Handbuch der deutschen Prosa in Beispielen: von der frühesten bis zur jetzigen Zeit, Theil 1: Geschichtliche Prosa [Reprint 2018 ed.] 9783111616407, 9783111240336


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German Pages 671 [672] Year 1818

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Table of contents :
Vorrede
Einleitung
Inhalt
Erster Zeitraum. Frühestes Zeit bis zur Bildung der schwäbischen Munbart in der Mitte des zwölften Jahrhundert
I. Ulfila um 380
II. Heidnisch - sächsisches Gelübde an den Wodan, und Unterwerfungsformel des sächsischen Feldherrn Oddo, von 786
III. Der Eid Karls des Kahlen und seines Volkein altfränkischer Sprache. 842
Zweiter Zeitraum. Von der Mitte des zwölften Jahrhunderts oder der Bildung der schwäbischen Mundart bis zum allgemeinen Gebrauche des Hochdeutschen oder bis zu Kirchenverbesserung im Anfange des 16ten Jahrhunderts
IV. Heinrich von Nördlingerr 1520 – 1550
V. Jakob von Königshoven 1586
VI. Eberhard Windeck um 1440
VII. Johann Rohte um 1450
VIII. Johann Schildberger lebte um 1430
IX. Diebold Schilling um 14.80
X. Cöllnifthe Chronik 1499. Niederdeutsch
XI. Freiburger Chronik
XII. Marx Treißsaurweien
Dritter Zeitraum. Von der Kirchenverbesserung bis zum dreißigjährigen Kriege als dem ersten Anfange des häufigen Einmischen- französischer Wärter in die deutsche Sprache
XIII. Johann Aventinus um 1530
XIV. Martin Luther 1520 – 1546
XV. Thoma- Kanhow. 1540
XVI. Sebastian Frank um 1540
XVII. D. Johann Buggenhagen Pomeranus
XVIII. Sebastian Münster um 1550
XIX. Johann Keßler um- 1560
XX. Adam Reißner. 1563
XXI. Aegidius Tschudi. 1505 – 1572
XXII. Georg Rürner: Thurnierbuch 1579
XXIII. Liefländische Chronik von Peter Russow. (Russovius) 1584
XXIV. M. Lukas David: preußische Chronik, um 1580
XXV. Matthis Quad von Kinkelbach 1557 – 1609
XXVI. Christoph Lehmann: speiersche Chtonik 1612
XXVII. Zacharias Theobald 1621
XXVIII. Joh. Wilh. Zincgref: der. Teutschen scharpfinnige Spruch. 1628
Vierter Zeitraum. Vom Ende des dreißigjährigen Krieges als dem Uebkrhanbnehmen des Linmischens französischer Wörter in die deutsch Sprache bis gegen die Mitte des 18ten Jahrhunderts zum Streits der Schweitzer mit Gottsched
XXIX. V. P. v. Chemnitz: schwedischer Krieg 1649
XXX. Friedrich Frisius: vom megdeburgifchen Unglück um 1660
XXXI. Adam Olearius: moskowitische und persische Reise. 1656
XXXII. Siegmund von Birken: Spiegel der Ehren des Erzhauses Oestreich 1668
XXXIII. Das ärgerliche Leben und schreckliche Ende des vielberüchtigten Ertz - Schwartzkünstlers D. Johannis Fausti. Erstlich vor vielen Jahren fieisfig beschrieben von Georg Rudolph Widmann. Ieho aufs neue übersehen mit neuen Erinnerungen vermehrt durch Joh. Nicolaum Pfitzerum Nürnberg 1681
XXXIV. Johann Micrälius: vom alten Pommerlande 1659 (1722)
XXXV. Johann Philipp Abelin: theatrum europaemn 1662 (1635)
XXXVI. Otto Friedrich von der Gräben: orientalische Reise 1694. (1683)
XXXVII. Daniel Caspar von Lohensietn: Arminius und Thusnelda
XXXVIII. Hiob Ludolf: allgemeine Schaubühne der Welt
XXXIX. Megalurgia Martisburgica das ist Fürtrefslichkeit der Stadt Märsebnrg, nach ihrem Litern zehigen Zustande u. s. f. Richt nur aus Bischoff Dittmars, Ernst Brotuffs und Georg Hahns sondern auch aus andern sehr viel gedruckten, zum Theil unterschiedenen geschriebenen Ehronicken, Urkunden n. s. f. herausgegeben durch Joannem Vulpium. Misn. N. P. C. Quedlinburg und Aschersleben 1700
XL. Gottfried Arnold: Kirchen und Keherhistorien um 1700
XLI. Johann Jakob Mascow 1726 1737
XLII. Heinrich von Bünau um 1740
XLIII. Tnil Eulenspiegel 1736
Fünfter Zeitraum. Von der Zeit des Streites der Schweizer mit Kottsceh oder der erneuten Behandlung der Sprache gegen die Mette des 18ten Jahrhunderts bis auf Lessing und Göthe gegen das Jahr 1780
XLIV. Albrecht von Haller 1703 – 1777
XLV. Isaak Jselin. 1723 – 1782
XLVI. Helfrich Peter Sturz. 1756 – 1779
XLVII. Justus Möser. 1720 – 1794
XLVIII. Christoph Martin Wieland 1755 – 1812
XL1X. Johann Matthias Schröckh. 1735 – 1809
L. Johann Georg Meusel
LI. August Ludwig von Schlözer. 1735 – 1809
LII. I. H. Jung genannt Stilling 1740 – 1317
Sechster Zeitraum. Neueste Zeit. Don Lefsing und den frühern Werken Obthen's bis jetzt 1818
LIII. Johann Georg Adam Förster. 1754 – 1794
LIV. Karl Philipp Morih 1757— 1793
LV. Johannes von Müller. 1752 – 1808
LIV. Johann Wilhelm von Archenholz. 1745 – 1812
LVII. Johann Jakob Engel. 1741 – 1302
LVIII. Friedrich von Schiller. 1759 – 1805
LIX. Friedrich Leopold Graf zu Stolberg
LX. Johann Paul Friedrich Richter, von 1763
LXI. Johann Wolfgang von Göthe
Anhang
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Handbuch der deutschen Prosa in Beispielen: von der frühesten bis zur jetzigen Zeit, Theil 1: Geschichtliche Prosa [Reprint 2018 ed.]
 9783111616407, 9783111240336

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Handvuch der

deutschen Prosa, in Beispielen VSN

der frühesten bis zur letzigen Zeit, von

F. A. P i s ch o n.

Erster

Theil,

welcher die geschichtliche Prosa enthält.

Berlin

1

8 i 8»

3 st der Realschulbuchhandlung.

Vorrede.

^yet große Mangel an einem Buche, worin die Ju» gend an Beispielen sehen könne, wie die deutsche Prosa seit ihrem ersten Anfang bis auf unsre Zeiten behandelt worden ist, mag die Erscheinung des vorliegenden Wer­ kes rechtfertigen.

Vergebens habe ich bisher ein solche»

gesucht, und sahe mich genöthigt,

beim Vortrage der

deutschen Litteraturgeschichte gänzlich darauf Verzicht zu thun, die Schüler an Beispielen erkennen zu lassen, wie die frühere Zeit sprach und schrieb.

Vergebens habe ich

auch selbst, seitdem zuerst die Liebe zur Behandlung und Erforschung der deutschen Sprache in mir erwachte, Jahre lang mich vergeblich gesehnt, eine der ältern Chroniken nur einmal zu sehen, oder eine längere Stelle aus ihr

zu

lesen, und gewiß werden noch jeht viele, vorzüglich in kleinem Städten, wo Büchersammlungen gänzlich fehle». a

IV

Vorrede.

in diesem Fall seyn. Eine Anschauung der Sprachkildung seit der frühesten Zeit, wie sie dieses Buch darbie­ ten soll, läßt sich dort aber auch durch die größestc Muhe und bedeutende Kosten nicht erlangen. Als ich aber den Vorsah faßte, solchem Mangel abzuhelfen, waren mir die Schwierigkeiten, welche andere tüchtigere Männer von einem solchen Werke mögen abgehalten haben, nicht un­ bekannt, und ich mußte mir sagen, und sage mir es noch, daß auch die sorgfältigste Mühe nicht leicht alle Anfor­ derungen, die vielleicht mit Recht an eine solche Arbeit gethan werden können, zu befriedigen vermöge; doch meinte ich, müsse der Anfang dazu dennoch gemacht wer­ den, und ich wolle wenigstens geben, wasimr ber beschrank­ ten Hülfsmitteln und noch beschränkterer Zeit möglich fei. Die Hauptsache bei einem solchen Werke schien mir aber, eS so auszustatten, daß jetitr, der nur einige wis­ senschaftliche Kenntnisse besihr, das Buch gebrauchen und sich selbst dadurch belehren könne, und so der Jüngling auf Schulen, und selbst der gebildete Bürger, der etwas Näheres über den Gang ferner Muttersprache kennen ;u lernen wünscht, sich hieraus Raths erholen könne. Die­ ser Zweck schien es mir nun nöthig zu machen, auf der einen Seite so wenig als möglich wissenschaftliche Kennt­ niß voraus zu sehen, und nicht in den vornehmen Ton zu fallen, der denen, welche etwas lernen wollen, zumuthet, Laß ste e- schon wissen; auf der andern Seite aber keineSwege» das Buch, wie wol viele in ähnlichen Schriften gethan haben, in Noten zu ersaufen; sondern

Vorrede.

T

ich glaubte, so wenig als möglich Anmerkungen zu machen fei hier da« Rechte, denn bei einzelnen Dunkelheiten lasse sich noch immer zum Verstehen Rath schaffen, und da« eigne Nachdenken könne und solle auch etwas thun. So habe ich mich vor allen Dingen gehütet, viel andre algefchichtliche und sprachliche Anmerkungen zu geben, und überhaupt darnach gestrebt, so wenig als möglich dem, der da« Buch gebraucht, in seinem Urtheile vorzugreifen. Um aber jeden in den.Stand zu sehen, sich selbst tm Ur­ theil zu bilden, mußten die Beispiele aus Schriftstellern nicht ganz kurze, sondern schon mehr ein Ganzes umfasfclide Stücke sein, und ich glaubte, daß dieser Rücksicht eher eine noch größere Vollständigkeit aufgeopfert werden müsse. Eben so habe ich mich beflissen, im Wiedergeben des Schriftsteller« ganzvrkundlich genau zu verfahren, und Rechtschrelbung und Unterscheidungszeichen eben so beizu­ behalten, wie ich sie gefunden, und ich denke erst durch diese Treue kann ein anschauliches Bild des Fortgänge« der Sprache in jeder Hinsicht aufgestellt, und auch der Zweck erreicht werden, wenigstens in vielen streitigen Fal­ len, leicht nachzuweisen, was man sonst in Sprache und Schrift für Recht gehalten. Als einen Nebenzweck habe ich es betrachtet, wo möglich auch solche Beispiel« zu wählen, die für die va­ terländische Jugend von hoher Wichtigkeit seyn müssen, und so »st e« mir z. B. gelungen, von dem größeren Theil berühmter Schlachten, rocldje Deutsche mit Ausländern gekämpft haben, Beschreibungen beizubringen, und da«

vi

Vorrede.

Buch auch für den Geschichtsunterricht brauchbar zu machen. Bel der neusten Zeit hielt ich eS für erlaubt, viel kürzer fein zu dürfen, theils weil Schriften gleichzeitiger Männer viel leichter zu erlangen sind, theils weil es da schon ähnliche Sammlungen giebt, wie z. B- die von Herrn Pred Schalter m Magdeburg erscheinende. Wegen der großen Menge des Stoffs war es nöthig, das Werk m dr-, Bände zu fassen, und es ist «n der Einleitung g»sagt, warum grade so getheilt worden ist. Der Nutzen, welcher bei einer andern Theilung sichtbar wäre, «äml.ch alles Gleichzeitige neben einander zu haben, wird sich doch ergeben, wenn das Werk vollendet ist, da in allen drei Bänden dieselbe Eintheilung der Zelträume statt fin­ den wird, und im letzten Theil durch vollständige Nach­ weise dafür gesorgt werden soll, hierin noch Alles mehr zu erleichtern- — Weil aber auch bei drei Bänden noch der Raum zu gering schien, mußte der Plan noch enger gefaßt werden, und da hielt ich es für das Beste, mich streng auf das eigenthümlich Deutsche einzuschränken, und alle Uebersehungen (Luthers Bibel allein ausgenom­ men > auszuschließen, so wie auch den Roman als solchen, welcher nur halb der Prosa angehört. Um endlich das Werk für den Selbstunterricht und den Unte richt in Schulen brauchbarer zu machen, gab ich in euer Einleitung die Eintheilung der Prosa mit ihren Untergattungen, und eine Uebersicht der Geschichte ihrer Bildung, wozu das Buch selbst die

Vorrede,

VII

erläuternden Beispiele geben soll) hielt mich aber für die­ sen Theil nur an der geschichtlichen Prosa. Was jene Eintheilung betrifft, so habe ich mich bemüht, dre nothwendigen Erklärungen so allgemein ver­ ständlich zu geben, als nur möglich, und habe dabei nach­ gewiesen, wo im Buche Beispiele dazu fich finden, wes­ halb, um dieser nicht zu ermangeln, noch die Erzählun­ gen einer Legende, einer Sage und eines Mäorchen» angehängt find; Novelle und Roman mußten freilich leer ausgehen. — Die dann folgende Geschichte der ge­ schichtlichen Prosa macht auf Vollständigkeit keinen Anspruch, doch hoffe ich, wird fie das dringendste Be­ dürfniß befriedigen, und wenigstens mehr geben, als man m den gewöhnlichen Schulbüchern finden kann. — Bei den Beispielen selbst meinte ich dürften etwas ge­ nauere Nachrichten über den Schriftsteller und ferne Werke nicht fehlen; so wie ich mich bemühte, solche Stücke auch in der neuern Zeit zu wählen, di« nicht in ähnlichen Büchern schon vorkämen. Die Frage, welche man mir auswerfen könnte, war­ um ich nun grade nur ‘biefe und kerne andern Beispiele gewählt habe ? kann ich nur dahin beantworten, daß ich wohl manches Bessere weggelassen haben mag, weil ich es gar nicht kannte, oder erst zu spat, oft mag mir auch manches besser erschienen sein, als andern, und oft mußte rch das Gute weglassen, weil ich es nicht hatte. — Uebrigens werde ich alle Bemerkungen und Berichtigungen, so wie Vorschläge und Beiträge für die folgenden Theile,

VIII

Vorrede-

von denen Ich vieler Verhältnisse wegen noch nicht fee» stimmt versprechen kann, wann fie erscheinen sollen, jederzeit nur freundlichem Dank annehmen. — Denn wenn ich das Buch, wie es ;eht ist, betrachte, so scheint es Mir freilich, als hatte noch eine viel sorgfältigere Bearbei» tung und eine viel längere Zeit, al« ich ihm schon geweiht habe, zu seiner würdigern Erscheinung gebürt; aber ich hoffe dennoch, daß es auch in seiner unvollkommneren Ge­ stalt beitragen werde, einem langgefühlten Mangel ab­ zuhelfen, und will mich freuen, wenn es recht bald von einem bessern überrroffen und überflüssig gemacht wird. Berlinden i*tn des Herbstmonats igig.

Friedrich August Pifckon, mng Prediger am gr Friedr/chfwalsenhiUise und Lehrer beim Kömgl Tadettencorpö.

Einleitung.

£)tti Handbuch brr prosaischen Litteratur brr Deutsch«». (öS in Beispielen aus den Schriftstellern Deutschland» darlegen, was Nachahmn ngSwrrthe» oder doch Merkwürdige» in dm verschiede: nen Zeiten der deutschen Literatur in jeder Gattung der prpsaw scheu Schreibart in deutscher Zunge geschrieben worden ist. Dir* last sich nun auf ei'-ie -dreifache Weise ordnen. Einmal nehm­ lich wirr Rücksicht zu nehmen, auf die Zeit der Schriftsteller und die verschiedenen Zeiträume der Entwickelung der Sprache; zweiten» könnte man sehen auf die Schreibart der Schriftsteller, ob sie mehr der Rede de» Umgang« sich anschließt oder der höchsten künstlerischen Vollendung im Bau der Sähe und in der Wahl der Wörter, wa« die niedre, mittlere und höh er «Schreibart genannt wird; oder endlich die Darstellung der »erschiedmen Vorstellungen und Erscheinungen in» Luge fas­ sen, wodurch'die verschiedenen Arten der Prosa, die geschicht, 1,che, abhandelnde und rednerische, sich ergeben werden. Die erste Rücksicht muß nothwendig bei einem Handbuch« wie da» vorliegende bir leitende fein, weil sonst keine richtig, An­ sicht de» Fortganges und der Bildung der Sprache gewonnm «erden kan«. Weil aber der Umfang de« Buche« e« wünfchen»werth macht, schon ,m ersten Theil au« der gestimmten Zeit der Sprachbildung etwa» Vollständige» zu besitzen; so »st die Frage, welche von den beiden andern Hinsichten neben dieser eine Haupteintheilung begründen soll? Eine Einthe»lung nach der Sch reib«rt aber würde h,er nur schwer durchzuführen sein, weil einmal die Grenzen de» Uebergang« der einen in die andre »ft unmerklich

X

Einleitung.

sind, und weil dadurch aus einem Handbuch wie das gegenwär­ tige kerne Ansicht der Schuften selbst gegeben werden konnte, indem die Verspiele des verschiedenen StrlS oft aus demselben Buch genommen werden müßten. Deshalb mag es genug fern von einzelnen Bersprelen anzuzeigen, welcher Art der Schreibart sie angehören. Der betete EmtherlungSgrund nach der verschiedenen Dar-'rellung der Dorstellungen und Erschernungen, der die Arten der Prosa begründet, muß darum hrer neben jenem der Zert zum Grunde liegen, wert, obschpn eü schwer rst auch hier ganz ge­ nau zu sondern, dies doch viel strenger, geschehen kann, als bei der Schreibart, und auch hrer ganze Schuften und erne große Zahl Schriftsteller mit einmal übersehen werden können. Dre dreifache Erntherlung in geschichtliche, abhandelnde (lehrende) und rednerische Prosa ist m der Natur der Sache begründet. Wenn nehmlich dre Erscheinungen der Geschichte, der 4?tmir und der Menschen m ihrer Folge nach einander oder in ihrem Dasein neben einander dargestellt werden ohne Rücksicht auf den Darstellenden (objectiv), so entsteht die geschichtliche Prosa. Wenn dre Reihen der Vorstellungen und Erscheinungen nach Begriffe!' geordnet und verknüpft als Aussprüche der allge­ meinen Vernunft dargestellt werden ebenfalls ohne alle Rücksicht auf den Darstellenden; sc entsteht die abhandelnde (lehrende, eigentlich philosophische) Prosa. — Wenn beides so dargestellt wird, daß dabei das Persönliche des Darstellenden (ferne Subjecttvität) mit hervortritt und die Darstellung sich mehr oder we­ niger der Einbildungskraft nähert, so entsteht die rednerische (rhetorische) Prosa. — Jeder von diesen drei Arten soll nur ern Theil dieses Handbuchs bestimmt fern, und in diesem ersten die geschichtliche, im zweiten dre abhandelnde, tm dritten dre rednerische Schreibart behandelt werden. Jedem Theile soll daher eine Erntherlung der behandelten Schreibart m ihre ver­ schredenen Formen mit einer gedrängten Erklärung und dre Ge­ schichte der Schreibart m allgemeiner Uebersicht vorangehen. Anw. Gewöhnlich man zu jener Emtheilung der Prosa noch den Briefstil und Gcsplächstil, aber btefeä sind nur Formen der Schreib­ art. Man kann nel milch auf eine dreifache Werse darstellen, so Laß man schlechthin anzerat oder spricht, ohne sich an jemand zu wen­ den, und das i*t tre gewöhnliche Redeform, oder man richtet den Vortrag burd) einerntete (oft zugleich durch einen Schluß) an eine ober mehrere bestimmte Personen und bann entsteht die zueignen­ de Form, in treldjer alle Briefe und eigentiuben Sieben geschrie­ ben sind, ober man legt daS, was man darstellen will, zweren ober

Einleitung.

3QL

mehrerrn Persove« in den SRunb-oli Krage und TS&tmtt, und bann entsteht die Form des Gk sprich-. — Die geschichtliche Prssa ifk vorzüglich m der gewöhnlichen Redeform dargestellt, aber auch häufig, besonders als Reisedrfthtelbung in der Briefform z V. von Ctollderg S. 569. flg... zume^ei;, auch, doch selten, in der « jum Untergänge 490 heißen, doch begreift m» unter bgesem -kamen gewöhnlich die Wundart Schwaben», wenigsten» hi» »u und unter den schwäbischen Kaisern, und noch in unsern Lagen nennt Hebt! feine «rdichle in jener Wundart allemamlifch». Diswon'» Handbuch, l

xvm

Einleitung. Epochen der deutschen Hauptsprache in den Schriften der deutsch. Gesellsch. zu Mannheim IIL 7. f. E. Fulda über die beiden Hauptdialekte der deutschen Sprache keipz. 1772. — und neuerlich Ra blos in ftmtro über di« Mundarten 1817 erschienenen Werke.

Erster Zeitraum. Früheste Arii bis zur Bildung der schwäbischen Mundart in der Ritte der raten Jahrhunderts.

Wie in den frühesten Zeiten des deutschen Volk«, von wel­ chen wir Kunh« haben, Barden ihre Schlachrgcsange gesungen «Ud di« Thaten der Helden in ihren Liedern erhoben haben, die aber leider alle verloren find: so wird gewiß schon m denselben Zeiten die erste Bildung der geschichtlichen Prosa zu suchen sein, «nd der Vater dem Sohn, wen« auch in dichterischer Sprach«, erzählt haben von de» Thaten der Vorfahren, der Helden und der Götter; aber auch von solchen Erzählungen und Volkssagen hat stch un« nicht« au« der Zeit dr« Heidenthum« der Deutschen «halten. Das früheste Denkmal der Sprache ,st b* schon er. wähnte Uebersetzun- der Evangelien von dem gothischen Bischof Ulfila oder W ulfila ht der zweitenHälfte de« 4tenJahrhundert« in gothischer Sprache f. S. i.flg. Dann folgt derZr,t nach eineHarmonie (vergleichende Zusammenstellung) der Evangelien, die unter dem Namen: das Äuch Eanut« bekannt, in niederdeutscher mit fränkischen Wörtern gemischter Sprache geschrieben ist «nd nach einigen, odschdN nicht wahtscheinttch, au» dem Lten Jahrhundert stammen soll. Xu» den folgenden Jahrhunderten find^nm BeichtGlaubens- und Abschwörungsformekn, Gebete «.dgl. in fränkischer nnb altemannischer Mundart Vorhand«». — Da« früher für da« älteste Denkmahl ursprünglich deutscher Prosa gehaltene Bruch­ stück «mes alten Ritterroman« au« dem Sten Jahrhundert haben hi« Gebrüder Grimm in ihrer Ausgabe desselben: dg«. Lied von Hildebraud und Hadudrand (Cassel i8ie 4 ) als der Dichtkunst angehörig nachgewiesen — Aus diesem Gedichte ist zu schließen, daß e« in Deutschland zuerst Rittergescknchren und Heldenromane gegeben hat, welche von hier zu den Spaniern, Provenzalen und Engländern gekommen sind, denen fie der Dichte« des schwäbi­ schen Zeitalters aus neu« nachgebildet haben; auch tritt durch dieses Lied wahrsHeinlich, daß der erste Ursprung der später» Llich-

Einleitung.

XIX

tungen des Niebelungenliedes und Heldenbuchs schon in den Zeilen vor Karl dem Großen zu suchen ist. DaS älteste Bruchstück geschichtlicher Prosa aus dem achten Jahrhundert ist das Gelüb­ de der heidnischen Sachsen an ihren Gott Wodan» wahrscheinlich um 783 geschworen s. S. g., welchem der Zeit nach am nächsten steht des sächsischen Hauptmanns Odo Unterw> - fungsschwur Karl dem Großen 788 geleistet in altsachsischer Sruiche s. S 10. Vorzüglich merkwürdig ist aus dem folgenden Jahr­ hundert der Eid, welchen rm Iah re 84« Karl der Kahle von Frankreich und ftm Volk seinem Bruder Ludwig dem Deutschen in fränkischer ©prc't eablegte, wogegen Ludwig in französischer Spra­ che schwur s. ©. 11. Noch in dasselbe Jahrhundert gehört O tfricdZ, Mönche in Weißenburg, Umschreibung der Evangelien i» frä..k,flec Mundart, so wir in oas rote Jahrhundert die fränki­ sche Uederftaung der Harmonie des falschen TarianoS, denn Ver­ fasser ni'i;t bekannt ist; beide aber, so ausgezeichnet wichtig sie für tu Sprachforschung sind, können für die gcschichiüche Schreib­ art schon als Uebrrsetzungen m Reimen nicht so hohen Werth haben. - Auf gewisse Weise kennte eine in Versen gebrachte Erzählung de- Gesprächs Christi mit der Samariterinn, so wie mehrere Legenden in Versen Such hierher -gezogen «erden, so wie auch der berühmte Lobgessng zum Andenken d«S heil. Anno, eine« Erzbischöfe» von Cölln, aus der Zeit de» Uten Jahrhun­ dert» als geschichtliche« Denkmal wohl erwähnt zu werden ver­ dient, vbschon er freilich der herrlichen dichterischen Sprache nach nicht der Prosa angehören kann. Er ist zuerst von Opitz 16Z9 herausgegeben und dann in Schiller» Thesaurus aber mit vielen Fehlern abgedruckt worden; am besten sinder er sich in der Ausgabe von Opitz Lobgedichten Zürich 1753 und von Hegewisch im deut­ schen Magazine. Hamburg 1791 Jul.

3 » 111 e t Zeitraum. »cn der Mitte de« raten Jahrhundert« oder der Bildung der föwlM» schm Mundart bi« zur Kirchenverbesserung »der bi« tum Gebrauch de« Hochdeutschen.

I» diesem Zeitraume blühet zuerst die schwäbische Mundart in den Gedichten der großen Minnesinger» deren Schriften in von der Hagen und Blisch ing'» deutschen Gedichten de« Mittele altera Erster Band, Berlin 1808 in der Realschulduchhandlung. b »

xx

Einleitung.

S.

I. — XL. naher erwähnt sind. Aber wert man in diesen Zeiten nur der Dichtkunst lebte, fand bie Prosa feine Bearbeiter und die auch ohne BerSmaas geschriebenen Rktterbücher gehören doch eigentlich der Prosa Nicht an. — Eine Hauptveranlassung, diese in Aufnahme zu dringen, war Friedrichs U Beispiel auf dem Reichstage rn Mainz 1235, den Rnchsabschied und den Land­ frieden in deutscher Sprache abfassen zu lassen; doch geschah dies nicht eher fortlaufend, biö Rudolph von Habsdurg auf dem Reichstage 1274 beschloß, daß alle RerchSabschiede, FreiheltSbrlefe, Befehle, Vertrage, letzte Willen und dergleichen öffentliche Ur­ kunden in deutscher Sprache ausgefertigt werden sollten, worauf besonders bie Eanzlei zu Nürnberg durch zierliche Deutschung des Lateins berühmt wurde und den Peers der Sprachkundigst daton trug, (f Brrken. Spiegel der Ehren des Erzh. Oestreich S. 87.) Aus dieser für dre Dichtkunst so reichen Zeit der schwäbi­ schen Kaiser ist von geschichtlicher Prosa nichts übrig, nur aus der letzten Zert des iLten oder der ersten des i^ten Jahrhunderts find einige Novellen in schwäbischer Mundart mit angenehmer, gefälliger Schreibart aufbehalten worden, welche Bodmer mit den Fabeln der Minnesinger herausgegeben hat. — Als der Min­ nesang aufhörte und der Kunstsinn der schwäbischen Dichter aus­ gestorben war, traten an die Stelle der Rrttergedichte und dich­ terischen Erzählungen prosaische, die unter dem Namen der No­ vellen, Romane und Volksbücher vorkommen, und zwar viel früheren Ursprungs sind, aber vornehmlich rn den Anten des Meistergesangs seit der Mitte des vierzehnten und rm Laufe des fünfzehnten Jahrhunderts verfaßt wurden. Dre meisten die­ ser DolkSromane sind nur prosaische Auflösungen älterer deut­ scher und ausländischer Rrttergedichte, doch ein großer Theil von ihnen ist in dieser Zeit selbst entstanden. Hierher gehören dre Er­ zählungen von der Melusine, Florro (FloS) und Branceffora (Blanchefloür, Dlankflos,, Pontus von Gallizren, Fortunatus, von seinem Seckel und Wünschhütlein und viele andre; auch der Ro­ man vom untrennlichen, ungenähten Rock unsers Herrn Jesrz Christi, den kunrg Arenndel gen Trier bracht. Augsb. 1612. Außer diesen ursprünglich fremden Sagen wurden auch die deutschen vom Siegfried dem Hörnern, woraus erst später der gehörnte geworden ist, und dre erst jetzt entstandene vom Doktor Faust und seinem Höllenzwange behandelt (s. Koch Literaturgesch.H. 236.) — Die erste Sage ifi dre alte, welche tm Heldenbuche undNitbelungen-

lifbe,

den Hauptgedrchten des schwäbischen Zeitalters,

vorkommt»

Einleitung.

XXI

dre von Faust mag im rLten Jahrhundert entstanden und im röten bearbeitet worden sein, von Petrus Viktor Palma Cajetanus ist sie ms Engl. und Franz, übersetzt worden vor i65o, wor­ aus zuletzt der bekannte DolkSroman entstanden ist. Bufer zum Schrecken der Bösen geschilderte Zauberer Faust ist aber schwer­ lich der Buchdrucker zu Mainz, wie mehrere so bestimmt angenommen haben, wie Bredow in seiner aagememen Uebersicht der Geschichte S. 497., auch wird er erst in die Zeit Maximilians L gesetzt und lebt in Wittenberg, Leipzig, Ingolstadt, Prag und am Hofe Maximilians selbst s Auszüge S. L29. — Unter den niederdeutschen DolkSromanen dieser Zeit ist aber keiner so berühmt geworden als die Geschichte Till Eulenspiegels, die zweimal ins Lateinische übersttzt wurde und sich auf die wahre Geschichte eines lustigen Kopfs gründet, dessen Grab noch zu Möllen im Meklenburgischen gezeigt wird und der i35o gestorben sein soll. Als das Hauptwerk der possenhaften Geschichten deutschen Ursprungs hat sich diese bis letzt im Munde des Volks erhalten. Wie Lessmg gezeigt hat und aus der ältesten gedruckten Ausgabe von 1540 hervorgehe, ist das Werk zuerst niederdeutsch gewesen und auf gut deutsch verdolmetscht worden. Es muß im iLten Jahrhundert 1483 geschrieben sein, aber der Verfasser ist nicht bekannt. Mehr darüber f. ©. 43i. Hierher gehören auch die Schwänke und Erzählungen vom Pfaffen von Kalenbergs die auch als ur­ sprüngliche Gedichte früherer Zeit in Prosa umgearbeitet und in Volksbücher aufgenommen wurden f. Koch I. 129. Die erste Spur eines eigentlichen historischen Romans sindet sich um die Mitte des iSten Jahrhunderts. Die Schrift ist von dem berühmten kaiserlichen Geheimschreiber und nachherigen Padst Pius II. Aeneas SylviuS: die Liebesgeschichte des Euriolus und der Lucretia aus Siena. Unter dem Euriotus ist der ebenfalls bekannte kaiserliche Kanzler Caspar Schlick gemeint, mit welchem diese Geschichte bet dem Aufenthalte des Kaisers Sigismund in Siena sich zugetragen hat. Aeneas Sylvius hat sie der Zuschrift zu Folge auf den Wunsch seines Lands­ manns Marianus SofinuS aus Siena (beder Rechte Leser und Uöleger) abgefaßt und sendet sie dem Canzler Caspar Schlick zu mit den Worten: „Umb das so bitt ich, du wollest diß nachfol­ gende Histori lesen und besehen, ob ich die Wahrheit geschrieben „hab, und schem dich mt zu bedencken, ob dir ettwan desglichen „Widerfarn were " Sie ist m deutscher Sprache verfaßt und es ist keine Nachricht vorhanden, da sie Aeneas Sylvtus doch wol

XXII

Einleitung.

lattinisch g#f*rtfb«R hat, ob er fit selbst auch gleichzeitig deutsch entworfen oder überseht habe, oder ob eü eine Uedersetzur.g oder Nachbildung von anderer Hand fei. Auf jeden Fall gehört sie der Schreibart nach in. das i5tt Jahrhundert. Die Geschichte ist «och immer wenig bekannt und nndet sich in Hahnii Coliectio ir.onuau .ilorum v. et. r. inechtoxum ad codicum fidein resritutorom etc. Tou,. I. Rrtmsw. 1724. pg. 406 — 478, welche

Sammlung den Freunden der Litteratur als sehr schätzenöwerth zu empfehlen ist. Die eigentlich geschichtliche Prosa der Deutschen wurde seit dem i4t*n Jahrhundert und noch früher in Zeitbüchern oder Chroniken geübt, freilich mehr auf eine natürliche Weise als mach den Regeln der Kunst; aber der treuherzige T-n di'ser Schriften ist nicht zu verachten. Sie sind in dieser Zeit alle m der dem Verfasser eigenthümlichen Mundart geschrieben. Don den in Reimen verfaßten soll hier nicht die Rede sein Dre ä'»este bekannte gedruckte Chronik m deutscher Sprache ist die E-'sas. fische uud Straßburgische von Jakob von Königshoven, lwelche nach dem eignen Zeugniß des Verfassers im Jahr i386 ge­ schrieben ist und demnach für das älteste deutsche Geschichtbuch emgesehn wird. Mehr darüber, so wie Beispiele der Schreibart f. S. 17 bis 88. — Die nächste ausgezeichnete Chronik ist die Limpurgische von Johann Gensbein: deutsche Chronik von der Stadt und den Herrn zu Limpurg an der Lahn von 1336 — 1408, welche auch Nachricht giebt von einer Menge Lieder aus jener Zeit, unter deren Verfassern nur Rhemhart von Westerburg genannt wird, der am Hofe Kaiser Ludwigs v. Sbamtt lebte1)* Um das Jahr 1440 schrieb Eberhard Windeck eine Geschichte Kaiser Sigmunds (f. S. t8 bis 32) und Johann Rohte um 1450 m niedersächsischer Mundart eine thürr ngische Chronik (s. S. 32 bis 40), der sich die ähnliche: Chro«ika und altes Herkommen der Landgraven zu Doermgen und Marggraven zu Meißen 1477 — 79 (in Senkenbergn s* lectio juris et histonamm) anschließt. Unter den übrigen Cbromken dieser Zeit, deren es noch viele giebt, sind zu nennen; Heinrich Steinhevel Stadtarzt zu Ulm tütsche Chronik«. Ulm 1475. fol., die bedeutendste unter den schweizerischen alten Chroniken: 1) Gern harte der Herausgeber Bruchstücke aus ihr mitgetheilt, er hat sie sich aber trotz aller Mühe nicht verschaffen können.

Einleitung.

xxm

Diebold Schilling« Beschreibung der bargundrfche» Kriege und einiger andern merkwürdigen Begebenheiten von 1468 bi« 1480, wahrscheinlich bald nach dieser Zeit geschrieben *) (f. S. 43 bi» 54); — Thomas Lirar schwäbische Chro­ nik 3) ohne Jahrszahl; — Eonrad Böthe, Cronecken der Sassen, Mainz 1-4-»; — Ehronika der edlen Grafen von Eilli aller Handels Art, Kriegen, Wese« und Leben ohne Sets, (in Haboii collectio monomentorum Tom II. S. 66$ — 764) die kärnthnifche und östreichisch» Chroniken »0« Jakob Unrest, Priester 1« Kä.rnthen, von bene« die letztere vorzüglich wichtig ist und da« Leben Kaiser Friedrich« de« UL genau be­ schreibt (Hkhnii monument» Tom I. S 479 bi« 803); — die Chronik »an der hilligen Stat van Eoellen 1499, di« allerbedeutendste in niederdeutscher Sprache (s. davon mehr, so wie Bruchstücke der Schreibart S. 55 bi« 67); — die kürzere Frotzb urger Chronik (unten S. 68 unb 69); — die trefflicheEhr», nit von Petermann Etterlyn: Chronik« von der läb« lichen Eydtgenossenschaft. Basel 1607 (hera««g. vonI. I. Spreng Basel 175» fol.) u. a. m. Emen eigne» Abschnitt i» der Behandlung der Geschichte bilden die Werke, welche, »i« thu rest« östreichsche Chronik, d»e Geschichten Kaiser Friedrich« HL und Maximilian« I. darstellen und verewigen sollen. Was in Beziehung auf Maximilian in der Dichtkunst da« Werk Melchior Pfiuzing« «st, da« den Titel führt: Thaten und Geuerlichkeite» de« Ritter« Thewrdauckh» ist in der Geschichte: der Weiß-Kunkg v«n Maximilian» Gehfimschreiber Marx Treitzsaurwein von Ehrentreiz (nach andrrn von Maximilian selbst), »orin die Thaten Kaiser Friedrich« III. und vornrhmlich Maximilian« L Erziehung, Leben und Thaten bi« i5»5 erzählt werden. S. die a)

Hier ist auch noch zu vergleichen helvetisch« Bitt. Stück IV. S. 43 — 49. — 3 Hierüber ist zu vergleichen: Panzer. Anna­ len der alten deurschen Literatur von Erfindung der Luchdruckerkunst bi« 1580 Nürnberg 1788, welcher bi« Ehronik unter no. 68 ihrem Titel nach so anführt: „In Sottet Namen Amen 3n dieser Ehre„nid würdet durch verdrießlicher vermeiden langer geschrifft zu lesen „vnd lieplich die kürtz« zu hören begriffen gar mit mengerlei schd„ntr alter geschuhten etc." In Fol. Lhomat Lirar, gesessen zu Skamkweil, hab« dies« Selchichte theil« gesehen theilt von anh«rn erfahren und 113) soll dt» erste Abschrift davon genommen fnn (und dann wir« dret offenbar di« älteste Ehroiuk), dann folgt «ine mrhrrnthkilt schwäbische Shronik von der Gchdpfnng bit 1462. — Wegekln hat ohne den alte» Druck z« kennen di« Ehromk Lira»« Lindau 1761. 4* drucken lassen.

XXIV

Einleitung.

Au zöge S. 70 6i« 76. — Hierher gehört auch Josep ©tu«: btj’a (Gehelmerath Maximilians 1.) Lebensbeschreibung ^taifcr Friedrichs III. und Maximilians I., die bis 1508 fortgetührr ist. Sie ist 1751 zu Tübingen von Moser herausgegeben. Endlich ist zu bemerken, daß auch eine Sammlung von Brie­ fen gemischten Inhalt», denn btt eigentlichen Geschäfftsbnefe und Urkunden sind hier ausgeschlossen, au» diesem Zeitraum vorhanden, . 281 dl« 889. — Mit in diese Zeit gehört ein« treuherstge Erzählung der Eroberung Magdeburg« durch Tilly von Friedrich FrisiU», di« vielleicht durch die Aufnab me in diese« Buch S. 289 hjs 3o4. vom gänzlichen Untergang gerettet wird, und al« ein aus­ gezeichnetes Beispiel der niedern geschichtlichen Schreibart der nä­ hern Bekanntmachung werth scheint. — Höchst e-'tcultd» kommt ,n« bald nachher da» im ersten Ursprung viel ältere Werk von Fugger: Spiegel der Ehren de« Er,hause« Oestreich, «ntgegen, da« Siegmund von Dirken neu bearbrnere. Aber »ut die Sachen in diesem Werke, und auch diese nicht aste, geboren Fugger an, Bearbeitung und Sprache ist von Birken, welcher hier­ durch al« ein Schriftsteller erscheint, dem vielleicht keiner seiner Zeitgenoffen gleich kommt, und welcher beweist, daß er auch die Sprache de« Gefühl« in Prosa zu schreiben verstand; s. S. 320 tt« 5aö. — Sonst werden zetzt die Fortsetzungen der Chroniken immer schlechter, «nd die an ihre Stelle tretenden Schaubühnen der Welt «. dergl. sind nicht« besser, und vernachlässigen Schreibart und Sprache sehr, wie die Beispiele au« Joh. Mikräkiu« vom Pommerlandr. S. 335 bi« 3^3., au« Abrlin« tivetrum europaeuiti S. 543bi«351. und au« Hi ob 8ub01 f« Schaububne der Welt, worin di« Schreibart noch am besten ist, von S. 375 bi« 38i. beweisen. Der Geschichte wegen ist dir Merseburger Chronik Metallurg» Martisburgensis von Dulpiu« zu de» merken, wovon S. S81 bi« 386. nachzusehen ist; auch könnte man »och mehrere Chroniken nennen, wie die schlesisch» von Jakob Schickfuß u.a. — Erst gegen da» Ende de« Zeitraum«, wo wieder e,n eigentlicher E'fer für die Geschichtswissenschaft rege wird, zeigt sich eine bessere, für diese Zeit sehr löbliche Behandlung btt Sprache i« den geschichtlichen Arbeiten, wenn da« auch mcht ihre vorzüg­ lichste Seit« ist. Am au«gezeichnetsten sind hier Johann Ja­ kob Maskow in semer Geschichte der Teutschen, S 409 W« 420., und der Graf Heinrich von Dünau in seiner teutsche« Kaiserund Reichshistorie, f. ®. 420 bis 43i. Andre trefflich« Geschichts­ forscher, wie Leibnih, Pufendorf, Bierling, Menken, Struve schrieben lateinisch, noch andre sind zwar für die Ge-

dtinUitutiQ.

XXXIII

fchichtsbehandlung von hohem Werthe, wie I. D. KSHter, Joh. Hübner, Casp. Abel, C. G. Gebauer, I. I. Schmaust u. a., aber ste sind entweder für die gesMichtliche Schreibart gar Nicht zu nennen, nxtt ihre Lehrbücher kerne Muster darin fern konnten, oder sie haben es doch hierin Nicht so wert gebracht, als die genannten. Zn der Litteraturgeschichte ist Johann Jakob Brücker (geb. 1696, gestorben 1770.), Pfarrer m Augsburg, vor­ nehmlich wegen der beiden Werke: Brldersaal heutiges Tags lebender und durch Gelahrtheit berühmter Schrift­ steller. A. 1741 - 55. 10 Hfte, und Chrentempel der teutschen Gelehrsamkeit aus dem 15 bis i7ten Jahrh, zu merken. — In der Kirchengeschichte brach durch Gott­ fried Arnold cm neuer Tag an, rucht allem der eigenthüm­ lichen und neuen Behandlung, sondern auch der deutschen Schreib­ art wegin, welche m diesem Theile der Geschichte brS dahin nicht vorgekommen war, und hierin ist er so ausgezeichnet für dieses Zeit­ alter, daß kern andrer ihn ütxrtroffen hat, s. von ihm und seinen ©durften S. 53? biS 409. Nur lernst Salomo Cyprian (it.73 — 17-5.), Krrchenrath und Bibliothekar, zuletzt Vicepräsident des Conststornims m ^otba, könnte wegen seiner Schriften: „Historie der AuqSdurgischen Confession, aus den Origmalacten. „Gotha i75o.u, und: „ Ueberzeugende Belehrung vom Ur„sprung und Wachsthum des Papstthums, nebst eener Schutz„schrift für die Reformation. Gotha 1719 so wie Christian August Salig, Conrektor zu Wolfenbüttel (1691— 1738.) we­ gen seiner: „Geschichte der Augsburgischen Confesston. Halle „1730 - 35. 3.85. 4. und Geschichte des Tridentmer Conciliumtz. „Halle 1741 - 45. 3 Bde. 4." erwähnt werden; aber für eigen­ thümliche Behandlung der Sprache ist nur Johann Lorenz von Mosheim (1094 bis I7LL.), zuletzt Kanzler der Umversttät Gottingen, am Ende dieses Zeitraums wichtig, doch ist er es noch mehr in anderer Rücksicht, da feine Hauptwerke m der Geschichte lateinisch geschrieben sind, und wird darum im dritten Theile die­ ses Handbuchs näher vorkommen. Als Reisebescyreiber m diesem Zeiträume ist vor allen om 2fiti fange desselben Adam Olear 1 uS a iv Ascheroteben der Erwäh­ nung werth, dessen Beschreibung ferner moskowiuschen und per­ sischen Reise (it)56) anziehend genug geschrieben ist, um auch noch jefet gelesen zu werden, s. über ihn S. 504 bis Z20. Diesem schließt stch Johann Albrecht von ManbelSlo, der Rerfeger fährte des vorigen an. Seme morgenländische ReisedeXiftbOiVj -andbtts., I.

XXXIV

Einleitung.

schreibung, welche Nachricht von Andren giebt, hat OleariuS hersusgegeben (f. 3o6). — Weniger bekannt, aber ferner Reifen «egen merkwürdig genug, ist Ltto Friedrich von der (^ro­ den (i657 geb.), der auch ern großes poetisches Werk: „9>trgos „nenS und ferner tugendhaften Areteen Lebens- und Lrebesge„schtchte" geschrieben hat. 2) (f. 351 brS 35o.) — Peter Kolb aus Dorflach im Barreuthfchen, Rektor zu Neustidt an der Arsch (geb. 1675, gestorben 1706.), gab erne B schrerbui a des Vorgedürges der guten Hoffnung, nacydem er acht 7,9 brS 1755), Professor daselbst, der 10 Jahre lang (173^ brS ^3) Sibirien be­ reiste und dann beschrieb (Reise durch Sibirien. Gottmgen 1761 brS 52. 4 Bde. gr. 8). — Neben diesen Gattungen wurde der Roman s) in diesem Zeit­ räume auf mannigfache Weise behandelt und neben den schon früher erwähnten Bearbeitungen alter Ritterbücher, wozu noch der Goldfaden, ern Roman von Georg Wrlram, eine Histo­ rie und Legende von dem Ritter Polykarp von Kirtarrssa genannt der Finkenrrtter und mehrere Bearbeitungen des Till Eulenfpregel (f. S. 43i.) kamen, sind es dre historischen Romane, welche am meisten Aufsehen machen. Die Dahn dazu hat gebrochen der oben als Stifter der deutfchgestnnten Genossen­ schaft genannte Philipp von Zesen, Rath mehrerer fütflL Häuser in Deutschland (lebte von 1610 brs 1680) durch ferne Übersetzung des französischen Romans von Scudery: Ibrahiu.s, des durchlauchtigen Bassa und der beständigen Zfabelle Wunder­ geschichte 1645 und der afrikanische SophonrSde E. Liebes, geschichte A. d. Franz. 1646 (auch schrieb er selbst 1679 Srmson, eine Helden - und Llebesgtschrchte). Ihm folgte zuerst der br unschwergscheHofprediger und Superintendent Andreas Hernrrch Buchhol- (lebte 1607 bis 1671), der, odfchon mit christlichem und deutschem Sinne, -wer schwerfällige damals bewunderte Ro­ mane schrieb: „des christlichen teutschen Großfürsten Hercules Bergl. Franz Horn's: die schöne Litteratur Deutschland- während de- achtzehnten Jahrhunderts 2hl. II. S r., wo fälschlich gesagt ist, das Geburtsjahr Gröbens ser Nicht besannt, auch der ReUebeschrerbungen nicht Erwähnung geschieht. — 3) Ueber dir Romane dreseö Zeitalters s. Koch- Eompend. der deutschen Litteraturgeschichte Th. II. S. 245. flg.

%)

Einleitang.

XXXV

„und der böhmischen königlichen Fräulein Valisce Wunderzefchich» ten" 2 Bde. 1659 undr „des christlichen königlichen Fürsten Hetculiscus und Herculadisla Wundergeschichee u. f. f." 1659. — Noch höher» Beifall fanden die Romane des Herzog» von Braunschweig ÄnronUlrich (leb'e i635 bi» 1714): die durchlauch­ tigste Syrerin Aramena b Bde. 1669 und die römische Lctavia 6 Dde. i685., deren letzter da» L»eb!ing«duch der gro­ ßen Welt wurde. - Der beste Roman dieser Zeit ist «der unstreitig bei aller Weitschweifigkeit» Geschmacklosigkeit und an­ dern Fehlern Arminiu« und Thusnelda von Daniel Caspar von80honst«in (i6S5 6i«i683), einem ausgezeichnete» Manne, den seine Anhänger durch übertriebene« Lob und schlechte Nachahmungen auch um den Ruhm gebracht haben, der ihm «ürklich gehört. Bon ihm ist näher gehandelt mit Anführung einiger längeren Beispiele au» dem genannten Roman S. 36o bis 374. - Lange berühmt geblieben ist auch die asiatisch« Bauise oder da«blutige und doch muthigePegu (1690) von Heinrich Anselm von Ziegler und Kliphausen» Rit. terguthübesitzer in der Lausitz. - Diesen erhabenen Romane» trat entgegen der Simvlicissimus von Samuel Greifeiso» von Hirschfeld, der sich S»leifh,im von Sulzfort «annre. Der Verfasser hatte als Musketier den dreißigjährigen Krieg mitgemacht» und gab diesen Roman um zu zeigen, wie e» in der wirkliche» Welt hergehe, und man sieht da» greuelvoste Verderbe» jener Zeit ,n diesem Buche treulich dargestellt, wodurch r» eben so merkwür­ dig wird. E» giebt eine unzählige Meng« von Ausgaben, Fort­ setzungen und Nachahmungen diese« Simplirissimu«;4) doch sind auch andre ähnliche Geschichten mit ihm zusammengedruckt» z. SB. in einer Ausgabe von ni3: die Lebensbeschreibung der Ertzbetpür gerinn und Landstortzerinr. Courage, vom keuschen Joseph u. a. m. Nächst ähnlichen Romanen von Studenten u. f. f. gab «S auch politische und galante, deren Scene oft in fremde Länder versetzt wurde z. SB. der asiatische Onogamb» 0. v. a. Im Anfang« de» i8te» Jahrhunderts kam zu diesen und ähnlichen eine neu« und fruchtbare Gattung, nehmlich die Robinsonaden, seitdem d,e erdichteten Begebenheiten de« Seefahrer« Robinson Crusoe in einer Uederseyung bekannt wurden und jede« Volk und jeder Stand hatte bald seinen eignen Robinson. Mit diesem endlich 4) «Bergt. Koch« kompendium der deutschen kitteratargeschicht» X. II. ® 255. flfl. —

XXXVI

Einleitung.

verband man tftlb eine ähnliche Klasse, bte ?st>cn tu tietti hießen (vergl. Koch a. a. £>.), unter welchen ldertus Julius ober die Jnsel Fetsenburg stch auszeichnete, fo daß, wenn Geschmack uno Schonbelt der Menge und Erfindung dieser Schuften gleich gewesen wäre, diese Eittcratirr m Deutschland bte der übrigen Völ­ ker häl'e übertreffen müssen. An bte Gesellschaften, welcher wir ttn vorigen Zeiträume eV; wähnt haben, schlossen sich m diese« noch an bte Gesellschaft -es Schwanenordenü an der Elbe, vom Dichter und Predtqer Nrst |u Pmneberg m Holstern gegründet, bte «der auf die geschichtliche Prosa gar fernen Einfluß ausgeübt hat. Btel bedeutender für bte folgende Aett wurde bie deutsche Gesellschaft zu 8etpttg, bte von Johann Burchard Menken (geb. 1*74 gest. 1752) im Jahre 1728 gestiftet wurde. D.cserMenken war auchSttster und Urheber der ersten gelehrten Zctiungen in Deutschland, 5) durch feinen Einfluß hatte sich schon 1697 die Gordische poetische Ge. sellschaft gebildet, bte sich 1722 öffentlich unter ferne unmittel­ bare Leitung begab. Der deutschen.Gesellschaft zu Leipzig stand er bis an feinen Tod vor, worauf der Adr Mosheim diese Stelle übernahm. Der Briefstil wurde in dieser Zeit immer schlechter und durch bte Vorschriften, welche der Vielschreiber August Bohse, der das Haupt der wässenchten Retmcr dieser Zeit ist, tn fernen An­ leitungen zum deutschen Buefschrerben gab, völlig zu Grunde gerichtet.

Fünfter

Zeitraum.

Von bem 6treit der Schwei.cr irtt Gott'ched oder der erneuten Behänd lung bet Sprache gegen die Mitte des löten 3ahtb. bt5 auf Lessrng und Göthe um 1730.

Wenn auch nicht im Einzelnen nachgewiesen werden kann, wie der merkwürdige wissenschaftliche Streit, welcher rnn tiefe Zeit vorzüglich von Gottsched « der Sprache in dieser Rücksicht, betrat der treffliche Justus Möser »»«Osnabrück(1720dl« 1794.)» ein rechterMan» des Volk« und tieferKrnner der Sprache (f. v. ihm , Gc-'cblchte der e. 762. flg.

hister. Forschung «ob Kunst. Bb. II. 2t< Abtheil

xxxvm

Einleitung.

allgememen Weltgeschichte bi« »irr Entdeckung Amerikas. 17g,. gr. 8.) Joh. Fr. Le Tret aus Untertürkheim, Prof, in Tübingen, qeb. 373b, gest. 1807. (Geschichte v. Italien in der Hall. allg. Welt­ geschichte. $8. 40 bifl43.) Jul. Aug. Reiner aus Braunschweig» Prof, zu Helmstädt. geb. »7Z6» gell. 1803. (Handbuch der Geschichte «euerer Zeiten. Draunschweig 377». 3t« Ausl. 1799., der ältern Geschichte» 1775., der wiktlern Geschichte, 4te Aufl. 1801. Dar­ stellung der historischen Welt. Derl. 179-.). Matthias Chri­ stian Spreugel aus Rostock, Prof, in Halle» qeb. 17.46, gest. 1803. (Geschichte von Großbritannien und Irland. 1. Th. 17 ,3 4. Holl. allg. Weltgesch. 41 B- Gesch der geograph Entdeckungen. Halle 1785.) Johann Georg Meusel (f. über ihn S. 484. stg-). Hier sind auch zu erwähnen die beiden Hauptwerke der Ge­ schichte: bi, Utbersrtzung der allgemeinen Welthistorie, die »n England durch eine Gesellschaft von Gelehrten ausgefertigt wvr» den. Hall« 1744. (lg. Die ersten 17 Bde. von Daumgarten 18 bis 3o »ou Seniler herausgegeben. Dom 3isten Bande an wurde fit erst frei bearbeitet, und Dchlözer, Le Bret, Gebhardt, M. C. Sprengel gaben ihre Hauptwerke darin heraus, und der GnthrieGrayfch,Auszug aus derWeltgefchicht«, Leipzig, ftu 1769, vntrr Heyne's» Prof, in Gotringe«, Leitung, d«e auch nachher eine Sammlung der Geschichten einzelner Völker wurde, und au< 17 lkheilen in 49 Banden besteht. In diesem Zeitraum« wurde mit vielem Fleiß die Ge­ schichte der christlichen Kirche behandelt» doch gehören von diesen Bearbeitern hierher nur Joh. Andreas Cramer, Prof, und Kanzler «n Kiel, geb. 17»3, gest. 1788. (Fortsetzung der Bofsu et scheu Weltgeschichte mit Anhängen. 7 Bde. Hamb. 1748. flg. unb 17-3.flg ) und der überaus fleißige Joh. Matth. Schröckh, Prof, in Wittenberg. Don dem letztem f. S. :;6. Unter den Relfebeschreidern dieser Zeit ist ebne Zweifel Car­ sten Niebuhr aus Lüdingworth im Land, Hadeln, geb. 1733, sitst. 1815., obenan zu stellen. Er nahm Theil an der durch die dänisch« Regierung veranlaßten Reise nach Arabien (1761 bis 1767.), und feine beiden Werke enthalten außer Arabien auch viele Bemer­ kungen über Aegypten, Palästina, Persien und Ostindien, und sind dem Inhalt so wie der Darstellung nach trefflich zu nennen. (Be­ schreibung von Arabien, aus eigenen Beobachtungen und »n Lande selbst gesammelten Nachrichten abgefaßt. Kcpenh. 1772. 4. m. K. Reisebeschreibung nach Arabien. Kopenh. 1774 bis 76. »Bde. 4. m.K. der 3te ist nicht erschienen.). Der Sohn hat dem Vater ern Denk­ mal gesetzt. K,el 1817. 8.

Eiuleitung.

