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German Pages 445 [448] Year 2000
Grundlagen der Software-Entwicklung Von
Dr. Dieter S. Koreimann
3., überarbeitete und erweiterte Auflage
R. Oldenbourg Verlag München Wien
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Koreimann, Dieter, S.: Grundlagen der Software-Entwicklung / von Dieter S. Koreimann. 3., überarb. und erw. Aufl. - München ; Wien : Oldenbourg, 2000 ISBN 3-486-25349-2
© 2000 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Telefon: (089) 45051-0, Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier Druck: Hofmann-Druck Augsburg GmbH, Augsburg Bindung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Binderei GmbH ISBN 3-486-25349-2
Inhaltsverzeichnis Teil 1: Systemanalyse
1
1. Kapitel: 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.1.1 1.2.2.1.2 1.2.2.1.3 1.2.2.2 1.2.2.2.1 1.2.2.2.2 1.2.2.3 1.2.3
Abgrenzung und Definitionen Historische Entwicklung Systemanalyse als wissenschaftliche Methode Analytisches und holistisches Denken Gegenstand der Systemanalyse Allgemeine Begriffselemente Komplexität von Systemen Offene und geschlossene Systeme Statische und dynamische Systeme Informations- und Kommunikationssysteme Informationssysteme Kommunikationssysteme Das Informationssystem Unternehmen Formale Beschreibungskriterien
3 3 5 5 7 7 10 14 16 18 18 21 24 36
2. Kapitel: 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.2 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2
Anwendungsgebiete der Systemanalyse Methodische Grundlagen Die induktive Methode Die deduktive Methode Pragmatische Vorgehensweisen Betriebliche Informationssysteme Strukturierte und unstrukturierte Prozesse Dispositive Informationssysteme Operative Informationssysteme Endbenutzer-Systeme Überblick und Zielsetzungen Benutzeroperationen
40 40 40 41 42 43 44 45 48 50 50 52
3. Kapitel: 3.1 3.2 3.2.1 3.2.2 3.2.3 3.2.3.1 3.2.3.2 3.2.3.3 3.2.3.4 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6
Methoden und Techniken der Systemanalyse Die Interdependenz der Methoden Benutzeranalysen Zielsetzungen und Gegenstand Ermittlung des Informationsbedarfs Methoden und Techniken der Istanalyse Gegenstand und Aufgaben Interview-Technik Die schriftliche Befragung Beobachtung Prozeßanalysen Gegenstand und Zielsetzung Input-Prozeß-Output-Analysen Black-Box-Analysen Die Analyse der Geschäftslogik Informationsflußanalysen Entscheidungstabellen
54 54 55 55 58 63 63 64 68 69 71 71 74 77 79 83 88
VI
Inhaltsverzeichnis
3.3.7 3.3.8 3.4 3.4.1 3.4.2 3.4.3 3.4.4 3.5 3.5.1 3.5.2 3.5.3 3.5.4 3.5.5 3.6 3.6.1 3.6.2 3.6.3 3.6.4 3.6.5 3.6.6
Tree-Analysis Schwachstellenanalyse Datenanalysen Gegenstand und Zielsetzungen Objekte und Attribute Transaktions-Analyse Eigenschaften von Dateien Kommunikationsanalysen Gegenstand und Zielsetzung Kommunikationsdiagramme Funktionen-Diagramme Kommunikationsnetze Kommunikationsdienste Organisationsanalysen Gegenstand und Zielsetzung Ablauforganisation und Logistik Organigramme Stellenbeschreibungen Arbeitsplatzanalysen Qualifikation und Akzeptanz
93 97 100 100 101 102 104 107 107 108 109 111 111 112 112 113 115 116 117 122
4. Kapitel: 4.1 4.2 4.3
Strategien der Systemanalyse Entwicklung eines Vorgehensplans Total-und Partialanalysen Methoden-Mix
127 127 128 129
5. Kapitel: 5.1 5.2 5.3 5.4
Systembeschreibung Gegenstand und Zielsetzung Konsolidierung der Ergebnisse Varianten der Systementwicklung Rahmenschema einer Systembeschreibung
132 132 132 136 136
Teil 2: System Design
139
6. Kapitel:
Gegenstand und Aufgaben des System Design
141
7. Kapitel:
Qualitätsanforderungen an Software
143
8. Kapitel: 8.1 8.2
Computerunterstützte Software-Entwicklung Funktionaler Spezifikationsrahmen Methodenbank
144 144 146
9. Kapitel: 9.1 9.2 9.3 9.4
Methoden des System Design Lebenszyklus einer Software-Entwicklung Architektur-Modelle Modelle der Anwendungsentwicklung Entwicklungspfade
149 149 160 164 168
10. Kapitel: 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6
Funktionale Spezifikationen Gegenstand und Zielsetzung Aufgabenstruktur-Bilder Relationen-Modell Systemstrukturen nach Bachmann Strukturbilder nach Yourdon SADT-Diagramme
172 172 172 175 179 182 184
Inhaltsverzeichnis
VII
10.7 10.7.1 10.7.2 10.8 10.9 10.9.1 10.9.2 10.10 10.10.1 10.10.2 10.11 10.11.1 10.11.2 10.11.3 10.11.4 10.12
P S L und P S A D i e Sprache P S L P S A (Problem Statement A n a l y z e r ) Petri-Netze Strukturiertes Design und H I P O Zielsetzungen HIPO Strukturierte Analyse und Design Kontextdiagramme Funktionsmodellierung Objektorientiertes Design ( O O D ) Grundlegende Notationen Entwicklungsprozeß Unified Modeling Language ( U M L ) Strukturierte Analyse und Objektorientierung Kriterien für die Auswahl der Design-Methode
189 194 195 199 199 202 206 206 208 212 212 215 217 220 222
11. Kapitel: 11.1 11.2 11.2.1 11.2.2 11.2.3 11.3 11.3.1 11.3.2 11.3.3 11.4 11.5
Programmnahe Spezifikationen Zielsetzung und Aufgaben Hierarchisches Design Grundlagen Jackson-Methode Constantine-Methode Strukturiertes Design Grundfunktionen Struktogramme Programmablaufplan und Datenflußplan Strukturierte Programmierung Pseudo-Code
224 224 225 225 226 229 231 231 233 237 241 246
Teil 3: Projektmanagement
249
12. Kapitel: 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.5.1 12.5.2 12.6 12.6.1 12.6.2 12.7 12.8
Definitorische Abgrenzung Der Begriff Projekt Projektmanagement Projektrisiken Projektmethoden Projektauftrag Verantwortungsbereiche Projektantrag und Projektdefinition Projektziele und Projektauswahl Zielsystem für Projekte Auswahlprozeß für Projekte Projektumfang und Projektklassen Projektstruktur
251 251 252 254 254 255 255 256 258 258 260 261 265
13. Kapitel: 13.1 13.2 13.2.1 13.2.2 13.3
Strategisches Projektmanagement Zielsetzung und Aufgaben Erfolgsfaktoren für Projekte A l l g e m e i n e Erfolgsfaktoren Projektspezifische Erfolgsfaktoren Strategische Projektplanung
268 268 269 270 274 275
VIII
Inhaltsverzeichnis
14. Kapitel: 14.1 14.2 14.2.1 14.2.2 14.2.2.1 14.2.2.2 14.2.2.3 14.2.3 14.2.4 14.2.5 14.3 14.3.1 14.3.2 14.4
Organisationsformen für Projekte Zielsetzung und Aufgaben Strukturorganisation Matrix-Organisation Teamorganisation Auftragsorientierte Teams Kommunikationsorientierte Teams Chefprogrammierer-Organisation Externe Relationen Management-Systeme Ressource-Management Ablauforganisation Das Zusammenspiel Fachabteilung und EDV-Organisation . Arbeitsteilung Auswirkungen auf die Gesamtorganisation
277 277 279 279 283 283 284 287 288 289 292 293 293 296 297
15. Kapitel: 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5
Projektplanung Zielsetzung und Aufgaben Planungsobjekte Planungsverfahren Planungsmethodik Planungshilfen
301 301 302 307 313 316
16. Kapitel: Projektsteuerung 16.1 Zielsetzung und Aufgaben 16.2 Methoden der Projektsteuerung
319 319 319
17. Kapitel: 17.1 17.2 17.2.1 17.2.1.1 17.2.1.2 17.2.2 17.3 17.3.1 17.3.2 17.4
325 325 328 328 328 330 332 336 336 337 343
Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung Zielsetzung und Aufgaben Quantitative Berechnungsmethoden Methodenüberblick Statische Investitionsrechnungen Dynamische Investitionsrechnungen Anwendungsbeispiel Qualitative Berechnungsmethoden Zielsetzung und Aufgaben Methoden der Nutzenanalyse Zweistufen-Modell der Wirtschaftlichkeitsberechnung . . . .
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
353
Literaturverzeichnis
432
Sachverzeichnis
434
Vorwort zur ersten Auflage
Das beherrschende Thema der anwendungsorientierten Datenverarbeitung ist die Entwicklung von Anwendungssoftware. Nach einer Studie der International Data Corporation (IDC No. L-291) wird sich der Umsatz der Anwendungssoftware von 1989 bis 1996 in Europa um 26% steigern. Für Deutschland wird, gemessen am Umsatz von 1991, bis zum Jahr 1996 mit einem Wachstum von 75% gerechnet. Entsprechend groß ist der Bedarf an standardisierten Werkzeugen, Hilfsmitteln und Methoden für die Systemanalyse, das System Design und für das Projektmanagement. In der betrieblichen Praxis, aber auch bei professionellen SoftwareHerstellern und -Beratern, insbesondere jedoch im akademischen Lehrbetrieb und sonstigen Ausbildungsinstitutionen, ist ein erheblicher Mangel an methodischem Grundlagenwissen und anwendungsorientierter Systematik zu beobachten. Hinzu tritt ein weiteres Phänomen: Zahlreiche Untersuchungen (z.B. die Proceedings der internationalen Konferenz des Diebold Forschungsprogramms 1989) belegen die aus der Praxis bekannte Erfahrung, daß während des Entwicklungsprozesses einer Anwendungssoftware einzelne Phasen des Projekts einen überproportionalen Anteil an Arbeitseinheiten (z.B. Mannmonaten) und finanziellen Mitteln in Anspruch nehmen. Betroffen sind vorwiegend die Phasen der Programmierung und der Systemanpassungsaktivitäten während oder nach erfolgter Einführung. Die Ursachen für diese Art der iterativen Systementwicklung sind darin zu sehen, daß a) eine Vernachlässigung der analytischen Arbeiten vor Beginn der Programmierung erfolgt, so daß mangelhafte und unvollständige Design-Spezifikationen die Grundlage für die Programme bilden, b) die Mitarbeiter eines Projekts unzureichend in der Handhabung der Methoden der Systemanalyse und des System Design ausgebildet sind und c) ein Mangel an integrierten Zielkonzeptionen im Sinne eines Rahmenschemas für die Systementwicklung besteht. Eine systematische Software-Entwicklung erfordert nicht nur die Beherrschung des methodischen Instrumentariums, sondern auch die Erstellung einer Entwicklungsumgebung, in die mehrere sich ergänzende Methoden integriert sind. Neuere Ansätze, wie z.B. die objektorientierte Programmierung, erfordern als Voraussetzung für ihre erfolgreiche Anwendung auch eine objekt- und prozeßorientierte Systemanalyse und einen analogen Systementwurf. Unter dem Einfluß des zunehmenden Einsatzes von Standardsoftware verändern sich auch die Methoden des Projektmanagements: Neuartige Teamstrukturen mit ihren Auswirkungen auf die Ablauforganisation des Zusammenspiels zwischen Fachabteilungen und Datenverarbeitung bedingen eine partizipative Projektentwicklung, Güte und Qualität erfordern neue Bewertungsmaßstäbe und der Einsatz von D V-Projekten als Erfolgsfaktoren der Organisation verlangt eine mehrdimensionale Wirtschaftlichkeitsbeurteilung. Mit dem vorliegenden Buch werden die wichtigsten modernen Ansätze in den Bereichen Systemanalyse, Systementwurf und Projektmanagement vorgestellt,
X
Vorwort
die in ihrer Gesamtheit die Voraussetzung für eine systematische Software-Entwicklung bilden. Die im Teil 4 ausgeführten Beispiele, Übungen und Kontrollfragen verfolgen das Ziel, dem interessierten Leser eine Vertiefung des dargebotenen Stoffes anzubieten und ihn gleichzeitig zu praktischer Anwendung anzuregen.
Vorwort zur zweiten Auflage Die dynamische Entwicklung im Bereich der Software-Erstellung spiegelt sich auch in der relativ schnell verkauften Auflage dieses Buches wider. Verlag und Autor konnten in Anbetracht der dringlichen Nachfrage sehr kurzfristig die zweite, durchgesehene Auflage vorlegen. Dr. D. S. Koreimann
Vorwort zur dritten Auflage Die Systementwicklung wird durch ein neues Paradigma geprägt: Objektorientierte Analyse und objektorientiertes Design sind in den Vordergrund der Diskussion getreten und gewinnen neben der strukturierten Analyse an zunehmender Bedeutung. Die Tendenzen einer Standardisierung sind durch die Unified Modeling Language (UML) verstärkt worden. Daher wurde in der dritten Auflage im Kapitel System Design eine Erweiterung insoweit eingegliedert, als die Prinzipien der strukturierten Analyse und des objektorientierten Ansatzes in ihrer grundlegenden Methodik gegenübergestellt wurden.
Teil 1: Systemanalyse
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
1.1 Historische Entwicklung Der Begriff und das Aufgabengebiet der Systemanalyse sind als eigenständige Disziplin noch sehr jung, wenngleich die Ursprünge des analytischen Denkens zurückgehen bis auf den Beginn des Rationalismus im 17. Jahrhundert. So forderte beispielsweise Descartes (1596 bis 1650), komplexe Probleme solange in ihre Einzelheiten zu zerlegen, bis ihre Einzelteile gut verständlich seien. Mit dem Aufbruch der Naturwissenschaften beherrschte die Analyse alle realen und gedachten Phänomene der wissenschaftlichen Arbeit. Eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin schien sich erst zu etablieren, als der Biologe L. v. Bartelanffy 1945 das Konzept einer allgemeinen Systemtheorie entwarf. Mit dieser Theorie wurde versucht, ein allgemeingültiges methodisches System für zahlreiche wissenschaftliche Einzeldisziplinen zu bestimmen, so daß der Ansatz der Systemtheorie als interdisziplinär bezeichnet werden kann. Diese ganzheitliche Betrachtung zielte vor allem darauf ab, nicht nur isolierte Bestandteile zum Gegenstand der Forschung zu machen, sondern ein System stets im Kontext mit seinen externen Systempartnern zu betrachten. Der interdisziplinäre Charakter der Systcmforschung erhielt seine besondere Bedeutung während des 2. Weltkrieges. So wurden in dieser Zeit in Großbritannien wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt mit dem Ziel, die Luftverteidigungssysteme zur Zeit der ersten deutschen Radargeräte zu verbessern, Methoden für die wirksame Bekämpfung deutscher U-Boote zu entwickeln und militärische Operationen besser zu planen. So entstand auch der englische Name „operational research" während dieser Zeit. Parallel dazu wurden auch in den U S A unter dem Begriff „Operations research" - vor allem in der R A N D Corporation in Santa Monica, dem größten militärische Forschungsinstitut zu jener Zeit, methodische Forschungsvorhaben unter dem Aspekt der Systemtheorie vorangetrieben. Wissenschaftler unterschiedlichster Disziplinen entwickelten strategische und taktische Konzepte der Kriegsführung, u.a. Planungssysteme (Netzplantechnik) für die Koordination einer Vielzahl von Einzelaktivitäten im Hinblick auf ein Zielereignis. Nach dem Kriege wurde die Methode der analytischen und systembezogenen Untersuchung für die Entwicklung komplexer Vertcidigungs- und Abschreckungsstrategien beibehalten und es entstand der Begriff „systems analysis", der dann auch Einzug fand in die nichtmilitärische Forschung und Anwendung. Der Begriff Operations Research setzte sich jedoch in Europa durch, in Frankreich wurde die Bezeichnung recherche operationelle, in Italien der Begriff ricerca operativa und in Deutschland der Begriff „Unternehmensführung" als Synonyme für Operations Research eingeführt. 1956 wurde in Deutschland die „Deutsche Gesellschaft für Unternehmensführung" gegründet, die später in der Deutschen Gesellschaft für Operations Research ( D E G O R ) aufging. 1957 wurde für die nationalen Fachverbände ein internationaler Fachverband gegründet, die International Federation of Operation Research Sciences (IFORS).
4
Teil 1: S y s t e m a n a l y s e
Die analytische Systemforschung erhielt besonders in den 60er Jahren entscheidende Impulse durch die Computertechnologie. Die Aspekte der Entwicklung und Einführung computergestützter Informationssysteme verlangte ein besonderes methodisches Instrumentarium, um diese komplexe Aufgabenstellungen bewältigen zu können: Informationssysteme waren zunächst komplizierte technische Systemkomponenten mit einer Vielzahl miteinander gekoppelter Elemente, die in soziotechnischen Organisationen (Behörden, Verwaltungseinheiten, Forschungsstätten, Industrieunternehmen) eingeführt werden sollten. Es entstanden Problembereiche zwischen Organisation, Benutzung, Akzeptanz, technischen Aggregaten und Unternehmensführung. Forschungsgegenstand waren demnach Mensch- Maschine-Systeme. Deren Komplexitätsgrad war so groß, daß zusätzliche Wissenschaftsbereiche für die Steuerung und Entwicklung derartiger Systeme miteinbezogen wurden. Die Kypernetik als Lehre von den Steuerungsmechanismen komplexer Systeme leistete hier einen entscheidenden Beitrag für Regelungs- und Steuerungsmaßnahmen für Systeme. Die Systemwissenschaft begann, sich zu spezialisieren, wobei heute folgende Disziplinen unter dem Begriff Systemwissenschaft unterscheidbar sind (Abbildung !)• Die analytische Systemforschung vollzieht zur Zeit eine Wandlung. Beeinflußt durch die Theorie chaotischer Systeme, die extrem komplexe Systeme bezüglich ihres Verhaltens untersucht, werden Ansätze für eine synthetische SystemforForschungsrichtung
Forschungsschwerpunkt
A l l g e m e i n e S y s t e m t h e o r i e Suchc nach I d e n t i t ä t e n zwischen v e r s c h i e d e n e n Disziplinen E r k l ä r u n g s m o d e l l e f ü r Systeme A b l e i t u n g allgemeiner G e s e t z e Systemforschung
M e h r d i m e n s i o n a l e E r f o r s c h u n g realer S y s t e m e S t r u k t u r e n von O r g a n i s a t i o n e n S t e u e r u n g und K o n t r o l l e k o m p l e x e r Systeme
Kybernetik
Ü b e r t r a g u n g v o n S y s t e m e n der R e g e l u n g auf reale S y s t e m e E r k l ä r u n g des V e r h a l t e n s d y n a m i s c h e r S y s t e m e Entwicklung v o n M e t h o d e n zur Stabilisierung von S y s t e m e n
Systemanalyse
U n t e r s u c h u n g eines Systems und seiner E l e m e n t e zu e i n e m gegebenen Z u s t a n d (Istanalyse) A b l e i t u n g von R e g e l n und G e s e t z e n Vorschläge f ü r die G e s t a l t u n g o p t i m a l e r Systeme
Systcmtechnik
Entwicklung v o n V e r f a h r e n und M e t h o d e n zur Systemgcstaltung A u f b a u von K o m m u n i k a t i o n s - u n d I n f o r m a t i o n s s y s t e m e n N u t z u n g der E D V - P o t e n t i a l e für die O p t i m i e r u n g v o n Systemen U n t e r s u c h u n g d e r E i n s a t z m ö g l i c h k e i t e n von S t a n d a r d l ö s u n gen
A b b . 1: Disziplinen der allgemeinen Systemwissenschaft
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
5
schung und Systementwicklung erkennbar: Die von H. Haken begründete Forschungsrichtung der Synergetik versucht, Steuerungs- und Regelungsmaßnahmen zu entdecken und zu konstruieren, die auch extrem chaotische, d.h. nicht mehr eindeutig determinierbare Systeme und Systemzustände, beherrschbar oder zumindest vorhersagbar machen: Es zeichnet sich für die Zukunft eine wissenschaftliche Arbeitsgrundlage ab, die - basierend auf analytischen und synthetischen Systemforschungen - generelle Systementwurfs - Steuerungsmechanismen entwickelt. Damit vollzieht sich ein Ubergang von der analytischen zur synthetischen Systemforschung.
1.2 Systemanalyse als wissenschaftliche Methode Allgemein versteht man unter Systemanalyse eine Methode der Erkenntnisgewinnung: Über eine bestimmte Klasse realer und abstrakter Phänomene - Systeme und Systemzusammenhänge - sollen durch Instrumente und Methoden der Systemanalyse Erkenntnisse im Sinne eindeutiger Fakten gewonnen werden.
1.2.1 Analytisches und holistisches Denken Das holistische Denken basiert auf der Vorstellung, daß alle Phänomene der erfaßbaren Welt danach streben, Ganzheiten zu bilden (evolutionäre Ganzheit). Die Wirklichkeit ist nichts anderes als ein System der Ganzheiten, die sich gegenseitig bedingen und ergänzen. Ganzheit bedeutet dabei eine Ordnungsbeziehung zwischen Teilen, wobei die Ganzheit nicht mehr teilbar ist, sondern sich als eine stabile Struktur erweist. Die ganzheitliche Methode entstand im 19. Jahrhundert (Leipziger Schule) als Gegenbewegung zur kausalanalytischen Methode der sich rasch entwickelnden Naturwissenschaften. Analytisches Denken bedeutet demgegenüber, die als Systeme gekennzeichneten Ganzheiten in ihre Einzelheiten (Bausteine, Elemente) zu zerlegen, um den Funktionsmechanismus derartiger Systeme zu erkennen. Der Analytiker geht grundsätzlich davon aus, daß nur durch die Kenntnis des funktionalen Aufbaus und der Eigenschaften der Einzelteile ein System in seinem gesamten Zusammenhang und seiner Wirkungsweise erfaßt werden kann. Im Vordergrund des analytischen Denkens steht daher die Zerlegung von Ganzheiten in ihre konstituierenden Teile. Diese Zerlegung erfolgt jedoch nicht willkürlich, vielmehr erfordert der erste Schritt analytischen Denkens eine Hypothese über die möglichen Elemente (Bausteine) des zu untersuchenden Ganzen. Ein Mineraloge, der ein Gestein in Bezug auf dessen physikalische Zusammensetzung untersuchen will, wird zunächst eine Hypothese über die möglichen Bausteine aufstellen und dementsprechend seine Untersuchungsmethoden wählen. Ein Chemiker, der ein Gasgemisch in Bezug auf dessen einzelne Gase und deren Mengenverhältnisse erfahren will, wird ebenfalls zunächst mit einer Hypothese oder mit einem Versuch- und Irrtumsprozeß beginnen, bevor er die in Frage kommende Methode der Quantifizierung einsetzt. Analysieren bedeutet demnach, die nach Maßgabe einer Theorie (Hyopthese) möglicherweise vorhandenen Elemente eines Ganzen schrittweise zu zerlegen.
6
Teil 1: Systemanalyse
Dabei gibt es - methodisch betrachtet - eine Grenze des Zerlegungsvorganges erst dann, wenn „Unzerlegbares" oder Unteilbares, also letzte Bausteine eines Ganzen entdeckt werden. Zwangsläufig führte diese Methode zur Entdeckung des Atoms als letzten Baustein der Materie. Der griechische Philosoph Demokritos von Abdera (um 460 v. Chr.) benannte als erster das atomos (griechisch: unteilbar), dessen Existenz er ohne physikalische Methode rein gedanklich als notwendig für das reale Sein und für die Vielfalt seiner Erscheinungsformen voraussetzte. Analyse ist jedoch nicht Selbstzweck, wenngleich die Erkenntnisgewinnung über Systeme an sich schon einen bedeutenden Wert besitzt. Beschränkt man sich auf diesen Aspekt der wissenschaftlichen Methode, d.h. der Erkenntnisgewinnung, dann wäre Systemanalyse zu definieren als eine deskriptive Darstellung der Funktionsweisen eines Systems im Ist-Zustand, wobei allerdings ergänzend hinzugefügt werden muß, daß der „Ist-Zustand" nicht als „Momentaufnahme" zu verstehen ist, sondern auch die zeitlichen Veränderungen des Systems zu beinhalten hat. Analyse steht sprachlich im Gegensatz zum Begriff der Synthese, wobei damit der Prozeß der Gestaltung neuer Ganzheiten verstanden wird. Die Systemanalyse als Methode umfaßt auch die Aufgabe, ausgehend von der Erkenntnisgewinnung durch die Analyse Vorschläge zu erarbeiten, die auf eine Verbesserung der Systemeigenschaften und der Systemleistung abzielen. Derartige „Verbesserungsvorschläge" werden als Konzeptionen von Soll - oder Zielsystemen bezeichnet. Da hierbei sehr oft neue Ordnungsbeziehungen geschaffen werden, spricht man auch von Integration oder von integrativer Gestaltung. Die „Verbesserung" durch den Entwurf eines Soll-Systems kann sich beziehen auf: • • • •
Stabilisierung eines instabilen Systems, Reduzierung der Fehlleistungen eines Systems (Ziel: fehlerfreie Systeme), Erhöhung der Effizienz eines Systems (z.B. durch Optimierung), Vereinfachung des Systemzusammenhangs.
Analyse und die Entwicklung von Zielsystemen im Sinne alternativer, bewerteter Verbesserungsvorschläge kennzeichnen damit den methodischen Rahmen der Systemanalyse.
Zusammenfassung
Systemanalyse
Systemanalyse ist eine wissenschaftliche Methode, deren Gegenstand die Untersuchung von Systemen ist. Das Prinzip besteht in der Zerlegung von Ganzheiten in deren konstituierende Elemente (Bausteine), um über einen Integrationsprozeß neue Ziel- oder Soll-Systeme zu definieren. Mit der Analyse eines Ganzen werden drei Ziele verfolgt: 1. Erkenntnisgewinnung: wie arbeiten die einzelnen Elemente zusammen, damit das Ganze eine bestimmte Wirkungsweise erhält? 2. Ableitung von Regeln und Gesetzen: nach welchen allgemein gültigen Gesetzen ist das Zusammenspiel geregelt? 3. Gestaltungshinweise: welche Veränderungen und Beeinflussungen sind möglich, um eine höhere Leistung und Anpassung des Ganzen zu erzielen?
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
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Das Ziel der systemanalytischen Methoden besteht in der Zerlegung eines Systems in seine einzelnen Elemente und in der Entwicklung einer Soll/Idealvorstellung, um über einen Integrationsprozeß (Synthese) die Elemente und die Art ihrer Beziehungen zu gestalten und zu formen, damit das System als Ganzes ein Optimum bezüglich seiner Zielsetzungen erreicht.
1.2.2 Gegenstand der Systemanalyse Im weitesten Sinne befaßt sich die Systemanalyse mit der Untersuchung von realen oder abstrakten Systemen. Die Systemanalyse ist somit eine universelle Methode, die in verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen eingesetzt werden kann. Gegenstand unserer Ausführungen sind Informations- und Kommunikationssysteme, soweit sie in soziotechnischen Organisationen eingesetzt werden sollen. 1.2.2.1 Allgemeine Begriffselemente Unter einem System versteht man eine Menge von Elementen, die untereinander in Beziehung stehen (d.h. miteinander kommunizieren), wobei die Ordnung der Elemente und ihrer Beziehungen einem Ziel (Systemziel) folgt. Der Systembegriff ist generalisiert, d.h. er ist zunächst so allgemein gehalten, daß alle Phänomene der realen und gedachten Welt als System bezeichnet werden können. Für die Konkretisierung eines Systems sind daher quantitative und qualitative Beschreibungen seiner Elemente, Relationen und Zielsetzungen erforderlich. Derartiger Beschreibungen sind autonom, d.h. es hängt jeweils vom Forschungsund Untersuchungsziel ab, welche Elementeigenschaften und Systemfunktionen zum Gegenstand der Untersuchungen gemacht werden. Zur Illustration diene ein einfaches Beispiel: Der Marketing-Bereich eines Unternehmens möge als System bezeichnet werden. Die Elemente sind demnach: die Mitarbeiter des Marketing-Bereichs, die Produkte, die vertrieben werden und die Kunden. Dieses System kann unter verschiedenen Aspekten analysiert werden, je nachdem, welcher Zweck der Analyse zugrunde liegt. Ein Soziologe wird beispielsweise untersuchen, wie die formellen und informellen Kontakte zwischen Vertriebspersonal und Kunden gestaltet sind; ein Betriebswirt wird sich dagegen dafür interessieren, welche Produkte in welcher Menge bei welchen Kunden gekauft werden, ein Personalchef wird sich fragen, welche Qualifikationen das Vertriebspersonal haben sollte usw. Bei jeder Fragestellung werden unterschiedliche Elementeigenschaften ünd Beziehungen analysiert. Man spricht daher von der Mehrdimensionalität der analytischen Arbeit: Ein Element hat mehrere Merkmalsausprägungen (Qualifikationen, Attribute, Eigenschaften) und dementsprechend auch unterschiedliche Beziehungen zu anderen Elementen. Dementsprechend wird das System auch mehrere Zielsetzungen verfolgen, im zitierten Beispiel des M a r k e t i n g - Systems etwa: Umsatzsteigerung, Sicherung guter Kontakte zu den Kunden, wirtschaftlicher Einsatz des Personals, hoher qualitativer Ausbildungsstand des Personals usw. Man unterscheidet daher quantitative und qualitative Analysen. Quantitative Analysen beziehen sich auf den formalen Aufbau eines Systems und auf die Menge der vorhandenen bzw. möglichen Elemente und Elementbeziehungen. Quali-
8
Teil 1: Systemanalyse
tative Analysen orientieren sich dagegen an den Problemstellungen (Problemanalyse) und am Entscheidungsverhalten sowie an den Eigenschaften und Eigenschaftsrelationen der Elemente. Der Begriff der Struktur gibt erste Ansatzpunkte für die Beschreibung eines Systems. Die Struktur kennzeichnet die Ordnungsbeziehungen der Elemente. Bezeichnen wir ein Unternehmen als ein System, dann ist der formale Aufbau des Systems - d.h. die Aufbauorganisation - die Struktur dieses Systems (folgerichtig spricht man auch von der Strukturorganisation). Die Struktur ist bei der Mehrzahl aller Systeme relativ konstant (zeitliche Invarianz), d.h. sie verändert sich im Zeitablauf selten. Strukturänderungen treten immer dann auf, wenn im Verlauf einer Neugestaltung (Synthese) neue Systeme und Systemzusammenhänge entwickelt werden. Struktur bedeutet demnach den Innenaufbau eines Systems und ist interpretierbar als das Beziehungsnetz der Elemente (daher werden verschiedene Netzwerktechniken für die Darstellung von Strukturen verwendet). Man unterscheidet formale und abstrakte Systeme. Abstrakte Systeme sind gedanklich zumeist vereinfachte Abbildungen realer Systeme oder hypothetische d.h. nicht real existierende Systeme. Reale Systeme sind dagegen die aus der Erfahrungswelt erkennbaren Systeme und Ganzheiten, wie z.B. Verkehrssysteme, Versorgungssysteme, Transportsysteme. Das in Abbildung 2 dargestellte System stellt die Abstraktion eines realen Systems - nämlich der Aufbauorganisation eines Unternehmens - dar. Es liegt eine spezifische Ordnungsbeziehung vor, nämlich die einer Hierarchie. Es sind mehrere Strukturen denkbar, z.B. Kreis-, Netz- oder Kettenstrukturen. Dieses System hat einen hohen Abstraktionsgrad, so daß lediglich quantitative Analysen
Die Struktur eines Systems wird als Beziehungsnetz zwischen Elementen und den sie verbindenden Linien dargestellt. Die Verbindungen können physikalischer, informationeller oder materieller Art sein, je nachdem, welche konkrete Ausprägung das System hat. Als Organisationsstruktur wären die Elemente Instanzen und die Linien Weisungs- und Berichtswege. Abb. 2: Struktur eines abstrakten Systems
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
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möglich wären, da über die Eigenschaften der Elemente (dargestellt als Knoten) keine Aussagen getroffen sind. Man kann lediglich erkennen, daß hier 13 Elemente mit insgesamt 14 Beziehungen (dargestellt als Linien, Kanten) verknüpft sind. W ü r d e man dem Knoten Eigenschaften zumessen, z.B. es handelt sich um Mitarbeiter mit beschriebenen Weisungsbefugnissen gegenüber anderen Mitarbeitern und die Kanten mit Mengen charakterisieren (z.B. die Menge der Anweisungen bzw. Informationen), dann wurde der Übergang zur qualitativen Analyse erfolgen, indem nunmehr konkretre Aussagen über die Kommunikationsstruktur und -leistung dieses Systems möglich wären. Ein reales System ist in Abb. 3 dargestellt. Es handelt sich dabei um einen Bildschirmarbeitsplatz, wie er von der Berufsgenossenschaft empfohlen wird.
Es h a n d e l t sich um einen ergonomisch gestalteten Bildschirmarbeitsplatz. Die E l e m e n t e sind u n t e r s c h i e d l i c h e r technischer A r t (Tisch, H a l t e r , Stuhl und Bildschirm bzw. P e r s o n a l C o m p u t e r ) , die von e i n e m B e d i e n e r benutzt w e r d e n . E s liegt ein e i n f a c h e s M e n s c h - M a s c h i ne-System vor, das u n t e r einer spezifischen Z i e l s e t z u n g - nämlich e r g o n o m i s c h richtige Bedienung - gestaltet w u r d e . (Quelle: V e r w a l t u n g s - B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t , A u s g a b e 10. 1980) A b b . 3: Beispiel eines realen Systems
Dieser Arbeitsplatz ist bei isolierter Betrachtung als ein System zu kennzeichnen, das aus dem Zusammenspiel und der Anordnung (Struktur) folgender Elemente besteht: Tisch, Gerät, Arbeitsvorlage, Stuhl, Bediener. Da hier technische Elemente mit einem Bediener gekoppelt sind, ist es auch als ein einfaches Mensch Maschine - System zu interpretieren. Es besteht eine Kommunikationsbeziehung zwischen einem technischen Gerät (Bildschirm, Personal Computer) und menschlicher Bedienung unter bestimmten Bedingungen, z.B die Art und Weise, wie die einzelnen Elemente angeordnet sind. Die exakte Angabe von Maßen für die Anordnung der Elemente wurde unter einer bestimmten Zielsetzung getroffen, nämlich einer ergonomischen und damit für den Bediener gesundheitlich optimal angeordneten Struktur.
10
Teil 1: Systemanalyse
Zusammenfassung
Systemdefinition
U n t e r einem System versteht man eine Menge von Elementen, die untereinander in Beziehung stehen, d.h. kommunizieren, wobei die Ordnung der Elemente und ihrer Beziehungen einem Ziel folgt. Die Ordnung der Elemente definiert die Struktur eines Systems. Der Systembegriff ist generalisiert, d.h. er ist zunächst so allgemein gehalten, daß alle Phänomene der realen und gedachten Welt als System interpretierbar sind. Um qualitative Analysen über die Funktionsweisen von Systemen treffen zu können, sind die Eigenschaften der Elemente und ihrer Beziehungen zu untersuchen. Je nach dem Zweck der Untersuchungen können unterschiedliche Eigenschaften als Erkenntnisziel dienen. Dieser Aspekt charakterisiert den mehrdimensionalen Ansatz der Systemanalyse. 1.2.2.1.1 Komplexität von Systemen Komplexität wird unter dem Aspekt der Systemtheorie als Vielheit und Verschiedenartigkeit der in einem System möglichen Kommunikationsbeziehungen und Elemente gekennzeichnet. Vielheit ist ein quantitativer Begriff, während Verschiedenartigkeit auf qualitative Merkmalsdimensionen der Elemente abzielt. Mit dieser Definition ist der „Betrag an Komplexität" mit den Methoden der formalen Logik meßbar: sind n die Elemente und/oder Elementeigenschaften eines Systems, dann wird das Maß an Komplexität bestimmt durch: K = ~ (i)
+
(2) + (3) + "'" in)
Wir definieren ein einfaches Beispiel: Ein Automat möge insgesamt vier verschiedene Zustandsvariablen, die isoliert und kombiniert auftreten können, aufweisen. Jede dieser Kombinationen möge einen bestimmten Zustand des Automaten kennzeichnen. Die Komplexität dieses Automaten - ausgedrückt als Menge seiner möglichen Zustände - berechnet sich wie folgt: K K=
K= K=
,,4! 1! (n —1)! 24 1x6 15
+
. 2! (n—2)!
+
24 2x2
+
+
41
3! (n—3)! 24 6x1
'
+
4!
4! ( 4 - n ) ! 24 — 24
Bezeichnen wir die Variablen mit A, B, C, D, dann sind die Zustände des Automaten wie folgt beschrieben: A B C D
AB AC AD B C B D C D
ABC ABD A CD B CD
ABCD
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
11
Es ist leicht ersichtlich, daß mit zunehmender Anzahl der Variablen die Komplexität des Systems überproportional steigt. Die Komplexität eines Systems kann so groß werden, daß die einzelnen Zustände nicht mehr determinierbar sind: man spricht dann von chaotischen Systemen, für deren Analyse neuere Methoden im Bereich der Synergetik und Chaosforschung in der Entwicklung begriffen sind. Chaotische Systeme entstehen besonders dann, wenn sich die Variablen im Zeitverlauf ständig verändern, d.h. neue Qualitäten annehmen. Die dadurch bedingte Dynamik eines Systems und seiner Zustände erlaubt es dann nicht mehr, Aussagen über die Struktur des gesamten Systems zu einem bestimmten Zeitpunkt zu treffen (dies macht es verständlich, daß zur Zeit keine exakten Voraussagen möglich sind über die Veränderungen des Systems „Klima" infolge der Veränderungen unserer Atmosphäre durch Störungen im Ozonhaushalt und in der C 0 2 - K o n zentration). Die Quantifizierung der Komplexität ist auch möglich durch die Messung der Anzahl der Interaktionen (Kontakte, Kommunikationsbeziehungen), die in einem System möglich sind. Abbildung 4 gibt einen Überblick über mögliche Systemstrukturen, die für die Messung und Analyse der Komplexität benutzt werden können. Bei einem geschlossenen System - wie es die Kreisform darstellt - ist die Anzahl der Beziehungen (n) glcich der Anzahl der Knoten. Bei offenen Strukturen (Baumstrukturen) gleich der Anzahl n-1. Allgemein gilt: der Betrag an Komplexität, ausgedrückt durch die Zahl der Kommunikationsbeziehungen beläuft sich unter der Voraussetzung, daß jedes Element mit jedem anderen Element korrespondiert, auf: K =
n ( n - 1)
Die Differenz zwischen der Maximalzahl und der Minimalzahl n bzw. n - 1 definiert die Redundanz der Systemkontakte, ausgedrückt als zyklomatische Zahl Gamma. Die Kommunikationsleistung berechnet sich in Baumstrukturen nach: . n(n-l) n- 1 < m< — — m ist der tatsächliche reale Betrag der Kommunikationsleistung im System. Die zyklomatische Zahl (Redundanz) beläuft sich auf r = m — n +1 ist n(n-l) m= — 2 dann wäre gemäß Abb. 4 C der Betrag an Redundanz = 10 — 4 = 6, d.h. in diesem System können maximal zusätzlich 6 redundante Verbindungen auftreten. Bei der Gestaltung neuer Systeme, aber auch bei der Analyse bestehender Systeme, ist der Analytiker stets mit dem Komplexitätsproblem befaßt: eine Vielzahl
12
Teil 1: Systemanalyse
Die Anzahl Verbindungen zwischen den Elementen eines Systems sind formal berechenbar. Jede Verbindung zwischen zwei oder mehr Elementen, die über den Wert 1 hinausgeht, wird als redundante Verbindung definiert. D i e gestrichelten Linien in (b) und (c) zeigen derartige redundante Verbindungen auf: Auch ohne sie könnte jedes Element mit jedem kommunizieren, jedoch über den „Umweg" anderer Elemente. A b b . 4: Grundstrukturen von Systemen
von Variablen technischer, organisatorischer und informeller Art sind im Analyse- und Entwurfsprozeß zu berücksichtigen und Prognosen über Verhaltensweisen von Systemen zu treffen. Es ist daher erforderlich, Strategien für die Komplexitätsreduzierung zu entwerfen. Methoden und Verfahren, die diesem Ziel dienen, werden auch als „Komplexikrate" bezeichnet. Das am häufigsten benutzte Komplexikrat ist die Definition von Subsystemen (Teilsysteme, Untersysteme). Subsysteme sind Elemente und Elementbeziehungen innerhalb eines übergeordneten Systems, die so komplex sind, dan sie selbst wieder ein System bilden. Die Erde ist beispielsweise ein Subsystem des Sonnensystems, dieses ein Subsystem der Milchstraße und dieses wiederum eines des Nebels im Großen Bären. Eine Abteilung eines Unternehmens ist ein Subsystem eines Bereichs, dieser ein solches einer betrieblichen Funktion, dies ist wiederum ein Subsystem des Unternehmens, das seinerseits wieder ein Subsystem der Volkswirtschaft darstellt usf.
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
13
Der Prozeß der Subsystembildung erfordert eindeutige Kriterien für deren Abgrenzung. Die am häufigsten benutzten Strategien der Subsystembildung seien wie folgt skizziert: 1. Strukturelle Subsystembildung Ausgehend von der Struktur eines Systems werden Teilbereiche (Teilsysteme, Untersysteme) gebildet. Man unterscheidet dabei: a) Vertikale Subsystembildung: Einem Leit- bzw. Übersystem werden nachfolgende Systemebenen zugeordnet. Beispiel: der Instanzenaufbau eines Unternehmens läßt sich prinzipiell gliedern in folgende Ebenen: Operative Ebene, operatives Management, taktisches Management und strategisches Management. Jede Ebene stellt ein vertikales Subsystem dar, das durch unterschiedliche Leistungsbefugnisse und Kompetenzen charakterisiert ist. b) Horizontale Subsystembildung: Ein System wird in parallel gleichwertige Einheiten gegliedert. Die Funktionsgliederung eines Unternehmens (z.B. in Forschung, Beschaffung, Vertrieb, Finanzierung, Produktion, Personal) stellt gleichberechtigte Teile dar, die durch unterschiedliche Prozesse und Aufgaben gekennzeichnet sind. c) Hierarchische Subsystembildung: Ein System wird entsprechend einer Baumstruktur in Teilsysteme gegliedert. Die Hierarchie ist das am weitesten verbreitete Komplexikrat bei künstlich geschaffenen Systemen. Es stellt cinc Kombination von horizontaler und vertikaler Strukturierung dar. 2. Funktionale Subsystembildung Bei der funktionalen Strukturierung werden identische Prozesse oder Aufgaben von Elementen zu Subsystemen zusammengefaßt. Die Funktionalität kann sich dabei auf Tätigkeitsmerkmale und besondere Eigenschaften bei der Aufführung von Prozessen beziehen. Die besonderen Anforderungen an die Tätigkeit des Planens könnte dazu führen, daß alle Planungsaufgaben eines Unternehmens zu einem Subsystem „Planung" zusammengefaßt werden. 3. Qualitative Subsystembildung Diese überschneidet sich oftmals mit der funktionalen Subsystembildung. Ihr Kriterium ist das „Prinzip der Homogenität": Ähnliche oder identische Verrichtungen von Elementen werden zu einem Subsystem zusammengefaßt. Beispielsweise alle Tätigkeiten und Verrichtungen sowie alle Tätigkeitsmerkmale und Qualitäten für das Erstellen, Speichern und Editieren von Texten, die zu einem Subsystem Textverarbeitung zusammengefaßt werden. Subsysteme werden auch als Segmente oder Segmenttypen bezeichnet. Werden für ein bestimmtes System Segmente definiert, muß über eine Integration deren Zusammenwirken sichergestellt werden. Die Außenkontakte eines Segments zu einem anderen Segment nennt man Schnittstellen. Sie definieren den Übergang von einem Segmenttyp zu einem anderen. Der Prozeß der Subsystembildung ist damit eng gekoppelt mit dem der Definition der Außenkontakte eines jeden Segments, d.h. mit der Festlegung der Schnittstellen.
14
Teil 1: Systemanalyse
Zusammenfassung
Komplexität
Komplexität bedeutet Vielheit und Verschiedenartigkeit der Elemente eines Systems, aber auch Vielheit und Verschiedenartigkeit des Systems als Ganzes, sofern es im Zeitablauf Änderungen unterworfen ist. Die Komplexität eines Systems wächst mit zunehmender Anzahl seiner Elemente und Elementbeziehungen überproportional. Der Betrag an Komplexität ist formal mit den Methoden der Kombinatorik meßbar. Es sind daher Strategien der Komplexitätsreduzierung (Komplexikrate) sowohl für die Analyse als auch für den Entwurf von Systemen erforderlich. Die bekanntesten Komplexikrate sind: • funktionale • strukturelle • qualitative Subsystem-Bildungen. Subsysteme eines Systems, auch Segmente genannt, erfordern die Definition von Schnittstellen. Diese bestimmen die Art der externen Kontakte zwischen den Subsystemen.
1.2.2.1.2 Offene und geschlossene Systeme Geschlossene Systeme liegen dann vor, wenn die Elemente eines Systems lediglich Innenkontakte aufweisen. Offene Systeme sind dagegen dann gegeben, wenn die Elemente eines Systems oder das System als Ganzes Beziehungen zu externen Systemen pflegt. Externe Systeme werden auch als die Umwelt oder die Umweltbeziehungen bzw. als Randelemente eines gegebenen Systems bezeichnet. Geschlossene Systeme sind in der Praxis kaum anzutreffen. Insbesondere im Bereich soziotechnischer Systeme sind stets Umweltbeziehungen vorhanden. Die hypothetische Konstruktion geschlossener Systeme kann für die praktische Ar-
Das geschlossene System besteht seinerseits aus mehreren Subsystemen, die miteinander kommunizieren. Jedes Subsystem hat wiederum Kontakte zu verschiedenen Umsystemen. Die Analyse der Wechselbeziehungen zwischen In- und Umsystemen kann von innen nach außen oder umgekehrt erfolgen. Abb. 5: Beispiel eines geschlossenen Systems
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
15
beit des Systemanalytikers von Vorteil sein. Sie stellt eine komplexitätsreduzierende Strategie dar: man geht bei der Betrachtung eines Systems zunächst von der Innenbeziehung aus und erweitert dann das analytische Tätigkeitsfeld auf die Umwelt des Systems. Ein Beispiel möge dies verdeutlichen: Gemäß Abb. 5 möge ein System F l (die Funktion „Vertrieb" eines Unternehmens) mit den funktionalen Subsystemen F l . l (Abteilung Werbung) F l . 2 (Abteilung Verkauf) und F l .3 (Abteilung Vertriebsunterstützung) vorliegen: Das Übersystem F l pflegt - genau wie seine Subsysteme - Kontakte zur Umwelt und zu den Umweltsystemen (Lager, Finanzbereich, Kunden, Werbeagenturen, Vertriebspartner). Für die Analyse dieses Systems würden sich folgende Vorgehensweisen realisieren lassen: 1. Analyse von innen nach außen: Zunächst werden die drei Subsysteme jeweils für sich als geschlossene Systeme untersucht, entsprechend den Zielsetzungen, die mit dem Analysezweck verbunden sind. In einem nächsten Schritt würden dann die externen Beziehungen der Subsysteme analysiert, die als Interaktionen zwischen F l . l , F l . 2 und F l . 3 definiert sind. Damit läßt sich ein Zustandsbild des geschlossenen Systems erarbeiten. In einem weiteren Schritt würde man nunmehr die externen Beziehungen des Gesamtsystems ergründen, also das Netz der informellen und materiellen Beziehungen von und zu Werbeagenturen, Kunden, Vertriebspartnern, Finanzierungsunternehmen, usw. 2. Analyse von außen nach innen: Hierbei behandelt man das System F l zunächst als eine Blackbox, d.h. als eine in ihren Funktionen zunächst unbekannte Größe. Dabei werden die Beziehungen als Input- und Output-Größen betrachtet. In einem weiteren Schritt würde überprüft, welches die Reaktionen der Insysteme auf die Input-Größen sind und welche Prozesse ablaufen, um Output-Größen zu generieren. Beiden Vorgehensweisen der Systemanalyse liegt die gedankliche Konstruktion eines geschlossenen Systems zugrunde, obwohl diese real nicht existiert. Aber der Ansatz des geschlossenen Systems ist ein Hilfsmittel, um die Arbeitsprozesse im Rahmen der Systemanalyse zu strukturieren. Die Konstruktion geschlossener Systeme hat eine weitere Bedeutung: vom Standpunkt der Systemtheorie aus kann ein geschlossenes System zunächst als ein stabiles System betrachtet werden oder: zunächst wird als Ziel die Stabilisierung des geschlossenen Systems verfolgt. Nunmehr werden alle externen Einflüsse als Störgrößen dieses Systems interpretiert und Mechanismen entworfen, die das System trotz externer Störgrößen auf einem stabilen Niveau halten. Das Insystem wird bezüglich seiner Anpassungsleistung so variabel gestaltet, daß Zielerreichung und Stabilität gewährleistet sind. Zusammenfassung
Offene und geschlossene Systeme
Offene und geschlossene Systeme unterscheiden sich durch die Umweltbeziehungen zu den Umsystemen. Die Konstruktion geschlossener Systeme ist ein methodisches Hilfsmittel, um die Komplexität sowohl für die Analyse als auch für die Systemgestaltung zu reduzieren. Die analytische Arbeit unterscheidet zwei Varianten:
16
Teil 1: Systemanalyse
• Vom geschlossenen System zum Umsystem bei einer sukzessiven Erweiterung der Beziehungen zwischen den Systemen bzw. den Elementen. • Vom Umsystem zum Insystem durch die Analyse der Reaktionsweisen und des Anpassungsverhaltens des Insystems. Das Ziel ist jeweils die Sicherung der Stabilität von Systemen und die Gewährleistung eines möglichst hohen Anpassungsverhaltens trotz externer Beziehungen, die auch als Störgrößen interpretiert werden können.
1.2.2.1.3 Statische und dynamische Systeme Mit der Einführung der Variablen „Zeit" erfahren Systeme ein höheres Maß an Komplexität, da sich Elemente und Subsysteme im Zcitvcrlauf bezüglich ihrer Verhaltensweisen verändern. Stabile Systeme sind in Bezug auf ihre Systemfunktionen über einen längeren Zeitraum hinweg konstant. Technische Systeme - z.B. Konfiguration und Funktionsweise eines EDV-Systems - weisen sehr oft ein konstantes Verhalten auf. Stabile Systeme sind determinierbar: zu jedem Zeitpunkt der Untersuchung ist eine eindeutige Aussage über das Verhalten des Systems und seiner Elemente möglich. Dadurch sind Prognosen ableitbar, d.h. Aussagen über das zukünftige Systemverhalten. Dynamische Systeme unterliegen demgegenüber Veränderungen in der Zeit. Derartige Veränderungen können sich beziehen auf: die Eigenschaften und Reaktionsweisen der Elemente, die Funktionsweise des Systems, die Störanfälligkeit, die Anpassungsleistung und auf die Systemleistung als Ganzes. Alle soziotechnischen Systeme sind dynamischer Natur. Für die Systemanalyse ergeben sich daraus besondere Anforderungen: der zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelte „Ist-Zustand" des Systems nimmt den Charakter einer Momentaufnahme an. Prognosen über die zukünftigen Zustände des Systems sind nur innerhalb gewisser Wahrscheinlichkeiten zu treffen. Das System ist in in stetiger Änderung begriffen und gesicherte Aussagen können nur durch Langzeitstudien ermittelt werden. Dynamische Systeme erfordern Regelung und Steuerung: eine spezifische Regelfunktion greift in die Funktionen und Prozesse eines Systems ein, um das System als Ganzes trotz der durch Störungen verursachten Veränderungen innerhalb einer bestimmten Toleranzgrenze zu stabilisieren. Ein einfaches Beispiel für diese Regelungssysteme stellt eine Heizungsanlagc mit einem Thermostat dar: der Thermostat gilt als Meßwertgeber, der Informationen an eine Stellgröße weiterleitet, die das System in seiner Leistung verändert (Ein- und Ausschalten der Heizung). Für die Behandlung komplexer Systeme benutzt man die aus der Kybernetik stammende Analogie der Regelungen. Kybernetische Systeme sind eine spezielle Klasse dynamischer Systeme, deren wesentliche Eigenschaft darin besteht, ein System trotz innerer und äußerer Störungen durch Rückkopplung auf einem stabilen Niveau zu halten. Die Struktur eines kybernetischen Systems bildet der Regelkreis, der in seiner einfachsten Form wie folgt darstellbar ist: Ein Regelkreis besteht aus einer Regelstrecke (Arbeitsprozeß) und einem Regler (Steuerungsprozeß). Auf dieses System wirken exogene Größen: Führungsgrö-
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
i (t„) o (t n ) F S(tx) x (t n ) y(tn+1)
= = = = = =
17
Input z u m Z e i t p u n k t t 0 O u t p u t z u m Z e i t p u n k t tn F ü h r u n g s g r ö ß e (Sollwert) S t ö r g r ö ß e n z u m Z e i t p u n k t t„ R e g e l g r ö ß e z u m Z e i t p u n k t tx Stellgröße z u m Z e i t p u n k t t x + ,
A b b . 6: E i n f a c h e s R e g e l m o d e l l
ßen und Störgrößen, sowie endogene Größen, nämlich Regelgrößen und Stellgrößen. Die Führungsgröße bestimmt den Soll- oder Zielwert des Systems. Die Störgrößen beeinflussen den Arbeitsprozeß in der Weise, daß es zu Abweichungen vom Sollwert kommt. Diese Abweichungen werden als Regelgrößen an den Regler kommuniziert, die Stellgröße neu zu justieren, um den Sollwert wieder zu erreichen. Die Differenz zwischen Führungsgröße und Regelgröße nennt man die Regelabweichung. Da die Stellgrößen den Regelgrößen zeitlich nachfolgen, kommt es zu einer Zeitversetzung in der Regelung: das System schwankt um eine Bandbreite (Toleranzwert der Führungsgröße). Die Funktionskette Regelgröße - Regler - Bestimmung der Regelabweichung - Stellgröße nennt man Rückkopplung. Sie bewirkt, daß das System als Ganzes trotz externer Störungen innerhalb eines Toleranzbereiches stabil bleibt. Eine Analogie zwischen Regelkreis und soziotechnischen Systemen führt zu folgender Gegenüberstellung: Regelkreis-Größe
A n a l o g e G r ö ß e im soziotechnischen System
i(t)
I n p u t - I n f o r m a t i o n e n , die Real- und I n f o r m a t i o n s p r o z e s s e auslösen
o(tn)
Ergebnis der Informations- und Realprozesse
F
Planungs- und E n t s c h e i d u n g s g r ö ß e n
S(tx)
E n d o g e n e Störungen ( U m w e l t b e e i n f l u s s u n g e n )
y ( t n + 1)
Operative Steuerungsdaten
x(tn)
Planabweichungen
Regelstrecke
R e a l - und I n f o r m a t i o n s p r o z e ß
Regler
Entscheidungs- und Planungsprozeß
A b b . 7: A n a l o g i e zwischen Regelkreis und F u n k t i o n e n in soziotechnischen S y s t e m e n
In der Praxis der Unternehmensführung werden bestimmte Führungsmethoden entwickelt, z.B. Management by exception, um das dynamische System trotz
18
Teil 1: Systemanalyse
zeitlicher Veränderungen, die aus der Beeinflussung durch externe Störfaktoren entstehen, zu stabilisieren. Für die Systemanalyse folgt daraus, daß derarige prozessuale Zusammenhänge zwischen Regelstrecken und Reglern im Sinne von Subsystemen untersucht und anschließend im Rahmen der Systementwicklungsaktivitäten konzipiert werden. Ein Regelkreissystem ist ein quasi-stabiles System, dessen Zustandsbeschreibung prognostizierbar ist.
Zusammenfassung
Statische und dynamische Systeme
Stabile Systeme weisen eine relative Konstanz ihrer Systemfunktion und ihrer Systemleistung im Zeitablauf auf. Dynamische Systeme unterliegen dagegen Veränderungen im Zeitablauf. Derartige Veränderungen sind durch endogene und exogene Störungen verursacht, die das System zu einem besonderen Anpassungsverhalten zwingen. Dynamische Systeme sind bezüglich ihrer Zustandsveränderungen schwer prognostizierbar. Eine besondere Klasse dynamischer Systeme stellen kybernetische Regelsysteme dar. Deren grundlegender Funktionsmechanismus besteht in einer durch Rückkopplung bewegten Quasi-Stabilität, die als Schwankungen um eine Soll- oder Führungsgröße gekennzeichnet ist. Soziotechnische Systeme sind im Sinne einer Analogiebetrachtung als Regelsysteme interpretierbar. Für die Analyse und den Entwurf realer Systeme stellt die Analogiebetrachtung ein Hilfsmittel für die Abgrenzung und Bildung von Subsystemen dar.
1.2.2.2 Informations- und» Kommunikationssysteme Informations- und Kommunikationssysteme sind dadurch gekennzeichnet, daß zwischen technischen Aggregaten (Computersysteme im weitesten Sinne) und den Aufgabenträgern einer Organisation (Anwender oder Benutzer) vielfältige Beziehungen existieren. Man spricht daher auch Mensch-Maschine-Systemen oder auch von Mcnsch-Maschine-Kommunikationssystemen. 1.2.2.2.1 Informationssysteme Ein Informationssystem stellt eine Menge derjenigen Elemente dar, die informationsverarbeitend tätig sind und die durch organisatorische Regelungen nach bestimmten Richtlinien und Ordnungsbeziehungen untereinander durch den Austausch von Informationen verbunden sind. Als Elemente werden die Aufgabenträger der Organisation und die informationsverarbeitenden Aggregate der E D V betrachtet. Die Bestandteile eines Informationssystems sind demnach: • Aufgabenträger der Organisation: Benutzer und Anwender im weitesten Sinne, wobei aktive Benutzer (direkt mit der E D V kommunizierende) und passive Benutzer (diese werden mit Informationen versorgt, ohne selbst aktiv zu werden) zu unterscheiden sind. • Methoden im weitesten Sinne: aus der Sicht des EDV-Systems umfassen die Methoden alle Programme, Routinen und Prozeduren der Basissoftware und des Betriebssystems. Aus der Sicht des Benutzers sind Methoden die formali-
19
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
sierten Anwendungsprogramme, die operative und dispositive Prozesse der Organisation abbilden. Eine besondere Gruppe von Elementen stellen die Datenspeicher (Datenbanken, Dateien) dar, die die Basis für die Anwendungen bilden. • Maschinen sind unter dem Aspekt des Informationssystems alle Aggregate des EDV-Systems, also Eingabegeräte, Verarbeitungsgeräte und Ausgabegeräte. Das Zusammenspiel der Elemente wird durch aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen bestimmt. Die Grundstruktur eines Informationssystems ist in Abbildung 8 dargestellt:
Dialog Computer
Bericht Information
Benutzer
Retrieval
D a s technische System - D a t e n b a s i s , P r o g r a m m - und A n w e n d u n g s b i b l i o t h e k , C o m p u t e r steht in B e z u g zu b e s t i m m t e n N u t z u n g s b e z i e h u n g e n durch einen B e n u t z e r . A b b . 8: G r u n d s t r u k t u r eines I n f o r m a t i o n s s y s t e m s
Für die Systemanalyse folgen daraus verschiedene Untersuchungsebenen : a) Strukturanalysen • Anwendungsanalyse: Untersuchung der Struktur und Funktionsweise vorhandener bzw. zu entwickelnder Programme, die als Abbildungen realer Aufgaben und Prozesse definiert sind. Sind derartige Programme zu entwerfen, konzentriert sich die Anwendungsanalyse auf die Objekte und Verrichtungen der einzelnen Aufgaben. • Datenanalysen: Untersuchung der Datenstrukturen im Hinblick auf deren Geeignetheit zur Deckung des Informationsbedarfs der Benutzer und der Anwendungen. • Technische Analysen: Untersuchung bezüglich der Optimalbedingungen einer vorhandenen oder geplanten EDV- Konfiguration unter Beachtung der von den Benutzern gestellten Anforderungen. • Benutzeranalysen: Untersuchungen des Informationsbedarfs der Benutzer entsprechend deren Aufgaben und Zielsetzungen. b) Systembezogene Analysen: Hierbei erfolgt eine Erweiterung der Strukturanalysen durch die Einbeziehung der sich im Zeitablauf vollziehenden Arbeits- und Nutzungsbeziehungen. z.B. :
20
Teil 1 : Systemanalyse
• Analyse der Nutzungsbeziehungen: In Abb. 8 sind verschiedene Nutzungsformen (Information Retrieval, Berichtgeneratoren, Dialog) dargestellt. • Analyse des Informationsverhaltens der Benutzer. • Analysen der zeitlichen Ablauforganisation bei der Bearbeitung der Programme, d.h. es wird die Ablauforganisation des betreffenden Organisationsbereiches untersucht. • Analysen bezüglich der Veränderungen der Daten, z.B. in Bezug auf Aktualität, Fortschreibung, Sicherheit, Erzeugung und Löschung. Ein Informationssystem ist eingebettet in eine bestimmte Struktur- und Ablauforganisation des Unternehmens. Als Beispiel stellen wir die Unterstüzungsfunktionen einer Informationszentralc (Information Center) dar.
D u r c h die organisatorische Stelle „ I n f o r m a t i o n s z e n t r a l e " erhält der B e n u t z e r (im Beispiel d e r M a n a g e r ) b e s t i m m t e U n t e r s t ü t z u n g s l e i s t u n g e n . Diese K o n z e p t i o n spielt bei E n d b e n u t z e r - S y s t e m e n eine b e d e u t e n d e Rolle, die I n f o r m a t i o n s z e n t r a l e wird dann o f t m a l s „Information Center" genannt. A b b . 9: E r w e i t e r t e s M e n s c h - M a s c h i n e - K o m m u n i k a t i o n s s y s t e m
Dadurch ergeben sich weitere ablauforganisatorische Funktionen im Rahmen eines Informationssystems: 1. Interpretationsfunktion: Die Fachabteilung übernimmt die laufende Berichterstattung gegenüber den Benutzern. 2. Entwicklungsfunktion: Analyse, Bewertung und Ausarbeitung von Konzepten für neue Aufgabenstellungen sowie für die Lösung und Durchführung dieser Aufgaben. 3. Analysefunktion: Laufende Kontrolle der eingesetzten Mittel, Datenbestände und Ergebnisse, Sicherung der Systeme und der Daten. 4. Kontrollfunktion: Die Kontrollfunktion bezieht sich auf die Sicherheit der Programme und der Verarbeitung, auf die Einführung von Richtlinien für den Datenschutz und auf die Dokumentation und Archivierung der Daten- und Programmbestände.
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
21
5. Systemanpassungsfunktion: Modifikation der bestehenden Verfahren entsprechend den wechselnden Bedingungen der Aufgabenstellungen und der technischen Lösungsmöglichkeiten. Es wird deutlich, daß für die Systemanalyse und für die Systemgestaltung das Informationssystem stets in seinem organisatorischen und nutzungsabhängigen Kontext zu betrachten ist. Man spricht daher auch von einer mehrdimensionalen Analyse, für deren D u r c h f ü h r u n g mehrere M e t h o d e n erforderlich sind. 1.2.2.2.2 Kommunikationssysteme Kommunikation bedeutet ganz allgemein den Austausch von Informationen. E s entstehen dadurch Beziehungen zwischen den Sendern und E m p f ä n g e r n . Z u r Veranschaulichung dient das Kommunikationsmodell (s. A b b . 10). Verständigung zwischen einem Sender und einem E m p f ä n g e r ist nur möglich, wenn beide über einen analogen Zeichenvorrat und die gleiche Syntax v e r f ü g e n , der Kanal eine störungsfreie Übertragung gewährleistet und beide über die Konventionen des Bedeutungsinhaltes (Semantik) der gesendeten Nachrichten Übereinkunft erzielt h a b e n . In sozialen Organisationen existieren stets zwei Kommunikationssysteme: das formale und das informelle Kommunikationssystem. Die A u f g a b e des formalen Kommunikationssystems besteht darin, Menge, Zeit, Inhalt und Bedeutung aller für die Erreichung der Organisationsziele notwendigen Informationen zu gewährleisten. D a s informale Kommunikationssystem umfaßt dagegen alle intrapersonalen Beziehungen zwischen den Aufgabenträgern der Organisation, also private, soziale und nicht mit den Betriebszielen unmittelbar verbundene Kontakte. Gegenstand der Gestaltung sind stets formale Kommunikationssysteme, diegrundsätzlich drei unterschiedliche Strukturen aufweisen können (s. A b b . 11). Die grundsätzlichen Gestaltungsziele eines Kommunikationssystems sind: • • • • • •
Reduzierung der Kommunikationswege Darstellung des Kommunikationsflusses Reduzierung der R e d u n d a n z E r h ö h u n g der Relevanz (Sicherheit, Aussagefähigkeit) Reduzierung der Kosten der Kommunikation Vereinfachung der Kommunikationsprozesse.
Die Lösung derartiger Aufgabenstellungen im R a h m e n eines Kommunikationssystems wird in der Praxis durch ein zentralisiertes Informationsverteilungssystem realisiert, wie es in Abbildung 12 dargestellt ist. Derartige G r u n d s t r u k t u r e n werden in Bürokommunikationssystemen realisiert. Sie ermöglichen den direkten Kontakt eines jeden Teilnehmers des Systems mit jedem Teilnehmer (any-to-any-communication). Sehr oft sind Kommunikations- und Informationssysteme miteinander integriert: sowohl kommunikative als auch dispositive und operative A u f g a b e n werden von ein und demselben System wahrgenommen. Dies ist häufig der Fall bei dezentralisierten Systemen. Ein Beispiel aus der Praxis, in der konventionelle Kommunikationsvorgänge und operative und dispositive Aufgaben eines Informationssystems vermengt sind, zeigt Abbildung 13. Das in Abbildung 13 dargestellte komplexe System besteht aus den Subsystemen „Konzernverwaltung" und „Tochtergesellschaft". In der Konzernverwaltung er-
22
Teil 1: S y s t e m a n a l y s e
a b c d e f (A)
a b c d e f (A)
Z w i s c h e n e i n e m S e n d e r und e i n e m E m p f ä n g e r ist d a n n K o m m u n i k a t i o n möglich, w e n n b e i d e ü b e r d a s gleiche A l p h a b e t , die gleiche Syntax u n d ü b e r einen s t ö r u n g s f r e i e n K a n a l verfügen. a
=
Alphabet: U n t e r einem A l p h a b e t versteht m a n eine endliche M e n g e von Z e i c h e n : Buchstaben, Codes, Symbole.
F
=
Syntax: Syntax b e d e u t e t eine M e n g e von R e g e l n , u m Z e i c h e n zu s t r u k t u r i e r e n . D i e b e k a n n teste Syntax ist die G r a m m a t i k der U m g a n g s s p r a c h e .
SE
=
Sender: V e r u r s a c h e r e i n e r Nachricht, auch Q u e l l e g e n a n n t .
N
=
Nachricht: E i n e mit H i l f e d e r Syntax strukturierte Folge von Z e i c h e n .
K
=
Kanal: Physikalisches M e d i u m zur Ü b e r m i t t l u n g von Z e i c h e n o d e r Z e i c h e n f o l g e n .
D
ST
=
Distanz: a) zeitliche D i s t a n z : die Z e i t d a u e r , die f ü r die Ü b e r m i t t l u n g einer Nachricht von S E nach E v e r w e n d e t wird. b) r ä u m l i c h e Distanz: metrisches M a ß zur Messung d e r körperlichen E n t f e r n u n g zwischen S E u n d E . = Störgrößen: E x t e r n e E i n f l u ß f a k t o r e n , die eine Nachricht v e r ä n d e r n .
E
=
Empfänger: A k z e p t i e r e n d e r einer Nachricht, auch S e n k e g e n a n n t .
W
= Wissen, auch Vorwissen genannt: S u m m e d e r bei S E u n d E bereits v o r h a n d e n e n N a c h r i c h t e n , Z e i c h e n , I n f o r m a t i o nen.
C
= C o d i e r u n g , U m w a n d l u n g der Z e i c h e n in eine für d e n K a n a l b r a u c h b a r e F o r m (z.B.: I m p u l s f o l g e n , elektrische S c h w i n g u n g e n ) .
D C = D e c o d i c r u n g , R ü c k f ü h r u n g der c o d i e r t e n Z e i c h e n in ihre U r s p r u n g s f o r m . A b b . 10: K o m m u n i k a t i o n s m o d e l l
23
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen Kreis
(a)
Hierarchie
Netz
(b)
(c)
Kommunikationsstrukturen sind für den Aufbau von Kommunikationssystemen von Bedeutung: Struktur (a) definiert z.B. eine Ringschaltung für die Vernetzung von Personal Computer, die Struktur (b) einen Leitrechner mit angeschlossenen Datenstationen (Top Down Struktur) und die Struktur (c) kennzeichnet ein Bürokommunikationssystem mit einer sog. „any to any communication". Abb. 11: Kommunikationsstrukturen
Name
Adresse
Computer
Sind alle Teilnehmer A bis F in der Adressdatei gespeichert, ist über die Adressverwaltung eine Netzstruktur mit reduzierter Zahl von Kommunikationsverbindungen möglich. Abb. 12: Informationsverteilungssystem
folgt die Bestellerfassung und Bestellkontrolle sowie die Weiterleitung der B e stellungen an die zuständigen Tochtergesellschaften. D o r t wird die Ausführung der Bestellung vollzogen, w o b e i dispositive und operative A u f g a b e n anfallen. G e g e n s t a n d einer Kommunikationsanalyse wird es sein, dieses System bezüglich seiner Schwachstellen zu untersuchen und einen Gestaltungsvorschlag für ein Kommunikations- und Informationssystem zu entwickeln, das den Zielsetzungen eines Kommunikationssystems entspricht.
24
Teil 1: Systemanalyse Konzerngesellschaft Dateneingabe bei Konz.ges.
Bestellung
Transport per Bote
Poststelle Versand
Transport Gelbe Post
Tochtergesellschaft Transport Gelbe Post
Poststelle Verteilung
Transport per Bote
Vertrieb Lelt. Vertrieb Sachb.
Transport per Bote
Vertrieb Dateneingabe Auftragsbest. — \ /Rechnung ii— ! Lieferschein
Das dargestellte System ist durch eine Vielzahl formeller Kontakte mit intensiver Kommunikation gekennzeichnet. Aufgabe einer systemanalytischen Untersuchung wäre hier im ersten Schritt die Definition der Schwachstellen. Abb. 13: Multifunktionales Kommunikationssystem
1.2.2.3 Das Informationssystem Unternehmen Ein Unternehmen und analoge soziotechnische Organisationen können zunächst als komplexe Leistungsgeneratoren aufgefaßt werden, die aufgrund spezieller Systemfunktionen (Produktions- und Informationsprozesse) aus einem gegebenen Input einen zweckorientierten Output erstellen. Insofern wäre das Primärsystem des Unternehmens durch die Subsysteme Beschaffung (Input), Produktion (Prozeß) und Vertrieb (Output) beschreibbar. Das System Unternehmung steht in einem Leistungs- und Informationsaustausch mit der Umwelt. Diese Aussage ist zunächst globaler Natur und daher in der konkreten Anwendung begrenzt. Die Steuerung dieses Primärsystems so wie die Tatsache, daß das Gesamtsystem Unternehmung in mehrere Umsysteme eingebettet ist, die bestimmte Anpassungsprozesse erfordern, ist eine Ursache für die Komplexität und die damit verbundene Schwierigkeit einer vollkommenen Beherrschung im Sinne einer determinierten Vorhersage der Einzelprozesse und ihrer gegenseitigen Abhängigkeiten. Nach Ulrich ist das Unternehmen ein offenes, produktives und soziales System, womit typische Eigenschaften des Gesamtsystems - die nicht notwendigerweise identisch mit denen der Elemente sind - charakterisiert werden. Die Entwicklung von Modellen, die eine Übersicht über den Wirkzusammenhang der Elemente des Systems Unternehmung geben, ist aus folgenden Gründen erforderlich: 1. Die Gesamtheit aller Prozesse, Funktionen und Daten eines Unternehmens stellen ein komplexes System dar, das nicht mehr eindeutig beschreibbar ist. Nur durch ein Modell ist es möglich, die typischen Prozesse eines Unternehmens zu strukturieren, um einen gesicherten Überblick über die Daten, Ziele und Methoden der einzelnen Aufgaben und Aufgabenträger zu gewinnen. Die Entwicklung von Modellen ist mithin eine Aufgabe im Rahmen der Systemanalyse, insbesondere dann, wenn komplexe und das Unternehmen insgesamt beeinflussende Informationssysteme zu entwickeln sind.
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
25
2. D u r c h ein informationstheoretisch f u n d i e r t e s V e r f a h r e n s m o d e l l gelingt es, eine B e s t a n d s a u f n a h m e und logische G l i e d e r u n g der b e s t e h e n d e n A u f g a b e n , Met h o d e n und Prozesse abzuleiten. D a d u r c h k ö n n e n S c h w a c h p u n k t e d e r I n f o r m a tionsverarbeitung und des Informationsflusses dargestellt w e r d e n . 3. A n h a n d eines u m f a s s e n d e n Modells k ö n n e n die A u s w i r k u n g e n von V e r ä n d e r u n g e n eines Teilsystems beziehungsweise e i n e r G r u p p e von Teilsystemen auf das G e s a m t s y s t e m prognostiziert w e r d e n . V o m S t a n d p u n k t der Systemtheorie sind zwei g r u n d l e g e n d e Fragen zu b e a n t w o r ten, u m d e m U n t e r n e h m e n den C h a r a k t e r eines Systems z u o r d n e n zu k ö n n e n : 1. Welches sind die typischen E l e m e n t e dieses Systems und die ihnen zuzuordnenden Eigenschaften? 2. W e l c h e r A r t sind die B e z i e h u n g e n , die zwischen diesen E l e m e n t e n b e s t e h e n ? Z u r L ö s u n g dieser Fragen sind m e h r e r e E n t w i c k l u n g s e b e n e n d e n k b a r : a) D a s U n t e r n e h m e n als soziales System: H i e r b e i stehen P r o b l e m e d e r Mensch Mensch - Organisation im V o r d e r g r u n d des Interesses, sowie juristische, gesellschaftspolitische, soziologische, pädagogische, sozialpsychologische und organisatorische Fragestellungen. b) D a s U n t e r n e h m e n als p r o d u k t i v e s System: D i e B e t r a c h t u n g s e b e n e ist in diesem Fall der Leistungserstellungsprozeß mit allen seinen H i l f s f u n k t i o n e n . Hieru n t e r fallen beispielsweise: A r b e i t s v e r e i n f a c h u n g s m e t h o d e n , work simplification, i n t e r n e r Lcistungsaustausch, L a g e r f u n k t i o n e n , P r o d u k t i o n s f u n k t i o n e n , technische D o k u m e n t a t i o n s f u n k t i o n e n usw. c) D a s U n t e r n e h m e n als finanzielles System: D i e finanzielle Betrachtungsweise kann als eine abstrakte Darstellung der Real- und Personalprozesse bezeichnet w e r d e n . D a s U n t e r n e h m e n ist prinzipiell kein finanzielles System, vielmehr bed e u t e t die Darstellung der finanziellen Struktur und d e r finanziellen Beziehung eine A b b i l d u n g realwirtschaftlicher o d e r personeller Prozesse in den Dimensionen d e r Finanzwirtschaft: A b s c h r e i b u n g e n , L ö h n e u n d G e h ä l t e r , Kosten, E r t r ä ge, A u f w a n d , G e w i n n . Diese drei Möglichkeiten stellen Beispiele d a r , wie das G e s a m t s y s t e m U n t e r n e h m u n g in Abhängigkeit der Zielsetzung f ü r die E r k e n n t n i s g e w i n n u n g und Steuerung segmentiert werden k a n n . Man spricht d a h e r von einer mehrschichtigen A n a l y s e der verschiedenen G e s t a l t u n g s e b e n e n des Informationssystems U n t e r n e h m e n . Die E l e m e n t b e s t i m m u n g ergibt sich aus der Systemkategorie: Im sozialen System sind es im wesentlichen die M i t a r b e i t e r des U n t e r n e h m e n s , im produktiven System die technischen K a p a z i t ä t e n , A n l a g e n und Maschinen und im finanziellen System die finanztechnischen M e t h o d e n , die G e l d s t r ö m e und Geldg r ö ß e n sowie die internen und e x t e r n e n G e l d r e s e r v e n , die den C h a r a k t e r von Puffergrößen haben. V o m S t a n d p u n k t der I n f o r m a t i o n s t h e o r i e aus betrachtet ist das U n t e r n e h m e n ein Informationssystem, da alle Realprozesse zunächst als I n f o r m a t i o n e n abgebildet w e r d e n k ö n n e n und durch Befehle, W e i s u n g e n , Vergleiche, R ü c k m e l d u n gen und Wissen - also durch I n f o r m a t i o n e n - g e s t e u e r t , geregelt, geordnet und b e w e r t e t w e r d e n . D a s U n t e r n e h m e n hat kein Informationssystem, s o n d e r n ist ein I n f o r m a t i o n s s y s t e m , das eine generelle A b b i l d u n g s f u n k t i o n über alle Personal-, Finanz- und Realprozesse impliziert.
