auch hier gilt: kleine Informationseinheiten, knapp und verständlich, passgenau, kontextbezogen. Auf dieser Stufe ist „Inspiration Literacy“ ebenfalls ein wesentlicher Aspekt der Schulung. Durch das Aufzeichnen der Zeitintervalle zwischen Arbeits- und Erholungsphasen des Studierenden können Aufnahmefähigkeit und Aufmerksamkeitsspanne ermittelt werden. Dies wiederum kann aufschlussreiche Angaben bieten, um den Tagesrhythmus zu eruieren. Hier setzt die „Inspiration Literacy“ an: in den Freizeitphasen können dem Anwender personalisierte Anregungen zum mentalen Abschalten und die Aufforderung zu punktueller Technikabstinenz gegeben werden. Auf diese Weise wird das Informationszentrum vom Kompetenzvermittler gleichzeitig zu einer wichtigen Triebkraft, die das Suchen und Finden der angemessenen Balance von Online- und Offline-Welt unterstützt.
Schlussfolgerung und Ausblick Die beschriebenen Zukunftsszenarien mögen wohl eher als gewagt anmuten, diese umzusetzen, ist mit den vorhandenen Technologien bereits heute möglich. Der Einsatz von Wearables zur Vermittlung von Informationskompetenz erlaubt es, den „Lebensnerv“ der Generation Y/Z in all seinen unterschiedlichen Facetten zu erfassen, um daraus passgenaue, kontextbezogene Informationseinheiten zu erstellen. In Kombination mit neurowissenschaftlicher Forschung zum Suchverhalten der Generation Y/Z könnte dieses System noch weiter ausgebaut werden. Vorstellbar wäre es, mittels fMRI in verschiedenen Probandengruppen zu testen, unter welchen Bedingungen die Studierenden ein Response System einsetzen (z. B. in Stresssituationen) sowie das Verhalten vor und nach Benützung des Systems zu evaluieren. Denkbar wäre weiter die Aufzeichnung der Gehirnaktivität während einer Informationskompetenzschu-
47 Die einzelnen Funktionalitäten von Smartwatches sind sehr vielfältig. Vgl. dazu u. a. Barczok, Achim [u. a.]: Alles auf Abruf: Smartwatch-Systeme im Vergleich. In: c‘t (2015) H. 13. S. 102. 48 Vgl. Weilenmann, Anne-Katharina: Digitale Auskunft. In: Information macht Bildung: 2. Gemeinsamer Kongress der Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände e. V. (BDB) und der Deutschen Gesellschaft für Informationswissenschaft und Informationspraxis e. V. (DGI), Leipzig, 23.–26. März 2004. Hrsg. von Georg Ruppelt u. Gabriele Beger. Wiesbaden: Dinges & Frick 2004. S. 317–322.
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lung, um daraus abzuleiten, wie groß der mentale Aufwand des Einzelnen ist, um die Informationseinheiten aufzunehmen. Aufgrund solcher Werte könnten wiederum die Schulungen angepasst bzw. noch besser auf die einzelne Person abgestimmt werden. Im Zuge der rasanten Entwicklung neuer Technologien und Gadgets wird die Erforschung der mentalen Gesundheit der Generation Y/Z mithilfe neurologischer Methoden zu einem immer wichtigeren Bereich gehören.49 In ihrem richtungsweisenden Werk zur Geschichte des Lesens beschreibt Wolf (2010) die Entwicklung dieser ureigenen Kulturtechnik und die ineinandergreifenden Vorgänge, welche Lesenlernen und Lesen im Gehirn auslösen.50 Mit der Metapher von Proust und dem Tintenfisch51 illustriert sie sehr eindrücklich, wie komplex und gleichzeitig faszinierend die Erforschung des lesenden Gehirns ist: In den 1950er-Jahren erforschten Wissenschaftler am langen zentralen Axon des scheuen, aber schlauen Tintenfisches, wie Neuronen feuern und sich Informationen übermitteln, und in einigen Fällen auch, wie Neuronen repariert oder kompensiert werden, wenn etwas schiefgeht. Heute untersuchen kognitive Neurowissenschaftler mit anderen Methoden, wie verschiedene kognitive (oder mentale) Prozesse im Gehirn ablaufen. Im Rahmen dieser Forschungen liefert der Lesevorgang ein Paradebeispiel für eine erst vor kurzem erworbene kulturelle Errungenschaft, die den bestehenden Hirnstrukturen eine neue Art von Leistung abverlangt. Zu untersuchen, was das menschliche Gehirn beim Lesen vollbringen muss und auf welch raffinierte Weise es sich dabei erschwerten Bedingungen anpasst, ähnelt der Erforschung des Tintenfisches in den Anfängen der Neurowissenschaft.52
So ist es nur folgerichtig, dass sich die Bibliothek als Förderin des Lesens mit den kognitiven Prozessen dieser Kulturtechnik auseinandersetzt. Es ist empfehlenswert, neue Entwicklungen auf diesem Gebiet zu beobachten und mit unbekannten Tätigkeitsfeldern als inspirierende Herausforderung zu experimentieren. In diesem Sinne ist es wünschenswert, dass in nächster Zukunft eine sich gegenseitig befruchtende und stimulierende Zusammenarbeit von Informationswissenschaften und Neurologie zur Selbstverständlichkeit gehören wird und sich die Forschungsrichtung „NeuroInformationswissenschaft“ etabliert haben wird.
49 „Lebenslanges Lernen ist eine Grundbedingung für die Informations- und Wissensgesellschaft. Digitale Medien bieten hier effektive Möglichkeiten, bedürfen aber einer weiterführenden, kognitivneurowissenschaftlichen sowie didaktischen Untersuchung hinsichtlich der möglichen negativen Auswirkung auf den Menschen.“ Vgl. Zweck, Axel [u. a.]: Gesellschaftliche Veränderungen 2030: Ergebnisband 1 zur Suchphase von BMBF-Foresight Zyklus II. Düsseldorf: VDI Technologiezentrum GmbH 2015. S. 39. http://www.vditz.de/fileadmin/media/VDI_Band_100_C1.pdf (Stand: 31.07.2015). 50 Vgl. Wolf, Maryanne: Das lesende Gehirn: wie der Mensch zum Lesen kam – und was es in unseren Köpfen bewirkt. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag 2010. 51 In der englischen Originalausgabe widerspiegelt sich diese Metapher bereits im Titel als „Proust and the squid“. 52 Wolf, Das lesende Gehirn (wie Anm. 50), hier S. 6.
Harald Gapski
Big Data – neue Herausforderungen für Informationskompetenz und Bildung Abstract: Niemals zuvor in der Menschheitsgeschichte wurden so viele Daten von Menschen und Maschinen erzeugt. Mit der fortschreitenden Vernetzung der Kommunikationsgeräte, dem „Internet der Dinge“ und den Prognosen mithilfe von „Big Data“ beginnt eine neue Phase der Digitalisierung unserer Gesellschaft. Im Folgenden geht es darum, die Treiber und Charakteristiken dieser nächsten Stufe der Digitalisierung zu beschreiben und mögliche Konsequenzen für die Förderung von Informationskompetenz zu erörtern. Keywords: Big Data, Internet der Dinge, Daten, Treiber, Diskurs, Digitalisierung, Algorithmus, Prognose, Bildung, Data Mining, Code Literacy, Privatheit
Hype und Trend Medien beobachten und berichten über Medien. Diese selbstbezügliche Geschlossenheit erzeugt nicht selten einen Effekt der rückgekoppelten Selbstverstärkung, einen Hype um Begriffe. Auch das Aufkommen und die Verbreitung des Begriffs Big Data zeigt Merkmale eines Hypes: Seit 2011 verbreitet sich der Begriff in den Medien rasant, was sich auch in den Google-Abfragen zu den Trends bei Suchanfragen1 widerspiegelt. Bemerkenswert an dieser Trendauswertung globaler Suchanfragen ist, dass hier eine Prognose bzw. Schätzung über die Abfragehäufigkeit von Google-Anfragen in naher Zukunft abgegeben wird. Auch mit „Grippe Trends“ greift Google auf die lokalisierbaren Suchanfragen im Web zurück und setzt diese in Korrelation zur Verbreitung von tatsächlichen Grippeerkrankungen: Trotz einer signifikanten Fehleinschätzung im Jahr 2012 gehen die Google-Analysten davon aus, dass diese Grippeschätzungen
1 Google Trends. http://www.google.de/trends/explore#q=Big%20Data (Stand: 27.05.2015). Dr. Harald Gapski: Referent am Grimme-Institut und Projektleiter im Bereich Medienbildung. Studium der Kommunikationswissenschaft, Philosophie (Universität Essen) und Media Studies (New School for Social Research, New York). Zahlreiche Projektentwicklungen und -leitungen zur Förderung von Medienkompetenz unterschiedlicher Zielgruppen. Autor, Herausgeber und Vortragender zu Themen wie Medien- und Informationskompetenz, Digital Literacy, Big Data. Mehr Informationen auf www.gapski.de.
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Gesundheitsbehörden und Medizinern die Möglichkeit geben [können], besser auf saisonale Epidemien und Pandemien zu reagieren. […] Aber können Trends bei Suchanfragen tatsächlich als Basis für akkurate und zuverlässige Modelle von Phänomenen dienen, die im echten Leben vorkommen?2
Dieses Potenzial von Big Data Analysen aus Millionen Datenpunkten – meist intransparente – Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen im echten Leben abzuleiten, soll im Kontext von gesellschaftlichen Anwendungen und Konsequenzen für zukünftige Bildungsziele näher betrachtet werden.
Wirtschaft und Wachstum Laut der EMC Digital Universe3 Studie wächst die Summe aller digital erzeugten und speicherbaren Daten von 2005 bis 2020 um das 300-fache, von 130 Exabytes auf 40.000 Exabytes. Dies entspricht im Jahr 2020 einer Datenmenge von 5.200 Gigabyte für jeden Erdbewohner. In ihrer „Innovationspotenzialanalyse für die neuen Technologien für das Verwalten und Analysieren von großen Datenmengen“ fasst das Autorenkollektiv zusammen: Durch die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ist ein rasantes Anwachsen von Datenbeständen zu beobachten. In fast allen Unternehmens- sowie Wissenschaftsbereichen werden bereits heute schon Unmengen an Daten erzeugt, deren Größe, Erfassungsgeschwindigkeit oder Heterogenität die Fähigkeiten gängiger Datenbanksoftwareprodukte zur Verwaltung und zur Analyse übersteigt. Dieses Phänomen, welches unter dem Schlagwort ,Big Data‘ popularisiert wurde, stellt eine große Chance für Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft dar.4
2 Vgl. Google.org Grippe-Trends. https://www.google.org/flutrends/about/how.html (Stand: 27.5.2015) und Richterich, Annika: Dataveillance. Google Flu Trends und transaktionale Big Data. In: Big Data. Analysen zum digitalen Wandel von Wissen, Macht und Ökonomie. Hrsg. von Ramón Reichert. Bielefeld: transcript 2014. S. 333–363. 3 The Digital Universe in 2020. Big Data, Bigger Digital Shadows, and Biggest Growth in the Far East. http://germany.emc.com/leadership/digital-universe/2012iview/executive-summary-a-universe-of. htm (Stand: 27.05.2015). 4 Markl, Volker [u. a.]: Innovationspotenzialanalyse für die neuen Technologien für das Verwalten und Analysieren von großen Datenmengen (Big Data Management). Finale Studienergebnisse. November 2013. http://www.dima.tu-berlin.de/fileadmin/fg131/Publikation/BDM_Studie/StudieBiDa. M.aonline-v2.pdf (Stand: 27.05.2015). O. S.
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So zählt der IT-Branchenverband BITKOM Big Data zweifellos „zu den wichtigsten Wachstumstreibern“: Der Big-Data-Markt „soll sich innerhalb von fünf Jahren von 23,6 Milliarden Euro (2011) auf 160,6 Milliarden Euro (2016) nahezu verachtfachen.“5
Popularisierung und Reichweite Big Data wird über häufig drei V-Begriffe charakterisiert: Volume im Sinne der eingangs dargestellten Masse an Daten, zu deren Bearbeitung konventionelle Datenbanksysteme nicht mehr ausreichen und verteilte, parallele Systeme, wie z. B. Hadoop und MapReduce eingesetzt werden. Velocity bezeichnet die Geschwindigkeit bzw. Beschleunigung des Datenverkehrs bis hin zur Analyse in Echtzeit und mit Variety ist die vielfältige auch unstrukturierte Beschaffenheit der Daten jedweden Formats gemeint (Text-, Bild-, Audio- und Videodaten, Metadaten usw.).6 Der zunächst informationstechnische und IT-wirtschaftliche Fachdiskurs über Big Data greift nun auf die allgemeine Berichterstattung über. In ihr werden für die Öffentlichkeit z. T. spektakuläre Anwendungsbeispiele mit ihren datenschutzrechtlichen Herausforderungen beschrieben: Die New York Times berichtete über einen besorgten Familienvater, der sich bei der Drogerie-Kette Target über die aus seiner Sicht unpassende Werbung zu Schwangerschaftsprodukten beschwerte, die seine noch schulpflichtige Tochter erhalten hat. Wenig später musste er feststellten, dass diese auf Basis von predictive analysis erstellte Produktwerbung seine tatsächlich schwangere Tochter erreicht. Der verantwortliche Statistiker bei Target, der dieses mathematische Schwangerschafts-Vorhersage-Modell auf Basis der individuellen Kaufhistorie bestimmter Produkte erstellt hat, betonte: „We’ll be sending you coupons for things you want before you even know you want them.“7 Der US-Wahlkampf von Barack Obama wurde sehr erfolgreich durch ein Big-DataProjekt unterstützt. Nach der Personalakquise von Datenanalysten aus der Konsumwirtschaft wurde eine eigene Wahlkampf-Forschungsabteilung mit dem Ziel aufgebaut, individualisierte Prognosen über die Einstellungen und das Verhalten
5 BITKOM: Weltmarkt für Big Data wächst rasant. Presseinformation. Berlin, 4. April 2014. https:// www.bitkom.org/files/documents/BITKOM-Presseinfo_Weltweiter_Markt_Big_Data_04_04_2014.pdf (Stand: 27.05.2015). 6 Ergänzt wird diese Charakterisierung bisweilen durch „Veracity“ und „Value“. Vgl. Marr, Bernard: Why only one of the 5 Vs of big data really matters. 19.03.2015. http://www.ibmbigdatahub.com/blog/ why-only-one-5-vs-big-data-really-matters (Stand: 27.05.2015). 7 Duhigg, Charles: How Companies Learn Your Secrets. New York Times Magazine vom 16. Februar 2012. http://www.nytimes.com/2012/02/19/magazine/shopping-habits.html?pagewanted=1&_r=2&hp (Stand: 27.05.2015).
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potenzieller Wähler zu sammeln. Von besonderer Bedeutung war dabei das persuasion model, „welches Millionen Datensätze […] nach Wählern durchforstete, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Obamas Seite gezogen werden konnten.“8 Nicht nur US-amerikanische Behörden, sondern auch die Landeskriminalämter in Bayern und Nordrhein-Westfalen sind derzeit mit Tests zur Wirksamkeit von predictive policing befasst. Ein Softwaresystem soll vorhersagen, wo und welche Straftaten zu erwarten sind und entsprechende vorbereitende Maßnahmen einleiten.9 Auch im Hinblick auf die „politische Kontrolle sozialer Bewegungen“ kommen im Rahmen des riot forecasting Big Data Analyse-Werkzeuge zum Einsatz.10 Im Zusammenhang mit Big Data Anwendungen ist selbstverständlich auch die globale Überwachung und Analyse des Telekommunikationsgeschehens durch die Geheimdienste zu nennen. Die umfangreichen Enthüllungen von Edward Snowden bestätigten nochmals11 die Existenz globaler Überwachungssysteme und legten Ausmaß und Arbeitsweisen offen. Ihren Niederschlag finden diese Aufdeckungen nicht nur in politischen und rechtlichen Debatten, sondern inzwischen auch in der Medienbildung; so werden etwa unter dem Stichwort der digitalen Selbstverteidigung konkrete Handlungsempfehlungen für die Verschlüsselung und Sicherung des persönlichen Datenverkehrs vermittelt.
Metaphern und Treiber Im Informationskapitalismus sind Daten ökonomisch verwertbare Rohstoffe. Daten sind das neue Öl, heißt es. Durch die metaphorische Redeweise soll das Unbekannte und Abstrakte in Begriffe des Vertrauten erfasst werden: Daten und Öl als Rohstoffe für das Wirtschaftswachstum. Indes lässt sich Öl-Metapher auch anders deuten: So wie Öl aus abgestorbenen Organismen und Pflanzen in tiefen Erdschichten unter hohem Druck entstanden ist, so bestehen Daten aus verdichteten Fragmenten unseres
8 Moorstedt, Tobias: Obamas Datenakrobaten. In: Big Data. Das neue Versprechen der Allwissenheit. 2. Aufl. Berlin: Suhrkamp 2013, hier S. 43. Vgl. auch dazu Issenberg, Sasha: How President Obama’s campaign used big data to rally individual voters. http://www.technologyreview.com/featuredstory/508836/(Stand: 27.05.2015). 9 Bundesministerium des Innern: Antwort des Bundesinnenministeriums auf die kleine Anfrage: „Tests, Recherchen und Marktsichtungen zur Einführung polizeilicher Vorhersagesoftware. BTDrucksache 18/3525“. 2015. 10 Vgl. Reichert, Big Data. (wie Anm. 2), hier S. 10. 11 So bereits der „Bericht über die Existenz eines globalen Abhörsystems für private und wirtschaftliche Kommunikation (Abhörsystem ECHELON)“ vom 11. Juli 2001 [!], vgl. Europäisches Parlament: (2001/2098 (INI)). A5-0264/2001 endgültig. http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc. do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A5-2001-0264+0+DOC+PDF+V0//DE (Stand: 27.05.2015).
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persönlichen Lebens, aus komprimierten menschlichen Erfahrungen.12 Eine andere Metapher schlägt Jens Dittrich13, Informatik-Professor im Bereich Datenbanken und Big Data, vor: Daten seien nicht das Öl, sondern das Uran des 21. Jahrhundert. Er stellt Analogien zwischen den Anreicherungsprozessen und auch der Gefährlichkeit beider her, wenn diese eine „Kritische Masse“ erreicht haben. In der global vernetzten Gesellschaft zeigt sich eine hohe Datenkonzentration auf einige wenige US-amerikanische Unternehmen. Diese gestalten ihre Produkte Hardund Software bzw. Online-Produkte so, dass der Anwender innerhalb eines digitalen Ökosystems bleiben muss bzw. durch Incentives angeregt wird, darin zu verweilen. So ermöglicht die unternehmensstrategische Einzäunung umfassende Datenerhebungen zu den Nutzern und ihren Konsumaktivitäten. Zusammenfassend lassen sich mehrere Treiber bzw. ermöglichende Faktoren oder Enabler für eine fortschreitende und durch die Digitalisierung induzierte Transformation der Gesellschaft benennen: – Vernetzung: Mit der Umstellung auf das Internet Protocol Version 6 (IPv6) vergrößert sich der Adressraum auf 340 Sextillionen Möglichkeiten, wodurch prinzipiell jedes Objekt der Welt informationstechnisch adressierbar wird. Gegenstände des täglichen Lebens von A wie Auto bis Z wie Zahnbürste erhalten Adressen im „Internet der Dinge“ (Internet of Things, IoT). Vernetzung meint insbesondere die mobile, drahtlose Vernetzung. – Datafizierung: „Ein Phänomen zu datafizieren bedeutet, es in ein Format zu bringen, sodass es zahlenmäßig erfasst und analysiert werden kann“14. Datafizierung bezeichnet zunächst eine Position der Beobachtung von Welt, und ähnelt dabei einer positivistischen Erkenntnisperspektive, die im Sinne von Auguste Comte versucht „ein wissenschaftliches Programm zu etablieren, das sich ausschließlich auf positiv vorfindliche, also gegebene Tatsachen berufen soll“.15 Ihre neue Wirkmächtigkeit entfaltet die Datafizierung und Quantifizierung der Welt mithilfe der Digitalisierung. Ein anschauliches Beispiel für die vordigitale Datafizierung geben Mayer-Schönberger und Cukier16 mit der Erstellung von nautischen Karten im 19. Jahrhundert.
12 Thorpe, Jer: Big Data is not the new oil. https://hbr.org/2012/11/data-humans-and-the-new-oil (Stand: 27.05.2015). 13 Dittrich, Jens: NSA, Überwachung, Big Data und warum Daten wie Uran sind. https://www.youtube.com/watch?v=gwz6u8kqvSo (Stand: 27.05.2015). 14 Mayer-Schönberger, Viktor u. Kenneth Cukier: Big Data. Die Revolution, die unser Leben verändern wird. Übers. von Dagmar Mallett. München: Redline 2013. S. 101. 15 Püschel, Florian: Big Data und die Rückkehr des Positivismus. Zum gesellschaftlichen Umgang mit Daten. In: Datenkritik. Mediale Kontrolle 3.1/2014. Hrsg. von Marcus Burkhardt u. Sebastian Gießmann. http://www.medialekontrolle.de/wp-content/uploads/2014/09/Pueschel-Florian-2014-03-01. pdf (Stand: 27.05.2015), hier S. 5. 16 Vgl. Mayer-Schönberger u. Cukier, Big Data (wie Anm. 14), S. 95–99.
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– Sensorisierung: Durch die Sensorisierung kann die Welt weiter datafiziert werden. Schon handelsübliche Smartphone sind über die Antennen für Mobilfunk, WLAN, Bluetooth und NFC und der Kamera hinaus mit zahlreichen Sensoren ausgestattet: Sie messen Luftdruck, Beschleunigung, Berührungen (Fingerabdrücke), Lage im Raum, Helligkeit, Luftfeuchtigkeit, Magnetfelder, Mikrofon, Annäherungen, Puls, Temperatur u. a. m. Mit dem Internet der Dinge verschiebt sich die Sensorik tiefer in den Raum, etwa auf das Smart Home, das Auto und auf viele andere Gegenstände des Alltags. In der Medienöffentlichkeit wahrgenommen wurde dies beispielsweise an der Übernahme des Thermostat- und Sensorenherstellers Nest Labs durch Google. – Algorithmisierung: Aus Handlungen werden berechenbare Verfahren. Mit der Abbildung theoretischer Modelle, wie die Turing-Maschine und die von-NeumannArchitektur auf physische Hardware, können Daten mit Programmanweisungen bearbeitet werden. Laut Moores Gesetz der Leistungssteigerung (Integrationsdichte) von Prozessoren und Kryders Gesetz der Steigerung von Speicherkapazitäten stehen immer größere Potenziale zur programmierten Bearbeitung von Daten zur Verfügung. Algorithmengesteuerte und kognitive Agenten, ausgestattet mit Sensoren, entwickeln zunehmende Autonomie von ihrer Umgebung und bilden die Grundlage für die nächste Phase der intelligenten Fertigungstechnik („Industrie 4.0“). Nicht nur die Simulation quasi-menschlicher Leistungen – so gewann beispielsweise das IBM-System Watson eine Fernsehquiz-Show gegen die menschlichen Gegenspieler – auch die Analyse des sozialen Verhaltens und der sozialen Dynamik ist Gegenstand einer fortschreitenden Algorithmisierung. In diesem Zusammenhang ist die Abbildung mathematisch-statistischer Modelle zur Erstellung von Korrelationen und Prognosen (Big Data Analytics) von besonderer Bedeutung. – Monetarisierung: Das oben beschriebene Potenzial der ökonomischen Verwertung von Daten ist die Handlungsbasis im Informationskapitalismus. Gesellschaftskritische Positionen dekonstruieren die vermeintlichen Kostenlos-Modelle von Internetangeboten, in dem sie persönliche Daten als Bezahlfaktor ausweisen und den Kunden als Produkt der Internetindustrie bezeichnen (Jaron Lanier).
Big Data und Mythos Nach boyd und Crawford (2013) besteht das Phänomen „Big Data“ nicht nur im Zusammenspiel von Technik und Analyse, sondern auch aus „Mythologie“: Damit einher geht der weitverbreitete Glaube, dass große Datensätze uns Zugang zu einer höheren Form der Intelligenz und des Wissens verschaffen, die neue, bislang unmögliche Ein-
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sichten generieren, Einsichten, die eine Aura der Wahrheit, der Objektivität und der Genauigkeit umgibt.17
Die oben genannten Beispiele von Grippe- oder Schwangerschafts-Vorhersagen über Predictive Policing bis hin zu datengetriebenen Wahlkampfstrategien dokumentieren sowohl die gesellschaftliche Reichweite als auch das mythologische Potenzial von Big Data: Die Rede von Daten, die für sich selbst sprechen und vom sprichwörtlichen ganzen Heuhaufen, der jetzt oder in Zukunft datenanalytisch mitsamt der darin versteckten Nadel in den Blick genommen wird, verweisen auf die Mythen neuer Erkenntnisperspektiven. Wenn sich mit Big Data der Rahmen verändert, „in dem wir die entscheidenden Fragen über die Verfasstheit des Wissens, über Forschungsprozesse, die Natur und die Kategorien der Realität sowie darüber stellen, wie wir mit Informationen umgehen sollen“18, dann bleibt dies nicht ohne Auswirkungen auf Bildungsprozesse im Allgemeinen und das Konzept der Informationskompetenz im Besonderen.
Datentypen und Datenkritik Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Konzeption von Informationskompetenz, wenn Big Data den Rahmen, „wie wir mit Informationen umgehen sollen“ verändert? Zunächst ist festzustellen, dass „Daten stets für etwas gegeben zu sein scheinen: für ihre spätere Interpretation, für ihre computertechnische Auswertung, für den späteren Zugriff und für das Verständnis von Wirklichkeit.“19 Der digital verfügbare und maschinell weiter prozessierbare Datenbestand steigt exponentiell und in bisher nie gekanntem Ausmaß an. Grundsätzlich lassen sich drei Typen von Daten im Sinne digital abrufbarer Entitäten unterscheiden: (1) Inhaltliche Daten (Content): Die Kommunikationsinhalte (Text-, Bild-, Audio- und Video-Daten usw.) lassen sich meist menschlichen Urhebern zuordnen und sind frei zugänglich oder urheberrechtlich geschützt. Die offene Zugänglichkeit (Open Access), beispielsweise von öffentlich geförderten, wissenschaftlichen Publikationen, trägt zu einer nachhaltigen Wissensordnung bei. Ihr entgegen laufen die Verknappungs- und Kommerzialisierungsstrategien der Content-Industrie.
17 boyd, danah u. Kate Crawford: Big Data als kulturelles, technologisches und wissenschaftliches Phänomen. Sechs Provokationen. In: Big Data (wie Anm. 8), hier S. 189. 18 Vgl. boyd u. Crawford, Big Data (wie Anm. 17), hier S. 193. 19 Gießmann, Sebastian u. Marcus Burkhardt: Was ist Datenkritik? Zur Einführung. In: Datenkritik. Mediale Kontrolle 3.1/2014. http://www.medialekontrolle.de/wp-content/uploads/2014/09/Giessmann-Sebastian-Burkhardt-Marcus-2014-03-01.pdf (Stand: 27.05.2015), hier S. 3.
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(2) Prozess-Daten: Auf der technischen Ebene entstehen Protokoll- und Verbindungsdaten, die sich zwangsläufig aus jedem technisch gestützten Kommunikationsprozess ergeben. Durch die oben genannten Treiber wächst die Menge dieses Datentyps besonders stark. Wenngleich sie technisch und automatisch anfallen, kann ihre methodisch gezielte Auswertung zu inhaltlich höchst detailreichen Bedeutungszuschreibungen zusammengefügt werden. Aus Metadaten lassen sich individuelle Personenprofile mit weitreichenden Folgen für den Persönlichkeitsschutz erstellen. (3) Programmdaten: Im Programmcode liegen maschinenausführbare Algorithmen, welche die technischen und inhaltlichen Daten verarbeiten. Auch hier greift die Unterscheidung von kommerziell-proprietären Systemen und quell-offenen, weiterverwendbaren Formen (Open Source Software). Hervorzuheben ist der interessengeleitete, nicht wertneutrale und meist kommerzielle Hintergrund von Code. Schwerpunkt der medien- und informationskompetenten und pädagogischen Auseinandersetzung mit Daten ist die Ebene (1). Größte Zuwächse erfährt die Ebene (2) durch die steigende Zahl an vernetzten Geräten. Insgesamt ist es aber das Zusammenspiel dieser drei digitalen Datentypen und ihre Abbildung in Hard- und Software, welches in menschliches Verhalten, in Entscheidungsprozesse und soziale Dynamiken steuernd eingreift. Auf dieses Ineinandergreifen mit seinen Auswirkungen müssen zukünftige Bildungsprozesse Bezug nehmen. Darüber hinaus müsste eine Datenkritik zwei separate, aber komplementäre Problembereiche in den Blick nehmen […]: zum einen die problematische Ablösung der Daten von ihrem Entstehungskontext, zum anderen den dadurch ausgelösten Mentalitätswandel, hin zu einer positivistischen Denkökonomie, die es den Algorithmen überlässt, die Welt für die Menschen in digitale Datenpakete zu zergliedern und neu anzuordnen.20
In jedem Fall muss eine der Informationskompetenz vorgelagerte Datenkritik die inhärenten Mythologisierungen und jenes zugrunde liegende neo-positivistischen Weltbild von Big Data reflektieren.
Datenkritik und Informationskompetenz Nimmt man Daten als „gegebene“ (lat. datum) Vorstufe zu Informationen, dann stellt sich zunächst das Problem des Zugangs: Es droht eine Wissenskluft zwischen Internet-Konzernen, die exklusiv auf diese Nutzungsdaten in ihrer Gesamtheit zugreifen
20 Vgl. Püschel, Big Data (wie Anm. 15), hier S. 18.
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können, und anderen Akteuren, etwa aus dem öffentlichen Forschungsbereich, die es aus finanziellen oder rechtlichen Gründen nicht können. Auf individueller Ebene und in Hinblick auf zukünftige Bildungsziele können bestehende Operationalisierungen und Ausdifferenzierungen von Informationskompetenz21 erweitert werden. In US-amerikanischen Projekten erprobt wird beispielsweise die Erweiterung bestehender Information Literacy Modelle22 durch eine „Data Information Literacy“. Carlson [u. a.]23 haben dazu zwölf einzelne Kompetenzen identifiziert, welche die Bildungsanforderungen von Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen treffen sollen: Tab. 1: Die zwölf Kompetenzen der „Data Information Literacy“ nach Carlson [u. a.] (2011).24 Data Processing and Analysis
Data Curation and Reuse
Data Management and Organization
Data Conversion and Interoperability
Data Preservation
Data Visualization and Representation
Databases and Data Formats
Discovery and Acquisition
Ethics and Attribution
Metadata and Data Description
Data Quality and Documentation
Cultures of Practice
Big Data und Bibliotheken Über diese individuelle Ebene der erweiterten Lernziele lassen sich Herausforderung auf systemisch-organisatorischer Ebene im Kontext von Big Data verorten. Unter dem Schlagwort Learning Analytics kann die Übertragung von Big Data Konzepten aus dem Wirtschafts- und Konsumbereich auf den Bildungsbereich verstanden werden. Der
21 Gapski, Harald u. Thomas Tekster: Informationskompetenz in Deutschland. Überblick zum Stand der Fachdiskussion und Zusammenstellung von Literaturangaben, Projekten und Materialien zu einzelnen Zielgruppen. Expertise für die Landesanstalt für Medien NRW. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Aktuelle_Forschungsprojekte/Informationskompetenz_in_Deutschland_August_09. pdf (Stand: 27.05.2015). 22 Wie z. B. das „Seven Pillars Model for Information Literacy“ (SCONUL), vgl. http://www.sconul. ac.uk/topics_issues/info_literacy/(Stand: 27.05.2015). 23 Vgl. dazu http://www.datainfolit.org (Stand: 27.5.2015) und Carlson, Jacob [u. a.]: Determining data information literacy needs. A study of students and research faculty. portal: Libraries and the Academy (2011). S. 629–657. 24 Vgl. Carlson, data information literacy needs (wie Anm. 23).
Big Data – neue Herausforderungen für Informationskompetenz und Bildung
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für Hochschulen und Schulen ausgemachte mittelfristige Zukunftstrend25 Big Data stellt ein Teilbereich des Data Minings dar. Durch umfassende Auswertungen digitaler Datenspuren in Bildungseinrichtungen und Bibliotheken26 kann das Management durch das so genannte Data-Driven-Decision-Making (DDDM) bei Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen und Lernangeboten unterstützt werden. Lernprozesse selbst werden personalisiert und können sogar in ihrem weiteren Verlauf prognostiziert werden. Auf Basis einer Analyse bisheriger Datenspuren können individuell zugeschnittene Qualifizierungsangebote unterbreitet werden. Laut NMC Horizon Report ist in einem Zeithorizont von vier bis fünf Jahren damit zu rechnen, dass auch das Internet der Dinge die Räume einer Bibliothek im Verhältnis zu ihren Nutzern mitgestalten wird. Diskutiert werden beispielsweise intelligente Regale, „die auf die Vorlieben der Bibliotheksnutzerinnen und -nutzer, frühere Internetsuchen und das Ausleihverhalten eingehen, um in Echtzeit relevante Inhalte vorzuschlagen.“27 Die datafizierten Aktivitäten eines Bibliotheksbesuchs, die Ausleih- und Suchhistorie in Verbindung mit Social Media Aktivitäten ließen sich zu umfassenden Nutzerprofilen zusammenführen und sind datenschutzrechtlich höchst relevant. Mit einem Kontrollverlust über Daten geraten Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit und Konzepte der informationellen Selbstbestimmung ins Wanken. Insofern fließen auf mehreren Ebenen medien- und informationsethische Dimensionen in neue Bildungsherausforderungen ein.
Bildung und Determinismus Die Schlüsselkompetenz des Suchens, Findens und Bewertens von Informationen und die Medienkompetenz im Umgang mit den Trägermedien müssen um Aspekte einer Code Literacy28 im weiteren Sinne erweitert werden. Es gilt zu verstehen, wie Algorithmen soziale Prozesse und Entscheidungen abbilden, welche kommerziellen oder politischen Entscheidungen darin eingeschrieben sind, was Korrelationen von Kausalzuschreibungen unterscheiden und inwieweit Codes unser informationelles Handeln prägen. Den Prozessen und Anwendungszusammenhängen von Big Data
25 So beispielsweise im New Media Consortium (NMC) Horizon Report http://www.nmc.org/ pdf/2013-horizon-report-HE-DE.pdf (Stand: 27.05.2015). 26 Bieraugel, Mark: Keeping Up With … Big Data. http://www.ala.org/acrl/publications/keeping_up_ with/big_data (Stand: 27.05.2015). 27 New Media Consortium (NMC): Der NMC Horizon Report: 2014 – Edition Bibliotheken. Übers. von Angelika Welt-Mooney. http://cdn.nmc.org/media/2014-nmc-horizon-report-library-DE.pdf (Stand: 27.05.2015), hier S. 43. 28 Dreyer, Stephan [u. a.]: „Code as code can“. Warum die Online-Gesellschaft einer digitalen Staatsbürgerkunde bedarf. In: Communicatio Socialis (2013) H. 3–4. S. 348–358.
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sollten Big Narrative entgegengestellt werden: „Man könnte unterscheiden zwischen Big Data (Zahlenmaterial, das für Korrelationen herangezogen wird) und dem Big Narrative, einem historisch-anthropologischen Ansatz, der zu erklären versucht, warum die Dinge so sind, wie sie sind.“29 Durch Big Data Analytics verwandeln sich Datenbestände in Verwertungspotenziale, die bei Erfassung der Daten noch nicht absehbar waren: Es gibt keine belanglosen Daten. Informationskompetenz gilt als eine „Kulturtechnik zum Überleben in neuen Informationsumwelten“30. Die Frage nach der Informationskompetenz in Zeiten von Big Data erweitert sich damit zur Reflexion über Privatheit, Freiheit und Souveränität – anders formuliert geht es um die Frage, wie wir zukünftig leben und der Gefahr des technologischen Determinismus entgegentreten wollen.
29 Morozov, Evgeny: Warum entsteht Terror? http://www.faz.net/-hbj-7aavl (Stand: 27.05.2015). 30 Hapke, Thomas: Informationskompetenz in einer neuen Informationskultur. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012, hier S. 44 f.
Magnus Pfeffer, Heidrun Wiesenmüller
Resource Discovery Systeme Abstract: Resource Discovery Systeme (RDS) bieten Nutzern einen einheitlichen, Google-artigen Zugang zu einer enormen Zahl von Ressourcen. Eine wichtige Rolle spielt dabei ein zentraler, kommerziell erstellter Index. Der Beitrag beschreibt zunächst die dahinter stehende Technik und die Variationsmöglichkeiten bei der Umsetzung. Danach werden die Herausforderungen und Probleme bei der Recherche in RDS aufgezeigt, die sich vor allem aufgrund der großen Heterogenität der Daten ergeben. Verbesserungen könnte ein bibliothekarisches Metadatenmanagement bringen. Abschließend werden die Konsequenzen von RDS für den Bereich der Informationskompetenz diskutiert. Keywords: Bibliothekskatalog, Discovery System, Facette, Index, Metadaten, Metadatenmanagement, Ranking, RDS, Resource Discovery System, Solr, Suchmaschinentechnologie, Suchraumerweiterung
Bibliothekskataloge vs. Internetsuchmaschinen In den vergangenen Jahren hat ein deutlicher Wandel bei den Suchdiensten von Bibliotheken und anderer Informationseinrichtungen stattgefunden. Früher standen ein oder mehrere Online-Kataloge im Mittelpunkt, die durch flankierende Angebote wie Publikationsserver oder Listen zu elektronischen Ressourcen, darunter Ebooks oder Fachdatenbanken, ergänzt wurden. Nun finden sich vermehrt Resource Discovery Systeme (RDS), die einen besseren Zugang zu den gedruckten und elektronischen Beständen anbieten sollen.1
1 Zu beispielhaften Implementierungen von RDS vgl. z. B. Kohl-Frey, Oliver: Make the library look more like Google. Die Einführung eines Discovery-Systems an der Universität Konstanz. In: BIT online (2012) H. 3. S. 247–250; Kostädt, Peter: Einsatz und Nutzung des EBSCO Discovery Service in der Prof. Magnus Pfeffer ist Informatiker und seit 2011 Professor im Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Zuvor war er Fachreferent und stellvertretender IT-Leiter der Universitätsbibliothek Mannheim, wo er u. a. für die Einführung eines RDS verantwortlich war. Seine Forschungsthemen sind (teil)automatische Klassifikation und Metadatenmanagement. Prof. Heidrun Wiesenmüller ist seit 2006 Professorin im Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement an der Hochschule der Medien in Stuttgart; davor war sie Fachreferentin an der Württembergischen Landesbibliothek. Ihre Lehrgebiete sind Formal- und Sacherschließung; zu ihren Forschungsthemen gehören Metadatenmanagement und Kataloggestaltung. Sie ist Mitglied in verschiedenen bibliothekarischen Expertengremien.
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Eine Ursache dieses Wandels sind die großen Unterschiede zwischen Bibliothekskatalogen und Internetsuchmaschinen – sowohl bei den Inhalten als auch bei der Bedienung.2 Neue Nutzer nehmen dies besonders wahr, da sie in der Regel mit Internetsuchmaschinen vertraut sind und sich an deren Nutzung orientieren, wenn sie mit „klassischen“ Katalogen in Berührung kommen. Der größte Unterschied liegt dabei im zugrundeliegenden Suchverfahren: Suchmaschinen bieten in der Regel nur einen einzigen, alles umfassenden Index an und nutzen Ranking-Verfahren, um die in der Suchmaschine indexierten Dokumente nach dem Grad der Relevanz zu den eingegebenen Suchbegriffen zu sortieren. Die Verfahren stützen sich auf verschiedene Indikatoren3 für das Ranking und funktionieren für die Suche in Texten oder auch Webseiten sehr zuverlässig. Dabei sind sie tolerant gegenüber typischen Fehlern bei der Eingabe, z. B. falsch geschriebene Wörter – diese können teilweise direkt erkannt oder einfach ignoriert werden. Auch redundante Sucheingaben mit vielen Begriffen sind unkritisch, da diese die Treffermenge gegenüber „optimierten“ Eingaben nicht verkleinern. Sie stellen dem Ranking-Verfahren zusätzliche Indikatoren zur Verfügung und verbessern so die Sortierung. Kataloge hingegen bieten in der Regel mehrere inhaltlich differenzierte Indexe, in denen nach einem einzelnen Begriff gesucht werden kann. Man kann mehrere solche Suchen nach den Regeln der booleschen Algebra verknüpfen und damit beliebig komplexe Suchanfragen erstellen. Angezeigt werden dann nur die Dokumente, deren Merkmale mit der Suchanfrage voll übereinstimmen – im Fall einer fehlerhaften oder ungeschickten Anfrage sind dies häufig gar keine. Für die Nutzer ist dieses Verhalten im hohen Maße frustrierend, da insbesondere die bei Suchmaschinen so erfolgreiche Strategie, möglichst viele Suchbegriffe zu verwenden, zu genau entgegengesetzten Ergebnissen führt.4 Neben diesem fundamentalen Unterschied gibt es weitere Aspekte, die zur Unzufriedenheit sowohl der Nutzer als auch der bibliothekarischen Community mit den bestehenden Lösungen beitragen. Breeding benennt diese indirekt, wenn er dazu auffordert, die neuen, von ihm als „discovery systems“ benannten Systeme nicht als „next-gen catalogues“ zu entwerfen: Vielmehr sollen sie eine intuitive, modern
Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. In: ABI-Technik (2012) H.3. S. 122–127; Ullrich, Hannah u. Ato Ruppert: Katalog plus – die Freiburger Lösung zur Kombination von lokalem Katalog und globalem RDS-Index. In: ABI-Technik (2012) H. 1. S. 26–30. 2 Zum Thema Suchmaschinen siehe auch den Beitrag von Dirk Lewandowski in diesem Band. 3 Darunter die Häufigkeit, mit denen Suchbegriffe in den Dokumenten auftreten, die Position dieses Auftretens (zum Beispiel in der Überschrift, am Anfang des Textes, in einer Fußnote …) und die Art der Suchbegriffe (selten oder häufig in der gesamten Dokumentmenge). Handelt es sich bei den Dokumenten um Webseiten, kann auch die Verlinkung der Seiten untereinander ausgewertet werden. 4 Vgl. Wiesenmüller, Heidrun: Informationskompetenz und Bibliothekskataloge. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter 2013. S. 93–100, hier S. 94–96.
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gestaltete und sich an gängigen Suchmaschinen orientierende Oberfläche anbieten, die auch auf mobilen Geräten nutzbar ist. Alle Bestände der Einrichtung sollen unabhängig von Medium und Medienart in einem gemeinsamen Suchdienst verfügbar sein. Dabei sollen die Funktionen moderner Suchmaschinen für die Indexierung auch auf Volltext-Ebene genutzt werden, und die Nutzer sollen die Möglichkeit haben, die Suche über die Bestände der Bibliothek hinaus fortzusetzen.5
Technik und Umsetzung Die Voraussetzungen für die Umsetzung dieser Ideen waren günstig. 1999 entwickelte Doug Cutting die Indexing-Software „Lucene“ und stellte sie als quelloffene und frei lizenzierte Software bereit. 2001 übergab er die Software an die Apache Foundation, die sie als Teil der „Jakarta“ Software-Suite weiterentwickelte. Mit Yonik Seeleys „Solr“ Software – ebenfalls quelloffen und frei lizenziert – gibt es seit 2004 eine auf Lucene aufbauende Plattform, die über den Index hinaus alle wesentlichen Funktionen einer modernen Suchmaschine bereitstellt. Diese Basis wurde von verschiedenen Marktteilnehmern genutzt, um neue Produkte für die bestehenden Kunden zu entwickeln: Auf der einen Seite waren dies Anbieter von Bibliothekssoftware, die sich gute Chancen für ein Upgrade ihrer Kunden auf eine weitere Software ausrechneten. So stellte Ex Libris bereits 2006 sein Produkt „Primo“ vor. Auf der anderen Seite waren es Datenbankanbieter, die eine Gelegenheit sahen, ihre Inhalte in neuer Form an bestehende und neue Kunden zu vermarkten. Proquest präsentierte 2008 „Summon“, und Ebsco Publishing 2010 seinen „Discovery Service“.6 Aber auch Bibliotheken blieben nicht untätig. Einige entwickelten selbst Plattformen für Resource Discovery und stellten diese als quelloffene und frei lizenzierbare Software für Dritte zur Verfügung – darunter das System „vufind“ der Villanova University. Die Oberflächen der Produkte sind – auch bedingt durch den gemeinsamen Unterbau der Lucene/Solr Plattform – sehr ähnlich. Abbildung 1 zeigt die drei wesentlichen Elemente: das Suchfeld, darunter die Trefferliste und seitlich eine Reihe von Optionen, um die Treffer nach weiteren Kriterien einzuschränken (sog. Facetten). Neben der einfachen Suche besteht auch in RDS die Möglichkeit, in differenzierten Indexen zu suchen.
5 Vgl. Breeding, Marshall: The state of the art in library discovery 2010. In: Computers in libraries (2010) H. 1. S. 31–34. 6 Einen detaillierten Vergleich bieten: Jansen, Heiko [u. a.]: Konkurrenzanalyse ausgewählter Suchindizes. Köln: Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen 2010. https://www. hbz-nrw.de/dokumentencenter/veroeffentlichungen/suchindizes.pdf (Stand: 29.08.2015).
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Bei allen Produkten können neben Farben, Logos und der Anordnung der Hauptelemente insbesondere die angebotenen Facetten konfiguriert werden. Die Oberflächen sind für die Integration unterschiedlicher Zugangswege zu den suchbaren Medien vorbereitet: Ausleihe physischer Medien, elektronische Volltexte über LinkResolver und Dokumentlieferdienste wie Fernleihe oder Scan-on-demand.
Abb. 1: Elemente einer RDS-Oberfläche.7
Als zweite Komponente neben der Suchoberfläche werden verschiedene Werkzeuge zur Integration von Metadaten bereitgestellt. Neben Importfunktionen und Filtern für bibliografische Datenformate wie MARC 21, MAB2 oder für Daten, die als Textliste oder Excel-Datei vorliegen, können Metadaten auch über normierte Online-Schnittstellen direkt von Anbietern geladen, verarbeitet und in den Index aufgenommen werden.8 Die dritte Komponente ist ein zentral gepflegter Index. Dieser umfasst Metadaten wissenschaftlicher und anderer Veröffentlichungen aus unterschiedlichen Quellen und kann im Ganzen oder in Teilen von den Kunden zur Erweiterung des Suchraums über die Daten des eigenen Katalogs hinaus genutzt werden. Je nach Anbieter gibt es Unterschiede, welche Daten im zentralen Index enthalten sind. Bislang gibt es kein Angebot, das frei lizenzierbare bibliografische Metadaten sammelt und für die Nutzung in einem RDS an einer zentralen Stelle bereitstellt.9
7 Screenshot des vufind-Demosystems. http://vufind.org/demo/(Stand: 29.08.2015). 8 Ein Beispiel ist die Schnittstelle „Open Archives Initiative Protocol for Metadata Harvesting“ (OAIPMH), die von fast allen Dokument-Repositorien angeboten wird. 9 Eine solche Entwicklung wird als wenig realistisch eingeschätzt, vgl. Breeding, Marshall: The future of library resource discovery. A white paper commissioned by the NISO Discovery to Delivery
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Für die Kunden bleibt somit – nach der Wahl eines Anbieters bzw. eines Produkts – als zentrale Konfigurationsmöglichkeit die Aufbereitung der eigenen Inhalte und die Auswahl und Präsentation der Daten aus dem zentralen Index: Diese können grundsätzlich gemeinsam oder getrennt (z. B. in unterschiedlichen Reitern, vgl. Abbildung 2) durchsucht werden, und die zentralen Daten können weiter partitioniert werden. Denkbar ist dabei eine Trennung von wissenschaftlichen und anderen Veröffentlichungen oder eine grobe fachliche Einschränkung durch eine gezielte Quellenauswahl. Auch eine Trennung von lizenzierten und nicht-lizenzierten Medien ist teilweise umsetzbar.
Abb. 2: Varianten der Aufteilung des Suchraums.10
Herausforderungen und Probleme Die größte Herausforderung in einem RDS ist die enorme Heterogenität bei den Metadaten. Weder die vorhandenen Erschließungselemente noch deren Form sind über den gesamten Datenpool standardisiert. Beispielsweise verfügt oft nur die Hälfte der Ressourcen überhaupt über eine Angabe des Publikationstyps. Dort, wo eine solche Angabe vorhanden ist, folgt sie je nach Herkunft der Daten unterschiedlichen Systemen. Abbildung 3 zeigt eine Recherche in KonSearch11 nach „Introduction to technical services“ von G. Edward Evans et al. Rechts ist ein Teil der Trefferliste, in der Mitte des Bildschirms ein Ausschnitt aus der Themen-Facette (Schlagwörter) zu sehen.
(D2D) Topic Committee. NISO Baltimore 2015. http://www.niso.org/apps/group_public/download. php/14487/future_library_resource_discovery.pdf (Stand: 29.08.2015). S. 15–21. 10 Von links: „Katalog plus“ (UB Freiburg), „Heidi“ (UB Heidelberg) und „Primo“ (UB Mannheim). 11 Summon-Suchportal der UB Konstanz, http://konstanz.summon.serialssolutions.com, am 29.08.2015 (Eingabe: „introduction to technical services evans“). Die im Folgenden beschriebenen Effekte ergeben sich ganz ähnlich auch bei RDS anderer Hersteller.
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Abb. 3: Ausschnitt aus einem Suchergebnis in KonSearch.
Die ersten fünf Treffer sind Rezensionen des Buchs. Drei davon werden als „Buchbesprechung“ geführt, zwei jedoch als „Zeitschriftenartikel“. In der Form-Facette (in der Abbildung nicht zu sehen) finden sich auch sehr allgemeine oder unverständliche Angaben („Publikation“, „Standardansicht“, „Abschrift“) sowie mehrere Begriffe, die eigentlich dasselbe bedeuten („Zeitschriftenartikel“, „Fachzeitschriftenartikel“, „Magazinartikel“). Andere Formbegriffe werden fälschlich in der Themen-Facette angezeigt (z. B. „e-bok“, „electronic books“, „elektronisk resurs“). Besonders dramatisch wirkt sich die fehlende Normierung im Bereich der inhaltlichen Erschließung aus. Oft finden sich im Datenpool mehrere Benennungen für dasselbe Konzept (z. B. in der Themen-Facette „great britain“ vs. „grossbritannien“; „literatur“ vs. „literature“). Dabei spielen nicht nur Sprachunterschiede eine Rolle.12 Aufgrund des meist sehr geringen Abdeckungsgrads ist auch der Einsatz von Klassifikationen schwierig. Ein ähnliches Problem wie bei Schlagwörtern ergibt sich bei Personennamen: Bei den nicht aus bibliothekarischen Quellen stammenden Materialien wird in der Regel nicht mit Verweisungen gearbeitet, d. h. eine Recherche z. B. nach „Gorbatschow“ findet viel weniger und ganz andere Treffer als die nach „Gorbachev“. Bei herkömmlichen Bibliothekskatalogen ist die Null-Treffer-Situation ein häufiges Problem. In einem RDS hingegen werden die Benutzer in der Regel mit sehr großen Treffermengen konfrontiert, die leicht sechs- oder siebenstellige Werte erreichen können – auch bei relativ spezifischen Anfragen. Denn es wird standardmäßig
12 Z. B. liefert eine Recherche nach „Bonobo“ im Freiburger Katalog plus (https://katalog.ub.uni-freiburg.de/opac/) im Reiter „Artikel und mehr“ am 29.08.2015 in der Facette „Schlagwörter“ die folgenden vier Varianten: „bonobo“, „bonobos“, „pan paniscus“, „bonobos pan paniscus“.
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nicht nur in den Metadaten gesucht, sondern auch in den Volltexten. Eine Recherche nach Autor und Titel findet also auch Publikationen, in denen das gesuchte Werk zitiert wird, und überdies womöglich alle Dokumente, in denen die Suchbegriffe einzeln irgendwo im Volltext auftauchen. Das Beispiel in Abbildung 3 zeigt dies: Obwohl das gesuchte Buch in Konstanz nicht vorhanden ist, ergeben sich 156.101 Treffer. Auch das Ranking ist nicht hilfreich: Ab dem sechsten Rang (im Anschluss an die Rezensionen des gesuchten Werks) finden sich Treffer, die inhaltlich in eine ganz andere Richtung gehen, z. B. „Feminist theory today: an introduction to second-wave feminism“. Die Autorin heißt „Evans“ mit Nachnamen, im Titel gibt es aber nur das Wort „introduction“ – die fehlenden Suchbegriffe finden sich laut KonSearch im Volltext. Auch die nächsten Treffer führen nicht zum Ziel. Erfolg hat die Suche erst, wenn man die Option „Über den Bibliotheksbestand hinaus suchen“ aktiviert – dann erscheint der gesuchte Titel am Anfang der Treffermenge, und es kann eine Fernleihe angestoßen werden. Zu den großen Treffermengen tragen vielfach auch linguistische Methoden bei, etwa Stemming (z. B. findet eine Suche nach dem Nachnamen „Hütter“ dann auch Dokumente mit „Hüttl“, „Hütte“ etc.) und die Reduktion von Suchwörtern (z. B. findet eine Suche nach „semantic web“ auch Titel zu „semantics“ in der Sprachwissenschaft). Dazu kommt die Vielfältigkeit der indexierten Dokumente: Oft entfällt ein beträchtlicher Teil der Treffer auf Materialien wie Zeitungsartikel und Rezensionen, die für die meisten Benutzer nur von geringem Interesse sind. Die Treffermengen werden überdies durch zahlreiche Dubletten erhöht. Große Treffermengen sind nicht prinzipiell problematisch, sofern ein geeignetes Ranking erfolgt und es effiziente Möglichkeiten zur Einschränkung der Suchergebnisse gibt. Aktuelle RDS-Implementationen bieten beides jedoch nur bedingt. Das Ranking ist oft wenig befriedigend und kann von den Benutzern nicht beeinflusst werden. Zwar gibt es Facetten für den Drill-down, doch sind diese aufgrund des oft geringen Abdeckungsgrads und der heterogenen Erschließung nur eingeschränkt benutzbar. Außerdem beruhen dynamische Facetten im RDS aus Performanzgründen vielfach nicht auf der gesamten Treffermenge, sondern werden nur auf der Basis einer kleinen Stichprobe generiert. Will man eine exaktere Treffermenge erhalten, müssen Dinge wie der Einsatz linguistischer Methoden oder die Suche im Volltext explizit ausgeschaltet werden, was teilweise nur in der erweiterten Suche möglich ist. Diese ist auch die einzige Möglichkeit, um – wie im Beispiel aus Abbildung 3 – bei der Suche nach einem bekannten Titel (known item search) verlässlich festzustellen, ob dieser vorhanden ist oder nicht. Ein grundsätzliches Problem stellt schließlich die fehlende Nachvollziehbarkeit und Transparenz dar. Das RDS ist sozusagen eine „Blackbox“, deren Inhalte und Prozesse den Benutzern weitgehend verborgen bleiben. Über das, was im zentralen Index enthalten ist, machen die Anbieter meist nur sehr allgemeine Angaben. Beispielsweise lässt sich oft nicht herausfinden, welche Zeitschriften enthalten sind und in welchem Umfang (z. B. welcher Erscheinungszeitraum). Der Index ist außerdem
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nicht stabil: Inhalte können durchaus auch wieder entfernt werden.13 Nicht dokumentiert sind überdies die Prozesse, die im RDS ablaufen. Es gibt keine näheren Informationen über die Indexierungsbasis (was wird berücksichtigt und in welchem Umfang?), über die angewendeten Methoden zur Normalisierung und linguistischen Bearbeitung sowie zu den Prinzipien, nach denen das Ranking erfolgt.14 Auch den Facetten kann man üblicherweise nicht ansehen, welcher Teil eines Treffersets damit abgedeckt wird.15 Dies alles erschwert die Einordnung und Beurteilung der vom RDS gelieferten Ergebnisse.
Chancen Vergleicht man typische RDS-Daten mit bibliothekarischen Katalogisaten, so werden die Unterschiede deutlich: Zu den besonderen Stärken der bibliothekarischen Erschließung gehört, dass sie nach klar definierten, langfristig gültigen und überregional angewendeten Regeln erfolgt. Dadurch ergibt sich ein weitgehend homogener Datenbestand. Solche Daten besitzen überdies einen hohen Grad an Verlässlichkeit: Welche Datenelemente berücksichtigt werden und wie sie zu erfassen sind, folgt klaren Vorgaben. Deshalb funktionieren z. B. Facetten mit bibliothekarischen Daten weitaus besser als mit heterogenen RDS-Daten. Von großer Bedeutung sind außerdem Mechanismen zur Zusammenführung wie die Erfassung aller Namensvarianten einer Person. Denn das Ideal ist, dass der Suchende nicht nur etwas, sondern alles Passende findet – z. B. alle Werke eines Autors oder alles zu einem Thema. Umgekehrt werden in bibliothekarischen Daten Dinge auseinandergehalten, die nicht zusammengehören (z. B. „Krebs (Medizin)“ und „Krebs (Sternbild)“).16 Die verwendeten Erschließungsregeln sind veröffentlicht, die technischen Prozesse üblicherweise transparent.
13 Ein Beispiel ist die Kontroverse, ob und wie Datenbankinhalte von Ebsco in Primo durchsucht werden können. Die Orbis Cascade Alliance, ein Bibliothekskonsortium in den USA, hat den Schriftwechsel mit beiden Anbietern zu dieser Problematik dokumentiert. https://www.orbiscascade.org/ ebsco-ex-libris/(Stand: 29.08.2015). 14 Zum Ranking vgl. Niedermair, Klaus: Gefährden Suchmaschinen und Discovery-Systeme die informationelle Autonomie? In: Mitteilungen der VÖB (2014) H. 1. S. 109–125, insbes. S. 122 f. http://eprints. rclis.org/22983/(Stand: 29.08.2015). 15 Ein Positiv-Beispiel ist der „Heidi“-Katalog der UB Heidelberg (http://heidi.ub.uni-heidelberg. de/). Bei den Bibliotheksdaten wird in den Facetten jeweils auch der Eintrag „Ohne Angabe“ mit der entsprechenden Trefferzahl angezeigt. 16 Vgl. Wiesenmüller, Heidrun: Die Zukunft der Katalogisierung: Den Kern erhalten – Qualität an der richtigen Stelle. In: Bibliotheken für die Zukunft – Zukunft für die Bibliotheken. 100. Deutscher Bibliothekartag in Berlin 2011. Hrsg. von Ulrich Hohoff u. Daniela Lülfing. Hildesheim: Georg Olms Verlag 2012. S. 327–337, hier S. 327–330.
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Die qualitativ besonders hochwertigen Bibliotheksdaten machen im gesamten Suchraum eines RDS freilich nur einen sehr geringen Anteil aus. Das Ziel sollte es nun sein, durch ein intelligentes Miteinander der beiden Welten – hier die bibliothekarischen Daten und Kompetenzen, dort die heterogenen RDS-Daten und die Suchmaschinen-Philosophie – die Benutzerrecherche signifikant zu verbessern. Entsprechende Prozesse können einerseits an der Präsentationsschicht, also sozusagen an der Oberfläche, ansetzen. Ein Beispiel dafür wäre die Analyse der Benutzereingabe im Hinblick auf Personennamen. Gibt man „Gorbatschow“ ein, so würde das System anbieten, die Suche um Namensvarianten und alternative Schreibweisen zu erweitern. Andererseits könnten die Daten selbst verbessert werden. Die Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass die Anbieter den Bibliotheken einen unmittelbaren Zugriff auf die Daten geben und es erlauben würden, diese im Sinne eines bibliothekarischen Metadatenmanagements zu optimieren. Besonders wichtig ist eine Homogenisierung der Daten in zentralen Punkten, um z. B. eine brauchbare Form-Facette und eine zuverlässige Fachzuordnung für den gesamten Datenbestand zu erhalten. Dafür gibt es zahlreiche, bereits in der Praxis erprobte Ansätze: An einfachsten ist die Nutzung von Konkordanzen, um Erschließungselemente auf ein gemeinsames System abzubilden.17 Diese können – falls erforderlich – auch maschinell aus den Daten generiert werden. Weiterhin bieten sich Verfahren aus dem Bereich der automatischen Klassifikation wie das Clustering an, indem durch die Zusammenführung aller Datensätze, die zum selben Werk gehören (z. B. echte Dubletten, unterschiedliche Auflagen) Erschließungsinformationen angeglichen werden.18 Auch hierarchische Zusammenhänge kann man nutzen: So lässt sich die Fachzuordnung einer Zeitschrift auf die darin erschienenen Aufsätze übertragen.
Fazit Die geschilderten Probleme bei der Recherche kommen nicht in allen Fällen zum Tragen – meist werden sie erst bei intensiverem Arbeiten mit den Systemen deutlich. Vor allem für den Einstieg sind RDS daher durchaus geeignet. Gerade von neuen
17 Vgl. z. B. Frick, Julian: Konzeption einer fachlichen Facette für einen Bibliothekskatalog am Beispiel der Universitätsbibliothek Mannheim. Bachelorarbeit. Stuttgart, Hochschule der Medien 2011. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:900-opus-7032 (Stand: 29.08.2015). 18 Vgl. Pfeffer, Magnus: Using clustering across union catalogues to enrich entries with indexing information. In: Data analysis, machine learning and knowledge discovery. Ed. by Myra Spiliopoulou [u. a.]. Cham: Springer 2014. S. 437–445. http://dx.doi.org/10.1007/978-3-319-01595-8_47 (Stand: 29.08.2015).
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Nutzern werden sie gut angenommen. Oberfläche und Funktionen wirken vertraut19 und können in typischen Suchsituationen intuitiv und erfolgreich genutzt werden: Thematische Suchen liefern auch bei einer wenig geschickten Wahl der Suchbegriffe eine Fülle an Ergebnissen, die für einen Einstieg meist ausreicht, und auch „known item“-Suchen funktionieren in der Regel problemlos, sofern das Medium vorhanden ist. Eine besondere Stärke ist die bequeme Nutzbarkeit von elektronischen Ressourcen. Es bleibt die Frage, welche neuen Anforderungen RDS an die Informationskompetenz der Nutzer stellen und wie sich dies im Rahmen von Schulungsangeboten widerspiegeln sollte. Böhner konstatiert: „Sie verschieben den Fokus vom Suchen auf das Gefundene“.20 Sie sieht die Chance, dass Schulungen und andere Angebote sich stärker mit der Einordnung von Suchergebnissen – und damit der Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Literatur insgesamt – beschäftigen können. Rauchmann kommt zum gleichen Schluss und ergänzt, dass RDS nur Werkzeuge sind, deren Möglichkeiten und Einschränkungen entsprechend vermittelt werden müssen.21 Kohl-Frey wählt den Begriff der „Informationsleichtigkeit“, um die Vorteile für neue Nutzer zu umschreiben. Jedoch betont er, dass Bibliotheken für ihre fortgeschrittenen Nutzer, deren Bedürfnisse nicht von den RDS abgedeckt werden, weitere Angebote schaffen müssen.22 Nötig ist ein zweigleisiges Vorgehen: Im Rahmen eines differenzierten Schulungsangebots sind Vorteile, aber auch Einschränkungen von RDS zu thematisieren. Parallel dazu sollte die bibliothekarische Kompetenz genutzt werden, um die Systeme selbst – und damit auch die Suchergebnisse – zu verbessern.
19 Vgl. die Berichte über RDS-Einführungen (wie Anm. 1) und Christensen, Anne: Next-generations catalogues: What do users think? In: Catalogue 2.0. The future of the library catalogue. Ed. by Sally Chambers. London: Facet Publishing 2013. S. 1–15. 20 Vgl. Böhner, Dörte: Verbessern Discovery Systeme die Informationskompetenz? In: 027.7 Zeitschrift für Bibliothekskultur/Journal for Library Culture (2013) H. 2. http://www.0277.ch/ojs/index. php/cdrs_0277/article/view/26 (Stand: 29.08.2015). 21 Vgl. Rauchmann, Sabine: „They are only tools“: Wie Discovery-Systeme das Erwerben und Vermitteln von Informationskompetenz verändern. In: Informationswissenschaft zwischen virtueller Infrastruktur und materiellen Lebenswelten. Proceedings des 13. Internationalen Symposiums für Informationswissenschaft (ISI 2013), Potsdam, 19. bis 22. März 2013. Hrsg. von Hans-Christoph Hobohm. Glückstadt: Hülsbusch 2013. http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:kobv:525-4091 (Stand: 29.08.2015). 22 Vgl. Kohl-Frey, Oliver: Informationskompetenz für Fortgeschrittene. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter 2013. S. 301–312.
Dirk Lewandowski
Suchmaschinenkompetenz als Baustein der Informationskompetenz Abstract: Suchmaschinen sind für viele Nutzer der Zugang zu Informationen im Netz und oft fehlt ihnen die Kenntnis anderer Suchwerkzeuge. In diesem Kapitel wird das Thema Informationskompetenz anhand des Prozesses der Web-Suche (Auswahl des Suchwerkzeugs, Eingabe der Suchanfrage, Trefferselektion, Evaluierung des Treffers, Navigation/Suche innerhalb der Ergebnisquelle) sowie anhand des technischen Aufbaus von Suchmaschinen diskutiert. Es wird argumentiert, dass Suchmaschinen den Ausgangspunkt für Informationskompetenzschulungen bilden sollten, da hier Nutzerinnen und Nutzern die Notwendigkeit von Informationskompetenz anhand der Werkzeuge, die sie sowieso häufig benutzen, aufgezeigt werden kann. Keywords: Suchmaschinen, Informationskompetenz, Google, Informationsverhalten
Suchmaschinenkompetenz im Rahmen der Informationskompetenz Die Nutzung von Suchmaschinen setzt Informationskompetenz voraus, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheinen mag. Was könnte einfacher sein, als eine Suchmaschine zu bedienen: Google aufrufen, Suchwörter eingeben, auf ein Ergebnis klicken, … Vor allem dieser einfache Dreischritt der Recherche und die hohe Erfolgsquote der Nutzerinnen und Nutzer machen es überhaupt nötig zu betonen, dass die Nutzung von Suchmaschinen Informationskompetenz voraussetzt: Im Allgemeinen sind Nutzerinnen und Nutzer mit ihren Suchergebnissen zufrieden. Anmerkung: Überarbeitete Fassung des Beitrags „Informationskompetenz und das Potential der Internetsuchmaschinen“ aus: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. München: De Gruyter Saur 2012. S. 101–109. Dirk Lewandowski ist Professor für Information Research & Information Retrieval an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Seine Forschungsinteressen sind Web Information Retrieval, Qualitätsfaktoren von Suchmaschinen, das Rechercheverhalten der Suchmaschinen-Nutzer sowie die gesellschaftlichen Auswirkungen des Umgangs mit den Web-Suchmaschinen. Zu seinen Veröffentlichen gehören neben den Büchern „Suchmaschinen verstehen“, „Web Information Retrieval“, „Handbuch Internet-Suchmaschinen“ (bislang drei Bände) und „Web Search Engine Research“ zahlreiche Aufsätze, die in deutschen und internationalen Fachpublikationen veröffentlicht wurden. Dirk Lewandowski ist Editor-in-Chief der Zeitschrift Aslib Journal of Information Management (früher: Aslib Proceedings) und Associate Editor der Zeitschrift Online Information Review.
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Dirk Lewandowski
Wenn hier von Suchmaschinenkompetenz die Rede ist, so geschieht dies nicht, weil davon ausgegangen wird, dass wir tatsächlich ein neues Feld von Kompetenzen (ergänzend zur Medienkompetenz oder Informationskompetenz) benötigen. Vielmehr soll Suchmaschinenkompetenz als ein Unterpunkt der Informationskompetenz betrachtet werden und vor allem die Bedeutung dieses Unterpunkts betont werden, um zu argumentieren, an welcher Stelle Informationskompetenzschulungen ansetzen sollten, nämlich bei den Informationssystemen, die den Nutzerinnen und Nutzern vermeintlich schon bekannt sind. „Vermeintlich“ deshalb, weil wohl kaum eine Nutzerin oder ein Nutzer nicht bereits Suchmaschinen (vor allem Google) erfolgreich bedient hat, deshalb aber noch lange nicht kompetent im Umgang mit ihnen ist. Gerade anhand der Suchmaschinen lässt sich gut zeigen, dass beim oberflächlichen Recherchieren die Möglichkeiten von Informationssystemen bei weitem nicht ausgenutzt werden und dass sich der Sucherfolg durch das Erlernen relativ einfacher Strategien wesentlich verbessern lässt. Folgt man etwa den Standards der Informationskompetenz nach Homann1, so bieten sich Suchmaschinen geradezu ideal als Einstiegspunkt an, an dem Nutzerinnen und Nutzer selbst sehen können, dass sie Systeme zwar zum Teil informationskompetent nutzen mögen, in den weit meisten Fällen zu einer tatsächlichen Informationskompetenz weit mehr gehören würde. Ähnlich habe ich an anderer Stelle für eine umfassendere Sicht auf Suchmaschinen plädiert.2 Neben einer Sicht auf Suchmaschinen als wichtige sozio-technische Systeme, die maßgeblich den Wissenserwerb der Internetnutzer bestimmen, stellt sich die Frage nach der Informationskompetenz im Bereich der Internetsuchmaschinen auf zweierlei Weise: Auf der einen Seite geht es um die Kompetenzen, die erworben werden können, um den eigenen Suchprozess zu optimieren; auf der anderen Seite geht es um die Kenntnis des Aufbaus und der technischen Funktionsweise der Web-Suchmaschinen.
1 „Der informationskompetente Student 1. bestimmt Art und Umfang der benötigten Informationen. 2. verschafft sich effizienten und effektiven Zugang zu den benötigten Informationen 3. evaluiert Informationen und seine Quellen kritisch und integriert die ausgewählten Informationen in sein Wissen und sein Wertsystem 4. nützt Informationen effektiv sowohl als Individuum als auch als Gruppenmitglied, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen 5. versteht viele der ökonomischen, rechtlichen und sozialen Streitfragen, die mit der Nutzung von Informationen zusammenhängen und er hat Zugang und nutzt die Informationen in einer ethischen und legalen Weise.“ Homann, Benno: Standards der Informationskompetenz. In: Bibliotheksdienst (2002) H. 5. S 625–638. 2 Lewandowski, Dirk: Suchmaschinen verstehen. Berlin Heidelberg: Springer Vieweg 2015. S. 1 f.
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Technische Kenntnisse / Suchprozess Für Nutzerinnen und Nutzer ist die Kenntnis des grundlegenden Aufbaus einer WebSuchmaschine (Abbildung 1) wichtig, da nur aus dieser Kenntnis die Stärken und Schwächen von Suchmaschinen erkannt werden können. Insbesondere ist hier auf die Erstellung des Index hinzuweisen. Dieser wird durch das Crawling, also dem automatischen Verfolgen von Links zum Auffinden neuer Dokumente, erstellt. Allerdings gibt es auch nicht-crawlbare Dokumente (in unserem Kontext sind hier vor allem die Inhalte von (Fach-)Datenbanken zu nennen), und Suchmaschinen sind aufgrund der immensen Größe des WWW nicht in der Lage, seine Inhalte vollständig zu erfassen. Dazu kommt, dass Inhalte im Web beständig aktualisiert werden und Suchmaschinen nicht in der Lage sind, jedes Dokument in einer aktuellen Kopie im Index vorzuhalten. Dies führt dazu, dass aktuelle Dokumente teils nicht über die Web-Suchmaschinen zu finden sind und daher direkt die jeweilige Quelle (welche wiederum über eine Suchmaschine recherchiert werden kann) aufgesucht werden muss.
WWW
Crawler
Indexer
Searcher
End users
Local Store (W³ copy) Abb. 1: Grundlegender Aufbau einer Web-Suchmaschine.3
Im Prozess der Indexierung werden die Dokumente so aufbereitet, dass sie über die Benutzerschnittstelle gefunden werden können. Informationen, die in diesem Prozess nicht berücksichtigt werden (beispielsweise vom Betreiber einer Website erstellte, umfangreiche Metadaten), können auch nicht recherchiert werden. Von besonderer Bedeutung für das Verständnis der Suchmaschinen sind grundlegende Kenntnisse, wie Suchmaschinen die Dokumente in der Trefferliste anordnen (Ranking). Damit ist nicht gemeint, dass Nutzer die Rankingverfahren im Detail kennen müssen, sondern nur, dass sie verstehen, welche Art von Dokumenten besonders gute Chancen auf einen hohen Trefferplatz haben. Insbesondere ist hier ein Verständnis der Qualitätsmessung der Suchmaschinen, welche vor allem auf der Basis der Popularität von Dokumenten erfolgt, zu nennen. Insgesamt lässt sich das Such-
3 Risvik, Knut Magne & Rolf Michelsen: Search engines and web dynamics. In: Computer Networks (2002). S. 289–302.
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maschinen-Ranking durch sechs Gruppen von Rankingfaktoren erklären: Textspezifische Faktoren, Popularität, Aktualität, Lokalität, Personalisierung und technische Rankingfaktoren.4
Die Sicht der Nutzerinnen und Nutzer Im Folgenden wird zuerst die Sicht der (Suchmaschinen-)Nutzerinnen und Nutzer dargestellt. Daraus ergeben sich erste Erkenntnisse über den Stand der Informationsbzw. Suchmaschinenkompetenz, was wiederum zu Implikationen für die breitere Vermittlung von Informationskompetenz führt. Darauf folgend wird die Sicht der Suchmaschinenbetreiber beschrieben, die gerade auch aufgrund der mangelnden Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer Schritte ergreifen, die eine effiziente Nutzung der Suchmaschinen ohne allzu viel zeitlichen und kognitiven Aufwand ermöglichen sollen. Im dritten Abschnitt werden dann die Ansatzpunkte innerhalb des Suchprozesses, an denen Informationskompetenz benötigt wird, benannt. Im letzten Abschnitt werden dann die sich aus dem Vorangegangenen ergebenden Konsequenzen für die Schulung von Informationskompetenz diskutiert.
Nutzungshäufigkeit Die Bedeutung von Suchmaschinen ergibt sich zuerst einmal aus ihrer massenhaften Nutzung. Betrachtet man die Nutzung der verschiedenen Dienste des Internet, so zeigt sich durchgängig, dass Suchmaschinen neben dem Senden und Empfangen von E-Mails der dominierende Dienst sind.5 Eine Nutzung des World Wide Web ohne Suchmaschinen ist aufgrund der Informationsmassen auch schlicht nicht möglich; andere Ansätze der Erschließung der Inhalte des WWW haben sich bei den Nutzerinnen und Nutzern nicht durchgesetzt.6 Aus dieser massenhaften Nutzung ergibt sich eine erste Konsequenz für das Thema Informationskompetenz: Wenn Nutzerinnen und Nutzer an eine bestimmte Art von Informationssystem durch die massenhafte Nutzung gewöhnt sind, so prägt der Umgang mit diesen Systemen die Erwartungen an die Funktionsweise und Ergebnisdarstellung in anderen Systemen, zum Beispiel in den Discovery-Systemen der
4 Lewandowski, Suchmaschinen verstehen (wie Anm. 2). 5 Van Eimeren, Birgit u. Beate Frees: Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2014: 79 % der Deutschen online – Zuwachs bei mobiler Internetnutzung und Bewegtbild. In: Media Perspektiven (2014) H. 7–8. S. 378–396. 6 Lewandowski, Suchmaschinen verstehen (wie Anm. 2), hier S. 16 ff.
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Bibliotheken. Dies ist als ein erstes gutes Argument zu sehen, Informationskompetenzschulungen bei Suchmaschinen beginnen zu lassen (s. u.). Weiterhin ist für die Suchmaschinennutzung charakteristisch, dass sich der weit größte Teil der Nutzerinnen und Nutzer auf nur eine einzige Suchmaschine, Google, verlässt7; weitere Suchmaschinen werden kaum verwendet. Dies zeigt, dass den Nutzerinnen und Nutzern Alternativen entweder nicht bekannt sind oder sie keine Notwendigkeit sehen, eine Alternative (und sei es nur als Ergänzung zu ihrer Standardsuchmaschine) zu verwenden. Auch hieraus ergibt sich eine Konsequenz, nämlich die altbekannte, dass sich andere Suchsysteme zuvorderst an Google orientieren müssen, um Erfolg zu haben.
Einschätzung der eigenen Recherchekenntnisse und des eigenen Rechercheerfolgs Nutzerinnen und Nutzer schätzen ihre eigenen Recherchekenntnisse und den Erfolg ihrer Recherchen meist positiv ein.8 Dem gegenüber stehen allerdings erhebliche Probleme, wenn es an das Lösen konkreter Rechercheaufgaben geht.9 Doch wie kommen Menschen nun dazu, mit ihren Suchergebnissen so zufrieden zu sein?10 Neben den Erklärungen durch die Voreinstellung einer bestimmten Suchmaschine im Browser (und damit der Gewöhnung an diese), durch Markeneffekte, durch ein fehlendes Bewusstsein für Alternativen und der Annahme, dass die verwendete Suchmaschine eine überlegene Ergebnisqualität bieten würde, lohnt ein Blick auf die Verteilung der Suchanfragen nach Anfragetypen. Unter Anfragetypen versteht man vor allem das intendierte Ziel einer Suchanfrage nach Zieldokument; allgemein wird nach Broder11 in informationsorientierte, navigationsorientierte und transaktionsorientierte Suchanfragen unterschieden. Mit navigationsorientierten Anfragen soll eine Seite (wieder)gefunden werden, die dem Benutzer bereits bekannt ist oder von der er annimmt, dass sie existiert. Beispiele sind die Suche nach den Websites von Unternehmen („Microsoft“) oder von
7 ComScore: Future in Focus: Digitales Deutschland 2013. http://www.comscore.com/ger/Insights/ Praesentationen-und-Whitepapers/2013/2013-Future-in-Focus-Digitales-Deutschland. (Stand: 21.07.2015). 8 S. u. a. Purcell, Kristen [u. a.]: Search Engine Use 2012. Washington, DC.: Pew Research Center 2012. 9 S. u. a. Singer, Georg [u. a.]: Ordinary search engine users carrying out complex search tasks. In: Journal of Information Science (2013) H. 3. S. 346–358. 10 Die folgenden Ausführungen beruhen auf Lewandowski, Dirk: Wie lässt sich die Zufriedenheit der Suchmaschinennutzer mit ihren Suchergebnissen erklären? In: Suchmaschinen. Hrsg. von Hans Krah u. Ralf Müller-Terpitz. Münster: LIT 2014 (Passauer Schriften zur interdisziplinären Medienforschung 4). S. 35–52. 11 Broder, Andrei: A taxonomy of web search. In: ACM Sigir forum (2002). S. 3–10.
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Personen („Heidi Klum“). Solche Anfragen haben in der Regel ein einziges richtiges Ergebnis. Das Informationsbedürfnis ist befriedigt, sobald die gewünschte Seite gefunden wird. Bei informationsorientierten Anfragen ist das Informationsbedürfnis meist nicht durch ein einziges Dokument zu befriedigen. Die Nutzerin oder der Nutzer möchte sich stattdessen über ein Thema informieren und liest deshalb mehrere Dokumente. Informationsorientierte Anfragen zielen auf jeden Fall auf statische Dokumente, nach dem Aufruf des Dokuments ist also keine weitere Interaktion auf der Website nötig, um an die gewünschten Informationen zu gelangen. Mit transaktionsorientierten Anfragen wird eine Website gesucht, auf der anschließend eine Transaktion stattfindet, etwa der Kauf eines Produkts, der Download einer Datei oder die Recherche in einer Datenbank. Nun werden Suchmaschinen für alle drei Anfragetypen eingesetzt. Sieht man sich die Verteilung der Anfragetypen an, so zeigt sich, dass alle drei Typen nennenswerte Anteile am Gesamt der Suchanfragen haben. Für navigationsorientierte Anfragen sind eindeutig bestimmbare richtige Ergebnisse bekannt, und für Suchmaschinen bereitet es keine allzu großen Probleme, diese Anfragen korrekt zu beantworten.12 Da auch für einen großen Teil der transaktionsorientierten Anfragen leicht festgestellt werden kann, ob das gewünschte Ziel der Transaktion mit Hilfe des von der Suchmaschine ausgegebenen Ergebnisses erreicht werden kann, stellt sich die Frage nach einer Bewertung des Suchergebnisses im klassischen Sinn nur für die informationsorientierten Anfragen. Nur hier muss zwischen verschiedenen, das Informationsbedürfnis unterschiedlich befriedigenden Dokumenten unterschieden werden. Aber auch bei den informationsorientierten Anfragen muss weiter eingeschränkt werden: Auch hier lassen sich viele Informationsbedürfnisse mit einem einzigen, von der Nutzerin oder vom Nutzer als „gut genug“ empfundenen Dokument befriedigen. Wenn man nun von einem Anteil informationsorientierter Anfragen von 43 Prozent ausgeht13, so ergibt sich eine Erklärung dafür, warum Nutzerinnen und Nutzer mit ihren Suchen in der Regel zufrieden sind und keine Notwendigkeit sehen, ihre Recherchekenntnisse anzuzweifeln oder gar nach einer Verbesserung derselben zu streben. Festzuhalten ist also, dass nennenswerte Informationskompetenz im Sinne einer Recherchestrategie nur in einer Minderzahl der Web-Recherchen nötig ist. Eine Nutzerin oder ein Nutzer, die oder der nur die Homepage eines Unternehmens oder ein Faktum sucht, wird auch, ohne sich Gedanken über eine Suchstrategie zu machen, zum Erfolg kommen. Für die Vermittlung von Informationskompetenz ist es daher
12 Lewandowski, Dirk: The retrieval effectiveness of search engines on navigational queries. In: ASLIB Proceedings (2011). S. 354–363. 13 Lewandowski, Zufriedenheit (wie Anm. 10).
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von großer Bedeutung, diejenigen Fälle herauszuarbeiten, in denen tatsächlich strategisch an eine Web-Recherche herangegangen werden muss.
Das Umfeld professioneller Akteure Suchmaschinennutzer stehen einem Umfeld professioneller Akteure gegenüber. Dabei handelt es sich zum einen um die Suchmaschinenbetreiber selbst, aber auch um die Anbieter von Inhalten und die von diesen beauftragten Suchmaschinenoptimierer. Das Interesse der Inhalteanbieter ist die Sichtbarkeit in Suchmaschinen und damit die Vermittlung von Besuchern. Viele (auch Informations-)Angebote sind weitgehend von dem durch Suchmaschinen (und damit vor allem durch Google) vermittelten Traffic abhängig. Dies führt dazu, dass Optimierungsmaßnahmen ergriffen werden, um die eigenen Inhalte gegenüber der Konkurrenz bevorzugt auf den Suchergebnisseiten zu platzieren. Unterstützt werden die Inhalteanbieter dabei von Suchmaschinenoptimierern, die sich darauf spezialisiert haben, Webseiten sowohl intern (etwa über die Optimierung von Texten) als auch extern (etwa über das Sammeln relevanter Links auf das zu optimierende Angebot) zu verbessern. Die Aktivitäten der Inhalteanbieter und der Suchmaschinenoptimierer führen letztlich dazu, dass Suchergebnisse nicht mehr „neutral“ sind (wenn sie das denn jemals gewesen sein können), sondern durch externe Einflussnahme manipuliert werden. Damit zeigen Suchmaschinen nicht notwendigerweise „die besten“ Treffer an, sondern zahlreiche Einflüsse abseits der eigentlichen Qualität der Dokumente spielen eine Rolle, damit ein Treffer prominent auf den Suchergebnisseiten erscheint. Dies ist ein Novum im Vergleich zu anderen Informationssystemen – Nutzerinnen und Nutzer gehen aber auch bei Suchmaschinen weitgehend davon aus, dass diese neutrale Vermittler zwischen Nutzern und Informationen sind. Auch an dieser Stelle ist also Informationskompetenz gefragt, die sich auf das Umfeld sowie das Zustandekommen der Suchergebnisse bezieht.
Die Sicht der Suchmaschinenbetreiber Nach der Beschreibung der Nutzersicht sollen in diesem Abschnitt die Maßnahmen der Suchmaschinenbetreiber, sich dem Nutzerverhalten anzupassen, dargestellt werden. Die Entwicklung der Suchmaschinen kann als eine Geschichte der immer weiter reichenden Adaption an bestehendes Nutzerverhalten interpretiert werden; allerdings ist natürlich auch zu fragen, inwieweit Suchmaschinen durch ihren Aufbau erst eine bestimmte Form des Nutzerverhaltens hervorrufen bzw. unterstützen.
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Beispielhaft seien zwei wesentliche Anpassungen, die die Suchmaschinen aufgrund des Nutzerverhaltens vorgenommen haben, genannt: Aufgrund der Schwierigkeiten der Nutzer, gezielt Suchanfragen zu formulieren, haben Suchmaschinen sog. Suchvorschläge während der Eingabe („Autocomplete“) eingeführt.14 Diese unterstützen die Nutzerin oder den Nutzer, indem mögliche Suchanfragen vorgeschlagen werden. Die Vorschläge beruhen vor allem auf populären Suchanfragen, die in der jüngeren Vergangenheit eingegeben wurden. Da Nutzerinnen und Nutzer sich vor der Eingabe einer Suchanfrage in der Regel kaum Gedanken über die Auswahl der geeigneten Quelle machen, haben Suchmaschinen Ergebnisse aus unterschiedlichen Quellen, die vorher separat anzuwählen waren, in einer gemeinsamen Ergebnisseite zusammengefasst („Universal Search“). Bei allen Anpassungen von Suchmaschinen an das Nutzerverhalten ist allerdings zu fragen, inwieweit die Unterstützung des Suchprozesses durch die Interessen der Suchmaschinenbetreiber geleitet ist.15 Auch hier gilt es, Informationskompetenz zu fördern, indem die Zusammenhänge, in denen die Suchunterstützung angeboten wird, transparent gemacht und hinterfragt werden.
Informationskompetenz im Suchprozess Der Prozess der Websuche (Abbildung 2) beginnt mit der Auswahl einer geeigneten Suchmaschine (1), darauf folgt die Eingabe der Suchanfrage (2). Die Ergebnisse auf der Trefferseite der Suchmaschine (Search Engine Results Page, SERP) werden mehr oder weniger gründlich durchgesehen und ein geeigneter Treffer ausgewählt (3). Nach dem Aufruf des Treffers erfolgt dessen Evaluation auf Tauglichkeit (4), eventuell folgt eine weitere Navigation oder Suche innerhalb der Website, auf der der Treffer gefunden wurde (5). Im Schaubild wird deutlich, dass der Prozess der Websuche nicht geradlinig verlaufen muss, sondern dass es an verschiedenen Stellen zum Abbruch oder zur Neuorientierung kommen kann.
14 Lewandowski, Dirk u. Sonja Quirmbach: Suchvorschläge während der Eingabe. In: Handbuch Internet-Suchmaschinen 3: Suchmaschinen zwischen Technik und Gesellschaft. Hrsg. von Dirk Lewandowski. Berlin: Akademische Verlagsgesellschaft AKA 2013. S. 273–298. 15 Lewandowski, Dirk [u. a.]: Wie Nutzer im Suchprozess gelenkt werden: Zwischen technischer Unterstützung und interessengeleiteter Darstellung. In: Die „Googleisierung“ der Informationssuche – Suchmaschinen zwischen Nutzung und Regulierung. Hrsg. von Birgit Stark [u. a.]. Berlin: De Gruyter 2014. S. 75–97.
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1
Auswahl der Suchmaschine
2 Eingabe der Suchanfrage
3 Trefferselektion auf der SERP
4 Evaluierung Treffer
5
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Navigation/ Suche innerhalb Website
Abb. 2: Prozess der Websuche.
Anhand der Stufen des Prozesses der Websuche soll im Folgenden die für die effektive und effiziente Nutzung der Suchmaschinen nötige Informationskompetenz diskutiert werden. Dabei wird das allgemeine Nutzerverhalten skizziert, um dann aufzuzeigen, welche Informationskompetenz auf der jeweiligen Stufe erforderlich wäre. Schon auf der ersten Stufe, der Auswahl einer geeigneten Suchmaschine, zeigt sich erhebliches Potential. Nicht nur wird von vielen Nutzerinnen und Nutzern die Suche im Web mit einer Suche in der Suchmaschine Google gleichgesetzt, sondern Google wird sogar als der geeignete Einstiegspunkt für jegliche Art von Recherche angesehen. Schon zwischen den allgemeinen Web-Suchmaschinen (Universalsuchmaschinen) gibt es eine (wenn auch beschränkte) Auswahl, die allerdings von den überwältigenden Marktanteilen von Google überdeckt wird. Die alleinige Verwendung einer Suchmaschine wird oft mit der (scheinbar) überragenden Qualität der Ergebnisse begründet. Allerdings erfüllt die Konsultation einer weiteren Suchmaschine zumindest noch einen weiteren Zweck, nämlich das Einholen einer „zweiten Meinung“.16 Die Suchmaschinen unterscheiden sich nicht nur in ihren Datenbeständen, sondern gravierender noch hinsichtlich ihrer Ergebnisreihung.17 So entsteht durch die Recherche in einer weiteren Suchmaschine eine größere Vielfalt der Ergebnisse. Außerdem bedeutet selbst eine überlegene Qualität der Treffer im Vergleich zu anderen Suchmaschinen nicht, dass auch für jede Anfrage das bestmögliche Ergebnis gefunden wird.18 So lässt sich manche vermeintlich schwierige Recherche lösen, indem einfach die gleiche Suchanfrage bei einer anderen Suchmaschine eingegeben wird. Denkt man aber an spezifischere Recherchen, so ist die Auswahl einer geeigne-
16 Daneben kann die Verwendung einer weiteren Suchmaschine sinnvoll sein, um mehr bzw. zusätzliche Ergebnisse, andere Ergebnisse, bessere Ergebnisse, eine andere Trefferpräsentation, eine andere Benutzerführung oder andere Suchmöglichkeiten zu erreichen bzw. zu nutzen. Vgl. Lewandowski, Suchmaschinen verstehen (wie Anm. 2), hier S. 179 ff. 17 Spink, Amanda [u. a.]: A study of results overlap and uniqueness among major web search engines. In: Information Processing & Management (2006) S. 1379–1391; Bar-Ilan, Judit: Comparing rankings of search results on the Web. In: Information Processing & Management (2005) S. 1511–1519. 18 Lewandowski, Dirk: The retrieval effectiveness of web search engines: considering results descriptions. In: Journal of Documentation (2008) S. 915–937.
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ten Spezialsuchmaschine19 – hier soll noch gar nicht von weiterführenden Fachdatenbanken gesprochen werden – nötig. Eine kompetente Quellenauswahl muss also anhand zweier Fragen erfolgen: Welcher Typ von Suchwerkzeug ist für die Recherche geeignet? Welche individuelle Suchmaschine ist für die Recherche geeignet? Die Eingabe der Suchanfrage erfordert von der Nutzerin oder vom Nutzer die Kompetenz, das Informationsbedürfnis in eine geeignete Suchanfrage zu „übersetzen“. Auf der einen Seite sind Informationsbedürfnisse jedoch oft nicht klar definiert oder können sich im Verlauf einer Recherche verändern20, andererseits fällt es oft schwer, das Informationsbedürfnis in einer Suchanfrage auszudrücken. Studien zeigen, dass die in die Web-Suchmaschinen eingegebenen Suchanfragen in der Regel kurz sind und oftmals zu unspezifisch, um zu passenden Ergebnissen zu führen.21 Die Suchmaschinen haben auf dieses Verhalten reagiert, indem sie die Suchanfragen in den Kontext des Suchprozesses stellen und durch diese zusätzlich gewonnenen Informationen zu besseren Ergebnisse leiten.22 Das kompetente Formulieren von Suchanfragen will gelernt sein. Allerdings sollte hier nicht vergessen werden, dass bei vielen Informationsbedürfnissen auch einfache Suchanfragen zum Ziel führen. Im Rahmen von Schulungen sollte deshalb klar gemacht werden, in welchen Fällen sich komplexere Suchanfragen überhaupt eignen und dies entsprechend durch Beispiele belegt werden.23 Zur Trefferselektion werden dem Nutzer Surrogate („Abstracts“, „snippets“) der eigentlichen Treffer zur Verfügung gestellt, welche üblicherweise aus dem Titel des Dokuments, einer kurzen Beschreibung sowie der URL des Dokuments bestehen. Weitere Informationen werden von den Suchmaschinen teilweise hinzugefügt. Während die Surrogate einen Einfluss auf die Selektion innerhalb der Trefferdarstellung haben, ist diese jedoch vor allem durch die Position der Treffer beeinflusst. Besonders weit vorne stehende Treffer, insbesondere die im sichtbaren Bereich (also
19 Lewandowski, Dirk: Spezialsuchmaschinen. In: Handbuch Internet-Suchmaschinen. Hrsg. von Dirk Lewandowski. Heidelberg: AKA 2009. S. 53–69. 20 Marchionini, Gary: Exploratory search: from finding to understanding. In: Communications of the ACM (2006). S. 41–46. 21 Höchstötter, Nadine u. Martina Koch: Standard parameters for searching behaviour in search engines and their empirical evaluation. In: Journal of Information Science (2009). S. 45. 22 Lewandowski, Dirk: Query understanding. In: Handbuch Internet-Suchmaschinen 2: Neue Entwicklungen in der Web-Suche. Hrsg. von Dirk Lewandowski. Heidelberg: Akademische Verlagsgesellschaft AKA 2011. S. 55–75. 23 Vgl. Lewandowski, Suchmaschinen (wie Anm. 2), hier S. 191 ff.
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Treffer, die sichtbar sind, ohne dass heruntergescrollt werden müsste24), werden bevorzugt25, außerdem besonders hervorgehobene Treffer. Eine kompetente Trefferauswahl setzt voraus, dass nicht nur einer der ersten Treffer angeklickt und die Recherche damit als beendet betrachtet wird. Allerdings ist auch hier zu beachten, dass ein Informationsbedürfnis (auch wenn es sich um eine informationsorientierte Suchanfrage handelt) oft schon durch ein einziges Dokument befriedigt werden kann. In Schulungen sollte klar gemacht werden, in welchen Fällen tatsächlich eine Sichtung mehrerer Dokumente oder die Sichtung mehrerer Ergebnisseiten der Suchmaschinen sinnvoll ist. Der Interpretation und Evaluierung der Suchergebnisseite (hier im Gegensatz zu den eigentlichen Trefferdokumenten) sollte besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht werden. Nutzer sollten erstens grundsätzliche Kenntnisse über das Zustandekommen des Rankings haben (s. u.), zweitens in der Lage sein, die in den Surrogaten enthaltenen „Vorab-Informationen“ zu interpretieren, und drittens um die Möglichkeiten der Manipulation von Trefferseiten (sei es durch Suchmaschinenbetreiber oder externe Anbieter durch Methoden der Suchmaschinenoptimierung) wissen. Die Evaluierung eines individuellen Ergebnisses erfolgt meist innerhalb weniger Sekunden. Nutzer blicken auf das Dokument und lassen sich vom information scent leiten, d. h. sie suchen nach Anhaltspunkten dafür, dass sich in diesem Dokument für sie relevante Informationen finden.26 Lassen sich solche Anhaltspunkte nicht finden, kehren sie zur Trefferliste der Suchmaschine zurück und wählen ein anderes Dokument aus. Eine Evaluierung der Ergebnisse nach Kriterien wie Verlässlichkeit oder faktischer Korrektheit erfolgt meist nicht, in dieser Hinsicht vertrauen die Nutzer der „Empfehlung“ durch die vermittelnde Suchmaschine. Nötig ist hier die Kompetenz zur Bewertung des individuellen Dokuments und der Quelle (Website), in der dieses enthalten ist. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass die Fakten- und Quellenprüfung nicht in allen Fällen durchgeführt werden muss, und es sind entsprechende Fälle zu beschreiben. Wird in dem Ergebnisdokument die gesuchte Information nicht gefunden, wird häufig auf der Website weiter navigiert bzw. die site-interne Suche verwendet. Wird die Suche verwendet, ergeben sich wiederum die auch für die allgemeinen Suchmaschinen geltenden Fragen; wird innerhalb der Website navigiert, muss die Nutzerin oder der Nutzer in der Lage sein, die grundlegende Navigation zu verstehen. Nötig
24 Siehe dazu: Höchstötter, Nadine & Dirk Lewandowski: What users see – Structures in search engine results pages. In: Information Sciences (2009). S. 1796–1812. 25 Dies führt sogar so weit, dass Nutzer der von Google vorgegebenen Reihung stärker vertrauen als ihrem eigenen Urteil, s. Pan, Bing [u. a.]: In Google we trust: users’ decisions on rank, position, and relevance. In: Journal of Computer-Mediated Communication (2007) H. 3. S. 801–823. 26 Thurow, Shari. & Nick Musica: When search meets web usability. Berkeley: New Riders 2009. S. 17 ff.
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sind eine Vermittlung grundlegender Konzepte der Site-Navigation sowie die Kenntnis der Stärken und Schwächen site-interner Suchmaschinen.
Konsequenzen für Schulungen zur Informationskompetenz Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Nutzung von Suchmaschinen zwar intuitiv erfolgt und in vielen Fällen ohne nennenswerte Informationskompetenz auch zum Erfolg führt, bei ernstzunehmenden Recherchen jedoch Informationskompetenz auf unterschiedlichen Ebenen nötig ist. Die Schwierigkeit besteht nun gerade darin zu erkennen, wann tatsächlich eine kompetente Recherche nötig ist. Es ist davon auszugehen, dass Nutzerinnen und Nutzer ihre Erfolge bei einfachen Recherchen auf schwierigere Fälle übertragen und davon ausgehen, dass einfache Recherchestrategien auch hier zum Erfolg führen. Eine Aufgabe von Informationskompetenzschulungen sollte also sein, anhand von Beispielen aufzuzeigen, wie Suchmaschinen effektiver und effizienter genutzt werden können. Die Recherche in Suchmaschinen kann damit einen guten Ausgangspunkt für weitere Schulungen bieten. Es gilt, den Nutzern zuerst aufzuzeigen, wie sie mit den ihnen bekannten Suchwerkzeugen besser umgehen können, um dann im Folgenden die inhaltlichen Grenzen der Suchmaschinen zu zeigen und weitere Recherchequellen einzuführen.
Werner Hartmann
Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein? Abstract: In der digital geprägten Informationsgesellschaft gehört die Vermittlung von Informationskompetenz zu den wichtigen Aufgaben von Bibliotheken. Gemeint ist hier nicht die herkömmliche Schulung zur Benutzung des Bibliothekskatalogs, sondern die Vermittlung von information literacy mit Fokus auf den kompetenten Umgang mit digitalen Informationen. Themen wie die Nutzung elektronischer Datenbanken oder Informationsdienste im Internet legen es nahe, dass solche Schulungen durch E-Learning-Angebote abgedeckt oder zumindest ergänzt werden können. Viele Hochschulbibliotheken bieten deshalb umfangreiche Online-Kurse auf Lernplattformen an bis hin zu Massive Open Online Courses (MOOCs). Drei Gefahren werden dabei oft unterschätzt: Erstens liegt bei E-Learning-Angeboten der Fokus schnell auf technischen statt methodisch-didaktischen Fragestellungen. Zweitens sind wenig motivierte Lernende von den neuen Formen des selbstbestimmten und informellen Lernens rasch überfordert. Und drittens ist das Erstellen qualitativ guter E-LearningAngebote eine aufwändige Sache, gilt es doch, die multimedialen und interaktiven Möglichkeiten digitaler Lernumgebungen zu nutzen. Keywords: E-Learning, Lernplattformen, Personal Learning Environment, Technik, Multimedia, Interaktivität, Motivation, Gamification
E-Learning-Angebote zur Förderung der Informationskompetenz Unter E-Learning fasst man heute alle Formen der Unterstützung von Lehr- und Lernprozessen durch digitale Medien und Werkzeuge zusammen. Das Spektrum des Einsatzes digitaler Medien ist dabei breit und reicht von der elektronischen Ablage von Unterrichtsmaterialien bis hin zu interaktiven Lernumgebungen und Lernräumen. Im selben Atemzug mit E-Learning werden oft auch Lernplattformen (Learning Management Systems, LMS) genannt. LMS unterstützen die Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien und die Verwaltung von Lernenden und deren Lernfortschritte. Zudem ermöglichen diese Softwaresysteme auch kleine interaktive Lernsequenzen, zum BeiWerner Hartmann, Jahrgang 1953, lange Lehrer für Mathematik und Informatik am Gymnasium Baden (Schweiz). 1993–2005 Leiter der Informatikdidaktik-Ausbildung an der ETH Zürich, 2006–2013 Dozent für Informations- und Kommunikationstechnologien und Leiter Medienbildung Pädagogische Hochschule Bern. Forschungsschwerpunkte: Informatikdidaktik, Multimedia Learning, Information Retrieval. Mitinitiant der Lernumgebungen wikibu.ch und learningapps.org.
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spiel in Form von Zuordnungsübungen und Multiple Choice Quiz. Online-Chats oder Foren unterstützen die Kommunikation unter den Lernenden und Lehrenden. Im Rahmen der Förderung von Informationskompetenz ist die Nutzung von E-LearningSequenzen naheliegend. Dabei können einzelne Teile eines Kursangebotes in elektronischer Form angeboten werden, aber auch ganze Lehrveranstaltungen ausschließlich online zur Verfügung stehen. Ein guter Überblick über die Rolle von E-Learning bei der Vermittlung von Informationskompetenz, den Aufbau und die Inhalte solcher Angebote und Beispiele von Online-Tutorials findet sich in den Beiträgen von Brigitte Schubnell1 und Katrin Steiner2 im 2012 erschienenen Handbuch Informationskompetenz. Empfohlen ist auch ein Blick auf das Online-Tutorial „compas – strukturiertes Forschen in Web“3 ausgerichtet auf Studierende in den Geistes- und Geschichtswissenschaften. Dieses Angebot umfasst neben den klassischen Themen wie Recherchemethoden oder der Verwaltung von Literaturangaben auch den Aufbau einer persönlichen digitalen Infrastruktur und die Kommunikation und Partizipation in Social Media. Bei kritischer Betrachtung von E-Learning-Angeboten fällt auf, dass der Fokus solcher Unterrichtsformen oft auf den genutzten Technologien und Plattformen liegt, die unabhängig sind von den Lerninhalten und in sich selbst Lernprozesse nur bedingt befördern können. Lernplattformen unterstützen meist nur sehr rudimentäre Formen von interaktiven Lernprozessen. Zuordnungsübungen, Multiple Choice Quiz oder Lückentexte sind zwar technisch einfach realisierbar, aber letztlich eher interpassive statt interaktive Formen des Lernens. Um einen pädagogischen und didaktischen Mehrwert zu schaffen, sollte der Schwerpunkt bei E-Learning-Angeboten mehr auf dem „Learning“ und weniger auf dem technischen „E“ liegen. Abbildung 1 zeigt schematisch den Aufbau gängiger E-Learning-Angebote.
1 Schubnell, Brigitte: Blended Learning in der Vermittlung von Informationskompetenz. Fallbeispiel Medizin. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 385–393. 2 Steiner, Katrin: Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz: das Beispiel LOTSE. In: Handbuch Informationskompetenz (wie Anm. 1), S. 394–406. 3 compas – strukturiertes Forschen im Web: http://www.compas.infoclio.ch/(Stand: 20.05.2015).
Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein?
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Learning Management System Administration, communication, content management etc.
Content („learning objects“) Software which activates learners interactive
Dynamic documents (animations, video, audio)
Static documents (texts, tables, etc.)
„interpassive“
Abb. 1: Interaktive Lernumgebungen versus interpassive Distribution von Unterrichtsmaterialien.4
In einem von Web 2.0-Diensten und Social Media geprägten Alltag erwarten Lernende heute von computergestützten Lernangeboten mehr als die reine Distribution von statischen Lernmaterialien. Das heute zur Verfügung stehende Potenzial digitaler Medien muss auch für den Unterricht genutzt werden. Fünf Aspekte spielen dabei eine besonders wichtige Rolle5: – Individualisierung von Lernprozessen – Nutzung der multimedialen Vielfalt – Direkte Interaktion der Lernenden mit der Lernumgebung – Kommunikation und Kooperation mit anderen Lernenden und den Lehrenden – Austausch und Wiederverwendbarkeit der bereitgestellten Lernangebote. Angesichts der zunehmend knapperen finanziellen Mittel gerade im Bibliotheksumfeld muss ein besonderes Augenmerk bei E-Learning-Angeboten auch den Kosten gelten. Hier dürfen nicht nur die Initialkosten beim Erstellen eines Online-Kurses berücksichtigt werden. Die weiterhin raschen Veränderungen im Bereich der digitalen Medien erfordern gerade beim Thema Informationskompetenz regelmäßige inhaltliche Aktualisierungen und Erweiterungen. Informationsdienste stellen ihre Tätigkeit ein, neue Kommunikationsformen etablieren sich, Informationssammlungen sind unter einer neuen Adresse verfügbar usw. Zudem erfordern Veränderungen bei den im Internet aktuellen Technologien laufend auch Anpassungen an der technischen Plattform eines Online-Kurses. So ist heute Responsive Webdesign, also die
4 Reichert, Raimond & Werner Hartmann: On the Learning in E-Learning. Proceedings of EDMEDIA 2004. World Conference on Education Multimedia, Hypermedia and Telecommunications. Lugano 2004. S. 1590–1595. 5 Vgl. zum Beispiel Clark, Ruth C. & Richard E. Mayer: E-Learning and the science of instruction. Proven guidelines for consumers and designers of multimedia learning. San Francisco, CA: Pfeiffer 2007.
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automatische Anpassung einer Website an die Größe und Auflösung unterschiedlicher Displays (z. B. Notebook, Tablet, Smartphone) ein Muss, bedingt aber für ältere Websites in der Regel aufwändige Anpassungen. Unterschiedliche Betriebssysteme und Browser stellen weitere Herausforderungen dar. Jeder Browser verhält sich leicht unterschiedlich und gerade bei interaktiven und multimedialen Inhalten müssen Online-Materialien laufend abgestimmt werden. In neuerer Zeit werden in E-Learning-Angeboten vermehrt auch sog. GamificationAnsätze genutzt – die Anreicherung von Lernprozessen mit spielerischen Elementen. Man verspricht sich davon insbesondere eine Steigerung der extrinsischen Motivation der Lernenden6. Noch einen Schritt weiter gehen Game Based Learning-Sequenzen, beispielsweise kleine Mehrspieleraufgaben. Beim Thema Informationskompetenz sind etwa kollaborativ zu lösende Rechercheaufgaben denkbar oder Wettbewerbsformen, in denen es darum geht, dass ein Spieler möglichst rasch die Primärquelle eines Dokumentes findet. Für die Nutzung von Spielelementen in E-Learning-Angeboten stehen heute verschiedene Web 2.0-Werkzeuge zu Verfügung, die sich leicht in bestehende E-Learning-Plattformen einbetten lassen und so den Entwicklungsaufwand in Grenzen halten.7
Nutzung selbstbestimmter, informeller Lernumgebungen In einer von digitalen Medien geprägten Welt hat selbstbestimmtes Lernen an Bedeutung gewonnen. Zum einen erfordern die weiterhin rasch aufeinander folgenden digitalen Entwicklungen, dass wir laufend aktiv neues Wissen und neue Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Hilfsmitteln erwerben. Zum anderen unterstützt uns das große Wissensangebot im Internet auch beim zeit- und ortsunabhängigen Lernen. Oft lassen sich Probleme durch den Austausch mit anderen Leuten in Foren oder Interessengruppen im Netz lösen. Sowohl Präsenzveranstaltungen als auch E-LearningAngebote sollten deshalb die Methodenkompetenz Selbstbestimmtes Lernen fördern. Gängige Lernplattformen spiegeln in der Regel einen lehrerzentrierten Unterrichtsansatz wider. Die Selektion der Lerninhalte, deren Anordnung und auch die Präsentation folgt dem klassischen Ansatz des Frontalunterrichtes. Die Lernenden müssen sich zudem bei den Plattformen registrieren und sich zuerst mit der Softwareumge-
6 Vgl. zum Beispiel Kapp, Karl M. [u. a.]: The Gamification of learning and instruction. Game-based methods and strategies for training and education. San Francisco, CA: Pfeiffer 2012. 7 Vgl. zum Beispiel die Plattform http://www.learningapps.org (Stand: 20.05.2015) für das Erstellen multimedialer, interaktiver Lernbausteine.
Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein?
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bung vertraut machen. Dieser Lehransatz trägt den Herausforderungen der digitalen Informationsgesellschaft nur bedingt Rechnung. Einen mehr lernerzentrierten Ansatz verfolgen sog. Personal Learning Environments (PLE). Hier gestalten die Lernenden ihre Lernumgebung selbst und nutzen dazu ihnen vertraute Werkzeuge und Kommunikationsformen, z. B. soziale Netzwerke, Blogs oder Wikis. Im Unterschied zu zentral verwalteten Lernplattformen stellen in diesem Modell Bildungsinstitutionen nur noch einzelne Lernobjekte zur Verfügung. Dabei kann es sich um Texte, Erklärvideos, interaktive Tests, aber auch zeitlich terminierte Webinare, also Online Seminare im Web, handeln. Für Hochschulen, Bibliotheken, aber auch Firmen im Rahmen der Förderung des Wissensmanagements hat die Nutzung von PLEs den großen Vorteil, dass der aufwändige und kostspielige Betrieb einer zentralen Lernplattform verbunden mit einer Benutzeradministration weitgehend entfällt. Bilder, Audio- und Videobeiträge können über große Portale (z. B. YouTube) zugänglich gemacht werden. Die Benutzerfreundlichkeit solcher Portale ist zudem in Eigenregie entwickelten Lösungen deutlich überlegen. Auf der Anbieterseite rückt die Nutzung von PLEs die technischen Aspekte in den Hintergrund. Die dadurch frei werdenden Ressourcen können für kreative Umsetzungen von Lerninhalten verwendet werden. Hier seien nur einige Beispiele genannt: in Videos können kleine Arbeitsaufträge oder Tests zur Wissenssicherung eingeblendet werden; anstelle statischer Texte mit Anleitungen zur Nutzung von Informationsdiensten können solche Dienste direkt im Lernsetting eingebettet werden; im Stil kleiner Multiplayer-Spiele können Lernende im gegenseitigen Wettstreit versuchen, möglichst rasch eine Aufgabe zu lösen. Nicht verschwiegen werden sollen hier die Nachteile von PLE-Szenarien: der Schulungsanbieter gibt seine Kontrolle über die Lernenden und die Lernfortschritte weitgehend auf. Selbstbestimmtes und informelles Lernen stellt auch hohe Anforderungen an die Lernenden bezüglich Motivation und Disziplin. Selbstbestimmtes Lernen ist nicht eine Kompetenz, die uns in die Wiege gelegt wird, sondern die nach und nach erworben werden muss. Der Verfasser dieses Kapitels zählt sich zu den Personen, die im Umgang mit digitalen Medien versiert sind. Gerade deshalb ist er aber überzeugt, dass sich Methodenkompetenzen und Lernstrategien nur schwer im Rahmen von Online-Lernen fördern lassen. Ausnahmen bilden hier funktionierende Online-Communities wie die Wikipedia, bei denen das Peer-to-Peer-Lehren und Lernen einen Erfolgsfaktor darstellen. In der Regel spielen aber der direkte Kontakt mit Dozierenden und die persönliche Beratung durch Mitarbeitende einer Bibliothek eine gewichtige Rolle. Bibliotheken eignen sich hervorragend als Orte des Miteinander-Lernens. Die effiziente und effektive Nutzung des Bibliothekskatalogs oder von Informationsdiensten im Internet, eine Übersicht zum geltenden Urheberrecht und Lizenzregelungen und der Einsatz eines Literaturverwaltungsprogramms können aber sehr wohl in E-Learning-Sequenzen vermittelt werden.
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Werner Hartmann
Multimediale Vielfalt nutzen Seit 1998 wird mit der als Langzeitprojekt angelegten JIM-Studie8 im jährlichen Turnus der Umgang von 12 bis 19-Jährigen mit Medien und Information erhoben. Die Studien zeigen, dass bei der Mediennutzung von Jugendlichen multimediale Medien (z. B. Internet, Handy, Fernsehen) an erster Stelle stehen. Die mehrheitlich textbasierten Medien (z. B. Tageszeitungen, Zeitschriften, Bücher) spielen eine weit geringere Rolle in der Lebenswelt der Jugendlichen. Besonders beliebt bei Jugendlichen sind multimediale Web 2.0-Angebote, etwa die Videoplattform YouTube. Verschiedene Initiativen – die bekannteste dürfte wohl die Khan Academy sein – setzen deshalb auf die Nutzung von kurzen Lernvideos zu Schulungszwecken. Die Vermittlung von Informationen in Form kurzer Erklärvideos stößt nicht nur bei Jugendlichen auf immer größere Gegenliebe. Auf YouTube finden sich Anleitungen zur Reparatur des Fahrrades, zum Auswechseln der Gummidichtung beim Backofen bis hin zu Schulungsvideos großer Airlines zu anspruchsvollen Situationen im Cockpit oder Erklärungen komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge in Form von Stop-Motion Filmen. In der Regel handelt es sich bei Erklärvideos oder Videotutorials um kurze, selbst hergestellte Filme, die ein Konzept vorstellen oder die Funktionsweise eines Gerätes Schritt für Schritt aufzeigen. Besonders geeignet sind Erklärvideos für Lernprozesse, bei denen dynamische Abläufe erläutert werden sollen (z. B. Strickanleitungen) oder bei denen die Handhabung eines Gerätes oder einer Software vordemonstriert werden soll. Der Vorteil der dynamischen Darstellung solcher Lerninhalte liegt auf der Hand: die visuelle Form und die Steuerung des Ablaufs durch die Lernenden nehmen Rücksicht auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Im Rahmen der Vermittlung von Informationskompetenz eröffnen Erklärvideos eine ganze Palette von Möglichkeiten. So lassen sich Abläufe bei der Nutzung des Bibliothekskataloges sehr einfach mit sog. Screencasts zeigen. Zur Aufzeichnung von Bildschirmaktivitäten in Form eines Videos stehen verschiedene professionelle, kostenpflichtige Softwareprodukte (z. B. Camtasia, Screencast-o-Matic) zur Verfügung. Der Einarbeitungsaufwand in solche Lösungen ist aber nicht zu unterschätzen und da die filmische Qualität bei kurzen Erklärvideos nicht im Vordergrund steht, eignen sich für Bibliotheken auch einfache Online-Werkzeuge zum Aufnehmen und Vertonen von Bildschirmaktivitäten. Für Internet-Browser stehen auch Screencast Erweiterungen zur Verfügung, die sehr einfach zu handhaben sind (z. B. Screencastify für Chrome). Wichtiger als die technische Umsetzung ist bei Erklärvideos eine kreative didaktische Umsetzung. So lassen sich heute in Videos sehr einfach auch Aufträge für die Lernenden einblenden, z. B. Informationstexte oder kleine Quiz. Auf diese Weise lassen sich interaktive Lerneinheiten erstellen, die über das bloße passive Betrachten von Videos hinausgehen. Zum Erstellen interaktiver Lernvideos stehen wiederum
8 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest. http://www.mpfs.de (Stand: 20.05.2015).
Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein?
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verschiedene Web 2.0-Dienste9 zur Verfügung. Die damit erstellten Lernvideos lassen sich in der Regel sehr einfach in Webseiten, Blogs oder Inhalten auf gängigen Lernplattformen integrieren.
Interaktivität als Schlüssel zum Lernerfolg In interaktiven, computergestützten Lernumgebungen erarbeiten sich die Lernenden die Lerninhalte selbst in der direkten Interaktion mit Lernprogrammen. Die Interaktion geht dabei über das passive Betrachten von Informationen oder das Navigieren durch Informationen hinaus. Von Schulmeister10 stammt eine Taxonomie der Interaktionsstufen in computergestützten Lernumgebungen. Die unteren Stufen in dieser Taxonomie orientieren sich eher an einem behavioristischen Verständnis von Lernen, die höheren Stufen an konstruktivistischen Lernparadigmen. Das in Abbildung 2 gezeigte Beispiel einer Zuordnungsübung zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Wikipedia-Artikeln gibt stellvertretend einen Eindruck, wie heute mit relativ einfachen Mitteln kleine interaktive Lerneinheiten online erstellt werden können. Aufgabe ist es, die Qualität von fünf Artikeln, welche Aspekte im Leben und Schaffen des Malers Oskar Kokoschka beleuchten, zu beurteilen.
Abb. 2: Quellenkritik in der Wikipedia zum Thema Oskar Kokoschka als Zuordnungsübung.
9 Vgl. zum Beispiel eduCanon, http://www.educanon.com/(20.05.2015). 10 Schulmeister, Rolf: Taxonomie der Interaktivität von Multimedia. In: it+ti (2002) H. 4. S. 193–199.
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Werner Hartmann
Erstellt wurde das Beispiel mit dem Autorenwerkzeug LearningApps.org11. Mit diesem Werkzeug können Zuordnungsübungen, Multiple-Choice-Tests, Annotieren von Bildern und Karten, Einblenden von Aufträgen in Videos, Anordnungen von Elementen in einer bestimmten Reihenfolge und viele weitere Aufgabenformate online erstellt und in andere Webinhalte eingebunden werden. Dabei können verschiedene Medienformate (z. B. Text, Bild, Audio, Video) in gemischter Form verwendet werden. Eine hohe Interaktion zwischen Lernenden und dem Lerngegenstand kann auch durch spielerische Anreize gefördert werden. Aus dem Alltag ist uns die motivierende Wirkung von Bonuspunkten beim Einkaufen oder von Vergleichen der Trainingswerte im Kollegenkreis bei Fitnessaktivitäten bestens bekannt. Solche Anreize können auch in E-Learning-Sequenzen zur Informationskompetenz gesetzt werden. Zwei Beispiele: Aufgrund vorgegebener kleiner Ausschnitte aus Dokumenten soll möglichst rasch die Quelle des Dokumentes eruiert werden. Diese Aufgabe fördert die Wahl differenzierter Suchbegriffe beim Formulieren einer Suchanfrage und die benötigte Zeit zum Bestimmen der Quelle kann wie von Computer Games gewohnt als High Score aufgeführt werden. Als Nebeneffekt kann gleichzeitig aufgezeigt werden, wie Plagiat erkennungssoftware ausgehend von Textstücken versucht, die Quellen zu identifizieren. Um die Prinzipien der dokumentenbasierten Rangierung von Suchtreffern bei Suchmaschinen zu illustrieren, können die Teilnehmenden an einer Schulung selbst zu einem bestimmten Thema kurze Webseiten erstellen. Diese Webseiten werden in einer gemeinsamen Dokumentenkollektion gesammelt und mit einer einfachen Suchmaschine erschlossen.12 Aufgrund typischer Suchbegriffe zum betreffenden Thema wird ermittelt, welche Dokumente in der Rangliste an der ersten Stelle erscheinen.
Technik im E-Learning: weniger ist mehr Insbesondere die Welt der jungen Generation – an die sich das Angebot einer Schulung zur Informationskompetenz in erster Linie richtet – ist geprägt durch digitale Medien, multimediale Inhalte anstelle langer Lehrtexte, und kooperative Lernformen. Diesen Lernenden ist es wichtig, den Lernprozess mitbestimmen und, wenn immer möglich, an der Gestaltung der Lernumgebung selbst partizipieren zu können. Klassische Modelle des E-Learning stützen sich auf didaktische Methoden aus der Buchgesellschaft, wo die meist unidirektionale Übermittlung von Wissen von den Lehrenden an die Lernenden im Vordergrund stand. Lernplattformen eignen sich zwar für Bibliotheken hervorragend, um Lehr- und Lernmaterialien zur Informations-
11 http://learningapps.org (Stand: 20.05.2015). 12 Vgl. zum Beispiel die Unterrichtsvorschläge zur didaktischen Suchmaschine Soekia, http://www. swisseduc.ch/informatik/soekia/(Stand: 20.05.2015).
Förderung von Informationskompetenz durch E-Learning: Wie viel Technik soll es sein?
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kompetenz zur Verfügung zu stellen. Die Interaktivität dieser Angebote geht aber oft nicht über das passive Betrachten von Informationen – sei es in Text-, Audio- oder Videoform – hinaus. Eingebettete kleine Quiz wie etwa Multiple-Choice-Tests beinhalten oft nur geschlossene Fragen zu Faktenwissen und anstelle der in LMS integrierten Chats, Foren, Blogs und Wikis ziehen die Lernenden in der Regel die Nutzung ihrer eigenen aus dem Alltag vertrauten Kommunikationskanäle und sozialen Netzwerke vor. Gleichzeitig fallen auf der Anbieterseite nicht zu unterschätzende Kosten für die Infrastruktur und die laufende inhaltliche Wartung der Angebote an. Besonders ins Gewicht fällt dieser Aufwand bei MOOCs (Massive Open Online Course). Kurz: in vielen Fällen stimmt das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzung von OnlineTutorials zur Informationskompetenz nicht. Sollen Online-Angebote zur Informationskompetenz Studierende und Schülerinnen und Schüler ansprechen, müssen sie auf die Lebenswelt der Lernenden Rücksicht nehmen. Diese ist multimedial, interaktiv, social und mobil. Anstatt groß in eigene IT-Infrastruktur zu investieren, einen hohen Aufwand für die Benutzerverwaltung und die Kontrolle der Lernfortschritte zu investieren, kann man sich heute auf die persönliche IT-Infrastruktur der Lernenden abstützen, die sog. Personal Learning Environments. Den Lernenden muss auch die Möglichkeit der aktiven Kontrolle über die Inhalte bis hin zur Mitgestaltung der Lernmaterialien eingeräumt werden. Brenda Laurel13 bringt diese Anforderungen schön auf den Punkt: „You either feel yourself to be participating in the ongoing action of the representation or you don’t.“ Anders ausgedrückt: Eine gute Regie, eine einfallsreiche Inszenierung ist heute wichtiger als ein monumentales statisches Bühnenbild. Für E-Learning-Angebote von Bibliotheken und Hochschulen zur Informationskompetenz empfiehlt es sich, den Fokus auf die kreative Gestaltung von Lerngelegenheiten zu richten und keine technische Perfektion anzustreben.
13 Laurel, Brenda: Computers as theatre. Reading, MA [u. a.]: Addison-Wesley 1998.
Vorschule und Schule Eigentlich klingt es trivial festzustellen, dass die Grundlagen von Informationskompetenz bereits Im Vorschulalter, sodann bei Kindern und Jugendlichen im Schulalter gelegt werden müssen. Im Buch von Lux/Sühl-Strohmenger zur Teaching Library in Deutschland (2004) waren bereits Praxismodelle Öffentlicher Bibliotheken zur Förderung des Lesens, zur Erstorientierung in der Bibliothek und zu Basisfertigkeiten beim Suchen und Finden von Medien exemplarisch vorgestellt worden, vereinzelt (vor allem für Österreich) auch in der 1. Auflage dieses Handbuchs. Jedoch ist das Thema noch nicht tiefergehend im Kontext von „Informationskompetenz“ reflektiert worden. In einem der nachfolgenden Beiträge wird dies nun mit Blick auf Kinder zwischen drei und sechs Jahren unternommen. Sodann geht es um die basalen Fähigkeiten und Fertigkeiten von Schulkindern (Jahrgangsstufe 8) im Umgang mit digitalen Information und Technologien, wie sie im Rahmen der internationalen Vergleichsstudie ICILS 2013 näher untersucht worden sind (Bos, Eickelmann et al.). Dabei lag der Fokus auch auf Kindern mit Migrationshintergrund, und das zunächst ernüchternde Ergebnis war, dass nur ein sehr geringer Teil der Kinder kompetent mit digitaler Information umgehen kann. Wie Abhilfe geschafft werden könnte, veranschaulicht das im Land Vorarlberg maßgeblich von der Vorarlbergischen Landesbibliothek Bregenz mit getragene Kursprogramm zur Förderung des Vorwissenschaftlichen Arbeitens (VWA), das österreichweit für die Schülerinnen und Schüler, die vor der Ablegung der Matura stehen, verankert worden ist. Da die Lehrerinnen und Lehrer ein nicht unwesentlicher Faktor für den Erfolg solcher Bemühungen ist, kommt deren Einstellung zur Informationskompetenz ein erheblicher Stellenwert zu. In zwei Beiträgen wird
auf empirischer Basis dieser Vorstellungsrahmen detaillierter beschrieben, und es werden Konsequenzen für die entsprechenden schülerorientierten Kursangebote der Bibliotheken aufgezeigt. Ein Organisations- und Schulungsmodell namens „ASK UB“ zur bibliotheksgestützten Recherche von Literatur für gymnasiale Seminarkursarbeiten (Klassenstufen 11 oder 12) und zur Nutzung der Universitätsbibliothek als Lernort hat die Universitätsbibliothek Freiburg in den vergangenen Jahren entwickelt.
Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern Abstract: Auch im Kontext der frühkindlichen Bildung sind Informations- und Medienkompetenz wichtige Aspekte. Der Begriff der Informationskompetenz taucht jedoch eher selten auf und wird durch den der Medienkompetenz ersetzt – auch wenn häufig das Gleiche gemeint ist. Neben dem Aspekt der Wichtigkeit lässt sich auch eine Unsicherheit unter Pädagogen und Eltern feststellen. Um ein sinnvolles Curriculum für Kindergärten und Kindertageseinrichtungen erarbeiten zu können, bedarf es erst einmal der Feststellung der Informationskompetenz von Kindern zwischen drei und sechs Jahren. Der Artikel befasst sich mit einer möglichen Feststellung von Informations- und Medienkompetenz anhand einer eigens dafür entworfenen Webapplikation. Auf Grundlage bestimmter Informationskompetenzindikatoren wurde diese speziell für Kinder entwickelt. Neben dieser App wird noch ein Informationskompetenzmodell für Kinder beschrieben, welches sich mit den Voraussetzungen für den Erwerb von Informationskompetenz in der frühen Kindheit auseinander setzt. Keywords: Informationskompetenz, Medienkompetenz, Kindergarten, Webapplikation, Kindheitsforschung
Medien und Informationen in der frühen Kindheitsphase Medien sind im Kinderalltag allgegenwärtig und auch die digitalen Medien spielen eine immer größere Rolle. So gibt es zwei verschiedene Richtungen im Zusammenhang mit Medienforschung in der Kindheit. Zum einen zielt die Forschung auf die durch Medien resultierenden Kognitionen und Emotionen ab und zum anderen auf
Maria Henkel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Informationswissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Hier beschäftigt sie sich zur Zeit mit der Medien- und Informationskompetenz in der Kindheit sowie mit der Vermittlung von Informationskompetenz in internationalen Bibliotheken. Sonja Gust von Loh promovierte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und ist dort derzeit als akademische Rätin tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des Wissensmanagements, der betrieblichen sowie der altersspezifischen Informationskompetenz.
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Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
kulturwissenschaftlich orientierte Sichtweisen.1 Unsere Studie stellt den zweiten Punkt und dabei besonders die Kinder in den Fokus. Befragungen der Eltern und Erzieher sollen die Studien nur unterstützen bzw. einen Abgleich ermöglichen. Bereits die Kleinsten (0–6 Jahre) sind freiwillig oder unfreiwillig mit Medien jeglicher Art konfrontiert. Nicht umsonst spricht man von Medienkindern bzw. Digital Natives. Die Meinungen, in welchem Maße Medien und Technologien Kindern in diesem Alter gut tun, gehen sehr auseinander. Da Medien jedoch nicht mehr aus dem Alltag einer Wissensgesellschaft wegzudenken sind, stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, schon die Kleinsten fit im Bereich der Medien- und Informationskompetenz zu machen. Medienkompetenz kann man als eine Voraussetzung für die Informationskompetenz sehen, auch wenn die Grenzen oftmals fließend sind. So wurde auf der „European Conference on Information Literacy“ in Istanbul (2013) von „Media and Information Literacy“ (MIL) gesprochen. An dieser Stelle soll nur kurz auf Informationskompetenz eingegangen werden. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass Informationskompetenz zum Erhalten, Selektieren und Bewerten von Informationen befähigt und dazu dient, lebenslang lernen zu können. Abbildung 1 zeigt, dass dieser Ansatz der Informationskompetenz insgesamt drei Ebenen umfasst – die Grundkompetenz, die Medienkompetenz und die Informationskompetenz. Diese verschiedenen Ebenen hängen zwingend miteinander zusammen, wobei einzelne Felder innerhalb der Ebenen streng genommen weg gelassen werden können. Dieses Schaubild zeigt den Ansatz, wie Informationskompetenz bei Erwachsenen aussehen kann. Für einen Ansatz im Kleinkindalter ist dieser wegen der nicht vorhandenen Grundkenntnisse jedoch nicht geeignet. Kleine Kinder können in der Regel weder schreiben noch lesen und auch nicht rechnen. Dementsprechend muss das Modell stark modifiziert werden. Wir benötigen also eine vollkommen neue Herangehensweise.
1 Lange, Andreas u. Johanna Mierendorff: Methoden der Kindheitsforschung. Überlegungen zur kindheitssoziologischen Perspektive. In: Ordnungen der Kindheit. Problemstellungen und Perspektiven der Kindheitsforschung. Hrsg. von Michael-Sebastian Honig. Weinheim [u. a.]: Juventa-Verl. 2009. S. 183–245, hier S. 183.
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
Informationsbedarf
Informationssuche
Informationserstellung
Evaluierung von Informationsqualität
Repräsentation und Speichern von Information
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Informationsnutzung Informationsrecht und -ethik Privatshäre
Informationskompetenz
Medienanalyse
Kommunikation und Zusammenarbeit
Software skills
Hardware skills
Internet skills
Medienkompetenz
Lesen
Schreiben
Rechnen
Voraussetzungen Abb. 1: Ebenen der Informationskompetenz.2
Auch für die Informationskompetenz von Kindern bieten sich drei Ebenen an. Das Modell ist bewusst so aufgebaut wie eine Pyramide (s. Abbildung 2). Die unterste Ebene stellt die Grundlage, wohingegen es nach oben hin immer spezifischer wird. Die erste Ebene der Grundkompetenz wird durch die Ebene der Lernumgebung ersetzt. Hier geht es nun nicht um Fähigkeiten, etwas auszuüben, sondern um – zunächst scheinbar banale – Aspekte, wie die Motivation eines Kindes, der Raum, in dem das Ganze ausgeübt wird, und der Spaßfaktor. Ohne Motivation oder Interesse eines Kindes sind insbesondere kleine Kinder schwer zu überzeugen, dass sie gewisse Dinge durchführen sollen. Generell ist jedoch die Neugier und somit auch die Moti-
2 Gust von Loh , Sonja u. Wolfgang G. Stock: Informationskompetenz als Schulfach? In: Informationskompetenz in der Schule. Hrsg. von Sonja Gust von Loh u. Wolfgang G. Stock. München [u. a.]: De Gruyter Saur 2013. S. 1–20, hier S. 4.
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Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
vation, kindgerechte Dinge zu tun, jedem Kind angeboren und somit sehr hoch bei unserer Zielgruppe.3 Unter dem Raum verstehen wir, dass die Kinder die Möglichkeit haben, mit Medien unterschiedlicher Art umzugehen. Sowohl der Zugang zu Medien und Informationen als auch die Beschäftigung mit dem Kind bzw. Hilfestellungen seitens eines Erwachsenen sind hier ausschlaggebend. Außerdem muss das Kind die Möglichkeit haben, Dinge, die im Zusammenhang stehen, aktiv auszuprobieren. Der Spaßfaktor darf im Hinblick auf Kinder jeglichen Alters nicht fehlen. Es ist allgemein bekannt, dass Kinder auf spielerische Art und Weise lernen. Vor diesem Hintergrund sind das freie, aber auch das gelenkte Spiel und somit auch der Spaß ein wichtiger Aspekt der Bildung.4 Sind die Voraussetzungen der Lernumgebung gegeben, kann die nächste Ebene – die der Medienkompetenz – erreicht werden. Hier geht es um den aktiven Umgang mit Medien unterschiedlicher Art. Unter anderem stehen Hard- und Softwareaspekte im Fokus. Dabei geht es um für Erwachsene banal scheinende Sachen, wie z. B. das Ein- und Ausschalten eines Geräts, die Bedienung eines Tablets oder die Bedienung einer Maus. Die Herstellung von Inhalten spielt eine weitere tragende Rolle. Ziel ist es, durch Nutzung von Medien auch einen Output zu erreichen. Beispiele hierfür sind das Bearbeiten von Fotos oder das Erhalten bestimmter Informationen durch den Gebrauch von verschiedenen Medien. Bei der Reflektion handelt es sich um die kritische Auseinandersetzung mit Medien (z. B. Differenzierung zwischen Werbung und eigentlicher Sendung, wie fühlt sich das Kind nach oder bei der Nutzung verschiedener Medien). Es versteht sich von selbst, dass es hier nicht um eine Analyse von Medieninhalten geht, sondern eher simplere Aspekte behandelt werden, wie z. B. das Bewusstsein, dass ein Rechner an Strom angeschlossen ist, ein Tablet mit Akku läuft, welcher regelmäßig aufgeladen werden muss, oder dass elektronische Medien nicht hinuntergeworfen werden dürfen, weil sie sonst kaputt gehen. Auf der oberen Ebene – der Ebene der Informationskompetenz – geht es weniger um die Medien an sich, als um die Umsetzung bestimmter Fragestellungen. Hierbei handelt es sich um die spezifischste Ebene. Diese wurde in Anlehnung an die Super3Ebenen von Eisenberg und Robinson entwickelt.5 Die Bereiche der Super3 wiederum sind in Anlehnung an die Big6-Ebenen von Eisenberg und Berkowitz ins Leben gerufen worden.6 Bei Letzterem handelt es sich um ein Modell, um festzustellen, wie
3 Wentworth, Naomi & Sam Witryol: Curiosity, exploration, and novelty-seeking. In: Well-being. Positive development across the life course. Ed. by Marc H. Bornstein. Mahwah, N. J.: Lawrence Erlbaum Associates 2003. S. 281–294, hier S. 281. 4 Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Kinder. Mehr Chancen durch Bildung von Anfang an. Düsseldorf 2011. S. 9. 5 Eisenberg, Michael A. & Laura Robinson: Teaching information and communications technology skills using the Super3. Columbus, OH: Linworth Pub. 2007. 6 Eisenberg, Michael B. & Robert E. Berkowitz: Teaching information & technology skills: The Big6 in Elementary Schools. Worthington, OH: Linworth Pub. 1999.
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
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Menschen Informationsprobleme lösen.7 Wie der Name schon sagt, gibt es insgesamt sechs Bereiche: (1) Definition des Ziels: Informationsbedarf bestimmen, um die Aufgabe zu lösen, Erfassen der Aufgabe, was für Informationen werden benötigt? (2) Suchstrategien, um Informationen aufzufinden: Mögliche Quellen ermitteln, Evaluierung der Quellen (3) Informationen finden und Zugang zu Informationen: Intellektuelles Erfassen von Quellen (4) Nutzung von Informationen: Extraktion von Informationen aus bestimmten Quellen, wie können Quellen am besten genutzt werden? Welche Informationen aus den jeweiligen Quellen sind sinnvoll? (5) Synthese: Wissensorganisation aus unterschiedlichen Quellen, Präsentation von Informationen (6) Evaluierung: Einschätzen der jeweiligen Produkte, Einschätzen der Aufgabe, Verbesserungsmöglichkeiten, um die Aufgabe besser zu bewerkstelligen. 8 Das Big6-Modell kann auf unterschiedliche Aspekte angewandt werden. Unter anderem wird dieses Modell auch in Schulen – zumindest im angloamerikanischen Raum – benutzt. Trotzdem dient es nicht nur dem Informationsalltag in der Schule, sondern ist auch auf anderen alltäglichen Gebieten nützlich und anwendbar. Für kleine Kinder ist dieses Modell jedoch zu komplex, so dass hier ein anderes benutzt werden muss. Auch Eisenberg & Robinson haben diese Problematik erfasst und in Anlehnung an das Modell der Big6 ein weiteres entwickelt: das Super3-Modell. Dieses ist letztlich eine Reduzierung der sechs Prozesse auf drei Ebenen: (1) Planen (2) Ausführen (3) Reflektieren9 Diese Ebenen können im Hinblick auf Kindergartenkinder ebenfalls verhältnismäßig umfassend sein. Deswegen wurde im vorliegenden Modell das Modell der Super3 noch einmal etwas vereinfacht. Gleich geblieben ist, dass Informationskompetenz bei kleinen Kindern ebenfalls aus drei verschiedenen Schritten, die letztlich auf jegliches Handeln der Kinder bezogen werden können, besteht. Hierbei geht es zunächst darum, dass ein Kind ein Informationsbedürfnis erfassen muss. Dieses kann sowohl
7 Randolph County School: District wide research model. http://images.pcmac.org/Uploads/RandolphCountySchoolsNC/RandolphCountySchoolsNC/Departments/DocumentsCategories/Documents/ RCS%20Big6 %20Super3 %20Handbook.pdf (Stand: 17.06.2015). 8 The big6: Information & Technology Skills for Students Success. http://big6.com/pages/about/ big6-skills-overview.php (Stand: 17.06.2015). 9 Eisenberg & Robinson, Teaching (wie Anm. 5).
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Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
intrinsischer als auch extrinsischer Natur sein, meistens wird es jedoch intrinsisch sein. Daraufhin plant das Kind, wie es mit Hilfe verschiedener Medien – oder einfach durch Fragen von Erwachsenen – das Informationsbedürfnis befriedigen kann (P). Nach dem Plan kommt es zur Tat oder Ausführung dessen, was geplant wurde (A), um in dritter Instanz ein Ziel zu erreichen bzw. zu reflektieren, ob das gewünschte Ergebnis nun eingetreten ist (R). Dieser Ablauf kann sich beliebig oft wiederholen, entweder bis das gewünschte Ziel erreicht ist oder aber auch um ein weiteres Ziel zu verfolgen. Je älter ein Kind ist, desto bewusster wird es den beschriebenen Prozess durchlaufen.
A R
P
INFORMATIONSKOMPETENZ Produktion
Analyse
Hardware- & Software-Kenntnisse MEDIENKOMPETENZ
Motivation
(Frei-) Raum
Spaß
LERNUMGEBUNG P = Planung A = Ausführung R = Reflektion Abb. 2: Ebenen der Informationskompetenz bei Kindern.
Das Modell zur Informationskompetenz bei kleinen Kindern stellt die Grundlage für unsere empirische Studie dar. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, das Informationsverhalten von Kindergartenkindern (Alter 3–6 Jahre) zu untersuchen. Insbesondere die Forschung mit Klein- und Vorschulkindern ist eine Herausforderung: Kindheitsforschung kann als eine zentrale Herausforderung für die qualitative Forschung verstanden werden, denn die empirische Zuwendung zu Kindern/Kindheit betrifft letztlich ein For-
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
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schungsfeld, in dem sich die Forschenden auf eine andere – und so paradox es klingen mag – ihnen (weitgehend) fremde Kultur beziehen.10
Schwierigkeiten bei der Kindheitsforschung, wo auch die Kinder im Mittelpunkt stehen und nicht nur erwachsene Angehörige oder Pädagogen befragt oder untersucht werden, sind vielfältig. Das Problem, welches sich bei Kindergartenkindern stellt, ist, dass eine Befragung umso schwieriger durchzuführen ist, je kleiner die Kinder sind. Aufgrund von entwicklungspsychologischen Gegebenheiten ergeben sich oft folgende Schwierigkeiten: – Der sprachliche Ausdruck ist noch nicht vollständig entwickelt. – Die Kinder haben Schwierigkeiten mit Zeit- und Mengenangaben. – Kontrolle von Gestik und Motorik ist noch nicht ausgereift. – Angst und Gehemmtheit gegenüber fremden Personen, somit auch gegenüber dem Interviewer, sind möglich. – Es besteht die Möglichkeit, dass Ergebnisse aufgrund von sozial erwünschtem Antwortverhalten verfälscht werden.11 Auch von Seiten des Wissenschaftlers kann es zu Schwierigkeiten kommen, da Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive perspektivisch verfasst sind. Diese sind abhängig von Fachdisziplinen, theoretischer Orientierung, Forschungsfragen, Haltung zu Kindern und Kindheiten und Motive und Methoden.12
Wieso wird Informationskompetenz im jungen Kindesalter benötigt? Medien- und somit Informationskompetenz spielt zunehmend auch im Kindergarten eine Rolle. Auch wenn in diesem Kontext ausschließlich von Medienkompetenz gesprochen wird, lässt sich hierunter ebenso Informationskompetenz verstehen. Informationskompetenz im Kinderkontext ist von technischen Aspekten kaum trennbar, da einige Aspekte, die für Erwachsene im Zusammenhang mit Informationskom-
10 Mey, Günter: Den Kindern eine Stimme geben! Aber können wir sie hören? Zu den methodologischen Ansprüchen der neueren Kindheitsforschung. In: Forum: Qualitative Sozialforschung (2001) Bd. 2, Nr. 2, Art. 16. 11 Weise, Marion: Der Kindergarten wird zum „Forschungsort“ – Das Puppet Interview als Forschungsmethode für die Frühe Bildung. In: Ludwigsburger Beiträge zur Medienpädagogik (2008) H. 11. S. 1–10, hier S. 3. 12 Heinzel, Friederike: Methoden und Zugänge der Kindheitsforschung im Überblick. In: Methoden der Kindheitsforschung. Ein Überblick über Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive. Hrsg. von Friederike Heinzel. Weinheim: Juventa 2000. Bd. 18. S. 21–37, hier S. 21.
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Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
petenz unabdingbar sind, mit Kindern nicht realisierbar sind. Auch der Kindergarten muss sich mittlerweile an bestimmte Curricula halten und durch das Kibiz – das Kinderbildungsgesetz13 – werden bestimmte Anforderungen unumgänglich. Bereits in der Bildungsvereinbarung für Kindergärten von 2003 sind „Medien“ als ein Aspekt verankert.14 Es ist jedoch sehr bundeslandabhängig, inwiefern es konkrete Pläne gibt, was mit Medien im Kindergarten gemacht werden soll. Für Nordrhein-Westfalen gibt es bis dato keine genaue Vorstellung, wie Medienarbeit im Kindergarten aussehen soll. Das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) beschreibt in § 13 das Bildungsangebot verhältnismäßig offen.15 Auch in wissenschaftlichen Studien in Deutschland ist Medienkompetenz Thema, nicht aber die Informationskompetenz.16 Generell gilt – auch in internationalen Studien – dass die Meinungen, wie sich der Medienumgang von Kindern auswirkt, sehr konträr sind. Die meisten Studien beschäftigen sich mit der Auswirkung von Mediennutzung auf die kindliche, kognitive Entwicklung. Einige Studien vertreten den Ansatz, dass Medien in der frühen Kindheit einen positiven Effekt haben.17 Bereits der Titel „Net Kids“ des Buches von Tapscott lässt erahnen, dass es eine unvermeidbare Tatsache ist, dass Kinder mit Medien konfrontiert werden.18 Der Ansatz von Jackson et al. geht sogar so weit zu beschreiben, dass Kinder, die regelmäßig Computerspiele – egal welcher Art – spielen, wesentlich kreativer sind, als ihre Altersgenossen.19 Dem gegenüber stehen Studien, die genau das Gegenteil vertreten. Spitzer z. B. hält jegliche digitale Medien für Kinder für ungeeignet bzw. für schädigend im Hinblick auf die kognitive Entwicklung von Kindern.20
13 Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Kinderbildungsgesetz. www.mfkjks.nrw.de/web/media_get.php?mediaid=32292&fileid=109435&sprach id=1 (Stand: 22.4.2015). 14 Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen: Bildungsvereinbarung NRW: Fundament stärken und erfolgreich starten. www.gew.de/Binaries/Binary35452/NRW-Bildungsvereinbarung.pdf (Stand: 22.4.2015). 15 Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen: Kinderbildungsgesetz. www.mfkjks.nrw.de/web/media_get.php?mediaid=32292&fileid=109435&sprach id=1 (Stand: 22.4.2015). 16 Marci-Boehncke, Gudrun [u. a.]: Medienkompetent zum Schulübergang. Erste Ergebnisse einer Forschungs-und Interventionsstudie zum Medienumgang in der Frühen Bildung. In: MedienPädagogik – Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung (2012) H. 22. 17 Tapscott, Don: Net kids. Die digitale Generation erobert Wirtschaft und Gesellschaft. Wiesbaden: Gabler 1998. 18 Tapscott, Net kids (wie Anm. 17). 19 Jackson, Linda A. [u. a.]: Information technology use and creativity. Findings from the Children and Technology Project. In: Computers in Human Behavior (2012). H. 28. S. 370–376. 20 Spitzer, Manfred: Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen. München: Droemer 2012, hier S. 11.
