Grenzüberschreitende Leihmutterschaft: Eine Untersuchung des materiellen und internationalen Abstammungsrechts Deutschlands und der USA [1 ed.] 9783428549399, 9783428149391

Die Arbeit behandelt die Frage der rechtlichen Abstammung eines von einer ausländischen Leihmutter geborenen Kindes. Die

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German Pages 329 Year 2017

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Grenzüberschreitende Leihmutterschaft: Eine Untersuchung des materiellen und internationalen Abstammungsrechts Deutschlands und der USA [1 ed.]
 9783428549399, 9783428149391

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Schriften zum Internationalen Recht Band 216

Grenzüberschreitende Leihmutterschaft Eine Untersuchung des materiellen und internationalen Abstammungsrechts Deutschlands und der USA

Von

Sophie Catherine Sitter

Duncker & Humblot · Berlin

SOPHIE CATHERINE SITTER

Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Schriften zum Internationalen Recht Band 216

Grenzüberschreitende Leihmutterschaft Eine Untersuchung des materiellen und internationalen Abstammungsrechts Deutschlands und der USA

Von

Sophie Catherine Sitter

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2017 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0720-7646 ISBN 978-3-428-14939-1 (Print) ISBN 978-3-428-54939-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-84939-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meiner Familie

Vorwort Die vorliegende Arbeit, die im Juli 2015 abgeschlossen wurde, hat der LudwigMaximilians-Universität im Wintersemester 2015/2016 als Dissertation vorgelegen. Literaturaktualisierungen und Rechtsprechung beruhen im Wesentlichen auf dem Stand Juli 2015. Die Idee zu dieser Arbeit entstand im Januar 2011 während meiner Wahlstation in der Zentrale des Auswärtigen Amts in Berlin (Referat 507). Seitdem haben zahlreiche Personen zu ihrem Gelingen beigetragen, denen ich im Folgenden danken möchte. Allen voran gilt mein ganz besonderer Dank meinem Doktorvater Prof. Dr. Stephan Lorenz. Ich bin ihm nicht nur für die hervorragende Betreuung dieser Arbeit, sondern vor allem auch dafür dankbar, dass er meine juristische Ausbildung seit dem ersten Semester so maßgeblich geprägt und begleitet hat. Herrn Prof. Dr. Peter Kindler danke ich für die Übernahme und extrem zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Danken möchte ich auch meinem Ausbilder im Auswärtigen Amt, Herrn Dr. Götz Schmidt-Bremme. Dadurch, dass er mir die Gelegenheit gegeben hat, mich eigenverantwortlich mit den rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Leihmutterschaft in der Praxis zu befassen, hat er meine Begeisterung und Leidenschaft für das Thema dieser Arbeit geweckt. Herrn Professor Richard Buxbaum, Frau Professorin Herma Hill Kay und Frau Professorin Katerina Linos danke ich für die gute Zusammenarbeit, den hilfreichen fachlichen Input und die herausragende akademische Betreuung während meines Masterstudiums an der UC Berkeley. Mein Aufenthalt in Berkeley hat einen ganz maßgeblichen Beitrag zum Entstehen dieser Arbeit geleistet. Ganz besonders danke ich auch dem Team der Law Library der UC Berkeley, das mir – auch nach meiner Rückkehr nach Deutschland noch – bei der Suche nach schier unauffindbaren Gerichtsentscheidungen stets hilfreich zur Seite stand. Zu großem Dank verpflichtet bin ich meinen Freundinnen Ioanna Dervisopoulos und Dr. Elena Barnert, die mich durch wiederholtes gutes Zureden überhaupt erst dazu gebracht haben, das große Projekt Dissertation doch noch anzugehen, und die mich durch ihren emotionalen Beistand sehr bei dem Verfassen dieser Arbeit unterstützt haben. Und schließlich möchte ich meiner Familie danken, vor allem meiner Mama – für einfach alles. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Go Bears! München, im September 2016

Sophie Catherine Sitter

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1. Teil Einführung in das Thema

23

§ 1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 A. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 B. Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 § 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 A. Historische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 C. Medizinische Grundlagen und Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Gründe für Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Medizinische Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Herkunft der Gameten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2. Methoden medizinisch assistierter Reproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 a) Künstliche Insemination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 b) In-vitro-Fertilisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 c) Oozytenspende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 d) Gametentransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 e) Embryonentransfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 f) Embryonenspende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3. Methoden zum Herbeiführen von Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Risiken bei Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 IV. Folgen der Leihmutterschaft für Mutter und Kind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 D. Leihmutterschaft in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2. Teil Leihmutterschaft im autonomen Recht

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§ 3 Autonomes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 A. Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

10

Inhaltsverzeichnis I. Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Embryonenschutzgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2. Adoptionsvermittlungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3. Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidung gegen Leihmutterschaft 47 4. Allgemeines Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 b) Verstoß gegen die guten Sitten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 II. Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Regelungen auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2. Einzelstaatliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Verbot der Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Zulässigkeit von Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen 59 c) Keine Regelungen zur Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Hintergrund der Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Unterschiede in der Haltung zu Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Unterschiede in der gesetzlichen Regelung von Leihmutterschaft in leihmutterfeindlichen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 IV. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 1. Verbot der Leihmutterschaft zum Schutz des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Störung der Identitätsfindung des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Schutz der Menschenwürde des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Verbot der Leihmutterschaft zum Schutz der Leihmutter . . . . . . . . . . . . . 74 a) Menschenwürde der Leihmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Emotionale und moralische Konflikte der Leihmutter . . . . . . . . . . . . . 76 c) Ausbeutung einer Zwangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3. Recht der Wunscheltern auf Fortpflanzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Diskriminierungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5. Kohärenz der gesetzgeberischen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 B. Abstammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 1. Originäre Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 b) Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 2. Änderung der Eltern-Kind-Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Vaterschaftsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

Inhaltsverzeichnis

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bb) Anfechtung der Vaterschaft bei Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . 87 (1) Notwendigkeit einer Beiwohnungsversicherung auch bei Leihmutterschaft? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 (2) Ausschluss des Anfechtungsrechts der Leihmutter und des Ehemannes gemäß § 1600 Abs. 5 BGB? . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Mutterschaftsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 b) Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Voraussetzungen der Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 cc) Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 c) Privatrechtliche Übertragung der Elternschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 3. Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 4. Sonderregelungen für künstliche Befruchtungsmethoden . . . . . . . . . . . . . 103 5. Bedeutung von genetischer Verwandtschaft und Elternschaft kraft Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 a) Genetische Verwandtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 b) Elternschaft kraft Willenserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Faktische Elternschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 6. Hintergrund der Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 7. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 II. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 1. Originäre Eltern-Kind-Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 b) Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) De facto-parents . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Änderung der Eltern-Kind-Zuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 a) Leugnen der Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Gerichtliche Feststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Feststellung der Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 bb) Feststellung der Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 cc) Statusänderung bei Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 c) Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 4. Sonderregelungen für Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 a) Model Acts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Parenthood by gestation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Parenthood by genetics . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 d) Parenthood by intent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 e) Best interest of the child test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 f) Contractual parenthood . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

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Inhaltsverzeichnis 5. Genetische Verwandtschaft und parenthood by intent . . . . . . . . . . . . . . . . 135 6. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 7. Hintergrund der Rechtslage in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 1. Sonderregelungen bei medizinisch assistierter Fortpflanzung . . . . . . . . . . 139 2. Einbeziehung der Parteiinteressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 3. Relevanz der sozialen Elternschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4. Abstammung bei Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 IV. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 1. Fehlende Eignung des Abstammungsrechts zur Verhinderung gespaltener Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Verhinderung der gespaltenen Mutterschaft nicht erforderlich . . . . . . . . . 145 3. Keine Rechtfertigung durch generalpräventive Aspekte . . . . . . . . . . . . . . 147 4. Verstoß gegen den Gleichheitssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 a) Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 b) Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 c) Art. 3 Abs. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 5. Fazit und Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Einführung einer Mutterschaftsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 b) Sonder-Adoptionsverfahren für genetisch verwandte Wunscheltern . . 154 c) Übertragung der Intentionslösung (parenthood by intent)? . . . . . . . . . 154 d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 C. Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 I. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 1. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 2. Verfahren bei Auslandsgeburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Antrag auf Ausstellung eines Kinderreisepasses . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Nachbeurkundung der Auslandsgeburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 II. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 1. Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 2. Verfahren bei Auslandsgeburt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 III. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 IV. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 3. Teil Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

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§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . 171 A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Inhaltsverzeichnis

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I. Anerkennungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Verfahrensrechtliche und kollisionsrechtliche Anerkennung . . . . . . . . . . . 172 2. Gegenstand verfahrensrechtlicher Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Verfahrensrechtliche Anerkennung von Abstammungsentscheidungen . . 174 a) Anerkennungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 c) Wirkungen der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Anerkennungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 II. Verfahrensrechtliche Anerkennung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 1. Elternschaft kraft Gesetzes oder Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 2. Ausländische Urkunden und Registereinträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 3. Gerichtliche Mitwirkung als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4. Ausländische Gerichtsurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Konstitutive oder deklaratorische Gerichtsentscheidung . . . . . . . . . . . 184 b) Inhalt der ausländischen Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 c) Ausländische Entscheidungen mit Wirkung inter partes . . . . . . . . . . . 186 5. Adoptionsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 III. Anerkennungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 1. Fehlende internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 2. Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 aa) Vergleichbares Ergebnis nach deutschem Recht . . . . . . . . . . . . . . 191 bb) Kein Verstoß gegen tragende Grundsätze des deutschen Rechts 192 (1) Kein Verstoß gegen die Wertungen des AdWirkG und ESchG 193 (2) Kein Verstoß gegen Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 (3) Kein ordre public-Verstoß wegen forum shopping . . . . . . . . . . 194 (4) Folgen der Bejahung eines ordre public-Verstoßes . . . . . . . . . 195 (5) Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention . . . . 196 (6) Wertungen der UN-Kinderrechtskonvention . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Zuordnung des Kindes zum Wunschvater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 c) Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Co-Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Sonstige Anerkennungshindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 B. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 I. Anerkennungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 1. Verfahrensrechtliche und kollisionsrechtliche Anerkennung . . . . . . . . . . . 205 2. Gegenstand verfahrensrechtlicher Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 3. Verfahrensrechtliche Anerkennung im amerikanischen Recht . . . . . . . . . 209 a) Pflicht zur verfahrensrechtlichen Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210

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Inhaltsverzeichnis b) Reichweite der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 aa) Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 bb) Public acts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 cc) Records . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 c) Ausnahmen von der Anerkennungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 aa) Fehlen einer public policy-Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 bb) Einschränkungen durch das Due Process-Gebot . . . . . . . . . . . . . . 216 cc) Mittelbare public policy Ausnahme? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 d) Ausländische Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 II. Anerkennung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 2. Elternstellung kraft Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Geburtsurkunde bzw. Registereintrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 4. Gerichtliche Mitwirkung als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 5. Schwesterstaatliche Abstammungsurteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6. Adoptionsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 7. Ausländische Gerichtsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 8. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 C. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 D. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

§ 5 Kollisionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 A. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 II. Abstammungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 1. Anwendbarkeit von Art. 19 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 a) Vorrangige völkerrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 b) Anwendbarkeit in Leihmutterfällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 c) Kollisionsrechtliche Einkleidung der Frage der Abstammung eines Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Anknüpfung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 a) Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Gewöhnlicher Aufenthalt eines Säuglings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 bb) Ausländisches Recht als Abstammungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 b) Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 aa) Heimatrecht der Mutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 bb) Heimatrecht des Vaters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 cc) Heimatrecht eines Co-Elternteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 c) Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 3. Verhältnis der Anknüpfungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Kollisionsfälle im Rahmen des Art. 19 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255

Inhaltsverzeichnis

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b) Verhältnis der Anknüpfungsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Kollidierende Zuordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 bb) Faktischer Muttermangel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 4. Statutenwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 III. Ordre Public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 IV. Unionsrechtliche Vorgaben bei der Anerkennung ausländischer Statusentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 1. Unionsrechtliche Pflicht zur Rechtslagenanerkennung in Statusfragen? 264 a) Übertragbarkeit auf andere Statusverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 b) Inhalt des Anerkennungsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 2. Anerkennung von Anerkennungsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. CIEC-Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 V. Anfechtungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 1. Anfechtung der Mutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 a) Deutsches Abstammungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 b) Ausländisches Abstammungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Anfechtung der Vaterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 3. Ordre public . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 VI. Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 1. Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 2. Deutsches Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 3. Ausländisches Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 VII. Internationales Erb- und Unterhaltsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 VIII. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 B. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 I. Choice of law in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 2. First Restatement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 3. Governmental interest analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 4. Better law approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 5. Second Restatement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 II. Grenzüberschreitende Leihmutterschaftsfälle in den USA . . . . . . . . . . . . . . 285 1. Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 2. Abstammungsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 a) First Restatement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 aa) Familienrechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 bb) Vertragsrechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 cc) Adoptionsrechtliche Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 dd) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 b) Governmental interest analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

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Inhaltsverzeichnis c) Better law approach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 d) Second Restatement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 3. Adoptionsstatut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 C. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 D. Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 I. Kollisionsrechtlicher Handlungsbedarf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 II. Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 1. Änderung des Kollisionsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 2. Vereinheitlichung des materiellen Abstammungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 298 3. Rechtslagenanerkennung de lege ferenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 III. Klarstellung im Rahmen von Art. 19 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 1. Gewöhnlicher Aufenthalt, Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB . . . . . . . . . . . . . . 302 2. Rangverhältnis der Anknüpfungsalternativen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

4. Teil Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

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§ 6 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 A. Leihmutterschaft im autonomen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 B. Grenzüberschreitende Leihmutterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 § 7 Lösungsvorschläge für das deutsche Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 A. Abschluss eines internationalen Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 B. Autonome Lösungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 I. Materielles Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 II. Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 III. Internationales Zivilverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 Sachwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324

Einleitung Mater semper certa est1 – die Mutter ist immer sicher. Dieser Grundsatz des römischen Rechts gilt im Abstammungsrecht zahlreicher Rechtsordnungen2 und besagt, dass die rechtliche Mutter eines Kindes immer die Frau ist, die es geboren hat. Etwas anderes war bis vor wenigen Jahrzehnten gar nicht denkbar. Mutterschaft war eine Tatsache. Der medizinische Fortschritt, insbesondere in der Fortpflanzungsmedizin, hat jedoch dazu geführt, dass nichts mehr sicher ist. Durch assistierte Reproduktionstechniken3 wie beispielsweise die In-vitro-Fertilisation (IVF) kann eine Frau ein Kind austragen und gebären, ohne dass es genetisch von ihr abstammt. Insbesondere im Fall von Leihmutterschaft lässt sich die Mutterrolle daher nicht mehr so einfach zuordnen, wie es noch vor wenigen Jahrzehnten der Fall war. Leihmutterschaft bedeutet, dass eine Frau ein Kind für eine andere Person bzw. für ein anderes Paar, die intendierte Mutter, den intendierte Vater bzw. die intendierten Eltern4, austrägt, und verspricht, das Kind nach der Geburt an diese herauszugeben. Das Kind kann dabei genetisch sowohl von der Leihmutter als auch von der Wunschmutter, dem Wunschvater oder von (ggf. anonymen) Spendern abstammen. Insgesamt können somit bis zu sechs Personen an der Zeugung eines Kindes „beteiligt“ sein und kommen als rechtliche Eltern5 in Betracht: die Wunscheltern, die Leihmutter und deren Ehemann sowie gegebenenfalls der Sa1

Vgl. Dig. 2.4.5 (Iulius Paulus): „quia [mater] semper certa est, etiam si vulgo conceperit.“ So z. B. im deutschen Recht (§ 1591 BGB), im österreichischen Recht (§ 137b ABGB), im schweizerischen Recht (Art. 252 ZGB), im holländischen Recht (Art. 1:198 niederländisches BGB [Burgerlijk Wetboek]), im spanischen Recht (Art. 120 Nr. 4 spanisches Zivilgesetzbuch [Código Civil]), im dänischen Recht (§ 30 dänisches Kindergesetz [børneloven], dort sogar ausdrücklich unabhängig von der genetischen Verwandtschaft), im norwegischen Recht (§ 2 norwegisches Kindergesetz [barnelova]), und im Recht des Vereinigten Königreichs (1987 Regulations and Children Act 1989 sowie Sec. 33 Abs. 1 Human Fertilisation and Embryology Act 2008). Auch das französische Recht folgt diesem Grundsatz, wenngleich er dort keine ausdrückliche Erwähnung findet und durch die Möglichkeit der anonymen Geburt abgeschwächt wird, vgl. Cour d’appel de Rennes (6. Kammer), Urteil vom 4. Juli 2002, Nr. 01/ 02471: „Considérant […] que l’adage latin mater semper certa est qui signifie que la mère est celle qui a accouché de l’enfant trouve application en France même si ce principe est atténué par la possibilité d’accoucher anonymement et par l’obligation qu’a le plus souvent la mère naturelle de reconnaître son enfant; qu’il est donc patent qu’en droit français la mère est celle qui porte l’enfant et lui donne la vie en le mettant au monde; qu’en conséquence la réalité génétique seule ne crée pas la filiation maternelle.“ (Hervorhebung nur hier). 3 Auch medizinisch assistierte Fortpflanzung (MAF) genannt. 4 Die intendierten Eltern werden auch als Wunschmutter, Wunschvater bzw. Wunscheltern bezeichnet. § 13b AdVermiG definiert sie als „Bestelleltern“. 5 Zum Begriff der rechtlichen Eltern vgl. BVerfG, NJW 2003, 2151, 2152. 2

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Einleitung

menspender und die Eizellspenderin.6 Die rechtliche Mutter des Kindes, deren Rolle früher so sicher war, kann die Frau sein, aus deren Eizelle das Kind stammt, die Frau, die das Kind austrägt oder die Frau, die es großzieht. Genetische, biologische und soziale Mutterschaft fallen somit bei Leihmutterschaft auseinander. Wer die rechtliche Mutter eines Kindes sein soll, ist somit eine wesentlich komplexere Frage, als dass die bloße Tatsache der Geburt sie heute noch ausreichend beantworten könnte. Es sind aber nicht nur die neuen medizinischen Möglichkeiten, die die Zuordnung der Elternrolle in Frage stellen, sondern auch ein Wandel des Familienbildes.7 Während die klassische Familie früher (jedenfalls seit ca. 1945) aus Vater, Mutter und Kindern bestand, sind im Laufe der Zeit zahlreiche neue Familienformen hinzugekommen:8 Alleinerziehende Mütter und Väter, Patchwork-Familien, gleichgeschlechtliche Paare mit Kindern und Mehrgenerationen-Wohngemeinschaften gehören inzwischen zum Alltag. Die Familie ist zu einem „multioptionalen Modell“ geworden9 und die „biologische Kernfamilie“10 ist längst nicht mehr selbstverständlich. Vielmehr werden konventionelle Eltern-Kind-Beziehungen immer mehr durch eine soziale Familie11 ersetzt. Ob die leibliche Elternschaft in diesem Fall an Bedeutung verliert,12 bleibt abzuwarten. Sicher ist jedenfalls, dass eine Transformation der Familie stattfindet, die dazu zwingt, gesellschaftliche Wertevorstellungen und möglicherweise veraltete Konzepte zu überdenken. Diese Transformation beeinflusst auch die Diskussion der durch den medizinischen Fortschritt aufgeworfenen neuen Rechtsfragen, die unterschiedlichen Rechtsgebieten angehören. Bei Leihmutterschaft beispielsweise stellt sich zunächst im allgemeinen Zivilrecht die Frage der Wirksamkeit einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den intendierten Eltern und der Leihmutter. Können die Wunscheltern die Herausgabe des Kindes erzwingen, wenn die Leihmutter es nach der Geburt für sich behalten will? Oder können andererseits die Wunscheltern verpflichtet werden, das Kind an sich zu nehmen wenn die Leihmutter es nicht behalten will? Im Familienrecht ist vor allem die Abstammung des durch eine Leihmutter geborenen Kindes fraglich und, 6 Entsteht die zu befruchtende Eizelle im Wege einer Mitochondrien-Spende, erweitert sich der Kreis der Beteiligten um eine weitere Frau. Die Mitochondrien-Spende ermöglicht es, defekte Mitochondrien in der Eizelle einer Wunschmutter durch gesunde Spendermitochondrien zu ersetzen. Das Kind trägt dann das Erbgut von drei Personen in sich, wenngleich die mitochondriale Fremd-DNS nur einen geringen Anteil ausmacht. Die Mitochondrien-Spende wurde kürzlich erstmalig in Großbritannien zugelassen (vgl. Artt. 3, 6 und 7 des Entwurfs eines geänderten Human Fertilisation and Embryology Acts, einsehbar unter http://www.legislation. gov.uk/ukdsi/2015/9780111125816/contents, zuletzt eingesehen am 24. März 2016) und wird für diese Arbeit außer Betracht gelassen. 7 Wagener, Mater semper certa est?, S. 4 f. 8 Vgl. Kreß, FPR 2013, 204, 241 („Pluralisierung der Lebensformen“; „Wertewandel im Verständnis von Ehe, Zusammenleben und Familie“). 9 März, Die Zeit Nr. 38, S. 52. 10 März, Die Zeit Nr. 38, S. 52. 11 Vgl. zum Begriff Staudinger/Rauscher, Einl. zu §§ 1589 ff. Rn. 21 ff. 12 Dafür: Kreß, FPR 2013, 204, 241; a.A. März, Die Zeit Nr. 38, S. 52.

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damit verbunden, seine Staatsangehörigkeit sowie seine Unterhalts- und Erbansprüche. Aber auch Verfassungsrecht, Strafrecht, Arbeitsrecht und Steuerrecht spielen bei Leihmutterschaft eine Rolle. Stellt Leihmutterschaft einen Eingriff in die Menschenwürde des Kindes oder der Leihmutter dar? Machen sich die Beteiligten an einer Leihmutterschaft strafbar? Haben intendierte Mütter, die einen Säugling großziehen, aber selbst kein Kind geboren haben, einen Anspruch auf Mutterschutz und Kindergeld? Können die Kosten einer Leihmutterschaft steuerlich geltend gemacht werden? All diese Fragen haben gemeinsam, dass ihre Beantwortung von der gesetzgeberischen Grundentscheidung über die Zulässigkeit von Leihmutterschaft als solche abhängt. Weltweit findet sich hierzu ein breites Spektrum an Regelungen, die von einem absoluten Verbot bis hin zur ausdrücklichen Zulässigkeit der Leihmutterschaft reichen. In Deutschland ist die Lage eindeutig: Leihmutterschaft ist unzulässig und teilweise sogar strafbar. Auch viele andere Länder haben sich gegen Leihmutterschaft entschieden.13 Deshalb kommt es immer häufiger vor, dass Paare oder Einzelpersonen mit dringendem Kinderwunsch versuchen, das in ihrem Heimatland geltende Verbot der Leihmutterschaft zu umgehen, indem sie, teilweise mit Unterstützung von darauf spezialisierten Vermittlungsagenturen,14 eine Leihmutter im Ausland suchen. Die Wahl fällt dabei häufig auf Indien, Russland, die Ukraine oder den US-Bundesstaat Kalifornien, und damit auf Staaten, die Leihmutterschaft sehr liberal gegenüberstehen und teilweise sogar mit auf Leihmutterschaft spezialisierten Kliniken werben.15 Die Zahl der Auslands-Leihmutterschaftsfälle hat in den letzten Jahren stark 13 Vgl. beispielsweise Frankreich (Art. 16-7 Code civil und Art. 227-12 Code pénal), Italien (Artt. 4 Abs. 3, 9 Abs. 2 und 12 Abs. 6 des Gesetzes Nr. 40 vom 19. 2. 2004, Norme in materia di procreazione medicalmente assistita), Norwegen (§ 2 barneloven und § 2-15 bioteknologiloven), Österreich (§ 3 Abs. 3 Fortpflanzungsmedizingesetz), Portugal (Art. 8 Abs. 1 und 39 Lei da Procriação Medicamente Assistida Nr. 23/2006 vom 26. 7. 2006) und die Schweiz (Art. 119 Abs. 2 lit. d Bundesverfassung, Art. 4 Fortpflanzungsmedizingesetz), alle zitiert nach Helms, StAZ 2013, 114, 115. 14 Diese haben ihren Sitz selbstverständlich regelmäßig in einem leihmutterschaftsfreundlichen Staat. Siehe beispielsweise für die USA: http://www.circlesurrogacy.com, http:// www.creatingfamilies.com oder http://www.surrogacyadvisor.com/directory/agencyratings, eine Art „Tripadvisor“ für Leihmutterschaftsagenturen; für die Ukraine: www.surrogacy-ukrai ne.com, http://www.ukrainiansurrogates.com, http://www.successful-parents.com oder http:// www.irtsa.com.ua/en/about-us; für Indien: http://www.newlifeindia.com, http://www.surrogacy services.net, http://becomeparents.com (jeweils zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Die Liste lässt sich beliebig fortführen. 15 Teilweise werden eigens für diesen Zweck geschaffene Visa, sog. medical visa, ausgestellt. So beispielsweise in Indien, Helms, StAZ 2013, 114, 118. Wunscheltern können sich mit diesem Visum bis zu ein Jahr anstatt der sonst für Touristen zulässigen sechs Monate in Indien aufhalten, Bertschi, Leihmutterschaft, S. 161. Siehe hierzu die guidelines des indischen Ministry of Home Affairs für ausländische Staatsbürger, die zur Durchführung von Leihmutterschaft nach Indien einreisen möchten, Rundschreiben Nr. 25022/74/2011- F.I vom 9. Juli 2012, abrufbar über die Website des indischen Ministry of Home Affairs, http://mha1.nic.in/pdfs/Sur rogacy-111013.pdf (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Weitere Informationen zur Leih-

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zugenommen16 und es ist ein regelrechter Fortpflanzungstourismus17 entstanden, der zusätzlich konsularrechtliche Fragen und solche des Internationalen Privatrechts aufwirft. Medizintourismus ist ein weltweites Phänomen, das mit der Globalisierung stark zugenommen hat.18 Es ist heutzutage völlig normal, für medizinische Behandlungen ins Ausland zu gehen, wenn diese dort günstiger sind, besser oder zeitnaher durchgeführt werden oder nur im Ausland zulässig sind. Somit überrascht es nicht, dass auch zur Erfüllung des Kinderwunsches Grenzen überschritten werden. Während jedoch die rechtlichen Konsequenzen in den Fällen, in denen die Folgen der Grenzüberschreitung zeitlich begrenzt sind, relativ überschaubar sind, ist dies bei Statusfragen19 nicht der Fall. Die einmalige Grenzüberschreitung wirkt sich auf das gesamte Leben aus und der Betroffene ist auf eine Billigung des Auslandssachverhalts durch seinen Herkunftsstaat angewiesen, da es andernfalls zu sog. „hinkenden Rechtsverhältnissen“ kommen kann. Das Problem hinkender Rechtsverhältnisse ist aus anderen Bereichen wie beispielsweise dem Namensrecht oder der gleichgeschlechtlichen Ehe bekannt. Bei Leihmutterschaft im Ausland tritt sie im Zusammenhang mit der Abstammung des Kindes auf. Bei Geburt eines Kindes durch eine ausländische Leihmutter kann es unter Umständen dazu kommen, dass das Kind aufgrund hinkender Rechtsverhältnisse faktisch eltern- und staatenlos wird. Die Klärung der statusrechtlichen Beziehungen des Kindes ist jedoch von wesentlicher Bedeutung: Zum einen gehört die (biologische und rechtliche) Abstammung zum Kern der Identität einer jeden Person. Zum anderen leiten sich aus dem Status zahlreiche weitere Rechtsfolgen ab, wie beispielsweise die Staatsangehörigkeit und

mutterschaft in Indien finden sich in den FAQ des Ministry of Home Affairs, abrufbar unter http://mha1.nic.in/foreigDiv/FAQS.html (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines medical visa wurden für Wunscheltern in jüngster Zeit verschärft. Künftig erhalten nur noch heterosexuelle Paare, die seit mindestens zwei Jahren verheiratet sind und nachweisen können, dass das in Indien mittels Leihmutterschaft begründete Kindschaftsverhältnis in ihrem Herkunftsland anerkannt wird, ein solches Visum, Bertschi, Leihmutterschaft, S. 161. 16 Siehe hierzu unter § 2 D., S. 24 f. 17 Zu diesem Begriff siehe Areen, Family Law, S. 420 („medical tourism“); IFFS, Survey 2013, S. 112, sowie ausführlich Knoll, Reproduktionstourismus, S. 69 ff. 18 Für die USA wurden bis zu 16 Millionen Medizintouristen jährlich bis 2018 prognostiziert, siehe SF Gate vom 3. August 2008, http://www.sfgate.com/business/article/Americanslook-abroad-to-save-on-health-care-3274578.php (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Auch die Europäische Union hat sich mit dem Medizintourismus befasst, siehe die Richtlinie 2011/ 24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung (ABl. 2011, L 88/45). 19 Unter Status werden die familien- und individual-personenrechtlichen Eigenschaften einer Person von gewisser Dauer verstanden, die nach außen erkennbar sind und Rechte und Pflichten begründen, Funken, Anerkennungsprinzip, S. 14. Dazu zählen neben Ehe, Lebenspartnerschaft und Name auch die Abstammung und Adoption, Wagner, StAZ 2012, 133.

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der Name.20 Hinkende Statusverhältnisse haben deshalb gerade in Abstammungsfragen besonders gravierende Auswirkungen für die Betroffenen.21 Von wem ein im Ausland geborenes Leihmutterkind abstammt, ist derzeit alles andere als klar, hängt in der Praxis häufig von tatsächlichen Umständen und individuellen Rechtsauffassungen ab und divergiert im Einzelfall stark: mal wird die Elternschaft der deutschen Wunscheltern anerkannt und ein deutscher Pass für das Kind ausgestellt oder die Auslandsgeburt nachbeurkundet, mal nicht.22 Schlimmstenfalls kann es sogar dazu kommen, dass das Kind elternlos23 und staatenlos24 ist. Die Wunscheltern und das Kind befinden sich häufig über einen längeren Zeitraum in einer Schwebesituation,25 es herrscht erhebliche Rechtsunsicherheit und die Einzelfallgerechtigkeit bleibt oft auf der Strecke. Hinzu kommt, dass es sich bei Leihmutterschaft, ähnlich wie bei Abtreibung, Stammzellenforschung, genetic engineering, und Klonen, um ein ethisch und moralisch sehr sensibles Thema handelt, was die Suche nach einer angemessenen rechtlichen Lösung zusätzlich erschwert.26 20

Wagner, StAZ 2012, 133. Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 503; Wagner, StAZ 2012, 133. 22 Beispiele für ablehnenden Gerichtsentscheidungen sind die Beschlüsse des VG Berlin vom 05. 09. 2012, IPrax 2014, 80 (Ukraine), vom 26. 11. 2009, BeckRS 2009, 42145 (Indien) und vom 15. 04. 2011, IPrax 2012, 548 (Indien) (m. Anm. Heiderhoff), in denen die Ausstellung eines Kindesreisepasses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgelehnt wurde. Dem gegenüber steht beispielsweise der Beschluss des AG Nürnberg vom 14. 12. 2009, BeckRS 2010, 02638 (Russland), in dem der Standesbeamte zur Nachbeurkundung der Auslandsgeburt angewiesen wurde. 23 Zu diesem Ergebnis kam ein italienisches Gericht: Im Fall italienischer Wunscheltern, die mit Hilfe einer ukrainischen Leihmutter ein Kind hatten, hat der Oberste Kassationsgerichtshof entschieden, dass das Kind nicht von den italienischen Wunscheltern abstammt. Da das Kind nach ukrainischem Recht jedoch auch nicht von der ukrainischen Leihmutter abstammt, war das Kind im Ergebnis elternlos und muss in der Ukraine zur Adoption freigegeben werden, vgl. Corte di cassazione, Sezione I civile, Urteil vom 11. November 2014 n. 24001. 24 Der britische High Court of Justice hat diese Problematik in einem Urteil, das ebenfalls in einem ukrainischen Leihmutterschaftsfall erging, wie folgt zusammengefasst: „the consequences […] are that once the surrogate mother has given birth to the twins and delivered them to the [intended parents], she and her husband were free of all obligations to the children. They had neither the status nor the rights and duties of parents; […] Moreover, the children had no rights of residence in or citizenship of Ukraine and there was no obligation owed to them by the state other than to accommodate them as an act of basic humanity in a state orphanage. […] The [intended parents] had of course entered the Ukraine on a temporary visa and had no rights to remain (let alone work or reside) in the Ukraine beyond this period specified in the visa. The effect of all this was of course that these children were effectively legal orphans and, more seriously, stateless.“, vgl. In re X and another, (Children) (Parental Order: Foreign Surrogacy) [2009] 2 WLR 1274. 25 So sind beispielsweise die deutschen Wunscheltern von Zwillingen, die von einer indischen Leihmutter geboren wurden, über den Zeitraum von zwei Jahren zwischen Indien und Deutschland gependelt, um sich um ihre Kinder zu kümmern, vgl. http://www.spiegel.de/panora ma/gesellschaft/leihmutter-drama-deutsche-eltern-kaempfen-in-indien-um-ihre-zwillinge-a-681 644.html (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 26 Morgan, Enigma Variations, S. 75. 21

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Einleitung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit einigen der rechtlichen Fragen auseinander, die im Zusammenhang mit der Geburt eines Kindes durch eine ausländische Leihmutter auftreten können, und gibt Anregungen dazu, wie die Chancen und Risiken, die der medizinische Fortschritt mit sich bringt, vom Gesetzgeber in Ausgleich gebracht werden können.

1. Teil

Einführung in das Thema § 1 Grundlagen A. Das Problem Die Geburt eines Kindes durch eine ausländische Leihmutter wirft zahlreiche Fragen des Internationalen Privatrechts auf. Dazu gehören solche des internationalen Vertragsrechts, des internationalen Deliktsrechts, des internationalen Unterhaltsund Erbrechts sowie des internationalen Kindschafts- und Abstammungsrechts. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt auf letzterem. Gegenstand der Untersuchung ist die Abstammung im Ausland geborener Leihmutterkinder. Wie eingangs erwähnt, ist häufig unklar, wer die rechtlichen Eltern des Kindes sind, und damit auch, welche Staatsangehörigkeit das Kind hat. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich anhand des Beispiels der Ukraine verdeutlichen:1 Ein deutsches kinderloses Ehepaar entscheidet sich dafür, mit Hilfe einer ukrainischen Leihmutter ein Kind zu bekommen. Nach den erforderlichen medizinischen Behandlungen in der Ukraine trägt die Leihmutter das genetisch mit beiden Wunscheltern verwandte Kind aus und bringt es in einer ukrainischen Spezialklinik zur Welt.2 Nach dem ukrainischen Recht sind die Wunscheltern in einem solchen Fall automatisch die rechtlichen Eltern des Kindes.3 Sie werden in die ukrainische Geburtsurkunde des Kindes eingetragen. Unmittelbar nach der Geburt nehmen die Wunscheltern das Kind in Empfang, um gemeinsam mit ihm zurück nach Deutschland zu reisen. Hierzu beantragen sie bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung in der Ukraine einen Reisepass für das Kind. 1 Das ukrainische Recht ist sehr „leihmutterfreundlich“ und eignet sich daher besonders dafür, die Probleme im Zusammenhang mit ausländischer Leihmutterschaft zu verdeutlichen. Der hier verwendete Beispielsfall entspricht der Situation über die das VG Berlin zu entscheiden hatte, vgl. Beschluss vom 05. 09. 2012, IPrax 2014, 80. 2 Selbstverständlich ist grenzüberschreitende Leihmutterschaft auch in zahlreichen anderen Konstellationen denkbar. Sowohl der Wohnort der Leihmutter und der Wunscheltern, der Ort der Durchführung der medizinischen Behandlung, Geschlecht und Familienstand: der Wunscheltern als auch die Herkunft der Gameten können variieren, vgl. die verschiedenen Szenarien bei Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 402. Darüber hinaus basiert dieser Beispielsfall auf der Annahme, dass sich alle Beteiligten an die Leihmuttervereinbarung halten. Sofern die Leihmutter oder die Bestelleltern vom Vertrag Abstand nehmen wollen und Streit um das Kind entsteht, wird die Situation noch komplizierter. 3 Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuches; siehe ausführlich zur Rechtslage in der Ukraine Druzenko, Ukraine, S. 357 ff.

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1. Teil: Einführung in das Thema

Die Ausstellung eines Kinderreisepasses wird in solchen Fällen von den deutschen Behörden regelmäßig verweigert und die ablehnende Entscheidung anschließend häufig auch gerichtlich bestätigt.4 Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit und damit für die Ausstellung eines deutschen Reisepasses ist die Abstammung von deutschen Eltern. Da es sich um einen grenzüberschreitenden Fall handelt, beurteilt sich die Abstammung nach Art. 19 EGBGB. Die Anwendung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB führt jedoch im Ergebnis dazu, dass das Kind gerade nicht von den deutschen Wunscheltern abstammt. Im Einzelnen wird dies wie folgt begründet: Nach dem von Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB berufenen deutschen Heimatrecht der Wunscheltern ist die ausländische Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes. Sofern die Leihmutter verheiratet ist, ist ihr Ehemann der rechtliche Vater. Das Kind stammt also nicht von deutschen, sondern von ukrainischen Eltern ab. Sofern die Leihmutter ledig ist, könnte der deutsche Wunschvater zwar nach dem deutschen Recht die Vaterschaft anerkennen. Die erforderliche Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses wurde jedoch von den Auslandsvertretungen oftmals unter Verweis auf § 10 Abs. 3 KonsG i.V.m § 4 BeurkG mit der Begründung verweigert, dass es sich bei Leihmutterschaft um einen unerlaubten Zweck im Sinne diese Vorschrift handle.5 Auch ein etwaiges ausländisches Vaterschaftsanerkenntnis bzw. die ausländische Geburtsurkunde ändern nichts an diesem Ergebnis. Einerseits reichen sie als im Passerteilungsverfahren erforderlicher Nachweis6 der Abstammung nicht aus,7 andererseits besteht keine Pflicht zur Anerkennung ausländischer Urkunden, weshalb sie keine unmittelbare Rechtswirkung haben.8 4 Für ablehnende Gerichtsentscheidungen siehe 1. Teil, Fn. 22. Anders aber AG Friedberg FamRZ 2013, 1994, 1995; AG Nürnberg vom 14. 12. 2009, BeckRS 2010, 02638 (Russland). 5 Dies war beispielsweise der Fall in der Entscheidung des OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 04. 2013, IPrax 2014, 77. Die deutsche Botschaft am Geburtsort des Kindes lehnte die Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses zunächst ab, verpflichtete sich jedoch später in einem Vergleich vor dem VG Berlin (Az.: 34 K 9.11) dazu, die Beurkundung vorzunehmen, wenn weitere Nachweise erbraucht würden. Nachdem diese erbracht wurden, erfolgte die Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses. Anschließend beantragte einer der Wunschväter die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt, im Rahmer derer es zur Zweifelsvorlage an das Oberlandesgericht Düsseldorf kam. Inzwischen hat das Auswärtige Amt seine Position, wie es scheint, dahingehend geändert, dass eine Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses im Fall einer ledigen Leihmutter und bei Offenlegung der Leihmutterschaft vorgenommen wird, siehe hierzu die Hinweise zu Leihmutterschaft auf der Homepage des Auswärtigen Amts, http://www. auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/FAQ/GeburtAusland/06-Leihmutterschaft.html?nn=383 016 (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Zur Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses siehe auch 2. Teil, Fn. 288. 6 Gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 PassG hat der Passbewerber alle erforderlichen Nachweise zur Feststellung seiner Eigenschaft als Deutscher zu erbringen. Siehe hierzu ausführlich unten § 3 C. I., S. 141 ff. 7 Oft ergibt sich bereits aus den tatsächlichen Umständen des Falles, dass das Kind nicht von der Wunschmutter geboren worden sein kann, etwa weil diese zu alt ist, als das eine Schwangerschaft in Betracht käme, oder weil die Wunscheltern nur wenige Tage vor der Geburt

§ 1 Grundlagen

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Zwar stammt das Kind nach dem von Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB gegebenenfalls auch berufenen ukrainischen Recht9 von den deutschen Wunscheltern ab.10 Dieses Ergebnis verstößt jedoch nach Ansicht zahlreicher deutscher Gerichte und Behörden gegen den deutschen ordre public, so dass die Vorschriften des ukrainischen Abstammungsrechts gemäß Art. 6 EGBGB nicht anzuwenden seien.11 Mangels anderweitiger Regelungen im ukrainischen Recht kommt es daher wiederum zur Anwendung deutschen Rechts als Abstammungsstatut, womit das eben Gesagte gilt: Das Kind stammt von einer ukrainischen Mutter ab und der deutsche Wunschvater kann die Vaterschaft oft nicht wirksam anerkennen.12 Die Ausstellung eines deutschen Passes wird daher verweigert. Im Ergebnis müsste das Kind somit im Ausland zurückbleiben. Problematisch ist dabei nicht nur, dass die ausländische Leihmutter in der Regel kein Interesse an dem Kind hat und faktisch nicht zur Übernahme der Mutterrolle bereit ist,13 sondern auch, dass sie nach ihrem Heimatrecht rechtlich keine Möglichkeit hat, die Mutter des Kindes zu werden. Die Wunscheltern können sich auch aus aufenthaltsrechtlichen Gründen in der Regel nicht länger in dem

in die Ukraine eingereist sind, also zu einem Zeitpunkt, zu dem eine hochschwangere Frau eine solche Reise nicht mehr auf sich nehmen könnte und dürfte. Flugreisen sind nur bis zum Ende der 36. Schwangerschaftswoche bzw. vier Wochen vor dem Geburtstermin zulässig sind, vgl. hierzu die Hinweise der Deutschen Lufthansa AG oder der British Airways Plc zu Flugreisen in der Schwangerschaft unter http://www.lufthansa.com/de/de/Schwangerschaft und http://www. britishairways.com/de-de/information/travel-assistance/medical-conditions-and-pregnancy (jeweils zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Wunscheltern reisen jedoch in der Regel nur wenige Tage vor der Geburt in das Zielland. Darüber hinaus sind die deutschen Auslandsvertretungen in Ländern bzw. Regionen, in denen Leihmutterschaft häufig praktiziert wird, besonders für das Thema sensibilisiert und prüfen die Abstammung bei Geburt eines Kindes in bekannten Fruchtbarkeitskliniken besonders kritisch. 8 Wagner, StAZ 2012, 294, 297. Eine Pflicht zur unmittelbaren Anerkennung von Personenstandsurkunden kann sich allenfalls aus staatsvertraglichen Regelungen ergeben. Ein Beispiel hierfür ist das Übereinkommen vom 8. 9. 1976 über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsurkunden (BGBl. 1997 II, S. 774). Art. 8 Abs. 1 des Übereinkommens stellt ausländische Personenstandsurkunden den deutschen gleich, Wagner, StAZ 2012, 294, 297 (dort Fn. 25). 9 Wo sich der gewöhnliche Aufenthalt eines Säuglings befindet, ist umstritten. Siehe hierzu unten § 5 II. 2. a) (aa), S. 229 ff. 10 Art. 123 Abs. 2 des ukrainischen Familiengesetzbuches. 11 So VG Berlin, Beschluss vom 05. 09. 2013, IPrax 2014, 80 (Ukraine); für den verfahrensrechtlichen ordre public siehe auch KG Berlin, Beschluss vom 01. 08. 2013 StAZ 2013, 348 (Kalifornien). 12 Auch die Anknüpfungsalternative des Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB, der auf das Ehewirkungsstatut zur Zeit der Geburt verweist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entweder es handelt sich bei dem Ehewirkungsstatut ebenfalls um deutsches Recht, oder, wenn ausländisches Recht berufen wird, das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts scheitert am ordre public-Vorbehalt. 13 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2677.

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1. Teil: Einführung in das Thema

Geburtsland aufhalten, um vor Ort für das Kind zu sorgen.14 Im Fall der Ukraine kommt erschwerend hinzu, dass das Kind auch keinen ukrainischen Pass erhalten kann, da es aus ukrainischer Sicht nur von deutschen Eltern abstammt. Im Ergebnis wäre das Kind in diesem Beispielsfall nicht nur eltern- sondern auch staatenlos.15 In manchen Fällen gelingt es deutschen Wunscheltern zwar, mit dem Kind nach Deutschland einzureisen. Dies ist immer dann der Fall, wenn das Kind in einem Land geboren wird, in dem die Staatsangehörigkeit iure soli vermittelt wird16 und das Kind deshalb einen ausländischen Reisepass erhält.17 Es sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen die Einreise mit Hilfe von Schleusern erfolgt.18 Damit ist das Problem jedoch nicht gelöst. Die Frage der Abstammung des Kindes stellt sich dann nämlich im Rahmen der Nachbeurkundung der Auslandsgeburt19 gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 1. HS Personenstandsgesetz (PStG)20 und der Eintragung des Kindes in das Geburtenregister. Zwar sind die örtlichen Standesämter häufig weniger sensibilisiert und erkennen oftmals nicht, dass es sich um einen Leihmutterschaftsfall handelt, so dass die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt häufig vorgenommen wird.21 Die Thematik ist aber inzwischen auch bei Standesämtern immer bekannter und die Nachbeurkundung wird in Leihmutterfällen in letzter Zeit vermehrt mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei Leihmutterschaft um einen sittenwidrigen Zweck handle.22

14 In der Praxis wechseln sich die Wunscheltern in solchen Fällen mit dem Auslandsaufenthalt und der Sorge für das Kind vor Ort ab, vgl. 1. Teil, Fn. 25. Dass dies nicht nur in finanzieller Hinsicht eine große Belastung für eine Familie darstellt, liegt auf der Hand. 15 Siehe oben 1. Teil, Fn. 24. 16 Dies ist beispielsweise in den USA der Fall, siehe hierzu unten, § 3 C. II. 1., S. 147 f. 17 Die Einreise mit einem ausländischen Pass ist dabei nur aus Ländern möglich, deren Staatsangehörigen die visumsfreie Einreise gestattet ist. Für amerikanische Staatsbürger ist dies der Fall, § 4 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 15 AufenthV i.V.m Art. 1 Abs. 2, Anhang II VO (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumspflicht befreit sind (ABl. 2001, L18, S. 1). Der visumsfreie Aufenthalt ist jedoch nur für 90 Tage gestattet. Mit Ablauf dieser Frist würde sich das Kind illegal in Deutschland aufhalten. Die Ausstellung eines Visums für das Kind wird in den meisten Fällen an den ausländerrechtlichen Voraussetzungen scheitern. 18 Auch in diesem Fall würde sich das Kind illegal in Deutschland aufhalten. 19 Siehe hierzu beispielsweise OLG Stuttgart, Beschluss vom 07. 02. 2012, NJW-RR 2012, 389. 20 Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458) geändert worden ist. 21 Da die Geburtsurkunde in der Regel keinen Hinweis auf die Leihmutterschaft enthält, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Leihmutterschaft nicht bemerkt wird, recht hoch, Benicke, StAZ 2013, 101, 203. 22 Vgl. § 10 Abs. 3 i.V.m. § 4 BeurkG.

§ 1 Grundlagen

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Die Frage der Zulässigkeit der Leihmutterschaft kann sich schließlich auch im Rahmen einer Adoption durch die Wunscheltern23 oder in einem Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren24 stellen.25 Die verfahrensrechtliche Einkleidung ändert jedoch nichts am Ergebnis: Die Wunscheltern sind in den meisten Fällen nicht die rechtlichen Eltern des Kindes. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn die Wunscheltern ein ausländisches Gerichtsurteil vorlegen können, das sie als rechtliche Eltern des Kindes ausweist. Im Rahmen der verfahrensrechtlichen Anerkennung besteht, anders als nach derzeitigem Stand bei der kollisionsrechtlichen Anerkennung, die Möglichkeit, die nach dem ausländischen Recht erlangte Elternstellung auch in Deutschland anzuerkennen. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem kalifornischen Leihmutterfall entschieden.26 Das ausländische Feststellungsurteil, mit dem die Elternschaft der gleichgeschlechtlichen Wunscheltern bestätigt wurde, verstößt nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs in Deutschland nicht gegen den verfahrensrechtlichen ordre public.27 Der Bundesgerichtshof bezog sich in dieser Entscheidung jedoch nur auf die Situation, dass ein Wunschelternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist und keine sonstigen Anerkennungshindernisse vorliegen.28 Weder das eine noch das andere ist bei ausländischer Leihmutterschaft zwingend der Fall. Ob auch in allen anderen Leihmutter-Konstellationen eine Anerkennung zu erfolgen hat, wurde vom Bundesgerichtshof ausdrücklich offengelassen. Da auch nicht gewiss ist, dass die Wunscheltern im Ausland ein Gerichtsurteil erlangen können, das ihre Elternschaft bestätigt,29 löst die Möglichkeit der Anerkennung ausländischer Gerichtsurteile das Problem der Abstammung ausländischer Leihmutterkinder nur bedingt.

23 Vgl. hierzu beispielsweise LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03. 08. 2012 (Maryland), LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. 03. 2012 (Kalifornien); AG Hamm, Beschluss vom 22. 02. 2011 (Pennsylvania); AG Düsseldorf, Beschluss vom 19. 11. 2010 (Kalifornien – gleichgeschlechtliche Lebenspartner). 24 VG Köln, Urteil vom 20. 02. 2013 (Indien). 25 Denkbar sind jedoch auch andere verfahrensrechtliche Gestaltungen, etwa eine Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 04. 2013, IPrax 2014, 77) oder ein Anerkennungsfeststellungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG (vgl. AG Friedberg Beschluss vom 01. 03. 2013, FamRZ 2013, 1994). 26 BGH NJW 2015, 479 ff. 27 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 24. 28 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 23. 29 Ein Feststellungsurteil am Geburtsort des Kindes scheidet etwa dann aus, wenn den Wunscheltern ein erforderliches Feststellungsinteresse fehlt. So sieht der amerikanische Federal Declaratory Judgment Act Feststellungsurteile nur „[i]n case of actual controversy“ vor, 28 U.S.C. § 2201 (a) (2012). Eine solche „controversy“ wäre aber dann nicht gegeben, wenn die Wunscheltern ohnehin kraft Gesetzes die rechtlichen Eltern sind und die Leihmutter sowie ihr Ehemann keine Ansprüche auf das Kind geltend machen. Auch die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts ist für Klagen deutscher Wunscheltern nicht unproblematisch.

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1. Teil: Einführung in das Thema

B. Ziel der Arbeit Ziel dieser Arbeit ist es, dazu beizutragen, die bestehende Rechtsunsicherheit zu beseitigen und Herangehensweisen aufzuzeigen, wie es in Deutschland de lege lata und de lege ferenda zu einer positiven Abstammungsfeststellung im Ausland geborener Leihmutterkinder kommen kann. Leihmutterschaft ist zwar in Deutschland unzulässig, der Gesetzgeber hat jedoch faktisch keine Möglichkeit, deutsche Wunscheltern daran zu hindern, eine Leihmutter im Ausland zu suchen. Reproduktionstourismus gehört daher inzwischen auch in Deutschland zur gesellschaftlichen Realität. Dennoch sind die zivilrechtlichen Folgen und kollisionsrechtlichen Aspekte grenzüberschreitender Leihmutterschaft bisher nicht hinreichend geregelt. Die Antwort auf die Frage, von wem das Kind abstammt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und lässt sich derzeit weder transparent noch mit Rechtssicherheit beantworten. Die vorliegende Arbeit möchte einen Beitrag dazu leisten, diese Situation, insbesondere im Interesse der von ausländischen Leihmüttern geborenen Kinder, zu verbessern.

C. Gang der Untersuchung Thematisch lassen sich drei Bereiche unterscheiden und kommen als Ansatzpunkt für eine mögliche Lösung in Betracht: das materielle Recht, das Internationale Zivilverfahrensrecht sowie das Internationale Privatrecht. Um Regelungsvorschläge erarbeiten zu können, werden die aufgeworfenen Fragen in einem Rechtsvergleich mit den USA analysiert. Die Vereinigten Staaten bieten sich deshalb als Vergleichsrechtsordnung an, weil dort sowohl in Bezug auf das materielle Recht als auch im Hinblick auf das Kollisionsrecht interlokale Rechtsspaltung besteht. Die Rechtslage in den einzelnen Bundesstaaten unterscheidet sich bisweilen erheblich und leihmutterschaftsfeindliche Bundesstaaten sind in gleicher Weise mit dem Problem des Fortpflanzungstourismus konfrontiert wie Deutschland. Die Vereinigten Staaten spiegeln somit das weltweite Phänomen der grenzüberschreitenden Leihmutterschaft wider.30 Durch eine Analyse der unterschiedlichen Behandlung grenzüberschreitender Leihmutterschaftsfälle in verschiedenen Bundesstaaten kann daher für alle drei Rechtsbereiche auf eine Vielzahl von potentiellen Herangehensweisen eingegangen werden und deren Tauglichkeit für das deutsche Recht überprüft werden. Die Arbeit gliedert sich dementsprechend wie folgt: das erste Kapitel gibt einen kurzen Überblick über das Thema und die Probleme, die im Zusammenhang mit Leihmutterschaft im Ausland auftreten. Im zweiten Kapitel werden die Entwicklung der Leihmutterschaft beschrieben und die notwendigen medizinischen Grundlagen dargestellt, die für das Verständnis der rechtlichen Probleme erforderlich sind. Im 30

Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 136.

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dritten Kapitel werden die materiellrechtlichen Grundlagen geklärt. Dabei wird auf die Rechtslage zur Leihmutterschaft in Deutschland und in den Vereinigten Staaten eingegangen, sowie auf das jeweilige Abstammungs- und Staatsangehörigkeitsrecht. Im vierten und fünften Kapitel wird die Problematik der Leihmutterschaft mit Auslandsbezug bzw. mit Bezug zu anderen Bundesstaaten dargestellt. Dabei werden im vierten Kapitel die Regelungen zur Anerkennung von ausländischen bzw. schwesterstaatlichen Entscheidungen und im fünften Kapitel die international-privatrechtlichen Aspekte behandelt. Nach einer kurzen Zusammenfassung im sechsten Kapitel, werden im siebten Kapitel die sich aus dem Vergleich der beiden Rechtsordnungen ergebenen möglichen Herangehensweisen für das deutsche Recht dargestellt. Das Ergebnis der Arbeit wird in einem Schlussteil kurz zusammengefasst.

§ 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft A. Historische Entwicklung Wenngleich Leihmutterschaftsfälle erst in den letzten Jahrzehnten immer häufiger auftreten, handelt es sich bei dieser Form der Familiengründung um kein neues Phänomen. Bereits im Alten Testament31 finden sich Hinweise auf Leihmutterschaft. Dort wird die Geschichte von Sara und Abraham geschildert.32 Da beide zunächst kinderlos blieben, soll Sara ihren Mann überredet haben, der Sklavin Hagar beizuwohnen. Hagar wurde schwanger und gebar einen Sohn, Ismael, der anschließend von Sara und Abraham als deren eigenes Kind großgezogen wurde. Ab dann nahm die Geschichte einen eher unglücklichen Verlauf: Als Sara schließlich doch noch ein eigenes Kind, Isaak, zur Welt brachte,33 verstieß sie Hagar und Ismael.34 Auch Rahel schickte ihren Mann Jakob zu ihrer Magd Bilha, die an Rahels Stelle ein Kind austragen sollte.35 Anschließend ließ auch Lea, Rahels Schwester, zwei Kinder von ihrer Magd Silpa austragen.36 Situationen, in denen ein Mann und eine Frau aufgrund Unfruchtbarkeit der Ehefrau außerehelich ein Kind zeugten, das anschließend in der Familie des Mannes aufwuchs, sind also nichts Neues.37

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Der Verweis auf das Alte Testament findet sich in nahezu jeder Abhandlung zur Leihmutterschaft, siehe z. B. Bertschi, Leihmutterschaft, S. 5 ff.; Kreß, FPR 2013, 240, 242; Bernard, Kinder machen, S. 282 f.; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 13; Kerian, 12 Wis. Women’s L.J. 113 (1997), 116; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 27 ff. 32 Gen. 16,1-4, 15. 33 Gen. 21,2-3. 34 Gen. 21,10-14. 35 Gen. 30,3-8. 36 Gen. 30,9-13. 37 Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 9.

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1. Teil: Einführung in das Thema

Im Fall von Hagar, Bilha und Silpa handelte es sich jeweils um die ursprünglichste Form der Leihmutterschaft, die traditionelle Ersatzmutterschaft.38 Es gab weder künstliche Befruchtungsmethoden noch Leihmutterschaftsverträge, die Leihmutter wurde nicht für ihre Tätigkeit bezahlt und sie hatte keine andere Wahl als das Kind, mit dem sie genetisch verwandt war, nach der Geburt abzugeben.39 Zum damaligen Zeitpunkt kam Leihmutterschaft jedoch nur sehr vereinzelt vor und war gesellschaftlich nicht unbedingt geduldet.40 Das Bewusstsein der Öffentlichkeit für diese Form der Fortpflanzung nahm erst mit dem medizinischen Fortschritt Anfang der 80er Jahre zu. Im Jahr 1978 wurde das erste in-vitro-Baby, Louise Brown, in England geboren.41 Sechs Jahre später kam es erstmalig zu einer Schwangerschaft und Geburt nach Eizellenspende.42 Damit war der Weg zur Leihmutterschaft in Form der Tragmutterschaft43 geebnet. Etwa zur gleichen Zeit wurde Leihmutterschaft auch ein Thema für die Rechtswissenschaften, als sich Gerichte in England44 und den USA45 erstmalig mit derartigen Fällen zu befassen hatten. In seiner berühmten Baby M.-Entscheidung46 aus dem Jahr 1988, die zum leading case für Leihmutterschaftsfragen wurde, hatte der Supreme Court des US-Bundesstaates New Jersey über eine Klage zweier Wunscheltern auf Herausgabe des von einer Leihmutter geborenen Kindes zu urteilen. Die Leihmutter hatte sich nach der Geburt geweigert, das Kind an die Wunscheltern zu übergeben. Der Supreme Court von New Jersey entschied, dass der Leihmuttervertrag nicht vollstreckbar sei.47 Das Sorgerecht für das Baby sprach er 38

Zu den unterschiedlichen Begriffen siehe sogleich unter § 2 B., S. 15 f. Kerian, 12 Wis. Women’s L.J. 113 (1997), 117. 40 Kreß, FPR 2013, 240, 242: Im Christentum und dem sunnitischen Islam ist Leihmutterschaft verboten, in östlichen Religionen, vor allem im Judentum und schiitischen Islam hingegen akzeptiert. Siehe ausführlich zur Haltung der einzelnen Religionen zur Leihmutterschaft Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 35 ff.; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 44 ff. 41 Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 165; Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 239. 42 Kentenich/Utz-Billing, Gynäkologische Endokrinologie 2006, 229. 43 Tragmutterschaft bezeichnet den Fall, dass die Leihmutter eine fremde befruchtete Eizelle austrägt. Das Kind ist in diesem Fall genetisch nicht mit der gebärenden Frau verwandt. Siehe genauer zur Begriffsbestimmung § 2 B., S. 15 f. 44 Der sog. Baby Cotton-Fall, Re C (A Minor) (Wardship: Surrogacy) [1985], FLR 846, vgl. hierzu Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 452. Siehe auch BBC News vom 4. Januar 1985, 1985: Inquiry Over ,Baby-for-Cash‘ Deal, http://news.bbc.co.uk/onthisday/hi/ dates/stories/january/4/newsid_2495000/2495857.stm (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 45 Matter of Baby M., 217 N.J. Super 313 (1987) und Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. 1988). 46 Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. 1988). 47 Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. 1988), 421 f. Das erstinstanzliche Gericht kam hingegen zu dem Ergebnis, dass der Leihmuttervertrag wirksam sei und die Leihmutter nicht die rechtliche Mutter des Kindes sei. Siehe ausführlich zum Baby M.-Fall Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26. 39

§ 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft

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aus Gründen des Kindeswohls aber dennoch den Wunscheltern zu.48 Deutsche Gerichte hatten ab dem Jahr 1985 erstmals über ähnlich gelagerte Fälle zu entscheiden.49 Seit damals hat die Anzahl der Leihmutterschaften auch in Deutschland zugenommen. Zwar ist die Vornahme der erforderlichen medizinischen Eingriffe strafrechtlich und von der Bundesärztekammer auch standesrechtlich untersagt.50 Da Leihmutterschaft jedoch auch ohne medizinische Hilfe durchgeführt werden kann, sich manche Ärzte über das Verbot hinwegsetzen und Leihmutterschaft im Ausland zulässig ist,51 ist die rechtliche Beurteilung der Abstammung von Leihmutterkindern heute aktueller denn je.

B. Terminologie Schon bei dem Versuch, die erforderlichen Begriffe zu definieren, wird deutlich, dass es sich bei Leihmutterschaft um ein sehr komplexes Problem handelt. Die im Zusammenhang mit Leihmutterschaft verwendete Terminologie ist oftmals verwirrend und wird im Schrifttum nicht einheitlich gebraucht.52 Neben Trag-, Ersatzund Leihmutterschaft ist auch von Surrogatmutter, Geburtsmutter, Mietmutter, Ammenmutter, Gastmutter, Eimutter, physiologische Mutter, übernommener Mutterschaft und Substitutionsmutter die Rede.53 Die Begriffe Trag-, Ersatz- und Leihmutterschaft werden am häufigsten verwendet, teilweise jedoch unterschiedlich definiert und gleichzeitig an vielen Stellen kritisiert.54 § 13a AdVermiG enthält eine Legaldefinition der „Ersatzmutterschaft“, die alle Arten der Leihmutterschaft erfasst. An anderer Stelle wird zwischen Leihmutterschaft und Ersatzmutterschaft differenziert, wobei beide Begriffe dann – etwas verwirrend – auch wiederum unter dem Überbegriff Leihmutterschaft zusammengefasst werden,55 so dass man wohl

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Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. Sup. Ct. 1988), 459. Siehe z. B. OLG Hamm, Beschluss vom 02. 12. 1985, FamRZ 1986, 159 ff.; KG, Beschluss vom 19. 3. 1985; FamRZ 1985, 735 ff.; LG Freiburg, Urteil vom 25. 3. 1987, NJW 1987, 1486 ff.; AG Gütersloh, Beschluss vom 17. 12. 1985, FamRZ 1986, 178. Ausführlich zu den ersten deutschen Leihmutterfällen Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 12 ff. 50 § 1 Abs. 1 ESchG; Bundesärztekammer, DÄBl. 2006, A1392 ff. 51 Benicke, StAZ 2013, 101, 102. 52 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 6 ff.; Benicke, StAZ 2013, 101, 102; Bertschi, Leihmutterschaft, S. 7; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 13 ff.; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 7 ff.; Goeldel, Leihmutterschaft, 4 f.; Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 4 ff. 53 Siehe Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 6; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 13. 54 Da eine Ersatzmutter genetisch mit dem Kind verwandt ist, wird immer wieder argumentiert, sie sei kein „Ersatz“, sondern die wahre Mutter. Zumindest bei entgeltlicher Leihmutterschaft solle man daher von Mietmutter sprechen. 55 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 6. 49

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1. Teil: Einführung in das Thema

zwischen Leihmutterschaft i.e.S. und Leihmutterschaft i.w.S. unterscheiden müsste.56 Die Kritik und Uneinheitlichkeit überrascht nicht, da es sich jeweils um den Versuch handelt, ein Phänomen zu benennen, das sich einerseits auf den biologischen Vorgang des Austragens und Gebären eines Kindes bezieht, gleichzeitig aber eng mit der sozialen Mutterrolle verknüpft ist. Im Kern geht es bei der Diskussion somit wohl weniger um die Frage, was man unter dem Begriff „Leihmutterschaft“ versteht, sondern darum, wer die „richtige“ Mutter eines Kindes ist. Passender erscheinen daher die Begriffe „gestational surrogate“ oder „gestation pour autrui“, die im englischen und französischen Sprachraum verwendet werden,57 und die die soziale Komponente der Mutterschaft jedenfalls für die Begriffsfindung außen vor lassen. Ob die genetische, biologische oder soziale Mutter58 die „richtige“ Mutter ist, muss an dieser Stelle noch nicht entschieden werden. Erforderlich ist lediglich, die Begriffe für das weitere Verständnis festzulegen. Da Leihmutterschaft vor allem ein medizinisches Phänomen ist, sollte Ausgangspunkt für die Begriffsfindung auch das medizinische Verständnis sein. Nach dem klinischen Wörterbuch Pschyrembel ist eine Ersatzmutter59 „eine Frau, die meist in Zusammenhang mit In-vitro-Fertilisation und heterologer Insemination ihren Uterus (als sog. reine Tragmutter) bzw. ihre Eizellen zur Verfügung stellt.“60 Dementsprechend werden in dieser Arbeit im Folgenden die Begriffe Trag- und Ersatzmutterschaft gebraucht, um nach der jeweiligen genetischen Abstammung des Kindes zu differenzieren.61 Tragmutterschaft bedeutet, dass der Leihmutter ein Embryo implantiert wird, der das biologische Potential der Wunschmutter hat. Das Kind stammt genetisch nur von ihr ab. Dieser Fall wird im englischen Sprachraum als full oder gestational surrogacy bezeichnet.62 Bei Ersatzmutterschaft hingegen stellt die Leihmutter ihre eigene Eizelle zur Verfügung, die dann mit dem Sperma des intendierten Vaters befruchtet wird. Das Kind stammt in diesem Fall, auch partial oder traditional surrogacy genannt,63 genetisch von der Ersatzmutter und dem intendierten Vater ab. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, der Leihmutter einen 56 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591, Rn. 11 m.w.N.; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 6 (der zwischen Ersatzmutterschaft im engeren und weiteren Sinn unterscheidet); Goeldel, Leihmutterschaft, S. 5. 57 Bertschi, Leihmutterschaft, S. 8. Im Englischen wird auch der Begriff „surrogate mother“ verwendet, der dort aus denselben Gründen umstritten ist wie der Begriff „Leihmutterschaft“. In den neueren Gesetzgebungsakten zur Leihmutterschaft wird deswegen immer mehr der Ausdruck „gestational carrier“ gebraucht, vgl. NCUSSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Art. 8, S. 69. Siehe hierzu auch 2. Teil, Fn. 101. 58 Merkel-Walther, Ersatzmutterschaft, S. 97. 59 Der Begriff wird dort als Synonym für „Leihmutter“ verwendet. 60 Pschyrembel, Schlagwort „Ersatzmutter“, S. 124. 61 So auch Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 8. 62 Ben-Asher, 30 Cardozo L. Rev. 1885 (2009), 1885. 63 Ben-Asher, 30 Cardozo L. Rev. 1885 (2009), 1885.

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Embryo einzusetzen, dessen genetisches Material von einem oder zwei (ggf. anonymen) Spendern stammt. Dieser Fall wird im englischen Sprachraum als donor surrogacy bezeichnet, ist aber im Ergebnis lediglich eine weitere Form der Tragmutterschaft. Vereinfacht lässt sich sagen: Bei Tragmutterschaft stammt das Kind genetisch nicht von der gebärenden Frau ab, bei Ersatzmutterschaft schon.64 Beide Varianten werden unter dem Begriff Leihmutterschaft zusammengefasst. Auf die einzelnen Formen der Leihmutterschaft wird lediglich dann eingegangen, wenn es für die rechtliche Beurteilung einen Unterschied macht, mit wem das Kind genetisch verwandt ist. Daneben muss zwischen biologischer, genetischer und sozialer Mutter unterschieden werden.65 Biologische Mutter ist die Frau, die das Kind zur Welt bringt, bei Leihmutterschaft also immer die Leihmutter. Genetische Mutter ist die Frau, die ihre Eizelle zur Verfügung stellt. Soziale Mutter ist die Frau, die das Kind aufzieht bzw. aufziehen will. Entsprechendes gilt für die Vaterschaft: biologischer Vater ist der Mann, der das Kind mittels Geschlechtsverkehr gezeugt hat, genetischer Vater ist derjenige, von dem das Kind genetisch abstammt, sozialer Vater ist der Mann, der das Kind großzieht. Und schließlich muss noch zwischen altruistischer und kommerzieller Leihmutterschaft unterschieden werden. Kommerzielle Leihmutterschaft liegt vor, wenn eine Leihmutter für das Austragen des Kindes eine Vergütung erhält. Sofern die Wunscheltern, was häufig der Fall ist, lediglich die Kosten für die medizinischen Behandlungen vor und während der Schwangerschaft übernehmen, die Leihmutter darüber hinaus jedoch keine Zahlungen erhält, handelt es sich um altruistische Leihmutterschaft.66

C. Medizinische Grundlagen und Methoden Künstliche Befruchtung und Leihmutterschaft sowie deren Auswirkungen auf Mutter und Kind sind Gegenstand umfassender medizinischer Forschung67 und wurden auch in der juristischen Literatur bereits ausführlich behandelt.68 Im Folgenden soll daher nur ein kurzer Überblick über die Gründe für Leihmutterschaft, die möglichen medizinischen Methoden und den derzeitigen Stand der medizinischen 64 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 11; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 13; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 16 f. 65 Merkel-Walther, Ersatzmutterschaft, S. 97. 66 Zu den in Betracht kommenden Vergütungsmodellen siehe Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 269 ff. 67 Vgl. für viele Golombok, Assisted Reproduction, S. 287 ff., 290. 68 Siehe hierzu die Darstellung bei Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 47 ff.; Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 7 ff.; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 5 ff.; Binder, EMRK, S. 7 ff.; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 3 ff.; Merkel-Walther, Ersatzmutterschaft, S. 1 ff.; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 2 ff.; Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 4 ff.

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1. Teil: Einführung in das Thema

Forschung zu den Auswirkungen von Leihmutterschaft auf Mutter und Kind gegeben werden, um das Verständnis für die weitere Lektüre zu erleichtern. I. Gründe für Leihmutterschaft Es gibt zahlreiche Gründe für Leihmutterschaft.69 Allen voran steht die ungewollte Kinderlosigkeit, die sowohl medizinische als auch soziale Ursachen haben kann.70 Medizinischen Gründe sind neben der Unfruchtbarkeit71 eines oder beider Partner auch bestimmte Krankheiten.72 Die Fertilitätsprobleme in der Bevölkerung haben in den letzten Jahren erheblich zugenommen.73 Je nach Definition sind zwischen 6 und 11 % aller Paare in Deutschland ungewollt kinderlos.74 Soziale Ursachen der Kinderlosigkeit sind beispielsweise der Kinderwunsch einer alleinstehenden Frau, eines alleinstehenden Mannes oder eines homosexuellen Paares.75 Ein weiterer Grund dafür, dass künstliche Befruchtungsmethoden und Leihmutterschaft immer mehr in Anspruch genommen werden, ist der gesellschaftliche Wandel des Frauenbildes und der Familienstruktur. Frauen machen Karriere und entscheiden sich erst spät dazu, Kinder zu bekommen,76 und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem ihnen dies aus biologischen Gründen nicht mehr möglich ist. Oder sie wollen sich nicht die Zeit nehmen schwanger zu sein. Somit werden auch berufliche oder kosmetische Gründe77 immer wieder für Leihmutterschaft angeführt.78 69 Siehe ausführlich zu den Gründen The The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012), S. 6 ff. 70 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 7; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 1. 71 Sog. Sterilität oder Infertilität. Bei einer Frau bedeutet dies die Unfähigkeit, Kinder zu empfangen (Sterilität) bzw. das Unvermögen, ein Kind auszutragen (Infertilität). Bei Männern umfassen die Begriffe die Unfähigkeit zur Begattung (Sterilität), bzw. die Unfähigkeit der Zeugung im engeren Sinn (Infertilität). Ursachen hierfür können Fehlbildungen, neuro-hormonale, immunologische oder funktionelle Störungen sein (bei Frauen beispielsweise eine operative Entfernung der Gebärmutter oder der Ovarien, etwa aufgrund von Krebserkrankungen, oder der (ggf. frühzeitige) Eintritt der Wechseljahre), Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG,Kap. A.IV. Rn. 168, 171 f. 72 So stehen beispielsweise eine HIV-Infektion, eine Rhesus-Unverträglichkeit und zahlreiche dominant vererbbare Krankheiten und Gendefekte einer Schwangerschaft entgegen. 73 Dethloff, JZ 2014, 922; The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012), S. 6. 74 Dethloff, JZ 2014, 922 unter Verweis auf eine Untersuchung von Sütterlin/Hoßmann, Berlin – Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Ungewollt kinderlos, 2007, abrufbar unter www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Studien/Ungewollt_kinderlos_Webversion.pdf, S. 17 ff. (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Dabei sind 15 % aller Ehen kinderlos, was insgesamt etwa 850.000 Paaren entspricht, Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 167. 75 Prominente Beispiele hierfür sind Jodie Foster oder Elton John. 76 Tschudin/Griesinger, Gynäkologische Endokrinologie 2012, 135, 136. 77 Sog. „Lifestyle-Indikationen“, Kentenich/Utz-Billing, Gynäkologische Endokrinologie 2006, 229.

§ 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft

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Hinzu kommt, dass künstliche Befruchtungsmethoden durch den medizinischen Fortschritt wesentlich einfacher, finanzierbar und für viele zugänglich geworden sind.79 IVF ist nichts Neues mehr80 und in Zeiten von social freezing81 auch sicher die am wenigsten umstrittene Methode der assistierten Reproduktion. Es ist kein gesellschaftliches Tabu mehr, sich bei der Familiengründung helfen zu lassen.82 Das Internet, das auch als „passport for procreative tourists“ bezeichnet wird,83 und die Globalisierung84 haben besonders zur Zunahme von grenzüberschreitenden Leihmutterschaften beigetragen, indem sie die Zugänglichkeit im Ausland erhöhen und den Markt an Wunscheltern und vor allem an Leihmüttern vergrößert haben.85 Zuletzt sind auch die Tatsache, dass Adoptionen immer schwieriger geworden sind86 und es, jedenfalls in Deutschland, nur eingeschränkt möglich ist, ein bestimmtes Kind zu adoptieren, Gründe, die dazu beigetragen haben, dass Leihmutterschaft zunehmend als Alternative gesehen wird.87 Der Wunsch nach genetisch eigenen Kindern ist groß88 und kann durch Leihmutterschaft erfüllt werden. Und insbesondere für gleichgeschlechtliche Paare ist Leihmutterschaft oft die einzige Möglichkeit, ein genetisch eigenes Kind zu bekommen. II. Medizinische Vorgehensweise Wie bereits eingangs erwähnt, gibt es verschiedene Methoden zur Durchführung von Leihmutterschaft. Die Herkunft der Gameten und die Art der assistierten Reproduktion können variieren, so dass es unterschiedliche Möglichkeiten gibt, wie ein Paar seinen Kinderwunsch mit Hilfe einer Leihmutter erfüllen kann.89

78 Wagener, Mater semper certa est?, S. 4 f.; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 2 f.; Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 7. 79 Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen anteilig die Kosten für drei Versuche künstlicher Befruchtung bei verheirateten Paaren, vgl. www.krankenkassen.de/gesetzliche-kran kenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/gesetzlich-vorgeschriebene-leistungen/neueleistungen/kuenstliche-befruchtung/ (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 80 Boele-Woelki, (Cross-border) surrogacy, S. 48. 81 Unter social freezing versteht man das Entnehmen und Einfrieren der Eizelle einer jungen Frau, um so auch zu einem späteren Zeitpunkt noch die Chance auf ein genetisch eigenes Kind zu haben. 82 Mohapatra, 30 Berkeley J. Int’l L. 412 (2012), 413. 83 Morgan, Enigma Variations, S. 88. 84 Boele-Woelki, (Cross-border) surrogacy, S. 48. 85 Knoll, Reproduktionstourismus, S. 66 f.; Boele-Woelki, (Cross-border) surrogacy, S. 48. 86 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 11; The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012), S. 7; Coester, FS Jayme, S. 1249. 87 Boele-Woelki, (Cross-border) surrogacy, S. 47. 88 Boele-Woelki, (Cross-border) surrogacy, S. 47. 89 Siehe hierzu die Tabelle bei Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 215.

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1. Teil: Einführung in das Thema

1. Herkunft der Gameten Je nach Herkunft der Gameten unterscheidet man zwischen homologer und heterologer Insemination. Bei der homologen Insemination stammen die Gameten vom Ehemann bzw. Partner in einer stabilen Partnerschaft, bei heterologer Insemination hingegen stammen sie von Dritten, ggf. auch anonymen Spendern.90 Gleiches gilt bei Leihmutterschaft: im „heterologen“ Fall ist mindestens eine der Keimzellen von einem Spender beigetragen worden, also im Wege der Samen- oder Eizellenspende.91 Bei homologer Leihmutterschaft hingegen stammen die Gameten von der Leihmutter. Bei heterologer Leihmutterschaft stammen die Gameten von der Leihmutter oder Dritten.92 2. Methoden medizinisch assistierter Reproduktion Unter assistierter Reproduktion versteht man die ärztliche Hilfe bei der Erfüllung des Kinderwunsches eines Paares durch medizinische Hilfen und Techniken.93 Dazu gehört jede Art assistierter Empfängnis außer Geschlechtsverkehr.94 Neben der künstlichen Insemination zählen hierzu also auch die In-vitro-Fertilisation (IVF), die Oozytenspende, sowie der Gameten- und Embryonentransfer. a) Künstliche Insemination Künstliche Insemination (auch artifizielle Insemination genannt) erfolgt durch das Einbringen ggf. aufbereiteter95 Spermien in den Zervix, Uterus oder Eileiter96 der Frau zum Zeitpunkt der Ovulation.97. Das Verfahren kann auch ohne ärztliche Hilfe durchgeführt werden. Die Erfolgsquote künstlicher Befruchtung liegt bei 20 %.98

90 Bundesärztekammer, Dt. Äbl. 2006, A1392, A 1394; Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 176. 91 Felberbaum, Der Gynäkologe 2009, 625. 92 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 ff. Rn. 9. 93 Bundesärztekammer, Dt. Äbl. 2006, A1392 f. 94 BT-Drucks. 11/5460, S. 8. 95 Die Spermien werden hierzu mehrfach in ein Kulturmedium eingebracht und getrennt (sog. swim-up-Methode), um sicherzustellen, dass ausschließlich gut bewegliche Spermien übrig bleiben, die voll befruchtungsfähig sind, Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 240. 96 Intrazervikale, intrauterine bzw. intratubare Insemination, Bundesärztekammer, Dt. Äbl. 2006, A 1392, A 1393. 97 Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 176. 98 Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 240.

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b) In-vitro-Fertilisation Bei der In-vitro-Fertilisation werden die der Wunschmutter entnommenen Oozyten durch Zusammenbringen mit inkubierten und aufbereiteten Spermien extrakorporal befruchtet. Die Befruchtung erfolgt entweder spontan im Reagenzglas (daher auch die Bezeichnung „in vitro“) oder mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSC).99 Die so gewonnen Zygoten werden anschließend in einem Brutschrank kultiviert und später in den Uterus transferiert. Die Methode wurde erstmals erfolgreich 1978 in England durchgeführt.100 In Deutschland wird sie seit 1982 praktiziert.101 Jährlich werden in Deutschland ca. 3.500 Kinder durch IVF geboren.102 Die Erfolgsquote dieses Verfahrens liegt bei 15 %, bei vier Transfers sogar bei 40 – 70 %.103 c) Oozytenspende Bei der Eizellenspende wird eine Eizelle einer Spenderin entnommen104 und einer anderen Frau eingesetzt. Die Befruchtung dieser Eizelle erfolgt dann in vivo. Erstmalig wurde eine Eizellenspende erfolgreich im Jahr 1984 durchgeführt.105 d) Gametentransfer Beim Gametentransfer werden reife Oozyten entnommen und anschließend unter Zugabe aufbereitete Spermien in den Uterus oder Eileiter einer anderen Frau eingebracht, um eine intrakorporale Befruchtung herbeizuführen.106 Die Erfolgsquote dieser Behandlung liegt bei 30 %. e) Embryonentransfer Der Embryonentransfer unterscheidet sich dahingehend vom Gametentransfer, dass die Befruchtung der Gameten nicht erst im Körper der Empfängerin, sondern noch im Körper der Spenderin erfolgt. Statt nur einer Eizelle wird der Spenderin ein

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Dabei werden die Spermien mittels Punktion unter dem Mikroskop in die entnommenen Oozyten eingebracht, Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 240. 100 Siehe oben 1. Teil, Fn. 41. 101 Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 239. 102 Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 239. 103 Bertschi, Leihmutterschaft, S. 14. 104 Die Entnahme der Eizellen erfolgt auf demselben Weg wie bei der IVF, siehe oben § 2 C. II. 2. b), S. 37. 105 Kentenich/Utz-Billing, Gynäkologische Endokrinologie 2006, 229. 106 Günther/Taupitz/Kaiser/Kaiser, ESchG, Kap. A.IV. Rn. 181; Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 239.

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1. Teil: Einführung in das Thema

bereits entstandener Embryo entnommen, der anschließend auf eine andere Frau übertragen wird. f) Embryonenspende Die Embryonenspende, auch Embryoadoption genannt, bezeichnet den Fall, dass ein bereits in vitro entstandener Embryo einer anderen Frau eingesetzt wird. Die Emryonenspende kommt dann zum Einsatz, wenn ein Embryo in vitro gezeugt wurde, um ihn der Frau einzusetzen, deren Eizelle künstlich befruchtet wurde, dies aber im Nachhinein nicht möglich ist, beispielsweise wenn die ursprüngliche Empfängerin plötzlich an einer die Schwangerschaft ausschließenden Krankheit erkrankt oder verstirbt. Der Embryo wird stattdessen auf eine andere Frau übertragen. Der einzige Unterschied zum Embryonentransfer liegt in der in vitro-Zeugung des Embryos. 3. Methoden zum Herbeiführen von Leihmutterschaft Zum Herbeiführen von Leihmutterschaft kommen mehrere Methoden in Betracht. Ersatzmutterschaft kann durch eine künstliche Befruchtung der Leihmutter in vivo oder in vitro erfolgen. Tragmutterschaft erfordert zusätzlich den Transfer einer Eizelle der Wunschmutter oder einer Spenderin im Wege des Oozyten-, Gameten- oder Embryonentransfer. Alle Formen der Leihmutterschaft haben gemeinsam, dass die Leihmutter ein Kind austragen und unmittelbar nach der Geburt an die Wunscheltern herausgeben soll, damit es von ihnen aufgezogen wird. Da in diesem Fall die biologische, soziale und ggf. genetische Mutter nicht mehr ein und dieselbe Person ist, wird auch von „gespaltener“ Mutterschaft gesprochen.107 III. Risiken bei Leihmutterschaft Leihmutterschaft erfordert nicht nur einen medizinischen Eingriff, sondern bringt naturgemäß eine Schwangerschaft und anschließende Geburt mit sich. Dementsprechend ist die Durchführung einer Leihmutterschaft zweifelsohne mit Risiken verbunden, sowohl für die Leihmutter als auch für das Kind. Sofern eine künstliche Befruchtung der Leihmutter erfolgt, erfordert dies häufig eine vorangehende hormonelle Behandlung sowie einen medizinischen Einriff, bei dem stets die Gefahr von Komplikationen wie etwa allergischen Reaktionen oder Thrombosen besteht. Darüber hinaus ist die Leihmutter den üblichen Risiken ausgesetzt, die mit einer Schwangerschaft und Geburt verbunden sind. Dazu gehören

107

BT-Drucks. 11/6925, S. 1; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 3.

§ 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft

39

mögliche Fehlgeburten genauso wie medizinische Komplikationen während der Schwangerschaft und der Geburt.108 Risiken für das Kind, die sich allein aus der künstlichen Befruchtung ergeben, sind gering, bestehen aber. So haben Kinder, die durch IVF oder ICSI gezeugt werden, ein geringfügig höheres Risiko für Missbildungen und spätere Entwicklungsstörungen.109 Dieses Risiko ergibt sich aber wohl nicht nur aus den reproduktionsmedizinischen Methoden, sondern auch aus dem höheren genetischen Hintergrundrisiko der Eltern, das mit einer Sterilität verbunden sein kann.110 IV. Folgen der Leihmutterschaft für Mutter und Kind Welche Auswirkungen – abgesehen von den medizinischen Risiken – die Geburt durch eine Leihmutter auf das Kind hat, lässt sich mangels Langzeitstudien nicht verbindlich sagen. Dabei sind zwei Problembereiche zu unterscheiden: Zum einen wird das Kind unmittelbar nach der Geburt von der Frau getrennt, in deren Bauch es herangewachsen ist (es fallen somit die biologische und soziale Mutterschaft unmittelbar nach der Geburt auseinander). Zusätzlich kann es sein, dass das Kind von einer Frau ausgetragen wird, mit der es genetisch nicht verwandt ist (es fallen also zusätzlich noch biologische und genetische Mutterschaft auseinander). Ob die Trennung eines Kindes von der biologischen Mutter unmittelbar nach der Geburt zu physischen oder psychischen Schäden führt, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Wann und wie Kinder Bindung aufbauen, ist Gegenstand zahlreicher medizinischer Untersuchungen, die mitunter zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.111 Langzeitstudien fehlen aber. Einige Untersuchungen deuten darauf hin, dass zwischen der Schwangeren und dem Fötus eine besondere emotionale Beziehung besteht, die über die bloße hormonelle und physische Verbundenheit hinausgehen. Danach bestünde zwischen dem Fötus und der Schwangeren ein besonderes „Band“ in Form seelischer Verbundenheit.112 So belegen beispielsweise neuere Studien, dass ein Fötus nach der Geburt auf die Stimme der gebärenden Frau besonders sensibel reagiert. Das neugeborene Kind sucht auch nach der Geburt intutiv die Nähe der Frau, die es geboren hat. Es lässt sich somit nicht leugnen, dass die Geburtsmutter zunächst die wichtigste Bezugsperson für das Kind ist. Dass die Schwangerschaft und Geburt die maßgeblichsten Erlebnisse eines Kindes sind und 108

Tschudin/Griesinger, Gynäkologische Endokrinologie 2012, 135, 136. Auszugehen ist von zusätzlichen zwei bis 20 Fehlbildungen pro 1000 Kinder, Haag/ Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 241. 110 Haag/Hanhart/Müller, Gynäkologie und Urologie, S. 241; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 26. 111 Siehe hierzu ausführlich Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 47 ff.; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 17 ff.; Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 396 ff. m.w.N. Vgl. auch Golombok, Assisted Reproduction, S. 290. 112 Ausführlich zur Frage der Bindung des Fötus an die Schwangere Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 48 ff. 109

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1. Teil: Einführung in das Thema

spätere Interaktion mit der Mutter demgegenüber nur eine zu vernachlässigende Bedeutung hätten, ist jedoch nicht ersichtlich. Es gibt nämlich auch Studien, die belegen, dass Kinder erst sechs Tage nach der Geburt anfangen, soziale Bindung aufzubauen.113 Somit wären bei einer Trennung des Kindes von der Geburtsmutter unmittelbar nach der Geburt keine psychischen Schäden zu befürchten. Was den zweiten Aspekt, das Aufwachsen im Bauch einer Frau mit der keine genetische Verwandtschaft besteht, angeht, haben Studien zur Eizellenspende ergeben, dass die sozio-emotionale Entwicklung der Kinder und der Eltern-KindBeziehung in solchen Fällen normal verläuft.114 Die bloße Tatsache, dass ein Kind im „falschen“ Bauch heranwächst, hat also wie es scheint keine negativen Folgen für das Kind. Da es mittlerweile möglich ist, die Milchproduktion bei Frauen, die nicht selbst schwanger waren, hormonell zu veranlassen, ist auch das „Nicht-gestillt-werden“ kein Argument gegen Leihmutterschaft.115 Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass negative psychische oder physische Auswirkungen auf im Zusammenhang mit Leihmutterschaft nicht ausgeschlossen werden können, besondere Schäden aber gleichermaßen nicht ersichtlich sind.

D. Leihmutterschaft in Zahlen Genaue Zahlen zur Leihmutterschaft sind nur schwer zu bekommen. Dies liegt zum einen daran, dass Leihmutterschaft nicht immer einen medizinischen Eingriff erfordert.116 Die vorhandenen Statistiken zur künstlichen Befruchtung sind außerdem wenig aufschlussreich, da IVF-Verfahren nur generell erfasst werden und nicht ersichtlich ist, welche dieser Behandlungen speziell zur Herbeiführung von Leihmutterschaft vorgenommen wurden.117 Darüber hinaus ist von einer relativ hohen Dunkelziffer auszugehen, da Leihmutterschaft vielerorts unzulässig ist. Es gibt also lediglich grobe Schätzungen,118 die sich auf eine niedrige vierstellige Anzahl von 113

Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 17 m.w.N. Kentenich/Utz-Billing, Gynäkologische Endokrinologie 2006, 229, 230. 115 Siehe zum Aspekt des Stillens die Entscheidung des EuGH vom 18. März 2014, C.D. (C-167/12, noch nicht in der amtl. Sammlung veröffentlicht). 116 Die Leihmutter kann sich beispielsweise mit dem Sperma des Wunschvaters ohne weiteres selbst befruchten. 117 Trimmings/Beaumont, General Report on Surrogacy, S. 464. 118 Siehe beispielsweise die von Katarina Trimmings und Paul Beaumont durchgeführte statistische Analyse zu grenzüberschreitenden Leihmutterschaften, Trimmings/Beaumont, General Report on Surrogacy, S. 465 ff., in der Leihmutterschaftskliniken und Juristen aus leihmutterfreundlichen Ländern zur Anzahl der von Januar 2006 bis August 2013 durchgeführten Leihmutterschaften befragt wurden. Die Ergebnisse der Studie können aus den eben genannten Gründen aber lediglich als Einzelberichte verstanden werden, Trimmings/Beaumont, General Report on Surrogacy, S. 465. 114

§ 2 Entwicklung und Methoden der Leihmutterschaft

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Leihmutterschaftsfällen in ganz Europa belaufen.119 In den USA gibt es jährlich etwa 1.500 Fälle,120 systematische Erhebungen fehlen aber.121 In Großbritannien kam es im Jahr 1995 zu 52 Leihmutterschaften, 2011 waren es schon 149.122 In Indien werden jährlich 1500 Kinder durch eine Leihmutter geboren – ein Drittel von ihnen unter Beteiligung ausländischer Wunscheltern.123 Fest steht, dass die Zahl der Leihmutterschaften in den letzten Jahren zugenommen hat.124 Dafür sprechen unterschiedlichen Faktoren wie beispielsweise die Zunahme von Leihmutterschaftsagenturen und Fruchtbarkeitskliniken sowie die gehäufte Anzahl von Medienberichten und vor allem von Gerichtsurteilen in Leihmutterschaftsfällen.125 Die Kosten für Leihmutterschaft variieren von Land zu Land. In den USA werden für eine Tragmutterschaft mitunter bis zu 150.000,– USD veranschlagt,126 für eine Ersatzmutterschaft unter Umständen noch mehr. Ein LeihmutterschaftsFinanzierungsplan gehört praktischerweise zum Service der Vermittlungsagenturen dazu.127 Im Vereinigten Königreich müssen Wunscheltern mit Kosten in Höhe von etwa 10.000,– Pfund128 rechnen. In Indien verdient eine Leihmutter zwischen 6.000,– und 10.000,– US Dollar, die Gesamtkosten der Wunscheltern belaufen sich auf 25.000,– bis 30.000,– USD129. Alleine Indien macht mit Reproduktionstourismus einen jährlichen Umsatz von mindestens 500 Millionen USD.130 Weltweit handelt es sich bei Leihmutterschaft somit um ein Multimillionen-Dollar119 Siehe ausführlich zu den Zahlen in Europa EU-Parlament, Comparative Study, S. 19 ff. 120 Helms, StAZ 2013, 114, 119. 121 Wie groß der Anteil ausländischer Wunscheltern ist, lässt sich aus diesem Grund nicht verbindlich sagen. Nach Angaben einer der größten kalifornischen Reproduktionskliniken hatte etwa die Hälfte der im Jahr 2010 geborenen Leihmutterkinder ausländische Wunscheltern, Mohapatra, 21 Annals Health L. 191 (2012), 194. 122 Kreß, FPR 2013, 240, 242. 123 Mohapatra, 21 Annals Health L. 191 (2012), 194. 124 Bernard, Kinder machen, S. 373 ff.; The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012), S. 8. 125 The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012), S. 8. Auch die statistische Analyse von Trimmings/Beaumont bestätigt eine Zunahme der Leihmutterschaftsfälle in den letzten Jahren, Trimmings/Beaumont, General Report on Surrogacy, 467 ff. 126 Siehe hierzu die Angaben der amerikanischen Leihmutterschaftsagentur Circle Surrogacy, http://www.circlesurrogacy.com/costs (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 127 http://www.circlesurrogacy.com/parents/surrogacy-financing (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 128 Da im Vereinigten Königreich kommerzielle Leihmutterschaft verboten ist, können sich die genannten Kosten lediglich auf die medizinischen Behandlungen sowie die Geburt des Kindes beziehen. 129 Helms, StAZ 2013, 114, 119. 130 Helms, StAZ 2013, 114, 118; Ryznar, 43 J. Marshall L. Rev. (2009 – 2010), 1009, 1016.

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1. Teil: Einführung in das Thema

Geschäft, das neben Vermittlungsagenturen im Ausland auch zur Eröffnung spezieller Kliniken131 und sogar zur Einführung spezieller Leihmutterschafts-Visa132 geführt hat.

131 132

Büchler/Bertschi, FamPra.ch1/2013, 33 (dort Fn. 2 und 3). Siehe hierzu bereits 1. Teil, Fn. 15.

2. Teil

Leihmutterschaft im autonomen Recht Im folgenden Teil werden die Zulässigkeit von Leihmutterschaft sowie die Bestimmungen zur Abstammung und Staatsangehörigkeit in Deutschland und den Vereinigten Staaten dargestellt. Diese unterscheiden sich teilweise erheblich. In Deutschland gilt ein strenges Verbot der Leihmutterschaft. Für die rechtliche Abstammung von der Mutter wird allein auf die Geburt abgestellt. Weder Leihmutterschaft noch das etwaige Fehlen der genetischen Verwandtschaft zwischen dem Kind und der gebärender Frau ändern etwas daran. Spezialregelungen zur Abstammung und Staatsangehörigkeit im Fall von medizinisch assistierter Fortpflanzung fehlen. Für die Abstammung vom Vater ist vorrangig die Ehe mit der Mutter relevant, an zweiter Stelle ein etwaiges Vaterschaftsanerkenntnis. In den USA hingegen ist Leihmutterschaft in manchen Bundesstaaten ausdrücklich erlaubt. Regelmäßig berücksichtigen diese Staaten die Zeugung mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes, beispielsweise indem sie für die Zuordnung der Elternstellung auf die genetische Verwandtschaft oder auf die Intention der Wunscheltern (sog. parenthood by intent) abstellen. Im Übrigen entspricht das Abstammungsrecht weitestgehend dem deutschen System. Auch im Staatsangehörigkeitsrecht der Vereinigten Staaten finden sich Sonderregelungen für ausländische Leihmutterschaft.

§ 3 Autonomes Recht A. Leihmutterschaft Wie bereits eingangs erwähnt, haben Gesetzgeber weltweit sehr unterschiedliche Regelungen zum Umgang mit Leihmutterschaft getroffen. Diese lassen sich in drei Kategorien unterteilen: Leihmutterschaft ist entweder (ausdrücklich) erlaubt, (ausdrücklich) verboten oder gar nicht geregelt. Diese Darstellung ist zwar sehr vereinfacht. In jeder Kategorie finden sich gesetzliche Regelungen unterschiedlichster Ausgestaltung und mit verschiedenen Voraussetzungen und Bedingungen. Im Großen und Ganzen lassen sich die gesetzlichen Bestimmungen in Deutschland und den USA jedoch einem dieser drei Bereiche zuordnen.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

I. Rechtslage in Deutschland Das deutsche Recht fällt in die zweite Kategorie: Leihmutterschaft ist in Deutschland unzulässig. Dies ergibt sich sowohl aus dem Embryonenschutzgesetz (ESchG)1 als auch dem Adoptionsvermittlungsgesetz (AdVermiG).2 Der Gesetzgeber hat die Praxis der Leihmutterschaft als solche jedoch nicht ausdrücklich verboten, sondern vielmehr einen indirekten Weg gewählt, sie zu verhindern.3 Nach dem ESchG und AdVermiG ist die medizinische Hilfeleistung zur Durchführung von Leihmutterschaft und die Vermittlung von Leihmutterverträgen strafbar. Der deutsche Gesetzgeber versucht, Leihmutterschaft dadurch praktisch unmöglich zu machen.4 Leihmutterschaft als solche wird jedoch weder gesetzlich sanktioniert noch geregelt.5 Auch Leihmutterschaftsverträge regeln das ESchG und AdVermiG nicht. Das Verbot der Leihmutterschaft ergibt sich daher allenfalls mittelbar aus diesen beiden Spezialgesetzen sowie aus dem allgemeinen Zivil- und Verfassungsrecht.6 1. Embryonenschutzgesetz Im Embryonenschutzgesetz findet sich eine Reihe von Vorschriften, welche die medizinischen Eingriffe unter Strafe stellen, die für Leihmutterschaft erforderlich sind. Zunächst verbietet das ESchG die Eizellenspende: Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 ESchG wird derjenige mit Geldstrafe oder mit Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft, der eine fremde, unbefruchtete Eizelle auf eine Frau überträgt.7 Ebenso 1 Gesetz zum Schutz von Embryonen in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2746), das zuletzt durch Artikel 1 des Präimplantationsdiagnostikgesetzes vom 21. November 2011 (BGBl. I S. 2228) geändert worden ist. Das EschG ist seit 1. Januar 1991 in Kraft. 2 Gesetz über die Vermittlung der Annahme als Kind und über das Verbot der Vermittlung von Ersatzmüttern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2001 (BGBl. I S. 354), das zuletzt durch Artikel 8 des Kinderförderungsgesetzes vom 12. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2403) geändert worden ist. Das Gesetz ist in seiner ursprünglichen Fassung seit 1. Dezember 1989 in Kraft. 3 Coester, FS Jayme, 1243, 1245. 4 Coester, FS Jayme, 1243, 1245. 5 So auch Mayer, IPrax 2014, 57; Coester, FS Jayme, 1243, 1245. 6 Coester, FS Jayme, 1243, 1245; a.A. Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 66 f., der von einem Verbot der Leihmutterschaft als solcher ausgeht. Da es sich bei den unter Strafe gestellten medizinischen Eingriffen um Teilnahmehandlungen an der Leihmutterschaft handle und es wenig plausibel erscheine, dass eine Teilnahmehandlung an einem erlaubten Tun tatbestandlich verboten sei, müsse Leihmutterschaft als solche auch verboten sein. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass es sich bei dem medizinischen Eingriff tatsächlich um eine Teilnahme an der Leihmutterschaft handelt, hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, hinsichtlich der Wunscheltern und der Leihmutter von Strafe abzusehen, § 1 Abs. 3 ESchG sowie § 14b Abs. 3 AdVermiG. 7 Die heterologe Eizellenspende, um die es in dieser Vorschrift geht, ist in zahlreichen europäischen Ländern unzulässig, unter anderem auch in Österreich. Nach dem deutschen

§ 3 Autonomes Recht

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strafbar macht sich gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 ESchG, wer eine Eizelle künstlich befruchtet, um eine Schwangerschaft bei einer anderen Frau herbeizuführen, als der Frau, von der die Eizelle stammt. Und auch der Transfer eines Embryos ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 EStG verboten. Tragmutterschaft (full surrogacy), bei der die Eizelle von der intendierten Mutter oder einer Dritten stammt, scheidet bereits nach diesen Vorschriften aus. Die Ersatzmutterschaft wird hiervon zwar nicht erfasst, da für sie ein Eizellen- bzw. Embryonentransfer nicht erforderlich ist, sondern die Eizelle von der Leihmutter selbst stammt. § 1 Abs. 1 Nr. 7 ESchG verbietet es jedoch, bei einer Frau, die bereit ist, ihr Kind nach der Geburt auf Dauer Dritten zu überlassen, eine künstliche Befruchtung durchzuführen und umfasst damit sowohl genetisch eigene als auch genetische fremde Kinder8 und damit alle Formen der Leihmutterschaft.9 Unter künstlicher Befruchtung wird, wie bereits oben erläutert,10 jede Form der Befruchtung verstanden, die nicht durch Geschlechtsverkehr herbeigeführt wird, sondern bei der technische Hilfsmittel eingesetzt werden.11 Auch eine in utero erfolgte künstliche Befruchtung einer Frau, die bereit ist, als Leihmutter zu agieren, ist somit verboten. Eine durch natürliche Zeugung herbeigeführte Ersatzmutterschaft ist jedoch nach dem ESchG nicht strafbar.12 Strafbar machen sich nach dem ESchG jedoch nur Dritte, die den medizinischen Eingriff vornehmen. Für die Leihmutter und die intendierten Eltern enthält § 1 Abs. 3 ESchG einen persönlichen Strafausschließungsgrund. Der Gesetzgeber hatte Verständnis für ihre Situation13 und ging davon aus, dass es „im Interesse des Rechtsgüterschutzes genügt (…), diejenigen strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, die als Ärzte, Biologen oder Angehörige der Heilberufe die neuen Techniken der Fortpflanzungsmedizin anwenden und die negativen Folgen eines Missbrauchs dieser Techniken in ihrer vollen Tragweite zu erkennen vermögen.“14 Rechtsverständnis ist davon auch die Transplantation von Eierstöcken nach dem Tod umfasst, Erbs/Kohlhaas/Häberle/Pelchen, § 1 ESchG Rn. 1. 8 Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Rn. 21. 9 § 1 Abs. 2 ESchG erstreckt die Strafbarkeit dabei auf das sogenannte Vorkernstadium, also auf einen Zeitpunkt vor dem Beginn des strafrechtlichen Lebensschutzes, und untersagt jegliche Form der künstlichen Befruchtung, die mit der Absicht vorgenommen wird, eine Leihmutterschaft herbeizuführen, Erbs/Kohlhaas/Häberle/Pelchen, ESchG, § 1 Rn. 1; Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Rn. 21. 10 Siehe oben, § 2 C. II. 2, S. 36 ff. 11 Erbs/Kohlhaas/Pelchen/Häberle, § 1 ESchG Rn. 4; BT-Drucks. 11/5460, S. 8. 12 Coester, FS Jayme, S. 1245. 13 BT-Drucks. 11/5460, S. 10; wörtlich heißt es dort: „…ist zu berücksichtigen, dass die Bestelleltern in vielen Fällen zur Erfüllung eines in dieser Form zwar nicht billigenswerten, aber zumindest doch verständlichen Wunsches nach dem „eigenen Kind“ gehandelt haben“; siehe auch Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 129. Darüber hinaus sollen nach der Gesetzesbegründung insbesondere auch die Frauen von der Strafbarkeit ausgenommen werden, von denen die Ei- oder Embryonenzellen bei einer entsprechenden Spende stammen, da diese „nicht selten aus altruistischen Gründen gehandelt haben“, BT-Drucks. 11/5460, S. 9. 14 BT-Drucks. 11/5460, S. 9; Erbs/Kohlhaas/Häberle/Pelchen, § 1 ESchG Rn. 12.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Darüber hinaus sollte im Interesse des Kindes ein Strafverfahren gegen die Personen, in deren Obhut es aufwachsen soll, vermieden werden.15 Der persönliche Strafausschließungsgrund für die Leihmutter rührt dabei daher, dass diese sich weigern könnte, das Kind an die Wunscheltern herauszugeben und es selbst großzieht. Die Wunscheltern wurden für den Fall miteinbezogen, dass diese das Kind adoptieren. Ein Strafverfahren gegen die Wunscheltern wäre in diesem Fall nachteilig für die Entwicklung des Kindes.16 2. Adoptionsvermittlungsgesetz Die Unzulässigkeit von Leihmutterschaft im deutschen Recht ergibt sich auch aus dem Adoptionsvermittlungsgesetz. Hauptzweck17 des AdVermiG ist das Verbot der Vermittlung von Leihmüttern18 in § 13c AdVermiG.19 Leihmutterschaft als solche ist auch dort nicht geregelt. Nach der Legaldefinition in § 13b S. 1 AdVermiG ist unter „Ersatzmuttervermittlung“ das Zusammenführen von Personen, die das aus einer „Ersatzmutterschaft“ entstandene Kind annehmen oder auf Dauer bei sich aufnehmen wollen, mit einer Frau zu verstehen, die zur Übernahme einer „Ersatzmutterschaft“ bereit ist. Ein Verstoß dagegen wird nach § 14b Abs. 1 AdVermiG mit mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Der Straftatbestand ist bereits erfüllt, wenn das Schaffen einer Gelegenheit zur Vereinbarung von Leihmutterschaft nachgewiesen werden kann, § 13b S. 2 AdVermiG. Die Strafe erhöht sich nach § 14c Abs. 2 AdVermiG bei kommerzieller oder gewerbsmäßiger Leihmuttervermittlung Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei bzw. drei Jahren. Die Leihmutter und die intendierten Eltern machen sich auch nach dem AdVermiG nicht strafbar. Der entsprechende persönliche Strafausschließungsgrund findet sich in § 14b Abs. 3 AdVermiG. Auch hier war Hintergrund für die Regelung des Gesetzgebers das Ver-

15

BT-Drucks. 11/5460, S. 9 f. BT-Drucks. 11/5460 S. 9. Der Gesetzgeber ging offensichtlich davon aus, dass Leihmutterkinder sowohl bei den Wunscheltern als auch bei der Leihmutter aufwachsen können, wenn die Leihmutter das Kind nach der Geburt doch für sich behält, oder im Einzelfall die gewünschte Adoption stattfindet, BT-Drucks. 11/5460 S. 9. 17 BT-Drucks. 11/4154, S. 8. 18 Das AdVermiG spricht von „Ersatzmutterschaft“ und fasst darunter sowohl die Ersatzals auch die Tragmutterschaft, wie sie in dieser Arbeit definiert wurden. Der Einheitlichkeit halber bleibt es im Folgenden bei der bisher verwendeten Terminologie. Eine Ausnahme wird lediglich für die Wiedergabe des Gesetzestextes gemacht. 19 Das Verbot der Leihmutterschaft im AdVermiG zu regeln war umstritten. Insbesondere wurde dies aus rechtssystematischen Gesichtspunkten kritisiert. In einem Gesetz, in dem ein Teilbereich der Jugendhilfe geregelt wird, solle nicht auch ein anderer Regelungsbereich, nämlich Straf- und Bußgeldvorschriften, untergebracht werden, siehe zum Streitstand Goeldl, Leihmutterschaft, S. 131. Über diese Kritik hat der Gesetzgeber sich jedoch hinweggesetzt, BTDrucks. 11/4154, S. 7 f.; Erbs/Kohlhaas/Ambs, AdVermiG, Vorbemerkung Rn. 3. 16

§ 3 Autonomes Recht

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ständnis gegenüber den Wunscheltern und der Leihmutter sowie der Schutz des ungeborenen Kindes.20 § 13a AdVermiG enthält eine Legaldefinition der „Ersatzmutterschaft“, die alle bereits erwähnten Formen der Leihmutterschaft umfasst, eine Legaldefinition von Bestelleltern in § 13b AdVermiG, sowie das Verbot, durch öffentliche Erklärungen nach einer Leihmutter oder Bestelleltern zu suchen oder sich als Leihmutter oder Bestelleltern anzubieten, vgl. § 13d AdVermiG. 3. Hintergrund der gesetzgeberischen Entscheidung gegen Leihmutterschaft Das Verbot der Vermittlung von Leihmüttern wurde im Jahr 1989 in das AdVermiG eingefügt.21 Kurz darauf wurde das ESchG und damit das Verbot der Durchführung der erforderlichen medizinischen Eingriffe erlassen.22 Der Gesetzgeber sah entsprechenden Handlungsbedarf, da die deutsche Rechtsordnung auf den medizinischen Fortschritt nicht vorbereitet war und sowohl Leihmutterschaft als auch die entgeltliche Vermittlung von Leihmüttern aufgrund von Lücken im geltenden Recht in Deutschland stattfanden.23 Ziel des ESchG und AdVermiG ist es, Leihmutterschaft bereits im Entstehungsstadium zu verhindern.24 Gespaltene Mutterschaft soll deshalb vermieden werden, weil das Risiko möglicher negativer Auswirkungen auf die Leihmutter und das Kind nicht in Kauf genommen werden könne.25 Die strafrechtlichen Verbote im Zusammenhang mit Leihmutterschaft beruhen somit vorwiegend auf generalpräventiven Erwägungen.26 Zweck des Verbots ist nach der Gesetzesbegründung vor allem der Schutz des Kindeswohls, das durch Leihmutterschaft gefährdet würde.27 Zu den möglichen Risiken gespaltener Mutterschaft zählen dabei seelische Konflikte des Kindes, die dadurch entstehen können, dass sich eine der Parteien des Leihmuttervetrags nicht mehr an der Vereinbarung festhalten lassen möchte, etwa wenn die Leihmutter das Kind nach der Geburt doch behalten will oder die Wunscheltern das Kind nicht mehr

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Goeldel, Leihmutterschaft, S. 136. Art. 1 Nr. 6 – 8 des Gesetzes zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes vom 27. 11. 1989 (BGBl. I S. 2014). 22 Siehe 2. Teil, Fn. 159. 23 Coester, FS Jayme, S. 1246; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 127. Zur Rechtslage vor Änderung des AdVermiG siehe ebenfalls Goeldel, Leihmutterschaft, S. 127 ff. 24 BT-Drucks. 11/6925, S. 1. 25 BT-Drucks. 11/6925, S. 1. 26 BGH NJW 2014, 479, 480 Rn. 45. 27 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, EschG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 5; BT-Drucks. 11/4154, S. 6. 21

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

annehmen möchten, weil es eine Behinderung hat28 oder sich ihre familiären Umstände geändert haben, beispielsweise aufgrund einer Trennung. Befürchtet wird auch eine Störung der Identitätsfindung des Kindes. Die für die Entwicklung des Kindes wesentliche enge persönliche Beziehung zwischen der Schwangeren und dem Kind könne bei einer Leihmutterschaft kaum zustande kommen.29 Die biologische Mutter könne eine innere Distanz zu dem Kind aufbauen, wenn sie weiß, dass sie es später den Wunscheltern überlassen wird.30 Aufgrund der besonders gearteten Beziehung des ungeborenen Lebens mit der Mutter sei eine Übernahme von Schwangerschaften daher als Dienstleistung verboten.31 Gleichzeitig wird auch die Trennung des Kindes von der Leihmutter unmittelbar nach der Geburt aufgrund eben dieser besonderen Bindung als problematisch angesehen.32 Seelische Konflikte könnten auch zu einem späteren Zeitpunkt entstehen, wenn das Kind – etwa in der Pubertät – den Umstand verarbeiten muss, dass an seiner Existenz zwei Frauen mitgewirkt haben.33 Und schließlich werde die Menschenwürde des Kindes verletzt, wenn es Gegenstand eines Fortpflanzungsvertrags wäre.34 Das Kind würde dadurch zum Objekt degradiert und wie eine Ware behandelt.35 Auch die Menschenwürde der Frau, die sich als Leihmutter zur Verfügung stellt, wäre durch Leihmutterschaft gefährdet.36 Sie würde als Gebärmaschine und Mittel zum Zweck eingesetzt und es komme zu einer Kommerzialisierung reproduktiver Körperfunktionen,37 die verhindert werden müsse. Das Schicksal ungewollter Kinderlosigkeit sei zwar für die Betroffenen und auch die Gesellschaft problematisch.38 Es stehe aber dem Eingriff in die Menschenwürde und Persönlichkeit des Kindes und der Leihmutter, sowie dem Einfluss auf die bereits in der Schwangerschaft beginnenden Mutter-Kind-Beziehung gegenüber, die im Ergebnis schwerer wiegen.39 Trotz dieser Risiken hat sich der Gesetzgeber entschlossen, Leihmutterschaft nur indirekt zu regeln. Ein generelles Verbot der Leihmutterschaft an sich sei durch eine indirekte Regelung entbehrlich und wäre im Hinblick auf bestimmte Situationen 28

Coester, FS Jayme, S. 1252. BT-Drucks. 11/4154, S. 6. 30 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 11. 31 BT-Drucks. 11/4154, S. 6. 32 BT-Drucks. 11/5460, S. 8; Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 11. 33 BT-Drucks. 11/5460, S. 7. 34 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 14. 35 BT-Drucks. 11/4154, S. 7; Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 14. 36 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 15. 37 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 15; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 155; Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2532. 38 BT-Drucks. 11/4154, S. 6. 39 BT-Drucks. 11/4154, S. 7. 29

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auch nicht verfassungsrechtlich unbedenklich.40 Die strafrechtlichen Bestimmungen des ESchG und AdVermiG bleiben, anders als beispielsweise das strafrechtliche Verbot von Schwangerschaftsabbruch und Organhandel, vgl. § 5 Nr. 9 und Nr. 15 StGB, in ihrem Anwendungsbereich auf im Inland durchgeführte Leihmutterschaften beschränkt, § 7 StGB.41 Seit Inkrafttreten des ESchG wurden nur wenige Strafverfahren auf dieser Grundlage eingeleitet, wobei von einer gewissen Dunkelziffer auszugehen ist.42 4. Allgemeines Zivilrecht Das ESchG und AdVermiG enthalten keine Regelungen zur Wirksamkeit von Leihmutterverträgen.43 Sofern ein Leihmuttervertrag in Deutschland geschlossen wird, was aufgrund der Straffreiheit für die Bestelleltern und die Leihmutter ohne weiteres vorkommen kann, beurteilt sich dessen Wirksamkeit daher nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 134, 138 BGB. Typischerweise beinhaltet ein Leihmuttervertrag44 folgende Regelungen:45 eine Frau verpflichtet sich, ggf. gegen Entgelt, ein Kind für die Wunscheltern auszutragen und es nach der Geburt an diese herauszugeben. Bei Tragmutterschaft verpflichtet sie sich zusätzlich dazu, sich eine bereits befruchtete Eizelle (der Wunschmutter oder einer Spenderin) im Wege des Embryonentransfers einsetzen zu lassen und diese auszutragen. Bei Ersatzmutterschaft erklärt sich die Leihmutter bereit, sich mit dem Samen des Wunschvaters künstlich befruchten zu lassen. Die Wunscheltern verpflichten sich im Gegenzug dazu, das durch die Leihmutter geborene Kind aufzunehmen und großzuziehen. Daneben finden sich in Leihmutterverträgen oft auch Verhaltensvorschriften für die Leihmutter, um etwaige Risiken für das Kind zu vermeiden. So verpflichtet sich die Leihmutter beispielsweise dazu, während der Schwangerschaft nicht zu rauchen, keine Drogen zu nehmen und keinen Alkohol zu trinken, regelmäßige Gesundheitschecks durchführen zu lassen und keinen Ge40

BT-Drucks. 11/5460, S. 8. Die Gesetzesbegründung spricht in diesem Zusammenhang den Fall an, dass eine Embryonenspende, die zu gespaltener Mutterschaft führen würde, die einzige Möglichkeit wäre, einen Embryo vom Absterben zu bewahren. In dieser Situation wäre ein direktes Verbot der Leihmutterschaft verfassungsrechtlich problematisch, BT-Drucks. 11/ 5460, S. 8. 41 BGH NJW 2015, 479, 482 Rn. 45. 42 Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Rn. 4. 43 Coester, FS Jayme, S. 1251. 44 Zur Frage, welchen Rechtscharakter ein Leihmuttervertrag hat siehe Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 66 ff., die zu dem Ergebnis kommt, es handle sich um einen Vertrag sui generis mit schuldrechtlichen und personenrechtlichen Bestandteilen. 45 Ein Abdruck der im Baby M.-Fall geschlossenen Verträge, nämlich ein Leihmuttervertrag sowie ein Vertrag mit der behandelnden Klinik, findet sich bei Areen, Family Law, S. 397 ff. Verschiedene Vertragsvorlagen sind auch unter www.allaboutsurrogacy.com/sample_contracts/ contracts.htm abrufbar (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Ein Beispiel für einen amerikanischen Leihmuttervertrag findet sich auch bei Bertschi, Leihmutterschaft, S. 250 ff.

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schlechtsverkehr zu haben. Üblicherweise wird auch der Ausschluss eines Rückgaberechts bzw. Zurückweisungsrechts der Wunscheltern vereinbart. Häufig enthält der Leihmutterschaftsvertrag auch bereits eine Zustimmung der Leihmutter zur Adoption oder die Adoptionserklärung der Leihmutter und der Wunscheltern. Sofern die Leihmutter verheiratet ist, verpflichtet sich in der Regel auch ihr Ehemann, alle für die Statusänderung des Kindes erforderlichen Erklärungen abzugeben oder erklärt diese bereits im Leihmutterschaftsvertrag. Wenngleich Leihmutterschaft in Deutschland weniger häufig vorkommt als in den Vereinigten Staaten, gab es auch schon vor deutschen Gerichten zahlreiche Fälle, in denen die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit eines Leihmuttervertrags Gegenstand des Verfahrens war. Im Ergebnis besteht in der Rechtsprechung46 und weiten Teilen der Literatur47 Einigkeit, dass Leihmutterverträge nichtig sind. Die Begründungen unterscheiden sich jedoch. a) Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot Es liegt zunächst nahe, eine Nichtigkeit des Leihmuttervertrags gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot anzunehmen.48 Als Verbotsgesetze kommen dabei § 13c AdVermiG, § 1 Abs. 1 Nrn. 1, 2, 6 und 7 ESchG und § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB in Betracht. Nach überwiegender Meinung, der auch hier gefolgt wird, sind Leihmutterverträge zwischen Wunscheltern und einer Leihmutter jedoch nicht wegen § 134 BGB nichtig.49 Der Leihmuttervertrag verstößt nicht gegen § 13c AdVermiG, da er tatbestandlich nicht von diesem erfasst wird. § 13c AdVermiG betrifft nur die Vermittlung von Leihmutterschaft. Der Vertrag zwischen Wunscheltern und der Leihmutter wird vom AdVermiG jedoch nicht geregelt. Zwar wird teilweise argumentiert, das Verbot des § 13c AdVermiG umfasse nach seinem Sinn und Zweck nicht nur den Vermittlungsvertrag als solches, sondern auch die darauf folgenden Verträge zwischen einer Leihmutter und Wunscheltern. Die Nichtigkeit des Vermittlungsvertrags allein würde nämlich nicht ausreichen, um Leihmutterschaft in Deutschland effektiv zu verhindern. Deshalb müsse § 13c AdVermiG auch den Leihmuttervertrag umfassen. Diese Auffassung überzeugt jedoch nicht. Der Gesetzgeber hat sich ausdrücklich für eine indirekte Regelung entschieden, Leihmutterschaft als solche nicht gesetzlich verboten und die Parteien eines Leihmuttervertrages bewusst aus dem Sanktions46

Vgl. z. B. OLG Hamm, NJW 1986, 781 ff.; LG Freiburg, NJW 1987, 1486 ff.; AG Hamm, BeckRS 2011, 25140. 47 Palandt/Brudermüller, Einf. v. § 1591 Rn. 22 (m.w.N.). 48 So Palandt/Brudermüller, § 1591 Rn. 22; Dethloff, JZ 2014, 922, 923; Duden, StAZ 2012, 164, 169. 49 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 4; Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 86; Coester, FS Jayme, S. 1251; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 105; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 152 ff.; Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2532; a.A. Duden, StAZ 2014, 164, 169; Looschelders, IPrax 1999, 420, 422).