26
Teil 1: Systemanalyse
Aus der Tatsache, daß das Unternehmen komplex, offen und nicht determiniert bezüglich der Verhaltensbeschreibung aller Elemente und Prozesse ist, darüber hinaus eine latente Störanfälligkeit gegenüber externen Größen zeigt, folgt, daß das Problem der Beherrschung im Sinne einer Verhaltensregulierung oder Verhaltensprognose nur durch die Bildung von Subsystemen gelöst werden kann. Dazu sind Ordnungskriterien erforderlich, die es erlauben, das Gesamtsystem in logisch geschlossene, kompatible und widerspruchsfreie Segmente zu unterteilen. Im Rahmen einer strukturierten Subsystembildung sind folgende Kriterien zu definieren: a) Die Gestaltungsaktivitäten des kybernetischen Regelkreises Das Unternehmen ist unter dem Aspekt des Informationssystems als ein spezielles regelungstechnisches Modell beschreibbar und mithin einer Analyse entsprechend den kybernetischen Methoden zugänglich. Geht man davon aus, daß das Unternehmen als offenes System in intensiver Umweltbeziehung steht, anfällig gegen externe und interne Störgrößen ist und die Fähigkeit des Lernens und der Adaption besitzt, dann sind gewisse Aspekte der Kybernetik (z.B. Regelkreis, Probabilistik, Rückkopplung) im Sinne der Systemanalyse auf das Unternehmen zu übertragen. Kybernetische Modelle fungieren dabei als Analogmodelle, das heißt sie sind dadurch ausgezeichnet, daß mindestens eine teilweise Übereinstimmung zwischen der Struktur des Modells und dem Realsystem besteht. Das kybernetische System ist im Wesentlichen durch das Vorhandensein eines RegelFührungsgrößen
Störgrößen
D e r kybernetische Regelkreis ist ein Analogmodell zur Verdeutlichung der Ablauforganisation eines Unternehmens. Damit können grundsätzlich Gestaltungsüberlegungen für die Steuerung und Regelung des Systems „Unternehmen" abgeleitet werden. A b b . 14: Modell eines betrieblichen Regelkreises
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
27
kreises charakterisiert. Ein betrieblicher Realprozeß ist als Analogmodell wie folgt darstellbar: Die Analogie zum betriebswirtschaftlichen Modell der Kybernetik ist durch folgende Tatbestände gegeben: • Die Prozesse eines Unternehmens können als Regelkreis dargestellt werden. • Die Methoden der Führung eines Unternehmens gleichen den Steuer- und Kontrollmechanismen kybernetischer Systeme. • Das Unternehmen strebt nach Stabilität seiner inneren Bedingungen und seines Wachstums, wobei interne und externe Störgrößen Anpassungshandlungen im Sinne einer Regelung auslösen. • Das Unternehmen besitzt die Fähigkeit des Lernens, was nichts anderes als eine qualifizierte Informationsverarbeitung und Informationsspeicherung bedeutet. Überträgt man die Systemgrößen Planung, Steuerung, Realisierung und Kontrolle auf die praktizierten Aufgaben und Tätigkeiten des Unternehmens, dann ergibt sich die in Abbildung 15 dargestellte Systemstruktur. Das Aufstellen regelungstechnischer Modelle für die Darstellung betrieblicher und unternehmerischer Prozesse birgt zwei grundlegende, von technischen Regelungsmodellen zu unterscheidende Merkmale in sich:
V e r s c h i e d e n e A u f g a b e n lassen sich zu regelungstechnischen A u f g a b e n b ü n d e l n z u s a m m e n fassen. H a b e n d e r a r t i g e A u f g a b e n b ü n d e l gleiche o d e r ähnliche D a t e n , ist d a m i t die G r u n d lage f ü r die Realisierung von D a t e n b a n k - S y s t e m e n g e s c h a f f e n . A b b . 15: A u f g a b e n im betrieblichen R e g e l k r e i s
28
Teil 1: Systemanalyse
1. Die Kontrollfunktion ist zugleich eine Entscheidungsfunktion: Festgestellte Abweichungen des Tatsächlichen vom Geplanten können als Inputgrößen sowohl für die Steuerungsfunktion als auch für die Planungsfunktion dienen. Die Entscheidung wird durch die Toleranzgrenze der jeweiligen Zielgrößen herbeigeführt. Daraus leitet sich die Forderung ab, daß alle Vorgabewerte zugleich mit ihren zulässigen Toleranzgrenzen ausgestattet sind. Das Führungsprinzip „Management by exception", das als repräsentativ für moderne Formen der Unternehmensführung angesehen werden kann, impliziert u.a., daß dann und nur dann eine Management-Entscheidung zu treffen ist, wenn ein Problem vorliegt. Unter einem Problem versteht man aber eine Abweichung vom Normalen. Normal im Sinne betriebswirtschaftlicher Methodik bedeutet innerhalb zulässiger, geplanter Toleranzgrenzen. 2. Das Unternehmen ist nicht durch nur einen Regelkreis darstellbar. Aus der Tatsache der hierarchischen und funktionalen Ordnung folgt, daß es mehrere Regelkreise und mehrere hierarchische Stufen des Unternehmens gibt. In diesem Zusammenhang spricht man von sogenannten „vermaschten" Regelkreisen, wie sie in Abbildung 16 schematisch dargestellt sind. Führungsgrößen
A u f j e d e r Stufe d e r betrieblichen H i e r a r c h i e sind Regelkreise v o r h a n d e n , die sich gegenseitig b e d i n g e n . D a m i t wird das U n t e r n e h m e n zugleich in seinem hierarchischen A u f b a u abbildbar. A b b . 16: V e r m a s c h t e Regelkreise
Für die Systemanalyse ergeben sich aus diesem Ansatz folgende Konsequenzen: Das kybernetische Modell eignet sich als Hilfsmittel für die Segmentierung und modulare Strukturierung von Anwendungen. Geht man davon aus, daß auf jeder hierarchischen Stufe der Managementpyramide horizontale Regelkreise erkennbar sind, die entsprechend Abbildung 15 durch die Planungs- und Kontrollfunktion vertikal miteinander verbunden sind, dann ist es prinzipiell möglich, alle Planungs- und alle Kontrollfunktionen eines Unternehmens bezüglich der ihnen zugrunde liegenden Methoden und Daten nach einer einheitlichen Systematik zu analysieren. Dabei ist es von Bedeutung, die Analogien zwischen Daten und Methoden auf allen Ebenen des Unternehmens zu erkennen. Insofern können Anwendungsfamilien definiert werden, wobei eine Anwendungsfamilie „Planung" eine Untermen-
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
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ge aller praktizierten bzw. potentiellen Anwendungen des Unternehmens darstellt. Derartige Untermengen, die durch analoge Methoden und Daten ausgezeichnet sind, werden benötigt, wenn moderne Formen der Datenverarbeitung realisiert werden sollen, zum Beispiel Datenbank- und Datenkommunikationssysteme. b) Die Funktionen des Unternehmens Das Unternehmen hat unabhängig von der jeweils gültigen Organisationsform typische Grundfunktionen, die einerseits aus der Verantwortung und gesonderten Behandlung typischer Unternehmensobjekte (Geld, Sachmittel, Produkte), andererseits aus der arbeitsteiligen Gliederung der Gesamtaufgabe in Teilaufgaben resultiert. Folgende Grundfunktionen sind in jedem marktwirtschaftlich orientierten Unternehmen vorhanden: • Unternehmensleitung: Festlegung der Zielsetzungen, Kontrolle, Organisation der Machtverhältnisse und Ressourcen. • Beschaffung: Bereitstellung der Produktionsmittel und der Produktionshilfsmittel. • Produktion: Erstellung der Leistungen und/oder der Produkte. • Vertrieb: Absatz der produzierten Leistungen und Produkte, Sicherung des Marktpotentials. • Personal: Beschaffung, Ausbildung, Förderung und Einsatzsteuerung des Personals. • Finanzen: Bereitstellung, Überwachung und Steuerung der finanziellen Mittel , die für die Leistungserstellung benötigt werden. • Organisation/Verwaltung: Strukturierung der Leistungskomponenten, Administration der Sekundärprozesse, Erarbeitung von Methoden und Richtlinien für das Zusammenwirken aller Komponenten. • Technik: Produktentwicklung, Erarbeitung technisch realisierbarer und marktwirtschaftlich verwertbarer Produkte, sowie aller Produktions- und Leistungshilfsmittel (Anlagen, Verfahren, Geräte). • Forschung und Entwicklung: Produkt-Innovation, das heißt Entdecken neuer Produkte und Anwendungen. Diese neun Funktionen sind genereller Natur. Vom systemanalytischen Standpunkt aus betrachtet ist es sinnvoll, das Gesamtinformationssystem Unternehmen neben den Regelkreisaktivitäten auch nach funktionalen Gesichtspunkten zu gliedern. Dies ist erforderlich, weil die einzelnen Funktionen mit speziellen Methoden und Daten arbeiten, die sich aus den Aufgaben und Zielsetzungen, aus den behandelten Objekten und aus den spezifischen Methoden ableiten. Die Zuordnung eines Organisationsprojekts zu einer bestimmten Funktion ist darüber hinaus ein Hilfsmittel, um modulare Informationssysteme zu bilden, deren Effektivität nicht durch unterschiedliche Anwendungsprobleme und Anwenderwünsche aus verschiedenen Funktionsbereichen gemindert wird. c) Die hierarchischen Ebenen des Unternehmens Die regelungstechnischen Aktivitäten und die Unternehmensfunktionen sind Dimensionen eines Informationssystems. Darüber hinaus ist eine dritte Dimension denkbar: Die hierarchische Ebene, auf der die Teilaufgaben des Unternehmens realisiert werden. Die Einführung dieser dritten Dimension ist insofern von Bedeutung, als die hierarchische Stufe einen unmittelbaren Einfluß auf die Metho-
30
Teill:
Systemanalyse
den und D a t e n der jeweiligen Teilinformationssysteme ausübt. D i e prinzipiell unterschiedliche Problemstellung eines Management-Informationssystems im Gegensatz zur Problemstellung eines operativen Informationssystems macht deutlich, daß die Einführung dieser Dimension eine zwingende Notwendigkeit für die Untergliederung von Teilinformationssystemen darstellt. In der Literatur findet sich eine Reihe von Ansätzen, die das Problem der pyramidenförmigen Strukturierung als Ausdruck organisierter Macht- und K o m p e t e n z verhältnisse mit ihren Konsequenzen auf die Leistungs- und Informationsprozesse untersuchen. Man spricht allgemein von der Managementpyramide und unterteilt diese in die drei E b e n e n strategisches, taktisches und operatives Managem e n t . In Abbildung 17 sind die beiden K o m p o n e n t e n Funktion und Hierarchie in F o r m einer Managementpyramide dargestellt.
Top-Management der Funktion Beschaffung
Operatives Management der Funktion Vertrieb
(a)
(b)
A b b i l d u n g ( a ) zeigt e i n e rein f u n k t i o n a l e G l i e d e r u n g des U n t e r n e h m e n s ( F = F i n a n z , P r = P r o d u k t i o n , V = V e r t r i e b , P = P e r s o n a l , B = B e s c h a f f u n g ) . In A b b i l d u n g ( b ) wird d e r funktionale A u f b a u mit dem Kriterium Hierarchie kombiniert. E i n e weitere K o m b i n a t i o n w ä r e in e i n e r dritten D i m e n s i o n d i e A k t i v i t ä t j e H i e r a r c h i e s t u f e und F u n k t i o n . A b b . 1 7 : P y r a m i d e n f ö r m i g e r A u f b a u des U n t e r n e h m e n s
D i e Darstellung eines pyramidenförmigen Aufbaus der Unternehmensorganisation ist jedoch nur dann zulässig, wenn primär quantitative Betrachtungen angestellt werden. G e h t man davon aus, das die Spitze der Pyramide als wenig, die B a sis dagegen als viel zu interpretieren ist, dann ist die pyramidenförmige Unterteilung nur für folgende Tatbestände einer Analyse zulässig: • personelle Besetzung: D i e Unternehmensleitung als Repräsentant des strategischen M a n a g e m e n t s ist personell weitaus geringer besetzt als alle nachfolgenden Stufen der Pyramide. • Anzahl der durchgeführten Prozesse ( A u f g a b e n ) • Anzahl der verarbeiteten bzw. erzeugten Einzelinformationen. D i e Analyse qualitativer Merkmale der einzelnen M a n a g e m e n t e b e n e n verlangt eine Umkehrung der Pyramide, wobei der Begriff Qualität in diesem Z u s a m m e n hang wie folgt zu interpretieren ist: • Machtverhältnisse: D a s strategische Management verkörpert ungleich größere Machtverhältnisse als alle anderen M a n a g e m e n t e b e n e n . • Entscheidungshorizont: Langfristige Struktur der Unternehmenspläne.
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n
31
• B e d e u t u n g einer Entscheidung: D i e E n t s c h e i d u n g e n des strategischen M a n a g e m e n t s sind nicht nur auf f u n k t i o n a l e Teilbereiche des U n t e r n e h m e n s ausgerichtet, s o n d e r n h a b e n einen Einfluß auf das G e s a m t u n t e r n e h m e n . • V e r a n t w o r t u n g und Risiko: A u s der Langfristigkeit und der B e d e u t u n g einer E n t s c h e i d u n g folgt, das u n t e r n e h m e r i s c h e E n t s c h e i d u n g e n mit einem h o h e n Risiko und d e m entsprechend mit g r ö ß e r e r V e r a n t w o r t u n g v e r b u n d e n sind. • K o m m u n i k a t i o n s b r e i t e - und Informationsinhalt: M a n a g e m e n t e n t s c h e i d u n gen d e r h ö h e r e n E b e n e n sind durch die Miteinbeziehung und B e w e r t u n g ext e r n e r I n f o r m a t i o n e n g e k e n n z e i c h n e t . Diese I n f o r m a t i o n e n stehen o f t m a l s nur in einem indirekten Z u s a m m e n h a n g mit den einzelnen T e i l a u f g a b e n o d e r F u n k t i o n e n des U n t e r n e h m e n s . • I n f o r m a t i o n s b e d a r f : D e r I n f o r m a t i o n s b e d a r f des M a n a g e m e n t s ist d e m e n t sprechend o f t m a l s spontan, wechselnd und nicht eindeutig strukturiert. • Beeinflussungsgrad: M a n a g e m e n t e n t s c h e i d u n g e n beeinflussen das G e s a m t u n t e r n e h m e n , die M ä r k t e , die P e r s o n a l s t r u k t u r und letztlich d e n G e s a m t e r folg des U n t e r n e h m e n s . Die qualitativen M e r k m a l e u n t e r n e h m e r i s c h e r A u f g a b e n sind charakteristische E i g e n s c h a f t e n , die bei der Entwicklung dispositiver I n f o r m a t i o n s s y s t e m e betrachtet w e r d e n müssen. E i n e nur quantitative B e t r a c h t u n g einer U n t e r n e h menshierarchie m u ß als einseitig und unvollständig abgelehnt w e r d e n , da sie keine A u s s a g e n ü b e r die Qualität der einzelnen Prozesse auf den verschiedenen E b e n e n zuläßt. D e r P r o z e ß c h a r a k t e r u n t e r n e h m e r i s c h e r A u f g a b e n (Entscheidungsprozeß, Planungs-, und K o n t r o l l p r o z e ß , Organisationsprozeß) verlangt eine Analyse sowohl in Bezug auf die quantitativen als auch auf qualitativen M e r k male d e r einzelnen A u f g a b e n . Ein Informationssystem, dessen Ziel in einer Effizienzsteigerung dispositiver Tätigkeiten besteht, m u ß beide A s p e k t e berücksichtigen, da dadurch die A r t der I n f o r m a t i o n , die I n f o r m a t i o n s q u e l l e n , das I n f o r m a tionsvolumen u n d dessen zeitliche Verteilung, die Logik der I n f o r m a t i o n s v e r a r beitung und die A r t d e r I n f o r m a t i o n s a u f b e r e i t u n g bestimmt w e r d e n . A u s den drei O r d n u n g s k r i t e r i e n F u n k t i o n , regelungstechnische Aktivität und Hierarchie lassen sich für das Informationssystem U n t e r n e h m e n f o l g e n d e Sätze ableiten: 1. D a s Informationssystem U n t e r n e h m u n g wird durch drei D i m e n s i o n e n beschrieben: H i e r a r c h i e , Aktivität und F u n k t i o n . 2. Von einem idealen Informationssystem spricht m a n d a n n , wenn alle hierarchischen Stufen, alle Aktivitäten und alle F u n k t i o n e n des U n t e r n e h m e n s B e s t a n d teil eines computergestützten Informationssystems sind und dieses I n f o r m a t i o n s system gleichzeitig sicherstellt, das d e r I n f o r m a t i o n s b e d a r f aller Beteiligten gedeckt und die zu lösenden A u f g a b e n optimal realisiert w e r d e n . 3. Die drei D i m e n s i o n e n eines Informationssystems bilden die G r u n d l a g e f ü r eine einheitliche Segmentierung des G e s a m t s y s t e m s in m o d u l a r e Teilinformationssysteme. 4. D a d u r c h wird das Problem d e r B e h e r r s c h u n g im Sinne einer t r a n s p a r e n t e n und d e t e r m i n i e r b a r e n Prozeßanalyse und P r o z e ß b e s c h r e i b u n g prinzipiell lösbar. d) Subsysteme im Informationssystem Die drei D i m e n s i o n e n des Informationssystems bilden die G r u n d l a g e f ü r die D e finition von Subsystemen o d e r S e g m e n t t y p e n . U n t e r einem S e g m e n t t y p versteht man eine A n w e n d u n g s f a m i l i e im Sinne d e r D a t e n v e r a r b e i t u n g .
32
Teil 1: Systemanalyse
Anwendungen umfassen alle Aufgaben, die durch den Einsatz der E D V und entsprechender Methoden gelöst bzw. unterstützt werden. Abbildung 18 zeigt, wie durch die Einführung der drei Dimensionen ein Informationssystem im Sinne der in Systemanalyse gegliedert werden kann. F
k
H
>• A
E s b e d e u t e n : F = F u n k t i o n , H = H i e r a r c h i e , A = Aktivität A b b . 18: S u b s y s t e m mit seinen typischen D i m e n s i o n e n
Die Einführung von Segmenttypen ist eine notwendige Voraussetzung, um die komplexe Aufgabe Informationssystem Unternehmung nach einheitlichen Kriterien unter systemtechnischen und datentechnischen Aspekten zu gliedern. Die Klassifikation von Anwendungsfamilien oder Segmenttypen reicht allerdings nicht aus, um ein vollständiges Abbild aller Prozesse des Unternehmens zu gewinnen, da das dreidimensionale Modell statischer Natur ist. Die Tatsache der Interdependenz der Aufgaben und Prozesse erfordert, daß die informationellen Beziehungen, d.h. der Datenfluß und die Informationskanäle, die zwischen den Segmenttypen bestehen, erfaßt werden. Geht man davon aus, das mindestens drei hierarchische Ebenen, neun Primärfunktionen und vier regelungstechnische Aktivitäten in jedem Unternehmen nachweisbar sind, dann sind entsprechend dem Ausgangsmodell insgesamt 108 Segmenttypen klassifizierbar. Damit ist die Möglichkeit gegeben, im Rahmen der Systemanalyse verschiedene Klassifikationsschemata abzuleiten. Die Abbildungen 19 - 23 geben einen Überblick über die Möglichkeiten einer Strukturierung und Analyse unternehmerischer/betrieblicher Probleme und Aufgaben unter diesen Gesichtspunkten. Derartige Darstellungen werden auch Anwendungsfamilien genannt, die der logischen Abgrenzung von Einzelanwendungen dienen. Ein weiterer, wesentlicher Aspekt derartiger Analysen ergibt sich durch die Kombination der einzelnen Dimensionen in Form einer Matrix. Insbesondere folgende zwei Kombinationsmöglichkeiten sind von Bedeutung: 1. Hierarchie - Aktivitäten - Matrix: Die Analyse von Hierarchie/Aktivität entspricht der Stellenbeschreibung. Jedes Feld der Matrix enthält in diesem Falle eine qualifizierte Tätigkeits- oder Stellenbeschreibung aller Ebenen des Unternehmens, sofern sämtliche hierarchische Stufen erfaßt sind. Als Hilfsmittel dient der Organisationsplan des Unternehmens.
33
1. Kapitel: A b g r e n z u n g u n d D e f i n i t i o n e n Aktivität Planung
Steuerung
Realisierung
Kontrolle
Hierarchie Strategisches M a n a g e m e n t Taktisches Management Operierendes Management D u r c h diese A r t d e r Z u o r d n u n g k ö n n e n identische Prozesse und identische D a t e n b a s e n f ü r typische A k t i v i t ä t e n der verschiedenen M a n a g e m e n t - E b e n e n e r k a n n t w e r d e n . A b b . 19: H i e r a r c h i e - A k t i v i t ä t e n - M a t r i x
2. Funktions-Aktivitäten-Matrix: Bei der F/A-Matrix werden jeder Funktion eines Unternehmens die typischen Planungs-, Steuerungs-, Realisierungs- und Kontrollaktivitäten zugeordnet. Dadurch ist es möglich, Überschneidungen von Sachgebieten mehrfach interdependenter und sich gegenseitig beeinflussender Problemstellungen zu lokalisieren. Darüber hinaus erlaubt diese Analyse, neu zu entwickelnde Teilinformationssysteme abzugrenzen und ihrer jeweils typischen Kernfunktion zuzuordnen. Jedes Feld der F/A-Matrix enthält eine detaillierte Aufgabenbeschreibung entsprechend den einzelnen Aktivitäten der verschiedenen Funktionen des Unternehmens, m.a. W.: jede Zeile der Matrix gibt einen vollständigen Überblick über die Aufgaben der betreffenden Funktion. Die Systemanalyse ist insofern als eine Methode der Unternehmensanalyse zu betrachten, als sie das methodische Instrumentarium liefert, um alle Informationen, die im Unternehmen entweder als Abbild der Realprozesse (Produktionsund Leistungsprozesse) oder als Beschreibung abstrakter Prozesse (Entscheidungsprozesse, Geldprozesse) entstehen, zu systematisieren, zu bewerten und Aktivität Planung Funktionen
Steuerung
Realisierung
Kontrolle
—^^
Unternehmensleitung Produktion Vertrieb Beschaffung Personal Finanzen Organisation Technik Forschung und Entwicklung D i e S p a l t e n a u s w e r t u n g d e r F / A - M a t r i x ergibt eine Ü b e r s i c h t ü b e r D a t e n und M e t h o d e n typischer A k t i v i t ä t e n f ü r alle F u n k t i o n e n , w ä h r e n d die Zeilenübersicht die G e s a m t h e i t der A k t i v i t ä t e n ( P r o z e s s e , A u f g a b e n ) je F u n k t i o n darstellt. A b b . 20:
Funktions-Aktivitäten-Matrix
34 Funktion:
Teil 1: S y s t e m a n a l y s e
Vertrieb
Aktivität
Methode
Daten
Methoden
Daten
Planung Steuerung Realisierung Kontrolle
Aktivität:
Planung
Prozeß Kostenplg. Vertriebsplg. Produktplg. Personalplg. Kapazitätsplg. Gewinnplg.
Hierarchie: T a k t i s c h e s M a n a g e m e n t Funktion
Planung
Steuerung
Realisierg.
Kontrolle
Beschaffung Personal Vertrieb Produktion Technik Organisation Funktional orientierte A n a l y s e n (Beispiel: V e r t r i e b ) kennzeichnen die Prozesse einer bestimmten U n t e r n e h m e n s f u n k t i o n . A k t i v i t ä t e n - A n a l y s e n beziehen sich auf die Untersuc h u n g von M e t h o d e n und D a t e n ausgewählter Prozesse und H i e r a r c h i e - b e z o g e n e A n a l y s e n stellen die G e s a m t h e i t der Prozesse einer M a n a g e m e n t - E b e n e dar. A b b . 2 1 , 2 2 , 2 3 : K o m b i n a t i o n e n von Subsystemen
dadurch die G r u n d l a g e für eine Rationalisierung durch die Etablierung geeigneter Informationssysteme schafft. D i e Entwicklung von Klassifikationsschemata für die Definition von Subsystemen ist zugleich ein Ordnungskriterium für die Systematik der Unternehmensprozesse und ihres spezifischen Informationsbedarfs. D i e Z u o r d n u n g von Subsystemen zu Unternehmensfunktionen ist beispielsweise zugleich eine O r d n u n g der U n t e r n e h m e n s o b j e k t e : D a s Subsystem Finanzen beschäftigt sich primär mit dem U n t e r n e h m e n s o b j e k t Kapital, das Subsystem Personal mit dem Unternehmensobjekt Personen und die Subsysteme Technik, Produktion und Vertrieb mit den O b j e k t e n P r o d u k t , Leistung, Markt.
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
35
U n t e r diesen A s p e k t e n läßt sich die in A b b i l d u n g 24 dargestellte Funktions-Objekt-Matrix aufstellen, die zugleich einen wesentlichen Beitrag für die A n a l y s e der informationellen B e z i e h u n g e n leistet.
Funktion Objekt Dispositi ver Faktor Methoden
Kapital
Unternehmensleitung
Organisation
Finanz.
Personal
Beschaf-
ForTechnik schung + Entw.
Produktion
Vertrieb
Unternehmensziele Method. Information Kapitalbeschaf. + Verw.
Personen
Sachmittel
Produkte Marktbeziehung (Kunden)
Personalbeschaf. + Verw.
Einkauf
Produkt- Produk- Erstellen e n t d e k - tionsvor- P r o d u k t / kung bereit. Leistung
Absatz
Funktions-Objekt-Matrizen zeigen den Kommunikationszusammenhang zwischen Objekten (mit ihren Verrichtungen) und den betrieblichen Funktionen auf. Sie sind für Kommunikationsanalysen von Bedeutung. Abb. 24: Funktions-Objekt-Matrix
36 Zusammenfassung
T e i l t : Systemanalyse
Informations- und Kommunikationssysteme
Informations- und Kommunikationssysteme sind ein geordnetes Beziehungsnetz zwischen Menschen (Anwender, Benutzer), Maschinen (Computersysteme) und Methoden (Software und Programme). Für die Systemanalyse entstehen daraus verschiedene Ebenen der Untersuchung: • Benutzeranalysen: Informationsbedarf und Informationsnutzung. • Datenanalysen: Strukturierung und Verwaltung der Daten. • Anwendungs- und Aufgabenanalyse: Untersuchung der Objekte und der Verrichtungen, die für die Realprozesse typisch sind. • Technische Analysen: Untersuchungen der Optimalbedingungen für den Einsatz von Computersystemen. Das Unternehmen und analoge soziotechnische Einheiten sind als ein Informationssystem zu interpretieren. Dieses System ist komplex, offen und anfällig für interne und externe Störungen. Zur Komplexitätsreduzierung eignen sich die Strukturierungsparameter Hierarchie, Funktion und regelungstechnische Aktivität. Damit kann das Gesamtsystem Unternehmen in modulare Teilsysteme gegliedert werden. Das Ziel besteht in der Erarbeitung möglichst einheitlicher, standardisierbarer Anwendungsprogramme und Kommunikationssysteme, die für möglichst viele Subsysteme eingesetzt werden können. Der Analyse- und Gestaltungsprozeß vollzieht sich auf vier Ebenen: • Technik: Funktionsweisen und Elemente der Computersysteme. • Organisation: Ablauf- und Aufbauorganisation des Unternehmens. • Aufgaben: Logik der Arbeitsprozesse (Real- und Informationsprozesse), der Objekte und der Verrichtungen. • Benutzer: Informationsbedarf und Informationsnutzung sowie Informationsversorgung. Diese Ebenen definieren zugleich das Instrumentarium der Systemanalyse und des System Design.
1.2.3 Formale Beschreibungskriterien für Systeme Die Vielzahl und die Mehrdimensionalität systemrelevanter Größen machen es erforderlich, eine generelle Methodik für die Beschreibung von Systemen zu bestimmen. Eine derartige Logik der Dcskription bildet auf der pragmatischen Ebene die Grundlage für Pflichtenhefte und Project-File-Gliederungen (s. Kapitel 5). Allgemeine Beschreibungselcmente für Systeme sind: a) Die Struktur und Anordnung der Elemente und des Systems: Hierbei sind alle Elemente zu erfassen, die in einem abgegrenzten Sub- oder Gesamtsystem arbeitsteilig bei der Realisierung von Aufgaben zusammenwirken. b) Die Eigenschaften und das Verhalten der Elemente: Eigenschaften beschreiben die Fähigkeiten (Qualifikationen) und Leistungsmcrkmale der Elemente,
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
37
w ä h r e n d die V e r h a l t e n s w e i s e n spezifische A u s p r ä g u n g e n sind, d i e w ä h r e n d d e s V o l l z u g s e i n e r L e i s t u n g z u m A u s d r u c k k o m m e n ( z . B . ein spezifisches S u c h v e r h a l t e n bei d e r B e s c h a f f u n g von I n f o r m a t i o n e n o d e r e i n e b e s o n d e r e L e i s t u n g s m o tivation). c) D i e A r t d e s Z u s a m m e n s p i e l s d e r E l e m e n t e : H i e r u n t e r fallen alle f o r m a l e n u n d i n f o r m a l e n K o m m u n i k a t i o n s b e z i e h u n g e n , z . B . d i e A r t u n d W e i s e , in welc h e r F o r m ein B e n u t z e r mit e i n e m G e r ä t k o m m u n i z i e r t o d e r wie d i e I n t e r a k t i o n e i n e r G r u p p e von M i t a r b e i t e r n gestaltet ist. In d e r R e g e l h a n d e l t es sich u m d i e S u m m e d e r a b l a u f o r g a n i s a t o r i s c h e n R e g e l u n g e n in e i n e m U n t e r n e h m e n . d) D i e Z i e l f u n k t i o n des G e s a m t - u n d d e s T e i l s y s t e m s : D i e s b e d e u t e t die B e s c h r e i b u n g d e r M i t t e l - Z w e c k - B e z i e h u n g e n , d . h . die A u f z e i c h n u n g d e r Z i e l e sowie d e r f ü r die E r r e i c h u n g dieser Z i e l e e i n g e s e t z t e n M i t t e l . e) D i e L e i s t u n g s f ä h i g k e i t u n d das L e i s t u n g s s p e k t r u m d e s Systems: H i e r b e i werd e n - z u m e i s t in F o r m von q u a n t i f i z i e r b a r e n O u t p u t w e r t e n - die E r g e b n i s s e d e s S y s t e m s u n d seiner E l e m e n t e b e s c h r i e b e n . N e b e n q u a n t i t a t i v e n A n g a b e n sind a u c h V e r h ä l t n i s z a h l e n möglich, z . B . A n g a b e ü b e r d i e P r o d u k t i v i t ä t o d e r W i r t s c h a f t l i c h k e i t d e s S y s t e m s u n d seiner E l e m e n t e . f ) D i e R e a l - u n d I n f o r m a t i o n s p r o z e s s e d e s Systems: H i e r m i t w e r d e n d i e A u f g a b e n u n d die B e d i n g u n g e n , die M e t h o d e n u n d H i l f s m i t t e l f ü r die A u f g a b e n e r l e d i g u n g aller m e n t a l e n u n d m a t e r i e l l e n P r o z e s s e d e f i n i e r t . g) D i e U m w e l t b e z i e h u n g e n des S y s t e m s : Mit ihnen w e r d e n die e x t e r n e n K o n t a k t e u n d P r o z e s s e b e s c h r i e b e n . Als U m w e l t b e z e i c h n e t m a n die R a n d e l e m e n t e o d e r R a n d s y s t e m e e i n e s a b g e g r e n z t e n S y s t e m s bzw. S u b s y s t e m s . F ü r die B e s c h r e i b u n g d i e s e r s y s t e m r e l c v a n t e n K r i t e r i e n k ö n n e n im S i n n e e i n e r A u s s a g e n l o g i k u n t e r s c h i e d l i c h e I n f o r m a t i o n s a r t e n b e n u t z t w e r d e n . N a c h Wild unterscheidet man bestimmte Aussagentypen der Information: Tab. 1: Informationsarten Informationsart
Aussagen-Typ
besagen etwas über...
Faktische
IST-Aussagen
Wirklichkeit (Gegenwart, Vergangenheit)
Prognostische
WIRD-Aussagen
Zukunft
Explanatorische
WARUM-Aussagen
Ursachen von Fakten und Ereignissen
Konjunktive
KANN-Aussagcn
Möglichkeiten, Potentiale
Normative
SOLL-Aussagen
Ziele, Werturteile, Normen
Logische
MUSS-Aussagen
Notwendigkeiten, Bedingungen, Relationen
Explikative
SO-IST-Aussagen
Definitionen
Instrumentale
SO-WIRD-Aussagen
Hilfsmittel
O r d n e n wir I n f o r m a t i o n s a r t e n u n d S y s t e m b e s c h r e i b u n g s k r i t e r i e n , e r g e b e n sich „ i n f o r m a t i o n e l l e A b b i l d u n g e n " von S y s t e m e n : A u s d e r in T a b e l l e 2 d a r g e s t e l l t e n S y s t e m a t i k wird ersichtlich, d a ß e i n e detaillierte S y s t e m b e s c h r e i b u n g m e h r e r e A u s s a g e - E b e n e n e r f o r d e r t . D e m e n t s p r e c h e n d sind f ü r d i e A n a l y s e a u c h u n t e r s c h i e d l i c h e M e t h o d e n a n z u w e n d e n .
38
Teil 1: Systemanalyse
Tab. 2: Beispiele für Systembeschreibungen Beschreibungskriterium
Informationsarten
Beispiele
Struktur
faktische explikative
Organisationsplan Stellenplan Regelung der Zeichnungsbefugnisse
Eigenschaften der Elemente
faktische konjunktive normative
Arbeitsverhalten Verbesserungsmöglichkeiten Aufgabenziele
Kommunikation
logische konjunktive
Netzwerke und Verbindungen Potentielle Informationskanäle und Medien
Zielfunktion
normative instrumentale prognostische
Teil- und Gesamtziele Methoden zur Zielerreichung Planungen
Leistungsfähigkeit
konjunktive
Marktpotentiale
Real- und Informationsprozeß
faktische explanatorische logische explikative instrumentale
Arbeitsvolumen Ursachenanalysen Formeln und Algorithmen Vorschriften, Regeln Arbeitsmethodik
Umweltbeziehungen
faktische konjunktive prognostische normative
Anzahl und Art der Kontakte Marktpotentiale Absatzerwartungen gesetzliche Auflagen für neue Produkte
1. Kapitel: Abgrenzung und Definitionen
Zusammenfassung
39
Formale Beschreibungskriterien
Für die Beschreibung von Systemen sind deren typischen Kriterien zu benutzen: Struktur, Elementeigenschaft, Kommunikation, Zielfunktion, Leistungsfähigkeit, Prozesse und Umweltkontakte. Jedes dieser Kriterien kann durch spezifische Informationsarten gekennzeichnet werden. Grundsätzlich lassen sich drei Gruppen konstituierender Elemente eines Systems beschreiben: • Objekte: Aufgaben und Hilfsmittel • Subjekte: Aufgabenträger der Organisation • Verrichtungen. Tätigkeiten und Art der Durchführung Für eine pragmatische Lösung der analytischen Arbeit eignet sich eine Checkliste, die als Fragebogen bearbeitet werden kann (nach G. Schmidt): Erhebungsgegenstand
Fragestellung
Aufgaben Ziel der Aufgaben, Zweck Hilfsmittel der Aufgaben Dauer der Aufgaben, Termine Häufigkeit der Aufgaben, Menge Besondere Anforderungen, Ausnahmen Anlaß der Aufgaben, Auslöser Aufgabenträger Arbeitsort Beziehungen (formelle, informelle) Abhängigkeiten (Personen, Aufgaben) Bedeutung der Aufgaben, Wichtigkeit Auftraggeber
WAS WOZU WOMIT WIE LANGE, WIE OFT WIEVIEL WELCHE WARUM WER WO WOHER, WOHIN VON WEM, VON WAS WOZU WER
2. Kapitel: Anwendungsgebiete der Systemanalyse 2.1 Methodische Grundlagen Zahlreiche Systeme besitzten einen so hohen Grad an Komplexität (Vielheit der Elemente, ihrer Eigenschaften und ihrer Beziehungen), daß eine vollständige Untersuchung des Systems aus zeitlichen und aufwandsmäßigen Gründen nicht möglich ist. Man greift daher auf die allgemeinen Denkmethoden der Natur- und Geisteswissenschaften zurück und wendet für die Zwecke der Systemanalyse die induktive und die deduktive Methode an.
2.1.1 Die induktive Methode Die Induktion gehört in die Kategorie der axiomatischen Methoden. Man versteht unter einer Induktion eine Form des reduktiven Schlusses von xn (als Element einer Klasse) auf x n + ] (als anderes Element der gleichen Klasse). Nach Bochenski und Klaus stellt sich der Induktionsschluß wie folgt dar: Die Elemente X|, x 2 , , x n der Klasse K mögen die Eigenschaft F haben; es ist außerdem bekannt, daß die Klasse K auch noch die Elemente x„ + ,, xn + 2 , xr enthält. Der Induktionsschluß besteht nun darin, daß gefolgert wird, daß den Elementen x n + i, x n + 2 , , xr ebenfalls die Eigenschaft F zukommt: (1)
K = x 1 ? x 2 , — , x n ; x n + j, xn + 2 , — , x r
(2)
F(x,),F(x2),....F(xn)
(3)
V (x) [(x 2 K) —» F (x)]
Es sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, um die Induktion zuzulassen; so unterscheidet man nach dem Charakter des Ergebnisses der Induktion oder nach der Art des Vorgehens. Die primäre Induktion bezieht sich dabei auf die Ableitung von Gesetzen und Hypothesen aus Erfahrungen, während die sekundäre Induktion aus allgemeinen Aussagen, Hypothesen und Gesetzen Theorien ableitet. Die Systemanalyse befaßt sich u.a. mit der Entwicklung von Teilinformationssystemen. Diese stellen in ihrer endgültigen Form eine durch informationsverarbeitende Maschinen unterstützte Durchführung eines gegebenen Realprozesses dar. Die Analyse der Realprozesse bildet mithin die Ausgangsbasis für eine Transformation derselben im Sinne der systemanalytischen Zielsetzung. Da aus wirtschaftlichen, personellen und zeitlichen Gründen eine Totalanalyse des Unternehmens bzw. aller sie kennzeichnenden Realprozesse mit ihren jeweiligen Interdependenzen nicht durchführbar ist, muß ausgehend von repräsentativ ermittelten und analysierten Einzelprozessen die Realisierung eines Gesamtinformationssystems in Angriff genommen werden. Die induktive Methode findet daher auf folgenden Gebieten Anwendung:
2. Kapitel: Anwendungsgebiete der Systemanalyse
41
1. Von der Analyse, Bewertung und Realisierung eines Prozesses i„ wird auf die Analyse, Bewertung und Realisierung eines Prozesses i n + , geschlossen. Beispiel: mehrstufige Prozeß-Automation und Prozeßsteuerung. 2. Bei der Erhebung und der Analyse des Informationsbedarfs der einen Prozeß bedienenden bzw. von einem Prozeß beeinflußten Personen werden Kontrollaussagen durch Interviews, statistische Auswertungen vorhandener Berichte und Dokumente sowie durch empirische Erhebungen erstellt. Dabei wird implizite angenommen, daß der Informationsbedarf zeitlich konstant bleibt, d.h. daß die Prozeßstruktur der Gegenwart repräsentativ für die zukünftige Prozeßstruktur ist. 3. Bei der Entwicklung einer neuen Software geht man wie folgt vor: 1. Schritt: Drei oder mehr ausgewählte Personen (Bediener) arbeiten an einem PC mit der neuen Software. 2. Schritt: die Probanten erstellen nach Abschluß der Sitzung ein Gedächtnisprotokoll über Vor- und Nachteile, besondere Schwierigkeiten und Vorteile der Software. Während der Sitzung erfolgte durch einen externen Beobachter ein Protokoll über deren Verhalten (externes Protokoll) während gleichzeitig ein Rechner, an dem die PC s angeschlossen waren, ebenfalls ein internes Protokoll (Fehlerhäufigkeit der Bedienung, Dauer der einzelnen Operationen etc.) anfertigte. 3. Schritt: Die Auswertung der Protokollebenen (Bediener- Rechner-, Beobachterprotokoll) führt zu Schlußfolgerungen über die Güte der Software: Schluß von einer kleinen Benutzermenge auf alle zukünftigen Benutzer. Die rein induktive Vorgehensweise hat entscheidende Nachteile, die auf die Hypothesen der relativen zeitlichen Konstanz betrieblicher Prozesse zurückzuführen sind. Die Folgen mangelhafter oder falscher Hypothesen sind langwierige Adaptionsprozesse nach einer Installation, die in laufenden Systemwartungsund Systemanpassungsaktivitäten zum Ausdruck kommen.
2.1.2 Die deduktive Methode Bei der Deduktion schließt man aus einer konditioneilen Aussage und ihrem Vordersatz auf deren Nachsatz: wenn A dann B; nun aber A also B. Es handelt sich demnach bei der Deduktion um eine logische Ableitung von Aussagen aus anderen Aussagen mit Hilfe logischer Schlußregeln (Klaus). Die Systemanalyse verfolgt u.a. das Ziel, ein „Informationssystem Unternehmung" zu realisieren, das aus einer Summe von aufeinander abgestimmten und integrierbaren Teilinformationssystemen besteht. Bevor mit der Realisierung modularer Tcilinformationssysteme begonnen werden kann, muß eine Sollvorstellung im Sinne eines allgemein gültigen Konzepts und einer Zieldefinition aufgestellt werden. Der deduktive Ansatz beginnt daher bei der Konzipierung des unternehmerischen Zielbündels bezüglich der zukünftigen Entwicklungstendenzen des unternehmens-spezifischen Informationssystems. Ausgehend von einer zunächst globalen Zielsetzung wird eine theoretische Segmentierung vorgenommen, die sich an organisationsneutralen, hersteller-indifferenten Produkten der Datentechnik und an allgemeingültigen betriebswirtschaftlichen Modellen und Erkenntnissen orientiert. Dies bildet die Basis für die weitere Vorgehensweise.
42
Teil 1: Systemanalyse
Die deduktive Methode ist im Rahmen der Systemanalyse dadurch ausgezeichnet, daß ausgehend von Sollvorstellungen und Zielprojektionen alle nachfolgenden Einzelaktivitäten geplant werden. Die Aussagen über das Gesamtinformationssystem sind gleichermaßen gültig für die Aussagen der Teilinformationssysteme. Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist darin zu erblicken, daß zunächst als Primäraktivität die theoretische und damit allgemeingültige Struktur des Gesamtinformationssystems erarbeitet wird, bevor mit der Realisierung von Teilsystemen begonnen werden kann. Dadurch besteht die Möglichkeit, Konsistenzbedingungen und Integralionsgrundsätze zu formulieren, die für alle nachfolgenden Teilsysteme und Teilaktivitäten verbindlich sind - immer unter der Annahme, daß die Aussage A über das Gesamtsystem zu einer logisch gerechtfertigten Aussage B über das Teilsystem führt. In der praktischen Organisationsarbeit wird man stets eine Kombination beider Vorgehensweisen anzuwenden haben. Der deduktiv orientierte Ansatz empfiehlt sich insbesondere dann, wenn es sich um den A u f b a u komplexer, mehrere Funktionsbereiche eines Unternehmens betreffender Informationssysteme (z.B. MIS) handelt, während die induktive Analyse den Vorrang bei operativen Einzelprozessen haben wird.
2.1.3 Pragmatische Vorgehensweisen In der Praxis sind die exakten Methoden der Systemanalyse nicht in reiner Form anzutreffen. Vielmehr haben sich Mischformen herausgebildet, die praktische Notwendigkeiten folgend die theoretisch-effektive Arbeit ergänzen. Die bekanntesten pragmatischen Vorgehensweisen sind: a) Trial and Error (Versuch-Irrtum-Methode): Diese basiert zunächst auf einer Zielvorstellung des Systemanalytikers. Er stellt sich beispielsweise vor, welche konkreten Ergebnisse mit einer Programmstruktur zu erzielen seien. Anschließend entwickelt er ein Programm und prüft dessen Ergebnisse mit der Zielvorstellung: Liegt Identität vor, erfolgt ein Exit (EndeRoutine), liegt Inkongruenz vor, wird die Operation (das Programm) verändert und eine neue Überprüfung findet statt. Das Verfahren hat den Charakter einer TOTE-Einheit (Test-Operate-Test-Exit): Test
)
«-Kongruenz
»-ExU
Inkongruenz
^ Operation
)
Ein Verfahren (Programm) wird solange überprüft, bis Identität mit den gewünschten Zielen besteht. Es ist dies die schematische Darstellung des Trial-and-Error-Verfahrens (Versuchs- und Irrtums-Methode) Abb. 25: Schema einer Tote-Einheit
2. Kapitel: Anwendungsgebiete der Systemanalyse
43
b) Constraint-Methode: Constraints sind Limitationen beim Gang der Untersuchung. Solche Constraints können sein: zeitliche Begrenzungen, Budgetvorgaben, begrenzte Anzahl von Mitarbeitern. Bei Constraints führt das Ergebnis der Analyse zu einem reduzierten Anspruchsniveau, eine vollständige Beschreibung des Systems ist nicht möglich. Diese Methode kann zum Risiko einer Fehlentwicklung führen. c) Analogien: Bei Analogien handelt es sich in der Regel um einen Transfer: Von einem System A wird auf das System B geschlossen. Eine Software, die für ein Unternehmen X gültig ist wird analog in einem Unternehmen Y eingeführt. Analogien sollten sich lediglich auf die Grundfunktionen (den Prototyp) eines Systems beziehen. Der Analogschluß birgt - genau wie die deduktive Methode - das Risiko der unvollständigen Abbildung des Realsystems in sich. Zusammenfassung
Methodische Grundlagen
Aufgrund der Komplexität der realen Systeme greift die Systemanalyse zum Hilfsmittel der Induktion und Deduktion, um Analyse- und Gestaltungsprozesse zu realisieren. Bei der Induktion handelt es sich um einen logischen Schluß von einem oder wenigen Fällen auf eine Gesamtheit von Aussagen. Bei der Deduktion erfolgt eine Umkehrung dieses Schlusses: Vom allgemeinen System (z.B. BusinessModel) wird auf Teile oder Teilsysteme des Systems geschlossen. In der Praxis finden sich allerdings die reinen Methoden dieser Vorgehensweisen sehr selten. Vielmehr behilft man sich mit pragmatischen Vorgehensweisen, die als Analogschlüsse, Constraint-Methoden oder Trial and Error Methoden bekannt geworden sind. Diese pragmatischen Methoden bergen in sich die Gefahr einer Fehlentwicklung, die dazu führt, daß nach erfolgter Systemgestaltung Verbesserungen und Änderungen erforderlich werden.
2.2 Betriebliche Informationssysteme Die Systemanalyse hat das Ziel, alle Voraussetzungen für die Entwicklung computergestützter Informationssysteme zu schaffen. Sie ist daher in ihrer analytischen und synthetischen Arbeitsweise gestalterisch orientiert. Auf der Ebene der Analyse stehen die Prozesse im Vordergrund, auf der Ebene der Systemgestaltung und Synthese dagegen vollständige Systeme, im speziellen Fall Informations- und Kommunikationssysteme. Daraus lassen sich vier Schwerpunkte für die analytische Arbeit bestimmen: a) Analyse und Synthese von Verfahren und Methoden, die in einer gegebenen Organisation implementiert werden sollen. b) Analyse und Synthese im Sinne einer Optimalgestaltung bereits existierender Systeme, sofern sich Änderungen in den Umweltbeziehungen und in den Prozeßeigenschaften des vorhandenen Systems ergeben (Systemanpassungsaktivitäten).
44
Teil 1: Systemanalyse
c) Untersuchung und Bewertung von Standardlösungen im Hinblick auf deren technische und anwendungsbezogene Integration im Unternehmen. d) Analyse und Bewertung von Software- und Hardwaremöglichkeiten bezüglich der Reorganisation und des Ausbaus bestehender Organisationsmethoden und Informationssysteme. Die einzelnen Aufgabenstellungen weisen unterschiedlichen Komplexitätsgrade auf, die im wesentlichen durch den Grad der Strukturiertheit der ihnen zugrunde liegenden Prozesse bestimmt sind.
2.2.1 Strukturierte und unstrukturierte Prozesse Anstelle des Begriffspaares strukturierte und unstrukturierte Prozesse findet sich auch jenes der programmierbaren und nicht programmierbaren Prozesse. Allgemein besitzen Routineprozesse eine Tendenz zur Strukturierung, während Problemlösungs- und Entscheidungsprozesse tendenziell unstrukturiert sind. Zur exakten Abgrenzung der Strukturierungsgrade eines Prozesses benutzen wir die Kriterien Ziele und Entscheidungskriterien, Daten, Methoden und postulieren: Ein Prozeß ist eindeutig strukturiert, wenn dessen Zielfunktion und Entschcidungskriterium, die ihn kennzeichnenden Daten und die Methoden seiner Be- und Verarbeitung eindeutig beschrieben sind. Die Kombination dieser Kriterien führt zu folgenden Varianten:
Strukturierungsgrad
Strukturiert
t
Ziele und Entscheidungskriterien
Daten
Methoden
X
X
X
X
X
X
X X
Teilstrukturiert
X
X X X
Unstrukturiert Bei der Automation von Prozessen ist eine eindeutige Strukturierung erforderlich. Liegen teil- oder unstrukturierte Prozesse vor, müssen zusätzliche Methoden der Systemanalyse eingesetzt werden. A b b . 26: Strukturierung von Prozessen
Teil- und unstrukturierte Prozesse finden sich vorwiegend bei komplexen Entscheidungs- und Problemlösungsprozessen. Sie sind Gegenstand dispositiver Informationssysteme, wobei es allerdings nicht das Ziel ist, unprogrammierte bzw. unprogrammierbare Entscheidungen programmierbar zu machcn, sondern vielmehr durch eine vereinfachte Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung unterstützend in den Entscheidungsprozeß einzugreifen. Hier wirken insbesondere die Methoden des Informationsmanagements.
2. Kapitel: A n w e n d u n g s g e b i e t e der S y s t e m a n a l y s e
45
Operative Prozesse, besonders im Bereich der Routineaufgaben, sind dagegen absolut und unbedingt soweit zu programmieren, bis der Benutzer nur noch eine steuernde und überwachende, nicht aber eine prozeßvollziehende Aufgabe wahrnimmt.
2.2.2 Dispositive Informationssysteme Dispositive Informationssysteme zeichnen sich gegenüber operativen Informationssystemen dadurch aus, daß der ihnen zugrundeliegende Realprozeß nicht strukturiert im Sinne einer totalen Determiniertheit ist. Als Charakteristikum eines Führungsprozesses können im Gegensatz zum operativen Prozeß folgende Eigenschaften aufgeführt werden, die gleichzeitig eine unmittelbare Beeinflussung des Informationsbedarfs der Beteiligten des Prozesses darstellen: Führungsprozeß
Operativer Prozeß
Eigenschaften
Daten
Eigenschaften
Daten
wechselnd
Einzel- u n d Massendaten
wiederholbar
Massendaten
spontan
nicht s t r u k t u r i e r t e Einzeldaten
stetig
strukturierte Massendaten
individuell
aggregiert
personen-neutral
sichere D a t e n
ereignisabhängig
externe Daten
prozess-abhängig
interne Daten
multipersonal
modifizierte Daten
funktional
eindeutige D a t e n
komplex
verknüpft
strukturiert
vorhersehbar
integrativ
aus m e h r e r e n Funktionsbereichen
modular
interne Daten
A b b . 27: C h a r a k t e r i s t i k a von Prozessen u n d D a t e n
Neben der unterschiedlichen Prozeßcharakteristik bestehen bei dispositiven Prozessen auch Unterschiede bezüglich der einzelnen Phasen und der qualitativen Gewichtung der Teilaktivitäten des Prozesses. Der Entscheidungsprozeß als Oberbegriff für alle Tätigkeiten des disponierenden Managements besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher Komponenten wie: Informationsberechtigung, Machtbefugnisse, Ressource-Verfügung und Mittel Verteilung; darüber hinaus sind die Phasen des Prozesses in Zielsuche, Alternativenbewertung, Risikoschätzung, Planung, Organisation und Kontrolle zu unterscheiden. Die Unterteilung des Entscheidungsprozesses in einzelne Komponenten ist durchaus pragmatischer Natur, da man von der Vorstellung ausgeht, daß es sich dabei um einen arbeitsteiligen und organisierbaren Prozeß handelt. Vom Standpunkt der Anwendungstechnik aus betrachtet, bedeutet MIS*) ein aufgabenspezifisches Teilinformationssystem einer Unternehmung, das seine Zweckbestimmung aus der speziellen Aufgabenstruktur des Anwenders ableitet.
*) M I S = M a n a g e m e n t I n f o r m a t i o n System
46
T e i l l : Systemanalyse
Als Anwender gilt das Management, wobei es weitgehend eine Frage der Praktibilität, der Flexibilität und des finanziellen Risikos ist, wie weit dabei der Kreis des Managements aufgefaßt werden soll. Der in der amerikanischen Literatur anzutreffende Begriff des „Corporate Planning" bietet Ansatzpunkte für eine Abgrenzung dieses Teilinformationssystems: D a die Gesamtunternehmensplanung eine nicht delegierbare Verantwortung des Top-Managements darstellt, ist das MIS auf den Bereich des unternehmerischen Managements zu begrenzen, der als Vorstand, Aufsichtsrat, Direktorium oder ähnliche aus der Praxis bekannte Funktionseinheiten einschließlich der entsprechenden Stabsabteilungen hinreichend definiert ist. MIS bedeutet somit Organisation und Computerunterstützung für das Top-Management, d.h. für jenen Personenkreis, der für das Gesamtunternehmen und nicht für funktional orientierte Teilaspekte verantwortlich ist. Die Unterstützung des Managements durch den Einsatz von Methoden und Systemen der E D V bezieht sich auf folgende Tatbestände: (1 ) auf den Empfänger abgestimmte Informationsbereitstellung, (2) Automation strukturierter Prozesse, (3) Vorbereitung komplexer Entscheidungssituationen durch: • vereinfachte Informationsbeschaffung, • Einsatz mathematisch-statistischer Modelle und Methoden, • Vereinfachung („Entflechtung") ineffizienter Kommunikationsnetze. Daraus ist folgende Definition eines MIS ableitbar: Ein MIS ist ein durch Computer unterstütztes Kommunikations- und Informationssystem, das interne und externe Informations- und Kommunikationsprobleme dahin gehend gestaltet, daß dem Management die für die Durchführung seiner Aufgaben benötigte mehrdimensionale Informationsstruktur zur Verfügung steht. Die Mehrdimensionalität der Information umfaßt dabei: Zeitbezogenheit (vergangenheits-, ist- und zukunftsbezogene Information), Aktualität und Rechtzeitigkeit, formale Eindeutigkeit, quantitative und qualitative Optimierung, Beachtung des Informationsnutzens im Verhältnis zu den Informationskosten, Situationsbezogenheit, organisatorische Integration und Sicherheit. Das Management hat eine spezifische Informations- und Dispositionscharakteristik. Das bedeutet, daß insbesondere das Problem des vertikalen Informationsflusses bei gleichzeitig zunehmenden Anforderungen an die Informationsqualität als Gegenstand lösungstechnischer Konzeptionen eines MIS zu gelten hat. Darüber hinaus ist das Problem gegeben, daß dispositive Prozesse tendenziell unstrukturiert bzw. teilstrukturiert sind. Ein unstrukturierter Prozeß liegt dann vor, wenn bezüglich der Methoden und der Daten Unsicherheit besteht, ein teilstrukturierter Prozeß dagegen dann, wenn entweder nur über die Daten oder nur über die Methoden Sicherheit vorliegt. Die Zielsetzungen eines MIS sind daher wie folgt definiert: Information: Ein MIS dient der Information des vorwiegend dispositiv tätigen Managements:
2. Kapitel: A n w e n d u n g s g e b i e t e d e r Systemanalyse
47
(1) Es versorgt die Geschäftsleitung mit den notwendigen Informationen zur Bestimmung der langfristigen Geschäftspolitik und der daraus resultierenden Zielsetzungen. (2) Es paßt sich an das bestehende interne Informationssystem des Unternehmens an (organisatorische Integration). (3) Es gestattet die Erfassung, Auswertung und Zuordnung externer Informationen. (4) Es gewährleistet eine wirtschaftliche Organisation und Verwaltung diverser Datenbestände für alle Unternehmensbereiche. (5) Es bietet die Möglichkeit der Kontrolle betrieblicher Vorgänge durch Vergleichs- oder Signalinformationen, die das Ergebnis eines weitgehend automatisch durchgeführten Vergleichs zwischen Zielinformation (Planungsinformation) und Istinformation sind. (6) Es schafft die Ausgangsbasis für die Erstellung funktionaler Einzelpläne und damit die Voraussetzung für einen integrierten unternehmensweiten Gesamtplan (z.B. Prognosebilanzen). (7) Es paßt sich der strukturorganisatorischen Gliederung des Gesamtunternchmens an. Kommunikation: (1) Es erzielt eine Beschleunigung des Informationsflusses durch die Möglichkeit des Direktzugriffes zu repräsentativen Informationen (Führungsgrößen). (2) Es erzielt eine Vereinfachung des betrieblichen Kommunikationsnetzes durch zentrale Gruppierungen (Gruppierung mehrerer Anwender bzw. Benutzer um eine gemeinsame Datenbasis). (3) Es erzielt eine Entlastung des Kommunikationsnetzes durch den Aufbau und Betrieb repräsentativer Sekundärspeicher. (4) Es gestattet die Adressierung und Informationsversorgung aller Beteiligten des betrieblichen Informationsnetzes. Entscheidung: (1) Es gestattet die Simulation von Entscheidungssituationen bei alternativen Entscheidungsparametern durch den Aufbau und die Pflege von Methodenbanken. (2) Es erlaubt die Berechnung von Reihen und deren wahrscheinlicher Entwicklungen in der Zukunft (Prognosen). (3) Es ermöglicht die Berechnung von Korrelationskoeffizienten interdependenter Reihen unter Beachtung von Time-lags und Lead-times (zeitliche Verschiebungen). (4) Es schafft die Voraussetzungen für kurzfristige Dispositionsanalysen (Differentialanalysen, Problemlösungen). (5) Es bietet die Möglichkeit statistischer Auswertungen des betrieblichen und externen Basismaterials der Information. Dieser weitgesteckte Zielkatalog führt zu komplexen Systemarchitekturen, wie sie in Kapitel 9.2 des zweiten Teils dieses Buches dargestellt sind.
48
Teil 1: Systemanalyse
2.2.3 Operative Informationssysteme Die Entwicklung der operativen Informationssysteme vollzog sich unter der Zielsetzung der Integration möglichst vieler Abläufe. Die „integrierte Datenverarbeitung" beherrschte über ein Jahrzehnt die Entwicklung. In allgemeiner Form handelt es sich bei der Integration darum, daß die Ausgabe eines Programmes „A" zugleich auch als Eingabe für ein weiteres Programm „B" benutzt werden kann, ohne daß eine wesentliche Manipulation mit den Ergebnissen und Daten erforderlich ist. Beispiel: Das Bestandsführungsprogramm verbucht die Zu- und Abgänge des Lagers und stellt die Verfügbarkeit der einzelnen Lagerpositionen fest; die Ausgabe sind die Lagerbestände der Teilenummern zu bestimmten Zeitpunkten. Diese werden als Eingabe für ein zweites Programm - die Bestellrechnung - benutzt, dessen Ausgabe Bestellvorschläge sind, die wiederum als Eingabe für die Bestellschreibung fungieren usw. Mit der Integration verfolgt man die Ziele: • Beschleunigung des Informationsflusses, da die verschiedenen Programme unabhängig von der funktionalen Gliederung des Unternehmens und seiner Instanzen zusammenhängend - der Geschäftslogik folgend - verarbeitet werden. • Reduzierung des manuellen Aufwands für die Eingabesteuerung, da mehrere Programme und damit Arbeitsgebiete Zugriff zu zentralen Datenträgern haben und darüber hinaus relevante Daten für andere Sachgebiete zusätzlich erstellt werden. • Vereinfachte Behandlung von Sonderfällen durch die Möglichkeit der Direkteingabe von Daten durch die Benutzer. Ein Beispiel für eine integrierte Datenverarbeitung für mehrere Sachgebiete ist in Abbildung 28 dargestellt. Neben den Vorteilen der Integration sind auch die möglichen Nachteile zu beachten, die dadurch bedingt sind, daß die einzelnen Sachgebiete und damit die Programme ihrer Bearbeitung einer dynamischen Veränderung unterliegen: • Erhöhung des Wartungsaufwandes: Ändert sich beispielsweise gemäß Abbildung 28 das Programm der Lagerbestandsrechnung, dann hat dies Auswirkungen auf die nachfolgenden Programme, die bezüglich der empfangenen Daten ebenfalls geändert werden müssen. • Erhöhung des Programmbestandes: Ändert sich die Geschäftslogik eines Arbeitsgebietes, sind in die bestehende Struktur der Ablauforganisation zusätzliche Programme zu integrieren. • Redundante Speicherung von Daten: Bei der integrierten Datenverarbeitung sind die Grunddaten mehrfach gespeichert. Dies resultiert aus der Tatsache, daß zwischen Programm und Datenbeschreibung jeweils eine feste Relation besteht. • Erhöhung der Laufzeiten und der Kapazitäten der EDV-Anlage: Die Erhöhung des Programmbestandes drückt sich unmittelbar in einer erhöhten Belastung der EDV-Anlage aus; dadurch wird dem ursprünglichen Effekt der Beschleunigung des Informationsflusses entgegengewirkt und es ist gleichzeitig mit einer Kostenerhöhung zu rechnen. Die konventionelle Art der integrierten Datenverarbeitung wird auch Programmintegration genannt. Um die nachteiligen Folgen zunehmender Integra-
2. Kapitel: A n w e n d u n g s g e b i e t e d e r Systemanalyse
49
Die k o n v e n t i o n e l l e A b l a u f o r g a n i s a t i o n der D a t e n v e r a r b e i t u n g ist d u r c h eine P r o g r a m m Integration g e k e n n z e i c h n e t . A b b . 28: K o n v e n t i o n e l l e r A b l a u f e i n e s D V - S y s t e m s
50
Teil 1: Systemanalyse
tion zu vermeiden, konzentriert sich die moderne Datenverarbeitung daher auf die Datenintegration, deren wesentlichstes Merkmal die simultane Benutzung von Datenbanken durch mehrere Programme ist (siehe Abbildung 29).
E i n e m o d e r n e K o n z e p t i o n v o n D V - S y s t e m e n stützt sich auf D a t e n b a n k e n . E s h a n d e l t sich mithin u m eine D a t e n i n t e g r a t i o n m e h r e r e r A n w e n d u n g e n . A b b . 29: D a t e n b a n k - o r i e n t i e r t e r Ablauf eines Systems
Diese Form der Integration zeichnet sich dadurch aus, daß alle Eingabedaten zentral über ein spezielles Datenerfassungs- und Update-Programm eingegeben werden; darüber hinaus besteht die Möglichkeit, über Datenstationen Daten direkt einzugeben (Online-Verarbeitung). Alle für die Verarbeitung benötigten Daten werden zentral gespeichert, verwaltet und gesichert, die Programme sind verselbständigt, Änderungen eines Programmes zeitigen keine unmittelbaren Auswirkungen auf die anderen Programme. Datenänderungen (z.B. Formatoder Namensänderungen) werden zentral einmalig durchgeführt und sind damit für den gesamten Datenbestand aller Programme verbindlich.
2 . 2 . 4 Endbenutzer-Systeme 2.2.4.1 Überblick und Zielsetzungen Endbenutzer-Systeme haben das Ziel, in den Fachabteilungen einer Organisation eine arbeitsplatzorientierte Datenverarbeitung zu ermöglichen. Der Begriff „Workstation-Concept" besagt, daß vom Arbeitsplatz aus im Dialog mit den Datenbanken des Unternehmens sämtliche für die Erledigung der Routine- und Problcmlösungsprozesse erforderlichen Daten und Methoden verfügbar gemacht werden können. Man spricht auch von der individuellen Datenverarbeitung, um zum Ausdruck zu bringen, daß im Gegensatz zu den strukturierten Routineprozessen auch problemoricntierte Lösungsmöglichkeiten und dispositive Vorteile durch die Erhöhung der Informationsqualität möglich sind. Die individuelle Datenverarbeitung bezieht sich sowohl auf die Unterstützung der Fachabteilungs-Aufgaben als auch auf die professionellen Aufgaben der
2. Kapitel: Anwendungsgebiete der Systemanalyse
51
E D V - O r g a n i s a t i o n (Systemanalyse und Programmierung). D e r Z u s a m m e n h a n g ist g e m ä ß A b b i l d u n g 30 darstellbar:
I
EDV-Kenntnisse
Die Systemarchitektur besteht aus einer Kombination von Hardware-Komponenten und benutzer-orientierter Software. Je nach Kenntnisstand der Benutzer und Systemkonfiguration sind unterschiedliche Typen ableitbar, die jeweils besondere Anforderungen an die Benutzer stellen. Abb. 30: Systemarchitekturen für Endbenutzersysteme
52
Teil 1: Systemanalyse
Für die Auswahl der optimalen Systemarchitektur sind mehrere Kriterien entscheidend: Tab. 3: Kriterien für Systemarchitektur Kriterien
Typ A
TypB
Zugriff auf externe Daten
X
X
Information Retrieval
X
X
Datenanalysen
X
X
Textverarbeitung
X
X
Datenerfassung
X
X
Informationsmanagement
X
TypC
X
Berichtsgestaltung
X
X
X
Statistische Verfahren
X
X
X
Graphische Auswertung
X
X
Design-Hilfen
X
X
Netzwerkplanung
X
X
X
Projektplanung
X
X
X
Anwendungsentwicklung Technische Dokumentation
X X
Komplexe Dateiverknüpfung
X X
Online-Programmierung
X
Datenkommunikation
X
X
Integrierte Fernverarbeitungsnetze
X
X
Rechnerverbund-Systeme
X
Die Benutzeranforderungen bezüglich des EDV-Services stammen nicht nur aus den Routineprozessen der Fachabteilungen, sondern in zunehmendem Maße auch aus den dispositiven Prozessen des funktionalen und strategischen Managements des Unternehmens. Bei der Vielzahl denkbarer Lösungsansätze ist es von Bedeutung, das Zusammenspiel zwischen zentralen Datenbanksystemen und dezentralen Nutzungsmöglichkeiten zu definieren, um für das Unternehmen mittelfristig eine Strategie seiner EDV-Entwicklung und Nutzung ableiten zu können.
2.2.4.2 Benutzeroperationen Grundsätzlich stehen dem Benutzer im Rahmen eines Endbenutzersystems folgende Operationsmodi zur Verfügung: • Informationen Retrieval: Selektion von Daten und Sätzen aus einer Datenbank mit Hilfe einfacher Abfragen oder durch die Angabe logischer Operatoren. • Logische Verarbeitung: Aufbereitung der selektierten Daten zu Listen, Statistiken, Berichten, Graphiken und Schaubildern.
2. Kapitel: Anwendungsgebiete der Systemanalyse
53
• Parametergesteuerte Abfragen: Aufruf von standardisierten Prozeduren, die komplette Programmfunktionen ausführen und fertige Ergebnisse bereitstellen. • Nutzung dedizierter Arbeitsbereiche: Der Benutzer generiert sich in seinem eigenen (geschützten) Arbeitsbereich Daten durch Dirckteingabe, Ergebnisse zur Zwischenspeicherung und Prozeduren und Programmbausteine für seine Anwendungen. • Professionelle Nutzung des Systems in dem Sinne, daß von der Benutzersprache aus auch höhere Programmiersprachen angesteuert werden können, um komplexe Auswertungen zu erstellen. • Nutzung von Standardsoftware für die Erstellung kompletter Auswertungen, wie z.B. Finanzplanungs- oder Projektverfolgungsmodelle. • Textverarbeitung und Bürokommunikation. • Interaktion mit anderen Endbenutzern, z.B. über Clusterschaltungen mehrerer PCs. Zusammenfassung
Betriebliche Informationssysteme
Die Systemanalyse definiert die Voraussetzungen für die Entwicklung betrieblicher Informations- und Kommunikationssysteme. Diese sind grundsätzlich einzuteilen in: • Dispositive Systeme (Management-Informationssysteme) • Operative Informationssysteme • Endbenutzersysteme Als Leitfaden für die Entwicklung der Sollsysteme dienen dabei die grundsätzlichen Systemarchitekturen derartiger Systeme sowie die spezifischen Funktionsanforderungen und Zielkataloge. Die Architektur bestimmt das Zusammenspiel der technischen Systemkomponenten und deren Nutzungspotential. Aus der Sicht der Anwendungen werden strukturierte, teilstrukturierte und unstrukturierte Prozesse unterschieden. Die Kriterien für die Abgrenzung von strukturierten und unstrukturierten Prozessen sind: • Daten • Entscheidungskriterien und Ziele • Methoden Entsprechend den vielfältigen Anforderungen, die an derartige Sollsysteme gestellt werden, müssen für die Zwecke der Systemanalyse mehrere Methoden - ein sogenannter Methoden-Mix - eingesetzt werden. Eine universelle Methodik steht nicht zur Verfügung.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse 3.1 Die Interdependenz der Methoden Systeme können mehrschichtig abgebildet werden. In Abhängigkeit vom Untersuchungsziel und der spezifischen Art der Erkenntnisgewinnung werden jeweils unterschiedliche Eigenschaften und Eigenschaftsrelationen der Elemente beschrieben und im Zuge der Systemsynthese gestaltet. Es entstehen so Ebenen der Betrachtung und wir unterscheiden im folgenden die Ebenen der Daten, der Prozesse, der Benutzer, der Kommunikation und des organisatorischen Umfeldes. Es ergibt sich ein instrumentaler Ansatz gemäß Abbildung 31: Ebenen der Untersuchung
G e g e n s t a n d der U n t e r s u c h u n g
Benutzer
Informationsbedarf
Prozesse
A u f g a b e n , O b j e k t e und V e r r i c h t u n g e n
Daten
Objekte und Attribute
Kommunikation
Ü b e r t r a g u n g s m ö g l i c h k e i t e n von D a t e n u n d I n f o r m a t i o n e n
Organisation
Aufbau- und Ablauforganisation
Die Systemanalyse ist eine „ M e h r s c h i c h t - A n a l y s e " : Es w e r d e n m e h r e r e A u s p r ä g u n g e n d e r E l e m e n t e eines Systems u n t e r s u c h t , um alle E i g e n s c h a f t e n und R e l a t i o n e n zu erfassen u n d zu b e w e r t e n . A b b . 31: U n t e r s u c h u n g s e b e n e n der Systemanalyse
Eine weitere Untersuchungsebene ist die der technischen Aggregate: Diese ist Gegenstand des System-Design, bei dem primär die Aufgaben der Systemsynthese dieser genannten Komponenten im Vordergrund steht. Eine exakte Abgrenzung der genannten Ebenen ist nicht immer möglich: Ein Prozeß, beschrieben als eine betriebliche Aufgabe, steht stets im Zusammenhang mit einer spezifischen Organisation, mit einem bestimmten Benutzerverhalten und mit einer Kommunikationsbeziehung zu anderen Prozessen. Wie im konkreten Fall ein Untersuchungsgegenstand betrachtet wird, das heißt welche Kombination der Methoden zu repräsentativer Beschreibung eingesetzt wird, ist eine Aufgabe einer zu definierenden Strategie der Systemanalyse.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
55
3.2 Benutzeranalysen 3.2.1 Zielsetzungen und Gegenstand der Benutzeranalysen Benutzeranalysen befassen sich mit dem Verhalten von Benutzern (Anwendern) im Zusammenhang mit Informationssystemen. Grundsätzlich unterscheidet man aktive und passive Benutzer. Aktive Benutzer sind durch das Merkmal „Informationssuche" und „Informations-Handling" gekennzeichnet: Sie suchen Informationen aus verschiedenen Datenbeständen und streben nach neuen Formen der Informationsdarstcllung und Informationsauswertung. Passive Benutzerwerden von einem Informationssystem versorgt: Sie reflektieren nur in geringem Umfang über die Qualität und die Struktur der Informationen und zeigen ein adaptives Verhalten. Die Informationssuche spielt eine besondere Bedeutung bei Information-Retrieval-Systemen (z.B. datenbank-gestützte Dokumentationssysteme), während das passive Verhalten sehr oft in einer Art von Benutzererwartung, die in Form einer Checkliste aufbereitet werden kann, zum Ausdruck kommt. a) Informationssuche Die Informationssuch-Aktivitäten eines Benutzers sagen zunächst etwas aus über dessen Verhalten, nicht aber über die Effektivität seiner Bemühungen. Man hat daher - insbesondere für Messung der Leistungsfähigkeit von Dokumentationss y s t e m e n - versucht, die Effektivität der Informationssuche zu quantifizieren. Nehmen wir an, daß in einem Dokumentationssystem die Vertragstexte von Kunden eines Unternehmens gespeichert sind. Der Dokumentenbestand (D) ist damit definiert als die Anzahl der Einzeldokumente, das sind die Verträge je Kunden. Ein Benutzer (Sachbearbeiter) möge für seine konkreten Fragestellungen alle Dokumente einer spezifischen Kundengruppe abfragen. Hierfür wird er eine formalisierte Anfrage an das Dokumentationssystem stellen und erwarten, daß sich alle relevanten Dokumente qualifizieren. Ein Dokumentenbestand ist mit den Kriterien Relevanz und Qualifikation (Nachweis durch die Abfrage) unterscheidbar: Relevanz ja
nein
ja
a
b
nein
c
d
Nachweis
Für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Dokumentationssystems sind die Merkmale Relevanz (d.s. D o k u m e n t e , die von Bedeutung für den Suchenden sind) und Qualifikation (Nachweis) von Bedeutung. A b b . 32: Aufteilungeines Dokumentenbestandes
Teil 1: Systemanalyse
56
Die genannten Kriterien geben Auskunft über: • Die Ausbeute (Recall), die das System liefert (Menge der qualifizierten Dokumente), • den Genauigkeitsgrad (Precision) als Teil derjenigen Dokumente, die für die Fragestellung relevant sind, • den Ballast (Noise) als jenen Teil, der im System verwaltet wird, jedoch weder gefunden noch von Bedeutung ist, • die versteckten Dokumente, die durch die Anfrage nicht qualifiziert wurden (silence). Die Felder a + b umfassen die Teilmenge der Dokumente, die sich durch die Anfrage insgesamt qualifiziert haben. Es gilt folgender Zusammenhang: Recall R
=
Precision P
= —-— a+ b
Noise N
= D - (a + b + c)
Silence S
= —-— a+c
a
Der Begriff der Relavanz, der bei den Kriterien Recall, Precision und Noise eine wichtige Rolle spielt, ist keineswegs so eindeutig definiert, wie es auf den ersten Blick erscheint. Ersetzt man den Begriff relevant durch zutreffend, erkennt man, daß es auch vom Benutzer abhängt, ob ein Dokument für ihn und seine Aufgaben von Bedeutung ist oder nicht. Denn bei der Relevanzprüfung geht der Benutzer zwangsläufig von seinem eigenen Wissen aus. Es kann also durchaus sein, daß der Relevanzgrad für verschiedene Benutzer unterschiedlich ist. Er wird umso größer sein, je kompetenter der Benutzer auf dem Gebiet ist, für das er eine Frage formuliert und umgekehrt. Derartige Überlegungen spielen eine bedeutende Rolle bei der Abfrage von Informationen aus öffentlichen Datenbanken. Eine weitere Größe ist die Antwortszeit: Darunter versteht man die Zeitspanne zwischen der Eingabe der Frageformulierung und dem Erscheinen der ersten Nachricht auf dem Anzeigegerät. b) Benutzererwartung Das Verhalten eines Benutzers oder einer Gruppe von Benutzern kann sich auch durch eine bestimmte Art ihrer Erwartung ausdrücken: Oftmals hegen Benutzer bewußt oder unbewußt konkrete Vorstellungen über die Leistungsfähigkeit eines Anwendungssystems. Derartige Vorstellungen sind in der Regel aufgabenbezogen. Eine allgemeine Zielsetzung für Verwaltungsarbeiten möge beispielsweise lauten: Direkter und schneller Zugriff auf die Datenbanken eines Sachgebietes. Daraus ist dann gemäß Abbildung 33 eine Kriterienliste für die Systemanalyse ableitbar: Die in Abbildung 33 angegebene Bewertung drückt die Wichtigkeit der einzelnen Kriterien aus.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse Arbeitsgebiet:
Bereich:
57
Abteilung:
Benutzererwartung: Direkte und schnelle Erledigung der Aufgaben Kriterien 1
Bei•vertun g*) 2 3 4
5
Verfügbarkeit des Rechners Direktzugriff zu Daten Aktualität der Daten Einfache Bedienung Umfangreiche Dokumentation Sicherheit der Daten Ergonomisch richtiges Arbeiten Arbeitserledigung nach individuellen Gegebenheiten Gute Systemführung Unterstützung für Routinearbeit Selbsterklärende Systemnachrichten Hilfsfunktionen an der Datenstation (Funktionstasten) Abwechslungsreiche Arbeit, sog. Mischarbeitsplätze Vollkommene Abbildung der Geschäftslogik durch die Daten Verknüpfbarkeit mehrerer Datenbestände *) 1 = sehr wichtig ... 5 = weniger wichtig Abb. 33: Kriterien für die Benutzererwartung
D e r a r t i g e B e n u t z e r e r w a r t u n g e n k ö n n e n im R a h m e n d e r S y s t e m e n t w i c k l u n g zu k o n k r e t e n V e r e i n b a r u n g e n zwischen d e m B e n u t z e r b e r e i c h u n d d e m R e c h e n z e n t r u m f ü h r e n . M a n spricht d a n n v o n s o g e n a n n t e n S e r v i c e - V e r t r ä g e n , d i e beispielsweise d i e in A b b i l d u n g 34 d a r g e s t e l l t e n F o r d e r u n g e n u m f a s s e n k ö n n e n : Benutzeranalysen verfolgen pragmatische Zielsetzungen: A u s der Kenntnis m a n g e l h a f t e r I n f o r m a t i o n s v e r s o r g u n g o d e r m a n g e l h a f t e r B e r e i t s c h a f t zur I n f o r m a t i o n s s u c h e u n d I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g lassen sich n o t w e n d i g e K o o r d i n a tions- u n d M o t i v a t i o n s a u f g a b e n g e g e n ü b e r d e n B e n u t z e r n a b l e i t e n . D i e s f ü h r t in d e r Praxis zu k o n k r e t e n S c h u l u n g s m a ß n a h m e n f ü r die B e n u t z e r w ä h r e n d o d e r nach der Implementierung neuer Systeme. Die Zielsetzungen der Benutzeranalysen sind: • A n a l y s e d e s I n f o r m a t i o n s v e r h a l t e n s d e r B e n u t z e r in S y s t e m e n , a k t i v e u n d passive V e r h a l t e n s w e i s e n . • S i c h e r s t e l l u n g e i n e r gleichgewichtigen P r ä s e n z von I n f o r m a t i o n s v e r s o r g u n g s system u n d I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e s y s t e m bei d e r S y s t e m e n t w i c k l u n g . • Analyse des Informationsbedarfs unterschiedlicher Benutzergruppen. • Entwicklung verbesserter M e t h o d e n zur Informationssuche und Informationsstrukturierung. • E n t w i c k l u n g von Schulungs- u n d A u s b i l d u n g s p l ä n e n f ü r die B e n u t z e r . • Motivation und Kreativitätsentwicklung der Benutzer.