XXXIX

Unter allen übrigen deutschen Prosaiker« zeichnet sich durch schöne Behandlung der Sprach« Helfrjch Peter Sturz au«, dem als Charaktrristiker nur wenige gleich gekommen find. Sei» Leben de» edle» Grafen Bernstorf ist di» köstlichste feiner Schufte» (f. über ihn und Beispiele au« seinen Schriften S. 45o 61« 4S7.) Für di« Romanschriftstrllerei brach eine neue Zeit durch Wie­ land an, der freilich we,t über den abgesteckten Raum unsers Ab­ schnitt« gewLrkt hat, aber in dieser Beziehung hierher gerechnet wer­ den muß, da «S bU erste Erscheinung seine« Agathon war, welche den entscheidendstrn Einfluß hatte (f. S. 468 bis 476.). Denn in so vollendeter Sprache war noch keiner erschienen, in welchem zu­ gleich eine neu« Dahn, die der philosophischen Romane, be­ treten wurde; aber gewiß ist e» auch, daß durch ihn Sinnlichkeit tmb Lüsternheit angeregt, und jener ausländischen Wollüstigkeit Bvischub gethan worden ist, die so viel deutsche Herzen vergiftet hat. De« Engländer» Samuel Richard so n berühmt« empfindsame Romane: Elarissa und Grandrso« fanden auch in Deutsch­ land Freunde und Nachahmer, unter welchen Johann T»m«-> theu« Herme«, zuletzt Probst in Breslau (geb. 1788, gest. 1816.) durch femr Geschichte der Miß Fanny Wilke«. Leipz. »766. und noch mehr durch Sophien« Reise von Memel «ach Sach­ se n. 8 Thle. Leipz. 1770 bi« 1775. der erste Berühmte ist, dem nachher I. M. Miller, Prediger in Ulm, fich anschloß, «elchen seine Romane: Siegwart» «ine Klostergeschicht«, Carl von Burgheim «. a. zum angebetete» Liebling der empfindsamen Le­ ser machten, worauf Deutschland in der Folgezeit mit Siegwartiadrn und Klostergeschicht,n überschwemmt wurde. Noch am Ende de« Zeitraum« zeigt« fich der treffliche Dichter, der in der frühern Zeit wir die Morgenröthe ein,« schönern Tages der Dichtkunst er­ scheint, Albrecht von Haller, als Bearbeiter de« historischpolitischen Roman«, und sein Ufong ist noch immer bemerkenSwerth (f. S. 435 bi« 44» ). Diesem haben w,r ,n den Beispiele» als gemüthlichen Erzähler den verehrten Jung Stilling beige­ fügt, der zwar bis auf unsre Zeit gelebt hat, aber der Erscheinung feine» besten Werk« nach (Heinrich Strll,ng« Leben) hierher gehört, (f. S. 499 biü 5io.) Zwar könnten wir, w»e viele gethan haben, diesen Zeitraum mit dem folgenden al« ein« behandeln, aber da« Auftrete« dreier herr­ lichen Männer, Lesfing'-, Göthe's und Herder'-, welch« mir einer Kraft, wie sie seit Luther nicht sichtbar geworden war, die Sprache beherrschten, schien un« von so entschiedenem Einfluß

xju

Einleitung.

auf ihre Bildung zu seyn, daß teit andern meinten folgen zu müs­ sen, die um die Zeit, »oder erste dieser Heroen staro, (1781.) und dre beiden andern, m rechter Kra.t zu würken begannen, euren neuen Abschnitt der Sprachgeschichte angenommen haben.

Sechster Zeitraum. Den Seffkngs Lebe und dem Äufkret-M Göthens und Herders bis auf die jcg-.gc den. von e.wa ir8u bis 1818. Je näher wir der feygen Zeit kommen, desto mehr scheint stch der uns zu beschreibende Stoff zu hä .len, und desto schwerer wird, wer! d,e Gegenwart so oft verhindert, das Betretende vom Unredeutenden streng zu sondern, btt Auswahl des Anzu­ führenden; aber eben deshalb wird auch mancher Name hier rehlen dürfen, da er theils als bekannt vorausgesetzt werden kann, theils andre leicht zu erlangende Werke diesen lehren Z-ttraum besonders behandeln. SD« geschichtliche Prosa, welche im vorigen Zeitraum sich neu zu gestalten angefangen, erlangte hier den höchsten Grad der Bildung, den w« kennen. Swon Joh. Gottfried Herder (Generalfupermtendent m Weimar geb. 1744, gest. d. 1« Oec. i8o3.), von dem «n den folgenden Theilen näher d» Rede s.,n wird, und der überall wie ein herrsrender Geist auftrat, »vqte in den mehr erzählenden Stellen seiner Ideen für dre Gr sch,.- r« der Menschheit und sonst, wie viel noch hier ;u schaffen m.üe, als eigentlichem Geschichtschreiber bisset) Zeitraum« rot 0 aber wol keiner dem großenSchweiz.-» Johannes v 0n Mul l er du P'>,«« absprechen» der m fwncn Geschichten der schweizerischen Eidgenossenschaft, der Ferm und dem Stoffe nach, e.-n Werk geliefert hat, von dem mau tro» dem, was dagegen auch tad.lnd gesagt worden ist, behaupten kann, daß es kein vollendete, es in der neuern Litteratur giebt. Von fr um- Schreibart fa„t Wa.t ler ^Gesch. d. hist. Forschung und Kunst. 83b. II. Abtb.». S. 801.) r „Müllers veredelter L.'u.'niken St"l trägt fast tramtt die Farbe des „Zeitalters, dessen Zu^nd und Veränderungen dargestellt „er ist körnig-gediegen, sinnfhiver, frbr oft und bis zur Kübn„heit neu u. f. f." und allgemein ist ihm nach «enem großen rö­ mischen Schuftstelker btt Name de» deutschen Tacirus gegeben worden (T. über ihn S. £3» bis 644). — Neben ,bm ,st nicht in Hinsicht geschichtlicher Forschung, aber als Meister m der

Einleitung.

xw

Sprache der allgemein verehrte Dichter Friedrich Schiller') zu stellen, der m fernen Werken (Gesch. de« Abfall« der verem» ten Niederlande und Geschichte de» dreißigjährigen Kriege«) Muster einer blühenden geschichtliebea Schreibart gegeben hat (S. über ihn S. 554 biö 667.) Unter der großen Menge anderer auch durch die Weise ihrer Darstellung wichtiger Geschichtschreiber «vj,en hier noch folgend« stehen: Joh. W,lh. vonArchenholtz (geb 1745, gest. 181a. f. S. 544 bi« 65i.), Ludw. Timoth. Spittler, erst Prof, in Gottingen, nachher Minister in Würrem» becg, geb. 176s, gest. 1810. (Geschichte Wurtemberg« unter de« Regierung der Grafen und Herzoge bi« 175$. Götr. 178Z. — Gesch. de« F. Hannover feit drr Zerr d»r Reform. bi«ie Sprache beherrscht, wie nur wenige neben ihm und vor ihm. Bergt. S. 5i8 bis 590. Für den philosophischen Roman wurde von dem Denker Friedr. Hernr. Jakob k, geb. 1745, fett *804 Präsident der Akademie der Wissenschaften m München, durch seinen Woldemar und All will, beides Schriften voll tiefer M^nschenkenntniß, trefflich gesorgt. — Den Kunstroman be­ handelte Wilhelm Heinse, und sein Ardinghello enthält neben vielen höchst sittenlosen Darstellungen viele gelungene Schil­ derungen und Betrachtungen, dre leßtern vorzüglich über die Kunst. Die in den frühern Zeiträumen erwählten Formen des Romans wur­ den noch mannigfaltiger, Räuberromane, komische Geister­ romane, Rltterröma ne, Zauberromane und ähnliche dräng­ ten sich einander, und viele find schon vergessen, wie der größte Theil der von Lafontaine. K l i n g e r (Fausts Leben, Thaten und HöUenfabrt. —* Grafar der Barmacide u. a.). Wezel (Herrmann und Ulrike), v. Tbü mm el (Reffe nach Frankreich). Gorrwerth Mül­ ler (Siegfried v.Lindenberg). Fr. Schiller (Geiste»sehet). 8. F. uber (klerne Erzählungen). Carolrne Pichler (Agarhokles). rnst W. gner (Wilibalds Ansichten des Lebens. Reifen aus der Fremde in Die Heimath, Isidore f, Anhang B. 6i3.). Graf BenzelSte^nau (dos goldene Kalb), de la Motte gouque (der Zauderrmg, Lhrodulfs Fahrten u dergl.) u. a. m. gehören Hierher. In jeder der genannten Hinsichten als darstellender Geschichschreiber (über Winkelmann), als Rersedeschrelber (m s. aus m Leben), als Charaktenstlker (ebendaselbst), als Romanschreiber (Wilhelm Meister, WertherS Leiden u. 0 ) steht Göthe da, sem Zeitalter lerteno und bildend, weshalb wir meinten, ob auch viele sonst beliebte Schrjftstei'er hier fehlen mußten, doch seiner klassischen Prosa einen größeren Raum zugestehen zu müssen, (f. über ihn ©. 590 bl- bi» )

t

XLIV

Inhalt. w- r fJer 3eifr/)cü Gelu? de ct> d en Wodan unb Unterweis* fun.36 so tmc( d.s ,'ächstscheu F eldhtrrn Odo um 736. 69—n III. Der Eid Xavlt des Ra b len urb seines Volks in altfränki­ scher Sprache 842. S 11

Zweiter Zertrau m. Bis $um allgemeinerrrGebrauche bet Hocboeutsch.n eter 6t& zur jr rrchenverdesserung. IV Hemrtch v cit Herblingen 1320— [350: Briefe20,21 u.34. S

13 — i7

V. Jac 00 ton Königshoven 1386. S. 17 — 28. i Einlegung fcmei Chronik S 18. 2. Krieg des Bischofs von Straßdurg Walther von GeroldSeck Mit den Bürgern von Straßburg 1161 S 20. 3. Oer große «juieg jirüscbcnt Herren und Stetten, wobei der Streit zu Loffiiigen bet Weil 1388 © 25 — 28. VI. Eberhard Wtndeck um 1440. Geschichte Kaiser Sigmunds. S. 28 — 32. VII Johann Rohte thüringische Chronik um 1450. S. 32 — 40. G schichte Ludwigs des Springers. S 33. VIII. Johann Sch', ldberaer. lebte 1430. ©.40 — 43 i Wie der Weyastt dem Tämerlm ein Landschaft etnnam. S 41. 2. Wie Tamerlm vor ber, Stadt Hrspahen 7000 Linder vnder 14 jarn jemmerlid) umbbiacht S. 41. 3, Von den Bn-r'taubcn S 42. IX. D red old Schilling um 1430 Beschreibung der burgundkschen Kriege. S 43 — 55 Die Schlacht bei Murten 1476 S. 44. X. Cöllnrsche Chr 0 nick 1499 Niederdeutsch. S. 55 — 67. Streu der Weber und Wollarbeiter mit dem Rath zu Cölln. 1369. S. 55 XI. Freiburger Chronik. S. 63 — 69. Heinrichs 111. Jugendgeschichte. S 68 XII. Marx Sn c ft sturme in • der Wetßkunig. 1515. S. 70, 1. Äon Ätteren mit Frankrerh S. 70. 2. Von Krugen in Bauern. S. 74.

Inhalt.

XLV

Dritter Zeitraum. Bis zum dreißigjährigen Krrege, als dem Überhandnehmen des Einmischen- franjöfischer Wärter in dre deutsche Sprache. XIII. Johann Avcntrnu 6: Chronik um 1530. S. 7^. 1. Wre bie Dngcrn bey Threrhaupren geschlagen worben sind. S 79 2. Die Schlacht zu Ampsing umb das Reich. S 81. XIV. Mart,u Luther 1510 — 1540 S. 85 — 105. i Bon Bruder Hennco m Dredmar verbrand. S 88. 2. Beispiele auö Luthers Bibelübersetzung vom Jahre 1541. (i Sam. 17, 1—54. 2 Äon 1, 1 — 17. Apostelgesch 9,1—22) S. 96. 3. Gm biS jetzt ungedruckter Brref Luthers an Churs. Joachim II. v. Brandenburg S. 103. XV. Thomas Kantzow 1540. Pomerania. S. 105 — 126 1. Eroberung der Stadt Arkona auf Wrttow in Rügen um 1168. e 106. 2. Der falsche Waldemar. 6 114. 3. Johann Buggenhagen schreibt drePvmmershe Geschichte. S. 125. XVI. Sebastian Frank: Chroniken um 15,0 S. 126 — 139. 1. Heinrichs IX Verhandlungen mit den Sachsen S 128 2. Wre dre Türken und Tattern Polen, Schlesi und Merhern ha­ ben geschlevfft u. s. f S 133 3. Bon Bestreitung der Stadt Constantmopel. S. 136. 4. Dr. Martmus Luther. S. 137. XVII Dr. Johann Luggen Hagen Pomeramn. S. 130—14g. Wie es uns zu Wrttemberg in der Stadt ergangen in diesem Krr g. 1517. S 14«). XVIIi. Sebastian Mün 1ker um 1550:Cosmographey. a ich bliben mag. Mir hat der von aller» dach 2?) fern Brief geben an die Kunigm von Vngern, zu bei Han ich mut vnd wie es nur da ergänz das las ich ban aber dein gerrweS Hertz wrsien. Gehab dich wol mein allerliebstes kmd in got, vnd dis frolich nachdem vns got in dir fptlcnb 2S) ist. Mich wolt der von allerbach wol besorget haben m Bassawer Bistum, da wolt ichs noch mt tun wan ich geren besech 29) ob ich nacher bey dir dliben möcht, pit für mich das mich got aller dmg befach 30) vnd dißem fchedlichen krieg am gut end geb wan das wer gar not. Gruß nur vnß lieben kmd vnd auch die andern il) ych fand prüder Biet» Halm noch den Süßen i2) mt zu kostentz. Got sey mit euch vnd danck dir großer trwe.

Der vier und dreyßigste Brief. Der Verfasser machet feinen Glückwunsch zum neuen Jahr. Verehrt einige Käse auf die Fastnacht. Versichert, daß der Bruder Hainrich sich wohl befinde.

Mmen trwen Frutnden rn got dnnc E. •*) der pnotm vnö Margaretha der Gbnetin ze Medmgen ich Bruder T. man gebet, als das jr mir gewmst 44) vnd degert hant zu einen neunten jnganben ,s) jäte, das beger ich euch hundertfeltlich von der kmtlicher gut vnsers Heren Jesu Christi. Ich lob in vmb euwcr gesundthait vnd beger^ das er euch gesund behalt an fes vnd an lab vns zu 25) Der Kaiser gebot, man solle trotz des Papstes singen b. d. Gottes­ dienst halten oder fein geistlich Amt verlassen. Der Brref muß also um 1325 geschrieben fein. — 26) Der Lag des obersten ist der Lag der Heiligen drei Könige. Marra scheint übrigens sehr auf Sorten Kaiser Ludwigs gewesen zu fein unb sagt auch m ihren Offenbarungen, Jesu» habe zu ihr vom Kaiser gesprochen: rch will ihn nimmer verlassen, denn er hat Pieb zu mir, das entbeut ihn. Und be.i Gegenkaiser Karr IV hat sie, wie LZrref^. zagt, Heinrichs Lünig genant und nicht wie er will den aisteolichen — 27) der von Allerdach ist nicht weit tcr bekannt. — 28) geht auf ihre Offenbarungen. — 29 denn ich besehe gern. 30) besehe, versorge. — 31) Punkt ist zu setzen. — 32 Drethelm ist nicht besannt, aber Suse ist Hemnch Suso von Costmtz, ein Predigermönch, der ein Buch laj l.utiae geschrieben hat, bat zu Kölln 1^24 von Reginald Braun herausgege­ ben wurde — 3Z) Frau ö. ist Elisabeth Scheppach die PrieriN. — 34) Alles das ihr mix gewünscht, — 35) angehenden»

Heinrich von Nördlingrn 1330—1350. einen tröst vnd jm jir einem ewigen lov. Eot danck euch ewee sandung vnd aller der tnr, die ir zu mir Hand. Ich send euch Dona E. i3) in Xyo multum dilecta i7) zwen keß vnd Margaret vnd Iren Klnden zwar keßlach 38) vnd beger, daö fy sie gessen vor­ der btfer faßnacht. Wissent, 39) das ich fy 40) euch mit freuderr send. Davon so btt ich euch, das ir sy mit begird enpfenhent von mir ewern armen fründ vnd dtener in Christo. Wissent, das Bruder H. wol mag vnd wol tut vnd fast messe Spricht. er zirnet vast umb das Urlaub. 4I) btttend got für mich vnd mein Süne. pax Xpi uo bis cum 42) Amen. Anm. Der Brief wird von Heumann Laulern zugeschrieben, weil der Verfasser sich L. nennt, sonst giebt es fernen innern Grund, als daß Bruder H. erwähnt wird, wahrscheinlich Heinrich von Nördlmgen, mit welchem Lauler zu Basel war.

V.

Jakob

von Königshoven

Jakob von Königshoven,

der in

1586.

einer andern Handschrift

auch Jakob Twinger von Königshoven heißt, war ein Straßburgischer Priester, von dem sonst nichts weiter bekannt ist.

Seine

Chronik, welche .er i386 schrieb, ist die altestein deutscher Sprache vorhandene. Schiller gab sie zuerst mit historischen AnMtikuugei» zu Strasburg 1698 heraus,

unter dem Titel:

DieAeleeste

Teutsche so wol Allgemeine Als insonderheit Elsassische und Straßburgische Chronik, von Jakob vow Königshoven,

Priestern

>tt

Straßburg.

Von

An­

fang der Welt bis ins Jahr nach Christi Geburt tZ8S beschrieben u. s. w. in Truck gegeben von D Johann Schillern. Straßdurg 1698. Er erklärt tu der Vorrede, daß er nicht unbillig Bedenken getragen ichtwas daran zu ändern oder die alten teutschen Worte und Redensarten ln heutiges hochteutscheö zu versetzen. — leitung selbst sprechen.

Ueber den Inhalt der Chronik möge die Ein­ Ob das was In der Chronik noch dicht nach

36) für da», was ihr mir gesendet. — 3?) ist Chr-sto viel geliebte. — 38) keßlach, lach für lein, Käslein, kleine Käse. — .-,) solicher Bücher, wie doch das die klugen leygen also gerne lesent von semelichen 2) dmgen also gelerte Pfaffen. Ouch haut btc menschen me lusteö zu lesende von nuwcn Dingen bene von alten, vnd ist doch von stryten reisen vn andern nenhaftigen Dm­ gen die bi nuiren zrten sint geschehen aller mmnest geschrieben. Hervmb will ich Jacob von kunigeshoven ern pricst er zu Strosburg durch der leygen willen vs den Eronrken die Eusebius. MartmuS vnd Vmcentius gemacht hant. vnd us andern Büchern zu tusche schrieben etliche Dmg. die Mich aller vürnemest vnd lüstlich dunkent. vnd sunderliche von etlichen nennehaftigen Dmgen dit zu Strosburg vnd zu Eilsas, oder in den landen nohe do bi geschehen sind, vnd will öch zu jedem Dinge setzen die zale der jote von Gotteö gebürte des man gerechen möge wre lange es st das es geschach. oder aber bi weleS keysers oder kümgeS Ziten es geschehen st. Wenne 3) eü sprrchet merster Hug von florencie 4) das ein geschehen Dmg dem men mit tan gesagen in weleme 5) jor, oder bi weles kümger Ziten es geschehen ft. Das fof men haben vüc eine sage mere vnd nüt vür eine worrede. 6) Luch svl men wissen das ich zu den Dmgen dte do vor Gottes gebürte geschehen stnd, habe gesetzet so vil jor also denne was, von adam vntze 7) uf die ztt, also eö geschach. Das men ouch em jegliche Materie die in disem Buche geschrrben stot beste baS könne qefuchen vnd vinden wo su stände. Darvmb hab ich dlö Buch qeretlet m sechs cavittel. vnd wil hre mit kurtzen worden vor begriffen, von was matenen reklich capittel fett. i») tütsche st. deutsch. — i*>) lützel wenrg. — 2) semelich: desglei­ chen, dergleichen, also: ebenso alS. — z) Wenne und wann für denn. — 4) Ein Dencdiktmermönch aus gloriac in Frankreich. — 5) weleme: welchsm. — worrede; wahreRede. — 7) untze heißt bis.

Jako- von KLni-Shoven: Strasb. Chronik. izzs.

ZA

Und stet b> sedem capittel ein zale mit roter Dinte geschriben an welem Blatte in disem Luche das capittel ane vohe. Da» erste caplktel feit. wie Gott die weit aneving vnd hymel vnd erde vnd alle creaturen beschuf. vom Adam vnd den an­ dern altvettern. Item wie dir Juden gevangen wvrent in egipten lande die MoyseS erlidigetr. Item von Dauid vnd den an­ dern künigeN der Juden vnd der heydne vnze 7) an Julmm den ersten keyser. vn der Visen Dingen wurt och gefeit, von der Sint­ flut, von Troye vnd dem großen allepander, vn von andern Dingen, die zu den ziten sink gewesen. Da» ander capittel seit von den keysern vnd römeschrn kunigen die do sint gewesen von dem ersten keyser Julio, vnze an den Römeschen kunig WrntzeölauS der do des Vierden keyfers karlen fun was vnd kunig zu S»ehrmr. vnd seit och von lren geteten vnd von andern Dingen, di bl rren ziten geschehen fint. vnd vohet dl» capittel an der zale der bletter So eil (35). Da» bim capittel feit von allen bebesten. die von Gottes gebürte gewesen (int. vnze an Brbanum den Sechsten, vnd was fü «(gesetzt haut. oder vnder in geschehen ist. vnd vohet an. anr dirre zale der bletter tjcfi (iai).

Da» Vierde capittel ist von allen Bischouen zu Strosburg vnd erwaö von ttt.i geteten. vnd vohet an. an der zale der bletr ter. am. (m). Das fünfte capittel seit. von wrme die fiat Strosburg, vnd das land bi dem Rine, stnen vrsprung het. vnd wie e« zu frit stem gl eben bekert wart. vnd von (Inten, Reysen, geschellen •) vnd andcrungen, vnd andern nenhaftigen Dingen, dir do gesche­ hen fint. vnd vohet an andirre zalen. tmj (207). In dem sechsten capittel smt vil bi alle die Materien die iy disem buche (tont, anderwerbe ") begriffen mit kurtzen wortrff. vnd cd) ander Ding noch ordenunge der bustaben an der ober z,len des abeces I0). Also mäht du suchen redeS Ding bi dem bustaben also es anevohet. einen strit bi time S. eine Reyse bl time R. einen kunig bi eime K. vn also vdn andern Dingen. VN wo du etwas vindest. do betütet die nachgonde zale do bi. die 10C von Gotz gebürte die men dozumal zalte do es geschach. vnd die rote zal der vor, ist ein zal der bletter do von derselbe» matteten ist me beschrieben. g) geschellen: Auflauf, Aufruhr. — 9) anberwerbe: anderswo» anbetemat, beim werbe sonst immer: mal. — 10) w,r sagen: nach dem Alphabet. B 3

so

Iwtittr Zeitraum tiS zur Kircheuvrrbrfferung.

Zweite« Bruchstück. Krieg des Bischofs von Strasburg Walther von Ge.rolzerk mit den SRärgern von Strasburg. aaöi. Darnach in demselben jore also men zalte noch Gotz gebürte Mcclxi (1261) jor vmbe die Phingesten der erhup sich ein nnssehelle -wüschent dem vorg^nanten bischour vnd den bürgern zu Strosburg vmb etliche rechte bic der dischoff sprach das ffi Lme zu gehörten, fco das nüt künde gerichtet werden rote das men vaste **) betzwischent für und rette. Do zogetent die bürget von Strosburg VS m den Phrngest virtagen und zerstortent und zersleiffetent den berg zu Haldesburg und fülletent den graben der darvrnbe ging rocm s) er gar tief was und starg. roan fü forchtent das der Bi­ schof ein Burg würde darvf buwen die jn schedelich möchte wer­ den. do gebot der Bischof dy einer grossen penen I2) des bannes und beroubunge phrunden und ambachtes Is) allen Dumherren pfaffen und schillern grossen und klemen das fü foltent varen vr der stat Strosburg. Das dotent fü alle, rocm zu den ziten hielt sich Bischof und sin pfafheit me zusamene denne rgnote **♦). doch der Dechan zu dem dume genant her Bechtolt von Ochsenstein wan der alt und kräng was der bleip m der stat mit des Bi­ schofes vrlop. Aber der fenger her Heinrich von Gerottzecke der bleib wider des BifchoueS willen, und was auch wider jn dozutnple und vormols an der roalunge zu dem bistume. und do die pfafheit alle fament VS der (rat kam do verstug der bifchof singen tn der stat und verbot dmne IS) alle Cristenliche heilikeit. es were finbe toufen oder zu siechen gan. do schufei»t die Bürgere von Strosburg das dne pfaffen in die stat koment die touftent die tint und verrichtend die siechen und hettent gotzdrenst wider des Lifchoues gebot.

Kolmar

wart

gewunpe«.

In den ziten stunt das Romesche Riche ostür I6) das kein Romesch kumg was. und der bifchof was gewaltig ze Kolmar und Keifersberg. Nu was ein fchultheisse zu Kolmar genant Iohans und was wol gestündet. l?) Der war von Partien die zu Kol­ mar worent vs der ssat getrieben, und das tet em Parte die an 11) wie daß man auch oft, wie oft man auch. — 12) penen: ©trat fen, poena. — 13) ambacht: amt. — 14) rgnote: letzt. — *5) btnnc: in derselben, darin. — 16) ostüroffen. —• 17) was wol gestündet: hatte viel $tc«nbt unb verwandte

Jakob

Mit

Königshoven: Strasb. Chronik« 1386, ai

dem bifchof was zu Gtrosburg. Derselbe schultheisse Iohan fut |U groue Rudolfen von Habesburg und zu firne ") Vetter und »rüg mit jn an. er wolle heimelichen in die (tat zu finev guten stünden gen und anlegen da« men jn nachten ein Port« vf falte tun und das fü denne mit eime Volke hinin furent und die stak gewunnent. Der schulthrisse Johan« kam in timt »affe in dt« stat in ein« Dumherre» Hof der (in mög ") wa« und such »mb« die fache wüste, und bo schicket er noch stnen stünden und trug die fache an also davor gefeit. Do die nacht kam do aarttttaf die von Habe-burg mit irme gesmde vf zwo acker lenze heimelig che« vor der stat. Do gieng der fchultheiffe her»«, und bet ei» pdrte vf und stie« ein bürde strowe« an ein ster und enhuvd« da« ze timt zeichen da« die »orte entflossen wa- do da« die yst fern fohent do rantent fü mit gewalte in die stat. Nu wa« ei}^ bestellet da« in zeglicher gossen ein bürde strowe« lag. di« entzunt« men alle das deste 6a« gefehent und rittent von einer gossen 4» der andern mit blossen fwerten und fchruwent Habesburg. bürg. Su« gewunnent fü die stat. und die bürgere nomeyt WM Rudolfen von Habesburg zu eime Herren. Donach wart ime oM Ke»fer«berg. Wie der streit erging |C Hurber-en. Zn dem jore do men gaste von Kotz gebürte M. «. Uii«. fei diewile der kneg alfu« werte, an der »ehesten mitwochen. atah MN funnentage in der vasten der heisseit r«miniscere. Do zogatrot die von Stro-burg v« mit gerittem Volke was fü haben mschwO und wol mit dem halben fufgonde» mit steinmetzen und mit «* der» «erglüten und brochent den kirchthum zu MuooigheiM. der wa« gar starg und wa« alle« steinwerg. wan fü forchtent dB« sich der bifchof der vffe wurde enthaltend« diewile der stieg werte und in 20) die (hoffe wurde verlegende die do gont ge» Brumak gen Hagenowe und ge» Hochvelden. Du diewile (5 den tum brochent do beuant es der bifchof und det die glock». Ißtm-g» Molsheim. Donoch latent die andere dörfer und stette all« alst» «orgefeit ist. **) zehant hatt« der bifchof fein volck besamet da» 18) fimen: seinem, so immer: tim« st. eitlem ». f. f. — iy) mög: verwandter, Schwerdtmage männlicher, ‘©pCUhiage weiblicher Ver­ wandter. — 20) in: ihnen. — 21) der Lischos hatt« den Orten befohlen, wenn die Glocke zu Molthekm geläutet wurde, avch zu riiitcn.

2S

Zweiter Zeitraum bii zur Kirckenverbesserung.

V hette vf ccc. ritrere je rosse und wol uf fünf tufent fufgonber. vnd tarn von Dachenstein zogende gegen der flat, und wqs begerende das er mit den bürgern feite fluten, wan er truwere wol das er jn softe anegestegen 22) und das er bch in keine ander tirtfe des knegeö mochte em ende Han wan mit stritt und was jn buch fere gerüwen das er fü nfit zu Wikersheim 23) bette anger feret. also davvo gefeit ist. bacumbe zögere er gar girlichen gegen den iurgern die zu Munoltzheim den turn brochent do das dieselben bürgere befundent do fchicketent fü betten m die flat, die tiefent also wit bie flat was und ruftent der bifchof zogete setzen den bürgern die zu Monoltzheim werent do sturmde men die ' gtvcken über alle die flat, und die bürgere zogent alle vs ge­ gen den bifchoue. und drewile warnetent sich die vssern bürget nhb zogetent von Manoltzheimberq zu Tchaldenburg und hielrent do mit vfgeworfem baneren und fohent das die gantze stak heruS In zogete. Des Volkes was so viel das man turne das velt NtmhÄe gesehen vor luten. Do zogetent die vssern bürgere und fotefctnt zwüfchent Mittelhusbergen und Oberhusbergen vntzer das M^kenrrohen zu jn ko ment. Do zogetent fü den berg herabe und woltenr durch Oberhusbergen. do mö'chtent sie vor eime gra­ ben nut durch das oorf. davon zogetent fu'dem graben abe rcibcc die flat und fuchtent weg wo sä über mochtent turnen gegen dem bifchof. do schien es glich also woltenr fu ilt bie flat zogen, do ilpnbeSt der bifchof und die sinen das die bürgere wojtent in die HÄ -entwichen also fü zu Wickersheim hettent geton und fchrülueftt über'dle bürgere, fü fliehent. fü fliehent. des moles hup 24) drschof uf dem berge by des Sttzbenweges boumgarten. und er fach das sich die.bürget wider die stak fectent do zöget et dem berge gegen bet flat uf das ebene velt mit sime geritten wan fine fufgonbe worent noch do nut zu tme tonten. And fktfete und mattete sin gestnde vaste mit grossen glubden. ' ' Dozwuschent 6ettent die bürgere den graben vmbvaren und Utlestt sich mit den banern gegen betn -zsthoue^ widervmbe und ygetmt zu tme so nahe das fü vf ein ackerjlenge von tme worent. chorhieltent fü stilleuNd mochten^ tren spitze?4^) und sterketent enancher mtd manetent die fufgonben. und sprochent. Smt noch Hute ,U?),apegesiegen: ohsiegtN« über sie siegen. — 23) wo die Bürger den 9t(4er von Wi(kerÄrinl bekriegt basten t als aber der Bischof durch Sturmläuten gesdmmeKt und viel stärker als die Bürget ..hetüvzog, lreßen sich diese in kern Gtfecht ein. — 24) des moles: dazümal, damals / hup: hielt. 24») Spitze: Colonne, über­ haupt Schlachtordnung.

J-kob von Königshoven: StraSt. Chronik. 1386.

23

starkes gemütes und vechtent vnerfchrockenlich vmb vnser stette ere vmb ewige freihert vnfer selbes, vnsere tindere. und aller vnser nachkomende. vnder btfen dingen foment die mren bürgere glicheS zu den vffern. Nu was vnder den inren bürgern ein Hovptmann her Claves Zorn der alte den hreffent die vffern reift komen sin und funderlrche her Rembold Lrebenzeller. der grusle den Zorn und sprach. Herre der Zorn min allerlrebester sink Gotte wilkomen ich fach vch nie so gerne also ignote I4). do die bürgere alsuö worent zufamene komfn do küfent 2i) fü zwene dre das fufgonde Volk soltent reisen tote fü soltent stritten, den globetent die susgonde alle gehorsam Gesinde. 2t) bife zwene worent Here Hug Küchenmeister und Heinrich von Oche erbere burger. und die hreffent zum ersten das alle schützen sich soltent sundern von dem andern Volke und soltent sich puh nut an den (Int keren. uztb soltent nuwent26,t) achten wie fü des brschoues lute mit geschähe letzetent. 27) die do zogetent zu hem bischoue. das fü zu dem stnte nut möchtent fernen, und was also besorget wenne die Hal­ den schätzen schäffent so soltent diewile dre andern halben mziehen. 2a) und der schützen was ccc. alsus besorgetent fü sich wider den brschof. und jt meinunge was feste daran das fü mit ime (Inten reoltent. Dasselbe wart euch dem bischoue zu mute und richtete sin her darvf mit guter manunge. doch reiherrretentz ime die besten vnder stnen. ryan fü betrachtent yorhm das fü nüt gesiegen mochtent gegen sölrcher craft und menige so die bürgere hettent. und do fü jn alsus warnetent do stroft er fü und sprach, fü »event zagen, reoltent fü 29) das fü enreeg fürent. doch bliebent fü durch der eren willen by ime. do fü nu zu beben fiten alsus hettent be­ reit zu strite und die Helme vfgesturtzet und die swert vsgezucket do waü einer vnder den bürgern genant MapkeS von EckeverSheim ein edelknecht der reit zum ersten gegen den vienden mit einer gleven. 30) do rante einte vs des bischoueS Here gegen ime und stochent vfenander das die sper beiden fite zerbrochent und roß und man bebe darnider vielent und die roß bliebent beide dot. 25) füfent: wählten, kührten. — 26) zesinde: zu sei«. — 26*) nur. 27) letzetent: verletzten. — 28) inziehen: spannen. — 29) so möchten sie hinweg ziehen. — 30) gleve: Lanze. Auch werden Gleven und Fußender alS Reuter und Fußvolk entgegengesetzt, wovon noch die Schützen unterschieden werden, dre auch zum Fußvolk gehören, aber mit Armbrüsten bewaffnet sind; doch findet man sie zuweilen unter den Reitern. Statt Gleve kommt auch Glave vor.

24

Zweiter Zeitraum bis zur Kirchenvnbesserung.

bo iletent die bürgere irme Markest noch und hulfent ime vf ein ander roß. der ander wurt erslagen vf den iletent euch des bifchoues gestnde gar stomecliche noch, one die fufgonde bte mochtent nüt zu in kumen vor den schützen. Do nu die geritten 3I) vnderenander woren kommen und etn>te lange hettent gestritten bo koment die fufgonde bürgere den iren noch und vmbezugent das her frünt vnd vrende und erstochent bet stünde und vrende roß. wan fü in den noten eins vor dem andern nüt wol erkennen möchten. Ouch worent fü vnderlotset von Dem alten Lrebenzeller das fü foltent erstechen der stünde und der vrende roß. wan die bürgere werent nohe by jre stat so trete der btfcbof verre von ftnre Helmute, und wer 06 iah das fü zu beben fiten zu fusse kement so möchtent die bürgere die vfferen ml lichteclicher tn die stat gebmfen 32) Ivan die stat nohe was. benne bte vssern der 'eoentg was möchtent tte bürgere der gar vtl was nüten entreg füren zu trme verrem fetmute. Sus rouvbent bte roß erstochen und des btfchoues geftnbe kam alles zu fuffe. und der difchof streit uf denselben tag also ein fromer i3) rtter. und zwei roß wurdent vnder ime er­ stochen. und bo er uf das btrte kam und fach das er überstritten ivaö bo floch er mit zweien rtttern bte uf jn wartetent. und wo­ rent das der Burckart Murnhart und her Wolstlm Meigenrls 33a) fco bte bürgere fohent den difchof fliehen bo wart ein gros gefchreige über jn und ranteut ime noch gen des Stubenweges boumyacte vntz uf den berg, und bo fü jn nüt möchtent ernten da fertent fü wider uf das reit bo der strit was gewesen. Dozwüfchent worent bte bo erflahen worent alle nacket vsgezogen. der was uf st edeler lüte one bie armen, vnder den was her Herman von Gerolhecke des btfchoues bruder. der was lantvoget von Bafel vntze gen Seife zu beiden fiten des RmeS. Ouch wart erslagen der von Tiersberg des btfchoues Vetter, und der Waffcler und stne zwene füne. und bue qedrüdere von EckeverSheim, drte Shollm von Eneshetm. zwen von Virdenheim. der rote'burgroüe und ein Beger Johans von Butenheim. und der Ajrltn und vtl andere edellüde, bo wurdent ouch stxvj (7t) edeler Atvaugen und tn bte stat gefüret Pitt Iren eigenen feilen bte fü 31) bi« geritten: hie Reuter, Reisige. —. 32) gedtnsen: ziehen, tra­ gen: so möcht n die Bürger bte äußern, nehmlich bte gembt, vtel leichter als Gefangene in dse Stadt bringen. Schon gothisch tluns .m ziehen, und m der Harmonie der Evangel. v Tartan: Rez thtnsen, 33) fromer: tapferer, h-srrr feiger. r- 33^) Punkt zu dentep,

Jakob von Königshoven: Strasb. Chronik. 1386.

35

dar hetteNt bracht da« fu bürge» bomit woltent Han gebunden kennen zu fürende, und vnder den gevangen worent der lange graue von Werde, drei von Landegberg. »rote weniger von 3fn$ delo. und der marschalk von Huneburg und vil andere, und die andern alle fluhent, Ader vnder den bürgern von Srrosburg wart nieman erflagen wan einer mae ein metziqer und hioü Bilgerin. den furtent die do fluhent mtt jn geuangen. do fu yt brochtent gefunt vntz Geispoltzheim und do befundent cha« fr« frünt in dem stritt erslage» worent do erslogent sü ]n Sch mit bedachtem mute. Men sol wissen da« in dem strite nieman wo» denne die bürgere und nüt irr helfe» one allein der von Ochsenstein und der von Girbaden. wan die grouen und die soldener worent vor enweg gevaren do der strit alsu« ergieng do zogetent die bürgere mit fröden wieder in die (tat und furtent die gevan­ gen mit jn vnd liessen« die boten necket ligen uf dem Velde di« wurdent in der nacht von irrn stünden ufgelefrn und begraben. Dritte«

Bruchstück.

Der gross« Krieg «wüschent Herren und Stetten, sonderliche zwüschent den herschaftrn von Peyern von Würtenberg und Laden, und den Nyneschen und Schwebeschea stetten.

Dnder disen dingen mvhent die lanbeöherren und Ritter und knrhte zu Swoben und an dem Ryne vil bünde und gestllescheft« vnder jn selber. Etliche nanten sich sant Georgen geselleschaft, etliche sant Wilhelme« geselleschaft, etliche die gesrlleschaft der Panthier oder der Lowe», und trug jr jeglicher an sin» kleide cm Panthrer oder einen Löwen von gylde oder silber gemacht oder ein ander zeichen, also denne die gestlleschaft hette in die er ge­ hörte und der Bischof von Htroshurg und vil ander Herren mach­ ten sich in der Lö'wengeselleschaft. bi« entsossent "*») sich etliche stette an dem Ryne und trugent ane mit den von Ttrosburg, Ehen­ heim, Sletzstat, Hagenowe, Wissenburg, SpY», Menhe, Wur­ messe, Frankefurt und andern stetten da« sü sich zesamene verhundent den vorgenanten gesellescheften zu widerstonde, und da« hie« der Rynesche bunt. Dasselbe dotent och die Swebeschrir ft»», und machtent öch einen bunt vnder jn, genant der Swebesche bunt. bist zwenr bunde wurdent gemacht do men zalt« M. t(t lxxx donoch zehant zergmgent die vorgrnantr geselleschaft« und wart nütschct beruß. 33') entsyssenti entfaltn, sich erschraken.

26

Zweiter Zeitraum bis jvr Kirchenverbefferung.

Hiezwüfchent und donoch lange werte alles der krieg zwüschevt dene Groven von Würtenberg und den Swebeschen stetten. Do hettent btt Swebesche stette gepne me helfe gehebet, und trugent ane mit den von Stroöburg und mit andern stetten btt in dem Ryneschen Kunde worent, das fix sich soltent verbtnden zu den Swebeschen stetten dts widerrtetent dte edeln und wtsesten zu Stroöburg, und sprochent, es wert eine herte fache. Sol­ tent die von Strosburg und btt Ryneschen stette helfen den Swoben jpe kriege alle vstragen dte fü von alter her gehebet tzettent. Men keme sin in soltchen kosten und kumber das alles tont schmertzende und verdrossen wurde, und sprochent fürbaS fü chettent von iren vordem den aljen und den wtsesten dtcke gehört sagen, das die Ryneschen stette soltent sich davor hüten, das fü rnmer keinen bunt machtent über Ryn zu den Swoben oder zu andern, anders34) fü gewunnent niemer ruwe. dts alles half alles nüt, etliche an den dte gemalt stunt wurdent gemütet,i4a) das fü durchbrochtent. das dte Ryneschen stette sich verbundent zu den Swebeschen stetten. Also wart der Rynesche bunt und der Swe­ besche bunt zusamene versichert und verbunden, do men zalte SJf. ccc. lxxxiil lor. do dtö die Groven von Würtenberg enpfundenk, do trugent fü ane mit vil fürsten und Herren, das di öch mahtent einen bunt ynder jn. und worent das dtse, dte sechs hfrtzogen von Peygern genant also, Ruprecht der eitet pfaltzgrove Lime Ryne. Ruprecht der junge, Clemme, Stephan, Frtederich und Joh-nü chertzogen und Herren zu Peoern. 3$) Item der Ertzbtschofe von Mentzf und dte Btscbove von Wurmeße Würtzebürg, Bobenberg, und von Strytzburg. doch der Bischof von Stroßburg nam US dte stat Stroßburg, wider dte feite jn sine verbundntffe nyt binden dasselbe dotent och die von Sttoßburg -egen jme herwtdervmb in trme Kunde. Item tn der Herren bunde worent auch der Burgrove von Nurenberg, der jung Marggrove von Baden und vtl andere Herren. Der Streit zu Löfftngen bet Werl 1388.

Donoch zehant manetent die Swebeschen stette den Rynefchen bunt unib helfe, also schicketen jn dte von Stroüburg xx gleven, und dte andern stette ouch legliche so vtl glefen also in bem bunde die kleine sume betet was. hiemitte brochtent dte Swebe34) anders: sonst gewönnen stc. — 34*) gemittet- bestochen, daß sie eö durchsetzten. — 36) vorher Peygern

J-kob voa Köttigshovrn: Gtra-b. Chronik. 1386.

27

scheu flftte zusamene uf atzte hundert glefen, mit den kriegetent ß uf die Herschaft von Peyern und von Würtenberg und uf ire

helfere, dasselbe botent die Herren Herhogen wrderumb. Also geschach zu biftn ziten das die vorgenanten atzte hundert glefen und uf 31m tufend fusgonder geweffnet US den Swebeschen stetten stürmetent einen krrchof in Swoben genant Toffingen bi der stat Wyle, der krrchof was der Herren von Würtenberg. Do mach» tent sich die Herren von Würtenberg der alte und "der junge bede imt i6) selber uf mit vj (6) hundert glefen die fu und der alte h -tzoge Ruprecht und der junge Marggrove von Baden und \tt helfere bmander hettent, und uf zwei tusent geburen 37) us der von Würtenberg lande, unde zogetent such zum vorgenante» krrchove do die für logent. und do bede her einander sichtig wurdent, do sossent die Herren das mereteil abe iren Hengesten und gmgent zu fus an das volg von den stetten, und sunderliche der junge herre von Würtenberg drat für die andern an den strit, dy stelletent sich die stetre zu gewer, das ritterlichen dv gevohterr wart zu beben siten, und zehgnt 3#) wart der junge herre von Würtenberg erslagen, und ein Groue von Lowenstem, emre von Zolre, emre von Werdenberg, und uf lx. (60) Rnttere und Edel­ knechte, die jn nych volgetent, und wart der erste drug de- striteö den Herren anegewunnen, das fu bi 39) verzagt worent. do sterkete fü der alte von Würtenberg, und schrie die Herren ane und sprach, Sehent wie die stette fliehent, vehtent vnerschrökenliche, Sü sint zehant alle vnser, do wontent etliche stette, die hinden hi dem stritte worent, es were also, und begundent flie­ hen. vnder disen dingen. so kopient die Herren von Bltsche, und der vogt von Rosenfelt mit hundert glefen zugerant, die worent geruwet und entworhtent 40) der stette her, do wart zehant der stetten der drug wider ane gewunnen das fü vnder gelogent, und jr vil sich gefangen gobent. also gesigetent die Herren und behubent das velt. hremitte was der strit ergangen, u. wurdent der stette erslagen uf tüsent man, und sehs hundert gefangen, die überigen entrunnent. Aber in der Herren her wort ersiagen der junge von Würtenberg und ander, also vor ist gefeit, und 36) samt: zusammen. — 37) geburen: Bauern, Gemeine, wie noch im Schachspiel btt Dauern, sonst auch überhaupt vom Volke ge­ braucht, D. Dieterich von Derne, von dem die geburen also vil ftnqent und sagenr. 11. §. 99 — 33) zehant: bald. — 39) bi: beinahe. — 40) entworhtent: schlugen der Städte 4>eer, von entworchen: entwerfen, d. h. überwinden, in dre Flucht schlagen.

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Zweiter Zeitr-M« bis zur Kirchenverbessernng.

etwie vil 4I) geburen,3f) btrce41) strit geschach an etrne Sunnentoge früge , an fönt Bartholomeusobende, des jores bo men zalte von Gotz gebürte M. ccc lxxxvuj (i388) jor.

VI.

Eberhard Windeck um 1440.

Eberhard Windeck aus Mainz, lebte in der ersten Hälfte Ars iSten Jahrhunderts, schrieb eine Geschichte Kaiser Siegrmmds, welche sich in Menkens deutschen Schriftstellern Jcriptores rerum germanicarum) Theil l. abgedruckt findet, nach einem alten fast gleichzeitigen Codex der Herzogt. Bücheisammlung zu Gotha (Eberhard! Windeckii Mogunt Historie vitae Imp. Sigisn.undi vernacula, ex vetustiistmo entere coaevo exemplo tubliothf-cae ducalis faxo -gothanae nunc primum edita cum codice MS recentiori diligentet collata, revisa et ad justam snnorum scncm redacta.') Aus der hier folgenden Vorrede er-

giebt es sich, daß seine Geschichte nicht vor dem Jahre 1440 ge* schrieben fein kann. Vorrede. Ich Ebberhart Windecke ein purger zu Meintz bin in dem hoffe zu Behem zu Vngem vnd vnder der cronen zu Piage gesin XL iar, von dem das ich ein knabe was von XV Jaren, do wait ich von einem grossem mechtigen kawfman hin in das lant gein Behem gefuret vnd pin ich auch ▼nter den konigen, Herzogen vnd herren gesind, bis auf die stunde das dt r allerdurcbleuchtige fürste Sigmund römischer ko mg vnd kuiser, dem man sprach Lux mundi, das ist ein licht der weilt, abe ist gingen von todes wegen dem got genade, vnd pin ich auch Ebberhart Windecke bei difen gefchichten , was hernach gelchriben statt gewesen von gehaise meins gnedigen herren Sigmundes des Römischen kaisers, \nd habe auch manig wunderlich ding gesehen, das ich wolt das alle meniglich solten einen solchen wegk vnd ftrosse faren in frembden landen, wie ich getan habe, So mochte man mir dester pas glawben, was ich von difen wer­ ten vnd wereken gefchriben han, Wenne er Inne zu glaw­ ben ist, das etthehe stuck fein zu glewplich, so wisse got got 41) etwie vil: drückt das Verhältnis zur Zahl der von den Städten Gefallenen auö: nach Verhältniß vret. — 4*) drrre: dieser.

Eberhard Windeck 1440,

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Ton himelrich, das ich nicht in difer legende nyman Übe noch zu leide nicht getan han schreiben, denne als es vor* gangen iß, Cap, II. Wie kaiser Karle König m Behem feinen sun Sigmund tote in das lant Mid in die roarg zu Brandenburg vnd machte In zu einem licrrn dorynnen. Do nam er Sigmund feynen fune vnd fürte den in dem obgefchriben ja re (von gotis gepurte Taufent drey hun­ dert vnd lechh* vnd achzig) in die Brandenburger marg zu Brandenburg vnd gab Ina die lante, derselbe Sigmund was gar ein hubscher Herre, vnd hernach König zu Vngent vnd ein lomiicher König wart, als du hie nach wol vindeftet l) geschahen, was grosses Wunders durch in vnde bej seinen Zeiten gesehen iß, Vnd do der kaiser Karlo seinen fun König Sigmund also gegen der marg Brandenburg prachte, do müßen die herren, vnd die manne, vnd die fiete globen 2) vnd zu den Heiligen sweren, denselben herrn Sigmund für einen marggraffen zu haben vnd zu haltenn, vnd gehorsam zu sein vnd nit von im zu treten in keinerley briffe ader pottschafft, wie ymer mere gesein mochten, Es were denne fach, das der leibe König Sigmund zn fei­ nen Jaren vnd auch zu seinen tagen käme, auch sein selber wol mechtig vnd gewaltig were, Als fie es auch taten au der zeit, do König Sigmund dem burggraffen Friderich von Nunnberg die Brandenburger marg gab, Vnd also wart Herr Sigmund gen Vngarn gekurt gein Prespurg mit dem Kaiser genanertt2a) dem König Ludwich, der die zeit Kö­ nig zu Vngern was, der dem König Sigmund feine lochtet gab Maria genant, do von derselbe König Sigmund da* Königreich zu Vngern befas, Also du wol hernach scholl ge­ schahen vinden. Cap. IV. Als die vngerisehen König Sigmund iren rechten Herrn vingen vnd alles fein volck brrawbeten, vnd was fremde bey Im was, das tribrn fie aus dem lande. Als mon zalte tausend dreyhundert vnd lieben ond achzig Jare des, leßen tages in dem Merzen, do wart König Sig­ mund zu vngerfchen König gekronet von etlichen landes her* 1)

wndestet ist nur Schreibfehler für viedrft. — 3a) genanertt vielleicht genähert.

2)

globen geloben. —

y>

Zweiter Zeitraum bi« zur Kirchenverbefferung.

ren, die von seinem teile waren, vnd waz auf dem palm­ tage in demselben iare Aber als mon zalte tausend drey» hundert vnd newn vnd newnzig Jare, do vingen die vngerische Herrn konig Sigmund iren rechten harrn, beraubten alles fein volck, was gelte waren, Polen t, Behe im, Deut­ sche, Sw oben, Francken, Reinlew te, die triben für aus dem lande, als sie weren vihe lunder einen Henn etc. Also wart konig Sigmund von seinen lantherien gefurt zu der Blindenburg gefangen vnd fürten In do furpas gein Garrawe uff das Hawls, do lag er achzehen wochen gefangenn. Do zog marggraff J obst vndmarggraff Brotkopp3) von Merhern gein Vngern mit groffer macht vnd gewun­ den vnd bezwangen viel Rete vnd flösse in dem Vngenichen gemercke *dj gein Merhern, Schwarzenstein, C o n rät­ st ein, Schar p sin Rei n, Saffmstein, Bilstein, Dob inst ein, Deutschplin tz , Dirnawe , Frauwenmarcke, Sa nt Jorgen, Pr essburg vnde andere slulse mer, In derselben weile tetin geten 4) gfraff Friedrich von Ko 11 e mit Go rman JLolay, der grolle graff was, in des gefencknuffe der konig müs, das kon g Sigmund den landherren allen vorgab, die do schuldig waien an seiner gefencknuffe. Also wart der konig ledig seiner gefencknuJle, vnd zog also durch Windenlande vor den platen see, vnd kam also gein Press bürg, vnd do kamen die \ngeriichen Lantherren zu Ime, do gab er In gute briste, das sie ire Missethat do alle ledig waren, Aber er vorgas irer me, wenn er bracht sie hernach alle vmb ire leben, mt mit poshait, sonder wo es Im vorgescliach mit streiten gegen den Haiden oder anders wo, do befalch er In das Fan>i vnd die Spitze, das lic musten Ire fünde buffen vnd dorumb sterben. Cap. LXIX. Als man hiess tu Coftent vor mendlichen grossen lierren den Hus­ sen und Jeronimus \orp rennen etc. Also das Consilium zu Kostenz angefangen hat, do zalte mann virzehen hundert vnd virzchen Jare, an allerheiligen obent, do hatte iich vot etlichen Jaren zu Präge in Beheim einer aufgehaben, des nante sich maister Hu sie, 3) Prokop. — 3a) gfmerke, mark, die grenze: in dem an Mäh» ren grenzenden Ungerlande. — 4) geten muß wol bewürken ob.

dgl. heißen, ist oder in keinem Wörterbuch zu fmben. — 4«*) Alfu heißt bald: als, da; bald aUi so »ie.j

Eberhard Wkrrdeck 1440»

31

vnd der zu Frage vaste vil prediget von einem newen glau­ ben vnd kezerige, *) vnd hatte do den konig Wenzlaw# von Be heim vnd die koniginne Elisabeth von Faiern gepornen Herzog Ernste swester von München, vnd vil des koniges rfcte zu seinen glawben bracht in etlichen stocken vnnd artigkeln, also du hernach wol vinden wirdest, Also bereite 56) sich konig Sigmund mit dem heiligen Consilium vnd schickte nach demselben maister Hussen vnd gab Im gelayt von Frag gen C osten z, In do zu vorsuchen vnd hören, ob er gerecht oder vnrecht in seinen fachen wereS Also wart do riiaister Husse vorhoret, vnd gab do maister Husfe für zu dem Ersten, das die pfafFheit vngerecht wer© mit hossart, geitigkait, vnd vnkewschhait, vnd vberflusiig© pfrunde vnd gulte, 7)* die In vnzimlich wete zu haben, das was an im selber also, dobcj wer er wol bestanden, Er wol t© aber dorin das heilige facrament vnd ander vil stucke, di© nit zu schreiben sint, mengen, vnd das kam alles von hasses vnd neides wegen, Also wart maister Hüffe doch vberwunden ß) mit recht von des ganzen gemeinen heiligen con/llium, das maister Hülfe uorprant wart, vnd dorzu wart gegeben herzog Ludwig von Heidelberg von dem Consilium vnd dem römischen konig, also 9) ein g riss w erter 9a) des güt­ lichen rechten, Also I0) warn die Beheim gar zornig, als sie es he?nach wol beweisen vnd du wol hörn wirst, Also I0) was noch einer in Frage, der his Jeronimus, der hüte auch dieselbe kezerige, nach dem wart auch gesaut, vnd kam von Frag geiü Costenz vnd wart auch eigentlich verhört vnd vnterweiset, aber er wolt keinen andern weg, vnd wart uorprant, Do wurden die Beheim noch zorni­ ger vnd poser, vnd hiltent es die hebe mischen hern vaste 10 ) mit den kezem und hülsen, Item det konig vnd koneginn© von Peheim hern schencke von Wartenbergk, der von 5) Vereng ist Ketzerei erst wohl Ketzereige, bann eije, ey ge­ schrieben. — 6) beraite beredte. — 7) gulte Gulte, sind Abga­ ben, besonders lährlrche, welche von Grundstücken erhoben oder ge­ zahlt wurden. — 3 So leicht machen es sich Siegmunds Schrift­ steller, den trefflichen Mann zu verdammen, der nur das Böse haßte. Ueberwunden wurde er nut Gewalt, aber nicht mit Gründen und Bewerfen. — 9) also a l S. 9-*) grif.wrrti r Grreßwärtel ober Grreßw arter hießen die, welche berLurmeren die Schranken hüte­ ten , das Zeichen zum Kampf aaben, dre Streitenden trennten, bann überhaupt dre Hüter und Vollstrecker emeS Gerichts. Has Wort kvmmt von Gries: Kres, Sand oder Grers: Kreis oder ®nt: Kampf. — iq sie indessen auch nicht geschrieben fein, da die letzte Begebenheit, welche angeführt wird, der Tod Friedrichs des Einfalrneu 1440 ist, der Bruderkrieg aber noch nicht erwähnt wird, der um endete. — Dre Chromk selbst fand sich m einem ungeheuren dagegen, nicht hussttischk — d»e nicht hussttische.

II) do Wider

12)

fromt Pfaffheit heißt

Johann drothe: thäring. Chtonik tu» 1450.