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regime ausgeklammert. Dem Normzweck des § 13c AdVermiG kann deshalb nicht entnommen werden, dass er auch den Abschluss des Leihmuttervertrags verhindern will.50 Ein Leihmuttervertrag verstößt somit nicht gegen § 13c AdVermiG. Aus demselben Grund scheidet auch eine Nichtigkeit des Leihmuttervertrags wegen Verstoßes gegen Normen des ESchG aus. Normadressat des ESchG sind Ärzte und medizinisches Heilpersonal. Der Vertrag zwischen den Wunscheltern und der Leihmutter ist vom ESchG jedoch nicht erfasst.51 Leihmutterverträge sind auch nicht wegen Verstoß gegen § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB nichtig. Nach § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB kann die Einwilligung zu einer Adoption erst erteilt werden, wenn das Kind acht Wochen alt ist. Eine im Leihmuttervertrag abgegebene Einwilligung in die Adoption der Leihmutter und ggf. ihres Ehemannes wird bereits vor Geburt erteilt und steht damit im Widerspruch zu dieser Regelung. Ein Verstoß gegen § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB führt jedoch nicht dazu, dass eine verfrühte Einwilligung nichtig ist, sondern macht diese lediglich schwebend unwirksam.52 Auch der personenrechtliche Inhalt des Leihmuttervertrags führt nicht zu dessen Nichtigkeit. Grundsätzlich sind auch im deutschen Recht personenrechtliche Verträge vorgesehen und der Gesetzgeber ist von deren grundsätzlicher Wirksamkeit ausgegangen.53 Der Elternstatus zählt zwar nicht zu den vertraglich disponiblen Gegenständen und kann nicht in anderer als vom Gesetz vorgesehenen Form geändert werden.54 Die Frage, ob vertragliche Bestimmungen rechtliche Auswirkungen haben bzw. ob das von den Parteien gewünschte Ergebnis herbeigeführt werden kann, ist jedoch zu trennen von der Frage ihrer Wirksamkeit.55 Dass zahlreiche familienrechtliche Vorgänge nicht der Privatautonomie unterstellt sind, ändert somit nichts daran, dass der Vertrag als solcher zunächst wirksam ist, wenngleich seine Durchführung gegebenenfalls rechtlich unmöglich ist. Dies betrifft etwaige vertragliche Verpflichtungen, die Einwilligung zur Adoption zu einem späteren Zeitpunkt zu erteilen56 genauso wie die unmittelbare vertragliche Übertragung der Elternstellung. Beide können nicht gerichtlich durchgesetzt werden. Verträge zwischen einer 50

Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 105. So auch Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 91 f. 52 So auch mit ausführlicher Begründung Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 106 f. 53 So z. B. dasVerlöbnis oder die Adoption, Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 177 ff.; CoesterWaltjen, NJW 1982, 2528, 2531. 54 Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2531. 55 Verstoßen die Willenserklärungen gegen ein gesetzliches Verbot, führt dies zu einer Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäfts nach § 134 BGB. Kann das gewünschte Ergebnis durch sie nicht herbeigeführt werden, handelt es sich allenfalls um einen Fall der rechtlichen Unmöglichkeit i.S.d. § 275 Abs. 1 BGB. 56 Bei der Einwilligung zur Adoption handelt es sich um ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, so dass von einer jederzeitigen Widerruflichkeit der Verfplichtung auszugehen ist, MüKoBGB/Maurer, § 1747 Rn. 24; Coester, FS Jayme, S. 1251. 51

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Leihmutter und den Wunscheltern auf Durchführung einer Leihmutterschaft sind aber nicht aus diesem Grund gemäß § 134 BGB nichtig. Etwas anderes gilt für solche Verträge, deren Inhalt unmittelbar auf eine vom ESchG und AdVermiG verbotene Handlung abzielt. Sie sind zweifelsohne gemäß § 134 BGB iVm den einschlägigen Vorschriften des ESchG bzw. AdVermiG nichtig.57 Darunter fallen beispielsweise der Behandlungsvertrag mit einem Arzt zur Vornahme der künstlichen Befruchtung bei einer Leihmutter58 oder der Vermittlungsvertrag mit einem Dritten zur Suche einer Leihmutter.59 b) Verstoß gegen die guten Sitten Ob ein Leihmuttervertrag wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB nichtig ist, kann jedoch dahinstehen, da er, jedenfalls nach der wohl noch herrschenden Meinung60, wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Sittenwidrig ist ein Rechtsgeschäft dann, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.61 Dies trifft nach der überwiegenden Meinung in der Literatur jedenfalls für entgeltliche Leihmutterverträge zu, da die mit ihnen verbundene Kommerzialisierung menschlicher Fortpflanzung weder mit der Würde der Leihmutter noch des Kindes vereinbar sei.62 Die Argumentation entspricht weitestgehend derjenigen, die vom Gesetzgeber als Begründung für die Regelungen des ESchG und AdVermiG herangezogen wird.63 Weniger Einigkeit herrscht im Bezug auf unentgeltliche Leihmutterverträge. Hier reicht das Spektrum von vollständiger Ablehnung bis hin zu grundsätzlicher Be57

Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 86; Coester, FS Jayme, S. 1251. Zwar knüpft § 1 Abs. 1 ESchG die Strafbarkeit des Arztes an eine Handlung an (es handelt sich somit um ein Unternehmensdelikt, vgl. Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Rn. 3), und bezieht sich § 134 BGB auf die Gesetzeswidrigkeit eines Rechtsgeschäfts, so dass es Stimmen in der Literatur gibt, die eine Nichtigkeit des Verpflichtungsgeschäft bei Strafbarkeit lediglich der Durchführungshandlung verneinen wollen (siehe hierzu Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 88). Ein Abstellen auf die tatsächliche Vertragsdurchführung würde jedoch dazu führen, dass sich die Rechtswidrigkeit eines Vertrags bis zur Vornahme der Erfüllungshandlung nicht beurteilen ließe. Richtigerweise ist deshalb auch jeder Vertrag zwischen Arzt und Wunscheltern nichtig, in dem sich ersterer zur Vornahme der medizinischen Handlungen in Deutschland verpflichtet, Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 88. 59 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 86; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 176. 60 KG, JZ 1985, 1053; OLG Hamm, NJW 1986, 781 ff.; LG Freiburg, NJW 1987, 1486 ff.; AG Gütersloh, Beschluss vom 17. 12. 1985, FamRZ 1986, 718; Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 48; Deutsch, NJW 1986, 1971, 1974. a.A. Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 563 f.; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 48 ff. 61 Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 2. 62 MüKoBGB-Bd.8/Armbrüster, § 138 Rn. 66; Palandt/Ellenberger, § 138 Rn. 48; Palandt/ Brudermüller, Einf v § 1591 Rn. 20. Eine ausführliche Darstellung der Problematik findet sich bei Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 29 ff. sowie Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 180 ff. 63 Siehe oben § 3 A. 3., S. 47. 58

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fürwortung.64 Von den Leihmutterschaftsgegnern wird auch bei unentgeltlicher Leihmutterschaft auf die Risiken für das Kind, insbesondere die Gefahr von Konflikten zwischen Wunscheltern und Leihmutter nach der Geburt, sowie der gestörten Persönlichkeitsentwicklung des Kindes hingewiesen, die eine Zeugung des Kindes auf diesem Wege verbieten würden.65 Dies überzeugt jedoch nicht. Insbesondere im Vergleich mit anderen moralisch fragwürdigen Rechtsgeschäften wie beispielsweise der vertraglichen Vereinbarung über einen Schwangerschaftsabbruch oder der erlaubten Prostitution erscheint Leihmutterschaft nicht weniger akzeptabel.66 Darüber hinaus kann die Entscheidung der Wunscheltern für Nachwuchs als solche nicht als sittenwidrig eingestuft werden. Und auch altruistische Absichten der Leihmutter müssen berücksichtigt werden.67 Altruistische Leihmutterverträge jedenfalls sind somit nicht sittenwidrig.68 5. Zusammenfassung Leihmutterschaft ist in Deutschland unzulässig. Zwar gibt es im deutschen Recht kein ausdrückliches Verbot der Leihmutterschaft an sich. Strafbar sind lediglich die Durchführung der erforderlichen medizinischen Eingriffe und die Vermittlung von Leihmüttern. Für die Wunscheltern und die Leihmutter greift insoweit ein persönlicher Strafausschließungsgrund ein. Leihmutterverträge sind in Deutschland, so die wohl noch herrschende Meinung, jedenfalls dann sittenwidrig und nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie eine Vergütung der Leihmutter vorsehen. II. Rechtslage in den USA In den USA herrscht bezüglich der Zulässigkeit von Leihmutterschaft interlokale Rechtsspaltung. Da das Familienrecht in die Kompetenz der einzelnen Bundesstaaten fällt,69 ist es Sache jedes einzelnen Staates, ob und wie er Leihmutterschaft 64

Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 186 ff. Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 192. 66 So auch Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2532. 67 Coester, FS Jayme, S. 1258. 68 So im Ergebnis auch Coester, FS Jayme, S. 1251; Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 86; Dietrich, Mutterschaft für Dritte, S. 458 ff.; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 152 ff. 69 U.S. Const., Amend. X bestimmt: „The powers not delegated to the United States by the Constitution, nor prohibited by it to the States, are reserved to the States respectively, or to the people.“ Der Bundesgesetzgeber hat lediglich in den in Art. 1 § 8 U.S. Const. (die sog. Commerce Clause) genannten Fällen die Gesetzgebungskompetenz. Das Familienrecht zählt nicht dazu, Rieck/Rieck, Ausländisches Familienrecht, USA Rn. 1. Siehe hierzu auch die Urteile des Supreme Courts Hisquierdo v. Hisquierdo, 439 U.S. 572, 581 (1979), sowie In re Burrus, 136 U.S. 586 (1890), 593 f. („The whole subject of the domestic relations of husband and wife, parent and child, belongs to the laws of the States and not the laws of the United States.“). 65

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regelt. Dementsprechend findet man in den USA eine Vielzahl verschiedener gesetzlicher und richterrechtlicher Herangehensweisen zum Umgang mit Leihmutterschaft.70 1. Regelungen auf Bundesebene Die amerikanische Regierung hat zwar zweimal versucht, Leihmutterschaft auf Bundesebene verbindlich und einheitlich zu regeln,71 blieb damit jedoch erfolglos.72 Im Jahr 1989 wurde als Reaktion auf den Baby M.-Fall73 im House of Representatives74 ein Entwurf für den Surrogacy Arrangements Act of 198975 vorgelegt, wonach das Vermitteln, Durchführen und die Kenntnis von Leihmutterschaft eine Straftat war.76 Der zweite Versuch erfolgte in Gestalt des Anti-Surrogate Mother Act of 198977, der ebenfalls alle Handlungen im Zusammenhang mit Leihmutterschaft, auch solche, die im Ausland stattfinden, unter Strafe stellte und sowohl Leihmutterschaft gegen Entgelt als auch altruistische Leihmutterschaft untersagte.78 Beide Vorschläge fanden nicht genug Unterstützung und blieben schon in den Ansätzen eines Gesetzgebungsverfahrens stecken.79 Auf Bundesebene gibt es derzeit daher lediglich einen unverbindlichen Regelungsvorschlag (Model Act) der sich mit Leihmutterschaft befasst: den leihmutterschaftsfreundlichen Uniform Parentage Act80 aus dem Jahr 2000. Der UPA (2000) wurde in seiner ursprünglichen Fassung im Jahr 197381 von der National Conference of Comissioners on Uniform State Laws (NCCUSL) veröffentlicht; er bestimmte unter anderem, dass die Frau, die das Kind zur Welt gebracht 70 Eine Übersicht der Haltung der einzelnen Bundesstaaten zu Leihmutterschaft findet sich bei Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 58 ff. 71 Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 341; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 221. 72 Da grenzüberschreitende Leihmutterschaft auch im zwischenstaatlichen Bereich häufig vorkommt und mitunter wirtschaftlich von großer Bedeutung ist, ließe sich eine Kompetenz des Bundesgesetzgebers zur Regelung von interstate Leihmutterschaft wohl aber aus Commerce Clause (siehe 2. Teil, Fn. 69) ableiten. Eine bundesgesetzliche Regelung würde das einzelstaatliche Recht dann verdrängen. 73 Siehe oben 1. Teil, Fn. 46. 74 Das amerikanische Repräsentantenhaus ist neben dem Senat die zweite der beiden Kammern des Kongresses der Vereinigten Staaten. 75 H.R. 275, 101st Cong., 1st Sess. (1989). 76 Siehe Sec. 2 (a) des Gesetzesentwurfs. 77 H.R. 576, 101st Cong., 1st Sess. (1989). 78 Siehe Sec. 2 des Gesetzesentwurfs. 79 Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 221; Goeldel, Leihmutterschaft, S. 70. 80 Uniform Parentage Act (2000) (last amended or revised in 2002), 9B U.L.A. 295 (2001); im Folgenden: UPA (2000). 81 Uniform Parentage Act (1973), 9B U.L.A. 287 (2001); im Folgenden: UPA (1973).

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hat, die rechtliche Mutter ist.82 Daneben schuf der UPA (1973) jedoch auch ein Verfahren zur Feststellung der Mutterschaft,83 in dem sowohl der Nachweis der Geburt des Kindes84 als auch der Nachweis der genetischen Verwandtschaft85 zur Begründung der Mutterschaft ausreichte. Schon damals kamen also mehrere Frauen als rechtliche Mutter eines Kindes in Betracht.86 Nur 18 Bundesstaaten hatten den UPA (1973) übernommen bzw. eine diesem entsprechende Regelung erlassen.87 Innerhalb dieser Staaten wurde der UPA (1973) noch dazu unterschiedlich angewendet bzw. ausgelegt.88 Die angestrebte Rechtseinheit wurde durch den UPA (1973) somit nicht erreicht. Im Jahr 1988 verkündete die NCCUSL den Uniform Status of Children of Assisted Conception Act.89 Der USCACA wurde als Antwort auf die Neuerungen in der Fortpflanzungsmedizin verfasst90 und enthielt explizite Regelungen sowohl zur Abstammung nach medizinisch assistierter Fortpflanzung als auch zur Zulässigkeit von Leihmutterschaft. Da die NCCUSL sich nicht auf eine Lösung einigen konnte,91 sah der Model Act zwei Möglichkeiten zur Regelung von Leihmutterschaft vor. Nach der „Alternative A“ ist Leihmutterschaft zulässig92 und Leihmutterschaftsverträge sind wirksam und durchsetzbar, sofern sie gewisse Voraussetzungen erfüllen.93 Das 82

Sec. 3 (1) UPA (1973). Sec. 21 UPA (1973) lautet wie folgt: „Any interested party may bring an action to determine the existence or non-existence of a mother child relationship. Insofar as practical, the provisions of this Act applicable to the father and child relationship apply“. Die Verfasser gingen zwar offensichtlich davon aus, dass die gerichtliche Feststellung vor allem für die Bestimmung des rechtlichen Vaters relevant sein würde, NCCUSL, UPA (1973) with prefatory note and comments, Sec. 21, S. 12: „Since it is not believed that cases of this nature will arise frequently, Sections 4 to 20 are written principally in terms of the ascertainment of paternity. While it is obvious that certain provisions in these Sections would not apply in an action to establish the mother and child relationship, the Committee decided not to burden these-already complex-provisions with references to the ascertainment of maternity.“ (Hervorhebung in der Originalfassung). Dennoch war es aufgrund dieser Regelung bereits nach dem UPA (1973) möglich, dass ein Kind mehrere rechtliche Mütter hat. 84 Sec. 3 (1) 1. HS UPA (1973). 85 Sec. 3 (1) 2. HS, 21 S. 2 i.V.m. 12 (3) UPA (1973). 86 Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 346. 87 Kalifornien, Colorado, Hawaii, Illinois, Kansas, Minnesota, Missouri, Montana, Nevada, New Jersey, Ohio und Rhode Island, Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 346; Hofheimer, N.Y.U. Rev. L. Soc. Change 571 (1991 – 1992) 584. 88 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, S. 1. 89 Uniform Status of Children of Assisted Conception Act, 9C U.L.A. 373 (2001), im Folgenden: USCACA. 90 NCCUSL, USCACA with prefatory notes and comments, S. 1. 91 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Art. 8, S. 68; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 110. 92 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 401. 93 Der Leihmuttervertrag muss gerichtlich bestätigt werden, Alternative A Sec. 5 (b) USCACA. Außerdem ist unter anderem erforderlich, dass die Wunscheltern eine Bescheinigung 83

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Kind stammt in diesem Fall ausschließlich von den Wunscheltern ab und zwischen der Leihmutter und dem Kind bestehen keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen.94 Die Leihmutter hat jedoch innerhalb von 180 Tage nach dem Zeitpunkt der letzten künstlichen Befruchtung die Möglichkeit, von der Leihmuttervereinbarung Abstand zu nehmen.95 Sofern die Voraussetzungen des Leihmuttervertrags nicht erfüllt sind, ist die Vereinbarung nichtig und die Leihmutter und ggf. ihr Ehemann sind die rechtlichen Eltern des Kindes.96 Nach der „Alternative B“ ist Leihmutterschaft verboten.97 Ziel des USCACA war es, Kinder zu schützen, die mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurden, und sicherzustellen, dass ein Kind immer zwei Eltern hat.98 Der USCACA wurde nur von zwei Bundesstaaten verabschiedet, die sich jeweils für eine andere Alternative entschieden haben.99 Mit der Neufassung des UPA im Jahr 2000 wurde der USCACA in Form der „Alternative A“ in den UPA inkorporiert und durch ihn ersetzt.100 Regelungen zu Leihmutterschaft und Abstammung finden sich jetzt einheitlich im UPA (2000).101 Der UPA (2000) wurde im Jahr 2002 erneut überarbeitet102 und sieht vor, dass Leihmutterschaft, ähnlich wie eine Adoption, der gerichtlichen Genehmigung bedarf.103 Somit entspricht die Neufassung den bisherigen Regelungen des UPA (1973), enthält aber auch wesentliche Änderungen. Neu ist, dass Leihmuttervereinbarungen, die nicht gerichtlich bestätigt wurden, zwar nicht vollstreckbar aber deswegen nicht nichtig sind.104 Darüber hinaus ist es nicht mehr erforderlich, dass wenigstens einer der einer child welfare agency vorlegen, dass sie die Voraussetzungen, die auch für Adoptiveltern gelten, erfüllen. Die Leihmutter muss bereits einmal schwanger gewesen sein und alle Beteiligten müssen sich vorab zu den Risiken von Leihmutterschaft beraten lassen, siehe Alternative A Sec. 6 (b) (4), (6) und (7) USCACA. 94 Alternative A Sec. 5 (a) USCACA. 95 Alternative A Sec. 7 USCACA. 96 Alternative A Sec. 5 (b) USCACA. 97 Leihmutterverträge sind nichtig und die Wunscheltern sind nicht die rechtlichen Eltern des Kindes, siehe Alternative B § 5 USCACA. 98 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 110. 99 North Dakota hat Alternative B gewählt, siehe N.D. Cent. Code §§ 14-18-01 bis 14-18-09 (Cum. Supp. 1989). Virginia hat sich für Alternative A entschieden, siehe Code of Virginia §§ 20-156 – 20-165 (West Ann.); siehe hierzu auch Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 650. 100 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 111. 101 Eine Neuerung gegenüber dem USCACA stellt die im UPA (2000) verwendete Terminologie dar. Während der USCACA den Begriff „surrogate“ verwendete, spricht der UPA (2000) nun von „gestational carrier“. Dadurch sollte der wichtigen Rolle der Leihmutter Rechnung getragen werden, auch wenn sie genetisch nicht mit dem Kind verwandt ist, Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 110, 111. 102 Durch die Neufassung sollten insbesondere Fragen der Abstammung nicht miteinander verheirateter Eltern geklärt werden, NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, S. 2. 103 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8, S. 69. 104 Art. 8 Sec. 801 (c) UPA (2000) bestimmt: „A gestational agreement is enforceable only if validated as provided in Section 803.“

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beiden Wunschelternteile mit dem Kind genetisch verwandt ist. Schließlich enthält der UPA (2000) eine Regelung für den Fall, dass die Wunscheltern das Kind nach der Geburt nicht wie vereinbart an sich nehmen wollen. Sie sind in diesem Fall trotzdem die rechtlichen Eltern und damit unterhaltspflichtig für das Kind.105 Der UPA (2000) wurde bisher von 10 Bundesstaaten übernommen.106 Ein weiterer Versuch der Rechtsvereinheitlichung wurde von der American Bar Association (ABA) unternommen. Im Jahr 2008 verfasste diese den Model Assisted Reproductive Technologies Act.107 Auch dieses Modellgesetz enthält zwei Alternativen zum Umgang mit Leihmutterschaft, im Gegensatz zum USCACA enthalten jedoch beide leihmutterschaftsfreundliche Regelungen. Art. 7 Alt. A Sec. 701 MARTA bestimmt unter anderem, dass Leihmuttervereinbarungen wirksam sind, sofern sie gerichtlich bestätigt werden. Erforderlich ist eine home study zur Überprüfung der Eignung der Wunscheltern. Auch eine Vergütung der Leihmutter ist nach Sec. 701 (5) zulässig. Nach der noch liberaleren Alt. B ist weder gerichtliches noch behördliches Tätigwerden erforderlich. Eine Leihmuttervereinbarung ist automatisch wirksam, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Alt. B verlangt jedoch, dass mindestens ein Wunschelternteil seine Gameten zur Verfügung gestellt hat.108 Der MARTA wurde bisher von keinem einzigen Bundesstaat verabschiedet.109 Alle vorgeschlagenen Modellgesetze waren wenig erfolgreich. Dies überrascht nicht, da auch die bisherigen Versuche zur Rechtsvereinheitlichung im Familienrecht in den USA, die es beispielsweise im Scheidungsrecht oder bei der Abtreibung gab, stark kritisiert wurden.110 Die Mehrheit der Staaten hat Leihmutterschaft deshalb autonom geregelt und dabei sehr unterschiedlich von ihrer Kompetenz Gebrauch gemacht.

105 Art. 8 Sec. 809 (c) UPA (2000); NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8, S. 69. 106 Alabama, Delaware, Illinois, Oklahoma, New Mexico, North Datoka, Texas, Utah, Washington und Wyoming, vgl. die Informationen auf der Website der NCCUSL http://www. uniformLaws.org/Act.aspx?title=Parentage%20Act (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 107 Im Folgenden: MARTA. 108 Art. 7 Sec. 102 MARTA. 109 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 111. 110 So hat der Supreme Court beispielsweise das Recht zur Abtreibung in seiner Entscheidung Roe v. Wade, 410 U.S. 113 (1973) bundeseinheitlich geregelt. Zur Kritik der einzelnen Bundesstaaten hieran siehe Appleton, 1990 Wis. L. Rev. (1990), 478, sowie Morgan, 77 Mich. L. Rev. 1724 (1979) („The Supreme Court should have waited to decide the issue presented in Roe until lower courts had more opportunity to analyze the question.“). Dieselbe Kritik wurde auch gegen die Entscheidung des Supreme Court in Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015), zur same-sex-marriage geäußert.

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2. Einzelstaatliche Regelungen Etwa 20 Bundesstaaten haben gar keine gesetzlichen Regelungen und überlassen es der Rechtsprechung, die Probleme im Zusammenhang mit Leihmutterschaft zu lösen.111 Sowohl in diesen als auch den übrigen Staaten findet man ein breites Spektrum an Lösungsansätzen: manche stehen Leihmutterschaft sehr liberal gegenüber und erlauben sie explizit, andere erlauben Leihmutterschaft nur unter engen Voraussetzungen und wieder andere verbieten Leihmutterschaft ausdrücklich. Die Beurteilung von Leihmutterverträgen unterscheidet sich insbesondere danach, ob es sich um Trag- oder Ersatzmutterschaft handelt, ob die Leihmutter eine Vergütung erhält und ob die Wunscheltern verheiratet sind oder in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft leben.112 Das Ergebnis ist „a glaring lack of legal continuity throughout the country“113 und ein „legal patchwork at state level that becomes even more complicated if participants move across state lines or international borders.“114 a) Verbot der Leihmutterschaft Bundesstaaten, in denen Leihmutterschaft verboten ist, verhängen üblicherweise Bußgelder oder Geldstrafen gegen die Beteiligten oder verbieten die Vollstreckung von Leihmutterverträgen.115 Strengstes Beispiel für solche Staaten sind Michigan und der Federal District of Columbia.116 In beiden Staaten ist Leihmutterschaft verboten und Leihmutterschaftsverträge sind nichtig.117 Handlungen im Zusammenhang mit Leihmutterschaft werden mit mit Geldstrafe von bis zu 10.000,– USD oder mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft.118 Auch in New York sind Leihmutterverträge nichtig und nicht vollstreckbar.119 Leihmutterschaft ist in New York keine Straftat, gegen die Parteien eines Leihmutterschaftsvertrags kann jedoch ein Bußgeld in Höhe von bis zu 111

Areen, Family Law, S. 418; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 102. Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 460. 113 Hale, J. Contemp. L., 335, 342. 114 Areen, Family Law, S. 397. 115 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101. 116 Streng genommen ist der Federal District of Columbia kein Bundesstaat mit eigenen Staatsorganen, sondern der Regierungs-District, der direkt dem Kongress der Vereinigten Staaten untersteht. Auch der District of Columbia verfügt aber wie alle 50 Bundesstaaten über eine eigene Gesetzgebung, Rieck/Rieck, Ausländisches Familienrecht, USA Rn. 1. 117 Mich. Comp. Laws Ann. § 722.855; D. C. Code, § 16-402 (a) (2001). 118 D. C. Code, § 16-402 (b) (2001) und Mich. Comp. Laws Ann. § 722.859 (2). Das Vermitteln von Leihmutterschaftsverträgen ist in Michigan sogar mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bis zu 50.000 USD strafbar, § 722.859 (3). 119 N.Y. Dom. Rel. Law Art. 8 § 122 (Mc Kinney 2010). Dort heißt es: „Surrogate parenting contracts are hereby declared contrary to the public policy of this state, and are void and unenforceable.“ 112

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500 USD verhängt werden.120 In Arizona,121 Indiana,122 und Tennessee123 ist Leihmutterschaft ebenfalls unzulässig, aber nicht unter Strafe gestellt. b) Zulässigkeit von Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen Viele Staaten erlauben Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen, wie beispielsweise Zustimmungserfordernissen oder Altersgrenzen, andere Staaten verbieten nur manche Formen der Leihmutterschaft. So ist in Kentucky,124 Louisiana,125 Maryland,126 Nebraska,127 New Mexico,128 North Carolina,129 Virigina130 und Washington131 nur kommerzielle Leihmutterschaft untersagt. Das Leihmutterschaftsgesetz in Louisiana beispielsweise verbietet Leihmutterschaftsverträge132 und definiert diese als „jede Vereinbarung, in der sich eine Person, die nicht mit dem Samenspender verheiratet ist, bereit erklärt, sich gegen Entgelt künstlich befruchten zu lassen, einen etwaigen Fötus auszutragen und nach der Geburt das Sorgerecht und alle Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit dem Kind dem Samenspender zu überlassen.“133 Unentgeltliche Verträge sind somit im 120 N.Y. Dom. Rel. Law § 123 (2) (a) (Mc Kinney 2010), wo von „civil fine“ gesprochen wird. Für Dritte, die in irgendeiner Form an dem Zustandekommen eins Leihmuttervertrags mitwirken, erhöht sich das Bußgeld auf bis zu 10.000 USD; im Fall einer Wiederholungstat macht sich der jeweilige Vermittler sogar strafbar, § 123 (2) (b) N.Y. Dom. Rel. Law. 121 Ariz. Rev. Stat. Ann. § 25-218 (A) (2009) wonach es verboten ist, Leihmutterschaftsverträge abzuschließen oder deren Zustandekommen zu erleichtern oder zu ermöglichen. Abs. B dieser Vorschrift, wonach die Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes ist, wurde vom Court of Appeals of Arizona wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot für verfassungswidrig erklärt, Soos v. Superior Court, 897 P.2d 1356 (Ariz. Ct. App. 1994). Die Vorschrift wurde dennoch bisher nicht abgeschafft, Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101. 122 Ind. Code Ann. §§ 31-20-1-1 f. (West 2008), wonach Leihmutterverträge, in denen sich die Leihmutter verpflichtet, ihre Eizelle zur Verfügung zu stellen, schwanger zu werden, eine Abtreibung vorzunehmen, auf das Sorgerecht zu verzichten oder einer Adoption zuzustimmen, dem ordre public widersprechen und nichtig sind. 123 Tenn. Code Ann. § 36-1-102 (48) (C) (2010). 124 KY Rev. Stat. Ann. § 199.590 (4) (West 2006); Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 652 m.w.N. 125 LA Rev. Stat. Ann. § 9:2713 (West 2005). 126 MD. Code Ann., Fam. Law § 5-327 (LexisNexis 2002) und MD. Code Ann., Crim. Law § 3-603 (LexisNexis 2002); 85 Op. Md. Att’y Gen. 348 (2000), 2000 WL 1922187 (über Westlaw). 127 Neb. Rev. Stat. § 25-21, 200 (2008). 128 N.M. Stat. Ann. § 32 A-5-34 (F) (West Supp. 2008). 129 N.C. Gen. Stat. Ann. §§ 48-10-102 f. (West 2007). 130 Va. Code Ann. § 20-156 (2008). 131 Wash. Rev. Code §§ 26.26.230, 26.26.240 (2010). 132 LA Rev. Stat. Ann. § 9:2713 (a) (West 2005). 133 LA Rev. Stat. Ann. § 9:2713 (b) (West 2005) – Übersetzung der Verfasserin. Im Original lautet die Vorschrift wie folgt: „,Contract for surrogate motherhood‘ means any agreement

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Umkehrschluss zulässig, wobei eine ausdrückliche Regelung, wie diese vollstreckt werden können, fehlt. Abgesehen vom Verbot kommerzieller Leihmutterschaft gibt es in Louisiana derzeit noch keine gesetzlichen Regelungen zur Leihmutterschaft.134 Andere Staaten differenzieren zwischen Ersatz- und Tragmutterschaft wobei letztere in der Regel als die weniger problematische Variante gesehen wird.135 So ist in North Dakota nur Ersatzmutterschaft verboten,136 Tragmutterschaft hingegen zulässig.137 Tragmutterschaft ist auch in Florida,138 Illinois,139 Nevada,140 New Hampshire, Texas,141 Utah142 und Virginia143 ausdrücklich zulässig, sofern gewisse zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind. In Utah müssen beispielsweise die Wunscheltern verheiratet sein und die Parteien eines Leihmutterschaftsvertrags müssen mindestens 21 Jahre alt sein. Der Vertrag muss gerichtlich bestätigt werden und die Leihmutter muss körperlich in der Lage sein, ein Kind auszutragen, ohne sich oder das Kind dadurch gesundheitlichen Risiken auszusetzen.144 Auch eine Bezahlung der Leihmutter ist erlaubt.145 Auch Illinois erlaubt kommerzielle Tragwhereby a person not married to the contributor of the sperm agrees for valuable consideration to be inseminated, to carry any resulting fetus to birth, and then to relinquish to the contributor of the sperm the custody and all rights and obligations to the child“ (Hervorhebung nur hier). 134 Im April 2014 hat das Louisiana House of Representatives ein neues Leihmutterschaftsgesetz verabschiedet, nach dem unentgeltliche Tragmutterverträge wirksam und durchsetzbar sind. Erlaubt wären danach unentgeltliche Verträge zwischen heterosexuellen, verheirateten Paaren und einer Leihmutter, die zwischen 24 und 35 Jahren alt ist und zuvor bereits mindestens ein Kind zur Welt gebracht hat. Das Gesetz ist jedoch am Veto des republikanischen Governeurs Bobby Jindal gescheitert. 135 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 99. 136 N.D. Cent. Code § 14-18-05 (2009): „Any agreement in which a woman agrees to become a surrogate or to relinquish that woman’s rights and duties as parent of a child conceived through assisted conception is void …“. § 14-18-08 N.D. Cent. Code bestimmt hingegen für Tragmutterschaft („gestational carriers“): „A child born to a gestational carrier is a child of the intended parents for all purposes and is not a child of the gestational carrier and the gestational carrier’s husband, if any.“ 137 Dies ergibt sich aus N.D. Cent. Code § 14-18-08 (2009), der eine Regelung für die Abstammung eines durch Tragmutterschaft entstandenen Kindes enthält, woraus sich der Schluss ziehen lässt, dass diese Form der Leihmutterschaft erlaubt ist. 138 Fl. Stat. Ann. §§ 742.15, 742.16 (West 2010) In Florida müssen die Wunscheltern verheiratet sein. 139 Ill. Comp. Statute Ann. 47/1-47/75. 140 Nev. Rev. Statute 126.045 (2009). Auch in Nevada müssen die Wunscheltern verheiratet sein. 141 Tex. Fam. Code Ann. § 160.751-160.763 (Vernon 2008). 142 Utah Code Ann. § 78B-15-801 (2008), insbesondere Abs. 7 dieser Vorschrift. 143 Code of Virginia § 20-160. 144 Utah Code Ann. § 78B-15-801 (2008). 145 Utah Code Ann. § 78B-15-801 (2008). Die Vorgängervorschrift, Utah Code Ann. § 767-204 (1999), war wesentlich strenger. Danach war jede Beteiligung an kommerzieller Leihmutterschaft eine Straftat. Auch unentgeltliche Leihmutterschaftsverträge waren nicht durchsetzbar und die Tragmutter war die rechtliche Mutter des Kindes. Die Vorgängervorschrift

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mutterverträge.146 Ob Ersatzmutterverträge in Illinois wirksam sind, ist hingegen unklar.147 In Texas ist ein Leihmuttervertrag nur mit vorheriger gerichtlicher Genehmigung zulässig und die Geburt des Kindes muss dem Gericht binnen 300 Tagen angezeigt werden.148 Mit Abstand am liberalsten, da keinerlei Einschränkungen unterworfen, sind die Regelungen im Bundesstaat Kalifornien, wo sowohl Gesetz als auch Rechtsprechung alle Formen der Leihmutterschaft ausdrücklich erlauben. Bereits seit den 90er Jahren wurden Tragmutterverträge in Kalifornien von der Rechtsprechung für wirksam und vollstreckbar befunden.149 Darüber hinaus wurde in Kalifornien im Jahr 2012 ein neues Leihmutterschaftsgesetz150 erlassen, das sehr detaillierte Regelungen über Leihmutterschaftsverträge enthält und sowohl Ersatz- als auch Tragmutterschaft erlaubt.151 Dabei sind weder der Familienstand noch die sexuelle Orientierung für die Erlangung der rechtlichen Elternstellung relevant.152 Sec. 7962 des California Family Code153 bestimmt unter anderem, dass Leihmutterschaftsvereinbarungen notariell beurkundet werden müssen, bevor mit den medizinischen Behandlungen

wurde jedoch in J.R. v. Utah, 261 F.Supp.2d 1268 (2002) vom U.S. District Court for the District of Utah für verfassungswidrig erklärt, da sie die Wunscheltern an der Ausübung ihres Grundrechts auf Familie hindere, indem sie automatisch und unverrückbar die Tragmutter zur rechtlichen Mutter des Kindes macht. 146 Illinois Com. Stat. Ann. 750 ILCS 47/25 (b) (4) und (d) (3) (West). 147 Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 456. 148 Tex. Fam. Code. Ann. § 160.760 (Vernon 2008). 149 Vgl. beispielsweise die Rechtssachen Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993) und In re Marriage of Buzzanca, 61 Cal. App. 4th 1410 (1998). 150 California Assembly Bill 1217, abrufbar unter http://leginfo.legislature.ca.gov/faces/bill NavClient.xhtml?bill_id=201120120AB1217 (zuletzt eingesehen am 6. Juli 2015). Das Gesetz ist seit 1. Januar 2013 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt enthielt das kalifornische Familienrecht keine ausdrücklichen Regelungen zur Leihmutterschaft und die leihmutterfreundliche Haltung ergab sich ausschließlich aus dem Richterrecht. 151 Sec. 7960 (f) California Family Code lautet: „,Surrogate‘ means a woman who bears and carries a child for another through medically assisted reproduction and pursuant to a written agreement, as set forth in Sections 7606 and 7962. Within the definition of surrogate are two different and distinct types: (1) ,Traditional surrogate‘ means a woman who agrees to gestate an embryo, in which the woman is the gamete donor and the embryo was created using the sperm of the intended father or a donor arranged by the intended parent or parents. (2) ,Gestational carrier‘ means a woman who is not an intended parent and who agrees to gestate an embryo that is genetically unrelated to her pursuant to an assisted reproduction agreement.“ In den darauf folgenden Abschnitten spricht der CFC jedoch ausschließlich von Tragmutterschaft, so dass fraglich ist, inwiefern die leihmutterschaftsfreundlichen Regelungen des CFC auch auf Ersatzmutterschaft anwendbar sind. Im Jahr 1994, also lange vor Erlass des neuen Leihmutterschaftsgesetzes, hat ein kalifornisches Gericht einen Ersatzmuttervertrag nicht vollstreckt und entschieden, dass die Ersatzmutter und der Bestellvater die rechtlichen Eltern des Kindes sind, siehe Moschetta v. Jordan, 30 Cal. Rptr. 2d 893 (Cal. Ct. App. 1994). 152 Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 461. 153 Im Folgenden: CFC.

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begonnen wird.154 Sowohl die Wunscheltern als auch die Leihmutter müssen sich anwaltlich vertreten lassen155 und auch die Zahlung eines Entgelts für die Vermittlung von Leihmutterschaft ist im CFC geregelt.156 Sofern alle Voraussetzungen erfüllt sind, gilt eine Vermutung der Wirksamkeit der Leihmuttervereinbarung.157 Auch die rechtliche Beziehung zwischen dem Kind und den Wunscheltern wird in Kalifornien ausdrücklich anerkannt.158 Durch eine wirksame Leihmutterschaftsvereinbarung, die den Voraussetzungen von Sec. 7962 CFC entspricht, wird insbesondere die ansonsten bestehende Vermutung der Elternschaft der gebärenden Frau und ihres Ehemannes159 widerlegt. Der CFC hat zudem die Möglichkeit geschaffen, die ElternKind-Beziehung bereits vor Geburt des Kindes in Form eines sogenannten pre-birth orders gerichtlich feststellen zu lassen.160 Kalifornien ist damit der leihmutterschaftsfreundlichste Bundesstaat der USA. c) Keine Regelungen zur Leihmutterschaft Die übrigen Bundesstaaten haben keine Regelungen zu Leihmutterschaft erlassen.161 In Staaten, die diesen inaction approach162 verfolgen, ist Leihmutterschaft nicht explizit verboten. Leihmutterverträge sind dann zwar in der Regel wirksam, können jedoch nicht gerichtlich durchgesetzt werden.163 Bei der Beurteilung der Wirksamkeit von Leihmutterverträgen in solchen Staaten kann es im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen kommen. Und auch die Zuordnung der Elternstellung ist in Staaten ohne Regelungen zur Leihmutterschaft fraglich.164 Leihmutterverträge wurden schon für – in den Worten des Supreme Courts von New Jersey – „illegal, vielleicht strafbar und möglicherweise herabwürdigend für Frauen“ befunden und nicht vollstreckt.165 New Jersey hat seine Haltung zur Leihmutterschaft seit der Baby M.-Entscheidung jedoch dahingehend geändert, dass unentgeltliche Leihmutterverträge zulässig sind.166 Die Leihmutter darf sich jedoch nicht vor Geburt des Kindes vertraglich zur Herausgabe des Kindes verpflichten. 154

Sec. 7962 (c) und (d) CFC. Sec. 7962 (b) CFC. 156 Sec. 7960 (b) und (e) (2) CFC. Die Zahlung eines Entgelts an die Leihmutter ist im CFC nicht explizit erwähnt. 157 Sec. 7962 (i) CFC. 158 Sec. 7962 (f) CFC. 159 Diese Vermutung ergibt sich aus Sec. 7610 (b), 7611 und 7613 CFC. 160 Sec. 7962 (e) CFC. 161 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101; Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26. 162 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101; Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26. 163 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101; Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26. 164 Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26. 165 In re Baby M., 109 N.J. 396 (1988), S. 410. 166 A.H.W. v. G.H.B., 772 A.2d 948 (N.J. Super. Ct. Ch. Div. 2000), 949. 155

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Vielmehr kann sie ihre Elternrechte erst 72 Stunden nach der Geburt an die Wunscheltern übertragen.167 Es gibt aber zahlreiche Staaten ohne gesetzliche Regelungen zur Leihmutterschaft, in denen Leihmutterverträge weiterhin nichtig sind, so beispielsweise Maryland168 oder Oklahoma.169 In anderen Staaten ohne Leihmutterschaftsgesetz, zum Beispiel Connecticut, Delaware, Georgia oder Hawaii, ist die Wirksamkeit von Leihmutterschaftsverträgen weniger eindeutig.170 Während Gerichte in Connecticut sich zwar bisher nicht explizit zur Wirksamkeit der Leihmuttervereinbarung geäußert haben, sind dort jedenfalls Verträge über Eizellspenden wirksam.171 In Delaware hingegen wurde die Begründung des Supreme Courts of New Jersey im Baby M.-Fall172 herangezogen und ein Leihmuttervertrag für nichtig erklärt. Und in Pennsylvania, wo Leihmutterschaft ebenfalls nicht geregelt ist, wurden Kinder in einem Fall abstammungsrechtlich trotzdem den Wunscheltern zugesprochen.173 Das Gericht ging sogar so weit, festzustellen, dass die Leihmutter die Kinder nicht einmal wirksam gerichtlich vertreten kann. In wieder anderen Staaten werden Leihmutterverträge nicht anders als alle anderen Verträge behandelt und nach den allgemeinen contracts-Vorschriften vollstreckt.174 Alle Bundesstaaten haben sog. Baby Selling Laws erlassen, die Adoptionen gegen Entgelt verbieten.175 Teilweise wird argumentiert, diese Gesetze auch auf Leihmutterfälle anzuwenden.176 Die Situation sei vergleichbar, da sich die Wunscheltern letztlich ein Kind kaufen.177 Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen haben manche Staaten die Anwendbarkeit ihrer Baby Selling Laws auf Leihmutterschaftsfälle 167

Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 464; A.H.W. v. G.H.B., 772, A.2d 948 (N.J. Super. Ct. Ch. Div. 2000) 949. 168 85 Md. Op. Att’y Gen. 348 (2000), S. 1 („in our opinion, surrogacy contracts that involve the payment of a fee to the birth mother are, in most instances, illegal and unenforceable under Maryland law.“). 169 1983 Okla AG Lexis 41, 1, 7. 170 Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender Soc’y 25 (2009), 61; Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 499 (2008 – 2009), 456. Es scheint so, als wären Leihmutterverträge in Connecticut wirksam, vgl. De Bernardo v. Gregory, No. FA074007658S, 2007 WL 4357736, S. 1 (Conn. Super. Ct. Nov 7, 2007). 171 Doe v. Roe, 717 A.2d (Conn. 1998); Doe v. Doe, 710 A.2d 1297 (Conn. 1998). 172 Siehe 1. Teil, Fn. 45. 173 J. f. v. D.B., 897 A2d 1261 (2006), 1273. 174 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), S. 101. 175 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 136. 176 So der Supreme Court von New Jersey im Baby M.-Fall (Fn. 46): „This is the sale of a child.“ Auch im Family Code von New York werden Adoption und Leihmutterschaft in derselben Vorschrift behandelt, § 123 1 (a) N.Y. Dom. Rel. Law (Mc Kinney 2010); Kerian, 12 Wis. Women’s L.J. 113 (1997) 113; a.A. Katz, 20 Colum. J.L. & Soc. Probs. 1 (1986), 18 ff. und Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 136 ff. Siehe ausführlich zu dieser Frage Hofheimer, N.Y.U. Rev. L. & Soc. Change 571 (1991 – 1992), 576 ff. 177 In re Baby M., 1. Teil, Fn. 46; Kerian, 12 Wis. Women’s L.J. 113 (1997) 113.

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ausdrücklich ausgeschlossen.178 Andere haben sie aus den Strafgesetzen und Baby Selling Laws bewusst entfernt.179 Zum anderen wird von den Vertretern dieser Meinung übersehen, dass Leihmutterschaft auch unentgeltlich geschehen kann, während die Baby Selling Laws lediglich entgeltliche Vorgänge verhindern wollen. Die Anwendung der Baby Selling Laws hilft also nicht immer oder jedenfalls nur bedingt weiter. Entscheidend ist darüber hinaus nicht nur das Verbot der Leihmutterschaft an sich, sondern auch die rechtliche Anerkennung der Folgen insbesondere im Abstammungsrecht. Im Ergebnis ist somit auch in den Staaten, die Leihmutterschaft nicht gesetzlich geregelt haben,180 ein „legal patchwork“ an Herangehensweisen vorhanden. 3. Hintergrund der Rechtslage in den USA Die Rechtslage in den einzelnen Bundesstaaten ist sowohl bei der Zulässigkeit von Leihmutterschaft als auch beim Umgang mit Leihmutterverträgen gespalten. Das breite Spektrum an unterschiedlichen Regelungen resultiert dabei aus der Kompetenz der Einzelstaaten. Dennoch überrascht es, dass innerhalb ein und desselben Kulturraums die Problematik der Leihmutterschaft zum Teil diametral gegensätzlich geregelt wird. Leihmutterschaft ist auch in den Vereinigten Staaten kein neues Konzept. Schon zu Zeiten der Sklaverei soll Leihmutterschaft in Form der traditionellen Ersatzmutterschaft regelmäßig praktiziert worden sein.181 Der Zusammenhang mit Sklaverei und die Tatsache, dass gerade afroamerikanische Frauen oftmals wirtschaftlich schwächer gestellt und damit gefährdet sind, ausgebeutet zu werden, führen dazu, dass Leihmutterschaft in den USA auf großen Widerspruch stößt.182 Auch in den USA wird Leihmutterschaft unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde diskutiert,183 die als Argument gegen Leihmutterschaft herangezogen wird.

178 Z. B. Iowa Code § 710.11 (1997): „A person commits a class ,C‘ felony when the person purchases or sells or attempts to purchase or sell an individual to another person. This section does not apply to a surrogate mother arrangement. […]“ (Hervorhebung nur hier). 179 Die ist beispielsweise der Fall in Alabama, Iowa, und West Virginia, Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 653. 180 Rao, Surrogacy Law in the US, S. 26 f., die von „passive resistance“ spricht. 181 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 98. 182 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 98. 183 Bertschi, Leihmutterschaft, S. 113. Die amerikanische Verfassung enthält keine ausdrückliche Klausel zum Schutz der Menschenwürde,.Von der Rechtsprechung wird die Menschenwürde jedoch als tragender Grundsatz der Rechtsordnung anerkannt, Bertschi, Leihmutterschaft, S. 113 unter Verweis auf Rochin v. California, U.S. 342 U.S. 165 (1952). Capron/ Radin, Choosing Family Law over Contract Law, S. 67 ff. sind dagegen der Ansicht, bei Leihmutterschaft handle es sich nicht um ein verfassungsrechtliches Problem, sondern ein issue of social policy.

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Auf der anderen Seite sprechen verfassungsrechtliche Erwägungen aus amerikanischer Sicht auch für Leihmutterschaft.184 Relevant sind insbesondere das Recht auf Privatsphäre (right to privacy) aus dem Fifth Amendment, die Bill of Rights und das Fourteenth Amendment der Verfassung. Das right to privacy umfasst nach der Rechtsprechung des Supreme Courts185 auch das Recht Entscheidungen zur Ehe und Familiengründung zu treffen (right to procreate). Das right to procrate umfasst wiederum das Recht, frei von ungerechtfertigten staatlichen Eingriffen Entscheidungen über die Zeugung und Austragung eines Kindes zu treffen.186 Befürworter der Leihmutterschaft berufen sich auf das Fourteenth Amendment und argumentieren, dass das Recht, die eigenen Kinder so großzuziehen, wie man es für richtig hält, auch das Recht umfasse, eine Leihmutter zu engagieren.187 Auch die Equal Protection Clause des Fourteenth Amendments188 wird immer wieder als Argument für Leihmutterschaft herangezogen. Gemäß dem darin verankerten Gleichheitsgrundsatz ist die unterschiedliche Behandlung verschiedener Personengruppen ohne sachliche Rechtfertigung verboten.189 Männer haben die Möglichkeit, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen und im Falle von Unfruchtbarkeit mit Hilfe künstliche Befruchtungstechniken Kinder zu zeugen. Vergleichbare Regelungen für Frauen fehlen in den meisten traditionelleren Rechtsordnungen.190 Darin wird eine Verletzung der Equal Protection Clause gesehen.191 Und schließlich wird Leihmutterschaft auch unter dem Aspekt der Vertragsfreiheit192 diskutiert. Befürworter der Leihmutterschaft werten es als Ausdruck individueller Freiheit, dass sich Frauen selbstbestimmt für den Verkauf ihrer Fortpflanzungsfähigkeit entscheiden.193 Deshalb wird argumentiert, Leihmutterverträge 184

Siehe ausführlich hierzu Bertschi, Leihmutterschaft, S. 112 ff.; Capron/Radin, Choosing Family Law over Contract Law, S. 67 ff. 185 Pierce v. Society of Sisters, 286 U.S. 510 (1920); Meyer v. Nebraska, 262 U.S. 390 (1923). 186 Die maßgeblichen Entscheidungen des Supreme Courts zum right to procreate sind Skinner v. Oklahoma, 316 U.S. 353 (1942), Griswold v. Connecticut, 381 U.S. 479 (1956) und Eisenstadt v. Baird, 405 U.S. 438 (1972). Siehe hierzu auch Bertschi, Leihmutterschaft, S. 116; Capron/Radin, Choosing Family Law over Contract Law, S. 67. 187 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 98; Bertschi, Leihmutterschaft, S. 116. 188 Amend. XIV § 1 U.S. Const.: „nor shall any state deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law; nor deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the Laws.“ Im Folgenden: Equal Protection Clause. 189 Royster Guano v. Virginia, 253 U.S. 412 (1920). 190 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 110. 191 So z. B. Utah und Arizona, wo die alte Rechtslage für verfassungswidrig befunden wurde, siehe 2. Teil, Fn. 121. 192 Die Vertragsfreiheit ist zwar nicht ausdrücklich in der Verfassung verankert, wird jedoch als verfassungsmäßiges. Grundrecht anerkannt, so auch in Lochner v. New York, 198 U.S. 45 (1905). 193 Bertschi, Leihmutterschaft, S. 118, unter Verweis auf Rao, Surrogacy Law in the US, S. 32.

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bedürften verfassungsrechtlichen Schutzes, da sie private Beziehungen und intime Entscheidungen genauso betreffen wie das Recht einer Frau über ihren eigenen Körper zu bestimmen.194 Gegner der Leihmutterschaft argumentieren in diesem Zusammenhang, die Vertragsfreiheit müsse im Interesse der Gesellschaft eingeschränkt werden, insbesondere zum Schutz der Menschenwürde des Kindes, sowie zur Verhinderung einer Instrumentalisierung der Leihmutter.195 Die gewichtigen Argumente für und gegen Leihmutterschaft erklären die Rechtsspaltung innerhalb der USA. Wenngleich die einzelstaatlichen Regelungen jeweils zu unterschiedlichen Abwägungsergebnissen kommen und sich bei der Regelung von Leihmutterschaft stark unterscheiden, kristallisieren sich aber dennoch drei Gemeinsamkeiten heraus: In den meisten Fällen wird Tragmutterschaft als weniger verwerflich angesehen als Ersatzmutterschaft.196 Gleichermaßen ist kommerzielle Leihmutterschaft wesentlich häufiger untersagt als altruistische Leihmutterschaft. Und verheiratete Paare, die sich ggf. ausführlich beraten haben lassen und gewisse Altersgrenzen überschritten haben, können eher eine Leihmutter engagieren als Alleinstehende. III. Vergleich Ob Leihmutterschaft grundsätzlich gestattet wird, ist vor allem eine politische Entscheidung. Ein Vergleich der Rechtslagen in Deutschland und den USA läuft somit auf einen Vergleich der politischen Hintergründe hinaus.197 Dabei ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild. Leihmutterfeindliche Bundesstaaten haben mit dem deutschen Recht vergleichbare Regeln erlassen und verbieten Leihmutterschaft ausdrücklich, teilweise sogar unter Androhung von Strafe. Leihmutterfreundliche Staaten hingegen erlauben Leihmutterschaft und fördern sie zum Teil sogar aktiv. Daneben gibt es auch leihmutterfeindliche Staaten ohne explizite Regelungen zur Zulässigkeit und dem Umgang mit Leihmutterschaft. Leihmutterschaft ist ein Bereich, der sich stark in der Entwicklung befindet – insbesondere im amerikanischen Recht. Es ist daher wenig sinnvoll, die geltenden Regeln im Einzelnen zu untersuchen. Von Interesse ist vielmehr ein Vergleich der grundsätzlichen Haltung des deutschen und amerikanischen Gesetzgeberes. Die Diskussion in Deutschland und USA zeigt hinsichtlich ihrer Struktur und ihrem Inhalt deutliche Parallelen, kommt dabei jedoch zu divergierenden Ergebnissen.

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Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 142. Bertschi, Leihmutterschaft, S. 118. Crockin/Jones, Legal Conceptions, S. 213. Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 226.

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1. Unterschiede in der Haltung zu Leihmutterschaft Sowohl in der amerikanischen als auch der deutschen Diskussion werden die Rechte der Beteiligten gegeneinander abgewogen. Leihmutterschaft wird in beiden Ländern unter dem Aspekt der Menschenwürde der Leihmutter und des Kindes, sowie dem Wunsch der Wunscheltern nach einem eigenen Kind diskutiert. Letzerer ist in beiden Ländern verfassungsrechtlich anerkannt – in den USA durch das right to privacy und das right to procreate, in Deutschland als Ausdruck der allgemeinen Handlungsfreiheit. Manche einzelstaatlichen Gesetzgeber sehen Leihmutterschaft als einen Ausdruck der Vertragsfreiheit und haben sich deshalb dafür entschieden, Leihmutterschaft aktiv zu fördern. Andere hingegen bewerten die Risiken der Leihmutterschaft wesentlich höher als die Freiheit des Einzelnen, und versuchen, diese Risiken durch staatliches Einschreiten zu unterbinden. Dies entspricht der Herangehensweise des deutschen Gesetzgebers. Die Argumente für und gegen Leihmutterschaft decken sich weitgehend. Dass die Abwägung der Rechte aller Beteiligter dennoch zu unterschiedlichen Ergebnissen führt, liegt vor allem daran, dass der Freiheit des Einzelnen in den USA ein wesentlich größeres Gewicht zukommt als in Deutschland. In leihmutterfreundlichen Staaten (und im Prinzip in den gesamten USA) wird zunächst die Freiheit des Einzelnen grundlegend anders beurteilt als in Deutschland und enthält ein wesentlich größeres Gewicht.198 Hinter der freien Entscheidung einer Person, über ihren Körper zu verfügen, müssen staatliche Ordnungsinteressen zurücktreten.199 Aus dieser Position rührt auch die in den USA wesentlich weitergehende Privatautonomie (sog. private ordering) in zahlreichen Rechtsgebieten. Die Regulierung von Leihmutterschaft wird dem Markt überlassen und der Staat beschränkt seine Rolle darauf, wenn überhaupt, Regeln zu erlassen, die darauf abzielen, die Parteien zu informieren und sicherzustellen, dass eine aufgeklärte Willensentscheidung getroffen wird und die Einigung wirksam ist.200 Die Privatautonomie hat zwar auch im deutschen Recht einen hohen Stellenwert, der Staat nimmt seine Schutzfunktion jedoch stärker und in einschränkenderer Form wahr.201 Leihmutterfreundliche Staaten verfolgen darüber hinaus grundsätzlich eine liberalere Haltung gegenüber modernernen Fortpflanzungstechniken, was ebenfalls Ausdruck der Freiheit des Einzelnen ist. Interessanterweise korrespondiert diese liberale Haltung nicht notwendigerweise auch mit einer liberaleren Einstellung zu

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Bertschi, Leihmutterschaft, S. 120. Bertschi, Leihmutterschaft, S. 120 die auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung aus dem Jahr 1776 verweist, in der „the pursuit of Happiness“ bereits ein unveräußerliches Recht darstelle; siehe auch Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 142. 200 Rao, Surrogacy Law in the US, S. 23. 201 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 229 f. 199

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gleichgeschlechtlichen Partnerschaften.202 Eine grundsätzlich tolerantere Haltung zur Familiengestaltung kann daher auch leihmutterfreundlichen Staaten nicht entnommen werden. Die Diskussion in den USA ist zudem weniger dogmatisch geprägt als in Deutschland. Es werden eigens auf Leihmutterschaft zugeschnittene policies entwickelt, um gerade auf die Besonderheiten der medizinisch assistierten Fortpflanzung und Leihmutterschaft einzugehen.203 Dies ist sicher auch dem System des common law geschuldet und eine Herangehensweise, die dem deutschen Recht grundsätzlich eher fremd ist. Dennoch erweckt die Debatte in Deutschland den Eindruck, als wäre sie vor allem von althergebrachten Vorstellungen und Tabus geprägt.204 In der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung ist hingegen eine wesentlich größere Bereitschaft vorhanden, sich mit dem Ausmaß der Leihmutterschaft auseinanderzusetzen und deren Folgen zu beurteilen.205 Darüber hinaus spielen Gleichbehandlungsaspekte eine wichtige Rolle. Dass Männer eine Änderung der statusrechtlichen Zuordnung des Kindes zu ihren Gunsten erlangen können, Frauen hingegen nicht, ist aus amerikanischer Sicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Equal Protection Clause) unvereinbar. Dieser Aspekt ist in der deutschen Diskussion bisher nur wenig eingeflossen oder wird mit der besonderen Bindung der gebärenden Frau an das Kind und den hohen Risiken der Leihmutterschaft abgetan, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen würde. Die grunsätzliche Gleichwertigkeit von Mutter- und Vaterschaft muss dahinter zurücktreten. Leihmutterfreundliche Regelungen sind schließlich auch Ausdruck einer realistischeren und pragmatischeren Herangehensweise der einzelnen US-Bundesstaaten:206 Da der Gesetzgeber Leihmutterschaft ohnehin nicht verhindern kann, wird sie unter gewissen Voraussetzungen erlaubt.207 Den Risiken der Leihmutterschaft kann so besser begegnet werden, als durch ein Verbot.208 Sofern die Beteiligten sich an die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen halten, wird dies durch Anerkennung der abstammungsrechtlichen Beziehungen honoriert. Dadurch werden gewisse Mindesstandards sichergestellt und gleichzeitig vermieden, dass sich Leihmutterschaften aufgrund des Verbots in den Untergrund verlagern. Gerade aus medizinischer Sicht wäre das nämlich unerwünscht.209 Dies erklärt den Trend innerhalb der USA,

202 So ist z. B. in Virginia Leihmutterschaft zulässig, vgl. Code of Virginia § 20-160, gleichgeschlechtliche Ehen jedoch nicht. 203 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 228. 204 So auch Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 7. 205 Bertschi, Leihmutterschaft, S. 120. 206 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 227. 207 Rao, Surrogacy Law in the US, S. 27. 208 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 230. 209 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 142.

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Leihmutterschaft, vor allem altruistische Tragmutterschaft, mehr und mehr zuzulassen. Gerade bei der Frage der Entgeltlichkeit zeigt sich jedoch eine Gemeinsamkeit in beiden Rechtsordnungen: entgeltliche Leihmutterschaft wird sowohl in Deutschland als auch den meisten US-Bundesstaaten als moralisch verwerflich und deshalb unzulässig angesehen. Als Argument wird eine Parallele zum Adoptionsrecht herangezogen. Auch was die Vertragsdurchsetzung gegen den Willen der Leihmutter angeht, ähneln sich das deutsche und amerikanische Recht. Auch in leihmutterfreundlichen Bundesstaaten, bzw. den Staaten, die jedenfalls kein ausdrückliches Verbot der Leihmutterschaft haben, ist eine Vollstreckung des Vertrags gegen den Willen der Leihmutter der Ausnahmefall. Will die Leihmutter das Kind nach der Geburt für sich behalten, haben die Wunscheltern in der Regel keine Möglichkeit, dessen Herausgabe zu erzwingen. 2. Unterschiede in der gesetzlichen Regelung von Leihmutterschaft in leihmutterfeindlichen Rechtsordnungen In zahlreichen Bundesstaaten führt die Abwägung der Rechte aller Beteiligten wie in Deutschland dazu, dass Leihmutterschaft grundsätzlich missbilligt wird. Auch bei vergleichbar ablehender Haltung gegen Leihmutterschaft zeigen sich jedoch Unterschiede in den gesetzlichen Regelungen dieser Bundesstaaten und dem deutschen Recht. Das ausdrückliche Verbot einer medizinisch möglichen Fortpflanzungstechnik ist sowohl in Deutschland als auch den USA umstritten. Insbesondere das Grundrecht auf Fortpflanzung und das right to privacy werden gegen ein solches Verbot angeführt. Da Regelungen, die Leihmutterschaft verbieten deshalb aus amerikanischer Sicht als „constitutionally problematic“ angesehen werden,210 verfolgen viele leihmutterfeindliche Staaten einen sog. „inaction approach“.211 Gesetzliche Regeln zum Umgang mit Leihmutterschaft fehlen. Der Gesetzgeber versucht, dadurch den status quo beizubehalten212 und es bleibt der Rechtsprechung überlassen, die Wirksamkeit von Leihmuttervereinbarungen sowie deren Folgen zu beurteilen. Im Ergebnis führt dies dazu, dass Leihmutterverträge häufig zwar nicht explizit verboten, gerichtlich aber nicht durchsetzbar sind. Sofern die Leihmutter sich weigert, das Kind nach der Geburt herauszugeben, haben die Wunscheltern daher keine Möglichkeit, dies zu erzwingen. Die Abstammung des Kindes beurteilt sich dann nach den allgemeinen Vorschriften. Dies führt zwar nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen als im deutschen Recht. Wenn ein Staat Leihmutterschaft verbietet, ordnet er das Kind in 210 211 212

Siehe hierzu den Hintergrund der amerikanischen Rechtslage § 3 A. II. 3., S. 64. Rao, Surrogacy Law in the US, S. 23. Rao, Surrogacy Law in the US, S. 23.

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der Regel auch abstammungsrechtlich der Leihmutter zu. Das Fehlen gesetzlicher Regelungen erlaubt aber einen flexibleren Umgang mit Leihmutterfragen, der es ermöglicht, sowohl den gesellschaftlichen Wandel zu berücksichtigen als auch im im Einzelfall im Interesse der Beteiligten oder allein aufgrund des Kindeswohls zu entscheiden. Diese Möglichkeit haben deutsche Gerichte bei der Zuordnung eines Kindes zu seiner rechtlichen Mutter nicht. IV. Würdigung Die Unzulässigkeit von Leihmutterschaft folgt in Deutschland aus der Abwägung von Menschenwürde und Selbstbestimmungsrecht der Leihmutter, dem Kindeswohl sowie der Fortpflanzungsfreiheit der Wunscheltern. Größtes Gewicht wird dem Kindeswohl zugeschrieben, was zu einem indirekten Verbot der Leihmutterschaft geführt hat. Die Risiken für das Kind werden als gewichtiger eingestuft, als das Schicksal der Kinderlosigkeit des Einzelnen. Die immer wieder angeführten Gefahren für Leihmutter und Kind sind jedoch nicht nachgewiesen. Außerdem ließen sie sich durch entsprechende gesetzliche Regelungen verhindern. Während die Regelungen im ESchG und AdVermiG zum damaligen Zeitpunkt als eher vorsichtige Reaktion des Gesetzgebers auf neue technische Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin noch nachvollziehbar waren, wirft insbesondere ein Vergleich mit der Rechtslage in leihmutterfreundlichen Bundesstaaten die Frage auf, ob das (wenn auch nur mittelbare) Verbot der Leihmutterschaft im deutschen Recht aus verfassungsrechtlicher Sicht auch heute noch erforderlich ist. 1. Verbot der Leihmutterschaft zum Schutz des Kindes Wie bereits oben dargestellt, ist Leihmutterschaft vor allem zum Schutz des Kindeswohls verboten. Das Kind würde durch Leihmutterschaft in seiner Identitätsfindung gestört und möglicherweise Konflikten zwischen den Wunscheltern und der Leihmutter ausgesetzt. Gleichzeitig würde es zum Objekt eines Fortpflanzungsvertrags herabgewürdigt, was seine Menschenwürde verletzen würde. Diese Argumentation argumentation überzeugt jedoch nicht ganz. a) Störung der Identitätsfindung des Kindes Was die Störung der Identitätsfindung des Kindes angeht, wird zunächst einmal nicht deutlich, ob der Gesetzgeber diese Gefahr vor allem im Heranwachsen im Bauch einer genetisch nicht verwandten Frau, mithin das Auseinanderfallen der genetischen und biologischen Mutterschaft, oder in der Trennung von der biologischen Mutter unmittelbar nach der Geburt, also das Auseinanderfallen von biologischer, ggf. genetischer und sozialer Mutterschaft, sieht. Da das deutsche Recht hinsichtlich der Zulässigkeit der Leihmutterschaft nicht zwischen Trag- und Er-

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satzmutterschaft differenziert und die Eizellspende, die notwendigerweise zu einem Auseinanderfallen von genetischer und biolgischer Mutterschaft führt, ebenfalls verboten ist, scheint es so, als würde der Gesetzgeber versuchen, beides zu verhindern.213 Weder das Auseinanderfallen biologischer und genetischer Mutterschaft, noch das von biologischer und sozialer Mutterschaft spricht jedoch zwingend für ein Verbot der Leihmutterschaft. Bei der mit Leihmutterschaft immer verbundenen Trennung von biologischer und sozialer Mutterschaft befindet sich das Kind in einer mit der Adoption oder der anonymen Geburt vergleichbaren Lage.214 Es wird von einer (bei Ersatzmutterschaft auch genetisch verwandten) Frau geboren, wächst dann aber bei anderen Personen auf. Dennoch sind sowohl die Adoption als auch die anonyme Geburt in Deutschland zulässig, die Leihmutterschaft hingegen nicht. Zwar findet eine Adoption in der Regel erst zu einem späteren Zeitpunkt im Leben des Kindes statt, während das Kind bei Geburt durch eine Leihmutter meist unmittelbar nach der Geburt an die Wunscheltern herausgegeben wird, was die unterschiedliche rechtliche Zulässigkeit von Leihmutterschaft und Adoption rechtfertigen könnte. Auch im Fall einer anonymen Geburt, die ebenfalls zulässig ist, kommt es aber unmittelbar nach der Geburt zur Trennung des Kindes von seiner Geburtsmutter. Die anonym gebärende Frau zieht sich aus ihrer Mutterrolle sofort zurück, das Kind wird zunächst im Krankenhaus und anschließend in einer Pflegefamilie betreut, bis es zu einem Adoptionsverfahren kommt.215 Der zeitliche Aspekt rechtfertigt daher keine unterschiedliche Behandlung von Leihmutterschaft einerseits und Adoption bzw. anonymer Geburt andererseits. Abgesehen davon kann eine Trennung des Kindes von der Geburtsmutter unmittelbar nach der Geburt im Einzelfall besser für das Kind sein als eine Trennung zu einem späteren Zeitpunkt. Dafür sprechen die medizinischen Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein Baby erst sechs Tage nach der Geburt anfängt, soziale Bindungen aufzubauen.216 Wird das Kind unmittelbar nach der Geburt an die Wunschmutter übergeben, hat es danach noch gar keine besondere Bindung zur Geburtsmutter aufgebaut. Bei der Adoption verbringt das Kind hingegen seine ersten Lebenswochen zusammen mit seiner Geburtsmutter, entwickelt eine besondere Beziehung mit ihr und wird dann von ihr getrennt. Außerdem ist zu bedenken, dass das Kind bei einer Adoption zwar erst zu einem späteren Zeitpunkt von seiner Geburtsmutter getrennt wird, es aber möglicherweise zunächst in einer oder sogar mehreren Pflegefamilien aufwächst, ohne zu wissen ob bzw. wann eine Adoption erfolgt. Bis die Adoption durchgeführt wurde, befindet sich das Kind in einer Schwebesituation und wächst nicht in einem stabilen familiären 213

Siehe auch BT-Drucks. 11/5460, S. 7. Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 12. 215 §§ 26, 32 SchKG (Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz) vom 27. Juli 1992, BGBl. I S. 1398, das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458) geändert worden ist. 216 Siehe hierzu oben § 2 C. IV., S. 39. 214

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Rahmen auf. Bei Leihmutterschaft hingegen gibt es Wunscheltern, die das Kind mit Sehnsucht erwarten217 und es unmittelbar nach der Geburt an sich nehmen wollen. Dadurch bliebe dem Kind die Schwebesituation und Unsicherheit, die mit einer Adoption verbunden ist, erspart. Aus der Sicht des Kindes scheint eine Leihmutterschaft somit weniger belastend zu sein als eine Adoption oder vertrauliche Geburt.218 Gegen einen Vergleich der Leihmutterschaft mit der Adoption und der anonymen Geburt wird argumentiert, dass letztere nur deshalb geduldet seien, weil es jeweils darum geht, ein bereits geborenes Kind unterzubringen.219 Dies sei nicht mit der Situation vergleichbar, dass ein Kind im Bewusstsein dieser Risiken gezeugt wird.220 Vertreter dieser Auffassung wollen somit das Kindeswohl im Ergebnis dadurch schützen, dass bereits die Zeugung des Kindes verhindert wird. Das Kindeswohl durch die Verhinderung der Zeugung schützen zu wollen, überzeugt aber selbst dann nicht, wenn man die Risiken im Zusammenhang mit Leihmutterschaft als gegeben ansieht.221 Darüber hinaus hat eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Auswirkungen der Leihmutterschaft auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes bisher nicht stattgefunden.222 Es gibt keine Langzeitstudien, die bestätigen, dass das Kind aufgrund der Leihmutterschaft in seiner Identitätsfindung gestört würde.223 Dies räumt der Gesetzgeber selbst ein.224 Medizinische Studien kommen mitunter zu unterschiedlichen Ergebnissen. Dennoch wird Leihmutterschaft vom Gesetzgeber aus diesen Gründen für schädlich befunden.225 Die mögliche Störung der Identitätsfindung des Kindes rechtfertigt das Verbot der Leihmutterschaft somit nicht.

217 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 12 (unter Verweis auf Medicus, Jura 1986, 302, 308). 218 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 32. 219 BT-Drucks 11/4154, S. 7. 220 BT-Drucks 11/4154, S. 7; Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 12. 221 So auch Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Rn. 7; Müller-Götzmann, Artifizielle Reproduktion, S. 250 ff., 283 ff. jeweils m.w.N.; a.A. Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 8. 222 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 7. 223 Binder, EMRK, S. 139. 224 BT-Drucks. 11/5460, S. 7 („… liegen andererseits doch keine Erkenntnisse darüber vor, wie junge Menschen – etwa in der Pubertätszeit – seelisch den Umstand zu verarbeiten vermögen, daß genetische wie austragende Mutter gleichsam seine Existenz mitbedingt haben.“). 225 Dies kritisiert auch Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 7.

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b) Schutz der Menschenwürde des Kindes Weiter wird argumentiert, das Kind würde bei Leihmutterschaft dadurch zur Ware degradiert, dass es „Gegenstand eines Fortpflanzungsvertrags“ sei.226 Vergleichbar wird in der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung argumentiert, dass es sich bei Leihmutterschaft um „the sale of a child“ handle.227 Gegenstand des Vertrags zwischen der Leihmutter und den Wunscheltern ist jedoch nicht das Kind, sondern, im Prinzip, eine „Dienstleistung“.228 Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gibt es noch gar kein Kind, so dass auch noch nicht von dessen Rechten gesprochen werden kann.229 Vergütet wird darüber hinaus allenfalls die Tätigkeit der Leihmutter, nicht ein „Erfolg“ in Form des Kindes. Das Kind als solches ist also nicht unmittelbar Vertragsgegenstand. Selbst wenn man dies im Hinblick auf etwaige bereits im Leihmuttervertrag abgegebenen Willenserklärungen über die Abgabe bzw. Annahme des Kindes so sehen will, ist diese Situation nicht anders zu berurteilen als eine Adoption. Auch bei der Adoption wird letzlich eine vertragliche Vereinbarung über die Elternrechte für ein Kind getroffen. Der Leihmuttervertrag unterscheidet sich hiervon nur wenig. Bei der Adoption findet die Übertragung des Elternstatus zwar unter gerichtlicher Mitwirkung statt. Eine solche wäre jedoch auch bei Leihmutterschaft denkbar und ändert auch nichts daran, dass das Kind „Vetragsgegenstand“ ist. Auch der „Warencharakter“ des Kindes spricht nicht zwingend für ein Verbot der Leihmutterschaft. Jedenfalls bei altruistischen Leihmutterschaften ist dieser nämlich nicht gegeben. Darüber hinaus zeigt die Rechtsprechung, die Vaterschaftsanerkenntnisse in den Fällen, in denen das Kind mit dem Wunschvater genetisch verwandt ist, ohne weiteres akzeptiert und es dem Wunschvater auch in kommerziellen Leihmutterfällen zuordnet,230 dass das Kind jedenfalls im Verhältnis zum Vater nicht das Objekt eines Handelsgeschäfts angesehen wird. Derselben Vereinbarung kann im Verhältnis zu einem anderen Vertragspartner, nämlich der Wunschmutter, daher nichts anderes entnommen werden.231 „Gegenstand eines Fortpflanzungsvertrags“, des Vertrags zwischen dem Arzt und den Wunscheltern, ist das Kind, oder präziser: dessen Zeugung, außerdem bei jeder Form der künstlichen Befruchtung. Dennoch ist medizinisch assistierte Fortpflanzung im deutschen Recht erlaubt. Unter diesem Aspekt gebietet die Menschenwürde des Kindes das Verbot der Leihmutterschaft also nicht.

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BT-Drucks. 11/4154, S. 7. Für das amerikanische Recht siehe Katz, 20 Colum. J.L. & Soc. Probs. 1 (1986), 18 ff.; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 136 ff. 228 So auch Mayer, StAZ 2015, 33, 37 f. 229 Siehe hierzu Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 8. 230 Vgl. nur BGH NJW 2015, 479; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 04. 2013, IPRax 2014, 77; VG Berlin, Beschluss vom 05. 09. 2012, IPRax 2014, 80. 231 So auch Mayer, StAZ 2015, 33, 38; dies., IPrax 2014, 57, 62. 227

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Eine Menschenwürdeverletzung des Kindes wird auch in der Aufspaltung von gebärender und sozialer Mutter gesehen.232 Dies überzeugt, wie bereits dargelegt, im Hinblick auf die erlaubte Adoption nicht.233 Auch ist darüber hinaus nicht ersichtlich, wie die Menschenwürde des Kindes dadurch berührt sein soll.234 Schließlich ist es wiederum bedenklich, die Menschenwürde eines ungeborenen Kindes als Rechtfertigung dafür heranzuziehen, dessen Zeugung zu verhindern.235 Bei geeigneter gesetzlicher Ausgestaltung spricht die Menschenwürde des Kindes also nicht gegen Leihmutterschaft. Dies gilt zumindest, wenn es sich um altruistische Leihmutterschaft handelt. 2. Verbot der Leihmutterschaft zum Schutz der Leihmutter Das Verbot der Leihmutterschaft wird weiter damit gerechtfertigt, dass die Leihmutter vor menschenunwürdigen Konflikten und vor der Ausbeutung einer Zwangslage geschützt werden müsse.236 Die Menschenwürde der Leihmutter wäre außerdem dadurch verletzt, dass sie als „Gebärmaschine“ behandelt wird und ihre reproduktiven Körperfunktionen kommerzialisiert würden.237 a) Menschenwürde der Leihmutter Im Hinblick auf die Menschenwürde der Leihmutter stellt sich zunächst die Frage, wieso es würdeverletztend sein soll, ein Kind auszutragen238oder die eigene Gebärmutter zu „verleihen“. Zwar wird der Schutz der Menschenwürde in der Gesetzesbegründung zum ESchG und AdVermiG als Argument für die Regelungen herangezogen. Beim Verbot der Leihmutterschaft geht es jedoch um den Schutz der körperlichen und physischen Gesundheit der Leihmutter. Das Austragen eines Kindes stellt keine Ausprägung der Menschenwürde der Leihmutter dar.239 Dies gilt umso mehr angesichts der geltenden Rechtslage die sowohl eine Spende von Blut, Samen und sogar Körperorganen erlaubt, und darin keine Menschenwürdeverletzung sieht.240 In allen drei Fällen handelt es sich zwar um einen kürzeren Eingriff als bei einer neunmonatigen Schwangerschaft. Dem kann jedoch, jedenfalls 232

Hierzu siehe Engel, ZEuP 2014, 538, 557 (dort Fn. 85 m.w.N.); Wagner, StAZ 2012, 294, 295; Benda, NJW 1985, 1730, 1733. 233 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 131; Merkel-Walther, Ersatzmutterschaft, S. 36 ff.; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 145. 234 So auch Maunz/Dürig/Herdegen, Art. 1 Rn. 104. 235 Spickhoff/Müller-Terpitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 8. 236 BT-Drucks. 11/4154 S. 6 und 11/5283 S. 8. 237 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 15. 238 So auch Maunz/Dürig/Herdegen, Art. 1 Rn. 104. Siehe hierzu auch ausführlich Settekorn, Ersatzmutterschaft, S. 56 ff. 239 Mayer, IPrax 2014, 57, 61. 240 Für die Lebendorganspende siehe BVerfG NJW 1999, 3999, 3400 f., insbesondere 3403.

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im Bezug auf die Lebendorganspende entgegengehalten werden, dass eine Schwangerschaft keine bleibenden Substanzverluste beinhaltet und somit keinen dauerhaften Eingriff in die körperliche Unversehrtheit darstellt. Dass die Lebendorganspende erlaubt ist, das „Verleihen“ der eigenen Gebärmutter jedoch nicht, überzeugt insbesondere deshalb nicht, weil die Organspende vom Gesetzgeber offensichtlich als wesentlich gravierender eingestuft wird als Leihmutterschaft. Das Verbot des Organhandels gilt nämlich, anders als das der Leihmutterschaft, auch für den jeweiligen Organempfänger241 und sogar im Ausland, vgl. § 5 Nr. 15 StGB. Dennoch ist die Lebendorganspende nach Überprüfung der Freiwilligkeit und Untentgeltlichkeit der Spende durch eine unabhängige Gutachterkommission im Einzelfall242 zulässig und verletzt die Menschenwürde des Spenders nicht. Eine „Degradierung zur Gebärmaschine“ wäre daher im Ergebnis auch bei altruistischer Leihmutterschaft sicher nicht gegeben. Weiter ist zu berücksichtigen, dass es die rationale, freiwillige Entscheidung der Leihmutter ist, sich als Leihmutter zur Verfügung zu stellen.243 Das freie Verhalten des Einzelnen kann nicht als Verletzung seiner Menschenwürde angesehen werden, vielmehr wird hierdurch gerade seine Eigenschaft als mitbestimmendes Subjekt gewahrt.244 Von einer freiwilligen Entscheidung kann zwar nur dann ausgegangen werden, wenn sich die Leihmutter der Tragweite ihres Handelns sowie der Folgen und möglichen Risiken ihres Tuns bewusst ist. Dies könnte man jedoch durch gesetzlich vorgesehenen Informations- und Beratungspflichten sicherstellen. Vergleichbare Regelungen finden sich beispielsweise im Bundesstaat Virginia.245 Der Leihmuttervertrag bedarf dort der gerichtlichen Bestätigung. Diese erfolgt nur auf gemeinsamen Antrag der Leihmutter und der Wunscheltern. Die Leihmutter und die Wunscheltern müssen dabei von verschiedenen Anwälten vertreten werden. Zusätzlich wird ein Vertreter für das noch ungeborene Kind bestellt, der dessen Rechte schon im Rahmen des Leihmuttervertrags sicherstellen soll. Darüber hinaus muss die Eignung der Wunscheltern und der Leihmutter zuvor im Rahmen einer home study durch das Sozialamt überprüft werden. Durch all diese Regelungen wird sichergestellt, dass die Beteiligten ihre Entscheidung hinreichend informiert treffen. Denkbar wäre auch, nur Frauen als Leihmutter zuzulassen, die selbst bereits mindestens ein Kind bekommen haben. Sie sind mit den körperlichen und psychischen Verände-

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BeckOK StGB/von Heintschel-Heinegg (Stand: 08. 02. 2015), § 5 Rn. 11. Zu den Voraussetzungen der Lebendorganspende siehe § 8 ff. TPG sowie Spickhoff/ Middel/Scholz, § 8 TPG Rn. 4 ff. 243 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 132; Diefenbach, Leihmutterschaft, S. 152 f. 244 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 161. Ob auf die Menschenwürde verzichtet werden kann, ist umstritten, siehe hierzu ausführlich Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 161; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 132 f.; Settekorn, Ersatzmutterschaft, S. 56 ff. 245 Vgl. Code of Virginia § 20-160. 242

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rungen während einer Schwangerschaft vertraut und können eher abschätzen, worauf sie sich einlassen,246 als eine Frau, die noch kein Kind geboren hat. Darüber hinaus überzeugt das Argument des Gesetzgebers, die Menschenwürde der Leihmutter werde verletzt, auch angesichts der erlaubten Prostitution nicht.247 Während die Prostitution zunächst als sitten- und menschenwürdewidrig angesehen wurde, hat sich ihre rechtliche Beurteilung im Lauf der Jahre aufgrund des Wertewandels in der Gesellschaft geändert.248 Inzwischen wird die rechtliche Anerkennung der Prostitution gerade als Ausdruck der Selbstbestimmung der Prostituierten und damit als Ausprägung ihrer Menschenwürde angesehen.249 Weder der Einsatz des Körpers der Prostitutierten, noch die Entgeltlichkeit des Vorgangs begründet eine Verletzung ihrer Menschenwürde.250 Dass dies bei einer Leihmutter demgegenüber der Fall sein soll, überzeugt nicht. Anders als bei der Prostitution hat Leihmutterschaft gerade keine sexuelle Komponente.251 Leihmutterschaft kannn darüber hinaus auch unentgeltlich stattfinden. Und schließlich zeigt ein Blick in die Gesellschaft und die Realität der Familiengründung, dass die medizinisch assistierte Fortpflanzung inzwischen gesellschaftlich aktzeptiert ist. Auch im Familienbild ist also ein vergleichbarer Wertewandel zu beobachten, der dazu führt, dass Leihmutterschaft jedenfalls heute nicht mehr als Verletzung der Menschenwürde angesehen werden kann. Und schließlich vergleicht auch der Bundesgerichtshof die Leihmutter für den Fall der freiwilligen Übergabe des Kindes an die Wunscheltern mit einer der Adoption ihres Kindes zustimmenden Frau.252 Auch nach einer vertraulichen Geburt hat eine Mutter die Möglichkeit, sich von ihrer Elternverantwortung einseitig zu lösen.253 Beides verletzt ihre Menschenwürde nicht. b) Emotionale und moralische Konflikte der Leihmutter Auch die befürchteten emotionalen und moralischen Konflikte der Leihmutter rechtfertigen ein Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland nicht. Emotionale und moralische Konflikte der Leihmutter können dadurch entstehen, dass sie die Bindung an das Kind während der Schwangerschaft unterschätzt hat und es nach der Geburt nicht mehr den Wunscheltern überlassen möchte, sich aber vertraglich dazu ver246

Binder, EMRK, S. 139. Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 15. Zum Vergleich der Leihmutterschaft mit Prostitution und Peepshows siehe Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 163 ff. 248 Vgl. BVerfG NJW 1999, 2865, 2866. 249 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 165 m.w.N. 250 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 168. 251 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 168. 252 BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 50. 253 BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 50. Dies ist umstritten, siehe hierzu 2. Teil, Fn. 279. 247

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pflichtet hat.254 Die Abgabe des Kindes nach der Geburt betrifft die Grundrechte der Leihmutter auf körperliche und physische Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, ihr Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. Art. 1 Abs. 1 GG sowie ihr Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG.255 Auf den Schutz dieser Grundrechte kann durch Einwilligung verzichtet werden, was der Fall sein soll, wenn die Leihmutter frei von jedem Zwang in die Leihmutterschaft einwilligt.256 Ob eine vor künstlicher Befruchtung erfolgte vertragliche Einwilligung als Grundrechtsverzicht ausgelegt werden kann, wenn in diesem Zeitpunkt noch gar kein Kind gezeugt wurde, scheint zweifelhaft. Unabhängig davon kann der Schutz der Grundrechte der Leihmutter aber auch anders als mit einem generellen Verbot der Leihmutterschaft erreicht werden. Möglich wäre es, eine explizite und erneute Zustimmung der Leihmutter zur Weggabe des Kindes nach der Geburt zu verlangen und eine Statusänderung nur in diesen Fällen zuzulassen. Eine vergleichbare Regelung findet sich im Recht des Vereinigten Königreichs.257 Darüber hinaus kann das geltende Verbot der Leihmutterschaft das Entstehen derartiger Konflikte ohnehin nicht verhindern.258 Die ausdrückliche Zuordnung des Kindes zur Leihmutter stellt zwar eine klare Lösung dar, wie im Streitfall zu entscheiden ist. Damit lässt sich jedoch nicht vermeiden, dass Wunscheltern dennoch Ansprüche auf das Kind geltend machen. Dies gilt umsomehr, als Leihmutterschaft auch ohne medizinische Hilfe durchgeführt werden kann.259 c) Ausbeutung einer Zwangslage Auch die Gefahr der Ausbeutung einer Zwangslage der Leihmutter erfordert kein pauschales Verbot der Leihmutterschaft. Das Risiko, dass sich eine Leihmutter nur aus einer finanziellen Notlage heraus dazu entschließt, ein Kind auszutragen, besteht zweifelsohne, wenngleich es auch in einem Sozialstaat wie Deutschland vermutlich eher gering ist. Dieses Risiko könnte jedoch dadurch vermeiden werden, dass nur altruistische Leihmutterschaften gesetzlich zulässig ist, oder es nur nahen Verwandten gestattet wird, sich als Leihmutter zur Verfügung zustellen. Vergleichbare Regeln finden sich in § 8 Abs. 1 S. 2 TPG für die Lebendorganspende nicht rege254 Zwar ist diese vertragliche Verpflichtung jedenfalls im deutschen Recht nicht durchsetzbar, siehe hierzu oben § 3 A. I. 4., S. 49 ff. Dennoch hat die Leihmutter gegenüber den Wunscheltern ein Versprechen abgegeben, das jedenfalls faktisch dazu geeignet sein kann, eine Konfliktsituation entstehen zu lassen. 255 Mayer, StAZ 2015, 33, 37. 256 So Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 587, die für eine wirksame Einwilligung eine Erklärung zum Zeitpunkt der Leihmuttervereinbarung ausreichen lassen will. 257 Nach Art. 54 Human Fertilisation and Embryology Act wird den Wunscheltern die Elternrolle nur übertragen wenn die Leihmutter dem parental order nach der Geburt des Kindes ausdrücklich zustimmt. 258 Mayer, IPrax 2014, 59, 61. 259 Mayer, IPrax 2014, 59, 61.

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nerierungsfähiger Organe. Abgesehen davon fördert das geltende Recht durch die Unzulässigkeit der Leihmutterschaft in Deutschland mittelbar die Ausbeutung von Frauen im Ausland.260 Auch die Gefahr der Ausbeutung einer ökonomischen Zwangslage der Leihmutter erfordert daher kein pauschales Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland. 3. Recht der Wunscheltern auf Fortpflanzung Als Argument für Leihmutterschaft wird häufig das Recht der Wunscheltern auf Familiengründung bzw. Fortpflanzung 261 sowie ein mögliches Recht auf ein genetisch eigenes Kind angeführt.262 Auf die interessante Frage, ob das Recht auf Fortpflanzung die Zulässigkeit der Leihmutterschaft nicht sogar gebietet, kann hier nicht eingegangen werden.263 In jedem Fall müssen die Rechte der Wunscheltern aber als Argumente für Leihmutterschaft mit berücksichtigt werden. 4. Diskriminierungsverbot Gegen das Verbot der Leihmutterschaft spricht außerdem, dass es zu einer Ungleichbehandlung wegen des Geschlechts führt. Während die Unfruchtbarkeit eines Mannes durch heterologe Insemination seiner Frau überwunden werden darf, scheidet diese Möglichkeit für Frauen aus.264 Dabei kann weder die Unfruchtbarkeit durch Eizellspende noch die fehlende Austragungsfähigkeit durch Leihmutterschaft überwunden werden.265 Damit handelt es sich um eine Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG. Ein sachlicher Differenzierungsgrund der diese Ungleichbehandlung zwischen Mutterschaft und Vaterschaft rechtfertigen würde, ist nicht ersichtlich.266 Mutterschaft und Vaterschaft sind rechtlich gleichwertig. Dass eine Diskrepanz zwischen genetischer und sozialer Vaterschaft auf Vaterseite akzeptabel sei, auf Mutterseite hingegen nicht, überzeugt nicht. 260 Mayer, IPrax 2014, 59. Zu den Lebensbedingungen indischer Leihmütter siehe Mohapatra, 30 Berkeley J. Int’l L. 412 (2012), 435 ff. 261 Siehe hierzu Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 18. 262 Zur Frage, ob ein Recht auf ein genetisch eigenes Kind besteht siehe MüKoBGB/ Wellenhofer, § 1591 Rn. 32. 263 Siehe hierzu Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 221 ff.; Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 Rn. 8 a.E.; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 123 ff. 264 Coester, FS Jayme, S. 1258. 265 Coester, FS Jayme, S. 1258. 266 Zu diesem Ergebnis kam auch die 1. Sektion des EGMR im Hinblick auf das österreichische Verbot der Eizellspende, EGRM, Urteil vom 01. 04. 2010, S.H. and others v. Austria, Beschwerde Nr. 57381/00. Die Entscheidung wurde jedoch von der Großen Kammer des EGMR nicht bestätigt, vgl das Urteil vom 03. 11. 2011.

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5. Kohärenz der gesetzgeberischen Regelung Schließlich ist das Verbot der Leihmutterschaft im deutschen Recht nicht kohärent geregelt, da das Gesetz selbst Möglichkeiten vorsieht, in denen gespaltene Mutterschaft entstehen kann. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn sich eine Ersatzmutter mit dem Sperma des Wunschvaters selbst befruchtet. In diesem Fall wäre kein Straftatbestand erfüllt.267 Zwar wäre die Ersatzmutter auch rechtlich die Mutter des Kindes. Der Wunschvater könnte aber, sofern die Ersatzmutter ledig ist und zustimmt, die Vaterschaft anerkennen. Das Kind würde dann bei ihm und der Wunschmutter aufwachsen, und schließlich von dieser im Wege der Stiefkindadoption adoptiert werden, was zu einer Aufspaltung von biologischer und sozialer Mutterschaft führen würde. Aufgrund des persönlichen Strafausschließungsgrundes für die Leihmutter und die Bestelleltern wäre auch die Suche nach einer Leihmutter ohne weiteres möglich. Die medizinischen Eingriffe ließen sich problemlos im Ausland durchführen bzw. könnten bei Ersatzmutterschaft sogar selbst vorgenommen werden. Außerdem lassen sich Befruchtungsärzte oft nicht von dem Verbot abschrecken.268 Wie oben erörtert, könnte ein Leihmutterschaftsvertrag gerichtlich zwar nicht durchgesetzt werden. In Fällen, in denen sich alle Beteiligte an die Vereinbarung halten, kann Leihmutterschaft aber ohne weiteres auch in Deutschland stattfinden. Faktisch ist somit jedenfalls Ersatzmutterschaft, gegebenenfalls sogar Tragmutterschaft auch jetzt schon in Deutschland möglich. Auch die Embryonenspende ist im deutschen Recht zulässig und führt zwangsläufig zu einer gespaltenen Mutterschaft. Und schließlich sind bei natürlicher Befruchtung Abmachungen über die Abgabe des Kindes nach der Geburt und sogar die Zeugung mit dem Ziel der späteren Abgabe erlaubt. Nach künstlicher Befruchtung und Leihmutterschaft ist dies aber verboten.269 Sachliche Differenzierungsgründe für eine unterschiedliche Behandlung der verbotenen Leihmutterschaft und den zulässigen Situationen der gespaltenen Mutterschaft sind nicht ersichtlich. Insbesondere macht es aus Sicht des betroffenen Kindes keinen Unterschied, woraus sich die gespaltene Mutterschaft ergibt.

267 Auch § 11 ESchG, der das Verbot gegen den von § 9 ESchG statuierten Arztvorbehalt mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr sanktioniert, enthält in Abs. 2 einen persönlichen Strafausschließungsgrund für die Frau, die eine künstliche Insemination bei sich vornimmt. 268 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 9. 269 Kritisch hierzu Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 17.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

6. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die vom Gesetzgeber angeführten Gründe das pauschale, wenn auch nur mittelbare Verbot der Leihmutterschaft im deutschen Recht nicht erforderlich machen.270 Die vermeintlich mit Leihmutterschaft verbundenen Risiken ließen sich durch entsprechende gesetzliche Regelungen vermeiden. Davon zu trennen ist die Frage, ob die Zulässigkeit der Leihmutterschaft im Hinblick auf das Recht auf Familiengründung und die Fortpflanzungsfreiheit der Wunscheltern nicht sogar verfassungsmäßig geboten ist.271 Ein Verbot der Leihmutterschaft fordert das Verfassungsrecht jedenfalls nicht. Leihmutterschaft nicht als zulässige Methode medizinisch assistierter Fortpflanzung anzusehen, ist daher eine politische Entscheidung. Für die Zulässigkeit der Leihmutterschaft spricht aber nicht nur, dass dadurch kinderlosen Paaren die Chance gegeben wird, die Möglichkeiten der modernen Fortpflanzungsmedizin wahrzunehmen. Durch entsprechende Regelungen könnte der Staat Leihmutterschaften auch gesetzlich lenken und sicherstellen, dass gewisse Mindeststandards gewahrt werden. Das Problem der Leihmutterschaft würde so nicht länger ins Ausland verlagert.272

B. Abstammung Das deutsche und amerikanische Abstammungsrecht folgen einer ähnlichen Systematik. Beide regeln zunächst die originäre Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern, enthalten aber Möglichkeiten der Statusänderung. Im Einzelnen gibt es jedoch zahlreiche Unterschiede und Abweichungen. Dies gilt insbesondere für die Abstammung eines Kindes, das durch künstliche Befruchtung gezeugt wurde. Während diese Situation in Deutschland nicht explizit geregelt ist und künstliche Befruchtung für die Zuordnung der Elternstellung weitestgehend irrelevant ist, haben manche US-Bundesstaaten gerade für diesen Fall Spezialregelungen erlassen. Insbesondere die Abstammung eines Kindes bei Geburt durch eine Leihmutter führt in Deutschland und den USA daher zu sehr unterschiedlichen Resultaten. 270

So im Ergebnis auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 184; Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Abs. 1 Nr. 7 Rn. 19; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 24; Coester, FS Jayme, S. 1257; a.A. Settekorn, Ersatzmutterschaft, S. 185 ff. die zwar ein Verbot der Leihmutterschaft aus Kindeswohlgründen für erforderlich hält, jedoch auf einen möglichen Wandel im Hinblick auf das Mutterbild hinweist und damit eine andere Beurteilung in der Zukunft nicht ausschließt. 271 Siehe zu dieser Frage ausführlich Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privatund Verfahrensrecht, S. 221 ff. und Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 123 ff., die beide eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers, Leihmutterschaft zuzulassen, verneinen. 272 Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 651.

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I. Deutschland Wer die rechtlichen Eltern eines Kindes sind, ergibt sich aus den §§ 1591 ff. BGB. Die Bestimmungen des deutschen Abstammungsrechts sind dabei auf natürlich gezeugte Kinder zugeschnitten. Sonderregelungen für Kinder die mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurden, fehlen nahezu vollständig. Dies führt häufig zu Ergebnissen, die den Interessen der Beteiligten widersprechen. Insbesondere bei Leihmutterschaft ist die Erlangung der Elternstellung für die Wunscheltern nämlich nicht ohne weiteres möglich. 1. Originäre Zuordnung a) Mutterschaft § 1591 BGB regelt die mütterlichen Abstammung eindeutig: Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat. Die Vorschrift gibt den mater semper certa estGrundsatz273 wieder und knüpft die rechtliche Mutterschaft an den Geburtsvorgang an. Ob das Kind genetisch von der gebärenden Frau abstammt, ist dabei irrelevant. Eine Konstituierung der Mutterschaft durch Willenserklärung, wie sie beispielsweise in Frankreich möglich ist,274 ist in Deutschland nicht vorgesehen.275 Eine Frau kann sich ihrer Mutterschaft nicht durch privatautonomen Akt entziehen.276 Auch sog. Babyklappen und die Möglichkeit der anonymen Geburt,277 bei der eine Schwangere ohne Offenlegung ihrer Identität in einer Klinik entbindet und das Kind sogleich zur Adoption freigibt,278 ändern daran nichts.279 Rechtliche Mutter ist auch in diesen Fällen die Frau, die das Kind geboren hat, wenngleich sie möglicherweise (zunächst)280 unbenannt ist.281 273

Siehe 1. Teil, Fn. 1. Art. 310-3 Code civil: „La filiation se prouve […] par l’acte de reconnaissance“. 275 Wagner, StaZ 2012, 294, 295; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 16. 276 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 41. 277 Eingeführt durch das Gesetz zur Vermeidung und Bewältigung von Schwangerschaftskonflikten (Schwangerschaftskonfliktgesetz, SchKG) vom 27. Juli 1992, BGBl. I S. 1398, das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458) geändert worden ist. Durch das Gesetz zum Ausbau der Hilfen für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt, BGBl. I, S. 3458 wurde die vertrauliche Geburt noch ausführlicher geregelt und das BGB, StAG und PStG entsprechend angepasst. Siehe ausführlich zur Babyklappe und zur anonymen Geburt Helms, FamRZ 2014, 609 ff.; Katzenmeier, FamRZ 2005, 1134 ff. 278 §§ 25 ff. SchKG. 279 Dies entspricht wohl der h.M., MüKo/Wellenhofer, § 1591 Rn. 41 m.w.N.; Katzenmeier, FamRZ 2005, 1136 m.w.N. 280 In den beiden Hamburger Babyklappen wurden zwischen 2000 und 2009 insgesamt 38 Kinder abgegebenen, von denen 14 später von ihren Müttern zurückgeholt wurden, Sterni Park e.V., Pressemitteilung vom 15. Dezember 2009, S. 3, abrufbar unter http://www.sternipark.de/fi 274

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Allenfalls im Anwendungsbereich des Brüsseler CIEC-Mutterschaftsfeststellungsabkommens282 könnte es zu anderen Ergebnissen kommen. Nach Art. 1 S. 1 des Übereinkommens gilt diejenige Frau als Mutter des Kindes, die im Geburtseintrag als Mutter angeführt ist. Die Reichweite dieser Vorschrift, insbesondere die Frage, ob durch das Übereinkommen das materielle Recht der Vertragsstaaten geändert werden sollte, ist aber umstritten.283 Unabhängig davon kann die Abstammung nach Art. 1 S. 2 des Übereinkommens auch bestritten werden,284 so dass eine endgültige Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter durch das Übereinkommen wohl nicht erreicht werden kann. Auch bei Leihmutterschaft ist daher stets die gebärende Frau die rechtliche Mutter des Kindes, unabhängig davon, ob sie mit dem Kind genetisch verwandt ist. Eine originäre Zuordnung zur Wunschmutter kommt nach dem deutschen Recht nicht in Betracht.285 Im Einzelfall kann dies zu Ergebnissen führen, die nicht unbedingt logisch gerechtfertigt oder gar gerecht erscheinen. Bei einer mittels Eizellspende erfolgten künstlichen Befruchtung der Wunschmutter führt § 1591 BGB nämlich dazu, dass das von den Beteiligten gewünschte Ergebnis gerade herbeigeführt wird, obwohl das Kind mit Hilfe einer vom ESchG untersagten medizinischen Methode gezeugt wurde. Die Wunschmutter ist die rechtliche Mutter des Kindes, und das obwohl sie genetisch nicht mit ihm verwandt ist. Bei Leihmutterschaft hingegen ist die Wunschmutter nicht die rechtliche Mutter des Kindes, obwohl sie gleichermaßen eine vom ESchG untersagte Methode in Anspruch genommen hat, und möglicherweise sogar die genetische Mutter des Kindes ist. Zwar spielt die genetische Verwandtschaft für die Zuordnung eines Kindes zur rechtlichen Mutter nach dem deutschen Abstammungsrecht keine Rolle, so dass es konsequent ist, beide Fälle nicht aufgrund der genetischen Verwandtschaft unterschiedlich zu behandeln. Dennoch überrascht es, dass das Verbot der Leihmutterschaft zusätzlich über das Abstammungsrecht abgesichert wird, während das Verbot der Eizellspende nicht über das ESchG hinaus „sanktioniert“ wird. b) Vaterschaft Wer der rechtliche Vater eines Kindes ist, bestimmt § 1592 BGB. Nach § 1592 Nr. 1 BGB gilt zunächst eine Vermutung zugunsten des Mannes, der zum Zeitpunkt leadmin/content/Pressemitteilung_10_Jahre_Projekt_Findelbaby.pdf (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 281 Gemäß § 1674a S. 1 BGB ruht ihre elterliche Sorge in diesem Zeitraum. 282 Brüsseler CIEC-Übereinkommen über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder vom 12. 9. 1962, BGBl. 1965 II, S. 23, im Folgenden: Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen. 283 Dagegen: Benicke, StAZ 2013, 101, 108. 284 Siehe hierzu § 27 Abs. 2 PStG. 285 Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2529.

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der Geburt mit der rechtlichen Mutter verheiratet ist.286 Diese Vermutung gilt auch dann, wenn das Kind genetisch nachweislich nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, etwa weil es mittels heterologer Befruchtung gezeugt wurde.287 Ist die Leihmutter verheiratet, ist stets zunächst der Ehemann der Leihmutter der rechtliche Vater des Kindes. Bei einer ledigen Leihmutter geht § 1592 Nr. 1 BGB hingegen ins Leere. Die Vaterschaft bestimmt sich dann wie in allen Fällen, in denen die rechtliche Mutter des Kindes ledig ist, nach § 1592 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB. Nach § 1592 Nr. 2 BGB ist derjenige der rechtliche Vater eines Kindes, der die Vaterschaft anerkennt. Auch hierfür spielt die genetische Verwandtschaft mit dem Kind keine Rolle. Erforderlich ist lediglich, dass der Wunschvater die erforderliche Willenserklärung abgibt,288 dass kein anderer Mann zum Zeitpunkt der Erklärung der rechtliche Vater des Kindes ist, § 1594 Abs. 2 BGB,289 und dass die Mutter der Anerkennung zustimmt, § 1595 Abs. 1 BGB. Die Anerkennung ermöglicht die Erlangung der rechtlichen Vaterschaft allein deshalb, weil sie gewollt ist.290 Bei Leihmutterschaft kann somit über ein Vaterschaftsanerkenntnis jedenfalls für den Wunschvaters die angestrebte Statuszuordnung erreicht werden, und zwar ggf. schon vor der Geburt des Kindes, § 1594 Abs. 4 BGB. Erklärt die Leihmutter ihre Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis bereits unmittelbar im Leihmuttervertrag, stellt sich die Frage der Wirksamkeit dieser Zustimmung. Bei der Zustimmung der Leihmutter handelt es sich um eine höchstpersönliche Willenserklärung.291 Daher ist zum einen von der jederzeitigen Widerruflichkeit der Erklärung auszugehen. Zum anderen kann eine etwaige vertragliche Verpflichtung, die Zustimmung nach Geburt des Kindes zu erteilen, lediglich als unvollkommene, also nicht erzwingbare Verpflichtung verstanden werden.292 Da die 286

Dig. 2.4.5. (Iulius Paulus): „pater vero is est, qem nupitae demonstrant.“ Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 162. 288 BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 02. 2015), § 1594 Rn. 3; die Anerkennung ist nach § 1597 Abs. 1 BGB öffentlich zu beurkunden. § 44 Abs. 1 S. 3 PStG gestattet die Ablehnung der Beurkundung, wenn offenkundig ist, dass die Anerkennung der Vaterschaft von der Behörde anfechtbar wäre. Da § 1600 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 BGB den Behörden ein Anfechtungsrecht für offensichtlich missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen zuspricht, kann die Beurkundung eines Vaterschaftsanerkenntnisses im Fall von Leihmutterschaft nach dieser Vorschrift versagt werden, wenn es erkennbar nur aus ausländerrechtlichen Gründen abgegeben wurde. Siehe hierzu auch die Ausführungen in § 1 A., S. 27. 289 Die drei Alternativen der Vaterschaftszuordnung stehen in einem Ausschließlichkeitsverhältnis, MüKoBGB/Wellenhofer, § 1592 Rn. 15. Sofern die Vaterschaft anerkannt wird, während bereits ein anderer Mann als rechtlicher Vater zugeordnet ist, ist das Anerkenntnis schwebend unwirksam, vgl. § 1594 Abs. 2 BGB: „… ist nicht wirksam, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.“ (Hervorhebung nur hier). 290 BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 02. 2015), § 1594 Rn. 3. Der Gesetzgeber ging dabei davon aus, dass ein Kind von dem Mann, der eine Anerkennung erklärt hat, auch mit hoher Wahrscheinlichkeit abstammt, jedenfalls dann, wenn die Mutter die Zustimmung erklärt hat, MüKoBGB/Wellenhofer, § 1592 Rn. 14. 291 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1595 Rn. 6. Vgl. auch § 1596 Abs. 4 BGB. 292 Coester, FS Jayme, S. 1251. 287

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Vaterschaft schon vor der Geburt des Kindes anerkannt werden kann, ist grundsätzlich auch eine Zustimmung der Mutter schon vor Geburt möglich.293 Im Zeitpunkt des Abschlusses des Leihmuttervertrags wurde das Kind in der Regel jedoch noch gar nicht gezeugt. Für eine Anerkennung bzw. Zustimmung vor Zeugung des Kindes (sog. präkonzeptionelle Zustimmung) fehlt es dann am Rechtssubjekt, auf das sich die Erklärung beziehen könnte.294 Da die Zustimmung, wie auch die Vaterschaftsanerkennung, bedingungsfeindlich ist,295 wäre eine präkonzeptionelle Zustimmung unwirksam und muss gegebenfalls nach Geburt wiederholt werden.296 Eine Zuordnung zum Wunschvater aufgrund eines Vaterschaftsanerkenntnisses kann daher nur mit Kooperation der Leihmutter nach der Geburt des Kindes erreicht werden. Schwierigkeiten können sich auch bei der Beurkundung des Vaterschaftsanerkenntnisses ergeben. In der Vergangenheit wurde die Beurkundung in Leihmutterfällen vereinzelt abgelehnt.297 Sowohl das Auswärtige Amt als auch die Rechtsprechung haben diese Position wie es scheint inzwischen aufgegeben.298 Eine Einschränkung dahingehend, dass die Beurkundung nur dann zu erfolgen hat, wenn der Wunschvater genetisch mit dem Kind verwandt ist, würde auch nicht überzeugen. Für die Anerkennung der Vaterschaft kommt es gerade nicht darauf an, ob der Anerkennende mit dem Kind genetisch verwandt ist und auf welchem Weg das Kind gezeugt wurde.299 Geschlechtsverkehr und künstliche Insemination sind im deutschen Abstammungsrecht gleichwertig.300 Die Beurkundung vom Nachweis der genetischen Verwandtschaft abhängig zu machen, widerspräche daher dem System des § 1592 BGB. Ist die Leihmutter ledig und hat kein Mann die Vaterschaft anerkannt, bestimmt § 1592 Nr. 3 BGB, dass die Vaterschaft gemäß § 1600d BGB gerichtlich festgestellt werden kann. Den erforderlichen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft301 können die rechtliche Mutter, das Kind302 und der Mann stellen, der behauptet, der Vater des 293

§§ 1595 Abs. 3 i.V.m. 1594 Abs. 4 BGB. Münch/Müller, § 13 Rn. 19. 295 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1595 Rn. 13. 296 Münch/Müller, § 13 Rn. 19; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1595 Rn. 13. 297 Siehe hierzu die Ausführungen in § 1 A., S. 27. 298 Wie sich aus den Hinweisen zu Leihmutterschaft auf der Homepage des Auswärtigen Amts ergibt, wird ein Vaterschaftsanerkenntnis trotz Leihmutterschaft vorgenommen, wenn die Leihmutterschaft offen gelegt wird und die Leihmutter ledig ist, siehe hierzu http://www.auswa ertiges-amt.de/DE/Infoservice/FAQ/GeburtAusland/06-Leihmutterschaft.html?nn=383016 (zuletzt eingesehen am 26. März 2016) sowie bereits 1. Teil, Fn. 5. 299 Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2529. 300 Palandt/Brudermüller, § 1600d BGB Rn. 10. 301 § 169 Nr. 1 FamFG. 302 Die Anfechtung würde durch den gesetzlichen Vertreter des Kindes erfolgen, § 1600a Abs. 4 BGB. 294

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Kindes zu sein.303 Der Antrag ist begründet, wenn nachgewiesen ist, dass der Mann der genetische Vater des Kindes ist.304 Allein in diesem Fall ist also die genetische Abstammung des Kindes entscheidend für dessen rechtliche Zuordnung. Der Nachweis wird in der Regel durch Abstammungsgutachten erbracht. Ob das Kind auf natürlichem Weg oder mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung entstanden ist, spielt aber auch hierfür keine Rolle.305 Auch die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung ermöglicht somit eine Zuordnung des Kindes zum Wunschvater, anders als beim Vaterschaftsanerkenntnis sogar ohne Zustimmung der rechtlichen Mutter. Ein Wunschvater hat somit verschiedene Möglichkeiten, die Vaterschaft zu erlangen. Dies gilt umso mehr, wenn er auch genetisch mit dem Kind verwandt ist und die Leihmutter zustimmt. Eine Zuordnung des Kindes zum Wunschvater scheidet nur dann aus, wenn das Kind bereits einen rechtlichen Vater hat. In diesem Fall ist weder eine Anerkennung noch die Feststellung der Vaterschaft möglich.306 Denkbar ist, dass die Leihmutter das Kind nach Geburt behalten möchte, die Zustimmung zum Vaterschaftsanerkenntnis des Wunschvaters verweigert und gleichzeitig ein anderer Mann307 die Vaterschaft mit ihrer Zustimmung anerkennt.308 Wahrscheinlicher und ebenso problematisch ist, dass die Leihmutter verheiratet ist und damit ihr Ehemann der rechtliche Vater des Kindes ist.309 Die bestehende Vaterschaft des anderen Mannes müsste zunächst beseitigt werden und der Wunschvater könnte allenfalls nach einer Vaterschaftsanfechtung der rechtliche Vater des Kindes werden.310 Ob dem Wunschvater in diesen Fällen ein eigenes Anfechungsrecht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB zusteht, ist umstritten. Und auch die Anfechtungsberechtigung der Leihmutter und ihres Ehemannes bzw. des Mannes, der die Vaterschaft anerkannt hat, ist im Hinblick auf § 1600 Abs. 5 BGB fraglich. In jedem Fall könnte aber das Kind, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter, die Vaterschaft anfechten, §§ 1600 Abs. 1 Nr. 4, 1600a Abs. 3, 4 BGB, sofern die Anfechtung dem Wohl des Kindes

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MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600d Rn. 14. Anders als bei der Anfechtung ist die Antragsbefugnis für die Vaterschaftsfeststellung nicht begrenzt. 304 Palandt/Brudermüller, § 1600d BGB Rn. 10; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1592 Rn. 17. 305 Palandt/Brudermüller, § 1600d BGB Rn. 10. 306 § 1594 Abs. 2 bzw. § 1600d Abs. 1 BGB. 307 Oftmals als „Scheinvater“ bezeichnet, siehe z. B. von Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 91. Diese Terminologie überzeugt jedoch nicht, da es um die Zuordnung des rechtlichen Vaters geht. Auf die biologische Vaterschaft kommt es, wie eben gezeigt, gerade nicht an. Das Kind „gilt“ nicht als Kind des jeweiligen Mannes, sondern es ist das Kind im Rechtssinne, weshalb kein rechtlicher Vater ein „Scheinvater“ sein kann, so auch Staudinger/Rauscher, § 1592 Rn. 34. 308 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 90 f. 309 Wenngleich alle Zuordnungsgründe der Vaterschaft gleichwertig sind, ergibt sich aus der Fassung des § 1600d jedoch ein Vorrang der Anerkennung gegenüber der gerichtlichen Feststellung, Staudinger/Rauscher, § 1592 Rn. 36. 310 Hierzu sogleich.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

dient. Auch über diesen Weg könnte der Wunschvater in die Vaterstellung einrücken.311 2. Änderung der Eltern-Kind-Zuordnung Die einmal erfolgte rechtliche Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern kann im deutschen Recht durch Anfechtung oder Adoption geändert werden. Während für Wunschväter nach einer Leihmutterschaft beide Möglichkeiten in Betracht kommen, ist für Wunschmütter nur die Adoption möglich. a) Anfechtung aa) Vaterschaftsanfechtung Eine bereits bestehende Vaterschaft kann durch Anfechtung beseitigt werden. Die §§ 1599 ff. BGB sehen eine einheitliche, auf Anfechtung der Vaterschaft gerichtete Gestaltungsklage vor,312 mit der die Feststellung begehrt wird, dass der rechtliche Vater nicht der leibliche Vater des Kindes ist.313 Eine Anfechtung ist nur möglich, wenn die Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 oder 2 BGB besteht. Wurde die Vaterschaft gerichtlich festgestellt, scheidet eine Anfechtung aus Gründen der entgegenstehenden Rechtskraft aus.314 Die einmal erfolgte gerichtliche Feststellung der Vaterschaft kann dann nur im Wege des Wiederaufnahmeverfahrens beseitigt werden.315 Im Anfechtungsverfahren wird rechtskräftig festgestellt, dass der vermutete Vater nicht der leibliche Vater des Kindes ist.316 Erforderlich hierfür ist der Beweis der Nichtabstammung vom vermuteten Vater.317 Die (objektive) Beweislast hierfür trägt der Anfechtende.318 Kann dieser Beweis geführt werden, wird in Form eines rechtsgestaltenden Beschlusses festgestellt,319 dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.320 Das Kind kann somit infolge der Vaterschaftsanfechtung vaterlos 311

Im Fall einer erfolgreichen Anfechung und bei Kooperation aller Beteiligten hätten der Wunschvater und die Leihmutter das gemeinsame Sorgerecht für das Kind, § 1626a Abs. 1 Nr. 1 oder 3 BGB, sofern nicht das Familiengericht das Sorgerecht mit Zustimmung der Leihmutter auf den Wunschvater überträgt, § 1671 Abs. 1 BGB. 312 BGH NJW 1999, 1632. 313 Staudinger/Rauscher, § 1599 Rn. 13. 314 Staudinger/Rauscher, § 1599 Rn. 10. Die gerichtliche Feststellung wirkt erga omnes, vgl. § 184 Abs. 2 FamFG, und somit auch für und gegen einen Wunschvater, der am Feststellungsverfahren gar nicht beteiligt war. 315 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1592 Rn. 17. 316 Staudinger/Rauscher, § 1599 Rn. 13. 317 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600c Rn. 6; Staudinger/Rauscher, § 1600c Rn. 10 f. 318 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600c Rn. 2. 319 Dieser Beschluss wirkt inter omnes, § 184 Abs. 2 FamFG, und rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes, Münch/Müller, § 13 Rn. 38. 320 Münch/Müller, § 13 Rn. 38.