58
Teil 1: Systemanalyse
Forderungen
Zuständigke ,iten RZ Benutzer
IC
98% Onlineverfügbarkeit in der Zeit von Montag 7.00bis Freitag 19.00Uhr, gemessen ander Steuereinheit, an der die Benutzerleitung installiert ist 1 Sekunde Antwortzeit für 95% der primitven Transaktionen 3 Sekunden Antwortzeit für 90% der komplexen Transaktionen Definition eines Testpaketes zur Messung des Antwortzeitverhaltens und für Vergleiche Mail-Transaktionen: 1 Tag zu 100% Bereitstellung der Daten: Tägliche Daten: 7.00 Uhr Wöchentliche Daten: montags 7.00 Uhr Monatliche Daten: 2. Tag nach ME. Termintreue der Bereitstellung = 99% Monatlicher Soll/Ist-Vergleich der vereinbarten Zielwerte Es bedeuten: R Z = Rechenzentrum, IC = Information Center, Mail-Transaktionen: Online-Transaktionen, die einen List-Output erzeugen und durch Spool-Programme ausgedruckt und anschließend per Hauspost versandt werden. Abb. 34: Beispiel eines Service-Vertrages
• Sicherstellung einer hohen Akzeptanz des Systems durch die Benutzer. • Aktivierung der Benutzer für Systemverbesserungen. D i e Stellung der Benutzeranalysen im G e s a m t k o m p l e x der Systemanalyse ist durch A b b i l d u n g 35 gekennzeichnet.
3.2.2 Die Ermittlung des Informationsbedarfs A n den Informationsbedarf sind bestimmte A n f o r d e r u n g e n zu stellen, die auf die N u t z u n g s b e z i e h u n g e n der Benutzer zurückwirken, z . B . : Aktualität, Bestimmtheit, Sicherheit, Qualität und Identität mit den abzubildenden G e g e n s t ä n d e n . D i e s e A n f o r d e r u n g e n sind nicht generell definierbar, sie sind vielmehr abhängig von zeitlichen Restriktionen bezüglich der G e w i n n u n g der Informationen, v o m Verhältnis zwischen Nutzen und Kosten der Informationen, von den erforderlichen Genauigkeitsgraden und von der Art und B e d e u t u n g des zugrundeliegenden Problems.
3. Kapitel: M e t h o d e n und T e c h n i k e n d e r Systemanalyse
59
J T T I J - Prozeßanalysen
Benutzeranalysen -
-Datenanalysen -
- Organisationsanalysen -
Die B e n u t z e r a n a l y s e n stellen das Bindeglied zwischen der A n a l y s e der R e a l p r o z e s s e ( A u f gaben) und den Datenanalysen dar. A b b . 35: A b g r e n z u n g der B e n u t z e r a n a l y s e n
Bei der Analyse des Informationsbedarfs sind folgende Betrachtungsebenen zu unterscheiden: 1. Die Nutzungsbeziehungen eines Subjekts a) Subjektive Nutzungsbeziehungen Die Nutzungsbeziehungen eines Subjekts, d.h. das „informationelle Bedarfsprofil" eines Benutzers ist zu analysieren, um eine benutzergerechte Speicherung und Verwaltung der Informationen zu ermöglichen. Das informationelle Bedarfsprofil eines Benutzers äußert sich in der Regel als Informationsnachfrage; sie ist weitgehend subjektiv und vom Verhalten des Benutzers abhängig. Das Verhalten eines Benutzers kann daher auch durch dessen Informationsnachfrage-Aktivitäten charakterisiert werden. Darüber hinaus wird die Informationsnachfrage durch die Organisation des Unternehmens beeinflußt. Die Bestimmung und Quantifizierung des subjektiven Informationsbedarfs ist weitgehend eine Aufgabe der empirisch orientierten Benutzerforschung. b) Objektive Nutzungsbeziehungen Hierbei handelt es sich um die Ermittlung von Informationen, die einem gegebenen Problem objektiv zugeordnet werden können, um zu einer Lösung zu gelangen, unabhängig von der Person des damit beschäftigten Benutzers. Dieser objektive Informationsbedarf resultiert aus der Struktur der Aufgabe bzw. des Problems. Er ist als informationelle Abbildung eines Realprozesses bzw. einer Problemsituation zu kennzeichnen. Zwischen subjektivem Informationsbedarf (Informationsnachfrage) und objektivem Informationsbedarf besteht ein Zusammenhang insofern, als ein Subjekt, das mit der Lösung eines Problems beschäftigt ist, sowohl subjektiv beeinflußte Informationsnachfrage äußert als auch bemüht sein wird, objektiv erkennbare Informationen zu bestimmen. Es gilt der in Abbildung 36 dargestellte Zusammenhang.
60
Teil 1: Systemanalyse
Hypothetisch kann formuliert werden, daß mitzunehmender Kenntnis eines Aktors über die Struktur und Lösungsmethodik eines Problems der Bereich „s" zugunsten des Bereichs „U" verringert wird: Lernprozesse führen zu einer Reduzierung subjektiver und probleminadäquater Informationsnachfrage. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß bei komplexen Entscheidungssituationen eine Kongruenz zwischen „s" und „o" nicht erzielbar ist, da Entscheidungsträger unvollkommene Informationsnachfrage äußern.
Es b e d e u t e n : o = o b j e k t i v e r I n f o r m a t i o n s b e d a r f , der sich aus der A u f g a b e eindeutig abbild e n l ä ß t , s = s u b j e k t i v e r I n f o r m a t i o n s b e d a r f , d e r nach M e i n u n g des B e n u t z e r s e r f o r d e r l i c h ist, U = Schnittfläche aus objektivem u n d s u b j e k t i v e m I n f o r m a t i o n s b e d a r f . Im Idealfall d e c k e n sich s u b j e k t i v e r u n d o b j e k t i v e r I n f o r m a t i o n s b e d a r f . A b b . 36: O b j e k t i v e r u n d subjektiver I n f o r m a t i o n s b e d a r f
2. Das Informationsangebot Dem objektiven Informationsbearf und der subjektiv geäußerten Informationsnachfrage steht das Informationsangebot gegenüber. Das Informationsangebot kann als die Summe der zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügbaren Informationen bezeichnet werden. Das Informationsangebot eine Zeitpunktes t x setzt sich zusammen aus: a) Summe der im Unternehmen latent vorhandenen Informationen X b) Summe der bis zum Zeitpunkt t x nicht erreichbaren Informationen + c) Summe der bis zum Zeitpunkt t x zusätzlich beschaffbaren Informationen =
Summe der verfügbaren Informationen zum Zeitpunkt tx
Das zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandene Informationsangebot entspricht nicht immer dem Informationsbedarf bzw. der geäußerten Informationsnachfrage. Die Ursache kann in mangelhaften technischen Informationsverarbeitungsprozessen, in unvollkommenen organisatorischen Regelungen oder in einer unzureichenden Leistungsfähigkeit des Kommunikationsnetzes und der Kommunikationsmittel liegen. Die Diskrepanz zwischen Informationsnachfrage und Informationsangebot kann sich dabei auf die Informationsmenge, auf die Form der Darbietung der Informationen, auf die Qualität, den Zeitpunkt, die Bestimmtheit und auf die Genauigkeit beziehen. Der Zusammenhang zwischen Informationsangebot, Informationsnachfrage und Informationsbedarf ist in Abb. 37 dargestellt. Der zu einem bestimmten Zeitpunkt tx einer Entscheidungssituation zuzuordnende Informationsstand ergibt sich als Schnittfläche der Informationsnachfrage, des (objektiven) Informations-
3. Kapitel: M e t h o d e n u n d T e c h n i k e n d e r Systemanalyse
61
bedarfs und des Informationsangebots. Im Idealfall decken sich objektiver Informationsbedarf, Informationsnachfrage und Informationsangebot: Das Entscheidungsproblem ist in diesem Fall informatorisch vollkommen abgebildet. Das Vorhandensein von Informationslücken begründet die Notwendigkeit der Verbesserung des „Informationsversorgungssystems", d.h. den Einsatz technischer Hilfsmittel und Systeme für eine bedarfsgerechte Informationsversorgung der Aktoren. Dazu ist es jedoch erforderlich, daß die Informationsnachfrage eindeutig definiert wird; unvollkommen definierte Informationsnachfrage birgt die Gefahr eines „am Benutzer vorbei produzierten Systems" in sich, da zu befürchten ist, daß die „geplanten" Systembenutzer das Informationsangebot unvollständig nutzen.
D e r I n f o r m a t i o n s s t a n d ist definiert als Schnittfläche zwischen I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e , -bedarf u n d - a n g e b o t . A b b . 37: I n f o r m a t i o n s s t a n d
Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß eine einseitige Konzentration der Systementwicklungsaktivitäten auf das Informationsversorgungs-System die Gefahr der unvollständigen oder mißverständlichen Nutzung in sich birgt. Das Informationsversorgungs-System ist nur ein Teil des Gesamtsystems, das Informationsnachfrage-System hat den gleichen Stellenwert in der Entwicklung einzunehmen. Dies hat Konsequenzen auf die organisatorische Durchführung der Entwicklungsaufgaben, die sich in Forderungen nach intensiver Darstellung der Nutzungsbeziehungen im Systementwicklungsprozeß niederschlagen.
3. Die Informationsqualität Für die Kennzeichnung der Qualität von Informationen sind eindeutige Kriterien ableitbar. Solche Kriterien sind: • Standardisierung von Informationen: Dies bezieht sich auf die einheitliche Präsentation nach einem vorgegebenen Muster, wie dies beispielsweise in Abbildung 38 dargestellt ist. • Verdichtung von Informationen: Aufbereitung der Einzelinformationen zu statistisch relevanten Größen, wie Summen, Indices, Koeffizienten.
62
N R Information D
Auswertung
Abweichung
Kumuliertes Soll
Kumuliertes Ist
Abweichung
Vorjahr
Abweichung
Sollwert
Istwert
Stand
Zeitraum
Dimensionen
Teil 1: Systemanalyse
Z ST IST SOLL A B W VJ A B W K I S T K S O L L A B W A U S W
Abb. 38: Standardisierung von Informationen
• Verknüpfung von Informationen: Darstellung von Informationen als betriebliche Kennziffern. Beispiel: Die Einzelinformationen Gewinn, Eigenkapital, Rücklagen, Gcscllschafteranteil A und Gesellschafteranteil B können durch ein Verknüpfungsdiagramm zur Kennziffer „Rentabilität des eingesetzten Kapitals" aufbereitet werden:
Betriebliche Kennzahlen sind datentechnisch als Verknüpfungsdiagramme darstellbar. Abb. 39: Verknüpfungsdiagramm für eine Information
• Präsentationstechnik: Darstellung der Informationen als Reihen, Balkenoder Kreisdiagramme bzw. als Reihen entlang einer Zeitachse. • Kombination der Qualitätskriterien: Text, Kennziffern und Bild mit der Möglichkeit, die Einzelinformationen als Zusatzinformationen zu generieren. Endbenutzersysteme mit Personal Computer ermöglichen heute eine qualitativ hochstehende Informationsdarstellung. Oftmals ist es jedoch erforderlich, die Benutzer in den Grundlagen der statistischen Aufbereitung und Darstellung entsprechender Informationen zu schulen, um von der Einzeldarstellung einer Vielzahl von Einzelfakten zu Business Graphics, d. h. zu repräsentativen Kennzahlen eines Geschäftsbereichs zu gelangen.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
Zusammenfassung
63
Informationsbedarf
Der Informationsbedarf ist keine exakt feststehende Größe. Der Systemanalytiker muß sich bei dessen Verifikation auf verschiedene Zusammenhänge konzentrieren: • • • •
Subjektiver Informationsbedarf Objektiver Informationsbedarf Informations- und Suchverhalten der Benutzer Benutzererwartung in bezug auf die Verfügbarkeit und das Antwortzeitverhalten • Qualitätsanforderungen an die Informationen Analyse und Synthese erfordern die gleichgewichtige Beachtung sowohl des Informationsversorgungs- als auch des Informationsnachfragesystems. Bei der Entwicklung von repräsentativen Erhebungen bei den Benutzern müssen stets beide Gesichtspunkte mit einbezogen werden.
3.2.3 Methoden und Techniken der Istanalyse 3.2.3.1 Gegenstand und Aufgaben Die im folgenden dargestellten Methoden der Systemanalyse verfolgen zwei Ziele: a) Sammlung von Informationen und Daten über den Istzustand eines Systems und seiner Subsysteme und Elemente. b) Aufbereitung und Darstellung dieser Informationen in der Weise, daß sie als Grundlage für die Neugestaltung des Systems oder von Teilen desselben dienen können. Bei beiden Zielsetzungen sind sowohl die Fakten (Fakten- oder Istanalyse) als auch die Schwachstellen (Schwachstellenanalyse) zu bewerten. Fakten, Schwachstellen und die voraussichtliche zukünftige Entwicklung des Systems bilden die Voraussetzung für dessen Neugestaltung, die im Rahmen des Projektmanagements realisiert wird. Der Prozeß der Systementwicklung folgt einem Organisationszyklus, der in Anlehnung an G. Schmidt wie folgt gegliedert ist: Organisationszyklus Auftragsund Vorgehensplan
Erhebung und Analyse der Fakten
Kritische Würdigung und Bewertung
Aufgabengebiet der Systemanalyse
Synthese und Konzeptentwurf
Auswahl von Alternativen und Bewertung
Neugestaltung und Einführung
Aufgaben des System Design
Abb. 40: Der Organisationszyklus der Systementwicklung
Die folgenden Ausführungen befassen sich mit dem Aufgabengebiet der Systemanalyse. Das System Design (auch Software Engineering genannt) stellt ein eigenständiges Arbeitsgebiet dar und ist Bestandteil des Projektsmanagements.
64
Teill: Systemanalyse
Zu Beginn einer jeden Arbeit im Rahmen der Systemanalyse steht eine eindeutige Festlegung des Auftrages. So kann beispielsweise ein Organisationsauftrag wie folgt beschrieben sein: „Die Anordnung der Bildschirmarbeitsplätze in einem Büro soll so gestaltet werden, daß eine ergonomisch richtige Ordnung bei gleichzeitig hoher Kommunikationsmöglichkcit der Bcdiener untereinander gewährleistet ist." Aus dieser Aufgabenstellung folgt für die Systemanalyse ein konkreter Aufgabenplan, z.B. die Analyse der bisherigen räumlichen Anordnung, die Untersuchung von vergleichbaren Gestaltungen, die Ermittlung des Kommunikationsvolumens und der Aufgabenstruktur der Bediener sowie der zeitlichen Anforderungen, der Anzahl der Bediener und der Datenstationen, kurz: erforderlich ist zunächst die gesamte Erhebung der Fakten, um entsprechende Schlüsse für die Z i e l e r f ü l l u n g - d . h . optimale Gestaltung - ableiten zu können. Das Ergebnis wäre dann ein Vorschlag für die Realisierung der neuen Ordnung. Ein anderer Fall, der die Bedeutung des Organisationsauftrages und des Vorgehensplanes verdeutlicht, sei wie folgt beschrieben: In einem Unternehmen trete das Problem auf, daß bei der Belegerfassung eine hohe Fehlerquote besteht. Der Organisationsauftrag lautet daher: „Untersuchen Sie die Ursache(n) für das Auftreten der hohen Fehlerquote und machen Sie einen Vorschlag für deren Behebung." Der Vorgehensplan des Systemanalytikers wäre nunmehr wie folgt: • Untersuchung der Elemente in bezug auf die Fehlerquote • Aufzeigen der Schwachstellen • Entwicklung einer Lösung für deren Eliminierung Bei der Faktenanalyse müßte der Systemanalytiker folgende Elemente beachten: Qualität der Urbelege, Arbeitsvolumen pro Zeiteinheit, Termine und Termindruck, Ausbildungsstand der Bediener, Arbeitsatmosphäre der Beteiligten, Motivation zur Arbeit, Plausibilitätskontrollen durch das System, Antwortzeitverhalten des Systems, Anordnung der Geräte (Tastaturen, Beleghalter), Belastung der Mitarbeiter durch andere Tätigkeiten, externe Einflüsse (z.B. Lärmpegel), zeitliche Schwankungen der Arbeitsanforderungen. In einem zweiten Schritt würde der Systemanalytiker die gefundenen und bewerteten Schwachstellen aufzeigen und mit den Betroffenen besprechen. Anschließend würde als dritter Schritt scinens Vorgehensplanes eine Lösung erarbeitet werden, um die Schwachstellen zu beseitigen. Grundsätzlich gilt: Zu Beginn eines Organisationszyklus sind die Ziele und die daraus abgeleiteten Tätigkeiten und Aufgaben sowie die Kriterien für eine Gestaltung (Verbesserung) festzulegen. Die für die Faktenanalyse gebräuchlichsten Methoden sind Gegenstand der folgenden Ausführungen. 3.2.3.2 Interview-Technik Generell zielen alle Interview-Techniken darauf ab, durch ein Gespräch zwischen einem Interviewer (Systemanalytiker, Organisator) und einem oder mehreren Interviewpartnern (Aufgabenträger) die Fakten eines Aufgabengebietes darzustellen. Es entsteht eine Befragungssituation, in der die Befragten oftmals zu Manipulationen und einseitigen, individuellen (und nicht objektiven) Bewer-
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
65
tungen neigen. Deshalb sollte die Befragung, insbesondere bei vorliegenden Schwachstellen einer Aufgabe, nur durch erfahrene Interviewer erfolgen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß viele Befragte insgeheim Angst haben, daß ihr bisheriges Arbeitsgebiet so verändert werden soll, daß auf sie neue Anforderungen zukommen, denen sie vielleicht nicht gewachsen sind. Interviews sind daher sorgfältig vorzubereiten, dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten: a) Das standardisierte Interview Das standardisierte Interview basiert auf einem vorgefertigten Fragebogen. Der Systemanalytiker hat sich - vor der eigentlichen Interviewsitzung - eine Liste der Fragen erstellt, von denen er glaubt, daß sie ein vollständiges Bild für seine Zielsetzung entsprechend dem Organisationsauftrag abgeben. Als Leitfaden dient dabei die vorangegangene Übersicht. Oftmals liegt eine Tätigkeitsbeschreibung der zu untersuchenden Aufgabe vor. Ist dies der Fall, konzentriert sich der Interviewer mit seinen Fragen auf • • • •
das Mengengerüst, die Geschäftslogik, die Probleme, Engpässe (Schwachstellen) und auf den Gesamtzusammenhang (Informationsfluß) der Aufgabe mit anderen Aufgaben.
Abbildung 41 zeigt einen standardisierten Fragebogen für eine bereits beschriebene Aufgabe (Rechnungsschreibung). Der Systemanalytiker hat eine Gruppierung von repräsentativen Fragen zur Kennzeichnung der Aufgabe angefertigt, und zwar nach drei Gesichtspunkten: Mengen, Werte und Schwachstellen. Darüber hinaus will er im Interview versuchen, die Bedeutung (Wichtigkeit) der einzelnen Ergebnisse/Situationen festzuhalten, z.B. durch die Bewertung: 1 = weniger wichtig, 5 = sehr wichtig, 10 = von höchster Wichtigkeit. Das Ziel des Interviewers ist in diesem Fall eindeutig festgelegt: a) Bestätigung durch den Interviewpartner, daß die vorgelegte Tätigkeitsbeschreibung auch tatsächlich stimmt. b) Sammlung der Fakten und deren Bewertung. c) Aufzeigen der bestehenden Schwachstellen und Probleme. Vielfach entdeckt der Interviewer während der Befragung, daß sein Leitfaden nicht alle Bedingungen und Fakten des Aufgabengebiets vollkommen abdeckt. In diesem Falle ist es ratsam, das Interview zunächst abzubrechen und einen neuen Termin zu vereinbaren. Würde das Interview fortgeführt - u. U. über neue Fakten und Probleme - entstünde die Gefahr des „ungesteuerten Interviews", d.h. eines Dialoges, der nach und nach vom Interviewpartner gesteuert wird und dem Interviewer die Kontrolle über sein Ziel und seinen Organisationsauftrag erschwert. Tritt der Fall der unvollkommenen Abbildung des standardisierten Interviews auf, wird der Systemanalytiker in der nächsten Sitzung zu einer anderen Methode des Interviews übergehen, z. B. zum teilstandardisierten Interview. b) Das teilstandardisierte Interview Auch hier liegt ein Leitfaden für das Interview zugrunde, jedoch können von vornherein zusätzliche Fragen und Zustandsbeschreibungen mit aufgenommen werden. Allerdings birgt das teilstandardisierte Interview eine große Gefahr in
66 Arbeitsplatz: Rechnungsschreibung
T e i l l : Systemanalyse Stelleninhaber:
Interviewer:
Datum: Ort:
Tätigkeitsbeschreibung: Nach Erhalt der V e r s a n d p a p i e r e wird eine R e c h n u n g ausgestellt. Ein Durchschlag wird in der Abteilungs-Ablage nach T e r m i n a u f b e w a h r t . Bei Rechnungseingang wird von der Finanzbuchhaltung ein Zahlungseingangsbeleg ausgestellt; dieser wird mit der R e c h n u n g verglichen und auf richtige Z a h l u n g geprüft. Anschließend erfolgt R ü c k m e l d u n g an die Finanzbuchhaltung über k o r r e k t e Bezahlung und Ablage (zentral) des Vorgangs. Täglich werden o f f e n e Rechnungen geprüft. O f f e n e Rechnungen f ü h r e n 2 Tage später nach Rücksprache mit Finanzbuchhaltung zur M a h n u n g . Durchschlag der M a h n u n g wird in der Mahndatei a u f b e w a h r t bis Zahlungseingang gemeldet wird. Erfolgt dieser nicht, dann wird 2. M a h n u n g ausgestellt. Sonderfälle: Teilzahlungen bei Sammelbestellungen. Fragen
Mengengerüst A) A n z a h l Mitarbeiter Anzahl Rechnungen/Monat Anzahl M a h n u n g e n / M o n a t Falsche R e c h n u n g e n / M o n a t Tägliche V e r s a n d m e l d u n g e n A n f r a g e n von Finanzbuchhaltung pro Tag V o n sonstigen Abteilungen R ü c k f r a g e n an V e r s a n d pro Tag D a u e r pro Rechnungsschreibung Suche in Ablage pro Vorgang U m f a n g (Karteikarten) der Ablage U m f a n g der Zentralablage Suche in Altablage Anzahl K u n d e n 0 Position pro R e c h n u n g Anzahl Artikel Ä n d e r u n g s f r e q u e n z d e r Preisdatei pro M o n a t B) Wertgerüst Jährliches R e c h n u n g s v o l u m e n Mahnvolumen Skontovolumen Verluste durch Insolvenzen Zinsverlust durch Zahlungsverzug Verlust durch verspätete Mahnungen Kosten der Abteilung Kosten der Archivverwaltung Nebenkosten (Abschreibungen) Kosten pro R e c h n u n g Kosten p r o M a h n u n g
Eingangsinformation
Ausgangsinformation
X X X X
X X
Anzahl
Wert
Bedeutung 1
5
10
4 1400 180 100 70 10 7 15 30 Min. lOMin.
X
12000 75 000 60 Min. 900 4 12000 3 16,5 Mio. 420000 180000 1% 60000 30000 160000 35 000 15 000 40 75
A b b . 41: Beispiel für einen Interview-Bogen für die Ist-analyse eines bestimmten Arbeitsgebietes
3. Kapitel: M e t h o d e n u n d T e c h n i k e n d e r Systemanalyse
Fragen
Eingangsinformation
Ausgangsinformation
C) Probleme/Engpässe U p d a t e Preisdatei Zu späte Mahnung Mangelhafte Auskünfte Kundenanfragen K o m p l e t t i e r u n g falscher Belege Zinsverluste K o m m u n i k a t i o n mit Rechtsabteilung Keine Statistik ü b e r : - Bonität der Kunden - Rechnungsvolumen pro Kunde - V e r s a n d v o l u m e n pro Kunde - P r o g n o s e ü b e r Bestelleingang - Skontostaffeln
Anzahl
Wert
67
Bedeutung 1
5
10
X X X X X X X X X X X X
A b b . 41: F o r t s e t z u n g
sich: Der Interviewpartner kann die Bedeutung einzelner Tatbestände beeinflussen. Er kann Fragen oder Probleme in den Vordergrund stellen, die zwar aus seiner individuellen und subjektiven Sicht von Bedeutung sein mögen, die aber im Zusammenhang mit der Gesamt- oder Überaufgabe von geringem Interesse sind. Es kann so ein „gefärbtes" Bild entstehen, Überbewertungen von Problemen treten auf und die Bedeutung einzelner Fakten wird verzerrt. Daher ist das teilstandardisierte Interview nur von erfahrenen Interviewern durchzuführen, die bereits eine grundlegende Kenntnis des Sachgebiets besitzen. c) Das nicht-standardisierte oder freie Interview Beim freien Interview hat der Interviewer lediglich einen groben Leitfaden zur Verfügung. Er entscheidet während des Interviews, welche zusätzlichen Fragen er noch stellen will und auf welche Fakten er besonderen Wert legt. Freie Interviews eignen sich für die Grobanalyse, d.h. für eine erste Zustandsanalyse ohne detaillierte Mengen- und Wertanalysen. Der Interviewer gewinnt durch das freie Interview zunächst eine Orientierung über die Aufgabe und ihre Stellung im Zusammenhang mit anderen betrieblichen Aufgaben. Erst in einem zweiten Schritt wird er dazu übergehen, detailliert zu befragen und mit einem standardisierten Interview Fakten zu ermitteln. Grundsätze für Interviews: • Vor Beginn eines Interviews sind der Interview-Partner und dessen Vorgesetzter über den Grund und die Zielsetzung des Interviews zu informieren. • Ein Interview sollte nicht länger als eine Stunde dauern. Sind weitere Informationen zu erheben, ist ein neuer Termin zu vereinbaren. • Die Anzahl der Fragen pro Sitzung ist zu begrenzen. Der Interview-Partner darf nicht den Eindruck haben, daß er durch eine zu große Fülle von Fragen und Aspekten zu seiner Aufgabe „überrollt" werden soll.
68
Teil 1: Systemanalyse
• D i e Formulierung der Fragen ist auf das Aufgabengebiet (Fachterminologie) und auf die Vorbildung des Aufgabenträgers abzustimmen. • Klare, verständliche und knappe Formulierung der Fragen, keine Ausschweif u n g e n . Vor allem ist zu verhindern, d a ß der Interviewer zunächst erklären m u ß , was er mit der Frage eigentlich meint. • D i e Reihenfolge der Fragen muß einer gewissen Logik, am besten der Geschäftslogik der A u f g a b e , folgen. Keine wechselnden Fragestellungen, die nur zur Irritation des Befragten führen. • D i e Antwortmöglichkeiten sind im voraus abzuschätzen, um zu verhindern, daß allzu viel Nebensächliches dargestellt wird. D a s gleiche gilt f ü r die Antwortzeit. • Die Fragen sollten nur eindeutige A n t w o r t e n zulassen. • Es sind Kontrollfragen einzubauen, um bereits Gesagtes nochmals bestätigen zu lassen. • D e r Kreis der Befragten (beim Mehrpersonen-Interview) sollte die Anzahl von drei nicht überschreiten. Es entsteht sonst die G e f a h r einer ungesteuerten Konferenz, insbesondere wenn sich die Befragten bei der Beantwortung nicht einig sind. • Die Ergebnisse eines Interviews sind am Schluß der Sitzung zusammenzufassen - z.B. durch einige wenige Thesen und Grundsätze. • Jedes Interview ist zu dokumentieren, die Ergebnisse sind auf Verlangen dem Interviewpartner zugänglich zu machen. Als Generalregel gilt - neben diesen Grundsätzen: Jedes Interview sollte in einer partnerschaftlichen, den Geschäftsbedürfnissen angepaßten A t m o s p h ä r e stattfinden. Niemals darf der Eindruck geweckt werden, daß der Interviewer dem Interviewpartner übergeordnet ist. 3.2.3.3 Die schriftliche Befragung Die schriftliche Befragung ist eine A r t Interview ohne persönlichen Kontakt. D e r Interviewer übergibt den zu interviewenden Personen einen Fragebogen und bittet diese, ihn bis zu einem bestimmten Termin auszufüllen. Variante: Die Interviewpartner haben die Freiheit, zusätzliche Fragen und A n t w o r t e n anzubringen o d e r auch schriftliche Stellungnahmen zu einzelnen P u n k t e n abzugeb e n . Bei der schriftlichen Befragung ist größter W e r t auf eine klare und eindeutige Frageformulierung zu legen. „Wie ist Ihr jetziges Aufgabengebiet und welche Mängel/Probleme sind vorhanden?" ist z.B. eine unzulässige Fragestellung, weil sie viel Spielraum f ü r ausschweifende Erklärungen und Erläuterungen gewährt, die höchst individueller Natur sein können. Es sind möglichst Fragen über eindeutige Fakten mit Mengenangaben zu formulieren, z.B.: „Wieviele Rechnungen p r o Tag prüfen Sic durchschnittlich?", „Wie hoch ist die Fchlerrate unvollständig ausgefüllter Belege?" usf. E s empfiehlt sich, vor der eigentlichen Befragung einen Test durchzuführen, d.h. eine Probeerhebung mit einem ausgewählten Personenkreis vorzunehmen, um sicherzugehen, daß die Fragen auch tatsächlich verstanden werden. Schriftliche Befragungen sind dann angebracht, wenn eine große Anzahl von Personen zu befragen ist, so daß persönliche Interviews zu viel Zeit in Anspruch nähmen. Schriftliche Befragungen dürfen niemals anonym sein, da sonst keine Nachprüfbarkeit der Ergebnisse möglich ist. Sind sehr viele Organisationsmitglieder zu befragen, ist es vorteilhaft, eine Kombination von schriftlicher Befragung und Interview durchzuführen:
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
69
• Zunächst wird eine schriftliche Befragung veranstaltet. • Anschließend erfolgt die Auswertung und Konsolidierung der Ergebnisse. • Stichprobenartig werden nunmehr Einzel- oder Gruppen-Interviews durchgeführt. • Abschließend erfolgt die Bewertung der gesamten Aktion und die Aufbereitung der Fakten und deren Bewertung. Das Interview in diesem Falle hat die Kontrollfunktion, d.h. die durch die schriftliche Befragung gesammelten Ergebnisse werden stichprobenartig durch Interviews ergänzt. 3.2.3.4 Beobachtung Bei der Beobachtung findet kein Kontakt zwischen beobachtetem Gegenstand (Arbeitsprozeß oder Person/Bediener) und dem Beobachter statt. Der Beobachter ist eine externe Funktion, die über Arbeitsprozesse, Tätigkeiten und Verhaltensweisen Erkenntnisse sammelt und diese aufbereitet. Die Beobachtung wird vornehmlich zu Zeitmessungen und für Leistungsbewertungen eingesetzt. Es gibt verschiedene Methoden der Beobachtung, die entweder für sich allein oder in Kombination angewandt werden können. a) Offene und verdeckte Beobachtung Bei der offenen Beobachtung gibt sich der Beobachter zu erkennen. Er teilt dem Beobachteten mit, was er als Gegenstand seiner Beobachtung ausgewählt hat und warum die Beobachtung stattfindet. Bei der verdeckten Beobachtung bleibt die Identität des Beobachters unbekannt. Aus Grundsätzen des Betriebsfriedens spielt die verdeckte Beobachtung bei der praktischen Organisationsarbeit allerdings keine Rolle. Jede Beobachtung führt zu Spannungszuständen bei den Beobachteten. Es ist daher ratsam, sie nur in Ausnahmefällen einzusetzen, z.B. wenn durch den direkten Kontakt eine Störung bei der Arbeit gegeben wäre. So kann beispielsweise bei der Bedienung einer komplizierten Maschine der Bediener nicht interviewt, wohl aber beobachtet werden. b) Direkte und indirekte Beobachtung Bei der direkten Beobachtung erfolgt der Vorgang des Beobachtens unmittelbar, d.h. er ist eingebunden in die Prozesse und Handlungen des Bcobachtungsgegenstandes. Man spricht auch von einer Echtzeitaufnahme des Geschehens. Bei der indirekten Beobachtung erfolgt dagegen eine zeitversetzte Analyse, d.h. der Beobachter wertet Ergebnisse aus, die er aus Dokumentationen, Protokollen, Arbeitsaufschrieben oder realen Ergebnissen rekonstruiert. c) Strukturierte und unstrukturierte Beobachtung Bei der strukturierten Beobachtung folgt der Beobachter einem im voraus festgelegten Beobachtungssystem, d.h. er hat sich eine Reihe von Merkmalen und Kriterien vorgemerkt, die Gegenstand der Beobachtung sein sollen. Andere Einflußfaktoren werden dabei nicht in das Beobachtungsprotokoll aufgenommen. Bei der unstrukturierten Beobachtung werden alle Fakten, die dem Beobachter während des Beobachtungsvorganges von Bedeutung erscheinen, notiert.
70
Teil 1: Systemanalyse
Als Vorteile der Beobachtung gelten: • Unmittelbare Kenntnisnahme der Fakten ohne Möglichkeit einer Manipulation durch den Beobachteten. Dieser Vorteil tritt insbesondere bei der direkten Beobachtung auf. • Die Tatbestände werden unabhängig von der Bereitschaft und der Fähigkeit des Beobachteten aufgenommen. Als Nachteile sind aufzuführen: • Es handelt sich sehr oft um einen „Schnappschuß" des Geschehens, d.h. um ein situatives Ergebnis, das nicht unbedingt repräsentativ für die gesamte Verrichtung sein muß. Es empfiehlt sich daher, bei komplexen Prozessen sog. Langzeitstudien (Beobachtung über einen längeren Zeitraum) oder Intervallstudien (z.B. Multimomentaufnahmen, periodische Beobachtung) einzusetzen. • Die Beobachtung ist sehr zeitaufwendig und setzt auch voraus, daß der Beobachter bereits Kenntnisse vom beobachteten Gegenstand hat, um nicht einseitige Bewertungen vorzunehmen. Neben der Befragung und Beobachtung kann als ergänzende Methode auch die Selbstaufschreibung eingesetzt werden. Diese sollte sich jedoch nicht auf die Beschreibung komplexer Prozesse und Arbeitsgebiete beziehen, sondern nur auf einige wenige, klar erkennbare Fakten und Probleme. Sonst ist der mit der Aufschreibung Beauftragte überfordert, was wiederum zu Fehlinterpretationen führen kann. Die Formulierung „Beschreiben Sie Ihr gegenwärtiges Arbeitsgebiet und die Möglichkeiten zu einer Verbesserung" würde sehr wahrscheinlich zu höchst unterschiedlichen und individuell gefärbten Aussagen führen, die kaum einen Ansatzpunkt für eine Neugestaltung lieferten. Die Vorgabe eines Pflichtheftes dagegen, in dem über eine gewisse Zeitspanne hinweg der betreffende Mitarbeiter die Menge, die Dauer, die Termine und die speziellen Probleme festhält, ist ein zulässiges Mittel, um beispielsweise das Mengen- und Wertgerüst einer Aufgabe zu erfassen, zumal dadurch auch die Möglichkeit einer Nachprüfbarkeit - etwa im Rahmen einer ergänzenden Beobachtung - gegeben ist. Grundsätzlich ist für jede Selbstaufschreibung ein strukturierter Rahmen vorzugeben (z.B. ein Formular), um die spätere Auswertung und die Handhabung durch den Aufschreibenden zu erleichtern. Selbstaufschreibungen können auch als sog. Tagesoder Wochenberichte gestaltet werden. Selbstaufschreibungen haben nur dann einen Sinn, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg fortgeschrieben werden. Aufgabe des Systemanalytikers ist es, aus den Aufschreibungen repräsentative Zahlen zu generieren, z.B. die durchschnittliche Dauer für die Bearbeitung eines Vorganges, die Anzahl der Vorgänge pro Zeiteinheit, die Gesamtbearbeitungszeit eines Vorganges, die Belastung der Mitarbeiter durch Ausnahmefälle. Die folgende Abbildung zeigt ein Beispiel für einen Tagesbericht als Mittel der Selbstaufschreibung.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse Sachgebiet:
Beobachtungszeit:
Teilaufgabe:
Beobachter:
Aufgabenschritte
Art der Tätigkeit
Dauer
Normal Ja/Nein
71
MWE-Code
M W E - C o d e bedeutet: M = missing, fehlende Unterlagen W = wrong, fehlerhafte Unterlagen E = extra, Zusatzarbeiten sind erforderlich A b b . 42: Beispiel für die Selbstaufschreibung
Zusammenfassung
Faktenanalyse
Die Faktenanalyse befaßt sich mit Primärerhebungen von Daten, Informationen und Geschäftsabläufen. Ihre wichtigsten Methoden sind: Interview, Fragebogen, Beobachtung und Selbstaufschreibung, wobei als ergänzende Methode auch die Untersuchung historischer Geschäftsvorgänge eingesetzt werden kann. Die Methoden der Faktenanalyse sind nicht isoliert anzuwenden, da bei jeder Methode die Gefahr subjektiver Einflußnahme gegeben ist. Die Methoden ergänzen sich gegenseitig, so daß für die praktische Arbeit stets eine Kombination (Methoden-Mix) mehrerer Methoden anzustreben ist.
3.3 Prozeßanalysen 3.3.1 Gegenstand und Zielsetzung Als Prozeß bezeichnen wir eine Aufgabe, die zielorientiert zu erledigen ist. Wir unterscheiden kontinuierliche und diskontinuierliche Prozesse. Ein kontinuierlicher Prozeß ist im Zeitablauf weitgehend konstant und wiederholt sich. Er ist in der Regel eindeutig strukturiert. Diskontinuierliche Prozesse treten ad hoc auf
72
Teil 1: Systemanalyse
und bedingen normalerweise ein gewisses Maß an Problemlösungskompetenz durch einen Sachbearbeiter oder eine Führungskraft. Beispiel: Die Versandsteuerung in einem Großhandelsunternehmen ist ein kontinuierlicher Prozeß. Es werden gemäß einer vorgegebenen Logik eine Reihe abgestimmter Verrichtungen (Tätigkeiten) gleichartig durchgeführt (Versandpapiere erstellen, Lager anweisen; Auftragsbestätigung schreiben usw.). Die Bearbeitung einer Kundenanfrage (z.B. eine Beschwerde) ist dagegen ein diskontinuierlicher Prozeß: Er ist problemspezifisch und verlangt unter Umständen Eigeninitiative und besondere Methoden der Bearbeitung (z.B. schreiben eines individuellen Briefes mit fachspezifischer Begründung). Jeder Prozeß hat eine einheitliche Struktur und wird demnach beschrieben durch: (siehe Abbildung43)
Ein Input, definiert als ein Ereignis zu einem Zeitpunkt t(, löst Verrichtungen (Aktivitäten) aus, die mit Hilfe eines Prozessors (z.B ein Personal Computer),vorgegebener Ziele und Methoden am O b j e k t durch ein Subjekt (Bediener, Benutzer) getätigt werden, wodurch ein Output zu einem Zeitpunkt t„ erzeugt wird. Abb. 43: Struktur eines Prozesses
a) Objekt: Den Gegenstand einer Bearbeitung im weitesten Sinne nennt man Objekt. Beispiele: In der Abteilung Bestellannahme ist das Objekt die Bestellung, in der Rechnungsprüfung ist das Objekt die Rechnung, in der Fertigung ist das Objekt das Produkt. Objekte stehen in einem logischen Zusammenhang, es können sich Über- und Unterobjekte ergeben. Ein Überobjekt ist z.B. der Auftrag, Unterobjekte sind durch den Auftrag ausgelöste Gegenstände wie Auftragsbestätigung, Versandpapier, Rechnung und Konto. Man spricht auch von einer objekt-orientierten Systemanalyse und betrachtet dabei O b j e k t e und Funktionen. Funktionen sind aber nichts anderes als die dargestellten Verrichtungen. Definition: Ein Input, definiert als Ereignis eines Zeitpunktes T 0 in Form von Daten löst Verrichtungen (Funktionen) aus, die mit Hilfe eines Prozessors und vorgegebener Ziele und Methoden durch ein Subjekt an einem Objekt ausgeführt werden, wodurch ein Output zu einem Zeitpunkt T n generiert wird.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
73
Faßt man die logischen Beziehungen verschiedener Objekte zusammen, entstehen Objektklassen. Zwischen Objektklassen bestehen ihrerseits wieder logische Abhängigkeiten wie das folgende Beispiel zeigt: O b j e k t k lasse C
Objektklasse A
Objekte stehen in gegenseitigen Verbindungen: Ein Objekt vermag andere Objekte zu erzeugen. Damit wird die Logistik betrieblicher Aufgaben sichtbar. Abb. 44: Logische Beziehungen zwischen Objektklassen
b) Subjekt: Als Subjekt fungiert der Bearbeiter des Objekts. Bearbeitung ist hierbei in einem sehr weitgefaßten Rahmen zu verstehen: Es handelt sich um die Tätigkeiten von Personen, die bestimmte Verrichtungen am oder mit dem Objekt ausüben. Derartige Verrichtungen werden auch als Funktionen oder Transaktionen bezeichnet. Es entstehen damit Objekt-Funktions-Beziehungen, d.h. einem Objekt werden bestimmte Funktionen zugeordnet. Beispiel: Das Objekt möge der Auftrag sein. Funktionen sind dann: prüfen, bestätigen, ausführen, dokumentieren, Rechnung schreiben. Derartige Objekt-Funktions-Beziehungen spielen bei der objektorientierten Programmierung eine wesentliche Rolle. c) Verrichtungen: Verrichtungen oder Funktionen sind methodisch beschreibbar; beispielsweise kann eine bestimmte Folge von Verrichtungen mit Hilfe einer Entscheidungstabelle vollzogen werden. Darüber hinaus unterliegen alle Verrichtungen bestimmten Zielsetzungen, wobei primäre (objektbezogene) und sekundäre (verrichtungsbezogene) Ziele unterscheidbar sind. Das primäre Ziel eines Auftrags ist die Auslieferung gemäß den Anforderungen durch den Kunden.
74
Teil 1: Systemanalyse
Als sekundäre Ziele fungieren: Qualität, Rechtzeitigkeit und Vollständigkeit der Unterlagen. d) Prozessor: Mit einem Prozessor umschreiben wir allgemein alle Hilfsmittel technischer und administrativer Art, die für die Verrichtungen eingesetzt werden. Ein Prozessor kann im einfachsten Fall ein Formular oder eine Tabelle sein, bei komplexen Verrichtungsfolgen kann er als technisches Hilfsmittel definiert sein, z.B. als ein PC mit der Möglichkeit des direkten Zugriffs auf eine Datenbank, in der Dispositions- und Verfügbarkeitsdaten einer bestellten Ware gespeichert sind. e) Daten: Neben den Funktionen werden die Objekte auch durch ihre sie kennzeichnenden Daten beschrieben. Input-Daten sind ereignisbezogen: Eine eingehende Kundenbestellung ist ein Ereignis, das durch bestimmte Daten beschrieben wird: eine Kundenanschrift, einen Termin, eine Warenprobe. In der Regel muß durch besondere Verrichtungen das Objekt für die Zwecke der internen Bearbeitung weiterbeschrieben werden: z.B. durch einen Lagerort, einen Preis, eine Warennummer, eine Verfügbarkeit. Output-Daten sind alle objektbeschreibenden Daten, die nach den Verrichtungsfolgen entstehen, z.B. die Auftragsbestätigung an den Kunden oder die Anweisung an das Lager. Mit der formalen Darstellung eines Prozesses gemäß Abbildung 43 ist für die Systemanalyse eindeutig bestimmbar, welche Untersuchungsergebnisse im Rahmen der Prozeßanalyse erwartet werden. Hierfür werden die im folgenden beschriebenen Methoden eingesetzt.
3.3.2 Input-Prozeß-Output-Analysen Die einfachste Prozeßfolge besteht aus einer Eingabe (Daten, Ereignisse), einer Verrichtungsfolge (Aufgabe, Funktion) und einer Ausgabe (Daten). Man bezeichnet dies als eine EVA-Grundstruktur (Eingabe - Verarbeitung - Ausgabe).
Daten
Verrichtungen
Daten
Diese einfache Darstellung eines Verrichtungsvorganges läßt keine Rückschlüsse auf das O b j e k t zu. O b j e k t e müssen deshalb gesondert benannt und beschrieben werden. Abb. 45: EVA-Grundstruktur
In der Praxis sind derartige einfache Strukturen allerdings selten anzutreffen: die Funktionen verändern ein Objekt, sodaß als Ergebnis der Verrichtungen ein neues Objekt generiert wird: es entstehen Objektfolgen: Der Output A j wird in der dargestellten Verkettung zum Input E 2 und stellt dann für V 2 ein neues Objekt dar usw. Vj bis V n charakterisieren die Summe der Funktionen bzw. Verrichtungen und ihrer Objekte, die durch das Ereignis E j bis E n jeweils ausgelöst wurden.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
75
Die Verrichtungen an einem Objekt auf einer Stufe können zu Eingaben für die Verrichtungen am selben oder an weiteren Objekten führen (Verrichtungsketten). Abb. 46: Objekt- und Verrichtungsfolgen Als Beispiel für eine Verkettung ( O = O b j e k t , V = Verrichtung) diene Abbildung 47.
Die Verrichtungen an Objekten können neue Objekte generieren. In Abhängigkeit von Bedingungen (B) entstehen neue Objekte. Es bedeuten: O = Objekte, V = Verrichtungen. Abb. 47: Verkettete Objektfolgen
76
Teil 1: Systemanalyse
Das Objekt Auftrag generiert weitere Objekte als jeweilige Ergebnisse einer bestimmten Verrichtung. In Abhängigkeit von einer Bedingung B werden unterschiedliche Pfade bis zum Ergebnis E n durchlaufen. (B + : Bestand vorhanden, B —: Bestand nicht vorhanden). Neben der Verkettung von Objekten sind auch die Verdichtung (aus mehreren Objekten entsteht durch eine Verrichtung nur noch ein Objekt) und die Aufteilung (aus einem Objekt werden neue O b j e k t e erzeugt) möglich. D a die Eingabe, das Objekt und die Verrichtungen sowie die Ausgabe jeweils durch Daten beschreibbar sind, ist eine rein datentechnische Abbildung einer Prozeßfolge oder eines Einzelprozesses möglich: Es ergibt sich die in Abbildung 48 gestellte Datenstruktur eines Prozesses, die eine Meta-Struktur ist: Die Realität wird auf der Abstraktionsebene der Daten abgebildet.
Attribute
Objekte
\
Eingabematrix
\
V B
\
Verrichtungen
Verarbeitungsmatrix
\
E o
\
Attribute
Objekte
E o
Bedingung
\
Ausgabematrix
Die Struktur eines Prozesses wird abgebildet in Form von Daten und Bedingungen für die Verrichtungen. D e n Objekten werden die Eigenschaften E (Attribute der Objekte) zugeordnet und die Bedingungen beschreiben die Regeln für die Be- und Verarbeitung. Abb. 48: Meta-Struktur eines Prozesses
Diese Art der Darstellung bietet eine Reihe von Vorteilen bei der Analyse eines Prozesses bzw. von Prozeßfolgen: a) E s kann der Nachweis erbracht werden, daß alle Ausgangsdaten wiederspruchsfrei aus den Eingabedaten und den Prozeßbedingungen abgeleitet werden. b) Jedes Eingabedatum führt zu einer eindeutigen Verrichtung. c) Jede Verrichtung führt zu einer eindeutigen Ausgabe bzw. einer Prozeßmodifikation. d) Wird in der Eingabestruktur und in der Ausgabestruktur auch das Medium genannt (Datenträger, Datei, Gerät), dann sind der Medienverbund (Sujnme der Prozessoren) und der Datenverbund (Summe der Dateien) eines Prozesses erkennbar. e) Die Bedingungen der Prozeßmatrix beschreiben die Verrichtungen in Form von Datenmanipulationen (z.B. prüfen, ergänzen, modifizieren, umwandeln, speichern, weitergeben, archivieren). f) Werden mehrere Prozesse miteinander verkettet, dann „verwandelt" sich die Ausgabematrix in die Eingabematrix der nachfolgenden Prozeßstufe. Daraus ist ableitbar, wie oft und in welcher Weise gleiche Daten durch unterschiedliche Verrichtungen bearbeitet werden.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
77
g) Werden die Bedingungen der Subjekte und deren Eigenschaften definiert (das ist der Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung und die Qualifikation), dann ist mit einer derartigen Prozeßanalyse auch die analytische Beschreibung einer Stelle möglich.
3.3.3 Black-Box-Analysen Die Black-Box-Methode ist eine Abwandlung der Prozeßanalyse: Es werden lediglich die Eingabe- und die Ausgabedaten analysiert, die Verarbeitung wird zunächst als unbekannte Größe akzeptiert. Durch Rekursionsschlüsse versucht man erst in einer zweiten Phase, die Funktion der Black-Box zu definieren. Eine Black-Box hat folgende Struktur: Input TO
Black B o x
Output T N
Rückkopplung Bei einer Black Box-Analyse werden nur die Input-, Output- und Rückkopplungsinformationen untersucht, nicht aber die Verrichtung der Prozesse innerhalb der Black Box. A b b . 49: Struktur einer Black Box
Es liegt keine Beschreibung vor über die Eigenschaften des Objektes, über die Verrichtungen und über die Qualifikationen des Benutzers. Wir definieren ein Beispiel: Im Rahmen der Systemanalyse soll die betriebliche Funktion „Einkauf- und Beschaffungswesen" untersucht werden. Bevor mit der Faktenanalyse begonnen wird, können durch die Black-Box-Analyse wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, die als Ausgangspunkt für nachfolgende Erhebungen dienen. Hypothetisch (deduktive Systemanalyse) läßt sich ableiten: Der Input einer solchen Funktion kann nur ein Auftrag, d.h. eine Bestellanforderungen aus anderen betrieblichen Funktionen, sein. Der Output ist ein physisches Medium, nämlich eine Bestellung, die in Form eines Formulars an Lieferanten gesandt wird. Zwischen Bestellanforderung und Bestellung beim Lieferanten liegt eine bestimmte Verrichtungsfolge innerhalb der Black-Box. Es läßt sich ein EVA-Schema ableiten (s. A b b . 50). Diese Art der Darstellung läßt in einfacher Weise Rückschlüsse auf die Funktion der Black-Box zu: Eine Bestellung wird ausgelöst, sobald eine Bestellanforderung vorliegt. Hierzu ist die Auswahl eines geeigneten Lieferanten erforderlich. Das Ergebnis der Verrichtungen sind Bestellungen und Hinweise an Nachbarfunktionen. Betrachten wir die Black-Box auf der E b e n e der Daten, dann kann aus dem Vergleich zwischen Eingabe- und Ausgabedaten rekursiv auf die Art der Datenmani-
78
T e i l l : Systemanalyse
A u s der Verknüpfung von Input- und Outputdaten lassen sich Rückschlüsse auf die Art der Transformationsprozesse der Black Box ( B B ) ziehen. A b b . 50: Beispiel einer Black Box-Analyse
pulation innerhalb der Black-Box geschlossen werden. Als grundsätzliche Verrichtungen bei der Bearbeitung von Daten gelten: Übernahme: Eine Inputinformation erscheint in der gleichen Weise wieder als Outputinformation. Enthält die Bestellanforderung die Teilenummer der zu bestellenden Ware und wird diese auf der Bestellung wiederholt, dann liegt eine Übernahme vor. Ergänzung: Eine Inputinformation wird ergänzt, z.B. durch eine Prüfziffer. Reduktion: Die Inputinformation wird nur teilweise auf die Outputinformation übertragen. Umwandlung: Eine Inputinformation wird verwandelt, behält jedoch ihren gleichen Sinn, z. B. die Umsetzung einer Teilenummer in einen Teilenamen. Generierung: Es entstehen in der Black-Box neue Informationen, die nicht durch Inputinformationen unmittelbar ausgelöst wurden. Das bedeutet, daß die BlackBox über ein Datenrepertoir (z.B. eine Datei) verfügt, aus der die neuen Daten gewonnen werden. Sumpf: Inputinformationen „versumpfen" in der Black-Box d.h. kehren nicht mehr wieder. Das bedeutet, daß für interne Prozesse der Black-Box bestimmte Archive benutzt werden (z.B. Kontrollzahlen über das Bestellvolumen bestimmter Abteilungen). Verdichtung: Aus zwei oder mehreren Informationen wird eine neue Information gewonnen. Bestellen z.B. mehrere Abteilungen gleiche Artikel mit unterschiedlichen Mengen, werden diese zu einer Gesamtbestellung zusammengefaßt. Aufteilung: Eine Information wird in Teilinformationen zerlegt. Aus einer Anforderung von beispielsweise 2.500 Stück werden 10 Bestellungen zu je 250 Stück generiert, weil dies der optimalen Bestellgröße entspricht. Aggregation: Mehrere Inputinformationen werden zu einer einzigen Outputfunktion zusammengefaßt. Kombination: Mehrere Varianten der oben dargestellten Transformationsprozesse treten gleichzeitig auf.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
79
Der Schluß auf derartige Transformationsprozesse erleichtert die nachfolgende Faktenanalyse, deren Ziel dann in einer Überprüfung der getroffenen Schlußfolgerungen besteht. Damit erzielt man eine Eingrenzung für die Faktenanalyse, was zu erheblichen Zeiteinsparungen führen kann. In Abbildung 51 sind einige Beispiele für die genannten Transformationsprozesse von Daten innerhalb einer Black-Box dargestellt. Input
Transformationsprozeß
4711 4711 4711 4711 b 4711 5 Stück-, 8 Stück 250 Stck.
Übernahme Ergänzung Reduktion Umwandlung Generierung Sumpf
4711 4711-7 471 Schraube M7 Fa. Meier b
Output
Verdichtung
13 Stück
Aufteilung
1 0 x 2 5 Stck.
Zwischen Input und Output bestehen verschiedene Transformationsprozesse, die durch einen Vergleich zwischen beiden Größen abgeleitet werden können. Abb. 51: Beispiele für Transformationsprozesse
3.3.4 Die Analyse der Geschäftslogik Eine Geschäftslogik beschreibt die für die Bearbeitung eines Objekts erforderliche Verrichtungskette und die dazu einzusetzenden Methoden. Dabei umfaßt eine Verrichtungskette alle Aktivitäten, die einen Geschäftsprozeß bis zu dessen vollständiger Erledigung durch verschiedene Sachbearbeitungsstellen erfährt. Ein Geschäftsprozeß ist eine durch ein Ereignis ausgelöste Aufgabe, die ein eindeutiges Ziel verfolgt. Ein Beispiel bildet der Zusammenhang zwischen Ereignis, Objekt, Ziel und Verrichtung: Ereignis
Objekte
Verrichtungen
Ziel
Auftrag Rechnung Forderung Kundenanfrage
Bestellung Zahlungen Rechnungsposten Ware
Vl...Vn Vl...Vn Vl...Vn Vl...Vn
Auslieferung Überweisung Mahnung Angebot
Abb. 52: Struktur eines Geschäftsprozesses
Werden die Verrichtungen VI - Vn den jeweiligen Objekten und Ereignissen zugeordnet, läßt sich entsprechend Abbildung 52 eine eindeutig identifizierbare Geschäftslogik darstellen. Verrichtungsketten betreffen oftmals mehrere Stellen oder Abteilungen und Funktionen eines Unternehmens. Wir nehmen an, daß am Objekt „Ölwanne" einer Verpackungsmaschine bestimmte Nuten für die Herstellung zu fräsen sind.
80
Teill: Systemanalyse
Daraus ergibt sich eine Verrichtungskette mit entsprechenden Stellen bzw. Abteilungen, wie es in der Übersicht der Abbildung 53 dargestellt ist: Verrichtungen
Stellen Konstruktion
Frässtelle konstruieren
Arbeitsplanung
NC-Programm erstellen
Arbeitsvorbereitung
Werkzeug planen
Qualitätsprüfung
Prüfplanerstellen
Produktion
Fräsen
Endabnahme
Prüfen
Durch die Vielfalt der miteinander verbundenen Verrichtungen entstehen Durchlaufzeiten, Transport und Wartezeiten während der Bearbeitung eines Objektes. Abb. 53: Verrichtungsketten einer Aufgabe
Mit Hilfe der Activity Direction Analysis Method ( A D A M ) wird der Verrichtungs- und Stellenzusammenhang analysiert, wobei man sich einfacher Tabellen bedient: V S
V,
S1
v7
v3
v4
v5
B
B
B
S2
B
S3
B
S4
Mit Hilfe der Activity Direction Analysis Methode ( A D A M ) werden den einzelnen Stellen deren typische Verrichtungen an einem Objekt zugeordnet. Es bedeuten: S = Stellen, V = Verrichtungen (Tätigkeiten), B = Bearbeitungszeit. Abb. 54: Stellen-und Verrichtungszusammenhang
Im ADAM-Diagramm wird der jeweiligen Verrichtung die erforderliche Bearbeitungsart und Bearbeitungszeit (B) zugeordnet. Die Bearbeitungszeit wird definiert als die für die Verrichtung erforderliche Zeitdauer. Daneben treten Liegezeiten (L) und Transportzeiten (T, Wegezeiten) auf, so daß die gesamte Durchlaufzeit (D) definiert ist als: D = f (B, L, T) Mit A D A M untersucht man nunmehr die Verhältnisse zwischen Durchlaufzeiten, Bearbeitungs- und Liegezeiten. Im Idealfall ist die Durchlaufzeit eines Objekts über alle Stellen gleich der Bearbeitungszeit: Es treten keine Liege- und Transportzeiten auf. Im Beispiel gemäß Abbildung 53 wäre dies der Fall, wenn
3. Kapitel: M e t h o d e n und T e c h n i k e n der S y s t e m a n a l y s e
81
im R a h m e n eines C A D / C A M - S y s t e m s verschiedene B e a r b e i t e r der einzelnen Stellen unmittelbar m i t e i n a n d e r die Verrichtungen a u s f ü h r e n , die Fertigung sich an das Ergebnis der Tätigkeiten anschließt und das Ergebnis sofort g e p r ü f t wird. Die Idealkurve wäre also eine G r a d e mit einem kj-Koeffizienten 1 e n t s p r e c h e n d der A b b i l d u n g 55. D
Die D u r c h l a u f z e i t ist eine F u n k t i o n der Bearbeitungszeit B, der T r a n s p o r t z e i t T u n d der Liege- o d e r W a r t e z e i t L ü b e r alle Stellen der B e a r b e i t u n g hinweg: D = f ( B , T , L). D e r Faktor k, bringt den ü b e r p r o p o r t i o n a l e n Anstieg d e r D u r c h l a u f z e i t als Folge der Liege- und T r a n s p o r t z e i t e n zum A u s d r u c k : D = k, x B. A b b . 55: D u r c h l a u f z e i t e n - D i a g r a m m
In der Praxis treten j e d o c h zum Teil erhebliche Liege- und T r a n s p o r t z e i t e n auf, so d a ß die Durchlaufzeit ü b e r p o p o r t i o n a l g e g e n ü b e r der Bearbeitungszeit ansteigt. D u r c h A D A M m ö g e die Übersicht in A b b i l d u n g 5 6 a + b g e w o n n e n sein. Ein ü b e r p r o p o r t i o n a l e s Verhältnis von Bearbeitungszeit zu Durchlaufzeit hat zweierlei K o n s e q u e n z e n : a) Ö k o n o m i s c h e A u s w i r k u n g e n : lange D u r c h l a u f z e i t e n b e d e u t e n Gewinnverluste o d e r /und Kosten. Beispiel: K ö n n e n durch eine geeignete Systemgestaltung die D u r c h l a u f z e i t e n aller Bestellungen um 20 Tage reduziert w e r d e n , beläuft sich das Bestellvolumen einer Periode auf 3 Millionen D M und rechnet das U n t e r n e h -
82
Teil 1: Systemanalyse
Stellen
B
L
T
D
sl
1
0,5
1
2,5 5
s2
2
1
2
s3
3
1
2
6
s4
2
0,5
1
3,5
E
8
3
6
17
Abb. 56a: A D A M - C h a r t
B,T, L B + T+ L
B +T
-*• S S1
SN
A D A M - K u r v e n verdeutlichen den Zusammenhang zwischen den Bearbeitungs-, Transport- und Liegezeiten über verschiedene Stellen hinweg. Abb. 56b: A D A M - K u r v e n
men mit einem internen Zinssatz von 6 % , dann ist durch eine schnellere Auslieferung, die zwangsläufig zu einem früheren Geldeingang führt, ein Gewinn in Höhe von D M 10.000 erzielbar. Zusätzlich erhöht sich die Umschlagshäufigkeit des Kapitals. b) Qualitative Auswirkungen: Je mehr Stellen an der Bearbeitung eines Objektes beteiligt sind desto größer wird die Wahrscheinlichkeit für das Entstehen von Fehlern und damit Qualitätsverlusten Auf dem Hintergrund der Qualitätsverbesserung hat beispielsweise die Firma IBM die sogenannte BPM - Vorgehensweise (Business Process Management) entwickelt. BPM ist eine strukturierte, methodische und IBM spezifische Vorgehensweise, um Prozesse zu strukturieren und zu dokumentieren, die Gesamtverantwortung für jede Prozeßstufe festzulegen, die Eingabe- und Ausgabekriterien zu fixieren und exakte Verrichtungsketten zu bestimmen. Damit sollen fehlerfreie Prozesse mit hoher Durchlaufgeschwindigkeit erzielt werden, die dem Globalziel der Qualitätsverbesserung dienen.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
83
Kombiniert man die EVA-Logik (objektorientiert) mit A D A M (verrichtungsorientiert) entstehen sogenannte A D A M - und EVA-Charts: Sie zeigen den Objektprozeß, die zugehörigen Verrichtungen der Stellen und die Komponenten der Durchlaufzeiten auf:
Objekt
Verrichtungen
Stelle
Objektketten
Verrichtungsketten
Stellenzusammenhang
Durchlaufzeit B
T
L
Objekte, Verrichtungen und Stellen beschreiben mit ihren typischen Zeiten die Struktur eines logistischen Prozesses. Abb. 57: A d a m - u n d Eva-Chart
3.3.5 Informationsflußanalysen Informationsflußpläne stellen Systemzusammenhänge durch eine besondere Charakterisierung der Informationsverarbeitungsaktivitäten dar. Es erfolgt keine Beschreibung des Objekts, sondern eine Kennzeichnung der durch ein Objekt bedingten Tätigkeiten (Verrichtungen). Es wurden zahlreiche Notationsregeln entwickelt mit dem Ziel, die für die Systemabläufe benutzten Symbole zu standardisieren. Am bedeutendsten sind: 1. ASME-Pläne ( A S M E = American Society of Mechanical Engineers): Sie basieren auf acht Symbolen, die bestimmte Tätigkeiten darstellen. Der Systemzusammenhang wird jeweils durch Pfeile hergestellt (Abbildung 58a). 2. Datenflußpläne: Nach DIN 66001 sind die Sinnbilder für Datenflußpläne genormt (Abbildung 58b). 3. ECMA-Pläne (European Computer Manufacturers Association): Die Symbole sind in Abbildung 58c dargestellt. 4. HFFC-Pläne (Horizontal Form Flow Chart): Hierbei erfolgt eine horizontale Darstellung des Informationsflusses mit Symbolen, wie sie in Abbildung 58c dargestellt sind. 5. Nordsiek-Pläne (Abbildung58e).
84
Teil 1: Systemanalyse
Beleg
Tätigkeit
Kontrolle
Ablage
Entnahme
Verzögerung
3
Kontrolle und Verzögerung
Transport
ASME-Sinnbilder und die daraus resultierenden Vorgänge sind verrichtungsorientiert: Es werden die verschiedenen Tätigkeiten bei der Bearbeitung eines Objekts dargestellt. Abb. 58a: ASME-Sinnbilder
6. SOP-Pläne (Abbildung 58f): Study Organisation Plan der Firma F B M , ein ereignisbezogenes Flußdiagramm. 7. Arbeitsablauf-Pläne nach Jordt und Gscheidle (Abbildung 58g). Die dargestellten Informationsflußpläne haben den grundsätzlichen Nachteil, daß sie lediglich die Verrichtungen bzw. Verrichtungsfolgen, nicht aber die jeweils zugrunde liegenden Prozesse und Objekte beschreiben. Darüberhinaus sind die vereinbarten Verrichtungsarten (z.B. prüfen, entnehmen) so global definiert, daß beschreibende Klärungen erforderlich sind (z.B. was wird geprüft, mit welchen Methoden wird geprüft, wie oft wird geprüft usw.). Quantitative und qualitative Aspekte sind nicht ableitbar, es wird lediglich eine grafische Darstellung einer in der Realität angetroffenen Verrichtungsfolge gegeben. Für die Zwecke der Synthese (Sollsystem - Entwicklung) sind daher neben Informationsflußplänen noch weitere Analysen und Methoden erforderlich. Trotz dieser entscheidenden Mängel haben Informationsflußpläne eine große Verbreitung in der Praxis gefunden. Dies resultiert daraus, daß sie einfach zu handhaben sind.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
Bearbeiten, allgemein insbesondere für jede A r t des Bearbeitens, die im folgenden nicht erfaßt ist, z.B. Rechnen. Ausführen einer Hilfsfunktion unter Verwendung maschineller Hilfsmittel, die nicht vom Leitwerk der Datenverarbeitungsanlage gesteuert werden, z.B. das manuelle Erstellen von Lochkarten und Lochstreifen.
Schriftstück
L
Mischen
Trennen
Lochkarte
Magnetband
Eingreifen von Hand ohne Verwendung maschineller Hilfsmittel, z.B. Eintragungen in eine Liste, Bandwechsel. Eingeben von Hand in die Datenverarbeitungsanlage, z.B. das Eintasten des Tagesdatums.
85
O
d
Übergangsstelle Der Übergang kann von mehreren Stellen aus, aber nur zu einer Stelle hin erfolgen. Zusammengehörige Übergangsstellen müssen die gleiche Bezeichnung tragen. Datenträger gesteuert vom Leitwerk der Datenverarbeitungsanlage, z.B. Magnetplatte. Matrixspeicher
Mischen mit gleichzeitigem Trennen
Dieses Sinnbild kann für Hauptspeicher und andere Speicher mit gleichartigem Zugriffsverhalten benutzt werden. Anzeige
Sortieren
in optischer oder akustischer Form, z.B. Ziffernanzeige, Kurvenschreiber, Summer, Bildschirm. Flußlinie
Datenträger, nicht gesteuert vom Leitwerk der Datenverarbeitungsanlage z.B. Ziehkartei.
—c
Bemerkung Dieses Sinnbild kann an jedes Sinnbild dieser Norm angefügt werden.
Die Linie kann beliebig geführt sein. Die Pfeilspitze darf nicht weggelassen werden.; Transport der Datenträger Die Linie kann beliebig geführt sein. Dieses Sinnbild ist anzuwenden, wenn der Transport der Datenträger besonders kenntlich gemacht werden soll. Datenübertragung
Die Norm 66001 des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) regelt die Sinnbilder für Datenflußpläne. Sie sind funktionsorientiert auf die typischen Funktionen der E D V abgestimmt. Abb. 58b: Datenflußpläne
86
Teil 1: Systemanalyse
maschinelle Tätigkeit
o
manuelle Tätigkeit
Kontrolle
Ablage
®
o • V o •
Veränderung des Dokuments manuelle Tätigkeit Kontrolle Ablage
Tansport
Verzweigung
Entnahme
Liste
Ursprung eines Dokuments
A
Vernichtung
Beleg Dokument
Belegfluß: Beleg 1 auf Beleg 2.
E C M A - und HFFC-Sinnbilder sind funktions- und vorgangsorientierte Darstellungen für den Ablauf (Logistik) eines Prozesses. Abb. 58c, d: E C M A und HFFC-Sinnbilder
3. K a p i t e l : M e t h o d e n u n d T e c h n i k e n d e r S y s t e m a n a l y s e
87
Beleg
CD
Auslösendes Ereignis
Funktionen
Funktionen
Beleg mit Kopien
Material
notwendiger
Vermerk auf Belegen
V
CD
Verzögerung Ablage
Ergebnis einer Tätigkeit
SOP-Symbole
O
Kontrolle
Nordsiek-Symbole B e i d e D a r s t e l l u n g s t e c h n i k e n z e i g e n mit H i l f e d e r S y m b o l e d i e T ä t i g k e i t e n ( T ä t i g k e i t s f l u ß d i a g r a m m e ) e i n e r b e s t i m m t e n S t e l l e mit b e s t i m m t e n A u f g a b e n . S i e sind v o r g a n g s o r i e n tiert. A b b . 58e,f: Nordsiek-und SOP-Sinnbilder
A u f e n t h a l t , Verzögerung des Informationsflusses tgl.
periodisch auftretende Verzögerung
E n d e eines Informationsflusses
ja
r-1
A
Kopie 1
31
nein
'oder'-Verzweigung 'und'-Verzweigung
Kopie 2 Ko
A b b r u c h des Informationsflusses
û
B e i d e n J o r d t - P l ä n e n sind m e h r e r e D i a g r a m m e z u r D a r s t e l l u n g e i n e s A r b e i t s a b l a u f s e r f o r derlich: A u f g a b e n g l i e d e r u n g , A u f g a b e n f o l g e n , Strukturpläne, Feldbeschreibungen
und
A r b e i t s a b l a u f p l ä n e . M i t d i e s e n P l ä n e n w e r d e n s o w o h l d e r S t e l l e n z u s a m m e n h a n g als auch die zeitlichen Folgen verschiedenr Arbeitsschritte dargestellt. ( Q u e l l e : H . J . S c h e i b l : K o m m e r z i e l l e S o f t w a r e - E n t w i c k l u n g , E x p e r t V e r l a g , 1989) A b b . 5 8 g : A r b e i t s a b l a u f p l ä n e nach J o r d t
88
Teill: Systemanalyse
3.3.6 Entscheidungstabellen Eine Entscheidungstabelle stellt eine tabellarische Darstellung einer oder mehrer Wenn-Dann-Beziehungen eines gegebenen Sachverhaltes dar. Entscheidungstabellen sind insbesondere dann als Hilfsmittel einer Systemanalyse anwendbar, wenn mehrere Bedingungen ij, i2, i 3 ..., i n , die in einer „ U N D " - oder in einer „ U N D / O D E R " - Verknüpfung stehen, eine bestimmte Aktion a 1 ; a 2 , a 3 , ..., a n auslösen. Entscheidungstabellen stellen ein Hilfsmittel für die Analyse komplexer Arbeitsgebiete dar und werden insbesondere angewandt bei der • Programmierung, bei • Problemlösungsprozessen und bei • strukturierten Entscheidungsprozessen. Die Verwendung von Entscheidungstabellen hat den Vorteil, daß komplexe Zusammenhänge detailliert strukturiert werden können; dadurch ist prinzipiell die Möglichkeit gegeben, Entscheidungstabellen maschinell zu verarbeiten, da sie in ihrem A u f b a u der Logik eines Blockdiagramms entsprechen. Spezielle Entscheidungstabellen-Prozessoren übersetzen aufgestellte Entscheidungstabellen in Programme, die zur Ausführung auf einem externen Speichermedium bibliothekarisiert werden. Eine Entscheidungstabelle besteht aus folgendem Grundschema: Wenn
Bedingungsbeschreibungen
Bedingungseintragungen (Indikatoren)
Dann
Tätigkeitsbeschreibungen (Entscheidungen)
Tätigkeitseintragungen (Indikatoren)
Die Tätigkeitsbeschreibungen stellen alternative Entscheidungen dar, die aufgrund erfüllter Bedingungsregeln (Bedingungs-Indikatoren) zu fällen sind. Die Bedingungseintragungen sind quantitative Ergänzungen der Bedingungsbeschreibungen (z.B. Ja, Nein). Die einfachste Aussage, die aus einer Entscheidungstabelle abgeleitet werden kann, lautet: wenn i, dann a,, wenn i 2 , dann a 2 usw. Bedingungseintragungen können durch eine „UND-Beziehung" verknüpft werden. Werden n Bedingungen I durch eine „UND-Beziehung" verknüpft und besteht die Bedingungseintragung nur aus Ja (1) oder Nein (o), dann sind 2" EntBedingungsbeschreibung
Ii Wenn
I2
h
Indikatoren
¡1 1 1 1
¡2 1 1 0
U 1 0
1 0 1
0
Tätigkeitsbeschreibung a
i
a
Dann
2
¡5 0 1 1
'(, ü 1 0
¡7 0
in
0 1
0 0 0
Indikatoren
X X X
a
4
Abb. 59: Entscheidungstabelle mit vollständigen Regeln
X X
X
X
X
89
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
scheidungsregeln i definierbar. In diesem Fall spricht man von vollständigen Entscheidungstabellen oder von Entscheidungstabellen mit vollständigen Regeln. Da die Summe der alternativer Entscheidungen a,, a 2 , a 3 . . . a n in der Regel kleiner als die Summe der möglichen Entscheidungsregeln ist, führen bei einer vollständigen Entscheidungstabelle mehrere Bedingungskonstellationen zu einer gleichen Entscheidung. Die in Abb. 59 dargestellte Entscheidungstabelle ist wie folgt zu interpretieren: a, wird a 2 wird a 3 wird a 4 wird
ausgeführt, wenni) zutrifft, ausgeführt, wenn i2 zutrifft, ausgeführt, wenn i3 oder i8 zutrifft, ausgeführt, wenn i4 oder i5 oder i6 oder i7 zutrifft.