33

(jobff in der herzcgl. sächsischen Böchecsammlung in Weißenfris, im größten Aorm.it, eine Elle dick, auf Pergament ähnlichem Papier mit gliediangen Buchstaben geschrieben; doch giebt es auch einen andern Codex in der Bibliothek zu Weimar, einen andern in Gotha, und im Auszuge ist sie schon 1522 in Erfurt heraus­ gekommen. Sie findet sich in I. B. Mencken fcriptores rcrum germanicerum proecipüe faxonicarum. Theil II. S. 1635. außer einigen Weglassungen trti Anfang» genau abgeschrieben. Sir wird von Iben Schriftstellern auch wohl die Visbnächsche, Erfurtsche, Lauterbtunnsche Chronik genannt. Die Sprache ist niedersäch­ sisch, doch nicht auffallend von der allemannischen MuUdart in Königshoven abweichend.

beschicht« Ludwig- de- Gpringtt-. Von deme andim Grafe Lodewige dem springen. Ez gefchach, alzo Grafe Lodewig von Do ring in mit dem barte *) gest orbin waz, Do quam noch ernt syn son Lodewig) vnde befaz synes vatir erbe vnde hetfehaft, alzo her sechzeen iar alt waz, Diz gescbach noch Criltus ge­ bort fcusint LVI iar Vnde her stalte sich zeu hant 2*)*1rede* licbin vnde wisslichin in alle syme geschrfnilTe, *) Darnach so riethin eme syne frunde vnde herrin, her solde sich Vor­ andirn , *) vmme dez willin, dez her lieh baz gefronte, vnde hülfe vnde rad gewönne, ah ez eme nod tete, Do snetin sy eine Herzcogin VI rieh eS von Sachsin tochter, 5j6 \nde * dy nam her in dertie andirn iare, Darnach vnde alzo her dy beym brachte, do waz sy hochfertig, *) vnde hez sich bedunkin', daz her er f) nicht werdig vvere, vme dez willin, daz er vatir eyh Herzcoge was, vnde her, vnde syn vatir nuwe Graffin, vnde det eme alzo vel smaheyt, *) mit Wor­ tin vnde mit werkin, wol 9) daz her eyn iung vnde stoicz, Anm. 2 Mus immer wie ss gesprochen werten, wo aber z gelesen werden muß steht zc ober cz, — v vor einem Mitlaut ist u. 1) Ludwigs des Springers Stater, Ludwig mit dem Barte.» war btt erste Graf von Thüringen und starb 1056. — 2) zeigte nch so* gleich. — 3) Es fehlt einiges Unbedeutende. — 4) tecönbjfiii/ d. h. verhelrathkn. - 5) Muß Ulrich von Weimar fein , über dessen Erbe der Streit Heinrichs V. mit dem PfalNrafen Sngscred und ?c< thar von Sachsen ausbrach, in welchem nachber d»e Dchla^t dcim Welfkshotze geschlagen wurde, aber dre Jahreszahlen taffen ntrqenD, 6) ha r h fert 1 g unser h 0 ffärrig — 7) Im es, «r du 8) smsbeit Schmcebheit. Schimpf — Y) >viil für obts;fcl # r^

34

Zweiter Zeitraum bis jur Kirchenverbesserung.

gcraclir vnde freidigir, subirlichir rnanwaz, Dnz her es num me I0) von erlidin wolde vnde iante sy erme l:) vatir weuu beym, biz daz her er gut guug worde, vnde do Uralte ly er vatir vnde er muthir vnde andir ere frunde, alzo sere vmme, 12) daz sy sich do begonde mit hermin, vnde xiel in eyne suche, l3) vnde starb do in deine sei bin iare, \Vi Grase Lodevi ig dei spnnger den Pbalczgrafm irsta# li. Ritteifcliait suchte darnach, deflsir mngcr Grafe Rodewig von Doringen, vnde hose, 14) wo er künde, in den gezcitin wonete Grafe Frederich, Phalczgrafc zeu Säch­ sin, in deme Oftirland e, by D o r i n g i n uff syner borg genant Sclnplicz, der hatte gar eynen x nmaffin lubnLchis wip , dez Margrafin tochtir von Staden, dy was ge­ nant Al hold, Der hofircte 15) iier uf den hofin, vnde g'.xvan ly gai Intzclichin lieb vnde leid gai greife nod vmme ere liebe willin, vnde da 4 wip wart do von syner liebe alzo bctiogin, Daz sy eme heymeliche tage bekhiet, Ynd»; Jieymehcli fruntlicliin getpreche mit eme halle, vnde yn de­ ine 1so riet ly eme, daz her erin Herrin den phalczgrefm totin folde, xnde sy nemen zeu der ee, Vnde slug erin rad alzo mit eme an, daz her uf eynen tag, den sy eme benantc , jagin folde by deme flösse Schiplicz, lo wolde ly eiin man darzcu lialdin, daz her eine daz x\ erin iolde, alzo ijUti.n iif den befrackt in 10) tag Grafe Rodexx’ig vnde irIchellet e 19) Jyue llornir, vnde mengete 20) ly ne hunde, vnd der phalzcgrave laz dy wile yn eyme bade, dize das gclchickit 2t) waz, Do lif das wip Itorrolichm obir erin man, vnde redte eme ncrliclun 22) vnde Iprach, her lesse vnde luchte s)nes libis gemach Vnde woll uff, vnde voilore dv wile l)ii recht xnde liner heilchnft friheid, Vnde hlse chm* iagin, Liz vor syne nahn, Alzo für her vz deme bade, vnde io) nummv ntmnitr, Nicht mel’i. — n) vnuo ef — 16) leid Int. — i“; \n ) men^-r bf’f: sonst cm Triufrubrstifter, Anreizet, also auch hier - ivbere die Hund, vi) beschickt, besteckt, abgeredet — 22) neihihm 1 Sn *u reizen, -u narren.

Johann Reche: chüring, Chronik um 1450.

35

wart eynen mantil an oliv eyn badehemme&e, vnde vil uf eynen Hengist, vnde iante Gräfin Lodewige nach out gesclnei, vnde strafte cn mit wortin, Der warte sich kegin eine, vnde stach cn tod mit syner glewen 23), Wi Grase Lodew ig der fpringer des phalczgrafin wip nam. Nu de sie geschieht alzo gesehen, waz, das Grafe Lode­ wig von Do ringen, Grafen Frede rieh in phalczgralut zeu Sächsin irstochin hatte , Do wart grosse klage vqfi lynen fiundin Vnde von lyme Wihe, wol8) daz ez er nicht sere leid waz , \ nde her wart do begrabin zeu Bonzcik in demcinunslir, daz an der sal lid, bine2id) der Nuwin.bo.rgv ?*) daz vorgezeitin derselbe Fhalczgrafe Frederich gestiftet hatte, Vnde bi Schiphch, da dy w'onunge unde eyhe.»borg was, dez obgenantin phalczgrasin Ffederichis, stehip. $gii latine de sie ryme in eynen iteyn gehowin Hir wart erftochin vnedrhch, Der Fhalczgrafe von Sachsin er Frederich Das ted Grafe Lodewig mit lyme fpere Do her iagin reid alLeie. Darnach alzo daz iar vmme quam, do globete^dy selbe wettwe, frowe Al he yd eyne ee Grafen Lodewige von Doringin, der enn Herrin irstochin hatte, vnde her fürte sy mit eine beym zrti Schowinborg, Vnde hatte do grosse wcrtlchaft, Dez geschach noch Cnstua gebort tüsint vnde LMIIl (1064) iar. Wi grase Lodn\ig der fpringer gefangen* wart 2'). Solchis grossis obxlz daz giafc Lodewig von Doringin gelan hatte an deine phalczgi.isin — wart \oi\ lynen frundin nicht voigessm, 20) ez waz yn dez keyler Conrad geItoibin 2') der eme ge wegin waz , vnde en leie schützte, vnde w art gekorn eyn andir zeu rumischin konnige, Kon23) f oben bei Kknig-Hoven ZO. — 23*' unterbau». — rr) Naumburg. 23) Es fehlen hierzwiscken einige Abschnitte vcn Ludwras OcfJ>icd;tc und wie er Naumburg, Frerburg, Euenach >smnaclre irofur \leim.« h,* und WarpriggBartbuiß gebaut — 26) Puurt -u denken. — 2?) Ist offenbar ern historischer Irthum und soll Hernrich heißen, aber.pcH rrch li. (b. h. 111) war schon lange tobt, seit iö^6., waü vorher selbst erzählt ist Man muß also an Heinrich IV denken, ber 1106 starb, und kann d:c Jabrszabl 1064 vorher. md>t t*d;ua fern (5 2

zL

Zweiter Zeitraum biS jur Kirchenverbesserung.

nlg Hcarich der (leite, 28) vor den quam der erzceLisuhof von Brehemen, phnlc/grafin Fredeiichz brudir mit andirn synen frundin, vnde kl.igetin, wy grafe Lodewig von Dö­ ring in alzo vntogmthchin enn frunt irftochin bette , vmme fynes wibis, vnde inuttin 29 ) gerichtes , alzo liez der kounig heymelichin uf en wartin vnde en rahm» vnde liez en fmm zcu Gebichinfteyn , vnd en in evnen Itog vnde veJTirn shlhn, vnde do were her geftorbin, were her nicht grfnstit wordin von bethe wegin fente Vlrichis knde quam vor den Konnig numme, Darnach alzo man schreib noch Crislus ge­ bort tusint LXXXIII jar do vormanete en vnde lyne frovi in Al heidin, dy gütliche barmehcrzcikeyd vnde gnade der alle luthe wel selig habe, vnde nymandin gerne lassin voiterbin, Der berurte fiowin Alb ei din herzee, daa sy ge­ dachte an ere feie ielikeyd, vnde begerte er lebin zcu belfirne , vnde darvmme an deme gudm fritage, 35) do bad ly erin herrin, daz her mit er eile vnde alzo sy beide zqu ti­ sche gesasfin, do bestalle sy, daz man en gerichte wild vnde zeam, gelotin vnde gebratin vortrug, von fleüche vnde erin, 36j do daz grafe Lodewig gesach, do irschrag her, vnde Jfrdge^e waz ly darmede meynete, wan sy wole wüste, duz ez cultin luthin vnzcemelich were, us den tag zcu nu­ tzem. alzo er schepyher vnde irloser ,8) dorch daz lieyl ist tue mit cum Fürstinn von England verhcirothet gewesen, sondern sein Sohn Heinrich IV. (gewöhnt. V.), dieser hatte aber erst" n 14. zu Müenz Hochzeit, und da bekannt ist, daß die Gefangenschaft des Erzbischofs und der Xufmbr der Mainzer, bei dem auch Ludwig loS kam, unter Hemnch V war, so kann man sich auf die Jahreszahlen Nicht verlassen; obschon bic Erzählung richtig rst. — 34) m unbesant seil das Hetzen. tin, und Gesandte? — 35) Sharfreitag. — 36) enn tiefrm :n : (riern —3-) nutrein mit dem Begriff schwelgen, gut leben, da» 5ici;'d) nugen, genießen. — 38) irlosn Erlöser.

Johann Rothes: thüring. Chronik. 1450,

39

men fehlichis geslechtis holte geledin andeme crazce, do antweite frowe Alheyd, ist vos daz nu vnzcemelich zeu nu«cin, wy Ant wir dane alzo torltig 39) daz wir gotis barmherzcikeyd nicht aniehin, der vns alzo zceitlichin entheldit 40) vnde vnfe fünde itzcunl gewachstn stnt biz an den hymmel, vnde habin do keyne ruwe vnde leyde vmme 4l) zeu destlr zeid, alzo andir frome cristin luthe, Do slug grafe Ijodewig daz houbit nedir, vnde begonde feie weyne, vnde gelobetc do beflerunge gotlie. (hierzwischen wnd erzählt, wie Graf Ludwig zur Büßung seiner Sün­ den mit dem Bischof von Halberstadr nach Rom gezogen, und ihm gerathen worden cm Kloster zu bauen, und rote er fern -and sei. *cm Sebne übn neben und nur Schowinburg behalten.) Wi Homhersbron das ciostir gebuwit wart.

Nu waz gai nahe by dem selbin alosse Schouwin borg x nde Fridenchrode eyn topfir in dem waldc ge leistn, dei hiez Re in her by tme grofsin tifiin hörne, der starg uz floss , der fach alle nacht zewu 42) schone kerczin nahe by ly ine huse hörnen, 43) de? vorwundirt en vnmasain sere, vnde wan her dann zeu den keizcen quam, so vant er an den steten nicht, dis wisete er vil luten hy diz waldis phlngin, Nu wart diz nicht lange grauen Lud ewige dem ipiinger, der von Gebichinsteyn in den Sael sprang, vnde zeu Souwinborg 4 ) saz, gesagit vor ein wundir> der reit zeu dem vorgenantin lleinher topphere, 46) vnde iiagete yn dorvmmc, der sagete yn dy warheyd, vnde liess is yin lelbir belchouwin, Do ge vil ym in allis, 47) als er lieh bekümmert hatte, vnde wite gelunnen, wo er eyn kloftir hien buw en wolde, vnde keyne bequemcliche stat fünde, daz Got diste itat zeu eime klostir irweht bette, vnde nach rathe dez \ orgenantin Bischof ha von Hai bi x st ad, noch dem 39) torsn^ buijl, keck, frech. — 40) entlipldii enthalt, b. b. unter­ stützen, daß man nicht fallt, sicher bewahren, so Luther Pj. 51. 14dem freudiger Geist enthalte mrch. —4i)>mmc do: und ha­ ben darum teme Reu und Leid. — 43) zewu zwei. — 43) buimn brennen — 44) lies dy. — 45) ließ S< hom>mhor^.. — 46) lopph« 11 Topfe.e, wie eben topfn aeschueoen — 4') da fiel t(?:n ein Alles

Ao

Zwertlr Zellraum bij zur Kirchenverbc'siccung.

er sante, so buwete er do ein kloflir, vnde nante cifcMmaunq des obern Hakens, in welchem Wall es das alte th oder angelsächsische b anicigep tonnte, ober es ist immer am Anfange und da allem so geschrieben Auch ist zu bemerken, daß m der Schrift der (5hicmt der Querstrich dce doppelten m oder n üver den vorhergehenden Vo^ai geletzt wird. Die Scheidereichen sehten sehr häufig, selbst d rs Punktum: statt der Trennungstriche wirb daü Kon:ma gebraucht. — 2) vurß: voraus, vorder» aber überhaupt so viel als vorher genannt, z. D. in dem purst Iare. — 3) fav.vte r iq, Hart — 4) innerhalb, auch tn ~ 5) Gesellen. 6) v er 1, obern: versammeln — 7) hacht fiir haft. — 6) Gesellen sind hier nur die von bet Zunft, dre Mltmei st er, nicht die Äcsol lrn, welche Knechte hießen. — 9) »ant: wann, denn er har auf der Straße geraubt — iq; enwoulhen mehr mehr als wollten, so cnhavfn, ermag

LSllnische Chronik. 1499.

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Rart fach bat Sy yrren moitwillcn ntet wulden affstellen. wart dem sichrer H) beuolen bat he yn den man geue Sy gingen mb fjatlbvn den man mb steigen eme syn houfft aff. Die »euere traun fco der fcijt so rijch mb so mcchtich ran partyen bat sich ruvmanfc enboifre 13) weder Sy legen. Der fpeillc I3) inb gemalt Vebifum Sy adfco rill. So wie he treuere mit gemalt den Rait bctzwongen bat he drij man vnff dem Naede mb bairna noch vüj (8) morste fco Lorne legen.

In dem selben jatr quomen euer 13) eyn bet! »euere na dem fälligen P.nxstdach as die raitz Heren vergadert •) waren, mb eyn, van bat treueren sprach Yr Heren, tbt fi;n vnber vch buj man die firn gcrebcn van derEtat wegen zo dem lantvreden. m die euhauen tuet gebarnber Stehe beste, »ant Sy Hauen vrlouff qegeuat yrine neuen I4) Heren Gmoit Birckelm bat he moicht penpey !5) vpdie (Etat. Jndbairijmb »ident vnse gesellen 8) hauen bat men Sy zo Turne batrumb bringe Der Ratt gaff yn vvn antwort durch etzltche van dem ratbe inb sprach §)r Heren tote mögen brtj man seren, bat bte Stede mit ben Heren afbae vertragen harnt. Sy meisten volgen ben greiften beill. wie n-aill 1C) yn bat hart was fco born. Sy fpn der fachen vnfchulbich. der yr sy hie befctjget. I7) Dre treuere spraechen hatt vp fco betn Raebe Znb cvnre van yrre aller wegen. Jbt buntst vnbesser ftm gebarn, bat men Sy fco Torn bringen, fe ban bat meirre frut ") bar von entfle Der Rait antworde Laist doch bat fcroene off bnj daqe attstam, vnS Heren füllen vch eyn qoit ant­ wort gheuen b;e vch licht watll fall behagen Do liessen die »euer all gemeyn Ste wulden fcur stont eyn antwort hauen Ind liessen Sy mit vevftam Wer tbt fach I9) bat Sy niet enwoulden dye fco Torn heischen 20) gatn. Sy »oulben Sy vp der strakffen vpu) heichter von hacht: Haft, ist alfa ber Jtcrf etm eifter, Gefangnrßaufseher — ir) bttrfie. — 13) Spiel, Spott.— 13*) euer: aber, abermals. — ia) 9t eben teern Edmund? Drrkelrn, nachher heißt er Gottschalk Btrkelrn. — 15) penden, pänden: Pfand nehmen. — 16) watll: wobl, »re wohl ihnen das hart war zu thun. — 17) bctzngen, bezerhen, beschuldigen. — 18) frut: Kraut, ehe mebt Kraut, Unruhe daraus entstehe, wie wn sagen: mache nicht sumelKe h l. Hochederübersetzt gleich Zank, und leitet es vom bollänb. kryteii kreischen, meinen her, doch würde es bann auch nur Unglück, Jammer, Beweinenswerthes bedeuten, nicht grabe Zank; auch übersetzt er nachher fruten: kümmern, und stellt es mit dem süddeutschen qran, woher Gram kommt, zusammen. — 19) tpäre e* Cari'c, wäre ihre Ädstcht. — 20) heißen, lassen.

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Zweiter Zeitraum bi- zur Kirchenverbefferurrg.

riemmen Bvnnen der seluer tzijt quamen vrll der weuer gelouffen vp der Burgerhuyss. 2I) mb maichten evn grorff geruysch, Do der Rart vcrnam bat der weuer fuff 22) vrll quam anbringen mit sulchem grimmigen morde So wart yn gefacht kurtzelrch Sy sulden tzo Lern werden gelacht Do dye weuer die antwort hadden gingen Sy weder heym. Dre bris Heren die ho Torn morsten gärn Der eyrste was her Costen ©reuen Der ander her ©erhärt van Benefeys. Der derhe her Gotfchalck Brrckelrn, Item baicnae des neisten morgens vroe quamen dre weueuer 13) mit eym houffeu by be|t Rart Inh eynre van yn begunde ho sprechen mb sayt Ir Heren hoert wat ynsc gesellen rnd gemeynlich alle 2(mpt e3) ouerdragen harnt, bat man noch Eecht man fülle legen vp dre Turne van vrre 24) alre wegen brs men qutjt-5) werde Heren Emortz vurß vrantschaff28) Jnd asdan moegen Sy weder affkomen Do der Rart sulche mere 97) vernam. bat mrsverlle yn sere bat dre weuere sulche vngeboerlrch vermeslige mt gcweltliche reden borsten 28) vurqeuen Der Rart antwerde mb sprach Dr Heren beet warll mb layst dese üben vnderwegen Jnd larst vnd vuder evn 29) eyndrechtich bltjuen, so en mach i0) vns nremant lett geborn. Drt beben 30) halp nret vrll. want Sy en bebend nret Wat soll man vrll bae van sagen, dre weuer hahden bae die macht. Beyde ho doyn rnd tzo layssen mb wurden tzo mail koene mb homoehrch, mb bat spiele rnd dre gewalt bceuen Sy bttfe, 3I) mit den gueben luden Dre ratteren bancften gebe, bat Sy yren willen darr tzo gauen, bat dre. euj (8) Heren gynqen vp dre vrrchert ") Dese rrchtheren 33) mit namen waren hete Werner vam Spiegel Henrrch vamme Coesen. Here Johan van Dlreporten Johan hrrtzelrn Johan Scherffgin Hen­ rrch Ioebe Johan Mumersloch Franck vamme Horn. Dese vurß. t>iij. Ersame Rartzmenne alle vepdrhrff ibt Sy. nochtaut 34)

21) Ratbhaus. — 23) fuff: so. — 23) Xmpt ober Ambocht heißt hier dunst, Gilde. — 24) vrre: ucre, unser aller wegen — 25) quuf frei, ledig. — 26) viandschaff, vorher stand panben: und ledig werde Herrn Emors Edmunds) vorhergenannter Pfandschaft. — 27 > Mähr: Nachricht, Kunde. — 28) durften vorge­ ben. — 2y) eyn für einander. — 30) beben: befehlen auch anbie­ ten, bitten, daß einer etwas annehme. — 31) viel, oft, häufig. — 32) vrrihett: Freiheiten sind sonst freie Platze m den Städten, bie unbebaut sind; hier ist ein Gefängniß bet der Krrche St. EumdertS darunfr zu verstehen, aber ein anständigeres als der Thurm. — A3) Gerichtsherren, Rathsherren. — 34) nochtant: dennoch gingen sie.

CRlrrische Chroaik. 14--.

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gingen Dy van dem Raede tzo senk Cumbertus bynnfn die emunrtaten. 3$) Osit iS. vp ble vrijhert. Jnd lagen dae. xj. (11) Wo­ chen yr eyn bett hadden rootl anders tzo born gehat. dan Sy dae laegen Dye eyn nuroe roijt 3Ö) rast pan allen ampten tzo Geeiten gesatzt ward Jnd rote den S Hessen RattzAat tnb Burgermeystcrs amt wart affgenomen van macht der weuer.

Die treuer ad vur mb nae geschreuen Wirt waren sere Rkjch. tiib mechtich ran anhanck Jnd hedden sich ouch gern gezogen by den Ratt. bat doch yn nyet geborbe. noch von alben herfomen. noch ran statt. Jnd vnderstunden so Sy bte besten tnb wijsesten vyff betn tatbe genymen hadden eyn nuroen Rait bynnen Coellen vp ho bringen Als ouch ho Atchey bie gemeynde rurnam (vide ftipra Anno MCEClxviij 37) Nu hotrt wye Sy ibt an veyngen Sy quamen eyn anderen dach batrnae als bit Etcht wa­ ren tzo Turne gegangen vur der Burgerhuyss. jnd begunte eyn van yn tzo sagen. §)r Heren wyr syn des rerbragen 38) bat gheyn Scheffene me enfolen tzo $Ratbe sitzen, ouch ensall gheynre van yn Burgermevstcr syn. Item rote wtllen ouch bat men brech bat Amt ran der Rtjcher tzechen. 39) Dat motst alltt geschten soulbcn die brt) ran den Turnen fernen, tnb bie Etcht 40) ran emunttaten. Wat bie »etter vur sich namen ibt trerc recht off krum 4I) Ibt motst nae yren willen gain. Item 42) bae wurden ran den gestechten man gekoren ho dem Ratbe ad ibt ran alberd her was komen Jnd bat htesch 44) der enge rait, Item bairtzy wurden gekoren van vil ampten 23) noch vunfftzlch man Jnd bat htesch der rotjbe ratt. Dte ambochts 23) man bte gekoren wurden, die rotl tch as tch bat vonden Hain 44) beschrtjuen bat waren Peltzer Smebe Gurbelsteger Eyn betl Sairroorter Mfilre Zwene ran den tremccen Eyn ran den kannengtesfervn Reymsniber Eyn betl lotrre tnb bte woulhen ouch hatt an ftjn mit den besten. Item goultfmcbe 45). 35) Smunitatrn; Vewahrsgm. — 36) weiter. — 37) stehe oben tm Jahr 1368. — 38) wir sind dc6 r ertragen, sind barm üb er e t n gekommen, haben das ausgemacht, daß keine Schöf­ fen (Schöypen) mehr sollen zu Rath sitzen. ES sollte also eine Trennung des Poltceilichen und Ritterlichen sein. — 39) daß man breche das 2Cmt vpn den zehn Rachen. — 40) Eicht, Eecht, acht. — 41) es wäre recht (grabe) oft (ober) krumm. — 42) Item: desglei­ chen, für ferner gebraucht — 43) hieß, vorher wurde heischen anders gebraucht, — 44) rote ich eS gefunden habe. — 45) Satr-

Zweiter Beiiraum bis (ur Aircherrverbesseruug.

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Item bit was wunderlich tnb vremde an ho sten up bte fctjt bat Coellen mit sulchen Raitzluden wart besät bae Sy van beginne yr anhevung 46) albtjt was geregerrt gewest van den xv. (15) gestechten bte van den Edelen Romeren her komen waren als vurß iS, bie mt;emeyn Sitttcrmaiffige man waren van dem alben Adel als yr sctuld tnb Helm bat betzuygen Jnd tn ghcyn Torney 47) nee affgcworpen wurden. Dtt breuen 4I) bte »euer all gemeynltch vnder sich tnb habden sich bäte m so bewart, bat Sy alwcge bat meiste bett m dem Raebe mit sich habben Jnd batrumb moift tbt gatn nae yrem willen Jnd roat Sy woulben bat geschach. Item bet »euer gemalt was grotss tnb bebreuen vtll bmqe jn ber Stak van Coellen bat bte besten tn bte gemeyn van der Etat des verdrotss habben. mb kundeü boch tuet gekeren 46) So moysten yt» Liet singen. Soulde men eyntch gesetze geuen off machen aS van ber Etat wegen bat movst bebruncken 50) syn mit rotjn Jnd allit vmbsust. tnb b:c betzalunge soulde men nftnmen vyss ber Rentkamer Sy enwoulben dass van met gelben 5I) der afftjssen wer grotss noch cleyn. ") Item bisse Statt wart gekoren bae men schretff nae vns He­ ren goh gebort AstCCC tnb. Ixr. (1370) jatr. mu (14) böge nae fent Zohans dach Jnd stotnde alfus eyn jatr mb bris rnaenbe. Der »euere eyn deyll watnden tbt soulde mit yn also statn tzo den ewigen bagen futtber alle wed.r rtbe. Dye die »euer eynen mysdadtgen 53) man ttcr bett verordelt nuc Schcffen ordell. mit geroalt in dem ocibe nainen vyff der richterboden hende. tnb roedervmb bynnen Corllen brachten.



dem vurß jair als. MCCC. txxtj. (1372) geschach tbt

warter sind Eergewürker, man suchet auch Satrwater, von roat das KlKd, Tschudi hat Sarwrrckel, bte btese Tuchart wirken. Loirre nachher totere geschrieben ftnb vielleicht Lohgerber, Peltzer ftnb Kürschner, Merlre ober Mehlre mögen M üller sein, Reymsnrber Riemer, goultfmcbe Golbschrnrebe. — 46) Anhebung Anfang - 47) Turnier: in kei­ nem Turnrer nie abgeworfen wurden. — 48) breven: tpe.den. — 49) konnten es doch nicht kehren, ändern. — 50) dabei mußte man Dem trinken. — 51) gelben: vergelten, bejahten: sie wollten nichts davon bejahten. — 52) afsuffen: Äffife heißt bte Sitzung der Stände oder Richter, und auch der Schluß besonders die Auflagen betreffend, daher auch bte Auft age selbst, hier haNy eS heißen: bte Sitzung möge groß oder klein ge­ wesen fern, ste bezahlten nichts. — 53) mysdadigen: einen Missethäter, zun, Lohe verurtheill, nach ber Schöffen Urtheil. 54) Rlchterboten.

LöÜrrische Thromk. 1499«

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vmbtrrnt6$) senk MaternS misse, do hadde der Rait knd die Stat van Coellcn verboden all yr bürgeren vp liiff mb vp goit bat nyemans zo dem Guylcher strijde ") gain ensoulde noch rouffgoit noch anders bynnen Coetten brengen Zwcn van dem wullen ampt23) liessen darr. ind brachten rouff bynnen Coellen Jnd yn wart naegevolget ind wurden beclaget Disse tzwene wurden angetast ind m die hacht gelacht ind der GreueS7) mit den Scheffen erkanten dat Sy des doitz plichtich 58) treten Jnd dem scharprichter wart beuolen dat he eyn genant Hencken ramme Turne, vyff der hacht Halen sulde md voren in dat reit mb aldae richten, bat geschiede ") Scheffen vrdell. m hie wart vertrust *°) hom bobe. ind in dat Veit gevvirt. Zo der seluer hijt quam eyn we­ rter gelouffen vp yrre beyde huftr dae die weüer waren Jnb sprach tzo yn Dr Heren vnser gesellen eyn. Wirt geleit vyff Coel­ len. ind men soll eme syn heufft affflam Ich Harn yn syen vyff leyden tzo reit wart 61) Eynre van den ouersten des. wullen ambochtz ran tzer vrnsteren ") ind rieft tzormchlich van dem Hufe Herass. das Sij tzo reibe liessen mb hailden den man mit gewalt Der weuer eyn groyss deill rüsten sich mit geweren mit spiessen ind foluert mb mit swerden. ind mit anderen geweren ind liessen tzo velde wart, mb woulden den man hoillen Her Everhart hardvuyst was Greue ho der seluer hijt. Die weuer quamen gelouf­ fen in dat reit zo dem ©reuen her Cuerhart vurß 2) dae he fas vp syme Hengste Eyn weuer genant Henrich Bachstraiffe der quam gerant an den ©reuen, mb sprach, yr Richter den man willen wyr gevyrst 63) Hain Jnd doet yrs med ib Wirt vch leit Her Cuerhart der Greue vurß anhrorbe ind sprach Ich en kan vch geynen man gerieften dae Scheffenordell ouer gegangen iS idt fij myr leiff off leyt. 64) wat hulpe dat. dat ich vch vil tzosage. dat ich doch niet moechte doin Do die treuer dese antwort gehoirt hadden. mb dat der Greue yn den man met woulde ouergeuen so traeden Sy tzo ind namen yn Mit gewalt mb brachten vn wederum in die Stat. 55) vmb tkint: ungesehr zu Sanft MaternuS Messe. — 56) zu dem Jülicher Streite gehn sollte, noch Raubgur nach Cölln bringen. 57) Treue, Greve, Graf von grau, der Lelteste, hier die obrigkeitliche Person, die dar Lodceurtheil spricht. — 5-' pflichtich: verpflichtet, schuldig. — 59) geschähe. — 60) ver­ wiesen: verweisen, vernrtherlen. — 61) ich habe ihn gesehn herousieittn zu FeldwLrtt. — 62) rannte zum Fenster. — 63) g c rieften: frei lassen, eigentlich geseiften, noch eine Frist verstat­ ten, dann überhaupt erhalten, bewahren, so auch bei König-Hoven. 64) er sei mir lieb oder leid.

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Zweiter Zeitraum bis ;ur Kircheiwerbrssrrung.

Die sich vergaderde der 9?att tzc Grellen tnb die broderschasten vmd tzo seren mb aff tzo siellcn den gr^lssen Homert inb gemalt der »euere. Alles dinges etm hijt Der »euer gewalr tnb homoit was so grois. bot der Raid hadde qheyn macht vur dem roulfcn amt Sy hadden bie macht und Cie qcirdt in Coellen as vyff bett vurß puntert 65) iS offenbairlich ho myrcken. Do nu ber ouermoit tnb moitwil vp bat hoechste fuinett was. tnb got bet ibt htet langer gestoben 66) woulbe bat biv hilligo Etat van Coellen vngetroest bleue tnb vur bem quaben 6") vunt ber partijltchett verholt wurde. so gaff got ber htllige gersi vnn geuer6#) inb liess Hauer der eynbrechttchett bat bie gemeynbe tnb bet Ratt sich verbrogen inb versamelben. vmb vyff yoraeden C9) bot vurschreuen quait vnkruyt Inb bat geschiebe alsus. Dae bie »euer sulchen groiffen vnrechtferbtgen geaast tnb »reuet bebreuen int gcyn 70) got tnb bte mynscheN bat brachten -wen etrbar menne. ber evn hresch Her Johan van Tropen Inb Ttlman vatt Couelschouen an bie Droberschasten 7I) tnb quamen gerant bonnen Coellen. mb gingen tzo seht SSrtben 72) bae bie Broberschafft vergäbest was mb ver halben bett bae bie gemalt int gheyn 70) bte kayserliche gerechticheit, bie bte »euer bebreuen hadben Dae bie van ber vurß Broberschast bat vernamen mallich gesan 72cn Aventin ist noch ungedruckt in München und Leipzig.

Erstes Bruchstücks)

(Buch V. S. 6ZZ.)

Die die SSngern bey Thierhaupten Ia) geschlagen worden sind. Keyser Ltto war drkftr zeit m der Wkndischen Markt, dämpffet vnnd stellt dre Aufrührischen kandsassen, So bald er aber höiet, wie die Vngern mit so grosser macht vnter Augspurg zu Felde legen, lreß er allenthalben im Reich umbschlagen, nam ein gewaltige Knegßvolck an, wolt dem getnb den nechsten zu ziehen, hette kerne ruhe tag vnd nacht, eylet so fast er immer möcht mit den Sachsen herauß in das Rieß. 3) i) * Desgleichen kam jm zu hülff Ht ge­ spaltenen Golumnen gedruckt (Blast XXVIII.) — 29) lecken au», litten geschrieben» heißt» hüpfen» springen z. L. Es. 35. 6. Die Lahmen werden litten wie ein Pirsch Wider den Stachel litten, wird von muthi'gen Ochsen gesagt, wecchc sprangen und ausschlugen, und sich dann in dem. mit einem Stachel versehenen Stecken des Treiber« verwundeten, der Sinn »ft also: du wirst h»ch vergeblich wider­ setzen. — 30) ein Druckfehler für «ine.

Marti« Luther: DtbrlLberfetzmtg 1540.

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2fminia», ju |m hinein kamen, vnd die Hand auff jn legen, das fr wider sehend werde. Anania» aber antwortet, HErr, Ich hab von vielen gehöret von diesem Manne, wie viel vbela er deinen Heiligen gethan hat ju Jerusalem. Bnd ec hat alhie macht von den Hohenpriestern» zu binden alle die deinen Namen anrüsten. Der HErr sprach zu |m, Gehe hin, Denn dieser ist mir ein aufferwelt Rüstzeug, das er meinen Namen trage für den Herden, vnd für den Kö­ nigen, vnd für den kindern von Israel. Ich wil zm zeigen, wie viel er leiden mu» vmb meines Namens willen. Vnd Anania« gieng hin vnd kam in das Haus, ynd legte die Hende auff )n, vnd sprach, Lieber bruder Saul, der HErr hat mich gesand, der dir erschienen ist auff dem wege, da du her kämest, Das du wider sehend» vnd mit dem heiligen Geist erfül­ let werdest. Vnd also bald fiel es von seinen äugen, wie Schupen, vnd ward wider sehend. Vnd stund auff, lie» sich teuffen, vnd nam Speise zu sich, vnd stecket sich. SAulu« aber war etliche tage bey den Jüngern zu Damasro, vnd als bald prediget er Christum in den Schulen, Das derselbige Gottes So» sey. S>e entsatzten sich aber alle die es höreten» vnd sprachen» Ist das nicht der zu Jerusalem verstöret alle, die diesen Namen anrüsten? vnd darumb her kamen» das er sie gebunden füre zu den Hohenpriestern? Paulus") aber ward je mehr krefftiger, vnd treib21) die Juden ein, die zu Damafco woneten, vnd bewerets, Da» dieser ist der Christ.

in.

Luthers Brief an Churfürst Joachim U. von Branden­ burg im Jahre 1545.

Gnade vnd Friede tim Herrn, Durchlauchtigster, Hochgeborner Fürst, gnädigster Herr. Mir hat der würdige Er George Buchhalter, zu Berlin Probst angezeigt, das mir Ew Churfürstliche Gnaden, durch yhm läßt yhren gnädigen Grus sagen, vnd sich wundern, das ych E. C. F. G. nicht» schreibe. Erst­ lich danke ych demüthyglich E. C. F, G. gnädigen Grus» da« ych aber E. C. F. G. nicht» schreibe, Sollen mir E. C. F. G. nicht deuten als geschehe e» au» Vnwillen. Denn mein Herz stehet ja also, das ych keinem Menschen auf erden feind oder, 31) Im Orit*if6ten Jahrhunderts» zu Stralsund geboren, widmete sich dem Grlehrtenstande und wurde i53i Geheimschrriber in der fürstliche» Kanzley zu Wolgast unter Herzog Philipp I, Barnims IX Bru­ der. Hier wurde Niklas von Klemphrn, der auch ein noch ungedruktea Zeitbuch geschrieben, sein Freund und beide besiissrn sich eifrig der Geschichte «hreS Vaterlandes. Beide zogen noch auf die Universität Wittenberg» theils um zu studiren, theils auch wol um die Bibliothek zu benutzen, und lebten dort in Freundschaft mit den Reformatoren. Daher kam er auch, daß Kanhow seine Lhronik, die er wahrscheinlich zurrst plattdeutsch entworfen, in hochdeutscher Sprache abfaßte. Gänzlich aber vol­ lendete er dies Werk nicht» er erkrankte noch m Wittenberg i5.,2, ließ sich nach Stettin bringen und starb daselbst am rbsten September desselben Jahres. — Sämmtliche Handschriften der Kanzowschen Chronik sind bis auf e«ne einzige, von. Albert von Schwarz 1737 geschriebene, verloren gegangen. Aus dieser, welche sich in der Büchersammlung der hohen Schule zu Greifswald be­ findet, hat sie Hans Kosegarten» Doktor der Philosophie und Do­ cent zu Greifewald 1816 in zwei Bänden herausgegeben. Sie führt den Titel: Pomerania oder Vrfprunck, Aleheit vnd Beschicht der Völker vnd Lande Pomern, Caßuben, Wenden, Stettin Rhügen in vierzehn Büchern beschrieben durch Thoma« Kantzow. v. s. f. Für die Rechtschreibung ist zu merken, daß sie A. v. Schwarz im Ganzen treulich, beibehalten hat, nur ist statt 1 wie immer, oft i gebraucht, patt s, wie fleiü, HLps, sch: fleisch, hüdsib, herze-

io6 Dritter Zeitraum bis jum Ende des dreißigsLhr. Krieges. stellt, statt ehr und mahn: er (llle) und Mann (vir), bie Ad­ verbia und Verba stnd mit kleinen, die Hauptwörier mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben und wo ein neuer Satz anfängt große Anfangsbuchstaben gebraucht worden. Kofegarten hat in­ deß manches wiederhergestellt, und«die Interpunktion eingeführt. Die Chronik beginnt von den frühesten Zerren und enthalt m dreizehn Büchern die Geschichte biö zum Todesjahre Herzog Ge­ org des ersten i53i, das vierzehnte Buch handelt von Gelegen­ heit des Pommerlandes. Das Ganze wollte aber Aanzow noch vervollständigen und bearbeiten. Mehr darüber f. m Kosegartens Ausgabe, dre auch ein kleines brauchbares Wörterbuch der un­ gewöhnlichen, veralteten und Niedersächsischen Wörter und Aus­ drücke enthalt.

I. Bruchstück. Eroberung der Stadt Arkoaa auf Wittow in Rügen durch König Wal­ demar 1. von Dännemark um n68. (Th. j. 33, 3, S« 161),

Es feint aber vnter allen Wenden keine halsstarriger vnd ab­ göttischer gewest wan l) die Rhügianer, die auch so oft den fned gebrochen, vnd die nachtparschaft vnd andre lande vberfillen vnd Lerawbten, vnd des schyr vber |re macht vnd größe alzuviel ge­ pflegt haben, also das es wunder ist, das sie von der vmbliegenden Landschaft Nicht einmall Mit wurtzel vnd alle ausgerottet feint worden. Den wer jre größe ansthet, so ists ein gar gerin­ ges gegen so viel umbliegende Khömgrerch vnd Land. Itzt zu vnscrn zeiten hat daü Land in sich lang vnd breit Nicht vber sie­ ben teutsche Meilen wegS. Zu der zeit mag es etwas in sich ge­ waltiger gewest fein, den das meer hat ;me on zweiffel fibbet2) viel abgewaschen, so hars auch ehemals das Land zu Bart vnd andere Lande vnter sich gehapt. Aber dennoch ists die grosse nicht das ein ansehn haben mochte, das follches gewaltigen Landen vnd Khönigreichen so viel vngemachs thun sollte, vnp das so lange mitten vnter den chnsten sotten vnchnsten pleiben. Den Dennemark war chnsten, Pomern was auch bereit etliche jar chnsten; so war auch nhu neulich Meklenburg qanh chnsten worden, vnd darvber pichen die Rhügianer, so geringe Landschasft, mit grossen wrewel vnchnsten. Aber daraus erscheint, das es ein sonderlich menlich vnd behertzet volck gewest ist, vnd nach jren alten füreltern, so in Welschelande vnd anderSwohr grosse takten gethan, an als — 3) seither, seit der Zeit.

Zhp«-< Lan-vG Chrouika um 1549.

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traft Mib tugenben nicht abgeartrt feint gewest, wie woll sie solche jte stärste gemißbraucht» vnd jnett selbst die lenze vnterganst ynd eerterb bfl durch erworben haben Demnach ist im jar nach Christi unsers Hern gepurt 1168 jm Mertz» her -Honig von Denemarck Waldemar, vnd die Fürsten von Pomern Bugrlaff vnd Caßemyr, mit aller macht auffgewest, vnd sint «uff die Rhügianer gezogen. Q5o hat auch Hertzog Heinrich der Lewe von seinetwegen darzugeschickt, PribSlaff den Fürsten von Mecklenburg mit nicht geringen hausten. Dieselben haben jre Heer verteilt, vnd haben da» gantze Land zu Rhügen zugleich an vielen Settern angefallen, vnd was sie ge­ funden, erschlagen vnd erwürgt, jre gütet genhomen, vnd doofer vnd flecke in gründ geprant. So haben sich Tetzlaff, bet Fürst» vnd seine Brüder Jaromar vnd Stoißlaff, vnd die andern Rhü­ gianer, gegen solche gewals nicht khvnen setzen, sondern haben sich gen Cgrentz ?n die Stat begeben, vnd alda sich wollen finden laßen. Die andern Rhügianer, was entflihen hat khönen, feint in die andern Stette vnd flecke geflohen, vnd haben sich daselbst befeflet, vnd darin da« eußerste wollen erwarten. So ist der Khonig samt den Fürsten, vor jre haubtstat Arkhon gezogen, vnd hat sie vmb Ascension,« Domim '), vmb vnd vmb hart belagert. Dieselbe war gelegen auff der Insel Witto, den da« Land Rhügen ist noch in andere Inseln getheilt, auf einem hohen berge am Meer, vnd war von norden, osten vnd süden von natur vhest; den der berg war fiepet *) herab, vnd so hoch da« man fawm mit einen pfeilschu« die höhl der maieten erreichen mochte. Don Niedergänge aber war sie mit einem walle von fünftzig ellebogen hoch brfrstrt, welches walle« vnderste helfte von erbe vnd leime was, vnd die andere helffte oben was von plansten vnd bretern, dar erbe dqrzwischen geschüttet wa«, vnd dar auch etliche plochheuser eingemacht weren. Don nordnordwesten war ein hüpscher brunsprink'), da die bürget Wasser au« holten. Dnd war nur ein thor, ha man durch den wal an die Stat 'khomen mochte, vnd sunst kein« mehr, vnd da« thor Helten sie jtzund gar mit dem walle vberschüttet, da» die vemde nyrgentz khonren daran khomen. Mitten in bet Stat war ein hüpscher freyer platz; darauff ‘3)

itcei,sio Domini: Luffahrt de« Herrn, Himmelfahrstag. — 4) fiepet: steil, mit dem schweizerischen ©steig, steile Lnhöhe, zusammenhtngend, auch in Steyermark noch vorhanden. — 5) Springbrunnen.

log Dritter Zeitraum bis zum Ende de- breißtgjähr. Krieges.

stund cm schöner tempel, den die Rhügianer vor allen andern tempelit ( in großer erwürbe hielten. Darin stund ein scheußlich groß bild des abgotts SchwanteveitS, welches mit der große, aller menschen gestalt vbertraff. Das hette vier heupter, davon zwey auff die brüst vnd zwey auff den rüggen sahen, doch so, das ei­ nem deuchte, das von den fornisten vnd hintersten eins stets zur rechten, vnd das andre zur linsen sehe. Dieselben heupter hetten, nach art der Rhügianer, kurtz abgeschnitten har vnd berte; vnd der abgot hette in der rechten Hand ein Horn von Metall gemacht, welches der pfaff alle jar vull getrencks pflag zu giessen, vnd da­ raus weissagen des nachfolgenden jarS frächt oder vnfrüchtparkeit. Dre linde Hand was jme etwas in die feite gebogen, vnd darin hielt er einen bogen mrt Pfeilen, vnd hette einen langen rock an, b:S auff die schenket. Mit den süssen stund er gleich der erden, wie ein mensch; aber vnter der erd het er noch ein schemel, da er auff stund; aber das khonte man ^icht sehen, sondern man meinte er stund sunst frey auff feinen füffen. Nicht ferne von jme sahe man zäum, sattel vnd ander gotzenwerk, vnter welchem allem fein schwerdt das seltsamste war, welches sehr groß was, vnd hüpsch gereiffet, vad mit ftlber schalen vnd scheiden geziert was. Denselben aegott hielt man einmal im jar hohe feyr, vnd fiitc gute zeche *). Solchen vnglauhen vnd motwilligen wahn gedechten jtzt der Khömg vnd die andern Fürsten auszutilgen. Darvm nottigteu sie die Hauptstatt Arkhon mit harter belagerunq, vnd lagen lange darvor. Die lenge liessen sie viel holtz zu leitern, schantzen vnd andern zewg, das man nt der belagerung vnd zum frorm bedorft, zusammenbringen. Bnd als die zimerleut darvber arbeiteten, vnd sich die zeit etwas verzog, ehe alles fertig wurt, begunte sankt Beltes tag 6 7) heran zu khomen. So sagte der Ahönig: es würde doch mit dem zewge vnverschlagen 8) sein; er versehe sich die Stat woll ehe vnd leichter zu erobern, ehe den der zewg fertig würde. Vnd als gefragt wurt, welchergestalt, sagt er, er hoffs daraus, weil ehemals die Rhügianer Christum verleuchnet, 6) Es fehlt hier die nähere Beschreibung der Feier, das Einkommen bet Götzens, und seines meisten geweihten Pferdes. — 7) der 15U Juni. — 8) vnverschlagen: nicht verschlagen, nicht anschlagen, unzureichenden sein. — 9) aus der Sehnlichkeit mit Swanteweit gebildet, wie dre Römer ihre Götter bet den alten Deutschen auch finden wollten, welche so wenig an den Herkules gedacht hatten, wre fcic Rhügianer an bei heiligen Veit.

Thomas Kautz«» Chronik« um 1540.

109

ynd sankt Veit *) in seine flat vor einen Gott auffgeworffen, vnd deffelbigen lieben heiligen sankt DeiteS tag nhun hart vor der thür wär, so würde vnser her Got vmb sankt BeitS willen, solche abgötterey vnd vnglawbrn nicht lenzer gedulden, sondern sankt Veit ju ehren, anff fern fest denselben vnglawben zerstören vnd umbringen laßen.'; darvm wolte er sich gegen die zeit versehen, fünf! 10) die Skat zu erobern. Solcher Meinung wun­ derten sich die andern Fürsten vnd krirgsfolcke, vnd glawbten, das Got desselben woll mochte gesinnet seyen, vnd wereeS woll mechtig; vnd ließen es darbev, schickten sich doch nicht» weiniger zu dem, wa» fntn in der fachen von netten was. Dnd nachdem die insel Witto, dar Arkhona auff ") gelegen, mit einem klei­ nen wasserstrom vom land zu Rhügen abgesondert ist, haben sie den strich mit rewtern vnd knechten warten t2) laßen, damit der Fürst Tehlass, oder die ander Rhügianer den Arkhonern daher keine hülff oder errettung thun khönten. Den der Fürst Letzlaff vnd sein Bruder Zaromar sillen samt den jren oft in» lagst, schickten auch zu wasser etliche schiffe, die von der seiten an, den christen schaden letten, vnd einmal durch das Io« g,r mit gemalt brachen» vnd den Arkhonern prophiande") durch bati thor zubrachten. Dnd haben also btt belegerung etliche tag müßig gehalten, bis an sankt Deit» abend; bo hat Got, nach des Khv'nigs sagen, biß gelücke darin geschickt. Es ging ausserhalb de» wallS nhur ein thor, wie hieuor ge« sagt, nach der Skat. Daffelbig hetten die von Arkhon, da sie der christen ankunfft hörten, gar in den wall gezogen vnd be­ schüttet, also da» man nicht woll dazu khomen khonte. Darauff hetten sie jrer abgötter bannyr gesteckt. Bnter denselben wa» eins, das sie den Staniher nenneten; das hielten sie so heftig, das sie meinten, das e< in einem augenblick khonte da» ganze land vergehen lassen, vnd wenn sie das im Heer hetten, so liessen sie sich bedünken, sie khönteu kein vnglück erleiden. Dnd dassel» big bestettigte jnen bisweilen der teuffel auch, damit er sie desto härter verblendet. Den auch einer den tob verschuldet hette, so hat man denselben »ntrr diesem bannet gerichtet, als geschehe das gericht in gegenwertigkeit der gokheit. Darvm hielten die io) sonst wird fit so gebraucht und auch sust abgekürzt, und so könnte eS auch hier heißen. Doch kann et auch mit umsonst zu­ sammenhängen. — 11) für: darauf Lrkoaa. — ia) bewahren. — 13) prooiant; ist oft nur Poop ha ade geschrieben.

ho

Dritter Zeitraum bis zum Lade des dreißigjähr. Krieges.

l^hügianer viel von dem bannyr, vnd verließen sich so sehr da« rauf?, da- sie auch das thor, darauf es stund, nicht so gar hart hart verhüteten, wie 1,

$

ii4 Dritter Zeitraum bis »um Code des drelfllgjLhr. Krieges. hauhtlewten auch so beliebt» vnd darauff da« kriegSfolck beredt, da« sie find zufrieden gewest. So hat man die rrgebung auff fhorigr attickel angenhomen, vnd den bürgern gegunt, da« sie da« fewr löschen mochten, vnd darzu haben jnen auch viel kriegslewte au« erbarmung geholffen. a*) Nun hat der Khönig de« andern tags zu Arkhona gepvten, den Abgot Schwanteveit »mbzuwrrfen; vnd da man di« on axt vnd beil nicht thun khonte, feint die christen gewarnet worden» das fie sich fürseheN sotten, da« sie sich fürsehen selten, da« der abgot auff nymand fille, oder sich schaden tetten, den e« würden sunst die Arkhoner meinen, jre Got walte sich rechen. So hie­ ben sie fluch« daran, vnd hieben e« vnten an den schenkeln lo«. Do stunden alle bürget, vnd sahen e« an, vnd warteten daß sich der Gott rechen solte. Aber er fille hervnter mit großen poltern» vnd thete nymand« nicht ein zwinck 2t). So hie« man den Arkhoner«, da« sieben Abgot feiten au« der Stat trecken. Aber fie ferchten sich daver, vnd legten« den gefangenen Christen auff; bte schleiffeten jne hinaus. Do weinten viel bürget, vnd sonder­ lich die andächtigen weider. Die andern ober, da fie sahen, da« sich jr Got selbst nicht helffe« khonte, lacheten fie mit de« an­ dern. Al« da« bild im Inger gepracht tourt, verwundert sich jederman ober dem großen scheu«l,chen Götzen. So war sollich ein HLuffig zulauff darzu, da» der Khönig und die Fürsten nicht ehe khonte« dabey khomen, »an do sich bet gemeine Man daran sät gesehen hette. Darnach haben der Khönig vnd die Fürsten jre Eapellan vnd schreibet in dr« Stet geschickt, die alle da« Bolck vnterrichtet vnd getawfft haben. Den abgot aber haben der Für­ sten Köche entzwei gehawen, vnd die speist damit gekocht. So hat man auch den tempel im gründ gebrochen, vnd darnach eine newe Kirche daselbst wieder gepawet.

H. D r u ch st ü ck. Der falsche Waldemar.

(2h. I. D. 7. D. 354.)

Rarggraff Ludwig') der hette khönig Johan» in Lehmen söhn Wenzlafe» der hernach keiser Carol der vierte rourt, sein« bratet 9t fehlt «ine Nebenbegebenheit. — 91) 3»eng, Schaden. — 1) Ludewig der Keltere, een 1393 — 1941, Kaiser Ludwig« M» Malern Gehn.

90)

ißemat Kanhow Chronik» unt 1540.

tt j

Margareten (von Steytr *)' hitft»«ht1) »AS wegkgefhürt', vt(b ste selbst zur ehe gnhomen. Darvm hette khönig Hans vnb feilt söhn WeNzlaff tötlicht feiNtfchaft gegen jne. So hielt der marg. graff sich auch al« de- keisers fohn vnd au- hochtrutzchen flösse sehr vbetmütig, deid gegen seine »achpae vnd auch gegen seine vnderthanen, also da- Me jebetman heßig vnd gram teurt. Da­ rvm gedachten sie jne zu vertreiben, vnd verschreib sich khknig Wrnzlaff mit hertzvg Rvdolff von Sachsen, so re wüste das er dem marggraff vnd seinem vater dem seifet auch nicht gut war, nachdem er sich bedünken ließ das die Marke jme vnd seinen vet­ tern von Anhalt erblich gehörete, vnd rathslagetrn auff wege, wie sie marggraff Ludwigen vertreiben mochten; vnd ließen sich dedsinken weil sein vater leiser «ere, das sie es nicht enden khonten, vnd hat sich darvm khunig Wrnzlaff mit hertzog Rudolff vertragen, das er solle auff wege gedencken, das er möge wider Ludwig den vierten Iris* erweket werden, so wolle er der fächelt wol thun, vnd khönte der hertzog von Sachsen auch wege finden, das marggraff Ludwig on jren großen wunder vnd krieg verjaget würde, so wolle er jme vnd den von Anhalt die Marke verkehr nen. Solch eint fache war hertzog Rudolff sehr angenheme, vnh nachdem es aber viel fchwerheit haben würde, nham erd ih be­ drucken , vnd zog vom khönige wegk, das er zusagete, er woltt der fachen wol rathen. So hat der hertzog erfahren, das rin Möller zu Belitz, oder wie etliche sagen zur Hundelufft, teere, Jekel Rtbuck geheißen, welcher ehemals marggraff Waldemars fchiltknab gewest, vnd düS drrfelbig fchyk wie marggraff Waldemar gestalt wrre, vnd ge­ dachte die fache dadurch auszurichten. And verschreib jne zu sich, vnd sagte das er mit jme groß! dinge zu red'en hette, dar viele fürsten vnd landen an gelegen were, aber die fach bedorffte schwei­ gend, darvm feite er jme schweren,das er dasjenige was er jme anzeigen würde, weite heimlich halten; fo würde es jme auch zu großen vnd vngehofften gelücke reichen. Der Möller erschrak» vnd khontr nicht erdenken was doch dir fachen sein mochten, da­ ran so viel fürsten vnd landen gelegen, das man mit jme armen manne reden miste, vnd bat das er mit follichen schweren dingen 2)

Die bekannte Margaretha Maultalch, leAtet Heinrichs von Körn. then und Tirol. — z) entipannt! au« der Ehe genommen, bten sie war schon bi* Gemahlinn Johann Heinrich» von Mähre», 6etl» Btubei», nicht Earl« selbst, wie hier gesagt wird. H »

n6 Dritter Zeitraum bis zum Lade des breißigjahr. Kriege-.

mochte verschonet pleiten; er were ein pober 4),* arm man, der großer dinge vnverstendg vnd vngnvonen were; so btt sachen wer •) wertn, würden on zweiffel ander iewte gefunden werden, die dazu dieneren. Dr hat der hertzog gesagt: nein, eS were kcitttr der zu demselben so wol btentte als er, vnd es wurde jme zu großen ehren vnd gelücke werden, darvm solte er jme nhur schweren, das ers hctmltch halten wolte; es solle danach, wan er die fache gehört, gleichwol m fernem willen stehen, ob ers chun wolle oder Nicht6). So ließ Ich der mvller bie lenge ubeu reden, vnd schwüre jme. Darvm vermesdete der hertzog jme btt fache vnd sagte: er sehe wre vdermütrq vnd vnlerdlrch marggraff Ludwig tn der Markt regiertet, vnd nicht ullttn ferne vnderthauen verwaldigte 7),* sondern sich auch aller vmlregenden fürsten verwürckete, also das er weder den vnderthanea noch den nachparn (enger zu verdulden were; darvm gedechten sie jnen zu ver­ treiben. Nhu wollen fu es aber gern (0 vrel müglich on blut. vergießen vnd großen wunder thun, darvm Helte man kernen be­ quemern weg gesehen, wan das mans durch jme ausrichtete, vnd -honte also geschehen. Er were marggraff Waldemars schrltknab gewest, also das er viel vmb ferne hermlrchkert wüste; so sagt man auch, er were jrat an angesrchte vnd person einlich 9). Darvm solte er sich als erntn pilgram ausmachen 10)f vnd in der marke vmherwandern, vnd ein gerüchte sprengen als lebte marggraff Waldemar noch. Bnd er wolte zme qeltö genug geben, das er nicht solle bellen, sondern in allen Herbergen mit auserlesener münhe wel bezaten. So wolte er jme auch etliche schone gülden ringe geben, btt er solte vberstechen vnd brSweileu vnter dem fimpeln volck, wo er fege das es^verschlag ") were, vngefehrlrch vnd als geschege es Widder fernen willen, sehen laßen, damit er dem volck einen argwon machete, als were ers. Aber er solte sich mrt wortten nrchtS merken laßen, daß ers were, vnd solte darzu sa­ gen, das marggraff Waldemar noch in fremden landen were vnd 4) pober von paivtre auch nur arm, armselig. — 5) was, ei was, von Sttbcufang. 6) Man könnte nur fragen, woher JUiu |o» so genaue und gctetme Nachrichten weiß? — 7) verwatdig^n, verwältrgen: gewalthLtrg behandelnz Gewalt anthun. — 8) veiwurken: sündigen, seine Sache verlieren, sich eines Menschen verwürfen: feiner Vrete und Gunst durch schlechte Handlungen s«h berauben, s. Ulsila zr. — 9) ähnlich — 10) ausputzen, verkleiden, n) daß es etwas verschlagen, helfen ktznnte; wie Noch verschlagen und anschlagen gebraucht werden.