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
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Da Medien und Technologien in der heutigen Informations- und Wissensgesellschaft eine tragende Rolle spielen, sollten Kinder langsam, wohl dosiert und begleitet an Medien und an die daraus resultierende Informationskompetenz herangeführt werden. Es versteht sich von selbst, dass Medien nicht in einer Ausschließlichkeit konsumiert werden sollten. In Maßen macht es jedoch Sinn, Kinder mit der Problematik der Medien- und Informationskompetenz (MIL) zu konfrontieren. Bereits in der Schule kann ein Bewusstsein für MIL helfen, sowohl bei der Recherche für bestimmte schulische Themen, als auch für ein Bewusstsein dafür, wie mit Medien umgegangen werden kann. Die sogenannten Digital Natives müssen sowohl in der Schule als auch im Beruf mehr und mehr mit Medien und Informationen umgehen, dazu bedarf es beider Aspekte – der Medien- und der Informationskompetenz. Bei älteren Kindern oder Jugendlichen ist jedoch zu beobachten, dass Medienkompetenz vorhanden ist, nicht aber Informationskompetenz. Mit eigenen Daten wird zum Beispiel ohne Bedenken umgegangen und es fehlt eine Sensibilisierung für Privatsphäre. Die Tragweite ihrer Taten ist vielen Jugendlichen nicht bewusst.21 Ein Beispiel für bedenkliches Handeln im Netz findet man tagtäglich auf der Plattform www.YouNow.com. Das Videoportal wird von Kindern genutzt, um sich selber darzustellen und ihr tägliches Leben live ins Netz zu stellen. Um solch ein riskantes Verhalten zu vermeiden, bedarf es der Optimierung der Informationskompetenz.
Bereiche der Informationskompetenz im Kindesalter Um für Informationskompetenz bereits in jungen Jahren zu sensibilisieren, müssen zunächst Bereiche definiert werden, wozu die Kinder schon fähig sind. Grundlage hierfür ist die Studie von Beutelspacher.22 Beutelspacher entwickelte einen prototypischen Fragebogen zum Abfragen von Informationskompetenz. Dieser Fragebogen richtet sich an diverse Gruppen – angefangen ab dem Schulalter. Sinn und Zweck dieses Fragebogens ist es, den Stand der Informationskompetenz von verschiedenen Probanden einheitlich zu erfassen. Hierfür unterscheidet Beutelspacher insgesamt sieben Bereiche mit unterschiedlichen Indikatoren. Die sieben Teilbereiche umfassen: (1) Informationsbedarf erkennen (2) Informationen suchen und finden (3) Informationen beurteilen
21 Förster, Thorsten: Informationskompetenz in der Sekundarstufe II. In: Informationskompetenz in der Schule. Hrsg. von Sonja Gust von Loh u. Wolfgang G. Stock. München [u. a.]: De Gruyter Saur 2013. S. 109–148, hier S. 119 f. 22 Beutelspacher, Lisa: Erfassung von Informationskompetenz mithilfe von Multiple-Choice-Fragebogen. Information – Wissenschaft und Praxis (2014) Bd. 65. H. 6. S. 341–352.
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(4) (5) (6) (7)
Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
Informationen nutzen Informationen organisieren Informationen kommunizieren und publizieren Verantwortungsbewusster Umgang mit Informationen23
Wie unschwer zu erkennen ist, sind die Bereiche auf ältere Schulkinder und Erwachsene zugeschnitten. Vor allem im Bereich von Kindergartenkindern können keineswegs alle Bereiche übernommen werden. Um Informationskompetenz bei kleinen Kindern messen zu können bzw. Aussagen darüber tätigen zu können, haben wir uns passende Bereiche von den oben genannten herausgesucht. Auch im Hinblick auf das Alter der Kinder muss noch nach Fähigkeiten unterschieden werden. Wir bilden deswegen zwei Gruppen – zum einen die Gruppe der 3–4 Jährigen und zum anderen die der 5–6 Jährigen. Drei- und Vierjährige sind in der Lage, drei Bereiche zu erfüllen. Es handelt sich um die Bereiche: (1) Informationsbedarf erkennen (2) Informationen suchen und finden (3) Informationen nutzen Alle drei Aspekte werden selbstverständlich auf spielerische Art erfüllt und weniger gerichtet ausgeführt. Bei den Fünf- und Sechsjährigen kommen zusätzlich zwei Bereiche hinzu, so dass sie bereits mit fünf Bereichen umgehen können. Zu nennen sind hier zusätzlich noch: (4) Informationen beurteilen (5) Informationen kommunizieren und publizieren Der Bereich des Beurteilens ist bei Kindern weniger objektiv reflektiert, sondern stark subjektiv geprägt. Dennoch können Informationen beurteilt werden. Es besteht ein Bewusstsein für richtige und falsche Sachverhalte. Beim Aspekt der Kommunikation und der Publikation geht es primär um die Kommunikation. Mit fünf oder sechs Jahren können Kinder in der Regel schon gut kommunizieren und argumentieren. Dieser Bereich ist ein Grenzbereich, da auch Drei- oder Vierjährige bereits kommunizieren können. Dennoch ist es bei den Größeren fundierter und vor allem über spezielle Themen wird mehr gewusst. Publizieren muss bei Kindern in jungen Jahren eher durch Berichten ersetzt werden. Zwei Bereiche von Beutelspacher24 fallen gänzlich weg. Zum einen handelt es sich um den Bereich „Informationen organisieren“ und zum anderen um den „verantwortungsbewussten Umgang mit Informationen“. Insbesondere für den letzten Aspekt sind im Kindesalter – und zwar nicht nur im Kindergartenalter – die Eltern
23 Beutelspacher, Erfassung, (wie Anm. 22), hier S. 344 f. 24 Beutelspacher, Erfassung, (wie Anm. 22), hier S. 344 f.
Informationskompetenz bei Kindergartenkindern
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verantwortlich. Sie müssen den Umgang mit Informationen vorleben und die Kinder für Gefahren – aber auch für Chancen – des Umgangs mit ihnen sensibilisieren.
Aufbau des Projekts In unserem Projekt soll der Ist-Zustand von Kindern, Eltern und Erziehern in den oben genannten Bereichen erfasst werden. Hierfür werden Untersuchungen in Kindertagesstätten, zunächst im Bundesland Nordrhein-Westfalen, durchgeführt. Mittels Fragebögen für die Erwachsenen (Eltern und Erzieher) und einer speziell programmierten Web-App für die Kinder sollen zum einen Aussagen zum Stand der Informationskompetenz bei Kindergartenkindern gemacht werden und zum anderen über die Fähigkeit mit dem Medium Tablet umzugehen. Pro Kindergarten wird mit etwa 10–15 Kindern gearbeitet. Zum Abgleich einiger Ergebnisse werden die jeweiligen Eltern interviewt oder sie füllen einen Fragebogen aus. Ein weiterer Aspekt, der durch die Befragung der Eltern abgedeckt werden soll, ist, inwiefern Medien- und Informationskompetenz überhaupt Thema für das jeweilige Kind ist. Man weiß, dass es häufig eine unterschiedliche Wahrnehmung zwischen Kind und Erwachsenem hinsichtlich dessen gibt, was vom Kind verstanden oder gemeint wird und was Erwachsene zu beobachten meinen.25 Bereits junge Kinder verfügen über ein Eigenleben, welches auch den Eltern verborgen bleibt.26 In diesem Projekt geht es nicht nur um den reinen Umgang mit verschiedenen Medien, sondern auch darum zu schauen, inwiefern Kinder aktiv die Fähigkeit besitzen, mit den digitalen Medien zu arbeiten und Informationen umzusetzen. Das am häufigsten genutzte elektronische Medium – der Fernseher – spielt in dieser Studie so gut wie keine Rolle. Es geht primär um den Umgang mit neuen Medien, mit denen aktiv gearbeitet werden kann, und um den Umgang mit Informationen.
Fazit Informations- und Medienkompetenz ist in der heutigen Gesellschaft eine Schlüsselkompetenz, die immer wichtiger wird. Aus diesem Grund muss man die Überle-
25 Scott, Jacqueline: Children as respondents. Methods for improving data quality. In: Survey measurement and process quality. International Conference on Survey Measurement and Process Quality. Held April 1–4, 1995 in Bristol, United Kingdom; invited papers. Ed. by Lars Lyberg [u. a.]. New York, NY: Wiley 1997. S. 331–350, hier S. 332. 26 Lipski, Jens: Zur Verlässlichkeit der Angaben von Kindern bei standardisierten Befragungen. In: Methoden der Kindheitsforschung. Ein Überblick über Forschungszugänge zur kindlichen Perspektive. Hrsg. von Friederike Heinzel. Weinheim: Juventa 2000 (Kindheiten 18). S. 77–86, hier S. 82.
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Sonja Gust von Loh, Maria Henkel
gung anstellen, inwiefern bereits kleine Kinder einen gezielten Umgang mit Medien pflegen sollten. Das Bewusstsein, dass es hier um einen notwendigen Aspekt der frühkindlichen Bildung geht, ist zumindest ansatzweise bereits in vielen Curricula für die deutschen Kindergärten erkennbar. Um Anhaltspunkte zu bekommen, an welcher Stelle bei der Arbeit mit Kindern angesetzt werden kann, muss im ersten Schritt ermittelt werden, wie Kinder zum einen mit neuen digitalen Medien und zum anderen mit Informationen umgehen. Hierzu dient die oben beschriebene Studie. Mittels einer App, die aus kleinen Spielen besteht, werden verschiedene Indikatoren der Informationskompetenz abgefragt. Nicht alle Informationskompetenzindikatoren können auf der kindlichen Ebene berücksichtigt werden. Außerdem muss auch zwischen Kindern unterschiedlichen Alters und Entwicklungsstufen differenziert werden. Des Weiteren ist auch ein neues Modell der Informationskompetenz von Nöten, da Kinder zwischen drei und sechs Jahren in der Regel nicht über die Grundkompetenzen für Informationskompetenz (Lesen, Schreiben und Rechnen) verfügen. Um einen Ansatzpunkt zur Informationskompetenz bei jungen Kindern zu finden, wird die App in Kindergärten eingesetzt. Bei dieser Feldforschung geht es zum einen um die Medienkompetenz, aber auch um die Informationskompetenz. Generell ist zu beobachten, dass die Kinder das Tablet bereits gut beherrschen. Diejenigen, die noch nie mit einem Tablet gespielt haben, sind anfangs vorsichtig, verstehen aber sehr schnell wie das Medium zu bedienen ist.
Birgit Eickelmann
Förderung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule Abstract: Im Zuge des gesellschaftlichen Wandels zu einer Informations- und Wissensgesellschaft nimmt der kompetente Umgang mit digitalen Informationen und neuen Technologien die Rolle einer Schlüsselkompetenz ein. Ein zentraler Bestandteil dieser Kompetenzen ist der Bereich der Informationskompetenz, deren Vermittlung sich zukünftig zunehmend als Herausforderung für Schulen und das Bildungssystem darstellt. Mit der internationalen Vergleichsstudie ICILS 2013 liegt im Hinblick auf den vorgenannten Kompetenzbereich ein umfassendes theoretisches Rahmenkonzept für die schulische Vermittlung dieser Kompetenzen vor, die als fächerübergreifende Schlüsselkompetenz zu verstehen sind. Erstmalig konnte mit ICILS 2013 auf empirischer Basis zudem das Kompetenzniveau von Jugendlichen in Deutschland im internationalen Vergleich erfasst werden sowie der Stellenwert der Förderung von Informationskompetenz aus Sicht der Lehrpersonen untersucht werden. Letzteres gibt wichtige Hinweise auf den Entwicklungsstand der schulischen Förderung von informationsbezogenen Kompetenzen und weist auf theoretischer und empirischer Grundlage auf Handlungsbedarfe für Deutschland und das deutsche Bildungssystem sowie auf zukünftig relevante Aufgaben für Schulen hinsichtlich der Vermittlung von Informationskompetenz hin. Keywords: Informationskompetenz, Kernkompetenz im 21. Jahrhundert, fächerübergreifende Schlüsselkompetenz, ICILS 2013, neue Aufgaben für Schulen
Vermittlung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule Mit dem Wandel zur Informations- und Wissensgesellschaft steigt unaufhaltsam der Stellenwert des kompetenten Umgangs mit digitalen Informationen und neuen Technologien. Mit den rasanten technologischen Entwicklungen und der fortgeschritteProf. Dr. Birgit Eickelmann, Jg. 1971, hat den Lehrstuhl für Schulpädagogik an der Universität Paderborn inne. Neben klassischen schulpädagogischen Themen liegt ihr Arbeits- und Forschungsfeld im Bereich der Implementation digitaler Technologien in Schulen und in schulische Lehr-Lern-Prozesse. In diesem Kontext hat sie im Rahmen verschiedener nationaler und internationaler Studien geforscht und u. a. die IEA-Studie ICILS 2013 (International Computer and Information Literacy Study), die die digitalen Kompetenzen von Jugendlichen in Deutschland im internationalen Vergleich untersucht, verantwortlich als National Research Coordinator mit ihrem Dortmunder Kollegen Prof. Dr. Wilfried Bos wissenschaftlich geleitet.
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Birgit Eickelmann
nen Technisierung aller Lebens- und Arbeitsbereiche nimmt damit die Bedeutung der Fähigkeiten, medial vermittelte Informationen auszuwählen, zu verstehen, zu nutzen und zu kommunizieren, kontinuierlich zu.1 Daraus ergeben sich weltweit neue Herausforderungen für den Bildungsauftrag von Schulen; Bildungssystemen kommt hier die Aufgabe zu, die strukturellen technologischen Möglichkeiten zu schaffen, um Heranwachsenden den kompetenten Umgang mit neuen Technologien und digitalen Informationen zu vermitteln. Der Bildungsauftrag der Schule besteht konkret darin, Kindern und Jugendliche zu einem selbstbestimmten, sachgerechten, kreativen, sozial verantwortlichen, kritischen und kommunikativen Handeln im Umgang mit Informationen zu befähigen.2 Ausgehend von dem Ansatz, dass diese Kompetenzen für Heranwachsende notwendig seien, um im 21. Jahrhundert im Alltag, in der Schule sowie später im Berufsleben und insgesamt an der Gesellschaft erfolgreich teilhaben zu können, ist die Frage aufzuwerfen, über welches Maß an Informationskompetenz Heranwachsende derzeit verfügen und welche Aufgaben sich für Schulen und das Bildungssystem ergeben. Die Schulleistungsstudie ICILS 2013 hat zur Beantwortung dieser Fragen einen wichtigen Beitrag geleistet und gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler in Deutschland in der Jahrgangsstufe 8 im internationalen Vergleich durchschnittlich lediglich ein mittleres Kompetenzniveau erreichen.3 Neben der Feststellung von Bildungsdisparitäten zuungunsten von Jugendlichen aus sozioökonomisch schwächeren Lagen und von Jugendlichen mit Migrationshintergrund konnte als besonders besorgniserregendes Ergebnis zudem festgehalten werden, dass fast 30 % (genau: 29,2 %) der Achtklässlerinnen und Achtklässler in Deutschland lediglich Kompetenzen erreichen, die den unteren beiden Kompetenzstufen computer- und informationsbezogener Kompetenzen zugeordnet werden können. Diese Jugendlichen sind beispielsweise lediglich in der Lage, einen Link oder eine E-Mail anzuklicken, den Kontrast eines Bildes zu verändern oder ganz einfache Veränderungen an Textdokumenten vorzunehmen. Weiterhin erreichen nur 1,5 % der Jugendlichen in Deutschland die höchste, fünfte in ICILS 2013 gebildete Kompetenzstufe. Nur dieser kleine Anteil der Jugendlichen ist in der Lage, reflektiert mit digitalen Informationen umzugehen. Nur diese vergleichsweise kleine Gruppe an Schülerinnen und Schülern vermag also digital vorliegende Informationen selbstständig und sicher zu bewerten und zu organisieren sowie inhaltlich und formal anspruchsvolle Informationsprodukte, wie beispielsweise Dokumente oder digitale Präsentationen, zu erstellen. Durch die erst-
1 Vgl. Bos, Wilfried u. Birgit Eickelmann: Vorwort. In: ICILS 2013 – Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Hrsg. von Wilfried Bos [u. a.]. Münster: Waxmann 2014. S. 7–8. 2 Bos [u. a.], Vorwort (wie Anm. 1), hier S. 7–8. 3 Vgl. Bos, Wilfried, Birgit Eickelmann u. Julia Gerick: Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern der 8. Jahrgangsstufe in Deutschland im internationalen Vergleich. In: Bos [u. a.], ICILS 2013 (wie Anm. 1), S. 113–145.
Förderung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule
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malige empirisch fundierte Kompetenzstufenbildung erlaubt es die Studie erstmalig, die Frage, über welche Kompetenzen Jugendliche verfügen sollten, auch normativ zu beantworten. Geht man davon aus, dass ein selbstbestimmter und eigenständiger Umgang mit digitalen Informationen als Bildungsziel postuliert werden kann (entsprechend der Erreichung von mindestens der vierten ICILS-Kompetenzstufe)4 so zeigt sich, dass in Deutschland derzeit insgesamt lediglich ein Viertel (genau: 25,4 %) der Schülerinnen und Schüler in der Jahrgangsstufe 8 über dieses anzustrebende Kompetenzniveau verfügt.
Theoretische Konzeptionalisierung als fächerübergreifende Schlüsselkompetenz Als Grundlage der empirischen Überprüfung wurde mit der international vergleichenden Schulleistungsstudie ICILS 2013 (International Computer and Information Literacy Study, 2010–2014)5 6 zunächst ein umfassendes theoretisches Rahmenkonzept für den Bereich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen als fächerübergreifende Schlüsselkompetenz vorgelegt. Dieses Kompetenzkonstrukt umfasst den kompetenten Umgang mit neuen Technologien und fokussiert damit bezugnehmend auf die Wurzeln der Informationskompetenz im Bibliothekswesen – auf den kompetenten Umgang mit digitalen Informationen.7 Auf der Grundlage von Befunden vorangegangener Studien und theoretischer Konzepte werden im Rahmen von ICILS 2013 für den Bereich der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen zwei Teilbereiche unterschieden, die im Kern auf den Bereich des kompetenten Umgangs mit digitalen Informationen im Sinne von information literacy abheben.8 Das Konstrukt der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen lässt sich theoretisch fundiert in zwei Teilbereiche gliedern – (1) Informationen sammeln und organisieren sowie (2) Informationen erzeugen und austauschen –, die sich auf die rezeptiven bzw. produktiven Anteile des Kompetenzkonstruktes beziehen und nochmals in Unteraspekte ausdifferenzieren lassen (vgl. Abbildung 1).
4 Vgl. Bos [u. a.], Kompetenzen (wie Anm. 3), S. 113–145. 5 Vgl. Bos, Wilfried [u. a.]: ICILS 2013 – Eine international vergleichende Schulleistungsstudie der IEA. In: Bos [u. a.], ICILS 2013 (wie Anm. 1), S. 33–41. 6 Fraillon, Julian [u. a.]: Preparing for Life in a Digital Age. The IEA International Computer and Information Literacy Study International Report. Cham: Springer 2014. 7 Fraillon, Julian [u. a.]: International Computer and Information Study – Assessment Framework. Amsterdam: IEA 2013. 8 Vgl. dazu ausführlich: Senkbeil, Martin [u. a.]: Das Konstrukt der computer- und informationsbezogenen Kompetenzen in ICILS 2013. In: Bos [u. a.], ICILS 2013 (wie Anm. 1), S. 83–112.
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Birgit Eickelmann
Computer- und informationsbezogene Kompetenzen I. Informationen sammeln und organisieren
I.1 Über Wissen zur Nutzung von Computern verfügen
I.2 Auf Informationen zugreifen und Informationen bewerten
I.3 Informationen verarbeiten und organisieren
I. Informationen erzeugen und austauschen
II.1 Informationen umwandeln
II.2 Informationen erzeugen
II.3 Informationen kommunizieren und austauschen
II.4 Informationen sicher nutzen
Abb. 1: Teilbereiche und Aspekte computer- und informationsbezogener Kompetenzen (Quelle: ICILS 2013).
Dabei lassen sich die beiden Teilbereiche und die dazugehörigen Aspekte wie folgt beschreiben9: Teilbereich I Informationen sammeln und organisieren fokussiert auf den rezeptiven Umgang mit digitalen Informationen und umfasst drei Aspekte (vgl. Abbildung 1), wobei der erste Aspekt auf grundlegende Kompetenzen im Umgang mit Computern abhebt, wohingegen der zweite Aspekt Fähigkeiten wie das Finden und Bewerten von Informationen umfasst. Im Einzelnen geht es vor dem Hintergrund der beständig anwachsenden Fülle von Informationen, die über das Internet bereitgestellt wird, um die Fertigkeit, Informationen zu identifizieren, zu lokalisieren, sie abzurufen, zu filtern und zu speichern. Konkret umfasst dieser zweite Aspekt damit die Fähigkeit, Informationen von einer Internetseite auswählen zu können, die Funktionsweise einer Suchmaschine zu durchdringen sowie Suchstrategien zum Auffinden ausgewählter Informationen, wie beispielsweise dem Variieren von Suchbegriffen, anzuwenden. Weiterhin umfasst dieser Aspekt das Bewerten von Informationen hinsichtlich ihrer Relevanz, Verständlichkeit, Nützlichkeit und Glaubwürdigkeit. Der dritte Aspekt dieses Teilbereichs fokussiert ergänzend auf das Verarbeiten und Organisieren von Informationen. Er umfasst die Fähigkeit, Informationen aufzubereiten, zu organisieren und zu speichern, sodass diese effizient für spezifische Fragestellungen genutzt werden können. Anschaulich gehören hierzu beispielsweise Kenntnisse über
9 Senkbeil [u. a.], Konstrukt (wie Anm. 8), S. 83–112.
Förderung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule
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das kriteriengeleitete Sortieren und Filtern von Informationen aus einer Datenbank oder das Erstellen einer Dateistruktur innerhalb eines Verzeichnisbaums. Teilbereich II Informationen erzeugen und austauschen umfasst vier Teilaspekte, die den produktiven Umgang mit digitalen Informationen theoretisch konzeptionalisieren (vgl. Abbildung 1). Der erste Aspekt des zweiten Teilbereichs umfasst das Umwandeln von Informationen. Hierzu gehört es, digitale Informationen zielgerichtet und adressatengerecht aufzubereiten und beispielsweise textbasierte Informationen, Tabellen oder größere Datensammlungen in visuelle Darstellungsformen wie Diagramme umzuwandeln. Der zweite Aspekt zielt auf das Erzeugen von Informationen ab und bezieht sich auf die Fähigkeit, Informationen oder Informationsprodukte wie ein Poster oder eine Präsentation mit Hilfe computerbasierter Anwendungen für bestimmte Zielsetzungen und Zielgruppen zu erstellen, wobei sowohl inhaltliche als auch layoutbezogene Gestaltungskriterien eine Rolle spielen. Anschaulich gehört hierzu beispielsweise die Erstellung einer digitalen Präsentation zu einem bestimmten Thema oder das Schreiben eines Berichtes, der Informationen aus unterschiedlichen Programmen (z. B. Textverarbeitung, Tabellenkalkulation) anhand unterschiedlicher Repräsentationsformate (z. B. Text, Tabellen, Diagramme) integriert. Der dritte Aspekt dieses zweiten Teilbereiches umfasst Fähigkeiten im Hinblick auf die computergestützte Kommunikation bzw. den Austausch von Informationen. Dazu gehört das Verstehen und Anwenden verschiedener computerbasierter Kommunikationsplattformen wie E-Mail, Wikis, Blogs oder Instant Messaging sowie der Umgang mit sozialen Netzwerken. Dabei spielt die Fähigkeit, für spezifische Kommunikationszwecke das jeweils geeignetste Kommunikationswerkzeug auszuwählen, eine wichtige Rolle. Auf einer reflektierten Ebene gehört dazu auch die Fähigkeit, die Angemessenheit von Informationen in einem bestimmten Kontext zu bewerten sowie die sozialen Auswirkungen geteilter Informationen durch computerbasierte Kommunikationsmedien zu verstehen. Der vierte Aspekt schließlich ergänzt den sicheren Umgang mit digitalen Informationen und deren sichere und reflektierte Nutzung. Dazu gehören Kenntnisse über einen sicheren und vertraulichen Umgang mit computerbasierten Informationen sowie ein reflektiertes Verständnis über ethische und rechtliche Grundlagen der Kommunikation und des Austausches digitaler Informationen. Dieser Aspekt beinhaltet neben dem kritischen Umgang mit privaten Informationen auch Kenntnisse über das Urheberrecht, z. B. von digitalen Bildern oder Internetseiten. Zu ergänzen sei an dieser Stelle, dass die Datenauswertung und die internationalen Skalierungen eine international sehr hohe latente Korrelation von r=.96 zwischen den beiden Teilbereichen aufzeigen, wobei sich für die deutsche Teilstichprobe sogar eine nochmals höhere Korrelation von r=.98 ergibt.10 Dieses Ergebnis weist darauf hin, dass sich die theoretisch angenommene Unterscheidung in eine rezeptive und produktive Komponente von Informationskompetenz empirisch nicht abbildet und
10 Bos [u. a.], Kompetenzen (wie Anm. 3), S. 113–145.
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Birgit Eickelmann
computer- und informationsbezogenen Kompetenzen tatsächlich als eindimensionales Gesamtkonstrukt betrachtet werden können.
Empirische Ergebnisse: Der Stellenwert der Förderung von Informationskompetenz aus Sicht der Lehrpersonen Die postulierte zunehmende Relevanz von Informationskompetenz sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft führt zu der Frage, welchen Stellenwert Schule diesem Kompetenzbereich beimisst. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der vorgenannte Kompetenzbereich bisher nur in Ansätzen Eingang in schulische Curricula gefunden hat und auch in der Lehrerbildung bisher vielfach eine eher untergeordnete Rolle spielt. Im Hinblick auf die schulische Praxis stellt sich daher u. a. die Frage, welchen Stellenwert Lehrerinnen und Lehrer diesem Kompetenzbereich beimessen und in welchem Umfang sie diesen gezielt fördern. Hierzu liefert die bereits eingangs erwähnte Studie ICILS 2013 erstmals für Deutschland und im internationalen Vergleich empirische Ergebnisse. Im Folgenden wird als Ergebnis von ICILS 2013 ausgeführt, mit wieviel Nachdruck die im Zuge der Studie befragten Lehrkräfte, die in der achten Jahrgangsstufe unterrichten, nach eigenen Angaben verschiedene Fähigkeiten im Kontext von Informationskompetenz fördern. Dazu werden aus der schriftlichen Lehrerbefragung die Kategorien mit starkem Nachdruck und mit etwas Nachdruck (in mit Nachdruck) sowie die Kategorien mit wenig Nachdruck und ohne Nachdruck (in ohne Nachdruck) zusammengefasst11, wobei in der Abbildung 2 die zusammengefasste Kategorie mit Nachdruck für Deutschland mit den jeweiligen Anteilen in der Lehrerschaft berichtet wird.
11 Vgl. Eickelmann, Birgit [u. a.]: Schulische Nutzung von neuen Technologien in Deutschland im internationalen Vergleich. In: Bos [u. a.], ICILS 2013 (wie Anm. 1), S. 197–229.
Förderung von Informationskompetenz als Aufgabe von Schule
%
(SE )
Effizienter Zugriff auf Informationen
36.2
(2.3)
Angabe der Quelle digitaler Informationen
32.5
(1.7)
Darstellung von Informationen für ein bestimmtes Publikum/für einen bestimmten Zweck
29.5
(2.0)
Überprüfung der Glaubwürdigkeit digitaler Informationen
29.4
(1.4)
Erkunden und Nutzen verschiedener digitaler Ressourcen bei einer Informationssuche
26.7
(2.0)
0
20
40
IEA: International Computer and Information Literacy Study 2013
60
157
80
100
© ICILS 2013
Abb. 2: Förderung von informationsbezogenen Fähigkeiten durch Lehrkräfte, die in der Jahrgangsstufe 8 unterrichten (für Deutschland; Angaben der Lehrpersonen in Prozent, Kategorie mit Nachdruck12).
Der Abbildung 2 kann entnommen werden, dass in Deutschland Schülerinnen und Schüler am ehesten im Bereich des effizienten Zugriffs auf Informationen von ihren Lehrpersonen unterstützt werden (36,2 %). Auch in den meisten anderen ICILS2013-Teilnehmerländern liegt hier ein Schwerpunkt in der gezielten Förderung von Informationskompetenz durch Lehrkräfte (ohne Abbildung)13. Weiterhin legt fast ein Drittel (32,5 %) der Lehrkräfte nachdrücklichen Wert auf die Angabe von Quellen zu digitalen Informationen, wobei in Deutschland der genannte Anteil signifikant geringer als im internationalen Mittel (49,4 %) ausfällt. Die Erkundung und Nutzung verschiedener digitaler Ressourcen bei der Informationssuche wird im Vergleich zu den anderen abgefragten Fähigkeiten in Deutschland mit dem geringsten Nachdruck gefördert (26,7 %). Die entsprechenden Anteile der Lehrkräfte in den anderen Ländern liegen auch hier überwiegend deutlich höher, was sich auch im internationalen Mittelwert widerspiegelt. Zusammenfassend lassen sich also hinsichtlich des Status Quo der Förderung von Informationskompetenz Entwicklungsbedarfe in der Sekundarstufe I in Deutschland aufzeigen, wobei der internationale Vergleich deut-
12 Vgl. auch Eickelmann [u. a.], Nutzung (wie Anm. 11), hier S. 207. 13 Eickelmann [u. a.], Nutzung (wie Anm. 11), hier S. 219.
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Birgit Eickelmann
lich macht, dass in anderen Ländern die gezielte schulische Förderung entsprechender Kompetenzen einen höheren Stellenwert einnimmt als in Deutschland.
Zusammenschau und Fazit In der Zusammenschau zeigen sich deutliche Entwicklungsmöglichkeiten, die trotz der hier gebotenen Kürze der Darstellung nicht allein auf die Lehrerinnen und Lehrer zu übertragen sind. Vielmehr gilt es – vorausgesetzt der Bereich des kompetenten Umgangs mit neuen Technologien und digitalen Informationen ist zukünftig als schulisches Bildungsziel zu fassen – Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Vermittlung der hier ausgeführten, für das 21. Jahrhundert als Schlüsselkompetenzen zu verstehenden Fähigkeiten forcieren. Hierzu gehört neben einer angemessenen technischen Ausstattung von Schulen auch die curriculare Verankerung in alle Schulfächer, wobei die verschiedenen Disziplinen in ganz unterschiedlicher Weise zum Aufbau von Informationskompetenz beitragen können. Aus diesem Ansatz ergeben sich neben einer fächerübergreifenden Sichtweise vor allem auch Handlungsbedarfe für die Fachdidaktiken. Zukünftige Entwicklungen erscheinen einerseits vor dem Hintergrund von Chancengerechtigkeit und Bildungsteilhabe als Bildungsauftrag von Schule ab der Primarstufe erstrebenswert. Anderseits ergibt sich die Notwendigkeit, die Vermittlung von Informationskompetenz als schulischen Bildungsauftrag zu verstehen, nicht zuletzt aus der Perspektive der Anschlussfähigkeit des deutschen Bildungssystems an internationale pädagogische und technische Entwicklungen. Daraus ergeben sich zukünftig neue schulische Handlungsfelder; sowohl für die Entwicklung des deutschen Schulsystems als auch für die Schulentwicklung auf Einzelschulebene.14
14 Vgl. Eickelmann, Birgit, Wilfried Bos u. Julia Gerick: Wie geht es weiter? Zentrale Befunde der Studie ICILS 2013 und mögliche Handlungs- und Entwicklungsperspektiven für Einzelschulen. In: SchulVerwaltung NRW (2015) H. 5. S. 145–148.
Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein
Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz – am Beispiel der Teaching Library Vorarlberg Abstract: Die Maturareform 2012 in Österreich war der Anlass für die Vorarlberger Landesbibliothek in Bregenz (Vorarlberg, Österreich), in ihrem Einflussbereich die Vermittlung von Informationskompetenz völlig neu zu organisieren. Waren es davor einzelne engagierte Lehrpersonen, die mit ihren Schülerinnen und Schülern die Bibliothek besuchten, gibt es zur Vorbereitung auf die neu eingeführte Vorwissenschaftliche Arbeit seither ein flächendeckendes verpflichtendes Programm für die Allgemein Bildenden Höheren Schulen (ca. 1.000 Schülerinnen und Schüler pro Jahr). Unter Einbeziehung der Schulbehörde bildete sich ein Netzwerk, das helfen soll, die Maturantinnen und Maturanten optimal vorzubereiten. Dazu gehört die Vorarlberger Landesbibliothek (klassische Informationskompetenz), die Fachhochschule Vorarlberg (wissenschaftliches Arbeiten, Unterstützung bei technischen Themen), die Pädagogische Hochschule Vorarlberg (Unterstützung bei geisteswissenschaftlichen Themen, Lehrerfortbildung) sowie die Vorarlberger Volkswirtschaftliche Gesellschaft (Hilfestellung bei sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Themen). Nachdem die ersten Schülerinnen und Schüler 2015 jetzt ihre Arbeiten abgegeben haben, kann Bilanz gezogen werden: die Schülerinnen und Schüler und die Schulbehörde sind mit den durchwegs gut bewerteten Arbeiten zufrieden, die Bibliothek mit dem vermehrten Besuch junger Menschen, die den hohen organisatorischen und personellen Einsatz rechtfertigen. Die vielfältigen Aktivitäten rund um die Vorwissenschaftliche Arbeit haben die Vermittlung von Informationskompetenz endgültig zu einem Kerngeschäft der Bibliothek werden lassen. Keywords: Vorarlberg, Vorarlberger Landesbibliothek, Vorwissenschaftliche Arbeit, Netzwerk, Schulbehörde, Kooperation
Diemut Stadelmann: Matura, Lehrbefähigung für Grund- und Hauptschulen (Pädagogische Hochschule Esslingen / Deutschland), Ausbildung zur wissenschaftlichen Bibliothekarin (UB Innsbruck / ÖNB Wien), seit 1998 in der VLB, Schwerpunkte: Teaching Library, Formalkatalogisierung, Informationsvermittlung. Mag. Thomas Feurstein: Studium der Germanistik und Geographie an der Universität Innsbruck, 1989 bis 1993 Lehrer an einer Berufsbildenden Höheren Schule, Bibliotheksausbildung an der Zentralbibliothek Zürich, seit 1989 an der Vorarlberger Landesbibliothek beschäftigt. Leiter der Abteilung Vorarlbergensien. Schwerpunkte: Landeskundliche Sammlung, Teaching Library, Bibliotheksbau.
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Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein
Die Bibliothekslandschaft Vorarlberg Vorarlberg ist das westlichste Bundesland Österreichs und liegt im Dreiländereck Deutschland, Schweiz und Liechtenstein. Es verfügt bis heute nur über eine geringe Anzahl wissenschaftlicher Bibliotheken, das Netz an öffentlichen Stadt- und Gemeindebüchereien ist hingegen gut und flächendeckend ausgebaut. Die größte wissenschaftliche Bibliothek ist die Vorarlberger Landesbibliothek (VLB), die als einzige Bibliothek des Landes das ganze Fächerspektrum abdeckt und damit in einem Land ohne Universität quasi die Rolle einer Universitätsbibliothek übernimmt. Anders als die meisten wissenschaftlichen Bibliotheken Österreichs gehört die VLB keinem Bibliotheksverbund an. Mit den anderen wissenschaftlichen Bibliotheken Vorarlbergs besteht ein reger Kontakt, der sich in regelmäßigen Treffen und Arbeitsgesprächen ausdrückt. Zu diesen Bibliotheken zählen jene der Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn und der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg in Feldkirch, die jedoch ihre Bestände auf die jeweiligen Studienfächer konzentrieren. Daneben gibt es die Stadtbibliothek Feldkirch, die hauptsächlich Werke zur Regionalgeschichte anbietet, die kleinen Fachbibliotheken des Landeskonservatoriums, des Vorarlberger Landesarchivs, des vorarlberg museums und des Naturmuseums Inatura sowie die Amtsbibliothek im Amt der Vorarlberger Landesregierung in Bregenz mit ihrer rein rechtswissenschaftlichen Ausrichtung (siehe Abbildung 1). Sie alle sind einerseits für den internen Gebrauch eingerichtet, andererseits stehen sie aber auch der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung. Eine Sonderrolle spielen die Schulbibliotheken, die von ganz unterschiedlicher Qualität sind. Die Vermittlung von Informationskompetenz in Form von Kursen ist dabei auf die Landesbibliothek und die Fachhochschulbibliothek, die sich vor allem auf ihre Studierenden konzentriert, beschränkt. Wissenschaft
Information
Unterhaltung Schulbibliotheken
Bibliothek der FH Vorarlberg Bibliothek der PH Vorarlberg Amtsbibliothek Fachbibliotheken, Landeskonservatorium, VLA, vm, Inatura
Stadtbibliothek Feldkirch
Abb. 1: Die Bibliothekslandschaft Vorarlberg.
Öffentliche Büchereien
Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz
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Die Vermittlung von Informationskompetenz an der VLB Bregenz In der Vorarlberger Landesbibliothek ist wie in vielen anderen Bibliotheken die Vermittlung von Informationskompetenz zu einem wichtigen Kerngeschäft geworden. Ein kooperatives Schulungsmodell macht es möglich, vielen jungen Menschen gezielt Informationskompetenz zu vermitteln und sie für wissenschaftliches Arbeiten zu begeistern. Voraussetzung dafür ist eine vielfältige Bibliothekslandschaft sowie die Bereitschaft der beteiligten Bildungsinstitutionen, eine enge Zusammenarbeit einzugehen. Seit Jahren werden an der VLB Schulungen und Führungen angeboten, wobei die wichtigste Zielgruppe dieser Veranstaltungen Schülerinnen und Schüler der unterschiedlichsten Schultypen sind: Mittelschulen, Allgemein Bildende Höhere Schulen, Berufsbildende Höhere Schulen, Berufsschulen (siehe Abbildung 2), aber auch berufsbegleitende Ausbildungen wie Krankenpflegeschulen, Fernuniversität Hagen, juristisches Studium an der Universität Linz, Volkhochschulen etc. Die Initiative für einen Bibliotheksbesuch geht dabei in den genannten Schulen meist von engagierten Direktorinnen und Direktoren oder Lehrpersonen aus. Schulstufe
13
Matura / Diplom
12
10 9 8
Matura
Berufsreife, SBP Berufsbildende mittlere Schule
Berufsbildende höhere Schule
Polytech. Schule
Hauptschule / Neue Mittelschule
AHS Oberstufe
AHS Unterstufe
4 Volksschule
AHS – Allgemeinbildende höhere Schule, SBP – Studienberechtigungsprüfung Abb. 2: Das österreichische Bildungssystem.
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Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein
Das Einzugsgebiet der Kursbesucherinnen und -besucher an der VLB erstreckt sich über das gesamte Bundesland mit seinen 380.000 Einwohnern. Vorarlberg besitzt ein gut ausgebautes öffentliches Verkehrsnetz, sodass für Schulklassen auch 50 oder 60 Kilometer Anreise kein Hindernis für einen Bibliotheksbesuch darstellen (siehe Abbildung 3). Die Anziehungskraft der VLB reicht dabei weit über die Staatsgrenzen hinaus, und so gehören Schulen aus dem angrenzenden Bayern und Baden-Württemberg seit Jahren zu ihren Stammkunden. Das erklärt sich aus der großen Entfernung zu den nächsten Universitätsbibliotheken wie Augsburg oder München und der schlechten Erreichbarkeit des näher gelegenen Konstanz. Schweizer und Liechtensteiner Schülerinnen und Schüler finden sich nur selten in der VLB ein, vermutlich weil ihnen mit St. Gallen ein leistungsfähiges Bibliothekszentrum zur Verfügung steht.
Erste Kooperationen In Vorarlberg führte 1990 eine Novellierung des österreichischen Schulunterrichtsgesetzes zu einer ersten Kooperation der zuständigen Schulbehörde mit der VLB. Damals wurde österreichweit die Fachbereichsarbeit (FBA) eingeführt1, die nicht verpflichtend, sondern freiwillig war. Eine FBA im Umfang von 20 bis 30 Seiten ersetzte eine schriftliche Klausurarbeit, so dass die Schülerinnen und Schüler, inklusive der FBA, bei der Matura nur noch drei schriftliche und drei mündliche Prüfungen absolvieren mussten. Alle, die sich entschieden hatten, eine Fachbereichsarbeit zu schreiben, wurden damals von der Schulbehörde verpflichtet, Kurse an der Landesbibliothek zu absolvieren. Somit wurde erstmals ein eher zufälliger und freiwilliger Bibliotheksbesuch durch eine Pflichtveranstaltung ersetzt. Damit begann eine intensive Zusammenarbeit der VLB mit dem Landesschulrat. Es wurde vereinbart, dass an zwei Nachmittagen Schulungen für die FBA-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer mit den Inhalten Informationskompetenz und Grundbegriffe des wissenschaftlichen Arbeitens stattfinden sollen. Von Seiten der Landesbibliothek war der zeitliche und personelle Aufwand begrenzt, er betrug etwa zehn Nachmittage pro Jahr, da im Durchschnitt nur zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler eine FBA schreiben wollten.
1 Vgl. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, ausgegeben am 19. Juli 1990, 432. Verordnung des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport vom 7. Juni 1990 über die Reifeprüfung in den allgemeinbildenden höheren Schulen § 7: Vorprüfungen in Form einer Fachbereichsarbeit. Quelle: Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (www.ris.bka.gv.at).
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Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz
Schulen in Deutschland, Liechtenstein BHS (Berufsbildende höhere Schule) AHS (Allgemein Bildende höhere Schule) NMS + HS (Neue Mittelschule + Hauptschule) VS (Volksschule) Kindergarten Berufsschule
Bregenz
Bregenz
Egg Dornbirn
Bezau
Lustenau Hohenems
Feldkirch
Bludenz Vaduz
Abb. 3: Das Einzugsgebiet der Vorarlberger Landesbibliothek für Bibliothekskurse.
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Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein
Die Vorwissenschaftliche Arbeit (VWA) als Impuls Eine neue Epoche der Teaching Library in Vorarlberg wurde durch eine neuerliche Änderung des Schulunterrichtsgesetzes2 im Jahr 2012 eingeleitet. Darin wird die Reifeprüfung in Österreich grundlegend reformiert, wobei die größten Neuerungen die Einführung der Zentralmatura und die VWA betreffen, die seither die Fachbereichsarbeit (FBA) abgelöst hat. Im Unterschied zur FBA ist die VWA für alle Schülerinnen und Schüler verpflichtend, wurde aber im Umfang geringfügig reduziert. Obwohl die Gesetzesänderung zunächst nur die Allgemeinbildenden Höheren Schulen (siehe Abbildung 2) betraf, also das klassische Gymnasium, erhöhte sich die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die nun eine schriftliche Prüfungsarbeit verfassen müssen, in Vorarlberg von ca. 70 auf ungefähr 1.000 pro Jahr. Überzeugt von der Tatsache, dass die Schulung dieser jährlich etwa 1.000 Schülerinnen und Schüler für die VLB eine großartige Möglichkeit ist, eine junge Zielgruppe gezielt an die Bibliothek heranzuführen, damit Nachwuchspflege zu betreiben und sich in der Bildungslandschaft Vorarlbergs neu zu positionieren, mussten räumliche und personelle Ressourcen bereitgestellt, und innovative Konzepte angewandt werden.
Die Vorarlberger Landesbibliothek als Lernort Die Bibliothek befindet sich in einem ehemaligen Benediktinerkloster am Stadtrand von Bregenz und ist mit etwa 580.000 Medien die bei Weitem größte Bibliothek der Region. Sie wurde erst 1976 gegründet und zunächst gemeinsam mit dem Vorarlberger Landesarchiv in der Bregenzer Altstadt untergebracht, von wo sie dann 1985 an ihren jetzigen Standort übersiedelte. Zu ihren Aufgaben zählt die klassische landeskundliche Sammlung, die auf dem statuarischen Auftrag beruht, das kulturelle Erbe Vorarlbergs zu bewahren. Zu dieser auf Vollständigkeit bedachten Sammlung gehören gedruckte Bücher, Zeitschriften, Zeitungen aber auch Ansichtskarten, Fotos, und Landkarten. Weitreichende Digitalisierungsprojekte gewährleisten in diesem Bereich auch im digitalen Zeitalter die Kontinuität der Sammlung. Der überwiegende Anteil an Besucherinnen und Besuchern nutzt aber die sogenannte Studienbibliothek, eine wissenschaftliche Universalbibliothek, die in analoger und vermehrt digitaler Form Materialien zu alle gängigen Fächern anbietet.
2 Vgl. Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich, ausgegeben am 30. Mai 2012. 174. Verordnung der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur über die Reifeprüfung in den allgemein bildenden höheren Schulen (Prüfungsordnung AHS), 3. Abschnitt, 1. Unterabschnitt: Vorwissenschaftliche Arbeit. Quelle: Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (www.ris.bka.gv.at).
Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz
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Das denkmalgeschützte Gebäude, das seit der Eröffnung 1985 baulich kaum verändert wurde, bietet einen großen Freihandbereich und entsprach in den 1980er Jahren modernen Standards. Für die Vermittlung von Informationskompetenz wurden damals verständlicherweise noch keine Räume vorgesehen, was sich heute als großes Hindernis für die expandierende Teaching Library erweist. Im Verwaltungsgebäude der Bibliothek wurde der ehemalige Speisesaal des Klosters zum Seminarraum umgestaltet, der allerdings denkbar schlechte Voraussetzungen für einen Massenbetrieb an Schulungen bietet, und zudem noch der einzige Besprechungsraum der Bibliothek ist. Die Zugänglichkeit, die Belüftung, die Lichtverhältnisse und die technische Infrastruktur entsprechen keineswegs den Anforderungen eines modernen Schulungszentrums. Zahlreiche Versuche, durch bauliche Maßnahmen die Raumnot zu mildern, sind bisher gescheitert, weshalb die fehlende Infrastruktur weiterhin einen begrenzenden Faktor für die Teaching Library darstellt.
Personelle Ressourcen Durch die steigende Nachfrage nach Schulungen – besonders aus Deutschland – musste sich das Schulungsteam rasch vergrößern. Die Teammitglieder stammen aus allen Abteilungen wie Erwerbung, Sacherschließung, Formalkatalogisierung, Benutzung oder auch aus der Buchbinderei. Bereits 2008 organisierten sich diese Kolleginnen und Kollegen zu einem Teaching-Library-Team und erarbeiteten gemeinsam ein Konzept, um Schulungen möglichst standardisiert durchführen zu können. Es wurden etliche Fortbildungen – auch mit externen Trainern – abgehalten, in denen didaktische, methodische, inhaltliche und logistische Fragen besprochen wurden. Zudem besuchten einzelne Kolleginnen und Kollegen Workshops zur IK-Vermittlung in Stuttgart und Berlin, um dann das erworbene Wissen als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren weiterzugeben. Somit konnte bereits 2011 auf ein umfassendes Weiterbildungsprogramm zurückgeblickt werden, und das Team war für die Herausforderung gerüstet, jährlich etwa 1.000 Schülerinnen und Schüler in ca. 40 Kursen zu betreuen. Nachdem auch von Seiten der Bibliotheksdirektion sowie der verantwortlichen Politikerin dem Projekt Teaching Library eine sehr hohe Priorität eingeräumt wurde, konnte mit der konkreten Planung des VWA-Workshops an der VLB und dem Aufbau des Netzwerkes begonnen werden.
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Netzwerk VWA: Bibliothek, Fachhochschule, Landes schulrat, PH Vorarlberg Der Aufbau der Teaching Library erfolgte nicht nach den Prinzipien eines standardisierten Projekts, sondern ist über die Jahre organisch gewachsen. Die Kooperationen beruhten zu Beginn weitgehend auf persönlichen Kontakten, sind aber mittlerweile so fest verankert, dass auch etliche Personalwechsel überstanden werden konnten. Allerdings ist für die Zukunft geplant, ergänzend auch schriftliche Vereinbarungen zwischen den Partnern zu schließen. Während der Ablauf der Schulungen in den letzten Jahren ziemlich unverändert geblieben ist, entwickelt sich das Netzwerk dynamisch weiter, da immer neue Kooperationspartner beitreten. Sowohl durch die quantitative Ausweitung der Schulungen als auch durch die inhaltliche Differenzierung wurde die Suche nach Kooperationspartnern, die für die Vorbereitung auf die VWA einen Beitrag leisten können, unabdingbar. Durch die bereits bestehenden engen Kontakte mit den Kolleginnen und Kollegen der FH-Bibliothek war es relativ einfach, diese als Partner für das Vorhaben zu begeistern. Da der Leiter der Fachhochschulbibliothek ausgebildeter Schreibtrainer war, lag es nahe, Themenbereiche wie Zitierregeln oder Wissenschaftliches Schreiben der Fachhochschule zu übergeben. Dort war es nicht nur die verhältnismäßig kleine Bibliothek, die Interesse an einer Kooperation zeigte, sondern alsbald die Stabstelle Marketing, die die Verantwortung für das Projekt übernahm. Sie verpflichtete in der Folge reguläre Professorinnen und Professoren der Fachhochschule als Lehrkräfte für ihre Module. Der Landesschulrat für Vorarlberg (LSR), also die zuständige Schulbehörde, unterstützte von Anfang an das Projekt in vielfältiger Weise. Die sehr engagierte AHS-Landesschulinspektorin war überzeugt davon, dass Informationskompetenz eine entscheidende Fertigkeit zur erfolgreichen Bewältigung der VWA darstellt. Ihre wohl wichtigste Entscheidung war, die Workshops in der Landesbibliothek und in der Fachhochschule verpflichtend einzurichten. Dies geschah in Absprache mit der Direktorenkonferenz der AHS, bei der die Landesbibliothek ihr Projekt vorstellte und auf große Zustimmung stieß. Die Organisation und Planung der Workshops für 1.000 Schülerinnen und Schüler an den beiden Institutionen erfordert eine genaue logistische Vorarbeit. Auch hier laufen die Fäden wieder bei der Schulbehörde zusammen. Die Planung wird deutlich erleichtert, da die Termine, an denen die Klassen die Bibliothek oder die Fachhochschule besuchen müssen, zentral durch den LSR festgelegt werden. Erfreulicherweise ist es der VLB bereits gelungen, von den politisch Verantwortlichen die Zusage zu erwirken, dass jeder Schülerin und jedem Schüler, die oder der im Rahmen der Teaching Library an Kursen teilnimmt, für ein Jahr ein kostenloser Bibliotheksausweis zur Verfügung gestellt wird. Um einen reibungslosen Ablauf der Kurse zu
Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz
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gewährleisten und den Routinebetrieb der VLB durch das Erstellen von zusätzlichen Ausweisen nicht zu stören, übermitteln die Schulen bereits im Vorfeld auf Wunsch der Bibliothek die Adressdaten der Schülerinnen und Schüler. So kann bereits ein Bibliotheksausweis vorgefertigt werden, der den Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Beginn des Kurses überreicht wird und mit dem sie ab diesem Zeitpunkt das Angebot der VLB nutzen können. Die Unterstützung des Landesschulrates ging noch weiter: Da die VLB über keinen Schulungsraum mit der nötigen Infrastruktur verfügt und an stark frequentierten Tagen in der Bibliothek zu wenig Computerarbeitsplätze vorhanden sind, stellte die Schulbehörde den Schülerinnen und Schülern 30 iPads zur Verfügung, die von der Landesbibliothek auch für andere Schulungen genutzt werden dürfen. Die Pädagogische Hochschule Vorarlberg (PH) ist einerseits für die Ausbildung der Grund- und Mittelschullehrerinnen und Mittelschullehrer zuständig, bietet anderseits aber auch Fortbildungsveranstaltungen für Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen an. So war es eine logische Konsequenz, auch sie als Kooperationspartnerin zu gewinnen. Auf Initiative der dortigen Weiterbildungsabteilung engagiert sich die Bibliothek in der Lehrerfortbildung und bietet eine Veranstaltung mit dem Titel: „Die Vorarlberger Landesbibliothek als Kompetenzzentrum für wissenschaftliches Arbeiten nutzen – Grundlagen für wissenschaftliches Arbeiten – Auffrischung für Lehrerinnen und Lehrer, die die VWA betreuen werden“ an. Die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer lernen das Informationsangebot und das Schulungskonzept der VLB kennen, und Bibliothekarinnen und Bibliothekare sowie Lehrerinnen und Lehrer kommen miteinander ins Gespräch. Ferner ist die Vorarlberger Volkswirtschaftliche Gesellschaft (VVG), die bei der Vorarlberger Wirtschaftskammer angesiedelt ist, seit 2015 neuer Kooperationspartner. In diesem Zusammenhang ist es das Ziel der Gesellschaft, Schülerinnen und Schüler anzuregen, Themen aus den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zu wählen. Dabei werden in einem Informationsschreiben Themenfelder aus dem Bereich der Wirtschaft präsentiert. Da aber die selbständige Themenwahl ein wichtiger Teil der VWA ist, wurde vermieden, eine Themenbörse einzurichten. Die Leistung der VVG besteht vielmehr darin, interessierten Schülerinnen und Schüler Kontakte in die Welt der Wirtschaft zu ermöglichen. Auf Anregung der Gesellschaft wurden 2015 erstmals die acht besten Arbeiten im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Kuppelsaal der Landesbibliothek ausgezeichnet. Dabei entfielen jeweils zwei Preise auf die Bereiche Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie den kreativen Bereich. Die Kulturabteilung im Amt der Vorarlberger Landesregierung ist für die Förderung von Kunst und Kultur zuständig und erklärt sich bereit, in diesem Themenfeld Hilfestellungen zu gewähren und Kontakte herzustellen.
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Diemut Stadelmann, Thomas Feurstein
Chronologie einer VWA-Vorbereitung In einem Informationsfolder wurde die zeitliche Abfolge der Angebote schematisch dargestellt: Modul 1 FH Vorarlberg
April | Mai
Ergänzende Angebote: PH Vorarlberg „Junge Wissenschaft“ FH Vorarlberg „Technisches Coaching“
Juni
Modul 2 Vorarlberg Landesbibliothek
Herbst
Abb. 4: Chronologische Abfolge einer VWA-Vorbereitung.
Modul 1 an der FH Vorarlberg (verpflichtend) Im Sommersemester der sechsten Klasse findet an der FH Vorarlberg in Dornbirn die VORUni statt. Einen halben Tag schnuppern die Schülerinnen und Schüler Hochschulluft, besuchen Vorlesungen und Workshops und lernen dabei die Grundbegriffe des wissenschaftlichen Schreibens und des korrekten Zitierens kennen. Anhand von einfachen Beispielen wird die VWA für die Schülerinnen und Schüler greifbarer und sie entwickeln aufgrund der eigenen Interessen erste Gedanken zu einem Thema. Anschließend formulieren sie eine Forschungsfrage und verfassen ein kurzes Exposé. In Teams geben die Schülerinnen und Schüler einander Feedback und reflektieren so, worauf es beim vorwissenschaftlichen Arbeiten ankommt. Außerdem widmet sich der Kurs dem formalen Aufbau einer vorwissenschaftlichen Arbeit und gibt Einblicke in derzeitige Zitationsstandards. Ziel dieser Workshops, die von Professorinnen und Professoren der FH neben ihrer Lehrtätigkeit durchgeführt werden, ist, die Schülerinnen und Schüler für wissenschaftliches Arbeiten zu begeistern. Die FH Vorarlberg bietet zudem einen freiwilligen Workshop für alle an, die sich für ein Thema aus dem technischen Bereich interessieren. Die Schülerinnen und Schüler dürfen die Labors des Studienzweigs Mechatronik nutzen und mit Unterstützung durch die dortigen Lehrkräfte rechnen. Der Workshop „Junge Wissenschaft“ im Rahmen des Moduls PH Vorarlberg findet im Sommersemester an der Pädagogischen Hochschule Vorarlberg in Feldkirch statt und dauert etwa 1,5 Stunden. Der Workshop ist freiwillig, benötigt aber eine verbindliche Anmeldung, da die Teilnehmerzahl begrenzt ist. Er richtet sich an interessierte
Das kooperative Schulungsmodell zur Förderung von Informationskompetenz
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Schülerinnen und Schüler und zielt darauf ab, im Bereich der Humanwissenschaften (z. B. Psychologie, Pädagogik, Philosophie, Theologie, Ethik) mögliche Themen für die VWA zu erkunden. Im Plenum wird mit Erläuterungen zur Forschungsfrage an die Veranstaltung der FH angeknüpft. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln gemeinsam Ideen zum Thema Menschsein. Zudem bietet sich die Gelegenheit, unter Anleitung von Expertinnen und Experten in Kleingruppen eigene Themenvorschläge auszuarbeiten.
Modul 2 an der Vorarlberger Landesbibliothek (verpflichtend) Im Wintersemester der siebten Klasse besuchen die Schülerinnen und Schüler einen halben Tag lang die VLB. Im Mittelpunkt steht dabei die Suche in Bibliothekskatalogen (Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, E-Journals, E-Books und Datenbanken), die wissenschaftliche Recherche im Internet sowie die Bewertung von Informationsquellen. Informationskompetenz zu erwerben erschöpft sich dabei nicht in einer theoretischen Schulung, sondern diese Fähigkeit wird geübt und am eigenen Thema trainiert. Daher schwärmen die Schülerinnen und Schüler im Rahmen des Workshops in der Bibliothek aus und wenden das neu Erlernte sofort an. Bei der Suche nach Informationen stehen ihnen Fachkräfte unterstützend zur Seite.
Ausblick und Bilanz Die aktuelle Maturareform betrifft zunächst nur die AHS und mit einem Jahr Verzögerung 2016 auch die BHS.3 Dort wird dann eine sogenannte Diplomarbeit verlangt, die allerdings in Teamarbeit und mit erhöhtem Praxisbezug durchgeführt werden muss. Die erfolgreiche Einführung der verpflichtenden VWA-Kurse für die AHS hat in der BHS den Wunsch aufkommen lassen, Schulungen auch für sie anzubieten. Vorerst konnte nur ein kleiner Teil – nämlich die Humanberuflichen Schulen (Hauswirtschaftliche Schulen, Tourismusschulen und die Schule für Kindergartenpädagogik) – mit 17 Klassen und 425 Schülerinnen zusätzlich in das Programm aufgenommen werden.
3 Vgl. die Verordnung der Bundesministerin für Bildung und Frauen, mit der die Prüfungsordnung BHS, Bildungsanstalten, die Prüfungsordnung BMHS und die Prüfungsordnung Bildungsanstalten geändert werden. Es handelt sich dabei um einen beschlussreifen Entwurf, der sich in der Begutachtung befindet und der vermutlich noch 2015 so beschlossen werden wird. Quelle: Rechtsinformationssystem des Bundeskanzleramts (www.ris.bka.gv.at).
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Die stetig steigende Anforderung in allen Schultypen, bereits früh wissenschaftliche Arbeitsweisen zu vermitteln, bietet für die Bibliotheken eine große Chance, sofern räumliche und personelle Voraussetzungen gegeben sind. Nach drei Jahren Zusammenarbeit sind alle Partner bisher mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Während die Schulbehörde den Erfolg der gesetzten Maßnahmen an der durchwegs guten Qualität der abgegebenen Arbeiten misst (80 % der Arbeiten wurden 2015 mit „Sehr Gut“ oder „Gut“ beurteilt), sind es aus Sicht der Vorarlberger Landesbibliothek statistische Daten, die Grund zur Freude geben. Wenn man den ersten Lehrgang abzieht, dessen Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufgrund der Verschiebung der Maturareform doch noch keine VWA schreiben mussten, haben seither ca. 50 % der Schülerinnen und Schüler, die den Kurs absolvierten, aktiv ihren Bibliotheksausweis verwendet. In der Folge liehen sie 6.600 Bücher aus, verlängerten 15.000 Mal ihre Medien und ließen 550 Medien vormerken. Jede Kursteilnehmerin und jeder Kursteilnehmer hat einen Fragebogen ausgefüllt, der detailliert die subjektiven Eindrücke über die Schulung zu erfassen versucht. Die abschließende Frage nach dem allgemeinen Nutzen der Veranstaltung brachte das für die Bibliothek erfreuliche Ergebnis, dass über 95 % der Schülerinnen und Schüler mit der Veranstaltung sehr zufrieden oder zufrieden waren. Wie hoch schätzen Sie den Nutzen der Veranstaltung für die VWA ein?
35%
3%
1%
hoch eher hoch eher niedrig 61%
Abb. 5: Teilergebnisse der Umfrage 2013.
niedrig
Nathalie Mertes
Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften Abstract: Dass die Bemühungen zur Informationskompetenz-Förderung in Einrichtungen der formalen Bildung noch bei Weitem nicht ausreichen, zeigen immer wieder Studien zu den informationsbezogenen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern. Bibliotheken können entsprechende Maßnahmen auf vielfältige Weise unterstützen und auch initiieren. Idealerweise arbeiten sie dabei mit den Lehrerinnen und Lehrern zusammen. Dazu ist ein fundiertes Verständnis der Sicht der Lehrkräfte auf die Informationskompetenz-Förderung unerlässlich, die allerdings bisher kaum erforscht wurde. Dieser Beitrag berichtet von einer qualitativen Fallstudie in einem Lehrerkollegium. Er beschreibt, wie die Lehrkräfte Informationskompetenz verstehen, welche didaktischen Strategien sie bei der Informationskompetenz-Förderung verwenden, wie sie dabei mit der Schulbibliothek kooperieren und welche Einflussfaktoren eine Rolle spielen. Darauf aufbauend gibt er Anregungen für Wissenschaft und Praxis. Keywords: Informationsdidaktik, Informationskompetenz, Einflussfaktoren, Fallstudie, Kooperation, Lehrkräfte, qualitative Forschung, Schulbibliothek, Schule
Die Entwicklung informationsbezogener Kompeten zen in der Schule Zahlreiche Aspekte dessen, was Bibliothekarinnen und Bibliothekare als „Informationskompetenz“ bezeichnen, haben inzwischen mehr oder weniger formell Einzug in Grund- und Sekundarschulen gehalten, meist allerdings unter Bezeichnungen wie „Medienkompetenz“, „IKT-Kompetenz“, „digitale Kompetenz“ oder „Computerkompetenz“. Obwohl diese Begriffe etliche Gemeinsamkeiten mit der Informationskom-
Dr. Nathalie Mertes promovierte am Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin zur Informationskompetenz-Förderung durch Lehrkräfte und ihrer Zusammenarbeit mit der Schulbibliothek dabei. Vorher hat sie erst als Lehrerin an einer Sekundarschule in der Deutschsprachigen Gemeinschaft (DG) Belgiens gearbeitet und anschließend dort eine multimediale Schulbibliothek als Pilotbibliothek geleitet; sie war maßgeblich beteiligt am Aufbau des Schulbibliothekwesens in der DG. Nach ihrer Promotion gründete sie MERINCOS, zur Durchführung von Fortbildungen zur Informationsdidaktik für Lehrerinnen und Lehrer sowie (Schul)Bibliothekarinnen und (Schul)Bibliothekare. Weitere Informationen sind zu finden unter http://www.merincos.de/.
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Nathalie Mertes
petenz aufweisen, können sie nicht synonym mit ihr verwendet werden.1 Mackey und Jacobson betrachten die Informationskompetenz als geeignete Metakompetenz (metaliteracy) für das digitale Zeitalter, da sie eng verknüpft sei mit dem (kritischen) Denken; Voraussetzung sei allerdings, dass sie der Wissensproduktion und -kommunikation in partizipativen digitalen Umgebungen stärker Rechnung trage als bisher.2 Ein wesentlicher Vorteil des Begriffs „Informationskompetenz“ besteht darin, dass er nicht Trägermedien und Technologien in den Vordergrund stellt, sondern die Informationen. Im schulischen Kontext würden damit die aktive Auseinandersetzung der Lernenden mit Informationen aus einer Vielzahl an Quellen, die kritische und kreative Nutzung dieser Informationen zur Entwicklung neuer Erkenntnisse sowie deren Verbreitung ins Zentrum gerückt. Die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Förderung der Informationskompetenz in Einrichtungen der formalen Bildung weiter zu verstärken, wurde nicht zuletzt durch die im Jahr 2013 erstmals durchgeführte und als Bildungsmonitoring angelegte International Computer and Information Literacy Study (ICILS)3 unterstrichen. Die Erhebung ergab, dass die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen deutscher Achtklässlerinnen und Achtklässler im internationalen Vergleich lediglich im Mittelfeld liegen. Fast 30 % der deutschen Schülerinnen und Schüler verfügten über rudimentäre (Stufe I) oder basale (Stufe II) Kompetenzen, nur 1,5 % erreichten die höchste Kompetenzstufe (Stufe V). Damit war nur eine kleine Minderheit in der Lage, Informationen sicher zu evaluieren, selbständig zu organisieren und inhaltlich sowie formal anspruchsvolle Informationsprodukte unter Berücksichtigung ethischer Aspekte auszuarbeiten. Initiativen und Programme zur Förderung der Informationskompetenz von Schülerinnen und Schülern werden bereits seit vielen Jahren durch Bibliotheken lanciert, getragen oder begleitet. Im Ausland, insbesondere im anglo-amerikanischen Raum, in einigen skandinavischen Ländern und in Frankreich, vor allem durch Bibliothekskräfte innerhalb der Schulen. In Deutschland vorwiegend durch öffentliche und wissenschaftliche Bibliothekarinnen und Bibliothekare oder durch ehrenamtlich arbei-
1 Mehr zum Vergleich der Informationskompetenz mit anderen Kompetenzen bei Bawden, David: Information and digital literacies. A review of concepts. In: Journal of Documentation (2001) H. 2. S. 218–259; Gapski, Harald: Informations- und Medienkompetenz aus Sicht der Kommunikations- und Medienwissenschaft. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 167–175; Schiefner-Rohs, Mandy: Kritische Informations- und Medienkompetenz. Theoretisch-konzeptionelle Herleitung und empirische Betrachtungen am Beispiel der Lehrerausbildung. Münster: Waxmann 2012 (Internationale Hochschulschriften 566). 2 Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Reframing information literacy as a metaliteracy. In: College & Research Libraries (2011) H. 1. S. 62–78. 3 Bos, Wilfried [u. a.]: ICILS 2013: Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann 2014. http://www.waxmann.com/fileadmin/media/zusatztexte/ICILS_2013_Berichtsband.pdf (Stand: 15.06.2015). Siehe dazu auch den Beitrag von Birgit Eickelmann in diesem Band.
Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften
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tendes Personal (z. B. Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler, Eltern), da hier bislang nur wenige Schulen über eine gut ausgestattete Schulbibliothek verfügen, die von einer bibliothekarisch und pädagogisch-didaktisch geschulten Kraft geleitet wird. Idealerweise arbeiten Bibliotheks- und Lehrkräfte bei der Förderung der Informationskompetenz zusammen. Eine Vielzahl an Untersuchungen, beispielsweise die groß angelegten Wirkungsstudien zu Schulbibliotheken von Lance oder Todd in den USA, weisen darauf hin, dass eine solche Kooperation nicht nur von großer Bedeutung für die Verbesserung der Informationskompetenz der Schülerinnen und Schüler ist, sondern für ihr Lernen insgesamt.4 Von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren wird erwartet, bei dieser Zusammenarbeit die Führung zu übernehmen, aber viele von ihnen berichten über geringe Kooperationszahlen, ein niedriges Kooperationsniveau bzw. eine fehlende Kooperationsbereitschaft der Lehrkräfte.5
Die Perspektive der Lehrkräfte bisher wenig erforscht Soll die Zusammenarbeit der Bibliotheken mit den Schulen bei der Informationskompetenz-Förderung verstärkt werden, ist es unerlässlich, sich eingehend mit der Sichtweise der Lehrer und Lehrerinnen zu befassen. Zwei phänomenologische Studien gaben Aufschluss darüber, wie Lehrkräfte Informationskompetenz erleben. In einer Untersuchung mit Lehrenden in Sekundarschulen fanden Williams und Wavell6 folgende sechs Kategorien: Informationen finden, sprachliches Verständnis, Sinn erzeugen, Fertigkeiten, kritisches Quellenbewusstsein, selbständiges Lernen. In einer Studie an Hochschulen identifizierte Bruce7 folgende sieben Konzeptionen: Informationstechnologie, Informationsquellen, Informationsprozess, Informationskontrolle, Wissenskonstruktion, Wissenserweiterung, Weisheit.
4 Eine Übersicht über diese Wirkungsstudien steht auf folgender Website zur Verfügung: http://www. lrs.org/data-tools/school-libraries/impact-studies/(Stand: 15.06.2015). Die beiden Forscher verfolgen unterschiedliche Ansätze: Lance arbeitet vorwiegend mit Korrelationsstudien, bei denen er Wechselbeziehungen zwischen Aspekten der Schulbibliothek und Schülerleistungen in standardisierten Tests untersucht. Todd befragt die schulischen Akteure und Akteurinnen (in erster Linie Lehrende und Lernende) nach dem Nutzen von Aspekten der Schulbibliothek für das Lernen der Schülerinnen und Schüler innerhalb und außerhalb der Schule. 5 Smith, Marian & Mark Hepworth: An investigation of factors that may demotivate secondary school students undertaking project work. Implications for learning information literacy. In: Journal of Librarianship and Information Science (2007) H. 1. S. 3–15; Todd, School libraries (wie Anm. 4). 6 Williams, Dorothy A. & Caroline Wavell: Secondary school teachers’ conceptions of student information literacy. In: Journal of Librarianship and Information Science (2007) H. 4. S. 199–212. 7 Bruce, Christine S.: The seven faces of information literacy. Adelaide: Auslib Press 1997.
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Nathalie Mertes
Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass sich Studien zur Förderung informationsbezogener Kompetenzen im schulischen Kontext vorwiegend mit der Rolle der Schulbibliothek und der Schulbibliothekskräfte befasst haben, häufig im Zusammenhang mit Auswirkungen auf das Lernen der Schüler und Schülerinnen. Wenige Untersuchungen haben sich ausschließlich mit Lehrkräften und ihrer Sichtweise auf die Förderung der Informationskompetenz befasst. Wenn Untersuchungen zu Lehrern und Lehrerinnen stattfanden, dann waren insbesondere Beispiele von erfolgreichen Kooperationsteams (bestehend aus einer Schulbibliotheks- und einer Lehrkraft), sogenannte Best-Practice-Beispiele, von Interesse. Die hier vorgestellte Fallstudie8 gehört zu den ersten, bei der ein ganzes Lehrerkollegium im Mittelpunkt stand.
Fallstudie in einem Lehrerkollegium Die Fallstudie fand im Lehrerkollegium einer amerikanischen Privatschule mit dem fiktiven Namen „Malotha“9 statt und hat unter anderem untersucht, wie Lehrkräfte den Begriff der Informationskompetenz verstehen, mit welchen didaktischen Strategien sie ggf. die informationsbezogenen Kompetenzen ihrer Schülerinnen und Schüler fördern und wie sie dabei ggf. mit der Schulbibliothek kooperieren. Da es sich um einen neuen Forschungsgegenstand handelte, nutze sie ein qualitatives, induktives Design. Sie wurde in der Form einer Einzelstudie mit untergeordneten Einheiten (embedded design) nach Yin10 durchgeführt, dessen Methode dahingehend erweitert wurde, dass sowohl Daten von Lehrkräften (interne Perspektive) als auch Daten über Lehrkräfte (externe Perspektive) erhoben wurden. Die Datenanalyse erfolgte vor allem nach den Prinzipien der empirisch begründeten Theoriebildung (grounded theory) nach Corbin und Straus.11 Zudem wurde Bruces Modell der Informationskom-
8 Mertes, Nathalie: Teachers’ conceptions of student information literacy learning and teachers’ practices of information literacy teaching and collaboration with the school library: A grounded case study. Dissertation. Berlin: Humboldt-Universität 2014. http://edoc.hu-berlin.de/dissertationen/mertes-nathalie-2014-03-04/METADATA/abstract.php?id=40539 (Stand: 15.06.2015). 9 Die Studie wurde dort in der High School (Klassen 9–12) durchgeführt, die zum damaligen Zeitpunkt etwa 300 Schülerinnen und Schüler sowie 31 Lehrkräfte hatte, denen aktuelle, leistungsstarke Informations- und Kommunikationstechnologien zur Verfügung standen sowie eine gut ausgestattete Schulbibliothek, die von einem hochmotivierten vierköpfigen Team, darunter zwei Schulbibliothekarinnen mit Masterabschlüssen in den Informations- und Bibliothekswissenschaften, betreut wurde. 10 Yin, Robert K.: Case study research. Design and methods. 4. Aufl. Thousand Oaks, CA: Sage 2009 (Applied Social Research Methods Series 5); Mertes, Nathalie: Fallstudien. In: Handbuch Methoden der Bibliotheks- und Informationswissenschaft. Bibliotheks-, Benutzerforschung, Informationsanalyse. Hrsg. von Konrad Umlauf [u. a.]. Berlin: De Gruyter Saur 2013. S. 152–167. 11 Corbin, Juliet & Anselm Strauss: Basics of qualitative research. Techniques and procedures for developing grounded theory. 3. Aufl. Thousand Oaks, CA: Sage 2008.
Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften
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petenz12 als sensibilisierendes Konzept genutzt und in der Malotha School abgeändert und erweitert.
Sieben Komponenten von Informationskompetenz Obwohl die meisten Lehrkräfte der Malotha School den Begriff als solchen nicht kannten, waren ihnen viele Aspekte dessen, was im bibliothekarischen Kontext als Informationskompetenz bezeichnet wird, geläufig und Teil ihres Unterrichts. Für sie bestand die Informationskompetenz – bezogen auf ihre Schüler und Schülerinnen – aus den folgenden sieben Komponenten: – Informationstechnologien benutzen (Computer verwenden, insbesondere zur Informationssuche und -präsentation); – Informationen finden (in einer Vielzahl an Quellen und Formaten; in der Schulbibliothek als Oberbegriff für zuverlässige Quellen; im Internet als Oberbegriff für Online-Quellen in unterschiedlicher Qualität); – Informationen kontrollieren (selbst gesammelte und selbstverfasste Informationen in organisierter Form aufbewahren); – Wissen aufbauen (Prozesse der Sinnerschließung durchlaufen; Informationen evaluieren und analysieren; eine Synthese erstellen; unterschiedliche Perspektiven vergleichen und einen eigenen Standpunkt entwickeln); – Informationen ethisch nutzen (Quellen angeben; verschiedene Zitierformen und -formate verwenden); – Informationen präsentieren (in unterschiedlichen Formaten; die ausgearbeiteten Informationen strukturieren; mehrere Entwürfe entwickeln; eine Präsentation dem Zielpublikum anpassen); – Einen Rechercheauftrag als mehrstufigen Prozess durchlaufen (umfangreiche Rechercheprojekte in mehrere zusammenhängende Phasen unterteilen; Zwischenprodukte ausarbeiten). Die Untersuchung machte deutlich, dass es den Lehrern und Lehrerinnen der Malotha School beim Thema „Informationskompetenz“ um mehr ging, als um die Nutzung von Informationstechnologien und das Suchen von Informationen. Für sie war die Informationskompetenz eng verknüpft mit dem fachbezogenen Lernen. Wichtig war ihnen, dass die Schülerinnen und Schüler die gesammelten Informationen nutzen und sich auf eine kritische, inhaltliche Auseinandersetzung einlassen, Aspekte, die in Bibliotheksprogrammen häufig zu kurz kommen. Neben kleineren Abänderungen bei der Namensgebung und inhaltlichen Nuancen innerhalb der einzelnen Komponenten sowie dem Zusammenlegen der beiden Teilbereiche „Wissenskonstruk-
12 Bruce, Seven Faces (wie Anm. 7).
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tion“ und „Wissenserweiterung“ zu einer Komponente „Wissen aufbauen“, bestand der wichtigste Unterschied zu Bruces Modell13 in dem Hinzufügen der Komponente „Informationen präsentieren“. Im schulischen Kontext spielt die Präsentation von Informationen durch die Lernenden eine zentrale Rolle, nicht zuletzt deshalb, weil sie den Lehrenden häufig als Grundlage für die Beurteilung des Lernfortschritts und die Benotung dient.
Didaktische Strategien Die Mehrheit der Lehrkräfte bezog die Informationskompetenz in den Unterricht ein, in erster Linie durch Rechercheaufträge. Dabei unterschieden sie, je nach Zeitaufwand und Länge der Endprodukte, zwischen kleineren und größeren Rechercheprojekten. Große Projekte nahmen mindestens einen Monat in Anspruch und mündeten in einer mindestens achtseitigen schriftlichen Arbeit oder 30-minütigen mündlichen Präsentation. Alle kürzeren Projekte wurden als klein eingestuft; sie konnten sowohl spontaner als auch formeller Natur sein und dazu gehörte eine halbstündige Recherche in der Schulbibliothek, die in einem knappen mündlichen Bericht mündete, ebenso wie ein zweiseitiger Aufsatz, für den die Schülerinnen und Schüler zwei Wochen Zeit hatten. Die Lehrkräfte wendeten eine Vielzahl an didaktischen Strategien an, um die sieben Komponenten der Informationskompetenz zu fördern. Im Klassenverband gehörten dazu: Analogien, Beispiele, Diskussionen, Übungen, schriftliche Vorlagen (z. B. zur Evaluation von Websites) und Lehrervorträge (etwa zu potenziellen Informationsquellen oder zu Chancen und Risiken von frei zugänglichen, partizipativen Online-Enzyklopädien). Andere Strategien waren: als Lehrkraft bewusst als Modell zu agieren (bei der Angabe von Quellen in Unterrichtsskripten beispielsweise) oder Entscheidungen für die Klasse zu treffen, indem die Quellen für einen bestimmten Rechercheauftrag vorgegeben wurden. Auf individueller Ebene gehörten dazu: Fragen einzelner Schülerinnen bzw. Schüler beantworten oder ihnen Fragen stellen (um sie in eine bestimmte Richtung zu lenken), Zwischenprodukte (z. B. Exzerpte oder mehrere Entwürfe einer Facharbeit) lesen und Verbesserungsvorschläge machen oder auch Entscheidungen für einzelne Schülerinnen und Schüler treffen. Auffallend waren jedoch einige Diskrepanzen: Obwohl die Mehrheit der Lehrkräfte erklärte, dass ihre Schülerinnen und Schüler große Schwierigkeiten mit der ethischen Nutzung von Informationen hätten und es häufig zu Plagiaten käme, boten nur wenige Unterstützung beim Erwerb der diesbezüglichen Kompetenzen an. Auch benannte die Mehrheit der Lehrkräfte die „Informationsflut“, vor allem im Internet, als besonders große Herausforderung für Kinder und Jugendliche, dennoch ergriffen
13 Bruce, Seven Faces (wie Anm. 7).
Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften
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die Lehrkräfte wenige Maßnahmen, um die Entwicklung von entsprechenden Kompetenzen zu unterstützen. Insgesamt wurde deutlich, dass in der Schule die Gefahr der Einseitigkeit bestand: Einigen informationsbezogenen Kompetenzen wurde in den Unterrichten viel Aufmerksamkeit gewidmet, andere kamen zu kurz.
Kooperation mit der Schulbibliothek Die Mehrheit der Lehrkräfte hatte bereits mit der Schulbibliothek zusammengearbeitet und dabei entweder nur Raum und Medien genutzt oder (alternativ bzw. zusätzlich) mit den Schulbibliothekarinnen zusammengearbeitet, Letzteres entweder nur bei der Planung oder auch bei der Durchführung von Unterrichtseinheiten. Auffallend war, dass die Schulbibliothekarinnen, wenn sie in das Unterrichtsgeschehen einbezogen wurden, den Schülern und Schülerinnen nicht nur beim Auffinden von Informationen behilflich waren, sondern bei sechs der sieben Komponenten der Informationskompetenz, einzige Ausnahme war die Nutzung von Informationstechnologien.
Einflussfaktoren Die Förderung der Informationskompetenz in der Malotha School wurde zum einen beeinflusst durch den Umfang der Rechercheaufgaben. In kleineren Projekten wurden vorwiegend Quellen aus dem Internet genutzt, in größeren Projekten insbesondere Quellen aus der Schulbibliothek. Auch legten die Lehrkräfte mehr Wert auf die ethische Nutzung von Informationen und das korrekte Zitieren von Quellen im Kontext von großen Rechercheaufgaben als bei kleinen; bei Letzteren konnte es vorkommen, dass dieser Aspekt vergessen wurde. Unterschiede gab es auch zwischen Fachgruppen. Lehrende der Gesellschaftswissenschaften erteilten am häufigsten Rechercheaufträge und arbeiteten am ehesten mit der Schulbibliothek zusammen. Lehrende der Mathematik- und Naturwissenschaften nutzten den Computerraum der Bibliothek eher mit ihren Klassen für kleine Projekte als die Lehrkräfte der anderen Fachgruppen, betreuten bei großen Projekten die Lernenden aber seltener auf einer individuellen Ebene bei der Informationssuche. Lehrkräfte der Sprachen unterrichteten Informationskompetenz eher alleine als gemeinsam mit den Schulbibliothekarinnen, verlangten seltener als ihre Kolleginnen und Kollegen Präsentationen in visuellen, kreativen und elektronischen Formaten, achteten bei kleinen Projekten aber stärker auf die ethische Nutzung von Informationen als die Lehrenden der anderen Fachgruppen.14
14 Diese Unterschiede zwischen Fachgruppen waren teilweise mit den in anderen Studien identifizierten identisch, teilweise wichen sie davon ab. Konsens scheint also drüber zu bestehen, dass es
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Nathalie Mertes
Fördernde Faktoren bei der Zusammenarbeit der Lehrkräfte mit der Schulbibliothek waren zunächst Aspekte bezogen auf die Schulbibliothek, wie etwa die Ausstattung mit hochwertigen Quellen in unterschiedlichen Formaten und mit guter Informationstechnologie, flexible Öffnungszeiten und ein einfacher Zugang zur Bibliothek. Dann gehörten dazu Aspekte bezogen auf die Schulbibliothekarinnen, d. h. eine einladende Haltung sowie gute bibliothekarische und didaktische Fähigkeiten. Und schließlich wurden Aspekte genannt die Beziehung zwischen Lehrkräften und Schulbibliothekarinnen betreffend, z. B. eine gute zwischenmenschliche und berufliche Beziehung, die durch Offenheit, Flexibilität und gegenseitigen Respekt gekennzeichnet ist, oder auch gemeinsame Ziele. Als hemmende Faktoren wurden zunächst Aspekte bezogen auf die Schulbibliothekarinnen genannt, wie etwa fehlendes Wissen in den jeweiligen Unterrichtsfächern, Unzufriedenheit der Lehrkräfte mit der didaktischen Vorgehensweise der Schulbibliothekarinnen und schließlich der Eindruck, dass die Schulbibliothekarinnen zu beschäftigt seien mit anderen Projekten. Eine weitere Gruppe von hemmenden Faktoren betraf die Lehrkräfte selbst; dazu gehörten die Einstellungen, dass die Informationskompetenz-Förderung einzig Aufgabe des Lehrkörpers sei oder dass im jeweiligen Unterrichtsfach eine Kooperation mit den Schulbibliothekarinnen nicht nötig sei, zudem gab es Lehrerinnen und Lehrer, die in ihren Unterrichten keine andere Lehrkraft neben sich duldeten. Und schließlich wurde die Zeit als Hindernis für eine Kooperation genannt.
Anregungen für Wissenschaft und Praxis Die hier vorgestellte Fallstudie macht deutlich, dass die Lehrkräfte bei der Informationskompetenz-Förderung eine wichtige Rolle spielen, eine bedeutendere, als ihnen manchmal aus der Bibliothekswelt zugestanden wird. Allerdings ist aus wissenschaftlicher Sicht die Durchführung weiterer Studien unerlässlich. Die Theorie, mit deren Ausarbeitung hier begonnen wurde, sollte in weiteren Studien getestet und ggf. abgeändert und erweitert werden. Dazu sind Untersuchungen mit unterschiedlichen Forschungsdesigns erforderlich, die in anderen Lehrerkollegien durchgeführt werden, aber auch mit einzelnen Lehrkräften und beides in unterschiedlichen Schulstufen, Schularten und Bibliothekssettings.
innerhalb einer Schule bei der Förderung informationsbezogener Kompetenzen üblicherweise fachgruppenbezogene Unterschiede gibt. Sie haben allerdings vielfältige Ursachen (die nicht notwendigerweise mit den Fächern in Zusammenhang stehen) und können von Schule zu Schule unterschiedlich ausfallen.
Die Förderung der Informationskompetenz zusammen mit Lehrkräften
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Die Ergebnisse qualitativer Untersuchungen lassen sich zwar nicht verallgemeinern, bieten unter Berücksichtigung der jeweiligen Kontexte aber Anregungen für die Praxis15. Ein Impuls für Lehrkräfte ist die bewusstere und gezieltere Integration der Informationskompetenz in den Unterricht. Zunächst geht es darum, festzulegen, welche informationsbezogenen Konzepte, Fertigkeiten und Kenntnisse in einer bestimmten Lernsituationen gefördert werden sollen und sie bei der Unterrichtsvorbereitung explizit als Lernziele bzw. Kompetenzerwartungen zu formulieren. Dann gilt es sicherzustellen, einerseits, dass die Lernenden über die nötigen Vorkenntnisse und -erfahrungen verfügen bzw. sie ggf. erwerben können, und andererseits, dass die Lernenden sowohl auf Klassenebene als auch auf individueller Ebene die erforderliche Unterstützung erhalten. Schließlich gehört zur bewussteren Verankerung der Informationskompetenz in den eigenen Unterricht auch deren Einbeziehung in die formale (formative und summative) Evaluation sowie in die Benotung der Schülerarbeiten. Die Förderung der Informationskompetenz in Einrichtungen der formalen Bildung ist ein komplexes und facettenreiches Unterfangen. Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die mit Schulen zusammenarbeiten möchten, kommen nicht umhin, dieser Komplexität und Vielfalt Rechnung zu tragen. Dazu gehört zunächst, sich mit den Lehrkräften über gemeinsame Begriffe von Informationskompetenz sowie Ziele, Gelegenheiten und Verantwortlichkeiten bei ihrer Förderung zu verständigen und dabei fachbezogene Unterschiede und Anforderungen zu berücksichtigen. Dann gehören dazu die Bereitschaft und die Fähigkeit, mit den Lehrkräften im Kontext von Rechercheprojekten unterschiedlicher Dauer und Intensität zu kooperieren. Ferner werden Bibliothekskräfte ermutigt, sich am Unterrichten aller sieben Komponenten der Informationskompetenz zu beteiligen (nicht nur jener bezogen auf die Informationssuche) und dazu didaktische Interventionen sowohl auf Klassenebene als auch auf individueller Schülerebene anzubieten. Auch sollten sie unbedingt auf dem neuesten Stand sein, was Informationstechnologien betrifft, und diese in ihre Lehrund Lernangebote einbinden. Und schließlich sollten sie Fortbildungsangebote im Bereich der Informationskompetenz für die Lehrkräfte machen. Erheblich vereinfacht wird die Zusammenarbeit mit dem Lehrerkollegium, wenn die Bibliothek räumlich in die Schule integriert ist und durch Personal betreut wird, das nicht nur bibliothekarisch sondern auch pädagogisch-didaktisch geschult ist. Noch einen Schritt weiter geht Hay.16 Um der rasanten digitalen Entwicklung und der zunehmenden sozialen Vernetzung gerecht zu werden, empfiehlt sie den Schulen die
15 Vgl. Guba, Egon G.: Criteria for assessing the trustworthiness of naturalistic inquiries. In: Educational Communication and Technology Journal (1981) H. 2. S. 75–91. 16 Hay, Lyn: Shift happens. It’s time to rethink, rebuild and rebrand. In: Access (2010) H. 4. S. 5–10. http://www.asla.org.au/publications/access/access-commentaries/shift-happens.aspx (Stand: 15.06.2015).
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Nathalie Mertes
Zusammenlegung von Computer- und Bibliotheksräumen mit ihren physisch vorhandenen sowie online-zugänglichen Quellen und ihren unterschiedlichen Informationstechnologien zu einem „Informations-, Technologie- und Lernzentrum“ (iCentre). Es sollte der herausragende Ort der Schule sein für multimediale Produktionen, ein offener physischer und virtueller Ort, der sich flexibel und dynamisch an die jeweiligen Bedürfnisse von Lehrenden und Lernenden anpasst. Geleitet wird das iCentre von einem Team, das aus Informationsspezialistinnen bzw. -spezialisten, IT-Fachleuten, Lehrplanverantwortlichen und Lehrkräften besteht, und dessen wichtigstes Ziel die Unterstützung des Lernens und Lehrens ist, innerhalb und außerhalb der Schule sowie mittels mobiler Technologien. Eine weitere Anregung aus der hier vorgestellten Fallstudie besteht darin, auf Schulebene der Einseitigkeit entgegenzuwirken und bei der Förderung der informationsbezogenen Kompetenzen für eine Systematisierung zu sorgen, in dem Sinne, dass alle Klassen und Jahrgangsstufen erfasst und alle sieben Komponenten berücksichtigt werden. Zum Erreichen einer solchen Systematisierung empfiehlt sich in einer ersten Phase die Durchführung einer umfassenden Bestandsaufnahme, mit der bei den kleinen und großen, informellen und formellen Rechercheprojekten begonnen werden sollte. Für eine solche Bestandsaufnahme stellt diese Fallstudie neben dem inhaltlichen auch ein methodisches Werkzeug zur Verfügung: die Erhebung von Daten auf verschiedenen Ebenen (innerhalb und außerhalb des Lehrerkollegiums) und der systematische Vergleich der Daten, um so ein möglichst umfassendes, wirklichkeitsnahes Bild der Informationskompetenz-Förderung an der jeweiligen Schule zu erstellen. Im Anschluss an die Bestandsaufnahme sollte, in einer zweiten Phase, die Entwicklung eines schulweiten, in die Fachunterrichte integrierten Informationskompetenz-Curriculums initiiert werden, das allen sieben Komponenten Rechnung trägt, und an dessen Ausarbeitung alle Beteiligten (neben den Lehr- und Bibliothekskräften auch die IT-Fachkräfte sowie Schülerinnen und Schüler) mitwirken. Nicht nur unterstützt, sondern intensiviert würden solche Prozesse auf Schulebene durch eine stärkere Verankerung der informationsbezogenen Kompetenzen in die Bildungsstandards; hier sind die Bildungspolitikerinnen und -politiker gefordert. Kinder und Jugendliche bei der Entwicklung informationsbezogener Kompetenzen zu unterstützen, bleibt angesichts der rasanten technologischen Entwicklungen eine stete Herausforderung. Wo immer dies möglich ist, sollten Vertreterinnen und Vertreter beider Berufsgruppen – Bibliothekare und Bibliothekarinnen einerseits sowie Lehrerinnen und Lehrer andererseits – dies gemeinsam tun, unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Kernkompetenzen und in der Bereitschaft, voneinander und miteinander zu lernen. Erleichtert würde die Zusammenarbeit nicht zuletzt durch eine stärkere Berücksichtigung der Informationsdidaktik in der Aus- und Fortbildung beider Berufsgruppen.
Antje Brunner, Katrin Rauhut
ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes für Informationskompetenz Abstract: An der Universitätsbibliothek Freiburg haben Angebote für Schüler Tradition und unterliegen einer stetigen konzeptionellen Weiterentwicklung. Beruhend auf aktivierenden Lehr-/Lernmethoden wurde vor zwei Jahren ein didaktisches Konzept entwickelt, das eine verbindliche Verlässlichkeit für die Schulen darstellt und darüber hinaus den Schülern die Möglichkeit bietet, zu ihrem spezifischen Seminarkursthema zu recherchieren. 2014 wurde eine Lehrerevaluation mittels Umfrage durchgeführt. Das Ergebnis bestätigte den bisherigen Ansatz, führte aber auch zu einer Weiterentwicklung des Konzepts. Der Wunsch nach mehr und besserer Information zu Online-Quellen wurde durch die Schaffung einer Online-Lerneinheit umgesetzt. Diese wurde so konzipiert, dass sie auch für Schulen einsetzbar ist, deren Anfahrtsweg zu weit ist, um überhaupt an einer Präsenzveranstaltung innerhalb der UB teilnehmen zu können. Somit konnten zugleich zwei wichtige Aspekte Berücksichtigung finden: Mehr und bessere Aufbereitung von Online-Quellen für alle Kursteilnehmer und ein flächendeckendes Angebot für Schulen über die Region hinaus. Keywords: Informationskompetenz, Lehrer, Schüler, Schulen, Seminarkurse, Evaluation, Evaluierung, Umfrage, Befragung, Schulungskonzept, Online-Lerneinheit
Antje Brunner hat an der Fachhochschule Köln studiert und ist seit 2006 im Dezernat Benutzung, Abteilung Informationsdienste der Universitätsbibliothek Freiburg tätig. Sie ist stellvertretende Ausbildungsleiterin der Universitätsbibliothek. Ihr Interessensgebiet ist insbesondere Informationsvermittlung, sowohl was die Organisation und Konzeption, als auch die Durchführung von Schulungen und Führungen anbelangt. Kontakt: [email protected]. Katrin Rauhut schloss 2009 Ihr Studium an der Hochschule Darmstadt ab. Seither ist Sie Mitarbeiterin im Dezernat Benutzung, Abteilung Informationsdienste der Universitätsbibliothek Freiburg. Hier legt Sie einen Schwerpunkt Ihrer Arbeit auf die Konzeption von Schulungsangeboten. In diesem Kontext absolvierte Sie 2015 das Baden-Württemberg-Zertifikat für Hochschuldidaktik. Kontakt: [email protected]
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Antje Brunner, Katrin Rauhut
Entstehung An der Universitätsbibliothek Freiburg haben Angebote für Schüler der gymnasialen Oberstufe eine fast 15-jährige Tradition.1 Ausgehend von der Empfehlung der badenwürttembergischen Hochschul- und Landesbibliotheken im Netzwerk Informationskompetenz (NIK)2 hat die Universitätsbibliothek Freiburg ihre Veranstaltungen in diesem Bereich stets ausgebaut und erweitert. Bis heute entstand ein kontinuierlich weiterentwickeltes Schulungsangebot. Dieses umfasst sowohl eine Vorbereitungsphase innerhalb der Schule, als auch eine Präsenzphase in der Bibliothek und vier Module einer Online-Lerneinheit3. Die erst 2015 entwickelte Online-Lerneinheit kann ebenso ergänzend, als auch zum alleinigen Selbststudium genutzt werden und so den Besuch in der UB ersetzen. Die Anfrage seitens der Schulen ist stetig gestiegen und hat sich in den letzten zwei bis drei Jahren auf einem hohen Niveau eingependelt. Waren es 2008 noch 36 Kurse mit insgesamt 635 Teilnehmer, so verzeichnet die UB Freiburg seit einigen Jahren im Schnitt zwischen 70 und 80 Kursen mit Teilnehmerzahlen um die 1.200 bis 1.500.
Inhalt und Lernziele Kernziel der Veranstaltungen ist die Förderung von Informationskompetenz sowie die Heranführung an wissenschaftliches Arbeiten im Hinblick auf eine verbesserte Studierfähigkeit.4 Hierbei orientiert sich das Angebot ASK UB konsequent an einem 4-Phasen-Modell, das die Aspekte der Informationskompetenz abbildet. Die vier Phasen sind im Einzelnen: Vorbereitung (Informationsbedarf erkennen), Recherche (Informationen ermitteln und beschaffen), Auswertung (Informationen bewerten) und Weiterverarbeitung (Informationen effektiv nutzen).5
1 Vgl. hierzu etwa: Sühl-Strohmenger, Wilfried: Informationskompetenz und Studierfähigkeit – Angebote der Universitätsbibliothek Freiburg für gymnasiale Seminarkurse. In: Bibliotheksdienst (2004) H. 1. S. 61–65. 2 Vgl.: Konzept zur Vermittlung von Informationskompetenz an Schüler der gymnasialen Oberstufe. Hrsg. vom Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg. http://www.informationskompetenz.de/standards-und-konzepte/(Stand: 12.08.2015). 3 Die Lerneinheit ist online frei verfügbar: https://wb-ilias.uni-freiburg.de/ilias.php?ref_id=37840&cmdClass=ilrepositorygui&cmdNode=of&baseClass=ilRepositoryGUI (Stand: 12.08.2015). 4 Vgl. hierzu: Sühl-Strohmenger, Informationskompetenz und Studierfähigkeit (wie Anm. 1). 5 Zu den hier herangezogenen Aspekten der Informationskompetenz vgl. Definition von informationskompetenz.de. http://www.informationskompetenz.de/glossar/?term=344 (Stand: 12.08.2015).
ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes
183
Wie suche ich Literatur zu einem Thema?
1. Vorbereitung
2. Recherche
4 PhasenModell 4. Weiterverarbeitung
3. Auswertung
WS 2010/2011
Universitätsbibliothek Freiburg
Abb. 1: 4-Phasen-Modell.
Angewendet auf Seminarkurse der gymnasialen Oberstufe bedeutet dies primär, die Schüler zu befähigen, selbstständig Literatur zum eigenen Seminarkursthema zu recherchieren, aufzufinden und ausleihen zu können. „Dabei ist die Schulung so ausgerichtet, dass die Schüler fachliche Literaturrecherche nach wissenschaftlich verwertbaren Quellen vom Prinzip her lernen, um dieses Wissen im Anschluss auch in anderen Kontexten einsetzen und auf andere Suchinstrumente transferieren zu können.“6 Grundlage des Konzepts ist das übergeordnete Lernziel: Suchen und Finden von Literatur in der UB Freiburg. Aus dessen Definition leiten sich Teillernziele ab, die mit Lernaktivitäten der Schüler verknüpft sind und so zu einer Verankerung führen. Da bereits in der Schule eine Vorbereitung stattfindet, ist es innerhalb der Schulung möglich, dass die Schüler zu ihrem eigenen Seminarkursthema recherchieren. Dies fördert unter anderem die intrinsische Motivation und hilft, den Lernerfolg zu sichern. Diese Vorbereitung beinhaltet die Erstellung einer Wortliste zum eigenen Thema inklusive der Einzelaspekte des Themas sowie zugehörige Synonyme, Oberund Unterbegriffe.
6 Vgl. Brunner, Antje, Anja Weinmann u. Katrin Rauhut: Durch selbstständiges Ausprobieren die Informationskompetenz stärken – ASK UB: Die Neukonzeption des Angebots für Seminarkurse an der Universitätsbibliothek Freiburg. In: BuB Forum für Bibliothek und Information (2012) H. 6. S. 460– 464.
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Antje Brunner, Katrin Rauhut
Die Lernziele sind im Einzelnen: Das Erkennen des eigenen Informationsbedarfs, die Prinzipien der Recherche im Katalog plus 7 kennen, die Benutzung der UB Freiburg sowie das Erkennen wissenschaftlich qualitativer Quellen. Diese Lernziele werden mit entsprechenden Lernaktivitäten gekoppelt, die zum langfristigen Lern erfolg führen. Als Lernaktivitäten sind hierbei definiert: Das Erstellen der Wortliste und selbstständige Recherche zum eigenen Seminarkursthema, die Suche im Katalog plus, die Signatursuche am Bücherregal sowie das Bestellen und Ausleihen von Medien und das Verfassen der Seminarkursarbeit.
Organisation Neben der didaktischen Konzeption wurde in den vergangenen Jahren die interne Organisation verbessert. Der grundsätzliche Leitgedanke ist, die sprunghaft gestiegene Nachfrage mit einem stärker strukturierten, effektiven Konzept adäquat zu bedienen. Dadurch wurde die Terminabsprache zwischen Schulen und UB verbessert, die interne Koordination von Raum, Dozent und Terminwunsch der Schulen vereinfacht sowie die Lehrer durch Vor- und Nachbereitung in der Schule stärker einbezogen. Wichtig ist ein einfaches Anmeldeverfahren, das mit dem Online-Terminbuchungssystem termidat8 realisiert wurde. Dieses System verwaltet alle Termine für einen bestimmten Raum und kann zur Buchung des Raumes durch Externe in die eigene Website integriert werden. Die Schulen können so sofort sehen, ob der Raum zum gewünschten Termin frei ist und diesen direkt online buchen. Sie erhalten automatisch eine Bestätigungsmail ihrer Buchung und können diese bis zur endgültigen Zusage seitens der UB auch wieder löschen oder verändern. Innerhalb der UB wird ein passender Dozent aus einem Pool von Fachreferenten und Bibliothekaren der Informationsdienste gesucht, der den Termin übernehmen kann. Ist ein Dozent gefunden, wird der Termin bestätigt und zugleich ein Recherchefahrplan inklusive einer Vorlage der Wortliste und ein Handout an die Schule vermittelt.
7 Der Katalog plus ist der von der UB Freiburg entwickelte Online-Katalog. Zu diesem siehe etwa: Katalog plus – die Freiburger Lösung zur Kombination von lokalem Katalog und globalem RDS-Index. In: Südwest-Info: Mitteilungsblatt des VDB-Regionalverband Südwest (2011) H. 24. S. 10–16. 8 Das Online-Terminbuchungssystem termidat der Gaus Softwaretechnik GmbH: www.termidat.de (Stand: 12.08.2015).
ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes
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Evaluation und Verbesserung des bestehenden Konzepts In bestehender Form wurde das Schulungskonzept zwei Jahre durchgeführt. Um den Nutzen der Veranstaltung und den Erfolg der Schulungsmaßnahmen zu bewerten, wurde im Gespräch mit Lehrpersonen und Schülern stets ein Feedback eingeholt. Die Einschätzungen innerhalb des Dozentenkreises hinsichtlich der Erfüllung der Lernziele der Veranstaltung waren unterschiedlich. So wurde beispielsweise bemerkt, dass die Schüler die Wortlisten vor dem Besuch der Schulung nicht vorbereiten und so während der Schulung keine effiziente Recherche zum Thema durchführen konnten. Die Einschätzung nach den Schulungsterminen war zudem, dass nur wenige Schüler tatsächlich Bücher der UB ausleihen. Lehrer bestätigten auch immer wieder, dass Schüler eher auf frei verfügbare Online-Quellen ausweichen, statt sich ein Buch auszuleihen. Diese subjektiven Eindrücke und Resonanzen waren die Grundlage dafür, das bestehende Konzept objektiv zu evaluieren. Um eine Veranstaltung zur Vermittlung von Informationskompetenz evaluieren zu können, sollte die summative Evaluationsmethode gewählt werden, d. h. es soll zusammenfassend am bestehenden Lehrkonzept und nicht entwicklungsbegleitend (formativ) bewertet werden. Da „[…] handlungsorientiertes Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt werden, bringt diese Methode i. d. R. die besseren Ergebnisse, die unmittelbar Anwendung in der Praxis (der Lehrenden und Lernenden) finden.“9
Lehrerumfrage Um ein repräsentatives Feedback zu erhalten und auch den langfristigen Lernerfolg der Schüler zu erfragen, wurde eine Online-Umfrage konzipiert. Da die Schüler einmalig zum Schulungstermin erscheinen und die dauerhafte Festigung der vermittelten Kompetenzen deshalb nicht überprüfbar ist, ist der langfristige Lernerfolg eine Unbekannte, die mit diesem Evaluationsmittel erfragt werden kann.
9 Vgl. hierzu: Straub, Martina: Lernerfolgskontrolle, Evaluierung und Messung der Informationskompetenz. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 407–420.
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Antje Brunner, Katrin Rauhut
Konzeption und Durchführung der Umfrage Fragen Bei der Konzeption der Umfrage wurden die wichtigsten Fragen und Themen berücksichtigt, die für die Neukonzeption des bestehenden Schulungsangebots relevant waren. Erste konzeptionelle Ideen waren die Vorbereitung der Wortlisten verpflichtender zu gestalten und die Schulungsinhalte um das Thema Online-Quellen zu ergänzen und dies in einer Online-Lerneinheit umzusetzen. Antwortmöglichkeiten waren zum Teil vorgegeben (Mehrfachnennungen möglich), freie Eingabefelder ließen zusätzlich offene Antworten zu. Es wurden zwölf Fragen entwickelt, welche in mehreren Pretests erprobt und angepasst wurden. Für die erste Pretest-Phase standen Kollegen zur Verfügung, in der zweiten Phase wurden die Fragen von zwei Lehramtsstudierenden getestet. Zu folgenden Themen wurden Fragen entwickelt: – Wurden Bücher ausgeliehen und verwendet? – Vorbereitung der Veranstaltung / Wortlisten. – Verfassen der Seminarkursarbeit (Verwendung von Quellen). – Verbesserung/Ergänzung des Bestehendes Schulungskonzepts.
Umfragetool Für die Umsetzung fiel die Wahl auf das kostenfreie Tool SoSci Survey10, welches für akademische Befragungen ohne kommerziellen Hintergrund kosten- und werbefrei ist.
Zielgruppe Insgesamt wurden 145 Lehrer per E-Mail angeschrieben, die mit Ihren Schülern eine ASK UB-Schulung besucht hatten.
Umfrageergebnisse Der Rücklauf lag bei 45 ausgefüllten und auswertbaren Fragebögen, was etwa einem Drittel entspricht. Eine Auswahl an Fragen und Ergebnissen:
10 https://www.soscisurvey.de/(Stand: 12.08.2015).
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ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes
Die Einschätzung, dass nur wenige Schüler Bücher ausleihen und diese für ihre Seminarkursarbeit verwenden, wurde nicht bestätigt. Ein Großteil der Lehrer gibt an, dass die Schüler Bücher ausgeliehen haben. Frage: „Haben die Schüler(innen) während ihres Besuchs in der UB Bücher zu Ihrem jeweiligen Thema gefunden und anschließend ausgeliehen?“
27
9
6
Ja, ein Großteil hat etwas ausgeliehen
Ja, einige haben etwas ausgeliehen
Nein, niemand hat etwas ausgeliehen
40 35 30 25 20 15 10 5 0
Abb. 2: Bücher.
Die Ergebnisse aus anderen Fragen zeigten, dass die Überlegung, das Konzept um wissenschaftliches Arbeiten mit Online-Quellen zu ergänzen, richtig ist. Frage: „Welche Quellen haben Ihre Schüler für ihre Arbeit verwendet?“ 0 Bücher Wikipedia Frei verfügbare Internetquellen (z.B.) Artikel aus Zeitschriften und Sammelbänden Ergebnisse aus Interviews Filmbeiträge Sonstiges (z.B.)
Abb. 3: Quellen.
5
10
15
20
25
30
35
40
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Antje Brunner, Katrin Rauhut
Die Idee, eine Online-Lerneinheit zu schaffen, wurde positiv aufgenommen. Die Punkte Beurteilung und Verwendung von Internetquellen wurden als wichtige Inhalte für ein solches Angebot genannt. Frage: „Fänden Sie es gut, wenn das ASK UB-Angebot um eine Online-Lerneinheit ergänzt werden würde?“ 40 35 30 25 20 15 10 5 0
34
6
1 Ja
Nein
Weiß nicht
Abb. 4: Online-Lerneinheit.
Frage: „Welche Inhalte, rund ums wissenschaftliche Arbeiten, würden Sie sich in einer solchen Online-Lerneinheit der UB wünschen?“ 0
5
Themenfindung
10
15
20
25
16
Allgemeine Recherchetechniken
26
Zitierregeln
21
Internetquellen beurteilen
30
Internetquellen nutzen
23
Quellen auswerten
24
Google Scholar
15
Fachportale und Virtuelle Fachbibliotheken (ViFa)
19
Datenbanken (z.B.) Sonstiges (z.B.)
30
15 3
Abb. 5: Inhalte Online-Lerneinheit.
Die Wortliste wird nur von einem Teil angemessen vorbereitet. An diesem Punkt muss eine konzeptionelle Verbesserung stattfinden. Frage: „Haben Sie die Wortliste (Suchbegriffe zum Seminarkursthema) erarbeiten lassen?“
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ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Ja, in einer Vorbereitungsstunde in der Schule.
10
Ja, als Hausaufgabe (kontrolliert).
10
Ja, als freiwilliges Angebot.
10
Nein, das habe ich versäumt.
2
Nein, ich hatte keine Zeit dafür.
2
Nein, ich habe die Wortlisten nicht für sinnvoll gehalten.
1
Abb. 6: Wortlisten.
Neukonzeption Zwei verschiedene Einflussgrößen führten letztlich zur Neukonzeption bzw. zur Erweiterung der bestehenden Konzeption um eine Online-Lerneinheit. Einerseits wurde durch die Lehrerumfrage der Punkt „Erweiterung um OnlineQuellen“ als Wunsch der Lehrer für einen neuen inhaltlichen Schwerpunkt definiert. Zum anderen beinhaltete der Trend, dass Schulen zum Teil einen sehr weiten Anfahrtsweg zur UB haben, dass zunehmend ASK UB-Schulungen mit Schülern durchgeführt werden, die nach der Schulung die Bibliothek nicht regelmäßig nutzen können. Da der zeitliche Rahmen von 90 Minuten für eine ASK UB-Schulung aus personellen Kapazitätsgründen nicht ausgeweitet werden kann, konnte am Präsenztermin nur wenig optimiert werden. Deshalb wurde das Schulungsangebot um eine OnlineLerneinheit auf einer Lernplattform ergänzt. Diese erfüllt zum einen den ergänzenden Zweck für die Kurse, die sich mehr Zugang und Information zu Online-Quellen erhoffen und stellt darüber hinaus für Kurse, die einen weiten Anfahrtsweg haben, einen kompletten Ersatz des Präsenztermins in der UB dar. Da für Letztere die Präsenzveranstaltung, die ja auf die lokalen Gegebenheiten angepasst ist, ohnehin nur bedingt sinnvoll ist, wurde die Online-Lerneinheit so entwickelt, dass sie auch ohne einen Besuch der UB angewendet werden kann. Folglich konnte daraufhin das Einzugsgebiet genauer definiert und somit auf einen Umkreis von 30 Kilometer festgesetzt werden. Dies ist ein für die Schulen realistisch gewählter
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Antje Brunner, Katrin Rauhut
Umkreis, der zudem innerhalb des Dozentenpools der UB zu ein wenig Entlastung führen soll.
Inhaltliche Konzeption der Online-Lerneinheit Didaktisches Konzept Bei der Erstellung des didaktischen Konzepts wurden stets die folgenden Punkte11 im Blick behalten: – Lernumgebung auswählen/geeignete Infrastruktur finden, – Lernziele formulieren, – Lernaufgaben auswählen, – Lerninhalte erstellen und verschiedene Lerntypen im Blick behalten, – Durchführungsplan erstellen, – multimediale Inhalte festlegen.
Aufbau der Leineinheit Der Aufbau der Lerneinheit orientiert sich an den 4-Phasen, die auch im Präsenztermin Anwendung finden: (1) Vorbereitungsphase – Analyse des eigenen Seminarkursthemas, – geeignete Suchbegriffe für die Recherche finden, – eine Wortliste für die Recherche erstellen, – Medienarten und Publikationstypen kennenlernen. (2) Recherchephase – Tipps zur Recherche, – Zusammenstellung von Suchinstrumenten und -möglichkeiten (z. B. wissenschaftliche Suchmaschinen und Fachportale). (3) Auswertungsphase – Qualität der Suchergebnisse – auch von Interentquellen – bewerten. (4) Weiterverarbeitungsphase – Informationen und Tipps zum korrekten Zitieren, – Hinweise zu Literaturverwaltungsprogrammen.
11 Diese Auflistung orientiert sich an: Arnold, Patricia: Handbuch E-Learning. Lehren und Lernen mit digitalen Medien. 4. erw. Aufl. Bielefeld: Bertelsmann 2015.
ASK UB – Evaluation und Weiterentwicklung eines Schulungskonzeptes
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Modul 1 soll zur Vorbereitung des Präsenztermins dienen und im Vorfeld gemacht werden. Dies verpflichtet die Schulen auch verstärkt zur Vorbereitung der Wortlisten. Die entstandenen Wortlisten sollen zum UB-Besuch mitgebracht werden. Module 2, 3 und 4 dienen der Vertiefung und Ergänzung des Gelernten. Da in den Präsenzterminen die UB und ihre Bestände im Fokus sind, wird in der Online-Lerneinheit das Thema „Online-Quellen“ verstärkt aufgegriffen. Es werden neben Recherchetipps für den Bibliothekskatalog z. B. auch Tipps für die Recherche in Online-Quellen und eine Sammlung von frei verfügbaren, wissenschaftlichen Online-Suchinstrumenten zur Verfügung gestellt. Schüler, die keine ASK UB-Schulung besuchen, können die Lerneinheit jederzeit unabhängig von einem Präsenztermin durcharbeiten.
Technische Lösung auf ILIAS Das „Lernportal wissenschaftliche Weiterbildung und offene Bildungsressourcen (OER)“12 der Universität Freiburg auf ILIAS wurde gewählt, da es auch Nicht-Mitgliedern der Uni Freiburg offen im Internet zur Verfügung steht.
Fazit Gelerntes verknüpfen und langfristigen Lernerfolg nachweisen – diese Lernziele stehen im Mittelpunkt vieler Schulungskonzepte, so auch im Konzept von ASK UB. Werden diese Lernziele bei den Kursteilnehmern schlussendlich auch erreicht und finden die Schulungsbemühungen auf lange Sicht Anwendung bei den Kursteilnehmern? Wurden die angestrebten Kompetenzen vermittelt und in den Schulalltag transferiert? Müssen Konzepte neu durchdacht und optimiert werden? Um diese Fragen angemessen beantworten zu können, bedarf es einer Veranstaltungsevaluation. Viele Veranstaltungen zur Informationskompetenz sind einmalige Kurse oder Workshops, oft eingebunden in eine andere Veranstaltung. Selten sieht man die Kursteilnehmer ein zweites Mal und man muss sich dem Problem stellen, wie sich eine Lernerfolgskontrolle gestalten kann und wie die Ergebnisse messbar werden können. Im Bereich der Seminarkursschulungen können die Lehrer die richtige Zielgruppe für eine Evaluation sein.
12 „Lernportal wissenschaftliche Weiterbildung und offene Bildungsressourcen (OER)“ der Uni Freiburg auf ILIAS https://wb-ILIAS.uni-freiburg.de/goto.php?target=root_1&client_id=unifreiburgwb (Stand: 12.08.2015).
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Im Beispiel der Bewertung von ASK UB wurde die summative, ergebnisorientierte Evaluationsmethode einer Lehrerumfrage gewählt. Als Ergebnis dieser Evaluation lässt sich festhalten, dass die vermittelten Inhalte angenommen wurden, dies aber zum Großteil auch mit der richtigen Vorbereitung der Schüler und Lehrer auf die Veranstaltung in Zusammenhang gebracht werden kann. Hier müssen langfristig also die Schulen und Lehrpersonen verpflichtend eingebunden werden. Der klare Wunsch nach einer Ausweitung der Schulungsinhalte um Online-Quellen konnte bereits mit einer Online-Lerneinheit erfüllt werden. Diese gewährleistet ein flächendeckendes Angebot für alle Schulen und optimiert die Vor- und Nachbereitung der Präsenzveranstaltung.
Hochschulstudium Der Hochschulbereich bildete in Deutschland von Anfang an, als das Thema Informationskompetenz aufkam, den Kernbereich der Bemühungen von Wissenschaftlichen Bibliotheken, ein Schulungs- und Kursangebot insbesondere für Studierende der Eingangssemester zu etablieren. Inhaltlich konzentrierten sich diese Angebote über weite Strecken auf Grundkenntnisse der Katalog- und Datenbankrecherche, auf das Beschaffen der Literatur und auf Internetsuchmaschinen. Informationskompetenz im anspruchsvollen Sinn „als ein versierter, reflektierter und flexibler Umgang mit dynamischen, komplexen Informationsumwelten“ (Anne-Kathrin Mayer) konnte mit diesem begrenzten Format indes nur rudimentär entwickelt und gefördert werden. Zudem kamen weitere Zielgruppen wie fortgeschrittene Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden oder Forscherinnen und Forscher nur sporadisch in den Blick, und es gab kaum Fortschritte beim Bemühen, die Förderung von Informationskompetenz strukturell im Studium zu verankern. Insofern war es ein großes Verdienst der Hochschulrektorenkonferenz, als ihre Mitgliederversammlung im November 2012 Empfehlungen zur Informationskompetenz im Hochschulbereich verabschiedete, dabei vor allem auch die wissenschaftliche Forschung und die Hochschulleitung (Governance) einbezog. Dennoch bleibt die Förderung von Informationskompetenz durch Hochschulbibliotheken eine Herausforderung für die Breite des Studiums, insbesondere an Massenuniversitäten. Neue Entwicklungen bei der Förderung von Informationskompetenz an Hochschulen für Angewandte Wissenschaft werden anhand des Modells an der Hochschule Ansbach veranschaulicht. Aus hochschuldidaktischer Sicht ist die Informationskompetenz im Zusammenhang mit forschungsorientiertem
Studium von Bedeutung, sodann kristallisiert sich heraus, dass wissenschaftliches Schreiben, Schreibwerkstätten und Informationskompetenz miteinander zu verzahnen wären. In der KIT-Bibliothek Karlsruhe erfolgt die Ausbildung von Lernkompetenz als zentrale Komponente von Informationskompetenz, und wie Institutsbibliotheken Blended Learning zur Unterstützung von Bachelor-Arbeiten einsetzen können, belegt ein Modellkurs der Philosophischen Fakultät an der Universität Zürich. Die institutionelle Verankerung der Förderung von Informationskompetenz ist vielfach noch ungelöst. Am Beispiel der Universitätsbibliothek Bern wird exemplarisch dargelegt, wie so etwas im Hochschulkontext funktionieren könnte.
Ulrich Meyer-Doerpinghaus
Förderung wissenschaftlicher Informationskompetenz in deutschen Hochschulen Abstract: Nach dem neuen Verständnis, das die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) dem Begriff „Informationskompetenz“ zugrunde legt, sind nicht nur Lernende und Lehrende, sondern auch die Verwaltung und die Hochschulleitung aufgerufen, ihre Informationskompetenz auszubauen. Die daraus resultierende zentrale Bedeutung der Bibliotheken für die gesamte Hochschule sollte von jenen als Chance begriffen werden. Aktuell stellt insbesondere das Forschungsdatenmanagement neue Anforderungen an die Vermittlung von Informationskompetenz. Mit der Ausweitung des Begriffs und den damit verbundenen Anforderungen geht eine Differenzierung und Diversifizierung auch der Orte und Methoden einher, mittels derer Informationskompetenz an der Hochschule gelehrt und angeeignet wird. Die Vermittlung von Informationskompetenz sollte als zentraler Bestandteil wissenschaftlicher Informationsinfrastrukturen verstanden werden, deren Aus- und Aufbau einer stärkeren übergeordneten koordinierenden Aktivität wie auch besonderer finanzieller Impulse bedürfen. Keywords: Forschungsdatenmanagement, E-Learning, Blended Learning, Open Educational Resources, wissenschaftliche Informationsinfrastrukturen
„Informationskompetenz“ – eine neue Definition der Hochschulrektorenkonferenz Auch wenn sich der Begriff „Informationskompetenz“ längst nicht mehr nur auf das information retrieval reduzieren lässt und damit die Ausweitung des Begriffs als allgemein akzeptiert gelten darf,1 sei doch an das neue Begriffsverständnis der Hoch-
1 Vgl. z. B. Schoenbeck, Oliver: Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 85–93. Ulrich Meyer-Doerpinghaus ist Kommunikationsleiter der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und fachlich verantwortlich für das Thema „Zukunft der digitalen Information in Lehre und Forschung“. Er trug die redaktionelle Verantwortung u. a. für die HRK-Empfehlung „Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern“ (2012) und hat das Thema seitdem in zahlreichen Vorträgen und Aufsätzen weiterentwickelt.
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schulrektorenkonferenz (HRK) erinnert, das zwei Dimensionen beinhalt, von denen zumindest eine in der Community der Hochschulbibliothekarinnen und -bibliothekare immer noch ungewöhnlich klingt.2 Die erste, wenig überraschende Ausweitung, bezieht sich auf den inhaltlichen Gegenstandsbereich der Vermittlung von Informationskompetenz: Nicht nur das klassische information retrieval, sondern auch neue Praktiken und Methoden des Forschungsprozesses, die sich auf die zunehmende Bedeutung der digitalen Information zurückführen lassen, werden zu Gegenständen der Vermittlung von Informationskompetenz erklärt, z. B. das elektronische Publizieren, die Kommunikation in virtuellen Forschungsumgebungen oder das Forschungsdatenmanagement. Gewöhnungsbedürftig erscheint dagegen die andere, neue Dimension von „Informationskompetenz“: Sie besteht in der Anwendung des Begriffs auf die gesamte Organisation der Hochschule. Dabei wird der Terminus aus seinem bisher rein akademischen Verständnis herausgelöst und auch auf das Personal im Bereich der Services und der Verwaltung übertragen: Nicht nur Studierende und Lehrende hätten ihre Informationskompetenz zu stärken, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der internen Informationsdienstleistungseinrichtungen wie Bibliothek, Rechenzentrum oder E-Learning-Zentrum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung und – last but not least – die Hochschulleitung. Für die Hochschulbibliotheken, die bislang vornehmlich die Studierenden und die Lehrenden als erste Adressaten der Vermittlung von Informationskompetenz begriffen haben, impliziert jenes neue Begriffsverständnis eine besondere Konsequenz: Sie stehen als Vermittlerinnen von Informationskompetenz in enger Beziehung zum gesamten Organismus der Hochschule bzw. – wenn man die Vordringlichkeit der Vermittlung von Informationskompetenz gelten lässt – im Zentrum der Hochschule. Da sämtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Hochschule, seien sie im akademischen oder im administrativen Bereich beschäftigt, der Stärkung von Informationskompetenz bedürfen, sind sie auf die Unterstützung und die Dienstleistungen der Hochschulbibliothek angewiesen. Daraus ergibt sich aber auch eine neue Relevanz der Hochschulbibliothek aus Sicht der Hochschulleitung: Diese sieht die besondere Bedeutung der Bibliothek für die Entwicklung der Hochschule im digitalen Zeitalter und sucht mit jenen eine strategische Partnerschaft zur Weiterentwicklung der Organisation. Aus dieser neuen Rolle der Bibliothek ergeben sich aber auch besondere Anforderungen: Die Bibliothek sollte(n) sich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Hochschule gegenüber als Vermittlerin von Informationskompetenz anbieten, ihre Dienstleistungsangebote aktiv darstellen und die neue Rolle auch in ihrem Selbstver-
2 Hochschulrektorenkonferenz: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung vom 20.11.2012. http://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Entschliessung_Informationskompetenz_20112012_01. pdf (Stand: 18.09.2015), siehe zum Folgenden insbesondere S. 5 ff.
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ständnis artikulieren. Entsprechend offensiv sollte(n) sie der Hochschulleitung(en) deutlich machen, wie sie die neue, zentrale Rolle ausfüllen können (kann). Erst dann wird die Hochschulbibliothek in die Rolle hineinwachsen können, die sie im digitalen Zeitalter ausfüllen kann.
Ein neuer Fokus: Informationskompetenz im Kontext des Forschungsdatenmanagements Eines der wichtigsten innovativen Handlungsfelder der Forschung, das im Zuge der Digitalisierung von Information entstanden ist, ist das Management von Forschungsdaten.3 Dabei handelt es sich nicht um einen neuen, zusätzlichen Aspekt von Forschung, sondern um ein übergreifendes, sämtliche Gesichtspunkte von Forschung umfassendes Thema: Digitale Forschungsdaten werden in exponentiell wachsenden Volumina produziert („Big Data“) und der Anteil der digitalen im Verhältnis zu analogen Forschungsdaten ist entsprechend in beständigem Wachstum begriffen. In nahezu allen Wissenschaften gewinnen Forschungsdaten zunehmend an Relevanz, da sie neue Analyseverfahren ermöglichen und auf diese Weise innovative Wege der wissenschaftlichen Erkenntnis eröffnen. Da Forschungsdaten die Wiederholbarkeit und Verifizierbarkeit von Forschungsergebnissen auf eine neue Grundlage stellen, haben sie eine maßgebliche Bedeutung für die „gute wissenschaftliche Praxis“.4 Der Umgang mit Forschungsdaten stellt völlig neue Anforderungen an die Informationskompetenz der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einerseits und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Dienstleistungseinrichtungen (Bibliothek, Rechenzentrum, E-Learning-Zentrum) andererseits. An jeder Stelle des so genannten Data Life Cycle – von der Datenproduktion und der Datenspeicherung über die Datenanalyse und Datenbeschreibung, bis hin zur Datenpublikation und der neu generier-
3 Nach einer Definition von Maxi Kindling und Peter Schirmbacher sind digitale Forschungsdaten „alle digital vorliegenden Daten, die während des Forschungsprozesses entstehen oder ihr Ergebnis sind. Der Forschungsprozess umfasst dabei den gesamten Kreislauf von der Forschungsdatengenerierung, z. B. durch ein Experiment in den Naturwissenschaften, eine dokumentierte Beobachtung in einer Kulturwissenschaft oder eine empirische Studie in den Sozialwissenschaften, über die Bearbeitung und Analyse bis hin zur Publikation und Archivierung von Forschungsdaten. Digitale Forschungsdaten entstehen in allen Wissenschaftsdisziplinen und unter Anwendung verschiedener Methoden, abhängig von der Forschungsfrage. Dies hat zur Folge, dass sie in unterschiedlichen Medientypen, Aggregationsstufen und Datenformaten auftreten.“ (Kindling, Maxi u. Peter Schirmbacher: „Die digitale Forschungswelt“ als Gegenstand der Forschung. In: Information. Wissenschaft & Praxis 64 (2013) H. 2–3. S. 137–148, hier S. 130. http://dx.doi.org/10.1515/iwp-2013-0020 (Stand: 18.09.2015)). 4 League of European Research Universities: LERU Roadmap for Research Data, LERU Research Data Working Group. S. 5 f. http://www.leru.org/files/publications/AP14_LERU_Roadmap_for_Research_ data_final.pdf (Stand: 18.09.2015).
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ten Projektidee5 – werden von der einen wie von der anderen Seite je neue Kompetenzen gefordert. Bei der Datenerstellung etwa kommt es darauf an, zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß Daten neu zu erheben sind oder ob auf bereits vorhandene Datenbestände zurückgegriffen werden kann. Hier wird nicht nur von der Wissenschaftlerin bzw. von dem Wissenschaftler eine entsprechende Kenntnis der verfügbaren Datenbestände verlangt, sondern die mit dem Forschungsdatenmanagement befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek sollten auch ihre Kompetenzen zum Bestand und zur Nutzung der bestehenden institutionellen und fachlichen Repositorien einbringen. Beim Transfer von Daten aus solchen Beständen in die persönliche Arbeitsumgebung der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers ist wiederum das Rechenzentrum der Hochschule mit seinen Unterstützungsleistungen gefragt. Bei der selbstständigen Datenproduktion sind insbesondere in den Naturund Ingenieurwissenschaften sowie der Medizin komplexe Entscheidungsparameter wie geeignete technische Apparaturen und das Erhebungsdesign, bei der Integration aus bestehenden Datenpools Kosten- und Urheberrechtsfragen besonders zu beachten. Das Datenmanagement (vor der Publikation) stellt sodann große Anforderungen an die Auswahl und ggf. Löschung von Daten sowie an deren Beschreibung und Zugänglichmachung im Rahmen des Data Sharing. Hier sollte bereits Vorsorge dafür getragen werden, dass die Daten zu einem späteren Zeitpunkt von Dritten wiederverwendet werden können. Eine besondere, traditionell im Umgang mit Publikationen bewährte Kompetenz kann die Hochschulbibliothek dabei vor allem mit Blick auf die Beschreibung der Daten durch Metadaten einbringen. Deshalb sollte die Wissenschaftlerin bzw. der Wissenschaftler auf das Angebot der Bibliothek zurückgreifen, sie bzw. ihn bei der Datenbeschreibung zu unterstützen. Bei der Publikation der Daten stehen vor allem die Auswahl eines geeigneten Repositoriums, die Wahl eines passenden Persistent Identifier-Systems, und wiederum Fragen der Datenauswahl und -aufbereitung sowie schließlich auch die Darstellung und Visibilisierung der Daten auf der Agenda. Auch bei diesen Schritten ist sowohl die Kompetenz der Wissenschaftlerin bzw. des Wissenschaftlers als auch der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliothek gefragt. Um die Herausforderung zu bewältigen, die Daten für die Lehre aufzubereiten und in verständlicher Weise darzustellen, kann das E-Learning-Zentrum mit seinen Kompetenzen die adäquate Unterstützung geben.
5 Zur Veranschaulichung siehe das Schaubild auf folgender Internetseite: http://www.data-archive. ac.uk/create-manage/life-cycle (Stand: 18.09.2015).
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Neue Orte und Formen der Vermittlung von Informationskompetenz an der Hochschule Mit der Ausweitung des Begriff „Informationskompetenz“ und den damit verbundenen Anforderungen geht eine Differenzierung und Diversifizierung auch der Orte und Methoden einher, mittels derer Informationskompetenz an der Hochschule gelehrt und angeeignet wird. Vor allem sind es nicht mehr nur formelle Lehrangebote, die der Aneignung von Informationskompetenz dienen, sondern vermehrt auch das selbstgesteuerte Lernen im Netz, insbesondere in fachlichen Communities. Zunehmend wird auch der früher übliche Präsenzunterricht ergänzt durch E-Learning-Elemente im Sinne des Blended Learning. Die Hochschulen, und das heißt vor allem die Hochschulbibliotheken in Zusammenarbeit mit den Fakultäten und Fachbereichen, entwickeln in zunehmender fachlicher Differenzierung E-Tutorials, Online-Tests oder Webquests, die sich einer steigenden Nachfrage der Lehrenden und Lernenden erfreuen.6 An Relevanz gewinnen, wegen ihres didaktischen Vorteils und ihrer ansprechenden, zielgruppengerechten Aufbereitung, derzeit vor allem auch szenariobasierte Lernvideos.7 Gerade mit Blick auf das Forschungsdatenmanagement setzen sich neue Lehrformate durch, die die Vermittlung des Ideals einer partizipativen und offenen Kommunikationskultur in den Vordergrund stellen, und insbesondere auf den Einsatz digitaler Werkzeuge im kollaborativen Forschungsprozess, die Nutzung verschiedener Technologien im Netz, den Aufbau einer sozialen Identität, Fragen der Datensicherheit, das Verständnis freier Lizenzen, den Umgang mit verschiedenen Rollen in kollaborativen Umgebungen und den damit verbundenen rechtlichen Implikationen abzielen. Dabei kommt es im zunehmenden Maße zum Zugriff auf freie Bildungsressourcen (Open Educational Resources), die den Einsatz digitaler Werkzeuge für das netzbasierte Forschen in anschaulicher Weise verständlich machen.8
6 Siehe z. B. Steiner, Katrin: Einsatz von E-Learning bei der Vermittlung von Informationskompetenz: Konzept und Praxis der Universitäts- und Landesbibliothek Münster: http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Kommissionen/Kom_Infokompetenz/2015/Muenster_ULB_IKVermittlung_E-Learning_ULB_Muenster_Praesentation_Bibliothekartag_2015_Final.pdf (Stand: 18.09.2015). 7 Siehe z. B. die Lernvideos der Bibliothek Wirtschaft & Management der Technischen Universität Berlin: http://www.dbwm.tu-berlin.de/menue/kompetenzen_erwerben/lernvideos/(Stand: 18.09.2015). 8 Siehe z. B. das Projekt CoScience der Technischen Informationsbibliothek Hannover: http://blogs. tib.eu/wp/opensciencelab/(Stand: 18.09.2015).
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Die Vermittlung von Informationskompetenz als Teil der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen An den Hochschulen, insbesondere an den Hochschulbibliotheken, wird die Vermittlung von Informationskompetenz auf den verschiedenen Ebenen – für Studienanfängerinnen und -anfänger, für Fortgeschrittene sowie für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – seit Jahren mit großem Nachdruck vorangetrieben.9 Um den oben geschilderten formalen und inhaltlichen Wandel bei der Vermittlung von Informationskompetenz zu unterstützen, bedarf es allerdings einer verstärkten Koordination der Akteure im nationalen Rahmen, um alle Hochschulen auf den neuen Weg mitzunehmen und ein abgestimmtes und effizientes Zusammenwirken der Akteure zu ermöglichen. Entgegen der landläufigen Meinung, dass die wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen vor allem aus IT-Strukturen bestehen, sei an dieser Stelle betont, dass auch Personal und Dienste Teil jener Strukturen sind und deshalb die Vermittlung von Informationskompetenz ein zentraler Baustein der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen ist. Deshalb erscheint es notwendig, dass die Verantwortlichen in Politik und Hochschulen beim Auf- und Ausbau solcher Strukturen immer auch die notwendige Qualifizierung des Personals mitdenken und für die Finanzierung entsprechender Maßnahmen Sorge tragen.10 Mit einiger Spannung kann erwartet werden, welche Vorschläge der Rat für Informationsinfrastrukturen in dieser Hinsicht unterbreiten wird.
9 Siehe die Veranstaltungsstatistik der Internetseite www.informationskompetenz.de: http://www. informationskompetenz.de/veranstaltungsstatistik/(Stand: 18.09.2015). 10 Hochschulrektorenkonferenz, Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 2), hier S. 18.
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Informationskompetenz an Massenuniversitäten – Wherever, Whenever! Abstract: Die Informationskompetenzförderung durch Bibliotheksmitarbeiter an Massenuniversitäten steht vor einer Reihe von Herausforderungen. Nicht nur haben sich die Bedürfnisse und Ansprüche der Nutzer in den letzten 10 bis 15 Jahren durch die Allgegenwärtigkeit des Internets noch einmal stark verändert, Universitätsbibliotheken großer Universitäten sehen sich häufig mit zusätzlichen Problemen konfrontiert: Personal- und Zeitressourcen sind knapp und Präsenzschulungen können aus dem Grund oft nicht nachhaltig flächendeckend angeboten werden. Es muss nach neuen Lösungen und Ansätzen gesucht werden, die wahrscheinlich dort liegen wo auch die gesamte Veränderung begonnen hat: im Internet. Keywords: Informationskompetenzentwicklung, E-Learning, digitale Informationskompetenzförderung, Screencast, Tutorials, Universität, Universitätsbibliothek, Internet, E-Tutorials, Filme, Studierende
Herausforderung Internet Das Internet stellt die Bibliotheken immer noch vor zahlreiche Herausforderungen: Es entwickelt sich mit enormer Geschwindigkeit. Zusätzlich zu den Veränderungen im Netz verbessert und verändert sich auch stetig die begleitende Technologie. Smartphones und Tablets haben die Art der Nutzung des Internets erneut modifiziert, so wie auch zuvor schon die inzwischen allgegenwärtigen und zur Normalität gewordenen Notebooks. Bei den Kommunikationskanälen scheint es ebenfalls kein Ende der Entwicklung zu geben: Whatsapp leitet erfolgreich das Ende der SMS ein und Facebook und Twitter geraten bei den Jüngeren gegenüber Instagram und Snapchat
Medea Seyder absolvierte nach dem Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität und dem Studium der Orientalistik (Middle East Studies) an der Ben-Gurion University of the Negev in Israel das Bibliotheksreferendariat an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Sie ist seit 2009 an der Universitätsbibliothek der LMU München tätig und leitet dort das Referat Informationskompetenz, ist die Leiterin der Fachbibliothek Englischer Garten und Fachreferentin für Politikwissenschaft, Kommunikationswissenschaft, Ethnologie und Volkskunde. Sie ist Mitglied der landesweiten Arbeitsgruppe Informationskompetenz des Bibliotheksverbundes Bayern (AGIK), Redaktionsmitglied des Portals www.informationskompetenz.de und Mitglied der gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von dbv und VDB.
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bereits ins Hintertreffen.1 Innerhalb der nächsten Monate und Jahre werden weitere neue soziale Plattformen und Kommunikationswege auf den Markt stoßen. Die technologische und digitale Entwicklung, die in den 1980er und 1990er-Jahren ihren Anfang nahm, schreitet also voran und hat seit Beginn der 2010er-Jahre, mit der rasanten Verbreitung der Smartphones und Tablets, noch einmal stark an Fahrt aufgenommen: Man ist immer online, nie offline und Informationen jeglicher Art sind zu jeder Zeit und an jedem Ort über das Netz bzw. über das Smartphone in der Hosentasche verfügbar. Diese Entwicklung hat, wie vielfach in den Publikationen der Bibliothekscommunity diskutiert, enorme Auswirkungen auf Bibliotheken. Bibliotheken, und hier insbesondere die Universitätsbibliotheken mit ihrer naturgemäß jungen Zielgruppe, werden nicht darum herumkommen, sich noch intensiver mit ihrer eigenen Darstellung, ihren Services, ihrem Marketing und ihren Dienstleistungen, und dazu gehören auch die Angebote im Bereich der Informationskompetenz, im Netz auseinanderzusetzen.
Das Lern- und Studierverhalten der „neuen“ Nutzerinnen und Nutzer Die sogenannten „Millennials“, streckenweise auch bereits die Generation X, aber erst recht die Nutzerinnen und Nutzer, die in den 1990er-Jahren geboren wurden, die Generation Z, haben einen anderen Anspruch an Bibliotheken, wenn sie Bibliotheken überhaupt noch als Dienstleister in ihrem Blickfeld haben.2 Bereits 2008 stellte Anne-Marie Deitering in den USA fest: „It is impossible to think that growing up in a world where the Internet, cell phones, digital music, and Tivo have always been there has not had a major impact on how the net generation expects to learn.“3 Diese Feststellung der Autorin bezog sich noch auf die Studierenden, die in den 1980er-Jahren geboren worden waren und die heute, sofern sie im wissenschaftlichen Betrieb arbeiten, bereits als Doktoranden und wissenschaftliche Mitarbeiter an den Universitäten lehren und forschen. Markgren ergänzt die Beobachtung von Deitering und fasst sie noch weiter: „Members of gen Y, and increasingly all users, expect to find content
1 Vgl. Weigert, Martin: Bye, bye SMS. http://www.zeit.de/digital/mobil/2013-05/sms-ende-whatsapp (Stand: 27.08.2015). 2 Vgl. Wikipedia: Generation Y. https://de.wikipedia.org/wiki/Generation_Y (Stand: 27.08.2015). Siehe zum generationsspezifischen Informationsverhalten auch die Beiträge von Detlev Dannenberg bzw. von Anne-Katharina Weilenmann in diesem Band. 3 Deitering, Anne-Marie: Reflection and thinking and all of that stuff: learning, engagement, and the Net Generation. In: Our new public, a changing clientele. Bewildering issues or new challenges for managing libraries? Ed. by James R. Kennedy [u. a.]. Westport, CT [u. a.]: Libraries Unlimited 2008. S. 15–30, hier S. 15.
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quickly and easily. For a growing number of users, the content must be readily available online, or it will not be used.“4 Was bleibt, ist also die Tatsache, dass sich Lern- und Studiergewohnheiten und Kommunikationskanäle der Studierenden, und zu einem großen Teil inzwischen auch der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Professorinnen und Professoren, in den letzten 10–15 Jahren durch das Internet stark verändert haben: „The learning habits of the net generation have been shaped by the immediate availability of information and the ubiquitous presence of communication channels.“5 Bibliotheken wirken aber häufig auf Studierende immer noch wie „geschlossene Kästen“ oder „unbemannte Systeme“: Man kann dort zwar Bücher finden, bestellen und ausleihen, in den Lesesälen für die Klausuren lernen und eventuell auch Kommilitonen treffen, aber Kommunikation gestaltet sich bei Fragen schwierig. Die Kommunikationsmöglichkeiten, z. B. bei auftauchenden Rechercheproblemen, sind leider häufig immer noch auf Informations- und Serviceschalter und deren Öffnungszeiten beschränkt, die in der Regel eher an die Arbeitszeiten der Bibliotheksmitarbeiter angepasst sind als an das Lernverhalten oder den Arbeitsalltag der Studierenden. Häufig ist es zwar möglich, als Studierender eine Anfrage an eine Informations-E-Mail-Adresse zu senden, die man zuvor auf der Webseite der Bibliothek gefunden hat, aber in der Praxis scheinen Bibliotheken nur selten tatsächlich professionell mit diesen Anfragen umzugehen: Ticketsysteme oder sogar Chats setzen sich nur langsam in den Bibliotheken durch. Wann die Frage des oder der Studierenden beantwortet wird, erfährt sie somit im Voraus nicht, sondern es bleibt nur die Hoffnung, dass die Antwort noch vor Abgabe der Seminararbeit erfolgen wird.
Präsenzschulungen an Massenuniversitäten Aber nicht nur die Auskunfts- und Informationsangebote der Bibliotheken sind noch nicht überzeugend an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst, auch der Bereich der Informationskompetenz ähnelt noch zu sehr den Vorstellungen, die man zu Beginn der 2000er hatte: Die Studierenden kommen in die Präsenzveranstaltung der Universitätsbibliothek, im Idealfall ist die Bibliotheksveranstaltung sogar curricular eingebunden, und dort werden sie von dem Bibliothekar oder der Bibliothekarin mittels einer Datenbank- oder OPAC-Schulung „informationskompetent gemacht“ und anschließend schreiben sie ihre Seminar- oder Abschlussarbeit, ohne auch nur noch
4 Markgren, Suanne: Reaching out to Gen Y: adapting library roles and policies to meet the information needs of the next generation. In: Kennedy, Our New Public (wie Anm. 3), S. 46–54, hier S. 49. 5 Deitering, Reflection and Thinking (wie Anm. 3), hier S. 16.