Diese Form der Entscheidungstabelle wird auch als Standard-Entscheidungstabelle oder als begrenzte Entscheidungstabelle bezeichnet. Ihr Merkmal besteht darin, daß die Bedingungsindikatoren nur die Werte 1 (erfüllt) oder O (nicht erfüllt) oder neutral (blank) enthalten und die Tätigkeitsindikatoren entweder markiert oder neutral sind. Von erweiterten Entscheidungstabellen spricht man dann, wenn die Bedingungsindikatoren durch Boolesche Operatoren erweitert werden (z.B. durch: „größer als", „kleiner als"), von gemischten Entscheidungstabellen, wenn sowohl begrenzte als auch erweiterte Indikatoren eingesetzt werden und von offenen Entscheidungstabellen dann, wenn ein oder mehrere aj keine Entscheidung, sondern einen Verweis auf eine andere Entscheidungstabelle bedeuten. Neben der Standard-Entscheidungstabelle mit vollständigen Regeln sind weiter Formen möglich: • Entscheidungstabellen mit erweiterten Regeln: In die Regelspalten werden Konstanten und arithmetische Ausdrücke aufgenommen:
Wenn A und B = Dann setze F =
Regel 1
Regel 2
Regel 3
Regel 4
6 C+ 3
3
3,5
4,5
A + 1
Dieses Beispiel zeigt im Bedingungsteil zwei Arten der erweiterten Eintragungen: In der ersten Zeile sind die Vergleichsoperatoren unterschiedlich, sie werden deshalb in den einzelnen Regelspalten notiert. In der zweiten Zeile ist der Vergleichsoperator ( = ) für alle Regeln derselbe, er kann deshalb im Beschreibungsteil vermerkt werden. • Entscheidungstabelle mit gemischten Eintragungen: Hierbei liegen sowohl einfache als auch erweiterte Bedingungen vor. • Begrenzte Entscheidungstabellen: Bei der Austeilung der Entscheidungstabelle ist darauf zu achten, daß sie vollständig ist, d. h. daß alle theoretisch oder auf jeden Fall alle praktisch möglichen Kombinationen von Bedingungen vorgesehen sind. Oft will man jedoch nur für einige bestimmte Kombinationen von Bedingungen bestimmte Maßnahmen treffen, während für alle übrigen Kombinationen keine oder andere Maßnahmen zu treffen sind.
90
Teil 1: Systemanalyse
Dies wird mit der letzten Regel, der „Sonst-Regel" (eise) zusammengefaßt:
Wenn Umsatz Vorjahr
Regel 1
Regel 2
Regel 3
Regel 4
100.001,bis 250.000,-
50.001,bis 100.000,-
10.001,bis 50.000,-
sonst
20.000,bis 60.000,-
6 0 . 0 0 0 , -
10%
Dann setze Rabatt =
0%
In der Praxis werden oft Entscheidungstabellen erstellt, die nicht in jeder Bedingung ein „J"- oder „N"-Eintragung haben. Beispiel:
Bedingung 1 Bedingung 2 Bedingung 3
1
2
3
4
J J
J N J
J N N
N
X
X X
X X
-
X
Aktion A Aktion B
-
(Statt Strich kann auch ein Punkt angegeben sein oder das Feld überhaupt leer bleiben.) Dies bedeutet, daß es z.B. in der 1. Regel unerheblich ist, ob die Bedingung 3 zutrifft oder nicht, d. h. es kann „J" oder „N" heißen. Mit anderen Worten: Diese komplexe Entscheidungsregel kann in zwei einfache Entscheidungsregeln verwandelt werden. • Konsolidieren von Entscheidungstabellen: Führen verschiedene Regeln zu gleichen Aktionen, kann die vollständige E - T A B zu einer konsolidierten ET A B verdichtet werden: Bedingung: Es können nur Regeln zusammengefaßt werden, welche die gleichen Aktionen haben. Beispiel: 1
2
3
4
5
6
7
8
Bedingung 1 Bedingung 2 Bedingung 3
J J J
J J N
J N J
J N N
N J J
N J N
N N J
N N N
Aktion A Aktion B Aktion C
X
X
X X
X
X
X
X
konsolidiert:
X X
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse 1 Bedingung 1
J
Bedingung 2 Bedingung 3
J
Aktion A Aktion B
2
3
4
J
J
N
J
N
N X
N X
X
X
Aktion C
91
X X
Abb. 60: Konsolidieren von Entscheidungstabellen
• Prüfung auf Redundanz und Widerspruch a) Redundanz Zwei Entscheidungsregeln sind redundant, wenn es eine Bedingungskombination gibt, welche in beiden Entscheidungsregeln vorkommt und wenn diese beiden Entscheidungsregeln die gleichen Aktionen enthalten. b) Widerspruch Zwei Entscheidungsregeln sind widersprüchlich, wenn es eine Bedingungskombination gibt, welche in beiden Entscheidungsregeln vorkommt und wenn diese beiden Entscheidungsregeln unterschiedliche Aktionen enthalten. • Feststellen von Redundanz und Widerspruch Die Bedingungseintragungen jeder Regel werden mit den Bedingungseintragungen jeder anderen Regel verglichen. Es besteht dann keine Redundanz und kein Widerspruch, wenn jeweils auf mindestens einer Zeile ein Gegensatzpaar „J/N" oder „N/J" vorhanden ist. Beispiel:
Bedingung 1
1
2
3
4
5
6
7
J
J
J
N
N
N
N
J
N
Bedingung 2
J
Bedingung 3
-
N
Bedingung 4
J
-
Aktion A
X
X
Aktion B
X
X
-
X
J
J
N
-
N
N
-
J
J
N
-
-
X
X
X
X
Aktion C
X
Redundanz Abb. 61: Redundanz und Widerspruch einer Entscheidungstabelle
Widerspruch
92
Teill: Systemanalyse
• Verkettung von Entscheidungstabellen Oft wird sich eine Entscheidungsfolge auf mehrere Entscheidungstabellen verteilen, die miteinander verknüpft werden. Dabei unterscheidet man offene und geschlossene Tabellen. In eine offene Tabelle verzweigt man mit „ G O T O T A B E L L E X", d.h. die Fortsetzung wird in der angesprochenen Tabelle selbst als letzte Maßnahme spezifiziert. In eine geschlossene Tabelle verzweigt man mit „ D O T A B E L L E Y " oder „PERF O R M T A B E L L E Y " , d.h. nach dem Durchlaufen der geschlossenen Tabelle wird an den Ausgangsort zurückgekehrt. Sie ist einer Unterroutine vergleichbar.
Durch das Verketten von Entscheidungstabellen können mehrere Aufgaben in ihrem Zusammenhang dargestellt und programmiert werden. Nach Ausführung einer geschlossenen Entscheidungstabelle wird eine Rückkehradresse zur ursprünglichen Entscheidungstabelle angegeben. Abb. 62: Verketten von Entscheidungstabellen
Entscheidungstabellen stellen ein Hilfsmittel bei der Analyse strukturierter Entscheidungsprobleme dar. Sie können außerdem bei der Programmierung und bei der Systemdokumentation verwendet werden. Durch den Einsatz von sog. Entscheidungstabellen-Prozessoren besteht die Möglichkeit, einen in Form einer Entscheidungstabelle definierten Entscheidungsprozeß direkt zum Bestandteil eines Programmes zu machen; dadurch ergibt sich eine Vereinfachung gegenüber der verbalen Beschreibung dieses Sachverhalts, etwa im Rahmen einer Programmieranweisung.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
93
3.3.7 Tree-Analysis Die Entscheidungsfindung kann sowohl bei Entscheidung unter Sicherheit als auch unter Unsicherheit zu einer großen Zahl kombinatorischer Möglichkeiten führen. Die Analyse der potentiellen Entscheidungsmöglichkeiten (Alternativen), die aus einer endlichen Anzahl von Teilentscheidungen oder Teilaktivitäten mit jeweils diskreten Wahrscheinlichkeiten zusammengesetzt sind, erfordert eine systematische Ordnung und Berechnungsmethode, um die in Betracht kommenden Alternativen einer Entscheidung quantitiv bewerten zu können. Für mehrstufige oder sequentielle Entscheidungsprobleme eignet sich die Darstellung in Form von sog. „Entscheidungsbäumen" (decision trees). Das Verfahren der Bewertung und graphischen Darstellung heißt „tree analysis". Das Prinzip der Tree Analysis besteht darin, daß jede einzelne Stufe eines Entscheidungsprozesses, d.h. jede Folge von Einzel- oder Teilentscheidungen, Konsequenzen und Ereignissen graphisch dargestellt, beschrieben und bewertet wird. Dadurch kann erkannt werden, welche Entscheidungen von vornherein auszuscheiden sind, da sie nicht zur Zielerfüllung führen und welche Alternativen überhaupt in den engeren Selektions- und Bewertungsprozeß mit einzubeziehen sind. Die Akzeptanz oder Verwerfung einer Alternative ist von einer zu definierenden Entscheidungsregel abhängig. Für die Anwendung dieser Methode sind drei Voraussetzungen zu treffen: a) Beschreibung der Situation: Die Situationsbeschreibung muß den Freiheitsgrad einer Entscheidungssituation definieren, d.h. die Zahl der zulässigen Alternativen und deren gegenseitigen Abhängigkeiten (i.e. Baum-Struktur). b) Beschreibung der Zielsetzung: Das Ziel muß quantitativ, d.h. als operable Größe definiert werden; dasselbe gilt für die Beschreibung der Entscheidungsregeln. c) Bewertung: Den Teilaktivitäten des Entscheidungsprozesses müssen Wahrscheinlichkeiten bezüglich ihres Eintritts zugeordnet werden. Die Bewertung umfaßt auch die Angabe der Werte, Nutzen oder Verluste, die durch Teilentscheidungen potentiell entstehen können. Folgende Definitionen gelten: Ein Entscheidungsbaum kann als ein gerichteter Graph definiert werden; er enthält demnach Knoten und Kanten: • • • • •
Entscheidungsknoten Ereignisknoten Endknoten Entscheidungskanten Ereigniskanten
Ein Entscheidungsknoten stellt eine Entscheidungssituation dar, die mindestens eine Alternative zuläßt. Die Alternativen heißen Entscheidungskanten, wenn der Aktor einen subjektiven Freiheitsgrad bezüglich der Adaption oder der Verwerfung des durch die Alternative bedingten Ereignisses hat. Sie werden Ereigniskanten genannt, wenn das damit verbundene Ereignis nicht in der Gewalt des
94
Teil 1 : Systemanalyse
Entscheidenden liegt („Strategie des unbekannten Gegenspielers"). Ereigniskanten charakterisieren die durch eine Alternative bedingten Konsequenzen, die u.U. zu einem neuen Entscheidungsknoten - einer Sub-Entscheidung im mehrstufigen Entscheidungsprozeß - führen können. Endknoten bedeuten den Abbruch eines Zweiges im Entscheidungsbaum, wobei der Abbruch entweder logisch begründet ist (Zielerreichung) oder durch Mangel an zusätzlicher Information erzwungen wird. Beispiel: Es soll eine analytische Bewertung alternativer Test- und Installationsmöglichkeiten bezüglich eines Standard-Software-Paketes eines Anbieters vorgenommen werden. Folgende Alternativen sind möglich: 1. Test im eigenen Rechenzentrum und anschließende Installation mit eigenen Mitarbeitern oder mit Unterstützung durch das Personal des Anbieters. 2. Test im Rechenzentrum eines Herstellers und anschließende Installation mit eigenen Mitarbeitern oder mit dem Personal des Herstellers. Dieses vereinfachte Beispiel hat als Lösungsbaum folgende Struktur: ~
^
^
A,
Eo
-7—f\
A
"
Bei einem Entscheidungsbaum werden alle Alternativen einer Entscheidung systematisch bewertet. Abb. 63: Entscheidungsbaum
Es gelten folgende Zusammenhänge: Die Alternative a] (Test im Rechenzentrum des Herstellers) bedingt das Ereignis ej: Kosten in Höhe von D M 10.000,— ; die Wahrscheinlichkeit, daß die Anwendung nach erfolgtem Test operationsbereit ist, beträgt 0,8, d.h. es muß mit einem Risikozuschlag von 20% (1,2) kalkuliert werden. Die Alternative a 2 (Test in eigenen Rechenzentrum) bedingt das Ereignis e 2 Kosten in H ö h e von D M 6.000,—, Risikozuschlag 40%, da die eigenen Mitarbeiter keine detaillierte Kenntnis besitzen.
95
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
Nach erfolgtem Test ist eine Entscheidung bezüglich der Installationsstrategie zu fällen (E[ oder E 2 ): Die Alternative a n (a 21 ) - Installation durch Mitarbeiter des Herstellers - bedingt das Ereignis e n (e 2 i): Kosten in H ö h e von D M 5.000,— ( 6 . 0 0 0 , - ) , Risikozuschlag 20% (25%). Die Alternative a 12 (a 22 ) - Installation durch eigene Mitarbeiter - bedingt das Ereignis e, 2 (e 22 ): Kosten für eigenes Personal D M 3.000,— (2000,—), Risikozuschlag 40% (30%). Die Bewertung der vier möglichen Alternativen Aj — A 4 kann nach folgendem Schema durchgeführt werden:
e.
a
an
3] Betrag
r
10.000
1,2
Betrag
12
2
Betrag
r
6.000
1,4
e
2l e 22
21 Betrag
1,4
4.200,-
r
Wert
a 22
a
2
Wert 6.000,-
3.000,-
a
r
1,2
e
e
12 Betrag
12.000,5.000,-
en
r
r
Betrag
8.400,6.000,-
1,25
7.500,2.000,-
1,3
2.600,-
Die Berechnung der Kosten (K) einer Alternative erfolgt durch die Addition der mit den Wahrscheinlichkeiten (bzw. Risikozuschlägen) gewichteten Einzelereignisse. Die dargestellte Methode kann für mehrere Aufgaben eingesetzt werden: a) Analyse mehrstufiger, sequentieller Entscheidungsprozesse: Eine Verfeinerung dieser Methode kann durch die Einführung zusätzlicher Berechnungsmodi erzielt werden, wie z.B.: • Die Wahrscheinlichkeiten der Ereignisse können durch ein Streumaß (z.B. durch eine Beta-Verteilung) ergänzt werden. • Berücksichtigung zeitlicher Abhängigkeiten (Dynamisierung) und den sich daraus ergebenden Folgen für die Kostenermittlung durch eine Diskontierung der Erträge bzw. des Aufwands. • Einführung limitierender Faktoren, d.h. von Bedingungen, die angeben, wann ein Zweig nicht mehr weiterverfolgt werden soll (z.B. alle Ereignisse mit einem Risikozuschlag von 1,5 sind abzubrechen). b) Information Retrieval: Das Ereignis ist in diesem Fall durch eine Information gekennzeichnet, die der Suchende akzeptiert oder verwirft. Die Alternativen werden durch Pointer her-
96
Teil 1: Systemanalyse
gestellt, d.h. durch den Hinweis auf zusätzliche Informationen, die mit der gefundenen in einer logischen Beziehung stehen. c) Strukturierte Problemlösungsprozesse: Ein strukturierter Problemlösungsprozeß liegt dann vor, wenn ein potentielles Problem mit seinen zugehörigen potentiellen Ursachen ex ante definiert werden kann. Ein potentielles Problem istz.B. ein Umsatzrückgang. Für die Analyse dieses Problems läßt sich schematisch folgender „Lösungsbaum" konstruieren:
l
/ /
^
— 5 — LA' ?:. —A>
*""
" I M
-
a
/
/ / a—-
e
Sehentfernung (mm) 170
Als Richtgröße läßt sich bei einer durchschnittlichen Sehentfernung damit eine Zeichenhöhe von mindestens 2,6 mm und höchstens 3,5 mm ableiten. • Untergrund: Der Untergrund des Bildschirmes darf nicht schwarz sein, da sonst der „Tunnel-Effekt" auftritt. Der Bildschirm wirkt wie ein Tunnelfeld, auf dem Zeichen mit höherem Energieaufwand (Sehaufwand) identifiziert werden müssen. 2. Farben: In der Praxis kann oftmals beobachtet werden, daß bei der Gestaltung von Bildschirmausgaben mit Farbe verschwenderisch umgegangen wird. Dabei wird vergessen, daß die Farbe lediglich eine redundande Zusatzinformation neben der Helligkeitskonstante bedeutet. Größere Farbfelder - auch der farbige Untergrund des Bildschirms - führen zu Umstimmungsvorgängen der Farbbewertung durch das Auge und erhöhen damit die Beanspruchung bei visueller Arbeit. Man sollte sich bei der Farbgestaltung stets verdeutlichen, daß das menschliche Auge eine Optik mit schlechter farblicher Abbildungscigenschaft besitzt (chromatische Aberration). Nur Licht mit grüngelber Wellenlänge wird auf der Netzhaut abgebildet. Für rotes Licht ist das Auge übersichtig und für blaues Licht entsprechend untersichtig. Daher gilt als Regel für die Farbgestaltung: Keine einheitlich roten oder blauen Zeichen! Weitere Elemente der Geräteergonomie sind: Flimmern und Reflektion. Hierbei wird allerdings von den Herstellern durch entsprechende technische Neuerungen in vielen Fällen Abhilfe geschaffen, zum Beispiel durch Bildfolgefrequenzen und Oberflächenvergitterungen der Bildschirme (Mikromeshfilter) Zu c): Software-Ergonomie: Die Software-Ergonomie bezieht sich vorwiegend auf die Gestaltung des Arbeitsvollzugs mit Hilfe des Bildschirmes. Dabei ist immer davon auszugehen, daß die Art der bisherigen Tätigkeit einer Veränderung unterworfen wird. Wir unterscheiden grundsätzlich drei Arten derartiger Veränderungen:
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
121
• R e d u z i e r u n g u n d N e u b i l d u n g : W e g f a l l k o m p l e t t e r A r b e i t s e l c m c n t c , z u m Beispiel d a s m a n u e l l e F ü h r e n v o n K a r t e i e n , A r c h i v e n u n d A k t e n . • N e u b i l d u n g : E s e n t s t e h e n n e u e A r b e i t s e l e m e n t e , z u m Beispiel statt des m a n u ellen P r ü f e n s e i n e r R e c h n u n g u n d d e r E r m i t t l u n g v o n R a b a t t - u n d S k o n t o b e t r ä g e n g e n ü g t d e r A u f r u f e i n e r B i l d s c h i r m f u n k t i o n , die diese B e r e c h n u n g e n automatisch ausführt. Zusätzliche Elemente entstehen auch d a n n , wenn über das a u f g e r u f e n e P r o g r a m m S u m m e n o d e r sonstige B e r e c h n u n g e n a u s g e f ü h r t w e r d e n , die bisher m a n u e l l o d e r ü b e r h a u p t nicht d u r c h g e f ü h r t w e r d e n k o n n ten. • K o m p r i m i e r u n g : D i e K o m p r i m i e r u n g b e z i e h t sich auf d i e K o n z e n t r a t i o n o d e r Integration verschiedener Arbeitsschritte, die n u n m e h r von einem Arbeitsplatz a u s g e m e i n s a m v o l l z o g e n w e r d e n . Ein B u c h h a l t e r ist beispielsweise nicht m e h r n u r f ü r das V e r b u c h e n v o n R e c h n u n g e n und f ü r d a s V e r w a l t e n e i n e r bes t i m m t e n K o n t o k l a s s e z u s t ä n d i g , s o n d e r n a u c h f ü r d a s E r s t e l l e n von D e k k u n g s b e i t r a g s r e c h n u n g e n , f ü r die E r r e c h n u n g von L i q u i d i t ä t s z i f f e r n u n d f ü r die P l a n u n g von o f f e n e n P o s t e n . D i e K o m p r i m i e r u n g g e h t o f t mit d e r N e u b i l dung einher. E n t s p r e c h e n d diesen V e r ä n d e r u n g e n sind auch die t e c h n i s c h e n H i l f e n u n d U n t e r s t ü t z u n g s m a ß n a h m e n f ü r d e n B e n u t z e r zu installieren, wie z u m Beispiel: • Hilfsmittel f ü r d e n Fall e i n e s S y s t e m f e h l e r s • selbsterklärende Systemnachrichten • arbeitsgerechte A n o r d n u n g der Tastatur-Zuweisungen (Funktionstasten-Zuordnung) • Gestaltung des I n f o r m a t i o n s a u f k o m m e n s • Dialoggestaltung. G e r a d e d e r letzte P u n k t , die D i a l o g g e s t a l t u n g , wird o f t m a n g e l s m e t h o d i s c h e r A u s b i l d u n g d e r D e s i g n e r v e r n a c h l ä s s i g t . Z w e i g r u n d l i e g e n d e B e g r i f f e gilt es zu klären: a) B i l d s c h i r m f o r m a t : Ein B i l d s c h i r m sollte e i n d e u t i g in B e r e i c h e f ü r d i e A n w e i s u n g e n u n d in solche f ü r die D i a l o g s t e u e r u n g ( K o n t r o l l b e r e i c h e ) u n t e r g l i e d e r t w e r d e n . D e r A n w e n d u n g s b e r e i c h u m f a ß t : E i n M e n ü , die F e l d e r f ü r d i e E r f a s s u n g d e r D a t e n o d e r f ü r deren Ä n d e r u n g und Informationen für den A n w e n d e r (Benutzer). D e r Kont r o l l b e r e i c h e n t h ä l t : Titel d e r A n w e n d u n g , B i l d s c h i r m f o l g e n u n d S e i t e n z a h l , D a t u m , N a c h r i c h t e n u n d F e h l e r m e l d u n g e n , B e f e h l s e i n g a b e u n d die Z u o r d n u n g d e r Funktionstasten. b) Dialogaufbau: E i n D i a l o g b e s t e h t i m m e r aus d e n G r u n d s c h r i t t c n : A b f r a g e s c h r i t t - V e r a r b e i tungsschritt - Eingabcschritt - Endigungs- oder Weiterführungsschritt. W i c h t i g ist die K o n t i n u i t ä t d e r e i n m a l g e w ä h l t e n D a r s t e l l u n g e n : • D a s g e w ä h l t e B i l d s c h i r m d e s i g n ist f ü r e i n e n l ä n g e r e n Z e i t r a u m k o n s t a n t zu halten. • W i e d e r k e h r e n d e D a t e n u n d F e l d e r sind in d e r gleichen Z e i l e bzw. A n o r d n u n g zu p l a z i e r e n . • D i e N a m e n s g e b u n g d e r F e l d e r ist k o n s t a n t zu h a l t e n . • D i e M e n g e d e r I n f o r m a t i o n e n ist zu b e g r e n z e n .
122
Teill:
Systemanalyse
• Tabellarische Untergliederung der Information ist anzustreben. • Sparsamer Umgang mit Farbgebung, wenn Farbe, dann stets komplementäre Farben benutzen. • Fließtexte sind zu untergliedern • Keine Mischung von unterschiedlichen Darstellungsformen, wie zum Beispiel Grafik, Text und Zahl. • Eindeutige Belegung von programm- und funktionsgesteuerten Anweisungen. Fehler beim Software-Design führen zu höheren Belastungen der Benutzer und üben damit eine negative Wirkung auf die Akzeptanz und auf die Produktivität aus.
Zusammenfassung
Arbeitsplatzanalysen
Arbeitsplatzanalysen beziehen sich auf die ergonomische Gestaltung des Arbeitsvollzugs. Diese wird beeinflußt durch: Umgebungsergonomie Geräte-Ergonomie Software-Ergonomie Die Gesamtheit der ergonomischen Gestaltungsmöglichkeiten wirkt sich aus auf: • physiologische Bedingungen des Arbeitsvollzugs und damit auch auf die Gesundheit der Benutzer • Akzeptanz und Arbeitsmotivation • Produktivität Für den Prozeß der Systementwicklung und Systemanalyse stellen die ergonomischen Erkenntnisse Rahmenbedingungen dar, die durch entsprechende analytische Beobachtungen auf die jeweilige Praktikabilität zu untersuchen sind. Die Miteinbeziehung des Benutzers ist bei Ergonomie-Analysen ebenso erforderlich wie diejenige der für die Ablauforganisation zuständigen Stellen, um ein Höchstmaß von Übereinstimmung zwischen objektiven Bedingungen eines Arbeitsvollzugs und subjektiven Anforderungen zu erzielen.
3 . 6 . 6 Qualifikation und Akzeptanz Akzeptanzprobleme treten in der betrieblichen Praxis auf, wenn es darum geht, neue Technologien, die unmittelbar den Arbeitsplatz und das Arbeitsumfeld betreffen, einzuführen. Dies trifft insbesondere auf die dezentrale Datenverarbeitung zu, wo die Etablierung des Bildschirmarbeitsplatzes unmittelbare Veränderungen bisheriger Arbeitsmethoden verursacht. Derartige Veränderungen beziehen sich sowohl auf die Qualifikation des Arbeitnehmers als auch auf das Arbeitsverhalten. Qualifikation Ein entscheidendes Kriterium, das eine negative Grundeinstellung bewirken kann, ist die Furcht einer Dequalifizierung der Arbeit. Die Angst vor Abhängigkeit, Normierung, Kontrolle und Fremdbestimmung gehen oftmals mit dieser be-
3. Kapitel: M e t h o d e n u n d T e c h n i k e n der Systemanalyse
123
fürchteten Minderqualifizierung einher. Derartige Begleitumstände können allerdings tatsächlich auftreten, und zwar dann, wenn mangelhafte Vorbereitungen dazu führen, daß „unmündige" Benutzer ständig auf die Unterstützung anderer Funktionen angewiesen sind und die bisherigen Arbeitsgebiete und Arbeitsinhalte nicht den technischen Möglichkeiten angepaßt werden. Gemessen am organisatorischen und technischen Potential ist jedoch bezüglich der Qualifikation ein Übergang von der Routinearbeit zur qualifizierten Problemlösung möglich:
Fachkompetenz über: Operatives Einzelwissen; B e z u g n a h m e auf E i n z e l d a t e n und gleichbleibende Geschäftsvorfälle
Organisationswissen K o m p l e x e Geschäftsvorfälle Dateiverknüpfungen
-
Aktuelle Probleme Kommunikation Systemzusammenhänge Datenbanken Externe Daten Technisches K n o w H o w Beherrschung moderner Technologien - Analytisches A r b e i t e n
Höherqualifikation
D e r Ü b e r g a n g von der o p e r a t i v e n Einzeltätigkeit zur F a c h k o m p e t e n z b e d e u t e t eine H ö h e r qualifikation. A b b . 73: V e r ä n d e r u n g der Qualifikation
Die in Bild 73 dargestellten Stufen einer möglichen Höherqualifikation sind als ein evolutionärer Prozeß zu betrachten. U m die erwähnten Ängste abzubauen, ist es erforderlich, daß bereits in der Zieldefinition eines dezentralen Systems die schrittweise Erweiterung der Kompetenz und des erwarteten Problemlösungspotentials beschrieben und als Aktionsplan vereinbart wird. Eine derartige Zielsetzung impliziert zweierlei: a) Reorganisation des Arbeitslaufes und der Aufgabenverteilung: Die Routineaufgaben (z.B. Erstellen gleichbleibender Auswertungen, Listen und Statistiken) sind zu automatisieren, so daß sie nur noch aufgrund einer Befehlseingabe des dezentralen Benutzers erstellt werden, und zwar zentral im Rechenzentrum, als sogenannte „Mail-Aufgabe". D a derartige Routineaufgaben in allen Funktionsbereichen eines Unternehmens auftreten, können sie gebündelt von einer Service-Zentrale (analog einem zentralen Schreibdienst) abgerufen und erteilt werden. Damit wird die Fachabteilung von Routineaufgaben entlastet.
124
Teill:
Systemanalyse
b) Schulung und Training für logistische Abläufe: Die Fachbereichs- oder Abteilungsbegrenzung wird durchbrochen zugunsten des Erfahrens und Verstehens gesamtbetrieblicher Abläufe und Zusammenhänge. Dies bedeutet, daß nach der Vermittlung der informationstechnischen Grundlagen auch Organisationswissen und Logistik des Unternehmens zu schulen sind. Es ist ein Irrtum, davon auszugehen, daß mit der Installation eines PC oder einer Datenstation der bisherige, routinemäßig geübte Sachbearbeiter sich zu einem aktiven Problemloser entwickelt. In der Mehrzahl aller Fälle wird er mit Ausdauer und Akribie versuchen, seine bisherige (eingeübte) Art der Arbeitserledigung beizubehalten, nur eben auf der Basis eines anderen technischen Hilfsmittels. Damit ist die Problematik des Arbeitsverhaltens angesprochen, das - als negatives Kriterium - oft mit dem Begriff der Monotonie des Arbeitsvollzuges in Verbindung gebracht wird. Arbeitsverhalten Das Arbeitsverhalten muß zunächst als eine individuelle Fähigkeit anerkannt werden, die nur sehr schwer durch äußere Beeinflussungen zu verändern ist. Ein wesentlicher, hemmender Faktor ist die mangelhaft ausgebildete Lernfähigkeit und Lernbereitschaft einer Vielzahl von Menschen. Die Ursachen für die generelle Vernachlässigung der Bildung von Humankapital sind vielfältiger Natur, doch dürfte der relativ hohe Konsum an vordergründigen Freizeitbeschäftigungen ebenso negativ wirken wie der intensive passive Konsum vergnüglicher und unterhaltsamer, den Intellekt nicht beanspruchender Fernsehsendungen (siehe hierzu B. Keller: Zeitverwendung in der B R D . IAV-Mitteilungen, Nr. 3, Jg. 13, Nov. 1985, S. 87 ff.). Dies hat sicherlich Auswirkungen auf die mentale Mobilität vieler Menschen. Als Zielvorstellung fungiert beim Arbeitsverhalten die generelle Fähigkeit, wechselnde Aufgabengebiete und Problemstellungen mit eigenen, d.h. nicht vorgegebenen Methoden zu bewältigen. Dies setzt Spontanität und Kreativität voraus, sowie die Bereitschaft, sich vorbehaltlos mit den neuen Techniken der Arbeitsbewältigung zu befassen. Ein die Akzeptanz hemmendes Kriterium ist die Angst vor Monotonie d.h. vor sowohl inhaltlich als auch zeitlich gleichförmig verlaufenden Arbeitsprozessen. Derartige Aufgaben sind jedoch nur für einen Teil der dezentralen Arbeitsgebiete erkennbar, wobei es sich vorwiegend um Tätigkeiten handelt, die auch ohne den Einsatz der Datenverarbeitung monoton abgehandelt werden. Die Belegerfassung und Dateneingabe zählen zu diesen Arbeitsgebieten. Eine Reduzierung monotoner Arbeitsgebiete ist durch die Entwicklung von Mischarbeitsplätzen möglich. Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, daß es aus arbeitsergonomischen Gesichtspunkten heraus durchaus sinnvoll ist, kurze Arbeitsschritte mit monotonem Arbeitsinhalt in die Arbeitszeit einzubetten, da die Monotonie auch eine gewisse Entspannung von Hektik und überdurchschnittlicher Anspannung mit sich bringt. Die Monotonie an sich ist nicht negativ zu beurteilen, sofern sie sich als ergänzender Bestandteil der Arbeit in die übrigen Prozesse eingliedern läßt. Die Zielsetzung besteht in der Entwicklung von fachübergreifenden Teams mit einem hohen Potential an Lernfähigkeit und Problemlösungskompetenz.
3. Kapitel: Methoden und Techniken der Systemanalyse
125
Der Übergang von der monotonen Sachbearbeitung zur Problemlösungskompetenz verändert die Aufgabenstellungen, die Schulungsinhalte und die Organisation. Abb. 74: Übergang zur Problemlösungskompetenz D e r a r t i g e P r o z e s s e d e s Ü b e r g a n g s v o n e i n e r v o r g e g e b e n e n u n d sich g l e i c h f ö r m i g vollziehenden Arbeit zur individuellen Aufgabenerledigung haben Auswirkung e n auf d i e • Schulung und Einführungsstrategien, • laufende Betreuung und Unterstützung, • R e o r g a n i s a t i o n d e r A r b e i t s g e b i e t e ( f u n k t i o n a l e V e r ä n d e r u n g e n ) u n d auf d i e Organisation des U n t e r n e h m e n s . D e r Q u a l i f i k a t i o n u n d d e n A r b e i t s i n h a l t e n lassen sich e i n e R e i h e q u a n t i f i z i e r b a rer u n d d a m i t b e e i n f l u ß b a r e r Kriterien z u o r d n e n ( A b b i l d u n g 75). Qualifikation ist abhängig von:
Arbeitsverhalten wird beeinflußt durch:
Kompetenz und Verantwortung
Monotonie und Abwicklung
Ausbildung und Lernaufwand
Benutzerfreundliche Systeme
Technisches Know How
Ergonomische Gestaltung
Organisationswissen
Belastungen und Belastbarkeit
Vorgangsbearbeitung und Routine versus Komplexität und Gesamtbearbeitung
Teamfähigkeit
Koordinationsfähigkeit
Standardisierung und Normung
Fachliche und organisatorische Weiterbildungsmöglichkeiten
Kommunikationsverhalten
Flexible Gestaltung der Arbeit nach Inhalt und Zeit Transparenz der Daten Technische Hilfen
Abb. 75: Kriterienliste zur Akzeptanz
126
Teill: Systemanalyse
Die Planung und Entwicklung qualifikationsverbessernder Methoden ist eine Aufgabe des System-Designs und der System-Einführung. Die Entwicklung des entsprechenden Arbeitsverhaltens wird dagegen weitgehend durch den paktizierten Führungsstil einer Organisation geprägt. Bürokratische und autoritäre Führungsstrukturen blockieren die Entwicklung hoher Problemlösungskompetenz, während Gruppenmanagement, Delegation und Kooperation jenes Klima entwickeln, in dem sich Innovation und Koordinationsfähigkeit bei den Mitarbeitern entfalten können. Die Führungsorganisation vieler Unternehmen ist sich allerdings dieses Zusammenhangs noch nicht bewußt.
4. Kapitel: Strategien der Systemanalyse 4.1 Entwicklung eines Vorgehensplans Für die praktische Anwendung der systemanalytischen Methoden ist eine strukturierte Arbeitsweise erforderlich. Die Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes, die zielorientierte Vorgehensweise und die Auswahl der zielentsprechenden Methoden bestimmen dabei die Arbeitsweise des Systemanalytikers. Die Bestandteile eines Vorgehensplanes sind: 1. Definition des Auftrages und Zielbeschreibung: Wir zitieren zur Verdeutlichung dieses Teils der systemanalytischen Arbeit ein Beispiel. In einen Unternehmen möge das Problem auftreten, daß bei der Belegerfassung eine hohe Fehlerquote besteht. Der Auftrag lautet dann: „Untersuchung der Stelle Belegerfassung bezüglich der Ursachen für das Auftreten der hohen Fehlerrate und Entwicklung eines Vorschlages für deren Behebung." Mit dieser Zielund Aufgabenbeschreibung ist implizit die Abgrenzung des Untersuchungsfeldes verbunden. Im zitierten Beispiel wäre das Untersuchungs- oder Problemfeld eindeutig bestimmt: Die Abteilung und die Stellen der Belegerfassung. Schwieriger gestaltet sich die Problemfeldabgrenzung im zweiten Beispiel: Ein Unternehmen möge beabsichtigen, die Funktion Beschaffungswesen durch den Einsatz eines Informationssystems effektiver zu gestalten. Die Ursache für diese Entscheidung können sein: Zu lange Durchlaufzeiten bei der Bearbeitung von Bestellungen bei Lieferanten, hoher Anteil an Eil- oder Sonderbestellungen auf Grund mangelnder Disposition, hohe Kosten bei der Auswahl der in Frage kommenden Lieferanten und hohe Lagerbestände wegen Nichtbeachtung günstiger Losgrößen beim Einkauf. Die Abgrenzung des Problemfeldes erscheint in diesem Fall vielen Systemanalytikern schwierig. Auf Grund des logistischen Zusammenhangs für das Auslösen einer Bestellung geraten sie in eine logische Kette: Mangelnde Disposition des Einkaufs ist eine Folge mangelnder Disposition im Lager, diese ist verursacht durch ein unvollständiges Produktionsprogramm, das seinerseits wiederum durch die Mängel im Verkaufsplan bedingt ist, weil keine Marktprognosen und keine strategische Auftragsplanung existiert. Eine logische Kette führt oftmals zu einer spekulativen Systemanalyse: Der Systemanalytiker nimmt in Form von Hypothesen Ursachen vorweg und erweitert damit das Problemfeld. Unter Umständen führt ihn dies von der eigentlichen Aufgabenstellung weg und am Ende entwickelt er ein totales Informationssystem, das aber aufgrund zeitlicher, budgetärer oder strategischer Limitationen gar nicht realisiert werden kann. Es ist daher erforderlich, das Problemfeld genau abzugrenzen und die im Verlauf der Untersuchung sich ergebenden Schnittstellen aufzuzeigen. Im zitierten Beispiel der Beschaffungsorganisation könnte dies dazu führen, daß für das Problemfeld „Beschaffung" eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen entwickelt werden, damit aber - auf Grund der Interdependenz zu vorgelagerten Problem-
128
Teil 1: Systemanalyse
feldern - nur eine Teillösung im Sinne der Zielerreichung ermöglicht würde. Das Resultat könnte ein Stufenplan für die Entwicklung mehrerer Informationssysteme für mehrere Funktionen des Unternehmens sein, über deren Realisierung dann eine Nutzenanalyse entscheiden würde. Grundsätzlich gilt: Begrenzung der jeweiligen Untersuchungsaktivitäten zunächst auf das vorgegebene Problemfeld, Abgrenzung gegenüber anderen, voroder nachgelagerten Problemfeldern und Bestimmung der Schnittstellen. Daraus leitet sich dann das Untersuchungsziel ab, das in vielen Fällen zu einer Reihe von alternativen Vorschlägen für mehrere Funktionsbereiche eines Unternehmens führen kann. 2. Methodenauswahl Das Untersuchungsziel bildet die Grundwahl für die Auswahl der in Frage kommenden Methoden. Bevor mit der eigentlichen Analyse begonnen wird, bestimmt der Analytiker zunächt die Methode, mit der er seine Erkenntnisse gewinnen will. In der Regel sind mehrere Methoden zu kombinieren, um ein repräsentatives Bild des Problemfeldes ableiten zu können. 3. Aktivitätenplanung Entsprechend den ausgewählten Methoden erfolgt nun die Zuordnung der Arbeitschritte und die Planung für deren Realisierung. Zum Beispiel: Entwicklung eines Interview-Leitfadens, Vereinbarung von Terminen mit repräsentativ ausgewählten Aufgabenträgern, Konsolidierung der Ergebnisse, Diskussion mit den Beteiligten und Nacherhebung. Die damit aufgezeigte Strukturierung der Arbeitsvorganges eines Systemanalytikers bezeichnen wir als Z-M-A-Methode: Zieldefinition (Z): Konkretisierung des Auftrags Methodenzuordnung (M): Auswahl der geeigneten Untersuchungsmethoden Aktivitätenplanung (A): Tätigkeitsplanung und Terminierung für die konkrete Durchführung.
4.2 Total- und Partialanalysen Totalanalyse bedeutet, daß für ein Problemfeld alle Fakten aller Benutzer, aller Objekte und aller Prozesse untersucht werden: Der Systemanalytiker entwickelt ein vollkommenes Abbild aller Fakten seines Untersuchungsfeldcs. Totalanalysen sind bei technisch sensiblen Prozessen (z.B. Steuerungs-, Kontroll- und Prozeßcharakteristika eines Kraftwerks) erforderlich. Sie haben den Nachteil, daß sie zeit- und kostenintensiv sind. Bei betriebswirtschaftlichen Prozessen tritt das Problem hinzu, daß nach Abschluß einer zeitaufwendigen Totalanalyse bereits wieder Änderungen im Problemfeld aufgetreten sein können. Aus praktischen Erwägungen heraus wird man daher im Sinne einer Partialanalyse ein stufenweises Vorgehen einschlagen: Die stufenweise Bedarfsanalyse soll verhindern, daß mit großem Aufwand eine Totalanalyse betrieben wird, bevor das Projekt in seinen Grundsätzen genehmigt und die entsprechenden Mittel bereitgestellt sind. Bei der stufenweise Bedarfsanalyse unterscheidet man prinzipiell drei Stufen:
4. Kapitel: Strategien der Systemanalyse
129
1. Grob-Analysen: Ermittlungen über die Strukur und Eigenarten des zu untersuchenden Problemfeldes. Die Grob-Analyse soll eine Überblick verschaffen über: • • • • • • •
die bisherige Entwicklung des Unternehmens den organisatorischen A u f b a u die Zielsetzungen die Arbeitsabläufe (Prozesse) die verfügbaren Resourcen die Restriktionen die Benutzer-Anforderungen
Diese Überblicksinformationen beziehen sich auf: 1. Technisch-materielle Prozesse: z.B. Warenbewegungen, Produktion 2. Informationelle Prozesse: z.B. Informationsfluß, Berichtswesen 3. Ökonomische Prozesse: z.B. Geld-und Vermögensbewegungen 4. Soziale und kommunikative Prozesse: z.B. Einzel- und Gruppenbeziehungen, Teamstrukturen, externe Beziehungen. 2. Fein-Analysen: Repräsentative und und ergänzende Untersuchungen zur Grob-Analyse: Auswahl typischer Prozesse, typischer Benutzer und typischer Abläufe. 3. Detail-Analysen: Ist-Aufnahme im Sinne einer Faktenanalyse zur Festlegung der Spezifikationen des Systems. In der Regel reicht eine Grob- und Fein-Analyse aus, um zu einem Konzept zu gelangen. Die Bedarfsanalyse sollte stets unter dem Ziel der Kurzfristigkeit eines Lösungsentwurfs gesehen werden: Die Aufgabe besteht in der Erfassung repräsentativer Informationen, die zu Kennziffern und Schätzzahlen aufbereitet werden, um möglichst frühzeitig, d.h. ohne eine zeitraubende Totalanalyse, zu einem Konzept zu gelangen, das als Grundlage für Entscheidungen über den weiteren Verlauf des Projekts dient.
4.3 Methoden-Mix Die Kombination der verschiedenen Methoden ergeben einen sogenannten „Methoden-Mix", etwa nach dem Muster in Abbildung 76. Da die in Abbildung 76 dargestellten Methoden unterschiedliche Detaillierungsgrade bedingen, ist der Methoden-Mix dem Vorgehensplan anzupassen:
130
Teill: Systemanalyse
Durch einen Methoden-Mix sollen entsprechend den unterschiedlichen Untersuchungsgegenständen auch die jeweils geeignetsten Methoden eingesetzt werden. Abb. 76: Methodenmix Detaillierungsgrad
Methode
Grobanalyse
Organisationsanalyse Strukturanalyse Informationsflußanalyse Schwachstellenanalyse Fragebogen
Feinanalyse
Informationsbedarf Interviews Aufgabenanalyse Prozeßanalysen Kommunikationsanalyse
Detailanalyse
Transaktionsanalyse Datenanalyse Entscheidungstabellen A d a m - und Eva-Charts
Abb. 77: Beispiel eines Methoden-Mix
Entsprechend Abbildung 77 handelt es sich um eine schrittweise Verfeinerung der Ergebnisse eines ausgewählten Problemfeldes. Dabei ist stets darauf zu achten, daß sich die Methoden gegenseitig ergänzen: Wird ein Prozeß beschrieben, dann sind ergänzende Untersuchungen erforderlich, z.B.: Die Organisation, die Kommunikation, die Beschreibung der Objekte und der Geschäftslogik. Es gibt keine allgemein verbindliche Regel für dem Methoden-Mix. Er ist abhängig von der Art der Aufgabenstellung, lediglich einige Grundsätze sind formulierbar: 1. Methodenentsprechung: Die ausgewählten Methoden sollen sich gegenseitig im Sinne einer schrittweisen Verfeinerung ergänzen. 2. Repräsentative Erhebung: Die eingesetzten Methoden sollen ein typisches Bild, d.h. die Normalsituation des Problemfeldes widerspiegeln.
4. Kapitel: Strategien der Systemanalyse
131
3. Orientierung der Methoden am Untersuchungsziel: Für Kommunikationsprozesse sind Kommunikationsanalysen, für technisch/materielle Prozesse Prozeßanalysen, für benutzergesteuerte Prozesse Daten- und Transaktionsanalysen und für Prozesse mit hoher Interdependenz Organisationsanalysen einzusetzen. 4. Zyklische Überprüfung: Jede Methode verfügt in sich über eine abgestufte Detailierung. Ein Fragebogen wird zunächst den allgemeinen oganisatorischen Kontext erfassen, in der zweiten Stufe die arbeitstypischen Prozesse und Bedingungen und in einer dritten Stufe dann die Daten und die Transaktionen mit ihren Eigenschaften. Jede dieser Stufen führt zu einem Ergebnis, das in der nächsten Stufe verfeinert wird. 5. Konstanz der Methoden: Nach Verabschiedung des Vorgehensplans ist für die Dauer der Untersuchung der Mcthoden-Mix beizubehalten. Nur in Ausnahmefällen, wenn bestimmte Ergebnisse nicht erzielt werden können, darf das Methodenpotential geändert werden. Werden im Verlauf einer Untersuchung die Methoden gewechselt, tritt das Problem der Aussagensicherheit und der Vergleichbarkeit auf. 6. Überprüfbarkeit der Ergebnisse: Alle Ergebnisse, die mit einer Methode ermittelt werden, müssen nachvollziehbar sein und der Realität entsprechen. Damit soll eine spekulative Systemanalyse verhindert werden. Die Nachprüfbarkeit kann durch Stichproben im Rahmen einer Nacherhebung erreicht werden. 7. Dokumentation: Alle Ergebnisse und Verfahrensschritte einer Untersuchung sind nach einem einheitlichen Schema zu speichern, damit Vergleichbarkeit für weitere Untersuchungen gewährleistet ist und eine entsprechende Konsolidierung der Ergebnisse vorgenommen werden kann. Zusammenfassung
Strategien der Systemanalyse
Eine strategische Orientierung der Systemanalyse bedeutet: 1. Den Entwurf eines Vorgehensplans vor Beginn einer Untersuchung. Der Vorgehensplan beschreibt den Organisationsauftrag, die Abgrenzung des Problemfeldes, die Zielsetzung der Untersuchung, die Zuordnung der in Frage kommenden Methoden für und die Planung der Aktivitäten für die konkrete Durchführung. 2. Die Systemanalyse basiert auf einer schrittweisen Verfeinerung der Untersuchungsergebnisse und unterscheidet daher: Grob-, Fein- und Detailanalysen. 3. Es sind stets mehrere Methoden einzusetzen, die sich gegenseitig ergänzen und die geeignet sind, ein repräsentatives Abbild des Untersuchungs- und Problemfeldes zu liefern.
5. Kapitel: Systembeschreibung 5.1 Gegenstand und Zielsetzung Die Systembeschreibung ist das konsolidierte und systematisch aufbereitete Ergebnis der analytischen Untersuchungen. Eine Systembeschreibung muß inhaltlich und formal so aufgebaut sein, daß ein externer Beobachter, der weder das Unternehmen kennt noch an der Untersuchung beteiligt war, in der Lage ist, • das System zu verstehen, • die logischen Zusammenhänge zu interpretieren und • eine Entwicklung eines Zielsystem vornehmen zu können. Die Anforderungen für Systembeschreibungen müssen deshalb so hoch angesetzt werden, weil in zunehmendem Maße externe Beratungsbüros für die Systementwicklung eingeschaltet werden. Dabei bildet die Systembeschreibung die Grundlage des Beratervertrages und alle Fehlleistungen, die auf Grund einer mangelhaften Beschreibung entstehen, gehen zu Lasten des Auftraggebers. Dies kann unter Umständen hohe Nachbesserungskosten und Zeitverluste für die Implementierung eines Zielsystems bedeuten. Darüber hinaus dient die Systembeschreibung auch als Unterlage für die Einholung von Angeboten und für die Auswahl potentiell geeigneter Standardlösungen.
5.2 Konsolidierung der Ergebnisse Die Konsolidierung der Ergebnisse bedeutet die Aufbereitung der Untersuchungsergebnisse zu absoluten Zahlen oder Kennziffern (Verhältniszahlen). Aus Gründen der Verständlichkeit sollten alle Ergebnisse als Zahl, als Bild und mit erläuterndem Text versehen sein. Die Zahlenangaben sind in vier Hauptgruppen unterschcidbar: 1. Mengenangaben: Beispiele hierfür sind alle Volumenangaben für Daten, Prozesse und Transaktionen. 2. Zeitangaben: Verhältniszahlen oder absolute Zahlen je Zeitperioden, z.B.: Durchlaufzeit je Auftrag, durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Auftrags, Verhältnis der Durchlaufzeit zur Bearbeitungszeit, zeitliche Verteilung der Aufgaben, z.B., Aufgaben bei Spitzenbelastungen innerhalb einer Periode, Anzahl der Transaktionen je Zeitabschnitt, Transaktionen je Prozeß und Zeitabschnitt, durch-
5. Kapitel:
Systembeschreibung
133
schnittliche Auslastung der R e s s o u r c e n , K o m m u n i k a t i o n s v o l u m e n je P e r i o d e , A n z a h l K o n t a k t e mit e x t e r n e n Stellen p r o A u f t r a g und Zeitabschnitt, D a u e r der durchschnittlichen K o n t a k t e usw. 3. A u f w a n d s a n g a b e n : Beispiele hierfür sind: Kosten f ü r die B e a r b e i t u n g eines A u f t r a g s , A u f w a n d für K o m m u n i k a t i o n , K o s t e n d e r D a t e n s p e i c h e r u n g und D a t e n v e r w a l t u n g , A u f w a n d je T r a n s a k t i o n , G e s a m t z e i t a u f w a n d in M a n n - M o n a t e n o d e r M a n n - T a g e n f ü r bestimmte A u f g a b e n , zukünftige Entwicklung des A u f w a n d e s für die B e a r b e i t u n g typischer Prozesse, Kosten und A u f w a n d f ü r die N u t z u n g von Systemressourcen. 4. K e n n d a t e n der I n f o r m a t i o n s v e r s o r g u n g : Hierbei w e r d e n oftmals nur Schätzziffern angegeben w e r d e n k ö n n e n , doch reichen sie in d e r Regel aus, um ein Bild ü b e r die Informationsversorgung u n d die I n f o r m a t i o n s n a c h f r a g e einer Stelle abzuleiten. Wichtige I n f o r m a t i o n s k e n n d a t e n sind: 1. A - B - C - W e r t e Die g e s a m t e n I n f o r m a t i o n e n werden durch die B e n u t z e r in drei Klassen geteilt: Klasse A : „Wichtige" I n f o r m a t i o n e n ; Kriterien sind: Für die Erledigung d e r Aufgabe u n m i t t e l b a r notwendig; o h n e diese I n f o r m a t i o n e n kann die A u f g a b e nicht richtig d u r c h g e f ü h r t w e r d e n . Klasse B: Zusatz- o d e r O r i e n t i e r u n g s i n f o r m a t i o n e n : Diese stehen in einem mittelbaren Z u s a m m e n h a n g mit der A u f g a b e . Beispiel: f ü r die Erledigung einer Bitte um Z a h l u n g s a u f s c h u b genügen i . d . R . R e c h n u n g s - N r . , Betrag, D a t u m , Kund e n - N r . und K u n d e n - A n s c h r i f t sowie die allgemeine P r o z e d u r ü b e r die B e h a n d lung von Stundungsersuchen. Eine „ B - I n f o r m a t i o n " wäre beispielsweise die A n g a b e des G e s a m t u m s a t z e s , den dieser K u n d e erbringt o d e r eine I n f o r m a t i o n ü b e r dessen Bonitätsklasse. Klasse C: S e k u n d ä r - I n f o r m a t i o n e n , mit d e r eigentlichen A u f g a b e n s t e l l u n g nicht direkt in Beziehung s t e h e n d e I n f o r m a t i o n e n . Z . B . allgemeine Hinweise, Berichte, T a g e s i n f o r m a t i o n e n , A n w e i s u n g e n zur B e d i e n u n g von G e r ä t e n . 2. D e c k u n g s q u o t i e n t e n (D) Die A - B - C - A n a l y s e k a n n durch die E r m i t t l u n g eines s o g e n a n n t e n D e c k u n g s q u o tienten ergänzt und ü b e r p r ü f t w e r d e n . D e r D e c k u n g s q u o t i e n t ist definiert als eine Verhältniszahl, die das Verhältnis zwischen v e r f ü g b a r e n und v e r w e n d e t e n Inf o r m a t i o n e n eines B e n u t z e r s bzw. einer Stelle ergibt. _ D o/ /o —
B e n u t z t e I n f o r m a t i o n e n (I b ) V e r f ü g b a r e I n f o r m a t i o n e n (I v )
X 1UU
D i e Prozentzahl „ D % " gibt an, wieviel P r o z e n t der G e s a m t i n f o r m a t i o n e n tatsächlich benutzt w e r d e n und erlaubt dadurch zu Rückschlüssen bezüglich der Wichtigkeit und B e d e u t u n g des I n f o r m a t i o n s v o l u m e n s . D e r D e c k u n g s q u o t i e n t eignet sich sehr gut als E r g ä n z u n g f ü r die A - B - C - A n a l y s e .
134
Teil 1: Systemanalyse
3. Frequenzziffern (F) Hierbei geht es um die analytische Auswertung des Informationsmaterials nach Maßangabe der zeitlichen Verteilung der Informationen. Die Informationen werden unterschieden nach: a) Informationen die „ad hoc", d. h. „ungeplant", nach Maßgabe vorliegender Geschäftsvorfälle möglichst sofort benötigt werden (sog. „Auskunfts-Informationen"). b) Täglich benötigte Informationen. c) Wöchentlich benötigte Informationen. d) Monatlich benötigte Informationen usw. Es genügt die Ermittlung von Prozentwerten entsprechen der obigen Unterteilung; z.B. 20% aller Informationen sind sofortige Informationen, 40% tägliche und weitere 40% werden in einem wöchentlichen bzw. monatlichen Rythmus benötigt. Dadurch können Beurteilungsmaßstäbe für das Information-Retrieval abgeleitet werden. 4. Verfügbarkeit (V) Diese Maßzahl zielt darauf ab, das Verhältnis zwischen zu beschaffenden („suchenden") und verfügbaren („bereitgestellten") Informationen darzustellen. Unter „zu beschaffenden" Informationen sollte man alle jene Informationen führen, die sich ein Sachbearbeiter aktiv besorgen muß; z.B. durch Rückfragen, Telefongespräche mit anderen Abteilungen (Sachbearbeiter), Nachforschen in zentralen Archiven, Ablagen und sonstigen Dokumentationsstellen. Die verfügbaren Informationen sind die dem jeweiligen Arbeitsplatz angebotenen Informationen, wie beispielsweise Listen, Dispositionsunterlagen, Arbeitsvorfälle usw. Die Verfügbarkeit stellt man zweckmäßigerweise als Verhältniszahl dar: V =
Verfügbare Informationen > 1 zu beschaffende Informationen
2) Arbeitsanweisungen in Abhängigkeit vom Wert der Bedingung ausgeführt werden. Für die Wiederholungsstruktur gilt: Es werden 3 Strukturen unterschieden, nämlich die Abweisschleife, die nicht-abweisende Schleife und der Zyklus. 1. Abweisschleife: Die Abweisschleife ist die häufigste Form der Wiederholungsstruktur. In ihr wird eine Anweisung wiederholt, und zwar solange wie ein vordefinierter Zustand anhält. Erst nach Änderung dieses Zustandes wird die Schleife abgebrochen. Geprüft wird der Zustand vor jeder Wiederholung. Um überhaupt in die Schleife hineinzugelangen muß deshalb der Zustand vorher definiert werden. Dies gehört zur Initialisierung der Schleifen. Die Abweisschleife wird mit der Formel ( D O s W H I L E b ) notiert. 2. Nicht-abweisende Schleife: Die nicht-abweisende Schleife ist eine weitere Ausprägung der Wiederholungsstruktur, bei der eine Anweisung wiederholt wird, bis ein vordefinierter Zustand erreicht ist. Die Schleife wird also erst dann abgebrochen, wenn der Zustand eintritt. Der Zustand wird hier nach jeder Wiederholung geprüft, man spricht auch von einer fußgesteuerten Schleife. Die Formel hierfür lautet: ( D O s U N T I L b ) . 3. Zyklus: Der Zyklus ist die dritte Ausprägung einer Wiederholungsstruktur. Dabei wird die Schleife durch eine DO-FOREVER-Anweisung angestoßen. Irgendwo in der Schleife, zwischen zwei Anweisungen, gibt es eine bedingte Anweisung mit einem Abbruch der Schleife als Folge (Break). Wenn die Bedingung eintritt, wird
11. Kapitel: Programmnahe Spezifikationen
243
Bedingte Anweisung: IF B T H E N A 1
Alternative Anweisung: IF B T H E N A 1 E L S E A 2
Fallanweisung: CASE B O F ( A l , A 2 , A 3 )
Abb. 120a: Auswahlstrukturen
244
Teil 2: System Design
A b w e i s e n d e Schleife: D O S WHILE B
Nicht abweisende Schleife: DO S UNTIL B
Zyklus: D O F O R E V E R S 1 EXITIF B S2 E N D A b b . 120b: Wiederholungsstrukturen
zum Ausgang der Struktur verzweigt. Sie wird mit der Formel ( D O F O R E V E R sl EXIT if b s2 E N D ) notiert. Für die Sequenz gilt: Sie wird als Verbundanweisung bezeichnet und besteht aus der sequentiellen Ausführung nacheinander gekoppelter Arbeitsanweisungen (Blöcke). Sie beginnt jeweils mit einem Beginn-Statement und endet mit dem sogenannten EndStatement. Werden derartige sequentielle Blöcke in ein Programmsystem eingebettet, dann werden sie bei höheren Programmiersprachen sehr oft mit dem DO-Befehl aufgerufen. Zusammengesetzte Struktur: Da die beschriebenen Strukturen Eigenprogramme sind, können sie in beliebigen Folgen - d.h. in der praktischen Anwendung entsprechend der Ablauflogik zusammengesetzt werden. So können durchaus verschiedene Strukturen in andere Strukturen eingeschachtelt werden, d.h. eine Wiederholungsstruktur kann innerhalb einer anderen Wiederholungsstruktur aufgerufen werden. Man spricht
11. Kapitel: Programmnahe Spezifikationen Programmbeispiel :
Exit n
Abb. 121: Beispiel
245
246
Teil 2: System Design
IF P IF W THEN L ELSEM ELSE DO A, B IF Q THEN C DO WHILE R, D END DO IF S THEN E ELSE F END IF ELSE IF T THEN G DO WHILE Z, H END DO, I END IF IF V THEN U, K END IF DO EXIT n Abb. 121: Notation
dann auch von einem Outside-In-Design, da das P r o g r a m m von außen nach innen - d.h. von sogenannten einklammernden Strukturen ausgehend - abgearbeitet wird. Innerhalb einer einklemmenden Struktur können die Bausteine beliebig verändert werden. D e r umgekehrte Fall, nämlich die V e r ä n d e r u n g einer eink l a m m e r n d e n Struktur ohne gleichzeitiges V e r ä n d e r n der in ihr liegenden Strukturen ist jedoch nicht möglich. Ein Inside-out-Design ist daher nicht empfehlenswert, da in diesem Fall jede Veränderung auch nur einer einzigen Struktur unmittelbare Konsequenzen auf die umklammernden Strukturen hätte. Als Beispiel für ein zusammengesetztes Programmsystem möge Abbildung 121 dienen.
11.5 Pseudo-Code Mit Pseudo-Code wird eine programmiernahe Beschreibung des Ablaufs und der Funktionen eines Programmsystems beabsichtigt. Die bereits zitierte Schematik Logic oder die Funktionsblöcke der strukturierten Programmierung enthalten bereits E l e m e n t e eines Pseudo-Code. Pseudo-Code ist eine Kunstsprache, mit der die Arbeitsanweisungen und die Logik eines Programms unabhängig von einer bestimmten Programmiersprache beschrieben werden. Es gibt daher keine festen Regeln für einen Pseudo-Code, sondern lediglich Konventionen, die zur Verständigung zwischen Designer und Programmierer eingehalten werden müssen, w i e z . B . : 1. D i e benutzten W ö r t e r oder W o r t k o n s t r u k t e sollen genormt sein; sinnvollerweise bedient man sich eines Thesaurus, in dem die vereinbarten W ö r t e r enthalten sind.
11. Kapitel: Programmnahe Spezifikationen
247
2. Die vereinbarten Wörter, Befehle, Anweisungen sollen dem Prinzip der strukturierten Programmierung und des strukturierten Design folgen. 3. Die vereinbarten Wörter sollen in ihrer Logik die Logik der benutzten Struktur wiederspiegeln, z.B. Auswahl, Folge und Wiederholung. 4. Eine Unterscheidung zwischen Arbeitsanweisungen (Befehle) und Kommentaren (Erläuterungen) sollte möglich sein. Mit dem Pseudo-Code werden folgende Ziele zu erreichen versucht: • Eindeutigkeit der Anweisungen und der Logik, d.h. es soll kein semantischer Ballast in die Beschreibung eines Programmes mit einfließen. • Leichtverständliche Lesbarkeit eines Programmes, was insbesondere für die Wartung von Programmsystemen von Bedeutung ist. • Simultane Dokumentationsmöglichkeit: Mit der Erstellung des strukturierten Design erfolgt gleichzeitig auch die Beschreibung der Funktionen und Daten in einer sogenannten Projekt-File. • Leichte Übersetzbarkeit in eine Programmiersprache. Die strukturierte Programmierung enthält z.B. Elemente des Pseudo-Codes: D O W H I L E - U N T I L , IF-THEN-ELSE sind nichts anderes, als neutrale Arbeitsanweisungen an ein Programm, um dessen Logik in der Phase des Designs leicht verständlich zu beschreiben und einheitlich zu normieren. Pseudo-Code ist mithin ein zusätzliches Hilfsmittel zur graphischen Darstellungstechnik. Höhere Programmiersprachen enthalten eine Reihe von Befehlen, die bereits in der Phase des Design als Elemente eines Pseudo-Code mitbenutzt werden können. Mit der graphischen (visuellen) Darstellung der Funktionen und Daten sowie mit der Beschreibung der Logik der Be- und Verarbeitungsprozesse, ergänzt durch semantische Anweisungen mit Hilfe des Pseudo-Code, ist der Prozeß des System Design abgeschlossen. Die nachfolgenden Phasen der Projektrealisierung bestehen aus Programmierung, Testen und Implementieren der Software.
Teil 3: Projektmanagement
12. Kapitel: Definitorische Abgrenzung 12.1 Der Begriff Projekt Als Grundlage für die definitorische Abgrenzung des Begriffs „Projekt" möge zunächst die Norm DIN 69 901 gelten. Diese Norm beschreibt ein Projekt als „ein Vorhaben, das im wesentlichen durch Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist, wie z.B. • • • •
Zielvorgabe, zeitliche, finanzielle, personelle oder andere Bedingungen, Abgrenzung gegenüber anderen Vorhaben, projektspezifische Organisation."
Diese Abgrenzung eines Projekts gegenüber anderen Aufgaben eines Unternehmens, speziell gegenüber Routineaufgaben, muß für die betriebliche Praxis noch erweitert werden um: • die Multifunktionalität (es sind stets mehrere Funktionen an einem Projekt beteiligt, z.B. die EDV-Organisation und die Fachabteilungen) und um • die Auswirkungen eines Projekts auf die Kosten und damit auf das Betriebsergebnis, so daß sich die in Abbildung 122 dargestellte Übersicht ergibt.
Kriterien
Konsequenzen
E i n m a l i g e A u f g a b e a u ß e r h a l b der R o u t i n e
I n n o v a t i o n und Kreativität
Zeitliche B e g r e n z u n g
Start- und E n d t e r m i n
M u l t i f u n k t i o n a l und m e h r h i e r a r c h i s c h
M a n a g e m e n t E n g a g e m e n t u n d Organisation
Ergebnisrelevanz
K o n t r o l l e und S t e u e r u n g
C o n s t r a i n t s ( B e g r e n z u n g e n in P e r s o n a l , Kosten u n d Z e i t )
V a r i a t i o n im A n s p r u c h s n i v e a u
Die V e r e i n b a r u n g von P r o j e k t k r i t e r i e n u n d der e n t s p r e c h e n d e n K o n s e q u e n z e n dient d a z u , die A u f b a u - und A b l a u f o r g a n i s a t i o n sowie die Planungs- und S t e u e r u n g s p r o z e s s e auf die speziellen B e d i n g u n g e n eines P r o j e k t s a b z u s t i m m e n . A b b . 122: Kriterien eines P r o j e k t s
Die aus den Kriterien abzuleitenden Konsequenzen beziehen sich auf: • Innovation und Kreativität: Da die zu realisierende Aufgabe neuartig ist, erfordert sie neuartige Kenntnisse für ihre Bewältigung. Derartige Kenntnisse können sich beziehen auf: technologisches Know-how (z.B. für den Einsatz neuer Hardware und Software), organisatorisches Wissen (Orgware) bei neuen Formen der Ablauforganisation (z.B. Auswirkungen von CAD/CAM-Technologien auf die Ablauforganisation bei Konstruktion und Design), logistisches Know-how, z.B. bei der neuartigen Gliederung von Prozessen und deren Auswirkungen auf die Ergonomie und Prozeßqualität.
252
Teil 3: Projektmanagement
• Fixierung von Start- und Endtermin: Jedes Projekt beginnt bei ordentlicher Projektführung mit einer formalen Startentscheidung, mit der zugleich Projektziele und die Projektorganisation bestimmt werden. Ebenso wird das Projekt formal beendet und damit in die normalen Prozesse des Unternehmens eingegliedert. Mit der Projektbeendigung endet auch die organisatorische Sonderform des Projektmanagements. • Organisation: In die Projektarbeit sind mehrere Funktionen involviert. Neben der EDV-Organisation sind das die betroffenen Fachabteilungen. Darüber hinaus verlangen Projekte besondere Management-Organisationen, so daß auch mehrere hierarchische Ebenen eingebettet sind. • Kontrolle und Steuerung: Die Neuartigkeit der Aufgabe hat zur Folge, daß sehr oft ein hohes Maß an Unsicherheit bezüglich der Fertigstellungstermine und der Kosten gegeben ist. Um zu vermeiden, daß Projekte außerplanmäßig beendigt werden müssen (zu spät und/oder mit hohen Kosten), sind daher besondere Methoden der Projektkontrolle und der Projektsteuerung entwickelt worden. • Anspruchsniveau: Das Anspruchsniveau drückt die Erwartungen in bezug auf ein bestimmtes Leistungsspektrum des Projekts aus. Da normalerweise Begrenzungen in den Ressourcen vorliegen, kann bei unerwartetem hohen Aufwand die Notwendigkeit gegeben sein, das ursprünglich definierte Anspruchsniveau zu senken (d.h. ein Projekt mit geringerer Leistung zu erstellen), um den vereinbarten Zeit- und Budgetrahmen nicht zu sprengen. Projekte sind demnach außerhalb der Routine stehende Aufgaben, die innerhalb einer definierten Zeitspanne zu realisieren sind, deren Ergebnis Auswirkungen auf die Kosten und den Gewinn des Unternehmens haben und die daher besondere Formen der Organisation, der Kontrolle und der Steuerung bedürfen.
12.2 Projektmanagement Die zitierte Norm D I N 69901 versteht unter Projektmanagement die „Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projektes". Weitere Begriffe, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, werden wie folgt definiert: Projektorganisation: „Gesamtheit der Organisationseinheiten und der aufbau- und ablauforganisatorischen Regelungen zur Abwicklung eines bestimmten Projektes." Projektleitung: „Für die Dauer eines Projektes geschaffene Organisationseinheit, welche für Planung, Steuerung und Überwachung dieses Projektes verantwortlich ist. Sie kann den Bedürfnissen der Projektphasen angepaßt werden."
12. Kapitel: Definitorische Abgrenzung
253
Aus diesen Definitionen ist ersichtlich, daß das Projektmanagement eine besondere Form der Führungsorganisation für Projekte darstellt. Ihre kennzeichnenden Merkmale sind: a) Temporäre Management-Form, d.h. die Führungsorganisation und die dazu legitimierten Personen nehmen eine zeitlich begrenzte Führungsverantwortung wahr, die nach der Beendigung des Projekts wieder aufgehoben wird (befristetes Delegationsverhältnis). b) Teamorientierung: Das Projektmanagement wird als Teamorganisation durchgeführt, d.h. es werden für die Durchführung der Aufgaben jeweils besondere Teams gebildet, die analog Punkt a) nach Beendigung des Projekts wieder aufgelöst werden. c) Querschnittsorganisation: Die Mitglieder des Teams rekrutieren sich aus verschiedenen Funktionen, die für den Wissenstransfer in das Projekt erforderlich sind. Die Projektorganisation - repräsentiert durch das Team - stellt eine zeitlich begrenzte Sonderform der Aufbauorganisation mit einer unter Umständen eigenen Struktur dar. Projektmanagement und Projektorganisation hängen sehr eng miteinander zusammen: Nur innerhalb einer bestimmten Organsationsform können sich bestimmte Führungsprinzipien und personale Ausprägungen der Projektleitung entfalten. Das Projektmanagement hat als Führungsstil folgende Ausprägung: • Kooperativer Führungsstil: Darunter versteht man ein Mitarbeiter-Vorgesetzter-Verhältnis, in dem die Mitarbeiter ein Vorschlagsrecht bei Entscheidungen besitzen, diese Vorschläge in gegenseitiger Absprache geprüft und bei der Entscheidung berücksichtigt werden, und bei dem die Ergebnisse der Entscheidung den Mitarbeitern mitgeteilt werden. Verwirklicht wird dieses Prinzip der Kooperation durch eine intensive Gruppenarbeit, bei der alle Mitglieder des Teams und der Projektleiter mitwirken. • Situativer Führungsstil: Dieses Führungsprinzip bedeutet, daß kein starres formalistisches oder gar bürokratisches Führungsverhalten gepflegt wird, sondern eine größtmögliche Variabilität und Anpassung der Führungsprinzipien an sich ändernde Situtationen realisiert wird. Der situative Führungsstil kann trotz eines kollegialen Arbeitsverhältnisses auch Elemente einer strengen Disziplinierung enthalten, wenn dies besondere Situationen - z. B. zeitkritische Aktivitäten - erfordern. Projektmanagement bedeutet daher: teamorientierte Führung, hohe Kommunikations- und Kooperationsbereitschaft, flexible Handhabung der Führungsstile entsprechend sich ändernden Situationen („Management according to Task") und Realisierung eines hohen Grades an Identifikation und Motivation.
254
Teil 3: Projektmanagement
12.3 Projektrisiken Die Notwendigkeit für besondere Formen der Projektführung und der Projektorganisation ist neben den Konsequenzen aus den Projektkriterien auch durch die typischen Projektrisiken bedingt. Solche Projektrisiken können sein: • Planungsfehler: Z u optimistische Schätzungen der Fertigstellungstermine, der Kosten und der Einsatzpunkte für die Projektmitarbeiter. • Organisationsfehler: Vorliegen unklarer Kompetenzen, Arbeitsbefugnissen und Verantwortungen bei den Projektmitarbeitern. • Personalführungsfehler: Mangelhafte Identifikation mit den Projektzielen und den daraus resultierenden Teilaufgaben. • Definitionsfehler: Unklare, oft zu optimistische Beschreibungen des Inhaltes, der Leistung und der Wirtschaftlichkeitseffekte zu Beginn eines Projekts. Derartige Risikoquellen können dazu führen, daß Projekte verzögert werden, das Anspruchsniveau reduziert werden muß, die Qualität mangelhaft ist und die geplanten Kosten überschritten werden. Daher ist es erforderlich, Methoden und Techniken einzusetzen, die geeignet sind, einen planmäßigen Verlauf eines Projektes sicherzustellen bzw. durch rechtzeitiges Erkennen von Planabweichungen entscheidende Gegensteuerungen einzuleiten (Bereich der Projektplanung und Projektsteuerung).
12.4 Projektmethoden Projektmanagement bedeutet auch methodenintensive Organisation und Führung. Die Besonderheit der Aufgabe, die typischen Risiken und die Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis verlangen spezifische Methoden in den Bereichen: • Projektorganisation: Abstimmung der Ablauf- und der Aufbauorganisation. •
Planungsmethoden: Einsatz spezieller Methoden für die Tätigkeits-, Zeit- und Kostenplanung.
• Steuerungs- und Kontrollmethoden: Sicherstellung des planmäßigen Verlaufs eines Projekts. • Wirtschaftlichkeit: Planung und Kontrolle der quantitativen und qualitativen Ertrags- und Aufwandsfaktoren eines Projekts. • Methoden der Personalführung und Motivation: Sicherstellung funktionsfähiger Teams mit zielorientierter Arbeitsweise. Diese Methoden werden in den nachfolgenden Kapiteln detailliert behandelt.
12. Kapitel: D e f i n i t o r i s c h e A b g r e n z u n g
255
12.5 Projektauftrag 12.5.1 Verantwortungsbereiche Für die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen und Kompetenzen ist es erforderlich, die differenzierte Auftragssteuerung eines Projekts zu beachten. Wir unterscheiden: • Der Projekt-Auftraggeber: Der Auftraggeber kann eine Fachfunktion oder die Unternehmensleitung sein. Ursachen für Projektaufträge sind die Initialisierungskriterien. Als solche gelten: a) Interne Initialisierungskriterien: Strategische Erfordernisse des Unternehmens (z.B. um Marktpräsenz zu sichern), Orientierung an den Erfolgsfaktoren des Unternehmens, Zwang zur Rationalisierung (etwa durch Arbeitszeitverkürzung), Behebung von Schwachstellen, Produktivitätsverbesserungen. b) Externe Initialisierungskriterien: Gesetzgeberische Maßnahmen (Gesetze, Verordnungen, Änderungen in den Steuer- und Umweltgesetzen), Konkurrenzzwänge oder Kunden- und Lieferantenwünsche. Die Initialisierungskriterien werden üblicherweise in sogenannte Muß- oder KO-Kriterien und in Soll-Kriterien unterteilt. Muß-Kriterien bedeuten, daß ein gegebenes Projekt diese Kriterien als Mindestforderung erfüllen muß, bevor ein konkreter Projektauftrag erteilt wird. Können diese Muß-Kriterien durch technische, finanzielle, organisatorische, personelle oder zeitliche Begrenzung nicht eingehalten werden, müssen entsprechende Alternativlösungen gesucht werden. Muß-Kriterien sind beispielsweise Vorgaben des Gesetzgebers, z.B. in bezug auf Datenschutz, Bilanzierungsvorschriften, Publizitätsvorschriften. Die Soll-Kriterien drücken dagegen die Präferenzen des Unternehmens aus: Wirtschaftlichkeit, Nutzen, Produktivität, verbesserte Organisation, transparente Daten- und Systemtechnik. • Der Projekt-Eigner (Owner): Der „Owner" eines Projekts ist diejenige Person oder Funktion, für deren Kosten (Budget) das Projekt abgewickelt wird. Der Owner ist zugleich verantwortlich für die Einhaltung aller mit dem Projekt zusammenhängenden Verordnungen, Richtlinien, Standards, also für: Datenschutz und Datensicherheit, Ergonomie (Vorschriften der Berufs- und Verwaltungsgenossenschaften), Normen und Standards. • Projektbenutzer (User): Der Benutzer eines Projekts ist der Bediener, d.h. der oder die Mitarbeiter, die unmittelbar mit dem Projekt und seinen spezifischen Geräten arbeiten. Auftraggeber und Projekteigner können identisch sein, niemals aber sollte der User identisch sein mit dem Owner. Der Owner ist Haftungsträger und Verantwortlicher des Projekts, der User dagegen lediglich der Bediener, dessen Verantwortung auf die inhaltlichen Normen des Umgangs mit betrieblichen Einrichtungen im Rahmen der Arbeitsordnung begrenzt ist.