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werden.321 Ist hingegen ausnahmsweise § 1593 S. 4 BGB einschlägig oder liegt eine Vaterschaftsanerkennung eines Dritten vor, die bis zur Rechtskraft des Beschlusses wegen § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam war, erhält das Kind durch die Vaterschaftsanfechtung einen „neuen“ rechtlichen Vater.322 Das gleiche gilt, wenn der Anfechtende genetisch mit dem Kind verwandt ist. Seine Vaterschaft wird dann im Zuge des Anfechtungsverfahrens mit Wirkung erga omnes gerichtlich festgestellt, §§ 182 Abs. 1 S. 1 FamFG, 1592 Nr. 3 BGB.323 Berechtigt die Vaterschaft anzufechten sind nach § 1600 Abs. 1 BGB der rechtliche Vater des Kindes, die Mutter, das Kind, sowie der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben. Da eine Beiwohnung bei Leihmutterschaft üblicherweise gerade nicht stattfindet, ist das Anfechungsrecht des genetisch verwandten Wunschvaters, der nicht bereits kraft Anerkennung der rechtliche Vater des Kindes ist, somit zweifelhaft.324 bb) Anfechtung der Vaterschaft bei Leihmutterschaft Wird das Kind durch eine Leihmutter geboren, stellen sich bei der Vaterschaftsanfechtung zwei Fragen. Zum einen, ob eine eidesstattliche Versicherung, der Mutter beigewohnt zu haben, für eine Anfechtungsberechtigung des Wunschvaters in Leihmutterfällen tatsächlich erforderlich ist, zum anderen, ob auch in solchen Fällen das Anfechtungsrecht der Leihmutter und des Ehemannes wegen § 1600 Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist. Das Zusammenspiel beider Vorschriften würde nämlich dazu führen, dass eine Änderung der Vaterschaft nach künstlicher Befruchtung einer Leihmutter nahezu ausgeschlossen wäre, bzw. letztlich nur das Kind durch seinen gesetzlichen Vertreter eine Statusänderung herbeiführen könnte,325 sofern diese dem Kindeswohl entspricht. Die Zuordnung des Kindes zur Leihmutter und ihrem Ehemann würde jedoch den Interessen der Beteiligten und ggf. den biologischen Beziehungen widersprechen. Zwar nimmt der Gesetzgeber durch Vermutungsregeln zur Bestimmung der Vaterschaft in Kauf, dass die rechtliche Abstammung nicht immer der biologischen entspricht. Leihmutterfälle hatte er beim Erlass der Regelungen wie es scheint jedoch

321

MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600 Rn. 15; Münch/Müller, § 13 Rn. 38. Münch/Müller, § 13 Rn. 38. 323 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600 Rn. 15; Coester, FS Jayme, S. 1248; Münch/Müller, § 13 Rn. 38. 324 Siehe hierzu ausführlich sogleich. Eine Anfechtung durch den vermeintlichen biologischen Vater wäre darüber hinaus nach § 1600 Abs. 2 BGB stets dann ausgeschlossen, wenn zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater eine sozial-familiäre Beziehung i.S.d. § 1600 Abs. 4 BGB besteht, dieser also die tatsächliche Verantwortung für das Kind übernommen hat. Diese Voraussetzung kann auch durch eidesstattliche Versicherung der Beiwohnung nicht „überwunden“ werden. 325 § 1600 Abs. 1 Nr. 4, 1600a Abs. 3 BGB. 322

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

nicht im Blick.326 Daher ist anhand des Sinn und Zwecks der Regeln zur Vaterschaftsanfechtung zu prüfen, ob diese auch in Leihmutterfällen einschlägig sind. (1) Notwendigkeit einer Beiwohnungsversicherung auch bei Leihmutterschaft? Zweck des Erfordernisses der Beiwohnungsversicherung in § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine Begrenzung des Kreises der Anfechtungsberechtigten.327 Nur die Personen, die tatsächlich als Vater des Kindes in Betracht kommen, sollen auch in der Lage sein, eine bestehende Vaterschaft in Frage zu stellen.328 Durch erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast des Anfechtenden soll so eine Anfechtung „ins Blaue hinein“ vermieden werden.329 Dadurch sollen die Mutter und das Kind vor der Preisgabe persönlicher Daten und der Offenlegung intimer Begebenheiten geschützt werden.330 Auch eine Anfechtung des „samenspendenden Dritten“ sollte durch diese Vorschrift vermieden werden.331 Da dieser durch sein Verhalten konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass er keine väterliche Verantwortung für das Kind übernehmen werde, bestünden gegen den Ausschluss seines Anfechtungsrechts auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken.332 Auf einen Wunschvater bei Leihmutterschaft trifft dies jedoch aus sogleich näher erläuterten Gründen nicht zu. Es wird deshalb vorgeschlagen, das Merkmal der Beiwohnungsversicherung in Leihmutterkonstellationen einschränkend dahingehend auszulegen, dass der Wunschvater, um die Vaterschaft anfechten zu können, lediglich versichern muss, der genetische Vater des Kindes zu sein.333 Auch ein Anfechtungsrecht nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog wird vorgeschlagen.334 Während eine einschränkende Auslegung der Beiwohnungsversicherung jedoch am klaren Wortlaut der Norm scheitert, ist eine analoge Anwendung des § 1600 Abs. 1 Nr. 2 auf Wunschväter in Leihmutterkonstellationen möglich. Die erforderliche Regelungslücke335 besteht, da der Gesetzgeber zwar das Anfechtungsrecht des samenspendenen Dritten ausschließen wollte,336 dies im Hinblick auf das aus der genetischen Verbindung folgende Recht auf Einräumung einer Elternstellung aus 326

S. 9 f. 327

BT-Drucks. 14/8131, S. 7 f.; BT-Drucks. 15/2253, S. 9 f. sowie BT-Drucks. 15/2492,

BT-Drucks. 15/2253, S. 10 sowie BT-Drucks. 15/2492, S. 9. BGH NJW 2013, 2590, 2591. 329 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 330 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 331 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 332 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 333 So Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 566 (für eine teleologische Reduktion); Palandt/ Brudermüller, § 1600 Rn. 3; Helms, StAZ 2013, 114, 115. 334 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 92 m.w.N. 335 Zu den Voraussetzungen einer Analogie siehe Palandt/Sprau, Einl. BGB Rn. 48 f. 336 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 328

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Art. 6 Abs. 2 GG337 jedoch nur für solche Fälle tun wollte, in denen der Samenspender deutlich gemacht hat, dass er an der Übernahme väterlicher Verantwortung und der Ausübung seines Elternrechts kein Interesse hat.338 Eine Beschränkung seines Anfechtungsrechts ist verfassungsrechtlich nur dann zulässig, wenn der Samenspender erkennbar auf dieses verzichtet hat.339 Dies ist stets der Fall bei der sog. konsentierten heterologen Insemination.340 Auf Wunschväter in Leihmutterkonstellationen trifft dies jedoch nicht zu. Sie wollen eine Elternrolle übernehmen und entscheiden sich nur deshalb für eine Samenspende, um ihr genetisch eigenes Kind aufziehen zu können. Ein Ausschluss des Anfechtungsrechts für solche Fälle wurde vom Gesetzgeber gerade nicht vorgesehen und wäre auch nicht verfassungskonform.341 Die erforderliche Regelungslücke besteht also. In Leihmutterkonstellationen liegt auch ein vergleichbarer Regelungssachverhalt vor. § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB wurde eingeführt, um es dem leiblichen Vater zu ermöglichen, einen Gleichlauf zwischen genetischer und rechtlicher Verwandtschaft herzustellen,342 und dadurch sein Interesse aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG, die Rechtsstellung als Vater einzunehmen,343 durchzusetzen.344 Dieses Interesse hat auch ein samenspendender Wunschvater. Auch er ist aufgrund der genetischen Verwandtschaft vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 GG umfasst, sofern er nicht auf sein Elternrecht und die Übernahme elterlicher Verantwortung verzichtet 337

Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 172 Inwieweit die bloß biologische Abstammung Grundrechtsschutz genießt, war bei Erlass der Vorschrift noch unklar, vgl. BTDrucks. 15/2492, S. 9, und deshalb lange umstritten, Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 165. Offen gelassen wurde die Frage noch von BVerfG FamRZ 1995, 789, 792. Gegen einen Grundrechtsschutz: BGH FamRZ 1999, 716; dafür Coester, FamRZ 1995, 1245 – 1251. Im Jahr 2003 hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass auch der nur-biologische Vater ein Interesse auf Einräumung einer Elternstellung hat, BVerfG NJW 2003, 2151, 2152. Siehe hierzu unten § 3 B. I. 5. a), S. 88 ff. 338 BT-Drucks. 15/2492, S. 9. 339 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 172. 340 Konsentierte heterologe Insemination bedeutet, dass der Zeugung des Kindes eine auf die ausschließliche Vaterschaft eines Dritten als Wunschvater gerichtete Vereinbarung i.S.v. § 1600 Abs. 5 BGB vorangegangen ist, vgl. BGH NJW 2013, 2589; Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 3. 341 So auch der Bundesgerichtshof für die konsentierte heterologe Insemination, BGH NJW 2013, 2589. 342 Auslöser der gesetzlichen Regelung war ein Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 9. 4. 2003, der den Ausschluss des leiblichen Vaters vom Anfechtungsrecht wegen Verletzung des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG für verfassungswidrig erklärt hat, BVerfG NJW 2003, 2151, 2153 f. 343 BVerfG NJW 2003, 2151, 2153 f.; BVerfG NJW 2009, 423 Rn. 13; BGH NJW 2013, 2589, 2590. 344 Dieses Interesse ist zwar nicht gleichzusetzen mit einem Recht darauf, die Vaterstellung eingeräumt zu bekommen. Jedoch muss der leibliche Vater die Möglichkeit haben, die Vaterposition zu erlangen, wenn keine familiäre Beziehung zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind besteht, BVerfG NJW 2003, 2151.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

hat.345 Eine Vaterschaftsanfechtung durch ihn würde außerdem im Ergebnis dazu führen, dass die rechtliche Verwandtschaft der „biologischen“ entspricht. Auch die Gefahr einer Anfechtung „ins Blaue hinein“ bestehen bei der Anfechtung durch genetische verwandte Wunschväter nicht. Vielmehr würde die Anfechtung gerade nicht „ins Blau hinein“, sondern aufgrund konkreter Anhaltspunkte der genetischen Verwandtschaft erfolgen. Vaterschaftsanfechungen von Wunschvätern „ins Blaue hinein“ könnten darüber hinaus auch durch das Erfordernis der eidesstattlichen Versicherung der genetischen Verwandtschaft und der Durchführung einer Leihmuttervereinbarung in gleicher Weise eingeschränkt werden wie durch die Beiwohnungsversicherung.346 Der genetische Wunschvater ist daher nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, wenn er an Eides statt versichert, mit dem Kind genetisch verwandt zu sein347 und im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung nicht auf die spätere Begründung seines Elternrechts verzichtet zu haben, es sich also nicht um einen Fall der konsentierten heterologen Insemination handelt. Sein Anfechtungsrecht wäre jedoch auch in diesem Fall nach § 1600 Abs. 2, 4 BGB ausgeschlossen, wenn eine bereits bestehende familiäre Bindung des Kindes mit dem rechtlichen Vater besteht. Bei einem genetisch nicht verwandten Wunschvater kommt eine Anfechtung analog § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB hingegen nicht in Betracht. Es fehlt bereits am vergleichbaren Regelungssachverhalt. Mangels genetischer Verwandtschaft hat er kein von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschütztes Interesse auf Erlangung der Vaterstellung. Darüberhinaus würde eine Anfechtung durch ihn nicht dazu führen, dass die biologische Wahrheit Grundlage der Vaterschaft wird. Er ist für die Änderung der rechtlichen Zuordnung des Kindes daher auf die Kooperation der Leihmutter angewiesen.348 (2) Ausschluss des Anfechtungsrechts der Leihmutter und des Ehemannes gemäß § 1600 Abs. 5 BGB? In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, ob das Anfechtungsrecht der Leihmutter und ihres Ehemannes nicht wegen § 1600 Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist. Nach dieser Vorschrift können weder der rechtliche Vater noch die 345

Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 3. Dass Leihmutterschaft vom deutschen Gesetzgeber derzeit nicht gebilligt wird, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, da jedenfalls im Hinblick auf die väterliche Abstammung die Art der Zeugung des Kindes für seine statusrechtliche Zuordnung irrelevant ist, siehe oben § 3 B. I. 1. b), S. 82. 347 So auch Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 3, 12; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 92. 348 Wenn die Leihmutter oder ihr Ehemann die Vaterschaft anfechten, würde ein vorher vom Wunschvater abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis, das zunächst schwebend unwirksam war, wirksam werden, vgl. Münch/Müller, § 13 Rn. 38. 346

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Mutter die Vaterschaft anfechten, wenn das Kind mit Einwilligung des Mannes349 und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt wurde. Bei Leihmutterschaft findet in der Regel eine künstliche Befruchtung statt, weshalb ein Anfechtungsrecht der Leihmutter und ihres Ehemannes von manchen stets verneint wird.350 Richtigerweise muss § 1600 Abs. 5 BGB jedoch in Leihmutterfällen teleologisch reduziert werden. Zweck der Vorschrift ist es, dem durch heterolge Befruchtung gezeugten Kind eine rechtliche Verwandtschaftsposition zu sichern und zu erhalten.351 Der Verlust von Unterhaltsansprüchen, Erbrechten und ggf. persönlichen Beziehungen, die durch eine Anfechtung drohen würden, sollten vermieden werden.352 Da die Einwilligung in die künstliche Befruchtung als Willenserklärung anzusehen ist und die bewusste gemeinsame Entscheidung zur Zeugung eines Kindes darstelle, sei es auch rechtsethisch geboten, die Anfechtung in diesen Fällen auszuschließen.353 Zwar erfolgt eine Leihmutterschaft in der Regel mittels künstlicher Befruchtung und umfasst die Bezeichnung „Dritter“ jeden dritten Samendspender und damit auch den Wunschvater.354 Die Situation einer Leihmutterschaft ist jedoch nicht mit der der anonymen Samenspende vergleichbar, weshalb auch die zur Begründung dieser Vorschrift angeführten Argumente nicht greifen: Im Hinblick auf das erstgenannte Argument, dem durch heterologe Befruchtung gezeugten Kind eine rechtliche Verwandtschaftsposition zu sichern und zu erhalten, läuft dieses dann leer, wenn der Wunschvater bereit ist, die Vaterschaft für das Kind zu übernehmen. Anderes liegt der Fall jedoch, wenn nach der Geburt keiner der Beteiligten bereit ist, das Kind anzunehmen.355 Zwar scheint es auch dann sinnvoller, das Kind rechtlich dem Wunschvater zuzuordnen und nicht dem Ehemann der Leihmutter. Die Wunscheltern und die Leihmutter sind in gleicher Weise an der Zeugung des Kindes „beteiligt“, die Rolle des Ehemannes der Leihmutter beschränkt sich hingegen auf eine Zustimmungserklärung zur künstlichen Befruchtung, die lediglich nach medizinischem Standesrecht erforderlich ist, rechtlich aber nicht 349

Diese ist nach der Musterrichtlinie der Bundesärztekammer stets Voraussetzung der Durchführung einer künstlichen Befruchtung, vgl. DÄBl. 2006, A1392 f., Ziffer 3.2.6. 350 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 93 f. 351 Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 11; Staudinger/Rauscher, § 1600 Rn. 65. 352 BT-Drucks. 15/2253, S. 11. 353 Dies gilt sowohl für den Ehemann der Leihmutter, dessen Vaterschaft vermutet wird, als auch für den Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 11. 354 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 93 f. Auch eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Dritter“ wäre denkbar. So können Dritte auch nur solche Personen sind, die an der Entscheidung über die künstliche Befruchtung gänzlich unbeteiligt waren. 355 Zum Beispiel dann, wenn die Leihmutter an der Vereinbarung festhalten will, die Wunscheltern es sich aber anders überlegen, etwa weil sich die Familienverhältnisse der Wunscheltern ändern oder das Kind behindert zur Welt kommt (so geschehen im Fall des australischen Baby Gammy, http://www.welt.de/vermischtes/article141129899/Er-liess-BabyGammy-zurueck-nun-will-er-sein-Geld.html, zuletzt eingesehen am 26. März 2016).

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

vorgeschrieben ist. Sofern einer oder sogar beide Wunscheltern zusätzlich noch genetisch mit dem Kind verwandt sind, ist noch weniger nachvollziehbar, wieso letztlich der Ehemann der Leihmutter unverrückbar der rechtliche Vater des Kindes sein soll. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass nach derzeitiger Rechtslage auch die Leihmutter stets und unverrückbar die rechtliche Mutter des Kindes ist, so dass eine Zuordnung des Kindes auch zu ihrem Ehemann in Zweifelsfällen aus diesem Grund sinnvoll ist. Das Kind wird somit seiner faktischen Familie auch rechtlich zugeordnet. Auch kann eine „Verrechtlichung“ der Beziehung zwischen dem Kind und dem Wunschvater nach Anfechtung durch den Ehemann der Leihmutter nicht von Dritten „erzwungen“ werden, und zwar nicht einmal dann, wenn der Wunschvater auch der genetische Vater ist.356 Will keiner der Beteiligten die Elternstellung übernehmen, würde das Kind durch eine Vaterschaftsanfechtung vaterlos. Dieses Risiko ist jedoch jeder Vaterschaftsanfechtung immanent. Da der Ehemann der Leihmutter ihrer künstlichen Befruchtung aber nicht deshalb zugestimmt hat, weil er Vater werden will, ist das Ergebnis aber hinzunehmen. Da das Kind darüber hinaus nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann keinen Unterhaltsschuldner verliert, wenn es durch die Anfechtung vaterlos würde,357 spricht im Ergebnis nichts dagegen, eine Vaterschaftsanfechtung nach künstlicher Befruchtung stets zuzulassen. Dies gilt umso mehr, wenn die Anfechtung zu einem Statuswechsel zugunsten des Wunschvaters führen würde. Dem zweiten Argument, dem Verlust von Unterhaltsansprüchen, Erbrechten und ggfs. persönlichen Beziehungen vorzubeugen, lässt sich entgegen halten, dass dieses Risiko zum einen insofern gering ist, als das Kind durch die Anfechtung zwar einen Unterhaltsschuldner verliert, der Wunschvater aber in der Regel bereit ist, die Vaterschaft zu übernehmen. Zum anderen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass auch nach einer Vaterschaftsanfechtung eine Unterhaltsschuld des Ehemannes bestehen bleibt, wenn das Kind andernfalls vaterlos würde. Die Situation des Kindes kann sich also durch die Anfechtung nicht verschlechtern. Etwaige finanzielle Einbußen des Kindes könner daher nicht als Rechtfertigung für einen Anfechtungsausschluss der Leihmutter oder ihres Ehemannes gemäß § 1600 Abs. 5 BGB herangezogen werden. Und schließlich ist es entgegen der Gesetzesbegründung auch nicht rechtsethisch geboten, eine Anfechtung der Vaterschaft durch die Leihmutter oder ihren Ehemann zu verhindern. Der Ehemann der Leihmutter stimmt der künstlichen Befruchtung

356

Balzer, StAZ 2012, 364, 365. Im Übrigen hat der BGH bereits festgestellt, dass in der Zustimmung zur künstlichen Befruchtung jedenfalls auch die Erklärung zu sehen ist, dem Kind als Unterhaltsschuldner zur Verfügung zu stehen, so dass der Verlust etwaiger Unterhaltsansprüche nicht mehr zur Begründung des Anfechtungsausschlusses herangezogen werden kann, vgl. BGH NJW 1995, 2921; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600 Rn. 31. 357

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nicht deshalb zu, weil er gemeinsam mit seiner Frau ein Kind zeugen will.358 Vielmehr will er gerade keine dauerhafte Elternverantwortung übernehmen, sondern das Kind nach der Geburt abgeben. Bei der Zustimmungserklärung handelt es sich um einen von familienrechtlichen Besonderheiten geprägten Vertrag zu Gunsten des aus der heterologen Insemination entstandenen Kindes.359 Nach Durchführung der künstlichen Befruchtung kann der Ehemann sich von den gegenüber dem Kind übernommenen Verpflichtungen nicht mehr lösen.360 Dies gilt jedoch nur, wenn man seiner Zustimmung eine entsprechende Verpflichtung entnehmen kann, was bei einer Zustimmung zur künstlichen Befruchtung seiner Ehefrau als Leihmuttter gerade nicht der Fall ist. Da § 1600 Abs. 5 BGB auf den Willen abstellt, Eltern zu sein,361 und dieser bei der Leihmutter und ihrem Ehemann gerade nicht vorhanden ist, ist ein Anfechtungsauschluss der Leihmutter und ihres Ehemannes auch vom Zweck der Vorschrift nicht umfasst.362 Aus alledem eben Gesagten folgt, dass die von § 1600 Abs. 5 BGB verfolgten Zwecke eine Anwendbarkeit in Leihmutterfällen nicht erfordern. Und schließlich kann auch das im deutschen Recht geltende präventive Verbot von Leihmutterschaften einen Anfechtungsausschluss in Leihmutterfällen nicht rechtfertigen.363 Der Präventionsgedanke wurde nämlich bei der Regelung der väterlichen Abstammung vom Gesetzgeber überhaupt nicht. Die Zuordnung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater erfolgt unabhängig von der Art seiner Zeugung. Ob eine Leihmutter engagiert wurde und ob der rechtliche Vater genetisch mit dem Kind verwandt ist, spielt dafür keine Rolle. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass jedenfalls in den Fällen, in denen sich alle Beteiligten einig sind, wer die rechtlichen Eltern des Kindes sein sollen, eine Anfechtung durch die Leihmutter und ihren Ehemann unter teleologischer Reduktion des § 1600 Abs. 5 BGB möglich ist. Andernfalls würde die Vorschrift in den Fällen, in denen der Wunschvater genetisch mit dem Kind verwandt ist, außerdem dazu führen, dass es allein der Wunschvater in der Hand hätte, seine genetische Verwandtschaft durch Anfechtung gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog durch358 Sofern der Ehemann der Leihmutter bereits im Leihmuttervertrag erklärt, auf sein Elternrecht zu verzichten, ist diese Erklärung getrennt von der gegenüber dem behandelnden Arzt abgegebenen Zustimmung zur künstlichen Befruchtung zu beurteilen. Letztere ist stets erforderlich, siehe 2. Teil, Fn. 349 und wird durch etwaige vorherige vertragliche Erklärungen nicht berührt. 359 BGH NJW 1995, 2028. 360 BGH NJW 1995, 2028. 361 Kritisch hierzu Staudinger/Rauscher, § 1600 Rn. 68. 362 Zwar haben die Leihmutter und ggf. ihr Ehemann durch die Zustimmung zur künstlichen Befruchtung zweifelsohne faktische Verantwortung für das Kind während der Schwangerschaft übernommen. Den Wunscheltern kann aber deswegen – vor allem aufgrund des von ihnen ebenfalls geleisteten Beitrags – nicht jegliche Verantwortung für das Kind abgesprochen werden. 363 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 94.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

zusetzen, während die Leihmutter und der Ehemann keine entsprechende Möglichkeit hätten.364 Unabhängig davon kann das Kind die Vaterschaft des Ehemannes der Leihmutter bei künstlicher Befruchtung stets anfechten.365 Sofern das Kind gesetzlich vertreten wird, ist zwar eine Anfechtung nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient, § 1600a Abs. 2 S. 3, Abs. 4 BGB. Wenn dadurch aber die Vaterschaft des Wunschvaters herbeigeführt werden kann, etwa weil dieser die Vaterschaft bereits vor Geburt anerkannt hat, steht das Kindeswohl der Anfechtung nicht entgegen. § 1600 Abs. 5 BGB ist daher teleologisch dahingehend zu reduizeren, dass eine Anfechtung der Leihmutter und des Ehemannes dann in Betracht kommt, wenn dadurch eine Statusänderung zugunsten des Wunschvaters herbeigeführt wird. Richtigerweise können somit in Leihmutterfällen die Leihmutter und ihr Ehemann die Vaterschaft entgegen § 1600 Abs. 5 BGB anfechten, genauso wie der genetisch verwandte Wunschvater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog. Die Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes der Leihmutter gilt nach § 1600c Abs. 1 BGB zwar auch im Abstammungsverfahren fort, und zwar so lange, bis der Nachweis geführt wird, dass das Kind genetisch nicht von diesem abstammt. Erfolgt jedoch dieser Nachweis durch Abstammungsgutachten, wird zunächst rechtskräftig festgestellt, dass das Kind keinen rechtlichen Vater hat.366 Damit würde auch die Sperrwirkung des § 1594 Abs. 2 BGB gegenüber einer etwaigen Vaterschaftsanerkennung durch den Wunschvater entfallen und dieser wäre der rechtliche Vater des Kindes. cc) Mutterschaftsanfechtung Eine Statusänderung durch Anfechtung auf Seiten der Mutter ist im deutschen Recht nicht vorgesehen. Das Fehlen von Korrekturmöglichkeiten bezüglich der rechtlichen Mutterschaft wurde von vielen kritisiert.367 Im Hinblick auf die Rechtslage vor dem Kindschaftsrechtsreformgesetz war noch umstritten, ob und wie eine andere genetische Abstammung mütterlicherseits geltend gemacht werden kann.368 Die Einführung einer förmlichen Mutterschaftsanfechtung wurde unter der 364 Zwar ist es richtig, dass die Leihmutter durch ihre Zustimmung zum Austragen des Kindes in besonderer Weise Verantwortung für das Kind übernommen hat, sodass eine Einschränkung ihres Anfechtungsrechts noch in gewisser Weise nachvollziehbar erscheint. Auf ihren Ehemann trifft dies jedoch nicht zu oder jedenfalls nicht in größeren Umfang zu, als auf den genetisch verwandten Wunschvater. Es scheint daher nicht gerechtfertigt, die Statusänderung des Kindes alleine letzterem zu ermöglichen, so dass jedenfalls das Anfechtungsrecht des Ehemannes der Leihmutter nicht gemäß § 1600 Abs. 5 BGB ausgeschlossen sein darf. 365 § 1600 Abs. 1 Nr. 4 BGB. 366 Staudinger/Rauscher, § 1599 Rn. 25 f. 367 Siehe hierzu MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 24 ff. m.w.N. 368 Siehe hierzu ausführlich Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 8 ff. Eine Anfechtung der Mutterschaft durch die Geburtsmutter analog § 1594 a. f. BGB wurde auch unter der alten Rechtslage abgelehnt.

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alten Rechtslage vorgeschlagen,369 wenn auch nur sehr vereinzelt. Die Versuche blieben jedoch erfolglos und eine Statusänderung auf Seiten der Mutter wurde vom Gesetzgeber im Rahmen der Reform bewusst nicht vorgesehen.370 Auch Forderungen nach einer Möglichkeit für das Kind, wenigstens eine folgenlose Statusfeststellung erlangen zu können, kamen auf.371 Im Ergebnis wurde jedoch im Zuge der Kindschaftsrechtsreform keiner der Vorschläge umgesetzt. Seit der eindeutigen Regelung des § 1591 BGB besteht nun kein Zweifel mehr daran, dass eine Statusänderung der rechtlichen Mutter ausscheidet.372 Als Begründung führt der Gesetzgeber unter anderem an, dass dadurch die gespaltene Mutterschaft vermieden werden soll.373 Es ist fraglich, ob das Fehlen von Statuskorrekturmöglichkeiten bei abweichender genetischer Mutterschaft in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte noch haltbar ist. Richtigerweise ist dem nicht so. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts und, als Ausdruck davon, das Recht auf Kenntnis der eigenen genetischen Herkunft umfassen nämlich notwendigerweise auch die genetische Abstammung mütterlicherseits. Es garantiert die Möglichkeit, sich nicht nur sozial, sondern auch genealogisch in eine Beziehung zu anderen zu setzen, was nur bei Kenntnis aller für sie konstitutiven Faktoren möglich ist.374 Nur bei Kenntnis sowohl der väterlichen als auch der mütterlichen Abstammung ist somit eine freie Persönlichkeitsentwicklung des Kines möglich.375 Andernfalls würde § 1591 BGB zu einer Benachteiligung der Kinder führen, die von einer Tragmutter geboren werden.376 Fraglich ist aber, ob das Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung so verstanden werden muss, dass ein Anspruch auf Gleichlauf von genetischer und rechtlicher Abstammung besteht, und damit eine Statuskorrekturmöglichkeit gesetzlich vorgesehen sein muss. Diese Frage ist umstritten.377 Nach der Rechtspre-

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Siehe hierzu Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 9. Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 9. Der Gesetzgeber ging jedoch davon aus, dass eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO möglich ist, MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 15. 371 Für einen Feststellungsantrag nach § 169 Nr. 1 FamFG fehlt es am Eltern-Kind-Verhältnis und damit einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Die genetische Abstammung ist im deutschen Recht gerade kein Rechtsverhältnis, sondern eine Tatsache. 372 Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 20 ff. Der Gesetzgeber sah jedoch § 256 ZPO als Möglichkeit an, eine Festellung der genetische Abstammung in Fällen der gespaltenen Mutterschaft erreichen zu können, vgl. BT-Drucks. 13/4899, S. 83. 373 BT-Drucks. 13/4899, S. 51 f. und 82; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 10. 374 BVerfG NJW 2003, 2151, 2154. 375 Auch zur Vermeidung von Verwandtenehen und zur Klärung von Erbkrankheiten ist notwendigerweise Kenntnis auch der mütterlichen Abstammung erforderlich, Seidl, FPR 2002, 402, 404. 376 Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 261. 377 Siehe hierzu die Ausführungen sowie die weiteren Nachweise bei Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 11. 370

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

chung des Bundesverfassungsgerichts scheint dies nicht der Fall.378 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingegen erfordert das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch die Ermöglichung der rechtlichen Abstammung von genetisch verwandten Personen.379 Wieso der grundrechtliche Schutz des aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG folgenden Interesses auf Einräumung einer Elternstellung und der Vorrang der biologischen Wahrheit, der zur Begründung des Anfechtungs- und Feststellungsrechts eines biologischen (gemeint ist damit genetischen) Vaters herangezogen wird,380 nicht auch für genetische Mütter gelten soll, ist insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 GG nicht ersichtlich.381 Darüber hinaus hat nach Art. 6 Abs. 4 GG jede Mutter einen Anspruch auf Schutz und Fürsorge. Dass dies nicht für die genetische Mutter gelten soll, überzeugt ebenfalls nicht.382 Aus diesen Gründen muss jedenfalls eine Feststellung der genetischen Abstammung mütterlicherseits nach § 1598a BGB möglich sein.383 Ihrem Wortlaut nach bezieht sich die Vorschrift auf die „leibliche“ und nicht nur auf die „väterliche“ Abstammung, so dass eine Anwendung auch auf die mütterliche Abstammung nicht ausgeschlossen ist.384 Was die Statusänderung mütterlicherseits betrifft, ist die Rechtslage in Deutschland jedoch eindeutig: Für eine Wunschmutter gibt es derzeit keine Möglichkeit, die rechtliche Mutterschaft der Leihmutter durch Anfechtung zu beseitigen und selbst in die Mutterrolle einzurücken.385 b) Adoption Wollen beide Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes werden, bleibt daher als einziger Weg die Adoption.386 Da grundsätzlich jedes Kind adoptiert werden kann, ist auch die Adoption eines Leihmutterkindes möglich.387 Sind die Wunscheltern verheiratet388 und ist der Wunschvater bereits der rechtliche Vater des 378 Siehe BVerfG NJW 2151, 2154 („Ein Anspruch auf Zuerkennung der rechtlichen Vaterschaft folgt aus dem Persönlichkeitsrecht nicht.“) 379 EGMR, Mennesson v. France, siehe 2. Teil, Fn. 806, Rn. 100. 380 Siehe oben § 3 B. I. 2. a) aa), S. 86. 381 So auch BeckOK GG/Uhle (Stand: 01. 03. 2015), Art. 6 Rn. 58 m.w.N. 382 Seidl, FPR 2002, 402, 403. 383 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1598a Rn. 22; Palandt/Brudermüller, § 1598a Rn. 6; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 25; Muscheler, FPR 2008, 257, 259. 384 Palandt/ Brudermüller, § 1598a Rn. 6; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 25; Muscheler, FPR 2008, 257, 259; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1598a Rn. 22. 385 MüKoBGB/Wellenhofer, 1591 Rn. 14. 386 Helms, StAZ 2013, 114, 115; Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2530. 387 Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2530 f. 388 Die Stiefkindadoption steht auch eingetragenen Lebenspartnern offen, § 9 Abs. 7 LPartG.

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Kindes, kommt eine Stiefkindadoption durch die Wunschmutter in Betracht.389 Ist der Wunschvater nicht der rechtliche Vater des Kindes390 oder sind die Wunscheltern nicht verheiratet, scheidet eine Stiefkindadoption hingegen aus und das Kind muss von verheirateten Wunscheltern gemeinschaftlich, andernfalls von einem Wunschelternteil allein angenommen werden. aa) Voraussetzungen der Adoption Die Adoption richtet sich dabei nach den Voraussetzungen der §§ 1741 ff. BGB.391 Insbesondere müssen die Wunscheltern und das annzunehmende Kind die jeweiligen Altersgrenzen überschritten haben. Die Wunscheltern müssen daher mindestens 25 Jahre alt sein oder im Fall der Stiefkindadoption 21 Jahre, § 1743 S. 1 HS. 1 BGB, das Kind muss mindestens acht Wochen alt sein, § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB. Des Weiteren müssen die erforderlichen Einwilligungen vorliegen, § 1747 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Anspruch auf Erteilung der Einwilligung lässt sich durch den Leihmuttervertrag nicht herleiten. Eine etwaige vertragliche Verpflichtung der Leihmutter wäre nicht durchsetzbar. Vielmehr handelt es sich bei der Erteilung der Einwilligung um eine freie höchstpersönliche Entscheidung der Leihmutter.392 Insoweit gilt für die Adoption von Leihmutterkindern nichts anderes als für alle anderen Kinder. Maßgebliches Entscheidungskriterium ist stets das Kindeswohl.393 bb) Beurteilungsmaßstab Fraglich ist im Zusammenhang mit Leihmutterschaft, ob sich der Prüfungsmaßstab der Adoption nach § 1741 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 BGB beurteilt. Neben der Erwartung, dass eine Eltern-Kind-Beziehung entstehen muss, ist eine Adoption nach Satz 1 zulässig, wenn sie dem Kindeswohl dient. Etwas anderes gilt jedoch nach Satz 2, wenn eine gesetzes- oder sittenwidrigen Vermittlung oder Verbringung des Kindes zum Zwecke der Annahme erfolgt ist. In diesem Fall muss die Adoption für das Kindeswohl erforderlich sein. Ob eine Adoption nach Leihmutterschaft sich nach 389 Bis zur Adoption ist die Wunschmutter in diesem Fall lediglich mit dem Kind verschwägert, § 1590 Abs. 1 S. 1 BGB. Sofern der Wunschvater allein sorgeberechtigt ist, hat sie nur ein Mitsorgerecht nach § 1687b Abs. 1 S. 1 BGB. 390 Sofern die Leihmutter und ihr Ehemann der Übertragung der Elternrechte zustimmen, was auch für die Adoption erforderlich ist, ist nahezu keine Situation denkbar, in der der Wunschvater nicht bereits der rechtliche Vater des Kindes ist. Ist die Leihmutter ledig, kann er die Vaterschaft mit Zustimmung der Leihmutter anerkennen. Ist die Leihmutter verheiratet, könnte die Vaterschaftsvermutung zugunsten ihres Ehemannes durch Anfechtung beseitig werden. Anschließend kann der Wunschvater die Vaterschaft anerkennen oder, falls er genetisch mit dem Kind verwandt ist, seine Vaterschaft auch gerichtlich festgestellt werden. 391 Siehe hierzu ausführlich Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 98 ff. 392 § 1747 Abs. 1 S. 1 BGB. Ein Anspruch auf Erteilung der Einwilligung lässt sich durch den Leihmuttervertrag jedoch nicht begründen. Vielmehr handelt es sich bei der Erteilung der Einwilligung um eine freie höchstpersönliche Entscheidung der Leihmutter, Coester, FS Jayme, S. 1249. 393 BeckOK BGB/Enders (Stand: 01. 05. 2015), § 1741 Rn. 19.

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Satz 1 oder Satz 2 beurteilt, ist genauso umstritten wie die Frage, wann eine Adoption dem Kindeswohl dient und wann sie hierfür erforderlich ist. Nach einer Ansicht ist in Leihmutterfällen der strengere Maßstab des Satz 2 heranzuziehen.394 Bei Leihmutterschaft handle es sich um eine Vermittlung bzw. Verbringung eines Kindes zum Zwecke der Annahme, so dass die Adoption nur auszusprechen sei, wenn sie für das Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erforderlichkeit wird von den Vertretern dieser Ansicht in Leihmutterfällen regelmäßig verneint. Dies überzeugt jedoch nicht. Die Vermittlung einer Leihmutter ist keine Vermittlung eines Kindes zum Zwecke der Annahme.395 Wenn jemand vermittelt wird, dann allenfalls die Leihmutter. Das Kind ist im Zeitpunkt der Vereinbarung, die man als Vermittlung auslegen könnte, nämlich dem Leihmuttervertrag, noch gar nicht gezeugt. In diesem Fall könnte man allenfalls die Vermittlung eine Eizelle annehmen. Auch dabei handelt es sich jedoch nicht um ein Kind. Das Adoptionsvermittlungsgesetz unterscheidet zwischen der Vermittlung von Ersatzmüttern einerseits und der Vermittlung der Annahme als Kind andererseits. Beide Vorgänge können somit nicht im Rahmen des § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB als ein und dasselbe ausgelegt werden. Und auch der Zweck der Vorschrift spricht dagegen, Leihmutterschaft mit zu umfassen. § 1741 Abs. 1 S. 2 BGB wurde geschaffen, um dem internationalen Kinderhandel entgegenzuwirken.396 Eine im Ausland nach dortigem Recht zulässige Leihmutterschaft kann jedoch nicht mit dieser Praktik gleichgesetzt werden. cc) Tatbestandsvoraussetzungen Eine Adoption nach Leihmutterschaft ist daher immer dann auszusprechen, wenn sie dem Kindeswohl dient. Eine Adoption dient dann dem Kindeswohl, wenn sie zu einer nachhaltigen Verbesserung der persönlichen Verhältnisse oder der Rechtsstellung des Kindes führt.397 Dabei ist eine Prognose anzustellen. Bei einer Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern dient die Adoption in der Regel schon deshalb dem Wohl des Kindes, weil die Leihmutter kein Interesse an der Wahrnehmung ihrer Elternverantwortung hat.398 Selbst wenn man den strengeren Maßstab von Satz 2 anlegt, würde dies einer Adoption aber nicht entgegenstehen. Wann eine Annahme erforderlich ist und wo der 394

Rn. 3. 395

So AG Hamm FamFR 2011,551 (m. Anm. Friederici); Palandt/Götz, Einf. vor § 1741

So auch LG Frankfurt, NJW 2012, 3111, 3112; Dethloff, JZ 2014, 922, 930. BT-Drucks. 13/8511, S. 75; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 102 f. 397 BeckOK BGB/Enders (Stand: 01. 05. 2015), § 1741 Rn. 13; Palandt/Götz, § 1741 Rn. 3. 398 So auch LG Düsseldorf, BeckRS 2012, 19794; Dethloff, JZ 2014, 922, 931; Botthoff/ Diel, StAZ 2013, 2011, 214. 396

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Unterschied zwischen Satz 1 und Satz 2 ist, ist zwar umstritten.399 Ohne Adoption würde das Kind aber rechtlich von einer Frau abstammen, die faktisch kein Interesse an der Übernahme ihrer mütterlichen Verantwortung hat,400 sodass nur durch eine Zuordnung zu den Wunscheltern die Abstammung des Kindes rechtlich abgesichert wird und dem Kind so die Gelegenheit gegeben wird, sich frei und unbesorgt zu entfalten.401 Somit dient eine Adoption nach Leihmutterschaft nicht nur dem Kindeswohl, sie ist für das Kindeswohl auch erforderlich. Die Adoption des Kindes ist daher nach einer Leihmutterschaft eine weitere Möglichkeit für die Wunscheltern, die Beziehungen zu „ihrem“ Kind zu legalisieren.402 c) Privatrechtliche Übertragung der Elternschaft Eine Übertragung der Elternschaft oder nur des Sorgerechts ausschließlich im Wege eines privatrechtlichen Vertrags, wie sie im amerikanischen Recht möglich ist, ist im deutschen Recht nicht vorgesehen.403 Deutsche Wunscheltern sind somit für die Statusänderung auf die Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung oder Adoption beschränkt. 3. Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner Das Lebenspartnerschaftsgesetz404 (LPartG) ist 2001 in Kraft getreten. Seitdem haben gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft zu gründen, die der Ehe hinsichtlich der mit ihr verbundenen Rechte und Pflichten in vielen Aspekten gleichsteht.405 Vor allem auf dem Gebiet des Kindschaftsrechts gibt es jedoch weiterhin gewichtige Unterschiede zwischen beiden Instituten.

399

Botthoff/Diel, StAZ 2013, 211, 213. Dethloff, JZ 2014, 922, 931. 401 So das LG Düsseldorf, Beschluss vom 15. 03. 2012, BeckRS 2012, 19794, Rn. 60. Die Adoption haben auch ausgesprochen LG Frankfurt, NJW 2012, 3111 (unter Heranziehung von § 1741 Abs. 1 S. 1 BGB); AG Gütersloh, Beschluss vom 17. 12. 1985, FamRZ 1986, 718. Abgelehnt wurde die Adoption nach einer Leihmutterschaft von AG Hamm Beck RS 2011, 25140 = FamFR 2011 (m. Anm. Friederici). 402 So im Ergebnis auch OLG Düsseldorf, FamRZ 2013, 1495; OLG Stuttgart FamRZ 2012, 1740, wenn auch ohne Ausführungen zum Prüfungsmaßstab; Benicke, StAZ 2013, 101, 110 ff.; Wagner, StAZ 2012, 294, 296. 403 Mayer, RabelsZ 2014, 551, 565; Wagner, StAZ 2012, 294, 295; Coester-Waltjen, NJW 1982, 2528, 2531. 404 Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl. I, S. 266), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juni 2014 (BGBl. I, S. 786) geändert worden ist. 405 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 162. 400

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Zwar kann die Elternstellung jedes Lebenspartners für sich genommen wie oben geschildert erworben werden, bei Frauen also durch Geburt, bei Männern durch Vaterschaftsanerkennung. Ein wesentlicher Unterschied zu verheirateten Paaren besteht jedoch darin, dass die Geburt eines Kindes in eine bestehende Lebenspartnerschaft keine rechtliche Elternstellung des eingetragenen Lebenspartners begründet.406 Dies gilt auch dann, wenn der Lebenspartner sein Einverständnis zur künstlichen Befruchtung gegeben hat.407 Künstliche Befruchtungen, die mittels hormoneller Stimulation erfolgen, sind darüber hinaus nach ärztlichem Standesrecht in Deutschland bei alleinstehenden Frauen und Frauen in gleichgeschlechtlichen Beziehungen nicht zulässig.408 Die originäre Einräumung einer Elternstellung des gleichgeschlechtlichen männlichen Partners, der nicht bereits der rechtliche Vater ist, scheitert daran, dass ein Kind in Deutschland nur zwei Eltern haben kann,409 und die zweite Elternrolle von der gebärenden Frau „besetzt“ ist. Sie ist nach § 1591 BGB die rechtliche Mutter des Kindes. Ein Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu beiden gleichgeschlechtlichen Partnern kann daher nur durch Adoption herbeigeführt werden. Bei eingetragenen Lebenspartnern ist dies im Wege der Stiefkindadoption möglich, § 9 Abs. 7 LPartG.410 Der noch nicht rechtlich verwandte Lebenspartner kann das leibliche Kind des anderen Lebenspartners alleine annehmen, mit der Folge, dass es das gemeinschaftliche Kind beider Lebenspartner wird.411 Darüber hinaus ist seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2013 auch die Sukzessivadoption zulässig.412 Diese ermöglicht es, dass einer der beiden gleichgeschlecht406 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 163. Diese Regelung wird insbesondere deshalb kritisiert, weil es sich im Ergebnis zu Lasten des Kindes auswirkt, wenn eine familiäre Beziehung zum anderen „faktischen“ Elternteil erst mit Ausspruch der Adoption entsteht, Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 163. Verfassungsrechtlich ist es jedoch nicht zu beanstanden, dass die Vorschrift nicht auf gleichgeschlechtliche Lebenspartner anwendbar ist, BGH StAZ 2011, 13, 15. 407 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 163. In manchen europäischen Ländern lässt sich eine Entwicklung dahin beobachten, eine Vater- bzw. Mutterschaftsvermutung zugunsten gleichgeschlechtlicher (eingetragener) Lebenspartner zuzulassen. Dies ist beispielsweise in den Niederlanden (Art. 1:198 Abs. 1 lit. b niederländisches BGB [Burgerlijk Wetboek]), Norwegen (§ 3 Abs. 2 norwegisches Kindergesetz [barnelova]) und Schweden (Kap. 1 § 9 Abs. 1 schwedisches Elterngesetz [föräldrabalk]) vorgesehen, Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 177 f. 408 Bundesärztekammer, Dt. Äbl. 2006, S. A1395 (dort Nr. 3.1.1). 409 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 163. 410 Das LPartG von 2001 räumte eingetragenen Lebenspartnern überhaupt kein Adoptionsrecht ein. Seit der Gesetzesänderung im Jahr 2005 ist diese Möglichkeit jedoch nun in § 9 Abs. 7 LPartG vorgesehen. 411 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 163; Coester, FS Jayme, S. 1250. 412 BVerfG NJW 2013, 847 ff. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 9 Abs. 7 LPartG, wonach eine Sukzessivadoption eingetragener Lebensparter nicht möglich war. Das Bundesverfassungsgericht kam zu dem Ergebnis, dass dadurch das Recht der betroffenen Kinder auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wird, dass das deutsche Recht eine

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lichen Wunscheltern das von der Leihmutter geborene Kind zunächst allein annehmen kann. Anschließend erfolgt eine zweite Adoption durch den anderen Lebenspartner, wodurch das Kind gemeinschaftliches Kind beider Wunschväter wird. Eine gemeinschaftliche Adoption durch beide Lebenspartner scheidet hingegen aus.413 Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der gemeinsamen Adoption durch eingetragene Lebensparter in seinem Urteil zur Sukzessivadoption414 offen gelassen. Sie war nicht Gegenstand des damaligen Verfahrens. Eine im Jahr 2014 erhobene Richtervorlage zur Frage der Vereinbarkeit dieses Ausschlusses mit Art. 3 Abs. 1 GG wurde vom Bundesverfassungsgerichtwegen Verstoßes gegen das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 2 S. 1 BVerfGG für unzulässig befunden.415 In seinem Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht zwar auf die große sachliche Nähe der Sukzessivadoption zur gemeinschaftlichen Adoption hingewiesen.416 Dennoch kommt nach derzeitiger Rechtslage eine gemeinschaftliche Adoption durch eingetragene Lebenspartner nicht in Betracht.417 Das eben Gesagte gilt auch für gleichgeschlechtliche Wunscheltern bei Leihmutterschaft. Ob sie die Eltern des Leihmutterkindes sind bzw. werden können, hängt maßgeblich von ihrem Familienstand und ihrem Geschlecht ab. Gleichgeschlechtliche männliche Paare in eingetragener Lebenspartnerschaft können über den Weg eines Vaterschaftsanerkenntnisses418 und einer darauf folgenden Stiefkindadoption nach § 9 Abs. 7 LPartG die rechtlichen Eltern des Kindes werden. Erforderlich ist hierfür die Zustimmung der Leihmutter,419 die jedoch in der Regel vorliegen wird.420 Sind die beiden Wunschväter hingegen nicht verpartnert, scheidet eine StiefkindSukzessivadoption für Kinder verheirateter Paare vorsieht, nicht jedoch für Kinder eingetragener Lebenspartner, BVerfG NJW 2013, 847, 851 ff. 413 Siehe hierzu auch Wapler, Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern, S. 116 f. 414 BVerfG FamRZ 2013, 521, Rn. 92. 415 BVerfG FamRZ 2014, 537 f., Rn. 23. 416 BVerfG FamRZ 2014, 537, 538, Rn. 27. 417 Das in Österreich geltende Verbot für gleichgeschlechtliche Partner, ein Kind gemeinschaftlich anzunehmen, wurde vom Österreichischen Verfassungsgerichtshof mit Urteil vom 11. 12. 2014 für verfassungswidrig befunden. Das Verbot sei weder mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch mit Art. 8 iVm 14 EMRK vereinbar, ÖVerfGH, Az. G 119-120/2014-12. 418 Ggf. nach vorheriger Anfechtung durch den genetisch verwandten Lebenspartner nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB oder, bei fehlender genetischer Verwandtschaft, durch die Wunscheltern, siehe hierzu die Ausführungen zur Vaterschaftsanfechtung bei Leihmutterschaft § 3 B. I.2. a) aa), S. 87. 419 § 1747 Abs. 1 S. 1 BGB. 420 § 9 Abs. 7 LPartG verweist auf die Vorschriften der §§ 1741 ff. BGB, so dass über die Zustimmung der Leihmutter hinaus dieselben Voraussetzungen gelten, wie für eine Adoption durch verheiratete Wunscheltern. Insbesondere müssen die Altersgrenzen eingehalten werden und die Adoption muss entweder dem Kindeswohl dienen oder für das Kindeswohl erforderlich sein.

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adoption aus. Der „faktische“ Lebenspartner hat keinerlei Möglichkeit, in die Elternstellung einzurücken.421 Damit fehlen ihm auch sorgerechtlichen Befugnisse422 und das Kind hat ihm gegenüber keine Unterhalts- oder Erbansprüche. Ihm steht allenfalls ein Umgangsrecht nach § 1685 Abs. 2 BGB zu, wenn er für das Kind tatsächliche Verantwortung trägt oder getragen hat. Weibliche gleichgeschlechtliche Partnerinnen haben den tatsächlichen Vorteil, dass sie nicht zwingend auf eine andere Frau angewiesen sind, um ein Kind zu bekommen. Eine der beiden Wunschmütter kann das Kind (das unter Umständen genetisch von der anderen Wunschmutter genetisch abstammt) austragen und ist dann mit Geburt die rechtliche Mutter. Leben die beiden Wunschmütter in eingetragener Lebenspartnschaft, kommt anschließend eine Stiefkindadoption durch die andere Lebenspartnerin in Betracht. Hierfür wäre die Einwilligung des rechtlichen Vaters des Kindes erforderlich, also jedenfalls des Mannes, der die Vaterschaft wirksam anerkannt hat.423 Fehlt ein rechtlicher Vater, bedarf es der Zustimmung des Mannes, der glaubhaft macht, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben.424 Im Hinblick auf das von Art. 6 Abs. 2 GG geschützte Interesse eines biologischen Vaters auf Einräumung einer Elternstellung ist der Begriff „beigewohnt“ auch hier weit zu verstehen, so dass auch die Samenspende umfasst ist.425 Allerdings ist seine ausdrückliche Zustimmung zur Adoption nicht erforderlich. Es ist vielmehr ausreichend, wenn der Samenspender gemäß § 7 Abs. 4 FamFG als fakultativ Beteiligter darüber informiert wird, dass ein Adoptionsverfahren anhängig ist. Dadurch wird ihm ausreichend Möglichkeit gegeben, sein Interesse an der Einräumung einer Elternstellung geltend zu machen. Verzichtet der Samenspender dann darauf, seine Vaterschaft geltend zu machen, ist weder seine Zustimmung, noch seine Beteiligung am Verfahren erforderlich.426 Sind die Wunschmütter nicht verpartnert, gilt das eben zu gleichgeschlechtlichen männlichen Paaren Gesagte: Die gleichgeschlechtliche Partnerin der rechtlichen Mutter hat keine Möglichkeit in die Elternstellung einzurücken.427 421

Wapler, Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften mit Kindern, S. 117. Insbesondere ist er bei fehlender Verpartnerung auch nicht mit dem Kind verschwägert, § 11 Abs. 2 LPartG, so dass er auch kein „kleines“ Sorgerecht bzw. kein Notsorgerecht nach § 9 Abs. 2 LPartG hat, Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 169, 172. 423 Die Anerkennung der Vaterschaft kann nach § 1595 Abs. 1 BGB nur mit Zustimmung der rechtlichen Mutter erfolgen. Die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebende Geburtsmutter hat in der Regel kein Interesse daran, die rechtliche Vaterschaft des Samenspenders durch ihre Zustimmung herbeizuführen, da seine Elternstellung zunächst ausgeräumt werden müsste, bevor die andere Wunschmutter in diese einrücken kann. In der Regel liegt ein Vaterschaftsanerkenntnis in solchen Konstellationen deshalb nicht vor. Denkbar ist jedoch, dass der Samenspender die Vaterschaft durch gerichtliche Feststellung erlangt, oder die Mutter dem Anerkenntnis zugestimmt hat, um sich und dem Kind einen Unterhaltsschuldner zu sichern. 424 §§ 1747 Abs. 1 S. 2, 1600d Abs. 2 S. 1 BGB. 425 BGH 15. 05. 2013, XII ZR 49/11. 426 BGH NJW 2015, 1239. 427 Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 172. 422

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Handelt es sich um ein „fremdes“ Kind, das von keiner der beiden Partnerinnen abstammt, haben gleichgeschlechtliche Partnerinnen einen wesentlichen Nachteil gegenüber männlichen Partnern. Da eine Mutterschaftsanerkennung im deutschen Recht nicht möglich ist, kann keine der Frauen unmittelbar in die Mutterrolle einrücken. Das Kind kann auch weder von eingetragenen noch von „faktischen“ gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern gemeinschaftlich adoptiert werden.428 In Betracht kommt nur eine Einzeladoption durch eine der beiden Frauen.429 Sofern sie verpartnert sind, kann die andere Lebensparterin das Kind dann im Wege der Stiefkindadoption sukzessiv adoptieren. Weibliche gleichgeschlechtliche Partnerinnen, die eine Leihmutter in Anspruch nehmen, müssen somit stets ein Adoptionsverfahren mehr durchlaufen, als gleichgeschlechtliche männliche Partner. 4. Sonderregelungen für künstliche Befruchtungsmethoden Spezielle Vorschriften für die statusrechtlichen Folgen medizinisch assistierter Fortpflanzung gibt es im deutschen Recht nur sehr vereinzelt. Bei Zustimmung zur künstlichen Befruchtung kann die Vaterschaft weder durch die Mutter noch durch den rechtlichen Vater angefochten werden, § 1600 Abs. 5 BGB.430 Ob diese Vorschrift auch im Fall von Leihmutterschaft anwendbar ist, ist umstritten.431 Dass § 1600 Abs. 5 BGB im Fall einer Leihmutterschaft teleologisch zu reduzieren ist, wurde oben dargelegt.432 Das Kind bleibt in jedem Fall stets anfechtungsberechtigt, ggf. durch seinen gesetzlichen Vertreter, § 1600a Abs. 3 BGB.433 Abgesehen von dieser Spezialregelung beurteilt sich die Abstammung eines mit Hilfe von medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugten Kindes nach den allgemeinen Regeln der §§ 1591 ff. BGB. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Geburt eines Kindes durch eine Leihmutter führt unabhängig von der Herkunft der Gameten zu keiner anderen Beurteilung. Mutter eines Kindes ist stets die Frau, die es geboren hat. Vater des Kindes ist der Mann, der die Vaterschaft anerkennt oder der mit der rechtlichen Mutter verheiratet ist.

428

Dethloff, Gleichgeschlechtliche Partnerschaften, S. 172. Das LG Düsseldorf hat einem Adoptionsantrag gleichgeschlechtlicher Lebenspartner stattgegeben, vgl. Beschluss vom 15.3.32012, BeckRS 2012, 19794. 430 Klargestellt wurde dies durch das Gesetz zur weiteren Verbesserung von Kinderrechten vom 4. Februar 2002, BGBl. I S. 1239. 431 Siehe hierzu oben § 3 B. I. 2. a) bb), S. 90. 432 Siehe hierzu oben § 3 B. I. 2. a) bb), S. 90 ff. 433 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 27. 429

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5. Bedeutung von genetischer Verwandtschaft und Elternschaft kraft Willenserklärung a) Genetische Verwandtschaft Die genetische Verwandtschaft ist im deutschen Abstammungsrecht für die Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern nur bedingt relevant. Zwar bezieht sich der Abstammungsbegriff in § 1589 S. 1 BGB auf die genetische Verwandtschaft.434 Und auch die Vermutungsregeln der Vaterschaft wurden vor dem Hintergrund der vermuteten genetischen Abstammung geschaffen.435 Es wurden Anküpfungsmerkmale gewählt, bei denen es am wahrscheinlichsten ist, dass sie der biologischen Wahrheit entsprechen.436 Dennoch spielt die Genetik für die Begründung von Abstammungsverhältnisse keine vorrangige Rolle. Vielmehr erfolgt die Zuordnung anhand von Vermutungsregeln und Hilfskriterien,437 um eine schnelle Feststellung der Abstammung zu ermöglichen.438 Auch das Adoptionsrecht zeigt, dass die rechtliche Verwandtschaft aus Sicht des deutschen Gesetzgebers mehr sein kann, als die rein blutsmäßige Verbindung.439 Die genetische Abstammung wirkt deshalb im deutschen Recht nicht konstitutiv.440 Etwas anderes gilt nur für die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft. Die genetische Abstammung eines Kindes ist dort als Beweis relevant.441 Für die Abstammung von der Mutter ist die genetische Abstammung aber gänzlich unbeachtlich. Entscheidend ist allein die Geburt. Anders ist dies, wenn eine Vorschrift ihrem Zweck nach direkt auf die genetische Verwandtschaft zugeschnitten ist.442 Dies ist beispielsweise der Fall bei § 1307 BGB, der eine Ehe zwischen Blutsverwandten verbietet.443 Entscheidend für das Inzestverbot ist die tatsächliche blutsmäßige Abstammung.444 Eine Eizellspenderin könnte somit aufgrund § 1307 BGB keine Ehe mit ihrem genetischen, aber wegen § 1591 BGB nicht rechtlichen Sohn eingehen. Fraglich ist, ob die Ignoranz der genetischen Verwandtschaft zur Mutter im deutschen Abstammungsrecht so weit geht, dass ein Mann die Tragmutter heiraten könnte, die ihn geboren hat. Er ist zwar nach § 1591 434

MüKoBGB/Wellenhofer, § 1589 Rn. 6. MüKoBGB/Wellenhofer, § 1592 Rn. 14. 436 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 21. 437 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 20. 438 Balzer, StAZ 2012, 364. 439 Palandt/Brudermüller, Einf. § 1589 Rn. 1. 440 Wagner, StAZ 2012, 294, 295. 441 Balzer, StAZ 2012, 364. 442 Allein in diesen Fällen wird auch vereinzelt eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO zur Feststellung der genetischen Verwandtschaft für zulässig erachtet, BT-Drucks. 13/4899, S. 83. Dagegen wird argumentiert, dass es sich bei der genetischen Verwandtschaft nicht um ein Rechtsverhältnis, sondern lediglich eine Tatsache handle und aus diesem Grund ein Feststellungsantrag nicht zulässig sei. 443 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1371 Rn. 3; Coester, FS Jayme, S. 1246. 444 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1371 Rn. 3. 435

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BGB rechtlich mit ihr verwandt, aufgrund der Eizellspende der Wunschmutter oder einer dritten Person jedoch nicht blutsverwandt. Für eine Ehemöglichkeit spricht, dass andernfalls rechtliche Mutterschaft und Vaterschaft im Bezug auf § 1371 BGB unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ungleich behandelt würden.445 Während es bei der Vaterschaft weiterhin nur auf die Blutsverwandtschaft ankäme, würde ein Verbot der Ehe mit der Tragmutter die Reichweite des § 1307 BGB hinsichtlich der Mutter auf rechtlich verwandte Personen ausdehnen. Auch der Zweck des Inzestverbots spricht dafür, nicht auf die rechtliche sondern nur auf die blutsmäßige Verwandtschaft abzustellen. Eine Gleichstellung der rechtlichen mit der blutsmäßigen Verwandtschaft im Rahmen des § 1307 BGB überzeugt auch deshalb nicht, weil andernfalls die Sonderregelung des § 1308 BGB für Adoptionen entbehrlich wäre. Im Ergebnis könnte somit ein Mann seine Tragmutter heiraten, ohne gegen § 1307 BGB zu verstoßen.446 Obwohl die genetische Verwandtschaft für die rechtliche Abstammung nur eingeschränkt relevant ist, ist sie im deutschen Recht alles andere als unbeachtlich und gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Grund hierfür sind das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes sowie die von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützten Rechte nur-biologischer Väter. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes folgt ein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung.447 § 1598a BGB sieht deshalb die Möglichkeit eines Gentest zur Klärung der leiblichen Abstammung vor. Die Regelung wurde im Jahr 2008 in das BGB eingefügt, um Forderungen des Bundesverfassungsgerichts gerecht zu werden.448 In seiner Entscheidung vom 13. 2. 2007 hatte das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die bis dahin geltende Rechtslage nicht mit Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar war, die ein beiderseitiges Recht auf Kenntnis der Abstammungsverhältnisse einräumten.449 Die Abstammung einer Person zähle zu den konstitutiven Faktoren der Individualität.450 Verständnis und Entfaltung letzterer sei nur durch Kenntnis der für

445

So MüKoBGB/Wellenhofer, § 1371 Rn. 6; a.A. Palandt/Brudermüller, § 1307 Rn. 5, der die rechtliche Verwandtschaft mit der blutsmäßigen Verwandtschaft gleichstellt und damit das Eheverbot auch auf nur rechtlich verwandte Geschwister erstreckt. 446 Dieselbe Frage stellt sich auch im Hinblick auf § 173 StGB, wonach der Beischlaf zwischen Verwandten strafbar ist. Strafbar ist danach der Beischlaf mit einem „leiblichen Abkömmling“ und einem „leiblichen Verwandten“. Entscheidend ist dafür allein die genetische Abstammung. Eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf rechtliche Verwandte scheidet aufgrund des Analogieverbots im Strafrecht aus. 447 BVerfG NJW 2003, 2151, 2154 („Die Möglichkeit, sich als Individuum nicht nur sozial, sondern auch genealogisch in eine Beziehung zu anderen zu setzen, wird deshalb vom Schutz des Persönlichkeitsrechts mit umfasst und begründet aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ein Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung, ebenso wie es einem Mann das Recht auf Kenntnis einräumt, ob ein Kind von ihm abstammt.“). Siehe auch BVerfG NJW 1989, 891. 448 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1598a Rn. 2. 449 BVerfG NJW 2007, 753; BVerfG NJW 2003, 2151, 2154. 450 BVerfG NJW 2007, 753; BVerfG NJW 2003, 2151, 2154.

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sie konstitutiven Faktoren möglich.451 Erforderlich war deshalb ein eigenständiges, getrenntes oder dem Anfechtungsverfahren vorgeschaltetes gerichtliches Feststellungsverfahren zur Bestimmung der Abstammung eines Kindes.452 Auch dem Mann, der behauptet, der genetische Vater des Kindes zu sein, aber nicht der rechtliche Vater ist, steht diese Möglichkeit offen. Für ihn gelten jedoch strengere verfahrensrechtliche Anforderungen, insbesondere muss er substantiiert Umstände darlegen, die eine Abstammung des Kindes von ihm möglich erscheinen lassen.453 Daraus könnte man schließen, dass der einmal erfolgten rechtlichen Zuordnung im deutschen Recht größeres Gewicht zukommt als der genetischen (das Bundesverfassungsgericht spricht von der biologischen) Verwandschaft. Die strengeren Anforderungen an den vermeintlichen nur-biologischen Vater sollen jedoch die Mutter und das Kind vor der Preisgabe persönlicher Daten und Offenlegung intimer Begebenheiten schützen,454 so dass ein Rückschluss auf die Bedeutung der genetischen und rechtlichen Verwandtschaft hieraus nicht gezogen werden kann.455 Allerdings räumt der Gesetzgeber der rechtlichen Verwandtschaft bei bestehender familiärer Beziehung durch § 1600 Abs. 2, 4 BGB pauschal den Vorrang vor der genetischen Abstammung ein.456 Darüber hinaus hat der Gesetzgeber die Rechte leiblicher, aber nicht zugleich rechtlicher Väter im Jahr 2013 weiter gestärkt.457 Potenzielle leibliche Väter können nun nach § 167a FamFG die Vaterschaft ohne statusrechtliche Folgen überprüfen lassen. Daneben räumt ihnen § 1686a BGB im Fall der tatsächlichen leiblichen Abstammung ein Auskunfts- und Umgangsrecht mit dem Kind ein.458 Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung bezog sich lediglich auf die genetische Abstammung väterlicherseits. Fraglich ist, ob sich diese Rechtsprechung und die stetige Ausweitung des Kenntnisanspruchs,459 sowie die Stärkung der Rechte der nur-leiblichen Väter durch den Gesetzgeber auch auf genetische Mütter übertragen lassen. Da die Kenntnis der eigenen genetischen Abstammung notwendigerweise nur dann erlangt 451

BVerfG NJW 2007, 753; BVerfG NJW 2003, 2151, 2154. BVerfG NJW 2007, 753, 754; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1598a Rn. 2. 453 BVerfG NJW 2007, 753, 757 Rn. 89. 454 BVerfG NJW 2007, 753, 757 Rn. 89. 455 So auch, wenngleich in anderem Zusammenhang, BT-Drucks. 15/2253, S. 11 („Es besteht insoweit kein automatisches Rangverhältnis zwischen der biologischen und der sozialen Elternschaft; vielmehr sind die Interessen der Beteiligten gegeneinanderabzuwägen.“). 456 Kritisch hierzu MüKoBGB/Wellenhofer, § 1600 Rn. 6. Siehe hierzu auch das Urteil des EGMR vom 15. 09. 2011, Schneider v. Germany, Beschwerde Nr. 17080/07. 457 Gesetz zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vom 4. Juli 2013, BGBl. I, S. 2176, in Kraft seit 13. 07. 2013. 458 In der Literatur stößt das Gesetz überwiegend auf Kritik, siehe hierzu Keuter, FamRZ 2014, 518, 519 m. w. N. 459 Siehe ausführlich zur Entwicklung des Kenntnisanspruchs Staudinger/Rauscher, Einl 1589 ff. Rn. 110 ff.; MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1589 ff. Rn. 1 ff. 452

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werden kann, wenn sowohl die väterliche als auch die mütterliche Abstammung offengelegt wird,460 ist nicht ersichtlich, wie zwischen Männern und Frauen differenziert werden kann, ohne gegen Art. 3 Abs. 2 GG zu verstoßen461 und ohne das Persönlichkeitsrecht des Kindes zu verletzen. Demnach folgt aus der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts auch ein Recht des Kindes, zu wissen, wer seine genetische Mutter ist.462 Wie dieses Recht in der Praxis durchgesetzt werden kann, ist umstritten.463 Eine Anwendung von § 1598a BGB auch auf die genetische Abstammung mütterlicherseits scheint jedoch möglich. b) Elternschaft kraft Willenserklärung Auch die Intention bzw. der Wille, die rechtlichen Eltern eines Kindes zu sein, spielt im deutschen Abstammungsrecht, jedenfalls für den originären Erwerb der Elternstellung, nur bedingt eine Rolle. Während die Vaterschaft durch entsprechende Willenserklärung anerkannt werden kann, scheidet eine Zuordnung eines Kindes zur Mutter durch Willensakt aus. Etwas anderes lässt sich auch nicht daraus folgern, dass eine Eizellempfängerin, die das Kind will und für sich behält, die rechtliche Mutter ist, während die Spenderin nicht rechtlich mit dem Kind verwandt ist. Aus der Anknüpfung an Geburt und der damit verbunden psychosozialen Bindung während der Schwangerschaft ergibt sich, dass es gerade nicht auf den Willen ankommt, sondern ausschließlich auf den Geburtsvorgang.464 Der Wille, die Elternstellung (nicht mehr) einzunehmen, ist jedoch für eine Statusänderung entscheidend. Diese kann nämlich nur durch Abgabe der entsprechenden Willenserklärungen herbeigeführt werden. Auch in anderen Situationen berücksichtig der Gesetzgeber die Frage, ob jemand Eltern sein will. So scheidet beispielsweise ein Anfechtungsrecht des Ehemannes, der nicht leiblicher Vater des Kindes ist, nach § 1600 Abs. 5 BGB dann aus, wenn er einer künstlichen Befruchtung zugestimmt hat.465 Er muss sich an seinem in Form der Zustimmung geäußerten Willen, elterliche Verantwortung für das Kind zu übernehmen, festhalten lassen. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass von Paaren, die im Einvernehmen miteinander in die künstliche Übertragung des Samens eines Fremden einwilligen, erwartet werden müsse, dass sie zu der gemeinsamen Verantwortung für das hierdurch gezeugte Kind auch nach der Geburt und unter veränderten Lebens460

Siehe 2. Teil, Fn. 375 und den zugehörigen Text. Eine unterschiedliche Behandlung wäre wohl auch im Hinblick auf Artt. 8, 14 EMRK problematisch, vgl. EGMR, Urteil vom 27. 01. 2015, Paradiso and Campanelli, Beschwerde Nr. 25358/12, Rn. 85. Siehe hierzu auch unten 3. Teil, Fn. 181. 462 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn 30 m.w.N. 463 Hierzu ausführlich Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 20 ff. 464 Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 12. 465 § 1600 Abs. 5 BGB. Zur Anwendbarkeit der Vorschrift auf Leihmutterfälle siehe oben § 3 B. I. 2. a) bb), S. 90 f. 461

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verhältnissen stehen.466 Die Zuordnung des Kindes zu ihm ist damit letztlich die Konsequenz der zwischen der Mutter, dem Wunschvater und dem Samenspender getroffenen Vereinbarung.467 Und auch den Ausschluss des anonymen Samenspenders vom Kreis der Anfechtungsberechtigten in § 1600 Abs. 1 BGB rechtfertigt der Gesetzgeber damit, dass dieser durch die Spende deutlich gemacht habe, dass er kein Interesse daran hat, die Vaterposition einzunehmen.468 Diese Willensäußerung ist verbindlich und führt gleichermaßen dazu, dass der Schutzbereich von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG im Bezug auf den Samenspender nicht verletzt ist. c) Faktische Elternschaft Und schließlich spielt auch die faktische Übernahme der Elternrolle für die abstammungsrechtliche Zuordnung eines Kindes keine Rolle. Das Bestehen einer sozial-familiären Beziehung mit dem Kind ist für sich genommen nicht ausreichende Voraussetzung für die von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG verfassungsrechtlich geschützte Elternschaft.469 Die soziale Elternschaft kann zwar Bedingung für die einfachgesetzliche Zuweisung der Elternrolle sein.470 Sie begründet aber keine Elternposition im Sinne des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG,471 sondern ist allenfalls vom Familienschutz des Art. 6 Abs. 1 GG umfasst.472 Die faktische Elternschaft untersteht aber dem Schutz von Art. 8 EMRK.473 6. Hintergrund der Rechtslage in Deutschland Das Abstammungsrecht wurde durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Kindschaftsrechtsreformgesetz474 (KindRG) vollständig neu gefasst. Insbesondere wurde im Zuge dieser Novellierung erstmalig eine Bestimmung über die mütterliche Abstammung eingeführt.475 Der Grundsatz mater semper certa est galt zwar seit jeher im deutschen Zivilrecht, bis zur Änderung durch das KindRG jedoch nur in unge466

BT-Drucks. 14/2096, S. 6; BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 52. BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 52. 468 BT-Drucks. 15/2492, S. 9; Palandt/Brudermüller, § 1600 Rn. 12. 469 BVerfG NJW 2013, 847, 850, Rn. 59. 470 So beispielsweise im Fall der Anfechtung durch den biologischen, nicht rechtlichen Vater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Konkurriert der biologische Vater mit dem bisherigen rechtlichen Vater, ist nach § 1600 Abs. 2, 4 BGB die sozial-familiäre Beziehung mit dem Kind entscheidend für die Möglichkeit einer Statusänderung zugunsten des biologischen Vaters. 471 BVerfG NJW 2013, 847, 850, Rn. 59. 472 BVerfG NJW 2013, 847, 850, Rn. 59. 473 EGMR, Paradiso and Campanelli, 2. Teil, Fn. 461, Rn. 69. 474 Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom vom 16. Dezember 1997, BGBl. I S. 2942. 475 BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 05. 2015), § 1591 Rn. 1; BT-Drucks. 13/4899, S. 82. 467

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schriebener Form. Die ausdrückliche Regelung in § 1591 BGB wurde eingeführt um klarzustellen, dass die gebärende Frau unveränderlich die Mutter eines Kindes ist, und zwar selbst dann, wenn es infolge der Inanspruchnahme von künstlichen Fortpflanzungsmethoden im Ausland oder verbotenen Behandlungen im Inland zu einem Auseinanderfallen von genetischer und biologischer Mutterschaft kommt.476 So sollte ein Gleichlauf zwischen dem Zivilrecht und dem Verbot der Leihmutterschaft sowie der Ei- und Embryonenspende im ESchG und AdVermiG erreicht werden.477 Die zivilrechtliche Billigung einer öffentlich-rechtlich verbotenen Maßnahme sollte verhindert werden.478 Abstammungsfragen bei künstlicher Fortpflanzung stellen sich nämlich immer erst dann, wenn der Embryo bereits entstanden ist und das präventive Verbot des ESchG und AdVermiG fehlgeschlagen ist.479 Um das Verbot effektiv durchzusetzen, mussten daher, so der Gesetzgeber, auch im Abstammungsrecht Regeln geschaffen werden, die das Eintreten des von den Beteiligten gewünschten Ergebnisses verhindern.480 Dabei war sich der Gesetzgeber der Problematik des Auseinanderfallens von genetischer und biologischer Verwandtschaft durchaus bewusst, hat sich jedoch trotzdem für die Geburtslösung481 entschieden, um eine schnelle und sichere Statuszuordnung zu erreichen. Das deutsche Abstammungsrecht beruht auf dem Grundsatz der Statusklarheit und Statussicherheit.482 Die Zuordnung eines Kindes zu seinen Eltern soll nach der Geburt nicht lange in der Schwebe bleiben.483 Vielmehr muss anhand leicht feststellbarer Kriterien ermittelt werden können, wer die Eltern eines Kindes sind.484 Ein Kind darf nicht, auch nicht für kurze Zeit, mutterlos sein. Dies würde dem Anspruch auf Achtung seines Familienlebens widersprechen.485 Um Rechtssicherheit zu schaffen, knüpfen die gesetzlichen Regelungen daher gerade nicht an die genetische Abstammung an, da diese nicht sofort erkennbar ist.486 Stattdessen erfolgt die Statuszuordnung mittels Vermutungsregeln und Fiktionen

476 BT-Drucks. 13/4899, S. 82 f.; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 14; Staudinger/ Rauscher, § 1591 Rn. 10. 477 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 14. 478 BT-Drucks. 13/4899, S. 83. 479 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 86. 480 BT-Drucks. 13/4899, S. 83. 481 BT-Drucks. 13/4899, S. 82 f.. Daneben wurde aber auch die „genetische Lösung“ sowie eine „Doppelmutterschaftslösung“ diskutiert, siehe hierzu Weyrauch, S. 195 ff. 482 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 21; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 15 ff. 483 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 21; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 16. 484 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 21; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 16. 485 Binder, EMRK, S. 141. 486 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 20.

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sowie unter Abstellen auf offensichtliche Hilfskriterien.487 Der Gesetzgeber nimmt dafür in Kauf, dass die rechtliche Zuordnung nicht immer der biologischen Wahrheit entspricht. Dennoch ist auch das Prinzip der genetischen Verwandtschaft im deutschen Abstammungsrecht von tragender Bedeutung.488 Die Verwandtschaft im Sinne von § 1589 BGB wird grundsätzlich durch die genetisch-biologische Abstammung begründet.489 Trotz der Heranziehung von Hilfskriterien und Fiktionen versucht das Abstammungsrecht einen Gleichlauf zwischen genetischer und rechtlicher Abstammung zu erreichen.490 Die verwendeten Hilfskriterien ordnen das Kind abstammungsrechtlich der Person zu, bei der es am wahrscheinlichsten ist, dass das Kind genetisch von ihr abstammt. Um der genetischen Abstammung dann zur Geltung zu verhelfen, wenn die rechtliche Zuordnung dieser nicht entspricht, wurde als Korrektiv die Möglichkeit der Vaterschaftsanfechtung vorgesehen. Eingeschränkt wird diese Möglichkeit nur in den Fällen, in denen bereits eine familiäre Beziehung zwischen dem Kind und dem vermuteten Vater zustande gekommen ist. Das Wohl des Kindes und der Schutz seiner Pflege und Erziehung ist von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG garantiert und eines der primären Ziele des Abstammungsrechts,491 das im Zweifel den Grundsatz der biologischen Wahrheit überwiegt.492 7. Zwischenergebnis Die Abstammung eines Kindes bei Geburt durch eine Leihmutter im deutschen Recht lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die Leihmutter ist die rechtliche Mutter des Kindes. Eine originäre Zuordnung zur Wunschmutter scheidet aus. Ist sie genetisch mit dem Kind verwandt, kommt allenfalls eine Feststellung der genetischen Abstammung nach § 1598a BGB in Betracht. Eine Statusänderung kann nur durch Adoption herbeigeführt werden. Ist die Wunschmutter verheiratet und ihr Mann bereits der rechtliche Vater des Kindes, ist diese im Wege der Stiefkindadoption möglich. Für die Vaterschaft gilt: Ist die Leihmutter ledig, kann der Wunschvater die Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 2 BGB mit ihrer Zustimmung anerkennen. Sofern bereits kraft Vermutung gemäß §1592 Nr. 1 BGB oder aufgrund Anerkennung bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht, müsste diese zunächst durch Anfechtung beseitigt werden, damit der Wunschvater in die Vaterstellung einrücken kann. 487

MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 20. Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 11. 489 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 19. 490 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 23; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 11 f. 491 Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 565 unter Verweis auf BT-Drucks. 13/4899, S. 82. 492 Vgl. hierzu BGH NJW 2007, 1678. 488

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Anfechtungsberechtigt sind neben der Leihmutter und dem rechtlichen Vater auch das Kind und, gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog, auch der Wunschvater, sofern er eidesstattlich versichert, dass er der Leihmutter beigewohnt hat oder genetisch mit dem Kind verwandt ist und im Rahmen einer Leihmuttervereinbarung an dessen Zeugung mitgewirkt hat. Nach erfolgreicher Anfechtung könnte der Wunschvater seine Vaterschaft anerkennen lassen. Ist er genetisch mit dem Kind verwandt, kann seine Vaterschaft auch bereits im Anfechtungsverfahren gerichtlich festgestellt werden. Ein nicht genetisch verwandter Wunschvater ist für eine Statusänderung auf die Kooperation der Leihmutter und ggfs. ihres Ehemannes angewiesen. Verweigern die Leihmutter und der rechtliche Vater die Mitwirkung, hat der nicht genetisch verwandte Wunschvater keine Möglichkeit, der rechtliche Vater des Kindes zu werden. Sofern sich aber alle Beteiligten an die Leihmuttervereinbarung halten, kann der Wunschvater ohne größere Probleme die Vaterschaft für das Kind erlangen. Die Zuordnung des Kindes zu beiden Wunscheltern kann nur durch Adoption erreicht werden. Voraussetzung hierfür ist, dass die Leihmutter und ggf. der rechtliche Vater des Kindes zustimmen. Auch bei Zustimmung der rechtlichen Eltern gibt es jedoch keine Garantie dafür, dass die Wunscheltern gerade ihr Wunschkind annehmen können. Eine Stiefkindadoption ist auch für gleichgeschlechtliche Partner die in eingetragener Lebenspartnerschaft leben möglich. Wenn die Wunscheltern nicht verheiratet sind, ist nur eine Einzeladoption durch einen Wunschelternteil möglich. Auf die genetische Abstammung des Kindes kommt es für seine rechtliche Zuordnung nicht an. Das Kind hat aber ein Recht darauf, seine genetische Herkunft zu erfahren, sowohl väterlicher als auch mütterlicherseits, und kann über § 1598a BGB die Klärung seiner genetischen Abstammung erlangen. II. USA Das Familienrecht ist in den USA, wie bereits erläutert, Angelegenheit der einzelnen Bundesstaaten.493 Dementsprechend herrscht auch bei der Regelung des Eltern-Kind-Verhältnisses (parentage) interlokale Rechtsspaltung. Die Abstammung natürlich gezeugter Kinder unterscheidet sich von Bundesstaat zu Bundestaat zwar nicht wesentlich. Aber die Regeln zur Abstammung mittels künstlicher Befruchtung gezeugter Kinder differieren stark. Vorschläge zur Rechtsvereinheitlichung finden sich in den bereits erwähnten Model Acts,494 die jedoch nicht flä493

Siehe oben 2. Teil, Fn. 69. Neben dem UPA (2000) ist für die Frage der Abstammung auch noch der Uniform Act on Paternity aus dem Jahr 1960 (im Folgenden: Paternity Act) einschlägig. Er wurde geschaffen, um die Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern aufzuheben, Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 154. Für die Abstammung bei Leihmutterschaft enthält er jedoch keine relevanten Vorschriften. Außerdem wurde der Paternity Act nur von fünf Bundesstaaten übernommen (Kentucky, Maine, Mississippi, New Hampshire und Rhode Island) und bleibt daher für diese Arbeit außer Betracht. 494

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chendeckend umgesetzt wurden.495 Dies gilt umso mehr für die in den Model Acts enthaltenen Sonderregelungen zur Abstammung bei medizinisch assistierter Fortpflanzung. Die Abstammung bei Geburt durch eine Leihmutter unterscheidet sich daher, genauso wie die Regelungen zur Zulässigkeit der Leihmutterschaft, von Staat zu Staat. Im Folgenden werden zunächst die Regeln des UPA (2000) dargestellt. Etwaige Sonderregelungen der einzelnen Bundesstaaten, insbesondere zur Abstammung bei Leihmutterschaft, werden anschließend gesondert erläutert. 1. Originäre Eltern-Kind-Zuordnung Der UPA (2000) bestimmt, wer die rechtlichen Eltern eines Kindes sind. Die Vorschriften des UPA (2000) wurden von zehn Staaten übernommen.496 Daneben haben alle Bundesstaaten Regelungen zur Abstammung natürlich gezeugter Kinder erlassen, die dem System des UPA (2000) im Wesentlichen entsprechen.497 Der UPA (2000) enthält darüber hinaus auch Sonderbestimmungen für die originäre Zuordnung eines Kindes bei Leihmutterschaft, die zusätzlich ins einzelstaatliche Recht übernommen werden können, was jedoch nur wenige der UPA-Staaten getan haben. a) Mutterschaft Rechtliche Mutter eines Kindes ist nach Art. 2 Sec. 201 (a) (1) UPA (2000) die Frau, die das Kind geboren hat. Die Regelung gibt den mater semper certa estGrundsatz wieder, der in allen Bundesstaaten gilt, und damit auch in jenen, die den UPA (2000) nicht übernommen haben.498 Alle Staaten haben dem mater semper certa est-Grundsatz in Form sog. self-executing statutes kodifiziert.499 Die rechtliche Mutterschaft der gebärenden Frau ergibt sich damit immer unmittelbar aus dem Gesetz, ohne dass es einer Behörden- oder Gerichtsentscheidung bedarf. Dadurch ist sichergestellt, dass ein Kind im Zeitpunkt der Geburt nie mutterlos ist.500

495

Hierzu siehe oben, § 3 A. II. Rechtslage in den USA, S. 53 f. Alabama, Delaware, Illinois, New Mexico, North Dakota, Oklahoma, Texas, Utah, Washington und Wyoming, siehe 2. Teil, Fn. 106. 497 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 130. 498 Der mater semper certa est-Grundsatz galt seit jeher auch im common law, siehe bspws. In re Adoption of Sebastian, 879 N.Y.S. 2d 677 (Sur Ct. 2009), 679: „At common law, parentage derived from two events, a child’s birth to its ,mother‘, and the mother’s marriage to a man. Children born out-of-wedlock had only one legal parent, their birth mother. Recognizing the many advantages that flowed from children having two parents, legislatures enacted filiation or paternity proceedings to confer legal parentage on non-marital biological/genetic fathers, a status which carries support and other obligations.“ 499 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135. 500 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 131. 496

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Daneben kann die Mutterschaft nach dem UPA (2000) auch gerichtlich festgestellt werden, vgl. Art. 2 Sec. 201 (a) (2) UPA (2000). Gemäß Art. 1 Sec. 106 sind in diesem Fall die Bestimmungen über die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung entsprechend anwendbar.501 Es kann also zu Mutterschaftsanfechtungen und Mutterschaftsfeststellungen kommen.502 Da das Gericht im Vaterschaftsfeststellungsverfahren als Nachweis der Abstammung einen Gentest anordnen kann, vgl. Art. 5 Sec. 502 UPA (2000), besteht diese Möglichkeit auch für die Feststellung der mütterlichen Abstammung. Somit wäre grundsätzlich die genetische Mutter auch die rechtliche Mutter des Kindes, was scheinbar im Widerspruch zur Mutterschaft kraft Geburt nach Art. 2 Sec. 201 (a) (1) UPA (2000) steht. Der UPA (2000) enthält keine ausdrückliche Kollisionsregelung für den Fall, dass genetische und biologische Mutterschaft auseinander fallen und zwei Frauen als rechtliche Mutter in Betracht kommen. Insbesondere wenn ein Bundesstaat die Sonderregelungen des UPA (2000) für Leihmutterschaft nicht übernommen hat oder wenn im Einzelfall die Voraussetzungen einer wirksamen Leihmuttervereinbarung nicht vorliegen, ist unklar, ob der genetischen oder der biologischen Mutter der Vorzug zu geben ist.503 Das Problem stellt sich in gleicher Weise beim Eingreifen mehrerer Vaterschaftsvermutungen zugunsten unterschiedlicher Männer. In diesem Fall geht der UPA (2000) scheinbar vom Vorrang der genetischen Verwandtschaft aus.504 Diese Regelung lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf den Fall der Kollision mehrere Mütter übertragen. In der amerikanischen Literatur werden verschiedene Auffassungen vertreten, welcher Frau in Zweifelsfällen die rechtliche Mutterrolle

501 Eine entsprechende Vorschrift fand sich bereits in Sec. 21 UPA (1973). Die Verfasser des UPA (1973) gingen zwar davon aus, dass die gerichtliche Feststellung hauptsächlich für die Bestimmung des rechtlichen Vaters relevant sein würde, NCCUSL, UPA (1973) with prefatory note and comments, Sec. 21, S. 12 („Since it is not believed that cases of this nature will arise frequently, Sections 4 to 20 are written principally in terms of the ascertainment of paternity. While it is obvious that certain provisions in these Sections would not apply in an action to establish the mother and child relationship, the Committee decided not to burden these-already complex-provisions with references to the ascertainment of maternity.“ [Hervorhebung in der Originalfassung]). Dennoch war es aufgrund dieser Regelung bereits nach dem UPA (1973) möglich, dass ein Kind mehrere rechtliche Mütter hat, Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998) 346. 502 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 164. 503 Zwar enthält der UPA (2000) einen Abschnitt über die Abstammung bei Leihmutterschaft, der genau diesen Fall regelt. Diese Regelungen greifen jedoch nur ein, wenn eine Leihmuttervereinbarung gerichtlich bestätigt wurde. Andernfalls bestimmt sich die Abstammung nach den allgemeinen Vorschriften in Art. 2 UPA (2000). Darüber hinaus steht es jedem Staat frei, den UPA (2000) ohne die Sonderbestimmungen zur Leihmutterschaft zu übernehmen, siehe 2. Teil, Fn. 558, so dass der Konflikt von genetischer und biologischer Mutterschaft durchaus praktische Relevanz haben kann. 504 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Sec. 204, S. 15. Manche Bundesstaaten haben dennoch eine Vorschrift zur Lösung kollidierender Vermutungen eingeführt, vgl. beispielsweise § 7612 (b) Cal. Family Code: „If two or more presumptions arise (…) that conflict with each other (…) the presumption which on the facts is founded on the weightier considerations of policy and logic controls.“

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zukommen soll.505 Und auch die Rechtsprechung ist in solchen Fällen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt, die sogleich näher erläutert werden.506 In Leihmutterfällen gilt somit: Hat ein Staat den UPA (2000) ohne die darin enthaltenen Sonderbestimmungen zur Leihmutterschaft übernommen, ist zunächst die Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes. Die genetisch verwandte Wunschmutter könnte jedoch ein Verfahren auf Feststellung ihrer Mutterschaft einleiten. Ob sie damit Erfolg hat, hängt davon ab, ob der jeweilige Bundesstaat der biologischen oder der genetischen Mutterschaft in Konfliktfällen den Vorrang einräumt. Jedenfalls gestattet der UPA (2000) aber zumindest die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens. Ist die Wunschmutter genetisch nicht mit dem Kind verwandt, kann sie nur dann die rechtliche Mutter des Kindes werden, wenn der Forumsstaat den UPA (2000) einschließlich der Sonderregelungen in Art. 8 UPA (2000) übernommen hat und die dortigen Voraussetzungen erfüllt sind. In Staaten, die den UPA (2000) nicht übernommen haben, sind die Erfolgsaussichten für die Wunschmutter noch geringer, wenn auch nicht aussichtslos. Ob die Wunschmutter die rechtliche Mutter des Kindes ist oder werden kann, richtet sich dann nach den jeweiligen gesetzlichen oder richterrechtlichen Abstammungsregeln für solche Fälle. b) Vaterschaft Art. 2 Sec. 201 (b) UPA (2000) regelt die Vaterschaft. Der UPA (2000) arbeitet mit einem System von Vaterschaftsvermutungen, die auf unterschiedliche Art widerlegt werden können. Derartige Vermutungsregeln, insbesondere zugunsten des Ehemannes der Mutter, finden sich, wie hinsichtlich der Mutterschaft auch, in allen Bundestaaten, stets in Form von sog. self-executing statutes.507 Daneben kann die Vaterschaft nach dem UPA (2000) auch durch Anerkenntnis oder gerichtliche Feststellung originär erworben werden. Die Vaterschaftsvermutung des UPA (2000) wird in Art. 2 Sec. 204 UPA (2000) näher ausgeführt. Nach dessen Abs. (a) (1) gilt zunächst eine Vermutung zugunsten des Ehemannes der Mutter. Vater ist danach derjenige, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist oder mit ihr verheiratet war, sofern das Kind innerhalb von 300 Tagen nach Auflösung der Ehe geboren wird.508 Dies gilt auch für den Mann,

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Pretorius, Surrogate Motherhood, S. 135 ff. So wurde beispielsweise in Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993) und Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994) der genetischen Mutter der Vorzug gegeben. In der Rechtssache In re C.K.G. et. al., 173 S.W.3d 714 (Tenn. 2005) hingegen entschied der Supreme Court of Tennessee zu Gunsten der gebärenden Frau. Mehr zum Umgang der Rechtsprechung mit Leihmutterschaft siehe unten, § 3 B. II. 4., S. 106 ff. 507 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135. 508 Art. 2 Sec. 204 (a) (1) und (2) UPA (2000). 506

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dessen Ehe mit der Mutter ungültig ist.509 Eine Vermutung gilt darüber hinaus auch zugunsten des Mannes, der zwar nicht mit der Mutter verheiratet ist, aber während der ersten zwei Lebensjahre des Kindes mit diesem in einem Haushalt gelebt hat und es wie ein eigenes aufgezogen hat.510 Eine Regelung für den Fall, dass mehr als eine der Vermutungen eingreift und mehrere Männer als rechtlicher Vater des Kindes in Betracht kommen, fehlt im UPA (2000) anders als in der Vorgängerregelung des UPA (1973). Da Gentests heutzutage eine zweifelsfreie Feststellung der genetischen Abstammung ermöglichen, war eine gesetzliche Regelung konkurrierender Vaterschaftsvermutungen nach Ansicht der Verfasser des UPA (2000) obsolet.511 In Kollisionsfällen ist daher, wie es scheint, der genetische Vater der rechtliche Vater des Kindes. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Vaterschaft dem Ehemann der Mutter zugesprochen wurde, obwohl feststand, dass er nicht genetisch mit dem Kind verwandt war.512 Manche Bundesstaaten haben eine ausdrückliche Vorschrift zur Lösung kollidierender Vermutungen eingeführt, oder die Kollisionsregel des UPA (1973)513 übernommen. So bestimmt beispielsweise § 7612 (b) CFC: „If two or more presumptions arise (…) that conflict with each other (…) the presumption which on the facts is founded on the weightier considerations of policy and logic controls.“514

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Art. 2 Sec. 204 (a) (3) UPA (2000). Art. 2 Sec. 204 (a) (5) UPA (2000). 511 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Sec. 204, S. 15. 512 In Michael H. v. Gerald D., 491 U.S. 110 (1989) hatte der Supreme Court über die Verfassungsmäßigkeit der Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes im kalifornischen Beweisrecht zu entscheiden. Der Kläger war nicht mit der Mutter des Kindes verheiratet, aber nach einem Abstammungsgutachten mit 98.07 %iger Wahrscheinlichkeit der genetische Vater des Kindes. Die Vaterschaftsvermutung zu Gunsten des Ehemannes im kalifornischen Beweisrecht konnte nur von der Mutter oder dem Ehemann, jedoch nicht von einem Dritten widerlegt werden. Der Supreme Court kam zu dem Ergebnis, dass diese Regelung nicht gegen das Due Process und das Equal Protection-Gebot der Verfassung verstößt (weder zu Lasten des Vaters noch des Kindes), da sich die genetische Vaterschaft einerseits und der Schutz des Familienverbundes mit dem Ehemann andererseits gleichwertig gegenüberstehen und es dem Gesetzgeber frei steht, welcher von beiden er den Vorrang einräumen will, Michael H. v. Gerald D., 491 U.S. 110 (1989), 129. 513 Sec. 4 (b) UPA (1973). 514 Eine etwaige Kollision mehrerer Väter kann im Einzelfall auch unter Heranziehung der Grundsätze der Rechtsverwirkung (estoppel) in Art. 6 Sec. 608 UPA (2000) gelöst werden, vgl. NCCLUS, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Art. 2 Sec. 204, S. 15. Nach dem estoppel-Grundsatz ist eine Vaterschaftsfeststellung ausgeschlossen, wenn das Verhalten des vermuteten Vaters einer Statusänderung entgegensteht. Dies ist dann der Fall, wenn der betroffene Mann wusste, dass es sich nicht um sein genetisches Kind handelt, er sich aber dennoch wie dessen Vater verhalten hat. Dieser Grundsatz korrespondiert mit der Vaterschaftsregelung in Art. 2 Sec. 204 (a) (5) UPA (2000). 510

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Die Vaterschaft kann gemäß Art. 2 Sec. 204 Abs. (2) auch durch Anerkennung nach Art. 3 UPA (2000) herbeigeführt werden. Und schließlich kann die Vaterschaft gemäß Art. 2 Sec. 201 (b) (3) UPA (2000) gerichtlich festgestellt werden, wenn die Vaterschaftsvermutungen ins Leere gehen.515 Manche Staaten fordern darüber hinaus das Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen für den Erwerb der Vaterschaft. So greift die Vermutung zugunsten des Ehemannes in manchen Staaten nur dann ein, wenn der Mann auch während der Ehe mit der Mutter zusammen gewohnt hat und nicht impotent oder steril ist.516 Manche Staaten haben auch zusätzliche Vermutungen eingeführt, zum Beispiel für Fälle, in denen ein Bluttest eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verwandtschaft belegt.517 c) De facto-parents Vereinzelt gibt es im amerikanischen Abstammungsrecht die Möglichkeit, durch faktische Übernahme der elterlichen Verantwortung in die rechtliche Elternstellung einzurücken.518 Wenn eine Person die tatsächliche Sorge und Pflege für das Kind übernimmt und sich daraus eine psycho-soziale Bindung entwickelt, so kann dies im Einzelfall eine besondere Stellung dieser Person begründen, die letztlich den Erwerb einer Elternstellung ermöglicht.519 2. Änderung der Eltern-Kind-Zuordnung Die Änderung einer bestehenden Eltern-Kind-Zuordnung ist nach dem UPA (2000) sowohl hinsichtlich der Mutterschaft als auch der Vaterschaft möglich. Ein eigenes Verfahren für die Anfechtung der Vaterschaft enthält der UPA (2000) im Gegensatz zum UPA (1973) nicht.520 Die Anfechtung ist stattdessen der Vaterschaftsfeststellung untergeordnet und erfolgt im Rahmen eines negativen Abstam-

515

Ausführlich geregelt in Art. 6 UPA (2000). Siehe beispielsweise Minn. Stat. § 257.55 subdiv. 1(a) (2012). Auch in Kalifornien war dies der Fall, vgl. Dawn D. v. Superior Court, 72 Cal. Rptr. 2d 871 (Cal. 1998). Inzwischen wurde diese Frage jedoch gesetzlich geregelt. 517 Dies gilt beispielsweise in Colorado, Minessota, Montana, New Mexico und North Dakota. 518 Eine vergleichbare Regelung gibt es beispielsweise auch im französischen Recht. Nach den Regelungen zum sog. „Statusbesitz“ (possession d’état) kann eine gerichtliche Abstammungsfeststellung erreicht werden, wenn eine faktische Eltern-Kind-Beziehung nachgewiesen wird, die bereits mindestens fünf Jahre gedauert hat, vgl. Artt. 311-1 f. i.V.m. Art. 317 Code civil. 519 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 406 (dort Fn. 21). 520 Vgl. Sec. 6 (a) (2) UPA (1973), der sowohl die Feststellung als auch die Anfechtung der Vaterschaft ausdrücklich regelte: „for the purpose of declaring the non-existence of the father and child relationship“. Ein eigenes Verfahren zur Anfechtung der Vaterschaft fehlt in allen Bundesstaaten, Rieck/Rieck, Ausländisches Familienrecht, New York Rn. 30. 516

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mungsfeststellungsverfahrens.521 Durch die gerichtliche Feststellung kann eine bestehende Vaterschaftsvermutung wiederlegt werden, so dass die Feststellung im Ergebnis eine Anfechtung gleichsteht.522 Der vermutete Vater kann darüber hinaus seine Vaterschaft leugnen (denial of paternity).523 Eine bestehende Mutter-KindBeziehung kann nur durch gerichtliche Feststellung beseitigt werden. Und schließlich kann eine Statusänderung, wie im deutschen Recht auch, durch Adoption erreicht werden, vgl. Art. 2 Sec. 201 (a) (3) und (b) (3) UPA (2000). a) Leugnen der Vaterschaft Art. 3 Sec. 303 UPA (2000) gestattet es einem Mann, dessen Vaterschaft vermutet wird, diese zu leugnen, sofern die rechtliche Mutter zustimmt. Ein denial of paternity steht gemäß Art. 3 Sec. 305 (b) UPA (2000) einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung gleich. Aufgrund dieser Möglichkeit wurde ein zusätzliches ausdrückliches Anfechtungsrecht des vermuteten Vaters von den Verfassern des UPA (2000) nicht für erforderlich gehalten.524 Der vermutete Vater kann die Vermutung jedoch nur dann mittels denial beseitigen, wenn ein anderer Mann gleichzeitig die Vaterschaft für das Kind anerkennt.525 Ein denial of paternity ist also nicht möglich, wenn das Kind dadurch vaterlos würde. Außerdem scheidet ein denial of paternity aus, wenn der betroffene Mann die Vaterschaft zuvor anerkannt hat oder gerichtlich feststellen hat lassen.526 Und schließlich ist das denial of paternity dem Mann vorbehalten, dessen Vaterschaft vermutet wird. Dritte können sich nicht auf Art. 3 Sec. 303 berufen. Sofern ein Wunschvater im Fall von Leihmutterschaft die zu Gunsten eines anderen Mannes bestehende Vermutung beseitigen will, ist er daher auf die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft nach Art. 6 UPA (2000) angewiesen. Anders ist die Situation für die rechtliche Mutter. Art. 1 Sec. 106 UPA (2000) regelt, dass alle Vorschriften zur Bestimmung der väterlichen Abstammung (determination of parentage) in gleicher Weise auf die mütterliche Abstammung anwendbar sind. Nach Art. 1 Sec. 102 (7) UPA (2000) umfasst eine determination of parentage jedoch nur „the establishment of the parent-child-relationship by signing of a valid acknowledgement of paternity under [Article] 3 or adjudication by the court.“ Denials of paternity sind von der Definition in Art. 1 Sec. 106 UPA nicht erfasst. Für die rechtliche Mutter besteht somit keine Möglichkeit, die rechtliche Mutterschaft zu leugnen und durch ein denial of maternity eine Statusänderung herbeizuführen. Darüber hinaus handelt es sich bei Art. 2 Sec. 201 (1), wonach die 521

Rieck/Rieck, Ausländisches Familienrecht, New York Rn. 30. Art. 6 Sec. 607 ermöglicht dabei ausdrücklich die gerichtliche Feststellung in Situationen, in denen ein Kind bereits einen vermuteten Vater hat. 523 Art. 3 Sec. 303 UPA (2000). 524 Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 162. 525 Art. 3 Sec. 303 (1) UPA (2000). 526 Art. 3 Sec. 303 (3) UPA (2000). 522

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gebärende Frau die Mutter des Kindes ist, auch nicht um eine widerlegbare Vermutung.527 Die Zuordnung des Kindes zur gebärenden Frau ist nach dem UPA (2000) somit zunächst unverrückbar.528 b) Gerichtliche Feststellung Die gerichtliche Feststellung erlaubt eine Statusänderung sowohl auf Seiten der rechtlichen Mutter als auch für den rechtlichen Vater, vgl. Art. 2 Sec. 201 (a) (2) und (b) (2) UPA (2000). Näheres regelt Art. 6 UPA (2000). Im Prinzip läuft das Verfahren nach denselben Vorschriften ab, die auch für die originäre Einräumung der Elternstellung mittels gerichtlicher Feststellung gelten, die jedoch für Fälle, in denen durch die gerichtliche Feststellung eine Statusänderung herbeigeführt werden soll, teilweise eingeschränkt werden.529 aa) Feststellung der Vaterschaft Grundsätzlich sind alle Vaterschaftsvermutungen des UPA (2000) widerlegbar. Unterschiede bestehen, je nach Art der Vermutung, hinsichtlich des berechtigten Personenkreises sowie der einzuhaltenden Fristen.530 Erforderlich ist in jedem Fall der Nachweis der fehlenden genetischen Verwandtschaft mit dem Kind.531 Das gleiche gilt für den Fall, dass mehrere Vaterschaftsvermutungen eingreifen und danach unterschiedliche Männer als rechtlicher Vater des Kindes in Betracht kommen. Während nach dem UPA (1973) in diesem Fall die Vermutung maßgeblich war,

527 Siehe beispielsweise die Entscheidung eines texanischen Gerichts in Sachen In re M.M.M., 428 S. W.3d 389 (Texas 2014), S. 394 („nothing in the plain language of § 160.201 (b) (1) refers to a rebuttable presumption of maternity when a woman gives birth to a child. If the Legislature had intended that giving birth creates merely a rebuttable presumption, it could have included such language, as it did relative to the provisions for establishing paternity.“ [Hervorhebung in der Originalfassung]). Texas hat den vollständigen UPA (2000) in §§ 160.001 – 160.763 Texas Family Code umgesetzt. 528 Davon zu unterscheiden ist der Fall, dass Geburtsmutter und genetische Mutter auseinanderfallen. In dieser Konstellation geht es nicht um die Frage der Widerlegbarkeit einer etwaigen Vermutung sondern um die Frage, welcher der beiden Frauen bei der Bestimmung der rechtlichen Mutter der Vorzug zu geben ist. 529 Vgl. die Überschriften von Art. 6 Sec. 606 UPA (2000) („No limitation: child having no presumed, acknowledged, or adjudicated father“) und Art. 6 Sec. 607 UPA (2000) („Limitation: child having presumed father“). 530 Zu UPA (1973) siehe NCCUSL, UPA (1973) with prefatory notes and comments, prefatory note, S. 1 und Sec. 6 (a) (2) UPA (1973). Die Möglichkeit, bestehende Vermutungen zu widerlegen wurde in der Neufassung des UPA beibehalten, NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Sec. 204, S. 14. 531 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory notes and comments, Sec. 204, S. 15. Während eine Vermutung nach dem UPA (1973) nur durch „clear and convincing evidence“ widerlegt werden konnte, fehlt eine entsprechende ausdrückliche Regelung im UPA (2000).

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die „on the weightier considerations of policy and logic“ begründet war, ist nach dem UPA (2000) wohl stets der genetische Vater der „richtige“ rechtliche Vater.532 Befugt die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, sind das Kind, die rechtliche Mutter, der Mann, dessen Vaterschaft positiv oder negativ festgestellt werden soll, sowie verschiedene staatliche Stellen, vgl. Art. 6 Sec. 602 UPA (2000). Im Fall einer gerichtlich bestätigten Leihmutterschaftsvereinbarung ist auch jeder Wunschelternteil berechtigt, die Vaterschaft feststellen zu lassen, vgl. Art. 6 Sec. 602 (7) UPA (2000). Der entsprechende Antrag muss innerhalb von zwei Jahren nach der Geburt des Kindes gestellt werden, vgl. Art. 6 Sec. 607 (a) UPA (2000). Zeitlich unbegrenzt ist der Antrag nach Abs. (b) nur zulässig, wenn das Gericht festgestellt hat, dass der vermutete Vater und die rechtliche Mutter während der Empfängniszeit nicht zusammen gewohnt haben, keine sexuelle Beziehung hatten, und der vermutete Vater nach der Geburt kein Interesse am Kind gezeigt hat.533 Mittels Antrag auf Feststellung der Vaterschaft kann ein Wunschvater somit als rechtlicher Vater des Kindes anerkannt werden, wenn er genetisch mit dem Kind verwandt ist. bb) Feststellung der Mutterschaft Die Regelungen zur gerichtlichen Feststellung der Vaterschaft gelten entsprechend für die Bestimmung und Anfechtung der mütterlichen Abstammung.534 Eine genetisch verwandte Wunschmutter kann somit einen Antrag auf gerichtliche Feststellung ihrer Mutterschaft stellen und so eine Statusänderung herbeiführen. cc) Statusänderung bei Leihmutterschaft Der UPA (2000) regelt die Abstammung und Statusänderung bei Leihmutterschaft explizit in Art. 8. Voraussetzung der Abstammung des Kindes von den Wunscheltern ist danach unter anderem eine gerichtliche Bestätigung der Leihmuttervereinbarung gemäß Sec. 801 ff. Darüber hinaus ist nach der Geburt des Kindes eine Anzeige an das Familiengericht erforderlich. Liegen diese Voraussetzungen vor, sind die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes – unabhängig davon, ob das Kind genetisch von ihnen abstammt.535 532 Dies legt zumindest die Tatsache nahe, dass die Abstammung mithilfe eines Gentests bewiesen werden kann, vgl. Art. 5 Sec. 501, 502 UPA (2000). Dennoch gibt es auch Fälle, in denen die Vaterschaft im Kollisionsfall dem genetisch nicht verwandten Ehemann der Mutter zugesprochen wurde, so etwa in Michael H. v. Gerald D., 491 U.S. 110 (1989), 129, 2. Teil, Fn. 512. Vgl. hierzu auch das Urteil Pangilian v. Palisoc, 227 Cal. App. 4th 765 (Cal. 2014). 533 Art. 6 Sec. 607 UPA (2000). 534 Art. 1 Sec. 106 UPA (2000). Siehe auch S.N. v. M.B., 188 Ohio App.3d 324 (Ohio 2010), 331 („Ohio’s Parentage Act facially applies to any parentage determination, including the unusal case in which a child’s maternity is at issue.“). 535 Siehe hierzu gleich ausführlich unter § 2 B. II. 4., S. 106 ff.

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Aber selbst wenn diese Sonderregelungen nicht anwendbar sind oder deren Voraussetzungen nicht vorliegen und das Kind rechtlich der Leihmutter und ihrem Ehemann zugeordnet ist, können Wunscheltern durch das eben geschilderte gerichtliche Feststellungsverfahren eine Statusänderung zu ihren Gunsten erreichen. Erforderlich dafür ist jedoch, dass sie genetisch mit dem Kind verwandt sind. c) Adoption Die Zuordnung des Kindes zu beiden Wunscheltern kann schließlich auch durch eine Adoption erreicht werden. Das amerikanische Recht kennt grundsätzlich auch die Stiefkindadoption (second parent adoption), die in vielen Staaten weniger strengen Voraussetzungen unterliegt als eine normale Adoption.536 Maßgebliches Entscheidungskriterium in allen Adoptionsverfahren ist der best interest of the adoptive child,537 also das Kindeswohl. Auch im Bereich der Adoption gibt es Bestrebungen zur Rechtsvereinheitlichung. Der Uniform Adoption Act (UAA) wurde jedoch nur von wenigen Staaten ratifiziert. Eine Adoption ist in allen Bundesstaaten nur in Form der Dekret-Adoption durch gerichtliche oder behördliche Entscheidung möglich.538 Das amerikanische Recht unterscheidet aber zwischen agency adoptions und private adoptions.539 Bei ersterer übertragen die rechtlichen Eltern alle Elternrechte an eine staatliche oder private Adoptionsagentur, die das weitere Adoptionsverfahren durchführt. Dazu gehört unter anderem auch die Suche nach geeigneten Adoptiveltern Bei einer private adoption erfolgt die Suche nach geeigneten Adoptiveltern durch die rechtlichen Eltern selbst, ggf. unter Zuhilfenahme einer lizensierten Vermittlungsagentur. Ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht liegt darin, dass verheiratete Personen ein Kind in den USA auch alleine annehmen können.540 Im Übrigen sind die Adoptionsvoraussetzungen jedoch mit denen des deutschen Rechts vergleichbar. Scheidet eine originäre Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern aus, können amerikanische Wunscheltern daher über den Umweg der Adoption in die Elternstellung einrücken.

536 537 538 539 540

Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 455, dort Fn. 228. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 414, dort Fn. 57. Rieck/Rieck, Ausländisches Familienrecht, USA Rn. 43. Areen, Family Law, S. 273. Rieck, Ausländisches Familienrecht, USA Rn. 44.

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3. Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner Die Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner ist im UPA (2000) nicht explizit geregelt.541 Zwar kann wie auch in Deutschland jeder Partner für sich genommen die Elternstellung nach den allgemeinen Regeln erwerben, Frauen also durch Geburt oder genetische Verwandtschaft mit dem Kind, Männer jedenfalls durch Vaterschaftsanerkennung. Ob bzw. wie homosexuelle Paare gemeinsam die rechtlichen Eltern eines Kindes werden können, unterscheidet sich in den einzelnen Staaten stark und hängt vor allem von der Haltung des jeweiligen Bundesstaats zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ab.542 Manche Staaten wenden die Vorschriften des UPA (2000) analog an, um die Elternstellung des gleichgeschlechtlichen Lebenspartners herbeizuführen, der nicht bereits selbst ein rechtlicher Elternteil des Kindes ist. Dies gilt beispielsweise für Kalifornien, wo die Vermutungsregeln im CFC zugunsten des „Ehemannes“ der Mutter grundsätzlich geschlechtsneutral Anwendung finden.543 Auch in Colorado können gleichgeschlechtliche Partner auf diesem Weg eine Elternstellung erlangen. So hat sich beispielsweise die lesbische Lebenspartnerin der biologischen Mutter vor dem Colorado Court of Appeals erfolgreich auf die Vermutung in Art. 2 Sec. 204 (a) (5) UPA (2000)544 berufen, um als rechtliche Mutter des Kindes anerkannt zu werden.545 Regelungen zu Leihmutterschaft gibt es in Colorado nicht.546 Auch ein New Yorker Gericht hat eine gleichgeschlechtliche Partnerin als (rechtliche) Co-Mutter bestätigt und diese Entscheidung auf eine der Vermutungsregeln des UPA (2000) gegründet.547 Und auch Nevada ermöglicht die gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Partner unter Anwendung der Vermutungsregeln des UPA (1973).548 In der Rechtssache St. Mary v. Damon549 hat der Supreme Court of Nevada über die 541 Die Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern wurde im Zuge der Neufassung im Jahr 2002 abgeschafft. Statt husband und wife spricht der UPA nun von man und woman. Gleichgeschlechtliche Partner sind somit weiterhin nicht ausdrücklich erwähnt. 542 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 380. 543 Elisa B. v. Superior Court, 117 P.3d 660 (Cal. 2005). 544 Art. 2 Sec. 204 (a) (5) UPA (2000) regelt die Vermutung zugunsten des Mannes, der während der ersten zwei Lebensjahre des Kindes mit diesem zusammengewohnt hat und es wie ein eigenes behandelt hat. Colorado hat den UPA (2000) übernommen. Die entsprechende Vorschrift findet sich in Colorado Rev. Stat. §§ 19-4-101 et. seq. (West 2013). 545 In re Parental Responsabilities of A.R.L., 318 P.3d 581 (Col. 2013). Gleichgeschlechtliche Partnerschaften sind in Colorado seit dem Jahr 2009 zulässig. Seit dem 1. Mai 2013 sind auch eingetragene Lebenspartnerschaften möglich, Col. Rev. Stat. Ann. §§ 14-15104 (a) (West 2013). Seit einer Entscheidung des Colorado Supreme Courts vom 7. Oktober 2014 sind in Colorado nun auch gleichgeschlechtliche Ehen zulässig. 546 Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 58. 547 Wendy G-M. v. Erin G-M., 45 Misc.3d 574 (N.Y. 2014). 548 Nevada hat den UPA (1973) in Nev. Rev. Stat. §§ 126.011 ff. (West 2009) umgesetzt. Die Regeln über die mütterliche Abstammung finden sich in Nev. Rev. Stat. §§ 126.041 (1). 549 St. Mary v. Damon, 309 P.3d 1027 (Nev. 2013).

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Mutter-Kind-Beziehung einer Tragmutter zu entscheiden, die ein Kind ausgetragen hat, das genetisch mit ihrer ehemaligen Lebenspartnerin verwandt war. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Vermutung zugunsten des Ehemannes für beide Frauen gilt, und dass ein Kind auch zwei Mütter haben kann.550 Die eben genannten Fälle stammen aus Staaten, in denen gleichgeschlechtliche Partnerschaften zulässig sind, nicht aber zwingend auch Leihmutterschaft. Auch in diesen Staaten ist der Erbwerb der Elternstellung nach Leihmutterschaft jedoch problematisch, wenn das jeweilige Paar nicht in einer civil union oder same-sex marriage lebt.551 Es überrascht daher nicht, dass in Staaten, die gleichgeschlechtliche Partnerschaften nicht zulassen, der Erwerb der Elternstellung zusätzlich erschwert ist. So haben beispielsweise Gerichte in Indiana entschieden, dass ein gleichgeschlechtlicher Partner keine rechtliche Elternstellung erlangen kann.552 Zu einem vergleichbaren Ergebnis kamen Gerichte in Virginia.553 Auch eine Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner ist in diesen Staaten nicht ohne weiteres möglich.554 Zusätzlich sehen sich gleichgeschlechtliche Paare oft mit dem Problem konfrontiert, dass sie von Adoptionsvermittlungsagenturen faktisch nur nachrangig berücksichtigt werden.555 4. Sonderregelungen für Leihmutterschaft Während alle Staaten die Abstammung natürlich gezeugter Kinder explizit geregelt haben, fehlen entsprechende Vorschriften für Kinder, die mit Hilfe von medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurden, häufig.556 Einige Bundesstaaten haben zwar manche Aspekte künstlicher Fortpflanzung im Abstammungsrecht ge550 Siehe St. Mary v. Damon, 309 P.3d 1027 (Nev. 2013), 1033 ff.: „The Nevada Parentage Act did not preclude a child from having two legal mothers, and therefore purported a surrogate who had a child with her female partner through in vitro fertilization using partner’s egg and anonymous donor’s sperm was not precluded from being declared a legal mother of child, where, although the Act contained procedures for rebutting paternity presumptions by establishing paternity of another man and those procedures arguably applied in maternity cases, the best interest of the child was a paramount concern in determining custody and care of children, and generally a child’s best interest was served by maintaining two actively involved parents.“ 551 Areen, Family Law, S. 433. 552 A.C. v. N.J., 1 N.E. 3d 685 (Ind. 2013) 693 und King v. S. B., 837 N.E.2d 965 (S. Ct. Ind. 2005), 967. 553 Miller-Jenkins v. Miller-Jenkins, 31 Fam. L. Rep. 1051 (Va. 2004). Ein Gericht im Bundesstaat Vermont kam in der selben Sachen jedoch zu dem gegenteiligen Ergebnis und stellte fest, dass beide Frauen die Eltern des Kindes sind, Miller-Jenkins v. Miller-Jenkins, 912 A.2d 951 (Vt. 2006). 554 So war die Rechtslage bisher in Louisiana und Virginia. Seit der Entscheidung des Supreme Courts in Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015), wären derartige Adoptionsverbote wohl nicht mehr verfassungsgemäß. 555 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 381; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 413 (dort Fn. 33). 556 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 131.

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regelt, entweder durch Übernahme der entsprechenden Vorschriften des UPA (2000) oder durch spezialgesetzliche Normen.557 Leihmutterschaft und das Auseinanderfallen von genetischer und biologischer Mutterschaft wird von diesen Spezialregelungen aber nicht immer umfasst.558 Die Vorschriften zur Abstammung eines von einer Leihmutter geborenen Kindes unterscheiden sich deshalb im Einzelnen ebenso wie die Regelungen zur Leihmutterschaft an sich. Staaten, die Leihmutterschaft erlauben, haben in der Regel auch Mechanismen geschaffen, um die Wunscheltern zu den rechtlichen Eltern des Kindes zu machen,559 entweder bereits unmittelbar mit der Geburt des Kindes oder durch Behörden- oder Gerichtsentscheidungen, oder sogar kraft zulässiger vertraglicher Vereinbarungen zwischen den Wunscheltern und der Leihmutter. Die originäre Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern unmittelbar kraft Gesetzes ist jedoch eher selten.560 Dies gilt umso mehr für gleichgeschlechtliche Paare. Für sie ist der originäre Erwerb der Elternstellung nahezu ausgeschlossen.561 In Staaten, die Leihmutterschaft ablehnen, ist die Abstammung der Kinder oft unsicher und in vielen Fällen haben die Wunscheltern keine Möglichkeit, die rechtlichen Eltern des Kindes zu werden. Gleichzeitig gibt es jedoch auch zahlreiche Fälle, in denen die Wunscheltern ihr Ziel dennoch erreichen konnten. Obwohl Leihmutterschaft als solche unzulässig ist, erkennen manche Gerichte in leihmutterfeindlichen Staaten nämlich die vertragliche Übertragung der Elternstellung als zulässige Form des private ordering an, oder sie machen die Wunscheltern aus Kindeswohlgründen oder aufgrund genetischer Verwandtschaft mit dem Kind zu den rechtlichen Eltern des Kindes.

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Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135; Byrn/Giddings, 50 Hous. L. Rev. 1295 (2012 – 2013), 1301. Siehe beispielsweise in Minnesota Minn. Stat. Ann. § 257.56 (West 2007) („If, under the supervision of a licensed physician and with the consent of her husband, a wife is inseminated artificially with semen donated by a man not her husband, the husband is treated in law as if he were the biological father of a child thereby conceived. The husband’s consent must be in writing and signed by him and his wife.“) oder Oregon, Or. Rev. Stat. § 109.243 (2011) („The relationship, rights and obligation between a child born as a result of artificial insemination and the mother s husband shall be the same to all legal intents and purposes as if the child had been naturally and legitimately conceived by the mother and the mother s husband if the husband consented to the performance of artificial insemination“). 558 Dies gilt auch für Staaten die den UPA (2000) übernommen haben. Alle Regelungen des UPA (2000) zu Leihmutterschaft sind in eckige Klammern gefasst. Die Verfasser des UPA hatten Sorge, dass viele Bundesstaaten noch nicht bereit wären, Leihmutterschaft und medizinisch assistierte Fortpflanzung gesetzlich zu regeln. Die Klammern sollen deutlich machen, dass von der Umsetzung von Art. 8 und den übrigen Sonderregelungen für MAF abgesehen werden kann, ohne dadurch das Regelungskonzept des UPA (2000) zu unterlaufen, NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8, S. 68 f. 559 Areen, Family Law, S. 458. 560 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135. 561 Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 43.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Insgesamt lassen sich vier verschiedene Ansätze zur Bestimmung der Abstammung bei Leihmutterschaft unterscheiden,562 die sich jedoch nicht immer klar trennen lassen: die Geburtslösung (parenthood by gestation), die genetische Lösung (parenthood by genetics), die Intentionslösung (parenthood by intent) und die Kindeswohllösung (best interest of the child test).563 Teilweise wird auch die Vertragslösung (parenthood by contract) herangezogen. Darüber hinaus enthalten auch die jeweiligen Model Acts Regeln zur Abstammung bei Leihmutterschaft. a) Model Acts Der UPA (2000) enthält zahlreiche Bestimmungen für Kinder die mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurden.564 Auch die Abstammung in Leihmutterschaftsfällen ist explizit geregelt. Art. 2 Sec. 201 (a) (4) und (b) (6) sieht vor, dass die Mutter- und Vaterschaft nach einer Leihmutterschaft gerichtlich festgestellt werden kann. Eine abweichende genetische Verwandtschaft kann somit mittel gerichtlicher Feststellung zur Grundlage der abstammungsrechtlichen Zuordnung gemacht werden. Gemäß Art. 8 Sec. 807 (a) UPA (2000) sind darüber hinaus in Leihmutterfällen die Wunscheltern immer dann die rechtlichen Eltern des Kindes, wenn die Leihmuttervereinbarung gerichtlich bestätigt wurde und das Kind spätestens 300 Tage nach Durchführung der Fertilitätsbehandlung geboren wird.565 Weiter erforderlich ist, dass die Wunscheltern die Geburt des Kindes dem Gericht anzeigen.566 Anschließend bestätigt das Gericht die Wunscheltern durch Beschluss als rechtliche Eltern und weist die zuständige Behörde an, eine entsprechende Geburtsurkunde auszustellen.567 Ob die Wunsch-

562 Das Spektrum der amerikanischen Regelungen spiegelt damit auch bei der Abstammung im Zusammenhang mi Leihmutterschaft die unterschiedlichen weltweit vorhandenen Regelungsansätze wieder, wie die Zusammenfassung in Trimmings/Beaumont, General Study on Surrogacy, S. 502 (dort Fn. 167) zeigt. 563 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 102 ff. Byrn/Giddings unterscheiden fünf Herangehensweisen: determining parentage by applying a state statute, parentage based on public policy, parentage based on the best interest of the child, parentage based on genetics und parentage based on intent, dies., 50 Hous. L. Rev. 1592 (2012 – 2013), 1301 ff. Allein durch Heranziehen eines state statutes ist jedoch nicht klar, wonach sich die Abstammung des Kindes konkret richtet. Und auch die public policy-Kategorie sagt nichts darüber aus, wie das Abstammungsrecht des jeweiligen Bundesstaates inhaltlich ausgestaltet ist. Aus diesem Grund erscheint die Unterteilung in vier Kategorien sinnvoller. 564 So bestimmt beispielsweise Art. 2 Sec. 201 Abs. (b) (5) UPA (2000), dass die Vaterschaft auch durch Zustimmung zur künstlichen Befruchtung der Mutter nach Art. 7 herbeigeführt werden kann. 565 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8, S. 69. 566 Art. 8 Sec. 807 (a) UPA (2000). 567 NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8 Sec. 807 (a) (1) und (3) UPA (2000).