Thomas Karitzow Chronrka um r?4S4

117

tLrstr nicht widerkhomen vor marggraff Ludwige das jme leide «ere, er mochte jne vmbringen; dacvm müsten sie auch ja bey leite nicht davon sagen, dqß es marggraff Ludwig zu wißen krege, ftnst würde er nach jne trachten. Dnd wenn er also seine fachen üußgerichtet hette, feste er Widder zu jme khomen, so wolte er jme seiter rat geben, was er thun sokte; vnd alßdan Welten sie verHoffen, das die Märker jne für marggraff Waldemar selten anHernen, vnd er feite es die zeit seines lebend behalten, aber dar­ nach feite er jne vnd den von Anhalt das lant wieder desHeiden Bei diesem anslag war dem Möller sehr ftltzam, aber als er lotete das er so reich vnd gewaltig feite werden, nham er die siche an. So hat er nicht wollen wieder anheim ziehen, bornit es sein weib nicht vermerke, vnd ist durch die Marke gezogen, Md hat erst die fache vom lande zu Pomern her angefangen. 5Bnb nachdem er eheI2) zu Hofe gewest, wüste er sich vnter den legten noch höflich zu halten, vnd richtete die fach beßer aus, als jm hette khonen befolen werden, vnd durchginck also die gantze Marke, durch stette vnd alle dörffer. Vnd wie er also durch gantze Mark ein heimlich fistele» l8) -en marggraff Waldemar gemacht, ist er wieder zum hertzog Rutcljf von Sachsen gekhomen, vnd har jme alles wie ers ausge­ richtet, angezeiget vnd gesaget, wie das ein groß verlangen were in der gaatzen Mark nach marggraff Waldemar. Do das der hertzog Zehöret, ist jme wol dabey gewesen, vnd bat jme gesaget, er sötte in dem pilgramskleide zu dem ertzdiscboff von Magdeburg zrhen, rnd sich angeben alß das er etwas heimlichs mit jme zu reden hette; vnd wan er zu jme kheme, feite er jme anzeigen, das er marggraff Waldemar were, vnd hette in feiner jugent feines vettern marggraff HermanS (echter14) genhemmen, welche jme ju nahe befreundet gewesen, vnd sich derhalben von jr hette scheiden laßen. So were jme doch die fünde allewege so hart angelegen gewest, das er dafür nicht hette rasten oder ruhen Honen, vnd hette darvmb gefchicket an pabst Johannem 21., jme laßen feine nott klagen, vnd vmb absolutio« bitten; so hette der jne abfolviret mit dem befcheide, das er feite sechs vnd zwein

12^ sonst, vorher bei Hofe gewesen. — rz) Flüstern. — 14) 2fdne§ von Brandenburg. Die Verwandschaft war übrigens weitläuftrg ge nun, indem nur Waldemars Großvater Johann und Agnes Ur­ großvater Otts III. Brüder waren. — Papst Jcharür soll der tsF

l.

fein.

ii8 Dritter Zeitraum bis zum Ende des breißigjähr. Kriege». zrg jstc fein (ant verlaßen, vnd in Pilgrams weift, gehen, vnd aU so die fünde büffen, doch memanbt bauen sagen, vnd roan er das gethan feite er ganh vnd gar von der schult gelofet fein, vnd unser Herr? got wKrde jme alßdan wol wieder zu feinem lande verhelffen, wo er anders die ze,t erleben würde. Vnd weil er ban gern falig were, so hette er sich tott sagen laßen, vnd einen andern laßen an feine stette begraben, vnd hette also nhu sechs und zwerntzig jare gebüßet. So hette jme vnfer her Got gnah gegeben, das er die zeit abgelebt, vnd die zeit der buffe nhu umb were; er were aber der atmet so gewonet, day er nach großem regiment nicht viel frvgete, vnd sich deßelben woll gantz wolte begeben. Aber zweyerley rotten die jne bewugen, das er bauen reden müste; eins, das er fege das fein netter der Chur­ fürst von Sachsen vnd der von Anhalt, seine rechte erben, we­ rtn vom lande gestoßen vnd ein fremhder Hineingefehet; so teere er auch nhu die gantze Mark durchgezogen vnd hette gehöret viel klagen vnd jammere von marggraff Ludwigs wegen, vnd wolte darvmb den bifchoff recht fragen vnd bitten wie ers doch weiter machen feite. Vnd so der bifchoff wolte warzeichen von jme begeren, so gab der hektzog dem Möller marggraff Walde­ mars pitfcbierring, den er bey seinen leben gebrauchet hette, vnd lies jne zum bifchoff zihen *), So war zu der zeit Otto zu Magdeburgk ertzbifchoff; der­ selbe wolte den Pilgram so balde nicht für sich statten,") aber wie er den nhamen hörete, das er der marggraff Waldemar wert, vnd den pitfchterring sahe, entfinck er jnen gantz ehrerpietig, vnd lies jme die pilgramskleider ausziehen, vnd besser' kletder an­ thun, vnd hörete fein werd "). So zeigte jme der Möller fein pilgrimatze ") vnd elent, vnd alles, wies jme beichtet was, an. Do das der bifchoff hörete, erfchratk er sehr, vnd wie er so viel «nzeigung von jme hörete, das er jme glauben muste, verwun­ derte er sich der demot das er fein laut, lernte vnd den fürstli­ chen staubt so »hergeben hette, vnd so ein arme- bußfertiges le­ ben so lange jar gefhüret hette; vnd rieth jme das er fein (ant sötte widderbegereo, vnd behielt jne bei sich, vnd hielt jne fürst­ lich vnd wol. Vnd verschreib den Churfürsten von Sachsen vnd Anhalt zu sich, vnd zeigete jnen die fache an. Dieselbe khemen, *5) für sich^stat te»! eine Statt, Stelle vor sich geben, vorlassen. rSjWerv, feiterte, »ntrag. — 17) Pilzerschaft.

Thomas Kstatzov ChroNtka um 1540»

119

als wüsten sie nicht« bauen, vnd verwunderten sich mehr alß brr bischoff, vnd »eiten dem pilgram nicht sobald glauben; wie er jnen aber die lenze so viel anzeigungen sagete, haben' sie entiich schwerlich, wie sie gebeteten "), geglaubet, vnd jme zugesa­ get laut vnd lewte bei jme auffzuseheu, und weren nhu alle fachen klar. Aber einer war, dafür sie sich sehr forchteten so betfefbige bey margqraff Ludwige stehen würde, nhemlich hertzog Barnim von Stettin, der zu der zeit seiner macht vnd glück halben, in großem ansehn vnd geschrey war vnd forcht hette. So fegen (te für gut an, ehe man die fache lautbar machete, das sie densel­ ben erst auff jte feite brechten, vnd haben jme darvmb geschrie­ ben, das sie mit jme zu reden Helten, da« er sich nicht «ölte beschweren "), so «ölten sie zu jme zu Alten Torgelow khomen, vnd jme die fach berichten. So hat sich hertzog Barnim de« nicht beschweret, vnb hat sie daselbst gütlich entfangen, vnd jnen gütlich gethan. So hat jme der bischoff die fache angezeiget; vnd wie es hertzog Barnim hörete, vermerkte er balde das e» betrug roere, ban er hett marggraff Waldemar sehr wol gekant vnd mit jme viel vmbgangen, vnd wüste auch eigentlich woll da« er tot were; barem «ölte er nicht daran. Bnd wie der bischoff von Magdeburgk au« hertzog Barnim« bericht begunte zu zweifeln vnd auch weite abfallen» hat hertzog Rudolff mit denen von An­ halt geredet, da« sie sich in der erst selten stellen al« walten sie auch nicht daran, vnd doch die (.enge zufallen, damit man den luschoff vnd hertzog Barnim die lenze wuchte dabey bringen. So hat darnach hertzog Rudolff rund ausgesaget, wie e« sich vmb die fache erhielte, da« e« angeleget were, vnd hielte de« khönig« söhn von Nehmen Wenzlaff auch darvber, der balt mochte keißer werden, vnd andere fürsten mehr; darvmb selten sie sehen, da« sie sich in den fachen nicht verseumeten; würden sie aber hülffe darzu thun, so khonte ein «glich teil rin gut stücke lande« von der Marke stiegen. Bnd hat damit gefaget, wa« dem bischoff wol gelegen were, vnd wa« hertzog Barnim von recht«wezen wollgepüren weite. Do da« die andern fürsten höreten erschra­ ken sie ober den anslage, vnd betrachteten wa« groß wunder vnd blutvergießen daraus erstehen würde, vnd »eiten dem hertzoge i?l gebeten, gebaren: sich betragen, sich stellen.'sich verstellen. iQ) wenn e$ ihn nicht unangenehm wäre.

lao Dritter Zeit rau» bis zum Ende bti Lreißigjähr. Krieges. nicht beifalle», sondern erwaneten jne, et möchte zur «Haltung rhuge vnd friede« sollich böß doch noch in der zeit widderruffrn twb abschaffen; e« trete gar eine »»fürstliche fach also zu handeln, »nd were noch viel »»christlicher vnd ^trannischer sollich groß jammer, krieg vnd mordt dadurch anzurichten. So hat« hertzog Rudolff lassen anstehen, »nd sagrte» «ü were bereit der anhanck an d« fache so groß, da« eS-doch wol würde vortgehen; vnd stellete sich als were jme gar nichts mehr an der fache gelegen. So aßen darnach die fürsten vnd tetten einen gutten trunck mit einander; wie aber in dem der bifchoff von Magdeburgk et­ wa« «arm vom trinken wurt, sprach er zu hertzog Rudolffen, wie in einem alten gcdichte stehet: Der von Magdeburg! sprach zu handt: khönen wir khvinen zu benannten landt, ich helff euch ganh behende, mit meinen eignen henden, doch da« mir mein teil auch werde; so will ich zu fuß vnd Pferde ewer helff« sein zu sireitten; rüstung hab ich erzeugt bei zeittrn. Do sprach hertzog Barnam: größer falschheit ,ch ny vernham, al» ich leider nhu muß hören; zr Hern, jt werdet euch bethören an gute, glrmpff vnd ehren; thut ewren syn verkeren, den jr so vbel vnd felschlich richt; bey meinem eid, ich helff euch nicht. Go fielen die von Anhalt hertzog Barnim bey, wie jne» hertzog Rudolff bcfolen hette. Aber hertzog Rudolff vnd der bischoff sageten, sie walten r« wagen; darvm folgt weiter im gedicht: Do sprach der hertzog von Stettin: zeter wolt jr so große verreter syn, vnd wolt ewren standt vnehren? jch zwar wil mich nrcht daran keren. Auch sprach der von Anhalt: Cya, jr Hern» feit jr der zaren so alt,

Thomas Kaatzom Chroaika um 1540.

ui

»«* sorchtet euch nicht zu sterben, daß jr meinet sollich deß zu »erben? Der bischoff sprach zu den zween: in der abenthewer laßen «yr» stehen; der hertzog von Stettin saget nein, jr habt keine hülste von vn< zweien. Do sagte der bischoff, al» er der schyr vul war: *°) darum mochten fit thun »ie sie «ölten, sie solten sehen, so da» gelücke »ortgingt, da« die Marke erobert würde, da» sie sich al«da«n nicht verseumt hetten, vnd sie die nehisten nachparn darnach we­ rtn; al« ob er sagen solte, es würde jnen darnach auch gelten. De« erschrack hertzog Barnim, vnd besorgte e« mochte vieleich» etwa« ander« vnter den wordten schulen, 2,>nb gedachte jTim nicht mehr darin öffentlich vnter äugen reden, vnd sagete: So e< dan nicht khan ander« sein, «erden wyr gedrungen ewr helffer zu sein; wo ich aber wa« gewinne an lande, da« «il ich halten meinem ohm zu Hände; fünft motte ich« gar nötte nhemen. Jr Hern, jr möget euch wol schrmen, da« zr stehet nach eine« fürsten habe, ich Pitt« noch, thut« euch abe. Solche alte reime, ob sie woll etwa« »»geschickt sein, habe ,ch dennoch zu kundtschafft der fachen hier «ollen anzeigen, vnd ist schyr de« gedichtes ein gantz buch, zl) aber e« wert hier zu viel, alle» anzuzeigen, auch nicht von nötten, darvmb wil ich es pleiben lassen. Wie nhu die von Anhalt so viel beisal« von hertzog Barnim gehöret, haben sie auch mit »ollen munde zugestimmet, vnd also entschlossen da« die fach solle eigentlich vortgehen. Dnd habe» demnach der bischoff von Magdeburgk vnd hertzog Rudolff an die gemeine lantschaft geschrieben, vnd begert da« sie jren alte» Hern inarggraff Waldemar «ölten »übte annehmen. Vnd der moller alß «tzundt marggraff Waldemar, hat auch hin vnd wider 20) oU er beknah trunken war. — 21) schulen: schielen, hervorse­ hen. — a*) 8B0 mag dies merkwürdige Buch zu finden sein, da« emer nähern Bekanntmachung otrbimt*.

132

Dritter Zeitraum bis »um Ende deS dreißigjahr. Krieges.

an die alten des landeS viel kuntfchafft geschrieben heimlich, die er wüste das marggraff Waldemar mit inen gehapt. So was in diesen zeiten marggraff Ludwig nicht tm lande, sonder in Beyern; darvmb sein die Marker bewugen worden, das sie im jar 1344 einen gemeinen lanttag gern ") Alten Brandenburgk ausgeschrie­ ben, vnd dahin den möller gefurdert. So ist der Möller hinge­ zogen, vnd der bischoff vnd hertzog haben jme jre stattliche botschaft mitgeschickt; vnd wie er dahin gekhomen, hat einem jeden der jn gesehen, bedaucht es tone der marggraff Waldemar. So haben zme auch der graff von Reppm 24) vnd andere alten vmb viel alte geschicht vnd heimliche ratfiege gefragct, so marggraff Waldemar ehemals gehalten, davon sunst nymandü wüste. Da hat er zum teile wol geantwortet, so tief er vellichte zu der zeit do er marggraff Waldemars schUtknab war, erfharen hette; zum teile hat er gesaget, lange zeit vnh große rewe hetten eü jme auder gedechtnüß gebracht. Also haben jme gegleubet klein vnd groß, das er der marggraff were, vnd haben jnen da tm gemei­ nen lanttage vyr ;ren alten Hern marggraff Waldemarn angenhomen, vnd gehuldigt vnd geschworen. Vnd hertzog Rudolff von Sachsen vnd die fürsten von Anhalt sein gemeinlrch bei jme ge­ west, vnd haben als die negestew vettern vnd erben alle fachen geordnet vnd regiret, vnd jrem newen Waldemar gütlich gethan. Vnd was ine nicht annhemen todte, dar zogen der hertzog von Sachßen vnd der bischoff von Magdeburgk vnd die andern fürsten gegen, 24) vnd bezwungen sie mit gewalt; vnd dazu halff Polen, Slesien, Brunswig, Lüneburgk, Meckelburgk, vnd nappeten 2S) (l\ jr teil von der Mark. Vnd was groß jamer, mort vnd ver. Wüstung durch die gantze Marke, vnd plerb nichts vnter marg­ graff Ludwige toan26) Franckfert an der Oder, Spandow vnd Trewen Brietzen, davon t>ie Star noch den zunhsmen hat, das sie Trew genant wirt. Daselbst lag marggraffs Ludwig volck starck darinne, das sie die stetre mit gewalt erhielten. Sonder­ lich legen die von Sachsen vnd Anhalt lange für Frankfort, do jnen der khönig von Böhmen hülffe geschicket, vnd auch die fürsten von Mekelnburgk. Do Hertzog Barnim sahe das die Marke so wie ein rawbgut geteilet wurt, vnd fchyr 'nicht zu hoffen was, das marggraff

33) gegen, nach. — 34) Ruppm. — -4) gegen, ist mit dar zu­ sammen zu sieben: dagegen. — 25) nappeten, schnappeten, er.chnapxctcn cUe il;r Thtis. — 26) als.

rhsma- Kantzow Chronika um

1540«

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Ludwig Widder dazu khomen khonte, zag ec auch aus auff die Marke. Vnd sagen etliche, er habe zuvor zu marggraff Ludwi­ gen geschickt vnd sich mit jyte vertragen, also das er auch versu­ chen mochte, ob er auch wa» von der Marke erobern khonte; so er dan was eroberte vnd marggraff Ludwig Widder zu der Marke kheme, so solte es hertzog Barnim jme Widder zustellen, doch dr.q marggraff Ludwig oder seine erben sollen den kriegsvnkosten widderlegen; wo aber marggraff Ludwig nicht Widder zu der Marke kheme, so solt« es hertzog Sammt vnd feine erben erblich behal­ ten. So ist also hertzog Barnim im jar i345 in der AschermitWoche mit gantzer macht ausgezogen auff die Bckermark, die in vorzeiten zum Hause Pomern gehörig was, vnd hat gewunnen Pasewalck, Prenzlow, Angermünde, Jagow, Stufe», Stützenhurgk, Greiffenbergk, Stolp, Swiet, Sierraden, Drrkenitz, Rewen Sundt, vnd alle andere stette vnd schlöfer, so des ortS in der Skermark« ligrn» vnd hat darnach auch gewinnen helffen in der Newen Marke, *r) Strutzbergk, Münnichrbergk, Waldenhurgk, vnd hat sie bemannet vnd befestet, vnd vor die seinen be­ halten. Snd ist dem hertzogen von Sachsen zu hülffe gezogen für Frankfort, da sie nichts haben an schaffen khönen. So sahe nhun der hertzog von Sachsen das marggraff Ludwig noch drey große festen in seinem lande hette, vnd da« er daraus wol khonte die gantze Mark gewinnen. Darvmb hat er gedacht >me vnd feinem vater andere wunder anzurichten, vnd hat di« lenze etliche Churfürsten zu sich gezogen, vnd hat des khonigs von Nehmen söhn Wrnzlaff wider zum keißer erwelet, welcher ist Caroll der viertle genennet worden. Do das keißer Ludwig gehöret, ist er halt krank geworden, vnd keißer Caroll hat den vnrechten marggraffen Waldemar, marggraff Ludwige zuwider, mit der Mark verlehnet. So «st marggraff Ludwig der Mark müde geworden, vnd hat sie seinem bruder Ludwig genannt Romulus, dem Rö­ mer vbergeben. Der ist hernach Mit vielem vvlck hinein gezogen grin Frankfort, aber hat nicht« sonder« ausrichten khönen. **) De» nachfolgenden jares ") feint hertzog Barnim von Stet­ tin, vnd Bugslaff, Barnim vnd WartiSlaff gebrüder hertzogen

s?) yteumatt im Gegensatz der Altmark, aber nicht die Neumark in unserm Emir, sondern die Mrttclmark» w«e dl« Oerrcr Strausberg, Müncheberg beweisen, Waldenburg mag wohl Fürstenwalde oder Neustadt Eberswalde sein sollen. — 28) Es fehlt Eringet, was nicht zu dieser Geschichte gehört. — 29) 1348. nach chaatzow, sonst nimmt man 1349 an.

i24 Dritter Zeitraum bi- 1UM Ende btt dreißigiähr. Krieges.

von fernern, zu feifer Caroll gezogen, vnd haben bie lehne vnd samende hant^^) entfangen, vnd der feifer hat sie wegen des fürKenthumbs Rhügen zu RerchSjegerMeistern gemacht. So ist marggraff Ludwig daselbst auch gewesen, vnd mit dem feifer alles grulles vnd aller feintschaffv halben vertragen werden. Darvmb hat sich der seifet zwischen jne vnd hertzog Barnim, von Stettin, der gewonnen stette vnd lantschafft halben m handelung geschla­ gen vnd sie also vertragen, das her-og Barnim den marggraffen, so er btt Mark Widder erobert, wieder abgetretten hat Bottzen­ burgk, Iagow vnd das schloß Kreiffenbergk, Verkenttz, Newen Sundt, vnd etliche dorffer; bie anbetn schloßer, stette vnd dosier als Newen ?lngermünde, Schwiet, Brußew, Stclp, Ztchow, Krampzow hat er vor seine gethane kriegskosten behalten, vnd der marggraff hat sie jtqt vnd seinen erben erblich verlaßen, vnd darauff hat sie der kejser hertzog Barnim auch verlihen; aber Strutzberg, Münnicheberg vnd andre güter in der Marke hat er vor setn pfant jnne behalten, vnd hat marggraff Ludwig zugesagt jme widderum beholffen zu sein, das er bie Marke Widder gewin­ nen mochte. And wie hertzog Sammt also beim keiser war, sein die von Anhalt vnd der brscboff von Magdeburgk mit gewaltigem Heer qekhomen, vnd haben Prenzlow.vnd Pasewalk vnter den nhamen marggraff Waldemars bedrewet, das sie von hertzog Barnim an den vnrechten Marggraffen fe»n gefallen, der jnen auch m dem­ selben jare jre privtlegta consirmtret, vnd schreibet sich Walde­ mar marggraff zu Drandenburgk, Churfürst, des heiligen RböMischen reichü ertzkemmerer. Derhalben ist Herzog Barnnn cm öffentlicher ff mb des vnrechten rnarggraffen gewesen, vnd hat Pasewalk vnd Prenzlow etliche mal Mit belegeru ig widdervmb versuchet vnd doch ntcht erobern khonen. Darvm hat er sich Mit marggraff Ludwig dem Römer, vnd Otto vnd Burchart Hern von Potelitz, als des marggraffen Hauptleuten, verbunden gegen Jefel Rebuck, den hertzogen von Sachsen, vnd die von Anhalt, vnd haben vte! schadenö gethan in der Marke. Im jar i349 fein die fürsten von Meckelburg Albrecht vnd Zohan zu keiser Caroll gezogen, vnd haben zre lehen entfangen. So hat sie der keiser mit einer newen ehre begäbet, das er sie zu hertzogen gemachet, vnd von der zeit an heissen sie hertzogen von Meckelburgk. 30) gemclnfchaftlsche- Recht, Regierung.

Lhom-s Kautzow Chronik« um 1540.

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Folgend«» jare» »st Aekel Rebuck der vnrechte marggtajff ge, starben. S° haben hie fstrsten von Anhalt seinen tott hermlich gehalten, vnd ist hertzog Rudolff von Sachsen der jünger vnd hertzog Albrecht sein Vetter, tj»b Albrecht vnd Waldemar fÜirste« von Anhalt in die Mark gezogen, vnd haben erstlich von den von Prenzlow, vnd so vortdan von allen die vnter Jekel Rebuck weren, die erbhpldigung genhomen, welches marggraff Ludwig Romulo vnd hertzog Barnim woll verdroß, vnd darvm den stetten viel schaden- ketten; aber, sie khonten die Sachsen vnd btt von Anhalt so balt nicht wieder au» dem lande bringen.

III. Br, chstück. Johann Buggenhagen schreibt die pommersche Seschichtr. (Th. II. 8. rr» S. 3170

Deßelbigen jare» wie hertzog Barnim zu Wittenberg kham,') schrieb hertzog Friederich der chursurst von Sachsen an hertzog Bugslaffen, *) das er gesynnet wer«, von seinem gesiechte vnd lande ein chronrca machen zu laßen, vnd nachdem« man daßel» big« nicht wol thun khönte one wißend vieler anderer Historien, hat er jnt gepeten, er mochte jme auch de» lande» Pomern ge« schicht zuschicken. So hat jm« hertzog Bugslaff solche» nicht vor­ sagen kh-N«n, vnd ob wol mennigerlei vorzeichnu» hin vnd wid» der im lande davon weren, so wa» e» doch vnrichtig bind, da» e« frömbdett weinig nuz wa», die sich darauff nicht verstunden. Darvmb wolt« hertzog Bugslaff einen haben, der e» in ein» rich­ tige gestalt prechte. So wnßte man zu der zeit keinen beßern vnd gelartern» darzu den auch bettet Valentin Stoientrn, wel­ cher ein trefflich zelarter man was, so sehr znrhiet, als mag«74

Dritter Zeitraum bis r»m brei-l-fLhrigen Kriege.

Johann Dorbm, vnd Sarra bt Colnmna, die auf Neapels kom­ men , bei dreysiig Fahnlin, vnd hat der ganze Hauff» Teutsch» Hispamer vnd Jtalianer, die ander Borstatt mit gemalt erobert, lUt Feind bald von der Mallwer abgetrieben. Juniculum oder Transtybeiinum war die ander Borstatt an der tyber, gegen Rldergang gelegen, mit starker Manwrr vmbfangen» hat drey Porten. Die erst gegen Mitternacht, Porte Septimi), in dieser haben sie geschossen vnd gestürmet, die Knecht haben mit den handrohrn das Bvlck von der Mauwr vnd Zin­ nen getrieben, daß keiner sicher stehen möcht, vnd jtbtt sein orl verlassen mußt. Die ander Port. S. Pangratij oder Aurelia, bey welcher das Keyserisch KriegSvolck vber die Mauwr eyngefallen vnd die höhe bey S. Peter in Monte aureo, mit dem Sturm herab kommen, haben das Bolck in dieser Borstatt ab­ trieben. Sie fanden auch in einem schönen Lustgarten dem Kar­ dinal von Sena zugehörig, ein thurlein durch die Stattmauwr, mit Mist, holtz vnd Erd, verlegt; das haben sie geöffnet, vnd da ist das Keyserisch Krirgßvolck einer nach dem andern hineyn kommen, welches die Römer, so auff der Mauwer deß Sturms sich erwehren sollen, vbersehrn, vnd das war der ander Sig, vnd die beyde Statt sind on alles Geschütz eröbert worden Die Hauptleut haben jmmtt rrmanrt, man soll eylen und nach drucken, die Statt müßt in dieser stund eröbert werden, Derhalben die Drommeter jmmtt auffgeblasen, vnd die Drommenfchlager Lerman geschlagen. Bey d.esem Sturm haben sich insonderheit gebraucht Caspar Schwegler, daß von Frundsbergs Feldzalmeister, die Hauptleut, Wendel vom Weyer, Sebastian Schertle, Steffan Wein vnd Brot, Michel Merckle, Claus Seydensticker, Rudolff Ehinger, Frantz vom Hembstein, Hans vo Bibrach, Hans Eckle, Wil­ helm Neydhact von Ulm, Anthoni von Feldkirch, Hans vom Stamm, N. Blaurer, Hans Werdenberger, vnn Hans Schenck, welche alle mit grossem ernst die Statt Rom gestürmet. Es haben auch viel andere sich erhrlich vnd redlich am sturm gehal­ ten *•*) und sind mit vngestLmme vber die Brücken kommen das Bollwerck bey der Porten eröbert, vnd ein stund vor nacht ha­ ben sie die alt Statt Rom gewonnen, Da» war der dritt Sig in einem tag. In derselben stund sind her Keyserischrn mehr 3«) Et fehlt Einiget.

Adam Stetsnet: Geschichte bet finuMMrgt; x$6g 17$ viertzig taufend starck, in die Statt gefallen, Bnd haben die Kevserischen etllch taufend Mann im ersten eynfall erschlagen vnd erstochen. Die Römische Krregßleüt, die mt erschlagen wor­ den, sind entlausten, vnd vber die Mauwer aufgefallen. Also sind alle drey Statt Rom ein einem tag mit dem Sturm erobert vnd gewunnen worden, vom Bolck, das der Hertzog von Bourbon vnd Herr Georg von Frundsberg hineyn ge­ führt. Das Keyfenfch Kriegßvolck hat nach dem Eynfall sich ton der zusammen gethan, vnd haben muffen sorgen, wenn sie sich zerstreüwen, so würden sie vberfallen. Die Teütschen sind tm Campoflor, am Roßmarckt, dre HLSpanier am campo Agon, am gemeinen Platz, in guter Ordnung gestanden bis Mitternacht, haben sich einer Schlacht mit den Römern besorgt, Dann. dem selbigen tag ist Grast Guido Rangon mit den Reisigen zeug, vnd mit acht hundert Hackenschützen 9) zur Brücken Salaria, anst eine halbe Meil hinzu, vnd hat wöllen bey nacht in die Statt kommen. Als er aber gehört, daß die Statt erobert, ist er wider hinder sich auff Ortriruli gewichen, Man meynet, wen« er eilends für sich gerückt, er hette die Keyserische, so ob dem rauben in keiner Ordnung waren, geschlagen. Dieweil aber m dieser nacht zu Rom alles still war, sich kein Stattvolck küret, vnd jedermann in die Hauser geflohen, haben die Hi-pamer, die deß Raubs hegirig waren, sich nach Mitternacht getrennt, vnd angefangen in dre Häuser zu fallen, vnd zu plündern, dar­ nach auch dre Teutschen, haben aber nicht blutging gewütet, sondern der Menschen, so viel möglich, verschonet, nach Esten vnd Trincken, darnach auch nach Gut vnd Gelt, gestellt. Vnmüglich r'sts, daß man beschreiben mög, was sich m die­ ser nacht hat zugetragen. DaS arm hungerig Kriegßvolck plün­ derten vnd raubten was sie bekamen, Sie haben alle Häuser vnd Gemächer auffgebrochen, Kisten und Kasten zerhauwen, vnd alle Gebäuw zerrissen, darnach auch Mann vnd Weiber gefangen genommen, vnd geschätzt, vre musten sich mit viel Gelt lösen, 9) Hakenschützen waren Musqnetier von ihrer Waffe also ge­ nannt. Der Schaft ihres Geschosses nehmlich, bad Haken ptift, hatre einen Haken ober unten herausstehendes Holz, welches in ein anderes Holz, der Bock genannt, darin ein Loch dazu war, ge­ steckt wurde, sonst würde eS au sehr gestoßen haben, auch konnte man so sicherer zielen» — ($6 gab auch Hakenschützen zu- Pferde, die auch Arkebusierer hießen und bei deren Geschoß der Bock wol nicht anzuwenden war.

176 Dritter Zeitraum bi- rum dreißigjährigen Kriege.

»nd btnit anderer gefangenen auch seyn. Viel sind auch peinlich gefragt, vnd etliche darob erstochen worden. Kein schätz noch Gelt zu Rom hat mögen verborgen bleiben, es mußt alles den huugerigrn Kriegßlrutrn in die Hönde kommen. Pompeil Gclwn-. na Hauß» dareyn d.e Reichrsten vom Adel geflohen, vnd meynten sie wölten sicher seyn, bannn die Marggräffin von Mantua, Alphonsi» HertzvgS zu Ferrar, Schwester war, die zu Rom >cem Son einen Cardinal« Hut taufst, bey drey tausend Menschen, Edle Frauwen vnd Mann, sind mit irrn Schätzen hmeyn ge­ flohen» haben das Hauß wol versperrt vnd verrigelt, meyneten, Sie weren in einer Freyhung, vnd sicher, weil die Columncser Keysrrisch weren. Aber Alexander Gonsaga, Grast zu Nuuolark, vnd AlphonsuS de Corduba, ein Hispamer» liessen sich in der ersten stund der nacht in )ttm Harnisch, an einem Seyl, auff einem Bengel, in dies,« Hauß ziehen, do hat die Marggräffin La« Hauß vor plündern errettet mit mercklicher Summe GeltS» welcheü Gelt die Kauffleut »nd andere Reiche, die bannn waren, «liegt haben, darvon hat Frrdinandus Gonsaga ein guten theil behalten» »nd hat seine Mutter auß Rom geführt, weil Nie­ mands vor gemalt möcht errettet «erden. Felicia ä Robore, «in Brsinrrin, die auch in diesem Hauß mit jrer vnverheyraten Tochter war, als nachmals alle, so vil im Hauß, »mm achtzig tausend Kronen geschätzt worden» hat sie Silber vnd Gold, vnd all jr Geschmeyd, dargelegt, vnd die vbrige erforderte Schatzung |U entrichten auff sich genommen, daß sie alle vor grosser gefahr, beschwernuß, schand, »nd schaden möchten errettet werden. Im Capitelio ward Dominicus Venerius, der Venediger Legat, vmb zehen tausend Gülden geschätzt. E« ist jederman zu Rom geschätzt worden, Vnd man meynt, daß ob zwentzkg tausend Menschen, nach bezalter Schatzung, auß Rom in« Elend geflo­ hen, alle« verlassen, daß sie nur mit dem Leben davon kommen möchten. Etlich Eardinälen, Bischoffen vnn Prelaten, sind die Händ auff jre Rücken gebunden, vnn durch alle Gaffen geführt worden, biß sie zuletzt jr« aufferlegte Schatzung bezalt haben. Tempel vnd Klöster sind alle beraubt vnd geplündert, Kelch, Monstranhen, Heiligthumb, vnd aller Kirchen Ornat, entwendt vnd geschmelht, alle Klöster auffgeriffen, vnd alle« verwüst worden, daß auch die Gräber auffgethan, vnd ab I0) Bapst Jul,/ deß 10) ab, wo wir von 'sagen. —

Adam Reißner: Geschichte der FrandSberge. 1568 177 Andern todten Körper ein gülden Ring gezogen worden. Aber solche stück haben die Hispanier, Jtali vnd SBtuh;, gethan, Bnd in sonderheit bu HiSpanier grossen Freffel vnd Mutwillen getrie­ ben mit Weibern vnd Töchtern, vor den Augen der Eltern vnd Männern. Die Teutschen haben sich an essen vnd trinken benügen lassen, vnd die Leut vmb wenig Gelt geschätzt, vnd war da« Kriegßvolck mutwillig, weil sie keinen Obersten hetten. Bibliotheca in Vaticano, die grosse Librrey, welche Nico­ laus V. angefangen, vnd Bapst Sixtus mit allen Griechischen vnd Lateynischen Büchern gezieret hatt, ,st gar verwüst, vnd alle Bäpstliche Bullen vnd Br,eff verbrennt, zerrissen vnd zu nichte» gemacht,- daß alle Gassen voll Bulla, Brieff vnd Bücher lagen, den Rossen in S. Peterö und andern Tempeln vnbcr gestreuwet worden, vnd ist alle«, wa« man für Heilig hielte, zu schände» worden. E« ist auch so gar Nicht« gantz blieben, daß auch da« alte Bild I-aocoontis, deß Sons Priami» König« zu Troia, der mit zweyen jungen Scnen von zwo Schlangen getodtet wor­ den wie der Poet Vergiliu« schreibt, welche« Keyser Titus in fei­ nem Hauß gehabt, auß einem gantzen Marmorsteyn kunstreich gehauwen, vnd in so vielfältiger Römischer Zerstörung, bißhec hinkommen, so lang vnder der Erd gelegen, vud Bapst Julius II Mit grossem Gelt kaufft, vnd in seinen Lustgarten, Beluider» genannt, gesetzt hatt, jetzt zerbrochen worden. In deß Cardinals Engeforts Hauß, der mit Adrians VI. auß Niderland gen Rom kommen, vnd für Keyferisch geacht, ward ein meicklich« Gut gestöhnet") von Reichen Römern, Cardinälen, Bischoffen vnd andern, man meynt e« solt sicherer sey» den anderßwo. Dasselbige Hauß hetten die Hispanier eyngenommen, vnd haben da« Hauß grfreyet, wenn er dreisssg tausend Ducaten erlegte. Al« aber Melchior von Frund-verg, Herr» Georgen von FrundSberg Son, mit dem Cardinal red gehalten, vnd die Hispanier sorg trugen, er würd mit den Lanbßknechte» daß Hauß eynnemmen haben sie bey der -«acht Kisten, Kästen, Truhen vnd alle Schloß, geöffnet, diese.'ben voll GeltS vnd gross Gut gefunden, das sie eylenda an andere ort verzogen. Deß an­ dern tag« sind Teutsche Knecht h-Meyn gelegt norbin, die habe» nicht viel mehr gefunden. Wie nun dre Teutschen gesehen, dz die Hispanier allenthal11) geflbhnet, geflüchtet, wisch»»'« -»»beuch. I.

17t

Dritter Zeitraum bis |um brrißig>ährigen Kriege.

6en in der Statt Rom die reichsten Schätz vberkommen die reiche­ st» Häuser vnd Palläst tpngtnommtn, weil sie noch in der Ord­ nung gestanden, auch die reichrste Cardinal vnd Prelaten ge. fangen, vnd jnrn darnach Freyheit zugesagt» haben sie sich m zürnet, vnd »nderstanden den Hispaniern jr geraubt Gut wider zu nrmmen, darauff jt Schlachtordnung gemacht, sind erstlich in deß Kardinals, Andre« de Veile, Hauß ryngefallen, dareyn die Hispanier jr Tut geflöhnet, vnd plünderten daffelbig Hauß, ynangesehen, daß der Cardinal auff der Columneser setzten, vnd deß Königs von Portugal Bottschaft darinn war. Sie siengen di« Römer, die zuvor geschätzt, gefreyt, vnd da, als an einem fichern ort, waren. Sie sind auch in deß Kardinals von Sena Pallast gefallen, das Thor verbrennt, haben den Cardinal gefan­ gen» sein Hauß geplündert» vnd die, so darrnn waren» höher ge­ schäht, denn weren sie in jren Hausern blieben. Solche Auffruhr haben die Hauptleut mit grosser mühe vnd arbeit gestillet, denn das Krirgßvolck war eingeschickt vnd mutwillig, haben grosse Spiel gethan, etwa drey hundert, sechß hundert, vnd tausend Gülden» in ein Schantz geschlagen, haben einander verwund vnd beschädigt, E« waren die Knecht reich, vnd die Statt in gründe verderbt. Die Juden, deren gar viel zu Rom sitzen, al» sie sich erstlich mit aufferlegtem Geld erledigt, haben sie viel Dmg den Knechten wolfeil abkaufft, grossen gewm vnd Reichthumb vber­ kommen. Im Capitolio hetten sich etliche Römer m einen Thucn versperrt, den hat das Kriegßvolck mit Pulurr angesteckt, zer­ sprengt, vnd die Leut vmbgebracht. Es sind auch viel Häuser angezündt vnd verbrennt worden, vnd hat plündern rauben, brennen vnd tödten, sechß tag vnd nacht gewähret, am siebenden las ists verbotten worden. Man mipnt, da» geraubt Gut von Gold, Silber, vnd Edelgesteynen, haben zehrn Million Goldts, vnd da« aufferlegt Strassgelt eil ein grösser« Summa, vbertroffen. Diesen Jammer »nd Dndergang der zantzen Statt hat Bapst Clement in der En­ gelburg zugesehen. Die Landßknecht haben die Cardinal» Hüt auffgesetzt, d»e roten langen. Höck angethan, »nb sind auff Eseln ,n der Statt »mbgeritten, haben also )t Kurtzweil »nd Affenspiel gehalten. Wilhelm von Sand,zell ist offtrrmal, mit seiner Rott, als ein Römischer Bapst, mit dreyen Kronen für die Engelburg kommen, da haben di« andern Knecht in den Cardinals Röcken jrtm Bapst Rruerrntz gethan, jr« lange Röck »ornen mit den Händen auff.

Ada« Rrißner: Geschichte der Fruad-Hergr. itf8. 179 gehrbt, beit hindern Schwand hinde« auff der Erd lassen nachfchleyffen, sich mit Haupt vnd Schüldrrn liess gebogen, nider ge­ kniet, Fuß vnd Hand geküßt. Alsdann hat bet vermeynt Bapst mit einem Glaß voll Wem den Segen gemacht, »nd Bapst Ele­ menten einen trunck gebracht, die angelegte ta> EardinLl sind auss jren Knien gelegen, haben rin jeder-ein Glaß voll Wein außtruncken, vnd dem Bapst befcheid gethan, dabey geschrien, Sie wölken jetzt rechte fromme BLpst vnd EardinLl wachen, die dem Keyser gehorsam, vnd nicht wie die vorige widerspenstig, Krieg vnd Blutvergieffen anrichten. Luletzt haben sie laut vor der Engelburg geschrien: Wer wollen den Luther zum Bapst ma­ chen, welchem solch« gefalle, der soll ein -and auffheben. Ha­ ben darauff all jre -Lnd auffgehebt, vnd. geschrien, Luther Bapst, vnd viel dergleichen schimpffliche lächerliche Spottreben gethan. Grünenwald, ein Landsknecht schrey vor der Engelburg mit lau­ ter stimm: Er hek lust, daß er dem Bapst ein stück auß feinem Leib feit ”) reisten» weil er Gotte«, best Keyser«, vnd aller Welt Feind, sey, der sich vnderstanden, Jtalia vnd Neapel« mit Krieg vnder sein Hand zu bringen, vnd den Keyser zu ver­ treiben. Philippus Gerietst'«» vnd Mendaniu», zween Hispanische Hauptleut, sind darzu verordnet worden, daß sie die Engeldurg sollen bewaren, verschantzen, vnd vergraben, daß kein Mensch auß noch eyn möcht kommen, die waren auch so streng, daß sie ein alt Weib, welche Kreuter, Lattich, »e. zur Engelburg in Gra­ den trug, vnd dem Bapst schenken »eit, vor deß Bapst» Augen gehenckt, vnd die Kinder, so Kreuter an Strick banden, daß man« soll hinauffziehen, mit Büchsen erschossen haben. E« war viel Dolck« vnd kein Speiß in der Engelburg, daß die EardinLl vnd Bischoff jrer Esel Fleisch mußten essen im Hunger. E» find die Erste wochen zu beyden theilen gefallen, »mbkommen, er­ stochen, vnd erschossen worden, ob zwölff tausend Menschen, daß die Häuser »nd Gassen mit todten Eörpern erfüllet biß an sech­ sten tag vnbegraben lagen, darvon entstund ein grosser Gestanck vnd Pestilentz.

12) angelegte d. t. verstellte, ausgeputzte. — rz) wir routten sagen; zu reiß en, statt: baß er reiße» feilt,

igo

Dritter Zeitraum bis gum dreißigjährigen Knrgr. XXI. Aegidius Tschudi. 1505 — 1572.

AegidruS Tfchudi war aus dem Geschlecht der Meyer» ve» Glarus daselbst «5o5 geboren. Er studirte bei Glareanuö in Bafd und ging mit «hm nach Paris. 1528 wurde er als glarnifcher Gesandter im ReformationSgrschäfft nach Einsiedlen zur Tagsatzung gesandt und 1529 einstimmig, von Reformirten vnd Päpstlichen zum Landvogt von Sargans erwählt. Der Adr von St. Gallen ernannte ihn darauf zum Odervogt mehrerer Herr­ schaften, 153$ wurde er Landvogt von Baden, trat dann acht Jahr lang in französische Dienste, nahm «5.»9 seine vorige Stelle in Baden wieder an, wurde 1556 Statthalter und endlich «558 Landammann «n Glarus. Er starb den allsten Februar 1572. — Seme SchweizerchrvNlk ist eins der ausgezeichnetsten Werke, das die Geschichte kennt, und ohne sie hätte selbst Müller nicht lei­ sten können was er vollbracht hat. Mit unermüdetem Fleiß sam­ melte Tschudi in allen Stunden, die de« seine» mannigfachen Ge« schäfften «hm blieben, für dieses Werk. Das Werk Werner Scho« delers au» Bremgarten, den vor ihm Etteclyn gebraucht hat, benutzte er zwar auch, aber da« Meiste für feine Geschichte zog er aus Archiven, vor allen aus Büchersammlungen der Klöster. Tschudi schrieb Alles nur einzeln, erst später ist es zu einem Ganzen gesammelt. Jselin hat das treffliche Werk bis auff 1470 herauSgrgebrn,. vbschon Tschudi bis 1570 gesammelt bat, denn die Handschriften waren nicht weiter ,u seinen Händen. Nach einer Nachricht Leonhard Meisters soll der Archivar ab Pberg in Schweiz (lebt er noch?) eine handschriftliche Fortsetzung in 4 Theilen von «-»72 — «549 besitzen, wöbe, Alles weggelassen ist, was nicht unmittelbar dr« Schweiz betrifft, aber auch die vollständigen Handschriften bi« «570 müssen wohl noch vorhanden fein, da sie noch 1735 da waren. Außerdem hat Tschudi deutsch geschrieben: Beschreibung de« Alpengebirgü. Basel «738.—Der Titel de« Geschichtwrrk« heißt: Aagidii Tschudi« gewesenen Landammanns zu Glarus Chronicon helveticm oder Gründliche Beschreibung der Sowohl in dem Heil. Römischen Reich als besonders in Einer Lcbl. Eydgnoßschasst und angräntzendcn Orten vorge­ loffenen Merkwürdigsten Begegnussen Allee Aue anthentlscbcn Driessen vnd Urkunden auch größentheils mit Copeyen v. f. f. aus denen vornehmsten Archiven Löblicher Eybgnvß«

Tschudi Schwrizerchromk. 157?»

tti

schafft zusammengetragen, rc. Von Johann Rudolff Jselin j. H. D, facult. Jurid. Basil. Assess, der Königs. Preuß, Geftllsch. d. Wissensch. Mitgliede.

I. Bruchstück. Befreiung der WaldstLtte.

(Th. I. Buch. 4)

Anno Domini i3o4 als die Waldstett Uri, Schwitz, und

Unterwalden hart truckt, *) daß der Hertzog13) * von Oesterreich Amptlüt von Lucern, oder von Rotenburg den Blut-Ban in Seen Landern verwalten sotten, welch« setz bi dry Jaren lang gewäret hat, besorgtend, daß diser Jngang ein Besitzung gebaren möcht3) als ob Si Lesterrichische Unterthanen wärin, dann sich dieselben Amprlüt an etlichen gehaltenen Blut - Gerichten mercken lassen als ob Si im Namen der Fürsten von Oesterreich silich Gericht vollfürtind, deßhalb gemelte Waldstett bewegt wurdent, Ir ernstlich Bottfthafften aber3 nachmaln selb tettind» wurdind Si o« zwrfel aller Gnaden vom Kunig und flnen Stinen den Hertzogen von Oestrrtrich gtwart, Si söllind wider heim ziehen, der Kunig flg ieh mit «erern Geschafften beladen, dem wellind Sr zu gelegner Zit Ir Anligeu fürbringon. Hiemit mufftend Si abscheiden on einiche andere Antwurt, und aU Si beim kamen«» ward e< mithin böser dann vor, wann die Bögt fiengend an noch grimmer zu wüte«. In difem Jar (ließ) je ingendem •) Herbst reit der von Wolfenschiesien de« Ktinig« Amptmann uff der Best« Rohberg zu Underwalden nidt dem Kernwald, gen Engrlberq in da« Closter, und wie Er morndr« wider haruß satt, fand Er ein« frommen Landtmann« Guntot von Boumgarten genant (der uff Aitzelen 5) in Thürme und (n den Block sperren. — 6) angehenden.

Tschad» Gchwrit«rchrvaik «572.

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saß) Egemachel,7) in «inrt SBnttenl, da Si arbeitet, dann Altzrlen ligt nibt bm Wald an dar Straß von HtanS gen Engelberg, nit verr hindrr dem Dorff Wolfenschirffrn «ff einem Büchel. Die Frow «a» wunder schön, und ward der Amptmann ab Jrer Schone in bis Begierden entzuodt, fragt die Frow wo Ir Er­ mann werj? Die Frow antwurt, Er wer» ußgewandler, und n«t anhrrmrsch, Er fragt Si wider, wann er wider heim kom­ men «erde, die $mo versach sich Jrer Person halb nützit arg», gedacht mt bd| er a) «mb Si ju tun» sonder Si besorgt, Ir Ermann möcht etwa» mißhandlet haben, daß In der Ampt­ mann straffen würd, diewil er so gnaw fraget wo er wäre, dann Si erkant sin grimmig Gmüt, und gab Antwurt: Si achte, Er werd etkich Lag ußbliben, mög nit wissen wie lang (Si wußt aber wol daß Er zu Holtz «a», und umb Mittag wider heim kommen wurd) do der Amptmann da» Hort, sprach er zur Frowen: Frow, ich will mit üch in üwer Huß, habe wa» mit üch zu reden; die Frow erschrack, dorfft Im nit widersprechen, ging mit Im in Ir Huß; do begert Er, Si soll Im ein Wasserbaad zu­ bereiten, dann Er wäre vom Wandten schweißig und müd wor­ den. Do begund die Frow nützit gut« bebenden, wünscht in Zrm Gmüt nach Jrm Eegemachel, daß er bald vom Wald lime und rüst da» Bad unwilligklich, «je nun da« Bad gerust wa«, do begund Er sin schnöden Willen gegen der Fronen ußlaffen, understund Sie zu nötigen mit Im |u baden. Die Frow erfchrack, und ward Jra *) angst, dann Si fach wol daß der Ampt: mann «olt Gwalt mit Jra beuchen; bat Gott in Jrm Hertzen, daß Er Ir Eer beschirmen, und Si vor Schand behüten wolt. In solchem erdacht Si ein stist, gab dem Amptmann fründliche Wort, al« ob 61 Im willfahren «olt, sagt zu Im, Er sölt die Diener (dero Er zween bi Im hat) heissen hinweggan, wann Si wolt mit zu Im in» Bad, wann die Diener im Huß «erind. Do hieß der Amptmann die Diener hinweg ziehen, die Frow hieß den Amptmann in» Bad sitzen, S> wolt sich derweil in Ir Kummer schnell abziehen, und ju Im insitztn, da« tettder Ampt­ mann. Indem ging die Frow still zur hindern Hußtür hinuß, und wolt darvon fliehen, so kommt im selben Ir Ermann zu7) Ehegemahl, Gattinn. — 7») statt: daß e« ihm um sie |u thun sei. — 8) Jra bntter Fall fü» ihr, so »weiter Fall »hro, doch wird er »«»eilen verwechselt und auch wohl ihre im dritten Fall gefönt.

i84 Dritter Zeitraum bis zum dreißigjährigen Kriege. gegen *) vom Wald, dem klagt Sr mit Warnen und stillen Worten, was der Wüttrich mit Jra wellen handeln, und wie Er tm Bad faste, der Brdermann sprach: Gelobt sig Gott, mm fromme Hußfröw, daß Er dich behüt, daß du din Eer errettet hast, ich will Im das Bad gefegntn, daß ErS keiner Frowen mer tutt, dann Wäger9I0) ist ich fetze min Leben dran, dann daß du min lieber Gemachel gefchmacht werdrst; Gieng hiemrt schnell ins Huß, und schlug dem Amptmann die Ax an Kopff, daß Er des ersten Streichs starb, entwich angentz ") gen Un, da anthielt Er sich heimlich, wie wol nit vrl Nachjagens geschach, von wegen der Schand die der Amptmann hatt wollen vollbringen. Anno Domini 1307 was ein frommer Landmann IN Undertvalden ob dem Kernwald, der hieß Heinrich von Melchtal, und was seßhaft im selben Tal, ein wiser, verständiger, eerbarer, hablicher Mann, und wol geacht unter den Lande - Lüten, auch allweg hantlich daran, daß man bi des Lands Fryheiten bliben, rrnd fich vom Royrifchen Rich nit trennen liesse, deß was Im Leringer yon Landenberg Landvogt über gantz Underwalden vrend And aufffehig. Difer Melchtaler hat faone Ochsen, und von eurer geringen Ursachen wegen, da sin Sun Arnold von Melch­ tal solt ubertretten haben, und in Straff gefallen sin, (daß Er doch nit bekantlrch, und ob es glich also gewesen, hett es uff* recht") nit 5 Schilling Straff uff Im tragen) schickt der LandtDogt sin Diener, daß Er das schönest par Ochsen zur Straff solt nemen, und ob der Alt Heinrich von Melchtal darwider re­ den welt, solt Er Im sagen, es wäre des Lande-Dogts Mei­ nung, daß die Puren den Pflug felbs ziehen foltind, und solt hremrt die Ochsen nemmen, und Im bringen. Der Diener tett wie Im der Herr bevalch. Der gut Biderbwann hat tut gern, baß man Im das Sin mit Gwalt nam, und meint, sin Sun hetts nit verfchuldt, und so der Landt - Vogt Ansprach an In hett, solt Er In mit Recht bewrsen, und dann straffen, Aber der Diener wolt die Ochsen han wie Im bevolchen was. Und als Er die uffband, ward des Landtmanns Sune Arnold (der 9) entgegen: wenn es nicht zu gehen heißen soll. —- 10) Wäger: bes­ ser. Das Wort wirb letzt nur für wahrlich, in der That ge­ braucht, ist aber deutlich die Steigerung von wäg, weg: geschickt, gut, auch unweg wird für böse gebraucht. — 11) angentz, angehends, sogleich, schleunig, auch s. v. a. im Anfang z. B angentz Märzen. — 12) auf rechte Weise, rechtlich behandelt.

Tschudi Schweiierchronik. 1572,

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noch ein junger Mann) erzürnet, und schlug mit einem Stecke» den Diener starck uff di« Hand, daß Im ein Finger glich brach, und flach angentz ") uß dem Land gen Uri» da Er sich bi einem siner Bluh-Fründen lange Zit heimlich enthielt, im selben Land auch Cunrat von Boumgarten ab Altzelen vrrborgenlich lag. Der Diener gehub sich der Streichs übel, klagt« sinem Herrn dem Landt-Bogt, I3) ließ ,m gächen Zorn des Jünglings alten Nat­ ter uß dem Mrlchtal beschicken, und den Jüngling bevalch Er fängkkich inzenemmen; Als aber der Jüngling nit funden ward, dann Er von Land, kam der Natter; Der Landt-Dogt für de» alten Mann mit ruchen Worten an, und begert, Er sölt Im fl» Sun Arnolden angentz zu Handen stellen; Der gut Biderman» wußt noch selb« nit wo der Sun uß was, und merkt wol, wo Er vorhanden wäre, daß «s Im umb sin Leben ze tunder Gab Antwurt, Ek wüßte b> Wahrheit mt «0 Er uß wäre, dann Er zu Stund von Huß grfeufftn, und Jme mt anzeigt wo Er «ß welle. Do ließ der Landt-Dogt dem alten Natter (der ei» erbrer wol betagter Mann was) beide Ougen ußstechen, dann der Knecht hat Im hitzig angeben, daß Er geredt sölt haben Er nemme Im das Sin unbillich, Er nam Im ouch nützit best min­ der die Ochse« ouch, und mußt dem Diener grossen Kosten gebe»» für den Lamtag ") des Finger«. Ab diser ungebürlichen Tyran­ nischen Handlung das Landt-Dolck ein mercklichen Unwillen gewan. Als ouch Arnold den,$) Sun vernam, wie e« sinem frommen Natter gangen, klagt Er« heimlich »ertruwten Luten zu Uri, und hoffet, mittet z,t sins Natter« zugefügte Schmach ze rachen. Die Landlüt hieltend dem Landt-Dogt für, es wäre Inen beschwerlich mit den Iren also streng umzegon. Der Landt Bogt geb Antwurt, Er möcht sin nützit, der Kumg, deß Diener Er sig, woll es also haben, und hab Im solche« ze tunde bevolchen. Der selben Zit tett der Geßler Landt - Vogt zu Uri und Schwitz» den Landt - Lüten daselbs nit weniger dann der von Landenberg den Underwaldern grossen Trang, den Edlen und den Unedlern, hielt Si streng und hart, und nam Im für ein Best» in Uri ze buwen, damit Er und andre Landt-Dogt nach Im

13) Es fehlt: dieser, oder e< soll der kandvogt heißen. — 14) Kosten für den L a h m t a g bet Fingers, was jptt Gchmerzengeld nennen. — 15) den für der, ww nachher der für den.

3*6 Dritter Zeitraum bis jum dreißigiährizeil Kriegt. best sicherer allda »ent» mvchtind, na Uffruren «ntstan fcstinb, «ad euch das Laad ia best grösserer Forche und Gehorsam, blitzen «nist; Ließ also Stein, Kalch, Sand und Zimmerholtz uff ein Büchel,, Solatura genant, bi Altdorff Hem Haupt - Flecken ge­ legen, füren, fteag an den Sun ,nü Werck z« richten, und wann men I» fragt, nie die Best, heissen würd, sprach Er, Ir Na­ men wird sin: Zwing Uri ander die Stagen. "*) Da» »erdroß drr Edlen Laadtsessen und gemein Lande-Löt in Uri gar itbel, und na» Zne« diser Dun «in grosser Dorn in Lugen. Di Si mm bist» Buw«, fast unwillig warend, und Er da» «erckt» ward Er grimm zornig über Si, trowt Er wollSi als") «eich und zam mckchen, daß man Si umb ein Fmger möcht winden. Und ließ umb St. Zarob« Tag %t Ttltdorff am Platz b, den Linden, da mengklich lT) für gon müßt, eia Stangen uff: richten, und ein Hut oben daruff legen, und ließ gebieten mengklichen, im Land wonhafft, bi Verlierung de« Gut« und Lib: Straff daß jeder f» da fürgienge, falte mit Neigen und Parel abziehen Eer und Reverentz bewifen, als ob der Künig selb«, oder Er au siner statt persönlich da wäre, und hat dabi ein sta­ te« Wächter und Hüter bl Tag Zit sitzende, uffzesechen, und Hi an zegeben, di« dem Gebott nit statt tättind. Er vermemt Im selb« «ia Höchen Rum damit zu machen, wann Er diß hant» lich, tapffer, namhafft, Bolck, so bißhar bi Ke,fern, Kunigen, Fürsten und Herren in hoches Achtung gewesen, und sich nie »on jemand zwingen lassen, in nidersten Untertruckung bringen möcht. Diser grosser Uebermut druckt di« Land-Lüt noch wirsch,") dann der Baw de« Schlosse«, «och ") dörfftend Si sich nit darwider setzen, von wegen de« Kunig« ougenschinlichen grossen Ungnaden und gwaltiger Macht, bi dem Si such fern Gnad zu finden »er­ hoffen kontend. In selbigen Tagen fügt sich, daß der Land - Bogt Geßler (als er von Urt gen Küßnacht uff sin Burg spatziren «elf) durch da« Land ze Schwitz w,t, darüber Er auch Landt - Vogt wa«, nun saß zu Steinen in Schlitz ein wiser, eerbarer Man» von 15*) unter di« Stecken. — 16) oU weich: so weich, daß men sie um einen Finger wickeln könnte. — 17) mengklich: mäimiglich, ledermann. — 18) wirsch: ärger, schlimmer, gotisch: vir-, angrls wyr», engl, worse, von wirren: beunruhigt». — 19) noch für doch, wie oft in Luther« Schristten.