256
Teil 3: Projektmanagement
12.5.2 Projektantrag und Projektdefinition Entsprechend diesem System der getrennten Verantwortungsbereiche ergeben sich ablauforganisatorische Regelungen für die Projektanträge und für die Projektauswahl. Der Projektantrag beschreibt in einer formalisierten Weise die Anforderungen an das Projekt, die Begründung und die wirtschaftliche Situation (Aufwands- und Ertragsfaktoren, Nutzen, Budget). Die Projektauswahl beschreibt dagegen den Prozeß von den Initialisierungskriterien bis hin zur inhaltlichen Festlegung des Projekts und dessen Planung. In Abbildung 123 ist ein formalisierter Rahmen für einen Projektantrag als Beispiel dargestellt. Die Projektdefinition wird sinnvollerweise in gegenseitiger Abstimmung zwischen der Fachabteilung, E D V und Organisation und der betreffenden Benutzerabteilung erstellt. Sie umfaßt in Kurzform die Projekteigenschaften und ist so abgefaßt, daß auch der Nicht-Experte klar erkennen kann, welche Ziele mit welchen Mitteln verfolgt werden. Projektdefinition: • Kurzbeschreibung des Sachgebietes (Ist-Zustand) • Kurzbcschreibung der Mängel, Fehler, Probleme und Anlässe des Ist-Zustandes • Beschreibung der Projektziele • Bewertung der Ziele • Aufzeigen der Folgen bei Nichtgenehmigung des Projekts • Kenndaten des Soll-Zustandcs • Terminplanung (gewünscht) • zu schaffende Voraussetzungen • Schätzung der Wirtschaftlichkeit • Personalanforderungen • Auswirkung auf Erfolgsfaktoren
257
12. Kapitel: Definitorische Abgrenzung
Projekt-Antrag 1.
Fachabteilung/Funktion
2.
Kostenstelle (Benutzer)
3.
Auftraggeber
4.
Projekteigner
5.
Kurzbeschreibung des Projektes
5.1 Inhaltsbeschreibung (Hauptfunktionen)
(max. 2 Seiten gesonderte Anlage)
5.2 Zielsetzungen 6.
Begründung (z.B. Rationalisierung, Informationsverbesserung, gesetzliche Notwendigkeiten)
7.
Hrzielbare Wirtschaftlichkeit, Nutzen, Qualitätsverbesserung
8. Wert in D M (1000) 8.1 Direkte Ersparnis
l.Jahr DM
2. Jahr DM
3. Jahr DM
8.2 Qualitativer Nutzen 8.3 Institutioneller Nutzen (z.B. Ordnungsmäßigkeit, Sicherheit) Erstellung
9. Investitionsbereitschaft (Budget)
10.
Häufigkeit der Nutzung (u.U. Lauftermine)
11.
Mengengerüst der Basisvorgänge für 5 Jahre
12.
Aufgabenstellung als Feinformulierung fertig bis
Datum:
13.
Priorität innerhalb des Fachbereichs
Nr.
14.
Mögliche Alternativen
15.
Mögliches Stufenkonzept
16.
Terminvorstellungen
17.
Verbindung zu anderen Projekten
18.
Konsequenzen bei Nichteinführung
Datum:
Unterschriften:
Laufend
(max. 2 Seiten gesonderte Anlage)
von insgesamt:
Termin
Termin
Termin
Stufe 1
Stufe 2
Stufe 3
Auftraggeber: Projekteigner:
A b b . 123: Initialisierung von Projekten
258
Teil3: Projektmanagement
12.6 Projektziele und Projektauswahl 12.6.1 Zielsystem für Projekte Für jedes Projekt ergibt sich ein sogenanntes „projektindifferentes" Zielsystem: Dieses Zielsystem beschreibt in einer allgemeinen Form - d.h. in einer für alle Projekte verbindlichen Weise - die Ziele, die mit der Realisierung von Projekten erreicht werden sollen (müssen). Das Zielsystem ist ein Orientierungsschema für den Antragsteller; seine Aufgabe besteht darin, jedem der einzelnen Ziele operative Zielgrößen zuzuordnen, d.h. er muß eine projektspezifische Operationalisierung vornehmen. Kriterien für die Operationalisierung von Zielen sind: • Quantifizierbarkeit: Die Ziele müssen in eindeutigen Kenngrößen (betriebswirtschaftliche Kennzahlen) oder in meßbaren Größen angegeben werden. Lautet beispielsweise ein Ziel „Optimierung", dann muß genau definiert werden, welche Prozesse und welche ihrer Eigenschaften im Hinblick auf welches Ziel mit Hilfe welchen Projektes zu optimieren sind. Quantifizierbarkeit heißt demnach auch Meßbarkeit. • Zeitbezug: Die zu erreichenden Ziele sind auf eine Zeitachse zu projizieren, d.h. es ist genau anzugeben, wann und wie oft bestimmte Ziele erreicht werden sollen. Lautet beispielsweise ein Ziel „Erhöhung der Produktivität durch günstigere Einsatzfaktoren", dann wären anzugeben: die Einsatzfaktoren, ihre Mengen und Kosten, das Verhältnis der Einsatzfaktoren zu den Ausbringungsfaktoren, die Zeitspanne, die erforderlich ist, um die angestrebte Produktivitätsverbesserung zu erzielen, z.B. „6 Monate nach Einführung des Projekts". • Realistische Zielsetzung: Alle Ziele sollen so definiert sein, daß sie tatsächlich erreichbar sind (feasibility), d.h. utopische Zielvorgaben sind für ein Projekt nicht gestattet. Das Zielsystem für Projekte folgt der allgemeinen Management-Philosophie bei analogen Investitionsvorhaben: Man unterteilt das System in operative, dispositive und strategische Ziele. Die Meßbarkeit (Quantifizierungsmöglichkeit) nimmt dabei von unten nach oben ab, d.h. strategische Ziele sind in der Regel nicht mehr eindeutig meßbar, wohl dagegen aber die operativen Ziele. In Abbildung 124 ist ein Beispiel für einen allgemeinen Zielkatalog gegeben. Aus diesen allgemeinen Zielsetzungen leiten sich die projektspezifischen Ziele ab,z.B.:
1. Projektziele: Diese beziehen sich auf das Projekt insgesamt, ohne genaue Definitionen der Vorgehensweise und Teilaktivitäten zu nennen, z.B.: „Umstellung des bisherigen manuellen Verfahrens der Bestellschreibung auf E D V . Teilziele: Automatische Ausgabe von Bestellungen, Aufbau und Betrieb einer Lieferantendatei, Verwaltung der Produkt- und Bestelldaten, Auswertungen über Lieferantenverhalten, Preisstatistik, Qualitätsnormen und Bestellvolumen."
12. Kapitel: Definitorische A b g r e n z u n g 1.
259
O p e r a t i v e Ziele
1.1 O p e r a t i v e s Primärziel E r h ö h u n g der Wirtschaftlichkeit durch q u a n t i t a t i v e und qualitative V e r ä n d e r u n g e n der E r t r a g s - u n d A u f w a n d s f a k t o r e n 1.2 A b g e l e i t e t e o p e r a t i v e Ziele • E r h ö h u n g d e r P r o d u k t i v i t ä t durch g ü n s t i g e r e E i n s a t z f a k t o r e n • E r h ö h u n g der P r o d u k t i v i t ä t durch h ö h e r e A u s b r i n g u n g • B e s c h l e u n i g u n g der Prozesse ( D u r c h l a u f z e i t v e r k ü r z u n g ) • V e r b e s s e r u n g d e r Arbeitssituation • Verwaltungsvereinfachung 2.
Dispositive Ziele
2.1 Dispositives Primärziel U n t e r s t ü t z u n g der M a n a g e m e n t - P r o z e s s e bei P l a n u n g und E n t s c h e i d u n g 2.2 A b g e l e i t e t e dispositive Z i e l e • Präsentationstechniken für Unternehmensdaten • Analyse-Techniken • Optimierung • Alternativen-Rechnung 3.
Strategische Ziele
3.1 Strategisches Primärziel Realisierung des strategischen Plans d e s U n t e r n e h m e n s , B e i t r a g zu den E r f o l g s f a k t o ren 3.2 A b g e l e i t e t e strategische Z i e l e (Beispiele) • E r h ö h u n g des Service-Grades • Ü b e r g a n g zu E n d b e n u t z e r - S y s t e m e n • Nutzung moderner Kommunikationstechnologien • I n t e g r a t i o n der G e s c h ä f t s d a t e n • A u f b a u von V e r b u n d s y s t e m e n • E i n h a l t u n g von N o r m e n und S t a n d a r d s der E D V - T e c h n o l o g i e • Selbsterstellung d e r A n w e n d u n g s s o f t w a r e f ü r zentrale L ö s u n g e n • F r e m d b e z u g von S o f t w a r e für B e n u t z e r - S y s t e m e A b b . 124: A l l g e m e i n e s Zielsystem f ü r P r o j e k t e
2. A l l g e m e i n e P r o g r a m m z i e l e : D i e s e b e s c h r e i b e n d i e A n f o r d e r u n g e n d e r f ü r d i e L ö s u n g d e r P r o j e k t z i e l e z u ers t e l l e n d e n P r o g r a m m e in a l l g e m e i n e r F o r m . D a b e i s i n d d i e G r e n z e n z u b e s t i m m e n , i n n e r h a l b d e r e r d a s P r o j e k t r e a l i s i e r b a r ist: • Personelle E n g p ä s s e (quantitativ und/oder qualitativ) • Finanzielle Grenzen: Budgetvorhaben • Technologische Grenzen: Hardware/Software • Zeitliche Grenzen: Fertigstellungstermine 3. S p e z i e l l e P r o g r a m m z i e l e : D i e s e beschreiben die Struktur und die sachliche G l i e d e r u n g einzelner Programm e ( M o d u l e ) und b e s t i m m e n die m e t h o d i s c h e V o r g e h e n s w e i s e , z . B . :
260
Teil3: Projektmanagement
„Die Programme sind entsprechend den Grundlagen der strukturierten Programmierung und analog dem Entwurf nach H I P O (Hierarchy plus Input/Output) zu gliedern."
12.6.2 Auswahlprozeß für Projekte Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um die Prioritäten für unterschiedliche Projektanträge zu bestimmen. Die grundlegende Problematik eines Auswahlprozesses ist dadurch gekennzeichnet, daß in der Regel wesentlich mehr Projektanforderungen vorliegen, als mit den verfügbaren Ressourcen und den vorhandenen Mitarbeitern innerhalb der gewählten Zeiträume realisiert werden können. Es muß daher eine Entscheidung getroffen werden, die zu einer Prioritätenfestleg u n g - d . h . einer zeitlichen Reihenfolge für die Realisierung-führt. I n d e r Praxis findet man zum Teil sehr einfache und daher oftmals unbefriedigende Entscheidungskriterien: erwartete Personaleinsparungen, erwartete Kostenreduzierungen, erwartete Gewinnsteigerungen. Werden derartige einfache Kriterien benutzt, ist der Entscheidungsprozeß zwar relativ einfach (diejenigen Projekte mit der jeweils höchsten Personal- oder Kostensenkung bzw. Gewinnsteigerung werden zuerst realisiert), doch führt dies zu einer „Bewertungskonkurrenz" zwischen den Projekten: die Projekte werden primär unter diesen Kriterien definiert und kalkuliert, Auswirkungen auf beispielsweise qualitative Verbesserungen (z.B. durch strategische Bedeutung, Organisationsnutzen, Qualitätsverbesserungen, Benutzerunterstützung) werden nicht beachtet oder nur als Randbedingungen eingeführt. Aus der Bedeutung, die Projekte für die Erfolgsfaktoren eines Unternehmens haben, resultiert zwangsläufig, daß alle Projekte auch unter strategischen Gesichtspunkten auszuwählen sind, und zwar ausgehend von den Initialisierungskriterien, den Muß- oder KO-Kriterien und den Präferenzen des Unternehmens, in das das Streben nach Produktivität, Wirtschaftlichkeit und Kompatibilität mit der System- und Datentechnik eingebettet ist. Es ergibt sich daher ein iterativer Auswahlprozeß über mehrere Stufen, wie er in Abbildung 125 dargestellt ist. Dieser Prozeß ist wie folgt zu beschreiben. 1. Die Initialisierungskriterien für Projekte lösen einen Projektantrag aus. Derartige Kriterien - insbesondere sog. interne Notwendigkeiten wie Rationalisierung, Produktivitätsverbesserung-sind quantitativ zu beschreiben (operationale Ziele). 2. Prüfung auf das Vorliegen von Muß-Kriterien: Liegen Muß- Kriterien vor, d.h. droht aufgrund technischer, finanzieller, personeller, organisatorischer oder zeitlicher Begrenzung die Realisierung zu scheitern, dann müssen Alternativlösungen gesucht werden. 3. Die Alternativen werden nunmehr in einem zweiten Überprüfungsprozeß bezüglich ihrer Präferenzen und Prioritäten im Unternehmen analysiert. Sind die Präferenzen (z.B. Wirtschaftlichkeit) nicht erfüllbar, dann ist eine Reduzierung des Anspruchsniveaus, d.h. unter Umständen auch des Leistungsumfangs, der Qualität und des Nutzens erforderlich. 4. Nunmehr erfolgt die eigentliche Projektzieldefinition und die Inhaltsbeschreibung des Projekts.
12. Kapitel: Definitorische Abgrenzung
261
Initialisierungskriterien • Unternehmensstrategie • DV-Strategie • Externe Vorgaben • Interne Notwendigkeiten Alternativlösungen
Muß- oder K.O.-Kriterien? • • • • •
Technisch Finanziell Personell Organisatorisch Zeitlich
Ja
Modifikation bestehender Verfahren Zeitliche Verschiebung Teillösungen (Stufen) Gemischte Lösungen (manuell/maschinell)
Präferenzen und Prioritäten erfüllt?
Reduzierung des Anspruchniveaus
• • • • •
• Kostenminimale Lösung • Nutzenverzicht • Reduzierung des Leistungsumfangs
Wirtschaftlichkeit Nutzen Organisation Datentechnik Systemtechnik
Nein
Projektziele Projektdefinition Projektplanung
Abb. 125: Schema für die Projektauswahl
12.7 Projektumfang und Projektklassen Die Festlegung von Projektgrößen (Projektumfang) ist für die organisatorische Abwicklung von Bedeutung. Das Prinzip ist ein differenziertes Projektmanagement für unterschiedliche Größen und Klassen von Projekten. Es gibt keine einheitliche Norm für die Klassifizierung von Projektgrößen, da hier unterschiedliche betriebsindividuelle Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Was beispielsweise für ein Großunternehmen als Kleinprojekt gilt, kann für ein mittelständisches Unternehmen bereits den Charakter eines Großprojektes annehmen. Insofern sind die folgenden Kriterien in Abhängigkeit von der jeweiligen Unternehmensgröße zu modifizieren. Die Einteilung in Großprojekte, mittlere Projekte und Kleinprojekte muß im absoluten und relativen Maßstab erfolgen, wenn die Kriterien Aufwand (gemessen
262
Teil3: Projektmanagement
in Personalaufwand, Mannmonaten) und Zeitdauer benutzt werden. Das Kriterium „Mannmonat" bedarf jedoch der Differenzierung, man kann darunter verstehen: a) Die Dauer der Personalbindung an einem Projekt: Arbeitet ein Mitarbeiter z.B. für die Dauer von 6 Monaten an einem Projekt als Mitglied eines Teams mit, dann beträgt die Personalbindung tatsächlich 6 Mannmonate. b) Will man erfahren, welches der Produktivitätsbeitrag dieses Mitarbeiters zum Projekt ist, dann muß die Tätigkeitsstruktur analysiert werden. Man berechnet sinnvollerweise die produktiven Tage nach folgender Formel: Durchschnittliche Arbeitstage je Monat abzüglich durchschnittl. Anteil an Urlaubstagen Schulung, Weiterbildung und sonstige Tätigkeiten Krankheit und sonstige Ausfallzeiten Nettoarbeitszeit
= 22,0 Tage = 3,0 Tage = 1,5 Tage = 1,5 Tage = 1 6 , 0 Tage = rd. 75%
Das bedeutet, daß bei einer Personalbindung von 6 Monaten lediglich 96 produktive Tage zur Verfügung stehen, d.h. rund 4,5 Arbeitsmonate: der Mitarbeiter ist zwar 6 Monate lang an das Projekt gebunden, er bringt jedoch nur eine produktive Leistung von 4,5 Monaten. Diese Differenzierung zwischen Pcrsonalbindung und produktiver Projektarbeit spielt eine bedeutende Rolle bei der Wirtschaftlichkeitsplanung, speziell bei der Planung der Kosten für Personalleistungen. Ein einfaches Beispiel möge den Zusammenhang zwischen absoluter und relativer Berechnung der Mannmonate verdeutlichen: Das Projekt sei für eine Zeitdauer von 12 Monaten geplant, und es mögen insgesamt 4 Mitarbeiter für diesen Zeitraum zur Verfügung stehen. Als absoluten Aufwand (Personalbindungsaufwand) ergibt sich dann die Größe von 48 Mannmonaten. Da jeder Mitarbeiter jedoch lediglich 75% produktive Zeit erbringt, die durchschnittliche Arbeitszeit pro Monat 22 Tage beträgt, ergibt sich als relativer (produktiver) Projektbeitrag: 12 Mannmonate x 22 Tage = 264 Arbeitstage x 4 Mitarbeiter zu 75% produktive Zeit = 1.056 Tage x 0,75 = 792Tage = 36 Mannmonate produktive Zeit. Daraus folgt: Es muß bei der Projektplanung genau geprüft werden, ob mit 36 Mannmonaten produktiver Zeit innerhalb eines Jahres das Projekt realisierbar ist. Die Nichtbeachtung dieser einfachen Differenzierung zwischen produktiver Zeit und Personalbindung führt in der Praxis sehr oft zu Fehlplanungen bezüglich des Installationstermins und der Kostcnbclastung von Projekten. Um Projektgrößen zu klassifizieren, müssen daher beide Berechnungsarten berücksichtigt werden, so daß sich folgende Einteilung ergeben kann: Projektgröße Personalbindung große Dauer in Monaten Großprojekt mittleres Projekt Kleinprojekt
12-18 6-12 1- 6
Anzahl Mitarbeiter
absoluter Aufwand*)
relativer Aufwand*)
7-10
84-180
63-135
4- 6 1- 3
2 4 - 72 1 - 18
1 8 - 54 0,75-13,5
*) in Mann-Monaten, jeweils Minimum und Maximum
263
12. Kapitel: Definitorische A b g r e n z u n g
Projekte, die einen relativen Aufwand von 135 Mannmonaten übersteigen, sollte man in Unterprojekte gliedern und für jede Stufe eine eigene Teamverantwortung festlegen. Die Komplexität steigt mit zunehmender Projektgröße und damit auch die Wahrscheinlichkeit für Fehlleistungen, wie folgendes einfaches Gedankenspiel, das auf Dijkstra zurückgeht, nachweist: Ist N die Anzahl der Module (Komponenten, Subsysteme, Programmbausteine) eines Projekts und p die Wahrscheinlichkeit für die Korrektheit (Fehlerfreiheit), dann gilt für das Gesamtsystem: P = p N . Berechnen wir ein Projekt mit 10 bzw. 100 Modulen und einer Wahrscheinlichkeit für die Fehlerfreiheit mit 99% bzw. 90%, dann ergibt sich folgende Verteilung: N 10 10 100 100
p 0,99 0,9 0,99 0,9
P-pN 0,9 0,35 0,37 0,000027
(Beispiel wurde entnommen aus: Nagel, M.: Softwaretechnik: Methodisches Programmieren im Großen, Springer-Verlag, 1990) Bei einem System, bestehend aus 100 Modulen, bei dem jedes Modul mit einer Korrektheit von 90% angesetzt ist, ergäbe sich eine statistische Wahrscheinlichkeit für Korrektheit von lediglich 0,027 Promille! Das ließe den Schluß zu, daß jedes Programmsystem falsch ist, d.h. überhaupt nicht korrekt erstellt werden kann. Daß dies in der Praxis nicht vorkommt, liegt daran, daß niemals alle Funktionen eines Programmsystems gleichzeitig durchlaufen werden, daß es sichere Ablaufpfade und weniger sichere Ablaufpfade gibt; es macht aber auch verständlich, warum Software-Projekte prinzipiell fehleranfällig sind und von Zeit zu Zeit zu Fehlleistungen führen. Eine weitere Form der Klassifizierung von Projekten kann nach dem Innovationsgrad erfolgen: Dabei ist es allerdings erforderlich, den Begriff der Innovation und die Art der Innovation zu definieren, um nicht willkürlich und unscharfe Abgrenzungen vorzunehmen. Innovation bedeutet die Anwendung bereits vorhandenen Wissens, technischer Kenntnisse und verfügbarer Methoden auf neue Aufgabenstellungen im Gegensatz zur Invention, die die Erforschung gänzlich neuer, bisher nicht dagewesener Erkenntnisse, Methoden und Techniken umfaßt. Die Innovationsmatrix, wie sie in Abbildung 126 dargestellt ist, verdeutlicht die verschiedenen Formen der Innovation. Identifizieren wir das Problemlösungspotential mit Methoden, Hardware und Software, die An- und Verwendung als Projekte zur Rationalisierung betrieblicher Aufgaben, dann ergibt sich: 1. Mit konventionellen Methoden, konventioneller Hard- und Software werden konventionelle Anwendungen realisiert, z.B. Batch-Anwendungen mit Hardware und Software veralteter Generationen. 2. Mit neuen Geräten der Hardware, neuer Software, werden bisherige Anwendungen „emuliert": es erfolgt eine Ersatzinvestition, die Struktur und Organisation der Prozesse bleibt jedoch erhalten. 3. Mit konventioneller Hard- und Software werden neue Anwendungsgebiete erschlossen.
264
Teil 3: Projektmanagement
Problemlösungspotential Konventionell
Neuartig
1 Innovationsloser Zustand
3 Problemlösungs-Innovation
2 Anwendungsinnovation
4 Zweiseitige Innovation
An-und Verwendung
Konventionell
Neuartig
Im Gegensatz zur Invention, die die gänzlich neue Entdeckung von Potentialen und Anwendungen bedeutet, umfaßt die Innovation die Nutzung vorhandener Potentiale in einer neuartigen Weise. A b b . 126: Innovationsmatrix
4. Neue Hardware und neue Software werden eingesetzt, um neue Arbeitsgebiete zu erschließen, z.B. Kommunikationsanwendungen mit neuen Diensten per Telekommunikation mit neuer Hardware, Software und Netzverbindungen. Projektklassen können unter Bezugnahme auf die Innovation wie folgt eingeteilt werden: 1. Innovationsprojekte entsprechend der Abbildung 126. 2. Anpassungsprojekte: Hierbei erfolgen Modifikationen an bestehenden Software-Systemen, die durch veränderte Bedingungen oder durch interne Notwendigkeiten erforderlich werden. Die Logik des Verfahrens und seiner Prozesse bleibt dabei weitgehend erhalten. 3. Wartungsprojekte: Dies sind laufende Projekte, die aufgrund von Fehlleistungen oder aufgrund zusätzlicher Funktionsanforderungen verbessert werden. Oftmals decken sich die Bereiche 2 und 3 und werden von einer eigenen organisatorischen Stelle „Projektentwicklung und Projektpflege" wahrgenommen. Eine andere Differenzierung von Projektklassen stützt sich auf die organisatorische Zuordnung, so daß sich folgende Klassen ableiten lassen: 1. Zentrale Projekte: Das sind Aufgaben, die das gesamte Unternehmen betreffen, z.B.: der Aufbau und die Pflege der zentralen Datenbanken und die Einführung von Infrastruktur- Projekten wie die Vernetzung der Hardware durch die Ankopplung an interne Rechner oder an externe Benutzer und Datenbanken durch die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen. 2. Information-Center-Projekte: das Information Center ist die organisatorische Stelle, die das Zusammenspiel zwischen der EDV-Organisation und den Fachabteilungen regelt. Daraus resultieren bestimmte Projekte, wie z.B.: Endbenutzersysteme mit Vernetzung an HOST-Rechner oder funktionstypische Projekte (z.B. CAD/CAM-Projekte). 3. Benutzer- oder Fachabteilungsprojekte: Hierbei handelt es sich um Projekte, die weitgehend in der Regie der Fachabteilung erstellt werden, z.B. PC-Anwendungen für spezielle Aufgaben.
12. Kapitel: Dcfinitorische Abgrenzung
265
Die Einteilung in verschiedene Projektklassen entsprechend den oben dargestellten Kriterien hat unmittelbare Konsequenzen auf die Organisation des Projektmanagements: Je nach Art (Klasse) und Größe des Projekts sind unterschiedliche Verantwortungsbereiche zu bestimmen (zentrale DV-Abteilung, Fachabteilung und/oder Information Center), die für die Führung und Realisierung zuständig sind. Daher ist es erforderlich, ein ablauforganisatorisches Konzept zu entwickeln, dessen Grundsätze und Möglichkeiten in Kapitel 14 behandelt werden. Die Notwendigkeit für eine derartige differerenzierte Projektorganisation ist gegeben durch: • Die Notwendigkeit für möglichst schnelle Anpassungen der internen DV-Projekte an sich wechselnde Umweltbedingungen (Märkte, Produkte, Innovationen, Kundenanforderungen, Konkurrenzeinflüsse) und an sich verändernde Technologien im Hardware- und Software-Bereich. • Die Forderung, daß die Fachabteilung weitgehend an der Realisierung von Projektinhalt mitarbeitet und soviel Kompetenz erhält, um in eigener Regie eigene Projekte erstellen zu können. • Die Einbettung der DV-Projekte in die Strategie des Unternehmens, die daraufhinausläuft, D V-Projekte als strategische Erfolgsfaktoren einzusetzen. • Die zunehmende Durchdringung aller Bereiche und Funktionen eines Unternehmens mit Hardware, Software, Standardlösungen und Telekommunikationsdiensten.
12.8 Projektstruktur Eine Projektstruktur gliedert die verschiedenen Aktivitäten eines Projekts in logisch zusammenhängende Arbeitsgebiete. Die konventionelle Art der Projektstrukturierung besteht darin, daß sogenannte Life-Cycle-Modelle benutzt werden (siehe Kapitel 9.1). Derartige Modelle sind trotz der Variation in A- und BKurvcn vorwiegend für solche Projekte geeignet, bei denen die Erstellung der Software (Programmierung und Test) in eigener Regie bzw. durch Hinzuziehen externer Personaldienste (Fremdprogrammierung) erfolgt. Die neuere Entwicklung auf dem Markt der Software zeigt jedoch, daß eine sehr große Palette von Standard-Software für die unterschiedlichsten Projektklassen (Benutzer-, IC- und DV-Projektc) verfügbar ist, so daß auch ein Projektentwicklungsplan - wir wollen ihn als Projektstruktur-Plan (PSP) bezeichnen - diese Entwicklungen berücksichtigen muß. Der PSP wird für die verschiedenen Projektarten differenziert entwickelt und folgt dem Prinzip der modularen Strukturierung, wie es in Kapitel 10 dargestellt wurde. Er berücksichtigt besondere Aktivitäten für den Fremdbezug von Standard-Software, für die Aktivitäten zur Bestimmung von Schnittstellen, für die Benutzung fertiger Module und Prototypen. Der grundsätzliche Aufbau eines PSP folgt der hierarchischen Gliederung. Wir zitieren ein einfaches Beispiel: Als Anwendungsgebiet möge die Einkaufsabteilung eines Unternehmens gelten, für deren Prozesse ein Anwendungssystem eingeführt werden soll. Wir nehmen an, daß drei Funktionen (in der Terminologie von SADT) mit jeweiligen Unterfunktionen durch die Systemanalyse und das System Design erstellt wurden, so daß sich die in Abbildung 127a dargestellte
266
Auswahl
Teil3: Projektmanagement
Update
Tele (Btx)
Brief
Volumen
Qualität
Eine Software-Struktur, bestehend aus fertigen Modulen (Bestellbeschreibung und Auswertungen) und einem selbst zu erstellenden Teil (Lieferantendateien) Abb. 127a: Struktur eines Anwendungsgebietes Übersicht ergibt. Wir n e h m e n weiter an, daß für die Bestellschreibung e i n e Standard-Software benutzt werden kann und daß für die A u s w e r t u n g e n ein P C mit entsprechender Software eingesetzt werden soll. Daraus leitet sich ein PSP gemäß Abbildung 127b ab. D i e einzelnen B l ö c k e des PSP repräsentieren eine jeweils eindeutig abgrenzbare Arbeitseinheit des g e s a m t e n Projekts. B e i e i n e m entsprechend detaillierten D e -
Der PSP paßt sich modular an die Gegebenheiten der geplanten Software-Struktur an. Damit können parallele Arbeitsgebiete entwickelt werden. Abb. 127b: Pr.ojekt-Struktur-Plan
12. Kapitel: Definitorische A b g r e n z u n g
267
sign ist es möglich, mehrere dieser Aktivitäten parallel durchzuführen, womit eine Reduzierung der Personalbindung herbeigeführt wird mit dem Effekt einer frühen Implementierung. PSP können entsprechend den Projektklassen für Benutzer-, IC- und DV-Projekte erstellt werden. Das grundliegcnde Ziel ist - im Gegensatz zu Life-Cycle-Modellen - nicht die Hintereinanderschaltung von einzelnen Aktivitäten, sondern die Parallelbearbeitung. Der PSP folgt dem Baustein-Ansatz und paßt sich den unterschiedlichen Entwicklungsphasen an. Zusammenfassung
Projektdefinition
Projekte sind besondere Aufgaben, die außerhalb der Routine stehen, zeitlich begrenzt sind, Auswirkungen auf das Unternehmensergebnis und den Unternehmenserfolg haben, die multifunktional und mehrhierarchisch abgewickelt werden und die aufgrund ökonomischer Limitationen und durch das erforderliche Innovations- und Kreativitätspotential mit besonderen, projektspezifischen Risiken behaftet sind. Projekte erfordern eigenständige Methoden, die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen und Projektverantwortlichen und ein operationalisiertes Zielsystem. Liegen konkurrierende Projektanträge vor, muß anhand von Muß- und SollKriterien ein Auswahlprozeß zur Bestimmung der optimalen Verwendung der Projektressourcen - Zeit, Hardware und Software, Budget und M i t a r b e i t e r erfolgen. Die inhaltliche Projektbeschreibung erfolgt durch einen Projektstrukturplan , der zugleich die Vorgehensweise f ü r die Realisierung definiert.
13. Kapitel: Strategisches Projektmanagement 13.1 Zielsetzung und Aufgaben Strategisches Projektmanagement bedeutet, daß die Entwicklung und der Einsatz der DV-Software die Unternehmensstrategien unterstützt. Damit orientiert sich der Auswahl- und Entscheidungsprozeß für DV-Software primär an den strategischen Zielen des Unternehmens. Dabei ist jedoch grundsätzlich zu unterscheiden, ob das Unternehmen vorwiegend eine extrovertierte oder eine introvertierte Strategie bezüglich seines Wachstums, seiner Marktpräsenz und seiner Produkte verfolgt. Introvertierte Strategien liegen dann vor, wenn als Erfolgsfaktoren des Unternehmens vorwiegend die Kosten, die Produkte, die Technologien und die Rationalisierungspotentiale gelten und das Management sich primär auf die Kostensenkung und Produktivitätsverbesserung konzentriert. Produkte mit hoher Kostendegression und hohem Lagerumschlagskoeffizienten haben dabei Vorrang. Eine extrovertierte Strategie zeichnet sich vor allem durch eine Konzentration auf kundenorientierte Kriterien aus, wie z.B.: Qualitätssicherung, Marktpräsenz, Akzeptanz kundenindividueller Wünsche, Service und Betreuung, Produktverträglichkeit und Produktsicherheit. Selbstverständlich sind Mischformen zwischen diesen polaren Ausprägungen einer Unternehmensstrategie möglich und auch in der Praxis anzutreffen. Von Bedeutung für das Projektmanagement ist die Tatsache, daß bei der mittel- und langfristigen Planung der Projekte derartige Kriterien berücksichtigt werden, die den strategischen EDV-Plan und das strategische Szenario der Projektentwicklung und Projektführung bestimmen. Als Ziele eines strategischen Projektmanagements lassen sich definieren: • Ermittlung der projektspezifischen Erfolgsfaktoren, die aus den unternehmerischen Erfolgsfaktoren abgeleitet werden. • Umsetzung dieser strategischen Erfolgsfaktoren in konkrete Projekte. • Unterstützung der Unternehmensstrategie und der Erfolgsfaktoren durch entsprechende DV-Technologien. • Anpassung der DV-Proj ekte an sich ändernde strategische Erfordernisse. • Entwicklung strategischer Szenarien für die mittel- und langfristige Planung derDV-Projekte. • Entwurf einer Anwendungs-Architektur für das Gesamtunternehmen, um integrierte und kompatible DV-Anwendungssysteme für die Erfolgsfaktoren zu realisieren. Eine derartige strategische Orientierung der Anwendungsentwicklung bedingt eine entsprechende organisatorische Unterstützung, eine Schulung der Führungskräfte und Mitarbeiter des Bereichs DV in strategischen Erfolgsfaktoren und ein System der Ablauforganisation, das durch ständigen Plan-Ist-Vergleich eine Anpassung der DV-Projekte an sich ändernde Umweltfaktoren sicherstellt. Als Rahmenschema für die Entwicklung einer Unternehmensstrategie für DVProjekte dient das generelle Szenario der zukünftigen DV-Entwicklung entsprechend Abbildung 128.
269
13. Kapitel: Strategisches Projektmanagement
Zentral:
Dezentral: Prol ana Texiverarbeitung
Aufgabenträger der Organisation
Graphik Kommunikat J
Bild schirm Workstation
Datenbanken
Erstellung und Pflege der Grunddaten des Unternehmens
Systemanalyse Programmierung Mat^iararl/
Rechenzentrum als ServiceCenter der Organisation
Berichte
Externe Benutzer, Rechner, Datenbanken
Die Entwicklung der Datenverarbeitung ist durch eine veränderte Arbeitsteilung der E D V Organisation und den Fachbereichen sowie durch eine Intensivierung der internen und externen Kommunikation gekennzeichnet. Daraus resultieren neue Formen der Ablauforganisation im Unternehmen. A b b . 128: Szenario der EDV-Entwicklung
Gemäß Abbildung 128 lassen sich vier Bereiche mit jeweils typischen Arbeitsgebieten ableiten: 1. Die Entwicklung zentraler DV-Projekte, die mit zentralen Datenbanken arbeiten. 2. Datenbankorganisation und Datenmanagement mit der Zielsetzung, Daten und Datenextrakte bereitzustellen und zu sichern. 3. Entwicklung von Infrastruktur-Systemen, die im wesentlichen durch Netzwerkverbindungen gekennzeichnet sind. 4. Einführung der dezentralen Datenverarbeitung, die auch als benutzerorientierte Datenverarbeitung gekennzeichnet werden kann. Aus diesen vier Arbeitsgebieten resultieren bestimmte ablauforganisatorische Regelungen, die nicht ohne Einfluß auf die Formen der Organisation im Rahmen des Projektmanagements sind.
13.2 Erfolgsfaktoren Die Erfolgsfaktoren des Unternehmens stellen die Rahmenbedingungen für die Software-Entwicklung und Software-Einführung dar. Analog der extrovertierten und introvertierten Unternehmensstrategie lassen sich auch extro- und introvertierte Projekte unterscheiden. Ein Anwendungssystem für die Rationalisierung
270
Teil 3: Projektmanagement
der Bestellvorschläge ist beispielsweise ein introvertiertes System, während ein Kommunikationssystem mit Direktkopplung von Kunden und Lieferanten ein extrovertiertes System ist.
13.2.1 Allgemeine Erfolgsfaktoren In den frühen 80er Jahren haben Peters und Watermann durch empirische Untersuchungen versucht, die Frage nach den Erfolgsfaktoren eines Unternehmens zu beantworten. Aufgrund von Interviews und empirischen Auswertungen kamen sie zu dem Ergebnis, daß grundsätzlich sieben Faktoren für den Erfolg eines Unternehmens ausschlaggebend sind. D a alle diese Faktoren in ihrer englischen Bezeichnung mit dem Buchstaben „S" beginnen, wurde das entwickelte Modell allgemein auch als „Sieben-S-Modell" bezeichnet. Die allgemeinen Erfolgsfaktoren eines Unternehmens sind demnach: 1. Superordinate Goal: Allgemeines und verbindliches Wertesystem des Unternehmens, kurz: die Unternehmenskultur. 2. Strategy: Langfristiges Zielsystem des Unternehmens, das seinen Ausdruck in strategischen, taktischen und operativen Planungen auf allen Ebenen findet. 3. Structure: Flexible Form der Aufbau- und Ablauforganisation, die sich den Erfordernissen des Marktes anpassen. 4. Staff: Unterstützung der Primäraufgaben (Forschung, Entwicklung, Produktion, Marketing) durch Service-Leistungen der Stabsorganisationen. 5. Style: Kooperativer Führungsstil, bei dem die Mitwirkung der Mitarbeiter an den Entscheidungsprozessen garantiert ist. 6. Skill: Ständige Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Mitarbeiter durch Förderung der Eigeninitiative und durch innerbetriebliche Schulung und Ausbildung. 7. System: Einsatz des Informationssystems zur Entwicklung und Unterstützung aller Unternehmensprozesse, die auf die Erfolgsfaktoren konzentriert sind. Als genereller Faktor, der für alle sieben „S" verbindlich ist, dient der Faktor „Kundennähe", d.h. die Marktnähe, Service, dauerhafte Kundenbeziehungen, Kundenpflege und Dienstleistungsbereitschaft mit dem Kunden. Die einzelnen Erfolgsfaktoren stehen in gegenseitiger Verbindung, sind voneinander abhängig und können nicht isoliert dargestellt werden. Ein Unternehmen, das beispielsweise einen autoritären Führungsstil praktiziert mit einer starren Organisation, wird nicht in der Lage sein, das Primat der Kundennähe erfolgreich zu praktizieren. Nagel (Die sechs Erfolgsfaktoren des Unternehmens, zweite Auflage 1988) hat die Erfolgsfaktoren einem Phasenschema zugeordnet, das den Reifegrad, d.h. die Entwicklung der Erfolgsfaktoren zum Ausdruck bringt und unterscheidet die Phasen: Start, Ausweitung, Konsolidierung, Wachstum und Integration. Wir modifizieren für die Zwecke der Auswahl strategischer Projekte die Erfolgsfaktoren, indem wir das superordinate goal vernachlässigen, dafür aber das Produkt (das zugleich als Marktpotential beeinflußt) mit aufnehmen und ordnen den Faktoren die inhaltliche Beschreibung während einzelner Phasen zu. Es ergibt sich das in Abbildung 129 dargestellte Bild, das zugleich Ansatzpunkte für eine
13. Kapitel: Strategisches P r o j e k t m a n a g e m e n t
n. Phase EiX folgS-N^ faktoren\^
I Start
II Ausweitung
Strategie
Keine Orientierung
Tätigkeitsplanung
Organisation
Improvisation S t r e b e n n a c h u n d EinzelRichtlinien aktionen Formulare
III Konsolidierg. operative Planung
271
IV Wachstum
V Integration
langfristige P l a n u n g einz. Funktionen
strategische Unternehmensplanung
S t a n d a r d s und R e g e l w e r k f ü r Normen für Entsch.-proz. Einzelprointern/extern zesse
Unternehmenskultur kulturund Leitlinien
integrierte Systeme mit dezentraler Kompetenz
dispositive S y s t e m e und Endbenutzersysteme
unternehmensweites Informationssystem mit K o m munikation
M i t a r b e i t e r A u f g a b e n e r - geringe Freiledigung nach r ä u m e bei vordefinierten Vorschrift Aufgaben
Teamstruktur e n , Matrixu. P r o d u k t org.
Disponent statt Sachbearbeitung
Self-Managem e n t , M A als als „ S u b u n t e r nehmer"
Führungssystem
MBEund Autonome M B O B e w u ß - G r u p p e n und te M o t i v a Selbststeuerg. tionssysteme
Kooperativer Führungsstil Querschnittskommunikation
K u n d e n als Geschäftskapital
K u n d e als dauerndes Teammitglied
Kundenpflege auf D a u e r
Innovationsprodukte
Produkt-und ServiceKopplung
individuelle Kundenlösungen mit d e n Produkten
Info-System E i n z e l a n w e n d u n g e n mit hoher Wartung
Funktionale S y s t e m e mit s t a r r e m Berichtswesen
Autorität Delegation u n d starres von A u f g a b e n Befehlssystem u n d K o m p e tenz
M a r k t - u n d K u n d e ist G e - K u n d e als K u n d e n ä h e schäftsvorfall G e s c h ä f t s partner
Produkte
MassenproDiversifikaduktion der tion, F & E Basisprodukte
A b b . 129: A l l g e m e i n e E r f o l g s f a k t o r e n des U n t e r n e h m e n s
strategisch orientierte Organisationsanalyse bietet. D a s Ziel strategischen M a n a g e m e n t s b e s t e h t i m S t r e b e n n a c h e i n e r I n t e g r a t i o n aller E r f o l g s f a k t o r e n . E s w i r d b e i s p i e l s w e i s e durch d i e s e A r t der D a r s t e l l u n g leicht ersichtlich, d a ß es w e n i g Eff e k t i v i t ä t für d a s U n t e r n e h m e n b e d e u t e t , w e n n z w a r i n t e g r i e r t e I n f o r m a t i o n s s y s t e m e mit e i n e m h o h e n A u f w a n d vorliegen und entwickelt w e r d e n , aber s o w o h l d e r F ü h r u n g s s t i l als a u c h d i e M o t i v a t i o n d e r M i t a r b e i t e r d e n K u n d e n a n f o r d e r u n gen nicht entsprechen. A u s d i e s e m a l l g e m e i n e n S y s t e m d e r E r f o l g s f a k t o r e n l ä ß t s i c h für j e d e n e i n z e l n e n Erfolgsfaktor ein g e s o n d e r t e s und detaillierteres Szenario ableiten. Wir be-
272
Teil3: Projektmanagement
schränken uns auf den Erfolgsfaktor „Informationssytem" und subsumieren darunter die Hardware- und Softwarestrategie sowie die Anwendungsentwicklung und Anwendungsorganisation. Wir ordnen für die Zwecke der Analyse jeder Komponente des Erfolgsfaktors die Zielvorstellung (strategisches Ziel), das Potential (die vorhandenen Mittel und Ressourcen), die Dynamik (die zu entwikkelnden Funktionen) und die Entwicklung (das ist der operative Plan) zu, so daß sich ein Szenario - als Beispiel gedacht - gemäß Abbildung 130 ergibt. Dieses strategische Szenario umfaßt als Komponenten: Phasen Zielvorstellung (Beispiele)
Potential Dynamik Entwicklung
Komponenten^^. Anwendungen/Daten • Zentrale Datenbanken • Dezentralisierung von Anwendungen • Extraktfunktionen f ü r die Benutzer • Datenfernverarbeitung • Telekommunikation Service
Benutzer-Service-Funktion mit Kompetenz-Zentren
Organisation
A u f b a u eines zentralen Information-Centers
Personal
Qualifizierung des Fachpersonals für dezentrale Datenverarbeitung
Software
Eigenentwicklung für zentrale Anwendungen. Fremdbezug für Fachabteilungen.
Hardware
Rechnerverbund mit dezentraler Intelligenz
Abb 130: Szenario für EDV-Projekte
• Daten und Anwendungen: Hierbei muß genau spezifiziert werden, welche Anwendungsgebiete im betrachteten Planungshorizont (in der Regel 3 - 5 Jahre) durch DV-Projekte unterstützt werden und mit welchem Datenmodell das Unternehmen arbeiten will. Das Datenmodell beschreibt dabei nicht nur die generelle Situation des Übergangs von hierarchischen Datenbanken zu relationalen, verknüpfbaren Datenbanken, sondern auch die Art und Weise, wie den Endbenutzersystemen die Daten zur Verfügung gestellt werden sollen. Dies kann durch zentrale Datenbanken mit Direktzugriff erfolgen oder über vernetzte Datenbanken oder durch ein Konglomerat aus individuellen und funktionalen Datenbanken mit Anbindung an die zentralen Datenbanken und hat demnach auch eine unmittelbare Auswirkung auf die Struktur der Endbenutzersysteme und der Kommunikationssysteme. • Service: Mit Service wird hierbei die organisatorische Form der Benutzerunterstützung umschrieben, d.h. die Art und Weise, wie durch besondere Stabsstellen (Service-Zentrum, Kompetenz-Zentrum) die Anwender unterstützt werden.
13. Kapitel: Strategisches Projektmanagement
273
• Organisation: Dieser Bereich umschreibt die Form der Ablauforganisation zwischen zentraler DV-Abteilung und den Fachabteilungen bei der Entwicklung neuer Projekte und bei der Implementierung und Nutzung von Anwendungssoftware. • Personal bedeutet die systematische Aus- und Weiterbildung aller am Informationssystem beteiligten Mitarbeiter, also der Führungskräfte, der Unterstützungsmitarbeiter und der Endbenutzer. • Software: Bei dieser Komponente muß das Unternehmen entscheiden, welche Anwendungsgebiete in Eigenentwicklung reorganisiert werden und welche Anwendungsbereiche durch die Implementierung und Nutzung von StandardSoftware neu entwickelt werden sollen. • Hardware: Hierbei muß entschieden werden, welche Hardware-Strategie zu verfolgen ist, z.B. im Sinne eines monistischen Ziels (alle Hardware von einem Hersteller und damit Sicherung der Kompatibilität und Ausbaufähigkeit) oder eine gemischte Strategie etwa in dem Sinne, daß unterschiedliche Hersteller für dezentrale und zentrale Konfigurationen in Anspruch genommen werden. Das strategische Szenario bestimmt daher: 1. Das zukünftige Datenmodell. 2. Die Anwendungsstruktur und Anwendungsgebiete. 3. Die organisatorischen Voraussetzungen für die Implementierung und den laufenden Betrieb. 4. Die Hardware- und Software-Strategie des Unternehmens. 5. Die personellen Entwicklungspotentiale der Mitarbeiter und Führungskräfte. Ein Hilfsmittel für die Entwicklung eines strategischen Szenarios stellt der sogenannte strategische Orientierungspfad dar. Er besteht aus einer systematischen Feldanalyse anhand einer Checkliste mit dem Ziel, die strategischen Felder für Projekte zu lokalisieren. Die folgende Checkliste kann ein Hilfsmittel sein, um die Notwendigkeiten für strategische DV-Projekte zu ermitteln. • Qualitative Änderungen der Einzelaufgaben: Integration vs. Atomisierung, Zusammenführung logistischer Prozesse • Qualitative Änderungen der Managementaufgaben: - Planung - Modelle - Recherchen • Zeitmanagement • Kommunikationsmanagement Intern: Bürokommunikation Extern: Teledienste, externe Datenbanken, externer Verbund • Service- und Produktkopplung • Marktpräsenz • Qualitative Verbesserung der Information: - Aktualität - Verknüpfbarkeit (Kennziffern) - Präsentation • Unterstützung von Transferprozessen: - Produkte - Know how (Patente)
274
Teil 3: Projektmanagement
• Rationalisierung (Kostendruck, Arbeitszeitverkürzung) • Netzwerke fürlnternationalisierung
13.2.2 Projektspezifische Erfolgsfaktoren Bevor mit der Entwicklung einer Anwendungssoftware begonnen wird, müssen die Erfolgs- und Akzeptanzkriterien des Projekts vereinbart werden. Eine derartige Vereinbarung verfolgt mehrere Zwecke: 1. Sie schafft die Voraussetzung für eine Erfolgskontrolle nach Beendigung des Projekts. 2. Sie zwingt das Entwicklungsteam, sich intensiv mit den Erfolgsfaktoren des Anwendungsbereiches auseinanderzusetzen. 3. Das Projekt leistet einen Beitrag zu den allgemeinen Erfolgsfaktoren des Unternehmens. 4. Es ergibt sich die Möglichkeit einer Prioritäten-Festlegung für die Entwicklung und Beschaffung von Anwendungs-Software. Die projektspezifischen Erfolgsfaktoren werden von den grundsätzlichen Strategien des Unternehmens geprägt, so daß sich folgende Übersicht ergibt: Projektspezifische Erfolgsfaktoren (Beispiele) Bei introvertierter Strategie
Bei extrovertierter Strategie
Durchlaufzeit Kostenreduzierung Arbeitsvereinfachung Produktivität Benutzungsfreundlichkeit Verfügbarkeit Ergonomie Interne Kommunikation Reduzierung Schriftgut
Kundenservice Kundeninformation Marktanalysen Qualität Externe Kommunikation Netzwerkkopplung Flexibilität Auskunftsbereitschaft Kundenindividuelle Produktkombination
Derartige Erfolgsfaktoren sind als Anforderungsprofile im Sinne von Entscheidungskriterien zu bewerten, die dann im Rahmen einer Nutzwertanalyse (siehe Kap. 17) einen Auswahlprozeß zwischen konkurrierenden Projektanträgen ermöglichen. Die Erfolgsfaktoren lassen sich leicht modifizieren, wenn unterschiedliche Projektklassen zu bewerten sind: Benutzerprojekte tendieren prinzipiell zu introvertierten Erfolgsfaktoren, während zentrale Projekte eine Vorrangstellung der extrovertierten Erfolgsfaktoren haben sollten. InformationCenter-Projekte stellen in bezug auf die Erfolgsfaktoren Mischprojekte dar, das heißt, es sind Erfolgsfaktoren aus beiden Bereichen der Unternehmensstrategie zu definieren.
13. Kapitel: Strategisches Projektmanagement
275
13.3 Strategische Projektplanung Die Grundlage einer strategischen Projektplanung bildet die Architektur des Informationssystems für das gesamte Unternehmen. Dabei spielt der Reifegrad der Organisation eine entscheidende Rolle, d.h. die Basis einer strategischen Projektplanung bildet das System der allgemeinen Erfolgsfaktoren und das Szenario für das Informationssystem. In der Praxis begegnet man häufig dem Fehler, daß zwar eine Projektplanung durchgeführt wird, diese aber nicht realisierbar ist, weil das System der Erfolgsfaktoren nicht analysiert wurde und verschiedene Komponenten, z.B. Organisation, Mitarbeiter, Führungssystem dieser Strategie nicht folgen können, da sie noch „unterentwickelt" sind. Der ideale Prozeß einer strategischen Projektplanung ist dreistufig: 1. Analyse der allgemeinen Erfolgsfaktoren und Planung und Entwicklung der Komponenten in Richtung Integration. 2. Entwicklung des strategischen Szenarios und Planung und Entwicklung über den strategischen Orientierungspfad. 3. Umsetzung der Erfolgsfaktoren in Software, Anwendungssysteme und Netzwerke durch entsprechende Projekte. Daraus leitet sich ein Rahmcnschema der strategischen Projcktplanung gemäß Abbildung 131 ab.
276
Teil 3: P r o j e k t m a n a g e m e n t
Strategische
Ebene Strategische Planung und Steuerung - Strategische Geschäftsplanung - IS-Architekturen-Erstellung - Strategische IS-Planung und Steuerung
Taktische
Ebene
Entwicklungs-Planung - Anwendungs-Planung - Daten-Planung - System-Planung - Projekt-Planung
Management-Planung - Management-SystemPlanung - Management-SystemÜberwachung
- Kapazitäts-Planung - Budget-Planung Operationale
Inform. -Service-Pl. - Service-Marketing-Pl. - Servicegrad-Planung - Wiederanlauf-Planung - Datensch./Sicherh.-PI. - Revisions-Planung
Ressourcen-Planung - Personal-Planung - M a n a g e m e n t des taktischen IS-Planes
Ebene
Entwicklungsund Wartungs-Steuerung - Projekt-Nominierung - Projekt-Detailplanung - Projekt-Steuerung - Projekt-Anforderungen Steuerung - Projekt-Abschlußbewertung
Ressourcen-Steuerung - Änderungs-Steuerung - Ressourcen-BestandsSteuerung
Informations-ServiceSteuerung - P r o d u k t i o n s - u . Verteilungs-Detailplang. - Performance-und Produktivitätssteuerung - Problem-Steuerung - Service-Bewertung
Entwicklung u. Wartg. - Anwendungs-/SoftwareEntwicklung und Erweiterung - Anwendungs-/SoftwareB e s c h a f f u n g und A n passung - Hardware-/Einrichtungen, Installationen und Erweiterung - Wartung - System-Optimierung (Tuning) - Management-SystemEntwicklung und Erweiterung
Administrative Dienste - Finanzielle Administration - Schulung/Training - Mitarbeiter P r o d u k tivität
Informations-Service - RZ-Produktion - Verteilung - Benutzerunterstützung - Service-Marketing
E n t n o m m e n aus: Nagel, K.: Die 6 Erfolgsfaktoren des U n t e r n e h m e n s . Verlag M o d e r n e Industrie, 1988,2. A u f l a g e , S. 165 Abb. 131: R a h m e n s c h e m a für die strategische Planung der Informationssysteme (IS)
14. Kapitel: Organisationsformen für Projekte 14.1 Zielsetzung und Aufgaben F ü r die Entwicklung, Realisierung und den l a u f e n d e n B e t r i e b der A n w e n d u n g s p r o j e k t e sind sowohl im Bereich d e r A b l a u f o r g a n i s a t i o n als auch in dem d e r Aufbauorganisation b e s o n d e r e organisatorische Regelungen und Strukturen erforderlich. Dies resultiert aus der strategischen B e d e u t u n g der P r o j e k t e , aus der M e h r f u n k t i o n a l i t ä t durch die I n t e r d e p e n d e n z w i r k u n g d e r P r o j e k t e und aus der Notwendigkeit, im Entwicklungsprozeß Mitarbeiter aus unterschiedlichen Fachf u n k t i o n e n zu beteiligen. D a s Ziel derartiger Organisationsformen besteht daher in: • der organisatorischen Z u s a m m e n f ü h r u n g verschiedener Mitarbeiter mit unterschiedlichem Wissen und K ö n n e n in F o r m stabiler T e a m s , • der Strukturierung eines M a n a g e m e n t - S y s t e m s f ü r die Planung und S t e u e r u n g der Entwicklungsarbeiten, • der Realisierung einer A u f b a u o r g a n i s a t i o n , die das Z u s a m m e n s p i e l zwischen Fachabteilung und E D V - B e r e i c h regelt, • d e m A u f b a u von K o m p e t e n z - und Service-Zentren f ü r die l a u f e n d e Unterstützung und in • der V e r e i n b a r u n g und Standardisierung von ablauforganisatorischen Regeln und N o r m e n f ü r den gesamten P r o z e ß von der Planung bis zur Realisierung, I m p l e m e n t i e r u n g und W a r t u n g . M a n g e l h a f t e Organisationsmuster sind die häufigsten Fehler des P r o j e k t m a n a g e m e n t s , sie f ü h r e n zu A k z e p t a n z p r o b l e m e n , zu Strategieverstößen und zu fehlerh a f t e n Entwicklungen. Grundsätzlich ist bei d e r Projektorganisation zu berücksichtigen, d a ß jeweils vier verschiedene G r u p p e n von Organisationsmitgliedern u n m i t t e l b a r von d e r Entwicklung und E i n f ü h r u n g d e r D V - P r o j e k t e b e t r o f f e n sind und daß diese G r u p pen jeweils unterschiedliche mentale G r u n d s t r u k t u r e n aufweisen: 1. M i t a r b e i t e r des Bereichs E D V - O r g a n i s a t i o n (Systemanalytiker, Organisatoren, P r o g r a m m i e r e r , R Z - P e r s o n a l , W a r t u n g s p e r s o n a l ) . 2. B e n u t z e r , das sind die Mitarbeiter d e r F a c h a b t e i l u n g e n , die unmittelbar mit den n e u e n Technologien, mit neuen A r b e i t s a b l ä u f e n u n d n e u e n organisatorischen Hilfsmitteln und Richtlinien arbeiten müssen. 3. M a n a g e m e n t , das sind die F ü h r u n g s k r ä f t e , die neue Führungsstile der K o o p e ration realisieren sollten, um dem veralteten Verhältnis zwischen Sachbearbeiter und Vorgesetzter n e u e F o r m e n der k o o p e r a t i v e n F ü h r u n g entgegenzusetzen. H i e r zeichnen sich g r a v i e r e n d e Ä n d e r u n g e n ab, denn in einer K o m m u n i k a t i o n s u m g e b u n g verliert das M a n a g e m e n t nach und nach die T r a n s p a r e n z über die Einzelprozesse, die von den Mitarbeitern seines V e r a n t w o r t u n g s b e r e i c h e s bewältigt w e r d e n , so d a ß ein veraltetes, kontrollintensives M a n a g e m e n t nicht m e h r praktiziert w e r d e n kann. 4. P r o j e k t m i t a r b e i t e r , das sind die in einem T e a m t e m p o r ä r z u s a m m e n a r b e i t e n den E x p e r t e n , S a c h b e a r b e i t e r und U n t e r s t ü t z u n g s m i t a r b e i t e r , die f ü r eine befri-
278
Teil3: Projektmanagement
s t e t e D a u e r an der R e a l i s i e r u n g einer A u f g a b e a r b e i t e n und t e m p o r ä r e i n e m neuen F ü h r u n g s s y s t e m u n t e r w o r f e n sind. A u s der unterschiedlichen Struktur der v o n E D V - P r o j e k t e n b e t r o f f e n e n M i t a r b e i t e r resultieren z a h l r e i c h e K o n f l i k t e , die den E r f o l g eines P r o j e k t e s g e f ä h r d e n . D i e häufigsten K o n f l i k t e sind: • Z i e l k o n f l i k t e : D i e B e t e i l i g t e n h e g e n unterschiedliche V o r s t e l l u n g e n ü b e r die Z i e l e e i n e s P r o j e k t e s , z . B . die D i v e r g e n z zwischen o p e r a t i v e m Nutzungsziel und u n t e r n e h m e n s w e i t e m strategischem Z i e l . • S a c h k o n f l i k t e : D i e B e t e i l i g t e n h a b e n unterschiedliche P r ä f e r e n z e n bezüglich d e s L ö s u n g s p o t e n t i a l s . D e r Konflikt tritt oftmals dann z u t a g e , wenn es um die A r t des P r o j e k t e s o d e r u m die G e r ä t e e i g e n s c h a f t e n ( H a r d w a r e - P r ä f e r e n z ) geht. • O r g a n i s a t i o n s k o n f l i k t e : H i e r spielen M a c h t a n s p r ü c h e , Statusvorteile und die M ö g l i c h k e i t e n der B e e i n f l u s s u n g eine w e s e n t l i c h e R o l l e . O f t m a l s sind O r g a n i s a t i o n s k o n f l i k t e auch ein Indikator für ein nicht f u n k t i o n i e r e n d e s M a n a g e m e n t - S y s t e m , in d e m mit veralteten M a n a g e m e n t - M e t h o d e n n e u e F o r m e n d e r K o m m u n i k a t i o n zu realisieren versucht wird, z . B . die E i n h a l t u n g von B e richts- und W e i s u n g s w e g e n , obwohl durch die V e r n e t z u n g und durch verteilte D a t e n b a n k e n e i n e D i r e k t k o m m u n i k a t i o n zwischen B e t e i l i g t e n möglich ist.
E D V „denkt"
Technisch Detailliert („Bit und Byte") Technologisch Programmbezogen Sequentiell
Benutzer „denkt"
Arbeitsplatzbezogen Aufgabenorientiert Sonderfälle („Ausnahmen") Einzelfälle (Geschäftsvorfall) Isoliert Kurzfristig Historisch (war schon immer so) Statisch
Management „denkt"
Erfolgsoricntiert Langfristig Global Dynamisch
Projektleiter „denkt"
Systemorientiert Ganzheitlich Multifunktional Organisationsbezogen Soziotechnisch
Ebenen des Denkens:
Ebenen der Emotion:
• • • •
• • • •
Sequentiell Statisch Dynamisch Ganzheitlich
Vorsicht (eins nach dem anderen) Beharrung Veränderung Gestaltung
Abb. 132: Die kognitive Struktur der Projektbeteiligten
14. Kapitel: Organisationsformen für Projekte
279
Aufgabe einer Projektorganisation ist es daher, neben der strategischen Anpassung der Organisation an die technischen Möglichkeiten auch die latent vorhandenen Konflikte so zu steuern, daß keine individuellen und gesamtbetrieblichen Nachteile entstehen. Man spricht daher sehr oft auch vom Konfliktamanagement als einer Aufgabe des Projektmanagements. Eine weitere Schwierigkeit bei der Realisierung geeigneter Organisationsformen ergibt sich durch die unterschiedlichen kognitiven Strukturen der Projektbeteiligten. Mit der kognitiven Struktur beschreiben wir das Grundschema des Denkens, das zugleich die Grundhaltung der Emotionen eines Menschen bestimmt. In Abbildung 132 haben wir einige Kriterien für derartige Verhaltensformen dargestellt. Sie verdeutlichen, daß bei jeder organisatorischen Neuerung unterschiedliche kognitive und emotionale Potentiale zu berücksichtigen sind. Eine wesentliche Aufgabe des Projektmanagements, speziell des Managementsystems und des Projektleiters, besteht darin, Motivation, Akzeptanz und die Ausrichtung auf die Erfolgsfaktoren bei allen Beteiligten herbeizuführen, um eine organisatorische Weiterentwicklung (Organizational Development) mit Hilfe neuer Systeme der Informations- und Kommunikations-Technologien zu realisieren.
14.2 Strukturorganisation 14.2.1 Matrix-Organisation Die Organisationsformen für D V-Projekte sind durch zwei wesentliche Kriterien bestimmt: a) Die Zuordnung und Kompetenz über Ressourcen, das sind Mitarbeiter, Hilfsdienste, Geräte (z.B. Computer-Ressourcen für die online-Programmierung und dasTesten) und Einrichtungen (z.B. Schulungsräume). b) Die Zuordnung von formalen Weisungsbefugnissen (Management- Potential) an eine Leitungsinstanz (z.B. den Projektleiter). Da bei der Entwicklung komplexer Projekte die Kenntnisse und Fähigkeiten vieler Organisationsmitglieder mit unterschiedlichen kognitiven Strukturen erforderlich sind und gleichzeitig gefordert wird, ein hohes Maß an Anpassung an sich ändernde Unsystembedingungen zu leisten, wurden Organisationskonzepte entwickelt (insbesondere bei der Raumfahrtbehörde NASA), die eine Mischform zwischen dem klassischen Managementprinzip der Linienorganisation und dem Prinzip der individuellen Organisationsgestaltung darstellt: die Matrix-Organisation. Man unterscheidet: a) Das sog. reine Projektmanagement mit vollen Weisungsrechten einer Leitungsinstanz gegenüber einer Gruppe (Team) bei umfassender Ressourcen-Verfügbarkeit. b) Das Einfluß-Projektmanagement mit geringeren Weisungsrechten und hoher Abhängigkeit von den Linieninstanzen. Das Matrix-Management versucht, durch eine besondere organisatorische Strukturierung des Teams und der Weisungsrechte eine Kombination von Ressourcen-
280
Teil 3: Projektmanagement
Verfügbarkeit und Abhängigkeiten von den Linieninstanzen zu realisieren. Schematisch kann dieser Zusammenhang gemäß Abbildung 133 dargestellt werden: Reines Projektmanagement
i i i i i L
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M a t r i x - f e magement
» 3
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17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
329
Beim Kostenvergleich werden die Kosten zweier oder mehrerer Projektalternativen miteinander verglichen. Als Faktoren dienen: • die variablen Kosten des laufenden Verfahrens A K • die geplanten Entwicklungs- und Laufkosten des neuen Verfahrens N K • die geplante Nutzungsdauer des neuen Verfahrens • der geplante Installationszeitpunkt T x
Für einen modifizierten Kostenvergleich ergibt sich folgende Rechnung: positive Wirtschaftlichkeit = Ka]t - (K nell — L n e u ) > 0 / t Es bedeuten: Ka|, = Nettokosten (variable Kosten) des alten Verfahrens Kneu = Variable Kosten des neuen Verfahrens L neu = Zusatzleistungen (Ersparnisse) durch das neue Verfahren Da für das neue Verfahren Entwicklungskosten aufgebracht werden müssen, ergibt sich für die Kostenvergleichsrechnung eine Darstellung gemäß Abbildung 154.
Werden im Rahmen eines neuen EDV-Projekts Investitionsgüter angeschafft (z.B. Hardware), so wird diese in Form von Abschreibungen und verbrauchsbedingten Kosten (z.B. anteilige CPU-Zeit) berechnet. Wegen ihrer einfachen Handhabung nimmt die Kostenvergleichsrechnung in der Praxis einen breiten Raum ein. b) Gewinn-Vergleichsrechnung Die Gewinn-Vergleichsrechnung entspricht in ihrer formalen Handhabung der Kosten-Vergleichsrechnung, nur daß eben als Zielgröße der erzielbare Gewinn unterschiedlicher Anlagen, Projekte und Verfahren ermittelt wird. Für EDVProjekte ergibt sich die generelle Problematik der Gewinnzuordnung. Es ist außerordentlich schwierig, den Einfluß eines einzelnen Projekts auf den Jahresgewinn zu ermitteln. Der Gewinn ist eine resultierende Größe aus Umsatz und Ko-
330
Teil 3: Projektmanagement
sten, so daß allenfalls ermittelt werden kann, welchen Einfluß ein Projekt auf die Kosten oder auf den Umsatz hat. Die Zuordnungsproblematik hat dazu geführt, daß sich die Gewinn-Vergleichsrechnung für Projekte nicht durchsetzen konnte, da zu viele Nebenrechnungen und Einflußgrößen des Gewinns berücksichtigt werden müssen. c) Rentabilitäts-Rechnung Die Rentabilitäts-Rechnung zielt auf die Berechnung der Verzinsung des eingesetzten Kapitals ab. Die Rentabilität ist das in Prozenten ausgedrückte Verhältnis von Gewinn zu Kapital einer Periode. Steht ein bestimmter Betrag anlagefähigen Kapitals zur Verfügung, dann wird jene Alternative realisiert, die die höchste Verzinsung erbringt. Sind mehrere Alternativen realsierbar, dann wird durch Simulation ein Mix derjenigen Alternativen errechnet, die insgesamt die höchste Verzinsung aufweisen, wobei Altwerte (Restwerte) aus wegfallenden Anlagen und Verfahren (bei Ersatzinvestitionen) berücksichtigt werden müssen. Auch bei dieser Berechnung ist das Zuordnungsproblem des Gewinns gegeben, so daß die gleichen Einwände wie für die Gewinn-Vergleichsrechnung gelten. d) Amortisations-Rechnung Bei der Amortisations-Rechnung wird als Zielgröße die Wiedergewinnungszeit des eingesetzten Kapitals errechnet: .... , . Anschaffungswert , Wiedergewinnungszeit = — oder jährl. Rohgewinn
Aufwand Ertrag
Die Wiedergewinnungszeit wird auch als „Pay off-Period" bezeichnet. Sie ist der Zeitraum (bzw. die Anzahl Perioden), in dem das investierte Kapital durch die Summe der dadurch erzielbaren Periodengewinne bzw. Periodenerträge zurückgewonnen wird. Man bezeichnet den Zeitpunkt, bei dem die Summe der Aufwendungen gleich der Summe der Erträge sind, auch als Break-even-Point. Diese Art der Berechnung eignet sich gut für die Bewertung von Projekten, insbesondere zur Ableitung einer Entscheidungsgröße bei alternativen Projektvorschlägen.
17.2.1.2 Dynamische Investitionsrechnungen Die statischen Investitionsrechnungen haben den Nachteil, daß die Verzinsung von Einnahmen und Ausgaben (bzw. von Aufwand und Ertrag oder Leistungen und Kosten) nicht berücksichtigt werden. Dieser Mangel wird durch eine dynamische Investitionsrechnung behoben. Als wichtigste Verfahren gelten: a) Kapitalwertrechnung Werden Ein- und Auszahlungen (Aufwände und Erträge) zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig, dann ist eine Verglcichbarkeit nur durch die Betrachtung der Verzinsung und der entsprechenden Zuordnung auf die Perioden möglich. Ein heute erhaltener Betrag hat beispielsweise einen höheren finanziellen Wert als ein erst in der Zukunft fälliger Betrag, eine heute zu treffende Ausgabe ist teurer
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
331
als eine erst in der Zukunft zu leistende Ausgabe. Für die Aufzinsung gilt die aus der Zinseszins-Rechnung bekannte Formel: Kc = (1 + p) n x K a Kc p Ka n
= = = =
Endkapital Zinssatz/Hundert Anfangskapital Jahre
Die umgekehrte Rechnung besteht in der Abzinsung eines in der Zukunft erwarteten Ertrages (bzw. einer Einnahme) auf den Entscheidungszeitpunkt. Die Abzinsungsformel berechnet also den Anfangswert und wird durch die Umwandlung der Aufzinsungsformel erhalten: K„ =
K " (1 + P) n
Bei einem Zinssatz von 10% wäre ein in fünf Jahren zu erhaltender Betrag in Höhe von 1.000 D M heute wert: _
1000
_62
Durch die Auf- und Abzinsung können unterschiedliche Beträge, die zu unterschiedlichen Perioden anfallen, vergleichbar gemacht werden. Dieser Fall ist bei Periodenrechnungen gegeben, wenn Aufwände und Erträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten realisiert werden, was bei der Entwicklung und dem Betrieb von Projekten zutrifft. b) Methode des internen Zinsfußes Bei dieser Methode wird die H ö h e des Zinssatzes ermittelt, die innerhalb der geplanten Perioden zu einem Kapitalwert von O führt. Liegen alternative Investitionen vor, wird derjenigen der Vorzug gegeben, die die höchste Verzinsung erbringt. Es handelt sich um eine Modifikation der Kapitalwertmethode. c) Annuitäten-Methode Auch sie ist eine modifizierte Kapitalwertrechnung. Es werden die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben der Investition (bzw. Aufwände oder Kosten) und die durchschnittlichen Einnahmen (bzw. Erträge oder Leistungen) berechnet und die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ermittelt. Eine Investition ist dann vorteilhaft, wenn sich eine positive Differenz ergibt. Die Methode eignet sich sehr gut für den Vergleich alternativer Investitionen.
332
Teil 3: Projektmanagement
17.2.2 Anwendungsbeispiel Die dargestellten Methoden mit monistischer Zielsetzung haben für EDV-Projekte grundsätzliche Nachteile: • Das Zuordnungsproblem ist nur näherungsweise lösbar, insbesondere für die Erträge. • Es bestehen große Unsicherheiten bezüglich des zeitlichen Verlaufs der Einnahmen- und Ausgabenströme (bzw. Leistungs- Kosten- oder Aufwands-Ertrags-Ströme). Für die praktische Anwendung einer kardinalen Wirtschaftlichkeitsberechnung muß daher ein Kompromiß gefunden werden. Das folgende Beispiel einer Kostenvergleichsrechnung kann als pragmatische Anwendung speziell für Projekte dienen. Wir ermitteln dabei projektspezifische Aufwandsarten und projektspezifische Erträge, und zwar in Form einer Periodenrechnung. Für die einzelnen Aufwands- und Ertragswerte gilt: 1. Projektaufwand Der Projektaufwand leitet sich aus dem Mengengerüst des Projektplans ab und bezieht sich auf: • Personaleinsatz in Mannmonaten, und zwar die Personalbindung für die Dauer des Projekts. • Organisationsmittel, so weit sie für das jeweilige Projekt benutzt werden. Diese werden mit internen Verrechnungspreisen bewertet. • Projektspezifische Investitionen, die entweder als Einmalausgaben bewertet werden (bei geringen Beträgen) oder in Form von nutzungs- oder zeitabhängigen Abschreibungsbeträgen. • Anteilige Leistungen des Rechenzentrums Für die Geldeinheiten der Mannmonate gilt: Gehalt + Nebenkosten = Basiswert + Anteilige indirekte Kosten = Kosten eines Mannmonats brutto ( 0 21 Arbeitstage) — Tage für Schulung, Urlaub, Krankheit ( 0 6 Tage) = Mannmonat netto (15 Tage) Kostenplanung: brutto Zeitplanung: netto 2. Projektertrag Kategorien sind: • Dispositiver Ertrag, das sind die qualitativen Verbesserungen, die sich durch den Einsatz eines neuen Verfahrens ergeben • Personalentlastungen (Produktivitätsvorteile) • Maschinenfreisetzungen (Abschreibungen für Altanlagen und Entlastungen für CPU-Zeiten) • Materialeinsparungen
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
333
2.1 Dispositiver Ertrag Dispositive Erträge sind Sekundär-Nutzen, die durch eine intensivere und qualitativ verbesserte Informationsleistung entstehen. Als Beispiel möge zitiert sein: „Einführung eines Buchungssystems zur Verwaltung von Soll- und Haben-Buchungcn, für die Kontenstatistik und die Ermittlung einer Liquidität". Dieses rein operative Verfahren kann nun in dispositiver Weise wie folgt genutzt werden: Durch die Feststellung einer täglichen Liquiditätszahl können die Salden über ein Kommunikationsmedium (z.B. BTX) an die Hausbank übermittelt werden. Im Rechner der Hausbank wird ein Cash-Flow-System initiiert, das folgende Berechnungen vornimmt: Modellanalyse der Zahlungsströme durch Vergleich der vergangenen Ein- und Auszahlungen und die Entwicklung einer Anlage bzw. Kreditdisposition für das Unternehmen. Aus den operativen Datenbeständen der Soll- und Haben-Buchungen wird so ein Dispositionssystem transformiert, das aus der Buchhaltung eine Liquiditäts- und Kreditdispositionsstelle macht. Die dadurch erzielbaren Vorteile würde man als Sekundärerträge des Buchungssystems bezeichnen und entsprechend in der Wirtschaftlichkeitsrechnung berücksichtigen.