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eltern genetisch mit dem Kind verwandt sind, ist hierfür irrelevant.568 Der UPA (2000) unterscheidet nicht zwischen Trag- und Ersatzmutterschaft.569 Auch auf den Willen der Wunscheltern, das Kind auch nach der Geburt noch an sich zu nehmen, kommt es im Fall einer wirksamen, gerichtlich bestätigten Leihmuttervereinbarung nicht mehr an. Art. 8 Sec. 807 (c) UPA (2000) sieht vielmehr vor, dass auch die Leihmutter oder eine staatliche Behörde die Geburt des Kindes dem Gericht anzeigen können und den Antrag auf Erlass eines entsprechenden Gerichtsbeschlusses stellen können. Selbst wenn die Wunscheltern es sich nach Geburt des Kindes also anders überlegen sollten, haben sie keine Möglichkeit, sich der rechtlichen Elternstellung zu entziehen. Art. 8 Sec. 807 (c) bestimmt darüber hinaus explizit, dass die Wunscheltern auch in diesem Fall finanziell für das Kind verantwortlich sind. Der UPA (2000) stellt für die Abstammung eines Leihmutterkindes maßgeblich auf den Willen der Beteiligten ab und folgt damit, genauso wie alle anderen in dieser Arbeit beschriebenen Modellgesetze, der Intentionslösung.570 Entscheidend ist der Wille bzw. die Intention zum Zeitpunkt des Abschlusses der Leihmuttervereinbarung. An diesem müssen sich die Wunscheltern und die Leihmutter festhalten lassen. Eine spätere Willensänderung ist allenfalls dann relevant, wenn sowohl die Wunscheltern als auch die Leihmutter von der Vereinbarung Abstand nehmen wollen. In diesem Fall haben sie nichts weiter zu tun, als die Anzeige an das Gericht zu unterlassen. Die Elternschaft wird dann nach den allgemeinen Regeln bestimmt. Zwar ist die zuständige Behörde befugt, ggf. auch bei entgegenstehendem Willen der Leihmutter und der Wunscheltern, einen Antrag auf Bestätigung der rechtlichen Elternschaft an das Gericht zu stellen. Sofern sich die Leihmutter und die Wunscheltern jedoch einig sind, ist eine Intervention der zuständigen Behörde unwahrscheinlich. Und selbst wenn es zu einem gerichtlichen Feststellungsverfahren käme, scheint es kaum denkbar, dass ein Gericht die Leihmuttervereinbarung gegen den Willen aller Beteiligter durchsetzen würde. Bestimmt sich die Abstammung aufgrund einer Willensänderung der Beteiligten anhand der allgemeinen Vorschriften des UPA, ist die Leihmutter aufgrund der Geburt die rechtliche Mutter des Kindes.571 Dass sie ggf. genetisch nicht mit dem 568

NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 8, S. 69. Bis zur Neufassung im Jahr 2002 enthielt Art. 1 Sec. 102 (12) UPA (2000) eine Legaldefinition des Begriffs „intended parents“. Wunscheltern waren danach „individuals who enter into an agreement providing that they will be the parents of a child born to a gestational mother by means of assisted reproductive technologies whether or not either of them has a genetic relationship with the child“ (Hervorhebung nur hier). Die Legaldefinition wurde im Zuge der Neufassung im Jahr 2002 aus dem UPA entfernt, da der Begriff „intended parents“ nur noch in Art. 8 UPA (2000) verwendet wird und eine Begriffsbestimmung für den gesamten UPA damit nicht erforderlich war, NCCUSL, UPA (2000) with prefatory note and comments, Art. 1 Sec. 102, S. 7. 570 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 134. 571 Art. 2 Sec. 201 (a) (1) UPA (2000). 569

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Kind verwandt ist, dürfte in diesem Fall kein Problem darstellen, da die genetisch verwandte Wunschmutter einen Antrag auf gerichtliche Feststellung der Mutterschaft gerade nicht stellen wird, wenn sie das Kind nicht annehmen möchte. Auf die Frage, wie die Kollision mehrerer Mütter nach dem UPA (2000) zu lösen ist, kommt es daher in diesem Fall nicht an. Sofern sich die Elternschaft nach den allgemeinen Regeln des UPA (2000) bestimmt, sind auch für die Vaterschaft keine Probleme ersichtlich. Die zuständige Behörde könnte zwar auch nach den allgemeinen Regeln ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren einleiten, vgl. Art. 6 Sec. 602 (4) UPA (2000). Ist der Wunschvater genetisch mit dem Kind verwandt, würde er dann in einem Gerichtsverfahren als rechtlicher Vater des Kindes festgestellt werden.572 Ein Feststellungsverfahren kann allerdings nur eingeleitet werden, wenn das Kind nicht schon einen rechtlichen Vater hat, was bei Eingreifen einer Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes der Leihmutter oder bei Vaterschaftsanerkennung durch einen anderen als den Wunschvater der Fall wäre.573 Dass die Leihmutter und ihr Ehemann ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren einleiten würden, wenn sie das Kind für sich behalten wollen, ist jedoch sehr unwahrscheinlich.574 Kurz gesagt: Handelt es sich um eine wirksame Leihmutterschaft im Sinne der Sonderbestimmungen in Art. 8 UPA (2000), richtet sich die Abstammung des Kindes in der Regel nach dem übereinstimmenden Willen der Wunscheltern und der Leihmutter. Überlegt es sich eine der Parteien einer gerichtlich bestätigten Leihmuttervereinbarung anders, sind hingegen immer die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes. Dies ist die Rechtslage in Texas575 und Utah,576 die den UPA (2000) vollständig übernommen haben,577 sowie in Virginia,578 wo der USCACA gilt.579 Vergleichbar ist die Abstammung des von einer Leihmutter geborenen 572 Der genetisch verwandte Vater könnte sich der gerichtlichen Feststellung auch nicht durch Aufenthalt in einem anderen Bundesstaat entziehen. Der UPA (2000) enthält eine Vorschrift zur personal jurisdiction des Gerichts. Nach Art. 6 Sec. 604 (b) UPA (2000) kann ein Feststellungsverfahren gemäß sog. long-arm-provisions in Sec. 201 Uniform Interstate Family Support Act (1996), der in allen Bundesstaaten in Kraft ist, auch gegen einen Wunschvater eingeleitet werden, der kein resident im Forumsstaat ist. Hintergrund dieser Vorschrift ist die Sicherung der finanziellen Bedürfnisse des Kindes. Aus diesem Grund werden sehr weitreichende Zuständigkeitsregeln vorgesehen. Der Wunschvater hat also letztlich keine Möglichkeit, sich der finanziellen Verantwortung zu entziehen, wenn das Kind andernfalls keinen rechtlichen Vater hätte. Auch der UCCJA sieht eine entsprechend weitreichende Zuständigkeit für Sorgerechtsentscheidungen vor, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 461. 573 Art. 6 Sec. 607 UPA (2000). Siehe hierzu auch oben § 3 B. II. 1. b), S. 114 f. 574 Denkbar ist dies allenfalls in den Fällen, in denen die Leihmutter auf einen zahlungsfähigen Unterhaltsschuldner für das Kind angewiesen ist und deshalb eine rechtliche Abstammung des Kindes vom Wunschvater anstrebt. 575 Texas Family Code § 160.756 (c) (2011). 576 Utah Code Ann. § 78B-15-803 (1), 807 (2008). 577 Snyder, USA, S. 390 f. 578 Code of Virginia, § 20-160 (D). 579 Siehe Art. 8 USCACA.

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Kindes in den Leihmuttergesetzen von Florida580 und Illinois581 geregelt. In Illinois bedarf es dafür nicht einmal eine gerichtliche Bestätigung des Leihmuttervertrags.582 Auch der MARTA enthält eine vergleichbare Regelung der Abstammung nach einer Leihmutterschaft. Nach Art. 7 Alt. A Sec. 707 MARTA sind die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes, sofern die Leihmuttervereinbarung vor Durchführung des medizinischen Eingriffs gerichtlich bestätigt wurde. Nach Art. 7 Alt. B Sec. 705 sind die Wunscheltern auch ohne gerichtliche Genehmigung unmittelbar kraft Gesetzes die rechtlichen Eltern des Kindes, sofern die Rechtsanwälte der Beteiligten versichern, dass die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind. b) Parenthood by gestation Viele Staaten, in denen Leihmutterschaft unzulässig ist, bestimmen die rechtliche Abstammung des Kindes auch in Leihmutterfällen nach den allgemeinen Regeln.583 Da Leihmutterschaft unzulässig ist, wird sie auch bei der Abstammung ausgeklammert. Für die mütterliche Abstammung gilt der mater semper certa estGrundsatz. Rechtliche Mutter des Kindes ist somit immer die Frau, die es geboren hat, unabhängig davon, ob sie genetisch mit dem Kind verwandt ist oder nicht. Auch die Abstammung väterlicherseits richtet sich in diesen Staaten nach den allgemeinen Vorschriften, so dass eine Vermutung zugunsten des Ehemannes der Leihmutter besteht und, alternativ, die Vaterschaft anerkannt werden kann. Zwar kann auch in solchen Staaten eine rechtliche Abstammung des Kindes von den Wunscheltern erreicht werden. Das ob und wie hängt jedoch von den Umständen im Einzelfall und der konkreten Ausgestaltung der gesetzlichen Regeln und Rechtsprechung ab.584 Die Geburtslösung gilt beispielsweise in Arizona. Die Leihmutter ist die rechtliche Mutter des Kindes und ihr Ehemann wird als Vater vermutet.585 Die Vorschrift wurde trotz des in Arizona geltenden ausdrücklichen Verbots der Leihmutterschaft im Jahr 1994 vom Arizona Court of Appeals wegen Verstoßes gegen die Equal Protection Clause586 für verfassungswidrig erklärt.587 Die Regelung im Abstam580

Fl. Stat. Ann. § 742.16 (West 2010). Illinois Com. Stat. Ann. 750 ILCS 47/15 (b) (West). 582 Snyder, USA, S. 391. 583 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 106; Snyder, USA, S. 391. 584 Snyder, USA, S. 391. 585 Arizona Rev. Stat. Ann. § 25-218 (B) und (D) (2011). Die Regelung wurde nach dem Vorbild der Rechtslage in Michigan geschaffen. Zweck der Vorschrift ist nach der Begründung des Gesetzgebers die Verhindung von Leihmutterschaft, „baby brokers“ und Menschenhandel, vgl. die den Sitzungsbericht des House Committee on the Judiciary, 39th Legis., 1st. Sess. (H.B. 2360 April 4, 1989). 586 Amend. XIV § 1 U.S. Const. bestimmt: „All persons born or naturalized in the United States, and subject to the jurisdiction thereof, are citizens of the United States and of the State wherein they reside. No State shall make or enforce any law which shall abridge the privileges or immunities of citizens of the United States; nor shall any State deprive any person of life, 581

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mungsrecht Arizonas gestattet es einem Mann, die Vaterschaftsvermutung durch den Nachweis der genetischen Abstammung zu widerlegen. Eine genetisch verwandte Wunschmutter hat diese Möglichkeit jedoch nicht und kann deshalb nie eine MutterKind-Beziehung aufbauen.588 Sachliche Gründe für die unterschiedliche Behandlung von Männer und Frauen seien nicht ersichtlich, weshalb die Equal Protection Clause verletzt sei.589 Aufgehoben wurde die Regelung bis zum heutigen Tage jedoch nicht.590 Auch in New Jersey wird die Mutterschaft ausschließlich durch Geburt vermittelt.591 Leihmutterschaft ist in New Jersey zwar nicht ausdrücklich verboten, dennoch wurden Leihmutterverträge von den Gerichten New Jerseys in der Vergangenheit für nichtig befunden.592 Neuerdings lässt sich in der Rechtsprechung jedoch ein Trend zu einer leihmutterfreundlicheren Haltung beobachten.593 Es sind jedoch auch Fälle bekannt, in denen leihmutterfeindliche Staaten die Anwendung der allgemeinen Abstammungsregeln in Leihmutterfällen zu Lasten der Wunscheltern dahingehend modifiziert haben, dass eine Zuordnung zu ihnen nicht in Betracht kommt. So hat beispielsweise der Michigan Court of Appeals entschieden, dass die Vaterschaftsvermutung zu Gunsten des Ehemannes in einem Leihmutterfall nicht, wie sonst, durch den Nachweis der biologischen Abstammung vom Wunschvater widerlegt werden kann.594 Diese Möglichkeit sei nämlich lediglich deshalb vorgesehen, um die finanzielle Versorgung unehelicher Kinder zu sichern und nicht um die Abstammung zu einem Wunschvater herbeizuführen.595 In Leihmutterfällen sei die Regelung daher nicht anwendbar.596 liberty, or property, without due process of law; nor deny to any person within its jurisdiction the equal protection of the laws.“ (Hervorhebung nur hier). Im Folgenden: Equal Protection Clause. 587 Soos v. Superior Court, 182 Ariz. 470 (Ariz. 1994). 588 Soos v. Superior Court, 182 Ariz. 470 (Ariz. 1994), 474. 589 Soos v. Superior Court, 182 Ariz. 470 (Ariz. 1994), 474; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 475. 590 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 101. 591 In re T.J.S., 419 N.J.Super. 46 (N.J. 2011). 592 Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. 1988). 593 In der Rechtssache A.H.W. v. G.H.B., 722 A.2d 948 (N.J. Super. Ct. Ch. Div. 2000) wies das Gericht den Antrag auf Ausstellung eines pre-birth orders zur Bestätigung der Elternschaft der Wunscheltern in einem Tragmutterfall zwar ab. Grund dafür war jedoch nicht (mehr) die Unzulässigkeit der Leihmutterschaft, sondern die im Adoptionsrecht vorgesehene Wartefrist von 72 Stunden nach der Geburt des Kindes. Nach Ablauf dieser Wartefrist, und damit noch vor dem spätestmöglichen Zeitpunkt zur Ausstellung einer Geburtsurkunde, kann die Leihmutter ihre Elternrechte an die Wunscheltern übertragen, sodass diese unmittelbar in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen werden können, A.H.W. v. G.H.B., 722 A.2d 948 (N.J. Super. Ct. Ch. Div. 2000), 954. Vgl. hierzu auch Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 647 f.; Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 612. 594 Syrkowski v. Appleyard, 333 N.W.2d 90 (Mich. Ct. Appl 1983), 94. 595 Syrkowski v. Appleyard, 333 N.W.2d 90 (Mich. Ct. Appl 1983), 94. Der Supreme Court of Michigan hat diese Entscheidungen jedoch aufgehoben, 362 N.W.2d 211 (Mich. Sup. Ct. 1985). 596 Syrkowski v. Appleyard, 333 N.W.2d 90 (Mich. Ct. Appl 1983), 94.

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Die Geburtslösung wird in der amerikanischen Literatur vor allem deshalb kritisiert, weil sie mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit (private ordering) nicht vereinbar sei597 und das right to privacy der U.S. Verfassung verletze, das auch das Recht beinhaltet, eine Familie zu gründen.598 Die von der Verfassung geschützte Entscheidung der Wunscheltern, sich einer Leihmutter zu bedienen, und die freiwillige Entscheidung der Leihmutter, sich als solche zur Verfügung zu stellen, wurde durch die Geburtslösung eingeschränkt. c) Parenthood by genetics Andere Staaten stellen in Leihmutterfällen allein auf die genetische Abstammung des Kindes ab. Rechtliche Eltern sind immer die Personen, mit denen das Kind genetisch verwandt ist. Die genetische Lösung gilt beispielsweise im Bundesstaat Ohio. In Belsito v. Clark599 hatte der Supreme Court of Ohio im Rahmen eines Feststellungsverfahrens über die Frage zu entscheiden, wer die rechtlichen Eltern des von einer Tragmutter geborenen Kindes sind. Beide Wunscheltern waren genetisch mit dem Kind verwandt und das Kind wurde von der Schwester der Wunschmutter ausgetragen, die kein Interesse daran hatte, das Kind für sich zu behalten.600 Mittels eines zweistufigen Tests prüfte das Gericht zunächst, wer die „natural parents“ des Kindes waren. Im zweiten Schritt stellte es sich dann die Frage, wer die „legal parents“ waren.601 Diese seien nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich die „natural parents“, sofern diese nicht ihre Elternrechte aufgegeben haben.602 Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Leihmuttervertrag kein unzulässiger Vertrag über die Übertragung der Elternstellung sei. Ein Verstoß gegen die public policy komme bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Leihmutter gar keine Elternrechte habe, die sie hätte übertragen können. Nur die genetischen Eltern seien die rechtlichen Eltern.603 Dafür spräche insbesondere das Kindeswohl. Die genetischen Eltern könnten das Kind im Hinblick auf ihre Kenntnis sowohl der Stärken als auch der Schwächen der gemeinsamen genetischen Abstammung am besten versorgen und großziehen.604 Zwar hält Ohio grundsätzlich auch an der Geburt als Kriterium zum Erwerb der Mutterschaft fest, 597

Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 625. Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 106. 599 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994). 600 Siehe ausführlich zum Sachverhalt die Ausführungen in Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 761 ff. 601 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 766; Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003), 646. 602 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 766. 603 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 766. 604 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 766 („The genetic parent can guide the child from experience through the strenghts and weaknesses of a common ancestry of genetic traits.“). 598

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gibt aber in Zweifelsfällen der genetischen Verwandtschaft den Vorzug.605 Die genetische Verwandtschaft ist auch in Pennsylvania entscheidend.606 Die Leihmutter ist dort nicht einmal klagebefugt, um ihre Elternrechte gerichtlich geltend zu machen.607 Die Zuordnung eines Kindes allein aufgrund genetischer Verwandtschaft ist in den USA jedoch eher die Ausnahme. Häufig gilt die genetische Lösung nur eingeschränkt. Sie ist in der Regel nur dann entscheidend, wenn lediglich die Tatsache, dass die Wunschmutter das Kind nicht geboren hat, gegen eine Zuordnung zu ihr spricht. Es besteht also zunächst eine Vermutung zu Gunsten der Geburtsmutter, die durch entsprechenden intent und genetische Verwandtschaft widerlegt werden kann.608 Ein Beispiel hierfür findet sich in der Rechtsprechung von Indiana.609 Der Indiana Court of Appeals sah die Vermutung der Mutterschaft der Leihmutter durch den Nachweis der genetischen Abstammung von der Wunschmutter als widerlegt an.610 Dies ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil Indiana Leihmutterschaft ausdrücklich verbietet.611 Die Vermutung zugunsten der Geburtsmutter kann auch in Virginia durch den Nachweis der genetischen Verwandtschaft wiederlegt werden.612 Gleiches gilt in Maine.613 Auch in dem New Yorker Fall Perry-Rogers v. Fasano,614 in dem es um die Verwechslung eines Kindes in einer Klinik ging, wurde der genetischen Lösung gefolgt. Einer Frau wurde versehentlich ein zusätzlicher Embryo eingepflanzt, der das genetische Potential eines anderen Paares hatte, das ebenfalls in der Klinik behandelt wurde. Nach der Geburt wollte die unfreiwillige Tragmutter das Kind behalten, das Gericht sprach die Elternschaft aber den genetischen Eltern zu.615 Dieses Ergebnis entsprach auch dem, was von den Beteiligten ursprünglich gewollt 605

646. 606

Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 767; Plant, 54 Ala. L. Rev. 639 (2003),

In re J. f. v. D.B., 897 A.2d 1261 (Penn. 2006). In re J. f. v. D.B., 897 A.2d 1261 (Penn. 2006), 1273. 608 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 105. 609 In re Paternity of Infant T., 991 N.E.2d 596 (Ind. Ct. App. 2013) („In a case involving surrogate motherhood, the presumption that a child’s birth mother is also the child’s legal mother will stand: unless the child’s biological mother establishes that she is, in fact, the biological mother of the child, by clear and convincing evidence.“). Vgl. auch Ind. Code Ann. §§ 31-20-1-1, 31-20-1-2 (West 2008). 610 In re Paternity and Maternity of Infant R., 922 N. E. 2d 59 (Ind. Ct. App. 2010) S. 60 ff. 611 Ind. Code Ann. §§ 31-20-1-1, 31-20-1-2 (West 2008). 612 Doe v. Doe, 15 Va.App. 242 (Va. 1992). Vgl. auch Code of Virginia §§ 20-49.1 (A). 613 Nolan v. LaBree, 52 A.3d 923 (Maine 2012) („The trial court had statutory authority to declare maternity in favor of genetic mother after surrogate gestational carrier gave birth to child who was conceived through in vitro fertilization and zygote implant procedure, in undisputed case in which husband and wife, who were biological, or genetic, parents of child, sought judgment declaring their legal parentage of child after birth certificate listed gestational carrier and her husband as child’s parents, and gestational carrier and her husband specifically asserted they did not wish to be recognized as the child’s parents.“) (Hervorhebung nur hier). 614 Perry-Rogers v. Fasano, 715 N.Y.S.2d 19 (N.Y. App. Div. 2000). 615 Perry-Rogers v. Fasano, 715 N.Y.S.2d 19 (N.Y. App. Div. 2000), 26. 607

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war und somit deren intent im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung. Auch in New York ist Leihmutterschaft unzulässig.616 d) Parenthood by intent Eine weitere Herangehensweise amerikanischer Gerichte, die Abstammung eines Kindes nach Geburt durch eine Leihmutter zu bestimmen, ist die sog. Intentionslösung (parenthood by intent), die auch im UPA (2000) gilt.617 Der intent test wurde im Jahr 1990 erstmalig von Marjorie Shultz als Vorschlag zur Regeln der Abstammung durch medizinisch assistierte Fortpflanzung gezeugter Kinder eingeführt.618 Parenthood by intent meint, dass diejenigen Personen die Eltern eines Kindes sind, die es großziehen wollen und ohne deren Mitwirkung das Kind jedenfalls nicht entstanden wäre – biologische Anknüpfungspunkte sind irrelevant.619 Maßgeblich für die Beurteilung dieser Frage ist der intent aller Beteiligten zum Zeitpunkt der vertraglichen Vereinbarung oder der künstlichen Befruchtung. In der Praxis wurde der intent test erstmalig vom Supreme Court of California in der Rechtssache Johnson v. Calvert620 herangezogen, um die rechtlichen Eltern eines Kindes nach medizinisch assistierter Fortpflanzung zu bestimmen. Sowohl die genetisch verwandte Wunschmutter als auch die Leihmutter wollten nach Geburt die Mutterrolle übernehmen. Das Gericht entschied zugunsten der Wunschmutter, da dies dem Willen der Betiligten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Leihmuttervereinbarung entsprach.621 Die genetische Verwandtschaft mit dem Kind wurde als gleichwertig mit der biologischen Mutterschaft angesehen.622 Entscheidendes Kriterium für die Zuordnung des Kindes (vom Gericht als tie breaker bezeichnet) war deshalb der intent der Beteiligten. In der später entschiedenen Rechtssache In re 616 Auch in New York wurde die Verfassungsmäßigkeit der Abstammungsregeln unter dem Aspekt der Gleichbehandlung von Männer und Frauen aufgeworfen, T.V. v. New York State Dept. of Health, 88 A.D.3d 290 (N.Y. 2011) („Genetic and gestational parents of a child born to a gestational carrier under a surrogate parenting contract stated a cause of action, by alleging that there was an impermissible gender-based classification between parents after the birth of a child, and that, therefore, certain provisions of the Domestic Relations Law and the Family Court Act were unconstitutional under the Due Process and Equal Protection Clauses.“). 617 Art. 8 UPA (2000). 618 Shultz, 1990 Wis. L. Rev. 297 (1990). 619 In re Marriage of Buzzanca, 72 Cal. Rptr.2d 280 (Cal. App. 1998), 288; Byrn/Giddings, 50 Hous. L. Rev. 1295 (2012 – 2013), 1309; Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2002 – 2003), 622. 620 Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993). 621 Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993), 782 („We conclude that although the Act recognizes both genetic consanguinitiy and giving birth as means of establishing a mother and child relationship, when the two means do not coincide in one woman, she who intended to procreate the child – that is, she who intended to bring about the birth of a child that she intended to raise as her own – is the natural mother under California law.“) 622 Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993), 782 („Because two women have each presented acceptable proof of maternity“).

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Marriage of Moschetta623 entschied der kalifornische Court of Appeal dementsprechend, dass der intent test dann nicht zur Begründung der Mutterschaft ausreicht, wenn die Wunschmutter nicht genetisch mit dem Kind verwandt ist. In diesem Fall könnten die Wunschmutter und die Leihmutter gerade keine gleichwertigen Nachweise der Mutterschaft erbringen, weshalb der intent nicht als Entscheidungskriterium herangezogen werden könne und müsse.624 Mutter des Kindes ist in diesem Fall stets die gebärende Frau.625 In der Rechtssache In re Marriage of Buzzanca626 schließlich sprach der Court of Appeal einer Wunschmutter die rechtliche Mutterschaft trotz fehlender genetischer Verwandtschaft zu dem Kind zu – allein aufgrund ihres intents.627 Dies mag zunächst widersprüchlich erscheinen, wurde der intent bis dahin doch nur herangezogen, um zwischen der genetischen Mutter und der Geburtsmutter zu entscheiden. Im Hinblick auf die Besonderheiten des Falles war die Entscheidung des Gerichts jedoch konsequent: Die Eizelle stammte von einer anonymen Spenderin; die Tragmutter hatte kein Interesse an dem Kind. Zwar konnte die Wunschmutter aufgrund der fehlenden genetischen Verwandtschaft keinen Nachweis ihrer Mutterschaft erbringen. Da die Leihmutter jedoch kein Interesse daran hatte, das Kind für sich zu behalten, gab es ebenfalls keine Konkurrenz zweier Frauen um die Mutterrolle.628 Ein tie breaker war daher nicht erforderlich. Die Enscheidung widerspricht daher dem in Johnson v. Calvert begründeten intent test jedenfalls nicht, brachte aber auch eine zusätzliche Neuerung in der kalifornischen Familienrechtsprechung mit sich: Der intent der Wunschmutter wurde vom Gericht als eigenständiger Grund für die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes angewandt. Der Court of Appeal begründete diese Entscheidung damit, dass die Rolle der Wunschmutter in diesem Fall vergleichbar sei mit der des Ehemannes, der sein Einverständnis zu einer künstlichen Befruchtung seiner Ehefrau gebe, und deshalb der rechtliche Vater des Kindes sei.629 Heute wird der intent test etwa in 20 % aller Fälle zur Bestimmung der Elternschaft nach künstlicher Befruchtung angewendet630 und wird vor allem in leihmut-

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In re Marriage of Moschetta, 30 Cal. Rptr.2d 893 (Ct. App. 1994). In re Marriage of Moschetta, 30 Cal. Rptr.2d 893 (Ct. App. 1994), 895. 625 In re Marriage of Moschetta, 30 Cal. Rptr.2d 893 (Ct. App. 1994), 895. 626 In re Marriage of Buzzanca, 72 Cal. Rptr.2d 280 (Cal. App. 1998). 627 In re Marriage of Buzzanca, 72 Cal. Rptr.2d 280 (Cal. App. 1998), 288. 628 Die anonyme Eizellenspenderin hat nach dem kalifornischen Recht keine Möglichkeit, in die Mutterrolle einzurücken, vgl. In re Marriage of Buzzanca, 72 Cal. Rptr.2d 280 (Cal. App. 1998), 288 („We should also add that neither could the woman whose egg was used in the fertilization or implantation make any claim to motherhood, even if she were to come forward at this late date.“). 629 In re Marriage of Buzzanca, 72 Cal. Rptr.2d 280 (Cal. App. 1998), 288; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 104. 630 Byrn/Giddings, 50 Hous. L. Rev. 1295 (2012 – 2013), 1309. 624

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terfreundlichen Staaten herangezogen.631 Der intent test gilt neben Kalifornien beispielsweise auch in Ohio, wo für den Erwerb der Mutterschaft zuweilen auf die freiwillige Übernahme dieser Rolle im Rahmen des Leihmuttervertrags abgestellt wird.632 Auch in Arkansas,633 Connecticut634 und Nevada635 wird der intent test verwendet. Und sogar New Yorker Gerichte ziehen den intent test heran,636 obwohl Leihmutterschaftsverträge in New York nichtig sind.637 Die Tatsache, dass die abstammungsrechtliche Zuordnung von der Unzulässigkeit der Leihmutterschaft zu trennen ist, ergibt sich in New York unmittelbar aus dem Gesetz. § 124 Domestic Relations Law bestimmt, dass die Durchführung einer Leihmutterschaft bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung eines Leihmutterkindes nicht berücksichtigt werden darf. Staaten, die die Abstammung des Kindes ausschließlich anhand des intent tests bestimmen638, sind selten.639 Meistens ist zusätzlich eine genetische oder biologische Verbindung mit dem Kind Voraussetzung für die Erlangung der Elternstellung.640 631 Der intent test gilt über die oben geschilderten Staaten hinaus auch in Texas, Utah, Virgina, Florida und Illinois, Snyder, USA, S. 391. Kodifiziert ist er intent test in Art. 8 UPA (2000). 632 S.N. v. M.B., 188 Ohio App.3d 324 (Ohio 2010), 333 („In this case, the surrogacy agreement, which sets appellee’s clear intention to cause the birth of a child and raise it as her own, manifests appellee’s voluntary acknowledgement of maternity. Appellee’s voluntary acknowledgement of maternity is sufficient to rebut the presumption that the appellant is the child’s natural mother by reason of her giving birth to the child.“). 633 Ark. Code Ann. § 9-10-201 (Michie 2002). 634 Raftopol v. Ramey, 299 Conn. 681 (2011), 690 („Our statutes and case law establish that a gestational carrier who bears no biological relationship to the child she has carried does not have parental rights.“) Ausdrückliche Regelungen für oder gegen Leihmutterschaft fehlen in Connecticut, jedoch wurden dort Sonderregeln zur Abstammung nach künstlicher Fortpflanzung erlassen. 635 Nev. Rev. Stat. 126.045 (West 2001). 636 In re Doe, 793 N.Y.S. 2d 878 (N.Y. Sup. Ct. 2005), 882 („Nonetheless, New York Courts entertain petitions for declarations of maternity, and do not require parents to go through adoption proceedings in cases of in vitro fertilization and gestational surrogacy agreements (see e. g. Arredondo v. Nodelman, 622 N.Y.S.2d 181; see Matter of Andres A., 591 N.Y.S.2d 946) and apply the intent test to determine who the ,natural‘ mother is in such an arrangement“). Siehe hierzu auch 2. Teil, Fn. 615. 637 Siehe hierzu oben § 3 A. II. 2. a), S. 58 f. 638 Diese Variante wird auch als pure intent test bezeichnet, Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 50. 639 Hofman, 35 Wm. Mitchell L. Rev. 449 (2008 – 2009), 460. 640 So verlangt beispielsweise Florida zusätzlich zum intent aller Beteiligten, dass mindestens einer der Wunscheltern genetisch mit dem Kind verwandt ist, vgl. Fl. Stat. Ann. § 742.16 (6) (West 2010) („after the court has determined that a binding and enforceable gestational surrogacy contract has been executed […] and that at least one member of the commissioning couple is the genetic parent of the child, the court shall enter an order stating that the commissioning couple are the legal parents of the child.“). Siehe hierzu auch bereits die Ausführungen zur parenthood by genetics im 2. Teil, Fn. 580.

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Wenn das Kind aufgrund der verschiedenen Anknüpfungspunkte zwei Mütter hat, wird der intent der Beteiligten zum Zeitpunkt der Leihmuttervereinbarung als tie breaker herangezogen. Der intent test wird vor allem dafür kritisiert, dass er – jedenfalls in seiner Reinform – die genetische Abstammung des Kindes ignoriert.641 Die Rechte der Gameten-Spender würden dadurch unterlaufen. Vereinzelt wird im intent test auch eine Umgehung des Adoptionsrechts gesehen. Die Bestimmung der Elternschaft anhand des Willens der Beteiligten sei nur im Rahmen eines Adoptionsverfahrens möglich. Private Vereinbarungen seien nicht vorgesehen.642 Darüber hinaus könne der intent der Beteiligten häufig nicht nachgewiesen werden, was eine Zuordnung des Kindes erschwert.643 Und schließlich sei der Wille, die Elternrolle zu übernehmen, bei natürlicher Zeugung eines Kindes ebenfalls unbeachtlich. Es wird deshalb befürchtet, dass der intent test auch Eltern natürlich gezeugter Kinder die Möglichkeit eröffne, sich ihrer elterlichen Verantwortung zu entziehen.644 e) Best interest of the child test Auch das Kindeswohl wird von einigen (wenigen) Gerichten herangezogen, um festzulegen, wer die rechtlichen Eltern sind. Kindeswohlerwägungen sind üblicherweise das vorrangige Entscheidungskriterium in Sorgerechtsentscheidungen. Einzelne Gerichte orientieren sich jedoch auch für die Bestimmung der Abstammung am Kindeswohl. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen zwei Personen als rechtliche Mutter oder rechtlicher Vater in Betracht kommen. Das Kindeswohl wird in solchen Fällen, ähnlich wie der intent, als entscheidendes Kriterium herangezogen. So kam beispielsweise der Kansas Court of Appeals in Greer ex rel. Farbo v. Greer645 zu dem Ergebnis, dass im Zweifel das Kindeswohl darüber entscheide, ob das Kind vom genetischen Vater oder dem Ehemann der Mutter abstammt.646 Auch in Colorado wurde der best interest of the child als tie breaker verwendet, um die „richtige“ Mutter zu bestimmen. Und auch Gerichte im leihmutterfeindlichen

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Hurwitz, 33 Conn. L. Rev. 127 (2000), 149 f. (m.w.N.). Siehe zur Kritik am intent test ausführlich Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 624 ff. 642 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 765. 643 Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 764. Nicht immer liegt eine schriftliche Vereinbarung der Beteiligten vor. Darüber hinaus ist der intent dann kein geeignetes Zuordnungskriterium, wenn die Wunschmutter und die Leihmutter vereinbaren, dass Kind gemeinsam aufziehen zu wollen, da ein intent zugunsten der einen oder der anderen Mutter dann fehlt. 644 Hurwitz, 33 Conn. L. Rev. 127 (2000), 142. 645 Greer ex rel. Farbo v. Greer, 50 Kan.App.2d 180 (Kans. 2014). 646 Greer ex rel. Farbo v. Greer, 50 Kan.App.2d 180 (Kans. 2014), 194.

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Bundesstaat Indiana haben der genetischen Wunschmutter die Mutterschaft aufgrund des best interest des Kindes zugesprochen.647 Problematisch an der Heranziehung des Kindeswohls als bestimmender Faktor der Abstammung ist, dass die Frage der Abstammung dadurch letztlich vollständig der richterlichen Würdigung unterliegt. Eine vorhersehbare und rechtssichere Zuordnung des Kindes ist so nicht möglich. f) Contractual parenthood Schließlich bestimmen manche Gerichte die rechtliche Abstammung in Leihmutterfällen ausgehend von schuldrechtlichen Bestimmungen. Die Vertragsfreiheit hat im amerikanischen Recht einen großen Stellenwert. Private ordering, also das private Regeln von Rechtsbeziehungen, ist in den USA in vielen Bereichen zulässig.648 Ausgehend von diesem Grundsatz wurden Leihmutterverträge bereits vollumfänglich gerichtlich vollstreckt – entweder als zulässige vertragliche Übertragung der Elternstellung oder als private Sorgerechtsvereinbarung. So hat beispielsweise der Minnessota Court of Appeals649 unter Heranzierung traditioneller contract law analysis einen Leihmuttervertrag für wirksam und vollstreckbar erklärt und das Kind entgegen dem (später geänderten) Willen der Leihmutter den Wunscheltern zugesprochen.650 Das Gericht betonte, dass die Parteien eine freiwillige vertragliche Verpflichtung zur Durchführung der Leihmutterschaft eingegangen seien und dem Vertrag keine public policy entgegenstehe.651 Sie müssten sich daher an der wirksamen vertraglichen Verpflichtung festhalten lassen.652 5. Genetische Verwandtschaft und parenthood by intent Wie die eben geschilderten Sonderregelungen für die Abstammung in Leihmutterfällen gezeigt haben, spielen in den USA sowohl die genetische Verwandtschaft als auch der Wille, die Elternrolle zu übernehmen, bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung eine wichtige Rolle. Die Bedeutung beider Aspekte unterscheidet sich zwar von Bundesstaat zu Bundesstaat. Zusammenfassend lässt sich jedoch sagen, dass, jedenfalls dann, wenn Wunscheltern genetisch mit dem Kind verwandt sind und der intent aller Beteiligten dahin geht, dass die Wunscheltern die Eltern sein sollen, eine Zuordnung des Kindes zu ihnen sehr wahrscheinlich ist. Dies gilt sogar in leihmutterfeindlichen Staaten wie New York oder Indiana. 647

Siehe hierzu In re Paternity of Infant T., 991 N.E.2d 596 (2013). Bertschi, Leihmutterschaft, S. 120. 649 P.G.M. v. J.M.A. 2997 WL 4304448 (Minn. App.). 650 Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 105. 651 Ausdrückliche Regelungen zur Zulässigkeit von Leihmutterschaft gibt es in Minnesota nicht, Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 105. 652 P.G.M. v. J.M.A. 2997 WL 4304448 (Minn. App.). 648

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6. Zwischenergebnis Die Abstammung eines Kindes, das durch eine Leihmutter geboren wurde, ist von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich geregelt. Ob die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes sind oder werden können, hängt vor allem von den tatsächlichen Umständen im Einzelfall und der Haltung des jeweiligen Staates zu Leihmutterschaft ab. In leihmutterfreundlichen Staaten ist eine abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern in der Regel möglich oder sogar ausdrücklich vorgesehen. Auch in leihmutterfeindlichen Staaten lassen sich die Gerichte bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung oft vom Kindeswohl leiten oder legen die genetische Verwandtschaft ihrer Entscheidung zu Grunde, sodass im Ergebnis eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern auch in diesen Staaten nicht ausgeschlossen ist. Nach dem im UPA (2000) kodifizierten intent test ist der Wille der Beteiligten im Zeitpunkt des Abschlusses des Leihmuttervertrags entscheidend für die rechtliche Zuordnung des Kindes. Auf die genetische Verwandtschaft kommt es dafür nicht an. Rechtliche Eltern sind diejenigen Personen, die nach dem übereinstimmenden Willen allen an der Zeugung des Kindes beteiligten Personen als spätere rechtliche Eltern vorgesehen waren. Anderorts wird der intent test lediglich in abgeschwächtert Form als Entscheidungskriterium in Situationen herangezogen, in denen – in Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Abstammungsrechts – mehrere Personen als Mutter oder Vater in Betracht kommen. Daneben gelten auch der mater semper certa est-Grundsatz sowie verschiedene Vaterschaftsvermutungen, um die Abstammung des Kindes festzulegen. Nach diesen allgemeinen Regeln können jedenfalls Wunschväter in Leihmutterfällen in der Regel unproblematisch in die rechtliche Elternposition einrücken. Sowohl der genetic test als auch der intent test haben in der amerikanischen Literatur viele Fürsprecher gefunden.653 Trotz der zahlreichen bereits bestehenden Möglichkeiten für Wunschmütter und Wunschväter, in Leihmutterfällen die rechtlichen Eltern des Kindes zu werden, wird in der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung schon seit längerem ein Tätigwerden des Gesetzgebers in Form einer ausdrückliche Regelung der Abstammung des Kindes nach Leihmutterschaft (und in allen anderen Fällen künstlicher Befruchtung) gefordert.654 Begründet wird dies damit, dass sich nur durch eine umfassende und bestenfalls bundeseinheitliche

653 Für den genetic test: Hofheimer, N.Y.U. Rev. L. & Soc. Change 571 (1991 – 1992), 584; Black, 92 Neb. L. Rev. 799 (2013 – 2014), 830; für den intent test: Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 132; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 114; Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 632; Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 370 ff.; Shultz, 1990 Wis. L. Rev. 297 (1990). 654 Shultz, 1990 Wis. L. Rev. 297 (1990), 297 ff.; Spivack, 58 Am. J. Comp. L. 97 (2010), 114; Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 132; Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 632; Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 372.

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Regelung eine vorhersehbare, einzelfallunabhängige und eindeutige Zuordnung des betroffenen Kindes erreichen lasse.655 7. Hintergrund der Rechtslage in den USA Das amerikanische Abstammungsrecht unterscheidet sich gerade in Leihmutterfällen deutlich von der in Deutschland geltenden Rechtslage. In einem Großteil der amerikanischen Fälle wird das Kind im Ergebnis abstammungsrechtlich den Wunscheltern zugeordnet. Dies gilt vor allem dann, wenn diese mit dem Kind genetisch verwandt sind, und sich alle Beteiligten über die Zuordnung des Kindes einig sind. Auch in leihmutterfeindlichen Staaten können die Wunscheltern so in die Elternstellung einrücken. Damit lässt sich zunächst einmal festhalten, dass das amerikanische Abstammungsrecht, anders als das deutsche, keine generalpräventiven Zwecke verfolgt, Leihmutterschaft zu verhindern. Darüber hinaus liegen dem amerikanischen Abstammungsrecht keine abstrakten Vorstellungen davon zu Grunde, wie die „Idealfamilie“ auszusehen hat, sondern die Bewertung von rechtlichen und tatsächlichen Vorgängen erfolgt anhand empirischer Ergebnisse und unter Vergleich mit Vorgehensweisen in verwandten Rechtsgebieten.656 Aus diesem Grund kann es aber auch im Einzelfall in ein und demselben Sachverhalt je nach Bundesstaat zu abweichenden abstammungsrechtlichen Zuordnungen kommen. Abgesehen davon bestimmen zwei wesentliche Prinzipien das amerikanische Abstammungsrecht, die teilweise in einem Spannungsverhältnis zueinander stehen: die parental rights-doctrine und der best interest of the child-test.657 Die parental rights-doctrine stammt aus einer Zeit, in der das common law Kinder noch als Eigentum (property) ihrer Eltern angesehen hat.658 Sie besagt, dass alle geeigneten Eltern („every fit parent“) ein Recht darauf haben, mit ihrem Kind zusammenzuleben und das Sorgerecht für das Kind zu haben.659 Das verfassungsrechtliche Pendant zur parental rights-doctrine findet sich im Grundrecht auf Fortpflanzung (right to procreate),660 das vom Supreme Court mehrfach bestätigt wurde.661 Davon umfasst ist nicht nur das Recht, sich für oder gegen Kinder zu entscheiden, sondern auch das Recht, als Familie zusammenzuleben und die eigenen Kinder ohne staatliche Einflussnahme so zu erziehen, wie man es für richtig hält.662 655

Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 632. Bertschi, Leihmutterschaft, S. 120; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 229. 657 Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 363 f. 658 Siehe hierzu ausführlich Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 363 f. 659 Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 363. 660 Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 365. 661 Siehe 2. Teil, Fn. 186. 662 Während dies nach der Entscheidung des Supreme Courts in Skinner v. Oklahoma, 316 U.S. 535 (1942) noch unklar war, steht nun fest, dass das right to procreate jedenfalls das Recht 656

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Gleichzeitig muss die abstammungsrechtliche Zuordnung aber auch dem Kindeswohl (best interst of the child) gerecht werden.663 Es gilt die Vermutung, dass es dem Kindeswohl am ehesten entspricht, seinen „natural parents“ zugeordnet zu werden.664 Dies sind nach Ansicht amerikanischer Gerichte stets die genetischen Eltern.665 Dementsprechend gelten die Vaterschaftsvermutungen in den einzelnen Bundesstaaten, wie in Deutschland auch, zugunsten des Mannes, bei dem es am wahrscheinlichsten ist, dass er der genetische Vater des Kindes ist.666 Eine bestehende Vermutung kann, wenn überhaupt, nur durch Abstammungsnachweis widerlegt werden. Aus diesem Grund gibt es in zahlreichen einzelstaatlichen Rechtsordnungen ausdrückliche Ausnahmen von der Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes der Mutter, wenn offensichtlich ist, dass diese Vermutung nicht der genetischen Verwandtschaft entsprechen kann.667 Daneben verfolgt das amerikanische Abstammungsrecht auch das Ziel, jedem Kind mit Geburt rechtliche Eltern zuzuordnen668 und die abstammungsrechtliche Zuordnung möglichst vorhersehbar und schnell herbeizuführen.669 III. Vergleich Ein Vergleich des Abstammungsrechts Deutschlands und den USA zeigt deutliche Parallelen. Sowohl in Deutschland als auch in den USA gilt der mater semper certa est-Grundsatz und es besteht regelmäßig eine Vaterschaftsvermutung zugunsten des Ehemannes der rechtlichen Mutter. Die Zuordnung eines Kindes erfolgt in beiden Ländern hauptsächlich anhand von vier Anknüpfungskriterien: Die rechtliche Mutterschaft entscheidet sich mit der Geburt, im Übrigen wird die Elternstellung durch Willenserklärung, durch Ehe mit der Mutter oder durch gerichtliche Feststellung erworben. Eine Statusänderung kann durch Adoption oder im umfasst, gewissen Kontakt mit dem Kind zu haben. Gleichzeitig ist damit auch die Pflicht verbunden, für das Kind zu sorgen und Unterhalt für das Kind zu leisten, siehe hierzu ausführlich Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 365, 369; Robertson, Procreative Liberty, S. 34. 663 Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 364. 664 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 136; Bartholet, 27 Harv. Women’s L. J. 323 (2004), 329; Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 400. Aus diesem Grund spielt das Kindeswohl dann nur eine untergeordnete Rolle, wenn es darum geht, das Sorgerecht entweder den natural parents oder Dritten zuzusprechen. In diesem Fall sind die natural parents stets vorrangig zu berücksichtigen, Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 363. 665 Vgl. Belsito v. Clark, 2. Teil, Fn. 599, S. 762 f. („While various terms are used to identify a natural parent, a view of case law leads to the conclusion that ,natural parent‘ refers to the child and parent being of the same blood or related by blood [unter Verweis auf Owens v. Bell, 6 Ohio St.3d 46 (1983), 48 sowie Black’s Law Dictionary]. […] In modern terminology, blood relationship would be described as shared DNA or genetics.“ – Hervorhebung nur hier). 666 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 136, 139. 667 Siehe hierzu oben 2. Teil, Fn. 516. 668 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 131. 669 Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135.

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Anfechtungsverfahren erreicht werden. Darüber hinaus gehen beide Rechtsordnungen grundsätzlich davon aus, dass ein Kind nur zwei Elternteile haben haben kann.670 Dem Abstammungsrecht Deutschlands und der USA liegen außerdem ähnliche Wertungen zu Grunde. Der genetischen Abstammung wird große Bedeutung beigemessen und sie ist Grundlage der rechtlichen Verwandtschaft. Bestehende Vaterschaftsvermutungen können deshalb durch Abstammungsnachweis entkräftet werden. Einschränkungen hiervon ergeben sich nur dann, wenn das Kind bereits in einer faktischen familiären Beziehung lebt. Und schließlich finden sowohl das Prinzip der Statussicherheit als auch das der Statusklarheit in beiden Rechtsordnungen Ausdruck. Daneben lassen sich jedoch zahlreiche Unterschiede feststellen. Dies gilt insbesondere für die Heranziehung der eben genannten Zuordnungskriterien bei Kindern, die mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurden. Zunächst einmal fehlen explizite Regeln hierzu in Deutschland nahezu vollständig, während die meisten US-Bundesstaaten ausdrückliche Vorschriften erlassen haben. Zum anderen werden auch die allgemeinen Abstammungsregeln in Leihmutterfällen in den USA flexibler gehandhabt und können zu einer unmittelbaren Abstammung des Kindes von den Wunscheltern führen, während dies in Deutschland nur sehr eingeschränkt der Fall ist. Anders als in Deutschland werden die Interessen aller Beteiligten in den USA wesentlich schwerer gewichtet und sind oftmals Grundlage der abstammungsrechtlichen Zuordnung. Dies gilt vor allem für heterosexuelle Wunscheltern. Gleichgeschlechtliche Paare haben es in beiden Ländern wesentlich schwerer, gemeinsam die Eltern eines Kindes zu werden.671 Im Einzelnen stellen sich diese Unterschiede wie folgt dar: 1. Sonderregelungen bei medizinisch assistierter Fortpflanzung Das deutsche Abstammungsrecht klammert die Zeugung eines Kindes mittels künstlicher Befruchtung nahezu völlig aus. Dies ergibt sich vor allem aus der Tatsache, dass die genetische Verwandtschaft bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung im deutschen Recht (jedenfalls zunächst) weitestgehend ignoriert wird. Gerade bei künstlicher Befruchtung entspricht die genetische Abstammung des Kindes aber häufig nicht der rechtlichen Zuordnung und hängt darüber hinaus von 670

Für die Vereinigten Staaten siehe Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993), 781: „Yet for any child California law recognizes only one natural mother, despite advances in reproductive technology rendering a different outcome biologically possible.“; in Fn. 8 führt das Gericht weiter aus: „Even though rising divorce rates have made multiple parent arrangements common in our society, we see no compelling reason to recognize such a situation here. […] To recognize parental rights in a third party […] would diminish Crispina’s [Anm: die Wunschmutter] role as mother.“). 671 Der originäre Erwerb der Elternstellung durch zwei gleichgeschlechtlichen Partner ist in den USA nahezu unmöglich, Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 43.

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den Umständen im Einzelfall ab. Das deutsche System schafft so Rechts- und Statussicherheit und führt dazu, dass ein Kind stets eine Mutter und einen Vater hat. Die Abwägung zwischen genetischer Verwandtschaft und biologischer Wahrheit einerseits sowie den Grundsätzen der Statussicherheit und -klarheit andererseits fällt zugunsten letzterer aus. Mutter eines Kindes ist stets die Frau, die das Kind geboren hat. Vater des Kindes ist der Ehemann der Mutter oder der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat. Lediglich im Rahmen der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung wird die genetische Verwandtschaft zur Grundlage der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater gemacht. In den Vereinigten Staaten wird demgegenüber sowohl die genetische Verwandtschaft als auch die Tatsache, dass das Kind mit Hilfe künstlicher Befruchtungsmethoden gezeugt wurde, hingegen im Abstammungsrecht berücksichtigt – teilweise bereits bei der originären Zuordnung. So kann die Mutterschaft im Recht mancher Bundesstaaten originär aufgrund genetischer Verwandtschaft mit dem Kind und unabhängig von der Geburt erworben werden. Auch die Vaterschaft kann bei genetischer Verwandtschaft originär herbeigeführt werden. Häufig ist dies zwar nur mittels gerichtlicher Feststellung möglich. Eine unmittelbare gesetzliche Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern nach künstlicher Befruchtung ist die Ausnahme.672 Das amerikanische Recht ermöglicht aber jedenfalls die Berücksichtigung der Tatsache, dass das Kind mittels medizinisch assistierter Fortpflanzung gezeugt wurde und steht einer abstammungsrechtlichen Zuordnung zu den Wunscheltern, insbesondere zur Wunschmutter, anders als das deutsche Recht, nicht entgegen. Diese Diskrepanz zwischen Deutschland und den USA ist insofern überraschend, als dem Abstammungsrecht in weiten Teilen dieselben Erwägungen zugrunde liegen.673 Darüber hinaus ist in der deutschen Rechtsentwicklung sowohl im Verfassungs- als auch im Abstammungsrecht in den letzten Jahren eine Tendenz dahingehend zu erkennen, der genetischen Abstammung immer größere Bedeutung beizumessen.674 Das Kind hat ein aus seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgendes Recht auf Kenntnis seiner eigenen genetischen Herkunft. Genetische, aber nicht rechtliche Väter haben ein von Art. 6 Abs. 2 GG geschütztes Interesse auf Einräumung einer Vaterstellung, das nur hinter bereits bestehenden familiären Beziehungen zwischen dem Kind und dem rechtlichen Vater zurücktreten muss. Außerdem sieht § 1598a BGB die Möglichkeit vor, die genetische Abstammung eines Kindes statusfolgenlos feststellen zu lassen. Auch § 1589 S. 1 BGB geht davon aus, dass die Blutsverwandtschaft und damit die genetische Abstammung Grundlage der Verwandtschaft ist. Und schließlich ist zu berücksichtigen, dass Kinder, die durch künstliche Befruchtung gezeugt werden, aufgrund des Gleichheitsgebots in Art. 3

672

Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 135. Siehe die Erläuterungen zum Hintergrund der jeweiligen Rechtslage in § 3 B. I. 6., S. 108 f. (Deutschland) und § 3 B. II. 7., S. 137 (USA). 674 Balzer, StAZ 2012, 364, 365. 673

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Abs. 3 GG wegen ihrer Abstammung (und damit auch der Art der Zeugung) keinen Nachteil erlangen dürfen. Die unterschiedliche Gewichtung der genetischen Verwandtschaft im deutschen und amerikanischen Abstammungsrecht lässt sich daher nicht ohne weiteres mit unterschiedlichen verfassungs- und abstammungsrechtlichen Wertungen erklären. Vielmehr handelt es sich wohl um eine politische Entscheidung, die eine weniger liberalere Haltung des deutschen Gesetzgebers gegenüber der modernen Fortpflanzungsmedizin wiederspiegelt. Die Frage, ob und inwieweit man medizinisch assistierte Fortpflanzungsmethoden auch abstammungsrechtlich regelt, und sie letztlich dadurch legitimiert, ist ein sensibles Thema, das insbesondere von der Frage geprägt wird, inwieweit ein von der Verfassung garantiertes Recht auf Fortpflanzung besteht. Diese Frage wird in Deutschland und den USA unterschiedlich bewertet. 2. Einbeziehung der Parteiinteressen Auch der Wille aller Beteiligten, die Elternrolle zu übernehmen, wirkt sich im deutschen und amerikanischen Abstammungsrecht sehr unterschiedlich aus. Bei Fehlen jeglicher biologischer Verbindung führt der Wille, Eltern zu sein, in Deutschland nur in zwei Fällen zur statusrechtlichen Zuordnung eines Kindes: bei einem wissentlich falschen Vaterschaftsanerkennis und im Fall der konsentierten heterologen Insemination675. Ein wissentlich falsches Vaterschaftsanerkenntnis führt unmittelbar zur abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes zu einem Mann, der nicht genetisch mit ihm verwandt ist. Bei der konsentierten heterologen Insemination ist es der in Form der Zustimmung zur künstlichen Befruchtung erklärte Wille, Eltern zu sein, der einen Anfechtungsausschluss gemäß § 1600 Abs. 5 BGB herbeiführt676 und so – jedenfalls mittelbar – die rechtliche Elternschaft des Zustimmenden. Genetische Beziehungen zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind bestehen nach künstlicher Befruchtung offensichtlich nicht. Der Grund der rechtlichen Zuordnung bzw. deren Fortbestehen ist damit in beiden Situationen allein der Wille, die Elternrolle zu übernehmen. Darüber hinaus und insbesondere für die Zuordnung eines Kindes zur rechtlichen Mutter spielen auf die Elternschaft bezogene Willenserklärungen in Deutschland hingegen keine Rolle. Entscheidender Faktor ist der Geburtsvorgang. Der Wille Eltern zu sein ist im deutschen Abstammungsrecht lediglich für die Statusänderung relevant, die stets unter gerichtlicher Mitwirkung stattfindet. In den USA wird der intent der Beteiligten hingegen regelmäßige zur originären Begründung der rechtlichen Elternstellung und auch zur Statusänderung herangezogen. Insbesondere in Situationen, in denen sowohl die genetische Mutter als auch 675

Siehe oben 2. Teil, Fn. 340 sowie den zugehörigen Text. Zur teleologischen Reduktion des § 1600 Abs. 5 BGB in Leihmutterfällen siehe oben § 2 B. I. 2. a) bb), S. 90 ff. 676

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

die Geburtsmutter die rechtliche Mutterrolle einnehmen wollen, wird von amerikanischen Gerichten auf den Willen im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtungsmethode abgestellt, um die rechtliche Mutter zu bestimmen. Eine vergleichbare Möglichkeit sieht das deutsche Recht nur im Rahmen der Adoption vor. Dabei handelt es sich jedoch um ein langwieriges Verfahren zur Statusänderung, das frühestens acht Wochen nach der Geburt des Kindes erfolgen kann, und bei dem der Wille der Adoptiveltern zwar Tatbestandsvoraussetzung, aber nicht Grundlage der abstammungsrechtlichen Zuordnung sind. Dies ist vielmehr ausschließlich das Kindeswohl. Das Adoptionsrecht kann daher nicht als Ausprägung des Grundsatzes der parenthood by intent im deutschen Recht gesehen werden. 3. Relevanz der sozialen Elternschaft Auch der tatsächlichen Übernahme elterlicher Verantwortung wird in Deutschland und den USA unterschiedliches Gewicht beigemessen. In Deutschland ist die faktische Übernahme der Fürsorge für das Kind Voraussetzung für die Adoption durch die Wunscheltern, § 1744 BGB. Grundlage für die abstammungsrechtliche Zuordnung ist eine faktisch familiäre Beziehung jedoch nicht. Eine faktische sozialfamiliäre Beziehung steht auch einer Vaterschaftsanfechtung durch einen nur-biologischen Vater entgegen, § 1600 Abs. 2 BGB. Das Kind kann die Vaterschaft jedoch auch in solchen Fällen anfechten. Und auch der Ehemann der Mutter kann trotz sozial-familiärer Beziehung zu dem Kind seine Vaterschaft anfechten. Eine bestehende sozial-familiäre Beziehung ist im deutschen Abstammungsrecht somit nur von geringer Bedeutung.677 Anders stellt sich die Lage in den Vereinigten Staaten dar. Das tatsächliche Zusammenleben mit dem Kind begründet in manchen Bundesstaaten eine Vaterschaftsvermutung.678 Darüber hinaus kann die faktische Übernahme der elterlichen Verantwortung eine spätere „Legalisierung“ der Eltern-Kind-Beziehung ermöglichen oder jedenfalls erleichtern. 4. Abstammung bei Leihmutterschaft Da die Art der Zeugung des Kindes und der Wille der Beteiligten bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung im Abstammungsrecht beider Staaten sehr unterschiedliche Berücksichtigung findet, unterscheidet sich die rechtliche Abstammung bei Geburt eines Kindes durch eine Leihmutter in Deutschland und den USA sehr. Auch innerhalb der USA herrscht diesbezüglich Rechtsspaltung, die dazu führt, dass die Abstammung von Bundesstaat zu Bundesstaat anders beurteilt wird. Für den 677 Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat jedoch klargestellt, dass auch die rein faktische Familie dem Schutz des Art. 8 EMRK untersteht, vgl. EGMR, Urteil vom 28. 06. 2007, Wagner v. Luxemburg, Beschwerde Nr. 76240/01, Rn. 123 ff. sowie unten 3. Teil, Fn. 185. 678 Siehe z. B. Art. 2 Sec. 204 (a) (5) UPA (2000) oder Minn. Stat. § 257.55.

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Vergleich mit Deutschland sind vor allem leihmutterfeindliche Bundesstaaten wie New York oder Indiana interessant. Leihmutterschaft ist dort, wie auch in Deutschland, unzulässig und teilweise sogar strafbar. Die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern und insbesondere zur Wunschmutter ist aber dennoch möglich. Während in Deutschland eine Abstammung des Kindes vom Wunschvater in vielen Fällen durchaus etabliert werden kann, sei es durch Vaterschaftsanerkenntnis oder gerichtliche Feststellung, scheidet eine originäre Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter kategorisch aus. Der Wunschmutter bleibt als einziger Weg, in die rechtliche Elternstellung einzurücken, die Adoption.679 Begründet wird diese Rechtslage vor allem mit Präventionsgesichtspunkten. In New York und Indiana hingegen wird die Wunschmutter in Leihmutterfällen jedenfalls dann als rechtliche Mutter anerkannt, wenn sie mit dem Kind genetisch verwandt ist. Voraussetzung der Zuordnung zur Wunschmutter ist in diesen Staaten zwar zusätzlich, dass diese Zuordnung dem Willen aller Beteiligten im Zeitpunkt der künstlichen Befruchtung entspricht oder die Leihmutter jedenfalls einer Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter nicht widerspricht. Es besteht aber zumindest die grundsätzliche Möglichkeit für die Wunschmutter, die rechtliche Mutter des Kindes zu sein oder zu werden. Darüber hinaus wird die abstammungsrechtliche Zuordnung ausdrücklich von der Bewertung der Leihmutterschaft als unerwünschten Vorgang getrennt.680 Eine Zuordnung zur Wunschmutter ist den USA deshalb möglich, weil das amerikanische Abstammungsrecht die entsprechenden Mechanismen vorsieht. Dies ist in den meisten Bundesstaaten aufgrund entsprechender Gesetze oder aufgrund der Flexibilität des common law der Fall. Vergleichbare Möglichkeiten fehlen im deutschen Recht. Dies überrascht umso mehr, als die Gründe, die für eine Zuordnung zur Wunschmutter in den USA angeführt werden, auch in Deutschland gelten: Durch eine Zuordnung zur Wunschmutter kann die genetische Verwandtschaft zur Grundlage der rechtlichen Abstammung gemacht werden, was den Grundsätzen des Abstammungsrechts entspricht.681 Das Fehlen von Statusänderungsmöglichkeiten und der Möglichkeit der Verrechtlichung der genetischen Verwandtschaft nur hinsichtlich der Mutterschaft stellt eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen dar, die im Hinblick auf den Gleichheitssatz einer besonderen Rechtfertigung bedarf. Eine solche ist auch in Deutschland nicht ersichtlich. Und schließlich entspricht eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern den Interessen der Beteiligten und damit häufig dem Wohl des Kindes. Das Kindeswohl ist auch in Deutschland eines der primären Ziele des Abstammungsrechts. Unter diesen Gesichtspunkten erscheint die Regelung des § 1591 BGB äußerst zweifelhaft.

679

Helms, StAZ 2012, 114, 115. Siehe 2. Teil, Fn. 636. 681 Siehe BT-Drucks. 13/4899, S. 82 („Der in § 1589 S. 1 und S. 2 enthaltene Begriff der Abstammung ist im Sinne genetischer Abstammung zu verstehen.“). 680

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

IV. Würdigung Das indirekte Verbot der Leihmutterschaft im deutschen Recht wirkt sich auch im Abstammungsrecht aus. Durch die unverrückbare Zuordnung des Kindes zur Geburtsmutter wollte der Gesetzgeber unter anderem Leihmutterschaft präventiv verhindern.682 Dieses Vorgehen ist nicht unproblematisch und die Kritik am geltenden Abstammungsrecht, insbesondere an der „rigorosen Regelung“683 des § 1591 BGB ist nicht neu.684 Während die rechtliche Regelung der Mutterschaft bzw. das Fehlen einer ausdrücklichen Regelung früher nur das wiederspiegelte, was offensichtlich war, hat die moderne Fortpflanzungsmedizin dem geltenden Recht diese Grundlage entzogen.685 Der Gesetzgeber war sich dessen bewusst, hat aber dennoch im Zuge der Neufassung des Abstammungsrechts am mater semper certa est-Grundsatz festgehalten. Dies hat dazu geführt, dass das deutsche Abstammungsrecht nicht mehr dem medizinisch Möglichen und der sozialen Realität der Familienbildung entspricht. Somit stellt sich zwangsläufig die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, das Abstammungsrecht zu reformieren.686 Zahlreiche Punkte sprechen dafür: 1. Fehlende Eignung des Abstammungsrechts zur Verhinderung gespaltener Mutterschaft Durch die unverrückbare Zuordnung des Kindes zur gebärenden Frau soll eine gespaltene Mutterschaft vermieden werden.687 Die „richtige“ Mutter eines Kindes ist aus Sicht des Gesetzgebers nur die Frau, die sowohl die genetische, biologische als auch soziale Mutterrolle in sich vereint. Die tatsächliche Aufspaltung der Mutterrolle kann durch das geltende Abstammungsrecht jedoch gar nicht vermieden werden. Vielmehr wird ein vom Gesetzgeber unerwünschter Zustand durch die unverrückbare Zuordnung des Kindes zur gebärenden Frau gerade verfestigt. Wenn beispielsweise das Verbot der Eizellenspende im Ausland umgangen wird,688 und das Kind dennoch unverrückbar der Geburtsmutter zugeordnet wird, fallen die genetische und die soziale/biologische Mutterschaft gezwungenermaßen auseinander. Bei der Eizellspende entspricht dieses Er682

BT-Drucks. 13/4899, S. 51 f. MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 14; Coester, FS Jayme, S. 1247. 684 Siehe hierzu Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 567; MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 24 ff. m.w.N.; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 259 ff. 685 MüKoBGB/Wellenhofer, Vorbem. §§ 1591 ff. Rn. 25; BT-Drucks. 13/4899, S. 82. 686 Mit der Frage, ob das geltende Abstammungsrecht die derzeitigen Lebensrealitäten noch adäquat abbildet, befasst sich derzeit auch der Arbeitskreis „Abstammungsrecht“ des Bundesministeriums der Justiz, vgl. die Pressemitteilung vom 09. 02. 2015, abrufbar unter http:// www.bmjv.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2015/20150209_AK_Abstammung.html? nn=3433226 (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 687 BT-Drucks. 13/4899, S. 82. 688 Dies ist bereits ohne weiteres sogar im europäischen Ausland möglich, vgl. MüKoBGB/ Wellenhofer, § 1591 Rn. 19 ff. 683

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gebnis zwar den Interessen der Beteiligten. Das ändert jedoch nichts daran, dass es sich um eine Situation der gespaltenen Mutterschaft handelt. Darüber hinaus werden inzwischen zahlreiche Kinder von ihren Vätern aufgezogen. Ist der Vater alleinerziehend, hat das Kind gar keine soziale Mutter; hat der Vater eine neue Partnerin, übernimmt diese möglicherweise die (Stief-)Mutterrolle. In keinem dieser Fälle wird das Kind von der Frau aufgezogen, die es zur Welt gebracht hat und soziale und genetisch-biologische Mutterschaft fallen auseinander. Und auch Leihmutterschaft findet, wie bereits geschildert, inzwischen im Ausland und in Deutschland statt. Dabei fallen unter Umständen die soziale, biologische und genetische Mutterschaft auseinander. Der Gesetzgeber ordnet das Kind dennoch der gebärenden Frau zu. Dadurch, dass der Gesetzgeber die genetische Verwandtschaft für die Bestimmung der rechtlichen Mutter ignoriert, kann er allenfalls sicherstellen, dass die biologische und die soziale Mutterschaft (jedenfalls zunächst) zusammenfallen.689 Eine abweichende genetische Mutterschaft ist durch diese Regelung jedoch vorprogrammiert und kann durch das Abstammungsrecht nicht verhindert werden.690 Auch ein etwaiger Konflikt zwischen der Leihmutter und der Wunschmutter kann im Hinblick auf § 1598a BGB nicht vermieden werden.691 Der Versuch, genau das zu tun, ist somit kein überzeugendes Argument für die starre Regelung des § 1591 BGB.692 2. Verhinderung der gespaltenen Mutterschaft nicht erforderlich Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob es tatsächlich erforderlich ist, gespaltene Mutterschaft mit Hilfe des Abstammungsrechts zu verhindern. Der Gesetzgeber führt als Grund pauschal nachteilige Auswirkungen für das Kindeswohl an.693 Zum einen hat eine tatsächliche Auseinandersetzung mit den Folgen von Leihmutterschaft aber gar nicht stattgefunden. Dies räumt der Gesetzgeber selbst ein.694 Zum anderen besteht zwar zweifelsohne bis zum Zeitpunkt der Geburt eine besonders intensive körperliche und psychosoziale Beziehung zwischen dem Kind und der gebärenden

689 Durch die Möglichkeit der anonymen Geburt, der Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater des Kindes sowie der Adoption gilt nicht einmal das uneingeschränkt. 690 A.A. BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 05. 2015), § 1591 Rn. 13. 691 BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 05. 2015), § 1591 Rn. 8. 692 Überzeugen würde § 1591 BGB nur dann, wenn es dem Gesetzgeber ausdrücklich darum gehen würde, das Auseinanderfallen von biologischer und sozialer Mutterschaft zu verhindern. Dies erscheint jedoch sowohl im Hinblick auf die Gesetzesbegründung als auch die Möglichkeit der anonymen Geburt, der vollständigen Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater und der Adoption, zweifelhaft. In allen drei Fällen übernimmt die biologische Mutter des Kindes nicht die soziale Mutterrolle, im Fall der anonymen Geburt kann sie sich ihrer Rolle sogar ohne jegliche behördliche Beteiligung oder Überprüfung entziehen. 693 BT-Drucks. 11/5460, S. 7. 694 BT-Drucks. 11/5460, S. 7; siehe auch 2. Teil, Fn. 224.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Frau.695 Diese sagt jedoch nichts darüber aus, welche abstammungsrechtliche Zuordnung dem Kindeswohl am besten entspricht.696 Eine emotionale Bindung zwischen dem Kind und der Wunschmutter kann auch nach der Geburt entstehen. Dies gilt umsomehr vor dem Hintergrund der medizinischen Studien, die belegen, dass Säuglinge erst ab einer Woche nach der Geburt anfangen, Bindungen aufzubauen.697 Und schließlich ist nicht ersichtlich, wieso die durch Leihmutterschaft herbeigeführte gespaltene Mutterschaft nachteiliger sein soll als in allen anderen Fällen, in denen sie vorkommt und vom Gesetzgeber akzeptiert wird, wie etwa bei der anonymen Geburt oder der Adoption.698 Es kann an dieser Stelle offen bleiben, ob die Aufteilung der Mutterrolle auf bis zu drei Frauen wünschenswert oder erstrebenswert ist. Da sie jedoch nach der geltenden Rechtslage möglich und inzwischen soziale Realität ist, stellt sich die Frage, wieso der Gesetzgeber weiterhin am mater semper certa est-Grundsatz festhält. Dies ist umso mehr deshalb bedenklich, da trotz der zahlreichen unterschiedlichen Möglichkeiten der Erlangung der rechtlichen Vaterschaft der Begriff der „gespaltenen Vaterschaft“ nicht vergleichbar negativ konnotiert ist und selten gebraucht wird. Der Gesetzgeber nimmt vielmehr hin, dass biologische Wahrheit und rechtliche Zuordnung beim Vater gegebenenfalls auseinanderfallen. Diesen Unterschied zwischen Männern und Frauen mit der besonderen Bindung eines Kindes an seine Mutter während der Schwangerschaft zu rechtfertigen, überzeugt nicht, da sich die Frage der abstammungsrechtlichen Zuordnung erst nach der Geburt des Kindes stellt, und es dem Gesetzgeber beim Verbot der Leihmutterschaft, wie es scheint,699 vor allem darum ging, das Auseinanderfallen von sozialer Rolle und biologischem Zusammenhang zu verhindern. Dass das Auseinanderfallen dieser beiden Aspekte bei der väterlichen Abstammung weniger problematisch sein soll als bei der müttlichen Abstammung, lässt sich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Kindes und dem daraus folgenden Recht auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung sowie das Interesse auf Einräumung einer Elternstellung der genetisch verwandten Wunschmutter700 nur schwer vertreten.701 695

Siehe hierzu oben § 2 C. IV., S. 39 f. Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 565. 697 Siehe hierzu oben § 2 C. IV., S. 39 f., sowie Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 48 ff. 698 Siehe hierzu schon oben die Ausführungen zur Bewertung des Verbots der Leihmutterschaft im deutschen Recht, § 3 A. IV., S. 70 ff. Bei der anonymen Geburt verbringt das Kind seine ersten Lebenstage allein im Krankenhaus, kommt anschließend zu einer Pflegefamilie und wird schließlich zu einem späteren Zeitpunkt adoptiert. Auch beim Normalfall der Adoption, die erst acht Wochen nach Geburt des Kindes möglich ist, fehlt dem Kind bis zur endgültigen Zuordnung zu seiner neuen Familie ein fester familiärer Rahmen. Bei Leihmutterschaft hingegen wird es in der Regel sofort nach der Geburt von Wunscheltern in Obhut genommen, die unter Umständen sogar genetisch mit dem Kind verwandt sind. Häufig haben die Wunscheltern auch schon während der Schwangerschaft Kontakt mit der Leihmutter. 699 Siehe hierzu oben 2. Teil, Fn. 32 sowie § 3 A. I. 3., S. 47 ff. 700 Siehe hierzu § 3 B. I. 5. a), S. 104 ff. 696

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3. Keine Rechtfertigung durch generalpräventive Aspekte Durch § 1591 BGB soll Leihmutterschaft präventiv verhindert werden.702 Dabei stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das Abstammungsrecht zu generalpräventiven Zwecken herangezogen werden darf. Fraglich ist dies vor allem deshalb, weil in den Fällen, in denen über die Abstammung eines Leihmutterkindes entschieden werden muss, die Erreichung der generalpräventiven Ziele bereits fehlgeschlagen ist.703 Die Wunscheltern haben eine Leihmutter engangiert und das Kind ist bereits geboren. Zweck des Abstammungsrechts ist es, dem Kind Eltern zu geben und seine Fürsorge und Unterhalt zu sichern.704 Da die gebärende Frau das Kind in bewusster Übernahme der Mutterrolle austrägt und zur Welt bringt, sei sie es, der die Verantwortung und Sorge für das neugeborene Kind am nächsten steht.705 Dasselbe lässt sich jedoch auch zugunsten einer genetisch verwandten Wunschmutter argumentieren. Sie „spendet“ ihre Eizelle und engagiert eine Leihmutter, nur um ein Kind zu bekommen. Während früher unzweifelhaft feststand, welcher Frau die Sorge und Verantwortung für das Kind zuzusprechen ist, kommen durch die Möglichkeit der Eizellspende nun zwei Frauen als rechtliche Mutter in Betracht. Insoweit ist es heute umso mehr die Aufgabe des Abstammungsrechts, die Interessenkonflikte infolge des Auseinanderfallens von genetischer und biologischer Elternschaft angemessen zu lösen.706 Die ethische und moralische Bewertung des medizinisch Möglichen ist dabei von der abstammungsrechtlichen Zuordnung zu trennen.707 Zwar können generalpräventive Aspekte ein überzeugender Grund für gesetzliche Regelungen sein, die sich zu Lasten des einzelnen auswirken.708 Es wird daher von manchen als zulässig angesehen, den Wunscheltern die rechtliche Elternstellung aus Gründen der Generalprävention zu verwehren, schließlich hätten sich diese über das Verbot der Leihmutterschaft bewusst hinweggesetzt.709 Dieses Argument erscheint jedoch nicht nur im Hinblick auf den Zweck des Abstammungsrechts sowie das von Art. 6 Abs. 1 GG geschützte Recht auf Familie und das Recht auf Einräumung einer Elternstellung der genetischen Eltern aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG zweifehalft. Vor allem hatte das durch die Leihmutter geborene Kind keinerlei Einfluss auf die Art seiner Zeugung. 701

Kritisch hierzu auch Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 12. BT-Drucks. 13/4899 S. 82 („Die klare Regelung dient auch der Verhinderung von Leihmutterschaften.“). 703 Mayer, IPrax 2014, 57, 59. 704 Siehe oben § 3 B. I. 6., S. 108 ff. 705 BT-Drucks. 13/4899, S. 82; Helms/Kieninger/Rittner, Abstammungsrecht in der Praxis, S. 4 Rn. 8; Seidl, FPR 2002, 402, 403. 706 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1589 Rn. 9. 707 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 25. 708 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 240. 709 So Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 240; Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 14. 702

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Dennoch ist es in gleicher Weise, wenn nicht sogar noch viel stärker von den nachteiligen Folgen der generalpräventiven Regelung betroffen als die Wunscheltern.710 Gerade in abstammungsrechtlichen Entscheidungen, auf die das Kind keinerlei Einfluss hatte, ist auf das Wohl des Kindes zu achten.711 Stattdessen statutiert § 1591 BGB jedoch in Leihmutterfällen ein Exempel an dem von einer Leihmutter geborenen Kind und macht es dadurch zum Objekt staatlichen Handelns.712 Dies ist mit der Menschenwürde des Kindes nicht vereinbar.713 Dementsprechend können generalpräventive Aspekte die geltenden Regeln im deutschen Abstammungsrecht nicht rechtfertigen.714 Auch weitere Gründen sprechen dafür, die Abstammung eines Kindes nicht von dem Umständen seiner Zeugung abhängig zu machen. Zweck des generalpräventiven Verbots der Leihmutterschaft ist gerade der Schutz des Kindeswohls.715 Wenn die Umstände der Zeugung sich im Abstammungsrecht zum Nachteil des Kindes auswirken, wäre das Kindeswohl jedoch „doppelt“ beeinträchtigt. Zum einen durch die Inanspruchnahme einer vermeintlich kindeswohlgefährdenden Fortpflanzungsmethode und zum anderen durch eine abstammungsrechtliche Zuordnung, die den Interessen des Kindes nicht gerecht wird. Auch bei grundsätzlicher Ablehnung der Leihmutterschaft spricht somit vieles dafür, die medizinischen Umstände der Zeugung von der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes zu trennen und die Rechte des Kindes, insbesondere das Recht auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung,716 im Abstammungsrecht zu berücksichtigen.717 Das Abstammungsrecht sollte daher auch bei künstlicher Zeugung eines Kindes und Inanspruchnahme einer Leihmutter eine Zuordnung zu den Personen ermöglichen, die die Verantwortung für das Kind tragen wollen. Jedenfalls sollte das Abstammungsrecht diese Zuordnung nicht vollständig ausschließen, was aber in Deutschland für die Wunschmutter der Fall ist.

710

Hale, 24 J. Contemp. L. 335 (1998), 369. BVerfG NJW 1989, 891; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 17 m.w.N. 712 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 241. 713 So auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 240 f.; Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 573 f.; Mayer, IPrax 2014, 57, 59; Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2675; Dethloff, JZ 2014, 922, 926; Frank, FamRZ 2014, 1527, 1529; Henrich, FS Schwab, S. 1152; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 36; Heiderhoff, IPrax 2012, 523, 526; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 116. 714 A.A. Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 14. 715 Siehe BT-Drucks. 13/4899 S. 82, sowie oben § 3 B. I. 6., S. 108 ff. 716 Siehe hierzu oben 2. Teil, Fn. 447. 717 Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 565; Coester, FS Jayme, S. 1247. In diesem Zusammenhang ist jedoch zu beachten, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen genetischen Abstammung nicht zwangsläufig einen Anspruch auf Gleichlauf der genetischen mit der rechtlichen Abstammung beinhaltet, siehe hierzu BVerfG NJW 2003, 2151, 2154. 711

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4. Verstoß gegen den Gleichheitssatz Die Regelung der Abstammung eines Kindes nach Leihmutterschaft im deutschen Recht erscheint auch im Hinblick auf den Gleichheitssatz zweifelhaft. a) Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG Zum einen sind die geltenden Regeln im Abstammungsrecht an Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG zu messen. Danach ist unter anderem eine Ungleichbehandlung aufgrund der Abstammung verboten. In diesem Zusammenhang ist vor allem problematisch, dass auch nach der geltenden Rechtslage in manchen Fällen eine unmittelbare oder jedenfalls mittelbare Zuordnung eines Leihmutterkindes zu den Wunscheltern erreicht werden kann.718 In anderen Fällen ist eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern jedoch ausgeschlossen. Sind die Wunscheltern verheiratet und ist die Leihmutter ledig, so kann der Wunschvater die Vaterschaft anerkennen und die Wunschmutter das Kind im Wege der Stiefkindadoption adoptieren. Gleichgeschlechtlichen männlichen eingetragenen Lebenspartnern steht diese Möglichkeit ebenfalls offen. Auch wenn die Leihmutter verheiratetet ist, kann der genetisch verwandte Wunschvater seine rechtliche Vaterschaft durch Vaterschaftsanfechtung und gerichtliche Feststellung herbeiführen. Durch eine anschließende Stiefkindadoption kann auch die Zuordnung zur Wunschmutter erreicht werden, wenn die Wunscheltern verheiratet sind. Und schließlich steht verheirateten heterosexuellen Paaren auch die gemeinsame Adoption des Kindes offen. Lesbische gleichgeschlechtliche Partnerinnen haben hingegen keine Möglichkeit, die rechtlichen Eltern des von einer Leihmutter geborenen Kindes zu werden. Eine Statusänderung auf Seiten der Mutter ist im deutschen Recht nicht vorgesehen und auch die gemeinschaftliche Adoption durch eingetragene Lebenspartner ist ausgeschlossen. Gleichgeschlechtlichen Paaren, die nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, kann das Kind darüber hinaus auch dann nicht gemeinschaftlich zugeordnet werden, wenn einer von ihnen bereits rechtlich mit dem Kind verwandt ist. Eine Stiefkindadoption würde in diesem Fall ausscheiden. Und auch unverheiratete heterosexuelle Paare können nicht die gemeinsamen Eltern des Kindes werden. Eine unterschiedliche Behandlung der Abstammung des Kindes danach, ob die Leihmutter verheiratet ist oder nicht, ob die Wunscheltern verheiratet sind oder in eingetragener Lebensgemeinschaft leben und ob sie weiblich oder männlich sind, erscheint im Hinblick auf das Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund der Abstammung aus Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG nicht zulässig.719 718

Siehe hierzu die Zusammenfassung oben unter § 3 B. I. 7, S. 110 f. Mayer, IPrax 2014, 57, 58. Siehe ausführlich hierzu auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 238 ff. 719

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b) Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG Unabhängig davon führt das geltende Abstammungsrecht sowohl im Rahmen der originären Zuordnung als auch bei der Statusänderung zu einer Ungleichbehandlung zwischen Frauen und Männer,720 sodass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG im Raum steht. Während zur Bestimmung der Vaterschaft nämlich wenigstens teilweise an die genetische Verwandtschaft angeknüpft wird721 und auch § 1589 S. 1 BGB die genetische Abstammung als Grundlage der Verwandtschaft ansieht, bleibt die Genetik für die Zuordnung eines Kindes zu seiner rechtlichen Mutter völlig außer Betracht. Insofern ist die Kritik, die Regelung des § 1591 BGB sei systemwidrig,722 nicht unberechtigt, wenngleich sie hier nicht uneingeschränkt geteilt wird. Hintergrund der Zuordnung des Kindes zur Geburtsmutter sind die Grundsätze der Statusklarheit und Statussicherheit.723 Dem Kind sollen möglichst schnell und eindeutig rechtliche Eltern zugeordnet werden. Ein Schwebezustand sowie Unklarheiten bei der rechtlichen Abstammung sollen vermieden werden.724 Dementsprechend ist es nachvollziehbar, dass das Ziel des Gesetzgebers zunächst war, dem Kind überhaupt Eltern zuzuordnen, als dass diese Zuordnung der biologischen Wahrheit entspricht. Es ist zwar richtig, dass der Gesetzgeber diese Aspekte bei der väterlichen Abstammung, insbesondere bei der parallel liegenden Frage der Anfechtungsmöglichkeiten bei heterologer Insemination anders bewertet, indem er dem Kind stets ein Anfechtungsrecht und damit auch die Möglichkeit einräumt, seinen genetischen Vater feststellen zu lassen.725 Die originäre Zuordnung ist jedoch von der Möglichkeit der Stautsänderung zu trennen. Im Rahmen der originären Zuordnung bedient sich der Gesetzgeber sowohl bei der väterlichen Abstammung als auch bei der mütterlichen Abstammung solcher Hilfskriterien, die einen Gleichlauf zwischen genetischer und rechtlicher Abstammung am wahrscheinlichsten machen.726 Der Geburtsvorgang ist dabei als Anknüpfungsfaktor nicht zu übertreffen. Vergleichbar offensichtliche Hilfskriterien gibt es beim Vater nicht. Dies liegt in der Natur der Sache. Die unterschiedliche Anknüpfung der Mutter- bzw. Vaterschaft ist daher nicht systemwidrig, sondern vielmehr durch natürliche Gegebenheiten und Unterschiede bedingt. Die damit bewirkte Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen ist daher gerechtfertigt.727 720

MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 27. So wohl auch Coester, FS Jayme, S. 1258. Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 259. 722 Siehe hierzu MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 26; Bokelmann/Bokelmann, Übernommene Mutterschaft, S. 259 f. 723 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 26; Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 15 ff. 724 BT-Drucks. 13/4899, S. 52. 725 So MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 26. 726 MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 26. Dabei ist auch heute noch am wahrscheinlichsten, dass die Geburtsmutter auch die genetische Mutter ist. 727 So für die originäre Zuordnung auch Merkel-Walther, Ersatzmutterschaft, S. 107. 721

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Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen ergibt sich jedoch aus den unterschiedlichen Möglichkeiten zur Statusänderung. Durch die Vaterschaftsanfechtung kann stets ein Gleichlauf zwischen genetischer und rechtlicher Verwandtschaft hergestellt werden, da jedenfalls das Kind die Vaterschaft auch in Fällen der konsentierten heterologen Insemination anfechten kann. Für die mütterliche Abstammung ist eine entsprechende Statusänderung hingegen nicht vorgesehen. Dagegen könnte man zwar anführen, dass die Eizellenspende gesetzlich verboten ist, was bei der Samenspende nicht der Fall ist.728 Aus Sicht des Kindes und im Hinblick auf seine genetische Herkunft macht die rechtliche Bewertung der jeweiligen Fortpflanzungsmethode jedoch keinen Unterschied. Darüber hinaus hat auch die genetische Mutter ein von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschütztes Interesse auf Einräumung einer Elternstellung und das Kind gleichermaßen ein Recht auf Kenntnis seiner genetischen Herkunft mütterlicherseits. Dieses Interesse ist zwar nicht notwendigerweise mit einem Anspruch auf Gleichlauf der rechtlichen mit der genetischen Abstammung gleichzusetzen. Um einen solchen Gleichlauf zu erreichen, müssen Frauen derzeit jedoch ein Adoptionsverfahren anstreben, das wesentlich strengeren Voraussetzungen unterliegt als die Vaterschaftsanfechtung und im Einzelfall auch nicht immer erfolgsversprechend ist. Darüber hinaus ist dafür die Zustimmung der Leihmutter erforderlich. Männer hingegen können ihre genetische Vaterschaft relativ unkompliziert im Wege des gerichtlichen Feststellungsverfahrens durchsetzen, auch ohne Zustimmung der Leihmutter. Es handelt sich somit um eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts. Ein sachlicher Differenzierungsgrund für diese Ungleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich der Möglichkeit einer Statusänderung ist nicht ersichtlich. Während die unterschiedliche Behandlung im Rahmen der originären Zuordnung noch mit den Aspekten der Statussicherheit und Statusklarheit sowie mit natürlichen Gegebenheiten gerechtfertigt werden konnte, greift dieses Argument bei der Statusänderung nicht. Da die genetische Verwandtschaft Grundlage der Abstammung ist, diese aber auf Mutterseite nach derzeitiger Rechtslage nie zur rechtlichen Verwandtschaft führen kann, stellt das Fehlen von Korrekturmöglichkeiten einen Bruch im System des Abstammungsrechts dar.729 Vaterschaft und Mutterschaft sind rechtlich gleichwertig und für das Kind von gleichrangiger Bedeutung. Jede andere Beurteilung wäre Ausdruck eines völlig veralteten Rollenbilds. Dass die Vaterschaftsanfechtung eine Verrechtlichung der biologischen Wahrheit herbeiführen kann, was bei einer Wunschmutter, die in die Mutterrolle einrücken will, nicht der Fall sei, hat mit der Möglichkeit der Eizellspende seine Geltung verloren. Das Fehlen von Statuskorrekturmöglichkeiten ist auch nicht geeignet, et728

Die 1. Kammer des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sah in dieser Ungleichbehandlung von Samen- und Eizellenspende einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 14 EMRK, vgl. EGMR, Urteil vom 11. 03. 2010, S.H. v. Austria, Beschwerde Nr. 57813/00. Mit Urteil vom 03. 11. 2011 hat die Große Kammer die Entscheidung jedoch aufgehoben. Siehe hierzu MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 28. 729 Staudinger/Rauscher, § 1591 Rn. 11.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

waige Konflikte zwischen der Eizellspenderin und der gebärenden Frau zu verhinden. Durch § 1598a BGB ist die Feststellung der genetischen Abstammung mütterlicherseits ohnehin bereits möglich.730 Der Gesetzgeber kann somit auch durch die Regelung des § 1591 BGB nicht verhindern, dass das Kind mit der Tatsache einer abweichenden genetischen Mutterschaft konfrontiert wird. Da sachliche Differenzierungsgründe fehlen, führt das geltende Abstammungsrecht zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG.731 c) Art. 3 Abs. 1 GG Darüber hinaus führt das geltende Abstammungsrecht zu einer Ungleichbehandlung unfruchtbarer Frauen je nach Art der Unfruchtbarkeit. Kann eine Frau zwar kein Kind zeugen, es aber austragen, entspricht das von § 1591 BGB herbeigeführte Ergebnis den Interessen der Beteiligten. Bei einer mittels Eizellspende erfolgten künstlichen Befruchtung der Wunschmutter führt § 1591 BGB nämlich dazu, dass das Kind der Wunschmutter zugeordnet wird, obwohl es mit Hilfe einer vom ESchG untersagten medizinischen Methode gezeugt wurde. Kann eine Frau hingegen Eizellen erzeugen, selbst aber nicht schwanger werden, wird das Kind stets der Leihmutter zugeordnet, obwohl die Wunschmutter gleichermaßen eine vom ESchG untersagte Methode in Anspruch genommen hat, und möglicherweise sogar die genetische Mutter des Kindes ist. Auch für diese unterschiedliche Behandlung gibt es keinen rechtfertigenden Grund.732 Im Hinblick auf das von Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG geschützt Interesse der genetischen Mutter auf Einräumung einer Elternstellung wäre allenfalls das umgekehrte Ergebnis vertretbar. 5. Fazit und Lösungsmöglichkeiten Es steht somit fest, dass Leihmutterschaft durch das Abstammungsrecht nicht verhindert werden kann, aber auch nicht verhindert werden muss. Damit ist jedoch noch nicht geklärt, wie der bei Leihmutterschaft entstehende „Konflikt“ zwischen gebärender Frau und genetischer Mutter sowie ggf. der sozialen Mutter angemessen gelöst werden kann. 730

BeckOK BGB/Hahn (Stand: 01. 05. 2015), § 1591 Rn. 8. Dieses Argument hat in zahlreichen US-Bundesstaaten zu einer Änderung des Abstammungsrechts oder jedenfalls zu einer analogen Anwendung der Regeln zur Vaterschaftsanfechtung auch auf Wunschmütter geführt. Ein Beispiel für die Änderung des Abstamungsrechts ist Arizona, siehe 2. Teil, Fn. 121; für eine analoge Anwendung der Vaterschaftsanfechtungsregelungen siehe In re Roberto d.B., 399 Md. 267 (Ct. App. 2007), 275 („Because Maryland’s E.R.A [Equal Rights Act] forbids the granting of more rights to one sex than the other, in order to avoid an equal rights challenge, the paternity statutes in Maryland must be construed to apply equally to both males and females.“). Siehe hierzu auch Areen, Family Law, S. 455 ff. 732 So auch MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 29. 731

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Rechtssicherheit und Praktikabilitätsaspekte sprechen zweifelsohne für eine „rigorose“733 Regelung wie die des § 1591 BGB. Die Geburt als Publizitätsmerkmal ist kaum zu übertreffen. Auch die unstreitig bestehende Bindung zwischen dem ungeborenen Kind und der austragenden Frau während der Schwangerschaft spricht dafür, dieser – jedenfalls zunächst – die Mutterrolle zuzusprechen. Rechtssicherheits- und Praktikabilitätsaspekte verlangen jedoch nicht, dass der einmal erlangte Status nicht korrigiert werden darf.734 a) Einführung einer Mutterschaftsanfechtung Eine Beseitigung der eben geschilderten Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen ließe sich dadurch erreichen, dass die Regeln über die Vaterschaftsanfechtung in gleicher Weise auch für die Änderung der mütterlichen Abstammung herangezogen werden. Vergleichbare Regelungen finden sich beispielsweise im UPA (2000). Auch zahlreiche romanische Rechtsordnungen ermöglichen eine Mutterschaftsanfechtung. Überträgt man das System der Vaterschaftsanfechtung der §§ 1600 ff. BGB auf die Mutter, würde dies bedeuten, dass zunächst die gebärende Frau kraft Abstammungsvermutung die rechtliche Mutter des Kindes wäre. Diese Vermutung könnte jedoch innerhalb bestimmter Fristen und nur von einem begrenzten Personenkreis bei abweichender genetischer Verwandtschaft widerlegt werden. Die Zuordnung des Kindes würde dann in einem gerichtlichen Verfahren zugunsten der genetisch verwandten Wunschmutter geändert werden. Überträgt man die Regeln über die Vaterschaftsanfechtung entsprechend, müsste die nur-genetische Mutter entsprechend § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB an Eides statt versichern, ihre Eizelle gespendet zu haben. Um eine bestehende familiäre Beziehung zwischen der Geburtsmutter und dem Kind zu schützen, wäre eine Anfechtung der Mutterschaft entsprechend § 1600 Abs. 2, 4 BGB augeschlossen, wenn diese bereits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat. Besteht keine sozial-familiäre Beziehung, hätte die genetische Mutterschaft jedoch Vorrang vor der Geburtsmutterschaft. Durch die Einführung einer Mutterschaftsanfechtung bliebe die vom Gesetzgeber mit § 1591 BGB angestrebte Statussicherheit zum Zeitpunkt der Geburt erhalten. Durch eine Vermutung der Abstammung des Kindes von der Geburtsmutter wäre weiterhin eine schnelle und eindeutige Statuszuordnung unmmittelbar mit der Geburt möglich. Gleichzeitig könnte aber eine interessengerechte abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes erfolgen, wenn die genetische und biologische Verwandtschaft auseinanderfallen und sofern bereits bestehende sozial-familiäre Beziehungen nicht entgegenstehen. In den Fällen, in denen es zu den vom Gesetzgeber befürchteten Konflikten zwischen Wunschmutter und Leihmutter käme, wäre weiterhin die Geburtsmutter die rechtliche Mutter. Im Übrigen würde aber dem in 733 734

MüKoBGB/Wellenhofer, § 1591 Rn. 14; Coester, FS Jayme, S. 1247. Hill, 66 N.Y.U. L. Rev. 353 (1991), 371 ff.; Storrow, 53 Hastings L. J.597 (2002), 618 ff.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

§ 1589 S. 1 BGB verankerten Grundsatz der genetischen Verwandtschaft durch eine solche Regelung jedoch zu mehr Geltung verholfen werden. b) Sonder-Adoptionsverfahren für genetisch verwandte Wunscheltern Wollte der Gesetzgeber die derzeitige Rechtslage beibehalten und unabhängig vom Bestehen einer sozial-familiären Beziehung am Vorrang der Geburtsmutterschaft vor der genetischen Verwandtschaft festhalten, wäre auch denkbar, ein vereinfachtes Adoptionsverfahren zu schaffen. Möglich wäre es beispielsweise, eine Statusänderung zugunsten genetisch verwandter Wunscheltern durch gerichtlichen Beschluss und mit Zustimmung der Geburtsmutter (und ihres Ehemannes) sowie einer Annahmeerklärung der Wunschmutter und des Wunschvaters zu gestatten. Die Vermittlung geeigneter Adoptiveltern durch eine staatliche Behörde würde zwar nicht stattfinden, wäre dann aber im Hinblick auf die genetische Verwandtschaft der Wunscheltern entbehrlich. Eine vergleichbare Regelung findet sich im englischen Recht. Nach Sec. 54 HFEA kann ein Gericht auf Antrag der Wunscheltern eine Elternverfügung (parental order) erlassen, wonach das Kind rechtlich als Kind der Antragsteller zu behandeln ist.735 Ob diese Lösung tatsächlich ausreichend wäre, um die von § 1591 BGB bewirkte Ungleichbehandlung zu beseitigen, erscheint jedoch zweifelhaft. c) Übertragung der Intentionslösung (parenthood by intent)? In zahlreichen Fällen stammt das von einer Leihmutter geborene Kind genetisch nicht von der Wunschmutter ab. Eine Mutterschaftsanfechtung und auch eine vereinfachte Adoption, wie sie eben geschildert wurde, würden in diesem Fall nicht weiterhelfen. Beide Möglichkeiten wären aber mangels genetischer Verwandtschaft auch aus Gleichbehandlungsaspekten nicht erforderlich. Sofern sich der Gesetzgeber jedoch entschließt, Leihmutterschaft auch in Deutschland zuzulassen, wie es in dieser Arbeit vorgeschlagen wird, stellt sich zwangsläufig die Frage, ob in Leihmutterfällen der Wille der Beteiligten zur Statusbegründung oder Statusänderung herangezogen werden sollte, ob also das deutsche Recht eine parenthood by intent vorsehen sollte. Dagegen sprechen dieselben Argumente, die auch in der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung gegen das Konzept der parenthood by intent vorgebracht werden: Zunächst einmal sei der Wille der Beteiligten kein geeignetes Anknüpfungskriterium für die Abstammung eines Kindes, da dieser nicht immer ohne

735 Voraussetzung hierfür ist, dass mindestens einer der Antragsteller mit dem Kind genetisch verwandt ist, die Antragsteller in einer stabilen Partnerschaft leben, der Antrag spätestens sechs Monate nach der Geburt des Kindes gestellt wird, und die Geburtsmutter zustimmt. Eine Kindeswohlprüfung findet nicht statt.

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weiteres nachzuweisen sei.736 Darüber hinaus gäbe es zahlreiche Eltern, die nicht die rechtlichen Eltern sein wollen, es aber kraft Gesetzes sein müssen, man denke nur an Fälle ungewollter Schwangerschaft.737 Würde man für die rechtliche Zuordnung nur darauf abstellen, ob jemand die Elternstellung übernehmen will, würde dies die Möglichkeit eröffnen, dass Kinder elternlos würden. Dies sei jedoch zweifellos nicht im Interesse eines Staates.738 Dies überzeugt jedoch nicht. Zum einen ist auch bei der Vaterschaft kraft Anerkennung nach §§ 1592 Nr. 2, 1594 BGB ausschließlich eine Willenserklärung die Grundlage der rechtlichen Abstammung. Der Gesetzgeber hat mit § 1597 BGB ein geeignetes System geschaffen, diese Willenserklärung rechtssicher und verbindlich festzuhalten. Die öffentliche Beurkundung des Willens aller Beteiligten wäre bei einer Intentionslösung im deutschen Recht in gleicher Weise möglich. Zum anderen wäre es ohne weiteres möglich, eine parenthood by intent nur in Sonderfällen, etwa nach künstlicher Befruchtung, als Anknüpfungsmerkmal heranzuziehen. Und schließlich ermöglicht auch das geltende Abstammungsrecht es rechtlichen Eltern, sich ihrer Elternschaft zu entziehen, nämlich durch eine Vaterschaftsanfechtung, durch eine anonyme Geburt und durch die Adoption. Jedenfalls wenn die Interessenlage eindeutig ist und sowohl die Wunscheltern als auch die Leihmutter einer Statusänderung wünschen, ist daher nicht ersichtlich, wieso diese nicht möglich sein soll. Insbesondere entspricht es dem Interesse des Kindes, wenn in derartigen Fällen eine schnelle Statusänderung herbeigeführt werden kann. Zu bedenken ist auch, dass die Elternschaft kraft Willenserklärung dem deutschen Recht bereits jetzt schon nicht völlig fremd ist.739 Durch ein wissentlich falsches Vaterschaftsanerkenntnis kann die Abstammung zum Vater allein aufgrund seines Willens etabliert werden, auch wenn feststeht, dass das Kind genetisch nicht mit ihm verwandt ist. Auch das Nicht-Anfechten der Vaterschaft führt im Ergebnis dazu, dass die Elternstellung – jedenfalls mittelbar – aufgrund einer Willensentscheidung bestehen bleibt. Und auch § 1600 Abs. 5 BGB durchbricht das Prinzip der biologischen Abstammungswahrheit und macht die in der Zustimmung zur künstlichen Befruchtung enthaltene Willensäußerung zur Grundlage des Fortbestands der rechtlichen Zuordnung des Kindes zum Ehemann der Geburtsmutter.740 Die originäre statusrechtliche Zuordnung kraft Willenseklärung ist zwar derzeit nur bei der Vaterschaft vorgesehen. Eine Begründung der mütterlichen Abstammung kraft Wil736

Belsito v. Clark, 644 N.E.2d 760 (Ohio 1994), 764. In re Roberto d.B., 399 Md. 267 (Ct. App. 2007), 289 (Cathell, J., dissenting). 738 In re Roberto d.B., 399 Md. 267 (Ct. App. 2007), 289 (Cathell, J., dissenting: „With the majority’s decision today, if a genetic and/or birth mother does not intend to act as a mother during this manufacturing process – they have no responsibility as a mother. […] Presumably, under such circumstances the only responsibility for the rearing of children would be the State’s.“). 739 Siehe hierzu ausführlich oben § 3 B. I. 4., S. 103 ff. 740 Staudinger/Rauscher, § 1600 Rn. 67 f. 737

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

lenserklärung wäre jedoch zusätzlich zur Geburt als Zuordnungsmerkmal ohne weiteres denkbar. Will man das Konzept der parenthood by intent ins deutsche Recht übertragen, stellt sich die Frage, welcher Zeitpunkt zur Beurteilung der Absicht aller Beteiligten maßgeblich sein soll. Im amerikanischen Recht ist maßgeblicher Zeitpunkt der Abschluss der Leihmuttervereinbarung. Entscheidend ist also der noch vor Durchführung der künstlichen Befruchtung geäußerte Wille. Dies entspricht der Regelung in § 1600 Abs. 5 BGB, wo auf den Willen im Zeitpunkt der Zustimmung zur künstlichen Befruchtung abgestellt wird. Auch ein Vaterschaftsanerkenntnis kann zwar nicht vor Zeugung aber schon vor Geburt des Kindes abgegeben werden, § 1594 Abs. 4 BGB. Beide Regelungen ermöglichen eine frühzeitige Klärung der Vaterschaft, was sowohl im Interesse der Mutter als auch des Kindes liegt.741 Folgerichtig wäre es daher, auch bei der Übertragung der parenthood by intent ins deutsche Recht einen Zeitpunkt vor der künstliche Befruchtung als maßgeblich heranzuziehen.742 Dem steht jedoch die Regelung in § 1747 Abs. 2 S. 1 BGB entgegen. Die Adoption eines Kindes ist erst acht Wochen nach der Geburt zulässig. Diese Überlegungsfrist soll gewährleisten, dass die Entscheidung der rechtlichen Mutter, sich von ihrem Kind zu trennen, nicht leichtfertig erfolgt.743 Dieser Aspekt ist im Fall einer Leihmutterschaft ebenfalls zu berücksichtigen. Die Leihmutter müsste daher in vergleichbarer Weise die Möglichkeit haben, ihren Entschluss sorgfältig zu prüfen. Gleichzeitig erfordert das Kindeswohl jedoch eine frühzeitige rechtliche Zuordnung zu den Personen, in deren Obhut es aufwachsen wird.744 Richtigerweise sollte deshalb auf einen Zeitpunkt abgestellt werden, zu dem sowohl die Leihmutter als auch die Wunscheltern das Ausmaß und die Tragweite ihrer Entscheidung beurteilen können, der gleichzeitig aber auch eine zügige Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern ermöglicht. Überträgt man die parenthood by intent ins deutsche Recht, sollte daher der Wille der Beteiligten zu einem Zeitpunkt kurz nach der Geburt des Kindes bis maximal sechs Tage nach Geburt maßgeblich sein.745 Einer Übertragung der parenthood by intent ins deutsche Recht wird entgegengehalten, dass dadurch das Adoptionsrecht umgangen würde. Dieses Argument überzeugt aber nur, wenn man Leihmutterschaft und die abstammungsrechtliche Zuordnung eines Leihmutterkindes als eine mit der Adoption vergleichbare Form des

741

MüKoBGB/Wellenhofer, § 1594 Rn. 40. So auch Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 587 für den Fall, dass Leihmutterverträge in Deutschland legalisiert werden. 743 MüKoBGB/Maurer, § 1747 Rn. 18. 744 Siehe oben § 2 C. IV., S. 39 f. und MüKoBGB/Maurer, § 1747 Rn. 19. So auch Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 586, die auf Art. 8 EMRK verweist, aus dem sich eine besondere Eilbedürftigkeit der rechtlichen Zuordnung des Kindes ergebe. 745 Siehe hierzu oben § 2 C. IV., S. 39 ff. 742

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Statuswechsels ansieht, was hier gerade nicht vertreten wird. Vielmehr ist die Intentionslösung als zusätzliche Möglichkeit der erstmaligen Statusbegründung anzusehen. Ersetzt bzw. ergänzt werden nicht die §§ 1741 ff. BGB sondern die §§ 1591 ff. BGB. Folgt man dieser Auffassung, steht auch eine fehlende Kindeswohlprüfung der Intentionslösung nicht entgegen. Bei der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung erfolgt nämlich ebenfalls keine solche Prüfung. d) Zwischenergebnis Wie soeben gezeigt wurde, kommen zahlreiche Lösungsmöglichkeiten zur Regelung der mütterlichen Abstammung von Leihmutterkindern in Betracht. Manche von ihnen sind aus Gleichbehandlungsgründen verfassungsrechtlich geboten, manche wären im Zusammenhang mit einer Legalisierung der Leihmutterschaft zweckmäßig. Welche dieser Lösungen der Gesetzgeber umsetzt, ist eine politische Entscheidung. Dass die Abstammung von Leihmutterkindern geregelt sein muss, und die Wunschmutter in die Elternstellung einrücken können müssen, steht jedoch, wie oben gezeigt wurde, fest. Bis eine Gesetzesänderung erfolgt,746 muss das deutsche Abstammungsrecht daher so ausgelegt und angewendet werden, dass eine Zuordnung zu beiden Wunscheltern jedenfalls dann möglich ist, wenn diese mit dem Kind genetisch verwandt sind.747

C. Staatsangehörigkeit In den meisten Ländern der Welt wird die Staatsangehörigkeit jedenfalls auch durch Geburt vermittelt. Die Nationalität eines Kindes ist daher untrennbar mit seiner Abstammung verbunden. Die Staatsangehörigkeit von Leihmutterkindern ist aus diesem Grund oft fraglich, was zu großen praktischen Problemen für die Beteiligten führt. I. Deutschland 1. Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit In Deutschland gilt auch nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts im Jahr 2000 weiterhin das ius sanguinis-Prinzip. Die Staatsangehörigkeit wird gemäß § 3

746

Vergleichbare Reformen werden auch für das amerikanische Abstammungsrecht gefordert, vgl. Byrn/Holzer, 41 Wm. Mitchell L. Rev. 130 (2015), 136 ff., die für eine Regelung der Abstammung von mittels MAF gezeugten Kindern durch self-executing statutes argumentieren und den intent test bevorzugen. 747 So auch Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 586, die im Hinblick auf Art. 8 EMRK eine völkerrechtskonforme Rechtsfortbildung für erforderlich hält.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Abs. 1 Staatsangehörigkeitsgesetz (StAG)748 durch Geburt erworben. Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ist nach § 4 Abs. 1 S. 1 StAG, dass mindestens ein Elternteil deutscher Staatsbürger ist. Auf den Geburtsort des Kindes kommt es hingegen nicht an.749 Ist lediglich der Vater Deutscher und ist zur Begründung der Abstammung nach den deutschen Gesetzen die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft erforderlich, so muss die Anerkennung oder Feststellung der Vaterschaft wirksam erfolgt sein, § 4 Abs. 1 S. 2 StAG. Auch durch die Annahme als Kind kann die deutsche Staatsangehörigkeit erworben werden, §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 6 StAG. Da die Annahme als Kind ein Verwandtschaftsverhältnis begründet, das dem eines leiblichen Kindes gleichgestellt ist,750 ist auch der Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Adoption Ausdruck des ius sanguinis-Prinzips. Daneben enthält das StAG jedoch auch ius soli-Elemente. Gemäß § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern bei Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit 8 Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt. Die Möglichkeit des iure-soli-Erwerbs der Staatsangehörigkeit wurde bereits mit dem Beitritt Deutschlands zum New Yorker Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit751 eröffnet,752 war zunächst jedoch nur als Einbürgerungsanspruch ausgestaltet.753 Der originäre Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland ist erst seit der Reform des Staatsangehörigkeits im Jahr 2000 möglich.754 Die Verfassungsmäßigkeit dieser Erweiterung der Erwerbsgründe durch Einführung des Territorialitätsprinzips ist umstritten.755 Eine Abkehr vom ius-sanguinis-Prinzip kann darin aber jedenfalls nicht gesehen werden.756 Dies verdeutlichen auch die im StAG enthaltenen Sonderbestimmungen für Findelkinder und Kinder, die im Wege

748 Staatsangehörigkeitsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 102-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 13. November 2014 (BGBl. I S. 1714) geändert worden ist. 749 Hofmann/Hoffmann/Oberhäuser, StAG, § 4 Rn. 4. 750 §§ 1754, 1755 BGB. Siehe auch oben § 3 B I. 2., S. 86 f. 751 UN-Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit, in der englischen Fassung abrufbar unter: http://treaties.un.org/doc/Publication/UNTS/Volume%2 0989/v989.pdf, S. 175 ff. (zuletzt eingesehen am 26. März 2016), im Folgenden: NY-Übereinkommen. 752 Vgl. Art. 1 Abs. 1 S. 2 lit. a des NY-Übereinkommens. 753 Art. 2 des deutschen Ausführungsgesetzes (Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 29. Juni 1977 (BGBl. I S. 1101), das durch Artikel 3 § 4 des Gesetzes vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618) geändert worden ist); Hailbronner/Renner/Maaßen/Renner/Maaßen, StAG, § 4 Rn. 6. 754 Hailbronner/Renner/Maaßen/Renner/Maaßen, StAG, § 4 Rn. 6. 755 Ausführlicher hierzu Hailbronner/Renner/Maaßen/Hailbronner, StAG, Grundlagen des Staatsangehörigkeitsrecht Rn. 13 ff. und GG, Art. 16 Rn. 47 ff. 756 Hailbronner/Renner/Maaßen/Renner/Maaßen, StAG, § 4 Rn. 5.

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der vertraulichen Geburt geboren wurden.757 Gemäß § 4 Abs. 2 StAG wird in beiden Fällen die Abstammung von deutschen Eltern bis zum Beweis des Gegenteils vermutet und damit am Abstammungsgrundsatz festgehalten.758 Die durch eine Leihmutter ausgetragenen Kinder deutscher Wunscheltern werden typischerweise im Ausland geboren. Auf den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit iure-soli kommt es daher in der Regel nicht an. Maßgeblich ist allein die Abstammung des Kindes. Wenn die Leihmutter, wie so häufig, ausländische Staatsangehörige ist, kann das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nur erhalten, wenn es von den Wunscheltern abstammt. Selbst wenn das Kind einer ausländischen Leihmutter in Deutschland zur Welt kommt, scheidet ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit iure-soli regelmäßig aufgrund der weiteren Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 StAG aus. Insbesondere der erforderliche achtjährige Aufenthalt eines ausländischen Elternteils in Deutschland ist bei der Leihmutter in der Regel nicht gegeben.759 Die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt das von einer Leihmutter geborene Kind daher nur, wenn es nach dem vom deutschen IPR berufenen Sachrecht von den deutschen Wunscheltern abstammt oder von ihnen adoptiert wird. 2. Verfahren bei Auslandsgeburt Grundsätzlich ändert die Geburt eines Kindes im Ausland aus deutscher Sicht nichts an der rechtlichen Beurteilung seiner Staatsangehörigkeit.760 Allerdings sind zwei Gesichtspunkte zu beachten. Zum einen ist die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt im Inland erforderlich. Zum anderen benötigt das Kind einen Kinderreisepass, um nach Deutschland einreisen zu können. Beides hat bisher in Leihmutterschaftsfällen zu praktischen Problemen geführt. a) Antrag auf Ausstellung eines Kinderreisepasses Zuständig für die Ausstellung des Kinderreisepasses761 ist die deutsche Auslandsvertretung am Geburtsort des Kindes.762 Das Verfahren richtet sich nach dem 757 Die vertrauliche Geburt wurde eingeführt durch das Gesetz zum Ausbau der Hilfe für Schwangere und zur Regelung der vertraulichen Geburt vom 28. August 2013, BGBl. I S. 3458. 758 Hailbronner/Renner/Maaßen/Renner/Maaßen, StAG, § 4 Rn. 5. 759 Es steht außer Frage, dass dies im Einzelfall anders sein kann. Die Leihmutter kann auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder sich bereits 8 Jahre in Deutschland aufgehalten haben. 760 Hofmann/Hoffmann/Oberhäuser, StAG, § 4 Rn. 4. 761 Nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 PassG gilt auch ein Kinderreisepass als Pass im Sinne des PassG. Für die Ausstellung gelten daher dieselben Voraussetzungen wie für einen Reisepass. 762 § 19 Abs. 2 PassG. Um Missbrauchsfälle, insbesondere bei Leihmutterschaft und der Umgehung von Adoptionsvorschriften, zu vermeiden, bleibt die Zuständigkeit der deutschen Auslandsvertretung am Geburtsort auch dann bestehen, wenn das Kind unmittelbar nach der Geburt (ggf. auf illegalem Weg) nach Deutschland verbracht wird, Nr. 19.3.4 Allgemeine

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

Passgesetz (PassG).763 Der Antragsteller, also das Kind, vertreten durch seine Eltern,764 hat nach § 6 Abs. 2 S. 2 PassG alle Tatsachen anzugeben und alle Nachweise zu erbringen, die zur Feststellung seiner Person und seiner Eigenschaft als Deutscher notwendig sind. Somit ist vor allem der Nachweis der Abstammung von deutschen Eltern erforderlich, der bei Geburt durch eine ausländische Leihmutter schwer zu führen ist. Zwar kann der Nachweis grundsätzlich auch durch ausländische Personenstandsurkunden erbracht werden.765 In vielen Staaten, in denen Leihmutterschaft zulässig ist, werden die Wunscheltern auch unmittelbar in der ausländischen Geburtsurkunde als rechtliche Eltern des Kindes ausgewiesen.766 Sofern jedoch Zweifel an den Abstammungsverhältnissen bestehen und keine ausländische gerichtliche Entscheidung über die Elternschaft vorliegt, ist die Abstammung nach dem jeweils berufenen Sachrecht zu prüfen.767 Zweifel an der Abstammung des Kindes, die vom Auswärtigen Amt gerade bei Verdacht auf Leihmutterschaft sehr streng geprüft wird,768 ergeben sich immer dann, wenn das Kind in einer spezialisierten Fruchtbarkeitsklinik geboren wurde, oder wenn eine Schwangerschaft der Wunschmutter offensichtlich ausscheidet.769 Beides ist bei ausländischer Leihmutterschaft häufig der Fall. Die Abstammung des Kindes beurteilt sich daher nach dem vom deutschen Internationalen Privatrecht berufenen Sachrecht, was im Ergebnis häufig dazu führt, dass das Kind nicht von deutschen Eltern abstammt. Die Problematik der Abstammung in grenzüberschreitenden Fällen wird unten näher erläutert.770 Bereits jetzt erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang lediglich die Tatsache, dass das Kind ohne Reisepass nicht nach

Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Passgesetzes, GMBl. 2009 Nr. 81, S. 1686, 1716 (PassVwV). 763 Passgesetz vom 19. April 1986 (BGBl. I S. 537), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juni 2015 (BGBl. I S. 970) geändert worden ist. 764 Ob die Wunscheltern das Kind wirksam vertreten können, hängt auch wiederum davon ab, ob sie die rechtlichen Eltern sind. Bei der Abstammung des Kindes handelt es sich somit um eine doppelrelevante Tatsache, die für die Zuständigkeit der Klage nicht nachgewiesen werden muss. Die Abstammung des Kindes kann für die Zulässigkeit somit unterstellt werden, vgl. BGH NJW 2010, 873. 765 Nr. 4.0 Abs. 2 S. 1 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zum Staatsangehörigkeitsrecht vom 14. Dezember 2000, BAnz. 2001 Nr. 21 (StAR-VwV). 766 Dies ist beispielsweise der Fall in Kalifornien, Indien und der Ukraine. 767 Nr. 4.0 Abs. 2 S. 2 StAR-VwV. Diese Regelung ist Ausdruck der geringeren Beweiskraft, die ausländischen Personenstandsurkunden zukommt, Rhein, PStG, § 54 Rn. 7. Siehe hierzu auch ausführlich unten § 4 A. II. 2., S. 163 f. 768 Siehe hierzu den Hinweis für Leihmutterschaften des Auswärtigen Amtes, http://www. auswaertiges-amt.de/DE/Infoservice/FAQ/GeburtAusland/06-Leihmutterschaft.html?nn=383 016 (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 769 Siehe 1. Teil, Fn. 7 sowie die entsprechenden Ausführungen des VG Berlin, Beschluss vom 15. 04. 2011, IPrax 2012, 548 (Indien). 770 Siehe § 5, A. II., S. 226 ff.

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Deutschland einreisen darf.771 Gleichzeitig können sich die Wunscheltern aus aufenthaltsrechtlichen und häufig aus einreiserechtlichen, finanziellen und persönlichen Gründen nicht über einen längeren Zeitraum im Geburtsland des Kindes aufhalten.772 b) Nachbeurkundung der Auslandsgeburt Sofern das Kind in einem Land geboren wird, in dem die Staatsangehörigkeit iure soli vermittelt wird, kann es einen ausländischen Reisepass erhalten, der ihm die Einreise nach Deutschland ermöglicht.773 Erforderlich ist dann die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt in Deutschland. Für zahlreiche alltägliche Situationen im Leben eines Kindes wird die Vorlage einer Geburtsurkunde verlangt, beispielsweise bei der Einschulung, für die Eröffnung eines Kontos für das Kind, für den Abschluss von Versicherungen und auch für den Bezug von Kindergeld. Eine ausländische Geburtsurkunde ist hierfür oftmals nicht ausreichend.774 Die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt richtet sich nach § 36 Abs. 1 Personenstandsgesetz (PStG).775 Voraussetzung der Nachbeurkundung ist nach § 36 Abs. 1 S. 1 1. HS PStG, dass das Kind deutscher Staatsangehöriger ist.776 Beurkundet werden gemäß §§ 36 Abs. 1 S. 2, 21 Abs. 1 Nr. 4 PStG unter anderem die Vor- und Familiennamen der Eltern. In Leihmutterschaftsfällen ist die Nachbeurkundung aus zwei Gründen problematisch. Zum einen stammt das Kind, wie eben geschildert, oft nicht von den deutschen Wunscheltern ab und ist daher nicht deutscher Staatsbür-

771 Das VG Berlin hat bereits mehrfach Anträge auf Ausstellung eines Kinderreisepasses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abgelehnt, siehe hierzu bereits 1. Teil, Fn. 22. Neben der fehlenden Abstammung von deutschen Eltern werfen alle drei Entscheidungen auch die Frage der ordnungsgemäßen Vertretung des Antragstellers auf, lassen die Beantwortung jedoch offen, da die jeweiligen Anträge ohnehin jedenfalls unbegründet waren. Erschwerend kam im zweiten indischen Fall (Beschluss vom 15. 04. 2011) hinzu, dass die Identität der Leihmutter nicht offen gelegt wurde, weshalb die Vaterschaft nach indischem Recht nicht feststellbar war und der Antrag auch aus diesem Grund abgelehnt wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom OVG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen, OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06. 07. 2011, BeckRS 2011, 54132. Auch der Antrag auf visumsfreie Einreise für vorübergehenden Aufenthalt und die Ausstellung eines Visums zum Familiennachzug wurden im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig abgelehnt. 772 Dass dies für die Beteiligten zu untragbaren Situation führen kann, verdeutlicht eine Reportage des Magazins „Der Spiegel“ zu einem deutsch-indischen Leihmutterfall, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/leihmutter-drama-deutsche-eltern-kaemp fen-in-indien-um-ihre-zwillinge-a-681644.html (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 773 Die visumsfreie Einreise ist insbesondere für amerikanische Staatsangehörige möglich, vgl. oben 1. Teil, Fn. 17. 774 Wagner, StaZ 2012, 294, 297. 775 Personenstandsgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. August 2013 (BGBl. I S. 3458) geändert worden ist. 776 Staatenlose mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland haben nach § 36 Abs. 1 S. 3 PStG das gleiche Recht, Rhein, PStG, § 36 Rn. 2.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

ger.777 Insoweit stellen sich die gleichen Probleme wie bei der Beantragung eines Kinderreisepasses.778 Zum anderen müssen bei der Nachbeurkundung eines ausländischen Personenstandsfalles oftmals Situationen beurkundet werden, die dem deutschen Recht unbekannt sind. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn in der ausländischen Geburtsurkunde zwei gleichgeschlechtliche Partner als Eltern ausgewiesen sind.779 Auch die Einreise mit einem ausländischen Reisepasst löst die im Zusammenhang mit Leihmutterschaft bestehenden Probleme daher nur teilweise. Darüber hinaus ist der visumsfreie Aufenthalt in Deutschland für ausländische Staatsbürger auch nur für einen Zeitraum von 90 Tagen zulässig,780 so dass das Kind danach illegal in Deutschland wäre. Auch aus diesem Grund ist eine Klärung der Abstammungsverhältnisse des Kindes erforderlich. 3. Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit Bei Zweifeln oder Streit über die Staatsangehörigkeit eines Kindes besteht die Möglichkeit, ein Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit nach § 30 StAG einzuleiten. Für die Feststellung der Staatsangehörigkeit ist erforderlich, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird, dass der Antragsteller die deutsche Staatsbürgerschaft erworben und nicht wieder verloren hat, § 30 Abs. 2 StAG. Die Beweislast hierfür trägt derjenige, der geltend macht, deutscher Staatsbürger zu sein.781 Bei Geburt durch eine ausländische Leihmutter hilft diese Möglichkeit somit auch nicht weiter. Problematisch ist in diesem Zusammenhang zusätzlich die Vertretungsmacht der Wunscheltern. Das minderjährige Kind kann nur vertreten durch seine gesetzlichen Vertreter, also regelmäßig seine Eltern, ein Verfahren einleiten. Auch im Rahmen der Zulässigkeit der Klage stellt sich daher die Vorfrage der Abstammung des Kindes, wenngleich es sich dabei in Staatsangehö777 So beispielsweise OLG Stuttgart, Beschluss vom 7. 2. 2012, NJW-RR 2012, 389 (Kalifornien/USA) – die gegen diesen Beschluss eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen, BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 22. 8. 2012, NJW-RR 2013, 1); ebenso AG Berlin-Schöneberg, Beschluss vom 25. 10. 2012 (Kalifornien/USA). Erfolgt ist die Nachbeurkundung hingegen im Fall einer ledigen Leihmutter, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26. 4. 2013, BeckRS 2013, 07831; AG Nürnberg, Beschluss vom 14. 12. 2009 (Russland). 778 Auch hier bestehen Probleme hinsichtlich der Antragsberechtigung der Wunscheltern, da diese das Kind nur dann wirksam vertreten können, wenn sie seine rechtlichen Eltern sind, § 36 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 PStG. 779 So hatte beispielsweise das OLG Celle über die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt eines in Spanien geborenen Kindes zu entscheiden. Das Kind war in der Geburtsurkunde als gemeinschaftliches Kind einer deutschen und einer italienischen Staatsangehörigen eingetragen, die in Spanien eine gleichgeschlechtliche Ehe geschlossen hatten. Im Ergebnis wurde nur die mütterliche Abstammung der Geburtsmutter beurkundet, OLG Celle, NJW-RR 2011, 1157. 780 Siehe oben 1. Teil, Fn. 17. 781 Hailbronner/Renner/Maaßen/Renner/Maaßen, StAG, § 30 Rn. 5.