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«Item Wapen»gen offen 20) Geschlecht» Wernherr von Gtouffach genant, Rudolff« von Stouffach« seligm (so etwa21) Landt-Am­ mann ju Schwitz gewesen) Sune. Derfelb Wernherr hat zu Stei­ ne» dißhalb der Bruck ein schön nüw Hu- gebUwen. Wir nun bet Landvogt (Sester |um selben Hu? kUmpt, and Ine der ©teuf» facher (der vor dem Huß stund) früntlich empfieng, and willsummet, al« (in Herren» fragt In der Landt-Bogt, wes daß Hu? reite? (welche« er sunst wol wißt, bann er etwa gegen andern getränt, Er weit Im da« Huß nemmrn) der Stoaffachee gedacht wol, daß Er In nit in gutem frage, wußt wol, daß de Im ufffetzig wa«, von wegen daß Er allwrg hantiich darwider, daß man sich nit an die Fürsten von Oesterrich ergebe, funden bim Römischen Rich and alten Kryheiten blibi» wann difer Stouffacher hat vil Anhang und grosse» Ansechen bi den LandtLöten. Also gab er dem Landt-Vogt Antwurt: Herr, da» Huß ist min» Herrn de» König», und Lwer, and min Lechen. Der Landt-Vogt sprach: Ich bin an min» Herrn de» Kunige» statt Regent im Land, ich will nit daß Puren Hußer buwind on min Derwillgen» will ouch nit daß Ir also fry lebind, al» ob Ir selb» Herren sigind, Ich wird üch« underston ju retten,el ) und reit hirmit fürwirt. Diese Red beschwert den Stouffacher vast, und satzt die zu Hertzen. -tun wa« er ein vernünftiger, verständiger Mann, hat auch ein wyse sinnreiche Fröre, dir wol an Im Merck», daß er betrübt ree», und Im etwa» schwer» anlag, und öffnet« doch nit. Nun hat Si gern gewußt wa« Im doch gebrest, **) und hub so vil an,2*) daß er Jra anzeigt, wa» Red der Landt-Dogt mit Im getrieben, und verspräche sich kein« andern, wünn daß er Im mitlerzit sin Huß, Herberg, Hab und Gut nemmen werd. Do Si da« vernam, sprach Si: Min lieber EeWirt, Du weist daß sich menget frommer Landt-Mann In un­ serm Land ouch ab de« Landt-Vogt« Wüterey klagt, so jwiflet mir nit, dann daß vil biderber Landt - Lüten in Uti und Underrealden auch da« tyrannisch Joch trucke- wir man dann täglich hört, daß Si Ire Rot klagend, darumb reite gut und vonnöten, 20) Wappensgenoffen heißen überhaupt fcte Edlen, so wohl unter sich als ebenbürtige, al« im Gegensatz der gemeinen Leute. — 2i) et­ wa: 1. weiland, einst, 2. zuweilen. — 2ia) ich werde euchs unter, stehen, für: ich werde mich unterstehen, es euch zu wehren. — 22 • gebrest: gebreche. — 23 fing so oft davon an.

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Dritter Zeitraum bi- |um dreißigjährigen Kriege.

iiteet etlich, bis einander verhütten berffhnb heimlich zu Wat zesammrn gwngmb, und Nachdrucken hättind. Wie Ir dcS mut­ willigen Ewalt« abkommen mochtmd, und emandern verhießind bizestan, und bi der Gerechtigkeit ze schirmen, so würd üch Gott vne Zwifel Nit verlassen, und die Unblllichkeit helffen kämmen, so wir In von Herhen anruffend. 24) Fragt Ja biruf, ob er m den Ländern Uri und Underwalden je jemand achtbarer Kundtschafft hette, denen Er verhütten, sin Not klagen, und von Vi­ sen Dingen mit Inen Underred haben bSrffte. Er gab Antwurt, ja ich kenne allda fürnemme Herren-Lüt, die mir insunderS ge­ heim, denen ich wol verhütten darff. Also gedacht Stouffacher in Im selbs, der Frowen Rat möcht mt böß sin, volgt Jra, für gen Uri, lag da etllch Tag still ze losen, sl) wie der gemein Mann gesinnet wäre. Do härt er von eilen vertruwten Eeren Personen grosse Klag und Unwillen widerden Landt-Bogt; — Nun was der Stouffacher fro, gedacht der Sach werd best besser ze tun, doch vertruwt Er dißmals sin Anliegen allein einem namhafften »Visen Eeren-Mann von Uri Walther Fürst genant, — Der Landtmann von Uri lebt her Frowen Rat, und erbot sich sins teil« solchem Anschlag helffen statt ze tun, und zeigt Im an von dem Gsellen von Underwalden Arnolden von. Melchtal, der de« Landt-BogtS ze Underwalden Diener ein Finger zerschla­ gen» wie sich derselb noch bi Inen in Uri enthielte: wandlete aber vilmalen heimlich gen Underwalden zu den Sinen, und wäre ein tapfferer verständiger Mann, ttiewol noch jung, hette euch eine grosse Blutz-Fründschafft in sinem Land, und sig Im wol ze truwen, dann Er zu diser Sache von siner Geschicklich­ keit wegen besonder« wol dienen werde. Also ward Er auch berufst, und wurdend also dise dry Mann Walther Fürst von Uri, Wernherr von Stouffach von Schwitz, und Arnold von Melchtal von Underwalden, der Sa­ chen ei«, daß Si Gott ze Hilff uemmen, und understan weltind, diser Sachen sich ze underwinden, deß schwurenb Si ein Gibt zu Gott und den Heiligen zesammen, und wurdend nachvolgende Bedingen **) von Inen abgeredt: Nämlich: daß Jro jeder fält in sinem Landt an sine Blutz -Fründ und andere vertruwte Lüt 84) di« ist« und 3h Person ist auf end btt ate auf tnb geredet Si klagend, Ir möcht in d, mit anruffend. — 25) losen: lauschen, hdren. Stalder tm schweiz Idiotikon sagt: nach Pictoriue eiouter nicht cntcndrr. — 26) ein Beding statt Bedingung.

Lfchudi Schwrirerchronik^ 1572.

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heimlich werben, timb Hilff und Bistand, die an sich ziehen, und }u Inen in Ir Pundtnuß und Eidtö. Gelübt ze bringen, und behulffen -e sin roiber Ir alte Fryheit ze erobern, und die Ty­ rannische Landt-Bögt, und mutwillige Herrfchafft ze vertrieben, einandern bt Gericht und Recht zeschirmen, und daran Zr Lid und Leben zu sehen. Doch daß nichts desto mmdcr jedlich Land dem Heiligen Römischen Rich gebürlrche Gchorsamme tun, auch jeder Mensch sin sonderbare Pflicht, weß er gebunden, es stg Gottzhüßern, Herren, Edlen und Unedlen, und mangklrch den andern Inländischen oder Ußländrschen, wie von Alterhac gebä­ rende Pflicht und Dienst leisten, so verr und 27) dieselben mt ©1 von Ir Fryheiten und wider Recht zetrengen fürnemmir.d. — Es ward euch abgeredt, wann etwas färfrele, daß vonnöten sich ze underreden, daß dann Si dry einander 6missen, und Nachts zesammen kommen für den Mytenstem, 28) so im See (Ißt, unber Sewlröberg an emem End, herßt rm Rüdlin, und ob Gott sin Gnad verliche, daß sich Ir Gesellschafft merete, daß dann Ir jeder zween, dry oder nrer mit Im (bte wkß und be­ hutsam, euch den Pundt geschworen hettind) m das gemelt RütIin bringen möcht. — Ouch ward abgeredt, daß Si dife Sach 6t der Eides wartend uff sin Aukunfft, ein nüwen Lande-Vogt je ordnen. Anno Domini i3o8 Ala der Rüw JarS-Tag der Befchneidung Christi unsers Herren vorhanden, hattend die von llnderwaldcn die den Pundt geschworen» vorhin betrachtet, wie fi die Destlnen Sarnen und Rotzberg die gar starck» erobern roolhnb, uff der Vesti Rotzberg» (die n,dt dem Kernwald zwüschend Stan« und Oedwil, uff einem Höchen Bergli gelegen) was ein Dienst, Mögt» die was eins Gsellen von Stans» der euch im Pundt was, Bul, der verließ mit Jro, Er wolte Rachtz zu Jro uff die Dulschafft kommen am nüwen JarS - Abend, um Mitternacht, und sott fi Ine an einem Seil zu einem Fensterloch, so Er Jro zeigt ine Schloß hmin ziechen; die Magd was des Bescheids fto, dann fi was dem Gsellen hold; wie nun die Nacht setz vor­ handen, nam Er heimlich so Pundt» - Gesellen mit Im, die seleend sich verborgenlich zu der Schloß-Mur, daß fi die Magd »nt sehen möcht, die Magd band das Seil an ein Sul im Fen­ ster, und ließ es hinab an Boden gan. Der Gftll zoch sich selb« hinuff daran ins Schloß, zoch mit der Magd in Ir Kammer ze scheitzen, ein Stund oder zwo, mittler Wil kam der Punkts. Gsellen einer nach dem andern am Seil hinauff, biß sie all ms Schloß kamend, behend namend si de» Amptmann und vier siner Schloß-Knechten gefangen, fampt dem Huß-Grsind, ver­ wartend» im Schloß, und li.effend kein Menschen zum SchloßThor h«nuß biß über Mittag, damit kein Landt - Geschrey w»rd, «ntz die Desti Sarnen euch erobert were. Doch schicktend die von Stund an, als si das Schloß behemmet hattend, Jro einen heimlich wider gen Stanß» etlichen Pundt« - Gnoffen anzezrigen, daß Rotzbrrg in Jrem Gwalt wäre, damit fi schnell, den Eidt-Gnof­ fen ob dem Wald heimlich kund tätind. Nun hak der Landt-Bogt von Landenberg» der im Schloß Sarnen ob dem Wald wonet, da« Vokk durch Zwang in Gwonhrit bracht, daß fl Im am nüwen JarS - Tag Schenckinen zum guten Jar *°) bringen mußtmd, einer ein paar Hüner, ein Kapunen, ein Hasen, ein Gitzi") ein Lamb, rin Kalb, oder an­ ders » nachdem emer vermocht da« müßtinb si m« Schloß tragen, also hattend der» die im Pundt warend bi So ein Anschlag ge­ macht, daß Jro 3o «olgewaffnet vor Tag undec bet Burg mdt 4») I»ng« Iirge.

Tschvbt Schtteijkrchronik 1^7!»

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oer Mili im Erlen-Hvltz sich verstäcken svltind, und die ändert» 20 foltenb Stacken ruftert und spitzen , daß ein Spieß - kiffe» daran ganze, und sölt jeder ein Spieß -Äffen bi Im tragen i« Busen» und die gut Jar-Schanckinen ins Schloß bringen, (dann man ließ niemand kein Geweer ins Schloß trägen) und wann ft all hinnin todrinb, so fklt einer uff dem Bül hievorneN ein ^otn Blasen, und fcltmb bann die 20 die Spieß - Eissen schnell an die Stecken stoffen, und versuchen mit Gwült das Thor offen ze fce« chalten, und alsbald die »m Gtltrt das Horn hörtind, svltind (I ilends der Burg Thor »u lüuffen, den Iren ze Hilff. 9?uh in« dem als die so mit den SchenckmeN gen bet Burg günd > gat der Lande-Bogt haruß mit zrveeN bet Kilchen *') zu, dann es war Morgens, um die Alt des KilchgangS, und als Er fach, daß ft alle unbewaffnet watend, hat Er kein Entsitzen ab 3tten, stowend Ine die Schenckinen, und hieß sis nt das Schloß tra­ gen, und zoch Er ze Kilchen. Bald darnach ward da« Horn geblasen, und ward die Burg in vorgemelter Gstalt erobert, die Schloß-Knecht und alle« Hußgeflnd gefangen, aller Hußrat daruß getan, ultb die Burg uff den Grund gesebliffen. 4T) Glicher gstült ward Rvtzberg auch zer­ stört. Und als der Landt-Dogt in der Kilchen mit sine» Die­ nern solch vernamend, woltend st übet die Berg gestochen sin, do mochteNV ft nicht vor SchNee, do fluchend ft betti Gebitg nach für Alpnach nieder uff LucerN zu» Man sah st wol, aber man ließ fi hinziecheN one Bekeidung, wie abgerebt was, such ließ man die GfaNgnen Schloß - Knecht und da« Huß - Gesinde von Sarnen und Rotzberg HinziecheN ledigklich, und das 3t< al­ le« nachvolgen, und tett Man Anen kein Leid, weder aN 3» Btb Nock an Ir Gut, wann daß st uß dem Land mustend tihb als­ bald das geschechen, do schwurend gemein Landt-Luk Edel Und Unedel, Jung und Alt ob und mbt dem Kern-Wald ze saMMett ein andern reibet 6t< tyrannischen Hetrschasstttt behulffen und beraten ze sin. Desselben Müls rumbtend die von Uri such 3t Land, und zetstornnb die nüw angefangen Desti, bte bet Wüterich Geßlet wö'lt Zwing 93tt under die Stegen, genampt haben, und schwur ouch mengklich zesammeN Edel und Unedel eilt andern ze htlffen

46) Kirche. -* rechen.

4?) schleißen: zerbrecht«, tchleisea, cerfUrtn, «er

196 Dritter Zeitraum bis fum dreißigjährigen Kriege. und zu schirmen. In glicher Gstalt gieng es euch zu Schwitz, da zerstört Wernherr von Stouffach, und die Pundtz-Lüt bie Burg Lowers im Lower-See gelegen, st was mt wcerlich und such mt besetzt, dann ft was abgende, man hats vast gebrucht zu einer Gefäncknuß, bie Übeltäter darinn zelegen, so man pynlich fragen, und über Ir Leben richten wolt. man schwur ouch alda zesammen; das geschach alles eines Tags am Niiwen Jars Tag, der was an ernem Montag Anno Domini 1308 wie zuvor berathschlaget was worden. II. Bruchstück. JDie Schlacht zu Laupen zwischen den Bernern und ihren Bunde-genossen von den Waldstetten und Solthurn und zwischen den Herren in Uchtland, Waad, Argau, Bischöfen von Genf und Lausanne und an­ dere Herren auf Oestreichs Seite, auch der Stadt Freyburg. (Th. I. Buch 5. S. 354 )

Dozemal berufftend die Rät von Bern bie Kriegs - Rät der dryen Waldstetten, Uri Schwitz und Underwaldcn, zu Inen ze Rat, und berietend sich mit einander, wie fi bie biderben Lüt in Loupen O entschüttern weltmd. Die Kriegs - Rät der dryen Waldstetten*) gabend Bescheid: Sl wärind von Iren Obern abgefertiget, Inen behulffen zu sin, und bie Iren ze Loupen helffen je retten, und Ir Lib und Leben ze Inen ze setzen, mit Inen ze sterben, und je ee man es ze Handen nemme, je lieber es Inen fig und erbuttend sich harzn') willig, welchs die von Bern wol fröwet, dann st dismals nühit anders begertend, dann die Iren ze entschütten, und tattend solchs die Waldstett allem uß rechter Trüw, daß st mit denen von Bern, und für st sterben woltend, dann fi dero Zit Inen nützit verbunden warend, des sollend Inen die von Bern billich ewigklich ze Gutem mt ver­ gessen , bittotl es Inen m Iren grösten Nöten geschehen. Nun hattend die von Bern dero Zit ein Erwürdigen from1) Loupen ober Laupev im Uchtland war 1324 durch Vergünsti­ gung Kaiser Ludwigs von Baiern in- Berns Hand gekommen und war Berns erste Dogtey, jetzt aber von der Gegenpartei belagert. 2) die drei WaldstLtte hatten auf Berns Mahnung 900 Knechte zu Hülse gesandt mit dem Ausspruch: Man spürt den Fründ immer daß dann in Nöten. — 3) harz«: dazu, erboten sich willig dazu.

Tschudi Schweizerchronik. 1573*

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tnen Pfarrer, hieß Herr Theobaldus, der hat mithin das Bolck one Underlaß ermanet, daß si Ir Hoffnung und Ztutetn uff Gott fatztend, der würd fi nit verlassen, und daß sie die »itbtq Mutter Gottes, und Jrn Heiligen Patronen Sant Vincenzen und Sant Urfen (dero von Solotorn Patron) und alles himm­ lisch Hör, um Fürbitt zu Gott anrufftend, da« tett man mit grossem Ernst, und geschachend vil andächtiger gemeiner Gebettc täglich in der Kilchen, und gab man groß Allmusen. Die von Bern verhieffend such e,n Kertzen Sant Ursen gen Solotorn ze schicken, damit Er Ir Furbitter gegen Gott wäre, daß Inen der Sig verlange«4)* *möchte, Also würd man ze Rat, daß man morndes an der 10,000 Rittern Abend am Montag, des bi Lag Brachmvnat«, früh Nacht» bi Monfchin uffbrechen welk, und gestrat gen Loupen ziehen, die biderbcn 8üt ze entfchütten mit Gdtte« Hilff, und rüst sich mengklich in der Rächt. Einer der Blende«, der sonder» namhafft wa», der Rutsch genant, reit offt ze Loupen an da» Lhor, trewt den Bernern in der Statt, fi mußtend all ze Grund gencht werden. Morgen» etlrch Stund vor Tag an der 10,000 Rittern Abend» als sich jetz jedermann in der Statt Bern gerüst hat, zugend fi uß mit der Statt Bern Panner, fampt dem von Wlffenburg Zrein Burger, und den Zren von Haßle mit Jrn y(innern, desgllch 80 Helm von Solotorn, mit einer Roß-PanUer, dero aller, fampt dero von Bern Luten, so ft nechst umb Zr Statt ußrent') uff dem Land hettend (die all uff sin mustend bt, 5000 liberals) warend, wann ft auch etwa vil 7)* Söldner al­ lenthalben har gedinget haltend. Man zog so genaw ') uß der Statt Bern, daß wenig Manna-Personen da bildend, such rü­ gend die dry Waldstett, dero aller goo Änecht warend mit Inen mit Ir Pannern. E» für») such mit Inen der obbenämpt Lütpriester I0) Bruder Theobaldus von Bern, und wolt mit sinen Underthanen als ein getrüwer Hirt Lieb und Leid lyden. Si zugend bin Möneschin gen Bimplih, do stieß der Tag an, und kameiid umb Mittag gen Loupen nechst zu der Vienden Läger» unverr von bet Statt, also, daß si der Menden Macht, so noch ") 4) verlangen, daß der Sieg gleichsam nach ihnen verlange. — 5nßrent: außerhalb. — 6; deren aller bi 5000 überhaupt waren. 71 denn sre auch sonst viel. — 8) so genau, daß '"an keinen zu­ rück ließ. — 9) zog. - io) Lütpriester: Leutpriester Wellgerstlicher, der nicht im Kloster lebt. — 11) noch: nah.

,Y8 Drittes Aeitratzm bis r«p hrti-i-fLhngen Kritgtlagen!» an einem Rem hinzu, daß si alles über fchowen, Ir tun uqd lassen sehen «töchtind, wie ft grosse Hoffart tridend, Mt Wider - und Ftzrritten, Renne» und Stechen, auch rote ft »t( Herrn und tzdlen ze Rittern schlrtgend, und gar Froüdmütig sparend, Dp reit der Blenden einer Herr Johanß von Magenberg Rittes, Schulcheiß vpn Frtburg im Uchtland, nach zu der Ber­ nern jDrbnung, und brschoroet Ir Bolck, rafft Inen zu: Er Welte Jxo zween des Tag« beston, dann ft ftgtnd wol halb Wider. Wann dte Biead vermeintend, die von Bern hetttnd »il Wider in Mannen - Kleidern ußgerüst, dann ft «er: mö'chtend nit 6000 Manns-Personen uffzebringen, es was aber Inen njt ze wissen» daß Inen Hilff von Waldstetfe«, Haßleren und andern har kommen. Also gab Im einer uß der Bernern Hd're, Cuntz von Rmckenberg genant, Apttpurt: Er well In allein Strits grroären, und Er muß noch des Tags innen werden, haß ft Mann und nit Weber figind, uyd daß ft männliche Glider trab Mannes-Hetch ha­ bend. Do stund auch einer von Schwitz harfür, rafft mit lu­ ter Stimm: Wir find bereit, wer an uns will, der tritt harfür, dem wellend wir mit Gottes Hilff Strtt« genug geben. Der ven Magenberg reit fawpt sinen Mitgefellen uff Cuntzen von Rinckenbergs, und des von Schwitz Antwurf wider zu der Herrfchafft Hörhufen» zeigt Inen an, daß die von Bern mengen stoltzen Mann, dte Er besehen, hrttind und zugend unverzagt dahar, deshalb ft wol für sich sehen mogind. Do sprach der von Fülistorff Bener von Friburg, so der Statt Panner trug: In hedunstte nachmalen gut, daß man mit denen von Bern «in Fr, den feit machen, die wil ft dpch sich «ins unparthyifchen Rechtens erbiettnd» so tpirh Blutvrrgteffen mengs redlichen Mann« er­ spart; do sielend Im der Rutsch, und der Grimm Graf") in sin Red, undfprachenh: Du Fülistorff, wann dir fürchtist, so wärist wol zu Friburg der Widern zegrumen n) hljden. Do gntwurt Znen der von Fülistorff. Ich will üwer kein« zag sin, und «ff hüt mt« Mannheit mit mmcm Lib hrwifen, und zntner Herren von Friburg Panner 12) der (Stimm chraf: als er ynttt beiz Erschlagenen aufgeführt wird heißt er der grün Gras. — ' 13) grünten: grämlich seyn. brummen.

Tft-udi Schweiz erchroaik. 1572

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mit Gotte« Htlsf uffrecht tragen biß i« Tod, und tobt geleben oder sterben, aber fitest stolhen Hoch­ muts wird uch gerüwen. Wie nun die von Bern sahend der Dienden grosse Macht und Triumphiren, die mit so eil Partnern und gwaltige» Horzug uff dem Deld wider fi wareyd, und so starst und eiendlich hieltind, do stundent st am Rin nach zesammen, wie fi der Houptmann von Erlach ") hieß» und wa» Jro ein kleiner Hufen ge­ gen den Dienden, und ratschlagtjnd, wie st angriffen woltind, und waltend die een Per» mit dem reisigen Ritter Dolck, bi de­ nen aller Adel und Hrrtsthgfft wa«, gestritten hoben, und der» ein Teil den Waldstetten zugegeben haben, dann man entfaß "1 dir Rütery von Ir Mannheit «egen, mer wann da» Fuß - Polst, wiewvl der Fußzug eil mächtiger wa«, e« wag aber eil Weit­ sche« Dolst« unter dem Fußzug eerchischt; Aber die Waldstttt dattend die een Bern, daß man Inen gönnen welt mit her Rl>tery j« striten, da« ward Inen zugelassen, dahi abgeredt, an mderem •*) Ort die Rot ze groß sin weit, so feit man andern »lende Hilff tun, und ein getrüw Uffsehen uff einander haben. Run «a« Graf Rudolf von Ridvw l*) Hertzog Albrecht« und Hertzog Fridrichep von Oesterrich Houptmann, der gieng ze Rat mit den Herrn, und strach; Wie rietend Ir, oh wir noch mit denen ee« Per« in ein fcJbiitg giengind, damit Schaden unh Blutvergiessen ze beiden Srtan vermitten blibe, fi «urdint eillicht (diewil fi unser grosse Macht sehend, sich wisen lassen, und begeben de» so wir an fi muten ") wurdint, so wir bescheiden Sachen an fi brächtind. Die Herren aber wollend de« von Rido« Rat nit eolgen, und sprachend gemeinlich: ") Dv< 14) Erlach: Cr war früher an Graf Rudolf« von Ribow Hof, und »erlangt«, wen» er dort bleiben sott«, Entschübigung für seine Gü­ ter in Bern oder Urlaub. Da sagte Slido«: faread heim. E« ist umb ein Mann weder getan noch gelan. Erlach sprach: Herr, so Jrinich schützend für «in Mann, so sond Ir wissen und erfare«, daß ich ein« Mann« wert bin, und setz daran min Leben. In Bern wurde er zum Hauptmapn erwählt" und do er fach, daß «« nit anderst sin mochst, sprach «r:Sibmalen ich nun üwrrlHouprmaan sin muß, fo wrrdent Ir mir «in Erd zu Sott und den Heiligen free ren, in allen Sachen biß Krieg« gehorsam ze sin. — 15) entsaß: fürchtete, entsetzt« sich vor s. oben 37. — 16) re«* derem: welchem von beiden Drten. 17t Derselbe, dessen Dienstmana der Hauptmann Erlach vorder gewesen. — 18) m 11 then: fordern, bitten, begehren — 19) gemeinlich: gemeinschaftlich

300

Dritter Zeitraum bis zum dreißigjährigen Kriege.

Volck von Bern, so wir vor UN« sehen, muß noch hüt unser eigen werden; do untwurt Inen der von Nidow: Da« Volck stellt sich tut je fliechen, nnch bedunckt, si «elhnb noch unser beiten :0) Also verzech sich der Angriff »ilnach biß uff Vesper-Zit, da begund es am Zit sin ze striten. Die Waldstett haltend bewert mit den Herren und Rütery je fechten, als vorstat, und begertend such den Dorstrit je haben. Do sprachend die von Bern: Srder die Sach unser ist, wäre brllich, daß wir den Dorstrit hetrrnd. Doch was üwrr unser getrüwen liebsten FründenWill und Meinung ist, das wellend wir sich gunnen. Also wurdent Znen btt 80 Helm von So­ lotor» ouch zugeteilt; und die von Bern, Sibental, Haßle und Hinderlappen, sampt den gedingten Soldnern an den Fußjüg geordnet, der Hann groß was, und bevalch der tröstlich Held Herr Rudolf von Erlach Ritter» daß jedermann sin Gewer recht tfttb ordenlich in die Hand nemmen fält, und rufst ubrrlut hint>er sich under sin Volck von Bern und sprach: Wa sind nun die Gesellen» die ju Bern Nacht und Tag uff den Gassen umher trettend in Federn und Kräntzen, und allweg frisch wend") sind, di« trettend ,etz harsüc zu mir an den Tanh, und stand int vor der Statt Hanner, als ein veste Mur, und behaltind unser HtattEern. Do trattend harfür zu Im btt Metzger und Gcrwer, und sprachend: Herr wir sind hie, und wellend tapffer bt Lch stan, und tun al« biderb Lüt, und was Ir uns heißind. Also was mengklich gehorsam, Edel und Unedel, und alle Handwerck, njeman ußgenommen. Und wie alle Ding wol geordnet, zugend st uff das wit eben Veld gegen Viend, die Waldstett gen Herren ze Roß, und die von Bern mit Iren Helffern gegem Fuß »Volck. Do rucktend Inen die Viend in guter Ordnung entgegen. Also begund etlichen an dero von Bern Hufen ab der Sach grusen, und wichend hmden ab wider gegem Rein, do st aber fachend, daß die andern gestundent, kartend si merteils wider umb, tettend redlich Ir Bests, etlich aber fluchend gar hinweg in den Vorst, dw wurdent hernach die

20) beiten: warten. — ri) frisch bedeutet oft stark, kräftig, dann so viel al« risch, munter, rasch» frisch wend kann nur Verstär­

kung dieser Bedeutung sein.

Tschubi Gchweitzerchroaik. 1572.

201

Dörfler qenent, übet gestrafft, und Zr lebenlang verschmacht. Nun möcht Herr Rudolf von Erlach to vvrnen der Hindern Fliechen n,t sehen; Do sprach einer zu Zm: He rr H 0 uptmann! es fliehend dahinden vil 2 ü t von «ns. Da antteurt der von Erlach: Er ist nun gut und besser daß tue Bösen ") nit bei den Biderben sigind, die Sprüwer sind von dem Kernen gestoben. Also griffend die Waldstett die Rütter, und die von Bern das Fuß-Dolck männlich an, und hat jeder dry Hand völlig4') Stein zu Im genommnen, d,e wurffendö mit Kräfften m die Diend, flachend, huwend und schlugend so gr,mmigkl,ch in die Biend, daß die von Bern in der Diend Fußzug bald ein Lucken machtend, und Inen Ir Ordnung brachend, dann st hattend Fisin 44) Hörwägen lassen machen, die stiessend ungestümlich den Blenden in Ir Ordnung. Dieselben Wägen warend gemacht, daß fi nit wider hinder sich gan möchtend, hiemir zertrantend st den Dienden Ir Ordnung, und brachtend« m die Flucht, wann 4$) das Weltsch Dolck begund glich hinden ze fliehen, erschlugend groß Dolck, iltend Inen nach, namend Ire Pannern, und ertodtend alle, so Jney werde» möchtend. In sölichem kam ein Geschrey, die Waldstett strlttind noch hertigklich mit der Rutery, und littend Not, dann fi roaunb überladen, do verliessen die Berner der Blenden fluchtig Fuß-Dolck, und zugend ilentz den Waldstetten ze Hilff, aber die Herren und Ritter hattend ewfr schon angefangen die Flucht ze geben (alsbald st vernamend, daß Ir Fußzüg von Bernern geschlagen wäre) mit grossem Schaden, dann Inen die Waldstett vil Dolcks nider gelegt, insonderS mit dem Werffen der Steinen, dann st den Herren die Pferd tobig und unbändig damit gemacht, daß fi die von Schellige 26) nit mer gewisen möchtend. Das Veld lag voll todter Rosse und Luten, und floch der Dienden Roß - Dolck und Fuß - Dolck was von Weltschen Landen was, ab Loupen hinuß, und was von Teutschen was, die fluchend niowrndig Loupen. Also hat disee Strit gewärk andertbalb Stund, ist geschehen an einem Mentag, was der 10,000 Rittern Abend, am 31 Tag Drachmonots, An» no Domini 1559. Der Henschafft und Rittern sind erschlagen 32) Bösen: Feigen, wie Fromme, Bidere: Tapfere, so s*cn immer bei liönigoior-en. — 23) vo!!:a o-ll. — 24 : ei,.r:ie Heer­ wagen. >— 25) warn: lern — 26) Schellige. Sliut'v, Wildheit, Scheu „dos, tie r.t Scheu- nicht mel.r lenden scnnteo."

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Dritter Sei trau« W tarn dreißiULhrigen Kriege.

i5oo uttb des Kußvolcks 3ioo Mann. Da wurdent gewannen 27 Mütter und Kuß-Panneru, und mercklich ttl Geweer und Har­ nischt, danu such die Klüchttgen ze Kuß Zr Geweer und Härmst von sich wurffend. Do nun der §>hrit hinüber, und alle Sachen ergangen warend, do hieß der Hvuptmann von Erlach das Volck alles zesammen kommen, und sprach: Wir sollend Gott alle loben und Eerrn, wann Er ist selbs bi uns gesin, und hat für uns gestritten, daß wir dem grossen Dolck obgele­ gen sind; Also knüwet 21) jedermann nider, betretend mit zertanen Armen, nach der Waldstetten Bruch, sagten Gott und al­ lem himmlischen Hör Priß und Dauck den hilflichen Gnaden. Und als man wider uffstund, do sprach der Houptmann von Erlach zu dem SBoUf: Ich danck üch allen der Gehorsam­ keit, so Ir mir bewisen, und der Mannheit so Ir be­ gangen Hand, daß ich mit üch, und Ir mit mir big ros­ sen Geren bestanden sr 11 d. Den Waldstetten, und den von Golotorn dancket Er besonders, und itampto28) btt Strengen, Handvesten, und Liebsten Frund, und Nothelffer. Uff das bevalch Er, von Stund an die Todte- an Jrem Tetl zesammen jetragen, dero warend 22 von bero von Bern Hufen, und 13 von Waldestetten. Nun wußtend dero von Bern biderben tut, so zu thupen nt der Statt tagend, nützit von der Not, noch von dem Strit, unh 28d) an die Stund, daß alle Dtnq vergangen, und die Drend in die Flucht geschlagen warend, dann ft hattend wol vil Gerüschs gehört, u-rd gesehen, daß sich die Dtend mit aller Macht von der Statt gelassen, si gedachtend aber es gefchech uß Auenthür, 29) si haruß je lüderen, 30) und je htnderfchltchen, oder es kä­ me aber etwa ein grosser Hör zu Inen gezogen, den so dick dero einer kam, zugend si Im mit aller Macht, grossem TriumphGeschrey und Pracht entgegen, Ine je empfangen, und lagkrtend sich dann wider für bte Statt. Wie aber bie frommen tut in der Statt vernamend, daß Ire Herren von Bern gestrit­ ten und gesiget hettmd, und jetzt fachend die Panner von Bern der Statt Loupen zuziehen, wurdent si mercklich erfröret, der tröstlichen Entschüttung Jrer liebeu Herren, und was Inen

27) knüwet: kniete. — 28) namptS: nannte sie. — 282) unh: bis. — 29) Luenthür: Lbentheur. — zo) lüderen: locken.

Tsch«di Sch»etzerchrvnik. 1572.

203

pützit leider», bflnn daß fi es nit gewußt; wann hettind ff «» gebüßt, so wäre den Dirnden »och grösserer Schaden geschehen, und wäre denen Wl Bern ein grosse Hjlff gewesen, dann 600 redlicher Knechten in Loupen gelegen sind. Also blibend die von Bern und Ire Helffer die Rächt uff der Wallstatt dnrch männ­ licher Eeren willen (dann man nach einem Strit die Walstatt beharren soll) und emhuttepd gen Friburg, und anderswa, wer die todten Lichnam von danpen füren welt, der folt Lids und Guts gesichert sin, Fnd und Gleit haben dar und dannen; und nachdem vil Herren und namhaffte erhre Burger von Friburg hinweg gefürt würd ent, ließ man dir andern Erschlagenen uff der Walstatt begrabenMornhes am Zinstag?I) nach der Schlacht (was der zechen tusend Ritter Tag) zugend die von Bern und die Iren, so in Loupen gelegen, sampt den dryen Waldstetten und andern Iren Helffern frölich mit einander» gen Bern in die Statt, und am Hinivziehen zog Herr Thcobaldus der Pfarrer, als der geistlich Hirt yoran, der das Hochwürdig Sakrament un­ sers Herrn Fronlichnam« *’) noch bi Im turg, und stäts tragen hat in der Sttit«?Rot. Uff Ine zugend die dry Waldstett, und darnach die von Kern mit den andern Iren Helffern; do ward zu Bern grosse Fröwd gesehen, des glichen ernstliche Kilchen-Gebett getan, vil Opffrr und Allmusen geben, und hieß man ze Stund in da« Zar-Zit-Buch inschriben, der Heiligen 10,000 Rittern Tag, daß derselb Tag von denen von Bern, und allen Jrn Nachkommen zu ewiger Gedächtniß jarlich folt hochzeit­ lich 31) gehalten unh gefyret werdest, auch alsdann mit Fanen, Erütz unh Hrlligtpmb pmb die Kjlchen ze gan, und allen armen Lüten uff henselben Tag «in ewige Spend zu geben. Demnach schiehent die hry Waldstett Uu, Schwitz und Undcrwalden (als man Inen zu Kern gross« Eer erbotten) wider heim, pnd psard Znen hochrr Dank gesagt, und erbuttend sich die von Bern für sich und Ir ewig Nachkommen, sölicher Jrer Gut­ tat niemer zu vergessen, und pmb ff wa das jtmct ze befchulden käm, 32) ze verdienen, und Zne» zu alten Zite» in Iren Nöten zi) Morgens tpt Dinstag, — 31) fron: heilig. Man leitet das Wort vorschieben ab, einig« von vor, andre von fr au (camdr.) schön, oder vcn fro Herr u. f. f — 31a) a(6 hohes Fest, wie rmener tat Mittelalter: Hochzeit genommen wird, so tm Amfang des tzticbelungen LredeS. — 3?' wo ti je als Schuld ihnen aufge-

304 Dritter Zeitraum bis jum dreißigjährigen Kriege. nnt 2ib und Gut ouch behulffen und beraten ze sin. Und ward grosse Fründschafft zwüschend Inen gemacht. Denen von Solotron, (die ouch tapfferlich Ir Bests getan) deSglich den Fryherrn von Wissenburg, denen von Haßte und andern ward in glicher Oftalt hoch gedanckt.

III. Bruchstück. Kaiser Heinrichs VII. Tod. (Thcrt I. Buch 4.)

Wie nun Kaiser Heinrich der VII. mer denn dntthalb Jar in Italia gelegen, und m den Stetten hin und wieder -och, wolt er em Hörzug in Napels wider König Ruperten stnen Biend für sich nemmen, schickt sin treffenliche Bottschafft Geistlich und Weltlich mit ^ooPferdten zum Pabst Giemenzen dem V gen Auinion di) in Franckrich, sin Vergünstigung und Verwillgung harinne zu warben. Also trug sich zu ee dise Bottschaft vollfüert ward, da­ mit ward nützit uß der Neapolitanischen Reiß, denn als der Kerfer m eurem Stettlist Bonconvent genannt, im Seneser-Land lag, und alda an unser lreben Frowen Himmelfart-Tag das Hochwürdig Sacrament von einem Prediger-München Sanct Domini: cus Orden empsieng, der Bernhardus Jacobinus hiß, von der Stadt Montepolitiano34) bürtig, tett dieser Münch Gift in Kelch, und gabs dem Keiser, und meint man die von Florentz hettind den München heimlich angencht, alsbald nun der Kerser des GifftS gewar ward, berufst Er den München heimlich allem zu Im, und sprach: Der Herr Gott verziche drr bist Tat, und mach dich bald von hinnen, dann so meine Diener dmer genar wurdend, so müstist sterben, davor ich dir mt sin möcht. Der Münch leugnet der Tat, doch für er schnell hinweg. Also wurdend die Artzet berufst, die wolltend Zm helffen, und durch trancker das Gisst wider uß Im tryben, aber Er wolt kein Artzuey innemmen und sprach: Ich habGott mtn HErren und Schöpffer mir selbst zum Heil und Trost empfangen, best will ich Nitwider von mrr tri den, ichgelebe oder sterbe. Sin göttlicher Will gescheche. Also lebt er brü an 10 Tag, und ist der Nacht vor Sanct BariholomeuS'Xag ver­

legt werden könnte; sie daran alü an eine Schuld gemahnt wurden. 3i; Avrgnon. — 34) Montepulciano,

Tschadi Schtveijirchrdnik.

1572*

205

schird Er Anno Domini i3i3 und ward sin Lichnam in di, Statt P,sa gefürt, und alda im Thum erlich bestattet und begraben.

XXII. Georg Rüxner: Thurnierbuch 1579. (1530) Bon Georg Rüxner »st nichts werter bekannt, als daß er auch Jerusalem genannt wurde und im sechszehntrn Jahrhun­ dert RrrchSherold war. Durch fern Thurnierbuch, das aber viele zu den betrügerischen Schriften gerechnet haben, ist er bekannt ge­ worden. Man kann indessen nur sagt», daß er sehr «nstchern Nachrichten leichtgläubig gefolgt ist, besonder- in Beziehung auf die oberdeutschen Geschlechter und wohl um so lieber, wenn er eine bedeutende Familie dadurch zu erheben gedachte, doch können ihm absichtliche Verfälschungen und Erdichtungen nicht nachge­ wiesen werden. Außerdem hat er eine hennebergisch« Genealogie geschrieben. — Der Titel der Ausgabe des Thurnierbuch-, au« welchen die folgenden Bruchstücke genommen sind, ist folgender: „Thurnierbuch, Das ist: Warhaffte eigentliche vnd „kurhe Beschreibung, von Anfang, Drsachen, Br„sprung vnd .perkommen, der Thuen,er im heyligen „Römischen Reich Teutscher Nation, Wie viel öffentlicher „LandThurnier von Kaiser Heinrichen dem Ersten diese« Ra„men« an, biß auf Kaiser Maximilian gehalten, v. s. f. „Frankfurt a. M. MDLXXIX. Die Ausgabe ist von dem berühmten Buchdrucker, Sigmundt Feyerabend zu Frankfurt, besorgt worden, und er sagt in der Zu­ eignung an den Churfürsten „Pfalzgrafen am Rhein, Ludwig von Baiern. „Georg Rüxner hat em Buch an tag geben, darinn da« „Thurmerrecht, wie solche« obhöchstgedachter Keyser Heinrich an„geordnet samt etlicher Thurnieren eigentlich beschrieben. Wel„che« Buch, dieweil e« nicht mehr zu bekommen ge„wesen, ich letzt zum a ndernm alauß vielfältig« anhalten u. s. f. „in Truck verfertigt." Daraus scheint hervorzugehen, daß die Anzeigen von Ausgaben in den Jahren i55s, 1566 und i5i6, au­ ßer der frühsten von Rüxner i53o besorgten, nicht richtig sein können; da Feyerabend doch d,ese hätte kennen müssen, vor allen da die beiden letzten auch von ihm besorgt sein sollen. Auch «st hieraus und aus dem Folgenden deutlich, daß er unter dem Wort» zum andernmal nicht meint, er habe da« Buch schon einmal

5*6

Dritter Zeitraum bis zum dreißigjährigen Kriegt.

herausgegeben und gebe es nun zum zweitenmal, sondern Rüxner bade eS zum erstenmal gegeben und er jetzt zum zweitenmal. — Eichhorn nennt das Buch ein fabelhäfres Werk, und auch Tschudi schon tadelt den Verfasser, daß er in Rücksicht der gegebenen adelichen Geschlechter nicht wahrhaft sei, worüber schon oben gespro­ chen ist. Auch sind bei weitem nicht alle Turniere, auch nicht die öffentlichen, kaiserlichen angegeben, z. B. fehlt da» de« Kaysers Friedrich« II 1235 zu Mainz; und Feierabend sagt selbst »on einem Turnier Herzogs Welf von Baiern: „welches gleich„wol in diesem Buch (tote ohne zwiffe l viel andre mehr) „nicht befunden wirb." Indessen mag die Art der Darstellung der Turniere ganz richtig sein. —

Der Eingang deß Thurmer-

buch« ist eigentlich das Merkwürdigste.

Rüxner nennt sich hier:

„Georg Rüxner, genannt Hietusalem Eraldo vnnd kündigte „der Wappen." Er erzählt: Marx Wirsung, Bürger zu Augs„purg habe ein Tracktätlem drucken lassen, als ob es die ötdnung „de« HochloblicheN ersten Rittetspiel», da« auff dem Werde zu „Meydburg gehalten worden ist, sein sol, worin aber btt Ablichtn „und löblichen Geschlecht de« Thurnier« weit verführt. Diese „Verführung habe er gebessert nach erkenntnuß deS rechten Or>„gmals, das er selb« von Herrn Johann Kirchberqer, Vitari de« „hohen Stift« Sanct Mauricien Kirchen zu Meydburg, üuß ircin „kurtzen Teutsch mit grosser mühe vnd arbeyt in diß hoch Teutsch „gebucht habe. Kirchbergee habe da« Buch von Johann Erzbischof von Meydburg (Magdeburg), dessen Kaplan er früher gewesen, in „sein gewalt bracht und e« Niemand weiter zu vergönnen in sei„nem ansehen in ein Fewr geworfen." Drauf wird die Entste­ hung de« ersten Turniers unter Heinrich dem Vogler, Nachdem von seine« Kriegszügen und den Fürste«, die ihm zugezogen, ge­ redet worden, auseinandergesetzt und gesagt, der Keyser habe es ge­ dacht anzurichten: „weil dem Adel in Hoch Teutschen Landen vnd „im Reich solch« noch »«bekannt wert, Aber in Gallia, Engelland „vnd Britanien auch derselbtgea Ort Mehr mal« geübt vnd ge„braucht, Wann der Adel daselbßt Sig in Kriegen erlangt hett, „alsdann Thurniertea vnd Triumphierten sie." Die vier Für­ sten,

der Pfalzgraf am Rhein und di« Herzöge von Beyern,

Schwaben und Franke», deren jeder noch drei Herren erwählte, hätten nun über die Einrichtung gerachschlagt; da sie aber nicht« vom Thurnier gewußt, wäre de« Kaiser« Secretari Meister Philipsen beschickt worden; der nun den rechten Verstand de« Tburnier« angezeigt habe, worauf 12 Artikel festgesetzt worden.

Der

©sorg Räxaer: Lhurnierbuch 1579, (1530)

307

erste vom Keyser: da- alle btt, so rikt-rmeßig vom Adel geboren und herkomme» ftnb, die w,ssentlich handeln wider den höchsten Schatz der heiligen Drey« faltigkett, vnd die christliche Kirch mrt freffel« Wor­ ten oder Werken mit Recht nicht in den Thurnier reih­ ten sollen. Der zweite vom Pfalzgrafen: schließt aus den, der wider Kays. Maj. Gebott vnd Verbot», auch da« Heilig Römisch Reich, freffrntlich thete vnd verächt­ lich handelt mit Worte», Werken, heimlich »der öf­ fentlich; der dritte von Herzog zu Schwaden den: der Frawen »der Jungfrawen entehrt vndschwechet, »der dieseldigen schmecht (schmäht) mit Worten oktr Wer­ ken, vnbrwart seiner Ehren; der vierte vom Herzog zu Beyern den: der sigelbrüchig meynridlg, erloß erkannt, gescholten vnd darvor gehalten wird; der fünfte vom Herzog zu Kranken den: der seinen eigen Herren verrahten, oder feldflüchtig von jm würde, oder in ander weg »ne not ein Frldflucht machte, auch seine Burger vnverschuldt vnd on Recht, vnbewart seiner Ehren, vmbbrech'te. Ter sechste bis neunte, von den vier Thurniervogten gesezt, schließet aus den: der seinen Bcthgenossen heimlich oder öffentlich vmbbrecht» auch raht und that darzu gebe, daß sein eigner Herr ermorde »der todtgeschlagen würde; der Kirchen, Elausen, oder Waisen beraubte, auch jnen dar jr gewaltiglich vor­ hielt; der eines andern Feind ist oderwird, »ne recht­ lich erforderung vnd ansprach »der solch recht nicht nach Kriegßordnung gebraucht würde, ein Theil de» andern brennte vnd beschedigt« besonder an Früch­ ten, Wein vnd Betreibt, welcher auch für e,n offen Strassearäuber berufst vnd vermärt «er; und den, der im Reich neuwrruüg »trd befserung mache» »olr, mit weiter auffsatzung dann vor der gemein Landsbtauch, »bung vnd alt herkommen were ohne der Oberkeit, als eins Römische» Keyser» vergunst v. s. f. Jm zehnten, den die neuen Thurntervogte fetzten, werden die Ehebrecher, im elften und zwölften »an Meister Philipsen entwarfen, der ausgefchlasfrn: welcher seinen Stand an­ ders als in Adrlicheu Stand halten und mit Sauf*-Mannschaft, Wiichßien, Fürkauffen vnd dergleichen Sachen nehren »der sein ikynkomme» mehren welk

208 Dritter Zeitraum bis jum Ende des dreißig,ah. Krieges. VNd

feinen Hinderfasfen vnd Anstössern (Nachbarn) jr Brot vor dem Mund abschneiden roolt; und endlich der nicht von seinen Eltern Edel geborn vnd herkom­ men were, vnd das mit fernen vrer An rchen (Ahnen) nicht bewerfen kündt. Em jeder unter biefen sollte, wenn er in ern Thurnrerreiten wollt, vor aller menniglrch geschmäht, geschlagen vnd mit jm umb das Pferdt gethurnreret, er auch selbst auff dre Schrancken gesetzt werden, bey peen vnd Verlust fernes Adelrchen Namens, Schilt vnd Helms. — Nachdem dieses Alles weitläufig auöemgefetzt ist folgt noch dre Erzählung eines Kriegs gegen Wenden rmd Obotriten. Darauf werden 36 Turniere fast mit denselben Worten beschrieben, das erste zu Meydeburg g38, das letzte zu Worms 1487. — Das Buch ist mit vielen Wappen geziert. Als Beispiele der Schreibart mögen hier mit Auslassung vieler Namen, die doch größtentheils unecht sind, Einiges vom Thurnier zu Magdeburg 938 und die kurze Beschreibung des Gesellenstechens zu Nürnberg 1461 stehen.

I.

Bruch st ü cf.’

Vom ersten Thurnier zu Meydburg gehalten 938 x) (S. XXVIII. b.) (Nachdem die Verkündigung aller ThurmcrS Freiheit, Unter­ richt des Thurmergezeugs, rote man die Thurnrersbrieff geben fei und der Anschlag des Thurnrers auseinandergesetzt worden, wer­ den die zu Grießwerteln 1 2) und zwischen die Sepie Erw'.blter., 3) eben so die zur Schauw und Helmtherlung erkornen Rrrter alt und jung Frauwen und Jungkfrauwen 4) namentlich aufgeführt. Dann werden alle Fürsten und Herren genannt, welche die Helme zur Schau ausgestellt und von den vier Thurmeren am Dinstag nach Essens Mittwochs Bor- und Nachmittags und Donnerstag

1) Auch dre Zahl 938 rst eine falsche, da Heinrich der Vogeler schon 936 starb. — 2) S. oben Eberhard Wrndect 9 a. — 3) Rürner erklärt nicht, wer die zwischen die Seyle Erwählten gewesen, doch müssen sie innerhalb der Schranken ihr Amt verwaltet haben. — 4) das Wort Jungksrauw wird im ächten Sinne von jedem un­ bescholtenen Mädchen gebraucht, sie sei königlich, gräflich, adlrch, bürgerlich. Den heutigen Unterschied zwischen Adel und Bürget lu (ben gab e6 überhaupt in dieser 3nt mchr, roai aber nrcht hier auseinander gesetzt werden kann.

Georg SlufBtr: Thurnierbuch 1579, (iS3o)

309

zu morgen nichts weiter erzählt als wer von den Fürsten und mit wie viel Helmen eingeritten fei, worauf es weiter heisst:) Wie man d en Abendtarrtz anfieng, vnd die Danck außgab. Als nun alle Thurnier geschehen waren, vnd jhr end erreicht hetren, ward auff den Donnerstag nach Mittag biß gegen dem Abend vil gerennt vnd gestochen, darnach als der Tanh angieng, da schickten sich Frauwen vnd Jungkfrauwen mit höchstem fleij?, daß sie all und eine jegliche besonder (als wol zu glauben ist) nach Adelrchen sttten, vnd mit dem zierlichsten angethan vnd befleibt waren. Also sieng man an zu tantzen, vnd die Danck außgeben, vnd gab man den vier neuwerwehlten Thurmervogten die ersten Dänck. Der vier Thurniervdgt DLnck. Den ersten Danck gab ein Gräfin von Schwartzburg Frie­ drichen Grasten zu Helffenstein, Herrn an der Filß, der ließ sei­ nen Thurnier5) beruffen gen Rauenspurg, von dem nechsterr S. Jacobstag vber drey jor, des jars neunhundert ein vnd viertzigDen andern Dank gab Grast Rudolphs Gemahel von Wer­ denberg, geborne von Acheln, Grafen Thlbotto von Andechs, dee ließ fernen Thurnier beruffen gen Regensburg an die Oonaw, vorr dem nechst beruffnem Thurnier vor jm vber drey jar nach aller Haylrgen tag, deß jard neunhundert vrer vnd viertzig. Den darren Danck gab ein Jungkfrauw,6) geborne Gräffrrr von Reineck, Grast Ludwigen von Eberstein in Sachssen, der ließ seinen Thurnrer beruffen gen Würtzberg an Mayn, von dem nechsten vor jhn gelegten Thurnier vber drey jar, auff Sontag nach der Heyligen drey König tag, deß jars neun hundert sieben vnd viertzig. Den vierten DaNck gab Jungfrauw 6) Margretha, ein Toch» ter Graff Günthers von Schwartzburg, Ludwigen Grasten zu Sarwerden, der ließ seinen Tburnier beruffen gen Trier an die Moses, von den nechst vor jm gelegten Thurnier vber drey jar, auff den Sontag nach der heiligen Dreyfalrigkeit tag, deß jars neun hundert vnd fünsttzig.

5) ES scheint, alt ob die Thurniervögte wären verpflichtet gewesen selbst Thurmere zu geben, aber diese hier angekündigten Rittorfplele werden nachher mcht genannt; sondern das Thurnrer zu Rotenburg an der Tauver, von Herzog Conrad von Franken 943 gehalten berßt das nächste nach diesem ersten zu May d bürg auf dem Werd. (Werder) -r» 6) Nicht Cunucs»cz wre wir sagen» -ischon'S Handbuch. 1. ß

210 Dritter Zeitraum bi- rum Ende des breißlgjahr. Krieges. Die andern vier Dänck gab man den vier ältesten?) (Nemlich dem Keyser, Pfaizgraffen bey Rhem, Hertzog Eberhard von Lottringen und dem Hertzog zu Franken.) Diese vier nachfolgende Danck gab man den vier aus den vier Landen, hie jre gülbtne Schwerdt tn ihren Thurnrer-zeugen Ritterlich erlangten. •) (Nemlrch einem Rheinländer Hrn v. Fmstingen, einem Schwaben Grast Konraden von Kalb, einem Beyern Hrn Ernig Bitzthumd rm Rothal einem Fcancken Grasten von Eastel.) Dre letzten vier Danck theilt man also m die vier Land auß, welcher von cim jeden Land am besten gerüst zu dem Thurnrer kommen was. (Nemlich Hertzog Hermann v. Schwaben, em Herr von Blawen. em Grast von Seyne, em Grast von Kronberg.) Darauff man darnach ansieng zu tantzen, vnd gab man den ersten Tantz Hertzog Arnolden von Beyern mit deß Keysers Tochter. Darnach thet em jeder Fürst Grast vnd Herr, einen Tantz in guter ordnung, mit der Frauwen oder Jungkfrauwen, die jm em Danck geben hett, vnd ward der Abend also mit Züchten tnfc, in Freuden vertrieben. Als aber auff den Freytag vnnd Samb; stag die Gast begerten abzuscheiden, giengen sie zuvor zu etm *) Römischen Keyser, vnd bähten erlaubnuß, besonder die vier Für. stcn, als die obersten Hauptleut, mit Namen: Ein Pfatzgraffe bey Rhein. Ein Hertzog von Schwaben.

Ern Hertzog m Beyern. Ern Hertzog m Francken.

Bähten vnd begerten darauff an die Römisch Keyserlrch Maiestat austs vnderthemgst, daß jr Majestät jnen vieren solche Tburnrerö Freyheit vnd Gerechtigkeit wölt bestätigen, vnd sie damit begntv den als oberste Thurniervögt vnd Richter deß ThurmerS m den vier Landen, so wollten sie vnd jre Nachkommen*mit andern jren Fürstlichen Lehen vnd Regalien solche Ampt empfahen, vnd von |ter Majestät, als deß heylrgen Reichs wegen zu Lehen tragen, allem Adel Teutscher Natron zu Ehren, Lob und Nutz, welches jnen der Keyser gantz willig vnd gern gab, belehnet sie auch darmrt, für sie alle, jre Erben vnd Nachkommen, mit hoher Danck;

7) SS sind nachher die Empfänger nur ganz kurz genannt wordm und die Austheilenden weggelassen. — 8) das müssen also bis ei­ gentlichen Sieger fern, — 9) tim, einem, wie noch jetzt im Ta.izlerstil, statt dem.

6mg Räxner: Tharnirrtuch 1579, (1590)

m

sagung, daß fit jhm vnd dem -eilige« Reich mit jrer Gehorsame zu ehren vnd hülff erschienen waren. Beschluß de- ersten Lhuraiers.

Solcher maß ist das ehrlich vnd löblich Ritterfpiel deß Thurniers auff die vier Land vnd Fürstenthumd Teutscher Nation kom­ men, darumb die bemeldrten Fürsten die ersten vnnd -bersten Thurniervögt gefetzt vnd geordnet worden, sinthrr die vier Land sich derselbigen Freyheit, vnd jctt Brieff vnd Sigrj gebraucht, vnd die biß noch erhalten haben. End de- ersten Lhurniers.

IL Bruchstück. Das Sestrch, so zu Nürnberg gehalten. (1451)

Wie im Taufent vierhundert ein vnd funfftzigsten jar in bar Statt Nürnberg rin fast ehrlich Gestech (so ein Gefellengestech,I0) altem Gebrauch nach, genennt) durch Marggraffrn Albrechten z» Brandenburg, vnd etliche Geflieste vnd andere Grasten, auch Freyherren, Ritter, vom Adel, Adeliche vnd andere alte «rbar« Geschlecht, gehalten worden ist. Erstlichen ist zu wissen, daß sich der Krieg vnnd der widerwill, so eine Zeit lang zwischen Marggraffrn Albrechten zu Seen? denburg vnd gemeiner Statt Nürnberg geschwebt, im tausend, vierhundert, neun vnd vierhigsten jar geendet hat, ncmlich daß dazumal durch Kryserliche Maiestat vnd etliche Fürsten zwischr» jhnen so viel gehandelt, dardurch dieselben zwietracht hingelegt vnd gericht worden sein, vnd darauf folgen- im tausent, vier­ hundert ein vnd funfftzigsten jar, auch der Hochgedacht Marggraffe Albrecht ein ehrbar Rhat der gemeldtrn Statt Nürnberg ersucht vnd auch gebetten, daß sie jm vnd seinem Hofgeflnd zuge­ fallen ein Faßnacht vnd ein Gefellengrstech bey ihnen halten» auch etliche auß vnd von den Adelichen vnnd alten ehrbar» Geschlech­ ten , in gemelkter jrer Statt Nürnberg wvnhafft vnd saßhaft» darzu in solch Gesellengestech zu kommen verordnen wollten» so sollt es nach alter gleichmäßigkeit mtt Pferden, Decken, Tart10) Der Unterschied zwischen Gesollrngrstech und Thurnter ist hieraus nicht klar. Scherz sagt: es sei da- Rittersprel der Heften« te, nachdem das der stursten geendet war; doch auch das paßt h« Nicht.