2.2 Personalentlastung Bei der Personalentlastung geht es darum, die Produktivitätsverbesserungen in quantitativer Hinsicht zu berechnen. Man bedient sich dabei einer Schätzmethode, indem man eine Differenzierung der verschiedenen Tätigkeitsbilder vornimmt und die möglicherweise zu erzielenden Produktivitätsvorteile in Mannmonaten bzw. Manntagen berechnet. Das folgende Beispiel bezieht sich auf die Tätigkeit eines Disponenten mit den Aufgaben Datenerfassung, Kundenlisten erstellen, Termindisposition und Berichtswesen. Wir gehen dabei davon aus, daß insgesamt pro Jahr in dem betrachteten Unternehmen 200 Mannmonate Aufwand für diese Tätigkeit bisher entsteht. Die Schätzung von Produktivitätsverbesserungen in Prozenten läßt nunmehr einen Produktivitätsvorteil ermitteln. Tätigkeit Datenerfassung Kundenlisten Termindispos. Berichtswesen
Anzahl der MM
Prod. %
Prod. MM
60 50 40 50
3 4 5 6
1,8 2,0 2,0 2,0
-
8,8
200
Neben der Personalentlastung im Benutzerbereich - wie sie in dem oben dargestellten Beispiel skizziert wurde - sind auch Personalentlastungen im Bereich der EDV-Organisation möglich, und zwar durch: • Reduzierung des Wartungsaufwandes • Saldierung der neu hinzukommenden Wartungsaufgaben mit dem Benutzeraufwand in der dezentralen Organisation. Die Entlastungen realsieren sich entlang einer sogenannten Lernkurve, die durch eine Periodenbetrachtung erkennbar wird:
334 Entlastung
Teil 3: Projektmanagement
Periode 1
Periode 2
Periode 3
EDV-Bereich direkte Benutzerentlastung DV-Produktivität
0 5 4
10 20 10
15 20 30
Summe Mannmonate
9
40
65
Die so ermittelten Personalentlastungen bedeuten: a) Ü b e r n a h m e zusätzlicher Aufgaben b) Re-Organisation von Tätigkeiten und Tätigkeitsgruppen c) Erweiterungen bisheriger Verantwortungen: Job Enlargement d) Vertiefung bisheriger Arbeiten durch die Wahrnehmung dispositiver Vorteile. Die Personalentlastungen führen zu Vereinbarungen bei den Kostenstellenleitern: sie sind aufgefordert, durch die Einführung des neuen Projekts die entsprechenden Personalentlastungen durch eine entsprechende Re-Organisation der Tätigkeiten zu realisieren. 2.3 Maschinenfreisetzung a) CPU-Belastung Bei HOST-Anwendungen werden die Belastungen bzw. Freisetzungen von CPU-Zeiten alter bzw. neuer Rechner gegenübergestellt. Als Grundlage dienen die Verrechnungsprotokolle des Rechenzentrums und der Vergleich der Laufzeiten alter oder analoger Programme im Verhältnis zum neuen Verfahren. Als Berechnungsgrundlage benutzt man die Berechnung der Code-of-lines (Programmgrößen). Sehr oft wird eine Standard-Maßzahl je Code-of-line bzw. je 1000 Codeof-Lines im Sinne einer Work-Unit vorgenommen. Die Work-Unit ist die Leistungseinheit je CPU-Sekunde und drückt aus, wieviele Programmfunktionen (Lines-of-Code) in dieser Zeiteinheit realisiert werden können. Die Anzahl der Work-Units wird analytisch ermittelt durch Berücksichtigung von: Programmfunktionen, Prüfroutinen, internen Routinen, Input- Output-Routinen und Kanal- und Leitungsprozesse. b) Kapazitäten Als solche gelten: Plattenspeicherplatz, umgerechnet auf Plattenstapel und Platteneinheiten sowie die Inanspruchnahme von Netzen und Hilfsmitteln der E D V Konfiguration (Drucker, Datenstationen, Server, Driveru.ä.). c) Ablösung alter Geräte, die oftmals allerdings ohne Einwirkung auf die Wirtschaftlichkeitsrechnung sind, da sie bereits abgeschrieben sind (z.B. Wegfall von Schreibmaschinen durch den Einsatz von Personal Computern).
2.4 Materialeinsparungen Als solche gelten insbesondere der Aufwand für das Drucken, den Versand und die Bearbeitung von Listen, sofern ein Verfahren auf die Online-Bearbeitung übergeht.
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
335
Stellt man den Aufwand eines alten (bestehenden) Systems dem Aufwand eines neuen Systems gegenüber und modiziert die Aufwandsgröße des neuen Systems durch die Abrechnung der entsprechenden Ersparnisse, dann ergibt sich ein Kosten vergleichs-Tableau entsprechend Abbildung 155. Eine Modifikation dieses Kostenvergleichs-Tableaus ist dadurch möglich, daß der Verlauf der Einnahmen und Ausgaben bzw. der Aufwände und Erträge entsprechend der Annuitätenmethode periodengerecht verzinst würde. Für pragmatische Bewertungen von Projekten reicht in der Regel eine statische Betrachtung entsprechend der Periodenzuordnung aus. Zeit Art
1991
1992
1993
1994
15000,2000,-
15 000,2000,-
16000,2000,-
16500,2000,-
1000,400,3 400,1000,-
1100,500,3200,1200,-
1200,600,3 400,1400,-
1400,700,3 700,1600,-
22400,-
23000,-
24600,-
25900,-
12000,6000,500,200,1200,-
12500,6000,600,300,1400,-
12600,6000,700,400,1600,-
12800,6000,800,400,1600,-
1. Aufwand Alt Betriebskosten Abschreibungen Verfahrensbetr. IS Benutzer Material Sonstige Kosten 1. Summe 2. Aufwand neu Betriebskosten Abschreiblingen Verfahrensbetr. Material Sonstige Kosten
19900,-
20800,-
21300,-
21600,-
3. Aufwandsdifferenz
2500,-
2 200,-
3 300,-
4300,-
4. Erträge 4.1 Dispositiver E. 4.2 Produktivität
200,100,-
450,150,-
600,200,-
600,200,-
2. Summe
4. Summe
300,-
600,-
800,-
800,-
5. Gesamt (3+ 4)
2800,-
2 800,-
4100,-
5100,-
6. Entwicklungsaufwand
7500,-
7. Amortisation 7.1 Absolute Werte
- 4 700,-
2 800,-
4100,-
5100,-
7.2 Akkumuliert
-4700,-
- 1900,-
2200,-
7300,-
Weiterführende Analysen: Dynamische Investitionsrechnung Abb. 155: Kostenvergleichs-Tableau
336
Teil 3: Projektmanagement
17.3 Qualitative Berechnungsmethoden 17.3.1 Zielsetzungen und Aufgaben Die Berechnung einer kardinalen Wirtschaftlichkeit bezieht sich lediglich auf die monetäre Betrachtung eines Projekts. Schon bei der Analyse der Erfolgsfaktoren für Projekte und deren Auswirkungen auf die Arbeits- und Ablauforganisation wurde jedoch ersichtlich, daß Projekte neben einer monetären Zielsetzung auch unternehmensübergreifende Ziele verfolgen, wie beispielsweise: Verbesserung der Organisation, schnellere Präsenz bei Kunden, Verbesserung der Qualität oder Reduzierung von Schwachstellen. Die Umrechnung derartiger Erfolgsfaktoren in geldwerte Vorteile ist außerordentlich problematisch, da neben dem Quantifizierungsprolem auch das Problem der periodengerechten Zuordnung gegeben ist. Schon frühzeitig hat man sich daher bemüht, die qualitativen Aspekte eines Projekts quantitativ zu erfassen. So entstanden eine Reihe von Punktbewertungssystemen (Scoring Models), die allesamt darauf abzielen, den Nutzen oder Nutzwert eines Projekts zu ermitteln. Bedeutend geworden sind in diesem Zusammenhang Modelle und Verfahren von Nolan, Porter & Miller, McFarlan &McKinney, Parsons, Benjamin u.v.a.m. Es handelt sich bei allen Modellen und Verfahren um Vergleichsrechnungcn, d.h. es werden Entscheidungsalternativen bewertet. Damit vollzieht sich der Übergang von einer klassischen Substitutionsrechnung, wie sie die Investitionsrechnung für Projekte darstellt, zu einer Ent-
(Projekte, Verfahren, Muster, Systeme, Investitionen) A b b . 156: Duales System der Wirtschaftlichkeit
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
337
scheidungs- oder Systemwertrechnung. Man bezeichnet sie deshalb auch als ordinale Berechnungsmethoden. Werden in Entscheidungsprozessen sowohl quantitative als auch qualitative Veränderungen berücksichtigt, dann erhalten wir ein duales System der Wirtschaftlichkeitsberechnung, wie es in Abbildung 156 dargestellt ist. Die Gesamtwirtschaftlichkeit bezieht demnach neben den quantitativen Effekten auch die bewerteten Präferenzen - das sind die Zielerreichungswahrscheinlichkeiten - in die Rechnung mit ein. Solche Zielerreichungspräferenzen können sein: • Die Berücksichtigung des Zeitfaktors: schnellere Erledigung betrieblicher Aufgaben; Beispiel: Ein Dispositionssystem im Finanzbereich ermöglicht eine schnellere Entscheidung bezüglich der Anlage liquider Mittel. Oder: Ein Administrationssystem ermöglicht die schnellere Auslieferung bestellter Waren. • Die Berücksichtigung des Qualitätseffektes: die statistische und graphische Aufbereitung von Management- Informationen erzielt einen qualitativ besseren Informationswert für den Entscheider. • Die Berücksichtigung des Organisationsnutzens durch verbesserte Methoden der Kommunikation und des Berichtswesens. • Die Berücksichtigung von Humanfaktoren, die sich auf Arbeitsinhalte, Akzeptanz und Arbeitsmittel beziehen können und die bei sachgerechter Organisation zu einer Verbesserung des Arbeitsklimas und der Leistungsbereitschaft führen. Die Gesamtrechnung der Wirtschaftlichkeit - die sogenannte Systemwertrechnung - hat folgende Zielsetzungen: a) Erweiterung des Entscheidungsspielraumes: Miteinbeziehung qualitativer Faktoren in die Entscheidungsprozesse des Unternehmens b) Erfassung des gesamten Leistungsspektrums einer Anwendungs- Software c) Berücksichtigung von Risiken und Eintrittswahrscheinlichkeiten bei der Realisierung der Erträge d) Erfassung der organisatorischen Auswirkungen e) Berücksichtigung der Notwendigkeiten des technischen Fortschritts f) strategische Notwendigkeiten für die Installation von D V-Projekten g) Schwächen der traditionellen Investitionsrechnungen mit monistischer Zielsetzung werden dadurch überwunden.
17.3.2 Methoden der Nutzenanalyse Zwei Modelle, die sich für die Praxis leicht anwenden lassen, mögen stellvertretend für die Vielzahl der Methoden und Verfahren dargestellt werden. a) Multifaktoren-Methode Für die Bewertung von monetär nicht eindeutig bewertbaren Faktoren mehrerer Alternativen kann die Multifaktoren-Methode angewandt werden. Sie basiert auf fünf generellen Vorgehensschritten: 1. Zunächst wird eine projektneutrale Zielsetzung festgelegt, indem ein Zielkatalog, bestehend aus einer Menge von Einzelkriterien, entwickelt wird. Diese
Teil3: Projektmanagement
338
Beurteilung von m o n e t ä r nicht quantifizierbaren Faktoren Beschreibung
A
B
C
Punkte
Gcwichtungs-
Punkt x
zeitigen Verfahren/Vergleichsverfahren im Hinblick auf
(5getr.
faktoren
Gewichtungs-
die E r f ü l l u n g der genannten Kriterien anhand folgender
Wertungen
0 B e w e r t u n g des geplanten Verfahrens im Vergleich zu der-
Punktskala:
1
vereint) )
faktoren dto:
± 3 = erhebliche ±2 = deutliche Veränderung
Alternative
Alternative
C,
C,
(Verbesserung, Verschlechterung) ± 1 = geringfügige 0 = keine V e r ä n d e r u n g
I
C2
Faktoren 1 Schnelligkeit der Informationsauslieferung (rasches Zurverfügungstellen) 2 Aktualität der gewonnenen Informationen 3 Rechtzeitiges Zurverfügungstellen der Informationen 4 Zusätzliche Informationen (z.B. durch statistische Auswertungsmöglichkeiten, Erweiterungen des Berichtswesens) 5 Genauigkeit der Informationen (z.B Rechengenauigkeit) 6 Relevanz (Qualität) der Informationen (Aussagekraft und Übersichtlichkeit der Informationen, Auswahl und Aufbereitung der Informationen) 7 Sicherheit (Ablaufsicherheit, Fehlerwahrscheinlichkeit, Datenfehleranfälligkeit) 8 Möglichkeit von Terminverkürzungen im Anwenderbereich 9 A n w e n d e r f r e u n d l i c h k e i t (z.B. Vereinfachung durch Datenabbau) 10 Bedienungs- und Pflegcfrcundlichkeit 11 Flexibilität (z.B. Änderungsfreundlichkeit gegenüber V e r ä n d e r u n g von Organisation, Datenvolumen. Datenstruktur, Sonderfälle) 12 Kontroll-. A b s t i m m - u n d Überwachungsmöglichkeiten 13 Korrckturmöglichkeiten und -aufwand 14 T r a n s p a r e n z des Verfahrensablaufs (Übersichtlichkeit) 15 T r a n s p a r e n z und Straffheit der Organisation 16 Kapazitätsreserven (Auffangbereitschaft bei Arbeitsspitzen o d e r Beschäftigungszunahmen) 17 Abhängigkeit von Fachpersonal 18 Umstellungsrisiko (langfristige Bindung an das V e r f a h r e n . Starrheit der Organisation) 19 Erweiterungsmöglichkeit auf Nach bärge biete 20 21 S u m m e n Koeffizienten für nicht-quantifizierbare Faktoren (Wirtschaftlichkeitskoeffizient) 22 Koeffizient der nicht-quantifizierbaren Vor- und Nachteile des geplanten D V - V e r f a h r e n s (Pos. 21, S u m m e C: Summe B) 23 V e r b a l e B e d e u t u n g des Koeffizienten gemäß Punkteskala
Abb. 157: Multifaktorenanalyse nach VDI2618 Blatt 1 (Quelle: Siemens)
I
C2
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
339
Kriterien kennzeichnen das Zielsystem des Unternehmens oder eines Unternehmensbereiches, das durch die Einführung von Projekten erreicht werden soll. 2. Es wird ein ordinaler Bewertungs-Algorithmus festgelegt, der als Vergleichsmaßstab für die einzelnen Alternativen dient. Der VDI (Verband deutscher Ingenieure) hat in seiner Richtlinie 2816 sowohl ein Beispiel für einen Zielkatalog als auch für einen Bewertungsalgorithmus vorgeschlagen: + / - 3 = erhebliche Verbesserung (Verschlechterung) + / - 2 = deutliche Verbesserung (Verschlechterung) + / - 1 = geringe Verbesserung (Verschlechterung) 0 = keine Veränderung Mit dieser Skala kann beurteilt werden, wie sich z.B. ein gegebenes Arbeitssystem (IST-System) durch ein neues System (SOLL-System) qualitativ verändert. 3. Festlegung der Gewichtungsfaktoren: Diese drücken die Bedeutung der einzelnen Kriterien aus, z.B. 3 = wichtig 2 = weniger wichtig und 1 = unwichtig. Im letzteren Fall handelt es sich dann um sogenannte Wunschziele. 4. Die Multiplikation der Gewichtungsfaktoren mit ihrer Bewertung ergibt je Kriterium einen Punktwert (Nutzenäquivalent, Verbesserungsgrad, Veränderungskoeffizient). 5. Die Summe aller Punktwerte, dividiert durch die Summe der Gewichtungsfaktoren ergibt die Kennzahl der Alternativenbewertung. Wir zitieren ein Beispiel, das auf der erwähnten Zieldefinition des V D I beruht (siehe Abbildung 157) Die Multifaktoren-Analyse hat den Vorteil einer leichten Handhabung. Das Problem liegt jedoch darin, daß sie nicht in ein duales System der Wirtschaftlichkeitsberechnung integriert werden kann, da es bislang noch keine Methode gibt, um einen derartigen Koeffizienten vergleichbar zu machen mit den quantitativen Werten. b) Nutzwert-Analyse (NWA) Auch die N W A basiert auf einem Vergleich der Zielerfüllungswahrscheinlichkeiten für unterschiedliche Kriterien. Sie unterscheidet sich jedoch gegenüber der Multifaktoren-Analyse dadurch, daß für jede Alternative ein Punktwert (Nutzenäquivalent) ermittelt wird, der durch entsprechende Entscheidungsregeln (s.w.u.) in eine kardinale Größe transformiert werden kann. Das Bewertungstableau einer N W A ist in Abbildung 158 dargestellt. Für die Ermittlung der Zielwerte gilt: Alle Teilziele bzw. Zielkriterien haben als Summe einen fiktiven Wert (z.B. 100). Die einzelnen Ziele sind daher auf diesen Wert entsprechend ihrer Wichtigkeit zu verteilen. Die Aufstellung eines Zielkatalogcs ist eine der wichtigsten und zugleich auch schwierigsten Aufgaben für die Anwendung der N W A . Man differenziert daher nach: Hauptkriterien, z.B. Rationalisierung, Organisationseffekte, Humanfaktoren, technischer Fortschritt und DV-Strategie, in Unterkriterien,
Teil 3: Projektmanagement
340
Alternativen Ziele
Zielwert
AI
A2
A3
E
Wert
E
Wert
E
Wert
Qualität
15
20
300
40
600
80
1200
Zeit
10
10
100
30
300
60
600
Flexibilität
15
5
75
5
75
20
300
Handhabung
10
80
800
60
600
20
200
Verständl.
20
60
1200
60
1200
70
1400
Abstimmung
10
20
200
20
200
40
400
Produktivität
15
10
150
20
300
30
450
-
-
10
50
80
400
Modernität
5 100
2825
3325
4950
Beispiel einer NWA für die Einführung eines neuen Berichtswesens mit folgenden Alternativen: A 1: Manuell wie bisher A 2 : Konventionelle EDV (Listen) A 3: Einsatz von PC's in den Fachabteilungen Abb. 158: Schema der Nutzwertanalyse
die eine weitere Differenzierung in Einzelkriterien zulassen und in Profilwerte, die für die A b l e i t u n g einer bewertbaren Nutzenentsprechung durch den Vergleich v o n Alternativen erforderlich sind:
D i e V o r g e h e n s w e i s e ist in den folgenden T a b e l l e n beispielhaft dargestellt.
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
341
Bewertung der Kriterien (Beispiel) 1. Einschätzung durch ein kompetentes Team Hauptkriterium HK A UK UK UK UK UK
Muss x 8
Wichtig x 6
Soll x 3
2 3 2 4
1 1 2 1 2
1 2 1 1 4
1 2 3 4 5
-
Wunsch x 1
1. Ereignis
2
27 36 32 41 24
-
1 -
Summe der Schätzwerte
160
UK = Unterkriterium HK B möge durch analoge Bewertung 131 ergeben. H K C möge durch analoge Bewertung 97 ergeben. 2. Relative Bedeutung der Hauptkriterien Hauptkriterium
Summe
Relative Bedeutung
HK A HKB HKC
160 131 97
40 35 25
388
100
^ = Gewichtungsfaktor ^^ 6 HKj 388
=0,26
3. Relative Bedeutung der Unterkriterien HK A UK UK UK UK UK
1 2 3 4 5
Ergebnis
Relative Bedeutung
27 36 32 41 24
16,74 22,32 19,84 25,42 14,88
15 25 20 25 15
160
100,00
100
^ ^ = Gewichtungsfaktor ^ ^ = 0,62 c UK: 160
gerundet
342
Teil3: Projektmanagement
Hauptkriterium
Unterkriterium
Rationalisierung
Informationsleistung
15
Profilwert
4,5
Aktualität Verfügbarkeit Berichtswesen Ablage/Dokumentation Sicherung Standardisierung
7,5
V e r k n ü p f b a r k e i t von D a t e n Verdichtungen Darstellungsformen Flexibilität
6,0
Transparenz Analysen Kontrollmöglichkeiten Zusatzinformationen Vergleichbarkeit Auswertungen
7,5
Arbeitsmittel Arbeitsgebiete Arbeitsvolumen
4,5
Kapazitäten Rechenformeln Auslastung
8,0
Geschäftslogik Belegverarbeitung Ordnungsmäßigkeit Fehlerbehandlung
7,0
Klassifikation Verschlüsselung Zugriffskontrollen
5,0
Kompetcnzvcrlagerung Organisationsänderungen Kommunikationsänderungen
4,5
Benutzungsfreundlichkeit Ergonomie
6,0
Logik Takt, T e m p o , Termin
4,5
Hilfsmittel Unterstützungsfunktionen Teachware
7,5
Datcntechnik Kommunikationstechnik Hardware-Technik
4,5
Verfahren Hardware Software
3,0
Wartung
8,0
Portabilität Oualität Güte Kompatibilität
Informationsqualität
25 Disposition
20 Substitution 25 30%
Optimierung 15
Organisationseffekte
Arbeitsablauf
40 Datenschutz/Datensicherheit 35 Strukturorganisation 20% 25 Humanfaktoren
Akzeptanz 30 Arbeitsinhalt 40 S c h u l u n g und T r a i n i n g
15% 30 Technischer Fortschritt
Technologischer Standard 50 Ausbaufähigkeit 30 15%
Konstanz des Verfahrens 20
EDV-Strategie
Modularität
Herstellerpräfcrcnz
40
Zentralisierung/Dezentralisierung 25 5,0 Personalpolitik 20% Zielwertsumme:
35
7,0
100
100
A b b . 159: Zielkatalog für DV-Projekte
A n s c h l u ß m ö g l i c h k e i t c n für T e l e k o m m u n i k a tion und d e z e n t r a l e S y s t e m e Q u a n t i t a t i v e und q u a l i t a t i v e A u s w i r k u n g e n Schulungsbcdarf Aufgabenverteilung
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
343
4. Bewertete und gewichtete Zielhierarchie als Basis für die Nutzwertanalyse
HKA
40%
15%
UK1
6%
25%
UK2
10%
20%
UK3
8%
25%
UK4
10%
15%
UK4
6%
Gesamtbeurteilung
HKB
35
HKC
25
Das Beispiel eines Zielkatalogcs für EDV-Projekte ist in Abbildung 159 aufgeführt. Die Bewertung der Alternativen ( Z E = Zielentsprechung) gilt: Die Zielentsprechung drückt den Grad der Erfüllungswahrscheinlichkeit eines Kriteriums durch eine Alternative aus. Für die Bewertung benutzt man eine abgestufte Notenskala von 0 bis 100, wobei der Wert 100 eine 100%ige Erfüllung des Kriteriums durch die Alternative bedeutet. Die Berechnung des Wertes (W) besteht in der Multiplikation von Zielwert und Zielentsprechung, das Produkt ist das Nutzenäquivalent je Einzelkriterium. Die Summe aller Nutzenäquivalente stellt den Gesamtnutzen einer Alternative dar. Die optimale Alternative wäre jene, die für alle Einzelziele eine 100 %ige Zielentsprechung aufwiese, mithin einen Nutzen in der Größenordnung von 10.000 hätte. Im dargestellten Beispiel ermittelten wir einen Nutzen in H ö h e von 4950 Nutzenäquivalenten, was gleichbedeutend mit der Aussage ist, daß diese Alternative das Zielbündel zu 49,5% erfüllt. Derartige Größenordnungen sind in der Praxis durchaus üblich.
17.4 Zweistufen-Modell der Wirtschaftlichkeitsberechnung Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit wird als Bestandteil eines Entscheidungsprozesses für die Auswahl einer optimalen Alternative eines EDV-Systems betrachtet. Anhand zweier Kriterien, die stellvertretend für analoge Entschei-
344
Teil 3: Projektmanagement
d u n g s p a r a m e t e r angewandt werden, erfolgt eine Differenzierung des Entscheidungsfeldes. Wir benutzen folgende P a r a m e t e r : • Kosteneinsparung: D a s ist die positive Differenz eines „alten" - bestehenden Systems im Vergleich zu einem „ n e u e n " - zu e n t w i c k e l n d e n - S y s t e m . D i e Kosteneinsparung wird ermittelt durch eine Kostenvergleichsrechnung, in die auch sog. „schwer quantifizierbare F a k t o r e n " mit einfließen. Derartige F a k t o r e n resultieren aus den erwähnten Sekundärwirkungen eines DV-Systems, z.B. aus der Möglichkeit eines Finanzsystems durch bessere Konten- und Liquiditätsübersichten Festgeld-Erträge zu erwirtschaften. • Nutzen: D a r u n t e r verstehen wir die wertmäßige Erfassung eines qualitativen Vorteils, der sich durch die Realisierung eines DV-Systems ergibt. Als Methode f ü r dessen Bewertung eignet sich die Nutzwertanalyse, die im Alternativenvergleich (z.B. Vergleich eines gegebenen Z u s t a n d s mit einer zukünftigen Situation) jeweils eindeutige Punktwerte ermittelt. Die Zielsetzung „maximale Kosteneinsparungen (d.i. positive Wirtschaftlichkeit) und „maximaler Nutzen" ist zunächst nur als eine Handlungsregel zu interpretieren. Aus der Kombination von Wirtschaftlichkeit (Kosteneinsparungen) und Nutzen lassen sich vier Entscheidungssituationen ableiten: Fall
Kosteneinsparung
Nutzen
Entscheidung
A
positiv
positiv
eindeutig
B
positiv
negativ
mit Risiko
C
negativ
negativ
eindeutig
D
negativ
positiv
mit Risiko
Von b e s o n d e r e r Bedeutung sind die Entscheidungen mit Risiko. Es handelt sich hierbei um Entscheidungssituationen, die nicht eindeutig determiniert sind und die wie folgt präzisiert werden können: Beim Fall B liegt zwar eine positive Wirtschaftlichkeit vor, die V e r ä n d e r u n g e n f ü h r e n jedoch nach der Einführung des V e r f a h r e n zu einer Verschlechterung der Situation. D a s kann sich beispielsweise aufgrund mangelhafter Benutzerfreundlichkeit und Akzeptanz in einer Verschlechterung des Arbeitsklimas auswirken. In diesem Fall wird man trotz der gegebenen positiven Wirtschaftlichkeit nach einer Alternative suchen, die diese negativen Folgeerscheinungen reduziert. U n t e r U m s t ä n d e n wird man eine geringere Wirtschaftlichkeit in Kauf n e h m e n müssen, um den Nutzen zu erhöhen - mit anderen W o r t e n : man wird in Nutzen investieren müssen. Bei der Situation D ergibt sich zwar eine negative Wirtschaftlichkeit, aber der Nutzen ist höher als bei den bisherigen V e r f a h r e n . E n t w e d e r man investiert in Nutzen (z.B. um Konkurrenzvorteile zu erzielen) oder aber man strebt nach einer günstigeren Alternative, die eine positive Wirtschaftlichkeit unter der Bedingung positiven Nutzens ergibt. D e r Z u s a m m e n h a n g dieser Entscheidungssituationen ist in Abbildung 160 verdeutlicht: P , , P 2 , 3 . . . . P n mögen diese Ergebnisse verschiedener Projektalternativen sein. D a s Feld A bezeichnet die eindeutige Entscheidung: Nutzen und Wirt-
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
345
Nu (+)
Nu (—): negativer Nutzen N u ( + ) : positiver Nutzen
W i (—): negative Wirtschaftlichkeit W i ( + ) : positive Wirtschaftlichkeit
A , B 1 und D 1 stellen Felder mit positiven Entscheidungsfällen für Projekte dar. Projektalternativen auf einer Isolinie ... sind gleichwertig. D i e Verschiebung nach In entspricht der Maximierung v o n Nutzen und Wirtschaftlichkeit. A b b . 160: Entscheidungsfelder bei einer zweistufigen Wirtschaftlichkeitsanalyse
schaftlichkeit weisen einen positiven Wert auf. Dabei wird man selbstverständlich versuchen, die Alternative P, zu verwirklichen, da sie ein relatives Maximum beider Werte zeigt. Das Feld B, beschreibt Projektergebnisse, die zwar positive Wirtschaftlichkeiten, aber negative Nutzwerte (Verschlechterungen) aufweisen. Handelt es sich um geringe Nutzeneinbußen, wird man angesichts der möglichen Toleranzen in der Nutzwertrechnung eine positive Entscheidung treffen, um die Vorteile der Wirtschaftlichkeit zu realisieren. B 2 beschreibt Fälle, bei denen die Verschlechterung der Situation so gravierend ist, daß man trotz gegebener positiver Wirtschaftlichkeit das System wegen der Nachteile im qualitativen Bereich nicht realisieren wird. Das Feld C umfaßt Alternativen, die abgelehnt werden, da sowohl der Nutzen als auch die Wirtschaftlichkeit negativ sind (eindeutig negative Entscheidung). Das Feld D umfaßt Alternativen, die sich umgekehrt wie im Feld B verhalten: Hoher Nutzen wird unter Umständen durch eine negative Wirtschaftlichkeit „gekauft" (Nutzeninvestition), allerdings nur im Bereich D ^ während bei D 2 trotz hohen Nutzens aufgrund der negativen Wirtschaftlichkeit eine Ablehnung erfolgen muß.
346
Teil 3: Projektmanagement
Entscheidungsregeln Die Zielsetzung „maximale Kostenreduzierung und maximale Nutzenerhöhung" führt zu verschiedenen Entscheidungsfeldern, die zunächst nicht eindeutig bestimmt sein können. Liegen beispielsweise zwei Alternativen A I und A2 mit den Werten Kostenreduzierung 100.000,-/Nutzen 4.000 Punkte ( A I ) und 80.000,-/ 6.000 (A2) vor, dann ist die Entscheidungssituation zunächst indifferent. Da der Nutzen eine dimensionslose Zahl ist, fehlt die Möglichkeit einer Umrechnung oder Zuordnung zu Geldeinheiten; demnach entfällt auch die Argumentation, im obigen Beispiel repräsentieren DM 20.000,- gleich 2.000 Punkte „Qualitätszuwachs". Der Beweis läßt sich wie folgt ableiten: Da die Skalierung bei der Nutzwertanalyse beliebig gewählt werden kann, könnten auch 40.000 bzw. 60.000 (oder 40 bzw. 60) Punkte ermittelt worden sein: Die Aussage, daß A2 gegenüber A I qualitativ 50% „besser" ist, bliebe stets die gleiche, nicht aber das Verhältnis DM/Punktwert. Es können daher lediglich „Entscheidungsfelder" oder Entscheidungsbereiche definiert werden, innerhalb derer zulässige Alternativen dieskutiert werden müssen. Die Gesamtwirtschaftlichkeit läßt sich als eine Funktion von Wirtschaftlichkeit (Wi = Kostenreduzierung incl. der schwer quantifizierbaren Faktoren) und Nutzen (Nu) darstellen: G = Wi + c N u (Der Faktor „c" stellt einen individuell wählbaren variablen Faktor dar.) Aus dieser Formel lassen sich Entscheidungsfelder ableiten. Wir benutzen hierfür ein einfaches Beispiel mit drei Alternativen A I , A2, A3. Eine derartige Darstellung ist jedoch nur unter der Voraussetzung möglich, daß eine geeignete Skalierung (und damit Vergleichbarkeit) der Werte gegeben ist. Wir führen den Faktor „c" ein; er definiert quasi die Sensivitätsvariable für den Nutzen. Lassen wir für „c" einen Bereich zwischen 1,2 und 0,8 zu, dann ergeben sich die folgenden Werte: Alternative
Wi
cNu
G
AI A2 A3
2 4 7
1,6-2,4 3,2-4,8 5,6-8,4
3 , 6 - 4,4 7 , 2 - 8,8 12,6-15,4
Bei der Diskussion optimaler Alternativen sind auch die Kompensationswirkungen von Wi und Nu zu beachten; es lassen sich grundsätzlich drei Fälle unterscheiden: a) Größere Wirtschaftlichkeit wird durch geringeren Nutzen kompensiert und umgekehrt: A I : Wi = 10 A2: Wi = 20
Nu = 1 5 Nu = 5
G = 25 G = 25
A I : Wi = 15 A2: Wi = 10
Nu = 5 Nu = 10
G = 20 G = 20
b) Die Steigerung der Wirtschaftlichkeit wird durch fallenden Nutzen reduziert; es bleibt aber dennoch eine Steigerung der Gesamtwirtschaftlichkeit.
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
347
c) Die Verringerung der Wirtschaftlichkeit wird durch eine überproportionale Steigerung des Nutzens überkompensiert. Die Diskussion dieser Fälle verdeutlicht, daß für die praktische Handhabung konkrete Entscheidungsregeln erforderlich sind. Grundsätzlich sind drei Regeln im Sinne einer Handlungsanleitung definierbar: Entscheidungsregel 1: Quantifizierung des Nutzens Diese - logisch betrachtet - an sich nicht zulässige Vermischung ist aufgrund pragmatischer Einfachheit in der Praxis häufig anzutreffen. Es werden eine bestimmte Menge von Nutzenäquivalenten einem quantitativen Wert zugeordnet, z.B.: Einhundert Nutzenäquivalente entsprechen jeweils 10.000,- DM Kosteneinsparung. Entscheidungsregel 2: Summierung der Gesamtwirtschaftlichkeit In diesem Fall wird entweder die Summe oder das Produkt aus Wi und Nu gebildet. Dabei kann Nu durch den Faktor „c" als Bandbreite definiert werden. Beide Entscheidungsregeln bestimmen bei verschiedenen Alternativen ein Maximum, das die Entscheidung bestimmt. Entscheidungsregel 3: Meta-Nutzwertanalyse Bei dieser Regel erfolgt eine zusätzliche Bewertung von Wi und Nu mit Hilfe einer Nutzwertanalyse; dies setzt voraus, daß eine Beurteilung, d.h. eine Wertigkeit des Verhältnisses von Nu zu Wi vereinbart wird. Wir definieren ein einfaches Beispiel mit drei Alternativen A I , A2 und A3: Alternative
Wi
Nu
AI A2 A3
2.000 3.000 4.000
60 42 30
Ausgangsbeispiel für Meta-Nutzwertanalyse A I und A2 sind nach der Entscheidungsregel 2 (Produktbildung aus Nutzen und Wirtschaftlichkeit) sog. ISO-Alternativen, d.h. sie liegen auf einer Isolinie gleichwertiger Alternativen. Bewertet man die beiden Kriterien Wi und Nu im Rahmen einer Nutzwertanalyse differenziert (Zielwert für Nu = 40, für Wi = 60), dann kann dieses Problem gelöst werden. In diesem Beispiel würde man sich für die Alternative A3 entscheiden: Obwohl sie gegenüber A I eine Halbierung des Nutzens mit einer Verdoppelung der Wirtschaftlichkeit „erkauft", wirkt sich die Erhöhung von Wi stärker aus - ein Ergebnis der relativen Bedeutung, die den beiden Entscheidungskriterien zugemessen wurde. Ergänzende Analysen und Entscheidungen: a) Risikoanalysen Bei aller „Eleganz" und rechnerischer Überzeugung der diskutierten Lösungen darf nicht übersehen werden, daß es sich um ex ante-Rechnungen, d.h. um Planungsrechnungen handelt: Es wird erwartet, daß sich Nutzenäquivalente nach er-
Teil 3: Projektmanagement
348
Kriterium
Relative Bedeutung*)
Entsprechung
Punktewert
AI
A2
A3
7,5
Kosteneinsparung
60
5
Nutzen
40
10
Summe
100
-
AI
A2
10
300
450
600
5
400
280
200
700
730
800
7 -
-
A3
*) Die relative Bedeutung drückt das Verhältnis von Wi zu Nu aus. Abb. 161: Meta-NWA zur Ermittlung der optimalen Alternative
folgter Einführung eines Systems realisieren. Dasselbe gilt auch für die Kosteneinsparungen, die sich u.U. noch zu einem viel späteren Zeitpunkt (am Ende der Nutzenperiode) voll niederschlagen. Die Risikoanalyse bezieht sich demnach auf: • die Analyse von Eintrittswahrscheinlichkeiten des Nutzens im zeitlichen Verlauf und auf • die Abschätzung der „Bandbreiten" des Nutzens, d.h. des Faktors „c" bei der Gesamtwirtschaftlichkeit. Damit vollzieht sich ein Übergang von der statischen zur dynamischen Analyse, die allerdings eine Komplizierung des Entscheidungsprozesses darstellt. Pragmatisch wird man sich dadurch behelfen, daß für die einzelnen Werte nach Maßgabe subjektiven Wissens (und in Abhängigkeit von der individuellen Risikobereitschaft) Zu- und Abschläge berechnet werden. Wichtig dabei ist dabei die Kenntnis potentieller Risikofaktoren. Als solche gelten: • Terminplanung bei: Freistellung von Personal, bei finanziellen Mitteln, Bestellung von Hardware, Verfügbarkeit von Software, • Geschäfts- und Verfahrenslogik, d.h. es werden Annahmen getroffen bezüglich der inhaltlichen Entsprechung des Verfahrens mit den praktizierten Vorgängen (wobei insbesondere zahlreiche „Sonderfälle" zu Beginn des Projektes noch unbekannt sind), • Aufwands- und Leistungsgrößen, da sowohl die Systemanforderungen (Informationsvolumen) als auch die entsprechenden Systemreaktionen (z.B. Antwortzcitverhalten) nur geschätzt werden können. Das Vorliegen derartiger Risikofaktoren rechtfertigt die Modifikation der durch eine Wirtschaftlichkeitsrechnung ermittelten Werte mit Risikozu- oder -abschlägen, wobei Erfahrungswerte und Kennziffern von Nutzen sind.
b) Auswirkungen bei Unterlassung oder Verschiebung Das Vorliegen risikobehafteter Situationen kann dazu führen, daß eine sog. „Gegenanalyse" erstellt wird. Pragmatisch wird man die Frage stellen: „Welche Nachteile entstehen, wenn das geplante Projekt überhaupt nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt in Angriff genommen wird?" Aus der Vielfalt der Bewertungskriterien werden in diesem Falle jene selektiert, die - bei Nichteintreffen - unternehmensweite Konsequenzen aufweisen. Als solche können gelten:
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
349
• • • • • •
Kosten Rationalisierungseffekte Technischer Fortschritt Sekundärerträge Image/Unternehmenskultur Kosten: Es treten nicht realisierbare Kosteneinsparungen auf; da es sich in der Regel nicht um Ausgaben handelt, sondern um kalkulatorische Kosten, entsteht zunächst für das Unternehmen keine Verschlechterung der Ertragssituation. • Rationalisierungseffekte: Die Nichtnutzung möglicher Rationalisierungsvorteile kann das Unternehmen in Wettbewerbsnachteile bringen. • Technischer Fortschritt: Analog der Rationalisierung kann auch die Nichtwahrnehmung des technischen Fortschritts zu Konkurrenznachteilen führen. • Sekundärerträge, insbesondere dispositive Nachteile, verschlechtern die Ertragsseite des Unternehmens und die Wahrnehmung marktorientierter Chancen. Die Entscheidung, ein geplantes Projekt zu verschieben oder ganz zu unterlassen, hängt demnach nicht nur von den finanzwirtschaftlichen Daten ab, sondern auch von den negativen Konsequenzen, die sich durch mittelfristige Wettbewerbsnachteile einstellen können. Trotz aller Bemühungen um eine Rationalisierung des Entscheidungsprozesses verbleiben in der konkreten Situation subjektive „Restkomponenten". Diese können beim Vorliegen vergleichbarer Alternativen deren Präferenzfolge verändern - aber dies widerspricht in keiner Weise dem hier verfolgten Ansatz: Das
Abb. 162: Schema der Gesamtwirtschaftlichkeit
350
Teil3: Projektmanagement
Bezeichnung
Sachgebiet
Lfd. Nr.
Benutzer-Abteilung
Kst.
Datum der Ausstellung
Gesetz Tarif
Fehler
Rationalisierung
MT
DM
G r u n d der Anforderung
Richtlinien/ Vereinbarungen
Wirtschaftlichkeit Aufwand
MT
Einsparung jährlich
DM
Vorbereitung
Personalkosten reduziert
Durchführung
Personalkosten vermieden
Lfd. Aufwand jährlich
Sonstige Kosten reduziert
BewertungsKoeffizient Z (Punkte x Gw.)
2 Gewicht
Sonstige Kosten vermieden DM
MT
DM
Summen
Bewertungskoeffizient
Summe Bewertung nach folgender Punkteskala: + - 3 = erhebliche + - 2 = deutliche
+ -
1 = geringfügige 0 = keine Veränderung/Verbesserung,
Nicht quantifizierbare Vor-/Nachteile Block 1 Schnelligkeit der Bereitstellung von Informationen Aktualität der Informationen
Aussagewert der Informationen Benutzerfreundlichkeit des Verfahrens
Punkte Gewicht
1
2
3
2
Punkte x Gewicht
Block 2 Kontrollund Abstimmmöglichkeit Transparenz und Straffheit der Organisation Abbau von Routinearbeit Sicherheit des Ablaufs
Verschlechterung Punkte Gewicht
Punkte x Gewicht
1
1
2
Block 3
Punkte Gewicht
Anderungsfreundlichkeit des Verfahrens Transparenz des Verfahrensablaufs Konzeptqualität
Punkte x Gewicht
2
2
3
3
Summe aus Block 1 und 2 Beschreibungen der A n f o r d e r u n g - P r o b l e m - R i s i k o - N u t z e n Summe
Summe aus Block 1, 2 u. 3
Q u a n t i t a t i v e u n d qualitative E r t r a g s f a k t o r e n u n d N u t z e n ä q u i v a l e n t e w e r d e n durch einen B e w e r t u n g s - K o e f f i z i e n t e n ausgedrückt. D i e s e r ermittelt sich in einer p r a g m a t i s c h e n Weise d u r c h die Multiplikation d e r K o s t e n d i f f e r e n z mit der P u n k t z a h l aus d e r M u l t i f a k t o r a n a l y s e . A b b . 163: B e w e r t u n g s s c h e m a mit M u l t i f a k t o r e n a n a l y s e
17. Kapitel: Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
351
primäre Ziel einer detaillierten Beurteilung besteht in der T r a n s p a r e n z des E n t scheidungsfeldes. D a m i t läßt sich das System d e r Wirtschaftlichkeitsbeurteilung als ein mehrstufiger Entscheidungsprozeß mit grundsätzlich drei Phasen auffassen: • Analyse quantitativer und qualitativer A u f w a n d s - und L e i s t u n g s p a r a m e t e r • Entwicklung von Entscheidungsfeldern und e n t s p r e c h e n d e n Entscheidungsregeln • Disposition unter Berücksichtigung strategischer Ü b e r l e g u n g e n , Risikoanalysen und evtl. Ergebnissen einer G e g e n a n a l y s e (Auswirkungen bei Unterlassung). D e r G e s a m t z u s a m m e n h a n g ist in A b b i l d u n g 162 dargestellt. E i n e integrierende M e t h o d e auf Basis der M u l t i f a k t o r e n - A n a l y s e ist in Abbildung 163 dargestellt. Hierbei werden sowohl die kardinalen G r ö ß e n als auch die P u n k t w e r t e (Bewertungskoeffizienten) f ü r ein neu zu erstellendes D V - V e r f a h ren ermittelt. Als Entscheidungsregel empfiehlt sich bei derartigen A n a l y s e n die Multiplikation des P u n k t w e r t e s mit den jeweiligen D M - B e t r ä g e n der ermittelten Ersparnisse, womit die Alternative mit dem höchsten W e r t auch die höchste R e a lisierungspriorität erhält. Zusammenfassung
Wirtschaftlichkeitsanalyse
D i e Wirtschaftlichkeitsbeurteilung für D V - P r o j e k t e orientiert sich nicht n u r an kardinal m e ß b a r e n G r ö ß e n wie A u f w a n d - E r t r a g s - D i f f e r e n z e n , Kostenersparnissen, A m o r t i s a t i o n s r a t e n etc., sondern auch an den Nutzenäquivalenten, die durch ein P r o j e k t aktiviert und realisiert w e r d e n . D a h e r m u ß f ü r jedes P r o j e k t eine duale Wirtschaftlichkeitsrechnung erfolgen, die sowohl E l e m e n te der kardinalen B e r e c h n u n g als auch solche d e r N u t z e n b e w e r t u n g beinhaltet. D u r c h die Nutzenanalyse wird d a r ü b e r hinaus auch e r k e n n b a r , inwieweit P r o j e k t e einen Beitrag leisten zu den E r f o l g s f a k t o r e n und Zielvorstellungen des U n t e r n e h m e n s . Nutzenanalysen sind auch f ü r die Festlegung d e r Prioritäten k o n k u r r i e r e n d e r P r o j e k t e erforderlich. Nicht die m o n e t ä r e Zielsetzung allein entscheidet ü b e r die A u s w a h l und Realisierung eines P r o j e k t s , s o n d e r n auch d e r Beitrag z u m Organisationsnutzen. Die V o r a u s s e t z u n g e n f ü r eine zweistufige Wirtschaftlichkeitsberechnung sind: • b e w e r t e t e Zielkataloge bzw. Kriterienlisten u n d • eindeutige Profilwerte f ü r die Beurteilung d e r E n t s p r e c h u n g s g r a d e der jeweiligen A l t e r n a t i v e n . D i e Wirtschaftlichkeitsrechnung ist d a h e r keine Substitutionsrechnung analog d e r klassischen Investitionsrechnung, s o n d e r n eine Innovationsrechnung, bei d e r die E r f o l g s f a k t o r e n und das Zielsystem d e s U n t e r n e h m e n s in die Bewertung mit eingebracht w e r d e n .
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
355
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 1.1
Systemanalyse
Thema:
Analyse eines Systemzusammenhangs
Referenzen:
Kap. Kap. Kap. Kap.
1.2.2 1.2.3 2 3
Gegenstand der Systemanalyse Formale Beschreibungskriterien Anwendungsgebiete der Systemanalyse Methoden und Techniken der Systemanalyse
1. Kurzfassung Die Elemente eines Systems werden nach qualitativen und quantitativen Eigenschaften analysiert. Die Struktur eines Systems bestimmt dessen formalen Aufbau und ist weitgehend statisch, d.h. es treten nur selten Änderungen auf. Bei einer dynamischen Betrachtungsweise werden die Beziehungen zwischen den Elementen und die Beziehungen zwischen einem gegebenen System zu seinen externen Systemen bzw. Randelementen untersucht. Zur Reduzierung der Komplexität werden Komplexikrate eingesetzt und eines der bedeutendsten Komplexikrate ist die Methode der Subsystembildung. Für eine zielorientierte Analyse werden eindeutig definierte Beschreibungskriterien benutzt. Sie bestimmen, wie die Elemente, ihre Eigenschaften, ihre Beziehungen und das gesamte System in einer einheitlichen Form dargestellt werden können. Die methodische Vorgehensweise für die Systembeschreibung kann grundsätzlich induktiv oder deduktiv orientiert sein. Beim induktiven Verfahren wird von einer Teilmenge auf das Ganze geschlossen, bei der Deduktion wird vom System als Ganzes auf die Funktion und Wirkungsweise seiner Elemente geschlossen. Gegenstand der Systemanalyse sind Kommunikations- und Informationssysteme. Diese sind grundsätzlich darstellbar als ein systematisches Zusammenwirken von Methoden, datenverarbeitenden Maschinen und Benutzern. Dementsprechend sind Analysetechniken für die Anwendungen (d.s. die Aufgaben der Benutzer), für die Daten, die technischen Geräte und für die Benutzer einzusetzen, um ein vollständiges Bild über ein System und seine Funktionen gewinnen zu können. Die Vielheit der Untersuchungsebenen spiegelt sich in der Vielheit der anwendbaren Methoden wider. Man wird daher im konkreten Fall einen Methoden-Mix anstreben, d.h. eine Kombination mehrerer Methoden, die sich gegenseitigergänzen. 2. Beispiel 2.1 Situationsbeschreibung eines Systems Ein Konzernunternehmen möge mehrere Tochtergesellschaften besitzen, die für jeweils spezifische Produkte zuständig sind. Aufträge von Kunden werden in der Konzerngesellschaft erfaßt, geprüft und an die zuständige Tochtergesellschaft mit Hilfe des normalen Postweges versandt. In den Tochtergesellschaften erfolgt die Bearbeitung der Bestellungen, nämlich die Überprüfung auf Lieferbereitschaft, Liefertermin, Konditionen und Bonität der Kunden. Diese Prüfungen führen zu Auftragsbestätigungen gegenüber den Kunden, zu Anweisungen an das Lager oder an die Fertigung und zur Erstellung entsprechender Dokumente wie Lieferscheine, Dispositionsanweisungen, Rechnungen und Versandpapieren.
356
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Das Unternehmen will durch eine Systemanalyse überprüfen lassen, ob sich Verbesserungen hinsichtlich der Bearbeitungszeiten, der Duchlaufzeiten, der Qualität der Bearbeitung (Ziel ist eine fehlerfreie Bearbeitung) und Kostenbelastung für die Bearbeitung realisieren lassen. Der Organisationsauftrag lautet daher: „Untersuchen Sie dieses System im Hinblick auf mögliche Verbesserungen nach Zeit, Termin, Kosten und Qualität!" Als Hilfsmittel der Analyse dient die visuelle Darstellung des Systemzusammenhangs gemäß Abbildung 1. Konzerngesellschaft Dateneingabe bei Konz.ges.
Bestellung
Transport per Bote
Poststelle Versand
Transport Gelbe Post
c> Transport G e l b e Post
Abb. 1: Darstellung eines Systemzusammenhangs
2.2 Lösungsansatz 2.2.1 Grundsätzliche Überlegungen Für die Erledigung des Organisationsauftrages sind mehrere Lösungsansätze für die Systemanalyse möglich: a) Partial- oder Totalanalyse: Bei einer Partialanalysc würde sich die Untersuchung auf wenige ausgewählte Elemente beziehen, während bei der Totalanalyse alle Elemente des gesamten Systemzusammenhangs untersucht würden. Die Entscheidung ist abhängig von der verfügbaren Zeit für die Untersuchung und vom Untersuchungsziel. Lautete das Untersuchungsziel „Beschleunigung der Kommunikation", dann würden im Sinne der Partialanalyse nur die kommunizierenden Elemente und die Kommunikationsvorgänge, also im wesentlichen die Funktionen der Poststellen und der Boten, im Hinblick auf eine Vereinfachung und Kostensenkung analysiert. Lautete das Untersuchungsziel dagegen „Reduzierung der Fehlerrate bei der Datenerfassung", dann kämen für die Analyse nur die Arbeitsplätze der Datenerfassung infrage. b) Deduktive oder induktive Vorgehensweise: Die induktive Vorgehensweise korrespondiert mit der Partialanalyse: Von der Analyse einiger ausgewählter Elemente wird auf das gesamte System geschlossen. Man würde also bei der Induktion nur eine - und nicht alle - Poststellen als repräsentativ analysieren, nur
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
357
einen Datenerfassungs-Arbeitsplatz und nicht alle und nur einige der Vorgänge bezüglich ihrer Bearbeitung untersuchen. Das bedeutet, daß vor der analytischen Untersuchung eine repräsentative Auswahl von Systemelementen erfolgt. Beim deduktiven Verfahren würde man zunächst mit einer Hypothese beginnen und dann versuchen, durch die Analyse und Isterhebung der Fakten diese zu bestätigen o d e r zu verändern. Eine Hypothese könnte lauten: „Die Übertragungswege sind zu lang, es treten dadurch Verzögerungen in der Bearbeitung auf. Da zahlreiche Stellen an einem Vorgang beschäftigt sind, ist eine hohe Fehlerwahrscheinlichkeit gegeben." Die Ü b e r p r ü f u n g dieser Hypothese führt zu bestimmten E r h e b u n g e n : z.B. die E r h e b u n g und Messung der Durchlaufzciten, der Bearbeitungszeiten und der Fehlerraten. Die Entscheidung über die deduktive oder induktive Vorgehensweise ist abhängig vom Kenntnis- und Erfahrungsstand des Analytikers. Verfügt er über ein ausreichendes Wissen (z.B. durch Analogien) über derartige Systemzusammenhänge, dann wird er sich in der Regel für eine deduktive Vorgehensweise entscheiden. Die Deduktion kann auch in Bezug auf die Ergebnisse angewandt werden. Ein geschulter Analytiker wird beispielsweise sehr schnell erkennen, daß die typische Schwachstclle dieses Systems die Kommunikation ist. Er wird also - deduktiv orientiert - sofort eine Lösungsmöglichkeit definieren (zum Beispiel Übertragung der D a t e n vom Konzern an die Tochtergesellschaften mittels Telefax) und n u n m e h r eine Bewertung dieser Lösung anhand der Faktenanalyse d u r c h f ü h r e n . Die Deduktion u m f a ß t e folgende Schritte: 1. Definition des Lösungsziels (Einsatz von Direktkommunikationseinrichtungen, Telefax oder Datex-P). 2. Analyse der davon betroffenen Elemente. 3. Gegenüberstellung von Ist und Soll. 4. Bewertung der V o r - u n d Nachteile. Die ergebnisorientierte Deduktion würde also sehr schnell zu einem Lösungsvorschlag k o m m e n , wobei allerdings nicht auszuschließen wäre, d a ß nach wie vor noch Schwachstellen und Mängel im System verblieben, z.B. bei der Datenerfassung.
2.2.2 Vorgehensweise eine Totalanalyse Wir unterteilen die systemanalytische Arbeit in mehrere Teilschritte: a) b) c) d)
Bildung von Subsystemen Defintion der Schnittstellen Strukturanalyse (statisch) Analyse der Elemente und ihrer Beziehungen (dynamisch)
Als M e t h o d e wählen wir die Analyse „von innen nach außen" , d.h. es werden zunächst der Innenaufbau und die Innenbeziehungen analysiert und erst in einem zweiten Schritt erfolgt die Analyse der Außenbeziehungen. a) Bildung von Subsystemen: Es liegen zwei Subsysteme vor: D a s Subsystem des Konzerns und das Subsystem der Tochtergesellschaft. Zu analysieren sind:
358
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
• Anzahl der Subsysteme: Wieviel Tochtergesellschaften stehen im Kontakt mit der Konzerngesellschaft? • Haben die verschiedenen Tochtergesellschaften identische Bearbeitungsstrukturen? • Zielfunktion: Welches ist das Ziel einer derartigen dezentralisierten Bearbeitung eines Bestellvorganges, welche Aufgaben erfüllt die Konzerngesellschaft? • Veränderungsmöglichkeit: Ist die Konzerngesellschaft grundsätzlich bereit, einer Veränderung ihrer Aufgaben zuzustimmen? b) Defintion der Schnittstellen: Es existieren Schnittstellen innerhalb des Systems und nach außen. Interne Schnittstellen: Poststelle Konzern und Poststelle Tochtergesellschaften). Externe Schnittstellen: Kunden (Auftraggeber) zum Konzern und Tochtergesellschaft zu Kunden. • Welcher Art sind die Bestellungen (Aufträge)? Zum Beispiel: Katalogbestellungen, Einzelbestellungen, Sammelbestellungen, telefonische Bestellungen, Telefax-Anfragen, formlose Beschreibungen, Text- und Bilddarstellungen (z.B. technische Zeichnungen). • Welcher Art sind die Daten an die Kunden, z.B. Formulare, Standardschreiben, Text- und Bildkombinationen. • Wie oft und wie üben die Poststellen die Kontakte aus? • Gibt es Rückmeldungen (Anfragen) zwischen den internen Schnittstellen, erfährt die Konzergesellschaft etwas über die ausgeführten Bestellungen der Tochtergesellschaften? c) Strukturanalyse
(statisch):
Mit der Strukturanalyse werden die Elemente und die Art ihres Zusammenspiels formal dargestellt. Nehmen wir an, durch die Analyse der Subsysysteme wurde erkannt, daß drei Tochtergesellschaften mit identischer Bearbeitungsstruktur vorhanden sind. D a n n würde sich ein formaler Aufbau des Systems gemäß Abbildung 2 ergeben. Daraus ist ersichtlich, daß bei einer geplanten Direktkommunikation mindestens drei Kommunikationsverbindungen mit entsprechender Kostenbelastung zu planen wären. Diese Art der Darstellung läßt sehr schnell zusätzliche analytische Tatbestände erkennen, z.B.: • Wie werden Bestellungen von Kunden bearbeitet, die gleichzeitig Waren von allen drei Tochtergesellschaften anfordern? • Wer ist zuständig für die Bearbeitung von Kundenbeschwerden? • Welcher Art ist die Rückmeldung von den Tochtergesellschaften an den Konzern? • Wie ist die topologische Struktur (räumliche Verteilung) der Tochtergesellschaft gestaltet? • Bestehen zwischen den Tochtergesellschaften Kommunikationsbeziehungen bezüglich der Abstimmung von Aufträgen mit gemeinsamen Produkten? d) Analyse der Elemente und ihrer Beziehungen
(dynamisch):
Hierbei erfolgt die Untersuchung der Elementcigenschaften und der Elementbeziehungen (d.i. die Kommunikation). Folgender Fragenkatalog ließe sich aufstellen:
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
359
Es bedeuten: PS = Poststelle, VL = Vertriebsleitung, B/DE = Bearbeitung, Datenerfassung, R = Rückmeldung, S = Schnittstelle Abb. 2: Struktur des Systemzusammenhangs 1.
Aufgabenträger
1.1
Menschen Arbeitsplätze in der Z e n t r a l e und in den Tochtergesellschaften Boten und deren A n l a u f p u n k t e und Wege, Mitarbeiter in den Poststellen. Eigenschaftsanalyse: Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit, Kenntnisse, Erfahrungen, Reaktionsvermögen in Ausnahmesituationen, Selbständigkeit der Arbeitserledigung.
1.2
Maschinen Datenerfassungsgeräte Postmaschinen (z.B. F r a n k i e r a u t o m a t e n , Verteilsysteme) EDV-Maschinen, z.B. C o m p u t e r der Tochtergesellschaften. Eigenschaftsanalyse: Zuverlässsigkeit, Modernität, Sicherheit, ergonomische Angepaßtheit, Verhalten bei Spitzenbelastungen, Ausfallzeiten, Verfügbarkeiten.
1.3
Aufgabenstruktur Führungsaufgaben: Konzernleitung, Vertriebsleitung. Sachbearbeitung: Datenerfassung, D a t e n e i n g a b e , Sachbearbeitung der Bestellungen.
360
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Unterstützungsaufgaben: Botendienste und Poststellen. 2.
Beziehungen zwischen den Elementen
2.1
Mensch-Mensch-Beziehungen Boten zu Poststelle (z.B. wie oft kommt der Bote, um Aufträge zu verteilen?), Konzernleitung zu Vertriebsleitung, Vertriebleitung zu Vertriebssachbearbeitung, Bearbeitung zu Dateneingabe.
2.2
Mensch-Maschine-Beziehungen Ergonomische und funktionale Untersuchungen für: Datenerfassung und Geräte, Postverteilung und Geräte, Dateneingabe, Computer.
2.3
Form der Kommunikation Untersuchung der benutzten Kommunikationsmedien und -formen: Sprache: Telefon Text: Briefe, Formulare Bild: Technische Zeichnungen Daten: Dialogsystem, Speicherung der Daten im Computer.
2.4
Benutzte Kommunikationskanäle und deren Belastung/Kosten Öffentliches Netz: Telefonleitungen Private Netze: Schmal- oder Breitbandübertragungen, traditionelle Netze, z.B. Rohrpostleitungen.
2.5
Dynamische Veränderungen der Systemleistung Zeitliche Anforderungen an die Elemente pro Zeiteinheiten (Tag, Woche, Quartal), Darstellung des Systemverhaltens bei Normal- und Spitzenbelastungen.
2.6
Zeitgerechte Abstimmung der Systemelemente Verfügbarkeit der Maschinen (z.B. die Häufigkeit von Systemausfällen durch Wartung oder Fehler), Antwortzeitverhalten der Maschinen während des Arbeitsvollzugs, Tageseinteilung der Arbeit (z.B. wie oft kommt der Bote, wie oft wird die Post versandt?)
Die Summe der durch die analytischen Untersuchungen von a) bis d) erfaßten Fakten muß nunmehr konsolidiert werden. Konsolidierung: 1. Mengengerüste der Arbeitsprozesse • Wieviel Bestellungen pro Zeiteinheit und wieviel Daten sind zu erfassen, zu prüfen und zu speichern? • Wieviel Auftragsbestätigungen, Lieferscheine, Dispositionsunterlagen und Rechnungen sind pro Auftrag im Durchschnitt zu erstellen? • Wieviel Mitarbeiter (gemessen in Stunden oder Manntagen) sind damit beschäftigt? • Wie hoch ist die durchschnittliche Fehlerrate, wieviel Nacharbeit ist erforderlich?
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
361
• Wieviel Kontakte gibt es zwischen den Elementen? • Wie hoch ist der Zeitaufwand für einen Vorgang von der Bestellung bis zur Auslieferung der Ware? • Wieviel Rückfragen sind bei internen Stellen oder beim Kunden erforderlich? • Wieviel Zeit wird in Anspruch genommen, um fehlerhafte Unterlagen zu komplettieren? 2. Wertgerüste • • • • • • •
Wie hoch (ausgedrückt in D M ) ist das Bestellvolumen? Wie teuer ist die Bearbeitung einer durchschnittlichen Bestellung? Welche Kosten entstehen insgesamt für das System? Wie hoch sind die Kosten der Nachbearbeitung? Welche Kosten entstehen allein für die Kommunikation? Wie ist das Verhältnis zwischen Personalkosten und Auftragsvolumen? Entspricht dieses Verhältnis dem Branchendurchschnitt?
3. Qualitative Analyse Inwieweit entsprechen die Bearbeitungsschritte den Qualitätsansprüchen in Bezug auf: • • • • •
Vollständigkeit der Unterlagen Revisionsgerechte Speicherung Richtigkeit und Verständlichkeit Komplettierbarkeit mit anderen Vorgängen, z. B. der Lagerentnahme Datenschutz und Datensicherheit?
4. Ausagen über die Schwachstellen • • • • • • • • • • • •
Informationsverluste durch die Übertragung Fehlerhäufigkeit Qualitätsverluste Wartezeiten Mangelhafte Ergonomie Belastbarkeit der Systemelemente Unklare Kompetenzverteilungen Verzögerte Auslieferungen Falsche Auslieferungen Reklamationen von Kunden Hohe Suchzeiten in Archiven und Ablagen Störanfälligkeit der Maschinen mit Stillstandszeiten
5. Prognose • Zukünftige Entwicklung des Bestellvolumens und Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen • Entwicklung der technischen Möglichkeiten der Direktkommunikation • Organisationsstruktur des Unternehmens • Entwicklung des Marktes, der Branche, der Konkurrenz • Erwartungen der Kunden • Entwicklung des Personalbestands des Unternehmens Die konsolidierten Ergebnisse bilden die Grundlage für die Entwicklung von Lösungsalternativen. Als solche sind grundsätzlich denkbar:
362
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
1. Änderungen der Geschäftsbedingungen: den Kunden wird ein Verzeichnis der Produkte und der dafür zuständigen Tochtergesellschaften übersandt und darauf hingewiesen, daß mit dem Ziel einer schnelleren Bearbeitung ihrer Aufträge in Zukunft direkt bei den Tochtergesellschaften zu bestellen sei. 2. Direktübertragung der Bestellungen von der Konzerngesellschaft an die Tochtergesellschaften mittels Telefax. 3. Direktübertragung der Bestellungen an die Tochtergesellschaften mittels Datex-P. 4. Arbeits-Restrukturierung durch Zusammenlegen einzelner Tätigkeiten, z.B. Vertriebssachbearbeitung und Dateneingabe werden in eine Funktion integriert. 5. Computer zu Computer-Verbindung zwischen Konzern und Tochtergesellschaften durch eine festgeschaltete Leitung (Standleitung) oder LAN (local area network), sofern die topologische Struktur dies zuläßt. 6. Kombinationen der Lösungen 1 bis 4. Die Bewertung der einzelnen Lösungsalternativen hängt von den Ergebnissen der konsoliderten Zusammenfassung ab (z.B. den Volumen, die zu übertragen sind), von den Präferenzen der Konzernleitung bezüglich der Arbeitsstrukturierung und Geschäftsbedingungen, den Kosten der einzelnen Alternativen im Hinblick auf deren Nutzen und von der zukünftigen Entwicklung des Geschäfts. 3. Methoden Für die Ableitung der Ergebnisse sind prinzipiell folgende Methoden anzuwenden: a) F R A G E B O G E N : Dieser würde sich besonders eignen für die Analyse der Führungs- und Sachbearbeitungsaufgaben. b) I N T E R V I E W : Dies hätte eine hohe Relevanz für die Analyse der Unterstützungsfunktionen. c) S E L B S T A U F S C H R E I B U N G E N : Sie sind geeignet, um Auskünfte über die Datenerfassung und Dateneingabe zu erhalten. d) B E O B A C H T U N G : Sie ist erforderlich für die Strukturanalyse und für die Untersuchung der Systemveränderungen und Schwachstellen, z.B. auch durch die Auswertung historischer Fälle. Im konkreten Fall würde man einen Methoden-Mix anstreben, d.h. jede Methode mit einer anderen kombinieren, z.B.: • Die Fragebogen werden nach ihrer Auswertung durch Einzelinterviews ergänzt. • Die Interviews werden durch entsprechende Beobachtungen ergänzt. • Die Selbstaufschreibungen werden durch ein Gruppen-Interview komplettiert. • Die durch die Beobachtung ermittelten Tatbestände werden durch Interviews bestätigt bzw. korrigiert. 4. Kontrollfragen Die Kontrollfragen umfassen die Ausführungen in den Kapiteln 1 bis 3.2. 1. Welche Ziele werden mit der Analyse eines Systems verfolgt?
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
363
2. Welches ist der Unterschied zwischen quantitativen und qualitativen Analysen? 3. Was bedeutet „Struktur" eines Systems? 4. Welche Möglichkeiten gibt es, um die Komplexität eines Systems zu reduzieren? 5. Welche Analyse-Techniken wendet man bei offenen Systemen an? 6. Welche Ziele werden mit Benutzeranalysen verfolgt? 7. Welche Dimension hat der Informationsbedarf eines Benutzers? 8. Welche Kriterien bestimmen die Qualität der Information? 9. Welche Aufgaben hat die Ist- oder Faktenanalyse? 10. Welche Möglichkeiten des Interviews sind Ihnen bekannt? 11. Welche Vor- und Nachteile hat die Beobachtung? 12. Welchc Grundbestandteile sollte ein Fragebogen enthalten? 13. Welche Nachteile können sich aus einer Selbstaufschreibung ergeben ? 14. Warum setzt man einen Methoden-Mix ein?
5. Aufgaben A. In einem Großhandelsunternehmen werden zunächst alle Bestellungen von Kunden und Einzelhändlern online erfaßt. Die Dateneingabe erfolgt mittels Bildschirmgeräten, insegesamt sind 4 Bildschirmarbeitsplätze permanent besetzt. Darüber hinaus steht ein weiterer Bildschirmarbeitsplatz zur Verfügung als Reserve für Spitzenbelastungen. Dieser Arbeitsplatz wird im Sonderfall der Spitzenbelastungen von einer Aushilfe aus dem Zentralsekretariat besetzt. In der letzten Zeit hat sich die Fehlerquote durch falsche Erfassung stark erhöht, sie stieg im letzten Quartal von 2% auf 8% Fehlerfassungen. Als Systemanalytiker hat man Sie beauftragt, die Ursachen für diese hohe Fehlerrate zu ermitteln. A U F G A B E : Entwickeln Sie einen Fragebogen für die gezielte Untersuchung dieses Arbeitsgebietes. B. Die Stelle „Buchung von Zahlungseingängen" soll untersucht werden, da man beabsichtigt, ein über automatische Belegerfassung (scanning) gesteuertes Buchungssystem zu implementieren. Zahlungseingänge sind: Überweisungen, Schecks, Bareinzahlungen (als Kassenbelege) von Kunden. Der Stelleninhaber verarbeitet zur Zeit noch manuell die einzelnen Belege, d.h. er überträgt die eingehenden Beträge und Absender auf ein Kontenformular, das dann in weiteren Arbeitsschritten als Eingabe für das bisherige Buchhaltungssystem dient. A U F G A B E : Entwickeln Sie für diese Stelle einen Interview-Leitfaden für ein teilstandardisiertes Interview, da Sie die Aufgabe haben, den Stelleninhaber über über sein Arbeitsgebiet zu befragen, um Informationen für die geplante Neugestaltung zu erhalten.
364
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
6. Antworten auf die Kontrollfragen 1. Ziele sind: Erkenntnisgewinnung, Entdeckung von Regeln und Gesetzmäßigkeiten und Gewinnung von Vorschlägen für eine Optimalgestaltung. 2. Bei quantitativen Analysen werden die Menge der Elemente und die Menge der Beziehungen zwischen diesen Elementen untersucht. Bei qualitativen Analysen werden die Eigenschaften der Elemente und die Eigenschaftsrelationen untersucht. 3. Innenaufbau des Systems, der Zusammenhang zwischen den Elementen eines Systems. In der Organisation ist es die formale Aufbauorganisation. 4. Bildung von Subsystemen: vertikale, horizontale, hierarchische, funktionale und qualitative Subsystembildung. 5. Von innen nach außen: das System wird zunächst als geschlossenes System und dann in Bezug auf die Außenkontakte untersucht. Oder: von außen nach innen: zunächst werden die Außenkontakte analysiert und die Reaktionsweisen des Systems daraus abgeleitet. 6. Die Erfassung des objektiven und des subjektiven Informationsbedarfs eines Systembenutzers. 7. Subjektiver und objektiver Informationsbedarf, Suchverhalten eines Benutzers, Informationsangebot und Informationsnachfrage, Benutzererwartung und Qualitätsanforderungen. 8. Standardisierung, Verdichtung, Verknüpfung, Präsentationsform und Kombinationen. 9. Darstellung des Informationsangebotes und der Informationsnachfrage eines Sachgebietes nach quantitativen, qualitativen und zeitlichen Kriterien. 10. Standardisiertes, teilstandardisiertes und freies Interview. 11. Vorteile sind: Unmittelbarkeit, Unabhängigkeit vom Sachbearbeiter. Nachteile sind: Kurzfristigkeit („Schnappschuß"), Zeitaufwand und Manipulationsmöglichkeiten des Beobachteten. 12. Quantitative Elemente des Sachgebietes, Wertgerüste (qualitative Elemente) und Schwachstellen und Probleme. 13. Manipulation, individuelle Gewichtung einzelner Fakten, unvollständige Erfassung. 14. Um die Ergebnisse einer Methode durch andere Methoden zu ergänzen, zu überprüfen und um alle Elemente eines Sachgebietes vollständig zu erfassen.
365
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 1.2
Systemanalyse
Thema:
Prozess- und Transaktionsanalyse
Referenzen:
Kap. 3.3 bis 3.3.5 und Kap. 3.4.3
1. Kurzfassung In der Kurzfassung und im folgenden Beispiel fassen wir die Prozess- und Transaktionsanalyse zusammen, da sie geeignet sind, eine umfassende analytische Bewertung betrieblicher Aufgabe unter datentechnischer Sicht aufzuzeigen. Gegenstand der Prozeßanalyse sind betriebliche und unternehmerische „Prozesse". Damit umschreibt man in allgemeiner Form Aufgaben, die durch besondere Verrichtungen (Tätigkeiten) bewältigt werden. Bei Prozeß- und Transanktionsanalysen stehen dabei datentechnische Verrichtungen im Vordergrund, d. h. es werden die datentechnischen Verrichtungen (Datenmanipulationen) prozeß-typischer Daten analysiert. Jeder Prozeß kann unter diesem Aspekt gekennzeichnet werden durch: • Objekt: Das Objekt ist der Gegenstand der Bearbeitung, z.B. eine Rechnung, eine Bestellung, ein Lagerentnahmeschein, ein Lieferschein, ein Prüfplan etc. • Subjekt: Das ist der Aufgabenträger (Stelleninhaber), der mit der Bearbeitung des Objektes beauftragt ist. • Verrichtungen: Das sind die Verrichtungen (Tätigkeiten), die unter datentechnischen Gesichtspunkten als Transaktionen gekennzeichnet sind. • Prozessor: Das ist das Hilfsmittel, das für die Bearbeitung eingesetzt wird, z.B. eine Datenstation oder Personal Computer. • Daten: Das sind die Input-, Stamm- und Bewegungsdaten, die durch die Verrichtungen verändert werden, so daß neue Ausgabedaten entstehen bzw. die vorhandenen Stammdaten verändert werden. Bei den Transaktionen handelt es sich um alle Verrichtungen an den Prozeßdaten von deren Entstehung (Generierung) bis zu deren Löschung, also: prüfen, ergänzen, anlegen, modifizieren, umwandeln, speichern, weiterleiten, archivieren und sichern. In einer einfachen Darstellung ergibt sich folgender Zusammenhang: Eingabedaten des Prozesses
Verrichtungen
Ausgabedaten des Prozesses
Benutzer
Man bezeichnet eine derartige Darstellung als EVA-Chart (Eingabe - Verrichtung (Verarbeitung) - Ausgabe). Da sehr oft die Ausgabedaten eines Prozesses wieder als Eingabedaten für einen nachfolgenden Prozess dienen, „verwandeln" sich die Ausgabedaten des Prozesses 1 in die Eingabedaten des Prozesses 2. Beispiel: Aus einer Bestellung wird ein Lagerentnahmeschein, aus einem Lagerentnahmeschein ein Lieferschein und aus einem Lieferschein eine Rechnung. Es
366
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
entstehen sog. „Prozeßketten", die durch Bearbeitungs-, Transport- und Liegezeiten gekennzeichnet sind. Dadurch ist es möglich, mehrstufige Analysen über die gesamte Logistik eines Prozesses abzuleiten, die sich u.a. auch auf die Durchlaufzeiten betrieblicher Aufgaben beziehen. Aus der Analyse der Durchlaufzeit ergeben sich wichtige Rückschlüsse auf die Arbeitsorganisation: Entstehen hohe Durchlaufzeiten, dann kann eine Schwachstelle vorliegen in Bezug auf die Bearbeitungs- oder Transportzeiten. Eine der Prozeßanalyse verwandte Methode ist die Black-Box- Analyse. Hierbei werden lediglich die Input- und Outputdaten eines Prozesses analysiert, nicht aber die Verrichtungen. Aus dem Zusammenhang zwischen Eingabedaten und Ausgabedaten wird hypothetisch auf die Art der Verrichtungen geschlossen. Die Black-Box-Analyse ist geeignet, mehrstufige Prozesse in ihrem logistischen Zusammenhang darzustellen. Insbesondere bei Durchlaufzeitenanalysen wird diese Methode angewandt. Erst im Zuge der Systementwicklung erfolgt dann die detaillierte Analyse der Verrichtungen. 2. Beispiel Im folgenden Beispiel betrachten wir das Objekt „Bestellung". Es möge gelten: In einem Großhandelsunternehmen gehen täglich Bestellungen ein, die online (Prozessor ist ein PC) bearbeitet werden. Der PC ist mit einer Kundendatenbank verbunden, auf der die Kenndaten der Bestellungen der Kunden gespeichert sind. Es sind verschiedene Transaktionen möglich, je nach dem Charakter und den Anforderungen der Kunden und ihrer Bestellungen. In Abbildung 3 haben wir ein typisches Auslöserereignis - nämlich die Bestellung eines Kunden - dargestellt. Diese Bestellung löst verschiedene Transaktionen (TR X ) aus: TR X 1: Neuanlage einer Bestellung bei dem bereits vorhandenen Kunden mit den Daten: Bestellnummer (34), Stückzahl (258), Art (Stahltraversen), Katalognummer (4788901). Für die Realisierung der Transaktion muß dem Bearbeiter die Kundennummer der Firma Deidemöhn bekannt sein. Diese wird er von seinem PC aus aus der Kundendatenbank aufrufen, um die Veränderungen eingeben zu können (TR X 3). TR X 3: Hier muß eine Veränderung der Stammdaten erfolgen: Zunächst die Korrektur des Lieferbestandes (auf 1150) und dann ein Hinweis an die Rechnungsschreibung für die Korrektur der Rechnung. Außerdem muß die neue Lieferadresse (Hamburg) eingegeben werden. TR X 4: Mit dieser Transaktion veranlasst der Bearbeiter die Rechnungskorrektur, d.h. er löst mit dieser Transaktion das Schreiben einer neuen Rechnung (Gutschrift) aus. Wir wollen annehmen, daß durch eine Systemanalyse alle möglichen Transaktionen gemäß Abbildung 4 und die Anzahl der in einem Monat anfallenden Transaktionen ermittelt wurde. Es ergibt sich die in Abbildung 4 dargestellte Übersicht. Aus der Gesamtzahl der Transaktionen eines Monats läßt sich nunmehr nach dem Schema der Transaktionsanalyse die Belastung der Benutzer errechnen. Wir wollen wissen, wieviel Benutzer eingesetzt werden müssen, um dieses Volumen bearbeiten zu können.