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einmal bei der Recherche zu stolpern oder auf komplizierte Literaturbeschaffungsprobleme zu stoßen. So oder so ähnlich könnte es in der Theorie funktionieren, nur stehen insbesondere Universitätsbibliotheken sehr großer und großer Universitäten diesbezüglich vor einer Reihe von Problemen: Wie sollen drei bis vier MitarbeiterInnen und Mitarbeiter einer Universitätsbibliothek, die sich eventuell sogar mit einem größeren Stellenanteil im Bereich der Informationskompetenz engagieren, über 50.000 Studierende schulen, ganz gleich, ob curricular oder in offenen Veranstaltungen?6 Auch wenn noch weitere MitarbeiterInnen des Hauses unterstützend mitarbeiten, können diese Massen von Studierenden nicht flächendeckend von der Bibliothek in der Nutzung der Bibliotheksprodukte geschult oder in der Entwicklung von Informationskompetenz unterstützt werden. Dies gilt für sehr große Universitäten, wie zum Beispiel die Ludwig-Maximilians-Universität München, aber sicherlich auch für andere große Universitäten, wie zum Beispiel die Technische Universität München oder auch die Freie Universität Berlin. Und dieses Missverhältnis kann in Zeiten der Personal- und Ressourceneinsparungen auch schon kleinere Universitäten bzw. deren Bibliotheken betreffen. Der Wunsch, Studierende möglichst flächendeckend und zudem nach Möglichkeit noch curricular eingebunden im Bereich der Informationskompetenz zu unterstützen, wie es das HRK-Papier im Jahr 2012 forderte, dürfte an der Realität scheitern.7 Das Pro- und Contra in Bezug auf curricular eingebundene Bibliotheksveranstaltungen wurde in der Fachcommunity viel diskutiert, wobei die curriculare Einbindung immer als die Königsdisziplin für Bibliothekare galt.8 Bisher ist es aber immer noch so, dass einen Großteil der Veranstaltungen die sogenannten „freien“ Schulungen ausmachen, daran hat sich auch in den letzten Jahren wenig geändert.9
6 Vgl. Ludwig-Maximilians-Universität München: Zahlen und Fakten. Studierende/Studienplätze. http://www.uni-muenchen.de/ueber_die_lmu/zahlen_fakten/index.html (Stand: 27.08.2015). 7 Vgl. HRK Hochschulrektorenkonferenz: Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen. Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. http://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/0210-Publikationsdatenbank/Beitr-2013-01_Informationskompetenz.pdf (Stand: 19.08.2015). 8 Die Schwierigkeiten, die bei curricular eingebundenen Bibliotheksveranstaltungen häufig auftreten (Korrekturvolumen bei Hausarbeiten oder anderen Prüfungsleistungen, die auf Jahre eingegangene Verpflichtung gegenüber einer Fakultät oder eines Studiengangs, die Fragwürdigkeit der abgeprüften Inhalte) sind u. a. in diesem Aufsatz diskutiert worden: Vgl. Seyder, Medea: Einbindung der Informationskompetenzförderung in die Studiengänge – das Beispiel der Universitätsbibliothek München (Ludwig-Maximilians-Universität München). In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 261–270, hier S. 267 f. 9 Vgl. Informationskompetenz.de: Gemeinsame Schulungsstatistik 2014. Integration. http://www. informationskompetenz.de/fileadmin/DAM/documents/IKStatistk2014Integration.pdf (Stand: 27.08.2015).
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Neben der reinen Zahlenverhältnisproblematik, die insbesondere große Hochschulbibliotheken betrifft, gibt es noch weitere Gründe, die eine Abdeckung des Informationsbedarfs durch Präsenzschulungen schwierig gestalten: Auch Massenfächer mit einer sehr hohen Anzahl an Studierenden sind kaum, vor allem nicht flächendeckend, von den Schulungsbibliothekaren zu bewältigen, die Bachelorund Masterstudiengänge sind sehr dicht und lassen wenig Zeit für Veranstaltungen außerhalb der zu erbringenden Pflichtleistungen. Offene Präsenzschulungen werden manchmal willkürlich von den Bibliotheken terminiert, häufig werden Schulungen zu Zeiten angeboten, zu denen sich die Studierenden noch in den Vorlesungen und Seminaren befinden und über die Frage der Wirkungsmessung bezüglich der bibliothekarischen Präsenzveranstaltungen ist schon viel gesprochen, aber leider bisher zu wenig geforscht worden.10 Folgende Beobachtung von Horan, Kumar u. a. wird Schulungsbibliothekaren aus der Praxis bekannt vorkommen: Time and again, it has been found that students do not, or cannot, always listen, or hear, and comprehend everything an instructor says in class. Some students may feel that their skills and knowledge are sufficient or better than those being presented; Library anxiety also plays a role in the silence of the classroom. Students who have had no previous experience, no current learning goals, or no full understanding of what the course or degree goals are cannot relate to the importance of the presentations, although they may recognize some of the content.11
Es existiert also eine „Blackbox“ in Präsenzschulungen, die nur durch flächendeckende Evaluation und Wirkungsmessung aufgelöst werden könnte: Was hat der Studierende eigentlich genau verstanden und hat es ihm weitergeholfen? Und vielleicht sind Präsenzveranstaltungen auch nur die zweitbeste Wahl wenn es um einen guten IK-Support für Nutzer geht, denn am „point of need“ steht die Schulung nicht zur Verfügung.12 Wenn der Studierende die Hilfe tatsächlich benötigt, ist die zuvor besuchte Schulung bereits Wochen oder Monate her, aber das Rechercheproblem plötzlich präsent und ungelöst. An dieser Stelle könnte für den Nutzer eine Bildschirmfreigabe (screen sharing)13 mit einer virtuellen Beratung durch den Bibliothekar sinnvoll sein, denn dies ist der sogenannte „teachable moment“ in dem der
10 Die Germanistik, mit aktuell 6.000 Studierenden in den Bachelor-, Master- und Lehramtsstudiengängen an der LMU, ist ein anschauliches Beispiel für ein Massenfach an einer Universität. Vgl. Ludwig-Maximilians-Universität München: Institut für Deutsche Philologie an der LMU. http://www. germanistik.uni-muenchen.de/index.html (Stand: 27.08.2015). 11 Horan, Mark [u. a.]: Enhancing library instruction: creating and managing online interactive library tutorials for a wired generation. In: Kennedy, Our New Public (wie Anm. 3), S. 90–103, hier S. 91. 12 Vgl. Horan, Enhancing library instruction (wie Anm. 11), hier S. 91. 13 Vgl. Allan, Barbara: The no-nonsense guide to training in libraries. London: Facet Publishing 2013, hier S. 74.
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Nutzer eine hilfreiche, wichtige Information bekommen könnte, die ihm in seinem restlichen Studium nachhaltig weiterhelfen kann.14 Auf einen weiteren Bereich, der für Bibliothekspersonal die Folge von zahlreichen Präsenzveranstaltungen sein kann, ist bisher in der Fachcommunity noch wenig eingegangen worden: Schulungsmüdigkeit. Es wäre an der Zeit zu thematisieren, dass Schulungsbibliothekare, die über Jahre hinweg hunderte von Studierenden und Schülern in einer hohen Anzahl von Präsenzveranstaltungen schulen, nach einer gewissen Zeit auch Ermüdungs- und Verschleißerscheinungen spüren.15 Schüler- und Studierendengruppen immer wieder aufs Neue mit Elan und Engagement in z. B. die Literaturrecherche einzuführen strengt an und bietet, im Gegensatz zu den Inhalten, die Lehrer und Hochschuldozenten vermitteln müssen, leider nur begrenzt Variationsmöglichkeiten in der Vermittlung an: Der OPAC bleibt der OPAC, das ändert auch ein Discovery Service nicht, und auch Citavi bleibt trotz regelmäßiger Updates die gleiche Software mit den gleichen Grundfunktionen, die erklärt werden müssen. Schul- und Hochschullehrer können ihre Veranstaltungen inhaltlich wesentlich stärker variieren und die Abstände zwischen den sich wiederholenden Abschnitten ihres Stoffes sind größer. Unterschiedliche didaktische Schulungsformate sind für den Schulungsbibliothekar nur eine Zwischenlösung, da der Inhalt der Veranstaltungen grundsätzlich der gleiche bleibt.
Proaktive Informationskompetenzförderung im Netz An welcher Stellschraube kann nun die Universitätsbibliothek einer großen Universität mit einer hohen Studierendenzahl drehen, wenn sie dennoch ihre Nutzer bei der erfolgreichen Entwicklung von Informationskompetenz für Studium und Beruf unterstützen möchte?16 Sie kann proaktiv ins Netz gehen, denn „The biggest challenge for librarians is not teaching this generation, but reaching this generation. We need to reach them on their turf, on their terms, or risk losing them as patrons“.17 Die Bibliotheken müssen die Studierenden dort treffen, wo diese sich tatsächlich befinden und
14 Vgl. Schoenbeck, Oliver: Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe. In: ZfBB. Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 85–93, hier S. 87. 15 Die Verfasserin hat in den letzten sechs Jahren ca. 8.000 Studierende und Doktoranden in ca. 250 EndNote- und Citavi-Schulungen unterrichtet, das umfasst ungefähr das gesamte Schulungsvolumen einer mittelgroßen Universitätsbibliothek in einem Jahr. 16 Zur Diskussion der Begriffe Informationskompetenzvermittlung versus Informationskompetenzentwicklung vgl. Schoenbeck, Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe (wie Anm. 14), hier S. 85–86. 17 Markgren, Reaching out to Gen Y (wie Anm. 4), hier S. 49.
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nicht immer wieder versuchen, sie in die Bibliotheksveranstaltungen hineinzuzwingen, zu Terminen, die im Grunde nur der Bibliothek sinnvoll erscheinen. Nun ist E-Learning an sich nichts Neues und bereits seit fast zehn Jahren versuchen insbesondere Hochschulbibliotheken, ihre Nutzerinnen und Nutzer via E-Tutorials und E-Learning-Plattformen an den Bereich der Informationskompetenz bzw. deren Entwicklung heranzuführen.18 Mit der filmischen Vermittlung von Inhalten im Netz liegen die Bibliotheken auch grundsätzlich richtig: Ob es Fragen nach einer bestimmten Strickmethode, der Varianzberechnung für die nächste Statistikklausur oder zur Motorreparatur der eigenen Vespa sind: Jüngere Menschen informieren sich zu allen Themen im Netz und dort gerne auf Youtube. Youtube bietet Anleitungen, Erklärungen und Tutorials zu fast jedem akademischen und nicht-akademischen Thema. Universitäten und Non-Profit-Organisationen aus dem Bildungsbereich haben diesen Trend der Inhaltsvermittlung schon vor längerer Zeit erkannt und ihre eigenen Youtube-Kanäle eingerichtet. Ted Talks, Big Think, Khan Academy, MIT OpenCourseWare, YaleCourses, Harvard University, sie alle bieten auf ihren Kanälen Vorlesungen, Anleitungen, Interviews und Gesprächsrunden an: Der Zuschauer kann die Vorlesung oder Gesprächsrunde anschauen, sie auch nur nebenbei mitverfolgen oder sie mit Freunden über Smartphone und Tablet teilen und sich später über das Angesehene austauschen. Man stoppt das Video, wenn es zeitlich eng wird und schaut es erst dann weiter an, wenn man wieder Zeit hat: whenever, wherever. Die Pro und Contra-Punkte in Bezug auf die Methode E- Learning oder auch das Blended Learning sind inzwischen über die Pädagogik bzw. Didaktik hinaus bekannt. Dieser Vermittlungsweg hat selbstverständlich, neben seinen auf der Hand liegenden Vorteilen, auch seine Tücken und Nachteile.19 Auch die Wirkungsmessung von Online-Angeboten hat sich, ähnlich wie auch bei den Präsenzveranstaltungen, als sehr komplexes Thema erwiesen.20 Aber das Spektrum im virtuellen bzw. digitalen Bereich ist dennoch sehr groß: Tutorials, Schulungsfilme, Screencasts, Webinare,
18 Auf dem 104. Bibliothekartag in Nürnberg wurde von der gemeinsamen Kommission Informationskompetenz dbv/VDB die Gewinner des Best-Practice-Wettbewerbs zum Thema E-Learning vorgestellt. Vgl. Deutscher Bibliotheksverband e. V. (dbv): Best-Practice-Wettbewerb 2015. Thema: Der Einsatz von E-Learning bei der Vermittlung von Informationskompetenz. http://www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/informationskompetenz/best-practice-wettbewerb/2015.html (Stand: 27.08.2015). 19 Vgl. Allan, The No-nonsense guide to training in libraries (wie Anm. 13), hier S. 133–134. 20 Vgl. Lemke, Michael: Wie lernwirksam sind Online-Tutorials? Lernerfolgskontrolle und Evaluation bibliothekarischer E-Learning-Angebote. In: Perspektive Bibliothek (2014) H. 1. S. 59–84, hier S. 79 f. oder auch Zöller, Anthea: Online-Tutorials an wissenschaftlichen Bibliotheken. Ein Lern-Tutorial und Evaluationssystem für Bibliothekare. Wiesbaden: Dinges & Frick GmbH 2015 (b.i.t.online – Innovativ 53).
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Medea Seyder
Podcasts, E-Learning-Plattformen wie z. B. Moodle, Apps, Serious Gaming und MOOCs bieten eine Vielzahl didaktischer Möglichkeiten an.21
In der Sprache der Nutzerinnen und Nutzer – Service im Netz Die verschiedenen virtuellen und digitalen Kanäle können von den Universitätsbibliotheken genutzt werden, um eine große Anzahl Studierender zeit- und ortsunabhängig an die Entwicklung von Informationskompetenz heranzuführen. Hierbei sollten allerdings ein paar Punkte beachtet werden: Eine übertriebene Pädagogisierung, nicht nur der Präsenzveranstaltungen, sondern auch der Filme, Online-Kurse und E-Learning-Plattformen bewirkt oft entweder eine unzeitgemäße Behäbigkeit oder, beim Einsatz von Comicfiguren und anderen figürlichen Darstellungen, eine unfreiwillige Komik und Verkindlichung der Inhalte.22 Das kommt bei Studierenden, die schnelle Schnitte, knappe Inhalte und gutes Design gewohnt sind, eventuell, sofern es nicht exzeptionell professionell umgesetzt wurde, nicht gut an. Kommunikation auf Augenhöhe ist sehr zu empfehlen. Die herkömmlichen E-Tutorials der Bibliotheken sind häufig zu langatmig gestaltet und die sehr intensive Aufbereitung, die viel Geld und Zeit kostet, könnte durch kürzere Filme mit einem pragmatischeren Ansatz abgelöst werden: Mit einer Software wie z. B. Adobe Captivate wäre es möglich, kurze Screencasts für die Webseite, den Youtube-Kanal der Bibliothek oder auch die Auskunft bzw. den Support live im Büro abfilmen.23 Dafür benötigen die eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter allerdings ein ausreichendes Maß an Fehlertoleranz: Verspricht oder verklickt man sich bei dem Screencast, dann ist das nicht weiter problematisch, im Gegenteil es erhöht sogar die Authentizität des Films und damit des Supports. Senkt man die Produktionskosten und die Produktionszeit, dann ist es auch möglich mehr und aktuellere
21 Vgl. Jeude, Kirsten [u. a.]: MOOCs auf dem Vormarsch. Massive-Offene-Online-Kurse boomen in USA und Asien / Sollen sich Bibliotheken hierzulande auf den Trend vorbereiten? In: BuB. Forum Bibliothek und Information (2015) H. 1. S. 034–037, hier S. 034. 22 Vgl. Schoenbeck, Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe (wie Anm. 14), hier S. 85–86. 23 Der Support von Swiss Academic Software (Citavi-Hersteller) baut u. a. auf diesem Prinzip auf: Fragen zu Citavi werden mit kurzen Filmen bzw. Screencasts beantwortet, die per E-Mail an den Fragenden verschickt werden. Die Universitätsbibliothek der LMU München hat mit der Verwendung von kurzen Screencasts im Support auch bereits erste Erfahrungen gemacht. Studierende und Wissenschaftler reagierten äußerst positiv. Ein Studierender antwortete auf den Screencast, der ihm zur Beantwortung einer EndNote-Frage geschickt worden war: „[…], einfach super!! War selten so begeistert! Sie haben mir nebenbei zwei weitere Fragen beantwortet. Weiter so!“ (E-Mail-Antwort vom 21.04.2015).
Informationskompetenz an Massenuniversitäten – Wherever, Whenever!
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Filme zu produzieren. Und nur mit einem pragmatischen Produktionsansatz ist es möglich, durch Filme und E-Learning nicht nur den großen Nutzerkreis einer Massenuniversität zu versorgen, sondern auch tatsächlich Zeit zu sparen. Schoenbeck weist in seinem Artikel zur „Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe“ zudem auf die Problematik des Wordings bei Webseiten hin. Das Wording ist in Hinblick auf E-Learning-Produkte und Informationskompetenzförderung mindestens ebenso wichtig: „Bibliothekssprech“ ist so weit wie möglich zu vermeiden, die Kommunikation sollte, wie oben bereits erwähnt, in der Lebens- und Sprachwelt der Nutzer stattfinden. Man darf den Kundinnen und Kunden nicht die Fachsprache des eigenen Betriebs aufzwingen. Und auch Kommunikationskanäle, die der Nutzer aus seinem Alltag kennt, sind immer denen vorzuziehen, die dem Nutzer unbekannt sind, weil es reine Bibliotheksprodukte sind.24 Wenn abschließend die Frage gestellt wird, ob die Informationskompetenzförderung im Netz tatsächlich die Lösung des Massenproblems an großen Universitäten sein kann, dann muss an dieser Stelle auf die Fernuniversität Hagen verwiesen werden, die als größte Universität der Bundesrepublik ihre Lehre erfolgreich nur auf dieses eine Fundament gestellt hat. Im Jahr 2015 kann es Bibliotheksmitarbeitern auch passieren, dass sie von Wissenschaftlern gefragt werden, „ob man denn einen MOOC zu dem Thema hat“. Es wäre ein herausragender und zeitgemäßer Service, wenn in diesem Fall die Frage bejaht werden könnte.
24 Für eine umfassende Auswahl an Technologie- und Softwareempfehlungen für den Support und das E-Learning vgl. Allan, The No-nonsense guide to training in libraries (wie Anm. 13), hier S. 61–87.
Jens Renner
Bibliotheken an Hochschulen in Bayern: Bestandsaufnahme und Modell Ansbach Abstract: Seit dem Wintersemester des Jahres 2000 gibt es an der Hochschule (damals: Fachhochschule) Ansbach curricular verankerte Lehrveranstaltungen zum Bereich der Informationskompetenz. Bereits ein Semester früher war der Pilot an der damaligen Fachhochschule Ingolstadt gestartet. Fünfzehn Jahre später sind die Träume einer hundertprozentigen Abdeckung aller Studiengänge an allen Hochschulen nicht in Erfüllung gegangen. Vielmehr haben sich einzelne Hochschulbibliotheken in diesem Feld ganz besonders engagiert – auch, weil die jeweiligen Hochschulleitungen das zunächst neue Betätigungsfeld als bibliothekarisch einschlägig förderten. Andere Hochschulbibliotheken haben ebenfalls Aktivitäten entwickelt – aber nicht in einem Ausmaß, dass von einem gleichberechtigen dritten Standbein der Bibliotheksarbeit neben Medienerwerb und Mediennutzung gesprochen werden könnte. Für beide Entwicklungen gibt es gute Gründe und es trägt zur Vielfalt der bayerischen Bibliothekslandschaft bei, wenn an divergenten Hochschulen unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte der Bibliothek verwirklicht werden. Insofern kann und will der vorliegende Beitrag keine Gesamtschau der bibliothekarischen Leistungsfähigkeit der Hochschulbibliotheken in Bayern sein, sondern beschränkt sich auf den Fokus der Informationskompetenz an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Keywords: Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW), Hochschule Ansbach, Aktionstag, Lehrauftrag, Zielgruppen, Studiengänge, Didaktik, Methoden, Fachoberschule, Berufsoberschule, Literaturverwaltung, Promotion, Plagiarismus
Bibliothekskooperation zwischen bayerischen Hochschulbibliotheken Bayern verfügt über eine reiche Landschaft an Hochschulen. Insgesamt zwanzig Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) arbeiten mit ihren Bibliotheken Jens Renner ist seit 1997 als Leiter der Bibliothek an der Hochschule Ansbach tätig, darüber hinaus ist er seit dem Jahr 2012 auch Persönlicher Referent der Präsidentin und Pressesprecher der Hochschule. Als nebenamtlicher Lehrbeauftragter seiner Hochschule unterrichtet er seit dem Jahr 2000 in einer Vielzahl von Studiengängen. Dabei hat sich der anfängliche Fokus von Datenbankschulung und Recherchedokumentation immer weiter zu einer ganzheitlichen Sicht entwickelt, die den gesamten Schreibprozess abbildet. Da er meist in Tagesveranstaltungen unterrichtet, kommt dem Einsatz vielfältiger aktivierender didaktischer Methoden besondere Bedeutung zu.
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eng zusammen. Neben den 17 staatlichen HAW-Bibliotheken sind hier auch 3 kirchliche Hochschulbibliotheken der beiden großen christlichen Konfessionen vertreten. Für diese 20 Bibliotheken liegt ein vollständiges Bild des gegenwärtig erreichten Ausbaustandes in Sachen Informationskompetenzvermittlung vor.1 Zunächst ist festzuhalten: Es gibt heute keine Hochschulbibliotheken mehr, in deren Angebot sich keine Maßnahmen zur Förderung der Informationskompetenz befänden. Bibliothekseinführungen für Erstsemester sind ausnahmslos eingerichtet. An fünf von zwanzig Hochschulen ist diese Teilnahme verpflichtend. Allerdings scheint es eine Tendenz zu einem Aufweichen dieser Vorgabe zu geben, indem zumindest eine Hochschulbibliothek im Laufe des Jahres 2015 zugunsten einer Online-Einführung auf eine verpflichtende Präsenzveranstaltung verzichten wird. Alle HAWs haben in den vergangenen Semestern einen deutlichen Zuwachs an Studierendenzahlen zu verzeichnen gehabt, ohne dass dies in der Breite mit einem Aufwuchs der Beschäftigtenzahlen in den Bibliotheken hätte kompensiert werden können. So scheitert die verpflichtende Teilnahme oft am personellen Aufwand. Dass dieser nicht unbeträchtlich ist, zeigt das Ansbacher Beispiel: Fast 1.000 Erstsemester haben in Gruppen von maximal 16 Personen zu einer 60minütigen Einführungsveranstaltung zu erscheinen. Für die 7,00 Personalstellen ergibt dies samt Nachrücker-Terminen binnen drei Wochen 59 Veranstaltungen. Da sich von zehn Mitarbeitenden acht an diesem Programm beteiligen, ist dieser Aufwand auch zusätzlich zu den Herausforderungen eines Wintersemesterbeginns gut zu bewerkstelligen. Über 95 % der Erstsemester werden so faktisch erreicht. Nach der Startphase als Erstsemester absolvieren die Studierenden die Module ihrer Studiengänge. Auf zwei Wegen können bibliothekarische Veranstaltungen die Studierenden weiter begleiten: als eigenständige Lehrveranstaltung eines Bibliotheksmitarbeitenden oder aber integriert in die Lehrveranstaltung einer hauptamtlichen Lehrperson, d. h. in der Regel: einer Professorin oder eines Professors. Integriert in die Lehrveranstaltungen von außerbibliothekarischen Lehrenden haben sich an nahezu allen HAWs Beiträge der Bibliothek etabliert. Tatsächlich gibt es nur eine (allerdings große) Hochschulbibliothek, die kein solches Angebot in den Lehrbetrieb einbringen konnte. Dieser erfreuliche Gesamtbefund relativiert sich allerdings, wenn er einer quantitativen Betrachtung unterzogen wird. Zwar gibt es nicht wenige Hochschulbibliotheken, die einen solchen Beitrag in allen oder nahezu allen Bachelorstudiengängen verankern konnten. Etwa die Hälfte der Bibliotheken leistet diese Zuarbeit aber nur für einige wenige Studiengänge. In der Mehrzahl bleiben die zeitlichen Schulungsmöglichkeiten bei einer Dauer von meist um die 90 Minuten eng begrenzt. Nur in Ausnahmefällen (Ansbach, Ingolstadt) erreichen diese Formate halbe oder ganze Tage und können somit tiefergehend Inhalte verarbeiten.
1 An einer Umfrage vom Frühjahr 2015 haben alle 20 Bibliotheken teilgenommen, im Folgenden werden die wesentlichen Ergebnisse zusammengefasst.
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Konsequenterweise fallen auch die inhaltlichen Zuschnitte sehr heterogen aus. Selbstverständlich schulen alle Bibliotheken die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten der eigenen Bibliothek. Hier werden ausnahmslos auch die wichtigen E-Ressourcen und ihre Nutzung thematisiert. Mit diesem Grundstock enden aber bereits die Gemeinsamkeiten. Das Erstellen von Literaturverzeichnissen oder von Rechercheportfolios haben mit elf Bibliotheken eine Mehrheit auf der Agenda, das praktische Erproben von verschiedenen Zitiertechniken findet noch bei acht Bibliotheken Eingang in den Lehrstoff. Übungen zum ethisch richtigen Verhalten (gegen Plagiarismus etc.) berücksichtigen sieben Bibliotheken im Lehrplan. Weitergehende umfangreiche Praxisteile zum Erlernen des Wissenschaftlichen Schreibens sind nur in den zeitlich aufwändigeren Einheiten der Hochschulbibliotheken in Ansbach und Ingolstadt integriert.
Der Lehrauftrag als Königsweg? Einen Schritt weiter als bei der Einbindung in das Lehrprogramm eines Professors geht die Bibliothek, indem deren Mitarbeitende selbst Hochschullehrer werden und in selbst verantworteten curricular verankerten Veranstaltungen Studierende ausbilden. Dies kann sowohl als nebenamtlicher Lehrauftrag mit Vergütung wie auch als Teil der regulären Arbeitszeit mit einem Lehrauftrag ohne Vergütung erfolgen. Ein Zustandekommen dieser Lösung setzt zugleich das Interesse und die Befähigung des Bibliotheksmitarbeitenden wie auch in besonders hohem Maße die Bereitschaft der Fakultäten und Hochschulleitung zu einer Beauftragung von Bibliothekaren mit dieser Lehrtätigkeit voraus. In der Konsequenz bleibt diese Organisationsform von wenigen Ausnahmen abgesehen die Ausnahmelösung unter den Maßnahmen einer nachhaltigen Förderung von Informationskompetenz. An fünf Bibliotheken werden den betreffenden Bibliotheksmitarbeitenden Lehraufträge erteilt. Während sich an einem Ort diese Lösung nur auf sechs Einzelstunden zur Ergänzung eines größeren Lehrfaches bezieht, wird in Aschaffenburg und Nürnberg jeweils ein Lehrauftrag zur Erbringung während der Arbeitszeit vergeben. Nebenamtliche Lehraufträge mit Vergütung bestehen im Rahmen eines Allgemeinwissenschaftlichen Faches nur in Coburg und als breites Angebot mit dauerhaft sieben Lehraufträgen (verteilt auf zwei Personen) in Studiengängen der Hochschule Ansbach. Terminlich feste und inhaltlich fixierte Veranstaltungen außerhalb des Lehrbetriebes, also die einst klassische „Datenbankschulung“ der Bibliothek (in die Jetztzeit transferiert), bieten mit 17 Bibliotheken nahezu flächendeckend weiterhin alle Serviceeinrichtungen. Themen sind hier beispielsweise das Literaturverwaltungsprogramm Citavi, Lesetechniken, die Recherchevorbereitung, die Einführung in Kerndatenbanken zu Wissensgebieten oder auch der Umgang mit wissenschaftlichen Quellen allgemein.
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Zielgruppen der Bibliotheksveranstaltungen Der Sinn eines Engagements von Hochschulbibliotheken für Schulen wurde in den vergangenen Jahren immer stärker erkannt. Einerseits drängen die Schulen für die Wissenschaftspropädeutischen Seminare und Projekt-Seminare zur Studien- und Berufsorientierung in Vorbereitung des Abiturs an die Hochschulbibliotheken. Andererseits liegt es auch für die Hochschulen auf der Hand, im Sinne der Gewinnung von Studieninteressierten möglichst viele Schülerinnen und Schüler an die Hochschulbibliotheken zu bringen. Dies nimmt Schwellenängste, gibt den potentiellen Studierenden aber auch einen guten Einblick, wie attraktiv der spätere Studienort ist. An nahezu allen Hochschulbibliotheken in Bayern zählen Einführungsveranstaltungen für Schulklassen mittlerweile zum Alltag. Eine umfassende Kooperation unter dem Namen LUISE2 führt seit 2011 alle Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte der Ansbacher Fachoberschule/Berufsoberschule (FOS/BOS) in insgesamt vier Modulen an die Hochschule. Sie erhalten so die Gelegenheit, grundlegende Techniken der Informationsbeschaffung aus wissenschaftlichen Quellen zu erlernen. Der Bibliotheksbesuch wird im Unterricht vorbereitet und ist zugleich Basis für die an der Schule zu erstellenden Arbeiten. Diese bewährte und immer intensiver ausgebaute Kooperation trägt darüber hinaus Früchte für ein engeres Zusammenrücken von Hochschule und FOS/BOS. Seit 2013 werden eigene Schnuppertage für die FOS/BOS angeboten, in einer Vielzahl von Studiengängen im Bereich Wirtschaft, Technik, Medien können Klassen gezielt nach Interesse der Schüler Lehrveranstaltungen der Hochschule besuchen und mit dieser Hospitanz ein Gefühl für den Studienalltag entwickeln. Seit 2014 übernehmen die Lehrkräfte einen Teil der Schulungsveranstaltungen in der Bibliothek. In der Zwischenzeit wurde auch in Regensburg eine vertraglich geregelte Kooperationsvereinbarung getroffen, die bewusst auf dem Modell LUISE aufbaut. Deutlich gemischter fällt das Bild in Bayern aus, wendet man den Blick auf die Lehrerschaft. Nur an der Hälfte der Bibliotheken werden eigene Veranstaltungen für Lehrkräfte angeboten. Diese fallen durchaus auf fruchtbaren Boden, da seit vielen Jahren im Beruf stehende Lehrkräfte nicht selten Nachholbedarf im Bereich der Informationsbeschaffungsmöglichkeiten aus Online-Quellen haben. In Ansbach standen auch bereits Tage des Austausches zu didaktischen Fragen auf dem Programm, mit der Folge, dass die Bibliothekarinnen und Bibliothekare ihrerseits zu einer Lehrfortbildung eingeladen wurden. In einer dritten Stufe werden nun gemeinsame Seminare veranstaltet, in der Lehrkräfte einerseits, Bibliotheksmitarbeiter, aber auch Professorinnen und Professoren anderseits bewährte Methoden beispielsweise zur Erreichung von mehr Schülerfeedback zeigen und zur gemeinsamen Diskussion stellen.
2 Hochschule Ansbach: Kooperation LUISE zwischen Hochschulbibliothek und FOS/BOS Ansbach. http://www.hs-ansbach.de/hochschule/einrichtungen/bibliothek/unsere_services_fuer_sie/kooperation_luise.html (Stand: 30.03.2105).
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Die Bibliotheksarbeit wirkt so direkt in die (Hoch)Schullehre hinein und verzahnt alle Akteure in hohem Maße. Drei Viertel aller Bibliotheken bieten Veranstaltungen für die wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Mitarbeitenden der eigenen Hochschule an. Ob Laboringenieure oder Verwaltungskräfte, ob Rechenzentrumskollegen oder Fakultätsreferentinnen, ein tieferer Einblick in die Serviceleistungen der Bibliothek bereichert den eigenen Arbeitsalltag und trägt zudem zu einem größeren gegenseitigen Verständnis bei. In jüngster Zeit entwickeln sich Promovierende an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften zu eigenen Zielgruppen von Schulungsmaßnahmen der Bibliothek. Kooperative Promotionen führen den universitären Doktorvater und einen betreuenden Professor als Ansprechpartner des Promovierenden an der HAW zusammen. Derzeit gibt es an 8 der 20 Bibliotheken eigene Informationskompetenzschulungen für diesen Nutzerkreis. Inhaltlich wird hier beispielsweise das Thema der Fernleihe vertieft, Fachdatenbanken werden inhaltlich intensiver vermittelt, AlertingDienste ausführlicher erläutert. Bei Bedarf erlernen die Promovierenden den kompetenten Umgang mit Citavi, befassen sich mit Zitiertechniken oder mit der Erstellung von Literaturverzeichnissen. Auch externe Interessierte finden schon an mehr als der Hälfte der Bibliotheken ein spezifisches Angebot. Unproblematisch gestaltet sich dies beispielsweise in Volkshochschul-Kursen, wie sie etwa in Regensburg oder Ansbach eingeführt sind. Schwieriger, aber zugleich in hohem Maße reizvoll sind eigene Schulungen für Firmen, weil dies der Idee eines Wissenstransfers und engen Austauschs mit Unternehmen an HAWs zielgenau entsprechen kann. Als schwierig hingegen könnte sich ein solches Angebot herausstellen, weil damit rechtliche Implikationen verbunden sind, die von Steuerpflicht bis Mietkostenverrechnung reichen. Informationskompetenzvermittlung für Firmen ist daher in Bayern bisher eher punktuelle Ausnahme als breiter Mainstream.
Aktionstag in der Hochschulbibliothek Eine ganz neue Qualität stellt die Ausrichtung eines kompletten Aktionstages dar. Den Beispielen einiger Universitäten folgend, ist auch eine „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ an den HAWs mittlerweile ein Thema. Der Aufwand für Vorbereitung und Durchführung lässt sich durch die Zuarbeit von Schreibzentren und Fakultäten reduzieren, so dass gelegentlich die Bibliothek in erster Linie Ort des Geschehens ist, während die inhaltliche Gestaltung in anderen Händen liegt. Dennoch bleibt ein Aktionstag eine beträchtliche Herausforderung, zumal an den Bibliotheken der HAWs die Personal- und Finanzmittel dramatisch unter den Möglichkeiten der
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Universitäten bleiben. Umgesetzt wurden diese großformatigen Angebote durch die „Coburger Schreibnacht“ oder die „Nacht des Schreibens“ in Nürnberg. Einen anderen Weg geht der Aktionstag „Jetzt schreibe ich endlich meine Arbeit“3 in Ansbach. Zum einen ist er mit einer Dauer von 13:00 Uhr bis 21:00 Uhr nicht auf die Nacht fixiert, zum anderen wird er allein von der Bibliothek organisiert und durchgeführt. Möglich ist dies nur durch das Engagement ausnahmslos aller Bibliotheksmitarbeitenden, die sich mit ihren speziellen Kenntnissen und Angeboten in diesen Tag einbringen. Da an der Hochschule Ansbach der gesamte Bereich des Wissenschaftlichen Arbeitens eng mit der Bibliothek verknüpft ist, wird der Tag auch als Bibliotheksangebot mit Selbstverständlichkeit akzeptiert. Die Pilotveranstaltung 2014 war bereits ein Erfolg. Mehr als 30 Veranstaltungen fanden statt, darunter Speed-Beratung, Literaturverwaltung mit Citavi, Wissenschaftliches Arbeiten mit Word, Einführung in Datenbanken, Fernleihe, Rechtschreibung, Zeitmanagement, Bildrechte, um nur einige Programmpunkte aufzuführen. Nicht nur an der Abschlussarbeit schreibende Studierende nahmen das Angebot wahr, sondern auch externe Benutzer. Bei den Veranstaltungen wurden 144 Besucher gezählt. Daneben gab es die Möglichkeit, sich am Buffet an der Infotheke zu stärken oder die eigenen Gedanken zum wissenschaftlichen Arbeiten oder zum Schreiben an der Tafelwand festzuhalten. Die positive Evaluation motivierte zu einer Neuauflage 2015, deren teilweise veränderte inhaltliche Struktur den Wünschen der studentischen Evaluation folgte und mit nun 160 Teilnehmenden erneut auf beträchtliche Resonanz stieß. Dadurch bestärkt wird der Aktionstags dauerhaft in das Schulungsprogramm aufgenommen.
Jüngst eingeführte und zukünftig geplante Angebote der Hochschulbibliotheken Wenn auch noch nicht weit verbreitet, so steht ein umfassender Aktionstag bei nicht wenigen Bibliotheken auf der Planungsliste für die nahe Zukunft. Andere Ansätze sind die enge Einbindung in professorale Forschungsvorhaben (embedded librarian), Technisches Schreiben auf Deutsch, Zeitmanagement und Schreibberatung und generell der stärkere Einstieg in E-Learning-Angebote zur Bewältigung der stetig steigenden Studierendenzahlen. Schon heute versuchen viele Bibliotheken, neben den gängigen und bewährten Veranstaltungen spezifische Bedarfe und Zielgruppen zu erreichen, sei es durch eine Lehrerfortbildung namens „Damit Ihre Schüler nicht zum Guttenberg-Fall werden“ (Regensburg), die Arbeit mit dem Classroom Response
3 Ledermann, Teresa: Kleine Bibliothek – große Aktion. Veranstaltung mit „Tipps und Tricks rund um wissenschaftliche Arbeiten“ an der Hochschulbibliothek Ansbach. In: BuB (2014) H. 11/12. S. 789–791.
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System „Clicker“ (Aschaffenburg), das Studierende begeistert, da sie aktiv in die Präsentation eingebunden werden. Sei es die Beteiligung am „Startsprung-Projekt“ der Frauenbeauftragten an der Hochschule (Coburg), sei es durch ein Lehrmodul im Studiengang Internationales Handelsmanagement (Ingolstadt), das anderthalb Tage Studierende selbst entwickeln, diskutieren und präsentieren lässt, oder Kurse wie „Bachelorand und jetzt?“ (Augsburg) oder „Latex Workshop Spezial“ (München).
Drei Beispiele aus Ansbach Aktivierend, umfassend, zielgenau: Aus dem Portfolio der Hochschule Ansbach sollen abschließend drei typische Veranstaltungsformate herausgegriffen werden, um einen konkreteren Blick auf die verwendeten Methoden und angestrebten Ziele zu werfen. Ein Tageskurs für die ganz eigenen Anforderungen der Studiengänge Wertschöpfungsmanagement (WSM, an der Hochschule hat sich im Alltagsleben die Studiengangbezeichnung mit dem offiziellen Kurznamen mehr eingeprägt als die Langversion), ein Zweitageskurs mit Studienarbeit im Studiengang Bachelor Internationales Management (BIM) und der Zweitagesblock mit Klausur in Betriebswirtschaft (BW).
Studiengang Betriebswirtschaft (BW) Ein umfassender Ansatz, der den kompletten Schreibprozess thematisiert, abbildet und aktivierend einübt, braucht Zeit. Der auf den ersten Blick üppig bemessen erscheinende Block von zwei Tagen zu jeweils 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr Dauer reicht dafür gerade aus. Die Gestaltung als Pflichtmodul schafft eine hohe Verbindlichkeit, das Bestehen der Klausur am Semesterende ist notwendige Voraussetzung für die Wahl der Studienschwerpunkte. Bereits der Einstieg ist aktivierend (Übung „Schreiben ist wichtig, weil…“ als Hinweis auf den individuellen Schreibtyp) und holt die Teilnehmenden (TN) mit einer Diskussionsrunde zu Google und Wikipedia in ihrem Alltagserleben ab. Vielfältige Publikationsformen von wissenschaftlicher Literatur werden durch die TN vorgestellt und damit der Blick auf die relevanten Quellen gelenkt. In einer Gruppenarbeitsphase werden vorbereitete Rechercheaufträge zur ganzen Bandbreite der einschlägigen Datenbanken selbst erarbeitet und im Anschluss dem Plenum vorgestellt. Zur Sicherung und Verbreiterung der neuen Kenntnisse erstellen die TN in neuer Gruppenzusammensetzung zu einem ausgewählten Thema ein standardisiertes Literaturverzeichnis und schreiben dazu kollektiv ein Abstract. Damit endet der erste Tag, der bis auf kleine Ein- und Überleitungen ausschließlich aktivierende Methoden in wechselnder Abfolge aneinanderreiht.
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Der zweite Tag beginnt mit der Finalisierung des Literaturverzeichnisses samt Abstract und bildet damit den Anknüpfungspunkt zum Cliffhanger des Vortages. Offen gebliebene Fragen schließen sich als Auswertung eines One-Minute-Papers an. Als erster und einziger Vortragsteil folgt eine betriebswirtschaftliche und informationsethische Betrachtung des Phänomens Google durch den Dozenten. Nach der Beschaffung und Bewertung von Informationen ist die restliche Zeit des zweiten Tages ganz der Umsetzung, also der Darstellung von Informationen gewidmet. Schritt für Schritt erlernen die TN das Lesen, Exzerpieren, Zitieren und Formulieren von Texten. Dabei wird auch das Problem des Plagiarismus anhand echter Beispiele erlebt und folgerichtig ein ethisch korrektes Verhalten erkannt und festgehalten. Damit bilden zwei Blocktage den gesamten Schreibprozess einer Studien- oder Bachelorarbeit ab, beginnend beim Abschied vom bloßen Googlen und endend bei Schlusskontrolle, Korrekturlesen und Benotung.
Studiengang Bachelor Internationales Management (BIM) Der Studiengang BIM für Spitzensportler (Kader in einem olympischen Verband als Zulassungsvoraussetzung) richtet sich an eine einzigartige Klientel mit ganz besonderen Herausforderungen. Der erste Präsenztag führt komprimiert in die Welt des Wissenschaftlichen Arbeitens ein und konfrontiert die TN mit einem auszuwählenden Studienarbeitsthema. In den folgenden acht Wochen findet eine intensive Begleitung über eine E-Learning-Plattform statt, während die TN an den verschiedensten Orten der Welt ihren Wettkämpfen, Trainingseinheiten etc. nachgehen. Acht Tage vor dem zweiten Präsenztag ist eine Rohversion der Studienarbeit online einzureichen. Diese Entwurfsfassungen werden am zweiten Präsenztag in mehreren Runden einem Kollektiv- und Individualfeedback unterworfen als Anregung für die Schlussfassung der Studienarbeit, die zum Semesterende fristgerecht online abzugeben ist. Mit diesem anspruchsvollen Konzept lassen sich Spitzensport und der Einstieg in eine akademische Qualifikation erfolgreich verbinden (von jeweils 35 TN erreichen nur Einzelne die ambitionierte Hürde der standardisierten Studienarbeit nicht).
Weiterbildungsstudiengang Wertschöpfungsmanagement (WSM) Nochmals anders gelagert ist WSM als berufsbegleitender Weiterbildungsstudiengang. Bewährte Praktiker der Industrie können ohne klassische Hochschulzugangsberechtigung einen akademischen Grad erwerben und damit die nächste Stufe der Karriereleiter erklimmen in Unternehmen, die ihrerseits als Erfolgsfaktor gerne Fachkräfte halten und entwickeln. Die TN kommen in der Regel ohne wesentliche eigene Schreiberfahrung auf wissenschaftlichem Terrain und werden in einem Tageskurs durch ausschließlich aktivierende Elemente Schritt für Schritt an ihre erste eigene
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schriftliche Arbeit herangeführt. Dabei fungiert der Dozent nur als Handlungsleitender, der die Erfahrungen der TN steuert und den zu erreichenden Kenntnisstand sicherstellt. Am Ende des Tages erhalten alle TN die vielfältigen individuell, partnerschaftlich und kollektiv erarbeiteten Unterlagen über eine Lernplattform zur Verfügung gestellt und nehmen damit unmittelbar ihr selbst geschaffenes Ergebnis mit nach Hause.
Fazit Informationskompetenzvermittlung hat sich an den HAWs in Bayern sehr dynamisch entwickelt und damit eine große Bandbreite hervorgebracht. An einigen Bibliotheken ist sie eine unabdingbare und tragende Säule des Serviceangebotes geworden, bis hin zur selbstverständlichen Integration in den Lehrbetrieb. An anderen Bibliotheken ist sie ein wichtiges Geschäft zwischen Erstsemestern, Schülern und Abschlussarbeiten geworden. Mancherorts durch lokale Begebenheiten und Restriktionen bedingt noch nicht in allen gewünschten Facetten Realität. Überall aber ist der große Wert von Veranstaltungen der Bibliothek als aktives Werben um zufriedene Kunden und damit als Bekräftigung des Standings einer Bibliothek im Gefüge der Hochschule erkannt.
Peter Tremp
Informationskompetenz und forschungsorientiertes Studium – ein Beitrag aus der Hochschuldidaktik Abstract: Studiengänge an Hochschulen sind „forschungsorientiert“. Damit wird die Anbindung an neuste Erkenntnisse ermöglicht, die gleichzeitig als lediglich vorläufig gelten können. Mit dem „Forschenden Lernen“ resp. den unterschiedlichen Formen eines „forschungsorientierten Studiums“ hat sich an Hochschulen eine Studienpraxis etabliert, bei der die Studierenden in Forschungszusammenhänge eingebunden sind und sich damit – zum Zwecke des Lernens – an der Wissensgenerierung, Ergebnisvalidierung und also Forschungsdiskussion beteiligen. Allen diesen methodischen Zugängen ist gemeinsam, dass „Informationskompetenz“ gleichzeitig notwendige Voraussetzung wie auch Zieldimension ist. Keywords: Forschungsorientiertes Studium; Forschendes Lernen; Akademische Bildung; Hochschule; Universität; Hochschuldidaktik
Wissenschaft, Bildung, Kritik Akademische Bildung hat den Anspruch, sowohl den aktuellen Stand des wissenschaftlichen Wissens zu berücksichtigen, diesen aber gleichzeitig als vorläufig zu betrachten. Wissenschaft ist damit – wie Humboldt einmal geschrieben hat – ein „noch nicht ganz aufgelöstes Problem“1. Entsprechend gehört kritisches Denken zu den traditionellen Zielsetzungen eines akademischen Studiums. Mandy Schiefner-Rohs2 hat mit ihrem Leitbegriff einer „kritischen Informations- und Medienkompetenz“ als Zieldimension von Studiengän-
1 Vgl. Humboldt, Wilhelm von: Über die innere und äussere Organisation der höheren wissenschaftlichen Anstalten in Berlin (1810). In: Die Idee der deutschen Universität. Die fünf Grundschriften aus der Zeit ihrer Neugründung durch klassischen Idealismus und romantischen Realismus. Hrsg. von Ernst Anrich. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1956. S. 377. 2 Vgl. Schiefner-Rohs, Mandy: Kritische Informations- und Medienkompetenz. Theoretisch-konzeptionelle Herleitung und empirische Betrachtungen am Beispiel der Lehrerausbildung. Münster: Waxmann 2012. Tremp, Peter, Prof. Dr., Bildungswissenschaftler. Leiter Forschung und Entwicklung der Pädagogischen Hochschule Zürich. Von 2004–2011 Leiter der Hochschuldidaktik der Universität Zürich. Arbeitsschwerpunkte: Akademische Bildung, Didaktik als Kultivierung des Lehrens und Lernens, Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
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gen (hier insbesondere der Lehrerinnen- und Lehrerbildung) das kritische Denken mit Konzepten einer Medien- und Informationskompetenz sowie einer Medienkritik verbunden und dabei gleichzeitig neue Anforderungen berücksichtigt. Damit weist dieses zeitgemäße Modell auf den engen Bezug zwischen Kritik, Bildung und Wissenschaft hin, wie er die Hochschulgeschichte seit längeren begleitet.
Forschungsorientierung als Grundmerkmal von Studiengängen Hochschulen sind – historisch betrachtet – Lehreinrichtungen. In den modernen Hochschulen allerdings bündeln sich vielfältige Aufgaben: Hochschulen werden damit zu eigentlichen „Wissenschaftszentren“. Der Deutsche Wissenschaftsrat hat dies vor einigen Jahren so zusammengefasst: Hochschulen sind Orte der wissenschaftsgestützten Bildung und Ausbildung, sie sind Orte der Qualifizierung und Weiterbildung für wissenschaftsgestützte Berufsfelder. Hochschulen sind zudem Orte intellektueller Freiheit und Reflexion in einer pluralen Gesellschaft und Orte der systematischen wissenschaftlichen Erkenntnis(suche), der Weiterentwicklung der Disziplinen und organisatorischer Kern von Expertenkulturen.3 Eine besondere Herausforderung besteht darin, den Mehrwert dieser Bündelung auch in einzelnen Leistungsbereichen zu realisieren. Dazu gehört beispielsweise der moderne Anspruch einer Verknüpfung von Forschung und Lehre. Nun ist freilich diese Formel der Verknüpfung von Forschung und Lehre traditionsbelastet: Es zeigt sich darin eine universitäre Leitidee und gewissermaßen die idealistische Losung der modernen Universität seit 1800. Typischerweise etabliert sich dieses Konzept – programmatisch – gerade in jener Zeit, in der die Philosophische Fakultät eine zentrale Bedeutung erhält. Die traditionelle Universität realisiert die Verknüpfung von Forschung und Lehre auf personaler Ebene: Wer lehrt, forscht – wer forscht, lehrt. Zwar zeigt sich in der Praxis, dass dieses Programm nicht nur sehr anspruchsvoll ist, sondern auch gar nicht durchgehend realisiert wird. Dennoch scheint sich diese Formel als „allgemeine Hochschulformel“ etabliert zu haben. Dabei wird übersehen, dass prinzipiell unterschiedliche Organisationsformen denkbar sind, welche die Forschungsorientierung eines Studiums dennoch berücksichtigen und die Studierenden auch tatsächlich die Vorteile einer „Wissenschafts- und Forschungseinrichtung“ erfahren lässt. Grundsätzlich kann aber festgehalten werden: „Forschungsorientierung“ ist ein zentrales Charakteristikum von Hochschulstudiengängen. Die Hochschuldidaktik
3 Vgl. Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Differenzierung der Hochschulen. Lübeck: Wissenschaftsrat 2010.
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hat sich entsprechend der Forschungsorientierung in Hochschulen als ihrem besonderem Kennzeichen hauptsächlich als eine wissenschafts- und forschungsorientierte Didaktik herausgebildet, das Forschende Lernen wird zu ihrem wichtigsten didaktischen Beitrag für das „schulförmig-organisierte“ Lernen.
Forschendes Lernen Forschungsorientierte Didaktik ist – im deutschen Sprachraum – eng mit der 1970 erschienenen Schrift „Forschendes Lernen – Wissenschaftliches Prüfen“ der damaligen Bundesassistentenkonferenz4 verbunden. Diese Broschüre hat die Diskussion um eine Hochschuldidaktik, die diesen Namen auch tatsächlich verdient, wesentlich bereichert und den Begriff des Forschenden Lernens eigentlich populär gemacht. Der Begriff des Forschenden Lernens hat sich seither in der deutschsprachigen Diskussion etabliert. Unter Forschendem Lernen wird – mit Ludwig Huber – ein methodischer Zugang verstanden, der sich wesentlich am Forschungsprozess orientiert: Forschendes Lernen zeichnet sich vor anderen Lernformen dadurch aus, dass die Lernenden den Prozess eines Forschungsvorhabens, das auf die Gewinnung von für Dritte interessanten Erkenntnissen gerichtet ist, in seinen wesentlichen Phasen, von der Entwicklung der Fragen und Hypothesen über die Wahl und Ausführung der Methoden bis zur Prüfung und Darstellung der Ergebnisse in selbständiger Arbeit oder in aktiver Mitarbeit in einem übergreifenden Projekt (mit)gestalten, erfahren und reflektieren.5
Ludwig Huber, als damaliger Vorsitzender des Ausschusses für Hochschuldidaktik hauptverantwortlich für diese Schrift der Bundesassistentenkonferenz, hat seither in vielen Publikationen das Konzept des Forschendes Lernens weiter differenziert und begründet. Dabei hat sich die Argumentation – gerade auch im Zusammenhang mit der Bologna-Reform und der dortigen Leitidee Employability – verschoben respektive erweitert. So wird das Forschende Lernen nun auch so begründet, dass „die Kernkompetenzen für Berufsfähigkeit in hochqualifizierten Berufen bzw. Professionen
4 Vgl. Bundesassistentenkonferenz: Forschendes lernen – Wissenschaftliches Prüfen. Ergebnisse der Arbeit des Ausschusses für Hochschuldidaktik. Bielefeld: Universitäts-Verlag Webler 2009 (Erstveröffentlichung 1970). 5 Huber, Ludwig: Die weitere Entwicklung des Forschenden Lernens. Interessante Versuche – dringliche Aufgaben. In: Forschendes lernen als Profilmerkmal einer Universität: Beispiele aus der Universität Bremen. Hrsg. von Ludwig Huber [u. a.]. Bielefeld: Universitäts-Verlag Webler 2013, hier S. 23.
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(Umgang mit Unbestimmtheit) genau die sind, die im Forschen gebraucht und geübt werden“ (Huber, 2009, S. 16).6 Dieses Argument kann allgemeiner gefasst werden: Forschendes Lernen übt einige überfachliche Kompetenzen ein (vgl. bereits in Huber, 2004). Die Attraktivität des Forschenden Lernens liegt also gerade auch darin, dass damit verschiedene Anliegen berücksichtigt werden können und sich beispielsweise Forschungsorientierung und Berufsbezug miteinander zu verbinden scheinen (Tremp, 2015).
Forschungsorientiertes Studium Nun ist Forschendes Lernen eine bestimmte (und anspruchsvolle!) Spielform der Verknüpfung von Forschung und Lehre resp. Studium. Andere Konzepte fassen „Forschungsorientierung im Studium“ breiter auf. So unterscheidet beispielsweise Levy unter dem Begriff „Inquiry-based Learning“7 vier Formen, die sich zum einen bezüglich der Frage unterscheiden, ob neues Wissen generiert oder vorhandenes Wissen recherchiert wird, und zum anderen bezüglich des studentischen Gestaltungsraums unterscheiden („Wer stellt die Frage?“). Damit werden unter dem Begriff des Forschungsorientierten Studiums unterschiedliche Formen zusammengefasst, die von Rechercheaufgaben bis hin zu eigenen Forschungsprojekten reichen. Bereits hier wird deutlich, dass für die verschiedenen Formen je spezifische Kompetenzen erforderlich sind, für jede Form aber eine „Informationskompetenz“ unabdingbar ist. Beim „Zürcher Framework“8 stehen Forschungsaktivitäten von Studierenden im Zentrum, welche als zentrale Studienaktivitäten beschrieben werden. Diese werden mit Leistungsnachweisen, Lehrformaten etc. verbunden und – auf der Ebene von Studiengängen – mit der Choreografie von Studienprogrammen. Zudem wird danach gefragt, wie eine Hochschule als Bildungseinrichtung und Studienumgebung diese Forschungsorientierung des Studiums anregen und unterstützen kann.
6 Huber, Ludwig: Warum Forschendes Lernen nötig und möglich ist. In: Forschendes Lernen im Studium: Aktuelle Konzepte und Erfahrungen. Hrsg. von Ludwig Huber [u. a.]. Bielefeld: UniversitätsVerlag Webler 2009, hier S. 16. 7 Vgl. Levy, Philippa [u. a.]: The Sheffield companion to inquiry-based learning. Sheffield: University of Sheffield. http://www.sheffield.ac.uk/ibl/resources/sheffieldcompanion (Stand: 12.07.2015). 8 Vgl. dazu ausführlich: Tremp, Peter u. Thomas Hildbrand: Forschungsorientiertes Studium – universitäre Lehre: Das „Zürcher Framework“ zur Verknüpfung von Lehre und Forschung. In: Einführung in die Studiengangentwicklung. Hrsg. von Tobina Brinker u. Peter Tremp. Bielefeld: Bertelsmann 2012. S. 101–116.
Informationskompetenz und forschungsorientiertes Studium
223
«ZÜRCHER FRAMEWORK»
Bachelor Vorlesung Seminar Labor ... Exkursion
M-Arbeit B-Arbeit
Fragestellung entwickeln
Thesenpapier,...
Forschungsstand sichten
Forschungsübersicht,...
Problem definieren Forschungsplan entwerfen, Methoden klären Untersuchung durchführen und auswerten
... ... Laborjournal,...
Praktikum
Ergebnisse einordnen, bewerten, reflektieren
Ergebnisbericht,...
Tagung
Ergebnisse darstellen, erklären, publizieren
Poster(präsentation),..
Tremp & Hildbrand, 2012
Master
Abb. 1: Zürcher Framework (nach Tremp u. Hildbrand, 2012).
Das „Zürcher Framework“ beabsichtigt damit, Forschungsorientierung zu konkretisieren und also Struktur und Ordnung in curriculare Überlegungen zu bringen. Dabei werden drei Ebenen unterschieden: Lehrveranstaltungen, Studienprogramme und Hochschule. Mit der Unterscheidung in diese drei Ebenen wird es dann auch möglich, unterschiedliche Verantwortlichkeiten zu bezeichnen und damit die Aufgaben der beteiligten Akteure zu klären. Die Studierenden sollen während ihres Studiums genügend Möglichkeiten erhalten, das forschende Tun als zentralen Referenzpunkt des Studiums auch tatsächlich einzuüben. Gleichzeitig gibt das „Framework“ den Dozierenden Anregungen, wie sie ihre Lehre forschungsorientiert ausrichten können.
Informationskompetenz als Voraussetzung und Zieldimension In allen diesen Formen eines forschungsorientierten Studiums ist „Informationskompetenz“ gleichzeitig notwendige Voraussetzung wie auch Zieldimension. Dies stellt einige didaktische Herausforderungen, ist doch die Gelegenheit einer Einübung nicht bereits Garant für tatsächlichen Lerngewinn. Dieses Problem zeigt sich bei „Forschungsorientierung“ generell: Wie ist ein sorgfältiger Aufbau von Kompetenzen möglich, wie kann die Komplexität von Forschung zwecks Lernens reduziert werden?
224
Peter Tremp
Das Zürcher Framework versucht dies beispielsweise mit der Unterteilung von Forschungsetappen und der unterschiedlichen Schwerpunktsetzung je nach Studienstufen. Konkret beispielsweise: Eine Vorlesung kann in der Bachelorstufe nicht nur die Aufgabe haben, den Wissensstand zu referieren und diesen Überblick über den Forschungsstand als bedeutsame Etappe eines Forschungsprozesses zu thematisieren, vielmehr sollen Dozierende auch explizieren, wie sie selber forschend tätig sind: Sie können beispielsweise zeigen, wie sie sich selber einen Überblick über den Forschungsstand verschafft haben und wie sie das erreichte Wissen für sich organisieren. Auch Hinweise zur konkreten Arbeitsweise und auf die in der Disziplin bedeutendsten Zeitschriften sind in einer Vorlesung ideal vermittelbar. Oder: In einem Seminar werden (eigene) Forschungsarbeiten kritisch gelesen und damit nicht nur Inhalte erarbeitet, sondern insbesondere die Rolle einer (simulierten) Scientific Community übernommen. Diese hat bei der kritischen Sichtung von Forschung eine zentrale Aufgabe, denn ein zentrales Kriterium von Wissenschaftlichkeit ist der offene und nach gewissen Regeln ablaufende Austausch über Forschung, Forschungsprozesse und Forschungsergebnisse. Die «wissenschaftliche Öffentlichkeit» umfasst zwar prinzipiell alle interessierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, wird aber in Studienzusammenhängen stufengerecht «reduziert» resp. kontinuierlich ausgeweitet: So beschränken sich in einer ersten Studienphase (Bachelor) Austausch und Reflexion in der wissenschaftlichen Community hauptsächlich auf den Austausch mit den Dozierenden (als selber in Forschung involvierte Repräsentantinnen und Repräsentanten der Fachgemeinschaft) und auf den Austausch mit der Peer-Gruppe (Mitstudierende). Entsprechend sind die eigenen Forschungsarbeiten (erste wissenschaftliche Erkundungen) hauptsächlich auf die eigene Studiengruppe ausgerichtet. In einer zweiten Studienphase (Master) bilden die Mitstudierenden weiterhin eine wichtige Austausch- und Diskussionsgruppe, gleichzeitig werden nun systematische Kontakte zu einer breiteren wissenschaftlichen Öffentlichkeit etabliert: Über die Veröffentlichung eigener Forschungsbeiträge oder die Teilnahme an wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen. Die Doktoratsphase ist insbesondere durch ein eigenständiges Forschungsprojekt charakterisiert, das einen originären Beitrag zum wissenschaftlichen Wissen darstellt. Die Diskussionsgruppe ist hier – neben den Mitstudierenden, die weiterhin wichtige Austausche ermöglichen – die internationale Fachöffentlichkeit: Hier wird der Beitrag veröffentlicht, hier wird er zur Diskussion gestellt und hier muss er auch «verteidigt» werden.9 Notwendig ist also eine sorgfältige Verbindung von eigenen Forschungs- und Wissenschaftsgelegenheiten für Studierende (in all ihren Phasen und Rollen) mit den
9 Vgl. Tremp u. Hildbrand, Forschungsorientiertes Studium (wie Anm. 8).
Informationskompetenz und forschungsorientiertes Studium
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anregenden Hinweisen erfahrener Forscherinnen und Forscher. Damit erst zeigt sich die Bedeutung der Verknüpfung von Forschung und Lehre auf personaler Ebene.
Studium im Format der Forschung – Studium im Sinne der Forschung Gabi Reinmann hat kürzlich eine Heuristik vorgeschlagen, welche zwischen einem Studium im Format der Forschung und einem Studium im Sinne der Forschung unterscheidet. Ein Studium im Format der Forschung meint hier, dass sich Studierende „produktiv“ mit Forschung auseinandersetzen: Sei dies im Sinne des oben beschriebenen Forschenden Lernens oder indem sie sich mit bestehenden Erkenntnissen auseinandersetzen in Form von Recherchen, Einordnungen und Bewertungen. Ein Studium im Sinne der Forschung meint die rezeptiven Lernformen, bei denen die Studierenden „Einblick in die Forschungslandschaft bekommen, Zugang zu aktuellen Erkenntnissen gelangen und erfahren, wie man bestehendes Wissen einordnet und bewertet, warum es immer nur vorläufiger Natur ist usw.“10 Zu diesen rezeptiven Lernformen gehört aber auch, dass den Studierenden aufgezeigt wird, „wie Forschungsergebnisse zustande kommen, auf welchen Wegen und Umwegen sich Forschende bewegen, wie man dabei denkt und handelt, wie das Forschungsumfeld funktioniert und vieles mehr.“11 Reinmann argumentiert, dass gerade ein Studium im Format der Forschung den Studierenden die Möglichkeit bietet, Informationskompetenz einzuüben; diese sei unverzichtbarer Bestandteil des kritischen Denkens und zudem von beruflicher Relevanz. Gleichzeitig machen diese Passagen – ähnlich wie bereits die Einteilung von Levy – darauf aufmerksam, dass ein forschungsorientiertes Studium stärker rezeptiv oder produktiv ausgerichtet sein kann. Forschendes Lernen in seiner elaborierten Form (als eine Form des forschungsorientierten Studiums) beabsichtigt, mit seinen Beiträgen neue Erkenntnisse zur Fachdiskussion beizutragen. Entsprechend ist damit auch eine „produktive“ Seite von „Informationskompetenz“ verbunden.12 Diese beinhaltet sowohl die traditionellen Formen der Ergebnispräsentation und -diskussion
10 Reinmann, Gabi: Forschungs- und Berufsorientierung in der Lehre aus hochschuldidaktischer Sicht. In: Forschungsorientierung und Berufsbezug im Studium. Hochschulen als Orte der Wissensgenerierung und der Vorstrukturierung von Berufstätigkeit. Hrsg. von Peter Tremp. Bielefeld: Bertelsmann 2015, hier S. 49. 11 Reinmann, Forschungs- und Berufsorientierung (wie Anm. 10), hier S. 50. 12 Siehe dazu auch: Reinmann, Gabi: Informationskompetenz und persönliches Wissensmanagement. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 85–92.
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Peter Tremp
(Zeitschriftenartikel, Posterpräsentationen, Referate etc.) als auch neuere Austauschformen (Blogbeiträge, Videos etc.). Formen des forschungsorientierten Studiums sind immer eng an den aktuellen Formen von Forschung orientiert. Mit den Änderungen der Gepflogenheiten einer Scientific Community werden sich also auch die Formen eines forschungsorientierten Studiums ändern. Das gilt insbesondere auch in der Art und Weise, wie ein aktueller Forschungsstand erarbeitet oder Untersuchungsergebnisse präsentiert werden. Es verändern sich damit also sowohl die „rezeptiven“ wie auch die „produktiven“ Formen einer Informationskompetenz.
Und andere methodische Zugänge? Forschendes Lernen erlebt in den letzten Jahren einen eigentlichen Boom: Die Formel erscheint höchst attraktiv. Es entsteht der Eindruck, dass beinahe jedes Studienziel mit „Forschendem Lernen“ zu erreichen ist. Auch „Informationskompetenz“. Umgekehrt ist allerdings kritisch zu fragen: Wenn „Informationskompetenz“ das Ziel ist, welches ist dann der methodische Zugang der Wahl? So gefragt, öffnet sich das Spektrum der methodischen Möglichkeiten beträchtlich.
Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
Grenzverschiebungen: Wissenschaftliches Schreiben, Schreibwerkstätten und Informationskompetenz Abstract: Mit Bezug auf die Standards der Informationskompetenz werden zentrale Gemeinsamkeiten zwischen dem bibliothekarischen Konzept der Vermittlung von Informationskompetenz und den Kompetenzen für die wissenschaftliche Textproduktion herausgearbeitet. Bisher platzieren Bibliotheken und Schreibzentren ihre Angebote für Studierende und Forschende ohne systematischen Dialog über eine inhaltlich, didaktisch und institutionell stimmige Verzahnung. Vor dem Hintergrund hochschulpolitischer Empfehlungen und einer wachsenden Zahl von Kooperationen zwischen Schreibzentren und Bibliotheken ist eine grundsätzliche Koordinierung an der Zeit. Keywords: Informationskompetenz, Informationsdidaktik, Schreibprozessdidaktik, Textproduktionskompetenz, Schreibzentren, literacy
Informationskompetenz grenzenlos? „Informationskompetenz“ unterliegt einer kontinuierlichen Erweiterung seiner Inhalte. Und das ist auch gut so, denn die damit verbundenen Konzepte müssen an die dynamische Veränderung der Medien- und Informationslandschaft und der Curricula kompetenzorientierter Studiengänge permanent anschlussfähig sein. Damit können aber auch Grenzen zu Handlungsfeldern überschritten werden, die ursprüngGabriela Ruhmann studierte Philosophie, Linguistik und Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Seit 1993 ist sie an der Entwicklung und Implementierung einer akademischen Schreibpädagogik an deutschen Hochschulen beteiligt: von 1993 bis 1997 Mitaufbau des ersten deutschen Schreiblabors an der Universität Bielefeld; von 1997 bis 2012 Aufbau und Leitung des Schreibzentrums an der Ruhr-Universität Bochum; Gründungsmitglied der European Association for the Teaching of Academic Writing (EATAW); Mitherausgeberin der Zeitschrift Zeitschrift Schreiben; seit 2013 freiberufliche Beraterin und Trainerin für Forschende und Lehrende bezogen auf wissenschaftliches Schreiben. Dr. Marcus Schröter absolvierte nach dem Studium der Germanistik, Klassischen Philologie, Klassischen Archäologie und Geschichte in Freiburg i. Br. und München das Bibliotheksreferendariat mit den Stationen Karlsruhe, Weimar, Rom und München. Als Fachreferent für Geschichte und Altertumswissenschaften war er seitdem an den Universitäten Rostock und Freiburg i. Br. tätig. An der Bibliotheksakademie Bayern unterrichtet er das Fach „Vermittlung von Informationskompetenz“. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Buch- und Bibliotheksgeschichte sowie Didaktik der Informationskompetenz.
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Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
lich nicht vom spezifisch bibliothekarischen Verständnis der Vermittlung von Informationskompetenz abgedeckt wurden. Die jüngste, hochschulpolitisch prominente Empfehlung einer Begriffserweiterung stammt von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK)1: Hierin wird eine flächendeckende Vermittlung und Förderung von Informationskompetenz nicht nur innerhalb der studentischen Curricula gefordert, sondern auch im Rahmen einer maßgeschneiderten Unterstützung Graduierter und Postgraduierter, von Lehre und Forschung. Gleichzeitig wird als Informationskompetenz der Hochschulleitungen gefordert, im Rahmen von Governance-Prozessen administrative und infrastrukturelle Konzepte eines ganzheitlichen Informationsmanagements für die Hochschule zu erarbeiten, um die lehr- und forschungsbezogene Informationskompetenz nachhaltig zu verankern.2 Die systematische Umsetzung dieser außerordentlich weitreichenden Forderungen an deutschen Hochschulen steht jedoch noch ganz am Anfang und soll nicht nur durch Bibliotheken, sondern auch durch andere geeignete Partner, wie insbesondere Fachbereiche und Rechenzentren, realisiert werden. Eine Gruppe von Institutionen jedoch, die für die flächendeckende Implementierung akademischer Informationskompetenz über eine außerordentlich große Expertise verfügt, wird – nicht nur in den HRK-Empfehlungen – nicht benannt: die Schreibzentren. Diese haben sich seit etwa 20 Jahren ohne hochschulpolitische Empfehlung – sozusagen in einer „Bildungsreform von unten“ – in unterschiedlichen institutionellen Varianten an vielen deutschen Hochschulen angesiedelt.3 Ihr gemeinsames Anliegen ist die didaktisch fundierte Förderung von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben. Die Schreibzentren an deutschen Hochschulen operieren in der Regel mit einer weiten Konzeption wissenschaftlichen Schreibens, die im Diskurs der akademischen Schreibdidaktik durch den Begriff „Textproduktion“ bezeichnet wird. Gemäß dieser Konzeption bezieht sich die Förderung von Kompetenzen zur wissenschaftlichen Textproduktion nicht nur auf das schriftliche Formulieren, sondern auch auf Handlungen, die den Formulierungsvorgang vorbereiten, wie etwa das Formulieren und Präzisieren einer Fragestellung oder das Extrahieren wichtiger Informationen aus der Literatur. Somit grenzt die Förderung von Textproduktionskompetenz durch Schreibzentren unmittelbar an die Vermittlung von Informationskompetenz durch Bibliotheken. Erstaunlicherweise fand bisher nach unserer Kenntnis zwischen diesen beiden Hand-
1 Siehe dazu auch den Beitrag von Ulrich Meyer-Doerpinghaus in diesem Band. 2 Hochschulrektorenkonferenz: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Göttingen 2012. http://www.hrk.de/themen/hochschulsystem/arbeitsfelder/informationskompetenz/(Stand: 02.09.2015). 3 Vgl. Ruhmann, Gabriela: Wissenschaftlich Schreiben lernen an deutschen Hochschulen – Eine kleine Zwischenbilanz nach 20 Jahren. In: Mehrsprachige Lehramtsstudierende schreiben. Schreibwerkstätten an deutschen Hochschulen. Hrsg. von Dagmar Knorr u. Ursula Neumann. Münster: Waxmann 2014 (FörMig Edition 10). S. 34–53.
Grenzverschiebungen: Wissenschaftliches Schreiben und Schreibwerkstätten
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lungsfeldern keine systematische Verständigung statt – bezogen auf inhaltliche, didaktische und institutionelle Berührungspunkte und Grenzlinien. Der Grund liegt möglicherweise darin, dass Informationskompetenz und Textproduktionskompetenz traditionell in unterschiedlichen institutionellen Kontexten gefördert und vermittelt werden, deren Akteure in unterschiedlichen Diskursräumen beheimatet sind. Solche organisatorischen und gedanklichen Mehrfachzuständigkeiten sind an Hochschulen nicht selten; sie können – müssen aber nicht unbedingt – von Nachteil für gemeinsame inhaltliche Ziele sein. Wichtig scheint uns, dass beide Seiten in einen konstruktiven Dialog treten, um auszuloten, wie sich verteilte inhaltsbezogene und strukturelle Ressourcen künftig koordinieren lassen – im Hinblick auf Lernförderlichkeit, Leistbarkeit und Nachhaltigkeit.
Das Grenzgebiet Vergleicht man den bibliothekarischen Diskurs der Vermittlung fachwissenschaftlicher Informationskompetenz mit dem Diskurs akademischer Schreibzentren über die Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben, so lassen sich analoge Entwicklungen feststellen. Wie die Bibliotheken konstatieren, dass Studierende auf den Umgang mit der komplexen, insbesondere der elektronisch geprägten Medien- und Informationslandschaft, der für ein erfolgreiches Studium unerlässlich ist, nicht immer angemessen vorbereitet sind, so weisen Schreibzentren immer wieder darauf hin, dass Kompetenzen des wissenschaftlichen Schreibens auch erst systematisch an der Hochschule erworben werden müssen. Bei genauer Analyse erkennt man, dass Referenzrahmen, auf die sich konkrete bibliothekarische Veranstaltungsformate zur Vermittlung von Informationskompetenz beziehen, auch für die Vermittlung von Textproduktionskompetenz im Rahmen der Schreibpädagogik zahlreiche Anknüpfungspunkte bieten. Inzwischen werden nicht nur die von der Association of College & Research Libraries (ACRL) der American Library Association (ALA) veröffentlichten „Information Literacy Competency Standards for Higher Education“4 durch das Konzept eines „Framework for Information Literacy for Higher Education“5 weiterentwickelt, sondern es wird auch ein ganzheit-
4 American Library Association (ACRL): Information Literacy Competency Standards for Higher Education. Chicago: American Library Association 2000. http://www.ala.org/acrl/standards/informationliteracycompetency (Stand: 02.09.2015). 5 Framework for Information Literacy for Higher Education. Chicago 2012. http://www.ala.org/acrl/ standards/ilframework (Stand: 02.09.2015).
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Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
liches Konzept wie die Metaliteracy6 diskutiert oder es werden konkrete Vorschläge wie das „New Curriculum for Information Literacy“7 formuliert. Für die meisten Strategien der Vermittlung fachwissenschaftlicher Informationskompetenz in deutschen Bibliotheken gelten jedoch noch immer die ACRL-Standards8, die beispielsweise den vom Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg (NIK-BW) herausgegebenen „Standards der Informationskompetenz für Studierende“ zugrunde gelegt wurden.9 Sie „beschreiben und strukturieren Qualifikationen, über die Studierende nach der Teilnahme an entsprechenden Schulungs-/Lehrveranstaltungen verfügen sollen“10, und bieten den Referenzrahmen für unsere folgenden systematischen Überlegungen. Welche inhaltlichen Konvergenzen bestehen zwischen diesen Kompetenzen im Verständnis der Bibliotheken und den Kompetenzen, die für die Produktion wissenschaftlicher Texte erforderlich sind? Welche didaktischen Orientierungen ergeben sich daraus für ihre Vermittlung in Fachbereichen, in Bibliotheken und in Schreibzentren? Gibt es inhaltliche Gründe, über Grenzöffnungen und Grenzziehungen zwischen diesen Vermittlungsinstanzen neu nachzudenken? Diesen Fragen möchten wir sowohl aus der Perspektive der Bibliotheken als auch der Schreibzentren nachgehen.
6 Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Reframing Information Literacy as a Metaliteracy. In: College & Research Libraries (2011). http://crl.acrl.org/content/72/1/62.full.pdf (Stand: 02.09.2015). S. 62–78. 7 Secker, Dane & Emma Coonan: A new curriculum for information literacy: Transitional – transferable – transformational. Cambridge 2011. http://ccfil.pbworks.com/f/ANCIL_final.pdf (Stand: 02.09.2015). 8 Homann, Benno: Standards der Informationskompetenz. Eine Übersetzung der amerikanischen Standards der ACRL als argumentative Hilfe zur Realisierung der „Teaching Library“. In: Bibliotheksdienst (2002). S. 625–638; Deutscher Bibliotheksverband e. V.: Standards der Informationskompetenz für Studierende (2009). http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Kommissionen/Kom_Dienstleistung/Publikationen/Standards_Infokompetenz_03.07.2009_endg.pdf (Stand: 02.09.2015). Siehe dazu auch den Beitrag von Fabian Franke und Benno Homann in diesem Band. 9 Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg: Standards der Informationskompetenz für Studierende. http://www.informationskompetenz.de/fileadmin/user_upload/Standards_der_Inform_88.pdf (Stand: 02.09.2015). 10 Netzwerk Informationskompetenz, Standards (wie Anm. 9), hier S. 1.
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Wissensmanagement, Literaturverwaltung
Informatiomnsethik, Urheberrecht, Plagiarismus
Bewertung der Informationen
Produktion wissenschaftlicher Texte
Wissenschaftliches Lesen
Recherchekompetenz
Ressourcenkenntnis
Wissenschaftliches Arbeiten
Informationskompetenz
Abb. 1: Bausteine wissenschaftlichen Arbeitens: Von der Informationskompetenz zur Produktion wissenschaftlicher Texte.
Bibliotheken und Informationskompetenz Nach Erkundung des neuen Geschäftsfeldes der „Vermittlung fachwissenschaftlicher Informationskompetenz“ und der Entwicklung bibliothekarischer Konzepte, die starken Rückhalt in hochschulpolitischen Studien und Grundsatzpapieren11 fanden, ist naheliegend, dass die traditionelle Bibliothek als Teaching Library12 dieser neuen
11 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Einführung neuer Studienstrukturen und -abschlüsse in Deutschland. Berlin 2000. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4418-00.pdf (Stand: 05.10.2015); Klatt, Rüdiger [u. a.]: Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hochschulausbildung. Barrieren und Potenziale der innovativen Mediennutzung im Lernalltag der Hochschulen. Endbericht. Dortmund 2001 (SteFi-Studie). http://public.fh-trier.de/~molter/AG-Medien/BMBF%20Nutzung%20elwi%20Inf%20(lang).pdf (Stand: 02.09.2015); Kommission Zukunft Informationsinfrastruktur (KII) der Leibniz-Gemeinschaft: Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland. 2011. http://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_upload/downloads/ Infrastruktur/KII_Gesamtkonzept.pdf (Stand: 02.09.2015); Hochschulrektorenkonferenz, Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 2). 12 Vgl. dazu u. a.: Sühl-Strohmenger, Wilfried: Teaching Library. Förderung von Informationskompetenz durch Hochschulbibliotheken. Berlin: De Gruyter Saur 2012 (Bibliothek: Monographien zu Forschung und Praxis 1).
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Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
Kernaufgabe einen organisatorischen Rahmen bieten könnte.13 Ihre Lehrangebote versucht die Bibliothek dabei in die Lern-, Lehr- und Forschungsumgebung von Studierenden, Dozierenden und Wissenschaftlern bestmöglich einzubetten. Dabei wird zwischen extracurricularen, intercurricularen und intracurricularen Angeboten differenziert.14 Sowohl in bibliothekarischer Praxis als auch aus hochschulpolitischer Sicht15 hat sich das intracurriculare Modell als besonders effizient und konsensfähig herauskristallisiert, da bibliothekarische Lehrveranstaltungen passgenau in die Curricula integriert sind und die Studierenden exakt dann erreichen, wenn sie bibliothekarische Ressourcen und Dienstleistungen benötigen. Der konkrete Blick in die Studienordnungen zeigt, dass – insbesondere im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich – fachwissenschaftliche Informationskompetenz zu den verbindlichen Studienzielen gehört. Diese Aufgabe ist aber nicht allein durch die Fachbereiche zu leisten, sondern gemeinsam mit Bibliotheken, Rechenzentren, Medienzentren und – Schreibzentren.16 Entsprechend der Entwicklung der elektronischen Medien konzentrierten sich die Bibliotheken anfangs auf die produktbezogene Schulung von Offline-Datenbanken (z. B. CD-ROM’s). Mit ihrer Ablösung durch webbasierte Angebote und zunehmender Relevanz von E-Learning im Studienalltag fand ein Strategiewechsel von vereinzelten „Datenbankschulungen“ hin zu curricular verankerten Veranstaltungen im Kontext der Vermittlung von Kompetenzen des wissenschaftlichen Arbeitens statt. Dieses offene Modell, das Informationskompetenz noch stärker als integralen Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens versteht, empfiehlt sich aus bibliothekarischer Sicht für eine dezidierte Öffnung im Hinblick auf die Produktion wissenschaftlicher Texte. Betrachten wir aus Sicht der Bibliotheken beispielhaft den vierten Standard der Informationskompetenz von Studierenden: das Exzerpieren, Speichern und Verwalten der recherchierten Informationen und ihrer Quellen, die Nutzung geeigneter technischer Mittel zur Präsentation der Ergebnisse sowie die zielgruppenspezifische
13 Wesentliche Komponenten einer Teaching Library sind: (1.) geeignete Räume und Infrastruktur, (2.) qualifiziertes Personal sowie (3.) ein differenzierter Lehrplan, dessen Inhalte mit (4.) angemessenen informationsdidaktischen Methoden zielgruppenspezifisch umgesetzt werden (vgl. Sühl-Strohmenger, Teaching Library (wie Anm. 12), hier S. 97–119, passim). 14 Sühl-Strohmenger, Teaching Library (wie Anm. 12), hier S. 128 f. 15 Vgl. Hochschulrektorenkonferenz, Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 2). 16 Bereits 2001 stellte der Wissenschaftsrat fest: „Die Vermittlung von Techniken der Informationsgewinnung und -bewertung war und ist Teil jeder allgemeinen wissenschaftlichen Ausbildung und fachbezogenen Lehre. Die Vermittlung von Medien- und Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation kann aber angesichts der Vielfalt und Dynamik nicht allein von den Fachwissenschaftlern geleistet werden.“ (Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken. Greifswald 2001. http://www.bibliotheksportal.de/fileadmin/user_upload/ content/bibliotheken/strategie/dateien/Wissenschaftsrat_Empfehlungen.pdf (Stand: 02.09.2015). S. 36.).
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Vermittlung der Ergebnisse.17 Hierbei ist zwischen mündlichen (z. B. Präsentation, Vortrag) und schriftlichen Formen (z. B. Essay, Hausarbeit, Qualifikationsarbeit) zu unterscheiden. Wenn auch grundsätzlich zu befürworten ist, dass Bibliotheken den vierten Standard zumeist in Bezug auf das Thema „Informationsverarbeitung“ mit Kursangeboten zur Literaturverwaltung rein formal interpretieren, so sollte hier doch die Grenze zu den Inhalten – und damit zum Handlungsfeld der Schreibzentren – bewusst überschritten werden. Am Beispiel von Citavi wird deutlich, dass die Prozesse „Wissensmanagement mittels Literaturverwaltung“ und „Produktion wissenschaftlicher Texte“ unmittelbar ineinander greifen, wenn Studierende die Transformation der recherchierten Informationen in den eigenen Schreibprozess leisten. Traditionell endet im Literaturverwaltungskurs aber nicht nur die Verantwortlichkeit der Bibliothek, sondern es findet auch keine unmittelbare Begleitung der Studierenden über diese Grenze hinweg statt.18 Eine rein technisch verstandene Verarbeitung und Vermittlung von Informationen sollte die intellektuelle Tiefendimension von Informationskompetenz, die Identifizierung wertvoller Quellen und das Erkennen, Exzerpieren und Verarbeiten der relevanten Inhalte für die eigene Textproduktion keinesfalls vernachlässigen. Künftig wird der vierte Standard der Informationskompetenz eine zentrale Rolle im Rahmen der Digital Humanities spielen, deren Bedeutung für bibliothekarisches Handeln schon heute erkennbar ist. Insbesondere für textorientierte geistes- und sozialwissenschaftliche Disziplinen werden Digital Humanities mit ihren spezifischen Tools den Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens und des wissenschaftlichen Schreibens grundlegend verändern.19 Die Stärkung der Informationskompetenz im Kontext der Digital Humanities betrifft dabei aber auch das Forschungsdatenmanagement20, ein weiteres Zukunftsthema, das den Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens und die Textproduktionskompetenz unmittelbar berühren wird. Im digitalen virtuellen Raum werden nicht nur die Grenzen zwischen Texten durchlässig, sondern auch die Grenzen zwischen Texten und Daten, die im Laufe des wissenschaftlichen Arbeitens entstehen und in Texte mit eingebunden werden müssen. Und am Ende
17 Homann, Standards (wie Anm. 8); Deutscher Bibliotheksverband e. V., Standards (wie Anm. 8). 18 Zuletzt betonen Horstmann, Wolfram [u. a.]: Der Wandel der Informationspraxis in Forschung und Bibliothek. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 73–79 zu Recht, dass in bibliothekarischen Schulungen zur Informationspraxis „generische Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens, wie ‚Gute‚ wissenschaftliche Praxis‘, ‚Wissenschaftliches Schreiben‘ oder ‚Wissensmanagement‘ […] kaum berücksichtigt“ (S. 75) werden. 19 Wegen der Fülle an einschlägiger Literatur soll hier aus den mittlerweile zahlreichen Projekten stellvertretend auf besonders bekannte Beispiele verwiesen werden: Dariah-DE: Digitale Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissenschaften (https://de.dariah.eu/) und TextGrid: Virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften (https://textgrid.de/). 20 Meyer-Doerpinghaus, Ulrich u. Heike Neuroth: Die Stärkung von Informationskompetenz im Kontext des Forschungsdatenmanagements: eine Herausforderung für Hochschulen und Politik. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 80–84.
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Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
dieser „Prozesskette“21 steht schließlich eine Veröffentlichung, die nicht mehr als gedruckter Monolith mit fest definierten Grenzen des Textes im Regal einer Bibliothek stehen, sondern elektronisch weithin verfügbar und vernetzt mit anderen Texten und Daten in digitalen und virtuellen Diskursräumen sein wird. Schließlich verdeutlicht auch der fünfte Standard der Informationskompetenz mit der Forderung nach ethisch und rechtlich verantwortungsvoller Nutzung wissenschaftlicher Informationen, dass die akademische Textproduktion im Kreislauf der Informationskompetenz, für dessen Vermittlung sich Bibliotheken traditionell verantwortlich fühlen, fest verankert ist. Da Textproduktionskompetenz und Informationsethik zentrale Säulen „guter wissenschaftlicher Praxis“ sind, könnte diese Thematik durch eine enge Partnerschaft von Schreibzentren und Bibliotheken künftig innerhalb der Hochschulen besonders gut betreut werden. Nicht nur im Rahmen von Veranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz, sondern auch in allgemeinen Beratungssituationen kann es für Bibliothekarinnen und Bibliothekare hilfreich sein zu erkennen, ob ein Studierender lediglich ein Rechercheproblem hat oder ob damit womöglich ein grundsätzliches Schreibproblem verbunden ist. Und genau dann ist die Entwicklung eines „diagnostischen Blicks“ sinnvoll, um Studierende an die richtige Stelle weiter zu leiten, in der Regel an Schreibzentren. Eine engere Kooperation mit Schreibzentren könnte daher aus bibliothekarischer Sicht ein hervorragendes Beispiel für ein integriertes Beratungs- und Schulungsangebot22 sein, das ganz im Sinne der von Schreibzentren entwickelten Konzepte im Hinblick auf die Produktion wissenschaftlicher Texte auf „Kompetenzentwicklung statt Kompetenzvermittlung“23 setzt und durch Überwindung statischer Modelle der Dynamik wissenschaftlichen Arbeitens im digitalen Raum angemessener ist. In welcher konkreten Form wäre eine solche Kooperation inhaltlich und institutionell denkbar? Bewährt hat sich beispielsweise die Beteiligung zahlreicher Bibliotheken an der seit 2013 jährlich Anfang März veranstalteten „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“24. Diese vorwiegend von Schreibzentren getragene
21 Horstmann [u. a.], Der Wandel (wie Anm. 18), hier S. 74. Innerhalb der Prozesskette des wissenschaftlichen Informationsmanagements wird das wissenschaftliche Schreiben explizit benannt. 22 Vgl. Schoenbeck, Oliver: Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2, hier S. 89; eine zentrale Rolle könnte dabei das Fachreferat an Hochschulbibliotheken spielen, s. dazu: Schröter, Marcus: Der wissenschaftliche Bibliothekar – eine aussterbende Spezies? Umfrage der VDB-Kommission für Fachreferatsarbeit zum Thema „Fachreferat: gestern – heute – morgen“. In: 100. Deutscher Bibliothekartag in Berlin 2011. Bibliotheken für die Zukunft – Zukunft für die Bibliotheken. Hrsg. von Ulrich Hohoff u. Daniela Lülfing. Hildesheim: Olms 2012. S. 188–208. 23 Schoenbeck, Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe (wie Anm. 22), hier S. 85. 24 Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten. https://schreibnacht.wordpress.com/(Stand: 02.09.2015).
Grenzverschiebungen: Wissenschaftliches Schreiben und Schreibwerkstätten
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Initiative möchte Studierende bei der Umsetzung ihrer in den Semesterferien umzusetzenden Schreibprojekte unterstützen. Trotz seines punktuellen publikumswirksamen Eventcharakters ermöglicht diese Initiative, dass Studierende in ungezwungeninformellem Rahmen am ihnen vertrauten Lernort Bibliothek von Schreibtrainern dafür sensibilisiert werden, dass die Produktion wissenschaftlicher Texte systematisch erlernbar ist und dass Schreibzentren die dafür verantwortlichen Institutionen an der Universität sind.
Schreibzentren, Textproduktionskompetenzen und Informationskompetenz Dass Studierende im Verlauf des Studiums Kompetenzen für die Produktion wissenschaftlicher Texte aufbauen, ist von jeher ein zentrales Studienziel in den universitären Fächern, insbesondere in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Bis vor etwa 20 Jahren ging man an deutschen Hochschulen davon aus, dass diese Kompetenzentwicklung in den Fachbereichen weitgehend implizit verläuft, und zwar dadurch, dass Studierende mehrere wissenschaftliche Hausarbeiten verfassen und dabei allmählich allgemeine und fachspezifische Fähigkeiten zur Steuerung von Erkenntnisprozessen und Anfertigung wissenschaftlicher Texte ausbilden. Gegenwärtig zeigt sich an deutschen Hochschulen eine stärker didaktische Einstellung bezüglich der Förderung akademischer Schreibkompetenzen: Mit der Bologna-Reform setzte sich in den Zentralen der Universitäten und in den Fachbereichen die Auffassung durch, dass der Erwerb von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben durchaus gezielt gefördert werden kann – und auch sollte. Denn schon vor der Bologna-Reform war durch die Pionierarbeit einiger Schreibzentren deutlich geworden: Unter den Bedingungen der Massenuniversitäten gelang es zu vielen Studierenden nicht mehr, auf die traditionelle implizite Weise in das verlangte wissenschaftliche Handwerk hineinzuwachsen.
Schreibzentren an deutschen Hochschulen: eine kurze Zwischenbilanz25 Heutzutage finden Studierende zahlreiche explizite Angebote zum wissenschaftlichen Schreiben: in universitären Schreibzentren, aber auch in ihren Studiengängen. Neben dem Zwang zur Kompetenzorientierung durch den Bologna-Prozess war es vor allem die pädagogische Pionierarbeit in den Schreibzentren, die diese Entwicklung
25 Ruhmann, Wissenschaftlich Schreiben lernen (wie Anm. 3).
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Gabriela Ruhmann, Marcus Schröter
möglich machte. Als in den neunziger Jahren die ersten Schreibzentren ihre Arbeit aufnahmen, wurden zunächst zahlreiche Studierende individuell in ihren Textproduktionsprozessen diagnostizierend und beratend begleitet. Ziel war es herauszufinden, mit welchen Schwierigkeiten genau sie kämpfen, welche einzelnen Herausforderungen im Prozess der wissenschaftlichen Textproduktion zu bewältigen sind und mit welchen pädagogischen Mitteln die dazu notwendigen Kompetenzen gefördert werden können. Vor dem Hintergrund dieser Beratungserfahrungen und unter Rückgriff auf Erkenntnisse aus der empirischen Schreibprozessforschung sowie auf Elemente aus der US-amerikanischen akademischen Schreibpädagogik wurde die Schlüsselqualifikation Schreiben bezogen auf ihre Teilanforderungen entschlüsselt und für didaktische Maßnahmen aufbereitet. Seit etwa 20 Jahren werden in Schreibzentren an deutschen Hochschulen unterschiedlichste Veranstaltungsformate für die Hochschullehre entwickelt, erprobt und optimiert – mit dem Ziel, die Förderung von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben nicht nur als Service für Studierende neben dem Studium anzubieten, sondern als notwendigen Bestandteil des Studiums in die Studiengänge zu integrieren. An Hochschulen oder Fakultäten, deren Schreibzentren schon länger etabliert sind, ist das Angebot zum wissenschaftlichen Schreiben inzwischen beeindruckend vielfältig. Es finden sich: – extracurriculare Formate wie etwa individuelle Schreibprozessberatung, Textfeedback, Workshops, Schreibgruppen, Schreibevents, – intercurriculare kreditierte Lehrveranstaltungen unterschiedlichster Art im Studienbereich der Schlüsselqualifikationen, z. B. Intensivkurse zum Verfassen der Bachelor-Arbeit, – intracurriculare Lehrveranstaltungen in Kooperation mit Lehrenden, etwa in Form fachspezifischer sogenannter „schreibintensiver Seminare“. Solch systematische Förderung von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben richtet sich längst nicht mehr nur an Studierende, sondern auch an Forschende. Im Zuge der Exzellenzinitiative hatte sich rasch gezeigt, dass auch Graduierte und Postgraduierte ihre Kompetenzen für die Produktion ihrer Forschungstexte weiter entwickeln können und wollen. Angebote zur Professionalisierung ihrer Textproduktionskompetenzen sind inzwischen ebenso fester Bestandteil in den strukturierten Promotionsstudiengängen und in der Postgraduiertenförderung. Was in den Anfangsjahren der Schreibzentren in der Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Universitäten eher als Nachhilfe für einzelne Studierende mit einem schulischen Bildungsdefizit betrachtet wurde, wird also inzwischen als ein Instrument der Forschungsförderung für alle Studierenden und Graduierten geschätzt. Was vor etwa 20 Jahren ohne bildungspolitische Empfehlung von einigen wenigen Engagierten in die pädagogische Tat umgesetzt wurde, hat mittlerweile als Schlüsselkompetenz einen festen Ausbildungsplatz im Rahmen der gestuften Studiengänge gefunden. Zudem ist gegenwärtig an einigen Standorten ein nächster Schritt dieser
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sogenannten „Schreibzentrumsbewegung“ zu verzeichnen: Im Gefolge der Kritik am Bologna-Prozess beginnen erste Fachbereiche, in Kooperation mit Schreibzentren ihre gesamte Lehre umzustrukturieren und die Textproduktion ins Zentrum ihres Fachcurriculums zu stellen: Texte zu produzieren soll nicht nur als Gegenstand des Lernens öffentlich festgeschrieben sein, sondern das Produzieren von Texten soll – sichtbar curricular verankert – als das zentrale Medium fachlichen Lernens und als ein wichtiges Medium des Aufbaus von Kompetenzen für wissenschaftliches Handeln eingesetzt werden.26
Förderung von Textproduktionskompetenzen: die Grundidee Was heißt es nun genauer, dass durch die Arbeit von Schreibzentren Kompetenzen für die Produktion wissenschaftlicher Texte gefördert werden? Was ist Textproduktionskompetenz? Wie verhält sie sich zur Informationskompetenz? Um auf diese Fragen eine vertretbar knappe und pauschale Auskunft zu geben, muss zunächst betont werden, dass die Bezeichnung „Schreibzentren“ in diesem Artikel als ein Sammelbegriff für eine Vielfalt von Initiativen und Projekten mit unterschiedlichen Namen, Konzeptionen, institutionellen Anbindungen, Ausstattungen und Entwicklungsständen steht; einige sind bereits seit Jahren an ihrer Hochschule verstetigt, andere stehen erst im Anfangsstadium und werden befristet aus Fördermitteln finanziert.27 Dieser Vielfalt entsprechend gestaltet sich an jedem Standort die Förderung von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben anders, was die Auswahl der einzelnen zu fördernden Kompetenzbereiche und die pädagogische Gestaltung der Förderangebote betrifft. Eine gewisse Standardisierung der Angebote stellt sich dadurch her, dass sich die meisten dieser Projekte den QualitätssicherungsNetzwerken der Zunft28 anschließen und bei der Konzeption und Durchführung ihrer Angebote mehr oder weniger den Grundsätzen einer modernen prozessorientierten Schreibdidaktik folgen. Moderne prozessorientierte Schreibdidaktik wiederum ist ein Sammelbegriff für ein unüberschaubar vielfältiges interdisziplinäres Handlungsfeld, das sich in Theorie, Empirie und Praxis mit der Frage befasst, wie sich der Aufbau von
26 Vgl. z. B. Frank, Andrea u. Swantje Lahm: Das Schreiblabor als lernende Organisation – von einer Beratungseinrichtung für Studierende zu einem universitätsweiten Programm Schreiben in den Disziplinen. In: Wissenschaft schreiben. Hrsg. von Andreas Hirsch-Weber u. Stefan Scherer. Wiesbaden: Springer-Spektrum 2015 (in Druck). 27 Ruhmann, Wissenschaftlich Schreiben lernen (wie Anm. 3). 28 http://www.eataw.eu/home.html (Stand: 26.09.2015); http://www.schreibdidaktik.de/index.php (Stand: 26.09.15); http://www.forumschreiben.ch (Stand: 26. 09. 2015); http://www.gewisss.at (Stand: 26.09.2015)
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Schreibkompetenzen vollzieht und wie diese Entwicklung didaktisch gestützt werden kann.29 In Anlehnung an eine solche prozessorientierte Schreibdidaktik wird in den meisten Schreibzentren die Produktion wissenschaftlicher Texte ganzheitlich als ein komplexer und dynamischer Arbeitsprozess verstanden, in dessen Wesen es angelegt ist, fortlaufend Probleme bearbeiten zu müssen, für die es keine Standardlösungen gibt: so etwa beim Entwickeln einer sinnvollen Fragestellung, beim Auswählen relevanter Literatur, beim Lesen, Verstehen und Wiedergeben von Informationen aus der Literatur, bei der Transformation der gelesenen Informationen in einen tragfähigen und nachvollziehbaren Gedankengang, bei der Steuerung der Formulierungsprozesse, usw. Textproduktionskompetenz wird dementsprechend verstanden als das Vermögen, diese inhärenten Probleme der Textproduktion im Arbeitsprozess wahrzunehmen, zu verstehen und angemessen zu bearbeiten. Sofern sich die Lernangebote in den Schreibzentren an dieser Grundeinstellung orientieren, schaffen sie pädagogische Rahmungen, in denen Studierende oder Forschende diesen – überwiegend verborgenen und öffentlich nicht thematisierten – komplexen Problemlöse-Charakter der Textproduktion in angemessener Ruhe erkunden und reflektieren können. Angestoßen durch gezielte Übungen oder Interventionen zu Teilprozessen der Textproduktion machen sich die Schreibenden bewusst, welche einzelnen Probleme sich in dem jeweiligen Teilprozess stellen; sie reflektieren, wie sie geneigt sind, mit diesen Problemen umzugehen, und welche Vorund Nachteile damit verbunden sind; und sie erproben, welche alternativen Strategien der Problembearbeitung produktiv wären und ggf. zu Routinen werden könnten. Die lernpsychologische Pointe solcher prozessorientierten Lernrahmen liegt darin, dass sie die Subjektivität und Dauer von Aneignungsprozessen sowie die Individualität von Schreibprozessen berücksichtigen. Darüber hinaus wird in solchen Arrangements ein intersubjektiver wissenschaftsdidaktischer Anspruch eingelöst: Die Übungen und Interventionen zwingen die Schreibenden, sich mit denjenigen Problemen auseinanderzusetzen, die sich dadurch ergeben, dass man den Auflagen präzisen (fach)wissenschaftlichen Denkens, Kommunizierens und Formulierens sowie den Grundsätzen einer guten wissenschaftlichen Praxis folgt. Der Aufbau von Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben wird dadurch gefördert, dass bestimmte Teilanforderungen gezielt ausgelassen werden, damit bestimmte andere Teilanforderungen wahrgenommen, reflektiert, verstanden und erfüllt werden können: So wird z. B. in Übungen zur Text-Reproduktion das Problem des Umgangs mit großen Informationsmengen zurückgestellt zugunsten einer wissenschaftlich präzisen, tiefen Verarbeitung kleiner Informationsmengen.
29 Ruhmann, Gabriela u. Otto Kruse: Prozessorientierte Schreibdidaktik: Grundlagen und Arbeitsformen. In: Schreiben. Grundlagentexte zur Theorie, Didaktik und Beratung. Hrsg. von Stephanie Dreyfürst u. Nadja Sennewald. Opladen: Verl. Barbara Budrich 2014 (UTB 8604). S. 15–34.
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Wie komplex, rekursiv und dynamisch allein der Prozess des Lesens-VerstehensWiedergebens schon bezogen auf kleinste Informationsmengen ist, lässt sich an der mannigfachen, nicht endenden Praxis- und Forschungsliteratur zu diesem Thema ablesen30. Darin wird deutlich, wie viele einzelne konfliktbehaftete Entscheidungen zu treffen sind, wenn man einen wissenschaftlichen Text auf seine zentralen Informationen reduziert und versucht, diese Informationen eigenständig wiederzugeben, so dass die eigenen Leistungen und Formulierungen erkennbar redlich abgegrenzt sind von denen der rezipierten Autoren. Sich in vielen rekursiven Arbeitsbewegungen immer wieder aufs Neue für Formulierungen zu entscheiden und sie zu verantworten: mit dieser inneren Dynamik z. B. des Text-Reproduktionsprozesses setzen sich Studierende in Veranstaltungen der Schreibzentren gründlich auseinander. Welche Funktionen dabei das Zitieren und andere formale Regelungen haben, lernen sie an sehr konkreten Entscheidungssituationen und ohne großen Informationsaufwand gewissermaßen nebenbei.31
Textproduktionskompetenz und Informationskompetenz Zu dem komplexen Zusammenhang zwischen Textproduktionskompetenz und Informationskompetenz sind hier drei Einsichten festzuhalten: Erstens macht das ausgewählte Beispiel der Text-Reproduktion überdeutlich, dass insbesondere Nr. 4 und 5 der Standards für Informationskompetenz Qualifikationsziele festschreiben, für die in den Schreibzentren fundierte Lernwege geschaffen wurden, die weder in den Fachbereichen noch in den Bibliotheken begangen wurden und werden. Zweitens: Durch die prozess-orientierte Textproduktionsdidaktik ist ein pädagogisch ausgereifter Zugang
30 Vgl. dazu etwa: Kruse, Otto u. Gabriela Ruhmann: Aus Alt mach Neu. Eine didaktische Hilfe zum Verknüpfen von Lesen und Schreiben bei der wissenschaftlichen Textproduktion. In: Schlüsselkompetenz Schreiben. Konzepte, Methoden, Projekte für Schreibberatung und Schreibdidaktik an der Hochschule. Hrsg. von Eva-Maria Jakobs, Otto Kruse u. Gabriela Ruhmann. 3. Aufl. Neuwied: Luchterhand 2014. S. 109–121; Jakobs, Eva-Maria: Reproductive Writing – Writing from Sources. In: Journal of Pragmatics (2003). S. 893–906. In: Wissenschaftlich schreiben – lehren und lernen. Hrsg. von Konrad Ehlich u. Angelika Steets. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2003. S. 211–231; Feilke, Helmuth u. Katrin Lehnen: Wissenschaftliches Referieren. Positionen wiedergeben und konstruieren. In: Der Deutschunterricht (2011) H. 5. S 34–44; Lange, Ulrike: Fachtexte lesen, verstehen, wiedergeben. Paderborn: Schöningh 2013 (UTB 4002: Schlüsselkompetenzen); Steinhoff, Torsten: Schriftliches Referieren. In: Schriftlicher Sprachgebrauch – Texte verfassen. Hrsg. von Helmuth Feilke u. Thorsten Pohl. Baltmannsweiler: Schneider 2014. S. 331–346; Lehnen, Katrin u. Lisa Schüler: A showcase on reading and writing. Visual resources for analyzing, teaching and learning how to write academic texts. In: Methods in Writing Process Research. Hrsg. von Jan Engberg [u. a.]. Frankfurt a. M.: Peter Lang 2014. S. 211–229. 31 Ruhmann, Gabriela: Präzise denken, sprechen, schreiben. Bausteine einer prozessorientierten Propädeutik. In: Wissenschaftlich schreiben – lehren und lernen. Hrsg. von Konrad Ehlich u. Angelika Steets. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2003. S. 211–231.
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zu einer Tiefendimension von Informationskompetenz geschaffen, wie er zunehmend im neueren kritischen bibliothekarischen Diskurs eingefordert wird.32 Drittens zielt diese Textproduktionsdidaktik auf die verständige und verantwortliche Bewältigung der inneren Dynamik von Textproduktionsprozessen – und blendet zu diesem Zwecke mit guten Grund Anforderungen aus, die mit dem Gewinnen und Verwalten großer Informationsmengen verbunden sind. Diese Einsichten legen nun einen gründlicheren Dialog zwischen Schreibzentren, Fachbereichen und Bibliotheken darüber nahe, wie die Expertisen dieser drei Einrichtungen zum größtmöglichen Lerngewinn für die Studierenden zusammengebracht werden können. Aus der Perspektive der Schreibzentren ist grundsätzlich zu bedenken: Neuere Erkenntnisse aus der empirischen Schreibentwicklungsforschung zeigen, wie sich Kompetenzen für das wissenschaftliche Schreiben über erkennbare Stadien durch das gesamte Studium hindurch aufbauen.33 Diese Erkenntnisse legen für Fachbereiche, Schreibzentren und Bibliotheken nahe, ihre Lern-Angebote so zu verzahnen, dass diese einzelnen Entwicklungsstadien berücksichtigt und erwerbsgerecht gestützt werden. Aus dem Blickwinkel der prozessorientierten Textproduktionsdidaktik ist dabei ganz besonders auf eine lernförderliche Balance zwischen Tiefe und Breite der Informationsverarbeitung zu achten; so sollte etwa am Beispiel der Text-Reproduktion deutlich werden: Wenn Studierende zunächst die innere Dynamik der Text-Reproduktion verstehen und beherrschen lernen, profitieren sie z. B. mehr von den Citavi-Schulungen, in denen sie lernen können, wie sich größere Mengen von Informationen effizient be- und verarbeiten lassen. Warum ist es so wichtig, die Studierenden dabei zu unterstützen, zunächst mit kleinen, begrenzten Informationsmengen die innere Dynamik des gesamten Textproduktionsprozesses zu verstehen und zu beherrschen, bevor sie sich mit der Dynamik der verfügbaren Informationsmengen auseinandersetzen? Aus der empirischen Schreibprozessforschung ist bekannt, dass der balancierte Umgang mit der inneren Dynamik der Textproduktion für Schreibende grundsätzlich eine Überforderungssituation bedeutet und mit Störungen der Selbstregulierung verbunden ist.34 Die wissenschaftliche Textproduktion als eine „Extremform konzeptioneller Schriftlichkeit“35 bringt extreme kognitive und auch emotionale Herausforderungen
32 Hapke, Thomas: Informationskompetenz anders denken – zum epistemologischen Kern von „information literacy“; in diesem Band; Schoenbeck, Informationskompetenz (wie Anm. 22). 33 Steinhoff, Torsten: Wissenschaftliche Textkompetenz. Sprachgebrauch und Schreibentwicklung in wissenschaftlichen Texten von Studierenden und Experten. Tübingen: Niemeyer 2007; Pohl, Thorsten: Studien zur Ontogenese wissenschaftlichen Schreibens. Tübingen: Niemeyer 2007. 34 Flower, Linda & John R. Hayes: The dynamics of composing: making plans and juggling straints. In: Cognitive processes in writing: an interdisciplinary approach. Ed. by Lee Gregg & Erwin Steinberg. Hillsdale, NJ: Lawrence Erlbaum 1980. S. 31–50. 35 Vgl. dazu Steinhoff, Wissenschaftliche Textkompetenz (wie Anm. 33).
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mit sich36 – und dies ganz besonders für schreibunerfahrene Studierende. Die innere Dynamik der Textproduktion ist für Studierende nur zu bewältigen, wenn die Überforderung lernförderlich dosiert ist: Ist sie zu hoch, drohen Verhaltensreaktionen, die die erwünschten Lernprozesse systematisch verhindern. So zeigte sich bereits bei den ersten Beobachtungen in den Schreibzentren, dass Studierende, die gerade mit der ganz normalen inneren Dynamik des Textproduktionsprozesses kämpfen, aus Überforderung dazu neigen, den unvermeidlichen Mühen und Unsicherheiten bei der Textproduktion durch unproduktives Recherchieren und Lesen zu entfliehen – und sich damit einen Zugang zur epistemischen Tiefendimension des wissenschaftlichen Schreibens versperren.37 Diesem Risiko gilt es durch überdachte, lernförderlich verzahnte Lernarrangements zwischen Fächern, Schreibzentren und Bibliotheken entgegenzuwirken. Ein genauerer Blick in die Veranstaltungsprogramme der Schreibzentren und in den laufenden Diskurs der akademischen Schreibdidaktik zeigt indes: Es gibt inzwischen eine enorme Vielfalt unterschiedlichster schreibpädagogisch fundierter Verfahren, die Ausbildung bestimmter Teilkompetenzen für die wissenschaftlichen Textproduktion sukzessive zu fördern. Solche Verfahren, die sich allmählich als Lernformen in den gestuften Studiengängen etablieren38, bieten gezielte Anknüpfungspunkte, über das Thema Textproduktionskompetenz die fachlichen und didaktischen Expertisen von Bibliotheken, Fachbereichen und Schreibzentren produktiv zu verzahnen. Zum Schluss dieses Gedankengangs sei noch festgehalten: Wenngleich durch die Arbeit der Schreibzentren einige Qualifikationsziele aus den Standards der Informationskompetenz didaktisch aufgeschlüsselt wurden: Der Begriff Informationskompetenz ist bisher von den Schreibzentren an deutschsprachigen Hochschulen nicht aufgenommen worden. Vielmehr wird zunehmend auf den Begriff literacy zurückgegriffen – und zwar als eine ganzheitliche Konzeption, die auf der Grundlage empirisch gewonnener Einsichten auf eine lerner-orientierte grundsätzliche Neuorganisation der Curricula hinarbeitet.39 Beide Leitbegriffe – Informationskompetenz und literacy zusammen – könnten für die anstehenden Kooperationen zwischen Schreibzentren, Bibliotheken und Fachbereichen eine wichtige Orientierung geben.
36 Vgl. dazu etwa Ruhmann, Gabriela: Between experience and empirical research. Writing process counseling as a natural setting for writing process research. In: Engberg, Methods (wie Anm. 30). S. 59–79. 37 Ruhmann, Gabriela: Schreibprobleme – Schreibberatung. In: Schreiben – Prozesse, Prozeduren, Produkte. Hrsg. von Jürgen Baurmann u. Rüdiger Weingarten. Opladen: Westdeutscher Verlag 1995. S. 85–106. 38 Banzer, Roman u. Otto Kruse: Schreiben im Bachelor-Studium: Direktiven für Didaktik und Curriculumentwicklung. In: Neues Handbuch Hochschullehre G 4.8. Berlin: Raabe 2011. S. 1–37. 39 Lea, Mary: Academic literacies in theory and practice. In: Encyclopedia of Language and Education. Ed. by Brian Street & Nancy Hornberger. Springer Science + Business Media LLC. 2 2008. S. 227– 238.
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Hinter beiden Begriffen stehen komplementäre bildungspolitische Einflussnahmen: Während mit dem Begriff Informationskompetenz in den Empfehlungen der HRK eher ein top-down-Governance-Prozess an den Hochschulen vorgesehen ist, bei dem die Bibliotheken eine wichtige Rolle spielen sollen40, zeigen Erfahrungen aus dem transatlantischen angelsächsischen Raum eher einen komplementären bottom-up-Governance-Prozess, bei dem die Schreibzentren eine große Rolle spielen.41 An deutschen Hochschulen schicken sich gerade die ersten Schreibzenten an, solche Regelungsprozesse anzustoßen und mit ihrer Expertise bei deren Lenkung mitzuwirken.42
Grenzöffnungen: Zur Konvergenz von Schreibzentren und Bibliotheken Auch wenn das bibliothekarische Verständnis der Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz und der schreibpädagogische Ansatz literacy hier nicht in ihrer gesamten Breite und Vielfalt verfolgt werden konnten, so lässt sich auf der Grundlage unserer Überlegungen doch festhalten: Die Arbeitsfelder universitärer Bibliotheken und Schreibzentren überschneiden sich praktisch und konzeptionell in interessanten Aspekten, und dies bietet viel versprechende Vernetzungsmöglichkeiten der Expertisen aus beiden Fachdiskursen. Für Bibliotheken und Schreibzentren liegt es auf der Hand, vernetzte Lernangebote zu entwerfen, in denen sie etwa Citavi-Schulungen an Textreproduktionsübungen koppeln oder Rechercheschulungen an konkrete Schreibprojekte binden. Da einerseits der Prozess einer wissenschaftlichen Recherche immer vor dem Hintergrund eines konkreten Schreibprojektes durchgeführt, der Prozess des wissenschaftlichen Schreibens andererseits kontinuierlich durch den Prozess der Recherche begleitet wird, sollte bei der Förderung der einen Kompetenz immer auch die andere im Blick sein. Vor dem Hintergrund des aktuellen bibliothekarischen Diskurses erscheint eine solche Kopplung von Recherche- und Textproduktionsprozessen äußerst sinnvoll. Da sich in der Realität die Formate und Inhalte bibliothekarischer Angebote ohne dynamische Anbindung an konkrete Schreibprojekte häufig nur statisch auf den Bereich der Informationsrecherche konzentrieren, handelt es sich bei diesen doch eher um
40 Hochschulrektorenkonferenz, Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 2). 41 Purser, Emily [u. a.]: Developing academic literacy in context. In: Zeitschrift Schreiben (26.06.2008). http://www.zeitschrift-schreiben.eu/beitraege/purser_academic_literacy.pdf (Stand: 26.09.2015). 42 Frank u. Lahm, Schreiblabor (wie Anm. 26); Bräuer, Gerd & Katrin Girgensohn: Literacy development projects initiating institutional change. In: Writing programs worldwide: profiles of academic writing in many places. Ed. by Chris Thaiss [u. a.]. http://wac.colostate.edu/books/wpww/chapter 20. pdf (Stand: 26.09.2015).
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„Schulungen zur wissenschaftlichen Informationspraxis“43, die sich auf einzelne Standards oder spezifische Techniken beziehen. Mit einer Kopplung ihrer Angebote an die Dynamik der wissenschaftlichen Textproduktion hingegen könnten die Bibliotheken zukünftig ihren ambitionierten Anspruch einlösen, Informationskompetenz im ganzheitlichen Sinne bezogen auf ihre intellektuelle Tiefendimension zu fördern und der Gefahr einer „Entkopplung“44 von der Wissenschaft und ihrer sich wandelnder Informationspraxis zu begegnen. Da Bibliotheken traditionell als fachübergreifende Lehr- und Lernorte und „learning environments“ innerhalb von Hochschulen weithin anerkannt sind, könnten sie beispielsweise dort, wo Schreibzentren (noch) nicht über geeignete Räume verfügen, im Sinne eines „kuratierenden Handelns“45 ein inspirierendes Setting für unterschiedlichste Veranstaltungen zur Produktion wissenschaftlicher Texte zur Verfügung stellen. Bei diesen Bemühungen, Bibliotheken und Schreibzentren in eine für Studierende lernförderliche Kooperation zu bringen, dürfen die Fächer in ihrer tragenden Rolle nicht aus dem Blick geraten: Ausgehend von einem ganzheitlichen Verständnis wissenschaftlichen Arbeitens, in dem Fach-, Informations- und Textproduktionskompetenz zusammenspielen, wird deutlich, dass eine erfolgreiche Förderung dieser Kompetenzen in systematischer Kooperation der drei zuständigen Institutionen geschehen sollte. Da wissenschaftliche Schreibprojekte stets fachbezogen sind, erscheint es besonders erfolgversprechend, solche gekoppelten Lernangebote intracurricular an Fachveranstaltungen zu binden. Um die Verzahnung von textproduktions-, informations- und mediendidaktischen Angeboten für die Studierenden möglichst lernförderlich zu gestalten, sind vor allem wiederkehrende Dialoge zwischen Fachbereichen, Bibliotheken und Schreibzentren nötig: über die allmähliche Schreibentwicklung von Studierenden, über die stufenweise Progression von Qualifikationszielen – und über die Frage: Wie können Textproduktionsprozesse von Fächern, Bibliotheken und Schreibzentren didaktisch gerahmt werden, dass sie ihr Potential als Medium tiefen fachwissenschaftlichen Lernens entfalten können? Entsprechend der wechselseitigen Abhängigkeit der Teilkompetenzen beim wissenschaftlichen Arbeiten sind Fächer, Bibliotheken und Schreibzentren bei der Bearbeitung dieser Frage auf die Integration ihrer Ressourcen angewiesen. Die anstehenden Dialoge werden – wie der Textproduktionsprozess auch – mit vielen, für die Beteiligten teilweise überraschenden Herausforderungen zu tun haben. Wenn sich die Fächer, Bibliotheken und Schreibzentren dabei selbst als lernende Institutionen begreifen, besteht eine große Chance, Lernrahmen für die
43 Horstmann [u. a.], Wandel (wie Anm. 18), hier S. 77. 44 Horstmann [u. a.], Wandel (wie Anm. 18), hier S. 77. Als ein wichtiges Beispiel wird hier auf das Forschungsdatenmanagement im Kontext der Informationskompetenz verwiesen. 45 Sieh auch den Beitrag von Thorsten Bocklage, Julia Rübenstahl und Renke Siems in diesem Band.
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von allen Beteiligten gewünschte Tiefendimension der wissenschaftlichen Informationskompetenz zu kreieren.
Anne Linsler, Michael Mönnich
Förderung von Informationskompetenz in der KIT-Bibliothek unter besonderer Berücksichtigung der Ausbildung von Lernkompetenz als zentraler Komponente von Informationskompetenz Abstract: Hinsichtlich der Entwicklung von Informationskompetenz kooperiert die KIT-Bibliothek seit 2012 erfolgreich mit dem House of Competence, der zentralen Einrichtung für fachübergreifende Kompetenzentwicklung am KIT. Besondere Schwerpunkte sind dabei die Förderung von Lernkompetenz als zentrale Komponente von Informationskompetenz sowie die Entwicklung von Lernraum. Neben der Studierendenschaft profitieren nicht zuletzt auch die beiden Einrichtungen selbst von diesem wechselseitigen Austausch von Expertise. Der vorliegende Beitrag gibt einen erfahrungsreflexiven Überblick über die verschiedensten gemeinsamen Projekte und Aktivitäten am KIT. Keywords: Lernberatung, Lernkompetenz, Schlüsselqualifikationen, Kompetenzentwicklung, Kooperation
Anne Linsler studierte Erziehungs- und Politikwissenschaft an den Universitäten Stuttgart und Tampere, Finnland. Nach ihrem Magisterabschluss 2010 arbeitete sie als freiberufliche Referentin für die Personalentwicklung und das House of Competence (HoC) am Karlsruher Institute of Technology (KIT). Nach einem Ausflug in die Politik als parlamentarische Beraterin für Bildung im Landtag von Baden-Württemberg arbeitet sie seit 2012 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am HoC in der Leitung des Lernlabors, wo sie insbesondere für den Bereich Lernberatung verantwortlich ist. 2014/15 absolvierte sie eine Weiterbildung zur integrativen Lerntherapeutin (IFLW). Michael Mönnich studierte Chemie, Pharmazie und Geschichte der Naturwissenschaften. Nach der Promotion 1989 an der Universität Heidelberg durchlief er ein zweijähriges Referendariat an der UB Karlsruhe und am Institut für Informationswissenschaft der Fachhochschule Köln. Seit 1991 ist an der KIT-Bibliothek beschäftigt. In dieser Zeit hatte er verschiedene Positionen inne, darunter war er Leiter der Abteilung für das Bibliothekssystem und der Medienbearbeitung. Heute leitet er die Abteilung Benutzung und ist stellvertretender Direktor. Er lehrt „Geschichte der Chemie“ in Karlsruhe und „Geschichte der Naturwissenschaften unter besonderer Berücksichtigung der Pharmazie“ in Tübingen. Seit 2010 ist er Honorarprofessor in Tübingen.
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Anne Linsler, Michael Mönnich
Kooperation zwischen KIT-Bibliothek und House of Competence (HoC) Den Auftrag der Hochschulrektorenkonferenz1 an die wissenschaftlichen Bibliotheken annehmend, beteiligt sich die KIT-Bibliothek seit einigen Jahren aktiv daran, Informationskompetenzentwicklung am KIT voranzutreiben. Dabei vollzieht die KITBibliothek derzeit einen Wandel von der traditionellen Bibliothek hin zu einem Lernzentrum, das teils in Kooperation mit anderen Hochschuleinrichtungen, teils eigenständig über die herkömmliche Benutzerschulung hinausgehende (Weiterbildungs-) Angebote im Bereich Informationskompetenz bietet.2 Diese reichen von klassischen Katalogrecherchekursen und dem Angebot von Lernraum über die Beteiligung an Schlüsselqualifikationskursen, der Durchführung eigener Lehr- und Beratungsveranstaltungen hin zu Events und Veranstaltungen und Qualifizierungsmaßnahmen eigener Bibliotheksmitarbeiter. Da Informationskompetenz, verstanden als „die Gesamtheit aller Fähigkeiten und Fertigkeiten, die erforderlich sind, um situationsrelevante Informationsbedarfe festzustellen, Information zu beschaffen, weiterzuverarbeiten, zu bewerten, zu präsentieren und Nutzungsbedingungen von Information einzuordnen“3, viele Teilkompetenzen erforderlich macht, die die (bisherigen) Kompetenzen von Bibliotheksmitarbeitern überschreiten und somit sinnvollerweise der wissenschaftlich und pädagogisch fundierten Förderung von Experten bedarf, hat sich dabei für die KIT-Bibliothek eine enge Kooperation mit dem House of Competence (HoC), der zentralen Einrichtung für fachübergreifende Kompetenzentwicklung am KIT, als beispielhaft bewährt. Innerhalb des Prozesses des fachübergreifenden Kompetenzerwerbs kommt der Informationskompetenz eine entscheidende Rolle zu: Informationskompetenz ist notwendig, um Information – sogenanntes „träges“, deklaratives Wissen – einerseits überhaupt erst zu gewinnen und andererseits in Handeln im Sinne von prozedura-
1 Hochschulrektorenkonferenz (Hrsg.): Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen. http://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Entschliessung_Informationskompetenz_20112012_01.pdf (Stand: 28.01.2015). 2 Vgl. Sühl-Strohmenger, Wilfried: Informationskompetenz und die Herausforderungen der digitalen Wissensgesellschaft. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 3–11, hier S. 9. 3 Vgl. Hochschulrektorenkonferenz, Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 1), hier S. 6 und Deutscher Bibliotheksverband (Hrsg.): Stellungnahme des Deutschen Bibliotheksverbands (dbv) zur Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der Hochschulrektorenkonferenz „Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern“. 14.03.2013. http:// www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/DBV/positionen/2013_10_14_Stellungnahme_ Informationskompetenz_endg.pdf (Stand: 28.01.2015). S. 2.
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lisiertem, in automatisch zugänglichen Verknüpfungen und Abläufen überführtem Wissen4, zu transformieren (vgl. Abbildung 1). Können
Informationskompetenz u.a. fachübergreifende Kompetenzen
Informationskompetenz
Wissen
Handeln Reflexion
Abb. 1: Rolle von Informationskompetenz im Kompetenzentwicklungskonzept.
„Damit aus Information Wissen wird, ist es wichtig, dass Menschen diese auswählen, vergleichen, bewerten, Konsequenzen ziehen, verknüpfen, aushandeln und sich mit anderen austauschen. Wissen ist bedeutungsgerecht bewertete Information.“5 In einem wechselseitigen Zusammenspiel von sachverhaltszentriertem Wissen, subjektbezogenen (Informations-)Kompetenzen und Handeln sowie dessen Reflexion bildet sich schließlich neues Können heraus.6 KIT-Bibliothek und HoC gehen dabei in Anlehnung an John Erpenbeck7 von einem Verständnis von Kompetenz als subjektzentrierte Disposition selbstorganisierten und selbstbestimmten angemessenen und erfolgreichen Handelns aus. D. h., es handelt sich bei Informationskompetenz um das individuelle Vermögen, selbstorganisiert und selbstbestimmt angemessen und erfolgreich mit Informationen umzugehen. Der Anspruch auf Selbstorganisation und Selbstbestimmung bezieht sich dabei auf die Informationsbeschaffung, -bewertung und -weiterverarbeitung und erfordert nicht zuletzt eine hohe Lernkompetenz; Angemessenheit bezieht sich auf den entsprechen-
4 Klieme, Eckart [u. a.]: Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Expertise. Bildungsforschung Band 1. Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Bonn/Berlin 2007. S. 78. 5 Koepernik, Claudia: Informationskompetenz als Schlüsselqualifikation Lebenslangen Lernens. In: Handbuch Informationskompetenz (wie Anm. 2), hier S. 53. 6 Vgl. House of Competence (HoC): Kompetenzentwicklungskonzept. Hrsg. von House of Competence (HoC). 2014. Online verfügbar unter http://www.hoc.kit.edu/downloads/Kompetenzentwicklungskonzept_Sep2014.pdf (Stand: 15.01.2015). S. 2. 7 Vgl. Erpenbeck, John (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis. 2., überarb. u. erw. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel 2007.
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Anne Linsler, Michael Mönnich
den Kontext der Handlungssituation (z. B. Stichwort: Zielgruppenorientierung bei der Präsentation von Information oder Stichwort: Plagiate beim wissenschaftlichen Schreiben) und erfordert sozial-kommunikative sowie fachlich-methodische Kompetenzen, wie beispielsweise die Fähigkeit zum wissenschaftlichen Schreiben. Während bereits viele wissenschaftliche Bibliotheken ihr Schulungsangebot in diesem Sinne um Veranstaltungen zur Förderung wissenschaftlichen Schreibens erweitert haben, betreibt die KIT-Bibliothek Pionierarbeit mit ihrer aktiven Förderung von Lernkompetenz als elementarem Bestandteil von Informationskompetenz. Im Folgenden werden beispielhaft einige Aktivitäten der KIT-Bibliothek im Bereich der Förderung von Informationskompetenz im Studium dargestellt.
Projekte zur Förderung von Lernkompetenz als zentrale Komponente von Informationskompetenz Wie bereits oben erwähnt, umfasst Informationskompetenz – selbstverständlich ohne sich darauf beschränken zu können – Lernkompetenzen als zentralen Bestandteil des subjektiven Handlungsvermögens. Prozesse der Recherche, Auswahl, Bündelung und Organisation von Information sowie deren Bearbeitung, Weiterverarbeitung, (Re-)Strukturierung und Bewertung setzen ein hohes Maß an Lernkompetenz voraus. Lernkompetenz, oft auch als Lernfähigkeit, Lernpotential oder Learning Literacy bezeichnet, wird an dieser Stelle verstanden als das Vermögen selbstorganisierten, selbstbestimmten angemessenen und erfolgreichen Lernhandelns. Als zentral für kompetentes Lernhandeln gilt das Zusammenspiel selbstgesteuerter kognitiver, metakognitiver und motivationaler Strukturen und Prozesse. Entscheidende Komponenten von Lernfähigkeit sind der angemessene Einsatz von Lernstrategien, die Fähigkeit zur Lernmotivation sowie ein positives Selbstkonzept.8 Entsprechend verfolgt die KITBibliothek bezüglich der Entwicklung von Lernkompetenz als Bestandteil von Informationskompetenz die Förderung selbstregulierten Lernens. Dabei beschreitet die KIT-Bibliothek derzeit zwei Wege: Zum einen forciert sie seit 2012 aktiv den (qualitativ hochwertigen) Ausbau von Lernraum am KIT,9 um einen angemessenen Rahmen für selbstreguliertes Lernen an der Hochschule zu schaffen. Zum anderen vollzieht sie seit 2014 einen Wandel im eigenen Selbstbild vom klassischen Bibliotheksservice hin
8 Vgl. Creß, Ulrike u. Helmut Felix Friedrich: Selbst gesteuertes Lernen Erwachsener. In: Zeitschrift für Pädagogische Psychologie (2000) H. 4. S. 194–205. DOI: 10.1024//1010-0652.14.4.194 (Stand: 13.07.2015). 9 Vgl. Linsler, Anne u. Michael Mönnich: Lernraumkonzept für das Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Vortrag beim Deutschen Bibliothekartag 2013. Leipzig, 19.04.2013. http://www.opus-bayern. de/bib-info/volltexte/2013/1510/(Stand: 30.01.2015).
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zu einem lernunterstützenden Dienstleister, welcher Lernberatung als neue Aufgabe für Bibliothekare betrachtet.10 In beiden Anliegen arbeitet sie seit 2012 intensiv mit dem Lernlabor am HoC zusammen, welches sich durch eine enge Verzahnung von ECTS-fähiger Lehre, Beratung und Forschung im Bereich selbstregulierten Lernens im Studium auszeichnet und somit einen kompetenten Kooperationspartner in diesem Feld darstellt.
Lernberatung als neue Aufgabe für Bibliothekare Mithilfe des Lernlabors am HoC schulte die KIT-Bibliothek 2014 einen großen Teil seines Mitarbeiterpersonals zu ausgebildeten Lernhelfern und bietet seither den neuen Bibliotheksservice „Helpdesk Lern- und Arbeitstechniken“ an.11 Im Rahmen des Helpdesk-Angebots werden Studierenden Lernstrategien in den vier Bereichen „Planen und Organisieren“ (zum Beispiel: Arbeitsplatzorganisation, Zeitmanagement), „studentisches Arbeiten“ (beispielsweise Lesetechniken, Recherchetechniken, Vorlesungsmitschrieb), „Lernen und Verstehen“ (Memoriertechniken, Mindmapping, kognitive Landkarten …) sowie „Motivation und Selbstregulation“ (zum Beispiel: Umgang mit Erfolg/Misserfolg, Selbsttest Prokrastination, Selbstmotivierung) vermittelt. Im Rahmen einer 60 bis optional 90 Zeitstunden umfassenden Weiterbildung wurde dafür das Bibliothekspersonal in akademischen Lern- und Arbeitstechniken, Selbst- und Zeitmanagementstrategien und im Bereich Selbstregulation (Motivation, Emotionsregulation) sowie in den tätigkeitsspezifischen Anforderungen Kommunikation, Beratung und Diagnostik (i. S. einer Auftragsklärung) qualifiziert. Die Weiterbildung umfasst Präsenz- und Onlinephasen (Lernplattform) sowie optionale Selbststudiumsanteile (weiterführende Literatur, Übungsaufgaben, Selbsttests zur Lernzielprüfung) und schließt mit einem Qualifikationsnachweis. Der seit Mai 2014 an den Auskunftstheken sowie zunächst auch in den Lesesälen angebotene neue Bibliotheksservice „Helpdesk Lern- und Arbeitstechniken“ wird vom Lernlabor am HoC wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Neben einer ständig geführten Nutzerstatistik (Erfassung der Teilnehmer und Anliegen, durchschnittliche Dauer eines Beratungsgesprächs, Ort und Zeit der erfolgten Beratung u. v. m.) wurde Ende des Sommersemesters 2014 in einer Pilotstudie eine schriftliche Befragung der Ratsuchenden (prä-post Befragung) wie der Berater (Selbsteinschätzung) durchgeführt, in
10 Vgl. Mönnich, Michael u. Anne Linsler: Das „Helpdesk Lern- und Arbeitstechniken“ an der KITBibliothek. Lernberatung als neue Aufgabe für Bibliotheken. In: B.I.T. online (2014) H. 4. S. 342–346. 11 Vgl. Linsler, Anne: Lernkompetenz als Teil von Informationskompetenz. Lernberatung durch Bibliothekare an der KIT-Bibliothek. Informationskompetent im Trend. Vortrag in der UB Rostock. Rostock, 26.09.2014. Online verfügbar unter http://web10.ub.uni-rostock.de/ubwikiext/images/b/bb/ Linsler_Lernberatung_durch_Bibliothekare_2014-09-26_v2.pdf (Stand: 29.08.2015).
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Anne Linsler, Michael Mönnich
deren Forschungsinteresse die Akzeptanz und Wirkung der Lernberatung sowie die Qualität der Lernberaterschulung, gemessen an der Einschätzung der in der Schulung erzielten Beraterkompetenz durch die Ratsuchenden standen.12 Der zwischen Oktober 2013 und Juli 2014 geführten Nutzerstatistik13 zufolge stellen die Bereiche „Planen und Organisieren“ sowie „Selbstregulation und Motivation“ diejenigen mit dem größten Beratungsbedarf dar. Nur wenige Beratungsanliegen waren den Bereichen „studentisches Arbeiten“ (7 %) oder „Lernen und Verstehen“ (1 %) zuzuordnen (Sonstige: 5 %). Ersten Analysen der Pilotstudie zufolge14 lagen die Angaben der Ratsuchenden bezüglich der Einschätzung der Beraterkompetenz zu 100 % im positiven Bereich der Skala („trifft eher zu“ und „trifft zu“): alle Ratsuchenden schätzten ihren Berater als kompetent ein (trifft zu: 46 %, trifft eher zu: 54 %). Jeweils 85 % der Ratsuchenden stimmten zu („trifft zu“), dass der Lernberater freundlich und motiviert wirkte (trifft eher zu: jeweils 15 %). Als aufmerksam beurteilten 92 % („trifft zu“) der Befragten ihren Berater („trifft eher zu“: 8 %). 92 % aller Befragten fanden es zutreffend, dass der Berater Solidarität zeigte und eine offene Beratungsatmosphäre schuf, 54 % davon empfanden dies als voll zutreffend. Keiner der Befragten schätzte den Berater als distanziert ein. 92 % aller Befragten waren der Ansicht, dass die Beratung ihnen etwas gebracht habe, 46 % davon fanden dies voll zutreffend. 85 % der Befragten gaben an, dass sie die Lernberatung weiterempfehlen werden. Genauso viele gaben an, die vorgestellten Methoden bereits zu kennen. Dass bereits Bekanntes
12 In die Daten der Nutzungsstatistik und der Pilotstudie flossen auch Daten des vergleichbaren Lernberatungsangebots durch – teilweise in derselben Schulung wie das Bibliothekspersonal ausgebildete – studentische Peer-Berater des Lernlabors am HoC ein. Eine Auswertung nur speziell für die im Rahmen des Bibliotheksservice durchgeführten Beratungen ist aufgrund der geringen Stichprobe datenschutzrechtlich leider nicht möglich. 13 Die hier vorgestellte Stichprobe setzte sich aus n=68 Studierenden des KIT zusammen, die die Lernberatung des Lernlabors oder der KIT-Bibliothek aktiv genutzt haben. Es handelte sich um eine heterogene Gruppe von Studierenden. Sowohl Bachelor- (74 %), Master- (16 %), Lehramt- (1 %), als auch Diplomstudierende (6 %) verschiedenster Studienfächer und Semester wurden erfasst. 14 Für diese Fragebogenstudie wurden 13 Studierende des KIT als Ratsuchende und 9 Lernberater von Lernlabor und KIT-Bibliothek, die teilweise mehrere Gespräche führten, rekrutiert. Die Beratungen fanden unter natürlichen Bedingungen statt. Diese insgesamt 13 Beratungsgespräche sind auch o. g. Nutzungsstatistik des untersuchten Zeitraums enthalten. Die Fragebögen wurden von den Ratsuchenden unmittelbar vor und nach dem Beratungsgespräch ausgefüllt. In allen Fragen wurde eine Skala von 1 (trifft nicht zu) bis 4 (trifft zu) verwendet. Der Fragebogen enthielt insgesamt 40 Items in den fünf Bereichen Stimmung, Selbstwirksamkeit sowie Beratungsablauf und -erfolg und der Beraterkompetenz an sich. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Analyse der Bereiche Beratungserfolg und Beraterkompetenz. Die Konstruktion dieser Items wurde in Anlehnung an das Interaktionsprozess-Analysesystem nach Robert F. Bales (Bales 1975) vorgenommen.
Förderung von Informationskompetenz in der KIT-Bibliothek
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nochmals erklärt und im Detail dargelegt wurde, wurde dennoch von 67 % als gut und von 25 % als weitgehend gut empfunden.15 Diesem positiven Evaluationsergebnis zufolge wird das Angebot „Helpdesk Lernund Arbeitstechniken“ trotz anfänglicher Startschwierigkeiten wie Unsicherheiten von Seiten der Bibliotheksmitarbeiter und geringe Nutzerzahlen weiter aktiv verfolgt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass das Setting in den Lesesälen und der Auskunft wenig geeignet ist für Lernberatung. Die Lesesäle werden von Nutzern und Mitarbeitern als zu öffentlich empfunden und die Umgebung als zu ruhig. Auch am Auskunftsschalter ist die Umgebung ungünstig für vertiefende Gespräche, da hier zu viel Betrieb herrscht und sich Schlangen bilden. Da es für die geringe Zahl von Beratungsgesprächen nicht vertretbar wäre, extra Rückzugszonen zu schaffen, wurde beschlossen, das Angebot an einer Stelle zu konzentrieren. Im abgeschlossenen Aufsichtsraum im Lesesaal Medienzentrum wird künftig von Mitarbeitern des HoC eine feste Lernberatungssprechstunde angeboten. Auf dieses Angebot wird dann in den Lesesälen und der Auskunft verwiesen.
Lernraum Obwohl zum Ende des letzten Jahrhunderts unter dem Eindruck von Internet und elektronischem Publizieren die Verödung der Bibliotheken prognostiziert wurde, verzeichnen sie heute mehr Besucher als je zuvor – zumindest die mit akademischer Ausbildung verbundenen. Die Nutzung der Bibliotheksräume hat sich indes nicht nur in quantitativer sondern auch in qualitativer Hinsicht verändert: Die Studierenden nutzen ihre Bibliothek vor allem als Lern- und Arbeitsort, was sich zugleich in den seit Jahren sinkenden – bzw. bei steigender Studierendenzahl stagnierenden – Ausleihzahlen widerspiegelt. An der Bibliothek schätzen sie vor allem die Arbeitsatmosphäre und die modernen Leseplätze mit Anschlüssen für Strom- und Datenleitungen und leistungsfähigem WLAN sowie Gruppenarbeitsräume.16 Die intensive Inanspruchnahme der Bibliothek als zentralem Lernort auf dem Campus führt indes zu Problemen, da vielerorts die Nachfrage das Angebot bei weitem übersteigt. An der KIT-Bibliothek wurde daher 2013 ein „Wegweiser für Lern- und Arbeitsplätze“ eingeführt, der in Echtzeit die Auslastung von 12 Bibliotheksstandorten anzeigt. Grundlage der Daten sind die Auslastung der WLAN Access Points und
15 Vgl. Linsler, Anne [u. a.]: Der Einsatz studentischer Tutorinnen und Tutoren in Lehre und Beratung im Bereich fachübergreifender Kompetenzentwicklung. In: Personal und Organisationsentwicklung in Einrichtungen der Lehre und Forschung (P-OE) (2014) H 3/4. S. 87–92. 16 Vgl. Hoebel, Friederike u. Michael Mönnich: Lernraum-Management: Eine Aufgabe für Bibliotheken. In: B.I.T. online (2015) H. 1. S. 15–19; Gothe, Kerstin u. Michaela Pfadenhauer: My Campus. Räume für die „Wissensgesellschaft“? Raumnutzungsmuster von Studierenden. Wiesbaden: VS 2010. S 106 f.
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Anne Linsler, Michael Mönnich
regelmäßige manuelle Zählungen an Orten, wo kein auswertbares WLAN existiert.17 Der Wunsch der Studierenden nach Arbeitsplätzen beschränkt sich selbstverständlich nicht auf die Bibliothek, sondern betrifft auch die von Fakultäten, Instituten und anderen Einrichtungen verwalteten Räume. Alle Aktivitäten zur Verbesserung des Lernraum-Angebots müssen daher interdisziplinär und auf verschiedenen Ebenen entwickelt werden. Der Bibliothek als zentraler Dienstleistungseinheit kommt dabei eine tragende Rolle zu, da sie die Bedürfnisse der Nutzer aufzunehmen gewohnt ist und größere Besuchermengen verwalten kann. Das Lernlabor des HoC kann auf Erfahrungen in der Bereitstellung von Lernräumen bei der Doppelnutzung von Seminarräumen als Lehr- und als studentisch verwalteter Lernraum und bei der Nutzung des Foyers des Badischen Staatstheaters als „TheaBib & Bar“ zurückgreifen. „TheaBib & Bar“ wurde 2014 im Wettbewerb „Deutschland – Land der Ideen“ prämiert.18 Vor diesem Hintergrund stellten 2014 die KIT-Bibliothek und das HoC einen Antrag an das KIT-Präsidium, um in einer einjährigen Projektphase eine an der Bibliothek angesiedelte Stelle für Lernraumkoordination aus Qualitätssicherungsmitteln finanzieren zu können. Der Antrag wurde bewilligt und das Projekt erfolgreich durchgeführt: Die Bedarfe der verschiedenen Einrichtungen des KIT, die mit Lernraum befasst sind, wurden ermittelt und ein Konzept für eine Arbeitsgruppe Lernraum KIT entwickelt. In einer zweiten Projektphase wird nun diese Arbeitsgruppe 2015 über Projektmittel verschiedene Aktivitäten zur Verbesserung des Lernraumangebotes unterstützen. Neben dem Ausbau des eigentlichen Raumangebots stehen auch die Verbesserung der technischen Ausstattung und die verlässliche Verfügbarkeit der Räume für Studierende im Fokus. In dem im Juli 2014 eröffneten „Lernzentrum am Fasanenschlösschen“ im KIT befinden sich neben zwei Labor- und drei Seminarräumen, ein Gremienraum für den ASTA und 94 hochwertige Arbeitsplätze in den Freiflächen, die von der KIT-Bibliothek verwaltet werden. Den Erfordernissen als Lernzentrum wurde beim Bau besonders Rechnung getragen und es gelang durch zahlreiche schalldämmende Maßnahmen, trotz der sehr offen angelegten Foyerbereiche eine ruhige Atmosphäre zu schaffen. Die KIT-Bibliothek betreibt dort eine Informationstheke, wo auch Lernberatung angeboten wird. HoC-seitig ist ergänzend dazu in einem sich bereits dafür in Planung befindlichen Beratungsbereich ein regelmäßiges Angebot individueller Lern-, Methoden- und Schreibberatung vor Ort geplant.
17 Vgl. Dierolf, Uwe [u. a.]: Ein Leitsystem für Lern- und Arbeitsplätze in den Bibliotheken des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). In: B.I.T. online (2013) H. 3. S. 216–222. 18 Deutschland – Land der Ideen: TheaBib & Bar – Theater als Lernort. https://www.land-der-ideen. de/ausgezeichnete-orte/preistraeger/theabib-bar-theater-als-lernort (Stand: 07.02.2015).
Förderung von Informationskompetenz in der KIT-Bibliothek
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Sonstige Aktivitäten im Bereich der Förderung von Informationskompetenz Auch in verschiedenen weiteren Projekten zur Förderung von Informationskompetenz kooperiert die KIT-Bibliothek mit dem HoC. Im Folgenden wird davon eine Auswahl vorgestellt.
Lange Nacht der Abschlussarbeit Ein weiteres Feld, in dem sich die Zusammenarbeit von Bibliothek und HoC bewährt hat, ist die Durchführung der „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeit“ am KIT. Die „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ wird seit 2012 von universitären Schreibzentren organisiert, um zu zeigen, wie Schreibzentren arbeiten. An vielen Standorten hat es sich etabliert, die langen Nächte in den Räumen der Bibliotheken durchzuführen. Auf Initiative von HoC und Bibliothek wurde auch in Karlsruhe eine „Lange Nacht der Abschlussarbeit“ ins Leben gerufen und erfolgreich etabliert. Alljährlich werden im großen Vortragraum der KIT-Bibliothek Informationstheken aufgebaut, an denen die Mitarbeiter der Bibliothek und der Labore des HoC individuelle Beratung zu Literaturrecherche, Selbst- und Zeitmanagement, Lesetechniken, Schreibberatung, Forschungs- und Präsentationsmethoden geben. Ergänzt wird dies durch eine Podiumsdiskussion zu wechselnden Themen aus dem Kontext des wissenschaftlichen Schreibens (2014: „Alles rechtens? Plagiate vermeiden durch wissenschaftlich korrektes Arbeiten“).19 Die Resonanz bei den Studierenden ist sehr erfreulich. Auch hier gehört das Angebot von Lernberatung von Anfang an mit zum Programm und erfreut sich großer Nachfrage.