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rigkeitsfeststellungsverfahren regelmäßig um eine doppelrelevante Tatsache handelt, sodass im Rahmen der Zulässigkeit der Klage die gesetzliche Vertretungsmacht der Wunscheltern zunächst vermutet wird.782 II. USA 1. Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit Der Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit ist im 14th Amendment der US-Verfassung geregelt.783 Danach sind „[a]ll persons born […] in the United States, and subject to the jurisdiction thereof“ amerikanische Staatsangehörige.784 Konkretisiert wird diese Regelung durch 8 U.S.C. §§ 1401 – 1409. Die Vereinigten Staaten folgen damit dem ius soli-Prinzip. Das ius soli-Prinzip gilt jedoch nicht ausschließlich. Auch bei Geburt im Ausland kann ein Kind die amerikanische Staatsbürgerschaft erwerben, wenn die Voraussetzungen von 8 U.S.C. § 1401 (c) – (e) vorliegen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn beide Eltern amerikanische Staatsbürger sind und mindestens einer der Eltern eine residence im Gebiet der Vereinigten Staaten hat. Damit gilt auch im amerikanischen Recht zumindest bei Geburt eines Kindes im Ausland das ius sanguinis-Prinzip und der Erwerb der Staatsangehörigkeit hängt von der Vorfrage der Abstammung des Kindes ab.785 Durch eine Adoption kann die Staatsangehörigkeit nicht unmittelbar erworben werden.786 Vielmehr ist nach einer Adoption ein Einbürgerungsverfahren erforderlich.787 Bei Findelkindern wird die amerikanische Staatsangehörigkeit vermutet, sofern sie vor dem fünften Lebensjahr gefunden wurden und bis zum 21. Lebensjahr eine Abstammung nicht feststellbar ist.788 Bei Geburt durch eine Leihmutter im Inland ergeben sich hinsichtlich der Staatsangehörigkeit des Kindes keine Probleme. Es erwirbt die amerikanische Staatsangehörigkeit mit Geburt, unabhängig davon, wer seine Eltern sind.789 Leih782

Siehe hierzu schon 2. Teil, Fn. 771. Amend. XIV Sec. 1 U.S. Const.: „All persons born or naturalized in the United States, and subject to the jurisdiction thereof, are citizens of the United States and of the state wherein they reside. No state shall make or enforce any law which shall abridge the privileges or immunities of citizens of the United States.“ 784 Gleichzeitig sind sie damit auch Staatsbürger des Bundesstaates in dem sie leben, Amend. XIV Sec. 1 S. 1 U.S. Const. 785 Siehe hierzu Scales v. Immigration and Naturalization Service, 232 F.3d 1159 (9th Cir. 2000) und Solis-Spinoza v. Gonzales, 401 F.3d 1090 (9th Cir. 2005). 786 7 FAM 1131.3. 787 Das Einbürgerungsverfahren ist ausführlich in 7 FAM 1157 geregelt. 788 8 U.S.C. § 1401 (f). 789 Diese Regelung ermöglicht deutschen Wunscheltern die Rückreise nach Deutschland auch dann, wenn die Abstammung des Kindes noch ungeklärt ist. Das Kind erwirbt allein durch Geburt in den USA die amerikanische Staatsangehörigkeit und der amerikanische Pass gestattet dem Kind die visumsfreie Einreise in die EU, siehe ausführlich hierzu 1. Teil, Fn. 17. Sofern das 783

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

mutterschaftsfälle im Ausland sind im Foreign Affairs Manual (FAM) des U.S. Department of State790 ausdrücklich geregelt.791 Entscheidend für den Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit ist die genetische Abstammung von einem amerikanischen Elternteil. Grundsätzlich wird ein Leihmutterkind dabei genauso behandelt, wie ein Kind amerikanischer Eltern, das auf natürlichem Weg gezeugt und im Ausland geboren wurde. Das FAM unterscheidet deshalb zwischen Ersatz- und Tragmutterschaft.792 Stammt das Kind bei einer Ersatzmutterschaft genetisch von seinem amerikanischen Wunschvater ab, wird es für den Erwerb der Staatsangehörigkeit genauso behandelt wie nichteheliche Kinder amerikanischer Väter.793 Bei Tragmutterschaft wird (sofern die Eizelle von der Wunschmutter stammt) die Staatsangehörigkeit nach denselben Regel erworben, die für natürlich gezeugte nichteheliche Kinder amerikanischer Mütter gelten (sofern der Samenspender nicht Amerikaner sein sollte).794 Sind beide Wunscheltern amerikanische Staatsangehörige, gelten die entsprechenden Regeln für Kinder zweier amerikanischer Staatsbürger.795 Auf den Familienstand der Leihmutter kommt es für den Erwerb der Staatsangehörigkeit nicht an.796 Grundsätzlich ist also die Blutsverwandtschaft mit dem Elternteil erforderlich, von dem die Staatsangehörigkeit abgeleitet wird. In manchen Fällen verzichtet die amerikanische Rechtsprechung bislang sogar auf das „blood relationship requirement“, solange eine Vaterschaftsvermutung kraft Ehe mit der Mutter zugunsten des Mannes greift, von dem das Kind seine Staatsangehörigkeit ableitet.797 Auch wenn fest steht, dass er nicht der genetische Vater des Kindes ist, kann das Kind also die amerikanische Staatsangehörigkeit aufgrund der rechtlichen Verwandtschaft zu ihm erwerben.798 Ob diese Möglichkeit auch in Leihmutterfällen besteht, wenn nur der Kind in einem leihmutterfreundlichen Bundesstaat geboren wird, werden die deutschen Wunscheltern auch unmittelbar als rechtliche Eltern in die Geburtsurkunde und den Reisepass des Kindes eingetragen. 790 Das FAM ist die grundsätzliche Handlungsrichtlinien für alle Bereiche des U.S. Department of State, abrufbar unter: http://www.state.gov/m/a/dir/regs/fam (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 791 7 FAM 1131.4-2. 792 7 FAM 1131.4-2 a. und b. 793 7 FAM 1131.4-2 a., 8 U.S.C. § 1409 (a). Vgl. hierzu eine Entscheidung des Administrative Appeals Office (AAO) des Department of Homeland Security vom 8. März 2007, 2007 WL 5318790 (DHS) (einsehbar über Westlaw). Das AAO bestätigte die amerikanische Staatsangehörigkeit des von einer kanadischen Leihmutter geborenen Kindes aufgrund genetischer Verwandtschaft zum Wunschvater. 794 7 FAM 1131.4-2 b Alt. 1, 8 U.S.C § 1409 (c). 795 7 FAM 1131.4-2 b. Alt. 2, 8 U.S.C § 1401 (c). 796 7 FAM 1131.4-2 c. 797 Scales v. Immigration and Naturalization Service, 2. Teil, Fn. 785, S. 1164 und 1166. 798 In Scales v. Immigration and Naturalization Service, 2. Teil, Fn. 785, stammte das auf den Philippenen geborene Kind genetisch nicht von amerikanischen Staatsangehörigen ab. Die philippinische Mutter des Kindes war zum Zeitpunkt der Geburt jedoch mit einem Amerikaner

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Wunschvater Amerikaner ist, er aber genetisch nicht mit dem Kind verwandt ist, wurde bisher noch nicht entschieden. 2. Verfahren bei Auslandsgeburt Bei einer Geburt im Ausland ist nach dem amerikanischen Recht ein Consular Report of Birth Abroad of an American Citizen (CRBA) erforderlich, sowie die Ausstellung eines Kinderreisepasses. Aufgrund der eindeutigen Bestimmungen zu Leihmutterschaft im FAM ist die Ausstellung eines Kinderreisepasses bei Geburt durch eine ausländische Leihmutter im Ausland in der Praxis wenig problematisch. Wenn das Kind genetisch von amerikanischen Eltern abstammt, ist es amerikanischer Staatsbürger. Hierfür ist der Nachweis der Blutsverwandtschaft mit dem Wunschvater oder der Wunschmutter erforderlich.799 Eine ausländische Geburtsurkunde oder Stellungnahmen der Wunscheltern reichen hierfür jedoch nicht aus.800 Vielmehr muss die Bestätigung einer medizinischen Einrichtung vorgelegt werden, in der die gesamten Umstände des künstlichen Fortpflanzungsverfahrens dargelegt werden und, soweit möglich, die Abstammung mittels eines Bluttests nachgewiesen wird.801 Gelingt dies, wird das Kind als biologisches Kind der Wunscheltern behandelt802 und es gelten die allgemeinen Regeln zum Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit in 8 U.S.C. §§ 1401 – 1409. Kann dieser Nachweis jedoch nicht geführt werden, scheidet der Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit aus.803

verheiratet. Der Court of Appeals (9th Circ.) legte die einschlägige Vorschrift 8 U.S.C. § 1401 (g) dahingehend aus, dass diese Verbindung für die rechtliche Abstammung zur Vermittlung der Staatsangehörigkeit ausreicht, Scales v. Immigration and Naturalization Service, 2. Teil, Fn. 785, S. 1166 („There is no requirement of a blood relationship between [the child] and his citizen father, as there is for an illegitimate child.“). 799 Nach 8 U.S. C. § 1409 (a) (1) ist hierfür „clear and convincing evidence“ erforderlich, vgl. hierzu auch die Hinweise auf der website des U.S. Department of State, abrufbar unter: http://travel.state.gov/content/travel/english/legal-considerations/us-citizenship-laws-policies/as sisted-reproductive-technology.html (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 800 7 FAM 1131.4-2 a („Additional evidence beyond the child’s birth certificate and statement of the parents is required.“). 801 Vgl. hierzu auch die Hinweise der U.S. Botschaft in Neu Delhi, abrufbar unter: http:// newdelhi.usembassy.gov/service/reporting-births-and-citizenship-questions/surrogacy-a.r.t.and-dna-testing (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 802 7 FAM 1131.4-2 c. S. 2. 803 Siehe hierzu auch die Informationen des U.S. Department of State, http://travel.state.gov/ content/travel/english/legal-considerations/us-citizenship-laws-policies/assisted-reproductivetechnology.html (zuletzt eingesehen am 26. Mai 2015): „Children who are born abroad to foreign surrogates and who are not biologically related to a U.S. citizen parent can have trouble entering the United States. If the child is not biologically related to a U.S. citizen parent, the child will not acquire U.S. citizenship automatically at birth.“

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

3. Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit Bei Zweifeln am Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit besteht zum einen die Möglichkeit, eine allgemeine Feststellungsklage nach 8 U.S.C. § 2201 (a) zu erheben. Zuständig hierfür ist „any court of the United States“.804 Stellt sich die Frage der Staatsangehörigkeit im Rahmen eines Ausweisungsverfahrens, steht dem Betroffenen als Rechtsbehelf zusätzlich eine sog. Staatsangehörigkeitsklage (nationality claim) nach 8 U.S.C. § 1252 (b) (5) zur Verfügung. Zuständig für die Entscheidung hierüber sind entweder die Courts of Appeal oder die District Courts.805 III. Vergleich Sowohl in Deutschland als auch den Vereinigten Staaten wirken sich die Probleme der Abstammung von Leihmutterkindern auf deren Staatsangehörigkeit aus. Für amerikanische Wunscheltern ist die Situation jedoch in zweierlei Hinsicht weniger problematisch. Zum einen erwirbt das Kind bei Geburt im Inland aufgrund des in der Verfassung verankerten ius soli-Prinzips stets die amerikanische Staatsangehörigkeit, unabhängig von seiner Abstammung. Zum anderen sind für Geburten im Ausland im FAM explizite Regelungen getroffen worden, wie die Abstammung von Leihmutterkindern zu bestimmen ist und wie die erforderlichen Nachweise erbracht werden können, sodass die Abstammung rechtssicher und vorhersehbar geregelt ist. Ausreichend für den Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit ist die genetische Verwandtschaft zu mindestens einem amerikanischen Elternteil. Auf den Familienstand der Leihmutter kommt es hierfür nicht an. Nur wenn das Kind im Ausland geboren wurde und mit keinem der Wunscheltern verwandt ist, kann es die amerikanische Staatsangehörigkeit nicht erwerben. Dann kann es dazu kommen, dass das Kind staatenlos wird. In Deutschland hingegen fehlen explizite Regeln für ausländische Leihmutterfälle. Darüber hinaus kann das Kind in einem großen Teil der Leihmutterfälle die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erwerben. Nur wenn ein wirksames Vaterschaftsanerkenntnis vor einer deutschen Auslandsvertretung abgegeben wurde, was wiederum nur bei einer ledigen Leihmutter möglich ist, könnte das Kind durch Abstammung von einem deutschen Vater die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. In allen anderen Fällen ist der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit jedoch unwahrscheinlich.

804 Das Gericht muss natürlich zuständig sein. Die subject matter jurisdiction und personal jurisdiction des Gerichts ergibt sich aus den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts. Zuständig sind danach in den meisten Fällen die state courts. 805 8 U.S.C. § 1252 (b) (5) (A) und (B). Entscheidend ist, ob ein „genuine issue of material fact“ vorliegt.

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Der flexiblere Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit in Leihmutterfällen korrespondiert mit den vergleichbar flexiblen Regelungen des Abstammungsrechts in den Bundesstaaten, in denen für die Mutter- und Vaterschaft die bloß genetische Verwandtschaft ausreichend ist. Gleichzeitig entspricht der relativ einfache Erwerb der amerikanischen Staatsangehörigkeit in Leihmutterfällen dem in den USA geltenden ius soli-Prinzip, bei dem die Staatsangehörigkeit grundsätzlich unabhängig von der Abstammung erworben wird. Bei Auslandsgeburten greift das ius soli Prinzip jedoch gerade nicht ein. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Bundesstaaten, die die Abstammung nach Leihmutterschaft gerade nicht anhand der genetischen Verbindung bestimmmen, sondern der Geburtsmutter den Vorrang einräumen. Auch für diese gilt das bundeseinheitlich geregelte Staatsangehörigkeitsrecht. Auch aus Sicht eines leihmutterfeindlichen Staats erwirbt das von einer ausländischen Leihmutter geborene Kind – unabhängig von der eigenen ablehnenden Haltung zur Leihmutterschaft – die amerikanische Staatsangehörigkeit und wird Angehöriger des jeweiligen Bundesstaats. Wunscheltern aus einem leihmutterfeindlichen Staat können daher mit „ihrem“ Kind jederzeit zurück in die USA reisen (sofern wenigstens einer von ihnen genetisch mit dem Kind verwandt ist). Für deutsche Wunscheltern ist die Rückreise mit dem Kind in vergleichbaren Fällen hingegen nahezu ausgeschlossen. IV. Würdigung In Deutschland wirkt sich die Problematik der Abstammung bei Leihmutterschaft auch auf das Staatsangehörigkeitsrecht aus. Im Ergebnis führt dies häufig dazu, dass die betroffenen Kinder nicht nur elternlos, sondern auch staatenlos sind. Dabei überzeugt es schon nicht, dass die eben geschilderten starren Regelungen im Abstammungsrecht nötig sind, um das Verbot der Leihmutterschaft effektiv durchzusetzen. Noch weniger überzeugt es aber, dass die Problematik sich auch auf die Staatsangehörigkeit des Kindes auswirken soll. Wird ein Kind von einer Leihmutter geboren, ist das generalpräventive Verbot der Leihmutterschaft im deutschen Recht bereits fehlgeschlagen. Leihmutterschaft trotzdem auch dadurch zu sanktionieren, dass das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erhalten kann und damit häufig staatenlos ist, ist weder erforderlich noch zweckgemäß. Spricht man dem durch eine Leihmutter geborenen Kind die deutsche Staatsangehörigkeit zu, wird es zwar in der Regel mit den Wunscheltern nach Deutschland reisen. Dadurch werden gegebenenfalls Tatsachen geschaffen, die letztlich doch zu einer Abstammung des Kindes von den Wunscheltern führen können. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um den Nicht-Erwerb der Staatsangehörigkeit des Leihmutterkindes zu rechtfertigen. Die Staatsangehörigkeit ist ein wesentlicher Teil der Identität des Kindes ist.806 Ihm diese zu verwehren, weil die Wunscheltern eine 806

EGMR, Urteil vom 26. 6. 2014, Mennesson v. France, Beschwerde Nr. 65192/11, Rn. 97.

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2. Teil: Leihmutterschaft im autonomen Recht

untersagte Fortpflanzungsmethode in Anspruch genommen haben, würde einen ungerechtfertigten Eingriff in sein Recht auf Achtung seiner Privatsphäre darstellen. Die genannten generalpräventiven Aspekte reichen als Rechtfertigung hierfür nicht aus. Darüber hinaus scheint es aber ohnehin so, als hätte der Gesetzgeber die Verhindung von Leihmutterschaft bei der Regelung der Staatsangehörigkeit nicht im Blick gehabt und in diesem Zusammenhang keine generalpräventiven Ziele verfolgt, sondern vielmehr den Fall der unsicheren Abstammung bei Geburt eines Kindes im Ausland gar nicht bedacht gehabt. Führt die Versagung der Staatsangehörigkeit dazu, dass das Kind staatenlos wird, ist dieses Ergebnis auch mit Art. 7 der UN-Kinderrechtskonvention807 nicht vereinbar. Nach Art. 7 Abs. 1 hat das Kind unter anderem das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben. Dieses Recht wird verletzt, wenn es – wie so häufig in Leihmutterfällen – staatenlos ist. Schließlich versuchen auch das New Yorker UN-Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit808 sowie das Berner CIEC-Übereinkommen809 solche Fälle zu vermeiden. Die Problematik der Leihmutterschaft sollte daher von der Frage der Staatsangehörigkeit getrennt werden. Sinnvoll wäre es, eine ausdrückliche Regelung für den Fall zu schaffen, dass ein Kind, das genetisch von deutschen Wunscheltern abstammt, von einer Leihmutter im Ausland geboren wird. Die im FAM geschaffenen Regelungen könnten diesbezüglich als Vorbild dienen. Das Kind würde im Ergebnis immer dann einen Reisepass erhalten, wenn es mit wenigstens einem der deutschen Wunscheltern genetisch verwandt ist. Dies würde dem ius sanguinis-Prinzip insofern nicht widersprechen, als dessen Grundlage die Verwandtschaft ist. Dafür ist nach § 1589 S. 1 BGB die blutsmäßige Abstammung entscheidend. Denkbar wäre auch eine Vermutungsregel dahingend zu schaffen, dass das Kind bis zur endgültigen Klärung der Abstammung als deutscher Staatsangehöriger behandelt wird. Im Prinzip würde die Frage der Abstammung des Kindes ähnlich einer doppelrelevanten Tatsache behandelt werden. Für den Erwerb der Staatsangehörigkeit wird die Abstammung zunächst vermutet, ob das Kind dann tatsächlich von deutschen Wunscheltern abstammt, wird dann in einem inländischen Gerichtsverfahren geklärt. Der Streit über die Abstammung des Kindes würde dadurch ins Inland verlagert und könnte zusammen mit der Frage der Abstammung des Kindes entschieden werden. Gleichzeitig würde sichergestellt, dass das Leihmutterkind nicht staatenlos ist.

807 UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. 11. 1989, BGBl. 1992 II, S. 122. 808 New Yorker UN-Übereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit vom 30. 8. 1961, BGBl. 1977 II, S. 598. 809 Berner CIEC-Übereinkommen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit vom 13. 9. 1973, BGBl. 1977 II, S. 613.

§ 3 Autonomes Recht

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Zweifellos handelt es sich bei dieser Lösung um einen eher pragmatischen Ansatz. Insbesondere die Regeln zur Staatsangehörigkeit von Findelkindern und vertraulich geborenen Kindern, bei denen ebenfalls die Abstammung von deutschen Eltern vermutet wird,810 zeigen jedoch, dass vergleichbare Regelungen im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ohnehin bereits vorhanden sind. Es besteht somit die Möglichkeit, die Frage der Staatsangehörigkeit eines Leihmutterkindes zu regeln und so dem Kindeswohl gerecht zu werden, ohne von der Grundsatzentscheidung des deutschen Gesetzgebers gegen Leihmutterschaft Abstand zu nehmen.

810

§ 4 Abs. 2 StAG.

3. Teil

Grenzüberschreitende Leihmutterschaft Da Leihmutterschaft in Deutschland und vielen US-Bundesstaaten unzulässig und teilweise strafbar ist, entscheiden sich viele Paare mit Kinderwunsch dafür, ins Ausland bzw. einen anderen Bundesstaat1 zu gehen, um dort eine Leihmutter zu suchen.2 Häufig findet die Suche unter Zuhilfenahme spezieller Vermittlungsagenturen statt.3 Die wenigsten Paare sind sich jedoch der rechtlichen Probleme bewusst, die der Fortpflanzungstourismus mit sich bringt. Oft werden sie erst nach Geburt des Kindes im Ausland damit konfrontiert, dass die Erlangung der rechtlichen Elternstellung im Herkunftsland und eine Heimreise mit dem Kind nicht ohne weiteres möglich sind. Die Folge sind hinkende Rechtsverhältnisse, die gerade in Statusfragen für die Betroffenen besonders problematisch sind.4 Die rechtliche Beurteilung der Abstammung in grenzüberschreitenden Fällen unterscheidet sich danach, ob die Wunscheltern am Geburtsort des Kindes bereits eine gerichtliche Entscheidung erlangt haben oder ob ihnen die Elternstellung kraft 1

Für amerikanische Wunscheltern ist der Weg in einen anderen Bundesstaat oftmals kürzer, kostengünstiger und praktischer als eine Reise ins Ausland. Darüber hinaus besteht bei zwischenstaatlicher Leihmutterschaft eine größere Chance, als rechtliche Eltern des Kindes anerkannt zu werden, siehe hierzu § 5 B. II, S. 269. Dennoch gibt es auch zahlreiche Fälle, in denen sich amerikanische Wunscheltern für eine Leihmutter im Ausland entscheiden, siehe die Pressemitteilung des FBI zu dem im Jahr 2011 aufgedeckten amerikanisch-ukrainischen Leihmutterschafts-Ring, abrufbar unter http://www.fbi.gov/sandiego/press-releases/2011/babyselling-ring-busted (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Auch hier sind liberalere Gesetze, schwächere Kontrollen, niedrigere Kosten, sowie die größere Verfügbarkeit von „passenden“ Eizell- und Samenspendern im Ausland die Hauptursache für Fortpflanzungstourismus (wobei im oben genannten Fall mit passend „der gewünschten ethnischen Herkunft entsprechend“ gemeint war), Mohapatra, 30 Berkeley J. Int’l Law 412 (2012), 416 sowie Areen, Family Law, S. 420. 2 Der räumliche Geltungsbereich der Verbotsnormen des ESchG und AdVermiG ist anders als beispielsweise der von Schwangerschaftsabbruch und Organhandel (vgl. § 5 Nr. 9 und Nr. 15 StGB) nur auf Deutschland beschränkt, § 7 StGB, siehe hierzu auf 2. Teil, Fn. 41. 3 Diese haben ihren Sitz natürlich in Ländern, in denen Leihmutterschaft zulässig ist. Die amerikanische Leihmuttervermittlungsagentur United Families International eröffnete im Jahr 1987 eine Filiale in Frankfurt. Kurz darauf ordnete jedoch die Stadtverwaltung Frankfurt deren Schließung an. Die hessischen Verwaltungsgerichte haben diese Maßnahme für rechtmäßig erklärt, da die Leihmuttervermittlungsagentur gegen gegen §§ 5 i.V.m. 14 AdVermiG a.F. verstoße, was durch den Hessischen VGH bestätigt wurde, Hessischer VGH FamRZ 1988, 874. 4 Wagner, StAZ 2012, 133, 134.

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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Gesetzes oder Behördenakt zuerkannt wurde.5 Im ersten Fall stellt sich die Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung der ausländischen Entscheidung. Im zweiten Fall hingegen kommt es für die Bestimmung der Elternschaft auf das Internationale Privatrecht6 an.7

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen Manchmal gelingt es Wunscheltern, im Ausland oder in einem anderen Bundesstaat eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung zu erlangen, die sie als rechtliche Eltern des Kindes ausweist. Ob diese Entscheidung auch im Herkunftsstaat der Wunscheltern Wirkung entfaltet und ihre Elternschaft für diesen Rechtskreis verbindlich feststellt, richtet sich nach den jeweiligen Bestimmungen zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen. Das Spektrum möglicher behördlicher oder gerichtlicher Mitwirkungs- und Gestaltungsakte ist in Leihmutterschaftsfällen sehr breit. In Betracht kommen neben einem Erwerb der Elternstellung kraft Gesetzes und entsprechender deklaratorischer oder konstitutiver Eintragung der Elternschaft in Geburtsurkunden oder Registern auch eine gerichtliche Bestätigung des Leihmuttervertrages, deklaratorische oder konstitutive Urteile über die der Elternschaft oder Adoptionsbeschlüsse bzw. -urteile, wenngleich letztere aufgrund der leihmutterschaftsfreundlichen Regelungen am Geburtsort des Kindes wesentlich seltener vorkommen als der originäre Erwerb der Elternstellung.8

A. Deutschland Die Vorschriften zur verfahrensrechtlichen Anerkennung unterscheiden sich je nach Inhalt und geografischer Herkunft der ausländischen Entscheidung. Für Gerichtsentscheidungen in bestimmten Sachgebieten und aus anderen EU-Mitgliedstaaten gelten teilweise vorrangige europa- oder völkerrechtliche Regelungen. Ausländische Gerichtsurteile zur Leihmutterschaft stammen jedoch in einem

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Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2674; Benicke, StAZ 2013, 101, 104. Nach amerikanischem Verständnis zählen sowohl das Internationale Privatrecht als auch das internationale Zivilverfahrensrecht zum Bereich conflict of laws, Hay, US-Amerikanisches Recht, Rn. 229. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und um den Vergleich mit Deutschland zu erleichtern, werden IPR und IZVR in dieser Arbeit in zwei gesonderten Teilen bearbeitet. 7 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2674. 8 Trimmings/Beaumont, General Report on Surrogacy, S. 504. 6

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Großteil der Fälle aus Drittstaaten,9 so dass das autonome Anerkennungsrecht maßgeblich ist.10 Zunächst sollen im Folgenden die Grundsätze der verfahrensrechtlichen Anerkennung im deutschen Recht dargelegt werden, bevor die Anerkennung verschiedener, im Zusammenhang mit Leihmutterschaft häufig auftauchender Entscheidungstypen analysiert wird. I. Anerkennungsgrundsätze 1. Verfahrensrechtliche und kollisionsrechtliche Anerkennung Das deutsche Recht unterscheidet zwischen verfahrensrechtlicher und kollisionsrechtlicher Anerkennung und eröffnet damit zwei Wege, die Abstammung bei Geburt durch eine ausländische Leihmutter zu bestimmen.11 Die verfahrensrechtliche Anerkennung hat grundsätzlich Vorrang vor der kollisionsrechtlichen Anerkennung.12 Dies gilt jedoch nur für solche ausländischen Entscheidungen, die tatsächlich Gegenstand der verfahrensrechtlichen Anerkennung sind. Ein Gericht, das über die Abstammung in einem grenzüberschreitenden Leihmutterfall zu entscheiden hat, muss daher zunächst prüfen, ob die konkrete Entscheidungsform der verfahrensrechtlichen oder der kollisionsrechtlichen Anerkennung unterliegt. 2. Gegenstand verfahrensrechtlicher Anerkennung Für die Abgrenzung der verfahrensrechtlichen Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nach §§ 107 ff. FamFG von der kollisionsrechtlichen Anknüpfung einer ausländischen Rechtslage ist entscheidend, ob es sich um eine (gerichtliche) Entscheidung handelt, die das Ergebnis einer Sachprüfung ist.13

9 Dies liegt daran, dass Leihmutterschaft in Drittstaaten oftmals leichter durchzuführen ist als in leihmutterfreundlichen EU-Mitgliedstaaten. So ist beispielsweise im leihmutterfreundlichen Recht des Vereinigten Königreichs der Wohnsitz mindestens eines Wunschelternteils im Vereinigten Königreich erforderlich, den Wunscheltern nicht ohne weiteres begründen können. Derartige Voraussetzungen fehlen in zahlreichen drittstaatlichen Rechtsordnungen. 10 Die Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung einer ausländischen Entscheidung kann sich im Rahmen eines Feststellungsverfahrens zur der Anerkennung der Entscheidung nach § 108 Abs. 2 FamFG stellen. Möglich ist auch, dass die Anerkennung der ausländischen Entscheidung inzident, beispielsweise im Rahmen eines Antrags auf Nachbeurkundung einer Auslandsgeburt nach § 36 Abs. 1 PStG oder sogar erst zu einem viel späteren Zeitpunkt, beispielsweise bei der Frage des Erbrechts eines Leihmutterkindes, geprüft werden muss. 11 Duden, StAZ 2014, 164, 165; Wagner, StAZ 2012, 133, 134. 12 BGH IPrax 1983, 184, 186; Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.10; Benicke, StAZ 2013, 101, 103; Wagner, StAZ 2012, 294, 295; Funken, Anerkennungsprinzip, S. 24, 30; Henrich, FS Schwab, S. 1146 f. 13 Duden, StAZ 2014, 164, 166.

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Unter Gericht wird eine mit staatlicher Autorität bekleidete Stelle verstanden, die nach dem Recht des Entscheidungsstaates befugt ist, in einem förmlichen Verfahren privatrechtliche Fragen zu entscheiden.14 Auf die konkrete Bezeichnung des Entscheidungsgremiums kommt es nicht an.15 Unter den Begriff Gericht fallen deshalb auch ausländischen Behörden, die mit staatlicher Autorität ausgestattet sind und in ihrer Stellung deutschen Gerichten entsprechen.16 Es ist also unerheblich, ob die Entscheidung im Ausland von einem Gericht, einer Behörde oder einem Notariat erlassen wurde,17 solange die entscheidende Stelle im konkreten Fall funktional mit einem Gericht vergleichbar ist. Die ausländische Entscheidung unterliegt weiter nur dann der verfahrensrechtlichen Anerkennung, wenn sie das Ergebnis einer Sachprüfung ist.18 Hierzu zählen Entscheidungen, die endgültig über einen Streitgegenstand entscheiden oder die Rechtslage, insbesondere den Status, gestalten.19 Das Gericht muss sich mit der Sache befasst und eine eigenständige Entscheidung getroffen haben.20 Grund der verfahrensrechtlichen Anerkennung ist die grundsätzliche Gleichwertigkeit ausländischer und inländischer gerichtlicher Verfahren.21 Hat ein ausländisches Gericht in einem formellen Verfahren die rechtlichen Voraussetzungen geprüft, sollen diese im Inland – bis zur Grenze des ordre public – nicht auf ihre Richtigkeit geprüft werden.22 Bloße Registrierungen oder Beurkunden äußerer Vorgänge oder von Rechtsgeschäften und tatsächlichen Handlungen unterliegen dementsprechend somit nicht der verfahrensrechtlichen Anerkennung.23 Ob eine Entscheidung rechtsbegründende oder nur feststellende Wirkung hat, ist dabei irrelevant.24 Teilweise wird zwar vertreten, man müsse für die Anerkennung zwischen Leistungs- und Gestaltungsurteilen einerseits und Feststellungsurteilen andererseits unterscheiden.25 Feststellende Gerichtsentscheidungen würden nur deklaratorisch die Rechtslage wiedergeben. Ihre Anerkennung sollte daher nach dem Kollisionsrecht beurteilt werden.26 Dabei wird jedoch übersehen, dass das ausländische Gericht auch bei Leistungs- und Gestaltungsklagen das Gesetz anwendet und 14

Duden, StAZ 2014, 164, 166. Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 114. 16 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 1. 17 MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 10. 18 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 1. 19 MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 15. 20 Duden, StAZ 2014, 164, 166. 21 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 22 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 23 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 1; Wagner, StAZ 2012, 133, 134. 24 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 22; Duden, StAZ 2014, 164, 166; Benicke, StAZ 2013, 101, 104. 25 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 155 f., 161. 26 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 162. 15

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somit jedes Mal inzident auch eine Feststellung der Rechtslage trifft.27 Der einzige Unterschied zum Feststellungsurteil ist, dass diese Feststellung zusätzlich mit einer Leistungsaufforderung verbunden ist bzw. unmittelbar eine Rechtsänderung herbeiführt. Dies allein rechtfertigt es jedoch nicht, die Anerkennung von Feststellungsurteilen nach anderen Vorschriften zu beurteilen. In beiden Fällen ergibt sich die gerichtliche Entscheidung aus der Anwendung von Rechtsnormen und damit als Folge einer gerichtlichen Sachprüfung, lediglich ihr Inhalt ist bei Feststellungsurteilen weniger weitreichend. Es kann daher keinen Unterschied machen, ob die gerichtliche Entscheidung deklaratorische oder konstitutive Wirkung hat.28 In der Praxis bringt die Anwendung der eben genannten Kriterien zur Abgrenzung der verfahrensrechtlichen von der kollisionsrechtlichen Anerkennung, wie es scheint, erhebliche Probleme mit sich – gerade in Leihmutterfällen. So prüfte beispielsweise das Kammergericht in einem deutsch-kalifornischen Leihmutterfall sowohl die verfahrensrechtliche als auch die international-privatrechtliche Anerkennung.29 Das Verwaltungsgericht Berlin beschränkte sich hingegen trotz Vorliegen eines ausländischen Urteils ausschließlich auf das Kollisionsrecht, ohne auf die Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung einzugehen.30 3. Verfahrensrechtliche Anerkennung von Abstammungsentscheidungen Die verfahrensrechtliche Anerkennung richtet sich im autonomen Recht nach § 328 ZPO oder §§ 108, 109 FamFG. Handelt es sich um eine Familiensache im Sinne von § 111 FamFG, sind die §§ 108, 109 FamFG vorrangig. Maßgeblich für diese Abgrenzung ist, in welchem Verfahren über den konkreten Anspruch in Deutschland entschieden worden wäre.31 Da § 111 FamFG neben Abstammungsund Adoptionssachen auch Kindschafts- und Unterhaltssachen umfasst,32 ist in Leihmutterfällen kaum eine Situation denkbar, die der Anerkennung nach § 328 ZPO unterliegen würde. a) Anerkennungsmaßstab Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über die Abstammung eines Kindes richtet sich somit grundsätzlich nach §§ 108, 109 FamFG. Einschlägige 27 Dementsprechend wird die Feststellungswirkung auch in anderen Fällen als Teil der materiellen Rechtskraft anerkannt, Duden, StAZ 2014, 164, 166. 28 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 22. Dies entspricht auch der Rechtslage innerhalb der EU. Im Rahmen der EuGVVO ist bei der Anerkennung keine Differenzierung nach Art oder Bezeichnung der Entscheidung zulässig, Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 2 EuGVVO Rn. 1. 29 KG Berlin, IPrax 2014, 72, 76. 30 VG Berlin, IPrax 2014, 80, 81. Siehe hierzu kritisch Mayer, IPrax 2014, 57, 59. 31 Dies entspricht der ganz herrschenden Meinung, vgl. BGH NJW 1977, 150; Thomas/ Putzo/Hüßtege, § 328 ZPO Rn. 4. 32 § 111 Nrn. 2, 3, 4 und 8 FamFG.

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staatsvertragliche Regelungen wären jedoch nach § 97 Abs. 1 S. 1 FamFG vorrangig.33 In Betracht kommen hierfür das Kinderschtzübereinkommen (KSÜ),34 das CIEC-Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen35 und das Haager Adoptionsübereinkommen (HAÜ)36. Das KSÜ findet gemäß dessen Art. 4 jedoch keine Anwendung auf die Feststellung des Eltern-Kind-Verhältnisses. Das CIEC-Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen enthält zwar staatsvertragliche Regelungen zur Anerkennung der mütterlichen Abstammung.37 Selbst im Fall einschlägiger staatsvertraglicher Regeln wären die §§ 108, 109 FamFG jedoch trotzdem anwendbar, wenn sie gegenüber diesen eine leichtere Anerkennung ermöglichen.38 Hinsichtlich des HAÜ gilt: Das HAÜ ist zwar dann sachlich anwendbar, wenn die Wunscheltern das Kind im Ausland adoptiert haben. Einige der beliebesten Zielländer deutscher Wunscheltern sind auch Vertragsstaaten des HAÜ.39 Die in einem Vertragsstaat erfolgte Adoption wird gemäß Art. 23 Abs. 1 S. 1 HAÜ jedoch nur anerkannt, wenn die zuständige Berhöde bestätigt, dass die Adoption gemäß dem Übereinkommen zustande gekommen ist.40 Da im HAÜ vor allem die behördliche Zusammenarbeit zur Adoptionsvorbereitung geregelt ist und deutsche Behörden Adoptionen nach einer Leihmutterschaftsvereinbarung bisher sehr kritisch gegenüber standen,41 scheint die praktische Relevanz des HAÜ für Leihmutterschaftsadoptionen gering.42 Eine inländische Behörde wird eine Adoption durch deutsche Wunscheltern aufgrund der leihmutterschaftsfeindlichen Haltung des deutschen Gesetzgebers daher in der Regel nicht vorbereitend unterstützen.43

33 Zu weiteren in Betracht kommenden vorrangingen Staatsverträgen siehe Staudinger/ Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 115 ff. 34 Haager Übereinkommen vom 19. 10. 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern, BGBl. 2009 II, S. 603. 35 CIEC-Übereinkommen vom 12. 9. 1962 über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder, BGBl. II 1965, S. 23. 36 Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, BGBl. 2001 II S. 1034. 37 Siehe hierzu sogleich. 38 Sog. Günstigkeitsprinzip, Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 119; Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.25. 39 Vertragsstaaten des HAÜ sind sowohl die Vereinigten Staaten (seit dem 1. 4. 2008), als auch Indien (seit dem 1. 10. 2003) und Georgien (seit dem 1. 8. 1999). 40 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 24. Vgl. auch Art. 1 lit. c des HAÜ („Ziel dieses Übereinkommens ist es […] in den Vertragsstaaten die gemäß diesen Übereinkommen zustandegekommenen Adoptionen zu sichern.“). 41 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 154. 42 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 154. 43 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 154.

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Eine Adoption, die unter den Anwendungsbereich des HAÜ fällt und übereinkommenswidrig erfolgt ist, kann nicht anerkannt werden, da die §§ 108, 109 FamFG keine Anwendung finden.44 Das HAÜ ist insoweit vorrangig. Die Adoption müsste in diesem Fall im Inland wiederholt werden.45 Sofern die Adoption nicht in einem Vertragsstaat erfolgt, bleibt es jedoch bei den allgemeinen autonomen Anerkennungsregeln.46 Auch gemäß § 97 Abs. 1 S. 2 FamFG vorrangige unionsrechtliche Regelungen sind in Leihmuttersituationen nicht ersichtlich. Abstammungsfragen sind sowohl aus dem Anwendungsbereich der EuEheVO47 als auch der EuGVVO48 ausgenommen.49 Zu bedenken ist jedoch, dass diese Ausnahmen nur Fälle betreffen, in denen die Abstammung der konkrete Gegenstand des Verfahrens ist.50 Wenn es sich um ein Verfahren handelt, in dem die Abstammung des Kindes lediglich eine Vorfrage darstellt, richtet sich die Anerkennung von Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten daher weiterhin nach der jeweils einschlägigen Verordnung.51 Sofern es sich um eine Entscheidung eines mitgliedstaatlichen Gerichts handelt, sind auch außerhalb des Anwendungsbereichs der einzelnen Verordnungen, und damit im autonomen Anerkennungsrecht, die Vorgaben des Unionsrechts zu be44 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 24; OLG Schleswig FamRZ 2014, 498. 45 Staudinger/Henrich, Vorbem zu Art. 22 EGBGB Rn. 46. 46 Siehe hierzu unten den Abschnitt über die Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen, § 4 A. II. 5., S. 170. 47 VO (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 27. November 2003, ABl. L 338, S. 1 („Brüssel IIa-Verordnung“). 48 VO (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 12. Dezember 2012, ABl. L 351, S. 1 („Brüssel Ia-Verordnung“). 49 Vgl. Art. 1 Abs. 3 lit. a, b EuEheVO sowie Art. 1 Abs. 2 lit. a EuGVVO. 50 Vgl. (allerdings noch zur Auslegung des EuGVÜ) EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003, Préservatrice Foncière TIARD (C-266/01, Slg. 2003, I-4881) Rn. 42 („Bei der Feststellung, ob ein Rechtsstreit in den Anwendungsbereich des Brüsseler Übereinkommens fällt, ist nämlich nur der Gegenstand dieses Rechtsstreits zu berücksichtigen. Es würde gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit, eines der Ziele dieses Übereinkommens verstoßen, wenn dessen Anwendbarkeit von der Existenz einer Vorfrage abhinge …“). 51 Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 491 f., der als Beispiel ein Unterhaltsurteil zugunsten des Kindes heranzieht. Für Unterhaltssachen ist der Anwendungsbereich der EuUnthVO (Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkenung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen, ABl. L 2009, S. 1) eröffnet, vgl. Art. 1 Abs. 1 EuUnthVO. Auch wenn das Unterhaltsurteil die Elternschaft der Wunscheltern inzident feststellt, richtet sich die Anerkennung dann nach der EuUnthVO und nicht nach dem FamFG. Ob einem Unterhaltsurteil jedoch auch Wirkungen hinsichtlich der Elternstellung der Wunscheltern für den deutschen Rechtskreis entnommen werden können, ist jedoch eine andere Frage, die sogleich behandelt wird.

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achten.52 Die Nichtanerkennung einer mitgliedstaatlichen Gerichtsentscheidung kann beispielsweise eine Beschränkung der von Art. 21 AEUV garantierten Freizügigkeit der Unionsbürger darstellen.53 b) Verfahren Mit Ausnahme von Entscheidungen in Ehesachen54 werden ausländische Urteile in Deutschland ipso iure anerkannt, ohne dass es eines gesonderten Verfahrens bedarf (Grundsatz der Inzidentanerkennung).55 Beteiligte, die ein rechtliches Interesse haben, steht aber auch das Feststellungsverfahren nach § 108 Abs. 2 FamFG zur Verfügung, in dem explizit über die Anerkennung oder Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung entschieden wird.56 Von § 108 Abs. 2 FamFG wurde bisher nur wenig Gebrauch gemacht.57 In den meisten grenzüberschreitenden Leihmutterfällen stellt sich die Frage der Anerkennung einer ausländischen Statusentscheidung als Vorfrage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren auf Ausstellung eines Kinderreisepasses oder im Rahmen der Nachbeurkundung der Auslandsgeburt.58 c) Wirkungen der Anerkennung Verfahrensrechtliche Anerkennung bedeutet, dass eine ausländische Entscheidung im Inland die Wirkung entfaltet, die ihr der Entscheidungsstaat zuspricht (Prinzip der Wirkungserstreckung).59 Insbesondere die Rechtskraft und Gestaltungswirkung der ausländischen Entscheidung werden im Inland anerkannt60 und die

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Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 492. Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 63 ff., 92 ff. 54 Die Anerkennung von Ehesachen bestimmt sich nach § 107 FamFG. 55 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 1; Benicke, StAZ 2013, 101, 104. 56 Benicke, StAZ 101, 105. Ein Feststellungsverfahren ist gleichermaßen bei Streit über die Anerkennung eines in den Anwendungsbereich von § 328 ZPO fallenden Urteils möglich, Thomas/Putzo/ Hüßtege, § 328 ZPO Rn. 1. Ausländische Adoptionsentscheidungen sind von dieser Vorschrift nicht umfasst, § 108 Abs. 2 S. 3 FamFG. Für sie gilt vorrangig das Adoptionswirkungsgesetz, das ein eigenes Feststellungsverfahren vorsieht, §§ 2, 4, 5 AdWirkG. 57 Benicke, StAZ 2013, 101, 103. Im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 108 Abs. 2 FamFG erging beispielsweise der Beschluss des AG Friedberg vom 01. 03. 2013, FamRZ 2013, 1994, mit dem die gerichtliche Feststellung der Elternschaft eines ukrainischen Bezirksgerichts anerkannt wurde. 58 Vgl. für einstweiligen Rechtsschutz VG Berlin, für die Nachbeurkundung der Auslandsgeburt AG Nürnberg, beides 1. Teil, Fn. 22. 59 Dies entspricht der ganz herrschenden Meinung, BGH NJW 1992, 3096, 3098; MüKoZPO/Gottwald, § 328 Rn. 4 ff. m.w.N.; MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 18. Siehe hierzu ausführlich Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.41 ff. 60 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 328 ZPO Rn. 1; Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.6, 12.42 ff. 53

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ausländische Entscheidung steht einer inländischen gleich.61 Die Anerkennungswirkung reicht jedoch nur so weit, wie sie nach dem ausländischen Recht vorgesehen ist. Etwaige weitreichendere Wirkungen62 und auch die mittelbaren Folgen einer ausländischen Entscheidung richten sich nach dem anwendbaren Recht,63 sind also nicht Gegenstand der verfahrensrechtlichen sondern der kollisionsrechtlichen Anerkennung. d) Anerkennungshindernisse Die Voraussetzungen der verfahrensrechtlichen Anerkennung sind in § 109 FamFG bzw. § 328 ZPO in Form von Anerkennungshindernissen formuliert.64 Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung scheidet dann aus, wenn das ausländische Gericht nicht für die Entscheidung international zuständig war (§ 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG), wenn das Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurde (Nr. 2), wenn die Entscheidung mit einer früheren inländischen Entscheidung unvereinbar ist (Nr. 3) oder wenn sie zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar wäre (Nr. 4). In Leihmutterfällen sind vor allem § 109 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG von Bedeutung, wie sogleich erläutert wird. II. Verfahrensrechtliche Anerkennung im Einzelnen Für die verfahrensrechtliche Anerkennung der im Ausland erlangten Elternstellung kommt es nach dem eben Gesagten auf Art, Inhalt und institutionelle Herkunft der konkreten Entscheidung an. Die im Ausland begründete Elternschaft wird nur dann verfahrensrechtlich anerkannt, wenn es sich um eine ausländische Gerichtsentscheidung handelt, die von einem international zuständigen ausländischen Gericht erlassen wurde und die nicht gegen den deutschen ordre public verstößt.65 1. Elternschaft kraft Gesetzes oder Vertrag Folgt die Elternschaft der Wunscheltern unmittelbar aus dem Gesetz, wie es beispielsweise nach den allgemeinen Vorschriften des UPA (2000) bei einer gene-

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Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 2. Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 2. Eine ausländische „schwache“ Adoption kann daher nicht kraft Anerkennung zu einer „starken“ Adoption werden, Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.7. Für weitereichende Wirkungen ist vielmehr eine inländische Sachentscheidung herbeizuführen, Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 2. 63 Duden, StAZ 2014, 164, 166. 64 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 65 Benicke, StAZ 2013, 101, 104. 62

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tisch mit dem Kind verwandten Wunschmutter der Fall ist,66 liegt zweifellos keine anerkennungsfähige Gerichtsentscheidung vor. Ob die Wunscheltern auch in Deutschland die rechtlichen Eltern des Kindes sind, beurteilt sich daher nach dem Internationalen Privatrecht. Auch wenn die Elternschaft durch privatrechtlichen Vertrag übertragen wird, hängt die Anerkennung in Deutschland davon ab, dass die Wunscheltern auch nach dem anwendbaren Sachrecht die rechtlichen Eltern des Kindes sind. Bei rechtsgeschäftlichen Gestaltungsakten der Parteien findet keinerlei richterliche Kontrolle statt. Eine volle Wirksamkeitskontrolle ist daher nach dem anwendbaren Recht vorzunehmen.67 2. Ausländische Urkunden und Registereinträge Oftmals können Wunscheltern eine ausländische Geburtsurkunde oder einen Registerauszug vorlegen, der sie als rechtliche Eltern des Kindes ausweist. So werden Wunscheltern beispielsweise in Kalifornien, Nevada oder Illinois unmittelbar als rechtliche Eltern in die Geburtsurkunde des Kindes eingetragen.68 Auch ausländische Vaterschaftsanerkenntnisse werden in Leihmutterfällen oft zur Anerkennung vorgelegt. Da, wie eben erläutert wurde,69 grundsätzlich auch Behördenentscheidungen Gegenstand der verfahrensrechtlichen Anerkennung sein können, ist vor allem entscheidend, ob die Beurkundung oder Registrierung das Ergebnis einer Sachprüfung ist und die ausländische Urkunde funktional mit einem Urteil vergleichbar ist. Jedenfalls im deutschen und amerikanischen Recht hat eine Geburtsurkunde keine konstitutive, sondern lediglich deklaratorische Wirkung.70 Sie dient Beweisund Dokumentationszwecken,71 begründet die Elternstellung jedoch nicht. In der Regel findet bei der Ausstellung der Urkunde keine Sachprüfung statt, sondern es werden nur tatsächliche Vorgänge beurkundet. Ausländische Geburtsurkunden oder Registereintragungen unterliegen daher nicht der verfahrensrechtlichen Anerken-

66 Vgl. Art. 1 Sec. 106, Art.2 Sec. 201 (a) (2), Art. 5 Sec. 502 UPA (2000). Siehe auch für den US-Bundesstaat Kalifornien Johnson v. Calvert, 851 P.2d 776 (Cal. 1993). 67 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. Etwas anderes kann sich ggf. für eine ausländische Vertragsadoption ergeben. Hierzu gleich mehr. 68 Siehe hierzu Helms, StAZ 2013, 114, 118 (dort Fn. 56). 69 Siehe hierzu oben § 4 A. I. 2., S. 172 f. 70 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 74; für die USA siehe beispielsweise § 1403 Nr. 2 NY Pub. Health Law (McKinney): „Any copy of the record of a birth […] or any certification of birth […] shall be prima facie evidence of the facts therein stated in all courts and places.“ (Hervorhebung nur hier). Auch im indischen Recht haben Geburtsurkunden lediglich Beweisfunktion. 71 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 74.

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nung. Ob der in ihnen beurkundete Status wirksam ist, beurteilt sich deshalb nach dem vom Internationalen Privatrecht berufenen Recht.72 Gleiches gilt für ein ausländisches Vaterschaftsanerkenntnis. Auch hier scheitert die Anerkennung nach §§ 108, 109 FamFG am geeigneten Anerkennungsgegenstand.73 Ein Vaterschaftsanerkenntnis ergeht nicht aufgrund der Sachprüfung eines Gerichts oder einer Behörde.74 Es wird lediglich behördlich beurkundet, dass die entsprechenden Erklärungen abgegeben wurden, nicht aber die Rechtslage konstitutiv geändert.75 Eine Sachprüfung erfolgt somit nicht. Ein ausländisches Vaterschaftsanerkenntnis ist daher nur wirksam, wenn es dem von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Recht entspricht.76 Die ausländische Urkunde ist damit jedoch nicht völlig sinnentleert. Vielmehr kann sie auch bei der Prüfung der Abstammung nach dem anwendbaren Recht von Bedeutung sein. Sofern sich die Abstammung beispielsweise nach dem deutschen Recht beurteilt, kann ein im Ausland abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis für die Frage der Substitution relevant sein.77 Grundsäztlich bleibt es jedoch dabei, dass ausländische Urkunden oder Registereinträge als solche nicht der verfahrensrechtlichen Anerkennung unterliegen, sondern deren Wirksamkeit sich nach dem vom IPR berufenen Recht beurteilt. Innerhalb der Europäischen Union könnte sich zukünftig etwas anderes ergeben, wie das Grünbuch der EU Kommission zur Anerkennung von Personenstandsurkunden78 zeigt. Nach dem Grünbuch der Kommission soll der innereuropäische Rechtsverkehr dadurch erleichtert werden, dass ausländische Rechtslagen, die in bestimmten Personenstandsurkunden dokumentiert sind, ohne kollisionsrechtliche Wirksamkeitsprüfung anerkannt werden. Würde eine solche Regelung tatsächlich erlassen, würden leihmutterfreundliche EU-Mitgliedstaaten wie das Vereinigte 72

So auch OLG Stuttgart NJW-RR 2012, 389. Die Wunscheltern hatten nur die ausländische Geburtsurkunde und keine gerichtliche Entscheidung zur Abstammung vorgelegt. Das OLG Stuttgart kam unter Anwendung deutschen Rechts zu dem Ergebnis, dass das Kind nicht von den Wunscheltern abstammt und lehnte den Antrag ab. Die gegen die Entscheidung eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde als unzulässig abgewiesen, da die Begründung nicht den sich aus §§ 23 I 2, 92 BVerfGG ergebenen Substantiierungserfordernissen genügte, BVerfG NJW-RR 2013, 1. Auch das VG Köln prüfte die Wirksamkeit der indischen Geburtsurkunde nach dem Kollisionsrecht, VG Köln NJW 2013, 2617. Eine Abstammung des Kindes von den Wunscheltern und damit auch die deutsche Staatsangehörigkeit wurde vom VG im Ergebnis verneint. Zu demselben Ergebnis kam auch das VG Berlin in den bereits mehrfach genannten Entscheidungen, siehe 1. Teil, Fn. 22. 73 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 69; MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 13. 74 Duden, StAZ 2014, 164, 166. 75 Funken, Anerkennungsprinzip, S. 31. 76 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 70. 77 Siehe hierzu allgemein BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 91 f. 78 Grünbuch „Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger: Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern“ vom 14. Dezember 2012, KOM (2010) 747 endg.

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Königreich oder Griechenland als Reiseziel für „Fortpflanzungstouristen“ noch beliebter.79 Die im Grünbuch enthaltenen Regelungsvorschläge wurden jedoch von der Europäischen Kommission inzwischen verworfen.80 Es bleibt somit dabei, dass eine Anerkennung von Rechtslagen ohne verfahrens- oder kollisionsrechtliche Kontrolle jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage wohl ausscheidet.81 3. Gerichtliche Mitwirkung als Tatbestandsmerkmal Weniger eindeutig ist, ob die Regeln über die verfahrensrechtliche Anerkennung herangezogen werden können, wenn eine gerichtliche Mitwirkungshandlung für den Erwerb der Elternstellung vorgeschrieben ist, diese aber die Elternschaft nicht unmittelbar herbeiführt.82 Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Leihmuttervertrag zur Wirksamkeit der gerichtlichen Bestätigung oder Genehmigung bedarf, wie es im USCACA oder im UPA (2000) vorgesehen ist.83 Die Elternstellung der Wunscheltern ergibt sich nicht unmittelbar aus der gerichtlichen Entscheidung, sondern aus der gesetzlichen Regelung im Abstammungsrecht, die lediglich als Tatbestandsvoraussetzung die gerichtliche Mitwirkung vorsieht.84 Ob die Anerkennung der gerichtlichen Genehmigung bedeutet, dass damit auch die Elternstellung der Wunscheltern anzuerkennen ist, ist daher fraglich.85 Zwar handelt es sich bei der gerichtlichen Genehmigung um eine ausländische Entscheidung im Sinne der §§ 108, 109 FamFG. Um eine Elternstellung der Wunscheltern im Wege der verfahrensrechtlichen Anerkennung begründen zu können, müssten die Genehmigung die Elternstellung aber auch konkret betreffen und unmittelbar herbeiführen. Aufgrund des in Deutschland geltenden Prinzips der Wirkungserstreckung hat eine gerichtliche Entscheidung nur die Wirkung, die ihr im Erlassstaat zukommt. Wenn Gegenstand der gerichtlichen Bestätigung nur die Wirksamkeit des Leihmuttervertrags ist, kann streng genommen auch nicht mehr als

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Jedenfalls im Vereinigten Königreich ist die Inanspruchnahme einer Leihmutter nur Wunscheltern gestattet, von denen wenigstens einer seinen Wohnsitz im Vereinigten Königreicht hat, vgl. Art. 54 Abs. 4 lit. b HFEA. In Griechenland hingegen ist der Wohnsitz der Leihmutter ausreichend, sodass in diesem Fall durchaus eine Zunahme der deutsch-griechischen Leihmutterfälle erwartet werden kann. 80 Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 579. 81 Dies ist nicht unumstritten, siehe hierzu ausführlich unten § 5 A. IV. 1., S. 248 ff. 82 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 83 Vgl. Art. 8 UPA (2000). Auch im Recht von Virginia, das den USCACA übernommen hat, sollen Leihmutterverträge gerichtlich bestätigt werden, Code of Virginia § 20-159 (B). Fehlt die gerichtliche Bestätigung, sind die Verträge jedoch nicht automatisch unwirksam. Vielmehr beurteilt sich ihre Wirksamkeit dann nach den detaillierten Regelungen in Code of Virginia §§ 20-162 ff. 84 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 85 Benicke, StAZ 2013, 101, 105.

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dieser Inhalt anerkannt werden.86 Eine Anerkennung der Feststellung, dass der Leihmuttervertrag wirksam ist und die Voraussetzungen der lex causae erfüllt sind, hilft den Wunscheltern in Deutschland jedoch nicht weiter. Da die gerichtliche Entscheidung formal nicht die Abstammung betrifft, kann ihr diese Wirkung auch nicht im Wege der verfahrensrechtlichen Anerkennung zugesprochen werden. Überzeugender ist es jedoch, bei gerichtlichen oder behördlichen Mitwirkungshandlungen nicht formal, sondern funktional anhand des Sinn und Zwecks der Regelungen über die verfahrensrechtliche Anerkennung zu unterscheiden, ob die Anerkennung der jeweiligen Maßnahme dem Verfahrensrecht oder dem Kollisionsrecht unterliegt.87 Dies entspricht der Vorgehensweise bei der Anerkennung von Vertragsadoptionen im internationalen Adoptionsrecht. Bei einer Vertragsadoption erfolgt die Adoption nicht durch eine konstitutive Gerichtsentscheidung, sondern durch Parteierklärungen, die gerichtlich oder behördlich bestätigt oder bewilligt werden.88 Wie bei der gerichtlichen Mitwirkung an Leihmutterschaften tritt die Rechtsfolge (in diesem Fall die Änderung der Abstammung) nicht unmittelbar durch die gerichtliche Bestätigung ein, sondern die Mitwirkungshandlung stellen lediglich ein Tatbestandsmerkmal dar. Dennoch unterliegen derartige gerichtliche oder behördliche Mitwirkungshandlung dann der verfahrensrechtlichen Anerkennung, wenn das Gericht die Voraussetzungen für die Genehmigung der Adoption und damit die Voraussetzungen für den Eintritt der Rechtsfolge umfassend in einem formalen Verfahren geprüft hat und auch die Kompetenz besitzt, die Genehmigung zu verweigern.89 Voraussetzung für die Anwendung der Vorschriften über die verfahrensrechtliche Anerkennung ist, dass das Gericht oder die ausländische Behörde auch tatsächlich die Verantwortung für die materielle Richtigkeit der Vereinbarunge getragen hat.90 Vertragsadoptionen, bei denen die Parteierklärungen lediglich gerichtlich registriert werden, unterliegen hingegen nicht der verfahrensrechtlichen Anerkennung, sondern beurteilen sich nach dem vom IPR zur Anwendung berufenen Recht. Diese Differenzierung lässt sich ohne weiteres auf Leihmutterschaftsfälle übertragen. Zweck der vereinfachten verfahrensrechtlichen Anerkennung ist die erhöhte Richtigkeitsgewähr ausländischer Gerichtsentscheidungen. Die Verantwortung für 86

So im Ergebnis auch das VG Köln, NJW 2013, 2617, 2619 (siehe 3. Teil, Fn. 72), das die verfahrensrechtliche Anerkennung des von den Wunscheltern zusätzlich zur Geburtsurkunde vorgelegte Urteil eines Zivilgerichts in Neu Delhi deshalb abgelehnt hat, weil „im Urteil die Wirksamkeit der zivilrechtlichen Vereinbarung geprüft und festgestellt worden [ist], dass der Kl. der biologische Vater des Kindes QM ist. Einen darüber hinausgehenden Ausspruch, dass der Kl. auch der rechtliche Vater des Kindes ist, enthält das Urteil nicht. […] eine rechtsverbindliche Regelung über die Elternschaft der Bestelleltern fehlt.“ 87 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 88 MüKoEGBGB/Helms, Art. 22 Rn. 84. 89 MüKoEGBGB/Helms, Art. 22 Rn. 84 f.; MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 13; Benicke, StAZ 2013, 101, 105. So auch Duden, StAZ 2014, 164, 166. 90 MüKoEGBGB/ Helms, Art. 22 Rn. 85.

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die materiellrechtliche Überprüfung kann dem ausländischen Gericht oder der ausländischen Behörde daher dann überlassen werden, wenn diese auch tatsächlich eine eigene Sachprüfung vorgenommen haben. Sofern dies bei der gerichtlichen oder behördlichen Mitwirkung an einer Leihmutterschaft gleichermaßen der Fall ist, wenn also das Gericht im Rahmen seiner Mitwirkungshandlung auch die Voraussetzungen der Elternschaft der Wunscheltern im Rahmen einer Sachprüfung geprüft hat, führt die Anerkennung der Mitwirkungshandlung zur Anerkennung der im Ausland begründeten Elternstellung. In derartigen Fällen kann also auch im Falle eine – an sich nicht konstitutiven – gerichtlichen Mitwirkungshandlung über die verfahrensrechtliche Anerkennung eine Elternstellung der Wunscheltern begründet werden. Somit steht aber fest, dass bloße gerichtliche Registrierungen ohne Sachprüfung nicht über den Umweg der verfahrensrechtlichen Anerkennung eine Elternstellung der Wunscheltern im Inland begründen können. Problematisch ist dies vor allem im Hinblick auf gerichtliche Mitwirkungshandlungen in Bundesstaaten, in denen die Wunscheltern ohnehin bereits kraft Gesetzes die rechtlichen Eltern des Kindes sind, wie beispielsweise in Kalifornien,91 und die gerichtliche Bestätigung vor allem anhand formaler Kriterien erfolgt. So können die Wunscheltern und die Leihmutter beispielsweise in Kalifornien bereits vor Geburt des Kindes einen pre-birth-order gemäß § 7962 (f) (2) CFC beantragen. Auf entsprechenden Antrag prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen eines wirksamen Leihmuttervertrags vorliegen,92 ob also die erforderlichen Informationen enthalten sind,93 der Vertrag notariell beurkundet und von allen Beteiligten unterschrieben wurde,94 die Beteiligten von verschiedenen Anwälten vertreten wurden95 und ob die Wunscheltern ausreichend dargelegt haben, wie sie für die Kosten der Leihmutterschaft und des später geborenen Kindes aufkommen wollen.96 Da dies eine rein formale Prüfung darstellt, wäre der pre-birth-order nach dem eben Gesagten mithin nicht Gegenstand der verfahrensrechtlichen Anerkennung. Ein solcher pre-birth-order lag jedoch dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde, der die Frage der Einordnung als gerichtliche Entscheidung in diesem Sinne nicht thematisiert hat.97 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. Wenngleich das 91

Kalifornien hat den UPA (2000) übernommen, sodass sich aus der Artt. 1 Sec. 106, 2 Sec. 201 UPA (2000) entsprechenden Vorschriften des kalifornischen Rechts jedenfalls auch eine Elternstellung der genetisch verwandten Wunschmutter ergibt. 92 Vgl. § 7962 (f) (2) CFC: „Subject to proof of compliance with this section …“. 93 Nach § 7962 (a) (1) – (3) CFC muss der Vertrag neben der Identität aller Beteiligten und dem Datum auch Informationen zu etwaigen Gametenspendern enthalten, sofern diese nicht anonym gespendet haben. 94 § 7962 (c) CFC. 95 § 7962 (b) CFC. 96 § 7962 (a) (4) CFC. 97 BGH NJW 2015, 479, Rn. 20 ff. Der BGH ging allein auf die Frage ein, ob es sich um ein deklaratorisches oder konstitutives Urteil handelt.

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kalifornische Gericht seine Entscheidung auch anhand formaler Kriterien trifft, ergibt sich aus § 7962 (f) (2) CFC, dass es jedenfalls für die Frage, woraus sich die Elternstellung der Wunscheltern ergibt, eine Sachprüfung vornimmt.98 Die Anerkennung des pre-birth-order richtet sich daher nach den Regeln über die verfahrensrechtliche Anerkennung. Im Übrigen bleibt es aber bei dem oben Gesagten: reine Registrierungsakte sind nicht Gegenstand der verfahrensrechtlichen Anerkennung. 4. Ausländische Gerichtsurteile Grundsätzlich unterliegen ausländische Gerichtsurteile, welche die Elternstellung der Wunscheltern betreffen, der verfahrensrechtlichen Anerkennung. Die in Betracht kommenden Entscheidungen können jedoch nicht ohne weiteres einheitlich behandelt werden. Vielmehr ist nach Art und Inhalt der Entscheidung zu unterscheiden. a) Konstitutive oder deklaratorische Gerichtsentscheidung Konstitutive Gerichtsurteile, die die Elternschaft begründen, unterliegen unproblematisch den Regeln über die verfahrensrechtliche Anerkennung.99 Gleiches gilt nach richtiger Ansicht für deklaratorische Urteile, die die Elternschaft lediglich feststellen.100 Irrelevant ist, ob die Entscheidung im Ausland aufgrund eines streitigen Verfahrens ergeht oder nicht.101 Für die §§ 108, 109 FamFG ist nur entscheidend, wie das Verfahren nach unseren Systembegriffen einzuordnen wäre.102 b) Inhalt der ausländischen Entscheidung Problematisch ist die Anerkennung von Urteilen, die nicht die Elternschaft als solche, sondern nur die genetische Abstammung feststellen.103 Im Wege der verfahrensrechtlichen Anerkennung können nur die unmittelbaren Wirkungen einer Entscheidung anerkannt werden. Welche mittelbaren Folgen die Entscheidung im Rahmen des materiellen Rechts bewirkt, bestimmt sich hingegen nach dem an98 § 7962 (f) (2) CFC: „… the court shall issue a judgment or order establishing a parentchild-relationship, whether pursuant to Section 7630 or otherwise.“ 99 Benicke, StAZ 2013, 101, 104. 100 BGH NJW 2015, 479 Rn. 21 f.; Duden, StAZ 2014, 164, 166; Benicke, StAZ 2013, 101, 104; i.E. auch Dethloff, JZ 2014, 922, 925. 101 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 119. 102 Thomas/Putzo/Hüßtege, § 108 FamFG Rn. 1 unter Verweis auf BGH NJW 1977, 150. 103 Siehe beispielsweise das dem VG Köln, NJW 2013, 2617 zur Anerkennung vorgelegte Urteil des Zivilgerichts Neu Delhi, das lediglich festgestellt hat, dass der Kläger der biologische Vater des Kindes ist (siehe hierzu schon oben 3. Teil, Fn. 72 und 86) oder eines russischen Bezirksgericht, über dessen Anerkennung das VG Berlin zu befinden hatte, in dem lediglich die genetische Elternschaft festgestellt wurde, VG Berlin, FamRZ 2013, 738.

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wendbaren Recht.104 Ob es sich um eine unmittelbare oder mittelbare Urteilswirkung handelt, ist nach dem deutschen Recht zu qualifizieren.105 Für Entscheidungen, die ausdrücklich nur die genetische Elternschaft betreffen, ist daher zu prüfen, ob die Feststellung des ausländischen Gerichts aus deutscher Sicht funktional der Feststellung der rechtlichen Abstammung entspricht.106 Dies ist insbesondere der Fall, wenn dem ausländischen Recht die rechtliche Elternschaft als abstrakter Status unbekannt ist, wie beispielsweise in Indien.107 Eine Unterscheidung zwischen der genetischen und rechtlichen Elternschaft findet in solchen Staaten nicht statt. Eine gerichtliche Feststellung der genetischen Elternschaft ist in diesen Ländern daher funktional mit der gerichtlichen Feststellung der rechtlichen Abstammung gleichzusetzen.108 Ist die genetische Abstammung jedoch auch nach dem Verständnis des Entscheidungsstaats nicht stets mit der rechtlichen Elternschaft gleichzusetzen, wie beispielsweise in den USA, scheidet eine Begründung der Elternschaft der Wunscheltern durch verfahrensrechtliche Anerkennung einer nur die genetische Verwandschaft feststellenden Entscheidung aus. Auch Urteile, die die Abstammung nur mittelbar betreffen, etwa Entscheidungen über das Sorgerecht für das Kind, oder die Pflicht, Unterhalt zu zahlen, können nicht ohne weiteres über die verfahrensrechtliche Anerkennung eine Elternschaft der Wunscheltern in Deutschland herbeiführen. Welche Wirkungen derartigen Entscheidungen zukommt, insbesondere ob die im Urteil getroffene Feststellung eine rechtliche Abstammung begründen kann, beurteilt sich vielmehr nach dem anwendbaren Recht.109 Ist auf die Abstammung deutsches Recht anwendbar, führt eine ausländische Feststellung der genetischen Abstammung nicht ohne weiteres zur Elternschaft der Wunscheltern. Im deutschen Recht begründet die bloße genetische Verwandtschaft keine Elternrolle.110 Vielmehr ist für die mütterliche Abstammung nach § 1591 BGB allein die Geburt maßgeblich bzw. für die väterliche Abstammung ein Vaterschaftsanerkenntnis oder die Ehe mit der Mutter. Für den Wunschvater kann die ausländische Feststellung jedoch unter Umständen als Äquivalent zu einer ge104

Duden, StAZ 2014, 164, 166 m.w.N. Duden, StAZ 2014, 164, 166. 106 Das VG Köln, 3. Teil, Fn. 103, kam zu dem Ergebnis, dass die bloße Feststellung der genetischen Abstammung im indischen Recht nicht funktional mit der Feststellung der rechtlichen Abstammung gleichzusetzen ist, VG Köln NJW 2013, 2617, 2619. a.A. Duden, StAZ 2014, 164, 168. Das VG Berlin, FamRZ 2013, 738 geht auf die Wirkungen des Urteils gar nicht ein, sondern lässt die Anerkennung unabhängig davon an § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG scheitern. 107 Duden, StAZ 2014, 164, 167. 108 Denkbar ist dies vor allem für Entscheidungen indischer Gerichte, siehe hierzu Duden, StAZ 2014, 164, 167. 109 Duden, StAZ 2014, 164, 168. 110 Siehe hierzu ausführlich oben § 3 B. I. 5., S. 104 ff. 105

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richtlichen Vaterschaftsfeststellung nach § 1600d BGB die Vaterschaft begründen.111 Entscheidend für die Feststellung nach § 1600d BGB ist nämlich gerade, dass der Antragsteller genetisch mit dem Kind verwandt ist. c) Ausländische Entscheidungen mit Wirkung inter partes Problematisch ist auch die Anerkennung von Entscheidungen, die nach ihrem Heimatrecht nur inter partes wirken. Insbesondere dem amerikanischen Recht sind das deutsche Statusdenken, sowie das Verständnis des Personenstandsregisters als öffentliche Urkunde fremd.112 Statusentscheidungen wirken regelmäßig nur für die Beteiligten am Verfahren.113 Im deutschen Recht ist jedoch eine umfassende Bestimmung der Abstammung erforderlich. Die Anerkennung einer Entscheidung inter partes reicht hierfür nicht aus.114 Insbesondere kann sie nicht zur Korrektur des Geburtenbuches herangezogen werden.115 Eine weitreichendere Wirkung kann derartigen Entscheidungen aufgrund des Prinzips der Wirkungserstreckung nicht zugesprochen werden.116 Dementsprechend können ausländische Gerichtsentscheidungen, die die Elternschaft nur inter partes feststellen, keinen Elternstatus der Wunscheltern in Deutschland begründen. Auch Unterhaltsurteile oder Sorgerechtsentscheidungen, die inzident eine „Zahlvaterschaft“117 oder eine „Sorgerechtsvaterschaft“ feststellen, können daher nicht über den Weg der verfahrensrechtlichen Anerkennung eine Elternstellung der Wunscheltern begründen und helfen deutschen Wunscheltern bei der Begründung einer Elternstellung im Inland nicht weiter. 5. Adoptionsentscheidungen Die Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen unterliegt besonderen Regelungen. Nach § 108 Abs. 2 S. 3 FamFG gelten für die Anerkennung einer ausländischen Dekretadoption bzw. die Wirksamkeit einer Vertragsadoption vorrangig die §§ 2, 4 und 5 des Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG)118. Vorrangige Sonderregelungen enthält auch das HAÜ. 111

Duden, StAZ 2014, 164, 168. Staudinger/Henrich, Art. 20 EGBGB Rn. 91; Duden, StAZ 2014, 164, 168. 113 Siehe hierzu 3. Teil, Fn. 373. 114 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 130; Art. 20 EGBGB Rn. 91, 107; Duden, StAZ 2014, 164, 169. 115 Staudinger/Henrich, Art. 20 EGBGB Rn. 91. 116 MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 19; Staudinger/Henrich, Art. 20 EGBGB Rn. 91, 107. 117 MüKoFamFG/Rauscher, § 108 Rn. 19. 118 Adoptionswirkungsgesetz vom 5. November 2001 (BGBl. I S. 2950, 2953), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 20. Juni 2014 (BGBl. I S. 786) geändert worden ist. 112

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Für Adoptionen in HAÜ-Vertragsstaaten verdrängen die Regeln des HAÜ die §§ 108, 109 FamFG.119 Zahlreiche Staaten, in denen Leihmutterschaft erlaubt ist, sind Vertragsstaaten des HAÜ.120 Handelt es sich um eine Minderjährigenadoption aus einem Vertragsstaat, wird diese nach Art. 23 Abs. 1 S. 1 HAÜ in allen anderen Vertragsstaaten ohne besonderes Verfahren anerkannt. Voraussetzung dafür ist, dass die zuständige Behörde des Staates, in dem die Adoption durchgeführt wurde, bestätigt, dass die Adoption gemäß dem HAÜ zustande gekommen ist. Ist dies der Fall, ist auch eine Adoption nach einer Leihmutterschaft in allen anderen Vertragsstaaten anzuerkennen. Die Anwendbarkeit121 und die Eignung des HAÜ zur „Legalisierung“ des Eltern-Kind-Verhältnisses scheinen zwar zweifelhaft.122 Werden die Voraussetzungen des HAÜ jedoch erfüllt, ist die Adoption grundsätzlich in allen Vertragsstaaten anzuerkennen, sofern sie nicht offensichtlich gegen den ordre public verstößt, Art. 24 HAÜ.123 Erfolgt die Adoption nicht in einem Vertragsstaat des HAÜ, ist das autonome Anerkennungsrecht maßgeblich. Die Anerkennung der Adoption richtet sich dann nach dem AdWirkG. Nach § 2 AdWirkG stellt das Familiengericht auf Antrag fest, dass die ausländische Adoption anzuerkennen ist bzw. wirksam ist.124 Die rechtlichen Maßstäbe der Anerkennung regelt das AdWirkG jedoch nicht.125 Insoweit ist zwischen Vertrags- und Dekretadoptionen zu unterscheiden. Dekretadoptionen, die mittels gerichtlichen Beschluss erfolgen, unterliegen ohne weiteres der verfahrensrechtlichen Anerkennung.126 Maßstab für die Anerkennung ist dann § 109 Abs. 1 FamFG. Eine solche nach den verfahrensrechtlichen Regeln anzuerkennende Adoption liegt auch dann vor, wenn eine Adoptionsvereinbarung zwischen den Beteiligten gerichtlich oder behördlich bestätigt wurde und dabei vom zuständigen Gericht auch eine Sachprüfung vorgenommen wurde.127 Demgegenüber ändert eine bloße Registrierung nichts an dem Charakter als (reine) Vertragsadoption, deren Anerkennung sich nach dem von Artt. 22 f. EGBGB berufenen Recht beurteilt. 119

BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 24. Siehe oben 3. Teil, Fn. 39. 121 Zur Frage des Anwendungsbereichs des HAÜ siehe Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 153 ff., sowie Schotten/Schmellenkamp, IPR, § 6 Rn. 247 a. 122 Siehe zu dieser Frage Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 153 f.; The Hague Conference, Prel. Doc. 11 (2011), S. 21 f.; sowie oben, § 4 A. I. 3. a), S. 174 ff. 123 Ob zur Anerkennung einer Adoption, die unter Verstoß gegen die Regeln des HAÜ ausgesprochen wurde, auf das FamFG zurückgegriffen werden kann, ist umstritten. Siehe hierzu ausführlich NK-AdWirkG/Weitzel, § 2 Rn. 7 m.w.N. 124 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 27. Diese Möglichkeit besteht auch für Adoptionen nach dem HAÜ, BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 24. 125 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 27. 126 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 108 Rn. 26; MüKoEGBGB/ Helms, Art. 22 Rn. 75. 127 Benicke, StAZ 2013, 101, 105. 120

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Die verfahrensrechtliche Anerkennung einer ausländischen Dekretadoption ist im Vergleich zu anderen Versuchen deutscher Wunscheltern, in die Elternstellung einzurücken, ein eher seltener Fall. Da die Wunscheltern nach dem leihmutterfreundlichen Recht bereits die rechtlichen Eltern des Kindes sind, ist eine Adoption im Ausland nicht erforderlich und unter Umständen auch gar nicht möglich. Dennoch gab es auch in Leihmutterfällen bereits Verfahren vor deutschen Gerichten, in denen die Anerkennung einer ausländischen Dekretadoption zu prüfen war.128 Bei der verfahrensrechtlichen Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen ergeben sich in Leihmutterschaftsfällen keine Besonderheiten. Insbesondere unterliegen sie, wie alle anderen ausländischen Entscheidungen auch, der ordre public-Kontrolle des § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG. In der Praxis wird in diesem Zusammenhang dem Kindesohl besonderes Augenmerk geschenkt.129 Die ausländische Adoptionsentscheidung sei nur anerkennungsfähig und halte der ordre public-Prüfung nur dann stand, wenn eine umfassende Prüfung des Kindeswohls im Ausland erfolgt sei. Dabei stellt sich die Frage, ob eine Prüfung des Kindeswohls tatsächlich stattgefunden haben muss, oder ob es ausreichend ist, wenn das Ergebnis dem Kindeswohl entspricht. Für letzteres spricht, dass für die Vereinbarkeit des ordre public das Ergebnis der Rechtsanwendung maßgeblich ist. Entspricht die Adoption dem Kindeswohl, hätten deutsche Gerichte sie ebenfalls ausgesprochen. Allein aufgrund einer fehlenden Kindeswohlprüfung kann ein ordre public-Verstoß also nicht angenommen werden, solange der Statuswechsel dem Kindeswohl entspricht.130 III. Anerkennungshindernisse Wenn die Wunscheltern einen Entscheidungstyp vorlegen können, der nach dem eben Gesagten der verfahrensrechtlichen Anerkennung zugänglich ist, ist Voraussetzung der Anerkennung ihrer Elternstellung in Deutschland weiter, dass kein Anerkennungsversagungsgrund nach § 109 Abs. 1 FamFG gegeben ist. Relevant sind in Leihmutterfällen insbesondere § 109 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 FamFG. 1. Fehlende internationale Zuständigkeit Die Anerkennung ist nach § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ausgeschlossen, wenn die ausländischen Gerichte nach deutschem Recht nicht zuständig waren. Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts ergibt sich dabei spiegelbildlich aus § 100 FamFG.131 Danach ist für die Zuständigkeit erforderlich, 128

OLG Celle FamRZ 2014, 501 (Georgien). OLG Celle, FamRZ 2014, 501. 130 Ein solcher könnte sich allenfalls aus Verstoß gegen die Grundsätze des fairen Verfahrens ergeben. 131 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 66. 129

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dass das Kind, die Mutter oder der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben, Staatsangehöriger des Forumstaates sind oder dort einen gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies ist im Bezug auf deutsche Wunscheltern häufig problematisch, da sie weder dem Forumsstaat angehören noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort haben.132 In amerikanischen Leihmutterfällen ergibt sich die Zuständigkeit nach § 100 FamFG aber jedenfalls aufgrund der Staatsangehörigkeit des Kindes.133 Auch der gewöhnliche Aufenthalt der Leihmutter befindet sich regelmäßig im Forumsstaat, so dass bei entsprechender Auslegung des Begriffs „Mutter“ immer eine Zuständigkeit im Ausland gegeben ist.134 Maßgeblich ist bei Mehrrechtsstaaten die internationale Zuständigkeit des Gesamtstaats.135 Selbst wenn also die Leihmutter in einem anderen Bundesstaat als dem Forum lebt, würde dies nicht zu einer Versagung der Anerkennung nach § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG führen. Dies gilt selbst dann, wenn das Forum seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hätte. Ob das ausländische Gericht nach seinen eigenen Regeln zuständig war, ist für § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG irrelevant.136 Allenfalls kann sich daraus ein Verstoß gegen den verfahrensrechlichen ordre public ergeben, etwa wann damit eine Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Verfahrenspartei einher geht, so dass die Anerkennung wegen § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG versagt werden könnte. Dies ist in der Praxis jedoch eher selten der Fall. Das Anerkennungshindernis der fehlenden Zuständigkeit spielt also im Zusammenhang mit Leihmutterschaftsfällen nur eine untergeordnete Rolle. 2. Ordre public Entscheidende Bedeutung in grenzüberschreitenden Leihmutterfällen kommt dem Versagungsgrund des § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG zu. Die Anerkennung ist ausgeschlossen, wenn sie gegen den inländischen ordre public verstößt. Ein Verstoß ist insbesondere deshalb denkbar, weil das ausländische Urteil das Kind abstam-

132 Nach § 100 FamFG wären danach deutsche Gerichte international zuständig. Wegen § 106 FamFG führt dies jedoch nicht zu einem Ausschluss der Zuständigkeit ausländischer Gerichte. 133 Benicke, StAZ 2013, 101, 106. Wird die Staatsangehörigkeit am Geburtsort des Kindes iure sanguinis erwoben, ist dies jedoch fraglich. Aus Sicht des jeweiligen Staates ist das Kind gerade nicht dessen Staatsangehöriger. 134 Auch der BGH stellt auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Leihmutter ab, BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 26, und problematisiert die Auslegung des Begriffs „Mutter“ i.S.d. § 100 FamFG nicht. In diesem Sinne auch KG IPrax 2014, 72, 74; AG Friedberg FamRZ 2014, 1994, 1995. 135 BGH NJW 1999, 3198, 3199; BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 109 Rn. 19. 136 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 109 Rn. 19.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

mungsrechtlich den Wunscheltern zuordnet, was nach dem deutschen materiellen Recht nicht der Fall wäre.137 Als Maßstab für die Beantwortung der Frage, ob ein ausländisches Urteil gegen den inländischen ordre public verstößt, ist nicht auf den nationalen (kollisionsrechtlichen) ordre public nach Art. 6 EGBGB abzustellen, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international.138 Ob diese Differenzierung in Leihmutterfällen einen praktischen Unterschied macht, scheint fraglich. Insbesondere ist nur schwer ein Fall vorstellbar, in dem das Ergebnis der Rechtsanwendung zwar gegen den strengeren kollisionsrechtlichen ordre public verstößt, nach dem weniger strengen Beurteilungsmaßstab des ordre public international aber noch akzeptabel ist. Auch ein Verstoß gegen letzteren ist nämlich dann gegeben, wenn die ausländische Entscheidung mit den der deutschen Rechtsordnung zugrundliegenden Gerechtigkeitsvorstellungen in solchem Widerspruch steht, dass das Ergebnis der Rechtsanwendung für untragbar gehalten wird.139 Was den materiellen Gehalt der anzuerkennenden Entscheidung betrifft, wird daher für die Zwecke dieser Arbeit auch im Rahmen der verfahrensrechtlichen Anerkennung der Maßstab des strengeren kollisionsrechtlichen ordre public herangezogen. Für einen ordre public-Verstoß kommt es nicht darauf an, dass der inländische Richter, hätte er den Fall entschieden, zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Entscheidend ist nur, ob das konkrete Ergebnis im Einzelfall mit den Wertvorstellungen des deutschen Rechts gänzlich unvereinbar ist.140 Der Widerspruch zu den Wertevorstellungen des deutschen Rechts kann sich dabei sowohl aus dem Inhalt der Entscheidung, als auch aus dem der Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren ergeben.141 Da die Versagung der Anerkennung den internationalen Entscheidungseinklang stört und zu hinkenden Rechtsverhältnissen führen kann, ist die Anwendung von § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG auf Ausnahmefälle beschränkt.142 Die pauschale Annahme eines ordre public-Verstoßes eines ausländischen Urteils, welches das Kind den Wunscheltern zuordnet, scheidet nach dem eben Gesagten aus.143 Vielmehr muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die ausländische Entscheidung nach diesem strengen Maßstab mit dem inländischen ordre 137 Zur abstammungsrechltlichen Zuordnung des Kindes in Deutschland siehe oben § 3 B. I., S. 81 ff. 138 BGH NJW 2015, 480 Rn. 28 m.w.N.; BGH NJW 1998, 2358; BGH NJW 1992, 3096, 3101; Wagner StAZ 2012, 294, 296; Linke/Hau, IZVR, § 13 Rn. 13.31. 139 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 29; BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 109 Rn. 32. 140 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 28, 484 Rn. 62. 141 BeckOK FamFG/Sieghörtner (Stand: 01. 04. 2015), § 109 Rn. 33. 142 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 29; Linke/Hau, IZVR, § 13 Rn. 13.30 („nur in Extremfällen … als Notbremse“). 143 Dennoch wurde die Versagung der Anerkennung in Literatur und Rechtsprechung bisher pauschal mit einem ordre public Verstoß begründet, Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 166 (dort Fn. 1021) m.w.N.

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public vereinbar ist. Die Zuordnung eines Kindes zu seiner Mutter und seinem Vater muss dabei getrennt beurteilt werden.144 a) Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter Zunächst stellt sich daher die Frage, wie eine ausländische Entscheidung zu beurteilen ist, die das Kind der Wunschmutter zuordnet. Bisher wurde ein ordre public-Verstoß in diesen Fällen pauschal aus Kindeswohlerwägungen bzw. unter Verweis auf die Menschenwürde der Leihmutter145 bejaht.146 Dies überzeugt jedoch aus zwei Gründen nicht. Zum einen ist eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter auch im deutschen Recht möglich, nämlich über den Umweg der Adoption. Jedenfalls wenn die ausländische Entscheidung das Kind in einer mit der Adoption im wesentlichen vergleichbaren Art und Weise der Wunschmutter zuordnet, kann sie somit keinen ordre public-Verstoß darstellen. Zum anderen gebietet das Kindeswohl eine Zuordnung zur Wunschmutter gerade. Die ausländische Entscheidung steht deshalb auch dann nicht im Widerspruch zu wesentlichen Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts, wenn man davon ausgeht, dass ein vergleichbares Ergebnis nach dem deutschen Recht nicht erreichbar wäre. aa) Vergleichbares Ergebnis nach deutschem Recht Auch nach dem deutschen Recht kann es zu einer rechtlichen Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter kommen. Zwar scheidet eine originäre Zuordnung aus. Jedoch kann die Wunschmutter über den „Umweg“ der Stiefkindadoption in die Mutterrolle einrücken, wenn ihr Ehemann bereits der rechtliche Vater des Kindes ist. Gegenstand der ordre public-Kontrolle ist das konkrete Ergebnis der ausländischen Entscheidung.147 Im Fall von Leihmutterschaft ist dieses Ergebnis die (originäre oder statusändernde) rechtliche Zuordnung des Kindes zu einer Frau, die es nicht geboren hat. Dass Anknüpfungspunkt für diese Zuordnung nach dem ausländischen Recht unter Umständen die genetischen Verwandtschaft oder sogar eine vertraglicher Einigung zwischen Wunsch- und Leihmutter ist, und damit andere Kriterien als in Deutschland maßgeblich sind, führt nicht per se zu einer ordre publicWidrigkeit. Gegenstand der ordre public-Prüfung ist nämlich nicht die abstrakte vom ausländischen Gericht angewandte Regelung. Maßgeblich ist nur das in der Entscheidung erzielte Ergebnis. Die Begründung der Entscheidung oder die zur Erzielung dieses Ergebnisses verwendeten Regeln spielen keine Rolle.148 144

MüKo EGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 69. So das KG IPrax 2014, 74. 146 VG Berlin, Beschluss vom 05. 09. 2012, IPrax 2014, 80, 81; VG Berlin, Beschluss vom 26. 11. 2009, BeckRS 2009, 42145. So auch Benicke StAZ 2013, 101, 110 ff. Für gleichgeschlechtliche Wunscheltern siehe KG IPrax 2014, 74. 147 MüKoZPO/Gottwald, § 328 Rn. 119. 148 BeckOK ZPO/Bach (Stand: 01. 03. 2015), § 328 Rn. 37. 145

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Dasselbe Ergebnis des ausländischen Urteils, nämlich die Zuordnung des Kindes zu einer Frau die es nicht geboren hat, kann aber durch eine Adoption auch in Anwendung des deutschen Rechts erreicht werden. Zwar setzt die Zuordnung zu einer nicht biologisch verwandten Frau nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers eine Kindeswohlprüfung im Adoptionsverfahren voraus. Dies allein führt aber noch nicht dazu, dass das Ergebnis des ausländischen Urteils gegen den ordre public verstößt. Auch zahlreiche ausländische Gerichte ziehen zur Entscheidung über die Abstammung eines Kindes das Kindeswohl als maßgebliches Kriterium heran. Dies ist beispielsweise der Fall in US-Bundesstaaten, die die abstammungsrechtliche Zuordnung anhand des best interest of the child-Tests vornehmen,149 oder das Kindeswohl als tie breaker heranziehen, wenn sowohl die genetische als auch die biologische Mutter die rechtliche Mutterschaft für sich in Anspruch nimmt.150 Somit gilt: Jedenfalls in all den Fällen, in denen die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter durch eine gerichtlichen Entscheidung herbeigeführt oder festgestellt worden ist, sowohl die Wunschmutter als auch die Geburtsmutter ihr Einverständnis mit dieser Zuordnung kundgetan haben, und Kindeswohlaspekte im Rahmen der Zuordnung berücksichtigt worden sind oder die Zuordnung jedenfalls dem Kindeswohl entspricht, scheidet ein ordre public-Verstoß deshalb aus, weil dasselbe Ergebnis nach dem deutschen Recht erreicht hätte werden können.151 bb) Kein Verstoß gegen tragende Grundsätze des deutschen Rechts Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter ein Ergebnis ist, das nach dem deutschen Recht nicht erreichbar wäre, etwa weil das Kind originär der genetisch verwandten Wunschmutter zugeordnet wurde, oder die Leihmutter mit dieser Zuordnung nicht einverstanden war, führt dies noch nicht automatisch zu einem ordre public-Verstoß. § 1591 BGB ist zwar nicht dispositiv. Ein Verstoß gegen zwingendes Recht genügt jedoch für das Eingreifen des ordre public nicht.152 Die Entscheidung muss vielmehr im Widerspruch zu den Wertevorstellungen stehen, die zum Kernbestand des deutschen Rechts zählen.153 Ein ordre publicVerstoß ist deshalb insbesondere dann zu bejahen, wenn die ausländische Entscheidung zu einem Verstoß gegen die Grundrechte der Leihmutter oder des Kindes führen würde.154 Dabei müssen elementare Bestandteile des betroffenen Grundrechts

149 150 151 152 153 154

Siehe oben § 3 B. II. 4. e), S. 134. Siehe oben § 3 B. II. 2. b) bb), S. 119 ff. So für den Fall der Stiefkindadoption auch der BGH NJW 2015, 479, 484 Rn. 58 ff. Mayer, IPrax 2014, 57, 59; Benicke, StAZ 2013, 101, 109. Benicke, StAZ 2013, 101, 109. BGH NJW 2015, 479, 481 Rn. 40; Mayer, IPrax 2014, 57, 59.

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verletzt sein.155 Dies ist bei einer Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter jedoch aus den folgenden Gründen nicht der Fall. (1) Kein Verstoß gegen die Wertungen des AdWirkG und ESchG Ein Widerspruch gegen die Wertevorstellungen des deutschen Rechts folgt nicht aus einem Verstoß gegen die Wertungen des AdVermiG bzw. ESchG. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass die darin enthaltenen strafrechtlichen und verfassungsrechtlichen Wertungen tatsächlich zu den wesentlichen Grundgedanken des deutschen Rechts zählen, was zweifelhaft erscheint.156 Die Frage der Durchführung der Leihmutterschaft ist zum einen von der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes zu trennen. Gegenstand der ordre public-Kontrolle sind nicht die Umstände der Zeugung des Kindes, sondern nur die abstammungsrechliche Zuordnung zur Wunschmutter. Zum anderen fallen Leihmutterverträge, wie bereits oben geschildert, schon tatbestandlich nicht unter das Verbot des AdVermiG und ESchG. Das ESchG enthält auch kein Verbot der Durchführung künstlicher Fortpflanzung im Ausland, sondern ist in seinem Geltungsbereich auf Deutschland beschränkt.157 Und schließlich greift zugunsten der Leihmutter und der Wunscheltern ein persönlicher Strafausschließungsgrund. Selbst bei Durchführung einer Leihmutterschaft in Deutschland wären das ESchG und AdVermiG nicht einschlägig. Sie können deshalb in grenzüberschreitenden Sachverhalten keinen ordre public-Verstoß begründen. Selbst wenn man also dem ESchG ein generelles Verbot der Leihmutterschaft entnehmen wollte, oder annimmt, dass eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern eine Umgehung des Adoptionsrechts darstellt, kann hieraus noch kein ordre public-Verstoß gefolgert werden, da es sich in beiden Fällen auch nur um einen Verstoß gegen zwingendes Recht handelt. (2) Kein Verstoß gegen Grundrechte Die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter führt auch nicht zu einer Verletzung der Grundrechte des Kindes oder der Leihmutter.158 Die vom Gesetzgeber als Begründung für das Verbot der Leihmutterschaft herangezogene psychosoziale Beziehung zwischen Kind und Leihmutter159 kann für die Begründung eines Grundrechts- und damit auch eines ordre public-Verstoßes nicht herangezogen werden.160 Die Leihmutter macht durch eine freiwillige Übergabe des Kindes an die Wunscheltern ja gerade deutlich, dass sie an einer Beziehung zum Kind und damit an 155 156 157 158 159 160

BGH NJW 2010, 153, 154; BeckOK ZPO/Bach (Stand: 01. 03. 2015), § 328 Rn. 38. Dafür: Wagner, StAZ 2012, 294, 296. Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 93. Siehe hierzu auch oben § 3 A. IV., S. 70 ff. BT-Drucks. 13/499, S. 82. Henrich, FS Schwab, S. 1151.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Wahrnehmung ihres Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG kein Interesse hat.161 Dass die Zuordnung des Kindes zu einer Person, die die Verantwortung für das Kind sowie dessen Pflege und Erziehung übernehmen will, den wesentlichen Wertevorstellungen des deutschen Rechts auch in den Fällen widersprechen soll, in denen die Leihmutter die Übernahme der Mutterrolle ablehnt, überzeugt nicht.162 Auch die Tatsache, dass die Leihmutter für ihre Tätigkeit bezahlt wurde, führt nicht zur ordre public-Widrigkeit der Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter.163 Selbst wenn im Einzelfall Grundrechte der Leihmutter verletzt sein sollten, etwa weil sie sich aus einer Zwangslage heraus entschieden hat, sich als Leihmutter zur Verfügung zu stellen, die Durchführung der Leihmutterschaft nicht die Folge ihre freien und informierten Entscheidung ist oder sie das Kind nicht freiwillig an die Wunscheltern übergeben hat,164 bedeutet dies nicht, dass die rechtliche Elternstellung der Wunscheltern automatisch gegen den deutschen ordre public verstößt.165 Dies ergibt sich schon allein deshalb, weil die Rechtsprechung die Zuordnung eines Leihmutterkindes zum Wunschvater grundsätzlich nie als ordre public-widrig ansieht, obwohl die Umstände der Zeugung dieselben sind.166 (3) Kein ordre public-Verstoß wegen forum shopping Auch wenn deutsche Wunscheltern sich nur deshalb für eine ausländische Leihmutter entschieden haben, um das deutsche Verbot der Leihmutterschaft bewusst zu umgehen, führt dies nicht dazu, dass die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter stets dem ordre public widerspricht.167 Generalpräventive Aspekte können nicht pauschal als Grund der Versagung der Anerkennung der rechtlichen Zuordnung herangezogen werden. Vielmehr muss auch das Kind als Rechtsträger bei der Abwägung berücksichtig werden.168 Da das Kind auf die Umstände seiner Zeugung keinen Einfluss hat, darf es auch nicht für diese verantwortlich gemacht werden.169 Unabhängig davon, ob das Kind mit den Wunscheltern genetisch verwandt ist oder nicht, dürfen Präventionsgedanken daher nicht zu einer Trennung des Kindes von seiner faktischen Familie170 führen. 161

Henrich, FS Schwab, S. 1151. So auch Mayer, IPrax 2014, 57, 59. 163 So auch Mayer, StAZ 2015, 33, 38; Henrich, FS Schwab, S. 1152. 164 BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 49. 165 So auch Dethloff, JZ 2014, 922, 926. 166 Mayer, StAZ 2015, 33, 38; Dethloff, JZ 2014, 922, 926. 167 So aber Henrich, FS Schwab, S. 1151 f. 168 BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 55 ff.; Mayer, IPRax 2014, 57, 60; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 123. 169 BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 55 ff. 170 Dethloff, JZ 2014, 922, 926; Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 573; Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 111. Vgl. hierzu auch EGMR, Urteil vom 27. 01. 2015, Paradiso and Campanelli v. Italy, Beschwerde Nr. 25358/12, Rn. 67 ff., insbesondere Rn. 69: „La Cour se 162

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Zwar wird durch eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter unter Umständen der Weg für weitere deutsche Fortpflanzungstouristen bereitet.171 Dem Kind die rechtlichen Eltern unter Umständen vollständig abzusprechen, um andere Wunscheltern von der Inanspruchnahme einer Leihmutter abzuschrecken, würde das Kind jedoch zum Objekt staatlichen Handelns machen und gegen seine Menschenwürde verstoßen.172 (4) Folgen der Bejahung eines ordre public-Verstoßes Auch die Konsequenzen der Bejahung eines ordre public-Verstoßes und damit der Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung in Leihmutterfällen sind zu bedenken. Diese zeigen ebenfalls, dass die Zuordnung des Kindes zur Leihmutter dem ordre public nicht widersprechen kann, sondern dies vielmehr für das Gegenteilige Ergebnis der Fall wäre. Mangels anderweitiger Vorschriften zur mütterlichen Abstammung im ausländischen Recht wäre im Fall eines ordre public-Verstoßes regelmäßig das deutsche Recht als Ersatzrechtsordnung anwendbar.173 Danach wäre die Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes. Diese vom deutschen Gesetzgeber angestrebte Zuordnung des Kindes zur gebärenden Frau kann jedoch faktisch nicht erreicht werden. Das ausländische Heimatrecht der Leihmutter ordnet das Kind nämlich ausschließlich den Wunscheltern zu und die Leihmutter hat in der Regel keine Möglichkeit die rechtliche Mutter des Kindes zu werden. Dies gilt umso mehr deshalb, weil die Elternstellung der Wunscheltern im Ausland bereits rechtskräftig gerichtlich bestätigt wurde. Die Leihmutter ist nach ihrem Recht weder dazu verpflichtet, für das Kind zu sorgen, in der Regel auch nicht dazu gewillt,174 noch hat sie rechtlich die Möglichkeit, die Mutterrolle zu übernehmen. Das Kind wäre also bei Bejahung eines ordre public-Verstoßes mutterlos und auf staatliche Fürsorge angewiesen.175 Gleichzeitig wäre es dann in vielen Fällen auch staatenlos.176 Dieses Ergebnis wäre weder mit dem Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG177 noch mit dem allgemeinen Per-

doit dès lors de prendre en compte les liens familiaux de facto.“ A.A. Henrich, FS Schwab, S. 1152. 171 Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 503; so auch das KG IPrax 2014, 72, 75. Zu Recht weist Mayer darauf hin, dass generalpräventive Aspekte nicht stets dem Kindeswohl untergeordnet werden dürfen, Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 573. 172 Dethloff, JZ 2014, 922, 926. 173 Siehe allgemein hierzu BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 1. 5. 2015), Art. 6 Rn. 17 ff. 174 Mayer, StAZ 2015, 33, 39. 175 Mayer, StAZ 2015, 33, 39. 176 Staatenlos wäre das Kind dann nicht, wenn es rechtlich jedenfalls vom Wunschvater abstammt. 177 Siehe hierzu ausführlich Mayer, StAZ 2015, 33, 39; Dethloff, JZ 2014, 922, 927.

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sönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG178 noch mit der Rechtsprechung des EGMR noch mit der UN-Kinderrechtskonvention179 vereinbar und würde das Kindeswohl in erheblichem Maße gefährden.180 Die Würde des Kindes aus Art. 1 Abs. 1 GG und der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG erfordern darüber hinaus, dass dem Kind die gleichen Chancen gewährt werden wie jedem anderen Kind, unabhängig davon, unter welchen Umständen es geboren wurde.181 (5) Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention Auch die Wertungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sprechen gegen einen ordre public-Verstoß. Die EMRK und die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht (EGMR) sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auf der Ebene des Verfassungsrechts als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte heranzuziehen.182 Sie eignen sich somit auch zur Konkretisierung des ordre public. Relevant ist vorliegend insbesondere Art. 8 EMRK, der das Recht auf Achtung des Familienlebens garantiert. Über die Reichweite von Art. 8 Abs. 1 EMRK im Zusammenhang mit der Anerkennung einer ausländischen Abstammungsentscheidung nach Geburt eines Kindes durch eine Leihmutter hat der EGMR in zwei Entscheidungen, denen Beschwerden französischer Wunscheltern zu Grunde lagen, entschieden.183 Zwei französische Ehepaare hatten von einer Leihmutter in Kalifornien (Fall Mennesson) bzw. Minnesota (Fall Labassée) ein Kind austragen, das genetisch vom jeweiligen Ehemann und einer Eizellspenderin abstammte. Die Elternschaft der Wunscheltern wurde jeweils von einem amerikanischen Gericht bestätigt. Die Anerkennung der ausländischen Abstammungsentscheidung und damit letztlich des Elternstatus der Wunscheltern wurde von französischen Gerichten verweigert, weshalb die Wunscheltern sich mit einer Individualbeschwerde an den EGMR wandten.184 178 Davon umfasst ist auch das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, Dethloff, JZ 2014, 922, 928. 179 Siehe 2. Teil, Fn. 807. 180 Mayer, StAZ 2015, 33, 39; Dethloff, JZ 2014, 922, 927. 181 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2675. Siehe hierzu auch EGMR, Urteil vom 27. 01. 2015, Paradiso and Campanelli, Beschwerde Nr. 25358/12, Rn. 85: „Or, il est necessaire qu’un enfant ne soit pas désavantagé du fait qu’il a été mis au monde par une mère porteuse.“ („Denn, es ist erforderlich, dass ein Kind nicht deshalb benachteiligt wird, weil es von einer Leihmutter zur Welt gebracht wurde.“ – Übersetzung der Verfasserin). 182 BVerfG NJW 2011, 1931; BVerfG NJW 2004, 3407. 183 EGMR, Urteil vom 26. 06. 2014, Mennesson v. France, Beschwerde Nr. 65192/11 und Labassée v. France, Beschwerde Nr. 65941/11. 184 Eine ausführliche Darstellung des Sachverhalts und der Vorentscheidungen der französischen Gerichte findet sich bei Frank, FamRZ 2014, 1525, 1527.

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Der EGMR stellte fest, dass sowohl die Wunscheltern als auch die von einer Leihmutter geborenen Kinder unter den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK fallen, sofern sie als Familie zusammenleben.185 Este Konsequenz der Rechtsprechung des EGMR ist somit, dass die rechtliche Anerkennung der familiären Beziehungen für die Eröffnung des Schutzbereiches von Art. 8 EMRK nicht erforderlich ist. Art. 8 EMRK ist auch auf die rein „faktische“ Familie anwendbar.186 Allerdings ist Art. 8 EMRK nur anwendbar, wenn eine faktische Familienbeziehung auch tatsächlich besteht. Eine nur rechtliche Familienbeziehung ist nicht ausreichend, gleichzeitig aber auch nicht erforderlich für den Familienschutz.187 Grundsätzlich haben also die Wunscheltern ein Recht auf Achtung ihres faktischen Familienlebens, das durch die Nichtanerkennung einer ausländischen Entscheidung jedenfalls berührt ist. Allerdings hat der EGMR in den konkreten Fällen eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 EMRK im Bezug auf die französischen Wunscheltern abgelehnt, da die Wunscheltern keinen ausreichenden Nachweis erbringen konnten, dass die fehlende Anerkennung ihr Familienleben in unzumutbarer Weise beeinträchtigte. Die Nichtanerkennung stelle laut dem EGMR daher einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Wunscheltern und denen des Staates dar.188 Da es innerhalb der Mitgliedstaaten der EMRK keinen Konsens zum Umgang mit Leihmutterschaften gebe, und Leihmutterschaft schwierige moralische und ethische Fragen aufwerfe, komme den Mitgliedstaaten ein weiter Ermessensspielraum bei der Beurteilung von Leihmutterschaften und bei der Frage zu, ob ein Verbot der Leihmutterschaft oder der Anerkennung einer Abstammungsentscheidung in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sei.189 Sofern die Wunscheltern mit dem Kind jedenfalls faktisch zusammenleben könnten, was in der Mennesson-Entscheidung der Fall war, scheide eine Verletzung von Art. 8 EMRK im Hinblick auf die Wunscheltern aus.190 Anders urteilte der EGMR jedoch im Hinblick auf das Recht des Kindes auf Achtung seines Privatlebens aus Art. 8 Abs. 1 EMRK. Dieses sei durch die Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung verletzt.191 Der weite Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei der Beurteilung von Leihmutterschaft werde, so der EGMR, nämlich erheblich reduziert, wenn es um die Frage der Abstammung und damit verbunden die Identität eines bereits geborenen Kindes gehe.192 Wann immer die Situation eines Kindes fraglich sei, habe das Interesse des Kindes Vorrang.193 185 EGMR, Mennesson, Rn. 48 ff., Labassée, Rn. 40 ff., jeweils unter Verweis auf das Urteil vom 28. 06. 2007, Wagner v. Luxemburg, Beschwerde Nr. 76240/01, Rn. 123 ff. 186 EGMR, Wagner, Rn. 130 ff. 187 EGMR, Paradiso and Campanelli, Rn. 69. 188 EGMR, Mennesson, Rn. 94. 189 EGMR, Mennesson, Rn. 77 ff. 190 EGMR, Mennesson, Rn. 94. 191 EGMR, Mennesson, Rn. 96 ff. 192 EGMR, Mennesson, Rn. 80. 193 EGMR, Mennesson, Rn. 80.

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Das Recht auf Kenntnis der eigenen Identität sei eine Ausprägung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und umfasse auch die Möglichkeit, eine Eltern-KindBeziehung zu begründen.194 Sowohl die Eltern-Kind-Beziehung als auch die Staatsangehörigkeit seien dabei wesentliche Teile der Identität des Kindes.195 Dem Kindeswohl widerspreche es deshalb, wenn aufgrund der Versagung der Anerkennung eine rechtliche Zuordnung zu seinen Wunscheltern nicht begründet werden könne.196 Ein wesentlicher Aspekt war für den EGMR dabei, dass das Kind in dem konkreten Fall mit dem Wunschvater genetisch verwandt war.197 Die Konstellation entsprach insoweit dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall.198 Der EGMR führt aus, dass es angesichts der Bedeutung der biologischen Abstammung für die Identität des Einzelnen dem Wohl des Kindes widerspreche, wenn dem nachweislich als genetischer Vater feststehenden Mann die rechtliche Elternstellung verwehrt werde.199 Da die biologische Abstammung von der Mutter nicht anders beurteilt werden könne als die vom Vater, lasse sich diese Argumentation ohne weiteres auf eine genetisch verwandte Wunschmutter übertragen.200 Eine Versagung der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, die das Kind der genetisch verwandten Wunschmutter zuordnet, stelle daher in Konsequenz einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK zum Nachteil des Kindes dar. Zwar ergingen die beiden Entscheidungen des EGMR vor dem Hintergrund der französischen Rechtslage. Nach dem französischen Recht bestand keinerlei Möglichkeit, das Kind zum rechtlichen Kind der Wunscheltern zu machen.201 Weder war eine Anerkennung der Mutter- oder Vaterschaft möglich noch eine Adoption.202 Das faktische Zusammenleben des Kindes mit den Wunscheltern war in hingegen aufgrund der französischen Regelungen zum sog. Statusbesitz (possession d’état) möglich.203 Dies ist in Deutschland anders. Auch wenn die Anerkennung der ausländischen Entscheidung versagt wird, ist es in Deutschland nicht völlig ausgeschlossen, dass das Kind doch noch rechtlich den Wunscheltern zugeordnet wird, wenn diese das Kind adoptieren.204 194

Mayer, StAZ 2015, 33, 39; EGMR, Mennesson, Rn. 100. EGMR, Mennesson, Rn. 97 und 100 f. 196 EGMR, Mennesson, Rn. 80, 96. 197 EGMR, Mennesson, Rn. 100. 198 BGH NJW 2014, 479 ff. 199 EGMR, Mennesson, Rn. 100. 200 So auch Frank, FamRZ 2014, 1525, 1526. 201 Frank, FamRZ 2014, 1525, 1527. 202 Insbesondere hat die Cour de cassation entschieden, dass sogar ein Vaterschaftsanerkenntnis auch eines biologisch verwandten Wunschvaters ausgeschlossen ist, wenn dadurch eine Gesetzesumgehung möglich gemacht werde, Cour de cassation, Entscheidung vom 13. 9. 2013, no. 12-18.315 und no. 12-30.138. 203 Siehe hierzu 2. Teil, Fn. 518. 204 Siehe hierzu oben § 3 B. I. 2. b), S. 96 f. 195

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Aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage lässt sich der Rechtsprechung des EGMR eine uneingeschränkte Pflicht deutscher Gerichte zur Anerkennung einer ausländischen Abstammungsentscheidung in Leihmutterfällen somit nicht entnehmen.205 Trotzdem kann die grundsätzliche Möglichkeit einer Adoption durch die Wunschmutter einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht immer ausschließen oder rechtfertigen.206 Zum einen wird ein Adoptionsverfahren der besonderen Eilbedürftigkeit in Leihmutterfällen häufig nicht gerecht. Zum anderen ist eine Adoption auch nach dem deutschen Recht nicht ohne weiteres möglich. So setzt eine Adoption beispielsweise voraus, dass die Wunscheltern das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt haben, vgl. § 1744 BGB, was bei Leihmutterschaftsfällen im Hinblick auf die gegebenenfalls fehlende deutsche Staatsangehörigkeit des Kindes nicht ohne weiteres erreicht werden kann.207 Würde dem Kind jedenfalls bis zur Adoption das Zusammenleben mit seiner Familie und auch die Staatsangehörigkeit verwehrt, wäre auch dies nicht mit den Vorgaben der EMRK vereinbar.208 Bis zum Zeitpunkt der Adoption hätte es keine Unterhaltsansprüche und kein Erbrecht gegenüber der Wunschmutter bzw. den Wunscheltern. Dementsprechend lehnte auch der Bundesgerichtshof das Argument ab, dass das Kindeswohl über eine Adoption besser gewährleistet werden könne.209 Auch vor dem Hintergrund der deutschen Rechtslage, die eine Adoption durch die Wunscheltern grundsätzlich ermöglicht, kann eine Versagung der Anerkennung somit einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK zu Lasten des Kindes darstellen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Wunschmutter auch die genetische Mutter des Kindes ist oder das Kind durch die Nichtanerkennung von seiner faktischen Familie getrennt würde. Offen gelassen hat der EGM in den beiden Entscheidungen, wie Fälle zu beurteilen sind, in denen das Kind mit keinem der Wunscheltern genetisch verwandt ist.210 Dafür, auch in einer solchen Situationen bei Versagung der Anerkennung eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 EMRK anzunehmen spricht, dass der EGMR, wie bereits eben erwähnt, für die Konkretisierung des Schutzbereichs von Art. 8 Abs. 1

205

So auch The Hague Conference, Prel. Doc. No. 3 A (2015), Rn. 5 (dort Fn. 24); Frank, FamRZ 2014, 1525, 1527. 206 So Mayer, IPRax 2015, 57, 60. a.A. Frank, FamRZ 2014, 1525, 1527; Benicke, StAZ 2013, 101, 111; Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 504. 207 Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 585. 208 Mayer, IPRax 2015, 57, 60. 209 BGH NJW 2015, 479, 484 Rn. 58 ff.; a.A. KG IPRax 2014, 536 Rn. 33; Benicke, StAZ 2013, 101, 111; Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 504. 210 Sowohl im Fall Mennesson als auch Labassée stammte das Kind genetisch von einem der Wunscheltern ab, so dass eine Entscheidung hierzu nicht erforderlich war. Auch der BGH hat diese Frage ausdrücklich offen gelassen, BGH NJW 2015, 479, 483 Rn. 53.

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EMRK auf die faktische Familie abstellt.211 Maßgeblich ist das tatsächliche familiäre Zusammenleben. Genetische Beziehungen sind für den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 EMRK nicht erforderlich.212 Auch bei abweichender genetischer Verwandtschaft kann sich also kein wesentlich anderes Bild ergeben – wird das Kind rechtlich nicht den Wunscheltern zugeordnet die die faktische Elternrolle übernommen haben, stellt dies einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK zu Lasten des Kindes dar. Problematisch ist die Anerkennung damit allerdings in den Fällen, in denen es nicht nur an der genetischen Verwandtschaft, sondern auch an einer faktischen Eltern-Kind-Beziehung zu den Wunscheltern fehlt.213 Im Hinblick auf den weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten kann dem Recht des Kindes auf Privatsphäre aus Art. 8 EMRK kein Gebot entnommen werden, Wunscheltern rechtlich zugeordnet zu werden, mit denen es weder faktisch in einer familiären Beziehung lebt, noch genetisch verwandt ist. Ob eine rechtliche Zuordnung in diesen Fällen erfolgt, ist allein Sache der einzelnen Mitgliedstaaten. Da maßgeblicher Zeitpunkt der Beurteilung des Vorhandenseins einer faktischen Familienbeziehung jedoch der Zeitpunkt der letztinstanzlichen Entscheidung ist, wird eine faktische Familienbeziehung in den meisten Leihmutterfällen bis gegeben sein. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass bei fehlender genetischer Verwandtschaft und ohne faktische familiäre Beziehung kein Verstoß von Art. 8 Abs. 1 EMRK zu Lasten des Kindes gegeben ist. In Fällen, in denen das Kind aufgrund der Nichtanerkennung einer ausländischen Statusentscheidung nicht in das Heimatland seiner Wunscheltern einreisen kann, ist auch noch eine Verletzung von Art. 3, 6 und 13 EMRK denkbar.214 Bei einer Einreiseverzögerung von 4 Monaten ist eine Verletzung dieser Rechte aber nach dem EGMR nicht gegeben.215 (6) Wertungen der UN-Kinderrechtskonvention Schließlich ist zur Konkretisierung des ordre public auch die UN-Kinderrechtskonvention216 heranzuziehen. Nach Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention ist das Kindeswohl bei allen Maßnahmen die Kinder betreffen ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.217 Das Kindeswohl ist somit ohne Frage ein we211 Dies ergibt sich aus EGMR, Paradiso and Campanelli, Rn. 69. Der EGMR bejahte die Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 8 EMRK, obwohl keiner der Wunscheltern mit dem Kind genetisch verwandt war. 212 So auch Mayer, StAZ 2015, 33, 39. 213 So auch Frank, FamRZ 2014, 1525, 1528. 214 Siehe hierzu EGMR, Urteil vom 08. 07. 2014, D. and others v. Belgium, Beschwerde Nr. 29176/13, Rn. 65 ff. 215 EGRM, D. and others v. Belgium, Rn. 65 ff. 216 Siehe 2. Teil, Fn. 807. Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention im Jahr 1992 ratifiziert – zunächst unter Vorbehalten, die jedoch im Jahr 2010 aufgegeben wurden. 217 Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 573.

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sentlicher Bestandteil des deutschen ordre public.218 Ein mutterloses und ggf. staatenloses Kind würde das Kindeswohl gefährden und dadurch viel mehr im Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung stehen als die Zuordnung zu einer Frau, die es zwar nicht geboren hat, aber dennoch die soziale Mutterrolle übernehmen will.219 Art. 7 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention garantiert darüber hinaus das Recht jedes Kindes, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben. Auch dieses Recht wird durch die Nichtanerkennung der Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter verletzt, wenn das Kind damit im Ergebnis staatenlos wird. cc) Fazit Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Zuordnung des Leihmutterkindes zur Wunschmutter keinen ordre public-Verstoß darstellt.220 Im Gegenteil: in der Regel hat das nur durch die Zuordnung zur Wunschmutter überhaupt eine rechtliche Mutter und damit die Möglichkeit, in einem stabilen familiären Umfeld aufzuwachsen. Der ordre public gebietet daher gerade, dass der Wunschmutter die rechtliche Elternstellung eingeräumt wird, unabhängig davon ob, aber umso mehr dann wenn die Wunschmutter mit dem Kind genetisch verwandt ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Kind andernfalls eltern- und staatenlos würde. Ein ordre public-Verstoß kann sich allenfalls aus besonderen Umständen im Einzelfall ergeben, wenn das Kindeswohl gerade durch die Zuordnung zur Wunschmutter gefährdet würde oder gerade durch die abstammungsrechtliche Zuordnung zur Wunschmutter Grundrechte der Leihmutter verletzt würden. Die Tatsache, dass das Kind im Wege der Leihmutterschaft geboren wurde, ist davon jedoch getrennt zu beurteilen. b) Zuordnung des Kindes zum Wunschvater Selbst wenn die Zuordnung eines Kindes zur Wunschmutter im Einzelfall einen ordre public-Verstoß darstellt, ist damit nicht ohne weiteres auch die Zuordnung zum Wunschater ordre public-widrig. Vielmehr muss danach unterschieden werden, woraus sich die Vaterschaft im Einzelfall ergibt. Ist der Wunschvater der rechtliche Vater, weil er die Vaterschaft im Ausland anerkannt hat, so kann dies keinen ordre public-Verstoß begründen, weil 218

Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 572. Mayer, IPRax 2015, 57, 60; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 123. 220 So im Ergebnis auch AG Neuss FamRZ 2014, 1127; AG Friedberg FamRZ 2013, 1994; Dethloff, JZ 2014, 922, 928; Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 570 ff.; dies., IPRax 2014, 57; Staudinger/Henrich Art. 19 EGBGB Rn. 110a, 123; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus S. 169 ff.; im Ergebnis ebenfalls Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2674; Coester, FS Jayme S. 1257 f. Zu demselben Ergebnis kam auch für das österreichische Recht der österreichische Verfassungsgerichtshof, StAZ 2013, 62; a.A. Benicke, StAZ 2013, 101, 110; Henrich, FS Schwab, S. 1151; wohl auch Wagner, StAZ 2012, 294, 298. 219

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dasselbe Ergebnis, jedenfalls bei einer unverheirateten Leihmutter, nach § 1592 Abs. 1 Nr. 2 BGB auch nach dem deutschen Recht möglich wäre.221 Ob er in diesem Fall genetisch mit dem Kind verwandt ist, ist unerheblich.222 Ist die Leihmutter ledig und ordnet das ausländische Recht das Kind unmittelbar dem Wunschvater zu, widerspricht dies zwar §§ 1592 Nr. 2, 1594, 1595 Abs. 1 BGB, wonach die Vaterschaft mit Zustimmung der Leihmutter anerkannt werden muss. Allein in dieser Abweichung vom deutschen Recht kann jedoch kein ordre publicVerstoß gesehen werden. Allenfalls handelt es sich um einen Verstoß gegen nichtdispositives Recht, nicht jedoch gegen die wesentlichen Wertevorstellungen des deutschen Rechts. Selbst wenn die Leihmutter verheiratet ist, das Kind aber dennoch dem Wunschvater zugeordnet wird,223 etwa weil dieser mit dem Kind genetisch verwandt ist, stellt dies nicht per se einen ordre public-Verstoß dar. Der deutsche Gesetzgeber hat zwar im materiellen Abstammungsrecht für Kollisionsfälle zwischen genetischer und vermuteter Vaterschaft zunächst einen Vorrang der Vermutung zugunsten des Ehemannes vorgesehen. Das allein stellt jedoch keinen tragenden Grundsatz des deutschen Rechts dar. Vielmehr ergibt sich aus dem von Art. 6 Abs. 2 GG geschützten Interesse des genetischen Vaters auf Einräumung einer Elternstellung, dass dieser ebenfalls eine schützenswerte Rechtsposition innehat. Entscheidet sich ein ausländischer Gesetzgeber dazu, die Rangfolge kollidierender Vaterschaften anders zu bewerten, indem er der Anstammung den Vorrang einräumt, die der biologischen Wahrheit entspricht, kann dies sowohl im Hinblick auf Art. 6 Abs. 2 GG als auch das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Herkunft keinen Verstoß gegen den inländischen ordre public darstellen. Auch in den Fällen, in denen eine Zuordnung zum Wunschvater nur deshalb erfolgt ist, weil der Ehemann auf sein Elternrecht „verzichtet“ hat, ist kein ordre public-Verstoß gegeben.224 Eine Übertragung der rechtlichen Vaterschaft durch Willenserklärung ist über den Weg der Vaterschaftsanfechtung und einer darauf folgenden Vaterschaftsanerkennung auch in Deutschland möglich, so dass auch hierin kein ordre public-Verstoß gesehen werden kann. c) Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Co-Eltern Schließlich stellt sich die Frage, ob ein ordre public-Verstoß dann zu bejahen ist, wenn das ausländische Gericht die Elternschaft zwei gleichgeschlechtlichen Part221 BGH NJW 2015, 480 Rn. 30 f. Dies gilt wege Art. 11 EGBGB auch dann, wenn das ausländische Vaterschaftsanerkenntnis nicht den Formerfordernissen des § 1597 BGB genügt. 222 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 31. 223 Dies wäre nach dem UPA (2000) ohne weiteres möglich. 224 Frank, FamRZ 2014, 1525, 1528.