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
367
Firma Schneidermann und Söhne G m b H Stahl- u n d E i s e n w a r e n Industrieweg9 1000 Berlin 32
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mit f r e u n d l i c h e n G r ü ß e n
(ppa. D i e d e m ö h n ) Ein Ereignis - die Bestellung - löst eine R e i h e von T r a n s a k t i o n e n aus (TR X 1 , 3 , 4 ) A b b . 3: Beispiel P r o z e ß - u n d T r a n s a k t i o n s a n a l y s e
368
Teil4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Trans. # Transaktionsbeschreibung 1
Anlage Stammdaten
2
Erstellen von Dispositionslisten
3
Veränderung Stammdaten
Anzahl Transakt. pro Monat 350 2800 120
4
Initialisierung der Rechnungsschreibung
5
Abfrage offener Posten
180
6
Terminierung der offenen Posten
700
7
Löschung Stammdaten
100
8
Stornierungen
400
9
Generierung von Namenslisten für den Vertrieb
10
Initialisierung des Programms für Sonderlieferungen
300
Änderung Versandpapiere
100
11
3400
80
Anzahl Transaktionen
8530
Abb. 4: Quantitative Transaktionsanalyse des Prozesses „Bestellung"
Bearbeitungszeit einer Transaktion Rüstzeit und Anlaufzeit nach jeder Pause (3 Pausen) je 10 Minuten 0 Ausfallzeit pro Tag
3 Minuten 30 Minuten 30 Minuten
Bruttoarbeitszeit pro Tag
450 Minuten
Nettoarbeitszeit
390 Minuten
390 Min.: 3 Minuten pro Transaktion Transaktionsvolumen pro Monat Transaktionsvolumen pro Tag (22 Arbeitstage) Anzahl erforderlicher Benutzer
130 Transaktionen pro Tag 8530 388 Transaktionen Soll pro Tag 3
Abb. S: Arbeitsbelastung bei Transaktionsverarbeitung Im vorliegenden Beispiel wurde also das Transaktionsvolumen zeitlich umgerechnet, wobei als Basiswert die Bearbeitungszeit (3 Minuten) diente. Daraus läßt sich sehr leicht ermitteln, wie hoch der A u f w a n d ist, um das g e s a m t e Volum e n abzuarbeiten. D a s Beispiel zeigt, daß insgesamt 3 Benutzer erforderlich sind, wobei keinerlei Reserven für Spitzenbelastungen eingeplant sind. D i e A n n a h m e lautete, daß hier eine gleichmäßige Bearbeitung über alle Arbeitstage hinw e g vorgegeben ist.
3. Methodenhinweise D i e Prozeßanalyse und die mit ihr verwandte M e t h o d e der Transaktionsanalyse zeigt, daß für die Untersuchung logistischer Prozesse mehrere M e t h o d e n gekoppelt w e r d e n müssen:
369
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
a) Die Methode der Prozessanalyse b) Methoden der Transaktionsanalyse c) Methoden der Faktenanalyse zur Ermittlung der quantitativen Werte der einzelnen Transaktionen. Für die analytische Vorgehensweise ist die Systematik des Vorgehens von Bedeutung. Entsprechend dem dargestellten Beispiel handelt es sich um ein dreistufiges Vorgehen: a) Analyse der Prozeßstruktur: Was ist das Objekt? Wer sind die Bearbeiter? Mit welchen Methoden arbeiten sie? b) Analyse der Transaktionen (Verrichtungen): Welche Veränderungen sind am Objekt überhaupt möglich? Welche typischen Transaktionen treten auf? c) Quantitative Analyse: Wieviel Transaktionen entstehen im Beobachtungszeitraum? Wie lange dauert die durchschnittliche Bearbeitungszeit? Wieviel Ausfall- und Störzeiten treten durchschnittlich auf? Welche Prognosewerte können für die Zukunft eingeplant werden, z.B. Verbesserung der Transaktionszeit zur Reduzierung der Bearbeitungszeit, Zunahme des Bestellvolumens und damit des Transaktionsvolumens. Nur durch eine derartige Systematik der Systemanalyse kann es gelingen, Fehlplanungen für die Entwicklung von Sollsystemen zu vermeiden. Denn eine Transaktions- und Prozeßanalyse hat im Zuge der Systemgestaltung auch Auswirkungen auf: Datenvolumen, das zu speichern ist, Belastungsanalysen der Leitungen und Kanäle und auf das Verfügbarkeits- und Antwortzeitverhalten des zu planenden Systems.
4. Kontrollfragen 1. Wodurch unterscheiden sich kontinuierliche und diskontinuierliche Prozesse? 2. Was versteht man unter einer EVA-Struktur? 3. Wodurch ist eine Black-Box-Analyse gekennzeichnet? 4. Was versteht man unter einer Geschäftslogik ? 5. Welche Kriterien bestimmen die Struktur eines Geschäftsprozesses? 6. Was beabsichtigt man mit der Activity Direction (ADAM)?
Analysis
Methode
7. Wie ist die Durchlaufzeit definiert? 8. Welches Ziel verfolgen Informationsflußanalysen? 9. Welche Auswirkungen haben lange Durchlaufzeiten? 10. Welche grundsätzlichen Verrichtungen werden bei Black-Box-Analysen zugrundegelegt? 11. Was sind verkettete O b j ektfolgen?
370
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und Aufgaben
5. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Kontinuierliche Prozesse sind über einen langen Zeitraum konstant, diskontinuierliche Prozesse entstehen ad hoc. 2. Darstellung eines Prozesses durch Eingabedaten, Verrichtungen und Ausgabedaten. 3. Es werden nur die Zusammenhänge zwischen Eingabe- und Ausgabedaten analysiert, nicht aber die Verrichtungen. 4. Sie beschreibt die Verrichtungsketten und die für die einzelnen Verrichtungen eingesetzten Methoden. 5. Ereignis, Objekt, Verrichtung und Ziel. 6. Die Analyse der Durchlaufzciten, die sich durch den Stellenzusammenhang einer Verrichtungskette ergibt. 7. Als Summe der Zeiten aus Bearbeitungszeit, Transportzeit und Liegezeit über alle Stellen hinweg. 8. Darstellung von Verrichtungen mit Hilfe genormter oder vereinbarter Symbole. 9. Gewinnverluste, erhöhte Kosten, erhöhte Wahrscheinlichkeit für Qualitätsverluste. 10. Übernahme von Daten, Ergänzungen, Reduktion, Umwandlung, Generierung, Sumpf, Verdichtung, Aufteilung, Aggregation und Kombinationen. 11. Aus einem Objekt wird durch entsprechende Verrichtungen eine Ausgabematrix erzeugt, die ein neues Objekt für eine nachfolgende Verrichtung darstellt.
6. Aufgaben a) Errechnen Sie gemäß Abbildung 5 die Anzahl der erforderlichen Benutzer, wenn die Bearbeitungszeit auf 4 Minuten ansteigt. b) Die Bearbeitungszeit werde durch verbesserte Systemleistungen auf 2 Minuten gesenkt, das Transaktionsvolumen steigt jedoch um 20%. Wieviel Benutzer sind dann erforderlich?
7. Berechnungsbeispiele 7.1 Aufgaben: Zwischen den Stellen S1 (Auftragssteuerung), S2 (Disposition) und S3 (Lager) möge folgender Verrichtungszusammenhang bestehen: Je Geschäftsvorgang entstehen bei den einzelnen Stellen Bearbeitungsaufwand (B), Liegezeiten (L) und Transportzeiten (T). Die Bearbeitungszeit je Vorgang beträgt bei S1 20 Minuten, bei S2 40 Minuten und bei S3 50 Minuten. Bei S1 tritt eine Liegezeit von 2 Stunden und eine Transportzeit von 6 Stunden auf; bei S2 4 Stunden Liegezeit und 2 Stunden Transportzeit und bei S3 nur eine Liegezeit von 2 Stunden auf.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
371
A U F G A B E 1: B e r e c h n e n Sie d i e D u r c h l a u f z e i t , e r m i t t e l n Sie den k j - K o e f f i z i e n t e n . Für den o b e n genannten V e r r i c h t u n g s z u s a m m e n h a n g w u r d e im R a h m e n einer Systemanalyse ein M e n g e n g e r ü s t e r m i t t e l t , und z w a r durch e i n e B e o b a c h t u n g , d i e die W e r t e f ü r eine W o c h e ( W o c h e n b e l a s t u n g ) e r m i t t e l t e . E s w i r d d a v o n ausg e g a n g e n , daß diese W e r t e repräsentativ f ü r die D a u e r b e l a s t u n g sind. Stelle 1 b e a r b e i t e t p r o W o c h e 250 A u f t r a g s a n n a h m e n Stelle 2 b e a r b e i t e t p r o W o c h e
80 D i s p o s i t i o n e n
Stelle 3 b e a r b e i t e t p r o W o c h e 120 L a g e r l i e f e r u n g e n A U F G A B E 2: W i e h o c h ist die A r b e i t s b e l a s t u n g j e Stelle? D i e Stellen S1, S2 und S3 k o m m u n i z i e r e n d a n e b e n noch mit den Stellen A , B und C. S1 k o m m u n i z i e r t mit A 300 mal mit 0 2 M i n u t e n j e K o n t a k t S1 k o m m u n i z i e r t mit B 200 mal mit 0 3 M i n u t e n j e K o n t a k t 51 k o m m u n i z i e r t mit C 100 mal mit 0 5 M i n u t e n j e K o n t a k t 52 k o m m u n i z i e r t mit A 100 mal mit 0 6 M i n u t e n j e K o n t a k t 52 k o m m u n i z i e r t mit B 250 mal mit 0 4 M i n u t e n j e K o n t a k t 53 k o m m u n i z i e r t mit B 400 mal mit 0 6 M i n u t e n j e K o n t a k t S3 k o m m u n i z i e r t mit C 1 5 0 mal mit 0 4 M i n u t e n j e K o n t a k t A U F G A B E 3: W i e hoch ist der K o m m u n i k a t i o n s a u f w a n d d e r e i n z e l n e n Stellen? A U F G A B E 4: a ) W i e hoch ist d e r G e s a m t a u f w a n d j e Stelle? b ) D i e N e t t o a r b e i t s z e i t p r o T a g b e t r a g e 7 Stunden, die W o c h e n a r b e i t s z e i t mithin 35 Stunden. W i e v i e l M i t a r b e i t e r j e Stelle sind e r f o r d e r l i c h ? 7.2 L o s u n g e n zu den A u f g a b e n A U F G A B E 1: D
s
B
L
T
20
120
360
500
40
240
120
400
S1 S2 S3
50
120
110
480
D u r c h l a u f z e i t = 1070 M i n .
-
480
Gesamt
170 1070
372
Teil 4: Beispiele, Übungen und A u f g a b e n
AUFGABE 2: B
s
B 20
S1 S2 S3
40
50
Anzahl 250 80 120
Gesamt B 5000 3200 6000
AUFGABE 3: K
s S1 S2 S3
A 300 x 2 = 600 100 x 6 = 600 -
B 200 x 3 = 600 250 x 4 = 1000 400 x 6 = 2400
C 100 x 5 = 500 -
150 x 4 = 600
Gesamt K 1700 1600 3000
AUFGABE 4: t
s S1 S2 S3
B 5000 3200 6000
K 1700 1600 3000
2 Minuten 6700 4800 9000
Stunden 112 80 150
Mitarbeiter 3,2 2,3 4,3
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 1.3
373 Systemanalyse
Thema:
Entscheidungstabellen
Referenzen:
Kap. 3.3.6und3.3.7
1. Kurzfassung Entscheidungstabellen sind ein Hilfsmittel für die Analyse eindeutig strukturierter Prozesse (Aufgaben). Eine eindeutige Struktur liegt dann vor, wenn ein bestimmtes Ereignis (Bedingung genannt) zu einer eindeutigen Aktivität (Entscheidung) führt. Die einfachste Strukturierung lautet: Wenn Ereignis el eintritt, dann treffe die Entscheidung E,. Es handelt sich in diesem Fall um eine sog. „WENN-DANN-Entscheidung". Derartige Bedingungen können miteinander kombiniert werden, d.h. sie werden durch Operatoren miteinander verknüpft. Beispiele für derartige Verknüpfungen sind: UND-Verknüpfungen: Es werden mehrere Bedingungen additiv verbunden, z.B.: Wenn der Rechnungsbetrag stimmt U N D Geld verfügbar ist, dann bezahle die Rechnung. ODER-Verknüpfung: Zwei oder mehrere Bedingungen werden alternativ ausgewählt, z.B. Wenn der Rechnungsbetrag nicht stimmt O D E R die Ware nicht eingetroffen ist, dann erstelle ein Mahnschreiben. Aus der Analyse derartiger Aufgaben lassen sich sehr leicht die überhaupt möglichen Entscheidungen aufgrund gegebener Bedingungen errechnen: Treffen die Bedingungen zu oder nicht zu (JA/NEIN-Bedingungen), dann sind jeweils 2" Entscheidungen möglich, wobei n die Anzahl der Bedingungen ist. Damit gelingt eine Vollständigkeitsprüfung über alle möglichen Fälle einer Entscheidungssituation. Jeder Bedingungskombination wird eine eindeutige Entscheidung zugeordnet, man sagt dann, daß das Entscheidungsfeld vollkommen abgebildet ist. Entscheidungstabellen werden sowohl bei der Ist-Analyse als auch bei der Untersuchung von Problemlösungsprozessen und in der Programmierung eingesetzt. Es existieren Entscheidungstabellen-Prozessoren, die eine erfaßte Entscheidungstabelle unmittelbar in ein Programm compilieren. 2. Beispiel Wir definieren als Beispiel einen mehrstufigen Prozess aus dem Arbeitsgebiet der Warenprüfung mit anschließender Einlagerung der Ware. Die drei Prozeßstufen sind wie folgt beschrieben: A. Nach Anlieferung der Waren im Wareneingangslager erfolgt eine statistische Qualitätsprüfung: Die Prüfer entnehmen entsprechend einem Prüfplan eine Teilmenge der Ware und prüfen diese entsprechend den Qualitätsanforderungen. Sofern die Prüfung keine Beanstandungen ergibt, wird die Ware zur Einlagerung freigegeben. B. Durchführung der Prüfung: Die Prüfer realisieren bestimmte Verrichtungen.
T e i l 4: Beispiele, Ü b u n g e n und A u f g a b e n
374
C . Weiterleitung der W a r e : Nach den Verrichtungen aus Stufe B wird die W a r e weitergeleitet in das L a g e r . W i r stellen diesen P r o z e ß in Form miteinander verketteter Entscheidungstabellen dar. D i e Verkettung erfolgt jeweils durch die Entscheidung „ G O T O T A B X " , w o b e i „ X " die T a b e l l e B oder C sein kann. F o l g e n d e Bedingungen sind für die einzelnen Prozeßstufen v o n Bedeutung: Stufe A : Vorhandensein des Prüfplans, die W a r e ist bereits ausgepackt, die Prüfgeräte sind verfügbar. Stufe B : D i e zu entnehmende M e n g e (Stichprobe) ist bekannt, die A r t der V e r richtung (messen, w i e g e n , zählen, prüfen auf Festigkeit und Ermittlung eines B i e g e k o e f f i z i e n t e n ) kann durchgeführt werden. Stufe C : Prüfprotokoll liegt vor, der L a g e r o r t ist bekannt, das Transportgerät ist verfügbar. E T A B - A : V o r b e r e i t u n g der Prüfung Prüfplan vorhanden W a r e ausgepackt Prüfgeräte verfügbar
J J J
1.
X
GoToTABB
2. Beschaffen G e r ä t e , do 1 3. A u s p a c k e n , d o 1 4. D o 2, d o 3 , d o 1 5. Beschaffen Prüfplan, do 1 6. D o 5 , d o 2 , d o 1 7. D o 5 , d o 3 , d o 1 8.
ExitTABA
J J N
J N J
J N N
N J J
N J N
N N J
N N N
X X X X X X X
Es handelt sich hier um eine Entscheidungstabelle mit vollständigen R e g e l n : Jeder Bedingungskonstellation ist eine eindeutige A k t i v i t ä t zugeordnet. Es fällt auf, daß die Entscheidungen miteinander verknüpft sind: das bedeutet, daß eine Entscheidung auch darin bestehen kann, daß zunächst vorgelagerte Entscheidungen durchzuführen sind. D i e Entscheidung N r . 8 ( E X I T ) bedeutet, daß der Prozeß abgeschossen ist, es erfolgt keine weitere V e r z w e i g u n g . Allerdings könnte diese Entscheidung auch lauten: „ Ü b e r p r ü f e die nächste W a r e " , womit ein kontinuierlicher P r o z e ß der Warenprüfung definiert wäre. D i e nächste Entscheidungstabelle folgt der Anweisung gemäß der Entscheidung 1 „ G O T O T A B B":
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
375
E T A B - B: Durchführung der Prüfung Stichprobe bekannt Verrichtung möglich
J J
1. Prüfen und Protokoll anfertigen, do T A B C
X
J N
2. Unterlasse Prüfung
N J
N N
X
3. Zurück ins Prüflager
X
4. Zurück ins Prüflager
X
Bei dieser Entscheidungstabelle fällt auf, daß zwei unterschiedliche Bedingungskonstellationen zu gleichen Entscheidungen (3 und 4) führen. Ist dies der Fall, kann die Entscheidungstabelle konsolidiert werden: Konsolidierung der E T A B - B Stichprobe bekannt Verrichtung möglich
J J
1. Prüfen und Protokoll anfertigen, do T A B C
X
J N
2. Unterlasse Prüfung
N -
X
3. Zurück ins Prüflager
X
Solange die Stichprobe nicht bekannt ist, wird in diesem Fall die Ware ins Prüflager gesandt (wo sie auf die nächste Prüfung wartet). Da dies das entscheidende Kriterium (Bedingung) ist, werden alle weiteren Varianten der Kombination nicht mehr untersucht (gekennzeichnet mit —). E T A B - C: Weiterleitung der Ware Protokoll liegt vor Lagerort bekannt Transport möglich
J J J
1. Einlagerung, Ende
X
2. Beschaffe Transportmittel, do 1 3. Einlagerung in Sonderlager 4. Einlagerung in Sonderlager 5. Protokoll beschaffen, Einlagerung in Sonderlager
J J N
J N J
J N N
N J J
N J N
N N J
N N N
X
X
X
X
X X X
Auch bei dieser Entscheidungstabelle fällt auf, daß verschiedene Bedingungsindikatoren mit ihren Kombinationen zu gleichen Entscheidungen führen: damit kann auch diese Tabelle konsoldiert werden:
376
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und A u f g a b e n
Konsolidierung der E T A B - C: Protokoll liegt vor Lagerort bekannt Transport möglich
J J J
1. Einlagerung, Ende
X
2. Beschaffe Transportmittel, do 1
J J N
J N
N
-
-
-
X
3. Einlagerung in Sonderlager
X
4. Protokoll beschaffen Einlagerung in Sonderlager
X
Die Bedingung 1 „Einlagerung, Ende" könnte auch lauten: „Verzweige zu Tabelle A " womit der gesamte Prozess geschlossen wäre. 3. Methodenhinweise Die Entwicklung von Entscheidungstabellen setzt eine sehr detaillierte Prozeßanalyse voraus. Vor allem die Mehrstufigkeit der Prozesse und deren sie verbindenden Kriterien (Bedingungen) müssen quantitativ ermittelt werden. Die Errechnung aller möglichen Entscheidungsalternativen entsprechend den vorliegenden Bedingungen erlaubt es, Plausibilitätskontrollen durchzuführen: Es wird geprüft, ob tatsächlich alle nur denkbaren Möglichkeiten erfaßt und ihnen entsprechende Aktivitäten zugeordnet sind. Dies erfordert in der Praxis sehr oft ein gezieltes Interview, insbesondere um jene Fälle erkennen zu können, von denen der Sachbearbeiter annimmt, daß sie nicht auftreten können. Doch gerade diese „Sonderfälle" sind es häufig, die ein Programm „ohne Exit", d.h. ohne Zuordnung einer Aktivität in eine Fehlerroutine laufen lassen. 4. Kontrollfragen 1. Wofür setzt man Entscheidungstabellen ein? 2. Was bedeutet die Konsolidierung von Entscheidungstabellen? 3. Wann liegt Redundanz einer Entscheidungstabelle vor? 4. Wann ist eine Entscheidungstabelle widersprüchlich? 5. Was bedeutet das „Verketten" von Entscheidungstabellen? 6. Was ist das Kennzeichen einer geschlossenen Entscheidungstabelle? 7. Was versteht man unter einer Tree-Analysis? 8. Wofür setzt man die Methode des Entscheidungs-Baumes ein? 9. Wodurch unterscheidet sich die Methode des Branch and Bound von der Tree-Analysis? 10. Welche Aufgaben hat ein Entscheidungstabellen-Prozessor?
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
377
5. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Als Hilfsmittel für die Programmierung, für die Analyse von Problemlösungsund strukturierten Entscheidungsprozessen. 2. Führen verschiedene Regeln (Bedingungskombinationen) zu gleichen Aktionen, kann konsolidiert werden. 3. Wenn gleiche Bedingungskombinationen zu gleichen Aktionen führen. 4. Wenn gleiche Bedingungskombinationen zu unterschiedlichen Aktionen führen. 5. Es gibt von einer Entscheidungstabelle einen Hinweis auf die Durchführung einer weiteren Entscheidungstabelle. 6. Wenn die letzte Entscheidungstabelle einer Verkettung wieder zur Ausgangstabelle zurückverweist. 7. Darstellung eines Entscheidungsprozesses in einer baumartigen Struktur mit jeweils Ja-Nein-Verzweigungen (trifft zu, trifft nicht zu). 8. Für die Analyse mehrstufiger Prozesse, für Information Retrieval-Systeme (Suchsysteme) und für strukturierte Problemlösungsprozesse. 9. Bei Branch and Bound können die Werte nur 1 oder 0 lauten, bei der TreeAnalysis sind auch Wahrscheinlichkeitswerte möglich. 10. Compilierung einer Entscheidungstabelle in ein fertiges Programm. 6. Aufgabe Die Bedingungen für das Verbuchen von Zahlungseingängen mögen lauten: Das Konto muß bekannt sein, der Betrag muß stimmen und der Stichtag für die Buchung muß erreicht sein. Entwickeln Sie eine Entscheidungstabelle und ordnen Sie den verschiedenen Möglichkeiten Entscheidungen (Aktionen) zu.
378
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 1.4
Systemanalyse
Thema:
Schwachstellenanalyse
Referenzen:
Kap. 3.3.8und3.4
1. Kurzfassung Schwachstellen sind systematische Abweichungen eines Prozesses, einer Verrichtung oder eines Kommunikationsvorganges vom Zielwert. Lautet beispielsweise der Zielwert für die Bearbeitung von Bestellungen „Freigabe für den Versand innerhalb von 6 Arbeitstagen" und stellt man fest, daß über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich 8 Arbeitstage in Anpsruch genommen werden, dann liegt ein Hinweis auf eine Schwachstelle vor. Dieser Hinweis - Indikator genannt - wäre in diesem Fall die um 33,33% erhöhte Bearbeitungszeit für Bestellungen. Derartige Indikatoren sind nichts anderes als Signale für Prozesse, die nicht störungsfrei ablaufen oder aber deren Zielwerte aufgrund der tatsächlichen Situationen auch bei bester Arbeitsorganisation nicht erreicht werden können (z.B. bei optimistischer oder utopischer Zielvorgabe). Bei der Durchführung von Schwachstellenanalysen wird die Methodik des Vorgehens mit den Methoden der Ist- oder Faktenanalyse kombiniert: Fragebogen, Interviews, Beobachtungen und Selbstaufschreibungen sowie die Auswertung von Protokollen, Arbeitsberichten und Geschäftsvorfällen unterstützen die Schwachstellenanalyse. Warum werden Schwachstellenanalysen betrieben? Mit der Durchführung von sytematischen Schwachstellenanalysen wird beabsichtigt, laufend oder periodisch, zumindest aber nach Bekanntwerden eines Indikators, die betreffenden Prozesse zu normalisieren. Das Ziel besteht in der Sicherung der Qualität der Arbeitsergebnisse. Dabei stehen kurzfristige Maßnahmen im Vordergrund, die auf eine möglichst frühzeitige Ausschaltung der Störfaktoren abzielen. Dabei ist von Bedeutung, daß sich verschiedene Störfaktoren gegenseitig positiv beeinflussen, d.h. ein Störfaktor kann zum Auslöser einer ganzen Kette von Störfaktoren und damit Schwachstellen werden. Dies erschwert oftmals die Analyse, da nicht unmittelbar erkennbar ist, welcher Indikator nun tatsächlich für eine vorliegende Schwachstelle verantwortlich ist. Man spricht daher auch von „Kausalketten" der Schwachstellen, d.h. von einem sachlich gegebenen Zusammenhang verschiedener Störfaktoren. Für die Schwachstellenanalyse können grundsätzlich zwei Methoden eingesetzt werden: a) Die analytisch-systematische Vorgehensweise, deren Hauptmerkmal die laufende Beobachtung ist und b) die problemorientierte Vorgehensweise, bei der erst nach Bekanntwerden des Indikators mit der Ursachenanalyse begonnen wird. Beim vorliegenden Beispiel wird exemplarisch die problemorienticrte Vorgehensweise dargestellt.
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und Aufgaben
379
2. Beispiel Wir betrachten den Arbeitsprozess einer Stelle des Bereichs Buchhaltung in einem Fertigungsunternehmen, deren Aufgabe die Berechung und Steuerung von Skontoabzügen bei Lieferantenrechnungen ist. Das Unternehmen bezieht sehr viele Fertigungsteile, Halbfabrikate, Roh- und Hilfsstoffe von Zulieferfirmen, deren Rechnungen bestimmte Zahlungsvereinbarungen enthalten, wie z.B.: „Zahlbar innerhalb 10 Tagen mit 2% Skonto" oder „Zahlung nach Erhalt mit 4% Rabattnachlass" oder „Zahlung innerhalb 20 Tagen mit 1% Skontonachlass". Es werden also Rabatte und Skonti gewährt, die vom Rechnungsbetrag in Abzug gebracht werden können. Der Stelleninhaber erhält nach Wareneingang und erfolgter Warenprüfung vom Lager jeweils eine Kopie der Lieferpapiere mit den entsprechenden Vermerken (gelieferte Menge, Prüfhinweis). Von der Stelle Zahlungseingang erhält er laufend die Rechnung von Lieferanten. Seine Aufgabe besteht darin, die Rechnung mit den Lieferpapieren zu vergleichen. Besteht Übereinstimmung zwischen Rechnung und Lieferung, errechnet er den Skontobetrag (mit einer Handrechenmaschine) und füllt anschließend ein Formular aus mit folgenden Daten: Lieferanten-Nummer, Anschrift, Konto und Bankverbindung, Bruttobetrag, Nettobetrag und Skontobetrag. Dieses Formular schickt er täglich an die Stelle „Zahlungsanweisungen/Kasse", von wo aus die Überweisung erfolgt. In der letzten Zeit mehren sich die Klagen von Lieferanten, daß von den Rechnungen Skonto einbehalten worden sei, obwohl die Zahlungsfrist bereits überschritten war. Einige Lieferanten verlangten eine Rückerstattung der zu Unrecht einbehaltenen Beträge, was zu erheblichen Verwaltungskosten führte (Umbuchungen , Entschuldigungsschreiben). Der Chef der Buchhaltung beschließt, eine Schwachstellenanalyse durchführen zu lassen. Vorgehensweise: Entsprechend der problemorientierten Vorgehensweise werden folgende Teilschritte durchzuführen sein: 1. Ermittlung des spezifischen Indikators: Der auslösende - primäre - Indikator lautet: „Zunahme der Beschwerden von Lieferanten". Die Tatsache, daß Schwachstellen- Indikatoren in einer gegenseitigen Wechselbeziehungen stehen können, zwingt den Analytiker in dieser Phase der Untersuchung zur Überprüfung weiterer möglicher Indikatoren. Mit Hilfe der Faktenanalyse wird man zunächst ein Abbild über die Stelle „Skontoberechnung" ermitteln und die zwei wichtigsten Objekte dieser Stelle - Skontovolumen und Rechnungsvolumen - analysieren. Mit Hilfe einer repräsentativen Auswahl der Rechnungen des laufenden Monats, des Vormonats und des Vergleichsmonats des Vorjahres (d.i. statistische Analyse und Auswertung) stellt man beispielsweise folgende Verteilung fest:
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Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Kenndaten
lfd. Monat
Rechnungsvolumen Anzahl Rechnungen 0 Skonto Rechnungen mit Skonto Rechnerisches Skontovolumen (Soll) Tatsächliches Volumen (Ist) Skontoverluste
3 Mio D M 3,5 Mio D M 1200 1180 3% 3% 800 780 90.000,50.000,40.000,-
Vormonat
105.000,50.000,55.000,-
Vergleichsmonat Vorjahr 950.000,- D M 640 3% 640 66.000,54.000,12.000,-
Durch diese Art der analytischen Arbeit ist nunmehr ein neuer Indikator entdeckt worden: Skontoverluste. Während im Vorjahr noch ca. 18% Skontoverluste auftraten, hat sich dieser Wert auf nahezu 50% in der laufenden Periode erhöht. Ergebnis der Stufe 1 der Analyse: zwei Indikatoren sind erkennbar: Lieferantenbeschwerden und Skontoverluste. 2. Wirkungsanalyse Mit der Wirkungsanalyse wird eine Prognose bezüglich der Konsequenzen der festgestellten Indikatoren erstellt: Welche Auswirkungen hat diese Situation auf das Unternehmen? Im konkreten Beispiel wäre zu prognostizieren: a) E s liegen Fehlberechnungen und Nichtberechungen vor, die zu Imageschädigungen und zu Bareinbußen führen. b) Es liegt eine sytematische Abweichung vor, die sich nicht von selbst (d.h. ohne besondere organisatorische Regelung) beheben wird. Diese Prognosen sind so bedeutend, daß nunmehr eine systematische Untersuchung der Ursachen erfolgen muß. 3. Ursachenanalyse Entsprechend den Grundlagen der Systemanalyse wenden wir in diesem Fall eine deduktive Vorgehensweise an, d.h. wir stellen zunächst Hypothesen über die möglichen Ursachen auf („kann sein - kann nicht sein"): a) Unvollständige Informationen: „Der Stelleninhaber erhält zwar die Rechnungen, nicht aber rechtzeitig die dazugehörenden Lieferpapiere". b) Überbelastung des Sachbearbeiters: Die Zunahme des Rechnungsvolumens um nahezu 30% gegenüber dem Vorjahr könnte darauf hinweisen, obwohl im Vorjahr bereits Schwachstellen der Nichtinanspruchnahme vorlagen. c) Untauglichkeit des benutzten Prozessors: Die manuelle Berechnung mit einem Handrechner könnte daraufhinweisen. d) Liquiditätsprobleme des Unternehmens: Das Unternehmen hat nicht immer genügend liquide Mittel, um sofort zu bezahlen und nimmt daher die längst mögliche Zahlungsfrist in Anspruch.
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
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e) Fehler in der Berechnung: Der Sachbearbeiter „verrechnet" sich oder achtet nicht auf die angegebenen Termine. Es ist auch durchaus möglich, daß gleichzeitig mehrere dieser Hypothesen zusammentreffen. 4. Identifizierung Durch die Methoden der Systemanalyse wird nunmehr konkret ermittelt, welches die zutreffenden Ursachen sind. Man setzt hierzu die Methoden der Faktenanalyse ein. Wir nehmen an, daß dadurch ermittelt werden konnte, daß zwei Ursachen zutreffend sind: Informationsverluste und Überarbeitung des Sachbearbeiters. 5. Kommunikation Das Management (der Auftraggeber, im Beispiel der Chef der Buchhaltung) ist zu informieren, ebenso die betroffenen Stellen: Der Sachbearbeiter und das Lager. Ziel der Information ist die Vereinbarung eines Plans zur Abstellung der Ursachen. 6. Planung auf Normalstandard: Man unterscheidet: a) Kurzfristplanung: Sofortige Verbesserungen durch eine verbesserte Kommunikation zwischen Lager und Skontoabteilung, Einsatz einer Teilzeitarbeitskraft für die Entlastung des Sachbearbeiters. b) Mittelfristige Planung: Ersatz des Handrechners durch einen Personal Computer mit vorgefertigter Software zur Skontoberechnung und Formularaufbereitung. c) Langfristige Planung: Aufbau eines Kommunikationssystems durch Vernetzung von PC's in den verschiedenen Fachabteilungen. Damit wäre der Prozeß der Schwachstellenanalyse abgeschlossen, an die sich nach den einzelnen Maßnahmen auch eine Erfolgskontrolle durch systematische Überprüfung der Entwicklung der Indikatoren anschließen muß. 3. Methodenhinweise Die Schwachstellenanalyse demonstriert in einer sehr eindrucksvollen Weise die Systematik der Systemanalyse: Ausgehend von einem Problem werden verschiedene Methoden kombiniert (Methoden-Mix), um ein Ergebnis zu erzielen. Von Bedeutung ist die Tatsache, daß zunächst konkrete Zielvorstellungen über die Arbeitsweise vorliegen müssen: Methoden der Vorgehensweise (problemorientiert oder systematisch) und Hypothesen über Ursachen (deduktive Vorgehensweise) bestimmen die Arbeitsweise. Dabei sind selbstverständlich auch andere Vorgehensweisen denkbar, wie z.B. die induktive Vorgehensweise, die von den Fakten des Untersuchungsgebietes ausgeht und dadurch die Ursachen ermittelt.
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Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
4. Kontrollfragen Die nachfolgenden Kontrollfragen beziehen sich auf die Kapitel 3.3.8 bis 3.4: 1. Was versteht man unter einem Indikator im Rahmen der Schwachstellenanalyse? 2. Welche Folgen haben Schwachstellen für das Unternehmen? 3. Was bezweckt man mit einer Self-Management-Checklist? 4. Welches sind die häufigsten Bereiche für Schwachstellen? 5. Welche Ziele verfolgt man mit Datenanalysen? 6. Wodurch werden Daten gekennzeichnet? 7. Was sind die Kenndaten einer Datei? 8. Was versteht man unter einer Transaktion in datentechnischer Sicht? 9. Welches sind die wichtigsten Eigenschaften von Dateien? 10. Wie ist die Bearbeitungszeit eines Vorganges im Rahmen der Transaktionsanalyse definiert? 11. Wodurch wird ein Prozeß datentechnisch abgebildet? 5. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Ein Hinweis auf das Vorliegen einer Schwachstelle. 2. Kostenbelastungen, Qualitätseinbußen, Gewinneinbußen, Image-Schädigungen, Zeitverzögerungen. 3. Periodische Überprüfung von Geschäftsprozessen durch einen Stelleninhaber in Bezug auf die Einhaltung der Optimalbedingungen. 4. Ablauforganisation, Führungssystem und Kommunikation. 5. Die Beschreibung von Objekten und Verrichtungen durch Daten. 6. Durch einen Deskriptor und dem zugeordneten Wert. 7. O b j e k t e und Eigenschaften (Attribute). 8. Die Art der Veränderungen an Daten von der erstmaligen Erstellung (Generierung) bis zu deren Löschung. 9. Volumen, Transaktionen, Zeit und Aktualität, Sicherheit, Auswertungskriterien. 10. Transaktionszeit plus Denkzeit. 11. Bestandsdaten, Eingabedaten, Bewegungsdaten und Ausgabedaten. 6. Aufgaben 1. Datenanalysen: Erstellen Sie das Schema einer Datei für das Objekt „EuroScheck" (es wird angenommen, daß der Euro-Scheck als Formular bekannt ist). 2. Erstellen Sie aus den Übersichten über typische Schwachstellen für die Bereiche „Ablauforganisation" und „Kommunikation" eine Zusammenstellung jener Indikatoren, die sich Ihrer Meinung nach gegenseitig beeinflussen bzw. voneinander abhängig sind.
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T e i l 4: B e i s p i e l e , Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
Lektion 2.1
System Design
Thema:
Phasenschema
Referenzen:
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
9.1 Lebenszyklus der SW-Entwicklung 9.2 Architektur-Modelle 9.3 Modelle der Anwendungsentwicklung 9.4 Entwicklungspfade
1. Kurzfassung Mit dem Lebenszyklus einer Software-Entwicklung werden die einzelnen Aufgabengebiete und deren Aufwand im Zeitverlauf dargestellt. Üblicherweise liegt vor dem Beginn der eigentlichen Analyse- und Entwicklungsarbeiten für eine Anwendungssoftware eine sogenannte „Such- oder Initialisierungsphase": Während dieses Zeitraums werden die grundsätzlichen Entscheidungen gefällt, ob, wann und gegebenenfalls in welcher Entwicklungsrichtung gearbeitet werden soll. Die eigentliche Entwicklungsarbeit beginnt mit der Startentscheidung, die den Beginn der ersten Phase - Systemanalyse - einleitet. Damit wird der „Life Cycle" der Entwicklung initialisiert. Mit der Einteilung der Software-Entwicklungsarbeiten in verschiedene Phasen werden folgende Ziele zu erreichen versucht: 1. Aufteilung der Aufgaben in logische Arbeitseinheiten. 2. Zeitliche Begrenzung und damit Planbarkeit der Aktivitäten. 3. Zuordnung einheitlicher Methoden für die einzelnen Phaseninhalte. 4. Steuerung der Entwicklungsarbeiten, um rechtzeitig Fehlentwicklungen erkennen zu können. 5. Kontrolle des Aufwands, des Arbeitseinsatzes und der Arbeitsmittel. 6. Planung der zeitlichen Einsatzpunkte der Mitarbeiter, die mit der Entwicklung beauftragt sind. 7. Schaffung von Voraussetzungen für eine parallele Entwicklung mehrerer Anwendungslösungen . Grundsätzlich werden Phasenschemata mit und ohne Rücksprung unterschieden. „Rücksprung" bedeutet dabei, daß es beispielsweise erlaubt ist, während der Phase der Programmierung erneut Systemanalyse oder System Design zu betreiben. Dies kann sich dann als notwendig erweisen, wenn eine mangelhafte Systemanlage oder ein unvollständiges System Design vorlag oder wenn sich die Umweltbedingungen des Systems gravierend veränderten. Bei Phasenschemata ohne Rücksprung wird eine Folgephase erst dann begonnen, wenn die laufende Phase abgeschlossen, durch ein fachliches Entscheidungskomitee überprüft und eine formelle Freigabe für die nachfolgende Phase erfolgt sind. Diese Art der Entwicklung erfordert eine stark ausgeprägte strukturierte Vorgehensweise nach den Methoden des System Design. Sie ist insbesondere dann erforderlich, wenn einzelne Phaseninhalte - z.B. Programmierung und/oder Beschaffung - nicht vom Entwicklungsteam erledigt werden, sondern beispielsweise als Auftragsarbeit außer Haus vergeben werden, etwa an ein Software-Haus. Dies führt zwangsläufig dazu, daß die Phasen der Analyse und des Designs sehr intensiv betrieben werden müssen, d.h. es entsteht während der bei-
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Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und Aufgaben
den Anfangsphasen ein „Kostenberg". Dieser erhöhte Aufwand wird jedoch in der Regel ausgeglichen durch eine Reduzierung der Kosten in den Folgephasen (Programmierung, Testen und Implementieren). Man spricht von der A-Kurve der Entwicklung und meint damit die starke Investition in Analyse und Design bei erwarteter Reduzierung der Programmierung und Einführung während die B-Kurve den konventionellen Ablauf charakterisiert, nämlich mangelhafte Analyse und dafür hohe Kosten während der Programmierungs-Phase, in der nachträglich Systemanalyse und Design betrieben wird. Moderne Software-Entwicklungsmethoden folgen entlang einer A-Kurve. Neben Life-Cycle-Modellen sind noch andere Entwicklungsmodelle möglich, z.B.: Baustein-Modell, Nullversion, Simulation, Evolution, Generator-Ansatz, Prototyping, Spiralenmodell und Cleanroom-Development. Welche Methode jeweils ausgewählt wird, ist von folgenden Kriterien abhängig: • Qualität, Leistungsspektrum, Sicherheit und Umfang der Anwendung. • Zeit, Kosten, Fähigkeiten und Können der Projektmitarbeiter, Projektmanagement. Aus der Gegenüberstellung dieser Kriterien lassen sich Entwicklungspfade für die Systementwicklung ableiten, wobei es durchaus möglich ist, daß in einem Unternehmen je nach Struktur und Umfang der Aufgabe mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet wird.
2. Beispiel 2.1 Aufgabenstellung In einem Großhandelsunternehmen für Installationszubehör werden eine Vielzahl von Teilen an Einzelhändler versandt. Die Aufträge kommen entweder als formelle Bestellungen oder aber auch als Telefax bzw. Telefonbestellungen. Bisher werden die Bestellungen manuell bearbeitet und direkt an das Lager weitergegeben. Von dort erfolgt nach Auslieferung eine Rückmeldung (Formular) an die Buchhaltung und Rechnungsschreibung. Es kommt oft vor, daß Teile nicht geliefert werden können, weil der Lagerbestand auf Null gesunken ist (dadurch gingen schon viele Aufträge verloren). Ebenso macht es erhebliche Schwierigkeiten, nachträgliche Änderungen der Auftraggeber bezüglich Mengen und Terminen zu berücksichtigen. Die Abstimmung zwischen Buchhaltung und Lager ist sehr aufwendig, ausgelieferte Mengen stimmen oft nicht mit den berechneten Mengen überein, so daß es zu zahlreichen Rechnungs-Reklamationen kommt. Um die gesamte Auftragsabwicklung und Lagersteuerung effektiver zu gestalten, hat das Unternehmen beschlossen, eine EDV-Lösung einzusetzen. Gedacht ist an die Nutzung von Personal Computern in der Auftragsbearbeitung, im Lager und in der Rechnungsbearbeitung. Um die richtige Lösung auswählen zu können, soll anhand eines Phasenschemas eine systematische Entwicklung betrieben werden. 2.2 Lösungsansatz Es handelt sich hier - wie die Entscheidung der Unternehmensleitung beweist um eine Fremdbeschaffung, d.h. es kommt keine Eigenprogrammierung infrage.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
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Damit reduzieren sich die Aufgaben der Entwicklung auf: Systemanalyse, System Design und Beschaffung/Implementierung. Als Leitfaden für die systematische Entwicklung eines Sollsystems dient ein Phasenschema mit drei Phasen, in denen die wichtigsten Aktivitäten beschrieben werden. Das Phasenschema läßt sich als Standardphasenschema wie folgt darstellen: Phase 1: Systemanalyse Phasenziel: Die Struktur des Ist-Systems ist zu beschreiben, so daß anschließend eine Modellierung des Soll-Systems möglich ist. AUFGABEN: Organisationsstruktur: Abteilungen, Stellen, Mitarbeiter, Aufgabenbeschreibungen und Verantwortlichkeiten. Prozesse: Beschreibung der Prozesse und Transaktionen, unterteilt nach Objekten (z.B. Bestellung, Rechnung, Mahnung, Auftrag) und den typischen Verrichtungen. Darstellung typischer Verrichtungsketten. Daten: Anzahl der Datenträger und Beschreibung ihrer Form und Funktion (Beispiele). Ermittlung des Datenvolumens pro Zeiteinheit und Stelle. Beschreibung der Hilfsdateien, wie: Lagerortsdatei, Kataloge, Preisverzeichnis, Kundenverzeichnisse, Lieferantenverzeichnisse. Kommunikation: Ermittlung des Kommunikationsvolumens zwischen den einzelnen Stellen, Kosten und Dauer der Kommunikation, fehlerhafte Abstimmprozesse, externe und interne Kommunikationsarten, Darstellung der benutzten Medien. Durchlaufzeit: Ermittlung der Durchlaufzeiten typischer Verrichtungsketten, kritische Durchlaufzeiten (z.B. Bestellungen bei Lieferanten). Qualitätsanforderungen: Ermittlung der typischen Qualitätsmerkmale der einzelnen Stellen: Service-Bereitschaft, Kundendienst, Auskunftsbereitschaft, Beratung. Schwachstellen: Ermittlung der Schwachstellen je Stelle, Kennzeichnung der Ursachen. Anforderungskatalog: Darstellung der Anforderungen, die ein neues Sollsystem erfüllen muß, soll und kann. Kosten/Werte: Ermittlung der Kosten je Prozeß, je Verrichtung, Akkumulation der Werte über das Mengengerüst und Ermittlung der Gesamtkosten, Nachweis von Einsparmöglichkeiten. Planung nächste Phase: Darstellung der wichtigsten Aktivitäten für das System Design. E N T S C H E I D U N G S K R I T E R I E N : Erwartete Einsparungen, der Schwachstellen, Kundenfreundlichkeit und Qualität.
Beseitigung
E N T S C H E I D U N G S G R E M I U M : Je ein Mitarbeiter aus jeder Abteilung und die Geschäftsleitung.
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Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Phase 2: System Design Phasenziel: Das Soll-System wird als Modell abgebildet, die geplanten SollStrukturen beschrieben sowie deren Funktionen und Daten. AUFGABEN: Geschäfts- und Funktionsmodell: Darstellung des Systemzusammenhangs (Elemente und Struktur) mit einer visuellen Darstellungstechnik. Beschreibung der Funktionen und ihrer Abhängigkeiten. Datenmodell: Abbildung der Datenströme und der Art ihrer Veränderungen: Transaktionen, Datenmanipulationen, Speicherung und Erzeugung. Kommunikationsmodell: Beschreibung der informationellen Beziehungen zwischen den Funktionen und Daten. Externe und interne Kommunikationskanäle (Netze), zu benutzende Medien und Formen. EDV-Lösung: Beschreibung der Funktionen der geplanten EDV-Lösung, Darstellung der Struktur (Vernetzung) der einzusetzenden Hardware (PC, Netze), Funktionen der Dateien und ihre Struktur, Beschreibung der E D V technischen Transaktionen und Kommunikation. Ergonomie: Auswirkungen auf die Umgebungs-, Software- und Geräteergonomie. Beschreibung der ergonomischen Anforderungen. Organisationsstruktur: Darstellung der Auswirkungen der geplanten Lösung auf die Ablauf- und Strukturorganisation. Wirtschaftlichkeit: Berechnung der Kosten und des Aufwands für die Lösung, Gegenüberstellung zu den Ist-Kosten und Berechnung der Wirtschaftlichkeit und des Nutzens. Planung nächste Phase: Entwicklung einer Checkliste für die Auswahl der optimalen Lösung für Hardware, Software und Teachware. E N T S C H E I D U N G S K R I T E R I E N : Wirtschaftlichkeit, Organisationsauswirkungen, Ergonomie, Anlaufzeit, Unterstützung durch Hersteller. E N T S C H E I D U N G S G R E M I U M : Wie in Phase 1.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
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Phase 3: Beschaffung und Implementierung Phasenziel: Anhand der Checkliste aus Phase 2 wird die optimale Lösung ausgewählt und im Unternehmen eingeführt. AUFGABEN: Auswahl: Bestimmung der Hardware- und Software-Konfiguration für das Sollsystem. Beratung durch Händler, Software- Haus oder Hersteller, Probeversuche. Beschaffung: Ausarbeitung des Beschaffungsvertrages mit evtl. zusätzlichen Service-Leistungen, Wartung und späterer Betreuung für den weiteren Ausbau. Installationsplanung: Festlegen der Aktivitäten für: Datenerfassung, Datenkovertierung, Übergangsregelungen, Erstellen der Prozeduren für Datentransaktionen und Datenauswertungen, Archivierungs- und Sicherheitsvorschriften. Test: Durchführung von Testaktivitäten für repräsentative Prozesse und Verrichtungen. Modifikationen an den Prozeduren und Datenstrukturen. Organisationsanweisungen: Erstellen der Richtlinien für die Ablauforganisation, für die Ergonomie, die Datensicherheit. Beschreibung der Aufgaben der Mitarbeiter (job descriptions), Einrichten der Räumlichkeiten. Schulung: Durchführung praxisbezogener Schulungen und Trainings. Umstellung: Installation der Hardware und Software, Probeläufe und Modifikationen. Festlegung der organisatorischen Abläufe für Parallelarbeiten im Falle einer nicht vollen Funktionsfähigkeit des neuen Systems (Back Up - Lösung) Service: Benennung eines Verantwortlichen, der als Anlaufstelle für Problemlösungen zuständig ist. E N T S C H E I D U N G S K R I T E R I E N : Güte und Qualität der Lösung, Istkosten (Projektabrechnung) und Nutzen, reibungslose Organisation. (Anmerkung: sind diese Kriterien unzulänglich erfüllt, muß eine Folgephase „Systemverbesserungen" initialisiert werden) E N T S C H E I D U N G S G R E M I U M : Geschäftsleitung
3. Methodenhinweise Um eine strukturierte Vorgehensweise beim System Design zu erzielen, ist es erforderlich, daß vor Beginn der Aktivitäten eine Entscheidung über die zu benutzenden Methoden und die Art ihrer Anwendung getroffen wird. Man spricht auch von einem „Meta-Projekt" und meint damit die Entwicklung einer CASE-Struktur für die Realisierung von DV-Lösungen. Die methodische Arbeit bezieht sich dabei auf: 1. Bestimmung und Vereinbarung der zu benutzenden Methode für das System Design: Art des Funktionsmodells, Art des Datenmodells und Vereinbarung über die Darstellungstechniken.
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Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
2. Bestimmung über die zu benutzenden Tools: Damit sind automatisierte oder teilautomatisierte Software-Pakete gemeint, die als Standardlösungen für das System Desing eingesetzt werden können. 3. Bestimmung derjenigen Tools, die in Eigenregie erstellt werden sollen, z.B.: Planungshilfen (Netzplantechniken), Standard-Phasenschema, verbale Beschreibungstechniken (Pseudo-Code) und graphische Hilfen. 4. Aufbau einer Datenbank (Repository) für die Speicherung und Online-Bedienung aller relevanten Design-Aktivitäten. Methodisches Arbeiten bedeutet darüber hinaus: Standardisierung, Vereinheitlichung von Sprache, Bild und Zahlenwerke, Definition von Qualitätskriterien für die Software.
4. Kontrollfragen 1. Was versteht man unter dem „Life Cycle" einer Software-Entwicklung? 2. Worin besteht der Unterschied zwischen Phasenschemata mit und ohne Rücksprung? 3. Was bedeutet „Entwicklungspfad" der Software-Erstellung? 4. Welches sind die Grundelemente eines „Standard-Phasenschemas"? 5. Was ist der Unterschied zwischen der „ A-Kurvc" und der „B-Kurvc"? 6. Welche Ziele werden mit einem Architektur-Modell verfolgt? 5. Antworten zu den Kontrollfragen: 1. Die Darstellung des Aufwandsverlaufs entlang der Entwicklungszeit einer Software über alle Phasen hinweg, beginnend mit der Phase „Systemanalyse" und endend mit der Phase „Einführung/Implementierung". 2. Mit Rücksprung: während der Arbeiten an einer bestimmten Phase werden Arbeiten einer vorgelagerten Phase wiederholt, weil das Ergebnis der Vor-Phase mangelhaft war oder weil sich die Umwcltbedingungen des Systems geändert haben. O h n e Rücksprung: Es erfolgt eine formelle Beendigung einer Phase, die eine neue Startentscheidung für die Folgephase einleitet. In der Folgephase werden keine Arbeiten von Vorphasen mehr geleistet. 3. In Abhängigkeit von den Kenndaten einer Software (Güte, Leistungsumfang, Sicherheitsanforderungen) und der verfügbaren Zeit, den Kosten und den Fähigkeiten des Managements und der Mitarbeiter wird die Methode der SoftwareEntwicklung bestimmt. 4. Benennung der Phase entsprechend der Phaseneinteilung: Vorstudie, Systemanalyse, System Design, Realisierung, Implementierung (Anmerkung: es s i n d - j e nach Art der Entwicklung- auch andere Einteilungen möglich). Beschreibung des Phasenziels. Beschreibung der einzelnen Aufgaben. Benennung der Entscheidungskriterien zur Bewertung der Phase. Bestimmung des Entscheidungsgremiums.
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5. A-Kurve: Starke Intensivierung der Aktivitäten für Systemanalyse und System Design mit dem Ziel, eine fehlerfreie Programmierung zu erzielen. Insbesondere erforderlich bei Fremdprogrammierung und Beschaffung von Standardsoftware. B-Kurve: Geringe Aktivitäten für Systemanalyse und System Design, die eigentlichen Design-Aktivitäten erfolgen in der Phase der Programmierung mit der Folge, daß ein hoher Aufwand und eine lange Personalbindung während der Programmierphase und während des Testens entstehen. 6. Anpassung der Systementwicklungen an unternehmerische Kriterien wie: Erfolgsfaktoren, Investitionen, Nutzen und Leistung. Sicherstellung einer langfristig in sich konsistenten Entwicklungsrichtung, systematischer Ausbau der EDVLösungen, Kompatibilität zwischen Anwendungen, Systemen, Hardware und Software. 6. Aufgabe: Wir nehmen an, daß das Beispiel wie folgt modifiziert wird: Das Unternehmen möchte keine Standardsoftware einsetzen, sondern Individualprogrammierung betreiben. Zu diesem Zweck wird ein Programmierer und DV-Fachmann eingestellt und von einem Leasing-Unternehmen ein Rechner mittlerer Leistung und Kapazität geleast. Es handelt sich also um die Eigenerstellung der entsprechenden Programme. Wie ist das Phasenschema zu modifizieren?
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
390 Lektion 2.2
System Design
Thema:
Strukturbilder und Modelle
Referenzen:
Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel Kapitel
10.1 Zielsetzungen 10.2 Aufgabenstruktur-Bilder 10.3 Relationen-Modelle 10.4 Bachmann-Notation 10.5 Strukturbilder nach Yourdon
1. Kurzfassung 1.1 Strukturbilder Strukturbilder dienen dazu, ein reales oder gedachtes (hypothetisches) System abzubilden. Dabei sind mehrere logische Gliederungsprinzipien möglich, um gegenseitige Abhängigkeiten und logistische Zusammenhänge darzustellen: a) Gliederung einer Aufgabe nach Objekt und Verrichtung: Einer Gesamtaufgabe werden die für sie typischen Objekte zugeordnet. Für die Aufgabe „Verbuchen von Belegen" sind beispielsweise die typischen Objekte die Buchungsbelege und die Konten bzw. der Kontenrahmen. Analog erfolgt eine Zuordnung der typischen Verrichtungen (Tätigkeiten, Aufgaben) zu den Objekten. Das Objekt „Buchungsbeleg" hat als Verrichtungen: prüfen, korrigieren, Vergabe einer Buchungsnummer und buchen. Objekt und Verrichtung definieren die Aufgabe einer Stelle bzw. eines Mitarbeiters. b) Gliederung einer Aufgabe nach prozessualen Kriterien, im Grundschema der EVA-Logik folgend: Die Objekte werden in Input- und Output-Objekte unterteilt, zwischen denen die Verarbeitungsprozesse stehen. Auch hier erfolgt dann eine Zuordnung der objekttypischen Verrichtungen. Der Vorteil besteht darin, daß mit der Prozeßkette zugleich auch der Informationsfluß verdeutlicht werden kann. c) Gliederung einer Aufgabe nach den Merkmalen Objekt und Daten: Hierbei wird eine duale Darstellung vollzogen, indem die Objekte als Funktionszusammenhang (funktionale Betrachtungsebene) und als Datenzusammenhang (Datenmodell) betrachtet werden. Dieser Aspekt ist besonders bedeutsam für die Datenmodellierung, d.h. für den Entwurf der Speicherungs- und Verarbeitungsstrukturen der Daten. Strukturbilder zielen immer darauf ab, eine spezielle Aufgabe oder eine Aufgabenkategorie in ihrem logischen Zusammenhang darzustellen. Sie sind nur bedingt geeignet, komplexe Systemzusammenhänge zu verdeutlichen und haben daher den Charakter eines Hilfsmittels, d.h. einer unterstützenden Visualisierung komplexer Systemzusammenhänge. 1.2 Modelle Das Entity Relation Modell (ERM) und die Bachmann-Notation sind Beispiele für die Darstellungsmöglichkeit eines Systemzusammenhangs. Das E R M hat eine duale Ausprägung, d.h. es werden sowohl der funktionale als auch der datentechnische Zusammenhang zwischen den Objekten eines Systems aufgezeigt. Ein Vorteil des E R M besteht darin, daß bereits auf der Funktionsebene die Abhän-
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gigkeiten und logischen Beziehungen zwischen den O b j e k t e n verdeutlicht werden, die dann - in einer weiteren Abstraktionsphase - als Dateien und Dateiverknüpfungen realisiert werden k ö n n e n . Das E R M eignet sich daher sehr gut für eine Datenmodellierung, hat aber andererseits den Nachteil, d a ß die Verrichtungen an den O b j e k t e n nicht e r k e n n b a r sind. Für die praktische A r b e i t muß daher in Form der w.o. beschriebenen Strukturbilder die Verrichtungskette bzw. die einzelnen Verrichtungen an den O b j e k t e n gesondert dargestellt werden, z.B. als Beschreibung der Transaktionen. D e n Mangel an Verrichtungsbeschreibung versucht beispielsweise die Bachmann-Notation zu beheben. Hierbei wird der O b j e k t z u s a m m e n h a n g durch eine Reihe genormter (vereinbarter) Wörter gekennzeichnet, die auf typische Verrichtungen hinweisen oder diese explizit beschreiben. Eine Erweiterung dieser Kennwörter kann durch einen Pseudo-Code erfolgen, der auch die logischen Bedingungen f ü r die Verrichtungen beschreibt, so daß O b j e k t e und Verrichtungen im Z u s a m m e n h a n g eines Systems hinreichend definiert sind. Allerdings ist die Bachmann-Notation funktional aufgebaut, so daß einiger M ü h e bedarf, daraus eine Datenmodellierung abzuleiten. Zusammenfassend gilt: Im R a h m e n des System Design sind m e h r e r e E b e n e n zu abstrahieren: O b j e k t (Funktion), D a t e n , Beziehungen (Relationen) zwischen O b j e k t e n und zwischen D a t e n , Verrichtungen (Tätigkeiten, A u f g a b e n , Transaktionen) und Informationsfluß. Die damit gegebene Mehrschichtigkeit einer Systemabstraktion macht es verständlich, daß in der Praxis so oft mit mangelhaften Systementwürfen gearbeitet und dementsprechend auch unvollkommene Systeme entwickelt werden.
2. Beispiel Wir wählen ein einfaches Beispiel, um die Strukturierung einer A u f g a b e zu vedeutlichen. Die Stelle „Auftragssteuerung" möge mit folgenden A u f g a b e n betreut sein: Bearbeitung von K u n d e n a n f r a g e n , speziell A u f t r ä g e n (telefonische A n f r a g e n und Bestellungen, Briefe und Formulare, die zuvor durch eine W e r b e m a ß n a h m e versandt w u r d e n ) , prüfen der Auftragsdaten nach K u n d e n d a t e n , Bestelldatum und Warenverfügbarkeit, sowie Schreiben von Auftragsbestäigungen, die entweder über Medien (z.B. Btx) o d e r postalisch als Standardbrief versandt werden. Aus der Betrachtung als eine „Black Box" läßt sich f ü r diese Stelle leicht ein Input-Prozeß-Output-Schema ableiten: Als Input dienen die A u f t r ä g e und K u n d e n a n f r a g e n , als O u t p u t die Auftragsbestätigungen (und natürlich auch die Dispositionsdaten für das Lager, die hier der Einfachheit halber vernachlässigt werden). Ordnen wir den G r u n d e l e m e n t e n Input, Prozeß und Output die jeweiligen Verrichtungen und den Informationsfluß zu, dann ergibt sich das in Abbildung 6 dargestellte Structure Chart. Aus ihm sind für das System Design relativ einfach die modulare Struktur der Einzelaufgaben bzw. Aufgabenkategorien und deren O b j e k t e ableitbar. Ergänzend müßten die Daten und die Verrichtungen in Form von Transaktionen beschrieben werden, um dieses System beispielsweise als ein dialoggestütztes Informationssystem, das aus vorgefertigten Dialogen und D a t e n b a n k e n (Kundendatei, Warendatei) bestünde, zu entwickeln.
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Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Abb. 6: Structure Chart für die Aufgaben einer Auftragssteuerung
3. Methodenhinweise Für die methodische Orientierung bei der Modellierung von Daten und Funktionen empfiehlt es sich, folgende Grundsätze zu beachten: a) Es sollte zunächst eine Grundsatzentscheidung getroffen werden, mit welcher Methode gearbeitet werden soll. Ein Hilfsmittel für diese Entscheidung ist die Kriterien-Liste für Methoden. Das Ziel ist die Standardisierung der Vorgehensweise für alle Entwicklungsarbeiten im Unternehmen. b) Die ausgewählte Methode - bzw. die Kombination mehrerer Methoden muß geeignet sein, sowohl Aufgabenstrukturen (Objekte, Verrichtungen) als auch Systemzusammenhänge (Informationsfluß, Relationen) zu verdeutlichen. Darüber hinaus muß aus der Objekt-Funktionsbetrachtung auch eine Datenmodellierung ableitbar sein. c) Die duale Darstellung (Objekte/Daten) muß sich gegenseitig ergänzen, d.h. aus den Datenstrukturen müssen die Objekte ableitbar und aus den Objekten die Daten ableitbar sein. Dieser Aspekt ist besonders wichtig im Hinblick auf spätere Änderungen des Systems.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
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Da es keine Methode gibt, die alle Aspekte berücksichtigt, wird man in der Praxis gezwungen sein, aus den vorhandenen Methoden ein eigenes Vorgehensmodell zu entwickeln und es zum Bestandteil einer CASE-Struktur zu machen. 4. Kontrollfragen 1. Welchen Vorteil bietet die Darstellung des Aufgaben-Struktur-Bildes in zeitlicher Dimension? 2. Welches sind die Grundrelationen beim E R M ? 3. Was versteht man unter „dualer Darstellung eines Systems"? 4. Wodurch ist die Bachmann-Notation gekennzeichnet? 5. Was bedeutet „funktionale Spezifikation"? 6. Was ist der grundlegende Unterschied zwischen Systemmodellen und Strukturbildern? 7. Was versteht man unter einem „Datenmodell"? 5. Aufgabe Modifizieren Sie die Abbildung 6 dieser Lektion so, daß ein AufgabenstrukturBild in zeitlicher Dimension entsteht. 6. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Erkennen von Schwachstellen der Synchronisation der Verrichtungsketten einer Aufgabe, Darstellung des zeitlichen Ablaufs von Verrichtungen. 2. 1 : 1 , 1 : n, m : 1, m : n. 3. Beschreibung des Systems in funktionaler Sicht (Objekte und Verrichtungen) und in datentechnischer Sicht. 4. Durch normierte Wörter, welche die Relationen zwischen den Objekten (bzw. Aufgaben) beschreiben. 5. Darstellung der Funktionen eines Systems mit Hilfe einer objekt- und datenbezogenen Systematik, sowie die Verdeutlichung der Struktur des Systems. 6. Strukturbilder sind aufgabenorientiert, Modelle dagegen systemorientiert. 7. Die Beschreibung der Daten der verschiedenen Objekte, deren Beziehungen (Relationen) und ihren Attributen.
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Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und Aufgaben
Lektion 2.3
System Design
Thema:
Komplexe Entwicklungsmodelle
Referenzen:
Kapitel 10.6Sadt-Diagramme Kapitel 10.7 PSL und PSA Kapitel 10.8Petri-Netze
1. Kurzfassung 1.1 SADT S A D T - Structured Analysis and Design Technique - ist eine funktionale Spezifikation, die sowohl die objektorientierten (funktionalen) als auch die datentechnischen Modellierungskriterien eines Systemzusammenhangs beinhaltet. Das Grundmodell besteht zunächst aus einem Funktionskasten, der mit der Logik der Prozeßanalyse korrespondiert. Eingangs- und Ausgangsobjekte, Kontroll- und Hilfsobjekte bestimmen das funktionale Zusammenspiel des Objekt- und Prozeßbcreiches, während der „Kasten" selbst den Verrichtungszusammenhang enthält. Bei der Anwendung dieser Technik wird das Dualitätsprinzip streng eingehalten, indem je Funktionskasten auch eine analoge und korrespondierende Darstellung der Datensichten verlangt wird. S A D T folgt der Strategie des Top Down Entwurfs: Ausgehend von einem zunächst sehr grob gehaltenen Funktionskasten des Gesamtsystems wird dieser schrittweise in Unterfunktionen zerlegt. Das Zcrlegungsprinzip ist dabei die Logik bzw. Logistik der Aufgaben (Prozesse), jedoch nicht die organisatorische Gliederung (Strukturorganisation) des Systems. Damit kann eine organisationsneutrale Gestaltung erreicht werden, die sich an der Effizienz und logischen Verknüpfung der Aufgaben orientiert. Jeder Funktionskasten kann für sich selbst als isoliertes (modulares) Subsystem betrachtet werden. In diesem Fall werden die Verbindungen zu anderen Subsystemen - die Schnittstellen - durch Knoten (Nodes) gekennzeichnet. Damit kann auch der Informationsfluß verdeutlicht werden. S A D T ist eine formulartechnisch und logisch leicht anzuwendende Methode mit hoher Aussagekraft. Die Prozeßverläufe werden ebenso transparent wie die Datenströme, die übersichtliche Abgrenzung des modularen Aufbaus einer SystemArchitektur läßt eine leichte Lesbarkeit und Verständlichkeit zu. Darüber hinaus kann SADT sehr einfach mit PC-gestützten grafischen Hilfsmitteln entwickelt werden, womit eine datentechnische Verwaltung (Speicherung, Update, Kommunikation an die Projektbeteiligten) möglich ist. 1.2 P S L u n d P S A Das PSL (Problem Statement Language) stellt eine Formalisierung des E R M dar: Systeme werden durch Objekte und Relationen beschrieben. Das PSL benutzt für die Kennzeichnung der Objekte und Relationen eine formalisierte Sprache und kennzeichnet dementsprechend „Typen" von Objekten, z.B. „Typ Process", „Typ Ausgabe", „Typ Interface". Insgesamt werden 22 verschiedene Objekttypen unterschieden, die mit insgesamt 55 verschiedenen Relationen, z.B. „generated", „reeeived", „updated" verbunden werden.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
395
Ein Systemzusammenhang wird demnach formal durch die Zuordnung seiner Objekttypen und Relationen beschrieben. Durch diesen Formalismus ist es möglich, mit Hilfe eines Generators - dem PSA (Problem Statement Analyzer) - das so beschriebene System bezüglich seiner Plausibilität und logischen Geschlossenheit zu analysieren. Der PSA generiert Berichte und Fehlermeldungen, die für die Modellierung des Sollsystems von Bedeutung sind. Das PSL kennt sowohl eine Objektsicht als auch eine Datensicht. Auf der Ebene des Datenmodells werden die Datenströme und die Verarbeitungshinweise der Daten (Dateien, Sets) definiert. PSL und PS A sind eine höhere Abstraktionsebene des System Design: Durch die Beschränkung der Objekttypen und Relationen auf ein durch die Sprache vorgegebenes Repertoire ist der Designer gezwungen, einen strengen Formalismus einzuhalten. PSL und PSA haben einen hohen didaktischen Wert, da diese Methoden (Sprachen) verdeutlichen, welche Abstraktionen erforderlich sind, um von einem IstSystem zu einem Ziel-System zu gelangen. 1.3 PETRI-Netze Petri-Netze sind geeignet, die dynamische Sicht eines Systems unter Beachtung der datentechnischen Systemkomponenten (Rechner, PC, Workstation) darzustellen. Sie sind insbesondere dann anzuwenden, wenn es um das Design von Prozessrechneranwendungen, Hardware-Vernetzungen und synchron miteinander arbeitenden Rechnerkonfigurationen geht. In einem Petri-Netz werden Ereignisse (dynamische Sicht) und Zustände (statische Sicht) verdeutlicht. Darin ist der Vorteil dieser Modellierungstechnik zu sehen: In der Dynamisierung des Systemzusammenhangs.
2. Beispiel Wir betrachten als Beispiel ein Unternehmen, das wir „Baustoff-Handelsgesellschaft m b H " nennen, und das folgende Kenndaten besitzt: Das Unternehmen bezieht von einer Vielzahl von Lieferanten Baumaterialien, die in einem großen Zentrallager gelagert werden. Als Kunden treten kleinere Baufirmen auf, die entweder direkt Waren abholen oder auch Waren mit Aufträgen bestellen. Abholer müssen die Waren bar bezahlen, für den Versand an die Besteller werden die üblichen Papiere erstellt (Lieferschein, Auftragsbestätigung, Rechnung). Das Unternehmen möge nur zwei organisatorische Bereiche haben: die Verwaltung und das Lager. Wir nehmen weiter an, daß geplant ist, die einzelnen Prozesse dieses Unternehmens durch den Einsatz von PC mit entsprechender Software zu rationalisieren. Als Aufgabe ergibt sich daraus: Darstellung des Systemzusammenhangs und daraus die Ableitung von: Anzahl der benötigten PC's, Ort ihrer Aufstellung, Art der Software, Art der Vernetzung, Bestimmung der Leistungsanforderungen an die PC's (z.B. bezüglich der Menge der zu speichernden Daten). Als Hilfsmittel der Modellierung benutzen wir S A D T , wobei wir hier - aus Mangel an konkreten Daten - lediglich die funktionale Struktur auszugsweise darstellen. 1. Schritt: Bestimmung des Übersichts-Funktionskastens und seiner wichtigsten Objekte (Abbildung 7):
396
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben KO: Verfügbarkeit Rechnungskontrolldaten Bestellpunkte
EO: • Waren Aufträge Rechnungen Reklamation
1. Waren Verwalten und Lagern Kunden bedienen Lieferanten anschreiben Rechnungen bearbeiten Reklamationen prüfen
—AO: Auftragspapiere Bestellungen Waren an Kunden Rechnungen
T
H O : Lagerorte Warenverzeichnisse Abb. 7: Funktionssicht des Systems
Lieferscheinkopie Abb. 8: SADT-Funktionsdiagramm: Detaillierung nach Unterfunktionen
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
397
Es wird aus dieser Darstellung sehr leicht ersichtlich, daß unterschiedliche Objekte durch den Funktionskasten generiert werden: Objekte, die die Kunden betreffen und Objekte, die an das Lager versandt werden. Dies führt im zweiten Schritt dazu, daß der Funktionskasten „zerlegt" wird in zwei weitere Kästen: Verwaltung und Lager. 2. Schritt: Detaillierung in Unterfunktionen (Abbildung 8). Aus dieser Darstellung kann bereits abgeleitet werden, daß eine Kommunikationsbeziehung (die später zu einer Vernetzung führen kann) zwischen Verwaltung und Lager besteht, die über den Transport des Objekts „Lagerauftrag" hergestellt wird. Ebenso ist erkenntlich, daß die Verwaltung mit unterscheidbaren Objekten (bzw. Objektklassen) arbeitet: Mit finanziellen Objekten (Rechnungen, Überweisungen) und mit Warenobjekten (Auftragspapiere, Abholer von Waren). Wir definieren daher eine Schnittstelle zum Lager und detaillieren den Kasten „Verwaltung" entsprechend diesen Objektklassen, wobei wir zwei neue Funktionskästen definieren: Auftragsbearbeitung und Buchhaltung und Kasse. 3. Schritt: Detaillierung eines Funktionskastens und Bestimmung der Schnittstellen zu weiteren Funktionen (Abbildung 9).
Abb. 9: SADT-Funktionsdiagramm: Unterteilung in weitere Unterfunktionen
398
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Aus Abbildung 9 wird bereits eine wesentlich transparentere Sicht der Funktionen und Prozesse erkennbar: Die Objektklassen sind funktional getrennt, der informationelle Zusammenhang ist durch das Objekt „Lagerauftrags-Kopie" hergestellt, die Schnittstellen zum Lager sind bestimmt. 4. Schritt: Detaillierung des Funktionskastens „Lager" (hier nicht mehr ausgeführt, da sich die Logik wiederholt). Wir wollen davon ausgehen, daß dieser Funktionskasten durch die Objektbetrachtung logisch gegliedert werden kann in die Unterfunktionen „Prüflager","Hauptlager" und „Versand". Eine Hierarchiebetrachtung des Gesamtsystems ergäbe dann die Abbildung 10.
Abb. 10: Hierarchie-Darstellung des funktionalen Aufbaus des Systems
5. Schritt: Darstellung der Funktionskästen als Datensichten: Hierbei muß nunmehr mit den Flilfsmitteln der Systemanalyse die Datenbeschreibung der Funktionen, Objekte und Prozesse (Verrichtungen) erfolgen. Aus der funktionalen und datentechnischen Beschreibung läßt sich dann ableiten, welche Anforderungen an die Komponenten des neuen Systems zu stellen sind, so daß die Beschaffung erfolgen kann.
3. Methodenhinweise Für die Anwendung der SADT-Methode sind einige Vorgehensregeln zu beachten , die auf der strukturierten Arbeitsweise basieren:
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
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1. Grundsätzlich beginnt man bei dieser Technik mit der Abstraktion und nicht mit der Systemanalyse: Es wird - in einer groben Annäherung - der erste Funktionskasten entwickelt, wobei die verschiedenen Objekte bestimmt werden. 2. Nunmehr versucht man, Objcktklassen zu definieren, was automatisch zu Unterfunktionen führt. D.h. man folgt dem Prinzip der schrittweisen Detaillierung (Top Down). 3. Der Systemzusammenhang wird zunächst rein funktional entwickelt. 4. „Mut zur Abgrenzung" : Bei komplexen Systemzusammenhängen kommt es sehr oft vor, daß die Übersichtlichkeit wegen zahlreicher Funktionen verloren zu gehen droht. In diesem Fall muß eine Systemeingrenzung- d.h. die Bestimmung von Schnittstellen - erfolgen. 5. Bevor der Übergangzur Datensicht erfolgt, wird man jetzt zweckmäßigerweisc eine Istanalyse bezüglich der Prozesse und Objekte vornehmen (Prozeßanalyse). 6. Die Ergebnisse der Prozeßanalyse führen i.d.R. zu Modifikationen des funktionalen Aufbaus. Nach der Verfeinerung der Funktionsstruktur erfolgt der Übergang zur Datenbeschreibung der Funktionen (Entwicklung der Datensicht). 7. Für die quantitativen und qualitativen Datenbestimmungen muß wiederum das Instrumentarium der Systemanalyse eingesetzt werden: Datenanalyse, Kommunikationsanalysen und Transaktionsanalysen. 8. Modularisierung: Die Datensichten führen zu weiteren Modularisierungen auf der Datenebene. Dies ist erforderlich, um datentechnische Schnittstellen erkennen zu können, die für die Bestimmung und Auswahl von Standard-SoftwarePaketen erforderlich sind. Dies gilt analog für die Festlegung der Daten-Schnittstellen. 4. Kontrollfragen 1. Welche Objekte werden bei S A D T unterschieden? 2. Welche Funktion haben die Schnittstellen bei SADT? 3. Wodurch entstehen bei S A D T Hierarchien (Unterfunktionen)? 4. Was ist das Grundprinzip bei PSL? 5. Welche Aufgabe übernimmt der PS A-Gcncrator? 6. Für welche Kategorie von Systemen sind Petri-Netze geeignet? 5. Aufgabe: Erstellen Sic für das Structure Chart (Abbildung 6) eine SADT-Struktur. Bestimmen Sie selbst nach der Logik der Aufgabe die einzelnen Objekte, die Ihrer Meinung nach erforderlich sind, um den Prozess zu beschreiben. 6. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Eingangs-, Ausgangs-, Hilfs-und Kontrollobjekte. 2. Die datentechnische Abgrenzung der Funktionen nach den Merkmalen Eingangs-, Zwischen- und Ausgangsschnittstelle.