Onlinekurs Informationskompetenz Im Rahmen eines größeren Gemeinschaftsprojekts zwischen KIT-Bibliothek und HoC wurde 2014 ein Online-Selbstlernkurs zu Informationskompetenz entwickelt. Eingegrenzt wurde das weite Feld der Informationskompetenz dabei auf das Schreiben von Abschlussarbeiten in natur- und ingenieurwissenschaftlichen Disziplinen, wobei der Literaturrechercheprozess in den Mittelpunkt des Interesses gerückt wurde. Mithilfe der gesammelten Expertise von Bibliothek und der HoC-Labore Lernlabor, Schreiblabor und Methodenlabor (zu den HoC-Laboren siehe House of Competence (HoC) 2015)
19 House of Competence: Die Lange Nacht der Abschlussarbeit. http://www.hoc.kit.edu/LNDA (Stand: 07.02.2015).
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Anne Linsler, Michael Mönnich
konnten in diesem Zusammenhang vielen Facetten des breiten Anforderungsprofils von Informationskompetenz wissenschaftlich fundiert und professionell abgedeckt werden. So zeichnete die Bibliothek verantwortlich für die Erstellung von Kursmaterial zur Förderung von Kompetenzen im Bereich der klassischen Katalogrecherche und Suchmaschinen, während die Labore entsprechend ihrer Expertise verantwortlich waren für die Erstellung von Studienbriefen und Aufgaben zur Förderung speziell auf den Rechercheprozess einer Abschlussarbeit bezogener fachübergreifender Kompetenzen wie dem Einsatz von Selbst- und Zeitmanagementtechniken (Lernlabor), Fähigkeiten wissenschaftlichen Schreibens (Schreiblabor) sowie dem Vermögen, einen Forschungsstand angemessen zu rekonstruieren (Methodenlabor). Der Kurs wurde beim Bibliothekartag 2015 in Nürnberg von der dbv-Kommission für Informationskompetenz mit einem Best-Practice-Preis ausgezeichnet. Der Kurs ist im ILIASSystem nur für Angehörige des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zugänglich.20 Mittelfristig ist die ECTS-fähigkeit des Kurses angestrebt.
Lehrveranstaltung zu Informationskompetenz Seit dem WS 2013/2014 bietet die KIT-Bibliothek regelmäßig eine eigene ECTS-fähige Lehrveranstaltung zur Entwicklung von Informationskompetenz an. Diese wird im Rahmen des Lehrangebots des HoC zur fachübergreifenden Kompetenzentwicklung bereitgestellt und beworben. Nach einigen Revisionen lautet der Seminartitel aktuell „Literaturrecherche und Schreibstrategie für Abschlussarbeiten und Publikationen“ und wird vom Fachreferenten für Physik der KIT-Bibliothek gehalten. Konzeption und Durchführung laufen in enger Kooperation mit dem HoC, dort v. a. mit dem Schreiblabor, ab. So unterstützt das Schreiblabor in einigen Seminareinheiten mit seiner Expertise zum wissenschaftlichen Schreiben bei der Vermittlung von Schreibkompetenzen im Zusammenhang von Informationskompetenz. Auch hier wird die KIT-Bibliothek jedoch ihrem Anspruch an die Förderung von Lernkompetenz gerecht, so werden die Teilnehmer des Seminars aktiv auf das bestehende Lernberatungsangebot von HoC und KIT-Bibliothek hingewiesen und erhalten in einer Seminareinheit einen theoretischen Input eines geschulten Lernberaters zum Thema Selbst- und Zeitmanagement im Hinblick auf Schreibprozesse.
20 KIT-Bibliothek: E-Learning. http://www.bibliothek.kit.edu/cms/e-learning.php (Stand: 01.06.2015).
Förderung von Informationskompetenz in der KIT-Bibliothek
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Informationskompetenz in HoC-Kursen Durch Mitarbeiterinnen der Bibliothek werden jedes Semester bei verschiedensten Kursen aus dem Lehrangebot des HoC einzelne Seminareinheiten speziell zur Förderung von Informationskompetenz gestaltet. Die theoretischen Inputs von Bibliotheksseite reichen dabei von Einführungen in die Katalogrecherche über Grundkenntnisse in Google Scholar, dbis, EZB bis hin zu Einführungen in Web of Science und Citavi. Die Anzahl der Teilnehmer in diesen Seminaren beträgt in der Regel 20 Teilnehmer.
Coffee Lectures Seit Januar 2015 führte die KIT-Bibliothek als neues Format der Vermittlung von Informationskompetenz „Coffee Lectures“ im neu eröffneten Lesesaal Medienzentrum durch. In zehnminütigen Kurzpräsentationen jeweils am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag werden in entspannter Atmosphäre Themen rund um Bibliothek, Lernen, Schreiben und Publizieren vorgestellt. Das Spektrum ist weit gefächert und reicht von „Erfolgreiche Literaturrecherche mit Google Scholar“, „Fachdatenbank für Materialien: SpringerMaterials“ und „Kostenloses Scannen in der KIT-Bibliothek“ bis zu „Nix geklaut und nix verschenkt – CC-Lizenzen als Helfer bei der Nutzung und Einstellung von online-Information“. Das HoC beteiligt sich hier mit Themen wie „Mit Methoden arbeiten im Studium“, „Clever & SMART Lernziele setzen – ein Beispiel der Lern- und Arbeitstechniken des Lernlabors“ oder „Ausdruck und Stil im wissenschaftlichen Text“.21
Schreibkurs Fachbibliothek Hochschule Karlsruhe – Technik & Wirtschaft Die KIT-Bibliothek betreibt seit 2009 auch die Fachbibliothek der Hochschule Karlsruhe – Technik & Wirtschaft, wo rund 8.000 Studierende mit Literatur und Informationen versorgt werden. Auch dort findet eine enge Zusammenarbeit mit dem HoC statt: In den Räumen der Bibliothek bietet das Schreiblabor des HoC Beratung und Kurse zum wissenschaftlichen Schreiben an. Nach einer Probephase in 2015 ist geplant, dieses Angebot durch Mittel der Hochschule zu verstetigen.
21 KIT-Bibliothek: Coffee Lectures. http://www.bibliothek.kit.edu/cms/coffee-lectures.php (Stand: 07.02.2015).
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Anne Linsler, Michael Mönnich
Resümee Die oben angeführten Beispiele zeigen, wie fruchtbar sich im KIT die Zusammenarbeit zwischen der Bibliothek und dem House of Competence auf dem Feld der Informationskompetenz entwickelt hat. In einer Vielzahl von Gemeinschaftsprojekten konnten beide Einrichtungen ihr spezifisches Wissen und ihre speziellen Kenntnisse einbringen und ihre jeweiligen Wirkungskreise ergänzen und erweitern. Während sich die geschilderten Maßnahmen zur Förderung der Informationskompetenz in erster Linie an die Studierenden richten, gehören nicht nur jene zu den Nutznießern – denn auch die beiden Einrichtungen selbst und ihre Beschäftigten profitieren von diesem wechselseitigen Austausch in vielfältiger Weise. Somit kann die Kooperation auf allen Ebenen als Erfolgsmodell betrachtet und weiterempfohlen werden.
Ladina Tschander
Fit für die Bachelorarbeit – wie Institutsbibliotheken Blended Learning einsetzen können Abstract: Der folgende Beitrag stellt ein plattformbasiertes Rahmenmodell für Informationskompetenz vor, das an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich entwickelt wurde. Der Ansatz geht davon aus, dass in den Geisteswissenschaften die Kernelemente von Informationskompetenz, wie Recherchieren aber auch wissenschaftlich Schreiben und Informationen verwalten in einem fächerübergreifenden Rahmenkurs gebündelt werden können. Diese Elemente können dann durch die Instituts-, Seminar- und Fakultätsbibliotheken (ISF-Bibliotheken) an die fachspezifischen Bedürfnisse angepasst und ergänzt werden. Damit können Synergien genutzt und die FachbibliothekarInnen der ISF-Bibliotheken gezielt unterstützt werden. Der Ansatz trägt zudem an entscheidender Stelle zur Profilierung und Ausrichtung der Institutsbibliotheken auf aktuelle Herausforderungen bei. Keywords: überfachliche Kompetenz, wissenschaftliches Schreiben, Blended Learning, Online-Kurs, adaptierbarer Kurs
Informationskompetenz fördern durch Kooperation Im Zuge der Digitalisierung (v. a. im Wandel der Informationsversorgung, insbesondere Digital Library) und durch den Wandel in der universitären Ausbildung und Lehre, der mit den Bologna-Reformen einhergeht, entstehen Veränderungen für Instituts-, Seminar- und Fakultätsbibliotheken (kurz ISF-Bibliotheken), die aber auch Chancen für die ISF-Bibliotheken in einem dezentralen Bibliothekssystem1
1 Im Handbuch Hochschulbibliothekssysteme widmen sich zahlreiche Aufsätze dem Spannungsfeld zwischen zentraler und dezentraler Organisationsformen von Hochschulbibliotheken. Handbuch Ladina Tschander studierte in Zürich Germanistik, Biologie und Psychologie. Während 1997 bis 2004 hatte sie eine wissenschaftliche Mitarbeiterstelle am Informatikum der Universität Hamburg inne und arbeitete dort zur Repräsentation räumlicher Konzepte und der Sprachproduktion. Nach der Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie das Nachdiplomstudium „NDS – Information und Dokumentation“ an der HTW Chur, welches sie 2007 mit dem „Master of advanced studies in information science“ abschloss. Seit 2007 arbeitet sie am Deutschen Seminar als Co-Leiterin der Seminarbibliothek. Sie betreut die linguistische Abteilung und ist u. a. für das Schulungsprogramm verantwortlich.
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Ladina Tschander
bieten. Den Auftrag, die optimalen Rahmenbedingungen für das exzellente wissenschaftliche Arbeiten zu schaffen2 und im Speziellen die dafür benötigte Literatur zur Verfügung zu stellen, ist in den letzten Jahren durch die Digitalisierung immer ortsunabhängiger geworden. In den Geisteswissenschaften ist zwar die Literaturversorgung der Forschenden vor Ort nach wie vor eine der wichtigsten Aufgaben. Aber in den letzten Jahren profilieren sich ISF-BibliothekarInnen immer mehr auch über andere Dienstleistungen. So betont Fühles-Ubach, dass sich die Bibliotheksarbeit nicht mehr primär um die Bücher dreht, sondern ein gewichtiger Teil das Mitwirken in Forschungsprojekten, das Pflegen von dienstlichen Kontakten, das Engagieren in Gremien und Erkennen von Neuigkeiten ist.3 Viele ISF-BibliothekarInnen verfügen neben dem bibliothekarischen Know How im Bereich Recherche und Informationsverwaltung auch über fachliches Wissen, weshalb sie sich vermehrt in die Lehre überfachlicher Kompetenzen4 einbringen können. Durch die Nähe der ISF-Bibliotheken zu Forschung und Lehre – einer der wichtigsten Vorteile dezentraler Bibliotheken – sind Kooperationen von Dozierenden und BibliothekarInnen speziell im Bereich der Informationskompetenz gut möglich. Hierfür liefert der Beitrag ein Beispiel.
Hochschulbibliothekssysteme. Leistungsfähige Informationsinfrastrukturen für Wissenschaft und Studium. Hrsg. von Konstanze Söllner u. Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2014. 2 Simone Fühles-Ubach: Leistungsmessung für Forschungsbibliotheken. Gutachten und Erstellung einer „Toolbox“ zur Anwendung in Bibliotheken der Fraunhofer Gesellschaft. Dezember 2010 (Ergebnispräsentation Fulda, 19. Oktober 2010). Köln: Hochschulbibliothek der Fachhochschule Köln 2012, hier S. 5. https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/27TVZMBWDMCJCS5MC6B44DVSN X5LZQ46 (Stand: 21.09.2015). 3 Fühles-Ubach, Simone: Vom „embedded“ zum „liaison librarian“ – was versprechen die neuen Konzepte. In: Vernetztes Wissen. Daten, Menschen, Systeme. 6. Konferenz der Zentralbibliothek Jülich 5.–7. Nov. 2012. Hrsg. von Bernhard Mittermaier. Jülich: Verlag Forschungszentrum Jülich GmbH (Reihe Bibliothek 21). S. 337–350. Siehe auch die aktuellen Berufsbilder des „Verein Deutscher Bibliothekare“. http://www.vdb-online.org/wordpress/wp-content/uploads/2014/04/Position-des-VDBzur-Qualifikation-als-wissenschaftliche_r-Bibliothekar_in-Final_18.03.2014.pdf (Stand: 15.09.2015) oder der Interessengruppe Wissenschaftliche BibliothekarInnen Schweiz. http://www.igwbs.ch/ berufsbild/(Stand: 15.09.2015). Hier wird u. a. gefordert, dass wissenschaftliche BibliothekarInnen enge Kooperationen mit den Forschenden und Dozierenden eingehen und dass sie sich in die Lehre einbringen. 4 Vgl. Bereich Lehre – Arbeitsstelle für Hochschuldidaktik: Dossier „Überfachliche Kompetenzen“. Zürich: Universität Zürich 2008. http://www.afh.uzh.ch/instrumente/dossiers/Kompetenzen_11_08_08. pdf (Stand: 21.09.2015).
Fit für die Bachelorarbeit
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Lernort Institutsbibliotheken: Informations kompetenz und Schreibbegleitung Informationskompetenz gilt als Schlüsselqualifikation für das erfolgreiche Studieren und Forschen. Die überfachlichen Kompetenzen wie Recherchieren, wissenschaftlich Schreiben und Informationen verwalten sind zunehmend nachgefragt – auch außerhalb der Universität im Berufsalltag. Betrachtet man die Standards der Informationskompetenz (bspw. beschrieben in Franke 20125), die die Fähigkeit einen Informationsbedarf festzustellen, Informationen zu ermitteln, beschaffen, bewerten und verwalten sowie die Information effektiv zu nutzen umfassen, wird deutlich, dass gerade bei der effizienten Nutzung ein enger Zusammenhang zwischen Informationskompetenz und wissenschaftlichem Arbeiten besteht. Hierbei nimmt das Schreiben eine zentrale Stellung ein. Bereits im Vorwort seines viel beachteten Schreibratgebers stellt Kruse fest, dass das wissenschaftliche Schreiben wesentlich über Studienerfolg und wissenschaftliche Karriere entscheide.6 Um in der Wissenschaft wahrgenommen zu werden, muss publiziert werden und im Studium sollen die Studierenden u. a. die Fertigkeiten dazu erwerben. Informationskompetenz in diesem Sinne geht also über die Vermittlung allgemeiner Recherchefähigkeiten hinaus. Dass mit Informationskompetenz-Schulungen das studentische Schreiben mitbegleitet wird, stand bislang nicht im Fokus von bibliothekarischen Schulungen. Sühl-Strohmenger7 schreibt zu den inhaltlichen Schwerpunkten, dass gemäß der Deutschen Bibliotheksstatistik im Berichtsjahr 2010 v. a. die Bibliotheksbenutzung, das Vorstellen von und Suchen in Katalogen sowie Datenbanken Themen der bibliothekarischen Schulungsangebote sind. Auch an Schweizer Universitätsbibliotheken8 liegen die Schulungen normalerweise im Feld von Quellen- und Recherchekenntnis,
5 Siehe auch: Deutscher Bibliotheksverband e. V. – Dienstleistungskommission: Standards der Informationskompetenz für Studierende (Stand: 03.07.2009). Vorgestellt auf der dbv Sektion IV, Frühjahrstagung, 25.–26.3.2009 und verabschiedet auf der dbv Vorstandssitzung am 2. und 3. Juli 2009. http:// www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Kommissionen/Kom_Dienstleistung/Publikationen/Standards_Infokompetenz_03.07.2009_endg.pdf (Stand: 18.09.2015). Siehe auch den Beitrag von Fabian Franke in diesem Band. 6 Vgl. Kruse, Otto: Keine Angst vor dem leeren Blatt. Ohne Schreibblockaden durchs Studium. 12., völlig neu bearb. Aufl. Frankfurt a. M.: Campus Verlag 2007, hier S. 9. 7 Sühl-Strohmenger, Wilfried: Teaching Library. Förderung von Informationskompetenz durch Hochschulbibliotheken. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012 (Bibliothek: Monographie zur Forschung und Praxis 1), hier S. 124. Siehe auch den Beitrag von Gabriela Ruhmann u. Marcus Schröter in diesem Band. 8 Bspw. im Freiburger Informationskompetenzkurs für Germanisten. http://www3.unifr.ch/biblio/ kurse/de/node/6 (Stand: 18.09.2015), das Schulungsangebot der Zentralbibliothek Zürich. http:// www.zb.uzh.ch/benutzung/fuehrungen/angebstudi/index.html.de (Stand: 18.09.2015) oder die Lernziele der UB Basel. http://www.ub.unibas.ch/ub-hauptbibliothek/dienstleistungen/schulungen-fuehrungen/fachbezogene-literaturrecherche/allgemeine-lernziele/(Stand: 21.09.2015).
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Ladina Tschander
Evaluation von Treffern sowie Dokumentenbeschaffung und -verwaltung. Neuerdings halten aber Aspekte des wissenschaftlichen Schreibens (v. a. das Vermeiden von Plagiaten und das Zitieren) Einzug in die Schulungen.9 Die ZHB Luzern ist bei der Verbindung von Schreib- und Informationskompetenz am weitesten fortgeschritten. Bereits 2011 ist das Gespräch mit Dozierenden gesucht worden, um die IK-Angebote der ZHB Luzern enger an die universitären Schreibzentren zu koppeln.10 Institutsangehörige bezweifeln nicht, dass es gewinnbringend ist, wenn die Studierenden in den Bibliotheken Schulungen zum Recherchieren durchlaufen.11 Aber ob Bibliotheken über Recherche-Schulungen hinaus einen Beitrag in der Lehre leisten können, ist nicht unumstritten. Das Betreuen und Begleiten von Abschlussarbeiten ist ein Kerngeschäft von Dozierenden an Hochschulen.12 Zwar werden in den Propädeutik-Veranstaltungen üblicherweise Literaturtypen (wie Handbuch, Lexikon etc.) und das Erarbeiten von Referaten und Thesenpapieren behandelt. Aber die Studierenden sehen sich einer solch gewaltigen fachlichen Informationsflut im Grundstudium gegenüber, dass sie beim Verfassen ihrer Bachelorarbeit in den überfachlichen Kompetenzen meist noch unsicher sind. Die Erfahrung zeigt, dass sie über das Propädeutikum hinausgehende Hilfe benötigen, um sich in der Welt der Information und Wissenschaft zurechtzufinden. Die Bachelorarbeit ist meist die erste größere, eigenständige wissenschaftliche Arbeit ohne begleitende Lehrveranstaltung. Mit dieser zeigen die Studierenden, dass sie die fachlichen und überfachlichen Kompetenzen erworben haben, die in den Qualifikationsprofilen der Studiengänge beschrieben sind. Die Studierenden weisen darin nach, dass sie ihr Wissen und Verstehen anwenden, dass sie urteilen können und dass sie kommunikative Fertigkeiten besitzen. Die Arbeit bezeugt, dass Lernstrategien entwickelt wurden, um selbstständige Studien durchführen zu können. Kurz: Die Studierenden legen den Beweis ab, dass sie die Fähigkeiten des wissenschaftlichen Arbeitens erworben haben, sich ein fachliches Grundwissen angeeignet haben und die Methoden des Fachs anwenden können.
9 Bspw. der Kurs an der UB Bern „Wissenschaftliches Arbeiten: Vermeidung von Plagiaten“ http:// www.ub.unibe.ch/content/lernen__lehren/kurse_fuer_einsteigerinnen/plagiate/index_ger.html (Stand: 21.09.2015). 10 Siehe: Bellanger, Silke u. Simone Rosenkranz: Verbindung von Schreib- und Informationskompetenz: Chancen und Grenzen. 100. Deutscher Bibliothekartag in Berlin 2011 (Vortragsfolien). http:// www.bib-info.de/verband/publikationen/opus/berlin-2011/vortraege-nach-themenfeldern/bibliothekarische-dienstleistungen-vermittlung-von-informationskompetenz-e-tutorials.html (Stand: 18.09.2015). 11 Siehe dazu auch: Weisel, Luzian: Informationskompetenz im Hochschulkontext – Initiativen und Programme. In: Informationskompetenz im Hochschulkontext. Interdisziplinäre Forschungsperspektiven. Hrsg. von Anne-Kathrin Mayer. Lengerich: Pabst Science Publishers 2015. S. 63–80. 12 Buff Keller, Eva u. Stefan Jörissen: Abschlussarbeiten im Studium anleiten, betreuen und bewerten. Opladen: Budrich 2015 (Kompetent lehren 7).
Fit für die Bachelorarbeit
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Vieles des Geforderten können die Studierenden leisten. Aber wissenschaftliches Schreiben ist herausfordernd. Selbst in schreibnahen Studiengängen wie der Germanistik ist bspw. eine grosse Schwierigkeit das Formulieren einer genauen Fragestellung. Die Studierenden neigen dazu, eher ein Forschungsfeld zu bearbeiten. Aufgrund der fehlenden Fragestellung fällt auch das Eingrenzen der zu lesenden Literatur schwer. Generell ist zu beobachten, dass die Studierenden Mühe haben, ihre Arbeit in den Forschungsstand einzubetten. Um ein Fachgebiet kennenzulernen, nutzen sie eher einführende Monographien als Lexika oder Handbücher. Durch das Zusammenstellen zahlreicher Bücher, ohne eine genaue Relevanzprüfung, wird der Bücherberg erschlagend und bereits beim Lesen entsteht ein Zeitproblem. Hier können die ISF-Bibliotheken gute Hilfe leisten13: In den Informationskompetenz-Kursen soll das Bewusstsein der Studierenden dafür geschärft werden, was ihnen in einer Einführung oder im Lehrbuch geboten wird, welchen Nutzen sie von der Lektüre eines Handbuch-Artikels haben oder wie sie sich einen Einblick, erste Definitionen oder Konzepte mit Hilfe von Nachschlagewerken und dem Internet erarbeiten können. Gerade durch die inhaltliche Verzahnung der Informationskompetenz mit den ersten Schritten des Schreibprozesses ist es für die Studierenden gewinnbringend, wenn sie bei den ersten Schreibschritten auch von ISF-BibliothekarInnen begleitet werden. Aufgrund der Überzeugung, dass sich ISF-Bibliotheken im Unterricht überfachlicher Kompetenzen einbringen sollen, haben Meret Fehlmann (Populäre Kulturen Universität Zürich (UZH)) und Ladina Tschander (Deutsches Seminar UZH) den Informationskompetenz-Kurs für die UZH-Bibliotheken so angelegt, dass er für schreibdidaktische Elemente offen ist. Zentral dabei ist, dass die Kursleitenden sich um einen engen Kontakt zu den Betreuern von Bachelorarbeiten bemühen. Die Studierenden sollen im Bachelorsemester eine gut abgestimmte Begleitung beim Schreiben der Bachelorarbeit erhalten.
Der Online-Kurs „Informationskompetenz UZH“ Ausgangspunkt der Kooperation der Bibliothek der Populären Kulturen und des Deutschen Seminars war die selbstgestellte Forderung, dass ISF-Bibliotheken sich in der Lehre überfachlicher Kompetenzen beteiligen sollen. Die Förderung der Informationskompetenz der Studierenden sollte über die Recherche und Literaturverwaltung hinausgehen und den Schreibprozess der Studierenden begleiten. Ziel war, einen kopier-
13 In einer Studie an der Florida State University können Kinsley und Kollegen zeigen, dass die studentische Schreibleistung durch bibliothekarische Instruktion verbessert wird. Kinsley, Kirsten [u. a.]: A research and class model for future library instruction in higher education. In: New library world 115 (2014) H. 9/10. S. 482–495.
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Ladina Tschander
baren, überfachlich angelegten Blended-Learning-Kurs zu erstellen, mit welchem andere ISF-BibliothekarInnen Kurse für ihre Studierenden anbieten können. Denn in vielen UZH-Bibliotheken fehlt die Zeit, einen eigenen InformationskompetenzKurs zu entwickeln, weil die BibliothekarInnen meist in kleinen Teams (oder als one person library) Teilzeit arbeiten. In den letzten zehn Jahren hat sich Blended Learning als effiziente und effektvolle Lernform an den Universitäten etabliert. So zeigen Studien, dass eine Kombination von Präsenzveranstaltung und Online-Lernen einen positiven Effekt auf die Leistungen der Studierenden hat.14 Allen Definitionen ist gemeinsam, dass im Blended Learning Präsenzelemente mit medienbasierten Lernangeboten kombiniert werden.15 Offen ist aber, wie eng die Kombination sein soll und wie die Lernarrangements aussehen sollen. Unser Kurs ist geprägt durch einen hohen Online-Anteil, der eng mit zwei umrahmenden Präsenzveranstaltungen verknüpft ist. Der Online-Kurs „Informationskompetenz UZH“ läuft auf OLAT16 (online learning and training), der virtuellen Lernumgebung der Universität Zürich, und besteht aus acht Modulen oder Bausteinen (in der Abbildung 1 grau eingefärbt), die inhaltlich Kernbereiche der Informationskompetenz abdecken, sowie sechs umrahmenden Elementen. Eines dieser Elemente ist die Anleitung Kursübernahme. Sie enthält Informationen, was alles bei einer Übernahme angepasst werden kann oder muss. Bevor der Kurs für die Studierenden geöffnet wird, muss dieses Dokument gelöscht werden. Mitteilungen, Forum und E-Mail stehen zur Kommunikation zwischen den Teilnehmenden untereinander und mit der Kursleitung zur Verfügung. In den Informationen lesen die Studierenden, was sie erwartet, was sie tun sollen und für welchen Zweck der Kurs gedacht ist. Je nach Übernahme muss dieser Text komplett angepasst werden. In der Bibliographie finden die Studierenden die Literaturangaben zu den in den Modulen zitierten Werken.
14 Alammary, Ali [u. a.]: Blended learning in higher education: Three different design approaches. In: Australasian Journal of Educational Technology (2014) H. 30/4. S. 440–454. 15 So auch bei bspw. Kerres, Michael: Mediendidaktik. Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote. München: Oldenburg 2012, hier S. 388. 16 Hintergrundinformationen zu OLAT im Speziellen und E-Learning im Allgemeinen an der Universität Zürich siehe Schubnell, Brigitte: Blended Learning in der Vermittlung von Informationskompetenz. Fallbeispiel Medizin. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 386–387.
Fit für die Bachelorarbeit
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Abb. 1: Einstimmungsseite des Online-Kurses IK UZH mit Inhaltsverzeichnis.
Zur Einstimmung ist ein Interview über die Funktionsweise des Internets und der Suche darin gedacht. Wer nicht hören mag, kann sich auf einer Seite über das deepbzw. surface-Web informieren. Der Baustein Eigenes Rechercheniveau ist ein Selbsttest.17 Die Studierenden beantworten darin Fragen zum Informationskreislauf, zum effizienten Recherchieren, dem Zitieren, Belegen und der Angabe von Quellen. Nach der Durchführung wissen sie, wo sie Lücken haben. Die Themen effizient Recherchieren und Suchstrategien werden in den Modulen zu den Discovery Tools, den Fachdatenbanken und den Webressourcen behandelt. Die Aufgabe, ein Rechercheprotokoll zu erstellen, benötigt das Wissen der drei Module und soll die Studierenden zu einer Konkretisierung ihrer Fragestellung führen, die zusammen mit den Angaben im Baustein Evaluation und Verwaltung die Treffer des Rechercheprotokolls reduzieren sowie diese zusammen mit einer ersten Gliederung dokumentieren lässt. In der Optimierung der Recherche finden die Studierenden Interviews mit Institutsangehörigen zu Fragen darüber, wie sie recherchieren und welche Schritte sie unternehmen, wenn sie keine adäquate Literatur finden. Das wiss. Schreiben führt die Studierenden in die Planung der Schreibprozesse ein und hat zum Ziel, dass nach Durchführung des Kurses ein Schreibzeitplan18 vorhanden ist. Die Struktur der Module ist mit Ausnahme der Optimierung der Recherche jeweils dieselbe (Erleichterung der Orientierung). Die Startseite der Module enthält die Lernziele, eine Grobbeschreibung des Inhaltes, einen Arbeitsauftrag, den erwarteten zeit-
17 Bei diesem Test handelt sich um eine adaptierte Version des Konstanzer InformationskompetenzTests. Wir verzichteten jeweils auf aufwändige eigene Produktionen, wenn wir im Netz bereits brauchbares, frei zur Verfügung stehendes Material gefunden haben. 18 In Anlehnung an: Wymann, Christian: Der Schreibzeitplan: Zeitmanagement für Schreibende. Opladen: Budrich 2015 (UTB 4308).
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Ladina Tschander
lichen Aufwand und die Art und Weise des Feedbacks. Sofern zusätzliches Material bereitgestellt wird, findet sich dieses entweder in Unterseiten oder Ordnern mit Dokumenten. Variiert sind jedoch die Aufgabenstellungen in den Modulen (Erhalten der Aufmerksamkeit). Neben dem Selbsttest müssen die Studierenden in Foren diskutieren oder von den Kursteilnehmenden kommentierte Lernjournale in Blogform erstellen. Hier erhalten die Studierenden via online-Kommunikation direkt ein Feedback von ihren Kommilitonen. Im Gegensatz dazu benötigen das Rechercheprotokoll und der Schreibzeitplan ein persönliches Feedback von der Kursleitung (ggf. in Absprache mit den Dozierenden). Der Online-Kurs „Informationskompetenz UZH“ hat den Anspruch, als Grundgerüst für die Vermittlung von Informationskompetenz zu dienen. Damit die UZH-Bibliotheken den Kurs verwenden können, muss dieser kopierbar und flexibel aufgebaut sein. Der Bedürfniskatalog der Bibliotheken ist vielfältig19: (a) Manche möchten so wenig Präsenzveranstaltungen wie möglich durchführen. Die Studierenden sollen sich weiterbilden können, ohne die Zeit der BibliothekarInnen zu beanspruchen. Andere planen ein Seminar, mit zahlreichen face-toface-Zeiten. Online sollen nur noch die Aufgaben durchgeführt werden. (b) Die Module sollen unabhängig voneinander sein, sodass nicht immer alle Module übernommen werden müssen. (c) In manchen Instituten erhalten die Studierenden einen ECTS-Punkt für die Informationskompetenz-Schulung, in anderen nicht. D. h., der Kurs muss minimal die Bedingungen für einen Punkt erfüllen (Workload: ca. 30 Stunden). (d) Die Module sollen überfachlich in dem Sinne sein, dass sie fakultätsübergreifend eingesetzt werden können. Mit folgenden Beispielen soll die flexible Kursübernahme (Bedürfnis a und b) illustriert werden. Die erste Variante ist die minimalste: Es wird lediglich der Selbsttest zusammen mit einem angereicherten Bibliographien-Ordner übernommen. Das im Ordner zur Verfügung gestellte Material muss mögliche Wissens-Lücken der Studierenden, die der Test offenbart, füllen können. Damit wird der Kurs ein reiner E-Learning Kurs, wobei der Nutzen für die Studierenden nicht sehr hoch ist. Die zweite Variante ist eine, die in einem minimalen Blended-Learning-Kurs mündet. Zwei Präsenzveranstaltungen à je zwei Stunden umrahmen das Bearbeiten der Module Discovery Tool, Fachdatenbanken und Webressourcen zusammen mit der Aufgabe, ein Rechercheprotokoll zu erstellen. Dies entspricht den Inhalten klassischer Benutzerschulungen. Die Präsenzveranstaltungen sind wichtig, um sich gegenseitig kennenzulernen, die Studierenden im ersten Teil in den Online-Kurs einführen zu können und im zweiten Teil
19 Qualifikationsprofil des Teaching Librarian. Positionspapier der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und DBV. http://www.informationskompetenz.de/fileadmin/user_ upload/Qualifikationsprofil_Teaching_Librarian.pdf (Stand: 18.09.2015), hier S. 1.
Fit für die Bachelorarbeit
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ein Feedback geben zu können. Wer einen ECTS-Punkt vergeben möchte, sollte den kompletten Kurs übernehmen (Bedürfnis c). Die Bearbeitungszeit für den Online-Kurs liegt bei rund zwanzig Stunden, die durch zwei dreistündige Präsenzveranstaltungen ergänzt werden. Da im Kurs keine fachspezifischen Inhalte eingefügt sind, kann er gut für verschiedene Fächer adaptiert werden (Bedürfnis d).
Schreibprozessbegleitung im Deutschen Seminar der Universität Zürich Die Erfahrungen der Bibliotheken zeigen, dass die Motivation Studierender eine Informationskompetenz-Veranstaltung zu besuchen nur vorhanden ist, wenn sie a) ins Curriculum eingebunden ist oder b) ETCS-Punkte damit erworben werden können. Der Stundenplan seit der Bologna-Reform ist dicht gepackt und die Studierenden wägen stark ab, welchen Nutzen sie von Zusatzkursen haben. In den ersten Semestern sind die Studierenden damit beschäftigt, das Grundlagenwissen zu erwerben und in kleineren schriftlichen und mündlichen Arbeiten die Fähigkeit zu methodisch-wissenschaftlichem Denken zu entwickeln.20 Seit 2013 schließen die Germanistik-Studierenden das Bachelorstudium mit einer selbständigen wissenschaftlichen Arbeit (der Bachelorarbeit) ab, wofür sie ein Semester Zeit haben. Vor der Bachelorarbeit üben die Studierenden das Schreiben von Texten. In der Orientierungsphase verfassen sie in jedem Teilgebiet der Germanistik (Neuere deutsche Literatur, Ältere deutsche Literatur und Linguistik) eine schriftliche Übung. Die Anforderungen an die Texte entsprechen denjenigen an die Seminararbeiten in der Qualifizierungsphase (auch hier je eine pro Teilgebiet). Die Unterschiede liegen in der Textlänge21 und im Anspruch, einen eigenen Beitrag an die Forschung zu leisten. Formal entsprechen alle schriftlichen Arbeiten der Textsorte Seminararbeit22 mit einem Aufbau von Titelblatt, Einleitung, Hauptteil, Schlussteil und Bibliographie. Auch inhaltlich erhalten die Studierenden via drei Merkblätter23 Hinweise, was sie zu schreiben haben: Eine nachvollziehbare Argumentation, die die anfängliche Fragestellung zu beantworten sucht, eine Einbettung in den Forschungskontext und gegebenenfalls das Vorstellen der Methodik oder des verwendeten Korpus. Trotz dieses
20 Das entspricht den in der Rahmenverordnung der Philosophischen Fakultät geforderten Zielen für das Bachelorstudium (415.455.1, Paragraph 17). http://www2.zhlex.zh.ch/appl/zhlex_r.nsf/0/2 757B46546B57B9EC1257B52003D3234/$file/415.455.1_20.8.12_%28Vollversion%29_81.pdf (Stand: 21.09.2015). 21 Bei schriftlichen Übungen umfasst die Länge 5 bis 10 Seiten, bei Seminararbeiten 12 bis 20 Seiten. 22 Kruse, Otto: Lesen und Schreiben. Der richtige Umgang mit Texten im Studium. 2. überarbeitete Auflage. Konstanz: UVK 2015 (UTB 3355 – Schlüsselkompetenzen). S. 71 f. 23 Siehe: http://www.ds.uzh.ch/Studium/BA/DSL/merkblaetter.php (Stand: 21.09.2015).
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Ladina Tschander
Trainings haben aber die Studierenden Schwierigkeiten beim Verfassen der Bachelorarbeit. Demzufolge ist die Motivation der Studierenden gross, zu diesem Zeitpunkt freiwillig Unterstützung zu suchen.24 Im Deutschen Seminar der UZH müssen sich die Studierenden vor dem eigentlichen Bachelor-Semester um einen Betreuer oder eine Betreuerin kümmern. Dazu benötigen die Studierenden bereits eine Ahnung darüber, mit welchem Thema sie sich in der Arbeit beschäftigen möchten. Obwohl hier bereits erste Recherchen notwendig sind, wird der Kurs „Fit für die Bachelorarbeit“ erst beim konkreten Angehen der Bachelorarbeit angesetzt. Die Studierenden können zum 10. Februar bzw. 10. September den Bachelorabschluss buchen. Die Bibliothek bietet ihren Kurs direkt vor diesen Terminen an. Damit können die Studierenden nach der Buchung sogleich mit dem Schreiben beginnen. „Fit für die Bachelorarbeit“ umfasst zwei (optional drei) Präsenzveranstaltungen, die um den adaptierten Online-Kurs „Informationskompetenz UZH“ gelegt sind. Das Ziel der ersten Sitzung ist, das gegenseitige Kennenlernen und einen Einstieg in den OLAT-Kurs zu finden. In einer Tour d’Horizon geht es via Fachdatenbanken, zu Angaben über Methoden, wie die Relevanz der Treffer überprüft werden kann, hin zur Literaturbeschaffung. Voraussetzung für die Kursteilnahme ist, dass einerseits das Thema bekannt ist und eine grobe Idee über die Textstruktur besteht. Aufgrund dieser ersten Gliederung wird die Literatur- und Zitatenverwaltung gezeigt. Nach diesem massiven Input haben die Studierenden drei Wochen Zeit, um sich mit den in der ersten Sitzung angesprochenen Themen im OLAT-Kurs auseinanderzusetzen. Das Aufgaben-Setting im OLAT-Kurs zwingt die Kursteilnehmenden online miteinander zu interagieren. Sie diskutieren im Forum oder kommentieren ihre Blogbeiträge. Im Gegensatz zu früheren Online-Kursen werden in „Informationskompetenz UZH“ praktisch keine Selbsttests zur Überprüfung des erworbenen Wissens eingesetzt, sondern die Teilnehmenden halten ihre Lernergebnisse schriftlich fest und lassen sie von den anderen und der Kursleitung begutachten.
24 Dass der Zeitpunkt für die bibliothekarischen Inputs ausschlaggebend für den Lernerfolg ist, zeigt Daland, Hilde Terese: Just in case, just in time, or just don’t bother …? Assessment of one-shot library instuction with follow-up workshops. In: Library quarterly (2015) H. 24/3. S. 125–139.
Fit für die Bachelorarbeit
Ende Januar Ende August
10. Februar 10. September
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Ende Mai Ende November g un ss
Online-Kurs Finden des 1. Präsenzkurs Themas und wiss. Betreuung
2. Präsenzkurs
3. Präsenzkurs
Abgabe der Bachelorarbeit
Abb. 2: Einbettung des Online-Kurses „Informationskompetenz UZH“ in das Programm „Fit für die Bachelorarbeit“.
Allumfassendes Ziel des Kurses ist es, die Studierenden in der ersten Phase des Schreibprozesses zu begleiten – gemeinsam beschreiten sie den Weg vom leeren Blatt zum Exposé25. Die BibliothekarInnen haben dabei die Rolle von Coaches26 inne: Sie begleiten die Studierenden, wobei diese bestimmen, wohin die Reise geht. Die Aufgaben im Online-Kurs sind zeitintensiv – aber die Kopplung an das eigene Bachelorarbeit-Thema und das Wissen, dass das Resultat ein persönliches Exposé mit Fragestellung und Schreibzeitplan sein wird, ist motivierend. Im zweiten Präsenzteil werden die Exposés besprochen und vor allem die Zeitpläne auf ihre Machbarkeit überprüft. Neben dem Besprechen welche Schreibschritte auf die Studierenden zukommen werden, ist das Zitieren Thema des zweiten Präsenzkurses. Damit ist der eigentliche Kurs „Fit für die Bachelorarbeit“ abgeschlossen. Es besteht aber die Möglichkeit, dass die Studierenden sich weiter auf dem Weg zur Bachelorarbeit begleiten und sich gegenseitig Feedbacks zu den Rohtexten geben. Die Bibliothek des Deutschen Seminars bietet noch eine dritte optionale Präsenzveranstaltung an, die die individuelle Besprechung der Manuskriptfassung der Bachelorarbeit beinhaltet. Die Studierenden geben die Fassung ein paar Wochen vor Abgabetermin in die Bibliothek. Jemand aus dem Bibliotheksteam liest diese auf Verständnisfragen, Textlücken oder Formulierungsschwierigkeiten durch. Die Studierenden sollen innerhalb einer Woche ein Feedback erhalten.
25 Kruse, Angst (wie Anm. 6), hier S. 110–136. 26 Heine, Stefanie: Coaching oder Training – Wer kenn schon den Unterschied. FAZ.net. http:// www.faz.net/aktuell/beruf-chance/arbeitswelt/coaching-oder-training-wer-kennnt-schon-den-unterschied-1380855.htmlschied-1380855.html (Stand: 20.09.2015).
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Ladina Tschander
Ausblick: Auf dem Weg zur Coaching Library Mit dem Online-Kurs „Informationskompetenz UZH“ ist ein modular aufgebauter, frei adaptierbarer Kurs erstellt worden, der in minimaler Form als reiner E-Learning-Kurs angeboten werden kann oder maximal als komplettes Seminar mit einem ETCS-Punkt. Der Kurs nutzt die Motivation der Studierenden, eine gute Bachelorarbeit zu schreiben. Die Begleitung der Studierenden soll keinen Zusatzaufwand für diese bedeuten, sondern sie sollen die erworbenen Erkenntnisse direkt in ihrer eigenen Arbeit umsetzen können. So wie das Programm „Fit für die Bachelorarbeit“ in der Bibliothek des Deutschen Seminars angelegt ist, kann das Ziel, sich als coaching library zu etablieren, erreicht werden. Dabei wird unter coaching libray verstanden, die Studierenden bedarfsgerecht zu beraten und im Schreiben zu trainieren. Das Interesse am Kurs ist bei den ISF-Bibliotheken der Philosophischen Fakultät gross. Doch noch befindet sich der Kurs in der Testphase, sodass der Bericht über die Aufnahme und Nutzung des Kurses durch die Studierenden und andere Bibliotheken sowie auch die Auswirkungen auf die Bachelorarbeiten noch aussteht.
Lennart Güntzel
Informationskompetenz institutionell verankern am Beispiel der Universitätsbibliothek Bern Abstract: In den letzten Jahrzehnten ist die Informationskompetenz als neues Aufgabenfeld im Portfolio der Bibliotheken hinzugekommen. Dies wirft die Frage nach der mittel- und langfristigen Verankerung des neuen Angebots in den Normalbetrieb auf. Die Universitätsbibliothek Bern verfügt über eine Matrixorganisation, bei der auf der einen Ebene die operativen Aufgaben in fünf Bibliotheksbereichen erledigt werden und auf der anderen Ebene die strategische Planung und Ausrichtung von den Fachstellen mit konkreten Themenbereichen erarbeitet wird. Diese Struktur ermöglichte es, eine Fachstelle für Informationskompetenz einzurichten, die im Wesentlichen drei Aufgaben erfüllt: Erstens koordiniert sie schon bestehende Schulungsangebote und begleitet sie fachlich. Zweitens entwickelt sie ein eigenes fachübergreifendes Kursangebot und drittens setzt sie sich strategisch mit zukunftsweisenden Feldern der Informationskompetenz auseinander. Zum Erreichen dieser Ziele vernetzt sich die Fachstelle stark mit anderen Akteuren innerhalb der Bibliothek, innerhalb der Uni sowie regional und überregional. Keywords: Betriebliche Verankerung, Fachstelle, Organisation, Universitätsbibliothek Bern, Vernetzung
Die Teaching Library muss organisiert werden Die Bibliothekswelt ist wie viele andere Berufsfelder einem stetigen Wandel unterworfen. Hätte sich ein Bibliothekar aus der Zeit der Aufklärung in der Arbeitswelt seines Berufskollegen im frühen 20. Jahrhundert noch einigermaßen orientieren können, wäre der Kollege des frühen 20. Jahrhunderts in einer modernen Bibliothek weitgehend verloren. Gerade der technische Fortschritt – man denke nur an elektronische Kataloge und Datenbanken, die die alten Findbücher und Zettelkataloge ablösten, an Chatbots, die zwar nicht ohne menschliche Wartung auskommen, jedoch auf fast jede Frage eine Antwort kennen oder an automatische Ausleihstationen und elektronische Schliessfächer, die Ausleihe und Garderobe überflüssig gemacht haben – stellt die
Dr. Lennart Güntzel, geb. 1978. Studium der Geschichte, Spanischer Philologie und Deutsch als Fremdsprache an den Universitäten Hamburg, Cádiz und Trier. 2008 Promotion in Mittelalterlicher Geschichte. Bibliotheksreferendariat von 2009 bis 2010 in Freiburg und München. Seit 2011 Fachreferent für Geschichte und Co-Leiter der Fachstelle Informationskompetenz an der Universität Bern.
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Lennart Güntzel
Bibliothek stets vor neue Herausforderungen, eröffnet aber gleichzeitig eine Vielzahl neuer Chancen und Arbeitsfelder. In den letzten 20 Jahren kristallisierte sich heraus, dass die Beschäftigung der Bibliotheken mit der Schulung von Kursen zur Förderung der Informationskompetenz ihrer Nutzerschaft mehr sein würde als nur eine flüchtige Erscheinung. Daher können Bibliotheken, die sich im Sinne der „Teaching Library“ positionieren, ein interessantes und vielfältiges, aber auch herausforderndes Arbeitsfeld hinzugewinnen. Dabei steht man wie immer, wenn neue und innovative Dienstleistungen verstetigt und in den Normalbetrieb integriert werden sollen, vor der Frage, wie dies konkret bewerkstelligt werden kann.1 Während es in einer gewissen Pionierphase sicher vertretbar ist, dass einzelne Enthusiasten das innovative Angebot tragen, muss ein dauerhaft tragbarer organisatorischer Rahmen geschaffen werden, wenn es verstetigt werden soll.2 Zumal, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es nicht damit erledigt ist, einfach nur Kurse anzubieten, denn der administrative und didaktische Aufwand ist beträchtlich und nicht zu unterschätzen: Ein Kursprogramm muss zusammen mit den universitären Partnern geplant, ausgeschrieben und beworben werden, die konkreten Stunden müssen vor- und gegebenenfalls nachbereitet werden. Beispielrechnungen gehen davon aus, dass bei einem 90-minütigem Kurs mindestens sechs Stunden Vorbereitung nötig sind.3 Gerade an Bibliotheken mit dezentraler räumlicher Struktur sollte das Angebot zudem zentral geplant und gesteuert werden, um zu verhindern, dass Zentrale und Institutsbibliotheken parallel ein redundantes Angebot aufbauen. Kurzum, man kommt nicht umher, Verantwortliche zu benennen, die sich um Planung und Administration der Kurse kümmern, gleichzeitig Innovationen und Entwicklungen in der Bibliothekswelt im Blick haben und diese gegebenenfalls in das bestehende Angebot aufnehmen können. Um die Beschäftigung mit Informationskompetenz sinnvoll in den Betrieb zu integrieren bietet es sich an, mit diesen Aufgaben Personen zu betrauen, die ohnehin zu einem gewissen Teil mit Schulungs-
1 Interessanterweise hat sich die Forschungsliteratur zwar intensiv mit den methodischen und didaktischen Aspekten der Förderung von Informationskompetenz auseinandergesetzt. Fragen der betrieblichen Verankerung von Informationskompetenz wurden jedoch nur selten nachgegangen. Diesen Befund stellte 2012 bereits Konstanze Söllner in ihrem Aufsatz mit ähnlichem Schwerpunkt wie dem vorliegenden – er gilt auch im Jahr 2016 noch. Vgl. Söllner, Konstanze: Kernaufgabe „Teaching Library“: Organisatorische Verankerung und Gestaltung des Serviceportfolios von Hochschulbibliotheken. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 440–450, hier S. 441. 2 So auch Umlauf, Konrad: Management der Teaching Library. In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken. Fachratgeber für die Bibliotheksleitung und Bibliothekare. Hrsg. von Hans-Christoph Hobohm u. Konrad Umlauf. Bd. 32. Hamburg: Dashöfer Verlag 2002. Kap. 8/3.5. S 1–20, hier S. 14. 3 Sühl-Strohmenger, Wilfried: Aufwand und Ertrag der Teaching Library. Wie viel Zeit, Geld und Personal sollen/können wissenschaftliche Bibliotheken in Kurs- und Schulungsangebote investieren? In: The Ne(x)t Generation. Das Angebot der Bibliotheken. 30. Österreichischer Bibliothekartag, Graz, 15.–18. 9. 2009. Hrsg. von Ute Bergner u. Erhard Göbel. Graz: Neugebauer Verlag 2010. S. 139 f.
Informationskompetenz institutionell verankern
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und Beratungsarbeit beschäftigt sind, etwa als Fachreferentin oder Fachreferent, als Auskunftsbibliothekarin oder Auskunftsbibliothekar. Oder es werden Stabsstellen geschaffen, die in der vertikalen Hierarchie hoch angesiedelt sind, aber weitgehend unabhängig von den betrieblichen Einheiten agieren.4
Rahmenbedingungen an der Universitätsbibliothek Bern Die Universitätsbibliothek Bern ist eine funktional einschichtige wissenschaftliche Bibliothek, die zum einen für die Literaturversorgung der Universität zuständig ist, zum anderen auch die Funktion einer Kantonsbibliothek innehat.5 Zurzeit6 existieren 43 Bereichs- und Institutsbibliotheken; die fünf Bereiche orientieren sich grob an der Fakultätsstruktur der Universität.7 Sie verfügt anders als die meisten Bibliotheken über eine Matrix-Organisation: Während die fünf Bereichsbibliotheksleiter für die operative Arbeit und Personalführung verantwortlich sind, sorgen Fachstellen für die inhaltliche Planung und Weiterentwicklung des bibliothekarischen Angebots und setzen Standards für alle Bibliotheksbereiche.8 Die Fachstelle Informationskompetenz ist eine dieser zurzeit sieben Fachstellen, die alle dem Vizedirektor unterstehen.9 Sie ist mit 75 % dotiert und wird zurzeit in Co-Leitung von zwei Personen besetzt.10
4 Söllner, Kernaufgabe „Teaching Library“ (wie Anm. 1), hier S. 442. 5 Geschichtlicher Überblick über die UB Bern. http://www.ub.unibe.ch/content/ueber_uns/geschichte/index_ger.html (Stand: 16.08.2015). 6 Stand August 2015. 7 Neben der Zentralbibliothek, die zugleich als Kantonsbibliothek fungiert, gibt es die Bibliotheksbereiche Recht und Wirtschaft, Theologie und Geisteswissenschaften, Human- und Sozialwissenschaften sowie Medizin und Naturwissenschaften. Zu jedem Bereich gehören eine Bereichsbibliothek und eine unterschiedliche Anzahl von Institutsbibliotheken. 8 Somit kann die UB Bern vermeiden, was Söllner als Organisationsproblem der „gewöhnlichen“ Organisationsform ansieht: „Die im Bibliotheksbereich vorherrschende funktionale Organisation kann dazu führen, dass die Integration der Kernaufgabe Informationskompetenzvermittlung über verschiedene Arbeitsfelder hinweg erschwert wird.“ Söllner, Kernaufgabe „Teaching Library“ (wie Anm. 1), hier S. 442. 9 Die Anzahl und thematische Ausrichtung der Fachstellen ist nicht statisch, sondern verändert sich je nach Änderungen im bibliothekarischen Aufgabenfeld. Ab August 2015 wird beispielsweise die neu gegründete Fachstelle Wissenschaftskommunikation ihre Arbeit aufnehmen. 10 Damit liegt sie noch 25 % unter dem, was Sühl-Strohmenger als Minimum für eine große wissenschaftliche Bibliothek ansieht. Sühl-Strohmenger, Aufwand und Ertrag (wie Anm. 3), hier S. 143.
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Lennart Güntzel
Matrixorganisation Universitätsbibliothek Direktion Abteilung Ressourcen
Vizedirektor und Leitung Betrieb UB
Informationskompetenz Benutzung OA/Wissenschaftskomm. Historische Bestände
BB Human- und Sozialwissenschaften
Fachref. / Sacherschl.
BB Recht und Wirtschaft
Formalkatalogisierung
BB Zentralbibliothek
Verbundzentrale
Erwerbung
BB Theologie u. Geisteswissenschaften
E-Library
BB Medizin und Naturwissenschaften
Betrieb UB: Services und Koordination
Abb. 1: Organigramm UB Bern Matrix.11
Aufbau, Funktion und Aufgaben der Fachstelle Informationskompetenz Die Fachstelle Informationskompetenz wurde 2008 ins Leben gerufen, als es in Bern bereits ein umfangreiches Angebot an Schulungen gab. Dieses war jedoch nicht koordiniert bzw. zentral geplant entstanden, sondern hatte sich je nach Initiative und Nachfrage in den Bibliotheksbereichen entwickelt. Die Fachreferentinnen und Fachreferenten waren für die Schulung von Datenbanken zuständig, die Bereichs- und Institutsbibliotheken für Einführungen in den Onlinekatalog.12 Der Gründungsauftrag der Fachstelle bestand darin, diese bestehenden Schulungstätigkeiten innerhalb der UB zu koordinieren, Beratungsfunktionen beim Aufbau und der Verankerung von neuen Angeboten zu übernehmen sowie auch selbst schulend im Bereich nicht-fachspezifischer Kurse tätig zu werden. Zu Beginn
11 Matrix-Organigramm der UB Bern. http://ubintranet.unibe.ch/Dokumente/Organigramm/Organigramm (Stand: 16.08.2015). 12 Was diese beiden Schulungsbereiche angeht, übernimmt die Fachstelle Aufgaben hinsichtlich der Koordination des Angebots sowie die Sammlung der Schulungsunterlagen im UB-eigenen Intranet.
Informationskompetenz institutionell verankern
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waren dies fachübergreifende Datenbankschulungen und erste Kurse im Literaturverwaltungsprogramm EndNote.
Interne Vernetzung durch Arbeitsgruppen Ein wesentlicher Teil der Koordinations- und Vernetzungsarbeit innerhalb der UB findet in drei Arbeitsgruppen statt: der AG Schulungen, der AG Literaturverwaltung und der AG Interne Weiterbildung. In der AG Schulungen sind Personen aus allen fünf Bibliotheksbereichen vertreten, die dort im weitesten Sinne Schulungstätigkeiten übernehmen. Hierbei handelt es sich sowohl um Fachreferenten, die den Gebrauch von Datenbanken schulen, als auch um Bereichs- und Institutsbibliothekare, die Katalogeinführungen anbieten. Zurzeit arbeiten sieben Personen in dieser AG. Die AG dient als Austauschplattform, auf der Informationen aus den Bereichen in der Fachstelle ankommen, geteilt werden und wieder in die Bereiche zurückfließen. Des Weiteren organisiert die AG einmal pro Jahr ein internes IK-Event, zu dem alle Schulenden der UB für einen Vormittag zusammen kommen, um sich über die wichtigsten IK-Themen auszutauschen. Als wesentliche Säule der Informationskompetenz und des wissenschaftlichen Arbeitens wurde Ende der 2000er Jahre die Schulung von Literaturverwaltungsprogrammen ausgemacht. Aus der Eigeninitiative einiger Fachreferenten, die erste Kurse für EndNote lancierten, konstituierte sich die AG Literaturverwaltung unter dem Dach der Fachstelle. Sie hat zurzeit sechs Mitglieder. Durch den regelmäßigen Austausch sowie die Koordinationsarbeit der Fachstellenleiter konnte das Angebot in kürzester Zeit stark ausgebaut werden, sodass die UB Bern in diesem Feld schweizweit einen Spitzenplatz einnimmt. So werden 2015 Kurse für Citavi, EndNote, Mendeley, Zotero, BibTeX sowie der Übersichtskurs „Literaturverwaltung im Vergleich“ angeboten.13 Einen Sonderbereich stellen die Tätigkeiten der Fachstelle auf dem Gebiet der Internen Weiterbildung dar, da dieses Themengebiet nach allgemeiner Auffassung nicht zur Informationskompetenz gehört. Die Fachstelle organisiert mit Hilfe der sechs Mitglieder umfassenden AG Interne Weiterbildung für alle Mitarbeiter der UB ein Weiterbildungsprogramm, das sich nicht nur auf IK-Themen konzentriert, sondern alle Bereiche möglicher Fortbildungsthemen abzudecken versucht. Angeboten werden zwei Veranstaltungen pro Monat. Hintergrund des sehr umfangreichen Weiterbildungsangebots war der Wunsch der Mitarbeiter, einen Einblick in möglichst viele der zum Teil recht verstreuten Institutsbibliotheken zu gewähren. Daher gab es in den ersten Jahren stets eine Bibliotheksführung pro Monat, daneben noch eine
13 Literaturverwaltungskurse der UB Bern. http://www.ub.unibe.ch/content/lernen__lehren/literaturverwaltung/index_ger.html (Stand: 16.08.2015).
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Lennart Güntzel
inhaltliche Weiterbildung. Inzwischen hat sich der Schwerpunkt klar auf inhaltlichthematische Weiterbildungen verlagert, dennoch werden nach wie vor auch Führungen durch UB-eigene sowie auswärtige Bibliotheken und kulturelle Einrichtungen angeboten.
Kontakt mit anderen Universitätseinrichtungen Neben der Vernetzung innerhalb der Bibliothek ist es Aufgabe der Fachstelle, Kontakt mit weiteren Universitätseinrichtungen zu pflegen, die für das Kursangebot von Relevanz sind. Auch für die nationale und internationale Vernetzung im IK-Bereich ist die Fachstelle zuständig. Einen wichtigen Platz bei der universitätsinternen Zusammenarbeit nimmt das Zentrum für universitäre Weiterbildung ein, das mehr als 60 wissenschaftliche Weiterbildungsstudiengänge für ein universitäres und kantonales Publikum anbietet.14 Die UB ist in zwei dieser Studiengänge mit Kursen zu Recherchestrategien, Datenbanken und Internetquellen vertreten.15 Ebenso wichtig für die Fachstelle ist der Kontakt zur Supportstelle für ICTgestützte Lehre (iLUB). Diese unterstützt Uniangehörige dabei, „Lehre und Zusammenarbeit durch einen adäquaten Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien zu optimieren“16 und stellt die Lernplattform Ilias zur Verfügung. In Kursen der Bibliothek wird diese primär für die Ablage von Materialien und Kursevaluationen genutzt. Ilias soll gleichzeitig Ausgangspunkt eines verstärkten eLearningAngebots von Seiten der Bibliothek werden – somit kommt der Zusammenarbeit mit den Experten des iLUB für die Bemühungen auf diesem Feld besondere Relevanz zu. Soweit es in einer großen und räumlich dezentral aufgestellten Universität möglich ist, versucht die Fachstelle, Kontakt mit Instituts- und Fakultätsvertretern zu halten. So kann die Bibliothek in der philosophisch-historischen Fakultät einen „Recherche-Workshop“ (2 ECTS-Punkte) anbieten, der im Rahmen eines Semesterkurses alle relevanten Themen der wissenschaftlichen Recherche sowie der Weiterverarbeitung mit einem Literaturverwaltungsprogramm beinhaltet.17
14 Zentrum für universitäre Weiterbildung an der Universität Bern. http://www.zuw.unibe.ch/content/index_ger.html (Stand: 16.08.2015). 15 In 2015 werden je ein Kurs im Studiengang Evaluation und im Studiengang Hochschullehre/Higher Education angeboten. Weiterbildungsprogramm Evaluation. http://www.zuw.unibe.ch/content/ evaluation/index_ger.html (Stand: 16.08.2015); Hochschuldidaktik der Universität Bern. http://www. zuw.unibe.ch/content/hochschuldidaktik/(Stand: 16.08.2015). 16 Supportstelle für ICT-gestützte Lehre. http://www.ilub.unibe.ch/content/index_ger.html (Stand: 16.08.2015). 17 Recherche-Workshop der UB Bern (2 ECTS). http://www.ub.unibe.ch/content/lernen__lehren/ kurse_fuer_einsteigerinnen/semkurs_philhist/index_ger.html (Stand: 16.08.2015).
Informationskompetenz institutionell verankern
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Wie bereits erwähnt, übernimmt die Fachstelle das Halten nicht-fachspezifischer Kurse selbst – zurzeit liegt ein Schwerpunkt auf der Schulung von Literaturverwaltungsprogrammen. Dabei kommt den Beziehungen zu den universitären Informatikdiensten eine ebenso wichtige Rolle zu wie den Kontakten zur Kommunikationsabteilung, um das Kursangebot angemessen bewerben zu können. Die Fachstelle besucht regelmäßig Tagungen und Kongresse im In- und Ausland zu IK relevanten Themen und ist Mitglied in der schweizweit tätigen AG Informationskompetenz.18
Strategische Arbeit An der UB Bern sind die Fachstellen für die strategische Weiterentwicklung des bibliothekarischen Angebots zuständig. Neue Trends und Entwicklungen werden von den Fachstellen aufgenommen und hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit geprüft. Dies geschieht im regelmäßigen Gespräch mit den für den laufenden Betrieb zuständigen Bereichsleitern, der Bibliotheksdirektion sowie mit der UB-eigenen Innovationsabteilung. Zudem wirken die Fachstellenleiter bei den strategischen Zielen der UB mit, die alle drei Jahre in einem Führungsgremium festgesetzt werden. Ein konkretes einschlägiges Beispiel hierfür ist die Einführung einer „Langen Schreibnacht“ an der UB Bern. Derartige Veranstaltungen werden in Deutschland als „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ seit 2012 angeboten, um Angebote zum wissenschaftlichen Schreiben mit einem weiteren Rahmenprogramm als Event an die Universitätsangehörigen zu bringen.19 Aufgrund der Organisationsstruktur der UB war es eindeutig Aufgabe der Fachstelle Informationskompetenz, die Nacht zu planen und durchzuführen. Dank der oben geschilderten breiten Vernetzung innerhalb der Bibliothek sowie in der Universität stellte die Zusammenstellung eines Eventteams und die Rekrutierung weiterer Personen, die ein Workshop-Angebot zu Themen des wissenschaftlichen Schreibens und anderen relevanten Aspekten des Lernens und Schreibens auf die Beine stellten, kein größeres Problem dar.
18 Arbeitsgruppe Informationskompetenz. http://www.informationskompetenz.ch/de/agik (Stand: 16.08.2015). Siehe auch Henkel, Thomas u. Brigitte Schubnell: Entwicklungsstand und Perspektiven der Informationskompetenz in der Schweiz. In: Handbuch Informationskompetenz (wie Anm. 1), S. 488–497, hier S. 490. 19 Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten. https://schreibnacht.wordpress.com/(Stand: 16.08.2015).
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Lennart Güntzel
Fazit und Ausblick Anders als in vielen Bibliotheken ist die Beschäftigung mit Informationskompetenz in Bern institutionell fest verankert. Sie ist in ständigem Austausch mit den Bibliotheksbereichen und der UB-Leitung, die Leiter der Fachstelle können Inputs und Innovationsvorschläge geben und gleichzeitig von den Erfahrungen der Bereichs- und Institutsbibliotheken profitieren. Als essentiell hat sich die Arbeit in Arbeitsgruppen herausgestellt: Alle Bibliotheksbereiche mit ihren unterschiedlichen Fachrichtungen, die zum Teil sehr unterschiedliche Anforderungen an das Schulungsangebot haben, können an der passgenauen Weiterentwicklung des IK-Angebots mitwirken. Geplant wird nicht von „oben herab“, sondern durch den Personenkreis, der die Gegebenheiten und Bedürfnisse der Institute kennt und am Ende auch für die Umsetzung vor Ort verantwortlich ist. Nicht zuletzt die Organisation der Langen Schreibnacht zeigte, wie einfach ein größeres Event organisiert werden kann, wenn eine klare Zuständigkeit für Themen der Informationskompetenz gegeben ist und Fachpersonen bereits durch die alltägliche Arbeit über alle notwendigen Kontakte verfügen, um eine solche Veranstaltung mit vertretbarem Aufwand zu organisieren und durchzuführen. Die Fachstelle befindet sich also am Schnittpunkt vieler Stellen, sie bewegt sich intern zwischen UB-Leitung, Bibliotheksbereichsleitern, der Innovationsstelle und den schulenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren, universitätsweit hält sie Kontakt zu weiteren für die Lehre relevanten Stellen. Und nicht zuletzt ist sie selbst in umfangreicher Form schulend tätig. Die Fachstelle wird sich in den nächsten Jahren voraussichtlich zwei Feldern verstärkt zuwenden: ausgehend vom bereits bestehenden Angebot zur Schulung von Literaturverwaltungsprogrammen will sie zum einen den Blick weiten für den gesamten Prozess wissenschaftlichen Arbeitens. Seit dem Herbstsemester 2014 bietet die Fachstelle einen Kurs zum Thema „Vermeidung von Plagiaten“ an, der als Sprungbrett für ein größeres und konsistentes Programm dienen soll, bei dem Aspekte wie wissenschaftliches Publizieren, die Beschäftigung mit Bibliometrie oder der Rolle von Social Media im Wissenschaftsbetrieb im Mittelpunkt stehen werden. Zum anderen wird geprüft, ob und wie ein verstärktes und koordiniertes eLearning-Angebot die „traditionellen“ Lernformen ergänzen und bereichern kann.
Wissenschaft und Forschung Wie die Empfehlungen der Hochschulrektorenkonferenz vom November 2012 zur Informationskompetenz nachdrücklich hervorgehoben haben, besteht auch seitens der Wissenschaft und der Forschung ein erheblicher Bedarf an Informationskompetenz. Genannt werden die Herausforderungen beim elektronischen Publizieren, beim Thema Open Access, beim Forschungsdatenmanagement und bei der Entwicklung virtueller Forschungsumgebungen, um nur einige Felder zu nennen. Es geht also um Informationskompetenz im Wissenschaftssystem und die Grenzen des Schulungsmodells für Zielgruppen in der Wissenschaft, für die ein Beratungs- und Unterstützungsmodell mithilfe von „Embedded Librarians“ eventuell erfolgversprechender wäre. In eine ähnliche Richtung zielt die Einrichtung von Informationsservices in Bibliotheken – nach dem Vorbild der „Wissensbar“ an der SLUB Dresden – im Kontext einer neuen Organisationskultur, um dadurch den Forschungsprozess proaktiv unterstützen zu können. Von zentraler Bedeutung für die wissenschaftliche Forschung bleibt das Publizieren, und dies hat unter dem Einfluss des digitalen Wandels und der Open Access-Bewegung tiefgreifende Veränderungen erfahren. Nur Informationskompetenz im engeren Sinn genügt nicht, sondern erweiternd muss eine spezifische Publikationskompetenz dazu kommen, die von Bibliotheken vielseitig unterstützt und gefördert werden kann. In diesem Zusammenhang gewinnen die Vermeidung und die Prävention des Plagiarismus einen noch höheren Stellenwert. Bereits in der 1. Auflage dieses Handbuchs gab es dazu einen nach wie vor aktuellen Text, dem nun eine historische Rekonstruktion der Problematik folgt. Passend dazu behandelt ein weiterer Beitrag die Vermittlung akademischer Integrität anhand des Beispiels der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und ihrer Universitätsbibliothek. Schließlich widmet sich der abschließende Text dieses Kapitels konkret der Förderung von Informationskompetenz bei Promovierenden, exemplifiziert am Modell der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, das sich vor allem durch die enge Kooperation mit der Graduiertenschule an der FAU Erlangen-Nürnberg sowie mit den ARIADNE Mentoring-Programmen auszeichnet.
Inka Tappenbeck
Informationskompetenz im Wissenschaftssystem Abstract: Der durch die „digitale Revolution“ bedingte Wandel der Informationspraxis in den Wissenschaften erfordert eine immer stärkere Unterstützung der Studierenden sowie der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Umgang mit den digitalen Objekten, Werkzeugen und Produkten ihrer Arbeit. Bibliotheken reagieren auf diesen wachsenden Bedarf vor allem mit der Entwicklung von Schulungsangeboten zu vielfältigen Themengebieten des wissenschaftlichen Arbeitens. Der vorliegende Beitrag geht der Frage nach, welche weiteren Maßnahmen insbesondere für die Zielgruppe der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zukünftig dazu beitragen könnten, die Informationskompetenz innerhalb des Wissenschaftssystems nachhaltig zu stärken. Keywords: Informationskompetenz, wissenschaftliche Bibliothek, Schulungen, Fachreferat, Liaison Librarian, Embedded Librarian
Wissenschaft im Wandel Im Zuge der „digitalen Revolution“ haben sich die Arbeitsweisen der Wissenschaften signifikant geändert. Digitale Daten, Instrumente und Infrastrukturen sind in vielen Bereichen zum festen und unverzichtbaren Bestandteil der wissenschaftlichen Praxis geworden; aus „Science“ wurde „E-Science“1. Wissenschaftliches Arbeiten ist heute, je nach Fach in unterschiedlicher Ausprägung, datenintensiv und technikbasiert – nicht nur in den Natur- und Ingenieurwissenschaften, sondern mehr und mehr
1 „E-science is the application of computer technology to the undertaking of modern scientific investigation, including the preparation, experimentation, data collection, results dissemination, and long-term storage and accessibility of all materials generated through the scientific process. These may include data modeling and analysis, electronic/digitized laboratory notebooks, raw and fitted data sets, manuscript production and draft versions, preprints, and print and/or electronic publications.“ Bohle, Shannon: What is E-science and how should it be managed? Nature.com, Spektrum der Wissenschaft (Scientific American), 2013. http://www.scilogs.com/scientific_and_medical_libraries/ what-is-e-science-and-how-should-it-be-managed/(Stand: 30.07.2015). Inka Tappenbeck lehrt seit dem Jahr 2004 am Institut für Informationswissenschaft der TH Köln (ehem. Fachhochschule Köln) die Gebiete Informationsressourcen, Informationsdienstleistungen und Vermittlung von Informationskompetenz. Davor war sie als Leiterin der Benutzungsabteilung an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen tätig. Zum Thema Informationskompetenz hat sie eine Reihe von Beiträgen publiziert sowie zahlreiche studentische Projekte und Abschlussarbeiten betreut.
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Inka Tappenbeck
auch in den klassischen Textwissenschaften, wie die aktuelle Konjunktur der Digital Humanities zeigt. Diese Veränderung der Informationspraxis in den Wissenschaften hat eine Neuausrichtung der wissenschaftsbezogenen bibliothekarischen Dienstleistungen erforderlich gemacht. Das gilt auch für die Ausrichtung der bibliothekarischen Schulungsprogramme: Neben klassische Bibliotheksschulungen, bei denen in erster Linie die Nutzung der lokalen Bibliothek im Fokus steht, sind Veranstaltungsformate getreten, in denen Informationskompetenz im weiteren Sinne2 erworben werden kann.3 Allerdings werden diese Schulungen fast ausschließlich von Studierenden wahrgenommen, während Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kaum von ihnen erreicht werden.4 Das liegt jedoch nicht etwa daran, dass letztere keinen Bedarf an Unterstützung hätten, im Gegenteil: Internationale Studien belegen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehrheitlich über keine professionellen Strategien des Umgangs mit den digitalen Objekten, Werkzeugen und Produkten ihrer Arbeit verfügen. Weder sind ihnen die verschiedenen Varianten des digitalen Publizierens vertraut, noch besitzen sie Kenntnisse über die damit verbundenen technischen, informationsbezogenen, rechtlichen, ökonomischen und ethischen Aspekte. Selbst digitale Quellen und Rechercheinstrumente – jenseits von Google – sind kaum bekannt. Hinzu kommen neue Herausforderungen wie virtuelle Forschungsumgebungen und die Nutzung von Web2.0-Tools im Kontext der wissenschaftlichen Zusammenarbeit.5 Vor diesem Hintergrund hat die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) die Bibliotheken aufgefordert, Informationskompetenz neu zu begreifen und umfassend zu fördern. Nicht nur Studierende, auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulverwaltungen sollen künftig im Umgang mit Informationen von den Bibliotheken unterstützt werden, wobei vor allem eine Ausweitung der Schulungsprogramme gefordert wird.6
2 Vgl. Hapke, Thomas: Vermittlung von Informationskompetenz. In: Bibliotheksdienst (2000) H. 5. S. 819–834. 3 Vgl. Gemeinsame Schulungsstatistik 2014. Portal www.informationskompetenz.de. http://www. informationskompetenz.de/veranstaltungsstatistik/ergebnisse-2014/(Stand: 30.07.2015) sowie Franke, Fabian u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching information literacy: the role of the university libraries in Germany. In: Journal of Information Literacy (2014) H. 2. S. 154–160. http://dx.doi. org/10.11645/8.2.1958 (Stand: 30.07.2015). 4 Vgl. Gemeinsame Schulungsstatistik 2014 (wie Anm. 3); Franke u. Sühl-Strohmenger, Teaching information literacy (wie Anm. 3). 5 Vgl. Kroll, Susan & Rick Forsman: A slice of research life: information support for research in the United States. Report commissioned by OCLC Research in support of the RLG Partnership. 2010. http://www.oclc.org/content/dam/research/publications/library/2010/2010-15.pdf?urlm=162948 (Stand: 30.07.2015). 6 Vgl. Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen.
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Auch Bibliothekarinnen und Bibliothekare thematisieren diesen „Wandel der Informationspraxis“7 in den Wissenschaften und begreifen ihn als Auftrag, den damit entstandenen neuen Bedarfen an informationeller Unterstützung durch die Entwicklung entsprechender Services – auch im Bereich der Vermittlung von Informationskompetenz – nachzukommen. Derzeit, so das Ergebnis einer Analyse von Horstmann, Jahn und Schmidt, erfüllen die Bibliotheken diese Aufgabe jedoch nur in Ansätzen: Die Autoren identifizieren eine Entkoppelung der zunehmend technik- und datenintensiven Informationspraxis in den Wissenschaften von der Schulungspraxis der Bibliotheken, die weiterhin vor allem konventionelle Inhalte vermitteln. Als fehlende bzw. unterrepräsentierte Themenbereiche werden u. a. Forschungsdaten und virtuelle Forschungsumgebungen, elektronisches Publizierens einschließlich der damit berührten Thematik des Open Access, die Nutzung digitaler Werkzeuge in der wissenschaftlichen Arbeit, Bibliometrie bzw. Scientometrie, urheberrechtliche Fragen, wissenschaftliches Schreiben sowie generell gute wissenschaftliche Praxis benannt.8 In der Problemdiagnose sind sich die Akteure aus Wissenschaft und Bibliothekswesen somit weitgehend einig: Studierende sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler benötigen zunehmend Unterstützung im Umgang mit Informationen, und dies mehr und mehr in Themenbereichen wie den von Horstmann, Jahn und Schmidt benannten. Aber was folgt daraus konkret für die bibliothekarische Praxis? Sollen Bibliotheken – einmal ganz unabhängig von der Frage wie dies praktisch zu realisieren sein sollte – zukünftig mehr Schulungen zu mehr Themen für mehr Zielgruppen anbieten? Oder bedarf es eventuell weiterer, ergänzender Strategien, um auf den massiv gestiegenen Bedarf an Informationskompetenz im Wissenschaftssystem zu reagieren?
Die Grenzen des Schulungsmodells Es ist sehr naheliegend, die Lösung des Problems in einem Ausbau der bibliothekarischen Schulungsprogramme und ihrer verbindlichen Integration in die Studiencurricula sowie der Qualifizierungsangebote für Lehrende und Forschende zu suchen.9 Ganz ohne jeden Zweifel tragen diese Schulungen dazu bei, die Kenntnisse und Fähigkeiten der Teilnehmenden im Umgang mit Informationen zu verbessern, wie Studien
http://www.hrk.de/mitglieder/service/empfehlung-informationskompetenz/(Stand: 30.07.2015), hier S. 3. 7 Horstmann, Wolfram [u. a.]: Der Wandel der Informationspraxis in Forschung und Bibliothek. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 73–79. 8 Horstmann [u. a.], Wandel (wie Anm. 7), hier S. 75. 9 Vgl. Hochschule im digitalen Zeitalter (wie Anm. 6).
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Inka Tappenbeck
zur Messung der Effektivität dieser Maßnahmen deutlich belegen.10 Allerdings gibt es auch Gründe, die dafür sprechen, dass diese Strategie zwar notwendig, aber nicht ausreichend ist, und es ergänzender Maßnahmen bedarf, um die Informationspraxis in den Wissenschaften nachhaltig zu unterstützen. Zum einen lässt sich Informationskompetenz – wie alle Kompetenzen – nicht in singulären Situationen vermitteln.11 Kompetenzen sind komplexe Geflechte aus Kenntnissen und Fähigkeiten, die aus vielfältigen Lernerfahrungen resultieren, eine zeitliche Stabilität aufweisen und dazu befähigen, situationsangemessene Problemlösungen in einem bestimmten Handlungsfeld vorzunehmen.12 Ihr Erwerb kann nicht in einmaligen, maximal 90minütigen Lehrveranstaltungen – und dies ist der Standardfall einer bibliothekarischen Schulung13 – gelingen.14 Informationskompetenz kann nur in einem Raum erworben werden, der hierfür vielfältige, einander ergänzende Erfahrungsmöglichkeiten bietet. Bezogen auf den bibliothekarischen Kontext gehört dazu neben Schulungsangeboten ebenso die konsequent an diesem Ziel ausgerichtete Gestaltung der Bibliothek als physischer und virtueller Raum, der Serviceangebote wie Auskunft und Beratung, der technischen Schnittstellen wie OPACs und Discovery Systeme, der Erschließung und Verfügbarmachung von Informationen sowie der Websites der Bibliothek.15 Die Diskussion über die Förderung von Informationskompetenz sollte sich daher nicht auf Schulungen beschränken, sondern, wie Oliver Schoenbeck vorschlägt, „Informationskompetenz als Programm und Leitidee“16 der Entwicklung sämtlicher bibliothekarischer Dienstleistungen verstehen. Eine weitere Grenze des Schulungsmodells liegt darin, dass es – schon aus personellen und organisatorischen Gründen – eher auf größere Gruppen und allgemei-
10 Vgl. u. a.: Seitz, Gary u. Barbara Grossmann: Einfluss von Informationskompetenz-Veranstaltungen auf die Qualität von Masterarbeiten. Vortrag, gehalten auf dem 104. Deutschen Bibliothekartag in Nürnberg 2015. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/1735 (Stand: 30.07.2015). 11 Vgl. zum Folgenden: Schoenbeck, Oliver: Informationskompetenz als Gestaltungsaufgabe. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 85–93; Hapke, Thomas: Informationskompetenz in einer neuen Informationskultur. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012. S. 36–48; Tappenbeck, Inka: Das Konzept der Informationskompetenz in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft: Herausforderungen und Perspektiven. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012. S. 156–166. 12 Vgl. Arnold, Karl-Heinz u. Carola Lindner-Müller: Kompetenz. In: Klinkhardt-Lexikon Erziehungswissenschaft (KLE). Hrsg. von Klaus-Peter Horn [u. a.]. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2012. S. 229. 13 Vgl. Gemeinsame Schulungsstatistik 2014 (wie Anm. 3). 14 Vgl. Schoenbeck, Informationskompetenz (wie Anm. 11), hier S. 85. 15 Vgl. Schoenbeck, Informationskompetenz (wie Anm. 11), hier S. 87 sowie Nilges, Annemarie u. Ralf Matalla: Informationskompetente Suchräume? Vortrag, gehalten auf dem 99. Deutschen Bibliothekartag in Leipzig 2010. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/docId/854 (Stand: 30.07.2015). 16 Schoenbeck, Informationskompetenz (wie Anm. 11), hier S. 86.
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nere Themenstellungen ausgerichtet ist. Etwa die Hälfte aller im Jahr 2014 von der Statistik des Portals „informationskompetenz.de“ erfassten Schulungen hatte einen fachübergreifenden Zuschnitt; inhaltlich dominierten über alle Schulungen hinweg allgemeinere Themen wie die Bibliotheksbenutzung, Suchtechniken sowie einzelne Kataloge und Datenbanken.17 Nachvollziehbarer Weise ist es den Bibliotheken personell und organisatorisch nur in Grenzen möglich, mit ihren Schulungsangeboten auf die Individualität und Fachspezifik der Probleme und Fragestellungen zu reagieren, mit denen es vor allem fortgeschrittene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im praktischen Umgang mit Informationen zu tun haben. Deren Umgang mit digitalen Daten, Dokumenten, Werkzeugen und Infrastrukturen variiert in Abhängigkeit zu den einzelnen Fächern jedoch erheblich, wie u. a. eine im Auftrag von OCLC durchgeführte Studie zum Informationsverhalten von Forscherinnen und Forschern im Kontext virtueller Forschungsumgebungen deutlich zeigt.18 „Disciplines vary drastically“19 ist eine der Kernaussagen dieser Untersuchung. Die Informationspraxis in den akademischen Disziplinen ist überaus verschieden, angefangen bei den Recherchestrategien, über die fachspezifisch etablierten Modi des Publizierens bis hin zu Fragen der Verbreitung und Langzeitarchivierung von Forschungsdaten. Daher können Angehörige so verschiedener Fachdisziplinen wie bspw. der Chemie und der Musikwissenschaft nicht mit einer gemeinsamen Schulung zum Forschungsdatenmanagement versorgt werden, denn die Art dieser Daten und deren wissenschaftliche Nutzung unterschieden sich in beiden Fächer erheblich. Andererseits kann es keine Bibliothek leisten, für alle Fächer oder auch nur Fachbereiche Schulungsangebote zu der gesamten Themenpalette – angefangen bei den Suchinstrumenten und -techniken bis hin zur Archivierung von Forschungsdaten – anzubieten. Für diese fachlich-individuellen Bedarfe von fortgeschrittenen Studierenden und vor allem von Forscherinnen und Forschern müssen daher neben dem Schulungsangebot andere Modi der Unterstützung entwickelt werden, zum Beispiel in Form von fachspezifischen Service- und Beratungsangeboten.20 Da diese Beratungsangebote aufgrund der Diversität der Informationspraxis in den Wissenschaftsdisziplinen eine fachliche Affinität des Beratenden voraussetzen, rückt mit ihnen auch das schon mehrfach totgesagte Aufgabengebiet des Fachreferats wieder in den Fokus. Während dessen klassische Aufgabenfelder der Bestandsentwicklung und Erschließung tendenziell an Bedeutung verlieren, steigt der Bedarf an
17 Vgl. Gemeinsame Schulungsstatistik 2014 (wie Anm. 3). 18 Vgl. Connaway, Lynn & Timothy Dickey: Towards a profile of the researcher of today: what can we learn from JISC projects? Common themes identified in an analysis of JISC Virtual Research Environment and digital repository projects. 2009. http://repository.jisc.ac.uk/418/2/VirtualScholar_themesFromProjects_revised.pdf (Stand: 30.07.2015). 19 Connaway & Dickey, Profile (wie Anm. 18), hier S. 4. 20 Vgl. z. B. die entsprechenden Angebote der Universitäts- und Landesbibliothek Münster: http:// www.ulb.uni-muenster.de/wissenschaftler/fachcluster.html (Stand: 30.07.2015).
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fachbezogener Informationskompetenz in den Wissenschaften in gleichem Maße an. In der anglo-amerikanischen Bibliothekswelt gibt es daher Bestrebungen, das Aufgabengebiet des „subject librarian“ neu zu definieren und ihn als „liaison librarian“21 für die bedarfsbezogene Beratung und Unterstützung auf fachlicher Augenhöhe zu qualifizieren22 – ein auch für die deutsche Bibliothekswelt bedenkenswerter Ansatz.23 Nimmt man die zunehmende Komplexität und Dynamik der Informationswelt insgesamt in dem Blick, erscheint es langfristig aber auch unabhängig von den fachlichen Differenzen mehr und mehr fraglich, ob es zukünftig noch realistisch sein wird, von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu erwarten, sich die für eine gute Informationspraxis erforderliche Informationskompetenz selbst anzueignen und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Allein im Bereich des elektronischen Publizierens sind die zu beachtenden technischen, rechtlichen, ökonomischen und ethischen Aspekte bereits heute unüberschaubar und zudem höchst dynamisch. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen Komplexitätszuwächse zu funktionalen Differenzierungen in Form von arbeitsteiligen Strukturen geführt haben, könnte es sich auch in bestimmten Bereichen des Wissenschaftssystems mittelfristig als sinnvoll erweisen, Kooperationen aufzubauen, in denen Bibliothekarinnen und Bibliothekare – gemäß dem Konzept des „embedded librarian“24 – gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit verteilten Aufgaben an gemeinsamen Zielstellungen arbeiten. So ließen sich Strukturen schaffen, in denen das Vorhandensein professioneller Informationskompetenz nicht von der Existenz entsprechender Schulungsangebote und der Lernbereitschaft einzelner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler abhängig ist, sondern diese Informationskompetenz mit der Funktion des „embedded librarian“ strukturell in das Wissenschaftssystem integriert ist. Es spricht also Einiges dafür, nicht allein auf das Schulungsmodell zu setzen, um die Professionalität der Informationspraxis im Wissenschaftssystem zu erhöhen und die Informationskompetenz seiner Akteure zu stärken. Die konsequent am Ziel der Ermöglichung des Erwerbs von Informationskompetenz ausgerichtete Gestaltung der Bibliothek und ihrer Dienstleistungen, die Bereitstellung fachspezifischer Serviceund Beratungsangebote durch Fachreferentinnen und Fachreferenten in der Funktion von „liaison librarians“ sowie die Entwicklung kooperativer arbeitsteiliger Strukturen nach dem Konzept der „embedded librarians“ sind weitere, das Schulungsmodell ergänzende Strategien. Aber wie kann ein solches Konzept in der Praxis aussehen?
21 Vgl. Crawford, Alice: New directions for academic liaison librarians. Oxford: Chandos Publ. 2012. 22 Vgl. Auckland, Mary: Re-skilling for research. An investigation into the role and skills of subject and liaison librarians required to effectively support the evolving information needs of researchers. 2012. http://www.rluk.ac.uk/wp-content/uploads/2014/02/RLUK-Re-skilling.pdf (Stand: 30.07.2015). 23 Vgl. Tappenbeck, Inka: Fachreferat 2020: from collections to connections. In: Bibliotheksdienst (2015) H. 1. S. 37–48. 24 Vgl. Shumaker, David: The embedded librarian: innovative strategies for taking knowledge where it’s needed. Medford, NJ: Information Today 2012.
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Ein Blick ins Ausland: „Academic Subject Librarians – Your first contact for research“ Auch an der Bibliothek der Universität Lincoln25 gelingt es, Service, Beratung und Schulungen so zu verbinden, dass ein integriertes Modell der Förderung von Informationskompetenz und der Professionalisierung der wissenschaftlichen Informationspraxis entsteht. Insbesondere im anglo-amerikanischen Raum gibt es bereits viele Beispiele für diese neue Rolle der Fachreferenten als Bindeglied zwischen Wissenschaft und Bibliothek. Als „liaison librarian“ oder auch „embedded librarian“ bieten sie individuelle Beratungsleistungen zu fachspezifischen informationspraktischen Fragen und Problemen an und verknüpfen diese mit entsprechenden Services der Bibliothek. So wirbt die Bibliothek der Universität Melbourne mit einem differenzierten Spektrum an wissenschaftsbezogenen Dienstleistungen ihrer „Faculty and Subject Liaison Librarians“, darunter „individual, tailored research consultations to academics, researchers and students“ sowie „advice on measuring your citation impact, managing your researcher profile and publishing strategically“.26 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die zentrale Funktion der Fachreferentinnen und Fachreferenten an der Bibliothek der Universität Lincoln, die sich – ganz im Sinne des Konzepts des „liaison librarian“ – Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als „your first contact for research“ empfehlen. Die aufgeführten Angebote umfassen Schulungen, Beratungen und Services bis hin zu fachspezifischem „research support“, wobei explizit die Schnittstellenfunktion des Fachreferats als Bindeglied zwischen den Fakultäten und der Bibliothek betont wird. Dabei hilft dem Fachreferenten seine fachliche Qualifikation, die spezifischen Bedarfe seiner Klientel zu verstehen und bedarfsbezogene Unterstützung auf fachlicher Augenhöhe zu bieten. Die sich hierin ausdrückende Auffassung von der Funktion des Fachreferats als Bindeglied zwischen Bibliothek und Wissenschaft entspricht bereits in weiten Teilen dem von Auckland geforderten Wandel hin zu einem zeitgemäßen Konzept von Fachreferatsarbeit, in dessen Zentrum die Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stehen.
25 University of Lincoln. Library. http://library.lincoln.ac.uk/(Stand: 30.07.2015). 26 Faculty and Subject Liaison Librarians. University of Melbourne. Library. http://library.unimelb. edu.au/liaison (Stand: 30.07.2015).
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Inka Tappenbeck
Abb. 1: University of Lincoln, Library. Learning & Teaching. Academic Subject Librarians.27
Ausblick Welche konzeptionellen und praktischen Folgerungen lassen sich aus dem Dargestellten ziehen? Zunächst einmal kann die – hier nur angerissene – Problematisierung des Kompetenzbegriffs im Kontext der bibliothekarischen Diskussion dazu beitragen, neu über die Bedingungen des Erwerbs von Informationskompetenz und die Rolle der Bibliotheken dabei nachzudenken. Denn wenn man Informationskompetenz als komplexes Geflecht von Kenntnissen und Fähigkeiten bereift, die eine Person nachhaltig dazu befähigen, Problemlösungen im Umgang mit Informationen in einem bestimmten Kontext erfolgreich zu realisieren, dann bedarf es zu ihrer Förderung mehr als Schulungen. Die Gestaltung der Bibliothek und ihrer Dienstleistungen müsste konsequent an diesem Ziel ausgerichtet werden, so dass ihre Nutzung vielfältige, sich ergän-
27 University of Lincoln. Library. Learning & Teaching. Academic Subject Librarians. http://library. lincoln.ac.uk/home/learning-teaching/academic-subject-librarians/(Stand: 30.07.2015).
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zende und bestärkende Lernerfahrungen ermöglicht. Wesentlich für den nachhaltigen Erfolg dieser Bestrebungen ist es aber, dass die Bibliotheken ihre Angebote nicht rein additiv entwickeln, sondern konzeptbasiert und nutzerorientiert. Eine deutliche Intensivierung der Nutzerforschung, z. B. in Form ethnografischer Verfahren,28 ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Angesichts der fachspezifischen Unterschiede in der Informationspraxis der Wissenschaften wäre darüber nachzudenken, eine Reihe der Schulungs-, Beratungs- und Serviceangebote direkt im Zuständigkeitsbereich der Fachreferentinnen und Fachreferenten zu verankern. Diese kennen die Fachkulturen der von ihnen studierten Fachdisziplinen, ihre Gegenstände und Methoden, und können kompetente Beratung und Unterstützung auf fachlicher Augenhöhe bieten. Dies sollte sich allerdings nicht auf Schulungen zur Recherche in Fachdatenbanken beschränken, sondern auch Themen wie u. a. elektronisches Publizieren, digitale Werkzeuge des wissenschaftlichen Arbeitens und Forschungsdatenmanagement einschließen. Derzeit werden diese Aufgaben – zumindest in deutschen Hochschulbibliotheken – vielfach jedoch nicht von Fachreferentinnen und Fachreferenten wahrgenommen, sondern von Personen mit einer informationstechnischen Qualifikation, die als Quereinsteiger in die Bibliotheken kommen. Vor diesem Hintergrund fragt es sich, welche Zukunftsperspektive das Fachreferat hat, wenn die Beratung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Themen wie elektronisches Publizieren, Forschungsdatenmanagement oder virtuelle Forschungsumgebungen, in denen der Fachbezug eine signifikante Rolle spielt, durch andere Funktionsträger erbracht wird. Ob sich dies trotz der Diversität der Informationspraxis in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zukünftig als erfolgreiches Modell bewähren wird, bleibt abzuwarten. Immerhin gibt es in der deutschen Fachdiskussion bereits sehr überzeugende Personalkonzepte für eine Zukunft nach dem Fachreferatesystem.29 Im anglo-amerikanischen Bibliothekswesen finden sich demgegenüber eher Tendenzen zu einer Neuausrichtung der Aufgabengebiete des „subject librarian“ im Sinne eines „liaison librarian“, die, wie das Beispiel der Bibliothek der Universität Lincoln zeigt, auch bereits praktisch Gestalt annehmen. Allerdings gibt es im anglo-amerikanischen Bibliothekswesen auch deutlich mehr Studien zur Informationspraxis in den verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, deren Ergebnisse Auckland auf die prägnante Formel gebracht hat: „One size does
28 Vgl. das Schwerpunktheft „Kundennähe durch ethnografische Forschung“. Bibliothek. Forschung und Praxis (2014) H. 2. 29 Bonte, Achim: Der Wissenschaftliche Dienst in der Digitalen Bibliothek. Was kommt nach dem Fachreferentensystem? Vortrag, gehalten auf der Fortbildungsveranstaltung des VDB-Landesverbandes Bayern „Berufsbild Wissenschaftliche(r) Bibliothekar(in) heute – Anforderungen und Perspektiven“ in Frankfurt/M. 2014. http://de.slideshare.net/Achim_Bonte/der-wissenschaftliche-dienst-inder-digitalen-bibliothek-was-kommt-nach-dem-fachreferentensystem-39650127 (Stand: 30.07.2015).
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not fit all“,30 und damit die Notwendigkeit der fachspezifischen Ausrichtung der Services und der Einbeziehung von „subject librarians“ begründet. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob nicht in einigen Forschungsbereichen die Etablierung der Funktion eines „embedded librarian“ effektiver und letztlich auch effizienter wäre, als die Zielsetzung einer umfassenden Schulung aller beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Bislang wird das Konzept des „embedded librarian“ in nur wenigen Hochschul- und Spezialbibliotheken Deutschlands umgesetzt, sodass kaum dokumentierte Erfahrungswerte vorliegen. Sollte es sich bewähren, wäre damit eine weitere Möglichkeit gegeben, Informationskompetenz strukturell im Wissenschaftssystem zu verankern und gute Informationspraxis in den Wissenschaften zu fördern. Nicht zuletzt lohnt es sich, den Vorschlag zu diskutieren, Informationskompetenz als zentrales Leitziel bibliothekarischen Handelns zu begreifen.31 Die Bibliotheken könnten damit eine Funktion innerhalb des Bildungssystems besetzen, deren offenkundige Notwendigkeit nicht nur durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien belegt ist, sondern die durch zahlreiche Betrugsfälle auch in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich präsent ist. Auf die Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz und Existenzberechtigung von Bibliotheken wäre damit eine Antwort gegeben, deren Überzeugungskraft – gerade im Zeitalter des Internets – deutlich höher ist, als der Verweis auf Bestände und deren Vermittlung.
30 Auckland, Re-skilling for Research (wie Anm. 22), hier S. 2. 31 Vgl. Schoenbeck, Informationskompetenz (wie Anm. 11), hier S. 86.
Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Informationsservices auf Augenhöhe – So können Bibliotheken den Forschungsprozess proaktiv unterstützen Abstract: Es ist eine paradoxe Situation: Die durch Open Access und digitalisierte Forschung bedingte Transformation des wissenschaftsmethodischen Paradigmas erfordert ein besonders hohes Maß an Fähigkeiten und Fertigkeiten, die dem modernen Begriff von Informationskompetenz entsprechen.1 Gleichzeitig ist die im Wissenschaftssystem für Informationskompetenz eigens zuständige Einrichtung, die Bibliothek, immer weniger gefragt. Inhalte und didaktische Ansatzpunkte der bibliothekarischen Angebote zur Informationskompetenzvermittlung treffen offenbar nicht hinreichend die Bedürfnisse der Studierenden und NachwuchswissenschaftlerInnen. Wie können also Angebote der Bibliotheken und wissenschaftliche Nachfrage wieder in Einklang gebracht werden? In diesem Beitrag skizzieren wir ein Konzept für die
1 Zur Begriffsdiskussion vgl. jüngst Hapke, Thomas: Was unter Informationskompetenz verstanden wird, verändert sich. In: Hapke-Weblog (21.07.2015) http://blog.hapke.de/information-literacy/wasunter-informationskompetenz-verstanden-wird-veraendert-sich/(Stand: 07.08.2015) sowie den Beitrag „Informationskompetenz anders denken – zum epistemologischen Kern von ‚information literacy‘“ von Thomas Hapke in diesem Band. Preprint verfügbar unter http://dx.doi.org/10.15480/882.1249 (Stand: 24.08.2015). Felix Lohmeier leitet seit 2013 die IT-Abteilung der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Zuvor war er als Leiter des Referats Informationsservice für den Ausbau des Bereichs Elektronisches Publizieren zuständig. Neben der technischen Interoperabilität von Bibliothekssystemen gilt sein Interesse auch dem freien Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und Daten. http://felixlohmeier.de. Dr. Jens Mittelbach ist seit 2010 Leiter der Abteilung Benutzung und Information der SLUB Dresden. Zuvor war er an der SUB Göttingen Fachreferent. Er studierte Anglistik und Germanistik, promovierte im Fach Englische Literatur und absolvierte ein postgraduales Studium der Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Rahmen seines Bibliotheksreferendariats an der UB der FU Berlin. Seine Interessen gelten den Themen Openness und Open Data, Informationstechnologie und Datenmanagement sowie Bibliotheksservices der Zukunft. http://jensmittelbach.de. Matti Stöhr ist hauptberuflich seit Februar 2011 als wissenschaftlich-technischer, vorrangig als wissenschaftlicher (Projekt-)Mitarbeiter im Akademienvorhaben „Jahresberichte für deutsche Geschichte“ tätig – einer an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gepflegten fachbibliographischen Datenbank. Er ist zudem unter anderem Mitbegründer und Redakteur der Webplattform „Literaturverwaltung“. Seine Interessen gelten insbesondere den Themen Literaturverwaltung/Research Management, bibliotheks-/informationswissenschaftliche und historische Fachkommunikation sowie Informationsservices für die Wissenschaft im Allgemeinen. http://matti-stoehr.de.
290
Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Vermittlung von Informationskompetenz, das sich eng am (zunehmend digitalen) Forschungsprozess orientiert, exemplifizieren dieses am Beispiel von ausgewählten Bibliotheksangeboten und diskutieren die dafür notwendigen Qualifikationen. Die Überlegungen basieren auf praktischen Erfahrungen in der Erneuerung des Informationsservice an der SLUB Dresden in den Jahren 2012 bis 2014 sowie langjähriger Marktbeobachtung im Themenbereich Literaturverwaltung. Keywords: Informationskompetenz, Openness, Forschungszyklus, Forschungsprozess, Dienstleistung, Research Management, Community Building, Literaturverwaltung, Blended Librarian, Metaliteracy
Integriertes, am digitalen Forschungsprozess ausge richtetes Beratungsangebot auf Augenhöhe Das Portal Informationskompetenz.de führt seit 2007 eine Veranstaltungsstatistik,2 zu der in den Jahren 2011 bis 2014 jeweils mindestens 73, überwiegend wissenschaftliche, Bibliotheken beigetragen und pro Jahr mehr als 14.000 Veranstaltungen dokumentiert haben. Die inhaltlichen Schwerpunkte dieser Schulungsangebote haben sich in den letzten Jahren kaum verändert: Tab. 1: Veranstaltungsstatistik informationskompetenz.de. Inhaltlicher Schwerpunkt (Mehrfachnennung möglich)
2011
2012
2013
2014
Bibliotheksbenutzung
66 %
63,48 %
63,39 %
63,72 %
Einzelne Kataloge und Datenbanken
54 %
55,81 %
54,55 %
53,93 %
Suchstrategien und Suchtechniken
41 %
38,4 %
40,88 %
39,69 %
Fernleihe/Dokumentlieferung
23 %
22,74 %
20,39 %
25,17 %
Informationsverarbeitung/-verwaltung
12 %
13,86 %
13,90 %
15,05 %
Rechtliche, ökonomische und ethische Fragen
2 %
3,11 %
2,25 %
2,31 %
Elektronisches Publizieren
1 %
1,1 %
1,29 %
1,39 %
Bibliotheksbenutzung
66 %
63,48 %
63,39 %
63,72 %
Einzelne Kataloge und Datenbanken
54 %
55,81 %
54,55 %
53,93 %
Suchstrategien und Suchtechniken
41 %
38,4 %
40,88 %
39,69 %
2 Vgl. http://www.informationskompetenz.de/veranstaltungsstatistik/(Stand: 07.08.2015).
Informationsservices auf Augenhöhe
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Inhaltlicher Schwerpunkt (Mehrfachnennung möglich)
2011
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2013
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Fernleihe/Dokumentlieferung
23 %
22,74 %
20,39 %
25,17 %
Informationsverarbeitung/-verwaltung
12 %
13,86 %
13,90 %
15,05 %
Rechtliche, ökonomische und ethische Fragen
2 %
3,11 %
2,25 %
2,31 %
Elektronisches Publizieren
1 %
1,1 %
1,29 %
1,39 %
Auch im Jahr 2014 wird der Großteil der Schulungen durchgeführt, um die Benutzung von Diensten der Bibliothek zu erläutern, während – trotz aller Bemühungen um Open Access – der Anteil z. B. für elektronisches Publizieren verschwindend gering bleibt. Dabei bietet die digitale Transformation viele neue Tätigkeitsfelder, in denen bibliothekarische Expertise gefragt ist, wie beispielsweise Forschungsdatenmanagement, Plagiatserkennung und -vermeidung, Literaturverwaltung, elektronisches Publizieren und Bibliometrie. Zukunftsweisend ist ein Beratungsangebot, dass sich – am Forschungsprozess ausrichtet, – aktuelles Methodenwissen vermittelt, – den Austausch auf Augenhöhe zum Ziel hat, – und sich als genuin bibliothekarisches Dienstleistungspaket in den Campus integriert. Im Folgenden beschreiben wir diese vier konstitutiven Merkmale, bevor wir das Konzept an aktuellen Anwendungsbeispielen konkreter erläutern.
Merkmal 1: Ausrichtung am Forschungsprozess Modellierungen des Forschungsprozesses können für Bibliotheken bei der Konzeptionierung ihres Service-Angebots und der Adressierung ihrer Zielgruppen sehr hilfreich sein. Ziel ist es, bibliothekarische Dienstleistungen bedarfs- bzw. kundenorientiert zu gestalten, also die Bibliothek als Produkt, dessen Bedienung erlernt werden muss, aus dem Fokus zu nehmen und dorthin die KundInnen3 mit ihrer Lebens- bzw. Arbeitswirklichkeit zu stellen.4 Um die Wirklichkeit einer Wissenschaftlerin, eines
3 Der Kundenbegriff ist in der Fachdiskussion höchst umstritten. Wir verwenden den Begriff, weil wir die Bibliotheken als Informationsdienstleister fokussieren. 4 Vgl. hierzu den Beitrag Informationskompetenz als Kuratieren von Wissensräumen von Thorsten Bocklage, Julia Rübenstahl und Renke Siems in diesem Band. Preprint verfügbar via Researchgate: https://www.researchgate.net/publication/278686492_Informationskompetenz_als_Kuratieren_ von_Wissensraumen (Stand: 24.08.2015).
292
Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Magisterstudenten, einer Familienforscherin näherungsweise zu fassen, ist pragmatisch von sechs Phasen des Forschungsprozesses auszugehen: – Ideation, die Phase der Informationsrecherche, der Ideenfindung, der Themen identifikation und -wahl; – Konzeptualisierung, die Phase der Methodenreflexion; – Operationalisierung, die Phase der Projektion der Methoden auf existente Infrastrukturen; – Kreation und Kollektion, die Phase des Experimentierens, Datenerzeugens und -sammelns; – Interpretation, die Phase der Datenauswertung und des wissenschaftlichen Schreibens, und – Dissemination, die Phase der Publikation der Forschungsergebnisse. Es geht dabei weniger um die exakte Beschreibung der tatsächlichen Schritte im Prozess des wissenschaftlichen Arbeitens, als vielmehr darum, an den generisch verstandenen Phasen des Forschungsprozesses relevante bibliothekarische Dienstleistungsangebote anzusiedeln. Gleichzeitig dient diese Abstraktion dazu, den Forschungsprozess selbst besser zu reflektieren und damit Metawissen im Sinne des modernen Informationskompetenzbegriffes zu erzeugen. Auf diese Weise kann bei verschiedenen Zielgruppen latenter Bedarf hinsichtlich des Aufbaus von Kompetenzen manifest werden und Bemühungen auslösen, erkannte Lücken zu decken. Die an die Prozessphasen anzulagernden Dienstleistungen stellen wir uns dementsprechend – hier vereinfacht dargestellt – wie folgt vor:
Research Management Methodenwahl Wissenschaftliche Vernetzung Informationsrecht und -ethik Wissenschaftliches Arbeiten Datenschutz und Informationssicherheit Informationsrecherche Trendanalyse Open Educational Resources
Technik
Kopieren, Scannen, Drucken Digitalisieren
Infrastruktur
Universität Bibliothek
Operationalisierung Konzeptualisierung
Kreation und Kollektion
Service-Angebot der Bibliothek Ideation
Interpretation
Datenmanagement Experimente Big Data und Datenanalyse Virtuelle Forschungsumgebungen Visualisierung Literaturverwaltung Wissenschaftliches Schreiben
Dissemination Publikation
Open Access Bibliometrie
Abb. 1: Service-Angebot der Bibliothek, ausgerichtet an sechs Phasen des Forschungsprozesses.
Informationsservices auf Augenhöhe
293
Merkmal 2: Vermittlung von aktuellem Methodenwissen Zu den oben beschriebenen Phasen können Bibliotheken mehr beitragen als die bislang meistens üblichen Hilfestellungen zur Literaturrecherche. Wenn wir den ganzen Forschungsprozess betrachten, gibt es weitere Ansatzpunkte im Bereich der Methoden und Werkzeuge. Das lässt sich gut am Beispiel der Literaturverwaltung erläutern. Die Tätigkeit der Literaturverwaltung ist ein zentrales Mittel zur Begleitung von literaturgestützten Erkenntnis- bzw. Wissensprozessen und stellt dabei eine essentielle Handlung im wissenschaftlichen Arbeiten einschließlich Publizieren dar.5 Wie unter anderem Matthias Nagelschmidt 2010 und Thomas Stöber 2012 (in seinem Beitrag in der ersten Auflage dieses Handbuchs) nachvollziehbar feststellten, ist die Literaturverwaltung nicht isoliert zu betrachten. Sie ist eine selbstverständliche Teilaufgabe im „Kontext der Informationszirkulation“ in engem Zusammenhang mit der Literaturrecherche, -beschaffung, -rezeption sowie anderen Teilschritten der Literaturarbeit:6
5 Vgl. Stöhr, Matti: Bibliothekarische Dienstleistungen für Literaturverwaltung. Eine vergleichen de Analyse des Angebots wissenschaftlicher Bibliotheken unter besonderer Berücksichtigung der Nutzerperspektive. Magisterarbeit. Berlin 2010. S. 14–16. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv: 11-100178393 (Stand: 07.08.2015). 6 Vgl. Nagelschmidt, Matthias: Literaturverwaltungsprogramme. Das funktionale Minimum. In: ABI-Technik 30 (2010) H. 2. S. 96. http://dx.doi.org/10.1515/ABITECH.2010.30.2.94 (Stand: 07.08.2015) sowie Stöber, Thomas: Informationskompetenz und Literaturverwaltung. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. 1. Aufl. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2012, hier S. 286. http://dx.doi.org/10.1515/9783110255188.281 (Stand: 07.08.2015).
294
Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Kognitiver Prozess
Informationen rezipieren und verarbeiten
Informationen erzeugen und publizieren
Katalogisierung/ Einstellen in Repositorium
OPAC / Dokumentenserver
Lokales Retrieval bibliografischer Metadaten/ Zugriff auf lokal gespeicherte Volltexte
Import durch integriertes Retrieval oder manuelle Datenübernahme
Informationen nachweisen und bereitstellen
Literaturverwaltung
Informationen beschaffen und verwalten
Automatisierter Prozess
Abb. 2: „Literaturverwaltung im Kontext der Informationszirkulation“ (nach Nagelschmidt: Literaturverwaltungsprogramme, 2010. S. 96).
Literaturverwaltungsprogramme wurden in den letzten Jahren als Instrumente (weiter-) entwickelt, die den gesamten wissenschaftlichen Arbeits- bzw. Forschungsprozess von der Ideenfindung bis hin zur Manuskripterstellung und Publikation unterstützen. Folglich sind solche Programme treffender als „Research Management“Tools beschrieben, da sie weit mehr bieten als „klassische Literaturverwaltung“ – den strukturierten Import, die flexible Organisation und zitierstilgerecht-formatierten Export von Literaturnachweisen. Bei der Vielfalt von Software-Varianten, funktionalen Möglichkeiten und unterschiedlichen Geschäftsmodellen kommt ein Unterstützungsbedarf bei (potentiellen) AnwenderInnen nicht von ungefähr. Sie wollen primär die für sie richtige Programmauswahl treffen und die Software schließlich für sich und ihre Anwendungsfälle effektiv einsetzen. Thomas Stöber hat das unlängst deutlich gemacht: Die Verwendung der Software ist sinnlos ohne die entsprechende Informations- und IT-Kompetenz, oder anders formuliert: die Literaturverwaltungssoftware ist das Tool – Informationskompetenz ist die Fähigkeit, dieses Tool gewinnbringend für die eigene wissenschaftliche Arbeit
Informationsservices auf Augenhöhe
295
einzusetzen. Literaturverwaltung ist und bleibt damit eine Kernaufgabe für die Vermittlung von Informationskompetenz.7
Insbesondere wissenschaftliche Bibliotheken bieten bereits häufig Einstiegshilfen, etwa mit dem Angebot von Softwarevergleichen,8 können dies aber noch um individuelle lösungsorientierte Services ergänzen. Ein entsprechendes Beratungsangebot betrachtet neben der Auswahl der Werkzeuge den (fachspezifischen) konkreten Forschungsprozess und vermittelt passendes Methodenwissen. Wie hier am Beispiel Literaturverwaltung und Research Management deutlich wird, könnten Bibliotheken den Bedarf der NutzerInnen nach aktuellem kontextbezogenem Methodenwissen noch stärker adressieren.
Merkmal 3: Austausch auf Augenhöhe Welche Beratungsangebote Nutzerinnen und Nutzer wahrnehmen wollen (latenter Bedarf) und aktiv nachfragen (manifester Bedarf), unterscheidet sich von dem, was die Bibliothek für angebotswürdig und notwendig erachtet. Die bibliothekarische Entscheidung, welche Dienstleistungen angeboten werden sollen, ist außerdem auch davon abhängig, ob sie überhaupt kompetent und qualitativ hochwertig angeboten werden können. Idealerweise werden die Interessen und Fähigkeiten der BibliothekarInnen mit den Interessen der NutzerInnen in Einklang gebracht, so dass sich die drei Bereiche decken und somit ein fokussiertes, bedarfsgerechtes Angebot entsteht.
7 Stöber, Informationskompetenz (wie Anm. 6), hier S. 285. 8 Als prägnante Beispiele seien Softwarevergleiche der UB TU München sowie der SLUB Dresden genannt: Lemke, Dorothea [u. a.]: Softwarevergleich Literaturverwaltung. 5. Aktualisierung 2015 (30.06.2015). https://mediatum.ub.tum.de/node?id=1271693 (Stand: 07.08.2015); Musiat, Jutta [u. a.]: Literaturverwaltungsprogramme im Überblick (August 2015). http://slubdd.de/5b (Stand: 07.08.2015).
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Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Was wollen die BenutzerInnen?
Was wollen die BenutzerInnen?
Was wollen die BenutzerInnen? Was wollen die BibliothekarInnen?
Was wollen die BibliothekarInnen?
Was können die BibliothekarInnen?
Was wollen die Was können BibliothekarInnen? die BibliothekarInnen?
Unfokussiert
Fokussiert
Was können die BibliothekarInnen?
Stark Fokussiert
Abb. 3: Fokussierung des Service-Angebots.
Es ist nicht nur Aufgabe der Bibliothekarinnen und Bibliothekare, auf manifesten Bedarf zu reagieren, sondern auch latenten Bedarf sicher zu identifizieren und den KundInnen bewusst zu machen. Gleichzeitig müssen sie die Dynamik akzeptieren, die der moderne Informationskompetenzbegriff impliziert, und sich im Prozess des lebenslangen Lernens selbst ständig adäquates Methodenwissen aneignen. Beides ist nur denkbar, wenn die Interaktion mit den Zielgruppen auf Augenhöhe – also im Sinne des Konzeptes des Blended Librarian bzw. Embedded Librarian9 – stattfindet. Das bedeutet, die Kompetenzen der KundInnen einzubeziehen und authentische Kommunikationssituationen zu schaffen, in denen durchaus beide Seiten voneinander bzw. miteinander lernen. In der Auskunftspolicy einer Bibliothek, die so arbeiten möchte, könnte demzufolge dieser Paragraph zu finden sein: Das Auskunfts- und Beratungsgespräch findet auf Augenhöhe statt. Wir MitarbeiterInnen vermeiden belehrende und zurechtweisende Kommunikationsstrategien. Die Kenntnisse der KundInnen beziehen wir aktiv in die Problemlösung ein. Aufgrund eines transparenten und schlüssigen Dialogs fühlen sich unsere KundInnen gut beraten. Ein Beratungsgespräch ist in unseren Augen besonders gelungen, wenn die KundInnen den Eindruck gewinnen, dass auch die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter dabei etwas gelernt hat.
9 Vgl. die aktualisierte Perspektive auf die bereits 2004 entwickelten Vorstellungen zu Blended Librarianship: Shank, John D. [u. a.]: Blended librarianship. [Re]envisioning the role of librarian as educator in the digital information age. In: Reference and User Services Quarterly 51 (2011) H. 2. S. 105–110. http://www.jstor.org/stable/refuseserq.51.2.105 (Stand: 07.08.2015). Dort auch Hinweise zur Abgrenzung von Embedded Librarianship und Librarianship 2.0.
Informationsservices auf Augenhöhe
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Merkmal 4: Integration des Dienstleistungspakets in den Campus Aus den zuvor beschriebenen Merkmalen ergibt sich bereits ein modernes bibliothekarisches Beratungsangebot, das seine Wirkung jedoch nur optimal entfalten kann, wenn es erstens in sich verschränkt ist und zweitens in den Campus integriert wird. Egal, an welcher Stelle die Nutzerin oder der Nutzer mit der Bibliothek in Kontakt tritt (ob an der Theke, in einer Spezialberatung oder via technische Dienste), es sollten immer individualisiert und kontextbezogen weitere passende Angebote aus dem Dienstleistungspaket offenbar werden. Zudem sollte die ganzheitliche Beratung nicht an den Türen der Bibliothek halt machen, sondern andere Angebote auf dem Campus einbeziehen. Dazu ist es notwendig das genuin Bibliothekarische des Angebots herauszuarbeiten und somit ein Dienstleistungsportfolio zu bestimmen, das sich komplementär in den Campus integriert. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die Erwartungshaltung an Bibliotheken fest in den Köpfen der NutzerInnen verankert ist. Cathy De Rosa u. a. haben in einer Studie die „Campus Perception Map“10 entwickelt, die auf einer Onlinebefragung von US-amerikanischen Alumni und Eltern von Studierenden beruht. Die Probanden mussten u. a. für jeden Ort auf dem Campus angeben, wie stark sie diesen mit bestimmten Aktivitäten verbinden. Auf dieser Basis ist eine mentale Landkarte entstanden (vgl. Abbildung 4, Orte sind grün hervorgehoben, die im Zusammenhang mit bestimmten dort ausgeführten Aktivitäten stehen). Wenig überraschend wird die Bibliothek als ruhiger Ort für Einzelarbeit verstanden, an dem drei Aktivitäten besonders hohe Werte erhalten: „Get work done“, „basic technology tools to get work done“ und „providing current, relevant information“. Wenn also die oben skizzierten Dienstleistungsangebote erfolgreich angenommen werden sollen, muss das Verständnis für den Ort „Bibliothek“ weiterentwickelt werden. Forschungsprozess-relevante Dienstleistungen müssen aktiv beworben werden, weil die NutzerInnen nicht von allein auf die Idee kommen würden, sie in Bibliotheken zu suchen. Hilfreich kann hierbei die bewusste Neuprägung einer Corporate Identity sein, beispielsweise durch ein einheitliches Corporate Design, das im Zuge der neuen Angebote eingeführt wird.11
10 DeRosa, Cathy [u. a.]: At a tipping point. Education, learning & libraries; a report to the OCLC membership. Dublin, OH: OCLC 2014. S. 62. https://www.oclc.org/content/dam/oclc/reports/tippingpoint/215133-tipping-point.pdf (Stand: 24.08.2015). 11 Vgl. zum Beispiel die Neuausrichtung der ZBW 2010, die als Stütze der Veränderung gleichzeitig ein neues Corporate Design eingeführt hat: Siegfried, Doreen: Wissenschaftsservice der Zukunft. ZBW definiert Forschungssupport neu. Pressemitteilung der ZBW (07.12.2010). http://www.zbw.eu/ de/ueber-uns/aktuelles/meldung/news/wissenschaftsservice-der-zukunft-zbw-definiert-forschungssupport-neu/(Stand: 07.08.2015).
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Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Abb. 4: „Campus Perception Map“ (De Rosa, Cantrell u. a.: Tipping point, 2014. S. 62).
Für die Integration des Dienstleistungspakets in den Campus bedarf es eines komplementären Angebots zu den Einführungskursen ins wissenschaftliche Arbeiten der Fachdisziplinen, der technischen Beratung am Rechenzentrum und den ggf. vorhanden Lehr- und Lernzentren, die die Besonderheiten des jeweiligen Campus berücksichtigt und die Stärken und Kenntnisse der jeweiligen Bibliothek herausstellt. Gleichzeitig sind Bibliotheken auch ideale Orte, um andere zivilgesellschaftliche Akteure außerhalb des Campus (HobbyforscherInnen, AktivistInnen, SammlerInnen) einzubinden. Wie R. David Lankes 2012 überspitzt, aber treffend formulierte, wäre es denkbar, Communities an die Bibliotheken zu binden: „Bad Libraries build collections. Good libraries build services (of which a collection is only one). Great libraries build Communities.“12 Was bedeuten die oben skizzierten vier Merkmale für die alltägliche Arbeit in Bibliotheken? Was muss sich konkret ändern? Um das hier vorgeschlagene integrierte Konzept für die Vermittlung von Informationskompetenz näher zu erläutern, wollen wir die Konsequenzen am Beispiel von drei Bibliotheksdienstleistungen erläutern:
12 Lankes, R. David: Beyond the bullet points. Bad libraries build collections, good libraries build services, great libraries build communities (11.03.2012). http://quartz.syr.edu/blog/?p=1411 (Stand: 07.08.2015).
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Persönliche Beratungsangebote, Services für Literaturverwaltung und Fachreferatsarbeit.
Aufwertung der persönlichen Beratung Den Benutzerinnen und Benutzern wird bibliothekarische Beratung klassischerweise an Informationstheken, über einzelne fachliche AnsprechpartnerInnen oder auf schriftlichem Wege angeboten. Als Angebotsmatrix dienen meist die Organisationsstrukturen der Bibliothek, Wissen darüber wird oft ebenso stillschweigend vorausgesetzt wie die zumindest grobe Kenntnis bibliothekarischer Workflows. Da die Beantwortung spezifischer Fragen an den Auskunftstheken in der ad-hoc-Situation von der Zufälligkeit abhängt, mit der dort ein fachlich kompetenter Ansprechpartner angetroffen wird, beschränken sich NutzerInnen in vielen Fällen darauf, allgemeinere Fragen zu stellen. Für fachliche Anliegen müssen sie sich oft genug die richtige Person selbst heraussuchen. Das Resultat ist im schlimmsten Fall ein Teufelskreis aus sinkender Nachfrage, abnehmender Informationskompetenz auf bibliothekarischer Seite, Rückbau von Service-Strukturen und sinkender Metakompetenz auf Nutzerseite. Die Bibliothek büßt an einer Stelle ein, an der eigentliche ihre große Stärke liegen könnte. Das aus dem angloamerikanischen Raum bekannte Konzept der „Research Consultations“ setzt auf stärkere Orientierung an den tatsächlichen Bedürfnissen der BenutzerInnen. Eine Möglichkeit, BibliotheksnutzerInnen in den Genuss hochwertiger und spezifischer fachlicher Beratung kommen zu lassen, ist eine themenspezifische Aufbereitung des Beratungsangebotes. An größeren Bibliotheken sind oft bereits Ticketsysteme im Einsatz, die schriftliche Anfragen selbständig an die jeweils kompetenten AnsprechpartnerInnen verteilen. Die SLUB Dresden geht mit ihrem Service Wissensbar noch einen Schritt weiter und gibt ihren NutzerInnen, zusätzlich zu einem Basis-Beratungsangebot an den Theken, für spezifischere Fragestellungen Zugriff auf die Terminkalender der dafür passenden ExpertInnen.13 Dadurch kann die Bibliothek mehreren Prinzipien gerecht werden. Einerseits erreicht sie eine Verbesserung der Wahrnehmung des bibliothekarischen Service-Portfolios im Sinne der oben erwähnten „Campus Perception Map“:
13 Vgl. z. B. Mittelbach, Jens u. Antonie Muschalek: Wissensbar. Experten beraten passgenau. In: BuB: Forum Bibliothek und Information 67 (2015) H. 6. S. 374–376. http://b-u-b.de/wp-content/uploads/2015-06.pdf (Stand: 07.08.2015) sowie Guercke, Olaf: Bequem erreichbar und maßgeschneidert, Persönliche Beratungsangebote in der Digitalen Bibliothek. Olaf Guercke und Jens Mittelbach im Gespräch über die Wissensbar der SLUB Dresden. Interview mit Jens Mittelbach (03.08.2015). Erschienen in: B.I.T. online (2015) H. 3. S. 267–268. http://www.b-i-t-online.de/heft/2015-03-interview-guercke.pdf (Stand: 24.08.2015).
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Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
Der affektive Wert der bibliothekarischen Services steigt, weil sie in der Konzeptionierung von der Benutzerperspektive her als persönlich, „mit Gesicht“ ausgestattet, auf Augenhöhe angeboten und damit als relevant erscheinen. Gleichzeitig wird die Informationskompetenz der KundInnen insbesondere im Bereich der Metakompetenzen gesteigert, weil in der Auseinandersetzung mit dem Portfolio der Themen in erster Linie die für die Forschung relevanten Tätigkeiten und Aufgabenstellungen transparent werden und nicht mehr vornehmlich die bibliothekarischen Abläufe aufleuchten. Latent vorhandener Bedarf hinsichtlich des Ausbaus von Informations- bzw. Forschungskompetenz kann so den Benutzerinnen und Benutzern bewusst – und damit manifest – werden. Hervorzuheben ist auch der Ansporn für die BeraterInnen, sich permanent fortzubilden – ein Ansporn, der aus deren nunmehr konkreten Verantwortlichkeit für spezifische Themen resultiert, die die bislang vorherrschende, mehr oder weniger vage Fachgebietszuständigkeit ablöst bzw. ergänzt.
Moderne Bibliotheksservices am Beispiel von Literaturverwaltung Bibliotheken und BibliothekarInnen sind aufgrund ihrer Kernaufgaben und -kompetenzen, nicht zuletzt aber aufgrund ihrer (Neu-)Definition als den wissenschaftlichen Arbeitsprozess aktiv begleitende und fördernde Informationsdienstleister, prädestiniert für die breite Unterstützung persönlicher softwarebasierter Literaturverwaltung und Wissensorganisation. Entsprechende Serviceangebote sind inzwischen in die bibliothekarische Servicepraxis, vorrangig in wissenschaftlichen Bibliotheken mit Hochschulanbindung, integriert und werden sehr gut angenommen, wie einige mehrere Jahre zurückliegende systematische Untersuchungen bereits gezeigt haben.14 So hat Thomas Stöber verdeutlicht:
14 Süselbeck, Kirsten: Literaturverwaltung als Teil des Konzepts zur Vermittlung von Informationskompetenz an wissenschaftlichen Bibliotheken 2011. http://bvbm1.bib-bvb.de/publish/viewer/16/2805073.html (Stand: 07.08.2015); Stöber, Thomas: Serviceangebote der wissenschaftlichen Bibliotheken im Bereich Literaturverwaltung: Ergebnisse einer Umfrage. Augsburg 2010. http://opus. bibliothek.uni-augsburg.de/volltexte/2010/1611 (Stand: 07.08.2015) und Stöhr, Matti: Bibliothekarische Dienstleistungen, 2010. Auf der Basis der Ergebnisse entstand die im Kontext der Webplattform „Literaturverwaltung“ mit dem Dienst Google Maps kontinuierlich gepflegte Übersicht „Services für Literaturverwaltung – die Karte“, vgl. https://literaturverwaltung.wordpress.com/ansprechpartner/ (Stand: 07.08.2015). Vgl. auf internationaler Ebene: Francese, Enrico: Reference management software as digital libraries. A survey at the University of Torino. Master Thesis. Oslo 2012. http://hdl. handle.net/10642/1274 (Stand: 07.08.2015) und McMinn, Howard Stephen: Library support of bibliographic management tools. A review. In: Reference Services Review 39 (2011) H. 2. S. 278–302. http:// dx.doi.org/10.1108/00907321111135493 (Stand: 07.08.2015).
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Literaturverwaltung ist damit gewissermaßen eine Querschnittstechnik, die eine integrierte [Dienstleistungs-]Perspektive geradezu fordert. Wenn eine solche integrierte Perspektive angestrebt ist, ist zugleich jedoch eine enge Abstimmung zwischen Fachbereich und Bibliothek notwendig; im Idealfall greifen die wissenschaftspropädeutischen Angebote von Fachbereich und Bibliothek ineinander.15
Das ist nur konsequent, geht man mit Stöber davon aus, dass sich Alltag und Routinen wissenschaftlicher Arbeitswirklichkeit zum „digitalen Schreibtisch“ entwickeln.16 Dies berücksichtigend, lässt sich das Dienstleistungsspektrum grundsätzlich in vier Kategorien typologisch beschreiben:17 – Informierende Dienstleistungen: Was heißt systematische Literaturverwaltung? Welche Hilfsmittel gibt es dafür? Wie kann ich diese bewerten und schließlich das für mich geeignete Produkt auswählen? Hier geht es um die Vermittlung von theoretischen Grundlagen der systematischen softwaregestützten Literaturverwaltung bzw. des Research Managements als Tätigkeit und um die Verdeutlichung von Mehrwerten durch die systematische Softwarenutzung. Dazu gehört die Einordnung eines campuslizenzierten oder anderweitig zur Unterstützung ausgewählten Programms in den Softwaremarkt, meist in Vergleichsform, mit Überblick von Vor- und Nachteilen. – Best Practice-Beispiele: „Entscheidungsbaum“ der UB Konstanz; Umfassender Softwarevergleich der UB TU München; Adaptiver Softwarevergleich der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) – Hochschulbibliothek18 – Programmbezogen-unterstützende Dienstleistungen: Bibliotheken ermöglichen einen niederschwelligen Software-Erwerb, etwa über den Abschluss von Campuslizenzen. Gleichzeitig unterstützen sie vor allem EinsteigerInnen aber auch Fortgeschrittene mit Informationsmaterial (Hilfe zur Selbsthilfe) und vielgestaltigen Schulungen im versierten Umgang mit – in der Regel – dem bzw. den lizenzierten Produkt(en); (kostenfreie) Alternativen, insbesondere Open Source-Tools, werden zielgruppengerecht einbezogen. Die Unterstützung selbiger kann ggf. anstelle eines Lizenz-Abschlusses kommerzieller Software erfolgen. Direkte Kontaktservices durch sichtbare Ansprechpersonen, etwa in Form von verbindlichen
15 Stöber, Informationskompetenz (wie Anm. 6), hier S. 286. 16 Vgl. Stöber, Informationskompetenz (wie Anm. 6), hier S. 286–288 und zuletzt Stöber, Thomas: Der „digitale Schreibtisch“. Innovationsmanagement und Vernetzung für das wissenschaftliche Arbeiten. In: Literaturwissenschaft im digitalen Medienwandel. Hrsg. von Christof Schöch u. Lars Schneider. Berlin 2014 (PhiN. Philologie im Netz: Beihefte). S. 180–188. http://userpage.fu-berlin.de/~phin/beiheft7/b7t11.pdf (Stand: 07.08.2015). 17 Vgl. ausführlich Stöhr, Bibliothekarische Dienstleistungen (wie Anm. 14), hier S. 63-85. 18 Vgl. jew. http://www.ub.uni-konstanz.de/serviceangebote/literaturverwaltung.html; http://mediatum.ub.tum.de/node?id=1127579; http://www.zhaw.ch/de/zhaw/hochschulbibliothek/dienstleistungen/literaturverwaltung.html (Stand: 07.08.2015).
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Sprechstundenzeiten für individuelle Beratung, runden das Dienstleistungssegment ab. – Best Practice-Beispiele: frei nutzbare Citavi-Schulungsmaterialien der SUB Göttingen; Wissensbar der SLUB Dresden; fachbezogene Ansprechpersonen der Bodleian Libraries Oxford.19 – Datenbezogen-unterstützende Dienstleistungen: Auf welchen Wegen können bibliographische Daten als Einzeltreffer oder Ergebnislisten aus dem klassischen Bibliotheks-OPAC und – falls angeboten – aus dem integrierten Discovery-System nachgenutzt werden? Welche (lizenzierten) Datenbanken können in welcher Form ebenso berücksichtigt werden? Entsprechende katalog- bzw. systemtechnische Konfigurationen und Funktionsfreigaben sind die Basis für die Datenübernahme in persönliche Literaturverwaltungen. Unterstützung im korrekten Zitieren im Kontext der Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis u. a. in der Bereitstellung von Zitierstilen sind hier ebenso aufzuführen. – Best-Practice-Beispiele: FAQ zu Literaturverwaltungsschnittstellen an der UB Bielefeld; Import/Export-Wiki für Literaturverwaltungsprogramme der UB Konstanz; Seite zum Thema Zitierstile der UB Mannheim; Tutorial LOTSE z. B. an der SUB Hamburg.20 – Kontexterweiternde Dienstleistungen: Welche Möglichkeiten gibt es die in der eigenen oder kollaborativ genutzten Literaturverwaltungsumgebung organisierten Daten (und Volltexte) möglichst verlustfrei in andere im Kontext der Forschung und Lehre zu verwendende Informationssysteme zu übertragen und anwendungsbezogen nachzunutzen? – Best-Practice-Beispiele: Forschungsinformationssystem PUMA an der Universität Kassel; Hochschulbibliographien an den Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen.21 Am Beispiel der zahlreichen Möglichkeiten im Bereich Literaturverwaltung zeigt sich, wie aus einzelnen Bausteinen ein integriertes, am digitalen Forschungsprozess ausgerichtetes Beratungsangebot entstehen kann. Laufende Fachinformationen und Austauschmöglichkeiten zum Thema finden sich u. a. auf der Webplattform „Literaturverwaltung“, vormals „Literaturverwaltung & Bibliotheken“.
19 Vgl. jew. http://www.slub-dresden.de/service/wissensbar/thema/gbList/10/; http://www.sub.unigoettingen.de/lernen-lehren/literaturverwaltung/citavi/; http://ox.libguides.com/content.php?pid= 294548&sid=2418232 (Stand: 07.08.2015). 20 Vgl. jew. http://www.ub.uni-bielefeld.de/library/literaturverwaltung/schnittstellen.htm; https:// ilias.uni-konstanz.de/ilias/goto.php?target=wiki_202449; http://bib.uni-mannheim.de/1402.html?&L =0; https://lotse.sub.uni-hamburg.de/fachuebergreifend/arbeiten_schreiben_und_veroeffentlichen/ literatur_zitieren/literatur_zitieren-de.php (Stand: 07.08.2015). 21 Vgl. jew. http://www.academic-puma.de; http://bibliographie-trac.ub.rub.de (Stand: 07.08.2015).
Informationsservices auf Augenhöhe
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Fachreferatsarbeit im Sinne des Blended Librarian Die Aufgabenschwerpunkte im Fachreferat haben sich von Erwerbung und Erschließung eindeutig hin zu mehr Vermittlung verschoben, um ein einheitliches Aufgabenprofil wird jedoch immer noch gestritten.22 Da strukturelle Änderungen auf sich warten lassen, sind die Individuen gefragt, das Konzept des „Blended Librarian“ mit Leben zu füllen. Was also können FachreferentInnen tun, wenn sie den oben skizzierten Merkmalen eines integrierten Beratungsangebots folgen wollen? Zunächst sollten sie gegenwärtige Werkzeuge und Arbeitsweisen derjenigen Fachcommunities genau kennenlernen und verstehen, für die sie zuständig sind. Angesichts der hohen Entwicklungsdynamik der wissenschaftlichen Methoden ist das nicht trivial und erfordert ständige Fortbildung und direkten Kontakt mit den WissenschaftlerInnen. Auf Basis eines gegenwärtigen Methodenwissens des jeweiligen Fachs könnten FachreferentInnen dann beurteilen, welche der stetig neu entstehenden Tools23 für methodische Innovationen tauglich sind und an welcher Stelle die Bibliothek die Forschung konkret unterstützen kann. Wer die fachspezifischen Anforderungen kennt und sich breites Wissen über neue wissenschaftliche Werkzeuge verschafft, kann den interdisziplinären Austausch unterstützen und zwischen Generellem und Spezifischem vermitteln. Erfolgversprechend ist es zudem, die Beratungsangebote an technische Dienstleistungen der Bibliothek zu koppeln. So entstehen beispielsweise im Zuge der Ablieferung einer elektronischen Publikation auf einem Open-Access-Server häufig verwandte Fragen zur Publikation von zugrundeliegenden Forschungsdaten, zu Lizenzen oder zu bibliometrischen Auswertungen. Daraus können integrierte umfassende Serviceleistungen wie eine Open-Access-Rechteprüfung inkl. Publikation24 oder einer Beratung zu Forschungsdatenmanagement inkl. technischen Lösungsangeboten25 führen. Naheliegend ist auch eine fachbezogene Unterstützung bei der Schaffung bedarfsgerechter Literaturverwaltungs- und Research-Management-Umgebungen, wie im vorigen Abschnitt beschrieben. Diese Bedarfe zu identifizieren, Ange-
22 Vgl. aktuelle Kurzzusammenfassung bei Tappenbeck, Inka: Fachreferat 2020. ZBW Hamburg 2014 (VDB: Fachreferententagung Wirtschaftswissenschaften). http://www.fbi.fh-koeln.de/institut/personen/tappenbeck/publikationen/Fachreferat_2020_Praesentation.pdf (Stand: 07.08.2015). 23 Ein guter Einstieg ist die von der Universitätsbibliothek Utrecht herausgegebene Übersicht: Bosman, Jeroen & Bianca Kramer: 101 Innovations in Scholarly Communication. http://innoscholcomm. silk.co (Stand: 07.08.2015). 24 Vgl. Di Rosa, Elena u. Michaela Voigt: Qualitätssicherung für Serviceangebote zur Rechteprüfung für Bibliotheken. Bremen 2014 (103. Deutscher Bibliothekartag). http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:0290-opus-16149 (Stand: 08.07.2015). 25 Vgl. Berstler, Susan [u. a.]: Data management at Harvard. http://isites.harvard.edu/icb/icb. do?keyword=k78759 (Stand: 07.08.2015).
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Felix Lohmeier, Jens Mittelbach, Matti Stöhr
bote zu konzeptionieren und diese in Forschung und Curricula zu integrieren, ist und bleibt eine originäre Aufgabe der FachreferentInnen.
Fortbildung: Benötigte Qualifikationen für die Bewäl tigung der neuen Aufgaben Der Paradigmenwechsel im Verständnis des Begriffes Informationskompetenz fordert von den BibliothekarInnen als scholars’ scholars26 zuallererst selbst Informationskompetenz auf- und auszubauen. Längst herausgearbeitet sind in der Literatur Konzepte des lebenslangen Lernens, für die neben dem formellen Wissenserwerb in unserem digitalisierten Ökosystem informelles Lernen eine immer größere Rolle spielt.27 Vor allem gilt es, sich bewusst den Herausforderungen zu stellen, ja sie geradezu zu suchen, indem man eben solche Pfade beschreitet, auf denen man sich am wenigsten sicher fühlt.28 In Institutionen setzt sich die Einsicht durch, dass sie zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor einer großen Herausforderung stehen; der Ruf, sich fortzubilden, ist für jede Biblibliothekarin, für jeden Bibliothekar unüberhörbar geworden. Die hier vorgeschlagene Fokussierung auf den Forschungsprozess bedeutet die Hinwendung zu den Belangen der BenutzerInnen von Bibliotheken. Die Fortbildung muss sich daher die Herausbildung von Informationskompetenz im erweiterten Sinne zum Ziel setzen. Um die individuelle, auf die Unterstützung des Forschungsprozess ausgerichtete Fortbildung Ihrer MitarbeiterInnen zu unterstützen, sollte die Institution einen verbindlichen, partizipativen Rahmen schaffen, beispielsweise in Form von Kolloquien, Workshops usw., orchestriert und begleitet von engagierten und kompetenten Fortbildungsbeauftragten. In Fortbildung investierte Arbeitszeit muss als gut investierte Zeit anerkannt werden. Experimentelles Lernen,29
26 Vgl. Levitin, Daniel J.: The organized mind. Thinking straight in the age of information overload. New York, NY: Dutton 2014. S. 339. 27 Vgl. Johnson, Larry [u. a.]: NMC Horizon Report. 2015 Higher Education Edition. Austin, TX [u. a.]: New Media Consortium; EDUCAUSE Learning Initiative 2015. http://www.editlib.org/p/130341/ (Stand: 07.08.2015). 28 Vgl. Stephens, Michael: Seek a Challenge | Office Hours. In: Library Journal (2011). http:// lj.libraryjournal.com/2011/02/opinion/michael-stephens/seek-a-challenge-office-hours/(Stand: 07.08.2015). 29 http://metaliteracy.org/learning-objectives/(Stand: 07.08.2015).
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die eigenverantwortliche Rezeption informeller Kanäle,30 das Verfolgen von Blogs31 und eigenes Bloggen, das gemeinsame Schreiben mit KollegInnen,32 das gemeinsame Lernen mit den BenutzerInnen können so neben die systematischen Lernformen treten. In solch einer auch auf das bibliothekarische Backoffice ausgeweiteten Atmosphäre des Lernens könnte das Diktum von der Bibliothek als Lernort eine ganz neue Bedeutung annehmen. Auf lange Sicht dürfte ein solcher Wandel der Organisationskultur eine notwendige Voraussetzung für nachhaltig erfolgreiche neue Bibliotheksdienstleistungen sein, erfordert jedoch ein aktives Change Management.33
Ausblick: Alte Werte neu interpretieren In diesem Beitrag haben wir ein Konzept für die Vermittlung von Informationskompetenz skizziert, das sich eng am (zunehmend) digitalen Forschungsprozess orientiert. Damit das vorgeschlagene integrierte, genuin bibliothekarische Dienstleistungspaket von den potentiellen NutzerInnen auf dem Campus auch tatsächlich dauerhaft angenommen wird, ist neben den oben ausführlich erläuterten Merkmalen, die zur Relevanzperzeption beitragen, ein grundsätzliches Vertrauen in die Bibliothek als Institution erforderlich. Die klassisch der Bibliothek zugeschriebenen Werte der Neutralität, Verlässlichkeit und Qualität bilden eine gute Grundlage, müssen jedoch in der zunehmend digitalen Welt neu interpretiert werden. Wir plädieren hier für eine Rückbesinnung auf die Idee der Offenheit, des freien Zugangs zu Information und Wissen, für die Bibliotheken mit dem Ziel der Bildung und Selbstaufklärung gegründet wurden.34 Eine zeitgemäße Ausgestaltung des alten Wertes der Offenheit wäre beispielsweise eine konsequente Förderung von Open Access, Open Source und Open Science sowie eines Engagements für Netzneutralität und Datenschutz. Ein neues, am digitalen Forschungsprozess orientiertes Beratungsangebot wird längerfristig scheitern, wenn nicht gleichzeitig ein Wertewandel erfolgt, der mit einem Wandel der Organisationskultur (wie oben in Bezug auf die Fortbildung beschrieben) eingeleitet werden kann
30 Anregungen dazu in Bergmann, Julia u. Jürgen Plieninger: Arbeitsorganisation 2.0. Tools für den Arbeitsalltag in Kultur- und Bildungseinrichtungen. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2013 (Praxiswissen). http://dx.doi.org/10.1515/9783110269598 (Stand: 07.08.2015). 31 Zur Fort- und Weiterbildung ist beispielsweise das Blog https://bibfobi.wordpress.com einschlägig. 32 Handbuch CoScience. http://handbuch.io/w/Handbuch_CoScience (Stand: 07.08.2015). 33 Erfolgversprechend sind auch hier moderne, partizipative Ansätze, um den Wandel zu gestalten. Vgl. bspw. Appelo, Jürgen: How to change the world: Change management 3.0. Jojo Ventures BV 2012. https://management30.com/product/how-to-change-the-world/(Stand: 07.08.2015). 34 Lohmeier, Felix u. Jens Mittelbach: Offenheit statt Bündniszwang. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2014) H. 4/5. S. 209–215. Preprint verfügbar unter http://nbn-resolving.de/ urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-157772 (Stand: 07.08.2015).
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und letztlich integer, d. h. wirklich konsequent und nachhaltig erfolgen muss, um von den KundInnen akzeptiert zu werden. Don Tapscott hat 2012 in einem viel beachteten TED Talk dieses Grundprinzip der „open world“ wie folgt beschrieben: You say you have good products. They’d better be good. But you also need to have values. You need to have integrity as part of your bones and your DNA as an organization, because if you don’t, you’ll be unable to build trust, and trust is a sine qua non of this new network world.35
In Kombination mit konsequent verfolgten, neuinterpretierten Werten wie Offenheit, informationspraktischer Selbstbestimmung oder wissenschaftsethischem Verhalten können die skizzierten Beratungsangebote helfen, der Bibliothek eine zeitgemäße Rolle und Legitimation in der technologiegetriebenen Welt zu geben. Der Bedarf an klassischen Einführungskursen und Schulungen könnte durch bessere Benutzbarkeit und Zugänglichkeit von Information und Werkzeugen mittelfristig möglicherweise zurückgehen, die Vermittlung von Methodenwissen wird aber weiterhin benötigt. Das hier skizzierte Konzept ist sicher nur ein Anfang und muss weiter ausgearbeitet und ausdifferenziert werden. Wir würden uns über eine intensive Fachdiskussion sehr freuen und bitten Sie um Ihre Kritik über die Diskussionsplattform Hypothes.is.36
35 Tapscott, Don: Four principles for the open world 2012 (TED Global 2012). http://www.ted.com/ talks/don_tapscott_four_principles_for_the_open_world_1/transcript?language=en#t-407180 (Stand: 07.08.2015). 36 Preprint dieses Beitrags mit Annotationsfunktionen: http://slubdd.de/5c (Stand: 07.08.2015).