C

2

212

Dritter Zeitraum biS zum Ende des dreißig)ahr. Kriege-.

scheu IX) vnnd Spiessen, ynd allen theil dargeleget, cn alte gefehrligkeit gegen einander gehandelt werden, darauff sein Fürst­ liche Gnaden auch cm Klemot zwen vnd dreißig gülden wehrt, mit sampt einem Höflichen Krantz, durch seinen Gemahe! auffbieten, vnd auch seiner Gnaden Frauenzimmer vnd Hofgesinde mit jm bringen, vnd sich mit den selben m allem bescheideulichen vnd nachbarlichen wesen erzeigen vnd halten trolt-, deßhalden denn auch fern Fürstlich Gnad ein tag, nemNch auff Montag nach aller Mann Faßnacht, zu solchem Ritterspiel angeätzt hat, auff welches dann ein ehrbar Rhat zu Nürnberg sich gegen dem Hoch­ ernennten Fürsten der fachen vnderthämg Willfahrung zu thun erbvtten, daßselb laut ferner Gnaden beger bewilligt, vnd feiner Gnaden zugeschrieben, auch dabey angezeiget vnd angebotten, daß die gemeldeten Geschlecht in Nürnberg wonhaft, sampt andern jhrer freundtschafft, seiner F. G. zu ehren cm Kleinot zwenhtg güldrn werth, mit sampt einem Kran- zu solchem Stechen geben todten. Demnach denn der Hochermeldt Fürst Mnggraff Albrecht mit sampt feinem Frauwenzinnner vnd Hofgesinde, auff den Sontag aller Mann Faßnacht nach essend zu Nürnberg ehrlich ein­ geritten ist, vnd fern folgend am Geyln Montag 12) nach essend sein F. G. mit etlichen Gefürsten vnnd andern Graffen Frey­ herren, Rittern, vom Adel, Adelichen vnd andern alten ehrtarn Geschlechten mit vier vnd zwentzig Helmen wol geziert auff die ban kommen, vnnd wer diesselben von allen theilen gewesen seyn, vnd welch m solchem Gestech das best gethan, vnd die Dänck er­ halten haben, die folgen mit ihren Namen vnd Wapen hernach angezeigt. (Es folgen die Wappen). Item dieweil der Hochgemeldt Marggraff Albrecht, deßgle,chen die von Nürnberg, zu solchem Gesellenstechen, wie vor an­ zeigt stehet, etlich Klemot auffgeworffen l4) vnd auch sonst auffgeworffen worden seyn. Remlich, welche derhalben das best in ii) Tartschen sind Schilde, was sollen aber die Säcke? — 12) der geile, fröhliche Montag auch Praßmontag genannt ist der Montag nach (Lstonn'hi vor dem eigentlichen Fastnachtsdinstag, der auch nachher die rechte Fastnacht heißt. — 13) Ritter und Adel werden unterschieden, und doch scheinen die vom Adel nicht Knappen gewesen zu fern. Die von alten ehrbaren Geschlech­ tern muffen auch den Adelichen gleich geachtet sein, weil sie sonst in kein Türmer reiten fvnnttn, wenn nicht dann der Unterschied eines GesellenstechenS vom Thdiere liegt, — 14) ausgesetzt.

Georg RäMr: Lhurnierbuch 1579. (1530)

213

solchem Gefellensteche» thun würden, daß dieselben mit solchen Kleinsten sampt dem Danck zum Tantz verehret vnd begabt tote den falten. Also stehet hernach angezeiget, von welchem da» b-rst gethan, nemlich die vier Kleinot vnd Danck, mit sampt dem Tanh, erhalten, vnd also mit begabt vnnd verehreb, wie de-nn nach solchem gehaltnrm Gestech am Geyle» Montag zu nacht auff dem Rahthauß zu Nürnberg rin herrlicher vnd frclicher Tanh, mit Frauwen vnd Jungkfrauwen gehalten worden ,st. Item erstlich hat man dem Hochgemeldten Fürsten Marggraffe Albrecht al« einem Fürsten, den Fürsteudanck ") vnd ein Tanh, vnd das beste Kleinst Herrn Friderich von Seckendorff, Ritter, seiner Fürstlich Gnaden Hofmeister, “) der folchs mit seinem stechen vnd viel ledigen festen erhalten hat» gegeben. Item den andern Dauck hat erhalte» Conrad Haller» der auch bey Hochgedachtem Fürsten Marggraff Albrecht am Hof ge­ wesen, welcher mit dem besten Kleinvt sampt einem Tantz ver­ ehret vnd begabt worden, wie er dann in solchem Stechen sich redtlich vnd dapffer gebraucht» auch fast v»el lediger fest behalten, vnder welchen er denn auch hochgemeldten Fürsten zu dreyen malen ledig herab gestochen, aber doch seinen Fürstlichen Gnaden zu ehren auch allewege» mit willen seinen Sattel geräumt hat, vnd mit jm herab gefallen. Item den dritten Danck hat erhalten Grast» Wilhelm von Hennenbrrg, der bann mit der dritten Gab oder Kleinod, mit sampt einem Tantz verehret vnd begabt worden ist. Item den vierdten Danck har erhalten Graste Hans von Wertheym, der dann mit der vierdten Gab« oder Kleinst, mit sampt einem Tanh verehret vnd begabt worden ist. Folgend» an der rechten Faßnacht haben auch an der mehr Grasten, vnd Herren, vnd vom Adel, ein Gesellen Gestech ge, halte», derhalben sie denn da« Frauwenzimmer mit zween Rinqcii mit Krrntzen verrhrt hat. Vnd nach dem allen ist der hochgemeldt Fürst mit feinem Hefacsind, von solcher gehaltner freud vnd kurtzweil mit sondern anaden ab vnd anheyms gezogen, vnd hat hinter seinen Fürstli­ chen Gnaden verlassen, vnd sich erbottcn» daß sein Gnad den zenrn so sich in solchem gethanem Gesellenstechen vnd Rittcrspiel

15) Worin er bestand wirb nicht gesagt. — m ft r f (f) a 11

16) Wir sagen H e f-

*i4 Dritter Zeitraum bis zum Lude de- dreißigjähr. Kriege-. jre< beste« Vermögens, vad ant aller gehorsam, erzeigt, vnd sei­ nem Fürstlichen Gnaden also bannt gedmet habe», hinfüro allen steeundtlichen vnd gnebigen willen allewegea mit sondern flnß be­ weisen wolle.

XXIII.

LieflLndische Chronik von Peter Russow. (Russovius) 1584-

Peter Russow aber Rüffow (wie er sich bei der Borrede un­ terschreibt) war Prediger in Reval (Reuel) 37 Jahr lang und starb nach JkcherS Angabe erst 1660, was aber nicht richtig fein sann. Sr schrieb eine lieflandische Chronik, die wegen der schönen Niederdeutschen Sprache vorzüglich zu beachten ist. Sie war der Vorrede nach schon 1Z77 vollendet, und ist 1578 herausgegeben worden. Zum andernmal wurden sie i584 unter folgendem Titel gedruckt: Chronica. Der Pro uinh Lyfflindt, darinne ver­ meldet werbt. Wo bath füluige Landt ersten gefun­ den, vnde thom Christendome gebracht ys. Wol de ersten Anm. Der Ausgabe des ThurnierbuchS von Rüxner, welches die iönigl. Düchersammlung in Berlin besitzt, ist noch folgendes Buch angebunden: „Thurnierbuch: Wahrhafte eigentliche vnd „kurze Beschreibung aller Kurzweil vnd Rittersprel, „so der Durchlauchtigst v. s. f. Herr Maximilian Kö„nig zu Böheim v. s. f. Hrn Ferdinand, erwehlten r6m. „Kaiser v. f. f. in der wertderümpten Statt Wien zu „Stoß vnd Fuß auf Wasser, und 6 aab hat halten las­ sen. Frankfurt, a. R. MDLXXIII. — Das Buch ist laut der Vorrede von der Kaisers Srnhold (Herold) HanS von Frantoltn geschrieben. Der König ist Maximilian, alS Kaiser der ßweite, der Kaiser, sein Vater, ist Ferdinand der erste. Das Thur­ vier muß vor 1564 gehalten worden fein, m welchem Jahre Fer­ dinand I schon starb. Dar Buch enthält eine ganz genaue Be­ schreibung jener Feierlichkeiten auch der Anzüge der Ritter und des Kampfes der Einzelnen und ist in dieser Rücksicht viel merk­ würdiger als RüxnerS Buch, nur zu weitläuftig ifür unfern Aweck. Erst mied ein Fußthurnier mit den ihm anhängenden Fe­ sten beschrieben, bann ein Roßthurnier, bann ein Scharmützel auf dem obern Werd zu Fuß und Roß, dann ein Roßthurnier auf frey­ em Feld, bann Sturm und Eroberung des StättlinS, so an der vsnau« gebauroet gewesen. Diesem Buche ist noch angehängt die Beschreibung eines Tburnier Kampfs und RitterspielS von Karl V. 1549 den 24sten August zu Dintz bei Brüssel gehalten. Frankfurt a. M. 1579. Gedruckt durch Paulum Reffekcrn, in Verlegung SiegmundS Feyerabends ohne An­ gabe des Verfassers.

Russow lieflävdjsche Chronik 1514*

215

Regenten des Landes gewesen sind: von dem ersten Mevster DüdescheS Ordens in kyfflandt beth vp den testen, vnde van eines ydtliken Daden. Wat sick in der voranderinge der Lyfflendischen Stende, vnd na der tydt beth in dat negeste 1583 Jahr, vor seltzsame vnd wunderlike Gescheffte im Lande tho gedragen hebben: nütte vnde angenehme tho lesende korth vnd lojstverdich deschreuen. Dorch Balthasar Rvfsovven Reualicnscm. Thow andern mal mith allem flyte auersehen, corrigeret, vorbetret, vnd mith vielen Historien verme­ hret dorch den Autorem süluest. Gedrückt tho Bart, 1584.4. Sie ist in vier Theile getheilt. Der erste enthält den An­ fang des Christenthums und die Gelegenheit des Landes, der zweite die Chronick von den Meistern des deutschen Ordens in Lrefland, der dritte die Geschichte von i56o bis 1577» t der vierte Theil die Geschichte von 1L78 brs i583. Die erste Ausgabe war dem Rath zu Bremen (weil de Äreryer Kinder de ersten Bischöppe vnde Regenten in Lyfflayd gewesen sint u. s. f.) zugeeignet, der vierte aber dem Bürgermeister, Rath und der Bürgerschaft zu Revel. — Als ein Beispiel, wie der Verfasser die Sitten der Lieflander bald nach den Zeiten der Kirchenverbesserung schildert, sind dre folgenden Bruchstücke gewählt.

I. Bruchstück. Beschreibung einer adlichen Hochzeit oder Köste in Liefland um das Jahr 1590. (S. 29O *) Wenn eme Adelicke Koste edder Hochtydt vorhanden was, hefft men ein verende! Jares Thouorn den Adel merer deles vth allen Lyfflendischen Landen in eme Stadt edder Fleck, dar dre Koste scholde geholden werden, vorschreuen, Dnde wo wol de Eddelhofe in Lyfflant sehr groth sink, so sint se doch tho solcker groten vorsamlmge vele tho klein, Derhaluen se m den Steden vnde groten Flecken, dar grote Gildehüser tho solcken Kosten gebuwet weren; allewege ere Käste geholden hebben, Des hebben se sick nicht an einer Stadt Trometen vnde Spellüden genogen laten, beson.

1) Es ist, wie schon oft vorgekommen, u vor einem Selbstlaut wie v zu lesen. Dre Sprache rst übrigens lercht verständlich, start z steht gewöhnl.ch th. z. B. zu herßt tho, statt t oft b, statt f: p, statt | : t und die Selbstlaute (mb oft vertauscht z. B. 0 statt v 0 ftitt ü.

2i6 Dritter Zeitraum bis zum Ende de- dreißigjähr. Kriege-. betn 2) des Landes forsten Heertrummen r») vnde anderer Stede Trommeters mit dartho bestellet, Vnde als nu de Brut vnde Brüdigam sampt eren geladenen Gesten alle angekamen Weren, Do hefft men den Sonnauendt thouorn der gantzen vorsammeling ein stadtlick Pencket vnde Auentmal bereydet, Bor dem Auentmal ouerft ys de gantze Dorsammelmge in twen Hupen, de eine Hupe van wegen des Brüdigamö, vnde de ander van wegen der Brudt, aueruti) 3) * * stadtlick vnd prechtich vnt Feldt gereden, dar de grote vnde schwäre Hengeste vnde frissche Gülen, 4) mit gül­ den Keden vnde Plumatien, vnde anderm Geschmucke gefrieret, vnder en Hüppen vnde dantzen müsten, der ein allem auer negen 5) Laste Roggen gekostet hefft, vnde tho keinem Handel anderst, also tho solckem Prale nütte was, Bnde alse se thosamende ynt Feldt quemen, hefft ein Oldeste vam Adel eine Oration gedan, vnde dem gantzen hupen hoges vnde neddengen Standes gedancket, dat fe dem Brüdigam vnde der Brudt thon ehren erschenen weren, vnde darneuen fründtlick gebeten, dat se densüluigen Chnstlicken Högen 6) in allen srewden endigen wolden, Vnde so yemandt mit einem toor7) einen olden haadt edder totocf8) hedde, bat he deü hyr nicht gedencken wolde, Wol 19) nu solckes tho donde bedacht were, de scholde de Handt vpheuen, vnde solckes anlauen, dar hebben fe do alle de hende up gehauen, vnde angelauet, vnde so lange geholden, beth dat Beer9) in den Mann

quam.

Darna

ffnt

se wedder m de Stadt gerücketmit Heertrummen vnde Trum­ meten, mit grotem scherende vnde mooerenbe,I0) alse hedden se eine gewaldige Schlachtinge edder geftinge ll) gewunnen, Vnde alse so in de Stadt wedder quemen, musten se dorch de gantze Stadt vnde den Gildestauen I2) twe mal hen vnde her vorby ry-

2) besondern- sondern. — 2a) H eertrummen: Da sie von Trummeten unterschieden werden, so muß auch etwas anders damit ge­ meint sern, vielleicht Pauken, oder gar Trommeln, dam der preußischen Chronik gesagt wird, sie wären geschlagen worden, s. unten bei Lukas David: Druchst. IV. — 3) überaus. — 4) Gäule. 5 deren einer über neun. — 6) Högen: der Höge muß so viel bedeuten als HoogNed, hohes Fest, Hochzeit. — 7) wor: wo, wenn einer etwa einen alten Haß u. s s. — 8) wrock: Rache. — 9) nicht länger als so lange sie nüchtern waren: Bi6 das Bier kam. — mdyer en. Muß mol l er men oder derglei­ chen heißen. — 11) Festmge zeigt, daß die Endung ung oft ane ing entstanden ist und nicht immer die Handlung anzeigen soll z B. Wohnung, Buchhandlung, Stallung und dergleichen — 12) Gil­ destube, oben war das Erldehaus, Bürgerhaus genannt.

Russow liefländifche Chronik 1584*

siy

den, dar de Drudt mit dem gantzen Frouwentimmer mit Perlen, Golde vnde vorgüldem Gefchrnyde, sarnpt einer hegen Krone so gefrieret was, bat fe van wegen folcker schwären last fum vp ernt tctht stahn künde, vnde de RüterS van dem hogen Gildestauerr fülle anfchouwen muffe. Lestlick hebben flck de beyden Hupen thotrennet, vnde darna dörch de gantze Stadt in allen Gatzen mit sprengende vnde rennende ere Ridderschop bewyset. Darna hefft sick ein yeglicker in syne Herberge begeuen, syne Steffeln vnde Sparen affgelecht, vnde sick vp de Gildestauen vorföget, vnde dar beth in de Middernacht sick guder dinge gemacket. DolgendeL Sondageö, hefft man den Brüdigam vnde de Brut mit Heertrummen vnde Trommeten, vnde mit gräten Kertzen vnde Tartitzen") gar stadtlick vnde prechtich thor Kercken gelevdet, dar de Orga­ nisten vnde Cantores, nicht ane Geschencke sick ock wol hören leten, Na dem Sermon ") hefft man fe vor dat Altar gebracht, dar de Pastor der Brudt in einer haluen stünde schyr dat ya xe) nicht affgan künde. Do fe nu vortruwet weren, hefft men fe mit gelickem prale vnde Pracht «ebbet vth der Kercken na der Gildestauen geleydet, dar ein herlick Pancket vnde Maltydt Web­ ber bereitet was. Na dem Pancket ebbet Maltydt, hefft men dar stracks ane Gratias ebbet Lsffgefenge angefangen tho Dantzen vnde tho Hoferen, vnde mit fupen vnde schwelgende ys dar ock feine vorfümeniß gewesen. Dnde de HaueknechteIÄ) ebbet Dener in Lyfflandt, hadden de fryheit, dat fe tho Huß fowol alfe an frömbden Ordern, vor eren Junckern nicht stahn edder denen dörfften, bat müßen alleine de Jungen dohn, de Dener auerst gingen by eine funderlicke Tafel sitten, vnde leten sick gelikest den Junckern wol tracteren. Dar geschah ein onmetich Supent, ynfunderheit by der Ordensherren vnde Eddellüde Denern, dar de eine dem anderen eine holue edder gantze Last bet Weinen SSecferlr) mit Beer thofop m einem brunde, vude helde den einen Becker stedes vor dem Munde, vnde gooth bet Beer vth den andern 13) Tartitzcn sind auch eine Art Wachekertzen vom engl, torch.

3n der ungedruckten dittmarschen Ehrornk von Neokorus oder Kü­ ster heißt ei: Dre Wagen mit Tortitzen, be man oör Heren Plegt to brennen ebnen to Ehren De worden nu in bree Karten verbrannt Un in den Dienst Marien verwandt, Dat hebbc rck gesehen, fe sind von Wasse, So wahrlicken as rck bin en Sasse, s Selten dittmars. Gesch. II. 176. 14) Predigt 15) wo er das Jawort fast in einer kalben Stunde nicht herausbekom­ men, abjagen konnte, affgan beißt sonst abgehen. — 16) Hof knechte — 17) Becher mit Bier. —

aig Dritter Zeitraum M Jum Ende des dreißig,öhr. Kriege-. Bekern in den einen Beker, den he vor dem Munde hadde, beth bat se alle m emem Drunke vth weren, also müste ock de ander eme bescheydt don, wolde he n:cht anders einen körten Degen ynt Lyff hebben. Dnde folck schwelgende geschah ock mcht ane grote Becrspil^mge, denn de Gildestauen 3Dde I8) von dem gespildeten Beer so nadt wordt, bat men allewege How darup ströu«en müste, wolde men anderst darup stahn, gähn edder dantzen, 9Bol19) dar am besten supen vnde schwelgen, houwen, (lesen vnde balgen, ock Wunden martern, 20) ©acramenten, vnde aller Werlde plage flocken künde, bat was de beste Hane, vnde wordt von den andern bauen 2I) an gefettet vnde geehret. Alse so nu alle vull vnde dull we'en, do gmck ydt dar an ern balgen, houwen vnde sieten, nicht alleine vp der ©traten vnde tm Dorhuse, besundern ock m dem Gildestauen, dar de Frouwen vnde Jungfern seten, vnde yederman vp de hogen Tafel, Disscke vnde Dencke springen mästen, bar weren22) se do van Ledder mit cren gtoten Rütingen, 2S) de schyr so groth weren alse Schlachtschwerde, vnde man fe nicht ayders alse mit beyden Füsten regeren edder seren künde, dar wordt mannichem de Kop midden entwey vnde ein Arm vom Lyue gebouwen, bat de BalbereS dach vnde nacht genoch tho doende hadden, Wat bar do vor mordt vnde dodtfchlege, farnpt anberm Gruwel mehr, nicht ane grote ergermsse der tüchtigen 24) Ohren vnde der Jö'gendt gesehen vnde gehöret ys worden, totl frck solckeS alles tho lx'schryuende Nicht getemen. Den Mondach darna, hefft men den Drüdrgam farnpt der Drudt Webber m dre negeste Kercke geforet, dar hefft man en vor­ prediget, Na dem Sermon alse de Organisten vnde Cantore« vthgesungen frabbeit, smt se Webber tn de Gtidestauen gebracht wor­ den, dar de geste geltes alse den vorigen dach sick lusttch gematet hebben. Na der Koste hebben der Stadt Kroge vnde Wynkeller bat beste don raeten, ehe se von emander geschehen smt. Vnde wor wol ydt vp den Hauekösten 25) stadtlick vnde prechttch genoch thogghn, vnde vull vp syn müste, also bat ydt vngelöuelick YS, wo vcle gemestede Offen, Schape, Schwyne, Gense, Höner, Cappui8) Diele: Flur. — 19) wer. — 20) Wunde« martern, etwa wun­ den d. h. verwunden und martern? Sakramente« ist fluchen. 2i) bauen: oben. — 22, weren: fuhren? — 23) Rütinge« find Schwerdter, wol mit rüden: rotten verwandt. — 24) züch­ tigen. — 25) Hofhoch-eiten.

Russow Üeflluötfche khronik 1584.

319

tun, Wildtbredt vnde Fiffcke, eabe wo ««»«ich käst Be«« dp einer Koste vorteret sink geworden, So y- doch dar bisse Drwodt gtoutt2t) worden, bet fe keinen Wyn geschencket, vnde ock richt mit Sülvern Lepeln grgeten, vnde vth Sülver» edder Stirnen Bekern nicht gedruncken hebben. (Nachdem ebenso von den K i »d taufen (Kindelbeeren) von den Lyfflendischen Wacken, Gastmähler welche di«Dörfer ihrem Herrn bei Abtragung des Zinses geben mussten, von den ^irch» messen (Kerckmissen) die im Sommer, wie die Hochzeiten zvifcheir Weihnachten und Fastelabend, gefeiert wurde« und vom H Ao» Hanns Feuer und den dabei gewöhnliche« Schwelgerei« je» redet woroen, schließt der Derf. $2.) Wowol Gott de Almechtige de Prouintz Lyfflandt mit der vnuorfelscheden vnde reine» Lere desHylligenEuangelij, nah ver­ möge der Augiburgiffchen Konfession, gnrd,glichen begauet hadde. So weren doch ahn »elen erden in Lyfflandt nicht vele cho fin­ den» de van Gode- Word« vnde vom Kerckengange wat vusten» besondern2 ehre meiste flyt2T) y« alle Sondage binnen lande-, Insonderheit by den Buren vnde Landtfryen gewesen, tnth he eine Räder tho dem andern, de gudt Beer hadde, euer eim ebbt* twe myle gereden ys, vnde fick dar den ganhen Sondach dartho den Mandach guder dinge gemufft, de orsaken auerst, wrdürch ft in solcke loddenge2") »nbe vorachtinge des Kerckengange, gera­ den sint, fint bisse, Erstlick, dat in dem ganhen Lande nicht ein« gude Schale gewesen ys, de doch einen schlechten Predige der Bndüdschen Sprake erfahren, gegeuen hedde, derhaluen de Lercke» in mangelinge der Scholen vele Zahr lanck ganh wöste stmdea vnde vorsylle», Thom andern, ys dar wor ein Pastor ly der kercken gewesen, desüluige ys gemeinlick ein Bthlender, »we der Bndüdschen Sprake vnerfaren gewesen, vnde Hesse de» Düleschen Düdesch vorgepredigtt, Welcke« die BndLdeschen Boren njcht hebben vorstan können, derhaluen fint fe allewege vth der tercke» gebleuen, vnde fick tho der lodderige") geweanet, vnde nustep dennoch den Pastoren besolden, dar der Püdeschen ein yder man einen Schlucken JarljckS thog egeuen, Thom drüdden, d»t de Ordenshern, vnde Biffchoppe fick der Armen Buren Selen Heyl vnde Wolfart gar wrinich bekümmerden, Dann ft gedehten.

26) geübt.— 27) fiyt: Fleiß. — 28) kodderige: lüdet ch er Wesen, Lodderei.

220 Dritter Zeitraum bis jum Lude des breißigjLhr. Krieges.

zdt wer« er« Baderlandt nicht» vndr wertn man tarnet vth, wo ft nan tho tttn Dagen genoch hebte« mochten.

«.Bruchstück. Von der Bürger Thun und Wesen. (8. 33)

Dat bet Borget tonbt vnde roesendt in den Steden, th» bissen tyden gewest ys: kan solcks ock hyr körtlick vnuorvermeldet «licht iliutn, dann de borget vnde koplüde in den steten der au«rflobt, *•*) Hoffart, pracht vnde pral fick ock nicht weinich beflytigt beten, vnd als eines KopmanS Koste ebbet hochtydt, sscholde gehvldm werden, do hefft man allewege einen Sondach dartho genam'n, vnde eines Werckeldages Hochtydt, rotte eres bedünkenS ei eine grote verklemeringe, vnehre vnde schände gewesen, vnde schen Trvmpetter mit einer resolution, nächst Kommenden Morgen«, den Zehenden dito, wieder abzufertigen, vnterdes aber die gantze Bürgerschafft, nebenst den Soldaten, die Nacht über, auf dem Walle im Gewehr gewesen, vnd des Fein­ des erwartet hatte; vermeinten sie: Weil der Feind, die Nacht über, sich stille gehalten, würde es nunmehr bey Hellem Tage nichts sonderlich zu bedeuten haben. Bevorab, da sie des vorigen Tages gesehen, wie der Tilly etliche grobe Stücke Geschütz ab­ führen lassen: Vnd deswegen, daß die Kevserliche, wegen vorhan­ denen Entsatzes (wovon sie, ohne das, gewissen Nachricht gehabt) zum Abzüge sich schickten, gemuthmasset. Giengen also die Bür­ ger der halbe Theil, ihrer vorigen Gewcnheit nach, als die vor dismahl nunmehr ausser Gefahr wertn, vmb fünff Vhre des Morgens zu Hause, vnd begaben sich zur Ruhe: In deme der von Falckenherg ») nach dem Rathhause, den Tillyschen Trompetter, nebenst dem Rath zu depeschiren, geritten war. Aber wie jenne am besten ruhen wollten, die übrige auf dem Walle, mehrentheils müde vnd fchläfferig, keines Vnheils, vie. weiniger eines Generalsturms sich befahreten, diese aber in emb siger Berathschlagung begriffen waren: Siehe, da richten die Keyserliche vnd Ligistifäe ihr Vorhaben erstlich zu Wercke, vnd fäl let der FeldMarschalck Pappenheim, nach sieben Vhren, wie vo 1) Der ihnen von bev Schweden zugesandte Feldherr.

384 Vierter Zeitraum bis -egen Mitte des izttn Jahrhunb. gemeldet, das nette Merck bey der Newstadt mit ganzer Macht an, nachdem er dem Bolcke die Losung, Jesu» Maria, vnd ein weiß Bändlein den Arm zum Abzeichen gegeben; treibt der Soldaten, deren etwa funffzehn auf dieser Post gewesen, aus der faussebray, auf den Oberwall, lasset den Oberwall auch bald in einer furi anlauffen, tnb war schon bis über die Brustwehre kommen. In deine, der von Falckenberg nach empfangenem Lär­ men, eben damahls vom Rathhause, mit etlichem Bolcke, so n> in der Eil zu sich genommen, angelanget, vnd ihn dieses Orts mit Berlust wieder zurückgetrieben. Dnterdessen man der hohen Pforte auch angesetzet, vnd, weil daselbst die Wacht gar schlecht bestellt war, bald Meister gespielet. Dann die wermg Soldaten, so allda verhandelt, waren schläfferich: Der aber auf der Schildwache stand, suchte seinen Femd im Birscn, vnd ward der heranstetgenden Keyserlichen nicht ehe, als Mit den Streichen gewar. Daher auch die andern leicht übermannet worden, vnd der Femd übern Wall bis an die Pforte kommen. Ob nun wol hierauf überall Lärmen m der Stadt entstanden, vnd man die Sturmklocke zu leutcn bcgitnt, auch nochmahln tapffer gefochten, Worüber, vntcr andern Qvint von der Brücke Obriste Lieutenant vom Savellischen Regiment, so vor diesem dem Könige nach dem Leben, gestanden, vnd deswegen ausgerissen war, seinen rest empfangen. Ist doch, da der von Falckenberg, vmb diese Gegend, indeme er dem Feind zurück zutreiben sich her 't}b Thür eingeschlagen, da hatte er sich garstig zugerich­ tet, hatte keinen Kraget» um, und em braun ledern WammeS und graue tuchene Hosen an, und alte Stiefel. Gieng also ne­ ben der Mutter, und hat mich offtmahls, wenn es etwa an em Gedränge kam, m den Gaffen durchgerissen, wie ein Soldat, und >Ur Mutter gesagt: Frau gehet fort zc. rote man sonst zu jemonb fremdes sagen möchte. Als wir nun also durch ein paar Gassen gegangen waren, sahen wir unterschiedliche Todten an einander liegen, mussten pst tm grossen Gfdräng über dre todten Körper lüuffen und schreiten. Unter andern sahen wir auch einen Bauer oben aus einem Giebel herunter werffen, welcher mrt heissem 9) unter diesem Borwande.

K. Friflus: vom mazdeburgifchen Unglück um 1660. 399 Wasser verbrennet fipatj, und gewaltig rauchte. Dieser lag auf der Gasse welzte sich und schne erbärmlich. Ferner lag eine Magd auf btt Gasse, welche Fleisch in einem Handkcrbe getragen die war also erschossen worden, und stund ein Hund darbey, welcher da- Fleisch fraß. Der Soldat aber gieng endlich in ein Hauß, und wrr ihm nach, daselbsten sagte er: Er müste uns Kindern etwas }u essen und zu trinken holen, denn es wäre sehr weit in das Lager, wir konnten sonst nicht austauren, stieg da­ selbst »n die Esse, und langte Würste und Speckseiten herab, er­ griff «inen bunten Türkischen Teppich, darein bände er die Speck­ seiten und Würste, und trug sie also hinaus. Unterdessen assen wir Kinder von dem Brodt, so wir mitgenommen. Es waren aber bey etliche zwantzig kleine Kinder tu dem Hause, die liessen zu unserer Mutter» und weiten auch Brodt haben. Diesen Kin­ dern theilete die Mutter fast das halbe Brot aus. Der Soldat liess auch in den Keller, und brachte in einen, Eymer Sur her­ auf» da trunken Wik, und wurden erquickt, hernach giengen wir ein wenig hinaus. Unterwegens begegnete ein Soldat der Mutter, und riß ihr die Schaube Vom Leibe» ein anderer,wolte die Kinder-Frau, so die kleine Schwester Anna Magdalenen trug, anpacken, aber un­ ser Soldat nahm sich ihrer an, da ließ er sie wieder gehen. Wir sahen sehr Viel Todte auf den Gaffen, und etliche Weibs-Perso» nen gantz entbloffet liegen, welche mit dem Kopff in ein grosse» Brau-Faß, so in der Gasse voll Wasser stund» gestürtzt, und ersäufft waren, aber mit dem halben Leib und Beinen heraus Hun­ gen; welches ein erbärmlich Spectncul war. Endlich so half uns der liehe Gott durch die Pforte, da die Eroaten herein geritten kamen, und immer neben uns darnieder hieben auf den Wall, von dannen kamen w>r auf die rechte Hand hmum, pnd wüsten also den Wall hinunter hutschen. Wir lode­ ten alle und danketen Gott, der uns aus der Feuer- pnd Krie­ ge»-Noth heraus geführet hatte, von Herzen; Jnmassen ich denn auch jetzo diese Stunde seiner göttlichen Allmacht por väterlichen Schutz und Erhaltung, Lob und Danck sage. In solchem unserm Herab-klettern vom Wall, sahen wir ei­ nen seltzamen Handel: Denn ein Soldat hatte in der Stadt ein paar schone grosse Ochsen angepackt, und wolte sie hinaus führen, vermeynete auch eine« Milonis») Stärke zu haben, und die 9) Mrlo hatte nach des Athenäus Erzählung sich gewöhn- »in Kalb

3oo Werter Zeitraum bis gegen Mitte des igfen Jahrh. Ochsen wohl -u halten, hatte den Strick um den Leib gegürtet, und führete tue Ochsen also vor sich hm. Aber dieselben waren von dem Blmcken des Gewehrs der hineinbringenden Croaten und auch vor dem andern Getümmel toilbc worden, rissen mit dem Kerl aus und den Wall hinunter. Es war als wenn der Mensch flöhe, *•) die Ochsen treffen bald die andere Seite wreder hinauf, und schleiseten den guten Stümper hinter sich her, wel­ cher über dre Massen schür; ich halte, sie haben ihn endlich zu tobe geschleifft. Nach dresem kamen wir ins Lager zu des Soldaten Hütte, welcher eine Frau hatte, die eine Nürnbergerrn war. Dieselbe empfieng uns nrcht gar zu freundlich, sagte zu dem Mann: was den Teufel bringst du? du bringest dre Hütte voll Kinder, ich dachte du brächtest Beute. Der Mann stillete sie mit diesen Worten: Ec hätte bie Bübel müssen heraus füh­ ren, Gott würde ihm schon Beute bescheren; Legte darauf fernen Teppich Mit den Speckseiten nt dre Hütte, darauf satzten wir unö, und waren froh, daß wir nur ent wenrg Sicherheit und Schutz fabelt kunten. 2)ie Soldaten-Frau gab sich endlich auch zufrieden, denn sie kochte ihren Ofhcierern deö Regiments, und hatte tit'f zu schaffen mit dem Essen, da halff ihr die Mutter anrichten, kochen und braten, und grenz ihr zur Hand wre eine Magd. Der Soldatenfrau gefiel es aber sehr wohl, daß die Mutter ihr halff, und Effen machte; Jmmaffen denn die drey Tage über, die mit bey dem Soldaten waren, die Mutter seel. stets der Frau mit Kochen zur Hand gieng. Diese Nacht ungefähr um 11 Uhr, stunde die gantze Stadt Magdeburg im Feuer, und führte uns der Vatee seel. aus der Hütten, damit wrr die Zeit unsers Lebens davon sagen tönten. Es war im Lager, welches doch eine so grosse Weite von der Stadt gelegen, alles helle, daß man einen Brief dabey lesen kunte, von der grossen Feuers-Gluth. Des andern Tages den u May, gieng der Sötdat mit sei­ ner Frauen in die Stadt, und holeten Beute. Die Mutter muste unterdessen das Kind de- Soldaten- warten, und das Es­ sen versorgen, welches sie denn willig und gern that. Wir mach­ ten die Hütte zu, und faß der Dater stets darinne, damit man

F. Frisius: vom magdeburgsschen Unglück #m 1660. 301 ,ha nicht tonnen möchte. Er funte aber durch bad ©lös der Hütten sehen, reie viel gute Freunde, Bekandte und Bürger, auch Weibs- Personen, gefänglich durch das Lager an Stricken geführrt wurden. Und hatten wir Gott höchlich zu banden, daß w,r noch so ledig gehen und bleiben tunten. So bald aber be­ kandte aus der Stadt gesühret wurden, welche die Mutter ohngefähr herraussen für der Hütte an dem Feuer sahen, war dieses das allerärgste, daß sie alsbald die Mutter anredeten und sagten: Frau Stadtschreiberfche, seit je ock herut? Wie ge­ het es zu? könnt je so herum gähn? ick muß my ran» zionieren, wanne je hebben et guth. Gönneten uns also die elenden Leute unser Glück nicht, und hätten uns tnit ihren leichtfertigen Reden gar bald in grosses Unglück führe» können. Nach diesem kam ein Soldat an die Hütte, welcher unserm Soldaten zusprechen wolte, der Vater hatte sich ein wenig auf das Soldaten Bette geleget, so gantz hinten stund, und ma» nicht wohl dasselbe sehen tunte, die Mutter aber saß an bet Hätten und weinte. Wir Kinder fassen um sie herum, und hät­ ten gerne getrunken. Da erzehlete der Soldat, und wiese, was er vor Deute bekommen, nehmlich alle Finger voll Ringe, jnit treflichen schönen Steinen, welche er ansähe, und sich darübet freuete. In diesem forderten wir Kinder Trincken, die Mutter aber hatte so viel nicht bey sich, eine Kanne Bier zu bezahlen, da gab der Soldat fast aNderthalben Thaler der Mutter, daß (Te uns Kindern feite Bier lassen holen, und musten uns also unsere Feinde durch Gottes wunderbare Schickung Mittel geben, uns zw erhalten. Hierbey erkenneten wir, daß Gott diejenigen »i«h» »erlöst, die auf ihn hoffen, und seiner Allmacht festiglich vertragen, dafür sey ihm Lob, Ehr und Danck gesagt. Gegen Abend kam der Soldat und seine Frau wieder, und brachten treffliche Beute an Geschmeide, Geld und köstlichem lei­ nen Geräthe, und sagte der Soldat! Es hätte ihm Gott solches deswegen bescheret, weil et die kleinen Dübel hätte heraus ge» führet, expoitulierte auch mit seiner Frau, daß sie gestern ihm verwiesen, daß er die Hütte voll Kmder gebracht, und war wohl zufrieden mit seinem überkommenen Glück, und danckete Gott, welches denn leicht von Soldaten nicht gebräüchlich ist, es war ein Gottesfürchtiger Mensch, und sehr barmhertzig. Gott vergelte ihm die Wohlthat, so er disfalls an uns that, ewiglich, den» wir auch am Jüngsten Tage solche Wohlthaten rühmen werden.

Zar Vierter Zeitraum bis gegen Mitte des igtat Jahrh.

DeS 3 TageS muste der Soldat auf die Wache ziehen, dahtr er lins nicht funtt nach Gommern bringen, wie er versprochen. Er richtet aber sonsten Gelegenheit zu, daß n»r mit einem Lieu­ tenants ? 5Biiqtn lieben andern Magdeburgischen Leuten, nach WolMirstädt 2 Meilen von Magdeburg gelegen, kamen"). Am i3 May frühe vor Tage führte unü der Soldat zu dem obgesagten Lieutenants t duattitr, welcher un< nach Wvlmirsiädt führte, und begehrte kein Geld noch Ranzi-.n von une, welke auch nichts haben, und sagte: Gott hatte ihm genug bescheeret. Doch endlich nahm die Frau noch von uns dir zwey silbernen Ses­ sel, die die Mutter in der Küchen, wie obgedacht, eingesteckt hatte. Und also fuhren wir in aller Frühe des Morgens in einem Leiter-Wähngen, es waren über funffzrhn Personen, fasten wie die Gänse und Hühner über einander, und kamen zu Wolmir städt um io Uhr also an. Für diese Reise muffe der Dater dir Perlen Hut-Schnüre, so wir noch aus Magdeburg bracht hat­ ten, geben. Zu Wolmicstädt herbergett uns eint arme alte Frau» und verMeynete der Vater, damit er desto besser fortkommen mochte, dev dem Commendanten, welches ein Major war, und auf dem Schlosse daselbst lag, einen Paß zu erlangen, gieng auch deswe­ gen mit uns Kindern hinauf. Es ahnet« mir aber, daß ein groß Unglück fürhandrn seyn möchte, und bat den Dater von freyen Stücken, er solle doch ja nicht auf daü Schloß gehen, denn mir wäre gar zu bange vor dem Schlosse. Der Dater aber kehret« sich nichts dran, sondern ging hinauf. Als wir nun bey der Majorin Audienz bekommen» fielen wir Kinder alle auf die Knie, Und der Dater bath m/t beweglichen Worten, sie wolle doch bei ihrem Herrn eine Dorbitte einlegen, daß wir einen Paß bekämen, darauf sie hinein zu ihn» gieng. Unterdessen kam ein Rathsherr, welcher an bett Händen geschloffen, doch gehen kunte, gegangen, und als er den Vater sahe, sprach er: Glück zu, Herr StadtSchreiber! seyd ly ock entkommen, Gott löff jy hebben et gut, jy können ledig gähn, wo jy hin wyllen, ich bin angeschloten, jy füllen vielmehr alö ick gefangen sien, u. f. f. und was dergleichen Reden mehr waren. Schalt und fluchte greulich, daß er gefan­ gen, und andere Leute ledig waren, hätte auch gerne gesehen, daß ia) Qi fehlt eine unbedeutend« Nebengeschichte-

F. Frifius: vom magbtburgischrn Unglück um 1660, 303 e« seinem Nächsten auch also, und wohl Leger, ergangen wäre, al« ihm. Darauf wurde bttii Dater angst« und er wäre gern vom Schloß gewesen, bat den Mann er svlte ihn doch rucht ver­ rathen, er hätte die armen Kinder da, er feite ihm doch nicht in so groß Elend bringen, Gott würde ihm auch heissen; aber «» fruchtete wenig, denn er schalt und fluchte fort, nennest den Da­ ter zu vielen mahlen Stadt-Schreiber, und war der Me> sch un­ ser groß Unglück. Gott aber hielte, halte ich dafür, der jtf*jor.n und andern Gesindes Ohren, daß sie diese« nicht hörete, und als sie uns gesagt, daß ihr Herr keinem Menschen einen Paß geben diirffte, machten wir nicht lange Federlesen«, sondern giengen gar geschwind wieder hinunter. Der gottlose Mensch hatte un« aber doch verrathen, und gesagt, daß der Ober-Stadt-Schreiber da wäre gewesen. Darauf liessen sie un» im Logiament suchen und da« war unser groß Glück, daß wir eben auf der Wiese, welche hinten an dem HLnßlein war, an einem Wäfferlein fassen, und Bet-Stunde hielten. Da kam die alte Frau gelausten, und warNete un», daß wir ja nicht solten in« Hauß gehen, deß wegen gingen wir an den Büschen auf der Wiese hi»^ und setzten un« in Wn dicksten Busch, und warteten biß an den Abend. Letzlich so krochen wir herfür, und blieben in der Scheune liegen. Dr« andern Tage« den 14 May sagte «tt» die Wirthin, daß zu Barlebrn in einem Ddrffe, eine Meilwegt« nach der Stadt wieder zu, wären Marquetrnter» btt führen nach Halberstadt, mit denen konnten wir un« aufdingrn und hinwrg kommen. Da­ her wir gegen den Mittag hinweg nach Barleien zu giengen, und kamen gantz zu Abend hin, fassen Vor dem Dorste, und hätten gerne Herberge gehabt. Da erbarmete sich eine Wittwe, ein« arme Frau, über un«, und nahm un« auf; doch müssen wir in einem kleinen Stübgen vorlied nehmen, und un« darin behelffen. Da« war nun voller Pferde-Mist und Stroh, sie gab un« auch etwa« Brod und Käse, auch ein Licht, daß flut ha« kleinste Kind, Anna Magdalena stille schwiege, und durssttn wir un« nicht re­ gen, wegen de« Soldaten» so im Quartiere lag, welche« ein über die Massen arger Kerl, und selbigen Abend he, seinem Camrrqden zu Gaste war, für diesem warnte un« btt Bäuerin sehr, daß wir un« ihm nicht solten merken lassen, und Gott gad Gnade, daß dieser Sturm auch für über gieng, und selb« Nacht sicher seyn tunten. De« Morgen« den iS May 16J1 gieng der Vater alfvbald zu den Marquetenitern, und fragt«, ob sie nach Halberstadt füh'

304 Vierter Zeitr«um bis gegen Mitte deS igten Jahrh.

teil, und als er solches erfahren, dingete er mit ihnen und fahtr uns 4 Kinder IN die ledigen Fässer und fuhren also mit zwey Wagen hin. Endlich kamen wir mit Gottes Beistand nach Hak. Lerstadt, und so aus diesem grossen Sturm und Unglück davon, dafür wir Gott Zeit unsers Lebens Danck zu sagen haben.

XXXI.

Adam

OleariuS: Reise.

moskowitische und persische 1656.

Adam Olearius (oder Oehlenschläger), 1600 *) (nach andern 1599 oder 1603) zu Aschereleben im Fürstenthum Halberstadt ge­ boren war der Sohn eines Schneiders. Er bezog die hohe Schule zu Leipzig und wurde dort Magister und nachher Assessor der philosophischen Facultät und de» kleinen Fürstencollegiums ssollegiat. Nachher trat er in die Dienste des Herzogs Friedrichs HI von Holstein-Gottorp als HofmathematlkuS und Bibliothekar und als von diesem i633 eine ansehnliche Gesandschaft (bei welcher auch F. A. ». Mandelslo und der berühmte Dichter Paul Flemming sich befanden) an seinen Schwager den Zaar Michael Fc-eorowih nach Rußland geschickt wurde begleitete sie Lleanus als fürstlicher Rath und Sekretair und ging auch mit derselben zum zwe«tenmale i635 nach Rußland und von da nach Persien zum Schach Sesi. Don dieser Re,s«, von welcher die Gesandschaft i63g wieder in Gottorp anlangte, gab er eine mit Beifall aufge­ nommen« R e ise beschreibung heraus; welcher er auch eine Uebersttzung des didaktischen Gedichts des pelsifchrn Dichters Sadf *) Gulistan oder da» Roftnthal und der arabischen Fa­ beln de» kvkman») hinzufügte. Diese Beschreibung enthüll viel Merkwürdige« und ist in dichterischer Rücksicht wegen vieler ein­ gestreuten Sonette Flemming» zu beachten, an fabelhaften Dar­ stellungen fehlt es indessen auch nicht. Andre Schriften von Olea» 1) ES ist hier 1600 vorgezogen worden, weil in der Auegade von 1656, die im May gedruckt wurde, bei Oleariu» Bilde steht, 55 Jahr alt, also di« Jahrrzahl 1603 wenigsten» falsch sän muß. — 2) Der persische Dichter Schutz Sädk lebte n>5 Dt« 1293, ms:ft« also 118 Jahr alt geworden sein. —nb Festung, wie es das Wort Kaie gibt, ist mittelmesfiger grosse, mit sehr hohen Crdwänben vnd vielen hoch zugespitzten Rundelett vmbgeben, welche NicolauS HamnnuS für viertzig Thürme ange­ sehen hat. (Diesen Autorem, welcher im Jahre Christi 1625 selbst dort gewesen, habe ich, nach bericht Jean. de Laet in sei­ ner Beschreibung, am aller warhafftigsten befunden). ES ist die­ ses Schloß allezeit mit vielen Soldaten besetzet, der König woh­ net selbst nicht darinnen, sein besser Schatz aber vnd da- Zeughauß von allerhand Krieges Rüstung ist daselbst anzutreffen. Sonst ist auch auff der andern seiten des Maidan in einer ab­ sonderlichen Gasse ein ander Freyhauß, Tschehil Sütun genandt, bekompt den Nahmen von viertzig Balken. Dann daselbst erne Mettzid, hat in der mitten eine dicke Säule, auff welcher vierhig Balcken zusammen fchieffende ruhen, vnd die Decke dev Kir­ chen tragen. Zu dieser Kirchen seynd die Perser häufstg gelauffen, als Tanterlanes seine Rebellen straffen wollen. Cr hat abee nur die Kirch, vnd die darinnen gewesen, verschonet, vnd die an­ dern auff dem Kirchhoffe vnd neben Gebawen, alle nieder scbeltr vnd den Hoff herumb emrelssen lassen. Schach Jsmacl aber hat selbiges Gebäw wieder ergäntzet, vnd selbigen Ort zu einem Asa Io gemachet. Um Südertheil des Maidans ist die überaus grosse prächtige vnd köstliche Kirche, so Schach Abas zu bawen angefangen, auch fast vollendet hatte; Schach Sesi ließ ju vnser Zeit nur noch

3i4 Vierter Zeitraum bis gegen Mitte deS igtett Jahrh. eine Wand mit etlichen Marmelsteinen Taffeln bekleiden. Sie ist gewidmet dem letzten ihrer 12 Jmamen, Mehedi, welcher bey Kuhi m eine Grube fol gegangen seynd, trieb, wenns Zeit ist, wieder kommen, auf Aaly Pferd Duldul herumb reiten, vnd bte Welt zum Alcoran bekehren. Worvon bey befchreibung jhrer fReligton mit mehrern fol berichtet werden. Daher wird sie genandt Mestzid Mehedi Sahebeseman. Man gehet zu derselben Uber ein mit grossen Quadersteinen aufgesetztes Pflaster, auff wel­ chem eine groß viereckte Eisterne, zum waschen derer, die beten gehen wollen. Hinter diesem Brunn kömpt man wieder 2 Stuffen höher auff euren engeren Platz, vnd dann aber eine Stuffe biß zur Kirchen. Die übersten Stuffen seynd zwar von Marmor, haß aber, wie Johannes de Laet, auö relative Nie. Hemmio setzet, drcyzehen Stuffen aus einem Marmelstein gehawen zur selben Mestzid hinaus gehen sollen, habe ich Nicht sehen können. Dte Porte ist aus fern außgehawenen Marmor auffgesetzet, vnd so hoch, alö die zu Solthame an der Mescbaich Chodabende. Die Thür sr auff beyden seiten m starcken Angeln gehet, ist mit dickem silbern Blech, vnd an etlichen Orten vergüldet, überzogen. Wenn man durch die Pforte kömpt, seynd auff beyden selten hochgewölbete breite Gänge, vnten mit Matten belegetr auff welchen sie beten. Diese Gallenen gehen rund vmb einen grossen JIejat oder Hoff, in dero mitte abermahl ein grosser achteckter Brunn oder Eisterne, so voller Wasser biß oben an. Oben über den grossen Gallenen seynd andere kleinern, gegen dem Hoff mit Marmelsteinen vnd mit Gold gezierten Säulen besetzet. Wenn man übern Platz gehet, kömpt man hinten zu der Hauptkirchen, woselbst der Mebeiab vnd Catlnb oder Altar vnd Cantzel anzu­ treffen. Der Eingang ist ein bewölbeter Schwibogen, so hoch, daß man fich darüber verwundern muß, ist mit blaw glasurten vnd Gold durchstüchenen Steinen allenthalben besetzet, die Kirche an jhr selbst ist sehr groß, hat etliche Sinus vnd Winckel, hoch vnd Mit vielen schönen Marmelsteinen Pilaren vntersetzet. Zur Rechten dieser Kirchen gehet man durch eine Pforte in einen ab­ sonderlichen zierlich gebaweten Hoff. Daß kostbarste tm ganhen Ecnerat war, daß alle Wände in den Gallenen, Höfen vnd Hauptkirche vnten über vier Ellen hoch als Spiegel glat polierten Mar­ mor besitzet, vnd zwar an Taffeln, welche alle in der länge über Mannes höhe, vnd etwas schmäler mit zierlichen Absetzen eingefaflet. Der Meherab war, ohne die auff den seiten gesatz/en UDO Säulen,

aus

einem Steine gehawen.

Der Marmor so

Adam Oleanus: uioskowit. und perf. Reise »656. 31$ meisten theil ganh weis, wird in dem Gebirge Eiwend gebrochen. Es hat Schach Abas dergleichen Mestzid dem Mehedi zu Ehren, aber viel kleiner als diese zu Tabris auffsetzen, vnd den Mar­ mor, welcher als Krerde weiß vnd auch als em Spiegel fol po­ lieret seyn, von Ervan bringen lassen. Sonst seynd rn Jspahan neben dieser hm vnd wieder unzehltch viel Kirchen vnd Capellen. Dem Maidan ferner zu beschreiben: so stehet auff dero mit­ ten mcht ferne von des Königes Pforte eine hohe Stange, als bey vn< die Segelstangen, auff selbige stecken sie bißweilen eine Melone, Arpus oder Oepffel, auch wol ernen silbern Teller mit Gelde beleget, nach welchem der König mit seinen Chanen vnd grossen Herren in vollem 6iuritr zu schiessen; vnd darbey grosse Wetten zn setzen pflegen. Wer das Ziel trifft, oder durch wet­ ten den gewinst darvon träget, muß Wirth seyn, zu dem kömpt der König mir den andern Herren. Das vom Lecker herunter geschossene Geld aber gehöret für die Lackeyen. Die grossen Her­ ren pflegen auch an selben Orte em Sprel Kuitschaukan genandt, zu halten, da sie gleichfals zu Pferde im Currer mit einem darzn gemachten Stabe einen Ball oder höltzerne Kugel nach einem gewissem Ziel zu schlagen vnd zu treiben pflegen. Sre üben sich auch mit dem Tzirid oder Wurffspieß Item mit Wetterennew darzu dann die auff dem Mardan eben vnd vnten gesatzte zwey paar stumpffe Polaren als Ziele dienen müssen. Es stund vnten am Mcndan em klein höltzern Hauß auff vier Rädern Schanrschin genandt, in welches der König bißwerlen bey solchen Spielen vnd Fewrwercken sich zu setzen vnd an beliebende Orter zu führen pfleget. Neben diesen findet man auch Wahrsager, welche gemeinlich an der Westen seiten nicht ferne vom Dewlet ebane sitzen, vnd ihren Kram außgeleget haben. Don diesen fol bey der Perser Su­ perstition gesaget werden. Gegen dem Rordertheil des Maidans findet man etliche Schenck Tabernen. Als: 1) Sihire dune, ftynd Wcmkruge oder Schencken, in wel­ chen meist vnzüchtige Leute sitzen. 2) Tzai Chditai chane, m welchem Kruge sie ein fremkd warm Wasser 7) trinken, darvon bald mit mehrern. Bey solchen trmcken haben sie das Bretsprel oder auch das Schachspiel vor sich. Mit diesen wissen sie noch meisterlicher als die Russen, 7) Es meint Olearms hier nichts ander- als den Thee f Brachst. III.

gr6 Vlerttr Zettraum bis gegen Mitte des igtm Jahrh. wel&e auch darinnen wol geödet, vmbzuqehen, vnd sagen, daß «S von ihrer Nation erst erfunden sey, wie eS auch der Nahm Schach, welches tin König Heist, andeutet. Sre nennen das Schachspiel t-edrens. Hundert Sorgen, weil es vrel nachsinnens gtf't, vl b man aufs vielerlei» Vmvstände seine Gedancken richten muß. Wer aber der erste Erfinder dieses Spiels gewesen, habe ich im Persischen Mtostnrhal tm 7. Buche. Hist, iz») außführl,chen Bericht gethan. Ä Kahw-h cMite ist em Krug, ,n welchem die Tabackschmaucher vnd KaW eh ') Wasscrtrmcker sich finde» lassen. Iw solchen dreyen Krugen finden sich auch Poeten vnd Historici, wel­ che ich mitten tm Gemache auff hohen Stühle« fitze» gesehen, vnd allerhand Historien, Fe'eln vnd erdichtete Drnge erzehlew hören. Zm erzehlen phantastren sie mrt einem Stöcklem, gleich die, so aus der Taschen spielen. Nicht ferne von diesem Gelage findet man auch zweyerley Balburer in Tabernen vnd Buden sitzen, deren etliche, Clmurgt, Tz« trab genandt, so nur Wunden hei­ len, vnd nicht putzen. Andere aber, welche nicht eurrren, son­ dern nur das Haar abscheren vnd putze» können, nennet man Dcllak. Ante» am Rorbertheil des Mardans gebet man zum rechten Basar, woselbst eine grosse Kanerie, darinnen die köstlichsten Wähnn anzutreffen. Ueber desselben Eingang hanget eine grosse Uhr, welche zur Zeit Schach AbaS ern Engelländer, Nahmens Tessi, fol gemacht haben. Ist anfänglich, weil man rn qantz Persien weder Glocken, »och so grosse Stadt Uhren hat, für «in Wunderwerck gehalten worden, war aber zu vnser Zeit vngangbar vnd verdorben. Der Mcrster auch vmb eines Todschla­ ges willen, welchen er an einem Perser verübet, nieder gesäbelt worden t0). Weil nun m Jspaha» so grosse Handlung vnd Kauffmannschafft getrieben wird, findet man auch h,n vnd wieder sehr viel Carwansera, ,n welche man »iS grosse zu handeln pfleget. Diese " 8) Dort bemerkt Qlcarms ans emem alte« holländischen Buche, daß Schachspiel fet am Hofe eines tyrannische» Königs Elmaradab zu Babylon von emem weisen Meister Philometor erfunden worden, um bte Glückseligkeit eines wohlregrnenden und Gefährlichkeit eine» übet lebenden KonrgS abzumahlen. Das Taftlbrett fet auch vier­ eckt nach der Form der Eradr Babylon. — 9) Dom Kaff« s. Druchst. III. — ich ES stylt ErmgeS von den Krämern«» und Münzen der Perser.

Stbom OleanuS: moskowit. und pers. Reife 1656. 317 seynd, wie oben allbereit gedacht, grosse Hoffe, mit hohen stei­ nern Mauren ins Vierecke auffgebawet, vnd rings herumb mrt zwey vnd drey Fachen Gemachern, Cammcrn vnd Gallenen über einander, in welchen die frembde Leute so wol zu wohnen, als zu adlegung jhrer Wahren bequeme Gelegenheit haben können. Vnter andern schönen Eebawen in der Stadt war nicht das geringste des Königes Marstall, an welchen ein zrerlrch hoher Thurm Keleminar genandt, ist von Hirsch vnd Aalm Hörnern vnd mit Erde verwischet auffgesetzt. Die Thiere von densetblgen über zweytausend stück fol Schach Tamas m einer Jagt gefallet vnd von den Geweihen zum Gedächtniß diesen Thurm aufffttzen lassen. Ausserhalb der Stadtmaur am Südertherle nrcht ferne von der grossen Brücke ,st der obgedachte sehr köstliche Gar Le Tzair bagh, dergleichen wir in Persien nrcht gesehen, bckömpt den Nahmen daher, weil durch einen Ereutzgang vnd Rrvn gleichsam in vier Gärten abgetheilet scheinet; Ist im Vmbkreiß auff fine gute viertel Meile begriffen, ins viereckt gebawet, vnd hat )eqliche serte eine Pforte. Der Sudertheil hat crncn Hügel, wel­ cher mit vielen Absätzen zierlich geleget; Auff beyden seiten vnd in der mitte wrrd das Wasser, so aus dem Rivir Sendenuh durch einen vnter der Erden gelegte Eanal sich hinein begießt, geleitet, spielet durch Rennen vnd gonteincn. Die Rennen waren von außgchawenen Steinen einer Ellen wert, Schnurgürch, vnd an den Absetzen schrat herunter geleget, daß es emen fctnellen Fall und Geräusche gab. In den Nennen waren viel kleine Röhren, dre das Wasser hoch auffwurffen. Item an vnterschredlichen Orten kleme Fontamen von weiffen Marmor, worrnnen sehr hohe Stralen spieleten, war lustig anzusehen. Das Wasser begstb sich aus den Fonteinen rn einen am vntertheil des Gar­ tens gelegenen grossen Teich, welcher aus der mitten auch das Wasser 12 Ellen hoch trieb. Neben diesem Teiche stund emes von den vier schönen Lusthäusern, so m den vier Ecken des Gar­ tens qebawet, waren inwendig nxt allenthalben vergütetem Laub vnd Blumweick gezieret. Die Eheiwan Lust - vnd Spatzrrgänge waren allentbalben mit schönen Tzmarbäumen, etüch tausend stücken, besetzet. Neben denen findet man auch viel fruchtbare Bäume vnd Weinstöcke, welche Schach Abas, der diesen Garten angeleget hat, von vielen Orten vnd Provinzen herbringen lassen, Als vnterschiedliche art Apffel, Birn, Mandeln, Fergen, Morellen,

3i8 Vierter Zeitrau» bis -ege« Mitte de- igftn Jahrh. Persischen

Granaten, Pomerantzen, Castanien, Wall-vnd Hasel-

Nüsse, Kirschen vnd Johanne» Becrbaume,

vnd darneben vieler-

ley

ott Weintrauben, deren etliche als Daumen lange vnd dicke Beer hatten» waren bräunlich, hart von Fleisch, ohne Kern, werden Hailage genandt.