400
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n und Aufgaben
3. Durch die Bildung von Objektklassen, die als gesonderte Funktionen behandelt werden. 4. Die Formalisierung von Objekten und Relationen mit Hilfe einer eigenen Sprache. 5. Die Übersetzung des Systemzusammenhangs in Berichte, Protokolle und Fehlermeldungen bei inkonsistentem System-Design. 6. Für dynamische Systeme unter Berücksichtigung der Hardware-Komponenten.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben Lektion 2.4
401 System Design
Thema:
Strukturiertes Design
Referenzen:
Kapitel 10.9 H I P O Kapitel 11 Programmnahe Spezifikationen
1. Kurzfassung Das strukturierte Design kann als eine generelle Arbeitsmethodik für die Entwicklung von Anwendungssoftware betrachtet werden. Die wichtgsten Ziele, die mit dieser Methodik erreicht werden sollen, sind: a) Hierarchische Darstellung der Funktionen einer Anwendungsstruktur. b) Modularität der einzelnen Funktionen soweit, daß die einzelnen Module unabhängig voneinander entwickelt, codiert und getestet werden können. c) Simultane (überlappende) Entwicklung einzelner Module. d) Parallele Dokumentation und leichte Lesbarkeit. Das Grundprinzip besteht in der hierarchischen Gliederung einer Aufgabe, wobei auf der Programmebene die Spitze der Hierarchie ein Verwaltungsmodul ist, das entsprechend vorgegebenen Bedingungen (etwa einer Entscheidungstabelle) die nachgelagerten Unterfunktionen aufruft. Die aufgerufenen Module sind entweder selbständige Programme oder aber auch nur einzelne Transaktionen eines Programms, je nachdem, wie weit die Detaillierung erfolgt ist. Auch beim strukturierten Design werden Modellstrukturen (Ebene der Funktionen oder Objekte) und Beschreibungsstrukturen (Ebene der Daten und der Semantik) unterschieden. Das strukturierte Design bildet den Übergang zur strukturierten Programmierung, der üblicherweise die Logik-Beschreibung mit Hilfe von Struktogrammen vorgelagert ist. Durch die Kombination mehrerer Methoden kann eine methodische Ergänzung auf mehreren Detaillierungsstufen erzielt werden, etwa nach folgendem Vorgehensmodell: 1. Funktionale Spezifikation mit SADT: Objekte, Funktionen, Schnittstellen. 2. Hierarchische Gliederung der Software-Struktur mit H I P O : Funktionsaufbau und Datensichten. 3. Darstellung der Verrichtungslogik der einzelnen Module in Form von Struktogrammen. 4.Codierung der Module mit Hilfe der strukturierten Programmierung. Da sich die Methoden S A D T , H I P O , Struktogramm-Technik und strukturierte Programmierung gegenseitig ergänzen, kann daraus eine Entwicklungsstrategie definiert werden, die für die Realisierung von kommerziellen und technischen Anwendungen für Industriefirmen, Verwaltungszentren und Dienstleistungsunternehmen (speziell für HOST-Anwendungen) geeignet ist. Will man dagegen nur eine einzige Methode verwenden, dann empfiehlt es sich, eine integrierende Methode zu benutzen, etwa S A D T oder H I P O . Das H I P O vereinigt in sich Elemente des strukturierten Design (z.B. durch die Hierarchie-Darstellung) und der Prozeßdarstellung (Input-Process-Output) und läßt eine duale Darstellung zu.
402
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Für die Übertragung einer HIPO-Struktur in ein fertiges Programm ist man in der Wahl der Programmiersprache frei, man wird sich jedoch bei HOST-Anwendungen auf die Elemente der strukturierten Programmierung aus den höheren Programmiersprachen (PL/1 oder C O B O L ) stützen. Aber auch für die Programmierung von PC-Anwendungen sind die genannten Methoden einsetzbar. Hierbei handelt es sich von der Struktur aus betrachtet sehr oft um dialog-orientierte Anwendungen mit modularem Aufbau, so daß der Designer gezwungen ist, das Anwendungsproblem zu zergliedern, um die dialoggerechte Verarbeitung zu optimieren.
2. Beispiel Zur Veranschaulichung der Funktions- und Datensicht benutzen wir ein triviales Beispiel, das wir mit Hilfe von HIPO strukturieren: Buchungsbelege (Ein- und Auszahlungen) sollen verbucht werden, und zwar nach folgender Logik: Datenerfassung mit Hilfe eines PC und Erstellen einer „Belegdatei". Diese wird kontrolliert und jeder Buchungssatz mit einer Buchungsnummer gekennzeichnet. Anschließend soll ein Abgleich dieser Buchungssätze mit der Kontenrahmendatei erfolgen, um die Buchungssätze auf den Kontenrahmen als zentraler Datei zu übertragen. Buchungsnummer, Kontonummer und Buchungskreis (Kontenrahmen-Schema) sind in Einklang zu bringen. Die Kontenrahmendatei soll für Dialog- Auswertungen zur Verfügung stehen, d.h. für Online-Abfragen nach verschiedenen Kriterien wie: Buchungskreis, Konto, Einzelbeleg. Es sollen auch Saldenlisten (Soll- und Habenbuchungen) generiert werden. Lösungsansatz: Wir unterteilen die Gesamtaufgabe zunächst in logisch selbständige Teilaufgaben (Module), die wir hierarchisch ordnen:
Abb. 11: Funktionsdarstellung nach H I P O
Es wird durch diese Art der Darstellung leicht ersichtlich, daß es sich bei der Gesamtaufgabe im Grunde um vier Teilaufgaben handelt, die jeweils unterschiedliche Funktionen beinhalten. Diese Funktionen sind auch daten- und programmtechnisch als separate Module zu betrachten, da sie unterschiedliche Verarbeitungsmethoden erfordern, z.B. unterschiedliche Dialoge für das Update und für die Auswertung der Kontenrahmendatei.
403
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
Diese unterschiedliche S t r u k t u r wird bei d e r Datensicht ( A b b i l d u n g 12) besonders deutlich: D a s D a t e n f l u ß d i a g r a m m zeigt die D a t e n b e w e g u n g e n und die diversen D a t e n t r ä g e r an, wobei zu beachten ist, d a ß hier die E V A - L o g i k d e r „ U m k e h r u n g " eines O u t p u t s in einen Input zum Tragen k o m m t : D e r O u t p u t einer Stufe wird z u m Input auf der Folgestufe ( V e r k e t t u n g ) . In einer weiteren Stufe der Detaillierung m ü ß t e n n u n m e h r die einzelnen Prozesse mit Hilfe eines Struktog r a m m e s bezüglich ihrer Logik dargestellt w e r d e n , womit dann die anschließende C o d i e r u n g erfolgen k ö n n t e .
Input
/ Korrektur (. und N u m m e r - | \ vergäbe
Prozeß: Buchungsbelege verarbeiten
Output
1.1 Plausibilitätsprüfung und BuchungsnummernVergabe
A b b . 12: D a t e n f l u ß - D i a g r a m m nach H I P O
3. Methodenhinweise Für die m e t h o d i s c h e Arbeitsweise mit s t r u k t u r i e r t e m Design ist es erforderlich, d a ß zunächst eine strategische E n t s c h e i d u n g bezüglich der a n z u w e n d e n d e n Hilfsmitteln u n d V e r f a h r e n getroffen wird. Als G r u n d s ä t z e f ü r eine derartige Entwicklungsstrategie gelten: a) Wird mit m e h r e r e n M e t h o d e n gearbeitet, d a n n müssen sich die einzelnen Methoden o d e r d e r e n ausgewählte Bestandteile soweit ergänzen, d a ß von der G r o b struktur des Systems bis zur C o d i e r u n g eine einheitliche Lesbarkeit und Verständlichkeit inclusive der e n t s p r e c h e n d e n D o k u m e n t a t i o n e n möglich ist.
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Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
b) Entscheidet man sich dagegen für eine singuläre Methode, dann sollte eine integrierende Methode, die mehrere Aspekt enthält, gewählt werden. c) Die Prinzipien der Modularität (Verselbständigung) und der hierarchischen Gliederung sind Grundbestandteile jeder Software-Struktur. d) Eine Unterstützung durch EDV-Techniken (Grafik, Beschreibung und Update) sollte möglich sein und implementiert werden. e) Subsysteme mit eindeutig bestimmten Schnittstellen sollten den Vorrang in der Entwicklung haben. Dementsprechend muß es die Methode erlauben, aus komplexen Systemzusammenhängen übersichtliche Subsysteme zu definieren bei gleichzeitige Aufrechterhaltung des Prinzips der Integrationsfähigkeit. 4. Kontrollfragen 1. Welche Aufgaben übernimmt das Verwaltungsmodul einer hierarchischen Struktur? 2. Welches sind die drei Bestandteile eines HIPO-Paketes? 3. Was bedeutet „hierarchisches Design"? 4. Was sind die Grundanweisungen eines Programmes? 5. Welches sind die drei Grundbestandteile einer strukturierten Programmierung? 6. Was versteht man unter einem Pseudo-Code? 5. Antworten zu den Kontrollfragen 1. Aufruf und Steuerung nachfolgender Module entsprechend definierten Bedingungen. 2. Strukturübersicht, Überblicks-Diagramme, Detaildiagramm (Datenfluß). 3. Gliederung einer Software-Struktur entsprechend einer Baumstruktur: Lineares Abarbeiten (Steuern) von oben nach unten und von links nach rechts. 4. Verarbeitungsanweisungen und Kontrollanweisungen für die Ablaufsteuerung. 5. Folge (Block), Auswahl und Wiederholung. 6. Ein Repertoire vereinbarter Wörter, mit denen unabhängig von einer Programmiersprache die Verarbeitungs- und Kontrollanweisungen eines Programmes beschrieben werden, wobei die Logik der Verarbeitung durch entsprechende Wortverbindungen dargestellt wird. 6. Aufgabe: In Lektion 2.2 ist in Abbildung 6 ein Structure Chart abgebildet. Entwickeln Sie daraus ein Datenfluß-Diagramm nach H I P O . Bestimmen Sie nach der Logik der Aufgabe die erforderlichen Dateien und Datenträger.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 3.1
405
Projektmanagement
Thema:
Projektdefinition und Erfolgsfaktoren
Referenzen:
Kapitel 12 Definitorische Abgrenzung Kapitel 13 Strategisches Projektmanagement
1. Kurzfassung Die definitorische Abgrenzung von Projekten und Projektklassen dient dem Ziel, entsprechende Organisationsformen für die Planung und Durchführung zu entwickeln. Projekte sind Aufgaben, die außerhalb der übrigen Routineaufgaben eines Unternehmens stehen. Sie sind daher organisatorisch nicht einzuordnen, so daß eigene, projcktspczifischc Formen entwickelt werden müssen. Ein Projekt ist stets eine zeitlich befristete Aufgabe, die Auswirkungen auf die Prozesse des Unternehmens und damit auf die Aufwands- und Ertragsstruktur hat. Für die Leitung eines Projektes (Projektmanagement im engeren Sinn) sind neben den typischen Organisationsformen auch besondere Formen der Führungsstile und -methoden anzuwenden, wie z.B.: • Kooperation, das ist die Mitwirkung der Teammitglieder an den Entscheidungen der Leitungsinstanz, • situativer Führungsstil, das ist die flexible Anwendung unterschiedlicher Führungsprinzipien, je nachdem, welche besondere Situation für das Projekt gegeben ist. Aus der Tatsache, daß Projekte häufig ein hohes Maß an Neuartigkeit (Innovation) aufweisen, resultieren besondere Projektrisiken, wie z. B. Planungs-, Organisations-, Definitions- und Personalführungsfehler. Um diese Fehler zu minimieren, werden besondere Projektmethoden eingesetzt, z.B. die Netzplantechnik zur Reduzierung der Planungsfehler. Die Initialisierung eines Projekts - der Projektantrag - wird von mehreren Verantwortungsbereichen getragen: Projektauftraggeber, der zugleich auch die Kontroll-Instanz für die Soll- und Mußkriterien ist, der Projekteigner, für dessen Kosten das Projekt abgewickelt wird und der für die gesetzlichen Auflagen wie Datenschutz und Ergonomie die Verantwortung trägt und der Projektbenutzer, der die Ergebnisse eines Projekts im Rahmen seines Aufgabengebietes nutzt. Aus dem Bezug auf die Aufwands- und Ertragsstruktur resultieren für Projekte besondere Zielsetzungen, die sich unterteilen lassen in: • strategische Ziele: Beitrag zu den Erfolgsfaktoren des Unternehmens, • dispositive Ziele: Unterstützung der Management-Prozesse und • operative Ziele: Streben nach Wirtschaftlichkeit und Produktivität. Das vereinbarte Zielsystem entscheidet über den Auswahlprozeß und die Festlegung von Prioritäten bei konkurrierenden Projektanträgen. Eine wichtige Kontrollfunktion stellt die Definition und Abgrenzung von Projektklassen dar. Es sind verschiedene Möglichkeiten gegeben, Projektklassen zu definieren (z.B. nach Größe, Projektumfang, Art, Innovationsgrad), wichtig ist die Tatsache, daß aus den vereinbarten Projektklassen die entsprechenden organisatorischen und methodischen Regelungen resultieren. Damit erreicht man in der Praxis die Realisierung eines flexiblen Projektmanagements, das sich in einem Nebeneinander verschiedenartiger Projektmanagement-Systeme zeigt.
406
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
Zielsysteme und Projektklassen sind nicht realisierbar ohne die Orientierung an den Erfolgsfaktoren eines U n t e r n e h m e n s . In der neueren Organisationsgestaltung nehmen E D V - P r o j e k t e den C h a r a k t e r eines strategischen Erfolgsfaktors an. Man unterscheidet allgemeine Erfolgsfaktoren, die die Situation eines U n t e r n e h m e n s in seinem gesamtwirtschaftlichen U m f e l d beschreiben und projektspezifische Erfolgsfaktoren, die aus den allgemeinen Erfolgsfaktoren und aus den strategischen Rahmenbedingungen abgeleitet werden. D e r Beitrag eines Projekts zu den Erfolgsfaktoren drückt zugleich auch den Nutzen aus, den das Projekt für das U n t e r n e h m e n erbringt. Damit ist ein Bezug gegeben zu einer Systemwertrechnung, bei der neben den quantifizierbaren Leistungs- und Kostenfaktoren auch die Nutzenäquivalente berücksichtigt werden.
2. Beispiel Z u r Verdeutlichung der einzelnen Schritte bei der Definition und inhaltlichen Beschreibung eines Projekts wählen wir ein praktisches Beispiel, bei dem eine schrittweise Verfeinerung des ursprünglich grob skizzierten Organisationsauftrages vorlag. Als P r o j e k t a u f t r a g war beschrieben: „In einem Produktionsunternehmen werden f ü r die Herstellung d e r Produkte zahlreiche Einzel- und Zubehörteile durch Zulieferer (Lieferanten) beschafft. Zuständig f ü r die Beschaffung ist die Funktion „ E i n k a u f " des U n t e r n e h m e n s . Die Einkaufsfunktion erhält von der Produktionssteuerung direkte Bestellanträge, bestimmte Teile zu beschaffen. E b e n s o werden vom Lager bei a b n e h m e n d e n Beständen Bestellanträge an die Einkaufsfunktion geschickt. N e b e n den direkten Produktionsteilen werden auch alle anderen Betriebsmittel ( R o h - und Hilfsstoffe, Energie, Reinigungsmittel, B ü r o b e d a r f ) von der Einkaufsfunktion beschafft. Insgesamt beläuft sich das Volumen der fremdbeschafften Teile auf 25% des gesamten Verkaufswertes der Produktion. Da die Beschaff u n g zu unmittelbaren Barausgaben führt (Einfluß auf Liquidität), hat die U n t e r nehmensleitung in Abstimmung mit dem Einkaufsleiter beschlossen, für eine bessere und rationellere Beschaffung ein modernes E D V - V e r f a h r e n entwickeln zu lassen. Man geht dabei davon aus (Zielvorstellungen), daß durch ein kürzere Disposition die Lagerbestände reduziert werden können und daß durch eine gezielte Lieferantenauswahl und durch die Kontrolle des Wareneingangs (d.s. die Lieferungen) erhebliche Rationalisicrungseffektc zu erzielen sind. Die modernen Techniken der Datenverarbeitung - wie z.B. dezentrale Einkaufsdateien mit Auswertungsmöglichkeiten durch einen PC - sollen dabei unterstützend eingesetzt werden. D e r Organisationsauftrag lautet: Untersuchen Sic die Projektstruktur und definieren Sie ein R a h m e n s c h e m a für die Vorgehensweise." Lösungsansatz: D e r hier beschriebene Lösungsansatz ist nur als Beispiel für die Vorgehensweise zu verstehen. Es sind selbstverständlich auch andere Methoden d e n k b a r , wichtig ist jedoch die Tatsache, d a ß ausgehend von der Logik eines Verfahrens eine schrittweise Verfeinerung des Zielsystems und der Projektphasen erreicht wird.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Die Vorgehensweise zur Projektdefinition a) Neuentwicklung eines Systems
(inhaltlich)
407
408
Teil4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
b) Modernisierung eines bestehenden D V-Systems im Unternehmen:
Folgende Grundeigenschaften sind allen systemanalytischen Methoden zu eigen: • • • • •
Vorliegen einer Soll- oder Zielkonzeption Geschäftslogik (Funktionsmodell) Datenmodell Istanalysen (Erhebungen der Daten) Darstellung des Systems als Anweisung
Der
Lösungsansatz:
Hilfsmittel: Methoden der Systemanalyse Die Aufgabe ist zunächst ohne Bezug auf eine reale Situation gestellt - es sind keine Daten genannt über das Unternehmen, die Art seiner Organisation, die Funktion der bisherigen Verfahren, die Arbeitsabläufe der Personen und über die Kosten und Datenmengen. Im Rahmen der Systemanalyse ist daher zunächst nur ein Lösungsrahmen darstellbar. Dieser dient dann - in einer weiteren Stufe - als Anleitung zum praktischen Handeln für die konkrete Gestaltung. Der Lösungsrahmen hat folgende Struktur:
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
409
A b b . 13: L ö s u n g s r a h m e n f ü r die K o n z e p t i o n
Wir leiten im folgenden für jeden dieser Teilschritte des Lösungsrahmens die wichtigsten Aufgaben ab: a) Aufstellen der Zielfunktion Bereits in der Aufgabenstellung wurden implizit einige Ziele genannt, die wir in einer allgemeinen Form systematisieren. Es ist klar, welche Aufgabenstellung einer Beschaffungsfunktion obliegt und es ist ebenso deutlich ableitbar, welche Erwartungen von einem System gehegt werden. Wir erhalten folgende Zielhierarchie: 1. Allgemeine Ziele • Höhere Wirtschaftlichkeit durch eine verbesserte Lieferantenauswahl und durch eine gezielte Kontrolle der Beschaffungsvorgänge. • Schnellere Disposition und Beschaffung, um Lagerbestände zu reduzieren. 2. Spezielle, verfahrensbezogene Ziele • Aufbau einer Datenbank für die Verwaltung der Beschaffungsvorgänge und der Lieferanten. • Einsatz eines PC für Direktzugriffe auf die Datenbank und für Analysen und Kontrolle. • Einbettung (Integration) des Verfahrens in die übrigen Funktionen des Unternehmens (z. Lager und Produktion). 3. Programmziele • Entwicklung von Programmen für die Bestellschreibung. • Entwicklung von Eingabe- und Ausgabefunktionen für die Pflege einer Datenbank. • Entwicklung von automatischen Schnittstellen zu anderen Systemen. • Einsatz eines PC und entsprechender Software für Analyse und Kontrolle.
410
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
• Sicherheit und organisatorische Integration des Verfahrens. • Benutzerfreundlichkeit und zukünftige Ausbaufähigkeit. Dieser Zielkatalog ist in seinen Details bereits umfangreicher als es die Aufgabenstellung definiert. Die zusätzlichen Ziele (wie beispielsweise „organisatorische Integration") sind jedoch systeminhärente Ziele, d.h. Ziele, die bei der Gestaltung von Systemen einen notwendigen Bestandteil darstellen (das ist das, was ein Systemanalytiker wissen muß). b) Modellentwicklung und Geschäftslogik b l ) Das Trivialmodell Das Trivialmodell beruht auf der Methode der „Black Box": Wir kennen noch nicht die Funktion des Systems „Einkaufsfunktion", aber wir können sehr wohl in einer ersten Stufe der Abstraktion die Input- und Output-Funktionen ableiten: Black Box I n p u t to
Output,,.
Einkaufsfunktion Rückkopplung,,+„
A b b . 14: Trivialmodell
Beginnen wir mit dem Output: Alle Informationen, die wir zu einem Zeitpunkt t 0 in unsere Black Box leiten, führen zu einem Zeitpunkt t x zu einem Output. Wir wissen, daß diese Output u.a. Bestellungen bei Lieferanten für die Lieferung von Waren sind. Diese Output die konkrete Bestellung - muß zu irgendeinem Zeipunkt t x + n wieder zu einem Input (einer Rückkoppelung) führen, damit wir Informationen über die Leistung des Lieferanten erhalten (wir sollen z.B. wissen, ob der Lieferant exakt nach den Bestelldaten geliefert hat, also: zeitlich, qualitativ, preislich, mengenmäßig). Der Regelkreis wird also mit folgenden Input- und Output-Informationen „bestückt": Input Bestellanträge: • Produktion • Lager • Sonstige Lieferanten: • Adressen • Warenangebote Rückkopplungen: • A u s g e f ü h r t e Bestellungen • Nicht a u s g e f ü h r t e B e s t e l l u n g e n Input-Output-Schema
Output • B e s t e l l u n g an L i e f e r a n t e n • K o n t r o l l z a h l e n über Bestellungen • A n a l y s e w e r t e für die Wirtschaftlichkeit • H i n w e i s e an N a c h b a r f u n k t i o n e n (Lager, Produktion, Rechnungswesen)
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
411
Diese Art der Darstellung läßt in einfacher Weise Rückschlüsse auf die Funktion der „Black Box" zu: Eine Bestellung wird ausgelöst, sobald eine Anforderung vorliegt. Hierzu ist die Auswahl eines infrage kommenden Lieferanten erforderlich. Das bedeutet, daß das Input-Output-Modell die Grundlage für die Ableitung der Geschäftslogik bildet. b2) Die Geschäftslogik Für die modellhafte Ableitung der Geschäftslogik eignet sich zunächst die Darstellung eines oder einiger weniger (typischen) Geschäftsvorfälle. Üblicherweise erfolgt dies in Form eines Flußdiagramms. Der einfachste Fall stellt sich wie folgt dar:
Auslöser-Ereignis: Eine Funktion (Produktion oder Lager) stellt eine Bestellanforderungaus.
Prüfung auf sachliche Richtigkeit und Plausibilität der Daten.
Datentechnische Erfassung und Speicherung der Daten
Zuordnung von Einkaufsdaten: Infrage kommender Lieferant.
Erstellen von Dokumenten: Bestellung, Hinweise für andere Funktionen (z.B. Lager, Qualitätskontrolle, Rechnungswesen). Maschinelle Terminkontrolle: Bestelltermin eingehalten?
Neues Auslöser-Ereignis: Ware ist eingegangen. Speicherung der Daten: Termin, Menge, Preis, Qualität. Zuordnung der Daten zum Lieferant. Auswertung: Qualitätsbeurteilung des Lieferanten und Statistik, Archivierung. Abb. 15: Datenflußplan eines Geschäftsvorfalls
412
T e i l 4: B e i s p i e l e , Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
Mit dieser linearen Darstellung eines Geschäftsvorfalles kann bereits ein erster „Test" in der Praxis erfolgen: Es wird überprüft, ob diese Art der Logik den Anforderungen der Praxis genügt. Dabei tritt ein Problem auf: In der Regel wird sich zeigen, daß es in der Realität bisher „ganz anders" gehandhabt wird - aber dies darf den Systemanalytiker nicht hindern, die Logik des Verfahrens infrage zu stellen. Denn beim Entwurf eines neuen Verfahrens geht es nicht darum, eine Kopie des bisherigen mit anderen Mitteln herzustellen, sondern eine Optimalgestaltung zu erreichen. Nach erfolgter Überprüfung einzelner Fälle und eventueller Modifikationen kann zur Modclientwicklung übergegangen werden. c) Das Gesamtmodell der Geschäftslogik Das Gesamtmodell ist eine übersichtliche Darstellung des Zusammenspiels der wesentlichsten Funktionen, dargestellt in Form eines HIPO-Diagramms: Jeder Funktionsblock enthält eine Reihe von Routinen und Programmen, die durchaus Schleifen (Rückkopplungen) und Kontrollausgaben beinhalten können. Das dargestellte HIPO-Diagramm ist also die visuelle Übersicht des Soll-Systems, das je Block weiter verfeinert werden muß.
Adressen
Preise und Konditionen
Auswahlkriterien
BestellSchreibung
regionale Gliederung
A b b . 16: Hierarchische Gliederung einer Geschäftslogik
Preise und Qualität
Beschaffungsvolumen
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
413
Die in Abbildung 15 dargestellte Übersicht muß noch erweitert werden um die Komponente „Zeit", d.h. der zeitliche Ablauf, die Dauer der Verarbeitungsschritte und die erforderlichen Aktualitätsgrade sind zu ergänzen. Damit ist dann die Grundlage für die Ableitung von Verfahrensregeln und die Durchführung geschaffen. d) Gestaltungshinweise und Verfahrensregeln Bis jetzt besitzen wir: Einen Datenflußplan, eine grobe Geschäftslogik und eine visuelle Übersicht über die Soll-Konzeption. Nun beginnt die Feinarbeit der Systemanalyse, nämlich • die Datenanalysen und • die Entwicklung des Datenmodells. Das Resultat dieser Arbeiten führt zu: • • • • •
Datenkatalogen Strukturübersichten (Definition von Dateien) Speicherungs- und Zugriffsmethoden der Daten Klassifizierungen bezüglich Sicherheit und Datenschutz Formatbeschreibungen von Input und Output, z.B. die genaue Beschreibung des Formulars für die Bestellschreibung. • Zulässige Abfragekriterien für den Online-Betrieb • Schlüsselverzeichnisse und Standards der Daten. Aus den Datenbeschreibungen resultieren die technischen Anforderungen, wie Größe der Speichermedien, Leistungsfähigkeit des Rechners und Übertragungsgeschwindigkeiten . Nach Abschluß dieser Arbeiten wird die Programmieranweisung erstellt, d.h. die Vorgabe an die Programmierer, welche Aufgaben die einzelnen Verfahrensblökke zu erfüllen haben. Die Programmieranweisung enthält: • • • • • • •
Beschreibungen der Geschäftslogik je Funktionsblock Darstellung des Gesamtsystems Datenkatalog und Datenmodell Datenbeschreibungen Input-und Outputformate Datenflußplan und zeitlicher Ablauf Besondere Hinweise für das Speichern, Sichern, Abfragen, Verändern und Dokumentieren von Datenelementen, Segmenten und Dateien.
Sobald die Programmieranweisung an die verantwortliche Stelle „Programmierung" übergeben ist, nimmt der Projektleiter nur noch eine begleitende Funktion dieser Aufgaben wahr (z.B. Arbeitsfortschrittskontrolle). Seine Hauptaufgaben beziehen sich jetzt auf die Vorbereitung der Systemeinführung und auf die Vorbereitung der Testdaten und der Testmodalitäten.
414
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
3. Kontrollfragen 1. Welche Aufgabe hat ein Projektstrukturplan? 2. Wozu unterscheidet man verschiedene Projektklassen? 3. Wodurch sind die Projektrisiken bedingt? 4. Was ist der Unterschied zwischen Personalbindung und Produktivitätsbeitrag eines Mitarbeiters eines Projekts? 5. Welche Funktionen sind bei einem Projektantrag beteiligt? 6. Welche Aufgabe hat der Projektauswahlprozeß? 7. Warum benötigt jedes Projekt ein Zielsystem? 8. Welche Rolle spielen die Erfolgsfaktoren des Unternehmens für die Projekte? 9. Welches sind die wichtigsten Methoden für die Projektrealisierung? 4. Antworten zu den Kontrollfragen: 1. Die modulare Gliederung der einzelnen Aufgaben, die als Phasen oder als selbständige Arbeitseinheiten gekennzeichnet sind, z.B. bei der Kombination von selbsterstellten Modulen und fremdbeschafften Modulen einer Software Struktur. 2. Für die Definition unterschiedlicher Projektmanagement-Systeme: Unterschiedliche Organisationsformen können parallel realisiert werden, womit eine zeitlich überlappende Realisierung mehrerer Projekte möglich ist. 3. Durch Planungs-, Organisations- und Definitionsfehler sowie durch Fehler in der Personalführung. 4. Personalbindung ist die Bruttoarbeitszeit eines Mitarbeiters. Die produktive Zeit errechnet sich in Manntagen je Monat abzüglich der Zeiten für durchschnittliche Weiterbildung, Urlaub und Ausfall durch Krankheit. 5. Auftraggeber, Eignerund Benutzer. 6. Suche nach den bestmöglichen Alternativen bei Vorliegen von Begrenzungen in den Projekt-Ressourcen. 7. Z u r Messung der Zielerreichungsgrade, insbesondere der Akzeptanz durch die Benutzer, außerdem zur Bewertung der qualitativen Vorteile und Nutzen. 8. Sie bestimmen die strategische Richtung der Projektentwicklung. Darüber hinaus haben Projekt die Aufgabe, einen Beitrag zur Realisierung der Erfolgsfaktoren zu leisten. 9. Organisationsmethoden, Planungsmethoden, Methoden der Wirtschaftlichkeitsrechnung.
Projektsteuerungsmethoden,
5. Aufgabe: Auf der nachfolgenden Übersicht sind einige Vorhaben (Aufgaben) eines Unternehmens dargestellt, die realisiert werden sollen. a) Entscheiden Sie, welche Aufgaben den Charakter eines Projekts haben. b) Nennen Sie die Kriterien, die Sie bei Ihrer Entscheidung benutzt haben.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
415
Was ist ein Projekt? Ja 1. Bau eines neuen Parkplatzes für die Hauptverwaltung eines Unternehmens, da der alte zu wenig Kapazität hat 2. Verbesserung des Lohn- und Gehaltsprogrammes mit einem Aufwand von 12 Mannmonaten 3. Einführung von 4 PC-Arbeitsplätzen 4. Rationalisierung der gesamten Schreibdienste durch EDV-Lösungen 5. Kauf eines Software-Paketes für die Kostenplanung (DM20.000,-) 6. Änderung des Bilanzprogrammes wegen des EG-Bilanzierungsgesetzes 7. Erweiterung der Funktionen eines Datenbank-Systems 8. Anschaffung eiens Schnelldruckers im Wert von 80 K D M 9. Einführung neuer Verwaltungsvorschriften für die Bearbeitung von Geschäftsvorfällen der Buchhaltung 10. Durchführung einer Schulung im Rahmen des Schulungsprogrammes eines Unternehmens
Nein
416
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 3.2
Projektmanagement
Thema:
Projektorganisation
Referenz:
Kapitel 13 Strategisches P r o j e k t m a n a g e m e n t und Kapitel 14 Organisationsformen für D V - P r o j e k t e
1. Kurzfassung Die Notwendigkeit f ü r besondere Formen der Organisation im R a h m e n der Projektentwicklung resultiert aus der Tatsache, daß P r o j e k t e Aufgaben darstellen, die außerhalb der üblichen Routineprozesse des U n t e r n e h m e n s stehen und mithin nicht innerhalb der definierten Aufbauorganisation abgewickelt werden können. Stets sind m e h r e r e Funktionen und hierarchische E b e n e n an der Projektrealisierung beteiligt, zumindest die Vertreter der Fachfunktionen und des E D V Bereichs. Das bekannteste Organisationsmuster für E D V - P r o j e k t e ist die Matrix-Organisation. D e r e n Grundgedanke besteht darin, daß Mitglieder unterschiedlicher Fachfunktioncn temporär einer zeitlich befristeten Leitungsfunktion - d e m Matrixmanager oder Projektleiter - unterstellt werden. Allerdings wird in der Praxis das sog. reine Matrixmanagement nur selten verwirklicht, da die Fachfunktionen in der Regel nicht bereit sind, f ü r einen längeren Zeitraum Mitarbeiter an eine für sie f r e m d erscheinende Organisation abzustellen. Es k o m m t dann lediglich zu K o n t a k t e n zwischen Projektteam und den F a c h f u n k t i o n e n , mit der Folge, daß die systemanalytischen Grundlagenarbeiten vernachlässigt werden, was zu späteren kostenintensiven Anpassungsmaßnahmen führt. Das reine P r o j e k t m a n a g e m e n t mit der dedizierten Personal- und Ressourcenverfügbarkeit wandelt sich dann in ein sog. E i n f l u ß m a n a g e m e n t , bei d e m der Projektleiter o d e r Projektkoordinator intensive Überzeugungs- und Motivationsarbeit leisten muß. Auf dem Hintergrund der sich stark ausweitenden Einsatzgebiete f ü r Standardsoftware haben sich in jüngster Zeit auch neue F o r m e n der Teamorganisation entwickelt. Die konventionelle Abwicklung eines P r o j e k t s folgte methodisch dem Verlauf der B-Kurve und hatte demnach T e a m s , bei denen alle Funktionen der Software-Erstellung unter einer Leitungsinstanz konzentriert waren (Funktionkonzentration). Das Ziel bestand hierbei in der Erstellung eines fertigen Produkts, d.h. einer implementierfähigen Software. W e r d e n Standardsoftware und fertige Module im R a h m e n der Projektentwicklung eingesetzt, dann verändert sich auch das Aufgabenbild der Projektmitarbeiter und die Teamzusammensetzung: Es entstehen sog. kommunikationsorientierte Teams, bestehend aus Koordinatoren f ü r die Fachfunktionen und den EDV-Bereich mit einer starken Orientierung nach externen Lösungsmöglichkeiten. In diesem Z u s a m m e n h a n g gewinnt dann die externe Relation an Bedeutung, d.h. Formen der Zusammenarbeit mit externen Institutionen, wie Herstellern, U n t e r n e h m e n s b e r a t e r n und Software-Häusern. Die kommunikationsorientierten T e a m s sind entwurfskonzentriert, d.h. ihre A u f g a b e besteht primär in der Erstellung eines E n t w u r f s (System Design), der als Basis für die Beschaffung oder die Programmierung (auch durch externe Institutionen) dient. Effektives Proj e k t m a n a g e m e n t bedeutet auch, daß die Teams organisatorisch abgestützt werden durch entsprechende Managementsysteme, die als Entscheidungskollegien fungieren. T e a m s t r u k t u r e n und Managementsysteme, sowie die sich rasch entwickelnden Unterstützungsstrukturen (Information Center Konzepte) im Rahmen der dezentralen und individuellen E D V bleiben nicht ohne Einfluß auf die
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
417
Strukturorganisation des Unternehmens, so daß ausgehend von einer neuen Orientierung der Projektarbeit auch die Aufbauorganisation des Unternehmens einer Anpassung und Veränderung unterliegt. 2. Methodenhinweise Ein neuzeitliches Projektmanagement erfordert ein in sich abgestimmtes System aller Organisationskomponenten. Als solche gelten: Teamstrukturen, Management-Systeme, Organisationsformen für die Verwaltung kritischer Projekt-Ressourcen, ablauforganisatorische Regelungen für die Projektdurchführung, die Planung und die Standardisierung und multifunktionale Aufbaustrukturen der Organisation. Mit derartigen abgestimmten Organisationsmustern vollzieht sich der Übergang von traditionellen Klientenprinzip der Organisation zum ServicePrinzip. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, Projekte nicht mehr sequentiell, sondern parallel zu entwickeln. Die Realisierung eines geschlossenen Organisationskonzeptes erfolgt üblicherweise „Bottom-Up": Ausgehend von den veränderten Teamstrukturen und der neuen methodischen Ausrichtung im Sinne der A-Kurve werden Management-Systeme erforderlich, die ihrerseits dann einen mittelfristigen Anpassungsprozeß der Organisation einleiten. Dabei werden durch die zunehmende Dezentralisierung der E D V auch die entsprechenden Unterstützungstrukturen aufgebaut. 3. Beispiel: „Unternehmenskonzeption und DV-Projekt" A. Das Unternehmen Die B Ü M A G m b H hat drei Produktsparten: Sparte A: Büromaschinen wie Tischkopierer, Schränke, Tresore, Papierschneidemaschinen, Sortierer, Portomaschinen, Reißwölfe etc. Sparte B: Lizenzvertrieb von Großkopierern und PC-Druckern Sparte C: Zulieferung an Großhändler von Büromöbeln der mittleren Güteklasse. Hierfür besitzt die B Ü M A ein eigenes Sägewerk für die Beschaffung des Rohmaterials. Beschäftigte: Insgesamt 420 Mitarbeiter Davon: Produktion 250 Verwaltung 70 E D V u n d O r g . 20 Vertrieb 80 B. Die Organisation Die B Ü M A G m b H wird von drei Geschäftsführern (GF) geführt: Herr Meiner für die Sparte A Herr Mühl für die Sparte B Frau Kimmerling für die Sparte C. Das R Z untersteht einem altgedienten DV-Mann namens Leisetreter. Für die Koordination der Sparten steht eine Stabsabteilung unter der Leitung von Herrn Oberle zur Verfügung. Herr Oberle berichtet an Frau Kimmerling. Die Stabsabteilung ist zuständig für die Koordination der Produktion, des Vertriebs, die Gcsamtplanung und für die EDV-Anwendungen.
418
Teil 4: Beispiele, Ü b u n g e n u n d A u f g a b e n
Es ergibt sich folgendes Organigramm: Meiner
— Verwaltung — Produktion — Vertrieb
Mühl
Fr. Kimmerling
— EDV
— Stab
— Verwaltung — Produktion — Vertrieb
— Verwaltung — Produktion — Vertrieb
Es kommt häufig zu Konflikten: G F Meiner und G F Kimmerling fühlen sich durch die EDV- Betreuung vernachlässigt und führen ihre Umsatzsituation auf mangelnde Unterstützung zurück. Andererseits klagen Meiner und Mühl über mangelhafte Koordination durch den Stab. So kommt es vor, daß drei Vertreter der jeweiligen Sparte gleichzeitig bei einem Kunden vorsprechen und die Produkte anbieten! Herr Meiner hat vor, sich für die eigene Planung einen PC zuzulegen, Frau Kimmerling verhandelt mit einem Software-Haus über Software für Planung auf PC-Basis und Herr Leisetreter argumentiert heftig gegen eine Dezentralisierung der E D V . Er konnte auch Herrn Mühl bereits überzeugen, daß ein Ausbau der zentralen Datenbanken die einzig richtige Strategie sei, nur fehlt es bislang an einem GF-Beschluß über die DV-Situation. C. Die DV-Ausstattung Ein Zentralrechner mit entsprechender Peripherie (8 Bandeinheiten, 4 Laufwerke für Platten, 2 Drucker) mit folgenden Anwendungen: Datenbank-Anwendung für Lohn- und Gehaltsprogramm; hierarchische DB (IMS der Fa. IBM), betreut von einem alten erfahrenen Progammierer, der in den nächsten drei Jahren jedoch pensioniert wird. Batch-Anwendungen für Buchhaltung und Rechnungsschreibung. Datenbank für Produkte und Batch-Anwendungen für einfache Lagersteuerung und Fertigungsplanung (Dispositionslisten und Versandpapiere). Sonderanwendungen: Kostenstellenplan und Kostenartenverbuchung. Ausweis von Umsatz und Kosten nach Sparte für Bilanzerstellung. Angebotsschreibung. Vorwiegend folgende Arbeitsweise: Belegerfassung über Terminal, abspielen auf Band, Plausibilitätskontrolle und Verarbeitung. 4 Mitarbeiter für Belegerfassung. Die EDV-Mitarbeiter sind in C O B O L erfahren, Programmierung und Systemanalyse liegt jeweils in Personalunion, der Anteil an Wartung beträgt 50% der Kapazität (13 M A insgesamt), als neuere Entwicklung wird der Ausbau der Datenbank betrieben, um die Fertigungssteuerung der der drei Produktlinien (A: Produktion, B: Lagerhaltung, C: Sägewerk-Disposition) zu integrieren.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
419
D. Die wirtschaftliche Situation: jeweils in Mio D M Indikatoren
1984
1985
1986
1987
1988
1989
A
10
11
10
9
8
8,5
B
9
13
16
17
16
C
7
6
6
5
4
26
30
32
31
28
31
5
6
8
9
11
13
Umsatz Total Personalkosten
18 4,5
Gemeinkosten
15
16
16
16
14
13
Total
20
22
24
25
25
26
Rohertrag
6
8
8
6
3
5
Nettoertag
4
6
6
4
1
2
Mittelfristige Prognosen ergeben: Produktsparte A: Zunehmende Konkurrenz aus Japan, Verengung des Exportmarktes, Teuerungen durch Lohnkosten, rapider technischer Fortschritt. Hier sind für die nächste Zeit erhebliche Rationalisierungen erforderlich, insbesondere im Hinblick auf die Beschaffungssituation: 80% aller Teile werden nämlich fremdbezogen, der Anteil an Fremdmaterial beträgt 82% der Kosten. Produktsparte B: Die Lizenz läuft noch vier Jahre, der Markt entwickelt sich konstant, mit Einbrüchen ist nicht zu rechnen. Was allerdings nach den vier Jahren kommt, ist noch ungewiß. Produktsparte C: Außerordentlich problematischer Markt, erhebliche Probleme (intern) mit der Abwicklung der Aufträge, hohe Verwaltungskosten. E. Die Situation: In einer Konferenz haben alle G F einheitlich beschlossen, daß eine mittelfristige Strategie (5 Jahre) für die Einführung eines „Informationssystems B Ü M A G m b H " entwickelt werden soll. Diese beinhaltet sowohl organisatorische als auch DV-orientierte Methoden. Über die Schwerpunkte gab es jedoch bereits Divergenzen: Frau Kimmerle plädierte für marktorientierte Strategien und Systeme, da nur über den Umsatz der Erlös für dann nachfolgende Rationalisierungs-Investitionen erwirtschaftet werden kann („Make money - not save money"). Die anderen plädierten für interne Rationalisierungen („Rotstift-Management"), um die Kosten zu reduzieren.
4. Lösungsansatz (Beispiel) Es handelt sich hier um einen typischen Organisationskonflikt, der seine Verstärkung dadurch erfährt, daß das Unternehmen mittelfristig in eine Problemsituation zu geraten scheint.
420
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Als Hilfsmittel der Lösung derartiger Organisationskonflikte dienen die Erfolgsfaktoren, d.h. die Mitglieder der Organisation müssen sich an den übergeordneten Zielen und Erfolgschancen ihres Unternehmens orientieren. Dabei spielen sowohl EDV-Faktoren als als auch Organisations- und Managementmethoden eine wesentliche Rolle. Im nachfolgenden Schema „Erfolgsfaktoren und Projektauswahl" sind die möglichen Alternativen für eine kurz-, mittel- und langfristige Zielorientierung für die Projektauswahl skizziert. Es wird deutlich, daß eine generelle Umgestaltung des Unternehmens auf moderne Methoden der E D V nicht kurzfristig realisiert werden kann, da hierzu die erforderlichen finanziellen Reserven und die entsprechenden Umsatzerwartungen fehlen. Man wird also kurzfristig versuchen müssen, kostensenkende Rationalisierungsprojekte zu implementieren, u . U . auch unter Verzicht einer Integration, die erst zu späteren Entwicklungsphasen - w e n n das Unternehmen bessere liquide Voraussetzungen aufweist - realisiert werden kann. Für die organisatorische Gliederung ergeben sich vier Hauptbereiche: 1. Die kurzfristige Lösung im EDV-Bereich zielt auf die Kostensenkung im Beschaffungswesen ab. Herr Oberle wird als Projektmanager mit einem kommunikationsorientierten Team eingesetzt. Das Team setzt sich zusammen aus: Herrn Oberle als Teamleiter, ein Mitarbeiter des DV-Bereichs als I-Koordinator und ein Mitarbeiter aus dem Beschaffungswesen als B-Koordinator. Primäre Aufgaben des Teams sind: Systemanalyse des bisherigen Systems, Analyse von Standardsoftware für das Beschaffungswesen auf PC-Basis (mit eigenen Dateien, da die zentralen Dateien zur Zeit hierfür nicht geeignet sind) und Kontaktaufnahme bezüglich der externen Relationen und ihrer Ausgestaltung. 2. Gleichzeitig wird ein Management-System etabliert, das insbesondere wegen der konfliktären Situation erforderlich ist. In ihm sind vertreten: Herr Oberle als Projektleitcr, Herr Mühl als Vertreter der EDV-Organisation, der Leiter des Beschaffungswesens und Herr Meiner. Das Ziel besteht in der mittel- und langfristigen EDV-Planung und in der Kontrolle der laufenden EDV-Entwicklung im Beschaffungswesen.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
421
Erfolgsfaktoren und Projektauswahl Erfolgsfaktor
Ziel
DV-Unterstützung
MGMTUnterst.
System
Markt/Kunden
Präsenz
X
X
Vertriebsinformationssystem
Modernität Kosten
X
Produkt Organisation System Liquidität
Kurzfristig:
PPS
X
Koordinat.
X
Online
X
X
Relationale Datenbanken
Kostensenkung
X
X
Kostenrechnung
Ausgabensenkung
X
X
Beschaffungssystem
Kostensenkung durch Beschaffungssystem L i q u i d i t ä t s b e s c h a f f u n g d u r c h V e r k a u f Sägerei
Mittelfristig :
Vertriebsinformationssystem
Langfristig:
Produktionssysteme
3. In allen F a c h b e r e i c h e n w e r d e n K o o r d i n a t o r e n e r n a n n t , d e r e n A u f g a b e n d a r in b e s t e h t , die G r u n d l a g e n a r b e i t e n ( S y s t e m a n a l y s e u n d S c h w a c h s t e l l e n a n a l y sen) d u r c h z u f ü h r e n , die f ü r die z u k ü n f t i g e N e u g e s t a l t u n g e r f o r d e r l i c h sind. D i e K o o r d i n a t o r e n v e r e i n b a r e n ein i n f o r m e l l e s K o l l e g i a l s y s t e m , i n d e m sie sich in reg e l m ä ß i g e n Z e i t a b s c h n i t t e n z u m E r f a h r u n g s a u s t a u s c h u n d z u r A b s t i m m u n g gem e i n s a m e r A k t i v i t ä t e n t r e f f e n . Sie s t e h e n d a r ü b e r h i n a u s in e n g e m K o n t a k t zu Herrn Oberle. 4. K o o r d i n a t o r e n , T e a m u n d M a n a g e m e n t - S y s t e m a r b e i t e n g e m e i n s a m a n d e r U m g e s t a l t u n g d e s U n t e r n e h m e n s . D a b e i wird die H i n z u z i e h u n g eines e x t e r n e n B e r a t e r s v o n N u t z e n sein, i n s b e s o n d e r e im H i n b l i c k auf die D e f i n i t i o n e i n e r integ r i e r e n d e n E n t w i c k l u n g s s t r a t e g i e u n d bezüglich d e r e r f o r d e r l i c h e n Schulungsm a ß n a h m e n f ü r die a u s g e w ä h l t e n M i t a r b e i t e r ( K o o r d i n a t o r e n u n d T e a m - M i t g l i e d e r ) . D i e A b s i c h t H e r r n M e i n e r s , mit e i n e m e i g e n e n P C e i n e I n s e l l ö s u n g zu s c h a f f e n , w i r d e b e n s o u n t e r s a g t wie das V o r h a b e n d e s H e r r n L e i s e t r e t e r , e i n e n k o n v e n t i o n e l l e n A u s b a u d e r E D V b e t r e i b e n zu w o l l e n , b e v o r e i n e g e n e r e l l e E n t w i c k l u n g s s t r a t e g i e d e f i n i e r t ist. E r s t w e n n diese R a h m e n b e d i n g u n g e n d e r O r g a n i s a t i o n e r f ü l l t sind, k ö n n e n e n t s p r e c h e n d d e n E r f o l g s f a k t o r e n u n d d e n s t r a t e g i s c h e n Richtlinien d e s e n t w i c k e l ten D V - P l a n e s die e i n z e l n e n P r o j e k t e s e q u e n t i e l l , n a c h e i n e r e n t s p r e c h e n d e n E i n a r b e i t u n g s p h a s e u n d n a c h A b s c h l u ß d e r U m s c h u l u n g e n a u c h parallel realisiert w e r d e n .
422
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
5. Kontrollfragen 1. Was Teams?
unterscheidet
auftragsorientierte
und
kommunikationsorientierte
2. Was versteht man unter Funktionskonzentration? 3. Was ist der Unterschied zwischen einem Direktorialsystem und einem Kollegialsystem? 4. Was versteht man unter einem differenzierten Projektmanagement? 5. Welche vertraglichen Grundlagen sind bei externen Relationen zu beachten? 6. Warum haben Unterstützungskonzeptionen (Information Center) eine so hohe Bedeutung? 7. Was versteht man unter Ressource-Management? 8. Was bedeutet Kompetenz-Pooling? 6. Anworten zu den Kontrollfragen: 1. Die Teamgröße, die Art der methodischen Arbeitsweise, das Arbeitsergebnis, die Intensität der Kommunikationsbeziehungen und die Orientierung an externen Unterstützungen. 2. Die Zusammenfassung aller Aufgaben einer Projektentwicklung unter einer Leitungsinstanz. 3. Beim Direktorialsystem werden Anweisungen gegenüber den Projektleitern getroffen, die für diesen verbindlich sind. Bei Kollegialprinzip hat der Projektleiter ein Mitspracherecht bei allen Entscheidungen und ist Mitglied des Management- Systems. 4. Das Nebeneinander verschiedener Projektmanagement-Prinzipien entsprechend den unterschiedlichen Organisationsformen unterschiedlicher Projekte: Wartungs-, Benutzer-, IC- und zentrale Projekte. 5. Dienst-und Werkvertrag. 6. Wegen der Intensivierung der dezentralen E D V und um zu verhindern, daß sich nicht integrierbare und nicht kompatible Einzellösungen in den verschiedenen Fachbereichen durchsetzen. Darüber hinaus zur Sicherstellung eines abgestimmten Entwicklungsplanes für EDV-Projekte und zur Unterstützung der Fachfunktionen. 7. Die Zusammenfassung der kritischen Ressourcen (Personal,Test-Equipment, Schulungsräume) unter einer zentralen Leitung. 8. Die Ausbildung von Koordinatoren, die speziell für die Unterstützung der Entwicklungsarbeit eingesetzt werden. Es handelt sich dabei um eine Zentralisierung von Wissen und Methoden, die als organisatorische Struktur ein BenutzerService-Zentrum oder ein Information-Center haben kann. 7. Aufgabe Erstellen Sie eine Aufgabenbeschreibung (Pflichtenheft) für die Mitglieder des w.o. beschriebenen Teams von Herrn Oberle. Orientieren Sie sich dabei am Phasenschema für Projekte.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 3.3
423
Projektmanagement
Thema:
Projektplanung
Referenzen:
Kapitel 15 und 16 Projektplanung und -Steuerung
1. Kurzfassung Grundsätzlich bedeutet Projektplanung die Vereinbarung von zukünftigen Aktionen im Hinblick auf die Erreichung des Projektziels. Man bezeichnet in diesem Zusammenhang die Planung auch als ein System von „Comittments", d.h. von Zustimmungen, die verschiedene Funktionen und Instanzen des Unternehmens abgeben, um die Realisierung eines Projekts zu garantieren. Die Projektplanung befaßt sich im wesentlichen mit der Planung und Festlegung von Terminen und Einsatzzeitpunkten für drei Objekte: a) Personallcistungen b) Organisationsmittel und c) Investitionen. Dementsprechend ergeben sich drei Projektpläne, die in ihrer wertmäßigen Konsolidierung die Grundlage für die Planung der Wirtschaftlichkeit bilden. Die Planung ist zugleich ein Hilfsmittel für die Projektsteuerung. Deren Ziel besteht darin, einen ordentlichen Projektverlauf sicherzustellen, wobei „ordentlich" gleichbedeutend mit planentsprechend ist. Zur Einhaltung der Projektpläne sind bestimmte Regeln erforderlich, wie z.B.: • Planung von Ereignissen und Aktivitäten: Ereignisse sind Zeitpunkte, zu denen bestimmte Aktivitäten abgeschlossen oder begonnen werden. Sie sind daher sehr oft ergebnisrelevant für den weiteren Projektverlauf. Werden Planungssysteme nur nach Maßgabe der kritischen Ereignisse (z.B. Liefertermine oder Personaleinsatzzeitpunkte) erstellt, dann spricht man auch von sog. „Milestones". Aktivitäten sind dagegen die konkreten Tätigkeiten, die in ihrer Vielzahl während eines Projekts durchzuführen sind. • Planung nach Phasen oder Projekt-Struktur-Blöcken: Die Detailplanung orientiert sich an der logischen Gliederung des Gesamtprojekts, das entweder als Phasenschema oder als Projektstruktur-Plan aufgebaut sein kann. • Die Planung verlangt eine permanente Fortschreibung. Üblicherweise wird zu Beginn einer jeden Woche ein sog. Planungsmeeting anberaumt, in dem die Mitglieder des Projekts neben dem aktuellen Status zugleich die Auswirkungen auf die Folgeaktivitäten definieren, um so ein Update des Gesamtplans zu ermöglichen. • Als kritische Plangröße gilt die Ermittlung des Personalaufwands für ein Projekt. Aus der Vielzahl der verfügbaren Methoden für die Aufwandsschätzung empfiehlt sich eine differenzierte empirische Schätzmethode, was bedeutet, daß für jedes Projekt eine Ist-Erfassung der tatsächlichen Aufwände durchzuführen ist, um damit Erfahrungswerte für nachfolgende Projekte zu gewinnen (Aufgabe des Projekt-Controlling).
424
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
2. Methodenhinweise Für die methodische Handhabung der Planung empfiehlt sich das Prinzip der dynamischen Vorlaufplanung. Hierbei werden die Ergebnisse eines Plan-Ist-Vergleichs unmittelbar umgesetzt in einen Plan-Plan-Vergleich mit dem Ziel, die Abweichungen einer Phase oder eines Strukturblocks in ihrer Auswirkung auf die Folgephasen oder Folgeblöcke zu ermitteln und auszugleichen. Da zu Beginn eines Projekts eine relativ hohe Unsicherheit bezüglich der Dauer und Einsatzpunkte der Aktivitäten und Ereignisse besteht, wird man die erste Phase jeweils sehr detailliert, die Folgephasen aber nur grob planen können. Nach Abschluß einer Phase erfolgt dann wiederum eine Detaillierung der Folgeaktivitäten und -ereignisse (Prinzip der schrittweisen Verfeinerung der Planung). Als Techniken der Planung haben sich vielfältige Software- Produkte im Bereich der Netzplantechniken durchgesetzt. Für die Auswahl der geeigneten Planungstechnik empfiehlt sich die Ausarbeitung einer Checklist, die die Zielgrößen der Planung enthält. 3. Beispiel Das folgende Beispiel einer Netzplanstruktur zeigt die Aktivitäten und ihre gegenseitige Abhängigkeit für die Initialisierungphase eines Projekts. Es handelt sich um eine vorgangsorientierte Netzplanstruktur mit folgenden Aktivitäten: Hauptpfad S = Start
Nebenpfade
Entscheidungsvorbereitung Initialisierungskriterien
Management-System Formelle Ernennung Methodenauswahl
Projektkoordination
Analyse der Ressourcen Rekrutierung des Personals Schulung
Zielsystem vereinbaren
Schwachstellenanalyse
Akzeptanzkriterien Inhaltsbeschreibung Projektantrag E, = Ende Phase 1 Eine Gliederung dieser Aktivitäten in Form eines Netzplanes ergibt die Abbildung 17. Für eine konkrete Projektplanung müßten die einzelnen Aktivitäten der Abbildung 17 mit Zeiten bewertet werden, wobei nach P E R T jeweils optimistische, pessimistische und wahrscheinliche Zeiten zugrunde gelegt würden. Daraus läßt sich dann der kritische Weg - d. i. die längste Vorgangsfolge - ermitteln. Ein zweiter Schritt bestünde darin, diesen kritischen Weg zu optimieren, d.h. die einzel-
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben ManagementSystem
o
Formelle Ernennung
o-
425 Methoden auswahl
Analyse der Resourcen Entscheidg. „ Vorbereitung
Initialisierg. Kriterien
'Ziel-
_ Akzeptanz- \
system \
erien
Inhaltsbe schreibunj
SchwachstellAnalyse Rekrutierung Personal
Schulung
-o
Abb. 17: Beispiel einer Struktur eines vorgangsorientierten Netzplanes einer Phase
nen Aktivitäten und ihre Einsatz (Beginn)zeitpunkte so festzuglegen, daß möglichst keine Pufferzeiten entstehen. 4. Kontrollfragen 1. Was ist das Prinzip der dynamischen Vorlaufplanung? 2. Warum ist das Planungsobjekt „Personalzeiten" das kritische Objekt? 3. Nennen Sie drei Hauptziele der Projektplanung! 4. Was versteht man unter „Milestones"? 5. Wodurch unterscheiden sich vorgangsorientierte und ereignisorienierte Netzpläne? 6. Nennen Sie vier kritische Ereignisse eines Projekts! 7. Was bedeutet Planung für die Steuerung eines Projekts? 8. Welches sind die drei Planungsobjekte? 9. Welche Aufgabe erfüllt die Projektplanung neben der Projektdurchführung? 5. Antworten: 1. Aus dem Plan-Ist-Vergleich wird ein Plan-Plan-Vergleich abgeleitet mit dem Ziel, Abweichungen einer Phase in den folgenden Phasen zu eskompieren. 2. Weil in der Praxis ein Mangel an Erfahrungswerten für vergleichbare Tätigkeiten besteht, so daß nur mit Schätzzeiten gearbeitet werden kann. 3. a) Festlegung von Projektstart und Projektende b) Festlegung der Einsatzpunkte für die Ressourcen c) Bestimmung des Aufwands für ein Projekt. 4. Besonders kritische Ereignisse, wie z.B. die Liefertermine von Hard- und Software. 5. Bei vorgangsorientierten Plänen werden die Tätigkeiten mit ihren Zeiten und damit der kritische Weg geplant, bei ereignisorientierten Plänen werden kritische Ereignisse (Ergebnisse) geplant. Letzte werden vorwiegend für Kontrollzwecke eingesetzt.
426
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
6. Start, Ende, Personaleinsatzzeitpunkte, Ressourcen Verfügbarkeit. 7. Sicherstellung eines ordentlichen Projektverlaufs, d.h. eine plangerechte Durchführung. 8. Personal, Organisationsmittel, Investitionen. 9. Sie liefert die Grundlage für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit eines Projekts, indem sie alle Aufwandsfaktoren und damit die Gesamtkosten bzw. den Gesamtaufwand des Projekts errechnet. 6. Aufgabe In Abbildung 127b ist ein Projektstrukturplan für ein Anwendungsgebiet dargestellt. Erstellen Sie einen ereignisbezogenen Strukturnetzplan für diese Anwendung.
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Lektion 3.4
427
Projektmanagement
Thema:
Projektbewertung
Referenzen:
Kapitel 17 Projektwirtschaftlichkeit und Systembewertung
1. Kurzfassung Das grundsätzliche Ziel einer Projektbewertung ist die Ermittlung der Projektwirtschaftlichkeit. Diese ist definiert als das Verhältnis von Aufwand und Ertrag einer Periode. Es handelt sich mithin zunächst um die Erfassung und Bewertung der quantitativ erfaßbaren, monetären Erfolgsfaktoren eines Projekts. Man spricht daher auch von einer kardinalen Berechnung und setzt hierfür die klassischen Methoden der Investitionsrechnung ein. Die am weitesten verbreitete Methode ist die Kostenvergleichsrechnung, bei der die Periodenkosten und Periodenleistungen - in Abänderung auch die Periodenerträge und Periodenaufwände - gegenübergestellt werden. Die Schwierigkeiten einer kardinalen Berechnung bestehen darin, daß die Periodenerträge schwer zuzuordnen sind, während die Aufwandsfaktoren relativ leicht erfaßbar sind. Die eindeutige Beziehung auf monetäre Effekte eines Projekts erfaßt jedoch nicht das gesamte Leistungsspektrum einer Software. Projekte haben auch Auswirkungen auf die Arbeitsprozesse, auf die Verbesserung der Arbeitssituation und leisten einen Beitrag zu den generellen Erfolgsfaktoren des Unternehmens. Darüber hinaus entstehen Sekundärerträge, die z.B. durch eine bessere und gezieltere Disposition erreichbar sind sowie Innovationsvorteile, wie z.B. die schnellere Anlage von Kapitalbeträgen, die kurzweilig im Unternehmen verfügbarsind. Um derartige Sekundär- und Innovationsvorteile zu erfassen und einer Bewertung zugänglich zu machen, wurden sehr frühzeitig Modelle und Verfahren entworfen, die auf die Erfassung der qualitativen Faktoren eines Projekts abzielen. Bekannt geworden sind hierbei insbesondere die Methoden der Multifaktorenanalyse und der Nutzwertanalyse. Bei allen qualitativen Bewertungsmethoden steht die Entwicklung eines Zielkataloges im Vordergrund. Er beschreibt das gesamte Spektrum der durch ein Projekt zu realisierenden Erfolgsfaktoren (Ziele), wobei diese einer relativen Gewichtung unterworfen werden. 2. Methodenhinweise Für die Entwicklung einer qualitativen Bewertungssystematik sind grundsätzlich fünf Schritte erforderlich: 1. Aufstellen eines Zielkatalogs mit entsprechender Bewertung der Einzelziele. 2. Festlegung einer Bewertungsskala für die Ermittlung der Entsprechungsgrade der Alternativen. 3. Festlegung der Gewichtungsfaktoren für die Beurteilung der Alternativen. 4. Ermittlung der relativen Entsprechung der Alternativen durch Vergleich der Alternativen oder durch eine prozentuale Erfüllungswahrscheinlichkeit. 5. Multiplikation der Entsprechungsgrade mit den Zielwerten und Summierung über alle Einzelziele.
428
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
Es handelt sich mithin um eine vergleichende Bewertung und die ermittelten Punktwerte der Alternativen drücken in ihrer Summe die Gesamterfüllung des Zielbündels aus. Bei der Systemwertrechnung wird versucht, sowohl die kardinal ermittelten Werte als auch die Vergleichswerte (Punktwerte oder Nutzenäquivalente) zusammenzufassen. Damit erreicht man eine Gesamtbewertung des Projekts. Eine Modifikation stellt die Kepner-Tregoe-Analyse dar. Bei ihr wird eine Unterteilung in Muß-Ziele und Soll-Ziele vorgenommen. Alternativen, die einem Muß-Ziel nicht entsprechen, werden nicht weiter untersucht. Ansonsten ist der Bewertungsvorgang analog der Nutzwertanalyse. 3. Beispiel Wir zitieren nachfolgend ein Bewertungsbeispiel nach Maßgabe der Multifaktorenanalyse, das dem Buch „Methoden der Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Datenverarbeitung" von J. Bottier et al. entnommen ist und das sich auf die Empfehlung des Verbandes Deutscher Ingenieure (VDI) stützt: In diesem Beispiel wird ein qualitativer Vergleich zwischen der Ist-Situation und der Soll-Situation eines Verfahrens (Bedarfsermittlung und Disposition) durchgeführt, das heißt die Frage lautet: Welche qualitative Veränderungen entstehen durch die Einführung des neuen Verfahrens? 4. Kontrollfragen: 1. Welche Ziele verfolgt eine kardinale Wirtschaftlichkeitsbcrechnung? 2. Welche Ziele verfolgt qualitative Wirtschaftlichkeitsbcrechnung? 3. Welche Ziele werden mit einer Systemwertrechnung verfolgt? 4. Was sind die Schwächen der traditionellen Investitionsrechnungen? 5. Was versteht man unter „Dynamisierung" der Investitionsrechnung? 6. Welche Problematik birgt die Aufstellung eines Zielkataloges in sich? 7. Wodurch unterscheiden sich die Multifaktorenanalyse und die Nutzwertanalyse? 8. Was ist der Unterschied zwischen Substitutionsrechnung und Innovationsrechnung?
5. Antworten zu den Kontrollfragen: 1. Die Ermittlung der monetären Wirtschaftlichkeit je Periode, entweder als Kosten-Leistungs-Verhältnis oder als Aufwands- Ertrags-Verhältnis. 2. Die Darstellung und Bewertung des Nutzens eines Projekts, ausgedrückt durch den Grad der Zielerfüllung. 3. Die zusammenfassende Bewertung von Kosten- oder Aufwandsdifferenzen und Nutzen. 4. Die periodengerechte Zuordnung der Erträge zu den Aufwänden der Erstellung.
Teil 4: Beispiele, Übungen und A u f g a b e n
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Wirtschaftlichkeitsprüfung des geplanten D V - V e r f a h r e n s ( M u l t i f a k t o r e n r e c h n u n g ) Bedarfsermittlung und Disposition (Beispiel) Bewertung des geplanten V e r f a h r e n s im Vergleich zum derzeitigen V e r f a h r e n - Vergleichsverfahren im Hinblick auf die Erfüllung der g e n a n n t e n Kriterien a n h a n d folgender Punkteskala: ± 3 = erhebliche Ï V e r ä n d e r u n g (Verbesserung, ± 2 = deutliche Verschlechterung) ± 1 = geringfügige J 0 = keine V e r ä n d e r u n g
A
B
C
Punkte
Gewichtungsfaktoren
Punkte x Gewichtungsfaktoren
1. Schnelligkeit der Informationsauslieferung (rasches Zurverfügungstellen)
2
2. Aktualität d e r g e w o n n e n e n I n f o r m a t i o n e n 3. Rechtzeitiges Zurverfügungstellen der Informationen
3
6
3
3
9
1
3
3
4. Zusätzliche I n f o r m a t i o n e n (z.B. durch statistische Auswertungsmöglichkeiten, E r w e i t e r u n g des Berichtswesens)
1
3
3
5. Genauigkeit der I n f o r m a t i o n e n (z.B. Rechengenauigkeit)
1
1
1
6. Relevanz (Qualität) der I n f o r m a t i o n e n (Aussagekraft und Übersichtlichkeit sowie Auswahl der A u f b e r e i t u n g der I n f o r m a t i o n e n )
0
2
0
7. Sicherheit (Ablaufsicherheit, Fehlerwahrscheinlichkeit, Datenfehleranfälligkeit)
3
1
3
8. Möglichkeit von T e r m i n v e r k ü r z u n g e n im Anwenderbereich
2
2
4
9. A n w e n d e r f r e u n d l i c h k e i t (z.B. Vereinfachung durch D a t e i e n a b b a u )
1
2
2
10. Bedienungs- und Pflegefreundlichkeit
1
1
1
11. Flexibilität (z.B. Änderungsfreundlichkeit gegenüber V e r ä n d e r u n g von Organisation, Datenvolumen, D a t e n s t r u k t u r ; Sonderfälle)
1
2
2
12. Kontroll-, Abstimm- und Überwachungsmöglichkeit
2
2
4
13. Korrekturmöglichkeiten und - a u f w a n d
0
2
0
14. Transparenz des V e r f a h r e n s a b l a u f s (Übersichtlichkeit)
2
1
2
15. Transparenz und Straffheit der Organisation
0
1
0
16. Kapazitätsreserven ( A u f f a n g b e r e i t s c h a f t bei Arbeitsspitzen o d e r Beschäftigungszunahme)
0
3
0
17. Abhängikeit von Fachpersonal
-1
2
-2
18. Umstellungsrisiko (langfristige Bindung an das V e r f a h r e n , Starrheit d e r Organisation) Summen
-1
3
-3
37
35
Wirtschaftlichkeitskoeffizient ( S u m m e C: Summe B ) Verbale B e d e u t u n g des Koeffizienten g e m ä ß Punkteskala: geringfügige Verbesserung gegenüber dem derzeitigen Verfahren
etwa 1
430
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
5. Die Auf- und Abzinsung von Aufwands- und Ertragsgrößen im Zeitverlauf. 6. Die Gefahr einer subjektiven Beeinflussung; daher wird der Bewertungsprozeß des Zielkatalogs durch eine Gruppenarbeit und einen Gruppenkonsens durchgeführt. 7. Durch die Skalierung der Ziel- und Alternativenwerte. Bei der Multifaktorenanalyse besteht zudem die Möglichkeit, auch negative Auswirkungen sichtbar zu machen, durch die Minusbewertung bzw. Minusentsprechung (Verschlechterung). 8. Im ersten Fall wird der Effekt der Einsparung von Mitarbeitern und Arbeitsmitteln bewertet, im zweiten Fall die Möglichkeiten einer besseren und effektiveren Nutzung der E D V durch die Wahrnehmung dispositiver Vorteile. 6. Aufgabe: Als Aufgabe ist die Entwicklung eines Informationssystems für die Funktion Einkauf/Beschaffung definiert, wie es in Lektion 3.1 beschrieben wurde. Dieses System soll folgende Aufgaben weitgehend automatisch erfüllen: Erstellen von Preis- und Angebotsstatistiken, Führen und Verwalten einer Lieferantendatei, Auswertungen bezüglich des Lieferantenverhaltens (Liefertreue, Preiseinhaltung, Qualität), automatische Kontrolle bei Terminüberschreitungen, statistische Auswertungen und Aufschlüsselungen des Beschaffungsvolumens nach Warengruppen, Gesamtbeschaffungskosten, geographischen Zonen der Lieferanten und die Ausgabe von Management-Zahlen durch Direktzugriff auf die einzelnen Dateien mit einem Personal Computer. Zur Diskussion stehen vier Alternativen, die im folgenden Entscheidungs-Tableau zusammengestellt sind. Ihre Aufgabe besteht darin, die Ihrer Meinung nach richtige Zielbewertung vorzunehmen und anhand der gegebenen Beschreibungen der Alternativen die Entsprechungsgrade festzulegen. Entsprechend der Nutzwertanalyse sind dann die Nutzenäquivalente der einzelnen Alternativen zu ermitteln. a) Legen Sie die Gewichtungsfaktoren der Ziele fest. b) Bestimmen Sie die Prioritäten der Alternativen durch die Wert-Zuordnung.
431
Teil 4: Beispiele, Übungen und Aufgaben
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Sachverzeichnis A b l a u f o r g a n i s a t i o n 277 A b s t r a k t e Systeme 8 A D A M - D i a g r a m m 80 A D / C y c l e 164 A k z e p t a n z 125 A r b e i t s a b l a u f p l a n 84 A r b e i t s z u s a m m e n h a n g 114 A r c h i t e k t u r e b e n e n 163 A r c h i t e k t u r m o d e l l 160 A S M E - P l ä n e 83 A t t r i b u t 101 A u f g a b e n a n a l y s e 110 A u f g a b e n s t r u k t u r - B i l d 172 A u t o m a t i o n s g r a d 135
E n t w i c k l u n g s p f a d 168 E r g o n o m i e 117 E V A - G r u n d s t r u k t u r 74
B a u s t e i n - M o d e l l 168 B e a r b e i t u n g s z e i t 80 B e f r a g u n g 68 B e n u t z e r a n a l y s e 59 B e n u t z e r a n f o r d e r u n g e n 52 B e n u t z e r e r w a r t u n g 56 B e n u t z e r k o o r d i n a t i o n 270 B e o b a c h t u n g 69 B e s c h r e i b u n g s e l e m e n t e 36 B i l d s c h i r m f o r m a t 121 B l a c k - B o x - A n a l y s e 77 B ü r o g e s t a l t u n g 119
H F F C - P l ä n e 83 H i e r a r c h i e 31 H i e r a r c h i s c h e s Design 209 H I P O 199 Holistik 5
C A S E 144 C h e f p r o g r a m m i e r e r 271 C o d e and Fix 168 C o m p o s i t e Design 215 D a t e i 102 D a t e n 104 - analyse 100 - e r f a s s u n g 104 - flußplan 8 3 , 2 2 1 - modell 185 - n e t z 221 - sieht 178 D e d u k t i o n 40 D e t a i l e n t w u r f 203 D e s i g n - M e t h o d e 206 D i a l o g a u f b a u 121 D i r e k t o r i a l p r i n z i p 274 D o k u m e n t a t i o n 204 D u r c h l a u f z e i t 80 E C M A - P l ä n e 83 E n d b e n u t z e r - S y s t e m 50 E n t i t i y - R e l a t i o n - M o d e l l 175 E n t s c h e i d u n g s b a u m 84 E n t s c h e i d u n g s t a b e l l e 88
F r a g e b o g e n 65 F u n k t i o n e n - D i a g r a m m 109 F u n k t i o n s k o n z e n t r a t i o n 281 F u n k t i o n s - O b j e k t - M a t r i x 35 Ganzheit 5 G e s a m t w i r t s c h a f t l i c h k e i t 333 Geschäftslogik 79 G e w i n n v e r g l c i c h 313 G r o b - D e s i g n 202
I n d u k t i o n 40 I n f o r m a t i o n s a n g e b o t 60 - a r t e n 37 - bedarf 58 I n f o r m a t i o n - C e n t e r 277 I n f o r m a t i o n s d a r s t e l l u n g 120 - fluß 83 I n f o r m a t i o n R e t r i e v a l 95 I n f o r m a t i o n s s t a n d 61 - suche 55 Informationssysteme 18,43 I n f o r m a t i o n s v e r t e i l u n g 23 I n n o v a t i o n 248 Inspection 304 Interview 65 I n v e s t i t i o n s r e c h n u n g 314 I S D O S 189 K A D M O D 165 K e n n d a t e n 133 K e n n z i f f e r n 135 K o h ä s i o n 214 Kollegialprinzip 274 K o m m u n i k a t i o n 21 K o m m u n i k a t i o n s a n a l y s e 107 - d i a g r a m m 108 - modell 22 - s t r u k t u r 23 - system 21 K o m p e t e n z g r a d e 264 K o m p l e x i t ä t 10 K o n f i g u r a t i o n s p l a n 223
435
Sachverzeichnis Q u a l i f i k a t i o n 122 Qualitätsanforderungen Q u a l i t ä t s z i f f e r 135
K o s t e n v e r g l e i c h 312 K y b e r n e t i k 16 L e b e n s z y k l u s 149 L i f e C y c l e 149 Logistik 113 M a n a g e m e n t - S y s t e m e 273 M a t r i x - O r g a n i s a t i o n 263 M e h r d i m e n s i o n a l i t ä t 36 Mensch-Maschine-Kommunikation M e t a - S t r u k t u r 76 M e t h o d e n b a n k 146 M e t h o d e n - M i x 129 M I S 45 M u l t i f a k t o r e n - M e t h o d e 321 N e t z p l a n t e c h n i k 292 N o r d s i e k - P l ä n e 83 N u l l - V e r s i o n 168 N u t z e n a n a l y s e 321 O b j e k t 72 O r g a n i g r a m m 115 O r g a n i s a t i o n s a n a l y s e 112 - Zusammenhang 114 - z y k l u s 63 P e t r i - N e t z e 195 Phasenmodelle 150,169 P l a n u n g 286 P l a n u n g s h i l f e n 300 - m e t h o d i k 297 - o b j e k t e 286 - v e r f a h r e n 291 P r o g r a m m a b l a u f p l a n 221 P r o g r a m m - H i e r a r c h i e 221 - M o d u l 213 P r o g r a m m n a h e S e z i f i k a t i o n 208 P r o g r a m m - N e t z 221 P r o j e k t 235 - a n t r a g 235 - a u f t r a g g e b e r 239 - a u s w a h l 245 - e i g n e r 239 - m a n a g e m e n t 236 - organisation 261,283 - Steuerung 3 0 3 - struktur 249 - s t r u k t u r p l a n 250 - W i r t s c h a f t l i c h k e i t 242 - ziele 242 P r o t o t y p e 168 P S A 194 P s e u d o - C o d e 230 P S L 189
20
Reales System 9 R e d u n d a n z 91 R e g e l g r ö ß e 17 Regelkreis 16,28 R e l a t i o n 176 R e l a t i o n e n - M o d e l l 175 Ressource-Management R e v i e w 305
143
276
S A D T - D i a g r a m m e 184 S c h w a c h s t e l l e n 98 S e l b s t a u f s c h r e i b u n g 70 S i c h e r h e i t s k e n n z i f f e r 135 S O P - P l ä n e 84 S t e l l e n a n a l y s e 110 - b e s c h r e i b u n g 116 S t e l l g r ö ß e 17 S t ö r g r ö ß e 17 S t r u c t u r e d D e s i g n 215 S t r u c t u r e d w a l k T h r o u g h 305 S t r u k t o g r a m m 217 Struktur 8 - b i l d 182 S t r u k t u r i e r t e P r o g r a m m i e r u n g 225 Strukturierungsmethode 44,210 Subsystem 13,32 Synthese 6 System 7 - analyse 7 - a r c h i t e k t u r 51 - beschreibung 38,132 - D e s i g n 141 - forschung 4 - Z u s a m m e n h a n g 179 T e a m - O r g a n i s a t i o n 267 T o p D o w n D e s i g n 200 T o t a l a n a l y s e 128 T r a n s a k t i o n 102 Transaktionszeitverhalten T r e e - A n a l y s i s 93 T r i a l a n d E r r o r 42 V e r k n ü p f u n g 62 Verrichtung 73 V e r r i c h t u n g s f o l g e n 75 Vorgehensplan 64,127 W i r t s c h a f t l i c h k e i t 309 Z i e l k a t a l o g 326 Z w e i s t u f e n - M o d e l l 327
105