Alice Keller
Publikationskompetenz Abstract: Ausgehend vom traditionellen Rollenverhältnis zwischen Autor und Verlag diskutiert dieser Beitrag die verschiedenen Formen der Publikationskompetenz. Auf Seite der Autoren bzw. Forscher kann die Publikationskompetenz als aktive Form der Informationskompetenz verstanden werden. Die Wissenschaftler sollen die Vorund Nachteile der verschiedenen Publikationsmöglichkeiten sowie die technischen, rechtlichen und finanziellen Implikationen dieser Optionen verstehen. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um die spezifischen Kompetenzen, die wissenschaftliche Bibliotheken oder verwandte Einrichtungen zur Ausübung von verlagsähnlichen, publikationsunterstützenden Aufgaben benötigen. Hierzu gehören institutionelle Repositorien, Digitalisierungszentren, digitale Langzeitarchivierung, Systeme zum Betrieb von Open Access-Zeitschriften, Forschungsdatenmanagement oder Universitätsverlage im klassischen Sinn. Um diese Angebote professionell betreiben zu können, bedarf es besonderer Fähigkeiten, die sich oft signifikant vom traditionellen bibliothekarischen Aufgabenspektrum unterscheiden. Keywords: Publikationskompetenz, digitales Publizieren, institutionelle Repositorien, Open Access, Open Access-Zeitschriften, „Research Impact“, Autor, Forscher, Forschungsdatenmanagement, Universitätsverlage, Verlage
Einführung Publizieren bedeutet öffentlich machen. In der Wissenschaft spricht man davon, dass sowohl der Autor als auch der Verlag publizieren. Hierbei sind die Rollen unterschiedlich: Riehm, Böhle und Wingert sprechen von einem ersten Arbeitsprozess, in dem der Autor Wissen produziert, und einem zweiten Teilprozess, in dem ein Vermitt-
Alice Keller arbeitet seit 2014 als Chefbibliothekarin für Fachreferate an der Zentralbibliothek Zürich. Zuvor war sie während vier Jahren als Cheflektorin beim Verlag De Gruyter für die Programmentwicklung in den Bereichen Bibliotheks- und Informationswissenschaften zuständig. Hier hat sie sowohl das Buch- als auch das Zeitschriftenprogramm betreut und wichtige Einblicke in das internationale Publikationswesen erhalten. Vorgängig zum Verlag war sie an der ETH Bibliothek und an der Bodleian Library Oxford tätig. In ihrer Doktorarbeit befasste sie sich mit dem Thema der zukünftigen Entwicklung elektronischer Zeitschriften (Berlin, 2001).
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Alice Keller
ler das Verfasste einer anderen Person an die Öffentlichkeit bringt1. Somit muss die Publikationskompetenz zwei unterschiedliche Prozesse oder Akteure abdecken, bei denen beide das gleiche Ziel haben: nämlich die möglichst breite Öffentlichkeitmachung von wissenschaftlichen Erkenntnissen. Publikationskompetenz des Autors bzw. Forschers
Publikationskompetenz der Bibliothek
Betrifft
Autor oder Forscher als Schreibender, Bibliothek als Anbieterin von Publikationsals Verfasser plattformen und -services
Publikationskompetenz
wird verstanden als Teil der „aktiven“ Informationskompetenz
wird benötigt zum Aufbau und Betrieb von publikationsunterstützenden Dienstleistungen
Abb. 1: Zwei Aspekte der Publikationskompetenz.
Das traditionelle Rollenverhältnis zwischen Autor und Verlag sieht vor, dass der Wissenschaftler sein Manuskript dem Verlag übergibt und dieser die nachfolgenden Schritte einleitet, die schließlich zur Veröffentlichung eines Buches oder eines Zeitschriftenartikels führen. Diese Beziehung oder Bindung zwischen Verlag und Autor ist in der Regel das Resultat strenger gegenseitiger Prüfung und Verhandlung und wird in der Regel in einem Vertrag festgehalten. Dieses traditionelle Rollenverhältnis dient als Ausgangspunkt der Überlegungen, allerdings befindet es sich, wie nachfolgend dargestellt wird, gegenwärtig im Wandel. So muss der Begriff Verlag hier sehr viel breiter verstanden werden. Angesichts der Vielzahl der neuen Möglichkeiten des elektronischen Publizierens geht es nicht um einen Verlag im herkömmlichen Sinn, sondern um einen Dienstleister oder Vermittler, der für die technische Aufbereitung, Verbreitung und Archivierung von Dokumenten oder Daten verantwortlich ist. Im Konkreten behandelt geht dieses Kapitel die Rolle der Universitätsbibliotheken, die zunehmend publikationsunterstützende Dienstleistungen anbieten. Die Publikationskompetenz kann also an zwei Orten ansetzen: entweder beim Autor oder beim Verlag, dessen Rolle auch von einer Universitätsbibliothek oder einem anderen universitären Dienstleister übernommen werden kann. Die erforderliche Publikationskompetenz des Autors bzw. des Forschers umfasst nebst der Fähigkeit des wissenschaftlichen Schreibens auch die Kenntnisse der verfügbaren Publikationsmöglichkeiten bzw. der Vorgaben der Forschungsförderorganisationen, das Verständnis der technischen, rechtlichen und finanziellen Impli-
1 Riehm, Ulrich [u. a.]: Elektronisches Publizieren. In: Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. Hrsg. von Rainer Kuhlen [u. a.]. Band 1. 5. Aufl. München: Saur 2004. S. 549–559, hier S. 549.
Publikationskompetenz
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kationen dieser Optionen sowie der Auswirkungen dieser Möglichkeiten auf die Sichtbarkeit und den Wirkungsgrad (Impact) seiner Publikation. Die Publikationskompetenz des Autors kann als Teil der Informationskompetenz verstanden werden und wird im ersten Teil des Beitrags diskutiert. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um die spezifischen Kompetenzen, die wissenschaftliche Bibliotheken oder verwandte Einrichtungen zur Ausübung ihrer publikationsunterstützenden Aufgaben benötigen. Hierzu gehören institutionelle Repositorien, Digitalisierungszentren, digitale Langzeitarchivierung, Systeme zum Betrieb von Open Access-Zeitschriften, Forschungsdatenmanagement oder Universitätsverlage im klassischen Sinn. Um diese Angebote professionell betreiben zu können, bedarf es besonderer Fähigkeiten, die sich oft signifikant vom traditionellen bibliothekarischen Aufgabenspektrum unterscheiden.
Publikationskompetenz des Autors bzw. des Forschers Die Redewendung „publish or perish“ bringt zum Ausdruck, welchem hohen Publikationsdruck Forschende heute ausgesetzt sind. Um ihr wissenschaftliches Renommee zu steigern, müssen sie möglichst häufig und in möglichst angesehenen Fachzeitschriften publizieren. Bibliometrische Kriterien bilden inzwischen vielerorts die Basis für die wissenschaftliche Beurteilung von Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen. Viele Bibliotheken sehen es als eine ihrer Aufgaben, die Forschenden zu unterstützen, damit sie einen optimalen Research Impact erzielen, d. h. sie helfen dem Forscher zur Erreichung der maximalen Wirkung und des bestmöglichen Erfolgs seiner Forschungsleistung. Hierbei hilft die Bibliothek nicht nur dem einzelnen Wissenschaftler, sondern sie unterstützt auch ihre Trägereinrichtung als Ganzes, indem sie die bibliothekarischen Dienstleistungen systematisch nach wissenschaftlichen Leistungsfaktoren ausrichtet. In Australien beispielsweise hat die Autorin erlebt, dass die Bibliotheken sich als unverzichtbaren Partner im Prozess der Messung und Steigerung der Forschungsleistung verstehen.2 In diesem Sinne kann der Vermittlung von Publikationskompetenz – insbesondere in naturwissenschaftlichen, medizinischen und technischen Disziplinen – eine hohe strategische Bedeutung beigemessen werden, die von der Universität auch als solche anerkannt wird. Die Redewendung „publish or perish“ bringt zum Ausdruck, welchem hohen Publikationsdruck Forschende heute ausgesetzt sind. Um ihr wissenschaftliches
2 Keller, Alice: Forschungsunterstützung an australischen Universitätsbibliotheken. In: BIBLIOTHEK Forschung und Praxis 38 (2014) H. 3. S. 478–491.
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Alice Keller
Renommee zu steigern, müssen sie möglichst häufig und in möglichst angesehenen Fachzeitschriften publizieren. Bibliometrische Kriterien bilden inzwischen vielerorts die Basis für die wissenschaftliche Beurteilung von Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen.
Publikationskompetenz als Element der Informationskompetenz Diese Form der Publikationskompetenz, die beim Autor oder Forscher ansetzt, kann als Aspekt der Informationskompetenz verstanden werden. Während die traditionellen Definitionen der Informationskompetenz stark rezeptiv ausgerichtet sind, bietet die Publikationskompetenz einen proaktiveren Ansatz. Diese Erweiterung der Informationskompetenz entspricht auch der Vorstellung von Tappenbeck: „Information zu nutzen, heißt heute eben nicht mehr nur, Informationen zu suchen, zu bewerten und zu rezeptieren, sondern mehr und mehr auch Informationen zu produzieren und zu rezipieren.“3 Tappenbeck schlägt deshalb vor, diese „bibliozentrische“, aber wenig kunden- oder nutzerorientierte Perspektive um eine „aktive Informationskompetenz“ zu erweitern, in der die aktive Bereitstellung selbst produzierter Informationen ihren Platz hat. Hier lässt sich die Publikationskompetenz gut verorten. Publikationskompetenz (engl. „publishing literacy“) als Aspekt der Informationskompetenz wurde im Jahre 1996 erstmals von den amerikanischen Autoren Shapiro und Hughes erwähnt. In ihrem zukunftsweisenden Aufsatz „Information Literacy as a Liberal Art“ spannen sie einen weiten Bogen und beschreiben die Informationskompetenz – die deutlich über die Suche und den Zugang zur Information hinausgeht – als essentielle Grundvoraussetzung für eine demokratische Wissensgesellschaft, in der Bürgerinnen und Bürger verantwortungsvoll mit Informationen und den zugehörigen Technologien umgehen können. Zu den sieben Elementen der Informationskompetenz gehört auch die Publikationskompetenz, „beziehungsweise die Fähigkeit, Forschungsresultate oder Ideen in elektronischer, in textueller oder multimedialer Form zu formatieren und zu veröffentlichen […], diese in die öffentliche elektronische Sphäre oder in die elektronische Community der Wissenschaftler einzuspeisen“.4 Der Aufsatz von Shapiro und Hughes wurde über die Jahre zwar sehr rege zitiert oder diskutiert, aber man sucht vergebens nach einer konkreten Weiterentwicklung der Idee
3 Tappenbeck, Inka: Das Konzept der Informationskompetenz in der Bibliotheks- und Informationswissenschaft: Herausforderungen und Perspektiven. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. München: De Gruyter 2012. S. 156–166, hier S. 161. 4 Shapiro, Jeremy J. & Shelley K. Hughes: Information literacy as a liberal art? In: Educom review 31 (1996). S. 31–5, hier S. 35 in deutscher Übersetzung.
Publikationskompetenz
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der Publikationskompetenz. Erst die neuen Möglichkeiten des World Wide Webs, den Nutzer stärker zum Mit-Produzenten zu machen, haben diesen Aspekt in den Vordergrund gerückt. Verwandt aber nicht identisch mit der Publikationskompetenz ist die Präsentationskompetenz, die verschiedentlich in Definitionen der Informationskompetenz erwähnt wird, so zum Beispiel in der britischen Definition der Informationskompetenz, die auf sieben Säulen basiert, von denen eine die Präsentation wissenschaftlicher Information darstellt: „Ein Forscher kann das erarbeitete Wissen einsetzen: er kann Forschungsresultate präsentieren, neue und alte Informationen und Daten synthetisieren und neues Wissen kreieren, und dieses auf verschiedene Weisen verbreiten“.5 Diese Form der Präsentation hat allerdings nicht den Anspruch, die gesamte Öffentlichkeit zu erreichen. Neuen Aufwind hat der Aspekt der Publikationskompetenz durch einen viel beachteten Aufsatz von Beall erfahren.6 In seiner Veröffentlichung „Predatory Publishers and Opportunities for Scholarly Societies“ beschreibt er, wie wichtig es sei, dass Wissenschaftler bei zahlpflichtigen Open Access-Veröffentlichungen zwischen Publikationsangeboten von seriösen und dubiosen – bisweilen sogar „räuberischen“ – Verlagen (er bezieht sich hier auf die Entrichtung von Author Processing Charges, APCs) unterscheiden können. Die Fähigkeit zur Beurteilung solcher Angebote nennt er „Scholarly Publishing Literacy“. Hiermit liefert er sicher keine umfassende Definition der wissenschaftlichen Publikationskompetenz, aber er zeigt auf, wie wichtig solche Kenntnisse im Kontext neuer Publikationsmodelle sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das neue „Framework for Information Literacy for Higher Education“, das von der US-amerikanischen Association of College & Research Libraries (ACRL) vorgelegt wurde.7 Dieses sehr umfassende Rahmenkonzept verweist auf den Begriff „Metaliteracy“, der eine neue Sichtweise der Informationskompetenz erlaubt, in der Studierende zugleich Informationskonsumenten und -kreatoren sind und sich in kollaborativen Räumen bewegen.8 Allerdings werden im Rahmenkonzept der ACRL die spezifischen Bedürfnisse der Nachwuchsforscher oder Wissenschaftler kaum berücksichtigt.
5 Die überarbeitete Version stammt aus dem Jahr 2011. Siehe: Seven Pillars of Information Literacy: a research lens for Higher Education. SCONUL Working Group on Information Literacy, 2011, hier S. 11. http://www.sconul.ac.uk/sites/default/files/documents/researchlens.pdf (Stand: 13.04.2015). 6 Beall, Jeffrey: Predatory publishers and opportunities for scholarly societies. In: American Educational Research Association meeting. Washington, D. C. 2012. http://eprints.rclis.org/18044/ (Stand: 13.04.2015). 7 Framework for Information Literacy for Higher Education. Filed by the ACRL Board February 2, 2015. http://www.ala.org/acrl/standards/ilframework (Stand: 13.04.2015). 8 Vgl. hierzu auch: Mackey, Thomas P. & Trudi E. Jacobson: Metaliteracy – reinventing information literacy to empower learners. Chicago IL: Neal-Schuman 2014.
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Alice Keller
Der Begriff Publikationskompetenz wird im deutschen Sprachraum nur (oder noch) sehr selten verwendet. Das Schweizer Kompetenzraster Informationskompetenz9 hält auf Expertenniveau die Integration von neuem Wissen in eine wissenschaftliche Fachpublikation sowie die Überprüfung der Wirkung von Fachpublikationen fest, aber die strategische Bedeutung dieser Fähigkeiten kommt nicht zur Geltung. Andere Standards im deutschen Sprachraum gehen gegenwärtig kaum über die eher rezeptiven Bedürfnisse von Studierenden hinaus. Auch die deutsche Hochschulrektorenkonferenz propagiert eine aktivere Komponente der Informationskompetenz, die sie als „organisationsbezogene Kompetenzen“ bezeichnet.10 Allerdings beziehen sich diese eher auf die Universitätsbibliotheken oder Hochschulleitungen und weniger auf die Forschenden selber. Entsprechend werden sie im zweiten Teil des Beitrags näher vorgestellt. Das Fehlen dieser aktiven Informationskompetenz in den Standards will allerdings nicht heißen, dass Universitäten nicht aktiv sind in der Vermittlung von Publikationskompetenz. So findet man in vielen IK-Veranstaltungen und Webangeboten auf Fortgeschrittenenniveau Elemente der Publikationskompetenz; so zum Beispiel im Schulungsangebot der SLUB Dresden. Adam und Mittelbach beschreiben fünf verschiedene Phasen des Forschungsprozesses.11 Die letzte Phase bezeichnen sie als „Dissemination (Forschungsergebnisse publizieren)“ und ergänzen die Stichworte bibliometrische Methoden, Sichtbarkeit, Urheberrecht, Publikationsform, Open Access. Als zugehörige Schlüsselkompetenz erwähnen sie die Publikationskompetenz. Diese notwendigen Kenntnisse werden an der SLUB Dresden im Rahmen von IKVeranstaltungen auf den Niveaustufen Spezialwissen und Expertenwissen vermittelt.
Vermittlung von Publikationskompetenz an Autoren bzw. Forschende durch Bibliotheken Eine Analyse von Websites von Universitätsbibliotheken sowie der einschlägigen Fachliteratur zeigt, dass zwar einzelne Elemente der Publikationskompetenz vie-
9 Webportal „Informationskompetenz.ch“: Kompetenzraster Informationskompetenz. 2011. http:// www.informationskompetenz.ch/doc/e-lib/2_d_kompetenzraster.pdf (Stand: 13.04.2015). 10 Beiträge zur Hochschulpolitik 1/2013: Hochschulen im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern, Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen, Bonn, Januar 2013 http://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/ hrk/02-Dokumente/02-10-Publikationsdatenbank/Beitr-2013-01_Informationskompetenz.pdf (Stand: 13.04.2015). 11 Adam, Michaele u. Jens Mittelbach: Mit Informationskompetenz im Forschungsprozess die Zukunft in der SLUB Dresden gestalten. In: GMS Medizin-Bibliothek-Information (2014) H. 1–2. http:// www.egms.de/static/en/journals/mbi/2014-14/mbi000303.shtml (Stand: 02.11.2015).
Publikationskompetenz
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lerorts erwähnt werden, dass allerdings nur sehr selten ein zusammenhängendes Konzept der Publikationskompetenz präsentiert wird. Als positives Beispiel sei hier auf das oben erwähnte, modular strukturierte Programm der SLUB hingewiesen. Ein anderes Beispiel findet sich an der TIB Hannover, die vier Module zum Thema „Digitales Publizieren und Open Access“ anbietet (Wissenschaftliches Publizieren, Open Access für wissenschaftliche Autoren, Urheberrecht und Nutzungsrechte, Dienstleistungen Digitales Publizieren – Services der TIB/UB).12 Elemente der Publikationskompetenz, die auf der Website vieler Bibliotheken ausführlich beschrieben und zu denen Weiterbildungen angeboten werden, betreffen das elektronische Publizieren und Open Access. Kohl-Frey stellt fest, dass „das Publizieren elektronischer Dokumente jenseits der gängigen Publikationswege, z. B. auf einem Institutional repository ein grundsätzlich für die gesamte Zielgruppe interessantes Thema“ ist.13 Auch Pohlmann beobachtet vor allem bei Doktoranden ein ausgeprägtes Interesse am elektronischen Publizieren.14 Wie im Zitat von Kohl-Frey angedeutet, bezieht sich „elektronisches Publizieren“ in der Regel auf die Veröffentlichung im hochschuleigenen institutionellen Repositorium. Die Inhalte solcher Schulungen oder Beratungen sind allerdings nicht mit allgemeiner Publikationskompetenz gleichzusetzen. Denn Publikationskompetenz stellt nicht die Publikationsplattformen der Bibliotheken in den Mittelpunkt, sondern befasst sich mit den spezifischen Bedürfnissen der Forschenden und bietet eine neutrale Beurteilung der Vor- und Nachteile verschiedener Veröffentlichungsmöglichkeiten. Ein anderer Aspekt der Publikationskompetenz, den man vor allem – aber nicht ausschließlich – an technisch-naturwissenschaftlich ausgerichteten Universitäten aktiv pflegt, ist die Vermittlung bibliometrischer Methoden und Kenntnisse. May beschreibt dieses weite Feld und weist auf eine Vielzahl an Angeboten und Beratungsleistungen von Bibliotheken sowohl für Wissenschaftler als auch für Hochschulleitungen hin.15
12 TIB Hannover: Digitales Publizieren und Open Access – Beratung und Schulungen. http://www. tib.uni-hannover.de/de/beratung-und-service/digitales-publizieren-und-open-access/beratung-undschulungen.html (Stand: 13.04.2015). 13 Kohl-Frey, Oliver: Beyond the Bachelor: Informationskompetenz für Anfänger und Fortgeschrittene an der Universität Konstanz. In: Teaching Library: Eine Kernaufgabe für Bibliotheken. Hrsg. von Ute Krauß-Leichert. Frankfurt a. M. [u. a.]: Lang 2007. S. 149–164, hier S. 157. 14 Pohlmann, Tobias: Vermittlung von Informationskompetenz an Master-Studierende und Doktoranden: Themen und Konzepte. In: Perspektive Bibliothek 1 (2012) H. 1. S. 5–32, hier S. 18. http:// dx.doi.org/10.11588/pb.2012.1.9395 (Stand: 13.04.2015). 15 May, Monika: Bibliometrie – ein Aufgabengebiet von Bibliotheken? In: Bibliotheksdienst 48 (2014) H. 2. S. 132–147.
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Alice Keller
Publikationskompetenz des Autors bzw. Forschers Betrifft
Autor oder Forscher als Schreibender, als Verfasser
Publikationskompetenz
wird verstanden als Teil der „aktiven“ Informationskompetenz
Spezifische Fähigkeiten, benötigte Kenntnisse
– Wissenschaftliches Schreiben – Publikationsmanagement und Literaturverwaltungssysteme – Bibliometrische Methoden – Urheberrecht, Nutzungsrechte – Vor- und Nachteile verschiedener Publikationsformen, einschliesslich sozialer Netzwerke – Open Access – Verwaltung Autorenprofil – Möglichkeiten zur Optimierung des „Research Impact“ und der eigenen Sichtbarkeit
Weitere Aufgaben, Voraussetzungen auf Bibliotheksseite
– Entwicklung von neuen IK-Angeboten (auch Webseiten) für Fort geschrittene – Weiterbildung des eigenen Personals
Abb. 2: Publikationskompetenz des Autors bzw. Forschers.
Punktuelle Angebote, die der Publikationskompetenz zugeordnet werden können, findet man auch an anderen Hochschulen. Häufig verbreitet sind Weiterbildungsangebote im Bereich Publikationsmanagement oder Literaturverwaltung. Innovativ ist ein Angebot der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich zum Thema „Wie erstelle ich ein eBook?“, das sich offenbar großer Beliebtheit erfreut. An anderen Bibliotheken werden Tagungen zu ausgewählten Themen durchgeführt, so zum Beispiel die sehr erfolgreiche Podiumsdiskussion „Nachwuchswissenschaftler, Verlage, Bibliotheken & Open Access. Zeitgemäßes Publizieren in den Geisteswissenschaften“ an der Bayerischen Staatsbibliothek (Februar 2014).16 Während an deutschsprachigen Hochschulbibliotheken der Fokus häufig auf die Veröffentlichung in institutionellen Repositorien sowie auf Open Access gerichtet ist, steht im angelsächsischen Raum bei der Vermittlung von Publikationskompetenz häufig der Begriff „Research Impact“ im Mittelpunkt. Es geht hier um eine Hilfestellung für den Wissenschaftler, wie er seine Publikationsstrategie entwickeln kann, um eine optimale Wirkung zu erzielen. Hierzu gehören eine strategische Publikationsplanung (wie, wo, was veröffentlichen?), professionelle Verwaltung der eigenen Publikationen, Pflege des Autorenprofils, bibliometrische Analysen sowie Präsentation des eigenen Outputs.17 Hilfestellung und Tipps zum Thema „Research Impact“ werden
16 Ceynowa, Klaus u. Lilian Landes: Neuer Wein in neuen Schläuchen. BIBLIOTHEK Forschung und Praxis 38 (2014) H. 2. S. 287–293. 17 Auckland, Mary: Re-skilling for research. An investigation into the roles and skills of subject and liaison librarians required to effectively support the evolving information needs of researchers. Lon-
Publikationskompetenz
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häufig über die spezifische Webseiten angeboten, z. B. an der britischen Universität Birmingham, wo dem Forscher „Five ways to improve your research impact“ angeboten werden18 oder an der Universität New South Wales (Australien), wo ein „Research Impact Guide“ zur Verfügung gestellt wird.19 Der Aufbau von Schulungs- und Beratungsangeboten zu Publikationskompetenz gelingt nicht ohne beachtlichen Aufwand und stellt die Bibliotheken vor ganz neue Herausforderungen. Auckland sieht die Vermittlung von Publikationskompetenz als zunehmend wichtige Aufgabe der Fachreferenten.20 Brewerton weist auf die steigende Bedeutung von Bibliometrie und Impact-Messung beim Beratungsspektrum von Fachreferenten hin.21 Schliesslich machen Corrall, Kennan und Afzal darauf aufmerksam, dass mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten sowie fehlendes Selbstvertrauen der Fachkräfte in Bibliotheken die größte Hürde bei der Entwicklung bzw. beim Ausbau von Services rund um Bibliometrie und Forschungsdaten darstellen.22
Kompetenzen zum Aufbau von publikations unterstützenden Dienstleistungen in Bibliotheken und Hochschulen Bibliotheken haben schon immer verlegerische Aufgaben übernommen oder unterstützt; so zum Beispiel die Herausgabe von Schriftenreihen und Bibliographien, die Organisation des Schriftentauschs oder die Verbreitung von Dissertationen. In jüngster Zeit haben jedoch die neuen Möglichkeiten des elektronischen Publizierens sowie das Aufkommen von Open Access ganz neue und teilweise sehr attraktive Optionen eröffnet. Allerdings erfordern diese innovativen Publikationsformen und -kanäle ganz neue Fähigkeiten und Kenntnisse, die ebenfalls unter dem Sammelbegriff Publikationskompetenz zusammengefasst werden können. Hierum geht es im zweiten Teil dieses Beitrags.
don: Research Libraries UK 2012, hier S. 30. http://www.rluk.ac.uk/wp-content/uploads/2014/02/ RLUK-Re-skilling.pdf (Stand: 13.04.2015). 18 University of Birmingham: Five ways to improve your research impact. https://intranet.birmingham.ac.uk/as/libraryservices/library/services/research/4-ways-improve-research-impact.aspx (Stand: 13.04.2015). 19 UNSW Research Impact Guide. http://subjectguides.library.unsw.edu.au/researchimpact (Stand: 13.04.2015). 20 Vgl. Auckland, Re-skilling for research (wie Anm. 17), S. 92. 21 Brewerton, Antony: Re-Skilling for research. Investigating the needs of researchers and how library staff can best support them. In: New Review of Academic Librarianship 18 (2012) H. 1. S. 96–110. 22 Corrall, Sheila [u. a.]: Bibliometrics and research data management services. Emerging trends in library support for research. In: Library Trends 61 (2013) H. 3. S. 636–674, hier S. 660.
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Diese publikationsbezogene Dimension der Informationskompetenz wurde auch von der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) erkannt. Sie beschreibt hierzu „organisationsbezogene Kompetenzen“, die sich sowohl auf die Leitung einer Hochschule also auch auf Universitätsbibliotheken beziehen.23 Im Vordergrund steht für die HRK die Unterstützung von Forscherinnen und Forschern beim Datenmanagement. Wichtig seien ebenfalls Themen wie elektronisches Publizieren, Open Access oder virtuelle Forschungsumgebungen. Hier wird u. a. ein kooperativer Ansatz über Kompetenznetzwerke vorgeschlagen. Durch solche Angebote können Forscher gezielt entlastet und beispielsweise bei der adäquaten Präsentation ihrer Forschungsergebnisse unterstützt werden. Publikationskompetenz der Bibliothek Betrifft
Bibliothek als Anbieterin von Publikationsplattformen und -services
Publikationskompetenz
wird benötigt zum Aufbau und Betrieb von publikationsunterstützenden Dienstleistungen
Spezifische Fähigkeiten, benötigte Kenntnisse
Zum Aufbau und Betrieb von: – institutionellen Repositorien – Digitalisierungszentren – digitaler Langzeitarchivierung – Services zur Unterstützung von Open Access-Zeitschriften – Forschungsdatenmanagement – Universitätsverlag
Weitere Aufgaben, Voraussetzungen
– Betreuung von Autoren und Forschern bei der Benutzung dieser Dienste durch die Bibliothek – Setzt gute Medienkompetenz und eine höhere Eigenverantwortung bei Autoren voraus
Neue Berufsbezeichnungen
„Repository Manager“, „Data Librarian“, „Data Curator“
Abb. 3: Publikationskompetenz der Bibliothek.
Inzwischen haben nahezu alle deutschsprachigen Hochschulbibliotheken ihre klassische Grundaufgabe der Informations- und Literaturversorgung um publikationsunterstützende Dienstleistungen erweitert.24 Hierzu gehören institutionelle Repositorien, Digitalisierungszentren, digitale Langzeitarchivierung, Systeme zum Betrieb von Open Access-Zeitschriften, Forschungsdatenmanagement oder Universitätsverlage im klassischen Sinn.
23 Vgl. Beiträge zur Hochschulpolitik 1/2013 (wie Anm. 10), hier insbesondere die Seiten 9, 18 und 22. 24 Depping, Ralf: Publikationsservices im Dienstleistungsportfolio von Hochschulbibliotheken. Eine (Neu-)Verortung in der wissenschaftlichen Publikationskette. In: o-bib 1 (2014) H. 1. S. 71–91. http:// dx.doi.org/10.5282/o-bib/2014H1S71-91 (Stand: 13.04.2015).
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Besonders große Verbreitung haben institutionelle Repositorien.25 Auch Services zum Forschungsdatenmanagement oder zum Betrieb von Open Access-Zeitschriften werden an immer mehr Hochschulen entwickelt. Den Aufbau und die Verfügbarkeit dieser Services unterstützen die Projekte und Vorgaben der Forschungsförderorganisationen. Digitalisierungszentren findet man vor allem an größeren Bibliotheken mit bedeutenden Altbeständen; sie tragen wesentlich zur positiven Außenwirkung solcher Bibliotheken bei. Digitale Langzeitarchivierung wird über Kompetenznetzwerke zentral koordiniert. Geht man davon aus, dass Services dieser Art ausschließlich über große Bibliotheken angeboten werden, so irrt man. Plieninger beschreibt in einem Vortrag auf überzeugende Weise, wie auch kleine Bibliotheken sich an diesen Aktivitäten beteiligen können.26 Betrachtet man das Spektrum an publikationsunterstützenden Services, so kommt den Hochschulverlagen eine besondere Bedeutung zu. Tobias geht davon aus, dass die Dienste rund um das wissenschaftliche Publizieren, die über den reinen Betrieb von institutionellen Repositorien hinausgehen, eine stark strategische Rolle übernehmen. Insbesondere Universitätsverlage gelten als „zukunftsweisendes Geschäftsfeld mit Potenzial zum Renommee-Gewinn der eigenen Einrichtung“.27 Publikationsunterstützende Dienstleistungen haben laut Erfahrungen von Depping das Potenzial, ein wichtiges weiteres Standbein für die Universitätsbibliotheken zu werden und die Bibliothek stärker im Bewusstsein der Entscheidungsträger der Hochschule zu verankern.28 Ball spricht von „unschätzbaren Vorteilen“ für die wissenschaftliche Einrichtung, wenn Bibliotheken im e-Publishing tätig sind, denn diese könnten die Erträge der Forschung und Lehre angemessen vermarkten.29 Trotz des positiven Engagements der Bibliotheken bleibt die Frage, in welchem Rahmen die neuen Dienstleistungen von den Autoren bzw. Wissenschaftlern akzeptiert werden. Wird es den Bibliotheken und Universitätsverlagen gelingen, auch erstklassige Publikationen und führende Autoren zu gewinnen, oder bleibt es ihre Aufgabe, „die Lücke zwischen Publikationsnotwendigkeiten der Hochschulangehöri-
25 Das internationale Register ROAR (http://roar.eprints.org/) verzeichnet für Deutschland 196, für Österreich 10 und für die Schweiz 17 Open Access-Repositorien (Stand: März 2015). 26 Plieninger, Jürgen: Die publizierende One-Person Library. Die Bibliothek als Akteurin in Sachen Publikation für ihre Klientel. 103. Deutscher Bibliothekartag, Bremen 2014. http://www.opus-bayern. de/bib-info/volltexte/2014/1577/(Stand: 13.04.2015). 27 Tobias, Regine: Elektronisches Publizieren II: Universitätsverlage. In: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Hrsg. von Rolf Griebel [u. a.]. Berlin: De Gruyter 2014. S. 642–650, hier S. 631. 28 Vgl. Depping, Publikationsservices (wie Anm. 24), hier S. 88. 29 Ball, Rafael: Die Position der Bibliothek in der Wertschöpfungskette der Wissenschaft. In: Die Zukunft des wissenschaftlichen Publizierens: der Wissenschaftler im Dialog mit Verlag und Bibliothek. Jülich 2002. S. 117–130, hier S. 129.
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gen und den Publikationsangeboten der Profitverlage zu schliessen“?30 Noch scheint es zu früh, diese Frage abschliessend zu beantworten. Der Aufbau und Betrieb einer digitalen Publikationsinfrastruktur stellt eine neue Aufgabe für wissenschaftliche Bibliotheken dar. Diese bedarf nicht nur in beträchtlichem Maße zusätzlicher Ressourcen und neuer Kooperationsformen, sondern es werden auch neue Fähigkeiten vorausgesetzt. Gleichzeitig, und wie der nächste Abschnitt beschreibt, verfügen Bibliothekare auch bereits über bestehende Infrastrukturen und Fähigkeiten, die bei diesen Aktivitäten sehr nützlich eingebracht werden können.
„Library Publishing“ Im anglo-amerikanischen Raum wird diese Art der publikationsunterstützenden Aktivitäten von Bibliotheken unter dem Begriff „library publishing“ oder auch „library-led publishing“ zusammengefasst.31 Hiermit unterscheiden Bibliotheken bereits begrifflich ihre Aktivitäten von denen anderer Verlegerinstanzen, einschließlich benachbarter klassischer Hochschulverlage. „Library publishing“ wird definiert als, „set of activities led by college and university libraries to support the creation, dissemination, and curation of scholarly, creative, and/or educational works“.32 Im Unterschied zum traditionellen Verlagswesen gilt bei „library publishing“ eine Präferenz für Open Access und eine Bereitschaft, informelle und experimentelle Formen der wissenschaftlichen Kommunikation zu unterstützen. „Library publishing“ wird im anglo-amerikanischen Raum nicht einfach als eine Erweiterung der Aktivitäten von University Presses – denn diese gelten als technisch wenig innovativ –, sondern als frischer Impuls mit neuer Ausrichtung gesehen. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die anglo-amerikanische Hochschullandschaft ganz grundsätzlich von der Situation hier vor Ort. Bei den meisten deutschsprachigen Universitätsverlagen handelt es sich um Gründungen neueren Datums, die oft von Beginn an organisatorisch zur Universitätsbibliothek gehörten.33 Die Ausrichtung dieser oft sehr jungen Hochschulverlage zeigt sich in den Leitlinien der Arbeitsge-
30 Vgl. Depping, Publikationsservices (wie Anm. 24), hier S. 79. 31 Vgl. hierzu: Busher, Casey & Irene Kamotsky: Stories and statistics from library-led publishing. In: Learned Publishing 28 (2015) H. 1. S. 64–68. 32 Definition der amerikanischen Library Publishing Coalition: http://librarypublishing.org/aboutus (Stand: 13.04.2015). 33 Pampel, Heinz: Universitätsverlage im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Literaturversorgung. Eine kritische Bestandsaufnahme. Diplomarbeit. Stuttgart: HdM 2006. http://hdl.handle. net/10760/9590 (Stand: 13.04.2015).
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meinschaft der Universitätsverlage, die als Kriterien für die Mitgliedschaft eine Affinität zu Open Access sowie eine wissenschaftsfreundliche Rechtepolitik fordern. Ausserdem soll der Betrieb des Verlags nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet sein.34 Auch wenn die Ausgangslage im angelsächsischen und deutschsprachigen Raum sehr unterschiedlich ist, so ist es doch interessant zu sehen, welche Fähigkeiten einerseits Bibliothekaren und andererseits Verlegern zugeschrieben werden. Mit diesem Thema befasste sich eine Podiumsdiskussion an der Charleston Conference 2013.35 (Amerikanischen) Bibliotheken wird nachgesagt, dass sie über vergleichsweise gut ausgestattete Infrastrukturen verfügen und außerdem ausgezeichnete Kenntnisse und Erfahrungen in den Bereichen Metadaten, Langzeitarchivierung, Digitalisierung und Multimedia aufweisen. Sie gelten in der Regel als IT-affin und experimentierfreudig. Ihre Nähe zum Wissenschaftsbetrieb wird als großer Vorteil gesehen. Die Gewinnmaximierung steht bei Bibliothekaren nicht im Vordergrund, was oft als Vorteil für die Verbreitung von Wissen gesehen wird.36 (Traditionelle) wissenschaftliche Verlage haben den Ruf, dass sie vergleichsweise wenig offen und innovationsfreudig sind. Allerdings bringen sie wichtige Expertise in den Bereichen Lektorat, Corporate Design, Marketing und Business Plan mit. Sie gelten als rigoroser, was die Qualität und Selektion anbelangt. Diese Elemente tragen wesentlich zum Branding und zur positiven Reputation eines Wissenschaftsverlags bei – ein nicht zu unterschätzendes Element im wissenschaftlichen Wertesystem. In den USA erhofft man sich durch eine gegenseitige Nähe zwischen Universitätsbibliothek und University Press neue Impulse für beide Seiten. Maron [u. a.] weisen darauf hin, dass die Arbeit von Verlagen und Bibliotheken sich zunehmend verschmelzt – „until we are all publarians and lublishers“.37 Im Vergleich hierzu handelt es sich bei den meisten deutschsprachigen Universitätsverlagen um sehr junge Einrichtungen, die wenig Wissensvorsprung aufweisen. Dem Beitrag von Bargheer entnimmt man, dass die deutschsprachigen Hochschulverlage von Anfang an stark von der engen Anbindung an die jeweiligen Universitätsbibliotheken profitierten.38
34 AG Universitätsverlag, Kriterien für die Mitgliedschaft: http://blog.bibliothek.kit.edu/ag_ univerlage/?page_id=912 (Stand: 13.04.2015). 35 Maron, Nancy [u. a.]: Publarians and Lubishers. Role bending in the new scholarly communications ecosystem. Proceedings of the Charleston Library Conference. 2013. S. 518–525. http://dx.doi. org/10.5703/1288284315317 (Stand: 13.04.2015). 36 Keener, Alix: Library (Publishing) School. Training and competencies for the new publishing professional. In: Journal of Electronic Publishing 17 (2014) H. 2. http://dx.doi.org/10.3998/3336451.0017.206 (Stand: 13.04.2015); Wittenberg, Kate: The role of the library in 21st-century scholarly publishing. In: No brief candle: Reconceiving research libraries for the 21st century. Washington, D. C.: CLIR 2008 (CLIR Publication 142). S. 35–41. http://www.clir.org/pubs/reports/pub142/reports/pub142/pub142. pdf (Stand: 13.04.2015). 37 Vgl. Maron, Publarians (wie Anm. 35), hier S. 518. 38 Bargheer, Margo: Open Access und Universitätsverlage. Auswege aus der Publication Crisis? In: Internetökonomie der Medienbranche. Hrsg. von Svenja Hagenhoff. Göttingen: Universitätsverlag
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Die oben erwähnte Podiumsdiskussion in Charleston spiegelt vor allem die Meinung der Bibliothekare wider. Traditionelle Verleger stehen diesem vermeintlichen Innovationspotenzial der Bibliotheken kritisch gegenüber. Sven Fund, ehemaliger Geschäftsführer des Verlags De Gruyter, geht davon aus, dass die Rolle der Bibliotheken auch zukünftig vor allem im Bereich IK-Vermittlung und in der Schaffung optimaler Rechercheumgebungen liegen wird. Die Kernaufgaben beider Berufsgruppen – Verlage und Bibliotheken – seien „herausfordernd genug geworden, um solche [verlegerische] Experimente in engen Grenzen zu halten“.39 Auch das Verlegerquartett Morris [u. a.] ist nicht der Meinung, dass die Bibliotheken den nächsten Innovationsschub leisten werden, sondern sie gehen eher davon aus, dass eine Erneuerung möglichweise von ganz ausserhalb der Verlags- und Bibliotheksbranche kommen wird.40
Ausbildung Die Gründung eines Universitätsverlags mag als Krönung der publikationsunterstützenden Aktivitäten von Bibliotheken gesehen werden, aber weitaus am verbreitetsten sind, wie eingangs erwähnt, die institutionellen Repositorien. Daneben findet man vielerorts auch Digitalisierungsaktivitäten und neu auch Forschungsdatenmanagement oder der Betrieb von Open Access-Zeitschriften. Gemeinsam ist allen diesen Dienstleistungen, dass neue Fähigkeiten gefragt sind, die vormals nicht zum Repertoire des Bibliothekars gehört haben. Dieser neue Fokus zeigt sich auch im Aufkommen neuartiger Berufsbezeichnungen: International verbreitet sind Stellenbezeichnungen für Repository Manager, Data Librarian oder Data Curator. Im Zentrum dieser eher technikaffinen Berufsprofile stehen der Aufbau und Betrieb von Plattformen zur Verwaltung, Zugänglichmachung und Archivierung von Metadaten, Volltexten, Bilddaten, Forschungsdaten usw. Die Bedeutung dieser Tätigkeiten erkannte auch die deutsche Hochschulrektorenkonferenz: Um speziell das Management von Forschungsdaten zu verbessern, erscheint es notwendig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulbibliotheken und Rechenzentren ihre Kompetenzen in Richtung auf das Profil des „Data Librarian“ bzw. des „Data Curator“ erweitern. Die Hochschulen sollten Lehrangebote einrichten, die dieser Erweiterung Rechnung tragen.41
Göttingen 2006. S. 173–199. http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?gs-1/5830 (Stand: 13.04.2015), hier S. 192. 39 Fund, Sven: Forschungsinformation und Bibliothek aus der Perspektive der Wissenschaftsverlage. In: ZfBB (2014) H. 4–5. S. 206–208, hier S. 208. 40 Morris, Sally [u. a.]: The handbook of journal publishing. Cambridge: Cambridge University Press 2013, hier S. 400. 41 Vgl. Beiträge zur Hochschulpolitik 1/2013 (wie Anm. 10), hier S. 26.
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Gespräche mit Dozenten an ausgewählten bibliotheks- und informationswissenschaftlichen Studiengängen in Deutschland und der Schweiz zeigen, dass diese neuen Themen zunehmend Eingang in die Lehrpläne sowohl auf Bachelor als auch auf Master-Niveau finden. Die Humboldt-Universität zu Berlin beschreibt die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen zu elektronischem Publizieren als besondere Qualifizierung der Berliner Absolventen. Aber auch die Technische Hochschule stellt mit Modulen wie elektronisches Publizieren, Publikationsdatenmanagement, digitale Langzeitarchivierung, E-Science und Forschungsdatenmanagement ein reichhaltiges Angebot zur Verfügung. Wichtig ist an allen Hochschulen auch der Bezug zur Praxis: Die erlernten Fähigkeiten sollten möglichst unmittelbar auch an eigenen Fallbeispielen erprobt werden. So bietet die Fachhochschule Potsdam konkrete Projekte und Übungsmöglichkeiten zum Review-Prozess, zum Betrieb eigener Open Access-Zeitschriften und zum Forschungsdatenmanagement an. An der Fachhochschule HTW Chur werden verschiedene Aspekte des elektronischen Publizierens – vom Redaktionsworkflow bis hin zur Produktion von E-Books – in bestehenden Modulen des Bachelor-Studiums angeboten. Alle angesprochenen Dozenten wiesen auch darauf hin, dass diese Angebote zukünftig weiter ausgebaut werden sollten. Obwohl diese Zusammenstellung keineswegs vollständig ist, zeigen diese Beispiele sehr deutlich, dass die Publikationskompetenz in vielen Studiengängen bereits verankert ist und von Dozenten auch als Möglichkeiten gesehen wird, sich als Hochschule zu profilieren. Man kann davon ausgehen, dass die nächste Generation der Bibliothekare und Informationswissenschaftler gute Voraussetzungen zum Aufbau und Betrieb von Publikationsplattformen mitbringen wird. Insbesondere die eher informationswissenschaftlich ausgerichteten Studiengänge dürften ein gutes Ambiente zum Erlernen der technischen Aspekte bieten. Allerdings darf man nicht meinen, dass die Studierenden zu kleinen Verlegern ausgebildet werden! Im Vordergrund stehen IT-nahe Fähigkeiten; es fehlen die betriebswirtschaftlichen Grundlagen des Verlagswesens sowie Kenntnisse in den Bereichen Lektorat, Vertragsrechte, Herstellung, Marketing und Vertrieb. Diese stehen allerdings bei den publikationsunterstützenden Services von Bibliotheken nicht im Vordergrund, da – im Gegensatz zum kommerziellen Verlagswesen – kaum je erwartet wird, dass diese Dienstleistungen gewinnbringend oder auch nur kostendeckend sind.
Schlussfolgerung In diesem Beitrag wurden zwei Ausrichtungen der Publikationskompetenz beleuchtet: die Kompetenz des Autors zur erfolgreichen Veröffentlichung und Positionierung seiner Forschungsresultate sowie die Fähigkeiten des Bibliothekars zum professionellen Aufbau und Betrieb von publikationsunterstützenden Dienstleistungen. Diese zwei Formen der Publikationskompetenzen sind natürlich eng verzahnt.
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Die neuen Publikationskanäle der Bibliotheken setzen voraus, dass die Autoren sich aktiv am Publikationsprozess beteiligen. Depping geht allerdings davon aus, dass viele Wissenschaftler die Plattformen ihrer Hochschulbibliothek keineswegs als Publikationsoption erster Wahl betrachten.42 Bibliotheken müssen viel Aufklärungsarbeit leisten, um diese Autoren beispielsweise von den Vorteilen von Open Access zu überzeugen. Auch Bargheer vertritt die Auffassung, dass die Beteiligung an alternativen Publikationswegen gute Medienkompetenz und eine höhere Eigenverantwortung bei Autoren voraussetzt.43 Etwas überspitzt könnte man sagen, dass die umfassende Vermittlung von Publikationskompetenz an Wissenschaftler erst die Voraussetzung schafft, dass diese Autoren fähig und bereit sind, die Publikationsplattformen der Bibliotheken aktiv zu nutzen.
42 Vgl. Depping, Publikationsservices (wie Anm. 24), hier S. 90. 43 Vgl. Bargheer, Open Access (wie Anm. 38), hier S. 197.
Markus Malo
Plagiat und Zitat. Eine Skizze zur Entstehung des Begriffs geistiges Eigentum und seiner Nutzung in der Wissenschaft Abstract: Geltende Regelungen bezüglich wissenschaftlicher Arbeitstechniken und wissenschaftsethischer Regelungen werden heute meist als gegeben vorausgesetzt. Auch der Begriff des geistigen Eigentums wird nicht hinterfragt. In diesem Aufsatz werden die historischen Hintergründe der Entstehung des geistigen Eigentums und des Plagiatsbegriffs skizziert. In einem zweiten Schritt werden die Auswirkungen des Buchdrucks und der ubiquitären Verfügbarkeit identischer Texte auf das wissenschaftliche Arbeiten und die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses unter wissenssoziologischer Perspektive beleuchtet. Keywords: Geistiges Eigentum, Plagiat, wissenschaftliches Arbeiten, Wissenschafts ethik, Wissenschaftsgeschichte, Wissenssoziologie, Zitat
Das Problem im Kontext der Standards der Informationskompetenz Glaubt man der Statistik, fristen Veranstaltungen zu den „rechtlichen, ökonomischen und ethischen Fragen“ des wissenschaftlichen Arbeitens ein Schattendasein in den Bemühungen der Bibliotheken, die Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer zu stärken. Nur zwischen 0,53 % und 3,11 % aller in den Jahren 2007 bis 2013 durchgeführten und in dieser Statistik erfassten Veranstaltungen beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit diesen Themen,1 die national wie international in allen maßgeblichen Standards platziert sind.2 Dies ist umso ungewöhnlicher angesichts der
1 Vgl. die Veranstaltungsstatistik unter http://www.informationskompetenz.de/veranstaltungsstatistik/(Stand: 13.07.2015). 2 Z. B. die Standards der Informationskompetenz für Studierende Vorgestellt auf der dbv Sektion IV, Frühjahrstagung, 25.–26.3.2009 und verabschiedet auf der dbv Vorstandssitzung am 2. und 3. Juli 2009. http://www.bibliotheksverband.de/fileadmin/user_upload/Kommissionen/Kom_DienstleisDr. phil. Markus Malo ist Fachreferent für Sprach- und Literaturwissenschaft sowie Leiter der Benutzungsabteilung an der Universitätsbibliothek Stuttgart. Seine bibliothekarischen Arbeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Vermittlung von Informationskompetenz sowie dem Bibliotheksbau. Als Literaturwissenschaftler arbeitet er zur deutsch-jüdischen Literaturgeschichte sowie über das 19. und 20. Jahrhundert mit einem Schwerpunkt auf nichtfiktionalen Textgattungen.
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Tatsache, dass die rechtlichen, ökonomischen und ethischen Fragen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens sowohl in der Rezeption fremder wissenschaftlicher Arbeiten (Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung) als auch in der Produktion eigener wissenschaftlicher Texte (Umgang mit eigenem und fremdem geistigen Eigentum, Veröffentlichungsformen) berühren und bestimmen. Betrachtet man die öffentlichen Diskussionen der letzten Jahre über Wissenschaft oder das, was in der Öffentlichkeit dafür gehalten wird, ergibt sich ein ganz anderes Bild, das diesen Fragenkomplex ins Zentrum der Wissenschaftsberichterstattung stellt. Das hängt sicherlich mit dem hohen Skandal- und Unterhaltungspotential zusammen, das mit diesen Fragen einhergeht. Neben den unvermeidlichen und für ein breites Publikum eher drögen Fragen der Wissenschaftsfinanzierung durch die öffentliche Hand absorbieren Berichterstattungen über Betrug, Fälschung und Plagiarismus in den Wissenschaften das Interesse der Öffentlichkeit nahezu vollständig. Umso wichtiger ist es, dass Bibliotheken und andere Informationskompetenz vermittelnde Stellen auch hier ihrer Verantwortung gerecht werden und diesen Themenkomplex in ihr Schulungsangebot aufnehmen, so dass sich sowohl künftige Wissenschaftler („Studierende“) als auch die interessierte Öffentlichkeit zu diesem Themenkomplex differenziert informieren und dementsprechend reflektiert handeln können. Neben der Kenntnis der gegenwärtigen gesetzlichen und wissenschaftsethischen3 Regelungen, die sich in einschlägigen Gesetzen, Publikationen und Handreichungen nachlesen lassen, ist auch eine zumindest oberflächliche Kenntnis der wesentlichen Entwicklungslinien des wissenschaftlichen Arbeitens und seiner geistesgeschichtlichen Grundlagen („geistiges Eigentum“) notwendig, um die gegenwärtigen Diskurslinien einordnen zu können. Im Folgenden werden drei Zugänge zum Umgang mit geistigen Eigentum behandelt.
Antike Ohne dass es zu Lebzeiten des römischen Dichters Martial schon einen Begriff des geistigen Eigentums gegeben hätte, beschwert sich der Dichter im unten zitierten Epigramm 1,52 darüber, dass der an dieser Stelle nicht namentlich genannte Fidentinus, ein anderer Dichter, sich Martials Texte zu eigen macht und als eigene Schöpfungen
tung/Publikationen/Standards_Infokompetenz_03.07.2009_endg.pdf (Stand: 13.07.2015) oder die Information Literacy Competency Standards for Higher Education der ACRL. http://www.ala.org/acrl/ standards/informationliteracycompetency (Stand: 13.07.2015). Es handelt sich jeweils um Standard 5. 3 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis: Denkschrift; Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“. Erg. Aufl. Weinheim: Wiley-VCH 2013.
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vorstellt. Martial ist deshalb darauf angewiesen, eine in anderen Kontexten oder Sprachspielen existierende Begrifflichkeit auf den Sachverhalt „Diebstahl geistigen Eigentums“ anzuwenden und durch ihre metaphorische Verwendung die Anschlussfähigkeit einen neuen Sachverhalt für den Horizont seiner Zuhörer zu kreieren: den Vortrag fremder Texte, die den Zuhörern als eigene Arbeiten präsentiert werden. Deshalb benutzt Martial an heute prominenter Stelle einen Begriff aus der Sphäre des römischen Rechts, den Sklavenraub – „plagium“ – wie er in der Lex Fabia formuliert ist,4 um sein Missfallen zu demonstrieren. Interessant ist, dass erstmals nachweisbar der Begriff „plagiarius“ auf Erzeugnisse des menschlichen Geistes angewendet wird. In der römischen Rechtssphäre bezeichnete dieser Begriff eigentlich einen „Menschendieb“ oder „Seelenverkäufer“.5 Erst in der nachantiken christlichen Welt vollzog sich die endgültige Bedeutungsverschiebung des Begriffsfelds hin zum Diebstahl geistigen Eigentums. Dennoch gilt das nachfolgend zitierte Epigramm Martials als Geburtsstunde des Plagiats-Begriffs im heute noch verwendeten Sinn.6 In seinen Versen wendet sich Martial an Quintianus, einen Freigelassenen, also an jemanden, dem das Schicksal von Martials Versen aus eigener Anschauung bekannt ist und von dem deshalb die geziemende Empörung für diesen Analogieschluss zu erhoffen ist:7 Ich empfehle Dir, Quintianus, meine Büchlein Wenn ich die noch als mein bezeichnen Kann, die dein Dichter vorliest –: Sollten sie sich über die harte Knechtschaft beklagen, Dann tritt bitte du als ihr Beschützer auf und leiste hinlänglich Bürgschaft, Und wenn jener sich darauf beruft, er sei ihr Herr, Dann sag‘ ihm, sie seien von mir, und ich hätte sie freigelassen, Wenn du das drei- oder viermal laut verkündest, Wirst du dem Plagiator Schamgefühl beibringen.8
4 Vgl. Seo, J. Mira: Plagiarism and poetic identity in Martial. In: The American Journal of Philology (2009). S. 572. Zur Situation des Urheberschutzes in der römischen Antike vgl. Schickert, Katharina: Der Schutz literarischer Urheberschaft im Rom der klassischen Antike. Tübingen: Mohr Siebeck 2005. 5 Vgl. das Lemma „plagiarius“ in Georges, Karl Ernst: Lateinisch-deutsches Handwörterbuch. Aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten mit Berücksichtigung der besten Hülfsmittel ausgearbeitet. 5., dem heutigen Standpunkte der lateinischen Sprachwissenschaft gemäß umgestaltete Aufl. Leipzig: Hahn 1861–1862. Bd. 2. Sp. 827. 6 Vgl. Ziegler, Konrat: Plagiat. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung begonnen von Georg Wissowa. Fortgeführt von Wilhelm Kroll u. Karl Mittelhaus. Stuttgart: Druckenmüller. 40. Halbband (1950). Sp. 1956–1997. 7 Vgl. Schermaier, Martin: Wem gehören die Gedanken? Eine kleine Rechtsgeschichte der Kreativität. In: Plagiat, Fälschung, Urheberrecht im interdisziplinären Blickfeld. Hrsg. von Dietmar Goltschnigg [u. a.]. Berlin: Schmidt 2013. S. 27–40, hier S. 31. 8 Martial: Epigramme. Gesamtausgabe. Lateinisch-deutsch. Hrsg. von Paul Barié u. Winfried Schindler. Berlin: De Gruyter 2013. S. 71.
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Martials Anklagen sind einzigartig, weil sie mit dieser metaphorischen Bedeutungsverschiebung des Begriffsfeldes plagium/plagiarius die Möglichkeit eines wirtschaftlichen Schadens durch Diebstahl geistigen Eigentums andeuten: Martial objectifies and commodifies himself by identifying with his physical purchasable books; by assigning his own physical works a monetary value, Martial introduces a more detailed discourse on plagiarism into his poetry. Martial’s poems possess physical presence and monetary value and thus give his unscrupulous competitors something to steal.9
Mit dieser Entäußerung des gesprochenen Worts in der – wie auch immer – vervielfältigten Schrift von der Person des Autors, nimmt Martial einen Gedanken vorweg, der in der nachantiken Welt zunächst an Bedeutung verliert und erst wieder am Übergang von einer mündlich zu einer schriftlich orientierten Gesellschaft zu Beginn der Neuzeit wiederkehrt: die Notwendigkeit der Zuschreibung von Gedanken, Ideen und Formulierungen an eine bestimmte Person, die sich von anderen Personen grundsätzlich unterscheidet – und auf diese Unterscheidung Wert legt.
Mittelalter Das scheint im Mittelalter völlig anders zu sein. Johannes von Salisbury überliefert eine Sentenz Bernhards von Chartres, die die Perspektive eines Gelehrten am Beginn des Hochmittelalters auf Formen der Erkenntnis von Welt zeigt, die ohne individuelle Zuordnungen intellektueller Leistungen auskommen bzw. die intellektuellen Leistungen der jeweiligen Gegenwart in einen größeren Zusammenhang stellen: Bernhard von Chartres sagte, wir seien gleichsam Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, um mehr und Entfernteres als diese sehen zu können – freilich nicht dank eigener scharfer Sehkraft oder Körpergröße, sondern weil die Größe der Riesen uns emporhebt.10
Sie wird einem frühscholastischen Gelehrten, Bernhard, von einem seiner geistigen Nachfolger, Johannes, in den Mund gelegt. Inwiefern diese Zuschreibung stimmt, ist bezeichnenderweise völlig egal, weil es in dieser Begebenheit eben nicht um Urheberschaft geht. Der amerikanische Wissenssoziologie Robert Merton hat im 20. Jahrhundert nachgewiesen, dass diese Denkfigur seit der Antike geläufig ist und im Verlauf der folgenden zweieinhalb Jahrtausende immer wieder aufgegriffen, fehlerhaft zitiert (!) und unterschiedlich gedeutet wurde. Eine Kernaussage dieser Sentenz lautet, dass
9 Vgl. Seo, Plagiarism (wie Anm. 4), hier S. 576. 10 Johannes von Salisbury: Metalogicon 3,4 – zitiert nach Merton, Robert K.: Auf den Schultern von Riesen. Ein Leitfaden durch das Labyrinth der Gelehrsamkeit. Frankfurt: Suhrkamp 2004. S. 46. [EA 1965].
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Wissen immer auf den Leistungen anderer, vielleicht größerer, zumindest aber älterer Gelehrten aufbaut. Hier geht es in erster Linie um Wissen und Wissenschaft, nicht um Kunst. Von Formulierungen oder individuellen Bestandteilen dieses Wissens oder gar Eigentumsansprüchen an Wissen ist hier keine Rede. Das Wissen in diesem Gleichnis liegt nicht in den Personen, sondern wird von ihnen angeschaut bzw. gefunden und hat schon deshalb keinen Bezug zu den Personen, die dieses Wissen in irgendeiner Form bearbeiten, ordnen, in einen Zusammenhang bringen und schließlich vermittelbar machen, also niederschreiben. Losgelöst von den theologischen Implikationen des 12. Jahrhundert kann man festhalten: Recht betrachtet, ist der Kern des Aphorismus vom Zwerg auf den Schultern der Riesen ein Pendant zu der soziologischen Einsicht des 20. Jahrhunderts, daß wissenschaftliche Entdeckungen aus der bestehenden kulturellen Basis hervorgehen und daher in einem bestimmten Rahmen, der sich ziemlich genau definieren läßt, praktisch unausweichlich werden.11
Diese Sichtweise Mertons aus den 1960er Jahren koinzidiert dabei mit ähnlich gelagerten Forschungen anderer Wissenschaftler, die also auch strukturalistisch motivierte Einsichten in ihren Disziplinen vorlegten – und damit Mertons Untersuchungsergebnis aufs Schönste bestätigten. Eine weitere Erkenntnis der modernen Wissenschaftstheorie, dass wissenschaftlicher Fortschritt diskontinuierlich verläuft und von Paradigmenwechseln und wissenschaftlichen Revolutionen gekennzeichnet ist,12 passt freilich nicht in das mittelalterliche Weltbild des Johannes. Dieses ist durch eine vom Neuplatonismus inspirierte christliche Weltsicht gekennzeichnet, der zufolge alle Weisheit letztlich von der einen göttlichen Wahrheit ihren Ausgang nimmt und sich alles Wissen der Welt in das geschlossene christliche Weltbild integrieren lässt bzw. aus ihm ausgeschieden werden muss. Im selben Jahrzehnt, in dem Bernhard starb, verfasste Hugo von St. Viktor sein Didascalicon, das am Ende des Zeitalters des murmelnden, „monastischen Lesens“ heiliger Schriften dieses Phänomen darstellt. Auf dieser Basis beschreibt Ivan Illich die allmähliche Heraufkunft des neuen „scholastischen Lesens“ als eine stumme, nach innen gewandte Tätigkeit eines Einzelnen, als kritischen Dialog des Leserindividuums mit dem Text, der be- und hinterfragt werden kann und seine Identität mit der Welt verliert also abstrakt wird: Exegese und Hermeneutik wurden zu Eingriffen am Text statt an der Welt. Erst jetzt, da die Welt als kodierte Information verstanden wird, kann die Geschichte der ‚Lesbarkeit der Welt‘ zu einem Gegenstand der Forschung werden.13
11 Merton, Auf den Schultern von Riesen (wie Anm. 10), S. 223. 12 Vgl. Kuhn, Thomas S.: Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen. Frankfurt: Suhrkamp 1967. [EA 1962]. 13 Illich, Ivan: Im Weinberg des Textes. Als das Schriftbild der Moderne entstand. Frankfurt a. M.: Luchterhand 1991. S. 124.
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Diese Revolution des Lesens bedingte notwendig eine erste Revolution des Schreibens und – modern gesprochen – der Typographie bzw. des Layouts. Gegliederte Texte mit Absätzen und alphabetischen Registern zur leichteren Auffindbarkeit entstanden. Die Texte und Zitate konnten gekennzeichnet werden und Spuren „philologischer“ Tätigkeit sind an ihnen erkennbar. Der Ort dieser neuen Lektüreerfahrung war nicht mehr das Kloster, sondern die im 13. Jahrhundert entstehende Universität,14 an der man sich mit der Welt nicht mehr identifizierte, sondern sich mit ihr auseinander setzte.
Neuzeit Albrecht Dürer steht am Ausgangspunkt dessen, was man – mit Walter Benjamin – „technische Reproduzierbarkeit“ nennen kann. Zwar gab es schon in der Antike Prägeund Gussverfahren, um Kunstwerke und andere Dinge zu reproduzieren. Erst seit der Mitte des 15. Jahrhunderts entstand mit dem Buchdruck mit beweglichen Lettern und dem Kupferstich-Tiefdruckverfahren, verbunden mit der raschen Ausbreitung der Papierproduktion, das einen günstigeren Beschreibstoff als das Pergament darstellt, eine Möglichkeit, neue Gedanken und Ideen rasch und flächendeckend zu verbreiten. Das neue Medium erreichte sowohl die literaten als auch die illiteraten Schichten der Bevölkerung, Einblattdrucke und Flugblätter waren kostengünstig zu erwerben, Prachtausgaben ermöglichten erwünschte Distinktionsgewinne für die Oberschicht. 1507 bis 1509 arbeitete Dürer an seinem einem letzten großen Auftragswerke, dem Altar über der Grablege des Frankfurter Patriziers Jakob Heller.15 Zwar ist die Originalarbeit Dürers bei einem Brand in der Münchner Residenz 1729 zerstört worden, erhalten geblieben ist aber ein Konvolut von achtzehn Vorzeichnungen Dürers für die Mitteltafel des Altars sowie neun Briefe Dürers an Heller. In ihnen reagiert Dürer einerseits auf Hellers Vorhaltungen wegen der Verzögerung bei der Lieferung der Gemälde, andererseits aber fordert er wenig schuldbewusst einen höheren Lohn für seinen Aufwand, der sich wegen Hellers außerordentlichen Anforderungen an das Werk in der langen Produktionszeit und einem erhöhten Materialbedarf niederschlage. In seinem vorletzten Brief vom 26.8.1509, kurz vor Fertigstellung des Altars, teilt er seinem Auftraggeber mit:
14 Die Ausführungen der letzten beiden Absätze folgen im Wesentlichen Illich, Im Weinberg (wie Anm. 13). 15 Vgl. zum Folgenden Eberlein, Johann Konrad: Albrecht Dürer. 4. Aufl. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 2014; Finsterbusch, Stephan: Kunst-Ikone als Unternehmer. Die Firma Dürer. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 11.01.2014; Sander, Jochen (Hrsg.): Dürer. Kunst – Künstler – Kontext. München [u. a.]: Prestel 2013. S. 219–224; Schmid, Wolfgang: Dürer als Unternehmer. Kunst, Humanismus und Ökonomie in Nürnberg um 1500. Trier: Porta Alba Verlag 2003. Bes. S. 345–367.
Plagiat und Zitat. Eine Skizze zur Entstehung des Begriffs geistiges Eigentum
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Mich soll auch niemand vermögen, ein Tafel mit so viel Arbeit mehr zu machen. […] Aber das fleißig Kleiblen [sorgfältiges Arbeiten; MM] gehet nit vonstatten. Darum will ich meines Stechens auswarten, Und hätte ichs bis hiehero getan, so wollte ich uf den heitigen Tag 1000 fl. reicher sein.16
Dürer sieht in dieser Reproduzierbarkeit nicht den Verlust der Aura wie Walter Benjamin,17 sondern einen doppelten Gewinn: an künstlerischer Autonomie durch den Verzicht auf einen einzelnen Auftraggeber mit divergierenden Interessen und handfesten finanziellen Gewinn durch die nahezu beliebige Reproduzierbarkeit einzelner Grafiken und die Bündelung zusammengehöriger Motive zu Serien. Dürer wendet sich jetzt, nachdem er seine Werkstatt just 1509 aus dem Haus seines Vaters in das gerade erworbene eigene Haus verlegt hat, verstärkt grafischen Arbeiten zu, die er arbeitsteilig produzieren und in halb Europa auf verschiedenen Wegen nahezu zu Festpreisen vertreiben lässt. Das bekannte Dürer-Monogramm dient dabei schon früh als Qualitätssiegel, das alle zum Verkauf bestimmten Werke zierte.
Die Entstehung des Urheberrechtsschutzes aus dem Privilegienwesen der Frühen Neuzeit Das frühe Zeitalter der Reproduktion ist gleichzeitig das Zeitalter des Raubdrucks, in dem Plagiate und Fälschungen weit verbreitet waren. In den kleinteilig organisierten Territorialstaaten der Zeit war dagegen kaum sinnvoll vorzugehen. Zwar existierten in den einzelnen Herrschaftsgebieten Druckprivilegien, die aber nicht den Autor oder Künstler schützten, sondern lediglich den Investor oder Verleger, der dem eigentlichen Urheber nur einmalig ein Honorar bezahlte. Auch Dürer, der in der glücklichen Lage war, beide Aufgaben in seiner Person zu vereinen, erwirkte solche Druckprivilegien und kämpfte gegen seine zahlreichen Nachahmer, die nicht nur Motive, sondern auch das Dürer-Monogramm in ihren Nachstichen kopierten. Der eigentliche Schutz des geistigen Eigentums gegen Plagiate und Fälschungen entwickelt sich aus der Handelsgesetzgebung seit dem 16. Jahrhundert.18 Die naturrechtlich begründeten Grundlagen des hier verwendeten Eigentumsbegriffs erläutert
16 Dürer, Albrecht: Schriften und Briefe. Hrsg. von Ernst Ullmann. 6., veränd. Aufl. Leipzig: Reclam 1993. S. 93. 17 Benjamin, Walter: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Benjamin, Walter: Gesammelte Schriften. Band 1, 2. Hrsg. von Rolf Tiedemann u. Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1980. S. 431–469. 18 Vgl. Wesel, Uwe: Geschichte des Rechts. Von den Frühformen bis zur Gegenwart. 4. Aufl. München: Beck 2014. S. 450–453.
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John Locke in seinen Two treatises on government von 1688 für das, was später einmal Sachenrecht genannt werden wird: Obwohl die Erde und alle niederen Lebewesen allen Menschen gemeinsam gehören, so hat doch jeder Mensch ein Eigentum an seiner eigenen Person. Auf diese hat niemand ein Recht als nur er allein. Die Arbeit seines Körpers und das Werk seiner Hände sind, so können wir sagen, im eigentlichen Sinne sein Eigentum. Was immer er also dem Zustand entrückt, den die Natur vorgesehen und in dem sie es belassen hat, hat er mit seiner Arbeit gemischt und ihm etwas Eigenes hinzugefügt. Er hat es somit zu seinem Eigentum gemacht. Da er es dem gemeinsamen Zustand, in den es die Natur gesetzt hat, entzogen hat, ist ihm durch seine Arbeit etwas hinzugefügt worden, was das gemeinsame Recht der anderen Menschen ausschließt. Denn da diese Arbeit das unbestreitbare Eigentum des Arbeiters ist, kann niemand außer ihm ein Recht auf etwas haben, was einmal mit seiner Arbeit verbunden ist.19
Die Übertragung dieser Idee auf den Bereich der Immaterialgüter, die bis ins 18. Jahrhundert hinein – abgesehen von der Privilegierung der Drucker – keinerlei gesetzlichen Schutz genossen, lässt nicht lange auf sich warten. Tab. 1: Rechtliche Regelungen zum Schutz von Urhebern und Verwertern. Jahr
Rechtliche Regelungen
1469
Druckprivileg in Venedig für den Drucker Johannes von Speyer auf 5 Jahre (Niederlassungsverbot für andere Drucker)
1511
Erstes erhaltenes Druckprivileg in Deutschland: Druckprivileg Kaiser Maximilians I. für Konrad Peutinger für drei bereits erschiene Werke Peutingers auf 10 Jahre (Nachdruckverbot auf Reichsboden)
1709/10 (?) Statute of Anne – erstes englisches Gesetz zur Regelung des geistigen Eigentums und des Nachdrucks 1791/93
Propriété littéraire et artistique in Frankreich
1837
Gesetz zum Schutze des Eigenthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung in Preußen
1886
Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst – erster völkerrechtlicher Vertrag zur übernationalen Anerkennung von Urheberrechten innerhalb der Unterzeichnerstaaten
1965
Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in Deutschland
19 Locke, John: Zwei Abhandlungen über die Regierung. Hrsg. u. eingel. von Walter Euchner. Frankfurt: Suhrkamp 2010. S. 216–217.
Plagiat und Zitat. Eine Skizze zur Entstehung des Begriffs geistiges Eigentum
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Etwa zeitgleich zu den ersten Urheberrechtsgesetzen entsteht im 18. Jahrhundert der Begriff des geistigen Eigentums.20 Parallel dazu entwickelt sich das Schriftsteller„Honorar“ von der Ehrengabe, die dem Stand des Gelehrten zukam, hin zu einem Lohn für geleistete Arbeit, der von der Arbeitsgüte und den Verkaufsaussichten des Produkts abhängig war wie es bei Handwerkern und Künstlern – siehe das Beispiel Dürers – schon lange üblich war.21 Allerdings bleibt der Begriff des geistigen Eigentums und das dahinter stehende Prinzip – für eine einmal geleistete, abgeschlossene Arbeit über die eigentliche Dauer der Arbeit hinaus entlohnt zu werden – lange umstritten, weil er sich mit seiner „Unfassbarkeit“ schlecht in das Sachenrecht integrieren lässt.22 Dem entsprechend zeichnet sich vor allem das 19. Jahrhundert durch lange Diskussionen zwischen Autoren und Verlegern über das Eigentum an Werk(stück)en einerseits sowie um das Problem einer Befristung des Eigentums an Werk(stück)en andererseits („ewiges Verlagsrecht“) aus. Die Gesetzgeber wiederum hatten und haben mit den Problemen zu kämpfen, wie man mit den neuen technischen Reproduktionsmöglichkeiten legislatorisch umzugehen habe, um einen Ausgleich zwischen den Rechten der Produzenten einerseits und den berechtigten Interessen der Rezipienten an einer möglichst weitgehenden Nutzung ihrer erworbenen oder – legal oder illegal – selbst hergestellten Werkstücke andererseits zu ermöglichen. Es gibt aber bereits im preußischen „Gesetz zum Schutz des Eigenthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung“, § 4 eine dem modernen Zitatrecht analoge Regelung, die „das wörtliche Anführen einzelner Stellen eines bereits gedruckten Werkes“ und „die Aufnahme einzelner Aufsätze, Gedichte u. s. w. in kritische und literar-historische Werke und in Sammlungen zum Schulgebrauche“ 23 erlaubt.
20 Vgl. Bosse, Heinrich: Autorschaft ist Werkherrschaft. Über die Entstehung des Urheberrechts aus dem Geist der Goethezeit. Neue, mit einem Nachwort von Wulf D. v. Lucius versehene Aufl. Paderborn: Fink 2014. S. 47. 21 Vgl. Bosse, Autorschaft (wie Anm. 20), hier S. 61–91. 22 Vgl. Bosse, Autorschaft (wie Anm. 20), hier S. 93–131. 23 Zitiert nach Hitzig, Julius Eduard: Das Königl. Preußische Gesetz vom 11. Juni 1837 zum Schutze des Eigenthums an Werken der Wissenschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung. Dargestellt in seinem Entstehen und erläutert in seinen einzelnen Bestimmungen aus den amtlichen Quellen. Berlin: Dümmler 1838. S. 111.
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Tab. 2: Technische Innovationen zur Reproduktion von geistigem Eigentum. Jahr
Technische Innovation
Um 1450
Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und Handpresse durch Johannes Gutenberg (um 1400–1468
1798 (patentiert 1799)
Erfindung der Langsiebpapiermaschine durch Nicholas-Louis Robert (1761–1828)
1811
Erfindung der Schnellpresse durch Friedrich König (1774–1833) und Andreas Friedrich Bauer (1783–1860)
1887
Erfindung des Grammophons zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Tönen durch Emil Berliner (1851–1929)
1937 (patentiert 1938)
Erfindung des elektrofotografischen Kopierverfahrens durch Chester F. Carlson (1906–1968) und Otto Kornei (1903–1993)
1938 (patentiert 1937)
Erfindung des ersten modernen Computers durch Konrad Zuse (1910–1995)
1969
Erfindung des ARPANETs im amerikanischen Verteidigungsministerium zur Vernetzung von Computern, um Rechenzeit flexibler nutzen zu können
Nutzung geistigen Eigentums in der Wissenschaft Parallel zur Entstehung technischer Reproduktionsmöglichkeiten für die Erzeugnisse des menschlichen Geistes entwickelte sich ein neues, vom mittelalterlichen Weltbild losgelöstes Wissenschaftsverständnis, das sowohl die Naturwissenschaften – durch die Wiederentdeckung der platonischen Schriften und die daran gekoppelte Abwendung vom Aristotelismus – als auch die „Geisteswissenschaften“ – durch die Wiederentdeckung der antiken Schriften und Künste dies- und jenseits der Alpen – neu begründete.24 In unserem Zusammenhang ist hier vor allem die Bedeutung der neuen Drucktechniken von Interesse, die die rasche, verhältnismäßig preisgünstige und ubiquitäre Distribution von Wissen ermöglichte und seine Struktur zugleich verwandelte. Erstmals wurde es nun möglich, umfassende Bibliotheken mit gesicherten, identischen und personalisierten Texten oder Werken zu konsultieren und auf die vorgefundenen Werke in eigenen Arbeiten zu verweisen, weil die potentiellen Leser der eigenen Arbeiten in den ihnen zur Verfügung stehenden Bibliotheken dieselben Texte zur Verfügung stehen hatten wie man selbst. Die Standardisierung des Buchdrucks
24 Vgl. Störig, Hans-Joachim: Kleine Weltgeschichte der Wissenschaft. Bd. 2. Köln: Parkland 2004. S. 227–246.
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im 16. Jahrhundert mit der Entstehung von Titelblättern, der visuellen Gliederung von Texten durch Satzzeichen, Absätze und Kapitel, der Paginierung von Büchern ermöglichte die Entstehung der modernen Fußnote mit ihren schon damals halbwegs standardisierten Zitationsstilen, die ein problemloses Auffinden des Zitierten sicherstellten.25 Die Entdeckung des Individuums in der Renaissance26 und die Durchsetzung des Geniegedankens in Kunst und Wissenschaft führte zur Erkenntnis der Bedeutung von Zuschreibungen von Leistungen und Erkenntnissen an einzelne Individuen, wenngleich das Originalgenie zunächst wenig Wert darauf legte, von Quellen – geistigen Leistungen anderer – abhängig zu sein.27 Betrachtet man den Bereich des – im weitesten Sinne – „wissenschaftlichen“ Wissens näher, stellt man fest, dass spätestens seit dem Ende des 18. Jahrhunderts sich so etwas wie der moderne Wissenschaftsbetrieb zu etablieren beginnt.28 Universitäten werden von reinen Lehrbetrieben zu Forschungsinstitutionen, in denen sich verschiedene Wissenschaftsdisziplinen etablieren. Sie grenzen sich durch verschiedene Gegenstandsbereiche und Methoden, mit denen sie sich ihren Gegenständen nähern, voneinander ab. Diese Wissenschaften rekrutieren ihren Nachwuchs durch die universitäre Lehre, in der sie ihren Studenten – hier ist die männliche Form durchaus angebracht – ihren spezifischen Blick auf den behandelten Gegenstandsbereich der Wirklichkeit vermitteln und den Erfolg ihrer Lehranstrengungen durch Prüfungen evaluieren. Diese Ausdifferenzierung der Wissenschaften ist kurz nach der nächsten Jahrhundertwende weitgehend abgeschlossen, wenngleich sich auch jetzt noch neue Wissenschaften durch Segmentierung und Neukombination bestehender Wissenschaften bzw. Wissenschaftssegmente abspalten; inter- und transdisziplinäre Forschungsfelder ergänzen und erweitern das Wissenschaftssystem bis heute. Ebenfalls in diesen Zeitabschnitt fällt die Bedeutungserweiterung des aus der lateinischen Sprache übernommenen Begriffs „Zitat“, der aus der Sphäre des Rechts in die Sphäre der Literatur und der Wissenschaft einwandert29 und nun nicht mehr nur das Herbeizitieren von leibhaftigen Personen vor Gericht meint, sondern ebenfalls das Anführen von Textstellen und Schriften in anderen Schriften meint. Die herbeizitierten Personen wie auch die zitierten Schriftstücke – seien es nun Werke
25 Vgl. Stanitzek, Georg: Zur Lage der Fußnote. In: Merkur (2014) H. 1. S. 8. 26 Vgl. Burckhardt, Jacob: Die Kultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Stuttgart: Kröner 1938. S. 123–127. 27 Vgl. Schmidt, Jochen: Die Geschichte des Genie-Gedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750–1845. Bd. 1. 2., durchges. Aufl. Darmstadt 1998. S. 4. 28 Vgl. Stichweh, Rudolf: Wissenschaft, Universität, Profession. Soziologische Analysen. Frankfurt: Suhrkamp 1994. S. 15–51; Burke, Peter: Die Explosion des Wissens. Von der Encyclopédie bis Wikipedia. Berlin: Wagenbach 2014, passim. 29 Vgl. Grimm, Jakob u. Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch. Leipzig: Hirzel 1854–1961. Lemmata „Zitat“ (Bd. 31. Sp. 1656–1659) und „Zitieren“ (Bd. 31. Sp. 1664–1669).
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anderer Autoren oder ältere, längst verschollen geglaubte Akten, Manuskripte oder Urkunden – werden zu demselben Zweck versammelt: Sie sollen als autoritative Belege für oder gegen einen bestimmten Sachverhalt oder eine Interpretation dienen und werden zur Prüfung ihrer Autorität mit weiteren herbeizitierten Personen oder Textbelegen konfrontiert, um die „Wahrheitsfindung“ zu ermöglichen. Diesem Verfahren haftet naturgemäß immer etwas Vorläufiges an, das durch das nächste Zitat be- oder entkräftet werden kann. In der modernen Wissenschaft ist der Ort des Nachweises von Zitaten, zumindest in Europa, bis weit ins 20. Jahrhundert hinein, die Fußnote gewesen, zu der nun der amerikanische oder Harvard-Zitationsstil – die verkürzte Literaturangabe in Klammern im Fließtext – in Konkurrenz tritt. Exemplarisch ist der amerikanische Historiker Anthony Grafton in seinem Werk „Die tragischen Ursprünge der deutschen Fußnote“ diesem Phänomen nachgegangen: In der modernen Welt haben Historiker […] zwei komplementäre Aufgaben. Sie müssen all die Quellen prüfen, die für die Lösung eines Problems relevant sind, und daraus eine neue Geschichte oder einen neuen Gedankengang konstruieren. Die Fußnote belegt, daß beide Aufgaben ausgeführt wurden. […] Indem sie dies tut, kennzeichnet sie überdies das betreffende historische Werk als Arbeit eines Profis. […] […] [D]ie Fußnote im modernen Leben [ist] eng mit der Ideologie und den technischen Praktiken eines Berufsstands verknüpft.30
30 Grafton, Anthony: Die tragischen Ursprünge der deutschen Fußnote. Berlin: Berlin Verl. 1995. S. 16–17.
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Die Vermittlung akademischer Integrität – Das Beispiel der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und ihrer Universitätsbibliothek Abstract: Ergänzend zur Kommission zur Untersuchung des Verdachts wissenschaftlichen Fehlverhaltens, zur Ombudsperson für die Wissenschaft und den Ethikkommissionen verschiedener Fachbereiche engagiert sich an der JGU auch die UB Mainz im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Akademische Integrität“ für die Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Als anerkannte Partnerin der Wissenschaft für die Literatur- und Informationsversorgung mit eigenem Interesse an qualitativ hochwertigen Publikationen erweitert die Bibliothek ihr Produktportfolio damit um das im deutschsprachigen Raum bislang nur sehr partiell bearbeitete Thema der akademischen Integrität, das über den weithin bekannten Problembereich des Plagiats hinausgeht. Ziel ihrer Arbeit auf diesem Gebiet ist es, eine Kultur akademischer Integrität zu schaffen und nachhaltig im Bildungsbereich zu verankern. Die Bibliothek bedient sich dabei einer ihrer Stärken – Kompetenz im Umgang mit Information. Gemeinsam mit zahlreichen Akteuren aus dem Bildungssektor identifiziert sie Informationsbedarf zum Themengebiet, erstellt bedarfsgerechte Informationen und vermittelt diese über unterschiedliche Formate und Werbekanäle an Studierende, Lehrende, Forschende und am Thema Interessierte. Der Beitrag gibt einen Einblick in das Projekt und stellt bereits durchgeführte Maßnahmen vor. Keywords: Gute wissenschaftliche Praxis, Hochschule, Informationskompetenz, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Qualitätssicherung, Schule, Wissenschafts ethik, wissenschaftliche Integrität
Nicole Walger, M.A., MALIS studierte Germanistik und Romanistik an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. Nach einer Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universitätsbibliothek Mainz folgte ein berufsbegleitendes Weiterbildungsstudium der Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Fachhochschule Köln, das sie mit dem Master in Library and Information Science abschloss. 2011 wurde sie Leiterin der Bereichsbibliothek Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft. 2013 wurde sie zudem stellvertretende Leiterin der Abteilung E-Science-Services an der Universitätsbibliothek Mainz. Sie leitet dort das Projekt „Akademische Integrität“ und ist zuständig für den Bereich Open-Access-Publizieren.
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Hintergrund Fälle von wissenschaftlichem Fehlverhalten, wie Plagiate und die Erfindung oder Manipulation von Daten gibt es, seitdem geforscht wird; sie sind kein Phänomen des 21. Jahrhunderts.1 Treten sie, wie in den vergangenen Jahren durch medial breit diskutierte Plagiatsfälle vermehrt zutage und werden in die Öffentlichkeit getragen, haben sie das Potenzial, die Reputation und Funktionsfähigkeit der Wissenschaft zu gefährden. Sie können dazu führen, dass die Verlässlichkeit der Wissenschaft in Frage gestellt und das gesellschaftliche Vertrauen in sie nachhaltig erschüttert wird. Da sich die Gesellschaft in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen auf das integre Verhalten innerhalb der Wissenschaft verlassen muss, ist es aber unabdinglich, dass „Vertrauen in ein gemeinsames Ethos der Wissenschaftsgemeinschaft [besteht].“2 In der Vorbemerkung der jüngsten Empfehlungen des Wissenschaftsrats lautet die einleitende Empfehlung daher, dass „wissenschaftliche Integrität […] eine notwendige ethische Grundhaltung und eine übergreifende Kultur der Redlichkeit in der wissenschaftlichen Arbeit [bezeichnet], die es zu wahren und zu fördern gilt.“3 Als Reaktion auf vermehrt ausfindig gemachte Betrugsfälle und zur Sicherung der wissenschaftlichen Integrität haben die deutschen Wissenschaftsorganisationen seit 1997 mehrere Leit- und Richtlinien zur guten wissenschaftlichen Praxis herausgegeben4 und viele Hochschulen haben diesen entsprechend Maßnahmen entwickelt.5 Den Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“6 folgend, hielten die Regelungen zur Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis auch
1 Es wurden exemplarisch nur drei Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens aufgeführt. Weitere Formen, wie Falschangaben, Verletzung geistigen Eigentums und Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit Anderer, sind ebenso gemeint. Zu den geläufigen Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens siehe die Verfahrensordnung der Max-Planck-Gesellschaft: Katalog von als Fehlverhalten betrachteten Fehlverhaltensweisen. https://www.mpg.de/229489/Verfahrensordnung.pdf (Stand: 29.06.2015). 2 Wissenschaftsrat: Positionspapier „Empfehlungen zu wissenschaftlicher Integrität“ 2015, hier S. 5. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf (Stand: 29.06.2015). 3 Wissenschaftsrat, Empfehlungen (wie Anm. 2), hier S. 5. 4 Wissenschaftsrat, Empfehlungen (wie Anm. 2), hier S. 9. 5 Der Wissenschaftsrat hat dazu im Jahr 2014 die staatlichen Hochschulen und Fakultäten befragt und kam im April 2015 zu dem ernüchternden Ergebnis, „dass es nicht einmal selbstverständlich ist, gute wissenschaftliche Praxis – also das richtige Zitieren, die systematische Literaturrecherche sowie den Umgang mit Forschungsergebnissen, Laborbüchern und die Reproduzierbarkeit von Versuchen in naturwissenschaftlichen Fächern – in Fachmodulen des Bachelor- oder Masterstudiums zu lehren. Das geschieht bisher in kaum mehr als der Hälfte der Fälle.“ Zitiert aus: Schmoll, Heike: Wissenschaftliches Arbeiten: Empfehlungen für das Schöne, Wahre, Gute. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.05.2015. http://www.faz.net/aktuell/wissenschaftliches-arbeiten-empfehlungen-fuer-dasschoene-wahre-gute-13560482.html (Stand: 29.06.2015). 6 Deutsche Forschungsgemeinschaft: DFG-Empfehlungen der Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“. Bonn 1998. http://www.uni-kl.de/fileadmin/ha-1/Ombudsgremium/Anlage3.pdf (Stand: 29.06.2015).
Die Vermittlung akademischer Integrität
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Einzug in die Grundordnung der JGU. Die Universität verankert zudem die Maxime der akademischen Integrität in ihrem Leitbild7 und verdeutlicht damit, welche Relevanz dem Thema dort zukommt.
Das Projekt „Akademische Integrität“ Obgleich an der JGU für den Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens klare Sanktionen und Verfahren festgelegt wurden und Instanzen, wie die Kommission zur Untersuchung des Verdachts wissenschaftlichen Fehlverhaltens, die Ombudsperson für die Wissenschaft und Ethikkommissionen verschiedener Fachbereiche fest etabliert sind, möchte die Universität der Problematik primär präventiv begegnen. Im Rahmen des durch das BMBF geförderten Projekts „Lehren, Organisieren, Beraten – Gelingensbedingungen von Bologna“8 bestand im Jahr 2013 die Möglichkeit, mit dem für einen Zeitraum von vier Jahren9 laufenden Teilprojekt „Akademische Integrität“10 eine zentrale Stelle an der Universitätsbibliothek zu schaffen, die sich der Entwicklung und Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung von Prävention, Erkennung und Sanktionierung wissenschaftlicher Fehlverhaltensformen annimmt.11 Der Fokus liegt neben studentischem Fehlverhalten auf kollegialem und wissenschaftlichem Fehlverhalten von Lehrenden und Forschenden.12 Die Projektaktivitäten sind an folgenden vier Kernzielen ausgerichtet:
7 Vgl. JGU: Leitbild. https://www.uni-mainz.de/downloads/JGU_leitbild.pdf (Stand: 29.06.2015). 8 JGU: Lehren, Organisieren, Beraten – Gelingensbedingungen von Bologna. https://www.lob.unimainz.de/(Stand: 29.06.2015). 9 Das Projekt wird von 2013 bis 2016 vom BMBF gefördert. 10 UB Mainz: Webseite zur Akademischen Integrität. https://www.akin.uni-mainz.de/(Stand: 29.06.2015). Mit dem Begriff akademische Integrität besetzt die Universität Mainz ein Thema, das im deutschsprachigen Raum im Vergleich zum anglo-amerikanischen Sprachraum bislang noch wenig Verbreitung gefunden hat. Sie versteht darunter eine möglichst starke Übereinstimmung der wissenschaftlichen Praxis mit den Regeln und Normen der guten wissenschaftlichen Praxis und verweist darauf, dass das Verhalten und Handeln aller Universitätsmitglieder daran auszurichten ist. 11 Der Arbeitsbereich setzt sich personell aus zwei Mitarbeitern, die aus Projektmitteln finanziert werden, und einer Mitarbeiterin der UB zusammen, bei der auch die Teilprojektleitung liegt. 12 Während aus Projektmitteln Maßnahmen zur Vermeidung und Präventionsmaßnahmen für wissenschaftliches Fehlverhalten in Studium und Lehre erarbeitet werden, sollen Maßnahmen zur Prävention von wissenschaftlichem Fehlverhalten in der Forschung künftig aus Eigenmitteln der JGU und UB entwickelt werden.
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Kernziele
Maßnahmen13
1. Schaffung einer Kultur akademischer Integrität
Kurzfristig: Erhöhung der Wahrnehmung der Thematik an der JGU Mittelfristig: Schaffung gemeinsamer Räume zur Diskussion von Problemen und Gegenmaßnahmen
2. Stärkere curriculare Verankerung der Thematik in der Lehre
Kurzfristig: Erfassung vorhandener Vermittlungsweisen Mittelfristig: Entwicklung allgemeiner sowie fachspezifischer Checklisten und Lehrmaterialien
3. Entwicklung und Durch führung eigenständiger Angebote
Kurzfristig: Bereitstellung von lokal und zeitlich begrenzten Pilot projekten in Form von Schulungen und Informationsmaterialien Mittelfristig: Weiterentwicklung und breitere Zugänglichmachung der Schulungen und Informationsmaterialien
4. Koordination bestehender Angebote
Kurzfristig: Bündelung vorhandener Angebote und Aufbau von Kooperationen Mittelfristig: Integration der im Projekt entwickelten Inhalte in vorhandene Angebote
Um das Projekt besser steuern zu können, ist es in fünf Teilbereiche untergliedert: 1: Erhebung und Auswertung von Daten über Ursachen und Häufigkeit akademischen Fehlverhaltens Ziel: – Ermittlung des Aufkommens wissenschaft lichen und studentischen Fehlverhaltens an der JGU – Identifikation von Ursachen und Bedingungen von Verstößen – Schaffung von Strukturen zur Erhöhung der Sichtbarkeit der Thematik – Schaffung von Beratungs- und Kontroll instanzen
Maßnahmen: – Informationserhebung, -sammlung und -auswertung – Anregung und Begleitung der Auseinandersetzung mit der Thematik in den Fachbereichen und zentralen Einrichtungen der JGU – Erhöhung der Sichtbarkeit vorhandener Strukturen für den Umgang mit Fehlverhalten
2: Vermittlung von Informationskompetenz in Form von Schulungsangeboten und durch die Entwicklung von Lehrmaterialien Ziel: – Entwicklung und Durchführung von Angeboten zur Vermittlung von Informationskompetenz und guter wissenschaftlicher Praxis
Maßnahmen: – Entwicklung und Durchführung von Schulungen, Online-Angeboten und Workshops – didaktische Schulungsangebote für Lehrende als Multiplikatoren – bibliothekarische Schulungen für Studierende und den wissenschaftlichen Nachwuchs
13 Vgl. hierzu: Schuh, Dominik: Auf dem Weg zur akademischen Integrität: Ziele und Maßnahmen des Projekts „Akademische Integrität“. In: Information: Wissenschaft und Praxis 65 (2014) H. 1. S. 46 f.
Die Vermittlung akademischer Integrität
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– Sammlung von Angeboten der campusweiten Schreibwerkstatt – Schaffung von Anreizen für gutes wissenschaftliches Schreiben 3: Prüfung und gegebenenfalls Bereitstellung technologiegestützter Prüfungssysteme Ziel: – Überprüfung der Möglichkeiten der technischen Unterstützung der Vermittlung und Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis, hinsichtlich – des Ressourcenbedarfs – ihrer Leistungsfähigkeit – technischen und rechtlichen Einschränkungen
Maßnahmen: – Prüfung technischer Möglichkeiten durch eine Testreihe zur Leistungsfähigkeit von Plagiatsdetektionssoftware – Prüfung rechtlicher und technischer Bedingungen für die elektronische Erfassung sowie zentrale Registrierung von Haus- und Abschlussarbeiten – Ausbau der Möglichkeiten für Open-AccessPublikationen und der Konzeptionierung eines stabilen Forschungsdatenmanagements
4: Schaffung einer Kultur akademischer Integrität im Rahmen von Veranstaltungen und über Informationsmaterialien Ziel: – Entwicklung und Bereitstellung von Materialien, die der Kommunikation und Vermittlung des Themas innerhalb der JGU und der Öffentlichkeit dienen
Maßnahmen: – Entwicklung und Bereitstellung einer Sammlung von Lehr- und Informationsmaterialien: „toolbox – Akademische Integrität vermitteln“ – Verbreitung zentraler Zielstellungen der JGU in Form wirksamer Werbematerialien sowie öffentlichkeitswirksamer Veranstaltungen und Darstellungen – Erstellung eines Screencasts zur Thematik – Erstellung eines Online-Kurses zur Thematik – Sicherung der internen Kommunikation und breitenwirksame Diskussion zentraler Fragestellungen
5: Entwicklung spezifischer Materialien für die Vermittlung von Informationskompetenz und ersten Grundlagen guter wissenschaftlicher Praxis an für das Studium qualifizierenden Schulen Ziel: – Identifikation bereits eingesetzter Vermittlungsansätze zur frühzeitigen Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitstechniken sowie von Medien- und Informationskompetenz in der Schule – Prüfung der Möglichkeiten einer Zusammenarbeit von Schule und Hochschule im Bereich der Vermittlung von Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens
Maßnahmen: – Identifikation des Bedarfs an Schulen – Entwicklung von Kooperations- und Vermittlungsmöglichkeiten (Pilotprojekte) – Kooperative Erstellung adäquater Lehrmaterialien für die Vermittlung wissenschaftlicher Arbeitstechniken an Schulen
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Nicole Walger
Akademische Integrität – Eine Gemeinschaftsaufgabe „Die Stärkung wissenschaftlicher Integrität liegt in der Verantwortung aller Akteure der Wissenschaft und Wissenschaftspolitik“14, so lautet die Aussage des Wissenschaftsrats. Auch im Mainzer Projekt wird der stabile und dauerhafte Einbezug aller Akteure des Bildungsbereichs als grundlegende Erfolgsbedingung gesehen. Das Vorantreiben der Vernetzung und Koordination der beteiligten Stellen an der JGU, weiterer Hochschulen, Schulen, Informationseinrichtungen und Länder ist ein wesentlicher Projektbestandteil auf dem Weg zur Sicherung von wissenschaftlicher Qualität. Das Projekt „Akademische Integrität“ stützt sich daher intern auf eine enge Kooperation mit der zentralen Verwaltung, den zentralen Einrichtungen und den Fachbereichen der JGU. Extern ist es derzeit mit dem Thesis-Portal „Thesius“15 und mit vier Gymnasien im Rhein-Main-Gebiet vernetzt.
Verortung des Projekts in der Universitätsbibliothek Eine wesentliche Chance zur Schaffung einer Kultur akademischer Integrität und damit zur Vermeidung von wissenschaftlichem Fehlverhalten sieht die JGU in umfassender Information im Sinn einer verstärkten Vermittlung von Informationskompetenz und darin verankert der Vermittlung von guter wissenschaftlicher Praxis. Die Vermittlung muss idealerweise im ersten Semester beginnen16 und die Vielzahl unterschiedlicher Fachkulturen berücksichtigen. Diese Vorgehen erweist sich schon
14 Wissenschaftsrat, Empfehlungen (wie Anm. 2), hier S. 27. 15 Das Thesis-Portal Thesius. https://www.thesius.de/(Stand: 29.06.2015). 16 Die JGU teilt hier die Auffassung, die in den gängigen Leit- und Richtlinien allein der Wissenschaftsrat im Jahr 2011 im Positionspapier „Anforderungen an die Qualitätssicherung der Promotion“ äußert: „Die gute Praxis wissenschaftlichen Arbeitens zu erlernen, ist […] Teil des Studiums und muss dort aktiv vermittelt werden. Promotionsvorhaben, in deren Verlauf erst das wissenschaftliche Arbeiten sowie die gute wissenschaftliche Praxis gelernt werden sollen, entsprechen aus Sicht des Wissenschaftsrates nicht den erforderlichen Standards.“ http://www.wissenschaftsrat.de/download/ archiv/1704-11.pdf (Stand: 29.06.2015). Im jüngst erschienen Positionspapier „Empfehlungen zur wissenschaftlichen Integrität“ moniert der Wissenschaftsrat sogar, dass nur „etwa die Hälfte der Antwortenden [in einer Befragung angab], das Thema gute wissenschaftliche Praxis sei in das Bachelor- oder Masterstudium an ihrer Hochschule integriert. Oftmals wird die Entscheidung, ob, wann und wie gute wissenschaftliche Praxis im Studium vermittelt wird, individuell den Lehrenden überlassen. In diesen Fällen wird offenbar davon ausgegangen, dass gute wissenschaftliche Praxis und redliches Handeln Selbstverständlichkeiten darstellen und alle Lehrenden eine hinreichende Vorbildfunktion entwickeln.“ Vgl.: Wissenschaftsrat, Empfehlungen (wie Anm. 2), hier S. 19. http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/4609-15.pdf (Stand: 29.06.2015).
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insofern als schlüssig, als das Wissen über den kompetenten Umgang mit Information und die Regeln der guten wissenschaftlichen Praxis das integre Verhalten ihrer Anwender stärkt, indem sie unrichtige und unseriöse Informationen erkennen und ihnen ein angemessener Umgang damit ermöglicht wird. Als professionellem Informationsdienstleister der JGU für Kompetenzen der Informationsnutzung und -vermittlung kommt der UB Mainz bei der Verwendung und Verbreitung von Information eine besondere Rolle zu. Sie verfügt „wie kein anderer im Hochschulbereich über Expertenwissen im kompetenten Umgang mit [Information]“17, bietet aufgrund ihrer Neutralität „ein vertrauenswürdiges und geschütztes Umfeld bei heiklen Fragen im Kontext der akademischen Integrität“18 und hat aufgrund ihrer Funktion als zentraler Informations- und Literaturversorger nicht zuletzt selbst ein großes Interesse an der Qualität wissenschaftlicher Publikationen. Das Projekt wurde deshalb bewusst in der Universitätsbibliothek verortet, die durch die Entwicklung und Durchführung von Schulungen zur Vermittlung von Informationskompetenz auch didaktisches Know-how nachweisen kann.19
Ergebnisse aus der Projektarbeit Um Interessierten ein zentrales zeit- und ortsunabhängiges Informationsangebot im Internet anzubieten und um ausreichend Breitenwirkung zu erzielen, wurde die seit 2013 online abrufbare Projekt-Homepage entwickelt.20 Orientiert an den Nutzergruppen Studierende, Lehrende, Forschende und Interessierte aus verschiedenen fachlichen Kontexten führt sie mithilfe zahlreicher Informationen, Links sowie internen und externen E-Learning-Angeboten in das breite Feld der Thematik ein und klärt über die Projektziele auf. Zudem konnte im Projekt ein Screencast zur Plagiatsproble-
17 Walger, Nicole: Plagiate & Co – Wissenschaftliches Fehlverhalten ist (k)ein Kavaliersdelikt. In: Bibliothek: Forschung und Praxis 36 (2012), hier S. 391. 18 Brandtner, Andreas: Auf den Schultern von Bibliotheken: Warum koordiniert die Universitätsbibliothek Mainz das Projekt „Akademische Integrität“ an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz? In: Information: Wissenschaft und Praxis (2014) H. 1. S. 36. 19 Es ist selbstredend, dass es im Kontext der Sicherung der guten wissenschaftlichen Praxis aber auch Aufgaben gibt, die nicht in der Bibliothek verortet werden können. So können sie beispielsweise „keine Kontrollfunktion über die Richtigkeit bzw. Wahrheit einer wissenschaftlichen Aussage übernehmen. Dieses Regulativ bleibt der wissenschaftlichen Selbstkontrolle und damit dem Wissenschaftssystem überantwortet, wo Wissenschaftlichkeit systemimmanent verhandelt wird.“ Vgl. hierzu: Brandtner, Schultern (wie Anm. 18), hier S. 37. 20 UB Mainz: Webseite zur Akademischen Integrität. https://www.akin.uni-mainz.de/(Stand: 29.06.2015).
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matik erarbeitet werden, das über die Webpräsenz abrufbar ist. 21 Ein Online-Kurs zu Grundlagen und Regeln des guten wissenschaftlichen Arbeitens ist derzeit in Vorbereitung.22 Die UB Mainz begibt sich hier auf neue Wege der Wissensvermittlung, um die Wahrnehmung der Thematik auch außerhalb der JGU zu befördern. Ebenfalls zur Erhöhung der Wahrnehmung der Thematik und auch mit dem Ziel der universitätsweiten Bekanntmachung des Projekts, startete im Mai 2015 die Kampagne „Schreib’s. Aber schreib’s mit!“23. Lehrende aller Fachbereiche der JGU fungieren auf campusweit plakatierten Postern als Botschafter der guten wissenschaftlichen Praxis. Im Vordergrund der Kampagne, die sich an die Kampagne „mach’s mit“24 der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung anlehnt und mit deren Zustimmung entwickelt wurde, steht die im Leitbild der JGU formulierte Achtung vor der Leistung anderer.25
21 UB Mainz: Screencast „Plagiat – Problemfeld“. http://www.ub.uni-mainz.de/plagiat-problemfeld/ (Stand: 29.06.2015). 22 UB Mainz: Online-Kurs. https://www.akin.uni-mainz.de/online-vermittlungmooc/ (Stand: 29.06.2015). 23 UB Mainz: Webseite zur Akademischen Integrität: Kampagne „schreib’s. Aber schreib’s mit!“. https://www.akin.uni-mainz.de/toolbox-kampa-st/(Stand: 29.06.2015). 24 Homepage der Kampagne „mach’s mit“. http://www.machsmit.de/(Stand: 29.06.2015). 25 JGU: Leitbild, hier S. 7. https://www.uni-mainz.de/downloads/JGU_leitbild.pdf (Stand: 29.06.2015).
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Abb. 1 und 2: Beispiel von zwei Postern aus der Kampagne „Schreib’s! Aber schreib’s-mit.“26
Mit dem Ziel, die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse online in Form von Lehr- und Informationsmaterialien zur Vermittlung guter wissenschaftlicher Praxis und wissenschaftlicher Grundtechniken weiterzugeben, wurde die „toolbox – Akademische Integrität vermitteln“27 entwickelt. Neben Checklisten, Informationsblättern und kleinen Lehreinheiten für Studierende werden verschiedene Handreichungen für Lehrende zur Verfügung gestellt. Dem hohen Aufklärungs- und Informationsbedarf zur Thematik entsprechend wurden im Projekt des Weiteren folgende Bibliothekschulungen und Workshops für unterschiedliche Zielgruppen entwickelt. Sie werden in regelmäßigem Turnus angeboten oder können auf Anfrage – auf unterschiedliche Fachdisziplinen angepasst – gebucht werden und sollen die Teilnehmenden für die Probleme im Kontext der akademischen Integrität sensibilisieren:
26 Als Botschafter der Kampagne sind hier exemplarisch der Dekan des Fachbereichs für Philosophie und Philologie, Stefan Jolie, und der Sprecher des Gutenberg-Lehrkollegs der JGU, Harald Paulsen, abgebildet. 27 UB Mainz: Webseite zur Akademischen Integrität: toolbox – Akademische Integrität vermitteln. https://www.akin.uni-mainz.de/toolbox/(Stand: 26.06.2015).
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Plagiat, Zitat und Paraphrase – Akademische Integrität im wissenschaftlichen Schreibprozess Format: Schulung
Zielgruppe: Studierende
Dauer: 90 Minuten
Grundlagen Akademischer Integrität Format: Workshop
Zielgruppe: Studierende, oktoranden, Habilitanden D Lehrende
Dauer: 120–240 Minuten
Der fremde Geist in meinem Text – richtig Zitieren und Belegen Format: Workshop
Zielgruppe: Studierende
Dauer 90 Minuten
Zielgruppe: Lehrende
Dauer: 90–120 Minuten
Akademische Integrität vermitteln Format: Schulung
Wie umgehen mit Täuschungen in der Lehre? Format: Workshop
Zielgruppe: Lehrende, Habilitanden
Dauer: 120 Minuten
Akademische Integrität auf dem Weg zur Professur Format: Workshop
Zielgruppe: Habilitanden Lehrende
Dauer: 180 Minuten
Die Teilnehmenden werden in den Schulungen und Workshops mit den grundlegenden Werten und Regeln guter wissenschaftlicher Praxis sowie den international, national und institutionell gültigen Richtlinien und Empfehlungen zur guten wissenschaftlichen Praxis vertraut gemacht und lernen die Vorgehensweisen bei Verdacht auf oder Verwicklung in Fälle wissenschaftlichen Fehlverhaltens kennen. Die Veranstaltungen für Studierende fokussieren auf die grundlegenden Techniken des Umgangs mit fremdem Geistesgut im wissenschaftlichen Schreibprozess und die rechtlichen und akademischen Folgen des Plagiierens. Die Veranstaltungen für Lehrende nehmen einerseits die Präsentation aktueller Forschungsergebnisse zur Häufigkeit und zu den Bedingungen studentischen Fehlverhaltens in den Blick und fokussieren andererseits auf die Vermittlung grundlegender Kenntnisse und Techniken im Umgang mit Täuschungsversuchen in Prüfungssituationen, die rechtlichen Grundlagen sowie praktische Hinweise zur Aufdeckung und Sanktionierung von Täuschungsversuchen. Alle Veranstaltungen sind so ausgelegt, dass den Teilnehmenden anhand hypothetischer sowie wissenschaftshistorisch dokumentierter Fallbeispiele die Gelegenheit zur Anwendung und Diskussion von Normen und Regeln akademischer Integrität gegeben wird. Das Projekt greift dabei auf die Vorteile eines in der Ethikausbildung für Wissenschaftler anerkannten Ansatzes zurück: Fallstudien dienen nicht nur der Diskussion von historischen Betrugsfällen, sondern insbesondere der Sensibilisierung von aktuellen und potentiellen Wissenschaftlern für die Grauzonen ethischen Verhaltens und für die Problematik von ethischen Entscheidungsfindungen. Sie
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stellen in Dialogform alltägliche Situationen dar, in welchen wissenschaftsethische Entscheidungen zu treffen sind. Solche Konfliktsituationen dienen als Diskussionsbasis und sollen u. a. das Bewusstsein für Situationen erhöhen, in denen Wissenschaftler dazu verleitet werden könnten, sich unethisch zu verhalten.28
Ergänzend zu den genannten Schulungen und Workshops finden an eine breite interessierte Öffentlichkeit gerichtet regelmäßig die Mainzer Tagungen zur akademischen Integrität29 und Round-Table-Veranstaltungen30 zum Themenfeld statt. Aufgrund ihrer transdisziplinären Ausrichtung und der Einladung externer Experten bieten sie eine Möglichkeit zum offenen Dialog des Themas. In Zusammenarbeit mit einem Fach der Sozialwissenschaften der JGU konnte schließlich eine Testreihe zur Leistungsfähigkeit verschiedener Plagiatsdetektionssoftwares abgeschlossen werden. Der Plagiatsdetektionssoftwaretest wird nun in Bezug auf generalpräventive Wirkung erweitert. In den ersten beiden Projektjahren wurden zunächst allein Maßnahmen für den Bereich Studium und Lehre entwickelt. Maßnahmen für den Bereich Forschung werden künftig erarbeitet und durchgeführt.
Ausblick Wurden im Projekt bislang vornehmlich Maßnahmen im Kontext der Universität generiert, sollen diese künftig noch auf den schulischen Bereich ausgedehnt werden. „Denn zweifelsfrei werden die Grundlagen für den ethisch und methodisch korrekten Umgang mit Informationen – und besonders mit dem geistigen Eigentum Anderer – schon lange vor der Aufnahme eines Studiums gelegt.“31 Idealerweise sollten die Grundlagen dafür durch die Vermittlung von Informationskompetenz und darin inkludiert die Erziehung zu wissenschaftlicher Redlichkeit bereits in der Schule gelegt und in der Hochschule ausgebaut werden. Denn „angesichts der steigenden Nachfrage an Hochschulbildung und damit einhergehend der Verpflichtung zur Vermittlung guter Wissenschaftlicher Praxis, wird es in Zukunft vermutlich gerade an der Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule eine der zentralen Herausforderungen sein, ein stärkeres Bewusstsein für akademische Integrität zu schaffen und dieses
28 Mojon-Azzi, Stefania M. u. Daniel Mojon: Ethikausbildung für Wissenschaftler. In Schweizerische Ärztezeitung 84 (2003) H. 37, hier S. 1927. 29 UB Mainz: Webseite zur Akademischen Integrität: Veranstaltungen und Tagungen. https://www. akin.uni-mainz.de/tagungen/(Stand: 29.06.2015). 30 UB Mainz, Veranstaltungen (wie Anm. 29). 31 Schuh, Weg (wie Anm. 13), hier S. 43.
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auch vorzuleben.“32 Die JGU möchte sich dieser Herausforderung durch eine Kooperation mit Schulen im Rhein-Main-Gebiet in Projekten für die gymnasiale Oberstufe und mit einer Verbesserung der Zusammenarbeit der Akteure in Lehramtsstudium, Lehrerausbildung, Schule und Bibliothek stellen. Zur Schaffung grundlegender Strukturen für den Erwerb von Informationskompetenz in der Schule und mit dem Ziel, dass Lehrende in der Schule ihrer Funktion als Multiplikatoren des Themas gerecht werden können, sollen im weiteren Projektverlauf Angebote für Hochschullehrende im Lehramt und für die Lehrerfort- und -weiterbildung erarbeitet werden.
32 Walger, Nadine: lege artis – Wer Werte sät, wird Mehrwerte ernten! Akademische Integrität an der Schnittstelle zwischen Schule und Hochschule. In: Information: Wissenschaft und Praxis 65 (2014) H. 1. S. 20 f.
Jens Hofmann, Stephanie Kolbe
Förderung von Informationskompetenz bei Promovierenden – das Beispiel der Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg Abstract: Der Beitrag wirft einen kursorischen Blick auf die Chancen und Herausforderungen von Informationskompetenzveranstaltungen (IK-Veranstaltungen) für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.1 Es werden zunächst die wichtigsten Planungsschritte skizziert, die es bei der Konzeption und Durchführung von Lehrangeboten für Promovierende zu beachten gilt. Im Anschluss hieran zeigt der Beitrag am Beispiel der Universitätsbibliothek (UB) Erlangen-Nürnberg mögliche Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Umsetzung der hochschuldidaktischen Ausgangsüberlegungen auf. Ziel ist es, einen Überblick über das Spektrum und die organisatorische Integration von IK-Veranstaltungen für Promovierende an der Friedrich-AlexanderUniversität (FAU) Erlangen-Nürnberg zu geben. Keywords: Wissenschaftler, Promovierende, Kooperation, Informationskompetenzveranstaltung, Beratung, Graduiertenschule
Planung von IK-Veranstaltungen für Promovierende Die Vermittlung von Informationskompetenz ist ein Aufgabenfeld, das in den vergangenen Jahren verstärkt von wissenschaftlichen Bibliotheken besetzt wurde. Insbesondere im deutschsprachigen Raum hat man sich dabei aber fast ausschließlich auf die Zielgruppe der Studierenden auf der einen und der Schüler auf der anderen Seite konzentriert. Einzelne Schulungen für Doktoranden und junge Wissenschaftler sind zwar häufig Teil des Dienstleistungsportfolios von Hochschulbibliotheken; ein systematisches und koordiniertes Angebot, das die vielfältigen Bedürfnisse von Promovieren-
1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die geschlechterspezifische Differenzierung verzichtet. Dr. Jens Hofmann ist Leiter der Erziehungswissenschaftlichen Zweigbibliothek, Nürnberg, und Fachreferent für Soziologie und Politikwissenschaft sowie Referent für Informationskompetenz an der UB der FAU. Stephanie Kolbe ist Leiterin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Zweigbibliothek, Nürnberg, und Fachreferentin für Wirtschaftswissenschaften sowie Referentin für Informationskompetenz an der UB der FAU.
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Jens Hofmann, Stephanie Kolbe
den abzudecken versucht, fehlt allerdings vielerorts.2 Für diese Zurückhaltung gibt es mannigfaltige Gründe. Wer sich im Bereich IK-Veranstaltungen für Promovierende engagieren möchte, sieht sich mit einem enormen Aufwand für die Veranstaltungsvorbereitung konfrontiert. Berücksichtigt man dann noch die zu erwartenden niedrigen Teilnehmerzahlen, könnte eine Kosten-Nutzen-Analyse schnell den Schluss eines unrentablen Arbeitsaufwands nahelegen. Die UB Erlangen-Nürnberg hat sich ungeachtet dessen dazu entschlossen, bei ihrem Angebot an IK-Veranstaltungen einen besonderen Fokus auf die oft vernachlässigte Zielgruppe der Promovierenden zu legen. Im Weiteren möchten wir einige wichtige Punkte benennen, die es bei der Konzeption eines Angebots für Promovierende aus unserer Sicht zu berücksichtigen gilt. Im Anschluss hieran werden wir auf die praktische Umsetzung der konzeptionellen Überlegungen an der UB Erlangen-Nürnberg eingehen. Bei der Planung von Lehrveranstaltungen ist generell zu klären, warum, was, für wen, wie und wozu gelehrt werden soll. Die folgenden Planungsschritte sollten demnach bei der Konzeption von Lehrveranstaltungen stets Beachtung finden: – Bestimmung und Analyse der Zielgruppe, – Festlegung von Lehrzielen und geeigneten didaktischen Methoden, – organisatorische Rahmenbedingungen.3
Bestimmung und Analyse der Zielgruppe Am Beginn der Planung von Lehrveranstaltungen steht die Analyse der Zielgruppe. Bei der Analyse gilt es sowohl die Perspektive als Anbieter der Lehrveranstaltung als auch die Perspektive der potenziellen Teilnehmer einzunehmen: Welche Eigenschaften sind für die Zielgruppe aus Sicht der Bibliothek charakterisierend? Müssen Doktoranden überhaupt als eigenständige Zielgruppe angesprochen werden oder lässt sich ihr Schulungsbedarf mittels der bestehenden Angebote für Bachelor- und Masterstu-
2 Zum Fehlen eines koordinierten und auf die Bedürfnisse von Forschenden abgestimmten Angebots an Universitäten in England und Schottland vgl. Research Information Network: Mind the Skills Gap: Information-Handling Training for Researchers (2008). http://www.rin.ac.uk/system/files/attach ments/Mind-skills-gap-report.pdf (Stand: 25.06.2015). Einen kurzen Überblick über Entwicklungen im europäischen und anglo-amerikanischen Raum gibt Rohrmoser, Manuela: Informationskompetenz für Doktoranden und Wissenschaftler. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 313–325. 3 Eine ähnliche Untergliederung der Planungsschritte ist zu finden bei Projekt Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen: Leitfaden für Kurse in Informationskompetenz. http://www.informationskompetenz.ch/doc/e-lib/4_d_leitfaden%20kurse_web.pdf (Stand: 29.06.2015); AG Infor mationskompetenz des BVB: Leitfaden zur Durchführung von Informationskompetenzkursen für Promovierende. http://www.informationskompetenz.de/fileadmin/user_upload/AGIK_Leitfaden_ zur_Durchf%C3 %BChrung_von_Informationskompetenzkursen_f%C3 %BCr_Promovierende_final. pdf (Stand: 29.06.2015).
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dierende abdecken? Welche Einstellung hat die Zielgruppe gegenüber der Bibliothek/ gegenüber dem Thema? Doktoranden lassen sich als Zielgruppe nur schwierig genau spezifizieren. Das liegt zum einen daran, dass sie im Laufe ihres Studiums die Erkenntnisregeln, Arbeits- und Publikationsgepflogenheiten ihrer eigenen Fachkultur verinnerlicht haben und somit teilweise völlig heterogene Bedürfnisse und ein unterschiedliches Informationsverhalten aufweisen.4 Erschwerend kommt der hohe Spezialisierungsgrad von Doktoranden hinzu. Im Gegensatz zu Studierenden, die zunächst einmal in die Grundlagen einer Fachdisziplin eingeführt werden, beschäftigen sie sich mit hochkomplexen Forschungsproblemen. Selbst von wissenschaftlich ausgebildeten Bibliotheksmitarbeitern sind diese Forschungsprobleme in ihrer Tiefe kaum mehr zu überblicken. Entsprechend unmöglich ist es, im Vorfeld einer Veranstaltung die jeweiligen Bedürfnisse der Teilnehmer en détail zu bestimmen. Zum anderen klafft die Schere der Informationskompetenz bei Doktoranden weiter als bei anderen Zielgruppen auseinander. Neben Promovierenden, die bereits über fundierte Kenntnisse verfügen und die lediglich eine punktgenaue Beratung im Hinblick auf Einzelfragen benötigen, finden sich immer auch Nachwuchswissenschaftler mit erheblichen Wissenslücken.5 Haben Doktoranden an einer anderen Universität studiert oder stammen sie aus dem Ausland, fehlen zudem oftmals Kenntnisse über basale Dienstleistungsangebote der Bibliothek. Eine weitere Schwierigkeit, die es bei der Konzeption von Veranstaltungen zu beachten gilt, besteht in der schlechten Erreichbarkeit von Promovierenden mit Informations- und Fortbildungsveranstaltungen. Promovierende leiden fast ausnahmslos unter chronischem Zeitmangel. Je schneller die Promotion abgeschlossen werden kann, umso größer sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Zielgruppe muss also zunächst einmal davon überzeugt werden, dass sich die Zeitinvestition tatsächlich lohnt. Die schlechte Erreichbarkeit liegt aber auch in den mit unterschiedlichen Beschäftigungs- und Finanzierungsverhältnissen einhergehenden universitären Status von Promovierenden begründet.6 Neben der klassischen Individualpromotion,
4 Vgl. Exner, Nina: Research information literacy: addressing original researchers‘ needs. In: The Journal of Academic Librarianship 40 (2014) H. 5. S. 460–466. Einen Überblick über Literatur zum Informationsverhalten junger Wissenschaftler leisten Catalano, Amy: Patterns of Graduate Students‘ information seeking behavior: a meta‐synthesis of the literature. In: Journal of Documentation 69 (2013) H. 2. S. 243–274; Drachen, Thea M. [u. a.]: Literature study on the information behaviour of PhDStudents. http://www.farma.ku.dk/uploads/media/Drachen_et_al_2009_-_lit_study_PhD_info_be haviour.pdf (Stand: 29.06.2015). 5 Vgl. Hanke, Ulrike [u. a.]: Informationskompetenz professionell fördern. Ein Leitfaden zur Didaktik von Bibliothekskursen. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 92 f. 6 Zu den Promotionsbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland vgl. Hauss, Kalle [u. a.]: Promovierende im Profil: Wege, Strukturen und Rahmenbedingungen von Promotionen in Deutschland. Ergebnisse aus dem ProFile-Promovierendenpanel. iFQ-Working Paper No. 13. Berlin: iFQ 2012; Wolters, Miriam u. Sven Schmiedel: Promovierende in Deutschland 2010. Wiesbaden: Statistisches Bun-
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bei der Promovierende entweder an Lehrstühlen bzw. Instituten beschäftigt sind oder aber als Externe lediglich über ein Betreuungsverhältnis mit ihrer Doktormutter bzw. ihrem Doktorvater verfügen, wurden in den vergangenen Jahren vermehrt strukturierte Promotionsprogramme (z. B. Graduiertenschulen und -kollegs) aufgebaut. Eine zentrale Registrierung aller Promovierenden hat sich an vielen Universitäten leider noch nicht etabliert. Insbesondere externe Promovierende kennzeichnet oftmals eine zuweilen komplett fehlende Anbindung an die Universität. Doch selbst Promovierende, die die verschiedenen Einrichtungen der Universität kennen und sich eines Informationsbedarfs bewusst sind, nehmen in den seltensten Fällen die Bibliothek als mögliche Anlaufstelle für ihre Fragen wahr. Mit der Bibliothek wird häufig noch immer ein Ort assoziiert, an dem Bücher ausgeliehen und Lernarbeitsplätze genutzt werden können. Darüber hinausgehende Angebote sind nur wenigen Nutzern bekannt.
Festlegung von Lehrzielen und geeigneten didaktischen Methoden Ein wesentlicher Bestandteil der Planung von Lehrveranstaltungen besteht in der Festlegung von Lehrzielen. Lehrziele beschreiben, welche Kompetenzen die Teilnehmer einer Veranstaltung mit Hilfe welcher Lerninhalte erwerben sollen. Bei der Konzeption von Veranstaltungen für Promovierende gilt es, sich verstärkt Inhalten zuzuwenden, die auf den ersten Blick wenig mit den klassischen Aufgabenfeldern von Hochschulbibliotheken zu tun haben. Traditionell sehen Hochschulbibliotheken ihre Hauptkompetenzen in der Recherche, Beschaffung und Verwaltung wissenschaftlicher Literatur. Natürlich sind dies Fertigkeiten, die sämtliche Wissenschaftler beherrschen und die daher in besonderem Maße Eingang in Schulungen finden sollten. In jüngster Zeit sehen sich Promovierende aber zunehmend auch mit Fragen nach den Vor- und Nachteilen unterschiedlicher Publikationswege konfrontiert. Was gilt es bei der Verbreitung der eigenen Forschungsergebnisse zu beachten? Wann und wo sollte man erstmals publizieren? Welche Auswirkungen haben die jüngsten technologischen Innovationen auf dem Wissensmarkt für die Wissenschaft der Zukunft? Bei der Planung von Lehrveranstaltungen gilt es zudem, Lehrmethoden festzulegen, mit denen bestimmte Lehrziele erreicht werden sollen. Die didaktischen Konzepte sind dabei an die Bedürfnisse und Lerngewohnheiten der Teilnehmer anzupassen. Bei der Auswahl didaktischer Methoden stellen sich dementsprechend die folgenden Fragen: Welche der universitären Lehrformen (Vorlesung, Seminar, Übung) versprechen bei Promovierenden ein erfolgreiches Lehren und Lernen? Wie
desamt 2012. http://www.destatis.de/DE/Publikationen/WirtschaftStatistik/BildungForschungKul tur/PromovierendeDeutschland_62012.pdf?__blob=publicationFile (Stand: 25.06.2015).
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lassen sich Promovierende in der Veranstaltung motivieren? Wie kann Lehre auch mit Promovierenden interaktiv gestaltet werden? Eignen sich unterschiedliche Sozialformen (Einzel-, Partner-, Gruppenarbeit etc.) für die Lehre? Welche Vor- bzw. Nachteile haben Online-Tutorials gegenüber Schulungen?
Organisatorische Rahmenbedingungen Die Planung von Lehrveranstaltungen sollte unter Berücksichtigung der organisatorischen Rahmenbedingungen erfolgen. Das bedeutet: Lehrveranstaltungen müssen an die universitären Gegebenheiten bzw. – soweit möglich – die Gegebenheiten an das eigene Vorhaben angepasst werden. Ein Angebot an Lehrveranstaltungen setzt dabei sowohl kontinuitätsstiftende Arbeitsbedingungen, d. h. die Bereitstellung von Personal, als auch die Akzeptanz innerhalb der Universität bzw. innerhalb der Zielgruppe voraus. Bei der Vorbereitung von Veranstaltungen gilt es also, die folgenden Fragen zu beantworten: Wer ist in der Bibliothek für den Aufbau und die Durchführung der Angebote verantwortlich? Welches Zeitbudget und welche Ressourcen möchte man investieren? Wie lässt sich das Angebot innerhalb der Universität verankern? Welche Vorgaben durch die Promotionsordnung bzw. die Fakultät/den Fachbereich/das Institut sind zu beachten? Wie sollte das Marketing für die Veranstaltungen aussehen? Zu welchem Zeitpunkt und in welchem Rhythmus sollten die Veranstaltungen idealerweise angeboten werden? Welche Räumlichkeiten müssen für die Angebote zur Verfügung stehen und wie sollten diese ausgestattet sein? Gibt es Möglichkeiten der Lernerfolgskontrolle bzw. Evaluation der Veranstaltungen?
IK-Veranstaltungen für Promovierende an der FAU Erlangen-Nürnberg Die UB Erlangen-Nürnberg verfolgt ein gestuftes Schulungskonzept, das die Anspruchsniveaus unterschiedlicher Zielgruppen berücksichtigt. Für Studierende werden sowohl einführende, fächerübergreifende Veranstaltungen in die Bibliotheksbenutzung und Katalogrecherche als auch weiterführende Veranstaltungen zur Recherche in Fachdatenbanken, zur Dokumentlieferung und zur Literaturverwaltung angeboten. Daneben besteht ein breites Angebot an fachspezifischen Veranstaltungen, in dessen Mittelpunkt die Vermittlung von Recherchekompetenzen für das Schreiben von Hausarbeiten und Abschlussarbeiten steht. Für Schülergruppen (11. Klasse, W-Seminar) wurden spezielle Schulungskonzepte entwickelt, die den Teilnehmern erste Einblicke in das Arbeiten mit den Informationsangeboten einer wissenschaftlichen Bibliothek ermöglichen. Komplementiert wird das gestufte Schulungskonzept durch ein Veranstaltungsangebot für junge Nachwuchswissenschaftler.
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Synergien durch Kooperation Seit dem Wintersemester 2010/11 bietet die UB Erlangen-Nürnberg Veranstaltungen für Graduierte und Postgraduierte unter dem Dach des Informations- und Weiterbildungsprogramms der Graduiertenschule an. Die Graduiertenschule ist die zentrale Informations- und Servicestelle für Promovierende und Postdocs aller Fächer und Promotionsformen der FAU Erlangen-Nürnberg. Das Informations- und Weiterbildungsprogramm der Graduiertenschule spannt den Bogen von Veranstaltungen zum wissenschaftlichen Schreiben und Verfassen von Forschungsanträgen bis hin zu Veranstaltungen zum Projektmanagement und zur Mitarbeiterführung und -motivation. Neben der Kooperation mit der Graduiertenschule arbeitet die UB Erlangen-Nürnberg zudem eng mit den ARIADNE Mentoring-Programmen der FAU zusammen. In den ARIADNE Mentoring-Programmen werden Nachwuchswissenschaftlerinnen der Naturwissenschaftlichen, der Technischen, der Medizinischen, der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen und der Philosophischen Fakultät gefördert. Die Graduiertenschule und die ARIADNE Mentoring-Programme übernehmen die Bewerbung der Veranstaltungen (E-Mail-Verteiler, Blog, Facebook, Flyer), das Verwalten der Anmeldungen (Anlegen von Teilnehmerlisten, Bestätigungs- und Erinnerungsmails) sowie die Evaluation der Veranstaltungen.7 Somit ist die UB ausschließlich für die inhaltliche Ausgestaltung der Veranstaltungen und die Bereitstellung der Räumlichkeiten verantwortlich. Die bisherigen Erfahrungen an der FAU haben gezeigt, dass die UB enorm von den Kooperationen mit der Graduiertenschule und den ARIADNE Mentoring-Programmen profitiert. Dank der Kooperationen ist es gelungen, die UB bei Promovierenden als Ansprechpartner sichtbarer zu machen und ihr Schulungsangebot in der Ausbildung wissenschaftlichen Nachwuchses zu verankern. Fortbildungsangebote für Promovierende erfreuen sich vor allem dann einer hohen Nachfrage, wenn es ihnen gelingt, die potenzielle Zielgruppe vom unmittelbaren Nutzen für die eigene wissenschaftliche Arbeit und Karriere zu überzeugen. Die Informations- und Weiterbildungsprogramme der Graduiertenschule und der ARIADNE MentoringProgramme bilden hierfür den idealen Rahmen. Sie beinhalten Veranstaltungen, die größtenteils von Referenten aus der Wissenschaft bzw. mit wissenschaftlichem Hin-
7 Insbesondere die Graduiertenschule ist für Promovierende die erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um die Promotion. Die Voraussetzung für die Etablierung der Graduiertenschule als zentrale Informations- und Servicestelle für Promovierende wurde durch die Rahmenpromotionsordnung der FAU Erlangen-Nürnberg geschaffen. Sie sieht eine verpflichtende Registrierung und Zulassung zu Beginn des Promotionsvorhabens vor. Unabhängig von ihrer Promotionsart (individuelle oder strukturierte Promotion) und ihres Promotionsfachs sind alle Promovierenden in der Promovierendendatenbank docDaten erfasst. Die Promovierendendatenbank unterstützt die Graduiertenschule dabei, ihre Aktivitäten besser auf die aktuelle Situation und den Bedarf der Promovierenden abzustimmen und Promovierende mit Hilfe eines zentralen E-Mail-Verteilers über aktuelle Informations- und Fortbildungsveranstaltungen, Tagungen, Förderprogramme etc. auf dem Laufenden zu halten.
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tergrund abgehalten werden. Darüber hinaus laufen bei der Graduiertenschule und bei den ARIADNE Mentoring-Programmen Anfragen vielfältiger Art ein, die zunächst gefiltert und je nach Zuständigkeit an die entsprechenden Einrichtungen weitergeleitet werden. Die Vernetzung mit der Graduiertenschule erhöht somit die Wahrscheinlichkeit, dass Veranstaltungsanfragen – wenn auch über Umwege – letztendlich auf dem Schreibtisch der UB landen. Die UB erhält auf diese Weise Rückmeldungen aus der Wissenschaft, welche Inhalte gefragt sind und in welchen Bereichen sie sich noch engagieren kann.
Institutionelle Verankerung Im Hinblick auf Planung und Durchführung von Veranstaltungen für Promovierende besteht an der UB Erlangen-Nürnberg eine inhaltlich-organisatorische Aufgabenteilung zwischen den Fachreferaten und dem Referat Informationskompetenz. Während die Veranstaltungen für Graduierte und Postgraduierte abhängig von ihrem thematischen Zuschnitt von dem jeweilig zuständigen Fachreferenten inhaltlich konzipiert und durchgeführt werden, obliegt die Organisation und die konzeptionelle Weiterentwicklung des Gesamtangebots dem Referat Informationskompetenz. Neben der Entwicklung neuer Veranstaltungsformate sowie der Identifizierung und Diskussion von Potenzialen und Problemen bestehender Formate gehören die aktive Kontaktpflege mit unseren Kooperationspartnern und die Außendarstellung unseres Angebots, z. B. gegenüber der Bibliothekskommission, zu den zentralen Aufgaben des Referats Informationskompetenz. Das organisatorische Konzept, das ohne ein festes Schulungsteam auskommt und eine Arbeitsteilung zwischen den Fachreferaten und dem Referat Informationskompetenz vorsieht, weist aus unserer Sicht mehrere Vorteile auf. Erstens ermöglicht es, flexibel auf Anfragen zu reagieren und abhängig von der Zielgruppe und den thematischen Schwerpunkten (disziplinspezifisches) Expertenwissen in die Veranstaltungen einzubringen. Den Fachreferenten eröffnet es zweitens die Chance, sich als kompetente Ansprechpartner für Graduierte und Postgraduierte sichtbarer zu machen. Ein willkommener Nebeneffekt sollte dabei nicht unterschätzt werden: Graduierte und Postgraduierte gehören zumeist dem akademischen Mittelbau an. Durch einen engen Kontakt zu ihnen kann es gelingen, die universitätsinterne Vernetzung der Bibliothek mit den Instituten und Lehrstühlen auszubauen und nachhaltig zu zementieren. Drittens liegt der Vorteil des organisatorischen Konzepts in der Entlastung der Fachreferate von administrativen Aufgaben. Die Fachreferate können sich auf ihre Kernkompetenzen der Bereitstellung und Vermittlung wissenschaftsrelevanter Informationen im eigenen Fachgebiet konzentrieren.
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Veranstaltungsangebot für Promovierende Für die ARIADNE Mentoring-Programme veranstaltet die UB Erlangen-Nürnberg einen Ganztages-Workshop zum Thema Wissenschaftliches Publizieren. Im Workshop werden Themen wie Verlagsauswahl, Open Access-Publikationen, Verfahren zur Qualitätssicherung, Finanzierung, Marketing sowie rechtliche Aspekte des Publizierens in kompakter Form angesprochen. Inhaltlich sind die Workshops auf die Publikationskulturen der jeweiligen fachlichen Zielgruppe abgestimmt. Im Rahmen des Informations- und Weiterbildungsprogramms der Graduiertenschule bietet die UB Erlangen-Nürnberg zudem Veranstaltungen in den Schulungsfeldern Literaturrecherche und -verwaltung auf der einen und Publikation/Kommunikation von Forschungsergebnissen auf der anderen Seite an. Im Kurs Die Kunst des effizienten Recherchierens werden sowohl Grundprinzipien der Recherche als auch typische Recherchefehler behandelt. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Kurse haben wir uns für einen fächerübergreifenden Ansatz entschieden. Um der Gefahr geringer Teilnehmerzahlen entgegenzuwirken, wenden sich die Veranstaltungen jeweils an Promovierende der einzelnen Fakultäten. Bisher wurden Recherchekurse für die Philosophische, die Technische und die Naturwissenschaftliche Fakultät entwickelt. Als didaktische Methode kommt dabei die Methode des problembasierten Lehrens und Lernens zum Einsatz. In den bis zu 4-stündigen Veranstaltungen stehen die Teilnehmer vor der Aufgabe, ausgehend von ihrem Vorwissen praxisnahe und fächergruppentypische Rechercheprobleme zu bearbeiten (Recherche nach Publikationen eines Autors; Recherche nach Sekundärliteratur zu einem Autor/einer Theorie/einem Werk eines Autors; Suche nach Rezensionen; Rezeption von Publikationen in der Scientific Community; Lokalisieren zentraler Zeitschriften zu einem Themenbereich etc.). Der Fokus der Veranstaltung liegt somit weniger auf der Vermittlung eines umfassenden Wissens zu ausgewählten Recherchetools. Vielmehr sollen die Teilnehmer einen Überblick über mögliche Herangehensweisen an typische Fragestellungen der wissenschaftlichen Literatur- und Informationsrecherche erhalten. Die Aufgabe des Kursleiters besteht dabei darin, den Bearbeitungsprozess zu begleiten und zu steuern sowie bei Bedarf auf typische Recherchefallstricke hinzuweisen. Das hier kursorisch vorgestellte Konzept bringt aus unserer Sicht drei Vorteile mit sich: Es eröffnet erstens Einblicke in die Fähigkeiten der Teilnehmer. Es bietet zweitens die Möglichkeit, durch direktes Feedback und korrigierendes Eingreifen auf Fehler und Fallstricke hinzuweisen. Es ermöglicht drittens ein fallbezogenes, am Vorwissen der Promovierenden ansetzendes Lernen. Die Teilnehmer werden auf diese Weise in die Lage versetzt, wechselseitig von den Erfahrungen und Fehlern der anderen zu lernen. Die übrigen Schulungsangebote sind als Informationsveranstaltungen konzipiert und haben eher Vorlesungscharakter. Vor dem Hintergrund des Zeitmangels von Promovierenden eignet sich diese Lehrform besonders gut, um in relativ kurzer Zeit
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einen komplexen Themenbereich zu behandeln und die Teilnehmer gezielt für relevante Problemstellungen zu sensibilisieren. Trotz ihres Vorlesungscharakters sehen die Veranstaltungen genügend Raum für einen Erfahrungsaustausch und zur Diskussion vor. Auf diese Weise soll ein einseitiges Lehrer-Schüler-Verhältnis zwischen Dozierenden und Teilnehmenden vermieden werden. Die Veranstaltung Wissenschaftlich Arbeiten mit EndNote zeigt Möglichkeiten auf, wie sich das Literaturverwaltungsprogramm in den Publikationsprozess von Wissenschaftlern integrieren und effizient nutzen lässt. Die Schwerpunkte der Veranstaltung liegen dabei einerseits auf der Darstellung typischer Probleme, die mit dem Import von „unsauberen“ Literaturreferenzen aus Fachdatenbanken einhergehen, und andererseits auf der Präsentation von Funktionen, die das gemeinsame Arbeiten an einer Publikation unterstützen. In der Veranstaltung Publish or Perish – Wissenschaftliche Publikationen und ihre Qualitätsbewertung werden zum einen die wichtigsten bibliometrischen Kennzahlen (Journal Impact Factor, H-Index) dargestellt und ihr Aussagewert kritisch beurteilt. Zum anderen lernen die Teilnehmer, einfache bibliometrische Analysen selber durchzuführen. Sie erhalten auf diese Weise einen Einblick, worauf man als junger Wissenschaftler bei einer Publikation zu achten hat. Die Veranstaltung Open Access an der FAU geht auf die an der FAU geltenden Förderungsvoraussetzungen von Open Access-Publikationen ein. Die Teilnehmer erhalten hierbei Antworten auf alle relevanten rechtlichen und organisatorischen Fragen und bekommen zudem aktuelle Hintergründe und Trends aufgezeigt. Das Seminar Soziale Netzwerke für Wissenschaftler stellt die wichtigsten sozialen Netzwerke für Wissenschaftler mit Schwerpunkten auf den Netzwerken ResearchGate. net und Academia.edu vor. Es wird zum einen darauf eingegangen, welche Vorteile diese Netzwerke den registrierten Wissenschaftlern für die wissenschaftliche Arbeit und Karriere bieten. Zum anderen wird thematisiert, welche potenziellen Probleme (z. B. in punkto Datenschutz) mit der Nutzung der Netzwerke verbunden sind.
Individuelle Beratung: Der UB Coach Neben dem Bedarf nach Schulungsveranstaltungen, die in einen Themenkomplex allgemein einführen bzw. diesen vertiefen, besteht bei Wissenschaftlern immer auch eine Nachfrage nach zeitnahen, an persönlichen Problemstellungen orientierten Beratungsangeboten. Um diesem Bedarf gerecht werden zu können, wurde das Online-Anmeldesystem UB Coach entwickelt.8 Mit dem UB Coach bietet die Bibliothek allen Angehörigen der Universität die Möglichkeit, zeitnah eine individuelle Bera-
8 Bei der Entwicklung des Angebots haben wir uns eng am Konzept der Wissensbar der SLUB Dresden orientiert: http://www.slub-dresden.de/service/wissensbar/ (Stand: 29.06.2015).
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Jens Hofmann, Stephanie Kolbe
tung in den Bereichen Recherche, Publizieren, Urheber-, Lizenz- und Verlagsrecht sowie Wissenschaftliches Arbeiten und Vernetzen wahrzunehmen. Die Themenbereiche vollziehen den Forschungsprozess von der Informationsrecherche bis hin zur Publikation und Kommunikation der Forschungsergebnisse nach. Über die OnlinePlattform können Beratungstermine direkt bei den Mitarbeitern der UB ausgewählt werden, die über das größte Expertenwissen zum jeweiligen Themengebiet verfügen. Die Beratungen dauern in der Regel 30 Minuten, können je nach Fragestellung aber auch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Um den Experten die gezielte Vorbereitung auf den Termin zu ermöglichen, kann über die Buchungsoberfläche eine kurze Beschreibung der Problemstellung mitgeliefert werden. Das Konzept trägt in besonderem Maße den spezifischen Anforderungen der Wissenschaftler Rechnung. Zeitlich passt sich die auf 30 Minuten ausgelegte Beratungssitzung viel besser in den gedrängten Terminplan der Wissenschaftler ein als ein mindestens 90-minütiges Schulungsangebot, bei dem der Veranstaltungstermin nicht individuell gewählt werden kann.9 Die Beratungen werden überwiegend von den Fachreferenten der UB durchgeführt.
Resümee An der UB Erlangen-Nürnberg ist es in den letzten fünf Jahren in Kooperation mit der Graduiertenschule und den ARIADNE Mentoring-Programmen gelungen, ein umfangreiches Schulungs- und Beratungsangebot für Nachwuchswissenschaftler aufzubauen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Etablierung eines passgenauen und differenzierten Angebots für die Zielgruppe der Promovierenden unbestreitbar Vorteile bietet: Mit dem Angebot erweitern wissenschaftliche Bibliotheken zum einen ihr Kompetenzspektrum. Sie eröffnen sich auf diese Weise die Chance, innerhalb der Hochschule neue Felder zu besetzen und damit nicht zuletzt ihr Ansehen zu steigern. Zum anderen sind Promovierende meist sehr gut vernetzt und geben das in Kursen und Beratungen erlernte Wissen – teils unbewusst – an andere Wissenschaftler und an Studierende weiter. Durch den Aufbau persönlicher Netzwerke finden Bibliotheksveranstaltungen zudem leichter Eingang in die Curricula. Um sich als Ansprechpartner der Promovierenden zu etablieren, ist es empfehlenswert, dass sich die Bibliothek innerhalb der Hochschule mit anderen zentralen Einrichtungen wie dem Forschungsreferat oder der Graduiertenschule vernetzt und ihre Dienstleistungen über diese Kanäle in die Hochschule hineinträgt.
9 Vgl. Catalano, Patterns (wie Anm. 4), hier S. 269.
Lernen und Lehren in der Bibliothek Informationskompetenz wird wesentlich, wenn auch keineswegs ausschließlich, durch die entsprechenden Bildungsveranstaltungen Öffentlicher und Wissenschaftlicher Bibliotheken gefördert. Sie entwickeln sich immer stärker zu Teaching Libraries und zu Lernorten, die in weitere institutionelle Zusammenhänge in der Hochschule, in der Stadt oder in der Kommune eingebunden sind. Kooperationen mit Medien- und Rechenzentren, mit Lernlabors oder mit Volkshochschulen wirken dabei verstärkend und ausweitend zugleich, denn Informationskompetenz beschränkt sich nicht auf Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten nur im Raum von Bibliotheken. Allerdings sind diese als Speicherort von Quellen, Beständen und Sammlungen jeglicher Art sowie als Zentrum für digitale Informationszugänge dazu prädestiniert, sich aktiv an der Entwicklung der für die Nutzung dieser Ressourcen und Service Informations- sowie Medienkompetenz zu beteiligen. Zu berücksichtigen sind dabei die zielgruppenspezifischen Nachfragestrukturen sowie das Informationsverhalten, beispielsweise der Generation Y. Allerdings bedarf es dazu nicht unbedingt einer neuen Bibliothekspädagogik, sondern des Einsatzes aktivierender Lehrmethoden und flankierend dazu des E-Learning. Die notwendigen Grundlagen zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz bietet eine Bibliotheksdidaktik, die ausgehend von geeigneten Modellen der Informationskompetenz und basierend auf dem „bibliothekarischen Bezug“ zwischen Teaching Librarians und den Lernenden unterschiedlicher Zielgruppen die motivations- und lernpsychologischen Essentials sowie ein bibliotheksdidaktisches Rahmenmodell enthält. Im Sinne von Best Practice werden nachfolgend auch lokale Bibliotheksmodelle für die Förderung der Informationskompetenz und der
Lernens beschrieben, so das „Wissenstor“ als Lernzentrum der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Den Blick auf Konzeptionen und Modellbeispiele Öffentlicher Bibliotheken zur Schaffung neuer Lernräume, auch an der Schnittstelle zur Volkshochschule, eröffnet ein weiterer Artikel. Die Förderung von Informationskompetenz in Öffentlichen Bibliotheken mit dem Spiralcurriculum ist ebenso Gegenstand dieses Handbuchkapitels wie die Überlegungen zum immer wichtiger werdenden Verhältnis zwischen Informationskompetenz und intergenerationellem Lernen. Situationsorientierte Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz beinhaltet das FIT-Konzept der UB Heidelberg, den innovativen Ansatz, Informationskompetenz als Kuratierung von Wissensräumen neu zu definieren, realisiert die UB Tübingen. Schließlich darf die Qualifizierung und das Tätigkeitsportfolio derer, die die Entwicklung von Informationskompetenz durch Kurse und Schulungen im Kern vorantreiben, nicht fehlen. Die Frage ist, welche Qualifikationen Bibliothekarinnen und Bibliothekare zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz benötigen und wie Teaching Librarians (für Wissenschaftliche Bibliotheken) im Rahmen der Ausund Weiterbildung qualifiziert werden sollen.