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nern gemeinsam zuspricht. Der gemeinsame Erwerb einer Elternstellung durch gleichgeschlechtliche Partner ist im deutschen Recht nicht vorgesehen. Zahlreiche ausländische Rechtsordnungen ermöglichen diesen jedoch.225 Eine solche Situation lag dem Beschluss des Bundesgerichtshofs zugrunde.226 Zwei deutsche Wunschväter hatten von einer unverheirateten kalifornischen Leihmutter ein Kind austragen lassen. Das Kind wurde mit Hilfe einer anonymen Eizellspenderin gezeugt. Einer der beiden Wunschväter war genetisch mit dem Kind verwandt und hatte die Vaterschaft mit Zustimmung der Leihmutter vor dem deutschen Generalkonsulat in Kalifornien anerkannt. Die gemeinsame Elternschaft beider Wunschväter war von einem kalifornischen Gericht festgestellt worden. Im Rahmen des Antrags auf Nachbeurkundung der Auslansgeburt in Deutschland stellte sich die Frage der Anerkennung des ausländischen Urteils. Entscheidend war, ob das Ergebnis gegen den deutschen ordre public verstößt.227 Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs war dies nicht der Fall.228 Da einer der beiden Wunschväter mit dem Kind genetisch verwandt war und die Vaterschaft anerkannt hat, wäre er auch nach dem deutschen Recht der Vater des Kindes, so dass ein ordre public-Verstoß schon deshalb nicht in Betracht komme.229 Da gleichgeschlechtliche Eltern grundsätzlich mit verschiedengeschlechtlichen Eltern gleichzustellen seien,230 widerspreche auch die Tatsache, dass das ausländische Recht das Kind einem homosexuellen Paar gemeinsam zuordnet, nicht dem deutschen ordre public.231 Zwar ist Hintergrund der Regelung in § 1592 Nr. 1 BGB die vermutete biologische Wahrheit und sei offensichtlich, dass diese Annahme auf einen gleichgeschlechtlichen Parter nicht zutreffen kann.232 Allerdings nehme der deutsche Gesetzgeber im Rahmen des § 1592 Nr. 1 BGB in Kauf, dass die abstammungsrechtliche Zuordnung nicht immer der biologischen Wahrheit entspreche. Die Tatsache, dass das Kind also genetisch offensichtlich nicht vom zweiten Wunschvater abstammen kann, stehe einer Zuordnung zu ihm nicht entgegen. Dies gelte auch gerade deshalb, weil der gleichgeschlechtliche Partner in vergleichbarer Weise eine zentrale Elternrolle für das Kind einnehmen wolle.233 Ein anderes Ergebnis wäre auch im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 7 LPartG für eingetragene Lebenspartner zulässige Stiefkindadoption nicht tragbar. 225

Siehe 2. Teil, Fn. 407. BGH NJW 2015, 479 Rn. 1 ff. Die folgenden Ausführungen zum Sachverhalt stammen alle aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs. 227 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 27. 228 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 27. 229 BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 30. 230 BVerfG NJW 2013, 852 Rn. 80 m.w.N. 231 BGH NJW 2015, 479, 482 Rn. 43; Helms, StAZ 2012, 2, 8. 232 Helms, StAZ 2012, 2, 8. 233 Helms, StAZ 2012, 2, 8. 226

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Ein ausländisches Urteil, welches das von einer Leihmutter geborene Kind gleichgeschlechtlichen Partnern zuordnet, verstößt somit nicht gegen den deutschen ordre public. Nach dem Bundesgerichtshof gilt dies jedenfalls dann, wenn einer der beiden Wunscheltern genetisch mit dem Kind verwandt ist.234 3. Sonstige Anerkennungshindernisse Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung kann nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 und 3 FamFG auch dann versagt werden, wenn das Recht auf rechtliches Gehör einer der Beteiligten verletzt wurde oder die ausländische Entscheidung mit einer inländischen oder früheren ausländischen Entscheidung unvereinbar ist. Beides ist auch in Leihmutterfällen denkbar. Diesbezüglich ergeben sich jedoch keine erwähnenswerten Besonderheiten. Anders als in § 328 Abs. 5 ZPO ist die fehlende Gegenseitigkeit nach § 109 Abs. 4 FamFG nur in den dort explizit genannten Fällen ein Anerkennungsversagungsgrund, also bei Entscheidungen, die in Familienstreitsachen, unterhalts- oder güterrechtlichen Lebenspartnerschaftssachen und Ehewohnungs- und Haushaltssachen ergehen. Für Abstammungsfragen nach Leihmutterschaft ist dieser Anerkennungsversagungsgrund daher nicht relevant. IV. Zusammenfassung Die verfahrensrechtliche Anerkennung kann dazu führen, dass eine im Ausland erlassene Abstammungsentscheidung, die das Kind den Wunscheltern zuordnet, in Deutschland anerkannt werden muss. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und EGMR jedenfalls dann, wenn mindestens einer der beiden Wunschelternteile genetisch mit dem Kind verwandt ist, die Leihmutter ledig ist und das Kind freiwillig an die Wunscheltern herausgibt. Ob die Wunscheltern in einer gleichgeschlechtlichen oder verschiedengeschlechtlichen Partnerschaft leben, spielt dabei keine Rolle. Nach hier vertretener Ansicht ist ein ordre public-Verstoß jedoch auch dann nicht gegeben, wenn keiner der Wunscheltern mit dem Kind verwandt ist, sofern diese bereits eine familiäre Beziehung zu dem Kind aufgebaut haben oder wenn das Kind andernfalls eltern- und staatenlos würde. Eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter stellt nur dann einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public dar, wenn die Umstände im Einzelfall eine Grundrechtsverletzung auf Seiten der Leihmutter nahe legen oder das Kindeswohl gerade durch die Zuordnung der Wunschmutter gefährdet wäre. Eine Zuordnung des Kindes zum Wunschvater kann in einem Großteil der Fälle auch nach dem deutschen Recht erreicht werden. Ein ordre public-Verstoß kann darin deshalb in der Regel nicht gesehen werden. 234

BGH NJW 2015, 479, 480.

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B. USA Der große Stellenwert, den die Souveränität der einzelnen Bundesstaaten in der Verfassung der USA einnimmt, wird auch im Rahmen der verfahrensrechtlichen Anerkennung in zwischenstaatlichen Fällen deutlich. Die gegenseitige Anerkennung von in anderen Bundesstaaten begründeten Statusverhältnissen steht im Spannungsfeld zwischen dieser Staatensouveränität einerseits und dem Bedürfnis nach einer politisch und wirtschaftlich integrierten Gemeinschaft andererseits.235 Obwohl alle Staatengerichte und Behörden Teil eines einheitlichen föderalen Systems sind, ist die grenzüberschreitende Anerkennung daher nicht so einfach, wie man auf den ersten Blick erwarten würde. Insbesondere bei Behördenentscheidungen haben die Betroffenen häufig Schwierigkeiten, diese in einem anderen Bundesstaat geltend zu machen. Der Versuch, den Föderalismus und die Souveränität der Bundesstaaten in Einklang zu bringen, führt im Ergebnis dazu, dass eine einmal erworbene Elternstellung nicht überall anerkannt wird, und es innerhalb der USA hinkende Rechtsverhältnisse geben kann. Die Gefahr hinkender Statusverhältnisse ist umso größer, wenn die Elternschaft nach ausländischem Recht erworben wurde. Die Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung kann sich in den USA unmittelbar in einem gesonderten Anerkennungsverfahren stellen.236 Daneben kann der durch schwesterstaatliches Urteil bestätigte oder herbeigeführte Status aber auch mittelbar relevant werden, beispielsweise wenn in einem anderen Bundesstaat ein Verfahren auf Zahlung von Unterhalt oder über das Sorgerecht oder Erbrecht eines Leihmutterkindes geführt wird. Im Folgenden werden zunächst die Anerkennungsgrundsätze im amerikanischen Verfahrensrecht abstrakt dargestellt, bevor diese im Bezug auf die im Zusammenhang mit Leihmutterschaft in Betracht kommenden Entscheidungstypen analysiert werden. I. Anerkennungsgrundsätze 1. Verfahrensrechtliche und kollisionsrechtliche Anerkennung Auch in den Vereinigten Staaten wird funktional zwischen verfahrensrechtlicher und international-privatrechtlicher Anerkennung unterschieden. Die kollisions235

Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 219; Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 669. 236 Die Anerkennung erfolgt im zwischenstaatlichen Verkehr mittels eines Anerkennungsverfahrens, das sich nach der jeweiligen einzelstaatlichen lex fori richtet. Grundsätzlich bedarf es einer Vollstreckbarerklärung, die im Rahmen eines streitigen Anerkennungsverfahrens erlassen wird, Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 213, 216; Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 262. In über 40 Bundesstaaten gilt jedoch der Uniform Enforcement of Foreign Judgments Act 1964, der ein vereinfachtes Anerkennungsverfahren vorsieht (erforderlich ist dann lediglich eine Registrierung des Urteils). Ein ähnliches Verfahren gilt auch für bundesgerichtliche Urteile aus anderen Staaten, Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 216 f.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

rechtliche Anerkennung richtet sich nach den jeweiligen choice of law-Regeln der einzelnen Bundesstaaten. Für die verfahrensrechtliche Anerkennung innerhalb des föderalen Systems der USA ist die Verfassung, insbesondere die Full Faith and Credit Clause237 und die Due Process Clause238, maßgeblich. Die Abgrenzung zwischen beiden Formen der Anerkennung erfolgt, wie im deutschen Recht auch, anhand des Anerkennungsgegenstandes. In der Praxis ist diese Abgrenzung jedoch mitunter sehr komplex. Das Kollisionsrecht unterliegt nämlich denselben von der Verfassung vorgegebenen Beschränkungen, so dass die Grenze zwischen beiden Formen der Anerkennung im amerikanischen Recht bislang verschwimmt.239 Zusätzlich unterscheidet die Full Faith and Credit Clause ihrem Wortlaut nach neben schwesterstaatlichem Recht (public acts) und schwesterstaatlichen Urteilen (judicial proceedings) noch eine dritte Kategorie der schwesterstaatlichen Urkunden (records). Auf dem Spektrum der anzuerkennenden „Entscheidungen“ stehen diese records irgendwo zwischen den public acts einerseits und judicial proceedings andererseits.240 Ob und wie sie anzuerkennen sind, ist in den USA umstritten.241 Fest steht, dass die Anerkennung aller drei Entscheidungstypen unterschiedlichen Regeln unterliegt,242 weshalb sie auch in dieser Arbeit gesondert behandelt wird. Um den Vergleich mit Deutschland zu erleichtern, wird die „Anerkennung“ schwesterstaatlichen Rechts (die mit dessen Anwendung gleichzusetzen ist) ausführlich im 5. Kapitel über das Internationale Privatrecht dargestellt, während die Regeln für Urkunden und richterliche Entscheidungen in diesem Kapitel zur verfahrensrechtlichen Anerkennung analysiert werden.

237 Art. IV § 1 U.S. Const.: „Full Faith and Credit shall be given in each State to the public Acts, Records, and judicial Proceedings of every other State. And the Congress may by general Laws prescribe the Manner in which such Acts, Records, and Proceedings shall be proved, and the Effect thereof.“ Im Folgenden: Full Faith and Credit Clause. 238 Amend. V U.S. Const.: „nor shall be compelled in any criminal case to be a witness against himself, nor be deprived of life, liberty, or property, without due process of law“ sowie Amend. XIV U.S. Const: „nor shall any State deprive any person of life, liberty, or property, without due process of law“. Im Folgenden: Due Process Clause. 239 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 218. 240 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 643. 241 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 649; Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009); Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 682 f. 242 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 649; siehe auch Franchise Tax Board v. Hyatt, 538 U.S. 488 (2003) 494: „[O]ur precedent differentiates the credit owed to laws (legislative measures and common law) and to judgments. Whereas the full faith and credit command is ,exacting with respect to [a] final judgment rendered by a court with adjudicatory authority over the subject matter and persons governed by the judgment,‘ it is less demanding with respect to choice of Laws. We have held that the Full Faith and Credit Clause does not compel ,a state to substitute the statutes of other states for its own statutes dealing with a subject matter concerning which it is competent to legislate.‘“

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2. Gegenstand verfahrensrechtlicher Anerkennung Ausgangspunkt der gegenseitigen Anerkennung schwesterstaatlicher Urteile ist die Full Faith and Credit Clause der Verfassung. Art. IV § 1 U.S. Const. bestimmt: „Full Faith and Credit shall be given in each State to the public Acts, Records, and judicial Proceedings of every other State. And the Congress may by general Laws prescribe the Manner in which such Acts, Records, and Proceedings shall be proved, and the Effect thereof.“243 Damit obliegt allen Bundesstaaten die grundsätzliche Pflicht, Gesetze, Urkunden und richterliche Entscheidungen aus anderen Bundesstaaten vollständig zu würdigen und anzuerkennen. Konkretisiert wird dieses Gebot durch 28 U.S.C. § 1738244 dahingehend, dass den Gesetzen, Urkunden und Entscheidungen dieselbe Würdigung, Anerkennung und Wirkung zugestanden werden muss wie im Ursprungsstaat.245 Was unter Gesetzen, Urkunden und richterlichen Entscheidungen zu verstehen ist, wird in der Verfassung nicht definiert. Es obliegt daher dem Supreme Court, den Umfang der Full Faith and Credit Clause in gegenständlicher Hinsicht festzulegen. Judicial proceedings sind nach ständiger Rechtsprechung des Supreme Courts Gerichtsurteile.246 Ursprünglich waren damit nur Zahlungsurteile (money judgments) gemeint,247 die in einem kontradiktorischen Verfahren ergingen.248 Seit dem Urteil 243 Die deutsche Übersetzung der Verfassung durch die amerikanischen Botschaft in Berlin lautet: „Gesetze, Urkunden und richterliche Entscheidungen jedes Einzelstaates genießen in jedem anderen Staat volle Würdigung und Anerkennung. Der Kongreß kann durch allgemeine Gesetzgebung bestimmen, in welcher Form der Nachweis derartiger Gesetze, Urkunden und richterlicher Entscheidungen zu führen ist und welche Geltung ihnen zukommt.“ (Übersetzung abrufbar unter http://usa.usembassy.de/etexts/gov/gov-constitutiond.pdf, zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 244 28 U.S. C. § 1738 Abs. 3: „Such Acts, records and judicial proceedings or copies thereof, so authenticated, shall have the same full faith and credit in every court within the United States and its Territories and Possessions as they have by law or usage in the courts of such State, Territory or Possession from which they are taken.“ Die Vorschrift wurde in ihrer ursprünglichen Form vom First Congress im Jahr 1790 auf Grundlage der Ermächtigung im letzten Satz der Full Faith and Credit Clause erlassen, Act of May 26, 1790, ch. 11, 1 Stat. 122. Im Jahr 1804 wurde eine Klarstellung eingefügt, dass records auch nonjudicial records meint, Redpath, 62 Emory L.J. 639 (2012 – 2013), 646; Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 522. 245 Begründet hat der Supreme Court dies in Milwaukee County v. M.E: White Co., 296 U.S. 268 (1935), 276 f. wie folgt: „The very purpose of the full-faith and credit clause was to alter the status of the several states as independent foreign sovereignities, each free to ignore obligations created under the laws or by the judicial proceedings of the others, and to make them integral parts of a single nation throughout which a remedy upon a just obligation might be demanded as of right, irrespective of the state of its origin.“ 246 Mills v. Duryee, 11 U.S. (7 Cranch) 481 (1813), 484. 247 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 644 ff. 248 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 671. Siehe auch § 102 comment c des Restatement (Second) of Conflict of Laws (1971): „The Supreme Court has not had the occasion to determine whether full faith and credit requires a State of the United States to enforce a valid judgment of a Sister state that orders the doing of an act other than the payment of money“.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

des Supreme Courts in der Rechtssache Baker v. Gen. Motors Corp.249 steht jedoch fest, dass auch sog. judgments in equity vom Begriff judicial proceedings umfasst sind.250 Die Anerkennungspflicht erstreckt sich darüber hinaus nicht nur auf Gerichtsurteile, sondern auch auf sogenannte quasi-judgments.251 Dabei gilt die Full Faith and Credit Clause gleichermaßen für Entscheidungen einzelstaatlicher Gerichte wie Bundesgerichte.252 Es sind also nicht nur alle Bundesgerichte verpflichtet, Urteile der einzelnen Staatengerichte anzuerkennen,253 gleichzeitig müssen auch alle Staatengerichte neben schwesterstaatlichen Urteilen alle federal judgments aus anderen Bundesstaaten anerkennen.254 Für Entscheidungen in Leihmutterfragen ist dies jedoch weniger relevant, da diesbezügliche Entscheidungen in der Regel von state courts erlassen werden, die bei Kindschafts- und Unterhaltssachen ausschließlich zuständig sind.255 Gleichermaßen steht nach ständiger Rechtsprechung des Supreme Court fest, dass public Acts schwesterstaatliche Gesetze (statutes) meint.256 Die Anerkennung von schwesterstaatlichen statutes beurteilt sich nach dem von den jeweiligen choice of law principles berufenen Recht. Weniger eindeutig ist die Definition von records. Weder der Supreme Court noch der Kongress haben sich bisher dazu geäußert, was konkret unter records zu verstehen ist und wie records anzuerkennen sind.257 Records liegen auf dem Spektrum 249

Baker v. Gen. Motors Corp., 522 U.S. 222 (1998). Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 234. In Baker v. Gen. Motors Corp ging es um die Anerkenung einer schwesterstaatlichen einstweiligen Verfügung (preliminary injunction), die es einem Zeugen untersagte, in jedwedem Verfahren gegen General Motors auszusagen. Da der Supreme Court die injunction den judicial proceedings zugeordnet hat, konnte er die Frage, wie die Anerkennung von records zu erfolgen hat, offen lassen, vgl. Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 660. 251 M’Elmoyle v. Cohen, 38 U.S. 312 (1839); Mills v. Duryee, 3. Teil, Fn. 246, S. 483. Als quasi-judgments werden alle Urteile bezeichnet, die von gerichtsähnlichen Institutionen erlassen werden. 252 § 93 Restatement (Second) of Conflict of Laws. 253 Davis v. Davis, 305 U.S. 32 (1938), 40. 254 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 523. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut der Full Faith and Credit Clause, wurde aber vom Supreme Court so entschieden, Dupasseur v. Rochereau, 88 U.S. (21 Wall.) 130 (1875), 134 f. 255 Snyder, USA, S. 392. Eine Zuständigkeit der federal courts käme bei Leihmutterschaftsfragen nur für Verfahren mit einem Streitwert von über 75.000 USD zwischen Parteien, die ihren Sitz in verschiedenen Bundesstaaten haben, in Betracht (dies sind die Voraussetzungen für die sog. diversity jurisdiction der Bundesgerichte, 28 U.S. C. § 1332), wenn für die Streitigkeit keine ausschließliche Zuständigkeit der Staatengerichte begründet ist. Zur domestic relations-Ausnahme der Zuständigkeit der Bundesgerichte siehe Ankenbrandt v. Richards, 504 U.S. 689 (1992). 256 Nevada v. Hall, 440 U.S. 410 (1979), 412 f., 422; Pacific Insurance Co. v. Industrial Accient Comm’n, 306 U.S. 493 (1939). 257 Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1420. 250

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der Entscheidungstypen irgendwo zwischen den abstrakt-generellen Gesetzen einerseits und den konkret-speziellen Gerichtsentscheidungen andererseits. Eine Ansicht geht deshalb davon aus, dass mit records nur Entscheidungen der Exekutive gemeint sein können, da nur dann Akte aller drei staatlichen Gewalten von der Full Faith and Credit Clause umfasst wären.258 Andere argumentieren, records seien alle Urkunden, die nicht Gesetze oder streitige Urteile sind. Von den Gerichten wird der Begriff records eher willkürlich verwendet.259 Umfasst sind damit derzeit eine Vielzahl von Entscheidungstypen, wie beispielsweise Geburts- und Sterbeurkunden, Eigentumsnachweise, Steuerbescheide, Fahrzeugscheine, und Fischereierlaubnisse.260 Eine eindeutige Aussage über die Definition von records lässt sich jedoch nicht treffen. So ist zum Beispiel umstritten, ob eine marriage license ein record im Sinne der Full Faith and Credit Clause darstellt, oder andernfalls gar nicht von ihr umfasst wird.261 Und auch der Umgang mit nicht-konktradiktorischen Urteilen ist umstritten, wie bereits erörtert wurde.262 3. Verfahrensrechtliche Anerkennung im amerikanischen Recht Aufgrund des einheitlichen Maßstabs der Bundesverfassung gelten die Regelungen zur verfahrensrechtlichen Anerkennung, anders als die Vorschriften des IPR und des jeweiligen Sachrechts, einheitlich für alle Bundesstaaten.263 Zwar gibt es auch für die Anerkennung schwesterstaatlicher Urteile immer wieder einzelstaatliche Regelungen. Auch sie müssen aber der Verfassung entsprechen,264 so dass jedenfalls strengere Regelungen, die eine Anerkennung entgegen der Full Faith and Credit Clause verhindern würden, verfassungswidrig wären.265 Die Full Faith and 258

Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1420. Siehe beispielsweise In re Estate of Gardiner, 22 P.3d 1086 (Kan. Ct. App. 2001), 1107, wo eine Geburtsurkunde unter den Begriff records gefasst wird. 260 Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1440. 261 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 682. Aus dieser Frage rührt auch die Diskussion darüber, ob der umstrittene Defense of Marriage Act (DOMA) wegen Verstoßes gegen die Full Faith and Credit Clause verfassungswidrig war. Seit der Entscheidung des Supreme Court in Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015), ist dieser Streit jedoch eindeutig entschieden. 262 Siehe 3. Teil, Fn. 248. 263 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 263 f. 264 Dies ergibt sich aus der Supremacy Clause in Art. VI Sec. 2 U.S. Const.: „This Constitution, and the Laws of the United States which shall be made in pursuance thereof; and all treaties made, or which shall be made, under the authority of the United States, shall be the supreme law of the land; and the judges in every state shall be bound thereby, anything in the constitution or laws of any state to the contrary notwithstanding.“ (Hervorherbung nur hier). 265 Ein Beispiel hierfür ist das im Jahr 2004 in Oklahoma erlassene Verbot der Anerkennung von schwesterstaatlichen Adoptionen, Okla. Stat. Ann. Tit. 10, § 7501-1.4 (West Supp. 2004): „This state, or any of its agencies, or any court of this state, shall not recognize an adoption by more than one individual of the same sex from any other state or foreign jurisdiction.“ Die Vorschrift wurde vom U.S. Circuit Court for the 10th Circuit wegen Verstoßes gegen die Full 259

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Credit Clause bildet das Mindestmaß an Anerkennung, auf das sich Wunscheltern in grenzüberschreitenden Sachverhalten verlassen können. Die Full Faith and Credit Clause verpflichtet zur „vollen Würdigung und Anerkennung“ der dort genannten Entscheidungstypen im zwischenstaatlichen Verkehr. Was konkret darunter zu verstehen ist, insbesondere ob und unter welchen Umständen die Anerkennung von schwesterstaatlichen Gerichtsurteile versagt werden darf, ist jedoch weder in der Verfassung noch in 28 U.S.C. § 1738 ausdrücklich geregelt. Auch die nähere Bestimmung der Anerkennungsmodalitäten obliegt daher dem Supreme Court.266 a) Pflicht zur verfahrensrechtlichen Anerkennung Ihrem Wortlaut nach gilt die Full Faith and Credit Clause für Gesetze, Urkunden und gerichtliche Entscheidungen in gleicher Weise. Dennoch hat der Supreme Court die Reichweite der Anerkennungspflicht für die einzelnen Anerkennungsgegenstände unterschiedlich beurteilt.267 Aus den zahlreichen Entscheidungen haben sich folgende Prinzipien herauskristallisiert: Für schwesterstaatliche Urteile (judgments) wurde die Anerkennungspflicht im Laufe der Zeit immer weiter ausgedehnt.268 Es besteht nun eine nahezu uneingeschränkte Pflicht269 zur Anerkennung, die auch dann gilt, wenn das Urteil auf einem Rechtsfehler basiert270 oder der öffentlichen Ordnung (public policy) im Anerkennungsstaat widerspricht.271 Selbst wenn das Urteil also Rechtsfolgen herbeiführt, die gegen das Recht im Anerkennungsstaat verstoßen,272 muss es dennoch anerkannt und

Faith and Credit Clause für verfassungswidrig befunden, Finstuen v. Crutcher, 496 F.3d 1139 (10th Cir. 2007), 1156 („We hold today that final adoption orders and decrees are judgments that are entitled to recognition by all other states under the Full Faith and Credit Clause. Therefore, Oklahoma’s adoption amendment is unconstitutional in its refusal to recognize final adoption decrees of other states that permit adoption by same-sex couples“). 266 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 218. 267 Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 649. 268 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 376. 269 In der amerikanischen Literatur wird die Anerkennungspflicht für Urteile als „ironclad“ (also als „eisern“) bezeichnet, Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1419; Reynolds/Richman, The Full Faith and Credit Clause, S. 6. 270 So beispielsweise Coghill v. Boardwalk Regency Corp., 396 S. E. 2d 838 (Va. 1990), 839 f. 271 Fauntleroy v. Lum, 210 U.S. 230 (1908), 237 ff.; Yarborough v. Yarborough, 290 U.S. 202 (1933); Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 233. 272 Etwa indem es, beispielsweise wie im Fall Fauntleroy v. Lum, 210 U.S. 230 (1908), die Zahlung aufgrund eines nach dem Recht der Anerkennungsstaates nichtigen Vertrages anordnet.

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vollstreckt werden.273 Grund dafür ist die Funktionsweise des föderalen Systems der Vereinigten Staaten, die durch die Nichtanerkennung beeinträchtigt würde.274 Anders ist die Situation bei schwesterstaatlichen Gesetzen (public acts). Die Full Faith and Credit Clause hat ihre kollisionsrechtliche Bedeutung im Lauf der Zeit nahezu eingebüßt.275 Die für Urteile festgestelle uneingeschränkte Anerkennungspflicht passte für Gesetze nicht, da sie im Ergebnis dazu führen würde, dass immer das Recht des anderen Staates angewendet werden muss und nicht das eigene.276 Bei einem Zusammenspiel von mehr als zwei Rechtsordnungen wäre außerdem nichts darüber gesagt, welches fremde einzelstaatliche Recht Vorrang hätte. Heute vertritt der Supreme Court daher im Hinblick auf schwesterstaatliche Gesetze eine sehr weite Auslegung der Full Faith and Credit Clause. Es besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Anerkennung fremden Rechts.277 Vielmehr steht es jedem Gericht frei, im

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Diese Frage ist in der amerikanischen Literatur umstritten. Die Befürworter einer public policy-Ausnahme berufen sich zur Begründung auf § 103 Restatement (Second) of Conflict of Laws, wonach ein Urteil nicht anerkannt werden muss, wenn es eine „improper interference with important interests of the sister State“ darstellt, siehe hierzu Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), S. 373 m.w.N.; Bruns, JZ 1999, 278, 283. Die Regelung des Restatement (Second) of Conflict of Laws wird aber zum einen als zu unbestimmt bemängelt. Zum anderen wird dem American Law Institute (ALI), dem Verfasser der verschiedenen Restatements, vorgeworfen, die Rechtsprechung des Supreme Court falsch wiedergegeben zu haben, Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 373. Die Rechtsprechung des Supreme Courts zu dieser Frage lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es eine public policy-Ausnahme für schwesterstaatliche Urteile nicht gibt, Kramer, Yale L.J. 1965 (1997). Vgl. auch Baker v. Gen. Motors Corp., 522 U.S. 222 (1998), 233 („But our decisions support no roving ,public policy exception‘ to the full faith and credit due judgments.“). 274 Estin v. Estin, 334 U.S. 541 (1948), 546 („[The Full Faith and Credit Clause] ordered submission by one State even to hostile policies reflected in the judgment of another State, because the practical operation of the federal system, which the Constitution designed, demanded it.“). 275 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 229. Früher war dies anders. Zunächst entwickelte der Supreme Court aus der Full Faith and Credit Clause noch positive Kollisionsnormen und damit eine Art Superkollisionsrecht, die jedoch im Laufe der Zeit aufgegeben wurden, vgl. Thomas v. Wash. Gas Light Co., 448 U.S. 261, (1980), 272 („To vest the power of determining the extraterritorial effect of a State’s own laws and judgments in the State itself risks the very kind of parochial entrenchment on the interests of other States that it was the purpose of the Full Faith and Credit Clause and other provisions of Art. IV of the Constitution to prevent.“). Ausführlich hierzu Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 230 ff. 276 Alaska Packers Ass’n v. Indus. Accident Comm’n, 294 U.S. 532 (1935), 547 f. („Prima facie every state is entitled to enforce in its own courts its own statutes, lawfully enacted. One who challenges that right, because of the force given to a conflicting statute of another state by the full faith and credit clause, assumes the burden of showing, upon some rational basis, that of the conflicting interests involved those of the foreign state are superior to those of the forum.“). 277 Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 232 f. („The Full Faith and Credit Clause does not compel ,a state to substitute the statutes of other states for its own statutes dealing with a subject matter concerning which it is competent to legislate.‘“ unter Verweis auf Pacific Employers Ins. Co. v. Shutts, 472 U.S. 797 (1985), 818 f.).

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Ergebnis278 die lex fori anzuwenden, sofern der Sachverhalt nur einen hinreichend substantiellen Bezug zum Forum aufweist.279 Etwas anderes kann sich allenfalls aus der Due Process und Equal Protection Clause oder den Diskriminierungsverboten der Verfassung ergeben,280 die jedoch in der Praxis selten einschlägig sind. Die Bedeutung der Full Faith and Credit Clause für schwesterstaatliche Urkunden (records) ist, wie auch die Definition eben dieser records, unklar. Diese Thematik ist nicht erst seit der Frage der Anerkennung gleichgeschlechtlicher Ehen aus anderen Bundesstaaten wieder aktuell. Gerade in Leihmutterschaftsfällen ist der Umfang der Anerkennungspflicht für records von besonderer Bedeutung. Die Elternschaft der Wunscheltern ergibt sich in den meisten Fällen nicht aus einem Gerichtsurteil dem ein kontradiktorisches Verfahren voranging, sondern aus Entscheidungen in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit,281 aus Registereinträgen oder behördlichen Beurkundungen. Der Supreme Court hatte in seiner Entscheidung Obergefell v. Hodges282 Gelegenheit, sich zu Definition und Umfang der Anerkennungspflicht für records zu äußern. Gegenstand des Verfahrens war unter anderem die Frage einer Anerkennungspflicht schwesterstaatlicher marriage certificates gleichgeschlechtlicher Partner.283 In der mündlichen Verhandlung am 28. April 2015 wurde die Bedeutung der Full Faith and Credit Clause auch angesprochen284 und auf die Einordnung von marriage certificates als judicial proceeding, public act oder record eingegangen.285

278 Die einzelnen Kollisionsnormen müssen sich zwar auch im Hinblick auf die darin enthaltenen Anknüpfungsmerkmale an der Verfassung messen lassen. Die Verfassungswidrigkeit einer Kollisionsnorm könnte sich jedoch allenfalls daraus ergeben, dass innerstaatliche und außerstaatliche Sachverhalte ausdrücklich anders behandelt werden. 279 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 241. 280 Ausführlich hierzu § 5 B. I. 1., S. 261. 281 Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1447 („[records] are normally issued in an nonadversarial context“). 282 Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015). Die Entscheidung ist abrufbar unter http:// www.supremecourt.gov/opinions/14pdf/14-556_3204.pdf (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). Die folgenden Verweise auf Seitenzahlen des Urteils beziehen sich auf die pdf-Version. 283 Ziel der Kläger in Obergefell v. Hodges war es, den überlebenden gleichgeschlechtlichen Ehegatten als surviving spouse in das vom Bundesstaat Ohio auszustellende death certificate des an ALS erkrankten anderen Ehegatten eingetragen zu lassen. Der Supreme Court hat das Verfahren am 16. Januar 2015 zur Entscheidung angenommen und mit drei ähnlichen Verfahren aus Michigan (DeBoer v. Snyder), Kentucky (Bourke v. Beshear) und Tennessee (Tanko v. Haslam) verbunden. Die mündliche Verhandlung fand am 28. April 2015 statt. 284 Vgl. das Transcript der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2015, S. 26 ff., abrufbar über die Website des Supreme Courts, http://www.supremecourt.gov/oral_arguments/argument_ transcripts/14-556q2_jiel.pdf (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 285 Joseph F. Whalen, der Prozessvertreter des Bundesstaats Tennessee, geht dabei wenig überraschend (und wenig überzeugend) davon aus, dass eine marriage mit einem public act gleichzusetzen sei, und eine Anerkennungspflicht deshalb grundsätzlich nicht bestehe, vgl. das Transcript der mündlichen Verhandlung vom 28. April (Fn. 284), S. 34. Der Supreme Court

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Dabei wurde unter anderem die Frage aufgeworfen, ob marriage certificates und Geburtsurkunden gleichzustellen sind.286 Da der Supreme Court jedoch in seinem Urteil vom 26. Juni 2015 die Due Process Clause des Fourteenth Amendment der Verfassung dahingehend ausgelegt hat, dass das right to marriage auch gleichgeschlechtliche Ehen umfasst,287 erübrigten sich Ausführungen zu Umfang und Reichweite einer etwaigen Anerkennungspflicht schwesterstaatlicher same-sex marriages.288 Die Zweifel an der Definition und der Reichweite der Anerkennungspflicht von records im Rahmen der Full Faith and Credit Clause bleiben also weiterhin bestehen, und es lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob schwesterstaatliche records, aus denen sich der Elternstatus der Wunscheltern ergibt, zur Anerkennung dieses Status auch in einem anderen Bundesstaat führen können.289 b) Reichweite der Anerkennung Auch die Reichweite der Anerkennungspflicht unterscheidet sich im amerikanischen Recht nach der Art des Anerkennungsgegenstands. aa) Urteile Die Pflicht zur Anerkennung von Urteilen bedeutet, dass das schwesterstaatliche Urteil, sofern es sich um ein Endurteil (final judgment) handelt,290 nicht nur Beweisfunktion291 sondern res judicata-Effekt für alle weitere Verfahren zwischen den Parteien in allen anderen Staaten hat.292 Das res judicata-Prinzip hat zwei Kompo-

scheint eine differenziertere Betrachtung zu bevorzugen, vgl Justice Sotomayor auf S. 33 und S. 42 des Transcripts. 286 So Justice Sotomayor, S. 43 des Transcripts (Fn. 284). 287 Obergefell v. Hodges, S. 12 ff. 288 Obergefell v. Hodges, S. 27 („… if States are required by the Constitution to issue marriage licenses to same-sex couples, the justifications for refusing to recognize those marriages performed elsewhere are undermined. […] The Court, in this decision, holds same-sex couples may exercise the fundamental right to marry in all States. It follows that the Court also must hold – and it now does hold – that there is no lawful basis for a State to refuse to recognize a lawful same-sex marriage performed in another State on the ground of its same-sex character.“). 289 Dies gilt umso mehr deshalb, weil zahlreiche Circuit Courts (die Berufungsinstanz der Bundesgerichte) bisher zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind, was die Anerkennung von records angeht. Siehe hierzu sogleich. 290 Sog. final judgment rule, Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 215. 291 So die Meinung des Beklagten in Mills v. Duryee, 3. Teil, Fn. 246, S. 483 und die veraltete Meinung in der Literatur, siehe hierzu ausführlich Redpath 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 647 (dort Fn. 37 m.w.N.), sowie Gebhardt, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1427. 292 Dies entspricht mittlerweile der herrschenden Meinung in den USA, Mills v. Duryee, 3. Teil, Fn. 246, S. 485 und Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 233 („For claim and issue preclusion (res judicata) purposes, […] the judgment of the rendering State gains na-

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

nenten: claim preclusion (formelle Rechtskraft) und issue preclusion (materielle Rechtskraft).293 Dem schwesterstaatlichen Urteil müssen darüber hinaus die Wirkungen verliehen werden, die es in dem Staat hat, in dem es erlassen wurde.294 Der res judicata-Doktrin sind damit zwei Einschränkungen immanent: Dem schwesterstaatlichen Urteil muss zwar die Wirkung verliehen werden, die es im Erlassstaat hat, aber auch nicht mehr. Wäre das Urteil beispielweise im Erlassstaat abänderbar (modifiable), was häufig bei Sorgerechts- und Unterhaltsentscheidungen der Fall ist,295 so dürfen auch die Gerichte des Anerkennungsstaats diese Änderungen vornehmen, sofern ihre Entscheidungszuständigkeit gegeben ist.296 Außerdem wird die Anerkennung eines Urteils im amerikanischen Recht von der Vollstreckung297 und von den mittelbaren Folgen des Urteils unterschieden.298 Die strenge Pflicht zur Anerkennung aus der Full Faith and Credit Clause gilt nur für die Anerkennung als solche. Die Vollstreckung (enforcement)299 des Urteils ist von ihr nicht erfasst, sondern richtet sich nach der lex fori.300 Damit ist ein schwesterstaatliches Urteil beispielsweise hinsichtlich der Wiedereröffnung des Verfahrens, der Aussetzung der Vollstreckung, der Geltendmachung von Einreden und Verteidigungsmitteln und der Verjährung allen Vorschriften des Anerkennungsstaates unterworfen.301 Und auch die mittelbaren Folgen einer Entscheidung (sog. incidents)302 müssen, wie in Deutschland auch, von der Anerkennung der Entscheidung als solcher (der sog. status) getrennt werden. Im Beispiel von grenzüberschreitender Leihmutterschaft ist der anzuerkennende status der gerichtlich festgestellte oder herbeigeführte tionwide force.“). Zum mittlerweile überholten Streit siehe ausführlich Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 647 ff. 293 Redpath 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 650 (dort Fn. 56); Restatement (Second) of Judgments (1980), §§ 17-19, 27. 294 Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 215. 295 Für letztere siehe Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 215 (dort Fn. 175). 296 Worthley v. Worthley, 44 Cal.2d 465 (1955). 297 Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 223 f. 298 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 581; Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 670 f. 299 Darunter fallen alle „practices of other States regarding the time, manner, and mechanisms for enforcing judgments“, Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 235. 300 Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 223 f. („Full faith and credit, however, does not mean that enforcement measures must travel with the sister state judgment as preclusive effects do; such measures remain subject to the evenhanded control of forum law“); § 99 Restatement (Second) of Conflict of Laws (1971) („The local law of the forum determines the methods by which a judgment of another state is enforced.“); Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 371. 301 Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 217; Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 371. 302 Black’s Law Dictionary definiert incidents als all die rechtlichen Aspekte, die „dependent upon, subordinate to, arising out of, or otherwise connected“ mit einem Urteil sind.

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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Elternstatus. Zu den incidents zählen alle aus diesem Status folgenden Rechte303 wie beispielsweise das Sorgerecht,304 das Erbrecht, aber auch Unterhaltsansprüche sowie das Recht auf Ausstellung einer dem Status entsprechenden Geburtsurkunde.305 Während der Elternstatus als solcher unstreitig der Full Faith and Credit Clause unterliegt, richten sich die mittelbaren Wirkungen eines Urteils nach der lex fori bzw. dem jeweils anwendbaren Recht.306 Im Fall von Leihmutterschaft gilt also: dass die Wunscheltern die rechtlichen Eltern des Kindes sind, ist von jedem Bundesstaat aufgrund der Full Faith and Credit Clause anzuerkennen. Welche mittelbaren Wirkungen aus dem Elternstatus folgen, ob mit dem Elternstatus auch das alleinige Sorgerecht verbunden ist, oder ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht, richtet sich nach der lex fori des anerkennenden Gerichts bzw. dem vom IPR der lex fori berufenen Recht. bb) Public acts Was schwesterstaatliche Gesetze betrifft, ist deren „Anerkennung“ mit der Anwendung des fremden Rechts gleichzusetzen. Sofern ein Gericht einen Fall in Anwendung schwesterstaatlichen Rechts entscheidet, muss es das fremde Recht so anwenden, wie der es das fremde Gericht getan hätte.307 cc) Records Wie die Anerkennung von records zu erfolgen hat, hängt von der Reichweite der Anerkennungspflicht ab und ist dementsprechend umstritten. Behandelt man sie im Rahmen der Full Faith and Credit Clause wie judicial proceedings, würde das res judicata-Prinzip eingreifen und es müssten ihnen die Wirkungen verliehen, die sie auch im Erlassstaat haben. Behandelt man sie hingegen wie public acts, muss das Gericht im Anerkennungsstaat das Recht lediglich so anwenden, wie die zuständigen Behörden im Erlassstaat dies auch getan hätten.

303

Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 372. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 419. 305 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 372, 381; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 413. Eine Geburtsurkunde kann damit sowohl ein record sein, der selbst Gegenstand der Anerkennung ist als auch ein incident eines schwesterstaatlichen Urteils. Im ersten Fall geht es den Wunscheltern um die Anerkennung der Urkunde als solche, im zweiten Fall begehren sie hingegen die Ausstellung einer Geburtsurkunde als Folge der Anerkennung oder in Vollstreckung eines schwesterstaatlichen Urteils. 306 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 372. Wie es scheint, prüfen zahlreiche amerikanische Gerichte das anwendbare Recht in solchen Fällen nicht mehr, sondern wenden unmittelbar die lex fori an, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 413. 307 Siehe hierzu ausführlich den Abschnitt zum amerikanischen Kollisionsrecht, § 5 B. I., S. 261 ff. 304

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

c) Ausnahmen von der Anerkennungspflicht Wie eben geschildert, besteht eine grundsätzliche und nahezu uneingeschränkte Pflicht zur Anerkennung schwesterstaatlicher Urteile. Im Einzelnen gelten hiervon jedoch Einschränkungen und Ausnahmen. aa) Fehlen einer public policy-Ausnahme Die Anerkennung von schwesterstaatlichen Urteilen darf nicht aus Gründen der public policy versagt werden. Die Pflicht zur Anerkennung schwesterstaatlicher Urteile gilt somit auch dann, wenn das Urteil auf einem Rechtsfehler basiert308 oder der öffentlichen Ordnung (public policy) im Anerkennungsstaat widerspricht.309 Selbst wenn das Urteil also Rechtsfolgen herbeiführt, die gegen das Recht im Anerkennungsstaat verstoßen,310 muss es dennoch anerkannt und vollstreckt werden.311 bb) Einschränkungen durch das Due Process-Gebot Neben den Grenzen der Anerkennungspflicht, die der eben geschilderten res judicata-Doktrin immanent sind, ergeben sich auch aus der Due Process Clause312 der Verfassung Anerkennungshindernisse.313 Die Due Process Clause garantiert das Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren und schützt damit das rechtliche Gehör. Eine Verletzung des Due Process-Gebots im Erlassstaat führt stets zu einem Anerkennungshindernis im Anerkennungsstaat.314 Für schwesterstaatliche Gerichtsentscheidungen galt seit jeher, dass eine Pflicht zur Anerkennung dann nicht besteht, wenn das Urteil von einem Gericht erlassen 308

839 f.

So beispielsweise Coghill v. Boardwalk Regency Corp., 396 S. E. 2d 838 (Va. 1990),

309 Fauntleroy v. Lum, 210 U.S. 230 (1908), 237 ff.; Thomas v. Wash. Gas Light Co., 448 U.S. 261, (1980), 272; Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 233. 310 Etwa indem es wie beispielsweise im Fall Fauntleroy v. Lum, 210 U.S. 230 (1908) die Zahlung aus einem nach dem Recht der Anerkennungsstaates nichtigen Vertrages anordnet. 311 Diese Frage ist in der amerikanischen Literatur umstritten. Die Befürworter einer public policy-Ausnahme berufen sich zur Begründung auf § 103 Restatement (Second) of Conflict of Laws, wonach ein Urteil nicht anerkannt werden muss, wenn es eine „improper interference with important interests of the sister State“ darstellt, siehe hierzu Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), S. 373 m.w.N.; Bruns, JZ 1999, 278, 283. Von ihren Gegnern wird die Regelung des Restatement (Second) of Conflict of Laws zum einen als zu unbestimmt bemängelt. Zum anderen wird dem ALI vorgeworfen, die Rechtsprechung des Supreme Court falsch wiedergegeben zu haben, Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 373. Die Rechtsprechung des Supreme Courts lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass es eine public policy-Ausnahme für schwesterstaatliche Urteile nicht gibt, vgl. nur Baker v. Gen. Motors Corp., 522 U.S. 222 (1998), 233 („But our decisions support no roving ,public policy exception‘ to the full faith and credit due judgments.“). 312 Vgl. 3. Teil, Fn. 238. 313 Bruns, JZ 1999, 278, 282. 314 Bruns, JZ 1999, 278, 283.

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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wurde, dessen Zuständigkeit (jurisdiction) nicht gegeben war.315 Das Gericht muss sowohl personal als auch subject matter jurisdiction haben, um den Fall entscheiden zu können.316 Andernfalls kann die Anerkennung des Urteils verweigert werden. Das amerikanische Zuständigkeitsrecht ist stark verfassungsrechtlich geprägt.317 Zur Begründung der personal und subject matter jurisdiction sind Zuständigkeitsregeln, die sich aus dem einzelstaatlichen Recht ergeben, daher nicht ausreichend. Die Zuständigkeit des Gerichts muss auch im Einklang mit der Verfassung begründet werden. Der verfassungsrechtliche Grundsatz des fairen Verfahrens verlangt dabei, dass minimum contacts zum Forum gegeben sind.318 Nur wenn dies der Fall ist, kann sich das Gericht im Einklang mit der Verfassung für zuständig erklären.319 Fehlen mimimum contacts und hat das Gericht im Urteilsstaat dennoch in der Sache entschieden, gebietet die Full Faith and Credit Clause die Anerkennung nicht, da die Due Process Claus einer Anerkennungspflicht entgegensteht. Eine Anerkennung aus Gründen der comity ist hingegen möglich.320 Eine Anerkennungspflicht besteht auch nicht für Urteile, die überhaupt nicht existieren oder nichtig sind. Darunter fallen beispielsweise Urteile, die mittels Prozessbetrug (fraud) erlangt worden sind.321 Solchen arglistig erschlichenen Urteilen wird kein Full Faith and Credit zuerkannt.322 Da bereits der Umfang der Anerkennungspflicht für records unklar ist, lässt sich nicht sagen, inwieweit eine etwaige für sie bestehende Anerkennungspflicht durch die Verfassung eingeschränkt oder ausgeweitet wird. Es lässt sich lediglich abstrakt feststellen, dass eine Anerkennungspflicht, sofern sie besteht, im Einzelfall von der Verfassung eingeschränkt sein kann. Besteht grundsätzlich keine Anerkennungspflicht, kann sich unter Umständen im Einzelfall eine solche Pflicht aus der Verfassung ergeben.

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Brand, 40 N.C:J. Int’l L. & Com. Reg. 877 (2015), 885. Baker v. Gen. Motors Corp, 3. Teil, Fn. 249, S. 232 f.; Nevada v. Hall, 3. Teil, Fn. 256, S. 421. 317 Bruns, JZ 1999, 278, 283. 318 Dieses Erfordernis wurde vom Supreme Court erstmalig in International Shoe Co. v. Washington, 326 U.S. 310 (1945), 311 statuiert und in den späteren Entscheidungen McIntyre Machinery, Ltd. v. Nicastro, 131, S.Ct. 270 (2011), 2780, Asahi Metal Indus. Co., Ltd. v. Superior Court of Cal. Solano Cnty., 480 U.S. 102 (1987) und World-Wide Volkswagen Corp. v. Woodson, 444 U.S. 286 (1980) bestätigt. 319 Siehe die Nachweise in 3. Teil, Fn. 318. 320 May v. Anderson, 345 U.S. 528 (1954), 535 f. (Justice Frankfurter, concurring: „This Court does not decide that Ohio would be precluded from recognizing, as a matter of local law, the disposition made by the Wisconsin court. For Ohio to give respect to the Wisconsin decree would not offend the Due Process Clause.“). 321 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 279 (m.w.N. in Fn. 217). 322 Beispiele hierfür finden sich bei Bruns, JZ 1999, 278, 287 (dort Fn. 77). 316

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

cc) Mittelbare public policy Ausnahme? Es steht somit fest, dass die Anerkennung von Urteilen nicht aus Gründen entgegenstehender public policy des Anerkennungsstaats versagt werden darf. Fest steht auch, dass incidents getrennt von der anzuerkennenden Entscheidung zu beurteilen sind. Wie die „Anerkennung“ der incidents eines schwesterstaatlichen Urteils zu erfolgen hat, ist jedoch in der amerikanischen Literatur und Rechtsprechung umstritten. Dieser Streit lässt sich unter die Frage nach einer mittelbaren public policyAusnahme subsumieren. Mittelbar deshalb, weil zwar die Anerkennung des Urteils selbst nicht aus Gründen der public policy verweigert werden kann. Eine „Anerkennung“ der incidents aufgrund der unklaren Formulierung der Verfassung hingegen schon aus policy-Gesichtspunkten verweigert werden könnte. Es gibt Stimmen in der Literatur323 und Rechtsprechung,324 die eine solche (mittelbare) public policy-Ausnahme für incidents zulassen wollen. Im Ergebnis wird somit dafür argumentiert, dass eine Norm der lex fori anders anzuwenden, je nachdem ob sich das Rechtsverhältnis im Tatbestand dieser Norm aus der Anwendung des eigenen Rechts oder aus der Anerkennung eines schwesterstaatlichen Urteils ergibt. Deutlicher wird dies anhand eines Beispiels: Bei der Adoption eines Kindes durch gleichgeschlechtliche Wunscheltern verpflichtet die Full Faith and Credit Clause alle Bundesstaaten dazu, die durch den Adoptionsbeschluss eines schwesterstaatlichen Gerichts herbeigeführte Elternschaft anzuerkennen. Dies gilt auch dann, wenn gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften oder Ehen im Anerkennungsstaat aus Gründen der public policy untersagt sind und eine Adoption nach dem Recht des Anerkennungsstaats deshalb nicht zulässig wäre.325 Die gleichgeschlechtlichen Eltern sind auch in diesem Staat die rechtlichen Eltern des Kindes. Die Änderung und Anpassung der Geburtsurkunde des Kindes dahingehend, dass beide gleichgeschlechtlichen Partner als Eltern eingetragen werden, stellt eine mittelbare Folge des geänderten Status dar, die sich nach der lex fori bzw. dem jeweils anwendbaren Recht richtet. Grundsätzlich müsste der Anerkennungsstaat die dort geltenden Regeln zur Änderung von Geburtsurkunden nun genauso anwenden, als ergäbe sich der Elternstatus aus dem eigenen Recht. Die Vertreter der public policyAusnahme für incidents326 wollen dem betroffenen Staat jedoch gestatten, die Än323

Vgl. hierzu ausführlich Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 374 ff. Für die incidents einer ex parte-Scheidung siehe Estin v. Estin, 334 U.S: 541 (1948); Vanderbild v. Vanderbilt, 354 U.S. (1957); Adar v. Smith, 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011). 325 Eine entsprechende einzelstaatliche Regelung wäre seit der Entscheidung des Supreme Courts in der Sache Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015), zwar nicht mehr verfassungsgemäß. Da eine public policy gegen gleichgeschlechtliche Ehen in der Praxis aber bisher einer der häufigsten Versagungsgründe der „Anerkennung“ von incidents war, wird dieses Beispiel zu veranschaulichungszwecken für die vorliegende Arbeit dennoch beibehalten. 326 Siehe in diesem Sinne z. B. In re Estate of Griswold, 140 N.J. Super. 35 (1976), wo das Erbrecht als incident einer Adoption versagt wurde. Siehe auch § 290 Restatement (Second) of 324

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derung der Geburtsurkunde deshalb zu versagen, weil eine public policy gegen gleichgeschlechtliche Ehen entgegensteht327 und der „neue“ Statuts auf der Anerkennung eines schwesterstaatlichen Urteils beruht. Der Supreme Court hat diese Frage noch nicht entschieden.328 Und auch die Rechtsprechung der Circuit Courts hilft bei der Suche nach einer Antwort nicht weiter, da es derzeit einen „Circuit split“ gibt. Der für die Bundesstaaten Louisiana, Mississippi und Texas zuständige 5th Circuit329 und der 10th Circuit,330 der für die Bundesstaaten Colorado, Kansas, New Mexico, Oklahoma, Utah und Wyomin zuständig ist, kamen in vergleichbaren Sachverhalten zu diametral gegensätzlichen Ergebnissen. In beiden Fällen haben gleichgeschlechtliche Partner in einem Bundesstaat, der gleichgeschlechtliche Partnerschaften zulässt, ein Kind adoptiert. Sie erstrebten eine Anerkennung des schwesterstaatlichen adoption decrees in ihrem Herkunftsstaat, um die Geburtsurkunde des Kindes dahingehend ändern zu lassen, dass beide gleichgeschlechtlichen Partner als Eltern eingetragen werden. Am Geburtsort des Kindes waren gleichgeschlechtliche Partnerschaften jedoch nicht zulässig und auch eine Adoption durch gleichgeschlechtliche Partner war nicht möglich. Der 5th Circuit sah dies als ausreichenden Grund dafür an, eine Pflicht des Standesbeamten zur Änderung der Geburtsurkunde zu verneinen.331 Der 10th Circuit kam hingegen unter Berufung auf die Full Faith and Credit Clause zu dem Ergebnis, dass eine Pflicht zur Änderung der Geburtsurkunde besteht. Der Supreme Court hat die Revision gegen das spätere Urteil des 5th Circuit nicht zur Entscheidung angenommen,332 sodass die Reichweite der Anerkennungspflicht für die incidents eines Urteils weiterhin ungeklärt ist. Conflict of Laws, („Incidents of foreign adoption: An adoption rendered in a state having judicial jurisdiction under the rule of § 78 will usually be given the same effect in another state as is given by the other state to a decree of adoption rendered by its own courts.“). 327 Vergleichbare Beispiele lassen sich auch in anderen Situationen finden. Gerade bei Leihmutterschaft könnte eine mittelbare public policy-Ausnahme dazu führen, dass zwar die Wunscheltern auch in einem leihmutterfeindlichen Anerkenungsstaat die rechtlichen Eltern des Kindes sind, das Gericht aber aufgrund entgegenstehender public policy dennoch der Leihmutter das Sorgerecht zuspricht oder dem von den Wunscheltern adoptierten Kind das Erbrecht abspricht. 328 In Scheidungsfällen hat der Supreme Court eine public policy-Ausnahme für incidents zugelassen. Konkret bedeutet dies, dass die Ehe zwar geschieden wurde, Unterhaltsrechte und -pflichten jedoch bestehen blieben, vgl. Estin v. Estin, 334 U.S. 541 (1948) oder Vanderbilt v. Vanderbilt, 354 U.S. 416 (1957). In beiden Fällen handelte es sich jedoch um den Sonderfall einer ex-parte divorce, also einer Scheidung, bei der nicht beide Ehepartner vor Gericht erschienen sind, sodass aus diesen Entscheidungen keine allgemeine Regel für die Anerkennung von incidents abgeleitet werden kann. 329 Adar v. Smith, 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011). 330 Finstuen v. Crutcher, 496 F.3d (10th Cir. 2007). 331 Adar v. Smith, 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011), 160 („Louisiana has every right to channel and direct the rights created by foreign judgments“; „a birth certificate is merely a mode of enforcing a judgment, which falls outside the full faith and credit obligation of recognition.“). 332 Adar v. Smith, 132 S. Ct. 400 (2011).

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Da seit der Entscheidung des Supreme Court in Obergefell v. Hodges feststeht, dass eine public policy gegen gleichgeschlechtliche Ehen nicht mit der US-Verfassung vereinbar ist, besteht kein Zweifel mehr daran, wie die eben genannten Fälle zu lösen sind. Für Leihmutterfälle ist diese Frage jedoch im Hinblick auf weiterhin bestehende einzelstaatliche policies gegen Leihmutterschaft weiterhin von Bedeutung. d) Ausländische Entscheidungen Für ausländische Urteile gilt die Full Faith and Credit Clause der US-Verfassung nicht. Für die Anerkennung dieser Urteile ist allein das jeweilige einzelstaatliche Recht maßgeblich.333 Da die allgemeinen Regeln des Völkerrechts eine Anerkennung nicht gebieten,334 steht es den einzelnen Bundesstaaten frei, ausländische Urteile aus Gründen der comity anzuerkennen. Der Supreme Court hat die Voraussetzungen der Anerkennung aus Gründen der international comity in seiner Entscheidung Hilton v. Guyot335 festgelegt, die bis heute der Maßstab für die Anerkennung ausländischer Urteile ist.336 Die ausländische Entscheidung wird danach nur dann anerkannt, wenn sie mit der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaats vereinbar ist.337 Einzelstaatliche Regeln, nach denen eine darüber hinausgehende Pflicht zur Anerkennung ausländischer Gerichtsurteile besteht, sind zwar möglich aber sehr selten. II. Anerkennung im Einzelnen Im Folgenden wird nun die verfahrensrechtliche Anerkennung der üblicherweise im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Leihmutterschaft auftretenden Entscheidungstypen im Einzelnen analysiert. 1. Fallkonstellationen Die Möglichkeiten der geographischen Gestaltung bei zwischenstaatlicher Leihmutterschaft sind aufgrund der unproblematischen Überschreitung der Staatengrenzen wesentlich größer als in Deutschland und führen zu einer Vielzahl von unterschiedlichen Fallvarianten.338 So können beispielsweise Wunscheltern aus 333

Hay, US-Amerikanisches Recht, 3. Kapitel Rn. 218. Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.12; Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 493 (m.w.N. in Fn. 131). 335 Hilton v. Guyot, 159 U.S. 113 (1895). 336 Snyder, United States of America, S. 387. 337 Vgl. hierzu auch BVerfG NJW 1983, 2757, 2762; Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 493 ff. 338 Zu den einzelnen Fallgestaltungen siehe ausführlich Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 402 f., sowie Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 163 f. 334

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einem restriktiven Staat339 mit einer Frau aus demselben Staat eine Leihmuttervereinbarung treffen und lediglich kurzfristig zur Durchführung der medizinischen Behandlung sowie später zur Adoption des Kindes in den leihmutterfreundlichen Bundesstaat reisen, während sie sich sonst ausschließlich in ihrem Heimatstaat aufhalten.340 Leihmutter und Wunscheltern können aber auch aus unterschiedlichen Staaten stammen und die Leihmutterschaft in einem dritten Staat durchführen. Daneben wäre es für amerikanische Wunscheltern ohne weiteres möglich, ihr domicil341 für einen gewissen Zeitraum in einen leihmutterfreundlichen Staat zu verlegen, um sich den Beschränkungen ihres Heimatstaats vollständig zu entziehen.342 Um einen Vergleich mit Deutschland zu erleichtern, beziehen sich die folgenden Ausführungen auf eine Fallkonstellation, die der Situation entspricht, mit der deutsche Gerichte und Behörden am häufigsten konfrontiert werden: Wunscheltern aus einem restriktiven Staat engagieren eine Leihmutter, deren domicil sich in einem leihmutterfreundlichen Staat befindet. Der Leihmuttervertrag wird dort geschlossen, das Kind kommt dort zur Welt. Die Wunscheltern begehren nun in ihrem leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat die Anerkennung einer Gerichts- oder Behördenentscheidung, die sie als rechtliche Eltern des Kindes ausweist.343 In der Praxis wird eine formale Anerkennung der Elternschaft der Wunscheltern bei zwischenstaatlichen Leihmutterschaftsfällen oft nicht erforderlich sein. Sofern alle Beteiligten kooperieren, kann die Wunschmutter faktisch die Mutterrolle übernehmen, was im Alltag ausreichend sein mag.344 Sofern die Herkunft des Kindes unbekannt ist, besteht eine gute Chance, dass die Leihmutterschaft unentdeckt bleibt.345 Darüber hinaus haben amerikanische Gerichte bereits entschieden, dass die rechtliche Elternstellung auch durch tatsächliche Übernahme der Elternverantwortung und der daraus entstehende psychologische Bindung erworben werden kann.346 Nach längerem Zusammenleben mit dem Kind könnten die Wunscheltern also auch 339 Für diesen Begriff vgl. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 401, die zwischen leihmutterfeindlichen restrictive states und leihmutterfreundlichen permissive states unterscheidet. 340 Vgl. das „Hypothetical 1“ bei Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 408. 341 Im amerikanischen Recht wird zwischen dem domicil of origin und dem domicil of choice unterschieden. Während sich ersteres vom domicil der Eltern zum Zeitpunkt der Geburt ableitet, ist für letztes körperliche Anwesenheit sowie der Wille, am jeweiligen Ort zu verbleiben, erforderlich, vgl. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 410. 342 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 412. 343 Diese Fallkonstellation entspricht dem „Hypothetical 3“ bei Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 431 ff. 344 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 406. 345 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 406, 420 f. 346 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 406 (dort Fn. 21 m.w.N.). Beides kommt nur dann in Frage, wenn sich die Leihmutter und die Wunscheltern an die Abmachung halten. Eine vergleichbare Regelung findet sich in Frankreich, wo über den sog. „Statusbesitz“ (possession d’état) eine gerichtliche Abstammungsfeststellung möglich ist, wenn eine faktische ElternKind-Beziehung nachgewiesen wird, siehe hierzu schon 3. Teil, Fn. 201.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

so in die Elternrolle einrücken. Die folgenden Ausführungen basieren jedoch auf der Annahme, dass eine gerichtliche Anerkennung der rechtlichen Elternstellung im restriktiven Staat erforderlich ist und von den Wunscheltern angestrebt wird. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Leihmutter zu einem späteren Zeitpunkt doch noch Ansprüche auf das Kind geltend macht oder die rechtliche Anerkennung der Elternstellung eine Vorfrage in einem Gerichtsverfahren über Erb- oder Unterhaltsansprüche ist. 2. Elternstellung kraft Gesetzes Wie oben dargestellt können die Wunscheltern in manchen leihmutterfreundlichen Bundesstaaten die Elternstellung ohne weiteres kraft Gesetzes erlangen. Gerichtliches oder behördliches Tätigwerden ist nicht erforderlich. Vielmehr sind sie aufgrund eines sog. self executing statutes, also einem unmittelbar anwendbaren Gesetz, automatisch die rechtlichen Eltern des Kindes. Das jeweilige Gesetz ist ein public act im Sinne der Full Faith and Credit Clause. Die Anerkennung des Gesetzes durch den leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat der Wunscheltern ist deshalb mit der Anwendung dieses Gesetzes gleichzusetzen. Ob sich die Elternschaft nach dem leihmutterfeindlichen oder leihmutterfreundlichen Recht beurteilt, ist eine klassische choice of law-Frage die unten im IPR-Teil347 behandelt wird. 3. Geburtsurkunde bzw. Registereintrag In der Regel erlangen die Wunscheltern am Geburtsort des Kindes ein offizielles Dokument, meistens eine Geburtsurkunde oder einen Registerauszug, in dem sie als rechtliche Eltern des Kindes eingetragen sind. Die Geburtsurkunde des Kindes dient als Nachweis der Identität und Abstammung und ist im Alltag für die Wunscheltern von großer Bedeutung.348 Zwar mag eine Geburtsurkunde aus einem anderen Bundesstaat im täglichen Umgang ausreichen, so dass deren explizite Anerkennung gar nicht erforderlich ist.349 Jedoch ist die Geburtsurkunde nur ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Wunscheltern die rechtlichen Eltern sind, und wirkt nicht konstitu-

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Siehe § 5 B. II., S. 269 ff. Auch in den USA ist die Vorlage einer die Wunscheltern als rechtliche Eltern ausweisenden Geburtsurkunde in zahlreichen alltäglichen Situationen erforderlich, so beispielsweise für die Schulanmeldung, als Nachweis der Berechtigung medizinische Entscheidungen für das Kind zu treffen, zur Eröffnung eines Kontos für das Kind oder um Versicherungszahlungen im Namen des Kindes entgegenzunehmen, vgl. hierzu auch Brief of Amici Curiae Joan Heifetz Hollinger et. al. in Support of Plaintiffs-Appellees Oren Adar and Mickey Ray Smith and in Support of Affirmance, Adar v. Smith (Adar III), 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011), S. 3. 349 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 381; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 406, 420 f. 348

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tiv.350 In all den Situationen, in denen die Abstammung des Kindes also entscheidend ist, wie z. B. für sein Erbrecht, seine Unterhaltsansprüche und das Sorgerecht für das Kind, ist erforderlich, dass der in der Geburtsurkunde angeführte Status anerkannt wird. Da die Geburtsurkunde von einer Behörde im Einzelfall ausgestellt ist, ist sie weder ein judicial proceeding noch ein public act, sondern ein record im Sinne der Full Faith and Credit Clause.351 Ob und wie sie in anderen Bundesstaaten anerkannt werden muss, ist damit unklar. Während nach deutschem Verständnis (derzeit noch) kein Zweifel daran besteht, dass sich die Wirksamkeit einer ausländischen Urkunde nur aus dem anwendbaren Recht ergeben kann,352 ist dies in den USA aufgrund des Wortlauts der Full Faith and Credit Clause , der schwesterstaatliche records ausdrücklich mit umfasst und hinsichtlich ihrer Anerkennungspflicht nicht differenziert, nicht so eindeutig. Der Supreme Court hat sich zur Frage der Definition von records, wie bereits oben erwähnt, noch nicht geäußert.353 In der juristischen Literatur hierzu ist die Frage umstritten. Gegen eine weite Anerkennungspflicht für records wird angeführt, dass dadurch der Bundeststaat mit den niedrigsten Voraussetzungen letztlich den nationalen Standard setzen würde und praktisch landesweit festlegen würde, wer die Eltern eines Kindes sind. Dies stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Supreme Court, der eine weite public policy-Ausnahme für schwesterstaatliche Gesetze gerade aus diesem Grund vorgesehen habe. Die Souveränität aller anderen Bundesstaaten würde eingeschränkt, wenn man einem anderen Staat zugestehen würde, eine Regelung zu treffen, die praktisch landesweit gelte.354 Genau dies wäre jedoch das Ergebnis einer weitreichenden Anerkennungspflicht für records. Dagegen lässt sich jedoch argumentieren, dass das „race to the bottom“ kein neues Phänomen ist, sondern beispielsweise auch aus dem Gesellschaftsrecht bekannt.355 Aufgrund der weiten Anerkennungspflicht für judicial proceedings kann es darüber 350 Siehe beispielsweise § 1403 Nr. 2 NY Pub. Health Law (McKinney): „Any copy of the record of a birth […] or any certification of birth […] shall be prima facie evidence of the facts therein stated in all courts and places.“ (Hervorhebung nur hier). 351 So auch Whalen in der mündlichen Verhandlung zu Obergefell v. Hodges, vgl. das Transcript der mündlichen Verhandlung vom 28. April (Fn. 284), S. 34; vgl. auch In re Estate of Gardiner, 3. Teil, Fn. 259. 352 Wagner, StAZ 2012, 294, 297. 353 Gelegenheit dazu, den Begriff records zu definieren hatte der Supreme Court erstmalig in Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249. Anstatt die in Frage stehende injunction aber wie einen record zu behandeln, hat der Supreme Court sie als judgment in equity angesehen, das unstreitig als judicial proceeding zu behandeln war, und konnte die umstrittene Frage der Anerkennung von records so umgehen. 354 Thomas v. Wash. Gas Light Co., 448 U.S. 261 (1980), 272 („To vest the power of determining the extraterritorial effect of a State’s own laws and judgments in the State itself risks the very kind of parochial entrenchment on the interests of other States that it was the purpose of the Full Faith and Credit Clause and other provisions of Art. IVof the Constitution to prevent.“). 355 Im Gesellschaftsrecht wird dies auch als „Delaware-Effekt“ bezeichnet.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

hinaus auch im Familienrecht schon jetzt zu einem „race to the bottom“ kommen, wenn die Beteiligten es schaffen, ein schwesterstaatliches Urteil zu erlangen. Die Full Faith and Credit Clause würde dann eine Anerkennung zwingend vorschreiben.356 Dass der Staat mit den niedrigsten Voraussetzungen den Standard setzt, ist einem föderalen System immanent357 und kann nur durch einheitliche Regelungen verhindert werden. Dies allein ist aber kein Argument gegen eine weitreichende Anerkennungspflicht von records. Gerade wenn es um Statusurkunden geht, sprechen sich zahlreiche Autoren deshalb für eine weitreichende Anerkennungspflicht aus und dafür, die Anerkennung von Geburtsurkunden oder Registereinträgen denselben Regeln zu unterwerfen wie schwesterstaatliche Urteile. 358 Für die Betroffenen hätten diese Dokumente dieselbe Bedeutung wie ein Urteil, weshalb das Vertrauen auf die Geltung des jeweiligen records in gleicher Weise schützenswert wäre.359 Auch der Zweck der Full Faith and Credit Clause spräche für eine weitreichende Anerkennungspflicht von records. Eine Anerkennung von records wäre außerdem effizienter und würde der „Prozess“ökonomie dienen. Und schließlich seien records eher mit Urteilen zu vergleichen als mit Gesetzen, weil sie eine Entscheidung im Einzelfall darstellen, weshalb sie auch bei der Anerkennungspflicht gleich behandelt werden sollten.360 Andere sprechen sich zwar grundsätzlich für eine Anerkennung aus, schlagen jedoch einer differenziertere Lösung in Form einer Einzelfallbetrachtung (record-to-record evaluation) vor.361 Schwesterstaatlichen records sollen nach dieser Ansicht wie schwesterstaatliche Urteile in allen anderen Bundesstaaten anerkannt werden. Eine public policy-Ausnahme gäbe es in diesem Fall nicht. Ein Problem bleibt aber auch bei dieser Auffassung: selbst wenn man die Pflicht zur Anerkennung von records der von Urteilen gleichstellt, verlangt der für Urteile unstreitig geltende res judicata-Effekt nur, dass ihnen dieselbe Wirkung zukommt wie im Erlassstaat. Die meisten records haben aber gerade keine statusbegründende Funktion. Vielmehr dienen sie in allen Bundesstaaten als Anscheinsbeweis, der grundsätzlich widerlegbar ist.362 Sie müssen daher auch bei einer aus der Full Faith and Credict Clause folgenden weitreichenden 356 Sofern ein Bundesstaat es sich zum Ziel gesetzt hat, eine „surrogacy mill“, also ein „Leihmutterparadies“ zu werden, wird er in der Regel auch sein Zuständigkeitsrecht entsprechend anpassen und so weit ausdehnen, wie es die Verfassung gestattet. 357 So auch der Supreme Court in Williams v. State of North Carolina (Williams I), 317 U.S. 287 (1942), 302 („But such an objection goes to the application of the full faith and credit clause to many situations. It is an objection in varying degrees of intensity to the enforcement of a judgment of a sister state beased on a cause of action which could not be enforced in the state of the forum. (…) Such is part of the price of our federal system.“). 358 Gebhard, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1439. 359 Gebhard, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1439. 360 Gebhard, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1439 f. 361 Gebhard, 97 Cal. L. Rev. 1419 (2009), 1439 f. 362 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 687.

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Anerkennungspflicht nur als Anscheinsbeweis anerkannt werden.363 Auch eine weitreichende Anerkennungspflicht für records hilft Wunscheltern aus leihmutterfeindlichen Staaten somit im Ergebnis nicht weiter. Aus schwesterstaatlichen Personenstandsurkunden lässt sich auch bei der anerkennungsfreundlichsten Auffassung eine Pflicht zur Anerkennung des Elternstatus nicht herleiten. Dieses Ergebnis überrascht, da es dazu führen kann, dass es innerhalb der USA hinkende Statusverhältnisse geben kann. Aufgrund des großen Stellenwerts der Staatensouveränität im föderalen Gefüge der USA wird es jedoch hingenommen. Gelöst werden könnte dieses Problem zum einen durch eine Rechtsvereinheitlichung des Abstammungsrechts, die bisher nicht in Sicht ist. Zum anderen käme eine vom Bundesgesetzgeber eingeführte Pflicht zur Rechtslagenanerkennung in Betracht. Lediglich dann, wenn records wie Urteile anerkannt werden müssten, und darüber hinaus die Pflicht, schwesterstaatliche Urteile evenhandedly anzuerkennen364, für records nicht gelten würde, sondern sie als feststehende Rechtslage anerkannt werden müssten, könnte über die verfahrensrechtliche Anerkennung von records ein verbindlicher Elternstatus im Anerkennungsstaat erlangt werden. Diese Lösung ließe sich vor der geltenden Rechtslage nur schwer begründen. Die Diskussion in der amerikanischen Literatur ist insoweit vergleichbar mit der in Deutschland herrschenden Debatte zur Rechtslagenanerkennung. Für eine Rechtslagenanerkennung wird angeführt, dass es absurd sei, wenn verschiedene Bundesstaaten den Status einer Person unterschiedlich beurteilen könnten.365 Dennoch kommt eine Rechtslagenanerkennung unter dem geltenden Recht nicht in Betracht. Derzeit können sich Wunscheltern somit nicht darauf verlassen, dass eine schwesterstaatliche Geburtsurkunde der verfahrensrechtlichen Anerkennung unterliegt, oder dass die verfahrensrechtliche Anerkennung dazu führt, dass sie aus der Geburtsurkunde ihren Elternstatus herleiten können. Schwesterstaatliche status records als solche können keinen Elternstatus der Wunscheltern in ihrem leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat begründen. Die Wunscheltern sind nur dann die rechtlichen Eltern des Kindes, wenn ihr Heimatstaat unter Anwendung des von seinen choice of law rules berufenen Rechts auch zu diesem Ergebnis kommt.

363 So der Kansas Court of Appeals, In re Estate of Gardiner, 22 P.3d 1086 (Kan Ct. App. 2001), 1108 f. („… it is a well-established rule of law that Kansas must give the amended certificate only as much recognition or weight as would Wisconsin, the state in which it was issued. No greater effect need be given to any judgment of a court of one state than that given in the state where it was rendered. […] The court, based on Wisconsin law, was allowed to determine the weight of the evidence offered in the form of the birth certificate. Wis. Stat. § 69.21 (1)(c). The court in Kansas appeared to give the birth certificate little or no weight, which was its option. This was not error.“). 364 Vgl. Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, sowie City of Philadelphia v. Bauer, 478 A.2d 773 (1984). 365 Petition for Writ of Certiorari, Gardiner, 537 U.S. 825 (2002), S. 24.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

4. Gerichtliche Mitwirkung als Tatbestandsmerkmal Manche Staaten verlangen für die Wirksamkeit des Leihmuttervertrags eine vorherige gerichtliche Bestätigung.366 Darüber hinaus kommt auch eine Änderung der Geburtsurkunde auf gerichtliche Anweisung in Betracht. Es stellt sich dann die Frage, ob sich die Anerkennung der rechtlichen Elternschaft im Falle einer gerichtlichen Mitwirkungshandlung anders beurteilt und die gerichtliche Bestätigung des Leihmuttervertrags oder der Geburtsurkunde trotz ihrer Eigenschaft als record dazu führt, dass ihre Anerkennung sich doch nach den unter der Full Faith and Credit Clause für Urteile geltenden Maßstäben richtet. Diese Differenzierung wird von manchen Gerichten vorgenommen. So stellte der Kansas Court of Appeals formal darauf ab, dass die Änderung der Geburtsurkunde auf Anweisung eines Gerichts erging (und auch vom Richter unterzeichnet war), weshalb sie wie ein judical record zu behandeln war.367 Auch in diesen Fällen gebietet das res judicata-Prinzip jedoch nur eine Anerkennung der Wirkungen, die die gerichtliche Entscheidung im Erlassstaat hat. Somit gilt: wenn der gerichtlichen Mitwirkungshandlung unmittelbare Wirkungen bezüglich der Elternstellung entnommen werden können, führen diese auch zu einer Anerkennung der rechtlichen Elternschaft im leihmutterfeindlichen Anerkennungsstaat. Durch die gerichtliche Mitwirkung wird eine Geburtsurkunde oder ein Leihmuttervertrag jedoch nicht zu einem judicial record aufgewertet. Die Abstammung des Kindes muss daher dann, wenn das Gericht keine Sachentscheidung getroffen hat, nach dem anwendbaren Recht bestimmt werden. 5. Schwesterstaatliche Abstammungsurteile Die Elternstellung der Wunscheltern kann sich auch aus einem schwesterstaatlichen Gerichtsurteil ergeben. In Betracht kommen schwesterstaatliche judgments of parental relationship368 einschließlich pre-birth orders oder pre-birth judgments369 sowie Feststellungsurteile oder -beschlüsse über die Abstammung des Kindes.370 366 So beispielsweise in New Hampshire, N.H. Rev. Stat. Ann. § 168-B:16, B:20, oder Texas, Tex. Fam. Code Ann. § 160.755 (Vernon Supp. 2008). Siehe hierzu auch die Regelung in Art. 8 Sec. 801 UPA (2000), in deren Umsetzung die Vorschriften in New Hampshire und Texas erlassen wurden. 367 In re Estate of Gardiner, 22 P.3d 1086 (Kan Ct. App. 2001), 1107 („In this case, however, the order to change the name and sex on [the] birth certificate is signed by a judge. Although it also contains a place for the clerk of the court to sign, the name actually signed is ,Michael Gage.‘ It has his printed name and designation as ,judge.‘ Thus, this particular order appears to be a judgment.“). 368 Vgl. beispielsweise § 7962 (f) (2) CFC, wonach das Gericht die Abstammung von den Wunscheltern durch Urteil oder Beschluss herbeiführen kann („the court shall issue a judgment or order establishing a parent-child-relationship“, Hervorhebung nur hier). Als Beispiel für einen Staat ohne gesetzliche Regelungen zur Leihmutterschaft kann Massachusetts herangezogen werden, wo seit Culliton v. Beth Israel Deaconess Medical Center, 435 Mass 285 (2001)

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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Aufgrund der Full Faith and Credit Clause sind schwesterstaatliche Gerichtsurteile in allen Bundesstaaten anzuerkennen.371 Insbesondere kann die Anerkennung nicht aus Gründen entgegenstehender public policy versagt werden. Sofern ein schwesterstaatliches Urteil also die Wunscheltern als rechtliche Eltern des Kindes ausweist,372 sind sie in allen anderen Bundesstaaten als diese anzuerkennen, unabhängig davon, ob Leihmutterschaft nach der lex fori unzulässig ist oder sogar eine ausdrückliche public policy gegen Leihmutterschaft besteht. Die Wunscheltern sind in jedem Bundesstaat die rechtlichen Eltern des Kindes und das Urteil ist gegenüber allen Parteien des Verfahrens vollstreckbar.373 Dementsprechend hat auch der Surrogate’s Court of New York in In re Doe374 entschieden, dass die Tatsache, dass Leihmutterverträge der public policy in New York widersprechen und nach New Yorker Recht nichtig sind375, die Versagung der Anerkennung des kalifornischen judgment of parental relationship nicht rechtfertigen kann.376 Auch in DP v. TR377 kam ein New Yorker Gericht zu dem Ergebnis, dass und Hodas v. Morin, 442 Mass 544 (2004) feststeht, dass die Elternschaft in Leihmutterfällen vor Geburt des Kindes durch einen pre-birth order gerichtlich festgestellt werden kann. 369 Siehe wiederum als Beispiel die Regelungen im California Family Code, § 7962 (e), (f) (2) CFC, oder in Art. 8 UPA (2000). 370 Beispielsweise der in Florida gem. FL. Stat. Ann. § 742.16 (6) (West 2010) vorgesehene order „stating that the comissioning couple are the legal parents.“ 371 Siehe ausführlich zu den Vorgaben der Full Faith and Credit Clause oben, § 4 B. I. 3., S. 209 ff. 372 In der Regel unter Anwendung der jeweiligen leihmutterfreundlichen lex fori. 373 Snyder, USA, S. 392 („enforceable against all parties that participated in the proceedings“). Dieser Punkt kann dann problematisch sein, wenn es sich um einen Fall der donor surrogacy handelt und mindestens eine der Gameten von einem anonymen Spender stammt. Aufgrund der bestehenden genetischen Verwandtschaft kann der/die Keimzellenspender/in in manchen Bundesstaaten, die diesen Fall nicht ausdrücklich geregelt haben, auch Rechte auf das Kind geltend machen. Dies mag zwar nur sehr selten vorkommen, insbesondere da viele Staaten explizit regeln, dass Spender nie die rechtlichen Eltern eines Kindes sind. Sofern es jedoch dazu käme, müssten die Gametenspender an dem Verfahren beteiligt sein. Dementsprechend haben Samenspender beispielsweise in Ohio das Recht, über ein Verfahren informiert und zu diesem beigeladen zu werden, Dantzig v. Biron, 2008 WL 187532 (Ohio 2008). Sofern die Gametenspender also nicht anonym geblieben sind, müssten diese auch informiert werden, Snyder, USA, S. 392 f. 374 In re Doe, 793 N.Y.S. 2d 878 (N.Y. Sup. Ct. 2005). Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein verstorbener New Yorker hatte einen trust für seine Kinder errichtet und festgelegt, dass etwaige adoptierte Enkelkinder vom Kreis der Begünstigten ausgeschlossen seien. Eines seiner leiblichen Kinder hat durch eine kalifornische Leihmutter ein Kind bekommen. Ihre Elternschaft wurde in Kalifornien durch ein judgment of parental relationship herbeigeführt. Fraglich war, ob das von der Leihmutter geborene Kind aufgrund der Bestimmungen im trust als Begünstigter ausgeschlossen war. 375 Dass Leihmutterschaft der public policy New York’s widerspricht, ergibt sich aus § 122 N.Y. Dom. Rel. L. (Mc Kinney): „Surrogate parenting contarcts are hereby declared contrary to the public policy of this state, and are void and unenforceable.“ 376 Der Surrogate’s Court kam zwar zu dem Ergebnis, das die public policy New York’s in dem konkreten Fall gar nicht verletzt war, hat aber dennoch festgestellt, dass die Anerkennung

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

ein kalifornischer pre-birth order, nach dem die beiden Wunschväter die rechtlichen Eltern des Kindes sind, aufgrund der Full Faith and Credit Clause unabhängig von New Yorks public policy gegen Leihmutterschaft anzuerkennen ist.378 In den eben geschilderten Fällen wurde die Elternschaft jeweils durch gerichtlichen Beschluss oder Urteil herbeigeführt. Fraglich ist, ob eine derart uneingeschränkte Anerkennungspflicht aus der Full Faith and Credit Clause auch für solche Urteile besteht, die die Elternschaft der Wunscheltern lediglich feststellen (sog. declaratory judgments).379 Formal handelt es sich bei declaratory judgments zwar um judgments, inhaltlich geben sie jedoch bloß einen public act wieder.380 Die Anerkennungspflicht für Feststellungsurteile ist daher vereinzelt umstritten381, und es gibt Staatengerichte, welche die Anerkennung von Feststellungsurteilen schlicht verweigert haben.382 Der Supreme Court hat sich noch nicht ausdrücklich zum auch im Falle widersprechender public policy nicht versagt werden könnte, In re Doe, 793 N.Y.S. 2d 878 (N.Y. Sup. Ct. 2005), 882 („Finally, no reasoning justifies a denial of full faith and credit to the California judgment. […] Although New York forbids enforcement of surrogacy contracts, the enforcement of the contract is not at issue here. More importantly, the legislature did not punish or prejudice the rights of children born from such arrangements. Instead, the statutory scheme explicitly contemplates full and fair proceedings to determine „parental rights, status and obligations“ (Domestic Relations Law § 124), notwithstanding the surrogate parentage contract. Although for different reasons, a New York court could have reached the same conclusion as to who the twins’ parents are as the California court did, and full faith and credit cannot be denied the California judgment on grounds of some countervailing New York public policy“, Hervorhebung nur hier). 377 Das Urteil mit dem Az. F-04079-10 (2010) wurde bisher nicht veröffentlich, zitiert nach Snyder, USA, S. 395 (dort Fn. 25). Gegenstand des Verfahrens war die Zahlung von Kindesunterhalt. 378 Nachdem die beiden Wunschväter von einer kalifornischen Tragmutter Zwillinge austragen haben lassen, zogen sie nach New York, wo das Verfahren auf Zahlung von Kindesunterhalt eingeleitet wurde. Einer der Wunschväter versuchte, sich seiner Zahlungspflicht dadurch zu entziehen, dass er die Wirksamkeit des kalifornischen pre-birth orders wegen Verstoßes gegen die public policy New York‘s anzweifelte, zitiert nach Snyder, USA, S. 395 (dort Fn. 25). 379 Ob ein leihmutterfreundlicher Staat überhaupt ein Feststellungsurteil hinsichtlich der Elternstellung der Wunscheltern erlassen würde, ist fraglich. Jedenfalls in Staaten, in denen die Wunscheltern kraft Gesetzes die rechtlichen Eltern des Kindes sind und immer dann, wenn sich alle Beteiligten über die Abstammung des Kindes einig sind, exisitiert nämlich keine „actual controversy“ über die Abstammung des Kindes, die durch gerichtliche Feststellung geklärt werden müsste, sodass ein Feststellungsantrag unzulässig wäre, vgl. 1. Teil, Fn. 55. Zu diesem Ergebnis kam auch ein New Yorker Gericht in Fergusson v. Fergusson, 149 N.Y.S.2d 836 (1956). Jedenfalls dann, wenn sich einer der Wunscheltern seiner Verantwortung entziehen will oder die Abstammung des Kindes nicht eindeutig ist, würde ein Gericht das begehrte Feststellungsurteil jedoch erlassen. 380 Feststellungsurteil können von allen Staaten- und Bundesgerichten erlassen werden, vgl. für letztere 28 U.S. C. § 2201 f. 381 Strasser, Same-Sex Marriage, S. 115; § 33 Restatement (Second) of Conflict of Laws. Siehe ausführlich zum Streitstand Wald, 89 North Dakota L. Rev. 143 (2013), 152 ff. 382 Wamsley v. Nodak Mutual Ins. Co., 341 Mont. 467 (2008), 485 („It is evident, that the declaratory judgment was brought for the purpose of preempting the District Court in Montana

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Umgang mit Feststellungsurteilen geäußert, hat jedoch angedeutet, dass sie nicht „outside the full faith and credit domain“383 fallen. Und auch in der Literatur herrscht überwiegend Einigkeit, dass Feststellungsurteile von der Full Faith and Credit Clause umfasst werden.384 Dem ist zuzustimmen. Eine Einschränkung der Anerkennungspflicht der Full Faith and Credit Clause für declaratory judgments überzeugt nicht. Zwar handelt es sich bei einem declaratory judgment nicht um eine Entscheidung, die im historischen Sinne von der Full Faith and Credit Clause umfasst war. Auch ist es richtig, dass Wunscheltern mit Hilfe eines declaratory judgments die von der Full Faith and Credit Clause für Gesetze vorgesehene public policy-Ausnahme umgehen könnten.385 Allerdings macht es im Ergebnis keinen Unterschied, ob das Gericht ein Gesetz anwendet, um eine Rechtsänderung herbeizuführen oder um eine Rechtslage zu bestätigen.386 In beiden Fällen ergeht das Urteil in Folge einer Sachprüfung. Anders als in den oben geschilderten Fällen gerichtlicher Mitwirkungshandlungen wird das Gericht bei Erlass eines Feststellungsurteils auch nicht nur beurkundend tätig. Die Umgehungsmöglichkeit der public policy-Ausnahme für Gesetze wird außerdem durch das Erfordernis eines Feststellungsinteresses387 für die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens eingeschränkt. Darüber hinaus sind die Gründe, die zu einer weiten Anerkennungspflicht für judgments geführt haben, bei Feststellungsurteilen in gleicher Weise einschlägig.388 Würden declaratory judgments hinfrom exercising control over the judicial processes necessary to resolve this dispute. We agree […] that the North Dakota rulings simply constituted an ,advisory opinion‘ on choice of law. […] The District Court in Montana was not bound by these rulings.“) Aus dem Urteil geht nicht deutlich hervor, ob die Anerkennung gerade deshalb versagt wurde, weil es sich um ein Feststellungsurteil handelt oder aufgrund der konkreten Verfahrenssituation. Es scheint jedoch so, als hätte das Gericht in Montana aus ersterem Grund so entschieden („Nodak kann point to no cases where full faith and credit has given one state the power to issue declaratory judgments aimed at exerting such control over ongoing litigation in a forum state. Permitting North Dakota’s declaratory judgments to have preclusive effect over Montana courts in this case ,would mean in effect that the courts of [North Dakota] can control what goes on in the courts of [Montana]‘“), Wamsley v. Nodak Mutual Ins. Co., 341 Mont. 467 (2008), 486, unter Verweis auf Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 236. 383 Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249, S. 234; Strasser, Same-Sex Marriage, S. 115. 384 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 588. Der Streit in der Literatur rührt aus dem Urteil des Supreme Courts in Baker v. Gen. Motors Corp., 3. Teil, Fn. 249. Ob der Supreme Cout in Baker zusätzliche Ausnahmen von der für judgments bestehenden weitreichenden Anerkennungspflicht vorgesehen hat, die auch declaratory judgments mit umfasst, ist umstritten. Siehe ausführlich hierzu Wald, 89 North Dakota L. Rev. 143 (2013). 385 Strasser, Same-Sex Marriage, S. 115 hält dieses Risiko jedoch für gering, da forum shopping für declaratory judgments durch das Kollisionsrecht verhindert würde. 386 Wald, 89 North Dakota. L. Rev. 143 (2013), 152. 387 Siehe 1. Teil, Fn. 55. 388 Wald, 89 North Dakota. L. Rev. 143 (2013), 148; Estin v. Estin, 334 U.S. 541 (1948), 546.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

sichtlich der Anerkennungspflicht anders behandelt als Leistungsurteile, könnte der mit ihnen verfolgte Zweck, eine Rechtsfrage verbindlich zu klären, nie erreicht werden.389 Es überzeugt deshalb nicht, für die Anerkennung des Elternstatus einen Unterschied danach zu machen, ob die Elternschaft durch Gerichtsurteil lediglich festgestellt oder konstitutiv herbeigeführt wird.390 Richtigerweise ist daher ein schwesterstaatliches Urteil, aus dem sich die Elternschaft der Wunscheltern ergibt, in jedem anderen Bundesstaat anzuerkennen, und zwar unabhängig von der Art des Urteils und unabhängig von der Haltung des Forums zu Leihmutterschaft. Letztere spielt erst im Rahmen der mittelbaren Wirkungen, die aus dem Urteil folgen, eine Rolle. Für die Folgen des einmal erlangten Status ist allein die lex fori maßgeblich. Diese entscheidet zum Beispiel darüber, ob eine Änderung der Geburtsurkunde zugunsten der „neuen“ Eltern möglich ist, oder ob das Kind auch in erbrechtlicher Sicht als Kind der Wunscheltern angesehen wird. Grundsätzlich ist es so, dass diese Wirkungen in gleicher Weise gelten, unabhängig davon ob sich die Elternschaft aus der lex fori oder der Anerkennung eines schwesterstaatlichen Urteils ergibt. Wie oben näher ausgeführt,391 gibt es jedoch Stimmen in der Literatur392 und Rechtsprechung,393 die eine mittelbare public policy-Ausnahme für incidents bejahen. Gäbe es eine solche public policy-Ausnahme, könnte der Anerkennungsstaat letztlich eine Norm der lex fori unteschiedlich anwenden, je nachdem ob sich das Rechtsverhältnis im Tatbestand dieser Norm aus der Anwendung des eigenen Rechts oder aus der Anerkennung eines schwesterstaatlichen Urteils ergibt. Einziges Argument für eine solche public policy-Ausnahme ist die vom Supreme Court mehrfach bestätigte Trennung der Anerkennung des durch das schwesterstaatliche Urteil herbeigeführten status von dessen Vollstreckung und den mittelbaren Folgen.394 Da letztere allein der lex fori unterliegen, sei es auch Sache der lex fori, die Reichweite dieser Folgen festzulegen. Da die Ausstellung einer Geburtsurkunde eine Folge des Elternstatus darstellt, könnte der Anerkennungsstaat die Änderung der Geburtsurkunde zugunsten der Wunscheltern nach dieser Ansicht aufgrund der entgegenstehenden public policy gegen Leihmutterschaft ablehnen. Vertreter dieser Meinung berufen sich darauf, dass dadurch die Staatensouveränität gewahrt würde und die einzelstaatlichen Interessen geschützt würden.395 Diese 389

Wald, 89 North Dakota. L. Rev. 143 (2013), 154. Dass declaratory judgments hingegen einen geringeren claim preclusion effect haben, und eine späteren Leistungsklage nicht ausschließen, steht dem nicht entgegen. 391 § 4 B. I. 3. c) cc), S. 218 ff. 392 Vgl. hierzu ausführlich Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 374 ff. 393 Für die incidents einer ex parte-Scheidung siehe Estin v. Estin, 334 U.S: 541 (1948); Vanderbild v. Vanderbilt, 354 U.S. (1957); Adar v. Smith, 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011). 394 So argumentiert auch der 5th Circuit in Adar v. Smith, 639 F.3d 146 (5th Cir. 2011), 158 f. 395 Wardle, 3 Ave Maria L. Rev. 561 (2005). 390

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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Ansicht entspricht auch der Formulierung in § 290, comment c. Restatment (Second) of Conflict of Laws, das sich allerdings ausdrücklich nur auf drittstaatliche (foreign) Adoptionen bezieht. Faktisch steht eine Versagung der Anerkennung von incidents jedoch einer Versagung des status gleich. Eine bloße Statusanerkennung hilft den Parteien im Rechtsverkehr nichts, wenn die Rechte, die darauf basieren und auf die es ihnen in der Regel ankommt, nicht gewährt werden. Die Versagung der incidents liefe also auf eine Versagung der Anerkennung hinaus, was mit dem klaren Wortlaut der Full Faith and Credit Clause und der Rechtsprechung des Supreme Court nicht vereinbar wäre.396 Auch der Zweck der Full Faith and Credit Clause spricht gegen eine public policy Ausnahme für incidents. Die Pflicht zur Anerkennung schwesterstaatlicher Urteile soll im Spannungsfeld mit der Staatensouveränität eine wirtschaftliche und politische Integration sichern.397 Eine Versagung der incidents liefe dem zuwider. Nach der hier vertretenen Ansicht kann der sich der Anerkennungsstaat daher auch bei Prüfung der incidents des sich aus einem schwesterstaatlichen Urteil ergebenden Status nicht auf die entgegenstehende public policy der lex fori berufen. Wunscheltern haben also, wie alle anderen rechtlichen Eltern auch, einen Anspruch auf Änderung der Geburtsurkunde zu ihren Gunsten und auf Einräumung des Sorgerechts für das Kind. Das Kind ist in gleicher Weise erbberechtigt wie alle anderen Kinder im leihmutterfeindlichen Heimatstaat. Können die Wunscheltern ein schwesterstaatliches Urteil vorlegen, aus dem sich ihre Elternstellung ergibt, werden sie auch in ihrem leihmutterfeindlichen Herkunftstaat – nach der hier vertretenen Ansicht ohne jegliche Einschränkungen – als die rechtlichen Eltern des Kindes anerkannt. 6. Adoptionsentscheidungen Schließlich ist es denkbar, dass die Wunscheltern das Kind in einem anderen – leihmutterfreundlichen – Bundesstaat adoptieren. Zwar sind die Wunscheltern in vielen leihmutterfreundlichen Rechtsordnungen bereits kraft Gesetzes die rechtlichen Eltern des Kindes. Eine Adoption wäre dann nicht erforderlich. Dennoch kann es auch in leihmutterfreundlichen Staaten für die Wunscheltern sinnvoll sein, das Kind zu adoptieren, um dessen Zuordnung eindeutig und endgültig zu klären.398 So kann durch eine Adoption für grenzüberschreitende Fällen Klarheit geschaffen werden und verhindert werden, dass die Leihmutter zu einem späteren Zeitpunkt Ansprüche auf das Kind geltend macht.399 Auch gleichgeschlechtliche Paare sind auf 396

Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 381. Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 219. 398 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 405 f. 399 Stimmt die Leihmutter nicht zu, ist in vielen Staaten eine Vollstreckung der Leihmuttervereinbarung ausgeschlossen. Erfolgt die Übertragung der Elternstellung hingegen im Wege einer Adoption mit Zustimmen der Leihmutter, würde das principle of estoppel einer späteren 397

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

eine Adoption des Kindes angewiesen, wenn sie in einem leihmutterfreundlichen Staat die Elternstellung nicht unmittelbar gemeinsam erwerben können. In diesen Fällen stellt sich die Frage der Anerkennung einer schwesterstaatlichen Adoptionsentscheidung, die das Kind den Wunscheltern zuordnet.400 Die Entscheidung über die Adoption wird im amerikanischen Recht in Form eines adoption decree erlassen. Dabei handelt es sich um ein sog. non-modifiable judicial decree, also ein Endurteil, das den Wunscheltern den Elternstatus endgültig überträgt.401 Es unterliegt daher, wie jedes andere Endurteil auch, uneingeschränkt der Anerkennungspflicht der Full Faith and Credit Clause .402 Ein schwesterstaatliches adoption decree muss in allen anderen Bundesstaaten anerkannt werden403 und die Anerkennung darf nicht aus Gründen entgegenstehender public policy versagt werden. Auch wenn der leihmutterfreundliche Staat sein eigenes Recht unter Verstoß gegen das Due Process-Gebot oder die Equal Protection Clause der Verfassung angewendet hat,404 muss die Entscheidung anerkannt werden.405 Eine Pflicht zur Anerkennung besteht nur dann nicht, wenn die vom Supreme Court anerkannte jurisdiction exception eingreift. Wenn also das Gericht des Erlassstaates seine Zuständigkeit für die Adoption in verfassungswidriger Weise bejaht hat, kann die Anerkennung aus diesem Grund versagt werden. Bei AdoptionsverWillensänderung der Leihmutter auch dann entgegenstehen, wenn diese ein erneutes Gerichtsverfahren zum Erwerb ihrer Elternstellung anstrebt, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 420 (dort Fn. 78 m.w.N.). 400 Obwohl die Wunscheltern keinen Wohnsitz im leihmutterfreundlichen Bundesstaat haben, folgt die Zuständigkeit der dortigen Gerichte zur Entscheidung über die Adoption in der Regel aus dem Wohsitz der Leihmutter und des Kindes. Da es sich um einen grenzüberschreitenden Fall handelt, müsste das Gericht das auf die Adoption anwendbare Recht grundsätzlich anhand der choice of law-Regeln ermitteln. Amerikanische Gerichte vermeiden dies jedoch häufig und wenden die lex fori ohne vorherige IPR-Prüfung immer dann an, wenn sie zur Entscheidung zuständig sind, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 408 (dort Fn. 30), 441. Das domicil der Leihmutter bzw. des Kindes erfüllt in diesem Fall eine „double duty“: es begründet die Zuständigkeit und bestimmt das anwendbare Recht. Durch den Wohnsitz der Leihmutter und die Geburt des Kindes ist auchausreichend Bezug zum Forumsstaat gegeben, so dass die Anwendung der lex fori in dem hier zugrunde gelegten Szenario aufgrund hinreichender minimum contacts zum Forum nicht wegen Verstoßes gegen die Due Process Clause verfassungswidrig wäre. 401 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 405. 402 In manchen Bundesstaaten finden sich explizite Regeln zur Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen. So hat beispielsweise Oklahoma eine Gesetzesänderung vorgenommen, um die Anerkennung von Adoptionen durch gleichgeschlechtliche Paare in Oklahoma zu untersagen, vgl. Okla. Stat. Ann. tit. 10, § 7501-1.4 (West Supp. 2004). Die Vorschrift wurde jedoch wegen Verstoßes gegen das Full Faith and Credit Gebot für verfassungswidrig erklärt, Finstuen v. Edmondson, 469 F.3d 1139 (10th Cir. 2007), 1156. Gleichermaßen finden sich auch einzelstaatliche Regelungen, die die Anerkennung schwesterstaatlicher adoption decrees erleichtern, vgl. beispielsweise in Florida, Fl. Stat. Ann. § 63.192 (West 2010). 403 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 405 (dort Fn. 19), 414. 404 Siehe 3. Teil, Fn. 400. 405 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 416 (dort Fn. 62).

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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fahren handelt es sich im amerikanischen Recht nicht um eine sog. transitory action.406 Die Gerichte sind also nicht schon allein aufgrund der Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten im jeweiligen Staat zuständig. Vielmehr ist eine Zuständigkeit nur gegeben, wenn sich das domicil des Kindes, der Leihmutter oder der der Wunscheltern im Forum befindet.407 Da in dem hier zugrunde liegenden Szenario das domicil der Leihmutter und damit zunächst auch das des Kindes408 im Adoptionsstaat liegt, und in der Regel alle Beteiligten im Adoptionsverfahren vor dem zuständigen Gericht erscheinen, scheidet ein Eingreifen der jurisdiction exception als Anerkennungsversagungsgrund aus.409 Fest steht also, dass jeder Bundesstaat die mit der Adoption herbeigeführte Statusänderung aufgrund der Full Faith and Credit Clause anerkennen muss, und die Wunscheltern damit in den gesamten USA die rechtlichen Eltern des Kindes sind. Auch bei schwesterstaatlichen Adoptionen stellt sich die Frage, ob die incidents der Adoption aufgrund entgegenstehender public policy versagt werden dürfen. Nach hier vertretener Ansicht ist dies nicht der Fall. Problematisch war diese Frage insbesondere für gleichgeschlechtliche Eltern, da nicht nur eine public policy gegen Leihmutterschaft ihrem Elternstatus entgegenstehen konnte, sondern zusätzlich eine public policy gegen gleichgeschechtliche Ehen. Seit der Entscheidung des Supreme Court in Obergefell v. Hodges410 haben gleichgeschlechtliche Eltern nun gegenüber 406

Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 411 m.w.N. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 409, 413. Vgl. auch § 71 Restatement (Second) of Conflict of Laws (1971), wonach das domicil des Kindes oder der Adoptiveltern die Zuständigkeit begründet. 408 Das domicil of origin des Kindes leitet sich vom domicil seiner Eltern ab. Bis zum Abschluss des Adoptionsverfahrens wäre damit das domicil der Leihmutter maßgeblich. Selbst wenn man auf das domicil des Vaters abstellt, ergibt sich nichts anderes. Ist die Leihmutter verheiratet, gilt bis dahin eine Vermutung der Abstammung des Kindes von ihrem Ehemann. Ist die Leihmutter ledig, kann zwar das domicil des Wunschvaters im leihmutterfeindlichen Staat das domicil of origin des Kindes sein. Dafür müsste aber die Abstammung des Kindes vom Wunschvater zunächst festgestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt ist allein das domicil der Leihmutter maßgeblich. 409 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 416. Eine Versagung der Anerkennung aufgrund fehlender jurisdiction ist lediglich in zwei Fällen denkbar. Eine Möglichkeit ist, dass der leihmutterfreundliche Staat ein „Leihmutterparadies“ (sog. surrogacy mill) werden will und dementsprechend weite Zuständigkeitsregeln erlässt (sog. long arm statutes), die mit der Verfassung nicht vereinbar sind, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 415 f. Die jurisdiction exception könnte auch dann eingreifen, wenn nicht alle Beteiligten im Adoptionsverfahren erscheinen (sog. ex parte-Adoption) und keine der Parteien ein domicil im Adoptionsforum hat. In diesem Fall lässt sich die Rechtsprechung des Supreme Courts zur Anerkennungspflicht für ex parte-Scheidungen übertragen (siehe hierzu 3. Teil, Fn. 328) und eine Pflicht zur Anerkennung des Status oder jedenfalls zur Anerkennung der incidents scheidet aus, Appleton 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 417 f. Selbst wenn eine Pflicht zur Anerkennung nicht besteht, kann auch eine „fehlerhafte“ schwesterstaatliche Adoption im leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat der Wunscheltern im Alltag faktisch ausreichend sein, solange sie nicht gerichtlich hinterfragt wird, Appleton 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 420. 410 Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015). 407

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

heterosexuellen Wunscheltern keine zusätzlichen Nachteile zu befürchten.411 Dennoch bleibt die Frage der public policy-Ausnahme von Bedeutung.412 Dass eine einzelstaatliche public policy gegen Leihmutterschaft auch die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern nach einer Adoption verhindern will, ist jedoch unwahrscheinlich. Schwesterstaatliche Adoptionen sind, sofern sie möglich sind, daher, neben regulären Gerichtsurteilen über die Elternschaft, der sicherste Weg für Wunscheltern, auch in ihrem leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat die rechtlichen Eltern des Kindes zu werden. 7. Ausländische Gerichtsentscheidungen Handelt es sich um eine internationale Adoptionsentscheidung oder sonstige den Elternstatus betreffende ausländische Urteile, kommt eine Anerkennung nicht ohne weiteres in Betracht. Sofern keine bilateralen Übereinkommen oder gesetzliche Regelungen eine Anerkennungspflicht begründen, bleibt es jedem Bundesstaat selbst überlassen, ob er ausländische Entscheidungen aus Gründen der comity413 anerkennt.414 Aus der Full Faith and Credit Clause ergibt sich jedenfalls keine Anerkennungspflicht für ausländische Urteile, weshalb deren Anerkennung sich von Staat zu Staat unterschiedlich beurteilt.415 Da die Anerkennung aus comity-Gründen unter dem Vorbehalt einer public policy-Kontrolle im Anerkennungsstaat steht,416 ist es sehr unwahrscheinlich, dass amerikanische Wunscheltern über die Umweg einer ausländischen Gerichtsentscheidung ihren Elternstatus durchsetzen können. Dennoch lässt sich in der amerikanischen Justiz ein Trend beobachten, ausländische Statusentscheidungen anzuerkennen.417 Sonderregelungen für ausländische Adoptionsentscheidungen enthält der Uniform Adoption Act.418 Danach werden ausländische adoption decrees gleich behandelt wie inländische.419 Darüber hinaus kann sich auch eine Pflicht zur Anerkennung aus dem HAÜ ergeben, sofern die dortigen Voraussetzungen erfüllt sind. 411 Gemeint sind damit nur rechtliche Nachteile. Faktisch haben es gleichgeschlechtliche Paare in den Vereinigten Staaten noch immer wesentlich schwerer, ein Kind zu adoptieren als heterosexuelle Paare. Oft werden sie von Adoptionsvermittlungsagenturen faktisch gar nicht erst als mögliche Adoptiveltern berücksichtigt, Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 381. 412 In re Estate of Griswold, 140 N.J. Super 35 (Morris County Ct. 1976); § 290 Restatement (Second) of Conflict of Laws. Vgl. auch Appleton 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990) 419 (dort Fn. 75). 413 Vgl. 3. Teil, Fn. 335; Appleton 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 419. 414 Snyder, USA, S. 396; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 417 m.w.N., 431; Hay, 35 RabelsZ (1971), 429, 448. 415 Hay, 35 RabelsZ (1971), 429, 448. 416 Vgl. 3. Teil, Fn. 336 und 337. 417 Hay, 35 RabelsZ (1971), 429, 461. 418 Uniform Adoption Act (UAA) § 17, 9 U.L.A. pt. I, 69 – 70. 419 Fraioli, 98 Iowa L. Rev. 365 (2012 – 2013), 381.

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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8. Zusammenfassung Für schwesterstaatliche Urteile statuiert die Full Faith and Credit Clause eine strenge Anerkennungspflicht. Diese gilt für alle Urteile, egal ob sie die rechtliche Elternschaft feststellen, erstmalig begründen oder eine Statusänderung herbeiführen. Sofern es sich um ein final judgment handelt, muss der durch das Urteil festgestellte oder erlangte status in allen anderen Bundesstaaten anerkannt werden. Die Wunscheltern sind damit auch in ihrem Heimatstaat die rechtlichen Eltern des Kindes, unabhängig davon, ob dieser eine leihmutterfeindliche oder leihmutterfreundliche Haltung verfolgt. Etwas anderes gilt nur, wenn die vom Supreme Court etablierte jurisdiction exception eingreift und der Erlassstaat seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Kooperieren alle Beteiligten und erscheinen sie gemeinsam vor dem leihmutterfreundlichen Gericht, ist dies jedoch sehr unwahrscheinlich. Inneramerikanische Fortpflanzungstouristen befinden sich damit in einer wesentlich besseren Ausgangslage als deutsche Wunscheltern, da ihre Elternschaft landesweit anerkannt werden muss. Problematischer ist für sie jedoch die Geltendmachung der aus diesem Status folgenden Rechte. Jedenfalls in den Bundesstaaten, deren Gerichte eine public policy-Ausnahme für incidents annehmen, ist die praktische Durchsetzung des Elternstatus erschwer. Wie incidents eines Urteils zu behandeln sind, ist strittig und kann derzeit nicht rechtssicher gesagt werden. Die besseren Gründe sprechen dafür, eine public policy-Ausnahme für incidents zu verneinen. Schwieriger ist die Situation, wenn sich die Elternschaft der Wunscheltern nicht aus einem schwesterstaatlichen Urteil ergibt, sondern lediglich aus sog. status records wie beispielsweise einer Geburtsurkunde. Ob eine Anerkennungspflicht für records besteht, ist umstritten. Problematisch ist in diesem Zusammehang auch das Prinzip der Wirkungserstreckung nach dem amerikanischen Recht. Selbst wenn man eine weitreichende Pflicht zur Anerkennung von status records annehmen würde, könnte diese nur zur Anerkennung solcher Wirkungen führen, die dem jeweiligen record auch im Erlassstaat zukommen. Da die meisten status records nur Beweisfunktion haben, hilft den Wunscheltern auch eine weitreichende Anerkennungspflicht nicht weiter. Nach derzeitigem Stand ist für status records daher eine Wirksamkeitskontrolle nach dem Kollisionsrecht vorzunehmen. Eine Anerkennungspflicht für ausländische Gerichtsentscheidungen besteht nicht. Diese können allenfalls aus Gründen der comity anerkannt werden. Eine Anerkennung eines ausländischen Urteils, das den Wunscheltern die Elternstellung zuspricht, ist in leihmutterfeindlichen Bundesstaaten aufgrund der entgegenstehenden public policy des Forums äußerst unwahrscheinlich. Etwas andere gilt allenfalls für ausländische Adoptionsentscheidungen, die im Rahmen des HAÜ ergangen sind oder die im einzelstaatlichen Recht aus Gründen der comity anerkannt werden.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

C. Vergleich Die verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer bzw. außerstaatlicher Abstammungsentscheidungen unterscheidet sich in Deutschland und den USA erheblich. Ursache hierfür ist die föderale Struktur der Vereinigten Staaten, die von einer besonderen verfassungsrechtlichen Anerkennungspflicht geprägt ist. Für Wunscheltern, die die Anerkennung ihrer im Ausland erworbenen rechtlichen Elternschaft erstreben, wirken sich diese Unterschiede in der Praxis jedoch nur gering aus. Sowohl in Deutschland als auch den USA führt die verfahrensrechtliche Anerkennung zu einer Wirkungserstreckung der ausländischen Entscheidung auf das Inland. Der Entscheidung werden die Wirkungen zugesprochen, die ihr auch im Erlassstaat zukommen. Darüber hinaus gelten sowohl im deutschen als auch im amerikanischen Recht ähnliche Anerkennungshindernisse. Nach § 109 Abs. 1 Nr. 1 FamFG kann die Anerkennung versagt werden, wenn das ausländische Gericht nicht zuständig war. Dementsprechend kann die Anerkennung eines schwesterstaatlichen Urteils versagt werden, wenn die jurisdiction exception eingreift. Maßstab der Prüfung der Zuständigkeit des ausländischen Gerichts ist zwar in Deutschland spiegelbildlich das deutsche Zuständigkeitsrecht, während die Grenzen der Zuständigkeit in den USA sich in interstate-Fällen aus der U.S. Verfassung ergeben. Diese verlangt lediglich minimum contacts mit dem Forum und setzt insoweit einen niedrigeren Standard als manches einzelstaatliches Zuständigkeitsrecht. In dem hier zugrunde liegenden Szenario hat dieser Unterschied jedoch keine praktischen Auswirkungen für deutsche und amerikanische Wunscheltern. Da sich der Wohnsitz der Leihmutter im leihmutterfreundlichen Ausland oder Bundesstaat befindet, ist die Zuständigkeit der dortigen Gerichte jeweils auch nach den strengeren Voraussetzungen des leihmutterfeindlichen Rechts gegeben. Weiter kann die Anerkennung nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 FamFG versagt werden, wenn das Recht auf rechtliches Gehör durch die ausländische Entscheidung verletzt wurde. Das Pendant hierzu im amerikanischen Recht ist die Due Process Clause der Verfassung, die einer Anerkennung solcher Urteile entgegensteht, die nicht auf Grundlage eines fairen Verfahrens ergangen sind. Anders als im deutschen Recht kann die Anerkennung einer schwesterstaatlichen Entscheidung in den USA nicht versagt werden, wenn diese mit einer früheren Entscheidung der Anerkennungsstaats im Widerspruch steht. Vielmehr gilt in den USA die last judgment-rule. Entscheidender Unterschied zwischen beiden Rechtsordnungen ist jedoch die Tatsache, dass innerhalb der USA keine ordre publicKontrolle stattfindet. Schwesterstaatliche Urteile müssen in allen Bundesstaaten anerkannt werden, unabhängig davon, ob das konkrete Ergebnis nach dem Recht des Anerkennungsstaats hätte erreicht werden können oder ob es der public policy dieses Staats widerspricht. Das deutsche autonome internationale Verfahrensrecht gestattet in § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG die Versagung der Anerkennung hingegen bei Verstoß des Ergebnisses des Urteils gegen den deutschen ordre public.

§ 4 Verfahrensrechtliche Anerkennung ausländischer Entscheidungen

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Dass die Anerkennung des von einem ausländischen Gericht bestätigten oder herbeigeführten Elternstatus auch dann zu erfolgen hat, wenn das Ergebnis wesentlichen Rechtsgrundsätzen des Anerkennungsstaates widerspricht, erleichtert amerikanischen Eltern die Anerkennung ihres Elternstatus bedeutend. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vereinzelt versuchen amerikanische Gerichte, die weitergehende Anerkennungspflicht der Verfassung dadurch zu umgehen, dass sie jedenfalls die incidents des schwesterstaatlichen Urteils nur unter Vorbehalt der eigenen public policy anerkennen. Für die Betroffenen steht dies einer Versagung der Anerkennung häufig gleich. Auch hier wirkt sich jedoch aus, dass das amerikanische Recht die rechtliche Abstammung getrennt von der medizinischen Fortpflanzungsmethode beurteilt. Eine public policy gegen Leihmutterschaft wird deshalb nur in Ausnahmefällen zur Versagung der incidents einer schwesterstaatlichen Abstammungsentscheidung zugunsten der Wunscheltern herangezogen werden können. Denkbar ist dies etwa für den Fall, dass die Leihmutter das Kind nicht herausgeben möchte, das leihmutterfreundliche Gericht dennoch den Wunscheltern die Elternschaft zugesprochen haben, und die Leihmutter sich nun in einem Sorgerechtsstreit vor leihmutterfeindlichen Gerichten auf ihre Elternstellung beruft. In diesem Fall wäre es möglich, dass das leihmutterfeindliche Gericht das Sorgerecht der Leihmutter zuspricht, obwohl die Abstammung des Kindes von den Wunscheltern aufgrund eines schwesterstaatlichen Urteils feststeht. Trotz allem ist die verfahrensrechtliche Anerkennung sowohl in Deutschland als auch innerhalb der USA derzeit wohl der sicherste Weg für Wunscheltern, eine Anerkennung ihres Elternstatus im Inland zu erreichen. Anders als in reinen Inlandsfällen kann so insbesondere eine Zuordnung zur Wunschmutter erreicht werden. Dies widerspricht nach hier vertretener Ansicht nicht dem deutschen ordre public.

D. Würdigung Die verfahrensrechtliche Anerkennung ist derzeit der sicherste Weg für deutsche Wunscheltern, auch im Inland als rechtliche Eltern des Kindes anerkannt zu werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie ein ausländisches Urteil vorlegen können, das ihre nach ausländischem Recht bestehende Elternstellung bestätigt, und wenigstens ein Elternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist.420 In diesem Fall verstößt die ausländische Gerichtsentscheidung nicht gegen den deutschen ordre public. Dies steht seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in einem kalifornischen Leihmutterfall421 fest. Eine Versagung der Anerkennung stünde in diesen Fällen auch im Widerspruch zu Art. 8 Abs. 1 EMRK zum Nachteil des Kindes.422 420 421

Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2677. BGH NJW 2015, 479, 480 Rn. 27, 482 Rn. 44.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Offen gelassen haben der Bundesgerichtshof und der EGMR, wie Fälle zu beurteilen sind, in denen kein Wunschelternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist. Es stellt sich daher die Frage, ob die verfahrensrechtliche Anerkennung auch bei anderen tatsächlichen Umständen eine Elternstellung der Wunscheltern begründen kann, etwa wenn kein Elternteil genetisch mit dem Kind verwandt ist oder die Wunscheltern nicht verheiratet sind oder in eingetragener Lebenspartnerschaft leben. Dafür, Urteile auch in anderen Abstammungskonstellationen anzuerkennen, spricht, dass die genetische Verwandtschaft im deutschen Abstammungsrecht weitestgehend irrelevant ist. Wenn ihr schon bei der Zuordnung im nationalen Recht keine Bedeutung zugemessen wird, kann sie nicht in grenzüberschreitenden Fällen als tragender Grundsatz des deutschen Rechts angesehen werden. Der Gesetzgeber hat hingenommen, dass die rechtliche Zuordnung nicht immer der biologischen Wahrheit entspricht. Deshalb kann der abweichenden genetischen Verwandtschaft auch im Rahmen der ordre public-Kontrolle einer Abstammungsentscheidung im Rahmen des § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG keine Bedeutung zugemessen werden. Zwar ist das Recht auf Kenntnis der genetischen Abstammung Ausdruck des Rechts auf Privatsphäre und ist die genetische Verwandtschaft im deutschen Recht damit alles andere als unbedeutend. Davon ist aber die Frage, wem ein Kind abstammungsrechtlich zugeordnet wird, zu trennen.423 Auch eine ausländische Entscheidung, die genetisch nicht mit dem Kind verwandten Wunscheltern die Elternschaft zuspricht, muss daher in Deutschland anerkannt werden, sofern nicht andere Gründe einen ordre public-Verstoß begründen. Dies ergibt sich dann aus Art. 8 EMRK, wenn die Wunscheltern bereits in faktisch familiärer Beziehung mit dem Kind leben. Darüber hinaus kann eine Zuordnung zu den Wunscheltern jedoch in all den Fällen keinen ordre public-Verstoß begründen, wenn das Kind andernfalls (faktisch) eltern- und staatenlos wäre. Die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter stellt somit nicht pauschal einen Verstoß gegen den ordre public dar. Es müssen vielmehr darüber hinaus gehenden Umstände vorliegen, die dazu führen, dass gerade die abstammungsrechtliche Zuordnung dem Kindeswohl widerspricht. Ein ordre public-Verstoß wird von Teilen der Literatur beispielsweise für Fälle bejaht, in denen die Leihmutter das Kind nicht an die Wunscheltern herausgeben will oder dieses kurz nach der Geburt wieder zurückfordert.424 Dem wird hier nicht uneingeschränkt gefolgt. Grundlage der unverrückbaren Zuordnung eines Kindes zur Geburtsmutter im deutschen Recht ist nicht, dass diese die Mutter sein will. Vielmehr hat der Gesetzgeber die Regelung des § 1591 BGB erlassen, um eine schnelle und 422

EGMR, Mennesson, Rn. 100. Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 565. 424 Einen ordre public-Verstoß bejahen in solchen Fällen: Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 199 ff., 212; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 36; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 194; Henrich, FS Schwab, S. 1149. 423

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eindeutige abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes herbeizuführen, die mit großer Wahrscheinlichkeit der genetischen Verwandtschaft entspricht. Wenn ein ausländischer Gesetzgeber die selben Prinzipien des Abstammungsrechts anders auslegt und gewichtet, etwa indem er beispielsweise stets den genetisch verwandten Personen die Elternrolle zuordnet, kann darin nicht ohne weiteres ein Verstoß gegen tragende Werte des deutschen Rechts gesehen werden. Vielmehr kommt es auf die konkrete Situation im Einzelfall an. Wenn die Leihmutter nach entsprechender vertraglicher Vereinbarung und Beratung durch einen Rechtsanwalt und ggf. sogar nach vorgeschalteter gerichtliche Kontrolle (so wie von Art. 8 UPA (2000) vorgesehen) freiwillig eine Leihmuttervereinbarung abschließt und der ausländische Gesetzgeber in diesen Fällen eine Zuordnung zu den Wunscheltern auch bei einer nachträglichen Willensänderung der Leihmutter bejaht, ist diese Zuordnung in Deutschland anzuerkennen. Die bloße Tatsache, dass die Wunscheltern und die Leihmutter sich um das Kind streiten, führt also auch nicht zu einem ordre public-Verstoß. Auch dies gilt umso mehr dann, wenn die Wunscheltern genetisch mit dem Kind verwandt sind und die Leihmutter nach ihrem Heimatrecht aufgrund der dort ergangenen Gerichtsentscheidung weder faktisch noch rechtlich die Möglichkeit hat, in die Mutterrolle einzurücken. Würde man in diesem Fall einen ordre public-Verstoß bejahen, wären hinkende Rechtsverhältnisse die Folge, die mit dem Kindeswohl nicht vereinbar sind.