E» seynd vier Gärtner sanipt viertzkg

Personen den Garten zu pflegen verordnet. Wenn die Früchte reiff seynd, ist jeglichem, wer nur vier Kasbek! (seynd Meißnischer Müntze neun Pfennig) gibt, vergön­ net hinein zu gehen, vnd sich in den Früchten satt zu essen. Darff aber nichts mit sich heraus nehmen. Vmb der Stadt Jspahan sinket man sechs grosse Rabath obst Borstädte. Derer fürnembste qröste vnd schönste ist Tzulfa, hat drey tausend Häuser vnd zwöff Kirchen, welche denen in der Stadt an kostbaren Gcbäwen nicht zuvor geben.

Ihre Einwoh­

ner seynd lauter reiche Armenische Kauffleute,

welche

Schach

Abas au» groß Armenia hierher versetzet. Dem König geben sie jährlich zwey hundert Tumain n) Tribut. Noch ist eine denkwürdige Dorstadt auf der Wcstenseiten, so

Kebrabath vnd die Einwohner Kebher genanndt werden, seynd auch reiche Kauffleute.

Diese

haben lange Bärte, tragen gar

»inen andern Habit, als die gemeinen Perser,

gehen in langen

vngebundenen Röcken, welche nirgend, al» am Halse vnd auff den Schultern offen, vnd mit Bändern geschlossen werden. Ihre Weider gehen ohne schew mit offenem Gesichte, man hält sie für züchtige fromme vnd gutherzige Leute. Sie seynd aber einer al­ ten Hrydnischenart, welche sich weder beschneiden »och tauffen lassen, haben auch weder Pfaffen noch Kirche». Was eigentlich jhre Religion sey, habe ich nicht erfahren können. Aber darnach hab» ich mit fleiß gefragen vnd erfahren, daß sie nicht mehr, wie die alten Kebber Jgnicolae (Feueranbeter) seynd. Dmb der Statt Jspahan werden 1406 Flecken vnd Dörffrr gezehlet, inwelchen allerhand Weber gefunden werden. De« Sommers ist zwar, sonderlich im Brach-vnd Hewmond zimliche Hitze daselbst, aber sie haben ihre gewölbete kühle Ge­ mächer, durch welch« da» Wasser geleitet, vnd die Lufft von al len feiten streichen kan.

Ztrm ihre tieffe Eißkeller, in welchen

11) Tumain war ein« eingebildete Münze 50 LbaS an Werth. Gin Aba» aber, eint SUbermünze, betrog etwa 8 fr. 3 pf. also ein Tumain etwa 18 Thaler.

Aba« OlearluS: moskowlt. und pers. Reife r6;6. gi­ sse das Eiß zu jhrer erfrifchung den gantzen Sommer durchholten tonnen.

IIL Bruchstück. Beschreibung des Kaffe und Thee. (S. 598 599).

Bei dem Tobacktrincken haben sie das heisse schwache Wasser Cahwee alsbald zur Hand. Es ist eine Frucht, so sie aus Mlsser oder Egypten bekommen, an der $ubst. nicht- zu sagen wüßte.

374 Vierter Zeitraum bis gegen Mitte des igtcn Jahrh. fälle zu seyn scheinen, nehmlich bie Ergiessungen der Regen, den Blitz der Donnernden Wolcken, Gewitter, Schiffbruch und Erd­ beben auf seinen Finger abwiege; trormit selbte al- Werckzeuge Nicht nur seines Zornes, sondern auch Erbarmens den für gesetzten Zweck erreichen, unsere Kercker erbrechen, und unsere Fessel zer­ schmettern. Darum last uns nur auch Gott, welchem kern irdischer Werckmerster an Fleiß und Klugbelt es zuvor thut, über uns und die Zeit btt Auffstcht und Emtheilung anheim stellen; und deß uns anvertrauten Pfundes behutsam wahrnehmen! Böses und Gu/es rrnnet aus diesem einigen Brunnen: darum last eS uns auch mit einerley Gesichte annehmen; und versichert leben: daß uns niemahls nichts Böses denn zu unserm Bestem begegne! Hierauff berathschlagten fit; wie sie nun ihre Rück Reise sicher anstell/n sotten; nach dem zwar allem Anseben nach jeder­ mann Thußnelden für todt und unser den Grause des mehrentheils eingeäscherten Schlosses begraben zu seyn erachten würde; Gleichwol aber in dem Gebiete deö so wachsamen Marbods sich lange auffzuhalten Nicht sicher, und keine Behutsamkeit genung; ja diese zuweilen die erste Derrätherin etneS Gehetmnüßes wäre. Diesem nach sie denn von den einfältig und guthertzigen KohlManne nach einer danckbaren Beschenckung Abschied nahmen, sich aber so lange verbargen, biß em Ritter m dem nächsten Dorffe ein geringes Kleid und Pferd erkauffte, und dahin brachte wel­ ches einer unter ihnen an statt fernes, das er Thußnelden zur .Verkleidung geben musst, gebrauchte. Nach dem auch auff der Eheruskischcn Gräntze DaruS viel Römisches Kriegs - Bolck zu­ sammen führte, das Saturntn wieder den Marbod führen folte, Thußnelde auch noch zur Zeit ihre Vermählung nicht für thulich; 18 Vierter Zeitraum bis gegen Mitte des isttn Jahrh. es auch diesen Flüchtlingen, die bisher gantz verschiedenen Nei­ gungen gefolget, vorkommen mochte, daß sie nunmehro nebt», «nd unter einander, wohnen sollten, so musten sie eS doch noch für eme Wohlthat rechnen, daß sie nicht dem neuen KvMe der Marcomannen auSgelicffert wurden. Diese wurden der Verände­ rung eben so wenig frohe, da btejemgm, so, tun IX Ta oho du um verhaßt zu machen, d:e Freyheit am meisten gerühmet, nachdem sie das Hefft in die Hände bekommen, ihnen thn so wenig d>.von gemessen liessen. Dre Römer scheinen sich mit dem neuen Könige gefetzet zu haben, und hatten weiter von selbiger Seiten wenig zu besorgen, da Vanniui gleichsam zur Besatzung gegen die Mar­ komannen diencte, und ttu König befürchten musie, die Römer könnten, bey der ersten Bewegung Maroboduum «,tder einsetzen. Dieser unglückliche König hat noch 3t.ri.cr achtzehen Jal.re zu Ravenna gelobet, und nur gar zu viel Ocit grbabt zu erfahren, was für ein Unterschied zwischen einem mächtigen Printzen sey, dem offt seine Last.r selbst, als Tugenden, ausg. leget «erden, und einem Printzen ol>ne Land, dem auch, was das Glück thut, als ern Fehler zugemessen wird. Tacifcus leget es ihm fast zur Schande aus, daß er nicht durch einen freywilligen Tod feinem Elende rin Ende gemacht. Aber auch ern Hr:d, so grosse Gedancken er m seinem Wohlstände hat, nimmt, wenn sich derselbe ändert, mit demfenigen vorlieb, was qemmnn Leuten gut deucht, und verlast die Hütte so ungerne, als den Thron. Im übrigen ward Druso die Ovation 2) zuerkant, dre er aber erst das Jahr hernach gehalten. Annimu schlug der über Marboden erhaltene Vortheil auch nicht zum besten aus. Je mehr dadurch fern Ruhm und Anse­ hen war befestiget worden, ze angenehmer kam ihm das Kom­ mando vor. Wie verhaßt er einigen seiner Nachbarn müsse gewe­ sen seyn, kan man-zum Theile daraus schlieffcn, daß Adgandestrius, ei» Fürst der Catten, sich gegen 'libunum erbothen, Ai«ninium zu vergeben, wenn man ihm dazu Gisst von Rem schicken wollte. Wobey ich nicht weiß, ob man mehr die Nirderträchtlgkeit dieser W>rrätherey verfluchen, oder die ehrliche Einfalt, der damahligen Zeiten tn Teutschland, lobrn soll, da cm Fürst, 2) Ovation war nicht so viel als Triumph, woben der Feldherr im C-iegeSgepränze auf einem Wagen einztg. Bei der Ovation ging er zu oder war zu Pferde, das Haupt mir einein Myrthenfratijt geschmückt und nicht vom Heere begleitet ron beim Triumph.

% I. Masco«: Geschichte der Teutschen 1736* 1737» 419 -er de» andern will vergeben lassen, das Gifft nicht anders als von Rom haben kan. So gerne Tibeüus sahe, daß die Teut» schen sich» ebne Gefahr der Römer, untereinander aufreiben möch» ten, so großmüthig schlug er dieses Anerbiethen aus, vielleicht in der Mevnung, wenn der Haß gegen Armimum bey Adgtnde» st-10 so groß wäre, als er vorgebe, würde er schon, ohne Gifft, Miriel nnden, rhn aus dem Wege zu räumen. Und rn der That ist Ain.inivr., bald darauf durch Vereätherev seiner nächsten Freunde, um« Lehen gekommen. Denn er mag würcklich nach erner Ken,^!,a.en Gewalt getrachtet haben, -der unschuldig in se'chnt V'rdael t gerathen fern, so «st es einmahl darüber zum Kriege gekommen, der Anfangs mit abwechselnd»>n Glücke gefüh« ret ward. Wie aus dem, was nur hegest e, und J»gu orf)in in Gallien oder Frank­ reich ernige herrschafften besessen: So verfolgeten die Sarace­ nen ihre Siege biß über die Pyrenärschen Gebürgt; da denn drezenrgen Galiifchen Städte, so vorher unter Spanischer Ober-Herrschafft gestanden, btt Üeberwrnder willig einnahmen. Dieser geschahe ungefehr um das Jahr sieben hundert ttnd erlffe, kurtz nach Prprru *2) Tode; darauf denn der Hertzog von Aqvttanien Eudo, acht oder neun Jahr hinter einander grosse Mühe gehabt, sich vor diesen qefafttlicfccn Nachbarn zu er* halten: Endlich aber ward bit ihm zustehende Stadt, Toulouse, von dem (5 nur 3ama im Jahre siebenhundert und tm und zwanhtg beraaecr. Eudo erlete daher zum Entsatz, und Nöthigte den Eniir $um Tressen, dabev btt Saracenen aufs Haupt ge­ schlagen, der G nm cder Saracenische Fürst selbst qeredtet, und die Belagen ng von den Saracenen aufgehoben wurde: Darauf es unter tun folgenden Saracenischen Fürsten oder Emir, Adder ramen, mtt Genehmhaltung fernes Herrn, des Calrfa 3&t t3) zum Frieden kam. Zu mehret Befestigung dessen verhey-

a) Die Westgoten, deren Neick von denen aus Afrika her^eigerrrsettnt ?tiss.r mcj Ca»iS des Dicken Absetzung zum Könrg pewalir batten.

H. v. Bünau: T. Kayser u. Reichs-Historie 172z. 1743« &r met hatten, nicht widerstehen. Den Sreg, welchen er im 888ten Jahre an der 2s t n e befaßten, mnste er mit dem Verluste der Stadt Meaux wieder bezahlen. Dre Normanner hatten auch zum andern male Paris belagert, wegen der noch in Zelten ge­ troffenen Gegenanstalten aber nichts ausrichten können. Ob er nun wol der damals gewöhnlichen Art nach, durch eine Summe Geldes dieser Räuber los worden. So zeigte sich doch bald ein anderer Schwarm, der bev Noyon, ?frras und Amiens eben so grossen Schaden verursachte. Dwsir setzte ferne Streifereyen an der Maas fort, und näherte sich zuletzt den Lotharingischen Gräntzcn; deswegen wurde nunmebro dre Gefahr mit bcm Teu tsch en Könige gemeinschaftlich, und nö­ thigte also auch dnsen, ern Heer wider sie ms Feld zu stellen. Er zog den annähernden Feinden blö an die Piccardie entgegen, wo sich der König von Franckrerch mrt seinen Velciern auch eingefunden hatte. Die Teutschen waren den AmrenS Ziem­ lich glücklich, mdem sie die Normanner schlugen, und die Stadt zu räumen zwungen. Doch un Gegentheil hatte die Fran­ zösische Armee den Vermändorö desto mehr erlitten, wodurch die Normänner wieder Luft und zugleich die Gelegenheit be­ kamen, Troyes, Tüll und Verdun zu erobern und auszu­ plündern. König Arnulfus wurde zwar vor dieses mal der Räuber, ohne weiteres Blutvergieffen, aus Lotharingen wieder los/ weil sie in Franckrerch reichere Beute Hoffeten, und daher nach den Gegenden von Paris zurück gingen: Allein an deren Stelle fand sich schon wieder ein anderer Schwarm ein. DkL;enigen Normanner, welche obnlär.gst Franckrerch verlassen, harren sich nach Coutance^) gezogen, und an den Küsten von Bre­ tagne aufgehalten. Vermuthlich mochten sie sich dre Zwistigkeiten, die zwischen zwey Hertzogen, Alano und Widrcherl, entstanden, haben zu Nutze machen wollen, sie waren aber von dem erster» dermassen gezüchtrget worden, daß sie mit genauer Noth ihre Schiffe erreichen und mrt der Flucht retten können. Um sich vor den erlittenen Verlust zu rächen liefen sie nach wen'g Monaten wieder mrt einer ansehnlichen Flotte von D ä ri­ tt emarck aus, und stiegen in den Niederlanden ans Land. An der Maas schlugen sie ihr Lager auf, und verübten von dort

2)

Am Canal, nicht weit von Cherbourg.

428 Vierter Zeitraum bi- -egen Mitte de- igfett Jahrh. aus an vielen Orten grosse Gewaltthätigkeiten. Arnulfus brachte zu Bedeckung ferner Lander ohnwert Ma strich ein Heer zusammen, so unter andern der Ertz-Brschoff von Mayntz, Sunzo oder Sunderoldus, anführete. Werl nun dre Fernde allhrer nrcht über dre Maas kommen tonnten, zogen sie sich in möglichster Gefchwmdrgkert nach 8üb trch, wo sie auch ohngehrndert ubersetzeten. Hierdurch erhielten die Normanner den Vortheil, daß sie den Teutschen rn Rü­ cken kamen, und selbige von allen Serien erngeschlossen hielten. Sie verbargen sich m den ohnwert Acken befindlichen Wäldern und erbeuteten daselbst den grosten Theil des feindlichen Kriegs und Heer-Geräthes, darüber dre Teutschen grossen Mangel zu leiden anfiengeu. Diese musten also lediglich auf ihrer eigene Sicherhert be­ dacht seyn, nur waren dre Heerführer unter sich selbst nrcht ernrg, was man vor einen Ruckweg erwehlen sollte. Einige sagten, man müsse durch der Ripuarrer Land nach Cölln zufluchten; An­ dere behaupteten, cs wurde besser seyn, wenn man durch Prüm auf Trier zugienge; Und letztlich wollten einige gar anrathen, das äusserste zu wagen, über dre Maas zu setzen, und sich der feind­ lichen Flotte zu bemächtigen, sodann aber zur See zu entfliehen. QBetl sich redoch bey allen diesen Vorschlagen so viele Schwüngkerten funden, ward zuletzt einhellig beschlossen, zu sterben, oder sich durchzuschlagen, und daher gerade auf den Feind loszugehen. Mit anbrechendem Tage machte man sich zum Marsche fer­ tig, und setzte selbigen brS über den Fluß Gulra oder die heu­ tige Geule fort, so ohnwert Ma strich, nahe beyFalckenburg vorbey fliesset. Als man diesen Fluß paßrret, machte man wieder Halte, und es wurde nochmals Kriegs-Rath gehalten, darinnen aber beschlossen, zuvörderst einige kleine Partien voraus zuschicken, welche von der Postirung des feindlichen Heeres Erkundigung ein­ ziehen sollten. Doch dieser übereilte Rathschluß stürtzte dre Teut­ schen mS Unglück. Denn es stressen diese erntzelnen Haufen un­ verhofft auf einige Normannische Kundschafter, und sehten ihnen so lange nach, brS sie mitten unter das Fuß-Volck der Fernde geriethen. Die Teutschen wollten den Ihrigen in grö'ster Geschwindigkeit zu Hülfe kommen, darüber aber musten sie sich entschlressen zu schlagen, ob sie sich gleich darzu noch nicht gefast gemacket. Dre Reuterey der Danen stellte sich auf das von ihnen ge machte Geschrey gleichfalls bald ein, und also wurden die Teut

H. v. DLn»u: T.Kayser- «.Reicht-Historie 1728.

1743-

429

sehen übermannet, und aufs Haupt geschlagen. Der Verlust, den sie erlitten, soll unaussprechlich gewesen seyn, indem fast der gröste Therl von ihnen auf dem Platze niedergehauen, das ganhe Lager aber geplündert worden. Unter vielen andern vornehmen Herren, dre m der Schlacht das Leben erngebüsset, befand sich auch Graf Arnulfus, und der Ertz-Bischoff von Maynh, Sunderoldus, welchem Hatto in dieser Würde gefolget. König Arnulfus hielte sich zu Regenfpurg auf, als ihm die Nachricht von der Niederlage semer Armee überbracht wurde. Er suchte vor allen Dingen die in diesen Gegenden vorgefallene Irrungen m möglichster Geschwindigkeit beyzulegen, um sodann den von den Normannern erlittenen Verlust zu rächen. Cr brachte in kurhen ein neues und ansehnliches Heer zusammen, welches er m eigener Persohn anführete: Allein die Normanner hatten nicht vor rathsam gehalten, der Teutschen Ankunft im freyen Felde zu erwarten; doch zogen sie sich an dem Flusse Dyle, ohnweit Löwen wieder zusammen, wo sie sich ungemem vortherlhaftig lagerten. Um und um hatten sie sich ihrer Art nach, wohl vergraben, und verschantzet, ob sie gleich durch den Fluß und Moräste, ohnedem schon von beyden Seiten vortheilhaftig bedecket wa­ ren. Den König verliessen zwar unterwegenö die S ch w a b e n, weil eine Seuche unter sie gekommen, er gieng aber doch geiade auf das feindliche Lager zu, setzete über die Maas, und zeigte sich im Gesicht der Fernde. Die gröste Schwürlgkert machte, daß es den Teutschen an Fuß-Volcke fehlete, die Reuterey aber der sumpsigten Gegenden halber nicht viel ausrichten konnte. Dre Normanner meyneten daher wenig Ursache zu haben, sich zu fürchten, und riefen den Teutschen beständig Gulia, Gulia zu, um ihnen den bey diesem Flusse erlittenen Verlust vorzu­ rücken. Desto entrüsteter wurde König Arnulfus, und es zeigte sich auch vor dieses mal, daß ein Feind, der den andern verachtet und geringe schätzet, so gut als halb überwunden sey. Dre Reu­ terey ließ der König absitzen, um das feindliche Lager zu be­ stürmen. Werl es etwas ungewöhnliches, und der König be­ fürchtete, es werde chm hierunter nicht gehorsamer werden, gieng er ihnen mit seinem Beyspiel vor, stieg vom Pferde, ließ die vornehmsten vor seinem Lager rm Angesicht des Heeres zusammen kommen, und stellete ihnen vor: „Sie würden sich erinnern, „daß sie allezeit unter göttlichem Beystand gesieget, und unüber-

43o Vierter Zeitraum bis -e-en Mitte beS rgten Jahrh. „windlich gewesen, so oft sie für bte Befchühung de- Vaterlünde,,gefochten; Nun möchten sie bedencken, daß sie gegenwärtig m* „der dre Herden zu streiten hatten, welche so vieler Csinsten„Blut vergessen, ihre Väter erschlagen, dre Krrchen auf das „schändlichst- entheiliget, und dre Diener Gottes an heiliger „State erwürget. Mit dem Vorsähe sev man hierher gekommen, „die Gott und Teutsch land zugefügte Sck'mach zu rächen. Was „könnte aber schimpflicher seyn, als wenn man of>ne das geringste „unternommen zu haben, wieder zurück kehren wollte? Dre „Pferde kennten hrerbey kerne Dienste thun, sondern es sei un­ umgänglich nöthig, zu Fusse zu fechten. Cr se" also zuerst abr „gestregen, und zweifle Nicht, daß ern jeder mit ihm einen glerr „chen Schluß fassen, und tapfer folgen werde. Dr^se Worte batten bev dem ganzen Hee»e so großen Erndruck, daß man ohne Widerrede des König? Batnatr über­ gab und dre Landstande ihn zuglach zum Sekretarr und SvndicuS der Rmerschafr ernannten. Im siebenjährigen Kriege zeigte er durch ferne Tyänakut und Wewhert, dre dem Lande grcße Sum­ men ersparte, wie er jenes Vertrauens würdig sei. Man schickte ihn wegen der Lieferungen an das von England besoldete nlhrfe £ccr nach Lenden, wo er acht Monere zubrachte und reiche Nah­ rung für Staatswissenschaft, Weltbü.gersinu und Freiyureliebe fand. Nack seiner Rückehr war er 20 Jahr lang der erste Rath, geber des Regenten fernes Vaterlandes, das an den jungen Her­ zog von Vork gefasten war, und harte Einfluß m die wichtigsten Angelegenheiten, zeigte aber so viel Einsicht und Rechtschaffenheit in seinem oft flhr schwierigen Verhältnissen, daß er dem LandesHerrn sowohl als den Standen, deren Vortheil oft ganz entgegen­ gesetzt war, zu der größten Zufriedenheit diente. Mit Beibehal­ tung semec andern Aemter wurde er 1762 JustrtianuS beim Kriminalgerichte m Osnabrück und 1768 erhielt er die wich­ tige Stelle emes geheimen Referendarrus bet der Regie­ rung, die er M an feinen Tod verwaltete. Auf wiederholtes Verlangen der Regierung nahm er 178Z den Titel eines geh er» men Justlzraths an. — Groß war fern Ansehen m feinem Wirkungskreise und höchst liebenswürdig erschien er rm engern Kreise der Semen. Er wurde, wie er selbst gerührt bekannte, in der Sradt und rm Lande erfreut durch Vieles, betrübt durch Weniges, gekrankt durch Nichts. Nach dem Tode ferner Gattin gebr. Broumng, welche von 1746 brS 1787 feine treue Ge­ fährtinn gewesen war, und fernes ernzrgen Sohnes, der zu Göttrngen starb, weihte sich ihm ferne Tochter gänzlich, welche mit lern Gehennenrath v. Voigt vermählt war, und erheiterte ihm dre letzten Lebensjahre. Der der Ferer fernes bojäbrlgen Dienstjubrläums, 1792, erfuhr er noch einmal die allgemeine Liebe fei»

ivdfn

Justus Möser: oSnabrücksche Seschichte 1765 u. i76g. 459 «er Mitbürger in der Art und Weise, wie man diese Feierlichfeit beqtmj. Gr hatte sich größtentheilS einer dauernden Gesund­ heit *u freuen, nur in den letzten Lebensjahren litt er an einet Art von Krämpfen, doch auch das Uebel wollte er durch Ruhe besiegen. Im i^flcn Jahre fühlte er die Nabe des Todes. Er gab in feiner letzten Krankheit Mit großer Ruhe noch einige Auf­ träge, ließ ferner Tochter für alle Beweise ihrer Zärtlichkeit dan­ ken und f%te: er fei müde und wolle schlafen. — So entschlief er ruhig so wie er lebte am 8ten Januar 1794. Sem Vaterland hat ihn Deutschlands Franklin genannt. Als Schriftsteller gehört Moser zu den kräftigsten Deutsch­ lands. Drei Werke werden feinen Namen ehrenvoll auf tue Nach­ welt bringen. Erstens feine osnabrückifche Geschichte, die zuerst J7us, dann vermehrt und verbessert unter folgendem Titel erschien: Justus Mosers Hochs. Osn. Justizraths u. f. f. Osna­ brückifche Geschichte. Zwet Theile mit Urkunden. Neue vermehrte und verbesserte Auflage. Berlin und Stettin bei Nlkolai. 1780. Sie ist vornehmlich für die ältere deutsche Geschichte wich­ tig, vorzüglich für die Staatsverfassung. Der erste Theil han­ delt in 5 Abschnitten. 1. Von der ältesten Verfassung. 2. Von der natürlichen Beschaffenheit des Landes. 3. Von der ersten Entdeckung der hiesigen Länder durch die Römer bis auf Earln den Großen. 4. Von den Anstalten Earl des Großen m hiesigen Gegenden. 5. Von der Stiftung des Bifchofthums und dessen sechs ersten Bischöfen unter den Earolmgern. Angehängt sind 10 Urkunden. Der zweite Theil giebt m 3 Abschnitten. 1. Die Geschichte der Bischöfe von 918 bis 1192. 2. Geschichte der Stiftung von 918 bis 1192 und 3. Geschichte des Heerbanns von 918 bis 1192. worauf noch 81 lateinische Urkunden folgen. Lei­ der ist keine Fortsetzung des Werks erschienen. Das zweite Werk sind die trefflichen Aufsähe, welche zuerst, größtentheilS wenigstens, m den Beilagen zu den oönabrückifchen Jntelligenzblättern abgedruckt waren, dann unter dem Titel er­ schienen : Patriotifche Phantasien von Justus Mös^r. Heraus» gegeben von feiner Tochter I. W. I. v. Voigt gvberne Mo­ ser. Vier Theile. Berlin und Stettin bei Nikolai. Die erst» Auflage m 2 Theilen 1775 und 1776, die zweite m 4 Thei­ len 1778 — 1786, die dritte 1804.

ach Brügge kam, und 0 e zurück gebliebenen Bürger wurden ibtr da­ durch auch vecdächrig. Er hielt daher nicht mit dreshunoerk Meutern, wie verglichen »«e, sondern mit fiebenzebnhundert und »feit in Fußvolk fernen Einzug. Die Klugheit harre erfordert, wenigstens tm Anfang, den Groll zu verbergen: Aber Chatillon mochte dies nicht in ferner Gewalt haben: erließ vielmehr überall drohende Mrenen sehen, und äusserte gegen alle Kürzer bitter« Vorwürfe. Das Volk zweifelte nicht, daß man ein strenges Blutgericht einstellen würde, und es lief ein Gerücht durch die Stadt, daß «nter dem Feldgeräthe de« Statthalters Fässer mit Stricken ge­ füllt wären, womit eine grosse Anzahl der Einwohner aufgeknüpft «erden sollte. Furcht und Verzweiflung trieben sie zur harrnakigsten Gegenwehr. Sie schickten noch an demselben Abend nach Dam, Ardemburq und Ostburg, und berichteten ihren dahin ge­ flohenen Mitbürgern, daß bte Franzosen die Stadt mit Feuer «nv Schwerdt verwüsten wollten; wenn sie also noch einige« Mitleiden gegen ihre Landsleute, Weiber und Kinder empfänden, so sollten sie ihnen möglichst schnell zu Hülfe kommen. Mehr «ar nicht nöthig, Leute, bte ohnehin wegen der Vertreibung aus dem Vaterland Rasenden ähnlich waren, zu der verwegenste» That anzuftischen. Sie entschlossen sich ohne Bedenken zur Bet­ tung ihrer Mitbürger, und ihre Zahl vermehrte sich unter Weg« durch die zu ihnen stoffenden Bauern auf siebentausend. Der Französische Statthalter hatte zwar ferne Völker in die Stadt gehörig ausgetheilt: aber er hatte bte unverzeihliche Nach läßigkert begangen, und feine Parteien und Kundschafter vor die Thore geschickt. Daher standen bte Verwiesenen mit Anbruch bet Tage« wider Vermuthen der Franzosen vor den Mauern, @tt bestürmten drr Tdece und eine noch nicht ganz wieder ausgefüllte Oess.iui.g in ver Mauer, und drangen ba-d an verschiedene» Orten ein, unter dem Geschrey, Flandern! Flander»!

I. G. Meusel: Geschichte von Frankreich. 1773. 489 Lowe! Löwe! Zu gleicher Zelt ergriffen feie irt der Stadt geblie­ benen Bürger das Gewehr, und alle stürmten auf dsin, und Genr wurde durch die Geschicklichkeit des dortigen Bürg rmeisters und durch die zahlreiche Parthei der Lilie, gleichfalls noch erhalten. Der Statthalter eilte selbst nach ParrS, um eure schleunige und kräftige Unterstützung zu bewurken. Das Ansetzn der Köni­ gin, semer Nichte, hinderte, daß man den schlechten kauf der Sachen kicht semer Unvorsichtigkeit zuschrieb, sondern nur für btt Ausrüstung eurer ansehnlichen Macht sorgte. Diese' bestand aus siebentausend Mann zu Pferde und aus vrerzlg'.iutend zu Fuß. Weil Karl von BalviS, der sonst in Flandern kenunandlrte, in Italien war, so ernannte der König den Qxafvn Robert von ArtviS zum Oberfeldherrn, der Karl'n an Ruhm und Tapferkeit Nichts nachgab, und den Krieg gegen die Flamländer um so viel lieber führte, da er ihnen als seinen nächsten unruhi­ gen Nachbarn ohnehur äusserst gram war und zum Theil die da­ maligen Unruhen veranlasset hatte. Als der junge Graf von Flandern ein so mächtiges Heer zu erwarten hatte, verstärkte er sich durch Wilhelm von Jülich, der mit der Belagerung des Schlosses zu Cassel beschäftiget irtn. Die Mißvergnügten sammleten sich um diesen beiden Herrn mit so grossem Eifer und mit solcher Einigkeit, daß sie beim Anzug der Franzosen sechzig tausend stark waren, greßtenthetls Bürger und Bauern, deren Much aber durch FreihektSliebe und Haß ge­ gen das französische Joch belebt und angefeuert wurde. Veit von Flandern erwartete mit diesen Leuten das französische Heer in seinem sehr vorteilhaften Lager, welches nordwärts wegen des Flusses LiS und gegen Morgen und Abend durch Verschan­ zungen und tiefe Graben unzugänglich gemacht war. Auf der Mittagsseite schien :S nicht so stark: aber es fand sich doch auch da ein fünf Klaftern breiter und ^drey Klaftern tiefer Graben, den man nicht eher gewahr wurde, als bis man am Rande des­ selben stand. Hinter diesem Graben hatten sich die Flamländer rreflich verschantzt. Der Graf von ArtoiS stand drey bis vier

I. eS geschah ganz wider den Rath des Konnetabel- von Nes le und einiger andrer Feld­ herrn, deren Meinung nach man einen Theil' des Heers über die 5?is gehen lassen und dem feindlichen Lager d,e Lebensmittel ab­ schneiden sollte, «ndem sie zeigten, man könne dadurch ohne Ge­ fecht den Zweck erreichen oder di« Flamländer zum Angrif nöthi­ gen, wodurch sie dann den Vortheil ihrer Verschanzung und de» Gebrauchs ihres Fußvolkes — denn wenig Pferde harten sie nur verlieren würden. Ohn« Zweifel war dies der sicherste Weg: er schien aber dem Grafen von Artois nicht ruhmwürdig genug, und er glaubte, dergleichen Behutsamkeit müsse man bey einem zusammengelaufenen Haufen, ohne KnegSzucht, und hey dem keine Ritter waren, nicht anwenden. Bey dieser Vorstellung ent­ fuhr ,hm eine Beleidigung des Konnetabels, indem er ihm vor« warf, er wollte diese aufrührische Rotte schonen, weil seine Toch­ ter mit einem der Söhne des Grafen von Flandern vermahlt wäre. Gut, antpoortet« der edelmüthige Krieger, ihr sollt sehen, daß ich kein Verräther bin; ihr dürft mir nur folgen; ich w«ll euch gewiß so nahe führen, daß ihr nimmermehr wiederkommen sollt. Der Auegang bestä­ tigte diese Prophezeihung. Das Zeichen zur Schlacht ward gege­ ben, und man ging ohne Ordnung auf die flämischen Bauern los, di« man verachtete, und geringschätzte, weil man glaubte, sie würden beim ersten Anblick der gepanzerten Pferde und Rit­ ter fliehen — «in Fehler, wodurch die Franzosen ,n den folgen­ den Zeiten mehr als einmahl die bedaurenswürdigsten Niederla­ gen litten. — Au« Unvorsichtigkeit stürzten die meisten Franzo­ sen mit ihren schweren Rüstungen in den Graben, den sie, zum Theil auch wegen des grossen Staube» nicht eher gewahr wurden, b>» die Pferde schon hinein gesetzt hatten. Viele ertranken so­ gleich, andre konnten nicht wohl auf das gegenseitige hohe Ufer kommen, und wurden von den Flamländern mit langen Stan­ gen, die mit Eisen beschlagen waren, todt gestochen oder in da» Wasser hinunter gestürzt. Ein unaufhörlicher Pfeilregen tobtet« «int grosse Menge. Die zurückgebliebene Reuterey ritt für Schrecken viele« Fußvolk nieder, und da da« ganze Heer in der größten Verwirrung war, brachen die Flamländer au» ihren Li­ nien herau», verfolgten die Flüchtigen mit dem Degen in der Faust, und tödteten oder zerstttuten sie vollends. Unter den

49= Fünft. Zeitraum bis auf kefflng und Töth

a

5oo Fünft. Zeitraum bis auf kessiag und Göthe um 1780. Sonst hat er für bie Fächer, worin er vorzüglich würksam gewe» fen rst, vorzüglich für praktische Naturwissenschaft manches ge­ schrieben Er starb 1817 allgemein geliebt und verehrt von Hohen und Niederern, ankannt in fernem ganzem Werthe, von Tausenden gesegnet und beweint.

l.Druchstück. Der Lob des alten Großvaters Eberdard Stilllng. (Heinrich StillingLeven Zf). 1, Jugend. S. 137)

Ein altes Herkommen, dessen ich (wie vieler andern) noch nicht erwähnt, war, daß Vater »Sti llrng alle Jahr selbsten ein Stuck seines Hausdaches, das Stroh war, eigenhändig decken mußte. Da- hatte er nun schon acht und vierzig Jahr gethan, und diesen Sommer sollt'es wieder geschehen. Er richtete es so ein, daß er alle Jahr so viel davon neu deckte, soweit das Roggenstroh reichte, da- er für dies Jahr gezogen hatte. Die Zeit des Dachdecken- fiel gegen Mrchaelstag, und ruckte nun mit Macht helan; so daß Vater Still 1 ng anfing, darauf )u Werk zu legen. Heinrich war dazu bestimmt, ihm zur Hand zu langen, und also wurde die lateinische Schule auf acht Tage ausgesetzt. Margrethe und Mari echen hielten täglich in der Küche»geheimen Rath über die bequemsten Mittel, wo­ durch er vom Dachdecken zurückgehalten werden möchte. Sie ent­ schlossen endlich beide, ihm ernstliche Vorstellungen zu thun, und ihn vor Gefahr zu warnen; sie hatten die Zert während dem *) Mittagessen dazu bestimmt. Margarethe brachte also eine Schüssel Muß, und auf derselben vier Stücke Fleisches, die so gelegt waren, daß ein jedejust vor den zu stehen kam, für den es bestimmt war. Hinter ihr her kam Ma riechen mit einem Humpen voll gebrockter Milch. Beide fetzten ihre Schüsseln auf den Tisch, an welchem Vater Still mg und Heinrich' schon an ihrem Ort saßen, und mrt wichtiger Mme von ihrer nun Morgen anzufangenden Dachdeckern redeten. Denn, tm Vertrauen gesagt, wie sehr auch Heinrichs aus Studieren, Wissenschaften und Büchern verpicht fern mochte, so w§rs ihm doch eine wett größere Freude, in Gesellschaft fernes Großvaters, zuweilen entweder im Wald, 1) statt d e6 MittagSeffent

H. Jung genannt Stilling: Leben StillingS. 1777 (i8©6) 501 auf dem Feld oder gar auf dem Hausdach zu klettern; denn drefes war nun schon das dritte Jahs, daß er fernem Großvater als Diakonus bet dieser jährlichen Solennrtat beigestanden. ES ist also leicht zu denken, baß der JunLe herzlich verdrüßlich wer­ den mußte, als er Margrethens und Marrechens Absichten ju begreifen anfing. Ich weiß nicht, Sbert, sagte Margrethe, indem sie ihre linke Hand auf feine Schultern legte, du sangst mir so aK zu verfallen. Spürst du nichts m deiner Natur? „Man wird als alle Tage älter, Margrethe." O Herr ja! Ja freilich alt und steif. Ja wohl, versetzte Marte che n und seufzte. Mein Großvater ist noch recht stark für sein Alter, sagte Heinrich. „Ja wohl, Junge, antwortete der Alte, Ich wollte noch wol m dre Wette mit dir die Leiter nauf laufen." Hernrrch lachte härt *). Margrethe sah wol, daß sie auf dieser Seite die Dessung Nicht überrumpeln würde; daher suchte sie einen andern Weg. Ach ja, sagte sie, es ist, eine besondere Gnade, so gesund in seinem Alter zu seyn; du bist, glaube ich, nie in dernem Leben krank gewesen, Ebert? „In meinem Leben Nicht; ich weiß nicht, was Krankheit ist, denn an den Pocken und Rotheln bin ich herumgegangen. Ich glaube doch, Vater! versetzte Mariechen, ihr seyd wol verschiedene malen vom Fallen krank gewesen: denn ihr habt uns wol erzählet, daß ihr oft gefährlich gefallen seyd. „Ja, ich bin dreymal tödtlich gefallen. ^ Und das viertemal, fuhr Margrethe fort, wirst du dich todt fallen, mir ahkt es. Du hast letzthin tm Wald das Ge­ sicht gesehen 2 3); und tute Nachbaun hat Mich kürzlich gewarnt und gebeten, dich nicht aufs Dach zu lassen; denn sie sagte, sie hätte des Abends, wie sie die Kühe gemolken, ein Poltern und klägliches Jammern neben unserm Hause im Wege gehört. Ich bitte dich, Cbert! thu mir den Gefallen und laß jemand anders das Haus decken, du hasts ja nicht nöthig. 2) hart lachen für laut oder bell auf lagt Jung immer. — 3) Sr l,atte, nach feiner Erzählung, des (lernen Heinrichs verstorbne Mut­ ter Dortchen geseheu, die aus einem schönen Schlosse gekommen war und zu ihm gesagt hatte. Vater! dort ist unsre ewrge Wohnung; rhr kommt bald zu un-l

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Fünft. Zeitraum bi- auf Lrffing und Göthr um 178c.

„Margrethe! — kann ich» oder jemand anders denn nicht „in der Straße ein ander Unglück bekommen? Ich hab das Ge«rficht gesehen, je, das ist tvahr! — unser« Nachbarinn kann auch „dies, Vorgeschicht gehört haben. Ist° dieses gewiß? wird dann „deriemge hem -entlaufen, was Gott über ihn beschlossen hat? „Hat er beschlossen, daß ich meinen Lauf hier tn der Straße erl­ edigen soll, werd ich arpier Dummkopf von Menschen! da» wol „v«r>ne,oen könen? und gar wenn ich mich todt fallen sgll, wie „werd ich mich hüten können? Gesetzt ich bliebe vom Dach, kann „ich nicht heut oder morgen da in der Straßen einen Karren „Holz losbinden wollen, draufstrigrn, straucheln und den Hals „abstürben? Margrethe! laß mich in Ruh; ich werde so ganj ,,grade fortgehen, wie ich bi« dahin gegangen bin; wo mich dann „mein Stündchen überrascht» da werd ichs willkommen heißen. Margrethe und Ma riechen sagten noch ern und das andere: aber er achtete nicht drauf, sondern redete mit Heinri­ chen von allerhand die Dachdeckcrei hetreffenden Sachen; daher fit sich zufrieden gaben und sich da« Ding au« dem Sinne schlugen. De« andrrn Morgens standen sie frühe auf, und der alte Stilling fing an, wahrend daß er ein Morgenlied fang, das alte Stroh loszubinden und adjuwerfen» womit er dann diesen Tag auch hübsch fertig wurde; so daß sie de« folgenden Tage« schon anfingen, has Ddch mit neuem Stroh zu belegen, mit einem Wort, das Dach wqcd fertig, ohne die mindeste Gefahr oder Schreck dabei gehabt zu haben; ausser daß es noch einmal testiegen werden mußte, um starke und frische Rasen oben über den First zu legen. Doch damit eilte der alte Stilling so sehr nicht; es gingen wol noch acht Tage über, eh es ihm einfiel, dieß letzte Stück Arbeit zu verrichten. Dee folgenden Mittwoch« Morgens stand Eberhard'ungewohnlich früh auf, ging im Hause umher» von einer Kammer zur andern, als wenn er was suchte. Se>"e Leute verwunderten sich fragten ihn, was er suche? Nichts, sagte er. Ich weiß nicht, ich bin so wohl, doch habe ich keine Ruh», ich kann nirgend still seyn» als wenn etwa» >n mir wäre, das mich triebe; auch spür ich so eine Bangigkeit, die ich nicht kenne. Margrethe rieth ihm. er sollte sich anziehen und mit Heienichen nacher *) L> . rhausen gehen, seinen Sohn Johann zu besuchen. Er war

4) nacher für nach.

H. Jung genannt Stilling: ke-e» StillingS 1777 (1B06) 503 damit jufrtcben; doch »elfte er zuerst die Rasen oben auf den Hau«fisst legen, ustd dann des andern Tages feinen Sehn besu­ chen. Dieser Gedanke war fünec Frauen und Tochter sehr zuwider. De« Mittag« über T>sch ermahnten sie ihn «leder ernstlich, vom Dach zu bleiben; selbst Heinrich bat ihn, jemand für Lehn zu frugen, der vollends mit der Deckerei ein Ende mache. Allein der vortrefllche Greis lächelte mit einer unumfchränkien Gewalt um sich her; ein Lächeln da« so manchem Menschen da« Herz geraubt und Ehrfurcht eingeprägt hatte! Dahn sagte er aber kein Wert. Ern Mann, bet mit einem beständig guten Gewissen alt geworden, sich vieler guten Handlungen bewußt ist, und von Ju­ gend auf sich an einen freien Umgang mit Gott und seinem Er­ löser gewöhnt hat, gelangt zu einer Größe und Freiheit, die me der größte Eroberer erreicht hat. Die glnze Antwort Stilling« auf diese, gewiß treu gemeinte Ermahnungen der ©einigen, be­ stand darinn. Er wellte da'auf den Kirschbaum steigen, und sich noch einmal recht satt Kitzschen essen. E« war nemlich ein Baum, der hinten im Hof stand, und sehr spät, aber desto »ortrestichere Früchte trug. Seme Frau und Tochter verwunderten sich über diesen Einfall, denn et war wol in zehen Jahren auf fernem Baume gewesen. Run dann! sagte Margrethe, du mußt nun vor diese Zeit in die Höh, e« mag kosten was es wolle. Eberhard lachte und antwortete: Je höher, je näher zum Himmel! Damit ging et zur Thür hmau«, und Heinrich hinter ihm auf den Kirschbaum zu. Er faßte den Baum »n feine Arme und die Knie, und kletterte hinauf bi« oben hm, setzte sich in eine gurte des Baum«, fing an, aß Kirschen, und warf Heinrichen zuweilen ein Aestchen herab. Margrethe und Mariechen kamen ebenfalls. Halt! sagte die ehrliche Frau, heb mich ein wenig, Mariechen, daß ich nur die unterste Aeste fassen kann, ich muß da probieren, ob ich auch «och hinauf kann. E« gerieth, sie kam hinauf. Stilling sah herab und lachte herzlich, und sagte: da« heißt recht verjüngt «erden, wie die Adler. Da saßen beide ehrliche alte Grauköpfe in den Aesten de« Kirschbaume«, und genossen noch emmal zusammen die süßen Früchte ihrer Jügend; besonder« war.Stilling aufgeräumt. Margrethe stieg wieder herab und ging mit Mariechen in den Garten, bet eine ziemliche Strecke unterhalb dem Dorf war. Eme Stunde hernach stieg auch Eberhard herab, ging und hatte einen Haken, um Rasen damit abzuschälen. Er ginz de« Ende« oben an« Ende de« Hof« an den Wald; Heinrich

504 Fünft. Zeitraum bi- auf kessln- und GLthe um 1780. blieb aegen dem Haufe über unter dem Ktrfchbaum sitzen; endlich tarn Qrbei*hart) wieder, hatte euren großen Nasen um den Kopf hangen, bückte srch zu He rnri check, sah ganz ernsthaft ckUS und sagre: Cteb k welch eine Schlafkappe! — Heinrich fuhr m einander, und ctn Schauer ging mm bur nommen aber — an ern.gen wenigen Stellen den be­ stimmten Umriß, dessen dunkle Schattn, sich m den noch dl nklerrn Hintergrund verlieren. Auf feinen linken Arm gestützt, de» lutlut Fuß an uch hrnaufge,o» e» rn eine Ruhe, die doch mcht «Ntbariq ist, den rechten vor ffch hinaus -.«streckt, des Körpers an­ dere Stütze, so ßtzr Zchan'.eS ruhend da rn ,ue.endlicl er Kraft ttttb Blüthe, ftrn sinnendes Haupt der rechten Schulter zuge3 eme Madonna mit dem Kinde von Carlo Dolce.

§20

Sechster Zeitraum: neuste Feit seit 1780.

wa-rdt. Unter seiner Sutten liegt « ö'psung erscheinen sah. Doch dieser Künstler war nicht nur Christ, er war zugleich ein Mensch; und, mit Menschen mensch­ lich ;u reden, ei sann er di.ses unüdei trefiicke Denkmal seiner Kunst und seines leifin ahndenken, in die Tiefen der Seele Sittlich berabsteigtiiden Geiste«'! Wenn im. Strome wechselbnngender Jahrtausende die jetzigen Einklerdungin des Wahren längst verschwunden und vergessen sind, r nd es eben so unmöglich seyn wird, unsere Hieroglyphen, als es uns letzt ist, die ägyptischen zu entziffern; dann bliebe dieses Gemäldes falls ein glücklicher Zufall es bis dahin erhielte, jener späten Nachwelt ein Bereinrgunq«punkt mit der Blüthezelt unserer heutigen Kunst; ein Spiegel, in welchem man die Bildungsstufe und den Geist des veraanqenen Geschlechts deutlich erkennen, und ein lebendiges, so lange es Menschen giebt, verständliches Wort, wodurch man vernehmen w'.rde, wie einst der Sterbliche empfand und dachte, der Liefe? Zeugniß s>mer Schöpferkraft hinterließ. Kraft m Ruhe, nicht Alsp'.inunq, sondern Gleichgewicht; dies ist das arrfa.l'üie P-oblear. Wrr sehen einen Mann in Iünqlinqrschonbe an den Füßen, so seht totiun sie durch das lange Gehen im feuchten Sande und auf den hatten spitzigen Sternen erweicht und zerrtffen. Ich bezahlte für das Herumfuhren nicht mehr als eine L l 2

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Sechster Zeitraum: neuste Zeit feit 1780.

halbe Krone, und meinem Führer ein Trinkgeld: denn die halbe Krone bekommt er nicht, sondern muß sie seinem Herrn geben, der von den Revenuen dieser Ho^le sehr stattlich lebt, und sich einen Kerl hält, der bie Leute bannn herumführt.

LV\

Johannes von Müller. 1:52—

Jobanne- von Müller, unstreitig der größte Geschicht­ schreiber unsrer Zeit, wurde bct^ Aten Jannar 1-52 in Scbaffbausen geboren. Sem Vater war Prediger an einer Filialkirche und Lehrer an der lateinischen Schule, mehr aber all dieser würkte die heitere und fromme dürrer und der Later der Mutter, Jo­ hannes Scheoz, em Geistlicher, auf den Knaben, und weckn schon früh feinen Smn für Geschichte, vor ac der lange Auf­ schub als die Wichtigkeit der möglichen Folgen, mehr die Aus­ wahl als die Anzahl der Truppen furchtbar und merkwürdig machten. Die gespannten Erwartungen Europens, die man im Lager vor Nürnberg hmtergmg, sollten nun tn den Ebenen Lüt­ zens befriedigt werden. Zwey selche Feldherren, so gleich an Anftbn, an Ruhm und an Fähigkeit, hatten im ganten Laufe dieses Kriegs noch m keiner offenbaren Schlacht ihre Kräfte ge­ messen, eine so hohe Wette noch me die Kühnheit geschreckt, ein so wichtiger PrerS noch nre die Hoffnung begeistert. Der mor­ gende Tag feite Eurova seinen ersten KriegSfürsten kennen leh­ ren, und emen Ueberwinder dem nie überwundenen geben. Ob um Lechstrom und bey Lerp-ig Gustav Adolphs Genre, oder nur die Ungeschicklichkeit seines Gegners den Ausschlag bestimmte, mußte der morgende Tag außer Zweifel setzen. Morgen muffe Friedlands Verdienst dre Wahl des Kaisers rechtfertigen, und dre Große de- Mannes dreGröße des Preises aufwägen, um den er erkauft worden war. Eifersüchtig theilte zeder einzelne Mann im Heer fernes Führers Ruhm, und unter jedem Harnische wechselten die Gefühle, dre den Busen der Generale durchflamm­ ten. Zweifelhaft war bcrSteg, gewiß dre Arbeit und daBlrrt, das er dem Ueberwmder wie dem Ueberwundenen kosten

F. v. Schiller: Gesch. de- zojähr. Krieges 1791. 561 mußte. Man kannte den Feind vollkommen, dem man jeht ge­ genüberstand, und die Bangigkeit, dle man vergeblich bekämpfte, zeugte glorreich für seine Stärke. Endlich erscheint der gefürchtete Morgen; aber ein undurch­ dringlicher Nebel, der über das ganze Schlachtfeld verbreitet liegt, verzögert den Angriff noch bis zur Mittagsstunde. Bor der Fronte knieend hätt der König ferne Andacht; die ganze Armee, auf dre Knree hingestürzt, stimmt zu gleicher Zert ern rührendes Lred au, und dre Feldmusik begleitet den Gesang. Dann steigt der König zu Pferde, und bloß mit ernem ledernen Getter und einem Tuchrock bekleidet (eine vormals empfangene Wunde erlaubte ihm nicht mehr, den Harnisch ziz tragen), durchreitet er die Glieder, den Muth der Truppen zu einer frohen Zuversicht zu entflam­ men, dre fern eigner ahndungövoller Busen verläugnet. Gott Mit uns, trat das Wort der Schweden; das der Kaiserlichen: Jesus Marra. Gegen eilf Uhr, fängt der Nebel an sich zu zertheilen, und der Feind wird sichtbar. Zugleich sieht man Lüzzen m Flammen stehen, auf Befehl des Herzogs m Brand gesteckt, damit er von dieser Seite nicht überflügelt würde. Jetzt tont die Losung, die Rnterey sprengt gegen den Feind und das Fußvolk ist im Anmarsch gegen die Gräben. Bon einem fürchterlichen Feuer der Musketen und des da­ hinter gepflanzten groben Geschützes empfangen, setzen diese tap­ fern Bataillons mrt unerschrocknem Muth ihren Angriff fort, die feindlichen Musketiere verlassen ihren Posten, die Gräben sind übersprungen, die Batterie selbst wird erobert, und sogleich gegen den Fernd gerichtet. Sie drrngen weiter mit unaufhaltsa­ mer Gewalt, dre erste der fünf Friedländifchen Brigaden wird nie­ dergeworfen, gleich darauf dre zweyte, und schon wendet sich die dntte zur Flucht; aber hier stellt sich der schnell gegenwärtige Gers, des Herzogs ihrem Andrang entgegen. Mit BlrtzesschnelIlgkeit ist er da, der Unordnung fernes Fußvolks zu steuern, und fernem Machtwort gelingt*, dre Fliehenden zum Stehen zu be­ wegen. Von drey Eavallerieregimcntern unterstützt, machen die schon geschlagenen Brigaden aufs neue Fronte gegen den Feind, und dringen mit Macht in seine zerrissenen Glieder. Ein mör­ derischer Kampf erhebt sich, der nahe Fernd giebt dem Schießge­ wehr kernen Raum, dre Wuth des Angriffs kerne Frist mehr zur Ladung; Mann ficht gegen Mann, das unnütze Feuerrohr macht dem Schwert und der Pike Platz, und die Kunst der Erbitterung. Ueberwaltigt von der Menge weichen endlich die ermatteten V'fchonS Handbuch. I.