Detlev Dannenberg
Eine neue Bibliothekspädagogik für die Generation Y? Abstract: Der Beitrag betrachtet zunächst kritisch die Bezeichnungen und Merkmale, die der Generation Y zugewiesen werden, anschließend deren Medien- und Informationsverhalten. Nach einer kurzen Beurteilung der Edutainment-Angebote werden Prinzipien der konstruktivistischen Didaktik dargestellt. Im Abschnitt „Bibliotheks pädagogik“ werden unterschiedliche aktivierende Methoden beschrieben, mit denen auch auf die Bedarfe der Generation Y eingegangen wird. Abschließend wird ein Beispiel illustriert, wie ein E-Learning-Angebot optimal in das Curriculum einer Hochschule eingebunden wurde. Keywords: Aktivierende Methoden, Bibliothekspädagogik, Edutainment, E-Learning, Generation Y, Konstruktivistische Didaktik
Merkmale der Generation Y Junge Menschen, die ca. zwischen 1984 und 1994 geboren wurden, werden als Generation Y („Why“ erstmals Gross 19931) bezeichnet, da sie Werte und Verhältnisse in Frage stellen, die bisher als selbstverständlich galten2. So beschreibt sie Opaschowski3: „Sie surfen in 90 Sekunden um die Welt, telefonieren in allen Lebenslagen, stehen ständig unter Strom und gehen den Mitmenschen nicht selten auf die Nerven.“ Spätestens seit den Zeiten Sokrates‘ sind diese Klagen über die nachfolgende Generation bekannt, diesem wird zugeschrieben: „Unsere Jugend liebt den Luxus, hat schlechte Manieren, missachtet die Autorität und hat keinen Respekt vor dem Alter. Die heutigen Kinder sind Tyrannen. Sie widersprechen den Eltern, schlürfen beim Essen und wollen alles besser wissen als ihre Lehrer.“4
1 Gross, Jane: Generation Y. In: Advertising Age (1993) H. 36. S. 16. 2 Parment, Anders: Die Generation Y: Mitarbeiter der Zukunft. Herausforderung und Erfolgsfaktor für das Personalmanagement. Wiesbaden: Gabler 2009, hier S. 13. 3 Opaschowski, Horst W.: Generation @ – die Medienrevolution entläßt ihre Kinder. Leben im Informationszeitalter. Hamburg: British American Tobacco 1999, hier S. 168. 4 Zitate.eu: Zitat von Sokrates http://www.zitate.eu/de/zitat/220995/-sokrates (Stand: 21.06.2015). Detlev Dannenberg ist Diplombibliothekar und wissenschaftlicher Angestellter an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Er veranstaltet u. a. Kurse in wissenschaftlichem Arbeiten für Studierende und Fortbildungen für Bibliothekarinnen und Bibliothekare.
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Andere Publikationen benutzen abweichende Zeitspannen und Namen, u. a.: Generation @ (Opaschowski 19995), Generation Doof (nicht ganz ernst gemeint von Bonner 20086) Generation Praktikum (Grühn 20087), Generation Alkopops (Bartsch 20118), Generation Wodka (Büscher 20119), Generation Facebook (Leistert 201110). Fazit: „Die Geburtenrate in Deutschland ist niedrig, aber die Generationenrate ist hoch“ (Gutsch 201111). Unterschiedliche Studien weisen der Generation Y folgende besondere Merkmale zu: die Fähigkeit, Informationen über das Internet zu gewinnen, neue Technologien, insbesondere soziale Netzwerke, ungezwungen zu nutzen, sowie egoistisch, selbstbewusst, erlebnisorientiert und konsumfreudig zu sein. Ihre Mitglieder arbeiten vorzugsweise in Gruppen, schätzen viele Wahlmöglichkeiten und fordern häufiges Feedback. Sie sind bereit viele und breit angesiedelte Erfahrungen zu machen und sich auf häufige Arbeitsplatzwechsel einzustellen.12 Es sind ihnen besonders wichtig: ein sicherer Arbeitsplatz, Arbeit, die Spaß macht, gute Aufstiegsmöglichkeiten und dass sie sich ihre Arbeit inhaltlich weitgehend einteilen können.13 Inzwischen werden auch einzelne Untergruppen definiert, z. B. „GYPSYs“ – „GenY Protagonists & Special Yuppies“, deren Mitglieder „unfassbar anspruchsvoll, aber Traumtänzer sind“14. Nicht immer wird bei diesen Auflistungen bedacht, dass Medienkompetenz und Selbstbewusstsein deutliche Unterschiede innerhalb der sozialen Schichten zeigen.15
5 Opaschowski, Generation @ (wie Anm. 3). 6 Bonner, Stefan u. Anne Weiss: Generation Doof. Wie blöd sind wir eigentlich? Bergisch Gladbach: Bastei Lübbe 2008. 7 Grühn, Dieter u. Heidemarie Hecht: Hochschulabsolventen in der Grauzone des Arbeitsmarktes? Mythos Generation Praktikum. Abschlussbericht des Projektes „Generation Praktikum“ – prekäre Beschäftigungsformen von Hochschulabsolventinnen und -absolventen. Düsseldorf: Hans-BöcklerStiftung 2008 (Arbeitspapier 157). 8 Bartsch, Gabriele: Generation Alcopops – Jugendliche zwischen Marketing, Medien und Milieu. Freiburg i. Br.: Lambertus 2011. 9 Büscher, Wolfgang [u. a.]: Generation Wodka – wie unser Nachwuchs sich mit Alkohol die Zukunft vernebelt. Aßlar: adeo 2011. 10 Leistert, Oliver u. Theo Röhle (Hrsg.): Generation Facebook: über das Leben im Social Net. Bielefeld: transcript 2011. 11 Gutsch, Jochen-Martin: Wohlsein. In: Der Spiegel (2011) H. 35. S. 60. 12 Parment, Generation Y (wie Anm. 2), hier S. 15–16. 13 Zok, Klaus [u. a.]: Babyboomer und Generation Y als Beschäftigte. Was eint, was trennt? In: Erfolgreiche Unternehmen von morgen – gesunde Zukunft heute gestalten. Zahlen Daten, Analysen aus allen Bereichen der Wirtschaft. Hrsg. von Bernhard Badura [u. a.]. Berlin: Springer 2014 (FehlzeitenReport 2014). S. 47–59, hier S. 57. 14 Urban, Tom: Warum die Generation Y so unglücklich ist. Übersetzt von Pia Frey. http://m.welt.de/ icon/article133276638/Warum-die-Generation-Y-so-ungluecklich-ist.html (Stand: 21.06.2015). 15 Rump, Jutta u. Silke Eilers: Die jüngere Generation in einer alternden Arbeitswelt. Baby-Boomer versus Generation Y. Sternenfels: Verl. Wissenschaft und Praxis 2013. S. 174.
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Medien- und Informationsverhalten Bezogen auf das Medien- und Informationsverhalten werden junge Menschen, die in den 90er Jahren geboren wurden, „Net Generation“ (Tapscott 199816) oder „Google Generation“ (Gunter 200917) genannt. Sie nutzen seltener das Fernsehen und häufiger dynamische interaktive Medien. Das Internet dient sowohl als Quelle für Informationen als auch zur Unterhaltung und wird als Kommunikationsinstrument genutzt.18 Die JIM-Studie 2014 ermittelte tägliche Nutzung des Handys bei 87 % der Befragten, des Internet bei 81 %, von MP3 bei 59 %, des Fernsehens bei 57 % und des Radios bei 53 %.19 Nicholas [u. a.] kamen 2010 in ihrer BBC-Studie zu den Ergebnissen: Das Suchverhalten der Google Generation scheint sich stark von dem vorangegangener Generationen zu unterscheiden. Sie bekennt, sich weniger bewusst zu sein über ihre Suchabläufe. Das zeigt sich u. a. darin, dass sie weniger Seiten liest, weniger Domains besucht und insgesamt weniger sucht. Die Suchergebnisse werden eher durch cut and paste zusammengestellt. Ihr Arbeitsgedächtnis ist weniger umfangreich und sie sind weniger Multi-tasking-fähig. Beides kann Auswirkungen auf die Online-Recherchen haben.20 Allerdings werden die Suchabläufe auch von der beruflichen und gesellschaftlichen Position sowie dem wissenschaftlichen Zusammenhang beeinflusst.21 Promovierende der Generation Y scheinen sich selten der Urheber oder des Titels einer elektronischen Ressource bewusst zu sein. Es herrscht ein großer Mangel an Verständnis für Open Access- und selbstarchivierte Quellen.22 Die ständige Verfügbarkeit von Informationen verführt Lernende dazu jeweils weniger Informationen aufzunehmen („muss ich mir nicht merken, ich weiß ja, wo ich es finde“) und im Plenum weniger die Lehrenden zu fragen, sondern eher unter dem Tisch mit dem mobilen Gerät bei Google nachzuschlagen (s. Abbildung 1).
16 Tapscott, Don: Growing up digital. The rise of the net generation. New York, NY: McGraw-Hill 1998. 17 Gunter, Barrie [u. a.]: The Google Generation. Are ICT innovations changing information-seeking behavior? Oxford: Chandos 2009. 18 Gunter, Google Generation (wie Anm. 17), hier S. 84. 19 MPFS, Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.): Medienbeschäftigung in der Freizeit (JIM-Studie 2014). http://www.mpfs.de/index.php?id=642 (Stand: 21.06.2015). 20 Nicholas, David [u. a.]: Google Generation II – web behaviour experiments with the BBC. In: Aslib Proceedings (2011) H. 1. S. 28–45, hier S. 28. 21 Boukacem-Zeghmouri, Chérifa & Joachim Schöpfel: Beyond the Google generation. Towards community-specific usage patterns of scientific information. In: Trends, Discovery, and People in the Digital Age. Ed. by David Baker & Wendy Evans. Oxford: Chandos 2013. S. 137–151. http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9781843347231500097 (Stand: 21.06.2015), hier S. 148. 22 JISC & British Library (Eds.): Researchers of tomorrow. The research behavior of Generation Y doctoral students. http://www.jisc.ac.uk/publications/reports/2012/researchers-of-tomorrow.aspx (Stand: 21.06.2015).
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Abb. 1: Lieber googeln als fragen (Symbolfoto).
Schulmeister (2008) fasst seine ausführliche Auseinandersetzung mit den Diskrepanzen und Widersprüchen in der Debatte um die Netzgeneration u. a. so zusammen: Die Beschäftigung der Kinder und Jugendlichen mit Medien ist nur ein integrierter Teil ihrer gesamten Freizeitaktivitäten, deren primäres Ziel das Gewinnen von Freundschaften und das Zusammensein mit Freunden ist. Wer seinen Fokus ausschließlich auf die Medien richtet, kann diesen wichtigen Bezug zur Sozialisation der Jugendlichen übersehen. […] In dem so beschriebenen Bild der jugendlichen Aktivitäten ist nichts Ungewöhnliches zu sehen. Die Tatsache, dass heute andere Medien genutzt werden als in früheren Zeiten, rechtfertigt es nicht, eine ganze Generation als andersartig zu mystifizieren. Im Gegenteil, die Generation, die mit diesen neuen Medien aufwächst, betrachtet sie als ebenso selbstverständliche Begleiter ihres Alltags wie die Generationen vor ihr den Fernseher, das Telefon oder das Radio.23
Edutainment Den Interessen der Netzgeneration nachzukommen, verspricht die EdutainmentIndustrie. Deren Produkte bergen aber die Gefahren der oberflächlichen Aneignung von Lernhäppchen, zerstückelten Pseudofakten und Sensationen ohne Kontext und Hintergrund. Aufgenommen und kurzzeitig behalten wird das, was gerade angesagt,
23 Schulmeister, Rolf: Gibt es eine »Net Generation«? Version 2.0 2008. Hamburg: Universität, Zentrum für Hochschul- und Weiterbildung. http://www.zhw.uni-hamburg.de/zhw/?page_id=148 (Stand: 21.06.2015). S. 116–117.
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leicht verfügbar, vorrangig platziert und grell dekoriert ist. In solchen Lernumgebungen ist es wenig verwunderlich, dass nachlassende Konzentrationsfähigkeit, fehlende Ausdauer und Entdeckerfreude bei Lernenden beklagt werden.24 Während der Fokus bei Edutainment-Angeboten auf dem Trainieren von Fähigkeiten bzw. basalen Kompetenzen, über die man bereits verfügt, z. B. rechnen, lesen, schreiben, liegt, ist bei Serious Games, also ernsthaften Spielen, das Lernen neuer Fähigkeiten und Kompetenzen zentral. Während bei Edutainment-Titeln in der Regel der Spielteil als Belohnung für das Gelernte erfolgt, also nicht integrativer Bestandteil dessen ist, was man lernt, werden bei Serious Games die Lerninhalte und -aufgaben („educational missions“) in die Spielwelt integriert.25 Über Serious Games wurde – unabhängig von Computerspielen – schon seit dem Anfang der 1970er Jahre diskutiert, erstmals beschrieb Clark C. Abt, wie Serious Games in der Bildung eingesetzt werden können, allerdings noch mit dem Fokus auf (Flug-)Simulationen.26
Konstruktivistische Didaktik An der herkömmlichen Lernkultur wird insbesondere bemängelt: die Trennung von Lehren und Lernen, die Synchronizität des Lernens, der einseitige Methodenbesitz und die Fixierung auf Lerngegenstände. Lebenslanges Lernen wird aber nur mit geänderter Lernkompetenz ermöglicht. Diese besteht aus der Selbststeuerungskompetenz, der Kooperationskompetenz und der Medienkompetenz. Ermöglicht wird sie durch konstruktivistische Ansätze, i. B. aktivierende, aneignungsförderliche Formen der Wissensaneignung, Einbindung von Selbstlernphasen mit Hilfe digitaler Medien (Blended Learning) sowie Anregung von selbstgesteuertem Lernen und kompetenzbildender Inhalte.27 Die konstruktivistische Didaktik lässt die Lernbedingungen stärker von den direkt betroffenen Personenkreisen (wie Schüler, Lehrer und Eltern) und nicht nur von Experten definieren und bestimmen. Dabei sind Lernbedingungen aus konstruktivistischer Sicht keine externen Bedingungen, die als unveränderbar oder überwiegend von außen kommend anzusehen sind. Selbstorganisiertes Lernen bedingt eine
24 Kübler, Hans-Dieter: Mythos Wissensgesellschaft – gesellschaftlicher Wandel zwischen Information, Medien und Wissen. Eine Einführung. 2., durchges. u. erw. Aufl. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009. S. 192. 25 Egenfeldt-Nielsen, Simon: Beyond edutainment – exploring the educational potential of computer games. Selbstverlag bei www.lulu.com 2010. Zugl.: Diss. Copenhagen, IT-Univ., 2005, hier S. 18. 26 Abt, Clark C.: Serious Games. New York: Viking Press 1970, hier S. 15. 27 Arnold, Rolf u. Anita Pachner: Konstruktivistische Lernkulturen für eine kompetenzorientierte Ausbildung künftiger Generationen. In: Bildung der Generationen. Hrsg. von Thomas Eckert [u. a.]. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011. S. 299–307. http://dx.doi.org/10.1007/978-3-53192837-1 (Stand: 21.06.2015), hier S. 300–305.
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eigene Verfügung über die vorhandenen materiellen Mittel, über die Raum-und Zeitplanung, die Verwendung von Ressourcen und die Einsetzung der Personalkräfte in einem flexiblen Rahmen.28 Eine gute Lernumgebung ermöglicht es, Handlungsebenen des Lernens vielseitig zu gestalten und Handlungsstufen des Lernens gezielt zu planen. Sie soll kreatives Lernen fördern, soziales Lernen immer beachten, situiertes Lernen als Rahmenkonzept nutzen, emotionales Lernen als Beziehungslernen sehen und positiv entwickeln, individuelles Lernen als diverses Lernen ermöglichen, Lernkontrollen sinnvoll auf Handlungskontexte abstimmen und Wirkungen des Lernens evaluieren.29
Bibliothekspädagogik Diese reformpädagogischen Ansätze sind seit langem bekannt und vielfach in Bibliotheken umgesetzt. Geändert hat sich lediglich der Einsatz digitaler Medien. Bibliothekspädagogische Veranstaltungen versprechen dann eine nachhaltige Wirkung, wenn sie fest in das Curriculum eines Bildungsträgers eingebunden sind und die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit zumindest teilweise begleiten. Die Methoden sind handlungsorientiert und aktivierend und ermöglichen einerseits eine gewisse Selbststeuerung der Lernenden und andererseits den Austausch untereinander.30 Die Lehrenden sind Lernermöglicher (facilitators), stellen Lernräume zur Verfügung, die forschendes Lernen und den Austausch fördern, und geben individuelle Unterstützung. Sie sind Partnerinnen oder Partner im Lernprozess.31 Die bibliothekspädagogische Veranstaltung ist mehr als reines Informieren einer großen Lerngruppe zu einem bestimmten Thema: Lernziel ist die Erlangung von Fertigkeiten im Umgang mit Informationen. Fertigkeiten können aber nur mit dem Einsatz von handlungsorientierten, aktivierenden Methoden erlernt werden: Die Einzelarbeit fördert die Selbstständigkeit in individuellem Lernrhythmus. Die Gruppenarbeit bezieht alle Teilnehmenden ein und motiviert sie damit, unterschiedliche Kenntnisse werden angeglichen. Die Karussellmethode ist eine Kombination aus Kleingruppen- und Stationenarbeit: In einer ersten offenen Phase machen sich die Teilnehmenden zu Expert/inn/en an einer Station, an der sie anschließende andere Teilnehmende bei der Lösung von Aufgaben unterstützen. Während bei der herkömmlichen Gruppenarbeit die Grup-
28 Reich, Kersten: Konstruktivistische Didaktik. Das Lehr- und Studienbuch mit Online-Methodenpool. 5., erweiterte Aufl. Weinheim: Beltz 2012, hier S. 232. 29 Reich, Didaktik (wie Anm. 28), hier S. 235–237. 30 Dannenberg, Detlev: Prinzipien http://www.lik-online.de/prinzipien.shtml (Stand: 21.06.2015). 31 Prensky, Marc: Teaching digital natives. Partnering for real Learning. Thousand Oaks, CA: Corwin 2010.
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penergebnisse im ganzen Plenum von einer Sprecherin oder einem Sprecher präsentiert werden und die anderen Teilnehmenden relativ unbeteiligt bleiben, werden beim Karussell alle Teilnehmenden gleichermaßen aktiviert. Da Anwenden und Erklären so viel lerneffektiver sind als nur Lesen oder Zuhören, ist die effektivste Lernmethode die, die alle Teilnehmenden dazu bewegt, sich selbst etwas zu erarbeiten und das Gelernte dann anderen zu erläutern.32 Die Vortragsphasen werden aktivierend gestaltet: Statt einfacher Abstimmung per Handaufheben, bei denen im Allgemeinen die Mehrheit den Peers folgt, kann die Kartenabfrage (Flash Cards, s. Abbildung 2) eingesetzt werden: Alle Lernenden erhalten je ein DIN-A4-Blatt mit den Ziffern 1, 2, 3 und 4. Für die Abstimmung werden 4 Antwortmöglichkeiten gezeigt, z. B. „1 = Ist das ein Plagiat?“, „2 = Ist das eine Täuschung?“, „3 = Ist das gute wissenschaftliche Praxis?“ oder „4 = Ist das schlechte wissenschaftliche Praxis?“ Die Lernenden falten ihr Blatt und halten auf Aufforderung die von ihnen gewählte Ziffer hoch. An vielen Hochschulen werden zum gleichen Zweck Clicker eingesetzt, so wie in einschlägigen Fernsehshows. Flash Cards und Clicker geben starke Impulse zum Mitdenken und zur Mitarbeit.
Abb. 2: Abstimmung mit Flashcards.
32 Dannenberg, Detlev: Karussell. http://lik-online.de/ppt/karussell/frame.html (Stand: 21.06.2015).
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Die Moderationsmethode bietet die Möglichkeit, Gruppenergebnisse zu erzielen, die von allen Teilnehmenden anerkannt werden, nimmt aber zur Durchführung erheblich mehr Zeit in Anspruch.33
E-Learning Der Mehrwert von E-Learning ergibt sich aus dem Kompetenzgewinn, den die Lernenden und Lehrenden durch Erstellung, Bereitstellung, Abruf, Bearbeitung und sozialen Austausch realisieren. Multimedia und Internet erlauben die Einbindung von Texten, Bildern, Tönen, Filmen, die digitale Speicherung ermöglicht eine einfache Mehrfachverwendbarkeit. „Negativer Mehrwert“ kann sich ergeben bei Mangel an Selbstlern- und E-Learning-Kompetenz, negativen Rahmenbedingungen (z. B. mangelhafter Förderung) und fehlender Motivation.34 Die Unabhängigkeit von Raum und Zeit ist ein großer Vorteil des E-Learnings, kann aber bei fehlender Motivation, Kontrolle und Unterstützung zu Prokrastination führen. An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) werden Studierende des Studiengangs „Außenhandel/Internationales Management“ im 2. Semester im Kurs „Academic Writing and Research“ bei der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit von Lehrenden von der Entwicklung der Fragestellung bis zur Publikation begleitet. Die Prüfungsleistung besteht in der Erstellung von Exposé, Rechercheprotokoll, Hausarbeit und Poster. Die Methoden bestehen in diesem Blended-Learning-Verfahren in Präsenzveranstaltungen, E-Learning, Exkursion zur Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften, Coaching und Posterpräsentation. Der Hochschulinformations- und Bibliotheksservice (HIBS) der HAW unterstützt als Tutor diesen Kurs mit zwei Modulen im Lernraum „Recherchekompetenz“ auf der E-Learning-Plattform der HAW. Im Grundlagenmodul werden wichtige Recherchetechniken (Trunkieren, Operatoren, Phrasen, Schlagwörter, Klassifikation) vorgestellt und an Beispielen erläutert. Die Studierenden können in jedem Abschnitt ihren Lernfortschritt im Recherchecafé selbst überprüfen. Dort sollen sie sich u. a. vorstellen, dass sie schlag* in der Ressource eingeben und sollen in einer Liste mit unterschiedlichen Kaffeespezialitäten diejenigen markieren, in deren Beschreibungen Schlagsahne oder Schlagobers vorkommen (s. Abbildung 3). Sie erhalten eine Bestätigung oder einen weiteren Hinweis zur Problemlösung. Dieses Grundlagenmodul ist mit ca.
33 Dannenberg, Detlev u. Jana Haase: In 10 Schritten zur Teaching Library. In: Teaching Library. Eine Kernaufgabe für Bibliothekare. Hrsg. von Ute Krauß-Leichert. 2., durchges. Aufl. Bern: Lang 2008. S. 101–135, hier S. 112–116. 34 Kalternbaek, Jesko: Durch E-Learning und E-Informing Lehrveranstaltungen optimieren. In: Neues Handbuch Hochschullehre. Lehren und Lernen effizient gestalten. Hrsg. von Brigitte Berendt [u. a.]. Losebl.-Ausg. Stuttgart: Raabe 2003. Kapitel D 3.10, hier S. 8.
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500 Studierenden pro Jahr eines der bestgenutzten der Plattform und einer von sechs ersten Beiträgen der HAW zur Hamburg Open Online University.
Abb. 3: Recherchecafé.
Anschließend bearbeiten die Studierenden eines von derzeit 22 thematisch unterschiedlichen Themen (hier: „Supply Chain Management“) mit Musterrecherchen in 5 Ressourcen und einem Musterrechercheprotokoll zu diesen Recherchen. Danach recherchieren sie in den gleichen Ressourcen mit den gleichen Techniken (insbesondere Schlagwort- und präkombinierte Suchen) nach ihrem Hausarbeitsthema, füllen ein Rechercheprotokollformular mit ihren Suchwegen und Ergebnissen aus und laden dieses als Midterm im Lernraum hoch. Die Bibliothek als Tutor prüft die Protokolle auf Vollständigkeit und Korrektheit und gibt den Studierenden ein Feedback in Form eines Kommentars über den Lernraum, ggf. ergänzt um gezielte Recherchetipps. Die Studierenden korrigieren ihr Protokoll und laden es als Final hoch. Dieses Final wird wiederum vom Tutor geprüft, kommentiert und bewertet. Diese Bewertung fließt zu 10 % in die Gesamtbewertung der Prüfungsleistung ein. Die Bedeutsamkeit der Rechercheübung erschließt sich den Studierenden insbesondere dadurch, dass die Lehrenden bestimmte Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden Quellentypen
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(z. B. mindestens fünf peer-reviewed Premiumzeitschriftenartikel) machen: „Und wie Sie sie finden, erfahren Sie im Modul 16!“. Zum Austausch und zur Lösung von Problemen ist im Lernraum ein wiki eingerichtet, das aber selten genutzt wird, möglicherweise, weil der Tutor mitliest und -kommentiert. Häufiger werden persönliche Sprechstunden des Tutors und E-MailNachfragen genutzt sowie selbst organisierte Kommunikationsplattformen, was leider gelegentlich zu Austausch von Fehlinformationen führt. Die Rechercheübung ist optimal ins Curriculum eingebunden und wird von Lehrenden und Lernenden als äußerst hilfreich eingeschätzt. Es wird betont, dass die erworbenen Kompetenzen auch die Anfertigung künftiger wissenschaftlicher Arbeiten erleichtern wird. Die Bewertungsergebnisse der Rechercheübung korrelieren stark mit den Gesamtergebnissen: gute Recherchen ergeben durchweg gute Hausarbeiten und schlechte Recherchen führen immer zu schlechten Hausarbeiten. Besondere E-Learning-Formate sind WebQuests35 und Webinare. Letztere sind zwar an eine Zeit gebunden, aber vom Ort unabhängig und damit auch von EDVLaboren. Der Austausch der Teilnehmenden mit dem Moderator und untereinander erfolgt per Chat-Funktion.
Fazit Der Generation Y werden unterschiedliche Namen und Merkmale zugewiesen, ihr Medienverhalten wird häufig mystifiziert. Da in Bibliotheken die konstruktivistische Didaktik als Rahmenkonzept und aktivierende Methoden zu ihrer Umsetzung verwendet werden, wird keine neue Bibliothekspädagogik benötigt.
35 Eberenz, Julia: Einsatz von WebQuests in der Hochschullehre – Konzept eines WebQuests für den Einstieg in das Modul „Teaching Library“. Hamburg: Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Fakultät DMI, Dipl.-Arb. http://edoc.sub.uni-hamburg.de/haw/volltexte/2007/304/(Stand: 21.06.2015).
Ulrike Hanke, Wilfried Sühl-Strohmenger
Bibliotheksdidaktik zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz Abstract: Schulungen, Führungen, Kurse, aber auch Beratungsangebote gehören zum Alltag einer heutigen Bibliothek. Eine Bibliotheksdidaktik, die einen Rahmen für die Gestaltung solcher Angebote macht, steht bisher jedoch aus. In diesem Beitrag stellen wir die Bausteine eines solchen bibliotheksdidaktischen Rahmenmodells vor. Diese Bausteine werden aus zentralen motivations- und lernpsychologischen Erkenntnissen hergeleitet und bilden die Basis für jedes Bildungsangebot an Bibliotheken, welches erfolgreich Informationskompetenz fördern möchte. Keywords: Bibliotheksdidaktik, Bibliothekspädagogik, Lehrstrategie, Lehrmethode, Teaching Librarian
Bibliothekarische Bildungsangebote und Didaktik Bildungsangebote öffentlicher Bibliotheken reichen von Buchbesprechungen und Vorlesestunden, über Buchclubs und Autorenlesungen, Buchausstellungen, Poster und Ankündigungen bis zur Hausaufgabenhilfe und Einzelberatung. Typische Bildungsangebote wissenschaftlicher Bibliotheken sind Führungen, intra- und extracurriculare Schulungen, Einzelberatung aber auch die Gestaltung der Bibliotheken als Lernzentren. Unabhängig von ihren unterschiedlichen Erscheinungsformen ist allen Bildungsangeboten dieser Art im Sinne von Schultkas Bibliothekspädagogik (2007) gemeinsam, dass sie mit der Absicht implementiert werden, Lernen anregen und unterstützen zu wollen. Dabei bezieht sich dieses Lernen im weitesten Sinne auf den Erwerb von Informationskompetenz in der einen oder anderen Ausprägung. Die Informationskompetenz ist damit der zentrale Bildungsinhalt von Bildungsangeboten an Bibliotheken. Die Methodik der Bibliotheksdidaktik muss also Möglichkeiten PD Dr. Ulrike Hanke ist freiberufliche Dozentin für Bibliotheksdidaktik, Hochschuldidaktik und Trainthe-trainer an zahlreichen Institutionen im Deutschland, der Schweiz und Österreich. Sie forscht und lehrt außerdem als Privatdozentin an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Ihre Schwerpunkte liegen in der methodisch-didaktischen Gestaltung von Bildungsangeboten unterschiedlichster Erscheinungsformen und dem sinnvollen Gestalten von Evaluationen, Prüfungen/Assessments. Dr. Wilfried Sühl-Strohmenger war von 1986 bis 2015 als Dezernent und Fachreferent an der Universitätsbibliothek Freiburg tätig. Er befasst sich praktisch wie konzeptionell mit Themen des Lehr-Lernorts Bibliothek (Teaching Library), der Informationskompetenz und ihrer Förderung durch pädagogisch-didaktisch qualifiziertes Bibliothekspersonal. Er ist Lehrbeauftragter an den Universitäten Freiburg, Wien und Zürich, hält Vorträge und Workshops zu den genannten Themen und publizierte darüber in Büchern und Zeitschriften.
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bereitstellen, wie Bildungsangebote gestaltet werden können, die darauf ausgerichtet sind, den Erwerb von Informationskompetenz zu ermöglichen und zu erleichtern. Das Fundament der Interaktionen zwischen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren bzw. Teaching Librarians auf der einen Seite, den Nutzerinnen und Nutzern auf der anderen Seite bildet – in Anlehnung an Herman Nohls Konstrukt des „pädagogischen Bezugs“ – der „bibliothekarische Bezug“. Dieser ist als unmittelbare und persönliche Zuwendung der Bibliothekarinnen und Bibliothekare zum Informationsbedarf und den Bildungsinteressen der verschiedenen Zielgruppen zu verstehen: Kindern und Jugendlichen, Bürgerinnen und Bürgern, Studierenden und Forschenden. Charakteristisch für gute Bildungsangebote allgemein ist, dass diese ihre Nutzerinnen und Nutzer motivieren, sich mit ihren Bildungsinhalten zu beschäftigen; außerdem fördern sie das Lernen, d. h. den Kompetenzerwerb und/oder das Interesse am Thema. Dabei unterscheiden sich Bildungsangebote jedoch darin, auf welchen der genannten Aspekte sie ihren Fokus legen: Während Bildungsangebote wissenschaftlicher Bibliotheken in diesem Sinne mehr auf das Lernen und den Kompetenzerwerb ihrer Nutzer/innen zielen, möchten Angebote öffentlicher Bibliotheken in der Regel vor allem für Themen begeistern, Interessen wecken und fördern sowie ihren Nutzer/ innen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Bildungsangebote öffentlicher Bibliotheken müssen deshalb vor allem so gestaltet werden, dass sie ihre Nutzer/innen motivieren; im Falle der Angebote wissenschaftlicher Bibliotheken reicht dies jedoch nicht aus: Zwar müssen auch hier die Teilnehmenden grundlegend motiviert werden, denn die Motivation ist das Zugpferd für das Engagement der Lernenden beim Lernen1, allerdings sind die Angebote dann zusätzlich so zu gestalten, dass sie auch den Kompetenzerwerb anregen und unterstützen. In diesem Sinne muss eine allgemeine Bibliotheksdidaktik, die sich auf Bildungsangebote an Bibliotheken allgemein bezieht, also sowohl motivationspsychologische als auch lernpsychologische Erkenntnisse berücksichtigen und auf die besonderen Gegebenheiten von vielfältigen, zielgruppenorientierten Bildungsangeboten an Bibliotheken und deren Bildungsinhalt – die Informationskompetenz – anwenden.
1 Vgl. Hepworth, Mark E.: Teaching information literacy for inquiry-based learning. Oxford: Chandos 2009; s. auch: Hanke, Ulrike u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Bibliotheksdidaktik. Grundlagen zur Förderung von Informationskompetenz. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2015 (Bibliotheks- und Informationspraxis 58).
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Motivationspsychologische Grundlagen der Bibliotheksdidaktik Ausgehend von der Feldtheorie von Lewin sind Menschen2 dann motiviert zu handeln, wenn sie durch ihre Handlungen selbstgewählte Ziele erreichen möchten. Dann sind sie bereit, auch „Durststrecken“ auf sich zu nehmen, d. h. unattraktive Dinge zu tun, die zunächst keine Befriedigung bringen bzw. keinen Spaß machen. In diesem Sinne sind Ziele die wesentlichen Motivatoren. Im Kontext von Bildungsangeboten kann Motivation deshalb dadurch hergestellt und gesichert werden, dass die Relevanz und Anwendbarkeit des zu Lernenden, also die Lernziele für die Lernenden deutlich gemacht werden.3 Die Relevanz von Lernzielen erkennen Menschen zumeist dann, wenn sie sich mit ihrem eigenen Nichtwissen oder Nichtkönnen konfrontiert sehen und gleichzeitig spüren, dass es eigentlich besser wäre, über dieses Wissen zu verfügen, bzw. diese Fähigkeit zu beherrschen. Diesen Zustand bezeichnet Piaget4 mit dem Terminus „mentales Ungleichgewicht“. Dieses mentale Ungleichgewicht bewirkt, dass Menschen motiviert sind zu lernen, um den Gleichgewichtszustand wieder herzustellen. Tritt dieser Zustand ein, so sind Menschen also motiviert zu lernen, denn dann haben sie ein Ziel, ein Lernziel: Sie wollen Wissen oder Fähigkeiten erwerben, die es ihnen ermöglichen, das Ungleichgewicht aufzulösen und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Die Voraussetzung dafür, dass ein solches mentales Ungleichgewicht wahrgenommen wird, ist das Erleben einer bewussten Inkompetenz im Sinne der Theorie der Kompetenzstufenentwicklung. So lange Menschen sich nämlich als kompetent erleben, sind sie in keinem Ungleichgewichtszustand, haben folglich auch keine Lernziele im Hinblick auf den Gegenstand und sind deshalb auch nicht motiviert zu lernen, denn schließlich ist Lernen immer mit Anstrengung verbunden. Es lässt sich also zusammenfassen, dass Menschen dann motiviert sind zu lernen, wenn sie ihre eigene Inkompetenz bewusst als unbefriedigend empfinden, dadurch einen Zustand des mentalen Ungleichgewichts wahrnehmen und daraus ein (Lern-) Ziel ableiten, welches sie anstreben, um den Gleichgewichtszustand wieder herzustellen, indem sie die Stufe der bewussten Inkompetenz verlassen und die Stufe der bewussten Kompetenz erreichen. Es gibt jedoch auch Situationen, in denen Menschen durch den Prozess des Handelns selbst motiviert sind. Dies ist dann der Fall, wenn durch ihr Handeln die
2 Vgl. Lewin, Kurt: Grundzüge der topologischen Psychologie. Übertr. u. hrsg. von Raymund Falk [u. a.] Bern [u. a.]: Huber 1969. 3 Vgl. Hepworth, Teaching information literacy (wie Anm. 1), hier S. 81. 4 Vgl. Piaget, Jean: Der Aufbau der Wirklichkeit beim Kinde. Gesammelte Werke. Bd. 2. Studienausgabe. Stuttgart: Klett 1976.
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drei wesentlichen Bedürfnisse im Sinne der Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan5 erfüllt werden: das Bedürfnis nach Autonomie, nach sozialer Eingebundenheit und nach Kompetenz. Diese Bedürfnisse nehmen Menschen dann als erfüllt wahr, wenn sie Wahlmöglichkeiten haben, sich also als autonom erleben können, wenn sie in einem angenehmen sozialen Umfeld handeln können, also nicht ausschließlich allein, und wenn sie sich im Prozess auch als kompetent erleben, also Erfolgserlebnisse und nicht nur Rückschläge erfahren. Motivation im Prozess entsteht also durch Autonomieerleben, soziale Eingebundenheit und Kompetenzerleben. Die Befriedigung dieser drei Bedürfnisse kann dazu führen, dass Menschen durch ihr Tun motiviert werden, ohne im Vorfeld klare Ziele zu haben; die Befriedigung dieser Bedürfnisse unterstützt aber auch das Handeln mit Zielen, da es ein „Aus-demFeld-Gehen“ im Sinne Lewins verhindert. Im Laufe des Handelns im Hinblick auf ein Ziel kann es nämlich durchaus sein, dass ein Ziel zunehmend unattraktiver wird. Dies ist dann der Fall, wenn der Weg zum Ziel beschwerlich ist. Ist der Weg jedoch ebenfalls motivierend, ermöglicht er Autonomieerleben, soziale Eingebundenheit und Kompetenzerleben, so wird das Risiko minimiert, dass ein Ziel aufgegeben wird. Neben den Zielen ist also auch die Beschaffenheit des Wegs zum Ziel motivierend oder eben auch nicht.
Konsequenzen für Bildungsangebote an Bibliotheken Aus diesen Erkenntnissen der Motivationspsychologie lassen sich nun erste Forderungen für die Gestaltung von Bildungsangeboten an Bibliotheken ziehen: Da Menschen dann motiviert sind zu lernen, wenn sie Lernziele haben, und sie diese vor allem dann haben, wenn sie sich als inkompetent erleben und dadurch ein mentales Ungleichgewicht spüren, ist es ein erster Baustein (Baustein 1: Aufmerksamkeit wecken) bibliotheksdidaktischen Handelns, dass Aufmerksamkeit geweckt wird, indem Inkompetenz bewusst gemacht wird.6 Dies ist vor allem auch deshalb nötig, weil z. B. die Teilnehmenden an IK-Schulungen nicht selten ihre Informationskompetenz überschätzen (Ariew, 2006) oder einfach nicht grundlegend motiviert sind, sich mit Informationskompetenz zu beschäftigen.7 Im Hinblick auf Bildungsangebote wie
5 Siehe dazu: Deci, Edward L. u. Richard M. Ryan: Die Selbstbestimmungstheorie der Motivation und ihre Bedeutung für die Pädagogik. In: Zeitschrift für Pädagogik (1993) H. 39. S. 223–238. 6 Vgl. Andretta, Susie: Ways of experiencing information literacy: making the case for a relational approach. Oxford: Chandos 2012. 7 Siehe dazu: Lux, Claudia u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching Library in Deutschland. Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz als Kernaufgabe für Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken. Wiesbaden: Dinges & Frick 2004 (B.I.T.online Innovativ 9), hier S. 56.
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Büchertische, Autorenlesungen etc. ist dieser Baustein ebenfalls von großer Bedeutung: Gelingt es nämlich nicht, Aufmerksamkeit für Angebote dieser Art zu wecken, so werden sie die Nutzer/innen gar nicht erreichen. Als zweiter Baustein (Baustein 2: Ziele und deren Relevanz aufzeigen) sollten alle Bildungsangebote für die (potentiellen) Nutzerinnen und Nutzer relevante Ziele verdeutlichen. Dazu müssen „meaningful active learning experiences“ geschaffen werden.8 Auf diese Weise wird den Lernenden der Weg vorgezeichnet, wie sie die fehlende Kompetenz erwerben und damit den Gleichgewichtszustand wieder herstellen können.9 Wenn sie diese Ziele als eigene Ziele akzeptieren, werden sie sich auf den Weg des Lernens machen. Um zu verhindern, dass die Lernenden diesen Weg verlassen, also im Sinne Lewins „aus dem Feld gehen“ und das Bildungsangebot nicht wahrnehmen, ist es als dritter Baustein im Hinblick auf die Gestaltung von Bildungsangeboten an Bibliotheken notwendig, dass die Bildungsangebote auch die genannten Bedürfnisse befriedigen, also Autonomie, Kompetenzerleben und soziale Eingebundenheit ermöglichen (Baustein 3: Positive Atmosphäre sichern). Dazu gehört es, ein gutes Klima sicherzustellen. Ebenso ist es wichtig, die Zusammenarbeit zwischen lehrenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren und den Nutzerinnen und Nutzern zu fördern und angenehm zu gestalten und deren Standpunkte und Positionen zu respektieren und wertzuschätzen. Die Bausteine (Bausteine 1–3) für die motivierende Gestaltung von Bildungsangeboten an Bibliotheken und ihre theoretische Grundlage sind zusammenfassend in Tabelle 1 dargestellt. Tab. 1: Motivationspsychologische Grundlagen der Bausteine fürs Motivieren. Unter welchen Bedingungen sind Menschen motiviert?
Was können wir tun, um zu motivieren? Bausteine fürs Motivieren
Wenn sie ein Ungleichgewicht erleben, sich als inkompetent erleben
Baustein 1: Aufmerksamkeit wecken
Wenn sie Ziele haben.
Baustein 2: Ziele und deren Relevanz aufzeigen
8 Vgl. Warner, Signia & Lolly Templeton: Weaving the threads of early childhood curricular approaches into preservice practice: a course-embedded information literacy instruction model. In: Teaching information literacy skills to social sciences students and practioners: a casebook of applications. Ed. by David Cook & Natasha Cooper. Chicago: Association of College and Research Libraries 2006. S. 84–95, hier S. 94. 9 Vgl. Blanchett, Helen [u. a.]: A Guide to teaching information literacy. 101 practical tips. London: Facet Publishing 2012, hier S. 23.
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Tab. 1(fortgesetzt) Unter welchen Bedingungen sind Menschen motiviert?
Was können wir tun, um zu motivieren? Bausteine fürs Motivieren
Wenn sie sich – sozial eingebunden, – kompetent und – autonom fühlen.
Baustein 3: Positive Atmosphäre sichern – Interaktionen ermöglichen – Erfolgserlebnisse ermöglichen – Wahlmöglichkeiten bieten
Lernpsychologische Grundlagen der Bibliotheksdidaktik Grundlegende Motivation ist nötig, damit Menschen lernen; Motivation alleine ist jedoch nicht ausreichend: Damit gelernt wird, müssen Menschen aktiv werden, d. h. aktiv neues Wissen konstruieren, neue Fähigkeiten theoretisch verstehen und anwenden.10 Diese Aktivität ist nötig, da Lernen ein aktiver Prozess ist, bei dem neues Wissen und Können aufgebaut wird, indem bestehendes Wissen und Können erweitert und ausgebaut oder verändert wird.11 Unabhängig davon, ob ein Lernprozess in einem formellen Lehr-/Lernsetting oder in einer Beratungssituation oder durch einen Büchertisch angeregt werden soll, ausgelöst wird Lernen stets durch den oben beschriebenen Ungleichgewichtszustand. Dieses Ungleichgewicht führt dann quasi automatisch dazu, dass die Lernenden aktiv werden, indem sie sich aktiv mit dem ungleichgewichtsauslösenden Faktum beschäftigen, darüber nachdenken und nach Lösungsmöglichkeiten suchen. Diese aktive Auseinandersetzung führt dazu, dass die Lernenden ihr Vorwissen aktivieren, welches dann erweitert oder verändert wird.12 Um Vorwissen zu erweitern und/oder zu verändern, ist natürlich aber auch neue Information nötig, welche sich die Lernenden suchen, indem sie jemanden nach den fehlenden Informationen fragen, recherchieren, etwas nachlesen oder sich etwas
10 Vgl. dazu grundlegend u. a.: Seel, Norbert M.: Psychologie des Lernens. Lehrbuch für Pädagogen und Psychologen. 2. Aufl. München [u. a.]: Reinhardt 2003; Seel, Norbert M. u. Ulrike Hanke: Lernen und Behalten. Weinheim [u. a.]: Beltz 2010 (Bachelor, Master); Edelmann, Walter u. Simone Wittmann: Lernpsychologie – mit Online-Materialien. 7., vollst. überarb. Aufl. Weinheim [u. a.]: Beltz 2012. 11 Vgl. Piaget, Der Aufbau der Wirklichkeit (wie Anm. 4). 12 Siehe dazu: Seel, Norbert M.: Weltwissen und mentale Modelle. Göttingen [u. a.]: Hogrefe 1991; Wittrock, Merlin C.: Generative Processes of Comprehension. In: Educational Psychologist (1990) H. 24. S. 345–376.
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zeigen lassen.13 Dabei integrieren die Lernenden diese neuen Informationen in ihr bestehendes Wissen, indem sie dieses erweitern und/oder verändern. Auf diese Weise bauen sie neues Wissen auf, welches dann dazu führt, dass das Ungleichgewicht aufgelöst und das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Nachweislich ist es jedoch so, dass eine einmalige Erweiterung oder Veränderung bestehenden Wissens nicht ausreicht, damit dieses Wissen auch längerfristig verfügbar ist.14 Menschen, die sich auch längerfristig etwas merken oder längerfristig etwas können möchten, elaborieren deshalb dieses Wissen und Können, d. h. sie beschäftigen sich auch danach noch intensiv damit, indem sie es weiter durchdenken, etwas dazu aufschreiben, davon sprechen, es üben etc. In diesem Sinne umfasst das Lernen also fünf Subprozesse:15 (1) Ausgelöst wird es durch einen mentalen Ungleichgewichtszustand. (2) Dann wird Vorwissen aktiviert, (3) Informationen werden gesucht und (4) in bestehendes Wissen integriert, um den Gleichgewichtszustand wieder herzustellen. Und schließlich wird (5) elaboriert, um das neue Wissen/Können längerfristig verfügbar zu haben.
Konsequenzen für Bildungsangebote an Bibliotheken Um das Lernen durch Bildungsangebote an Bibliotheken zu unterstützen, sind also zusätzlich zu den oben beschriebenen und hergeleiteten drei Bausteinen, die die Motivation sichern sollen, vier weitere Bausteine nötig. Um Irritationen zu vermeiden: Ausgehend von den fünf beschriebenen Subprozessen des Lernens wären es natürlich eigentlich fünf Bausteine. Allerdings ist Subprozess 1 „Ungleichgewichtszustand auslösen“ auch motivationspsychologisch relevant, weshalb dieser Subprozess bereits im Baustein 1 „Aufmerksamkeit wecken“ zur Sicherung der Motivation enthalten ist. Die Bausteine, die das Lernen unterstützen sollen, beziehen sich deshalb auf die Subprozesse 2–5.
13 Vgl. Seel, Psychologie des Lernens (wie Anm. 10); Dreistadt, Robert: The use of analogies and incubation in obtaining insights in creative problem solving. In: Journal of Psychology (1969) H. 71. S. 159–175. 14 Vgl. Seel, Weltwissen (wie Anm. 12); Hanke, Ulrike: Externale Modellbildung als Hilfe bei der Informationsverarbeitung und beim Lernen. Saarbrücken: VDM 2007. 15 Siehe Hanke, Ulrike: Realizing model-based instruction. The model of model-based instruction. In: Understanding Models for Learning and Instruction. Essays in Honor of Norbert M. Seel. Ed. by Dirk Ifenthaler [u. a.]. New York, NY: Springer 2008. S. 175–186; Lehrveranstaltungen lernförderlich gestalten. Hrsg. von Ulrike Hanke u. Samantha Winandy. Tübinger Beiträge zur Hochschuldidaktik (2014) H. 10/2. http://hdl.handle.net/10900/53782 (Stand: 27.06.2015).
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Um Anknüpfungsmöglichkeiten für das neue Wissen und Können zu aktivieren, sollten die Nutzerinnen und Nutzer von Bildungsangeboten explizit angeregt werden, ihr Vorwissen zu aktivieren (Baustein 4: Vorwissen aktivieren). „An information literacy intervention therefore needs to be placed in a familiar context (fostering confidence), allowing learners to build on previous knowledge and experience, for example, their past experience of using a search engine or reference books. “16 Eine Möglichkeit, dies zu realisieren, ist auch der Einsatz von Metaphern: „Metaphorical analogies can also be used to align new knowledge with previous experience, such as the similarity between choosing apples OR pears or apples AND pears! This creates an opportunity to introduce the concept of Boolean logic and other. “17 Dabei kann z. B. auch an das Vorwissen hinsichtlich Google oder Wikipedia angeknüpft werden.18 Im Hinblick auf weniger formelle Bildungsangebote wie z. B. Ausstellungen, Poster oder Büchertische ist es im Hinblick auf diesen Baustein wichtig, den Nutzerinnen und Nutzern Anknüpfungsmöglichkeiten in ihrem Alltag zu bieten. Dies ist z. B. durch Bezüge zum aktuellen weltpolitischen Geschehen oder zu praktischen Fragen des Alltags möglich, die die anzusprechende Zielgruppe betreffen. Diese Bezüge können durch Statements, Fragen oder konkrete Pressebeiträge hergestellt werden. Um den Nutzerinnen und Nutzern die Suche nach passenden Informationen zur Wiederherstellung des Gleichgewichts zu erleichtern, sollte als ein fünfter Baustein Informationen gezielt dargeboten werden (Baustein 5: Informationen darbieten). Dies kann durch Präsentationen, Demonstrationen oder auch durch das Bereitstellen verschiedener Materialien (Poster, Flyer, Texte, Videos etc.) realisiert werden. Die Struktur und Zusammenhänge der Inhalte sollte davor möglichst auch grafisch dargestellt werden, damit die Lernenden sie nachvollziehen können. Da Lernen, wie gezeigt wurde, durch reines Konsumieren nicht erfolgreich ist, müssen Bildungsangebote an Bibliotheken zusätzlich Aufgaben zum Erarbeiten/Verarbeiten (Baustein 6: Informationen aktiv verarbeiten lassen) und zum Elaborieren dieser Informationen bieten (Baustein 7: Informationen vertiefen lassen). Das Erarbeiten/Verarbeiten und Elaborieren sollte dabei an „real-world practices“19 erfolgen. Außerdem sollten ausgiebige Reflexionsprozesse angeregt werden, um Tiefenlernen zu ermöglichen und dadurch nachhaltiges Lernen zu sichern20, denn durch Reflexion können die Nutzerinnen und Nutzer dem Gelernten Sinn verleihen und es in einen größeren Zusammenhang einordnen. Diese Reflexionsprozesse können dabei auch dadurch unterstützt werden, dass die Nutzerinnen und Nutzer in Paaren und
16 Hepworth, Teaching information literacy (wie Anm. 1), hier S. 84. 17 Hepworth, Teaching information literacy (wie Anm. 1), hier S. 81. 18 Siehe dazu: Favro, Sharon: Information literacy and knowledge management tools for first year students. In: The road to information literacy. Librarians as facilitators of learning. Ed. by Roisin Gwyer [u. a.]. The Hague: De Gruyter 2012. S. 215–223. 19 Vgl. Andretta, Ways of experiencing information literacy (wie Anm. 6), hier S. 188–190. 20 Vgl. Blanchett, Guide to Teaching Information Literacy (wie Anm. 9), hier S. 36.
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Gruppen arbeiten und ihre Ergebnisse später der Gruppe präsentieren. Ein solches Vorgehen wirkt gleichzeitig noch motivierend21, da es die soziale Eingebundenheit und auch das Kompetenzerleben sichern kann. Wichtig ist, dass die Nutzerinnen und Nutzer dabei auch Feedback erhalten, welches ihnen ggf. auch die Lösung aufzeigt. Feedback, welches sie nur darauf hinweist, ob ihre Lösung richtig oder falsch ist, ist deutlich weniger effektiv.22 Indem Bildungsangebote auf diese Art gestaltet werden, werden die Bibliothekarinnen und Bibliothekare weniger zu Lehrenden, sondern viel mehr zu Facilitators, „focusing on process and less on content, and do not see themselves as ‚filling empty pots‘“23. Eine Übersicht über die Bausteine, die in Bildungsangeboten an Bibliotheken das Lernen der Nutzerinnen und Nutzer unterstützen sollen, und deren theoretische Grundlage gibt Tabelle 2. Tab. 2: Lernpsychologische Grundlagen der Bausteine fürs Lernen. Wie lernen Menschen?
Was können wir tun, um Lernen zu unterstützen? Bausteine fürs Lernen
Ungleichgewicht wird ausgelöst
Baustein 1: Aufmerksamkeit wecken (siehe Motivation)
Vorwissen wird aktiviert
Baustein 4: Vorwissen aktivieren
Durch aktives Konstruieren von neuen Wissensstrukturen
Bausteine 5: Informationen darbieten Baustein 6: Informationen aktiv verarbeiten lassen
Durch Elaboration, d. h. durch tiefere Verarbeitung
Baustein 7: Informationen vertiefen lassen
Bibliotheksdidaktisches Rahmenmodell Aus den oben hergeleiteten Bausteinen, die Motivation und Lernen in Bildungsangeboten an Bibliotheken sichern sollen, wurde das Bibliotheksdidaktische Rahmenmodell entwickelt. Dieses setzt die Bausteine in Zusammenhang zueinander und gibt damit den lehrenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren Schritte vor, die in Bildungsangeboten berücksichtigt werden sollten. Es ist systematisch aus den oben
21 Hepworth, Teaching information literacy (wie Anm. 1), hier S. 85. 22 Vgl. Falkenstein, Michael [u. a.]: Neurophysiologische Aspekte des Zweitspracherwerbs: Der Effekt von korrektivem Feedback auf die Fehlerverarbeitung und das Lernen. In: Lehr-Lern-Forschung unter neurowissenschaftlicher Perspektive. Ergebnisse der zweiten Förderphase des Programms NIL. Hrsg. von Angela Heine u. Arthur M. Jakobs. Münster: Waxmann 2011. S. 91–100. 23 Hepworth, Teaching information literacy (wie Anm. 1), hier S. 77.
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beschriebenen theoretischen Grundlagen hergeleitet und bestätigt damit die von Liles als wesentlich beschriebenen Elemente, die nötig sind, damit Lerngelegenheiten an Bibliotheken lernförderlich werden. Bildungsangebote aller Arten an Bibliotheken müssen Aufmerksamkeit erzeugen (Baustein 1), denn häufig haben die Nutzer/innen noch gar kein Bewusstsein für fehlendes Wissen/fehlende Kompetenz, d. h. sie sind nicht unbedingt schon aus sich heraus für ein bestimmtes Thema motiviert. Dann muss der Weg aufzeigt werden, wie dieses fehlende Wissen/die fehlende Kompetenz erworben werden kann. Hierfür sollen Ziele aufgezeigt und deren Relevanz für die Nutzerinnen und Nutzer deutlich gemacht werden (Baustein 2: Ziele und deren Relevanz aufzeigen). Gelingt beides, so sind die Nutzer/innen „an Bord“. Nun sollte das Bildungsangebot motivierend gestaltet werden, indem es Wahlmöglichkeiten bietet (Autonomieerleben sichern), Erfolgserlebnisse ermöglicht (Kompetenzerleben sichern) und auch das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit befriedigt (Baustein 3: Positive Atmosphäre sichern). Gerade Wahlmöglichkeiten zu geben, führt dazu, dass die Nutzerinnen und Nutzer sich engagierter einbringen, tiefer über das zu Lernende nachdenken und Verantwortung übernehmen. Damit dieses Lernen bestmöglich unterstützt wird, sind Bildungsangebote so aufzubauen, dass sie zunächst das Vorwissen der Nutzerinnen und Nutzer aktivieren (Baustein 4: Vorwissen aktivieren). Danach sollen Informationen strukturiert präsentiert (Baustein 5: Informationen darbieten) und Aufgaben und Zeit bereitgestellt werden, damit die Nutzerinnen und Nutzer diese Informationen aktiv verarbeiten (Baustein 6: Informationen aktiv verarbeiten lassen) und schließlich elaborieren (Baustein 7: Informationen elaborieren), also vertiefen können, denn Lernen bedarf der Reflexion oder ist sogar mit ihr gleichzusetzen. Grafisch kann dieses Modell der Bibliotheksdidaktik wie in Abbildung 1 dargestellt werden.
Positive Atmosphäre sichern
Aufmerksamkeit wecken
Ziele und deren Relevanz aufzeigen
Vorwissen aktivieren
Informationen darbieten
Informationen aktiv verarbeiten lassen
Informationen vertiefen lassen
Abb. 1: Bibliotheksdidaktisches Rahmenmodell.
Jeder der Bausteine des Modells kann dabei im Bildungsangebot durch unterschiedliche Methoden realisiert werden. So kann z. B. die Aufmerksamkeit (Baustein 1) durch
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eine provozierende Frage auf einem Plakat über einem Büchertisch, aber auch durch das Bearbeiten lassen einer Aufgabe erfolgen, die die Teilnehmenden einer Schulung nicht lösen können. Ebenso können Informationen durch Vorträge, Demonstrationen aber ebenso gut durch schriftliches Informationsmaterial oder Videos dargeboten werden (Baustein 5). Welche konkrete methodische Realisierung gewählt wird, ist abhängig von der Form des Bildungsangebots, den zu vermittelnden Inhalten/anzustrebenden Kompetenzen und den Voraussetzungen der (potentiellen) Nutzerinnen und Nutzer des Bildungsangebots.24 Eine Sammlung möglicher Methoden zur Realisierung der einzelnen bibliotheksdidaktischen Bausteine bieten Hanke & Sühl-Strohmenger (in print). Dabei unterscheiden wir zwischen aktiven und passiven Maßnahmen. Unter aktiven Maßnahmen verstehen wir Maßnahmen, die in Präsenzveranstaltungen eingesetzt werden können, d. h. in Veranstaltungen, in denen sich Bibliothekarinnen oder Bibliothekare und Nutzerinnen und absichtlich zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Bearbeitung eines bestimmten Themas zusammenfinden. Dies können Führungen, Schulungen, aber auch Lesekreise oder Vorträge sein. Passive Maßnahmen sind Maßnahmen, die in Bildungsangeboten eingesetzt werden können, die die Nutzerinnen und Nutzer ohne physische Anwesenheit eines lehrenden Bibliothekaren oder einer lehrenden Bibliothekarin nutzen können, also z. B. Büchertische, Poster, Informationsmaterialien etc. Tab. 3: Maßnahmen zur konkreten Realisierung der Bausteine des bibliotheksdidaktischen Rahmenmodells (vgl. auch Hanke & Sühl-Strohmenger, Bibliotheksdidaktik (wie Anm. 1)). Baustein 1: Aufmerksamkeit wecken Aktive Maßnahmen
– Provozierende Frage stellen (für Präsenzveranstal– Karikatur aufzeigen tungen wie Vorträge, – Problem stellen Schulungen, Führungen, – Tendenziell überforLesenachmittage etc.) dernde Aufgabe stellen
Baustein 2 Ziele und deren Relevanz aufzeigen
Baustein 3 Positive Atmosphäre sichern
– Aufzeigen, dass durch dieses Angebot, das Problem (aus Baustein 1) lösbar wird – Praxisprobleme auf zeigen, die lösbar werden – Ziele/Kompetenzen benennen
– Gruppen- und Partnerarbeit – Feedback geben – Loben – Vorstellungsrunde – Respekt
24 Vgl. Webb, Jo & C. Brown: Training for pedagogical development. In: Handbook of library training. Practice and development. Vol. 3. Ed. by Alan Brine. Farnham, UK: Ashgate 2009. S. 29–47; Andretta, Susie: Facilitating Information Literacy Education (FILE). In: Handbook of library training. Practice and development. Volume 3. Ed. by Alan Brine. Farnham, UK: Ashgate 2009. S. 50–75.
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Ulrike Hanke, Wilfried Sühl-Strohmenger
Tab. 3(fortgesetzt)
Passive Maßnahmen (für Angebote wie Büchertische, Informa tionsmaterialien etc.)
Aktive Maßnahmen
Baustein 1: Aufmerksamkeit wecken
Baustein 2 Ziele und deren Relevanz aufzeigen
Baustein 3 Positive Atmosphäre sichern
– Provozierende Headline – Provozierende/ überraschende Gestaltung/Präsentation
– Erläuterungen – Texte – Aktuelle Bezüge zu Medienbeiträgen
– Hinweise auf Vorträge, Interessen gemeinschaften, Arbeitsgruppen, Beratungsmöglichkeiten
Baustein 4 Vorwissen aktivieren
Baustein 5 Informationen darbieten
Baustein 6 Informationen aktiv bearbeiten lassen
Baustein 7 Informationen vertiefen lassen
– Brainstorming – Brainwriting – Partnerarbeit
– Vortrag – Demonstration – Video – Recherche auftrag – Texte
– Gruppenarbeit – Partnerarbeit – Aufgaben
– Weitere Aufgaben – Einzelarbeit
– Poster – Informations materialien – Büchertisch – Texte – Video – Internetseiten
– Ausleihmöglichkeit von Medien – Weiterführende Informationen – Literaturlisten – Internetquellen – Hinweis auf Vorträge, Interessensgemeinschaften etc.
Passive Maßnahmen – Aktuelle Bezüge zu Medien beiträgen – Bezug zum Alltag der Nutzer/innen aufzeigen
Ausblick Eine Bibliotheksdidaktik hat drei Ansprüche: (1) Sie möchte Aussagen über die Bildungsinhalte von Bildungsangeboten an Bibliotheken machen, (2) sie unterbreitet Vorschläge für die methodische Strukturierung dieser Bildungsangebote und (3) sie zeigt lehrenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren einen Weg auf, wie diese beim Planen von Bildungsangeboten vorgehen können. In diesem Aufsatz haben wir lediglich den zweiten Anspruch erfüll: Wir haben ausgehend von Erkenntnissen aus der Motivations- und Lernpsychologie ein bibliotheksdidaktisches Rahmenmodell
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mit sieben Bausteine für Bildungsangebote zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenzen vorgestellt. Als Inhalt von Bildungsangeboten haben wir hier Informationskompetenz allgemein gefasst. Welche Inhalte für welche Nutzergruppe geeignet sind (Anspruch 1), und man beim Planen von Bildungsangeboten systematisch vorgeht (Anspruch 3) beschreiben wir an anderer Stelle genauer. Dies hätte den Rahmen dieses Beitrags zum Handbuch gesprengt.
Maren Krähling
Wissen vor Ort – räumliche Angebote und interne Organisation können die Vermittlung von Informationskompetenz stärken Abstract: Seit Herbst 2010 setzt sich die Badische Landesbibliothek (BLB) intensiv für die Stärkung der Informationskompetenz ihrer Nutzerinnen und Nutzer ein. Neben den etablierten Aufgaben der BLB – Speicher des kulturellen Gedächtnis Badens, Digitalisierungszentrum und Landesbibliographie – stehen die beiden Gebiete Lernort und Teaching Library als Elemente der strategischen Ausrichtung im Fokus. Die Verbindung von Raum und Serviceangeboten sowie die Personalentwicklung werden als zentrale Faktoren für den Erfolg der Teaching Library gewertet. Keywords: Badische Landesbibliothek, Karlsruhe, Wissenstor, Lernort Bibliothek, Personalentwicklung, Lernraumentwicklung, Lernformen, Nutzerorientierung, Serviceentwicklung, Seminarkurs, Informelles Lernen, Gruppenarbeit, Schüler
Teaching Library der Badischen Landesbibliothek Während vielerorts in den letzten Jahren die Stärkung des virtuellen Lernraums im Mittelpunkt der Informationskompetenzvermittlung stand, setzt die Badische Landesbibliothek (BLB) mit ihrer Teaching Library gezielt auf eine enge Verknüpfung von lokalem Raum mit Schulungs- und Beratungsangeboten. Neue Services und Weiterentwicklungen des Lernorts Bibliothek werden eng aneinander gekoppelt. Dieses Vorgehen setzt zwei Bedingungen voraus: das heterogene Publikum einer Landesbibliothek sowie die Prämisse, dass Informationskompetenzvermittlung als ausschließliches Schulungsangebot nicht gelingen kann, sondern in den weiteren Kontext der Bibliotheksservices eingebettet sein muss. Das Publikum der BLB reicht von Dozierenden und Studierenden über Berufstätige, Schülerinnen und Schüler, freie Forscherinnen und Forscher bis hin zu einer
Maren Krähling studierte Soziologie, Gender Studies sowie Neuere Deutsche Literaturgeschichte. Seit 2010 leitet sie die Teaching Library der Badischen Landesbibliothek, seit 2013 ist sie zudem stellvertretende Leiterin der Abteilung Benutzung. Im Jahr 2012 tauschte sie sich als Stipendiatin des Goethe-Instituts New York sowie BI International im Rahmen des Librarian in Residence-Programms mit verschiedenen öffentlichen und wissenschaftlichen Bibliotheken in den USA zum Thema Informationskompetenz aus. Sie ist aktiv im Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg sowie seit 2014 Vertreterin der wissenschaftlichen Bibliotheken in der Fachkommission Bibliotheks pädagogik des dbv-Landesverbands Baden-Württemberg.
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breiten Leserschaft, die über das Pflichtexemplar an der Landesbibliothek ihr Bedürfnis nach allgemeiner Literatur befriedigt. Ein natürliches und klar eingrenzbares Publikum wie an einer Universitätsbibliothek gibt es nicht – dementsprechend müssen auch die Vor-Ort-Angebote sowie die Schulungs- und Beratungsangebote im Wettbewerb mit anderen Bildungsinstitutionen, die für diese Adressaten vorhanden sind, bestehen. Flankiert werden die klassischen Schulungsangebote daher von zielgruppenspezifischen Services, zum Beispiel individueller Beratung (Schülerfragestunde, Rechercheberatung für Studierende), im Jahresablauf terminierten Programmen (Lange Nacht des Schreibens, Programm zum mündlichen Abitur) sowie der Weiterentwicklung der Räumlichkeiten (Wissenstor, denkBar). Leitgedanke aller Angebote im Benutzungsbereich ist es, Services just in time und nutzerorientiert zu verbessern – eine hohe Aufenthaltsqualität zu bieten statt nur Abholstation von Büchern zu sein. Das Wissenstor steht exemplarisch für die enge Verbindung von Ort und Service: Ein attraktiver Ort, der einerseits Raum zum selbstbestimmten Lernen bietet, andererseits auf Beratung und Austausch fokussiert, kann als Katalysator für Lernprozesse sowie als Anknüpfungspunkt an die Bibliothek für alte und neue Nutzerinnen und Nutzer dienen. Bewusst wird dabei ein Schwerpunkt auf Schülerinnen und Schüler sowie Studierende gelegt, da diese aktuell über 60 % der Nutzerschaft an der BLB ausmachen und einen eindeutigen Bedarf an Schulungen und Beratungen zeigen. Ein weiterer zentraler Aspekt in der positiven Entwicklung der BLB-Teaching Library ist die Organisation und Entwicklung des Personals. Dabei wird dezidiert auf eine möglichst breite Integration der Schulenden innerhalb der Bibliothek gesetzt: Informationskompetenz soll nicht nur als weitere Aufgabe des Teams Servicezentrum gesehen werden, sondern integraler Bestandteil aller Abteilungen sein. Nur so kann das breite Wissen, das in einer Bibliothek vorhanden ist, gewinnbringend für den Nutzer und die Nutzerin eingesetzt werden. Die Organisation der Teaching Library als eigenständiges Team, dessen Mitglieder jedoch aus allen Bereichen der Bibliothek stammen, soll dies ermöglichen. Im Folgenden werden die eben genannten Aspekte – Raum und Organisation – näher beleuchtet und ausgeführt.
Das „Wissenstor“ als Ort der Teaching Library für angeleitetes sowie selbstbestimmtes Lernen Drei räumliche Bereiche sind innerhalb der Badischen Landesbibliothek zentral für das Lernen im Umfeld der Teaching Library: das Wissenstor, das 2012 als Lehr- und Lernzentrum im Sinne der angloamerikanischen Learning Centres eröffnet wurde, die beiden Schulungsräume, die sich seit 2010 in stetiger Weiterentwicklung befinden,
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sowie die denk-, benutz- und studierBar im Foyer, die 2014/15 gemeinsam mit dem Servicezentrum konzipiert und etabliert wurden. Die BLB definiert sich mit dem Wissenstor als offener Lernort mitten in der Karlsruher Innenstadt. Ziel ist es, im Wissenstor den Karlsruher Studierenden sowie Schülerinnen und Schülern Raum für eigenständige Lernprozesse zu bieten – als dritter Ort neben Schule und Universität. Die BLB steht in ihrer Funktion als Landesbibliothek zwischen dem institutionalisierten Lernen, das an Bildungseinrichtungen vermittelt wird, sowie dem individualisierten Lernen, das in die Alltags- und Freizeitwelt hineinreicht. Zentrales Anliegen für die Gestaltung der Bibliothek als Lernort ist daher, Aspekte beider Lebensrealitäten zu integrieren – sowohl für die räumliche Ausgestaltung als auch für die inhaltliche Konzeptionierung. Mit dem Wissenstor besitzt die BLB als erste große wissenschaftliche Bibliothek in Baden-Württemberg ein eigenes Gebäude für eine Teaching Library, in dem sich auch einer der beiden Schulungsräume befindet. Das Wissenstor bietet somit nicht nur Platz für selbstbestimmtes Lernen, sondern verknüpft informelles Lernen mit Schulungen im Bereich Informationskompetenz für schulische bzw. studentische Gruppen. Von Beginn an wurde das Wissenstor als Raum für Innovationen und Experimente konzipiert. Da es als Nebengebäude außerhalb der Bibliothek steht, können neue Ideen in einem leichteren Rahmen ausprobiert werden. Dazu zählen banale Neuerungen wie die Erlaubnis, Essen und Trinken in den Lernräumen zu konsumieren, aber auch Schulungsveranstaltungen in den Abendstunden sowie neue Angebote wie der Walking Librarian. Nicht jede Idee und jedes Projekt sind erfolgreich – manches muss mangels Nachfrage, anderes aufgrund geringer Praktikabilität wieder eingestellt werden. Doch genau dies macht den Reiz eines solchen Ortes für Experimente aus. Das im Foyer ansässige Servicezentrum koordiniert die organisatorischen Prozesse des Lernortes Wissenstor. So wird ein fließender Übergang zwischen den Orten und (Organisations-)Bereichen Wissenstor, Teaching Library, Foyer und Servicezentrum geschaffen, deren Services den Benutzerinnen und Benutzern als möglichst bruchlose Szenarien angeboten werden sollen.
Flexibilität und Multifunktionalität Flexibilität und Multifunktionalität stehen seit der Eröffnung des Wissenstors im Fokus. Das Raumkonzept trägt dem Ziel Rechnung, Lernprozesse aktiv zu unterstützen und verschiedene Lernformen zu fördern. Das Gebäude bietet über 100 lernenden Personen Platz. Damit das Wissenstor weitgehend kostenneutral und ohne permanent anwesendes Bibliothekspersonal als Lehr- und Lernort betrieben werden kann, der ausschließlich den Nutzerinnen und Nutzern der BLB zur Verfügung steht,
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wurden Videokameras in den Eingangsbereichen und der Lounge eingerichtet sowie ein automatisiertes Zugangskontrollsystem installiert. Von Anfang an wurden im Wissenstor die Öffnungszeiten des Haupthauses bedarfsorientiert verlängert. Drei Räume für individuelles Lernen bieten ausgezeichnete Arbeitsbedingungen für bis zu sieben Personen: Ergonomisch hochwertige Bürostühle, Trennwände, Laptopsicherungen, WLAN und anmietbare Schließfächer sind selbstverständliche Voraussetzungen für längere komfortable Arbeitsphasen. Vier Gruppenarbeitsräume à drei bis zwölf Personen ergänzen die Gruppenarbeitsräume des Lesesaals im Hauptgebäude. Sie sind online buchbar und stehen nach Schließung des Haupthauses als offene Gruppenarbeitsräume zur Verfügung. Um diese Arbeitsräume auch während Prüfungsphasen und der damit verbundenen besonders starken Nachfrage offen zugänglich zu halten, sind sie während dieser Zeiträume nicht reservierbar. Mit der Einrichtung eines kindgerechten Lernraums leistet die BLB einen Beitrag zur kinderfreundlichen Umgebung für studierende Eltern. Der Raum ist mit zwei Arbeitsplätzen, einem Wickeltisch, Raum für Kinderwägen sowie einer Spielfläche für Kleinkinder bis drei Jahre ausgestattet. Abgerundet wird das Raumangebot des Wissenstors durch eine Lounge mit Sofas, Sesseln und Bistrotischen für die Pause. Sie ist als kommunikativer Ort konzipiert: In der Lounge kann informell gearbeitet, gelesen und geredet werden. Hier begegnet man anderen Lernenden, kann sich frei austauschen und diskutieren – der Lernraum wird damit zu einem Begegnungs- und Innovationsraum. Ein weiteres Kernelement des Wissenstors ist die Stober-Werkstatt1, der Schulungsraum der Teaching Library. Mit seiner flexiblen Möblierung ermöglicht sie didaktisch vielfältige Schulungssituationen für bis zu 20 Personen. Durch den Einsatz eines interaktiven Whiteboards sowie eines mobilen Laptopwagens können Schulungen medial unterstützt werden. Ähnlich konzipiert ist auch der zweite Schulungsraum im Foyer des Haupthauses, der aufgrund einer größeren Grundfläche die Möglichkeit bietet, innerhalb einer Schulung zwischen einer klassischen Reihenbestuhlung sowie Stehtischen für Gruppenarbeit zu wechseln. Durch diese zwei Räume können Gruppen bis zu 40 Personen gleichzeitig geschult werden, ohne die Idee des handlungsbasierten Lernens zu vernachlässigen. Bei der Einrichtung beider Schulungsräume wurde konsequent auf feste PC-Reihen verzichtet, um didaktisch möglichst flexibel reagieren zu können. Selbstbestimmtes und informelles Lernen soll durch die jüngsten Raumentwicklungen im Foyer gefördert werden. Durch Sondermittel des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst, die im Jahr 2014 für die Förderung von Informationskompetenz bereitgestellt wurden, konnten drei Bars eingerichtet werden: Die denkBar ist der zentrale Ort der Teaching Library und des Servicezentrums für längere
1 Der Schulungsraum wurde nach der Werner-Stober-Stiftung Karlsruhe benannt, die die Einrichtung des Raumes großzügig unterstützt hat.
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Beratungen sowie für den Austausch zwischen Nutzerinnen und Nutzern. Sie wird für Rechercheberatungen seitens der Bibliothek genutzt; außerhalb dieser Termine kann sie als kollaborativer Arbeitsplatz genutzt werden. Mit der PalMA-Software der Universitätsbibliothek Mannheim ausgestattet, wird das gemeinsame Arbeiten in Kleingruppen und Teams unterstützt.2 Die Software erlaubt, die Bildschirme mobiler Endgeräte miteinander auf einem Bildschirm zusammenzuführen. In der studierBar finden Interessierte ausleihbare Literatur zu den Themen Lernen, Recherchieren, Selbstorganisation, Forschen, Schreiben und Präsentieren. Der eigens erworbene Bestand ist der erste systematisch aufgestellte und ausleihbare Bestand mit Staffelexemplaren an der BLB und hebt somit die Bedeutung des Themas wissenschaftliches Arbeiten für die Bibliothek hervor. An der benutzBar stehen Büromaterialien zur Verfügung; zusätzlich ist ein einfacher Zugang zu kostenpflichtigem Drucken und Laminieren eingerichtet worden, der die vier kostenlosen Scanner ergänzt. Damit wird einem Studienalltag Rechnung getragen, zu dem neben der geistigen Arbeit auch praktische Dinge wie der Druck von Handouts und Ähnlichem gehört. Verbindendes Element aller drei Bereiche – Wissenstor, Schulungsräume sowie den drei Bars – ist eine Orientierung am jungen Nutzer sowie die Überschreitung von internen Organisationsgrenzen zwischen verschiedenen Teams. Alle drei Bereiche wurden von der Teaching Library in Zusammenarbeit mit dem Servicezentrum konzipiert, umgesetzt und organisatorisch betreut. Dies funktioniert nur mit Personal, das bereit ist, im Interesse der Nutzerschaft über den eigenen Arbeitsbereich hinaus zu schauen und die gesamte Servicepalette der Bibliothek im Auge zu behalten.
Die Organisation der Teaching Library Orte und Services leben in erster Linie von den Menschen, die sie verkörpern und ihnen ein Gesicht geben – daher ist die Organisation der Teaching Library zentral für ihr Gelingen. Das Team der Teaching Library der BLB setzt sich aus drei Gruppen zusammen: dem Kernteam, dem Gesamtteam sowie den Fachreferentinnen und Fachreferenten. Nur in ihrem Zusammenspiel ist die aktuell angebotene Quantität und Qualität an Schulungen und Beratungsangeboten leistbar. Zentraler Grundgedanke ist, dass das Kernteam, dessen Mitglieder Stellenanteile für den Bereich haben, das Gesamtteam sowie die Fachreferentinnen und Fachreferenten konzeptuell und organisatorisch unterstützt. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesamtteams sind keine Stellenanteile vorgesehen – sie erledigen Schulungen und Beratungen innerhalb ihrer
2 Siehe auch: https://www.bib.uni-mannheim.de/1279.html?&L=0 (Stand: 27.04.2015).
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anderen Aufgaben. Auch im Fachreferat wird die Vermittlungsarbeit als integrierter Teil der Referatstätigkeit angesehen. Das Kernteam besteht aus etwa fünf Personen mit insgesamt einem bis anderthalb Vollzeitäquivalenten aus dem gehobenen Dienst sowie der Leitung der Teaching Library aus dem höheren Dienst. Es ist in erster Linie für die konzeptionelle (Weiter-) Entwicklung aller Schulungs- und Beratungsangebote sowie der sonstigen Angebote zuständig. Zu den Hauptaufgaben gehören die Entwicklung, Evaluierung und Verbesserung von Leitfäden für Schulungen, um deren Umsetzung auch Kolleginnen und Kollegen, die nicht zum Kernteam gehören, mit geringem Aufwand zu ermöglichen. Das Kernteam führt Schulungen für Schüler, Studierende (Erstsemester) und Bildungsträger sowie Schulungen im Rahmen des freien Angebots bibWerkstatt durch. Darüber hinaus ist es zuständig für die Schülerfragestunde, die Angebote zum schriftlichen und mündlichen Abitur und die Lange Nacht des Schreibens. Es koordiniert den Austausch mit dem Gesamtteam sowie den Fachreferentinnen und Fachreferenten und führt individuell angepasste Schulungen durch. Das Gesamtteam besteht aus ungefähr sechs weiteren Personen aus dem mittleren, gehobenen und höheren Dienst, die in allen Bereichen der Bibliothek tätig sind. Es führt Schulungen für Schüler (Schulklassen, Seminarkurse), für Bildungsträger sowie im Rahmen der bibWerkstatt (zum Beispiel Citavi-Einführungen, Schreibworkshops, Recherchieren nach Statistiken) durch und unterstützt bei der Durchführung der Angebote zum mündlichen Abitur. Lediglich im Rahmen der bibWerkstatt werden die Konzepte von den durchführenden Kolleginnen und Kollegen selbst entworfen. Die Fachreferentinnen und Fachreferenten sind zuständig für die Durchführung von fachspezifischen Schulungen für Studierende höherer Semester sowie für Schulungen im Rahmen der bibWerkstatt. Die Schulungen für Studierende folgen einem vom Kernteam erstellten Modulhandbuch, das die fachspezifische Ausrichtung von Schulungen sowie das erleichterte Vorbereiten durch didaktische Bausteine ermöglicht. Die Angebote wechseln also innerhalb der Arbeitsverteilung zwischen Kernteam, Gesamtteam und Fachreferat von stark standardisierten Schulungen über modularisierte Angebote bis hin zu freien und spezifisch für eine Gruppe ausgerichteten Formaten. Führt dies für manche Kolleginnen und Kollegen zu relativ strikten Vorgaben hinsichtlich der Schulungsgestaltung, haben diese auf der anderen Seite wenig Vorbereitungsaufwand und können auch spontan einspringen. Gleichzeitig wird so ein gleichbleibend hoher Qualitätsstandard gewahrt. Der Fokus des Personals der Teaching Library liegt klar auf dem gehobenen Dienst – insbesondere im konzeptionellen Bereich. Bei der Personalauswahl im Zuge von Neueinstellungen im Bereich Benutzung wird im gehobenen und auch im mittleren Dienst auf eine mögliche Eignung für die Teaching Library geachtet. Da aus jedem Bereich des Hauses Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für Schulungen eingesetzt werden können, wird dieser Aspekt auch in Vorstellungsgesprächen anderer Bereiche angesprochen. Gleichzeitig wird innerhalb der Bibliothek vermittelt, dass der Arbeits-
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bereich Teaching Library aufgrund der vielen konzeptionellen Arbeiten ein großes Maß an Freiraum bietet. Kreativität und Neugierde, Serviceorientierung und Interesse an neuen Entwicklungen sowie eigene Motivation sind Grundvoraussetzungen für die Mitarbeit im Team – ein reines Versetzen in den Bereich Informationskompetenz wird als nicht sinnvoll angesehen. So wird ein attraktives Arbeitsfeld geschaffen, das der Individualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Rechnung trägt. Dies führt zu einem Entwicklungsprozess der Teaching Library, der eher bottom-up als top-down verläuft – und der bei Personalwechsel zu Veränderungen im Schulungsprogramm führen kann. Eine klare Arbeits- und Aufgabenverteilung sowie das Festlegen von Jahreszielen sind daher unabdingbar, um strategisches Handeln über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen. Darüber hinaus bietet die Zielgruppenausrichtung Orientierung – immer wieder wird überprüft, ob in einem der drei Felder Studium, Schule sowie Beruf und Freizeit Handlungsbedarf besteht. Auch die Konzentration auf die personell vorhandenen Kernkompetenzen führt zu einer Stärkung des bottom-upAnsatzes, wobei damit auch bewusst inhaltliche Bereiche zurückgestellt werden. Eine hohe Serviceorientierung nach dem Motto „Wir versuchen alles möglich zu machen“ ist zudem das spezifische Merkmal des Teams. So werden grundsätzlich alle angefragten Schulungen für Schulklassen und Seminarkurse angenommen und diese dann in monatlichem Rhythmus unter den Teammitgliedern verteilt. Dieses ambitionierte Vorgehen führte in der Praxis noch in keinem Fall zu einer späteren Absage an Schulungsinteressenten – im Gegenteil: Immer fand sich eine Kollegin oder ein Kollege, die/der die Schulung ermöglichen konnte. Aus Sicht der Teaching Library der Badischen Landesbibliothek sind zusammenfassend die folgenden Aspekte zentral für die Organisation eines breiten Schulungsprogramms: gut funktionierende Räumlichkeiten und Technik, ein sehr hoher Organisationsgrad sowie eine hohe Selbständigkeit der einzelnen Teammitglieder. Darüber hinaus sind Offenheit gegenüber neuen technischen Entwicklungen, eine weite Streuung von Kompetenzen (von Technikbegeisterung über Kreativität bis hin zu druckreifer Schriftsprache) innerhalb des Kernteams sowie eine breite Verteilung der Teammitglieder innerhalb des gesamten Hauses sehr wichtig: von erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die alle Besonderheiten des Bestandes kennen, bis hin zu Neulingen, die frischen Wind bringen. Die wichtigsten Aspekte sind jedoch Kollegialität und Flexibilität, ein eigener Stil sowie eine Haltung, die Scheitern und Ausprobieren explizit als Teil eines Lernprozesses erlaubt.
Anspruch und Realität – Grenzen einer Teaching Library Bei der Konzeption der Schulungen orientiert sich das Team der Teaching Library an dem Anspruch, das Angebot inhaltlich und methodisch den jeweiligen Lebenswel-
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ten der Zielgruppe anzupassen. Dabei wird auf problembasiertes, eigenverantwortliches, teamorientiertes und kommunikatives Lernen gesetzt. Die Entwicklung von Handlungskompetenzen im Bereich Information soll im Mittelpunkt stehen: Nicht das reine Erlernen von Fertigkeiten im Umgang mit Bibliotheken ist das Ziel, sondern das selbständige Verstehen von Informationsbedürfnissen und -ressourcen. Durch eine kompetenz- und prozessorientierte Perspektive auf Lernen ergeben sich unter anderem folgende Gestaltungsprinzipien von Lehr-Lernarrangements: Ganzheitlichkeit und Bezug zur Lebenswelt, Handlungsorientierung, Lernorientierung sowie Subjektorientierung. Zur Entwicklung von Handlungskompetenz im Bereich Information werden durch die Teaching Library folgende Sozialformen und Lehrtechniken eingesetzt: direkte Instruktion, Gruppenarbeit, Stationenlernen und Einzelgespräch. Die Lernenden sind also durch die Teilnahme an Vorträgen, durch die Präsentation einer Gruppenarbeit sowie durch Übungen, die möglichst realitätsbezogene Problemfälle darstellen, einbezogen. Der Entwicklung von Handlungskompetenzen sind jedoch im Schulungsalltag trotz Einbezugs dieser didaktischen Prinzipien deutliche Grenzen gesetzt: Oftmals stehen nur 60–120 Minuten zur Wissensvermittlung zur Verfügung. Dies so zu gestalten, dass Kompetenzen langfristig aufgebaut werden können, ist eine große Herausforderung. Darüber hinaus besteht zwischen Lehrendem und Lernenden meist nur ein einmaliger Kontakt, so dass langfristige Handlungsveränderungen nicht begleitet werden können. Die Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen ist häufig nur auf der Mikroebene einer einzelnen Schulung möglich – weiterreichende didaktische Prinzipien wie ein Spiralcurriculum sind nur in Ausnahmefällen möglich. Individualisierte Elemente wie der Einbezug des spezifischen Interesses Einzelner sind kaum möglich. Dies kann durch Schülerfragestunden und Rechercheberatungen lediglich punktuell aufgefangen werden. Auch das Fördern von Reflexion, Werten und Einstellungen, wie es zu einer ganzheitlich verstandenen Informationskompetenz gehört, ist in den angebotenen Formaten schwierig. Schließlich stellt sich – neben einer rein quantitativen statistischen Auswertung sowie einem Feedbackformular am Ende jeder Schulung – die qualitative Evaluation und Dokumentation von Lernprozessen als nahezu unmöglich dar. Welchen Gewinn innerhalb eines Lernprozesses hat der Besuch einer Schulung oder die Teilnahme an einer Beratung dem bzw. der Einzelnen gebracht? Welche Handlungen führt diese bzw. dieser nun effizienter oder professioneller aus? Gerade im Feld der qualitativen Evaluation bleibt somit noch viel zu tun.
Fazit Die Verbindung von Raum, Service und Personalentwicklung ist ein zentraler Faktor der Informationskompetenzvermittlung an der Badischen Landesbibliothek. Die möglichst bruchfreie Verbindung von informellem und formellem Lernen wird
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durch die Raumarrangements und die organisationsübergreifende Strukturierung der Angebote gefördert. Ganzheitliche Informationskompetenz im Sinne einer Handlungskompetenz wird stets angestrebt, so dass alle Schulungskonzepte interaktiv und möglichst nutzerorientiert aufgebaut sind. Es muss jedoch konstatiert werden, dass zu den Angebotsformen einer nicht institutionell angebundenen Landesbibliothek keine langfristig begleitete Kompetenzentwicklung und -förderung gehören kann. Über all dem steht mithin die Frage von Anspruch und Realität – wie jede Bibliothek oder sogar jede Bildungsinstitution ist auch die Teaching Library der BLB Tag für Tag mit der Aufgabe konfrontiert, Lern- und Lehrideale mit den realen Anforderungen und Gegebenheiten in Einklang zu bringen. Dies zieht zum einen praktische organisatorische Entscheidungen nach sich: Welche Projekte haben Vorrang – die Einführung neuer Katalogisierungsregeln oder die Etablierung einer Schreibwerkstatt, das Entwickeln eines neuen Flyers für eine bestimmte Nutzergruppe oder die kurzfristig angefragte Schulung? Zum anderen stellt sich auch die inhaltliche Frage, welche Lernprozesse im Sinne einer ganzheitlichen und langfristigen Kompetenzentwicklung überhaupt in den möglichen Angebotsformen angestoßen werden können, immer wieder von neuem. Wird dies jedoch realistisch eingeschätzt und im Rahmen der gegebenen Ressourcen engagiert angegangen, kann durch eine kreative Mischung aus individuell gefördertem Lernen im Bibliotheksraum sowie Beratungs- und Schulungsservices die Gelegenheit für häufige Lernanstöße sowie Berührungspunkte mit dem beratenden Personal geschaffen werden. So können Nutzerinnen und Nutzer angeregt werden, sich immer wieder dem Thema Informationskompetenz zu widmen.
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Veränderte Lerninfrastrukturen an der Schnittstelle von Öffentlichen Bibliotheken und Erwachsenenbildung – Konzeptionen und Modelle Abstract: Das Lebenslange Lernen ist zu einer Grundvoraussetzung bei der Bewältigung gesellschaftlicher und technologischer Veränderungsprozesse geworden. Dabei findet Lernen nicht nur in formalen oder nicht-formalen Bildungszusammenhängen statt, sondern in zunehmendem Maße in informellen Kontexten. Zur Unterstützung von Lernprozessen bedarf es veränderter Lerninfrastrukturen, die den unterschiedlichen Lernzugängen Rechnung tragen. Learning Centers bzw. Bildungs- und Kulturzentren bieten hier einen Ansatz, der durch eine intensivere Zusammenarbeit von Bibliotheken und Erwachsenenbildungseinrichtungen gekennzeichnet ist. Daraus ergeben sich auch neue Möglichkeiten zur Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz. Seit einigen Jahren etablieren sich in Deutschland entsprechende Strukturen, in denen Institutionengrenzen zunehmend aufgeweicht werden. Durch organisatorische Integration werden neue Möglichkeiten der strategischen Planung eröffnet, wie entsprechende Modelle zeigen. Die Relevanz dieser Entwicklungen für eine bildungsorientierte Stadtentwicklung, in der die Kompetenzen der Bibliotheken als Informations- und Bildungsdienstleister von zentraler Bedeutung sind, zeigt sich auch im Rahmen internationaler Entwicklungen. Keywords: Bibliothek, informelles Lernen, Lebenslanges Lernen, Lernarrangement, Lernen, Learning Center, Erwachsenenbildung, Stadtentwicklung
Gesellschaftliche Entwicklungen und neue Institutio nalisierungsformen für Bildung Permanente Veränderungsprozesse kennzeichnen gesellschaftliche Entwicklung. Die technologische Entwicklung scheint diese in den letzten Jahren zu beschleunigen. Prof. Dr. Richard Stang, geb. 1959, Diplom-Pädagoge und Diplom-Soziologe, ist Professor für Medienwissenschaft im Studiengang „Bibliotheks- und Informationsmanagement“ in der Fakultät „Information und Kommunikation“ der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM). Er leitet u. a. das Learning Research Center der HdM. Arbeitsschwerpunkte sind u. a. Lernzentren, Lernarchitektur, Medienentwicklung, Medienpädagogik und Innovationsforschung. Er leitet derzeit Forschungsprojekte zur Entwicklung von Lernzentren und berät Kommunen und Einrichtungen (Bibliotheken, Volkshochschulen usw.) bei der Gestaltung von Lernräumen und von kooperativen Strukturen in Lernzentren.
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Dabei verändern sich gesellschaftliche Koordinatensysteme, wie dies durch unterschiedliche Beschreibungen von Gesellschaft zum Ausdruck kommt. Wurde in den 1980er Jahren eine zunehmende Individualisierung konstatiert1 und in den 1990er Jahren die Pluralisierung der Lebensstile in den Fokus gerückt2, so richtete sich der Blick zu Beginn der 2000er Jahre auf die durch neue Technologien forcierte Netzwerkgesellschaft3. Doch bei allen Veränderungsprozessen scheinen seit über vierzig Jahren Wissen, Information und Technologie als zentrale Koordinaten gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung zu gelten. Peter F. Drucker4 und Daniel Bell5 hatten bereits in den 1970er Jahren auf deren Bedeutung hingewiesen. Der Bedeutungszuwachs der Ressource „Wissen“ hat im Laufe der Zeit zu einer immer stärkeren gesellschaftlichen Ausdifferenzierung geführt6 und die Multioptionalität individueller und milieuspezifischer Ausdrucks- und Kommunikationsformen ist ein konstitutives Moment der Gesellschaft geworden. Doch wie selten zuvor erfordern diese Veränderungsprozesse individuelle und gesellschaftliche Bewältigungsstrategien. Bildung und Lernen sind dabei zentrale Faktoren. Es erstaunt deshalb nicht, dass einhergehend mit den sichtbaren Konsequenzen der beschriebenen Veränderungsprozesse Mitte der 1990er Jahre das Konzept des „Lebenslangen Lernens“ immer stärker in den Fokus von (Bildungs-) Politik gerückt wurde. Auch wenn es bereits seit den 1970er Jahren international intensive Bemühungen gab, Bildung als übergreifendes Gesamtkonzept zu betrachten, dauerte es in Europa doch bis Mitte der 1990er Jahre, ehe die entscheidenden politischen Impulse kamen, um entsprechende Strategien zu entwickeln.7 Ob im „Memorandum über Lebenslanges Lernen“ der Europäischen Union8 oder im Strategiepapier für Lebenslanges Lernen in der Bundesrepublik Deutschland der
1 Vgl. Beck, Ulrich: Die Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1986. 2 Vgl. Gross, Peter: Die Multioptionsgesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1994; Schulze, Gerhard: Die Erlebnis-Gesellschaft. Kultursoziologie der Gegenwart. Frankfurt a. M. [u. a.]: Campus 1993. 3 Vgl. Castells, Manuel: Das Informationszeitalter. 3 Bde. Opladen: Leske + Budrich 2001–2003. 4 Vgl. Drucker, Peter F.: The Age of discontinuity. Guidelines to our changing society. New York, NY: Harper & Row 1969. 5 Vgl. Bell, Daniel: The Coming of post-industrial society. A venture in social forecasting. New York, NY: Basic Books 1973. 6 Vgl. Stehr, Nico: Arbeit, Eigentum und Wissen. Zur Theorie von Wissensgesellschaften. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1994. 7 Vgl. Gerlach, Christiane: Lebenslanges Lernen. Konzepte und Entwicklungen 1972 bis 1997. Köln [u. a.]: Böhlau 2000. 8 Kommission der Europäischen Gemeinschaften: Memorandum über Lebenslanges Lernen. Brüssel: Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2000. http://www.die-frankfurt.de/esprid/dokumente/doc-2000/EU00_01.pdf (Stand: 02.07.2015).
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Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung9: Der Zugang zu vielfältigen Lernmöglichkeiten und die Förderung der Kompetenzentwicklung in der Breite der Bevölkerung wurden hervorgehoben. Dabei wurde deutlich gemacht, dass neben dem formalen und nicht-formalen Lernen dem informellen Lernen mehr Gewicht beigemessen werden sollte. In diesem Zusammenhang rückten zunehmend stärker Kulturinstitutionen und Bibliotheken in den Blick, wenn es um veränderte Bildungsstrukturen ging.10 In vielen Ländern entwickelten sich neue Lerninfrastrukturen in Form von Learning Centres bzw. Bildungs- und Kulturzentren, in denen unterschiedliche Lernarrangements und Informationsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.11 Ein zentrales inhaltliches Element dieser veränderten Lerninfrastrukturen ist die Förderung von Informations- und Medienkompetenz. Auch in Deutschland hat die Entwicklung neuer Bildungs- und Kulturzentren seit den 2000er Jahren Fahrt aufgenommen, und es entstehen zahlreiche Kooperationen zwischen Bibliotheken und Erwachsenenbildungs(EB)-Einrichtungen – hier besonders Volkshochschulen. Dabei haben sich unterschiedliche Modelle der Zusammenarbeit entwickelt.12 Die häufigste Form ist nach wie vor das Netzwerk bzw. die lockere Kooperation, in deren Rahmen eine punktuelle Zusammenarbeit stattfindet, es aber keine verbindlichen Strukturen gibt. Das Thema Vermittlung von Informations- und Kommunikationskompetenz ist dabei nicht selten ein zentraler Bezugspunkt. Dies gilt auch bei der engen konzeptionellen Kooperation, die durch verbindliche Absprachen gekennzeichnet ist und bei der langfristige Angebotsplanungen gemeinsam realisiert werden. Dies wird teilweise durch einen Kooperationsvertrag gerahmt. Die räumliche Integration von Bibliotheken und Erwachsenenbildungseinrichtungen in den Städten nimmt deutlich zu: Hier wird ein Haus gemeinsam bespielt. Die Intensität der Zusammenarbeit variiert stark, sie bewegt sich von der lockeren Kooperation bis hin organisatorischen Integration. Auch hier sind gemeinsame Aktivitäten zur Förderung der Informations- und Medienkompetenz oft ein zentraler inhaltlicher Fokus. Die organisatorische Integration, die in einem Haus oder auch mit getrennten Häusern realisiert werden kann, stellt die intensivste Form der Zusammenarbeit dar.
9 Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung: Strategie für Lebenslanges Lernen in der Bundesrepublik Deutschland. Bonn: BLK 2004 (Materialien zur Bildungsplanung und Forschungsförderung 125). 10 Vgl. Behrens, Heidi [u. a.]: Neue Lernarrangements in Kultureinrichtungen. Essen: Books on demand 2002; Stang, Richard u. Achim Puhl (Hrsg.): Bibliotheken und lebenslanges Lernen. Lernarrangements in Bildungs- und Kultureinrichtungen. Bielefeld: W. Bertelsmann 2001. 11 Vgl. Stang, Richard u. Claudia Hesse (Hrsg.): Learning Centres. Neue Organisationskonzepte zum lebenslangen Lernen in Europa. Bielefeld: W. Bertelsmann 2006. 12 Vgl. im Folgenden: Stang, Richard: Räume als Rahmung: Konstitutionen von realen Informations-, Wissens- und Bildungsräumen. In: Formierungen von Wissensräumen. Optionen des Zugangs zu Information und Bildung. Hrsg. von Olaf Eigenbrodt u. Richard Stang. Berlin [u. a.]: De Gruyter 2014. S. 50–63.
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Hier bilden die Einrichtungen eine gemeinsame Institution, die den Bürgerinnen und Bürgern Informations- und Bildungsdienstleistungen aus einer Hand zur Verfügung stellen können. Die Konzepte der räumlichen und organisatorischen Integration sind derzeit die interessantesten Modelle für die Zukunft, da hier veränderte Lerninfrastrukturen im kommunalen Kontext strategisch geplant umgesetzt werden können. Hier können auch neue inhaltliche und räumliche Konzepte zur Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz realisiert werden.
Veränderte Lerninfrastrukturen im Kontext räumli cher und organisatorischer Integration Die räumliche Integration von Informations- und Bildungsdienstleistungen ist in vielen Kommunen dadurch gekennzeichnet, dass Öffentliche Bibliothek und Volkshochschule (VHS) in einem Gebäude verortet werden. Beispiele für die räumliche Integration sind unter anderen das Kulturzentrum Gasteig in München, das RW 21 in Bayreuth, das Kulturzentrum August Everding in Bottrop, das Bildungsforum Potsdam, das Stadtfenster Duisburg (Eröffnung Juli 2015) oder das Haus der Bildung Bonn (Eröffnung August 2015). Hier befinden sich jeweils Bibliothek und Volkshochschule in einem Gebäude, oft ergänzt um weitere Institutionen. Kennzeichnend für die meisten dieser Modelle ist die Entwicklung spezifischer Lerninfrastrukturen an den Schnittstellen der Einrichtungen. So werden Lernareale zum individuellen Lernen in der Bibliothek durch Lernberatungsangebote der Volkshochschule erweitert. Auch werden gemeinsame Angebote gestaltet, bei denen die jeweiligen Kompetenzen der Einrichtungen zum Tragen kommen. Inzwischen gibt es in Deutschland allerdings auch vielfältige Umsetzungen organisatorischer Integration, das heißt, dass Bibliothek und Volkshochschule sowie je nach Ort noch weitere Einrichtungen eine gemeinsame Leitung haben. Zu nennen sind unter anderen das Zentrum für Information und Bildung (ZIB) in Unna, der Bildungscampus in Nürnberg, das Bildungs- und Medienzentrum in Trier, die Bildungswerke Norderstedt, Kultur 123 in Rüsselsheim oder das Bert-Brecht-Haus in Oberhausen. Gemeinsame strategische Planung, Angebotsplanung, Öffentlichkeitsarbeit, Personal- und Organisationsentwicklung sind kennzeichnend für diese organisatorische Integration. Die Dienstleistungen der einzelnen Einrichtungen werden aufeinander abgestimmt den Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt. Die Einrichtungen stellen so eine zentrale kommunale Anlaufstation für alle Bürgerinnen und Bürger in Fragen der Information, Beratung, Bildung, Kommunikation, Kultur und Freizeit dar. Die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz spielt dabei eine wichtige Rolle. Im Kontext dieser organisatorischen Integration werden auch neue Raumkonzepte entwickelt. So wurde mit dem Neubau der Stadtbibliothek in Nürnberg auch die
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Lernwelt als Selbstlern- und Beratungszentrum etabliert, das vom Bildungscampus, den organisatorischen Zusammenschluss von Bildungszentrum (Volkshochschule) und Stadtbibliothek bespielt wird. Dieses Konzept knüpft an den Lernpunkt im Südpunkt Nürnberg an, der bereits 2009 vom Bildungszentrum eingerichtet wurde.13 Vom Bildungs- und Medienzentrum Trier, das die Stadtbibliothek, die Volkshochschule und die Musikschule organisatorisch bündelt, wurde 2014 der gemeinsame Lerntreff in der Stadtbibliothek eingerichtet. Die flexible Möblierung mit mobilen Tischarrangements, die sich flexibel zu Einzel- und Gruppenlernbereichen kombinieren lassen, erlaubt es, unterschiedliche Lernarrangements für Einzel- und Gruppenlernen zu gestalten. Beratungsangebote, unter anderem in den Bereichen Grundbildung und Lernberatung, bilden hier weitere wichtige Dienstleistungen. Angebote zur Förderung der Informations- und Medienkompetenz werden hier an der Schnittstelle von Bibliothek und Volkshochschule entwickelt. Insgesamt ist das Anliegen dabei, auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Lernenden schnell reagieren zu können.14 Mit diesen neuen Lerninfrastrukturen wird die Voraussetzung geschaffen, organisiertes und individualisiertes Lernen Erwachsener zu verschränken. Die Kompetenzen der Volkshochschule und der Bibliothek kommen hier sehr gut zur Geltung. Die Volkshochschule mit ihrer pädagogischen Kompetenz und der Orientierung an Gruppenlernsettings sowie die Bibliothek mit ihrer Informations- und Medienkompetenz und ihrer Orientierung an individuellen Lernzugängen ergänzen sich hier ideal. Die organisatorische Integration schafft die Grundlage, um die gemeinsame strategische Planung der Angebote zielgerichtet voranzutreiben. Bei einer nur räumlichen Inte gration hängt es von der Intensität der Kooperationsstruktur ab. Inzwischen liegen aber auch in Deutschland noch weitergehende Konzepte vor. So ist für das Bildungshaus in Wolfsburg geplant, die räumlichen Trennungen von Volkshochschule, Stadtbibliothek und Medienzentrum aufzuheben. Das Konzept des Neubaus sieht vor, die Kursräume der Volkshochschule thematisch orientiert in den entsprechenden Bereichen der Bibliothek zu verorten. Das heißt, dass zum Beispiel die Sprachkursangebote der Volkshochschule im Räumen stattfinden, die sich im Sprachenbereich der Bibliothek befinden. Auf einer großen Marktplatzfläche sollen in dem Gebäude Angebote zur Verfügung gestellt werden, die Bürgerinnen und Bürger an Information und Bildung heranführen. Ein Café soll die Niedrigschwelligkeit des Zugangs zusätzlich verbessern. Der inhaltliche Bereich „Digitales Leben“ wird die Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz in den Fokus rücken. Im Zentrum der Architekturplanung stehen das inhaltliche und pädagogische Konzept,
13 Informationen stammen aus der wissenschaftlichen Begleitung. 14 Informationen stammen aus der wissenschaftlichen Begleitung.
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an dem die Einrichtungen gemeinsam drei Jahre lang gearbeitet haben.15 Konsequenterweise wurde auch die organisatorische Integration der Einrichtungen im Rahmen eines kommunalen Regiebetriebs in Angriff genommen. Die Beispiele zeigen, dass sich in Deutschland Lerninfrastrukturen entwickeln, die an der Schnittstelle von Bibliotheken, EB-Einrichtungen sowie weiteren Bildungsund Kultureinrichtungen neue, qualitätsvolle Informations- und Bildungsdienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger vorhalten. Solche Entwicklungen bieten eine Grundlage dafür, Bildung im kommunalen Kontext neu zu justieren. Bibliotheken könnten dabei eine zentrale Rolle spielen.
Perspektiven einer bildungsorientierten Stadtentwicklung Betrachtet man die internationale Entwicklung, wird deutlich, dass sich sogenannte Learning Center bzw. Kultur- und Bildungszentren als Element der Stadtentwicklung zunehmend etablieren. Bereits seit den 1990er Jahren werden in Großbritannien unterschiedliche Strukturen von Learning Centers aufgebaut, die für eine flächendeckende Infrastruktur vor allem zur Unterstützung von Lernenden in der Grundbildung (u. a. Neighbourhood Learning Centers) und in Bezug auf Kompetenzen im Umgang mit Informations- und Kommunikationstechniken (ICT Learning Centers) sorgen.16 Eine Weiterentwicklung dieser Infrastruktur stellen die Idea Stores in London dar, die in den 2000er Jahren gezielt als Teil der Stadtentwicklung etabliert wurden, um vor allem „bildungsferne“ Bevölkerungsgruppen an Informations- und Bildungsdienstleistungen heranzuführen. Durch veränderte Raumkonzepte, in denen Bibliotheksangebote und Angebote der Erwachsenenbildung integriert wurden, konnten diese Zielgruppen sehr gut erreicht werden.17 Die Idea Stores wurden so zu einem elementaren Bestandteil von Stadtentwicklung. Eine ähnliche Entwicklung ist vom Dokk 1, dem Urban Mediaspace, in Aarhus zu erwarten. Dort werden neben Informations- und Bildungsdienstleistungen vor allem Innovationsflächen wie Makerspaces für die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung gestellt. Angebote zur Vermittlung von
15 Rabofski, Birgit [u. a.]: Information, Innovation, Inspiration. Das Bildungshaus in Wolfsburg als neuer Prototyp eines Zentrums für lebenslanges Lernen. In: Eigenbrodt u. Stang, Formierungen von Wissensräumen (wie Anm. 12), hier S. 138–147. 16 Clark, Alastair: Vielfalt als Ansatzpunkt für eine flächendeckende Infrastruktur. Learning Centres in Großbritannien. In: Learning Centres. Neue Organisationskonzepte zum lebenslangen Lernen in Europa. Hrsg. von Richard Stang u. Claudia Hesse. Bielefeld: W. Bertelsmann 2006. S. 53–72. 17 Dogliani, Sergio: Innovation an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientieren. Die Idea Stores in London. In: Eigenbrodt u. Stang, Formierungen von Wissensräumen (wie Anm. 12), hier S. 124–137.
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Informations- und Medienkompetenz sind dabei wichtige Bausteine. Auch hier wurde das Projekt als zentrales Element der Stadtentwicklung auf die Bahn gesetzt. In Deutschland könnte die Diskussion über regionale bzw. lokale Bildungslandschaften18 den Blick erweitern. Informations- und Bildungsdienstleistungen werden hier in einem größeren Entwicklungskontext von Städten und Regionen gestellt. Es geht dabei um die Entwicklung einer an den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger orientierten kommunalen bzw. regionalen Lerninfrastruktur und um die konzeptionelle Vernetzung von Informations-, Bildungs- und Lernangeboten der unterschiedlichsten Bildungs- und Kulturinstitutionen. Bibliotheken und Erwachsenenbildungseinrichtungen könnten in diesem Zusammenhang als Institutionen zur Unterstützung des Lebenslangen Lernens und zur Förderung der Informations- und Medienkompetenz eine zentrale Rolle spielen. Stark vernetzt oder eben organisatorisch integriert könnten sie einen idealen Rahmen für die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit Informations- und Bildungsdienstleistungen (Medienangebote, Rechercheangebote, Lernangebote, Beratungsangebote usw.) bieten. Bislang wird der Diskurs über Bildungslandschaften allerdings noch sehr stark in Verbindung mit dem Diskurs über die Zukunft der Schulinfrastruktur geführt.19 Bibliotheken und Erwachsenenbildungseinrichtungen sollten sich – idealerweise vernetzt – hier stärker positionieren, um ihre Stellung im kommunalen Kontext deutlicher zu machen.
18 Bleckmann, Peter u. Volker Schmidt (Hrsg.): Bildungslandschaften. Mehr Chancen für alle. Wiesbaden: Springer VS 2012. 19 Niemann, Lars: Steuerung lokaler Bildungslandschaften. Räumliche und pädagogische Entwicklung am Beispiel des Projektes Altstadt Nord Köln. Wiesbaden: Springer VS 2014.
Kerstin Keller-Loibl
Förderung von Lese- und Informationskompetenz mit dem Spiralcurriculum Abstract: Konzeptualisierungen von Lesekompetenz weisen eine große Schnittmenge mit Modellen der Informationskompetenz auf. Sie betreffen kognitive Komponenten wie Orientierung, bewertende und reflektierende Kompetenzen, aber auch emotionale und motivationale Komponenten. Es erscheint daher logisch, Lese- und Informationskompetenz nicht nebeneinander zu vermitteln, sondern eine systematische, aufeinander aufbauende und vernetzte Förderung von Fähigkeiten zu initiieren, wie es in den von Bibliotheken entwickelten Spiralcurricula zur Vermittlung von Leseund Informationskompetenz erprobt wird. Ein Spiralcurriculum ist ein didaktisches Modell, das eine Vermittlung von Kompetenzen auf einem immer höheren Niveau intendiert. Am Beispiel des Spiralcurriculums der Leipziger Städtischen Bibliotheken wird gezeigt, wie eine systematische und vernetzte Vermittlung von Lese- und Informationskompetenz von der ersten bis zur zehnten Klasse aussehen kann. Keywords: Lesekompetenz, Informationskompetenz, Spiralcurriculum, Bibliothekspädagogik, Öffentliche Bibliothek, Wissenschaftliche Bibliothek, Schule, Leipziger Städtische Bibliotheken
Lesekompetenz und Informationskompetenz Die Entwicklung von Informationskompetenz ist eng mit der Förderung von Lesekompetenz verbunden. Nur wer Texte verstehen kann, ist in der Lage, die darin enthaltenen Informationen zu bewerten und zu nutzen.1 Sprachliche Fähigkeiten sind
1 Vgl. Dannenberg, Detlev: Leitfaden zur Unterrichtseinheit „Fit für die Facharbeit“. Hamburg 2004. http://www.lik-online.de/pool/2004_Dannenberg_LIK_Leitfaden_Fit_fuer_die_Facharbeit.pdf (Stand: 26.06.2015). Prof. Dr. Kerstin Keller-Loibl lehrt seit 2000 im Studiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig mit den Schwerpunkten Vermittlung von Lese- und Informationskompetenz, Bibliothekspädagogik und Gegenwartsliteratur. Sie war Mitglied in der dbv-Kommission Kinder- und Jugendbibliotheken (2006–2012) und im Standing Committee der IFLA, Libraries for Children and Young Adults Section (2009–2013). Zahlreiche Veröffentlichungen und Vorträge im In- und Ausland. Weitere Informationen: http://www.fbm.htwk-leipzig.de/ de/fakultaet-medien/professorinnen/weitere-informationen/kerstin-keller-loibl.
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auch für die Orientierung im Internet elementar. Umgekehrt bedeutet eine gering entwickelte Lesefähigkeit eine erhebliche Einschränkung der Informationskompetenz. Gapski und Tekster schlussfolgern daraus: „Im Übrigen ist im Kindesalter Lesekompetenz weitaus höher einzuschätzen als Informationskompetenz, denn ohne einen ausreichenden Sprachschatz und eine entwickelte Lesefähigkeit wird auch das Suchen und Selektieren von Informationen zum Problem.“2 Es wäre allerdings zu kurz gegriffen, wenn man die Bedeutung des Lesens auf die Lesetechnik reduzieren würde. Lesen dient nicht nur dem Aufbau von Wissen, sondern ist für die ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeit von grundlegender Bedeutung. Als positive Wirkungen des Lesens werden in der Leseforschung die Entwicklung des Vorstellungsvermögens, des komplexen Denkens und der Sprachkompetenz genannt.3 Lesen fördert Fähigkeiten zur Kommunikation, zu politischer Meinungsbildung, zu kognitiver Orientierung und stärkt die Empathie- und Moralentwicklung, die ästhetische Sensibilität und die Reflexion.4 Der Erwerb von Lesekompetenz schließt damit die Ausbildung grundlegender kognitiver, reflexiver und motivationaler Fähigkeiten und Fertigkeiten ein, die für die Entwicklung von Informationskompetenz unverzichtbar sind. Viele analytisch-kritische sowie verarbeitungsbezogene Aspekte der Lesekompetenz sind auch Bestandteile von Konzepten der Informationskompetenz. Vergleicht man zum Beispiel die in der PISA-Studie geforderten Kompetenzen im Hinblick auf die Lesekompetenz mit den vom Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg entwickelten „Standards der Informationskompetenz für Studierende“, werden Schnittstellen in den benötigten Qualifikationen evident, vor allem in Bezug auf die Lokalisierung von Informationen, die Bewertung der gefundenen Informationen und Quellen und das kritische Denken im Sinne der Beurteilung der Qualität von Informationen.5 Insbesondere das kognitionspsychologische Modell des Lesens als Informationsverarbeitung bietet viele Ansätze, Lesekompetenz als Basis- und Vorläuferkompetenz für die Entwicklung von Informationskompetenz zu deuten. So zeigt sich mit Blick auf die kognitiven Fähigkeiten und Strukturen ein deutlicher Überschneidungsbereich in
2 Gapski, Harald u. Thomas Tekster: Informationskompetenz in Deutschland. Überblick zum Stand der Fachdiskussion und Zusammenstellung von Literaturangaben, Projekten und Materialien zu einzelnen Zielgruppen. Düsseldorf: Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LFM) 2009. S. 57. 3 Vgl. Dahrendorf, Malte: Lesesozialisation und Kinder- und Jugendliteratur. In: Lesen im Medienzeitalter. Biographische und historische Aspekte literarischer Sozialisation. Hrsg. von Cornelia Rosebrock. Weinheim [u. a.]: Juventa 1995, hier S. 34. 4 Vgl. Garbe, Christine: Lesekompetenz. In: Garbe, Christine [u. a.]: Texte lesen. Textverstehen, Lesedidaktik, Lesesozialisation. 2. Aufl. Paderborn: Ferdinand Schöningh 2010, hier S. 18. 5 Vgl. Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg: Standards der Informationskompetenz für Studierende. Mannheim 2006. http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2008/3714/pdf/ ik_Broschuere_01.pdf (Stand: 26.06.2015).
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folgenden Feldern: in der Anwendung von Strategien, in der Selektion von Informationen, im Reflektieren und Bewerten wie auch in der Fähigkeit der Selbststeuerung. Neben den Strategien des kritischen Lesens finden sich weitere Überlappungsbereiche hinsichtlich der metakognitiven Strategien und der affektiven, volitionalen Strategien zur Aufrechterhaltung der Aktivität, wie zum Beispiel der Aufmerksamkeitssteuerung, der Aufrechterhaltung der Konzentration und der Selbstmotivierung. Dieser Befund spricht ganz eindeutig dafür, Lese- und Informationskompetenz nicht nebeneinander zu vermitteln, sondern eine systematische, aufeinander aufbauende und vernetzte Förderung dieser Fähigkeiten in den Blick zu nehmen. Im Lesekompetenz-Modell, wie es maßgeblich von Groeben und Hurrelmann6 entwickelt wurde, sind neben kognitiven Fähigkeiten und Lesestrategien auch motivational-emotionale und kommunikativ-interaktive Aspekte untrennbar mit der Lesekompetenz verbunden. Diesem weiten Verständnis von Lesekompetenz liegt ein Konzept zugrunde, das sich an der Leitvorstellung der Subjektbildung orientiert und an die moderne Sozialisationstheorie und die bildungsgeschichtliche Tradition anknüpft. Im Vordergrund steht die Frage, wie aus dem Gattungswesen Mensch „ein gesellschaftlich handlungsfähiges Subjekt“ 7 wird. Lesen wird in dieser Perspektive nicht nur als instrumentelles Handeln verstanden, das zu Zwecken des Lernens und des beruflichen Erfolgs eingesetzt wird, sondern auch für die Persönlichkeitsbildung entscheidend ist, insbesondere „im Hinblick auf ästhetische und sprachliche Sensibilität, Moralentwicklung und Empathiefähigkeit, Fremdverstehen und Teilhabe am kulturellen Gedächtnis.“8 Damit sind wesentliche Faktoren genannt, die auch für eine umfassende und weitreichende Modellierung von Informationskompetenz relevant sind: Im Hinblick auf die Subjektbildung ist ein selbstbestimmter, verantwortungsbewusster, ethisch vertretbarer und kritisch reflexiver Umgang mit Informationen eine wesentliche Zieldimension im ganzheitlichen Prozess der Persönlichkeitsentwicklung.
6 Siehe dazu u. a.: Groeben, Norbert u. Bettina Hurrelmann (Hrsg.): Lesekompetenz. Bedingungen, Dimensionen, Funktionen. Weinheim [u. a.]: Juventa 2002; Groeben, Norbert u. Bettina Hurrelmann (Hrsg.): Lesesozialisation in der Mediengesellschaft. Ein Forschungsüberblick. Weinheim und München: Juventa 2004. 7 Hurrelmann, Bettina: Leseleistung – Lesekompetenz. Folgerungen aus PISA, mit einem Plädoyer für ein didaktisches Konzept des Lesens als kultureller Praxis. In: Praxis Deutsch (2002) H. 176, hier S. 16. 8 Hurrelmann, Bettina: Modelle und Merkmale der Lesekompetenz. In: Lesekompetenz – Leseleistung – Leseförderung. Grundlagen, Modelle und Materialien. Hrsg. von Andrea Bertschi-Kaufmann. Zug [u. a.]: Klett und Balmer [u. a.] 2007. S. 22 f.
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Spiralcurricula zur Vermittlung von Lese- und Informationskompetenz Um eine vernetzte und systematische Förderung von Lese- und Informationskompetenz im Kindes- und Jugendalter zu initiieren, bietet sich die Modifikation eines didaktischen Modells aus der Unterrichtsmethodik an: das Spiralcurriculum. Das Spiralcurriculum basiert auf der Theorie des amerikanischen Entwicklungs- und Kognitionspsychologen Bruner, der in seinem Buch „The Process of Education“ von der Hypothese ausgeht, dass „jedem Kind auf jeder Entwicklungsstufe jeder Lehrgegenstand in einer intellektuell ehrlichen Form gelehrt werden kann“.9 Mittels der didaktischen Reduktion lassen sich nach Bruner alle relevanten Wissensgebiete in den ersten Schuljahren vermitteln. Die Themen sollen im Verlauf der Schulzeit auf verschiedenen Entwicklungsstufen wieder aufgegriffen und zunehmend differenzierter behandelt werden. „Da ein solches wiederholtes Behandeln von Themen auf immer differenzierterer Ebene als eine spiralförmige Bewegung durch die Gesamtheit der zu vermittelnden Lehrinhalte aufgefasst werden kann, hat Bruner sein Konzept ‚Spiralcurriculum‘ genannt.“10 Lehrinhalte eines Spiralcurriculums können Inhalte einzelner Unterrichtsfächer, fächerübergreifende Inhalte oder Schlüsselqualifikationen sein. Das Modell eignet sich aufgrund der spiralförmigen Anordnung der zu vermittelnden Lerninhalte in besonderer Weise für eine systematische und nachhaltige Entwicklung von Kompetenzen. Für die bibliothekarische Förderung von Lese- und Informationskompetenz heißt dies, unter Berücksichtigung von entwicklungs- und lernpsychologischen Aspekten ein die gesamte Schullaufbahn umfassendes Curriculum zu entwickeln, das die jeweils benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten zur Steigerung der Lese- und Informationskompetenz in Form von Lernzielen, Inhalts- und Methodenentscheidungen fixiert. „Ausgehend vom Bild der Spirale wird ein modulares, aufeinander aufbauendes und praxistaugliches Baukastensystem entwickelt, das sicherstellt, dass Kinder und Jugendliche an festgelegten Punkten immer wieder an Bibliotheksangeboten partizipieren.“11 So wird ermöglicht, dass Schüler von der ersten bis zur zwölften Klasse ihre Fähigkeiten im Umgang mit Informationen erweitern und vertiefen und die Lese- und Informationskompetenz auf einem immer höheren Niveau entwickelt wird. Das Spiralcurriculum dient als Leitschnur für die Kompetenzentwicklung und
9 Bruner, Jerome S.: Der Prozess der Erziehung. 5. Aufl. Berlin: Berlin-Verlag [u. a.] 1980, hier S. 44. 10 Schnotz, Wolfgang: Pädagogische Psychologie kompakt. 2., überarb. u. erw. Auflage, mit OnlineMaterialien. Weinheim: Beltz 2011, hier S. 142. 11 Hachmann, Ute u. Helga Hofmann (Hrsg.): Wenn Bibliothek Bildungspartner wird … Leseförderung mit dem Spiralcurriculum in Schule und Vorschule. Frankfurt a. M.: Expertengruppe Bibliothek und Schule und Expertengruppe Kinder- und Jugendbibliotheken im Deutschen Bibliotheksverband e. V. 2007. S. 5. In dieser Broschüre werden Best-Practice aufgelistet.
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schließt die Entwicklung von bibliothekspädagogischen Konzepten, Lernmaterialien oder E-Learning-Tutorials ein. Der Einsatz eines Spiralcurriculums ist in Schul- und Öffentlichen Bibliotheken oder als gemeinsames Angebot von Öffentlichen und Wissenschaftlichen Bibliotheken möglich. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass je nach Gegebenheiten vor Ort und den vorhandenen personellen Ressourcen für bestimmte Jahrgänge eine Fördermaßnahme zwischen Bibliothek und Schule vereinbart wird. In der Stadtbibliothek Brilon entstand im Rahmen des Projektes „Medienpartner Bibliothek und Schule“ zum Beispiel ein Curriculum mit insgesamt fünf Modulen: Für alle Grundschüler sind zwei feste Termine geplant, die Piraten-Entdeckungsreise als spielerische Bibliothekseinführung zur Leseförderung in der zweiten Klasse und der Bibliotheksführerschein in der vierten Klasse. In den weiterführenden Schulen werden die jeweils fünften, siebten und zwölften Klassen mit aufeinander aufbauenden Modulen zur Förderung der Informationskompetenz angesprochen.12 Das 2007 gestartete Projekt „Oldenburger Bibliotheken für Schulen – gemeinsam Lese- und Informationskompetenz stärken“, ist ein weiteres Vorreiterprojekt bei der Entwicklung bibliothekarischer Spiralcurricula. Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken in Oldenburg vernetzten ihre Angebote für die Primar- und Sekundarstufe und entwickelten ein die gesamte Schullaufbahn umfassendes Konzept der Vermittlung von Lese- und Informationskompetenz für Schüler der allgemein- und berufsbildenden Schulen Oldenburgs und der Region. „Durch die kontinuierliche Arbeit in und mit Bibliotheken während der gesamten Schulzeit sollen ein dauerhaftes Leseinteresse sowie die Fähigkeit und die Motivation der Schülerinnen und Schüler zur selbstständigen Wissensaneignung systematisch unterstützt werden.“13 Ein weiterer Schritt in der Entwicklung von Spiralcurricula zur Förderung von Lese- und Informationskompetenz kann in der stärkeren Vernetzung der Lernziele mit den Lehrplänen der allgemeinbildenden Schulen gesehen werden. Während im Oldenburger Spiralcurriculum der Fokus auf der Vermittlung von Kenntnissen zur Benutzung einer Bibliothek und dem Erwerb von Recherchekompetenzen liegt, sind in den Curricula der Stadtbibliothek Villingen-Schwenningen und der Leipziger Städtischen Bibliotheken die Lernziele an den Bedarf der Schulen angepasst. Im Vordergrund stehen die Vermittlung von Lesefreude und Lesemotivation, das Kennenlernen der verschiedenen Medienarten und die Unterstützung beim Erwerb von Informationskompetenz. Dies sind gemeinsame Ziele von Schule und Bibliothek. Die Bezüge zu den Lehrplänen und Bildungsstandards werden in beiden Curricula deutlich her-
12 Vgl. Bertelsmann-Stiftung (Hrsg.): Kooperation macht stärker. Medienpartner Bibliothek & Schule. 2. Aufl. Gütersloh: Verlag Bertelsmann-Stiftung 2005, hier S. 56. 13 Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg (Hrsg.): Schu:Bi – Schule und Bibliothek. Bildungspartner für Lese- und Informationskompetenz. Oldenburg 2006. http://www.schubi-ol.de (Stand: 26.06.2015).
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ausgestellt, um aufzuzeigen, dass mit diesen Bibliotheksangeboten die Erfüllung der Bildungspläne unterstützt wird. Bibliotheksbesuche werden so nicht mehr nur als „Zusatz“ verstanden, wenn der Lehrplan geschafft ist oder vor den Ferien noch Raum bleibt. Stattdessen wird die Bibliothek als außerschulischer Lernort wahrgenommen und die Module können in der unterrichtlichen Arbeit verankert werden.
Schritt für Schritt zum Kompetenzerwerb – Das Leipziger Modell Das Spiralcurriculum der Leipziger Städtischen Bibliotheken ist ein didaktisches Konzept, das sich am Schüler und den zu erwerbenden Kompetenzen während der Schullaufbahn orientiert. Es umfasst insgesamt fünf aufeinander aufbauende Module für die erste bis zehnte Klasse und vermittelt systematisch Lese-, Medien- und Informationskompetenz.14 Es wird seit 2012 angeboten und entstand in der Zusammenarbeit der Leipziger Städtischen Bibliotheken mit dem Masterstudiengang Bibliotheksund Informationswissenschaft der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und dem Regionalschulamt Leipzig.15 Das Spiralcurriculum verfolgt das Ziel einer nachhaltigen Kompetenzentwicklung in enger Zusammenarbeit mit Schulen. Die konkreten Inhalte wurden mit Leipziger Lehrern abgestimmt, um das Angebot passgenau zu entwickeln. Berücksichtigt werden alle Fächer, in denen zielsicheres Recherchieren, kritisches Umgehen mit Informationen und die Förderung von Leseinteresse von Bedeutung sind. So werden nicht nur Angebote für den Deutschunterricht unterbreitet, sondern auch für Biologie, Geschichte oder Ethik. Das Spiralcurriculum der Leipziger Städtischen Bibliotheken zeichnet sich dadurch aus, dass jedes Modul detailliert Lernziele, Themenschwerpunkte und die Anwendung verschiedener Methoden, die in Kernangeboten zusammengefasst werden, ausweist. Die Kompetenzziele sind durch Lehrplanbezüge untermauert, die den Erwerb genau dieser Kompetenzen fordern. Die Zitate stammen aus dem Allgemeinen Teil der Sächsischen Lehrpläne, ergänzt durch Zitate aus dem Fachlehrplan Deutsch und durch Formulierungen aus den Bildungsstandards. Damit ist eine direkte
14 Eine Gesamtübersicht über das Spiralcurriculum (als Download) findet sich unter: http://stadtbibliothek.leipzig.de/lesen-und-lernen/kitas-schulen-und-horte (Stand: 26.06.2015). 15 Siehe dazu: Friesel, Mareike u. Keller-Loibl, Kerstin: Spiralcurriculum für Leseförderung und Medienkompetenz. Gemeinschaftsprojekt der Leipziger Städtischen Bibliotheken und der HTWK Leipzig. In: BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen (2012) H. 4. S. 244–245. 2013 wurde das Curriculum um zwei weitere Module für die Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten ergänzt. Siehe dazu: Noack, Selina: Das Leipziger Spiralcurriculum für Kindergartenkinder. Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Bildungspartnerschaft. In: BIS – Das Magazin der Bibliotheken in Sachsen (2014) H. 1. S. 52–53.
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Verbindung zwischen den Zielen des Spiralcurriculums und den Anforderungen des Lehrplanes hergestellt.
Abb. 1: Modul 2, © Leipziger Städtische Bibliotheken, T. Hanke.
Der Aufbau des Spiralcurriculums orientiert sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen der Leseforschung und der Informationsdidaktik. So stehen für die Erst- und Zweitklässler die Förderung der Lesefreude und des Leseinteresses im Zentrum. Ein hohe Lesemotivation sowie stabile und vielfältige Leseinteressen sind ein wesentlicher Grundstein für den Erwerb von Informationskompetenz. Die Entwicklung der Lesekompetenz ist nach einem gelungenen Erwerb der Lesefähigkeit im Grundschulalter aber noch lange nicht abgeschlossen. Das Erlernen von Techniken und Strategien des verstehenden Lesens erfolgt vermehrt erst im Laufe der weiteren Schulzeit. Umso wichtiger ist es, die Lesemotivation mit geeigneten Maßnahmen zu erhalten und zu festigen. Kaspar H. Spinner formuliert treffend: „Lesefreude entsteht nicht durch Strategietraining, sondern durch Bereitstellen von Situationen, in denen selbstvergessenes Lesen, Raum für Phantasie und Identifikation gegeben wird.“16 Im Leipziger Spiralcurriculum ist deshalb die Förderung der Lesemotivation eines der Lernziele, das sich durch das gesamte Curriculum von der ersten bis zur zehnten Klasse zieht. In den Veranstaltungsbausteinen des Leipziger Spiralcurriculums sind Maßnahmen der Leseförderung und Vermittlung von Informationskompetenz eng miteinander verknüpft. So werden zum Beispiel ab der dritten Klasse im Rahmen von bibliothekspädagogischen Klassenführungen oder themenzentrierten Veranstaltungen neben der Förderung der Lesemotivation zugleich erste Recherchestrategien vermittelt. Die Rechercheaufgaben sind in diesem Alter in ein interessantes Thema oder in eine Spielhandlung eingebunden, es werden fremde Kontinente erforscht, Krimi-
16 Spinner, Kaspar H.: Lesekompetenz in der Schule. In: Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz. Vertiefende Analysen im Rahmen von PISA 2000. Hrsg. von Ulrich Schiefele [u. a.]. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften 2004, hier S. 136.
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nalfälle gelöst, Nachrichtensendungen vorbereitet oder nach Traumberufen recherchiert.17 Neben der Wissensvermittlung werden in allen Modulen immer auch Fähigkeiten und Fertigkeiten geschult, so zum Beispiel die Recherche im elektronischen Katalog und im Internet, die Nutzung verschiedener Medien für die Informationssuche sowie die Verarbeitung der Informationen und deren Präsentation. Die Schüler lernen auf spielerische Art und Weise wie Lexika zur Lösung von Fragestellungen verwendet werden, wie man ein Sachregister nutzt und welche Medien für welchen Zweck sinnvoll sind. Auch der Erwerb der Fähigkeit zur selbstständigen und kritischen Beurteilung von Informationsquellen ist ein wesentliches Lernziel. Ab der siebten Klasse enthält das Spiralcurriculum explizit ausgewiesene Bausteine, in denen die Schüler zur selbstständigen Suche und zum kritischen Bewerten von Informationen befähigt werden sollen. Neben einer Erweiterung der Kenntnisse über den Online-Katalog und einer selbständigen Recherche werden in der neunten und zehnten Klasse Übungen zur Recherche in Suchmaschinen, Datenbanken und Fachportalen angeboten. Auch das Erstellen einer Facharbeit wird im Rahmen eines Moduls unterstützt. Ausgangspunkt für alle Konzepte ist die Einbindung der Informationssuche in eine inhaltliche Frage- oder Problemstellung unter Berücksichtigung der Interessen der Zielgruppe. Ein aktives Interesse ist die wichtigste „Voraussetzung für die Aufnahme und konstruktive Verarbeitung jeglicher Information.“18 Da Kinder und Jugendliche ein vorrangiges Interesse am Inhalt haben, bieten sich themenorientierte Veranstaltungen besonders an. Die Beschäftigung mit einer Vielzahl an Informationsressourcen, der Erwerb von Strategien der gezielten Informationssuche sowie die Selektion und Bewertung von Informationen werden bei dieser Methode über das Interesse am Thema und der zu lösenden inhaltlichen Fragestellung ausgelöst. Das Leipziger Spiralcurriculum bietet deshalb ein vielfältiges Themenspektrum an, das Inhalte aus Unterrichtsfächern, Freizeitinteressen und die neuen Medienwelten der Heranwachsenden integriert. So finden sich im Curriculum beispielsweise Themen wie Familie und Freunde, Welt der Natur, Körper und Gesundheit, Kulturen der Welt, Fantasy- und Kriminalliteratur, The world of English, Fit for Job oder Google & Co. Das Konzept des Leipziger Spiralcurriculums scheint aufzugehen: Zwischen der Bildungsagentur, Regionalstelle Leipzig, und den Leipziger Städtischen Bibliotheken wurde die neue Qualität der Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung verankert.
17 Siehe dazu die Konzepte in: Keller-Loibl, Kerstin (Hrsg.): Bibliothekspädagogische Klassenführungen. Ideen und Konzepte für die Praxis. 2., aktualis. u. erw. Aufl. Bad Honnef: Bock + Herchen 2012. 18 Schreier, Margit u. Gerhard Rupp: Ziele/Funktionen der Lesekompetenz im medialen Umbruch. In: Groeben [u. a.] (Hrsg.), Lesekompetenz (wie Anm. 6), hier S. 261.
Heike vom Orde
Informationskompetenz und intergenerationelles Lernen Abstract: Intergenerationelles Lernen gewinnt in Deutschland aufgrund der demografischen Entwicklung zunehmend an Bedeutung. Entsprechende Lernszenarien zeichnen sich durch selbstgesteuerte, kommunikative und soziale Prozesse aus. Im Kontext der Förderung von Informationskompetenz durch Bibliotheken kann das Anknüpfen an generationsspezifische Medienpraxiskulturen unterschiedlicher Altersgruppen erfolgversprechend sein. Empirische Befunde zeigen, dass für Heranwachsende die Integration digitaler Medien in den Alltag eine Selbstverständlichkeit ist, was sich zuweilen in unreflektiertem Informations- und Medienhandeln niederschlägt. Ältere Menschen hingegen, die mit traditionellen Medien sozialisiert wurden, verfügen über eine historisch-vergleichende Perspektive, die eine bewusste, pragmatische, aber eher distanzierte Haltung gegenüber den neuen Medien zur Folge hat. Intergenerationelle Bibliotheksprojekte können sich diese Ambivalenzen zu Nutze machen, um die Informationskompetenz unterschiedlicher Mediengenerationen handlungsorientiert zu fördern. Keywords: Digitale Spaltung, Digitalisierung, Handlungsorientiertes Lernen, Informations- und Medienpraxiskulturen, Intergenerationelle Lernsettings, Mediengenerationen, Social Web, Soziales Lernen
Demografischer Wandel und intergenerationelles Lernen Im Zuge des demografischen Wandels in Deutschland gewinnt das Konzept des intergenerationellen Lernens zunehmend an Bedeutung. Informelles und implizites Lernen zwischen den Generationen hat seinen Ursprung sowohl im Familienverbund als auch in beruflichen Lernkontexten, wie es im Handwerk traditionell jahrhundertelang durch das Verhältnis zwischen Meister und Geselle repräsentiert wurde. Heike vom Orde ist Diplom-Bibliothekarin (FH) und M. A. Germanistik und Psychologie. Seit 2001 hat sie die Leitung der Dokumentation des Internationalen Zentralinstituts für das Jugendund Bildungsfernsehen (IZI) beim Bayerischen Rundfunk in München inne. Das IZI ist ein internationales Dokumentations- und Forschungszentrum mit dem Auftrag zur Förderung der Qualität im Kinder-, Jugend- und Bildungsfernsehen. Neben dokumentarischen Aufgaben nimmt sie auch Vortrags- und Publikationstätigkeit für das IZI wahr und ist Mitglied der IFLA-Sektion „Information Literacy“ und der Advisory Group des UNESCO-Netzwerks „Adult Learning Documentation and Information Network (ALADIN)“.
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„Dieses Lernen basierte nicht auf expliziten Lernvorstellungen, sondern geschah stets beiläufig und blieb unthematisiert. Das Lernen baute auf Formen der Nachahmung, aber auch auf der Erfahrung der Älteren auf, die ihr Wissen an jüngere Generationen weitergeben.“1 Die Bedeutung dieses pädagogischen Generationenverhältnisses geht weit über das Alltagsverständnis von Generation im Sinne einer Unterscheidung zwischen Jung und Alt hinaus.2 Beim intergenerationellen Lernen profitieren Jung und Alt in kommunikativen und sozialen Lernprozessen voneinander. Im Idealfall lernen sie im Rahmen einer generationsübergreifenden Didaktik auch miteinander und dabei etwas übereinander. Als bekannte Beispiele intergenerationellen Lernens in Deutschland seien beispielsweise aus dem Bereich der Leseförderung die Projekte der Vorlesepatenschaften genannt. Diese Aktivitäten zielen auf die Stärkung des informellen und selbstgesteuerten Lernens, dem hinsichtlich des Erwerbs und der Förderung von Informationskompetenz im Kontext lebenslanger Lernprozesse auch in deutschen Bibliotheken zunehmend Bedeutung beigemessen wird.3 In einigen asiatischen Ländern wie Singapur oder Taiwan gehen Bibliotheken schon einen Schritt weiter. Lernprozesse zwischen „Text-“ und „Techno“-Generationen zu initiieren, kann für Bibliotheken eine neue Option sein, sich als Lernort zu positionieren und zu profilieren.4 Erfolgversprechende intergenerationelle Lernsettings in Bibliotheken setzen allerdings eine empirisch fundierte Auseinandersetzung mit den Medien- und Informationspraxen unterschiedlicher Altersgruppen voraus, da sonst eine realistische Einschätzung vorhandener Kompetenzen, Bedürfnisse oder Erwartungen der anvisierten Zielgruppen kaum möglich sein dürfte.
Mediengenerationen: Realität oder Chimäre? „Digital Natives“, „Millennials“, „Generation @“, „Net Generation“: Dies ist nur eine kleine Auswahl an Schlagworten, mit denen die Angehörigen der Generation bezeich-
1 Franz, Julia: Die ältere Generation als Mentorengeneration – Intergenerationelles Lernen und intergenerationelles Engagement. In: Bildungsforschung (2006) H. 2. S. 1–18, hier S. 2. 2 Vgl. Lüscher, Kurt: Generationenlernen als Chance der Persönlichkeitsentfaltung. In: Mediale Brücken. Generationen im Dialog durch aktive Medienarbeit. Hrsg. von Thomas Kupser u. Ida Pöttinger. München: kopaed 2011. S. 37–47. 3 Siehe Stang, Richard: Lernarrangements in Bibliotheken – Support für informelles Lernen. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012. S. 467–473, hier S. 469. 4 Dies zeigte exemplarisch eine Session mit beeindruckenden Praxisbeispielen zur Förderung der „intergenerational literacies“ auf dem IFLA Weltkongress 2013 in Singapur. http://conference.ifla. org/past-wlic/2013/session-180.htm (Stand: 14.07.2015).
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net werden, die mit dem Internet groß geworden ist5. Es ist kaum möglich, sich diesen griffigen und häufig im öffentlichen Diskurs verwendeten essayistischen Konzepten einer „Mediengeneration“ zu entziehen. Grundsätzlich gehen diese Überlegungen zumeist von derselben Behauptung aus: Die neuen, digitalen Medientechnologien lassen neue Praxen in Gesellschaft, Kultur oder Wirtschaft entstehen. Die Generation der „Digital Natives“, die mit den digitalen Medien aufgewachsen ist, unterscheide sich daher fundamental in ihrem Handeln, Denken, Lernen und Arbeiten von anderen Generationen, deren Angehörige unter dem Begriff „Digital Immigrants“ subsumiert werden. Konstruiert wurde diese Dichotomie erstmals von Mark Prensky, der den „Native Speakers“ einer neuen, digitalen Sprache die digitalen Immigranten gegenüberstellte, die sich aufgrund ihres Alters mit den neuen Medien schwer täten und deshalb mit „Accent“ sprächen.6 Die Häufigkeit, mit der die Native-Immigrant-Dichotomie auch im wissenschaftlichen Diskurs auftaucht, lässt vermuten, dass diese hinreichend empirisch belegt sei. Tatsächlich fehlen jedoch nicht nur große und repräsentative Studien zur Überprüfung einer behaupteten „digitalen Spaltung“ zwischen jungen und älteren Menschen, auch kommen vorhandene nationale und internationale Sekundärdatenanalysen überwiegend zu dem Ergebnis, dass die Digitalisierung der Medien allein kein generationsbildender Faktor ist.7 Helsper & Enyon weisen zu Recht darauf hin, dass die Akzeptanz solcher generalisierenden Begriffe eine deterministische Sichtweise repräsentiert, welche die Mediatisierung als alleinige Triebfeder der gesellschaftlichen Entwicklung ansieht.8 Auch eine unklare Bestimmung des Generationsbegriffs sowie dessen diffuse Verwendung fallen im „Digital Natives/Immigrants“-Diskurs auf. Es wird keine Mühe auf begriffliche Genauigkeit gelegt, denn de facto wird nicht zwischen Alter, Altersgruppe, Generation oder Kohorte unterschieden. Soziodemografische Indikatoren fallen zumeist unter den Tisch und es wird ignoriert, dass das Lebensalter allein „bes-
5 Siehe dazu auch den Beitrag von Detlev Dannenberg in diesem Band. 6 Prensky, Mark: Digital natives, digital immigrants. A new way to look at ourselves and our kids. In: On the Horizon (2001) H. 9. S. 1–6, hier S. 2. 7 Vgl. u. a. bei Schulmeister, Rolf: Gibt es eine „Net Generation“? Dekonstruktion einer Mystifizierung. Erweiterte Version 3.0. Universität Hamburg. http://www.zhw.uni-hamburg.de/uploads/schulmeister_net-generation_v3.pdf (Stand: 14.07.2015); Jäckel, Michael: Was unterscheidet Mediengenerationen? Theoretische und methodische Herausforderungen der Medienentwicklung. In: Media Perspektiven (2010) H. 5. S. 247–257; oder Jandura, Olaf u. Veronika Karnowski: Digital Natives vs. Digital Immigrants – fruchtbares empirisches Konzept für die Kommunikationswissenschaft oder populärwissenschaftliche Fiktion? In: Publizistik (2015) H. 1. S. 63–79. 8 Helsper, Ellen J. & Rebecca Eynon: Digital Natives: where is the evidence? In: British Educational Research Journal (2009) H. 3. S. 503–520, hier S. 518.