§ 5 Kollisionsrecht Wenn die Wunscheltern ihre rechtliche Elternstellung im Ausland kraft Gesetzes oder durch privatrechtlichen Vertrag erlangt haben oder die ausländische Gerichtsoder Behördenentscheidung nicht geeigneter Gegenstand der verfahrensrechtlichen Anerkennung ist, beurteilt sich die Abstammung des Kindes nach dem Internationalen Privatrecht.

A. Deutschland Deutsche Wunscheltern sind in dem Fall nur dann auch in Deutschland die rechtlichen Eltern des Kindes, wenn nach dem aus deutscher Sicht anwendbaren Recht die Voraussetzungen für die Erlangung einer Elternstellung vorliegen. Das berufene Recht muss daher die Leihmutterschaft zulassen425 und es müssen die nach

425 So Benicke, StAZ 2013, 101, 106. Dass Leihmutterschaft am Recht des Geburtsorts des Kindes erlaubt sein muss, ist jedoch nicht zwingend. Wie die Analyse des Abstammungsrechts der einzelnen US-Bundesstaaten gezeigt hat, ist eine Zuordnung des Kindes zu den Wunsch-

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

diesem Recht verlangten Voraussetzungen für die Einräumung einer Elternstellung vorliegen.426 Da das deutsche materielle Abstammungsrecht die Erlangung einer Elternstellung für Wunscheltern nach Leihmutterschaft nur bedingt ermöglicht, kommt es in der Praxis häufig darauf an, dass das ausländische, leihmutterfreundliche Recht als Abstammungsstatut berufen wird. I. Qualifikation Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts ist zunächst die einschlägige Kollisionsnorm ermitteln. Erforderlich hierfür ist die Qualifikation der Rechtsfrage, also ihre Einordnung in die Systembegriffe des deutschen IPR.427 Grundsätzlich ist die Frage des auf die Abstammung eines Kindes anwendbaren Rechts auch bei künstlich gezeugten Kindern unproblematisch in Art. 19 EGBGB zu verorten.428 Leihmutterfälle weisen jedoch die Besonderheit auf, dass üblicherweise eine vertragliche Vereinbarung über die Elternrechte vorliegt, so dass auch eine vertragsrechtliche oder adoptionsrechtliche Qualifikation denkbar ist. Insbesondere in einzelnen US-Bundesstaaten wird die Elternschaft nach Leihmutterschaft häufig als ein Problem des contract law angesehen, so dass jedenfalls nach einer lex causaeQualifikation unter Umständen das Vertragsstatut maßgeblich sein könnte.429 Richtigerweise hat die Qualifikation eines grenzüberschreitenden Sachverhalts jedoch nach der lex fori zu erfolgen.430 Der Anwendungsbereich einer Norm wird nach dem Rechtssystem bestimmt, dem die Norm angehört.431 Nach deutschem Verständnis handelt es sich bei der rechtlichen Zuordnung eines von einer Leihmutter geborenen Kindes um eine Frage der Abstammung. Die ausschließlich vertragliche Übertragung von Elternrechten ist dem deutschen Recht nicht bekannt. Zwar decken sich die Systembegriffe des IPR nicht zwangsläufig mit denen des materiellen Rechts. Aufgrund der speziellen Funktion des IPR sind die vom IPR verwendeten

eltern auch in Staaten möglich, in denen Leihmutterschaft verboten ist, siehe oben § 3 B. II. 4, S. 122 ff. 426 Benicke, StAZ 2013, 101, 106. 427 Rauscher, IPR, § 4 Rn. 442 ff.; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 1. 428 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 97. 429 Eine Qualifikation lege causae wird im deutschen Recht selten vertreten, siehe hierzu Rauscher, IPR, § 4 Rn. 470. Darüber hinaus wäre sie unpraktikabel, da zur Festlegung der Frage, wie das ausländische Recht einen Sachverhalt einordnet, ein Vorgriff auf das anwendbare Recht erforderlich wäre. Dieses soll durch die Qualifikation aber gerade ermittelt werden, vgl. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 19 ff. 430 Ganz herrschende Meinung, vgl. nur v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 12 ff. sowie die dortigen Nachweise. Zur Mindermeinung siehe die Erläuterungen bei v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 18. 431 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 6 Rn. 13.

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Begriffe weiter auszulegen als das entsprechende materiell-rechtliche Pendant.432 Auch bei entsprechend weiter Auslegung ergibt sich für die Qualifikation der Abstammung nach Leihmutterschaft aber kein anderes Bild. Bei der Frage der Zuordnung eines Kindes zu seinen Wunscheltern können zwar vertragliche Aspekte eine Rolle spielen. Grundsätzlich ist, jedenfalls zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe der Leihmutterschaft, der Wille aller Beteiligten erforderlich, um eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern herbeizuführen. Auch nach ausländischem Verständnis handelt es sich bei Leihmutterschaft aber um ein Rechtsgeschäft mit stark familienrechtlichem Einschlag. In den meisten leihmutterfreundlichen Rechtsordnungen erfolgt die Zuordnung des Kindes zu seinen Wunscheltern nicht ausschließlich aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen, sondern aufgrund zusätzlicher Faktoren, wie beispielsweise der genetischen Verwandtschaft, oder der Tatsache, dass sich alle Beteiligten gemeinsam für die künstliche Befruchtung der Leihmutter entschieden haben. Die Abstammung eines Leihmutterkindes ist damit, auch bei Vorliegen etwaiger statusrelevanter Willenserklärungen, dem Abstammtungsstatut zuzuordnen. Das anwendbare Recht bestimmt sich somit nach Art. 19 EGBGB. Erfolgt hingegen eine Änderung der rechtlichen Zuordnung des Kindes durch Anfechtung der Abstammung oder durch Adoption, ist der sachliche Anwendungsbereich von Art. 19 EGBGB, der nur für die Begründung der Abstammung gilt,433 nicht eröffnet. Für die Anfechtung der Mutterschaft oder Vaterschaft ist vielmehr Art. 20 EGBGB die richtige Kollisionsnorm.434 Bei einem vollständiger Wechsel der Zuordnung des Kindes im Wege der Adoption bestimmt sich das anwendbare Recht nach Art. 22 EGBGB.435

432 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 58; MüKoEGBGB/ v. Hein, Einl. IPR Rn. 118. 433 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19, Rn. 1; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 2. 434 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 2. 435 Zur Abgrenzung vom Abstammungs- zum Adoptionsstatut siehe die Ausführungen des Sourrogate’s Court of New York zum kalifornischen Recht, In re Doe, 793 N.Y.S.2d. 878 (N.Y. 2005), 881: „Under California law, a judgment of parental relationship is entirely distinct from an adoption proceeding, and the two are governed by different divisions of the California Family Code. The Judgment of Parental Relationship was entered in a proceeding brought under sections 7630 and 7650 of Division 12 of the California Family Code, which govern the establishment of parental relationships, not adoptions. The judgment declared K. Doe and her husband to be ,the sole and legal parents‘ of the twins and the surrogate mother and her husband to be ,strangers in blood‘ to the twins. (…) In contrast, California adoptions are governed by division 13 of the California Family Code. California treats these two methods of establishing parental rights as distinct in nature. A California gestational surrogacy arrangement, where, as here, the surrogate mother is implanted with an egg fertilized in vitro, is not subject to the adoption statutes (Johnson v. Calvert, 5 Cal. 4th 84, 96; 851 P2d 776,783 – 784 (Cal. 1993)).“

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II. Abstammungsstatut Das Abstammungsstatut ist seit Inkrafttreten des KindRG436 einheitlich in Art. 19 EGBGB geregelt.437 1. Anwendbarkeit von Art. 19 EGBGB Zunächst stellt sich die Frage der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Leihmutterfälle. a) Vorrangige völkerrechtliche Regelungen Internationale Übereinkommen, die das auf Abstammungsfragen anwendbaren Recht betreffen, sind nach Art. 3 Nr. 2 EGBGB vorrangig vor Art. 19 EGBGB anzuwenden. Das gleiche gilt für die in Art. 3 Nr. 1 EGBGB genannten europäischen Verordnungen. Als vorrangige staatsvertragliche Regelung ist das deutsch-iranische Niederlassungabkommen438 zu berücksichtigen, das in Art. 8 Abs. 3 das auf Abstammungsfragen anwendbare Recht regelt. Das Abkommen wird jedoch in Leihmutterfällen nur geringe praktische Relevanz haben. Als bilateraler Staatsvertrag gilt es nur im Verhältnis zu Deutschland und dem Iran. Der Iran erscheint als Destination für Leihmuttertouristen jedoch sehr unwahrscheinlich. Auch das CIEC-Übereinkommen vom 12. 9. 1962 über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder439 regelt Abstammungsfragen. Es ist in Deutschland seit 1965 in Kraft und gilt im Verhältnis zu Griechenland, Luxemburg, den Niederlanden, der Schweiz, Spanien und der Türkei.440 Der Anwendungsbereich und die Reichweite des Übereinkommens sind jedoch umstritten.441 Insbesondere besteht unter den Mitgliedstaaten der CIEC Uneinigkeit darüber, ob das Übereinkommen kollisionsrechtliche Regeln enthält oder unmittelbar in das materielle Recht der Mitgliedstaaten eingreifen sollte.442 Strittig ist auch, in welchen Fällen die Vorschriften zur Anwendung kommen. Nach einer 436

Siehe 2. Teil, Fn. 474. BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 2. 438 Niederlassungsabkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. 2. 1929 (RGBl. 1931 II, S. 9; Bestätigung der Weitergeltung vom 4. 11. 1954, BGBl. 1955 II, S. 899). 439 BGBl. II 1965, S. 23. 440 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 3; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB, Rn. 3. 441 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 3; Staudinger/Henrich, Vorbem. Art. 19 EGBGB Rn. 19; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB, Rn. 3. 442 Staudinger/Henrich, Vorbem. zu Art. 19 Rn. 19 ff. 437

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Ansicht ist das Übereinkommen immer dann anwendbar, wenn eine Mutter im Geburtseintrag des Kindes genannt ist.443 Nach anderer Ansicht ist es hingegen nur anwendbar, wenn das Kollisionsrecht des Forums auf das Recht eines Vertragsstaats verweist. Erstere ist die in Deutschland herrschende Ansicht.444 Folgt man dieser, ist das Übereinkommen stets anwendbar, wenn die (Wunsch-)Mutter im Geburtseintrag genannt ist. Darüber hinaus enthält das Übereinkommen jedoch keine Regelung, nach welchem Recht die Abstammung im Bestreitensfalle zu prüfen ist. Diese Frage bleibt dem autonomen IPR überlassen. Da die Vermutung der Abstammung eines Kindes von der in der Geburtsurkunde eingetragenen Frau nach Art. 1 S. 2 des Übereinkommens jedoch stets widerlegt werden werden kann, führt es unabhängig von seiner Einordnung als materiellrechtliche oder kollisionsrechtliche Norm nicht zu einer endgültigen Bestimmung der Abstammung. Sonstige vorrangige staatsvertragliche und europarechtliche Regelungen sind nicht ersichtlich. Das KSÜ445 ist nach dessen Art. 4 auf Abstammungsfragen nicht anwendbar.446 Auch die Brüssel IIa-VO447 gilt nicht für Abstammungsfragen. Darüber hinaus enthält sie ohnehin nur Regeln zur Zuständigkeit und nicht zum anwendbaren Recht. b) Anwendbarkeit in Leihmutterfällen Der Anwendung von Art. 19 EGBGB auf Leihmutterfälle stehen keine Bedenken entgegen.448 Insbesondere weil das deutsche Recht nicht zwischen der Abstammung natürlich und künstlich gezeugter Kinder unterscheidet,449 kann auch im Rahmen von Art. 19 EGBGB nichts anderes gelten.450 Das Abstammungsstatut befindet somit auch über die Abstammung des von einer Leihmutter geborenen Kindes. c) Kollisionsrechtliche Einkleidung der Frage der Abstammung eines Kindes Die Frage der Abstammung eines Kindes kann sich sowohl als Hauptfrage oder als Erstfrage (bzw. Vorfrage) stellen. Ersteres ist der Fall, wenn die Abstammung des Kindes Gegenstand des Verfahrens ist. Letzteres wäre beispielsweise der Fall, wenn es um die Staatsangehörigkeit oder das Erbrecht eines Kindes geht. Die Abstammung 443 Dies war die Ansicht der italienischen Sektion der CIEC, vgl. die Ausführungen hierzu bei Staudinger/Henrich, Vorbem. zu Art. 19 Rn. 20. 444 Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 394. 445 Siehe 3. Teil, Fn. 1002. 446 Siehe hierzu auch Wagner, StAZ 2012, 297. 447 Siehe 3. Teil, Fn. 47. 448 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 97. 449 Palandt/Brudermüller, Einf v § 1591, Rn. 14 ff. 450 Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 98.

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von deutschen Eltern bzw. von den Wunscheltern wäre dann im Rahmen des Antrags auf Ausstellung eines Kinderreisepasses oder bei der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des § 1924 Abs. 1 BGB als Erstfrage bzw. Vorfrage relevant. 2. Anknüpfung im Einzelnen Art. 19 EGBGB stellt drei alternative Rechtsordnungen zur Verfügung, um die Abstammung eines Kindes zu ermitteln: das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, das Heimatrecht jedes einzelnen Elternteils sowie bei verheirateten Eltern das Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt der Geburt. Dadurch soll die Feststellung der Abstammung des Kindes begünstigt werden.451 Art. 19 EGBGB enthält einen Gesamtverweis, so dass Rück- und Weiterverweisungen nach Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB zu beachten sind, sofern sie nicht dem Sinn der Verweisung widersprechen. Dies wäre im Hinblick auf das in Art. 19 EGBGB verankerte Günstigkeitsprinzip dann der Fall, wenn die Zahl der zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen durch einen renvoi verringert würde452 oder die Feststellung der Anerkennung dadurch erschwert oder unmöglich wird.453 In Leihmutterfällen kommt es praktisch selten zu einem renvoi.454 Viele Länder, die Leihmutterschaft zulassen, wenden auf die Abstammungs des Kindes auch in grenzüberschreitenden Fällen ihr eigenes Recht an.455 Zunächst werden im Folgenden die einzelnen Anknüpfungsmerkmale dargestellt, bevor anschließend auf deren Rangfolge und den Umgang mit Kollisionsfällen eingegangen wird. a) Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB verweist auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts wird vom Gesetz nicht definiert.456 Auf eine Legaldefinition wurde im Zuge der IPR-Reform im Jahr 1986 451

MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 3; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 1; Looschelders, IPrax 1999, 420, 421. 452 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 11. 2014), Art. 19 Rn. 30; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 2. 453 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19, Rn. 29. Kritisch zu beiden Ansichten Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 49 ff. der für die Frage, ob der renvoi dem Zweck der Verweisung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB widerspricht, auf materieller Ergebnisse zurückgreifen will (unter Verweis auf BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 30). 454 Siehe ausführlich zu den Situationen, in denen es in Leihmutterfällen in den dort untersuchten Rechtsordnungen zu einem renvoi kommen kann und wann der renvoi nach dem Sinn der Verweisung ausgeschlossen ist Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 37 ff. 455 The Hague Conference, Prel. Doc. No. 3 C (2014), S. 39, 41. 456 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Art. 5 Rn. 1; Palandt/Thorn, Art. 5 EGBGB Rn. 10.

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bewusst verzichtet.457 Allgemein wird darunter der tatsächliche Mittelpunkt der Lebensführung einer Person, also ihr Daseinsmittelpunkt, verstanden.458 Maßgeblich ist die soziale Integration am Aufenthaltsort. Dies ist im Zusammenhang mit Leihmutterschaft problematisch, da das Kind üblicherweise im Ausland geboren wird, die Wunscheltern es anschließend so schnell wie möglich nach Deutschland verbringen wollen, dies aber oft nicht können. Wo das von einer Leihmutter geborene Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist daher fraglich. aa) Gewöhnlicher Aufenthalt eines Säuglings Grundsätzlich ist der gewöhnliche Aufenthalt von Minderjährigen eigenständig zu bestimmen.459 Würde man den gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes vom gewöhnlichen Aufenthalt seiner Eltern ableiten, würden sich die Aknüpfungsalternativen des Art. 19 EGBGB in einem Großteil der Fälle faktisch auf zwei reduzieren. Der gewöhnliche Aufenthalt der Eltern entspricht nämlich häufig dere Heimatrecht, was die Anknpüpfungsalternativen faktisch reduzieren würde. Eine Reduzierung der Anküpfungsalternativen wäre jedoch mit dem Günstigkeitsprinzip nicht vereinbar. Außerdem würde das Abstellen auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern zu einem Zirkelschluss führen. Um den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes von dem seiner Eltern ableiten zu können, müsste man wissen, wer die rechtlichen Eltern sind. Gerade das soll aber mit Hilfe des Art. 19 EGBGB herausgefunden werden. Ein abgeleiteter gewöhnlicher Aufenthalt für Minderjährige würde auch dem tatsächlichen Charakter des gewöhnlichen Aufenthalts als Anknüpfungskriterium widersprechen.460 Wesentliches Motiv für die Ersetzung des Wohnsitzes durch den gewöhnlichen Aufenthalt im IPR war gerade der Verzicht auf formale Ableitungen und Legalfiktionen, was nicht durch eine gegenteilige Auslegung unterlaufen werden darf.461 Der gewöhliche Aufenthalt eines Minderjährigen ist daher eigenständig zu bestimmen. Grundsätzlich ist darunter der Ort zu verstehen, an dem das Kind seinen Daseinsmittelpunkt hat, also den Schwerpunkt seiner familiären, sozialen, freundschaftlichen und beruflichen Bindungen.462 Bei Säuglingen und Kleinkindern ist insofern problematisch, dass sie derart von ihrer Bezugs- und Obhutsperson abhängig sind, dass ihr gewöhnlicher Aufenthalt faktisch an diese Bezugsperson ge457

BT-Drucks. 10/504, S. 41; MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 5 Rn. 130. Der Gesetzgeber wollte dadurch sicherstellen, dass eine harmonische, rechtsaktübergreifende Auslegung des Begriffs sowohl im staatsvertraglichen als auch autonomen IPR nicht gefährdet wird. 458 BGH NJW 1994, 2047, 2048; BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Art. 5 Rn. 13; MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 5 Rn. 114; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 73. 459 Ganz h.M., vgl. BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Art. 5 Rn. 15; MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 8; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 11; Palandt/Thorn, Art. 5 Rn. 10; v. Hoffman/Thorn, § 5 Rn. 81 ff., jew. m.w.N. 460 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 81. 461 MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 5 Rn. 167. 462 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 11.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

bunden ist.463 Soziale Kontakte zu anderen Personen als den Eltern spielen nur eine sehr geringe Rolle. Auch eine Integration am Aufenthaltsort ist bei einem Säugling regelmäßig nicht gegeben. Deshalb soll ihr gewöhnlicher Aufenthalt dort sein, wo die faktischen Betreuungspersonen ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.464 Faktische Betreuungspersonen sind in Leihmutterfällen häufig die Wunscheltern, deren gewöhnlicher Aufenthalt auch bei vorübergehender Reise ins Ausland weiterhin in Deutschland bleibt.465 Demnach würde die Anknüpfung des Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB deutsches Recht zur Anwendung berufen. Etwas anderes soll nur gelten, wenn dem Kind die Einreise nach Deutschland verwehrt wird. In diesem Fall sei von einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland auszugehen.466 Auf den gewöhnlichen Aufenthalt der faktischen Betreuungsperson abzustellen, überzeugt jedoch nicht. Zum einen würde der gewöhnliche Aufenthalt des Säuglings dann letztlich doch in Ableitung von anderen Personen bestimmt, was dem faktischen Charakter dieses Anknüpfungsmerkmals467 widersprechen würde. Zu anderen würde die Anzahl der zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen dadurch in vielen Fällen reduziert und das Günstigkeitsprinzip unterlaufen. Das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt der Wunscheltern wird häufig auch deren Heimatrecht sein. Zwar würde dieses Problem nur Säuglinge und Kleinkinder betreffen. Gerade bei ihnen ist jedoch eine schnelle und eindeutige Zuordnung zu den rechtlichen Eltern besonders wichtig, so dass es gerade bei ihnen auf das Günstigkeitsprinzip ankommt. Einer anderen Ansicht nach ist bei Säuglingen und Kleinkindern der gewöhnliche Aufenthalt anhand einer Prognose zu bestimmen.468 Maßgeblich ist der Ort, an dem sie sich nach der Geburt dauerhaft aufhalten werden bzw. sollen.469 Dies sei regelmäßig der Ort, an dem die Person ihren Daseinsmittelpunkt hat, die das Kind geboren hat bzw. es hauptsächlich versorgt.470 In der Regel ist also der gewöhnliche Aufenthalt der Mutter, also nach deutschem Verständnis der Frau, die das Kind geboren 463

MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 8. MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 8. 465 Der gewöhnliche Aufenthalt der Wunscheltern in Deutschland entfällt nicht durch kurze Abwesenheit für die Dauer der Reise, Thomas/Putzo/Hüßtege, § 122 FamFG Rn. 4; KG, FamRZ 2014, 1790. 466 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 8; a.A. VG Berlin StAZ 2012, 382, das auch bei einem sechsmonatigen Aufenthalt im Ausland einen gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes verneinte. 467 MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 5 Rn. 167; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 5 Rn. 81. 468 Dethloff, JZ 2014, 922, 929; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 11; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 189 f.; Henrich, FS Schwab, S: 1147; OLG Celle StAZ 2011, 150 ff. 469 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 189 f.; Henrich, FS Schwab, S. 1147. 470 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 189 f.; Henrich, FS Schwab, S. 1147. Diel schlägt vor, danach zu differenzieren, ob die Leihmutter das Kind bereits übergeben hat oder nicht, Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 190. 464

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hat, entscheidend.471 Diese „Prognose-Formel“ entspricht zwar den Erfordernissen, die die Rechtsprechung für eine sofortige Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts aufgestellt hat.472 Grundsätzlich erfordert der gewöhnliche Aufenthalt eine körperliche Anwesenheit von gewisser tatsächlicher Dauer, wofür ein Zeitraum von ca. sechs Monaten genannt wird.473 Der gewöhnliche Aufenthalt kann jedoch auch schon früher begründet werden, „wenn sich aus den Umständen ergibt, dass der Aufenthalt auf eine längere Zeitdauer angelegt ist und der neue Aufenthaltsort künftig anstelle des bisherigen Daseinsmittelpunkt sein soll.“474 Trifft dies zu, ist der neue Aufenthaltsort bereits mit dem Eintreffen der Person der Ort des neuen gewöhnlichen Aufenthalts. Diese „Prognose-Formel“ passt jedoch bei Säuglingen und Kleinkindern nicht. Zum einen zeigen gerade Leihmutterfälle, dass die Prognose häufig unsicher ist. Zum anderen hatten Säuglinge zuvor noch nie einen gewöhnlichen Aufenthalt. Es geht in ihrem Fall nicht um die Änderung eines bereits etablierten Aufenthalts, sondern um die Begründung ihres ersten gewöhnlichen Aufenthalts. Diesen von einer unsicheren Prognose abhängig zu machen, würde sowohl dem Zweck des Art. 19 EGBGB als auch dem gewöhnlichen Aufenthalt als faktischem Anknüpfungskriterium widersprechen. Den gewöhnlichen Aufenthalt von einer Prognose abhängig zu machen, würde in Leihmutterfällen außerdem zu absurden Ergebnissen führen.475 Befindet sich der gewöhnliche Aufenthalt aufgrund der Prognose, dass das Kind nach Deutschland verbracht wird, in Deutschland, kommt deutsches Abstammungsrecht zur Anwendung. Danach stammt das Kind von der ausländischen Leihmutter ab. Als Folge dessen darf es nicht nach Deutschland einreisen und kann einen gewöhnlichen Aufenthalt dort nie begründen. Befindet sich der gewöhnliche Aufenthalt hingegen aufgrund einer negativen Einreiseprognose im Ausland, würde das Kind (vorbehaltlich einer ordre public-Kontrolle) von deutschen Eltern abstammen. Es könnte (und würde) dann sofort nach Deutschland einreisen. Sein gewöhnlicher Aufenthalt im Ausland würde dann entfallen. Dies zeigt, dass der gewöhnliche Aufenthalt bei Säuglingen und Kleinkindern insbesondere in Leihmutterfällen kein taugliches Anknüpfungskriterium ist.476 Damit stellt sich die Frage, wie das Anknüpfungsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts ersetzt werden kann.

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Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 189 f. BGHZ 78, 293, 295. 473 MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 5 Rn. 144. 474 BGHZ 78, 293, 295. 475 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 101; Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2675 f. 476 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2676. 472

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Eine Lösung wäre, nach den Grundsätzen der Nichtermittelbarkeit des anwendbaren Rechts auf die lex fori zurückzugreifen.477 Damit würde sich die Abstammung nach deutschem Recht bestimmen. Bei einem hilfsweisen Rückgriff auf die lex fori würde jedoch die Zahl der zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen jedenfalls bei deutschen Wunscheltern faktisch verringert, was mit dem Günstigkeitsprinzip nicht vereinbar wäre. Außerdem wurde der gewöhnliche Aufenthalt deshalb als Anknüpfungskriterium gewählt, um dem Standesbeamten die Rechtsanwendung zu erleichtern. Das anwendbare Recht sollte möglichst einfach bestimmbar sein.478 Dieses Ziel kann auch erreicht werden, wenn auf den schlichten Aufenthalt abgestellt wird. Auch wenn der schlichte Aufenthalt zwar nicht generell als subsidiäres Anknüpfungsmerkmal an Stelle des gewöhnlichen Aufenthalts herangezogen werden kann,479 sollte dies in Leihmutterfällen ausnahmsweise getan werden.480 Andernfalls kann nicht nur eine der drei nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen nicht ermittelt werden. Es käme auch in einem Großteil der Leihmutterfälle mit deutschen Wunscheltern nie zur Anwendung ausländischen Rechts, was zu einer „hinkenden Abstammung“ des Kindes führen würde. Der erste faktische Aufenthalt und damit der schlichte Aufenthalt von Säuglingen und Kleinkindern ist ihr Geburtsort,481 so dass die Abstammung sich nach dem leihmutterfreundlichen Recht richten würde. Zwar kann ein Abstellen auf den schlichten Aufenthalt im Einzelfall zu Zufallsergebnissen führen, etwa wenn ein Kind während einer vorübergehenden Urlaubsreise geboren wird.482 Große praktische Auswirkungen wird dies jedoch nicht haben. In all den Fällen, in denen der gewöhnliche Aufenthalt anhand der üblichen Definition ermittelt werden kann, bleibt es daher bei diesem Anknüpfungsmerkmal. Und auch bei einem Abstellen auf den schlichten Aufenthalt, z. B. in Leihmutterfällen, bleibt ein Rückgriff auf die anderen Anknüpfungsalternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB stets möglich. Sofern ein Kind tatsächlich während eines nur vorübergehenden Auslandsaufenthalts geboren wird, und ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht ermittelt werden kann, würden sich der schlichte Aufenthalt und damit auch das Abstammungsstatut sofort mit der Rückkehr aus dem Urlaub wandeln. Zur Begründung des neuen Aufenthalts würde die Prognose-Formel „funktionieren“, so dass der „neue“ gewöhnliche Aufenthalt unmittelbar mit Ankunft im Herkunftsland der Wunscheltern begründet würde. Durch ein hilfsweises Abstellen auf den schlichten Aufenthalt würde die Anzahl der 477

BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Einl. IPR Rn. 75, Art. 5 Rn. 17. Sturm, StAZ 2003, 353, 354. 479 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Art. 5 Rn. 17. 480 So im Ergebnis auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 323 f. der dieses Ergebnis im Hinblick auf die Vorgaben des Verfassungs-, Völkerund Europarechts für erforderlich hält. 481 Ähnlich auch Heiderhoff, die vorschlägt, auf den Ort abzustellen, an dem das Kind seine ersten Lebenswochen verbringt, IPrax 2012, 523, 525. 482 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 8. 478

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zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen allenfalls erweitert, im Gegensatz zu jeder Form des abgeleiteten Aufenthalts aber nie begrenzt. Schließlich entspricht eine Anknüpfung an das Recht am schlichten Aufenthalt auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der für die Fälle, in denen eine Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts nicht möglich ist, hilfsweise auf die tatsächliche Anwesenheit des Kindes abstellt.483 bb) Ausländisches Recht als Abstammungsstatut Folgt man dieser Ansicht, bestimmt sich die Abstammung eines Kindes bei Geburt durch eine ausländische Leihmutter – vorbehaltlich eines renvoi484 – nach dem Recht am Geburtsort des Kindes und damit nach dem leihmutterfreundlichen ausländischen Recht. Auch wenn man den gewöhnlichen Aufenthalt von Säuglingen aber abgeleitet von dem ihrer faktischen Betreuungspersonen bestimmt, kann dies, jedenfalls bei wohlhabenden und geduldigen Eltern,485 zur Anwendung fremden Rechts führen. Wenn sich die Wunscheltern mit dem Kind nämlich mehr als sechs Monate im Geburtsland aufhalten, und so einen eigenen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland begründen, ist der abgeleitete gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nach jeder Ansicht dort.486 Auch dann bestimmt sich die Elternschaft nach ausländischem Recht. Ist das leihmutterfreundliche ausländische Recht auf die Abstammung des Kindes anwendbar, stammt das Kind von den deutschen Wunscheltern ab, sofern nicht ordre public Erwägungen dagegen sprechen. Besonderheiten können sich für gleichgeschlechtliche Paare ergeben. Ordnet das ausländische Abstammungsrecht das Kind zwei gleichgeschlechtlichen Partnern nur aufgrund gleichgeschlechtlicher Ehe gemeinsam zu, stellt sich die Vorfrage, ob die ausländische Ehe aus deutscher Sicht anzuerkennen ist.487 Bei selbständiger Anknüpfung von Vorfragen richtet sich die Wirksamkeit der ausländischen Ehe nach Art. 17b Abs. 4 EGBGB. Danach wird eine ausländische Ehe nur als eingetragene Lebenspartnerschaft anerkannt. Ob auch in diesem Fall eine gemeinsame Zuordnung zu beiden Wunscheltern möglich ist, muss dem ausländischen materiellen Recht entnommen werden.488 Etwas anderes gilt bei einer unselbständigen Anknüpfung 483 EuGH, Urteil vom 2. April 2009, A (C-532/07, Slg. 2009, I-02805), Rn. 57 („Falls die Anwendung der oben genannten Kriterien im Ausgangsverfahren zu dem Ergebnis führen sollte, dass der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nicht festgestellt werden kann, muss das zuständige Gericht anhand des Kriteriums der ,Anwesenheit des Kindes‘ im Sinne von Art. 13 der Verordnung bestimmt werden.“) 484 Zur Frage des renvoi wenn es sich beim Recht des gewöhnlichen Aufenthalts um das griechische, indische, israelische, kalifornische, ukranische oder britische Recht handelt siehe Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 37 ff. 485 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2676. 486 Heiderhoff, NJW 2014, 2673, 2676; a.A. KG IPrax 2014, 72. 487 Siehe hierzu ausführlich Helms, StAZ 2012, 2, 7. 488 OLG Celle, StAZ 2011, 150 ff.

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von Vorfragen. Ob die Ehe wirksam ist, beurteilt sich dann nach dem IPR der lex causae, das in der Regel zu einer wirksamen Ehe führen wird.489 b) Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB Die Abstammung des Kindes kann nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Auf das Heimatrecht ist jedoch nur abzustellen, soweit es darum geht, gerade die Elternstellung dieser Person zu begründen.490 aa) Heimatrecht der Mutter Über die mütterliche Abstammung entscheidet das Heimatrecht der Mutter. Damit stellt sich jedoch die Frage, wer unter „Mutter“ im Sinne des Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu verstehen ist. In Betracht kommen sowohl die gebärende Frau, die genetische Mutter als auch die Wunschmutter. Für eine Anwendbarkeit des Heimatrechts der gebärenden Frau spricht eine Auslegung des Begriffs nach der lex fori. Im deutschen materiellen Recht ist nach § 1591 BGB nur die gebärende Frau die Mutter. Allerdings sind die Begriffe des Kollisionsrechts nicht notwendigerweise mit denen des materiellen Rechts gleichzusetzen.491 Sie müssen vielmehr über die materiellen Begriffe hinausgehen, um auch ausländische Rechtsinstitute zu erfassen.492 Darüber hinaus würde eine Auslegung anhand des Verständnisses von § 1591 BGB dazu führen, dass Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB sinnlos wäre, da in den meisten Fälen nur die Personen Eltern werden könnten, die dies nach dem deutschen Verständnis ohnehin bereits wären.493 Art. 19 Abs. 1 S. 2 BGB ist daher so auszulegen, dass mit Mutter die Frau gemeint ist, die die Mutterrolle für sich – unter Berufung auf ihr Heimatrecht – in Anspruch nimmt oder deren Feststellung anstrebt.494 Ist die Wunschmutter deutsche Staatsangehörige, beurteilt sich die Abstammung des Kindes nach § 1591 BGB.495 Damit wäre nicht sie, sondern die Leihmutter die 489

Helms, StAZ 2012, 2, 7. BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 26a. 491 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 78; Wagner, StAZ 2012, 297; Henrich, FS Schwab, S. 1148. 492 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 78; Wagner, StAZ 2012, 297; Henrich, FS Schwab, S. 1148. 493 Helms, StAZ 2009, 293, 294. 494 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 9; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 78; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 188; Benicke, StAZ 2013 101, 106 f.; Wagner, StAZ 2012, 294, 297; Henrich, FS Schwab, S. 1148. 495 Ist die Wunschmutter Doppelstaatler, konkretisiert Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB die Anknüpfung an das Heimatrecht dahingehend, dass stehts das deutsche Recht vorrangig ist. Andernfalls ist nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB das Recht maßgeblich, mit dem die Person am engsten verbunden ist. Zur Frage, inwiefern eine Reduktion der verschiedenen Heimatrechte auf das deutsche Recht im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB mit dem Günstigkeits490

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rechtliche Mutter des Kindes. Handelt es sich bei dem Heimatrecht der Wunschmutter jedoch um eine leihmutterfreundliche Rechtsordnung, ist die Wunschmutter beispielsweise US-Amerikanerin,496 ist eine Zuordnung des Kindes zur ihr möglich, sofern dies nicht gegen den deutschen ordre public verstößt. Sollte sich die Leihmutter vor deutschen Gerichten auf ihre Mutterschaft berufen, bestimmt sich die Abstammung nach ihrem leihmutterfreundlichen Heimatrecht. Vorbehaltlich einer ordre public Prüfung wäre danach die Wunschmutter die rechtliche Mutter. bb) Heimatrecht des Vaters Gleiches gilt für die Abstammung väterlicherseits. Wer der Vater des Kindes ist, richtet sich nach dem Heimatrecht des Mannes, der behauptet, der rechtliche Vater zu sein. Oder anders gesagt: Ob der Mann, der seine eigene Vaterschaft behauptet, der rechtliche Vater des Kindes ist, bestimmt sich anhand seines Heimatrechts. Ist danach deutsches Recht anwendbar, bieten sich mehrere Möglichkeiten zum Erwerb der Elternstellung an. Insbesondere kann der Wunschvater die Vaterschaft anerkennen, wenn die Leihmutter497 ledig498 ist und der Anerkennung zustimmt. Für die Zustimmungserfordernisse ist Art. 23 EGBGB zu beachten. Nach Art. 23 S. 1 EGBGB unterliegen die Erforderlichkeit und Zustimmung zu einer Abstammungserklärung zusätzlich noch dem Recht des Staates, dem das Kind angehört.499

prinzip vereinbar ist siehe Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 70 ff. 496 Da im amerikanischen Abstammungsrecht interlokale Rechtsspaltung herrscht, ist der Verweis auf das amerikanische Recht als solcher nicht ausreichend. Nach Art. 4 Abs. 3 S. 1 EGBGB ist vielmehr anhand des amerikanischen interlokalen Kollisionsrechts das auf die Abstammung anwendbare einzelstaatliche Recht zu ermitteln. Siehe hierzu Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 38, der diese Ermittlung anhand von im Zuständigkeitsrecht verstecken Kollisionsnormen vornimmt. Im Hinblick auf Kalifornien überzeugt dies im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung. Da Kalifornien das anwendbare Recht anhand der interest analysis bestimmt, wird in einem Großteil der Fälle die Abstammung nach der lex fori bestimmt – allerdings nicht deshalb, weil kalifornische Gerichte zuständig wären, sondern weil sich die Regelungsinteressen des Forums gegen fremdes Recht durchsetzen. 497 Die mütterliche Abstammung des Kindes ist somit eine Vorfrage im Rahmen der §§ 1592 Nr. 2, 1594 Abs. 2 BGB. Da die lex causae deutsches Recht ist, kommt es auf die Frage der selbständigen oder unselbständigen Anknüpfung von Vorfragen nicht an. Die mütterliche Abstammung muss daher stets nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB bestimmt werden, was bei dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt in der Regel zu einer Mutterschaft der Leihmutter führt. Siehe ausführlich zur Frage der Anknüpfung der mütterlichen Abstammung als Vorfrage innerhalb von § 1592 Nr. 2 BGB Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 73, der in diesem Fall eine unselbständige Anknüfpung der Vorfrage befürwortet. 498 Auch die wirksame Ehe der Leihmutter ist in diesem Zusammenhang eine Vorfrage. 499 Ist das Kind staatenlos oder kann seine Staatsangehörigkeit nicht festgestellt werden, ist nach Art. 5 Abs. 2 EGBGB das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes anzuwenden.

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Hat der Wunschvater die Vaterschaft im Ausland anerkannt, ist das ausländische Vaterschaftsanerkenntnis als solches zwar nicht unmittelbar im Inland wirksam. Es kann aber im Wege der Substitution unter § 1592 Nr. 2 BGB subsumiert werden.500 Erforderlich ist hierfür, dass das ausländische Anerkenntnis mit dem inländischen gleichgestellt ist, sachlich gleichwertig ist und nach dem Recht des Staates, in dem es erklärt wurde, wirksam ist. Für die Form des Anerkenntnisses ist Art. 11 Abs. 1 EGBGB zu beachten. In der Regel ergeben sich keine Probleme hinsichtlich der Gleichwertigkeit des ausländischen Vaterschaftsanerkenntnisses, so dass jedenfalls der Wunschvater nach seinem Heimatrecht die Vaterschaft für das Kind erwerben kann. Auch wenn der Wunschvater Staatsangehöriger eines leihmutterfreundlichen Staates ist, ist er in der Regel ohne weiteres der rechtliche Vater des Kindes. Die sich aus dem fremden Recht ergebende Abstamung steht dann zwar auch wieder unter dem Vorbehalt einer ordre public-Kontrolle. Da die Abstammung vom Wunschvater jedoch in einer Vielzahl der Fälle auch nach dem deutschen Recht ohne weiteres möglich wäre, ist ein ordre public-Verstoß durch die Zuordnung des Kindes zum Wunschvater schwer vorstellbar. cc) Heimatrecht eines Co-Elternteils Beruft sich ein gleichgeschlechtlicher Co-Elternteil zur Begründung seiner Elternschaft auf sein Heimatrecht, so gilt im Prinzip nichts anderes. Ordnet das Heimatrecht des Co-Elternteils das Kind aufgrund der eingetragenen Lebenspartnerschaft oder gleichgeschlechtlichen Ehe diesem zu, ist diese Zuordnung vorbehaltlich einer ordre public Prüfung auch in Deutschland wirksam. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch im Heimatrecht der Co-Mutter bzw. des Co-Vaters die Vorfrage der wirksamen Ehe bzw. eingetragenenen Lebenspartnerschaft. Bei unselbständiger Anknüpfung von Vorfragen wäre diese Frage nach dem IPR des Heimatrechts des Co-Elternteils zu ermitteln. Es ist davon auszugehen, dass dieses zur Anwendung einer Rechtsordnung führt, die die Voraussetzungen der Zuordnung bejahen. Bei selbständiger Anknüpfung der Vorfrage wäre auf die Vorfrage der wirksamen Ehe Art. 17b EGBGB anwendbar. Fraglich ist, ob in diesem Fall die Kappungsgrenze von Art. 17b Abs. 4 EGBGB einer Zuordnung entgegensteht. Das deutsche Recht kennt eine gemeinsame Zuordnung zu gleichgeschlechtlichen Eltern nicht. Da die Abstammung sich aber nach dem ausländischen Heimatrecht bestimmt, ist die Frage, ob eine Zuordnung auch bei eingetragener Lebenspartnerschaft erfolgen kann, diesem zu entnehmen.501

500 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 15; Looschelders, IPRax 1999, 420, 424. 501 Helms, StAZ 2009, 293, 294.

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c) Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB Ist die Mutter des Kindes verheiratet, kann die Abstammung auch nach dem Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt der Geburt festgestellt werden. Im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB stellt sich zum einen die Erstfrage der wirksamen Ehe. Fraglich ist auch, wer die „Mutter“ i.S.v. Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB ist, deren Ehestatut über die Abstammung entscheiden soll. Dafür, die Erstfrage der Mutter in diesem Fall nach der deutschen lex fori auszulegen502 spricht, dass andernfalls nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 oder 2 EGBGB bestimmt werden müsste, wer die Mutter des Kindes ist. Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB würde dann nur akzessorisch wirken und seine eigenständige Bedeutung verlieren,503 was im Hinblick auf das Günstigkeitsprinzip vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein kann. Andererseits kann es durch eine Auslegung des Begriffs „Mutter“ nach der lex fori dazu kommen, dass das Ehewirkungsstatut einer Frau berufen wird, die nach dem anwendbaren Recht gar nicht die Mutter des Kindes ist.504 In Leihmutterfällen wäre dann nämlich stets das Ehestatut der Leihmutter maßgeblich. Wenn deren Ehestatut das Recht am Ort der Durchführung der Leihmutterschaft ist, was sehr wahrscheinlich ist,505 wäre die Leihmutter gerade nicht die Mutter. Dieses Ergebnis wäre mit dem Zweck von Satz 3, die Abstammung des Kindes innerhalb einer ehelichen Gemeinschaft einheitlich zu bestimmen, nicht vereinbar. Richtigerweise ist daher auf das Ehewirkungsstatut der Frau abzustellen, die die Mutterschaft für sich in Anspruch nimmt.506 Dies entspricht der Auslegung von „Mutter“ in Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB. Damit ist jedoch noch nichts darüber gesagt, wessen Elternschaft anhand des Ehewirkungsstatus ermittelt werden kann. Insbesondere ist fraglich, ob Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB auch in Fällen anwendbar ist, in denen das Ehewirkungsstatut nur die Abstammung eines Elternteils begründet. Unstreitig entscheidet das auf die allgemeinen Ehewirkungen anwendbare Recht über die Abstammung des Kindes von seinem Vater, wenn diese aufgrund bestehender Ehe mit der Mutter gegeben ist.507 Man könnte Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB so lesen, dass er nur die Frage regelt, ob das Kind durch seine Geburt in die Ehe die Mutter und den Ehemann als Eltern bekommen hat.508 Danach wäre das Ehewirkungsstatut nur dann für die väterliche Abstammung maßgeblich, wenn das Kind danach auch von der Ehefrau abstammt und anders herum. Dafür spricht auch, dass Zweck von Satz 3 ist, die Abstammung dem einheitlichen Familienstatut zu unter502 503 504 505

S. 89. 506 507 508

Dafür Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 580; Heiderhoff, IPrax 2012, 523, 524. Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 89. Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 89. Siehe hierzu Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 90. So auch Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 100. MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 31.

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stellen.509 Dies spricht dagegen, ihn so auszulegen, dass durch ihn eine Frau zur Mutter berufen werden kann, die weder nach Satz 1 noch Satz 2 die Mutter wäre.510 Nach dem eben Gesagten ist Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB jedenfalls analog auf die Begründung der Elternstellung eines eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartners anwendbar, sofern eine ausländische Rechtsordnung gerade hierfür besondere Abstammungsregeln vorsieht. Relevant ist dies insbesondere für die CoMutterschaft, die beispielsweise in einigen skandinavischen Ländern und den Niederlanden möglich ist.511 Der kollisionsrechtliche Begriff der Ehe umfasst auch ausländische eingetragene Lebenspartnerschaften.512 Art. 19 Abs. 1 S. 3 EGBGB ist daher auch auf die Frage anwendbar, ob die eingetragene Lebenspartnerin aufgrund der Lebenspartnerschaft oder gleichgeschechtlichen Ehe die Co-Mutter des Kindes ist.513 3. Verhältnis der Anknüpfungsalternativen Wie eben dargelegt wurde, kommen für die Feststellung der Abstammung mehrere Rechtsordnungen in Betracht. Dies ist Ausdruck des in Art. 19 Abs. 1 EGBGB verankerten Günstigkeitsprinzips.514 Es werden mehrere Alternativen zur Wahl gestellt, um die Feststellung der Abstammung zu ermöglichen (sog. favor filiationis).515 Welcher Anknüpfungsalternative der Vorzug zu geben ist, hat der Gesetzgeber jedoch nicht festgelegt. Grundsätzlich stehen die Anknüpfungsalternativen nach der ganz herrschenden Meinung gleichwertig nebeneinander.516 Sofern alle drei Alternativen dieselbe Rechtsordnung berufen oder sich eine rechtliche Abstammung des Kindes überhaupt nur aus einer der berufenen Rechtsordnungen ergibt, führt die 509

BT-Drucks. 10/504, S. 50. Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 92. 511 Siehe 2. Teil, Fn. 407. 512 MüKoEGBGB/Coester, Art. 17b Rn. 77, 110; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 17b Rn. 42. 513 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 EGBGB Rn. 18; Helms, StAZ 2012, 2, 7. A.A. Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 5. Offen lassend OLG Celle, NJWRR 2011, 1157, das jedoch in jedem Fall die Kappungsgrenze des Art. 17b Abs. 4 EGBGB für einschlägig hält, so dass eine Abstammung von der Co-Mutter ausscheiden würde, da das deutsche Recht die Elternschaft kraft Geburt in eine bestehende Lebenspartnerschaft nicht vorsieht. Dies überzeugt jedoch nicht. Die Kappungsgrenze des Art. 17b Abs. 4 EGBGB bezieht sich lediglich auf die allgemeinen Wirkungen der Lebenspartnerschaft. Die Abstammung zählt jedoch nicht zu diesen dazu. 514 Siehe hierzu allgemein BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 36. 515 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 36. 516 Ganz h.M., vgl. BayObLG NJW 2002, 1009, 1010; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 12; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 36; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 6; Staudinger/Henrich, Art. 19 Rn. 22; Benicke, StAZ 2013, 101, 106; Henrich, FS Schwab, S. 1145; Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 133; Looschelders, IPrax 1999, 420, 421; a.A. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 8 Rn. 132 a.E. 510

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alternative Anknüpfung zu keinen Problemen. Kommen jedoch unterschiedliche Rechtsordnungen zur Anwendung und hat das Kind danach jeweils unterschiedliche Mütter und Väter, stellt sich die Frage, wie derartige kollidierende Zuordnungen im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu lösen sind. a) Kollisionsfälle im Rahmen des Art. 19 EGBGB Kollidierende Zuordnungen des Kindes sind insbesondere in Tragmutterfällen denkbar. Handelt es sich bei dem von Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB berufenen Heimatrecht der Wunschmutter um eine leihmutterfreundliche Rechtsordnung, so ist sie danach die rechtliche Mutter des Kindes. Hatte das Kind jedoch stets einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, so ist nach Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB deutsches Recht anwendbar, wonach die Leihmutter die rechtliche Mutter des Kindes ist. Im umgekehrten Fall einer deutschen Wunschmutter und dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Ausland kann es hingegen nicht zu einer „Kollision zweier Mütter“ kommen. Nach dem deutschen Heimatrecht der Wunschmutter ist sie nicht die Mutter des Kindes. Nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes hingegen schon. Somit führt nur eine Rechtsordnung zur Elternschaft der Wunschmutter (sofern man darin keinen ordre public-Verstoß sieht) und es handelt sich nicht um einen Kollisionsfall. Auch kommt es in Leihmutterfällen dann nicht zu einer kollidierenden Zuordnung, wenn man bei der Anwendung des ordre public der herrschenden Meinung folgt. Sofern das Kind in Anwendung fremden Rechts von der Wunschmutter abstammt, und man darin einen Verstoß gegen den deutschen ordre public sieht, ist letztlich nur deutsches Recht auf die Abstammung anwendbar. Im Ergebnis berufen dann allen drei Alternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB deutsches Recht, so dass auch in diesem Fall keine Kollision vorliegt. Durch die Annahme eines ordre publicVerstoßes könnte das Problem der kollidierenden Mutterzuordnung daher umgangen werden. Zum einen überzeugt es aber schon nicht, in der Abstammung des Kindes von der Wunschmutter einen Verstoß gegen den ordre public zu sehen. Allein aus diesem Grund muss daher das Verhältnis der Anknüpfungsalternativen geklärt werden. Zum anderen stellt sich in Leihmutterfällen noch ein zusätzliches Problem: Selbst wenn man über einen ordre public-Verstoß oder aus anderen Gründen nach allen Anknüpfungsalternativen zu einer Abstammung des Kindes von der Leihmutter kommt, so dass bei der Anwendung des Art. 19 Abs. 1 EGBGB keine Konflikte auftreten, stammt das Kind nach dem Heimatrecht der Leihmutter nicht von dieser ab. Nach dem leihmutterfreundlichen Heimatrecht der Leihmutter ist die Wunschmutter die rechtliche Mutter. Selbst wenn also alle Anknüpfungsalternativen des Art. 19 EGBGB dasselbe Recht berufen und dieses Recht die Leihmutter als rechtliche Mutter ansieht, ist diese Zuordnung faktisch nicht durchsetzbar. Aufgrund der un-

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terschiedlichen Wertungen der beiden Rechtsordnungen hat das Kind in diesem Fall keine Mutter. Auch dieser Fall des „Muttermangels“ muss im Zusammenhang mit Art. 19 Abs. 1 EGBGB geklärt werden. Auch bei der Abstammung vom Vater kann es zu kollidierenden Zuordnungen kommen. Während das deutsche Heimatrecht des Wunschvaters in § 1592 Nr. 1 BGB für die Zuordnung zum Ehemann auf den Zeitpunkt der Geburt abstellt, knüpfen andere Rechtsordnungen an die Empfängnis während der Ehe an, so dass auch nach einer Scheidung noch eine Zuordnung zum ehemaligen Ehemann der Leihmutter möglich ist.517 Nach dem ausländischen Recht am gewöhnlichen Aufenthalt wäre in einem solchen Fall der Ehemann der Leihmutter der Vater des Kindes, nach seinem deutschen Heimatrecht wäre hingegen der Wunschvater der rechtliche Vater. b) Verhältnis der Anknüpfungsmerkmale Das Verhältnis der einzelnen Anknüpfungsmerkmale des Art. 19 EGBGB muss daher geklärt werden, um insbesondere in Leihmutterfällen eine rechtssichere abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes erreichen zu können. aa) Kollidierende Zuordnungen Zur Lösung von Kollisionsfällen im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB werden verschiedene Ansichten vertreten. Einer Ansicht nach ist vorrangig das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt maßgeblich.518 Begründet wird dies mit dem Wortlaut von Art. 19 Abs. 1 S. 2 und 3 EGBGB, wonach die Abstammung „auch“ und „ferner“ nach dem Heimatrecht sowie dem allgemeinen Ehewirkungsstatut bestimmt werden kann. Ein derartiges Rangverhältnis lässt der Norm sich im Hinblick auf die Gesetzesmaterialien zur wortlautgleichen Vorgängerregelung in Art. 20 Abs. 1 S. 3 a. f. EGBGB jedoch nicht entnehmen.519 Für Art. 20 Abs. 1 S. 3 a.F. stand zweifellos fest, dass die Anknüpfungsalternativen gleichwertig sind.520 Dass daran etwas geändert werden sollte, ist nicht ersichtlich.521 Art. 19 Abs. 1 EGBGB enthält somit drei Anknüpfungsalternativen, die gleichwertig sind522 und deren Rangfolge deshalb für Kollisionsfälle festgelegt werden muss. 517

BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 19. So v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 8 Rn. 132 m.w.N.; Backmann, Künstliche Fortpflanzung und IPR, S. 105 ff. 519 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 20; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB, Rn. 22. 520 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 20; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB, Rn. 22. 521 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 20; Looschelders, IPRax 1999, 420, 421; Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 83. 522 Ganz h.M., vgl. BGH FamRZ 2006, 1745 m. Anm. Wellenhofer; BayObLG NJW 2002, 1009, 1010; OLG Frankfurt FamRZ 2002, 688, 689; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 518

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Ausgangspunkt der Überlegungen hierzu sollte zunächst die Ursache der Möglichkeit kollidierender Zuordnungen sein: die Entschiedung des Gesezgebers für drei Anknüpfungsalternativen. Der Gesetzgeber hat sich deshalb für drei Anknüpfungsalternativen entschieden, um die Feststellung der Abstammung zu ermöglichen und zu erleichtern.523 Diese Intention muss auch bei der Lösung von Kollisionsfällen berücksichtigt werden. Richtigerweise ist ausschlaggebendes Kriterium für den Umgang mit Konfliktfällen daher das Wohl des Kindes. Es ist die Anknüpfungsalternative zu wählen, die für das Kind am günstigsten ist.524 Damit stellt sich jedoch die Frage, welche die für das Kind günstigste Alternative ist.525 Einer Ansicht nach sei dies stets die Rechtsordnung, die zu einer Zuordnung des Kindes zur gebärenden Frau führt.526 Die Wertungen des BGB müssten bei der Auslegung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berücksichtigt werden.527 Außerdem würde nur diese Auslegung zu einer effektiven Durchsetzung des Leihmutterverbots führen.528 Diese Ansicht ist jedoch bedenklich und setzt sich über die Interessen der betroffenen Kinder hinweg.529 Ordnet man das Kind der Leihmutter zu, hat es faktisch keine Mutter.530 Damit würde das vom Gesetzgeber mit der Alternativanknüpfung vorgesehene Ziel, dem Kind die Feststellung einer Abstammung zu ermöglichen, gerade nicht erreicht. Das Wohl des Kindes muss daher jedenfalls schwerer wiegen als die gegen Leihmutterschaft erhobenen Bedenken.531 Stellt man auf das Wohl des Kindes ab, ist in der Praxis zweifellos die Rechtsordnung am günstigsten, die das Kind der Wunschmutter zuordnet, sofern die

01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 20; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 6; Staudinger/Henrich, Art. 19 Rn. 22; Benicke, StAZ 2013, 101, 106; Henrich, FS Schwab, S. 1145; Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 133; Looschelders, IPrax 1999, 420, 421. 523 Henrich, FS Schwab, S. 1146. 524 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 12; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB, Rn. 77a; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 20; Heiderhoff, IPrax 2012, 523, 524; Henrich, FS Schwab, S. 1148 f.; Benicke, StAZ 2013, 101, 106; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 6; Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 89; Helms, StAZ 2009, 293, 294. 525 Zur Frage, ob eine Auflösung derartiger Kollisionsfälle überhaupt erforderlich ist oder ob eine Elternschaft von mehr als zwei Personen bestehen bleiben könnte, siehe Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 108 ff.; Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 72 ff. 526 Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 141 f.; Looschelders, IPrax 1999, 420, 422. 527 Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 141 f.; Looschelders, IPrax 1999, 420, 422. 528 Wedemann, Internationales Abstammungsrecht, S. 142; Looschelders, IPrax 1999, 420, 423. 529 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 25. 530 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 77a. 531 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 25; Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 77a.

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Leihmutter es nicht im Einzelfall behalten will.532 Nur diese Rechtsordnung ermöglicht einen Gleichlauf zwischen sozialer und rechtlicher Elternschaft und ein Zusammenleben des Kindes mit der Frau, die es großziehen und für das Kind sorgen will. Das setzt jedoch voraus, dass eine solche Rechtsordnung überhaupt zur Verfügung steht. Ob dies der Fall ist, wird jedoch in den meisten Leihmutterfällen zweifelhaft sein533 und kann daher nicht als abstrakte Lösung von Mutterkollisionen dienen. Auch die Rechtsordnung stets als am günstigsten anzusehen, die das Kind seinen sozialen Eltern zuordnet,534 ist dann keine taugliche Lösung, wenn eine derartige Rechtsordnung, wie in so vielen Leihmutterfällen, gar nicht von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufen wird. Problematisch ist dabei auch, dass das anwendbare Recht in diesem Fall anhand von Umständen bestimmt werden muss, die nicht immer ohne weiteres ermittelt werden können. Wer sind die sozialen Eltern eines Kindes, wenn es gerade erst von der Leihmutter übergeben wurde? In diesem Fall fehlt es (noch) am faktischen Familienzusammenleben mit den Wunscheltern. Und wer sind die sozialen Eltern, wenn Streit über die Elternschaft besteht und das Kind in einer Pflegefamilie untergebracht wurde? Darüber hinaus würde ein Abstellen auf die soziale Elternschaft das abstrake System des deutschen IPR aufweichen und so letztlich zu einem Ergebnis führen, das mit der – dem deutschen IPR so fremden – Herangehensweise des better law-approach im amerikanischen Kollisionsrecht vergleichbar wäre.535 Bis nicht eine Klarstellung des Gesetzgebers erfolgt, was sehr wünschenswert wäre, müssen Kollisionsfälle innerhalb von Art. 19 Abs. 1 EGBGB daher so gelöst werden, dass das vom Gesetzgeber mit der Alternativanknüpfung angestrebte rechtspolitische Ziel erreicht werden kann.536 Ziel der Alternativanknüpfung ist es, dem Kind eine Abstammung zu ermöglichen. Das Kind hat ein Interesse daran, dass seine Eltern schnell und möglichst unkompliziert festgestellt werden.537 Dementsprechend ist mit der herrschenden Meinung nach dem Prioritätsprinzip das Statut zu wählen, anhand dessen eine Abstammung zuerst gesetzlich festgestellt werden kann oder gerichtlich festgestellt wurde.538 Zwar müssen die „schnellsten“ Eltern nicht unbedingt die geeignetsten Eltern sein.539 Allerdings ist es nicht Aufgabe der Kol532 So i.E. auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 110. 533 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 26a. 534 So Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 61 ff. 535 Siehe hierzu sogleich unten unter § 5 B. I. 4., S. 266 ff. 536 Sturm, StAZ 2003, 353. 537 Staudinger/Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 23. 538 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 21; MüKoEGBGB/ Helms, Art. 19 Rn. 14; Palandt/Thorn, Art. 19 EGBGB Rn. 6; Helms, StAZ 2009, 293, 294; Henrich, FS Schwab, S. 1145 f. 539 Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 52; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 21.

§ 5 Kollisionsrecht

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lisionsnormen, das materiell günstigste Ergebnis herbeizuführen. Zweck des IPR ist nach deutschem Verständnis grundsätzlich zunächst einmal nur die Ermittlung des sachnächsten Rechts.540 Zwar verfolgen Kollisionsnormen im Einzelfall auch das Ziel, staatliche Interessen durchzusetzen. Dementsprechend wird das Prinzip der „Anknüpfungsgerechtigkeit“541 in familienrechtlichen Fragen dem Günstigkeitsprinzip untergeordnet, um eine schnelle Abstammungszuordnung zu erreichen.542 Eine Inhaltskontrolle des ausländischen Rechts findet jedoch im Rahmen der kollisionsrechtlichen Prüfung – abgesehen von Art. 6 EGBGB – nicht statt und würde auch dem System unseres IPR widersprechen.543 Der Gesetzgeber wollte dem Kind zu einer Abstammung verhelfen, so dass das Kindeswohl im Rahmen der Lösung von Kollisionsfällen zwar als Kriterium herangezogen werden kann. Dabei darf jedoch nicht das Kindeswohl auf Ebene des Kollisionsrechts mit dem auf Ebene des materiellen Rechts verwechselt werden. Die für das Kind günstigere Lösung ist deshalb abstrakt, typisierend zu bestimmen.544 Dem Kindeswohl entspricht es auf Ebene des Kollisionsrechts, überhaupt Eltern zu haben.545 Ob diese Eltern auch tatsächlich die besten Eltern für das Kind sind, ist hingegen eine Frage des jeweils berufenen materiellen Abstammungsrechts.546 Es bleibt somit dabei, dass auch in Kollisionsfällen bei der Zuordnung des Kindes nach Inanspruchnahme einer Leihmutter zunächst einmal stets das Recht maßgeblich ist, nach dem eine gesetzliche Abstammung zuerst festgestellt werden kann. Dies ist grundsätzlich das Recht, aus dem sich eine Abstammung des Kindes ipso iure ergibt, wie es in zahlreichen leihmutterfreundlichen Rechtsordnungen der Fall ist. Allerdings ergibt sich auch die Mutterschaft der Geburtsmutter nach dem deutschen Recht unmittelbar aus dem Gesetz. Ein Abstellen auf die „schnellere“ Rechtsordnung führt in diesen Fällen nicht weiter. Stehen mehrere gleich schnelle Rechtsordnungen zur Verfügung, ist daher ein weiteres Entscheidungskriterium zu finden. Konsequent wäre es zwar, auch in diesen Fällen lediglich anhand abstrakter Kriterien zu entscheiden. Solche Kriterien lassen sich jedoch nur schwer finden, da mit ihnen stets auch eine materielle Wertung verbunden ist. Pragmatischer wäre es, in diesem Fall der Elternschaft der Wunscheltern den Vorzug zu geben.547

540

BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 4. BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 4. 542 Sturm, StAZ 2003, 353. 543 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Art. 6 Rn. 1. 544 So auch Sturm, StAZ 2003, 353, 354. 545 MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 14. 546 Abgesehen davon führt selbst im deutschen materiellen Abstammungsrecht das Kindeswohl allein nicht zu einer bestimmten abstamungsrechtlichen Zuordnung. 547 Für eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter auch MüKoEGBGB/Helms, Art. 19 Rn. 25; BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 26 f.; Staudinger/ Henrich, Art. 19 EGBGB Rn. 78; Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 580. 541

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

bb) Faktischer Muttermangel Eine andere Frage ist, wie mit einem „faktischen Muttermangel“ im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB umzugehen ist. Nach Art. 19 Abs. 1 S. 2 EGBGB bestimmt sich die Abstammung nach dem Heimatrecht der Frau, die ihre Mutterschaft feststellen lassen möchte. Dies ist in der Regel die Wunschmutter. Stammt das Kind weder nach deren Heimatrecht noch nach dem Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt von ihr ab, geht die Anknüpfung des Art. 19 Abs. 1 EGBGB ins Leere. Zwar könnte sich die Leihmutter in solchen Fällen vor deutschen Gerichten erfolgreich auf ihre Mutterschaft berufen. Dies wird sie jedoch in der Regel nicht tun. Die Leihmutter, die zwar nach dem anwendbaren Recht die Mutter wäre, will die Mutterrolle üblicherweise gerade nicht übernehmen und es gibt keine Möglichkeit, sie dazu zu zwingen, dies zu tun. Ist deutsches Recht auf die Abstammung anwendbar, wäre das Kind daher so zu behandeln wie ein anonym geborenes Kind oder ein Findelkind.548 Die Frau, die rechtlich als Mutter anzusehen ist, will ihre Mutterrolle faktisch nicht einnehmen. Dies ist ein höchst unbefriedigendes Ergebnis, da, anders als im Fall der anonymen Geburt, bei Leihmutterschaft regelmäßig eine Frau vorhanden ist, die die Mutterrolle übernehmen will und unter Umständen sogar genetisch mit dem Kind verwandt ist. In Anwendung des deutschen Rechts wäre das Kind trotzdem mutterlos. Dabei handelt es sich um eine sehr unbefriedigende Situation, die mit dem Kollisionsrecht nach dem derzeitigen Stand nur schwer lösbar ist.549 Das Problem des faktischen Muttermangels verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig es ist, den Kreis der im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechtsordnungen so groß wie möglich zu halten, um dem Kind möglichst viele „Chancen“ auf eine rechtliche Abstammung zu geben. 4. Statutenwechsel Lediglich der Vollständigkeit halber wird im Folgenden kurz auf die Möglichkeit eines Statutenwechsels eingegange. Im Zusammenhang mit Leihmutterschaft ergeben sich diesbezüglich jedoch keine Besonderheiten. 548 Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich das Kind im Inland befindet. Wird das Kind aufgrund des faktischen Muttermangels dazu gezwungen, sich länger im Ausland aufzuhalten, führt dies nach allen Ansichten spätestens nach sechs Monaten zu einem gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland und damit – vorbehaltlich der ordre public-Prüfung – zu einer Abstammung des Kindes von der Wunschmutter. In diesem Fall handelt es sich weder um einen Muttermangel noch um eine kollidierende Mutterzuordnung, da ausschließlich das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes der deutschen Wunschmutter die rechtliche Mutterschaft zuspricht. 549 BeckOK EGBGB/Heiderhoff (Stand: 01. 05. 2015), Art. 19 Rn. 26a. Zwar kann in der Regel wenigstens über die Zuordnung des Kindes zum Wunschvater eine rechtliche Abstammung herbeigeführt werden. Nehmen zwei gleichgeschlechtliche weibliche Partnerinnen eine Leihmutter in Anspruch, führt dies jedoch stets zu einem faktisch elternlosen Kind. Kritisch zu den dadurch entstehenden zufälligen Differenzierungen Mayer, IPrax 2014, 57.

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Das Abstammungsstatut ist im Fall des Art. 19 Abs. 1 S. 1 und S. 2 EGBGB wandelbar. Eine Änderung des Abstammungsstatuts führt jedoch nicht dazu, dass die nach dem alten Recht begründete Abstammung rückwirkend entfällt.550 Vielmehr bleibt sie über den Grundsatz des Schutzes wohlerworbener Rechte bestehen. Die Abstammung nach Art. 19 Abs. 1 S. 3 ist hingegen unwandelbar.551 Maßgeblich ist das allgemeine Ehewirkungsstatut zum Zeitpunkt der Geburt. III. Ordre Public Wird ausländisches Recht als Abstammungsstatut berufen, führt dies regelmäßig zu einer Abstammung des Kindes von den deutschen Wunscheltern. Da Leihmutterschaft in Deutschland unzulässig ist, stellt sich, wie auch schon bei der verfahrensrechtlichen Anerkennung, die Frage, ob dieses Ergebnis gegen den deutschen kollisionsrechtlichen ordre public verstößt. Nach Art. 6 S. 1 EGBGB ist eine ausländische Rechtsnorm nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Grundsätzlich soll vom ordre public-Vorbehalt nur sehr einschränkend Gebrauch gemacht werden. Er kommt nur dann in Betracht, wenn das Ergebnis der Rechtsanwendung so stark im Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung und der ihr zugrundeliegenden Gerechtigkeitsvorstellungen steht, dass das Ergebnis schlicht untragbar erscheint.552 Zwar wird im Anerkennungsrecht mehr Großzügigkeit bei der ordre publicKontrolle verlangt553 als im Kollisionsrecht. Grund hierfür ist die Respektierung fremder Gerichtshoheit und die Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse.554 Trotzdem ergibt sich hinsichtlich der Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter bzw. den Wunscheltern nach einer Leihmutterschaft auch im Rahmen der strengeren kollisionsrechtlichen ordre public-Kontrolle in den hier geschilderten Fällen kein wesentlich anderes Bild.555 Vielmehr gelten die obigen Ausführungen zum verfahrensrechtlichen ordre public556 auch im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 EGBGB. Die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter kann nicht pauschal als ordre publicwidrig eingeordnet werden. Eine Abstammung des Kindes von den Wunscheltern ist häufig die einzige und jedenfalls die schnellste Möglichkeit für das Kind, rechtliche Eltern zu erhalten. Es würde dem Kindeswohl widersprechen, wenn man unter Annahme eines ordre public-Verstoßes zu dem Ergebnis kommen würde, dass das Kind keine rechtlichen Eltern hat. 550 551 552 553 554 555 556

Benicke, StAZ 2013, 101, 108; Krömer, StAZ 2000, 310, 311. Sturm, StAZ 2003, 353, 354; v. Hoffmann/Thorn, § 8 Rn. 130. BGH NJW 1992, 3096. Bruns, JZ 1999, 278, 279. Benicke, StAZ 2013, 101, 105; Bruns, JZ 1999, 278, 279. So auch Mayer, 78 RabelsZ (2014), 551, 572; Benicke, StAZ 2013, 109. Siehe oben unter § 4 A. III. 2., S. 189 ff.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Zu berücksichtigen sind dabei jedoch zwei Dinge: Befindet man sich im Rahmen der Prüfung des kollisionsrechtlichen ordre public, wurde die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern im Ausland, anders als in der Situation der verfahrensrechtlichen Anerkennung, nicht durch eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt. Somit hat auch noch keine gerichtliche Kontrolle und Kindeswohlprüfung stattgefunden. Folgt man der Ansicht, dass die Zuordnung eines Kindes zur Wunschmutter nur dann ein Ergebnis ist das auch nach dem deutschen Recht eintreten kann, wenn diese Zuordnung nach einer Prüfung des Kindeswohls erfolgt ist,557 so ist eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse in diesem Fall nicht gegeben. Darüber hinaus hat auch eine gerichtliche Kontrolle des Leihmuttervertrags und des übereinstimenden Willens aller Beteiligten in der Regel noch nicht stattgefunden. Aufgrund dieser Umstände liegt es im Rahmen des kollisionsrechtlichen ordre public näher, einen Grundrechtsverstoß zu Lasten der Leihmutter annehmen. Dies gilt jedoch nicht pauschal, sondern nur wenn besondere Umstände im Einzelfall dafür sprechen, etwa, wenn das Kind entgegen dem Willen der Leihmutter dieser weggenommen wurde. Dennoch sind auch in diesem Fall die Grundrechte des Kindes und sein von Art. 8 Abs. 1 EMRK geschütztes Recht auf Achtung seines faktischen Familienlebens zu beachten. Selbst wenn das Kind also im Einzelfall vom ausländischen Recht entgegen dem Willen der Leihmutter den Wunscheltern zugeordnet wird, verstößt die kollisionsrechtliche Anerkennung dieser Zuordnung dann nicht gegen den deutschen ordre public, wenn das Kind bereits faktisch in einer familiären Beziehung mit den Wunscheltern lebt. In diesem Fall wiegt der Schutz des Kindeswohls schwerer als eine etwaige Grundrechtsverletzung auf Seiten der Leihmutter. IV. Unionsrechtliche Vorgaben bei der Anerkennung ausländischer Statusentscheidungen Wie eben dargelegt wurde, stammt das von einer Leihmutter geborene Kind nur dann von den deutschen Wunscheltern ab, wenn sich ihr Elternstatus aus einer ausländischen Gerichtsentscheidung ergibt, die in Deutschland anzuerkennen ist oder das anwendbare Recht die Wunscheltern als rechtliche Eltern ansieht. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich nicht aus dem Europarecht eine weitreichendere Pflicht ergibt, einen im EU-Ausland begründeten Status – gegebenenfalls sogar ohne Prüfung der Regeln über die verfahrens- oder kollisionsrechtlichen Anerkennung – anzuerkennen.558

557

Siehe zu dieser Auffassung oben § 4 A. III. 2. a) aa), S. 191 f. Dieser Ansatz ist vergleichbar mit den „Kollisionsnormen“ des Restatement (First) of Conflict of Laws (siehe hierzu 3. Teil, Fn. 646) oder der Auffassung in der amerikanischen Literatur, die eine uneingeschränkten Anerkennungspflicht für records bejaht (siehe hierzu oben § 4 B. I. 3. c) cc), S. 218 ff.). 558

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Da Leihmutterschaft unter anderem in Griechenland559 und dem Vereinigten Königreich560 zulässig ist, sind innereuropäische Leihmutterfälle durchaus denkbar. Möglich ist auch, dass über die Anerkennung eines drittstaatlichen Urteils bereits in einem anderen, leihmutterfreundlichen oder jedenfalls anerkennungsfreundlicheren EU-Mitgliedstaat entschieden wurde, und die Wunscheltern sich in Deutschland auf diese im EU-Ausland erfolgte Anerkennung ihrer Elternstellung berufen. In der europäischen Entwicklung besteht eine Tendenz zur Ablösung des IPR durch vereinfachte Regeln über die Urteilsanerkennung und die rechtspolitische Tendenz zur Anerkennung im europäischen Ausland begründeter Rechtslagen,561 was insbesondere im Zusammenhang mit Leihmutterschaft zu anderen als den oben geschilderten Ergebnisse führen kann. Für die Anerkennung von Gerichtsentscheidungen aus anderen EU-Mitgliedstaaten gelten zunächst verschiedene Sekundärrechtsakte, die in Leihmutterfällen aber sachlich nicht anwendbar sind, so dass die dort vorgesehenen Anerkennungserleichterungen nicht greifen. Darüber hinaus beeinflusst auch das Primärrecht, insbesondere Art. 21 AEUV die Anerkennung ausländischer Statusentscheidungen. Die Freizügigkeit der Unionsbürger wird daher von einigen herangezogen, um eine Anerkennungspflicht nicht nur für mitgliedstaatliche Urteile in Statusfragen sondern auch für in anderen Mitgliedstaaten begründete Rechtslagen zu bejahen.562 Begründet wird diese Ansicht mit der Rechtsprechung des EuGH im Namens-563 und Gesellschaftsrecht564.

559 Art. 1455 ff., 1475, 1478 f. griechisches ZGB. Siehe hierzu auch Coester, FS Jayme, S. 1256 f. 560 Sec. 33, 54 Human Fertilization and Embryology Act 2008 und Surrogacy Arrangements Act 1985. Zwar müsste für die Inanspruchnahme einer Leihmutter im Vereinigten Königreich jedenfalls einer der Wunscheltern einen Wohnsitz im Vereinigten Königreich haben, vgl. Art. 54 Abs. 4 lit. b HFEA 2008. Zumindest vorübergehend dürfte dies zu bewerkstelligen sein. In Griechenland ist der Wohnsitz der Leihmutter für die Zulässigkeit der Leihmutterschaft ausreichend, siehe dazu Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privatund Verfahrensrecht, S. 79 f. m.w.N. 561 BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 5; Wagner, StAZ 2012, 133, 135 (unter Verweis auf Linke/Hau, IZVR, § 11 Rn. 422). 562 Siehe ausführlich zur Anerkennung von Rechtslagen Jayme/Kohler, IPrax 2001, 501, 502 ff. 563 EuGH, Urteile vom 30. 3. 1993, Konstantinidis (C-168/91, Slg. 1991, I-01191), vom 2. 10. 2003, Garcia Avello (C-148/02, Slg. 2003, I-11635), vom 14. 10. 2008, Grunkin Paul (C353/06, Slg. 2008, I-07639), vom 22. 12. 2010, Sayn-Wittgenstein (C-208/09, Slg. 2010, I13693) und vom 12. 5. 2011, Runevicˇ -Vardyn (C-391/09, Slg. 2011, I-03787). 564 EuGH, Urteile vom vom 9. 3. 1999, Centros (C-212/97, Slg. 1999, I-01459), vom 5. 11. 2001, Überseering (C-208/00, Slg. 2002, I-09919), vom 30. 9. 2003, Inspire Art (C-167/01, Slg. 2001, I-10155), und vom 13. 12. 2005, SEVIC (C-411/03, Slg. 2005, I-10805).

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

1. Unionsrechtliche Pflicht zur Rechtslagenanerkennung in Statusfragen? In der Rechtssache Garcia Avello565 hat der EuGH entschieden, dass sich aus der von Art. 21 AEUVeuroparechtlich gewährten Personenfreizügigkeit eine Pflicht der Mitgliedstaaten ergibt, den Namen eines Kindes „anzuerkennen“, der in einem anderen Mitgliedstaat bestimmt und eingetragen wurde. In seiner Entscheidung in der Rechtssache Grunkin Paul hat der EuGH dieses Ergebnis bestätigt. Die Freizügigkeit eines Kindes ist lt. EuGH verletzt, wenn dem Kind die Führung eines Doppelnamens in Deutschland untersagt wird, obwohl der Name zuvor in Dänemark in die dort ausgestellte Geburtsurkunde eingetragen wurde.566 Auch in der Rechtssache Sayn-Wittgenstein567 sah der EuGH darin eine Beschränkung der Freizügigkeit, dass der Adelstitel einer vermeintlichen Fürstin, den sie seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland geführt hatte,568 nicht in ihrem Heimatland Österreich anerkannt wurde.569 Es stellt sich somit zum einen die Frage, ob diese Rechtsprechung auch auf andere Statusverhältnisse, insbesondere die Abstammung, übertragen werden kann.570 Falls ja, würde dies bedeuten, dass die Verweigerung der Anerkennung einer im EUAusland bestehenden Abstammung eines Leihmutterkindes von der Wunschmutter eine Verletzung seiner Freizügigkeit darstellt.571 Zum anderen ist umstritten, was Inhalt des vom EuGH statuierten „Anerkennungsprinzips“ ist.

565

EuGH, Urteil vom 2. 10. 2003, Garcia Avello (C-148/02, Slg. 2003, I-11635). EuGH, Urteil vom 14. 10. 2008, Grunkin Paul (C-353/06, Slg. 2008, I-07639), Rn. 21 ff. 567 EuGH, Urteil vom 22. 12. 2010, Sayn-Wittgenstein (C-208/09, Slg. 2010, I-13693). 568 Zwar kam es überhaupt nur zu einer entsprechenden Namensänderung der Fürstin, weil das Kreisgericht Worbis die kollisionsrechtliche Prüfung unterlassen hat und entgegen Art. 10 Abs. 1 EGBGB und § 13 Abs. 1 österreichisches IPRG deutsches Namensrecht angewendet hat. Da die österreichischen Behörden der Betroffenen aber zunächst einen Reisepass mit ihrem neuen Namen ausgestellt hatte, sah der EuGH aus Gründen des Vertrauensschutzes eine schützenswerte Rechtsposition der Fürstin als gegeben an, vgl. EuGH Sayn-Wittgenstein, 3. Teil, Fn. 567, Rn. 62 ff. 569 EuGH, Sayn-Wittgenstein, Fn. 563, Rn. 67. 570 Siehe zu dieser Frage ausführlich Nordmeier, IPrax 2012, 31, 32 ff. mit Nachweisen der Rechtsprechung im europäischen Ausland. 571 Dies gilt jedoch nur für Kinder, die Unionsbürger sind. Problematisch ist auch in diesem Zusammenhang wieder die Staatsangehörigkeit und damit letztlich die Abstammung des Kindes. In den meisten EU-Mitgliedstaaten wird Staatsangehörigkeit gerade nicht iure soli vermittelt wird. Das Problem der Anerkennung von Rechtslagen stellt sich jedoch überhaupt erst, wenn im Ausland eine Rechtslage geschaffen wurde und das Kind bereits eine Abstammung (von den Wunscheltern) erworben hat. Ist auch die Leihmutter Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats, ist das Kind in dem hier zugrunde liegenden Szenario unabhängig davon, wer der Beteiligten seine rechtlichen Eltern sind, somit jedenfalls Unionsbürger. 566

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a) Übertragbarkeit auf andere Statusverhältnisse Dafür, die Rechtsprechung des EuGH auch auf andere Statusfragen zu übertragen, spricht Folgendes: Wenn die Freizügigkeit eines Unionsbürgers schon dadurch rechtswidrig eingeschränkt wird, dass die Person in anderen Mitgliedstaaten nicht denselben Namen führen darf, ist nicht ersichtlich, wieso eine unterschiedliche Abstammung je nach Mitgliedstaat dies nicht tun soll.572 Stammt ein Kind beispielsweise nach dem griechischen Recht von der Wunschmutter ab, nach dem deutschen Recht aber von der Leihmutter, ist dadurch seine Freizügigkeit wohl mindestens in vergleichbarer Weise eingeschränkt, wie die der beiden Kinder in den Rechtssachen Garcia Avello und Grunkin Paul.573 Eine Reise ins EU-Ausland würde regelmäßig (vorbehaltlich des Grundsatzes wohlerworbener Rechte) eine Änderung der gesamten Verwandtschaftsverhältnisse mit sich bringen, einschließlich der sorgeund unterhaltsrechtlichen Folgen.574 Auch Art. 8 EMRK wird als Argument für eine Ausdehnung auf andere Statusverhältnisse herangezogen.575 Dies überzeugt jedoch nicht: Zum einen besteht der besondere Integrationsauftrag des Art. 21 AEUV im Rahmen des Art. 8 EMRK nicht. Auch aufgrund des weitreichenden Ermessenspielraums der Mitgliedstaaten der EMRK in Statusfragen576 kommt eine auf Art. 8 EMRK kann eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung auch nicht auf Art. 8 EMRK gestützt werden.577 Auch die Generalanwältin betont in ihren Schlussanträgen in der Rechtssache Grunkin Paul, dass eine Übertragung des Ergebnisses auf andere Statusverhältnisse nicht zwingend ist.578 Beim Namen einer Person handle es sich zwar um eine Frage, die dem Personalstatut unterfalle. Der Name stelle aber eine besondere Materie in diesem Bereich dar. Es ginge dabei auch um die Frage der Identifizierung einer 572

So auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 258; Helms, StAZ 2012, 2, 7; KG NJW 2011, 535, 536. Ablehnend Nordmeier, StAZ 2011, 129, 138 f., der eine Prüfung im Einzefall für erforderlich hält; für Vaterschaftsanerkenntnisse siehe Funken, Anerkennungsprinzip, S. 320; für die gleichgeschlechtliche Ehe siehe VG Berlin, StAZ 2010, 372. 573 EuGH, Garcia Avello, 3. Teil, Fn. 565; Grunkin Paul, 3. Teil, Fn. 566, Rn. 21 f.; SaynWittgenstein, 3. Teil, Fn. 567, Rn. 54 f. 574 Zur selben Frage, allerdings bezogen auf die gleichgeschlechtliche Ehe, führt der Supreme Court in seiner Entscheidung Obergefell v. Hodges, 3. Teil, Fn. 282, aus: „For some couples, even an ordinary drive into a neighboring State to visit familyor friends risks causing severe hardship in the event of aspouse’s hospitalization while across state lines. In lightof the fact that many States already allow same-sex marriage – and hundreds of thousands of these marriagesalready have occurred – the disruption caused by the recognition bans is significant and ever-growing.“ 575 KG NJW 2011, 535, 537. Kritisch zu dieser Argumentation des KG Nordmeier, IPrax 2012, 31, 36; ders., StAZ 2011, 129, 134 ff. 576 EGMR, Mennesson, Rn. 75 ff. 577 So auch MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 3 Rn. 123. 578 Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 24. 04. 2008, Grunkin Paul (C-353/ 06, Slg. 2008, I-07639), Rn. 93.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Person, die sich von der des Rechtsstatus oder der Rechtsfähigkeit unterscheide, weshalb eine Übertragung des Entscheidung des Gerichtshofs im Namensrecht auf andere Angelegenheiten nicht zwangsläufig geboten sei. Und schließlich sprechen auch die Rechtfertigungsmöglichkeiten, die den Mitgliedstaaten im Rahmen einer Beschränkung des Art. 21 AEUV offen stehen, gegen eine Ausweitung der Rechtsprechung des EuGH im Namensrecht auf andere Statusfragen. Bei der Ablehnung der Leihmutterschaft handelt es sich um eine politische Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die, auch wenn sie hier nicht nachvollzogen werden kann, anders als die den namensrechtlichen Verfahren zugrunde liegenden – teilweise schon in sich inkohärenten – nationalen Regelungen im Namensrecht auf objektiven, verhältnismäßigen Erwägungen beruht, und damit eine Beschränkung von Art. 21 AEUV rechtfertigen kann.579 Da vor diesem Hintergrund eine Einschränkung des Art. 21 AUEV aufgrund eines Rechtfertigungsgrundes zulässig wäre, kann Art. 21 AEUV auch keine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung begründen. Es würde jedoch nicht überraschen, wenn der EuGH, sollte er sich mit dieser Frage befassen, unter Berufung auf Art. 21 AEUV zu dem Ergebnis kommen würde, dass alle hinkenden Statusverhältnisse die Freizügigkeit eines Unionsbürgers beeinträchtigen.580 b) Inhalt des Anerkennungsprinzips Selbst wenn sich die Rechtsprechung des EuGH aber auf andere Statusverhältnisse übertragen ließe, wäre damit noch nichts über die konkreten Ergebnisvorgaben dieser Rechtsprechung gesagt. Insbesondere stünde damit noch nicht fest, dass europäische Rechtslagen als solche anerkannt werden müssen. Teilweise werden die Urteile des EuGH in der Literatur zwar dahingehend interpretiert, dass sie eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung begründen;581 in Abkehr von der kollisionsrechtlichen Tradition soll die ausländische Rechtslage als solche anerkannt werden. Anstatt das sachnächste Recht zu ermitteln, soll der ausländische Sachverhalt, un-

579 So argumentiert auch das spanische Tribunal Supremo in seinem Urteil vom 16. 02. 2014, Sentencia num. 835/2013, S. 12 f. (abrufbar unter http://www.upf.edu/dret/_pdf/semina ris/STSx_1x_nxm._835.2013x_de_6_de_febrero_de_2014.pdf, zuletzt eingesehen am 26. März 2016), in dem es zum Grundsatz der Namenseinheit feststellte: „Es evidente que se trata de un bien jurídico de mucha menor importancia que los protegidos por la prohibición de gestación por substiución.“ („Es ist offensichtlich, dass es sich [beim Namensrecht] um ein Rechtsgut von wesentlich geringerer Bedeutung handelt, als die Leihmutterschaft.“ – Übersetzung der Verfasserin). 580 Dies hält auch für wahrscheinlich MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 3 Rn. 130. Zur Frage der Grundfreiheitenrelevanz hinkender Statusverhältnisse siehe ausführlich Funken, Anerkennungsprinzip, S. 173 ff. Ablehnend Röthel, IPrax 2006, 250. 581 Siehe hierzu ausführlich Nordmeier, IPrax 2012, 31 ff.

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abhängig vom anwendbaren Recht, als wirksam erachtet werden.582 Die Rechtslagenanerkennung ist somit vergleichbar mit den Regeln des Restatement (First) of Conflict of Laws (1935)583 im amerikanischen Kollisionsrecht. Auch danach ist eine Rechtspositionen, die unter einer fremden Rechtsordnung erworben wurden, vorranging und verbindlich vom Forumsstaat anzuerkennen.584 Dies überzeugt jedoch nicht. Selbst wenn man davon ausgeht, dass hinkende Statusverhältnisse die Freizügigkeit beeinträchtigen, lässt sich daraus keine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Anerkennung von im europäischen Ausland geschaffenen Rechtslagen ableiten. Die in Art. 21 AEUV verankerte Freizügigkeit der Unionsbürger ist zwar im Sinne besonderer Offenheit und Dynamik angelegt.585 Unter Freizügigkeitsgesichtspunkten ist jedoch allein entscheidend, dass in allen Mitgliedstaaten eine einheitliche Abstammung des Kindes besteht. Wie dieses Ergebnis herbeizuführen ist, hat der EuGH offen gelassen.586 Art. 21 AEUV fordert lediglich eine Lösung des Problems hinkender Rechtsverhältnisse, gibt aber nicht vor, wie diese Lösung auszusehen hat.587 Hinzu kommt, dass das Recht auf Freizügigkeit nichts darüber aussagt, welches die „richtige“ Rechtslage ist, wenn mehrere ausländische Rechtslagen zur Wahl stehen. Die EU-Mitgliedstaaten haben daher verschiedene Möglichkeiten, das Problem hinkender Statusverhältnisse zu lösen, beispielsweise durch Auslegung oder Änderung des autonomen Kollisionsrechts. Im Namensrecht hat der deutsche Gesetzgeber letzteren Weg gewählt und Art. 48 EGBGB eingeführt, der eine sachrechtliche Rechtswahl bei der Namensführung588 gestattet.589 Für Leihmutterfälle ergibt sich aus den Vorgaben des Unionsrechts somit Folgendes: Art. 19 Abs. 1 EGBGB beruft ohnehin mehrerer Rechtsordnungen zur Anwendung, so dass jedenfalls dann kein von Art. 21 AEUV vorgegebener Handlungsbedarf besteht, wenn eines der Anknüpfungsmerkmale – gegebenenfalls nach

582 Ausführlich zur möglichen „technischen Umsetzung“ des Anerkennungsprinzips Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 393. 583 Siehe hierzu unten 3. Teil, Fn. 646. 584 Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 14. 585 Nordmeier, StAZ 2011, 129, 138. 586 Dem Worlaut der Entscheidung des Gerichtshofs darf keine zu große Bedeutung beigemessen werden, da dem Begriff „Anerkennung“ sehr unterschiedlich definiert wird, siehe hierzu Funken, Anerkennungsprinzip, S. 162. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Tatsache, dass das Urteil im Original auf Französisch abgefasst wurde. 587 MüKoEGBGB/v. Hein, Art. 3 Rn. 133; Nordmeier, StAZ 2011, 129, 139; MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Einl. IPR Rn. 15, 157 a.E. 588 MüKoEGBGB/Lipp, Art. 48 Rn. 2. 589 Kritisch zur Geeignetheit von Art. 48 EGBGB zur Lösung aller Fälle, in denen das Unionsrecht eine „Anerkennung“ gebietet MüKoEGBGB/Lipp, Art. 48 Rn. 3.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

entsprechender Auslegung590 – zur Anwendung des Rechts des Mitgliedstaats führt, in dem die Rechtslage geschaffen wurde. Handlungsbedarf besteht auch dann nicht, wenn die ausländische Rechtslage der inländischen entspricht und es keine hinkenden Rechtsverhältnisse gibt. Würde man der Rechtsprechung des EuGH eine Anerkennungspflicht entnehmen, wäre auch in einem solchen Fall pauschal die im Ausland begründete Rechtslage anzuerkennen, was nicht überzeugt. Auch im Rahmen der verfahrens- und kollisionsrechtlichen ordre public-Kontrolle sind die Vorgaben von Art. 21 AEUV zu berücksichtigen,591 so dass unter Umständen in innereuropäischen Fällen bei der Prüfung der Anerkennung ein weniger strenger Maßstab angelegt werden muss, der im Ergebnis zu einer Anerkennung der ausländischen Rechtslage führt. Da jedoch der ordre public als Rechtfertigungsgrund für eine Beschränkung der Freizügigkeit herangezogen werden kann,592 ist kaum ein Fall denkbar, in dem der inländische ordre public eine Beschränkung der Freizügigkeit nicht rechtfertigen würde, dann aber im Rahmen der Prüfung von Art. 6 EGBGB oder § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG einer Anerkennung entgegenstehen würde. Problematischer sind im Hinblick auf Art. 21 AEUV die Fälle, in denen keines der von Art. 19 Abs. 1 EGBGB vorgesehenen Anknüpfungsmerkmale auf das Recht verweist, unter dem die Rechtslage entstanden ist oder mehrere europäische Rechtslagen vorhanden sind, die nicht mit einander kompatibel sind. In diesen Situationen müsste entweder durch entsprechende europarechtskonforme Auslegung des Kollisionsrecht oder des materiellen Rechts eine Lösung gefunden werden, die eine Beibehaltung (oder ggfs. Legalisierung) des im Ausland erworbenen Status ermöglicht. Eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung folgt daraus jedoch nicht. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein europarechtliches Anerkennungsprinzip de lege ferenda eine Lösung für das Problem hinkender Rechtsverhältnisse sein kann. Auch die EU-Kommission sah in der Anerkennung von statusrelevanten Rechtslagen, konkret in der inhaltlichen Anerkennung von Personenstandsurkunden, einen erstrebenswerten Lösungsansatz. Im Grünbuch „Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger593 schlug sie deshalb vor, den sich aus einer Personenstandsurkunde ergebenden Status einer Person unionsweit anzuerkennen. Dabei soll explizit nicht nur die Echtheit der Urkunde oder deren Beweiskraft anerkannt werden, sondern der Inhalt der Urkunde soweit er den Personenstand betrifft.594 Die Diskussion über 590

Denkbar wäre beispielsweise, den Begriff „gewöhnlicher Aufenthalt“ so auszulegen, dass das Recht des Herkunftsmitgliedstaats berufen wird, oder die ausländische Rechtslage über den Grundsatz des Schutzes wohlerworbener Rechte anzuerkennen. 591 Auch die Grundfreiheiten sind Teil des kollisionsrechtlichen ordre public, Bruns, JZ 1999, 278, 279. 592 EuGH, Sayn-Wittgenstein, 3. Teil, Fn. 567, Rn. 93 f. 593 Grünbuch „Weniger Verwaltungsaufwand für EU-Bürger: Den freien Verkehr öffentlicher Urkunden und die Anerkennung der Rechtswirkungen von Personenstandsurkunden erleichtern“ vom 14. Dezember 2012, KOM (2010) 747 endg. 594 KOM (2010) 747 endg., S. 15.

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dieses Thema ist vergleichbar mit der im amerikanischen Recht herrschenden Debatte über die Anerkennung von status records. Wie auch in den Vereinigten Staaten ist der Ansatz der Kommission in den EU-Mitgliedstaaten auf starke Kritik gestoßen. Abgesehen davon, dass die Kompetenz der EU für eine derartige Maßnahme fraglich erscheint, steht aber jedenfalls fest, dass de lege lata derzeit keine Pflicht besteht, in anderen EU-Mitgliedstaaten begründete Rechtslagen ohne verfahrensoder kollisionsrechtliche Prüfung anzuerkennen.595 2. Anerkennung von Anerkennungsentscheidungen Denkbar ist auch, dass europäische Wunscheltern eine drittstaatliche Gerichtsentscheidung, die sie als rechtliche Eltern ausweist, zunächst in einem anerkennungsfreundlicheren EU-Mitgliedstaat596 anerkennen lassen.597 Kehren sie dann nach Deutschland zurück, stellt sich die Frage, wie mit dieser Anerkennungsentscheidung eines mitgliedstaatlichen Gerichts umzugehen ist. Exequaturentscheidungen über drittstaatliche Urteile unterliegen zwar grundsätzlich nicht der verfahrensrechtlichen Anerkennung.598 Sofern der durch die Anerkennung herbeigeführte Status jedoch nach dem Recht des anerkennenden EUMitgliedstaats zu beachten ist und dort anerkannt wurde, können sich die Wunscheltern und das Kind innerhalb der EU zur „Anerkennung“ dieses Status auf ihr Recht auf Freizügigkeit berufen. Insofern gilt das eben zur Rechtslagenanerkennung Gesagte. Zusätzlich ist dabei zu bedenken, dass eine Anerkennung von in Anerkennung drittstaatlicher Urteile entstandener Rechtslagen zu einer Umgehung des Verbot des Doppelexequatur führen würde. Durch die Exequaturentscheidung eines anderen Mitgliedstaats würde das autonome Anerkennungsrecht unterlaufen599 und mittelbar eine EU-weite Anerkennung des drittstaatlichen Urteils erreicht. Ob und wie ein drittstaatliches Urteil anerkannt wird, ist jedoch Sache jedes einzelnen Mitgliedstaats. Eine Kompetenz der EU zur Regelung dieser Frage scheint äußert zweifelhaft. Würde man eine Pflicht zur Anerkennung bejahen, müsste daher von Rechtslage zu Rechtslage differenziert werden, ob sich diese aus der Anwendung mitgliedstaatlichen Rechts oder der Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung ergibt, was die Situation zusätzlich verkomplizieren würde. Auch dies bestätigt, dass eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung gerade nicht besteht. 595

So im Ergebnis auch Nordmeier, StAZ 2011, 129, 139. Z. B. Österreich, siehe 3. Teil, Fn. 220. 597 Die Zuständigkeit anderer mitgliedstaatlicher Gerichte kann sich beispielsweise dann ergeben, wenn die Wunscheltern zunächst einen Wohnsitz ein einem leihmutterfreundlichen bzw. anerkennungsfreundlichen Mitgliedstaat begründen. 598 MüKoZPO/Gottwald, § 328 Rn. 58; Linke/Hau, IZVR, § 12 Rn. 12.35. 599 Musielak/Voit/Stadler, Art. 32 EuGVVO a. f. Rn. 5; MüKoZPO/Gottwald, § 328 Rn. 58 m.w.N. 596

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

3. CIEC-Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen Auch einzelne Regeln des CIEC-Übereinkommens vom 12. 9. 1962 über die Feststellung der mütterlichen Abstammung nichtehelicher Kinder600 werden teilweise als Beleg für eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung herangezogen.601 Nach Art. 1 S. 1 des Mutterschaftsfeststellungsübereinkommens gilt die Abstammung des Kindes von der in der Geburtsurkunde eingetragenen Frau als festgestellt. Diese Vorschrift wird, insbesondere im Gegensatz zu den Art. 24 des Übereinkommens, als Ausdruck des Anerkennungsprinzips gesehen.602 Eine uneingeschränkte Pflicht zur Anerkennung eines im Ausland begründeten Statusverhältnisses kann dem Übereinkommen jedoch aufgrund der Möglichkeit, die darin enthaltenen Vermutung zu widerlegen, nicht entnommen werden, so dass das Mutterschaftsfeststellungsübereinkommen für die Frage einer etwaigen Pflicht zur Rechtslagenanerkennung nicht zu einer anderen Beurteilung führt. V. Anfechtungsstatut Sofern die Wunscheltern nach dem Abstammungsstatut nicht die rechtlichen Eltern des Kindes sind, könnten sie allenfalls im Wege einer Änderung der rechtlichen Zuordnung mittels Adoption oder Anfechtung in die Elternposition einrücken. Das auf die Anfechtung der Abstammung anwendbare Recht bestimmt sich nach Art. 20 EGBGB. Danach kann die Abstammung nach jedem Recht angefochten werden, aus dem sich ihre Voraussetzungen ergeben, vgl. Art. 20 S. 1 EGBGB. Dies gilt unabhängig davon, nach welcher Rechtsordnung die Abstammung tatsächlich etabliert wurde.603 Maßgeblich ist nur, dass die Feststellung der Abstammung nach diesem Recht möglich war. Das Kind kann die Abstammung darüber hinaus gemäß Art. 20 S. 2 EGBGB auch nach dem Recht des Staates anfechten, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 1. Anfechtung der Mutterschaft Aufgrund des Zustammenspiels von Art. 20 EGBGB mit Art. 19 EGBGB scheint eine erfolgreiche Anfechtung der Mutterschaft in Leihmutterfällen sehr unwahrscheinlich.

600 601 602 603

Siehe 2. Teil, Fn. 282. So Wagner, StAZ 2012, 133, 137; Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 394 (dort Fn. 19). Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 394 (dort Fn. 19). MüKoEGBGB/Helms, Art. 20 Rn. 2.

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a) Deutsches Abstammungsstatut Richtet sich die Abstammung des Kindes nach deutschem Recht, stammt es gemäß § 1591 BGB von der Leihmutter ab. Eine Anfechtung der Mutterschaft durch die Wunschmutter ist in diesem Fall ausgeschlossen, da das deutsche Recht eine Mutterschaftsanfechtung nicht kennt.604 Eine Anfechtung käme somit lediglich dann in Betracht, wenn sich die Abstammung des Kindes von der Leihmutter zusätzlich aus anderen Rechtsordnungen ergibt, die eine Anfechtung der Mutterschaft vorsehen. Dies ist beispielsweise der Fall in Bundesstaaten, die die Abstammung nach den allgemeinen Vorschriften des UPA (2000)605 bestimmen. Grundsätzlich ist nach den Regeln des UPA (2000) die Leihmutter die rechtliche Mutter. Eine genetisch verwandte Wunschmutter könnte jedoch über die gerichtliche Feststellung der Mutterschaft eine Statusänderung erreichen.606 Diese Regelungen wären dann nach Art. 20 S. 1 EGBGB auch hinsichtlich der Voraussetzungen und Fristen der Anfechtung maßgeblich. Ist eine Statusänderung möglich, stellt sich wiederum die Frage, ob dieses Ergebnis mit dem deutschen ordre public vereinbar wäre. Insofern gilt nichts anderes als bereits zum verfahrensrechtlichen ordre public, bzw. im Rahmen von Art. 19 EGBGB gesagt wurde. Eine Anfechtung durch die Wunschmutter wäre danach und mit dem ordre public vereinbar. Führt die Anwendung von Art. 19 EGBGB zu kollidierenden Ergebnissen, werden also verschiedene Frauen als rechtliche Mutter berufen, kommt eine Anfechtung aufgrund des Verweises in Art. 20 S. 1 EGBGB nur nach dem Recht in Betracht, das auch tatsächlich zur Bestimmung der Abstammung ausgewählt wurde. Ergibt sich beispielsweise nach dem Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes eine Abstammung von der Wunschmutter und nach dem Heimatrecht der Wunschmutter eine Abstammung von der Leihmutter, und wurde die Kollision zugunsten des Heimatrechts der Wunschmutter entschieden, können die Anfechtungsvorschriften des Rechts am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes nicht für eine Anfechtung durch die Wunschmutter heranzogen werden.607 b) Ausländisches Abstammungsstatut Ergibt sich die Abstammung des Kindes aus dem ausländischen Recht und stammt das Kind danach von der Wunschmutter ab, ist eine Anfechtung deshalb unwahrscheinlich, weil sie für die Wunschmutter gar nicht erforderlich ist. Sie ist ja bereits die Mutter des Kindes. Allerdings könnte die Leihmutter versuchen, ihre 604

Staudinger/Henrich, Art. 20 EGBGB Rn. 43 f. Also nach Art. 2 Sec. 201 (a) und nicht nach Art. 8 UPA (2000), siehe hierzu oben § 3 B. II. 1. a), S. 112 ff. 606 Siehe hierzu oben § 3 B. II. 4. a), S. 124 ff. 607 Vgl. Staudinger/Henrich, Art. 20 EGBGB Rn. 21. 605

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Mutterschaft durch Anfechtung nach dem ausländischen Recht geltend zu machen, wenn sie das Kind nach Geburt doch für sich behalten möchte. Zahlreiche Rechtsordnungen sprechen das Kind jedoch ohnehin der Leihmutter zu, wenn diese das Kind nach der Geburt nicht herausgeben will,608 so dass eine Anfechtung durch sie nicht nötig und nicht möglich ist. Ergibt sich die Abstammung der Wunschmutter allerdings aus dem Recht eines Bundesstaats, der die Elternschaft ausschließlich anhand des intent tests oder anhand der genetischen Verwandtschaft bestimmt, wird das Kind auch gegen den Willen der Leihmutter der Wunschmutter zugeordnet. Auch dann ist eine Anfechtung durch die Leihmutter in der Regel aber nach dem materiellen Recht ausgeschlossen. 2. Anfechtung der Vaterschaft Die Anfechtung der Vaterschaft ist hingegen in Leihmutterfällen ohne weiteres denkbar. Ist deutsches Recht anwendbar und ist danach der Ehemann der Leihmutter der rechtliche Vater des Kindes, könnte die Vaterschaft durch den genetisch verwandten Wunschvater nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB analog angefochten werden.609 Auch wenn die Abstammung des Kindes nach dem ausländischen Recht begründet wird, ist eine Anfechtung jedenfalls für einen genetisch verwandten Wunschvater relativ wahrscheinlich. Zahlreiche Rechtsordnungen sehen eine dem deutschen Recht vergleichbare Statusänderung zugunsten des genetisch verwandten Vater vor.610 3. Ordre public Auch das Ergebnis der Vaterschafts- bzw. Mutterschaftsanfechtung untersteht wiederum der ordre public-Kontrolle des Art. 6 Abs. 1 EGBGB. Insofern ergeben sich gegenüber der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes nach Anwendung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB keine Besonderheiten. VI. Adoptionsstatut Sind die Wunscheltern nach dem Abstammungsstatut nicht die rechtlichen Eltern des Kindes, stellt sich die Frage, ob sie ihre Elternstellung über eine internationale Adoption erlangen können. Die Annahme als Kind vor deutschen Gerichten611 richtet

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So ist beispielsweise die Rechtslage im Vereinigten Königreich. Siehe hierzu oben § 3 B. I. 2. a) bb), S 87 ff. 610 So z. B. Art. 6 UPA (2000). 611 Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für eine Adoption durch die Wunscheltern folgt aus der Staatsangehörigkeit oder dem gewöhnlichen Aufenthalt der Wunscheltern in Deutschland, § 101 FamFG. 609

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sich nach dem von Art. 22 EGBGB berufenen Recht.612 Diese Vorschriften werden nicht durch das HAÜ verdrängt, da dieses keine Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts enthält.613 Auch sonstige staatsvertragliche Regelungen, die vorrangig zu berücksichtigen wären, sind nicht ersichtlich.614 1. Anwendbares Recht Nach Art. 22 Abs. 1 S. 1 EGBGB ist auf die Adoption das Recht des Staates anwendbar, dem der Annehmende bei der Annahme angehört. Erfolgt die Annahme durch einen oder beide Ehegatten, unterliegt die Adoption nach Art. 22 Abs. 1 S. 2 EGBGB dem Recht, das auf die allgemeinen Ehewirkungen anwendbar ist. Gemäß Art. 22 Abs. 2 EGBGB richten sich auch die statusrechtlichen Folgen der Adoption nach dem von Abs. 1 berufenen Recht. 2. Deutsches Adoptionsstatut In dem hier zugrunde liegenden Szenario wäre bei einer Adoption des Kindes durch einen oder beide Wunscheltern stets deutsches Recht anwendbar, unabhängig davon, ob es sich um eine Einzeladoption, gemeinschaftliche Adoption oder Stiefkindadoption handelt. Im Fall einer Einzeladoption wäre nach Art. 22 Abs. 1 S. 1 EGBGB das deutsche Heimatrecht des annehmenden Wunschelternteils maßgeblich. Erfolgt die Adoption gemeinschaftlich oder im Wege der Stiefkindadoption wäre das deutsche Recht als Recht am gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten gemäß Art. 22 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB anwendbar. Die Voraussetzungen der Adoption richten sich daher in dem dieser Arbeit zugrunde gelegten Szenario stets nach §§ 1741 ff. BGB. Für die Zustimmung der rechtlichen Eltern gilt Art. 23 EGBGB kumulativ.615 Haben die Wunscheltern im Ausland bisher noch keine Adoptionsversuche unternommen und liegen die Voraussetzungen der §§ 1741 ff. BGB vor, steht einer Adoption durch sie nichts im Wege. Insbesondere die Tatsache, dass das Kind von einer Leihmutter geboren wurde, hindert die Adoption nach dem deutschen Recht 612 Ein Antrag auf inländische Adoption durch deutsche Wunscheltern lag beispielsweise den folgen Urteilen zugrunde: LG Frankfurt am Main NJW 2012, 3111 (Adoption ausgesprochen); LG Düsseldorf v. 15. 03. 2012, BeckRS 2012, 19794 (Adoption ausgesprochen); AG Hamm v. 22. 02. 2011, BeckRS 2011, 25140 (Adoption abgelehnt). 613 Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 205. 614 Staudinger/Henrich, Art. 22 EGBGB Rn. 2; vorrangig wäre lediglich die verfahrensrechtliche Anerkennung einer ausländischen Dekretadoption. 615 In diesem Zusammenhag stellt sich die Erstfrage der Staatsangehörigkeit des Kindes. Da im Falle einer Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen das Kind gerade noch nicht von deutschen Staatsangehörigen abstammt, ist es entweder staatenlos und damit nach Art. 5 Abs. 2 EGBGB das Recht an seinem gewöhnlichen Aufenthalt maßgeblich, oder das Heimatrecht des Kindes ist auf etwaige Zustimmungserfordernisse zu prüfen.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

nicht. Erfolgt die Adoption in Anwendung deutschen Rechts kommt auch ein ordre public-Verstoß nicht in Betracht. Da das deutsche Recht die Vertragsadoption nicht kennt,616 wäre eine bereits im Ausland erfolgte und nach dortigem Recht zulässige reine Vertragsadoption unbeachtlich617 und müsste in Deutschland wiederholt werden.618 Dies gilt jedoch nur für reine Privatadoptionen, bei denen keine gerichtliche Überprüfung stattgefunden hat.619 Zwar können in diesem Fall einzelne Voraussetzungen der §§ 1741 ff. BGB durch ausländische Tatsachen oder die im Ausland abgegebenen Erklärungen im Wege der Subsitution ersetzt werden, jedoch nur wenn ihre Gleichwertigkeit gegeben ist.620 3. Ausländisches Adoptionsstatut Beruft Art. 22 Abs. 1 EGBGB ausländisches Recht zur Anwendung und haben die Wunscheltern das Kind nach dem ausländischen Recht bereits wirksam adoptiert, greift der ordre public-Vorbehalt zwar grundsätzlich ein. Dadurch dass die Leihmutter das Kind aber zur Adoption freigegeben hat und in diesem Zusammenhang die für die Adoption erforderliche Zustimmung erteilt, hat die Leihmutter deutlich gemacht hat, kein Interesse daran zu haben, die Elternstllung zu übernehmen Ein ordre public-Verstoß durch die kollisionsrechtliche Anerkennung einer ausländischen Vertragsadoption scheint daher sehr sehr unwahrscheinlich. Die inländische Adoption des Kindes durch deutsche Wunscheltern hat in Leihmutterfällen nur geringe praktische Relevanz, wenn man der hier vertretenen Auffassung zur Auslegung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes und dem ordre public folgt.621 Eine Adoption durch die Wunscheltern wird somit nur dann erforderlich, wenn keine der Anknüpfungsalternativen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB auf ausländisches Recht verweist oder die Zuordnung im Einzelfall doch einen ordre public-Verstoß darstellt. In diesem Fall scheint es jedoch unwahrscheinlich, 616

Vgl. § 1752 Abs. 1 BGB. Staudinger/Henrich, Art. 22 EGBGB Rn. 98; Palandt/Thorn, Art. 22 EGBGB Rn. 11; Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 222 ff. 618 Zur nicht unproblematischen Wiederholung einer Adoption siehe Staudinger/Henrich, Art. 22 EGBGB Rn. 99 ff. 619 Ist die Leihmutter Amerikanerin, sind derartige Fälle nicht denkbar. Zwar kennt das amerikanische Recht die private Vermittlung bzw. Platzierung des Kindes. Die Adoption selbst erfolgt jedoch stets durch gerichtliches Dekret, das der verfahrensrechtlichen Anerkennung unterliegt. 620 Siehe allgemein zur Substitution BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 05. 2015), Einl. IPR Rn. 91. 621 Siehe oben § 4 A. III. 2., S. 189 ff. Ordnet das ausländische Recht (als das Recht am Geburtsort des Kindes) das Kind originär den Wunscheltern zu und erfolgt diese Zuordnung unter Prüfung des Kindeswohls, verstößt dies nicht gegen den ordre public. Das Kind ist stammt dann ohnehin von den Wunscheltern ab. In diesem Fall wäre aber auch eine Adoption mit dabei erfolgender Kindeswohlprüfung nicht mehr erforderlich. 617

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dass die durch Adoption herbeigeführte Statusänderung dem Wohl des Kindes entspricht, so dass in diesem Fall die Voraussetzungen der §§ 1741 ff. BGB nicht erfüllt wären. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass eine Adoption durch die Wunscheltern nach grenzüberschreitender Leihmutterschaft zwar möglich wäre, praktisch aber nur geringe Relevanz hat. VII. Internationales Erb- und Unterhaltsrecht Auch im internationalen Erb- und Unterhaltsrecht ist für Kinder, die von einer Leihmutter geboren wurden, von Relevanz. Kollisionsrechtlich ergeben sich insoweit jedoch keine Besonderheiten. Die im Zusammenhang mit Leihmutterschaft aufretenden Probleme lassen sich alle auf die Vorfrage der Abstammung zurückführen. VIII. Zusammenfassung Ob die Wunscheltern in grenzüberschreitenden Fällen die rechtlichen Eltern des Kindes sind oder jedenfalls werden können, hängt aus deutscher Sicht von den Umständen im Einzefall, insbesondere der Erreichbarkeit und Kooperation der Leihmutter sowie von ihrem Familienstand ab. Bei grenzüberschreitender Leihmutterschaft richtet sich das auf die Abstammung anwendbare Recht nach Art. 19 EGBGB. Art. 19 Abs. 1 EGBGB verweist sowohl auf das Heimatrecht der potentiellen Eltern, als auch auf das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes. Der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes muss dabei, um die Gefahr eines Zirkelschlusses zu vermeiden, unabhängig von dem gewöhnlichen Aufenthalt der Eltern des Kindes bestimmt werden. Lässt sich kein gewöhnlicher Aufenthalt bestimmen, ist auf den faktischen Aufenthalt abzustellen, der in Leihmutterfällen üblicherweise dem Geburtsort des Kindes entspricht. Führt diese Anknüpfung zur Anwendbarkeit ausländischen Rechts und ist danach die Bestellmutter die rechtliche Mutter des Kindes, steht dieses Ergebnis unter dem Vorbehalt einer ordre public-Prüfung. Eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter begründet jedoch für sich genommen keinen ordre public-Verstoß. Dies ist bereits deshalb der Fall, weil ein vergleichbares Ergebnis – nämlich die Zuordnung des Kindes zu einer Frau, die es nicht geboren hat – auch in Anwendung deutschen Rechts herbeigeführt werden kann. Unabhängig davon verstößt die Zuordnung des Kindes abre auch nicht gegen tragende Grundsätze des deutschen Rechts. Ein solcher Verstoß kann sich allenfalls aus besonderen Umständen im Einzelfall ergeben. Eine Bezahlung der Leihmutter stellt keinen solchen Umstand dar. Einer Zuordnung zum Wunschvater steht der ordre public in den meisten Fällen schon deshalb nicht entgegen, weil über den Umweg es Vaterschaftsanerkenntnisses eine Zuordnung des Kindes zum Wunschvater auch nach dem deutschen Recht er-

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reicht werden könnte. Auch in anderen Situationen ist ein ordre public-Verstoß durch Zuordnung des Kindes zum Wunschvater nur schwer vorstellbar. Alleinstehende Frauen und weibliche gleichgeschlechtliche Paare haben es bei Inanspruchnahme einer ausländischen Leihmutter auch in einem grenzüberschreitenden Szenario wesentlich schwerer, in die Mutter- bzw. Elternrolle einzurücken, insbesondere wenn keine der beiden Wunschmütter mit dem Kind genetisch verwandt ist.

B. USA Wie im materiellen amerikanischen Recht herrscht auch im amerikanischen Kollisionsrecht622 Rechtsautonomie der Bundesstaaten,623 die zu interlokaler Rechtsspaltung geführt hat. Statt einem bundeseinheitlichen IPR und ILR624 gibt es zahlreiche verschiedene Ansätze zur Bestimmung des anwendbaren Rechts, die, mit Ausnahme von Louisiana625 und Oregon,626 in keinem Bundesstaat kodifiziert sind.627 Das in den einzelnen Staaten geltende Kollisionsrecht ist vielmehr das Ergebnis einer langjährigen, eher zufälligen Entwicklung durch die Rechtsprechung628 und basiert auf unterschiedlichen theoretischen Ansätzen.629 Die vier am meisten verbreiteten 622 Wie bereits erwähnt, zählen nach amerikanischen Verständnis sowohl das Internationale Privatrecht als auch das Internationale Zivilverfahrensrecht zum Bereich conflict of laws (auch conflicts genannt), siehe 3. Teil, Fn. 6. Das Kollisionsrecht im kontinentaleuropäischen Sinn wird als choice of law principles bezeichnet, Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 229. 623 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 230; Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 217. 624 Der UPA (2000) enthält zwar eine Kollisionsnorm für die Frage der Abstammung. Art. 1 Sect. 103 (b) UPA (2000) bestimmt, dass das auf die Abstammung anwendbare Recht die jeweilige lex fori ist. Jedoch haben nur wenige Staaten den UPA (2000) bzw. diese Kollisionsnorm ins einzelstaatliche Recht übernommen. 625 Art. 3515 ff. Louisiana Civil Code, eingeführt durch Act. No. 923 of 1991. Louisianas choice of law statute war die erste umfassende Kodifizierung von Kollisionsregeln in den USA, Nafziger, 58 Am. J. Comp. L. 165 (2010), 174. 626 Oregon hat in den Jahren 2001und 2009 Regeln zum internationalen Vertragsrecht und internationalen Deliktsrecht erlassen, Or. Rev. Stat. §§ 15.300 – 15.380 (2001) [Vertragsrecht] und §§ 15.400 – 15.460 (2009) [Deliktsrecht]. Für eine ausführliche Besprechung der Kodifizierung siehe Symeonides, Or. L. Rev. 963 (2009). 627 Schotten/Schmellenkamp/Bardy, IPR, Anhang II Rn. 429. Gemeint sind damit vollständige Kodifizierungen des Kollisionsrechts. Einzelne choice of law Regeln für bestimmte Rechtsgebiete oder mit begrenztem Anwendungsbereich finden sich vergleichsweise häufig, siehe beispielsweise den Uniform Commercial Code (UCC), der von allen Bundesstaaten verabschiedet wurde, und der in § 1-301 eine choice of law Bestimmung enthält. 628 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 7 („As part of common law, rules governing choice of law developed haphazardly, on a case-by-case basis.“). 629 Zu den Auswirkungen dieser zufälligen Entwicklung führt William L. Prosser, ehemaliger Dekan des College of Law der UC Berkeley und Mitverfasser des Second Restatement,

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Kollisionsregeln sind das Restatement (First) of Conflict of Laws (1935), die governmental interest analysis, der better law approach und das Restatement (Second) of Conflict of Laws (1970).630 Diese vier kollisionsrechtlichen Herangehensweisen werden im Folgenden kurz erläutert, bevor sie jeweils in Einzelnen auf grenzüberschreitende Leihmutterschaftsfälle angewendet werden.