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Sechster Zeitraum: neuste Zeit seit 1780*

Schweden über die Gräben zurück, und die schon eroberte Bat­ terie geht bey diesem Rückzug verloren. Schon bedecken tausend verstümmelte Lerchen das Land, und noch lst kein Fuß breit Erde gewonnen. Indessen hat det rechte Flügel des Königs, von ihm selbst angeführt, den linsen des Feindes angefallen. Schon der erste machtvolle Andrang der schweren Fipnländlschen Kürassiere zer­ streute die leicht berittncn Pohlen und Kroaten, die sich an diesen F'ügel anschlossen, und ihr* unordentliche Flucht theilte auch der tibi mm Retterev Furcht und Verwirrung mit. In diesem Au­ genblick hinterbringt man dem König, daß ferne Infanterie über die Gräben zurückweiche, und auch fern linker Flügel durch das feindliche Geschütz von den Windmühlen aus furchtbar geängstigt und schon* zum Wercken gebracht werde. Mit schneller Besonnen­ heit überträgt er dem General von Horn, den schon geschlagenen linken Flügel des Feindes zu verfolgen, und er selbst eilt an der Spitze des Stenbockischen Regiments davon, der Unordnung fer­ nes eigenen linken Flügels abzuhelfen. Sern edles Roß trägt ihn pfeilschnell über die Gräben; aber schwerer wird den nachfol­ genden Schwadronen der Uebergang, und nur wenige Rertee, un­ ter denen Franz Albert Herzog von Sachsen-Lauenburg genannt wird, waren behend genug, ihm zur Seite zu bleiben. Er sprengte geraden Wegs demjenigen Orte zu, wo fern Fußvolk am gefähr­ lichsten bedrängt war, und indem er ferne Blicke umher sendet, irgend erne Blöße deö feindlichen Heeres auszuspähen, auf bte er den Angriff richten könnte, führt ihn fern kurzes Geficht zu nah an dasselbe. 6m kaiserlicher Gefreyter bemerkt, daß dem Vorü­ bersprengenden alles rhrfurchtevoll Platz macht, und schnell be­ fiehlt er ernem Mustelier, auf ihn anzuschlagen. „Auf den dort schieße," ruft er, „das muß ein vornehmer Mann seyn." Der Soldat drückt ab, und dem König wird der linke Arm zerschmet­ tert. In diesem Augenblick kommen seine Schwadronen daher­ gesprengt, und em verwirrtes Geschrey: Der König blutet — Der König ist erschossen! breitet unter den Ankommenden Schrecken und Entsetzen aus. „Es ist Nichts — folgt mir," ruft der König, feine ganze Stärke zusammenraffend; aber überwäl­ tigt von Schmerz und der Ohnmacht nahe, bittet er m Franzö­ sischer Sprache den Herzog von Lauenburg, ihn ohne Aufsehen aus dem Gedränge zu schaffen. Indem der Letztere auf einem weiten Umweg, um der muthlosen Infanterie diesen niederschla­ genden Anblick zu entziehen, nach dem rechten Flügel mit dem

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Könige umwendet, erhalt dieser einen zwenten Schuß durch den Rücken, der ihm den letzten Rest feiner Kräfte raubt. „Ich habe genug, Bruder," ruft er mit sterbender Stimme „Suche du nur dein Leben zu retten." Zugleich sank er vom Pferd, ünd von noch mehrern Schüssen durchbohrt, von allen seinen Begleitern verlassen, verhauchte er unter den räuberischen Händen der Kroüten fein Leben. Bald entdeckte sein ledig fliehendes, im Blute ge­ badetes Roß der Schwedischen Rrrterey ihres Königs Fall, und wüthend dringt sie herbey, dein gierigen Feind diese heilige Beute zu entreißen. Um seinen Leichnam entbrennt ein mördrsscheS Gefecht, und bet entstellte Körper wird unter einem Hügel von Todten begraben. Die SchreckeuSpost durcheilt in kurzer Zeit das ganze Schwe­ dische Heer; aber anstatt den Muth dieser tapfern Schaaren zu ertödten, entzündet sie ihn vielmehr zu einem neuen, wilden, ver­ zehrenden Feuer. Das Leben fällt m feinem Presse, da das hei­ ligste aller Leben dahin ist, und der Tod bat für den Niedrigen kein Schrecken mehr, seitdem er das gekrönte Haupt nicht ver­ schonte. Mit Lkwengrimm werfen sich die Upländsschen, Smaländischen, Finnischen, Ost-und Westgothsschen Regimenter zum zweitenmal auf den linken Flügel des Femdes, der dem General von Horn nur noch schwachen Widerstand leistet, und jetzt völlig aus dem Felde geschlagen wird. Zugleich giebt Herzog Bernhard von Weimar dem verwaisten Heere der Schweden m seiner Person ein fähiges Oberhaupt, und der Geist Gustav Adolphs führt von neuem seine siegreichen Schaaren. Schnell ist der lmke Fliigtt wieder geordnet, und nnt Macht dringt et auf den rechten der Kaiserlichen ein. Das Geschütz, an den Windmühlen, das ein so mörderisches Feuer auf die Schweden geschleudert hatte, fällt in seine Hand, und auf die Feinde selbst werden jetzt diese Donner gerichtet. Auch der Mittelpunkt des Schwedischen Fuß­ volks setzt unter Bernhards und Kniephausens Anführung aufs neue gegen die Gräben an, über die er sich glücklich hinweg­ schwingt, und zum zweytenmal die Batterie der sieben Kanonen erobert. Auf die schweren Bataillons des feindlichen Mittelpunkts wird jetzt mit gedoppelter Wuth der Angriff erneuert, immer schwächer und schwächer widerstehen sie, unfc der Zufall selbst verschwört sich mit der Schwedischen Tapferkeit, ihre Niederlage zu vollenden. Feuer ergreift die kaiserlichen Pulverwagen, und unter schrecklichem Donnerknalle sieht man die aufgehäuften Gra­ naten u»d Bomben m die Lüfte fliegen. Der m Bestürzung ge-

Nns

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skhte Feind wähnt sich von hinten angefallen, indem die Schwe­ dischen Brigaden von vorn ihm entgegen stürmen. Der Muth entfällt ihm. Er sieht seinen linken Flügel geschlagen, ftinut rechten im Begriff zu erliegen, sein Geschütz in de» F,indes Hand. E« neigt sich die Schlacht zu ihrer Entscheidung, das Schicksal des Tage» hängt nur noch an einem einzigen Augenblick — da erscheint Pappenheim auf dem Schlachtfeld» mit Kürassiren und Dragonern; alle erhaltenen Vortheile sind verloren, und ein« ganz neue Schlacht fängt an. -Der Befehl, welcher diesen General nach Lützen zurück rief, hatte ihn zu Halle erreicht, eben da seine Volker mit Plünderung dieser Stadt noch beschäftigt waren. Unmöglich wars, das zer­ streute Fußvolk mit der Schnelligkeit zu sammeln, als die dringende Ordre und die Ungedult diese» Kriegers verlangten. Ohne es z» erwarten, ließ er acht Regimenter Kavallerie aufsitzen, und eilte an der Spitze derselben spornstreichs auf Lützen zu, an dem Feste der Schlacht Theil zu nehmen. Er kam noch eben recht, tim die Flucht des kaiserlichen linken Flügels, den Gustav Horn au« dem Felde schlug, zu bezeugen, und sich anfänglich selbst da­ rein verwickelt zu sehen. Aber mit schneller Gegenwart des Geistes sammelt er diese flüchtigen Volker wieder, und führt sie auf» neue gegen den Feind. Fortgerissen von seinem wilden Mutb, und voll Ungeduld» dem König selbst, den er an der Spitze diese« Flügel» vermuthet, gegenüber zu fechten, bricht er fürchterlich in die Schwedischen Schaaren, die» ermattet vom Sieg und an Anzahl zu schwach, dieser Fluth von Feinden nach dem männlichsten Wi­ derstand unterliegen. Auch den erlöschenden Muth des kaiserlichen Fußvolks ermuntert Pappenheimü nicht mehr gehoffte Erscheinung, tlsid schnell benutzt der Herzog von Friedland den günstigen Augen­ blick, da» Treffen aufs neue zu formiren. Die dicht geschlossenen Schwedischen Bataillon« werden unter einem mörderischen Ge­ fechte über die Gräben zurück getrieben, und die zweymal verlor­ nen Kanonen zum zweytenmal ihren Händen entrissen. Da» ganze gelbe Regiment als da« trefflichste von allen, die an diesem blutigen Tage Beweise ihre« Heldenmuths gaben, lag tobt dahin gestreckt, und bedeckte noch in derselben schönen Ordnung den Wahlplatz, den es lebend mit so standhaftem Muthe behauptet hatte. Ein ähnliches Loos traf rin andres blaues Regiment, welches Graf Piccolomini mit der kaiserlichen Reiterey nach dem wüthendsten Kampfe zu Boden warf. Zu siebe» verschiedenen Wahlen wiederholte dieser trefflich« General den Angriff; sieben

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Pferde wurden unter ihm erschossen, und sechs Musketen Kugeln durchbohrten ihn. Dennoch verließ er das Schlachtfeld nicht eher als bts ihn der Rückzug des ganzen Heeres mit fortriß. Den Herzog selbst sah man, mitten unter dem feindlichen Kugelregen, mit kühler Seele seine Truppen durchreiten, dem Notleidenden nahe mit Hülfe, dem Tapfern mit Beyfall, dem Verzagten mit seinem strafenden Blick. Um und neben ihm stürzen seine Volker entseelt dahin, und sein Mantel wird von vielen Kugeln durch­ löchert. Aber die Rachegotter beschützen heute seine Brust, für die schon ein anderes Eisen geschliffen ist; auf dem Bette, wo Gustav erblaßte, sollte Wallenstem den schuldbesicckten Geist Nicht verhauchen.

Nicht so glücklich war Pappenheim, der Tetamonier des Hee­ res, der furchtbarste Soldat des Hauses Oesterreich und der Kirche. Glühende Begier, dem König selbst im Kampfe zu begegnen, riß den Wüthenden mitten in das blutigste Schlachtgewühl, wo er feinen edlen Feind am wenigsten zu verfehlen hoffte. Auch Gustav hatte den feurigen Wunsch gehest, diesen geachteten Gegner von Angesicht zu sehen; aber die feindselige Sehnsucht blieb ungestillt, und erst der Tod führte die versöhnten Helden zusammen. Zwey Musketenkugeln durchbohrten PappenhernrS narbenvolle Brust, und gewaltsam musten ihn dre Seinen aus dem Mordgewühl tragen. Indem man beschäftigt war, ihn hinter das Treffen zu bringen, drang ern Gemurmel zu fernen Ohren, daß der, den er­ suchte, entseelt auf dem Wahlplatz liege. Als man ihm dre Wahrheit dieses Gerüchtes bekräftigte, erheiterte sich fern Gesicht und das letzte Feuer blitzte in feinen Augen. „So hinterbringe man denn dem Herzog von Fnedland," rief er aus," „daß rch ohne Hoffnung zum Leben darnieder liege, aber frölrch dahin scheide, da ich weiß, daß dieser unversöhnliche Femd meines Glaubcns an Emem Tage mit mir gefallen ist." Mit Pappenheim verschwand das Glück der Kaiserlichen von dem Schlachtfelde. Richt sobald vermißte die schon einmal geschlagene und durch ihn allem wieder hergestellte Reiterey des lmken Flügels ihren sieghaften Führer, als sie astes verloren gab, und mit mnthloser Verzweiflung das'Weite suchte. Gleiche Bestürzung ergriff auch den rechten Flügel, wenige Regimenter ausgenommen, welche die Tapferkeit ihrer Obersten, Götz, Terzky, Kolloredo und Piccolomm», nöthigte Stand zu halten. Dre Schwedische Infanterie benutzt mit schnel­ ler Entschlossenheit die Bestürzung de- Femdes. Um die Lücken px ergänzen, welche der Tod in ihr Bordertreffen gerissen, ziehen

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sich beide Linien m Eine zusammen, btt den letzten entscheidenden Angriff wagt. Zum drittenmal seht sie über die Gräben und zum drittenmal werden die dahinter gepflanzten Stücke erobert. Die Sonne netqt sich eben zum Untergang, indem beyde Schlachtord­ nungen auf einander treffen. Heftiger erhitzt sich der Streit an seinem Ende, die letz.e Kraft ringt mit der letzten Kraft, Geschick­ lichkeit und Wuth thun ihr äußerstes, m den letzten theuren Minuten den ganzen verlernen Tag nachzuholen. Umsonst, die Verzweiflung erhebt jeden über sich selbst, keiner versteht zu siegen, keiner zu weichen, und die Taktik erschöpft hier ihre Wunder nur, um dort neue, me gelernte, nie m Uebung gebrachte Mei­ sterstücke der Kunst zu entwickeln. Endlich setzen Nebel und Nacht dem Gefechte eine Gränze, dem die Wuth keine setzen will, und der Angriff hört auf, weil man feinen Feind nicht mehr fin­ det. Beite Kriegsheere scheiden mit stillschweigender Ueberemkunft aus einander, die erfreuenden Trompeten ertönen, und je­ des, für unbesiegt sich erklärend, verschwindet aus dem Gesilde. Die Artillerie beyder Theile blieb, weil die Rosse sich verlau­ fen, die Nacht über auf dem Wahlplahe verlassen stehen — zualerch der Preis und die Urkunde des Siegers für den, der die Wahlstatt eroberte. Aber über der Eilfertigkeit, mit der er von Leipzig und Sachsen Abschied nahm, vergaß der Herzog von Friedland, seinen Antheil daran von dem Schlachtfelde abzuholen. Nicht lange nach geendigtem Treffen erschien das PappenheiMischs Fußvolk, das seinem voraus eilenden General nicht schnell genug folgen können, sechs Regimenter stark, auf dem Wahlplatz; aber die Arbeit war gethan. Wenige Stunden früher würde diese be­ trächtliche Verstärkung die Schlacht wahrscheinlich zum Vortheil deö Kaisers entschieden und selbst noch jetzt durch Eroberung des Schlachtfelds die Artillerie des Herzogs gerettet und die Schwe­ dische erbeutet haben. Aber keine Ordre war da, ihr Verhalten zu bestimmen, und zu ungewiß über den Ausgang der Schlacht, nahm sie ihren Weg nach Leipzig, m sie das Hauptheer zu fin­ den hoffte. Dahin hatte der Herzog von Fnedtand stiften Rückzug ge­ nommen, und ohne Geschütz, ohne Fahnen, und beynahe ohne alle Waffen folgte ihm am andern Morgen der zerstreute Ueberrest seines Heers. Zwischen Lützen und Weißenfcls, scheint es, lreß Herzog Bernhard die Schwedische Armee von den Anstrengungen dieses blutigen Tages sich erholen, nahe genug an dem Schlacht­ feld, um.jeden Versuch des Feindes zu Eroberung desselben so-

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gleich vereiteln zu können. Don beyden Armeen lagen über neun­ tausend Mann tobt auf dem Wahlplatze; noch wert größer war die Zahl der Verwundeten, und unter den Kaiserlichen besonders fand sich kaum Einer, der unverletzt aus dem Treffen zurückge­ kehrt wäre. Die ganze Ebene von Lützen bis an den Floßgra­ ben war mit Verwundeten, mit Sterbenden, mit Todten bedeckt. Biele von dem'vornehmsten Adel waren auf beiden Seiten gefal­ len; auch der Abt von Fulda, der sich als Zuschauer in die Schlacht gemischt hatte, büßte seine Neugier und seinen unzeiti­ gen Glaubenseifer mit dem Tode. Bon Gefangenen schweigt die Geschichte; em Beweis mehr für die Wuth der Armeen, die keinen Pardon gab oder kernen verlangte.

LIX.

Friedrich Leopold Graf zu

Stolberg.

Friedrich Leopold Graf zu Stolberg wurde den 7tert Novem­ ber 1750 rm Holstemfchen Flecken Dramstedt geboren l). Sern Water Christian Günther Graf zu Stolberg war königlich dänischer Kammerherr, Geheimrath und Oberhofmeister der Königinn Sophie Magdalena von Dänemark. Nach einer trefflichen Erziehung im väterlichen Hause bezog Friedrich Leopold mtt feinem ältern auch als Dichter bekannten Bruder, Christian zu Stolberg, 1769 dre hohe Schule zu Göttmgen. Hier schloß er mit feinem Bru­ der, Boje, Bürger, Closen, Cramer, Haiti?, Hahn, Leisewitz, Mil­ ler, Oyerbeck und Boß einen berühmten Dlchtervernn, aus wel­ chem so viel Herrliches für die deutsche Dichtkunst hervorgegangen ist. Alle Sonnabend versammelten sie sich, sprachen über Wissen, schast und Kunst, übten sich tm Vorlesen, und beurtheilten ihre Arbeiten, wovon die gebilligten in ein eignes Buch geschrieben wurden. Boje wurde vor allen als der Hauptkrinker geachtet, obschon er als Dichter lange nicht so berühmt geworden ist, als viele der andern. Biö 1774 blieb Stolberg in Göttingen und wurde dann königlich dänischer Kammeriunker, und 1777 fürstbischöflich - lübeckscher bevollmächtigter Minister in Copenhagen. Fünf Jahr nachher verherrathete er sich mit Agnes von Witzleben, die er in mehrern Gedichten besungen hat; aber schon 1788, nach-

2) Eichhorn in seiner Geschichte der schönen Redekünste ober Geschichte der Litteratur 4 33b Abthl. 11. S. 864 sagt: geboren zu Kopenhazen, war ein Irrthum sein muß.

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Sechster Zeitraum: neuste Zeit fett

1780*

dem sie ihm einen Sohn und drei Tochter geboren hatte, wurde fte ihm durch den Tod entrissen. Im folgenden Jahre 1769 wurde er königlich dänischer Gesandter in Berlin und vermahlte sich 1790 Mit der Gräfinn Sophie von Redern, mit welcher er 1791 und 1792 die von ihm beschriebene Reise nach der Schweiz, Jtalien und ©teilten unternahm, nachdem er 1791 zum Präsidenten der fürstbischöflichen Negierung zu Eutin und Domherrn von Lübeck ernannt worden war. 1797 erhielt er den russischen St. Annen-und Alexander - NewSkv Orden, rm Jahre 1800 aber legte er alle ferne Aemter und Würden meder, und trat mit sei­ ner Familie (die älteste mit dem Grafen Ferdinand von Stol­ berg - Wernigerode vermahlte Tochter ausgenommen) zur römischkatholischen Kirche über. Groß war das Aufsehen, welches dieser Schritt m Deutschland machte, da Leopold v. Stolberg sich auch noch kurz vorher als eifriger orthodoxer Lutheraner der neuen fchleswig-holstemschen vom Generalsuperintendenten Adler abge­ faßten Kirchenagende widersetzt batte. Wie vielfach ihm auch die­ ser Schritt von Feinden und Freunden verdacht worden ist, so Dmb wol das nicht geläugnet werden, daß er ihn nicht unbeson­ nen, sondern seiner völligen Ueberzeugung nach gethan haben muß; aber schmerzlich ist e6 immer, daß ein solcher Mann das Große und Herrliche des Protestantismus so übersehen oder vergessen konnte. Seit jener Zeit lebte er in Münster oder in Lütken­ beck be, Münster. Als Prosaiker wie als Dichter gehört Stolberg zu den vor­ züglichsten unsers Volks. Klarheit und Anmuth zeichnen seine Schreibart als Romanschriftstellrr und Rersebeschretber aus. In feinen eigentlich geschichtlichen Werken, der Kirchengeschlchte und dem Leben Alfreds, welches letztere noch lange nicht so bekannt ist, als es verdient, ist tiefe Gelehrsamkeit und schöne Darstellung zu bewundern, nur hat der Uebergang zur römischen Kirche des Geschichtforschers.klaren Blick oft getrübt und fern Urtheil hier und da MiSleitet, m welcher Rücksicht die Beurtheilungen seiner Kirchengeschichte in den Heidelberger Jahrbüchern von J. M. O. jedem, der hier Nachweisungen sucht, angelegentlich zu empfehlen sind. Die hier zu nennenden Werke F. L. von Stolbergs sind folgende: Die Insel, von F. L. Graf zu Stolberg Leipz. 1788. (20 Gr) Cm politischer Roman, worin das Gemählde einer bürgerlichen Verfassung ohne die gewöhnlichen Mängel, das Ideal eines Frelstaatö, dargelegt wird.

F. k. Graf zu Stollberg. Reise in Deutschland,

der

569

Schweiz, Italien und

Sicilien, von F. L. Graf zu Stolberg. 4 Bde. KönigSb. und Leipz. 1794. gr. 8. Nebst einem Hefte Kupferstiche und einer Karte von Italien, nach Brron verjüngt von Saljr mann entworfen. (10 Rthlr.) In Briefen geschrieben. Geschichte der Religion Jesu Christi. Von Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg. Hamburg seit 1807 10 Th. Neue Auff. Erst, und zw. Theil. Wien 1817 gedr. und verl. bey Earl Gerold. Hamburg bey Perthes und Besser. Leben Alfred des Großen Königs in England. Von F. L. Grafe nznStolberg. — Der Mann gehört uns an. Buch Ruth. 11. 20. Münster bei Aschendorff i8i5. — Der Ge­ schichte Alfreds ist tut Auszug der Geschichte Britanniens blS zur angelsächsischen Landung, ein Auszug der kirchlichen Ge­ schichte

Britanniens

und

eine

Geschichte der Angelsachsen

bis auf Alfred S. 1 — 142 vorangeschickt, worauf das Le­ ben des Königs S. i43 — 5is folgt. Das Bruchstück zeigt dre Art der Behandlung und dre anziehende Schreibart.

I. Bruchstück. Der Rheinfall bei Schaffbausen. (Reise in Deutschland, der Schweiz, u. s. f. Th. J, S. 71. (Stifter Sites). Zürrch,

den Lösten August 1791.

Vorgestern früh mrt Sonnenaufgang fuhren wrr über die Rheinbrücke von Constanz. Heller als rn den vorigen Tagen ho­ ben sich die Berge, auch dre entferntesten. Dre Schwaben und Schweizer sagen alsdann, das Gebürge öffne sich, und erwarten Regen oder Gewitter. Am Zellersee hinfahrend übersahen wir alle Gebürge, dre den ganzen Bodensee kränzen, von dem einige Stunden wert vor uns liegenden drei einzelnen Bergen, Hohen­ twiel, Hohenkreg und Hohnstoffel, brö zu den entferntesten Gebürgen des Tirol. Sehr hell sahen wir auch eine Kette von Schneegebürgen. Man sagte uns sie lagen im Welschen Bünden. Der Richtung nach schien es nur, daß sie jenseits des Sees der vrer Waldstadte, tm Kanton Lucent, oder tm Eanton Urt lagen. Die hohe würtemberglsche Feste Hohentwiel, ließen wir auf unsrer gaf it nach Schaffbausen hart am Wege liegen. Auch in ihr, wie nt der von Hohenasperg werden Gefangne bewahrt. Etwa eine Stunde vor Schaffhausen sahen wir den Rhein

57o

Sechster Zeitraum: neuste Zeit seit 1780,

Im Thäte, zwischen waldigen Ufern und stark rauschend mit sma­ ragdgrünen durchstchngen Wogen, lauter wie Wern, nach seinem Bade tm Bodensee. Die Höhe eine- Berger im Walde über die­ sem Strom trennet das deutsche Reich, Nicht Deutschland, eine halbe Stunde vor Schaffhausen, von der Schwerz. Nicht Deutschland! Nein bey den heiligen Fluten des Rheins, der im Gebürge freier Bünder entspringt, und durch Ebnen freier Bataver sich ms Meer ergeußt! Unsre Brüder tm Gebürge, unsre Brüder m der Ebene, waren nie deutscher, als da sie das Joch der Tyrannei von sich abwarfen! Wir sehen rmt Ehrfurcht auf sie, aber auch sie wollen nicht vergessen, daß sie Deutsche sind! Wir schauen mit Ehrfurcht m die grauen Thäler ihrer Vorzeit zurück, mit Hoff­ nung mögen sie auf die noch umwölkten Berge unsrer Zukunft blicken. Hie und da, wann und wo es erspießlich sein wird, mag das Gebürge dereinst sich öffnen, Ungewitter weissagen und Frucht­ barkeit. Nur müsse nie der Deutsche, dem Franzosen gleich, die wilde Flamme des Mordbrenners für Feuer des Himmels halten! Er müsse me, lechzende Auen zu tränten, das Land mit einer Sündflut überschwemmen! Nahe bey Schaffhausen ist der Rhein sehr reißend und rau­ schet über Felsen. In frühen Zetten schon standen hier Häuser, in welche Waaren gelegt wurden, die von den höheren Gegenden, Bünden, Lindau, Eonstanz rc. mit dem Strom gekommen wa­ ren, und wegen deö nahen Rheinfalls hier ausgeladen wurden. Diese Häuser gaben nachher der Stadt ihren Namen. Denn m schweizerischer, schwäbischer und östreichischer Mundart bedeutet bas Wort schaffen handeln, kaufen und verkaufen. Am Nach­ mittag besuchten wir den Rheinfall. Wie könnte ich dir den be~ schreiben! Er läßt jede Beschreibung wett hinter sich, jebe Vor­ stellung, selbst die Erinnerung. Ich sah ihn -um drittenmal, aber mit eben dem Staunen, mit welchem ich ihn das erstemal gesehen hatte. Er überrascht Yen Mann, wie er den Jüngling überrascht hatte. Ich scheine dir etwas zu sagen, und ich sage dir nichts, wenn ich dir erzähle, wie der breite Strom zwischen hohen Felsen, die mit Laubholz bewachsen sind, in einer ungeheuern Schaummasse, durch welche hie und da die grüne Farbe der gewölbten Fluten schimmert, mit betäubendem Getös und fliegendem Ungestüm, tief herunterstürze» wie

drei m ungleicher Entfernung mitten aus

F. i, Gr. ju Etolbrrg: Reisen 1794.

57i

seinem Wasserfall vorragende, mit immer erschüttertem Gebüsch belaubte Felsen, chm, nicht ungestraft, sondern ausgehöhlet und durchlöchert, entgegen starren, seinen Sturz theilend und verherr­ lichend. Auf dem minder hohen Felsenufer, zur rechten Seit« des Wasserfalls, steht tm Schasshausner Gebiet eine Drahtmühle; gegenüber, im Gebiet des Kanton Zürich steht das Schloß Laufen auf einem viel hkhern Felsen. Zuerst zeigt man Fremden den Rheinfall von der Seite der Drahtmühle, wo die Erwartung schon sehr überrascht, wo schon der Hmstauncnde freudig geschreckt wird. Dann fährt man rhn «inen schmalen krummen Pfad, un­ ter Bergen am gerundeten Becken des Stromes hin, dis er, ge­ rade dem Rheinfall gegenüberstehend, gewahr wird, daß tue Ka­ tarakte, welche er eben anstaunte, nur zwischen dem Ufer und einem Felsen, der mitten au» dem Strom sich emporthürmt, ge­ bildet werde, und etwa den fünften Theil des Wasserfalls aus­ mache. Hier sieht er den ganzen Strom, zwischen den Felfenufern und drei vennselten Klippen gcdränget, herunter stürzen. Zn ei­ nem schmalen Nachen wird man dann unten, der Katarakte vor­ bei, auf tanzenden Wogen, hmübergebracht nach der Zürcher Seite. Hier, ist unter dem Schlosse Laufen, ein Gerüst bi« in den Wasserfall hinein gebaut. Bor einem Thürchen, dessen Schlüssel im Laufner Schloß verwahrt wird» stehst du rin Weil­ chen, und hörst mit Ungeduld den Donner des Stroms bis da» Thürchen geöffnet wird, und du nun unmittelbar an dem stürzen­ den Strom stehst. Hier ergreift dich das mächtigste Staunen, es ist dir als müßtest du hinunter gewirbelt werden in die Tiefe. Don der Erle, von der Kraft der stürzenden Wogen kannst du bir keinen Begriff machen. Als der Dichter Lenz hier stand, siel er auf die Kmee, und rief au«: Hier ist eine Wasserhöllr! Die mit Eile des Blitze» herunter geschmetterten Fluten sprüz« zen hoch auf. Ein Nebel dick und weiß wir der Rauch au« Schmelzhütten, verhüllet die Gegend ! weit umher beben und träu­ feln alle Büsche der felsigen Ufer. Be, Sonnenschein spielen Far­ ben des Regenbogens im Schaum und im aufsteigenden Nebel. Kein Schauspiel der Natur hat mich je so ergriffen. Meiner Sophie wankten die Kniee, und sie erblaßte. Mein achtjähriger Knabe schaute still und unverwandt hin nach dem Strom, wel­ cher auch dadurch, daß er die andern Gegenstände,n aufsprühende Nebel hüllet, der einzige Gegenstand des Auges wird. Graun»olles, doch seliges Staunen, hielt uns wie bezaubert. Es war

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Sechster Zeitraum : neuste Zeit seit 1780»

mir als fühlte ich unmittelbar das -praesens mimen (geqenwärtig würkende Gottheit). Mit dem Gedanken an dre geoffenbarte Macht und Herrlichkeit Gottes, wandelte mich die Empfindung seiner Allbarmherzigkeit und Liebe an. Es war mir als ginge die Herrlichkeit des Herrn vor mir vorüber, als müßte ich hin finken aufs Angesicht, und ausrufen: Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig! Wir waren schon ziemlich wert auf dem Rückwege, ehe wir unser Stillschweigen unterbrachen. Und nur als wir uns abge­ kühlt fühlten '.von der Empfindung Glut, warfen wir tm Geist einen flüchtigen Seitenblick auf den Welrweisen, welcher den Rheinfall sehen, und nnt kalter Bedächtlichkeit fragen konnte: wozu er nütze? Ein Weltweifer beantwortet so vieles, was ent Weiser nicht beantwortet; mag er denn auch fragen wre ern Wei­ ser Nicht fragen würde. II. Bruchstück. (Sin Tag am Genfersee. (Steifen Th. I. S. 315. 22ster SB rief).

Lausanne den Zosten September 1791. Vorgestern früh gingen wrr an das Ufer des Sees und schifften em, um erne Fahrt von zween Tagen nach Vevay und dem Ufer von Savoyen zu machen. Wir fuhren zuerst hinüber nach Meillene in Savoyen. Der Tag war heiter und verschö­ nerte den schönen See, deffen Gewässer zur rechten Seite sich m sanfter Krümmung hinter den Bergen der Ufer verloren, indessen daß wir links hin bis an sein Ende sahen, wo sich die Gebürge von WalliS mit ihren zackigen Felsengipfeln thürmen, und unter die­ sen die hohe Klippe, welche la dent de lament heißet. Vor und sahen wir die mit Wald bedeckten Berge von Savoyen, und die berühmten Felsen von Meillene. Dieses Dörfchen liegt unmit­ telbar am See qedränget zwischen seinen Wassern und dem hohen Berge. Die Felsen, welche einen Theil des Berges ausmachen, stehen fast senkrecht an dem See, und lassen nur einem schmalen Wege Raum. So bald wir ausgestiegen waren, nahmen wir ei­ nen Wegweiser, um den Berg zu besteigen. Der Weg ist oft ziemlich steil, und führt tiefe Abgründe vorbei. Der untere und mittlere Theil des Berges wird von Wallnußbäumen und meh­ reren Kastamenbaumen beschattet, weiter oben wachsen staubende Buchen, Mehlbeerbäume (crataegus) und anderes Laubholz.

F. k. Gr. $tt Stolberg: Reifen 1794,

575

Wir erstiegen nicht den Gipfel de« Berge«; Sophia blieb mit Ernst auf einem schönen grünen Platzt, wo sie vor sich einen Theil de« See« und da« Theater der waliisischen Gebürgt sah; wir andern kletterten anen wahren Gemsenzäger-Pfad hinunter, «0 ein falscher Schritt un« in den Abgrund gestürzet hätte, konn­ ten un« aber mehrentheil« an jungen Stauden halten, oder an vorstehenden Felsen. So kamen w»r auf die Felsen, welche Rous­ seau MN Recht zur Einsiedlei eines Liebenden auserkohr. Dem gefeierten Vevay gegen über standen wir an den glatten Steinen, welche Samt Preux ') mit Juliens Namen beschrieb, und legten uns auf eine große Felfenbank, von der wir unmittelbar unter uns den See mit durchsichtigen, blaugrünen Wellen, die untre Felsenwand bespülen sahen. Dicht verwachsene Stauden hingen über uns, und rund um un« her herrschte feierliche Stille, wel­ che dann und wann plötzlich von Steinen, die unter un« im ge­ höhlten Felsen gesprengt wurden, und vom lauten Getöse der Tannenstämme unterbrochen ward, die man hoch herab vom Gip­ fel de« steilen Berge« stürzet, um sie unten einzuschiffen. Die Schönheit der Aussicht auf den See, auf die dicht bewohnten Ufer de« pays de Vaud, und auf die hohen wallisifchen Felsenge­ bürge, über welche hinten ein Schneeberg vorraget, ergötzen und beschäftigen den Geist, welcher dann, ,n Betrachtung versinkend, auch gern von dieser Beschäftigung de« mannigfaltigen Anschau­ en« ausruht, und sich mit wollüstigem Ernst auf die schaudervolle Einsiedlei dieser Felsen einschränkt, wo kein Fußtritt hallet, wo kein Aug' un« sieht. Wir entrissen uns ungern dieser Stäte, klommen wieder den stesten Pfad hman, und gingen mit Sophia und Emst zurück nach Meillerie. Wir sahen und hörten behau­ ene, abgerindete Tannenstämme herabwälzen. An den steilsten Abhängen werden glatte Stämme hingelegt, über welche sie mit unglaublichem Ungestüm h,n«ntergleiten, und so schnell, daß wenn man über diese Bahn geht, der Wegweiser bittet zu eilen, da­ mit man nicht von noch, ungesehenen, noch ungehörten Stäm­ men plötzlich ereilt und zermalmet werde. An vielen Stellen ist der Abhang de« Berges so jäh, daß man geworfene Steine lange Zeit von Fel« zu Fels rollen Hort, br< ,n die Tiefe. Wir blie­ ben den Mittag in Meillerie. Dir Bewohner haben weder Aekker noch Wemderge, vor ihren Häusern und über denselben zie1) Ist der Beliebte der Julie in Rousseau- Roman: bi« neue Heloise.

574

Sechster Zeitraum: neuste Zeit seit 1780,

hen sie an Stangen hoch aufrankend», überhangende Reben, deren Trauben, so schön als die vom pays de Vaud, wegen ihrer gerin­ gen Anzahl nur zum Essen dienen. Nur einige sind wohlhabend genug Kühe zu

halten.

Die

andern

leben vom Ertrag ihrer

Wallnüsse, aus denen Oehl gepreßt wird, und ihrer Kastanien, gegen welche sie Korn einhandeln. Sit nähren sich hauptsächlich mit Kastanien, Fischen und Kartoffeln. Den Nachmittag schifften wir hinüber nach Bevay. Die Sonne ging uns über dem Ufer des Sees unter, noch lange röthete sie mit dunklem Purpur die Felsen, und mit Rosenglanz den Schneeberg, welcher oben noch erhellt war, als wir in tiefer Dämmerung in Vevay landeten.

III. Bruchstück. Alfred auf seiner Flucht vor den Dänen (Leben Alfreds d. G. Könige in England S. 199)

Alfred sah sich verlassen. Man meldet uns nicht in welchen Ort der Sicherheit er seine Gemalin und seine Kinder sandte. Er selbst irret» umher, manchmal von einigen seiner Edlen und wenigen Kriegern begleitet, manchmal auch, wo selbst das kleine Geleite würde Berdacht erregt haben, allein, in Kleidung eines Bauren. Endlich fand er Zuflucht bey einem königlichen Kuh­ hirten. Ob er sich diesem offenbarte? das bleibt ungewiß; so viel erhellet daß die Frau des Hirten nicht wußte welchen Gast ihre armselige Hütte barg. Denn einst, als sie Kuchen buk, und Alfred am Heerde saß, beschäftiget mit Säuberung seines Bogen» und der Pfeile,

hieß die Hauswirthm ihn Acht geben auf die

Glut, um zu rechter Zeit die Fladen umzuwenden.

Er, in ganz

andern Gedanken vertieft, vergaß des Auftrags, und die Frau' ward inne da« die Kuchen angebrannt waren. „Da haben wir'«!" rief fle au«, „die Fladen läßt du onlbttnntn, die du doch so gern essen magst, wrnn sie gar sind!" E« darf nicht unbemerket bleiben, daß gottesfürchtige Zeitge­ nossen, diese«, dem großen Könige widerfahrne Drangsal, als eine Züchtigung Gotte« angesehen haben. E« wird erzählt, daß er in den ersten Zähren seiner Regierung, sich von Stolz und man­ chen Gelüsten habe hinreißen lassen 5 daß er sey ermahnet worden vom heiligen Neot, der mit ihm verwandt war, verschiedne Jahre Einsiedler gewesen, und nun einem Kloster vorstand; daß Alfred weder auf die freundliche Warnung de« gottseligen Greises geach-

F,

L. Gr. ju Stolberg: Men Alfred des Großen 1815* 575

ttt, noch auch auf bte von diesem ihm angekündigte Strafe, und Rettung aus der Noth, wann er wurde Buße gethan haben. So berichten einige Lebensbeschreibungen de- heiligen Neot, so auch spätere Schriftsteller aus dem Mittelalter, so berichtet der Bi­ schof Ässer, Zertgenoß und Freund de- KenrgS, dessen Leben er vor Alfreds Tode schrieb und unvollendet ließ. Ässer gesteht, daß fern königlicher Freund, rn den erst-ri Zähren der Herrschaft, aus jugendlichem Leichtsinn, denen p-elche ihm ihre Angelegenheiten vortragen wollten, kernen Zutrrt verstattet, den Beschwerden der Geringen über mißbrauchte Gewalt der Großen nicht Gehör ge­ geben, so wenig wie dem warnenden Manne Gottes Neot. Wir dürfen diese Rüge nrcht verschweigen, da wir deren Wahrheit nrcht bezwerflen können; aber auch dürfen wir Nicht verkennen, tote Gott Seinen Gesalbten, den er so hoch begabt hatte, väterlich züchtlgre, um ihn, vor den Augen der Welt desto hoher nach dem Drangsal zu erheden, und ihn, nach ernster Be­ strafung ferner Vergehungen, nach tim hier Reue, desto mehr zu begnadigen. Zn solcher Verborgenherr lebte Alfred rht, daß manch­ mal nrcht einer ferner Sachsen wußte wo er wär', und ob er lebte. Er war Flüchtling in fernem eigenen Reiche. Sobald dre Nachsrürung der Dänen zu erkalten begann, ver­ ließ er den Hirten, und ersah sich einen Anger, welcher nur zween Morgen Landes enthielt, zu fernem und ferner Krieger Aufent­ halt, welche Kunde von rhm bekommen hatten, und je mehr und mehr sich um rhn summieren. Dieser Ort lag m der Landschaft Sommersetshrre, und ward, sowohl von den Strö­ men Tbone und Parret, als auch von Sümpfen zu ernee Art von Insel gebildet, welcher er den Namen Aethelingep gab, das herßt, Insel der Edlen. Noch amzt heißt dre Stätte Athelney. Hier verschanzte er sich mrt dem kleinen Häuflern seiner ihn um­ gebenden Edlen. Auch ferne Gemalrn war bey ihm. Rings umher machten sumpfige Erlenbrüche diese Zuflucht jedem der wcht örtliche Kunde hatte, unzugänglich, und in dieser von Menschen wenig besuchten Gegend, war desto mehr Ueberfluß an Wrldpret. Erne schmale, an der westlichen Seite durch ern Boll­ werk geschuzte Brücke, führte in dre Insel, aus welcher bey Tag und bey Nacht dre Sachsen Strerfzüge machten, sowohl um zu jagen und zu fischen, als auch um andre Bedürfnisse von den Dänen -u erbeuten, und ihnen jeden möglichen Abbruch zu thun. Bin Schriftsteller vergleicht Alfred mrt einer schlüpfrigen Schlan­ ge, dre aus ihrer Erdspalte hervorschlercht, den Menschen nach-

576 stellt,

Sechster Zeitraum: neuste Zeit seit 1780. und dem der sie

schon -ergriffen

hat wieder entschlüpft.

Oftmal schien e«, als könne er den Feinden nicht entrinnen, ent­ wischte dennoch mit den femtyn, durch Schnelligkeit und Kunde der Gegend. Di« Dänen wurden mne daß der Lowe noch lebte, und den Sachsen entglomm eia Funke der Hofnung, welcher bald in helle Glut aufflamme» solle. Während dieser Zeit soll ein Ereigniß geschehen

seyn, wel­

che» seine Hofnunge» neu belebte. Wechsel-weise pflegten die Krieger auszugehen, und in seiner Reih« der König wie dir andern. Eines Wintertaqes aber wa­ ren sie alle ausgegangen, er allein und feine Gemalin waren heim geblieben. Alfred las, als er auf Einmal am Thorr klopfen horte. Er 9111g, öfnete das Thor; da stand ein Armer welcher bat^ ihm, um Christi willen, einen Bissen Brod'« zu geben.

Al­

fred heißt seine Gemalin nachzusehen «m Vrodschrank, ob noch etwas vorhanden wäre. Die Königin sieht nach, und meldet ihm daß nur noch Ein Brod übrig,

welches nicht

hinreichend seyn

würde dir zedcn Augenblick zu erwartenden Krieger, welche zu fi­ schen ausgegangen waren, zu sättigen. „Gesegnet sey Gott m seinen Gaben!" rief Alfred aus, und fügte hinzu: „Ich bitte „dich, um Christi willen, Weib, gib ihm die Hälfte des Brod's! „Wer mit fünf Broden und zween Fischen fünftausend Mann „speiste, der kann auch, so es Ihm gefällt, dafür sorgen, daß das „halbe Brod für uns ausreiche."

Die König,» gab dem Armen

da« halbe Brod. Es wird erzählt, daß darauf Alfred sein Buch wieder ,n die Hand genommen hab', aber bald eingeschlummert, und ihm in» Traume der heilige Cuthbert, welcher vor mehr als hundert Jahren gelebt hatte, erschienen sey, und ihm, im Namen Got­ tes, die Versicherung gegeben, daß Gott Sich nun Englands errrbarmen, und ihn, der sein leztee Brod mit den Armen getheilt, wieder auf den Thron setzen wollte. AIs bekräftigende» Zeichen dieser Verheißungen, würden bald seine Krieger mit außerordent­ lich reichrm Fischfang zu ihm kommen. Alfred erwachte, tief seine Gemalin, ihr den Traum mitzutheilen; se,n sie, denn auch sie war in Schlummer gesunken.

Ruf erweckte

Wie groß war

beyder Erstaunen, als jeder von ihnen feinen eigenen Traum er­ zählen hörte! Bald kamen dir Sachsen von ihrem Ausgange heim, mit so gewaltigem Fischfang, daß dieser schon an sich, auch »hn« Verheißung, für ein Wunder gelten konnte.

F. L. Gr. zu Skolberg: Leken Alfred -es Große» 1815. 577

IV. DrUchstLck. Alfreds Kampf mit ben Dänen. (Setze» Alfreds S. sr») So Werse als kühn, «ölte der König das kleine Häufler» der Semen nrcht anst Ungewisse blind in Gef..l,r füll ut, ü> edrlmütlg als werfe, beschloß er selbst ms Lager, der Dauer, k-nnmzugeh«, um ihre Macht, ihre Hülfsmittel und ihre Anscki..q. rrr erspähen. Kündig des Saitenfprels «nd des (vefaaac. mfutue er sich als em Harfner» deren es viele gab bey den Kirren, bey den Deutschen und bey den Skandmaven. Seme unverdächtige und freundliche Kunst efnete ihrr oe» Cmgang ms Lager der Dänen, dre sich gern von rhm erqczerr und belustigen ließen. Selbst ms Zelt ihres Königes Guthrnm hatte er freien Zutrit; er blieb vefch,ebene Tage mitten unter den Fernden, beobachtete deren fahrlässige Sicherheit, wie sie, nur auf Plünderung bedacht, die Hut des Lagers und jedes fuuu sitze Bestreben versäumten, hingegeben m schwelgendes Wohlsib>.i>, «erl sie, lm Stolze ihrer Eroberungen, kernen fernern Widerstand der Sachsen für möglich hielte». Diese mit Lebensgefahr erkaufte, wichtige Kunde, schöpfte Alfred, und begab sich wieder nut rei­ fenden Entschlüssen m seine Insel der Edle». Anizt, es war um die Bett der Pfingsten, sandte Alfred Botschaft an die vornehm­ sten ferner tn Sommerfetshrre, Hamptshne und Wiltshrre ihm ergeben gebliebne» Edlen, hieß sie bas Volk wafnen, und imt den Scharen an bestimmtem Tage zusammenkommen bevm Fel­ sen zu Breton am Walde Selwood, in Sommersetfblre. Mit lautem Freudengeschrey empfing ihn dort das kleine Heer. Todt hatten sie ihn gewähnt, an ihrer Freiheit verzweifelt. Nu» sahn sie den HeldenmLthigen König! Seme Gegenwart, dre Kunde so er ihnen Mittheilte, seiner Zuversicht kühne Fiendigkert ent­ stammten sie. Er führt« sie gegen die schwächste Seite des von ihm selbst erkundeten feindliche» Lagers bey Eddington m Wiltshrre» grrf stürmend dre sichern Dänen an, deren überraschte, daher nngevrduete Menge, dem kühn eindringenden Haustein unterlag. Das Lager ward bedeckt mit den Lerchen der gefallnen Feinde, bis übrigen stöhn, und warfen sich in eine fest« Burg, welche Alfred sogleich von alle» Seiten dicht umzingelte. Der Schrecken welcher m dre Dänen gefahren war, hinderte sie emen kühnen Ausfall |U wagen; nach vierzehn Tagen zwang, »ißten*« Hantbilch. t. 90

578

Sechster Zeitraum: neuste Zeit feit 1780,

fit der Hunger zu demütiger Bitte. Sie begehrten freyen Abzug, erboten flch Alfred Geisel zu geben w viel und welche er federn würde, verlangten seine von ihm. Er lief sich diese Vorschläge gefallen, fügte aber die Bedingung hrnzu, daß der König Guthrum, und alle dre in England bleiben wollen, sich sollen taufen taffen, und alle andern sogleich au- fernem Reiche ziehen. Dre Dänen zogen ab; nach einigen Woche» kam Guthrum mit dreißig seiner Edlen zu Alfred, ge» Auler (»n Sommerset­ sch,re, unfern, von Athelingev), und wurden getauft. Alfred hub den Danenkönrg aus dem heiligen Bade, nahm ihn an a!s Sohn, «nd gab »hm den Namen Adelstan. Er blieb noch zwölf Tage wach der Taufe bey Alfred, der ,hn in der Regierung von Ost­ angeln bestätigte und Nordhumberland hinzufügte, doch so, daß er diese Länder al» ein Lehn von Weffex besitzen feite. Die meisten der Däne» folgten dem Beyspiel ihres König«, «nd ließen sich taufen. So gewann Alfred, an diesen tapfern Knegern, ein mächtige« Bollwerk ferne« Reich«, welche» sie noch vor kurzem aufgelöst zu haben glaubten.

UL

Johann Paul Friedrich Richter, von 1763*

Johann Paul Freidrrch Richter wurde am nisten März 176S zu Wuns,edel, ernem freundlichen Städtchen am Fuße der Luxburg, der Krone de« FrchtelgedürgeS, im Fürsten­ thum Baireuth geboren. Sern Batet war damals Tertiu« (oder nach andern Angaben Reetor) der Schule zu W«nf»edel und grng nachher al« Prediger nach Schwarzebach an der Saale. Schon früh zeigte der Sohn dre herrlichsten Anlagen, welche der Vater selbst auszubilden bemüht war, der rhn auch in ferne» Kenntnissen so wert brachte, daß er ,m Jahre 1779 rn dre erste Klaffe des Gymnasium» zu Hof gefetzt «erden konnte. Nur e,n Jahr blieb er auf dieser Schule, wo der Rector Kirsch fein Genre bewunderte und rhn mrt den besten Zeugnissen (nachdem er noch eint Abschiedsrede uti novorum recte excogitandoium Studio nihil melius sit, ita novitatia adfectatione nihil eaae

detptim gehalten hatte) 1780 nach der hohen Schult zu Leipzig rnrlreß. Hier wollte er zuerst Theologie studrre», aber dre Dicht­ kunst, welche den Jüngling schon früh begeistert hatte, zog ihn von dem ernstern Studium ab. Nach den Umversttätsjahren lebte er erne Zeitlang rn Schwarzebach, dann rn Hof. Schon feit 1788 trat

I. P. F. Richttr von 1763»

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tt Als Schriftsteller auf, denn in diesem und dem folgenden Jahre erschienen von ihm: Grönländische Processe oder satyrische Skizzen e LH. Berlin, und im Jahre 1-788: Aus» wähl aus des Teufel« Papieren, nebst einem nöthi­ gen Aviso vom Juden Mendel. — Be, dem letzteren W-rke untrrschrieb er sich I. P. F. Hasu«; sonst nannte er sich in frü­ her» und spätern Werken gewöhnlich Jean Paul, unu al« er auch seinen Namen völlig ausschrieb, behielt er doch da« fremde Jean bei weshalb auch einige, wie Eichhorn in seiner Geschichte derWifsensch. ihn nur Friedrich Richter nennen. — Von Hof ging er 1797 nach Leipzig, wo er e»ne Zeitlang privat,sirte und dann nach Weimar ging. Als er hier 1799 vom Herzoge von Sachsen - Hildburghausen den Titel als Legationsrath erhalten hatte, ging er nach Berlin, wo er sich mit der Tochter des TribunalSrath« Meyer vermählte (wodurch er der Schwager Soaziers und Mahlmanns wurde). Nachher 1801 nahm er seinen Wohnsitz in Meinungen und 1803 in Koburg, wo er längere Zeit sich aufhielt, jeden Antragzu einer bestimmten Anstellung ablehnte und allein den schönen Wissenschaften huldigte. Endlich ließ er sich in Baireuth nieder, wo er noch lebt. Der ehemalige Fürst Prrma« Karl von Dalberg setzte ihm ein ansehnliches Jahrgehslt au«, welches nach Dalbergs Tode der jetzige Landesherr BarreutH«, der König von Baiern, ferner zu zahlen versprochen hat. Wenn nach unserm Plan auch Romanschriftsteller als solche au« diesem Buche ausgeschlossen bleiben, so konnte doch Iran Paul, wenn er auch in darstellender Prosa keine andern Werke, al« die unter dem Namen von Romanen gehen, geschrieben hat, hier seiner herrlichen Eigenthümlichkeit wegen nicht auSgeschloffew bleiben, vor allen ist er ein Meister in der Schilderung und ein unnachahmliches Original, der ausgezeichnetste unter Deutschlandhumoristischen *) Schriftstellern. Was er als didaktischer Schrift­ steller in seiner Levana und seiner Vorschule der Aesthetik gelei»

1)

Was Humor und humoristisch sei ist nicht so leicht erklärt. Jean Paul nennt Humor selbst das romantische Komische. Mehr darüber s. in Jean Paul- Dorschule der Lestherik und int Konversationslexikon (Altenburg Brockhau« Artikel Humor Zu den Deutschen Humoristen zahlt man Hippel, nt gewisser Rück­ sicht auch 6 taubius, unter den fremden ist der Engländer Ster­ ne der vorzüglichste und wir finden m ihre» Werken nicht das Ne» lustigende, Lächerliche und Sonderbar« allein, sonder» auch da« Ern­ st«, Gefühlvolle, Wehmüthige, Erhabenrund Feierliche.

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Sechster Zeitraum: neuste Zeit seit 178s.

stet hat, davon tttrb im zweiten Theile dieses Werkes dre Rede fein. Hierher sind fast alle ferne übrigen Schriften zu rcettun, ebfchon sie sich nre der Klasse der geschichtlichen und darstellenden Schreibart unterordnen wollen, sondern immer auch m andre Gebiete hinüderrelchen. Unter fernen Werken nennen wrr außer den oben erwähnten: i. Die unsichtbare Loge. Eine Biographie von I. P. 2 Th. Berlin 1-790 auch Mumien genannt (2 Rrhlr. 16 Gr.) 5». Heöper us oder 45 Hundsposttage. Eine Biographie 4 Hefte. Berlin 1795. zw. Au fl. 1798 8. (5 Rthlr.) 3. Leben des Qu 1 nrus Fixiern, aus iS Zettelkästen gezogen, nebst eurem MuStherl und ernrgem jus Lerpz. 1797 (1 Rthlr 8 Gr.) 7. Das Kampanerthal oder über dre Unsterblichkeit der Seele; nebst einerCrklärungderHolzschnrtte unter den 10 Gebeten des Katechism. Erfurt 1797. zw. Aufl. 1801. (1 Rrhlr. 12 Gr.) 8. Jean Pauls Brrefe und bevorstehender Lebens­ lauf. Gera und Leipzig 1799 8. (1 Rthlr. 12 Gr.) 9. Titan von I. P. 4 Bande und dessen komischen Anhangs 2 Bändchen Berlin 1800 — i8o3. (holländ. Pap. 9 Rthlr. 4 Gr. Druckp. 7 Rldlr. 16 Gr.) l^rne der vorzüglichsten unter I. Ps. Schriften. 10. I. P. Richters ^legeljahce. 4 Th. Tübingen i8o3 — 1805. (5 Rthlr. 6 Gr.) 11. Kleine S chrrften von I. P. F. Richter. N. A. 2 Bde. Lerpz. 1808. (1 Rthlr. 8 Gr.) 12. Des Feldpredrger Schmelzte Reise nach Fl ätz Mit fortgehe nden Noten. Nebst der Beichte des

I. P. F. Richter von 1763«*

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Teufels bet einem Staatsmanne. Don I. P. TL bmgen 1808 8. (1 Rthlr. 23. D. Kahenbergers Badereise; nebst einer Aus­ wahl verbesserter Merkchen. Zwei Bande. Heidelberg. 1809. (3 Rthlr.) 14. Leben Frbe ls, des DerfasferS der Brenenrodi^ scben Frebel. Nürnberg 1812. (2 Rthlr.)

15. Mars und PhöbusThronwechsel 1814.

I. Bruchstück. Die Neujahrsnacht eines Unglücklichen.

(Briefe. S. 105).

Cm alter Mensch stand in der Neujahrsmitternacht am Fen­ ster und schaute mit dem Blicke einer bangen Verzweiflung auf zum unbeweglichen ewig blühenden Himmel, und herab auf die stille, reine, weiße Erde worauf fetzt niemand so freuden - und schlaflos war, als er. Denn sein Grab stand nahe bet ihm; eS war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend verdeckt, und er brachte aus dem ganzen reichen Leben Nichts Mit als Irrthümer, Sünden und Krankheiten, einen verheerten Körper, eine verödete Seele, die Brust voll Gift und em Alter voll Reue. Seme schonen Jugendraqe wandten sich heute at< Gespenster um, und zogen ihn wieder vor den holden Morgen hm, wo ihn fein Vater zuerst auf den Scheideweg des Lebens ge­ stellt hatte, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in em tveireü ruhiges Land voll Licht und Crnteii und voll Engel bungt und welcher links IN die Maulwurfsgange des Lasters hlnabzieht, in eine schwarze Hohle voll beruntertropfenden Giftes, voll zie­ lender Schlangen, und finsterer schwüler Dämpfe. Ach die Schlangen hingen um ferne Brust und die Gifttropfen auf seiner Zunge, und er wußte nun, wo er war. Smnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf: Gieb mir die Jugend wieder! O Vater, stelle Mich auf den Scheideweg wieder, damit ich anders wähle. Aber fern Vater und ferne Jugend waren längst dabin. Er sah Irrlichter auf Sumpfen tanzen und auf dem Gottesacker er­ löschen, und er sagte: es sind meine thörichten Tage! — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen, und im Falle schim­ mern und auf der Erde zerrinnen: „Das bin rch" sagte fein blu-

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tendes Herz, und bie Schlangenzahne der Reue gruben darin in den Wunden werter. Dre lodernde Phantasie zeigte ihm fliehende Nachtwandler auf den Dächern, und dre Windmühle hob drohend ihre Arme zum Zerschlagen auf, und mu rm leeren Todtenhause zurückge­ bliebene Larve nahm qllmählrg feine Züge an. Mitten m den Krampf floß plötzlich dre Musik für das Neu­ jahr vom Thurme hernieder, wie ferner Krrchengesang. Er wurde sanfter bewegt. — Er schaute um den Horizont herum und über bre werte Erde, und er dachte an ferne Jugendfreunde, die nun, glücklicher und besser als er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher Kinder und gesegneter Menschen waren, und er sagte: O ich könnte auch, wre ihr, diese erste Nacht mit trockenen Augen verschlummern, wenn ich gewollt hatte. — Ach, ich könnte glücklich fein f ihr theuern Aeltern, wenn ich eure Neujahrswunsche und Lehren er­ füllt hätte. Im fieberhaften Erinnern an seine Jünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen un Todtenhause auf; endlich wurde sie durch den Aberglauben, der rn der Neu­ jahrsnacht Geister der Zukunft erblickt, zu einem lebendigen Jünglinge. Er konnte es nicht mehr sehen; — er verhüllte das Auge; tausend heiße Thränen strömten versiegend m den Schnee; — er seufzte nur noch leise, trostlos und sinnlos: „Komme nur wieder, Jugend, komme wieder!" -------- Und sie kam wieder; denn er hatte nur rn der Neu-. jahrsnacht so fürcherlrch geträumt. Er war noch ein Jüng­ ling; nur ferne Derrrrungen waren kern Traum ge­ wesen. Aber er dankte Gott, daß er, noch jung, m den schmuzzigen Gängen des Lasters umkehren, und sich auf dre Sonnen­ bahn zurückbegeben konnte, dre rns reiche Land der Ernten leitet! Kehre Mit ihm, junget Leser, um, wenn du auf seinem Irr­ wege stehest! Dieser schreckende Traum wird künftig dem Richter werden; aber wenn du einst jammervoll rufen würdest: Komme wieder, schöne Jugend, — so würde sie nicht wiederkommen! —

I. P. F. Richter: Tita» 1803.

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II. D r u ch st >", ck. Steife durch Neapel über bat Meer nach der Insel Jtchia. (Titan. LH. IV. S. 113 flg.)

Eine helle Nacht ohne Gleichen! bie Sterne allein erhellten schon bte Erdr unb bie Milchstraße war silbern. Eine einzige imt Weinblüthen burchflochtene Allee führte der Prachtstabt zu. Ueberall horte man Menschen, bald nahes Reden, bald fernes Singen. Aus schwarzen Kastanienwäldern auf mondhellen Hü­ geln nefen bie Nachtigallen einander zu. Ein armes schlafendes Mädchen, das wir *) mit genommen, horte das Tonen bis in beit Traum hinab unb fang nach und blickte, wenn es sich damit geweckt, verwirrt und süßlächelnd umher, mit dem ganzen Ton und Traum noch in bet Brust. Singend rollte auf einem dün­ nen leichten Wagen mit zwei Rädern, ein Fuhrmann auf der Deichsel stehend lustig vorüber. — Weiber trugen in bet Kühle schon große Körbe voll Blumen nach der Stadt; — m den Fer­ nen neben uns dufteten ganze Paradiese aus Blumenkelchen; imb das Herz und bte Brust sogen zugleich den Liebe-trank der süßen Luft. — Der Mond war hell wie eine Sonne an den hohen Himmel heraufgezogen und der Horizont wurde von Ster­ nen vergoldet — und am ganzen wolkenlosen Himmel stand drr düstere Wolkensäule de- Vesuv'- in Osten allem. — Tief in der Nacht nach zwei Uhr rollten wir in und durch die lange Prachtstabt, worin noch der lebendige Tag fortblühte. Heitere Menschen füllten bie Straßen — bie Balkon- warfen fich Gesänge zu - auf den Dächern blühten Blumen unb Bäume -wischen Lampen und bie Horen-Glöckchen vermehrten den Tag und der Mond schien zu wärmen. Nur zuweilen schlief ein Mensch -wischen den Säulengängen gleichsam an seinem Mittag-schlafe. — Dian *), aller Verhältnisse kundig, ließ an einem Hause auf der Süd-und Meerseite halten, und grenz tief in die Stadt, um durch alte Bekannte bie Abfahrt nach der Znsel zu berichtigen, damit man gerade bei Sonnenaufgang aus dem Meere herüber bte herr­ liche Stadt mit ihrem Golf und ihren langen Küsten am reich, ften auffassete. Die Jschianerinn wickelte sich m ihren blauen Schleier gegen Mücken und entschlief am schwarzsandigen Ufer. r) Der Graf Albano von Eesara erzählt. — 2) Dian, beö reisenden Grafen Albano Begleiter, ein Baumerster aus Griechenland.

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Ick $ten. 6. » »Sfcl l. Basel. 188 s v. u. * Jdicticon l. Idiotikon. aal - s ».«. . Adel l. Adelung. 831 - s v. u. statt Drieaen l. Driezen. 83a 3 v. «. ist hinter Dsringrn ein Komma zu fetzen. 867 III. Brachst. Ueberschnft statt 1629. lies 1439. B69 Ueberschnft statt scharpsinnige Spruch l. scharpf» sinnige Sprüch. 364Zeile 4 v. u. statt mit den l. mit dem.

, 417

-

3 0. u.

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Annel i Annal.

- 438 -- 18 v. u. statt Dalaitama l. Dalailama. 5 463 - 17 v. u. start Sassen l. Sassen. » 56g 7 v. ». statt 10 l. iS. Aehnliche und kleinere Fehler wirb der geneigt« Leser selbst zu bessern gebeten.