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tenfalls ein notwendiges, aber keinesfalls ausreichendes Kriterium zur Beschreibung und Erklärung des Medienumgangs von Menschen“9 ist. Üblicherweise werden (mehr oder weniger empirisch belegte) Orientierungen einer Kohorte, deren Mitglieder sich gerade in der Altersgruppe der Jugendlichen befinden, in der „Digital Natives“-Literatur beschrieben. „Deren Generationszugehörigkeit kann man jedoch erst in zehn, zwanzig oder dreißig Jahren untersuchen und in diesem Zusammenhang beurteilen, ob – neben vielen anderen Aspekten – auch ihr Medienhandeln generationsspezifische Züge trägt.“10 Deshalb sollen hier im Folgenden ausgehend von einem Ansatz generationsspezifischer Medienpraxiskulturen vorliegende empirische Erkenntnisse skizziert werden, um darauf aufbauend mögliche Anknüpfungspunkte für intergenerationelle Lernprojekte im Kontext der Förderung von Informationskompetenz abzuleiten.
Zwischen „always on“ und „digital zurück geblieben“: Skizzierung generationsspezifischer Medienpraxiskulturen Ältere, so heißt es, seien per se eine internetferne Generation, während die „Digital Natives“ regelrecht „ins Netz“ hineingeboren wurden und deshalb über eine unstrittige Netzkompetenz verfügten. Die Ergebnisse einer Sichtung vorliegender Forschungsbefunde halten einer solchen Pauschalisierung jedoch nicht stand. Zunächst einmal sollte man sich klar machen, dass 2014 in Deutschland 4,9 Millionen 14- bis 19-jährigen Internetnutzern 9,6 Millionen Websurfer gegenüberstanden, die älter als 60 Jahre waren.11 Zwar beträgt die Internetpenetration der Generation „60 plus“ erst 45,4 %, doch bereits seit Jahren weisen die älteren Nutzer die höchsten Zuwachsraten im Netz auf. Der viel zitierte „Digital Gap“ zeigt sich in Deutschland hauptsächlich bei über 50-jährigen Frauen, die überproportional häufig „offline“ sind.12
9 Kübler, Hans-Dieter: Alter und Medien – ein komplexes soziales Thema. In: Medien in unserer Gesellschaft. Chancen und Risiken. Hrsg. von Martin K. W. Schweer. Frankfurt, Main [u. a.]: Lang 2012. S. 73–100, hier S. 96. 10 Schäffer, Burkhard: Mediengenerationen, Medienkohorten und generationsspezifische Medienpraxiskulturen. Zum Generationenansatz in der Medienforschung. In: Medien und höheres Lebensalter. Theorie – Forschung – Praxis. Hrsg. von Bernd Schorb [u. a.]. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009. S. 31–50, hier S. 33. 11 van Eimeren, Birgit u. Beate Frees: 79 Prozent der Deutschen online – Zuwachs bei mobiler Internetnutzung und Bewegtbild. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2014. In: Media Perspektiven (2014) H. 7–8. S. 378–396, hier S. 380. 12 van Eimeren u. Frees, 79 Prozent der Deutschen (wie Anm. 11), hier S. 379.
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Ältere Menschen verfügen über eine große Bandbreite an Medienerfahrungen, während junge Menschen vorrangig über Kenntnisse zu aktuellen Medienentwicklungen verfügen. Oder anders formuliert: „Die heute jungen Menschen sind so kompetent im Umgang mit den Medien ihrer Zeit wie dies schon vor ihnen die älteren mit ihren ‚neuen‘ waren.“13 Bei den aktuellen „neuen“ Medien fehlt den Älteren jedoch diese Selbstverständlichkeit der Erfahrung und folgerichtig schätzen sie ihre eigene Netzkompetenz deutlich geringer ein, als dies 14- bis 29-Jährige tun, die sich zu 86 % gute und sehr gute Internetkenntnisse bescheinigen.14 „Mediennutzung oder korrekter die Nutzung von Geräten zur Kommunikation und zur Medienrezeption begleitet heute den ganzen Alltag – und unterscheidet sich deutlich von den Möglichkeiten und dem Verhalten der 12- bis 29-Jährigen in früheren Generationen.“15 In der Tat ändern sich die (mobilen) Zugangswege zu medialen Inhalten und die Trennung zwischen Fernsehen und Internet wird zunehmend unschärfer, etwa wenn die Fernsehnutzung über Mediatheken von Jüngeren als „Videonutzung im Internet“ wahrgenommen wird. „Damit folgt ihre Mediennutzung nicht mehr der Entweder-oder-Logik der analogen Welt, sondern das Internet ist für sie das All-inone-Medium, das jegliche Art der Mediennutzung erlaubt (…).“16 Trotz allem bleibt festzuhalten, dass traditionelle Medien wie das Fernsehen und der Hörfunk nach wie vor ein fester und zeitlich nicht unerheblicher Bestandteil des Medienrepertoires Heranwachsender sind und dass soziodemografische Indikatoren wie Bildungsgrad und Geschlecht eheblichen Einfluss auf Medienpräferenzen und Informationspraxen haben, die die vermeintliche Homogenität einer „Digital Natives“-Mediengeneration nicht stützen.17 Wie Heranwachsende auch suchen Ältere nach Abwechslung, Anregung, Abgrenzung und nach Anerkennung in den Medien.18 Entgegen landläufiger Meinung dienen Medien Älteren meist nicht zur Überwindung von Einsamkeit und Langeweile, sondern sie treten diesen mit ihren persönlichen Bedürfnissen und Erwartungen gegenüber, die wiederum ausschlaggebend für Auswahl und Bewertung medialer Inhalte sind. Medien sind wichtige Informationsquellen für ältere Menschen und demzufolge zeigt ihr (oft ritualisiertes) Nutzungsverhalten eine starke Frequentierung
13 Schorb, Bernd: Erfahren und neugierig – Medienkompetenz und höheres Lebensalter. In: Medien und höheres Lebensalter (wie Anm. 10). S. 319–337, hier S. 321. 14 van Eimeren u. Frees, 79 Prozent der Deutschen (wie Anm. 11), hier S. 381. 15 Klingler, Walter [u. a.]: Medien im Alltag junger Menschen. Befunde verschiedener Studien zur Mediennutzung. In: Media Perspektiven (2015) H. 4. S. 199–209, hier S. 208. 16 van Eimeren u. Frees, 79 Prozent der Deutschen (wie Anm. 11), hier S. 394. 17 Vgl. die repräsentativen Studienergebnisse der regelmäßig erscheinenden Erhebungen des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest, wie die aktuelle JIM-Studie 2014: Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart: mpfs 2014. 18 Schorb, Erfahren und neugierig (wie Anm. 13), hier S. 323.
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von politischen, regionalen und aktuellen Inhalten. Sie sind deshalb auch durchaus intrinsisch motiviert und neugierig darauf, die Informationsquelle „Internet“ für sich zu erschließen. Extrinsische Motive kommen noch hinzu: Wenn immer mehr Zugänge zu alltagsrelevanten Informationen ohne das Web erschwert sind oder mit Gebühren belegt werden (wie es z. B. Bahn oder Banken handhaben), dann wird die Aneignung digitaler Technologien für Ältere eine praktische Notwendigkeit. Die Medienpraxen älterer Menschen, geprägt und dominiert durch traditionelle Medien, zeichnen sich also durch Zielgerichtetheit und abwägendes Nutzungsverhalten aus, während Jugendliche und junge Erwachsene Medien eher intuitiv und spielerisch nutzen. Ältere fragen – im Gegensatz zu jüngeren Menschen – im Hinblick auf die für sie „neuen“ Medien vorab nach dem „Wozu?“ der Nutzung und legen eine kritische, aber durchaus nicht ablehnende Grundhaltung gegenüber neuen Technologien an den Tag. Bezeichnend ist es auch, dass Ältere das Internet vor allem zur Information nutzen, während z. B. bei den 12- bis 19-Jährigen bereits seit Jahren die kommunikativen Nutzungsaspekte des Internets (wie das Social Web) dominieren.19 Die Reserviertheit älterer Menschen hinsichtlich der Social Media konnte auch eine US-amerikanische Studie belegen, die generationsübergreifend die quantitative und qualitative Nutzung von Facebook untersuchte.20 Während die befragten 18- bis 29-Jährigen zu Protokoll gaben, große Probleme bei der zeitlichen Kontrolle ihrer Facebook-Nutzung zu haben und den sozialen Vergleich mit anderen (z. B. hinsichtlich deren Darstellung des persönlichen Lebensstils auf Facebook) des Öfteren als emotional belastend zu empfinden, nutzte die Altersgruppe der über 50-Jährigen die Kommunikationsplattform sehr viel selektiver und bewusster. Die Älteren schreiben den sozialen Medien auch weitaus weniger Bedeutung für das persönliche Wohlergehen zu. Was die generationsspezifischen Medienpraxiskulturen Jugendlicher und junger Erwachsener auszeichnet, ist also nicht die (ganzheitlich verstandene) „kompetente“ Handhabung digitaler Technologien, wie es das Schlagwort der „Digital Natives“ nahelegt. Signifikant ist vielmehr die Selbstverständlichkeit der Integration digitaler Medien in den Alltag, was wiederum das Resultat der Normalität des Aufwachsens mit diesen Technologien ist. Die Allgegenwärtigkeit des Internets ist für junge Menschen so banal, dass die Frage nach der Bedeutung des Web für das eigene Leben bei ihnen für Verständnislosigkeit sorgen muss. Nichtsdestotrotz unterscheidet sich ihre Nutzungsmotivation wenig von der, vorhergehender Generationen, die die traditionellen, analogen Medien zur Bewältigung derselben Entwicklungsaufgaben
19 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM-Studie 2014 (wie Anm. 17), hier S. 26. 20 Hayes, Marie [u. a.]: Understanding Facebook use and the psychological effects of use across generations. In: Computers in human behavior (2015). S. 507–511.
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nutzten.21 Diese fehlende historisch-vergleichende Perspektive mag die unkritische Distanzlosigkeit vieler Jugendlicher, was das eigene Medien- und Informationshandeln angeht, erklären. Dieser steht die pragmatisch-bewusste Internetnutzung älterer Menschen gegenüber, denen wiederum die Grenzen ihrer Netzkompetenz durchaus bewusst sind.
Anknüpfungspunkte für intergenerationel les Lernen im Kontext der Förderung von Informationskompetenz The changing media landscape and the rapid growth in information are affecting individuals and societies now more than ever. In order to succeed in this environment, and to resolve problems effectively in every facet of life, individuals, communities and nations should obtain a critical set of competencies to be able to seek, critically evaluate and create new information and knowledge in different forms using existing tools, and share these through various channels. This literacy creates new opportunities to improve quality of life.22
Die ersten drei Sätze der „Moscow Declaration on Media and Information Literacy“ von 2012 bringen prägnant auf den Punkt, was medien- und informationskompetentes Handeln in digitalen Medienwelten bedeutet und worauf Bemühungen, diese Fähigkeiten zu stärken, zielen sollten. Bei näherer Betrachtung des Informationshandelns Heranwachsender und junger Erwachsener liegen die Herausforderungen vor allem im kontrollierten, reflektierten und ethischen Umgang mit medial vermittelter Information. Als konkrete Interventionspunkte seien beispielhaft Problemfelder wie Internetsucht, Plagiarismus, Datenschutz oder auch Cybermobbing genannt. Trotz aller vorhandenen technischen Versiertheit brauchen Heranwachsende dabei Unterstützung im Rahmen formaler und informeller Lernkontexte. Die Förderung der Informationskompetenz älterer Mitbürger ist wiederum notwendig, um Chancengleichheit mit der Gesamtbevölkerung herzustellen, die das Internet als Handlungsmedium in Arbeit und Freizeit bereits stark integriert hat. Zahlen zur Selbsteinschätzung der Internetkompetenz belegen, dass 50 % der 50- bis 69-jährigen Deutschen und sogar 70 % der ab 70-Jährigen um ihre „weniger
21 Vgl. Herring, Susan C.: Questioning the generational divide: technological exoticism and adult constructions of online youth identity. In: Youth, identity, and digital media. Ed. by David Buckingham. Cambridge, MA [u. a.]: The MIT Press 2008. S. 71–92. 22 Moscow Declaration on Media and Information Literacy, siehe http://www.ifla.org/publications/ moscow-declaration-on-media-and-information-literacy (Stand: 14.07.2015).
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guten“ oder „gar nicht guten“ Kenntnisse wissen.23 Im Gegensatz zu den 14- bis 29-Jährigen beschränken sich ihre Informationsrepertoires im Netz vorrangig auf Suchmaschinen. Online-Nachschlagewerke werden von ihnen kaum genutzt, ebenso Videoportale oder Social Media zu Zwecken der Information24. Ansätze zur Förderung der Informationskompetenz Älterer, die sich auf die Vermittlung technischen „Funktionswissens“ beschränken, greifen deshalb zu kurz. Der Philosophie der oben zitierten Moskauer Deklaration folgend sollen auch nicht die Anforderungen der Geräte, sondern die Lebensqualität der Menschen die Zielperspektive sein. Um hier Anknüpfungspunkte schaffen zu können, müssen die Lebensgeschichten, Interessen und Lebensweisen älterer Menschen deutlicher in den Blick genommen werden, um ihre Aufmerksamkeit hinsichtlich einer möglichen persönlichen Relevanz im Rahmen der Aneignung digitaler Medien zu erhöhen. Der Befund, dass ältere Menschen den digitalen Medien distanzierter (weil pragmatischer und rationaler) gegenüberstehen, ist demnach als Chance zu begreifen, denn er verweist eben nicht auf eine Verweigerung der Nutzung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, sondern vielmehr auf eine reflektierte und abwägende Haltung. Darauf basiert auch die besondere Stärke intergenerationeller Ansätze: Durch ihre kritische Haltung können Ältere eine Reflexion des allzu Selbstverständlichen anstoßen, ohne dabei belehrend zu wirken, auch weil Jüngere sich im Dialog mit ihnen als „traditionelle“ Netzexperten selbstwirksam erleben können. Die starke Faszination digitaler Medien, die jugendliches Alltagshandeln so prägen und dominieren, macht es für Heranwachsende schwierig, sich des eigenen – zuweilen problematischen – Informationshandelns bewusst zu werden und dieses kritisch zu hinterfragen. Aktive Interventionen zur Förderung der Informationskompetenz, die als pädagogische Methode dem Prinzip des handlungsorientierten Lernens folgen, sollten deshalb als Anknüpfungspunkte die Auseinandersetzung mit Gegenständen der Lebensrealität haben. Dabei ist wichtig zu beachten, dass der Prozess der Aneignung eines Bereichs immer auch mit dessen Veränderung einhergeht: „Somit erfolgt Lernen als dialektisches Prinzip von Aneignung, Bewältigung und Veränderung von Realität.“ 25 Bei der Initiierung intergenerationeller Gruppenprozesse im Rahmen eines Informationskompetenzprojekts sollten Bibliothekare sich jedoch weniger als „Teaching Librarians“, sondern stärker als Berater und Coaches verstehen. Ihre Rolle ist es in erster Linie, den Dialog der Generationen zu ermöglichen und nicht eine (vermeintliche) Überlegenheit ihres eigenen Wissens zu demonstrieren. Bibliotheken können
23 van Eimeren u. Frees, 79 Prozent der Deutschen (wie Anm. 11), hier S. 381. 24 van Eimeren u. Frees, 79 Prozent der Deutschen (wie Anm. 11), hier S. 387. 25 Anfang, Günther u. Kathrin Demmler: Aktive Medienarbeit. In: Mediale Brücken. Generationen im Dialog durch aktive Medienarbeit. Hrsg. von Thomas Kupser u. Ida Pöttinger. München: kopaed 2011. S. 81–89, hier S. 82.
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vielmehr Räume eröffnen, die eine selbstgesteuerte, handlungsorientierte und kritische Aneignung der medialen Lebenswelt ermöglichen. Das Lernsetting muss generationsübergreifend ansprechend und vielschichtig sein, um einen Dialog zu fördern, der die Ambivalenzen generationsspezifischer Medienpraxiskulturen als „Reibungsfläche“ zur Initiierung sozialer Lernprozesse nutzt. Denn die dialogische Konfrontation unterschiedlicher Informations- und Medienpraxen kann vorhandene stereotype Annahmen, Klischees und Vorurteile der Beteiligten brechen.26 So können ältere Menschen von jüngeren etwas lernen (und umgekehrt), ohne ihr eigenes Informations- und Medienhandeln als defizitär zu empfinden. Intergenerationelle Projekte in Bibliotheken können vielmehr dazu beitragen, dass sich Menschen unterschiedlichen Alters im Rahmen eines sozialen Lernprozesses den Chancen und Herausforderungen der digitalen Welt stellen, um gemeinsam davon zu profitieren und kompetenter zu agieren.
26 Pöttinger, Ida u. Thomas Kupser: Konzept und Grundlagen. In: Mediale Brücken (wie Anm. 25). S. 101–109, hier S. 102.
Benno Homann
Situationsorientierte Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz: Das FIT-Konzept der Universitätsbibliothek Heidelberg Abstract: Ein zentrales Merkmal der Informationskompetenz ist die Problem- oder Handlungsorientierung. Diese bildet die didaktisch-methodische Grundlage für die Entwicklung situationsorientierter Online-Tutorials. Durch die Anknüpfung an authentische Handlungs-/Problemszenarien und interaktive sowie visuelle Gestaltungselemente lassen sich dabei auch komplexere Anforderungen an Informationskompetenz im Rahmen des wissenschaftlichen Arbeitens vermitteln. Am Beispiel der Online-Tutorials der Universitätsbibliothek Heidelberg soll die Realisierung eines solchen situationsorientierten Konzepts vorgestellt werden. Keywords: Situationsorientierung, Online-Tutorials, Informationskompetenz, DYMIK, Universitätsbibliothek Heidelberg, FIT-Konzept
Einleitung Die meisten Bibliotheken nutzen inzwischen das Internet, um ihre Nutzer bei der Literatur- und Informationssuche zu unterstützen. Kurzanleitungen zur Recherche im eigenen Katalog oder einzelnen bibliographischen Datenbanken gehören dementsprechend inzwischen zum Standardangebot der Bibliotheken. Sie lassen sich flexibel und vor allem bedarfsbezogen nutzen, sodass das Warten auf einen Schulungstermin nicht mehr nötig ist. Diese Online-Angebote sind wichtige Bausteine, die Bibliotheken auch in Präsenzveranstaltungen zur Vermittlung von Informationskompetenz nutzen können. Da sie jedoch nur punktuelle Kenntnisse oder Fertigkeiten thematisieren und Informati-
Benno Homann ist Fachreferent an der Universitätsbibliothek Heidelberg für sozial- und verhaltenswissenschaftliche Fächer. Leiter des Referats für Schulung, Informationskompetenz und Fortbildung. Lehrbeauftragter der Universität Heidelberg in den Fächern Politik- und Bildungswissenschaft. Mitglied im Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg. Executive-Member der „Information Literacy Section“ der IFLA (2000–2005). Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des ZPID (2006–2013). Mitglied der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von DBV und VDB (2012–2015). Weitere Informationen zur Person und Publikationen: http://www.ub.uni-heidelberg. de/schulung/schulungskonzept/CVhomann.html.
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onskompetenz mehr bedeutet als die Fähigkeit zur Nutzung von Google und Datenbanken, sind sie allein nicht ausreichend. Gerade im wissenschaftlichen Kontext sind die Anforderungen an Informationskompetenz erheblich komplexer. So gehören zur Informationssuche und -beschaffung auch die Einbeziehung und Beurteilung des Nutzens von alternativen Informationsquellen und Vorgehensweisen. Darüber hinaus erfordert der ständige Wandel der Informationssysteme und ihrer Rechercheoberflächen auch die Fähigkeit, sich selbstständig mit den Änderungen vertraut zu machen sowie sich in die Nutzung neuer Informationssysteme einzuarbeiten. Dem Transfer von Kenntnissen und Fähigkeiten zur erfolgreichen Handhabung in neuen Situationen und der Entwicklung neuer Vorgehensweisen kommt daher eine immer größere Bedeutung zu. Das Ziel bei der Vermittlung von Informationskompetenz muss daher auch die Vermittlung metakognitiver Fähigkeiten1 sein, die zur Relativierung bekannter Handlungsweisen und damit zur Anpassung an sich ändernde Situationen befähigen. Dazu zählen auch mediale Handhabungsfähigkeiten, wie die Nutzung von Literaturverwaltungsprogrammen und SocialMedia-Tools, die die Bewältigung der komplexen Anforderungen im wissenschaftlichen Bereich wesentlich erleichtern. Die Vermittlung von Informationskompetenz erfordert entsprechende didaktische Konzepte, die auch bei Online-Tutorials über rein objektbezogene Angebote zu Einzelthemen hinausgehen sollten. Gerade Online-Tutorials verfügen über didaktisch-methodische Potenziale, die sich für die Vermittlung von Informationskompetenz eignen. Durch multimediale Gestaltungsmöglichkeiten können situative Bezüge zu konkreten Informationsbedürfnissen und damit Lernsituationen2 hergestellt werden. Komplexe Anforderungen, z. B. die Erstellung einer Hausarbeit, und komplexe Zusammenhänge, z. B. Recherchestrategien, lassen sich dabei durch integrierte schematisierte Abbildungen oder Filme veranschaulichen. Eine flexible, bedarfsbezogene Nutzung lässt sich durch entsprechende modulare Gestaltungen mit ergänzenden Navigationsinstrumenten und Verlinkungen realisieren. Ergänzend können Beratungen und Austauschforen online angeboten werden, die sich besonders für die Reflexion von Prozessen und die punktuelle Einbindung in Präsenzveranstaltungen eignen.
1 Metakognitive Fähigkeiten relativieren erlernte Kenntnisse, Fähigkeiten und Strategien. Sie ermöglichen eine Reflexion des eigenen Vorgehens und dessen Änderungen sowie Neubewertung vor der Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen oder Ziele. Siehe hierzu: Seel, Norbert M.: Psychologie des Lernens: Lehrbuch für Pädagogen und Psychologen. München [u. a.]: Reinhardt 2003, insbesondere S. 226 ff. 2 Das situierte oder situationsbezogene Lernen entstand im Kontext der konstruktivistischen Didaktik. Grundlegende Merkmale sind dabei, dass adäquate komplexe Anforderungen gestellt und das selbständige Erarbeiten der Lerninhalte ermöglicht wird. Siehe hierzu: Tulodziecki, Gerhard: Medien im Unterricht. Enzyklopädie Erziehungswissenschaft Online. Weinheim: Beltz Juventa 2010. https:// content-select.com/media/moz_viewer/52824838-7f04-4c9a-9de2-11372efc1343 (Stand: 07.09.2015).
Situationsorientierte Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz
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Diese hier skizzierten Aspekte bildeten die Grundlage für die Entwicklung des FIT-Konzeptes3, das an der Universitätsbibliothek Heidelberg für die Entwicklung situationsorientierter Online-Tutorials genutzt wird.
Didaktische Grundlagen Eine zentrale didaktische Herausforderung bei der Vermittlung von Informationskompetenz ist die Verknüpfung von prozessualer Komplexität und konkretem Situationsbezug. Konkrete Situationen sollen die Ausgangspunkte für gegliederte Lernangebote bilden, die den Erwerb umfassender Kompetenzen mit steigendem Niveau ermöglichen. Dazu zählen u. a. die Fähigkeit zur Selbstreflexion von Arbeitsschritten, die kreative Entwicklung alternativer Strategien und der Transfer von Fähigkeiten auf andere Bereiche, z. B. die Nutzung der STS-Strategie bei der Erkundung des Informationswerts einer fremden Datenbank. Als ein didaktisches Mittel für diesen Zweck fungiert beim FIT-Konzept das „Dynamische Modell der Informationskompetenz“ (DYMIK)4. Hier werden Kenntnisse, Fähigkeiten und Reflexionsanforderungen in einem abstrakten Modell strukturiert zusammengefasst. Es kann als metakognitives Schema genutzt werden, um die Zusammenhänge zwischen den thematisierten Inhalten als Elemente der Informationskompetenz zu veranschaulichen und zu sichern.
3 FIT steht hierbei als Akronym für „Fachbezogene Informationskompetenz Tutorial“. Auf der Grundlage des FIT-Konzepts wurden in den letzten 12 Jahren schon mehrere Online-Tutorials für unterschiedliche Fächer erstellt und weiterentwickelt. Auch einige andere Universitätsbibliotheken, wie die UB Mannheim, haben das Konzept für eigene Tutorials genutzt. Die Tutorials sind über die Schulungsseite der Universitätsbibliothek Heidelberg frei zugänglich: http://www.ub.uni-heidelberg.de/ schulung/selbstlernmaterialien/Welcome.html (Stand: 07.09.2015). 4 Das Modell wurde erstmals im Jahr 2000 veröffentlicht. Siehe hierzu: Homann, Benno: Das Dynamische Modell der Informationskompetenz als Grundlage für bibliothekarische Schulungen. Informationskompetenz – Basiskompetenz in der Informationsgesellschaft. Hrsg. von Gerhard Knorz u. Rainer Kuhlen. Konstanz: Universitätsverlag 2000. http://www.informationskompetenz.de/fileadmin/DAM/documents/Das%20Dynamische%20Model_141.pdf (Stand: 07.09.2015). Ergänzt wurde hier und in anderen Kontexten nur noch das Element „Zeit“.
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Dynamisches Modell der Informationskompetenz (DYMIK) Themen
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Abb. 1: Dynamisches Modell der Informationskompetenz (DYMIK). (© Benno Homann/UB Heidelberg).
Im Zentrum von DYMIK steht das Individuum mit seinen Kompetenzen, die es bei der Lösung eines konkreten Problems einsetzen kann. Abhängig von der konkreten Situation kann ein Individuum nun entscheiden, ob es zusätzliche Informationen ermittelt und nutzen möchte, damit also auch entscheidet, ob überhaupt ein Informationsbedarf besteht. Die Entscheidung wird dabei von den Rahmenbedingungen, wie dem Thema, den Begrifflichkeiten, dem Zeitrahmen und der subjektiv zu beurteilenden Relevanz abhängen. Aus der Art und dem Niveau des Informationsbedarfs resultieren dann die nächsten Schritte des Informationsprozesses. Wichtige Aspekte sind dabei die Kenntnisse über Informationsquellen, Zugangsbedingungen, Informationsnutzungsoptionen und Bewertungskriterien. Die Knoten sind in einer idealtypischen Abfolge des Informationsprozesses dargestellt, die jedoch durch die gestrichelten rekursiven Linien relativiert werden. Eine weitere Grundlage des FIT-Konzeptes bilden die konkreten Anforderungen an die Informationskompetenz im Kontext des wissenschaftlichen Arbeitens. Besonders wichtig ist dabei, dass Informationskompetenz mehr als nur Kenntnisse und Fertigkeiten umfasst. Dies wird in folgender Abbildung veranschaulicht.
Situationsorientierte Online-Tutorials zur Förderung von Informationskompetenz
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Informationskompetenz im wissenschaftlichen Kontext Kenntnisse über • Bibliotheksangebote • Online-Kataloge/Datenbanken • Dokument-/Informationstypen • Urheberrecht • Literaturverwaltungsprogramme Lernziel: Wissen
Fertigkeiten bei • Informationsrecherche • Informationsbeschaffung • Informationsverwaltung • Informationsbearbeitung • Informationsaustausch Lernziel: Anwendung Informationskompetenz
Konzeptwissen über • Informationsentstehung • Informationsnutzen • Informationswirkung Lernziel: Wissensverknüpfung
Metakognition bezüglich • Informationsstrategien • Beurteilungskriterien • Informationsmanagement Lernziel: Strategiewissen
Abb. 2: Informationskompetenz im wissenschaftlichen Kontext.
Dem Konzeptwissen, also der Abstrahierung von einzelnen Phänomenen auf allgemeinere Zusammenhänge, z. B. bei der Entstehung von Informationen bzw. Publikationen, kommt dabei eine zentrale Bedeutung, insbesondere im wissenschaftlichen Kontext, zu. Dies gilt auch für metakognitive Fähigkeiten, die das Individuum befähigen, seine eigene Handlungs- und Denkweise kritisch zu reflektieren, was wiederum die Grundlage bildet für den Transfer von Informationsstrategien in andere Anwendungsbereiche oder die kreative Entwicklung neuer Strategien.
Gestaltungsmerkmale Ein Grundelement des FIT-Konzepts ist der situative Bezug zur Realität der Studierenden. In Orientierung am Konzept des situierten Lernens basiert das Lernangebot auf einer Rahmenhandlung, um eine authentische Handlungssituation zu schaffen. Aufgegriffen werden dabei Anforderungen, mit denen Studierende i. d. R. bei der Erstellung von Hausarbeiten konfrontiert werden. Die Lernangebote sind auf Module verteilt, die sich in ihrer Abfolge meist an idealtypischen Arbeitsphasen bei der Erstellung einer ersten Hausarbeit orientieren. Am Anfang steht dabei die Orientierung bei der Suche nach Grundlageninformationen zur Einarbeitung in ein Thema. Das letzte Modul befasst sich mit dem Schreiben einer Hausarbeit unter Einhaltung von formalen Kriterien, insbesondere dem Zitieren von Quellen unter Einbeziehung von Literaturverwaltungsprogrammen. Die Module greifen jeweils zu Beginn ein Teilproblem auf, auf dessen Lösung sich die in dem Modul thematisierten Inhalte und die Lernziele beziehen, wie aus der Abbildung 3 zu
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ersehen ist. Damit soll gewährleistet werden, dass die Inhalte sinnbezogen in einen allgemeineren Kontext gestellt werden. Die Recherche in einem Katalog oder einer Datenbank ist damit Teil des Konzepts zur Erstellung einer Hausarbeit. Strategien und der Informationsnutzen unterschiedlicher Informationsangebote lassen sich, bezogen auf das Rahmenthema, unter dem Aspekt des Informationsnutzen leichter miteinander vergleichen. Der Vergleich wiederum ist ein wichtiger Baustein für die Entwicklung metakognitiver Fähigkeiten bei der Informationsbeschaffung und -nutzung. Unterstützt wird der situative Bezug durch Visualisierungen, die eine affektive Beziehung zu dem Lernenden herstellen sollen.5 Eine „Hauptperson“ veranschaulicht die Anforderungen und Vorgehensweise in den Tutorials. Über die kommunikative Funktion hinaus wird Authentizität durch die Einbettung in entsprechende Bildkontexte geschaffen. So steht z. B. bei dem Tutorial „FIT für Psychologen“ die Hauptperson Silke vor dem Eingang des Psychologischen Instituts. Im Text skizziert sie ihren Informationsbedarf, der mit den Inhalten des ersten Moduls „Literatur standorte entdecken“ gelöst werden soll. Ergänzend werden die konkreten Lernziele der Module aufgeführt.
Abb. 3: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT Psychologie: Modulstart.
Wie aus der Abbildung 3 zu ersehen ist, sind die Module handlungsorientiert konzipiert, wie die Betitelungen „Literaturstandorte entdecken“ oder „Bekannte Bücher suchen“ zeigen. Die Abfolge der Module orientiert sich zwar an den idealtypischen Arbeitsphasen bei der Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit, die Navigationsleiste ermöglicht jedoch eine flexible Nutzung der einzelnen Module. So kann das Tutorial auch nur punktuell genutzt werden, z. B. um sich Recherchestrategien in Datenbanken anzueignen. Der Nutzer des Tutorials kann somit seine Lernschritte, entsprechend dem Prinzip des selbstgesteuerten Lernens, immer selbst bestimmen.
5 Siehe hierzu: Strittmatter, Peter u. Helmut M. Niegemann: Lehren und Lernen mit Medien: eine Einführung. Darmstadt: Wiss. Buchges. 2000.
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Die Kernmodule beziehen sich auf die relevanten Bibliotheken der einzelnen Fächer, Recherche nach Büchern, deren bibliographische Titelangaben bekannt sind, nach Büchern zu einem Thema über den Katalog HEIDI, die Ermittlung von Aufsätzen in einer wissenschaftlichen Fachdatenbank, die Recherche im Internet nach Fachinformationen und die Erstellung wissenschaftlicher Arbeiten mit Hinweisen auf den Nutzen von Literaturverwaltungsprogrammen. Zusätzlich werden seit ein paar Jahren bei der Überarbeitung und Neuerstellung von FIT-Tutorials auch Module über Social Media und Rechtsfragen aufgenommen. Ein wesentliches Merkmal des FIT-Konzepts ist die Nutzung interaktiver Elemente bei der Gestaltung der einzelnen Module. So werden Flashanimationen genutzt, um Inhalte strukturiert und motivierend zu vermitteln. Dabei lassen sich Text und Bilder miteinander kombinieren, wie die folgende Grafik zeigt, in der eine Flashanimation zum Thema „Literaturarten“ abgebildet ist.
Abb. 4: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT Medizin: Literaturarten.
Durch Anklicken der einzelnen Bilder, die grafisch aufbereitet wurden, werden Texte mit erläuternden Informationen zu den jeweiligen Literaturarten angezeigt. Ein weiteres wichtiges interaktives Element bilden die Quiz, die in jedem Modul angeboten werden. Sie dienen einmal der Selbstlernkontrolle; daneben sind sie ein wichtiges Element der Wissensaneignung, wie aus folgender Abbildung zu ersehen ist.
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Abb. 5: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT Psychologie: Quiz.
Mittels des Buttons „Überprüfen“ erhält der Nutzer des Tutorials eine kommentierte Rückmeldung, sowohl bei falscher wie auch richtiger Antwort. Bei der Vermittlung prozessualer Fertigkeiten werden ScreenVideos eingesetzt, die die einzelnen Handlungsschritte veranschaulichen. Gezielt eingesetzt werden grafische Elemente zur Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Bildelemente und geschriebene oder gesprochene Kommentare, wie aus der folgenden Abbildung zu ersehen ist.
Abb. 6: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT Politikwissenschaft: ScreenVideo zu dem Katalog HEIDI.
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Das bei der Erstellung des Tutorials genutzte Autorenprogramm „eXe-Learning“ ermöglicht auch die Einbettung von Online-Anwendungen. Dadurch können konkrete Aufgaben über ein integriertes Fenster mit Onlinesystemen, z. B. die Recherche in einem Online-Katalog, verknüpft werden, wie aus folgender Abbildung zu ersehen ist. Durch die Bereitstellung eines Formulars, in das die Ergebnisse eingetragen werden, wird dem Lernenden die Möglichkeit der Selbstkontrolle eröffnet.
Abb. 7: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT Psychologie: Aufgabe mit integriertem Recherchefenster im Katalog HEIDI.
Die einzelnen Module werden immer mit einer Zusammenfassung abgeschlossen, die im Lernprozess die Sicherung der vermittelten Inhalte ermöglichen soll und gleichzeitig die Einbindung des Moduls in das Gesamttutorial veranschaulicht, wie aus folgender Abbildung zu ersehen ist.
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Abb. 8: Ausschnitt aus dem Online Tutorial FIT für Gymnasien: Zusammenfassung.
Am Ende der Tutorials können die Nutzer ein Feedback über ein Formular geben, das an das Schulungsteam gesandt wird.
Erfahrungen und Perspektiven Basierend auf dem FIT-Konzept wurden in den letzten 13 Jahren für sieben Fächer und für Schüler gymnasialer Oberstufenklassen Online-Tutorials erstellt. Konkret werden derzeit über die Schulungsseiten der Universitätsbibliothek Heidelberg FIT-Tutorials für die Fächer Biologie, Medizin, Geschichte, Altertumswissenschaften, Politikwissenschaft, Psychologie/Pädagogik und Rechtswissenschaft zum Eigenstudium angeboten. Bei der Realisierung der FIT-Tutorials mussten die fachlichen Bedingungen, die von den zuständigen Fachreferenten eingebracht wurden, berücksichtigt werden, weshalb die modulare Struktur und die Inhalte teilweise unterschiedlich sind. Während für das erste FIT-Tutorial einfache HTML-Editoren und Grafikprogramme sowie das Quizprogramm „Hot Potatoes“6 eingesetzt wurden, erfolgte die Realisierung späterer Versionen nicht zuletzt auf Grund gestiegener Anforderungen an Visu-
6 Siehe hierzu: http://hotpot.uvic.ca/(Stand: 07.09.2015).
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alisierung und Interaktionen mit dem Autorensystem eXe-Learning und ergänzenden Programmen zur Erstellung von ScreenVideos und Flashanimationen.7 Der Nutzen des Konzepts wurde im Rahmen einer Masterarbeit bei Studierenden eines psychologischen Seminars (31 Teilnehmer) bei dem ersten „FIT für Psychologen und Pädagogen“ positiv evaluiert.8 Knapp 80 % gaben an, dass sie über das Tutorial „Wichtiges für ihr Studium gelernt“ haben. Allerdings erachteten es 72 % auch als wichtig, dass die Inhalte in Tutorien vertieft werden. Diese Anregung wurde im Fach Psychologie im Rahmen einer Methodenveranstaltung für Erstsemesterstudierende aufgegriffen. Als eine systematische Weiterentwicklung dieses Evaluationsergebnisses ist das neue Konzept TUBLIK (Tutoren- und Blended-Learning basierte Vermittlung von Informationskompetenz) zu sehen, bei dem die FIT-Tutorials bei der Durchführung von Tutorien oder regulären Veranstaltungen der Studienfächer genutzt werden können.9 Die auf dem FIT-Konzept entwickelten Tutorials werden gut genutzt, wie die folgende Abbildung zeigt. 17389
18000 16000 14000
13501
UB-Quiz
14187
FIT-Gymnasien FIT-Bio
12000
FIT-Rechtswissenschaft
10000
FIT-Politikwissenschaft
8000
FIT-Medizin
6000
FIT-Geschichte
4000
FIT Psychologie Pädagogik
2000
0
2012
2013
2014
FITAltertumswissenschaft
Abb. 9: Nutzung der FIT-Online-Tutorials 2012–2014.
7 Bei eXe-Learning handelt es sich um ein kostenloses OpenSource Programm (http://exelearning. org). Ergänzend wurden für Flashanimationen das Programm Raptivity (http://www.raptivity.com) und für ScreenVideos die Programme Camtasia-Studio (https://www.techsmith.de/camtasia.html) und Adobe Captivate (http://www.adobe.com/de/products/captivate.html) genutzt. 8 Eva-Christina Steck: Konventionelle und e-learninggestützte Konzepte bei der Vermittlung von Informationskompetenz am Beispiel der UB Heidelberg und der UB Würzburg (Masterarbeit an der Fachhochschule Köln) 2005. 9 Weitere Informationen hierzu: http://www.ub.uni-heidelberg.de/schulung/schulungskonzept/ Informationsblatt-TUBLIK.pdf (Stand: 07.09.2015).
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Benno Homann
Das für Gymnasialklassen konzipierte Online-Tutorial wird mit über 4.400 Aufrufen am häufigsten aufgerufen. Hier wirkt sich positiv aus, dass bei Gymnasialklassen schon seit 2012 ein Multiplikatorenkonzept zum Einsatz kommt. Dabei erhalten Gymnasiallehrer in einer Fortbildung der Universitätsbibliothek einen Überblick über die Informationsangebote der Bibliothek und lernen das Online-Tutorial FIT-GYM als Vermittlungsmedium kennen. Sie nutzen das Online-Tutorial für Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten und zur Vorbereitung der von ihnen selbst geleiteten Führungen durch die Universitätsbibliothek. Perspektivisch sollen die Online-Tutorials neu gestaltet werden, um den Aufwand für die Anpassung von Lernelementen und Modulen rationeller zu ermöglichen und das Angebot auch auf kleineren mobilen Endgeräten wie Smartphones adäquat zugänglich zu machen. Die Online-Tutorials sollen um eine Austauschplattform erweitert werden, die es den Nutzern des Angebotes ermöglichen soll, Erfahrungen über Aufgaben, die ebenfalls noch integriert werden sollen, auszutauschen.
Thorsten Bocklage, Julia Rübenstahl, Renke Siems
Informationskompetenz als Kuratieren von Wissensräumen Abstract: Informationskompetenz wird bislang vielfach in einem Kontext formellen Unterrichts wie von Schulungsveranstaltungen oder der Teilhabe an der universitären Lehre vermittelt sowie über E-Learning, z. B. im Rahmen von Tutorials. Offene Formate wie z. B. Road Shows, Events, Messen sind dagegen bislang nur begrenzt in Verwendung. Im Folgenden wird hier ein integriertes Konzept mit offenem Charakter dargestellt, das insbesondere darauf abzielt, durch eine Strategie zur Informationskompetenz den physischen Ort Bibliothek zu entwickeln und dabei mit aktuellen digitalen Möglichkeiten zu vernetzen. Dabei werden Elemente des peer-learnings, der Arbeit mit universitären Partnern und des Einsatzes neuer technischer Geräte und Anwendungen als kuratierendes Handeln beschrieben, der einen Change-Management-Prozess innerhalb der bibliothekarischen Teams einbegreift. Keywords: Informationsvermittlung, Lernortentwicklung, Kuratierung, Change Management, Literacy, peer-learning, Multitouch, E-Learning, Blended Learning
Informationskompetenz – Karriere und Evolution eines Konzepts Informationskompetenz ist seit etlichen Jahren im Boom, aber gegenwärtig auch deutlich im Wandel. Die Auswirkungen der Bologna-Reform sind mittlerweile durch ein verändertes Informationsverhalten in der Breite des Studienalltags zu spüren. Die digitale Entwicklung ist weiterhin sehr dynamisch, etwa im Hinblick auf die allgemeine Durchsetzung der Mobilgeräte, und die Bibliotheken tragen in ihrem Bereich deutlich zu diesem Wandel bei: Elektronische Medien nehmen den Großteil der Erwerbungsmittel in Anspruch, E-Learning-Plattformen gehören zum Standard, Discovery-Systeme finden immer mehr Verbreitung und eine Vielzahl von Web-Diensten wird noch zusätzlich angeboten. Angebote zur Informationskompetenz müssen sich in diesem Kontext positionieren und damit von gängigen Formaten etwas wegbewegen. Ob Führungen, EinThorsten Bocklage; Studium zum Diplom-Bibliothekar, Mitarbeiter im Bereich Information an der UB Tübingen. Julia Rübenstahl; Studium zur Diplom-Bibliothekarin, Mitarbeiterin in den Bereichen Information sowie Zeitschriften und E-Medien an der UB Tübingen. Dr. Renke Siems; Studium Soziologie, Germanistik, Publizistik, Leiter der Abteilung Benutzung an der UB Tübingen.
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bindung in die Hochschullehre oder klassische Datenbankschulungen – vieles wird fraglich und findet teilweise auch nicht mehr ein so starkes Interesse seitens der Studierenden wie noch vor wenigen Jahren. Dabei muss man selbstkritisch zugestehen, dass in der Praxis der bibliothekarischen Angebote beim Kompositum Informationskompetenz das Schwergewicht doch häufig auf dem ersten Wortteil lag. Kompetenz im Sinne des Literacy-Konzepts, von dem Informationskompetenz ausging und gewissermaßen eine Teildisziplin darstellen sollte, ist eine strukturierte und strukturierende Fähigkeit. Sie ist outcome-orientiert und umfasst ein ganzes Spektrum von Einzelfähigkeiten zum Fragestellen, Problemlösen und selbständigen Weiterentwickeln.1 Davon sind bei ehrlicher Betrachtung viele Angebote doch ein Stück entfernt. „Bei dieser Datenbank muss mit dem Asterisk trunkiert werden“ – das ist Bedienwissen, keine Kompetenz im eigentlichen Sinne. Informationskompetenz ist dagegen die Gesamtfähigkeit, sich im Ökosystem der Wissensgesellschaft zurechtzufinden. Jens Mittelbach hat auf die Tendenz hingewiesen, dass sich in der bibliothekarischen Praxis Informationskompetenz auf Recherchekompetenz reduziere, wobei der Umgang mit defizitären, unzeitgemäßen Werkzeugen im Vordergrund stünde und in Konsequenz sich die Bibliothek als Institution zentral setze anstelle der Fähigkeiten und Bedürfnisse der Nutzer.2 Dies mag für Institutionen eine naheliegende Motivation sein, für einen Dienstleister aber keine legitime. Für die SLUB Dresden stellt Mittelbach daher dem ein ebenso elaboriertes wie auf den Forschungsprozess ausgerichtetes Konzept entgegen. Dies ist die wesentliche Perspektive: Wissenschaftliche Bibliotheken brauchen im digitalen Zeitalter mehr denn je den Kontakt und die Auseinandersetzung mit der Wissenschaft, auch und gerade bei den Disziplinen, in denen die Bibliotheken im Forschungsprozess nicht mehr den früheren Stellenwert genießen. Schließlich hängt am Kontakt mit der Forschung auch die Kenntnis dessen, was in der Lehre geschieht und damit die Kenntnis der Studierenden-Bedürfnisse. Dieser erweiterte Begriff von Informationskompetenz, der Forschung und Wissenschaft integriert, ist Gegenstand der aktuellen Empfehlungen und Strategiepapiere.3 Aber auch im klassischen Feld der Informationskompetenz ist weiterhin ein
1 Vgl. dazu z. B. Herzmann, Petra: Artikel „Literacy“. In: Klinkhardt Lexikon Erziehungswissenschaft. Hrsg. von Klaus-Peter Horn [u. a.]. Bd. 2. Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2012 (UTB 8468: Erziehungswissenschaft). S. 323. 2 Mittelbach, Jens: Ein rundes Service-Konzept. Vermittlung von Informationskompetenz und der Forschungsprozess. Vortrag auf dem 103. Deutschen Bibliothekartag in Bremen 2014. Vortragsfolien. http://www.opus-bayern.de/bib-info/volltexte//2014/1725/pdf/Mittelbach_2014_Ein_rundes_Service_Konzept.pdf (Stand: 09.07.2015). 3 Vgl. z. B. Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland. Empfehlungen der Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder, o. O. 2011; Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020. Berlin 2012; Hochschulrektorenkonferenz: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. Bonn 2012.
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elementarer Auftrag zu sehen, denn ungeachtet ihrer digitalen Sozialisation sind Studierende keineswegs von sich aus befähigt, sich im Sondermilieu der wissenschaftlichen Informationswelt ohne Anleitung zielgerichtet zu bewegen.4 Allerdings sollten die Konzepte, die auf diesen Bedarf reagieren, mehr denn je die Outcome-Orientierung des Kompetenz-Ansatzes profilieren, da sie auf die Weise besser mit der umgebenden Realität der Studiengänge korrelierten, denn der zentrale Ansatz des Bologna-Prozesses war schließlich stets die Outcome-Orientierung: Der „shift from teaching to learning“5 führte u. a. dazu, dass Vor- und Nachbereitungszeiten und eigenständiges Lernen in die Berechnung des studentischen Workloads integriert wurden. Diese Verpflichtung auf Selbstlernprozesse, die sich vielfältig mit digitalen Werkzeugen wie den Lernmanagementsystemen verknüpft, führt im Alltag des Lehrbetriebs immer mehr zu dem, was in der Lehrforschung unter dem Label flipped classroom diskutiert wird6 – in der Präsenzlehre findet eine Konzentration auf Vertiefungsphasen, Fragemöglichkeiten und Transferleistung statt, die basale Stoffvermittlung wird tendenziell ausgelagert in Lernmanagementsysteme und insgesamt selbstgesteuertes Lernen. Die Hochschullehre diversifiziert sich also ähnlich wie bei manchen reformpädagogischen Ansätzen, etwa der Montessori-Pädagogik, welche aufgrund der Binnendifferenzierung des Unterrichts die dafür verwendeten Flächen erweitert und z. B. den Flur vor den Klassenzimmern mitnutzt. Und tatsächlich ist der Aufschwung der Bibliothek als Lernort eng mit dieser Umstrukturierung der Lehre verknüpft, denn die Studierenden vollziehen die ihnen übertragene Stofferarbeitung bekanntermaßen nur eingeschränkt in der Einzelhaft des WG-Zimmers, sondern nehmen dafür zentrale Infrastrukturen und Services in Anspruch, wo Inhalte, Arbeitsplätze, Möglichkeiten des Austauschs, der Versorgung und der Unterstützung wie in einem Maggi-Würfel konzentriert vorliegen und über lange Zeiträume – wenn nicht sogar 24/7 – zugänglich sind. Je mehr sich der Trend zum flipped classroom etabliert, desto mehr wird die Bibliothek dadurch bildlich gesprochen zum Flur – wenn auch nicht vor dem Klassenzimmer, so doch vor den Seminarräumen und Vorlesungssälen.
4 Bei einer Studierendenumfrage der Universitätsbibliothek Tübingen vom Herbst 2013 antworteten 52 %, dass sie das E-Book-Angebot nicht nutzten, teils aus Unwissen, dass es das Angebot gibt, teils aus Unkenntnis, wie das Angebot zu erreichen sei. In einer Bibliothek, wo auch die frei zugänglichen Bücher formal nach Numerus Currens aufgestellt sind und jede Recherche daher zwingend über den Katalog geht, war die Existenz und die Funktion eines Links unter der Titelanzeige somit für viele schon Anlass für Unklarheiten. 5 Seit Mitte der 1990er Jahre ein insbesondere von der UNESCO vorangetriebener Paradigmenwechsel, vgl. z. B. Berendt, B.: How to support and to bring up the shift from teaching to learning through academic staff development programmes. Examples and perspectives. In: Higher Education in Europe. Vol. XXIII. UNESCO CEPES (Eds.). Bukarest 1998. S. 317–329. 6 Vgl. z. B. Johnson, L. [u. a.] (Hrsg.): NMC Horizon Report: 2014 Higher Education Edition. Deutsche Ausgabe. Austin, TX 2014. S. 48–50.
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Bibliotheken werden damit als Institution und gerade auch als physischer Ort im Bereich der informellen, offenen und vor allem der selbstgesteuerten Lern- und Arbeits-Settings lokalisiert. Aus diesem Grund heraus werden Schulungs- und Informationskompetenzangebote insgesamt, wenn sie in Habitus und Strukturen formeller Lehre daherkommen, in einem gewissen Grad der Marktdurchdringung stecken bleiben, da sie in der Form nicht synchron gehen mit den unausgesprochenen Imperativen des Studienbetriebs. Das Angebot muss daher diese Imperative aufnehmen und stärker als bisher auch den Bereich informeller Lehr- und Lernformen gestalten. Das wird sich je nach Hochschulstandort und spezifischer Aktivität der Bibliothek bei den Informationskompetenzangeboten natürlich unterschiedlich darstellen, trotzdem besteht insgesamt bibliotheksseitig der Bedarf, sich gerade bei den Aktivitäten vor Ort einem anderen Gestus zuzuwenden: „Bibliotheksräume in ihrer Funktionalität zu gestalten und zu bespielen, wird in Zukunft eher als ein Kuratieren zu beschreiben sein, denn als eine bibliothekarische Herangehensweise.“7 So verstanden gilt es, Informationskompetenz in das Gestalten und Bespielen von Flächen wie Diensten der Bibliothek hineinzuweben, die Aufgabe erweitert sich vom Anbieten formeller Schulungen und Kurse hin zum Kuratieren von Wissensräumen und -prozessen. Kuratieren ist hierbei wie immer ein komplexer Prozess, der von den grundsätzlichen strukturellen Fragen bis zu kleinteiligen Organisationsaufgaben alles miteinander verbindet: Habitus und Selbstverständnis der Institution stehen genauso in Frage, wie Zahl und Art der Akteure in der Bibliothek und deren Zugriffsmöglichkeiten auf Ressourcen, Freiheiten (und Verantwortlichkeiten) der Nutzer genauso wie die Flexibilität des Angebots, die Form der Möblierung und die Anforderungen an die technische Ausstattung. Verschiedene Dimensionen des Kuratierens werden im Folgenden an konkreten Beispielen verdeutlicht. Dabei werden der Wandel des institutionellen Habitus am Change-Management einer Organisationseinheit illustriert, die praktische Umsetzung durch Beispiele der Arbeit mit universitären Partnern und des Peer-Gedankens, die technischen Anforderungen anhand des gegenwärtigen Wandels zentraler Interfaces sowie die Bündelung der verschiedenen Ansätze zur Informationskompetenz mit Hilfe der Entwicklung einer hybriden Plattform.
Restrukturierung der Informationsarbeit Der Arbeitsbereich Information in wissenschaftlichen Bibliotheken ist klassischerweise aus der „bibliographischen Auskunft“ entstanden, die den Nutzern Hilfe bei der Nutzung des Katalogs oder beim Aufgeben einer Fernleihe anbot. Auch wenn
7 Werner, Klaus Ulrich: Bibliothek als Ort. In: Praxishandbuch Bibliotheksmanagement. Hrsg. von Rolf Griebel [u. a.]. Bd. 1. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2015. S. 95–107, hier S. 97.
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diese Unterstützung stets unter der Flagge „Hilfe zur Selbsthilfe“ firmierte, zeigte dies letztlich eine klare Binnenperspektive, denn die bibliographischen Werkzeuge selbst standen hier nie zur Diskussion. Die klassische Auskunft war also im Zweifel auch gegen ihr eigenes Credo stets produktorientiert, in einzelnen Fällen vielleicht auch einmal prozessorientiert, aber selten in der Weise tatsächlich kundenorientiert, dass es die eigenen Paradigmen offen hinterfragte.8 Dieser Ansatz einer produktorientierten Binnenperspektive ist vielleicht der Auslöser für die eingangs zitierte Kritik Mittelbachs, die sich letztlich als Verdacht äußert, dass sich der konventionelle Ansatz in das Gebiet der Informationskompetenz hinüberschleppe und nur die Vokabeln tausche, z. B. statt „Katalog“ nun „Web of Science“ und statt „Fernleihe“ vielleicht „Alert-Service“. Mit dem Aufblühen der Webangebote und der Bibliothek als Lernort trat gleichzeitig eine gewisse Unzufriedenheit mit der Informationsarbeit auf den Plan und vor allem eine Unlust an der klassischen Informationstheke. Vereinzelt wurde sogar empfohlen, diese einfach abzureißen, oder, wenn sie schon stehen bliebe, sie nur noch mit gering qualifiziertem Personal zu besetzen für die Masse der Orientierungsfragen und nur die wenigen anspruchsvollen Fragen an ein Backoffice weiterzuleiten.9 Bei Umstellungen auf die RFID-Technik zur Automatisierung von Ausleihe und Rückgabe ist entsprechend die Tendenz zu beobachten, die Information mit der Ausleihe zusammenzulegen. Dies hat durchaus nachvollziehbare Aspekte, denn einerseits sind zentrale und einheitliche Anlaufpunkte in der Benutzung einer wissenschaftlichen Bibliothek immer wertvoll, zum anderen liegt es fachlich durchaus nahe, dass die Ausleihe die Tradition der bibliographischen Auskunft erbt, denn dann werden die Fragen nach der Erreichbarkeit eines Dokuments dort gestellt, wo diese Dokumente traditionellerweise auch ausgeliehen bzw. verfügbar gemacht werden. Die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens ergibt sich allerdings nur innerhalb der Limitierungen einer verkürzten Sicht auf die Informationsarbeit, die durch diese Entwicklung die Information zu dequalifizieren droht und Fragen der Informationskompetenz tendenziell separat von den zentralen Diensten sieht. Informationskompetenz hat dann innerhalb dieses Rahmens keinen Ort mehr in der Bibliothek und ein kuratierendes Handeln unterbleibt mangels Personen, Themen und Ressourcen. An der Universitätsbibliothek Tübingen wurde daher ein anderer Weg eingeschlagen: Zwar wird auch hier im Zusammenhang mit der RFID-Umstellung die Ausleihe einem Fusionsprozess unterworfen, allerdings nicht mit der Information, sondern mit dem
8 Der Gestus ist bis heute präsent, vgl. die Darstellung im Abschnitt „Bibliothekarischer Auskunftsdienst“ in Hilpert, Wilhelm [u. a.]: Benutzungsdienste in Bibliotheken. Bestands- und Informationsvermittlung. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2014. S. 229–271. 9 Vgl. dazu: Simon, Ingeborg: Remove the reference desk! Ergebnisse, Erfahrungen und Fazit eines Forschungsversuchs. Vortrag im Rahmen Fortbildung der BAB: Auskunft professionell gestalten – strukturelle und konzeptionelle Aspekte. München 13.06.2013. Folien unter: http://www.bib-bvb.de/ documents/11208/82e2821d-b267-470b-8025-41aff67f3339 (Stand: 09.07.2015).
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Bereich Fernleihe / Dokumentlieferung und weitergehend mit den Magazindiensten. Dadurch entsteht ein integriertes Zentrum, das alle Fragen um das Thema „Access“ adressiert. Die Information wurde dagegen bereits zuvor mit dem Lesesaal zusammengeführt, wodurch alle Dimensionen der Informationsarbeit, der überfachlichen Informationskompetenz und dem Bespielen von Lern- und Arbeitsbereichen in einer Organisationseinheit zusammengeführt wurden. Beide dann fusionierten Einheiten waren zuvor schon mit Aspekten eines kuratierenden Handelns befasst: das Info-Zentrum mit der Gestaltung des Lernzentrums, der Allgemeine Lesesaal mit der Betreuung des Gebäudes, wo neben den Präsenzbeständen auch die Freihandbereiche untergebracht sind. Im Bereich der Informationskompetenz verantwortete dementsprechend das Info-Zentrum die Führungen und die überfachlichen Schulungen. Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit wurden dagegen durch den Geschäftsbereich des Allgemeinen Lesesaals unterstützt. Ziel des Change-Managements bei der Fusion war es, diese Dimensionen zusammenzuführen, ein standardgeleitetes integriertes Arbeiten zu etablieren und dadurch Arbeitszeit von Routineprozessen zu Kundenkontakten zu verschieben, außerdem – und ganz wesentlich – eine vertiefte Kompetenz und Gestaltungskraft in den digitalen Diensten aufzubauen. Dies führt zur sukzessiven Beschäftigung mit den entsprechenden Devices und Anwendungen, die vom Tablet über Smartboards bis zum Multitouchtisch sich allmählich in der Informationsarbeit etablieren. Die Erfahrung, dass hierarchisierte Formate wie die klassischen Schulungen immer weniger angenommen werden, es aber nicht weniger Fragen gibt und die Kenntnisse auch nicht von sich aus größer geworden sind, führt darüber hinaus zu einer Verschiebung im Gestus der Informationsarbeit. Niederschwellige Angebote, die nicht hierarchisierend wirken, sondern unterstützend in der eigenen Autonomie des einzelnen Wissensarbeiters diesen just in time voranbringen, werden sofort akzeptiert: Die vom Schreibzentrum in und mit der Universitätsbibliothek veranstaltete „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ verzeichnet Hunderte von Teilnehmern. Eine Neuausrichtung der Informationsarbeit, die auch andere Formate als Alternative zu klassischen Schulungen einbezieht, scheint demzufolge angezeigt. Als ein Modell wurde daher die digitale Hausmesse eingeführt, wie sie bereits seit einiger Zeit von der Staatsbibliothek zu Berlin erfolgreich betrieben wird.10 Mit Messeständen mitten in den hochfrequentierten Publikumsbereichen, Kurzpräsentationen, Besichtigungsmöglichkeiten und begleitender Postersession wird versucht, die elektronischen Ressourcen und deren Einsatzmöglichkeiten den Nutzern aktiv zu präsentieren und die mitunter in den bibliothekstypischen, sprich: Content-lastigen Strukturen der Bibliotheks-Homepage versteckten Angebote sichtbarer, sogar erleb-
10 Vgl. Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz: Elektronische Ressourcen für das moderne wissenschaftliche Arbeiten. @day 28. April 2015. http://staatsbibliothek-berlin.de/e-day/ (Stand: 09.07.2015).
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bar zu machen. Bereits beim ersten Durchgang wurden dabei an einem einzigen Tag mehr Kontakte gezählt als sonst Teilnehmer des klassischen Schulungsprogramms in einem durchschnittlichen Semester, was sicher auch an denen lag, die maßgeblich an der Organisation, Präsentation und Bewerbung beteiligt waren: die Nutzer selbst in Gestalt von studentischen Tutorinnen und Tutoren.
Peers & Partners Innerhalb eines kuratierenden Handelns stellt sich die Bibliothek als Fläche dar, wo auch andere Akteure Themen bespielen können, die sich mit dem Spektrum der Bibliothek vernetzen lassen und dadurch Mehrwerte generieren – wo es aber seitens der Bibliothek keineswegs immer eigene Kompetenzen gibt und mit Blick auf die Gesamtinstitution Hochschule auch nicht aufzubauen sind, weil sonst Ressourcen bestenfalls in Dubletten fließen würden. Entsprechend bieten innerhalb der Universitätsbibliothek Tübingen gegenwärtig das Rechenzentrum, das Schreibzentrum, der Career Service und die Graduiertenakademie Dienste an, die von einem technischen Helpdesk über offene Sprechstunden bis hin zu kleineren wie großen Events reichen und dabei sowohl von langjährig qualifizierten Kräften wie auch von Tutorinnen und Tutoren angeboten werden. Letzteres fand dabei besonderes Interesse, da im Bereich der Diskussion über den Lernort Bibliothek bekannte Best-Practice-Beispiele wie das learning grid in Warwick sehr weitgehend mit Tutoren, den student advisors, arbeiten.11 Daher sollte überprüft werden, welche Formate und Zielgruppen durch Arbeit mit Tutorinnen und Tutoren erreichbar sind. Über ein Förderprogramm konnten im Jahr 2014 mehrere Tutorinnen und Tutoren eingestellt werden, deren Aufgaben hauptsächlich im Bereich der Informations- und Medienkompetenz angesiedelt waren. Zum einen sollten sie die neuen technischen Hilfsmittel – Smartboards und Multitouchtische – bekannt machen und Schulungen dazu anbieten. Zum anderen gab es die Vermutung, dass für viele Studierende die Hemmschwelle, eine Bibliothekarin oder einen Bibliothekar (also im Prinzip eine Autoritätsperson) um Rat zu fragen, zu hoch und dies mit ein Grund sei für den Rückgang an Anfragen an den Informationstheken. Die Hauptaufgabe der Tutorinnen und Tutoren sollte deshalb die Entwicklung eines niederschwelligen Informationsangebots sein. In Ergänzung der benannten Angebote der Partnerinstitutionen der Universitätsbibliothek boten die Tutorinnen und Tutoren daher offene Sprechstunden im gleichen Ensemble des lern+ Zentrum an mit Spezialisierungen auf verschiedene Themenbereiche. Zwei Tutorinnen hatten schon Erfahrungen mit Multitouchtischen und
11 Vgl. Hohmann, Tina: Learning und andere Grids an der Universität von Warwick. In: Bibliothek Forschung und Praxis (2010) H. 2. S. 163–170.
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fungierten deshalb diesbezüglich als Ansprechpartnerinnen, zwei andere arbeiteten sich in die Bedienung der Smartboards ein und boten Einführungen an, eine Tutorin unterstützte das Schreibzentrum mit Beratungen auf Englisch, und die beiden übrigen nahmen sich intensiver des Themas Literaturrecherche an. Gerade letzteres Angebot, das bedeutete, bibliothekarisch nicht ausgebildete Studierende mit expliziten Informationsaufgaben zu betrauen, wurde in der Informationsabteilung durchaus kritisch betrachtet. Da das Gesamtprofil der Sprechstunde sich jedoch von dem der Informationstheken unterschied, wurde das Angebot als zeitlich begrenztes Experiment akzeptiert. In der von den Tutorinnen und Tutoren geführten Statistik schlug sich aber gerade das Angebot zur Literaturrecherche am geringsten nieder: Die Vermutung, Studierende würden Unterstützung bei der Literaturrecherche eher bei Ihresgleichen als beim Bibliothekspersonal suchen, schien sich nicht zu bestätigen. Die Gründe dafür sind sicher viele: Zum einen war die Laufzeit des Angebots zu kurz, denn in dem Moment, wo die Sprechstunde sich etabliert hatte, hörte sie mit Ende der Förderung schon wieder auf. Dann ist man es durch die zunehmende Automatisierung vieler Vorgänge in Bibliotheken, z. B. durch RFID und die Durchsetzung der „Selbstbedienung“ im Alltagsleben allgemein immer weniger gewohnt, mit Menschen direkt kommunizieren zu müssen, um Informationen zu erhalten. Sich „bedienen zu lassen“, wird von vielen als unangenehm empfunden, ggf. sogar als Eingeständnis der eigenen Inkompetenz im Umgang mit den vorhandenen Selbstbedienungseinrichtungen, zu denen auch Kataloge und Datenbanken zu zählen sind.12 Insofern mag es für Studierende eventuell sogar noch unangenehmer sein, ihre Wissensdefizite einem anderen Studierenden einzugestehen als dem Bibliothekspersonal. Fast vierzig Jahre nach seiner ersten schriftlichen Niederlegung scheint der „Uni-Bluff“13 weiterhin verbreitet zu sein, denn die Tutorinnen und Tutoren erhielten die Rückmeldung, dass ihr Publikum sich für das Beratungsgespräch einen nicht einsehbaren Bereich gewünscht hätte (ihr Arbeitsplatz im lern+ Zentrum war offen und gut sichtbar, eigentlich, um das Auffinden zu erleichtern und möglichst alle Hemmschwellen zu vermeiden). Sie erklärten das aus ihrer eigenen Erfahrung heraus ebenfalls so, dass man von seinen Kommilitonen nicht dabei erwischt werden möchte, wie man eine Wissenslücke preisgibt. Daher hatten alle Angebote einen ungleich größeren Erfolg, wo es „nicht schlimm“ war, etwas nicht zu wissen: So wurde die englischsprachige Schreibberatung genauso dankbar angenommen wie die Einfüh-
12 Vgl. Depping, Ralf: Selbstbedienung in Hochschulbibliotheken. Teil 2: Selbstbedienung aus Kunden- und Mitarbeiterperspektive. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2012) H. 1. S. 20–32, hier S. 21. 13 Vgl. Wagner, Wolf: Uni-Angst und Uni-Bluff heute: wie studieren und sich nicht verlieren. Aktualis. u. vollst. überarb. Neuaufl. der Erstausg. 1977. Hamburg: Rotbuch Verl. 2012 (Rotbuch-Taschenbuch 65).
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rung an technischen Geräten, insbesondere den Smartboards, und die digitale Hausmesse als ganz anderes Format bewährte sich ebenfalls. Bei der Literaturrecherche dagegen etwas nicht zu beherrschen, war aufgrund ihres Charakters als alltäglicher Studienanforderung entweder „schlimm“ – oder es gehört mit dem Fortschreiten des digitalen Wandels mittlerweile in den Bereich der berüchtigten unknown unknowns. Eine insgesamt auch vom Bewusstsein her fehlende Kompetenz wird auch nicht als fehlend empfunden – vor allem, wenn sie ein vom digitalen Mainstream deutlich geschiedenes Sondermilieu betrifft. Dieser Bruch zwischen wissenschaftlicher Informationswelt und digitalem Mainstream wird von verschiedenen Perspektiven aus bearbeitet, im Bereich Software/Systeme/Datenorganisation etwa durch die Verbreitung der Discovery Systeme. Da aber auch die Interfaces selbst in Frage stehen, wird an der Universitätsbibliothek Tübingen verstärkt mit veränderten Hardware-Lösungen experimentiert.
Das Natural User Interface in der Wissensgesellschaft Mit Durchsetzung der Mobilgeräte verbreitet sich der Übergang vom Graphic User Interface – klassischer Desktop-Rechner mit Maus – zum Natural User Interface: Touch Interface. Für Informationskompetenz und forschendes Lernen werden immer mehr Geräte eingesetzt mit Natural User Interface, die über Single-User-Devices wie Smartphones und Tablets hinausgehen zugunsten von kollaborativem gestengesteuerten Arbeiten, nämlich Smartboards und Multitouchtische, bei denen mehrere Personen parallel ein Gerät bedienen können. Smartboards sind vor allem im Schulunterricht vermehrt im Einsatz, doch auch in der universitären Lehre werden sie immer häufiger verwendet. Die Universitätsbibliothek bietet daher mehrere dieser Geräte an. Die Einführungen an den Boards durch die Tutorinnen und Tutoren wurden so gut angenommen, dass sie kontinuierlich fortgeführt werden. Vor allem Lehramtsstudierende können sich so auf die spätere Schulpraxis vorbereiten, aber auch bei Veranstaltungen zur Informationskompetenz in den Naturwissenschaften wird das Board eingesetzt. Mit der Teilnahme der Universitätsbibliothek Tübingen am Blended Library Projekt14 hielten auch zwei Multitouchtische in der Bibliothek Einzug. Im Rahmen des Projekts wurde unter anderem der Einsatz eines Multitouchtisches im Tutorium „Bildgedächtnis“ des Kunsthistorischen Instituts der Universität Tübingen erprobt. Ziel des Tutoriums ist es, Merkmale verschiedener Kunstepochen zu erlernen, um ein
14 Vgl. http://hci.uni-konstanz.de/blendedlibrary sowie Bogorin, Alexandru u. Renke Siems: Technology Enhanced Learning im Konzept einer Blended Library. Vortrag auf dem Bibliothekskongress 2012 in Leipzig. Vortragsfolien. https://opus4.kobv.de/opus4-bib-info/frontdoor/index/index/ docId/1369 (Stand: 09.07.2015).
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Bild oder Bauwerk einer bestimmten Epoche zuordnen zu können. Zu diesem Zweck konnte eine vom Leibniz-Institut für Wissensmedien für Museumsprojekte entwickelte Software genutzt werden, die es ermöglicht, digitale Aufnahmen auf dem Tisch zu verschieben, zu drehen, zu vergrößern und anzuordnen. Eine Suche bzw. Anzeige der Metadaten der Bilder ist genauso möglich wie Markierungen vorzunehmen oder eine Notiz anzufügen.15 Die Studierenden konnten so am Tisch zusammenarbeiten, sich über die Bilder austauschen und sie vergleichen und z. B. nach Epochen ordnen. Diese kollaborative Lernmethode hat sich als merklich erfolgreicher erwiesen als die bisherige Praxis eines Frontalunterrichts mit Wandprojektion, so dass der Multitouchtisch mittlerweile durchgehend für das Tutorium genutzt wird. Der Tisch steht in einem dafür reservierten Raum der Universitätsbibliothek, zusammen mit einem Smartboard, das ebenfalls eingesetzt wird. Der Raum und seine Ausstattung stehen auch anderen Interessenten offen, die sich nach Absprache von einer Tutorin in die Nutzung des Tisches einweisen lassen können. Im Zuge der Umgestaltung des Ausleihbereichs fand der zweite Multitouchtisch dort seinen Platz im Rahmen einer Q-Thek, die gemeinsam mit der ekz Bibliotheksservice GmbH realisiert wurde.16 Dieser Tisch wird künftig ein Ort sein, an dem sich Studierende gemeinsam, eigenständig und auf spielerische Weise über digitale Angebote informieren können. An den Außenwänden des Möbels werden auf großen TouchDisplays zum einen das Digital Signage-System und das Hybrid Bookshelf angeboten werden. Dieses virtuelle Bücherregal bildet die E-Books der Bibliothek anhand von Umschlagbildern als Bücher in einem Regal ab, wo sie, gesteuert über die berührungsempfindliche Oberfläche, nach verschiedenen Kriterien sortiert, ausgewählt und via QR-Code auf das eigene Mobilgerät übertragen werden können.17 Der Hauptvorteil des Gesamtensembles besteht darin, dass die elektronischen Medien und Angebote in der Bibliothek überhaupt sichtbar werden und die Nutzer direkt, intuitiv und in eigener Regie damit interagieren und sie mit den umliegenden physischen Beständen verknüpfen können. Spielerischer Zugang und Attraktivität der Devices sollen dabei Möglichkeiten befördern, wie sie z. B. auch im „Quellentaucher“-Projekt
15 Vgl. http://www.iwm-kmrc.de/www/de/projekte/projekt.html?dispname=Entwicklung+innovat iver+Interaktionsformen+f%C3 %BCr+Multitouch-Tische&name=Entwicklung innovaterInnovations formen (Stand: 09.07.2015). 16 Zum Q-Thek-Konzept vgl. http://www.ekz.de/moebel-bibliothekszubehoer/themen/q-thek/und den Projektbericht unter http://www.bezreg-duesseldorf.nrw.de/schule/privatschulen_sonstiges/ pdf/Booklet_A4_20-04-2011.pdf (Stand: 09.07.2015). 17 Vgl. dazu Kohl-Frey, Oliver: Die Öffnung der digitalen Magazinbibliothek: Entwicklung an der Universität Konstanz zwischen Summon und Hybrid Bookshelf. In: Bibliotheksdienst 48 (2014) H. 10. S. 807–815 sowie Barth-Küpper, Angela: Hybrid Bookshelf – ein neues Regal. In: Bibliothek Aktuell (2015) H. 99. S. 12–18.
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verfolgt werden18, und die Informationsrecherche dem Gestus des ubiquitous computing ein Stück näher bringen.
Der Plattformgedanke für die Vermittlung von Informationskompe tenz – ein Ausblick In der Fertigungsindustrie ist die modulare Verwendung ganzer Produktgruppen üblich, das bekannteste Beispiel dürfte gegenwärtig Volkswagen mit dem Modularen Querbaukasten sein, auf dessen Basis in der Firmengruppe über 40 Modelle produziert werden.19 Synergien werden durch die einheitliche technische Grundlage dabei maximiert, Produktentwicklung wie Qualitätsmanagement erreichen einen anderen Level. In einem aktuellen Projekt soll seitens der Informationsabteilung der Universitätsbibliothek Tübingen dieser Plattformgedanke auf die Vermittlung von Informationskompetenz übertragen werden. Das Projekt befindet sich zurzeit in der konzeptionellen Phase, die Ziele sind bereits konkret: Die erste gravierende Veränderung wird die Umstellung des bisherigen IK-Schulungskonzepts aus klassischen Präsenzschulungen mit sehr geringer ECTS-Anrechnung auf einen umfangreichen Onlinekurs sein. Beginnend mit einer einführenden Präsenzveranstaltung müssen die Studierenden semesterbegleitend eine Reihe einzelner Module erfolgreich durchlaufen, um am finalen Leistungsnachweis teilnehmen zu können. Analog zum Online-Seminar „Schreibkompetenz“ der Virtuellen Rhetorik der Universität Tübingen20 können auf diesem Weg die für ein erfolgreiches Studium hilfreichen Kompetenzen didaktisch versiert vermittelt und eine hohe ECTSPunktzahl vergeben werden. Auf die Weise kann nachhaltig eine höhere Wertigkeit des Schulungsprogramms erreicht werden, da es den Studierenden ermöglicht, ein von ECTS-Bewertung her „lohnendes“ Angebot in die informellen Lern- und Arbeitssettings der Bibliothek einzubetten und dabei gleichzeitig bei Bedarf on the fly Unterstützung zu finden. Die für diesen Kurs notwendigen Unterlagen bilden dabei gleichzeitig den Grundstock für die „Plattform Informationskompetenz“. Alle Materialien werden damit von der Information an einem Ort zentral gepflegt, sukzessive ausgebaut und stehen für alle Formate und für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleichermaßen zur Verfügung. Aus einem modularen Baukasten können dann sowohl virtuelle wie faceto-face- und auch blended learning-Angebote generiert werden. Dies wäre bezogen auf die gegenwärtige Situation eine effizientere und qualitätssichernde Verwendung
18 Vgl. dazu Büning, Petra: „Quellentaucher“ – neue Wege in der Informationsrecherche. In: Bibliotheksdienst 49 (2015) H. 6. S. 620–628. 19 Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Modularer_Querbaukasten (Stand: 09.07.2015). 20 Vgl. http://www.virtuelle-rhetorik.uni-tuebingen.de/(Stand: 09.07.2015).
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der Informationskompetenz-Materialien. Das Lernmanagementsystem ILIAS wird für das Projekt, auch in Hinblick auf weitere Ausbaustufen, als die geeignete technische Infrastruktur angesehen, da es den Studierenden als universitär allgemein genutztes System vertraut ist. Neben den klassischen E-Learning-Funktionalitäten können auf der Lernplattform die Materialien zusätzlich als cMOOC für Selbstlern- und BlendedLearning-Zwecke angeboten werden, so dass auch jenseits von einzelnen Schulungsterminen die Materialien kontinuierlich genutzt werden können. Auf diese Weise würden neue Zielgruppen erschlossen, die zuvor entweder aus Zeitgründen in der Präsenzschulung nicht erschienen, oder sich eben in der Tradition des „Uni-Bluffs“ in einem face-to-face-Kontext nicht outen wollten und nun eine andere Möglichkeit bekommen.
Sabine Rauchmann
Welche Qualifikationen benötigen Bibliothekarinnen und Bibliothekare zur erfolgreichen Förderung von Informationskompetenz? Abstract: Seit Jahren wächst in der bibliothekarischen Fachwelt in Deutschland das Bewusstsein für die Notwendigkeit, didaktisch-pädagogisch geschultes Personal für die Förderung von Informationskompetenz einzusetzen. Mit dem im März 2014 erarbeiteten Qualifikationsprofil des Teaching Librarian liegt nun auch für Deutschland eine systematische Zusammenstellung von Kompetenzen für schulende Bibliothekare vor. Das vorliegende Kapitel zeigt zuerst, dass Richtlinien, Modelle und pädagogische Konzepte auf der Beteiligung von didaktisch qualifiziertem Bibliothekspersonal beruhen. Anschließend werden ausgewählte empirische Ansätze rezipiert, mit denen umfassende Listen von Kenntnissen, Fähigkeiten und Charaktereigenschaften ermittelt wurden, die schulende Bibliothekare besitzen sollen. Zum Schluss werden drei Qualifikations- und Anforderungsprofile vorgestellt, die die Vielfältigkeit der Qualifikationen greifbar machen. Das Kapitel endet mit einem kurzen Ausblick. Keywords: Fertigkeiten, Kompetenzen, Qualifikation, Anforderungsprofil, Qualifikationsprofil, Teaching Librarian
Didaktisch geschultes Personal als Erfolgsfaktor Vom Beginn an bezogen sich Best-Practice-Richtlinien, bibliothekspädagogische Konzepte und Modelle auf didaktisch-qualifiziertes Bibliothekspersonal. Den Standards zur Vermittlung von Informationskompetenz (2002) zufolge sollten Dozenten vor allem pädagogische und kommunikative Fähigkeiten sowie ausgewählte persönliche Eigenschaften besitzen. So sind Dozenten u. a. fachlich kompetent und kennen sich umfassend in der Informationssuche, -beschaffung und -bewertung aus.
Dr. phil. Dipl.-Bibl. (FH) Sabine Rauchmann, M. Sc., studierte in Potsdam Bibliothekswesen, promovierte 2009 an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema „Bibliothekare in Hochschulbibliotheken als Vermittler von Informationskompetenz“. Konzipiert und führt diverse Veranstaltungen für die Förderung von Informationskompetenz durch, 2006–2014 als Mitarbeiterin der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, seit Juli 2014 als Fachreferentin für Wirtschaftswissenschaften in der Fachbibliothek Wirtschaftswissenschaften der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Zudem ist sie Lehrbeauftragte an der Fachhochschule Potsdam.
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Sie beschäftigen sich mit methodisch-didaktischen Fragestellungen. Sie kennen die Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppe, gehen flexibel auf Fragen und Wünsche ein und planen, organisieren und evaluieren Schulungen. Sie sind kritikfähig, belastbar, flexibel und motivierend, präsentieren sicher und souverän vor Gruppen.1 In den Guidelines for instruction programs in academic libraries (2011) sowie den Characteristics of programs of information literacy that illustrate best practices (2012) werden darüber hinaus konzeptionelle und integrierende Fähigkeiten aufgeführt. Schulende Bibliothekare sollten nicht nur Expertise in der Entwicklung, Koordination, Implementation, Evaluation und Überarbeitung der Konzepte sammeln. Sie müssten ebenfalls aktives Interesse an der Zusammenarbeit mit anderen zeigen und in der Lage sein, ihre Schulungstätigkeiten zu bewerben, Schulungsmaterialien zu konzipieren, lehrunterstützende Technologien zu integrieren sowie technologische und gesellschaftliche Veränderungen zu berücksichtigen. Zudem seien sie Vorbilder für das Konzept Informationskompetenz und dessen aktive Fürsprecher.2 Über die Richtlinien hinaus wird die didaktische Qualifizierung des Bibliothekspersonals bereits in den bibliothekarischen Schulungskonzepten selbst vorweggenommen. Neben der Teaching Library basieren die Bibliothekspädagogik und -didaktik, die Informationsdidaktik, die Hochschuldidaktik sowie die Medienpädagogik und -didaktik auf didaktisch qualifiziertem Personal. Alle Konzepte nennen in Bezug auf Dozenten sechs Qualifikationen: grundlegende Kenntnisse des Lehrens und Lernens, Fähigkeiten zur Planung und Analyse des Unterrichts, zum Einsatz aktivierender Lehr- und Lernmethoden, zur Nutzung von Medien, zur Kommunikation und zur Evaluation.3 Schließlich weisen auch die Informationskompetenz-Modelle selbst auf die didaktische Qualifikationen des Bibliothekspersonals hin: Im Rahmen des DYMIKModells müssen Dozenten z. B. ein curriculares Schulungskonzept entwickeln, organisatorische und technische Rahmenbedingungen berücksichtigen, Inhalte reduzieren, didaktisch-methodische Gestaltungsmöglichkeiten nutzen, Möglichkeiten und Grenzen multimedialer Lernsysteme kennen, Grundlagen der Lern- und Motivations-
1 Vgl. Nilges, Annemarie [u. a.]: Standards für die Vermittlung von Informationskompetenz an der Hochschule. In: Bibliotheksdienst (2003) H. 4, hier S. 464. 2 Vgl. American College and Research Libraries/Instruction Section Guidelines for Instruction Programs Standards Revision Task Force: Guidelines for instruction programs in academic libraries. Approved by the ACRL Board of Directors, June 2003. Revised October 2011. In: College and research libraries news (2012) H. 4. S. 207–211; American College and Research Libraries/Information Literacy Best Practice Committee: Characteristics of programs of information literacy that illustrate best practices. A guideline. Approved by the ACRL Board of Directors, June 2003, revised January 2012. In: College and research libraries news (2012) H. 6 S. 355–359. 3 Vgl. Lux, Claudia u. Wilfried Sühl-Strohmenger: Teaching Library in Deutschland. Vermittlung von Informations- und Medienkompetenz als Kernaufgabe für Öffentliche Bibliotheken Wiesbaden: Dinges & Frick 2004 (B.I.T. online – Innovativ 9), hier S. 46.
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psychologie verstehen und Evaluierungsmethoden anwenden können.4 Dannenberg hebt in seinem LIK-Modell ebenfalls den Wert fachlicher und didaktisch-methodischer Fähigkeiten sowie sozialer Kompetenzen für die Schulenden hervor.5 Insgesamt wird deutlich, dass Richtlinien, Konzepte und Modelle die didaktischen Qualifikationen der schulenden Bibliothekare als Faktoren für den Erfolg und die Qualität von Programmen zur Förderung von Informationskompetenz berücksichtigen. Die oben genannten Kompetenzen stellen jedoch häufig nur einen willkürlichen Ausschnitt dar. Deshalb werden im nächsten Teil des Kapitels Ansätze vorgestellt, die systematisch und umfassend die Kenntnisse und Fähigkeiten erfassen, die schulende Bibliothekare benötigen.
Zusammenstellungen von Kenntnissen und Fähigkei ten für schulende Bibliothekare Die bibliothekarische Fachliteratur nähert sich seit den 1980er Jahren aus unterschiedlichen Perspektiven einer vollständigen Liste mit Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die schulende Bibliothekare beherrschen sollen. Versuche, diese systematisch zu erfassen, basieren auf Umfragen, Workshops, Eigeninitiativen sowie Auswertungen von Erfahrungen und Literatur. Fähigkeiten und Attribute guter Lehrender werden einzeln gewichtet, Curriculumsinhalte bestimmt, Aufgaben von Koordinatoren beobachtet sowie unterschiedliche Aufzählungen zu einer Kompetenzliste komprimiert. Den umfangreichsten Ansatz bilden Befragungen, die ermittelten, welche Fertigkeiten schulende Bibliothekare im bibliothekarischen Studium erworben hatten. Dafür erstellten sie zuerst eine Liste der Fertigkeiten bzw. ließen die Teilnehmer diese gewichten. In der ersten Studie 1984 erarbeitete das Education for Bibliographic Instruction Subcommittee der ACRL Bibliographic Instruction Section (BIS) eine Liste mit 84 Fähigkeiten und Kenntnissen für schulende Bibliotheksmitarbeiter. Die Fähigkeiten wurden in zwei Kategorien (Durchführung von Schulungen, administrative Tätigkeiten) und 13 Unterkategorien eingeteilt.6 In der zweiten Studie 1993 gewich-
4 Vgl. Homann, Benno: Vermittlung von Informationskompetenz. Benutzerschulung und pädagogische Fortbildung im Informationsbereich der Bibliotheken. In: Theke (1999), hier S. 68. 5 Vgl. Dannenberg, Detlef: Die bibliothekspädagogische Veranstaltung. Welche Kompetenzen braucht eine Bibliothekarin und wie kann sie diese erwerben? [Vortrag auf der deutsch-italienischen Tagung „Informationskompetenz in der Bibliothek“ am 13. Oktober 2006 in Bozen]. http://www.likonline.de/pool/2006_Dannenberg_Bozen_Vortrag.pdf (Stand: 29.06.2015). 6 Vgl. Aluri, Rao & June Lester Engle: Bibliographic instruction and library education. In: Bibliographic instruction. The second generation. Ed. by Constance A. Mellong. Littleton, CO: Libraries Unlimited 1987. S. 117. American College and Research Libraries/Bibliographic Section: Proficiencies for
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teten BIS-Mitglieder diese Liste. Die Befragten bewerteten Kommunikationsfähigkeiten, Lehr- und Planungskompetenzen am höchsten. 14 der 25 als am bedeutendsten empfundenen Fähigkeiten stammten aus diesen Bereichen. Die drei wichtigsten zu beherrschenden Fähigkeiten waren, Ideen logisch zu ordnen und zu strukturieren, klare und logische Anleitungen und Präsentationen zu geben sowie die Vermittlungsgeschwindigkeit anzupassen. Im Mittelfeld befanden sich Fähigkeiten wie die didaktische Reduktion, die Formulierung einer Suchstrategie, die Aufstellung eines Lehrplans, die Entwicklung einer Suchstrategie und die Prioritätensetzung im Planungsprozess.7 In der dritten Studie im Oktober 2007 gewichteten Abonnenten der ILI-L-Mailingliste die 41 Kernkompetenzen der Standards for proficiencies for instruction librarians and coordinators.8 Die Kategorien Plannning skills, Instructional design skills, Information literacy integration skills, Presentation skills und Teaching skills erhielten die höchste Bewertung. Die fünf wichtigsten Fähigkeiten waren: die Zusammenarbeit mit Lehrenden für die Integration von Informationskompetenz in Konzepte und Aufgaben (5.2), die Unterstützung der Lernenden zur Bestimmung ihres Informationsbedarfs, der Quellenauswahl und -bewertung (6.4), die Anpassung des Schulungsinhaltes an die räumlichen und zeitlichen Gegebenheiten (6.5), die Benutzung angemessener Terminologie (9.4) sowie die Planung und Vorbereitung der Durchführung und Schulung (8.1). Am niedrigsten wurden Promotion skills, Subject expertise, Administrative skills und Communication skills gewichtet.9 Ein Vergleich der Ergebnisse von 1993 und 2007 zeigt, dass sich die Prioritäten leicht verändert haben: 1993 beschrieben zwei der drei wichtigsten Kategorien allgemeine Fertigkeiten von Bibliothekaren (Communication skills, Instructional ability, Planning ability), 2007 bezogen sich vier der fünf wichtigsten Kategorien konkret auf Schulungen. Auch im Ranking der Bibliothekare der Oregon State University Libraries stellten drei der fünf wichtigsten Kategorien speziell auf Schulungen ausgerichtete Fertigkeiten dar (Teaching skills, Communication skills, Instructional design skills, Presentation skills, Information literacy integration
instruction librarians. 1985. http://library.csus.edu/services/inst/indiv/acrl_bis_profic.htm (Stand: 29.06.2015). 7 Vgl. Shonrock, Diana D. & Craig Mulder: Instruction librarians. Acquiring the proficiencies critical to their work. In: College and research libraries (1993) H. 2, hier S. 141. 8 Siehe hierzu den nächsten Abschnitt in diesem Kapitel. 9 Vgl. Westbrock, Theresa & Sarah Fabian: Proficiencies for instruction librarians. Is there still a disconnect between professional education and professional responsibilities? In: College and research libraries (2010) H. 6. S. 575–587.
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skills).10 Bibliotheksdirektoren bewerteten Teaching skills ebenfalls höher als Presentation skills, Educational technology skills und Instructional design skills.11 Auch Bibliothekare deutscher Hochschulbibliotheken gewichteten im Jahr 2009 pädagogische und kommunikative Kompetenzen stärker als organisatorische. Die Bedeutung von Fähigkeiten und Kenntnissen, die vor allem für die tägliche Arbeit gebraucht werden, schätzten die Befragten hoch ein (Präsentations- und Vortragstechnik, Lehr- und Lernzielplanung, Moderation, Gesprächsführung, Unterrichtsgestaltung, Öffentlichkeitsarbeit, Einsatz von Lehr- und Arbeitsmitteln). Kenntnisse, die für die strategische Planung und die Weiterentwicklung der Programme relevant sind, bewerteten sie niedriger (Umgang mit Vorgesetzten und Mitarbeitern, Lobbyarbeit, Lerntheorie und Lernstrategien, Curriculumplanung). Für die einzelnen Fähigkeiten nahmen die Befragten aufgrund ihrer persönlichen Hintergründe (Alter, Abschluss) und Bedingungen (Bibliothekstyp) dabei eine differenzierte Gewichtung vor. Weiterhin meinten sie, dass einzelne Kompetenzen eng miteinander verbunden seien, z. B. der Einsatz von Lehr- und Arbeitsmitteln und die Methoden der Unterrichtsgestaltung.12 Weitere Ansätze ergänzen die Bildung einer umfassenden Kompetenzliste für schulende Bibliothekare. So werden in einem zweiten Ansatz Fähigkeiten und Kenntnisse im Austausch über Curriculumsinhalte für die bibliothekarische Ausbildung zusammengetragen. Im Rahmen des Projektes European Curriculum Reflections on Library and Information Science Education arbeiteten Hochschullehrende im Jahr 2005 ein inhaltliches Konzept für ein europäisches Curriculum der Bibliotheksund Informationswissenschaften aus, u. a. für den Teilbereich Information Literacy and Learning. Es umfasste vier Kategorien: (1) Curriculumgestaltung und -planung, (2) Lerner und Lerntheorien, (3) Theorien und Praktiken des Unterrichtens und (4) Kontext von Lehren und Lernen.13 Ein dritter Ansatz für die Entwicklung eines Profils sind Kompetenzlisten, die auf Eigeninitiative an Bibliotheken entstanden, z. B. die Teaching competencies der University of New Mexico General Library. Die 20 lehrbezogenen Kompetenzen wurden
10 Vgl. Hussong-Christian, Uta: Adapting and using instruction proficienies to encourage reflection, goal setting and professional development. In: Communications in information literacy (2012) H. 2, hier S. 164. 11 Vgl. Shank, John D. & Nancy H. Dewald: Adademic library administrators‘ perceptions of four instructional skills. In: College and research libraries (2012) H. 1, hier S. 85. 12 Vgl. Rauchmann, Sabine: Bibliothekare in Hochschulbibliotheken als Vermittler von Informationskompetenz. Eine Bestandsaufnahme und eine empirische Untersuchung über das Selbstbild der Bibliothekare zum Thema Informationskompetenz und des Erwerbs methodisch-didaktischer Kenntnisse in Deutschland. Berlin 2010. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:kobv:11-100172923 (Stand: 29.06.2015). S. 522–526. 13 Vgl. Virkus Sirje [u. a.]: Information literacy and learning. In: European curriculum reflections on library and information science education. Ed. by Leif Kajberg & Leif Lørring. Copenhagen: The Royal School of Library and Information Science 2005. S. 72–73.
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drei Bereichen zugeordnet: (1) Zu den sozialen Kompetenzen zählten Ansprechbarkeit, Interesse, Kommunikation und Nachfragen. (2) Professionelle Kompetenzen umfassten Fachkenntnisse, Zusammenarbeit, Curriculumkenntnisse, Unterrichtsgestaltung, Umgang mit lehrunterstützenden Technologien und Evaluation der Schulungsaktivitäten. (3) Zu den persönlichen Kompetenzen gehörten Innovationsfähigkeit, Respekt, Vertrauen, Kommunikationsvermögen, Teamarbeit, Führungskompetenz, Zeitmanagement, Lernbereitschaft und Flexibilität.14 Im vierten Ansatz werden die wichtigsten persönlichen Eigenschaften schulender Bibliothekare ermittelt: lernerzentriert, sachkundig, effektiv präsentierend, flexibel und kreativ, selbstorganisiert, begeistert und motivierend.15 Bereits bei Lutzker tauchten einige dieser Attribute für gute Lehrende auf: Selbstvertrauen, Sinn für Humor, Flexibilität, Respekt für Studierende und der Wunsch zu unterrichten.16 Mader zufolge waren auch Eigenschaften wie visionäres Denken, Risikofreude, Inspiration, kommunikative Fähigkeiten, Teamfähigkeit, Innovationsbereitschaft und Offenheit wichtig.17 Der fünfte Ansatz beschreibt anhand von Erfahrungen der Oregon State University Libraries Kenntnisse und Fähigkeiten, die Koordinatoren von Schulungsprogramm besitzen sollten. Anhand der explizit dargestellten Tätigkeitensollten sie Fähigkeiten wie strategisches Denken, Identifizierung potenzieller Partner in der Bibliothek und der Universität, angewandte Kenntnisse der Unterrichtsgestaltung und der Pädagogik besitzen. Hinzu kamen die Fähigkeiten, Mittel für Weiterbildung zu akquirieren und einzusetzen, Elemente von Informationskompetenz zu verstehen und sie in praktischen Übungen umzusetzen. Auch Lehrerfahrungen und -fähigkeiten müssten angewendet, Lernprozesse reflektiert, realistische Erwartungen hinsichtlich des Zeitrahmens von Veränderungsprozessen aufgestellt, Respekt für die Vielfalt von Ansätzen und ausgezeichnetes Kommunikationsvermögen gezeigt werden. Im Bereich der persönlichen Eigenschaften ergänzten sehr gute organisatorische Fähigkeiten, Flexibilität, Geduld, Beharrlichkeit, Netzwerkpflege, Kenntnisse im Bereich der lehrunterstützenden Technologien und Statistikkenntnisse das Profil.18
14 Vgl. Botts, Carroll & Mark Emmons: Developing teaching competencies for instructors in the academic library. A case study. In: Public services quarterly (2002) H. 3 S. 75–81. 15 Vgl. Arnold, Judith M.: I know it when I see it. Assessing good teaching. In: Research strategies (1998) H. 1. S. 6–12, 16–25. 16 Vgl. Lutzker, Marilyn: A good teacher. What to look for, how to find it. In: Teaching librarians to teach. On-the-job training for bibliographic instruction librarians. Ed. by Alice S. Clark & Kay F. Jones. Metuchen, NJ: The Scarecrow Press 1986, hier S. 14. 17 Vgl. Mader, Sharon: Instruction librarians. Leadership in the new organization. In: Reference quarterly (1996) H. 2. S. 192–197. 18 Vgl. McMillan, Paula S. [u. a.]: Lessons learned about developing and coordinating an instruction program with freshman composition. In: Reference services review (2002) H. 4. S. 297.
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Im letzten Ansatz schließlich verglichen einige Autoren im Rahmen von Literaturauswertungen diverse Listen mit Kompetenzen für schulende Bibliothekare, fassten diese zusammen und ordneten die enthaltenen Kompetenzen systematisch. So unterschied Peacock drei Kategorien: teaching skills (design, delivery, evaluation), strategic skills und professional competency (content knowledge, technological competence, professionalism).19 McGuiness teilte die Kompetenzen ebenfalls in drei Kategorien ein: Pedagogical/andragogical adult learning knowledge and skills and instructional design beinhalteten u. a. Lerntheorien und -stile, Zielgruppenanalyse, Lernziele, Lehrkonzeptionen und -medien, Assessment und Evaluation und Präsentationstechniken. Political and strategic skills umfassten u. a. Kommunikationsfertigkeiten für Verhandlungen, Marketing, Präsentations- und Führungskompetenzen. Zu Professional development and competency gehörten das eigene Selbstverständnis als informationskompetente Person und als Lehrender, das eigene Fachwissen, die Fähigkeit zur Reflexion sowie das Bewusstsein für den Kontext von Lehren und Lernen, Lebenslangem Lernen und der Bibliothek im Bildungsprozess.20 Insgesamt zeigen die Aufzählungen überschneidende und sich ergänzende Elemente. Die Gemeinsamkeiten sind sehr groß.21 Sie geben Anhaltspunkte für Kenntnisse und Fähigkeiten, jedoch erhalten sie erst in Form von Qualifikations- oder Anforderungsprofilen einen fassbaren Wert für die bibliothekarische Praxis. Deshalb werden im Folgenden drei Qualifikationsprofile für schulende Bibliothekare vorgestellt.
Anforderungs- und Qualifikationsprofile für schulende Bibliothekare Anforderungsprofile umfassen Kenntnisse und Fähigkeiten, die für eine Stelle zur Erfüllung der Arbeitsaufgaben erforderlich sind. Qualifikations- bzw. Kompetenzprofile geben Hinweise auf das berufliche Leistungspotenzial und die Fähigkeiten des
19 Vgl. Peacock, Judith: Teaching skills for teaching librarians. Postcards from the edge of the educational paradigm. [Paper presented at COMLA Seminar 2000: User Education for User Empowerment, Christchurch, New Zealand]. http://eprints.qut.edu.au/archive/00000720/01/COMLA-2000_Finalpaper1.pdf (Stand: 29.06.2015). 20 Vgl. McGuiness, Claire: Becoming confident teachers. A guide for academic librarians. Oxford [u. a.]: Chandos 2011. S. 29–30. 21 Das unterstreicht auch das Ergebnis des Vergleichs von Aufgaben- und Qualifkations-Portfolios von deutschen Fachreferenten bzw. Teaching Librarians und anglo-amerikanischen Learning & Teaching Librarians. Vgl. Sühl-Strohmenger, Wilfried: Teaching Librarian 2020. Trends, Herausforderungen, Perspektiven. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie (2015) H. 2. S. 100 f.
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Mitarbeiters.22 Beide Profilarten ermöglichen die Selbsteinschätzung der Kenntnisse des schulenden Bibliothekars und die Bestimmung des Aus- und Fortbildungsbedarfs. Das erste Anforderungsprofil für schulende Bibliothekare stellen die 2007 von der American College and Research Libraries veröffentlichten Standards for proficiencies for instruction librarians and coordinators dar. In 12 alphabetisch geordneten Kategorien (Administrative skills, Assessment and evaluation skills, Communication skills, Curriculum knowledge, Information literacy integration skills, Instructional design skills, Leadership skills, Planning skills, Presentation skills, Promotion skills, Subject expertise, Teaching skills) werden 41 Kernkompetenzen für Bibliothekare für die Planung und Durchführung von Schulungen und weitere 28 Kompetenzen für Koordinatoren von Schulungsprogrammen aufgelistet. In der Zusammenstellung werden einzelnen Tätigkeitsbereichen schulender Bibliothekare gezielt Kenntnisse, Fähigkeiten und Attribute zugeordnet. Für Bibliothekare, die Schulungsveranstaltungen vorbereiten und durchführen, ist die Liste der erforderlichen Kompetenzen in den Bereichen Kommunikation, Unterrichtsgestaltung, Präsentationstechniken und lehrbezogener Kompetenzen besonders umfassend. Bei den Koordinatoren wird besonderer Wert auf Kompetenzen in den Bereichen der administrativen und evaluierenden Fähigkeiten, der Planungs- und Führungskompetenzen und der Öffentlichkeitsarbeit gelegt.23 Auch wenn das Dokument sehr komplex ist, ermöglicht die Unterscheidung zwischen aktiv schulenden und strategisch koordinierenden Bibliothekaren, spezifische Anforderungsprofile für unterschiedliche Aufgabenbereiche innerhalb des Schulungsprogramms zu erstellen. Die 2011 in der Schweiz erarbeiteten Proficiencies for Information Literacy Instructors basieren auf den Standards der ACRL. Die 12 Kategorien werden in drei Hauptund acht Unterkategorien mit insgesamt 31 Kompetenzen zusammengefasst: Instruction umfasst Instructional design and teaching skills, Communication and presentation skills und Assessment and evaluation skills, Subject Expertise umfasst Field and source content knowledge skills und Information literacy and search strategy skills, zu Organization zählen Integration into curriculum, Marketing und Leadership and management skills. Im Vorwort weisen die Autoren ausdrücklich darauf hin, dass in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen und der Aufgaben nur eine Auswahl der Kenntnisse und Fähigkeiten für einen schulenden Bibliothekar relevant sein könnte.24
22 Vgl. Büdenbender, Ulrich u. Hans Strutz (Hrsg.): Gabler Kompakt-Lexikon Personal. Wiesbaden: Gabler 2005. S. 11 u. 237. 23 Vgl. American College and Research Libraries: Standards for proficiencies for instruction librarians and coordinators. A practical guide. Chicago, IL: ALA 2008. http://www.ala.org/acrl/sites/ala. org.acrl/files/content/standards/profstandards.pdf (Stand: 29.06.2015). 24 Vgl. Information Literacy at Swiss Universities: Proficiencies for information literacy instructors 2011. http://www.informationskompetenz.ch/doc/e-lib/5_e_proficiencies%20for%20information%20literacy%20instructors_web.pdf (Stand: 29.06.2015).
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Im Gegensatz zum Schweizer Profil lehnt sich das 2014 von der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv herausgegebene Positionspapier Qualifikationsprofil des Teaching Librarian in seiner Struktur am Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) an. Ausdrücklich als Grundlage für die Formulierung von Lernzielen in der Aus- und Weiterbildung intendiert, basiert es auf Ergebnissen eines Round-Table-Gesprächs der Kommission mit Experten aus Bibliotheken und bibliothekarischen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. 30 Kenntnisse und Fähigkeiten werden in zwei Hauptkategorien – Fachkompetenz, personale Kompetenz – unterteilt. Die Fachkompetenz unterscheidet zwischen Wissen (z. B. Fachwissen, Recherchekompetenz, Kenntnisse zu Rechercheinstrumente, zur Lerntheorie) und Fertigkeiten (z. B. Fähigkeiten der persönlichen Beratung, Marketing und Anwenden von Informationstechnologien). Die personale Kompetenz teilt sich in Sozialkompetenz (z. B. Kommunikationsfähigkeit, Innovationsfreude, Souveränität, Teamfähigkeit, Führungs-, Organisationsfähigkeit) und Selbstständigkeit (Flexibilität, Selbstmotivation, Lernbereitschaft).25 Im Vergleich zu den Standards der ACRL fehlen Kenntnisse zum Curriculum und zur Integration sowie Fähigkeiten zur Evaluation und Zusammenarbeit vollständig. Die eigene Recherchekompetenz ist dafür in ihrer Aufzählung genauso umfangreich wie die didaktischen Kompetenzen. Auch wenn die Profile aus den USA, der Schweiz und Deutschland auf unterschiedlichen Ansätzen basieren, greifen alle in großem Umfang Kenntnisse und Fähigkeiten aus den empirischen Studien auf und bilden eine Grundlage für die Selbsteinschätzung und die Formulierung von Inhalten für die Aus- und Fortbildung für schulende Bibliothekare.
Ausblick Die Qualifikationsprofile und die in empirischen Studien ermittelten Kompetenzlisten zeigen die Vielfältigkeit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die schulende Bibliothekare für die erfolgreiche Förderung von Informationskompetenz benötigen. Das Qualifikationsprofil des Teaching Librarian stellt in Deutschland den ersten Versuch dar, die von schulenden Bibliothekaren benötigten Kenntnisse und Fähigkeiten umfassend zu formulieren. Im Vergleich zum Profil der ACRL, das sich seit dem Jahr 2014 in der Überarbeitung befindet,26 umfasst das Qualifikationsprofil jedoch
25 Vgl. Gemeinsame Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv: Qualifikationsprofil des Teaching Librarian. Positionspapier der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und DBV 2014. http://www.informationskompetenz.de/fileadmin/user_upload/Qualifikationsprofil_Teaching_Librarian.pdf (Stand: 29.06.2015). 26 Vgl. Harrington, Sara [u. a.]: Standards for proficiencies for instruction librarians and coordinators task force report, 2014. http://connect.ala.org/node/217927 (Stand: 29.06.2015).
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insbesondere im Bereich der personalen Kompetenz viele Schlagworte, die für die Arbeit in Bibliotheken prinzipiell gelten und freistehend keinen konkreten Bezug zu Schulungen haben. Das Qualifikationsprofil zeigt zwar auf, welche Kompetenzen sich hinter der Qualifikation eines Teaching Librarian verbergen. Eine detaillierte Beschreibung von Anforderungs- und Qualifikationsprofilen für die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche im Tätigkeitsbereich der Förderung von Informationskompetenz in Form gestufter Qualifikationsniveaus des DQR und das damit verbundene Aufzeigen der Möglichkeiten und Grenzen der verschiedenen Ausbildungswege steht jedoch noch aus. Entwicklungen in diesem Bereich sind für die Berufswelt von großem Interesse, da erst Anforderungs- und Qualifikationsprofile den Bibliotheken ermöglichen, nicht nur ihr Personal gezielt für Lehraufgaben zu qualifizieren, sondern diese Lehrqualifikation auch nachzuweisen.
Ulrike Scholle
Kompetenzen für Teaching Librarians Abstract: Welche Kompetenzen benötigen Bibliothekarinnen und Bibliothekare, die Kurse und Schulungen konzeptionieren und realisieren, um unterschiedliche Nutzer/ innen in deren Informationskompetenz zu unterstützen? Welche persönlichen und fachlichen Kompetenzen werden – unabhängig nach Bibliothekssparten – für dieses Tätigkeitsfeld benötigt? Welche Fähigkeiten sollten in der Aus-und Weiterbildung vermittelt werden, um Bibliothekarinnen und Bibliothekare in diesem dynamischen Tätigkeitsfeld nachhaltig zu qualifizieren? Der Beitrag liefert Antworten und Anregungen zu diesen Fragen. Keywords: Teaching Librarian, Deutscher Qualifikationsrahmen, Berufsbild, Ausbildung, Weiterbildung, informelles Lernen, Zertifikatskurs, Qualifikationsprofil, Gemeinsame Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv
Spektrum an Bibliotheksveranstaltungen Spielerische Bibliothekseinführung für Kita-Kinder, Fachrecherche in internationalen Datenbanken für Promovierende, Klassenführung in der Sekundarstufe I, Virtueller Rundgang oder Audioguide für neue Kund/inn/en der Bibliothek, Erstinformation für Bachelor-Studierende, Masterarbeit schreiben mit Literaturverwaltungsprogrammen, Webinar „Die Plagiatsfalle vermeiden“, Crashkurs „Die Facharbeit: von der Themenfindung bis zur Präsentation“, effiziente Literaturbeschaffung für neue Mitarbeiter/ innen am Lehrstuhl, „Mit der Bibliothek durch die Meisterprüfung“ oder Grundlagen des Forschungsdatenmanagements für Wissenschaftler/innen: Zielgruppen und Themen für Kurse oder „Schulungen“ an Bibliotheken sind vielfältig, müssen oft mit einem kleinen Zeit- und Personalbudget durchgeführt werden und für Gruppen von schwer kalkulierbarer Größe oder Zusammensetzung. Die Kurse reichen von kurzen 30- oder 90-Minuten-Einführungen bis zu mehrtägigen Workshops, von Edutainment
Ulrike Scholle studierte Germanistik und Sozialwissenschaften für Lehramt und Magister in Bonn und Frankfurt/Main. Nach dem Bibliotheksreferendariat 1997 war sie zunächst an der ULB Münster als Fachreferentin und stellvertretende Benutzungsleiterin tätig, nach einem Wechsel 2015 an die UB Duisburg-Essen zunächst als Dezernentin Benutzung, aktuell als Dezernentin Qualitätsmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Seit 1997 ist Informationskompetenz als Fachreferentin, im Rahmen von Leitungsaufgaben im Benutzungsbereich oder Projekten ein beruflicher Schwerpunkt. Seit 2007 moderiert sie regelmäßig bibliothekarische Fortbildungen in Deutschland und der Schweiz zur Didaktik und Methodik zur Förderung von IK; seit 2012 ist sie Mitglied der Gemeinsamen Kommission für Informationskompetenz des Vereins Deutscher Bibliothekare e. V. VDB und des Deutschen Bibliotheksverbandes dbv.
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bis zu Seminaren mit Leistungsüberprüfung. Sie werden präsent, online oder – immer häufiger – als Blended Learning durchgeführt: vielfältige elektronische Angebote – Audioguides, Online-Tutorials oder Filme – unterstützen das Selbstlernen. Kurse finden unter wechselnden technischen und räumlichen Rahmenbedingungen statt – im virtuellen Raum, in einer One-Person-Library oder in einer Staatsbibliothek, in der Stadtteil- oder in einer wissenschaftlichen Fachbibliothek, in einer Schule, in der Bibliothek oder im Audimax. Sie werden als freie Angebote der Bibliotheken realisiert oder sind in den Curricula von Schule oder Hochschule eingebunden. IK-Kurse werden durchgeführt von Bibliothekar/innen aus öffentlichen oder wissenschaftlichen Bibliotheken, allein oder gemeinsam mit Lehrer/innen, Dozent/innen oder auch gemeinsam mit Kolleg/inn/en anderer Bibliotheken vor Ort, von Kolleg/inn/en aller Ausbildungsgänge und beruflichen Qualifikationsebenen.
Ein Qualifikationsprofil vom Fa. M.I bis zum Master, von dem/der Berufseinsteiger/in bis zum/zur erfah renen Kolleg/in Bis vor kurzem war ein Qualifikationsprofil für Teaching Librarians in Deutschland ein Desiderat. Dies ist erstaunlich, denn die Bedeutung von Informationskompetenz als Grundlage zur selbstständigen, effizienten und verantwortungsvollen Informationsgewinnung und -bewertung wird u. a. von Wissenschaftsrat und Hochschulrektorenkonferenz als unverzichtbare Schlüsselqualifikation betont und als eine zentrale Aufgabe von Bibliotheken angesehen.1 Auch für öffentliche wie wissenschaftliche Bibliotheken ist diese Aufgabe keineswegs neu. Etwa seit der Jahrtausendwende wird „Informationskompetenz fördern“ von Bibliotheken professionalisiert und zunehmend als festes Berufsfeld etabliert – das Tätigkeitsfeld „Teaching Library“ wurde dabei rasch als Gemeinschaftsaufgabe begriffen.2 Eine Vielzahl an Literatur zu unterschiedlichen Begrifflichkeiten (Schulungsbibliothekar/in, Bibliothekspädagog/in oder Teaching Librarian) – und damit Konzepten – dieses Berufsfeldes sind seither
1 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung der Hochschulen. 2001. http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4935-01.pdf (Stand: 04.10.2015). S. 51 f. Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. http://www.hrk.de/uploads/ media/Entschliessung_Informationskompetenz_20112012.pdf (Stand: 04.10.2015). 2 Nachdem 2002 in Nordrhein-Westfalen die erste AG Informationskompetenz durch die Arbeitsgemeinschaften der Universitätsbibliotheken und der Fachhochschulen gegründet wurde, folgten weitere Regionen, so dass heute deutschlandweit Netzwerke und Arbeitsgruppen aktiv und miteinander verbunden sind. Vgl. die gemeinsame Plattform http://www.informationskompetenz.de/(Stand: 07.09.2015).
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zwar ebenso zu beobachten wie Aufsätze zu erforderlichen Kompetenzen von Bibliothekar/innen, auch im Umfeld von Berufsbilddebatten oder Umfragen zur beruflichen Praxis.3 Doch erst die von VDB und dbv gemeinsam eingerichtete Kommission für Informationskompetenz entwickelte auf breiterer Basis ein Kompetenz- und Anforderungsprofil, das für Curricula bibliothekarischer Aus- und Weiterbildungseinrichtungen als Handreichung dienen kann und im Folgenden vorgestellt wird.4 Grundlage dieses „Qualifikationsprofil des Teaching Librarian“ bilden die Ergebnisse eines Round-Table-Gesprächs der Kommission am 21. März 2014 in Berlin. Expert/inn/en aus allen regionalen Netzwerken und AGs zu IK nahmen daran teil – und damit Kolleg/ inn/en aus unterschiedlichen Bibliotheken, die in ihrer Einrichtung vor Ort meist seit langen Jahren praktisch und konzeptionell Kurse durchführen und die Fachdiskussion in ihren Netzwerken aktiv begleiten. Auch Expert/inn/en aus den bibliothekarischen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen waren dabei,5 die in der Lehre, aber teils auch in der Studiengangkonzeption bzw. Angebotsgestaltung von Fortbildungen tätig waren. So verband der Workshop Ausbildung, Fortbildung und berufliche Praxis. Das Profil der Kommission lehnt sich an den Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR)6 an. Er bietet sich u. a. an, weil der Kompetenzbegriff im DQR eine bedeutende Rolle spielt. Er unterscheidet zwei Kompetenzbereiche: zum einen „Fachkompetenz“, differenziert in „Wissen“ und „Fertigkeiten“, und zum anderen „Personale Kompetenz“, unterteilt in „Sozialkompetenz“ und „Selbständigkeit“. Im Round Table wurden für Teaching Librarians Qualifikationen benannt, die teilweise auch für andere Tätigkeitsfelder in Bibliotheken bedeutsam sind (fachliche Recherchekompetenz z. B. oder Teamfähigkeit), die teilweise für die Aufgaben als Teaching Librarians mehr als für andere bibliothekarische Aufgaben benötigt werden oder die hierfür gar spezifisch sind (didaktische Kompetenzen). Die Expertendiskussion zeigte deutlich, dass die Tiefe und Breite der Kompetenzen sich je nach Bibliothekstyp, konkretem Aufgabengebiet oder beruflicher Qualifikation unterscheiden: So sind die Anforderungen an fachliche Recherchekompetenz bei Fachreferent/inn/en sicher anspruchsvoller als bei einer Bibliothekseinführung für Neukunden durch Fachangestellte, die erforderliche emotionale Kompetenz bei einer Veranstaltung für Grundschulkinder anders zu differenzieren als bei einer Doktorandenschulung. „So sehr sich die konkreten Angebote je nach Bibliothekstyp oder Zielgruppe unterscheiden, so sehr auch die Kompetenztiefen je nach Qualifizierungsebenen variieren, sind doch übergreifende Kompetenzbereiche
3 Siehe auch den Beitrag von Sabine Rauchmann in diesem Band. 4 Vgl. http://www.bibliotheksverband.de/fachgruppen/kommissionen/informationskompetenz. html (Stand: 07.09.2015). Qualifikationsprofil des Teaching Librarian. Positionspapier der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv. http://www.informationskompetenz.de/ fileadmin/user_upload/Qualifikationsprofil_Teaching_Librarian.pdf (Stand: 07.09.2015). 5 Wobei durch die Zusammensetzung der Teilnehmenden der Schwerpunkt auf Bachelor- und Masterebene lag. 6 DQR. http://www.dqr.de (Stand: 07.09.2015).
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in diesem Berufsbereich festzustellen.“7 Sie werden im Anforderungs- und Kompetenzprofil der Kommission dargestellt (s. Tabelle unten). Eine Differenzierung nach den Niveaustufen des DQR steht dabei noch aus – sie muss abhängig vom konkreten Aufgabenbereich und vom angestrebten beruflichen Qualifikationsniveau erfolgen und steht in der Verantwortung der zuständigen Ausbildungseinrichtungen. Ziel des Qualifikationsprofils der Kommission Informationskommission ist, eine „Grundlage für die Formulierung von Lernzielen in der Aus- und Weiterbildung“8 zu bieten. Tab. 1: Auszug aus dem Qualifikationsprofil.9 Fachkompetenz Wissen
Fertigkeiten
– Eigene fachliche Recherchekompetenz: – Bibliothekarisches Fachwissen – Analyse des eigenen und fremden Informationsbedarfs – Methoden und Vorgehen beim systematischen wissenschaftlichen Arbeiten – Informationsressourcen und -instrumente – Medienkompetenz
– Lehrkompetenz, didaktische Kompetenzen: – Didaktische Modelle, Lehr-/Lerntheorie – Zielgruppen- und Umfeldanalyse (Groß-/ Kleingruppen …) – Didaktische Methoden – Online-/Mediendidaktik – Umgang mit und Einsatz von (Präsentations-)Medien
– Bildungssoziologie (Bildungs- und Wissenschaftssysteme, Fachcommunities, systemisches Denken)
– Fähigkeiten der persönlichen Beratung
– Lerntheorie
– Marketing, Öffentlichkeitsarbeit
– Dokumentations- und Wissensstruktur (Publikations- und Forschungsdaten)
– Effizientes und effektives Anwenden von Informationstechnologie
– Informationsverarbeitung und -bewertung – Informationsrecht – Marktübersicht über aktuelle Recherche instrumente, Literaturverwaltungsprogramme, E-Learning-Tools – Informationstechnologie – E-Learning und Blended Learning – Grundlagen einer wissenschaftlichen Fachdisziplin
7 Qualifikationsprofil des Teaching Librarian (wie Anm. 4), hier S. 2. 8 Qualifikationsprofil des Teaching Librarian (wie Anm. 4), hier S. 1. 9 Qualifikationsprofil des Teaching Librarian (wie Anm. 4), hier S. 3.
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Personale Kompetenz Sozialkompetenz
Selbstständigkeit
– Kommunikationsfähigkeit, rhetorische Fähigkeiten (Stimme, Ausdruck, persönliche Präsenz)
– Flexibilität, Improvisationstalent
– Innovationsfreude
– Selbstmotivation
– Souveränität und Konfliktfähigkeit, Kritikfähigkeit
– Kontinuierliche eigene Lernbereitschaft
– Teamfähigkeit
– IT-Affinität
– Führungsfähigkeit
– Fähigkeit zum selbstständigen Transfer von Fach- und Methodenkompetenz in die Entwicklung zielgruppenspezifischer Dienstleistungen
– Organisationsfähigkeit – Empathie, emotionale Kompetenz – Begeisterungsfähigkeit, Neugier, Offenheit – Dienstleistungs- und ressourcenorientiertes Denken – Kompetenz in (fremd)sprachlicher Kommunikation, interkulturelle Kompetenz – Belastbarkeit
Fachkompetenzen Unabdingbare Voraussetzung, um die Informationskompetenz der Bibliotheksnutzer/innen zu fördern, ist die eigene Recherche-, Informations- und Medienkompetenz sowie umfassendes bibliothekarisches Fachwissen der Teaching Librarians. Hierzu gehören insbesondere die Kenntnis effizienter Arbeitsschritte und Methoden bei der (wissenschaftlichen) Recherche – von der Analyse des eigenen oder fremden Informationsbedarfs bis hin zu angemessenen Präsentationsformen – und eine umfassende Kenntnis der sich kontinuierlich weiterentwickelnden Informationsressourcen und -instrumente. Eine solide Übersicht des Marktes zu je aktuellen Recherche instrumenten und unterstützender Software (Literaturverwaltungsprogramme oder E-Learning-Tools) sind ebenso unabdingbar wie effizientes und effektives Anwenden von Informationstechnologie. Grundlegende bildungssoziologische Kenntnisse – zu Schul- und Wissenschaftssystemen, Bedarfen und Methoden unterschiedlicher Fachcommunities sind für die Konzeption von Angeboten und eine Zusammenarbeit mit anderen Bildungsinstitutionen hilfreich, nicht zuletzt in Hinblick auf sich ändern-
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Ulrike Scholle
des Nutzungsverhalten. Einblicke in Dokumentations- und Wissensstrukturen (auch in Hinblick auf derzeit aktuelle Entwicklungen im Bereich Publikations- und Forschungsdaten) unterstützen ein nachhaltig qualitätvolles Angebot angesichts sich rasch weiterentwickelnder Informationsressourcen und -technologie. Kenntnisse in Informationsverarbeitung und -bewertung von Quellen, aber auch informationsrechtliche Grundlagen sind Voraussetzung für qualifizierte Beratung und Schulung von Bibliotheksnutzer/inne/n. Lerntheoretische Kenntnisse bilden die Basis einer Lehrkompetenz10: Didaktische Modelle zielgruppenspezifisch einsetzen zu können, eine Zielgruppen- und Umfeldanalyse der Bibliotheksnutzer/innen vornehmen zu können, um Veranstaltungen passgenau konzipieren zu können, und Kenntnis unterschiedlicher, insbesondere teilnehmeraktivierender und lernförderlicher Methoden sind weitere Fertigkeiten für Teaching Librarians. Bei den didaktischen Kompetenzen sollten Fertigkeiten in Online- und Mediendidaktik besonders berücksichtigt werden. Räumliche, technische Bedingungen von E- oder Blended-Learning-Veranstaltungen und nicht zuletzt die Interaktion zwischen Teilnehmenden sowie zwischen Teilnehmenden und Online-Moderator/in unterscheiden sich markant von klassischen Präsenzveranstaltungen. Unterschiedliche Präsentationsmedien sollten lernförderlichen und zielgruppengerecht eingesetzt werden können. Kompetenzen, die für die persönliche Beratung eines Informationsspezialisten benötigt werden – technisches, fachliches Wissen ebenso wie Gesprächsführung – sind auch für die Durchführung von Gruppenveranstaltungen erforderlich: Hierbei gibt es zweifellos Überschneidungen im Anforderungsprofil für „Auskunftsbibliothekar/inn/e/n“ und Teaching Librarians. In vielen Bibliotheken zählen trotz differenzierter Angebote Führungen, Schulungen und Tutorials zu den eher unbekannteren Dienstleistungen. Daher sind Kompetenzen im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit zu empfehlen.
Personale Kompetenzen Personale Kompetenzen sollten – wie generell im Publikumskontakt – im Anforderungsprofil für Teaching Librarians besonders ausgeprägt sein. Kommunikative Kompetenzen sind hierbei elementar; rhetorische Fähigkeiten für einen angemessenen Vortragsstil, bewusster Einsatz von Stimme sollten vorhanden und die eigene Wirkung und persönliche Präsenz sollte reflektiert werden können. Als Lernbegleiter sind klassische Führungsfähigkeiten erforderlich. Souveränität, Kritik- und Konfliktfähigkeit helfen bei der Durchführung einer Veranstaltung ebenso wie in der Reflexion und damit Weiterentwicklung des Veranstaltungsangebots wie der Persönlichkeit. Schu-
10 Siehe dazu auch den Beitrag von Ulrike Hanke und Wilfried Sühl-Strohmenger in diesem Band.
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lungsveranstaltungen werden zunehmend nicht von einem/einer Bibliothekar/in vorbereitet oder durchgeführt. Immer öfter wird mit Partnern der eigenen Einrichtung (an Hochschulen vor allem Lehrende, aber auch Schreibwerkstätten oder Rechenzentren) oder Einrichtungen des institutionellen oder kommunalen Bibliotheksumfeldes11 (Schulen, andere lokale oder überregionale Bibliotheken, Bildungseinrichtungen wie z. B. Volkshochschulen, administrative Einrichtungen, Unternehmen) zusammengearbeitet. Teamfähigkeit sowie dienstleistungs- und ressourcenorientiertes Denken und Handeln sind für Kooperationen innerhalb und außerhalb der eigenen Bibliothek förderlich. Das Eingehen auf unterschiedliche Zielgruppen und Nutzer/innen benötigt ausgeprägte emotionale Kompetenz und Empathie; auch interkulturelle und fremdsprachliche Fähigkeiten sind für viele Zielgruppen und/oder Veranstaltungsformate sinnvoll. Einzelne zu fördern oder Gruppen zu moderieren erfordert zudem Neugier und Offenheit gegenüber anderen Menschen sowie Belastbarkeit. Zu einer ausgeprägten Selbstständigkeit gehört die Fähigkeit, sich selbst immer wieder motivieren zu können. Eine hohe IT-Affinität ist wie bei anderen Tätigkeitsfeldern auch für Teaching Librarians notwendig und bedingt seinerseits eine kontinuierliche eigene Lernbereitschaft. Um zielgruppengerechte und bedarfsgerechte Präsenz- oder Online-Veranstaltungen entwickeln zu können, muss die eigene Fachund Methodenkompetenzen transferiert werden können. Für die Durchführung einer Präsenzveranstaltung ist häufig Flexibilität und Improvisationstalent unabdingbar, aber auch für die technische Realisierung von E-Angeboten.
Konsequenzen für die Aus- und Fortbildung Eine Ad-hoc-Umfrage der AG Informationskompetenz NRW im Vorfeld des Round Table, welche Kompetenzen neu eingestellter Kolleg/inn/en für das Berufsfeld gut ausgeprägt sind und welche im Betrieb oder in Weiterbildungen ausgebaut wurden, zeigt u. a.:12 Allgemeine IT-Kenntnisse waren gut ausgeprägt, spezifische Kenntnisse von Datenbanken und Auskunftsinstrumenten, die in der beruflichen Praxis eingesetzt werden, weniger. Methodisch-didaktische Kenntnisse und Fertigkeiten wurden in der Praxis und/oder in Fortbildungen ergänzt. Im Bereich E-Learning verfügten junge Kolleg/inn/en wohl über Anwender-Kenntnisse, mediendidaktische Fertigkeiten als Anbieter von E-Tutorials wurden ebenfalls teilweise in Fortbildungen vermittelt.
11 Siehe dazu auch den Beitrag von Richard Stang in diesem Band. 12 Neue Teaching Librarians in NRW: Ausbildung, Einsatz, Kompetenzen, Weiterbildungsbedarf. Eine Umfrage der AG Informationskompetenz NRW für das Round-Table-Gespräch der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von VDB und dbv. Berlin, 21.3.2014 (unveröffentlichter Vortrag, Folien auf Anfrage bei der Kommission erhältlich).
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Die im Qualifikationsprofil der Kommission erwähnten persönlichen und fachlichen Kompetenzen sind sicher nicht ausschließlich für das bibliothekarische Berufsfeld Teaching Librarian erforderlich, wenn auch hier besonders. Diese vielfältigen Kompetenzen sollten grundlegend während der bibliothekarischen Ausbildung erworben werden, insbesondere Kenntnisse und Fertigkeiten in eigener Recherchekompetenz, Didaktik und Methodik sowie im Einsatz aktueller Informationstechnologien. Je nach Qualifizierungsebene kommen weitere Kompetenzen hinzu, etwa Kenntnisse der Hochschulorganisation oder des Personalmanagements. Eine Weiterentwicklung der Fähigkeiten erfolgt sicherlich im Berufsleben (Lebenslanges Lernen), und hier durch kontinuierliche Fortbildung auf formelle Weise wie in der beruflichen Praxis durch informelles Lernen – auch durch kollegialen Austausch. Als Basiswissen ist das Tätigkeitsfeld „Informationskompetenz fördern“ in bibliothekarischen Studiengängen selbstverständlich verankert.13 Doch Umfang und inhaltliche Ausrichtung des Schwerpunktes „Informationskompetenz fördern“ sind in den jeweiligen Ausbildungseinrichtungen unterschiedlich; teils werden Kompetenzen, wie sie im Qualifikationsprofil eines TL genannt sind, auch in anderen Studienmodulen behandelt.14 Ein insgesamt stärkerer Niederschlag der Anforderungen an Teaching Librarians – vom Ausbau einzelner Studieninhalte, wie Mediendidaktik und eigener Recherchekompetenz, bis zu einer querschnittartigen Stärkung personaler Kompetenzen – sind aus Sicht dieses Berufsfeldes wünschenswert. Eine engere Verzahnung zwischen Theorie und Praxis, zwischen Ausbildung und betrieblichen Erfordernissen scheint dabei sinnvoll. Letzteres versucht der Zertifikatskurs „Teaching Librarian“ des ZBIW.15 In allen bibliothekarischen Weiterbildungseinrichtungen werden regelmäßig Fortbildungen
13 Krauß-Leichert, Ute: Vermittlung von Informationskompetenz in der bibliothekarisch orientierten Hochschulausbildung. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin [u. a.]: De Gruyter Saur 2012, hier S. 558. 14 Aus der vielfältigen Studienlandschaft seien zwei Beispiele exemplarisch für die unterschiedliche Verankerung im Studium genannt: Im weiterbildenden Masterstudiengang Bibliotheks- und Informationswissenschaft im Fernstudium der Humboldt-Universität ist „Vermittlung von Informationskompetenz“ z. B. ein Baustein des Moduls Bestandsvermittlung: https://www.ibi.hu-berlin.de/de/ studium/fernstudium/M21/LM21 (Stand: 07.–09.2015); wobei einzelne Kenntnisse, die zum Anforderungsprofil eines TL gehören, auch in anderen Modulen berücksichtigt sind. Im berufsbegleitenden Masterstudiengang MALIS an der Fachhochschule Köln kann „Vermittlung von Informationskompetenz“ als eines von sechs Themen im Wahlpflichtbereich gewählt werden, vgl. das Modulhandbuch: https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/studium/studiengaenge/f03/bib_inf_ma/ malis_modulstrukturplan_2015_01_19.pdf (Stand: 07.09.2015). Im Bachelor-Studiengang Bibliothekswissenschaft sind 3 SWS vorgesehen, neben der Option zu einem Projekt aus diesem Berufsfeld, vgl. das Modulbuch https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/studium/studiengaenge/f03/ bib_ba/modulhandbuch_bibliothekswissenschaft_2014-07-10.pdf. S. 41 (Stand: 07.09.2015). 15 Georgy, Ursula u. Ulrike Scholle: Zertifikatskurs „Teaching Librarian“ des ZBIW – Informationskompetenz in der wissenschaftlichen Aus- und Weiterbildung. In: b.i.t. online (2014). S. 474–479.
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zu IK-relevanten Kompetenzen angeboten – Kurse zum Ausbau der eigenen Recherchekompetenz oder zu Didaktik und Methodik ebenso wie zur Gestaltung von E-Tutorials oder Gesprächs- und Vortragstechnik. Zertifikatskurse bieten die Möglichkeit eines systematischen und nachhaltigeren Kompetenzausbaus in und für einzelne Tätigkeitsfelder in einem dynamischen Berufsumfeld: „Umfassender und tiefergehender als ein- oder zweitägige Seminare bzw. Workshops, die weiterhin ihre Berechtigung haben, befähigt er die Teilnehmer, neue Handlungsstrategien und Lösungsansätze für reale, ganz konkrete Herausforderungen sowie Probleme im Berufsalltag anzuwenden und neu zu entwickeln.“16 Sechs Blended-Learning-Module zu Grundlagen der IK, zu Didaktik und Methodik von Schulungsveranstaltungen, zum Medieneinsatz, zur Leistungsmessung und zur Gestaltung von Blended-Learning-Angeboten werden durch ein Praxismodul ergänzt, in dem die Teilnehmenden für ihre Bibliothek eine bestehende Veranstaltung aktualisieren oder ein neues Angebot entwickeln. Alternativ kann ein Schulungskonzept für die eigene Einrichtung konzipiert werden. Die Projektarbeit kann bereits während der vorigen Module begonnen werden. Die Schulung der Projektphase wird in der Praxis durchgeführt und schriftlich ausgearbeitet. So stellt der Zertifikatskurs eine hohe Praxisrelevanz sicher und ermöglicht den Transfer in den beruflichen Alltag. Das Tätigkeitsfeld „Teaching Librarian“ stellt hohe und vielfältige Anforderungen an Fachwissen und Persönlichkeit. Eine solide Ausbildung und kontinuierliche formelle Fortbildung in Kursen wie informelle Weiterentwicklung in der beruflichen Praxis sind unabdingbar. „Dabei wird es sicherlich eine Daueraufgabe bleiben, das Kompetenzprofil an neue berufliche Anforderungen kontinuierlich anzupassen.“17
http://www.b-i-t-online.de/heft/2014-05-nachrichtenbeitrag-georgy.pdf (Stand: 07.09. 2015). Vgl. auch Modulhandbuch des Zertifikatskurses „Teaching Librarian“, https://www.th-koeln.de/mam/downloads/deutsch/weiterbildung/zbiw/angebote/modulhandbuch_zertifikatskurs__teaching_librarian. pdf (Stand: 07.09.2015). 16 Georgy u. Scholle, Zertifikatskurs (wie Anm. 15), hier S. 474. 17 Qualifikationsprofil des Teaching Librarian (wie Anm. 4), hier S. 2.
Länderprofile Wie schon in der 1. Auflage des Handbuchs sind auch im vorliegenden Band für die Länder des deutschsprachigen Raums und – erstmals – auch für Großbritannien jeweils Länderprofile erarbeitet worden. Für Österreich (Michaela Zemanek) und für die Schweiz (Brigitte Schubnell und Thomas Henkel) haben wiederum die Verfasserinnen und Verfasser der entsprechenden Darstellungen in der 1. Auflage veränderte und aktualisierte Beiträge vorgelegt, für Deutschland erscheint ein neuer Artikel von Fabian Franke und Benno Homann, beide Mitglieder der Kommission für Informationskompetenz des DBV und des VDB. Das Länderprofil für Großbritannien haben mit Jane Secker (London School of Economics) und Geoff Walton (Northrumbia University Newcastle) zwei herausragende Protagonist(inn)en der Information Literacy auf den britischen Inseln beigesteuert. Inhaltliche Vorgaben für die Ausgestaltung der Länderprofile gab es seitens des Herausgebers bewusst nicht. Die Entwicklungen, Strukturen und Schwerpunkte der Förderung von Information Literacy und von Informationskompetenz sind in den Ländern eben doch unterschiedlich, lassen sich nicht in ein Schema pressen. So existiert in Großbritannien seit Langem eine Information Literacy Group im Dachverband CILIP, und es gibt eine Fachzeitschrift zur Information Literacy, in Deutschland wurden – im Unterschied zur Schweiz und zu Österreich – etliche Papiere und Empfehlungen verschiedener Organisation und Verbände zur Informationskompetenz veröffentlicht, in der Schweiz wiederum ist das Thema Informationskompetenz recht prominent in das nationale Innovationsprogram „e-lib.ch“ aufgenommen, in Österreich wurde beinahe flächendeckend die systematische Unterstützung des Vorwissenschaftlichen Arbeitens (VWA), als die För-
derung der Informationskompetenz bei angehenden Maturantinnen und Maturanten festgelegt. Insofern bieten die nachfolgenden Länderprofile ein anregendes Reservoir von Idee, Modellen und Praxiskonzepten, die sich zu einer Art Profil für das jeweilige Land verdichten lassen. Darin liegt vielleicht der besondere Reiz solcher Länderberichte.
Thomas Henkel, Brigitte Schubnell
Informationskompetenz in der Schweiz – neue Entwicklungen Abstract: Nach der Jahrtausendwende sind an Schweizer Hochschulbibliotheken erste Aktivitäten im Bereich Informationskompetenz (IK) zu beobachten. Von 2009 bis 2011 wurden im Rahmen des nationalen Kooperationsprojekts „e-lib.ch“ wichtige Grundlagen wie schweizerische Standards oder eine gemeinsame Internetplattform für die Förderung und Entwicklung der IK-Praxis erschaffen. Seit 2011 werden IK-Veranstaltungen vermehrt im Curriculum verankert, und Veranstaltungen auf Masterund Doktoratsebene gewinnen an Bedeutung. Suchstrategien und techniken sowie die Handhabung einzelner Suchinstrumente stehen zwar nach wie vor im Vordergrund, Informationskompetenz wird jedoch zunehmend in ihrer ganzen Komplexität vermittelt. Der früher häufig angewandte Frontalunterricht wird heute meist durch praktische Übungen und Workshops ergänzt und oft ersetzt. Individuellen Bedürfnissen tragen die Hochschulbibliotheken immer mehr durch Einzelberatungen Rechnung. Keywords: Schweiz, Universität, Fachhochschule, Pädagogische Hochschule, Stu dium, Mittelschule, Netzwerk
Hochschulsystem Schweiz Neben den beiden Eidgenössischen Technischen Hochschulen und den zehn kantonalen Universitäten besteht das schweizerische Hochschulsystem seit Mitte der 1990er Jahren aus sieben kantonal getragenen Fachhochschulen (bzw. Fachhochschulverbünden) und zwei privaten Fachhochschulen sowie aus nahezu zwei Dutzend Pädagogischen Fachhochschulen, die in einigen Fällen den vorher genannten Fachhoch-
Thomas Henkel (lic. phil.) ist an der Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg als Koordinator Informationskompetenz tätig und ist zudem Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen (AGIK) sowie Präsident des im Juni 2011 gegründeten Vereins AGIK. Ferner ist er Mitglied im Projektteam Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen. Brigitte Schubnell (Dipl. Natw. ETH) ist an der Hauptbibliothek der Universität Zürich (HBZ) beschäftigt. Sie leitet dort die Standorte HBZ – Naturwissenschaften und HBZ – Lernzentrum und ist zugleich Koordinatorin Informationskompetenz. Zudem ist sie Gründungsmitglied der Arbeitsgruppe Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen (AGIK) sowie Vorstandsmitglied des im Juni 2011 gegründeten Vereins AGIK, ferner Mitglied im Projektteam Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen.
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schulen angeschlossen sind.1 Ähnlich heterogen sind die Hochschulbibliotheken organisiert. Die meisten Universitäten führen ein funktional zweischichtiges Bibliotheksystem, wobei einige grosse Universitätsbibliotheken gleichzeitig die Funktion einer Stadt- und/oder Kantonsbibliothek wahrnehmen. Im Bibliothekswesen der Fachhochschulen ist in den letzten Jahren eine Konzentration zu grösseren Einheiten festzustellen. Die Bibliotheken der Pädagogischen Fachhochschulen nehmen oft auch Funktionen für die Lehrerschaft wahr (didaktisches Zentrum) und kennen unterschiedliche Organisationsstrukturen. Diese durch die Mehrsprachigkeit zusätzlich verstärkte Heterogenität macht das Nutzen von Synergien im Hochschulbibliothekswesen sehr schwierig.
Informationskompetenz in der Schweiz Ausgehend von den Hochschulbibliotheken etablierte sich die Förderung der Informationskompetenz an den Universitäten und Fachhochschulen nach der Jahrtausendwende sehr rasch. Bereits 2003 gab es ins Studium integrierte Lehrveranstaltungen und einen ersten E-Learning-Kurs (CALIS)2. Im gleichen Jahr wurde die heute etablierte „digithek“ für Mittel- und Berufsfachschulen online geschaltet.3 2005 formierte sich die „Arbeitsgruppe Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen“ (AGIK), die 2011 in einen Verein überführt wurde. In der beinahe 50 Mitglieder zählenden AGIK sind heute Vertreterinnen und Vertreter fast aller Hochschul- und Fachhochschulbibliotheken präsent. Neben dem Anstieg der Mitgliederzahl ist auch eine Verlagerung der Themen der zweimal jährlich veranstalteten Workshops zu beobachten: Standen anfangs Didaktik und Grundsatzfragen im Zentrum, wurden in den letzten Jahren inhaltliche Themen wie Social Media, Open Educational
1 Schweiz – Bundesamt für Berufsbildung und Technologie: Die Schweizer Fachhochschulen. Ein Überblick für Gutachterinnen und Gutachter in Akkreditierungsverfahren. [Bern]: Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT, 2009. http://www.sbfi.admin.ch/dokumentation/00335/00401/ index.html?lang=de&download=NHzLpZeg7t,lnp6I0NTU042l2Z6ln1acy4Zn4Z2qZpnO2Yuq2Z6gpJCD eIF8e2ym162epYbg2c_JjKbNoKSn6A (Stand: 07.07.2015). 2 Haute école de gestion de Genève, Filière Information documentaire: CALIS – Computer-assisted learning for informationsearch. http://campus.hesge.ch/calis (Stand: 13.07.2015). 3 digithek – Die Recherchierwebseite für Mittel- und Berufsfachschulen der Schweiz. http://www. digithek.ch (Stand: 13.07.2015). Zu weiteren Details über die Anfänge der Informationskompetenz in der Schweiz vgl. Henkel, Thomas u. Brigitte Schubnell: Entwicklungsstand und Perspektiven der Informationskompetenz in der Schweiz. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 488–497.
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Resources, Discovery Tools und Bibliometrie behandelt.4 Eine verstärkte Vernetzung zeigt sich in den gemeinsam mit der „Interessengruppe Wissenschaftliche BibliothekarInnen Schweiz“ (IG WBS)5 durchgeführten Veranstaltungen. In den letzten Workshops ist zudem eine erhöhte Teilnahme aus der französischsprachigen Westschweiz festzustellen. Das seit 2011 bestehende viersprachige Informationsportal www.informationskompetenz.ch verdankt die AGIK dem Innovations- und Kooperationsprojekt „e-lib.ch“: In Anlehnung an ausländische Vorbilder erstellten sechs Projektpartner aus dem Umkreis der AGIK von 2009 bis 2011 im Teilprojekt „Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen“ eine Reihe von inzwischen etablierten Grundlagenpapieren, darunter die „Schweizer Standards der Informationskompetenz“ mit Kompetenzraster und die „Empfehlungen für die bibliothekarische und informationswissenschaftliche Hochschulausbildung“.6 Die Projektpapiere befinden sich unter anderem im Repositorium für Unterrichtsmaterialien, das in das Informationsportal integriert wurde. Nach Projektende übernahmen drei Projektpartner mit Unterstützung der AGIK die Verantwortung für das Portal. Im Juli 2015 ging der bisher durch die Stiftung SWITCH7 betriebene Repositoriumsserver ebenfalls in die Verantwortung der AGIK über.8 Die Bibliothekarinnen und Bibliothekare der Medien- und Informationszentren der Pädagogischen Hochschulen der deutschen Schweiz (MIPHD) haben 2008 ebenfalls eine Arbeitsgruppe gegründet.9 Die beiden Arbeitsgruppen stehen im Austausch. Lokal entstanden weitere Austauschnetzwerke, so in Zürich, Bern und Luzern.10 In der Westschweiz gibt es Bestrebungen, ein Netzwerk zwischen den Genfer und Lausanner Hochschulen zu bilden.
4 Verein AGIK. http://www.informationskompetenz.ch/agik (Stand: 13.07.2015). Vgl. die Liste der Veranstaltungen seit 2007: http://www.informationskompetenz.ch/de/agik/veranstaltungen (Stand: 13.07.2015). 5 Interessengruppe Wissenschaftliche BibliothekarInnen Schweiz. http://www.igwbs.ch (Stand: 13.07.2015). 6 Sämtliche Projektpublikationen sind verfügbar unter http://www.informationskompetenz.ch/de/ ueber-uns/publikationen (Stand: 13.07.2015). 7 SWITCH. http://www.switch.ch (Stand: 13.07.2015). Die Stiftung SWITCH – Teleinformatikdienste für Lehre und Forschung ist die Technologie- und Dienstleistungsplattform der Schweizer Hochschulen. 8 Das Repositorium ist zugänglich unter http://www.informationskompetenz.ch/repositorium (Stand: 13.07.2015). 9 MIPHD Medien- und Informationszentren an der PH der Deutschschweiz: Arbeitsgruppe Informationskompetenz. http://www.miphd.ch/index.php/arbeitsgruppen/informationskompetenz (Stand: 23.07.2015). 10 Vgl. Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen: Interessengruppen. http://www.informationskompetenz.ch/de/interessengruppen (Stand: 23.07.2015).