I. Choice of law in den USA 1. Vorbemerkung Die verschiedenen choice of law principles gelten sowohl in zwischenstaatlichen (interstate) als auch in internationalen Fällen.631 Aufgrund der Tatsache, dass Reisen innerhalb der USA ohne weiteres möglich und vergleichsweise kostengünstig sind, ist das Kollisionsrecht jedoch vor allem für interlokale Sachverhalte von Bedeutung.632 Dementsprechend beziehen sich auch nahezu alle hier zitierten Gerichtsentscheidungen auf zwischenstaatliche Leihmutterschaften.633 Die jeweiligen Ergebnisse lassen sich jedoch weitestgehend auf internationale Fälle übertragen. Sofern es in internationalen Sachverhalten Besonderheiten gibt, was lediglich bei der treffend aus: „The realm of the conflict of laws is a dismal swamp, filled with quaking quagmires, and inhibited by learned but eccentric professors who theorize about mysterious matters in a strange and incomprehensible jargon. The ordinary court, or lawyer, is quite lost when engulfed and entangled in it“, Prosser, 51 Mich. L. Rev. 959 (1953), 971. 630 Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 87; Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 1. Hierbei handelt es sich um eine vereinfachte Darstellung der amerikanischen choice of law Methoden. Manche Staatengerichte verwenden die ebengenannten Herangehensweisen in unterschiedlichen Variationen oder greifen nur auf Teile der einzelnen Ansätze zurück. Eine ausführliche Darstellung aller von den einzelnen Bundesstaaten verwendeten Kollisionsregeln findet sich bei Symeonides, 62 Am. J. Comp. L. 223 (2014), 282, ders., 63 Am. J. Comp. L. 223(2015), 56, sowie bei Kay, 34 Mercer L. Rev. 521 (1983), 591 f. Die vier genannten Herangehensweisen sind die am weitesten verbreiteten choice of law approaches und wurden bereits für die Lösung von Fällen im Zusammenhang mit MAF verwendet, weshalb diese Abhandlung sich auf sie beschränkt. 631 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 230; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 430. Siehe auch § 10 Restatement (Second) of Conflict of Laws: „The rules in the Restatement of this Subject apply to cases with elements in one or more States of the United States and are generally applicable to cases with elements in one or more foreign nations. There may, however, be factors in a particular international case which call for a result different from that which would be reached in an interstate case.“ 632 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 230. Manche choice of law-Ansätze waren ursprünglich sogar nur auf interstate Fälle zugeschnitten, Kay, 37 Willamette L. Rev. 123 (2001), 125 (für die governmental interest analysis). 633 Die im Folgenden geschilderten choice of law principles werden dabei nicht nur von den Gerichten der einzelnen Bundesstaaten (state courts) angewendet sondern aufgrund der sog. Erie-Doktrin auch von den Bundesgerichten (federal courts), sofern diese für die Entscheidung zuständig sind, Klaxon Co. v. Stentor Electric Manufacturing Co., 313 U.S. 487 (1941) sowie Erie R.R. Co. v. Thompkins, 304 U.S. 64 (1938), Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 236.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Urteilsanerkennung sowie der Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts der Fall sein kann,634 wird hierauf gesondert eingegangen. Wenngleich die einzelnen Ansätze sehr unterschiedlich sind, so haben alle choice of law principles eines gemeinsam: eine Abneigung gegen die klassische IPR-Methodik635 und gegen die Anwendung außerstaatlichen Rechts.636 Starre Regeln werden abgelehnt. Häufig wird die Frage des anwendbaren Rechts auch ignoriert und das anwendbare Recht wird nur mittelbar und abhängig von der gerichtlichen Zuständigkeit bestimmt. Die Souveränität der einzelnen Bundesstaaten hat im föderalen System der USA einen sehr hohen Stellenwert.637 Da die Anwendung von Rechtsnormen, die von einem anderen Hoheitsträger erlassen wurden, aus amerikanischer Sicht einen Eingriff in diese Souveränität darstellt, stehen die einzelnen Bundesstaaten der Anwendung fremden Rechts sehr kritisch gegenüber. Aus diesem Grund ist bei der Rechtswahlentscheidung ein starkes Heimwärtsstreben amerikanischer Gerichte zu beobachten,638 dem jedoch von der Verfassung Grenzen gesetzt werden.639 Zwar nicht von der Full Faith and Credit Clause, die im Kollisionsrecht nur noch sehr eingeschränkt relevant ist.640 Eine Pflicht zur Anwendung fremden Rechts kann sich jedoch im Einzelfall aus der Due Process Clause und der Equal Protection Clause641 ergeben. Beide verhindern die Anwendung der lex 634

Hay, US-Amerikanisches Recht, Rn. 230. v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 43, 49. 636 Das Recht anderer Bundesstaaten wird nur sehr zögerlich und unter Betonung der Freiwilligkeit angwendet, Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 227. Deutlich wird die Abneigung gegen außerstaatliches Recht in den Urteilen Alaska Packers Ass’n v. Industrial Accident Comm., 294 U.S. 532 (1935), 547 f. („Prima facie every state is entitled to enforce in its own courts its own statutes, lawfully enacted. One who challenges that right, because of the force given to a conflicting statute of another state by the full faith and credit clause, assumes the burden of showing, upon some rational basis, that of the conflicting interests involved those of the foreign state are superior to those of the forum.“) und Philips Petroleum Co. v. Shutts, 472 U.S. 797 (1985), 808, sowie aktuellen einzelstaatlichen Bestrebungen, die Anwendung außerstaatlichen oder ausländischen Rechts durch gesetzliche Regelungen zu verhindern. Ein Beispiel hierfür ist das sog. Save our State-Amendement der Verfassung von Oklahoma, das im November 2010 angenommen, jedoch im Januar 2012 vom United States District Court for the Western District of Oklahoma wegen Verstoßes gegen die Establishment Clause (Amend. I U.S. Const.) für verfassungswidrig erklärt wurde. Zu den weiteren Versuchen Oklahomas, sich gegen außerstaatliche Hoheitsakte gleich welcher Art zu wehren, siehe 3. Teil, Fn. 265. 637 Siehe hierzu 2. Teil, Fn. 69. 638 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 49. 639 Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 65. Da es sich dabei um verfassungsrechtliche Vorgaben zum Schutz der Staatensouveränität handelt, gelten diese Grenzen nur im zwischenstaatlichen Verkehr und nicht für internationale Fälle. 640 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 225; Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 653. Dies gilt insbesondere seit der Supreme Court entschieden hat, dass die Anwendung fremden Rechts bei entgegenstehender public policy (entspricht unserem ordre public) versagt werden darf. 641 Siehe 2. Teil, Fn. 586. 635

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fori in all den Fällen, in denen kein ausreichender Bezug zum Forumsstaat besteht,642 wenngleich die Anforderungen an den Forumsbezug relativ gering sind.643 Erforderlich sind lediglich „significant contacts“ mit dem Forum.644 Im Ergebnis ist damit jede kollisionsrechtliche Gestaltung zulässig, die nicht völlig willkürlich erscheint.645 2. First Restatement Das Restatement (First) of Conflict of Laws (1935)646 wurde von Joseph Story begründet und von Joseph Beale weiterentwickelt.647 Story’s IPR-Ansatz basiert auf der von Ulrich Huber begründeten Lehre der comitas gentium.648 Diese entwickelte er

642 Zu den Vorgaben der Due Process Clause für das Kollisionsrecht siehe das Urteil Home Ins. Co. v. Dick, 281 U.S. 397 (1930). Der Supreme Court kam in dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Anwendung der texanischen lex fori eine Verleztung der Due Process Clause darstelle, da „… in the case at bar, nothing in any way relating to the [insurance] policy sued on, or the contracts of reinsurance, was ever done or required to be done in Texas. […] Texas was, therefore, without power to affect the terms of contracts so made.“ Home Ins. Co. v. Dick, 281 U.S. 397 (1930) 407 f. Die Entscheidung erging im Hinblick auf einen dem mexikanischen Recht unterliegenden Versicherungsvertrag zwischen einem in Mexiko wohnhaften Versicherungsnehmer und einer mexikanischen Versicherungsgesellschaft über ein in Mexiko belegenes Boot, das in Mexiko beschädigt wurde. Der einzige Bezug zum Bundesstaat Texas war die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer ein permament resident in Texas war. Für die Begrenzung des Kollisionsrechts durch die Full Faith and Credit Clause siehe die Urteile Bradford Electric Light Co. v. Clapper, 286 U.S. 145 (1932) und Alaska Packers Assoc. v. Industrial Acc. Comm’n, 294 U.S. 532 (1935). 643 Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 66. 644 Allstate Ins. Co. v. Hague, 449 U.S. 302 (1981), 313; danach ist ein ausreichender Bezug zum Forum gegeben bei „… a significant contact or significant aggregation of contacts, creating state interests, such that choice of law is neither arbitrary nor fundamentally unfair.“ Sofern nach dieser Formel ein hinreichender Forumsbezug gegeben ist, kann das Gericht die lex fori im Einklang mit der Verfassung auch dann anwenden, wenn der andere Staat eine wesentlich engere Verbindung zu dem Fall aufweist, Redpath, 62 Emory L. J. 639 (2012 – 2013), 653. 645 Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 218. Darüber hinaus verbieten die verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbote unterschiedliche Anknüpfungen für Angehörige des eigenen Bundesstaates einerseits und Angehörige anderer Bundesstaaten andererseits. Da das Diskriminierungsverbot aber nur für unmittelbare Diskriminierungen gilt und nicht für bloß faktische Benachteiligungen, spielen die Diskriminierungsverbote für das Kollisionsrecht nahezu keine Rolle mehr, Geier, IPR und Verfahrensrecht in föderalen Systemen, S. 226 f. 646 Im Folgenden: First Restatement. Die Restatements sind eine vom American Law Institut (ALI) herausgegebene systematische Darstellung und Erläuterung des case law der einzelnen Staatengerichte. Die holdings (Tenor) aller relevanten Gerichtsentscheidungen werden lehrbuchartig zusammengefasst. Restatements sind daher keine Rechtsquelle sondern entsprechen in ihrem Rang wichtigen Lehrbüchern, v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 41. 647 v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 26; Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 6. 648 Zu den Grundsätzen der comitas Lehre siehe Rauscher, IPR § 1 Rn. 31; v. Hoffmann/ Thorn, IPR, § 2 Rn. 21, sowie Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 4.

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zur comity of nations weiter, die Grundlage seines IPR-Ansatzes wurde.649 Story ordnete grenzüberschreitende Sachverhalte nicht mehr nach Statuten, sondern nach Gegenständen650 und schuf so relativ starre Regeln, die mit dem System des geltenden kontinentaleuropäischen IPR vergleichbar sind. Das Erfordernis der characterization (Qualifikation) und eine public policy-Ausnahme651 bieten jedoch eine gewisse Flexibilität für den Umgang mit etwaigen im Einzelfall auftretenden Problemen. Beale erweiterte diesen Ansatz um die Theorie der vested rights (wohlerworbene Rechte), nach der Rechtspositionen, die unter einer fremden Rechtsordnung erworben wurden, vorranging und verbindlich vom Forumsstaat anzuerkennen sind.652 Das First Restatement geht von einem rein territorialen Ansatz aus: das Gericht wendet das Recht an, unter dem die Parteien Rechte und Pflichten erworben haben. Das First Restatement statuiert somit letztlich eine reine situs-Regel. Im Deliktsrecht führt dies zur Anwendung des Rechts am place of the wrong,653 also dem Ort des schädigenden Ereignisses.654 Für vertragliche Beziehungen wird auf das Recht am Ort des Vertragsschlusses (lex loci contractus) verwiesen655. In familienrechtlichen Fragen wird in der Regel das Recht am domicil des Betroffenen angewendet.656 Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war das First Restatement die allgemein gültige Lehre im amerikanischen Kollisionsrecht.657 Derzeit wird es noch von dreizehn Staaten verwendet.658 Als Vorteil des First Restatement wird der interne Entscheidungseinklang angeführt, der forum shopping verhindern soll und hinkende Rechtsverhältnisse ausschließe.659 Dennoch wurden die Regeln des First Restatement oft als zu starr kritisiert.660 Zudem kann der mit der Schaffung starrer Regeln

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Juenger, Choice of Law, S. 30; Rauscher, IPR § 1 Rn. 31. Rauscher, IPR, § 1 Rn. 31; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 2 Rn. 26. 651 Die public policy-Ausnahme stellt das amerikanische Gegenstück zum deutschen ordre public dar, Röder, Die Anwendung US-amerikanischen internationalen Kindschaftsrechts in Statusfragen, S. 32, und ist in § 612 First Restatement geregelt. 652 Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 14. 653 § 378 First Restatement: „The place of the wrong determines whether a person has sustained a legal injury.“ So auch Alabama Great Southern R.R. v. Carroll, 97 Ala. 126 (1892); Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 259. 654 § 377 First Restatement enthält folgende Definition: „The place of the wrong is in the state where the last even necessary to make an actor liable for an alleged tort takes place.“ 655 § 322 First Restatement sowie Milliken v. Pratt, 125 Mass. 374 (1878). 656 Haumschild v. Continental CaS. Co., 7 Wis. 2d 130 (1959), 137. 657 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 6; Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 10. 658 Siehe Symeonides, 62 Am. J. Comp. L. 223 (2014), 282. 659 Gruenbaum, 60 Am. J. Comp. L. 475 (2012), 502. 660 Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws, S. 78 ff. 650

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angestrebte Entscheidungseinklang nur erreicht werden, wenn alle Staaten diesem Ansatz folgen, was nicht der Fall ist.661 3. Governmental interest analysis Der oftmals als IPR-Revolution bezeichnete Wandel im amerikanischen IPR662 kam in Form einer Entwicklung weg von einem regelorientierten Kollisionsrecht hin zu einer fallorientierten Interessenabwägung.663 Die starren Regeln664 des First Restatement wurden unter anderem dafür kritisiert, dass sie nicht berücksichtigen, welches Recht richtigerweise angewendet werden sollte.665 Currie’s governmental interest analysis666 beruht deshalb vor allem auf rechtspolitischen Wertungen.667 Zunächst werden diese dem autonomen Recht zugrundeliegenden Wertungen (policies) analysiert, um herauszufinden, ob die jeweiligen Rechtsordnungen im Konflikt zueinander stehen. Dabei muss der zuständige Richter feststellen, ob ein Staat überhaupt ein „Interesse“ an der Anwendung seines Rechts im konkreten Sachverhalt hat. Dies ist dann der Fall, wenn die einschlägigen policies gerade den konkreten Sachverhalt regeln wollen. Anhand dieses Ergebnisses unterteilt die governmental interest analysis grenzüberschreitende Fälle anschließend in true conflicts, also Situationen in denen beide Staaten ein Interesse an der Anwendung ihres Rechts haben und false conflicts, in denen nur ein Staat den konkreten Sachverhalts regeln will.668 Liegt ein false conflict vor, kommt das Recht des Staates zur Anwendung, der Interesse an der Regelung des Falles hat.669 Liegt hingegen ein true conflict vor oder will keiner betroffenen Staaten den Fall regeln (sog. unprovided forcase), wendet das Gericht die lexi fori an. Im Ergebnis führt die governmental interest analysis so in einem Großteil der Fälle670 zur Anwendung der lex fori.671 Currie’s governmental interest analysis wird nur von zwei Staaten672 und dem District of Columbia angewendet.673 Somit scheint es zwar so, als wäre Currie’s 661

Juenger, Choice of Law, S. 69. Juenger, Choice of Law, S. 31. 663 Babcock v. Jackson, 12 N.Y.2d. 473 (1963). 664 Von Supreme Court Justice Traynor als „petrified forest of choice of law rules“ bezeichnet, vgl. Traynor, 37 Tex. L. Rev. 657 (1935), 670. 665 Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws, S. 78 ff. 666 Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws; ders., 25 U. Chi. L. Rev. 227 (1958). 667 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 240. 668 Somit kann die governmental interest analysis zu vier verschiedenen Interessenslagen führen: a) beide Staaten haben ein Interesse daran den Fall zu regeln, b) kein Staat hat ein Interesse daran den Fall zu regeln, c) nur das Forum hat ein Interesse oder d) nur der andere Staat hat Interesse den Fall zu regeln. 669 Tooker v. Lopez, 24 N.Y.2d 569 (1969). 670 Nämlich in den Szenarien a) – c). wie im 3. Teil, Fn. 668 geschildert. 671 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 240. 672 New Jersey und Kalifornien. 662

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

conflicts-Ansatz wenig erfolgreich gewesen. Jedoch hat er es geschafft, sog. jurisdiction-selecting-rules,674 wie sie im First Restatement vorgesehen waren, durch eine policy analysis zu ersetzen, die nun Grundlage aller modernen amerikanischen choice of law-Theorien ist.675 4. Better law approach Auch nach Leflar’s676 better law approach aus dem Jahr 1966677 wird das anwendbare Recht nicht anhand starrer Regeln678 bestimmt, sondern vielmehr auf Grundlage von fünf Erwägungsgründne, sog. choice influencing considerations. Diese sind 1. Vorhersehbarkeit der Ergebnisse (predictability of results), 2. Wahrung des zwischenstaatlichen und internationalen Entscheidungseinklangs (maintenance of interstate and international order) 3. Vereinfachung der Aufgabe des Gerichts (simplification of the judicial task), 4. Förderung der öffentlichen Interessen des Forums (advancement of the forum’s governmental interests) und 5. die Anwendung des besseren Rechts (application of the better rule of law). Leflar ging aufgrund seiner Analysen zahlreicher Gerichtsentscheidungen davon aus, dass Gerichte die Möglichkeit der characertization und die public policyAusnahme unter dem First Restatement nur nutzten, um die wirklichen Gründe für ihre Rechtswahlentscheidung zu verbergen.679 Tatsächlich seien sie auf der Suche nach dem gerechten Ergebnis.680 Dieses Motiv sollte nach Leflar nicht versteckt, sondern vielmehr offengelegt und benannt werden.681 Die choice influencing considerations spiegeln daher die von Leflar in seinen Analysen identifizierten „real 673

Kay, 37 Willamette L. Rev. 123 (2001), 126; dies., 34 Mercer L. Rev. 521 (1983), 540 ff. Vgl. Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1587. 675 Mit Ausnahme der Staaten, die dem First Restatement folgen, legen alle Bundesstaaten ihren choice of law Ansätzen eine policy analysis zu Grunde, Kay, 37 Willamlette L. Rev. 123 (2001), 126. 676 Robert A. Leflar (1901 – 1997) war Mitglied des Committee of Advisers des ALI für das Second Restatement und Dean der School of Law der University of Arkansas. 677 Siehe Leflar, 41 N.Y.U. L. Rev. 267 (1966); ders., 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966); ders., 1966 Ann. Surv. Am. L. 1 (1966). 678 Für Leflar schieden starre Regeln zur Ermittlung des anwendbaren Rechts aus, da es unmöglich sei, alle Gründe für die Rechtswahlentscheidung in allen denkbaren Fällen zu berücksichtigen und als Regel zu formulieren, Leflar, 1966 Ann. Surv. Am. L. 1 (1966), 12. Siehe hierzu auch Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 49. 679 Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1585: „By using [the better law approach], courts can replace with statements of real reasons the mechanical rules and circuitously devised approaches which have appeared in the language of conflicts opinions, too ofen as cover-ups for the real reasons that underlay the decisions.“ 680 Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1585; Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 27. 681 Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1586: „Understanding of the decisions […] will, however, be immeasurably facilitated if the relevant considerations are clearly identified and openly employed.“ 674

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reasons“ der Rechtswahlentscheidung wider.682 Sie sollen die gesamte Breite der von Gerichten in ihren Urteilsbegründungen tatsächlich verwendeten Erwägungen erfassen und so einen Überblick über den Ist-Zustand der Spruchpraxis amerikanischer Gerichte geben.683 Nach dem better law approach können alle fünf Faktoren zur Bestimmung des anwendbaren Rechts herangezogen werden. Auf welchem die Entscheidung letztlich beruht, steht im Ermessen des Gerichts.684 Im Ergebnis basiert die Rechtswahlentscheidung eines Gerichts das dem better law approach folgt in den meisten Fällen auf dem 5. Erwägungsgrund, der better rule of law.685 Dabei ist es nicht überraschend, dass Staaten, die dem better law approach folgen, regelmäßig zu dem Ergebnis kommen, die lex fori sei das bessere Recht.686 Der better law approach macht einen der wesentlichen Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem kontinentaleuropäischen Kollisionsrecht deutlich: Während nach dem kontinentaleuropäischen IPR das anwendbare Recht zunächst unabhängig von seinem jeweiligen Inhalt und dem Ergebnis der Rechtsanwendung

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Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1586. Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 52, 53. 684 Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 28. 685 Bychkov Green, 24 Wis. J. L. Gender & Soc’y 25 (2009), 89; Fruehwald, Choice of Law for American Courts, S. 28. Dies gilt umso mehr in internationalen Fällen. Der better law approach ist auch auf diese anwendbar, die Relevanz bzw. Gewichtung der einzelnen Erwägungsgründe unterscheidet sich jedoch in internationalen Fällen von zwischenstaatlichen Sachverhalten, Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 54. Insbesondere gilt dies im Hinblick auf die Souveränität anderer Nationen, Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1590, der naturgemäß ein geringeres Gewicht eingeräumt wird, als der Souveränität der einzelnen US-Bundesstaaten. 686 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 241. Auch Leflar war sich dieser Tatsache bewusst, vgl. Leflar, 41 N.Y.U. L.Rev(1966), 298: „The idea that the forum’s own law ist he best in the world […] is unfortunately but understandably still current among some members of our high courts.“ Siehe auch das Urteil in der Rechtssache Milcovich v. Saari, 203 N.W.2d 408 (Mn. 1973), in der der Supreme Court von Minnessota über das auf einen Autounfall anwendbare Recht zu befinden hatte. Der Unfall ereignete sich in Minnesota, alle Fahrzeuginsassen stammten jedoch aus Ontario/Canada und auch der Unfallwagen war dort zugelassen. Nach dem Recht von Ontario war die Haftung des Fahrers bei einer Gefälligkeitsfahrt auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Das Recht von Minnesota enthielt keine derartige Haftungsbeschränkung. Unter Anwendung des better law approach und insbesondere dem 4. und 5. Erwägungsgrund kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das Recht von Minnesota auf den Fall anwendbar sei. Begründet wurde dies wie folgt: „We can find little reason for the strict limitations of a host’s liability to his guest beyond the fear of collusive suits and the vague disapproval of a guest ,biting the hand that feeds him‘. Neither rationale is persuasive.“, Milcovich v. Saari, 203 N.W.2d 408 (Mn. 1973), 417. So auch Clark v. Clark, 107 N.H. 351 (N.H. 1966), 356 f. („Finally we conclude that our rule is preferable to that of Vermont. … Unless other considerations demand it, we should not go out of our way to enforce such a law of another state as against the better law of our own state.“). 683

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bestimmt wird,687 berücksichtigen die meisten der amerikanischen choice of law principles den Inhalt der jeweiligen Sachvorschriften und machen das Ergebnis der Rechtsanwendung gerade zur Grundlage ihrer Entscheidung.688 Für den better law approach gilt dies allein schon deshalb, weil nur anhand einer Analyse des jeweiligen materiellen Rechts entschieden werden kann, welches das bessere Recht ist. Die choice influencing considerations werden für die Lösung von true conflicts herangezogen.689 Sofern alle in Betracht kommenden Rechtsordnungen inhaltlich zum gleichen Ergebnis kommen oder gleich lauten (also im Fall eines false conflict), wendet das Gericht die lex fori an.690 Auch der better law approach führt so zu einer deutlichen Bevorzugung des eigenen Rechts. 5. Second Restatement Im Gegensatz dazu knüpft das Restatement (Second) of Conflict of Laws (1971)691 an das Recht des Staates mit der engsten Verbindung (most significant relationship) zum Sachverhalt oder den Beteiligten an.692 Ziel des American Law Institute, das auch das Second Restatement verfasst hat,693 war die Schaffung von klaren, allgemein gehaltenen Regeln mit präzisen Anknüpfungsmerkmalen für die jeweiligen Einzelfragen (issues).694 Daher verweist jede Kollisionsnorm des Second Restatement zunächst abstrakt auf das Recht der engsten Verbindung zum Sachverhalt, das anschließend näher konkretisiert wird. So ist beispielsweise in Deliktsfällen der Handlungs- und Erfolgsort zu berücksichtigen, das domicil aller Beteiligten sowie der Schwerpunkt der Beziehungen zwischen den Beteiligten, § 145 Abs. 2 Second Restatement. Vertragsstatut ist nach §§ 186, 187 Second Restatement das von den Parteien gewählte Recht. Liegt keine Rechtswahl vor, ist das Recht mit der engsten Verbindung zum Sachverhalt anwendbar, § 188 Abs. 1, das wiederum in § 188 Abs. 2 Second Restatement definiert wird. 687

Deshalb wird die kollisionsrechtliche Prüfung auch als „Sprung ins Dunkle“ bezeichnet, vgl. BeckOK EGBGB/Lorenz (Stand: 01. 02. 2015), Art. 6 Rn. 1. Leflar bezeichnet diese Herangehensweise als „purely jurisdiction-selecting“, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1587. 688 Siehe Leflar, 54 Cal. L. Rev. 1584 (1966), 1587 („If choice of law were purely a jurisdiction-selecting process, with courts first deciding which state’s law should govern and checking afterwards to see what that state’s law was, [the better rule of law] consideration would not be present. Everyone knows that this is not what courts do or what they should do. Judges know from the beginning between which rules of law and not just which states, they are choosing.“). 689 Mühl, Die Lehre vom besseren Recht, S. 62. 690 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 240. 691 Im Folgenden: Second Restatement. 692 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 242. 693 Siehe hierzu schon 3. Teil, Fn. 273. 694 Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 242; Kay, 34 Mercer L. Rev. 521 (1983), 552.

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Ergänzend dazu und für den Fall, dass einzelne Kollisionsnormen ins Leere gehen, nennt das Second Restatement allgemeine Prinzipien und beispielhafte Anküpfungsmerkmale.695 So bestimmt beispielsweise § 6 Abs. 2 Second Restatement eine Reihe von Faktoren, anhand derer ein Gericht bei Fehlen konkreter Anknüpfungsmerkmale das anwendbare Recht ermitteln soll.696 Maßgeblich sind dafür unter anderem die jeweils einschlägigen policies des Forums sowie der anderen Staaten, zu denen im konkreten Sachverhalt Berührung besteht, vgl. § 6 Abs. 2 lit. b und c. Auch die needs of the interstate and international system sollen bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts berücksichtigt werden, § 6 Abs. 2 lit. a. Second Restatement. § 7 bestimmt, wie ein Sachverhalt zu qualifizieren ist (sog. characterization)697 und § 8 enthält Regeln zum renvoi. II. Grenzüberschreitende Leihmutterschaftsfälle in den USA Aufgrund der großen Unterschiede im materiellen Recht ist Fortpflanzungstourismus innerhalb der USA vorprogrammiert und lässt sich nicht verhindern, solange Leihmutterschaft auch nur in einem Bundesstaat zulässig ist.698 Dies zeigen bereits die Erfahrungen in den Bereichen Eheschließung699 und Scheidung,700 Adoption, elterliche Sorge und Abtreibung,701 in denen ebenfalls das Phänomen des forum shoppings zu beobachten ist bzw. war.702

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Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel Rn. 243. Auszüge des Second Restatments sind bei Hay, US-Amerikanisches Recht, 4. Kapitel bei Rn. 242 abgedruckt. 697 Nämlich nach der lex fori, vgl. § 7 Abs. 2 Second Restatement („The classification and interpretation of Conflict of Laws concepts and terms are determined in accordance with the law of the forum, except as stated in § 8.“). 698 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 163; Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 472. 699 Sog. „marriage evasion“, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 400. Die Thematik hat durch die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebensgemeinschaft (sog. civil union), die erstmalig in Vermont im Jahr 2000 zugelassen wurde und der gleichgeschlechtlichen Ehe (same-sex marriage), die erstmalig im Jahr 2004 im Bundesstaat Massachusetts eingeführt wurde, in den letzten Jahren an großer Bedeutung gewonnen, Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 619. 700 Insbesondere die Bundesstaaten Nevada und Florida waren vor der Liberalisierung des Scheidungsrechts durch den U.S. Supreme Court in den 1970er und 80er Jahren als Scheidungsparadies bekannt, vgl. Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 619 (die Rede ist dort von „migratory divorce“), sowie das Urteil in der Rechtssache Williams v. State of North Carolina [I], 317 U.S. 287 (1942), in der der Supreme Court über die Wirksamkeit einer in Nevada geschiedenen Ehe eines in North Carolina wohnenden Paares zu befinden hatte. 701 Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 400. Inzwischen wurde das Abtreibungsrecht jedoch liberalisiert, vgl. Roe v. Wade, 410 U.S. 113 (1973). 702 Frucht, Ersatzmutterschaft, S. 163. 696

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1. Fallkonstellationen Bei zwischenstaatlicher Leihmutterschaft sind, wie bereits oben geschildert, mehrere Konstellationen dieses forum shoppings denkbar. Um den Vergleich mit Deutschland zu erleichtern, beziehen sich die folgenden Ausführungen wie schon bei der Frage der verfahrensrechtlichen Anerkennung auf eine Fallkonstellation, die der Situation entspricht, mit der deutsche Gerichte und Behörden am häufigsten konfrontiert werden:703 Wunscheltern aus einem leihmutterfeindlichen Bundesstaat engagieren eine Leihmutter, deren domicil sich in einem leihmutterfreundlichen Staat befindet. Der Leihmuttervertrag wird dort geschlossen, das Kind kommt dort zur Welt und die Wunscheltern begehren die Anerkennung der Elternstellung in ihrem restriktiven Herkunftsstaat. Dieser bestimt die Abstammung nach Regeln, die mit den §§ 1591 ff. BGB vergleichbar sind. Ausgangspunkt ist nun, dass die Wunscheltern noch keine gerichtliche oder behördliche Entscheidung vorlegen können, sondern sich die Frage der Abstammung des Kindes erstmalig im Heimatstaat der Wunscheltern stellt.704 Denkbar ist etwa, dass die Wunscheltern das Kind dort adoptieren wollen oder dass es aufgrund von Streitigkeiten über das Sorgerecht,705 oder Unterhalts- oder Erbansprüche des Leihmutterkindes zu einem Gerichtsverfahren im Herkunftsstaat der Wunscheltern kommt, in dem die Abstammung des Kindes maßgeblich für die Entscheidung ist. In all diesen Fällen hat das Gericht zunächst das auf die Abstammung des Kindes anwendbare Recht anhand des von ihm verwendeten choice of law-Ansatzes zu ermitteln.706 2. Abstammungsstatut Das auf die Abstammung anwendbare Recht unterscheidet sich je nach choice of law-Ansatz.

703 Sofern eine andere Fallgestaltung erwähnenswerte Besonderheiten aufwirft, werden diese gesondert erläutert. 704 Da, wie oben gezeigt wurde, eine Versagung der Anerkennung eines schwesterstaatlichen Gerichtsurteils im leihmutterfeindlichen Bundesstaat aufgrund der Full Faith and Credit Clause nahezu ausgeschlossen ist, sind kaum Gründe denkbar, warum Wunscheltern sich für den unsicheren „kollisionsrechtlichen“ Weg entscheiden sollten. Mögliche Erklärungen hierfür finden sich bei Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 155 f. 705 Zu dieser Situation kommt es insbesondere dann, wenn sich die Leihmutter oder die Wunscheltern nicht mehr am Leihmuttervertrag festhalten lassen wollen. 706 Zahlreiche amerikanische Gerichte vermeiden die kollisionsrechtliche Prüfung und sprechen den Zuständigkgeitsregeln eine Doppelrolle („double duty“) zu. Sofern die gerichtliche Zuständigkeit gegeben ist, wird ausnahmslos das eigene Recht angewendet. Diese Herangehensweise entspricht den Regelungen in manchen Model Acts, vgl. beispielsweise den UCCJA, Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 339 (1990), 462, widerspricht aber dem conflict of lawsGedanken völlig.

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a) First Restatement Folgt der Herkunftsstaat der Wunscheltern dem First Restatement, hängt das anwendbare Recht davon ab, wie das Gericht die Frage der Abstammung des Kindes qualifiziert. Bereits im Baby M.-Fall707 war die Frage der Qualifikation entscheidend.708 Denkbar ist es, dass das Gericht den vertraglichen Aspekten der Leihmutterschaft die größte Bedeutung zumisst, und den Fall als contracts case einordnet. Eine Einordnung als klassische family law-Frage kommt ebenso in Betracht wie eine adoptionsrechtliche Qualifikation.709 aa) Familienrechtliche Qualifikation Statusfragen sind im 5. Kapitel des First Restatement geregelt. Nach §§ 137, 138 First Restatement richtet sich die Frage der (ehelichen oder nichtehelichen) Abstammung eines Kindes (legitimacy) nach dem Recht des domicil derjenigen Person, deren Elternstellung fraglich ist.710 Maßgeblich ist das domicil zum Zeitpunkt der Geburt.711 Für die Abstammung von der Wunschmutter wäre daher das Recht ihres domicil maßgeblich, also in dem hier zugrundliegenden Szenario das leihmutterfeindliche Recht. Danach stammt das Kind in der Regel von der Leihmutter ab. Für die väterliche Abstammung wäre ebenfalls das leihmutterfeindliche Heimatrecht des Wunschvaters entscheidend. Danach stammt das Kind nicht vom Wunschvater ab, sofern die Leihmutter verheiratet ist. Ob eine Statusänderung zugunsten eines genetisch verwandten Wunschvaters möglich ist, hängt von der Rechtslage im jeweiligen leihmutterfeindlichen Bundesstaat ab.712 Eine Anwendung des leihmutterfreundlichen Rechts kommt bei Einordnung als family law-Frage daher nur in Betracht, wenn die Wunscheltern ihr domicil in den leihmutterfreundlichen Staat verlegen, was in dem hier zugrunde gelegten Szenario nicht der Fall ist.

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Siehe 1. Teil, Fn. 45. Die erste Instanz qualifizierte die Frage noch als Problem des Vertragsrechts, vollstreckte den Vertrag und sprach das Kind den Wunscheltern zu, Matter of Baby M., 217 N.J. Super 313 (1987), siehe 1. Teil, Fn. 45 sowie den zugehörigen Text. Der Superior Court hingegen qualifizierte den Sachverhalt als adoptionsrechtlich und erklärte den Vertrag unter Berufung auf das Adoptionsrecht für nichtig, Matter of Baby M., 109 N.J. 396 (N.J. Sup. Ct. 1988). 709 Gegen eine adoptionsrechtliche Qualifikation siehe In re Doe, 3. Teil, Fn. 435. 710 Kay/Kramer/Roosevelt, Conflict of Laws, S. 41 f.; Rabel, Conflict of Laws, S. 559 f. 711 § 9 First Restatement definiert das domicil als „the place with which a person has a settled connection for certain legal purposes, either because his home is there, or because that place is assigned to him by the law.“ 712 Ein Gericht in Michigan hat die nach dem Recht von Michigan an sich mögliche Statusänderung zugunsten eines genetisch verwandten Wunschvaters aufgrund der Leihmutterschaft abgelehnt, siehe 2. Teil, Fn. 595. 708

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

bb) Vertragsrechtliche Qualifikation Da die Handhabung des First Restatement den Gerichten dank der Möglichkeit der characterization gewisse Flexibilität gewährt, ist auch die Einordnung der Leihmutterschaft als eine Frage des Vertragsstatus denkbar. In diesem Fall ist nach § 311 First Restatement das Recht am Ort des Vertragsschlusses oder der Vertragsdurchführung, die lex loci contractus, auf die Frage der Elternschaft anwendbar. Eine Qualifikation der Abstammung nach Leihmutterschaft als Vertragsproblem ist aufgrund des großen Gewichts, das der Vertragsfreiheit im amerikanischen Recht zukommt,713 nicht unwahrscheinlich.714 Da der Vertragsschluss in dem hier zugrunde liegenden Szenario im leihmutterfreundlichen Staat erfolgt, ist das leihmutterfreundliche Recht auf die Abstammung des Kindes anwendbar. Danach ist der Vertrag wirksam und die Wunscheltern sind die rechtlichen Eltern des Kindes. Darüber hinaus wäre auch bei einer Vertragsdurchführung im leihmutterfeindlichen Bundesstaat eine entsprechende Rechtswahl der Parteien zugunsten des leihmutterfreundlichen Rechts beachtlich. Das Kind würde auch in diesem Fall von den Wunscheltern abstammen. Von der Anwendung der lex loci contractus kann zwar nach dem First Restatement dann zugunsten der lex fori abgewichen werden, wenn das an sich berufene Recht der public policy des Forums widerspricht.715 Verfolgt das Forum also eine derart leihmutterfeindliche public policy, dass diese sich nicht nur gegen die Leihmutterschaft als solche, sondern auch gegen die Abstammung des Kindes von der Wunschmutter richtet, bestimmt das Gericht die Abstammung nach seinem eigenen Recht. § 120 First Restatement enthält eine Klarstellung dahingehend, dass ein unter ausländischem Recht begründeter Status dann nicht anerkannt wird, wenn dieser der jeweiligen lex fori unbekannt ist. Dem steht auch die Due Process Clause nicht entgegen. Die Anwendung der lex fori ist schon deshalb nicht überraschend oder unfair,716 weil sich das domicil der Wunscheltern in unserem Szenario im Forum befindet und somit ausreichend Bezug zum Forum gegeben ist. Die Heranziehung der public policy-Ausnahme für die Beurteilung der Abstammung des Kindes erscheint jedoch unwahrscheinlich. Die Beispiele aus der Rechtsprechung zeigen, dass sogar besonders leihmutterfeindliche Staaten wie New York die Abstammung des Kindes nicht als Frage der public policy gegen Leihmutterschaft sehen, sondern sie getrennt davon beurteilen. Dementsprechend hat

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Siehe oben 2. Teil, Fn. 192 sowie den zugehörigen Text, S. 65. So qualifizierten beispielsweise Gerichte in Kansas die Frage der Vaterschaftsvermutung zugunsten eines Samenspenders als Frage des Vertragsrechts, In re K.M.H., 169 P.3d 1025 (Kan. 2007). 715 § 612 First Restatement. 716 Eine Anwendung der lex fori wäre in dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt nicht verfassungswidrig, da die Wunscheltern aus dem leihmutterfeindlichen Staat stammen und das Kind künftig dort leben soll. 714

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auch der Surrogate’s Court of New York in In re Doe717 entschieden, dass die Tatsache, dass Leihmutterverträge in New York der public policy widersprechen und nach New Yorker Recht nichtig sind,718 die Versagung der Anerkennung des kalifornischen judgment of parental relationship nicht rechtfertigen kann.719 cc) Adoptionsrechtliche Qualifikation Denkbar ist auch, dass das Gericht die Abstammung als adoptionsrechtliche Frage qualifiziert. Sofern das zuständige Gericht in diesem Fall eine Prüfung des anwendbaren Rechts vornimmt,720 wäre nach § 142 First Restatement entweder das Recht am domicil des Kindes maßgeblich oder das der adoptierenden Personen, sofern diese bereits das Sorgerecht für das Kind innehaben. Da das domicil of origin des Kindes dem domicil seiner rechtlichen Eltern zum Zeitpunkt der Geburt entspricht, wäre bis zur Adoption das domicil der Leihmutter maßgeblich und damit das leihmutterfreundliche Recht anwendbar. Damit wäre eine Adoption durch die Wunscheltern grundsätzlich möglich. Das Ergebnis stünde wiederum unter dem Vorbehalt der ordre public-Prüfung im leihmutterfeindlichen Heimatstaat der Wunscheltern. Es gilt das oben zur vertragsrechtlichen Qualifikation Gesagte. dd) Zusammenfassung Folgt der restriktive Heimatstaat der Bestelleltern dem First Restatement, ist eine Anerkennung des Elternstatus der Wunscheltern möglich, sofern das Gericht durch entsprechende Qualifikation als vertragsrechtliche oder adoptionsrechtliche Frage zur Anwendung des leihmutterfreundlichen Rechts kommt. Zwar steht das Ergebnis der Anwendung fremden Rechts unter dem Vorbehalt der public policy des Forums. Da amerikanische Gerichte in leihmutterfeindlichen Staaten die Abstammung jedoch von der Bewertung der Zeugungsmethode trennen, scheint ein Verstoß gegen die public policy durch die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern unwahrscheinlich. b) Governmental interest analysis Bestimmt der Heimatstaat der Wunscheltern das auf die Abstammung anwendbare Recht anhand der governmental interest analysis, muss zunächst festgestellt 717

Siehe 3. Teil, Fn. 374. Vgl. § 122 N.Y. Dom. Rel. L. (Mc Kinney) („Surrogate parenting contarcts are hereby declared contrary to the public policy of this state, and are void and unenforceable.“). 719 In re Doe, 793 N.Y.S. 2d 878 (N.Y. Sup. Ct. 2005), 882 („Although New York forbids enforcement of surrogacy contracts, the enforcement of the contract is not at issue here. More importantly, the legislature did not punish or prejudice the rights of children born from such arrangements. Instead, the statutory scheme explicitly contemplates full and fair proceedings to determine ,parental rights, status and obligations‘ (Domestic Relations Law § 124), notwithstanding the surrogate parentage contract.“). 720 Dies ist eher unwahrscheinlich, siehe 3. Teil, Fn. 400. 718

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

werden, ob es sich um einen true conflict handelt, ob also beide betroffenen Rechtsordnungen ein Interesse daran haben, den konkreten Fall zu regeln. In dem hier geschilderten Szenario ist von einem true conflict auszugehen. Der leihmutterfreundliche Staat sieht Leihmutterschaft regelmäßig als zu befürwortende Maßnahme der medizinisch assistierten Fortpflanzung an und möchte seinen Bewohnern die Erfüllung ihres Kinderwunsches mit Hilfe einer Leihmutter ermöglichen. Gleichzeitig bewertet der leihmutterfreundliche Staat die Vertragsfreiheit als besonders gewichtigen Ausdruck der Individualität, weshalb übereinstimenden Willenserklärungen zur Geltung und Wirksamkeit verholfen werden soll und die Leihmutter in der Lage sein soll, sich freiwillig als solche zur Verfügung zu stellen. Diese policies greifen aufgrund der Vertragsdurchführung im leihmutterfreundlichen Staat auch in dem hier zugrunde gelegten Szenario. Die dem leihmutterfeindlichen Recht zugrunde liegenden policies entsprechen weitestgehend den in Deutschland angeführten Gründen gegen Leihmutterschaft: die Leihmutter soll vor Ausbeutung einer Zwangslage und etwaigen Konflikten nach der Geburt des Kindes geschützt werden. Die von einer Leihmutter geborenen Kinder sollen vor etwaigen Störungen ihrer Identitätsfindung bewahrt werden. Wunscheltern des leihmutterfeindlichen States sollen von der Inanspruchnahme einer Leihmutter abgehalten werden, unabhängig davon, wo sich die Leihmutter befindet, was auch Ausdruck der in der Rechtsordnung dieses Bundesstaats verankerten Werte und moralischen Vorstellungen ist. Zwar greifen insbesondere die zum Schutz der Leihmutter angeführten Gründe nicht, wenn die Leihmutter kein resident des leihmutterfeindlichen Staates ist. Die Vorstellung des Gesetzgebers davon, wie die leihmutterfeindlichen Bundesstaat ansässigen Wunscheltern eine Familie gründen sollen, umfassen jedoch auch das Verbot außerstaatlicher Leihmutterschaften. Da es sich um einen true conflict handelt, ist nach der interest analysis die lex fori anzuwenden und damit das leihmutterfeindliche Recht. Allenfalls wenn das awendbare Recht anhand einer der später entwickelten Variationen der interest analysis bestimmt wird, z. B. nach Baxters comparative impairment,721 könnte man zur Anwendung des leihmutterfreundlichen Rechts kommen.722 Im Ergebnis führt die interest analysis aber in einer Mehrzahl der Fälle zur Anwendung der leihmutterfeindlichen lex fori und kann eine Elternstellung der 721 Nach der comparative impairment Theorie ist im Fall eines true conflict das Recht anwendbar, das im Fall seiner Nichtanwendung zu einer größeren Beeinträchtigung der dahinterstehenden policies führen würde. 722 Bei der Heranziehung der Regeln des comparative impairment ergibt sich relativ eindeutig, dass der leihmutterfeindliche Staaten stärker durch die Nichtanwendung seines Rechts beeinträchtigt wäre als der leihmutterfreundliche Staat. Bewohner des leihmutterfeindlichen Staats könnten den Beschränkungen des eigenen Rechts ohne weiteres entfliehen, womit das Verbot völlig leer laufen würde. Leihmütter aus leihmutterfreundlichen Staaten könnten hingegen ohne weiteres mit Wunscheltern aus demselben Staat Leihmutterverträge abschließen, so dass die leihmutterfreundliche policy nicht vollständig beeinträchtigt würde.

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Wunscheltern somit nicht begründen. Dies gilt sogar dann, wenn der leihmutterfreundliche Staat strong policies für Leihmutterschaft verfolgt. c) Better law approach Auch der better law approach führt regelmäßig zur Anwendung des leihmutterfeindlichen Rechts. Das bessere Recht ist aus Sicht des zuständigen Gerichts im Zweifel die lex fori. Dadurch, dass die Wunscheltern ein domicil im Forumsstaat haben, sind auch hinreichende Kontakte zum Forum gegeben, um die Anwendung der lex fori nicht an der Due Process Clause scheitern zu lassen. Auch wenn der leihmutterfeindliche Staat dem better law approach folgt, können die Wunscheltern ihre Elternstellung somit nicht begründen. d) Second Restatement Folgt der Heimatstaat der Wunscheltern dem Second Restatement, ist das Recht auf die Abstammung anwendbar, das die most significant relationship mit dem Sachverhalt aufweist. Für Abstammungsfragen ist dies nach § 287 Second Restatement zunächst das Recht am domicil der Beteiligten, also, wie beim First Restatement, das leihmutterfeindliche Recht. Qualifiziert das zuständige Gericht die Frage als contracts case, wäre, wie nach dem First Restatement auch, die lex loci contractus für die Abstammung entscheidend. Eine im Leihmuttervertrag getroffene Rechtswahl der Parteien wäre beachtlich, weshalb die Wunscheltern und die Leihmutter aus diesem Grund regelmäßig eine Rechtswahl zugunsten des leihmutterfreundlichen Rechts treffen werden.723 Durch eine Rechtswahl kann aber eine entgegenstehende public policy des Forums nicht umgangen werden, so dass jedenfalls bei Eingreifen des public policy-Vorbehalts das leihmutterfeindliche Recht anwendbar wäre. Dies gilt nur, wenn nicht ohnehin aufgrund der Tatsache, dass die Wunscheltern im leihmutterfeindlichen Staat leben und das Kind dort aufwachsen soll, die most significant relationship mit diesem Staat gegeben ist. Dass eine etwaige public policy gegen Leihmutterschaft auch der abstammungsrechtlichen Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter entgegensteht erscheint aber, wie bereits oben geschildert,724 zweifelhaft. 3. Adoptionsstatut Denkbar ist auch, dass die Wunscheltern das Kind in ihrem Heimatstaat adoptieren wollen. Da sich das domicil der Wunscheltern im leihmutterfeindlichen Staat befindet, sind die dortigen Gerichte unproblematisch für die Entscheidung über die 723

Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 427. Siehe die Ausführungen zum First Restatement bei vertragsrechtlicher Qualifikation unter § 5 B. II. 2. a) bb), S. 288 f. 724

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

Adoption zuständig.725 Bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts ist es in Adoptionsfällen häufig so, dass amerikanische Gerichte die kollisionsrechtliche Prüfung vermeiden und die lex fori anwenden, sofern sie zur Entscheidung zuständig sind.726 Dies würde zur Anwendung des leihmutterfeindlichen Rechts führen. Eine Adoption würde danach ausscheiden, sofern sie nicht vom leihmutterfeindlichen Recht ebenfalls vorgesehen ist. Sofern den Zuständigkeitsregeln keine doppelte Funktion zukommt, ist eine choice of law-Analyse erforderlich. Insofern ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede zu dem auf die Abstammung anwendbaren Recht. III. Zusammenfassung Auch die Vereinigten Staaten sind mit dem Problem des Fortpflanzungstourismus konfrontiert, nicht nur in internationalen Fällen, sondern auch im zwischenstaatlichen Verkehr. Solange es keine bundesgesetzliche einheitliche Regelung zur Leihmutterschaft gibt, ist es für den einzelstaatlichen Gesetzgeber nur begrenzt möglich, Fortpflanzungstourismus zu verhindern. Die Inanspruchnahme einer ausländischen oder außerstaatlichen Leihmutter hilft amerikanischen Wunscheltern jedoch dann nicht weiter, wenn sich die Frage der Abstammung des Kindes in ihrem leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat als choice of law-Frage stellt. Anders als im Rahmen der verfahrensrechtlichen Anerkennung können die Wunscheltern die Anerkennung ihrer Elternstellung über das Kollisionsrecht in den meisten Fällen nicht erreichen. Trotz unterschiedlicher choice of lawRegeln wenden die zuständigen Gerichte im Ergebnis häufig die lex fori zur Bestimmung der Abstammung an. Ob das Kind von den Wunscheltern abstammt, beurteilt sich somit genauso wie in reinen Inlandsfällen. Zwar gibt es in den einzelnen Bundesstaaten wesentlich mehr Möglichkeiten für Wunscheltern, auch unter Geltung leihmutterfeindlichen Rechts in die Elternstellung einzurücken als in Deutschland. Auf kollisionsrechtlicher Ebene ist dies jedoch in vergleichbar wenigen Fällen möglich. Lediglich im Rahmen des First Restatement und nur bei Qualifikation der Abstammung nach Leihmutterschaft als vertragsrechtliche oder adoptionsrechtliche Frage kommen amerikanische Gerichte überhaupt zur Anwendung außerstaatlichen, leihmutterfreundlichen Rechts. Das Ergebnis der Rechtsanwendung unterliegt dann jedoch der public policy-Kontrolle des Forums. In der Regel wird die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter zwar auch in leihmutterfeindlichen Bundesstaaten nicht als Verstoß gegen die public policy gegen Leihmutterschaft gesehen, sondern getrennt von dieser beurteilt, so dass die Anerkennung der Elternstellung der Wunscheltern nach dem First und Second Restatement bei entsprechender Quali725 726

Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 409. Appleton, 1990 Wis. L. Rev. 399 (1990), 408 (dort Fn. 30).

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fikation möglich ist. Alle anderen choice of law-Ansätze führen hingegen zur Anwendung der lex fori, so dass eine Abstammung des Kindes von den Wunscheltern nicht erreicht werden kann, wenn sie nicht ohnehin schon von der lex fori der anerkennenden Gerichts vorgesehen ist. Um im grenzüberschreitenden Fall die Elternstellung erlangen zu können, müssen amerikanische Wunscheltern unabhängig von der einschlägigen Kollisionsnorm so viele Bezugspunkte wie möglich in den leihmutterfreundlichen Staat verlegen, was ihnen faktisch leichter möglich ist als deutschen Wunscheltern. Solange die Frage der Abstammung des Kindes aber im leihmutterfeindlichen Herkunftsstaat erstmalig gerichtlich entschieden wird, sind die Chancen der Wunscheltern, als rechtliche Eltern anerkannt zu werden, relativ gering. Wenn nicht das leihmutterfeindliche Recht dem First oder Second Restatement folgt oder sich die Abstammung des Kindes nicht auch aus dem leihmutterfeindlichen Recht ergibt, führ die Wahl einer außerstaatlichen Leihmutter nicht zu einer Verbesserung der Situation der Wunscheltern.

C. Vergleich Die Bestimmung des anwendbaren Rechts erfolgt in Deutschland und den USA auf sehr unterschiedliche Art und Weise. In Deutschland wird das anwendbare Recht abstrakt und anhand starrer Anknüpfungsmerkmale ermittelt. Eine Inhaltskontrolle findet nur im sehr begrenzten Rahmen des ordre public statt. Die choice of lawAnsätze in den USA basieren hingegen vor allem auf einer inhaltliche Bewertung des jeweiligen Sachrechts. Darüber hinaus stehen die USA der Anwendung fremden, auch schwesterstaatlichen Rechts sehr kritisch gegenüber, und tendieren zu einem starken Heimwärtsstreben. Diese Unterschiede führen auch in Abstammungsfragen bisweilen zu divergierenden Ergebnissen. Für deutsche und amerikanische Wunscheltern sind die praktischen Auswirkungen dieser Unterschiede jedenfalls nach derzeitiger Rechtslage jedoch sehr gering. Ausgangspunkt für den Vergleich des deutschen und amerikanischen Kollisionsrechts ist folgende Situation: nach dem leihmutterfeindlichen Recht ist eine Abstammung des Kindes von den Wunscheltern ausgeschlossen.727 Das leihmutterfreundliche Recht hingegen ordnet das Kind den Wunscheltern zu. Die Abstammung des Kindes von den Wunscheltern kann sich in grenzüberschreitenden 727 Dass dies auch in leihmutterfeindlichen Bundesstaaten nicht im zutrifft, sondern diese die Abstammung des Kindes unabhängig von der Frage der Zulässigkeit der Leihmutterschaft beurteilen, was zu einer Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern führen kann, wurde oben dargelegt, siehe § 5 B. II. 2. a) bb), S. 288 f.; um den Vergleich zu erleichtern, wird davon ausgegangen, dass die Abstammung des Kindes von den Wunscheltern nach dem leihmutterfeindlichen Recht ausgeschlossen ist.

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Fällen also nur ergeben, wenn das jeweilige Kollisionsrecht zur Anwendung des leihmutterfreundlichen Abstammungsrechts führt. Dies ist sowohl in Deutschland als auch den USA selten der Fall. In dem hier zugrunde liegenden Szenario führt das deutsche Kollisionsrecht lediglich über die Anknüpfung an das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes zur Anwendung ausländischen Rechts. Aufgrund der Schwierigkeiten bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts ist dies jedoch in der Praxis nur dann der Fall, wenn die Wunscheltern die ersten Lebensmonate des Kindes mit diesem gemeinsam im Ausland verbringen. Im amerikanischen Recht berufen nur das First und Second Restatement das leihmutterfreundliche ausländische Recht, und zwar nur dann, wenn das Gericht die Abstammung des Kindes als vertragsrechtliche Frage qualifiziert. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass die Abstammung als family lawFrage eingeordnet wird, sodass das Recht am domicil der Wunscheltern anwendbar ist, und damit in dem hier zugrunde gelegten Szenario das leihmutterfeindliche Recht. Selbst wenn es im Einzelfall zur Anwendung fremden Rechts kommt und das Kind danach von den Wunscheltern abstammt, unterliegt dieses Ergebnis der ordre public- bzw. public policy-Kontrolle. Ob eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern danach möglich ist, hängt vor deutschen Gerichten derzeit noch von den Umständen im Einzelfall ab, insbesondere davon, ob die Wunscheltern auch die genetischen Eltern des Kindes sind, ob die Leihmutter das Kind freiwillig übergeben hat und ob sie ledig oder verheiratet ist. In den USA hingegen scheint es so, als würde die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes zu seiner Wunschmutter der public policy-Kontrolle standhalten. Die Abstammung wird auch in leihmutterfeindlichen Bundesstaaten in der Regel unabhängig von der Zulässigkeit der Leihmutterschaft beurteilt. Hält die Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern der ordre public- bzw. public policy-Kontrolle nicht stand oder wird ausschließlich leihmutterfeindliches Abstammungsrecht berufen, stammt das Kind nicht von den Wunscheltern ab. Sowohl in Deutschland als auch in den USA führt dies zu hinkenden Rechtsverhältnissen. Der Vergleich mit den USA zeigt, dass lediglich das First und Second Restatement bei entsprechender Anknüpfung an das ausländische Recht hinkende Rechtsverhältnisse vermeiden können. Es überrascht daher nicht, dass die Frage der Rechtslagenanerkennung derzeit als Lösung hinkender Rechtsverhältnisse diskutiert wird. Die Erfahrungen mit dem First und Second Restatement können insofern für die deutsche Diskussion herangezogen werden.

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D. Würdigung Nach der hier vertretenen Ansicht ist der Erwerb der Elternstellung durch die Wunscheltern in grenzüberschreitenden Leihmutterfällen in einer Vielzahl der Fälle bereits möglich. Legt man den Begriff des gewöhlichen Aufenthalts des Kindes bei Säuglingen und Kleinkindern im Sinne eines „faktischen Aufenthalts“ aus, führt dies in der Regel zu einer Berufung des Rechts am Geburtsort des Kindes. Danach stammt das Kind von den Wunscheltern ab oder kann die Abstammung von den Wunscheltern zumindest ohne weiteres herbeigeführt werden. Dieses Ergebnis muss in Deutschland hingenommen werden. Insbesondere stellt die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter keinen ordre public-Verstoß dar. Aus Art. 8 EMRK folgt dies jedenfalls immer dann, wenn die Wunschmutter mit dem Kind genetisch verwandt ist oder bereits eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufgebaut hat. Auch außerhalb der Vorgaben der EMRK verstößt eine Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter dann nicht gegen den deutschen ordre public, wenn das Kind andernfalls eltern- und staatenlos würde und keine sonstigen Gründe ersichtlich sind, die gerade die Zuordnung des Kindes zur Wunschmutter besonders verwerflich erscheinen lassen. Die Zuordnung des Kindes zum Wunschvater stellt in der Regel ebenfalls keinen ordre public-Verstoß dar, da ein vergleichbares Ergebnis nach deutschem Recht ebenso erreichbar wäre. Problematisch ist damit die Abstammung des Kindes in Situationen, in denen ein ordre public-Verstoß auch nach der hier vertrenenen Ansicht bejaht werden muss, oder in denen ausschließlich deutsches Recht zur Anwendung berufen wird. In diesem Fall ist das Kind faktisch mutterlos. Der Erwerb einer Elternstellung der Wunschmutter ist wegen § 1591 BGB ausgeschlossen. Die Leihmutter ist nach ihrem Heimatrecht ebenfalls nicht die rechtliche Mutter des Kindes und sie hat in der Regel auch kein Interesse daran, die Elternstellung zu übernehmen. Das Ergebnis der Anwendung deutschen Rechts kann somit international nicht durchgesetzt werden. Eine Zuordnung des Kindes zum Wunschvater kann nur herbeigeführt werden, wenn die Leihmutter ledig ist. Die Abstammung ausländischer Leihmutterkinder ist damit vor allem ein Problem hinkender Rechtsverhältnisse. Diese entstehen aufgrund einer Vielzahl an weltweit vorhandenen materiell- und kollisionsrechtlichen Regelungen im Abstammungsrecht und deshalb, weil der internationale Entscheidungseinklang im Einzelfall hinter staatlichen Ordnungsinteressen und dem internen Entscheidungseinklang zurücktreten muss. Zwangsläufig stellt sich somit die Frage, ob zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse im Abstammungsrecht (kollisionsrechtlicher) Handlungsbedarf des Gesetzgebers besteht und wenn ja, welche Maßnahmen diesbezüglich getroffen werden können.

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I. Kollisionsrechtlicher Handlungsbedarf? Hinkende Rechtsverhältnisse sind zweifellos ein äußerst unerwünschtes Ergebnis, werden jedoch vom Gesetzgeber vereinzelt in Kauf genommen, wenn es darum geht besondere staatliche Interessen oder Ziele durchzusetzen.728 Wie es scheint, ist dies auch bei der Abstammung von Leihmutterkindern (noch) der Fall. Der deutsche Gesetzgeber nimmt sowohl im materiellen Recht als auch im internationalen Privatrecht hin, dass ein Leihmutterkind nicht seinen Wunscheltern zugeordnet wird, und versucht dadurch, Leihmutterschaft zu verhindern. Die Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse ist also vor allem eine politische Entscheidung. Dass diese Entscheidung des Gesetzgebers aufgrund der damit verbundenen Nachteile zu Lasten der betroffenen Kinder nicht mehr hingenommen werden kann, wurde bereits dargelegt: weder die abstammungsrechtliche Zuordnung im materiellen Recht noch die Bejahung eines ordre public-Verstoßes bei grenzüberschreitender Leihmutterschaft überzeugen. Gerade in Abstammungsfragen haben hinkende Rechtsverhältnisse besonders gravierende Folgen für die Beteiligten und sind weder mit dem Kindeswohl noch mit höherrangigem Recht vereinbar. Unterschiedliche Ergebnisse je nach Geburtsland des Kindes, genetischer Abstammung sowie Familienstand der Leihmutter und der Wunscheltern sind nicht zu rechtfertigen.729 Auch in innereuropäischen Fällen darf es keine hinkenden Statusverhältnisse geben, wenn dies die Freizügigkeit der Unionsbürger aus Art. 21 AEUV beeinträchtigen würde. Somit steht fest, dass der Gesetzgeber hinkende Abstammungsverhältnisse beseitigen muss und es stellt sich die Frage, wie dies erreicht werden kann. Unabhängig von der Problematik hinkender Statusverhältnisse haben sich bei der Anwendung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB in Leihmutterfällen zwei weitere Probleme gezeigt: Das in Art. 19 Abs. 1 EGBGB verankerte Günstigkeitsprinzip kann zu einer Konkurrenz von Mutter- und Vaterschaften führen, die aufgrund des unklaren Rangverhältnisses der einzelnen Anknüpfungsalternativen eine Bestimmung der Abstammung des Kindes erschwert. Und auch das Anknüpfungsmerkmal des gewöhnlichen Aufenthalts in Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB bereitet bei Leihmutterschaft erhebliche Probleme. Die Frage, ob kollisionsrechtlicher Handlungsbedarf durch den Gesetzgeber besteht, kann also ohne weiteres bejaht werden.

728 Vgl. beispielsweise Art. 13 Abs. 2 EGBGB, der nach deutschem Recht wirksame aber international hinkende Ehen bewusst in Kauf nimmt, um dadurch die Eheschließungsfreiheit zu wahren, MüKoEGBGB/Coester, Art. 13 Rn. 26 ff. Ein weiteres Beispiel ist die spezielle Vorbehaltsklausel des Art. 17b Abs. 4 EGBGB, der die Wirkungen einer ausländischen Lebenspartnerschaft auf den Standard des deutschen Rechts begrenzt; zu den Gründen siehe MüKoEGBGB/Coester, Art. 17b Rn. 79 ff. 729 Mayer, IPrax 2014, 59, 62.

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II. Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse Zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse kommen mehrere Alternativen in Betracht. Sie können durch einheitliches Kollisionsrecht oder materielles Einheitsrecht vermeiden werden.730 Eine weitere Möglichkeit, hinkende Statusverhältnisse zu beseitigen, wäre auch die oben schon angesprochene Anerkennung ausländischer Rechtslagen.731 1. Änderung des Kollisionsrechts Hinkende Rechtsverhältnisse können durch eine Änderung der kollisionsrechtlichen Anknüpfungsmerkmale verhindert werden. Ein Beispiel hierfür ist Art. 48 EGBGB, der im Namensrecht eine sachrechtliche Rechtswahl ermöglicht.732 Führt die Anknüpfung nach Art. 10 EGBGB dazu, dass der Name einer Person dem deutschen Recht unterliegt, hat die betroffene Person aber während eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem anderen EU-Mitgliedstaat einen anderen Namen erworben hat und diesen dort registrieren lassen, kann statt des deutschen Namens der ausländischen Namen gewählt werden.733 So wird die Möglichkeit der einheitlichen Namensführung innerhalb der EU gewährleistet. Eine vergleichbare Lösung wäre auch im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB denkbar. Es könnte eine neue Kollisionsnorm im EGBGB geschaffen werden, die vergleichbar mit Art. 48 EGBGB bestimmt, dass, wenn die Abstammung eines Kindes deutschem Recht unterliegt, das Kind aber nach dem Recht seines Geburtsortes von anderen Personen abstammt und diese Abstammung auch in Form der Geburtsurkunde registriert wurde, das Kind diese Abstammung wählen kann. Die Kritik an Art. 48 EGBGB lässt sich zwar insoweit übertragen: für Fälle, in denen die im Ausland erworbene Abstammung nicht registriert wurde, hilft die Rechtswahlmöglichkeit nicht weiter. Auch Fälle, in denen sich das anwendbare Recht nicht nach dem deutschen IPR, sondern, etwa aufgrund selbständiger Anknüpfung einer Vorfrage, nach ausländischem IPR bestimmt, können damit nicht gelöst werden. Da jedoch eine Eintragung der Wunscheltern in die Geburtsurkunde im Ausland regelmäßig erfolgt, wären die praktischen Auswirkungen dieser Regelungslücken gering und könnten andernfalls durch Auslegung geschlossen werden.734 Eine weitere Möglichkeit bringt der Deutsche Rat für IPR ins Spiel Er schlägt eine leihmutterfreundliche Änderung von Art. 19 EGBGB vor.735 Nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB-E soll für die Abstammung stets und ausschließlich das Recht am ge730 731 732 733 734 735

MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Einl IPR Rn. 15. Siehe hierzu oben § 5 A. IV., S. 262 ff. MüKoEGBGB/Lipp, Art. 48 Rn. 1. MüKoEGBGB/Lipp, Art. 48 Rn. 2. So für Art. 48 EGBGB auch MüKoEGBGB/Lipp, Art. 48 Rn. 32 ff. Mansel, IPrax 2015, 185 f.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

wöhnlichen Aufenthalt des Kindes maßgeblich sein. Damit wäre bei Leihmutteschaft im Ergebnis das Recht des Staates der Durchführung der Leihmutterschaft anwendbar. Eine wesentliche Erleichterung der Ermittlung der Abstammung des Kindes dürfte sich daraus zwar im Hinlick auf die Probleme bei der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts eines Säuglings nicht ergeben. Eine entsprechende Klarstellung, wo sich der gewöhnliche Aufenthalt eines Kindes befindet, wäre in diesem Zusammenhang also erforderlich, würde aber dazu führen, dass hinkende Abstammungsverhältnisse vermieden werden könnten. Denkbar wäre auch eine Ergänzung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB um weitere Anknüpfungsmerkmale, etwa den Geburtsort oder der Ort der Durchführung der Leihmutterschaft.736 Die Probleme bei der Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes würden sich in diesem Fall nicht mehr praktisch auswirken. Zwar hilft auch das Recht am Geburtsort nicht weiter, wenn die Wunscheltern nach diesem nicht die rechtlichen Eltern des Kindes sind.737 Wenn die Wunscheltern jedoch weder nach ihrem Heimatrecht noch nach dem leihmutterfreundlichen Recht die Wunscheltern sind, liegt auch kein hinkendes Rechtsverhältnis vor, das vermieden werden müsste. Vielmehr stammt das Kind in diesem Fall ausschließlich von der Leihmutter ab. Die ausdrückliche Anknüpfung an das Recht am Geburtsort des Kindes ist daher eine weitere überzeugende Lösungsmöglichkeit. Auch ein ausdrücklicher Verweis auf das Recht am Ort der Durchführung der Leihmutterschaft wäre denkbar. Diese Alternative scheint bei der derzeitigen politischen Lage sehr zweifelhaft, wäre jedoch eine konsequente herangehensweise falls Leihmutterschaft in Deutschland legalisiert würde. 2. Vereinheitlichung des materiellen Abstammungsrechts Auch eine Vereinheitlichung des materiellen Abstammungsrechts würde zur Vermeidung hinkender Statusverhältnisse beitragen. Aufgrund der großen Unterschiede bei der Zulässigkeit der Leihmutterschaft und der Regelung der rechtlichen Abstammung weltweit erscheint dieser Lösungsansatz äußerst unwahrscheinlich und nur schwer praktikabel. 3. Rechtslagenanerkennung de lege ferenda Eine Rechtslagnanerkennung wäre eine weitere Möglichkeit, hinkende Statusverhältnisse zu vermeiden. Dass de lege lata keine Pflicht besteht, ausländische oder europäische Rechtslagen anzuerkennen, wurde dargelegt. Damit ist jedoch noch nicht geklärt, ob die 736

Dies schlägt auch Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 325 f. vor. 737 Diese Gefahr sieht Duden, Leihmutterschaft im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, S. 326.

§ 5 Kollisionsrecht

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Rechtslagenanerkennung de lege ferenda zur Beseitigung hinkender Statusverhältnisse in Abstammungsfragen geeignet ist. Der Vergleich mit den USA hat gezeigt, dass ausschließlich das First Restatement zu einer Anerkennung der Elternstellung amerikanischer Wunscheltern führen kann. Ausgangspunkt des First Restatement ist, dass Rechte, die unter einer ausländischen Rechtsordnung erworben wurden, erhalten bleiben und anerkannt werden. Das First Restatement ist somit Ausdruck einer „Anerkennungslösung“. Es stellt sich daher die Frage der Übertragbarkeit dieser Lösung auf das deutsche Recht.738 Für die Betroffenen ist die Anerkennung eines im Ausland erworbenen Status als Rechtslage zweifellos ein wünschenswertes Ergebnis, da hinkende Statusverhältnisse so nicht mehr möglich wären. Die einmal erworbene Abstammung würde stets fortgelten. Darüber hinaus würde die Rechtsanwendung in grenzüberschreitenden Fällen erleichtert. Die Ermittlung des anwendbaren Rechts und ggf. die Anwendung fremden Rechts würden sich erübrigen.739 Stattdessen würde der ausländische Status als solcher hingenommen. Dass eine Rechtslagenanerkennung zur Erleichterung der Rechtsanwendung führt, überzeugt jedoch nur auf den ersten Blick. Die Überlegungen zur praktischen Umsetzung dieses Konzepts740 zeigen, dass „der Teufel im Detail steckt“.741 Zunächst einmal müsste festgelegt werden, welcher Nachweis für die Ermittlung des im Ausland erworbenen Status erbraucht werden muss. Die bloße Behauptung des Betroffenen kann hierfür nicht ausreichend sein.742 Des weiteren ist auch bei einer Pflicht zur Anerkennung einer ausländischen Rechtslage nicht klar, wie mit Situationen zweier kollidierender ausländischer Rechtslagen umzugehen ist, genauer, welcher dieser beiden Rechtslagen der Vorzug einzuräumen ist.743 Es müssten entsprechende Kollisionsvorschriften geschaffen werden. Auch die Anforderungen an einen Bezug zum Herkunftsstaat der Rechtslage müssen festgelegt werden, um Mißbrauch und forum shopping zu verhindern. All diese Punkte zeigen, dass die Rechtslagenanerkennung nicht so einfach handhabbar ist, wie dies auf den ersten Blick erscheint.744 Abgesehen von etwaigen Schwierigkeiten bei der Einführung einer Rechtslagenanerkennung sprechen aber auch weitere Gesichtspunkte gegen diese Lösung: Durch eine Rechtslagenanerkennung käme es zu einer unterschiedlichen Behand-

738 Im amerikanischen Recht werden ähnliche Ansätze unter dem Gesichtspunkt der Anerkennung von status records diskutiert, siehe hierzu oben § 4 B. II. 3., S. 222 ff. 739 Wagner, FamRZ 2011, 609; Jayme/Kohler, IPrax 2001, 501, 502. 740 Siehe hierzu insbesondere Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 393. 741 Wagner, StAZ 2012, 133, 141. 742 Wagner, StAZ 2012, 133, 137; Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 393. 743 Wagner, FamRZ 2011, 609, 611. 744 MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Ein. IPR Rn. 16.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

lung einzelner Rechtslagen und damit zu einer Rechtszersplitterung.745 Da eine Rechtslagenanerkennung nur in den Fällen weiterhilft, in denen eine Rechtslage bereits im Ausland geschaffen wurde, wäre für interne Fälle mit Auslandsbezug weiterhin eine IPR-Prüfung erforderlich.746 Die Rechtslagenanerkennung könnte das System des IPR also nicht ersetzen sondern allenfalls ergänzen, was die Situation jedoch eher komplizierter machen würde, als sie zu vereinfachen. Darüber hinaus wäre eine Pflicht zur Rechtslagenanerkennung nicht ohne entsprechenden ordre public-Vorbehalt denkbar.747 Da der ordre public jedoch schon jetzt eine der Ursachen hinkender Rechtsverhältnisse ist, wäre der Mehrwert einer Rechtslagenanerkennung gering. Darüber hinaus müsste im Fall des Eingreifens eines ordre public-Vorbehalts entschieden werden, nach welchem Recht sich die Abstammung alternativ bestimmt.748 Als Auffangregeln wären wiederum die Kollisionsnormen der lex fori maßgeblich. Ein weiteres Argument gegen die Rechtslagenanerkennung ergibt sich aus dem Vergleich mit dem amerikanischen Recht und der dort diskutierten Anerkennung von status records. Die Anerkennung einer Rechtslage ist gleichzusetzen mit der Wirkungserstreckung. Dies gilt sowohl im Internationalen Zivilverfahrensrecht als auch im Internationalen Privatrecht.749 Personenstandsurkunden wirken jedoch in der Regel gerade nicht statusbegründend. Macht man sie nun zur Grundlage der Rechtslagenanerkennung, würde ihnen eine Wirkung zugesprochen, die sie nach dem Recht des jeweiligen Ausstellungsstaates gar nicht haben.750 Dies würde einen Systembruch mit dem geltenden Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht darstellen. Schließlich spricht gegen die Rechtslagenanerkennung, dass sie einen Bruch mit dem System des kontinentaleuropäischen IPR darstellt. Ziel des IPR als allseitiges Verweisungsrecht ist die Ermittlung des sachnächsten Rechts. Eine Rechtslagenanerkennung würde jedoch pauschal dem ausländischen Recht den Vorrang einräumen, unabhängig davon, ob es sich um das sachnächste Recht handelt oder nicht. Die Entwicklung im amerikanischen Kollisionsrecht zeigt daher ebenfalls eine Abkehr vom starren System des First Restatement. Wenn eine Rechtslagenanerkennung schon innerhalb eines voll integrierten Rechtsraums abgelehnt wird, in dem es noch dazu in Form des Supreme Court eine Kontrollinstanz mit voller materieller 745

MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Ein. IPR Rn. 16; Wagner, FamRZ 2011, 609, 611; Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392. 746 Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 400. 747 MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Ein. IPR Rn. 16; Coester-Waltjen, IPrax 2006, 392, 393. Zu den erforderlichen Ausnahmen eines möglichen Anerkennungsprinzips siehe Wagner, FamRZ 2011, 609, 613. Ein ordre public-Vorbehalt war auch im Grünbuch der EU Kommission vorgesehen, vgl. KOM(2010), 747 endg., S. 15. 748 Wagner, StAZ 2012, 133, 138. 749 Das ausländische Recht muss so angewandt werden, wie der ausländische Richter es anwenden würde, siehe hierzu oben § 4 A. I. 3. c), S. 177 f. 750 MüKoEGBGB5/Sonnenberger, Ein. IPR Rn. 16.

§ 5 Kollisionsrecht

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Prüfungskompetenz gibt, überzeugt es erst recht nicht, eine solche in Deutschland oder innerhalb der EU einzuführen, wo vergleichbare Rechtsschutzmöglichkeiten fehlen. Innerhalb der EU müssten materielle Einwendungen gegen die geschaffene Rechtslage vor den Gerichten des jeweiligen Erlasstaates geltend gemacht werden. Der Rechtsschutz der Betroffenen würde dadurch erheblich eingeschränkt. Dies wäre ein zu hoher Preis für den geringen Mehrwert, den eine Rechtslagenanerkennung bringen würde. Eine Rechtslagenanerkennung für im Ausland begründeter Abstammungsverhältnisse ist daher als Lösung zur Vermeidung hinkender Rechtsverhältnisse abzulehnen. 4. Fazit Hinkende Rechtsverhältnisse im Abstammungsrecht müssen vom Gesetzgeber durch die Anpassung oder eine entsprechende Auslegung des Kollisionsrechts vermieden werden. Die Anerkennung ausländischer Rechtslagen scheint zur Vermeidung hinkender Statusverhältnisse wenig geeignet. Selbst wenn es nahe liegt, ein System der Rechtslagenanerkennung de lege ferenda innerhalb eines (teil-)integrierten Rechtsraums wie der Europäischen Union oder den Vereinigten Staaten in Erwägung zu ziehen, sollte ein solches System nicht – und schon gar nicht außerhalb eines integrierten Rechtsraums – dazu genutzt werden, politische Entscheidungen zu unterlassen, die schon längst überfällig sind. III. Klarstellung im Rahmen von Art. 19 EGBGB Eine Änderung des deutschen Kollisionsrechts durch Schaffung neuer Anknüpfungsmerkmale im Rahmen von Art. 19 Abs. 1 EGBGB, insbesondere durch die Eröffnung einer Rechtswahlmöglichkeit, würde die Ermittlung des Abstammungsstatuts in Leihmutterfällen wesentlich erleichtern. Damit blieben jedoch die Schwierigkeiten bei der Anwendung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB erhalten. Weder das Rangverhältnis der Anknüpfungsalternativen ist gesetzlich vorgegeben, noch ist der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes gesetzlich definiert. Letzteres Problem könnte durch Einfügen des Geburtsorts als zusätzliches Anknüpfungsmerkmal entschärft werden. Die Erhöhung der Anzahl der zur Verfügung stehenden Rechtsordnung würde jedoch die Problematik konkurrierender Mutter- bzw. Vaterschaften noch verschärfen. Das Problem kollidierender Ergebnisse im Rahmen des Art. 19 Abs. 1 EGBGB muss daher ebenfalls gelöst werden, um eine rechtssichere und vorhersehbare Feststellung der Abstammung erreichen zu können.

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3. Teil: Grenzüberschreitende Leihmutterschaft

1. Gewöhnlicher Aufenthalt, Art. 19 Abs. 1 S. 1 EGBGB Das Abstellen auf den gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes führt gerade in Leihmutterfällen zu absurden Ergebnissen.751 Derartige Probleme bestehen aber nicht nur bei Leihmutterschaft. Vielmehr läuft die Definition des gewöhnlichen Aufenthalts, jedenfalls wenn man ihn tatsächlich als rein faktisches Kriterium ansieht, bei Säuglingen und Kleinkkindern stets ins Leere. Grundsätzlich ist zwar nichts gegen den gewöhnlichen Aufenthalt als Anknüpfungsmerkmal einzuwenden. Da sich die Frage der Abstammung eines Kindes in der Regel kurz nach seiner Geburt stellt und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts gerade nicht ohne weiteres möglich ist, überzeugt dieses Anknüpfungsmerkmal nicht. Der Gesetzgeber sollte daher entweder den gewöhnlichen Aufenthalt von Säuglingen und Kleinkindern definieren oder einen alternativen Rückgriff auf den faktischen Aufenthalt in diesen Fällen ausdrücklich gesetzlich zulassen. Damit würden Zweifel bei der Rechtsanwendung beseitig und das Abstammungsstatut könnte tatsächlich schnell und einfach ermittelt werden. Auch Zufallsergebnisse könnten so vermieden werden. 2. Rangverhältnis der Anknüpfungsalternativen Ein weiteres Problem bei der Ermittlung des anwendbaren Rechts bringt das Günstigkeitsprinzip mit sich. Kommen mehrerer Mütter oder Väter in Betracht, ist unklar, welcher Anknüpfungsalternative der Vorzug zu geben ist. Es wäre daher auch hier eine Klarstellung des Gesetzgebers wünschenswert, dahingehend, dass entweder abstrakt festgelegt wird, welches Recht im Zweifel anwendbar sein soll. Alternativ wäre auch möglich, dass der Gesetzgeber festlegt, was unter dem Günstigkeitsprinzip genau zu verstehen ist. Einen Vorschlag im ersteren Sinne macht der Deutsche Rat für IPR in Art. 19 Abs. 4 EGBGB-E.752 Nach Satz 1 soll vorrangig die Abstammung sein, die zuerst feststellbar ist. Ist keine der Abstammungen „schneller“, ist nach Satz 2 das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt entscheidend. Alternativ könnte der Gesetzgeber festlegen, dass das Günstigkeitsprinzip maßgeblich vom Kindeswohl bestimmt wird und deshalb stets die Abstammung vorrangig ist, die das Kind den sozialen Eltern zuordnet. Oder der Gesetzgeber könnte festlegen, dass im Zweifel stets die Alternative maßgeblich sein soll, die den Wertungen des materiellen Rechts entspricht. Für welche Variante sich der Gesetzgeber entscheidet, ist dabei weniger von Bedeutung als die Tatsache, dass überhaupt eine Klarstellung stattfindet. 751 752

Siehe oben § 5 A. II. 2. a) aa) S. 245 ff. Mansel, IPrax 2015, 185 f.

4. Teil

Zusammenfassung und Lösungsvorschläge § 6 Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse Leihmutterschaft ist kein neues Phänomen. Neu sind jedoch das Ausmaß und die grenzüberschreitende Dimension dieser künstlichen Fortpflanzungsmethode. Durch die rasante Entwicklung in der Fortpflanzungsmedizin und die Globalisierung in den letzten Jahren ist Leihmutterschaft zu einem Massenphänomen geworden, das insbesondere in der grenzüberschreitenden Konstellation Gerichte und Behörden weltweit beschäftigt.

A. Leihmutterschaft im autonomen Recht Die Rechtslage in Deutschland und den USA zur Zulässigkeit von Leihmutterschaft unterscheidet sich bisweilen stark. Diese Unterschiede sind zum einen der unterschiedlichen föderalen Struktur und zum anderen den unterschiedlichen verfassungsrechtlichen Abwägungen geschuldet. Der deutsche Gesetzgeber hat sich der Problematik der gespaltenen Mutterschaft bereits im Jahr 1989 angenommen, und die Zulässigkeit sowie später auch die abstammungsrechtlichen Folgen der Leihmutterschaft vergleichsweise restriktiv geregelt. Es gilt ein strafrechtliches Verbot der Vermittlung von Leihmüttern. Auch die Vornahme der erforderlichen medizinschen Eingriffe zur Herbeiführung von Leihmutterschaft ist strafbar. Zugunsten der Wunscheltern und der Leihmutter greift ein persönlicher Strafausschließungsgrund. Leihmutterverträge sind nach wohl noch herrschender Meinung sittenwidrig und damit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Auch durch das Abstammungsrecht soll Leihmutterschaft präventiv verhindert werden. In Deutschland wird das Kind abstammungsrechtlich allein der gebärenden Frau zugeordnet. Die genetische Abstammung des Kindes ist dabei irrelevant. Dementsprechend ist auch keine der Vaterschaftsanfechtung vergleichbare Statusänderung bei der mütterlichen Abstammung vorgesehen. Die Möglichkeiten der Fortpflanzungsmedizin werden bei der Eltern-Kind-Zuordnung im deutschen Recht bis auf einzelne Spezialregelungen weitestgehend ausgeklammert. Hintergrund der unverrückbaren Zuordnung des Kindes zur Geburtsmutter sind vermeintlich nachteilige Folgen der Leihmutterschaft für das Kind und dessen Entwicklung. Eine konkrete und vor allem aktuelle Auseinandersetzung mit diesen angeblich nach-

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4. Teil: Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

teiligen Folgen für Kind und Mutter fehlen jedoch. Insbesondere findet bei der abstammungsrechtlichen Zuordnung keine Einzelfallprüfung statt. Vielmehr beruft sich der Gesetzgeber pauschal darauf, dass Leihmutterschaft nachteilig für das Kindeswohl sei und die Menschenwürde der Leihmutter und des Kindes verletze. Diese Argumentation ist nicht nur im Hinblick auf das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung fraglich, sondern vor allem mit Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG nicht vereinbar. Dass genetisch verwandte Wunschmütter keine Möglichkeit haben, eine Statusänderung zu ihren Gunsten herbeizuführen, genetisch verwandte Wunschväter jedoch über ein Vaterschaftsfeststellungs- oder Vaterschaftanfechtungsverfahren eine Zuordnung des Kindes zu ihnen auch nach Leihmutterschaft erreichen können, stellt eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 S. 1 GG dar. Wunschmüttern bleibt de lege lata als einziger Weg die Adoption des Kindes. In den Vereinigten Staaten sind sowohl die Regelungen zur Leihmutterschaft als auch die Bestimungen im Abstammungsrecht wesentlich liberaler. Der Freiheit des einzelnen kommt ein größeres Gewicht zu als im deutschen Recht. Darüber hinaus überwiegen aus Sicht leihmutterfreundlicher Bundesstaaten die Vorteile, einem unfruchtbaren Paar zu einem Kind zu verhelfen, die Nachteile und ethischen und moralischen Bedenken gegen Leihmutterschaft.1 Selbst Bundesstaaten, die Leihmutterschaft kritisch gegenüberstehen, trennen die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes von der Bewertung der Leihmutterschaft. Eine Statusänderung zugunsten genetisch verwandter Wunschmütter ist auch in solchen Staaten möglich und folgt entweder daraus, dass die Wunscheltern genetisch mit dem Kind verwandt sind oder dies dem Interesse aller Beteiligten entspricht. Die Unterschiede im Abstammungsrecht beider Rechtsordnungen sind den unterschiedlichen politischen Einstellungen und der größeren Felixbilität des common law geschuldet.

B. Grenzüberschreitende Leihmutterschaft Grenzüberschreitende Leihmutterschaft stellt sowohl Deutschland als auch leihmutterfeindliche US-Bundesstaaten vor große Herausforderungen. Auch restriktive Gesetzgeber können Wunscheltern faktisch nicht daran hindern, eine ausländische Leihmutter in Anspruch zu nehmen, um so das Verbot in ihrem Heimatstaat zu umgehen. Fortpflanzungstourismus ist daher sowohl in Deutschland als auch innerhalb der USA soziale Realität. Leihmutteragenturen und Vermittlungsdienste in leihmutterfreundlichen (Bundes-)Staaten Bundesstaaten leisten einen erheblichen Beitrag dazu. Und auch die Tatsache, dass gerade in grenzüberschreitenden Fällen eine abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern häufiger möglich ist als im rein internen Fall, begünstigt den Fortpflanzungstourismus.

1

Weyrauch, Künstliche Fortpflanzung, S. 142.

§ 7 Lösungsvorschläge für das deutsche Recht

305

Grenzüberschreitende Leihmutterschaft ermöglicht die Erlangung einer Elternstellung insbesondere auch in Fällen, in denen im rein nationalen Kontext, insbesondere für eine Wunschmutter, eine Zuordnung nicht möglich wäre. So kann beispielsweise die Anerkennung einer grenzüberschreitenden Abstammungsentscheidung zugunsten der genetisch verwandten Wunschmutter in Deutschland nicht aus Gründen des ordre public versagt werden, weil dies einen Verstoß gegen Art. 8 EMRK zu Lasten des Kindes begründen würde. Innerhalb der USA statuiert die Verfassung eine nahezu uneingeschränkte Pflicht zur Anerkennung schwesterstaatlicher Abstammungsurteile. Beurteilt sich die Abstammung des Kindes nach dem Kollisionsrecht, kann dies auch zur Anerkennung der Elternstellung der Wunscheltern führen, sofern fremdes Recht berufen wird. Stammt das Kind danach von den Wunscheltern ab, kann dieses Ergebnis nur in Ausnahmefällen als ordre public-Verstoß angesehen werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Nicht-Anerkennung der Elternstellung faktisch in einem Großteil der Fälle zu hinkenden Rechtsverhältnissen führt. Hinkende Rechtsverhältnisse sind aufgrund der unterschiedlichen nationalen und einzelstaatlichen Regeln sowie der Nähe der Thematik zum ordre public bzw. der public policy sowohl in Deutschland als auch den USA vorprogrammiert. Schlimmstenfalls ist das Kind eltern- und staatenlos. Dass dieses Ergebnis mit dem Kindeswohl nicht vereinbar ist, liegt auf der Hand. Adäquate Lösungen, wie hinkende Rechtsverhältnisse in Abstammungsfragen vermieden werden können, fehlen derzeit noch.

§ 7 Lösungsvorschläge für das deutsche Recht Leihmutterschaft ist ein Phänomen, das zahlreiche ethisch und moralisch sensible Fragen aufwirft. Dies gilt umso mehr deshalb, weil Leihmutterschaft unsere Vorstellungen über eines der natürlichsten Dinge der Welt, nämlich die Frage, wer eine Mutter ist und was eine Familie ausmacht, auf den Kopf stellt. Dass die genetische und die biologische Mutterschaft durch medizinische Techniken aufgespalten werden können, führt zu teilweise grotesken Situationen.2 Die Diskussion über Leihmutterschaft ist deshalb auch immer von einem Tabu geprägt.3 Gleichzeitig bietet die neue Fortpflanzungsmedizin jedoch eine große Chance für kinderlose Paare. Auch die Zunahme von Fertilitätsproblemen in der Bevölkerung und der Geburtenrückgang sprechen dafür, das medizinisch Mögliche rechtlich zulässig zu machen.

2

Man denke nur an die Situation der „Großmutter-Leihmutter“, siehe hierzu die Berichterstattung der New York Times vom 23. Februar 2015, http://parenting.blogs.nytimes. com/2015/02/23/grandmother-surrogate-mother/?_r=0 (zuletzt eingesehen am 26. März 2016). 3 Günther/Taupitz/Kaiser/Taupitz, ESchG, § 1 Nr. 1 Rn. 7.

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4. Teil: Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

Es fällt daher schwer, für die eine oder andere Seite Stellung zu beziehen. Dass Leihmutterschaft im Ausland stattfindet und ausländische Leihmütter auch von deutschen Wunscheltern in Anspruch genommen werden, ist inzwischen gesellschaftliche Realität. Unabhängig davon, wie man zu Leihmutterschaft steht, muss daher jedenfalls eine Lösung gefunden werden, wie mit grenzüberschreitenden Fällen umgegangen werden kann, insbesondere zum Schutz der durch ausländische Leihmütter geborenen Kinder.4 Die Abstammung eines Kindes zählt zu den wesentlichen Faktoren seiner Individualität, weshalb sie gerade in grenzüberschreitenden Sachverhalten rechtssicher geregelt sein muss. Der deutsche Gesetzgeber hat es jedoch bisher unterlassen, angemessene Lösungen für (grenzüberschreitende) Leihmutterschaften zu finden. Die zahlreichen Fragen, die sich im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Leihmutterschaft stellen, sind noch nicht ausreichend geklärt und liegen derzeit in der Hand richterlicher Rechtsfortbildung. Im Ergebnis besteht zwar bereits nach derzeitiger Rechtslage die Möglichkeit, dass das Kind rechtlich den Wunscheltern zugeordnet wird, sowohl in rein internen aber vor allem auch in grenzüberschreitenden Fällen. Teilweise führt dies jedoch zu sachwidrigen Differenzierungen je nach Familienstand der Wunscheltern oder der Leihmutter sowie der genetischen Abstammung des Kindes. Zum anderen wird Leihmutterschaft dadurch ins Ausland verdrängt, was mittelbar eine Situation fördert, die der Gesetzgeber verhindern wollte und sollte: nämlich die Ausbeutung von Frauen. Der Gesetzgeber hat nicht nur die Pflicht, sondern sollte auch die Chance nutzen, die Folgen von ausländischen Leihmutterschaften nicht bloß hinzunehmen, sondern Leihmutterschaft als medizinische Praxis rechtlich und politisch zu lenken. Dies gilt umso mehr deshalb, weil mit der Abstammung eines Kindes zwangsläufig auch seine Staatsangehörigkeit verbunden ist. Darüber hinaus ist das Verbot der Leihmutterschaft, wie gezeigt wurde, auch verfassungsrechtlich bedenklich. In den Fällen, in denen eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern aus deutscher Sicht ausscheidet, kommt es zu faktisch hinkenden Rechtsverhältnissen. Erforderlich ist daher eine Lösung, die einen Ausgleich zwischen dem grundrechtlichen Wertesystem, den öffentlichen Interessen, den Vorgaben höherrangigem Rechts und vor allem dem Kindeswohl darstellt. Denkbar ist eine Lösung auf Internationaler Ebene, im internationalen Verfahrens- oder Kollisionsrecht sowie im materiellen Recht.

A. Abschluss eines internationalen Übereinkommens Hinkende Rechtsverhältnisse lassen sich durch Rechtsvereinheitlichung verhindern.5 Denkbar ist dabei sowohl eine Vereinheitlichung des materiellen Rechts als 4 5

Larkey, 51 Drake L. Rev. 605 (2003), 621. Wagner, StAZ 2012, 294, 295.

§ 7 Lösungsvorschläge für das deutsche Recht

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auch des Kollisionsrechts. Da es sich bei Leihmutterschaft um ein globales Phänomen handelt, das vor allem in grenzüberschreitenden Sachverhalten besonders problematische Auswirkungen haben kann, liegt eine Lösung auf internationaler Ebene nahe. Dementsprechend wird auch in der Literatur wiederholt ein internationales Übereinkommen zur Leihmutterschaft vorgeschlagen.6 Auch die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht befasst sich derzeit mit der Frage, wie mit internationalen Leihmutterschaften im Rahmen des Völkerrechts umgegangen werden kann.7 Die Arbeiten stehen noch relativ am Anfang;8 konkrete Lösungen wurden bisher nicht vorgestellt, vielmehr handelt es sich bisher lediglich um eine Bestandsaufnahme.9 Auch die UN-Kinderrechtskonvention fordert die Vertragsstaaten auf, bi- und multilaterale Verträge zum Schutz der Kinder zu ermöglichen und zu optimieren.10 All diese Gründe sprechen für eine Lösung auf internationaler Ebene. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung eines internationalen Übereinkommens, also unabhängig davon, ob dieses materiellrechtliche oder kollisionsrechtliche Regelungen enthält, würde eine völkerrechtliche Regelung das Problem hinkender Rechtsverhältnisse lösen. Wenn sich die Abstammung eines Leihmutterkindes in jedem Vertragsstaat gleich beurteilt, würde forum shopping unterbunden und Rechtssicherheit für die Betroffenen geschaffen. Außerdem wäre es ein Zeichen der Staatengemeinschaft, sich dem Thema der Leihmutterschaft zu widmen. Aus globaler Sicht handelt es sich somit dabei sicher um eine erstrebenswerte Lösung. Folgendes ist aber zu bedenken: zunächst einmal ist die Verabschiedung eines internationalen Übereinkommens derzeit sehr unrealistisch. Die Konsensfähigkeit eines völkerrechtlichen Vertrags hängt zwar vor allem von den konkreten Regelungen ab. Da aber nicht nur die Haltung zu Leihmutterschaft weltweit so verschieden ist, sondern auch das System des Abstammungsrechts von Land zu Land abweicht, scheint es unwahrscheinlich, dass eine konsensfähige Lösung gefunden werden kann.11 Wenn schon innerhalb eines Landes und damit innerhalb desselben Kulturkreises keine einheitliche Haltung zur Leihmutterschaft gefunden werden

6 The Hague Conference, Prel. Doc. No. 3 A (2015); Bertschi, Leihmutterschaft, S. 222 ff.; Diel, Leihmutterschaft und Reproduktionstourismus, S. 232 ff. (der jedoch für ein Internationales Übereinkommen zur Eindämmung des Reproduktionstourismus plädiert); Baker, International Surrogacy, S. 412; Trimmings/Beaumont, Journal of Private International Law 2011, 627, 633. Ein ausformulierter Vorschlag eines Übereinkommens findet sich bei Bertschi, Leihmutterschaft, S. 227 ff.. Kritisch hierzu Benicke, StAZ 2013, 101, 114. 7 Siehe zuletzt The Hague Conference, Prel. Doc. No. 3 A (2015). 8 Wagner, StAZ 2012, 133, 137. 9 Wagner, StAZ 2012, 133, 137. Siehe auch The Hague Conference, Prel. Doc. No. 10 (2012) sowie Prel. Doc. No. 3 A (2015). 10 Gallala-Arndt, RabelsZ 79 (2015), 405, 410. 11 Wagner, StAZ 2012, 133, 134.

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4. Teil: Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

kann, was beispielsweise in den USA der Fall ist, scheint es unrealistisch eine internationale Einigung erzielen zu können.12 Manche Länder haben ein besonderes Interesse daran, Fortpflanzungstourismus zu fördern, da dieser einen entscheidenden Wirtschaftsfaktor darstellt. Andere Ländern missbilligen Leihmutterschaft und wollen sie aktiv verhinden. Solange sich aber nicht alle Staaten, und insbesondere die Staaten, die derzeit zu den beliebtesten Zielen von Leihmuttertouristen gehören, an einem Übereinkommen beteiligen, können die damit verfolgten Ziele nicht erreicht werden. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob der Abschluss eines Leihmutterübereinkommens überhaupt möglich wäre, ob z. B. ius cogens einer weltweiten Zulässigkeit von Leihmutterschaft entgegensteht.13 Ein weiterer Aspekt, der gegen eine Regelung von Leihmutterschaft in einem internationalen Übereinkommen spricht, ist die Tatsache, dass dadurch die nationale Rechtsentwicklung eingefroren würde. Bei einem so ethisch und moralisch sensiblen Thema wie Leihmutterschaft scheint es vorzugswürdig, die wesentlichen Entscheidungen dem autonomen Recht bzw. den nationalen Parlamenten zu überlassen. Nur so kann ein Ergebnis erreicht werden, das von der Bevölkerung akzeptiert wird. Ein Blick in die USA bestätigt dies. Ein Internationales Übereinkommen entspricht auf USA-Ebene einer einheitlichen bundesgesetzlichen Regelung. Jedes Mal, wenn der Bundesgesetzgeber (oder der Supreme Court) eine Rechtsfrage, die bis dahin dem Recht der Mitgliedstaaten unterstand, verbindlich und einheitlich geregelt hat, stieß dies auf Kritik. Kritisiert wurde dabei insbesondere, dass dadurch den einzelstaatlichen Gesetzgebern die Chance genommen wurde, die Frage selbst zu regeln.14 Schließlich ist das Warten auf ein internationales Übereinkommen nur ein Versuch die politische Verantwortung abzugeben. Abgesehen von der Verhinderung hinkender Statusverhältnisse würde ein Internationales Übereinkommen aus deutscher Sicht wenig Mehrwert gegenüber einer autonomen Regelung bringen. Sofern ein Internationales Übereinkommen die Anerkennung der Abstammung nach aus12 Die EU-Verordnung zur Vereinheitlichung der Kollisionsnormen im Scheidungsrecht (Rom-III Verordnung; Vorschlag vom 17. 7. 2006 über eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich, Dok. KOM (2006) 399 endg.) ist am Einverständnis Schwedens gescheitert, dabei betraf diese „nur“das Kollisionsrecht, vgl. Wagner, StAZ 2012, 133, 136. 13 Siehe zu dieser Frage ausführlich Ergas, Thinking ,Through‘ Human Rights, S. 432 ff. 14 So hat der Supreme Court beispielsweise das Recht zur Abtreibung in seiner Entscheidung Roe v. Wade, 410 U.S. 113 (1973) bundeseinheitlich geregelt und die äußeren Grenzen des Scheidungsrechts festgelegt. Zur Kritik der einzelnen Bundesstaaten hierzu siehe Appleton, 1990 Wis. L. Rev. (1990), 478, sowie Morgan, 77 Mich. L. Rev. 1724 (1979) („The Supreme Court should have waited to decide the issue presented in Roe until lower courts had more opportunity to analyze the question.“). Dieselbe Kritik wurde auch gegen die Entscheidung des Supreme Court in Obergefell v. Hodges, 576 U.S. ___ (2015), zur same-sex-marriage geäußert.

§ 7 Lösungsvorschläge für das deutsche Recht

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ländischer Leihmutterschaft vorschreibt, könnte eine vergleichbare Regelung ohne weiteres im autonomen Recht erlassen werden. Insbesondere da es sich bei der Abstammung auch um eine Vorfrage der Staatsangehörigkeit handelt, spricht einiges dagegen, diese mittelbar einem internationalen Übereinkomen zu überlassen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein internationales Übereinkommen zur Regelung grenzüberschreitender Leihmutterschaft und zur Vermeidung hinkender Statusverhältnisse bei der Abstammung von Leihmutterkindern ohne Zweifel eine erstrebenswerte Lösung darstellt und aus globaler Sicht wünschenswert ist. Derzeit scheint der Abschluss eines entsprechenden völkerrechtlichen Vertrags aber unrealistisch und die komplizierteste Lösung. Darüber hinaus entbindet ein mögliches Leihmutterschaftsübereinkommen den Gesetzgeber nicht von seiner Pflicht, in diesem Bereich tätig zu werden. Es kann keine akzeptable Lösung sein, auf ein internationales Übereinkommen zu warten, während die Rechtslage im autonomen Recht ungeklärt ist. Ein

B. Autonome Lösungsmöglichkeiten Autonome Lösungsmöglichkeiten zum Umgang mit Leihmutterschaft in internen und grenzüberschreitenden Fällen wurden im Laufe dieser Arbeit bereits dargestellt. Denkbar ist sowohl eine Änderung des materiellen Rechts als auch des Kollisionsrechts. Bei grenzüberschreitenden Fällen ist erster Ansatzpunkt die verfahrensrechtliche oder kollisionsrechtliche Anerkennung um hinkende Statusverhältnisse zu vermeiden. Eine Rechtslagenanerkennung wird hingegen als Lösung abgelehnt. I. Materielles Recht Auf materiellrechtlicher Ebene hat der Gesetzgeber die Entscheidung zu treffen, wie mit Leihmutterschaft und der Abstammung von Leihmutterkindern künftig umgegangen werden kann. Wie aufgezeigt wurde, fordert das Verfassungsrecht kein Verbot der Leihmutterschaft. Vielmehr spricht vieles dafür, Leihmutterschaft ausdrücklich zuzulassen. Daher scheint eine vorsichtige Legalisierung der Leihmutterschaft die beste Option. Als Konsequenz sind auch Änderungen im Abstammungsrecht notwendig. Insbesondere sollten Möglichkeiten geschaffen werden, das Kind einer nur genetisch verwandten Frau zuzuordnen. Vorzugswürdig hierfür wäre eine Ausdehnung der Regelungen über die Vaterschaftsanfechtung auch auf die Mutterschaft. Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Zulässigkeit der Leihmutterschaft im deutschen Recht, muss eine Zuordnung des Kindes zu den Wunscheltern auch unabhängig von der genetischen Verwandtschaft möglich sein. In diesem Fall sollte der Gesetzgeber die hier vorgeschlagene eingeschränkte Intentionslösung übernehmen.

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4. Teil: Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

Zwar besteht auch im Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung der Leihmutterschaft weiterhin das Risiko des Fortpflanzungstourismus. Dieses wird sich nicht vermeiden lassen. Aus diesem Grund wäre auch eine wie in dieser Arbeit vorgeschlagene Anpassung des Staatsangehörigkeitsrechts wünschenswert. II. Internationales Privatrecht Da auch bei einer Legalisierung der Leihmutterschaft nicht ausgeschlossen werden kann, dass deutsche Wunscheltern eine ausländische Leihmutter engagieren, sollte die vorgeschlagene Änderung von Art. 19 Abs. 1 EGBGB eingeführt werden. Als zusätzliches Anknüpfungsmerkmal für die Bestimmung der Abstammung des Kindes sollte der Geburtsort des Kindes herangezogen werden. Sofern der Gesetzgeber Leihmutterschaft im Inland gestattet, wäre es nur konsequent, wenn Art. 19 Abs. 1 EGBGB zusätzlich noch das Recht am Ort der Durchführung der Leihmutterschaft berufen würde. Insbesondere für diesen Fall wäre auch eine Klarstellung dahingehend erforderlich, dass im Zweifel stets das Rechts maßgeblich sein soll, dass das Kind seinen sozialen Eltern zuordnet. III. Internationales Zivilverfahrensrecht Die im Zusammenhang mit der Anerkennung ausländischer Abstammungsentscheidungen nach Leihmutterschaft entstehenden Probleme resultieren vor allem aus der Anwendung des ordre public. Sofern Leihmutterschaft auch im nationalen Recht zulässig ist, wären diese Probleme beseitigt. Änderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts sind daher nicht erforderlich. Insbesondere sollte das internationale Zivilverfahrensrecht nicht durch die Anerkennung ausländischer Rechtslagen abgelöst werden.

Ergebnis Leihmutterschaft ist in Deutschland und zahlreichen US-Bundesstaaten unzulässig. Das Regelungsspektrum reicht von zivilrechtlichen Verboten bis hin zu strafrechtlichen Sanktionen für die Beteiligten. Findet Leihmutterschaft dennoch statt, ist die rechtliche Abstammung des Kindes häufig unklar und lässt sich nicht rechtssicher bestimmen. (Grenzübschreitende) Leihmutterschaft ist auch in Deutschland inzwischen soziale Realität. Weder das ESchG und das AdVermiG noch die generalpräventive Regelung des § 1591 BGB können dies verhindern. Auch durch Fortpflanzungstourismus kann das Verbot der Leihmutterschaft im Inland effektiv umgangen werden. Eine abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes zu beiden Wunscheltern ist in grenzüberschreitenden Fällen häufig wesentlich leichter möglich, als bereits im Inland. Das Verbot im deutschen Recht scheint vor allem deshalb, aber auch im Hinblick auf die Regelungsalternativen in liberalen und auch leihmutterfeindlichen US-Bundesstaaten, die, wie es scheint, keine besonderen Nachteile hervorgebracht haben, sehr zweifelhaft. Leihmutterschaft lässt sich de facto nicht vermeiden. Die derzeitige Rechtslage führt jedoch dazu, dass eine Situation, die augenscheinlich vom Gesetzgeber missbilligt wird, im Ausland stattfindet. Die bisherige gesetzgeberische Untätigkeit fördert indirekt die Ausbeutung von Frauen in wirtschaftlichen Notsituationen im Ausland1 und führt dazu, dass Leihmutterkinder und ihre Wunscheltern sich häufig in einem Schwebezustand über die abstammungsrechtliche Zuordnung des Kindes, und damit verbunden auch dessen Staatsangehörigkeit, befinden. Darüber hinaus kommt es im Einzelfall bei der Beurteilung der Abstammung zu sachwidrigen Differenzierungen. Der Gesetzgeber sollte daher Leihmutterschaft auch in Deutschland zulassen und aktiv regeln anstatt die Problematik ins Ausland zu verdrängen. Ob Leihmutterschaft erlaubt wird, ist eine politische Entscheidung. Klar Stellung zu beziehen fällt schwer. Im Interesse der betroffenen Kinder wäre eine pragmatische Lösung jedoch wünschenswert. Am geltenden Recht kann jedenfalls nicht mehr festgehalten werden. Die mit dem Verbot verfolgten Ziele und zur Rechtfertigung des Verbots vorgebrachten Gründe erfordern die strenge Rechtslage nicht, sondern ließen sich auch anders erreichen. Dies zeigen der Vergleich mit leihmutterfreundlichen US-Bundesstaaten sowie eine Analyse der möglichen Regelungsansätze. Auch das geltende deutsche Abstammungsrecht ist nicht der einzige Weg, um die mit ihm verfolgten 1

So auch Mayer, IPrax 2014, 57; Bertschi, Leihmutterschaft, S. 218.

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4. Teil: Zusammenfassung und Lösungsvorschläge

Ziele der Statussicherheit und Statusklarheit zu erreichen. Darüber hinaus sprechen weder die körperliche Beziehung zwischen Mutter und Kind zwingend für die derzeitige Rechtslage noch Praktikabilitäts- oder Rechtssicherheitsaspekte. Außerdem führt das deutsche Abstammungsrecht zu einer Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen und lässt sowohl den medizinischen Fortschritt als auch den gesellschaftlichen Wandel außer Acht. Eine Reform des Abstammungsrechts ist daher erforderlich. Richtiger Ansatzpunkt für eine Lösung sollte das materielle Recht sein. Zwar ist Leihmutterschaft ein weltweites und vor allem grenzüberschreitendes Problem Da aber aber nur dann im internationalen Kontext klar Stellung bezogen werden kann, wenn die nationale Position zu Leihmutterschaft gesetzlich festgelegt ist und noch dazu die Abstammung eines Kindes in Deutschland eine Vorfrage seiner Staatsangehörigkeit ist, sollte sich der Gesetzgeber dem Thema auf nationaler Ebene annehmen und das medizinisch Mögliche auch rechtlich zulassen.

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Sachwortregister Abstammung – als Hauptfrage 243 – als Vorfrage 244, 249 – 252, 275, 309 Abstammungsrecht 64, 80 ff., 111 ff. – Deutschland 80 – 110 – internationales siehe Abstammungsstatut – Sonderregelungen bei künstlicher Befruchtung 103, 122 – 135 – Ukraine 25 – USA 111 – 137 – Vergleich 138 – 157 Abstammungsstatut 25, 240, 242 ff., 261 – Deutschland 242 – 261 – USA 286 – 291 Adoption 97 – 98 – Beurteilungsmaßstab 97 – durch gleichgeschlechtliche Paare 101 – Voraussetzungen 97 Adoptionsstatut 241, 272 ff., 291 – Deutschland 272 – 274 – USA 291 Adoptionsvermittlungsgesetz 44, 46 – 52, 74, 98, 109 American Law Institute 211, 216 Anerkennung – kollisionsrechtliche 172, 205, 262, 274, 309 – verfahrensrechtliche siehe verfahrensrechtliche Anerkennung Anerkennungsverfahren 177, 209 Anknüpfung – alternative 255 – 257 – Verhältnis der Anknüpfungsalternativen 254, 302 Aufenthalt 26, 152, 159 – 162 – faktischer siehe schlichter Aufenthalt – gewöhnlicher 244 – schlichter Aufenthalt 248 – 249 – von Minderjährigen 245 – 247 – von Säuglingen 245 – 247 Auslandsgeburt 21, 159, 161

Beiwohnungsversicherung 88 better law-approach 258, 277, 282 – 284, 291 – Abstammungsstatut 291 – Adoptionsstatut 291 Beurkundung – der Auslandsgeburt siehe Nachbeurkundung – des Vaterschaftsanerkenntnisses 24 Beurkundungsgesetz 24, 26 choice of law 206, 208, 225, 276 CIEC-Übereinkommen 82, 168 Co-Eltern siehe gleichgeschlechtliche Paare Colorado 55, 116, 121, 134 Conflict of Laws 171 Currie, Brainerd 281 Deklaratorische Gerichtsentscheidung 173 – 174 Diskriminierungsverbot 78, 212 domicil 221, 233, 280, 284 – 286 domicil of choice 221 domicil of origin 221, 289 Due Process Clause 206, 212 – 213, 216 – Auswirkungen auf die Anerkennungspflicht 216 – Bedeutung 206 EGMR 78, 96, 196 Ehewirkungsstatut 25, 244, 253, 256, 261 Einreise 26, 159, 161 Eizellenspende 30, 36 – 37, 40, 44, 144 Eltern-Kind-Zuordnung 81 – 109, 112 – 137 – Änderung der 86 – 99, 116 – 120 – originäre 81 – 82, 112 – 116 elternlos 21, 155, 167 Elternmangel siehe Muttermangel Elternschaft – faktische 108 – kraft Gesetzes 127, 178, 222, 239

Sachwortregister – kraft Willenserklärung 104, 107 – privatrechtliche Übertragung 99 – soziale 108, 258 Embryonenschutzgesetz 44 – 49 entgeltliche Leihmutterschaft 49 siehe auch kommerzielle Leihmutterschaft Equal Protection Clause 65, 68, 115, 127 – 128, 131, 212, 278 Ersatzmutterschaft siehe Leihmutterschaft Europäische Menschenrechtskonvention 196 Europarecht siehe Unionsrecht favor legitimationis siehe favor-Prinzip favor-Prinzip siehe Günstigkeitsprinzip Fifth Amendment 65 First Restatement 279 – 281, 287 – Abstammungsstatut 287 – Adoptionsstatut 289 – Vertragsstatut 288 Foreign Affairs Manual 164 – 165 forum shopping 194, 229, 285 – 286, 307 Freizügigkeit 177, 263, 264 – 269 Full Faith and Credit 206 – 2012 – Auswirkungen auf die Anerkennungspflicht 210 – Bedeutung 207 – Gegenstand 207 Geburtsort 248 – 249, 275, 295 – 298 Geburtsurkunde 23 – 24, 124, 160 – 163, 179 – 180, 213 – als Gegenstand der Anerkennung 179 – 180 – rechtliche Wirkung 179 genetische Abstammung siehe genetische Verwandtschaft genetische Verwandtschaft 45, 55, 71 – 72, 82, 104, 135 genetische Wahrheit 90 gerichtliche Mitwirkungshandlung 181 – 183 Gestaltungsurteil 173 gewöhnlicher Aufenthalt 244 – 249 gleichgeschlechtliche Paare 18, 20, 27, 35, 68, 99, 121 – Adoption 101 – 102 – Co-Elternschaft 202, 252

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– Zuordnung des Kindes 202 Gleichheitssatz 143, 149 Grundrechte 77, 143, 192 – 196, 262 Grunkin Paul-Entscheidung 263 – 265 Günstigkeitsprinzip 175, 244 – 246, 248, 259, 296, 302 HAÜ 186 – 187 Hauptfrage 243 Heimatrecht 24 – 25, 186, 244 – der Leihmutter 195, 239 – der Wunschmutter 250 – des Wunschvaters 251 – eines Co-Elternteils 252 Herausgabe des Kindes 18, 30, 62, 69 hinkende Rechtsverhätnisse 21, 294 – 299 homosexuelle Paare siehe gleichgeschlechtliche Paare Identitätsfindung 48, 70 – 72, 290 Indiana 59, 122, 130, 135 Indien 19 – 21, 27, 41 inländische Leihmutterschaft 44 – 53 Intentionslösung siehe parenthood by intent inter partes-Wirkung 186 interest analysis siehe governmental interest analysis interlokale Rechtsspaltung 53, 111, 251, 276 Internationales Privatrecht siehe Kollisionsrecht Internationales Zivilverfahrensrecht – Deutschland 172 – 204 – USA 205 – 235 – Vergleich 236 In-vitro-Fertilisation 17, 32, 36 – 37 ius sanguinis 157 – 158, 163, 163 siehe auch Staatsangehörigkeit ius soli 26, 158 – 161, 163, 166 – 167 siehe auch Staatsangehörigkeit IZVR siehe Internationales Zivilverfahrensrecht Kalifornien 61 – 62, 116, 133, 160, 162, 179, 183 Kenntnis der genetischen Abstammung 95, 105 – 106, 148, 198, 304

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Sachwortregister

siehe auch Recht auf Kenntnis der Abstammung Kentucky 59, 111, 212 Kinderrechtskonvention siehe UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes Kinderreisepass 24, 159, 161 – 162, 165, 177 Kindeswohl 47, 70 – 72, 97 – 99, 134 – 138, 188, 191, 200 Kohärenz der gesetzlichen Regelung 79, 266 kollidierende Vaterschaft 202 kollidierende Zuordnung 255 – 256 Kollisionsrecht – Deutschland 239 – 275 – unionsrechtliche Vorgaben 262 – 270, 296 – USA 276 – 291 kollisionsrechtliche Anerkennung 172, 205, 262, Kollisionsrechtsvergleich 293 – 294 kommerzielle Leihmutterschaft 33, 59, 66 konstitutive Gerichtsentscheidung 171, 174, 179 – 184, 230 Labassee-Entscheidung 196 – 197, 199, Lebenspartner siehe gleichgeschlechtliche Paare Lebenspartnerschaftsgesetz 96, 99 – 103, 204 Leflar, Robert A. 282 – 284 Leihmutterschaft – altruistische 53 – 54, 66, 69, 75 – 77 – Definition 31 – entgeltliche siehe kommerzielle Leihmutterschaft – Folgen für Mutter und Kind 39 – Methoden der Leihmutterschaft 38 – Zulässigkeit in Deutschland 44 – 53 – Zulässigkeit in den USA 53 – 64 Leugnen der Vaterschaft siehe Vaterschaft Louisiana 59 – 60, 122, 219 MARTA 57, 127 mater semper certa est 17 medical visa 19 Medizintourismus 20 Mennesson-Entscheidung 69, 167, 196

Menschenhandel siehe Ware Menschenwürde 19, 48, 64, 66 – 70, 191, 195 – der Leihmutter 74 – 76 – des Kindes 73, 195 Michigan 58, 127 – 128, 212, 287 Minderjährige 162, 187, 245 Missouri 55 Model Acts 111 – 112, 124, 286 Montana 55, 116, 228 – 229 Mutter – biologische 38 – 39, 48, 70 – 71 – genetische 38 – 39, 48, 70 – 71 – soziale 18, 32 – 34, 38 – 40, 70 – 71 Muttermangel 256, 260 Mutterschaft – Anfechtung 94, 113, 153 – 154, 271 – 272 – Feststellung 55, 119, 126, 271 – Statusänderung 94 Mutterschaftsanfechtung siehe Mutterschaft Nachbeurkundung der Auslandsgeburt 21, 24, 26, 159 – 161 New Mexico 57, 59, 112, 116, 219 New York 58, 63, 65, 116 – 117, 121, 131, 133, 143 Nevada 55, 60, 121 – 122, 133, 179, 208, 217, 285 North Dakota 56, 60, 112, 116, 228 – 230 öffentliche Ordnung siehe ordre publicVorbehalt Oozytenspende siehe Eizellenspende ordre-public-Vorbehalt 189 – 202, 261 Organhandel 49, 75, 170 Organtransplantation 45 originäre Zuordnung – Deutschland 81 – 82 – USA 112 – 116 Paradiso-Entscheidung 107 – 108, 194, 196 – 197, 200 parental order 77, 154 parenthood 112 – 116, 122 – 135 – by genetics 129 – 131 – by gestation 127 – 128 – by intent 131 – 133 – contractual 135

Sachwortregister Personenstandsgesetz 26 – 27, 81 – 82, 161 Präimplantationsdiagnostik 44 public policy 129, 135, 210 – 211, 216, 218 – 224 Qualifikation

240 – 241, 280, 287

Rangverhältnis der Anknüpfungsalternativen 256, 296, 301 – 302 Recht auf Familiengründung 80, 147 Recht auf Fortpflanzung 69 – 70, 78, 80, 137, 141 Recht auf Kenntnis der Abstammung 95, 105 – 106, 148, 198, 238, 304 Recht auf Privatsphäre 168, 200, 238 Rechtslagenanerkennung 225, 264 – 270, 298 – 301 Rechtsspaltung 53, 66, 111, 142, 276 – Abstammungsrecht 111, 142 – Kollisionsrecht 276 – Leihmutterschaft 53, 66 Registereintrag 26, 171, 179 – 180, 186, 212, 222 renvoi 244, 249, 285 Restatement (First) of Conflict of Laws siehe First Restatement Restatement (Second) of Conflict of Laws siehe Second Restatement right to privacy 65, 129 Rückverweisung siehe renvoi Second Restatement 284 – 285, 291 – 294 – Abstammungsstatut 291 – Adoptionsstatut 291 – Vertragsstatut 291 soziale Elternschaft 108, 258 Staatenloser 20 – 21, 26, 158, 161, 166 – 168, 201 Staatsangehörigkeit 157 – 169 – Erwerb in Deutschland 157 – 162 – Erwerb in den USA 163 – 166 – Feststellung 162, 166 – Vergleich 166 Standesamt 26 Statutenwechsel 260 Stiefkindadoption 79, 96 – 97, 101, 103, 110 – 111, 120, 149 Story, Joseph 279

327

Substitution 31, 180, 252, 274 Sukzessivadoption 100 – 101 Territorialitätsprinzip 158 Texas 57, 60 – 61, 112, 118, 126, 133, 219 Transplantationsgesetz 57, 77 Ukraine 23 – 25 Unfruchtbarkeit 34, 65, 78, 152 Uniform Parentage Act – Entstehung 54 – 55 – UPA (1973) 54 – 55, 113, 115 – 116, 118, 121 – UPA (2000) 54 – 57, 111 – 121, 123 – 126, 131, 153, 178 – 181 Unionsbürgerfreizügigkeit siehe Freizügigkeit Unionsrecht 176, 262, 267 UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20. 11. 1989 168, 196, 200 – 201 USCACA 55 – 56 – Alternative A 55 – Alternative B 56 Utah 57, 60 – 61, 65, 112, 126 Vaterschaft – Anerkennung siehe Vaterschaftsanerkennung – Anfechtung 85 – 99, 101, 110 – 113 – biologische 33, 88, 104 – 105, 129 – Erwerb 82 – 85, 114 – 116 – Feststellung siehe Vaterschaftsfeststellung – genetische 33, 88, 104 – 105, 129 – Leugnen 117 – soziale 86, 78, 108 – Voraussetzungen 82 – 85, 114 – 116 Vaterschaftsanerkennung 83 – 84, 87, 94, 100, 121, 126, 202, Vaterschaftsfeststellung 85, 113, 115 – 117, 126, 140, 157, 186, 304 Vereinigte Staaten – Abstammungsrecht 112 – 137 – Adoptionsrecht 120 – Conflict of Laws 171 – Rechtsspaltung 53, 66, 111, 142, 276 – Staatsangehörigkeitsrecht 163 – 166

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Sachwortregister

verfahrensrechtliche Anerkennung – Gegenstand 172, 207, 207, 213 – 215 – Grundsätze 172 – 178 – Hindernisse 178, 216 – kollisionsrechtliche siehe kollisionsrechtliche Anerkennung – Maßstab 174 – Pflicht zur verfahrensrechtlichen Anerkennung 210 – Verfahren 177, – Wirkungen 177, 213 – 215 verfahrensrechtlicher ordre public 189 Virginia 56, 60, 64 – 65, 68, 75, 122, 126 Visum 19, 20, 26 siehe auch medical visa

Vorfrage 162 – 163, 176 – 177, 222, 244, 249 – 252 Wahrscheinlichkeit der Abstammung 83, 115, 116, 162, 239 Ware (Kind als) 49 Washington 57, 59, 112, 217 Wunscheltern 17 – 21, 23 – 30, 196 – 197 – Recht auf Achtung des Familienlebens 197 – Recht auf Fortpflanzung 78 Wyoming 57, 112 Zulässigkeit der Leihmutterschaft siehe Leihmutterschaft Zwangslage der Leihmutter 44, 77 – 78, 194, 209