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Datenerhebung Die Grundlage für die nachfolgende Darstellung des aktuellen Standes der Vermittlung und Förderung von Informationskompetenz an Schweizer Hochschulen bilden die Ergebnisse11 einer aktuellen elektronischen Umfrage, die im Mai 2015 an alle IK-Koordinationsstellen aller Schweizer Hochschulen verschickt wurde. Insgesamt haben sich 62 Institutionen an der Umfrage beteiligt, was einer Rücklaufquote von über 69 % entspricht. Der zweisprachige Fragebogen (Deutsch und Französisch) lehnt sich an die IKStatistikvorlage an, die in der AGIK im November-Workshop 2012 erarbeitet und von einer Untergruppe weiterentwickelt wurde.12 Insgesamt ist der Fragebogen ausführlicher und damit aussagekräftiger als die Version von 2011. Besonderer Wert wurde auf die Unterscheidung des Schulungsangebots für die hochschulspezifischen Zielgruppen auf Bachelor-, Master- und Doktoratsebene gelegt. Erfasst wurde das gesamte Kursangebot, einzelne Kurse und Lehrveranstaltungen konnten nicht berücksichtigt werden. Bis anhin gibt es in der Schweiz keine genügend detaillierte nationale Veranstaltungsstatistik zur Vermittlung von Informationskompetenz, welcher informative Daten entnommen werden können.
Allgemeine Entwicklungen in der Vermittlung von Informationskompetenz Heute engagieren sich abgesehen von wenigen kleineren Fachhochschulbibliotheken sämtliche Bibliotheken im Hochschulbereich in der IK-Vermittlung. Dieser erfreuliche Befund trifft auch auf die Pädagogischen Hochschulen zu, bei denen vor einigen Jahren noch erheblicher Handlungsbedarf bestand. Den Universitätsbibliotheken kommt nach wie vor eine Vorreiterrolle zu. Es ist interessant, festzustellen, wie die anderen Bibliotheken dem Vorbild folgen und wo sie eigene Lösungen gefunden haben.
11 Die Umfrageergebnisse sind zugänglich unter http://www.informationskompetenz.ch/repositorium/search/LOR:13135 (Stand: 24.07.2015). 12 Vgl. Verein AGIK: Veranstaltungen. http://www.informationskompetenz.ch/de/agik/veranstaltungen/36 (Stand: 29.07.2015).
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Organisatorische Form des Unterrichts Die bereits vor fünf Jahren beobachtete Tendenz, das Schwergewicht auf ins Curriculum integrierte Lehrveranstaltungen zu legen und das freiwillige Kursangebot zu reduzieren, hat sich in der letzten Zeit weiter verstärkt. Meist wird die Integration des Angebots in bestehenden Pflichtveranstaltungen praktiziert, während selbständige Pflichtveranstaltungen ebenso selten sind wie selbständige mit ECTS-Punkten abgegoltene Wahlmodule. Auf Bachelorstufe bieten mehr als die Hälfte der Universitäten und Fachhochschulen weiterhin ergänzend freiwillige Kurse an. An den Pädagogischen Hochschulen ist die selbständige Bibliotheksveranstaltung meist das wichtigste Mittel, um die Studierenden zu erreichen, obwohl gewisse Angebote in die Studiengänge integriert werden konnten. Auf Masterebene bilden an allen Hochschulen die selbständigen, freiwilligen Veranstaltungen das Hauptangebot. An den Universitäten ist nur noch ein Drittel der Angebote ins Curriculum integriert, bei den Fachhochschulen nur noch ein Viertel. 75 % der Universitäten führen auf Doktoratsebene freiwillige Kurse in Form von selbständigen Veranstaltungen oder ECTS-relevanten Wahlpflichtmodulen durch. In der Westschweiz gibt es daneben im Rahmen der Doktorandenschulen ein weitreichendes fachübergreifendes Angebot an Workshops, die zum Teil direkt oder indirekt Themen der Informationskompetenz behandeln.13 Die erhobenen Daten zeigen, dass vor allem auf Masterebene noch Handlungsbedarf besteht, Angebote ins Curriculum einzubinden, wobei der Integrationsprozess auch auf Bachelorebene noch nicht abgeschlossen ist. Die Daten sind aber auch ein Hinweis dafür, dass weiter fortgeschrittene Studierende vermehrt freiwillig einen IK-Kurs besuchen, da sie dessen Notwendigkeit eingesehen haben.
Qualifikation des Lehrpersonals An Schweizer Hochschulen werden nur Personen mit einer bibliothekarischen Ausbildung als Lehrpersonen eingesetzt. Die Hauptlast wird auf Bachelorebene von nicht wissenschaftlichen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren getragen, während der Unterricht auf Masterebene vorwiegend und auf Doktorandenebene ausschließlich von wissenschaftlichen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren bestritten wird. Dass ihr Einsatz bei zunehmender akademischer Qualifikationsstufe zunimmt, ist wenig verwunderlich. Die Tatsache, dass ein Drittel sämtlicher Institutionen wissenschaft-
13 Conférence universitaire de Suisse Occidentale (CUSO): Programme transversal de développement de compétences génériques. http://competences.cuso.ch (Stand: 17.07.2015).
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liche Bibliothekarinnen und Bibliothekare bereits auf Bachelorstufe einsetzt, ist jedoch bemerkenswert. Offenbar wird bereits in der Vermittlung von Informationskompetenz auf dieser Stufe dem fachlich wissenschaftlichen Aspekt eine wichtige Bedeutung zugemessen.
Didaktische Formen An Schweizer Hochschulen wird Informationskompetenz hauptsächlich in Form von praktischen Workshops oder Frontalunterricht vermittelt. Beide Methoden werden oft kombiniert angewendet. Vor allem an Fachhochschulen wird noch zum Teil reiner Frontalunterricht praktiziert, was mit mangelnder Infrastruktur oder beschränktem Zeitrahmen zusammenhängen mag. Die klassische Bibliotheksführung wird an zwei Dritteln der Universitäten auf Bachelorniveau noch angeboten, verschwindet aber auf Masterebene fast ganz. An den Fachhochschulen und den Pädagogischen Hochschulen hat die Bibliotheksführung noch einen höheren Stellenwert. Bei den Pädagogischen Hochschulen sind es 80 %, die eine Führung auf Bachelorstufe anbieten, auf Masterebene findet diese Methode bei der Hälfte der Institutionen Verwendung, die Informationskompetenz an Masterstudierende vermitteln. E-Learning-Phasen werden an fast zwei Dritteln der Universitäten auf Bachelorstufe eingesetzt. Auf Masterstufe finden sie kaum noch Verwendung. Nur sehr wenige Fachhochschulen und Pädagogische Hochschulen verwenden E-Learning, wobei der Anteil der Institutionen, die E-Learning verwenden, bei beiden bei ca. 15 % liegt. Alle Institutionen, die E-Learning einsetzen, verwenden dabei eine von der Hochschule zur Verfügung gestellte Lernplattform (v. a. Moodle, ILIAS oder OLAT). Bei der Verwendung von Blended Learning besteht sicher an allen Hochschulen noch Potential, auch wenn einige Hochschulen mit positivem Beispiel vorangehen. ELearning-Phasen erlauben es, den Präsenzunterricht interaktiver zu gestalten, da die für den Frontalunterricht benötigte Zeit gewissermaßen virtualisiert werden kann. Neuere Lehrformen wie MOOCs oder Webinare, welche keine Präsenz verlangen, werden bis heute nur wenig bis gar nicht eingesetzt. Einzig von der ETH-Bibliothek ist bekannt, dass sie seit 2014 einzelne Kursthemen (ebenfalls) in Form von Webinaren durchführt.
Fachbereiche Der fachlichen Einbettung der IK-Lehrveranstaltung kann in dieser Analyse nicht zu viel Gewicht beigemessen werden, da die institutionelle Ausrichtung eine wesentliche Rolle spielt. Insgesamt kann festgehalten werden, dass die sozialwissenschaftli-
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chen Fächer und das Fach Psychologie meist relativ gut abgedeckt werden, während in den Bereichen Wirtschaftswissenschaften und Naturwissenschaften nach wie vor ein Nachholbedarf besteht. Es lässt sich weiter feststellen, dass es an allen Hochschulen noch Fachbereiche gibt, in denen Informationskompetenz noch nicht zum Curriculum gehört. Gleichzeitig gilt aber, dass jeder Fachbereich mindestens an einer anderen Hochschule bedient wird. Voraussetzungen für erfolgreiche Kooperationen innerhalb des jeweiligen Hochschultyps sind also gegeben.
Behandelte IK-Themen Bei den Themen, die in IK-Veranstaltungen behandelt werden, stehen an allen Hochschulen und auf allen Hochschulstufen nach wie vor Suchstrategien und techniken sowie die Handhabung einzelner Kataloge und Datenbanken an der Spitze. Eine Ausnahme bilden die Veranstaltungen der Pädagogischen Hochschulen auf Bachelorebene, an welchen die Benutzung der Bibliothek vor Ort noch etwas häufiger Gegenstand des Unterrichts ist. Auch auf Masterebene ist diese Thematik hier noch aktuell, während bei den Universitäten und Fachhochschulen Informationen zur Bibliotheksbenutzung kaum mehr Gegenstand der IK-Kurse sind. Das Thema „Fernleihe und Dokumentenbeschaffung“ wird allgemein nur noch selten vermittelt. Wissenschaftliches Publizieren sowie Plagiatvermeidung und korrektes Zitieren spielen an Universitäten eine zunehmend größere Rolle, während erst 20 % der Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen diese Themen aufgreifen. Bei den Universitäten wird das Thema bereits von der Hälfte auf Bachelorstufe behandelt und dann auf Master- und Doktoratsebene weiter ausgebaut. Eine gegenteilige Beobachtung lässt sich beim Thema „Internet“ verzeichnen, das von ca. 80 % der Universitäten auf Bachelorebene behandelt wird, während es auf Dokotoratsebene schließlich noch 50 % sind. Bei den Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen sind es hingegen nur etwas über 40 % der Institutionen, die sich des Themas bei den Bachelorstudierenden annehmen. Bei den Masterstudierenden sind es nur unwesentlich weniger. Die Literaturverwaltung hat an Bedeutung zugenommen und wird von allen Universitätsbibliotheken auf allen Stufen angeboten. Bei den Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen sind die Zahlen mit der Thematik „Internetnutzung“ vergleichbar.
Unterrichtssprache In der viersprachigen Schweiz wird auch Informationskompetenz in vier Sprachen vermittelt: auf Deutsch, Französisch, Italienisch und Englisch. An den Pädagogischen
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Thomas Henkel, Brigitte Schubnell
Hochschulen wird nur in der offiziellen Sprache der Region unterrichtet. An den Universitäten und Fachhochschulen steht die regionale Sprache im Vordergrund. Vereinzelt wird hier auch auf Englisch unterrichtet, wobei der Anteil an englischsprachigem Unterricht auf Master- und Doktoratsebene höher ist. In sprachlichen Fächern wird Informationskompetenz in seltenen Fällen in der Sprache des Faches unterrichtet.
Zusammenfassung und Perspektiven Die Vermittlung und Förderung von Informationskompetenz ist heute an allen größeren, mittelgroßen und auch zum Teil kleineren Hochschulbibliotheken eine etablierte Dienstleistung für Studierende und für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Weiterhin werden aber nicht alle Studierenden erreicht – sei es, dass der Bedarf und die Wichtigkeit seitens der Fachbereiche und Studienleitungen nicht anerkannt wird, oder dass die Bibliotheken nicht genügend Personal für den personalintensiven Service zur Verfügung haben. Während in früheren Jahren die Bachelorstudierenden die Hauptzielgruppe darstellten, stehen heute auch Masterstudierende und Doktorierende im Fokus. Eigenständige mit ECTS-Punkten abgegoltene Pflichtveranstaltungen oder Wahlpflichtmodule sind jedoch eher selten. Dieser Sachverhalt kann wohl mit dem größeren Organisations- und somit größeren Personalaufwand solcher Module erklärt werden. Es ist zu erwarten, dass die Angebote für die beiden letztgenannten Zielgruppen weiter ausgebaut werden. Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass heute die Angebote mehrheitlich in bestehende ECTS-relevante Pflichtveranstaltungen integriert sind. Suchstrategien und techniken sowie die Handhabung einzelner Kataloge und Datenbanken gehören immer noch zu den zentralen Inhalten, aber eine Ausweitung der Themenbereiche ist klar zu beobachten. Am von der AGIK organisierten Workshop „Wie Verändern Discovery-Tools die Vermittlung von IK?“ wurde festgehalten, dass nicht die Suche den Studierenden am meisten Mühe bereitet, sondern die Bewertung der zum Teil langen Ergebnislisten.14 Inhalte rund um das Publizieren wie korrektes Zitieren, Urheberrechte, Open Access, Social Networking oder kritischer Umgang mit bibliometrischen Indikatoren finden zunehmend den Weg in IK-Veranstaltungen. Die verstärkte Integration dieser IK-Themen hängt damit zusammen, dass vermehrt Angebote für Masterstudierende und Doktorierende geschaffen wurden und der Ausbau institutioneller Repositorien an vielen Hochschulen stark fortgeschritten ist. Der Bedarf an Veranstaltungen rund um das Publizieren und neu zum Umgang mit Forschungsdaten wird in näherer Zukunft weiter wachsen.
14 Vgl. Verein AGIK: Veranstaltungen. http://www.informationskompetenz.ch/de/agik/veranstaltungen/discovery (Stand: 25.07.2015).
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Während in früheren Jahren der Frontalunterricht überwogen hat, werden die Veranstaltungen heute meist durch praktische Übungen und Workshops ergänzt oder häufig auch ersetzt. Weiterhin besteht Potential in der Verwendung von Blended Learning. Dass Blended Learning wenig praktiziert wird, könnte mit dem hohen Aufwand für den Aufbau und die Pflege von E-Learning-Einheiten zusammenhängen. Fernunterrichtsangebote, die heute vermehrt in der Weiterbildung eingesetzt werden, sind an Schweizer Hochschulbibliotheken kaum bis gar nicht vorhanden. Lediglich die technisch-naturwissenschaftlich ausgerichtete ETH-Bibliothek bietet für ihre Zielgruppen einzelne Webinare an. Zu beobachten ist eine Entwicklung hin zu Einzelberatungen, in denen auf individuelle Bedürfnisse eingegangen werden kann, sei es, um Studierenden Hilfestellung für ihre Schreibarbeiten zu leisten oder um Doktorierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Publikationsfragen zu unterstützen. In vielen Hochschulbibliotheken wird beobachtet, dass der Auskunftsdienst an den Informationsschaltern immer vielseitiger und somit anspruchsvoller wird. In den nächsten Jahren sind folgende Entwicklungen im Rahmen der Teaching Library zu erwarten: – Ausbau der Angebote für Masterstudierende, Doktorierende und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – Verschiebung von der Vermittlung von Suchstrategien und -techniken in Katalogen und Datenbanken hin zur Bewertung von Suchresultaten und zum Umgang mit ihnen – Zunehmende Vermittlung von Informationskompetenz in ihrer ganzen Komplexität; insbesondere Themen wie Publizieren und Umgang mit Forschungsdaten werden an Bedeutung gewinnen – Wachsende Bedeutung von Distance Learning auch an Hochschulbibliotheken – Ausweitung des Beratungsangebots zur Deckung der zunehmenden individuellen Bedürfnisse. Die Vermittlung von Informationskompetenz wird immer komplexer und personalintensiver. Die Schweizer Hochschulbibliotheken sind auch in diesem Bereich neuen Herausforderungen ausgesetzt, welche insbesondere die Fachreferentinnen und Fachreferenten sowie weiteres wissenschaftliches Bibliothekspersonal annehmen müssen. Daher sind entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote für das wissenschaftliche Bibliothekspersonal zu schaffen und auszubauen. Die Hochschulbibliotheken sind gefordert und können nur gewinnen.
Michaela Zemanek
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich Abstract: Informationskompetenz umfasst Kompetenzen, die für alle Lebensbereiche und -phasen von Bedeutung sind. Die Förderung von Informationskompetenz findet in verschiedenen Handlungsfeldern statt, ist also nicht nur Sache der Bibliotheken. Relevante Forschungsergebnisse zum Umgang mit Informationen kommen aus verschiedenen wissenschaftlichen Fächern. Der Beitrag konzentriert sich auf die konzeptuelle Entwicklung und die Förderung von Informationskompetenz (IK) durch Bibliotheken. Theoretische Konzepte und hochschulpolitische Positionen schaffen Vorgaben, an denen sich die Praxis messen soll; die Vermittlung von Informationskompetenz an österreichischen Bibliotheken wird im Vergleich mit diesem Bezugsrahmen diskutiert. An Hand aktueller Umfragedaten zur Schulungspraxis wird überprüft, wie weit die Praxis den theoretischen Ansprüchen gerecht wird. Keywords: Informationskompetenz, Metakompetenz, Konzepte, lebenslanges Lernen, Bibliotheken, Österreich, Teaching Library, vorwissenschaftliche Arbeit
Konzepte und Reichweite von Informationskompetenz Informationskompetenz stellt in einer „digital geprägten Kultur“ eine wichtige Kompetenz dar. Der informationskompetente Umgang mit Informationen ist nicht nur für den Bildungsbereich von Bedeutung, sondern soll auch im Beruf und im alltäglichen Leben Wissen liefern und Problemlösungen ermöglichen.1 „Information Literacy“ soll eine Person in die Lage versetzen, „für jede Aufgabe die benötigten Informationen zu finden und entsprechende Entscheidungen zu treffen.“2 Sie ist eine Voraussetzung für das lebenslange Lernen.
1 Swertz, Christian u. Clemens Fessler: Literacy – Facetten eines heterogenen Begriffs. In: Medienimpulse online (2009). S. 1–22. http://www.medienimpulse.at/pdf/Medienimpulse_Literacy_ Swertz_20101109.pdf (Stand: 15.06.2015). 2 American Library Association, zit. nach Swertz u. Fessler, Literacy – Facetten eines heterogenen Begriffs (wie Anm. 1), hier S. 7. Dr. Michaela Zemanek; Studium der Psychologie an der Universität Wien und postgraduelle Bibliotheksausbildung. Leiterin der Fachbereichsbibliothek Psychologie der Universität Wien. Lektorin an der Fakultät für Psychologie der Universität Wien.
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
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Das Konzept der Informationskompetenz wurde zunächst im bibliothekarischen Feld entwickelt und verwendet3 und wird zunehmend erweitert4. Informationskompetenz ist mittlerweile nicht mehr nur auf der Agenda von Bibliotheken; Interesse an und Förderung von IK gibt es in vielen Bereichen der Gesellschaft5. Die Formulierung der Alexandria Proclamation „Information literacy empowers people in all walks of life to seek, evaluate, use and create information effectively to achieve their personal, social, occupational and educational goals“6 bringt Inhalt und Nutzen von Informationskompetenz auf den Punkt. Die inhaltliche Konzipierung von Fördermaßnahmen soll sich auch am Nutzen der IK für Alltag, Beruf und lebenslanges Lernen orientieren. Die konzeptuelle Arbeit zur Informationskompetenz wird hauptsächlich im angelsächsischen Raum vorangetrieben. Die neuen Konzepte verstehen Information Literacy in einem sehr umfassenden Sinn und berücksichtigen neue Lern-, Arbeitsund Kommunikationsformen. Die wichtigsten Entwicklungen der letzten Jahre sind das „Framework for Information Literacy for Higher Education“ der ACRL7, „A New Curriculum for Information Literacy“ (ANCIL) von Coonan und Secker8 und das „Metaliteracy“ – Konzept von Jacobson und Mackey9. „Informationskompetenz kann nicht auf die mechanische Beherrschung von funktionellen Fertigkeiten beschränkt werden“10, sondern wird auch als Einstellung und Haltung aufgefasst und kritisches Denken wird ein wichtiger Aspekt von Informationskompetenz. Dies ist eine Paral-
3 Vgl. Gapski, Harald u. Thomas Tekster: Informationskompetenz in Deutschland. Überblick zum Stand der Fachdiskussion und Zusammenstellung von Literaturangaben, Projekten und Materialien zu einzelnen Zielgruppen. Düsseldorf. Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) 2009. http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Aktuelle_Forschungsprojekte/Informationskompetenz_ in_Deutschland_August_09.pdf (Stand: 26.05.2015). 4 S. auch die Beiträge von Thomas Hapke, von Jane Secker u. Geoff Walton, von Fabian Franke u. Benno Homann sowie von Brigitte Schubnell u. Thomas Henkel in diesem Band. 5 Für Österreich vgl. Zemanek, Michaela: Informationskompetenz in Österreich. In: Handbuch Informationskompetenz. Hrsg. von Wilfried Sühl-Strohmenger. Berlin: De Gruyter Saur 2012. S. 498–531. doi:10.1515/9783110255188.498 (Stand: 15.06.2015). 6 International Federation of Library Associations and Institutions & United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization: Beacons of the information society: The Alexandria proclamation on information literacy and lifelong learning. 2005. http://www.unesco.org/new/fileadmin/MULTIMEDIA/HQ/CI/CI/pdf/alexandria_proclamation_info_literacy.pdf (Stand: 13.07.2015). 7 Association of College & Research Libraries (ACRL). Framework for information literacy for higher education. (February 2015). Verfügbar unter http://www.ala.org/acrl/sites/ala.org.acrl/files/content/ issues/infolit/Framework_ILHE.pdf (Stand: 13.07.2015). 8 Coonan, Emma & Secker, Jane: A new curriculum for information literacy: executive summary. (2011) http://ccfil.pbworks.com/f/Executive_summary.pdf (Stand: 13.07.2015) 9 Mackey, Thomas P. [u. a.]: Reframing information literacy as a metaliteracy. College & Research Libraries (2011) H. 72. S. 62–78. http://crl.acrl.org/content/72/1/62.full.pdf+html (Stand: 16.07.2015). 10 Coonan, Emma: A new curriculum for information literacy – Theoretical background. Teaching learning: perceptions of information literacy. (2011). http://ccfil.pbworks.com/f/emma_report_final. pdf (Stand: 22.07.2015), hier S. 5.
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Michaela Zemanek
lele zur zunehmenden Bedeutung von kritischem Denken als „Learning Outcome“ in fachlichen (Bachelor)Curricula.11 Zu Informationskompetenz und Informationsverhalten gibt es wichtige Forschungsergebnisse anderer wissenschaftlicher Fächer wie Psychologie12, Bildungswissenschaft13 und Soziologie. Diese zeigen z. B., dass der soziale Status14 und das Lebensalter15 Einfluss auf die Kompetenz im Umgang mit Informationen im Alltag haben oder erklären Faktoren, die bei der Nutzung sozialer Medien, z. B. bei der Preisgabe eigener Daten in sozialen Medien16 eine Rolle spielen. Wissenschaftliche Fachgemeinschaften greifen Informationskompetenz als Thema für die Ausbildung ihres Studienfaches auf. Informationskompetenz findet sich als Lernziel in Curricula; als Beispiel seien die Richtlinien der American Psychological Association für den „Undergraduate Psychology Major“17 angeführt. In der
11 Vgl. z. B.: Association of American Colleges and Universities: College learning for the new global century. A report from the national leadership council for liberal education and America‘s promise. Association of American Colleges and Universities. Washington, D. C., 2007. http://www.aacu.org/ sites/default/files/files/LEAP/GlobalCentury_final.pdf (Stand: 15.07.2015); American Psychological Association: APA Guidelines for the Undergraduate Psychology Major, Version 2.0. Washington, DC: Author, August 2013. http://www.apa.org/ed/precollege/about/psymajor-guidelines.pdf (Stand: 16.07.2015). 12 Die Definition von „Information Literacy“ in den Psychological Index Terms der Datenbanken PSYNDEX und PsycINFO (2015) lautet: „Skills needed to locate, retrieve, evaluate, and use information“. 13 Die erziehungswissenschaftliche Datenbank ERIC unterscheidet in ihrem Thesaurus (2015) zwischen „Information literacy“ („The ability to access, evaluate, and use information from a variety of sources [..] Use the more generic term ‚Information Skills‘, if appropriate“) und „Information skills“ („Basic to expert-level informational abilities, involved in finding information, and reading, analyzing, interpreting, applying, maintaining, and communicating it skillfully and appropriately“). 14 Hargittai, Eszter & Yuli Patrick Hsieh: Digital inequality. In: The Oxford handbook of internet studies. Ed. by William H. Dutton. Oxford: Oxford University Press 2013. Doi: 10.1093/oxfordhb/9780199589074.013.0007 (Stand: 22.07.2015). 15 Vgl.: Feil, C. [u. a.]: Wie entdecken Kinder das Internet? Beobachtungen bei 5–12jährigen Kindern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2004; und Glaznieks, Alvara: Computer- und internetspezifische Sprache: Verständnisschwierigkeiten bei Kindern. Bericht aus dem Projekt „Wie entdecken Kinder das Internet?“ München: Deutsches Jugendinstitut 2004. http://www.dji.de/wwwkinderseiten/335/glaznieks_sprache.pdf (Stand: 22.07.2015); Yan, Z.: What influences children’s and adolescents’ understanding of the complexity of the internet. Developmental Psychology (2006) H. 42. S. 418–428; Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest: JIM-Studie 2007. Jugend, Information, (Multi-) Media. Basisstudie zum Medienumgang 12–19Jähriger in Deutschland. 2007. S. 48. http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf07/JIM-Studie2007.pdf (Stand: 22.07.2015). 16 Joinson, Adam N. & C. B. Pain: Self-disclosure, privacy and the internet. In: Oxford handbook of internet psychology. Ed. by Adam N. Joinson [u. a.]. Oxford: Oxford University Press 2007. S. 237–252. Doi:10.1093/oxfordhb/9780199561803.013.0016 (Stand: 22.07.2015). 17 American Psychological Association: APA Guidelines for the Undergraduate Psychology Major. Washington, DC: 2007. http://www.apa.org/ed/precollege/about/psymajor-guidelines.pdf (Stand: 17.07.2015).
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
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Neuauflage der Richtlinien18 wird IK jedoch nicht mehr als generische Kompetenz behandelt, sondern unter der Bezeichnung „psychology information literacy“ in den fachlichen Kontext eingebettet.
Wichtige Positionspapiere im deutschsprachigen Hochschulraum In Deutschland haben sich wichtige Institutionen in der Hochschullandschaft – wie der Wissenschaftsrat19, die Hochschulrektorenkonferenz20, die Deutsche Forschungsgemeinschaft21 oder die Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur22 – des Themas angenommen und ihm dadurch Beachtung und Anschub verschafft. Diese Empfehlungen bzw. Positionspapiere zur Informationskompetenz formulieren Richtlinien, nennen Rahmenbedingungen, usw. und schaffen damit einen Referenzrahmen für die Förderung von Informationskompetenz, der für die Praxis relevant ist.
Informationskompetenz als Anliegen der Gesell schaft und als Bildungsziel für das lebenslange Lernen Die von der Autorin für die erste Auflage dieses Handbuchs durchgeführten Recherchen zeigten, dass es in Österreich großes Interesse an Informationskompetenz und
18 American Psychological Association, APA Guidelines (wie Anm. 11). 19 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020. 2012. Verfügbar unter http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/2359-12.pdf (Stand: 17.07.2015). 20 Hochschulrektorenkonferenz: Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern. (Entschließung der 13. Mitgliederversammlung der HRK am 20. November 2012 in Göttingen.). 2012. Verfügbar unter http://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/ Entschliessung_Informationskompetenz_20112012_01.pdf (Stand: 17.07.2015), hier S. 19. 21 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Positionspapier der Deutschen Forschungsgemeinschaft – Ausschuss für Wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme: Die Digitale Transformation weiter gestalten – Der Beitrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu einer innovativen Informationsinfrastruktur für die Forschung. Bonn: Deutsche Forschungsgemeinschaft 2012. http://www.dfg. de/download/pdf/foerderung/programme/lis/positionspapier_digitale_transformation.pdf (Stand: 22.07.2015). 22 Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur: Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland. 2011. Verfügbar unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_ upload/downloads/Infrastruktur/KII_Gesamtkonzept.pdf (Stand: 13.07.2015), hier S. 30.
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Initiativen zu deren Förderung und Vermittlung in vielen Bereichen der Gesellschaft gibt.23 IK ist Gegenstand von Bildungspolitik und staatlichen Maßnahmen; IK wird aber oft mit einem anderen Begriff bezeichnet. Kompetenzen im Umgang mit (digitalen) Informationen werden in der Literatur außerhalb des bibliothekarischen Kontexts auch unter den Begriffen Medienkompetenz, digitale Kompetenz, Internetkompetenz und Computerkompetenz abgehandelt, mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung. Im Schulbereich wird Informationskompetenz oft als Teil der Medienkompetenz behandelt. Die Bildungspolitik in Österreich hat in den letzten Jahren viele Initiativen gesetzt, um die Medien und Informationskompetenz – meist im Rahmen von e-Learning – zu fördern; auch auf regionaler Ebene gibt es Angebote.24 Informationskompetenz wird in allen Bildungssektoren als Bildungsinhalt betrachtet; es gibt sowohl in den formalen Bildungswegen, als auch im informellen Sektor der Erwachsenenbildung25 Bildungsangebote dazu. Informationskompetenz wird aber nicht nur im Bildungsbereich als Lernziel wahrgenommen, sondern findet auch als Kompetenz für Alltag und Beruf Beachtung und Förderung, z. B. für den Umgang mit Gesundheits- und Verbraucherinformationen oder in der Lehrlingsausbildung. Informationskompetenz wird für alle Lebensalter als relevant erachtet und es gibt für verschiedene Altersgruppen spezielle Angebote. Eine detaillierte Darstellung dazu findet sich in der ersten Auflage dieses Beitrags.26 Diese gesellschaftlichen Strategien und Aktivitäten in anderen Handlungsfeldern zu kennen ist für Bibliotheken wichtig, um die eigene Position überprüfen und Kooperationen mit anderen Akteuren eingehen zu können.
Informationskompetenz der Zielgruppen Ergebnisse empirischer Studien zur IK (genauer: zum Teilbereich Internetkompetenz) von Schülerinnen und Schülern in Österreich – wie auch Studien aus anderen Ländern27 – zeigen, dass die „Digital Natives“ zwar in der Bedienung der IK-Technologien meistens sehr versiert, darüber hinaus aber meistens eher „informationsin-
23 Zemanek, Informationskompetenz in Österreich (wie Anm. 5). 24 Vgl. Krucsay, Susanne: Media Literacy in Austria: State of the art 2005. https://www.zsi.at/attach/ MEDIALITERACYINAUSTRIA.pdf (22.07.2015). 25 Hack, Wilfried u. Birgit Aschemann: Weißbuch Programmplanung. Wien [u. a.]: Wiener Volkshochschulen GmbH 2009. http://www.vhs.at/fileadmin/uploads_vhsat/downloads/pdf/Wiener_ VHS_Wei%C3 %9Fbuch_Programmplanung_Teil_1.pdf (Stand: 13.07.2015). 26 Zemanek, Informationskompetenz in Österreich (wie Anm. 5). 27 Vgl. Rowlands, Ian [u. a.]: The Google generation: the information behaviour of the researcher of the future. In: Aslib Proceedings. New information perspectives (2008) H. 4. S. 290–310. http://www. emeraldinsight.com/journals.htm?articleid=1733495&show=abstract (Stand: 13.07.2015); Gapski u. Tekster, Informationskompetenz in Deutschland (wie Anm. 3).
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kompetent“ sind. Die Schülerinnen und Schüler haben Schwierigkeiten, geeignete Suchbegriffe zu finden und adäquate Suchen zu formulieren, sie verfügen nicht über geeignete Kriterien zur Bewertung von Informationen und zeigen wenig Problembewusstsein bei der Weiterverwendung von Quellen. Studienergebnisse zur IK von Erwachsenen bei Informationssuchen im Alltag zeigen ein ähnliches Bild.28 Studien zur Informationskompetenz von österreichischen Studierenden liegen nicht vor; Studien zu den Recherchekompetenzen der Studierenden zeigen Defizite in diesem Bereich29.
Von der Theorie in die Praxis? Die Fragestellungen der Umfrage Welche Auswirkung haben die Konzepte und Vorgaben zur Informationskompetenz auf die Praxis der Bibliothekarinnen und Bibliothekare (nicht nur) in Österreich? Was davon wird rezipiert, welche Richtlinien entstehen in der Folge und was kann und soll in die eigene Unterrichts- bzw. Schulungspraxis einfließen? Ist die Botschaft „Information literacy is a life skill“30 bei allen Protagonistinnen und Protagonisten angekommen? Wer fühlt sich für diese „Kompetenz für das ganze Leben“ zuständig? In ihrer programmatischen Ausrichtung haben sich Bibliotheken von der Durchführung von Benutzerschulungen und der Fokussierung auf Recherchekompetenzen zur Förderung von Informationskompetenz weiterentwickelt. Vollziehen die Bibliotheken diesen Paradigmenwechsel auch in der Praxis? Die Schulungsangebote beschränken sich nicht mehr auf Orientierungsveranstaltungen, die Erklärung einzelner bibliothekarischen Ressourcen und die Vermittlung von Recherchetechniken. Eine Befragung von schulenden Bibliothekarinnen und Bibliothekaren in Deutschland zeigt allerdings, dass die Schulenden den Recherchekompetenzen und anderen
28 Felt, Ulrike [u. a.]: Virtuell informiert? Möglichkeiten und Herausforderungen für die Medizin im Internetzeitalter. Abschlussbericht. Wien: Institut für Wissenschaftsforschung. Universität Wien. Januar 2008. Verfügbar unter https://sts.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/dep_sciencestudies/ pdf_files/VIRINFO_Brosch%C3 %BCre.pdf (Stand: 13.07.2015). 29 Unger, Martin u. Angela Wroblewski: Neue Medien im Studium. Ergebnisse der StudierendenSozialerhebung 2006. Studie im Auftrage des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung. Projektbericht. Wien: 2007. S. 9. http://medienservicestelle.at/migration_bewegt/wp-content/ uploads/2012/09/IBIB_Studierenden_Sozialerhebung_2011_BAND_2_Studierende.pdf (Stand: 22.07.2015). 30 Webb, Jo & Chris Powis: Teaching information skills. Theory and practice. London: Facet 2004.
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traditionellen Inhalten von Schulungen weit mehr Gewicht geben als z. B. der Bewertung von Informationen.31 Die vorliegende Umfrage soll nicht nur aktuelle Zahlen zur Schulungspraxis der österreichischen Bibliotheken liefern, sondern auch folgenden Fragen nachgehen: – Wie positionieren sich die Bibliotheken in ihrem Selbstverständnis und ihrer öffentlichen Selbstdarstellung in Bezug auf Informationskompetenz? – Welche Veranstaltungsthemen in Bezug auf Informationskompetenz werden von den Bibliotheken angeboten? Decken die Bibliotheken mit ihren Veranstaltungen alle Aspekte von Informationskompetenz ab? – Welche organisatorische Form von Angeboten zur Informationskompetenz gibt es und in welchem Ausmaß ist die curriculare Einbindung entwickelt? – Wie häufig sind zielgruppenspezifische Angebote und für welche Zielgruppen sind sie vorhanden? – Welche Angebote gibt es für die seit 2014 in Österreich verpflichtend vorgesehene vorwissenschaftliche Arbeit im Rahmen der Zentralmatura an Allgemeinbildenden Höheren Schulen? – Wie unterscheiden sich verschiedene Bibliothekstypen in diesen Variablen?
Die Datenerhebung zur Vermittlung von Informati onskompetenz durch österreichische Bibliotheken In Österreich werden Unterrichts- und Schulungsaktivitäten nicht (wie in Deutschland) detailliert dokumentiert, daher müssen solche Daten in Österreich durch Befragung gewonnen werden. Grundlage für die aktualisierte Darstellung der Aktivitäten von Bibliotheken in Österreich ist eine 2015 online durchgeführte Umfrage.32 Die Online-Fragebögen wurden an die Schulungsverantwortlichen aller (staatlichen) Universitäts- und Landesbibliotheken sowie der österreichischen Nationalbibliothek ausgeschickt. An den öffentlichen Bibliotheken wurde keine repräsentative Befragung durchgeführt; stellvertretend für diese Bibliothekssparte wurde die Hauptbücherei von den „Büchereien Wien“ (http://www.buechereien.wien.at/) nach ihrem Gesamtkonzept für Schulungen befragt, das dort, sowie in vier weiteren Zweigstellen, die über die nötigen räumlichen und technischen Ressourcen verfügen, umgesetzt wird. Bibliotheken an Privatuniversitäten, an Pädagogischen Hochschulen und die sehr uneinheitliche Bibliothekslandschaft an Fachhochschulen wurden nicht in die
31 Tappenbeck, Inka: Vermittlung von Informationskompetenz an Hochschulbibliotheken: Praxis, Bedarfe, Perspektiven. Ergebnisse einer Befragung von Bibliotheksleitern und Schulungsbibliothekaren in Nordrhein-Westfalen. Bibliothek, Forschung und Praxis (2013) H 1. S. 59–69. 32 Frau Sarah Krenn danke ich sehr für die Einrichtung der Umfrage in LimeSurvey.
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Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
Befragung einbezogen. Auf Kennzahlen zur Schulungstätigkeit der österreichischen Universitätsbibliotheken aus der „Deutschen Bibliotheksstatistik“ (https://www. hbz-nrw.de/angebote/dbs/) wurde verzichtet, weil nicht alle Bibliotheken in Österreich Zahlen dafür abliefern; deren Zahlen sind daher nicht sehr aussagekräftig. Von den 20 kontaktierten Universitätsbibliotheken haben sich – so wie im Jahr 2011 – 17 Bibliotheken beteiligt; von allen sechs Landesbibliotheken sowie der Wiener Hauptbücherei der Büchereien Wien und der Nationalbibliothek kamen Daten zurück. Die erhobenen Daten sollen zeigen, in welchem Ausmaß die Bibliotheken in Österreich ihr Veranstaltungsangebot in Bezug auf Informationskompetenz entwickelt haben. Die Kennzahlen liefern daher keine Häufigkeitsangaben für die abgefragten Inhalte, sondern Häufigkeitsangaben für die Bibliotheken; sie zeigen, wie viele Bibliotheken die abgefragten Inhalte in ihrem Programm realisiert haben. Von besonderem Interesse sind die – schon im Jahr 2011 befragten – Universitätsbibliotheken.
Positionierung und öffentliche Selbstdarstel lung österreichischer Bibliotheken in Bezug auf Informationskompetenz Tabelle 1 zeigt, wie viel Prozent der Universitätsbibliotheken (UB) bzw. Landesbibliotheken (LB) Informationskompetenz als Kernkompetenz ansehen, ob und welche Zuständigkeiten es dafür in ihrer Organisation gibt und wie sie sich in Bezug auf Informationskompetenz öffentlich darstellen, sowie die Antworten der Wiener Hauptbücherei (Wiener HB) und der Nationalbibliothek (NB). Tab. 1: Positionierung und öffentliche Selbstdarstellung österreichischer Bibliotheken in Bezug auf Informationskompetenz. Prozent der UB (N=17)
Prozent der LB (N=6)
Wiener NB HB
88,24 %
50,00 %
ja
Die Vermittlung von Informationskompetenz wird von der 70,59 % Bibliothek im Leitbild bzw. in der Selbstdarstellung auf der Website angeführt
66,67 %
nein nein
Es gibt eine/n Beauftragte/n oder eine Arbeitsgruppe für 58,82 % Informationskompetenz bzw. für Teaching Library
66,67 %
ja
Informationskompetenz wird von der Bibliothek als Kernkompetenz angesehen
nein
ja
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Michaela Zemanek
Veranstaltungsthemen der Bibliotheken Wie viele Bibliotheken decken in ihren Veranstaltungen inhaltlich das gesamte Spektrum der Informationskompetenz (von der Autorin in vereinfachte bzw. zusammengefasste Kategorien heruntergebrochen) ab? Abbildung 1 zeigt, wie viel Prozent der Universitätsbibliotheken (UB) und der Landesbibliotheken (LB) das jeweilige Thema zum Inhalt von Veranstaltungen machen. UB 94,12% LB 83,33%
Orientierung in der Bibliothek
Erklärung einzelner Recherchetools
UB 88,24% LB 83,33%
Suchformulierungen und Suchstrategien
UB 88,24% LB 66,67%
0,00%
LB
UB 47,06% LB 50,00%
Bewertung von Informationen Verwertung und Nutzung von Informationen
UB
LB 16,67%
UB 64,71%
20,00% 40,00% 60,00% 80,00% 100,00%
Abb. 1: Veranstaltungsthemen von Universitäts- und Landesbibliotheken (Mehrfachnennungen möglich).
Die Wiener Hauptbücherei (und vier ihrer Zweigstellen) decken in ihren Veranstaltungen alle Themen ab, die Nationalbibliothek thematisiert in ihren Angeboten nur „Bibliotheksbenutzung“, „Erklärung einzelner Kataloge und Datenbanken“ und „Vermittlung von Suchstrategien, Erstellung von Suchformulierungen“. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft empfiehlt die „Systematische Entwicklung fachbezogener Übungen zum Recherchieren im Internet, die verpflichtend in die universitären Curricula integriert werden“33, daher wird von den einzelnen Inhalten die Suche im Internet herausgegriffen. Die Suche im Internet bieten 23,53 % der Universitätsbibliotheken (keine Steigerung gegenüber dem Jahr 2011) und 33,33 % der
33 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Elektronisches Publizieren im wissenschaftlichen Alltag. Überlegungen zur Integration elektronischer Publikationsformen in die Geisterwissenschaften. Empfehlungen des Unterausschusses für elektronisches Publizieren und des Ausschusses für wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme vom Juno 2006. S. 5. http://www.dfg.de/download/pdf/ foerderung/programme/lis/elektr_publizieren.pdf (Stand: 22.07.2015).
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
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Landesbibliotheken an; die Wiener Hauptbibliothek bietet dies an, die Nationalbibliothek hingegen nicht. Bei den Universitätsbibliotheken zeigt sich eine deutliche Erweiterung des Kursprogramms in der Kategorie „Verwertung und Nutzung von Informationen“: einzelne Kurse aus dem erweiterten Angebot (Zitierregeln, Literaturverwaltungsprogramme und Plagiate/Copyright) werden jetzt von wesentlich mehr Bibliotheken angeboten als im Jahr 2011 (siehe Abbildung 2). 100,00%
75,00% 52,94% 50,00%
35,29%
im Jahr 2011 29,41%
25,00%
Zitierregeln
im Jahr 2015
11,76%
5,88% 0,00%
29,41%
Literaturverw.
Plagiate/ Copyright
Abb. 2: Universitätsbibliotheken, die erweiterte Kurse anbieten (Vergleich 2011/2015).
Organisatorische Form der Veranstaltungen von Universitätsbibliotheken Die häufigsten organisatorischen Formen der Angebote sind eigenständige Bibliotheksveranstaltungen mit freiwilliger Teilnahme (88,24 % der UB bieten diesen Veranstaltungstyp an) und Veranstaltungen, die in universitäre Lehrveranstaltungen anderer Vortragender „eingebettet“ sind (88,24 % der UB). Die Anzahl der Letzteren hat sich an den Universitätsbibliotheken seit der ersten Umfrage im Jahr 2011 enorm gesteigert: damals hat eine einzige Bibliothek diese – für die Motivation der Studierenden sehr günstige – Form der Veranstaltung angeboten; mittlerweile tun dies 15 Bibliotheken. An 41,18 % der Universitätsbibliotheken gibt es MitarbeiterInnen, die eigenständige universitäre Lehrveranstaltungen bzw. eigenständig Teile von Lehrveranstaltungen abhalten; das sind um 2 Bibliotheken weniger als in der ersten Umfrage im Jahr 2011. Die aktuellen Werte zeigt Abbildung 3.
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100,00%
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Legende zu Abbildung 3:
88,24%
88,24%
A
75,00%
B
50,00%
41,18%
35,29%
C
25,00% D 0,00%
A
B
C
D
Eigenständige Bibliotheksveranstaltung mit freiwilliger Teilnahme Eigenständige Bibliotheksveranstaltung mit verpflichtender Teilnahme Veranstaltungen, die in eine universitäre Lehrveranstaltung anderer Vortragender integriert sind Eigenständige universitäre Lehrveranstaltungen, die von MitarbeiterInnen der UB gehalten werden
Abb. 3: Organisatorische Form der Angebote zur Informationskompetenz an Universitätsbibliotheken.
Didaktische Konzepte Die empfohlenen aktivierenden Methoden in Form praktischer Übungen bzw. Workshops werden an den Universitäts- und Landesbibliotheken nicht flächendeckend angeboten, Blended-learning-Veranstaltungen nur in geringem Ausmaß bzw. gar nicht; Abbildung 4 zeigt die jeweiligen Prozentsätze. An der österreichischen Nationalbibliothek gibt es keinen „Blended Learning“-Kurs, an der Hauptbibliothek der Büchereien Wien werden alle didaktischen Methoden angewendet. 0,00%
25,00%
50,00%
75,00%
UB 100,00% LB 83,33%
Präsentation/ Führung/ Vortrag
UB 76,47% LB 83,33%
Schulungen mit praktischen Übungen/Workshop
Schulungen mit Selbstlernphasen (Blended learning)
100,00%
LB 0,00%
UB 23,53%
UB LB
Abb. 4: Didaktische Konzepte von Universitäts- und Landesbibliotheken.
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
481
Veranstaltungen für verschiedene Zielgruppen bzw. Kompetenzniveaus Alle Universitätsbibliotheken und alle Landesbibliotheken machen Angebote für spezifische Zielgruppen. Abbildung 5 zeigt, wieviel Prozent der UB und LB Veranstaltungen für die jeweiligen Zielgruppen anbieten. Die Hauptbibliothek der Büchereien Wien und die Nationalbibliothek machen Angebote für SchülerInnen und die VWA. 0,00%
25,00%
Erstsemestrige
LB 0,00%
Bachelorstudierende
LB 0,00%
DiplomandInnen/ Masterstudierende
LB 0,00%
DissertantInnen Lehramts Studierende
50,00%
LB 0,00%
TutorInnen/ wiss. Hilfskräfte
LB 0,00%
Sonstiges/ allgemeines Universitätspersonal
LB 0,00%
UB 35,29% UB 82,35%
Interessierte LaiInnen Vorwissenschaftliche Arbeit
UB 64,71%
UB 76,47% UB 29,41%
SchülerInnen verschiedener Schulstufen SeniorInnen bzw. SeniorstudentInnen
100,00%
UB 76,47%
LB 0,00% UB 5,88% LB 16,67%
wissenschaftliches Personal der Universität
75,00%
UB 5,88% LB 16,67% UB 11,76%
UB 47,06% UB 70,59% LB 66,67%
UB LB
LB 50,00% UB 52,94%
LB 83,33%
Abb. 5: Zielgruppenspezifische Angebote von Universitäts- und Landesbibliotheken.
Ein neuer Schwerpunkt bibliothekarischer Veranstal tungen in Österreich: Angebote zur vorwissenschaft lichen Arbeit (VWA) Ein besonderer Schwerpunkt der Bibliotheksangebote hat sich durch die verpflichtende Einführung der Abfassung einer vorwissenschaftlichen Arbeit (VWA) an den Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) in Österreich im Jahr 2014 ergeben. Die enorm gestiegene Nachfrage von Seiten der Schulen war für wissenschaftliche Bibliotheken, aber auch Landesbibliotheken und öffentliche Bibliotheken eine große
482
Michaela Zemanek
Herausforderung, der sie z. T. mit eigenen Programmen und Schulungsteams für die VWA begegnet sind. 52,94 % der Universitätsbibliotheken, 83,33 % der Landesbibliotheken, die Wiener Hauptbibliothek mit vier Zweigstellen und die Nationalbibliothek machen spezielle Angebote für die VWA. Abbildung 6 zeigt, wieviel Prozent der Universitäts- bzw. Landesbibliotheken die jeweiligen Themen in ihren Veranstaltungen für die VWA anbieten. 0,00%
25,00%
50,00%
75,00%
100,00%
Orientierung in der Bibliothek
UB 100,00% LB 100%
Erklärung von Recherchetools
UB 100,00% LB 100%
Erstellung von Suchformulierungen und Suchstrategien Bewertung von Informationen Verwertung und Nutzung von Informationen
UB 66,67%
UB 33,33%
LB 100%
LB 100%
UB 33,33% LB 40%
UB LB
Abb. 6: Veranstaltungsthemen von Universitäts- und Landesbibliotheken für die VWA.
Die Wiener Hauptbücherei deckt alle Themen ab; die österreichische Nationalbibliothek bietet für die VWA „Orientierung in der Bibliothek“, „Erklärung von Recherchetools“ und „Erstellung von Suchformulierungen und Suchstrategien“ an.
Diskussion und Ausblick Im ersten Teil dieses Beitrags wurden theoretische Grundlagen und relevante hochschulpolitische Positionen zur IK beschrieben. Diese schaffen einen Bezugsrahmen, an dem sich die Praxis messen soll. Im deutschsprachigen Raum wird oft nicht genau zwischen Informationskompetenz und Bibliothekskompetenz unterschieden34
34 Hütte, Mario: Zur Vermittlung von Informationskompetenz an deutschen Hochschulbibliotheken. Mitteilungen der VÖB (2007). S. 9–28. Verfügbar unter http://www.vfi-online.org/huette%20vm60_1. pdf (Stand: 14.09.2015).
Die Förderung von Informationskompetenz an Bibliotheken in Österreich
483
und der Begriff z. T. inflationär verwendet. Von Interesse war daher, wie weit sich österreichische Bibliotheken auf bibliothekszentrierte Angebote beschränken oder tatsächlich umfassend Informationskompetenz fördern. Relevant sind die vermittelten Inhalte, die didaktische Gestaltung und die bildungspolitischen Vorgaben: „Die Vermittlung von Informationskompetenz sollte schon in der Schule beginnen und an den Universitäten und Hochschulen flächendeckend, zielgruppengerecht, für Studierende und Lehrende und mit Unterstützung von e-Learning erfolgen sowie in den Curricula verankert werden“.35 Vergleicht man das Veranstaltungsangebot der österreichischen Bibliotheken zur Informationskompetenz mit dem inhaltlichen Spektrum von Informationskompetenz und ihre Aktivitäten mit diesen Kriterien, so kann man erkennen, wo es noch Entwicklungsbedarf gibt. Die Universitätsbibliotheken haben ihr Kursprogramm gegenüber dem Jahr 2011 z. T. deutlich ausgeweitet, das wichtige Thema „Bewertung von Informationen“ ist aber noch immer stark unterrepräsentiert; auch „Verwertung und Nutzung von Informationen“ wird nicht flächendeckend angeboten. Es bieten noch immer nicht alle Universitätsbibliotheken ein interaktives Schulungsformat (Veranstaltungen mit praktischen Übungen bzw. Workshops) an. Wie weit diese Defizite organisatorischen Zwängen oder mangelndem Bewusstsein der Schulungsverantwortlichen bzw. Schulenden geschuldet sind, müsste empirisch geklärt werden. Die verschiedenen Bibliothekstypen haben unterschiedliche Arbeitsaufträge und Anforderungen und unterscheiden sich in den organisatorische Voraussetzungen, daher können sie in ihren Aktivitäten nur eingeschränkt miteinander verglichen werden. Die Universitätsbibliotheken sind primär Dienstleister für ihre Universitäten; ihr Aufgabenspektrum hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt und erweitert.36 Die Vermittlung von Informationskompetenz an Universitätsbibliotheken bewegt sich zwischen der Vermittlung von Bibliothekskompetenz, der expliziten Förderung von Informationskompetenz nach bibliotheks- bzw. informationswissenschaftlichen Vorgaben und dem Unterrichten von Techniken wissenschaftlichen Arbeitens, die an die jeweilige Fachkultur angepasst sein sollen. Die öffentlichen Bibliotheken haben einen Bildungsauftrag; „Leseförderung und Informationskompetenz, insbesondere für sozial benachteiligte Schichten, war seit jeher ein Daueranliegen der Öffentlichen
35 Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur: Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland. 2011. Verfügbar unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_ upload/downloads/Infrastruktur/KII_Gesamtkonzept.pdf (Stand: 13.07.2015), hier S. 30. 36 Vgl. z. B. Seissl, Maria: Viel mehr als früher! Das Aufgaben- und Serviceportfolio der Universitätsbibliothek der Universität Wien. In: Die Bibliothek in der Zukunft: Regional – Global. Lesen, Studieren und Forschen im Wandel. Festschrift für Hofrat Dr. Martin Wieser anlässlich seiner Versetzung in den Ruhestand. Innsbruck University Press 2014. S. 33–48. http://eprints.rclis.org/24745/1/07-Seissl_ Maria_Viel_mehr_als_frueher%21_Das_Aufgaben-_und_Serviceportfolio_der_Universitaetsbibliothek_der_Univ_Wien.pdf (Stand: 22.07.2015).
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Michaela Zemanek
Bibliotheken“.37 Die Landesbibliotheken sind Regionalbibliotheken der Bundesländer mit landeskundlichen Sammlungen, z. T. auch Studienbibliotheken sowie öffentliche Bibliotheken. In Österreich gibt es keinen Lehrstuhl für Bibliothekswissenschaft, dadurch kommt eine institutionalisierte theoretische Auseinandersetzung mit Informationskompetenz zu kurz und die Praxis wird nicht ausreichend durch theoretischen Input befruchtet. Die Theorie erreicht die Praxis nur über die LIS-Universitätslehrgänge; in Bezug auf Informationskompetenz hat sich in diesen in letzter Zeit allerdings viel getan. Die mangelnde Auseinandersetzung mit Forschungsergebnissen zu Informationskompetenz aus anderen Fachbereichen (z. B. aus Psychologie und Erziehungswissenschaft) scheint nicht nur auf Österreich beschränkt zu sein. Große hochschulpolitische Institutionen sind hierzulande nicht aktiv, um Strategien und hochschulpolitische Entwicklungen in Bezug auf Informationsinfrastrukturen und Informationskompetenz anzustoßen und zu fördern. Es fehlt der Motor, der die theoretische Auseinandersetzung vorantreibt und eine evidenzbasierte Perspektive fördert. Daher werden Neuerungen eher „bottom-up“ angestoßen, also der Initiative Einzelner überlassen. Die Festlegung von regional verbindlichen Richtlinien und Mindeststandards für die Vermittlung von Informationskompetenz wäre für die weitere Entwicklung des Feldes förderlich; diese Aufgabe könnte die im Jahr 2014 etablierte Kommission Informationskompetenz der VÖB (Vereinigung österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare) übernehmen. Bei der Distribution für die Praxis könnte das im Jahr 2013 geschaffene Informationsportal der Kommission Informationskompetenz der VÖB Unterstützung leisten. Das Portal soll laut Eigendefinition „als zentrale Anlaufstelle für den Austausch von Informationen, Erfahrungen sowie Lehr- und Lernmaterialien“ 38 dienen und wäre dazu geeignet, theoretische Impulse und vor allem Standards bzw. Richtlinien für die Praxis in Österreich sichtbar zu machen.
37 Pfoser, Alfred: Die Bibliothek als Bühne. Am Beispiel der Wiener Hauptbücherei. In: Bibliothek. Forschung und Praxis (2007). S. 51–60, hier S. 60. 38 http://www.informationskompetenz.or.at/(Stand: 22.07.2015).
Jane Secker, Geoff Walton
Information Literacy in the UK Abstract: This chapter provides an overview of Information Literacy (IL) initiatives in the UK focusing on the recent work of the Information Literacy Group (ILG), which is a special interest group of the Chartered Institute for Library and Information Professionals (CILIP). The chapter charts the development of IL in the UK since the mid1990s to 2015. Understanding of the term was relatively low amongst librarians ten years ago but now, particularly in the education sector, there is an enthusiastic and highly skilled group of librarians in this field. The ILG has run a successful conference (Librarians’ Information Literacy Annual Conference) for over ten years which regularly attracts delegates from around the world and has done much to raise awareness and spread good practice amongst library professionals. There is also a burgeoning number of IL researchers in the field and a number of significant models of IL in use in libraries by practitioners. From a relatively late start, the UK now produces high quality theoretical and practitioner based research in the IL field, hosting the respected and fully open access Journal of Information Literacy. UK librarians are recognised as leading the way in Europe1 and the chapter concludes by focusing on recent advocacy work that seeks to reach out beyond academic libraries. Keywords: Information literacy, UK, advocacy, outreach, digital literacy, professional development, CILIP, Information Literacy Group I nformationskompetenz, Großbritannien, (advocacy), (outreach), digitale Kompetenz, berufliche Entwicklung (Qualifizierung), CILIP/Information Literacy Group
1 Virkus, Sirje: Information literacy in Europe: Ten years later content and structure. Paper presented at the European Conference on Information Literacy. October 2013. Istanbul. http://de.slideshare.net/ SirjeVirkus/il-in-europe-23102013-ref (Stand: 30.07.2015). Dr Jane Secker, London School of Economics and Political Science. Jane is Copyright and Digital Literacy Advisor at LSE. She is currently chair of the CILIP Information Literacy Group, former editor of the Journal of Information Literacy and a founding member of LILAC. She is author of four books, including Rethinking Information Literacy: a practical framework for supporting learning written with Emma Coonan in 2012. In 2013 Jane was recognised by Library Journal as a Mover and Shaker for her work as an information literacy advocate. Dr Geoff Walton, Northumbria University. Geoff is Senior Lecturer in Information Sciences and joined Northumbria University after a 23 year career as an information professional in the voluntary, public and academic sectors. He was awarded the SLA Europe Information Professional 2010 prize sponsored by Dow Jones for his outstanding contribution to the information profession. The American Library Association noted that his journal article, namely Using assignment data to analyse a blended information literacy intervention: a quantitative approach, was ‘one of the 20 twenty most important of 2013’. He is a Committee member for the CILIP Information Literacy Group.
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Jane Secker, Geoff Walton
Introduction This chapter provides an overview of Information Literacy (IL) initiatives in the UK focusing on the recent work of the Information Literacy Group (ILG), which is a special interest group of the Chartered Institute for Library and Information Professionals (CILIP). The chapter charts the development of IL in the UK since the mid-1990s to 2015. Despite much progress, outside the library sector, the term ‘IL’ is less well recognised in England, although notably Wales and Scotland have made significant progress at the government level (See section 2.2). In 2014/5 the UK government and several important organisations outside of libraries such as the Quality Assurance agency (QAA)2 recognised the importance of ‘digital skills’ or ‘digital literacy’ for the wider population as a whole, linking it to economic prosperity and engaged citizenship. Yet many reports do not adequately define digital literacy, for example a recent House of Lords report on Digital Skills, 3 equates it with computer literacy. This report failed to see the overlaps between digital and IL and reveals a lack of recognition for the valuable work that information professionals undertake. ILG have launched a number of streams of work in the last 12 months to address this imbalance and to ensure the overlaps between digital and IL are recognised, but have also responded to several recent reports to make this point. This chapter highlights a recent initiatives to promote IL research outside the academic sector through the ILG Research Bursary Scheme. Launched in April 2014 the scheme has funded 3 projects to date that are exploring ‘digital literacy’ and the role of public libraries, IL in the workplace, and IL as part of citizenship and young people’s political awareness. Each project has included stakeholders outside the library profession and projects were awarded their funding based on the likely impact of the projects and their relevance beyond the library community. In a related initiative, the ILG agreed to sponsor a high profile Research and IL Award for a scheme run for UK schools, called TeenTech4 this collaboration came about following ILG’s response to a UK government report, Digital Skills for Tomorrow’s World5. TeenTech targets 11–16 year olds and aims to help young people realise the potential of careers in science, technology and engineering. The inclusion of a Research and IL Award from 2015 demonstrates TeenTech’s recognition of ILG’s work and will prove to be a valuable stepping stone to ensuring that IL is more embedded
2 The Quality Assurance Agency (QAA) are an independent body that maintain standards in the higher education sector. See: http://www.qaa.ac.uk/en (Stand: 30.07.2015). 3 House of Lords: Select Committee on Digital Skills. (February 2015). Make or break: the UK’s Digital Future. London: HMSO. http://www.parliament.uk/business/committees/committees-a-z/lordsselect/digital-skills-committee/news/report-published/(Stand: 12.03.2015). 4 http://www.teentech.com/(Stand: 30.07.2015). 5 UK Digital Task Force:. Digital skills for tomorrow’s world. Interim Report 2014. http://policy.bcs. org/sites/policy.bcs.org/files/Interim%20report.pdf (Stand: 12.03.2015).
Information Literacy in the UK
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in school’s curricula. It also signals that high quality science and technology projects need to be underpinned with the critical use of information and the development of research skills. Finally this chapter will share the experiences of our work in the UK to disseminate knowledge, firstly, about IL and secondly, the expertise that librarians and information professionals can provide to those in other sectors. We will share our strategies for IL advocacy to the wider population and our ambitions that align with Paul Zurkowski’s vision that he stated back in 1974, when he first advocated for ‘universal information literacy’.6
IL in the UK: practice, theories and research It wasn’t until the mid 1990s that IL began to be formally recognised in the UK as a key area of work for librarians. This began in the higher education sector following the Follett Report in 19937. The review highlighted the role of libraries in supporting teaching and research, stating: The emergence of the electronic library and the widespread availability of electronic information provide many opportunities to enhance the role of librarians in support of learning and research.
Consequently in 1994 pioneering work was funded by the higher education funding councils through JISC for a project called EduLib. The project aimed to provide librarians with the opportunity to acquire, or further develop their existing educational skills in order to ensure the design and delivery of effective information skills training programmes. This was achieved by developing a nationally recognised and accredited network of library trainers. The aim was to equip EduLib trainers with both the networked information skills, and the pedagogic skills required to make the use of electronic libraries an everyday part of learning, teaching and research8. EduLib involved a cross disciplinary team of practicing librarians, academic colleagues and educationists. It built on existing practice and benefited also from the combined experience of development team, with support from the Centre for Teaching and Learning support at Hull University and Staff and Educational Developers Association (SEDA).
6 Zurkowski, Paul: The Information service environment: relationships and priorities. Report no. 5. Washington, National Commission on Libraries and Information Science 1974. 7 Joint Funding Council’s Libraries Review Group: Report. (The Follett Report). December 1993. Available at: http://www.ukoln.ac.uk/services/papers/follett/report/ch7.html (Stand: 09.07.2015). 8 Core, Jane: EduLib: The national network of electronic library accredited trainers. 1996. Ariadne [Online] http://www.ariadne.ac.uk/issue1/edulib (Stand: 01.07.2015).
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Then in 1998, the Society of College, National and University Libraries (SCONUL) put together a task force, led Hilary Johnson, Chief Librarian, at University College Northampton, to investigate what it termed ‘information skills’ in academic libraries. There was a concern that information technology skills and ‘information handling’ skills were being conflated. What resulted in 1999 was SCONUL Seven Pillars of Information Literacy. It moved away from more traditional language of ‘user education’ or ‘information skills’ and provided a definition of IL. The model included seven elements that training should cover, as well as highlighting good practice elsewhere in the world. It was widely influential in UK higher education libraries as a means of framing IL and planning training sessions for students. While the model was clearly library based, it recognised the need for library staff to work collaboratively with academic and staff development colleagues. Following on from this, the JISC funded Big Blue Project developed a taxonomy of IL9. It synthesised several IL models currently in use around the world at that time such as Doyle10, SCONUL11, ACRL12 and CAUL13 and drew together the main characteristics of these into a new iterative framework. For this reason, and rather unsurprisingly, the model bears many similarities to other IL models. The Big Blue model is now known as the i-skills cycle14. Jane Secker’s work with Emma Coonan15 on A New Curriculum for Information Literacy (ANCIL) builds on work from this and a range of previous, models, practitioner and academic research to provide an holistic framework for thinking about and teaching IL. A number of parallel developments in the academic research community took place in tandem with practitioner-based research and this has provided an additional scholarly foundation. Susie Andretta’s pioneering work published in 2005 along with
9 Big Blue Project (2002). The Big Blue: information skills for students: Final Report. [Online] http:// www.webarchive.org.uk/wayback/archive/20140614193822/http://www.jisc.ac.uk/publications/reports/2002/bigbluefinalreport.aspx (Stand: 09.07.2015). 10 Doyle Christina S.: Outcome measures for IL within the National Education Goals of 1990. Final report to National Forum on IL. Summary of findings. Report ED 351033. Syracuse, New York: ERIC Clearinghouse on Educational Resources 1992. 11 Society of College, National & University Libraries (SCONUL): Advisory Committee on IL (1999). Information skills in higher education: a SCONUL position paper. [Online] http://www.sconul.ac.uk/ sites/default/files/documents/Seven_pillars2.pdf (Stand: 09.07.2015). 12 Association of College & Research Libraries (ACRL): a division of the American Library Association (ALA) (2000). IL Competency Standards for Higher Education. Chicago: American Library Association. [Online] http://www.ala.org/acrl/sites/ala.org.acrl/files/content/standards/standards.pdf (Stand: 09.07.2015). 13 Council of Australian University Librarians (CAUL) (2001). IL standards. [Online] http://www.caul. edu.au/caul-programs/information-literacy/publications (Stand: 09.07.2015). 14 JISC (2005). Investing in Staff i-Skills https://www.mysciencework.com/publication/show/ 2063694/investing-in-staff-i-skills (Stand: 09.07.2015). 15 Secker, Jane & Emma Coonan (eds.): Rethinking IL: a practical framework for teaching. London: Facet 2013.
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a number of theoretical and academic developments in IL. Sheila Webber and Bill Johnson have been prolific writers and researchers in the field of IL and their work for example, IL for Higher Education16 is highly regarded. Mark Hepworth and Geoff Walton’s work17 demonstrated the link between inquiry-based learning and IL and brought together cognitive psychology, constructivist theories and pedagogy. Their practical teaching examples showed how theory can be applied to practice. John Crawford and Christine Irving18 through their work in Scotland not only put IL onto the political agenda but also carried out ground-breaking research into IL and the workplace. Drew Whitworth’s work Radical IL19, which is itself, in part, a discourse on the development of IL as a concept has produced a mature theoretical foundation for future scholarship for IL practitioners and researchers alike. The biennial conference Information: Interactions and Impact (‘I cubed’), organized by Dorothy Williams and held at Robert Gordon University, continues very successfully, to encourage links and foster collaborations between academics and practitioner researchers.
IL in Scotland and Wales Both Wales and Scotland have made significant progress in the field of IL in recent years with support from and involvement of past and present ILG committee members. Scotland paved the way from 2004–2010 with the Scottish Information Literacy Project led by John Crawford and Christine Irving based at the time at Glasgow Caledonian University. It was a cross-sectoral project originally formed to link second and tertiary education, but one of the key outputs, the Scottish Information Literacy Framework20, also has a primary education, a workplace and lifelong learning focus. The project’s work continues today led by the Scottish IL Community of Practice who run events, maintain a project website and continue to lobby for IL as a right for Scottish citizens21. While there is no formal link with ILG, the group maintains links through receiving updates at their quarterly meetings.
16 Webber, Sheila & Bill Johnston: Transforming IL for Higher Education. In: Hepworth, Mark & Geoff Walton (eds). Developing people’s information capabilities: Fostering information literacy in educational, workplace and community contexts. Bingley: Emerald 2013. Pp 15–30. 17 Hepworth, Mark & Geoff Walton: Teaching information literacy for inquiry-based learning. Oxford: Chandos 2009. 18 Crawford, John & Christine Irving: IL in the workplace and the employability agenda. In: Walton, Geoff & Alison Pope (eds.): Information Literacy: infiltrating the agenda, challenging minds. Oxford: Chandos 2011. Pp 45–70. 19 Whitworth, Andrew: Radical IL. Reclaiming the political heart of the IL movement. Oxford: Chandos 2014. 20 National IL Framework Scotland. Available at: http://scotinfolit.squarespace.com/frameworkhome/(Stand: 09.07.2015). 21 See http://www.therightinformation.org/(Stand: 30.07.2015).
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In Wales, the Welsh Assembly via CyMAL: Museums Archives and Libraries Wales, funded the Welsh Information Literacy Project from 2010 until 2015. Writing in 2011, Head and Jackson described how the project aimed to develop: […] cross societal IL and committed to a new project that would promote its understanding and development in education, the workplace, and the wider community in Wales. 22
A key output of this project was the National Information Literacy Framework for Wales. In the closing conference in March 2015, case studies of librarians working in collaboration across the sectors were presented. It was agreed that a steering group would continue to meet, at least annually, and that the project will continue to have a presence on the Welsh Libraries website. The CILIP IL Group agreed host the resources on their website and they maintain links with the steering group through the ILG Vice-Chair.
IL and the UK library profession The UK’s professional body for librarians, CILIP was relatively slow to recognise and define IL and it was not until 2004 that they created a definition of IL working with members of the emerging IL Group. They defined IL as: […] knowing when and why you need information, where to find it, and how to evaluate, use and communicate it in an ethical manner.23
It was an important step to recognising the value of IL across the UK library profession, not just within the higher education sector. However, the interest in IL had first developed more than five years earlier. The late 1990s saw a growing interest in IT skills, IL and e-learning and several Glasgow based universities established a conference in 2000 known as E-lit (or E-literacy) in 2000 which looked at the overlapping concepts. The conference proved to be popular with librarians and in many ways this event cemented the idea of establishing a professional group for librarians and hosting a conference. Up until this point the community was largely served by a listserv, known as LIS-INFOSKILLS (which was later renamed as LIS-INFOLITERACY and now has a membership of 1,949). Consequently in March 2003 a small group of librarians (many of whom had attended E-lit in 2002) convened at Imperial College London to discuss establishing a special interest group for librarians interested speci-
22 Head, Joy & Cathie Jackson: The Welsh IL Project: First steps in developing an information literate nation. Journal of Information Literacy (2011) No. 1. P. 99. 23 CILIP Definition of IL (2004). http://www.cilip.org.uk/cilip/advocacy-campaigns-awards/advocacy-campaigns/information-literacy/information-literacy (Stand: 09.07.2015).
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fically in IL. It was agreed that the group would petition CILIP to create a new special interest group for librarians. At the time CILIP was undertaking a review of its groups and the decision was subsequently taken to create an IL sub-group reporting to the Community Services Group. The newly formed CSG-IL group established in January 2004 under the leadership of Debbi Boden, who became the first chair of the group. From the outset the committee looked to reach librarians working beyond the higher education sector, and representatives from public libraries, special libraries, and school libraries were sought to join the committee. However, the majority of the committee were from the higher education sector. One of the first actions of the newly convened group was to start planning a conference on IL. It was agreed this would be held at Imperial College and they started to plan an event for March 2004. The conference was named LILAC (Librarians’ Information Literacy Annual Conference) and the first event attracted over 100 delegates and took place over two days. The parallel programme was put together following a call for papers and a peer review process. It proved to be a great success and plans were quickly put in place to repeat the conference the following year. LILAC quickly became a regular feature on the library conference circuit, attracting some important keynote speakers and moving around the country from London to Leeds, Manchester to Liverpool. By the time of its 10th anniversary in 2014, LILAC had attracted delegates from over 30 different countries and had a reputation for inspirational keynote speakers, an excellent parallel programme, cutting edge themes and fun social events. It was an important vehicle for spreading knowledge about IL in the library community. Meanwhile, the ILG became a full special interest group of CILIP in July 2012, which gave the group greater recognition and a number of benefits (current membership 1,082).
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Jane Secker, Geoff Walton
Journal of Information Literacy ILG were also keen to support research in the IL field, and the founding committee included a number of academics in the LIS field. It was agreed to establish a peer reviewed open access journal in 2007, known as the Journal of Information Literacy. Technical support to host the journal was provided by the Loughborough University and the first editor-in-chief was Sheila Webber from the University of Sheffield. The journal aimed to publish high quality research in IL, as well as encouraging practitioners to share best practice. The journal gained in reputation, particularly under the editorship of Susie Andretta who attracted a number of international members to join the editorial board. The current editor-in-chief is Dr Emma Coonan. The journal is indexed in EBSCO, SCOPUS and LISA and uses a double blind review system to publish high quality research papers. Members of the current editorial board include: Dr Annemaree Lloyd, Dr Ross Todd, Professor Dorothy Williams, Dr Mark Hepworth, Ruth Stubbings and Dr Jane Secker, among others.
The IL website and online learning In 2006 the group created a website to promote understanding of IL more widely, collaborating with a number of organisations both within and outside the library sector. They purchased a domain and established an editorial team for sourcing content for the site. The website exists today as an important source of information about IL in the UK (and worldwide) and good practice in the field. It is now maintained by the ILG and has a blog as part of the site, so is an important way to keep up to date.24 The group also sought to raise awareness of IL amongst library professionals and decided to make use of new technology to develop an online professional development course on IL aimed at the public library sector. Known as POP-I, this course was developed in 2006 as a partnership between Imperial College London and Bradford City Council. It was launched in recognition of the role that public libraries played in teaching IL skills to the wider public as part of tackling the digital divide. The course was subsequently modified and launched as course available to all librarians, known as LOLLIPOP. These resources are currently being reviewed with the plan to re-launch them in 2016. The group has also been committed to the idea of releasing these materials as open educational resources, licensed under Creative Commons. In 2013 ILG created a Community of Practice for online IL teaching known as Co-PILOT.25 The group aims to support and encourage the development and sharing of IL teaching materials as open educational resources, primarily within the UK, however representatives
24 http://informationliteracy.org.uk (Stand: 30.07.2015). 25 http://www.cilip.org.uk/information-literacy-group/about/copilot (Stand: 30.07.2015).
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from the group have spoken at international conferences including at the World Open Education Summit at UNESCO in June 2012. Social media is also exploited and ILG currently have 3,241 followers on Twitter and 890 on LinkedIn. In addition, LILAC, COPILOT and the Journal of IL all maintain a presence on social networking sites.
Recent UK IL initiatives: research bursaries In April 2014 at LILAC, the ILG launched its Research Bursary Scheme, offering funds of up to £ 10.000 for high quality research. The idea behind the bursaries was the belief that although research into the effectiveness of IL has been published fairly widely, there are pockets of research that have either not taken place at all or have not reached beyond the academic domain. These areas include research in the third sector, various aspects of the workplace, citizenship, and elsewhere. There are two rounds of funding, in July and December and bursaries might be used, for example, to pay for staff to be released to work on a research project by funding appropriate cover for unpaid leave (2–3 months). There are a number of stipulations for receipt of the funding, for example the principal investigator (the person who leads the research) must be a member of the CILIP ILG. This funding is not designed to replace existing academic researchers (i. e. those funded to do an MA, MSc or PhD), but rather to help practitioners to gather evidence or conduct action or field research. ILG have launched this scheme to fund projects that show collaboration between sectors, have tangible benefits for exploitation beyond HE, address current issues outside librarianship and show potential for further larger scale research. Since the scheme was launched, three projects have been funded and are discussed in the next section.
Go Digital Newcastle (Becky Cole) The ILG awarded £6000 to fund a pioneering scheme bringing together public and commercial organisations, local charities and community groups to create a digital support network for residents and businesses in Newcastle upon Tyne. As more services become predominantly or exclusively online, those without the means or IL skills to access the internet are at increasing risk of isolation. Newcastle – like many cities in the UK –has a vibrant third sector, active community groups and a wealth of education providers offering free or low cost internet access and training. Yet those who need this most either aren’t aware of the benefits (and increasing necessity) of being online, don’t know that help is available, aren’t comfortable in the environments where assistance is offered, or are unwilling to ask for help.
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One of the primary strategies was to engage and upskill sections of the city’s workforce that are either digitally excluded themselves, or who deliver support services directly to digitally excluded residents, and therefore have the potential to cascade basic digital skills to thousands of people. The study engaged twenty five staff working in key customer facing roles at Newcastle City Council in testing the appropriateness of a ‘Go Digital’ online learning module designed to prepare them to support the users of City Council services during the transition to online service provision. After completing the online training module, the majority of participants felt they had a better understanding of ‘Digital by Choice’ and some awareness of how to deal with its implications. This Digital by Choice approach will begin to enable the City Council to raise awareness of ‘digital by default’ – the government policy to move public services online. By working in and with Newcastle’s communities, organisations and businesses, and particularly those already involved with hard to reach, vulnerable residents (Jobcentre Plus, Your Homes Newcastle, Citizens Advice Bureau) it will act as a hub for digital support services across the city. The aim is to foster personal relationships and mutual trust in the pursuit of a shared objective (raising levels of information and digital literacy) and ensure that people in Newcastle have access to the support they need.
Determining the value of IL for employers (Stephane Goldstein and Drew Whitworth) The purpose of the project26 is to develop a methodology that will allow for the identification of quantitative and qualitative data that demonstrate the benefits of developing IL in the workplace and assess the return on investment of such initiatives. The approach is pragmatic and will propose a way of identifying and estimating the value that is added by IL; in other words, the value that is added by employing and training individuals that have appropriate and relevant know-how, competencies and skills in the use and handling of information and data, whatever form that takes. The value might be financial, but it might also relate to other factors that are important to enterprises, such as enhanced efficiency or competitive advantage. This will be achieved by identifying and engaging with two employers, one in the commercial sector and one in the public sector. The project will work with individuals who occupy relevant roles within these organisations in order to inform the development of a tool which can be subsequently deployed by employers or anyone interested in IL in the workplace, to demonstrate the value of IL.
26 http://www.researchinfonet.org/infolit/ridls/transferable-skills/il-value/(Stand: 30.07.2015).
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Learning, Lending, Liberty (Lauren Smith) Recent studies have identified a lack of research into the impact of school libraries in Scotland27, particularly in how they can contribute to the Curriculum for Excellence (CfE). Research in this area is of particular relevance in the face of significant proposed cuts to school library budgets in Scotland and cuts to education more widely across the UK. This project28 will identify how Scottish school libraries support the CfE in its curriculum areas and ‘four capacities’, including the capacity of young people to be responsible citizens. One aspect of responsible citizenship is political participation, which supports healthy democracy. This is also a fundamental value of libraries. This research will identify the role libraries played in supporting young people’s political participation in two major political events – the Scottish Independence Referendum 2014 and the UK General Election 2015. The project will also explore the information and IL needs of young people outside the school environment and identify how IL provision is vital to help them become informed and meaningfully participate in politics. Working in partnership with YoungScot, a young people’s information charity; the Scottish Library and Information Council (SLIC); The Right Information, Scotland’s IL community of practice; CILIPS; and researchers from the University of Strathclyde, this project will provide school librarians with the resources to advocate for the value of school library services not only for the educational attainment of pupils but also for the development of responsible citizens who are able to meaningfully participate in political processes. The project will also provide the library and information profession with research outputs that can be used as advocacy tools and examples of the role of libraries in supporting democracy.
Impact of the scheme The impact of the Research Bursary Scheme is two-fold, firstly it enables high quality research to be undertaken, building links between ILG members and those outside the library sector. Secondly the projects raises the profile of ILG, as projects are starting to present at national and international conferences. The PI Becky Cole, this year, has presented papers about Go Digital Newcastle at LILAC, Information: Interactions and
27 Williams, Dorothy: Impact of school libraries on learning. 2013. http://www.scottishlibraries.org/ storage/sectors/schools/SLIC_RGU_Impact_of_School_Libraries_2013.pdf (Stand: 22.11.2014). 28 Learning, lending, liberty? Can school libraries be engines for youth citizenship? Exploring how school libraries in Scotland support political participation. https://learninglendingliberty.wordpress. com (Stand: 30.07.2015).
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Impact (‘I cubed’) and the CILIP national conference which led to a direct approach by a third sector to organization who are interested in working with ILG on the digital divide.
TeenTech: embedding IL in schools The ILG has always worked with professional groups for school librarians and has had a school library representative on the committee since the group was founded. In UK schools the existence of school libraries and professionally qualified staff is a mixed picture. There is no statutory right that schools will have a library, even at secondary level. Many who work in higher education bemoan the lack of IL skills being developed at school level, which make it harder for students to succeed when they get to university. However, there are a number of highly qualified and dedicated school librarians who are making a difference and managing to embed IL into the mainstream curriculum. Part of the problem in the UK is the lack of explicit recognition for IL in the National Curriculum for which all state funded schools can adhere to. OFSTED (the body who inspect schools for standards) also do not recognise IL explicitly when they inspect schools for quality standards. However, there has been some progress in certain subject areas and in specific key stages. The launch of the Extended Project Qualification (EPQ) which many high achieving schools follow has also been a valuable opportunity to embed research and IL into the curriculum as it requires students to undertake a piece of independent research. A British Academy funded project29 is currently investigating this issue as part of research into information discernment in young people. However in March 2015, ILG made a breakthrough in the schools sector by teaming up with an initiative known as TeenTech30, which promote science, technology and innovation to the 11–16 year age range. This new partnership was the result of a productive meeting that the Chair of ILG and Stéphane Goldstein (representing InformAll) held in January 2015 with Maggie Philbin, CEO of TeenTech, about the UK Digital Skills Task Force’s interim report, Digital Skills for Tomorrow’s World31. The idea to launch a new award that recognises excellence in research and IL came out of this meeting. The Award celebrates how well young people can dispel the ‘Google Generation’ myth and show that they can be truly information literate researchers as they explore their ideas to make life better, simpler or easier. Winners of the award will have demonstrated their ability to search intelligently across a range of resources,
29 https://proactiveandpassivescepticism.wordpress.com/(Stand: 30.07.2015). 30 http://www.teentech.com/(Stand: 30.07.2015). 31 UK Digital Task Force, Digital skills (wie Anm. 5).
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including search engines like Google, make excellent judgements about the information they have found, and put it to ethical use in their project. The Research and Information Literacy Award will be promoted to entrants in the TeenTech competition from September 2015, however in June 2015, four members of ILG joined representatives from industry and education to attend the TeenTech finals held at the Royal Society in London. Forty schools were through to the Final and this year the ILG judges scrutinised all the projects according to five criteria, to see how well the students performed in terms of IL. From next year the projects will receive dedicated guidance and support from ILG, but this year they were judged without this support. The judges were looking for projects that had used a variety of information sources, performed well constructed search strategies, evaluated the information they found, used and synthesised it to inform their project and appropriately acknowledged their sources. Birkdale School in Sheffield was the overall winner and ILG as a sponsor of TeenTech are not only getting librarians’ expertise recognised in the school sector, but also as a key player in the development of future science and technology leaders.
Advocacy outside the library field ILG have a key ambition to build more links with those interested in IL, but who might be less familiar with the term, outside the library world. In 2015 progress towards this objective was made when it was agreed to invite the Head of Learning from the Trade Union Centre (TUC) to present a keynote at LILAC. Tom Wilson and Julia Jones from the TUC have held several fruitful discussions with members of ILG and Stephane Goldstein and it became clear that although trade union were not familiar with the term, IL underpinned much of the activities of trade union members. Since this date, the Chair of ILG spoke at a UnionLearn meeting about the possibility of librarians and IL specialists working with trade union members on future projects. Similar discussions are currently ongoing with UCISA, the body that represents IT staff in higher education and with AGCAS, the Association of Graduate Careers Advisory Services. In the next six months ILG plan to recruit an Advocacy and Outreach Officer to their committee to assist further with this work.
Advocacy and lobbying Advocacy and lobbying is becoming a key part of the work of the IL group in the UK. This final section includes our recommendations about how to foster a wider understanding of IL outside the library world.
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Our manifesto for action is: – Work out what the language of IL is that others outside the profession use and what their priorities are. In the UK any link around developing the digital economy is essential. In other words, terminology matters – speaking in library speak is easy to do when we spend so much time talking to like-minded individuals in our profession, not so beyond our walls. – Get out of the ‘library bubble’ – librarians love talking to each other and attending conferences but the key here is to start talking about IL at other people’s conferences. For several years there were ideas that other professionals should attend LILAC, but this conference is for librarians. However in addition to sharing best practice here we need to infiltrate conferences in subject disciplines and other professional areas. – Recognise IL for what it is in its widest sense – it’s not just skills that are helpful at university, it is skills for life. We need to be clear about what our broadest ambition is – it is less about teaching someone how to search a library database and more about equipping them with critical evaluation skills. – Collect evidence; what works is what matters – those converted to the value of IL will then become our champions and the most powerful experience for the authors of this chapter was hearing students talking about why IL matters to them and why it was helpful for their studies and their lives. – Create a stakeholder map and target key individuals – it isn’t possible to reach everyone, a priority list is essential, as well as how to reach them. – Be bold – policy makers are key and so we will be: writing to government ministers, responding to consultations, politically astute and thinking big. It isn’t always about going to the top, if our university vice-chancellors won’t listen, identify who is it that they listens to? These are the people to target, then they can put pressure on the senior managers in organisations. – Aim to talk to someone outside the library world every week about why IL matters and why it’s not a ‘library issue’ but a basic human right.
Conclusion IL in the UK has come a long way in the past 20 years, as many librarians now recognise this as a key part of their role regardless of the sector they work in. Activities range from formal teaching as part of course curriculum to ad-hoc sessions at the enquiry desk. Leadership, continuing professional development, good practice in terms of research and practice and funding is offered by ILG, who foster and develop an understanding of IL across the library profession. However, the group feel there is much work still to be done to ensure librarians get recognition for their expertise, particularly as terminology around digital skills and digital literacy is gaining much
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ground politically in the UK. ILG continue to promote good practice in the library sector, running professional development events, conferences and publishing a peer reviewed journal, but a key challenge over the coming years is for advocacy outside the library sector and to build links with other professional groups and networks. We will also continue to fund research that demonstrates the wider impact of IL for people in all walks of life and to move us closer to the origins of Paul Zurkowski’s vision he so eloquently stated back in 1974.
Fabian Franke, Benno Homann
Informationskompetenz in Deutschland Abstract: Die Bibliotheken in Deutschland engagieren sich seit der Jahrtausendwende verstärkt bei der Vermittlung von Informationskompetenz und sehen sie als eine ihrer Kernaufgaben an. Positiv haben sich auf diese Entwicklung die Positionspapiere wissenschaftlicher und politischer Gremien, die Kooperation sowie Professionalisierung der Bibliotheken im Bereich der Informationskompetenz ausgewirkt. Die Erfolge zeigen sich in den wachsenden Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen und der steigenden Qualität der Veranstaltungsangebote. Keywords: Informationskompetenz, Wissenschaftspolitik, Regionale Arbeitsgruppen, Standards statistische Entwicklung, Professionalisierung, Deutschland
Etablierung der Förderung von Informationskompetenz Schulungen für Benutzerinnen und Benutzer haben eine lange Tradition an deutschen Bibliotheken, die bis in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreicht. Mit der Übersetzung der amerikanischen „Information Literacy Standards“ der American Library Association1, der Entwicklungen in der Informationstechnologie und durch die SteFi-Studie vollzog sich jedoch ab der Jahrtausendwende ein grundlegender Wandel bei den Inhalten, Konzepten, Umfang und der Qualität der Schulungsaktivitäten.
1 Homann, Benno: Standards der Informationskompetenz – Eine Übersetzung der Amerikanischen Standards der ACRL als argumentative Hilfe zur Realisierung der „Teaching Library“. In: Bibliotheksdienst (2002). S. 625–637. Dr. Fabian Franke ist Direktor der Universitätsbibliothek Bamberg und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Informationskompetenz im Bibliotheksverbund Bayern sowie der Gemeinsamen Kommission Information des Deutschen Bibliotheksverbands und des Vereines Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Benno Homann ist Fachreferent an der Universitätsbibliothek Heidelberg für sozial- und verhaltenswissenschaftliche Fächer und Leiter des Referats für Schulung, Informationskompetenz und Fortbildung. Außerdem ist er Lehrbeauftragter der Universität Heidelberg in den Fächern Politikund Bildungswissenschaft. Mitglied im Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg. Executive-Member der „Information Literacy Section“ der IFLA (2000–2005). Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des ZPID (2006–2013). Mitglied der Gemeinsamen Kommission Informationskompetenz von DBV und VDB (2012–2015). Weitere Informationen zur Person und Publikationen: http://www.ub.uni-heidelberg.de/schulung/schulungskonzept/CVhomann.html.
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Die Digitalisierung zuerst der Kataloge, dann der Bibliographien und schließlich der Buch- und Zeitschriftenbestände eröffnete für die Bibliotheksnutzung neue Recherche- und direkte Zugriffsmöglichkeiten auf Bibliotheksbestände. Zusätzlich etablierten sich neue Informationsanbieter und mit dem SocialWeb entwickelten sich neue Kommunikations- und Kollaborationsgebote, die die Trennung von Informationsproduzierenden und Informationskonsumierenden zunehmend aufweichen. Inzwischen kann jeder Internetnutzende über BLOGs oder Facebook oder YouTube eigene Texte oder Videos zugänglich machen. Einerseits eröffnen sich so neue Möglichkeiten der Vermittlung von Informationen und Kooperation beim Lernen und Publizieren, aber andererseits ergeben sich neue Anforderungen, da Urheberrechte und Datenschutz zu beachten sind. Das steigende Potenzial an möglichen Inhalten und die Orientierung an professionellen Vermittlungsmethoden führten zu einer Änderung bei den Schulungskonzepten der Bibliotheken. Die effiziente Nutzung u. a. von Katalogen, Datenbanken, Fachportalen, Open-Access-Publikationen, Zugriffsbedingungen für E-Journals, Informationsmanagement mit Literaturverwaltung und Publikationsanforderungen lassen sich nicht mehr in einer zweistündigen Schulung vermitteln. Aus diesem Grund entwickelten insbesondere die großen wissenschaftlichen Bibliotheken modulare Schulungskonzepte mit thematisch unterschiedlichen Schulungen, die aufeinander abgestimmt sind. Der Umfang und die Art der zu vermittelnden Inhalte führten auch zu didaktisch-methodischen Neukonzeptionen, deren Bezugspunkte die Bedürfnisse von Informationssuchenden bildeten. Daraus resultierten eine stärkere Differenzierung der Schulungsangebote nach Zielgruppen und eine verstärkt aktivierende Gestaltung der Veranstaltungen sowie die Erstellung komplementärer Online-Lernangebote. Die Anforderungen wissenschaftlicher Gremien bilden die Grundlage der Etablierung und Professionalisierung der bibliothekarischen Schulungsaktivitäten. Die Bibliotheken reagieren mit verstärkten Kooperationsaktivitäten und neuen Konzepten, die zu einem signifikanten Anstieg der Veranstaltungs- und Teilnehmendenzahlen führen.
Wissenschaftspolitische Positionen Das neue Verständnis von Informationskompetenz in Deutschland wurde um die Jahrtausendwende durch zwei Ereignisse getriggert: von bibliothekarischer Seite durch die Übersetzung der Information Literacy Competency Standards der Association of College and Research Libraries ins Deutsche 2002 und aus wissenschaftspolitischer Sicht durch die so genannte SteFi-Studie „Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hochschulausbildung“ 2001, die deutliche Defizite der Studierenden und Hochschullehrenden bei der innovativen Mediennutzung festgestellt hat.
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Kernaussagen der SteFi-Studie sind: – Studierende wie Hochschullehrende haben ihre Kenntnisse zur Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Informationen unsystematisch erworben. – Die Verankerung der Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Lehre ist unzureichend. – Die Mehrheit der Hochschullehrenden plädiert für einführende Informationskompetenz-Lehrveranstaltungen. In der Folgezeit entstanden zahlreiche Strategiepapiere, die die Bedeutung von Informationskompetenz als wichtige Schlüsselqualifikation in der Wissensgesellschaft betonen. Die für die Rolle der Bibliotheken wichtigsten Empfehlungen und Stellungnahmen aus Politik und Wissenschaft werden hier kurz dargestellt. Ein Anspruch auf Vollständigkeit besteht nicht.
Wissenschaftsrat Der Wissenschaftsrat stellt in seinen „Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken“ 2001 – analog zur SteFi-Studie – fest, dass die Hochschulbibliotheken sich noch nicht hinreichend zu Zentren der Versorgung mit digitalen Informationen und Publikationen entwickelt haben und die Lehrenden und Lernenden mit entsprechenden Schulungen und Dienstleistungen nicht in ausreichendem Maße unterstützen. Konsequenterweise fordert er deshalb: „Der Verbesserung der Nutzerkompetenz (information literacy) muss die Bibliothek in Kooperation mit anderen Einrichtungen der Hochschule durch das aktive Angebot geeigneter Benutzerschulungen verstärkt Rechnung tragen.“ Im Jahr 2001 sieht der Wissenschaftsrat also die Hochschulbibliothek in einer tragenden Rolle bei der Vermittlung von Informationskompetenz. 2012 hat sich der Fokus des Wissenschaftsrats jedoch verschoben. Die „Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Wissenschaftlichen Informationsinfrastrukturen in Deutschland bis 2020“ konstatieren zwar weiterhin große Defizite insbesondere bei der Bewertung von Informationen aus dem Internet. „Viele Anbieter im Web verzichten auf eine Qualitätsprüfung ihrer Daten […]. Die Nutzerinnen und Nutzer sind darauf heute in der Regel noch unzureichend vorbereitet. Sie können schwer ermessen, ob die im Internet recherchierten Daten und Informationen tatsächlich darüber informieren, worüber sie zu informieren vorgeben, ob sie aktuell und vollständig und ob die Datenquellen glaubwürdig sind. Der Umgang mit diesen Medien und den in ihnen verfügbaren Informationen verlangt von den Nutzerinnen und Nutzern daher die Beherrschung einer vergleichsweise neuen Kulturtechnik und damit verbunden den Aufbau von spezifischer Medien- und Informationskompetenz (Medienbildung).“
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In der Pflicht sieht der Wissenschaftsrat nun die Schulen und Hochschulen. Bibliotheken erwähnt er nicht mehr explizit, jedoch spricht er von „Infrastruktureinrichtungen“, mit denen die Schulen und Hochschulen zusammenarbeiten sollen: „Der Wissenschaftsrat spricht sich dafür aus, dass die insbesondere Informations- und Medienkompetenz (Medienbildung) für den digitalen Bereich umfassende Kulturtechnik bereits im schulischen Fachunterricht erworben und im Rahmen jedes grundständigen Studienganges an Hochschulen vertieft wird.“ „Die Schulen und Hochschulen haben in Zusammenarbeit mit Informations infrastruktureinrichtungen hier eine disziplin- und fächerübergreifende Aufgabe, deren gesellschaftliche Bedeutung erheblich ist und für die entsprechende personelle Ressourcen bereitgestellt werden müssen.“
Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ Die Enquete-Kommission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestags hat sich in ihrem Zwischenbericht Bildung und Forschung 2013 ausführlich mit Informationskompetenz beschäftigt. Sie stellt die Vermittlung von Informationskompetenz in den Kontext des lebenslangen Lernens: „Die Vermittlung von Informationskompetenz stellt Lehrende und Lernende in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen angesichts des ‚Information Overflow‘ und der notwendigen Kenntnis der entsprechenden Werkzeuge, die benötigt werden, um relevante und zuverlässige Informationen filtern zu können, vor große Herausforderungen.“ „Untersuchungen belegen, dass diesen Herausforderungen noch nicht hinreichend begegnet wird und auch die damit verbundenen Chancen beziehungsweise Möglichkeiten noch nicht ausreichend genutzt werden. So ist etwa an Schulen und Hochschulen nach wie vor zu beobachten, dass Schüler und Studierende komplexe Informationsrecherchen auf einfache Suchmaschinenanfragen reduzieren. Relevante Kompetenzen im Umgang mit den mächtigen Retrieval-Werkzeugen im Internet bei Lehrenden und Lernenden zu stärken, gehört daher zu den Aufgaben des sich im Wandel befindlichen Bildungssystems.“ Zur Lösung dieser Probleme schlägt die Kommission insbesondere den verstärkten Einsatz von E-Learning vor: „Deshalb sollte E-Learning stärker in die Curricula und in die hochschuldidaktische Fortbildung integriert werden. Beispielsweise ließen sich Trainings- und Fortbildungsangebote in das Dienstleistungsspektrum der Universitätsbibliotheken und Medienzentren einbinden. Bei der Planung entsprechender Angebote sollten die konkreten Bedürfnisse von Studierenden und Lehrenden im Mittelpunkt stehen. Auch die
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entsprechenden Konsequenzen für die Personalplanung sollten bei der Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsangeboten gleich zu Beginn berücksichtigt werden.“ Hierbei nennt sie explizit die Universitätsbibliotheken als Akteure und weist auch darauf hin, dass entsprechende Personalressourcen bereitgestellt werden müssen.
Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur (KII) 2011 hat die Kommission Zukunft der Informationsinfrastruktur im Auftrag der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz des Bundes und der Länder ein Gesamtkonzept für die Informationsinfrastruktur in Deutschland erarbeitet. Eines der dort behandelten acht Handlungsfelder ist die Informationskompetenz – ein unübersehbares Zeichen, dass der Aufbau von leistungsfähigen Informationsinfrastrukturen ohne die Vermittlung von Informationskompetenz undenkbar ist: „Das Wissen um die Bedeutung von Informationskompetenz muss prinzipiell in allen Teilen der Gesellschaft verankert werden. Die Vermittlung sollte bereits in der Schule ansetzen und weitergehend an den Universitäten und Hochschulen flächendeckend systematisch und die modernen und aktuellen Unterrichtsmaterialien erfolgen, die hohen pädagogisch-didaktischen Ansprüchen genügen.“ Das Gesamtkonzept enthält klare Empfehlungen für die Organisation der Vermittlung von Informationskompetenz in der Wissenschaft: – Ausweitung zielgruppenorientierter Maßnahmen für Studierende und Wissenschaftler, – Übertragung der Koordination an die Hochschulrektorenkonferenz, – Entwicklung und Bereitstellung fachspezifischer Angebote (Fortbildungen und E-Learning), – Verankerung in den Curricula und in den Schulen, – Wissenschaftliche Ausbildung in informationswissenschaftlichen und disziplinspezifischen Studiengängen, – Anpassung und Etablierung neuer Berufsfelder, – Ausbau von Forschungsprogrammen, – Weiterbildung der Kompetenzträger. Hervorgehoben wird die Bedeutung der Hochschulbibliotheken: „Die Universitätsbibliotheken sind in ihrer Aufgabe zu unterstützen, die Grundversorgung an Informationskompetenzvermittlung in allen grundständigen und weiterführenden Studiengängen, aber auch für das wissenschaftliche Personal zu leisten.“
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„Für die Entwicklung, den Aufbau und die Pflege intelligenter Systeme und zentraler, effektiver Organisationsformen müssen entsprechende Mittel und Ressourcen bereitgestellt werden.“
Hochschulrektorenkonferenz Ein Meilenstein für die Stärkung der Vermittlung von Informationskompetenz an den Hochschulten, der Verankerung in den Curricula in den Studiengängen und für die Anerkennung der Rolle der Hochschulbibliotheken stellt die Entschließung der Hochschulrektorenkonferenz „Hochschule im digitalen Zeitalter: Informationskompetenz neu begreifen – Prozesse anders steuern“ dar.2 Für die Bibliotheken ist es ein großer Erfolg, dass die Hochschulleitungen ihre Aufgaben herausstellen und ihre Wichtigkeit betonen: „Vermittler von Informationskompetenz sind die Fakultäten und Fachbereiche, die Bibliotheken, Rechenzentren und Medienzentren.“ „Die geeigneten Ansprechpartner für die Lehrenden sind – von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich – die Bibliotheken, Rechenzentren, Hochschuldidaktischen Zentren sowie die Medien- und E-Learning-Zentren.“ Als neues Tätigkeitsfeld in Bibliotheken sieht die Hochschulrektorenkonferenz den „Data Librarian“: „Da die neuen Anforderungen an die bestehenden Kompetenzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulbibliotheken und der Rechenzentren anschließen können (z. B. im Metadatenmanagement), sollte in der Ausbildung eine Erweiterung des Kompetenzprofils angestrebt werden. In Deutschland sind aktuell zwei Kompetenzerweiterungen in der Diskussion: die des ‚Data Librarian‘ (eine hochqualifizierte, auch fachwissenschaftlich ausgebildete Informationsfachkraft, die im engen Austausch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern Daten organisiert und dadurch den Forschungsprozess unmittelbar unterstützt).“ In ihren Empfehlungen greifen die Präsidenten der deutschen Hochschulen viele Forderungen auf, die Bibliotheken schon lange geäußert haben: „Zur Stärkung der Informationskompetenz der Studierenden ist es erforderlich, dass entsprechende Lehrangebote ausgebaut, stärker als bisher curricular verankert und möglichst flächendeckend angeboten werden.“ „Um die Informationskompetenz aller Lehrenden zu sichern, sollten diese mehr als bisher entsprechende Fortbildungs- und Trainingsangebote wahrnehmen. Die Hochschulleitungen sollten dafür Sorge tragen, dass entsprechende attraktive Angebote zur Verfügung gestellt werden.“
2 Siehe dazu auch den Beitrag von Ulrich Meyer-Doerpinghaus in diesem Band.
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„Auch die Informationskompetenz der Forschenden muss ausgebaut werden, indem entsprechende Qualifizierungsangebote wahrgenommen und Qualifikationsmaßnahmen stärker als bisher z. B. in den Curricula der Graduierten- und Postgraduiertenausbildung verankert werden.“ „Innerhalb der Hochschulleitung muss daher eine Person für die Themen ‚Informationsinfrastruktur‘ und ‚Stärkung der Informationskompetenz‘ verantwortlich und Ansprechpartner sein.“ „Was die Dienstleistungen angeht, wird insbesondere empfohlen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Hochschulbibliotheken und Rechenzentren ihre Kompetenzen erweitern, um die Forscherinnen und Forscher beim Datenmanagement besser unterstützen zu können.“
Bibliothekarische Netzwerke und Kooperationen Die Bibliotheken nahmen diese Vorlagen aus Wissenschaft und Politik gerne auf und gründeten in der Zeit von 2002 an regionale Arbeitsgruppen und Netzwerke Informationskompetenz: – AG Informationskompetenz der AG Universitätsbibliotheken Nordrhein-Westfalen (2002), – Netzwerk Informationskompetenz Baden-Württemberg (2002), – AG Benutzerschulung im Landesverbands Thüringen des Deutschen Bibliotheksverbands (2002), – AG Informationskompetenz im Bibliotheksverbund Bayern (2006), – AG Informationskompetenz im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (2006), – Netzwerk Informationskompetenz Hessen (2007), – Netzwerk Informationskompetenz Sachsen (2007), – AG Informationskompetenz Rheinland-Pfalz und Saarland (2008), – Netzwerk Informationskompetenz Berlin-Brandenburg (2010). Die Ziele dieser Netzwerke seien hier exemplarisch für die Arbeitsgruppe Informationskompetenz des Bibliotheksverbunds Bayern genannt: – Formulierung von Standards, – Unterstützung der Fachleute vor Ort, – Koordination von „Best Practice“. Erarbeitet wurden Standards der Informationskompetenz für Studierende, für Schülerinnen und Schüler und für Promovierende. Dazu gibt es Checklisten und Empfehlungen für die methodisch-didaktische Umsetzung und die organisatorischen Rahmenbedingungen:
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– Standards der Informationskompetenz für Studierende (2007), – Standards der Informationskompetenz für Schülerinnen und Schüler. Das Angebot der wissenschaftlichen Bibliotheken (2011), – Checkliste für die Durchführung von Lehrerfortbildungen an wissenschaftlichen Bibliotheken (2014), – Leitfaden zur Durchführung von Informationskompetenzveranstaltungen für Promovierende (2014). Sowohl die Frequenz der Treffen als auch das Output der einzelnen Arbeitsgruppen ist allerdings sehr unterschiedlich. Arbeitsergebnisse und Protokolle sind auf dem Portal „www.informationskompetenz.de“ zu finden. Die Erstellung dieses Portals 2002 durch die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn war ein bedeutender Schritt für die Außenwirkung und die Vernetzung der Bibliotheken. Es dient als Informations- und Austauschplattform, präsentiert Positionspapiere und Konzepte, führt die IK-Statistik und stellt Angebote für Schulen vor. Das Portal wurde später von der Universitätsbibliothek München übernommen und wird derzeit vom Deutschen Bibliotheksverband betreut.
Gemeinsame Kommission Informationskompetenz Als bundesweite Koordinatoren der bibliothekarischen Aktivitäten zur Vermittlung von Informationskompetenz und zentrale Ansprechpartnerin für die Hochschul- und Bildungspolitik fungiert seit 2012 die Gemeinsame Kommission Informationskompetenz des Deutschen Bibliotheksverbands und des Vereins Deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare. Zu ihren Aufgaben gehört u. a. das Monitoring der Aktivitäten zur Vermittlung von Informationskompetenz an deutschen Schulen und (Fach-) Hochschulen, die Koordination des Portals www.informationskompetenz.de, die Erarbeitung eines Referenzrahmens Informationskompetenz für alle Bildungsebenen und die Anregung von Förderprogrammen und Einwerbung von Drittmitteln für Projekte zur Erprobung und Evaluierung von Maßnahmen, Studien und Forschungsprojekten zur IK. Die Kommission führt einen jährlichen Best-Practice-Wettbewerb Informationskompetenz und einen regelmäßigen Round Table mit den regionalen Arbeitsgruppen und Netzwerken durch und hat die Stellungnahme des Deutschen Bibliotheksverbands zur Entschließung der Hochschulrektorenkonferenz erarbeitet. Die Bibliotheken schlagen vor: – Zur Stärkung der Informationskompetenz der Studierenden ist die Vermittlung von Informationskompetenz in den Curricula der Studienfächer zu verankern, wobei anerkannte Standards der Informationskompetenz für Studierende in den Studienordnungen umzusetzen sind.
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– Zur Sicherung der Informationskompetenz der Lehrenden und Forschenden sind den Hochschulbibliotheken die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie verstärkt Projekte und Veranstaltungen zu forschungsbezogener Informationskompetenz, zum elektronischen Publizieren, zum Umgang mit Forschungsdaten und zu virtuellen Forschungsumgebungen durchführen und dabei auch E-Learning-Module einsetzen können. – Beim Aufbau hochschulinterner Strukturen zur Informationskompetenz sind die Hochschulbibliotheken in die Gremien der Hochschulen und der Hochschulleitungen einzubeziehen. – In die bibliothekarische Aus- und Fortbildung müssen didaktische Grundlagen und aktuelle Themenfelder der Informationskompetenz wie Informations- und Wissensmanagement, elektronisches Publizieren und Forschungsdaten eingebracht werden. – Zur Finanzierung einer wirksamen und nachhaltigen Förderung von Informationskompetenz müssen die Personalentwicklung an den Hochschulbibliotheken gesichert und Projekte zur Stärkung zur Informationskompetenz gefördert werden. Im Vergleich zu anderen Ländern befinden sich die Bibliotheken in Deutschland, die die Vermittlung von Informationskompetenz als Kernaufgabe begreifen, in einer günstigen Ausgangsposition. Die Bedeutung von Informationskompetenz wird von allen wichtigen Organisationen in Politik, Gesellschaft und Wissenschaft anerkannt. Durch die Bildung von Netzwerken und den Aufbau haben die Bibliotheken die notwendigen Infrastrukturen aufgebaut. Wie sieht es nun konkret mit der Umsetzung in die Praxis an den wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland aus? Darauf geht der folgenden Abschnitt ein.
Überblick über die deutschen Schulungsaktivitäten nach Bundesländern Die Etablierung von Schulungsaufgaben an deutschen Bibliotheken zeigt sich deutlich an der steigenden Zahl der Schulungsveranstaltungen. Besonders stark war der Anstieg bei den öffentlichen Bibliotheken. Hier stieg die Zahl der in der Deutschen Bibliotheksstatistik erfassten Veranstaltungen zwischen den Jahren 2001 und 2014 um fast 100 % auf 348.112 Veranstaltungen im Jahr 2014.3
3 Enthalten sind dabei auch in einem geringen Umfang Veranstaltungen, die sich nicht der Vermittlung von Informationskompetenz befassen, wie Ausstellungen oder Vorträge. Ihr Anteil betrug z. B. im Jahr 11 %.
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Schulungsveranstaltungen der Bibliotheken von 2001 bis 2014 Jahr
2001
2007
2009
2011
2012
2013
2014
Wissenschaftliche Bibliotheken
k. A.
41730
45.875
50.339
48.747
49.377
52.643
Öffentliche Bibliotheken
177.737
268.292
296.935
308.967
317.458
325.397
348.112
Abb. 1: Schulungsveranstaltungen der Bibliotheken von 2007 bis 2014. Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS).
Vergleichbare Zahlen liegen in der DBS-Statistik für die wissenschaftlichen Bibliotheken erst ab dem Jahr 2007 vor.4 Es ist davon auszugehen, dass der Anstieg jedoch ähnlich stark wie bei den öffentlichen Bibliotheken war. Dafür spricht der tendenziell vergleichbar Anstieg von 26 % bei den Wissenschaftlichen Bibliotheken und 30 % bei den Öffentlichen Bibliotheken in den Jahren 2007 bis 2014. Vorteilhaft bei der Etablierung von Schulungsaktivitäten sowohl bei den öffentlichen als auch wissenschaftlichen Bibliotheken wirkt sich aus, dass in fast allen Bildungs- und Lehrplänen der Bundesländer, die seit der Jahrtausendwende erstellt wurden, der Besuch und die Nutzung von Bibliotheken gefordert wird.5 Die erheblich höhere Zahl der Veranstaltungen an öffentlichen Bibliotheken bedarf allerdings einer Relativierung. Sie resultiert aus der höheren Anzahl der öffentlichen Bibliotheken. Für einen adäquaten Vergleich ist die Zahl der Veranstaltungen pro Bibliothek geeigneter. Wie eine entsprechende Analyse der Veranstaltungen im Jahr 2007 zeigt, wurden an öffentlichen Bibliotheken im Durchschnitt 45 Veranstaltungen durchgeführt, während die Aktivitäten der wissenschaftlichen Bibliotheken mit durchschnittlich 180 Veranstaltungen vier Mal so hoch waren. Hier wirkt sich vorteilhaft aus, dass viele wissenschaftliche Bibliotheken über mehr fachliche Ressourcen für eine Professionalisierung ihrer Schulungsangebote verfügen und dabei häufig auch noch Kontakte zu Bildungs- bzw. Erziehungswissenschaftlichen Einrichtungen nutzen können.
4 Im Unterschied zu den Öffentlichen Bibliotheken wurden Schulungsaktivitäten bei den wissenschaftlichen Bibliotheken lange Zeit nicht oder nur unzureichend statistisch in der DBS erfasst. Die systematische Erfassung ab 2007 dürfte wohl mit auf die erfolgreiche Arbeit der regionalen Arbeitsgruppen zurückzuführen sein, in denen sich engagierte wissenschaftliche Bibliothekare zur systematischen Förderung der Informationskompetenz organisierten. 5 Exemplarisch lässt sich dies aufzeigen am Bildungsplan für Gymnasien in Baden-Württemberg. Dort wird bei den „Bildungsstandards für Fach Deutsch, Gymnasium Klassen 6, 8, 10 Kursstufe“ die Einbeziehung von Bibliotheken bei Informationsrecherchen und -nutzung an mehreren Stellen gefordert. (Ministerium für Kultus und Unterricht Baden-Württemberg 2004).
510
Fabian Franke, Benno Homann
Auch bei einer differenzierten Sicht der Schulungsdaten lässt sich diese Tendenz für die meisten Bundesländer bestätigen. Land Berlin
2007
2009
2011
2012
2013
2014
Anstieg 2007–14
3 889
3 106
2 607
2 800
3 649
3 824
–1,67%
967
1 230
1 103
1 103
1 187
1 137
17,58%
Baden-Württemberg
5 891
5 714
6 088
6 608
6 564
7 256
23,17%
Bayern
6 384
8 008
11 110
11 292
12 215
12 065
88,99%
Bremen
669
534
548
622
589
580
–13,30%
Hessen
3 103
3 169
3 389
3 651
3 555
4 178
34,64%
Hamburg
1 020
931
845
670
545
2 062
102,16%
590
595
438
479
340
333
–43,56%
Nordrhein-Westfalen
6 421
7 809
8 788
8 344
7 923
8 185
27,47%
Niedersachsen
3 773
4 306
5 169
4 110
4 396
4 463
18,29%
Rheinland-Pfalz
1 358
1 091
924
897
1 201
1 190
–12,37%
Sachsen
3 205
3 846
3 953
4 010
3 451
3 575
11,54%
0
666
935
974
990
946
**
Schleswig-Holstein
324
349
849
868
843
802
147,53%
Saarland
370
370
253
166
0
196
–47,03%
2 948
3 758
3 102
2 020
1 929
1 851
–37,21%
40 912
45 482
50 101
48 614
49 377
52 643
28,67%
Brandenburg
Mecklenburg- Vorpommern
Sachsen-Anhalt
Thüringen Summe
Abb. 2: Anzahl der Schulungsveranstaltungen nach Ländern 2007–2014. Quelle: Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS).
Insgesamt stieg die Anzahl der Veranstaltungen zwischen 2007 und 2014 um 28,7 %. Prozentual den stärksten Anstieg verzeichnen dabei Hamburg und Schleswig-Holstein mit 147 bzw. 102 %. Nominal am stärksten waren die Veranstaltungen an den Hochschulen in Bayern (plus 5.681), in Nordrhein-Westfalen (plus 1.764) und BadenWürttemberg (plus 1.365). 52 % der Schulungsveranstaltungen entfielen im Jahr 2014 auf diese drei Bundesländer. Mit dem Anstieg in diesen drei Ländern konnten Rückgänge in anderen Bundesländern wie dem Saarland und Mecklenburg-Vorpommern kompensiert werden. In den Teilnehmendenzahlen spiegeln sich die zunehmenden Aktivitäten der Hochschulbibliotheken noch stärker wieder. Hier konnte bundesweit zwischen 2007
Informationskompetenz in Deutschland
511
und 2014 eine Steigerung um 74 % erreicht werden, wie aus folgender Tabelle zu ersehen ist. Land Berlin
2007
2009
2011
2012
2013
2014
Veränderung 2007–14
12 735
17 664
21 450
23 363
36 274
31 390
146,49%
8 152
13 272
13 160
15 405
14 804
14 504
77,92%
Baden- 34 744 Württemberg
55 722
66 282
74 451
74 507
72 237
107,91%
Bayern
50 339
82 087
113 932
114 064
122 339
119 117
136,63%
Bremen
6 287
6 674
7 133
8 430
8 579
8 342
32,69%
Hessen
28 109
32 687
36 991
36 898
39 334
46 842
66,64%
Hamburg
6 430
9 785
12 529
12 112
11 102
15 844
146,41%
MecklenburgVorpommern
6 357
6 727
7 106
5 796
5 471
5 553
–12,65%
NordrheinWestfalen
60 239
81 495
90 975
91 253
91 182
94 438
56,77%
Nieder sachsen
32 232
46 410
52 209
50 363
54 686
53 602
66,30%
RheinlandPfalz
10 232
12 197
11 535
11 506
13 532
15 983
56,21%
Sachsen
27 057
39 783
44 340
40 523
38 929
28 620
5,78%
SachsenAnhalt
8 658
7 215
11 238
10 479
9 990
9 500
9,73%
SchleswigHolstein
2 104
2 702
7 128
8 190
8 873
8 120
285,93%
0
3 750
2 602
3 899
0
2 310
**
21228
23773
26490
24482
22721
21515
1,35%
314 903
441 943
525 100
531 214
552 323
547 917
74,00%
Brandenburg
Saarland Thüringen Summe
Abb. 3: Anzahl der Schulungsteilnehmenden nach Ländern 2007–2014. Quelle: Deutsche Bibliothekstatistik (DBS).
Auch hier erzielten die Hochschulbibliotheken in Schleswig-Holstein und Hamburg hohe Steigerungsraten von 286 % bzw. 146 %. Hervorzuheben ist allerdings die Steigerung der Teilnehmendenzahl bei den Hochschulen in Berlin um 146 % oder 18.655 Teilnehmende. Interessant ist dabei, dass diese Steigerung bei einem gleichzeitigen Rückgang der Veranstaltungszahl erfolgte.
512
Fabian Franke, Benno Homann
Die meisten Teilnehmenden können auch hier wieder die Hochschulbibliotheken in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen verzeichnen. In diesen drei Ländern nutzen im Jahr 2014 über 286.000 Teilnehmende das Schulungsangebot, was einem Anteil von über 52 % aller Schulungsteilnehmenden, bezogen auf Gesamtdeutschland, entspricht. Auffällig ist ein leichter Rückgang der Teilnehmendenzahl im Jahr 2014 gegenüber 2014 um knapp 1 %. Besonders wirkt sich hier der Rückgang um über zehntausend Teilnehmende an den wissenschaftlichen Bibliotheken in Sachsen aus. Ursache hierfür sind Veränderungen im Schulungsangebot. So wurde an der SLUB Dresden das Angebot für Schülerkurse reduziert und das Angebot an Online-Lernmaterialien sowie Beratungen erweitert. Daraus wird deutlich, dass die DBS-Statistik in der derzeitigen Form einer Überarbeitung bedarf.
Qualitative Entwicklung der Schulungsaktivitäten – – – – – – – –
Organisatorische Form (z. B. Integration in Lehrveranstaltungen), Didaktische Form ( z. B. Vortrag, Übung), Niveau (z. B. Aufbau), Curriculare Integration (z. B. Wahlpflicht mit ECTS), Fachliche Ausrichtung (z. B. Philologien), Dozierendenmerkmal (z. B. höherer Dienst), Zielgruppe (z. B. Bachelor), Inhaltliche Schwerpunkte (z. B. Bibliotheksbenutzung).
Einen Überblick über die in der Datenbank des Portals IK.DE erfassten Schulungsdaten deutscher Hochschulbibliotheken vermittelt folgende Abbildung.
Informationskompetenz in Deutschland
513
30000 24356
25000
26136
20071
20000 15000
24674
19317
17620
16489
16404
14070
13292
10000 5000 0
2010
Schulungsanzahl
2688
2633
2154
2011
2012
Schulungszeit in Stunden
2868
2013
2244
2014
Schulungsteilnehmer in Hundert
Abb. 4: Kurse und Schulungen 2010 bis 2014. Quelle: informationskompetenz.de
Die auf IK.DE erfassten Schulungen stiegen bis zum Jahr 2013 auf 17.620 Veranstaltungen mit 286.800 Teilnehmende. Der Rückgang im Jahr 2014 resultiert vermutlich aus der Verunsicherung einiger Bibliotheken über die Weiterentwicklung des Portals, die auf eine Meldung verzichteten.
15 %
1%
bis 90 Min. 91 bis 270 Min. 270 bis 1080 Min. (2SWS)
84 %
Abb. 5: Veranstaltungen nach zeitbezogenen Schulungstypen in Prozent im Jahr 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
514
Fabian Franke, Benno Homann
Die meisten Schulungen sind nämlich mit einem Anteil von 84 % nur bis zu 90 Minuten lang. Es dominieren also Veranstaltungen, die sich auf einzelne Informationsangebote der Bibliotheken beziehen. Der Anteil der längeren Veranstaltungen einschließlich eigenständiger Lehrveranstaltungen von bis zu 2 Semesterwochenstunden beträgt 18 %. Hier können umfassendere Inhalte vermittelt werden. Diese prozentuale Verteilung änderte sich nur geringfügig in den Jahren 2010 bis 2014. Ein etwas anderes Bild ergibt sich, wenn der voraussichtlich für diese Schulungsdauertypen erbrachte Zeitaufwand zu Grunde gelegt wird, wie die folgende Abbildung zeigt.
12 % 52 % bis 90 Min. 36 %
91–270 Min. 271–1080 Min. (2 SWS)
Abb. 6: Zeitaufwand nach zeitbezogenen Schulungstypen in Prozent im Jahr 2014. Quelle: informa tionskompetenz.de.
Der Zeitaufwand für die Schulungsveranstaltungen mit längerer Veranstaltungsdauer ist damit beträchtlich höher. Es ist davon auszugehen, dass mindestens die Hälfte des Personalaufwands der Bibliotheken auf längere Schulungsveranstaltungen mit anspruchsvolleren Inhalten entfällt. Dafür spricht auch, dass kurze Schulungsangebote meist standardisiert sind, weil sie häufiger durchgeführt werden und der Ablauf sowie die Materialien einfach nachgenutzt werden können. Bei längeren, mehrteiligen Veranstaltungen, die teilweise sogar auf reguläre Lehrveranstaltungen abgestimmt werden müssen, ist der Aufwand für die Vor- und Nachbereitung erheblich höher. Hier bedarf es ergänzender Analysen zur Abschätzung des Personalaufwands, der bei einer curricularen Verankerung der Veranstaltungen und Erweiterung der Inhalte entsprechend den Standards der Informationskompetenz von den Bibliotheken zu erbringen ist. Wie aus der folgenden Grafik zu ersehen ist, ist bei 80 % der durchgeführten Veranstaltungen die Teilnahme freiwillig. Bei den Pflichtveranstaltungen handelt es sich i. d. R. um Schulungen, die im Rahmen einer Lehrveranstaltung durchgeführt werden.
Informationskompetenz in Deutschland
515
3% 17%
Wahlpflichtveranstaltungen Pflichtveranstaltungen Freiwillige Veranstaltungen
80% Abb. 7: Anteil der Veranstaltungen nach Lehrintegration im Jahr 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
Traditionelle Inhalte wie Einführung in die Bibliotheksbenutzung, die Kataloge, die Literaturdatenbanken und die Fernleihe dominieren dabei mit einem Anteil von 61 %, wie die folgende Abbildung zeigt.
516
Fabian Franke, Benno Homann
2%
4%
11 % 1%
1% 28%
6%
7%
17 % 23%
Informationskompetenz
Bibliotheksbenutzung
Suchstrategien
Kataloge und Datenbanken
Internetrecherche
Informationsverarbeitung
Rechtsfragen
Elektronisches Publizieren
Fernleihe
Sonstige Abb. 8: Themeninhalte der Veranstaltungen im Jahr 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
Bezogen auf ein umfassendes Verständnis von Informationskompetenz ist der Anteil der hier zuzuordnenden Inhalte wie Suchstrategien, Informationsverarbeitung, Elektronisches Publizieren oder Rechtsfragen noch gering. Wie an der folgenden Abbildung deutlich wird, zeichnet sich jedoch ein Anstieg ab.
Informationskompetenz in Deutschland
180% 160%
517
157%
140% 120% 100% 80% 60% 40% 20% 0%
39%
41% 26%
16% 1%
0%
1%
4%
–20%
Abb. 9: Schulungs- und Kursinhalte zwischen 2010 und 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
Bei den traditionellen Inhalten ist nur ein geringer Anstieg zu verzeichnen, während die anspruchsvolleren Themen, angeführt vom Elektronischen Publizieren, immer stärker nachgefragt werden. Dieser Trend zu anspruchsvolleren Inhalten zeigt sich auch bei einer Analyse der Veranstaltungen nach Studienniveau, wie die folgende Abbildung zeigt.
518
Fabian Franke, Benno Homann
12000 9886
10000 8865
Anzahl Schulungen
8474
8000
8429
7030
6000
4000 2645
2000
1614 381
0
2010 Bachelor
1758 380
2011 Master
944
2012
3074 2416 1142
2013
1115
2014
Doktoranden
Abb. 10: Veranstaltungen nach Studienniveau zwischen 2010 und 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
Dominant mit leicht steigender Tendenz sind zwar weiterhin Veranstaltungen für Bachelorstudierende, aber auffallend ist die steigende Zahl der Veranstaltungen für Masterstudierende, die sich seit 2010 mit damals 1.614 Veranstaltungen auf 3.074 Veranstaltungen im Jahr 2013 nahezu verdoppelt haben. Noch stärker ist der Anstieg bei den Veranstaltungen für Promovierende um fast 300 % auf 1.142 Veranstaltungen. Für diesen Bereich haben viele Bibliotheken in den letzten Jahren ihr Angebot beträchtlich ausgeweitet und qualitativ verbessert6, entsprechend den Forderungen der HRK. Neben den Niveausteigerungen und neuen Inhalten zeichnen sich bei den Bibliotheken Veränderungen bei der Organisation ab. Wie aus der folgenden Grafik zu ersehen ist, werden verstärkt studentische Tutorinnen und Tutoren sowie Lehrende als Multiplikatoren geschult.
6 Die Entwicklung des bibliothekarischen Angebots für Fortgeschrittene Studierende und Doktoranden wurde auch deutlich bei dem Best-Practice-Wettbewerb der Kommission für Informationskompetenz im Jahr 2014.
Informationskompetenz in Deutschland
519
900 806
800 699
700
584 579
576
600
507
500
481 Tutoren
400 290
300
0
Universitätsmitarbeiter
275
185
200 100
Lehrende
339
77
102 105
2010
119
2011
2012
2013
2014
Abb. 11: Veranstaltungen für Multiplikatoren 2010 bis 2014. Quelle: informationskompetenz.de.
So stiegen die Veranstaltungen für Lehrende und Tutoren in den letzten vier Jahren um die Faktoren 4 bzw. 7. Dies zeigt auch, dass das Thema und die Relevanz von Informationskompetenz im universitären Lehrbereich wahrgenommen werden und die Bereitschaft zu Fortbildungen und zur Integration in eigene Lehrveranstaltungen steigt. Bei der Vermittlung von Informationskompetenz nutzen die Bibliotheken verstärkt auch das Internet für Anleitungen, Online-Tutorials oder Blended-LearningAngebote. Die zunehmende Relevanz dieses Vermittlungsweges lässt sich exemplarisch verdeutlichen an der Nutzungsstatistik der Universitätsbibliothek Heidelberg in der folgenden Abbildung.
520
Fabian Franke, Benno Homann
120000
104402
100000
89459
80000 60000
20000 0
45901
34724
40000
19427 5349 2012
17389
14187
13501 2013
2014
Anleitungen Literaturverwaltung Kurzanleitungen zu Datenbanken und Katalogen Fach- und situationsbezogene Online-Tutorials Abb. 12:Nutzung von Online-Angeboten der UB Heidelberg 2012 bis 2014. Quelle: Aufrufstatistik der Universitätsbibliothek Heidelberg.
Die Nutzung der Online angebotenen Selbstlernmaterialien stieg innerhalb von 3 Jahre um über 400 %. Besonders beeindruckend ist der Anstieg bei den Anleitungen zu den Literaturverwaltungsprogrammen von 5.349 Aufrufen im Jahr 2012 auf 104.402 Aufrufen im Jahr 2014. Verstärkend macht sich hier auch die zunehmende Nutzung der Literaturverwaltungsprogramme, insbesondere EndNote, bemerkbar, das seit 2012 kostenlos von Studierenden und Dozierenden genutzt werden kann. Die meisten Anwenderinnen und Anwender erwerben sich die erforderlichen Kenntnisse lieber über die Online-Angebote als über Präsenzschulungen.
Fazit Das Wissen um die Bedeutung und Relevanz von Informationskompetenz ist in den vergangenen 15 Jahren sowohl in der Gesellschaft als auch in Bibliotheken stark gewachsen. Informationskompetenz ist auf der Tagesordnung von Politik und Wissenschaftsorganisationen. In den Strategie- und Positionspapieren wird dabei regelmäßig auch auf die Rolle der Bibliotheken bei der Förderung von Informationskompetenz hingewiesen. Erfreulicherweise ist dies oft auch mit der Forderung nach einer Stärkung der personellen und finanziellen Ressourcen der Bibliotheken verbunden. Die Hochschulbibliotheken haben auf die neuen Anforderungen durch die Bildung von Netzwerken reagiert und mit der Erarbeitung von Standards und Empfehlungen die Grundlagen für die erfolgreiche Vermittlung von Informationskompetenz gelegt. Es gibt hervorragende Beispiele und Leuchtturmprojekte für die Förderung von Informationskompetenz durch die Hochschulbibliotheken. Die Deutsche
Informationskompetenz in Deutschland
521
Bibliotheksstatistik zeigt einen starken Anstieg sowohl der Anzahl der Informationskompetenzkurse als auch der Anzahl der Teilnehmenden seit 2007. Allerdings macht die differenzierte Veranstaltungsstatistik auf www.informationskompetenz.de auch deutlich, dass die Vermittlung von Informationskompetenz durch Bibliotheken (noch) nicht umfassend und flächendeckend stattfindet. Viele Bibliotheken konzentrieren sich auf Schulungen mit traditionellen bibliotheksbezogenen Inhalten für Studierende. Sie decken mit ihren Veranstaltungen nur einen Teil von Informationskompetenz ab und sprechen nur ausgewählte Zielgruppen an. So bleibt es weiterhin als Perspektive und Aufgabe zu verstehen, wenn der Deutsche Bibliotheksverband in seiner Stellungnahme zur Entschließung der Hochschulrektorenkonferenz zur Informationskompetenz schreibt: „Hochschulbibliotheken sehen sich als starke Partner bei der Förderung der Informationskompetenz von Studierenden, Lehrenden und Forschenden in den Hochschulen. Sie schlagen vor, die Anstrengungen dazu zu intensivieren und dabei die Hochschulbibliotheken bei der Anpassung von Strukturen und Prozessen an die informationstechnischen Entwicklungen in Absprache mit Hochschulleitungen und Fächern verstärkt einzubeziehen.“
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Stichwortverzeichnis A Abschlussarbeit 218, 253, 254, 260, 279, 339, 351 Advance Organizer 80 B Bachelorarbeit 113, 217, 257, 260, 261, 265–268 Beratung 3, 131, 205, 215, 249, 251, 253, 255, 282, 284, 285, 287, 297–299, 302, 303, 313, 347, 349, 355, 356, 383, 389, 394, 447 Berufsschule 161 Bibliotheksdidaktik 4, 357, 369 Bibliotheksethik 52 Bibliotheksführerschein 402 Big6-Skills 55 Big Data 4, 8, 10, 94–103, 197 Bildung 1, 4, 7, 9, 11, 15–17, 21, 31, 36, 61, 65, 70, 92, 94, 103, 139, 142, 145, 146, 150, 169, 171, 172, 179, 219, 220, 245, 247, 305, 335, 363, 391–396, 443, 503, 508, 520 Bildungsstandards 32, 37, 180, 247, 402, 403, 509 Blended Learning 42, 128, 194, 195, 199, 207, 257, 262, 363, 425, 427, 466, 469, 480 Blog 70, 131, 133, 135, 155, 305 C Chat 59, 128, 135, 203 Coach 267, 268, 413 Computer 53, 117, 125, 134, 151–154, 172, 175, 180, 332, 462, 472 Curriculum XI, 4, 16, 22, 24, 25, 30, 38, 42, 58, 64, 72, 139, 180, 203, 204, 210, 212, 265, 359, 364, 368, 401–405, 443, 446, 447, 461, 465, 467, 471, 488, 495, 496, 505 D Datenmanagement 198, 289, 316, 506 Datenschutz 52, 54, 305, 355, 412, 501 Deutscher Bibliotheksverband 23, 24, 246, 500, 506, 507 Deutschland 1, 13, 22, 23, 29–31, 55, 60, 70, 102, 119, 137, 146, 151, 152, 156, 157, 159, 160, 165, 172, 193, 252, 275, 317, 321, 330, 349, 360, 391–397, 399, 406, 407, 409, 410, 428, 439, 440, 443, 447, 459, 471–476, 483, 500–502, 504, 505, 508
Didaktik 1, 4, 5, 18, 25, 61, 93, 127, 128, 132, 134, 165, 171, 174, 176, 178, 179, 184, 190, 199, 206, 207, 210, 213, 219, 221, 223, 270, 289, 338, 348–350, 354, 359, 363, 364, 368, 387, 389, 401, 407, 440–442, 447, 462, 480, 483, 504, 506, 508 Digitale Information 127, 151–155, 157, 158, 502 Digitale Medien 127, 129, 363, 364, 406, 411, 413 Digital Natives 84, 140, 147, 364, 407–411, 474 DYMIK 415, 417, 418 E E-Learning 5, 8, 60, 90, 127–131, 134, 135, 190, 195–199, 201, 207–209, 215, 217, 254, 262, 264, 268, 341, 357, 359, 366, 368, 402, 427, 438, 462, 466, 469, 503–505, 508 Eltern 139, 140, 148, 149, 173, 297, 359, 363, 385 Epistemologie 9, 15, 16 Erwachsene 61, 142, 145, 148, 149, 411 E-Science 279, 321, 335 Ethik 2, 52–54, 56, 57, 61–63, 116, 176, 280, 284, 323, 324, 344, 412 Evaluation 46, 49, 122, 176, 179, 181, 185, 191, 192, 205, 207, 215, 260, 263, 274, 351, 352, 389, 440, 444, 445, 447 eXe-Learning\“ 423 F Facebook 201, 352, 360, 411, 501 Fachreferent 184, 254, 272, 273, 279, 284, 285, 287, 303, 315, 353, 356, 386, 387, 445, 469 Forschendes Lernen 219, 221, 222, 225, 226 Forschung 10, 17, 18, 27, 42, 45, 60, 88, 89, 92, 139, 144, 171, 193, 195, 197, 219, 220, 222–226, 247, 249, 251, 258, 259, 265, 277, 281, 287, 289, 300, 302–304, 309, 314, 317, 327, 335, 337, 341, 345, 385, 409, 428, 433, 463, 473, 475, 476, 484, 503 Forschungsdaten 4, 18, 87, 197, 281, 283, 303, 315, 320, 468, 469, 508 Forschungsdatenmanagement 195, 196, 198, 199, 277, 283, 287, 291, 303, 307, 309, 316, 317, 320, 321
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Stichwortverzeichnis
G Generation Y 8, 84, 85, 87, 92, 93, 202, 357, 359–361, 368 Generation Z 84, 202 Google 15, 87, 94, 95, 99, 105, 115, 116, 119, 121, 123, 125, 216, 217, 255, 280, 300, 361, 405, 474, 496 Großbritannien 3, 22, 24, 25, 29, 41, 315, 396, 459, 485–488, 490, 492, 493, 495–499 H Hochschuldidaktik 13, 16, 181, 219–221, 258, 274, 440 Hochschulrektorenkonferenz XI, 1, 17, 193, 195, 196, 200, 204, 246, 277, 280, 312, 316, 320, 428, 473, 504, 505, 507, 521 Horizon Report 91, 103, 304 I IFLA XI, 20, 41, 52, 54, 398, 406, 407, 500 Informationsbedarf 2, 55, 143, 147, 148, 182, 184, 205, 259, 335, 343, 350, 442 Informationsdidaktik 171, 180, 404, 440 Informationsethik 25, 52, 63, 103, 217 Informationskultur 12, 15, 104, 282 Informationspraxis 2, 4, 7, 17, 38, 52, 55, 57, 92, 279–285, 287, 288 Informationssuche 64, 65, 67, 68, 71, 122, 157, 175, 177, 179, 405, 439 Informationstechnologie 15, 56, 57, 61, 83, 173, 175, 177–180, 289, 447, 500 Informationsverhalten 2, 42, 61 Interdisziplinarität 20 J Jugendlicher 132, 137, 147, 151, 152, 362, 409 K Kind 39, 137, 139–150, 152, 176, 180, 359, 362, 398, 399, 401, 405, 406, 472 Kindergarten 139, 145, 149 Kommunikation 4, 9, 10, 14, 19, 59, 70, 82, 84, 97, 128, 129, 148, 155, 196, 203, 208, 209, 249, 262, 264, 318, 339, 354, 356, 391, 394, 399, 410, 440, 444, 446 Kreativität 12, 20, 85, 325, 388
L Lebenslanges Lernen XI, 7, 24, 30, 41, 93, 296, 304, 363, 391–393, 503 Lehrer 29, 32, 33, 36, 38, 41, 127, 137, 156–159, 166–168, 171, 173–181, 184–187, 189, 191, 192, 206, 213, 219, 220, 355, 359, 363 Lehrplan 37, 402, 509 Lernplattform 127, 128, 130, 131, 133, 134, 207 Lernraum 3, 4, 245, 246, 248, 251, 252, 366–368, 385 Lernvideo 132, 133, 199 Lernziele 22, 25–27, 29, 30, 49, 61, 63, 102, 179, 182–185, 190, 191, 255, 259, 263, 364, 402–405, 445, 472, 474 Lesekompetenz 36, 398–400, 404, 405 Literaturverwaltung 66, 70, 190, 206, 208, 212, 214, 215, 255, 273, 275, 276, 302, 387, 520 M Medienkompetenz 3, 11, 31, 60, 72, 87, 94, 103, 116, 139, 140, 142, 145–147, 149, 171, 172, 219, 322, 357, 360, 363, 391, 393–395, 397, 403, 410, 433, 440, 474, 503 Metaliteracy 3, 12, 55, 83, 87, 290, 311, 471 MOOC 5, 127, 135, 208, 466 Multitasking 85 N Notebook 130 O Online-Lerneinheit 181, 182, 186, 188–192 Online-Tutorial 128, 135, 199, 201, 207, 208, 351, 358, 415–417, 424–426, 519 Open Access 4, 18, 20, 57, 89, 100, 277, 281, 289, 291, 305, 307, 309, 311–322, 354, 355, 361, 468 Open Data 289 Open Educational Resources XI, 195, 199, 463 Openness 289, 290 Open Science 20, 66, 70, 87, 305 Österreich 137, 162 P Peer-Groups 4 Plagiarismus 56 Plagiat 18, 54, 66, 71, 248, 253, 291, 329, 336, 341, 479 Podcast 208
Stichwortverzeichnis
Präsenzveranstaltung 181, 189–192, 201, 203, 205, 211, 262, 267, 437, 520 Professor 166, 168, 203, 213 Promotion 42, 171, 210, 245, 269, 340, 349, 352, 442, 446 Promovierender 214, 347–354, 356, 361, 506, 507 Publikationskompetenz 277, 307–316, 321, 322 Publizieren 2, 4, 18, 148, 196, 251, 255, 276, 277, 280, 281, 283, 284, 287, 289–291, 293, 307, 308, 313–317, 321, 335, 354, 356, 467–469, 478, 501, 508, 516, 517 Q Quiz 421, 422 R Ranking 18, 105, 106, 111, 112, 117, 442 Recherchieren 14, 31, 43, 52, 53, 68, 105, 109–111, 113, 115, 120, 121, 123–126, 138, 147, 169, 176, 181–185, 190, 191, 204, 248, 258, 260, 261, 263, 274, 287, 350, 351, 354, 356, 367, 405, 429, 501 Referenzrahmen 7, 22–24, 29–39, 41, 473 Resource Discovery-System 8, 10, 15, 112, 114, 427 Rhetorik XI, 7, 64–68, 70–72, 437 S Schlüsselkompetenzen 12, 30, 158, 265 Schreiben 2, 7, 10, 16, 21, 40, 53, 56, 64, 72, 150, 155, 166, 194, 215, 216, 227, 248, 253–255, 257, 259, 261, 263, 265, 266, 268, 275, 281, 305, 339, 351, 352, 386 Schreibprozess 261, 265, 267 Schreibzentrum 194, 214, 227, 253, 260 Schulbibliothek 31, 40, 160, 171, 173–178 Schule 14, 23, 25, 29–31, 35–39, 45, 54, 56, 68, 103, 141, 143, 146, 147, 151, 152, 156, 158, 159, 161, 162, 164, 167, 169, 171–173, 177–184, 189, 191, 192, 213, 335, 339, 340, 345, 346, 384, 388, 398, 401–404, 476, 481, 483, 503, 504, 507 Schüler 3, 7, 30, 39, 40, 52, 91, 135, 137, 152, 157, 159, 161, 162, 164–170, 172–176, 180–183, 185, 187, 191, 192, 206, 213, 215, 347, 355, 363, 382, 383, 387, 401–403, 405, 475, 503, 506, 507 Schulungsbibliothekar 206
563
Schweiz 1, 31, 127, 160, 257, 258, 275, 317, 321, 446, 447, 459, 461–464, 467 Schwellenkonzept 22, 27 SCONUL 57 Screencast 132, 207, 208, 339 ScreenVideo 422, 425 Selbststudium 182 Seminararbeit 203, 265 Seminarkurs 181–183, 387, 388 Smartphone 82, 84, 90, 91, 99, 130, 201, 202, 207, 435 Social Media 70, 86, 416, 472 Social Web 10, 406, 411 Soziales Netzwerk 2, 4, 131, 155, 360 Spiralcurriculum 30, 32, 37, 358, 389, 398, 401–405 Standards 3, 7, 13, 18, 22, 24, 26, 27, 29, 30, 32, 41, 48, 50, 53–58, 60, 61, 63, 68, 116, 165, 259, 271, 312, 323, 340, 399, 439, 440, 442, 446, 447, 461, 463, 484, 488, 500, 501, 506, 507, 514, 520 SteFi-Studie 32, 500–502 Studienanfänger 3, 48, 211, 387 Studierender 3–5, 7, 15, 16, 24, 26, 27, 29, 41, 42, 48, 49, 52, 56, 58, 59, 61, 63, 68, 72, 86, 87, 89–92, 102, 128, 135, 193, 196, 201–206, 208, 211–213, 215, 216, 219, 220, 222–225, 249–253, 255, 256, 259–268, 279–281, 283, 285, 289, 297, 311–313, 321, 323, 324, 335, 338, 341, 343, 344, 347, 349, 351, 356, 359, 366, 367, 382–384, 387, 399, 428, 429, 433, 434, 436–438, 444, 465, 468, 469, 475, 479, 483, 501–507, 518, 520, 521 Suchmaschine 8, 10, 106, 107, 112, 113, 115–126, 134, 154, 190, 254, 405, 413 Suchstrategie 120, 442 T Tablet 130, 142, 149, 150, 201, 202, 207, 432, 435 Teaching Librarian 5, 357, 358, 413, 445, 449 Teaching Library 3, 52, 60, 137, 159, 164–166, 259, 269–271, 313, 366, 368, 382–388, 390, 440, 469, 470, 477, 500 TUBLIK 425 Twitter 9, 201, 493
564
Stichwortverzeichnis
U Universitätsbibliothek 162, 201, 202, 204, 208, 259, 308, 309, 312, 316, 317, 319, 462, 464, 467, 477–483, 503, 504, 506 Unterricht 38, 91, 129, 162, 164, 176, 179, 213, 261, 465, 468, 509 Urheberrecht 54, 55, 58, 330 USA 3, 22, 27, 29, 41, 112, 173, 202, 208, 319, 382, 447 V Verantwortung 56 Verein deutscher Bibliothekarinnen und Bibliothekare 24 Vorwissen 39, 78, 80, 81, 354 Vorwissenschaftliches Arbeiten 137, 159, 164, 459 W Webinar 131, 207, 368, 466, 469 Weiterbildung XI, 2, 36, 61, 62, 64, 191, 220, 245, 249, 273, 274, 305, 358, 362, 444, 447, 469, 504
Whatsapp 201 Wiki 131, 135, 155 Wissen 7, 14, 16, 17, 20, 21, 23, 25, 27, 33, 35, 38–40, 44, 61, 62, 66, 71, 95, 116, 130, 134, 165, 175, 176, 178, 183, 185, 222, 224, 225, 246, 247, 256, 258, 260, 263, 267, 299, 303, 305, 307, 311, 312, 319, 321, 327, 332, 341, 356, 357, 363, 382, 383, 392, 399, 407, 447, 470, 504, 520 Wissenschaftler 3, 42, 49, 52, 93, 197, 198, 200, 208, 224, 279–281, 283–285, 287, 288, 307–311, 313, 314, 317, 322, 324, 327, 344, 345, 347–350, 355, 356, 468, 469, 504 Wissenschaftsethik 52, 54, 71, 323, 335 Z Zitieren 177, 190, 212, 214, 217, 260, 263, 267, 302, 333, 336, 344, 467, 468